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Full text of "Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Classe"

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SITZUNGSBERICHTE 


DER KAISERLICHEN 


AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. 


SECHZIGSTER BAND. 


WIEN. 


AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI. 


IN COMMISSION BEI KARL GEROLD’S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAIS. AKADEMIE 
DER WISSENSCHAFTEN. 


1870. 


SITZUNGSBERICHTE 


DER 


MATHEMATISCH - NATURWISSENSCHAFTLICHEN 
CLASSE 


DER KAISERLICHEN 


AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


IX. BAND. I. ABTHEILUNG. 
Jaunsane 1869. — Haorr-Vleıs X, 


(Ait 35 Tafeln und 8 BYolzschnitten. ) 


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WIEN. 


AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI. 


IN COMMISSION BEI KARL GEROLD’S SOHN, BUCHHANDLER DER KAIS. AKADEMIE 
DER WISSENSCHAFTEN. 


1870. 


INHALT. 


XIV. Sitzung vom 3. Juni 1869: Übersicht... . 2... .. 
Tschermak, Mikroskopische Unterscheidung der Mineralien 
aus der Augit-, Amphibol- und Biotitgruppe. (Mit 

2 Tafelnuyt ut 2 NER ONE ER NE TANTE 
Ettingshausen, C. Freih. v., Beiträge zur Kenntniß der Ter- 
tiärflora Steiermark’s. (Mit 6 Tafeln.) ...... . 
XV. Sitzung vom 10. Juni 1869: Übersicht .. . ..... 
Steindachner, Polypterus Lapradei n. sp. und Polypterus 
senegalus Cuv. aus dem Senegal. (Mit 2 Tafeln.) . . 
Hyrtl, Über die Blutgefäße der äußeren Kiemendeckelkieme 
von Polypterus Lapradei Steind. (Mit 1 Tafel.) . . 
v. Hüttenbrenner, Über eigenthümliche Zellen in der Iris des 
Hubnes (Wit A Tafel). untere > 
XVI. Sitzung vom 17. Juni 1869: Übersicht ! . 2. ..... 
Steindachner, Iehthyologische Notizen (VIII). (Mit 7 Tafeln.) 
XVI. Sitzung vom 1. Juli 1869: Übersicht... ......» 
Tschermak, Über einen Feldspath aus dem Närödal und über 
das Mischungsgesetz der plagioklastischen Feldspathe. 
XxVEN. Sitzung vom 8. Juli 1869: Übersicht . . 2... . 
Abich, Die Fulguriten im Andesit des kleinen Ararat, nebst 
Bemerkungen über örtliche Einflüsse bei der Bildung 


elektrıächer Gewitter 2.0 8 sans Em de 

v. Haidinger,, Mittheilungen von Herrn kais. russ. Staatsrath 
Hermann; Abich in Fillisiiasi% zuN. „mahnt 5. 

XIX. Sitzung vom 15. Juli 1869: Übersicht . . .» .... . 
Schlemmer, Beitrag zur Kenntniß des feineren Baues der 
Brunner’schen Drüsen. (Mit 1 Tafel.) . . . ... - 


Fitzinger, Revision der zur natürlichen Familie der Katzen 
(Feles) gehörigen Formen. (IV. Abtheilung.) . 

— Die natürliche Familie der Spitzhörnehen (Cladobatae). 
Steindachner , lehthyologjsche Notizen (IX.) (Mit 8 Tafeln.) 
Friedlowsky, Über die sogenannten aceessorischen Gelenks- 

höcker an der Pars basilaris ossis occipitis und einige 
Formen von ungewöhnlicher Gelenksverbindung zwi- 
schen dem Zahnfortsatz des Epistropheus und dem 
Hinterhauptknochen. (Mit 1 Tafel.) . ; 
Peyritsch,, Über Pelorien bei Labiaten. (Mit 6 Tafeln. ). 


Seite 


319 
343 


VI 


XX. Sitzung vom 7. October 1869: Übersicht 0. . nl. 
Boue, Über türkische Eisenbahnen und die Geologie der 
Gentral-Türker „0. ie koennen 


- Fitzinger, Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatter- 
thiere oder Handflügler (Chiroptera). I. Abtheilung. 
Manzoni, Della Fauna Marina di due lembi Mioeeniei dell’ alta - 


Italia. (Con 3 Tavole.) » . re... Sr 

Reuss , Über tertiäre Bryozoen von Kischenew in Bessarabien. 

(Mit 2 lithographirten Tafeln)... . : - BINEAREN. 

XXI. Sitzung vom 14. October 1869: Übersicht . . . . . - 
Gussenbauer , Über das Gefäßsystem der äußeren weiblichen 
Genitaliems su elf a RE ION 


Brezina,, Krystallographische Studien über rhombischen 
Schweteld’(Mit D’Patel), TEE OS EST 


XXH. Sitzung vom 21. Oetober 1869: Übersicht . 


Steindachner , Berieht über eine Sammlung von Fischen aus 
Singapore. “il. nt. Amer ENORSNENANEE B - 
Friedlowsky, Über Hufeisenniere mit besonderer Rücksicht- 
nahme auf das Zustandekommen der Nierenverwach- 
sung: (Mit Tafekyf a ls Eee 


XXI. Sitzung vom 4. November 1869: Übersicht . . . . . - 


Fitzinger, Kritische Durehsieht der Ordnung der Flatterthiere 
oder Handflügler (Chiroptera). II. Abtheilung . 

Boue, Einige Berichtigungen zur Hahn’schen Karte der 
Flußgebiete des Drin und des Vardar in Nord-Albanien 
und Macedonien (1869). (Mit 1 Tafel.) 


XXIV. Sitzung vom 11. November 1869: Übersicht . . . . . 
Steindachner , Zur Fischfauna des Senegal. (Mit 12 Tafeln.) 


XXV. Sitzung vom 18. November 1869: Übersicht 


Tschermak , Über den Simonyit, ein neues Salz von Hallstadt. 
(Mit 2 Holzschnitten.) RRERRE DEREN US 


Polotebnow, Über den Ursprung und die Velanekrune der 
Bacterien . . . 


Hyrtl, Ein insulärer See im Seitenwandbein. (Mit 
ATagel.) ., 2 10,0 AaRR ee ht  RREe 
— Ein präcorneales Gefäßnetz am Menschenauge. (Mit 
1 Tafel.) . 1 En er an eer  er Ree aE K 
Unger, Anthraeit- lager in Karin, (Mit 3 Tafeln.) 
Hauenschild, Mikroskopische Untersuchung des Predazzites 
und Pencatites. (Mit 4 Holzsehnitten.) 


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XxXVI. Sitzung vom 2. December 1869: Übersicht . . . . . 


v. Zepharovich, Mineralogische Mittheilungen. IV. (Mit 2 
Eafelns) 1... 20.0 RL a N een 


xXXVI. Sitzung vom 9. December 1869: Übersicht . . . . - 


— Fitzinger, Kritische Durehsicht der Ordnung der Flatterthiere 
oder Handflügler (Chiroptera). Familie der Kammnasen 
(Khinolophe.) 3. Abtheilune 2.» on uate 

Brezina, Entwieklung der tetartosymmetrischen Abtheilung 
des hexagonalen Krystallsystems, nebst Bemerkungen 
über das Auftreten der Cireularpolarisation. (Mit 1 
Kalels), 002. are heine garen ee 
Peyritsch, Über Bildungsabweichungen bei Umbelliferen. (Mit 
15) N N ENFEG 


Tschermak,, Über die Form und die Zusammensetzung der 


Feldspathe. (Mit 2 Holzschnitten.) 
XXVII. Sitzung vom 16. December 1869: Übersicht . . . . 


Manzoni, Bryozoi fossili Italiani. (Terza Contribuzione.) (Con 


gRBIFO aunlanı Na heat rn A 
Steindachner , Zur Fischfauna des Senegal. (II. Abtheilung.) 
(Mit 8 Tafeln.) a ER Be IE nr a are 


Schrauf, Studien an der Mintrileecien: Labradorit. (Mit 6 
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XIV. SITZUNG VOM 3. JUNI 1869. 


Das k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht eröffnet mit 
Zuschrift vom 14. Mai l. J., daß die Direction des k. k. Obergymna- 
siums zu Zara angewiesen wurde, dem Herrn Hofrathe Dr. F. Unger 
die von ihm erbetenen Münzen aus der Sammlung der genannten 
Lehranstalt nach Graz zu übersenden. 

Der kais. türkische Divisions-General Mehemed Ali über- 
mittelt mit Schreiben, ddo. Candia, 3. Mai 1869, eine neuerliche 
Sendung fossiler Thierknochen von der Insel Creta. 

Herr Prof. Dr. K. Friesach in Graz macht in einem der kais. 
Akademie am 3. d. M. zugekommenen Schreiben aufmerksam, daß 
Babinet's homalographische Projection bereits früher von Moll- 
weide (Zach’s Mon. Corr. XII. p. 152) behandelt wurde, der sich 
bekanntlich seinerseits durch Arbeiten von T. Mayer, Bonne u.a. 
dazu veranlaßt sah. 

Herr Dr. Sofka übermittelt eine Anzahl kleiner Mittheilungen, 
betitelt: I. „Bagatellen, meist aus dem Gebiete der physikalischen 
Technik“ ; II. „Meteorologiea“. 

Herr Prof. Dr. H. Hlasiwetz überreicht folgende „Mitthei- 
lungen aus dem chemischen Laboratorium der Universität Innsbruck: 

3. „Über die Produete der Oxydation der Toluolsulfosäure durch 
schmelzendes Kali“, von Herrn Prof. L. Barth; 

4. „Über die Constitution der Phloretinsäure und des Tyrosins“, 
von demselben; 

5. „Über die Sulfoxybenzo@säure*, von Herrn €. Senhofer; 

6. „Notiz über eine neue Bildungsweise der Protokatechusäure*, 
von Herrn G. Malin. 

Derselbe legt ferner eine Abhandlung: „Über einige Sueeinyl- 


derivate“ von Herrn Dr. Weselsky vor; 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 1 


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Endlich eine für den Anzeiger bestimmte vorläufige Mittheilung 
von ihm selbst über einen schönen violetten Farbstoff, welcher in 
einigen Stücken eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Indigo hat. 


Herr Hofrath Dr. E. Brücke legt eine Abhandlung des Herrn 
Puky Akos: „Über die Schleimdrüsen der Mundhöhle“ vor. 


Herr. Prof. €. Freiherr v. Ettingshausen überreicht eine 
Abhandlung, betitelt: „Beiträge zur Kenntniß der Tertiärfauna Steier- 
marks“. Die betreffenden Untersuchuugen wurden mit Unterstützung 
der k. Akademie ausgeführt, wofür der Herr Verfasser seinen Dank 
ausspricht. 


Herr Dr. S. L. Schenk übergibt eine Abhandlung: „Über den 
Einfluß minderer Temperaturgrade auf einige Elementarorganismen“. 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 


Akademie der Wissenschaften, königl. bayer. zu München: Ab- 
handlungen der philosoph.-philolog. Classe. XI. Band. 5. Ab- 
theilg. — Abhandlungen der mathem.-physik. Classe. X. Band, 
2. Abthlg. München, 1868; 40. — Kluckhohn, Aug., Der 
Freiherr von Ickstatt und das Unterrichtswesen in Bayern unter 
dem Churfürsten Maximilian Joseph. München, 1869; 40. — 
Lauth, Josef, Die Fa Ergebnisse der Ägyptologie. 
München, 1869; 4°. 

Annales des mines. VI® Serie. Tome XIV; 6° Livraison de 1868. 
Paris; 80. 

Apotheker-Verein, allgem. österr. : Zeitschrift. 7. Jahrg., Nr. 10— 
11. Wien, 1869; 8o. 

Archives des missions seientifiques et litteraires. II® Serie. Tome 
V, 2° Livraison. Paris, 1869; 8o. 

Astronomische Nachrichten. Nr. 1756 — 1758. Altona, 1869; 4°. 

Beobachtungen, magnetische und meteorologische, auf der k. k. 
Sternwarte zu Prag im Jahre 1868. (XXIX. Jahrgang.) Prag, 
1869; 4°. 

Bibliotheque Universelle et Revue Suisse: Archives des Seiences 
physiques et naturelles. N. P. Tome XXXIV, Nr. 136. Geneve, 
Lausanne, Neuchatel, 1869; 89. 

Carl, Ph., Repertorium für Experimental-Physik ete. V. Band, 1. 
Heft. München, 1869; 8°. 


3 


Comptes rendus des seances de l’Academie des Sciences. Tome 
LXVII, Nrs. 16—20. Paris, 1869; 4o. 

Cosmos. XVII? Annee. 3° Serie. Tome IV, 20°-— 22° Livraisons. 
Paris, 1869; 80. 

Gesellschaft der Wissenschaften, k. böhmische, in Prag: Abhand- 
lungen vom Jahre 1868. VI. Folge. Il. Band. Prag, 1869; 40. — 
Sitzungsberichte, Jahrgang 1868. Prag; 8°. 

— österr,, für Meteorologie: Zeitschrift. IV. Band, Nr. 10—11. 
Wien, 1869; 8°, 

— Deutsche geologische: Zeitschrift. XXI. Band, 1. Heft. Berlin, 
1868; 8°. 

Gewerbe-Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. XXX. 
Jahrg. Nr. 20—21. Wien, 1869; 8°. 

Isis: Sitzungsberichte. Jahrgang 1869. Nr. 1—3. Dresden; 80. 

Istituto, R., Veneto di Seienze, Lettere ed Arti: Memorie. Tomo 
XIV., Parte 2°, Venezia, 1869: 40. — Atti. Tomo XIV, 
Serie Ill‘, disp. 5°. Venezia, 1868—69; 80. 

Jahrbuch, Neues, für Pharmacie und verwandte Fächer, von V or- 
werk. Band XXXI, Heft 4. Speyer, 1869; 80. 

Landbote, Der steierische. 2. Jahrg., Nr. 10—11. Graz, 1869; 4°. 

Mittheilungen des k. k. Artillerie-Comite. Jahrgang 1869, 3. Heft. 
Wien; 80. 

— des k. k. Genie-Comite: Jahrg. 1869, 4. & 5. Heft. Wien; 80. 
— aus J. Perthes’ geographischer Anstalt. Jahrg. 1869. IV. Heft. 
Gotha; 4°. 

Moniteur seientifique. Tome XI’, Annee 1869. 298°— 299° Livrai- 
sons. Paris; 4°. 

Revue des cours scientifiques et litteraires de la France et de 
l’etranger. VI’ Annee. Nrs. 24-—26. Paris & Bruxelles, 1869; 4°. 

Societas entomologica Rossica: Horae. T. VI., N’ 2. Petropoli, 
1869 ; 8°. 

Societ& botanique de France: Bulletin, Tome XV (1868), Revue 
bibliographique. D. Tome XVI. (1869), Revue bibliographique. 
A. Paris; 8°. 

Tübingen, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus 


dem Jahre 1868. 40 & 8°, 
C hi 


4 
Verein, physikalischer, zu Frankfurt a. M.: Jahresbericht für 1867 
bis 1868; 8°. 
— der Freunde der Naturgeschichte in Meklenburg: Archiv. 
22. Jahr. Güstrow, 1869; 8°. 
Wiener Landwirthschaftl. Zeitung. XIX. Jahrgang, Nr. 20 — 22. 
Wien, 1869; 4°. 
— Mediein. Wochenschrift. XIX. Jahrgang, Nr. 39—44. Wien, 
1869; 8°. 
Zeitschrift für Chemie, von Beilstein, Fittig und Hübner. 
XII. Jahrg. N. F. V. Band, 8. & 9. Heft. Leipzig, 1869; So. 


Mikroskopische Unterscheidung der Mineralien aus der 
Augit-, Amphibol- und Biotitgruppe. 


Von dem e. M. Gustav Tscehermak. 
(Mit 2 Tafeln.) 


(Vorgelegt in der Sitzung am 13. Mai 1869.) 


Die mikroskopische Analyse der Felsarten hat dadurch einen 
bedeutenden Fortschritt gemacht, daß sie nicht bei der Beobachtung 
der im Dünnschliffe erscheinenden Formen stehen blieb, sondern das 
polarisirte Licht zu Hilfe nahm, um die Structur der durchsichtigen 
Mineralien, sowie deren optischen Charakter zu bestimmen und auf 
diesem Wege sichere Kennzeichen der wichtigen Mineralgattungen 
zu erlangen. Die umfangreichen und sorgfältigen Untersuchungen 
Zirkel’s haben die Methoden kennen gelehrt, nach welchen die or- 
thoklastischen und die plagioklastischen Feldspathe unterschieden, 
und andere Mineralien, wie Leueit und Nephelin, erkannt werden. 
Nun wären nochMittel ausfindig zu machen, um mehre andere in den 
Felsarten häufig vorkommende Mineralien zu unterscheiden. Zu den 
letzteren gehören vor Allem die zur Augit- und Amphibolgruppe gehö- 
rigen Gattungen. | 

Augit und Hornblende von einander zu unterscheiden ist häufig 
leicht, weil man die Hornblende an der äußeren Form an der meist 
dunkleren und bräunlichen Färbung, so wie an den parallelen Rissen, 
welche durch die vollkommene Spaltbarkeit entstehen, gut erkennt; 
aber es kommen auch öfter Fälle vor, in welehen eine Entscheidung 
nach diesen Merkmalen nicht zu fällen ist. Es treten übrigens nicht 
bloß Augit und Hornblende, sondern auch Diallag, Bronzit, Hyper- 
sthen und Bastit in den Felsarten auf und auch diese Gattungen 
sollen erkannt und von den vorigen unterschieden werden. Auch für 
den Biotit ist ein entsprechendes Merkmal zu finden, weil eine Ver- 
wechslung mit Hornblende vorkommen kann. 


6 Tsehermak. 


Die Methode welche ich gegenwärtig zur Unterscheidung der 
genannten Mineralien bei der mikroskopischen Untersuchung anwende 
und über welche ich hier eine vorläufige Mittheilung geben will, ist 
dieselbe, welche bei der optischen Untersuchung der Krystalle über- 
haupt angewandt wird, und welche Haidinger, Desceloizeaux, 
Grailich, v. Lang mit so großem Erfolge in der Mineralogie zur 
Geltung brachten. Bei der mikroskopischen Beobachtung sind aber 
die Vorbedingungen meist andere als bei den Versuchen mit einzel- 
nen Krystallen und daher darf ich mir wohl einige für diese Art der 
Untersuchung geltende Angaben erlauben. 

Es ist bekannt, dafs fast alle?) Mineralien der Augit- und Am- 
phibolgruppe, welchein den Gesteinen vorkommen, stark gefärbt sind, 
und als optisch zweiaxige Körper, wofern sie in der Form von durch- 
siehtigen Platten durch das Dichroskop betrachtet werden, in bestimm- 
ten Stellungen zwei mehr oder weniger verschieden gefärbte Bilder 
geben. Eine Platte von Hornblende, die parallel der Symmetrieebene 
geschnitten ist, zeigt ein Bild, dessen Farbe bei den verschiedenen 
Abänderungen zwischen violett und braunschwarz, ein zweites Bild, 
dessen Farbe zwischen den Tönen gelbgrün, braungelb, honiggelb 
wechselt. Das erste Bild entspricht Schwingungen parallel der opti- 
schen c-Axe, dasandere Schwingungen parallel a. Platten welche paral- 
lel der Querfläche geschnitten sind, geben zwei Bilder von denen das 
eine bei den verschiedenen Abänderungen die Farbentöne zwischen 
smaragdgrün, braun und roth erkennen läßt und Schwingungen paral- 
lel b entspricht, während das andere Bild die zuerst angeführten Töne 
doch minder rein darbietet, weil die Schwingungen schief gegen c er- 
folgen. Der Dichroismus ist bei jeder Platte, mag sie in welcher 
Richtung immer geschnitten sein, ein sehr deutlicher und bei allen 
der Symmetrieebene beiläufig parallelen ein sehr auffallender. 

Platten von Augit, welche entsprechend wie jene von Horn- 
blende geschnitten sind, geben parallel c die Farbentöne bräunlich- 
grün bis braun, b grasgrün bis olivengrün, a gelbgrün, olivengrün bis 
grünlichbraun. Die Farben sind niemals bedeutend verschieden, aueh 
nicht bei den dunklen Abänderungen wie die von Frascati. 


1) Der Tremolithschiefer und der Malakolithfels enthalten farblose oder fast farblose 


Mineralien dieser Gruppen. Diese aber werden ohnehin auf anderem Wege leicht 
erkannt. 


Mikroskopische Unterscheidung der Mineralien etc. ri 


Platten von Bronzit geben immer nur sehr geringe Farbenunter- 
schiede. Den Hypersthen habe ich noch nicht in einer Anzahl von 
Abänderungen geprüft. Der von St. Paul zeigt starken Dichroismus, 
doch ist in nur einigermaßen dünnen Platten die Farbenintensität 
nicht groß; Absorptionsuntersehiede sind nicht zu bemerken. Es ist 
c grünlieh, b grünlich, a röthlich. Die vielen Einschlüsse in dem 
Mineral haben Einfluß auf die Farbe. 

Bei dem Biotit ist die Erscheinung eine andere, als bei den vor- 
genannten Mineralien. Nimmt man eine Spaltungslamelle von Biotit 
und hält sie vor das Dichroskop, so sieht man bei jeder Stellung des 
letzteren zwei gleich gefärbte Bilder, schneidet man hingegen eine 
Platte senkrecht auf die Spaltebene, so erhält man bei der dichrosko- 
pischen Untersuchung zwei in Farbe und Intensität sehr verschiedene 
Bilder, sobald ein Kalkspath-Hauptsehnitt mit der Spaltebene parallel 
liegt. Das eineBild ist gelb. gelblichgrün oder braungelb, das andere 
tiefbraun bis schwarz. 

Will man nun die im Dünnsehliffe durch das Mikroskop sicht- 
baren Mineralien auf ihr Verhalten in dieser Beziehung prüfen, so 
kann man die dichroskopische Lupe auf das Ocular setzen, worauf man 
das Mikroskop wieder einstellt und das Diehroskop dreht, bis der 
Unterschied der Bilder das Maximum erreicht. Man erhält auf diese 
Weise bei Mineralien der Augitgruppe, mögen sie wie immer im Dünn- 
schliffe liegen, zwei wenig verschiedene, bei den Hornblenden zwei 
stark verschiedene Bilder u. s. f. 

Man kann aber die beiden Farbentöne, welche bei Anwendung 
desDichroskopes neben einander liegen, auch nach einander hervor- 
rufen, indem man den einen unter dem Tische des Mikroskopes be-. 
findlichen Nicol dreht 1). Dadurch gewinnt man den Vortheil, das Di- 
chroskop, sowie die neuerliche Einstellung des Mikroskopes zu er- 
sparen, endlich ein größeres Gesichtsfeld zu haben. Ich wende daher 
immer die Drehung des unteren Nico] an. 

Ein zweites Mittel, welches zur Unterscheidung der genannten 
Mineralien dient, ist die Ermittelung der Lage der optischen Haupt- 
schnitte zu den Spaltungskanten. Zu diesem Zwecke beobachtet man 
den Dünnschliff im Mikroskope zwischen gekreuzten Niecols, deren 


1) Da das vom Spiegel in das Mikroskop fallende Licht theilweise polarisirt ist, so 


können bei Benutzung des oberen Nicol störende Erscheinungen eintreten. 


8 Tschermak. 


Hauptschnitte mit dem Oeularfadenkreuz gleich liegen. Jedesmal 
wenn eines der doppelbrechenden Mineralblättehen dunkel erscheint, 
fällt je ein Hauptschnitt des letzteren mit je einemNicol-Hauptsehnitt 
zusammen. Vor dem Versuche wählt man sich aus den Blättchen 
solche aus, welche beiläufig parallel dem Spaltungprisma geschnitten: 
erscheinen. Dieß gelingt leicht, wofern an den Blättchen Krystall- 
umrisse bemerkbar sind, im anderen Falle ist es etwas mühsamer, 
doch erkennt man an der Lage der den Spaltrichtungen entsprechen- 
den Risse in den meisten Fällen die Richtung des Schnittes, Man 
bringt nun mehre dieser Längsschnitte einen nach dem anderen in 
die Mitte des Gesichtsfeldes und dreht den Dünnschliff so, daß der 
zu beobachtende Längsschnitt im Gesichtsfelde bleibt. Hat man an 
dem Tische des Mikroskopes eine Vorrichtung zur Messung von Kry- 
stallen, so kann man diese Drehung bequemer ausführen, und auch 
Winkelbestimmungen erzielen. 

Bei den rhombisehen Mineralien, Bronzit Hypersthen, Bastit ist 
in jedem der Längsschnitte ein opt. Hauptschnitt parallel der Längs- 
axe (12 Fig. 1). Bei den monoklinen Diallag, Augit, Hornblende findet 
man theils Längssehnitte die dasselbe Verhalten zeigen, und diese 
sind senkrecht auf die Symmetrieebene geschnitten (Fig. 3 und 5), 
theils Längsschnitte in welchen die Hauptschnitte schiefe Winkel mit 
den Spaltungskanten einschließen. Das Maximum der Abweichung tritt 
bei solchen Blättchen ein, die parallel der Symmetrieebene geschnitten. 
sind (Fig. 2 und 4). Die Abweichung co ist bei Augit und Diallag 
größer (ich fand bei verschiedenen Abänderungen col —= 39” bis 
54° 1), bei der gemeinen Hornblende minder groß (17° bis 20°), 
bei der basaltischen H. oft noch kleiner (de 40’ H. von Cernosin). 

Vom Biotit, der sich fast wie ein optisch einaxiger Körper ver- 
hält, erscheinen Schnitte parallel der Spaltebene zwischen gekreuz- 
ten Nicols bei der Drehung immer dunkel, in den Sehnitten aber, die 
beiläufig senkrecht zur Spaltebene geschnitten sind, ist ein Haupt- 
schnitt parallel der Prismenaxe (Fig. 6 und 7). 

Bei allen diesen Beobachtungen soll der Dünnsehliff nicht allzu 
dünn sein, weil sonst die Erscheinungen zu wenig auffallend werden; 


1) Die angeführten numerischen Bestimmungen sind nicht mit dem gewöhnlichen: 
Mikroskop, sondern mit vollkommenen Apparaten des physikalischen Cabinetes der- 
Universität und an großen Krystallen ausgeführt. 


Mikroskopische Unterscheidung der Mineralien ete. 9 


die Beleuchtung darf keine allzu grelle, die Vergrößerung keine zu 
starke sein. Man stellt eine größere Reihe von Versuchen an und ver- 
säumt nicht zuvor das Präparat bei gewöhnlichem Lichte gut zu 
studiren. Für Theilchen, die erst bei stärkerer Vergrößerung siehtbar 
werden, ist die Methode natürlich nicht anwendbar. 

Ein Weg, der zur raschen Erkennung der Mineralien Bronzit, 
Hypersthen Bastit und Diallag führt, ist die Beobachtung von Spalt- 
blättchen im verbesserten Nörrenberg’schen Polarisationsapparat. 
Man kann von diesen Mineralien, da sie alle nach einer Richtung 
vollkommen theilbar sind, leicht Blättehen absprengen. Wenn auch 
die im Gestein enthaltenen Körperchen klein sind, so gelangt man 
doch zum Ziele, da man mit Blättechen von 0-3 Millimeter Länge voll- 
kommen ausreicht. 

Die Blättehen von Bronzit und Hypersthen zeigen so geprüft 
keine Axenbilder, Blättehen von Bastit zeigen bei der 45° Stellung. 
die beiden Hyperbeln noch im Gesichtsfelde oder man erkennt bei 
der Drehung an dem Öffnen des Kreuzes, daß der Axenwinkel kleiner 
ist als bei den Bronziten von der gleichen optischen Orientirung. 

Blättehen von Diallag zeigen einAxenbild und man erkennt, daß 
die Ebene der optischen Axen senkrecht gegen das Blättehen und 
parallel den Spaltungskanten liegt; Spaltblättchen von Hornblende 
zeigen auch ein Axenbild, doch in einer anderen Lage. Wenn die. 
Spaltungskante einem der Nicol-Hauptsehnitte parallel ist, liegt 
das Axenbild außerhalb des Hauptschnittes, während es bei Diallag- 
blättehen in solehem Falle im Hauptschnitte liegt. 

Nun mögen die einzelnen Mineralien mit den aus der angeführten 
Methode sich ergebenden Erkennungsmerkmalen aufgeführt werden. 

Bronzit. In den Felsarten kommt immer das durch einen Eisen- 
gehalt deutlich gefärbte Mineral vor, obgleich viele Mineralogen von 
Enstatit sprechen, welchen Namen man wohl für die fast eisenfreie 
Abänderung versparen sollte. 

Bei der Prüfung mit einem Nicol erhält man keine merkliche 
Farbendifferenz. In jedem Längssehnitte ist ein opt. Hauptschnitt 
parallel dem Spaltungsprisma, der zweite dagegen senkrecht. 

Wenn also der Dünnsehliff zwischen gekreuzten Nieols betrach- 
tet wird, so erscheinen alle Längssehnitte dunkel, welche dem einen 
oder dem anderen Nieol-Hauptsehnitt parallel liegen (Fig. 8 und 9). 
Spaltblättehen geben im Nörrenberg schen Apparat kein Axenbild. 


10 Tschermak. 


Hypersthen. Dieser ist stärker diehromatisch als der Bronzit, doch 
sind nur die Farbentöne, nicht aber die Absorption verschieden, daher 
er mit Hornblende auch in dieser Beziehung nicht verwechselt wer- 
den kann. 

Übriges Verhalten wie bei dem Bronzit, von welchem er dureh 
die dunklere Färbung unterschieden ist. 

Bastit. Das optische Verhalten ähnlich wie bei den vor.gen Mi- 
neralien, aus denen der Bastit durch Aufnahme von Wasser hervor- 
geht. Im auffallenden Lichte zeigen die Partikelchen einen metall- 
artigen Schiller. Diehroismus sehr schwach. Spaltblättehen geben im 
Nörrenberg’schen Apparat ein Kreuz, das sich bei der Drehung 
in Hyperbeln theilt, die bei der 45° Stellung im Gesichtsfelde blei- 
ben oder wenig hinausgehen. (Den scheinbaren Axenwinkel fand ich 
bei verschiedenen Abänderungen zwischen 81° und 30°.) 

Diallag. Bei der Prüfung mit Einem Nico! keine bedeutende Far- 
bendifferenz. Unter den Längsschnitten kommen wenige solche vor, 
deren Hauptsehnitt parallel der Spaltungskante ; in denmeisten bilden 
die Hauptschnitte mit den Spaltungskanten schiefe Winkel. Wird also 
ein Dünnschliff zwischen gekreuzten Nicols betrachtet, so erscheinen 
die meisten Längsschnitte, welche dem einen oder dem anderen 
Nieol-Hauptschnitt parallel liegen, hell, dagegen erscheinen Längs- 
schnitte in anderen Lagen dunkel (Fig. 10 und 11). Die Abweichung 
col schwankte bei drei Abänderungen zwischen 39° und 41°. Spalt- 
blättchen, im Nörrenberg'schen Apparat geprüft, geben ein Axen- 
bild. Die Ebene der optischen Axen is‘ parallel der Spaltungskante. 

Die feinen Risse, welche dugch die ausgezeichnete Absonderung 
parallel der Querfläche entstehen, unterscheiden denDiallag im Dünn- 
schliffe vom Augit. 

Augit. Bei der Prüfung mit einem Nicol erhält man Farbentöne, 
die nicht sehr bedeutend verschieden sind. (Fig. 12 und 13.) Auch 
das übrige Verhalten wie beim Diallag. Spaltblättehen sind natürlich 
nicht zu erhalten und es fehlt die Erscheinung der feinen parallelen 
Risse. 

Hornblende, basaltische, Man erhält bei der Prüfung mit Einem 
Nieol zwei auffallend verschiedene Farbentöne, wovon der eine durch- 
sehnittlich tief rothbraun, der andere gelbroth ist. Die Helligkeit bei- 
der ist eine sehr verschiedene. Fig. 12 und 13. Die optischen Haupt- 
schnitte weichen höchstens 17° ab, zuweilen liegen sie fast parallel 


Mikroskovische Unterscheidung der Mineralien ete. 11 


und senkrecht zu den Spaltungskanten. Spaltblättehen, im Nörren- 
berg’schen Apparat geprüft, zeigen ein Axenbild in der zuvor ge- 
nannten schiefen Lage gegen die Spaltungskante. 


Hornblende, gemeine. Die Differenz der Farbentöne ist hier zu- 
weilen nicht so stark wie bei der basaltischen H. Nimmt man aber 
ein etwas diekeres Präparat, so ist der Unterschied sehr auffallend. 
Die opt. Hauptschnitte machen mit den Spaltungskanten schiefe 
Winkel, daher ist das Verhalten der Längsschnitte zwischen gekreuz- 
ten Nicols im Allgemeinen dasselbe wie bei Diallag und Augit. Spalt- 
blättchen geben im Nörrenberg'schen Apparat ein Axenbild, wel- 
ches, wie bereits gesagt, in schiefer Lage gegen die Spaltungskante 
erscheint. 

Biotit. Die Blättchen, welche parallel der Spaltebene geschnit- 
ten sind, erscheinen braungelb und geben, mit Einem Nico! geprüft, 
keine Farbenschwankung. Die anderen Durehschnitte sehen blaß 
bräunlich aus, sind von vielen parallelen Linien durchsetzt und geben 
bei derselben Prüfung zwei ungemein verschiedene Farbentöne, deren 
einer braun bis fast schwarz, der andere blaßgelb ist. Fig. 14 
und 15. Zwischen gekreuzten Nieols sind die ersteren Blättehen in 
jeder Lage dunkel; die letzteren Durchsehnitte erscheinen nur dann 
dunkel, wenn sie dem einen oder dem anderen Nicol-Hauptschnitt 
parallel sind. 


Zuletzt mögen noch einige Beispiele angeführt werden, welche 
die Anwendung der genannten Methode auf die Untersuchung meh- 
rer Felsarten darthun, und zwar sind es sowohl Fälle, in welchen die 
bezüglichen Mineralien bereits auf anderem Wege bestimmt waren, 
als auch solche, in welchen die Bestimmung auf die beschriebene 
Art erfolgte. 

Als ein Bronzit führendes Gestein diente die Felsart aus dem 
Radauthal im Harz, welche Streng als Enstatitfels oder Protobastit- 
fels bezeichnet hat!), ferner der Olivingabbro aus dem Altthale bei 
Reps in Siebenbürgen, welcher letztere aus Olivin, Bronzit, Diallag 
und Anorthit besteht, und den ich vor kurzem beschrieb °2). Der ge- 


1) Jahrb. f. Min. 1862, p. 513. 
2) Sitzungsberichte der Wiener Akad. LVI. (1867). pag. 261. 


12 Tschermak. 


ringe Unterschied der beiden Farbentöne und die Orientirung der 
optischen Hauptsehnitte lassen den Bronzit leicht erkennen (siehe 
Fig. 8 und 9) und in zweiten Falle bald vom Diallag unterscheiden. 


Als ein Hypersthengestein ist der Melaphyr vom Rabenstein bei 
lfeld zu nennen. Das schwarze augitähnliche Mineral, welches 
Streng und G. Rose darin fanden 1), und welches, wie ich mich 
überzeugte, nach einem Augitprisma und der Querfläche spält, ist 
durch sein optisches Verhalten als ein rhombisches Mineral charak- 
terisirt. Spaltblättchen verhalten sich außerdem im Nörrenberg- 
schen Apparat wie Bronzit, und die beiden Farbentöne sind nicht be- 
deutend verschieden. 


Bastit wurde in den feinkörnigen Mel phyren von Kozakow und 
Zderetz am Südraude des Riesengebirges in Böhinen gefunden. Es 
sind sehr kleine schillernde Nadeln, die sich optisch als Bastit erken- 
nen lassen. Auch Spaltblättchen wurden mit einiger Mühe gewonnen. 
Der Axenwinkel beträgt beiläufig 30°. 


In dem Melaphyr vom Brinkenkopf bei llfeld erkennt man die 
feinen schillernden Nadeln auf optischem Wege als Bastit. Der Axen- 
winke! ist ungefähr so groß, als bei dem zuvor genannten Bastit. Wie 
bekannt, haben bereits Streng und G. Rose diese Einschlüsse als 
Bastit erkannt. 


In dem veränderten Pikrit von Söhle bei Neuti@chein finden 
sich schwarze blättrige Körper von zuweilen 3Mm. Länge und Gyps- 
härte, welche ich früher für veränderten Diallag hielt. Sie zeigen 
jedoch die optischen Eigenschaften des Bastit. 

In allen drei eben genannten Fällen wurde auch die Spaltbar- 
keit entsprechend gefunden, 

Diallag ist in denFelsarten ziemlich häufig. Er findet sieh nieht 
bloß iin Gabbro, sondern auch in vielen Melaphyren, im Olivingabbro 
und im Pikrit. Das Vorkommen in dem letzteren Gestein, das der 
Kreideformation angehört, deutet darauf hin, daß man ihn wohl auch 
in den jüngeren basaltischen und doleritartigen Gesteinen finden 
werde. 

In dem porphyrartigen Melaphyr von Oberstein erkennt man 
neben den eingeschlossenen graulichweißsen Plagioklas-Lamellen ein 


1) Zeitschr. d. deut. geol. Gesellsch. X]. 1859, p. 280. 


Mikroskopische Unterscheidung der Mineralien etc. 13 


schwarzgrünes Mineral, das nach seiner dunklen Färbung und nach 
der Spaltbarkeit die dem Augitprisma und der Querfläche folgt, für 
Hypersthen gehalten werden könnte. Die optische Prüfung der kleinen 
Einschlüsse beweist aber, daß letzteres Mineral Diallag sei. 

Das schwarze Mineral, welches in dem dichten blaßgrauen Me- 
laphyr von Breitenbrunn in Ungarn sparsam eingesprengt ist, sieht 
ebenso aus wie das vorige. Die Einschlüsse sind sehr klein, doch 
stark glänzend. Auch dieses wurde als Diallag erkannt. 

In dem kleinkörnigen Melaphyr von Stransko in Böhmen, wel- 
eher den Übergang zum Gabbro bildet, erkennt man neben den 
Plagioklaslamellen ein grünes Mineral, das von unzähligen feinen 
parallelen Rissen durchzogen ist. Dasselbe zeigt das optische Ver- 
halten des Diallages. 

Der Olivingabbro aus dem Altthale bei Reps in Siebenbürgen 
bietet ein Beispiel für das Nebeneinandervorkommen von Diallag und 
Bronzit. Die beiden werden im Dünnschliffe durch die Orieutirung Jer 
Hauptschnitte und als Spaltblättchen im Nörrenberg'schen Ap- 
parat leicht unterschieden. Ä 

In dem Pikrit vom Gümbelberge bei Neutitschein in Mähren 
sieht man außer den schon mit freiem Auge bemerkbaren Olivinkry- 
stallen im Dünnschliffe eine große Zahl grüner Krystalle, welche 
dureh die vielen feinen parallelen Linien eine Theilbarkeit entspre- 
chend dem Bronzit, Bastit, Diallag verrathen. Bei der Beobachtung 
zwischen gekreuzten Nicols lassen viele Längssehnitte erkennen, daß 
in denselben die optischen Hauptschnitte mit den Spaltungskanten 
schiefe Winkel einschließen. Fig. 10 und 11. Diejenigen, bei welchen 
die Abweichung groß ist, zeigen oft einen Umriß wie Fig. 2. Die 
wenigen, welche den einen optischen Hauptschnitt parallel den Spalt- 
linien haben, zeigen sich im Umriß oft wie Fig. 3. Bei manchen die- 
ser Kryställchen, welehe senkrecht auf ihre Längsaxe geschnitten 
erscheinen, läßt sich der Prismenwinkel mikroskopisch messen, wo- 
durch die Winkel des Augitprisma erhalten werden. Hiernach ist 
dieses Mineral unzweifelhaft Diallag. 

In dem veränderten Pikrit von Söhle, worin der Olivin in ein 
ealeithaltigesGemenge verwandelt erscheint, erbliekt man häufig den 
Diallag in paralleler Verwachsung mit Hornblende. 

Der Augit wurde in einer grolsen Zahl von Melaphyren, Diaba- 
sen, Basalten durchgeprüft und die Erkennung auf optischem Wege 


14 Tschermak. 


als sicher erkannt, wofern eine genaue Beobachtung der Structurver- 
hältnisse vorausgeht. In den Amphibolandesiten aus Ungarn und Mäh- 
ren wurde öfters Augit aufgefunden. 

Die Hornblende kömmt, wie gesagt, in diehten und auch in kör- 
nigen Felsarten öfter unter Verhältnissen vor, welche eine Unter- 
scheidung ohne Zuhilfenahme des polarisirten Liehtes sehr schwierig 
erscheinen lassen. So finden sich in dem Melaphyr, welchen ich an 
der Margola bei Predazzo, so wie am Monzoni sammelte, in der dich- 
ten Grundmasse viele Augitkrystalle und Biotitblättchen, aber auch - 
wenige sehr kleine Partikel von Hornblende. Wenn man jene Theil- 
chen, welehe bei der Untersuchung mit Einem Niecol eine starke 
Farbenschwankung zeigen, für sich prüft, so wird man bald auf 
solehe aufmerksam, die einen etwas schwächeren Wechsel zeigen, und 
eine schärfere Beobachtung der Structur der letzteren zeigt sodann 
nicht nur die Verschiedenheit dieser Partikel von den übrigen. welche 
Biotit sind, sondern läßt sie als Hornblende erkennen. 

In einem tuffartigen Porphyrit von Kretsunest bei Boiza in Sie- 

benbürgen ist die Hornblende ohne die genannten Hilfsmittel schwer 
zu bestimmen, da nur sehr kleine und wie zersplittert aussehende Par- 
tikel vorkommen. Die Beobachtung mit einem und dann mit zwei 
Nicols gibt aber ein entscheidendes Resultat. 

Ähnlich verhält es sich mit dem Diorit von Kis Zam an der süd- 
westlichen Grenze Siebenbürgens. Das Gestein besteht zum größten 
Theile aus Plagioklas. Dazwischen sieht man kleine dunkelgrüne 
Partikel die weder dureh Farbe noch durch Spaltbarkeit die Bestim- 
mung erleichtern. Die beiden Versuche an dem Dünnschliffe angestellt 
führen aber bald zum Ziele. 

In dem Teschenit aus der Umgebung von Teschen in Schlesien 
findet sich Augit neben Hornblende. Obgleich die beiden im Dünn- 
schliff oft leicht unterschieden werden, kommen doch auch so innige 
Verwachsungen vor, daß man ohne weitere Hilfsmittel nicht zu be- 
stimmen im Stande ist, was dem einen und dem anderen zugehört, 
aber die Beobachtung mit Einem Nicol macht die Sonderung unge- 
mein leicht. 

In dem Analeimit von den Cyklopeninseln fand ich neben dem 
vorherrschenden Augit auch Hornblende, die sich bei Anwendung des 
gewöhnlichen Liehtes nur wenig bemerklich macht, aber durch das 
diehroskopische Verhalten bald erkannt wird. 


Mikroskopische Unterscheidung der Mineralien ete. 15 


Für den Biotit ist als ausgezeichnetes Beispiel der Pikrit zu nen- 
nen, worin jenes Mineral in sehr kleinen Krystallen neben Diallag 
vorkömmt. Fig. 14 gibt ein Bild aus dem Biotit-Pikrit von Schönau 
bei Neutitschein bei Anwendung gewöhnlichen Lichtes, Fig. 15 bei 
der Beobachtung mit Einem Nieo!, 

In den älteren Felsarten erscheint der Biotit zuweilen minder 
durchsichtig und voll von Einschlüssen, so daß nur wenige klare Par- 
tikel übrig sind, aber auch diese lassen noeh deutlichen Diehroismus 
erkennen. (Fig. 16 und 17 aus dem Quarzporphyrit vom Monte Boeche 
im Pellegrinthal, Südtirol.) 


16 


Fig. 


o 


Tschermak. Mikroskopische Unterscheidung der Mineralien etc. 


Erläuterung der Tafeln. 


1—7. Schematische Darstellung der Lage der optischen Hauptschnitte 


Fig. 1 im Bronzit, Fig. 2 und 3 im Augit, Fig. 4 und 5 in der Horn- 
blende, Fig. 6 und 7 im Biotit. 


. Protobastitfels aus dem Radauthal. Gewöhnliches Lieht. 


. Derselbe Dünnschliff zwischen gekreuzten Nieols; die parallel den 


Nieol-Hauptschnitten liegenden Längsschnitte erscheinen dunkel. 


. Pikrit vom Gümbelberg bei Neutitschein. Gew. Licht. 


. Derselbe Dünnscehliff zwischen gekreuzten Nieols. Dunkel erscheinen 


fast durchwegs nur solehe Längsschnitte des Diallag, die nicht paral- 
lel sind den Nieol-Hauptschnitten. 


. Hornblende und Augit aus dem Teschenit von Liehnau bei Anwendung 


Eines Nieol. 


. Dieselben. Der Nieol um 90° gedreht. 

. Biotit Pikrit von Schönau bei Neutitschein. Gew. Licht. 

- Derselbe Dünnschliff bei Anwendung Eines Nieol. 

. Biotit ın dem Quarzporphyrit aus dem Pellegrinthale. Ein Nieol. 
. Derselbe. Der Nieol um 90° gedreht. 


Tschermak. Mik. Unterscheidung von Ausit. Amphibol. | Taf. l. 


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Gez.v.Strohmayer A:d.k.k.Hofır Staatsdrucksrei 


Sitzum gsb d.Ik Akad. d.W. math.natırw.(l. LX.Bd, TAbth.1869. 


Tschermak.Mik. Unterscheidung von Augit. Amphibol. Taf.l. 


Sez.v Strohmayer 3 A.d.kıx.Staatsdruckere:. 


Sitzungsb.d k.Akad.d.W.math.naturw. Cl. LX.Bd. TAbth. 1869. 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermark's. 


Von dem e. M. Prof. Dr. Const. Freih. v. Ettingshausen, 
(Mit 6 Tafeln.) 


(Vorgelegt in der Sitzung am 3. Juni 1869). 


Ich habe mir zur Aufgabe gestellt, die noch nicht oder nur 
ungenügend bekannten Tertiärfloren Steiermarks zu untersuchen 
und zu bearbeiten. Dank der Unterstützung, welche mir die hohe 
Classe zu erwähntem Zwecke bewilligte, konnte ich mit der Unter- 
suchung der fossilen Floren von Leoben, Fohnsdorf und Trofajach 
einen nicht unbeträchtlichen Theil meiner Aufgabe lösen, und über- 
gebe ich die Resultate meiner Untersuchungen unter obigem Titel 
der Öffentlichkeit. 

Aus dem Braunkohlenbecken von Leoben sind bisher nur einige 
wenige Pflanzenreste bekannt, ohne genauere Bezeichnung der Fund- 
stelle. Ich habe an vier Punkten, aus verschiedenen Schichten des 
Hangenden Pflanzenreste gesammelt. Diese Schichten liegen in ver- 
schiedenen Abständen von der Kohle und weichen auch dureh die 
Gesteinsbeschaffenheit von einander ab. Die unterste pflanzenführende 
Schichte ist im Seegraben nächst dem Walpurga-Schachte aufge- 
deckt worden. 

Dieselbe ist nur 2— 3 dick und besteht aus einem sandigen oft 
zu einem feinkörnigen Sandsteine erhärteten Thone von gelblich- 
weißer bis hellgrauer Farbe, welcher unmittelbar auf der Kohle liegt, 
und mit wohlerhaltenen Pflanzentheilen dicht erfüllt ist. Diesen über- 
lagert ein grauschwarzer sehr bituminöser harter Schiefer, in welchem 
Pflanzenreste selten vorkommen. 

Die nächst höhere Fundstelle liegt unweit der vorigen beim so- 
genannten Unter-Buchwieser. Sie mag beiläufig Eine Klafter von der 
Kohle entfernt sein. Die Pflanzenfossilien finden sich hier in einem 
röthlieh-grauen fettig anzufühlenden talkhältigen Schieferthon, der 
sich nicht leicht spaltet. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 


[8 


18 v. Ettingshausen. 


Die dritte Localität liegt am Münzenberg, etwa 11/, Klafter über 
dem Kohlenflötze. Das Gestein ist ein hellgrauer häufig mit Glimmer- 
blättehen gemengter leicht spaltbarer Schieferthon. Die Pflanzenreste 
kommen in einer Schichte von beiläufig 10’ Dieke häufig und sehr 
gut erhalten, im Übrigen aber nur zerstreut und minder wohl erhal- 
ten vor. 

Die vierte Lagerstätte kommt am Moskenberge in einer Entfer- 
nung von etwa 41/, Klafter von der Kohle vor. Diese pflanzenführende 
Schichte, welche auch im Seegraben zu Tage tritt, besteht aus einem 
hellbraungrauen von äußerst feinen Glimmertheilchen matt glänzen- 
den nicht leicht spaltbaren Schiefer und ist überaus reich an ver- 
schiedenartigen wohlerhaltenen Petrefacten. 

Jede dieser pflanzenführenden Schichten enthält neben Arten 
die allen gemein sind, viele eigenthümliche Species und verdient eine 
besondere Beachtung. Die vorliegende Abhandlung umfaßt die Bear- 
beitung der fossilen Pflanzenreste vom Moskenberge, als der von mir 
am meisten ausgebeuteten Localität. Die Florulen der übrigen Fund- 
stellen, deren Ausbeutung ich noch nicht beendete, werde ich in 
nächster Zeit bekannt machen. 


I. Fossile Pflanzen vom Moskenberge bei Leoben. 


Bei der Ausbeutung dieser reichhaltigen Lagerstätte haben mich 
die Herren Prof. Albert v. Miller, Bergverwalter Franz Rachoi und 
Schichtmeister Johann Trunk durch Rath und That freundlichst un- 
terstützt und sage ich denselben hiefür meinen innigsten Dank. 

Die Untersuchung der fossilen Pflanzen des Moskenberges ergab 
bis jetzt eine Flora von 216 Arten, welche zu 28 Classen, 57 Ord- 
nungen und 119 Gattungen gehören. Von diesen sind 79 Arten neu 
"und vertheilen sich auf die Ordnungen der Pyrenomycetes (10), Po- 
Iypodaceen (1), Smilaceen (1), Najadeae (2), Abietineae (3), Myri- 
ceen (1), Cupuliferen (4), Celtideen (1), Moreen (2), Artocarpeen 
(1), Urtieaceen (1), Plataneen (1), Salieineen (2), Polygoneen (1), 
Laurineen (3), Daphnoideen (2), Proteaceen (3), Oleaceen (1), 
Apocynaceen (2), Myrsineen (3), Ebenaceen (1), Vaceinieen (1), 
Ampelideen (2), Stereuliaceen (1), Tiliaceen (1), Acerineen (9), 
Malpighiaceen (1), Sapindaceen (1), Celastrneen (5), Hippocratea- 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 19 


ceen (1), Rhamneen (2), Juglandeen (2), Anacardiaceen (4). Myrta- 
ceen (2), Rosaceen (2), Amygdaleen (1), Papilionaceen (4). 

Nur 7 Arten waren Süßwasserpflanzen, die übrigen Landpflan- 
zen. Von den 136 in anderen Lagerstätten der Tertiärformation ge- 
fundenen Arten zeigen 69 ein höheres Alter als die Öningen-Stufe an, 
während nur 5 Arten t) bis jetzt ausschließlich in Letzterer gefunden 
wurden. 

Diese Flora ist sonach gewiß älter als jene von Parschlug. Die 
bezeichnenden Arten aber weisen die Moskenberg-Flora und somit 
auch die Braunkohlenformation von Leoben unzweifelhaft der Lau- 
sanne- oder sogenannten Mainzer-Stufe K. Mayer 's zu. 

Wie aus nachfolgender Zusammenstellung hervorgeht, ist die 
Moskenberg-Flora mit der fossilen Flora des plastischen Thones von 
Priesen bei Bilin am meisten verwandt. Von den 57 Ordnungen der 
Ersteren sind inPriesen 44 repräsentirt mit vielen übereinstimmenden 
oder analogen Arten und Gattungen. Bemerkenswerthe Abweichungen 
sind jedoch, daß die Abietineen, Laurineen, Proteaceen und Papiliona- 
ceen im Moskenberg in einer beträchtlich größeren Zahl erscheinen, 
währendein solches Vorherrschen keine einzige der Biliner Ordnungen 
zeigt; dal für den Moskenberg die Hyphomycetes, Equisetaceen, Sal- 
viniaceen, Compositae, Umbelliferen, Araliaceen, Bombaceen, Burse- 
raceen und Mimoseen bis jetzt nicht nachgewiesen werden konnten, 
während der Priesener Flora die Taxineen, Casuarineen, Celtideen, 
Urtieaceen, Plataneen, Santalaceen, Vaceinien, Ampelideen, Saxifra- 
gaceen, Nymphaeaceen, Hippocrateaceen, Combretaceen und Amygda- 
leen fehlen. Es darf auch nicht verschwiegen werden, daß die Mos- 
kenberg-Flora eine nicht unbedeutende Zahl von Arten mit aquitani- 
schen und sogar mit tongrischen Floren gemein hat, welche der Prie- 
sener Thon nicht besitzt. Ich nenne nur Leptomeria graecilis, Santa- 
lum osyrinum, Hakea plurinervia, Apocynophyllum haeringianum, 
Rhus cassiaeformis der Flora von Häring; Callitris Brongniarti, 
Sequoia Hardt, Pinus Palaeostrobus, Podocarpus eocenica, Ca- 
suarina sotzkiana, Betula Blancheti, Corylus insignis, Fieus Mor- 
loti, Laurus primigenia, Persoonia Daphnes, Grevillea haeringrana, 
Banksia longifolia, B. haeringiana, Apocynophyllum lanceolatum, 


1) Diese Arten sind: Pinus hepios Ung; Embothrium salieinum Heer; Sapotacites 


emarginatus Heer; Diospyros anceps Heer und Zanthoxylum integrifolium Heer. 
9% 


20 v. 


RKttingshausen. 


Ceratopetalum haeringianum, Nelumbium Buchit, Anoectomeria 
Brongniarti, Sterculia Labrusca, Celastrus Aeoli, Rhamnus rectiner- 
vis, Dalbergia primaeva und haeringiana, Cassia, Zephyri und 
Fischeri aus verschiedenen aquitanischen und tongrischen Floren. 
Aus diesen Thatsachen sowohl, als auch aus dem oben erwähnten 
Vorherrschen der Proteaceen und Leguminosen schließe ich, daß die 
fossile Flora des Moskenberges jener des plastischen Thones von 
Priesen in der mittelmiocenen Epoche vorherging. 


Moskenberg bei Leoben. 


Ulvaceae 1 (Enteromorpha stagnalıs), 

Hyphomycetes — 

Pyrenomycetes 12, darunter Aylomites 
Alni und Rhytisma Feroniae. 

Equisetaceae — 

Polypodiaceae 3. 

Salviniaceae — 

Gramineae 1. 

Smilaceae 1. 

Najadeae 2. 

Typhaceae 1 (Typha latissima). 

Palmae 1 (wahrscheinlich Saba! maj.) 

Cupressineae A, darunter Taxodıum 
dubium u. Glyptostrobus europaeus. 

Abietineae 11, darunter Sequoia Coutt- 
siae, Pinus rigios und P. Freyeri. 

Tazxineae 1. 

Casuarineae 1. 

Myriceae 3, darunter Myrica salicina. 

Betulaceae 6, mit Betula prisca und 
Brongniartii, Alnus Kefersteinii u. 
gracilıs. 

Cupuliferae 13, mit Corylus insignis, 
Fagus Feroniae, Castanea atavia, 
Quercus Lonchitis, O0. Pseudo- Alnus 
und Q. Griphus. 

Ulmaceae 3 mit Ulmus Bronmü. 

Celtideae A. 

Moreae 7, mit Ficus lanceolata, F. 
Jynz, F. Lobkowitzü, F. tiliaefolia. 


Artocarpeae 1. 
Urticaceae 1. 


Plastischer Thon von Priesen b. Bilin. 


Ulvaceae 1 (Enterom. stagnalis). 

Hyphomycetes 2. 

Pyrenomycetes 16, darunter dieselben 
Pilze. 

Equisetaceae 1. 

Polypodiaceae 2. 

Salviniaceae 3. 

Gramineae 4. 

Smilaceae 1. 

Najadeae ?. 

Typhaceae 1 (T. latissima). 

Palmae 1 (Sabal major). 

Cupressineae 6, darunter die genann- 
ten Arten. 

Abietineae 3, darunter Seguoia Coutt- 
siae und Pinus rigios. 

Taxineae — 

Casuarineae — 

Myriceae 1 (M. salicina). 

Betulaceae 8, darunter dieselben Arten. 


Cupuliferae 9, mit Fagus Feroniae, 
Castanea atavia, O. Pseudo- Alnus. 


Ulmaceae 6, mit U. Bronnit. 

Celtideae — 

Moreae 10, mit F. lanceolata, multi- 
nervis, Hegetschweileri, Jynz, Lob- 
kowitzü, tiliaefolia. 

Artocarpeae >. 

Urticaceae — 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 21 


Plataneae ?. 

Balsamifluae 1. 

Salrcineae A, mit Populus latior und 
Salıx varians. 

Polygoneae 1. 

Laurineae 15, mit Laurus nectandroi- 
des, Agathophyllum und Haidingeri, 
Nectandra arcinervia. 

Santalaceae 3. 

Daphnoideae ?. 

Proteaceae 1). 

Compositae — 

Rubiaceae 2% (Cinchonidium bilinieum 
und multinerve). 

Oleaceae 2, darunter Fraxinus ma- 
eroptera. 

Apocynaceae 8, darunter Apocyno- 
phyllum Reussi, A. Amsonia und 
Echitonium mierospermum. 

Asperifoliaceae 1. 

Myrsineae 4, darunter Myrsine Dory- 
phora. 

Sapotaceae 4, darunter Sapotacites si- 
deroxyloides , S. miner, Bumelia 
Oreadum. 

Ebenaceae 3. 

Vaccinieae 3. 

Ericaceae ?. 

Umbelliferae — 

Araliaceae — 

Ampelideae 3. 

Saxıfragaceae 1. 

Nymphaeaceae ?. 

Bombaceae — 

Sterculiaceae 3. 

Büttneriaceae 1. 

Tiliaceae 1. 

Acerineae 6. 

Malpighiaceae 2. 

Sapindaceae 3. 

Celastrineae 8, darunter 
Hippolytı. 

Hippoerateaceae 1. 

Ilieineae %, darunter Dex berberidi- 
folia. 


Celastrus 


Plataneae — 
Balsamifluae 1. 
Salieineae 6, darunter dieselben Arten. 


Polygoneae 2. 

Laurineae 8, mit Laurus nectandroi- 
des, Agathophyllum, Heliadum, Hai- 
dingeri und Persea speciosa. 

Santalaceae — 

Daphnoideae 1. 

Proteaceae 4. 

Compositae 1. 

Rubiaceae 3, darunter dieselben Arten. 


Oleaceae%, darunter Frax. macroptera. 


Apocynaceae 4, darunter A. Reussu. 


Asperifoliaceae 2. 
Myrsineae >. 


Sapotaceae 5, darunter dieselb. Arten. 


Ebenaceae 1. 
Vacceinieae — 
Ericaceae 3. 
Umbelliferae 1. 
Araliaceae 1. 
Ampelideae — 
Sazifragaceae — 
Nymphaeaceae — 
Bombaceae 2. 
Sterculiaceae — 
Büttneriaceae 1. 
Tiliaceae 1. 
Acerineae. 
Malpighiaceae 1. 
Sapindaceae 1. 
Celastrineae 5, darunter dieselbe Art. 


Hippocrateaceae — 
Tlieineae 1 (Ilex berberidifola). 


22 v. Ettingshausen. 


Rhamneae 6, darunter Rhamnus Gau- Kthamneae 1. darunter Rhamnus Gau- 
din:. dini. 

Juglandeae A, darunter Juglans acu- Juglandeae 7, darunter dieselben Arten. 
minata und Carya bilinica. 


Anacardiaceae 5. Anacardiaceae ?. 

Burseraceae — Burseraceae 1. 

Zanthoxyleae 1 (Zanthoxylum integri- Zanthozyleae 1 (Z. bilimeum). 
folium). 

Combretaceae 1 (Terminalia mio- Combretaceae — 
cenica). 


Myrtaceae 3, darunter Eucalyptus Myrtaceae 1 (Eucalyptus oceanica). 
oceanica. 
Rosaceae 3, darunter Spiraea Osiris.  Rosaceae 1 (Spiraea Osiris). 
Amygdaleae 1. . Amygdaleae — 
Papilionaceae 16, darunter Dolichites Papilionaceae 5. 
mazimus und Cercis radobojana. 
Mimoseae — Mimoseae 2. 


Da ich der Ausbeutung der Moskenberg-Flora die meiste Zeit 
widmete 1), so bin ieh in die Lage gekommen, über das Vorkommen 
der Arten viele Thatsachen und Erfahrungen zu sammeln. Das Wich- 
tigste davon ist im Nachfolgenden, alles übrige aber im speciellen 
Theile auseinander gesetzt. 

Von den Thallophyten fand ich nur die Blattspitze nicht selten, 
am häufigsten Rhytisma Geinitzü auf Blättern der Castanea atavia. 

Farnkräuter sind äußerst selten; die beschriebenen kamen nur 
in einigen wenigen Wedelbruchstücken vor. Von Gräsern habe ich nur 
den an anderen Lagerstätten häufigen Phragmites oeningensis in weni- 
gen Blatt- und Wurzelfragmenten, die übrigen hier beschriebenen 
Monokotyledonen mit Ausnahme der Typha latissima ebenfalls sehr 
selten gefunden. 

Von den Coniferen sind Glyptostrobus europaeus und Se- 
quoia Langsdorfii am häufigsten; sie gehörten mit Birken- Arten, 
mit der in Bilin so häufigen Fagus Feroniae und mit der Ca- 
stanea atavia zu den vorherrschenden Waldbäumen der urweltlichen 
Flora von Leoben. Von den 8 Föhren-Arten sind Pinus Palaeostrobus. 


1) Ich war mit der Gewinnung der Pflanzenfossilien an dieser Localität sechs Wochen 
beschäftigt und habe von der großen Zahl der mir in die Hände gekommenen 
Reste über 1000 ausgewählte Stücke nach Wien geschickt. 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 23 


die in Nadelbüsehel, Zapfen und Samen vorkam, und D. hepios als 
häufig, die übrigen, von denen aber fast durchgehends Samen vorlie- 
gen, als selten zu bezeichnen. 

Die Erlen nahmen keinen geringeren Antheil an der Laubholz- 
vegetation als in Bilin, dagegen erschienen dieRüster, selbst die sonst 
so häufige Planera Ungeri hier viel seltener. Die Eichen kamen in 
7 Arten zum Vorschein, jedoch sämmtlich selten. Von den in gleicher 
Zahl vertretenen Feigenbäumen sind Ficus lanceolata und F. Jyna 
als nieht selten zu bezeichnen. Der im nahe liegenden Parschlug so 
häufig auftretende Amberbaum gehört hier, wie in Bilin, zu den 
größten Seltenheiten. Lorbeerblätter fanden sieh zahlreich und einige 
gut zu unterscheidende Arten; Cinnamomum polymorphum, €. 
Scheuchzeri und C. lanceolatum waren die vorherrschenden Lau- 
rineen. 

Auf die stärkere Repräsentation der Proteaceen ist schon oben 
hingewiesen worden. Sechs Arten derselben kommen auch in Häring 
vor. Von der Mehrzahl fanden sich Früchte oder Samen. 

Von den Gamopetalen sind nur die Apocynaceen in größerer 
Zahl vertreten. Das bisher nur in Bilin aufgefundene Apoceynophyllum 
Reusii ist die vorwiegende Art dieser Familie. Von Echitonium fan- 
den sich zwei Arten wohlerhaltener Samen. 

Die Acerineen, Celastrineen, Rhamneen und Papilionaceen sind 
als die artenreichsten Dialypetalen und von diesen Acer trilobatum, 
A. decipiens, Rhamnus Gaudini, Cassia Phaseolites, C. Fischeri 
als die häufigsten Arten zu bezeichnen. Nicht selten kamen vor: Cera- 
fopetalum haeringianum, Anoectomeria Brongniarti, Sterculia cin- 
namomea, Tilia Milleri, Sapindus falcifolius, Carya bilinica, Euca- 
Iyptus oceanica und Cassia Zephyri. Sämmtliche übrigen hier nicht 
erwähnten Dialypetalen wurden in einzelnen oder wenigen Resten 
gefunden und sind den Seltenheiten beizuzählen. 


2A v. Ettingshausen. 


Übersicht der fossilen Flora des Moskenberges und der Verbreitung 
ihrer Arten :). 


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Regio I. Thallophyta. 
Class. Algae. 
Ord. Ulvaceae. 
Enteromorpha stagnalis Heer..\.|.|.|.|.|. |. | +|. el 
Class. Fungi. 
Ord. Pyrenomycetes. 
Sphaeria Dryadum Ett........ 
Sphaerites rhytismoides Ett.... EHIUS RIATHIERTS TI NIE 5 : 
Dothidea Cinnamomi Ett.......|. |. |-|-|-|. I» |. - 
Phacidium Keroniae Eitt...... 1. ol shell 
Aylomites Alni Ett. .......... ER a SL Re | AO ERS = 
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2 Geinitzü Ett........ +|. 
3 Milleri Ett.......... +. % 
Regio II. Cormophyta. 
A. Acotyledones. 
Class. Filices. 
Ord. Polypodiaceae. 
Pteris parschlugiana Ung.....|+\.|.|. + Al - a. 
» moskenbergensis Ett.. 2.10. |". 12] en area ER ahı Vereine cn mem RER 
„ul ioeningensis Ung........| 1. jn.| 2 nenn nee ee el 


1) Erklärung der Abkürzungen: B = Brandschiefer von Sobrussan; Bj = Bel- 
mont; Ba = La Borde; C = Croisettes; C} — Chatillons; D, = Develier; E, — 
Eriz; F==St. Gallener Findlinge; H= Häring; H, —= Hohe Rhonen; H, = Horw; 
1==1Irchel; J== Jouxtens; K; = Kutschlin; Ka Kostenblatt; L=Locle; M = Me- 
nilit im Schichower Thale; M; = Monod; Ma = Münsingen ; P== Monte Promina; 


Pa, = Petitmont; R == Niederrheinische Braunkohlenformation; R, = Ralligen; 
Ro, = Rivaz; Rz = Rorereaz; Rz — Rothenthurm; S = Sotzka; Sj — St. Gallener 
Steingrube; T == Plastischer Thon von Bilin; Ta, = Tunnel von Lausanne; V = 


Vevay; W = Ältere Braunkohlenformation der Wetterau. 


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Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 


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Ann) 23 5/1 6| | s | 9) 10| 14| 12] 13] 14 


B. Monocotylodones. 

Class. Glumaceae. 
Ord. Gramineae. 

Phragmites oeningensisA.Braun]+|+|.|:.|+/w| . I +|.|+J. Ss, 


Class. Coronariae. 
Ord. Smilaceae. 


Smulaseımoskenbengensis Bet 2: | ealaileli. | 2 2 02 en 
Class. Fluviales. 
Ord. Najadeae, 
Najadopsis trinerviaEtt....... a8 8 [IS nı Vous Sole] BAR N 
» graminifolia Ett....|+ 
Class. Spadiciflorae. 
Ord. Typhaceae. 
Typha latissima A. Braun..... +/.|B/+|+|W| . | + |+[+] . |Sı 
Class. Principes. 
Ord. Palmae. 
Sabal major Ung. sp. (?)...... le era Va WALDE I et 


©. Gymnospermae. 


Class. Coniferae. 
Ord. Cupressineae. 


Libocedrus salicornioidesUng. . 


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Taxodium dubium Sternb. sp..|+|.|.|. | +[|w| . | + o|| 5 |R 
Glyptostrobus europaeus Heer. .|)+/+|.|+ + w| . I +|.|.[.[. + 


Ord. Abietineae. 
Sequoia Couttsiae Heer........ SUN ler 
»  Zangsdorfibrongn.sp.|--| +]. 

»  Hardtii End). sp......|. |+|+ 
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en 


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Pinus Palaeostrobus Ett....... + SU aa Mind NEN ON a6 
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»  Goethana Ung. sp. ..... also Ko En ee lollo ern 
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26 v. Ettingshausen. 


Lausanne- 
Stufe 


Aquitanische 


Stufe Stufe | Stufe 


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Aufzählung der Arten. ® elselS |83 5 5 3 
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| Pinus hepios Ung. sp......... +] DR = 
seroiosälinie-aspr 8: Hl 2 Ale W lasse. 2 . 
» pachypteraBtt......... +. |. h 
Ord. Taxineae. 
| Podocarpus eocenica Ung...... .|+/+1+/RR)+ IK, |M | + 
D. Apetalae. 
Class. Juliflorae. 
Ord. Casuarineae. 
| Casuarına sotzkiana Ung. sp...|. |. |+/+|.| . |Kı | B 
Ord. Myriceae. 

Myrica subaethiopica Ett...... BR INEO LANE Re a a ne Ab Ne 2 A 1 c 
SEE sorzkiana)But.ı 120. EEE Br a N | I | honlliss nal & ir |! u 
Psaheınalaerr re A ra a SE El let 

Ord. Betulaceae. 

Betula Dryadum Brongn. ....|+| + +l.|. Tı+ /.1+1J 
RB DTISeQaBile. +/+1.|t|.|W n Sl | 
»  Brongniartü Ett....... ll: +M | W|.|+ Rz 
SisBlonchenytlieen. 2 BE M} . i 

Alnus Kefersteinii Goepp. sp..|+\+|. |+1m,| + + +/.|+ 
Bioracılsilme. >... +|+ +|W T|I.|+[.|Ps 

Ord. Cupuliferae. 
| Ostya Atlantidis Ung. ........ a er a a ee a ea 
„  stenocarpa Ett......... : 5 > 

Corylus"Palueo-Avellana Ett!.| |. 2.1 11 na 

errkinsigmsilieer...ı..... ek sera] 

Fagus Feroniae Ung.......... +/+1. willen aller 

Castanea atavia Ung......... ++18 u Be WE 

Quercus Apocynophyllum Ett...|-\+1.|.|.1. |. |. 1.1.1.1.]).|. 
» Lonchitis Ung........ +l.[s|+/|R | - | - |+#B |. |. |. |L 
5 Milan Eittz‘e..... ze jselee 2a |. ol]. “ee 
5 mediterranea Ung. ..|.|.|. 7 Bea | 
j Pseudo-Alnus BEistt. „lc 2 0 le 0 ee . 

e Griphus Ung......... Ba en aa en a as meiaeiIvorlaslleillee 
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Beiträge zur Kenntniß der Tertiärfiora Steiermarks. 


Aufzählung der Arten. 


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Ord. Ulmaceae. 


| Ulmus Bronnü Ung........... + 
| „  BraunüHeer......... 2 
| Planera Ungeri Ett........... - 
| Ord. Celtideae. 
|i@elcis stmiac Bitte. .....2..2 ; 
Ord. Moreae. 
| Ficus lanceolata Heer........ -L 
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3 MorlorQlme, 1.03 x 
„  tiliaefolia Ung. sp....... 5 


Ord. Artocarpeae. 
| Artocarpidium serratum Ett. ... 


Ord. Urticaceae. 
Urtica miocenica Ett. ........ 


Ord. Plataneae. 


| Platanus aceroides Goepp..... 
FE graelis u 


| Ord. Balsamifluae. 
| Ziquidambar europaeum A. Br..|. 
Ord. Salicineae. 


Populus latior A. Braun. ..... 


| DiGemitzinbrut 2.2... .|+ 
| Salix varians Goepp. ....... 
|». palaeo-repens Btt.......: 


Class. Oleraceae. 
Ord. Polygoneae. 
| Polygonites deperditus Ett..... 


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Aquitanische 
Stufe 


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Niederrhein. u. ält.Wet- 
terauer Braunkohlenf. 
Kutschlin u. Kostenblati 
bei Bilin. 
Thon, Brandsch. u. Me- 


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Stufe 


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Localitäten der Schweiz 


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Localitäten der Schweiz 
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28 y. Ettingshausen. 


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Class. Thymeleae. 


Ord. Laurineae. 
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» tetrantheroides Ett..... 2 ' ö 
„  nectandrordes Ett...... a8 DR SUR 
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| Nectandra arcinervia Ett.....|+|.|.|.|.|. IK, 
| Oreodaphne stiriaca Ett....... 
Litsaea mioceniea Ett. ....... + 
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| 5 ScheuchzeriHeer.....|+|+ 
„»  lanceolatum Ung.sp.....|+\+|+ 
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»  polymorphum A. Br. sp. . 
Daphnogene laurifolia Ett..... SERIE Een EC Ne 


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Ord. Santalaceae. 


Leptomeria graceilis Ett....... 
Santalum osyrinum BEtt. ...... 
& salieinum Ett....... 


man 


Ord. Daphnoideae. 


Daphne Seelandiüi Ett......... 
» Palaeo-Laureola Ett... 


Ord. Proteaceae. 


| Persoonia Daphnes Ett........ ar ||an 
| Grevillea haeringiana Ett......|. 
Hakea plurinervia Ett........ + 
BeistenopteranBitt! ... er... 5 Sa RUE. 106 |. . . 
Embofiwum) sateınum Heer... .\. |... 2 Saale 
N macropterum Ett. . 
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Beiträge zur Kenutniß der Tertiärflora Steiermarks. 20 


Leob. 
Fund- 


St. 


Aquitanische | Lausanne- | Helv. |Oen.- | 


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E. Gamopetalae. 


Class. Caprifoliae. 
Ord. Rubiaceae. 


Cinchonidium bilinieum Ett. ... 
he multinerve Ett... 


Class. Contortae. 
Ord. Oleaceae. 


| Olea stiriaca Ett........... or 
Fraxinus macroptera Ett...... 
»  Dioseurorum Ung.... 


Ord. Apocynaceae. 


Apocynophyllum lanceolatum Ü.. 


N meussinBtit. 4.2.2. 00.2. 
 Amsoma Une... Je.... 

„  haeringianum Ett. ...... 

„  stenophyllum Ung....... 

„ hunteriaeforme Ett...... 
Echitonium microspermum Ung. 
a macrospermum Ett. 


Class. Nuculiferae. 
Ord. Asperifoliae. 
Heliotropites Reussü Ett. ..... 


Class. Petalanthae. 
Ord. Myrsineae. 


Myrsine Doryphora Ung....... 
»  Solenon Dıik oooodone- 


Ord. Sapotaceae. 


Sapotacites sideroxyloides Ett.. 
"N minor Ett......... 
5 emarginatus Heer.. 
Bumelia Oreadum Ung........ 


30 Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 


BES 


Aquitanische [Lausanne- | Helv. |Oen.- | 
Stufe Stufe Stufe | Stufe | 


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1| 2] 5 5[ 6 7 fe) 9 | 10| 11| 12] 13| 14% 


Ord. Tiliaceae. 
Inla8WnllersnBietas ee EIS ES I IR RR Haie: 


Class. Acera. 
Ord. Acerineae. 


| Acer trlobatum A. Braun. ....|+|+|.|+/+|+ |. | = |. I+1. S,|+1+ 
„» paulliniaecarpum Ett. > 5 Sean. > 
 malaeo-campestre Btk. ...|. |. Ener nen Lesen ee eo en as na eg We 
„ angustilobum Heer....... elle [a RRSITIUSN Basler 
„ decipiens A. Braun...... + 2] 2 Hal Role. |. 1220 len en 
„» rhombifolium Ett........ En I a ma Ni] sel Kardinal cn acgiles 


Ord. Malpighiaceae, 


| Heteropteris protogaea Ett..... a a a a lol na 
| Malpighiastrum teutonieum Btt..|. |. |. |. |. |W . Il lEr 


Ord. Sapindaceae. 


| Sapindus falerfolius A. Braun.) .|.|.|-|+|. IR,| . |+H +1. IH 1414| 
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» moskenbergensis Ett..|. | [ES 8.1... 1.208 zu en use ee | 
7 Pytkmsümien... cs... la sellale lol ar 
Dodonaea antiqua Ett......... lee | REM tn |: 


Class. Frangulaceae. 
Ord. Celastrineae. 


Evonymus moskenbergensis Ett.. 
i Maytenus submarginataBtt.....|.|.|.|.|.|. 


»„ integrifolia Ett...... Ba RE art; 
| Celastrus Aeoli Ett........... ln ers [ME RS 
” europaeus Ung. ..... a ee aaa eilo 6 ar 
„ı tlimpelrti Biüt...:...). Ss ll ae 1 el Tu ne 
Elaeodendron stiriacum Ett.... 5 IR a en Ir legll oh 
% oligoneure Ett.... 6 


Ord. Hippocrateaceae. 
Hippocrateu erenulata Ett..... BR IE RR | ea 71 
Ord. Lieineae. 


llex stenophylla Ung....... Selen. lest alle 
„ berberidifolia Heer....... ER EN EN |. 


++ 


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v. Ettingshausen. si 


St.\ 


Leob. 
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Aquitanische | Lausanne- [Helv.-|Oen.- 
Stufe Stufe |Stufe | Stufe | 


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Aufzählung der Arten, Ei sIs2|S |. 5 & Eu 
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1 21 8 516 | 7 | s | 9| 10] 14| 12| 13] 14 | 
Ord. Ebenaceae. 
| DiospyrosbrachysepalaA Braun.) + +/Ss|. | +/[w|K,|M '+|.|. + | 
> ancepsi Meer. 2.3.1. EURER PS BIEN ie Bi Kalle: | 
| Macreightia longipes Ett. ..... | 
Class. Bicornes. 
Ord. Vaccinieae. 


Vaccinium acheronticum Ung. .|. |. |+/+ +| R|. | B /+/+|J. | ++ 
Pe nenenlarnmı Nabwarunza. elle Ele Ms 9. 
cordotumsEitäs a: 


. ++ 


Ord. Ericaceae. 


| Andromeda protogaea Ung.....|+ +++ M}| . |K,|B |. |. 
„ vaeemirohalmg. | 2 2 121. MA .. | a 


SE 


F. Dialypetalae. 
Class. Disecanthae. 
Ord. Ampelideae. 


Vitis teutonica A. Braun...... ol SEIEWE I all ae ea een lt 
BissusigogıponalEiiien nn. le |Is | 
| neelneiyolarbiutee. N I 
Class. Corniculatae., 
Ord. Sazifragaceae. 
Ceratopetalum haeringianumEtt.|+ .|H|.|.| . |K, 


Class. Nelumbia. 
Ord. Nymphaeaceae. 


Nelumbium Buchiü Ett. ....... U Nee los lo 
Anoectomeria Brongniartü Sap.|. +|. |. IC) - |Kı | - |. 


Class. Columniferae. 
Ord. Sterculiaceae. 


Sterculia Labrusca Ung....... ler ao | 0 Eee o 5 
5 CHRRIOTEE Di 8000| Ella oo. o Io |"olslellio lie 
2 laurina Ett. ........ SE EAIESEIL N Ko er 


Ord. Büttneriaceae. 
Brenosnenmmntes, wagansı Heer. 2... |. Hd - | = ehe 


32 v. Ettingshausen 


St. 


Aquitanische |Lausanne- | Helv. |Oen.- 
Stufe Stufe Stufe | Stufe 


Aufzählung dar Arten. 


« Häring, Sotzka, — Ter. 
terauer Braunkohlenf. 


Kutschlin u, Kostenblatt 


nelit v. Bilin 


bei Bilin 


woszowice 


=) 
= 
ww 


@ Localitäten der Schweiz 
Niederrhein. u. alt. Wet- 
Thon, Brandsch. u. Me- 

5 Loecalitäten der Schweiz, 
Loealitäten der Schweiz 


50 
3 
= 
u 
S 
= 
1 


w Seegraben 
«© Radoboj 
5 Parschlug 


a 
- 
@ 
= 5 
> Oeningen, Locle 


Ord. Rhamneae. 


i Paliurus Favoni Ung 
| Zizyphus parvifolius Ett 
Rhamnus Gaudini Heer 
N alnıfolius Ett 
| 25 rectinervis Heer 
| Pomaderris acuminata Ett..... 


Class. Terebinthineae. 
Ord. Juglandeae. 


Juglans acuminata A. Braun...|+|.|.|. | + +|.| T|.|+|.|Pel+t|+| 
Bi umdulata Btit... 22... aaa aus a IV) 1 2 x 
Carya bilinica Ung..........- +/+[s|.|+/!+|Kı | + |. I|+|+|.|-|+1 
Pterocarya leobenensis Ett.....|.|+|.|.|.|. |.» 


O:d. Anacardiaceae. 
Anacardiophyllum dubium Ett.'. 


Rhus tenuifolia Ett........... ua. halalo Me le/lie 
„ appendiculata Ett......» 
„  eassiaeformis Ett. ...... H 
„ juglandına Ett.......... 


Ord. Zanthoxyleae. 
Zanthoxylum integrifoium Heer.|.\.|.|.|.|. |. 1. |-|.[.1.[- | + 


Class. Calyciflorae. 
Ord. Combretaceae. 
Terminalia miocenica Ung.....|+\.|.|.|.|. |. |. |+ 


Class. Myrtiflorae. 
Ord. Myrtaceae. 


Eucalyptus oceanica Ung...... +l.|+I+#/|+ | R IK, | + | - |+ 
Callistemophyllum acuminatum 
” productum Ett...... EI PR HIN I RB HIN | ni NEN Kan 1 N] 


Class. Rosiflorae. 


Ord. Rosaceae. 


Spiraea prunifolia Ett........ SS SE el AR 
AO sınUs Bktit „yes. ne | a 0 RE NE 
„el acherontica Btt..s..... 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 33 


Aquitanische |Lausanne- 
Stufe Stufe 


Aufzählung der Arten, 


wi 


terauer Braunkohlenf. 
Kutschlin u. Kostenblatt 


Niederrhein. u. ält.Wet- 
bei Bilin 
nilit v. Bilin 


«> Häring, Sotzka, Promina) Tgr. St. 
Swoszowice 


et Localitäten der Schweiz) 
= Loealitäten der Schweiz 
5 Localitäten der Schweiz 


= Münzenberg 
» Seegraben 
«© Radoboj 

5 Parschlug 


{er} 
[02 


h = Oeningen, Locle 


Ord. Amygdaleae. 
Prunus Palaeo-Cerasus Ett.... 


Class. Leguminosae. 
Ord. Papilionaceae. 


Oxylobium miocenieum Ett..... 
| Kennedya dubia Ett. ......... 
Dolichites mazimus Ung. ..... 
| Dalbergia primaeva Ung...... 
haeringiana Btt..... 
pterocarpoides Ett...| + 
Palaeolobium moskenbergense 
Ett.... 
Sophora europaea Ung..... 
| Cereis radobojana Ung. 
| Cassia Phaseolites Ung 
Berenices Ung 
Fischeri Heer. : 
Leptodictyon Ett........ 
Zephyri Ett 
lignitum Ung 
Leguminosites pachyphylius Ett. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Ül. LX. Bd. I. Abth. 3 


34 v. Ettingshausen. 


Reg. I. THALLOPHYTA. 
Class. Algae. 
Ord. Ulvaceae. 


Enteromorpha stagnalis Heer. » 


Von dieser auch in Bilin vorkommenden Alge fanden sich hier 
mehrere spärlich verästelte sehr dünne Laubfragmente, welche mit 
der von Heer in seiner Tertiärflora der Schweiz Bd. I, Taf. 3, Fig. 4 
gegebenen Abbildung genau übereinstimmen. 


Class. Fungi. 
Ord. Pyrenomycetes. 


Sphaeria Dryadum n. sp. 
Taf. I, Fig. 1. 


Dieser Pilz kommt auf dem Blatte der Befula Dryadum Brongn. 
vor. Bezüglich der Größe und Form der stark hervortretenden Peri- 
thecien stimmt er mit Sphaeria Caryae m. (fossile Flora von Bilin, 
I, Taf. 1, Fig. 20) am meisten überein. Er unterscheidet sich aber 
von dieser Art durch den Mangel eines ringförmigen Walles und durch 
die nur sehr wenig vertiefte, fast an der Spitze des Peritheciums lie- 
gende Öffnung. 


Sphaerites rhytismoides n. sp. 
Taf. I, Fig. 3. 


Auf einem unbestimmbaren Dikotyledonen-Blatte. Ein Pilz von 
der Größe und Tracht eines Rhytisma, z. B. von R. Rubeschi. Da 
jedoch die dieser Gattung zukommenden strahlenförmig auslaufenden 
Furehen an demselben nicht wahrgenommen werden konnten, so 
habe ich ihn vorläufig unter die Sammelgattung Sphaerites gestellt. 


Dothidea Sterculiae n. sp. 
Taf. I, Fig. 6. 


Bildet kleine rundliche schwarze, zerstreut stehende Flecken 
auf einem Blatte der Sterculia cinnamomea. Dieselben bestehen, wie 
die Vergrößerung Fig. 6 d zeigt, aus mehreren Pünktchen, die im 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 35 


Kreise um ein etwas größeres gestellt sind. Dieser Pilz ist dem 
‚Sphaerites connatus Goepp. Fossile Flora von Schoßnitz, Taf. 1, 
Fig. 11, 12 sehr ähnlich. Letzterer kommt jedoch auf einem ganz 
:anderen Blatte vor und zeigt noch kleinere Flecken. 


Phacidium Feroniae n. sp. 
Taf. 1, Fig. 7. 


Dieser auf einem Blattstücke von Fagus Feroniae vorliegende 
Pilz scheint verwandt zu sein mit dem Phacidium Populi ovalis A. 
Braun und stimmt in der Größe und Form der Flecken mit demsel- 
ben überein. Letzterer bildet jedoch ganz flache Flecken, ersterer 
aber zeigt eine scharf begrenzte etwas tiefer liegende Scheibe. (S. 
die Vergrößerung Fig. 7 5.) 


Xylomites Lonchitidis n. sp. 
Taf. 1, Fig. 10. 

Auf einem mangelhaft erhaltenen Blatte der Quercus Lonchitis 
Ung. Dieser Pilz kommt dem Xylomites varius Heer, besonders der 
Form a (X. v. Populi, Tertiärflora d. Schweiz, Taf. 9, a) sehr nahe. 
Er unterscheidet sich aber von demselben durch die mehr elliptischen 
als rundlichen Flecken, welche einen scharf begrenzten dünnen 
dunklen Rand und eine verhältnißmäßig größere helle Scheibe 
haben. 


Xylomites lignitum n. sp. 
Taf. I, Fig. 2. 

Auf einem Blatte von Dryandroides lignitum. Kleine dunkle 
elliptische Flecken, die von einem feinen schwarzen Rand begrenzt 
sind und eine fast rundliche verschwommen begrenzte Scheibe zeiger. 
Dieser Pilz gleicht dem Xylomites varıus Heer var. b (X. v. Salı- 
cis l. ec. Taf. 1, Fig. 9 f), unterscheidet sich aber von demselben 
durch den Rand und die Form der Flecken. 


Xylomites Alni m. 


Rundliche dunkle Flecken auf einem Blatte der Alnus gracilis. 
Einige dieser Flecken zeigen in der Mitte eine kleine helle Scheibe, 
andere nicht. Ich nehme an, daß dieser Pilz mit dem im plastischen 
Thon von Priesen auf Alnus-Blättern vorkommenden, dessen Eigen- 
schaften er fast vollkommen theilt, gleichartig ist. 

3+ 


36 v. Ettingshausen. 


Xylomites granulifer n. sp. 
Taf. 1, Fig. 9. 


Auf einem stark macerirten unbestimmbaren Dikotyledonen- 
Blatte. Dieser Pilz bildet rundliche schwarzbraune, am Rande meistens 
verschwommen oder heller begrenzte Flecken, die unter der Loupe 
betrachtet aus sehr kleinen Körnehen, wahrscheinlich den Peritheeien, 
zusammengesetzt erscheinen. Dieselben sind, wie die Vergrößerung 
Fig. 9 d zeigt, in derMitte am deutlichsten, in großer Zahl und ohne 
Ordnung aneinander gereiht. 


Xylomites grandis n. sp. 
Taf. 1, Fig. 8. 


Dieser Pilz, welchen ich auf einem unbestimmbaren Dikotyledo- 
nen-Blatte fand, zeichnet sich durch die Größe der Flecken und den 
etwasfeinkörnigen Rand derselben vor den beschriebenen Xylomites- 
Arten sehr aus. Die große helle Scheibe liegt ein wenig vertieft, ist 
aber ganz flach. (S. die Vergrößerung 8b.) 


Rhytisma Feroniae m. 


Auf einem Blatte der Fagus Feroniae sah ich einige aus den 
zusammenfließenden Peritheeien dieses Pilzes bestehende Flecken. 
Sie gleichen dem im plastischen Thone von Priesen aufgefundenen 
und auf Taf. 2, Fig. 7 ]. e. abgebildeten Blattpilze. 


Rhytisma Geinitzii n. sp. 
Taf. I, Fig. 4. 


Dieser dem Rhytisma Populi Heer (Tertiärflora der Schweiz, 
Bd.I, Taf. 2, Fig. 7) nahe verwandte Pilz findet sich häufig auf Blät- 
tern der Castanea atavia. Er unterscheidet sich von demselben durch 
die kleineren, im Umrisse mehr regelmäßig rundlichen Peritheeien. 


Rhytisma Milleri n. sp. 
Taf. I, Fig. 5. 


Auf Blättern von Fagus Feroniae Ung. Durch die größeren 
mehr warzig hervortretenden Perithecien von dem Ahytisma Fero- 
niae m., durch die unregelmäßig verlaufenden Furchen, welche eher 
die Form kleiner mit Schuppen bedeckter Warzen als die einer Blu- 


Beiträge zur Kenutniß der Tertiärflora Steiermarks. 76 


menkrone nachbilden, von Rhytisma Populi verschieden. Letzterer 
Blattpilz stimmt in der Größe der Flecken mit unserer Art am 
meisten überein. 


Reg. I. CORMOPHYTA. 
4. Acotyledones. 


Class. Filieces. 


Pteris parschlugiana Ung. 


Von diesem Farne liegen zwei Fieder-Exemplare in Ab- und Ge- 
gendruck vor. Das Größere gleicht bis auf die Zahnung des Randes 
und die wiederholt gabelästigen Seeundärnerven dem von Heer als 
Pteris pennaeformis abgebildeten Exemplare (Tertiärflora der Schweiz, 
Taf. 12, Fig. I, c). Das Kleinere paßt gut zu den am a. O. Fig. 2 5 
und 2 c als P. parschlugiana bezeichneten Stücken. Das in der 
Chloris protogaea abgebildete Fiederbruchstück von Parschlug hält 
die Mitte zwischen den am Moskenberge aufgefundenen Fragmenten. 


I} 


Pteris moskenbergensis n. sp. 
Taf. I, Fig. 11. 


Der Pteris blechnoides Heer vom hohen Rhonen in Tracht und 
Nervation am nächsten stehend, doch durch schmälere noch auftal- 
lender nach vorne gebogene, etwas mehr genäherte einander fast 
parallellaufende Fiederlappen abweichend. Pferis uropylla hat zwar 
ebenfalls sehrschmale Fiederlappen, diese sind aber gerade und wei- 
ter von einander abstehend. 


Pteris oeningensis Ung. 


Von dieser Art fanden sich am Moskenberge nur zwei kleine 
Wedelbruchstücke, welche den in Unger’s Chloris prot. Taf. 37, 
Fig.7 und in Heer’s Tertiärflora 1. e. Fig. 5 e und 5 h dargestellten 
Fragmenten am meisten gleichen. | 


38 v. Ettingshausen. 


B. Monocotyledones. 
Class. @lumaceae. 
Ord. Gramineae. 
Phragmites oeningensis A. Braun. 


Bis jetzt liegen mir nur einige wenige Bruchstücke von Blättern 
und Adventivwurzeln dieser Art vom Moskenberge vor. 


Class. Coronariae. 
Ord. Smilaceae. 


Smilax moskenbergensis n. sp. 
Taf. 1, Fig. 14. 

Dem als Smilax haeringiana Ung. Sylloge. III, T. 20 bezeich- 
neten Blattfossil von Häring, das ich jedoch nicht für einen Smilax- 
sondern für einen Hakea-Rest halte, nur in der Form ähnlich, in der 
Nervation aber abweichend. Die beiden seitlichen Basalnerven bilden 
mit dem Mediannerven einen stumpferen Winkel und sind dem Blatt- 
rande näher gestellt. Quernerven sind trotz der ungünstigen Erhaltung 
der Blatt-Textur an einigen Stellen wahrnehmbar. Die Außennerven, 
welche an dem erwähnten von Unger 'dargestellten Blatte von den 
Seitennerven gerade so wie bei den Blättern der jetztlebenden Hakea 
laurina, cucullata u. A. abgehen, fehlen unserer fossilen Pflanze. 


Class. Fluviales. 
Ord. Najadeae. 


Najadopsis trinervia n. sp. 
Taf. I, Fig. 13. 


Eine Wasserpflanze mit sehr zarten dünnhäutigen länglich-ellip- 
tischen bis lanzettlichen Blättern, die von drei Nerven durchzogen 
werden. Außer diesen sind an dem sehr schwachen Abdrucke, den 
dieses Fossil hinterließ, keine Nerven wahrzunehmen. 


Najadopsis graminifolia n. sp. 
Taf. I, Fig. 12. 


An einem ausläuferartigen Stammfragmente sitzen seitlich meh- 
rere abwechselnd eingefügte kurze schmallineale Blätter büschelför- 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 39 


mig beisammen. Die Blattabdrücke verrathen eine sehr zarte kraut- 
artige Consistenz und zeigen einige äußerst feine nur bei stärkerer 
Vergrößerung wahrnehmbare Parallelnerven. 


Class. Spadieiflorae. 
Ord. Typhaceae. 
Typha latissima A. Braun. 


Sowohl die mit zahlreichen Quernerven durchzogenen Blätter 
als auch die charakteristischen Wurzelfragmente fanden sich ziem- 
lich häufig. 

Ord. Palmae. 


Sabal major Ung. sp. 


Am Moskenberge fand ich bis jetzt nur einige Fragmente vom 
Blatte einer Fächerpalme. Da aber der untere Theil des Blattes fehlt, 
so läßt sich die Artbestimmung desselben nicht mit Sicherheit ange- 
ben. Ich vermuthe, daß es zu Sabal major gehört, welche Species 
auch in der nahe verwandten fossilen Flora von Fohnsdorf vor- 
kommt. 


ee. Gymnospermae. 
Class. Coniferae. 


Ord. Cupressineae. 
Libocedrus salicornioides Ung. sp. 


Einige kleine Bruchstücke von Zweigehen fand ich nur am Mos- 
kenberge. Dieselben gleichen demin Heer’s Tertiärflora der Schweiz, 
Bd. I, Taf. 21, Fig. 2 abgebildeten Exemplare am meisten. 


Callitris Brongniarti End]. sp. 
Taf. I, Fig. 23. 

Von dieser nur in der älteren und mittleren Tertiärformation ver- 
breiteten Cupressinee kamen hier die charakteristischen Samen vor. 
Die Exemplare stimmen mit den von mir in der fossilen Flora von 
Häring, Taf. 5, Fig. 7—12 abgebildeten meist vollkommen überein, 
weßhalb ich die Abbildung derselben mit Ausnahme eines auffallend 
größeren Samens Fig. 23, den ich mit Bedenken obiger Species ein- 
reihe, in die Tafeln nicht aufgenommen habe. 


AO v. Ettingshausen. 


Taxodium dubium Sternb. sp. 


Sowohl in der Moskenberg-Schichte als auch am Münzenberge 
fanden sich einige ziemlich gut erhaltene Exemplare der mit Blättern 
reichlich besetzten abfälligen Zweigchen. Die vorgenommene genaue 
Vergleichung mit Biliner Exemplaren ließ über die Richtigkeit der 
Bestimmung keinen Zweifel übrig. 


Gyptostrobus europaeus Heer. 


Zweige und Früchte von dieser Art fanden sich in allen Pflan- 
zenreste führenden Schichten der Braunkohlenformation von Leoben; 
Erstere sehr häufig und in großen schönen Exemplaren wie in Bilin 
und Sagor. Diese Reste, welehe ich unter den zahlreichen mir in die 
Hände gekommenen Pflanzenfossilien von Sotzka, Häring und Monte 
Promina niemals sah, scheinen den Schichten der tongrischen Stufe 
zu fehlen. 


Ord. Abietineae. 
Sequoia Couttsiae Heer. 


Am Moskenberge kamen einige Fragmente von Zweigchen vor. 
In neuerer Zeit fand ich in Sagor sehr schön erhaltene Zweige und 
Fruchtzapfen dieser Art, welche in der Tertiärformation eine größere 
Verbreitung zu haben scheint und bisher mit Glyptostrobus euro- 
paeus und anderen fossilen Cupressineen verwechselt worden sein 
dürfte. 
Sequoia Langsdorfii Brongn. sp. 

Die Zweigehen dieser Conifere fanden sieh sehr häufig in allen 
pflanzenführenden Schichten, die Fruchtzapfen aber sehr selten und 
bis jetzt nur am Moskenberge. Einige Zweigchen gleichen den in der 
Chloris protogaea Taf. 21, Fig. A als Taxites Rosthorni Ung. be- 
zeichneten am meisten. ' 


Sequoia Hardtii End]. sp. 
Taf. 1, Fig. 27, 28. 


Zweige, Früchte und Samen von dieser bisher nur in der ton- 
grisehen und aquitanischen Stufe verbreiteten Art kamen am Mosken- 
berge und beim Walpurga-Schachte im Seegraben vor. Sie stimmen: 
mit den in Häring aufgefundenen auf’das Genaueste überein. 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 41 


Pinus Palaeostrobus m. 


Von dieser zuerst aus Häring zum Vorschein gekommenen Art 
fanden sich Nadeln, Zapfen und Samen vor. Erstere stehen zu fünf 
in einem Büschel und sind sehr fein. Die Samen haben einen schma- 
len, an der Basis zugespitzten Flügel. Der nur in wenigen Exemplaren 
vorliegende Zapfen paßt gut zu dem von Saportal. ce. II, Taf. 3, 
Fig. 1: abgebildeten Zapfen. 


Pinus stenoptera n. sp. 
Taf. I, Fig. 17—19. 

Nadeln und Samen. Erstere sind kurz, zu 4—5, in Büscheln, 
mit sehr langen Scheiden. Die Samen sind denen der vorigen Art 
ähnlich, haben aber einen schmäleren an der Basis und Spitze stum- 
pfen Flügel mit fast parallellaufenden Rändern. 


Pinus Goethana Ung. sp. 


Blätter und Samen. Ein von drei kurzen Nadeln gebildeter Blatt- 
büschel gleicht vollkommen dem von Unger in der Ieonographia 
pl. foss. t. 12 f. 22 abgehildeten. 

Die vorgefundenen kleinen Samen haben einen bald verkehri- 
eiförmigen, bald mehr länglichen Flügel, dessen Ränder bald etwas 
gebogen, bald nahezu parallel erscheinen. Sie passen delhalb eben so 
gut zu P. Göthana als zu P. Leuce Ung. und zeigen die Gleichar- 
tigkeit dieser Pflanzenreste. Übrigens läßt sich dies schon nach Un- 
ger’s Abbildungen vermuthen, insbesondere wenn man auf Taf. 12 
die Fig. 12 (P. Leuce) und Fig. 21 (P. Göthana) mit einander 
vergleicht. 

Pinus mieroptera n. sp. 
Taf. I, Fig. 20. 
Mit sehr kleinen Samen, die mit einem kaum 8 Millim. langen 
“keilförmigen Flügel versehen sind. Von der am nächsten stehenden 
P. mierosperma Heer Tertiärflora, Nachtr. T. 146, Fig. 4 durch den 
kleineren Samen und den an der Spitze breiten, gegen die Basis zu 
stark verschmälerten Flügel verschieden. 


Pinus Freyeri Ung. sp. 


Nadeln und Samen. Von letzterem sind bis jetzt zwei Exemplare 
vorgekommen, die zu der in der lconographia pl. foss. t. 13, f. 11 


42 v. Ettingshausen. 


md 


gegebenen Abbildung am besten passen. Der ziemlich große Flügel 
ist mit einigen stärkeren Längsnerven durchzogen. Der hintere Flü- 
gelrand ist stark, der vordere ein wenig gebogen. Daß auch der als 
Pinites ambiguus Ung. ]. e. Fig. 2 bezeichnete Same hieher gehört, 
halte ich für sehr wahrscheinlich. 


Pinus hepios Ung. 


Nadeln und Samen. Erstere sind sehr lang und dünn, zu zweien 
in einer Scheide. Die Samen sind von der Größe und Form der von 
Pinus Jovis Ung. leonogr. t. 15, f. 7. Der Flügel ist schwach ge- 
krümmt, wie bei Pinus hepios Ung. |. e. Fig. 9, nicht selten aber 
auch fast gerade. Die Zapfen fanden sich am Münzenberge neben den 
Samen und Nadelbüscheln. Pinites JunionisK ov. aus der fossilen Flora 
von Erdöbenye gehört ohne Zweifel zu Pinus hepios. 


Pinus rigios Ung. sp. 


Nadeln. Durch ihre beträchtliche Länge und Dicke sind sie von 
allen bis jetzt bekannten fossilen Föhren-Nadeln leicht zu unterschei- 
den. Die in Bilin zum Vorscheine gekommenen Zapfen und Samen 
fehlen bis jetzt. 


Pinus pachyptera n. sp. 
Taf. 1, Fig. 21. 


Samen groß, rundlieh-elliptisch, Flügel von derber fast lederar- 
tiger Consistenz, länglich, gerade, mit parallellaufenden Rändern. 
Nadeln zu zweien in einer Scheide, in Bezug auf Länge und Stärke 
denen der vorhergehenden Art am nächsten kommend. 


Ord. Taxineae. 
Podocarpus eocenica U ng. 


Von dieser Art liegen mehrere Blätter vor. Sie entsprechen der 
schmalblättrigen Varietät, welche in Häring zum Vorscheine kam. 
Podocarpus gypsopum und P. linearis Sap. ). e. 1, t. 3, f.9, 11 
halte ich für hieher gehörig. 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 42 


D. Apetalae. 
Class. Juliflorae. 


Ord. Casuarineae. 
Casuarina sotzkiana Ung. sp. 


Nebst einigen Zweigresten fand sich auch ein Fragment eines 
Zweigchens mit deutlich erhaltenen Scheiden. Es paßt zu dem in 
Unger’s foss. Flora von Sotzka, Taf. 5, Fig. 5 abgebildeten Exem- 
plare auf das Vollkommenste. Keine Ephedra-Art hat solehe dünne 
Zweigchen mit abstehenden Scheiden. 


Ord. Myriceae. 


Myrica subaethiopica n. sp. 
Taf. I, Fig. 29, 30. 

Lineallanzettliche gestielte nach beiden Enden verschmälerte 
klein- und ungleich-gezähnte Blätter von lederartiger Textur. Die fei- 
nen einander ziemlich genäherten Secundärnerven entspringen unter 
spitzen Winkeln und verästeln sich meist gegen den Rand zu. Die 
Tertiärnerven bilden ein gleichmäßig feinmaschiges Netz. Es liegen 
mir zwei Blätter dieser Art vom Moskenberge vor. Sie gleichen in 
der Form, Textur und Nervation so vollkommen denen von Myrica 
aethiopica Linn., daß sich in vorliegendem Falle die Ansicht be- 
gründen ließe, in der Jetztwelt gäbe es Arten, deren Alter bis in die 
mittlere Tertiärzeit reicht. 

Als einzigen Unterschied fand ich bei genanerer Untersuchung, 
wozu mir eine Auswahl von Naturselbstabdrücken zu Gebote stand, 
daß die Zahl der Zähne an den fossilen Blättern um etwas 
größer ist als das Maximum der Randzähne bei der lebenden Art. 
Hiebei hat jedoch in Erwägung zu kommen, daß die Randbeschaf- 
fenheit der Blätter dieser Art sehr veränderlich ist und gezähnte 
wie ungezähnte Blätter nieht selten an Einem Exemplare beobach- 
tet werden. 


Myrica sotzkiana m. 


Die von Unger in der foss. Fora von Sotzka Taf. 13 unter der 
Bezeichnung Ficus degener abgebildeten Blattfossilien gehören zu 
zwei sehr verschiedenen Pflanzenarten. Die Blätter Fig. 1 und 2 sind 
länglich-lanzettförmig, um Rande ungleich- und stumpf-gezähnt, Die 


AA v. Ettingshausen. 


Secundärnerven entspringen aus dem mächtigen Primärnerv unter 
wenig spitzem oder nahezu rechtem Winkel. Die Blätter Fig. 3 —7 
l. e. hingegen sind beträchtlich kürzer, mehr elliptisch oder eiförmig, 
an der Basis nur wenig verschmälert und am Rande klein-gekerbt. Die 
Secundärnerven entspringen unter auffallend spitzeren Winkeln. Wäh- 
rend ich letztere Blätter schon in meinen „Beiträgen zur Kenntniß 
der foss. Flora von Sotzka“ Sitzungsber. Bd. XXVII, S. 483 als zur 
Familie der Celastrineen gehörig erklärte und auf die Gattung Zlaeo- 
dendron hinwies, ist mir die Natur der beiden Eingangs erwähnten 
erst durch die Ausbeutung der Leobener Flora klar geworden. Ich 
fand nämlich daselbst Blätter, welche mit diesen in allen Merkmalen 
auf das Genaueste übereinstimmen, aber die Nervation viel besser er- 
halten zeigen. Zwischen den meist Schlingen bildenden stärkeren 
Seeundärnerven entspringen einige kürzere und feinere. Am oberen 
Theile des Blattes gehen einzelne Secundärnerven oder deren Gabel- 
äste in die daselbst schon größeren Randzähne. Die Tertiärnerven 
sind äußerst fein und von dem zarten Netze nur undeutlich geschie- 
den. Die Maschen sind durchaus queroval. Durch diese Nervation zeich- 
nen sich eben die Blätter der Gattung Myrica aus. In der Tracht und 
Form halten die beschriebenen Fossilien die Mitte zwischen denen der 
M. rupra S. et Z. und der M. cerifera L. 


Myrica salieina Ung. 


Von dieser Art fand sich nur ein kleineres Blatt, das dem in 


meiner foss. Flora von Bilin I, Taf. 14, Fig. 5 abgebildeten vollkom- 
men gleicht. 


Ord. Betulaceae. 
Betula Dryadum Brongn. 


Die in Radoboj häufig vorkommenden Blütenkätzchen, welche 
Unger in seiner Chloris protogaea t. 34, f. 2, 3 abbildet und zu 
dieser Betula-Art stellt, fanden sich am Moskenberge in fast gleicher 
Häufigkeit. Die Deutung derselben als Betula-Kätzehen ist noch zwei- 
felhaft. Die Kätzchen sind oft sehr kurz und am Grunde mit Aus- 
schlagsschuppen versehen, welche den einheimischen Birken nicht 
zukommen. Die Frucht, welche Brongniart und Unger als Betula 
Dryadum bezeichnen, ist bei Leoben bis jetzt nicht vorgekommen, 
wohl aber das Blatt in einigen wohlerhaltenen Exemplaren. 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärfiora Steiermarks. A5 


Betula prisca m. 
Taf. I, Fig. 24—26. 


Frucht und Blätter. Letztere kommen hier eben so häufig wie 
in Bilin vor. Mit denselben kam eine Frucht zum Vorscheine, welche 
alle Eigenschaften einer Birkenfrucht an sich trägt, aber von der 
obiger Art durch das rundliche Nüßchen, den viel schmäleren 
Flügel und die verhältnißmäßig sehr kurzen Griffel wesentlich ab- 
weicht. Näher steht diese Frucht der in Öningen aufgefundenen Be- 
fula Weissii Heer Tertiärfl. II, S. 39, Taf. 71, Fig. 22 u. Bd. III, 
Taf. 152, Fig. 6. Sie unterscheidet sich jedoch von derselben durch 
den anscheinend etwas derberen Flügel und das größere mehr rund- 
liche Nüßchen, an welchem man die Naht und die dasselbe krönen- 
den zwei sehr kurzen Griffel deutlich wahrnimmt. 


Betula Brongniartii m. 


Einige Blattfossilien. die mit den in meiner foss. Flora von 
Bilin I, Taf. 14, Fig. 11—13 abgebildeten genau übereinstimmen. 
Die Blätter dieser Art unterscheiden sich von den ihnen in der Form, 
Randzahnung und Textur sehr nahe kommenden Blättern der Alnus 
gracilis Ung. durch die längere Zuspitzung, die mehr aufgerichteten 
Seeundärnerven und die stets in größerer Zahl verhandenen stärker 
hervortretenden Außennerven. 


Betula Blancheti Heer. 


Es kam hier ein Blütenstand zum Vorscheine, welcher mit 
dem zu dieser Art gebrachten männlichen Blütenkätzchen (Heer, 
Tertiärfl. t. 71, f. 27, e, d) am meisten übereinstimmt. Das Blatt ist 
bis jetzt nicht vorgekommen. 


Alnus Kefersteinii G oepp. sp. 
Taf. I, Fig. 22. 


Fruchtzapfen und Blätter. Zwei der Ersteren gleichen den an 
einem Zweigchen beisammen sitzenden Fruchtzapfen Fig. 1, auf 
Taf. 33 der Chloris prot. vollständig. Es fand sich hier auch eine 
einzelne fossile Erlenfrucht. Wegen ihrer Größe scheint sie mir eher 
zu A. Kefersteini als zu A. gracilis zu passen. Sie ist rundlich-eiför- 
mig, mit einem lederartigen schmalen Flügel umgeben, am Grunde 


46 v. Ettingshausen. 


etwas abgestutzt, vorne mit einem kurzen Spitzehen endigend. Von 
der Frucht der Alnus oeningenis Heer I. e. I, Taf. 71, Fig. 17 unter- 
scheidet sie sich durch ihre Form und bedeutende Größe. Die Blätter, 
welche hier zahlreicher als in Bilin zum Vorscheine kamen, zeigen 
mitunter eine etwas schiefe oder ungleich ausgerandete Basis. 


Alnus graeilis Ung. 


Fruchtzapfen und Blätter. Erstere fanden sich hier in wohler- 
haltenem Zustande. Ein Zweig-Exemplar mit mehreren Zapfen über- 
trifft an Größe und Schönheit das in der Chloris prot. Taf. 33, Fig. 8 
dargestellte. Ein Erlenblatt, welches auf derselben Steinplatte neben 
dem Zweige liegt, dürfte, als dieser Art angehörig, mit Zuversicht 
zu betrachten sein. Es stimmt mit den von Unger zu Alnus gracilis 
gebrachten Blättern in der Form und Randzahnung, in der Stärke 
des Primärnervs, im Verlaufe und in der Zahl der Secundärnerven 
überein, zeigt aber, wie der Naturselbstdruck mancher Erlenblätter, 
keine Netznerven. Da solche an den bisher als A. gracilis bezeich- 
neten Blättern deutlich ausgeprägt sind t), so ist es immerhin mög- 
lich, daß diese keiner Erlenart angehörten. 


Ord. Cupuliferae. 


Ostrya Atlantidis Ung. 
Taf. II, Fig. 11—13. 


Früchte und Blätter. Hieher gehört auch die Osirya oeningensis 
Heer, Tertiärfl. II, S. 42, Taf. 73, Fig. 7—10. Eine von mir am 
Moskenberge aufgefundene vollständig erhaltene mit der Cupula ver- 
sehene Ostrya-Frucht stimmt mit der inUnger's Sylloge plant. foss. I, 
t. 8, f. 21 dargestellten am meisten überein. Nur ist zu bemerken, 
daßErstere von 7 deutlich hervortretenden und 5 dazwischen liegen- 
den sehr feinen oder undeutlich wahrnehmbaren Längsnerven durch- 
zogen ist, während Unger’sZeichnungen Fig. 21 und 21’ nur 5 bis 
6 hervortretende Längsnerven an der Cupula zur Anschauung 
bringen. Außerdem fand ich an bezeichneter Loealität eine Cupula, 


1) Die als Alnus Kefersteinii und A. gracilis Ung. bezeichneten Blätter von Bilin 
sind auf der Tafel 33 der Chloris protogaea ohne Tertiärnerven abgebildet. Diese 
fehlen jedoch an den Originai-Exemplaren keineswegs. 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. AT 


welche der in Iconographia pl. foss. t. 20, f. 11 abgebildeten gleicht. 
Beide sind von 7 Hauptnerven durchzogen, die bei der Moskenberger 
Cupula meistens sich gabelig theilen, so daß an ihrem breitesten 
Theile ebenfalls eine größere Zahl von Längsnerven auftritt. 

Wenn nun Unger in der Diagnose seiner Ostrya Atlantidis 
l. e. sagt „nervis longitudinalibus 10“, aber die von ihm gegebenen 
Abbildungen nur 5—7 Längsnerven darstellen, so dürfte er die am 
Abdrucke undeutlich durchschimmernden Nerven der hinteren Cu- 
pula-Wand mitgezählt haben. Hiedurch wurde Heer, der für die 
Öninger Ostrya T—8 Längsnerven annimmt und abbildet, zu dem 
Irrthume gebracht, die Radobojer Osirya als eine andere Art zu 
betrachten. 

Mit den erwähnten Früchten fand ich ein Blatt, Fig. 13, welches 
den von Heer a. a. O. zu Ostrya gebrachten Blättern vollkommen 
entspricht. 


Ostrya stenocarpa n. sp. 
Taf. II, Fig. 8-10. 


Mehrere Exemplare von Fruchthüllen. Sie sind eilanzettförmig, 
zugespitzt, von zahlreichen sehr feinen und einander genäherten 
Längsnerven durchzogen. Die Form und Nervatur unterscheidet diese 
Hüllen wesentlich von denen der vorhergehenden Art. 


Corylus Palaeo-Avellana n. sp. 


Ein großes rundlich-verkehrt-eiförmiges, an der Basis etwas 
herzförmig abgerundetes, am Rande grob-doppelt-gesägtes Blatt, das 
mit dem von Corylus Avellana L. auch in der Nervation eine große 
Übereinstimmung zeigt. Eine anscheinend derbere Textur und stärker 
entwickelte Secundärnerven, die zahlreiche hervortretende Außen- 
nerven entsenden, sind die einzigen Unterschiede, welche ich zwi- 
schen dem fossilen und dem Blatte der lebenden Art finde. 


Corylus insignis Heer. 


Ein Blatt, mit dem in Fig. 11 auf Taf. 73 des e. Heer'schen 
Werkes abgebildeten in allen Eigenschaften übereinstimmend. Hier 
fand sich auch ein Bruchstück eines männlichen Corylus-Kätzchens, 
das ich dieser Art einreihte. 


48 v. Ettingshausen. 


Fagus Feroniae Ung. 


Diese Buche kommt hier ebenso häufig und beinahe in den glei- 
chen Varietäten vor wie in Bilin. Als Eigenthümlichkeiten habe ich 
hervorzuheben und letzteren anzuschließen: 

Var. 0 cornifolia, mit oben ziemlich entferntstehenden mehr 
aufgerichtet bogigen und gegen die Basis zu etwas genäherten Se- 
cundärnerven. a 

var. p celtifolia, mit geradlinigen, nach oben allmählig entfern- 
ter stehenden Secundärnerven. 

var. g castaneaefolia, mit geradlinigen genäherten Secundär- 
nerven. Zu dieser Varietät gehören einige früher zu Fagus casta- 
neaefolia Ung. gebrachte Blattformen. 

Von besonderer Wichtigkeit ist das Vorkommen einer mit Fagus 
Deucalionis Ung. identischen Frucht am Moskenberge. Es unterliegt 
nämlich keinem Zweifel, daß die dortigen fossilen Buchenblätter und 
die mit denselben aufgefundene Buchenfrucht zu Einer Art gehören, . 
und ist hiedurch meine in der „fossil. Flora von Bilin“ I, S. 51 aus- 
gesprochene, aus den Blattmerkmalen abgeleitete Annahme, daß Fa- 
gus Feroniae und F. Deucalionis eine und dieselbe Buche bezeich- 
nen, bestätigt. Wie in Putsehirn haben sieh hier nieht dieHülle, son- 
dern nur die dreikantigen Nüßchen erhalten. Sie sind im Schiefer- 
thon mehr eomprimirt, lassen jedoch die Kanten sowohl, als auch die 
eharakteristischen Streifen deutlich wahrnehmen. 


Castanea atavia Ung. 
Taf. II, Fig. 16-20. 
Syn. Fagus castaneaefolia Ung. Chloris protog. Taf. 38, Fig. 1 — OQuercus 


Nimrodi Ung. Fossile Flora von Sotzka. Taf. 10, Fig. 1—3. — 
Terminalia radobojensis Ung. Chloris protog. Taf. 48, Fig. 1. (?) 


Männliche Blütenkätzcehen und Blätter; sehr häufig. Erstere sind 
oft so wohl erhalten, daß man die Staubgefäße der einzelnen Blüten 
sehr deutlich wahrnehmen kann. Die Kätzchen erreichen eine Länge 
von 4—5 W. Zoll. Bei einigen sind die Blüten sehon verwelkt 
oder zum Theil abgefallen, bei anderen ist die Spindel noch mit 
Blütenknospen besetzt. Ich finde, daß solche unvollständig entwickelte 
Kätzchen eine so große Ähnlichkeit mit jenem ährenförmigen Blüten- 
stande von Radoboj zeigen, welcher in der Chloris protogaea, Taf. 48, 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. A9 


Fig. 1 unter der Bezeichnung Terminalia radobojensis Ung. abge- 
bildet ist, daß ich als meine Vermuthung ausspreche, derselbe dürfte 
ein derartiges Kätzchen, vielleicht von der Castanea atavia sein. 
Doch sind die Blätter derselben in Radoboj meines Wissens bis jetzt 
noch nicht gefunden worden. 


Von den Blättern liegt mir eine großSe Formenreihe vor. Ich un- 
terlasse es, die verschiedenen Glieder derselben besonders zu be- 
nennen, da ich sie durchaus nicht als Varietäten angehörend be- 
trachte und bei der bekannten Veränderlichkeit der Castanea-Blätter 
es für möglich halte, daß die meisten oder alle an einem und dem- 
selben Baume gewachsen sind. Die bemerkenswertheren Abiormen 
derselben sind: 


1. Bezüglich der Form: «) breit-eilänglieh; 5) schmal, lineal- 
lanzettlich; ce) mit abgerundeter oder ausgerandeter Basis; d) mit 
spitzer oder stärker verschmälerter Basis; e) mit kurzer Spitze; 
f) mit lang vorgezogener Spilze. 

2. Bezüglich der Zahnung: g) mit entfernt stehenden großen 
dornig bespitzien oder unbewehrten Zähnen ; A) mit genäherten 
großen spitzen Zähnen; ©) mit stumpfen großen Zähnen; k) mit klei- 


nen entfernt oder genähert stehenden dornig bespitzten oder unbe- 
wehrten Zähnen. 


3. Bezüglich der Nervation: 2) mit entfernt stehenden, »n) mit 
genäherten, n)) mit convergirenden, 0) mit vorherrschend divergiren- 
den Secundärnerven. 

Diese Thatsachen, besonders die Übergänge zwischen den For- 
men ce und d, dann zwischen » und o bestätigen zur Genüge die von 
mir bereits in der foss. Flora vor Bilin I, S. 52 begründete Ansicht, 
die Unhaltbarkeit der Castanea Kubinyi Kov. betreffend. Sie zeigen 
aber ferner, daß auch noch Fagus castaneaefolia Ung. und Quercus 
Nimrodi Ung. den Synonymen der Castanea atavia beigefügt wer- 
den müssen. Das einzige Fossil, auf welches Unger seine Fagus 
castaneaefolia gründete, das in der Chloris protogaea Taf. 28, Fig. 1 
abgebildete Blatt, stammt vonLeoben, und zwar von derselben Loca- 
lität, an welcher ich die Kätzchen und Blätter der Castanea atavia, 
gesammelt habe. Es entspricht genau der Form m. 

Die auf Taf. 10, Fig. 1—3 der foss. Flora von Sotzka als Quer- 


cus Nimrodi Ung. bezeichneten Fossilien halte ich nun für mangel- 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Ol. LX. Bd. I. Abthı. 4 


50 v. Ettingshausen. 


hafte Blätter der ©. atavia, deren Secundärnerven größtentheils 
unkenntlich geworden sind. Fig. 1 und 2 entsprechen der Rand- 
zahnung nach der Form g; Fig. 3 den Formen a und :. 


Quercus Apocynophyllum n. sp. 
Taf. II, Fig. 15. 


Ein gestieltes verlängert-lanzettförmiges, gegen die Basis zu 
allmählig verschmälertes ganzrandiges Blatt, dessen stark verkohlter 
Abdruck eine steife lederartige Textur anzeigt. Der gerade stark her- 
vortretende Primärnerv entsendet jederseits zahlreiche genäherte 
ziemlich feine, nur am Gegendrucke deutlich sichtbare bogenläufige 
und etwas geschlängelte Seeundärnerven unter Winkeln von 40— 45°. 
Die sehr feinen Tertiärnerven gehen von beiden Seiten der Secun- 
dären unter nahezu 90° ab, sind hin- und hergebogen, verbindend 
und begrenzen schmale unregelmäßige Segmente, welche ein von 
scharf hervortretenden viereckigen Maschen zusammengesetztes Netz 
einschließen. 

Steht der Quercus nereifolia Heer nahe, unterscheidet sich 
aber von derselben durch das schmälere und derbere Blatt, und durch 
die unter spitzeren Winkeln abgehenden gegen die beträchtlich ver- 
schmälerte Basis zu gleichmäßig an Länge abnehmenden Secundär- 
nerven. 

Von dem nur hinsichtlich der Blattform und steifen Textur ähn- 
lichen Blatte des Sapotacites Daphnes unterscheidet man das Be- 
schriebene leicht durch die Nervation. | 


Quercus Lonchitis Ung. 


Ein Blatt, welches mit dem in der foss. Flora von Sotzka Taf. 9, 
Fig. 4 abgebildeten Blatte dieser Art vollkommen übereinstimmt. Am 
Münzenberge fanden sich mehrere wohlerhaltene Exemplare. 


Quercus Milleri n. sp. 
Taf. II, Fig. 1, 2. 


Blätter von derber lederartiger Textur, eiförmiger bis lanzettlicher 
Form, gestielt, an der Basis wenig spitz oder fast abgerundet, gegen 
die Spitze zu allmählig verschmälert, beiläufig von der Mitte an ent- 
fernt-grob-gezahnt; die Zähne zugespitzt. Die Nervation randläufig ; 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 5 1 


‚der Primärnerv sehr stark, die Seeundärnerven fein, nicht hervortre- 
tend, nach vorne gebogen. Die Art scheint der Tracht und Nervation 
‚der Blätter nach die Mitte zu halten zwischen der Quercus Drymeja 
und 0. mediterranea. Die Seeundärnerven verlaufen wie bei Ersterer, 
sind aber feiner, das Blatt ist breiter, an der Basis bedeutend stum- 
pfer. Von Letzterer unterscheidet es sich durch die größere Ver- 
schmälerung an der Spitze und die spitzeren Ursprungswinkel der 
‚Secundärnerven; von beiden durch ein sehr entwickeltes aus quadra- 
tischen Maschen zusammengesetztes Blattnetz, das dem der Quercus 
‚zalapensis H. et B. am meisten gleicht. Ich widme diese Art meinem 
‚iochverehrten Freunde Hrn. Prof. v. Miller in Leoben. 


Quercus mediterranea Ung. 


Von dieser in Parschlug sehr häufigen Eiche liegen mir nur zwei 
Blätter vom Moskenberge vor. Sie gleichen vollkommen den in der 
Chloris protogaea Taf. 32, Fig. 5 und in der Iconographia plant. 
‚fass. t. 18, fig. 4 abgebildeten Blättern. Denselben reihen sich die in 
Heer's Tertiärflora Taf. 76, Fig. 14, 15 dargestellten und das hie- 
‚her gehörige in der leconographia als Quercus urophylla bezeichnete 
‚Blatt von Parschlug zunächst an. 


Quercus Pseudo-Alnus m. 


Einige Blattreste, welche den in der foss. Flora von Bilin 1, 
"Taf. 17, Fig. 3—5 abgebildeten Blättern bezüglich der Form und 
Textur entsprechen. Die Seeundärnerven zeigen jedoch häufiger die 
Gabeltheilung, wie dies eben bei der zunächst verwandten Quereus 
„abnifolia Poch. vorkommt. 


Quercus 6riphus Uno. 
Taf. II, Fig. 14. 


Hier fand sich ein Blatt, welches die Selbstständigkeit dieser 
"bisher nur in Radoboj aufgefundenen Art zu bestätigen scheint. Es 
ist kleiner als das in der Iconographia Taf. 19, Fig. 1 dargestellte, 
‚gestielt, an der etwas schiefen Basis abgerundet, gegen die Spitze 
zu unbedeutend verschmälert. In der Zahnung und Nervation stimmt 
2s mit dem Radobojer Blatte vollkommen überein. 


4* 


52 v. Ettingshausen. 


Quercus &melini A. Braun. 


Bis jetzt in zwei Blattfossilien hier gefunden, die bezüglich der 
Form und charakteristischen Zahnung des Randes mit den in der 
Sylloge plant. foss. I, t. 4, fig. 2, 3, bezüglich der Nervation mit dem 
in meiner „fossilen Flora der älteren Braunkohlenformation der 
Wetterau“ (Sitzungsber. Bd. 57, Taf. 2, Fig. 7) bekannt gemachten 
übereinstimmen. 


Ord. Ulmaceae. 


Ulmus Bronnii Ung. 
Taf. I, Fig. 6. 


Nebst der charakteristischen Flügelfrucht habe ich hier Blätter 
dieser Art gefunden, welche nur bezüglich der bedeutenderen Größe 
von den bis jetzt bekannt gemachten abweichen, Einige haben eine 
auffallend schiefe Basis und gleichen hierin mehr dem inH eer's Ter- 
tiärfl. Taf. 79, Fig. 5 abgebildeten Blatte. 


Ulmus Braunii Heer. 


Vom Moskenberge erhielt ich eine durch das ovale Fruchtfach 
und die breiten etwas vorgezogenen Flügelzipfel sehr ausgezeichnete 
Ulmus-Frucht, über deren Bestimmung als zu U. Braunü gehörig, 
ich keinen Zweifel habe. 

Ein Ulmaceen-Blatt, das ich an derselben Loealität auffand, dem 
der Planera Ungeri sehr ähnlich, aber mit deutlich herzförmiger 
Basis und einigen hervortretenden Außennerven an den unteren Se- 
cundärnerven, gehört gewiß ebenfalls zu dieser Art. 


Planera Ungeri m. 


Einzelne Blätter und beblätterte Zweige. Die Art kommt aber 
hier bei weitem nieht so häufig vor als in Parschlug. Ich fand auch 
einige sehr große Blätter, ähnlich den von Göppert unter der Be- 
zeichnung Quercus Subrobur abgebildeten. 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 53 


Ord. Oeltideae. 


Celtis stiriaca n. sp. 
Taf. I, Fig. 15, 16. 


Unter dieser Bezeichnung vereinige ich drei nur der Größe nach 
abweichende Blattfossilien. Die Form derselben ist elliptisch bis 
eirund, die Basis abgerundet, die Spitze vorgezogen verschmälert 
wie bei allen Celtis-Arten; der Rand klein-gesägt wie der von Celtis 
australis. Die Nervation ist am meisten ähnlich der von €. Tourne- 
fortii Lam. Doch sind die grundständigen Secundärnerven kürzer, 
und das Netz tritt stärker hervor. Von den bis jetzt bekannt gewor- 
denen Fossilen gleicht unsere Art am meisten der €. Japeti Ung. 
aus der fosilen Flora von Parschlug, unterscheidet sich aber von der- 
selben durch die weniger schiefe Basis, die feinere Randzahnung, die 
größere Zahl von hervortretenden Secundärnerven und die geringere 
Entwicklung der seitlichen Basalnerven. 


Ord. Moreae. 
Fieus lanceolata Heer. 


Ein Blatt-Exemplar, dem Blatte Fig. 4 auf Taf. 81 des Heer- 
schen Werkes nach Größe, Form und Nervation vollkommen glei- 
chend. Einige andere minder sicher bestimmte Blätter stellte ich 
vorläufig zu dieser Art. ; 


Fieus Jynx Ung. 
Taf. II, Fig. 8. 


Ein Blatt, welches mit dem in der foss. Flora von Sotzka Taf. 12, 
Fig. 3 abgebildeten in allen Merkmalen bezüglich der Textur, Ner- 
vation und Form, auch die vielleicht zufällige ungleichseitige Ent- 
wicklung der Blattseiten nieht ausgenommen, übereinstimmt. Außer- 
dem fand sich ein Blattstück dieser Art, das zu dem in Heer's Ter- 
tiärfl. Taf. 85, Fig. 8 abgebildeten sehr gut paßt. 


Fieus Fridaui n. sp. 
Taf. Il, Fig. 5. 


Blätter. Obiger Art am nächsten stehend aber durch folgende 
Merkmale verschieden. Das Blatt ist von mehr zarter Textur, eilan- 


54 v. Ettingshausen. 


zettförmig, an der Basis stumpf, gegen die Spitze zu verschmälert.- 
Die im Bogen unter nahezu rechtem Winkel abgehenden Secundär-- 
nerven sind ungleich, etwas feiner, mehr schlängelig, am Rande oft: 
gabeltheilig. Zwischen zwei längeren liegen immer 1—2 kurze. 
Durch die Verbindung der am Rande nach vorne ziehenden Enden 
oder Gabeläste entstehen stark gekrümmte fast halbmondförmige Se-- 
cundärsegmente. Die Tertiärnerven sind sehr fein, entspringen ven 
der Außenseite der Seceundären unter spitzen Winkeln. Durch die- 
Schlingenbildung der einander ziemlich genäherten Secundärnervenr 
ist diese Art auch der Ficus multinervis verwandt, von welcher sie 
sich jedoch durch den Verlauf dieser Nerven, die gegen den Rand 
zugespitzten Segmente und durch die viel stumpfere Basis, ebenso: 
wie von Ficus arcinervis unterscheidet. 


Ficus tenninervis n. Sp. 
Taf. Il, Fig. 4. 


Längliche elliptische oder eilanzettliche gestielte Blätter von: 
ziemlich derber fast lederartiger Textur, ganzrandig, am Grunde- 
stumpflich, gegen die Spitze zu etwas verschmälert, die Spitze selbst 
kurz vorgezogen. Aus einem bis zur Mitte der Fläche stark entwiekel-- 
ten, dann aber schnell sich verfeinernden Primärnerv gehen zahlreiche 
feine Secundärnerven ab, die nach Verlauf und Ursprungswinkele. 
mit denen von Ficus Jynx übereinstimmen. Ich würde diese Blätter 
genannter Art eingereiht haben, wenn nicht die größere Verschmä- 
lerung an der Spitze und die Feinheit der Secundärnerven dagegen. 
sprächen. 


Ficus Lobkowitzii m. 


Anfänglich ist mir hier nur das Endstück eines Blattes dieser 
Art vorgekommen, welches zu dem in meiner „foss. Flora von Bilin® 
I, Taf. 20, Fig. 1 a abgebildeten Blatte nach den wesentlichen Eigen— 
schaften paßSt. Später fand sich ein beblätterter mit einer Schildlaus 
theilweise bedeekter Zweig. Die deutlich erhaltenen Tertiärnerven: 


gehen von der Außenseite der Seeundären unter fast stumpfen Win- 
keln ab. 


Rieus Morloti Ung. 


Zwei Bruchstücke von großen länglichen Fieus-Blättern, welche: 
den bisher als F. Morloti bezeichneten Resten am meisten gleichen,. 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 55 


veranlassen mich diese Art für die fossile Flora des Moskenberges 
aufzunehmen. Ich behalte mir jedoch vor, die Bestimmung bei Gele- 
genheit weiterer Nachforschungen einer nochmaligen Prüfung zu un- 
terziehen. 


Fieus tiliaefolia Ung. sp. 


Das Blatttossil, welches ich hieher bringe, gleicht in Bezug auf 
Größe, Form und Nervation dem in Heer’s Tertiärflora Taf. 83, 
Fig. 10 dargestellten Blatte dieser Art fast vollkommen. Im Seegra- 
ben scheint diese Art ebenfalls vorzukommen, Der mangelhafte Zu- 
stand der Fossilreste ließ jedoch die Bestimmung nicht sicher- 
stellen. 


Ord. Artocarpeae. 


Artocarpidium serratifolium n. sp. 
Taf. III, Fig. 1, 2. 


Ein Blatt, dem des A. olmediaefolium Ung. verwandt, jedoch 
durch den regelmäßig gesägten Rand und die wie bei A. integrifo- 
lium stärker nach vorne gebogenen und unter spitzeren Winkeln 
eingefügten Secundärnerven von demselben abweichend. Die Tertiär- 
nerven sind sehr fein, nicht hervortretend, bilden ein die ansehnlich 
langen Segmente ausfüllendes aus polygonalen Maschen zusammen- 
gesetztes Netz und hervortretende Randschlingen. 


Ord. Urticaceae. 


Urtica miocenica n. sp. 
Taf II, Fig. 21. 


Ein breit-eiförmiges, an der Basis abgeschnitten-stumpfes grob- 
gezähntes Blatt, dessen Abdrücke eine krautartige Textur verrathen. 
Die Oberfläche war mit ansehnlich großen zerstreut stehenden Drü- 
senborsten bekleidet, deren Reste am Ab- und Gegendrucke deutlich 
wahrnehmbar sind. Primär- und Seeundärnerven, wie auch die stär- 
keren Netznerven sind auffallend breit und flach. Die Seeundärnerven 
sind in geringer Zahl vorhanden, bogenläufig, ästig, mit einigen her- 
vortretenden Außennerven versehen; die Tertiärnerven hin- und her- 
gebogen, ästig, netzläufig und verbindend. In der Tracht und Nerva- 
tion stimmt dieses interessante Fossil mit keinem Blatte mehr überein 


56 v. Ettingshausen. 


als mit dem der Urtica baccifera L. von Neu-Granada. ($. Ett. 
Blatt-Skelete der Apetalen, Taf. 24, Fig. 4.)' Von den Pappelblättern 
weicht es durch seine eharakteristische Oberflächenbekleidung und 
durch die Nervation wesentlich ab. 


Ord. Plataneae. 


Platanus aceroides Goepp. 


Hieher bringe ich einige kleine kugelige Fruchtstände, welche 
meistens noch einem Theile der Spindel aufsitzen. Sie stimmen mit 
den in Heer 's Tertiärflora, Taf. 87 abgebildeten Fruchtständen von 
Platanus aceroides überein. Die Blätter sind hier bis jetzt nicht ge- 
funden worden. 


Platanus gracilis n. sp. 
Taf. II, Vig. 3. 


An der Fundstelle der oben erwähnten Fossilien von Platanus 
fand sich eine Platte, auf welcher zwei nebeneinander liegende 
Fruchtspindeln, jede mit zwei kugelförmigen Fruchtständen besetzt, 
vorkommen. Diese Reste, welche ich auch zu Platanus stelle, wei- 
chen aber von denen der vorhergehenden Art wesentlich ab. Der 
Fruchtstand ist viel kleiner und von wenigen fast eiförmigen Frücht- 
chen zusammengesetzt. An einem derselben sind die Spuren der zwi- 
schen den Früchten hervortretenden anscheinend ziemlich langen 
Haare als eine verschwommene Umrandung. wahrzunehmen. Beson- 
ders eigenthümlich ist dieser Art eine sehr dünne Blütenspindel. 


Ord. Balsamifluae. 
Liquidambar europaeum A. Braun. 


Vom Moskenberge liegen mir drei Blattreste vor, die zu dieser 
Art gehören. Ein Fragment zeigt blos einen Seitenlappen und vom 
Mittellappen nur den unteren Theil erhalten. Die Form, Zahnung und 
Nervation derselben paßt ziemlich gut zu dem in Heer's Tertiärflora 
Taf. 51, Fig. 12 abgebildeten Blatte. Ein kleines vollständiges fünf- 
lappiges Blatt entspricht der Fig. 5 auf Taf. 52, ein dreilappiges von 
gewöhnlicher Größe der Fig. 8 auf Taf. 51 des genannten Werkes. 
Da unter den vielen Tausenden von Pflanzenfossilien, die mir an den 
reichhaltigen Fundstätten der fossilen Flora von Leoben in die Hände 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 57 


kamen, die erwähnten Bruchstücke die einzigen sind, welche über 
den europäischen Storaxbaum Kunde geben, so dürfte derselbe in 
der dortigen Flora sehr selten vorgekommen sein. Das Gleiche 
habe ich für die fossile Flora von Bilin nachgewiesen, woselbst sich 
in dem großen Materiale von Pflanzenresten nur zwei Blattstücke 
fanden, die diesen Baum anzeigen, welcher also erst zur Zeit der jün- 
geren Tertiärfloren von Parschlug und Öningen eine größere Verbrei- 
tung erreicht hat. 


Ord. Salicineae. 
Populus latior A. Braun. 


Von dieser Art liegen mir einige der Varietät grosse-dentata 
Heer angehörende Blätter vor, 


Populus 6einitzii n. sp. 
Taf. I, Fig. 9, 10. 

Männliche Blütenkätzchen uud Blätter, erstere vom Aussehen 
der Kätzchen von Populus molinifera. Deckblätter breit-keilförmig, 
fast fächerförmig, ziemlich klein, am Rande mit 5-—7 stumpfen Lap- 
pen, der Länge nach fein gerippt. Spindel! ziemlich fein, Früchte kurz 
gestielt, eiförmig-zugespitzt. Die deutlich nervirten Fruchtklappen 
oft zurückgeschlagen. Zu dieser Art dürfte ein BlattFig. 10 gehören, 
welches in der Form und Neryation dem der genannten lebenden Art 
am meisten ähnlich ist, von demselben jedoch durch kleinere Rand- 
zähne abweicht. 


Salix varians Goepp. 
Einige Blätter, welche den in Goeppert's „Tertiärflora von 


Schoßnitz“, Taf. XIX, Fig. 17. 18 und Taf. XX, Fig. 1 abgebildeten 
am meisten gleichen. 


Salix palaeo-repens n. sp. 
Taf. Il, Fig. 7. 


Ein kleines, gestieltes lanzettförmiges ganzrandiges Blatt von 
lederartiger Textur, welches in Bezug auf Größe, Form und Nerva- 
tion mit dem Blatte der Salix repens L. var. angustifolia (S. Po- 
korny, Holzpflanzen, Taf. 24, Fig. 355— 359) in auffallender Weise 
übereinstimmt. Als Unterscheidungsmerkmal kann für die fossile Art 


58 ; v. Ettingshausen. 


außer der derberen Textur nur noch die etwas größere Verschmä- 
lerung der Blatt-Basis angegeben werden. Von der ähnlichen Saliw 
brevipes Goepp. (foss. Flora von Schoßnitz, Tat. 18, Fig. 1—10) 
unterscheidet sie sich durch die viel schmälere Form und den länge- 
ren Blattstiel. 


Ulass. ®leraceae. 
Ord. Poiygoneae. 


Polygonites deperditus n. sp. 
Taf. IN, Fig. 15. 


Eine gestielte herz-eiförmige flache, vorne von einem sehr dünn- 
häutigen schmalen Flügel umgebene, am Grunde aber flügellose Frucht. 
Weder die Form derselben noch die Ansatzweise des Flügels spricht 
für die Gattung Polygonum selbst. Doch lassen die Tracht des Fos- 
sils, der feine ziemlich lange Stiel, die Zartheit des Flügels im Ver- 
gleiche mit der Frucht von Polygonum Convolvulus, wenigstens die 
Familie der Polygoneen mit Wahrscheinlichkeit vermuthen. 


Class. Thymeleae. 
Ord. Laurineae. 


Lauras primigenia Ung. 
Tat. III, Fig. 11, Nervation vergrößert 11 a. 


Von dieser Art liegen mir einige wohlerhaltene Blätter vor. Die 
Abdrücke verrathen eine mehr lederartige Consistenz. Die Form, 
Primär- und Seeundärnerven, wie an den von Unger bekannt ge- 
machten Blättern von Sotzka. Die Tertiär- und feineren Netznerven, 
welche man an letzteren vermißt, sind hier prachtvoll schön erhalten, 
und bieten einige sehr charakteristische Merkmale dar. Aus den ziem- 
lieh feinen bogenläufigen am Rande fortziehenden Seeundärnerven 
entspringen die dem unbewaffneten Auge noch sichtbaren Tertiären, 
nach außen unter spitzen Winkeln, und steht ihre Richtung senkrecht 
auf der des Primären. Sie begrenzen wie bei Daphnidium bifarium 
Nees (Ett. Blatt-Skelete der Apetalen, Taf. 33, Fig. 6), welcher in 
Nepal einheimischen Laurinee die Fossile der Nervation nach am 
meisten ähnlich ist, längliche die Blattfläche quer durchziehende Seg- 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 59 


mente. Die selbe ausfüllenden Netzmaschen sind quadratisch und von 
außerordentlicher Kleinheit, wie bei Nectandra angustifolia Nees 
(Ett. |. c. Taf. 31, Fig. 6, 7). 


Laurus ocoteaefolia m. 
Taf. II, Fig. 11 5. 


Eine hinreichende Auswahl von Exemplaren gestattete es, die 
Charakteristik dieser mit vorhergehender nahe verwandten Laurinee 
genauer zu geben, als dies bisher möglich war. Die Blatt-Textur er- 
weiset sich als noch mehr derb und lederartig wie bei Z. primigenia. 
Die Form ist lanzettlich bis lanzettlineal, gegen die Basis zu allmählig 
verschmälert, an dieser selbst aber etwas gerundet wie bei dem Blatte 
der Ocotea sp. bras. (Ett. Blatt-Skelete der Apetalen, Taf. 32, Fig. 6), 
welches dem Fossilen in jeder Beziehung analog ist. Der am Abdrucke 
mit scharfer Contour abgeprägte Rand ist stets ungezahnt. Die zahl- 
reichen Secundärnerven sind ungleich lang,ein Merkmal, welches den 
Laurineen-Blättern ebensogut wie denen der Salicineen zukommt. 
Sie sind einander mehr genähert als bei Laurus primigenia und unter 
weniger spitzem Winkel eingefügt. Der wesentliche Unterschied von 
letztgenannter Art liegt aber in den Tertiärnerven. Dieselben treten 
nicht deutlich hervor und entspringen von der Außenseite der Se- 
eundären unter wenig spitzem oder nahezu rechtem Winkel; ihre Rieh- 
tung steht daher auf jener des Primären niemals senkrecht. Das aus 
quadratischen Maschen zusammengesetzte Netz ist fast ebenso fein 
wie bei der vorhergehenden Art und dem der erwähnten Ocotea-Art 
sehr ähnlich. Über die Richtigkeit der Bestimmung dieser fossilen 
Pflanze kann demnach kein Zweifel obwalten. 


Laurus tetrantheroides m. 
Taf. IT, Fig. 11 c. 

Auch von dieser bisher nur in unvollständigen Blattresten ge- 
fundenen Laurinee sind hier wohlerhaltene Blätter zum Vorscheine 
gekommen. Sie sind lederartig etwas breiter als die der L. ocoteae- 
folia, länglieh-verkehrt-eiförmig bis verkehrt-lanzettförmig, gegen 
die Basis zu stark verschmälert. In der Zahl und Richtung der Se- 
eundärnerven stimmen sie mit genannter Art überein, in den Merk- 
malen der Tertiären und in der Netzbildung weichen sie aber von der- 
selben ab. Die Tertiärnerven sind vorwiegend kurz „ netzläufig und 


50 v. Ettingshausen. 


nicht verbindend; sie entspringen nach außen unter spitzen Winkeln. 
Die Netzmaschen sind größer und unregelmäßig eckig. 


Laurus neetandroides m. 


Bis jetzt fanden sich hier nur zwei Blattfossilien, welche ich die- 
ser in Bilin zuerst aufgefundenen Art einreihen konnte. An einem der- 
selben ist das feinmaschige Netz sehr deutlich erhalten und stimmt 
mit dem in meiner „foss. Flora von Bilin“ Taf. 31, Fig. 1 und 75 ab- 
gebildeten genau überein. Durch die größere Verschmälerung an der 
Basis und die unter spitzeren Winkeln abgehenden unteren Seeun- 
därnerven sind diese Blätter von denen der Zaurus Lalages Ung.., 
durch die breitere Form, die stärkeren entfernter stehenden Secun- 
därnerven, deren Gabelenden oft Schlingen bilden und durch die 
etwas größeren Netzmaschen von denen der vorhergehenden Arten 
mit Sicherheit zu unterscheiden. 


Laurus Agathophyllum Ung. 
Taf. II, Fig. 11 d. 


Ein kleineres Blatt, das mit dem in der foss. Flora von Sotzka 
Taf. 19, Fig. 5 abgebildeten in der Form und Nervation am meisten 
übereinstimmt. An letzterem sind die Tertiärnerven nicht erhalten. 
An dem Moskenberger Blatte aber bemerkt man feine Tertiärnerven, 
die nach außen unter spitzen Winkeln entspringend, fast senkrecht 
zur Richtung des Primären laufen. Spuren dieser querläufigen 
Nerven sieht man auch an den a. a. ©. unter der Bezeichnung 
Apocynophyllum lanceolatum abgebildeten Blättern, welche, wie ich 
in den „Beiträgen zur Kenntniß der foss. Flora von Sotzka“, Sitzungs- 
berichte B. 28, S. 468 nachwies, mit dem Blatte von Zaurus Agatho- 
phyllum durch Übergangsformen verbunden sind. 


Laurus Haidingeri m. 


Ein Biattfragment, welches zu dem in der foss. Flora von Bilin 
I, Taf. 30, Fig. 9 abgebildeten am besten paßt. 


Neetandra areinervia m. 


Ein kleines ziemlich gut erhaltenes Biattfossil konnte ich nur 
dieser Art einreihen. Es verräth eine lederartige Textur, ist kurz ge- 
stielt, länglich, an der Basis wenig spitz, gegen die Spitze zu ver- 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 64 


sehmälert. Die stark gebogenen Seeundärnerven entspringen in sehr 
geringer Zahl unter wenig spitzen Winkeln. Die sehr feinen Tertiär- 
nerven sind querläufig. Von dem aus äußerst kleinen Maschen zu- 
sammengesetzten Netze, das ich an den Kutschliner Blättern sah, 
konnte ich hier nur undeutliche Spuren finden. 


Oreodaphne stiriaca n. sp. 
Taf. II, Fig. 12, 13. 


Lederartige, lanzettförmige ganzrandige Blätter mit wohlerhal- 
tener sehr charakteristischer Nervation. Basis und Spitze sind ver- 
schmälert, letztere vorgezogen. Aus dem starken geraden, unterhalb 
der Spitze schnell verfeinerten Primärnerv entspringen jederseits nur 
3—5 Secundärnerven; die mittleren und oberen mit Winkeln von 60 
bis 70°, die unteren mit Winkeln von 40°; Die Ter:iärnerven sind 
netzläufig und von dem entwickelten aus sehr kleinen theils vier- 
eckigen, theils rundlichen Maschen zusammengeseizten Netze, in 
welches sie sich alsbald auflösen, undeutlich geschieden. In diesen 
Merkmalen dürfte wohl keine jetztlebende Art der beschriebenen Fos- 
silen näher stehen als die brasilianische Oreodaphne pulchella Nees 
(Ett. Blatt-Skelete der Apetalen, Taf. 32, Fig. 3-5). 


Litsaea miocenica n. sp. 
Tat. I, Fig. 3—7. 


Nur wenige asiatische Lifszea-Arten lassen sich von Oinnamo- 
mum durch die Blätter allein mit Sicherheit unterscheiden. Sie be- 
sitzen schmale lanzettliche Blätter mit zahlreicheren ziemlich gleich 
stark hervortretenden Seeundärnerven, von denen die untersten nur 
durch ihre spitzeren Ursprungswinkel von den übrigen abweichen. 
Eine Laurineen-Art, die ich am Moskenberge fand, zeigt mit erwähn- 
ten Litsaea-Arten die größte Verwandtschaft. Sie hat gestielte, lineal- 
lanzettliche bis lanzettförmige nach beiden Enden versehmälerte Blät- 
ter von lederartiger Beschaffenheit. Die 5—7 ziemlich feinen Seeun- 
därnerven, welche jederseits vom hervortretenden Primären unter 
Winkeln von 40—45° entspringen, sind wenig gebogen, abwech- 
selnd, nur die untersten gegenständig. Die Abgangswinkel der Letz- 
teren sind etwas spitzer. Die Tertiärnerven sind sehr fein, netzläufig, 
an der Außenseite unter spitzen Winkeln eingefügt. Das Netz wird 


62 v. Ettingshausen. 


von äußerst kleinen viereekigen Maschen gebildet, wie bei Litsaea 
sp. (Ett. Blatt-Skelete der Apetalen, Tat. 29, Fig. 9). 


Cinnamomum Rossmaessleri Heer. 


Von dieser Art sind bis jetzt nur drei Blätter hier vorgekommen, 
von denen das Größte dem auf Tafel 93, Fig. 16 der Tertiärflora der 
Schweiz abgebildeten Fossile in der Form und Nervation am meisten 
entspricht. i 


Cinnamomum S$cheuchzeri Heer. 


Diese Art kam hier in zahlreichen Blattfossilien von verschiede- 
ner Größe und Entwicklung zum Vorschein. 


Cinnamomum lanceolatum Ung. sp. 


Es liegen mir vom Moskenberge nur fünf Blätter vor, welche ich 
zu dieser Art bringen konnte, wobei ich jedoch nicht verschweigen 
darf, daß die nicht wenigen zweifelhaften Exemplare sämmtlich zur 
vorhergehenden Art gestellt wurden. Es scheinen in der That Über- 
gangsformen zwischen ©. Scheuchzeri und C. lanceolatum zu beste- 
hen, was spätere Funde wohl aufklären werden. 


Cinnamomum subrotuadum A. Braun sp. 
Taf. IN, Fig 20. 


Von dieser Art fanden sich einige Blätter, darunter ein sehr gut 
erhaltenes. Dasselbe hat eine mehr elliptische Form, kommt aber in 
allen übrigen Eigenschaften dem in Fig. 20 auf Taf. 93 des Heer'- 
schen Werkes dargestellten Blatte am nächsten. Ein zweites etwas 
verletztes Exemplar zeigt genau die Größe, Form und Nervation 
des eitirten. Ein drittes stimmt in diesen Eigenschaften mit dem 
a.a.0. Fig. 13 als C. retusum bezeichneten Blatte fast vollkommen 
überein, hat jedoch an der sehr stumpfen Spitze keine Ausrandung. 
Da mir nun Blätter des C. subrotundum anderwärts vorgekommen 
sind, die an der Spitze mehr oder weniger ausgerandet sind — eine 
Spur einer solehen Ausrandung sieht man sogar an dem von Heer a. 
a.O. abgebildeten Blatte Fig. 23 — so kann ich das C. retusum nieht 
als eine selbstständige Art betrachten. 

Eine am Moskenberge aufgefundene N Blüthe Fig. 20, 
die sich durch einen längeren am Ende nicht verdiekten Stiel von den 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks,. 63 


bis jetzt bekannt gewordenen fossilen Blüthen dieser Gattung unter- 
‚scheidet, dürfte zu €. subrotundum gehören. 


Cinnamomum polymorphum A. Braun sp. 


Nebst dem C. Scheuchzeri die häufigste Laurinee im Mosken- 
berge. Ich fand nebst zahlreichen Blättern auch einige Blüthenknos- 
pen und Blüten. 


Daphnogene laurifolia n. sp. 
Taf. II, Fig. 14. 


Ein eiförmig-elliptisches ganzrandiges an der Basis dreinerviges 
Blatt von derber lederartiger Textur, welches in seiner Nervation die 
Merkmale von Cinnamonum und Laurus vereinigt, aber durch das 
Verhältniß der Tertiärnerven von beiden Gattungen wesentlich ab- 
weicht. Aus dem starken Primärnerv entspringen mehrere hervortre- 
tende einander ziemlich genäherte etwas schlängelige bogenläufige 
Seeundärnerven unter Winkeln von 40—50° wechselständig, aber 
in nicht gleichen Abständen. Die untersten etwas stärker hervortre- 
tenden gegenständigen Secundärnerven sind unter spitzeren Winkeln 
eingefügt und entsenden mehrere hervortretende Außennerven. Die 
Tertiärnerven sind verbindend und gehen von beiden Seiten der 
seeundären unter rechtem Winkel ab. Das Blattnetz ist nur undeut- 
lich erkennbar. Von den bisher bekannt gewordenen fossilen Lauri- 
neen nähert sich dieser Art die Zaurus Tournalii Sap., weicht je- 
doch durch die von der Außenseite unter spitzen Winkeln entspringen- 
den Tertiärnerven ab. 


Ord. Santalaceae. 
Leptomeria gracilis m. 


Ein Zweigchenfragment, welches mit dem von mir in Häring 
aufgefundenen Leptomeria-Zweigcehen |. c. Taf. 13, Fig. 6, so genau 
übereinstimmt, daß über das Vorkommen dieser Santalacee in der 
fossilen Flora des Moskenberges kein Zweifel obwalten kann. 


Santalum osyrinum m. 


Von dieser Art liegt mir ein wohlerhaltenes Blatt in Ab- und 
Gegendruck vor, welches mit dem in der tert. Flora von Häring 


64 v. Ettingshausen. 


Tat. 12, Fig. 16 abgebildeten am meisten übereinstimmt. Es zeigt die 
derbe lederartige Textur und die Nervation deutlicher als das Härin- 
ger Blatt. Aus dem bis zur Spitze scharf hervortretenden Primären 
entspringen jederseits 4—5 sehr feine nur dem bewaffneten Auge 
sichtbare bogenläufige Seeundärnerven unter Winkeln von 30—40°. 
Die Tertiärnerven sind sehr kurz und netzläufig. Das Netz ist un- 
deutlich wahrnehmbar. 


Santalum salicinum m. 


Ein vollständig erhaltenes, lederartiges länglich-verkehrt-eiför- 
miges ganzrandiges, in einen ziemlich dieken Stiel fast herablaufend 
verschmälertes Blatt, das zu dem auf Taf. 12 in Fig. 4 a. a. ©. 
abgebildeten am besten paßt. Außer der Spur eines oberhalb 
der Basis aus dem gegen die Spitze zu verfeinerten Primären unter 
spitzem Winkel abgehenden sehr feinen Seeundärnervs ist von Ner- 
ration nichts wahrnehmbar. . 

Heer stellte das Santalum salicinum mit Unrecht zu Embo- 
thrium und vereinigte damit ein in der Form zwar ähnliches, jedoch 
in der Nervation und wie es scheint auch in der Textur von diesem 
abweichendes Blattfossil. 


Ord. Daphnoideae. 


Daphne Seelandii n. sp. 
Taf. II, Fig. 4. 


Es fand sich hier nur ein einziges Daphne-Blatt, welches in der 
Form und Größe dem Blatte der in Bilin vorkommenden D. proto- 
gaea Ett. |. e. Taf. 34, Fig. 1—3, 10 entspricht, in der Textur und 
Nervation jedoch von demselben abweicht. Der Abdruck verräth eine 
lederartige Textur; die aus dem geraden scharf hervortretenden Pri- 
mären jederseits 7—9 unter Winkeln von 40—45° abgehenden Se- 
cundärnerven sind sehr fein, fast geradlinig, ungetheilt und einander 
mehr genähert. Von dem in der Form und Textur am meisten ähn- 
lichen Blatte der Daphne Rucellajana Massal. (Flora Senigall. 
Taf. 1, Fig. 11, Taf. 28, Fig. 11) unterscheidet es sich durch die eben 
erwähnten Merkmale der Nervation. Da dieses Blatt mit keiner der 
bis jetzt beschriebenen fossilen Daphnoideen übereinstimmt, so 
dürfte es einer neuen Art angehören. Ich benannte selbe nach Herrn 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 65 


Seeland, der zuerst Pflanzenabdrücke von Leoben an die geolo- 
gische Reichsanstalt sandte und dadurch meine Aufmerksamkeit auf 
die dortigen reichhaltigen Fundorte lenkte. 


Daphne Palaeo-Laureola n. sp. 
Taf. II, Fig. 3. 


Ein wohlerhaltenes, gestieltes längliches, an der Basis verschmä- 
lertes ganzrandiges Blatt von ziemlich derber lederartiger Textur. 
Die Secundärnerven entspringen unter Winkeln von 40—45° aus 
dem hervortretenden Primären. Das Blatt gleicht dem der Daphne 
Laureola L. 


Ord. Proteaceae. 


Persoonia Daphnes m. 


Vom Moskenberge liegen nur zwei Früchte dieser Gattung vor. 
Eine ist ziemlich groß und erinnert an Persoonia radobojana Ung. 
Die Andere stimmt mit der Frucht von P. Daphnes vollkommen über- 
ein. Ich glaube, daß beide letzterer Art angehört haben, um so mehr, 
als auch am Münzenberge und im Seegraben bis jetzt nur die P. Daph- 
nes in Frucht- und Blatt-Fossilien vorgekommen ist. 


Grevillea haeringiana m. 


Ein Blatt, welches mit dem in Heer’s Tertiärflora der Schweiz 


Tat. 153, Fig. 31 abgebildeten Blatte dieser Art genau überein- 
stimmt. 


Hakea plurinervia m. 


Samen, die mit den in meiner tertiären Flora von Häring 
unter obiger Bezeichnung beschriebenen und abgebildeten genau 
übereinstimmen. Sie haben, wie die letzteren, einen länglichen zarten 
und nervenlosen Flügel, und gleichen den Samen der neuholländi- 
schen Hakea oloides. 


Hakea stenoptera n. sp. 
Taf. IN, Fig. 16. 


Same schmal-elliptisch, an dem schmalen linealen nervenlosen 
Flügel etwas hinaufgezogen. Ähnlieh ist der Same von Embothrium 


inicrospermum Heer, jedoch durch den verhältnißmäßig kürzeren 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. 1, Abth B) 


66 v. Ettingshausen. 


und breiteren, also mehr elliptischen Flügel und die Nervation des- 
selben abweichend. Der in meiner ce. Abhandlung, Taf. 15, Fig. 3 
als Hakea plurinervia bezeichnete Same dürfte zu H. stenoptera 
gehören. 


Embothrium salieinum Heer. 


Samen, in allen Eigenschaften mit den von Heer a. a. O. 
Taf. 97, Fig. 32, 33 bekannt gemachten übereinstimmend. Das zu 
denselben gestellte Blatt konnte ich hier bis jetzt nicht finden. 


Embothrium macropterum m. 


Der breite rundliche von wenigen sehr feinen Nerven durchzo- 
gene Flügel zeichnet diesen von mir zuerst in Sagor aufgefundenen 
im VII. Bande der Sitzungsb. Taf. 31, Fig. 15 abgebildeten Samen 
aus, welcher nun auch am Moskenberge in zwei wohlerhaltenen 
Exemplaren zum Vorschein gekommen ist. 


Embothrium affine n. sp. 
Taf. III, Fig. 17. 


Getlügelter Same, bedeutend kleiner als der von Zmbothrium 
boreale Ung., demselben aber außerordentlich ähnlich. Ich würde 
ihn ohne Bedenken der genannten Art eingereiht haben, wenn ich 
entschiedene Übergänge gefunden hätte. 


Banksia longifolia m. 
Taf. II, Fig. 18. 


Zu dieser Art bringe ich geflügelte banksienartige Samen, die 
hier mit den Blättern der Banksia longifolia vorkommen. Sie sind 
ähnlich dem in der Sylloge III, Taf. 24, Fig. 16 und 17 unter der 
Bezeichnung Banksia radobojana Ung. abgebildeten Samen, aber 
viel kleiner und durch die rundliche Form und den kürzeren, ziem- 
lich gleich breiten Flügel verschieden. 


Banksia haeringiana m. 
Taf III, Fig. 19. 
Syn. B. radobojuna Ung. Sylloge plant. foss. III, Taf. 24, Fig. 16, 17. 
Mit erwähnten Banksien-Samen fanden sich noch andere, die 


das Vorkommen einer zweiten Art anzeigen. Sie sind etwas kleiner 
als die oben eitirten in Radoboj aufgefundenen, stimmen jedoch mit 


Beiträge zur Kenutniw der Tertiärflora Steiermarks. ; 67 


letzteren in allen Merkmalen so sehr überein, daß ich geneigt bin, 
die Gleichartigkeit dieser Samen anzunehmen. Da am Moskenberge 
auch eine zweite Art von Bunksia-Blättern, die als B. haeringiana 
bezeichnet wurden, vorkommen, so schien es mir am passendsten zu 
sein, letzterwähnte Samen mit denselben in Verbindung zu bringen. 


Dryandroides lignitum Ung. sp. 


Die Blätter dieser fossilen Pflanze gehören zu den vorwiegenden 
Fossilresten am Moskenberge. Ich fand mehrere Exemplare mit vor- 
trefflich erhaltener Nervation. Diese und die entschieden derbe steife 
lederartige Textur sprechen, will man das Fossil einer recenten Gat- 
tung einreihen, eher für die Proteaceen-Gattung Lomatia als für Ny- 
rica. Es soll diese meine Ansicht in einer besonderen Abhandlung 
begründet werden. Hier sei nur bemerkt, daß die Blätter der wie es 
scheint auch anderwärts verbreiteten Myrica sotzkiana in der Form 
und Zahnung vollkommen, in der Textur annähernd mit der Dryan- 
droides lignitum übereinstimmen und sich von dieser nur durch die 
Nervation unterscheiden. Da wo letztere fehlt, ist die Unterseheidung 
unmöglich und dürften nieht wenige der von den Autoren zu Dryan- 
droides ( Quercus s. Myrica) lignitum gebrachten Blätter noch einer 
genaueren Revision zu unterziehen sein. 


F, GSGamopetalae. 


Class. Caprifoliae. 
Ord. Rubiaceae. 
Cinchonidium bilinicum m. 


Bei der nicht geringen Ähnlichkeit dieser Flora mit der des Bi- 
liner Beckens war zu vermuthen, daß die Cinchonaceen, welehe dort 
in einigen unzweifelhaften Resten erschienen, auch hier nicht fehlen 
werden. Dies wurde durch den Fund zweier Arten von Blattfossilien, 
die in der Tracht mit Cinchonaceen-Blättern am meisten übereinstim- 
men bestätigt. Ob aber diese Moskenberger Fossilien mit Biliner 
Cinehonaceen gleichartig sind, muß ich als noch nicht ganz entschie- 
den hinstellen. Da mehrere Blätter vorliegen, welehe den als Cincho- 
nidium bilinicum bezeichneten sehr ähnlich sind, so sprieht für die 
Annahme dieser Bestimmung größere Wahrscheinlichkeit. 

5” 


68 :» v. Ettingshausen. 


Cinchonidium multinerve m. 


Ein länglich-verkehrt-eiförmiges ganzrandiges Blatt mit gera- 
dem’ stark hervortretenden Primärnerv und zahlreichen unter spitzem 
Winkel abgehenden bogenläufigen Seeundärnerven, welches dem in 
.der fossilen Flora von Bilin I, Taf. 36, Fig. 5 abgebildeten am mei- 
sten gleieht und sich von demselben nur durch die geringere Größe 


unterscheidet. 


Class. Contortae. 
Ord. Oleaceae. 


Dlea stiriaca n. Sp. 
Taf. IV, Fig. 1. 


Kurz gestielte eilanzettförmige ganzrandige an beiden Enden zu- 
'gespitzte Blätter von lederartiger Textur. Aus dem stark hervortre- 
“tenden Primärnerv gehen jederseits 5—6 sehr feine undeutlich wahr- 
'"nehmbare Seeundärnerven unter Winkeln von 60—65° ab, die sich 
‘zu Sehlingen verbinden. Tertiärnerven sind nieht sichtbar. Diese 
"Blätter stimmen mit einer breitblättrigen Varietät der Olea europaea 
"nahezu überein. Von denen der Olea Feroniae aus der foss. Flora 
von Bilin unterscheiden sie sich durch die größere Zuspitzung und 
die Nervation hinlänglich. 


Fraxinus macroptera m. 

Eine wohlerhaltene Flügelfrucht dieser charakteristischen Art 
der Biliner Flora fand sich am Moskenberge, von den Blättern jedoch 
daselbst bis jetzt nichts. Hingegen kam am Münzenberge bei Leoben 
ein Fiederblättchen zum Vorschein, das dem im plastischen Thone 
von Priesen aufgefundenen (Ett. 1. c. Taf. 36, Fig. 9) vollkommen 
gleicht. 

Ir Fraxinus Dioscurorum Ung. 
Tafel IV, Fig. 2. 


Stiel und Spindel dieses interessanten nur in dem einzigen hier 
abgebildeten Exemplare am Moskenberge aufgefundenen Blütenstan- 
des sind etwas schwächer als wie bei dem von Unger in Sylloge 
plant. 1 ‚Tat! 8, Fig. 9 abgebildeten. In allen übrigen Eigenschaften 
stimmt er sterer mit dem e. Blütenstande von Radoboj so sehr über- 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 69 


ein, daß an der Gleichartigkeit dieser Reste nicht zu zweifeln ist. 
Keineswegs befriedigend ist aber die bisherige Bestimmung dersel- 
ben als Escheublütenstand. 


Ord. Apocynaceae. 


Apocynophyllum lanceolatum Ung. 


Blattfossilien. Eines gleicht dem in Weber’s Tertiärflora der 
niederrheinischen Braunkohlenformation, Taf. 4, Fig. 1 e. abgebilde- 
ten fast vollkommen; ein Anderes ist ähnlich einem von mir in Rado- 
hoj gesammelten Blatte dieser Art, nur etwas schmäler. Ich habe be- 
reits in den „Beiträgen zur Kenntniß der fossilen Flora von Sotzka“ 
gezeigt, daß die von Unger unter der Bezeichnung Apocynophyllum 
lanceolatum abgebildeten Blätter von den gleichnamigen der Rado- 
bojer Flora verschieden sind. Die Moskenberger Blätter bestärken 
mich in dieser Ansicht. Sie sind nach beiden Enden verschmälert; 
die Tertiärnerven gehen unter nahezu rechtem Winkel ab. Die er- 
wähnten Blätter von Sotzka halte ich für die an der Basis stets mehr 
oder weniger verschmälerten Blätter der Zaurus Agathophyllum und 
verweise auf das oben Gesagte. 


Apocynophylium Reussii m. 


Einige Blattfossilien, welche mit dem in der fossilen Flora von 
Bilin, Taf. 37, Fig. 1 dargestellten in allen Merkmalen überein- 
stimmen. 

Apocynophyllum Amsonia Ung. 


Es liegen mir mehrere Blätter vor. über deren Gleichartigkeit 
nit den unter obiger Bezeichnung in der Sylloge III, Taf. 4, Fig. 4 
bis 8 bekannt gemachten ich keinen Zweifel hege. 


Apocynophyllum haeringianum m. 


Einige Blätter, welche den in der tertiären Flora von Häring ab- 
gebildeten vollkommen entsprechen. Die Nervation ist besser erhal- 
ten als an jenen. Die in gleichen Abständen entspringenden ziemlich 
feinen Seeundärnerven verbinden sich durch dem Rande fast parallele 
Schlingenbogen. Die Seeundär-Segmente sind meistens so breit als 
lang. Die Tertiärnerven sind kurz, netzläufig und entspringen unter 
rechtem Winkel. 


v v. Ettingshausen. 


Apocynepkylium stenophylium Ung. 


Ein Blatt, das in Bezug auf Form, Größe, Textur und Nervation 
mit dem in der Sylloge III, Taf. 4, Fig. 11 abgebildeten vollkommen 
übereinstimmt. Zu dieser Art wird wohl auch das a. a. ©. Taf. 7, 
Fig. 11 als Myrsire Caronis Ung. bezeichnete Blatt gehören, wel- 
ches sieh von erwähnten Fossilien in keiner Weise unterscheiden 
jäßt. 


Apocynophyllum hunteriaeforme n. sp. 
Taf. IV, Fig. 5, 6. 


Ein breitlanzettliches, an den Enden nur wenig verschmälertes 
ganzrandiges Blatt von zarler mehr krautartiger Consistenz und sehr 
charakteristischer Nervation. Aus dem ziemlich stark hervortretenden 
Primärnerv kommen zahlreiche feine genäherte, nur am Ursprunge 
etwas divergirend bogige und spitzwinklig eingefügte, dann aber fast 
gerade und in (zum primären) wenig sehräger Riehtung verlaufende 
Secundärnerven. Vorwiegend bis nahe zum Rande einfach, theilen sie 
sich erst daselbst in die anastomosirenden Äste. In den schmalen Se- 
eundär-Segmenten bemerkt man sehr feine, unter verschiedenen Win- 
keln entspringende Tertiäre, die sich zu querlänglichen Maschen 
verbinden. Die Blätter der in China vorkommenden Aunteria corym- 
bosa Roxb. (Ett. Blatt-Skelete der Dikotyledonen, S. 74, Fig. 58), 


gleichen mit Ausnahme der etwas lederartigen Textur dem beschrie- 
benen in allen Merkmalen. 


Echitonium mierospermum Ung. 


Ein Same, ähnlich dem von Echitonium superstes Ung., aber 
etwas schmäler und kleiner, nur von einer Längsrippe durchzogen 
und nach den stumpflichen Enden kaum verschmälert. Der Haar- 
schopf ist beiläufig doppelt so lang als der Same; die Haare sind wie 
bei vielen Apveynaceen-Samen bis zur Mitte bandartig zusammen- 
hängend, dann in einige Bündel gespalten und erst ganz nahe dem 
Ende mehr getrennt. Der Cypselites angustus Heer, Tertiärfl. 
Taf. 101,Fig. 17 sieht dem beschriebenen Fossil außerordentlich ähn- 
lieh und dürfte wohl ebenfalls ein Apoeynaceen-Same, doch einer an- 
deren Art sein, die sich von Echitonium microspermum durch den 
an beiden Enden verschmälerten Samen unterscheidet. 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 7 i 


Ein Blatt, welehes ich an der Fundstelle des Samens sammelte, 
stimmt mit dem in der Sylloge plant. foss. II, Taf. 5, Fig. 12 als 
Echitonium microspermum bezeichneten gut überein, und dürfte sich 
demnach die von Unger aus der fossilen Flora von Radoboj zuerst 
erkannte Zusammengehörigkeit dieser Reste bestätigen. 


Echitoniam macrospermum n. sp. 
Taf. IV, Fig. 3, 4. 


Samen mit großem Haarschopf. Dieser ist breiter und fast noch 
einmal so lang als der von Echitonium superstes. Die zusammenhän- 
genden Haare lösen sich erst gegen das Ende zu allmählig auf. Zu 
diesem Samen fand ich am Moskenberge ein sehr charakteristisches 
Apoeynaceen-Blatt. Es ist länglich-elliptisch, nach beiden Enden 
etwas verschmälert, ganzrandig, anscheinend mehr von lederartiger 
als krautartiger Textur. Aus dem bis zur Mitte der Blattlänge stark 
hervortretenden, etwas gebogenen, gegen die Spitze zu allmählig 
verfeinerten Primärnerv entspringen jederseits nur 4—5 schlingläu- 
fige Seeundärnerven unter wenig spitzen Winkeln. Die Sehlingen- 
bogen treten deutlich hervor und stehen vom Rande, demselben pa- 
vallel laufend beinahe zwei Millim. ab. Die Seeundär-Segmente sind 
rhombiseh und enthalten nur wenige an der Außenseite unter spitzen 
Winkeln abgehende Tertiärnerven. Ein Blattnetz ist nicht sichtbar. 
Unter den jetzt lebenden Apoeynaceen kommen nieht wenige vor, 
welche in der Nervation, Textur und Form des Blattes mit den be- 
schriebenen Fossilien mehr oder weniger übereinstimmen; keine 
dürfte aber in dieser Beziehung eine so auffallende Ähnliehkeit bie- 
ten, als die tropisch-amerikanische Echites parviflora Afz. (Btt. 
Blatt-Skelete der Dikotyledonen, S. 72, Fig. 35). 


Class. Nueuliferae. 
Ord. Asperifoliae. 


Heliotropites Reussii m. 


Hier fanden sich dieselben kleinen eiförmigen kurz zugespitzten 
etwas zusammengedrückten an der Oberfläche vollkommen glatten 
Steinkerne, die ich in der foss. Flora von Bilin, II, Taf. 37, Fig. 7 
bis 12 unter obiger Bezeichnung beschrieben und abgebildet habe. 


12 v. Ettingshausen. 


Das in den Biliner Schichten aufgelundene unzweifelhafte Asperifo- 
liaceen-Blatt.l. e..Fig. 19. welches ich mit diesen Steinkernen in Ver- 
bindung brachte, ‚ist am Moskenberge bis jetzt nicht zum Vorschein 
gekommen. 


Class. Petalanthae. 


Ord. Myrsineae. 
Niyrsine Doryphora Une. 


Ein Blattfragment, welches in seinen Eigenschaften zu dem in 
der Sylloge III, Taf. 6, Fig. 9 abgebildeten am besten paßt. 


Myrsine salieina u. sp. 


Taf. IV, Eig. 9. 


Ein länglieh-lanzettförmiges nach beiden Enden allmählig ver- 
sehmälertes ganzrandiges Blatt von deutlich lederartiger Textur. Die 
Neryation ist bogenläufig. Aus dem stark hervortretenden Primärnerv 
entspringen jederseits zahlreiche feine einander genäherte Seceundär- 
nerven unter Winkeln von 70—85°. Die unter verschiedenen Win- 
keln abgehenden Tertiären sind kurz und wie bei vielen Myrsineeu in 
ein eigenthümliches aus unregelmäßig eckigen sehr feinen Maschen 
zusammengesetztes Netz aufgelöst. Von den in der Forn und Tex- 
tur ähnlichen als Myrsine Caronis Ung. und Apocynophyllum steno- 
phyllum Ung. bezeichneten Blättern unterscheidet sich das beschrie- 
bene durch die Nervation. 


Ardisia celastrina n. sp. 
Rafalvs Re. 

Ein verkehrt-lanzettförmiges gestieltes, gegen die Basis zu all- 
mählig verschmälertes daselbst ganzrandiges, gegen die Spitze zu 
aber entfernt gezähneltes Blatt von lederartiger Textur. Der dieke 
Stiel geht in einen mächtigen Primärnery über, aus welchem jeder- 
seits zahlreiche, feine bogenläufige Secundärnerven unter Winkeln von 
50—60° entspringen. Die sehr feinen Tertiärnerven sind netzläufig. 
Dieses Blatt ist sehr ähnlich dem der Ardisia Harpyarum m. aus 
der foss. Flora von Bilin, unterscheidet sich aber von demselben dureh 
die kleinen Randzähne und die derbere Textur hinlänglich. 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 13 


Maesa stiriaca n. sp. 
Taf. IV, Fig. 8. 


Ein eiförmiges, an der Basis abgerundetes, an der etwas ver- 
schmälerten Spitze stumpfliches, am Rande klein-gesägtes Blatt von 
lederartiger Textur. Die etwas verdiekten Zähne sind nach vorne ge- 
kehrt: die Nervation ist bogenläufig. Aus einem geraden bis zur Mitte 
mächtigen, gegen die Spitze zu schnell verfeinerten Primärnerv ent- 
springen jederseits 6—7 hervortretende Seeundäre, deren einfache 
oder gabeltheilige Enden gegen den Rand zu nach vorne ziehen. In 
den stark gekrümmten gegen den Rand allmählig zugespitzten Seg- 
menten sind 1—2 kurze Secundärnerven und die feinen von der 
Außenseite unter spitzen Winkeln abgehenden verbindenden, daher 
fast querläufigen Tertiärnerven wahrzunehmen. Blattnetz lockerma- 
schig, kaum deutlich ausgeprägt. Die angegebenen Merkmale finden 
wir an dem Blatte der javanischen Maesa Blumei Don. (Ett. Blatt- 
skelete der Dikotyledonen, Taf. 39, Fig. 9) größtentheils wieder. 


Ord. Sapotaceae. 


Sapotacites sideroxyloides m. 


Von dieser Art fand sich ein vollständig erhaltenes Blatt. Es 
ist länglich-verkehrt-eiförmig, ziemlich langgestielt, ganzrandig, ge- 
gen die Basis zu versehmälert und an der Spitze abgerundet. Diese 
Merkmale, insbesondere die dicke lederartige Textur und die Nerva- 
tion deuten auf die Sapotaceen-Natur unverkeunbar hin. 


Sapotacites minor m. 


Ein Blatt, welches dem als Bumelia minor Ung. bezeichneten 
auf Taf. 6, Fig. 14 der Sylloge plant. foss. II. abgebildeten Blatte 
von Radoboj am meisten gleicht. 


- Sapotacites emarginatus Heer. 


Ein kleines, langgestieltes rundlich-verkehrt-eiförmiges, an der 
Basis nicht verschmälertes ganzrandiges Blatt von steifer lederartiger 
Textur. Durch den längeren Stiel und die einander mehr genäherten 
Seeundärnerven unterscheidet es sich von den sehr ähnlichen Blät- 
tern der vorhergehenden Art. 


74 v. Ettingshausen. 


Bumelia Oreadum Ung. 


Die vom Moskenberge vorliegenden hierher gestellten Blattfos- 
silien dürften zur Charakteristik dieser bisher noch nieht mit genü- 
gender Sicherheit erkannten Art beitragen. Jedenfalls sind von Un- 
ger verschiedenartige Blätter als Bumelia Oreadum bezeichnet wor- 
den, worauf ich zum Theil sehon in den „Beiträgen zur Kenntniß der 
fossilen Flora von Sotzka“ hingewiesen habe. Einige dieser Blätter 
gehören zu S. minor, was mit mir auch Heer annimmt. Die Blät- 
ter der in Rede stehenden Art haben unter spitzeren Winkeln einge- 
fügte Secundärnerven, sind an der Spitze nicht ausgerandet und 
scheinen von weniger derber Textur gewesen zu sein. 


Ord. Ebenaceae. 
Diospyros brachysepala A. Braun. 


Mehrere Blätter, welehe mit den in Heer’s Tertiärflora der 
Schweiz abgebildeten übereinstimmen. Ein Fruchttossil, das an der 
Fundstelle der Blätter zum Vorschein kam, dürfte die trockene Beere 
dieser Diospyros-Art sein, von welcher auch Reste im Biliner Becken 
gefunden wurden. 


Diospyros anceps Heer. 


Blätter, die in allen Eigenschaften mit dem unter obiger Bezeich- 
nung in ce. Tertiärflora der Schweiz, Taf. 102, Fig. 15—17 darge- 
stellten übereinstimmen. 


Macreightia longipes n. sp. 
Taf. IV, Fig. 10, 11. 


Ein langgestielter dreitheiliger Fruchtkeleh; der Stiel ziemlich 
diek, gegen das Ende zu allmählig erweitert; die Kelehlappen auf- 
recht-abstehend, eiförmig, stumpflich. Von Nerven ist außer einem 
bis zur Spitze laufenden feinen Mittelnerven nichts wahrnehmbar, 
Der Macreigthia germanica in Bezug auf die Kelehform sehr ähnlich, 
aber durch den viel längeren und diekeren Blütenstiel von derselben 
abweichend. Es fanden sich auch einzelne losgetrennte Kelchblätter, 
Fig. 11, welche von denen der genannten Art durch die etwas grö- 
ßere Breite, den Mangel der Nerven und die anscheinend derbere 
Textur unterschieden werden können. 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. rt 


(24 


Class. Bieornes. 
Ord. Vaccinieae. 


Vaccinium acheronticum Ung. 


Ein Blatt, welehes der Größe und Form nach zwischen den in 
der foss. Flora von Sotzka Taf. 24, Fig. 1 und 4 abgebildeten Blät- 
tern die Mitte hält, in der Nervation aber mit denselben vollkommen 
übereinstimmt. 


Vaceinium reticulatum A. Braun. 


Blatt gestielt, verkehrt-eiförmig, gegen die stumpfliche Basis 
ziemlich verschmälert, ganzrandig, von lederartiger Beschaffenheit. 
In der Tracht und Nervation stimmt es am meisten mit dem in Heer's 
Tertiärflora Taf. 100, Fig. 30 abgebildeten Blatte überein. 


VYaccinium cordatum n. sp. 
Tat. IV, Fig. 12. 


Blatt sehr kurz gestielt, oder fast sitzend, herzförmig-rundlich 
ganzrandig, an der Spitze stumpf, von anscheinend ziemlich derber 
fast lederartiger Textur. Außer einem geraden bis zur Spitze hervor- 
tretenden Primärnerv sind, wahrscheinlich wegen der mangelhaften 
Erhaltung des Fossils, keine Nerven wahrnehmbar. In der Blatt- 
beschaffenheit dem Vaccinium Orci Heer ]. e. Taf. 100, Fig. 35 
am meisten ähnlich. 


Ord. Ericaceae. 
Andromeda protogaea Ung. 


Ein vollständiges Blatt mit wohlerhaltenen Seeundärnerven. Es 
ist viel kleiner als das in Heer’s Tertiärflora 1. e. Fig. 26e abge- 


bildete Blatt, dem es aber in der Form und Nervation vollkommen 
gleicht. 


Andromeda vacecinifolia Ung. 


Zwei Blätter, welche zu den von Heer a. a. ©. bekannt ge- 
machten Blättern nach allen Eigenschaften am besten passen. 


16 i v. Ettingshausen. 


E Dialypetalas. 
Class. Biseanthae. 
Ord. Ampelideae. 


Vitis teutoniea A. Braun. 
Tat. IV, Fig.. 13. | 

Von dieser Art liegen Blätter und Samen vor. Ein großes Blatt-. 
fossil mit vortrefflich erhaltener Nervation gleicht dem in Ludwig's 
Abhandlung über die foss. Flora der Wetterauer Tertiärformation, Pa- 
laeontogr. VII, Taf. 45, Fig. 4 abgebildeten vollkommen. Ein Frag- 
ment mit schmalen lanzettförmigen Lappen und unter spitzeren Win- 
keln abgehenden Secundärnerven dürfte entweder einer besonderen 
Varietät oder einer neuen Art entsprechen, worüber jedoeh nur ver- 
vollständigende künftige Funde Aufklärung geben können. 


Cissus fagifolia n. sp. 
Tat. V, Fie. 1. 

Ein gestieltes eilanzettförmiges, an ‘der stumpfen Basis unglei- 
ches, gegen die Spitze zu allmählig verschmälertes, am Rande ent- 
fernt-gezähntes Blatt von anscheinend mehr lederartiger als krautar- 
tiger Consistenz. Die Nervation ist combinirt. Die fast geraden oder 
gegen den Rand zu ein wenig geschlängelten Seeundärnerven ent- 
springen aus dem nur oberhalb der Basis stärker hervortretenden 
Primären unter Winkeln von 35—45°, sind am Ende ästig, die obe- 
ren meist rand- die unteren vorherrschend bogenläufig. Die Gabel- 
äste divergiren unter verschiedenen Winkeln und bilden in der Nähe 
des Randes hervortretende Anastomosen-Schlingen. Durch die be- 
schriebene Nervation unterscheidet man dieses Blatt leicht von der 
in der Form und Zahnung ähnlichen der Fagus Feroniae. Unter den 
analogen Blattbildungen der jetztweltlichen Flora glaubte ich die 
einiger Cissus-Arten als der fossilen Form am nächsten stehend an- 
nehinen zu sollen. 


Cissus celtidifolia n. sp. 
Taf. IV, Fig. 14. 


Ein kurzgestieltes eilanzettliches. an der wenig spitzen Basis 
schiefes, fast rhomboidisches, gegen die Spitze zu allmählig verschmä- 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. zer 


lertes und zugespitztes, am Rande ungleich-gezahntes Blatt von zar- 
terer fast krautartiger Beschaffenheit. Die Nervation ist randläufig; 
der Primärnerv schwach hervortretend, unterhalb der Spitze fast ver- 
schwindend. 

Die Seeundärnerven entspringen jederseits 7—9 in ungleichen 
Distanzen, unter Winkeln von 40— 45°, laufen im Bogen nach vorne, 
um einfach oder in kurze Gabeläste getheilt in den Zähnen zu endi- 
gen. Sie sind an der Basis verkürzt und daselbst wie es scheint 
meist genähert. Von Tertiärnerven sind nur Spuren sichtbar, sie ent- 
springen von der Außenseite der secundären unter spitzen Winkeln. 

Das Fossil zeigt in der Form und Zahnung einige Ähnlichkeit 
‚mit dem Blatte des Celtis Japeti, unterscheidet sich aber durch die 
viel kürzeren grundständigen Seeundärnerven und den Mangel von 
hervortretenden Außennerven an denselben. Die Übereinstimmung, 
welche es mit Theilblättehen von Cissus-Arten in allen Eigenschaften 
zeigt, veranlaßte mich dasselbe dieser Gattung einzureihen. 


Class. Cornieculatae. 
Ord. Saxifragaceae. 


Ceratopetalum haeringianum m. 


Einige Blattfossilien, welehe mit den in Häring aufgefundenen 
Blättern dieser Art auf das Genäueste übereinstimmen. 


Class. Nelumbia. 
Ord. Nymphaeaceae. 
Nelumbium Buchii m. 
Sowohl am Moskenberge als auch in den Schichten des Münzen- 
berges fand ich Blattreste dieser Art. Von erstererLocalität liegt ein 


Blattstück vor, welches dem inHeer’s Tertiärfl. d. Schweiz, Taf. 107, 
Fig. 2 dargestellten genau gleicht. 


Anoeetomeria Brongniarti Sap. 
Taf. IV, Fig. 16—18. 

Ein Blattrest und mehrere Stamm-Fragmente mit den charak- 
teristischen Blattstielnarben lassen über das Vorkommen dieser den 
jungtertiären Schichten fehlenden Wasserpflanze in der fossilen Flora 
des Moskenberges keinen Zweifel übrig. 


78 v. Ettingshausen. 


Class. Columniferae. 
Ord. Sterculiaceae. 


Stereulia Labrusca Ung. 


Ein vollständig erhaltenes Blatt, welches mit einem aus der fos- 
silen Flora des Monte Promina zum Vorschein gekommenen Biatte am 
meisten übereinstimmt. 


Stereulia ecinnamomea n. Sp. 
Taf. IV, Fig. 19, 20. 


Das lederartige längliche oder lanzettförmige, an der wenig ver- 
schmälerten Basis abgestutzte oder etwas abgerundete nach der Spitze 
allmählig verschmälerte Blatt zeichnet sich durch einen von sehr fei- 
nen dieht an einander gedrängten Knötchen gebildeten Überzug aus. 
Die Nervation ist ähnlich der von Cinnamomum, doch durch folgende 
Merkmale wohl verschieden. Die Basis ist fünfnervig; die beiden in- 
neren stärkeren Basalnerven erreichen niemals die Mitte, sondern oft 
nur den dritten Theil der Blattlänge; die äußeren sind sehr kurz. Die 
Secundärnerven entspringen jederseits zu 4—6 unter Winkeln von 
40—45 ; die Außennerven an den inneren Basalnerven hingegen un- 
ter viel stumpferen Winkeln. Die spärlich entwickelten Tertiärnerven 
gehen unter wenig spitzem Winkel ab; sie sind meist verbindend 
und bilden ein lockermaschiges Blattnetz. Von dieser Art wurden meh- 
rere wohlerhaltene Blätter gefunden. 


Stereulia laurina m. 


_ Ein Blattfossil mit gut erhaltener Nervation. Es gleicht dem in 
der foss. Flora von Bilin III, Taf. 42, Fig. 1 abgebildeten Blatte voll- 
kommen. Von der vorhergehenden unterscheidet sich diese Art durch 
die unter stumpferen Winkeln entspringenden Secundärnerven, 
deren stärker hervortretende Schlingenbogen dem Rande nahezu 
parallel laufen. 


Ord. Büttneriaceae. 
Pterospermites vagans Heer. 


Die eigenthümlichen geflügelten Samen, welche an einigen Fund- 
orten der Tertiärflora der Schweiz gesammelt und von Heer unter 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärfiora Steiermarks. 9 


obiger Bezeiehnung beschrieben und abgebildet worden sind, kamen 
hier nicht selten zum Vorschein. 


Ord. Tiliaceae. 


Tilia Milleri n. sp. 
Taf. V, Fig. 2. 


Blätter gestielt, rundlich, an der etwas ungleichen Basis ausge- 
randet oder fast herzförmig, an der Spitze kurz vorgezogen, am 
Rande ungleich gezähnt. Nervation randläufig, mit der von Tilia par- 
vifolia fast vollkommen übereinstimmend, welcher die Blätter auch 
in der Größe und Form am meisten entsprechen. Als unterscheiden- 
des Merkmal dürfte aber hervorzuheben sein, dafs die von den unte- 
ren Secundärnerven abgehenden Außennerven bei der fossilen Art 
nicht randläufig sind, sondern Schlingen bilden, aus deren Bogen die 
in den Zähnen des Blattgrundes endigenden Nerven entspringen; ein 
Merkmal, welehes wir auch bei der Tilia mexicana finden. 


Class. Acera. 
Ord. Acerineae. 


Acer trilobatum A. Braun. 


Flügelfrüchte und Blätter. Von letzteren fanden sich hier die in 
der foss. Flora von Bilin, III. S. 18 beschriebenen Varietäten a, c, 
d, fı 9. 
Acer paulliniaecarpum n. sp. 
Tat. V, Fig. 6, 7. 


Flügelfrucht und Blatt. Erstere ist etwas größer als die Frucht 
der vorhergehenden Art; durch den geradlinigen Außenrand des Flü- 
gels und die feinen rechtwinklig eingefügten Nerven desselben. die 
sich in zahlreiche wiederholt gabeltheilige Zweigehen auflösen, sehr 
ausgezeichnet. Sie erinnert in dieser Beziehung an die Flügelfrucht 
von Paullinia. Das hieher gestellte bis jetzt nur in einem Fragmente 
vorliegende Blatt ist unvollkommen fünflappig, in der Form, Größe 
und Zahnung derLappen demBlatte des Acer trilobatum am meisten 
ähnlich, jedoch durch bedeutend stärkere Hauptnerven, die unter 
stumpferen Winkeln entspringenden Secundärnerven und das mehr 
hervortretende Blattnetz von demselben verschieden. 


850 v. Bttingshausen. 


Acer palaeo-campestre n. sp. 
Taf. V, Fig. 1114. 


Blätter und Früchte, sehr ähnlich denen von Acer campestre. 
Die Fruchtflügel haben mehr aufgeriehtete Nerven und gleichen da- 
durch denen von Acer trilobatum. Das NülSehen ist aber rundlich 
und nieht oval wie bei letzterer Art. 


Acer angustilebum Heer. 


Von dieser Art fand sich bis jetzt nur ein wohlerhaltenes Exem- 
plar der durch den breiten am Grunde stark zusammengezogenen 
Flügel ausgezeichneten Frucht. Es stimmt mit Fig. 1 auf der Tafel 
118 des Heer ’schen Werkes am besten überein. 


Acer deeipiens A. Braun. 


Flügelfrüchte und Blätter. Gehört mit Acer trilobatum zu 
den häufigsten Ahorn-Arten der Moskenberger Flora. Die Flügel- 
frucht, von welcher mir zahlreiche Exemplare vorliegen, paßt gut zu 
den von Heer a. a. OÖ. Taf, 117, Fig. 22 abgebildeten Früchten. 
Von Blättern aber fanden sich mehrere bemerkenswerthe Abänderun- 
gen, welche ich bei einer anderen Gelegenheit ausführlicher beschrei- 
ben und durch Abbildungen veranschaulichen werde. Hier sei nur be- 
bemerkt, daß nebst der kleinen bisher allein bekannten Form auch 
Blätter vorkommen, die eine Breite von mehr als 4 Zoll erreichen, 
ferner, daß sie in der Stellung und Form der drei Lappen ziemlich 
von einander abweichen. Daß die am meisten auffallenden Formen, 
die ich zu den Varietäten platanifolia, longe-cuspidata, obtusata und 
quinqueloba bringe, nicht selbstständigen Arten angehören, ist dureh 
Übergangsformen außer Zweifel gesetzt. 


Acer rhombifolium n. sp. 
Taf. V, Fig. 4, 5. 

Flügelfrucht und Blatt. Erstere charakterisirt sich durch den 
schmalen Flügel, die unter sehr spitzem Winkel eingefügten feinen 
und genäherten Flügelnerven und die kleine rundliche Frucht. Das 
hieher gestellte Blatt ist rhombiseh, nach beiden Enden gleichmäßig 
verschmälert, amRande grobgezahnt, von deutlich derber lederartiger 
Textur. Die beiden seitlichen Basalnerven bilden mit dem Mediannerv 
sehr spitze Winkel. 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 81 


Die Seeundär- und Außennerven gehen unter Winkel von 30 bis 
35° ab. Das Blatt nähert sich am meisten dem von Acer sclerophyl- 
lum Heer, von dem es nur in der Form abweicht. 


Ord Malpighiacesae. 
Heteropteris protogaea n. sp. 
Taf. V, Fig. 3. 


Ein lederartiges eilängliches ganzrandiges Blatt mit charakteri- 
stischer Nervation, welche den Malpighiaceen-Typus verräth. Aus 
dem starken Primärnerven entspringen jederseits mehrere schling- 
läufige Seeundärnerven unter Winkeln von 75—80°. Die schlingen- 
bildenden Äste divergiren unter auffallend spitzen Winkeln ; die 
Scehlingenbogen sind dem Rande zu stark convex und von Außen- 
schlingen umgeben. Die schmalen etwas gekrümmten Segmente 
schließen zahlreiche ästige und verbindende Tertiärnerven ein, welche 
gegen den Primärnerv in senkrechter Richtung (querläufig) verlau- 
fen. Die Netzmaschen sind querlänglich. Die größte Ähnlichkeit mit 
dem beschriebenen Fossil zeigt das Blatt der brasilianischen Hete- 
ropteris (Banisteria Lam.) nitida H. B. K. (Ett. Blatt-Skelete der 
Dikotyledonen, S. 142, Fig. 119, Taf. 60, Fig. 6). Von den bis jetzt 
den Malpighiaceen eingereihten Fossilresten stimmen mit demselben 
Malpighiastrum laurifolium Ung. Syll. 1, T. 12, F.4, 5, M. byr- 
sonimaefolium Ung. 1. e. Taf. 13, F.1. M. ambiguum Ung. Syll. II. 
T. 15, F. 24, M. bilinicum Ung. |]. c. F. 25, M. coriaceum Ung. 
l. e. F. 27—29 zwar theils nach der Blattform, theils im Verlaufe 
der schlingenbildenden Secundärnerven überein, weichen jedoch 
sämmtlich durch die von der Innenseite der Secundärnerven unter 
rechtem oder spitzem Winkel abgehenden Tertiärnerven wesentlich 
ab. Da aber letzteres Merkmal den Blättern von Malpighiaceen gar 
nieht zukommt und diese fast allgemein querläufige Tertiärnerven 


haben, so sind genannte fossile Pflanzenreste zu dieser Ordnung mit 
Unrecht gestellt. 


Malpighiastrum teutonicum m. 

Ein eiförmiges lederartiges ganzrandigesBlatt mit schlingläufigen 
Secundärnerven und hervortretendem Blattnetze. Es stimmt in allen 
Merkmalen mit dem von mir beschriebenen in der Blätterkohle von 
Salzhausen aufgefundenen Fossil überein. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 6 


v. Ettingshausen 
82 g 


Ord. Sapindaceae. 
Sapindus faleiformis A. Braun. 


Ein Blättchen mit dem von Heer |. c. Taf. 70, Fig. 2 abgebil- 
.deten in allen Merkmalen übereinstimmend. Es liegt noch ein anderes 
Theilblättehen vor, welches ich zu dieser Art stellte. Dasselbe ist 
zwar etwas gekrümmt und ungleichseitig, aber an der Spitze nur 
kurz vorgezogen und nicht zugespitzt, weßhalb ich die Bestimmung 
desselben als noch zweifelhaft betrachten muß. 


Sapindus dubius Ung. 
Elliptisch-lanzettliches etwas ungleichseitiges ganzrandiges Theil- 
blättchen mit kurz vorgezogener Spitze. Secundärnerven zahlreich, 
einander ziemlich genähert; Tertiärnerven netzläufig. Dasselbe scheint 
mit den von Heer unter obiger Bezeichnung dargestellten Blatt- 


fossilien gleichartig zu sein. 


Sapindus moskenbergensis n. sp. 
Taf. V, Fig. 10. 


Ein länglich-lanzettförmiges ganzrandiges Blattfossil mit wohler- 
haltener Nervation. Die Beschaffenheit des Abdruckes deutet auf eine 
lederartige Textur. Aus einem stark hervortretenden Primärnerv ent- 
springen zahlreiche schlingläufige Secundärnerven "nter Winkeln 
von 70—80°. Die schlingenbildenden Äste entstehen nahe am Rande 
und divergiren unter stumpfen Winkeln. Die Schlingenbogen sind 
kurz und stark bogig gekrümmt; die Seeundär-Segmente schmal, 
wenig gekrümmt. Die verbindenden jedoch nieht querläufigen Ter- 
tiärnerven gehen von der Innenseite unter stumpfen, von der Außen- 
seite unter spitzen Winkeln ab; sie begrenzen schmale längliche Seg- 
mente, welche ein aus unregelmäßig eckigen Maschen gebildetes 
Netz einschließen. Durch die Ursprungswinkel der Seeundär- und 
Tertiärnerven unterscheidet sich diese Art von Sapindus Haszlins- 
kyi Ett. 

Sapindus Pythii Ung. 

Einige Theilblättchen, welche zu den von Unger in der Syl- 
loge I, Taf. 14, Fig. 6 —17 dargestellten am besten passen. Wie sich 
aber letztere von den am a. 0. Taf. 21, Fig. 1—11 als Rhus elaeo- 
dendroides Ung. bezeichneten Blattfossilien unterscheiden sollen, 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 83 


vermag ich nicht einzusehen und glaube vielmehr, dafs diese von 
einem und demselben Fundorte (Parschlug) stammenden in allen 
Merkmalen vollkommen übereinstimmenden Reste auch zu Einer Art 
gehören. 


Dodonaea antiqua m. 


Zwei Blattreste, welche mit dem in der fossilen Flora von Bilin 
II, Taf. 46, Fig. 18 abgebildeten Blatte aus dem Polirschiefer von 
Kutschlin gleichartig sind. Durch die allmählige Verschmälerung 
der Fläche gegen den Blattstiel unterscheidet man diese Blätter leicht 
von ähnliehen Weidenblättern. 


Class. Krangulaceae. 
Ord. Celastrineae. 


Evonymus moskenbergensis n. sp. 
Taf. VI, Fig. 3, 4. 


Kapselfrucht und Blatt. Erstere ist fünflappig, im Umrisse halb- 
kugelig, mit der etwas abgestutzten Basis an einem dünnen gebo- 
genen Stiele hängend. Das Blatt Fig. 3 ist länglich-lanzettlich, in 
einen kurzen dicken Stiel verschmälert, lederartig, am Rande wellen- 
förmig oder entfernt-stumpf-gezahnt. Die Nervation ist schlingläufig. 
Der Primärnerv tritt bis zur Mitte der Blattlänge stark hervor, ver- 
feinert sich aber dann rasch gegen die Spitze zu. Die zahlreichen 
Secundärnerven entspringen unter Winkeln von 40—50°, ziehen ein 
wenig schlängelig nach vorne und außen, um sich in der Nähe des 
Randes in die unter spitzem Winkel divergirenden Schlingenäste zu 
theilen. Die stark gekrümmten Schlingenbogen sind mit Außen- 
schlingen umgeben ; die Segmente schmal, die Außenenden abgerundet- 
stumpf. Die Tertiärnerven gehen von beiden Seiten der secundären 
unter 90° ab. Das Blattnetz ist wegen der ungünstigen Erhaltung 
des Fossils nieht deutlich wahrnehmbar. Die meiste Ähnlichkeit mit 
dem beschriebenen fossilen zeigt das Blatt von Evonymus javanicus 
Blume (Ett. Nervation der Celastrineen, Taf. 9, Fig. A, 5). 


Maytenus submarginata n. Sp. 
Taf. V, Fig. 17. 
Ein kurz gestieltes länglich-Janzettliches am Rande kleingesäg- 
tes Blatt von sehr derber lederartiger Textur, mit wohlerhaltener 
6* 


84 v. Ettingshausen. 


charakteristischer Nervation. Aus dem an der Basis stark hervortre- 
tenden Primärnerv entspringen unter Winkeln von 30—40° mehrere 
ziemlich feine Seeundärnerven. Diese sind schlängelig, am Ende oft 
ästig, gegen die Basis zu einander genähert. Die Tertiärnerven gehen 
vorwiegend von der Innenseite der secundären unter spitzen Winkeln: 
ab und sind fast längsläufig. Das spärlich entwickelte Blattnetz ist 
undeutlich wahrnehmbar. Als die nächst verwandte jetzt lebende Art 
ist Maytenus marginata aus Chile (Ett. Nervation der Celastrineen, 
Taf. 4, Fig. 3) zu bezeichnen, welehe mit der Fossilen die auffal- 
lendste Ähnlichkeit in der Blattbildung darbietet. Diese weicht von der 
recenten Art nur durch die mehr längliche Blattform und entfernter- 
stehende nach vorne gekehrte Randzähne ab. 


Maytenus integrifolia n. sp. 
Taf. V, Fig. 18. 

Ein lanzettförmiges ganzrandiges an der Basis verschmälertes. 
Blatt von anscheinend mehr zarter als lederartiger Consistenz, wel-. 
ches aber mit dem vorhergehenden und mit jetztlebenden Maytenus- 
Blättern im Typus der Nervation übereinstimmt. Die feinen gegen die 
Basis zu genäherten Seeundärnerven entspringen unter auffallend 
spitzen Winkeln, die tertiären gehen an der Innenseite der secun- 
dären unter spitzen, an der Außenseite vorwiegend unter stumpfen 
Winkeln ab. Das Blattnetz besteht aus ziemlich großen unregelmäßig- 
eckigen Maschen. 

Celastrus Aeoli m. 

Ein gestieltes lederartiges länglich-verkehrt-eiförmiges, an der 
Spitze ausgerandetes vorne fein-gekerbtes Blatt, welches in allen 
seinen Merkmalen mit den in Häring, Sotzka und Kutschlin aufge- 
fundenen Blättern dieser Art übereinstimmt. 


Celastrus europaeus Ung. 
Ein gestieltes rhombisch-eiförmiges ganzrandiges, an der Basis. 
verschmälertes Blatt, welches zu den in Sylloge plant. foss. II, Taf. 2, 
Fig. 10—15 abgebildeten Celastrus-Blättern am besten paßt. 


Celastrus Hippolyti m. 
Taf. V, Fig. 16. 


Ein gut erhaltenes Blattfossil, welches mit den in der foss. Flora 
von Bilin II, Taf. 48, Fig. 14 abgebildeten in allen Eigenschaften 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 85 


so genau übereinstimmt, daß an der Gleichartigkeit dieser Reste 
nicht zu zweifeln ist. Die Celastrus-Natur läßt sich an dem Mosken- 
berger Fossil fast noch deutlicher erkennen, und insbesondere die 
Nervation gleicht der des südafrikanischen C. campestris E ck]. et Z. 
Von €. Murchisoni Heer, dem unsere Art in Bezug auf Größe und 
Form des Blattes am nächsten kommt, unterscheidet sie sich durch 
die entfernter stehenden unter stumpferen Winkeln abgehenden Secun- 
därnerven. 


Rlaeodendron stiriacum n. sp. 
Taf. VI, Fig 1. 


Blatt kurz gestielt, länglich-elliptisch, an der wenig verschmä- 
lerten Basis stumpf, am Rande klein- und stumpf-gezahnt. Ab- und 
'Gegendruck zeigen eine derbe lederartige Textur an. Nervation 
bogenläufig; Primärnerv nur am Grunde stark hervortretend, im 
weiteren Verlaufe allmählig verfeinert und schlängelig. Secundär- 
nerven fein, unter Winkeln von 40—50° entspringend, ästig, gegen die 
Basis zu genähert. Die nur stellenweise erhaltenen Tertiärnerven sind 
sehr fein und gehen von der Innenseite der secundären unter rech- 
tem, von der Außenseite derselben unter spitzem Winkel ab.. Sie ver- 
ästeln sich in ein wenig entwickeltes Blattnetz. 

Von den jetztlebenden Arten steht der beschr iebenen _ das 
Elaeodendron capense Eckl. et Zeyh. (Ett. |. c. Taf. 2, Fig. 9), 
von den fossilen E. degener Ung. sp. in der Blattbildung am näch- 
sten. Von Ersterem unterscheidet sie sich durch kleinere Randzähne 
und weniger geschlängelte Secundärnerven, von Letzterem durch 
die stumpfe Basis, die an derselben genäherten Seeundärnerven und 
‚durch die Abgangswinkel der Tertiärnerven, 


Elaeodendron oligoneure n. sp. 
Taf. VI, Fig 2. 


Blatt gestielt, lederartig, eiförmig-elliptisch, an beiden Enden 
stumpflich, am Rande gezahnt. Nervation schlingläufig. Primärnerv 
über die Mitte der Blattfläche hinaus stark hervortretend, gegen die 
Spitze zu ein wenig schlängelig. Secundärnerven jederseits nur 4 bis 
5; die untersten in Winkeln von 30—40°, die übrigen unter stumpfe- 
ren entspringend, etwas geschlängelt. Schlingenbogen mit randläufi- 
gen Außennerven versehen, vom Rande ziemlich abstehend. Tertiär- 


86 v. Ettingshausen. 


nerven von beiden Seiten der seeundären unter 90° abgehend, netz- 
läufig. In der Blattform und Nervation am meisten ähnlieh sind die 
Blätter des Elaeodendron pubescens (Mytroxylon Eckl. et Z., Ett. 
Nervation d. Celastrineen, Taf. 1, Fig. 2—3), welche sich jedoch von 
dem fossilen durch die sitzende Basis unterscheiden. 


Ord. Hippocrateaceae. 


Hippocratea erenulata n. sp. 
Taf. VI, Fig. 5. 


Ein längliches an der Basis etwas verschmälertes am Rande fein 
gekerbtes Blatt, dessen Abdrücke eine zartere mehr krautartige Tex- 
tur verrathen. Nervation bogenläufig. Secundärnerven jederseits 
8—9 aus dem geraden hervortretenden Primärnerv unter Winkeln 
von 35—45° entspringend; die verfeinerten ungetheilten Enden der- 
selben am Rande fortziehend. Tertiärnerven sehr fein, zahlreich, ge- 
nähert, verbindend und nahezu querläufig. Die schmalen Tertiärseg- 
mente schließen ein hervortretendes aus viereckigen Maschen zusam- 
mengesetztes Netz ein. Von den jetztweltlichen Pflanzen kommen 
einige Hippocratea-Arten wie H. arborea Roxb. und H. serrulata 
(Ett. Blatt-Skelete der Dikotyledonen Taf. 65, Fig. 16 und 17) der 
fossilen in der Blattbildung am nächsten. Von der A. bilinica E tt. 
foss. Flora von Bilin III, Taf. 49, Fig. 12—14 unterscheidet sich die 
Moskenberger Art durch die Randbeschaffenheit und Nervation des 
Blattes. 


Ord. Ilicineae. 
Ilex stenophylla Ung. 


Zu dieser Art mag ein kleines längliches ganzrandiges Blatt von 
lederartiger Textur gehören, welches nur von einem deutlich hervor- 
tretenden Primärnerv durchzogen wird. Es gleicht am meisten dem 
in Sylloge II, Taf. 3. Fig. 21 abgebildeten Blatte von Radoboj. Doch 
halte ich diese Bestimmung für zweifelhaft, um so mehr, als die Ober- 
fläche des Fossils mit sehr kleinen, nur mittelst der Loupe sichtbaren 
schwarzen Punkten bestreut ist, und sich vor der Hand nicht ent- 
seheiden läßt, ob diese einem Blattpilze oder der Struetur des Blattes 
angehören. 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 87 


Hex berberidifolia Heer. 


Ein lederartiges keilföürmiges nur vorne mit einigen stachelspitzi- 
gen Zähnen besetztes Blatt, welches dem in der Tertiärfl. d. Schw eiz 
Bd. III, Tat. 122, Fig. 15 abgebildeten am meisten entspricht. 


Ord. Rhamneae. 
Paliurus Favonii Ung. 


Zwei Blätter. Heer will das von Unger zu der Parschluger Pa- 
liurus-Frucht gestellte Blatt mit Zizyphus tilinefolius vereinigen. 
Allein dieses Blatt charakterisirt sich nicht blos durch die abgerun- 
det-stumpfe Spitze, sondern noch durch den gekerbten Rand und 
durch entfernter stehende dem Primärnerv unter spitzeren Winkeln 
eingefügte Tertiärnerven. Die Blätter des Zizyphus tiliaefolius sind 
am Rande gesägt mit spitzen oft sehr kleinen nach vorne gekehrten 
Zähnen; die sehr feinen einander genäherten Tertiärnerven sind fast 
querläufig. Unger’s Abbildung in der Chloris protogaea gibt diese 
Nerven sehr mangelhaft und verweise ich deßhalb auf die in meiner 
Abhandlung über Bilin II. Th. Taf. 50 gegebene Darstellung. Das 
Blatt Fig 8 auf Taf. 123 des e. Heer schen Werkes scheint nicht zu 
Zizyphus tiliaefolius, sondern zu Paliurus Favonii zu gehören. 


Lizyphus parvifolius n. sp. 
Taf. V, Fig. 8, 9. 


Sehr kleine rundliche bis eiförmige lederartige an der Basis 
dreinervige Blätter mit fein gesägtem Rande. Aus dem geraden her- 
vortretenden Primärnerv,gehen jederseits 2—3 bogenläufige Secun- 
därnerven unter 40—45° ab. Die beiden grundständigen erreichen 
nicht die halbe Blattlänge. Tertiärnerven und Netz undeutlich wahr- 
nehmbar. Die genauere Untersuchung und die Richtigstellung der 
Bestimmung dieser Fossilreste ist erst nach Auffindung besser erhal- 
tener Exemplare möglich. 


Rhamnus Gaudini Heer. 


Eine Reihe von Blättern zeigt das häufigere Vorkommen dieser 
Art in der fossilen Flora des Moskenberges an. 


ss v. Ettingshausen. 


Rhamnus alnifolius n. sp. 
Taf. V, Fig. 15. 


Ein kleines kurz gestieltes kreisrundes an der Basis etwas aus- 
gerandetes, am Rande fein gezähnten Blatt von anscheinend, mehr 
krautartiger als lederartiger Textur. Aus dem etwas schlängeligen 
Primärnerv entspringen unter Winkeln von 70—80° jederseits 4 bis 
5 Secundärnerven. Diese sind nur unbedeutend feiner als der pri- 
märe und laufen im starken Bogen nach vorne, um in Randzähne zu 
endigen. Tertiärnerven zahlreich, genähert, querläufig, die stärkeren 
hin- und wieder Außennerven bildend. Mit demBlatte von Ah. brevi- 
folius Heer in Bezug auf Zahl und Richtung der secundären und ter- 
tiären Nerven, so wie in der Größe und Form übereinstimmend, aber 
durch den kürzeren Stiel und die von den Secundärnerven und ihren 
Ästen versorgten Randzähnchen abweichend. 


Rhamnus rectinervis Heer. 


Ein kleines Blatt, das alle wesentlichen Merkmale dieser Art be- 
sitzt und dem in Fig. 5 auf Taf. 125 des ec. Heer’schen Werkes abge- 
bildeten Blatte am meisten entspricht. 


Pomaderris acuminata m. 


Ein Blatt, welches mit einem im Polirsehiefer von Kutschlin bei 
Bilin aufgefundenen und von mir a. a. O. Taf. 50, Fig. 21 abgebilde- 
ten Blatte in allen Merkmalen übereinstimmt. 


Class. Terebinthineae. 
Ord. Juglandeae. 
Juglans acuminata A. Braun. 


Es fand sich hier ein Fragment eines großen Juglans-Blättehens, 
welches zu dem Blatte der J. acuminata var. latifolia am besten 
paßt. 

Juglans undulata n. sp. 
Taf. VI, Fig. 8. 


Ein großes breites eiförmiges etwas ungleichseitiges an der 
Basis abgerundetes, an der Spitze kurz vorgezogenes, am Rande 
buchtig-welliges Endblättehen. Die beiden Abdrücke zeigen eine 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 89 


zartere fast membranöse Textur an. Die Nervation desselben ist bo- 
genläufig. Der starke gerade gegen die Spitze zu allmählig verfeinerte 
Primärnerv entsendet jederseits 7—8 hervortredende Seceundärnerven. 
Dieselben sind vorwiegend gegenständig; die unteren kürzeren und 
einander mehr genäherten entspringen unter Winkeln von 80—90°, 
die übrigen im langen Bogen nach vorne ziehenden Seeundärnerven 
unter 40—60°. Die Tertiärnerven gehen unter nahezu rechtem Win- 
kel ab, sind schlängelig und meist verbindend. Ihre schmalen Seg- 
mente schließen ein feines undeutlich wahrnehmbares Netz ein. Diese 
Art steht in der Blattbildung der vorhergehenden nahe; man unter- 
scheidet sie aber hinlänglich sicher durch die Randbeschaffenheit und 
durch die geringere Zahl der Secundärnerven. 


Carya bilinica Ung. 


Einige Reste von Fiederblättehen, welche ihrer Form, Textur 
und Nervation nach mit den Blättchen diese Juglandee auf das Ge- 
naueste übereinstimmen. 


Pterocarya leobenensis n. sp. 
Taf. VI, Fig. 18, 19. 


Das Vorkommen der Gattung Pferocarya in der fossilen Flora 
von Leoben wird durch eine Frucht angezeigt, welche im Seegraben 
gefunden wurde und die ich bei einer anderen Gelegenheit ausführ- 
lich beschreiben werde. Mit dieser scheint das Fig. 18 abgebildete 
Fruchtfossil vom Moskenberge gleichartig zu sein. Ein Fiederblätt- 
chen, welches ich an der gleichen Lagerstätte fand, dürfte nach sei- 
nen Merkmalen am ersten dieser Gattung angehören und mit erwähn- 
ter Frucht zu vereinigen sein. Es ist lanzettförmig, etwas ungleich- 
seitig, vorne klein-gesägt, gegen die Basis zu aber ganzrandig, von an- 
scheinend derber lederartiger Textur. Die Secundärnerven, welche, 
aus einem stark hervortretenden primären nahezu unter 90° entsprin- 
gen, sind ästig, undeutlich schlingenbildend; die ebenfalls fast recht- 
winklig abgehenden Tertiärnerven verästeln sich in ein hervortreten- 
des lockermaschiges Netz. Von den ähnlichen Blättchen der Carya 
Heerii m. unterscheidet es sich durch den feingesägten oder ganzen 
Rand und durch die beschriebene Nervation. 


90 v. Ettingshausen. 


Ord. Anacardiaceae. 
Anacardiophylium dubium n. sp. 


Ein großes lang-gestieltes unvollständig erhaltenes ganzrandiges 
Theilblättehen, das wegen seiner eigenthümlichen Nervation Beach- 
tung verdient. An der fast abgestutzt-stumpfen Basis ist es in den 
Stiel kurz vorgezogen, welcher noch mit einem Bruchstücke der 
Blattspindel zusammenhängt. Aus dem starken geraden Primärnerv 
entspringen jederseits mehrere fast geradlinige Seeundärnerven, die 
unteren einander mehr genäherten mit 90°, die übrigen unter Win- 
keln von 70—80°. Die Tertiärnerven sind sehr fein und nur unter 
der Loupe deutlich erkennbar. Die von beiden Seiten der secundären 
rechtwinklig abgehenden sind kurz und verbinden sich mit den vom 
Primärnerv entspringenden Tertiärnerven, welche die Secundärseg- 
mente als geschlängelte und verästelte Quernerven durchziehen, wo- 
durch ein äußerst feines aus querlänglichen Maschen zusammenge- 
setztes Netz gebildet wird. 

Eine ähnliche Nervation findet man beiRhizophoreen, Myrtaceen 
und Anacardiaceen. Da zusammengesetzte Blätter in den ersteren Ord- 
nungen nicht vorkommen, so habe ich das beschriebene Fossil der 
Letzteren eingereiht und der Nervation nach mit dem Blatte von Ana- 
cardium occidentale (Ett. Blatt-Skelete d. Dikotyledonen Taf. 76, 
Fig. 7) verglichen. 


Rhus tenuifelia n. sp. 
| Taf. VI, Fig. 6. 

Blättchen kurz gestielt, dünnhäutig, schmal-länglich, an der 
etwas ungleichen Basis abgerundet, am Rande fein-gesägt. Primär- 
nery scharf hervortretend, gerade. Secundärnerven zahlreich, sehr 
fein, unter Winkeln von 45° entspringend und dann divergirend- 
bogig gegen den Rand ziehend. Tertiärnerven undeutlieh sichtbar, 
netzläufig. Von den ähnlichen Blättchen der Rh. prisca und von allen 
bis jetzt bekannten Arten dieser Gattung durch die nach vorne con- 
vexen Secundärnerven verschieden. 


Rhus appendieulata n. sp. 
Taf. VI, Fig. 7. 


Blättchen sitzend, lederartig, länglich, an der Basis etwas schief, 
vorne wenig verschmälert, und mit einem kurzen Endspitzehen be- 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 91 


setzt, am Rande entfernt-gezähnelt. Primärnerv verhältnißmäßig stark 
hervortretend, auslaufend. Secundärnerven jederseits mehrere unter 
wenig spitzem oder rechtem Winkel abgehend, bogenläufig. Tertiär- 
nerven nicht wahrnehmbar. Kleinen Blättchen von Rhus hydrophila 
ähnlich, aber durch die kleineren Randzähne und die stumpfere mit 
dem Anhang besetzte Spitze von denselben wesentlich abweichend. 


Rhus cassiaeformis m. 


Ein kleinesFiederblättehen, welehes mit den in meiner tertiären 
Flora von Häring Taf. 26, Fig. 36 abgebildeten Blättchen dieser Art 
am meisten übereinstimmt. An demselben sind auch die Tertiärnerven, 
welche an den Häringer Exemplaren nieht wahrgenommen werden 
konnten, deutlich erkennbar. Sie entspringen von beiden Seiten der 
sehr feinen Secundärnerven unter rechtem Winkel, sind verbindend 
und begrenzen längliche, dem Rande fast parallel laufende Segmente. 


Rhus juglandina n. sp. 
Taf. III, Fig. 21. 

Ein kurz gestieltes oder fast sitzendes eiförmiges Theilblättchen 
von lederartiger Beschaffenheit. Die Basis ist abgerundet-stumpf, die 
Spitze etwas verschmälert, derRand klein-gesägt. Die ziemlich feinen 
geschlängelten bogenläufigen Seeundärnerven entspringen unter wenig 
spitzem oder fast rechtem Winkel. 


Ord. Zanthoxyleae. 


Zanthoxylum integrifolium Heer. 


Ein eiförmig elliptisches ganzrandiges Blattfossil von etwas zarterer 
kaum lederartiger Textur, mit schlingläufigen oft gabelspaltigen unter 
ziemlich spitzen Winkeln entspringenden Secundärnerven. Es stimmt 
am meisten mit dem von Heer unter obiger Bezeichnung abge- 
bildeten überein. 


Class. Calyeiflorae. 


Ord. Combretaceae. 
Terminalia miocenica Ung. 


Hieher bringe ich ein Blatt, das zu den inRadoboj gesammelten 
Blättern dieser Art nach allen Merkmalen am besten paßt. 


02 v. Ettingshausen. 


Class. Myrtiflorae. 
Ord. Myrtaceae. 
Eucalyptus oceanica Ung. 


Lanzettförmige und lineallanzettliche ganzrandige lederartige 
Blätter, an welchen man die Spuren der saumläufigen Schlingenana- 
stomosen zwar nicht wahrnimmt, die aber in allen der Vergleichung 
zugänglichen Merkmalen mit den von Sotzka, Monte Promina und 
Sagor stammenden Blättern dieser Art übereinstimmen. 


Callistemophyllum acuminatum n. sp. 
Taf. VI, Fig. 16. 


Ein gestieltes lederartiges lanzettförmiges, nach beiden Enden 
verschmälertes, an der Basis etwas abgerundetes, vorne lang-zuge- 
spitztes vollkommen ganzrandiges Blatt. Die Nervation bogenläufig. 
Die Secundärnerven sind sehr fein, einander ziemlich genähert, aus 
dem scharf hervortretenden geradlinigen Primären unter Winkeln von 
40 —50° entspringend. Sie ziehen etwas schlängelig fast bis an den 
Rand, wo sie vielleicht säumläufige Schlingenbogen bilden, die aber 
an dem Fossile nicht wahrzunehmen sind. Die Tertiärnerven sind ver- 
bindend und gehen von der Außenseite der seeundären unter spitzen 
Winkeln ab. Das beschriebene Fossil ist den Blättern verschiedener 
Myrtaceen, so z. B. der Eugenia acuminata Link (Ett. Blatt-Skelete 
d. Dikotyledonen S. 194, Fig. 211), der Acmena floribunda De Cand. 
(l. e. Fig. 209, Taf. 85, Fig. 1, 2), besonders aber bezüglich der 
Form und Nervation den Blättern der Myrecia terebinthacea Poepp. 
(1. e. Fig. 206 und 210) sehr ähnlich. 


Callistemophylium productum‘n. sp. 
Taf. VI, Fig. 15. 


Blatt kurz gestielt, lanzettförmig, ganzrandig, nach der Basis all- 
mählig verschinälert, an der fast. zugerundeten Spitze kurz vorge- 
zogen. Beide Abdrücke zeigen ein dickes sehr steifes Blatt an. Außer 
dem mächtigen nur unterhalb der Spitze verfeinerten Primärnerv ist 
von der Nervation nur Weniges deutlich sichtbar. Die Seeundärner- 
ven sind sehr fein, genähert, bogenläufig. An einer Stelle konnte ich 
randständige Schlingenbogen wahrnehmen. Die Tracht und Nervation 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 95 


dieses Blattes sprechen für die Familie der Myrtaceen, wo wir auch 
in Bezug auf die eigenthümliche Beschaffenheit der Spitze Analogien 
finden, so z. B. bei Syzygium caudatum W all. (Ett. 1. ce. Taf. 86, 
Fig. 7) und einigen Myreia-Arten. 


Class. Rosiflorae. 
Ord. Rosaceae. 


Spiraea prunifolia n. sp. 
Taf. VI, Fig. 11. 


Blatt kurz gestielt, eiförmig-elliptisch, an der Basis und Spitze 
stumpf, am Rande klein-gesägt, von lederartiger Textur. Nervation 
bogenläufig. Secundärnerven jederseits 4—5, unter Winkeln von 
50—60° entspringend, fein, schlängelig, gegen den Rand zu ästig. 
Die sehr feinen Tertiärnerven rechtwinklig abgehend, verbindend und 
netzläufig. Den Blättern der Spiraea Zephyri Ung. Sylloge Ill, 
Taf. 18, Fig. 22 und 23, welchen, den Abbildungen nach zu schließen, 
eher eine lederartige als häutige Textur zuzuschreiben wäre, sehr 
ähnlich und von denselben wie es scheint nur durch die Anwesenheit 


eines 3 Millim. langen Stieles verschieden. 
2 er 


Spiraea Osiris m. 


Zwei kleine mit einem verhältnißßmäßig ziemlich langen Stiele 
versehene Blattfossilien, welche in Bezug auf Textur, Form, Rand- 
beschaffenheit und Nervation mit einem aus dem plastischen Thon 
bei Priesen zum Vorschein gekommenen Blatte (foss. Flora von Bilin 
Taf. 53, Fig. 20) genau übereinstimmen. 


Spiraea acherontica n. sp. 
Taf. VI, Fig. 10. 


Einige kleine kurz gestielte rundliche fein- aber ungleich-ge- 
sägte, an der Basis etwas schiefe Blätter von zarter Textur. In den 
"übrigen Eigenschaften stimmen sie mit denen der vorhergehenden 
Art so ziemlich überein. 


94 v. Ettingshausen 


Ord. Amygdaleae. 


Prunus-Palaeo-Cerasus n. sp. 
Taf. VI, Fig. 12, 13. 


Lang gestielte, eiförmige, ungleich-gesägte, an der Spitze etwas 
vorgezogen-zugespitzte Blätter von anscheinend mehr dünner als 
lederartiger Consistenz, welche in der Nervation mit Blättern von 
Prunus-Arten, besonders der einheimischen ?. Cerasus eine sehr 
auffallende Ähnlichkeit zeigen. Das sehr zarte Blattnetz ist pracht- 
voll erhalten. 


Class. Leguminosae. 
Ord. Papilionaceae. 
Oxylobium miocenicum m. 


Zwei Blätter, welche in Bezug auf die Form und Nervation mit 
den im Biliner Becken aufgefundenen Blattfossilien dieser Art am 
meisten übereinstimmen. 


Kennedya dubia m. 


Ein im Ab- und Gegendruck vorliegendes elliptisches sitzendes, 
an der abgerundeten Basis ungleiches Blättchen von lederartiger Con- 
sistenz, welches in diesen Eigenschaften, insbesondere aber hinsicht- 
lich der charakteristischen Nervation mit der im Kutschliner Polir- 
schiefer vorkommenden Kennedya dubia (Ett. 1. c. Taf. 54, Fig. 10) 
übereinstimmt. 


Dolichites maximus Ung. 


Von dieser bisher nur aus Radoboj und Kutschlin bei Bilin er- 
haltenen fossilen Schmetterlingspflanze kam am Moskenberge ein ein- 
ziges Blättchen zum Vorschein. 


Dalbergia primaeva Ung. 


Ein im Ab- und Gegendruck wohlerhaltenes Theilblättehen die- 
ser Art, das in der Größe und Form dem auf Taf. 39, Fig. 12 der 
foss. Flora von Sotzka dargestellten Blättchen gleicht. Es zeigt feine 
bogenläufige unter spitzem Winkel abgehende Secundärnerven, wie 
solche Heer an einem Blättehen der Dalbergia primaeva von Monod 
(Tertiärfl. T. 133, Fig. 22) wahrnahm. 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. r 95 


Dalbergia haeringiana m. 


Einige Theilblättchen, welche den aus den Tertiärschichten von 
Häring und Bilin zu Tage geförderten Blättchen dieser Art vollkom- 
men gleichen. 

Dalbergia pterocarpoides n. sp. 
Taf. VI, Fig. 9. 


Blättchen kurz gestielt, lederartig, länglich-elliptisch, ganzran - 
dig, an der abgerundeten Basis etwas ungleich. Seeundärnerven sehr 
fein, genähert, bogenläufig, aus dem hervortretenden geradlinigen 
Primärnerv unter Winkeln von 50—60° entspringend, am Rande 
aufsteigend. Tertiärnerven von der Außenseite der secundären unter 
spitzen Winkeln abgehend, netzläufig, ihrer Zartheit wegen nur an 
wenigen Stellen des Gegendrucks deutlich wahrnehmbar. In der Tracht 
und Nervation den Blättehen mehrerer Dalbergien ähnlich, besonders 
denen von Pferocarpus santalinus L. (Ett. Nervation d. Papiliona- 
ceen Taf. 12, Fig. 7). 


Palaeolobium moskenbergense n. sp. 
Taf. VI, Fig. 20. 


Ein lang-gestieltes eiförmig-elliptisches ganzrandiges, an der 
abgerundeten Basis schiefes Theilblättchen, welches dem von Palaeo- 
lobium radobojense Ung. foss. Flora v. Sotzka Taf. 41, Fig. 11, 12 
am meisten ähnlich ist, sich jedoch durch folgende Merkmale von 
demselben unterscheidet. Der Abdruck des bedeutend kleineren 
Blättehens läßt auf eine derbere mehr lederartige Textur schließen. 
Der Stiel erreicht zwar die Länge jenes von P. radobojense, ist aber 
beträchtlich feiner und die Gliederung an seinem oberen Ende nicht 
so deutlich hervortretend. Die untersten Seeundärnerven sind voll- 
kommen grundständig, und fast so stark als die übrigen. Durch letz- 
teres Merkmal; und die fast abgestutzt-stumpfe Basis unterscheidet 
sich das beschriebene Blättchen auch leicht von den ihm in der Größe 
ziemlich gleichenden Blättchen des P. sotzkianum Un g. 


Sophora europaea Ung. 
Zwei kleine anscheinend lederartige kurz gestielte an der Basis 
ungleiche Blättehen, welche zu den in der Sylloge plant. foss. II, 


Taf. 9, Fig. 7—14 abgebildeten Papilionaceen-Blättehen nach allen 
Eigenschaften am besten passen. 


96 a v. Ettingshausen. 


Cereis radobojana Ung. 


Ein herzförmig-rundliches ganzrandiges Blatt, welches auch in 
der Nervation mit dem in Sylloge Il, Taf. 9, Fig. 17 abgebildeten 
Blatte übereinstimmt. 


Cassia Phaseolites Ung. 


Einige längliche zugespitzte an der Basis wenig verschmälerte 
Blättehen, welche den von Unger und Heer dieser Cassia-Art ein- 
gereihten Blättehen am meisten entsprechen. 


Cassia Berenices Ung. 


Ein kurz-gestieltes eiföürmiges zugespitztes etwas ungleichseitiges 
an der Basis abgerundetes Blättchen, das den als Cassia Berenices 
bezeichneten Blättehen von Sotzka am meisten gleicht. 

Unter den zahlreich vorkommenden Cassia-Blättchen der ge- 
nannten Localität fand ich nicht wenige Exemplare, die ich weder 
von den dieser Art, noch von den zu ©. hyperborea gestellten unter- 
scheiden konnte. Ich glaubte deßhalb annehmen zu sollen, daß die so 
bezeichneten Blättchen Einer Species angehören, für welche ich letz- 
tere Bezeichnung wählte. (S. Häring. S. 91.) Ich bin auch jetzt noch 
dieser Ansicht, nehme aber die €. Berenices hier als Artbezeichnung 
auf, weil am Moskenberge weder die Blättchen der echten C. hyper- 
borea, noch die erwähnten Übergangsformen, sondern nur eine der 
C. Berenices vollkommen entprechende Form gefunden worden ist, 
was vielleicht gegen meine Ansicht spricht. 


Cassia Fischeri Heer. 


Einige eilanzettliche zugespitzte, an der Basis etwas verschmä- 
lerte Blättchen, welche sich durch die unter spitzeren Winkeln abge- 
henden Secundärnerven von den vorhergehenden auszeichnen und 
deßhalb zu C. Fischeri gehören dürften. 


Cassia Leptodicetyon n. sp. 
Taf. VI, Fig. 14. 


Kurz gestielte lederartige lanzettförmige zugespitzte nach der 
Basis etwas verschmälerte ganzrandige Blättchen, welche denen der 
vorhergehenden Arten ähnlich sind, sich aber von denselben durch 
ein äußerst feines Blattnetz unterscheiden. Die bogenläufigen Secun- 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 9% 


därnerven entspringen jederseits 10 bis 12 unter Winkeln von 50 
bis 60°. 
Cassia Zephyri m. 


Die kleinen ziemlich derben lanzettförmigen, an der etwas un- 
gleichen Basis verschmälerten Blättchen dieser Art liegen in meh- 
reren Exemplaren vor. 


Cassia lignitum Ung. 


Ein kleines kurz-gestieltes längliches, an beiden Enden abgerun- 
det-stumpfes Blättehen von membranöser Textur, welches mit den 
aus dem Mergelschiefer von Sotzka zum Vorscheine gekommenen 
von Unger zu Dalbergia podocarpa gestellten Blättehen am meisten 
übereinstimmt. Ich’theile die Ansicht Heer's, welcher diese Blättehen 
mit denen der Cassia lignitum vereinigt. 


Leguminosites pachyphyllus n. sp. 
Taf. VI, Fig. 17. 

Blättehen lanzettförmig, zugespitzt, ganzrandig, an der Basis 
_ wenig verschmälert, von auffallend derber lederartiger Textur. Ner- 
vation schlingläufig, Primärnerv ansehnlich hervortretend; Secun- 
därnerven schlängelig, unter wenig spitzem, gegen die Spitze zu 
unter rechtem Winkel entspringend. Schlingenbogen hervortretend. 
Tertiärnerven rechtwinklig abgehend, netzläufig. Blattnetz außeror- 
dentlich fein, aus rundlichen nur bei stärkerer Vergrößerung wahr- 
nehmbaren Maschen zusammengesetzt. Ein ähnlich feines Netz findet 
man bei Hymenaea- und Bauhinia-Arten, (S. Ett. Nervation der 
Papilionaceen, Taf. 21, Fig. 1, 4: Tat. 22, Fig. 1 und 3). 


Sitzb. d, mathem.-naturw. Cl. LX, Bd. I. Abth. m 


98 


[e >) 


10. 
11. 
12. 
13. 
14. 


v. Ettingshausen. 


Übersieht der Tafeln. 


Tafel I. 


. Sphaeria Dryadum Ett. Auf einem Blatte von Betula Dryadum. 
. Aylomites lignitum Ett. Auf einem Blattstücke von Dryandroides lig- 


nitum. 


. Sphaerites rhytismoides. Ett. Auf einem unbestimmbaren Dikotvle- 


donen-Blatte. 


. Rhytisma Geinitzii Ett. Auf einem Blatte von Castanea atavia. 


& Milleri Ett. Auf einem Blatte von Fagus Feroniae. 


. Dothidea Stereuliae Ett. Auf einem Blattfragmente von Sterculia einna- 


momea. 


. Phacidium Feronıae Ett. Auf einem Blattstücke von Fagus Feroniae. 
. Xylomites grandis Ett. Auf einem unbestimmbaren Dikotyledonen-Reste. 


3 granulifer Ett. Auf einem unbestimmbaren Dikotyledonen- 
Blattreste. 
Aylomites Lonchitidis Ett. Auf einem Blatte von Quercus Lonchitis. 
Pteris moskenbergensis Ett. Bruchstück einer Wedelfieder. 
Fragment von Najadopsis graminifolia Ett. 
= » Najadopsis trinervia Ett. 
Blatt von Smilax moskenbergensis Ett. 


15—16. Blätter von Celtis stiriaca Ett. 
17—18. Samen, Fig. 19. Nadelbüschel von Pinus stenoptera Ett. 


20. 
21. 
22. 
23. 
24. 


27. 


Same von Pinus microptera Ett. 
u h „  pachyptera Ett. 
Frucht von Alnus Kefersteinü Ett. 
Same von Callitris Brongniartii Endl. sp. 
Deckblatt, Fig. 25—26. Früchte von Betula prisca Ett. Fig. 265. Eine 
solehe vergrößert dargestellt. 
Zapfen, Fig. 28 Zweigehen von Seguoia Hardtii Endl. sp. 


29— 30. Blätter von Myrica subaethiopiea Ett. 


E) 


1 
3 
4 
h) 
6 
7 


Tafel II. 


2. Blätter von Quereus Milleri Ett. 
Blatt von Daphne Palaeo-Laureola Ett. 
nn Sn Seelandü Ett. 
a, b. Bruchstücke von Blättern der Freus Fridaui Ett. 
Blatt von Ulmus Bronnil Ung. 
» » Salix palaeo-repens Ett. Fig. 7 5 die Nervation. 


Fig. 


Fig. 


” 


Beiträge zur Kenntniß der Tertiärflora Steiermarks. 99 


8—10. Fruchthüllen von Ostrya stenocarpa Ett. 

11—12. Früchte, Fig. 13. Blatt von Ostrya Atlantidis Ung. 

14. Blatt von Quercus Griphus Ung. 

15. Blatt von Quercus Apocynophyllum Ett. 

16. Blatt, Fig. 17—20. Männliche Blüthenkätzchen von (astanea atavia Ung. 
21. Blatt von Urtica miocenica Ett. 


Tafel III. 


1, 2. Artocarpidium serratifolium Ett. Blätter. 

3. Fruchtstand von Platanus gracilis E tt. 

4. Blatt von Ficus tenuimervis Ett. 

5—7. Blätter von Lifsaea miocenica Ett. 

8. Blatt von Ficus Jynz Ung. 

9. Männliche Blüthenkätzchen, Fig.10. Blatt von Populus Geinitz 


„ 11. Blatt von Laurus primigenia Ung.; Fig. 11 a. die Nervation desselben 


vergrößert dargestellt; Fig. 11 5. Nervation von Laurus ocoteaefolia 
Ett.; Fig 11 c. Nervation von Zaurus tetrantheroides ; 11 d. Nervation 
von Laurus Agathophyllum U ng. 


„12, 13. Oreodaphne stiriaca Ett., Blätter; Fig. 13 5. die Nervation dieser 


Art vergrößert gezeichnet. 


„ 14. Blatt von Daphnogene laurifolia Ett. 

„ 15. Frucht von Polygonites deperditus Ett. 

„ 16. Same von Hakea stenoptera Ett. 

„17. „  „  Emöothrium afine Ett. 

„18. „  ,„  Banksia longifolia Ett. 
ON » haeringiana Ett. 

„20. Blüte von Oinnamomum subrotundum Heer. 


&2] 


21. Theilblättehen von Rhus juglandina Ett. 


Tafel IV. 


1. Olea stiriaca Ett. Blatt. 
2. Blütenstand von Fraxinus Dioscurorum Ung. 
3. Blatt, Fie. 4. Same von Echitonium Geinitü Ett. 
5, 6. Blatt von Apocynophyllum hunteriaeforme Ett.; Fig. 5. Vergrößerung 
der Nervation. 
7. Blatt von Ardisia celastrina Ett.; Fig. 7 5. die Nervation vergrößert 
dargestellt. 
8. Blatt von Maesa stiriaca Ett.; Fig. 8 6. die Nervation vergrößert ge- 
zeichnet. 
9. Blatt von Myrsine salieina Ett.; Fig. 9 d. Vergrößerung der Nervation. 
10. Fruchtkelch; Fig. 11. Kelehblatt von Macreightia longipes Ett. 
12. Blatt von Vaceinium cordatum Ett. 
13.  „ Andromeda protogaea Ung. 
14. Blättehen von Cissus celtidifolia Ett. 
15. Blatt von Vitis teutonica A. Braun. 


100 v. Ettingshausen. Beiträge z. Kenntniß d. Tertiärflora Steiermarks. 


Fig. 16,17. Rhizomnarben; Fig. 18. Blattfragment von Anoeciomeria Brongniarti 
Sap. 
„19, 20. Blätter von Sterceulia cinnamomea Ett.; Fig. 19 d. die®Nervation 
vergrößert dargestellt. 


Tafel V. 


Fig. 1. Cissus fagifolia Ett. Blatt. 
»„ 2. Blatt von Tılia Milleri Ett. 
» 9% 5 „» Heteropteris protogaea Ett.; Fig. 3 d. die Nervation vergrößert 


dargestellt. 
» %. Frucht, Fig. 5. Blatt von Acer rhombifolium Ett. 
a N » TI ul vpaulhimaecarpumsBit: 


„ 8, 9. Blätter von Zizyphus parvifolius Ett. 

„ 10. Blättehen von Sapindus moskenbergensis Ett.; Fig. 5. die Nervation 
vergrößert dargestellt. 

„ 11—13. Blätter von Acer palaeocampestre Ett.Fig. 14 a die Frucht dieser 

» Art; Fig. 1&5 die Frucht von Acer campestre. 

„ 15. Blatt von Ahamnus alnıfolius Ett. 

» 16. „»  „»  Celastrus Hippolyti Ett. 

»„ 17. 5» „»  Maytenus submarginata Ett. 


LO ER Ne integrifolia Ett. 
Tafel VI. 
Fig. 1. Blatt von Zlaeodendron stiriacum Ett. 
ER " oligoneure Ett. 
„ 3. Blatt, Fig. 4. Kapsel von Evonymus moskenbergensis Ett. 
„ 5. Blatt von Hippoeratea erenulata Ettt. 


. Blättehen von Rhus tenuifolia Btt. 

55 »  »  appendiculata Ett. 

. Endblättehen von Juglans undulata E tt. 

. Fiederblättehen von Dalbergia pterocarpoides Ett.; Fig. d. die Ner- 
vation vergrößert gezeichnet. 


ee m AI m 


S 
re 
[> 


. Blatt von Spiraea acherontica Ett. 

Ba Re 5 re: 5 prunifolia Ett. 

„ 12, 13. Blätter von Prunus Palaeo-Cerasus Ett. 

„ 14. Blättehen von Cassia Leptodietyon Ett.; Fig. 6. die Nervation ver- 
größert dargestellt. 

„ 15. Blatt von Callistemophyllum productum Ett. 

10, = acuminatum Ett. , 

„ 17. Leguminosites pachyphylius. Theilblättehen. 

„ 18. Frucht; Fig. 19. Blatt von Pterocarya leobenensis Ett. 

„ 20. Blättehen von Palaeolobium moskenbergense Ett. 


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Uv.Etting shausen. Beitr.z. Tertiärflora Steiermarks. 
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rioluzzi 
Lithu Sedrid-kkHofu Staatsdruckerer 


Fee Dryadanı 2 Aylomites / RR, £ 8 Sphaeriles rlhytismoides. 4 Ahytisma san 2 fh. Milleri. 6 Dothidea Sterenliae.\ Phacıdum 

a a grande, 9 F. gramulifer. 10,X bonchitidis, 1 Pteris moskenbergensts. 12 Najadepsis graminifolia 13 Nirinervien 14. Smilax mosken- 

; 2.40 Fetts stiriaca. 15-19 Finus stenoptera: 20 P mieroptera. 21 P pachyptera. 22 Alnus Ägfersteinir. 23 Callitris Brongniarlii. 20-26 Betu- 
In prisca 21,28 Seguoia Hardt. 29,30 Myrica subaethiopiea. 


Sitzungsb. d.k. Akad.d W math.naturw.(. LX. Ba.l.Abth 1869. 


bw Bortoluzzi i t i . y 3 s 2 sedr iäkkHot-u Staatsdruckerei 


1 .z Auereus Mellert. 3Daphne Faluco-Laureola: 4 Daphne Seelandi. 5 Fieus Frida. 6 Ulmus Bronni. I Salır paleo-repens.8,10 Ostrya stenocurpa. 
- 4.130 Atlantidis I4 Auercus (Griphits. 15 0. Apoeynophyllum: 1-20 Castanea atavia. 21 Urtivn miocentea. 


Ss itzungsb. dk Akad.d Wmath.naturw. CL LX.Bd1.Abth. 1869. 


(.v. Ettingshausen. Beitr. z.Tertiärflora Steiermarks. 


Taf. I. 


P] ichi T li 
*ichinger Jith. Lithu gedr.id.kkHofu. Staatsdruckerei. 
E s tocarpidium serratifolium. 3 Platanus gracilis. 4 Pvens tenninerwis. 5.7. Litsaea mioceniea.8 Hicus Jynx. 9.10 Populus Geinitzir. 
Zaurus Prumigenia. 12 13 Oreodaphne stiriaca. 14 Daphnogene laurifolia: 15 Polygonites deperditus.1b Hakea stenocarpa: 11 Embothri - 
um afjıne. 18 Banksia longifolvar. 19 B.haeringiana. 20 Cinnamomam subrotundum. 21 Rhus Juglandina. 
Sitzungsb. d.k. Akad d.W-math.naturw. €. LX. Bd. 1.Abth 1869. 


(.v Ettingshausen. Beitr. z. Tertiärflora Steiermarks 
r 2. 


Taf. IV. 


Uithv.Borto 


luzzi 7 5 A 
zzi. Lith.u gedr id. kk.Hof-u Stäatsdruckerei 


1 Ole stiry 3 ne : ee > 2 y 
: ee slirtaca. 2 Fraxinıs Diosenrornm. 3,4 Behitoninm- macrospermun 5,6 Apocynophylium hmunteriaeforme. I Ardisia celastrina: 
R A E = 5 5 DE r 2,6 as f a. Isklr 
tesa stiriaca. I Hyrsine salteiser 1011 Mnereightia longipes. 12 Voceininm cordatum. 13 Andromeda protoguea. I Cissus cel hidifolia. 
4 5 % : 


15 Vitis tentoniea. 1b 18 Anoectomeria Brongniarti.. 19, 20 Stereuli@ cinnamomea: 


Sitzungsb.d.k. Akad. d.W. math. naturw- CI. LX. Bd. l.Abth. 1869. 


(‚v.Ettingshausen. Beitr. z. Tertiärflora Steiermark. 


Ihr Plaichmmnger. 


Lithu geäridkk Hofu. Staatsdruckerei 


Fssus fagifirti, 2 Iilva Miller. 3Heteropterts protegaea. 4,5 der rhombiföltum. 6. 7 A paulliniaecanpunı 89 Zizyphus parvijoka. 10 Sapindıus 
Mmoskenbergensis, U Id Acer palaco-campestre. 15 Khamnus almifelins. 26 Celastrus Hrppolzti. TI Maytenus submarginata. 18H, integrifolia, 
Sitzungsb.d k Akad.dW.math.naturw-(l LX. Bd l.Abth 1869. 


(.v Eitingshausen.Beitr. 2. lertiärflora Steiermarks. 
Tag. VI. 


Lehr. Pla; hındar 
ıchinger. Lithu gedrid kkHoru Staatsdruckerei. 
TE ar 
Er ee: sliriacum.2. Eoligoneure.3 4 Evonymus moskenbergensts 3 Hippocratea.crennlata.6 Rhus tenufolia. I R.appendieulata:S Juglans undulata 
@gln ptercampoides. 10. Spiraea acherontica. 11 Spirnea prunifolsa. 12, 13 Prunus Palaeo Üerasus. I4 Cassta Leptodietgon: 15 Galtistemophyllum ‚productum: 
16 Cacnminatıum. Ii.Leguminosites pachgphyllus. 18,19 Prerocaryaleobenensis.2.0 Falueolobium moskenhergense. Fe: ö 
Sitzungsb.dk Akad.dW. math naturw: Cl. LX.Bd.1,Abth.1869. 


N na Hl 


101 


XV. SITZUNG VOM 10. JUNI 1869. 


— 


Das k. k. Ministerium des Innern übersendet ein demselben 
von Sr. Excellenz dem Herrn Reichskanzler übermittelten Bericht 
des Herrn Luigi Barissich, k. k. Vice-Consuls auf Rhodus vom 
24. April 1. J. an den General-Consul in Smyrna, Freih. v. Baum, 
über das am 18. April 6 Uhr Früh auf Rhodus stattgefundene Erd- 
beben. 

‚Herr Dr. F. Steindachner übermittelt eine Abhandlung: 
„Über Polypterus Lapradei n. sp. und Polypterus senegalus Cuv. 
aus dem Senegal“, nebst einem Anhange: „Über die Blutgefäße der 
äußeren Kiemendeckelkieme von Polypterus Lapradei Steind.“ 

Herr Prof. Dr. Ed. Linnemann in Lemberg übersendet eine 
Abhandlung: „Untersuchung einiger Aminamide der Fettsäurereihe“. 

Herr Isaaes Loomis, Pastor in New-York, übermittelt eine 
Notiz über die Sonnenparallaxe. 

Herr Hofrath Dr. E. Brücke legt folgende Abhandlungen 
vor: 1. „Über quergestreifte Muskeln der in’s Herz einmünden- 
den Venen des Menschen“, von Herrn stud. med. J. Elischer; 
2. „Über den Bau einiger sogenannter Drüsen ohne Ausführungs- 
gänge“, von Herrn med. cand. E. Fleischl. 

Herr Prof. Dr. H. Hlasiwetz überreicht eine Abhandlung: 
„Über die Kresylpurpursäure“ von Herrn Dr. E. v. Sommaruga. 

Herr Dr. A. v. Hüttenbrenner legt eine Abhandlung: „Über 
eigenthümliche Zellen in der Iris des Huhnes“ vor. 

Herr Dr. L. Boltzmann übergibt eine Abhandlung: „Über die 
elektrodynamische Wechselwirkung der Theile eines elektrischen 
Stromes von veränderlicher Gestalt“. 


102 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 


Abbe, Cleveland, Dorpat and Poulkova, (From the Report of the 
Smithson. Inst. for 1867.) 8°. 

Annales des mines. VI’ Serie. Tome XV, 1" Livraison de 1869. 
Paris ; 8°. 

Bericht über den Handel. die Industrie und die Verkehrsverhält- 
nisse in Nieder-Österreich während des Jahres 1868. Wien; 8°. 

Comptes rendus des seances de l’Academie des Sciences. Tome 
LXVIN, Nr. 21. Paris, 1869; 4°. 

Cosmos. XVIlie Annee. 3° Serie. Tome IV, 23° Livraison. Paris, 
1869; 80. 
Fischer, H., Kritische mikroskopisch-mineralogische Studien. Frei- 
burg i. Br. 1869; 80. ; 
Freeden, W. v., Mittheilungen aus der norddeutschen Seewarte. 
i. Über die wissenschaftlichen Ergebnisse der ersten deutschen 
Nordfahrt von 1868. Hamburg, 1869; 40. 

Kokscharow, Nikolai, Materialien zur Mineralogie Rußlands. V. 
Band. (Schluß.) St. Petersburg, 1869; So. 

Osservatorio del R. Collegio Carlo Alberto in Moncalieri: Bullet- 
tino meteorologico. Vol. IV, Nr. 3—4. Torino, 1869; 4°. 
Rechenschaftsbericht, Vierter, des ersten allg. Beamtenvereines 

der österr.-ungar. Monarchie f. d. J. 1868. Wien, 1869; 40. 
Revue des cours seientifiques et litteraires de la France et de 
l’etranger. VI° Annee, Nr. 27. Paris & Bruxelles, 1869; 4°. 
Wiener Landwirthschaftliche Zeitung. XIX. Jahrgang, Nr. 23. 

Wien, 1869; 4°. 
— Medizin. Wochenschrift. XIX. Jahrgang. Nr. 45—46. Wien, 
1869; 40. 
Zeitschrift des österr. Ingenieur- und Architekten - Vereins. 
XXI Jahrgang, 5. Heft. Wien, 1869; 40. 


103 


Polypterus Lapradei n. sp. und Polypterus senegalus GuV. 
aus dem Senegal. 


Von dem e. M. Dr. Franz Steindachner. 


(Mit 2 Tafeln.) 


I. Polypterus Lapradei Steind. 


Char. Kopf stark deprimirt, vorne breit abgerundet; 14, seltener 
15 mit schlanken, ziemlich hohen Stacheln belegte Dorsal- 
strahlen; Schmelzsehuppen in 59 — 61, schief abwärts lau- 
fenden Querreihen; eine lange äußere, bandförmige mit Fransen 
besetzte Kieme am hinteren Ende des Kiemendeckels bei Indi- 
viduen bis zu 182/, Zoll Länge. 


beschreibung. 


in der Gestalt des Kopfes nähert sich die hier zu beschreibende 
Art, welche ich im November 1868 bei Podor und Dagana in 3 
Exemplaren von 7— 8?/,’ Länge und im Marigot bei Taoue nächst 
Richardtoll in einem 20’ langen Exemplare erhielt, am meisten dem 
Polypterus Endlicheri Heck.; bezüglich der Zahl der Dorsalstacheln 
und der Schuppen schließt sie sich aber unmittelbar an Polypterus 
bichir Geoffr. an, weicht aber von demselben wesentlich in der 
Kopfform ab (s. Taf. li, Fig. 2 und 3). 

Kopf und Vorderrumpf sind stark «deprimirt, ihre Breite über- 
trifft daher bedeutend die Höhe; die Kopflänge (ohne Membrana 
branchiostega) ist bei den früher erwähnten jungen Individuen e. 
43/,—4*/, mal, bei dem alten aber 51/,mal in der Totallänge, die 
Kopfhöhe c. 21/, mal, die Stirnbreite 51/,—5 mal bei jungen, nur 
4°/, mal bei alten Exemplaren, die Schauzenlänge 43/,—5mal, der 
Durchmesser des Auges, so weit es äußerlich frei liegt 9 (bei j. J.) 
— 12mal (bei alten) in der Kopflänge enthalten. Die größte Körper- 
höhe gleieht bei jungen Individuen beiläufig der Hälfte der Koptlänge, 


104 Steindachner. 


ebenso die Kopfbreite; bei alten Exemplaren aber verhält sieh erstere 
zur Kopflänge wie 1:1:/,, während die Kopfbreite nur wenig die 
Hälfte der Kopflänge übertrifft. 

Der Unterkiefer springt nach vorne nur sehr wenig über den 


Zwischenkiefer vor, die Oberseite des Kopfes ist völlig flach, die 


Seiten des Kopfes sind mäßig gewölbt. 

In der Bezahnung der Kieferstücke und der Gaumenfläche 
unterscheidet sich Polypterus Lapradei nicht von den übrigen 
Polypterus-Arten. Die Außenfläche der meisten Kopfknochen ist 
mehr oder minder dieht rauh gekörnt, bei jungen Individuen sind 
Vorderstirne und Schnauze fast ganz glatt und mit einer dieken Haut 
überzogen; bei alten ist an der Oberseite des Kopfes nur der vor- 
derste Theil der Schnauze glatt, diekhäutig. 

Längs und über dem oberen Rande des Kiemendeckels bis zu 
den beiden Klappen des Spritzloches liegen jederseits 3—5, am vor- 
deren und oberen Rande der Vordeckels 4—-6 zum Theile viereckige, 
zum Theile längliche Knochenplatten. 

Bei den drei, 7—8?/;” langen Individuen meiner Sammlung 
beginnt am hinteren abgerundeten Ende des Kiemendeckels eine 
lange äußere Kieme, welche nur an der Wurzel nach unten mit der 
Membrana branchiostega verwachsen ist und ihrer Gestalt nach 
einem langen, comprimirten fleischigen Bande gleicht, welches sich 
nach hinten stark zuspitzt und mit ziemlich langen Fransen be- 
setzt ist. 

Die Fransen liegen bei den 8—S?/,” langen Individuen dieht an 
einander gedrängt nur am oberen und unteren Rande des Bandes, bei 
dem dritten kleineren aber an der ganzen Innenfläche des Bandes mit 
Ausnahme eines kleinen mittleren Längsstreifens, der sich nach hinten 
linienförmig verschmälert und frei bleibt, und sind bei frischen Exem- 
plaren nur schwach eomprimirt. Die Fransen nehmen überdieß gegen 
die Basis des Bandes sehr rasch, gegen die hintere Spitze aber nur 
allmählig an Länge ab und reichen der geneigten Lage des hinteren 
Kiemendeckelrandes und der Kiemenwurzel entsprechend am unteren 
Rande des Kiemenbandes beträchtlich weiter nach vorne als am oberen, 
nähern sieh jedoch am untern Rande bedeutender der Kiemenwurzel 
als am oberen. Die Länge der äußeren Kieme ist bei den 3 Exem- 
plaren, welche mir zur Beschreibung vorliegen, etwas verschieden, 
übertrifft aber stets die Hälfte der Kopflänge. 


EEE Tu m u a a 


Polypterus Lapradei n. sp. u. Polypterus senegalus Cuv. aus dem Senegal. 1 05 


Bei dem vierten, 20 Zoll langen Individuum derselben Art ist 
die äußere Kieme spurlos verschwunden. 


Die Dorsale enthält 14—15 mit Stacheln belegte Strahlen, 
welche nach hinten, gegen die Caudale zu, an Höhe allmählig zuneh- 
men und ziemlich schlauk sind (viel schlanker und höher als bei 
Polypt. senegalus ©. u. P. Endlicheri Heck.). Ich bin der Ansicht, 
daß jeder dieser sogenannten Stacheln, an dessen Hinterseite und 
zwar unter dem äußersten oberen 2spitzigen Ende die fahnenartigen 
Flößchen, wie man sich bisher ausdrückte, befestigt sind, zuerst 
aus der Verschmelzung der unteren Säulchen eines einzigen Glieder- 
strahles, dessen seitliche Hälften (aus welehen, wie bekannt, jeder 
Glieder- und echter Stachelstrahl besteht) hinten auseinander wie- 
chen, entstanden ist. Diese Enstehungsweise sehe ich ganz deutlich 
bei dem 10. Strahle eines kleinen Exemplares von P. senegalus; es 
fehlen diesem Strahle, dessen Stachelbeleg ziemlich kurz ist, aber 
schon in 2 Spitzen nach oben endigt, die fahnenartigen Flößchen, 
da die Äste des Gliederstrahles wie bei den gewöhnlichen Fischen 
vertical nach oben gewendet sind. 


Später verschmelzen bei eingetretener succesiver diehotomischer 
Spaltung des Hauptstammes und der Nebenäste immer die Glieder 
des vordersten Astes mit dem unteren bereits stachelartigen Haupt- 
theile, während die hinteren Äste, welche sich selbst wieder öfters 
spalten, frei bleiben und wegen der Unbiegsamkeit des vorderen 
Astes sich nieht ringsum fächerförmig ausbreiten können, sondern 
nach hinten sich ausbreiten müssen. 


Diesen Vorgang konnte ich ganz deutlich an dem letzten Stachel 
eines großen Exemplares von P. senegalus Cuv. verfolgen, der in 
der Entwicklung stark hinter den vorangehenden Stacheln zurück- 
geblieben ist, in der ganzen oberen Hälfte noch deutlich die Quer- 
theilung in einzelne Glieder zeigt, und nur auf der linken Seite in 
eine seitlich vortretende Stachelspitze endigt. 

Ks findet sich daher bei Polypterus nicht eine große Zahl 
getrennter Rückenflossen, sondern nur eine einzige vor, welche mit 
der Caudale vereinigt ist. 


Die Caudale ist bei jungen Individuen zugespitzt, bei alten run- 
det sie sich nach hinten eiförmig ab und übertrifft an Länge bei 
ersteren ein wenig oder ziemlich bedeutend die Entfernung des hin- 


106 Steindachner. 


teren Kiemendeckel-Endes vom vorderen Augenrande, während sie 
bei letzteren dieser nachsteht. 


Der untere Seitencanal beginnt hinter der Knocheuplattenreihe, 
welehe am oberen Rande des Kiemendeckels liegt, und senkt sich 
nach kurzem Laufe 2mal um je eine Schuppenreihe, so daß er unter 
dem vorderen Theile der Dorsale auf der achten Längenschuppen- 
reihe des Rumpfes nach Außen mündet. Die obere Seitenlinie, welche 
die erste Schuppenreihe unter der Dorsale einnimmt und nach vorne 
bis zu den seitlichen oberen Hinterhaupisbeinen reicht, steht mit der 
unteren durch auf einzelnen Schuppen sich vorfindenden Querporen 
in Verbindung. 

15— 14 Schuppen liegen zwischen der Basis des ersten Dor- 
salstachels und dem mittleren Theile des hinteren und oberen Kopt- 
endes in einer Längenreihe, 23—24 zwischen ersterer und der 
Bauchlinie in einer schiei abwärts laufenden Querreihe. Zwischen 
dem Schultergürtel und der Caudale zähle ich 60— 62 Querreihen 
von Schuppen. 

Eine dunkle Längsbinde theilt die Rumpiseiten in 2 fast ganz 
gleiche Hälften und nimmt die Breite 3 Schuppenreihen ein, ist jedoch 
bei alten Exemplaren nur sehr schwach angedeutet. Verschwommene 
Querbinden laufen von der Rückenlinie zu der so eben erwähnten 
Längsbinde herab und bilden bei jungen Individuen (s. Taf. I, Fig. 1) 
im letzten Drittel der Rumpflänge scharf ausgeprägte Marmorirungen. 
Der Kopf, die äußeren Kiemen, der Peetoralstiel und die Dorsale sind 
schwärzlich unregelmäßig gesprenkelt oder gestrichelt; auf der Cau- 
dale, Peetoraie, Ventrale aber bilden die dunkeln Flecken und Stri- 
chelchen ziemlich regelmäßige Reihen. 


D. Caud. 14—15/22—21; V. 11—15; A. 13 —16. 


II. Polypterus senegalus Cuv. 


Bei dieser Art finde ich eine äußere Kieme nur hei ganz jungen 
Individuen von 3%/, — 4’ Länge; bei 2 etwas größeren von 41/,—5’ 
Länge ist sie bis auf ein ganz kleines Tuberkelchen verschwunden. 

Es dürfte wohl keinem Zweifei unterliegen, dafs sich auch bei 
Jungen Individuen der übrigen Polypterus-Arten eine äußere Kieme 
vorfinde. 


Polypterus Lapradei n. sp. u. Polptyerus senegalus Cuv. aus dem Senegal. 107 


Daß diese Kieme respirirend sei, hat sich unzweifelhaft aus der 
genauen anatomischen Untersuchung des Herrn Hofrathes Prof. Hyrtl 
ergeben, auf dessen Abhandlung „Über die Blutgefäße der äußeren 
Kiemendeckelkieme von Polypterus Lapradei Steind.“ ich hiermit 
verweise. 

Bei Polypterus senegalus Cuv. zeigt der Kopf eine eiförmige 
Gestalt, ist an der Oberseite stärker gewölbt als Polypterus bichir 
und bei jungen Individuen nach vorne bedeutender zugespitzt als bei 
alten. Bezüglich der Zahl (und Stärke) der Dorsalstacheln und der 
Querschuppenreihen des Rumpfes nähert sich P. senegalus am 
meisten den ?. Endlicheri aus dem weißen Nile, denn die Dorsale 
besitzt 9—10 mit kurzen, breiten Stacheln belegte Strahlen, und 
die Zahl der Querschuppenreihen zwischen dem Scehultergürtel und 
dem hinteren Rumpfende beträgt nur 56—97. Zwischen der Basis 
des ersten Dorsalstachels und der Mittellinie des Bauches liegen 
17 Sehuppen in einer schiefen Reihe, 16—19 Schuppen zwischen 
dem Hinterhauptsende und der Basis des ersten Dorsalstachels in 
‚ einer Längenreihe. Die Seitenlinie zieht, nachdem sie sich bald 
hinter ihrem Beginne in ähnlicher Weise wie bei P Lapradei um 
2 horizontale Schuppenreihen senkte, über die 6. Schuppenreihe 
unter dem vorderen Theile der Dorsale hin, hierauf bis in die Nähe 
des Schwanzes über die 5. (bei Polypt. Endlicheri über die 7. senk- 
recht unter dem vordersten Theile der Dorsale, dann über die 8., 
hierauf wieder über die T.). 

D. C. 3— 109/17; A. 13— 1A. 

Bei Polypterus bichir Geoffr. zähle ich 16—17, selten 15 
mit ziemlich langen Stacheln belegte Dorsalstrahlen; 64 Querreihen 
von Schmelzschuppen am Rumpfe; 12—13 Schuppen zwischen der 
Basis des ersten Dorsalstachels und dem Hinterhauptsende in einer 
horizontalen Reihe; 8 zwisehen der Basis des ersten Dorsalstachels 
und der unteren Seitenlinie und endlich 23—24 zwischen ersterer 
und der Bauchlinie. 

Die Kopflänge ist bei erwachsenen Individuen von 47— 23” 
Länge 32/,—6mal, die Körperhöhe e. 101/,—9/;mal in der Total- 


länge enthalten. 
D. ©. 15—17/21— 2%. 


Bei Polypterus Endlicheri Heck. enthält die Dorsale 12—13 
mit Stacheln belegte Strahlen; 55—56 Querreihen von Schmelz- 


108 Steindachner. Polypt. Lapradei n. sp. u. Polypt. senegalus Cuv. etc. 


schuppen liegen am Rumpfe, 23 Schuppen zwischen der Medianlinie 
des Bauches und der Basis des ersten Dorsalstachels in einer 
schiefen Reihe, endlich 13 Schuppen zwischen dem hinteren oberen 
Kopfende und der Basis des ersten Dorsalstachels in einer horizonta- 
len Reihe. 


D. €. 1213/25: A. 13. 


Tafel-Erklärung 


Tafel ll. 


Fig. 1 u. 2. Polypterus Lapradei Steind., juv. (mit äußerer Kieme) 
Fig. 3— 4. Polypt. senegalus C uv., juv. (mit äußerer Kieme). 
Fig. 5. Polypt. senegalus C uv., adult. (ohne äußere Kieme). 


Tafel II. 


Fig. 1. Polypterus Lapradei Steind., adult. Seitenansicht des Kopfes 
(ohne äußere Kieme). 

Fig. 2. Obere Ansicht des Kopfes derselben Art. 

Fig. 3. Obere Ansicht des Kopfes von Polypterus bichir Geoffr. 


Sleın 


LO. el 


Dr > 


Steindachner. Polypt. Lapradei u.P. senegalus. 


Taf. TI. 


Konopiöky n.d.Nat.s Aus d.k.k Hof Staatsdruckeren. 


Sitzungsbericht der k.Akad.d.W.math.naturw. CL.LIX. Bd.l. Abth.1869. 


Steindachner, Polypt. Lapradei u.P. senegalus 


Ed.Konopicky n.d.Nät:gez.u.lith. Aus d.k.k.Hofu.Staatsdruckereı. 
Sitzungsb d. k.Akad.d.W.math.naturw.C1.LIX.Bd.1.Abth.1869. 


109 


Über die Blutgefäße der äußeren Kiemendeckelkieme von 
Polypterus Lapradei, Steind. 


Von dem w. M. Prof. Josef Hyril. 


(Mit 1 Tafel.) 


Mein geehrter Freund, Herr Dr. Steindachner, entdeckte am 
Senegal eine neue Art Polypterus (P. Lapradei), welche eine äußere 
Kieme besitzt. Dieselbe wurzelt auf der äußeren Fläche des Kiemen- 
deckels, an der Grenze zwischen Operculum und Membrana bran- 
chiostega. Ihre Gestalt ist langgestreckt dreieckig. An der Basis 
3 breit, verlängert sie sich zu einem 11/, Zoll langen, platten, spitzig 
zulaufenden, der Brustilosse eines Protopterus ähnlichen, weichen 
aber dicken, horizontal nach hinten gerichteten Bande, welches an 
seinem oberen und unteren Rande eine einfache Reihe Fransen trägt. 
Die Franseun des unteren Randes beginnen schon au der Basis der 
Kieme, und übertreffen an Länge die Fransen des oberen Randes, 
welche erst in einiger Entfernung von der Basis beginnen. Die Fransen 
sind sehr zahlreich, dieht aneinander gestellt, etwas kürzer als die 
größte Breite des Kiemenbandes, und schwarz pigmentirt. Der diese 
Fransen tragende Körper oder Stiel der Kieme ist weich, ohne knor- 
peligen Axenstrahl oder sonstigen härteren Einschluß, und durch ein, 
in der Mitte seiner Masse verlaufendes Längsmuskelbündel, welches 
vom hinteren Rande des Kiemendeckels entspringt, beweglich. 

Obwohl der Appendix des Kiemendeckeis auf den ersten Blick 
als Kieme imponirt, mußte doch seine respirirende Verwendung dureh 
die anatomische Untersuchung seiner Blutgefäße sichergestelltwerden, 
welche ich denn an zwei 71/, bis S1/, Zoll langen Exemplaren so eben 
vorgenommen habe. 

An Injection der Gefäße war nicht zu denken, da, wie es bei 
allen, lebend in Spiritus gesetzten Fischen der Fall ist, Herz und 
Kiemengefäße mit festem Bluteoagulum gefüllt waren. Diese Füllung 


110 Hyrel. 


der Kiemengefäße mit Blut erleichterte aber wesentlich die anato- 
mische Präparation der Gefäßverhältnisse, welche sich in so einfa- 
cher und klarer Weise darlegen ließen, daß die Bedeutung der 
äußeren Kieme, als wahres Athmungsorgan, vollkommen sichergestellt 
werden konnte. 

Das fragliche Anhängsel des Kiemendeckels erhält, vom Herzen 
zugeführt, venöses Blut, und gibt arterielles Blut in die Wurzel der 
Aorta zurück. 

Die Art, wie dieses geschieht, ist sehr eigenthümlich, und erin- 
nert entfernt an den Gefäßverkehr der inneren Kiemendeckelkieme 
der Störe. 

Ich habe schon vor langen Jahren gezeigt '), daß die Reihen- 
folge, in welcher die wahren Kiemen der Ganoiden ihr venöses Blut 
zugeführt erhalten, jener der übrigen Fischordnungen gerade ent- 
gegengesetzt ist. Bei Knorpel- und Knochenganoiden erhält die erste 
wahre Kieme zuerst, die vierte zuletzt ihr Blut vom Herzen; — bei 
allen übrigen Knorpel- und Knochenfischen die vierte Kieme zuerst 
und die erste zuletzt. 

Kommt eine Kiemendeckelkieme vor, wie bei Acipenser und 
Lepidosteus, so hat diese, bezüglich ihrer Blutzufuhr, selbst den 
Vorzug vor der ersten wahren Kieme. So ist es auch bei dem neuen 
Polypterus. 

Der gemeinschaftliche Stamm der Kiemenarterien lauft, vom 
museulösen Bulbus aus, bis zur Verbindungsstelle der beiden Basal- 
stücke des Zungenbeins, und gibt hier zuerst die beiden Schlagadern 
der äußeren Kiemendeckelkieme ab. Hierauf folgen die Arterien des 
ersten wahren Kiemenbogens. Daun biegt sich der gemeinschaftliche 
Stamm der Kiemensehlagadern unter der Copula des zweiten Kiemen- 
bogens nach hinten um, und spaltet sich in zwei Zweige, deren jeder 
zuerst die zweite, dann die dritte wahre Kieme versorgt, und zuletzt 
als Arterie der vierten, nur einblätterigen Kieme endet, hinter weleher 
an dem neuen Polypterus ebensowenig, wie an P. Bichir und P. 
Endlicheri, eine Kiemenspalte existirt. 

Die erstgeborne Kiemenarterie der äußeren Kieme hat aber 
einen sehr langen Weg zurückzulegen, bevor sie das Organ ihrer 


1) Über die Pori abdominales, die Kiemen-Arterien, und die Gl. thyreoidea der Ga- 
noiden. Sitzungsberichte der kais. Akad. VII. Bd. 1852, pag. 179. 


“ 
Über die Blutgefäße der äußeren Kiemendeckelkieme ete. 1 1 1 


Bestimmung erreicht. Sie folgt anfangs dem Ceratohyal und Epihyal, 
setzt von letzterem auf das Zypotympanicum über, gelangt von diesem 
auf die innere Fläche des Operculum, durchmißt sie in ihrer ganzen 
Länge von vorn nach hinten, und tritt an der Grenze zwischen Oper- 
culum und Membrana branchiostega, in die Basis der äußeren Kieme 
ein. Dort erzeugt sie kleinere Zweige für die obere und untere 
Blattreihe dieser Kieme. An ihrem oberen Rande lagert, dicht ange- 
schmiegt, die stark pigmentirte Vene der äußeren Kieme, welche 
denselben Weg zurücknimmt, wie ihn die Arterie vorwärts genommen 
hat, und entleert sich vor dem oberen Segment des Kiefersuspen- 
sorium (Epitympanicum) in die gemeinschaftliche Vene der vier 
wahren Kiemenbogen. 

Die Venen der wahren Kiemenbogen verbinden sich aber nicht, 
wie es bei den Knorpel- und Knochenfischen Regel ist, auf dem 
Schädel-Basilarknochen zur frei liegenden Aortenwurzel, sondern sie 
treten durch ein Loch im vorderen Keilbeinskörper in das iunere 
dieses Knochens, und verschmelzen daselbst zum Aortenanfang, 
welcher denn auch durch den Körper des vorderen und hinteren 
Keilbeins. und dureh das Oceipitale basilare so umschlossen wird, 
daß er erst am hinteren Rande des letzteren, dureh ein eigenes, sehr 
auffallendes Loch zu Tage tritt, und, von nun an frei, als Aorta seinen 
weiteren Verlauf nimmt. 

Dasselbe Einschließen der Aortenwurzel und ihres ersten Ver- 
laufstückes in drei Knochen der Sehädelbasis, kehrt auch bei den 
bereits bekannten Polypteri wieder, deren Skelete ich auf diese 
Sache hin untersuchte. 

: Bei Lepidosteus und Amia liegt die Aortenwurzel frei an der 
Basis des knöchernen Schädels. Bei Acipenser dagegen tritt die ver- 
einigte Vene der inneren Kiemendeckelkieme, welche eine uniseriale 
Halbkieme ist, in den Basaltheil der knorpeligen Hirnkapsel ein, ver- 
lauft in demselben eine Strecke weit nach hinten, tritt dann aus 
demselben wieder hervor, und verbindet sich mit der frei und ober- 
flächlieh gebliebenen Vene des zweiten Kiemenbogens, um mit der 
gleichfalls freien und oberflächlichen gemeinschaftlichen Vene des 
dritten und vierten Kiemenbogens die Aortenwurzel zu bilden. 

Von den beifolgenden vier Figuren stellt Fig. 1 den venösen 
Kiemenkreislauf des neuen Polypterus dar. Vorkammer (mit den 
beiden Ductus Cuvieri), Kammer, und museulöser Bulbus, sind kennt- 


112 Hyretl. 


lich. Der gemeinschaftliche Stamm der Kiemenarterien sendet ganz 
vorn die beiden, längs des Zungenbeins bogenförmig nach hinten 
laufenden Arterien der äußeren Kiemendeckelkieme ab, welehe an 
der Verbindungsstelle des Zpi- und Aypotympanicum (a, b) auf das 
Operculum (ec) übertreten, und am hinteren Rande desselben in 
die äußere Kiemendeckelkieme eingehen. 

Fig. 2 gibt die Ansicht des Schädelgrundes und das Freiwerden 
der Aorta an einem Loche des Oceipitale basilare (a), welcher 
Knochen mit dem hinteren Keilbein noch nicht synostotisch verschmol- 
zen, sondern mit einem spitzigen Fortsatz in dasselbe eingekeilt 
erscheint. b und 5 sind die beiden gemeinschaftlichen Kiemenvenen, 
welche die lange Vene der äußeren Kieme aufnehmen, und in den 
Körper des verwachsenen vorderen Keilbeins eintreten. Vomer (ec), 
Palatina (d) und Pterygoidea (e) sind deutlich. ff sind die beiden 
submaxillaren Hautknoehen, so nach außen umgelegt, daß der von 
ihnen bedeckte Unterkiefer nicht gesehen wird. Fig. 1 und 2 sind 
etwa um ein Drittel vergrößert. Die Umbeugungsstelle des gemein-. 
schaftlichen Kiemenarterienstammes wird von dem arteriellen Stamme 
für die Kiemendeckelkieme und für die erste wahre Kieme, so 
verdeckt, daß er nicht gesehen werden kann; — aber seine Bifur- 
eation ist gut dargestellt. 

Fig. 3 stellt Kiemenvenen und Aortenwurzel von Acipenser 
ruthenus dar. «a, a, Vene der inneren Kiemendeckelkieme, welche die 
Curotis (b, b,) absendet, und sich mit der Vene des ersten Kiemen- 
bogens (c) verbindet. um. mit ihr vereinigt, in den Schädelbasal- 
knorpei einzugehen, wo ihr weiterer Verlauf nach hinten durch 
schwächere Färbung angezeigt ist. Die zweite und die vereinigte 
dritte und vierte Kiemenvene bilden den frei zu Tage liegenden 
Aortenanfang. Die vierte Kiemenvene gibt bei d eine Wirbel- und 
Nierenschlagader ab. 

Fig. 4 gibt ein Bild der Verzweigung des gemeinsehaftlichen 
Kiemenarterienstammes bei Acipenser ruthenus. Das Umbeugen 
desselben nach hinten erfolgt erst nach Abgabe der ersten Kiemen- 
arterie, welche die Arierie für die innere Kiemendeckelkieme (a, «) 
erzeugt. Alles Übrige bedarf keiner besonderen Erwähnung. 

Eine Pseudobranchie besitzt Polypierus Lapradei nicht. Seine 
äußere Kieme läßt sieh somit nieht mit der inneren Kiemendeckel- 
kieme des Lepidosteus vergleichen, welche mit einer Pseudobranchie 


Hyrü. Über die Blulgefässe der äusseren Kiemenider 


kelkieme; ete. 


3227. Dr. A Elfinger uDr d.Heitzinann A.d.K.k Hor-u ptaatsdruckerel 


Sitzungsb:der kais. AkadıdW. math:naturw.CL.LX.Bd.l. Abih.1869. 


Über die Blutgefäße der äußeren Kiemendeckelkieme ete. 113 


in Gefäßverkehr steht, wohl aber mit jener des Acipenser, bei wel- 
chen gleichfalls die Pseudobranchie fehlt. Man braucht sieh die 
äußere Kiemendeckelkieme des neuen Polypterus nur einmal gefranst, 
und bogenförmigan die innere Fläche des Kiemendeckelsangewachsen 
denken, so ist die Verwandtschaft der äußeren Kieme mit der inneren 
Kiemendeckelkieme nicht zu verkennen, woraus sich dann auch 
ergibt, daß die zu- und abführenden Blutgefäße beider vollkom- 
men übereinstimmen. Dieser Übereinstimmung wegen, habe ich den 
Abbildungen der Kiemengefäße von Polypterus jene des Acipenser 
beigefügt. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 8 


114 


Über eigenthümliche Zellen in der Iris des Huhnes. 
Von Dr. And. v. Hüttenbrenner. 


(Mit 1 Tafel.) 


Bei meinen Untersuchungen über den Verlauf der quergestreif- 
ten Muskelfasern in der Iris unseres gewöhnlichen Huhnes bin ich 
eonstant auf zellige Gebilde gestoßen, die ich in der Literatur nir- 
gend erwähnt finde, über deren Natur ich mich bis jetzt jedoch nicht 
mit voller Bestimmtheit aussprechen kann. 

Ich würde sie mit Bestimmtheit für Ganglienkugeln erklären, 
wenn es mir gelungen wäre, einen Zusammenhang derselben oder 
ihrer Fortsätze mit doppelt contourirten Nervenfasern nachzuweisen; 
alle anderen Attribute von Ganglienkugeln besitzen sie jedoch. 

Ich habe die Iris in Müller’'scher Flüssigkeit gehärtet, in toto 
mit carminsaurem Ammoniak infiltrirt, in absolutem Alkohol entwäs- 
sert und schließSlich in verharztem Terpentinöl aufgehellt. 

Von einer so behandelten Iris gewann ich flache und radiale 
Schnitte nebst außerordentlich leicht anzufertigenden Zerzupfungs- 
präparaten, die sich im Damarfirniß® sehr leicht conserviren ließen. 

Außerdem untersuchte ich die Iris eines eben getödteten Huh- 
nes in einer 1/,percentigen Kochsalzlösung, indem ich die fraglichen 
Zellen zu isoliren suchte, was auch gelang. 

Man trifft nun zumeist in jener Gegend der Iris, wo der Sphine- 
ter am stärksten entwickelt ist, wo also die Iris in der Riehtung 
von vorne nach hinten am dicksten ist, seltener gegen den Ciliarrand 
zu und fast ausnahmsweise zwischen den Fasern des Dilatator auf 
diese Gebilde. Bei Zerfasern liegen sie nun vollständig isolirt zwi- 
schen den quergestreiften Muskelfasern. 

Sie besitzen eine mit mehreren rundlichen bläschenförmigen 
Kernen besetzte Hülle, in welcher die Zelle liegt. 

Das Protoplasma dieser Zelle ist stark granulirt, der Kern groß 
und mit einem deutlichen Kernkörperchen versehen. 


Über eigenthümliche Zellen in der Iris des Huhnes. 115 


In Bezug auf die Fortsätze muß ich erwähnen, daß ich nur Zel- 
len ohne Fortsätze und Zellen mit einem Fortsatze antraf, also nur 
apolare und unipolare. Ob Zellen mit zwei oder mehreren Fortsätzen 
vorkommen, muß ich dahin gestellt sein lassen, da es ja bekannt ist, 
daß es nicht immer gelingt, alle Fortsätze einer Ganglienzelle selbst 
beim vorsichtigsten Präpariren zur Anschauung zu bringen. 

Dieser Fortsatz geht von dem Protoplasma der Zelle aus, und im 
weiteren Verlaufe sieht man in demselben wohl auch eine dem Ner- 
venmark ähnliche Gerinnung, | Su 

Diese Zellen gleichen in allen ihren Attributen den Ganglien- 
kugeln, namentlich aber jenen, die im Ganglion Gasseri des Men- 
schen anzutreffen sind. 

Wenn es mir gelungen wäre, einen direeten Zusammenhang mit 
Nerven, mit denen die Iris des Huhnes im reichlichen Maße versehen 
ist, nachzuweisen, so wäre über ihre Natur wohl kein Zweifel. 

Die in Fig. 1 und 2 abgebildeten Zellen tragen die beschriebe- 
nen Eigenschaften in vorzüglichem Maße an sich. 

Es kommen jedoch in der Iris des Huhnes noch andere Zellen 
vor, die ich hier wohl auch erwähnen muß, weil sie in derselben eon- 
stant vorkommen und weil sie bei jeder Präparationsmethode zur 
Anschauung gebracht werden können. 

Es sind dieß Zellen von etwa derselben Größe wie die erst be- 
schriebenen oder wohl etwas darüber, die sich aber in einigen Attri- 
buten von jenen unterscheiden. Sie liegen reihenweise zwischen den 
quergestreiften Muskelfasern des Sphineters oder wohl auch in Grup- 
pen nebeneinander. 

Sie haben keine mit Kernen besetzte Hülle, ihr Protoplasma ist 
weniger granulirt, und es mangelt ihnen der bei den früher beschrie- 
benen Zellen erwähnte große Kern mit einem Kernkörperchen. 

Sie besitzen jedoch 2—6 bläschenförmige rundliche oder etwas 
ovale Kerne, die in verschiedenen Abständen von einander zerstreut 
oder auch in Gruppen in der Zelle liegen. 

Bei Zerfasern bleiben sie immer an einer quergestreiften Mus- 
kelfaser hängen, während die ersterwähnten Zellen sich sammt ihrer 
Hülle leicht isoliren lassen. 

Wenn man eine möglichst frische Iris in einer !/,percentigen 
Kochsalzlösung untersucht und dieselbe mittelst feiner Nadeln zerfa- 
sert, so überzeugt man sich ebenfalls von dem Vorhandensein dieser 

g* 


1 16 v. Hüttenbrenner. Über eigenthüml. Zellen in der Iris des Hulines. 


Zellen, doch sind sie hier erfüllt von zahlreichen kleinen glänzenden 
gelblichen Fettkugeln, zwischen denen die Kerne nur undeutlich als 
lichtgraue Punkte durchschimmern. 

Es wäre dieß somit der dritte Ort, vorausgesetzt, daß es später- 
hin gelingen würde einen direeten Zusammenhang dieser Gebilde 
mit doppelt contourirten Nervenfasern. nachzuweisen, wo zwischen 
quergestreifter Musculatur Ganglienzellen vorkommen; ich meine 
nämlich die Ganglienzellen in der Herzmusculatur und die mikrosko- 
pischen Ganglien, die Kölliker und Remak in der Ausbreitung des 
Glossopharyngeus in der Zunge und beim Schafe und Kalb auch in 
den Verästlungen des n. Zingualis an der Zungenspitze nachgewie- 
sen haben. 


Erklärung der Abbildungen. 


Fig. 1. Isolirte Zellen, die eine mit einem abgerissenen Fortsatz. 


Fig. 2. Ahnliche Zellen in situ, bei der einen ist der große Zellenkern nieht 
sichtbar, während die andere nach außen zu eine Streifung in radiärer 
Riehtung ausweist. 


Fig. 3. Die im Text als zweite Art beschriebenen Zellen, in ihrer Verbindung 
mit quergestreiften Muskelfasern. 


Hüttenbrenner. Über eigenthiimliche Zellen in er est 


Gsz.u.hth.v.Dr. ©.Heitzmann. A.d.kk.Hotn Staats ruckerei. 


Sitzungsb. d.k.Akad.d.W.math.naturw. CL.LX.Ba.T.Abth.1869. 


117 


XVI. SITZUNG VOM 17. JUNI 1869. 


Der Seeretär liest eine Zuschrift Sr. Excellenz des Herrn Cura- 
tor-Stellvertreters, Dr. Ritter v. Schmerling, vom 10. Juni l. J., 
worin dieser für die, in Folge Beschlusses der kais. Akademie, ihm 
ausgedrückten Glüekwünsche zum 40jährigen Dienstjubiläum seinen 
Dank ausspricht. 

Die Herren Professor Dr. A. Toepler in Graz und Wilhelm 
Holtz,d. Z. zu Neu-Elmenhorst in Preußen, danken, mit Schreiben 
vom 12. und beziehungsweise vom 17. Juni, für den ihnen zu 
gleichen Theilen zuerkannten Freih. v. Baumgartner'schen Preis. 

Herr Prof. Dr. Fr. Rochleder in Prag übersendet eine Abhand- 
lung: „Zur Geschichte des Tyrosins“ von Herrn Dr. W. Gintl. 

Herr Prof. Dr. K. Peters übermittelt eine Abhandlung des 
Assistenten im st. ]. Joanneum in Graz, Herrn J. Rumpf: „Über den 
Hartit aus der Kohle von Oberdorf und den angrenzenden Gebieten 
von Voitsberg und Köflach in Steiermark“. 

Herr Regierungsrath D. E. Fenzl legt eine Abhandlung: „Über 
Pelorien bei Labiaten“ von Herrn Dr. J. Peyritsch vor. 

Herr Prof. Dr. Aug. Em. Reuss überreicht eine Abhandlung: 
„Über tertiäre Bryozoen von Kischenew in Bessarabien“. 

Herr Prof. Dr. A..Winckler legt eine Abhandlung: „Über 
einige vielfache Integrale“ vor. 

Herr Prof. Dr. J. Redtenbacher übergibt die in seinem 
Laboratorium von Herrn Dr. J. Barber ausgeführte „Chemische 
Analyse der Mineralquellen von Dorna Watra und Pojana negri in 
der Bukowina“. 

Herr Dr. F. Steindachner legt die VIII. Folge seiner „Ich- 
thyologischen Notizen“ vor. 


118 


Herr Stud. med. H. Obersteiner überreicht eine Abhandlung, 
betitelt: „Beiträge zur Kenntniß vom feineren Bau der Kleinhirn- 
rinde, mit besonderer Berücksichtigung der Entwicklung“. 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 


Akademie der Wissenschaften und Künste, südslavische, zu Agram: 
Arbeiten. VII. Band. Agram, 1869; 8%. — Flora croatica, 
auctoribus Dr. Josepho Calasantio Schlosser Equite de 
Klekovski et Ludovico Nob. de Farkas- Vukotinovie. 
(Sumptibus et auspieüs Academiae scientiarum et artium 
slavorum meridionalium). Zagrabiae, 1869; gr. 8°. 

Annalen der Chemie und Pharmaeie von Wöhler, Liebig & 
Kopp. N. R. Band LXXIV, Heft 2. Leipzig & Heidelberg, 
1869; 80. 

Astronomische Nachrichten. Nr. 1759. Altona, 1869; 40, 

Beobachtungen, Schweizerische meteorologische. Juni, Juli, 
August, 1868. Zürich; 40. 

Comptes rendus des seances de l’Acad&mie des Seiences. Tome 

LXVII, Nr. 22. Paris, 1869; 40. 

Cosmos. XVII Annee. 3°. Serie, Tome IV, 24°. Livraison. Paris, 
1869; 80. 

Dechen, H. v., Geognostische Übersichts-Karte von Deutschland, 
Frankreich, England und den angrenzenden Ländern. Nebst 
Erläuterungen. (Zweite Ausgabe) Berlin, 1869; gr. Folio. 

Gewerbe - Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. 
XXX. Jahrg. Nr. 22. Wien, 1869; 8°. 

Gonggrijp,J. R. P. F., Eene Bijdrage tot het derde deel, 4° stuk 
derBijdragen van hetKoninkl. Institunt avoor de Taal-, Land- en 
Volkenkunde van Nederlandsch Indie. 8°. 

Jelinek, Carl, Anleitung zur Anstellung , meteorologischer Beob- 
achtungen und Sammlung von Hilfstafeln mit besonderer Rück- 
sicht auf die meteorologischen Stationen in Österreich und 
Ungarn. Wien,1869; kl. 40, 

Landbote, Der steirische. 2. Jahrgang, Nr. 12. Graz, 1869; 4°. 

Reichsanstalt, k.k. geologische: Verhandlungen. Jahrg. 1869, 
Nr. 8. Wien; kl. 40. 

Revue des cours seientifiques et litteraires de la France et de 
l’etranger. VI’ Annde, Nr. 28. Paris & Bruxelles, 1869; 40. 


119 


Societe botanique de France: Bulletin. Tome XV°. (1868), Comp- 
tes rendus des seances Nr. 2. Paris; 8°. 

Soeiety, The Asiatie, of Bengal: Journal. Part II, Nrs. 1. 1869. 
Caleutta; 80. — Proceedings. Nrs. XII. December 1868; Nr. 1. 
January 1869. Caleutta; 80. 

Sondhauss, Carl, Über das Tönen erhitzter Röhren und die Schwin- 
gungen der Luft in Pfeifen von verschiedener Gestalt. (Pro- 
gramm der Realschule erster Ordnung zu Neisse 1869). 4°. 

Wiener Landwirthschaftliche Zeitung. XIX. Jahrgang, Nr. 24. 
Wien, 1869; 4°. 

— Mediein. Wochenschrift. XIX. Jahrgang, Nr. 47—48. Wien, 
1869; Ao, 

Zeitschrift für Chemie von Beilstein, Fittig & Hübner. 
XII. Jahrgang. N. F. V. Band, 10. Heft. Leipzig, 1869; 8°. 


120 


Ichthyologische Notizen (VII). 


Von dem e. M. Dr. Franz Steindachner. 


(Mit 7 Tafeln.) 


1. Pristipoma Boucardi n. sp. 
Tafel 1. 


Diese Art steht dem Prist. macracanthum Gthr. sehr nahe, 
doch ist der zweite Analstachel bedeutend länger (so lang wie bei 
Prist. humile Kn. Steind.), die Körpergestalt gestreckter und die 
Zahl der Schuppen längs der Seitenlinie beträchtlicher (eireca 52 bis 
zur Basis der mittleren Caudalstrahlen). 

Die obere Profillinie des Kopfes fällt vom stark gewölbten Na- 
cken fast in gerader Linie steil zur langgestreckten Schnauze ab; 
die Mundspalte ist klein, so daß der hintere Mundwinkel senkrecht 
unter den Vorderrand des großen Auges fällt. 

Die Kopflänge beträgt eirca 1/, der Totallänge, die Länge des 
Auges steht der Schnauzenlänge nach und ist nicht ganz 4mal, die 
Stirnbreite mehr als 42/,mal,\ die Schnauzenlänge 31/,mal, die Kopf- 
breite eirca 2‘1/,mal in der Kopflänge enthalten. 

Der hintere Rand des Vordeckels ist etwas nach hinten und 
unten geneigt, sehr schwach eoncav und mit zahlreichen Zähnen be- 
setzt, welche gegen den unteren, stark abgerundeten Winkel an 
Länge und Stärke allmälig zunehmen. Die oberen Zähne des hinteren 
Randes sind mit der Spitze nach oben und hinten gewendet, weiter 
nach unten sind sie aber horizontal gestellt; die Zähne am unteren 
Vordeckelrande nehmen vom Winkel nach vorne ziemlich rasch an 
Länge und Stärke ab. Die Suprascapula ist am hinteren Rande mit 
8—9 Zähnen besetzt. 

Der Kopf ist mit Ausnahme der Lippen und des über den Zwi- 
schenkiefer-Stielen gelegenen Schnauzentheiles beschuppt. 


Ichthyologische Notizen (VII). 121 


Die Poren an der Unterseite der Unterlippe zunächst der Sym- 
physe und die Centralgrube am Kinn sind klein. 

Der längste vierte Dorsalstaehel gleicht eirca 5/, der Kopf- 
länge. 

Die Stacheln der Anale sind bedeutend stärker als die der Dor- 
sale; der längste zweite ist schwach säbelförmig gekrümmt, wie die 
beiden übrigen der Länge nach gestreift und nur 11/;mal in der 
Kopflänge enthalten. i 

Die Länge der Pectorale gleicht der Entfernung der Schnauzen- 
spitze vom oberen Ende des hinteren Vordeckelrandes; die Ventrale 
ist etwas länger als die Pectorale, aber kürzer als die Caudale. 

Letztgenannte Flosse ist in den beiden vorderen Längendritteln, 
die Pectorale beiläufig im vordersten Längenfünftel, die Ventrale an 
der Unterseite zur Hälfte mit kleinen Schuppen bedeckt. Die Dorsal- 
stacheln lassen sich in die durch Erhebung der obersten Rumpf- 
schuppenreihe gebildete Furche zurücklegen; zwei Reihen kleiner 
Schuppen bedecken die Basis der Gliederstrahlen der Rückenflosse; 
beträchtlicher ist die Zahl der Schuppenreihen auf der Anale. 


Die größte Höhe des Rumpfes unter dem vierten oder fünften 
Dorsalstachel steht der Kopflänge etwas nach und ist etwas mehr als 
41/,mal in der Totallänge enthalten. 

Die Seitenlinie läuft parallel mit der schwach gebogenen Profil- 
linie des Rückens. Sieben Schuppen liegen in einer etwas nach hinten 
geneigten (Querreihe zwischen der Basis des ersten, kurzen Dorsal- 
stachels und der Seitenlinie, welche bis zur Basis der mittleren Cau- 
dalstrahlen eirca 52 Schuppen durehbohrt und sich auf der Caudale 
selbst zwischen den beiden mittleren Strahlen noch über eirca 12 
bis 16 Schuppen fortsetzt. 

Neunzehn Schuppen zähle ich zwischen der Seitenlinie und der 
Einlenkungsstelle der Ventralstrahlen, über welehe sich eine mit 
Schuppen bedeckte größere Flügelschuppe legt, in einer Querreihe. 

Körperfarbe goldgrau, gegen den Bauch zu hell goldgelb; ein 
grünlicher Schimmer zieht sich über die kleinere obere Hälfte des 
Rumpfes hin. Dorsale, Anale und Caudale sind schmutzig braungrau, 
Ventrale und Pectorale weißlichgelb. 


D. 13/12; A. 3/7; L. lat. eirca 52. 


122 Steindachner. 


Das in unserem Besitze befindliche Exemplar wurde von Herrn 
Boucard im Golf von Mexico gesammelt; ich glaube, daß es einer 
noch unbeschriebenen Art angehört. 


2. Pristipoma Äneri n. sp. 
Tafel 1. 


Char. Körpergestalt gedrungen, Profillinie der Kopfoberseite stark 
abschüssig, Stirne breit; Schuppen über der Seitenlinie in 
schiefen Reihen nach oben und hinten laufend; keine Schup- 
pen hinter den Gliederstrahlen der Dorsale und Anale; Anal- 
stacheln kurz; Rumpf mit undeutlich abgegrenzten Querbin- 
den; Zähnelung des Vordeckels äußerst schwach. 


91/, 


D. 12/14; A. 3/11; L. lat. 54; L. transv. 1 


18. 

Die Höhe des Rumpfes übertrifft die Länge des Kopfes ein wenig 
und ist 31/;mal, die Kopflänge 33/,mal in der Totallänge, die Schnau- 
zenlänge nahezu 3mal, die Stirnbreite, welche der Länge des Augen- 
diameters gleicht, 3*/;mal in der Kopflänge enthalten. 

Der hintere Rand des Vordeckels ist nahezu vertikal gestellt, 
schwach econcav, und bildet mit dem unteren Rande einen rechten 
Winkel, dessen Spitze abgestumpft ist. Die Vordeckelzähnchen sind 
äußerst klein, kaum deutlich sichtbar. 

Die Mundspalte ist von geringer Größe, der hintere Winkel fällt 
in senkrechter Richtung nur ganz unbedeutend hinter den vorderen 
Augenrand. Die beiden Poren zunächst der Symphyse des Unterkie- 
fers sind punktförmig, die ziemlich große mediane Kinngrube ist im 
Grunde durch eine Scheidewand getheilt. Die Stirne ist ziemlich breit, 
querüber fast völlig flach. Das Präorbitale ist im vorderen Theile 
nahezu so hoch wie lang, und circa 4/;mal in der Kopflänge ent- 
halten. 

Der Kopf ist mit Ausnahme der Schnauze, der Lippen und des 
vorderen Theiles der Unterkiefer-Unterfläche mit Schuppen beklei- 
det, welche von geringer Größe sind. 

Die Suprascapula ist am hinteren Rande deutlich, zart gezähnelt. 


Die obere Profillinie des Kopfes ist stark abschüssig, äußerst 
schwach gebogen, der Nacken dagegen stark gewölbt. 


Ichthyologische Notizen (VIII). 123 


Die Dorsale erreicht keine bedeutende Höhe, der längste vierte 
Stachel kommt an Höhe genau der Hälfte der Kopflänge gleich. Der 
Ausschnitt am oberen Rande der Rückenflosse zwischen dem stache- 
ligen und gliederstrahlenden Theile ist seicht. 

Die Analstacheln nehmen vom ersten bis zum dritten, letzten 
allmälig an Länge zu; der zweite ist etwas stärker als der dritte 
Stachel, dieser kaum */;,mal so lang wie der darauffolgende erste 
Gliederstrahl. Der untere Rand der Anale bildet einen schwachen 
Bogen. Die Caudale ist am hinteren Rande halbmondförmig schwach 
eingebuchtet, der obere Lappen ist etwas länger als der untere, und 
kürzer als die Peetorale, deren Länge nur wenig mehr als %/, des 
Kopfes beträgt. 

Der erste fadenförmig verlängerte Gliederstrahl der Ventrale er- 
reicht kaum 2/, der Kopflänge. 

Die Seitenlinie ist bis zum Beginne des Schwanzstieles. auf wel- 
chem sie in horizontaler Riehtung verläuft, schwächer gebogen als 
die Profillinie des Rückens und durehbohrt bis zur Basis der mittle- 
ren Caudalstrahlen eirca 54 Schuppen, auf der Caudale noch eirca 
10. Eine Schuppenscheide zieht sieh längs der Basis der Dorsale und 
der Anale hin und ist auf letzterer Flosse höher und von kleineren 
Schuppen gebildet als auf ersterer; doch liegt keine Schuppenreihe 
hinter den einzelnen Gliederstrahlen der Dorsale und Anale. 

Die Caudale und Ventrale sind mehr als zur Hälfte mit Schup- 
pen bedeckt, und zwar letztere Flosse nur auf der Unterseite. 

Eine kurze Flügelschuppe liegt über der Einlenkungsstelle der 
Ventrale. 

Die Schuppen über der Seitenlinie bilden schief nach hinten 
und oben ansteigende Reihen, die darauf folgenden größten zunächst 
unter der Seitenlinie laufen horizontal, alle noch übrigen unteren bis 
zur Bauchlinie wenden sich wieder nach hinten und oben. 

Grundfärbung des Körpers silbergrau. 

Ein dunkelgrauer Fleek mit bläulichgrünem äußerst lebhaftem 
Metallschimmer liegt auf jeder Schuppe des Rumpfes und Hinterkopfes 
mit Ausnahme der Bauchseite, welche schmutzig weißlichgelb ist. 
Hinter diesem Fleck liegt noch ein schmaler halbmondförmig gebogener 
röthliehvioletter Querstreif. Der Lage der Schuppenreihen entspre- 
chend bilden die Fleeken durch ihr regelmäßiges Vorkommen hori- 
zontale und schiefe Reihen. Überdieß laufen noch breite, dunkel- 


124 Steindachner. 


violette Querbinden, die nicht scharf abgegrenzt sind, über den 
Rumpf, und eine über den hinteren Theil des Kopfes hinter dem 
Auge herab. 

Die Zahl der Binden dürfte nach der Undeutlichkeit der Abgren- 
zung zu schließen kaum constant sein, und sich durch Verschmel- 
zung und Theilung der einzelnen Binden bald vergrößern bald ver- 
ringern. Bei dem von uns untersuchten Exemplare beträgt sie 8, die 
letzte Binde nimmt die ganze Länge des Schwanzstieles ein. Die ver- 
tiealen, unpaarigen Flossen sind schmutzig dunkelgrau. 

Totallänge des beschriebenen Exemplares nahezu 6”. 

Fundort: Mazatlan. 


3. Pristipoma (Haemulopsis) nitidum n. sp. 
Tafel I. 


Char. Ein großer schwarzer Fleck hinter der Suprascapula am Be- 
ginne der Seitenlinie, dunkle Längsstreifen im unteren ‚Theile 
des Rumpfes. — Analstacheln kurz und nicht stärker als die 
der Dorsale; Kopflänge 4mal, Rumpfhöhe 3*/;mal in der Total- 
länge enthalten. Kleine Schuppen zwischen den Gliederstrah- 
len der Dorsale und Anale. 

Die Form des Körpers ist gestreckter als bei der früher be- 
schriebenen Art und der Kopf stärker zugespitzt; die obere Profil- 
linie des Kopfes bildet mit der Nackenlinie einen schwach gekrümm- 
ten Bogen, der minder rasch zur Schnauzenspitze abfällt, als bei 
Prist. Kneri. 

Die Länge des Kopfes ist genau 4mal, die größte Höhe des 
Rumpfes unter der Basis des dritten oder vierten Dorsalstachels eirea 
31/,mal in der Totallänge, die Länge der Schnauze 3mal, die des 
Auges nahezu 33/,mal in der Kopflänge enthalten; die Stirnbreite 
gleicht der Augenlänge. 

Der hintere Rand des Vordeckels ist ziemlich stark nach hinten 
geneigt, concav; der hintere Winkel vorspringend. Die Zähne im 
oberen Theile des hinteren Vordeckelrandes sind sehr kurz, ebenso 
am unteren Rande desselben Knochens, am hinteren Winkel dagegen 
kräftig, lang, doch ziemlich weit von einander entfernt. 

Die Zähnchen an der Suprascapula sind schwach entwickelt. 

Die Mundspalte ist kurz, breit; der hintere Winkel derselben 
fällt ein wenig vor den vorderen Augenrand. 


Ichthyologische Notizen (VII). 125 


Die Poren am Unterkiefer zunächst der Symphyse gleichen 
Punkten, die Centralgrube am Kinne ist fast viereckig. Die Schnauze, 
der vorderste Theil der Unterkiefer-Unterfläche sind schuppenlos; die 
Schuppen im übrigen Theile des Kopfes zeichnen sich durch ihre 
Größe aus. 

Die Dorsalstacheln erreichen keine bedeutende Länge und 
Stärke; der vierte längste ist genau halb so lang wie der Kopf; der 
Einschnitt am oberen Dorsalrande zwisehen den beiden Hälften der 
Rückenflosse ist sehr tief, dreieckig. 

Von den drei Analstacheln ist der dritte höchste nur gänz un- 
bedeutend länger als das Auge und ebenso stark wie der zweite Sta- 
chel, welches Verhältniß wohl auf unserer Abbildung nicht ersicht- 
lich sein kann, da die Breitseite des dritten Stachels auf die rechte 
Körperseite fällt. Der zweite Analstachel steht übrigens dem dritten 
nur wenig an Länge nach. 

Die Caudale ist am hinteren Rande mäßig eingebuchtet, weniger 
als 5mal in der 'Totallänge enthalten und zum größten Theile mit 
Schuppen überdeckt. 

Die Pectorale steht der Caudale nur unbedeutend an Länge 
nach, während die Ventrale mit ihrem ersten, in eine fadenförmige 
Spitze ausgezogenen Gliederstrahl kaum :/,, der Totallänge erreicht. 

Eine bis zwei Reihen von Schuppen legen sich über die Basis 
der Dorsale und bilden eine niedrige Scheide für dieselbe, dasselbe 
gilt für die Analbasis. 

Überdies zieht sieh aber noch eine Reihe von Schuppen längs 
dem hinteren Rande jedes Gliederstrahles der Dorsale und Anale 
(welche Eigenthümlichkeit sich bei den beiden früher beschriebenen 
Arten nicht vorfindet) fort, und zwar auf der Dorsale bis zur Höhen- 
mitte jedes Strahles, auf der Anale noch darüber hinaus. 

Auf der Unterseite der Ventrale liegt eine Schuppenreihe an 
der Außenseite jedes Strahles und nur am innersten an beiden 
Seiten. 

Die Seitenlinie läuft nahezu parallel mit der oberen Profillinie 
des Rumpfes und durchbohrt bis zur Basis der mittleren Caudal- 
strahlen 52—53 Schuppen, ferner noch eirca 10 auf der Caudale 
selbst. 

Die Schuppen über der Seitenlinie laufen in nahezu horizon- 
talen Reihen fort; sechs Schuppen liegen zwischen der Basis des 


La: Steindachner. 


ersten kurzen Dorsalstachels und der Seitenlinie, 10—11 zwischen 
ersterer und der Einlenkungsstelle der Ventrale in einer Querreihe. 
Die Sehuppen sind am hinteren Rande mit äußerst zahlreichen, fei- 
nen Zähnchen besetzt, fühlen sich daher sehr rauh an. 

Die obere Hälfte des Rumpfes bis zur Seitenlinie ist rothbraun, 
die untere gelb mit äußerst lebhaftem , goldigem Schimmer. Der 
größere centrale Theil der Rumpf-Schuppen ist dieht mit bräunlich- 
violetten Punkten besetzt, welche auf den mittleren Schuppenreihen 
des Körpers sich zu scharf vortretenden Längsbinden vereinigen, am 
Rücken aber wegen der dunklen Grundfärbung nur wenig bemerk- 
bar sind. 

Die Flossenhaut zwischen den Dorsal- und Analstrahlen ist 
schmutzig grauviolett und dicht punktirt, minder dicht die der Ven- 
trale. Die Caudale zeigt eine wässerig und schmutzig grünliehgraue 


Färbung an dem uns vorliegenden Exemplare. 
6 


D. 12/15; A. 3/8; L. lat. 52—53; L. transv. 1 - 


10—11 
Fundort: Mazatlan. 


4. Pristipoma (Haemulopsis) axillare n. sp. 
Tafel IV. 

Char. Ein schwarzer halbmondförmiger Fleck an der Pectoralbasis 
hinter den untersten Strahlen der Flosse, ein zweiter auf der 
Bauchseite über der Einlenkungsstelle der Ventralen; Rumpf- 
höhe 31/,mal, Kopflänge 3*/,mal in der Totallänge enthalten; 
Analstacheln kurz. Kleine Schuppen zwischen den Glieder- 
strahlen der Dorsale und Anale. i 

D. 12/16; A. 3/9; L. lat. 50— 51; L. transv. I 
10 

Die Körpergestalt ist etwas gedrungen, die obere Profillinie des 
Körpers von der Dorsale bis zur Schnauze herab bogenförmig, fast 
gleichmäßig gekrümmt. 

Die größte Höhe des Rumpfes zwischen dem Beginne der Dor- 
sale und der Ventralen ist 31/,mal, die Kopflänge 3*/;mal in der To- 
tallänge enthalten. 

Der Durchmesser des Auges steht der Länge der Schnauze 
nach, diese ist nämlich weniger als 3mal, jener mehr als 4mal, die 
Breite der querüber flachen Stirne eirea 41/,mal in der Kopflänge be- 
griffen. Die Kopfbreite gleicht der Hälfte der Kopflänge. 


Ichthyologische Notizen (VII). 1,2% 


Der hintere Rand des Vordeckels ist schwach nach hinten ge- 
neigt, und wie der stark abgerundete hintere Winkel desselben Kno- 
chens mit kurzen Zähnen besetzt, die gegen den Winkel zu weiter 
auseinander rücken und bis zur schwach vortretenden Spitze von der 
Vordeckelhaut überdeckt sind. Die Zähne am hinteren Rande der 
Suprascapula sind gleichfalls klein und äußerlich kaum sichtbar. 

Der Zwischenkiefer überdeckt ein wenig den kürzeren Unter- 
kiefer, die Lippen sind stark wulstig. Der hintere Winkel der Mund- 
spalte fällt bei geschlossenem Munde in senkrechter Richtung unter 
den vorderen Augenrand. 

Die Centralgrube am Kinn ist breit und tief, die vorderen Poren 
aber sind punktförmig. 

Die Pectorale ist stark entwickelt, fast so lang wie der Kopf, 
säbelförmig gekrümmt. 

Die Stacheln der Dorsale erreichen keine bedeutende Höhe, 
sind aber ziemlich kräftig; der längste vierte übertrifft nur wenig die 
Hälfte der Kopflänge ; der erste Stachel ist sehr kurz. Der Einschnitt 
am oberen Rande der Dorsale ist äußerst tief, da der vorletzte Sta- 
chel nur eine geringe Höhe hat. Die Gliederstrahlen der Dorsale neh- 
men gegen das hintere Ende der Flosse allmählig an Höhe ab; die 
vordersten längsten sind eirca 2/,mal in der Kopflänge enthalten. 

Auch die Analstacheln sind weder durch besondere Länge noch 
Stärke hervorragend, der dritte ist etwas länger, doch ein wenig 
schwächer als der zweite Stachel, und kürzer als die darauffolgenden 
ersten Gliederstrahlen. 

Der erste Gliederstrahl der Ventrale ist schwach fadenförmig 
verlängert, unbedeutend kürzer als die Caudale und etwas mehr als 
12/,mal in der Kopflänge enthalten. 

Die Schnauze, die Lippen und der vordere Theil der Unterkiefer- 
Unterseite sind schuppenlos. Auf den großen Schuppen des Rumpfes 
und des Kopfes liegen in ganz eigenthümlicher Weise zunächst der 
Basis viele ganz kleine Schüppchen. Die Schuppenscheide längs der 
Basis der Dorsale und Anale ist nur von geringer Höhe; überdies 
liegt noch hinter jedem Gliederstrahle der Anale und Dorsale in der 
basalen Höhenhälfte der Flosse eine Reihe sich stark überdeekender, 
häutiger Schuppen; die Caudale ist nahezu bis zum hinteren, halb- 
mondförmig ausgeschnittenen Rande beschuppt. An der Unterseite der 
Ventrale, und zwar am Außenrande jedes Gliederstrahles, nur am 


128 Steindachner. 


innersten Strahle an beiden Seiten, zieht sich eine Schuppenreihe 
bis in die Nähe der Strahlenspitzen hin. 

Die Seitenlinie durchbohrt 50—51 Schuppen bis zur Basis der 
mittleren Caudalstrahlen, auf der Caudale selbst noch circa 6—7 
Schuppen. Sechs Schuppen liegen zwischen der Basis des ersten 
Dorsalstachels und der Seitenlinie, 10 zwischen letzterer und der 
Basis der Ventrale. Der vordere Theil der Seitenlinie bis unter die 
mittleren Dorsalen ist stark gekrümmt, der übrige lauft parallel mit 
der Rückenlinie. 

Die Schuppen am Vorderrücken bilden etwas schief nach hinten 
ansteigende Reihen, alle übrigen aber laufen in horizontalen Reihen 
nach hinten. 

Auf einem liehtgrauen Grunde ziehen grauviolette, ziemlich 
breite Längsstreifen mit dunkelgrünem Metallschimmer über die 
oberen 10— 11 Längenreihen der Rumpfschuppen und werden von 
fünf verschwommenen, schmalen Querbinden gekreuzt. Ein dunkler 
Fleck liegt hinter und an der Basis der untersten Peetoralstrahlen 
und biegt ein wenig auf die Außenseite der letzten zwei Strahlen 
um. Ein zweiter schwärzlicher Fleck kommt auf der Bauchseite 
über der Einlenkungsstelle der Bauchflossen vor und zieht sich auch 
etwas über die Oberseite der Ventralen fort. 


Fundort: Mazatlan. 


5. Pristipoma (Haemulopsis) corvinaeforme Steind. 
Syn. Haemulon corvinaeforme Steind. 

In dem siebenten Theile der ichthyologischen Notizen (Sitzb. 
d. k. Akad. d. Wissensch. I. Abth. Mai-Heft, Jahrg. 1868, Bd. LVIL, 
pag. 980, Tab. I, Fig. 2.) beschrieb ich bereits diese Art unter dem 
Namen Haemulon corvinaeforme und deutete auf die nahe Bezie- 
hung derselben zur Gattung Pristipoma hin. Da jedoch auch die in 
den vorangehenden Zeilen beschriebenen Arten Pristipoma nitidum 
und Prist. awillare so wie Pr. brevipinne eine Reihe von Schuppen 
hinter den Dorsal- und Analgliederstrahlen besitzen und bei den 
Haemulon-Arten eben diese Strahlen vollständig mit Schuppen 
bedeckt sind, so dürfte 7. corvinaeforme richtiger in die Gattung 
Pristipoma einzureihen sein, und zwar in die Untergattung Haemu- 
lopsis m., die durch das Vorkommen von Schuppen auf dem 
gliederstrahligen Theile der Dorsale und Anale charakterisirt ist. 


Ichthyologische Notizen (VII). 129 


Ich würde kein Bedenken tragen, Prist. corvinaeforme nur als 
ein Synonimum von Prist. macrophthalmum Blkr. zu betrachten, 
wenn nicht bei ersterer Art die zwei letzten Analstacheln beträcht- 
lich kürzer wären als die darauffolgenden Gliederstrahlen, während 
sie bei Prist. macrophthalmum eben so lang wie diese sind. Über- 
dies ist .das Auge und die Mundspalte bei Pr. macrophthalmum 
Blkr. bedeutend länger als bei Prist. corvinaeforme m. und hinter 
den Gliederstrahlen der Anale und Dorsale scheinen, nach Blee- 
ker’s Abbildung (Mem. sur les poiss. de la cöte de Guinee, pl. XII, 
Fig. 1) zu schließen, keine Schuppenreihen zu liegen; auch enthält 
die Dorsale nur 15—14, die Anale dagegen 8—9 Gliederstrahlen, 
während die Formel der Flossenstrahlen bei Prist. haemulaeforme 
D. 12/15, A. 3/7 lautet. 


6. Pristipoma (Haemulopsis) brevipinne n. sp. 
Tatel V. 

Char. Dorsalstacheln kurz, Einbuchtung am oberen Dorsalrand sehr 
seicht; Gliederstrahlen der Dorsale und Anale zum großen 
Theile, doch nicht vollständig überschuppt; Schuppen über der 
Seitenlinie in schiefen Reihen; Körperhöhe 3®/;mal, Kopflänge 
etwas mehr als 4mal in der Totallänge enthalten. Körperfär- 
bung hell blaugrau, braungraue Streifen in schiefen Reihen 
über, in horizontalen Reihen unter der Seitenlinie. 

D. 13/16; A. 3/18; L. lat. eirca 61 (ohne Caudalsch.). 


Diese Art vermittelt in ganz deutlicher Weise den Übergang 
der Gattung Pristipoma zu Haemulon, indem einzelne Gliederstrah- 
len der Dorsale und Anale vollständig mit Schuppen überkleidet sind, 
andere dagegen vollständig frei liegen, wovon später ausführlicher 
die Rede sein soll, und hat im allgemeinen Habitus einige Ähnlich- 
keit mit Pr. japonicum Sehl., Cuv., Val. 

Die Körpergestalt ist gestreckt, die obere Profillinie des Kör- 
pers fällt vom Beginne der Dorsale in gleichmäßiger Bogenkrüm- 
mung ohne besonders starke Neigung ab. Die größte Höhe des 
Rumpfes zwischen den ersteren Dorsalstacheln und der Ventrale ist 
eirca 32/;mal, die Kopflänge aber etwas mehr als Amal in der Total- 
länge, der Durchmesser des Auges unbedeutend mehr als 4mal, die 
Breite der querüber stark gewölbten Stirne fast 31/,mal, die Schnau- 
zenlänge 31/,mal in der Kopflänge enthalten. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 9 


130 Steindachner. 


Der hintere Rand des Vordeckels ist nur wenig nach hinten 
und unten geneigt, äußerst schwach eoncav. und bildet mit dem un- 
teren Rande fast einen rechten Winkel. Der Vordeckelwinkel springt 
nicht nach hinten vor und ist wie der aufsteigende Rand des Präo- 
perkels mit schwach vortretenden Zähnchen besetzt, noch undeut- 
licher ist die Zähnelung am hinteren Rande der Suprascapula. Die 
Mundspalte ist von mäßiger Länge, der Unterkiefer zieht sich bei 
geschlossenem Munde ganz unter den vorspringenden Zwischenkiefer 
zurück, die Mundwinkel fallen senkrecht unter den vorderen Augen- 
rand; die Lippen sind dick, die Kieferzähne fein bürstenförmig. Zwei 
kleine Poren liegen an der Unterseite der Unterlippe zunächst der 
Symphyse, die Kinngrube hinter dieser ist dreieckig. 

Die Schnauze, der größte vordere Theil der Unterfläche des 
Unterkiefers, die Lippen und das Präorbitale sind schuppenlos. 

Die Kopfschuppen sind klein, die größten liegen am Kiemen- 
deckel. 

Die Peetorale ist lang, schwach säbelförmig gebogen, und nur 
unbedeutend kürzer als der Kopf. 

Der erste Dorsalstachel ist sehr kurz, der vierte höchste mehr 
als 21/,mal in der Kopflänge enthalten. 

Der dritte Analstachel übertrifft den zweiten etwas an Länge, 
nieht aber an Stärke und ist beträchtlich kürzer als die darauf- 
folgenden ersten Gliederstrahlen derselben Flosse. 

Die Schuppenscheide an der Basis der Dorsale ist von sehr ge- 
vinger Höhe; etwas stärker entwickelt ist sie längs der Analbasis. 

Eigenthümlich ist die Besehuppung des gliederstrahligen Thei- 
les der Rücken- und Afterflosse. Bei den Gliederstrahlen der vorderen 
Hälfte liegt am hinteren Rande wie bei mehreren früher beschriebe- 
nen Arten eine Schuppenreihe, reicht aber fast bis zur Spitze der 
Strahlen hinauf. Bei jedem zweiten Strahle neigt sich diese Schup- 
penreihe zu dem vorderen Rand des nachfolgenden Strahles, der so 
von beiden Seiten mit Schuppen breit eingefaßt ist, während der 
vorangehende vollkommen an Seitenrändern, mit Ausnahme der Basis, 
frei bleibt; doch legen sich über den Strahl selbst nicht selten 
Schuppen. 

In der hinteren Hälfte des von Gliederstrahlen gebildeten Flos- 
sentheiles nehmen die Schuppenreihen an Breite allmälig zu, so daß 
nur ein sehr schmaler Theil der Flossenhaut zwischen je zwei Strah- 


Ichthyologische Notizen (VII). 131 


len frei bleibt; die hintersten zwei bis drei Strahlen der Dorsale und 
Anale endlich sind sammt der dazwischen liegenden Flossenhaut voll- 
ständig mit Schuppen umhüllt wie bei den Arten der Gattung Hae- 
mulon. Ohne Berücksichtigung des Prist. awillare, welcher mit der 
hier beschriebenen Art sehr nahe verwandt ist, könnte man fast ge- 
neigt sein, Prist. brevipinne in die Gattung Haemulon einzureihen. 

Der obere Caudallappen ist etwas länger als der untere, zuge- 
spitzt; der hintere Rand der Caudale zeigt eine dreieckige Einbuch- 
tung; die Caudale ist endlich vollständig mit Schuppen bedeckt. 

Die Ventrale ist mehr als 13/,mal in der Kopflänge enthalten. 
Nur der innerste Ventralstrahl zeigt beiderseits, jeder der übrigen 
nur am Außdenrande eine Schuppenreihe. 

An der Pectorale reichen die Schuppen nur bis zum zweiten 
Sechstel der Länge. Wie bei Pr. awillare liegen an der Basis der 
Schuppen des Rumpfes und der hinteren Kopfhälfte viele kleine 
Schüppehen. 

Die Seitenlinie ist etwas schwächer gebogen als die Profillinie 
des Rückens und durchbohrt bis zur Basis der mittleren Caudal- 
strahlen eirea 61 Schuppen. Über der Seitenlinie liegen 10, unter 
derselben 18—19 Schuppen in einer Querreihe. Die Schuppen über 
der Seitenlinie bilden schief nach oben und hinten ansteigende, 
schwach wellenförmig gebogene Reihen; die Schuppen unter der 
Seitenlinie laufen nahezu horizontal nach hinten. Die Richtung der 
Schuppenreihen zeigt sich deutlich aus der Richtung der nicht be- 
sonders scharf ausgeprägten graubraunen Streifen. 

Die Grundfarbe des Körpers ist hell blaugrau, gegen den Bauch 
zu weißlichgelb, Überdies schimmert der Körper metallisch matt- 
blau. Peetorale, Ventrale und der basale Theil der Dorsale und Anale 
sind schmutzig gelb mit einem schwachen Stiche in’s Röthliche. 

Die Spitzen der Dorsal-, Anal- und Caudalstrahlen sind 
schwärzlich. 

Fundort: Mazatlan. 


7. Haemulon mazatlanum. 
Tafel VI. 
Char. Rumpf durch viele, der Zahl der Schuppenreihen entspre- 
chende breite dunkle Längsstreifen und schmale rothviolette 


Querstreifen in zahlreiche Quadrate abgetheilt; ein großer 
9* 


132 Steindachner. 


dunkler Fleck vor der Caudale; Kopflänge der Rumpfhöhe et- 
was nachstehend (bei älteren Individuen) oder gleich und mehr 
als 8*/,;mal in der Totallänge enthalten; zweiter Analstachel 
etwas länger als der dritte Stachel und zugleich etwas länger 
als der darauffolgende Gliederstrahl. 


D. 14/14: A 3/9; L. lat. 51 —53. 


Die ganze obere Profillinie des Körpers bildet einen fast gleich 
stark gekrümmten Bogen bei jüngeren Individuen, bei älteren ist die 
vordere Bogenhälfte zwischen dem vierten Dorsalstachel und der 
Schnauze etwas stärker gekrümmt als die hintere. 


Bei einem Exemplare von 62/,” Länge gleicht die Kopflänge 
der Rumpfhöhe und ist 35/,‚mal in der Totallänge enthalten, bei einem 
zweiten von 7’ Länge übertrifft die Rumpfhöhe die Kopflänge; letz- 
tere ist nahezu 4mal, erstere mehr als 32/;mal in der Totallänge, der 
Augendiameter eirca 31/,mal, die Stirnbreite —3*/,mal, die Schnau- 
zenlänge 31/, —3mal in der Kopflänge enthalten. 

Der aufsteigende Rand des Vordeckels ist nur unbedeutend nach 
hinten geneigt, schwach coneav, und bildet mit dem unteren Rande 
einen rechten Winkel. Der hintere Vordeckelwinkel ist abgerundet 
und springt ein wenig vor. Die Zähnchen am hinteren Rande und 
Winkel des Präoperkels sind zahlreich, an ersterem gedrängter aber 
nur wenig kürzer und schwächer als an letzterem. 

Die Kiefer reichen bei dem kleineren Exemplare gleich weit 
nach vorne, bei dem größeren springt der Zwischenkiefer, doch nur 
wenig Vor. 

Der Mundwinkel fällt bei geschlossenem Munde in senkrechter 
Richtung etwas vor das Ende des ersten Drittels der Augenlänge. 

Die beiden Poren zunächst der Symphyse des Unterkiefers sind 
bei dem größeren Exemplare verhältnißmäßig weiter als bei dem 
kleineren, die Centralgrube ist oval, im Grunde durch eine Scheide- 
wand getheilt. 

. Nur die Schnauze, der vordere Theil des Präorbitale und der 
vordere Theil der Unterkiefer-Unterseite sind schuppenlos. 

Die Zähnchen am hinteren Rande der Suprascapula sind deutlich 
entwickelt. 

Die Stirne ist querüber schwach gewölbt, die Schnauze mäßig 
zugespitzt. 


Ichthyologische Notizen (VII). 133 


» Die Höhe des vierten Dorsalstachels beträgt etwas mehr als die 
Hälfte der Kopflänge. Der Einschnitt am oberen Rande der Dorsale 
bildet einen mäßig gekrümmten Bogen. Die längsten ersten Glieder- 
strahlen der Rückenflosse erreichen beiläufig 1/; der Kopflänge. 

Die Caudale ist am hinteren Rande seicht bogenförmig ausge- 
schnitten, unbedeutend länger als die Pectorale und eirea 11/,—11/,- 
mal in der Kopflänge enthalten. 

Der zweite Analstachel ist etwas länger und beträchtlich stärker 
als der dritte (die größere Breitenhälfte des zweiten Analstachels 
fällt auf die rechte Körperseite, ist daher auf der Abbildung nicht 
ersichtlich) und eirea 21/, —2'/,mal in der Kopflänge enthalten. 

Der zweite Änalstachel übertrifft zugleich jeden der Dorsalstacheln 
an Stärke. 

Der erste Gliederstrahl der Anale gleicht an Länge 2/, des 
Kopfes, da er jedoch minder schief gestellt ist als der zweite und 
dritte Analstachel, reichen die beiden letzteren nicht ganz bis zur 
Spitze des ersteren zurück. 

Die Länge der Ventrale gleicht der Entfernung des hinteren 
Augenrandes von der Schnauzenspitze oder übertrifft sie ein wenig. 

Der gliederstrahlige Theil der Dorsale und Anale so wie die Cau- 
dale sind vollständig und dieht mit Schuppen bedeckt, die Stacheln der 
Dorsale lassen sich nur unvollständig in die Rückenfurche zurück- 
legen, da nur eine halbe Schuppenreihe sich über den Rücken erhebt. 

Die Seitenlinie ist etwas schwächer gebogen als die obere Profil- 
linie des Körpers, durchbohrt eirca 51—53 Schuppen bis zur Basis 
der mittleren Caudalstrahlen und eirca 10 auf dem vorderen Theile 
der Caudale selbst. 

Zwischen der Basis des ersten Dorsalstachels und der Seiten- 
linie liegen 7, zwischen letzterer und der Ventralbasis eirca 12 
Schuppen. 

Die Schuppenreihen über der Seitenlinie laufen parallel mit der 
Rückenlinie, die unteren parallel mit der schwach gebogenen Bauch- 
linie, die übrigen mittleren horizontal. 

Dieselbe Richtung zeigen daher auch die grauvioletten Rumpf- 
binden, von denen jede auf die an einander stoßenden Ränder je 
zweier Schuppenreihen zu liegen kommt. Diese Längsbinden sind 
gekreuzt von rothvioletten Querlinien, welche auf die Mitte der ein- 
zelnen Schuppen fallen. 


134 Steindachner. 


Der vordere Theil jeder Schuppe glänzt bläulich silberfarben. * 

Bei einem kleineren Exemplare fehlen die Querstreifen auf den 
Schuppen, dagegen ist der hintere Schuppenrand dunkel gesäumt. 
Ein großer schwarzer Fleck liegt vor der Caudalbasis, ist jedoch bei 
dem älteren Exemplare viel schwächer ausgeprägt als beirdem jün- 
geren. Dorsale, Anale und Caudale sind grau, Ventrale und Pectorale 
schmutzig gelblich. Zuweilen ist die Caudale am hinteren Rande und 
im vorderen Theile dunkelviolett und nur in der Mitte grau, und die 
Anale an der Basis schmutzig dunkel violett, im übrigen Theile aber 
gelblich wie die Ventrale und Pectorale. 


Fundort: Mazatlan. 


$. Agriopus spinifer Smith. 
Tafel VI. 


Die von Smith in der Illustr. of the Zool. of South Africa, Pisces 
auf Tafel 2 gegebene Abbildung ist zum größten Theile so verfehlt, 
daß ich mich entschloß, ein wohlerhaltenes Exemplar des Wiener 
Museums durch Herrn Konopicky zeichnen zu lassen (s. Tafel VII). 

Die Kopflänge ist bei Agriopus spinifer A'/;mal, die größte 
Rumpfhöhe unter dem sechsten Dorsalstachel eirca 3%/,;mal, die Länge 
des höchsten vierten und fünften Dorsalstachels 43/,mal, die der 
Peetorale etwas mehr als 4mal in der Totallänge enthalten. 

Das Präorbitale bildet am unteren Rande an den Seiten der 
kleinen Mundspalte zwei Stacheln, von denen der eine nach unten 
und hinten, der andere nach oben und vorne gewendet ist und an der 
Basis nahezu zusammenstoßen. 

Vor dem nach oben und vorne gekehrten kleineren Stachel läuft 
eine kammförmige Leiste schief nach vorne und schließt mit den 
beiden Stacheln einen kleinen, dreieckigen Raum ab. 

Die Rumpfhaut ist quer gefaltet, mit zahllosen feinen spitzen 
Stacheln besetzt, zwischen welchen noch hie und da kleine Körnehen 
liegen. Die längsten Stacheln zeigen sich längs der Seitenlinie. 

Der Rumpf ist braun, und noch dunkler zart marmorirt oder 
gefleckt; die Pectorale wird nur von einfachen Strahlen gebildet und 
ist abwechselnd der Quere nach weißlich und fast schwarzbraun ge- 
bändert, ebenso die Caudale, deren hinterer schwach eonvexer (nicht 
stark concaver) Rand einen weißen Saum trägt. 


Ichthyologische Notizen (VIII). 135 


Die größere hintere Hälfte der Dorsale zieren schwarzbraune 
Flecken in schiefen Reihen; zwischen dem ersten und zweiten, so 
wie zwischen dem sechsten bis achten Stachel liegt ein großer 
schwärzlicher Fleck; an der Kehle endlieh ein milehweißer Fleck, 
der schief nach vorne und oben ziehend, an der Basis des hinteren 
oder unteren Stachels des Präorbitale endet. 

Die Anale enthält wie die Pectorale nur biegsame Strahlen, von 
denen die drei ersten nicht gespalten sind, und ist auf wässerig brau- 
nem Grunde dunkelbraun gefleckt; die Flecken ziehen schief von 
unten und vorne nach hinten und oben. Der starke erste Strahl der 
Ventrale ist wohl stachelähnlich, doch deutlich gegliedert. 


D. 19/14; A. 3/7: P 9; V. 1/8. 


Cap der guten Hoffnung. 


9. Pachymetopon Güntheri n. sp. 


Char. Zahl der Schuppen längs der Seitenlinie eirca 70; Körper- 
höhe 3—31/,mal, Kopflänge etwas mehr als 41/,—41/,mal in 
der Totallänge enthalten. Dunkel goldbraun, am Rücken mit 
einem Stiche ins Grau; ein dunkelvioletter Fleck an der Peec- 


toralachsel. 
13 
D. 11/11; A. 3/10; L. lat. 70; L. transv. Bw 


Durch die bedeutend geringere Zahl der Schuppen längs der 
Seitenlinie und dureh die größere Länge des Kopfes unterscheidet 
sich diese Art von Pachymetopon grande Gthr., welcher nach Dr. 
Günther's Beschreibung 88 Schuppen längs der Seitenlinie besitzt, 
und dessen Kopflänge nur !/, der Totallänge beträgt. 

Die obere Profillinie des Kopfes fällt bei der uns in zwei Exem- 
plaren vorliegenden Art ziemlich steil nach vorne zur Schnauze ab 
und ist schwach convex, der Nacken springt höckerförmig über das 
Hinterhaupt vor. 


Die Länge des Kopfes ist etwas mehr als 41/,—41/,mal in der 
Totallänge enthalten, die größte Höhe des Rumpfes fällt beiläufig 
unter die Basis des sechsten Dorsalstachels und schwankt zwischen 
/,;—5/4s der Totallänge; der Augendiameter ist 33/, —31/,mal, die 
Stirnbreite kaum 3mal in der Kopflänge enthalten. 


136 Steindachner. 


In der Außenreihe des Zwischen- und Unterkiefers liegen lan- 
zettförmige Schneidezähne, welche gegen die Seiten der Kiefer all- 
mählig an Länge abnehmen und mit der Spitze etwas eingebogen sind; 
ihre Zahl beträgt 10—12 im Zwischen- und 16—18 im Unterkiefer. 
Hinter dieser äußeren Zahnreihe folgt eine ziemlich breite Binde dicht 
an einander gereihter viel kleinerer Zähne von ganz ähnlicher Gestalt. 
Die inneren Zahnreihen dieser Binde werden übrigens wieder von 
kleineren Zähnen gebildet als die der äußeren. 

Der Mundwinkel fällt etwas hinter den vorderen Augenrand. 

Der aufsteigende Rand des Vordeckels ist quergestellt, der Vor- 
deckelwinkel stark gerundet, und wie ersterer äußerst fein gezäh- 
nelt; ebenso der hintere Rand der Suprascapula. 

Stirn und Schnauze sind querüber nur mäßig gewuvlbt, breit; die 
ganze Oberseite des Kopfes ist mit einer dieken, porösen, chagrin- 
artigen Haut bedeckt, die wie das Präorbitale, die Lippen und die 
ganze Unterfläche des Unterkiefers schuppenlos ist. 

- Die Seiten des Hinterhauptes, die Kiemendeckelstücke, mit Aus- 
nahme des hinteren Randtheiles des Vordeckels und die Wangen sind 
beschuppt. 

Auf den Wangen liegen die Schuppen in eirea 10—11 schiefen 
Reihen an der breitesten Stelle. 

Der höchste fünfte Dorsalstachel ist 23/, —2?/;mal in der Kopf- 
länge enthalten; der letzte übertrifft nur wenig den Augendurch- 
messer. 

Von den Analstacheln ist der dritte am längsten, eben so lang 
wie der letzte Dorsalstachel und wie dieser kürzer als der darauf- 
folgende Gliederstrahl. Die Stacheln der Dorsale lassen sich fast voll- 
ständig in die Rückenrinne zurücklegen; der gliederstrahlige Theil 
der Dorsale und Anale ist im unteren Höhendrittel vollständig dicht 
überschuppt. 

Die Caudale steht der Kopflänge nicht ganz um die Hälfte einer 
Augenlänge nach und ist vollständig beschuppt. Die Pectorale gleicht 
an Länge der Caudale, die Ventrale ist bedeutend kürzer. 

Sämmtliche Körperschuppen sind am hinteren Rande mit zahl- 
reichen äußert zarten Zähnchen besetzt. Die Schuppen zwischen 
der Basis der langen Rückenflosse und der Seitenlinie, welche nur 
bis zur Basis der Caudale reicht und eirea 70 Schuppen durehbohrt, 
bilden schief nach hinten und oben laufende Reihen, die Schuppen 


Ichthyologische Notizen (VIN). 137 


der Brust ziehen schief nach vorne und unten. Die übrigen größeren 
Schuppen des größeren mittleren Theiles der Rumpfseiten laufen in 
horizontalen Reihen. 

Die Färbung des Körpers ist dunkel goldbraun, heller gegen den 
Bauch zu und am Rücken mit Grau gemischt. Ein dunkler Fleck liegt 
an der Peetoralachsel und zieht nach vorne über die Basis der oberen 
Pectoralstrahlen. 


Fundort: Cap der guten Hoffnung. 


10. Galeoides microps n. Sp. 


Char. Sieben fadenförmig verlängerte freie Strahlen unter der Pecto- 
rale; nörpergestalt sehr gestreekt, Körperhöhe eirca 65/,mal 
in der Totallänge enthalten, Auge sehr klein. 

Die Kopflänge ist 53/,mal, die größte Höhe des Rumpfes eirca 
6>/;mal in der Totallänge, die Schnauzenlänge 4'/,mal, die Stirn- 
breite eirca 32/,mal, die Augendiameter 91/,mal in der Kopflänge 
enthalten. 

Die Schnauze ist breit, an der Oberseite querüber schwach 
gewölbt und springt nasenförmig über die Mundspalte vor, deren 
Winkel hinter die Mitte der Kopflänge fällt. 

Die Kieferzähne sind sehr dieht gedrängt, sammtartig. 

Die Zahnbinde am Gaumen ist oval und mindestens dreimal so 
sroß wie die des Pterygoideum; der Vomer ist zahnlos. 

Der aufsteigerde Rand des Vordeckels ist convex, nach hinten 
stark geneigt und wie der vorspringende Winkel mit feinen Zähnen 
besetzt. 

Die erste Dorsale enthält acht Stacheln, deren höchster dritter 
eirea 1 ı/smal in der Kopflänge enthalten ist; der erste Stachel tritt 
nur schwach nach Außen vor, ebenso der erste Analstachel. 

Die zweite Dorsale, welche von der ersten durch einen weiten 
Zwischenraum getrennt ist, enthält 16 Gliederstrahlen, von denen die 
zwei ersten dieselbe Höhe erreichen als der dritte Stachel der ersten 
Dorsale. Etwas kürzer ist die Anale und wie die zweite Dorsale voll- 
ständig überschuppt. 

Die Caudallappen sind sehr stark zugespitzt, der obere 
längere ist nur etwas mehr als 3'1/,mal in der Totallänge ent- 
halten, 

g** 


138 Steindachner. 


Unter der Pectorale liegen sieben freie Strahlen, von denen die 
beiden obersten noch ziemlich weit über die Spitze der Caudale hin- 
ausreichen und der unterste, kürzeste fast noch eine Kopflänge 
erreicht. 

Die Seitenlinie durehbohrt 70 Schuppen bis zur knopfförmig 
vortretenden Einlenkungsstelle der mittleren Caudalstrahlen und min- 
destens noch 15 auf der Caudale selbst. 7 Schuppen liegen zwischen 
der Basis des ersten Stachels der ersten Dorsale. 

Die obere Körperhälfte ist grünlich grau, die untere schmutzig 
blaßgelb; die Pecetorale oben und unten lebhaft blaugrau, in der 
Mitte (vielleicht nur zufällig) weiß. 

1.D 8; 2. D. 1/16; A. 3/12. 

Fundort: China. 


11. Pseudoscarus graecilis n. sp. 


Die Körperhöhe ist der Kopflänge gleich und etwas mehr als 
32/;mal in der Totallänge, der Augendiameter eirca dmal, die Schnau- 
zenlänge 2%/,mal, die Kopfbreite etwas mehr als 2mal, die Kopfhöhe 
eirca 11/,mal, die Stirnbreite 31/,mal in der Kopflänge enthalten. 

Die Oberlippe überdeckt bedeutend mehr als zur Hälfte den 
Oberkiefer. Ober- und Unterkiefer sind gelblich weiß, ersterer ist am 
freien Rande hie und da schwach gekerbt und vollständig in kleine 
Vierecke abgetheilt, doch an der Außenseite vollkommen glatt; kein 
zugespitzter Zahn zunächst dem Mundwinkel. 

Drei Schuppenreihen an den Wangen, jede der beiden oberen 
Reihen wird von sechs Schuppen gebildet. 

Die untere Reihe liegt am unteren Präoperkelsaume, doch nur 
im hinteren Theile desselben und enthält zwei Schuppen. 

Die Seitenlinie durchbohrt auf der rechten Körperseite im Gan- 
zen 23, auf der linken 24 Schuppen und gibt nur auf einigen Schup- 
pen ganz kurze Queräste, öfters nur einen einzigen vom Haupteanale 
ab; 1%/, Schuppenreihe liegen über der oberen vorderen Hälfte des 
Seitencanales, 5t/, zwischen letzterem und der Ventralbasis in einer 
Querreihe. 

Die Anale enthält 3 einfache und 9 getheilte Strahlen. 

Die Grundfarbe des Körpers im Leben ist wohl rosenroth oder 
doch hell rothbraun; eine breite etwas dunklere Binde läuft von der 
Sehnauze, vom Auge unterbrochen bis zur Caudale und ist oben und 


Ichthyologische Notizen (VIIL.) 139 


unten von einer halb so breiten, gelblichgrünen Längsbinde am Rumpfe 
eingefaßt. 3 hellgelbe Streifen laufen unter der Pectorale von der 
Kehlgegend bis zur Analgegend parallel mit der Bauchlinie. Die ro- 
senrothe Dorsale ist oben dunkel bräunlich gesäumt, die obere Spitze 
der hinten schwach eonvexen Caudale schwefelgelb; die Anale im 
oberen Theile rosenroth, gegen die Spitzen der Strahlen weißlich. 
Die Bauchseite des Körpers ist grünlich weißlichgelb. 

In der Körpergestalt und Färbung hat unsere Art große Ähn- 
lichkeit mit Pseudoscarus Dussumieri Blkr., doch fehlen bei letzt- 
genannter Species die gelben Streifen über dem Bauche. 

Die dritte Schuppenreihe unter den Wangen enthält ferner bei 
Ps. Dussumieri 5 Schuppen, und zunächst dem Mundwinkel stehen 
1—2 Eckzähne. Von Pseudosc. aeruginosus unterscheidet sich da- 
gegen unsere Art durch die gestrecktere Körpergestalt, das Vor- 
kommen einer mittleren, dunkeln Rumpfbinde und die äußerst schwache 
Verzweigung der Seitenlinie auf den einzelnen Rumpfschuppen. 


D. 9/10; A. 3/9. 
Fundort: China. 


Tafel-Erklärung. 


Taf. I. Pristipoma Boucardi 


RR: a Kneri 

„IM: > nitidum (subg. Haemulopsis) 
NE Rn axıllare „, ® 
NV Et brevipinne , iR 


„ VI. Haemulon mazatlanum 
„VI. Agriopus spinifer. 


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Steindachner, Ichthyol.Notizen (VI) TafL 


Ad.kk. Hofu Staatsdrucksrer 


N.d.Nax gez un lıth wEd.Konopicky 


Sitzungsb.der kAkad.dW.math natarw. €. LX.Bd. TAbth 1869. 


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Steindachner, Ichthvol Notizen (VE) 


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Sitzungsb.der k Akad.d W.math.naturw. €1. LX.Bd. TAbth1869. 


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Steindachner, Ichtyol Notizen 


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Steindachner, Ichtyol Notizen. (VI : Tat. IV 


Hd. Konopicky,n.d.Nat. gez. u Tith,. oA.d.k.h. horn. Yaatydruckeren. 
Sitzungsb.d.k.Akad.d.W.math.naturw.C1.LX.Bd. 1. Abth.1869. 


Steindachner, Ichthyol. Notizen ı VII) Taf V. 


Va 7 ith.v. Bd. Koi ick kkHor 5 Äl 
N.d. Net gez.wliltiv. Ed Konopieky. Ad.x.kHor-u Staatsäruke: 


Sitzungsb.der k Akad dl W.wath.naturw. (1. LX.Bd. TAbth.1869. 


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IR 


Steintachner, Ichthvo! Notizen VII 


Nat gez .u.lith.v Ed.Konopicky; 


Sitzungsb.der k.Akad.dW.math. naturw. €, LX.Bd. 1 Abıh1869. 


Steindachner, Ichthyol.Notizen (WM) Taf. W 


N.d.Nat yez.u.lith.v. Bd. Konopicky; -  Ad.kk Hofu Staatsdruckerer 


Sitzungsb.der k.Akad.dW math naturw. (1. LX.Bd. I Abth.1869. 


SITZUNGSBERICHTE 


DER 


KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. 


LX. BAND. 


ERSTE ABTHEILUNG. 


7. 


Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, 


Zoologie, Anatomie, Geologie und Paläontologie. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. B. I. Abth. 10 


N A 
URN RN 


INK 


Lk Wehe. 


f 


143 


XVII. SITZUNG VOM 1. JULI 1869. 


Herr Dr. A. Petermann in Gotha bestätiget, mit Schreiben 
vom 19. Juni, dankend den Empfang der ihm zugesendeten Subven- 
tions-Summe von 400 fl. = 218 Thr. 15 Ngr., welche die kais. 
Akademie den beiden Theilnehmern an der zweiten deutschen Nord- 
pol-Expedition, den Herren Dr. G. C. Laube und Julius Payer 
bewilligt hat. 

Herr Prof. Dr. Fr. Rochleder übersendet eine Abhandlung: 
„Über die Chrysophansäure“. 

Herr Prof. Dr. K. Langer überreicht eine für die Denkschriften 
bestimmte Abhandlung, betitelt: „Wachsthum des menschlichen 
Skelets mit Bezug auf den Riesen“. 

Herr Hofrath Dr. E. Brücke legt eine Abhandlung: „Über die 
Entstehung der bipolaren Anordnung der Linsenfasern“, von Herrn 
M. Woinow aus Moskau vor. Die betreffenden Untersuchungen 
wurden im physiologischen Institute der k. k. Wiener Universität 
ausgeführt. 

Herr Director Dr. G. Tsehermak übergibt einen „Bericht 
über das Niederfallen eines Meteorsteines bei Krähenberg, Kanton 
Homburg in der Pfalz“ von Herrn Dr. Georg Neumayer. 

Derselbe spricht ferner über die chemische Zusammensetzung 
der Feldspathe, welche Natron und Kalkerde enthalten. 

Herr Dr. J. Hann überreicht eine Abhandlung: „Untersuchun- 
gen über die Winde der nördlichen Hemisphäre in ihrer klimatolo- 
gischen Bedeutung*. 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 


Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss., zu Berlin: Monats- 
berieht. März 1869. Berlin; 80. 
Apotheker-Verein, Allgem. österr.: Zeitschrift. 7. Jahrgang, 
Nr. 12. Wien, 1869; 8o. 
10% 


AA 


Astronomische Nachrichten. Nr. 1760—-1761. Altona, 1869; 4°. 

Comptes rendus des seances de l’Academie des Sciences. Tome 
LVII, Nrs. 8, 23—24. Paris, 1869; 4°. 

Cosmos. XVII’ Annee, 3° Serie. Tome IV, 25°—26° Livraisons. 
Paris, 1869; 80. 

Gesellschaft, österr., für Meteorologie: Zeitschrift. IV. Band, 
Nr. 12. Wien, 1869; 8°. 

— Astronomische, zu Leipzig: IX. Publication. (Tafeln der Pomona, 

von Otto Lesser.) Leipzig, 1869; 4°. 

Gewerbe-Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. 
XXX. Jahrg., Nr. 23. Wien, 1869; 8°. 

Istituto, Reale, Veneto di Scienze, Lettere ed Arti: Atti. Tomo 
XIV°, Serie II, Disp. 6°. Venezia, 1868—1869; 8°, 

Landbote, Der steirische. 2. Jahrgang, Nr. 13. Graz, 1869; 40. 

Lotos. XIX. Jahrgang, April — Mai 1869. Prag ; 8°. 

Mittheilungen aus J. Perthes’ geographischer Anstalt. Jahr- 
gang 1869, V. Heft nebst Ergänzungsheft Nr. 26. Gotha; 4°. 

Moniteur scientifique. Tome XI’, Annee 1869, 300° Livraison. 
Paris; 40. 

Museum-Verein, Siebenbürgischer: Jahrbücher. V. Band, 1. Heft. 
Klausenburg, 1869; 4°. 

Revue des cours scientifiques et litteraires de la France et de l’e- 
tranger. VI° Annee, Nrs. 8. 293—30. Paris et Bruxelles, 1869; 40. 

Societe des Sciences physiques et naturelles de Bordeaux: Me- 
moires. Tome VI, 1” Cahier. Paris et Bordeaux, 1869; 8°. 

Wiener Landwirthschaftl. Zeitung. XIX. Jahrgang, Nr. 25—26. 
Wien, 1869; 4°. | 

— Medizin. Wochenschrift. XIX. Jahrgang, Nr. 49—52. Wien, 

1869; 4°. 


145 


Über einen Feldspath aus dem Närödal und über das Mischungs- 
gesetz der plagioklastischen Feldspathe. 


Von dem e. M. Dr. 6. Tschermak. 


Die Theorie der Feldspathmischung, welche in einer Arbeit ent- 
wickelt wurde t), die ich der k. Akademie vor vier Jahren übergab, 
lautet bezüglich der plagioklastischen Feldspathe dahin, daß diese 
Mineralien Gemische aus zwei isomorphen Verbindungen sind, welche 
in dem Albit und Anorthit fast rein auftreten. 


Abt N2Al,S1,0;;- 
Anorthit Ca;Al,Si40; . 


Die Einwendungen, welehe von Streng gemacht wurden 2), sind 
bereits von Rammelsberg widerlegt, welcher das Statthaben jenes 
Gesetzes bestätigte 5). Bunsen gab eine Methode an, nach welcher 
die Daten der Analyse auf eine exacte Weise mit der Theorie ver- 
glichen werden können), 


In der letzten Zeit hat auch Gerhart v. Rath einen Beitrag zur 
Diseussion der genannten Theorie geliefert). Dieser Forscher neigt 
sich wieder der Streng’schen Ansicht zu, welche er inRammels- 
berg’s Abhandlung noch nicht widerlegt zu sehen scheint und glaubt 
auch eine Thatsache aufführen zu können, welche der von mir ent- 
wickelten Theorie widerspricht. 


Nach der letzteren gibt es keinen natronfreien Labradorit. An- 
ders gesagt: Wenn die Analyse eines plagioklastischen Feldspathes 


1) Sitzungs-Berichte Bd. L, pag. 566. 

2) Jahrbuch für Mineralogie 1865, pag. 411. 

3). Poggendorff’s Annalen, Bd. 126, pag. 39, und Zeitschrift der deutsch. geolog. 
Gesellsch. 18. Bd., pag. 200. 

%) Annalen der Chemie. VI. Supplement-Bd., pag. 188. 

5) Poggend. Annalen. Bd. 136, pag. 405. 


146 Tschermak. 


das Verhältniß 3SiO, zu Al,O, angibt, dann muß auch Natron 
vorhanden sein und zwar stehen Natron und Kalierde in dem Ver- 
hältniß Na,0 zu 3Ca0. 

G.v. Rath gibt eine von ihm ausgeführte Analyse an, welche 
sich auf einen Plagioklas bezieht, den er im Närödal in Norwegen 
als fast alleinigen Bestandtheit eines Gesteines auffand. Diese Analyse 
gibt allerdings beiläufig das Verhältniß 3SiO, zu Al,O,, aber so wenig 
Natron, daß das Verhältniß zwischen Natron und Kalierde ein ganz 
anderes ist, als das von der Theorie geforderte. Demnach sagt 
G. v. Rath ganz richtig, daß „die Analyse unvereinbar sei mit der 
Annahme einer Mischung aus Albit und Anorthit“, und es würde 
allerdings, wenn ein vollständig reiner plagioklastischer Feldspath 
von soleher Zusammensetzung existirte, jener Theorie „die Spitze 
gebrochen“. 

Ich vermuthe aber, daß vielleicht eine Beimengung oder ein 
ähnlicher Umstand die gefundene Abweichung hervorgerufen habe, 
und bat Herrn Professor G. v. Rath um eine Probe dieses 
Plagioklas, damit ich mich durch den Augenschein überzeugen 
könne. Mit großer Bereitwilligkeit erfüllte der hochverehrte College 
meine Bitte und übersandte mir sowohl ein Stückchen des Gesteines 
als auch eine Partie der Splitter, aus welchen er das Material für 
die Analyse gewonnen, wofür ich ihm zum größten Danke ver- 
pflichtet bin. 

Ich ging nun daran, das Mineral mikroskopisch zu untersuchen. 
Das Gesteinstück besteht fast ganz aus Plagioklaskörnern. Zwischen 
diesen erblickt man hie und da grüne Pünktchen, welche aus zwei 
Mineralien bestehen. Das eine ist dem Phästin ähnlich, d. i. es 
sieht aus wie ein zu Talk umgewandelter Bronzit; das zweite 
häufigere ist ein Chlorit, der sich optisch einaxig erwies. In 
demletzteren fand ich bei der mikroskopischen Prüfung sehr feine 
durchsichtige Nadeln und viele durchsichtige Körnchen von zu- 
weilen sechsseitigem Umriß eingeschlossen. Von dem Plagioklas 
wurden ganz reine Körner ausgewählt und Dünnschliffe davon 
angefertigt. Der Plagioklas hat eine ausgezeichnete lamellare 
(Viellings-) Struetur, die zwischen gekreuzten Nicols ein präch- 
tiges Bild hervorruft; er ist übrigens nicht frei von Einschlüssen, 
die regellos vertheilt sind. Am häufigsten sieht man durchsichtige, 
sehr dünne, gewöhnlich in die Länge gezogene Blättchen von bald 


Über einen Feldspath aus dem Närödal etc. 147 


rhomboidischem, bald sechsseitigem Umriß. Die ebenen Winkel konn- 
ten nicht genau gemessen werden, doch gaben günstiger gelegene 
Blättchen nahezu 60° und 1200. Die Blättchen sind optisch einaxig 
oder schwach zweiaxig. Sie können Glimmer oder Chlorit sein. Ferner 
sieht man kurze, dicke Säulchen, die rhombische Krystallform zuhaben 
scheinen, im Querschnitt ein Sechseck, im Längsschnitt ein Recht- 
eck bieten und optisch zweiaxig sind. Endlich bemerkt man, doch 
selten, Hohlräume und undurchsichtige Pünktehen , welche letzteren 
vielleicht auf Kupferkies zu beziehen sind, welcher auch in winzigen 
Körnchen hie und da zu sehen ist. Alle die Einschlüsse im Plagioklas 
sind andere als im Chlorit. Aus diesen Wahrnehmungen ergibt sich, 
daß auch in sehr sorgfältig ausgesuchten Splittern von Plagioklas, wie 
sie für die weiteren Untersuchungen gewonnen waren, fremde Bei- 
meugungen enthalten sein müssen, die nach meiner Schätzung wohl 
2 Procent, mindestens aber 1 Procent betragen. Durch diese Beimen- 
gung war aber die viel bedeutendere Abweichung in G. v. Rath's 
Analyse noch nicht erklärt und die Untersuchung wurde weiter 
geführt. 

Das Eigengewicht bestimmte ich an sehr kleinen Stückchen mit- 
telst eines vorzüglichen Pyknometers und bei Anwendung von luft- 
freiem Wasser, und fand nach mehreren übereinstimmenden Versu- 
chen die Zahl 2:729. 


Die chemische Untersuchung übernahm gütigst Herr Prof. 
E. Ludwig, der die Analyse mit gewohnter Umsicht und Sorgfalt an 
dem von mir vorsichtig ausgesuchten Mineral ausführte und in dem 
scharf getrockneten Minerale fand: 


Kieselsäure......... 48-94 
Dhonerde 2... .. 33:26 
Kalkerde ........... 15.10 
Natton..tch alad.cai 3:30 

10060 


Außerdem Spuren von Magnesia und Kali, welche wohl den 
mikroskopischen Einschlüssen zuzuschreiben sind. Dieses Resultat 
weicht von demjenigen, welches G. v. Rath erhielt, nicht un- 
merklich ab: 


481 Tsehermak. 


v. Rath Ludwig Differenz 
Kieselsäure...... 51:24 48:94 + 2:30 
Thonerde ...... 31:31 33°26 = 71.95 
Kalkerde....... 15-63 15.10 + 0:53 
Natron a. 1-86 3:30 — 1:44 
Glühverlust..... 0-15 == 


100:19 10060 
S—= 2-14 S—=2-729. 


Wenn man die Analyse Ludwigs nach der Theorie der Mischung 
aus Anorthit und Albit berechnet, so findet man nach Bunsen's Me- 
thode, daß die Mengen der Kieselsäure, Thonerde, Kalkerde und des 
Natron entsprechen einer Mischung aus: 


76:80 78-85 75-25 proc. Anorthit, 
23:20 21-15 2796 „  Albit. 


Da nun die mikroskopischen Einschlüsse kalkfreie Mineralien 
zu sein scheinen, so lege ich auf die Kalkerde das meiste Gewicht 
und vergleiche daher obige Analyse mit der Rechnung für ein Ge- 
misch aus 75 proc. Anorthit und 25 proc. Albit. Es ist: 


Kieselsäure.... 49:40 48:94 + 0:46 
Thonerde ..... 3260 33:26 — 0:66 
Kalkerde...... 15-05 15.10 — 0:05 
Natron ....%... 2-95 3:30 — 0:35 
S = 2.723 2:429 — 0:006 


Die neue Beobachtung stimmt also mit der Theorie, wie es bei 
dem Umstande , als eine geringe Menge fremder Beimengung exi- 
stirt, nur möglieh ist, und ich halte daher den Plagioklas aus dem 
Närödal nicht für einen solehen, welcher der Theorie widerspricht, 

“sondern für einen, der sie bestätigt. Obgleich ich nun in die Gefahr 
komme, mit einem so ausgezeichneten Forscher, wie G. v. Rath, im 
Widerspruch zu sein, so möchte ich es doch wagen, die genannte 
Theorie für erwiesen zu halten und nochmals zu betonen: Es gibt 
keinen natronfreien Labradorit. Der Plagioklas aus dem Närödal ist 


Über einen Feldspath aus dem Närödal etc. 149 


übrigens in mineralogischer Hinsicht interessant, weil er ein Glied aus 
jener Reihe bildet, welche bisher noch wenige Vertreter zählte. Diese 
ist die Reihe zwischen dem sogenannten Labradorit (Ab,An, oder 
61 Proc. Anorthit gegen 39 Albit) und dem reinen Anorthit, die Reihe 
also, welche ich Bytownit-Reihe genannt habe. Ich erlaube mir daher 
vorzuschlagen den Feldspath aus dem Närödal als einen Bytownit zu 
bezeichnen, 


150. 


XVIll. SITZUNG VOM 8. JULI 1869. 


Das k. k. Ministerium des Innern übermittelt mit Note vom 
30. Juni die durch die n.-ö. Statthalterei eingesendeten graphischen 
Darstellungen der Eisverhältnisse an der Donau und March in Nieder- 
Österreich im Winter 1868/69. 

Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: 

„Mittheilungen von Herrn kais. Russ. Staatsrath Hermann 
Abich in Tiflis. Bericht von W. Ritter v. Haidinger“ und „Die 
Fulguriten im Andesit des kleinen Ararat, nebst Bemerkungen über 
örtliche Einflüsse bei der Bildung elektrischer Gewitter“, von 
Herrn H. Abich, eingesendet durch Herrn Hofrath W. Ritter 
v. Haidinger. 

„Über die Hoffmann’sche Tyrosin-Reaction und über die 
Verbindungen des Tyrosins mit Quecksilberoxyd“, von Herrn Prof. 
Dr. M. Ritter v. Vintschgau in Prag. 

Der Vorstand der Astronomischen Gesellschaft übermittelt mit 
Circulandum vom 25. Juni l. J. Einladung und Programm zur 
Astronomen-Versammlung in Wien vom 13. bis 16. September d. J. 

Herr Prof. Dr. H. Hlasiwetz legt eine in seinem Laboratorium 
ausgeführte Untersuehung: „Über einige Doppeleyanverbindungen“ 
von Herrn Dr. P. Weselsky vor. 

Herr Director Dr. J. Stefan überreicht eine Abhandlung: 
„Experimentelle Bestimmung des Leitungswiderstandes in Platin- 
Blechen“, von Herrn Artillerie-Oberlieutenant A. v. Obermayer. 

Herr Prof. Dr. J. Redtenbacher übergibt die in seinem 
Laboratorium ausgeführte „Chemische Analyse der Jodquelle zu Roy 
nächst Freistadt in Schlesien“, von Herrn J. Barber. 

Herr A. Martin, Bibliothekar am k. k. Wiener polytechnischen 
Institute, berichtet über die Resultate seiner bisherigen Versuche 
mit dem mit Subvention der k. Akademie angeschafften Apparat für 
Herstellung mikroskopischer Photographien. 

Herr Prof. Dr. L. Ditscheiner legt eine Abhandlung vor, 
betitelt: „Krystallographische Untersuchungen“. 


151 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 

Annalen der Chemie und Pharmacie, von Wöhler, Liebig und 
Kopp. N. R. Band LXXIV, Heft 3. Leipzig und Heidelberg, 
1869; 80. 

Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 7. Jahrg., Nr. 13. 
Wien, 1869; 80. 

Astronomische Nachrichten. Nr. 1762 —1763. Altona, 1869; 40. 

Bibliotheque Universelle et Revue Suisse: Archives des Sciences 
physiques et naturelles. N.P. Tome XXXV°, Nr. 137. Geneve, 
Lausanne, Neuchatel, 1869; 80. 

Carl, Ph., Repertorium für Experimental-Physik ete. V. Band, 
2. Heft. München, 1869; 8°. 

Comptes rendus des seances de l’Academie des Sciences. Tome 
LXVill, Nr. 25. Paris, 1869; 4°. 

Cosmos. XVII’ Annee, 3° Serie. 'Tome V, 1" Livraison. Paris, 
1869; 8°. 

Ferdinandeum für Tirol und Vorarlberg: Zeitschrift. III. Folge. 
XIV. Heft. Innsbruck, 1869; 80. — Statuten. 1868; 8°. 

Fredholm, Karl August, Om Meteorsten fallet vid Hessle den 
1. Januari 1869. Upsala, 1869; 8°, 

Genootschap, Provineial Utrechtsch, van Kunsten en Weten- 
schappen: Verslag van het verhandelde in de algemeene Ver- 
gadering. 1868. Utrecht; 80. — Aanteekeningen van het ver- 
handelde in de Sectie-Vergaderingen. 1868, Utrecht: 80. — 
Levensbeschrijving van Rijklof Michaöl van Goens, door Mr. 
B. ten Brink. Utrecht, 1869; 8°. — Catalogus der archeolo- 

- gische Verzameling van het Prov. Utr. Gen. v. K. en W. Utrecht, 
1868; 8°. 

Gesellschaft, österr., für Meteorologie: Zeitschrift. IV. Band, 
Nr. 13. Wien, 1869; 8». 

— naturforschende, zu Bamberg: VII. Bericht. 1866—68. Bam- 
berg, 1868; 80. 

Leseverein, Akademischer, an der k. k. Universität in Wien: VII. 
Jahresbericht. 1867—1868. Wien; 8°. 

Magazijn voor Landbow en Kruidkunde. N. R. VIII. Deel, 7.—9. 
Aflevering. Utrecht, 1869; 80. 

Moniteur scientifigque. Tome XI’, Annee 1869. 301° Livraison. 
Paris; 40. 


152 


Revue des cours scientifiques et litteraires de la France et de 
l’etranger. VI’ Annee, Nr. 31. Paris & Bruxelles, 1869; 40. 

Scientifie Opinion. Nr. 30. Vol. I; Nrs. 31—34. Vol. II. London, 
1869; 4°. 

Societe botanique de France: Bulletin. Tome XVI’. — 1869. 
Comptes rendus des seances. I; Revue bibliographique B. 
Paris; 8°. 

Verein, naturwissenschaftl., in Carlsruhe: Verhandlungen. III. Heft. 
Carlsruhe, 1869; 8°, 

— Naturforscher-, zu Riga: Correspondenzblatt. XVII. Jahrgang. 
Riga, 1869; 80. 

Wiener Landwirthschaftliche Zeitung. XIX. Jahrg., Nr. 27. 
Wien, 1869; 4°. 

— Medizin. Wochenschrift. XIX. Jahrg., Nr. 535—54. Wien, 
1869; 40. 

Zeitschrift für Chemie von Beilstein, Fittig und Hübner. 

XI. Jahrgang. N. F. V. Band, 11. Heft. Leipzig, 1869; 8°. 


153 


Die Fulguriten im Andesit des kleinen Ararat, nebst Bemer- 
kungen über östliche Einflüsse bei der Bildung elektrischer 
Gewitter. 


(Aus einem Schreiben aus Tiflis an Hrn. k. k. Hofrath W. Ritt. v. Haidinger.) 


Von Hermann Abich, 


kaiserl.-russ. Staatsrath. 


Ihre Beschreibung des in Wien beobachteten elektrischen Me- 
teors und die daran geknüpften Nebenbemerkungen, unter welchen 
auch die von mir auf der Westseite des Karthlinimontinischen Grenz- 
gebirges gemachte Wahrnehmung eine Stelle gefunden hat, haben 
mein Interesse besonders um der Verbindung willen lebhaft in An- 
spruch genommen, in welcher sich der Gegenstand des Memoirs mit 
der Frage über den Entstehungsgrund der Gewitter überhaupt be- 
findet. Angeregt durch dasselbe möchte ich noch eine andere in die- 
ses Gebiet gehörige Thatsache zu Ihrer Kenntniß bringen, die sich 
meiner Beobachtung zur Zeit wiederholter geologischer Untersuchun- 
gen am Ararat dargeboten hat. 

Der Einfluß der physikalisch-geographischen Massenvertheilung 
auf die Lage der Grenzlinien, die den Gegensatz zwischen „einer öst- 
lichen überhitzten und eben deßhalb übertrockenen continen- 
talen asiatischen Steppen-Atmosphäre und den durch nordwestliche 
Strömungen uns zugeführten feuchten und kühleren Luftmassen“ 
im Beginne der Sommerhälfte des Jahres, im hiesigen Lande auf 
das Schärfste zum Ausdruck bringen, macht sich nirgends in auffäl- 
ligerer Weise geltend, als am Systeme der beiden Ararate. 

Dieser Einfluß äußert sich daselbst hauptsächlich durch die in der 
Gipfelregion so überaus häufig und plötzlich entstehenden Gewitter, 
wieinsbesondere durch die eigenthümliche topische Beziehung in wel- 
cher diese elektrischen Phänomene zu dem orographischen Relief des 
Ganzen stehen. Gewöhnlich beginnen die ersten Wolkenbildungen, 
und inihnen die ersten elektrischen Ausgleichungen, an der nord- 


154 Abich. 


westlichen Seite des Systems, wo dasselbe mit seiner stärksten Mas- 
senentwicklung am weitesten in die, durch größte Breitenentwick- 
lung ausgezeichnete Region der Araxes -Thalebene eindringt. In 
rascher Ausbildung überzieht das Gewitter bald in südöstlicher Rich- 
tung die ganze Gipfelregion des Berges, und während dasselbe in 
dem Raume zwischen dem großen und kleinen Ararat gleichsam fest- 
gebannt erscheint, erglänzt der hohe Kippgöll genannte nordwest- 
liche Bergtheil nicht selten schon wieder im Sonnenlicht. Entweder 
erstirbt das Gewitter nach längerer oder kürzerer Zeitdauer so zu 
sagen am kleinen Ararat, oder es zieht dasselbe in die Ebene, all- 
mälig verschwindend in der Riehtung nach Nachitschevan und 
Dzaulse hinab. Diese in ihrem regelmäßigen Verlaufe und selbst- 
ständigen Charakter sehr bekannten: Gewitter am Ararat beginnen 
im April alten Styls, erreichen ihr Maximum im Mai, und nehmen im 
Juni bedeutend ab. Obschon seltener im Juli und August, werden sie 
doch auch in diesen Monaten wegen der Plötzliehkeit ihres mögli- 
chen Erscheinens für Besteigungsversuche der Ararat-Gipfel leicht 
Veranlassungen zu bedenklichen Hindernissen. Nach den Listen einer 
dureh mich eingerichtet gewesenen meteorologischen Beobachtungs- 
Station in Erivan, deren Dauer mehr als 14 Monate umfaßte, er- 
gaben sich im April 10, im Mai 14 und im Juni sechsmal selbststän- 
dige Gewitter am Ararat. Diese Zahlen haben indessen für das be- 
treffende Jahr nur einen relativen, aber keinen absoluten Werth, da 
die in den Zwischenzeiten der sechsmal täglichen Annotirungen der 
Instrumente fallenden Gewitter nicht angemerkt wurden. 

Bei meinen wiederholten Besteigungen des kleinen Ararat 
wurde mir nun die Befriedigung, auf seiner Gipfelhöhe sehr eigen- 
thümliche physikalisch-lithologische Verhältnisse zu entdecken, die 
den untrüglichsten Beweis von der Häufigkeit der Gewitter in 
dieser Region, wie von der Constanz des localen und ungewöhn- 
lichen Verkehrs geben, den die terrestrischen Massen gerade auf 
diesem Höhenpunkte mit den zerstörenden Kräften des Luftmeeres 
unterhalten. Das Haupt- und Grundgestein, welches den sehr 
eigenthümlichen Bau des kleinen Ararat vermittelt, ist ein fein- 
körniger, hornblendereicher Andesit. Aus dieser Felsart bestehen 
hauptsächlich die felsigen Emporragungen auf den, von zerfal- 
lenem Andesit bedeckten Abhängen, wie auch die abgestumpft py- 
ramidalen Felsmassen, die als erhabene Ränder einer quer über 


Die Fulguriten im Andesit des kleinen Ararat u. s. w. 1 55 


den Berg ziehenden flachen Verwerfungs-Spalte den höchsten Gipfel- 
theil desselben darstellen, den meine Messungen im Jahre 1844/45 
eine Meereshöhe von 12.106 Pariser Fuß gaben. 

Bei der Besteigung des Berges von der weniger schwierigen 
Nordwestseite bemerkte ich im oberen Abhange, auf den Empor- 
ragungen des lichtbräunlichen Gesteins mitunter dunkle Streifen, 
wie sie etwa das Abstreifen brennender Pechfackeln bei nächt- 
licher Besteigung des Vesuvkegels auf den schlackigen Trümmer- 
massen hervorbringt. Die verglaste Beschaffenheit dieser dunklen 
Stellen machte sogleich die Wirkungen des Blitzes kenntlich, 
dessen Verlauf jedesmal eine mit dunkelgrüner Glasschlacke 
ausgekleidete, das Gestein durchsetzende enge Röhre vom Durch- 
messer dicker Federspulen anzeigte. Der einmal auf das Phä- 
nomen gerichteten Aufmerksamkeit entging die Zunahme dessel- 
ben mit der Annäherung an den Gipfel nicht. Ihre Häufigkeit 
wird hier so groß, dal Gesteinsmodifieationen hervorgebracht 
werden, die man billig mit dem Namen Fulgurit-Andesit bezeich- 
nen könnte. Aus einer solchen besteht insbesondere ein großer 
Theil der massigen Felspartien, der höchsten Gipfelstelle. Die Ful- 
guriten als wurmförmige Aushöhlungen mit geflossenen oft halb ge- 
tropften Rinden drängen sich hier auf das engste zusammen; sie 
durchsetzen und durchdringen sich dergestalt, daß an die Stelle 
eines compaeteren Gesteines von mikrokrystallinischem Gefüge, ein 
eavernöses unvollkommenes Schmelzproduet getreten ist, dessen mor- 
phologisches Verhalten durchaus mit einem von Teredinen gänzlich 
zerstörten Holze zu vergleichen ist. Obschon große Bruchstücke des 
cavernösen Gesteines vermittelst eines schweren Hammers sich leicht 
abtrennen ließen, so gelang es auf diese Weise doch nieht die un- 
gefähre Grenze zu ermitteln, bis zu welcher die Fulguriten in die 
Felsmasse eingedrungen waren. 

Das Auffinden dieser merkwürdigen, durch elektrisches Feuer 
umgeschmolzenen Amphibol-Andesite auf dem Gipfel des kleinen 
Ararat, auf welche sich wahrscheinlich die Bemerkung bezieht, 
die sich im zweiten Theile der Reise zum Ararat von Parrot 
pag. 185 über die Felsarten des genannten Berges findet t), gab 


1) Der Inhalt der Seiten pag. 222 und 223 des I. Theiles des Werkes zeigt deutlich 
den Irrthum, in welchem sich Parrot hinsichtlich der Fulguriten auf dem kleinen 
Araratgipfel befand. 


156 Abich. 


die Veranlassung, bei allen später ausgeführten, vielfachen Bestei- 
gungen der Gipfel vuleanischer Berge des armenischen und ader- 
bidianischen Hochlandes meine Aufmerksamkeit ganz vorzüglich auf 
Fulguriten zu richten. Die nächste Gelegenheit hiezu boten die 
bald folgenden Besteigungsversuche zum Gipfel des großen Ararat, 
von denen erst die vierte im Sommer des nächsten Jahres zum 
gewünschten Ziele führte. Zweimal wurden dieselben durch den Ein- 
tritt von Schnee und Hagelfällen begleiteter Gewitter vereitelt. In- 
dessen gelang es mir nicht, weder an den schwarzen pechstein- 
artigen Trachytporphyrklippen, die am steilen südöstlichen Abhange 
des oberen Araratkegels am schneebedeckten Abhange bis zu abso- 
luten Höhen von 13- bis 14.000 Fuß sich hinanerstrecken, noch an 
den in ziemlicher Ausdehnung am Rande des Gipfelplateaus aus der 
Scehneebedeckung hervorragenden rothbraunen verschlackten Ge- 
steinsmassen, mehrfach vereinzelte Spuren von Blitzwirkung wahr- 
zunehmen, im scharfen Gegensatze zu der Häufigkeit der elektri- 
schen Schmelzungen auf dem wenig entfernten Gipfel des kleinen 
Ararat. Zu demselben Resultate führten meine Nachforschungen auf 
der nordwestlichen Seite des Ararat, als ich bei einem dritten, von 
der flachen Wölbung des Kipp-Göll genannten Bergtheiles aus ver- 
suchten, aber wegen Eintritt schlechten Wetters nicht vollendeten 
Besteigungsversuche des Gipfels bis zu dem noch wohl erkennbaren 
Lagerungsplatze in 12.954 Pariser Fuß Meereshöhe gelangte, von 
dem aus mein berühmter Vorgänger Parrot, vierzehn Jahre vor mir, 
seine Gipfelbesteigung des Ararat ausgeführt hatte. 

Dagegen gelang es mir, in derHöhe des südlichen Bergabhanges 
Fulguriten aufzufinden. Zuerst war diel der Fall, als ich unterhalb 
Bajazid von der Thalebene daselbst, in 4553 Pariser Fuß Meereshöhe 
an der Brücke von Burdashir ausgehend, zur Gletscherregion zwischen 
den gewaltigen trachydoleritischen Lavaströmen emporgestiegen war, 
die mehr aus Spaltenöffnungen des älteren trachytischen Bergkörpers, 
als aus wohlerkennbaren parasitischen Eruptionskegeln hervorbra- 
chen. Nach nächtlicher Rast an der Cascade eines Gletscherbaches 
in 8041 Pariser FulS Meereshöhe (welche auch für die Grenze der 
Strauchvegetation auf der Südseite des großen Ararat gelten kann), 
fand ich, bis zum Gletscher hinaufsteigend, Blitzspuren in den massig 
emporragenden Trachytklippen an dem Eingange zu der tief einsehnei- 
denden Gletscherschlucht, der einzigen geringfügigen, eigentlichen 


Die Fulguriten im Andesit des kleinen Ararat u. s. w. 1 57 


Thalbildung auf der Südseite des großen Ararat, die sich genau in 
der Längenrichtung des St. Jacobthales auf der Nordseite befindet. 
Die schwache, sattelförmige Depression in der Gipfellinie des Ararat, 
in seiner von Norden gesehenen Projection, dieselbe weshalb über- 
haupt von zwei Gipfelhörnern geredet wird, würde dem Passe 
zwischen den beiden nach entgegengesetzten Richtungen verlaufen- 
den Thälern entsprechen. Meine auf eorrespondirende Beobachtun- 
gen in Erivan und Nachitschevan gestützte barometrische Messung 
gab der absoluten Höhe des Gletscherendes in der bezeichneten 
Schlucht 11.200 Pariser Fuß. 

Eine andere Loealität, wo ich noch einmal Blitzspuren auf- 
fand, bezieht sich auf den Goelldag. Mit diesem Namen bezeich- 
nen die jessidischen Kurden eine in der Höhe der südwestlichen 
Bergseite des Ararat von Bajazid aus wohl erkennbare kegelför- 
mige Erhöhung, zu welcher ich, von der flachen Plateauwölbung 
des Kipp Goell 10.648 Pariser Fuß, in etwa 1?/, Stunden gelangte. 
Anstatt eines vorausgesetzten parasitischen Eruptionskegels erkannte 
ich in diesem Hügel den höchsten Punkt eines Felsengrates, der 
in einer der Schneegrenze nahen Höhe von dem Hauptkörper des 
Ararat in der Richtung N. 350. hervortritt und abwärts sich fort- 
erstreckt. Das ihn bildende lichte Gestein unterscheidet sich als 
ein feinkörniger in sonorklingenden Platten abgesonderter phono- 
lithähnlicher Trachyt, durchaus von der, den Bergabhang auch hier 
bedeckenden dunklen doleritischen Lava. Ein ähnlicher Felsgrat zieht 
sich in einiger Entfernung, etwas divergirend mit diesem, vom Ara- 
rat-Gipfelrücken tief bis zu der unteren Bergregion hinab. Es leidet 
kaum einen Zweifel, daß sich in diesen Felsrücken die hochgehobe- 
nen Ränder gewaltiger Spaltungen im Grundbau des Ararat darstel- 
Jen. Ihre Entstehung ist wahrscheinlich gleichzeitig mit der letzten 
großen Erhebung des Berges und ging den diesen begleitenden gro- 
Ben Lavaergüssen vorher. Es entspricht dieser Vorstellung die ganze 
Natur des Ararat-Abhanges. Der Blick von der 11.340 Pariser Fuß 
über dem Meere liegenden Höhe des Standpunktes auf dem Gölladag 
beherrscht den breiten, thalartig vertieften Raum zwischen den beiden, 
nach einem wenig entfernten aufwärts convergirenden Felsrücken. 
Gletscherschutt bedeckt hier das doleritische Terrain und man erkennt 
bald, wie ein großer Lavastrom, der in südwestlicher Richtung hinab- 
geflossen und auf der Bajazid-Ebene wallartig sich vorgeschoben hat, 

Sitzb. d. math.-nat. Cl. LX. Bd. 1. Abth. 11 


158 Abich. 


hier in der Höhe wirklich in einem vertieften Bette, in einer Spalte 
ausgetreten ist. Ein zweiter Lavastrom, der in der Richtung nach 
Bajazid die Ebene erreicht, scheint ebenfalls zur Seite jenes zweiten 
Felsenkammes, der sich am oberen Abhange als Grat erhebt, hervor- 
gedrungen zu sein. Die in dieser Region gefundenen Blitzspuren be- 
ziehen sich auf vereinzelte angeschmolzene Stellen und Durehboh- 
rungen anstehender Trachyttafeln. Auf der ganzen Nordseite des 
Ararat, an welcher ich mich zu verschiedenen Malen, besonders längs 
der beiden Seitenränder des Jakob-Thales bis zur Schneegrenze er- 
hoben habe, blieben meine Nachforschungen für Blitzspuren resul- 
tatlos. 

Unter den anderen Gipfeln des russischen Theiles des Hoch- 
landes von Armenien, die ich mit Ausnahme der nicht vuleanischen 
größstentheils bestiegen habe, entdeckte ich vereinzelte Fulgurit- 
Spuren nur noch am Parly dag (tatarisch Berg der Blitze), ein aus- 
gedehntes eruptives Trachyt-Porphyr-System, welches die Hochebene 
des Sinak dominirt!) und ferner an dem nördlichen trachytischen 
Gipfelpfeiler des Alagez, der nach meiner Messung 12.020 Pariser 
Fuß absolute Höhe hat). In Aderbeidjan erkannte ich mehrfache 
Fulgurit-Spuren an dem höchsten Gipfel des Sahand bei Tawris, den 
‘ieh am 10. Juli 1852 bestieg und dessen absolute Erhebung ich zu 
11.600 Pariser Fuß bestimmte. 


Auf keinem Gipfel der Meridianreihe vulcanischer Kegel, welche 
der Längenachse der elliptischen Flächenwölbung des 45 Werst 
langen Agmanganplateau als westliche Begrenzung des in 5510 
Pariser Fuß absoluter Höhe liegenden Seevangsee's folgt, und deren 
eulminirende Höhen von den lichten glasigen und lithoidischen Rhyo- 
lithen der mächtigen Systeme des Agdag und des Boosdag in 11.168 
und 10.726 Pariser Fuß Meereshöhe gebildet werden, waren Fulgu- 
riten anzutreffen. Auch suchte ich nach denselben vergeblich auf dem 


1) Meine barometrischen Messungen stellten hier die folgenden Höhen fest: 
1. Plateauhöhe des Sinak, die oberste Stufe des großen, vom Parly dag 
beherrschten vulkanischen Plateau 7382 par. F. 
2. Höchster Gipfel des Parly dag auf der russisch-türkischen Grenze 
9910 p. F. Der Balykgoellsee unter dem Sirak 6887 F. 


2) Der höchste Gipfelpfeiler des Alagez hat nach den Triangulationsarbeiten des kau- 
kasischen Generalstabes 12610 par F. 


Die Fulguriten im Andesit des kleinen Ararat u. s. w. 139 


u 
\ 


N 
9740 Fuß hohen Kraterrande des großen trachytischen Eruptiv- \ 


systems des Ischychlidag, dem südöstlichsten Gliede der Reihe von 
Kegelbildungen auf dem vuleanischen Centralplateau von Karabagh. 
Gleiches gilt endlich noch von der flachen Kegelwölbung des süd- 
westlich vom Ararat hinter Bajazed liegenden Tardourek, von dessen 
so sehr an den Alagez und den Bingöll erinnernder Gestalt sich eine 
Abbildung in Tom. XXI, pag. 214 des Bullet. d. 1. soe. geol. findet. 


Es bedurfte dieser Aufzählungen aus den benachbarten Re- 
sionen des Araratsystems, um den Beweis zu führen, daß die Häu- 
figkeit der Gewitter am kleinen Ararat und das in der Summe seiner 
Wirkungen daselbst vielleicht einzig in seiner Art dastehende Ein- 
schlagen des Blitzes auf dem Gipfel jenes Berges Phänomene 
sind, deren Erklärung nicht allein in allgemeinen physikalisch-geo- 
graphischen Verhältnissen, sondern ganz besonders in den localen 
Beziehungen (der relativen Lage) des kleinen Ararat zu der Araxes- 
ebene, wie zu seinem gleichnamigen größeren Nachbar zu su- 
chen ist. 


Es hat mir nun geschienen, daß es gerade diese letzteren topi- 
schen Umstände sind, die dem kleinen Ararat die Eigenthümlichkeit 
verleihen, gewissermaaßen den Blitzableiter für das Ararat - Berg- 
system darzustellen. 


Ich nehme an, daß die aus West-Nordwest herbeigeführte, 
hochgehende pontische Atmosphäre, bei ihrem Hinstreichen über das 
taurische in Folge langer Insolation erhöhte Wärme ausstrahlende 
Hochland, ihrem Sättigungspunkte mit Wasserdampf sehr nahe, la- 
tente Elektrieität in bedeutenden Mengen aufgenommen hat. Wenn 
diese Atmosphäre auf die colossale Terrainanschwellung des Ararat 
trifft, so erfährt die von den Dunstmassen aufgenommene Elektrieität 
in den Wolken eine rasche Zunahme, und es ist selbstverständlich, daß 
der elektrische Ausgleichungsproceß seinen Anfang zunächst an der 
nordwestlichen Seite des großen Ararat nimmt. Die elliptische Form 
und die Lage des Gipfelrückens des Ararat führen die hier an- 
stauende atmosphärische Strömung auf der Südseite ablenkend dem 
breiten Hochthale zwischen beiden Araraten und am nahen Ausgange 
desselben der Region zu, wo die von der heißen Südhälfte der 
Araxes-Ebene aufsteigende Atmosphäre die höchsten Grade der 
Trockenheit und Wärme besitzt, deren sie fähig ist. 

41% 


N 
\ 


N 


N 


160 Abich. 


Die größere Häfte des kleinen Ararat, der auf stark gegen ONO. 
geneigter Basis die Araxes-Ebene um mehr als 9000 Fuß überragt, 
die im Meridian des großen Araxes etwa 2400 Fuß absoluter Höhe 
hat, befindet sich bis zur Gipfelnähe unter dem Einflusse dieser rei- 
nen elektrieitätsfreien Atmosphäre, zu welcher sich in 
ihrer constant südöstlichen Bewegung, der von der 8274 Fuß hohen 
Paßhöhe der Einsattlung zwischen beiden Bergen herabsinkende 
kalte Nordwest als überfließender Gegenstrom verhält. Die bedeu- 
tende Stärke des letzteren ist eine nothwendige Folge des hier in 
Wechselwirkung tretenden thermischen Gegensatzes zwischen der 
hohen Gipfelregion und der tiefliegenden heißen Ebene. 

Die beobachtungsmäßig auf den höheren Stufen dieses Thales 
eintretende auffallend rasche Erniedrigung der Temperatur deutet 
das beschleunigte Herabsinken der höheren Wolkenschichten an, 
deren mit Vogel, als tief unter dem Frostpunkte erkaltet anzuneh- 
mender Wasserdampf, mit der so häufigen Hagelbildung wohl zusam- 
menpaßt, die im Niederfallen mit dem Rauschen eines Waldstromes 
gerade in der unteren Hälfte dieses Thales dem Verlaufe des Gewit- 
ters als selten fehlende Nebenerscheinung angehört. Indem sich nun 
die mit großer Schnelligkeit vom großen Ararat herzugeführten 
Wolkenmassen mit starker elektrischer Ladung unter einer mehr- 
fach von mir wahrgenommenen, den Berg umkreisenden Bewegung 
auf der Nord- und Ostseite des kleinen Ararat in dem Maaße einander 
auflösen, als die Distanz zwischen der Temperatur und dem Thau- 
punkte der dort herrschenden Luft mit der Entfernung von dem 
Berge, der Ebene zugewendet, zunimmt, muß die verstärkte Span- 
nung der nach der Lamont’schen Hypothese permanenten „nega- 
tiven“ Elektrieität des kleinen Ararat an seiner Kegelspitze sowohl 
zu einem anhaltenden Zerfallen der latenten Elektrieität in den 
Dunstmassen, wie zu einer intensiven Ausgleichung mit den fort- 
während vom großen Ararat hinzugeführten geladenen Wolken Ver- 
anlassung geben. Jedenfalls wird der durch den Charakter der vor- 
angegangenen Witterung bestimmte Grad von Dunstfreiheit und 
Reinheit der über die Nachitschevan-Hälfte der Araxesebene schwe- 
benden Atmosphäre über ihre momentane Fähigkeit oder Unfähigkeit 
Elektrieität zu leiten oder zu binden, und damit auch darüber zu ent- 
scheiden haben, ob das am Ararat entstandene Gewitter am kleinen 
Ararat gefesselt bleiben und daselbst allmählig sich erschöpfen, oder 


N 


x 
Die Fulguriten im Andesit des kleinen Ararat u. s. w. 1 


ob es an demselben rasch vorüberziehen und sich an der Banzen 
Ebene bis zu den jenseitigen Gebirgen verbreiten soll. 

Ich beabsichtige diesen Gegenstand demnächst weiter auszu- 
führen und dann auch durch umständliche Angabe der von mir am 
Ararat und in seiner Umgebung angestellten zahlreichen meteorolo- 
gischen Beobachtungen die Haltbarkeit der Sätze zu unterstützen, in 
welchen ich, mit der einfachsten Erklärung der Häufigkeit von Ful- 
guritenbildungen auf dem Gipfelfels des kleinen Ararat, eine Bestä- 
tigung der Ansichten von Peltier und Lamont über die Ur- 
sachen der Luftelektrieität und der Gewitter überhaupt zu erkennen 
glaube. 


Mittheilungen von Herrn kais. russ. Staatsrath Hermann Abich 
in Tiflis. 
Von dem w. M. W, Ritter v. Haidinger. 


Vor wenigen Tagen wurde ich durch ein höchst anziehendes 
Schreiben von unserem vieljährigen Gönner und Freunde, Herrn 
K.R. Staatsrath Hermann Abich in Tiflis, erfreut, dessen wichtigen 
Inhalt ich wohl der hochverehrten Classe vorzulegen, nicht bis zum 
Wiederbeginn unserer Sitzungen im Oetober verschieben darf. Ein 
Theil desselben bezieht sich auf die so zahlreichen Fulguriten auf den 
höchsten Andesit-Felsspitzen des kleinen Ararat, im Zusammenhange 
mit der Oberflächengestaltung des Landes, und dem Einflusse der- 
selben auf die Bildung und den Ausbruche elektrischer Gewitter. 
Ich habe ihn für sich ausgeschieden, was bei dem innigen Zusammen- 
hange der freundlichst mitgetheilten Erfahrungen geboten schien. 

Veranlassung zur Mittheilung waren mehrere Gespräche in Be- 
zug auf den von mir eben vorbereiteten und später der hochverehrten 
Classe am 5. November vorgelegten Bericht über die elektrischen 
Meteore am 20. October 1868 in Wien beobachtet. Herr Staatsrath 
Abich befand sich damals mit seiner Frau Gemahlin auf der Rück- 
reise nach einem Sommer, im westlichen Europa zugebracht, nach 
seinem stabilen Aufenthalte in Tiflis. 

Vor seiner Abreise hatte er noch viel mit unserem am 4. November 
so erschütternd dahingeschiedenen Freund und Collegen Hörnes 
verkehrt. Er erfuhr das Ereigniß erst nach seiner Abreise. „Es 
drängt mich“ schreibt er „zunächst Ihnen zu sagen, wie sehr auch 
ich von dem so unerwarteten und frühen Dahinscheiden des trefi- 
lichen Hörnes ergriffen gewesen bin. Dauernd wird meine Erin- 
nerung die wohlthuenden Eindrücke bewahren, welche die Persön- 
lichkeit des gemüthlichen Mannes, bei jeder erneuerten Berührung 
mit demselben zurückließ. Tröstlich ist es, daß der Verewigte dem 


Mittheilungen von Hrn. k. russ. Staatsrath Herm. Abich in Tiflis. 163 


Absehlusse seines herrlichen Werkes wenigstens ganz nahe war, _ 


dessen häufige Benützung auch mir einen Antheil an dem geistigen 
Vermächtniß gewährt, was Dr. Moriz Hörnes seiner Zeit, wie seinen 
Freunden hinterlassen hat.“ Ich bin es wohl den beiden hochge- 
ehrten Freunden schuldig, in unserem Kreise die schöne Anerkennung 
des überlebenden wiederzugeben. 

Über die Manna, Parmelia esculenta, von der ieh ihm eine 
Probe aus dem Falle von Karput vom März 1864 mittheilte, deren 
Einsendung wir der freundlichen Theilnahme des Herrn k. k. Bot- 
schafters, Freiherrn v. Prokesch-Osten verdanken 1), hatte er 
vorläufig mehrere Nachrichten erhalten, daß selbe sich häufig in der 
Steppen-Region der Araxes-Kur-Niederungen fände, doch erwartet 
er noch ganz bestimmte Angaben über Localitäten. 

Vorbereitet noch mehrere Mittheilungen aus dem Gebiete seiner 
Beschäftigungen freundlichst einzusenden, erhielt Abich neuerdings 
einen offieiellen Auftrag, welcher die von ihm bereits mehrfach Ge- 
genstand von Forschungen gewesenen Mineral-Quellen von Tiflis be- 
trifft. Er übersiedelt dazu für längere Zeit nach dem von Tiflis im 
trialetischen Gebirge etwa 40 Werst entfernten Bjeloi -Kliutsch, das 
seinen Namen „Weiß-Quelle“ durch das aus dunklem Dolerit-Laven- 
Terrain hoch emporragenden Senon- Gebirge erhält. Sendungen gehen 
ium fortwährend über Tiflis zu. 

Was die abgesondert vorgelegte Mittheilung über die von Herrn 
Staatsrath Abich so reichhaltig aufgefundenen Fulguriten im Au- 
desit des kleinen Ararat betrifft, so dürfte es hier wohl nicht unan- 
gemessen scheinen, wenn ich mit einigen Worten der Angaben und 
Beobachtungen gedenke, welehe uns Arago und Humboldt ver- 
zeichnet haben über Erscheinungen durch elektrische Entladungen 
verglaster Gebirgs-Oberflächentheile. Für den ersteren möchte ich 
hier namentlich der Berichte in der so wichtigen Abhandlung „Sur le 
Tonnerre“ 2) anführen. Hier die Bemerkung des Kaisers Kang-hi 
über Steine, im Zusammenhange mit Blitzschlägen, welche eine Art 


von Verglasung zeigen. (Mem. des Missionaires, tome IV.) Dann die 


1) Der Mannaregen bei Karput in Kleinasien im März 1864. Bericht von W. Haidin- 
ger. Sitzb. d. m.-n. Cl. d. k. A. d. W. Bd. L. 1864. 

*) Annaire pour l’an 1838 presente au Roi par le bureau des longitudes. Paris, Bache- 
lier 1857, pag. 221. 


164 v. Haidinger. 


ausführlichen Angaben der Beobachtungen, von Saussure aus dem 
Jahre 1787, der auf der Döme du Gout& genannten Höhe des 
Montblanc, Amphibolschiefer traf, der mit glasartigen Tropfen und 
Blasen von der Größe eines Hanfkornes bedeckt war. Er betrachtet 
sie als durch das Einschlagen des Blitzes hervorgebracht. (S. 321.) 

Ramond schrieb für Arago eine Notiz nieder, über seine 
Beobachtungen oberflächlicher Schmelzungen auf der Spitze des 
Pie du Midi, des Mont-Perdu und anderer Höhen der Pyrenäen, 
harter Glimmerschiefer der erste, bituminöser Kalkstein der zweite, . 
mit reichlich eingemengtem Quarzsande, beide nur oberflächlich zu 
Tropfen und Blasen geschmolzen. Ähnliches auch auf dem Kling- 
steinporphyr der Roche Sanadoire, im Departement du Puy-de-Döme. 
(S. 322.) 


Humboldt und Bonpland fanden die Oberfläche des Felsens 
el Frayle auf dem Vulean von Toluca (westlich von der Stadt Me- 
xico) überglast, in einer Ausdehnung von achtzehn Quadrat - Deci- 
meter. Das Gestein ist ein röthlicher Trachytporphyr, mit großen 
blättrigen Feldspathkrystallen und etwas Amphibol. An mehreren Orten 
war das Gestein durchlöchert und die Canäle zeigten innen dieselbe 
verglaste Oberfläche. „Der Ort, an welchem die berühmten Reisen- 
den diese Massen entdeckten, ist eine Art von felsigem Thurm, senk- 
recht über dem alten Krater des Vulcans von Toluca, dessen Gipfel 
nur etwa drei Meter breit ist.“ Diesem folgen noch Angaben über 
verschiedene einzelne wirkliche Beobachtung von Einschlagen des 
Blitzes,’ mit Nachweisung der Wirkungen in Verglasung der Gegen- 
stände auf dem Wege, die ich hier der Kürze wegen übergehe, von 
der Beschreibung des Pastors Hermann zu Massel in Schlesien, im 
Jahre 1711, bis zu den ausführlichen Berichten unseres verewigten 
Freundes Dr. Fiedler über die Blitzröhren, der Senner-Haide, und 
des Professors Hagen von Königberg über die zehn bis zwölf Zoll 
langen Blitzröhren, die nach einem Blitzschlage am 17. Juli 1823 
nahe bei dem Dorfe Rauschen, in der Provinz Samland ausgegraben 
worden war. (S. 324—334.) 


Alexander von Humboldt selbst gedenkt dieser Beobachtung 
der „verglasenden Wirkungen des Blitzes“ in seinem Kosmos 1) „auf 


1) Ba. I. S. 562. 


Mittheilungen von Hrn. k. russ. Staatsrath Herm. Abich in Tiflis. 165 


einen der Felsthürme, welehe in einer Höhe von fast 14.300 Fuß 
den Krater von Toluca überragen.“ Dann ausführlicher an späteren 
Orten 1). Er hatte den Pico del Frayle am 29. Sept. 1803 erstiegen 
und barometrisch 14-232 Fuß hoch gefunden. Von hier hatte Hum- 
boldt die sowohl in der Berliner als in mehreren Pariser Samm- 
lungen niedergelegten Stücke von Trachytmassen abgeschlagen, die 
vom Blitz durehlöchert und im Innern wie Blitzröhren verglast 
sind 2). Ä 
Hier auch die Mittheilung: „Ich habe auch Trachytstücke in 
meinen Sammlungen mitgebracht, an denen, wie am kleinen Ara- 
rat oder am Montblanc, ohne röhrenförmige Öffnung die ganze 
Oberfläche verglast ist.“ 

Man findet also hier bereits eine Angabe des Vorkommens am 
kleinen Ararat. Aber die neuen Forschungen des hochverdienten unter- 
nehmenden Abich weisen die Erscheinungen dort als in einem groß- 
artigen Maafsstabe verbreitet nach, und die Verbindung mit der Be- 
trachtung der Vorgänge bei der Entwickelung der Bahnen, und der 
Ausgleichungen der elektrischen Gewitter bieten ein Feld für neue 
Zusammenstellungen dar, das ungemein anziehend auf jeden Freund 
dieses Zweiges der physikalischen Forschungen wirken muß. 


1) Bd. 1V. S. 428 u. 591. 
2) Gilbert. Annalen. LX1. S. 261 (1819) und Annales de Chimie et de Physique, 
T. XIX. 1822, p. 298. 


166 


XIX. SITZUNG VOM 15. JULI 1869. 


Das k. k. Ministerium des Innern übermittelt mit Zuschrift vom 
12. Juli 1. J. die graphischen Darstellungen der Eisverhältnisse 
an der Donau in Oberösterreich während des Winters 1868/69. 


Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: 


„Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) 
gehörigen Formen“. IV. Abtheilung, und „Die natürliche Familie 
der Spitzhörnchen (Cladobatae)“, beide von Herrn Dr. L. J. 
Fitzinger in Pest. 

Eine Notiz über die Bestandtheile des Krapp, von Herrn Prof. 
Dr. Fr. Rochleder in Prag, für den Anzeiger. 

„Analyse der beiden Johannisbrunnen nächst Straden bei 
Gleiehenberg in Steiermark“; „Analyse der Hauptquelle im st. 1. 
Curorte Neuhaus bei Cilli in Steiermark“ und „Notiz über die 
„von Pettenkofer'sche Methode der Kohlensäurebestimmung“, 
sämmtlich von Herrn Prof. Dr. J. Gottlieb in Graz. 

„Über Molybdänsäure und ihre Verbindungen“, von Herrn 
Ullik in Graz, eingesendet durch Herrn Prof. Gottlieb. 

„Iehthyologische Notizen“ (IX), von Herrn Dr. Fr. Stein- 
dachner. 

„Über die sogenannten accessorischen Gelenkshöcker an der 
Pars basilaris ossis occipitis und einige Formen von ungewöhn- 
licher Gelenksverbindung zwischen dem Zahnfortsatz des Epi- 
stropheus und dem Hinterhauptsknochen“, von Herrn Proseetor 
Dr. A. Friedlowsky. 

Herr Hofrath und Prof. Dr. E. Brücke überreicht folgende 
zwei in seinem physiologischen Institute ausgeführte Arbeiten: 

1. „Beitrag zur Kenntniß des feineren Baues der Brunner- 
schen Drüsen“, von Herrn med. stud. A. Schlemmer; 

2. „Zur Kenntniß der Purkinje'schen Fäden“, vom Herrn 
med. stud. A. Frisch. 


167 


Herr Prof. H. Hlasiwetz übergibt zwei in seinem Labora- 
torium ausgeführte Abhandlungen, u. z.: 

1. „Über das Bijodphenol“, von ihm selbst gemeinschaftlich 
mit Herrn Dr. P. Weselsky. 

2. „Untersuchung des Sandelholzes“, von Herrn H. Weidel. 

Herr Prof. Dr. Edm. Weiß legt als letzten Bericht der vor- 
jährigen österr. Sonnenfinsterniß-Expedition die Bearbeitung der in 
Aden ausgeführten Sternschnuppenbeobachtungen vor. 

Herr Prof. Dr. L. Ditscheiner übergibt eine Abhandlung: 
„Über den Gangunterschied und das Intensitätsverhältniß der bei 
der Reflexion an Glasgittern auftretenden parallel und senkrecht zur 
Einfallsebene polarisirten Strahlen“. 

Herr Dr. Th. Meynert, Prosector an der Wiener Irren- 
anstalt, legt eine Abhandlung vor, betitelt: „Beiträge zur Erkennt- 
niß der centralen Projeetion der Sinnesoberflächen“. 

Herr Dr. €. Gußenbauer überreicht eine Abhandlung: Über 
das Gefäßsystem der äußeren weiblichen Genitalien*“. 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 


Accademia delle Scienze dell’Istituto di Bologna. Memorie. Serie Il., 
Tomo VII., Fasc. 3. Bologna, 1869; 40. 

Comptes rendus des seances de l’Academie des Sciences. Tome 
LXVIN, Nr. 26. Paris, 1869; 40. 

Cosmos. XVII: Annee. 3° Serie. Tome V, 2° Livraison. Paris, 
1869; 80, 

Gesellschaft, astronomische: Vierteljahrsschrift. IV. Jahrg. 2. Heft. 
Leipzig, 1869; 8°. 

— naturforschende, in Emden: Kleine Schriften. XIV. Emden, 
1869; 40. 

Gewerbe - Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. 
XXX. Jahrg., Nr. 24. Wien, 1869; 8°. 

Harz-Verein für Gesehichte und Alterthumskunde zu Wernigerode: 
Beiträge zur Alterthumskunde der Grafschaft Wernigerode. 
I—Il. Wernigerode, 1867 & 1868; 40. — Zur zweiten ordentl. 
Hauptversammlung des Harz-Vereins. Wernigerode, 1869; 
kl. 4°. — Festschrift zur Feier seines 25jährigen Bestehens. 
Wernigerode, 1868; 8°. — Kesslin, Chr. Fr., Nachrichten 
von Schriftstellern und Künstlern der Grafschaft Wernigerode 


168 


vom Jahre 1074—1855. Wernigerode, 1856; 8°. — Leib- 
rock, Gust. Ad., Chronik der Stadt und des Fürstenthums 
Blankenburg ete. I. und II. Bd. Blankenburg, 1864 & 1865; 
80. — Grote, J,, Verzeichniß jetzt wüster Ortschaften ete. 
Wernigerode, 1863; 80. — Jacobs, Ed., Die ehemalige 
Büchersammlung Ludwigs, Grafen zu Stolberg (geb. 1505, 
7 1574) in Königstein ete. Wernigerode, 1868; 8°. — Idem, 
Früheste Erwähnung der noch bestehenden Ortschaften des 
Herzogthums Magdeburg (mit Ausschluß des Saalkreises). 
Magdeburg, 1864; So. — Friedrich, A., Geschichte der 
Wohlthätigkeits-Anstalten Wernigerode’s. Wernigerode, 1863; 
4°. — Jache, C. F., Übersicht der in der Grafschaft Werni- 
gerode aufgefundenen mineralogisch einfachen Fossilien, nebst 
Angabe des Fundortes. Wernigerode 1852; 40, — Friedrich, A., 
Crania germanica Hartagowensia. Nordhausen, 1865; 40. 

Istituto, R., Veneto di Seienze, Lettere ed Arti: Atti. Tome XIV’, 
Serie III’, Disp. 7°. Venezia, 1868—69; 80. 

Landbote, Der steirische. II. Jahrgang, Nr. 14. Graz, 1869; 40. 

Lotos. XIX. Jahrgang. Juni 1869. Prag; 8°. 

Mittheilungen des k.k. Artillerie-Comite. Jahrgang 1869, A. Heft. 
Wien; 80, 

Orlandini, Cesare Claudio, Rivelazioni astronomiche aggiunte alla 
declamazione filosofiea. Bologna, 1869; 80. 

Plücker, Julius, Neue Geometrie des Raumes ete. II. Abtheilung. 
Herausgegeben von Felix Klein, Leipzig, 1869; 40. 

Reichsanstalt, k. k. geologische: Verhandlungen. Jahrg. 1869, 
Nr. 9. Wien; 40, 

Revue des cours scientifiques et litteraires de la France et de 
l’etranger. VI® Annde, Nr. 32. Paris & Bruxelles, 1869; 4o. 
Wiener Landwirthschaftliche Zeitung. XIX. Jahrgang, Nr. 28. 

Wien, 1869; 40. 
— Medizin. Wochenschrift. XIX. Jahrgang, Nr. 55—56. Wien, 
1869; 40. 


169 


Beitrag zur Kenntniß des feineren Baues der Brunner’schen 
Drüsen. 


Von med. stud. Anton Schlemmer. 


(Mit 1 Tafel.) 


(Aus dem physiologischen Institute der Wiener Universität.) 


Die vor nicht langer Zeit in unserem Institute gemachte Beob- 
achtung, dafs die Schleimdrüsen der Mundhöhle nicht, wie man bis- 
her glaubte, aeinös, sondern tubulös sind 1), gab Veranlassung auch 
die Brunner’schen Drüsen einer erneuten Untersuchung zu unter- 
werfen. 

Es ergab sich, daß auch diese tubulös sind. 

Ich benutzte nur Duodenum vom Menschen, welches ich mir von 
gerichtlich seeirten Leichen, so frisch als es die Umstände erlaubten, 
verschaffte. Um einem möglichen Irrthume bezüglich der Lage der 
Drüsen und ihrer Ausdehnung auszuweichen, nahm ich das Duodenum 
immer ganz und sammt einem Stücke der Pars pylorica des Magens. 
Ein jedes so erhaltene Stück schlitzte ich der Länge nach auf, 
schnitt es mit einer Scheere in zwei Längsstreifen und legte jedesmal 
den einen in eine stark weingelbe Lösung von doppelt chromsauren 
Kali, den anderen in absoluten Alkohol. 

Die Stücke wurden vor dem Einlegen in die Zubereitungsflüs- 
sigkeiten nie mit Wasser abgespült, damit die Epithelien nicht durch 
Quellung ihre Form verändern oder gar abgestreift werden. 

Stücke, welche in doppelt chromsaures Kali eingelegt wurden, 
bedurften zu ihrer genügenden Härtung einer Zeit von 4—5 Wochen, 
wobei wöchentlich die Härtungsflüssigkeit erneuert werden mußte. 
Dagegen brauchten solche, die in Alkohol gehärtet wurden, unter 
übrigens gleichen Umständen längstens 3—4 Wochen zur genügen- 
den Härtung. Die so erhärteten Objeete wurden in eine Öl-Wachs- 


1) Puky Äkos. Über den Bau der Schleimdrüsen in der Mundhöhle. Sitzb. der k. k. 
Akademie. Jahrg. 1869. 


170 Schlemmer. 


masse eingebettet und mit dem Rasirmesser entweder parallel mit 
der Längsachse des Darmes oder senkrecht darauf geschnitten. 
Solche Sehnitte, welche aus in Alkohol gehärteten Objeeten gemacht 
waren und für eine Vergrößerung, wie sie Hartnack’s System Nr. 8 
gibt, fein genug erschienen, wurden mit Aqua destill. abgespült und 
mit carminsaurem Ammoniak von ziemlicher Concentration gefärbt. 
Zu einer für starke Vergrößerungen hinreichend deutlichen Färbung 
brauehten sehr dünne Schnitte aus Alkoholstücken 20—24 Stunden, 
wogegen solche, welehe aus in doppelt chromsaurem Kali gehärteten 
Objeeten gemacht waren, in der gleich beschaffenen Färbungsflüs- 
sigkeit 36—48 Stunden liegen mußten. 


Die so erhaltenen Schnitte spülte ich, bevor sie weiteren Mani- 
pulationen unterzogen wurden, mit Agua dest. so lange ab, als sich 
dasselbe roth färbte. Nachdem dies geschehen war, schloß ich sie 
theils in Glycerin, Damar, Farrant oder Copaivabalsam ein. 


Die so behandelten Präparate unterzog ich nun einer genauen 
Untersuchung, und fand, wie es alle Autoren beschrieben, daß die 
Brunner'schen Drüsen ausschließlich in den oberen zwei Dritthei- 
len des Duodenums vorkommen und zugleich, daß sie sich unmittel- 
bar ohne nachweisbare Grenze an die Glandulae pyloricae anschlie- 
ßen, ferner daß sie, je weiter man von der Valvula pylorica nach 
abwärts geht, desto spärlicher vorkommen und zugleich auch immer 
kleiner werden. 


Ihr Ausführungsgang durehbohrt, wie bekannt, die Schleimhaut 
sammt dem darunter liegenden Muskellager und mündet zwischen 
den Lieberkühn’schen Crypten verlaufend in das Duodenum. 

Sie erreichen, besonders nahe an der VYalvula pylorica. oftmals 
eine solehe Größe, daß sie sich durch die ganze Dieke des submu- 
eösen Gewebes erstrecken und bis an das eireuläre Muskellager 
reichen. 

Was ihren Typus anbelangt, so muß ich mich gegen die bis 
heute allgemein herrschende Meinung, daß sie acinös seien, erklären. 


Allerdings findet man die Durchschnitte der Drüse unter dem 
Mikroskop aus meistens kreisförmigen oder mehr weniger elliptischen 
Figuren zusammengesetzt, deren jede eine zierliche Rosette von Cy- 
linderepithelium enthält. Aber diese Figuren sind nieht Durchschnitte 
von sphärischen oder sphäroidischen Drüsenbläsehen, sondern die 


Beitrag zur Kenntniß) des feineren Baues der Brunner’schen Drüsen. 171 


Querschnitte von senkrecht oder schief auf ihre Axe getroffenen, im 
Allgemeinen eylindrischen Schläuchen. 

Die kreisförmigen sind solche, bei denen die Schläuche senk- 
recht getroffen wurden, die elliptischen sind solche bei denen die 
Sehläuche schief getroffen wurden. Man überzeugt sich hievon leieht, 
wenn man Schnitte mit starker Vergrößerung untersucht und dureh 
veränderte Einstellung die verschiedenen Tiefen nach einander ins 
deutliche Sehen bringt. Überdies bemerkt man bei genauer Unter- 
suchung leieht, daß zwischen Querschnitten auch Längsabsehnitte 
von den mehr oder weniger gekrümmten Schläuchen vorkommen. 

Sie sind kenntlieh an ihrer länglichen Gestalt und der Anord- 
nung des Epithels, welehes man theils im Profil, theils von der äuße- 
ren oder inneren Fläche sieht. 

Wenn der Schnitt in die Riehtung eines Ausführungsganges ge- 
fallen ist, so herrschen die Längsdurchschnitte vor den Querdureh- 
schnitten vor, und es schwindet nun jeglicher Zweifel über den Ty- 
pus nach dem die Drüse gebaut ist. 

Ein solcher Schnitt ist in Fig. I abgebildet. 

A ist ein Ausführungsgang, wie er gegen das submucöse Muskel- 
lager hinläuft, BBB sind die seeundären Gänge, aus denen er sich 
zusammensetzt, OCC sind die blindendigenden primären Schläuche 
der Drüse. Im Übrigen der Figur befinden sich andere primäre und 
seeundäre Schläuche, wie sie eben vom Schnitt getroffen worden 
sind. Bei DDD sieht man Querschnitte, bei EE Längsschnitte bezie- 
hungsweise Oberflächen derselben; aa sind Venen, die durch den 
Schnitt getroffen wurden. 

Einen wesentlichen Unterschied in Bezug der Epithelien der 
Ausführungsgänge und der secernirenden Schläuche wie ihn Puky !) 
an den Schleimdrüsen der Mundhöhle fand, konnte ich hier nicht 
beobachten. | 

Pflasterepithelium in den Ausführungsgängen, wie es Henle?) 
beschreibt, habe ich niemals gesehen. Der hier beschriebene Schnitt 
war entnommen aus dem Hufeisen des Duodenum. 

Fig. II ist entnommen aus der Abdachung der sogenannten Val- 
vula pylorica gegen das Duodenum hin. 


Le. 
2) Lehrbuch der Anatomie 1867, pag. 174. 


1 12 Schlemmer. Beitrag zur Kenntniß des feineren Baues etc. 


Man sieht, daß die hier vorkommenden Drüsen ebenso deutlich 
tubulös sind wie die Brunner’schen aus dem Hufeisen des Duo- 
denum. 

Sie bestehen aus primären Schläuchen, die sich wie bei CC zu 
einem secundären Schlauche B zusammensetzen, der zugleich den 
Ausführungsgang bildet. Nur in sehr seltenen Fällen sah ich primäre 
Schläuche wie FF zu einem secundären D zusammentreten, der sich 
dann noch mit anderen Schläuchen CC vereinigte, um den Ausführungs- 
gang zu bilden. AAsind Endabschnitte von Lieberkühn'’schen Cryp- 
ten und a ist der Durchschnitt einer Vene. 

Der Inhalt der Epithelialzellen dieser Drüsen war mehr körnig 
als der der Epithelialzellen der Brunner’schen Drüsen aus dem 
Hufeisen des Duodenums. 

Dies ist auch in der Figur wiedergegeben und die Epithelial- 
zellen erscheinen deshalb dunkler. 

An Präparaten indessen, die mit Carmin imbibirt sind, kehrt sich 
bei Imbibition von einem gewissen Grade dies Verhältniß um, weil 
die Epithelialzellen der Drüsen aus dem Hufeisen sich stärker färben 
als die von der Pylorusgegend. 

Einen Unterschied zwischen den Epithelialzellen der Ausfüh- 
rungsgänge und den Epithelialzellen der Endschläuche konnte ich an 
den Drüsen der Pars pylorica gleichfalls nicht nachweisen; wohl 
aber unterschieden sich beide von den Epithelzellen der Lieber- 
kühn’schen Crypten, indem sich diese in Carmin viel dunkler 
färbten. 


Schlemmer. Zur Kenntnils des Baues der Brunner’schen Drusen. 


Sitzungsb d.k.Akad.d.W.math.natuw.CL.LX.Bd.l.Abth.1869. 


. x x S a 
- BDEAISS 
ER I, 3 - 


>| 


gez u. Verf. lich v.Dr. 0. Hoitzınamn. 


173 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Zeles) 
gehörigen Formen. 


Von dem w. M. Dr. Leop. Jos. Fitzinger. 


IV. Abtheilune. 
7. Gatt.: Luchskatze (Chaus). 


Die Pupille ist senkrecht elliptisch. Die Krallen sind vollkom- 
men zurückziehbar. Der Schwanz ist mittellang oder kurz, und endi- 
get in keine Quaste. Die Ohren sind mit Haarbüscheln versehen, mehr 
oder weniger lang und zugespitzt, oder ziemlich kurz und stumpf ge- 
rundet. Eine Mähne fehlt gänzlich. Die Backen sind von keinem 
Barte umgeben. Die Beine sind hoch. Der Kopf ist breit, die 
Schnauze gewölbt, 


1. Die Serval-Luchskatze (Chaus servalinus). 


Ch. nigripedis fere magnitudine, corpore pilis longiusculis 
rigidis vestito; auriculis longis acuminatis breve penicillatis ; 
cauda medioeri, ultra ?/, corporis longitudine, crassiuscula, eylin- 
drica, obtusa ; notaeo pallide fuscescente-flavo, gastraeo dilutiore; 
vertice striis quatuor indistinctis fuscis supra nucham decurrentibus 
signato: dorso lateribusgue maculis parvis rotundatis sparsis et 
irregulariter dispositis obscure fuscis, in humeris in fascias ali- 
quot indistinctas confluentibus et pectus transversaliter cingentibus 
notatis; genis stria obliqua obscure fusca ab oculorum cantho ex- 
terno usque pone aures protensa signatis et in infera parte strüs 
maculisque aliquot parvis obsoletis ejusdem coloris ; artubus ex- 
terne pallide fuscescente-flavis, fasciis nonnullis transversalibus 
distinctis obscure fuscis ornatis, interne dilutioribus fascüsque 
duabus transversalibus minus distinctis obscure fuscis notatis ; pe- 

Sitzb. d. mathem.-naturw, Cl. LX. Bd. I. Abth. 12 


174 Fitzinger. 


dibus maculis parvis nigris signatis, plantis podiorum ad meta- 
tarsum et metacarpum usque obscure fuscis; cauda pallide fusces- 
cente-flava, in basali parte ultra dimidium annulis obsoletis dilute 
fuseis, in apicali distinctis nigris cincta, nigro-terminata. 


Felis servalina. Jardine. Mammal. V. II. p. 232, 722. Nr. 26. 
1.25. 

Felis ornata. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 353. 

Felis servalina. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 514, 
Nr. 23. 

Serval servalinus. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 514. 
Nr. 23. 

Chaus servalinus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 45. 

Felis Huttoni. Blyth. Catal. of the Mus. of the Asiat. Soe. 1863. 
p- 63. 


Diese ausgezeichnete Art, welche unzweifelhaft der Gattung 
Luchskatze (Chaus) beigezählt werden muß und mit keiner anderen 
Form als höchstens mit der gezierten Luchskatze (Chaus ornatus) 
verwechselt werden könnte, ist uns bis jetzt nur nach der Beschrei- 
bung und Abbildung bekannt, die wir durch Jardine von derselben 
erhalten haben. 


Sie ist eine der kleinsten Formen dieser Gattung und kommt in 
Ansehung der Größe nahezu mit der schwarzfüßigen Luchskatze 
(Chaus nigripes) überein. 

Die Ohren sind lang und zugespitzt, beträchlich länger als beim 
gewellten Panther (Panthera undata) und an der Spitze mit einem 
kurzen Haarpinsel besetzt. 

Der mittellange Schwanz, welcher über ?/, der Körperlänge ein- 
nimmt, ist ziemlich dick, walzenförmig und an seinem Ende abge- 
stumpft. 

Die Körperbehaarung ist dicht, ziemlich lang und rauh, ähnlich 
jener des gemeinen Servals (Galeopardus Serval). 

Die Grundfarbe der Oberseite des Körpers und der Außenseite 
der Gliedmaßen ist blaß bräunlichgelb, jene der Unterseite desselben 
und der Innenseite der Gliedmaßen heller. Das Kinn und die Unter- 
seite des Halses sind weiß. 

Über den Scheitel und den Nacken verlaufen vier undeutliche 
braune Längsstreifen, und der Rücken und die Leibesseiten sind nur 


Revision der zur natürliehen Familie der Katzen (Keles) gehör. Formen. 175 


spärlich mit kleinen rundlichen, unregelmäßig gestellten dunkelbrau- 
nen Flecken besetzt, welche auf den Schultern zu einigen undeutli- 
chen Binden sich vereinigen, die der Quere nach über die Brust 
ziehen. 

Einige deutlicher hervortretende dunkelbraune Querbinden ver- 
laufen über die Außenseite der Gliedmaßen, während die Innenseite 
derselben von zwei minder deutlichen solehen Querbinden durchzo- 
gen ist. Die Füße sind mit kleinen sehwarzbraunen Flecken besetzt. 
Die Sohlen sind bis gegen das Hand- und Fersengelenk dunkelbraun, 
ähnlich wie bei der Stiefel-Luchskatze (Chaus ealigatus) gezeichnet. 


Vom äußeren Augenwinkel zieht sich ein deutlich abgegrenzter 
dunkelbrauner Streifen quer über die Wangen bis hinter die Ohren 
und unterhalb desselben befinden sich einige kleine unregelmäßige 
dunkelbraune Streifen und Flecken. 


Der Schwanz ist blaß bräunlichgelb, in den beiden ersten Dritt- 
theilen seiner Länge von sehr undeutlichen hellbraunen Ringen, in 
seinem letzten Drittel aber von deutlich abgegrenzten schwarzen 
Ringen umgeben und endiget in eine schwarze Spitze. 


Korperlanger. ne. nn. 77877 NachrJamdıne: 
Länge des Schwanzes . . . ... 1040267. 


Sehulterhöhe kaum über Se 10”. 


Vaterland. Ost-Indien und insbesondere Vorder-Indien, wo 
diese Art namentlich in der Umgegend von Gangootra vorkommt. 


Jardine’s Beschreibung gründet sich nur auf ein einziges 
Exemplar, das weiblichen Geschlechtes war und im königl. Universi- 
täts-Museum zu Edinburg aufgestellt ist. Ein zweites Exemplar be- 
findet sich im britischen Museum zu London. 


Gray ist der Ansicht, daß die von Pallas am Fluße Oxus in 
der Tatarei beobachtete Katze, welche aber offenbar die Sumpf- 
Luchskatze (Chaus Catolyn&) ist, mit dieser Art identisch sei. 


2. Die gezierte Luchskatze (Chaus ornatus). 


Ch. servalini fere magnitudine, corpore pilis longiuseulis ri- 
gidis vestito; auriculis longis acuminatis breve penicillatis; cauda 
medioeri, circa ?/, eorporis longitudine, erassa, cylindrica, obtusd; 
notaeo artubusque externe flavido-fuscis, maculis parum numero- 
sis parvis rotundatis nigris, in tergo et femoribus a approxi- 


176 Fitzinger. 


matis, in lateribus et femoribus per series transversales regulari- 
ter dispositis et ad latera pectoris, in antibrachüset tibiis fascias 
transversales formantibus ornatis; gastraeo artubusque interne 
dilutioribus, antibrachiis interne fascia transversali nigra signatis ; 
fronte nigro-maculäta, nucha striüs aliquot longitudinalibus ab occi- 
pite ad humerosdecurrentibus ibique divergentibus obscure fuscis 
notata; genis stria transversali nigra ab oculorum cantho externo 
usque pone aures protensa pictis, rostro stria longitudinali ab ocu- 
lorum cantho interno ad nasum usque decurrente ejusdem coloris ; 
cauda flavido-fusca, supra a basi usque versus apicem annulis atro- 
fuscis semicincta, dein annulis 4 distinctissimis completis nigris 
nigroque terminata. 


Felis ornata. Gray. Wlustr. of Ind. Zool. V. I. t. 2. 
£ » Gray. London Magaz. of Nat. Hist. 1837. p. 577. 

Felis servalina? Jardine. Mammal. V. Il. p. 232, 272. Nr. 26. 

Felis ornata. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 358, fig. 550. 

Felis servalina Var. ß. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. 
S. 514. Nr. 23. B. 

Serval servalinus. Var. ß. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. Il. 
S. 514. Nr. 23. ß. 

Felis Huttoni. Blyth. Catal. of the Mus. of the Asiat. Soc. 1863, 

p- 69. 


Jedenfalls eine der Serval-Luchskatze (Chaus servalinus) nahe 
verwandte Form, welche sich jedoch — so unvollständig dieselbe 
auch bis jetzt bekannt ist, — schon durch die verschiedene Farben- 
zeichnung von dieser ‚unterscheidet. 


Ihre Größe ist beinahe dieselbe und ebenso scheint sie in der 
Gestalt im Allgemeinen sowohl, als auch in ihren körperlichen Ver- 
hältnissen und in der Behaarung mit der genannten Art übereinzu- 
kommen. 


Die Ohren sind lang und zugespitzt, und endigen in einen kurzen 
Haarpinsel. Der mittellange Schwanz, dessen Länge ungefähr ?/, der 
Körperlänge beträgt, ist dick, walzenförmig und an seinem Ende 
stumpf. 


Die Grundfarbe der Oberseite des Körpers und der Außenseite 
der Gliedmaßen ist gelblichbraun, die der Unterseite des Körpers und 
der Innenseite der Gliedmaßen blasser. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 177 


Die Stirne ist schwarz gefleckt und vom Hinterhaupte ziehen 
sich einige dunkelbraune Längsstreifen über den Nacken bis zu den 
Schultern, wo sie auseinander weichen. 

Die ganze Oberseite des Körpers und die Außenseite der Glied- 
maßen ist mit nicht sehr zahlreichen kleinen rundlichen schwarzen 
Flecken besetzt, welche auf dem Hinterrücken und den Schenkeln 
gedrängter stehen, an den Leibesseiten und den Oberschenkeln in 
regelmäßige Querreihen vertheilt sind, und an den Seiten der Brust, 
den Vorderarmen und den Unterschenkeln kurze Querbinden bilden. 

Über die Innenseite der Vorderbeine zieht sich eine schwarze 
Querbinde. 

Vom äußeren Augenwinkel verläuft ein schwarzer Querstreifen 
über die Wangen bis hinter die Ohren und ein ähnlicher solcher 
Streifen, der in der Gegend der Schnurren beginnt, zieht sich zu bei- 
den Seiten der Schnanze bis an den inneren Augenwinkel. 

Der Schwanz ist gelblichbraun und von der Wurzel an seiner 
größten Länge nach auf der Oberseite von tief schwarzbraunen Halb- 
ringen umgeben, gegen die Spitze zu aber von vier scharf abgegrenz- 
ten schwarzen vollständigen Ringen und an der Spitze schwarz. 

Körpermaaße sind nicht angegeben. 

Vaterland. Ost-Indien. 

Gray ist bis jetzt der einzige Naturforscher, welcher diese 
Form, die er zuerst beschrieben und abgebildet hatte, näher unter- 
suchen zu können Gelegenheit fand. Jardine glaubte in derselben 
seine „Kelis servalina“ oder die Serval-Luchskatze (Chaus servali- 
nus) erkennen zu sollen, welcher Ansicht Gray jedoch entschieden 
entgegentrat, und Reichenbach und Wagner schlossen sich der 
Meinung Jardine’s an, indem sie beide Formen mit einander ver- 
einigten. Blyth betrachtet diese Form mit seiner „Felis Huttoni“ 
für indentisch, was Gray aber bezweifelt. 


3. Die Stiefel-Luchskatze (Chaus caligatus). 


Ch. erythrotis magnitudine, corpore pilis longiusculis molli- 
bus vestito, auriculis longis acuminatis breve penicillatis; cauda 
medioeri, infra */; corporis longitudine, basi parum crassiore, 
apice obtusa; notaeo gastraeoque maris ex coerulescente — et 
nigrofusco-griseo, nigrescente undulato, notaeo foeminae flaves- 
cente-griseo , obsolete pallide rufescente undulato, gastraeo in 


178 Fitzinger. 


abdominis medio rufescente-albo, in pectore et jugulo stria longi- 
tudinali ejusdem coloris signato; femoribus tibiisque externe 
faseüis aliquot transversalibus plus minus distinctis dilute nigres- 
cente-fuscis notatis, antipedibus interne supra fascia lata trans- 
versali nigra; plantis ad metatarsum et metacarpum usque nigris ; 
auriculis eaterne vivide flavido-rufis, interne albis, penicillis 
nigro-fuscis; genis strüs duabus transversalibus pallide rufescen- 
tibus pictis; cauda in basali parte grisea, in apicali a. dimidio alba 
vel dilute grisescente annulisgue 3—A nigris semicincta, nigro- 
terminata. 
Booted Lynx. Bruce. Travels. V. V. pag 146. t. 30. 
Caracal de Lybie. Buffon. Hist. nat. d. Quadrup. Suppl. II. 
p- 232. 
Felis Iybieus. Olivier. Voy. p. 41. t. 41. 
„ es Geoffr. Catal. du Mus. 
” Geoffr. Descript. de l’Egypte. 
Felis Chaus. Thunb. Mem. de l’Acad. de Petersbourg. V. IH. 
p- 304. 
» Rn Cuv. Ann. du Mus. V. XIV. p. 155. Nr. 15. 
Lynx des marais. Cuv. Regne anim. Edit. I. V. I. pag. 162. 
Felis Chaus. Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. V. VI. p. 108. 
Nr: 
u 5 Fr. Cuv. Diet. des Se. nat. V. VIN. p. 222. 
» on Desmar. Mammal. p. 226. Nr. 838. 
a Cuv. Recherch. sur les Ossem. foss. V. IV. p. 440. 
e Desmoul. Diet. elass. V. II. p. 500. Nr. 26. 
Felis caligata. Temminek. Monograph. d. Mammal. V. I. p. 128. 
Felis Chaus. Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 451. Nr. 35. 
Felis caligata. Cuv. Regne anim. Edit. II. V. I. p. 164. 
+ a Fisch. Synops. Mammal. p. 208. Nr. 24. 
Lynehus caligata. Jardine. Mammal. V. Il. p. 254, 274. Nr. 34. 
Wall: 
Felis caligata. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 78. fig. 42. 
e y Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. IL S. 530 


Nr. 32. 
Lynx caligata. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. IL S. 530. 


Nr. 32. 
Chaus Lybicus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 45. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 179: 


Felis caligata. Giebel. Säugeth. S. 882. 

Lynx caligata. Giebel. Säugeth. S. 882. 

Relis caffra. Des Murs, Prevost. Lefebvre Voy. 

Lynx caligata. Heugl. Fauna d. roth. Meer. u. d. Somäli-Küste. 

S. 14. 
» Fitz. Heugl. Säugeth. Nordost-Afr. S. 22. Nr. 7. 

(Sitzungsber. d. math. naturw. Cl. d. kais. Akad. d. 
Wiss. B. LIV.) 


Wenn auch die nahe Verwandtschaft dieser wohlbegründeten 
Art, welche als der Grundtypus der ganzen Gattung angesehen wer- 
den kann, mit mehreren anderen Formen derselben nicht in Abrede 
gestellt werden kann, so ergibt sich doch aus den ihr zukommenden 
Merkmalen, daß sie specifisch von denselben verschieden sei. 


In der Größe kommt sie mit der nepalischen Luchskatze (Chaus 
erythrotis) überein, daher sie nicht viel größer als die Hauskatze 
(Felis domestica) und etwas kleiner als die Sumpf - Luchskatze 
(Chaus Catolyn&) ist, von welcher sie sich durch die längeren 
Ohren und den beträchtlich längeren Schwanz sehr deutlich unter- 
scheidet. 

Ihre Körpergestalt ist ungefähr dieselbe, und die großen, langen 
zugespitzten Ohren sind an der Spitze mit einem sehr kurzen Haar- 
büschel besetzt. 

Der mittellange Schwanz, dessen Länge nicht ganz ?/, der Kör- 
perlänge beträgt, ist dünn und an der Wurzel nur wenig dicker als 
an der stumpfen Spitze, 

Die Behaarung des Körpers ist mäßig lang, dieht und weich. 

Die Färbung ist nach dem Geschlechte und zum Theile auch 
nach dem Alter verschieden. 


Beim Männchen ist dieselbe immer dunkler als beim Weib- 
chen und erscheint aus Blaulichgrau und Schwärzlichgrau gemischt, 
und durch eingemengte sehwarze Haare mehr oder weniger schwärz- 
lieh gewellt. 


Beim Weibehen ist sie heller, mehr fahlgelblichgrau und un- 
deutlich lieht röthlich gewellt, was jedoch oft kaum bemerkbar ist. 
Der mittlere Theil des Bauches ist licht röthlichweiß, welche 


Färbung sich in einem Streifen auch über die Brust und den Vorder- 
hals ausdehnt. 


180  Fitzinger. 


Uber die Außenseite der Schenkel und der Schienbeine verlau- 
fen einige mehr oder weniger deutliche licht sehwärzliehbraune 
Querbinden, die aber mit zunehmendem Alter verschwinden, und 
über die Innenseite der Vorderbeine zieht sich oberhalb des Ellen- 
bogens eine deutlich hervortretende, einen Halbring bildende, breite 
schwarze-Querbinde. 

Die Hinterseite der Füße, vom Hand- und Fersengelenke an bis 
über die Sohlen zu den Zehenspitzen, ist wie bei der Sumpf-Luchs- 
katze (Chaus Catolynxz) und den meisten Formen dieser Gattung, 
schwarz. 

Die Ohren sind auf der Außenseite lebhaft gelbrofh, auf der In- 
nenseite weiß, und der Haarpinsel derselben ist schwarzbraun. 

Über die Wangen verlaufen zwei licht röthliche Querstreifen. 

Der Schwanz ist in der Wurzelhälfte grau, von seiner Mitte 
aber bis gegen die Spitze weiß oder licht graulich und von 3—4 
schwarzen Halbringen umgeben. Die Spitze desselben ist schwarz. 


Junge Thiere sind deutlicher der Quere nach schwarz wel- 
lenartig gebändert. 

Körperlänge 2. ne. wer RD: Nach Bruce. 
Länge des Schwanzes . ... 1 1“ 
Sehulverhöhees » ya sine ae Aug. 
Bireuzhöher woran 2. rs TB 
Körperlänge . 3... 2% 2.51 12.1076. Nach Temminck 
länge; des Schwanzes, ..’...7 ... 144, 17.56”. 


Körperlänge. nu. a 22 Nach Jardine. 
Länge, des Schwanzes: ...%....\.. 1/7.3/2 

Körperlänge. 1, sshehezae W222 e 
Länge des Schwanzes - . . . 1717717 3% 


In den von Jardine angegebenen Maaßen scheint sich ein Irr- 
thum eingeschlichen zu haben, da dieselben nieht miteinander stim- 
men und nach einem derselben der Schwanz nicht mehr als die halbe 
Körperlänge einnehmen würde. 


Vaterland. Nordost-Afrika. Von der Lybischen Wüste bis 
nach Abyssinien verbreitet, doch wohl nur im Innern dieses Landes 
anzutreffen. 

Bruce ist der Entdecker dieser Art, welche von ihm sowohl 
als Buffon beschrieben wurde. Thunberg glaubte dieselbe mit 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 181 


der Sumpf-Luchskatze (Chaus Catolynx) vereinigen zu dürfen, wel- 
cher Ansicht früher aueh Cuvier und mit ihm alle übrigen französi- 
schen Naturforscher, so wie auch Griffith und Gray gefolgt sind. 
Erst Temminck wies die specifische Verschiedenheit dieser beiden 
Formen nach, welehe dermalen auch allgemein angenommen wird. 
Des Murs und Prevost scheinen diese Art irrigerweise für die 
Kaffern-Katze (Felis caffra) gehalten zu haben. 


4. Die schwarzfüßige Luchskatze (Chaus nigripes). 


Ch. caligato similis, ast distincte minor , auriculis breviusceu- 
lis ovatis, acuminato-rotundatis, breve penicillatis ; corpore fus- 
cescente-flavido vel ochraceo, infra pallidiore, maculis elongatis 
nigris in nucha saepius in strias excurrentibus, in humeris in fas- 
cias aliquot confluentibus notato; rostro apicem versus saturate 
ochraceo; aurieulis externe fuseis, in margine anteriore albis; 
plantis podiorum ad metatarsum et metacarpum usque ni- 
gris; vibrissis albis; cauda dorsi coloris irrequlariter nigro-ma- 
culata. 

Felis nigripes. Burchell. Trav. V. Il. 
5 e Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 448. Nr. 32. 
4 5 Fisch. Synops. Mammal. p. 214, 572, x 
& " Jardine. Mammal. V. II. p. 274. Nr, 55. 
Felis caligata. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 531. 


Note 23. 
Lynx caligata. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 531. 
Note 23. 


Felis caligata. Giebel. Säugeth. S. 882. 
Lynx caligata. Giebel. Säugeth. S. 882. 

Eine mit der Stiefel-Luchskatze (Chaus caligatus) vielfach 
verwechselte, aber schon dureh die verschiedene Bildung ihrer Ohren 
und die ihr eigenthümliche Farbenzeichnung deutlich von derselben 
abweichende Form, welche von Burchell entdeckt und bis jetzt 
allein nur von ihm beschrieben wurde. 

Sie ist merklich kleiner als die genannte Art, mit 'weleher sie 
übrigens in ihren sonstigen körperlichen Formen, so wie auch in der 
Behaarung übereinzukommen scheint. ® 

Ihre Ohren sind aber nieht lang und zugespitzt so wie bei dieser, 
sondern ziemlich kurz, eiförmig und stumpfspitzig gerundet, dieht und 


182 Fitzinger. 


sehr kurz behaart und blos an ihrem vorderen Rande mit langen Haa- 
ren besetzt, welche von derselben Länge als die Ohren sind und da- 
her an der Spitze einen kurzen Haarpinsel bilden. 


Die Grundfarbe des Körpers ist bräunlichgelb oder ocherfarben, 
auf der Unterseite heller, an der Schnauzenspitze aber dunkler als an 
den übrigen Theilen des Körpers. 

Der ganze Leib ist mit länglichen schwarzen Flecken besetzt, 
welche auf dem Nacken oft in Längsstreifen verlaufen und auf den 
Schultern zu einigen Querbinden zusammenfließen. 


Die Ohren sind braun und nur der vordere Rand derselben ist 
weiß behaart. 


Die Sohlen sind bis zum Hand- und Fersengelenke schwarz, die 
Schnurren sind weiß. 


Der Schwanz ist von der Farbe des Rückens und unregelmäßig 
schwarz gefleckt, nicht aber geringelt. 


Körperlänge. . 2 u... 1% 4’—1’ 6”. Nach Burehell, 
Andere Körpermaaße sind nicht angegeben. 


Vaterland. Süd-Afrika, wo Burchell diese Art im Bacha- 
pinischen Reiche traf. 


Wagner und Giebel betrachten dieselbe mit der Stiefel- 
Luchskatze (Chaus caligatus) für identisch. 


5. Die indische Luchskatze (Chaus affinis). 


Ch. caligato similis et ejusdem fere magnitudine, corpore 
pilis longiusculis mollibus vestito, auriculis longis acuminatis, 
breve penicillatis; cauda mediocri valde infra tarsos attingente, 
dimidio corpore distincte breviore, tenuiuscula, cylindrica, apice 
obtusa ; notaco artubusque externe rufescente-fuscis flavido-lavatis, 
gastraeo artubusque interne dilutioribus; antipedibus externe 
fasciis transversalibus anqulosis nigrescentibus pietis, interne 
supra fascia transversali lata nigra, scelidibus externe interneque 
strüs aliquot transversalibus angustis nigrescentibus; plantis ad 
metatarsum et metacarpum usque nigrescente-fuscis; auriculis 
externe ex ferrugineo-flavido rufis, marginem versus dilutioribus 
et in albidum vergentibus, ad basin interdum plus minus nigres- 
centibus, interne albis, apice cum peniecillis nigris; cauda in 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 183 


basali parte usque versus medium dorsi colore, in apicali annulis 
4 parum approximatis latiusculis nigris cincta nigroque ter- 
minata. 
Felis caligata. Fr. Cuv. Geoffr. Hist nat. d. Mammif. V. Il. 
Fase. 55. e. fig. 
5 Fisch. Synops. Mammal. p. 208. N. 24. * 
Felis affinis. Gray. Ilustr. of Ind. Zool. e. fig. 
Lynchus affinis. Jardine. Mammal. V. II. p. 276. 
Felis caligata. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 78. fig. 43. 
5 5 Wagn. Schreber Säugth. Supp!. B. II. S. 530. 
Nr. 82. 
Lynx caligata. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 530. 
Nr. 82. 
Chaus Lybicus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 45. a. b. e. d. f. 
Felis caligata. Giebel. Säugeth. S. 882. 
Lyn« caligata. Giebel. Säugeth. S. 882. 

Auch diese Form steht der Stiefel-Luchskatze (Chaus caliga- 
tus) sehr nahe, obgleich sie sich schon durch den beträchtlich kür- 
zeren Schwanz deutlich von derselben unterscheidet. In dieser Be- 
ziehung schließt sie sich weit mehr der nepalischen Luchskatze 
(Chaus erythrotis) an, mit welcher sie auch in den körperlichen 
Verhältnissen näher übereinkommt, doch ist ihr Schwanz verhältniß- 
mäßig kürzer, und auch Farbe und Zeichnung bieten mancherlei Ab- 
weichungen von derselben dar. 

In der Größe kommt sie mit den beiden genannten Arten nahe- 
zu überein. 

Ihre Ohren sind lang, zugespitzt und mit kurzen Haarpinseln an 
der Spitze versehen. 

Der mittellange Schwanz, welcher beträchtlich kürzer als der 
halbe Körper ist und tief bis unter das Fersengelenk hinabreicht, ist 
ziemlich dünn, walzenförmig, seiner ganzen Länge nach von gleicher 
Dicke und an der Spitze abgestumpft. 

Die Körperbehaarung ist von mäßiger Länge, dicht und weich. 

Die Oberseite des Körpers und die Außenseite der Gliedmaßen 
ist röthlicehbraun und gelblich überflogen, die Unterseite desselben 
und die Innenseite der Gliedmaßen blasser. 

Die Vorderbeine sind auf der Außenseite von einigen schmalen 
schwärzlichen Zackenlinien der Quere nach durchzogen, auf der In- 


184 \ Fitzinger. 


nenseite oben von einer breiten schwarzen Querbinde umgeben, die 
Hinterbeine auf der Außen- sowohl als Innenseite mit einigen schma- 
len schwärzlichen Querstreifen besetzt. 

Die Füße sind auf der Hinterseite vom Hand- und Fersenge- 
lenke an bis zu den Zehenspitzen, so wie die Sohlen schwärzliehbraun. 

Die Ohren sind auf der Außenseite rostgelblichroth, gegen den 
Rand zu heller und in Weißslich übergehend, und an der Wurzel bis- 
weilen mehr oder weniger schwärzlich, an der Innenseite weiß. Die 
Spitze derselben ist wie der Haarpinsel schwarz. 

Der Sehwanz ist von der Wurzel an bis gegen die Mitte von der 
Farbe des Rückens, dann aber in Grau übergehend, und in seiner 
zweiten Hälfte von 4 ziemlich breiten und nicht sehr gedrängt 
stehenden schwarzen Ringen umgeben. Die Spitze desselben ist 
schwarz. 

Körperlänge. . saw. 27 Nach Fr. Cuvier. 
Länge des Schwanzes . . 10. 

Vaterland. Süd-Asien, Ost-Indien. wo diese Form über die 
ganze Halbinsel verbreitet ist und sowohl in Malabar und der Provinz 
Karnatik, insbesondere aber in der Umgegend von Madras angetrof- 
fen wird, als auch in den nördlicher gelegenen Landestheilen 
und namentlich in der Nähe von Gangootra in der Provinz Gurwal 
und in den Mahratten-Staaten. 

Sie wurde von Duvaucel entdeckt und nach einem von ihm 
eingesandten Felle und einer demselben beigefügten Zeichnung von 
Fr. Cuvier zuerst beschrieben und abgebildet, aber irrigerweise 
von demselben für identisch mit der Stiefel-Luchskatze (Chaus cali- 
gatus) gehalten. Später erhielt auch das britische Museum zu Lon- 
don diese Form, welehe Gray Anfangs für neu hielt und unter dem 
Namen „Felis affinis“ beschrieb und abbildete, dann aber mit der 
Stiefel-Luchskatze (Chaus caligatus), der Sumpf- (Chaus Cato- 
Iynz), nepalischen (Chaus erythrotis) und kurzschwänzigen Luchs- 
katze (Chaus Rüppelliüi) unter dem Namen „Chaus Lybicus“ ver- 
einigte. Auch Giebel zieht sie mit der Stiefel-Luchskatze (Chaus 
caligatus) zusammen. 


6. Die nepalische Luchskatze (Chaus erythrotis). 


Ch. affini similis parumque minor, ast cauda multo breviore, 
corpore pilis longiusculis mollibus vestito, auriculis longis acu- 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 185 


minatis, breve penicillatis; cauda mediocri infra tarsos attin- 
gente, dimidii corporis longitudine vel paullo breviore, attenuata, 
tenui, apice obtusa ; notaeo griseo-fusco vivide ferrugineo-lavato, 
gastraeo pallide ferrugineo, antibrachiis supra lineis nigrescenti- 
bus angulosis cinctis, femoribus externe lineis similibus signatis, 
pedibus antice dilute ferrugineis, postice a metacarpo et meta- 
tarso ad unguiculas usque nigrescentibus; auriculis externe satu- 
rate ferrugineis, interne rufescente-albis, peniecillis nigris ; labüis, 
mandibula et semieirculo pone oculos albis; cauda in basali parte 
notaei coloris, apicem versus dilutiore in grisescentem vergente 
annulisque —5 nigrescentibus cincta, nigro-terminata. 


Felis erythrotus. Hodgs. Journal of the Asiat. Soe. of Bengal.V.V. 
(1856). p. 233. 
Lynchus erythrotus. Hodgs. Zool. Nepal. e. fig. 
Felis Kutas. Pearson. 
Felis erythrotis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 531. 
Nr. 32. a. 
Lynz erythrotis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 531. 
Nr. 32. a. 
Felis caligata. Var. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 531. 
Nr. 32. a. 
Lynx caligata. Var. W agn. Schreber Säugth. Suppl, B. Il. S. 531. 
Nr. 82. a. 
Chaus Lybieus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 45. i. k. 
Felis caligata. Giebel. Säugeth. S. 882. 
Lynx caligata. Giebel. Säugeth. S. 882. 


Es ist nicht zu verkennen, dal zwischen dieser Form und der 
indischen Luchskatze (Chaus affinis) eine auffallende Ähnlichkeit 
besteht, und daß sie sich auch in mancher Beziehung der Sumpf- 
Luchskatze (Chaus Catolyna) nähert; doch ist sie von beiden theils 
durch die Färbung, vorzüglich aber durch das Verhältniß der Länge 
des Schwanzes verschieden, indem dieser beträchtlich kürzer als bei 
der ersteren, und merklich länger als bei der letzteren ist. 


An Größe steht sie der erstgenannten Form nur wenig nach. 


Die großen langen zugespitzten Ohren sind mit einem kurzen 
schmalen Haarpinsel besetzt, und der mittellange Schwanz, welcher 
von halber Körperlänge oder auch etwas kürzer ist und 1 Zoll tief 


186 Fitzinger. 


unter das Fersengelenk hinabreicht, ist dünn, allmählig gegen die 
Spitze sich verschmächtigend und an seinem Ende abgestumpft. 


Die Behaarung ist von mäßiger Länge, dicht und weich. 


Die Oberseite des Körpers und die Außenseite der Gliedmaßen 
bis zur Hand- und Fußbeuge hinab, sind graubraun und lebhaft rost- 
roth überflogen, die Unterseite des Körpers und die Innenseite der 
Gliedmaßen bis zu den Füßen licht rostroth. 


Über die Vorderbeine verlaufen um den Ellenbogen herum auf 
beiden Seiten einige schwärzliche Zackenlinien, über die Schenkel 
aber nur auf der Außenseite. 


Die Füße sind von Hand- und Fersengelenke an bis zu den 
Zehenspitzen auf der Vorderseite blaß rostfarben, auf der Hinterseite 
und den Sohlen schwärzlich. 

Die Ohren sind auf der Außenseite gesättigt rostroth, auf der 
Innenseite röthlichweiß, der Haarpinsel derselben ist schwarz. 

DieLippen und der Unterkiefer, so wie ein Halbkreis an der Hin- 
terseite der Augen sind weiß. 

Der Schwanz ist in seinem Wurzeltheile von der Farbe des 
Rückens, gegen die Spitze zu aber blaßer und mehr graulich und 
von 4—5 schwärzlichen Ringen umgeben. Seine Spitze ist schwarz. 


Körperlänge 1.9... 1.5% 1’ 10” Nach Hodgson. 
Länge des Schwanzes ohne Haar . . 10”. | 

5 A © mit dem Haare . 1419: 
Schulterhöhe : .-.. om. elganse Unzrt 


Gewicht 14 Pfund. 


Das Weibchen ist beträchtlich kleiner als das Männchen. 

Vaterland. Asien, Nepal, wo Hodgson diese Art, die er zu- 
erst beschrieb und abbildete, entdeckte und in allen drei Regionen 
dieses Landes antraf. Gray zog sie irrigerweise mit seinem „Chaus 
Lybicus“ oder der Stiefel-Luchskatze (Chaus caligatus) zusammen, 
mit welcher er auch andere zu dieser Gattung gehörige Formen ver- 
einigte und Giebel schloß sich dieser Ansicht an. Auch Wagner 
ist geneigt, sie nur für eine Abänderung dieser Art zu betrachten, 
wogegen jedoch die große Differenz in der Schwanzlänge spricht. 


Pearson's „Felis Kutas“ ist wohl mit ihr identisch. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 187 


7. Die Sumpf-Luchskatze (Chaus Catolynz). 


C. Canis aurei fere magnitudine, corpore pilis longis rigidius- 
culis vestitito, auriculis longiusculis acuminatis, breve penicil- 
latis; cauda medioeri paullo infra tarsos attingente, parum ultra 
1/, corporis longitudine, attenuata, tenui, apice obtusa; notaeo ex 
flavescente griseo-fusco nigrescente mixto, hinc inde nigrescente 

* undulato, gastraeo pullide ferrugineo - flavescente; artubus fer- 
rugineo-flavis, externe fascüs transversalibus undulatis nigres- 
centibus obsoletis signalis, antipedibus interne supra fasciüis 
duabus transversalibus ejusdem coloris, pedibus antice vivide 
fulvis, postice ametacarpoet metatarso ad unguiculas usque nigris ; 
aurieulis externe rufescentibus, interdum plus minusve nigrescente- 
lavatis, apice cum penieillis nigris, interne albidis; oculis annulo 
pallide rubido-flavido nigro miwto einctis, labio superiore man- 
dibulaque albis ; vibrissis superioribus nigrescentibus, inferioribus 
albidis ; cauda dorsi colore, in dimidio apicalis partis annulo nigro 
incompleto tribusque valde distantibus completis cincta, nigro- 
terminata, apice nigro ab annulis interstitio angusto diremto. 


Felis Chaus. Güldenstädt. Nov. Comment. Acad. Petropol. V.XX. 
(1775). p. 61, 483, 500. t. 14, 15. 
N »  Sehreber. Säugth. B. Ill. S. 414. Nr. 18. t.110. B. 
y „  Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch. u. d. Thiere. 
B. II. S. 266. Nr. 159. 
fe » Boddaert. Elench. anim. V. I. p. 91. Nr. 15. 
= » Gmelin. Linne Syst. Nat. T. 1. P. I. p. 82. Nr. 17. 
Chaus. Shaw. Gen. Zool. V. I. P. II. p. 372. 
Felis Catolynx®. Pallas. Zoograph. rosso-asiat. V. I. p. 23. 
Nr. 6. t. 2. 
Felis Chaus. Cuv. Ann. du Mus. V. XIV. p. 155. Nr. 15. 
Lynx des marais. Cuv. Regne anim. Edit. I. V. IL. p. 162. 
Felis Chaus. Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. V. VI. p. 108. 
Nr. 15. 
& » . Fr. Cur. Diet. des Se. nat. V. VIN. p. 222. 
Felis chaus. Desmar. Mammal. p. 226. Nr. 353. 
Eneyel. meth. t. 97. fig. 1. 
Felis Chaus. Cuv. Recherch. sur les Ossem. foss. V. IV. p. 440. 
5 x Desmoul. Diet. elass. V. II. p. 500. Nr. 26. 


188 Fitzinger. 


Felis Chaus. Lichtenst. Verz. d. Doubl. d. Berlin. Mus. S. 4, 
e sr 2 Cum Geo ftir. "Histnarr.d.y Mamma. alle 
Fase. 56. ec. fig. 

; »  Temminck. Monograph. d. Mammal. V. I. p. 121. 

1 " Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 451. Nr, 35. 

a 5; Cuv. Regne anim. Edit. II. V. I. p. 164. 

5 Fisch. Synops. Mammal. p. 209, 571. Nr. 25. 
Felis Chaus. Wagler. Syst. d. Amphib. S. 29. 
Lynchus Chaus. Jardine. Mammal. V. Il. p. 256, 275, Nr. 36. 
Felis Chaus. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 80. fig. 45. 
» Keys. Blas. Wirbelth. Europ. 'S. XVII, 62. 
Nr. 121. 

N »  Wasgn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 528. Nr. 31. 
Lynx Chaus. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 528. Nr. 31. 
Chaus Lybicus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 49. 

Chaus servalinus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 45. 
Felis chaus. Giebel. Säugeth. S. 881. 
Lynx chaus. Giebel. Säugeth. S. 881. 

Die Sumpf-Luchskatze ist zwar eine in manchen ihrer Merk- 
male an die Stiefel-Luchskatze (Chaus caligatus) erinnernde, aber 
sehr deutlich on derselben verschiedene Art, um welche sich einige 
andere verwandte Formen dieser Gattung gruppiren, die scheinbar 
Übergänge zwischen beiden darstellen und von mehreren Naturfor- 
schern auch als soiche angesehen werden, um durch dieselben die 
Richtigkeit ihrer Ansicht über die Zusammengehörigkeit der beiden 
genannten Arten zu begründen. 

Sie ist ungefähr von der Größe des gemeinen Schakals (Canis 
aureus), dem sie auch in der Färbung etwas ähnlich ist. 

In der Gestalt erinnert sie einigermaßen an den persischen Ca- 
racal (Caracal melanotis), doch ist sie minder schlank als dieser 
gebaut und mehr der Wildkatze (Felis Catus) ähnlich, obgleich sie 
merklich stärker ist. 

Ihr Kopf ist verhältnißmäßig klein, die Schnauze schwach ver- 
längert, die Nasenkuppe durch eine seichte Längsfurche getheilt. 

Die Schnurren sind in vier Reihen vertheilt, und die Augen- 
braunen und beiden Wangenwarzen mit einigen Borstenhaaren besetzt, 

Die Ohren sind groß, doch nicht sehr lang, zugespitzt und an 
der Spitze mit einem sehr kurzen Haarpinsel versehen. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Zeles) gehör. Formen. 189 


Die Beine sind hoch und nicht sehr diek, und die Hinterseite der 
Füße bis zum Hand- und Fersengelenke hinauf, ist so wie die Fuß- 
ballen mit dichten, nach rückwärts gerichteten Haaren besetzt. Die 
Krallen sind verhältnißmäßig lang. 


Der mittellange Schwanz. welcher ungefähr aus 18 Wirbeln be- 
steht, etwas über !/, der Körperlänge einnimmt und nur wenig über 
das Fersengelenk hinabreicht, ist dünn, gegen die Spitze allmählig 
sich verschmächtigend und an seinem Ende stumpf. 


Die Behaarung ist lang, sehr reichlich und dicht, etwas straffer 
als bei der Wildkatze (Felis Catus), und am längsten auf dem 
Rücken, wo das Haar zur Winterszeit eine Länge von 11/, Zoll er- 
reicht. 


Die Oberseite des Körpers ist gelblich-graubraun mit Schwärz- 
liehgrau gemischt und hie und da undeutlich schwärzlich gewellt, in- 
dem das graubraune Grannenhaar gelblich geringelt und an der 
Spitze schwarz, das Wollhaar aber bräunlichgrau ist. Die Unterseite 
des Körpers ist blaß rostgelblich. 


Die Gliedmaßen sind rostgelb, auf der Außenseite mit verlosche- 
nen gewellten schwärzlichen Querbinden gezeichnet und die Vorder- 
beine auf der Innenseite oben von zwei schwärzlichen Querbinden 
durchzogen. 


Die Füße sind auf der Vorderseite lebhaft rothgelb, auf deı 
Hinterseite vom Hand- und Fersengelenke an, so wie die Sohlen bis 
zu den Zehenspitzen schwarz. 

Die Ohren sind auf der Außenseite röthlich, bisweilen aber auch 
mehr oder weniger schwärzlich überflogen und an der Spitze nebst 
dem Haarpinsel schwarz. Die Innenseite derselben ist weißlich. 

Ein Kreis um die Augen ist blaß rothgelblich mit eingemengten 
schwärzlichen Haaren. 

Die Oberlippe und der Unterkiefer sind weiß, die obersten 
Schnurren sehwärzlieh, die unteren weißlich. 

Der Schwanz ist von der Farbe des Rückens, in seiner End- 
hälfte von einem schwarzen Halbringe und drei ebenso gefärbten 
weit von einander stehenden vollständigen Ringen umgeben und 
endiget in eine schwarze Spitze, welche von dem letzten Ringe aber 
nur durch einen schmalen Zwischenraum getrennt ist. 


Die Krallen sind gelblich hornfarben. 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Ol. LX. Bd. I. Abth. 13 


190 Fitzinger. 


Körperlänge. . . . 1.211”. 18%. Nach\Pallais: 
Länge des Sehwanzes ohne 
Haar.ı.l: ur. Ne Ina. 
Länge des Kupfas Se 4’ 10. 
Länge der Ohren. .. . a IR 
Höhe der Ohren über dem 
Scheitel u a... 1.” 1.02%. 


Länge der Krallen . . . 18 

Sehwlterhöhe, z za... se... ll. 

Kreuzhohen ar ce da 10 

Körperlänge, . 2... „02 AU Nach Fr. Cuvier. 
Länge des Schwanzes . . 90 

Körperlänge ungefähr . . % 9”. Nach Jardine. 


Länge des Schwanzes un- 
SEIODEN nun Mleyene 8 
Körperlänge . . . . . . 93 u. darüber. Nach Güldenstaedt. 


Die von Jardine angegebenen Maaße, denen zu Folge der 
Schwanz nahezu !/, der Körperlänge einnehmen würde, sind offen- 
bar völlig unrichtig. 

Vaterland. West-Asien, wo diese Art in Kaukasien, der Ta- 
tarei und dem nördlichen Theile von Persien vorkommt und insbe- 
sondere am Fluße Terek, dem Caspischen- und Aral-See getroffen 
wird. 

Güldenstaedt verdanken wir die erste Beschreibung und Ab- 
bildung von dieser Art, die er entdeckte und welche späterhin auch 
von Pallas und Fr. Cuvier beschrieben und abgebildet wurde. 


George und Friedrich Cuvier glaubten Anfangs die Stie- 
fel-Luchskatze (Chaus caligatus) mit derselben vereinigen zu dür- 
fen und Demarest, Desmoulins und Griffith schlossen sich 
dieser Ansicht an, bis Temminck ihre speeifische Verschiedenheit 
überzeugend nachgewiesen hatte, doch beging er den Irrthum, die 
Sumpf-Luchskatze (Chaus Catolyn&) mit der von Rüppell entdeck- 
ten kurzschwänzigen Luchskatze (Chaus Rüppellii) zu vereinigen. 

Gray dagegen zog nicht nur wieder die Stiefel-Luchskatze 
(Chaus caligatus) und die kurzschwänzige (Chaus Rüppellü) mit 
ihr zusammen, sondern auch die indische (Chaus affinis) und die 
nepalische Luchskatze (Chaus erythrotis), die er unter dem gemein- 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 191 


schaftlichen Namen „Chaus Lybicus“ zusammenfaßt und hielt die 
von Pallas am Oxus in der Tatarei getroffene Sumpf-Luchskatze 
(Chaus Catolyn&) irrigerweise für die in Ost-Indien vorkommende 
Serval-Luchskatze (Chaus servalinus). 


8. Die kurzschwänzige Luchskatze (Chaus Rüppellü). 


Ch. Catolyncis fere magnitudine, corpore pilis longiusculis 
rigidis vestito, aurieulis longiusculis acuminatis, breve penicil- 
latis; cauda brevi tarsos non attingente, fere 1/, corporis longi- 
tudine, crassiuscula, cylindrica, apice obtusa; notaeo plus minus 
pallide griseo-flavido, vel in nigrescentem, vel flavescentem aut 
rufescente - flavum vergente, sordide albo mixto, dorso obscu- 
riore, lateribus pallidioribus obsolete nigrescente-undulatis macu- 
lisque punctiformibus singulis indistinctis signatis, gastraeo dilute 
ochraceo, mento albo; dorso stria longitudinali a humeris ad 
caudae basin decurrente rubido-flava et in prymna saturatiore 
notato; genis pallide ochraceis; facie macula supraoculari majore, 
infraoculari minore alba picta, rostro supra ochraceo, stria longi- 
tudinali ab oculorum cantho interno excurrente nigra signato ; 
labiis nigro-marginatis, vibrissis albis singulisque nigris; auri- 
culis externe grisescente-vel flavido-fuscis, interdum pallide ru- 
fescentibus aut ad basin saturatioribus fuscis, apice obscure-vel ni- 
grescente-fuscis, penicillis nigris, interne marginem versus albido- 
flavis; artubus externe ad pedes usque notaei coloris, fuascüs 4—6 
transversalibus nigrescentibus signatis, interne pallide ochraceis, 
macula oblonga transversali fasciaeformi magna nigrescente supra 
in antipedibus, strüsque pluribus transversalibus indistinctis in 
scelidibus notatis, pedibus antice sordide rubido-ochraceis, postice 
a metacarpo et metatarso ad unguiculas usque nigris; cauda gri- 
sescente, apicem versus annulis duobus nigrescentibus approzwi- 
matis et interstitüs grisescente-albis diremtis cincta, apice nigra. 
Felis Chaus. Cretzsehm. Rüppell’s Atlas. S. 13. t. 4. (Weibch.) 

& » Fisch. Synops. Mammal. p. 209, 571. Nr, 25. 
5 » Wagler. Syst. d. Amphib. S. 29. 
Felis Rüppellü. Brandt. Bullet de laSoc. des Natural. de Moscou. 
V. IV. (1832). p. 209. 
Lynchus chaus. Jardine. Mammal. V. I. p. 256, 275. Nr. 36. 
t. 32. 


13% 


192 Fitzinger. 


Felis Rüppellü. Reichenb. Regn. anim. V.1. p. 209. 
L Reichenb. Naturg. Raubth. S. 81. üg. 46. 
Felis Chaus? Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 530. 
Note 22. 
Lynx Chaus? W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. S. 530. Note 22. 
Chaus Lybicus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 45. e. g. h. 
Felis chaus. Giebel. Säugeth. S. 881. 
Lynx chaus. Giebel. Säugeth. S. 881. 
Lynx Rüppellü. Fitz. Heug]. Säugeth. Nordost-Afr. S. 21. Nr. 6. 
(Sıtzungsber. d. math.-naturw. Cl. d. kais. Akad. 
d. Wiss. B. LIV.) 

Offenbar eine der Sumpf-Luchskatze (Chaus Catolynx) nahe- 
stehende, aber sicher von derselben specifisch verschiedene Form, 
welche abgesehen von der abweichenden Färbung, sich schon auf den 
ersten Blick durch den kürzeren und diekeren Schwanz von dieser 
Art unterscheidet. 

Ihre Größe ist ungefähr dieselbe. Die Schnauze ist ziemlich 
stumpf und die nicht sehr langen zugespitzten Ohren sind mit einem 
kurzen, nur 1/, Zoll Jangen Haarpinsel versehen. Die Beine sind hoch, 
und der kurze Schwanz, welcher kaum länger als der Kopf ist und 
nicht ganz bis zum Fersengelenke reicht, nimmt nahezu !/, der Kör- 
perlänge ein und ist ziemlich dick, walzenförmig und an seinem Ende 
abgestumpft. 

Die Behaarung des Körpers ist ziemlich lang und dicht, das Woll- 
haar reichlich und sehr weich, das Grannenhaar spärlicher und rauh. 

Die Färbung der Oberseite des Körpers ist mehr oder weniger 
lieht graugelblich, bald mehr in's Grauliche, bald mehr in's Gelbliche 
“oder Röthliehgelbe ziehend und mit schmutzig Weiß gemischt, auf 
dem Rücken dunkler, an den Leibesseiten heller und längs derselben 
von schwach hervortretenden theils senkrecht gestellten, theils schief 
verlaufenden schwärzlichen Wellenlinien durchzogen und mit einzel- 
nen ebenso gefärbten undeutlichen Punktflecken besetzt, welche durch 
die an diesen Körperstellen häufiger auftretenden und gedrängter 
stehenden, in schwarze Spitzen endigenden Haare gebildet werden. 

Das Wollhaar ist durchaus, das Grannenhaar aber nur an der 
Wurzel hell schmutzig ochergelb, in der Mitte von einem schwarz- 
braunenRinge umgeben undan der Spitze grauselb oder weiß, orange- 
farben oder schwarz. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) geh. Formen. 193 


Die Unterseite des Körpers ist hell ochergelb und nur das Kinn 
ist weiß. 

Längs des Rückgraths verläuft ein rothgelber Streifen von den 
Schultern biszur Schwanzwurzel, der auf demKreuze am lebhaftesten 
gefärbt ist und durch die orangefarbenen Haarspitzen auf der Rücken- 
firste gebildet wird. 

Die Wangen sind lieht ochergelb, und über den Augen befindet 
sich jederseits ein größerer und unterhalb derselben ein kleinerer 
weißer Flecken. 

Vom inneren Augenwinkel zieht sich ein schwarzer Streifen bis 
zur Nase. Der Nasenrücken ist ochergelb, die Nasenkuppe schwarz. 

Die Lippen sind weiß und an den Rändern von einem schmalen 
schwarzen Saume umgeben. 

Die Ohren sind auf der Außenseite graulich- oder gelblichbraun 
und bisweilen auch hell röthlich oder auch an der Wurze! dunkler 
braun, an der Spitze aber duukel- oder schwärzlichbraun und endi- 
gen in einen schwarzen Haarbüschel. Die Innenseite derselben is 
gegen den Rand zu weißlichgelb gefärbt. 

Die Augen- und Wangenborsten, so wie ein großer Theil der 
Schnurren sind weiß, einige derselben aber glänzend schwarz. 

Die Außenseite der Gliedmaßen ist bis zum Hand- und Fersen- 
gelenke von der Farbe desLeibes, und von —6 schwärzlichen Quer- 
binden durchzogen, die Innenseite licht ochergelb, mit einem großen 
länglichrunden bindenartigen schwarzen Querflecken oben an den 
Vorderbeinen und mehreren undeutlichen schwärzlichen Querstreifen 
auf den Hinterbeinen. 

Die Füße sind auf der Vorderseite schmutzig röthlich-ochergelb, 
auf der Hinterseite von derHand- und Fußwurzel an bis zu den Zehen 
schwarz. 

Der Schwanz ist graulich und von zwei ziemlich nahe aneinan- 
derstehenden, doch nicht sehr scharf hervortretenden und durch 
graulichweißße Zwischenräume von einander getrennten schwärzlichen 
Ringen umgeben, die dicht vor der schwarzen Spitze liegen. 

Körperlänge eines Weibehens 2’ 1”. Nach Cretzschmar. 
Länge des Schwanzes . . . 8. 
Entfernung der Augen von der 
Schnauzenspitze . . . . 1, %n. 
Sehulterhöhe - » „9 92.210527 6. 


194 Fitzinger. 


Kreuzhöhe: ",.0. 29 1 U RT N: 
Körperlänge wu. 2 nn 22.2717 2Remminicik 
Länge des Schwanzes . . . 8% 


Vaterland. Nordost-Afrika, wo diese Art von Ägypten durch 
Nubien bis nach Abyssinien reicht und in Ägypten insbesondere am 
Menzale-See und in den Nil-Gegenden und vorzugsweise auf den In- 
seln angetroffen wird. 

Rüppell hat diese ausgezeichnete Art, welche von Cretz- 
schmar zuerst beschrieben wurde, entdeekt, dieselbe aber irriger- 
weise für die Sumpf-Luchskatze (Chaus Catolynx) gehalten, mit wel- 
cher sie auch von den meisten späteren Naturforschern verwechselt 
wurde. Erst Brandt wies ihre specifische Verschiedenheit von dieser 
asiatischen Form nach, während Gray sie wieder nicht nur mit die- 
ser, sondern auch noch mit mehreren anderen verwandten Formen 
unter dem Namen „Chaus Lybicus“ vereinigte. 


9. Die Gold-Luchskatze (Chaus chrysothri). 


Ch. Catolyneisfere magnitudine, corpore pilis brevissimis nitidis 
vestito, notaeo vivide badio-rufo, dorso immaculato, lateribus dilu- 
tioribus maculis parvisparum obscurioribus sparsis notatis, gastraeo 
rufescente-albo maculis majoribus minoribusque castaneis ornato, 
gula alba; artubus rufo-auratis ; auriculis breviusculis acuminato- 
rotundatis, brevissime penicillatis, externe nigris, interne rubidis; 
cauda medioceri, dimidio corpore parum breviore, acuminata, supra 
badio-rufa , linea longitudinali obscuriore fusco-rubida notata, 
apice nigra. 

Felis aurata. Temminek. Monograph. d. Mammal. V. 1. p. 120. 
Felis chrysothriv. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. I. 
p- 251. 

Aal 5 Fiseh. Synops. Mammal. p. 209. Nr. 26. 
Lynchus aurata. Jardine. Mammal.V.Il. p. 253, 274. Nr. 32. 
Felis aurata. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 78. 

Felis chrysothrie. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 527. 
Nr. 30. 

Lyn& chwysothrie. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 527. 
Nr. 30. 

Felis caracal? Giebel. Säugeth. S. 881. Note 2. 

Lynx caracal? Giebel. Säugeth. S. 881. Note 2. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 1 95 


Wir kennen diese Form bis jetzt blos nach einer Beschreibung 
von Temminck, welcher jedoch nur ein einziges Exemplar von der- 
selben zu sehen Gelegenheit hatte. 

\ach den angegebenen Merkmalen kann aber wohl kaum ein 
Zweifel darüber bestehen, daß sie eine selbstständige Art bilde, 
welche der Gattung Luchskatze (Chaus) eingereiht werden muß 
und ebenso sehr an die Sumpf-Luchskatze (Chaus Catolynz), als an 
den persischen Caracal (Caracal melanotis) erinnert. 

Sie ist ungefähr von der Größe der Sumpf-Luchskatze (Chaus 
Catolynx&), mit welcher sieauch nach der Stellung, welche ihr Tem- 
minck im Systeme gegeben — indem er sie derselben unmittel- 
bar anreiht, — in der Gestalt im Allgemeinen übereinzukommen 
scheint. 

Ihre Ohren sind ziemlich kurz und stumpfspitzig gerundet, und 
wenn gleich Temminck die Anwesenheit eines Haarbüschels an den- 
selben läugnet, so ist doch aller Wahrscheinliehkeit nach ein solcher, 
wenn auch nur sehr kurzer Haarbüschel vorhanden, wie dieß auch 
bei den übrigen Arten dieser Gattung der Fall ist. 


Der mittellange Schwanz nimmt nicht ganz die halbe Körper- 
länge ein und endiget in eine feine Spitze. 

Die Behaarung ist sehr kurz und glänzend. 

Die Grundfarbe der Oberseite des Körpers ist lebhaft braunroth, 
an den Leibesseiten heller, jene der Unterseite des Körpers röth- 
liehweiß. 

Die Kehle ist weiß, die Gliedmaßen sind goldroth. 

Der Rücken ist ungefleckt, während die Leibesseiten mit kleinen, 
etwas dunkleren Flecken spärlich besetzt sind, die Unterseite des 
Leibes aber mit größeren und kleineren kastanienbraunen Flecken. 

Die Ohren sind auf der Außenseite schwarz, auf der Innenseite 
röthlich. 

Der Schwanz ist auf der Oberseite von der Farbe des Rückens, 
von einer dunkleren braunrothen Längslinie durchzogen und an der 
Spitze schwarz. 

Körperlanger 2 0.772 22.5287. "Nach ‚Nemimunck, 
Länge des Schwanzes . 1° 4”. 


Vaterland gänzlich unbekannt, wahrscheinlich aber West- 
Afrika. 


196 Fitzinger. 


Giebel hält es nicht für unmöglich, daß diese Form der Art 
nach nicht vom persischen Caracal (Caracal melanotis) und den - 
übrigen ihm zunächst verwandten Formen verschieden sei. 


8. Gatt.: Caracal (Caraca)). 


Die Pupille ist senkrecht elliptisch. Die Krallen sind vollkommen 
zurückziehbar. Der Schwanz ist mittetlang oder kurz, und endiget in 
keine Quaste. Die Ohren sind mit Haarbüscheln versehen, sehr lang 
und spitz. Eine Mähne fehlt gänzlich. Die Backen sind von keinem 
Barte umgeben. Die Beine sind hoch. Der Kopf ist breit, die Schnauze 
gewölbt. 


1. Der persische Caracal (Caracal melanotis). 


©. Lynce vulgare parum minor ; auriculis longe penicillatis ; 

cauda brevi, infra !/; corporis longitudine, tarsos attingente, tenui 

uscula, medium versus parum incrassata. dein attenuato-acumi- 

nata ; corpore pilis brevibus mollibus vestito ; notaeo pallide rufo- 

flavido brunnescente-lavato, lateribus vivide isabellinis. gastraeo 

albo, ewcepto pectore fulvescente maculis nigrescente-fuseis signato ; 

artubus externe supra in rubidum vergentibus, infra isabellinis, 

interne albescentibus fulvido-lavatis; regione ophthalmica, rostri 

apice et macula utrinque ad oris angulum, nec non stria supra ocu- 

los frontem versus ascendente albis ; vibrissis nigrescentibus; auri- 

culis externe nigris, marginem versus et interne albis, penicillis 

nigris; cauda supra pallide fulvescente, infra albida fulvido- 

lavata. 

Karacoulacs. Thevenot. Voy. au Levant. V. II. p. 114. 

Siyah-Ghush. Charlet. Exerecit. p. 21. fig. p. 23. 

Siyah-Ghush. Persice dietum animal. Rajus. Synops. Quadrup. 
p- 168. 

Black-Ears, Gat el Kallah, Siyah, Gush, or Karrah Ku-lak. Shaw. 
Trav. to Barbary and the Levant. p. 247. 

Felis cauda elongata, auribus penicilliformibus. Linne. Syst. Nat. 
Edit. II. p. 43. 

Felis cauda. elongata, auribus penicilliformibus. Linn. Syst. Nat. 
Edit. Vl. p. 4. Nr. 5. 

Lynx vitulina. Klein. Quadrup. p. 77. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 197 


Felis cauda elongata, auribus penicilli-formibus. Hill, Hist. anim. 
p. 544. 

Caracal. Buffon. Hist. nat. d. Quadrup. V. IX. p. 262. t. 24. — 
V. XI p. 442. 

Luchskaze mit gelben Haaren, ohne Flekken. Haller. Naturg. d. 
Thiere. S. 527. 

Caracal. Bomare. Diet. d’hist. nat. T. I. p. 42. 


z Alessandri. Anim. quadrup. V.1.t. 5. 
Persian Lynx. Pennant. Synops, Quadrup. p. 189. Nr. 137. t.19. 
fig. 2. 


Felis Caracal. Güldenstaedt. Nov. Comment. Acad. Petropol.V.XX 
(1775) p. 500. 
e R Schreber. Säugth. B. III. S. 413. Nr. 17. t. 110. 
Caracal. Müller. Natursyst. Suppl. S. 30. 
Felis Caracal. Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. p. 524. Nr. 14. 
4 5 Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch. u. d. Thiere. 
B. II. S. 265. Nr. 157. 
Persian Lynx. Pennant. Hist. of Quadrup. V. I. p. 283. Nr. 173. 
ilo2ahgl2! 
Felis Caracal. Boddaert. Elench. anım. V. I. p. 92. Nr. 16. 

& »„ .Gmelin. Linne Syst. Nat. T. I. P. I. p. 82. Nr. 18. 
Felis caracal. Cuv. Tabl. elem. d’hist. nat. p. 119. Nr. 10. 
Persian Lynx». Shaw. Gen. Zool. V. I. P. II. p. 374. 

Felis Caracal. Hermann. Öbserv. zool. V. I. p. 36. 
% r Thunb. Mem. de l’Acad. d. Petersbourg. V. IH. 
p- 305. 
> % Cuv. Ann. du. Mus. V. XIV. p. 154. Nr. 11. 
Caracal. Cuv. Regne anim. Edit. I. V. I. p. 163. 
Felis Caracal. Fr. Cuv. Geoffr. Hist. nat. d. Mammif. V. I. 
Fase. 37. e. fig. 
2 % Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. V. VI. p. 109. 
Nr. 11. 
5 Fr. Cuv. Diet. des Se. nat. V. VIII. p. 220. 
Felis caracal. Desmar. Mammal. p. 226. Nr. 352. 
M R Cuv. Recherch. sur les Ossem. foss. V. IV. p. 439. 
x Mi Desmoul. Diet. elass. V. IH. p. 499. Nr. 25. 
Felis Caracal. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. I. p. 118. 
& & Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 450. Nr. 84. 


193 Fitzinger. 


Felis Caracal. Cuv. Regne anim. Edit. I. V. L. p. 164. 
x & Fisch. Synops. Mammal. p. 210, 571. Nr. 27. 
= hs Bennett. Tower Meneg. p. 57. c. fig. 
2 > Wagler. Syst. d. Amphib. S. 29. 
2 4 Smuts. Mammal. cap. p. 29. 
Lynchus caracal. Jardine. Mammal. V. Il. p. 251, 274. Nr. 31. 
t. 30. 
Felis Caracal. Reiehenb. Naturg. Raubth. S. 77, 353. fig. 559. 
5 „ Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 526. 


Nr. 29. 
Lynx Caracal. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 526. 
| N2229. 


Caracal melanotis. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 46. 
Felis caracal. Giebel. Säugeth. S. 881. 
Lynz caracal. Giebel. Säugeth. S. 881. 

Diese Form ist als der Repräsentant einer besonderen Gattung 
in der Familie der Katzen zu betrachten, welehe ihren Merkmalen 
zu Folge zwischen den beiden Gattungen „Luchskatze (Chaus)“ und 
„Luchs (Lynx)“ genau in der Mitte steht und dieselben gleichsam 
miteinander zu verbinden scheint. 

Sie ist nicht ganz von der Größe des gemeinen Luchses (Lynx 
vulgaris), dem sie auch in der Körpergestalt im Allgemeinen ähnlich 
ist, doch ist sie etwas schlanker als dieser gebaut, ihre Beine sind 
minder dick und der Schwanz ist beträchtlich länger. 

Ihr Kopf ist ziemlich kurz und gerundet, der Leib gedrungen, 
doch nicht sehr voll, die Beine sind verhältnißmäßig schlank, die 
sehr langen, spitzen, aufrechtstehenden Ohren sind mit langen Haar- 
büscheln versehen, und der kurze Schwanz, welcher kürzer als !/, 
der Körperlänge ist und nur bis zum Fersengelenke reicht, ist ziem- 
lieh dünn, in der Mitte etwas dieker als an der Wurzel, und allmäh- 
lig gegen das Ende zugespitzt. 

Die Körperbehaarung ist kurz, dicht, glatt anliegend und ziem- 
lich weich. 

Die Oberseite des Kopfes und des Halses, der Rücken und die 
Schultern sind hell rothgelblich und bräunlich überflogen, die Hals- 
undLLeibesseiten, die Außenseite der Beine, mit Ausnahme des obersten 
Theiles der Vorderarme und der Schenkel, welehe mehr in’sRöthliche 
ziehen, so wie auch die Füße, sind lebhaft isabellfarben. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 199 


Die Oberlippe, das Kinn, die Unterseite des Halses, der Bauch 
und die Innenseite der Beine sind weißlich und rothgelb überflogen ; 
die Brust ist matt rothgelblich und mit kleinen, rundlichen schwärz- 
lichbraunen Flecken besetzt, die jedoch im höheren Alter gänzlich 
verschwinden. 

Der Schwanz ist auf der Oberseite hell rothgelblich, auf der Un- 
terseite weißlich und rothgelb überflogen. 

Die Ohren sind auf der Außenseite schwarz, am Rande und auf 
der Innenseite aber weiß; der Haarpinsel derselben ist schwarz. 

Die Schnauzenspitze, die Gegend um die Augen und einFlecken 
am Mundwinkel sind weiß, und ein sehr schmaler weißer Streifen 
zieht sich jederseits oberhalb des Auges auf die Stirne. 

Die Schnurren sind schwärzlich und entspringen in mehrere 
Reihen vertheilt, aus schwarzen Wärzchen. 


Die Krallen sind gelblichweiß, die Iris ist gelb. 


Körperlanger mW. 2 Au 238108 Nach Temminck. 
Länge des Schwanzes . . . . 10. 
u Vtder® Ohren Kater DD. 
Sehulterhöher =. „mar. Dyersın 1022! 
Köorperlange a 2 ne82700127 ‚6.7 NachRteichhenbach. 


Länge des Schwanzes . ... 10-1. 
Sehulterhöhe, ! 4 A. A at dal 
Vaterland. Asien, Persien und Arabien. 
Diese Art ist uns schon Anfangs der zweitenHälfte des 17. Jahr- 
hunderts durch Thevenot bekannt geworden und Buffon hat die- 
selbe zuerst genauer beschrieben. 


2. Der indische Caracal (Caracal bengalensis). 


C. malanoti similis, ast corpore torosiore, artubus brevioribus 
fortioribusque, cauda distincte longiore terram fere attingente; 
notaeo pallide rufescente-griseo, dorso transversaliter indistincte 
nigrescente-griseo-undulato, gastraeo grisescente-albo ; artubus 
externe rufescente-, interne albido-griseis ; regione supra oculos et 
stria longitudinali utrinque supra rostrum decurrente albis; auri- 
culis longe penicillatis, externe ex rufescente nigro-fuscis, apice 
nigris, interne albis, penicillis nigris ; cauda rufescente-grisea. 


200 Fitzinger. 


Animal sent from East Indies. Parsons. Philos. Transaet. V. LI. 
P. II. p. 648. e. fig. 
Siyagusch. Edwards. 
Caracal de Bengale. Buffon. Hist. nat. d. Quadrup. Suppl. II. 
p- 225. t. 45. 
Felis Caracal. Schreber. Säugth. B. III. S. 413. Nr. 17. 
Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. p. 524. Nr. 14. 


a Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch. u. d, Thiere. 
B. I. S. 265. Nr. 157. 

5 R Boddaert. Elench. anim. V. I. p. 92. Nr. 16. 

5 N Gmelin. Linne Syst. Nat. T. I. P. I. p. 82. Nr. 18. 


Felis caracal. Cuv. Tabl. elem. d’hist. nat. p. 119. Nr. 10. 
Cuv. Ann. du Mus. V. XIV. p. 154. Nr. 11. 

eure: Guy! Regne anim. Edit. I. V. I. p. 168. 

Felis Caracal. Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. V. VI. p. 1095. 
Nr. 11. 

r h; Fr. Cuv. Diet. des Se. nat. V. VII. p. 220. 

Felis caracal. Desmar. Mammal. p. 226. Nr. 352. 

Felis Caracal. Cuv. Recherch. sur les Ossem. foss. V. IV. p. 439. 

Desmoul. Diet. elass. V. III. p. 499. Nr. 25. 


5 R Temminck. Monograph. d. Mammal V. I. p. 118. 
» » Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 450. Nr. 34. 
> » Cuv. Regne anim. Edit. I. V. I. p. 164. 


Felis Caracal. V. 6. Bengalensis. Fisch. Synops. Mammal. p. 210. 
Nr. 27. © 
Lynchus caracal. Jardine. Mammal. V. II. p. 251, 274. Nr. 31. 
Felis Caracal. Caracal aus Bengalen. Reiehenb. Naturg. Raubth. 
S. 78, 353. fig. 554. 

Felis Caracal. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 526. 
Nr. 29. 

Lynx Caracal. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 526. 
N.029; 

Felis caracal. Giebel. Säugeth. S. 881. 

Lynx caracal. Giebel. Säugeth. S. 881. 

Obgleieh wir schon seit lange her durch Parsons und Buffon 
Kenntniß von der Existenz dieser Form haben, so beschränkt sieh 
unsere nähere Bekanntschaft mit derselben selbst bis zur Stunde noch 
fast einzig und allein nur auf jene kurzen Andeutungen, welehe wir 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Leles) gehör. Formen. 201 


von den genannten beiden Naturforschern über die ihr zukommenden 
Merkmale erhalten haben und die Abbildungen, die sie uns von der- 
selben mittheilten. Seit jener Zeit wurde unser Wissen über dieselbe, 
außer einer Abbildung und einer kurzen derselben beigefügten Notiz, 
welche Reichenbach nach einem im könig]. zoologischen Museum 
zuDresden befindlichen Exemplare von ihr gegeben, von keinem Zoo- 
logen mehr bereichert. 


Aus den in unserem Besitze befindlichen Abbildungen jedoch, 
so wie auch aus den von Bu ffon hervorgehobenen Merkmalen, scheint 
beinahe unzweifelhaft hervorzugehen, daß diese Form nieht nur von 
dem persischen Caracal (Caracal melanotis), sondern auch von dem 
nordafrikanischen (Caracal algiricus) und südafrikanischen (Cara- 
cal nubicus) wesentlich und vielleieht sogar speeifisch verschie- 
den sei. 


In der Größe scheint sie zwar mit denselben übereinzukommen, 
doch ist ihr Körperbau viel weniger schlank, der Leib weit mehr un- 
tersetzt und dieker, die Beine sind verhältnißmäßig kürzer und viel 
stärker und der Schwanz merklich länger, da er nahezu bis auf den 
Boden reicht. Die Ohren sind mit langen Haarbüscheln versehen. 


Die Behaarung ist kurz, dicht und glatt anliegend, das Haar am 
Bauche aber etwas länger. 


Die Oberseite des Körpers und die Außenseite der Gliedmaßen 
sind hell röthlichgrau und nur der Rücken ist der Quere nach un- 
deutlich schwärzlichgrau gewellt. Die Unterseite des Köıpers ist 
einfärbig graulichweiß, die Innenseite der Gliedmaßen weißgrau. 

Die Gegend über den Augen und ein Streifen, welcher zu bei- 
den Seiten des Nasenrückens über die Schnauze verläuft, sind 
weiß. 

Die Ohren sind auf der Außenseite röthlich schwarz-braun und 
an der Spitze so wie der llaarpinsel schwarz, auf der Innenseite 
weiß. i 

Der Schwanz ist von der Farbe des Rückens. 

Körpermaaße sind nieht angegeben. 

Vaterland. Süd-Asien, Ost-Indien, Bengalen. 

Buffon, Fiseher und Reichenbach: sind die einzigen Zoo- 
logen, welche diese Form als eine besondere, vom persischen Caracal 
(Caracal melanotis) verschiedene bezeichnen. 


202 Fitzinger. 


3. Der nordafrikanische Caracal (Caracal algiricus). 


C. nubico similis, ast capite longiore minusque rotundato, 
cauda breviore tarsos attingente, auriculis breve penicillatis ; cor- 
pore rufescente, stria longitudinali nigra anucha ad caudae basin 
usque supra dorsum decurrente, lateribus maculis sparsis longitu- 
dinaliter seriatis nigris notatis, humeris stria ab antipedibus dor- 
sum versus recte ascendente nigra. 


Caracal. Bruce. Travels. V. V. 
Caracal d’Alger. Buffon. Hist. nat. d. Quadrup. Suppl. II. p. 231. 
Felis Caracal. Schreber. Säugth. B. III. S. 413. Nr. 17. 
Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. p. 524. Nr. 14. 
Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch. u. d. Thiere. 
B. II. S. 265. Nr. 157. 
N as Boddaert. Elench. anim. V. I.p. 92. Nr. 16. 
N e Gmelin. Linne Syst. Nat. T. I. P. I. p. 82. Nr. 18. 
Baell mieithr 1.90. fe 2. 
Felis caracal. Cuv. Tabl. elem. d’hist, nat. p. 119. Nr. 10. 
5 a Cuv. Ann. du Mus. V. XIV. p. 154. Nr. 11 
Caracal. Cuv. Regne anim. Edit. I. V. I. p. 163. 
Felis Caracal. Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. V. VI. p. 105. 
Nr. 11. 
5 5 Fr. Cuv. Diet. des Se. nat. V. VII. p. 220. 
Felis caracal. Var. A. Caracal d’Alger. Desmar. Mammal. p. 226. 
Nr. 352. A. 
Felis Caracal. Cuv. Recherch. sur les Ossem. foss. V. IV. p. 439. 
% Desmoul. Diet. class. V. III. p. 499. Nr. 25. 
I Temminck. Monograph. d. Mammal. p. 118. 
& 5 Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 450. Nr. 34. 
Cuv. Regne anim. Edit. II. V. I. p. 164. 
Felis Car cal, Var. ß. Algirieus. Fisch. Synops. Mammal. p. 210, 
Nr. 27. ß. 
Lynchus caracal. Jardine. Mammal. V. Il. p. 251, 274. Nr. 31. 
Felis Caracal. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 77. fig. 41. 
a E M. Wagn. Algier. B. Il. S. 62. t. 4. (Jung.) 
e 7 Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. Il. S. 526. 
Nr. 29: 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 203 


Lynx Caracal. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 526. 
Nr. 29. 

Felis caracal. Giebel. Säugeth. S. 8S1. 

Lynx caracal. Giebel. Säugeth. S. 881. 

Eine der ausgezeichnetsten unter den wenigen dieser Gattung 
angehörigen Formen, welche zwar in der Gestalt und Größe, so wie 
auch in der Behaarung ihres Körpers mit der Mehrzahl derselben 
übereinzukommen scheint, sich aber sowohl durch die weit kürzeren 
Haarbüschel an den Ohren, als auch durch ihre merklich abweichende 
Farbenzeichnung sehr deutlich von denselben unterscheidet. - 

Der Angabe Buffon's zu Folge, der uns mit dieser Form nach 
einer Mittheilung von Bruce zuerst bekannt gemacht, reiht sie sich 
zunächst dem südafrikanischen Caracal (Caracal nubicus) an, doch 
ist ihr Kopf etwas länger und weniger gerundet und der Schwanz 
etwas kürzer, indem er nur bis an das Fersengelenk hinabreicht. 

Haarbüschel an den Ohren sollen gänzlich fehlen, was jedoch 
sicherlich nur auf einem Irrthume beruht, denn ohne Zweifel sind 
dieselben so wie bei allen übrigen Formen dieser Gattung vorhanden 
und nur ihrer Kürze wegen dem Auge des Beobachters entgangen, 
ein Fall, der sich auch häufig bei vielen Formen der Gattung Luchs 
(Lynx) ergibt. 

An der Hinterseite der Füße, von der Hand- und Fußwurzel an 
bis zu den Zehenspitzen, ist das Haar nach aufwärts gerichtet. 

Die Grundfarbe des Körpers ist röthlich. Über den Rücken ver- 
läuft ein schwarzer Längsstreifen vom Nacken bis zur Schwanzwur- 
zel und die Leibesseiten sind mit zerstreut stehenden, der Länge nach 
gereihten schwarzen Flecken besetzt. 

Über den Vorderbeinen befindet sich jederseits ein schwarzer 
bindenartiger Streifen, der gerade über die Schultern aufsteigt und 
sich beinahe an den Rückenstreifen anschließt, ähnlich der kreuzar- 
tigen Zeichnung eines Esels. 

Körpermaaße sind nicht angegeben. 

Vaterland. Nordwest-Afrika, Algier. Wahrscheinlich war diese 
Form in früherer Zeit in Nord-Afrika auch weiter gegen Osten hin 
verbreitet. 

Von allen Naturforsehern wird dieselbe mit dem persischen Ca- 
racal (Caracal melanotis) vereinigt und nur Buffon, Desmarest 
und Fischer trennen sie als eine besondere Varietät. 


204 Fitzinger. 


4. Der senegalische Caracal (Caracal rutilus). 


C. algirico similis, notaeo ferrugineo, lateribus maculis parvis 
obscurioribus indistinctis notatıs, gastraeo albido nigrescente-rufo- 
maculato; cauda brevi, !/; corporis longitudine, supra obscure 
ferruginea, infra pallidiore immaculata. 

Felis rutilus. Waterhouse, Ann. and. Mag. of Nat. Hist. V. XII. 
(1843). p. 58. 
Felis rutila. Giebel. Säugeth. S. 886. Note 2. 

Waterhouse ist bis jetzt der einzige Zoolog, welcher diese 
Form beschrieben, doch gründet sich seine Beschreibung nur auf ein 
einzelnes Fell, das Fraser von seiner Reise aus West-Afrika ge- 
bracht, welehes aber leider so wie alle übrigen, die dieser Naturfor- 
scher daselbst theils durch Kauf, theils durch Tausch an sich ge- 
bracht hatte, unvollständig und verstümmelt war, indem der Kopf so- 
wohl, als auch der untere Theil der Beine an demselben fehlte. 


Waterhouse bemerkt, daß sieh diese Form — welche er 
wohl mit Recht als eine besondere Art betrachtet, — durch die Kürze 


ihres Schwanzes und ihr nahezu einfärbiges Fell den Luchsen nähert, 
und ich glaube daher keinen Fehlgriff zu begehen, wenn ich dieselbe 
in die Gattung Caracal (Caracal) verweise. 

In der Größe und den körperlichen Verhältnissen kommt diese 
Form, so wie zum Theile auch in der Farbe und Zeiehnung mit den 
meisten übrigen Formen dieser Gattung und insbesondere mit dem 
nordafrikanischen Caracal (Caracal algiricus) überein. 

Ihr Schwanz ist kurz und nimmt 1/, der Körperlänge ein. 

Die Behaarung ist kurz und glatt anliegend. 

Die Oberseite des Körpers ist rostroth und die Leibesseiten sind 
mit kleinen, dunkleren undeutlichen Flecken besetzt; die Unterseite 
des Körpers ist weißlich und mit schwärzlichrothen Flecken ge- 
zeichnet. 

Der Schwanz ist auf der Oberseite dunkel rostroth, auf der Un- 
terseite heller und durchaus ungefleckt. 

Körpenlänee" 1.3 SER Dt 

Länge’des’ Sehwanzes ! . . . . 10 

Vaterland. West-Afrika. Senegambien, wo diese Form im 
Lande der Mandingo in der Sierra Leone vorkommt und wahrschein- 
lieh nur Gebirgsgegenden bewohnt. 


RN 
1 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör, Formen. 205 


5. Der südafrikanische Caracal (Caracal nubicus). 


C. melanotis fere magnitudine, notaeo pallide ex rufescente 
fusco-flavido, albido-lavato, rostro, occipite dorsoque saturatiori- 
bus, gastraeo excepta qgula rufescente-lavata albo, in junioribus 
maculis parvis rotundatis pallide rubido-flavis signato ; mandibula, 
labio superiore, genarum parte infera, nec non regione suboculari 
et macula supra oculorum canthum internum albis; rostro stria 
Jongitudinali nigrescente a macula supraoculari ad nasum usque 
protensa notato ; vibrissis albis, nonnullis basinigris ; auriculis longe 
penieillatis, externe nigris, medium versus albido-irroratis, interne 
albis margine externo rufescente, penicillis nigris; artubus ex ru- 
fescente fusco-flavidis, interne stria angusta longitudinali alba 
pictis; cauda mediveri, ultra ‘/, corporis longitudine et parum 
infra tarsos attingente, attenuato-acuminata, supra ex rufescente 
fusco-flavida, infra albida. 

Luchs. Kolbe. Vorgeb. d. gut. Hoffn. S. 157. 
Caracal. Bruce. Travels. V. V. 
Caracal de Nubie. Buffon. Hist. nat. d. Quadrup. Suppl. IM. 
p- 232. 
Felis Caracal. Schreber. Säugth. B. Il. S. 413. Nr. 17. 
Felis Lynx? Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. p. 525. Nr. 15. 
Felis Caracal? Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. 525. Nr. 15. 
R N Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch u. d. Thiere. 
B. II. S. 265. Nr, 157. 
Felis caracal. Cuv. Tabl. el&m. d’hist. nat. p. 119. Nr. 10. 
Felis Caracal. Thunb. Mem. de l’Acad. d. Petersbourg. V, II. 
p. 305. 
» » Cuv. Ann. du Mus. V. XIV. p. 154, Nr. 11. 
Caracal. Cuy. Regne anim. Edit. I, V. I. p. 163. 
Felis Caracal. Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. V. VI. p. 105. 
Nr. 11. 
N 3y Fr. Cuv. Diet. des Se. nat. V. VIII. p. 220. 
Felis caracal. Var. B. Caracal de Nubie. Desmar. Mammal.p. 226. 
Nr. 352. B. 
Felis Caracal. Cuv. Recherch. sur les Ossem. foss. V. IV. p. 439. 
I m Desmoul. Diet. class. V. III. p. 499. Nr. 25. 


® N Temminck. Monograph. d. Mammal V. I. p. 118. 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 14 


A 


206 Fitzinger. 


Felis Caracal. Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 450. Nr. 34. 
8 Cuv. Regne anim. Edit. II. V. I. p. 164. 
Felis Caracal. Var. y. Nubicus. Fisch. Synops. Mammal. p. 210. 
Ne20. 3. 
Felis Caracal. Wagler. Syst. d. Amphib. S. 29. 
> » Smuts. Mammal. cap. p. 29. 
Lynchus ecaracal. Jar dine. Mammal. V. Il. p. 251, 274. Nr. 31. 
Felis Caracal. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 77. 
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. Il. S. 526. 


Nr. 29. 
Lynx Caracal. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 526. 
Nr. 29. 


Caracal melanotis. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 46 a. b. 

Felis caracal. Giebel. Säugeth. S. 881. 

Lynz caracal. Giebel. Säugeth. S. 881. 

Lynz Caracal. Heugl. Faun. d. roth. Meer. u. d. Somali-Küste. 

S. 14. 

Caracal melanotis. Fitz. Heugl. Säugeth. Nordost-Afr. S. 21. 
Nr. 5. (Sitzungsber. d. math. naturw. Cl. d. 
kais. Akad. d. Wiss. B. LIV.) 

Auch diese Form haben wir erst durch Buffon näher kennen 
gelernt, da Kolbe — welcher zuerst Nachricht von derselben gab, — 
uns nur eine äußerst kurze Andeutung von ihm machte. Späterhin 
lieferten auch Schreber und Wagner eine genauere Beschreibung 
dieser Form. 

Sie steht dem nordafrikanischen Caracal (Caracal algiricus) 
und noch mehr dem persischen (Caracal melanotis) sehr nahe, in- 
dem sie nicht nur in der Gestalt im Allgemeinen und in der Größe, 
so wie auch in der Behaarung fast vollständig mit diesen beiden For- 
men übereinkommt, sondern auch beinahe die nämlichen körperlichen 
Verhältnisse zeigt. 

Von der ersteren Form scheinen sie der etwas kürzere und mehr 
gerundete Kopf und die langen Ohrenbüschel, von der letzteren der 
etwas längere Schwanz, und von beiden die theilweisen Verschieden- 
heiten in der Farbe und Zeichnung zu unterscheiden. 

Der mittellange Schwanz, dessen Länge über !/; der Körper- 
länge beträgt, reicht etwas unter das Fersengelenk herab und ist 
allmählig gegen das Ende zugespitzt. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 207 


Die Oberseite des Körpers und die Außenseite der Gliedmaßen, 
so wie auch ein großer Theil der Innenseite derselben sind hell röth- 
lieh-braungelb oder zimmtfarben und weißlich überflogen, da die 
einzelnen Haare, welche von röthlich-braungelber Farbe sind, theil- 
weise an der Wurzel, theilweise aber auch über ihrer Mitte weiß 
gefärbt erscheinen. 

Am lebhaftesten tritt die röthliche Färbung auf der Schnauze, 
dem Hinterkopfe und dem Rücken hervor. Die Unterseite des Körpers 
und ein schmaler Längsstreifen an der Innenseite der Beine sind weiß, 
und nur die Kehle ist röthlich überflogen. 

Der Unterkiefer, die Oberlippe und der untere Theil der Wan- 
gen, so wie auch die Gegend unterhalb der Augen und ein Flecken 
ober dem inneren Augenwinkel sind weiß. 

Von diesem Flecken an zieht sich ein schwärzlicher Streifen 
bis zum Nasenflügel. 

Die Sehnurren sind weiß und nur einige sind an der Wurzel 
schwarz. 

Die Ohren sind auf der Außenseite schwarz, gegen die Mitte 
zu durch viele eingemengte weiße Haare weiß gesprenkelt und endi- 
gen in einen schwarzen Haarpinsel. Die Innenseite derselben ist weiß 
und am Außenrande röthlich. 

Der Schwanz ist auf der Oberseite röthlich-braungelb oder 
zimmtfarben, auf der Unterseite weißlich. 

Jüngere Thiere sind auf der Brust, dem Bauche und der 
Innenseite der Schenkel mit kleinen, rundlichen, hell rothgelben Flecken 
besetzt. 


Körperlänge nach der Krümmung . 2’ 6”. Nach Wagner. 
hs in serader hichtung) 277727. 

Bänge, des, Schwanzesu.4 . 2... 203.908 
BEN ler ONEENSEN NET DSL. 

Schulterhöhe . 2... 1'747 36”. 


Vaterland. Südost- und Süd-Afrika, wo diese Form von Nu- 
bien durch Kordofän südwärts bis an das Cap der guten Hoffnung 
reicht, ostwärts aber sich über Abyssinien durch die Habab- und 
Somaäli-Länder verbreitet, und in Abyssinien vorzüglich in den Ebenen 
des Marek und im Takasseh-Quellenlande vorkommt. Heuglin 
spricht die Vermuthung aus, daß sich diese Form nordwärts längs 
der ganzen Ost-Küste von Ägypten hinaufziehen dürfte. 

14* 


208 Fitzinger. 


Die Araber bezeichnen diese Form mit dem Namen „Om- 
rischdd“. 

Fast von allen Zoologen wurde sie mit dem persischen Caracal 
(Caracal melanotis) für völlig identisch erklärt, und nur Buffon, 
Desmarest und Fischer betrachten sie für eine besondere Abän- 
derung desselben. Erxleben war im Zweifel, ob die von Kolbe 
am Cap der guten Hoffnung getroffenen Luchse dem gemeinen Luchse 
(Lynx vulgaris) oder dem persischen Caracal (Caracal melanotis) 
beizuzählen sind. 


9. Gatt.: Luchs (Lynx). 


Die Pupille ist senkrecht elliptisch. Die Krallen sind vollkommen 
zurückziehbar. Der Schwanz ist kurz oder sehr kurz, und endiget 
in keine Quaste. Die Ohren sind mit Haarbüscheln versehen, sehr lang 
und spitz. Eine Mähne fehlt gänzlich. Die Backen sind von einem 
Barte umgeben, der bis hinter die Ohren reicht. Die Beine sind hoch. 
Der Kopf ist breit, die Schnauze gewölbt. 


1. Der Hirsch-Luchs (Lynx Cervaria). 


L. Canis Lupi fere magnitudine, corpore longipiloso , notaeo 
rufescente-griseo, in medio dorsi interdum in rubido-flavidum ver- 
gente, gastraeo albo immaculato ; dorso maculis distinctis oblongis 
nigris per tres series longitudinales dispositis ornato, lateribus 
maculis rotundatis nigris notatis; artubus rufescente-griseis, ex- 
terne in parte superiore maculis confertis rotundatis nigris signatis ; 
auriculis brevissime penicillatis, externe rufescente-griseis, fascia 
anguliformi nigra pictis, penicillis nigris; mystacibus buccarum 
mediocribus ; genis stria arcuata niyra ab oculorum cantho externo 
excurrente signatis; oculis macula nigra in cantho interno notatis 
annuloque nigro cinctis; vibrissis candidis; cauda brevi, capite 
longiore, fere !/, corporis longitudine vel paullo longiore , crassius- 
cula, conica, apicem versus attenuata, rufescente-grisea, supra in 
parte basali maculis transversalibus nigris picta, in apicali fere ad 
medium usque nigra. 


Felis cauda truncata, colore albo maculato. Linne. Syst. Nat. Edit. 
II. p. 43. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 209 


Felis cauda truncata, colore albo maeulato. Linne. Fauna Suec. 
Edit. I. p. 2. Nr. 5. 
Felis cauda truncata, colore albo maculato. Linne. Syst. Nat. Edit. 
VI. p. 4. Nr. 8. 
Lynz colore albo; maculis nigris cauda truncata. Klein. Quadrup. 
p. 77. \ 
Felis cauda truncata, corpore albo, maculato. Hill. Hist. anim. 
p. 543. 
Catus ceruarius. Brisson. Regne anim. p. 274. Nr. 14. 
Luchskaze mit schwarzen Flekken auf weißem Grunde. Haller. 
Naturg. d. Thiere. 8. 527. 
Felis cauda truncata, corpore ..albo macutato. Linn. Fauna Suee. 
Edit. II, p. 5. Nr. 11. 
Felis Lynx. Var. Erxleb. Syst. regn. anim.P. I.p. 598. Nr. 15. Var. 
Felis Lynx. Var. ß. Gmelin. Linn Syst. Nat. T. I. P. I. p. 83. 
Nest ßn® 
Luchskaze. Schrank. Fauna Boica. B. l. S. 52. Nr. 6. 
Felis Lynx. Pallas. Zoograph. rosso-asiat. V. I. p. 28. 
Eelis cervaria. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. 1. p. 106. 
5 5 Cuv. Regne anim. Edit. I. V. I. p. 163. 
Felis Cervaria. Thunb, Denkschr. d. Baier. Akad. B. IX. S. 187. 
Eelis cervaria. Fisch. Synops. Mammal. p. 211. 571. Nr. 30. 
4 N Menetries. Catal. des obj. de Zool. p. 21. 
h = Nilss. INlum. fig. till.Skandin. Fauna. T. .—Wiegm. 
Arch. f. Naturg. B,. II. Th. I. S. 71. 
Felis Cervaria. Keys. Blas. Wirbelth. Eur. S. XVIH, 62. Nr. 124. 
Eelis cervaria. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 73. fig. 35. 
e 5 Wagn. Schreber Säugth. Suppl. II. S. 516. Nr. 24. 
Lynx cervaria. Wagn. Scehreber Säugth.' Suppl. B. II. S. 516. 
Nr. 24, 
Felis cervaria. Giebel. Säugeth. S. 879. 
Lynx cervaria. Giebel, Säugeth. S. 879. 

Unstreitig eine der ausgezeichnetsten Arten dieser Gattung, 
welche zugleich zu den größten unter denselben gehört, indem sie 
nahezu die Größe eines Don Wolfes (Canis Lupus) er- 
reicht. 

Der Kopf ist groß und diek, die Schnauze etwas gestreckt, der 
Leib ist gedrungen und voll, und die Beine sind hoch und stark. 


210 Fitzinger. 


Die Haarbüschel an den Ohren sind kurz, so daß sie öfters 
völlig zu fehlen scheinen, und die Wangen sind mit einem aus mittel- 
langen Haaren gebildeten Barte versehen. 

Der Schwanz ist kurz, doch länger als der Kopf, nahezu '/, der 
Körperlänge oder auch darüber einnehmend, ziemlich diek, kegel- 
förmig, an der Spitze dünner als an der Wurzel und an seinem Ende 
abgestumpft. 

Die Körperbehaarung ist dicht, weich, lang und buschig, indem 
das Haar am Rücken eine Länge von zwei Zoll erreicht, vorzüglich 
aber an den Beinen und den Sohlen. 

Farbe und Zeichnung ändern nach dem Alter. 

Bei älteren Thieren ist die Grundfarbe der Oberseite des Kör- 
pers und der Außen- und Innenseite der Gliedmaßen glänzend röth- 
lichgrau und längs der Firste des Rückens bisweilen ins Rostgelbliche 
ziehend, indem die einzelnen Haare an der Wurzel hellgrau, in der 
Mitte lebhaft lichtroth und an der Spitze silbergraulichweiß gefärbt 
sind. Die Unterseite des Körpers ist einfärbig weiß und ungefleckt. 

Der Rücken ist mit drei Längsreihen weit auseinander stehen- 
der, deutlich begrenzter länglicher schwarzer Flecken besetzt, die 
Leibesseiten und der obere Theil der Außenseite der Gliedmaßen 
sind mit ähnlichen, aber rundlichen, gedrängter stehenden schwarze» 
Flecken gezeichnet, welche auf den Gliedmaßen am diehtesten anein- 
ander gereiht sind. Die einzelnen Haare dieser dunklen Flecken sind 
nur an ihrer Basis röthlich, im weiteren Verlaufe aber bis zur Spitze 
schwarz. 

Der untere Theil der Beine und die Innenseite der Gliedmaßen 
sind ungefleckt. 

Der Schwanz ist röthlichgrau, auf der Oberseite in der Wurzel- 
hälfte mit einigen schwarzen querbindenartigen Flecken gezeichnet 
und im größten Theile seiner Endhälfte bis zur Spitze schwarz. 

Die Augen sind von einem schwarzen Kreise umgeben und am 
inneren Augenwinkel befindet sieh ein schwarzer Flecken. Vom äuße- 

“ren Augenwinkel zieht sich ein schwarzer bindenartiger Streifen in 
einem Halbkreise gegen die Wangen. Der Backenbart ist weißlich 
und mit'einem großen schwarzen Flecken gezeichnet. 

Die Ohren sind auf der Außenseite. röthlichgrau mit einer 
schwarzen winkelförmigen Binde, an deren Spitze der kleine schwarze 
Ohrpinsel entspringt. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 211 


Die Schnurren sind ihrer ganzen Länge nach rein weiß. 

Bei sehr alten Thieren ist die Grundfarbe des Körpers 
silbergrau. 

Junge, halberwachsene Thiere sind schmutzig gelblich- 
weiß, und auf dem Rücken und an den Leibesseiten mit mehr oder 
weniger deutlichen kleineren, aber längeren als breiten bindenartigen 
Flecken besetzt, welche etwas dunkler gelb als die Grundfarbe sind 
und von einem schwarzbraunen Saume umgeben werden, Die Außen- 
seite der Gliedmaßen ist mit rundlichen braunen Flecken besetzt. 
Alle übrigen Körpertheile sind wie bei den alten Thieren, nur mehr 
unregelmäßig und gelblich gefleckt. 


Sehr junge Thiere zeichnen sieh durch drei schwarze paral- 
lele Längsstreifen auf dem Hinterrücken aus. 


Körperlänge Sy wen... road. Nach Pallas. 
Länge des Schwanzes ohneHaar . . 2 
4 y " mit dem Haare 8” 

Gewicht 60 Pfund und darüber. 
Körperlänge. ... . . 2 9” —2' 11”. Nach Temminck. 
Länge des Schwanzes . 7”— 9". 
Schulterhoher. 4 2272710. 0. 7. 
Entfernung der Augen von 

der Schnauzenspitze . 2' und etwas darüber. 


Vaterland. Nord-Europa, Norwegen, Schweden und der nörd- 
liche Theil von Rußland, und Nord-Asien, Sibirien, wo sich diese 
Art südwärts bis ın den Kaukasus erstreckt. 


Nur äußerst selten streift sie in Europa zur Winterszeit in süd- 
licher gelegene Gegenden und erscheint zuweilen sogar im Böhmer- 
walde, wo sie sowohl in Böhmen, als auch in der Ober-Pfalz in Baiern 
schon angetroffen worden ist. 


Linne war der erste Naturforseher, welcher uns mit dieser Art 
bekannt machte, die auch fast von allen seinen Nachfolgern als eine 
selbstständige Art anerkannt worden ist. NurErxleben und Gme- 
lin hielten sie blos für eine Abänderung des gemeinen Luchses 
(Lynx vulgaris) und selbst Pallas glaubte in ihr denselben zu 
erkennen, 

Bei den Schweden führt sie den Namen „Katt-Lo“ (Katzen- 
luchs.) 


212 Fitzinger. 


2. Der Wolf-Luchs (Lyn& virgata). 


L. Cervariae similis, ast auriculis longe penicillatis, cauda 
crassiore, cylindrica, obtusa, mystacibus buccarum longioribus, 
corpore pilis longioribus praesertim sub abdomine vestito, notaeo 
artubusque ferrugineo-rubidis, dorso maculis striaeformibus an- 
gustis nigris per ‚duas series longitudinales valde approximatas 
dispositis et parum interruptis ornato, lateribus maculis minoribus 
plus minus indistinetis elongatis fuseis vel nigrescentibus notatis, 
gastraeo albo; cauda in basali parte ultra dimidium ferrugineo- 
rubida, supra maculis aliquot transversalibus nigris signata, in 
apicali nigra. 

Felis Lynx. Pallas. Zoograph. rosso-asiat. V. I. p. 28. 

Lynx of Siberia. H. Smith. Griffith Anim. Kingd. V. II. p. 494. 
e. fig. 

Felis lupulinus. Thunb. Denksehr. d. Baier. Akad. B. IX. S. 189. 
Nr. 1, 

Felis Lynx. Fisch. Synops. Mammal. p. 211, 571. Nr. 29. 

Eelis cervaria. Fisch. Synops. Mammal. p. 211, 571. Nr. 30. 

Felis virgata. Nilss. Illum. fig. till. Skandin. Fauna. T. I. — Wiegm. 
Arch, f. Naturg. B. II. Th. I. S. 71. 

Felis Iyn&? Reiehenb. Naturg. Raubth. S. 76. 

Felis cervaria. Reiehenb. Naturg. Raubth. S. 353. fig. 552. 

Felis Cervaria. Keys. Blas. Wirbelth. Eur. S. XVII, 62. Nr. 124. 

Felis cervaria. Var. ß. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 516. 
Nr. 24. ß. 

Lynx cervaria. Var.8. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 516. 
Nr. 24. B. 

Felis cervaria. Giebel. Säugeth. S. 879. 

Lynx cervaria. Giebel. Säugeth. S. 879, 

Jedenfalls eine dem Hirseh-Luchse (Lynx Cervaria) verwandte, 
aber höchst wahrscheinlich specifisch von demselben verschiedene 
Form, welche sich durch die langen Haarbüschel an den Ohren, die 
abweichende Bildung des Schwanzes und die verschiedene Farben- 
zeichnung von diesem unterscheidet, 

In der Größe, so wie auch in der Gestalt im Allgemeinen kommt 
sie mit der genannten Art überein; dieOhrenpinsel sind aber beträcht- 
licher länger, der Schwanz, welcher wie bei dieser länger als der 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 213 


Kopf ist, dicker, seiner ganzen Länge nach von gleicher Dicke, voll- 
kommen walzenförmig und an seinem Ende abgestumpft. Auch der 
Backenbart ist stärker und die Körperbehaarung länger, besonders 
aber am Bauche. 


Die Oberseite des Körpers und die Außen- und Innenseite der 
Gliedmaßen ist roströthlich, die Unterseite des Körpers weiß. 


Der Rücken ist mit zwei sehr nahe neben einander stehenden 
Längsreihen schmaler, schwarzer, streifenartiger Flecken gezeichnet, 
welche nur wenig unterbrochen sind, die Leibesseiten mit kleineren, 
mehr oder weniger undeutlichen braunen oder schwärzlichen langge- 
zogenen Flecken. 


Der Schwanz ist in den drei ersten Fünfteln seiner Länge rost- 
röthlieh und auf der Oberseite mit einigen schmalen, schwarzen quer- 
bindenartigen Flecken besetzt, in den beiden letzten Fünfteln seiner 
Länge aber bis zur Spitze schwarz. 

Körpermaaße sind nieht angegeben. 


Vaterland. Nord-Europa, Norwegen, Schweden und Nord- 
Rußland, und Nord-Asien, Sibirien, woselbst diese Form hauptsächlich 
am Kowyma-Flusse und am Jenisei angetroffen wird. 


Sehon Pallas kannte diese Form, doch hielt er sie nieht von 
demHirsch-Luchse (Lynx Cervaria) für verschieden, den er irriger- 
weise mit dem gemeinen Luchse (Lynx vulgaris) verwechselte. 
Hamilton Smith war der erste Naturforscher, der ‚dieselbe unter 
dem Namen „Lynx of Siberia“ als eine besondere Form bezeichnete, 
und Thunberg und Nilsson betrachteten sie für eine selbststän- 
dige Art, während sie von allen übrigen Zoologen theils zum gemeinen 
(Lyn& vulgaris), theils zum Hirseh-Luchse (Lynx Cervaria) ge- 
zogen oder höchstens für eine Abänderung desselben gehalten 
wurde. 


Diese letztere Annahme gründet sich hauptsächlich auf eine 
Mittheilung von Ström, der behauptet, daß von zwei kleinen Jungen 
eines und desselben Wurfes das eine die Merkmale des Wolf-Luchses 
(Lynx virgata), das andere die des Hirsch-Luchses (Lynx Cerva- 
ria) zeigte und ein junges Männchen des Hirsch-Luchses (Lynx 
Cervaria), das sammt der Mutter bei Stockholm geschossen wurde, 
alle Kennzeichen des Wolf-Luchses (Lynx virgata) an sich trug, 
Höchst wahrscheinlich beruht diese Angabe aber nur auf einer Täu- 


214 Fitzinger. 


schung, da der jugendliche Zustand dieser beiden Formen eine sehr 
große Ähnlichkeit darbietet. 

In Schweden ist diese Form unter dem Namen „Varg-Lo“ 
(Wolfluchs) bekannt. 

Junge Thiere unterscheiden sich von den alten hauptsächlich 
durch drei schwarze parallele Längsstreifen auf dem Hinterrücken, 
wodurch sie den Jungen des Hirsch-Luchses (Lyna Cerveria) sehr 
ähnlich sind. 


8. Der Polar-Luchs (Lynx borealis). 


L. virgatae magnitudine, corpore longipiloso, in aestivali 
tempore fuscescente-griseo, maculis punctiformibus fuscescentibus 
in vertice et genis, et maculis striisque parvis ejusdem coloris in 
artubus ; in hiemali, notaeo griseo-flavescente et interdum maculis 
parvis plus minus numerosis ac obsoletis nigrescente-fuscis sig- 
nato, nucha dorsoque in rubidum vergentibus maculisque distinctis 
ejusdem coloris notatis, gastraeo albo, maculis parvis sparsim dis- 
positis nigris ornato; artubus externe maculis punctiformibus 
nigris pictis ; auriculis longe penicillatis, externe flavido-griseis et 
marginem versus rubido-flavidis, macula obsoleta alba nnotatis, apice 
cum penicillis nigris; mystacibus buccarum longis et infra masil- 
lam dependentibus, in medio macula nigra ornatis, genis striis dua- 
bus angustis nigris et postice in angulo coadunatis, una ab oculo- 
rum cantho externo usque infra aures protensa, altera infra arcum 
zygomatieum excurrente et arcuatim ascendente signatis, tertiaque 
arcuata parallela infra illam posita; gula alba, mandibula utrinque 
macula nigra picta; vibrissis albis; cauda brevi, capite fere bre- 
viore, 1/; corporis longitudine, crassa, cylindrica, obtusa, in parte 
basali rubido-flava infra albo-irrorata, in apicali nigra. 

Felis borealis. Thunb. Svensk. Vetensk. Akad. Handl. 1815. 
P.88: 1.3. 
hs N Thunb. Denkschr. der Baier. Akad. B. IX. S, 191. 
Nr. 2. 
Felis cervaria. Fisch. Synops. Mammal. p. 211, 571. Nr. 30. 
Felis borealis. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 78. fig. 44. 
> a Keys. Blas. Wirbelth. Eur. S.XVIIL. 62. Nr. 125. 
Felis. .? Wagner. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 520. 
Note 13. 


Fitzinger. Revision der zur natürl. Familie der Katzen (Feles) etc. 215 


Lyn&. .? Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 520. 
Note 13. 


Auch diese Form ist dem Hirsch-Luchse (Lynx Cervaria), 
mit welchem sie von gleicher Größe ist, verwandt, und noch mehr 
dem Wolf-Luchse (Lynx virgata), an welchen sie sich durch man- 
cherlei Merkmale näher anschliefSt, während sie sich von beiden durch 
die ihr eigenthümliche Farbenzeichnung unterscheidet. 


Ihr Körperbau ist weit kürzer und gedrungener als jener des 
gemeimen Luchses (Lynx vulgaris), die Gestalt im Allgemeinen mehr 
an die der Wild-Katze (Felis Catus) erinnernd, der Kopf merklich 
dicker. 

Die Wangen sind von®inem langen Barte umgeben, der ziemlich 
tief über den Unterkiefer herabhängt, die Ohren mit langen und etwas 
nach rückwärts gebogenen Haarbüscheln versehen, welche 1 Zoll in 
der Länge haben. Das Kinn ist mit steifen Haaren besetzt und meh- 
rere Borstenhaare befinden sich auf den Augenbrauenwarzen. 


Der Schwanz ist kurz, beinahe kürzer als der Kopf, nur !/, der 
Körperlänge einnehmend, diek und walzenförmig, seiner ganzen Länge 
nach von gleicher Dicke, an seinem Ende abgestumpft und dicht 
behaart. 


Die Körperbehaarung ist lang, weich und beinahe zottig. 
Farbe und Zeichnung ändern nach der Jahreszeit. 


Im Sommer ist die Färbung bräunliehgrau, mit kleinen bräun- 
lichen Flecken und Streifen auf den Beinen und ebenso gefärbten 
Punktfleeken auf dem Scheitel und den Wangen. Der Backenbart ist 
in der Mitte mit einem schwarzen Flecken gezeichnet. 

Vom äußeren Augenwinkel zieht sich ein schmaler sehiapzen 
Streifen bis unter das Ohr und stößt hier mit einem zweiten bogen- 
förmig nach aufwärts steigenden Streifen in einem Winkel zusammen, 
der unterhalb des Joehbogens entspringt. Über diesem unteren Strei- 
fen befindet sich ein dritter, der parallel mit demselben bogenförmig 
verläuft. 

‚Die Ohren sind auf der Außenseite gelbgrau mit einem ver- 
loschenen weißen Flecken, am Rande rostgelblich und an der Spitze 
sammt dem Ohrenpinsel schwarz. 

Die Kehle ist weiß und am Unterkiefer befindet sich jederseits 
ein schwarzer Flecken. 


216 Fitzinger. 


Der Schwanz ist in der Wurzelhälfte rostfarben mit eingemeng- 
ten weißen Haaren auf der Unterseite, und in der Endhälfte bis zur 
Spitze schwarz. 

Die Augenlider sind weiß, die oberen Wimpern ‚derselben 
schwarz. Die Schnurren sind weiß, die Iris ist gelbgrünlieh, 

Im Winter erscheint die Färbung auf der Oberseite graugelb- 
lich und ist der obere Theil des Körpers bisweilen mit mehr oder 
weniger zahlreichen, kleinen, verloschenen schwärzlichbraunen Flecken 
gezeichnet, welehe durch längere weißliche Haare gebildet werden, 
die in schwarzbraune Spitzen endigen. Der Nacken und der Rücken 
sind mehr rostgelblich und deutlich schwärzlichbraun gefleckt. Die 
Unterseite des Körpers, welche zu jengg Zeit mit noch längeren 
Haaren als im Sommer besetzt ist, ist weiß, mit kleinen zerstreut 
stehenden schwarzen Flecken. 

Die Beine sind auf der Außenseite mit schwarzen Punktfleeken 
besetzt. Die übrigen Körpertheile bieten dieselbe Farbe und Zeich- 
nung wie im Sommer dar. 

Im hohen Norden nimmt das Fell eine graulichweiße Fär- 
bung an. | 

Junge Thiere sind röthlieh und weißlich gewölkt mit deut- 
licheren schwarzen Flecken und drei fast parallelen schwarzen Längs- 
streifen auf dem Hinterrücken. 

Körperlänge. . . !. 8". Nach Thunberg. 

Länge des Schwanzes . 6". 

Gewicht 60 Pfund und darüber. 

Vaterland. Nord-Europa und Nord-Asien, wo diese Form vom 
nördlichen Rußland dureh den größten Theil von Sibirien verbreitet 
ist und südwärts bis nach Sajansk und Daurien reicht. 

Wir kennen diese Form bis jetzt nur aus einer Beschreibung und 
Abbildung von Thunberg. Fischer hat dieselbe mit dem Hirseh- 
Luchse (Lynx Cervaria) vereinigt, während Reichenbach eine 
selbstständige Art in ihr erkennt. Auch Wagner ist geneigt sie für 
eine verschiedene Art zu haiten. 


4. Der gemeine Luchs (Lynx vulgaris) 


L. Cervariae magnitudine; corpore longipiloso, auriculis 
longe penicillatis, mystacibus buccarum longis; cauda brevi, capite 
parum longiore, fere t/, corporis longitudine vel paullo longiore, 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 21 7 


crassiuscula, cylindrica, obtusa; in aestivali tempore notaeo vivide 
ferrugineo-rufescente, praesertim in humeris, in capite supra 
parum dilutiore, in lateribus in albidum vergente, gastraeo pure 
albo, dorso collogue supra immaculatis, lateribus maculis parvis 
rotundatis indistinctis sparsis ferrugineo-rubidis notatis; artubus 
externe dorsi coloris, interne stria longitudinali angusta alba sig- 
natis, femoribus externe supra maculis distinetis dense disposifis 
obscurioribus fusco-vel nigro-rufis ornatis , tibüs pedibusque im- 
maculatis, antipedibus interne supra, abdomineque maculis 
majoribus indistinctis rotundatis nigrescentibus notatis; jugulo 
strüs aliquot transversalibus obsoletis rufescentibus cincto; genis 
supra strüs obsceurioribus arcuatis fusco-rufescentibus maculisque 
punctiformibus ejusdem coloris signatis, infra albis, mystacibus 
buccarum infra albis, supra ew pallide rubido-nigro et nigro 
mistis; oculis annulo albo cinctis; auriculis externe ad basin 
rufescentibus , in medio grisescentibus, margine flavido-rufescente, 
interne albis, penicillis nigris; labio superiore et mandibula albis, 
maculis parvis ferrugineo-nigris in vibrissarum regione ; vibrissis 
aut partim albis partim fuscis, aut albis fusco —, aut fuscis albo- 
terminatis; cauda supra in basali parte ultra dimidium dorsi 
coloris, lineis aliquot transversalibus indistinctis obscurioribus 
undulatis notata, infra alba, in apicali nigra; in hyemali tempore 
notaeo artubusque ex rufescente albo-griseis, gastraeo et artubus 
interne grisescente-albis; dorso fascia longitudinali fuscescente «a 
vertice ad caudae basin decurrente ornato, lateribus strüs trans- 
versalibus obsoletis fuscescentibus undulatis notatis, antipedibus 
scelidibusque externe maculis distinctis parvis rotundatis 
ferrugineo-fuscis; auriculis externe albis; marginem versus fascia 
nigra circumseriptis, ad basin stria transversali indistincta 
obscuriore notatis, penicillis nigris; cauda in basali parte ultra 
dimidium corporis colore strüsque aliguot transversalibus indi- 
stinctis fuscis semicincta, in apicali nigra. 
Chama quem Galli rufium vocabant. Plinius. Hist. nat. L. VII. e. 19. 
Ceruarü lupi. Plinius. Hist. nat. L. VII. ce. 22. 
Lupus ceruarius. Gesner. Hist. anim. Lib. I. de Quadrup. 
p- 769. e. fig. 

Lynx. Olaus Magnus. Hist. de gentib. septentr. p. 618. 

» Schwenckf. Theriotr. p. 108. 


218 Fitzinger. 


Lynx Aldrov. Quadrup. digit. p. 90. 
Lynx africana. Aldrov. Quadrup. digit. fig. p. 92. 
Ein Luchs, Lutz oder Lux. Ein Thierwolff. Gesner. Thierb. 
S. 345. m. fig. ’ 
Lynx. Charlet. Exereit. p. 14. 
Lynx, Lupus ceruarius. W agner. Hist. nat. Helvet. p. 178. 
Lynx, Latinis Lupus ceruarius. Rajus. Synops. Quadrup. p. 166. 
Luchse. Müller. Samml. russ. Gesch. B. III. S. 548, 607. 
Lynx. Rzaez. Hist. nat. Polon. p. 222. 
„ Rzaez. Auct. hist. nat. Polon. p. 313. 
Luchs. Ridinger. Wilde Thiere. t. 22. 
Ridinger. Jagdb. Thiere. t. 10. 
„ Ridinger. Kleine Thiere. t. 65, 66. 
Felis cauda truncata, colore rufescente maculato. Linne. Syst. 
Nat. Edit. II. p. 43. 
Felis cauda truncata; corpore rufescente maculato. Linne. Fauna 
Suee. Edit. I. p. 2. N. A. 
ls sans Linnie.Syst. Nat. Bdit.»Vlp. AN. 
Luchs. Meyer. Thiere. B. Ill. t. 31. 
Lynx. Klein. Quadrup. p. 77. 
Felis cauda truncata, corpore rufescente maculato. Hill. Hist. 
anim. p. 544. t. 27. 
Lyn&. Jonst. Quadrup. p. 118. t. 54, 71. 
Felis Lynx. Brisson. Regne anim. p. 275. Nr. 15. 
Lynx ou Loup-Cervier. Buffon. Hist. nat. d. Quadrup. V. X. 
p.231.,1.021. \ 
Daubent. Buffon. Hist. nat. d. Quadrup. 
V.IX.p. 243. t. 22, 23. 
Eelis cauda truncata, corporerufescentemaculato.Kramer. Elench. 
anim. p. 911. Nr. 5. 
Luchs. Haller. Naturg. d. Thiere. S. 524, 
Felis Lynx. Linne. Syst. Nat. Edit. X. T. I. p. 43. Nr. 7 
Loup-Cervier. Diet. des anıim. V. II. p. 709. 
Los. Houtt. Nat. hist. V. II. p. 141. 
Felis Lynx. Linne. Fauna Suec. Edit. II. p. 4. Nr. 10. 
Luchse. Linne. Westgothl. S. 222. 
Felis Lynx. Linne. Syst. Nat. Edit. XII. T. I. P. I. p. 62. Nr. 7 
Lynz ou Loup-Cervier. Bomare. Diet. d’hist. nat. T. II. p. 738. 


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Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 219 


Lupo cerviere. Alessandri. Anim. quadrup. V. I. t. 18. 
Lynz. Pennant. Synops. Quadrup. p. 186. Nr. 135. 
Luchs. Rytschk. Orenb. B. I. S. 237. 

»„ Müller. Natursyst. B. I. S. 241. t. 30. fig. 3. 
Felis Lynx. Schreber. Säugth. B. II. S. 408. N. 15. t. 109. 
Felis Lyn&. Müller. Zool. Dan. p. 2. Nr. 9. 

hi „ Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. p. 525. Nr. 15. 


a „ Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch. u. d. Thiere. 


B. II. S. 265. Nr. 165. 

Lyn&®. Pennant. Ilist. of. Quadrup. V. I. p. 279. Nr. 170. 
Felis Lynx. Boddaert. Elench. anim. V. I. p. 91. Nr. 13. 

= » Gmelin. Linne Syst. Nat. T. 1. P. I. p. 83. Nr. 7. 
Lynx. Grossinger. Hist. phys. regn. Hungar. T. I. p. 428. 
Felis Iynx. Cuv. Tabl. elem. d’hist. nat. p. 119. Nr. 9. 
Luchs. Schrank. Fauna Boica. B. I. S. 51. Nr. 5. 
Common lynx. Shaw. Gen. Zool. V. I. P. II. p. 376. 
Felis Lynz. Wildungen. Taschenb. f. 1800. S. 1. t. 1. 

N »  Bechst. Naturg. Deutschl. B. I. S. 675. 
Sartori. Fauna v. Steyerm. S. 12. 


5 „ lliger. Prodrem. p. 133. 
& » Pallas. Zoograph. rosso-asiat. V. I. p. 28. 


Cuv. Ann. du Mus. V. XIV. p. 154. Nr. 13. 
Lynx commun. Cuv. Regne anim. Edit. I. V. I. p. 162. 
Felis Lynx. Thunb. Svensk. Vetensk. Akad. Handl. 1815. p. 85. 


W »„ Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. V. VI. p. 106. Nr. 12. 


% » Fr. Cuv. Diet. des Se. nat. V. VII. p. 210. 
Felis lynx. Desmar. Mammal. p. 223. Nr. 345. 
-Lyn& lynx. Desmar. Mammal. p. 223. Nr. 345. 
Eneyel. meth,. t. 97. fie. 3. 
Felis Lynx. Cuv. Recherch. sur les Ossem. foss. V. IV. p. 441. 
x »„ Desmoul. Diet. class. V. IN. p. 499. Nr. 24. 
fi » Temminck. Monograph. d. Mammal. V.I. p. 111. 
Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 452. Nr. 36. 
” „ Cuv. Regne anim. Edit. II. V. I. p. 169. 
Felis vulpina. Thunb. Denkschr. d. Baier. Akad. B. IX. S. 192. 
Nr. 3. 
Felis Lynx. Fisch. Synops. Mammal. p. 210, 571. Nr. 29. 
Felis rufa? Fisch. Synops. Mammal. p. 212, 571. Nr. 32. 


Ez) b>) 


ba 


220 Fitzinger. 


Felis Lynx. W agler. Syst. d. Amphib. S. 29. 

Lynx vulgaris. Fitz. Fauna. Beitr. z. Landesk. Österr. B. I. S. 305. 
Felis Lyncula. Nilss. Skandin. Fauna. Edit. I. p. 3. 

Felis lyn®. Gloger. Säugeth. Schles. S. 10. 

ii „ Zawadzki. Galiz. Fauna. S. 24. 

Lynchus Lynx. Jardine. Mammal, V. Il. p. 262, 276. Nr. 40. t. 34. 

Felis Lyn®. Nilss. Illum. fig. till. Skandin. Fauna. T. I. — Wiegm. 
Arch. f. Naturg. B. II. Th. L. S. 71. 

Felis lynx. Reiehenb. Naturg. Raubth. S. 74. fig. 38, 39. 

Felis pardina? Reichenb. Naturg. Raubth. S. 77. 

Felis Lynx. Keys. Blas. Wirbelth. Eur. S. XVII, 62. Nr. 123. 

= »„ Sehinz. Europ. Fauna. B. I. S.42. Nr. 44. 

H » Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 522. Nr. 27. 
Lynx Lynx. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 522. Nr. 27. 
Felis Lynx. Freyer. Fauna Krain's. S. 4. 

Felis Lynx. Schenk. Luchsarten. 1848. 

R „ Blainv. Osteograph. 

Lyn& vulgaris. Fitz. Naturg. d. Säugeth. B. I. S. 282. fig. 55. 
Felis lynx. Giebel. Säugeth. S. 880. 
Lynx lynx. Giebel. Säugeth. S. 880. 

Die bekannteste unter allen Arten dieser Gattung, welche zugleich 
als die typische Form derselben angesehen werden kann und zu den 
größten unter ihnen gehört, indem sie von derselben Größe wie der 
Hirsch-Luchs (Lynx Cervaria) und daher um die Hälfte größer als 
die Wildkatze (Felis Catus)) ist. 

Ihr Kopf ist etwas länger als bei dieser und auch die Augen sind 
höher gestellt, wodurch die Schnauze ein gestreckteres Aussehen 
erhält. Die Beine sind viel höher und stärker und die Pfoten beträcht- 
lich dicker. 

Der Leib ist gedrungen und voll, der Schwanz kurz, etwas län- 
ger als der Kopf, nahezu 1/, der Körperlänge oder auch etwas darüber 
einnehmend, ziemlich diek und walzenförmig, seiner ganzen Länge 
nach von gleicher Dicke und an seinem Ende abgestumpft. 

Die Ohren sind sehr lang und spitz, und endigen in einen langen, 
aus diehtgestellten Haaren gebildeten aufrechtstehenden pinselartigen 
Büschel, welcher nicht ganz zwei Zoll in der Länge hat. 

Die Oberlippe ist diek und mit mehreren Reihen langer steifer 
Schnurrborsten besetzt. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 221 


Die Körperbehaarung ist lang, reichlich und weich, und nur das 
‘Gesicht ist kurz behaart, mit Ausnahme eines aus langen weichen 
Haaren gebildeten Bartes an den Wangen, der unterhalb der Ohren 
beginnt und sich bis unter das Kinn herabzieht. Die Sohlen der Hinter- 
füße sind außerordentlich dicht behaart. 


Farbe und Zeichnung sind nach der Jahreszeit und zum Theile 
auch nach dem Geschlechte verschieden. 


Im Sommer ist die Grundfarbe der Oberseite des Körpers und 
der Außenseite der Gliedmaßen lebhaft roströthlich, insbesondere auf 
den Schultern und den Beinen, und auf den Leibesseiten mehr in’s 
Weißlliche ziehend, jene der Unterseite vom Kinne angefangen rein 
weiß, welche Färbung sich auch auf der Innenseite der Beine als ein 
‚schmaler Streifen herabzieht. 


Die ganze Oberseite des Halses und des Rückens ist ungefleckt 
und bietet durchaus keine Zeichnung dar. 


Die Leibesseiten sind mit kleinen, zerstreut stehenden rundlichen, 
roströthliehen undeutlichen Flecken besetzt, die Vorder- und Hinter- 
beine auf der. Außenseite in ihrem oberen Theile bis etwas unter das 
Hand- und Fersengelenk herab, mit gedrängter stehenden deutlich 
begrenzten dunkleren Flecken von braun- oder schwarzrother Farbe. 
Der untere Theil der Hinterbeine und die Pfoten der Vorder- sowohl 
als Hinterbeine sind ungefleckt. 

Der Oberkopf bis zur Schnauzenspitze ist von der Farbe des 
Rückens, nur etwas blasser. 

Ein Kreis um die Augen, die Oberlippe und der ganze Unter- 
kiefer sind weils und nur an der Stelle, wo die Schnurren entsprin- 
gen, ist die Oberlippe mit kleinen rostschwarzen Flecken besetzt. 


Über den oberen Theil der Wangen verlaufen einige krumm- 
linige dunklere braunröthliche Streifen, unter denen sich einige eben 
so gefärbte Punktflecken befinden; der unterste Theil der Wangen 
ist weils. Die langen Wangenhaare, welche den Bart bilden, sind nach 
hinten zu im unteren Theile weiß, im oberen blaßroth und schwärz- 
lieh gemengt, und endigen meist in eine schwarze Spitze. 


Die Ohren sind auf der Außenseite an der Wurzel röthlieh, in 
der Mitte graulich und am Rande fahlröthlich, und endigen in einen 
schwarzen Pinsel; die langen Haare der Innenseite derselben sind 
weiß. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 15 


222 Fitzinger. 


Um die Mitte des Vorderhalses verlaufen einige verloschene 
röthliche Querstreifen, und auf dem Bauche und der Innenseite der 
Vorderarme befinden sieh einige größere rundliehe, undeutliche 
schwärzliche Flecken. 

Der Schwanz ist von der Wurzel an bis auf :/, seiner Länge 
oben von der Farbe des Rückens und mit einigen undeutlichen etwas 
dunkleren wellenförmigen Querlinien gezeichnet, auf der Unterseite 
aber weiß, und in seinen beiden letzten Fünfteln durehgehends 
schwarz. 

Die Scehnurren sind theils weiß, theils braun, oder auch weiß 
mit braunen, oder braun mit weißen Spitzen. 

Die Krallen sind weißlich. 

Im Winter ist die Grundfarbe der Oberseite des Körpers und 
der Außenseite der Gliedmaßen röthlich-weißgrau, jene der Unter- 
seite des Körpers und der Innenseite der Gliedmaßen graulichweiß. 

Vom Scheitel an zieht sich ein undeutlich begrenzter bräunlicher 
Streifen längs des Rückgraths bis zur Schwanzwurzel und die Leibes- 
seiten sind mit verloschenen bräunlichen Querlinien gewellt. Nur die 
Schenkel und die Beine sind auf der Außenseite mit deutlichen klei- 
nen, rundlichen rostbraunen Flecken gezeichnet. 

Die Ohren sind auf der Außenseite weiß, gegen den Rand zu 
ringsum von einer schwarzen Binde umgeben, aus welcher an der 
Spitze der schwarze Haarpinsel hervortritt, und an der Wurzel von 
einer dunkleren undeutlichen Querlinie begrenzt. 

Der Schwanz ist in der größeren Hälfte seines Wurzeltheiles 
von der Farbe des Körpers und von einigen undeutlichen bräunlichen 
Querstreifen halbringartig umgeben, in seinem Endtheile aber 
schwarz. 

Das Weibchen unterscheidet sich vom Männchen im Sommer- 
pelze durch röthere Färbung und undeutlichere Flecken. 

Neugeborne Junge sind weißlich. 

Bezüglich der Färbung und Intensität der Zeichnung ergeben 
sich mancherlei, wenn auch nicht erhebliche Abweichungen, welche 
theils in der Örtlichkeit des Vorkommens oder in klimatischen Ver- 
hältnissen begründet sind, theils aber auch selbst bei Individuen aus 
einer und derselben Gegend getroffen werden. 

Körperlänge nach d. Krümmung 3° 1” 6'—8’ 5” 6’. N. Wagner. 

" in gerad.Richtung 2” —3 1" 8”. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 223 


Länge des Schwanzes . 
„ des Kopfes bis zu den 


6’ (OR 6’ gu, 


Ohren SA6H 
„ der Ohren . SUNSUM 
„  derÖhrenbüschel 1’10’”. 
Schulterhöhe 14,90 
Körperlänge . : . 28" —210. N. Reichenb. 
Länge des Schwanzes . A WOLORT. 
Körperlänge . . 2.67 8”"—2 7" 6”. N.Temminck. 
Länge des Schwanzes . 1 var — 1" 6". 
Schulterhöhe 1A, 
Körperlänge . i . 2/5” 6”. Nach Daubenton. 
Länge des Schwanzes . 6" 6”. 
» des Kopfes 53. 
„ der Ohren . KuuNckilhl 3 
„ der Vorderbeine vom 
Ellenbogen bis zum 
Handgelenke . a. 
» des Vorderfußes vom 
Handgelenke bis zur 
Krallenspitze . ARSUNN 
„ der Hinterbeine vom 
Knie bis zum Fersen- 
gelenke . 86". 
„ des Hinterfußes vom 
Fersengelenke bis 
zur Krallenspitze Ale 
Schulterhöhe a 1.300. 
Kreuzhöhe ENALANS. 


und Nord-Asien. 


Vaterland. Mittel- und der südliche Theil von Nord-Europa, 


In früherer Zeit war diese Art über einen sehr großen Theil von 


Europa verbreitet, doch wurde sie mit der Zunahme der Cultur aus 
vielen Gegenden verdrängt und ist dermalen aus mehreren Ländern 
gänzlich ausgerottet. 


So findet sie sich heut zu Tage in Frankreich, wo sie zur Zeit 


der Römer ziemlich häufig war, nur noch hie und da in den Pyrenäen 
und aus England ist sie schon seit Jahrhunderten verschwunden. 


15* 


224 Fitzinger. 


Überhaupt ist sie dermalen in Mittel-Europa nur noch äußerst selten 
anzutreffen und findet sich daselbst jetzt nur noch in den nördlichen 
Gegenden und in den südlicheren Hochgebirgen. 

Als ihre heutige Heimath kann man vorzüglich Sibirien, Ruß- 
land, Polen und das südliche Schweden bezeichnen, von wo sie bis 
in die Karpathen und an den südlichen Fuß der Alpen sich verbreitet. 
In Galizien, Schlesien, Böhmen, Ungarn und Siebenbürgen ist sie 
schon weit seltener und noch mehr in Österreich, Steiermark, Kärn- 
ten undKrain, ja selbst in Tirol, dem südlichen Baiern, in der Schweiz 
und in Piemont. Nur zur Zeit des Winters streift sie bisweilen aus 
den Ländern, welche ihren eigentlichen Aufenthalt bilden, in entfernter 
gelegene Gegenden und gelangt auf diese Weise manchmal sogar bis 
in die Mitte von Deutschland, wo sie zuweilen im Thüringer-Walde 
und auf dem Harze getroffen wird; doch kehrt sie im Frühjahre —- 
wenn es ihr gelingt den vielen Nachstellungen, welche sie bedrohen, 
zu entgehen, — regelmäßig wieder in ihre frühere Heimath zurück. 

Schon die Römer kannten diese Form, doch wurden wir erst 
durch Gesner näher mit derselben bekannt und Buffon verdanken 
wir die erste genauere Beschreibung. Viele Jahre später wurde sie 
auch von Thunberg unter dem Namen „Felis vulpina“ beschrieben 
und Fischer glaubte diese Beschreibung auf den Roth-Luchs (Lyn& 
rufa), Reichenbach auf den Parder-Luchs (Lynx pardina) bezie- 
hen zu dürfen. Nilsson hielt die in Schweden vorkommenden Indi- 
viduen dieser Art specifisch für verschieden und brachte für dieselben 
den Namen „Felis Lyncula“ in Vorschlag, welcher Ansicht er jedoch 
späterhin entsagte. 

In Schweden wird sie „Räf-Lo“ (Fuchsluchs) genannt. 


5. Der Parder-Luchs (Lynx pardina). 


L. vulgaris fere magnitudine, corpore brevipiloso, notaeo 
nitide pallide ferrugineo-rubido , nonnunquam in grisescentem ver- 
gente, gastraeo albo, toto corpore maculis majusculis sparsis regu- 
lariter dispositis oblongis nigris , in dorso magis .elongatis ornato, 
nucha faseüis aliquot longitudinalibus nigris ad humeros decurrenti- 
bus notata ; antipedibus externe et interne, scelidibus externe solum 
pallide ferrugineo-rubidis, interne albis, undique nigro-maculatıs; 
mystacibus buccarum longis, supra pallide rufescentibus nigro-mix- 
tis, infra albis; genis maculis nigris per tres series disposifis et 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 225 


infra aures fascia lata transversali nigra jugulum eingente con- 
fluentibus ornatis; labiis albis ; auriculis longe penicillatis, externe 
nigris, medio griseis, apice cum penicillis nigris, interne albis; 
cauda brevi, fere ‘/, vel paullo ultra !/, corporis longitudine, 
crassiuscula, cylindrica, obtusa, supra pallide rufescente, infra 
alba, maculis oblongis nigris pieta, albido-terminata. 
Avyg. Aristot. Hist. anim. L. Il. e. 7. v. 31. — e. 9. v.:50. 
Lyne. Plinius. Hist. nat. L. IX. e. 46. — L. XXVII. e. 8. 
Avyg. Oppian. De Venat. L. Ill. e. 84. 
„ Aelian. De Nat. anım. L. XIV. e. 6. 
Loup-Cervier. Perrault. Mem. de l’Acad. roy. des Se. T. II. P.1. 
p. 125. t. 17. 
Loup eervier. Tournef. Voy. du Levant. — T.I. p. 185. — T.II, 
p- 193. t. 193. 
Felis Lynx. Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. p. 525. Nr. 15. 
* »  Gmelin. Linne Syst. Nat. T. I. P. I. p. 83. Nr. 7. 
Luchskaze. Schrank. Fauna Boica. B. I. S. 52. Nr. 6. 
Felis pardina. Oken. Naturg. B. II. Th. II. 
Felis Caracal. Desmar. Mammal. p. 226. Nr. 352. 
Felis Lynx. Cuv. Recherch. sur les Ossem. foss. V. IV. p. 441. 
Felis pardina. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. I. p. 116. 
5 B Cuv. Regne anim. Edit. II. V. I. p. 164. 
Felis Caracal. Fisch. Synops. Mammal. p. 210, 571. Nr. 27. 
Felis pardina. Fisch. Synops. Mammal. p. 210. Nr. 28. 
" “ Wagler. Syst. d. Amphib. S. 29. 
N , Sykes. Proceed. of the Zool. Soc. V. VI. (1837), 
p- 113. 
5 R Reichenb. Naturg. Raubth. S. 76. fig. 40. 
b “ Keys. Blas. Wirbelth. Eur. S. XVII, 62. Nr. 122. 
" 5 Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. Il. S. 525. 
Nr. 28. 
Lynx pardina. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 525. 
Nr. 28. 
Lyneus pardinus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 46. 
Felis pardina. Giebel. Säugeth. S. 881. 
Lynx pardina. Giebel. Säugeth. S. 881. 
Obgleich diese Form schon den alten Griechen und Römern be- 
kannt war, so wurde dieselbe von den späteren Naturforsehern doch 


226 Fitzinger. 


durch lange Zeit irrigerweise mit dem gemeinen Luchse (Zyn« vul- 
garis ) verwechselt, bis man endlich bei einer genaueren Vergleichung 
beider Formen ihre Verschiedenheit erkannte und die Artberechtigung 
ihr zugestehen mußte. 


In der Körpergestalt im Allgemeinen kommt sie mit dem gemei- 
nen Luchse (Lynz® vulgaris) überein und nahezu auch in der Größe, 
obgleich sie in der Regel immer etwas kleiner ist. Die Hauptmerk- 
male wodurch sie sich von der genannten Art unterscheidet , sind der 
kürzere Schwanz, die weit kürzere Behaarung des Körpers, der viel 
stärker entwickelte Backenbart und die Verschiedenheit in der Farbe 
und Zeichnung. 


Die Ohren sind mit langen, aufrechtstehenden Haarbüscheln ver- 
sehen und der kurze Schwanz, dessen Länge beinahe ı/, oder höch- 
stens etwas über 1/, der Körperlänge beträgt, ist ziemlich diek und 
walzenförmig, durchaus fast von gleicher Dicke und an der Spitze 
abgestumpft. Die Schnurren sind lang. 


Die Körperbehaarung ist kurz, dicht und weich, das Wangen- 
haar lang und einen sehr starken Bart bildend. 


Die Grundfarbe der Oberseite des Körpers, der Außenseite der 
Gliedmaßen und der Innenseite der Vorderbeine ist lebhaft glänzend 
hell roströthlich und bisweilen auch etwas in’s Grauliche ziehend, 
jene der Unterseite des Körpers und der Innenseite der Hinterbeine 
rein weiß. 


Der ganze Leib und auch die Gliedmaßen sind mit ziemlich 
großen zerstreut stehenden, aber gleichförmig vertheilten länglichen 
schwarzen Flecken besetzt, die auf dem Rücken gestreckter als auf 
den übrigen Körpertheilen sind. 

Über den Nacken verlaufen einige schwarze Längsbinden, die 
sich bis gegen den Widerrist erstrecken. 

Die Wangen sind mit drei Reihen schwarzer Flecken besetzt, 
welche unterhalb des Ohres mit einer breiten schwarzen Binde zu- 
sammenstossen, die der Quere nach den Vorderhals umgibt. Der 
Backenbart ist in seiner oberen Hälfte fahlröthlich mit Schwarz ge- 
mengt, in seiner unteren Hälfte rein weiß. 

Die Lippen sind weiß, die Ohren auf der Außenseite schwarz 
und in der Mitte grau, und endigen in einen schwarzen Haarpinsel; 
die Innenseite derselben ist weiß. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 227% 


Der Schwanz ist auf der Oberseite fahlröthliceh, auf der Unter- 
seite weiß und mit länglichen schwarzen Flecken besetzt, seine Spitze 
ist weißlich. 

Junge Thiere sind hell fahlröthlich, aber wie die alten ge- 


zeichnet. 
Körperlangen 2a. Nach Temminck. 
Länge des Schwauzes . . 583”. 
Körperlänge . . . ...%4”6”. Nach Cuvier. 
Länge des Schwanzes . . 4”. 
Surdes/Kopfes; 21 1.1 3.101 496%. 
Schulterhöhe . . . . 183”. 


Vaterland. Süd-Europa und der westliche Theil von Mittel- 
Asien, Portugal, Spanien, wo diese Art vorzugsweise in der Sierra 
Morena und Sierra de Gredos vorkommt, Sieilien, Sardinien, 
Griechenland, die Türkei und Levante. 

Obgleich diese Art schon den alten Griechen bekannt war, so 
erhielten wir doch erst durch Perrault in der zweiten Hälfte des 
17. Jahrhunderts nähere Kenntniß von derselben. Perrault's Be- 
schreibung wurde aber von Schrank irrigerweise auf den Hirsch- 
Luchs (Lynx Cervaria) bezogen und der „Avyg“ des Aristoteles 
von Desmarest und Fischer auf den persischen Caracal (Cara- 
cal melanotis). Erxleben, Gmelin und selbst Cuvier hielten sie 
mit dem gemeinen Luchse (Lynx vulgaris) für identisch, bis Oken 
und Temminck ihre speeifische Verschiedenheit von demselben un- 
widerlegbar nachgewiesen hatten. 


6. Der mexikanische Luchs (Lynx mezicana). 


L. rufae magnitudine, corpore minus toroso, pilis longiuscu- 
lis vestito, artubus gracilioribus ; notaeo rubido-griseo, dorso obs- 
curiore fusco-grisescente, striüis longitudinalibus obsoletis fuscis 
signato, capite humerisque magis grisescentibus ; lateribus artu- 
busque externe maculis sparsismediocribus fuscis notatis,; gastraeo 
albo maculis majoribus latioribusque fusco-nigris ornatis; gula 
labioque inferiore albo immaculato, superiore nigro-striato ; regione 
ophthalmica albida; mystacibus buccarnm longiusculis strüs in- 
distinctis fuscis signatis, genis maculis parvis fuscis; auriculis 
minus breve penicillatis, externe nigris et in medio macula magna 
alba pictis, apice cum penicillis nigris, interne albis; cauda brevi, 


228 Fitzinger. 


capiti aequali, !/; corporis longitudine, valde tenui, apicem versus 

parum incrassata, obtusa, supra rubido-griseamaculis parvistrans- 

versalibus fuscis et in apice macula magna elongata nigra picta, 

infra alba immaculata. 

Lupus ceruarius s. Lynx. Hernand. Rer. med. nouae. Hisp. The- 
saur. p. 526. 

Pinuum Dasypus siue Ocotochtl. Nieremb. Hist. nat. p. 153. 
e. fig. 

Felis Lynx. Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. p. 525. Nr. 15. 

a A Gmelin. Linne Syst. Nat. T. I. P. I. p. 83. Nr. 7. 
Lynx from Mexico. Lyon. Msept. 
Felis maculata. Vig. Horsf. Zool. Journ. V. IX. p. 381. t. 13. 
5 5 Fisch. Synops. Mammal. p. 571. Nr. 32. a. 

Lynchus maculata. Jardine. Mammal. V. Il. p. 275. 

Felis maculata. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 74. fig. 37. 

Felis rufa. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 520. Nr. 26. 
— 8. 521. Note 14. 

Lynx rufa. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 520. Nr. 26. 
— S. 521. Note 14. 

Felis rufa. Giebel. Säugeth. S. 881. 

Lynx rufa. Giebel. Säugeth. S. 881. 


Diese dem Roth-Luchse (Lynx rufa) verwandte und vielfach 
mit demselben verwechselte Form, welche sich wohl als eine beson- 
dere Art herausstellen dürfte, unterscheidet sich von diesem außer 
den Abweichungen, welche sie in Bezug auf Farbe und Zeichnung 
darbietet, durch die stärkeren Haarpinsel an den Ohren, den merklich 
längeren und dünneren Schwanz und den schmächtigeren Körperbau. 

In der Größe kommen beide Formen miteinander überein. Der 
Leib ist schmächtig, die Beine sind schlank, die Wangen mit einem 
ziemlich langen Barte und die Ohren mit nicht sehr kurzen, aus reich- 
lichen Haaren gebildeten Haarbüscheln versehen. Der Schwanz ist 
kurz, ebenso lang als derKopf, t/, der Körperlänge einnehmend, sehr 
dünn, gegen die Spitze zu aber etwas verdickt und an seinem Ende 
abgestumpft. 

Die Körperbehaarung ist mäßig lang und weich. 


Die Grundfarbe der Oberseite des Körpers und der Außenseite 
der Gliedmaßen ist rothgrau, am Rücken dunkler und braungraulich,. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 2209 


indem die einzelnen Haare an der Wurzel blaßroth, dann braungrau 
geringelt und an der Spitze weiß, am Rücken aber größtentheils 
braun sind, am Kopfe und den Schultern aber mehr graulich, da an 
diesen Körpertheilen die weißen Haarspitzen vorwalten; jene der Un- 
terseite des Körpers und der Innenseite der Gliedmaßen ist weiß. 


Der Rücken ist mit verloschenen braunen Längsstreifen gezeich- 
net, und die Leibesseiten und die Außenseite der Gliedmaßen sind 
mit mittelgroßen zerstreut stehenden braunen Flecken besetzt. 


Die Unterseite des Körpers mit Ausnahme der Unterlippe und 
der Kehle, ist so wie die Innenseite der Gliedmaßen mit größeren 
und breiteren braunschwarzen Flecken geziert. 

Auf den Wangen befinden sich kleine braune Flecken und auf 
dem Backenbarte undeutliche braune Streifen, die wenn derelbe auf- 
gerichtet und von hinten betrachtet wird, einen größeren Flecken 
bilden. 

Die Ohren sind auf der Außenseite schwarz mit einem großen 
weißen Flecken in derMitte und an der Spitze sammt dem Haarpinsel 
schwarz, auf der Innenseite weiß. 


Die Augengegend ist weißlich, die Oberlippe weiß und schwarz 
gestreift. 

Der Schwanz ist auf der Oberseite rothgrau mit kleinen schma- 
len braunen Querflecken und einem großen langgezogenen schwarzen 
Flecken an der Spitze, auf der Unterseite weiß und ungefleckt. 


Körperlänge . . . „276. Nach Vigors und Horsfield. 
Länge des Schwanzes . 6”. 
Szıs. „Kopfes. 6, 


>». =. Mordertußes- 2787. 
„2 ©,» Hinterfußes)! 72”16””, 
Breite des Kopfes zwi- 


schen den Ohren . 6” 3", 
Entfernung der Augen 

vonreinanderi.in. En AluTda/ 0. 
Sehulterhöhe . . . . 17% 6”. 
Kreuzhöhe . .... 20% 143” 6”. 


Vaterland. Nord-Amerika. Mexiko, wo Capitän Lyon diese 
Form, die aller Wahrscheinlichkeit nach schon Hernandez und 
Nieremberg bekannt war und von Erxleben und Gmelin mit 


230 Fitzinger. 


dem gemeinen Luchse (Lynx vulgaris) zusammengezogen wurde, in 
neuerer Zeit wieder entdeckte, und von welcher er eine Beschreibung 
und Abbildung an die zoologische Gesellschaft nach London sandte, 
die von Vigors und Horsfield veröffentlicht wurden. 


Wagner und Giebel wollen in derselben nur den Roth- 
Luchs (Lynx rufa) erkennen, was jedenfalls eine sehr gewagte An- 
nahme ist. 


7. Der carolinische Luchs (Lynx carolinensis). 


L. Felis domesticae fere magnitudine, notaeo maris ex pallide 
fusco et cinereo misto, striis longitudinalibus latis a capite per 
dorsum decurrentibus nigris, aliüsque ejusdem coloris radiatim dis- 
positis in lateribus, gastraeo dilutiore nigro-maculato ; notaeo 
foeminae griseo-fuscescente immaculato, gastraeo sordide albo, ma- 
cula in abdomine solitaria nigra ; artubus gracilibus maculisnigris 
signatis; auriculis brevissime penicillatis; rostro macula ante 
oculos latissima rodundata nigra et altera in utroque latere labii 
superioris illa confluente notato, vibrissis nigris; cauda brevi, fere 
1/, corporis longitudine. 


Mountain-Cat. Brickell. Nat. Hist. of. North-Carol. p. 116. 
Chat-tigre. Collinson. 

Serval. Buffon. Hist. nat. d. Quadrup. Suppl. Ill. p. 227. 
Mountain Cat. Pennant. Synops. Quadrup. p. 185. Nr. 134. 
Felis Pardalis? Erxleb. Syst. regn. anım. P. I. p. 515. Nr. 10. 
Felis carolinensis. Desmar. Mammal. p. 234. Note 1. 

Felis Carolinensis. Fisch. Synops. Mammal p. 213. x 


Unsere Kenntniß von dieserForm gründet sich auf eine ziemlich 
kurze und unvollständige Beschreibung, welehe Buffon nach einer 
ihm von Collinson gewordenen Mittheilung veröffentlichte. 


So ungenügend und mangelhaft dieselbe aber auch ist, so scheint 
doch aus derselben mit ziemlicher Sicherheit entnommen werden zu 
können, daß diese Form der Gattung Luchs (Lynx) angehöre und 
sich durch ihre eigenthümliche Zeichnung von allen übrigen Formen 
dieser Gattung unterscheide. 


Sie ist ungefähr von der Größe unserer Haus-Katze (Felis do- 
mestica), daher die kleinste Form der Gattung. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 231 


Die Beine sind dünn, und der kurze Schwanz nimmt nahezu '/; 
der Körperlänge ein. Die Ohren sind mit feinen, wahrscheinlich nur 
einen sehr kurzen Büschel bildenden Haaren besetzt und die Ohröff- 
nung ist weit. 

Die Färbung ist nach dem Geschlechte verschieden. 

Beim Männchen ist die Grundfarbe der Oberseite des Körpers 
hellbraun mit Grau gemischt, jene der Unterseite blasser. Vom Kopfe 
ziehen sich breite schwarze Längsstreifen in vollkommen gerader 
Richtung bis zur Schwanzwurzel und ähnliche solche Streifen ver- 
breiten sich strahlenförmig über die Leibesseiten. Der Bauch ist mit 
schwarzen Flecken besetzt und die Beine sind schwarz gefleckt. 

Ein sehr breiter rundlicher schwarzer Flecken steht jederseits 
unterhalb der Augen und stößt mit seinem unteren Theile an einen 
eben solchen Flecken zusammen, welcher sich zu beiden Seiten 
der Nase befindet und sich bis auf die Lippen, wo die Schnurren ent- 
springen, erstreckt. Die Schnurren sind schwarz. 


Beim Weibehen, das sich vom Männchen außer der merkli- 
chen Abweichung in der Farbe und Zeichnung, auch durch den viel 
zarteren Bau unterscheidet, erscheint die Oberseite des Körpers 
grauröthlich und auf dem Rücken weder gestreift, noch gefleckt, 
auf der Unterseite aber schmutzig weiß, mit einem einzigen schwar- 
zen Flecken auf dem Bauche. 


Körperlänge. . . . 1'7'. Nach Collinson. 
Länge des Schwanzes 4”. 


Vaterland. Nord-Amerika, Carolina. 


Höchst wahrscheinlich rührt die erste Nachricht über diese Form 
sehon von Brickell her, da die von demselben in seiner 1737 er- 
schienenen „Natural History of North-Carolina“ aufgeführte „Moun- 
tain-Cat“ mit der von Collinson beschriebenen Form wohl zusam- 
menfallen dürfte. Buffon zog sie unbegreiflicherweise mit dem ge- 
meinen Serval (Galeopardus Serval) zusammen, obgleich derselbe 
ausschließlich Afrika angehört und Pennant hielt sie für identisch 
mit der von ihm beschriebenen „Mountain Cat“ oder dem Berg- 
Luchse (Lynx montana), welche aber eine durchaus verschiedene 
Form ist. Erxleben war geneigt dieselbe mit dem Ozelot-Panther 
(Panthera Pardalis) zu vereinigen und Desmarest und Fischer 
‚ erkannten in ihr eine besondere Art. | 


Az Fitzinger. 


S. Der Binden-Luchs (Lynz dorsalis). 


L. rufae magnitudine, corpore longipiloso, auriculis brevis- 
sime penicillatis; notaeo rubido-griseo, dorso stria longitudinali 
lata nigrescente ab humeris ad caudae basin usque protensa no- 
tato, lateribus artubusque immaculatis; gastraeo albido immacu- 
lato; labüs, supercilüs et vibrissis albis; cauda rubido-grisea, 
annulo nigro, interstitio pallide rufescente ab apice nigra diremta, 
cincta. 


Felis rufa? Temminck. Monograph. d. Mammal V. I. p. 143. 
» » Fisch. Synops. Mammal. p. 571. Nr. 32. Nota. 


Temminck beschrieb diese Form nach einem :Exemplare, das 
sich im Bullock’schen Museum befindet und war: im Zweifel ob die- 
selbe mit dem Roth-Luchse (Lynx rufa) vereinigt werden könne. 


Die sehr bedeutenden Unterschiede, welche sich zwischen die- 
sen beiden Formen aber ergeben, sprechen zu deutlich für eine spe- 
eifische Verschiedenheit, um eine solche Zusammengehörigkeit für 
wahrscheinlich betrachten zu können. 


In der Größe und den körperlichen Formen kommt sie mit dem 
Roth-Luchse (Lynx rufa) überein. 

Ihre Ohren sind nur mit sehr kurzen Haarbüseheln versehen und 
die Körperbehaarung ist lang und dicht. 


Die Oberseite des Körpers und die Außenseite der Gliedmaßen 
sind grauröthlich, da die einzelnen Haare an der Wurzel rothgelblich, 
in der Mitte grau und an der Spitze braun sind. 

Die Unterseite des Körpers und die Innenseite der Gliedmaßen 
sind weißlich. 

Über den Rücken zieht sich ein breiter sehwärzlicher Längs- 
streifen von den Schultern bis zur Schwanzwurzel und alle übrigen 
Körpertheile sind vollkommen ungefleckt. 


Die Lippen, die Augenbrauen und die Schnurren sind weiß. 


Der Schwanz ist grauröthlich und von einem schwarzen Ringe 
umgeben, der durch einen lichtröthlichen Zwischenraum von der 
schwarzen Endspitze geschieden ist. 

Körpermaaße sind nicht angegeben. 

Vaterland. Nord-Amerika, Mexiko. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 2 


9, Der Roth-Luchs (Lynx rufa). 


L. vulgaris fere magnitudine, corpore pilis longioribus vestito; 
notaeo in aestivali tempore pallide rufescente, in vertice dorsoque 
saturatiore, fascia longitudinali obscure fusco-rufescente supra dor- 
sum decurrente et maculis magis confertis distinctis parvis rotun- 
datis ex nigrescente fusco-rubidis ornato, nec non striis aliquot 
transversalibus undulatıs ejusdem coloris sicut in lateribus et ar- 
tuum parte externa, gastraeo et artubus interne pallide rufescente- 
albidis, maculis parvis rotundatis ex rufescente nigro-fuscis signa- 
tis, gula albida immaculata ; in hyemali, notaeo et artubus externe 
ex rufescente flavido-vel fuscescente-griseis, maculis parvis puncti- 
formibus nigro-fuscis fasciisque nonnullis transversalibus indistinc- 
tis et in lateribus magis obsoletis undulatis ejusdem coloris orna- 
tis, gastraeo et artubus interne albis, maculis parvis rotundatis 
nigris notatis, gula immaculata alba ; labio superiore rufescente- 
albo nigro-striato; regione ophthalmica albida ; mystacibus bucca- 
rum mediocribus rubido-albidis, strüs aliquot transversalibus ex 
nigrescente fusco-rubidis signatis; auriculis brevissime penicilla- 
tis, externe nigris et in medio macula nitide alba pictis; cauda 
brevi, parum ultra '/, corporis longitudine, tenui, cylindrica, ob- 
tusa, supra griseo-rubida et apicem versus annulis 4 nigris semi- 
cincta, albo-terminata. 

Wild Cat. Lawson. Voyage to Carolina. p. 118. 
Wild-Cat. Catesby. Nat. Hist. of Carolina. Append. p. 25. 
» » Brickell. Nat. Hist. of North-Carolina p. 11%. 
Bay Lynx. Pennant. Synops. Quadrup. p. 188, Nr. 136. t. 19. 
fig. 1. 
Felis rufa. Güldenstaedt. Nov. Comment. Acad. Petropol. V.XX. 
(1775). p. 499. 
y »„ Sehreber. Säugth. B. II. S. 412. Nr. 16. t. 109.B. 
Felis Lynx. Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. p. 525. Nr. 15. 
h » Var.? Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. p. 529. 
Bay Lynx. Pennant. Hist. of Quadrup. V. 1. t. 32. 
Felis rufa. Gmelin. Linne Syst. Nat. T. I. P. I. p. 82. Nr. 19. 
A „ Cuv. Ann. du Mus. V. XIV. p. 154. Nr. 14. 
Chat cervier des fourreurs. Cuv. Regne anim. Edit. I. V. I. 
p- 162. 


234A Fitzinger. 


Felis rufa. Rafinesque. Amer. Monthl. Mag. 1817. p. 46. 
Nr. 3. 
Bay Lynx. Shaw. Gen. Zool. V. I. P. II. p. 373. 
Felis rufa. Desmar. Nouy. Diet. d’hist. nat. V. VI. p. 107. Nr. 12. 
s „ Fr. Cuv. Diet. des Se. nat. V. VII. p. 229. 
Felis lynx. Var. A. Desmar. Mammal. p. 224. N. 345. A. 
Lyn& lynx. Var. A. Desmar. Mammal. p. 224. Nr. 345. A. 
Felis rufa. Desmar. Mammal. p. 225. Nr. 847. 
Lynx rufa. Desmar. Mammal. p. 225. Nr. 347. 
Felis rufa. Cuv. Recherch. sur les Ossem. foss. V. IV. p. 443. 
” » Desmoul. Diet. class. V. II. p. 500. Nr. 28. 
a „ Fr. Cuv. Geoffr Hist. nat. d. Mammif. V. I. 
Fase. 58. ce. fig. 
’ - Temminck. Monograph. d. Mammal. V. I. p. 141. 
. » Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 454. Nr. 38. 
„2 »„ Cuv. Regne anim. Edit. II. V. I. p. 164. 
& „ Richards. Fauna bor. amer. V. I. p. 103. 
S » Fisch. Synops. Mammal. p. 212, 571. Nr. 32. 
Felis Lynz. Wagler. Syst. d. Amphib. S. 29. 
Pelis rufa. Wagler. Syst. d. Amphib. S. 29. 
Lynx vulgaris. Var. rufus. Fitz. Fauna. Beitr. z. Landesk. Österr. 
B. I. S. 305. 
Lynchus rufa. Jardine. Mammal. V. II. p. 275 Nr. 38. 
Felis rufa. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 73. fig. 36. 
5 »  Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. Il. S. 520. 
Nr. 26. 
Lynx rufa. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 520. 
Nr. 26. 
Felis rufa. Giebel. Säugeth. S. 881. 
Lynx rufa. Giebel. Säugeth. S. 881. 

Eine schon aus alter Zeit her bekannte, ziemlich scharf abge- 
grenzte Art, welche jedoch häufig — ungeachtet der Verschiedenheit 
des Vaterlandes — irrthümlicherweise mit dem gemeinen Luchse 
(Lynx vulgaris) verwechselt wurde. 

Sie ist ungefähr von gleicher Größe wie derselbe, doch meistens 
etwas kleiner und kommt auch in der Gestalt des Körpers mit dieser 
Art im Allgemeinen überein. 


» 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 253 5 


Die Ohrenbüschel sind sehr kurz und scheinen bisweilen gänz- 
lich zu fehlen, vorzüglich aber im Sommer, wo dieselben kaum be- 
merkbar sind. 

Der Backenbart ist nur von mäßiger Länge und die Schnurren 
sind verhältnißmäßig kurz. 

Der Schwanz ist kurz, etwas über. ‘/, der Körperlänge einneh- 
mend, dünn, walzenförmig, seiner ganzen Länge nach von gleicher 
Dicke und an der Spitze abgestumpft. 

Die Körperbehaarung ist mäßig lang und weich. 

Farbe und Zeichnung sind nach der Jahreszeit und bisweilen so- 
gar nach Individuen verschieden. 

Im Sommer erscheint die Oberseite des Körpers und die Außen. 
seite der Gliedmassen hell röthlich, da das zu jener Zeit kürzere und 
nur grau und schwarz geringelte, nicht aber in weißliche Spitzen 
endigende Grannenhaar, von dem hell röthlichen Wollhaare über- 
ragt wird. 

Der Scheitel und der Rücken sind lebhafter roth gefärbt und 
über den Rücken verläuft eine deutlich hervortretende dunkel braun- 
röthliche Längsbinde. 

Die ganze Oberseite des Körpers, die Leibesseiten und die 
Außenseite der Gliedmaßen sind mit ziemlich deutlich begrenzten 
kleinen, etwas gedrängt stehenden schwärzlich-braunrothen rund- 
lichen Flecken und einigen wellenförmigen Querstreifen gezeichnet. 

Die Kehle ist weißlich und ungefleekt; die Brust, der Bauch und 
die Innenseite der Gliedmaßen sind hell röthlichweiß und mit kleinen 
vöthlich schwarzbraunen rundlichen Flecken besetzt. Die Augenge- 
gend ist weißlich, die Oberlippe röthlichweiß mit einigen schwärz- 
lichen Streifen. 

Die Ohren sind auf der Außenseite schwarz mit einem glänzend 
weißen Flecken in der Mitte, und der röthlichweiße Backenbart ist 
von einigen sechwärzlieh-braunrothen Querstreifen durchzogen. 

Der Sehwanz ist auf der Oberseite grauröthlieh und gegen die 
Spitze von vier schwarzen Halbringen umgeben, auf der Unterseite 
und an der Spitze aber weiß. 

Im Winter ist die Oberseite desKörpers röthlieh-fahlgrau oder 
bräunlichgrau, indem das längere grau und schwarz geringelte Gran- 
nenhaar in weißliche Spitzen endiget und das hellröthliche Woll- 
haar größtentheils überdeckt. 


236 Fitzinger. 


Die ganze Oberseite des Körpers und die Außenseite der Glied- 
maßen ist mit kleinen schwarzbraunen Punktflecken und einigen 
ebenso gefärbten undeutlichen Querstreifen gezeichnet, die an den 
Leibesseiten gewellt und sehr verloschen sind. 


Die Unterseite des Körpers und die Gliedmaßen sind weiß und 
mit kleinen schwarzen rundlichen Fleeken besetzt, mit Ausnahme der 
ungefleckten Kehle. 


Die individuellen Abweichungen bestehen darin, daß die Grund- 
farbe bald mehr in’s Bräunlichgraue, bald mehr in’s Röthliche zieht, 
und die Flecken und Streifen dunkler oder heller gefärbt, und mehr 
oder weniger deutlich sind. 


Körperlänge. „u... 248%. Nach Desmarest. 
Länge des Schwanzes 5”. 

Schulterhöhe . . . 172”. 

Kreuzhöhe, rn. Au.) 2 816% 

Körperlänge. . . .2’%'. Nach Jardine. 
Länge des Schwanzes 4”. 


Offenbar. beruhen die von Jardine angegebenen Maaße auf 
einem Irrthume, da nach denselben der Schwanz nahezu 1/, der Kör- 
perlänge einnehmen würde, was jedoch keineswegs der Fall ist. 


Vaterland. Nord-Amerika, wo diese Art über viele Provinzen 
der vereinigten Staaten verbreitet ist, vorzüglich aber in den Provin- 
zen Carolina, Ohio und Pensylvanien und New-York angetroffen wird, 
und selbst noch am Columbia-Fluße vorkommt, obgleich sie nicht so 
weit nach Norden wie der canadischeLuchs (Lynx canadensis) hin- 
aufzuzureichen scheint. 


Höchst wahrscheinlich war sie schon Lawson, Catesby und 
Bricekell bekannt, doch erhielten wir erst durch Güldenstaedt 
und Schreber eine genaueBeschreibung von derselben. Erxleben 
hielt sie für identisch mit dem gemeinen Luchse (Lynx vulgaris) 
oder eine Abänderung desselben undDesmarest glaubte in der von 
Schreber gegebenen Abbildung gleichfalls nur eine Varietät dieser 
Art zu erkennen, welcher Ansicht sowohl Wagler, als auch ich bei- 
getreten waren. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 237 


10. Der saumfleckige Luchs (Lynx maculiventris). 


L. rufa minor, auriculis penicillis brevissimis, mystacibus 
buccarum longis, cauda brevi, 1/, corporis longitudine ; notaeo 
dilute griseo fulvido mixto, capite superne, dorso, humeris 
femoribusque postice obscurioribus, regione infra oculos, genis et 
gastraeo albis; vertice strüs quatuor longitudinalibus angustis 
parallelis a naso excurrentibus nigris notato, nucha striis tribus, 
longitudinalibus indistinctis fuscis ad humeros usque protensis, 
collo supra fascia semicirculari nigra signato, dorso maculis per 
duas series longitudinales parallelas dispositis aterrimis alteris- 
que minoribus parallelis biseriatis nigris; interscapulio, humeris 
superne et lateribus maculis aliquot fasciaeformibus alterisque 
magnis fulvidis ex punctiformibus compositis et postice aut supra 
nigro-marginatis ornatis; humeris inferne, femoribus, artubus 
antice abdomineque maculis plus minusve nigris aut fulvidis 
irregularibus rotundatis plenis, artubus ewterne interneque 
faseüis transversalibus ejusdem coloris; collo in lateribus griseo, 
fasciis 3—4 longitudinalibus fulvidis notato, jugulo fascia trans- 
versali incompleta extrema laterali confluente; rostro stria longi- 
tudinali angusta nigra ad oculos usque protensa et annulo oculari 
ejusdem coloris conjuneta signato alterisque tribus simihbus infra 
oculos excurrentibus et irregulariter supra genas protensis nigris; 
mystacibus buccarum macula lata nigra ornatis; auriculis ex- 
terne nigris macula lata alba, interne fulvidis et ad basin pilis 
albis mictis, penicillis nigris; labio superiore utrinqgue macula 
alba notato; cauda supra fulva, annulis 3—4 nigris semicincta 
ad apicem macula lata nigra notata, infra alba. 


Chat a ventre tachete. Geoffr. Catal. du Mus. 
„ Re Fr. Cuv. Geoffr. Hist. nat. d. Mammif. 
V. II. Fase. 54. e. fig. 
Felis eanadensis. Iun? Fr. Cuv. Geoffr. Hist. nat. d. Mammit. 
V. II. Fase. 54. 
Felis cervaria. Iın? Temminck. Monograph. d. Mammal. V. I. p. 106. 
» » Fisch. Synops. Mammal. p.211. Nr. 30. 
‚Felis rufa. Iun? Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 521. 
Nr. 26. Note 14. 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 16 


238 Fitzinger. 


Lynx rufa. Jun? Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 521. 
Nr. 26. Note 14. 

Felis cervaria. Tun? Wagn. Sehreber Säugth. u] B. II. S. 521. 
Nr. 26. Note 14. 

Lynx cervaria. Tun? Wagn. Schreber Säugth. So B. I. S. 521. 
Nr. 26, Note 14. 

Felis rufa. Giebel. Säugeth. S. 881. 

Lynx rufa. Giebel. Säugeth. S. 881. 

Bis jetzt ist uns diese Form nur aus einer Beschreibung und 
Abbildung bekannt, welche Fr. Cuvier und Geoffroy uns mit- 
theilten. Sie ist mit dem Roth-Luchse (Lynx rufa) verwandt, unter- 
scheidet sich von demselben aber außer der geringeren Größe und 
der durchaus verschiedenen Farbe und Zeichnung, durch den ver- 
hältnißmäßig etwas längeren Schwanz und den weit stärkeren 
Backenbart. 

Bezüglich ihrer Größe steht sie der genannten Art merklich 
nach. Ihr Kopf ist breit, der Backenbart stark entwickelt und die 
Ohrenbüschel sind kurz und kaum bemerkbar. Der Schwanz ist kurz 
und nimmt 1/, der Körperlänge ein. 

Die Oberseite des Körpers ist hellgrau mit Rothgelb gemischt, 
indem das sehr diehte Wollhaar in der Wurzelhälfte bis zur Mitte 
grau, in der oberen Hälfte rothgelb, das Grannenhaar aber weil und 
schwarz geringelt ist. Die Oberseite des Kopfes, der Rücken, die 
Schultern und die Hinterseite der Schenkel sind viel dunkler als die 
Leibesseiten, die Gegend unterhalb der Augen, die Wangen und die 
Unterseite des Körpers sind weiß. 

Über die Sehnauze und den Oberkopf verlaufen vier parallele 
schmale, schwarze Längsstreifen, welche sich von der Nase zwischen 
den Ohren bis über den Scheitel ziehen, und über den Nacken drei 
undeutliche braune Längsstreifen, welche nahezu mit der Grund- 
farbe verschmelzen und bis über die Schultern reichen. 

Der Hals ist auf der Oberseite durch ein halbes schwarzes 
Halsband von den Schultern geschieden und von dieser Stelle an 
ziehen sich zwei parallele Längsreihen tief schwarzer Flecken über 
den Rücken bis zur Schwanzwurzel, von denen jene über den 
Schultern minder deutlich abgegrenzt erscheinen. Zu beiden Seiten 
dieser Fleckenreihen und parallel mit denselben sind längs der Mitte: 
des Rückens zwei Reihen viel kleinerer schwarzer Flecken gestellt. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 239 


Der Vordertheil des Rückens, der obere Theil der Schultern 
und die Leibesseiten sind theils mit einigen bindenartigen, theils 
mit großen unvollständigen Rosettenflecken gezeichnet, von denen 
jene an den Leibesseiten von sehr unregelmäßiger Form und etwas 
verwischt sind. Dieselben werden aus rothgelben Haaren gebildet 
und sind an der Hinter- oder Oberseite von einer schmalen, braun- 
schwarzen Binde umsäumt. 

Der untere Theil der Schultern, die Schenkel, der obere Theil 
der Vorderseite der Beine und der Bauch sind mit mehr oder 
weniger schwarzen oder rothgelben, unregelmäßigen, rundlichen, 
vollen Flecken besetzt, die Außen- und Innenseite der Beine mit 
ebenso gefärbten Querbinden, 

Die Halsseiten sind grau und mit drei bis vier rothgelben Längs- 
binden besetzt, von denen sich eine nach abwärts zieht und auf der 
Unterseite des Halses eine unvollständige Querbinde bildet. 

Von der Nase zieht sich jederseits ein schmaler schwarzer 
Streifen längs des Nasenrückens bis zu den Augen, welche er um- 
gibt und hinter denen er sein Ende erreicht. 

Drei ähnliche schwarze Streifen entspringen unterhalb der 
Augen an den Seiten der Schnauze und erstrecken sich unregelmäßig 
über die Wangen, wo sie in dem dicken Backenbarte zusammen- 
fließen, der mit einem breiten schwarzen Flecken gezeichnet ist, 
welcher jedoch, wenn derselbe nicht aufgerichtet ist, durch das 
graugelbe Haar desselben überdeckt wird. 

Die Ohren sind auf der Außenseite schwarz mit einem breiten 
weißen Flecken, der über das ganze Ohr hinwegreicht, auf der 
Innenseite rothgelb mit einigen weißen Haaren an der Wurzel. Die 
Ohrenbüschel sind schwarz. 

Zu beiden Seiten der Oberlippe befindet sich ein weißer 
Flecken, auf welchem die Schnurren vertheilt sind. 

Der Schwanz ist auf der Oberseite rothgelb, von drei bis vier 
schwarzen Halbringen umgeben und an der Spitze mit einem breiten 
schwarzen Flecken von der Länge eines halben Zolles besetzt, der 
nur durch einige weiße Haare der Unterseite überragt wird, auf der 
Unterseite weiß. 

Körperlaneer a2 2% Nach Fr. Cuvier. 
Länge des Schwanzes . A", 
Sehulterhöhen sn. 2 17. 

16* 


240 Fitzinger. 


Vaterland: Nord-Amerika. 


Das Exemplar, auf welches sich Fr. Cuvier's und Geoffroy's 
Beschreibung gründet, ist der Ansicht des ersteren zu Folge ein 
junges, noch nicht völlig erwachsenes Thier und deshalb ist er ge- 
neigt, dasselbe nur für den jugendlichen Zustand des canadischen 
Luchses (Lynx canadensis) zu halten, wogegen jedoch, völlig ab- 
gesehen von der auffallend verschiedenen Farbe und Zeichnung, der 
weit längere Schwanz spricht. 

Temminck glaubte in dieser Form den Jugendzustand des 
Hirsch-Luchses (Lynx Cervaria) zu erblicken, und Fischer 
stimmte demselben bei, obgleich schon das durchaus verschiedene 
Vaterland die Richtigkeit derselben unzulässig macht. 


Wagner ist im Zweifel, ob er der Ansicht Temminck's bei- 
pflichten, oder diese Form für den Jugendzustand des Roth-Luchses 
(Lynx rufa) betrachten soll und Giebel schließt sich unbedingt 
der letzteren Ansicht an. 


11. Der Florida-Luchs (Lynx floridana). - 


L. montanae similis, ast multo minor ; corpore toto albido- 
griseo, maculis striüisque undulatis fusco-flavidis in lateribus sig- 
nato ; auriculis brevissime penicillatis. 

Lynx ou Chat sauvage. Bartram. Voy. 

Lynx Floridanus. Rafinesque. Amer. Monthl. Mag. 1817. p. 46. 

Nr. 4. 

Felis floridana. Desmar. Mammal. p. 225. Nr. 350. 

Lynx floridana. Desmar. Mammal. p. 225. Nr. 350. 

Eelis Floridana. Fisch. Synops. Mammal. p. 213, x 

Felis floridana. W ag .n. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 522. Note 14. 

Lynx floridana. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 522. 
Note 14. 

Felis rufa. Giebel. Säugeth. S. 881. 

Lynx rufa. Giebel. Säugeth. S. 881. 

Eine dem Berg-Luchse (Lynx montana) nahe stehende Form, 
welche der kurzen Beschreibung zu Folge, die wir durch Rafines- 
que von derselben erhalten haben, außer der weit geringeren Größe 
nur durch die ihr zukommende Farbenzeichnung von dieser Art ver- 
schieden zu sein scheint. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 241 


Sie ist beträchtlich kleiner als der Roth-Luchs (Zynz rufa) 
und ihre Ohren, welche nach Rafinesque’s Angabe ungepinselt 
sein sollen, sind aller Wahrscheinlichkeit nach nur mit einem sehr 
kurzen und daher leicht zu übersehenden Haarpinsel versehen. 


Die Ober- sowohl als Unterseite des Körpers ist weißlichgrau 
und nur die Leibesseiten sind mit braungelben Flecken und gewellten 
schwarzen Streifen besetzt. 

Körpermaaße sind nicht angegeben. 


Vaterland. Nord-Amerika, wo diese Form in den südlichen 
vereinigten Staaten und namentlich in Florida, Georgien und Louisiana 
vorkommt. 

Die erste Nachricht von der Existenz derselben erhielten wir 
wohl durch Bartram. 

Auch diese Form wird von Giebel für identisch mit dem Roth- 
Luchse (Lynx rufa) gehalten. 


12. Der Berg-Luchs (Lynx montana). 


L. Cervaria major, notaeo albido-griseo immaculato, ga- 
straeo albido, maculıs fuscis notato ; auriculis brevissime penieilla- 
tis, externe nigris, interne albidis fulvo-maculatis; cauda brevis- 
sima, parum ultra 1/ıo corporis longitudine, albido-grisea. 

Lyn& du Mississipi. Buffon. Hist. nat. d. Quadrup. V. VII. t. 53. 

Mountain Cat. Pennant. Synops. Quadrup. p. 185. Nr. 134. 

Felis Pardalis. Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. p. 515. Nr. 10. 

Lynx montanus. Rafinesque. Amer. Monthl. Mag. 1817. p. 46. 
Nr. 2. 

Felis montana. Desmar. Mammal. p. 225. Nr. 349. 

Lynx montana. Desmar. Mammal. p. 225. Nr. 349. 

Eneyel. meth.t. 98. fig. 2. 

Felis montana. Fisch. Synops. Mammal. p. 213. x 

1 n Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 522. Note 14. 

Lynx montana. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 522. 
Note 14. 

Eelis rufa. Giebel. Säugeth. S. 881. 

Lynx rufa. Giebel. Säugeth. S. 881. 


Wie die allermeisten Luchsformen, so ist uns auch der Berg- 
Luchs bis jetzt nur sehr unvollständig bekannt, obgleich derselbe 


2A2 Fitzinger. 


zuerst von Buffon, dann von Pennant und zuletzt von Rafines- 


que kurz beschrieben wurde und Buffon uns sogar eine Abbildung 
von demselben mittheilte. 


Wie aus den Angaben von Rafinesque hervorgeht, ist diese 
Form noch größer als der canadische Luchs (Lyn& canadensis) 
und selbst als der Hirsch-Luchs (Lyn& Cervaria), daher die größte 
Art der ganzen Gattung. 

Die Ohren werden als ungepinselt angegeben, doch seheint diese 
Angabe irrig zu sein, denn aller Wahrscheinlichkeit zu Folge sind die- 
selben so wie beim Roth-Luchse (Lyn& rufa) und noch mehreren 
anderen nordamerikanischen Formen dieser Gattung, nur mit sehr 
kurzen Haarbüscheln versehen, auf welche ihrer Kürze wegen von den 
Beschreibern keine Rücksieht genommen wurde. 


Der Sehwanz, welcher nur wenig über 1/,. der Körperlänge ein- 
nimmt, zeichnet sich durch seine außerordentliche Kürze aus. 


Die Oberseite des Körpers ist weißlichgrau und ungefleckt, die 
Unterseite desselben weißlich und mit braunen Flecken besetzt. 


Die Ohren sind auf der Außenseite schwarz, auf der Innenseite 
weißlich und rothgelb gefleckt. 


Der Schwanz ist weißlichgrau. 


Körperlänge. . . .9—4#. Nach Rafinesque. 
Körperlänge... .. .2: 57  Nach,Buffon. 
Länge des Schwanzes 3 

Vaterland. Nord-Amerika, woselbst diese Form in den höhe- 
ren Gegenden der Provinz New-York, in den Perouanischen und Alleg- 
hany’schen Gebirgen vorkommt. 

Buffon’s Besehreibung gründet sich wahrscheinlich auf ein 
Jüngeres, noch nieht völlig erwachsenes Thier. Erxleben glaubte 
diese Form mit dem Ozelot-Panther (Panthera Pardalis) vereinigen 
zu dürfen und Giebel nimmt keinen Anstand dieselbe mit dem Roth- 
Luchse (Lynx rufa) für identisch zu erklären. 


13. Der &old-Luchs (Lynx aurea). 


L. rufae magnitudine, notaeo nitide pallide flavo, nigro-albo- 
que maculato, gastraeo dilutiore immaculato ; auriculis brevissime 
penicillatis ; cauda brevissima. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 2AZ 


Lynx aureus. Rafinesque. Amer. Monthl. Mag. 1817. p. 46. 
Nr. 6. 
Chat sauvage. Charles le Raye. Journ. d'une voy. au Missoury. 
p. 190. | 
Felis aurea Desmar. Mammal. p. 225. Nr. 351. 
Lynx aurea. Desmar. Mammal. p. 225. Nr. 851. 
Felis aurea. Fisch. Synops. Mammal p. 213. x 
b »„ Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 522. 
Note 14. 
Lyn& aurea. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 522. 
Note 14. 
Felis rufa. Giebel. Säugeth. S. 881. 
Lynx rufa. Giebel. Säugeth. S. 881. 

Nur eine höchst unvollständige, von Rafinesque und Le 
Raye herrührende Notiz ist es, auf welche sich unsere Kenntniß von 
dieser Luchsform beschränkt, welche offenbar dem Roth-Luchse 
(Lynz rufa) nahe steht, aber durch den viel kürzeren Schwanz und 
auch die Färbung sich von demselben unterscheidet. 

Sie soll um die Hälfte größer als die Hauskatze (Felis dome- 
stica), daher eine der kleineren Arten dieser Gattung sein und würde 
sonach bezüglich der Größe ungefähr mit dem Roth-Luchse (Lynx 
rufa) übereinkommen. 

Ohrenbüschel sollen fehlen, doch scheint diese Angabe auf einer 
ungenauen Beobachtung zn beruhen, da allen Luchsarten Ohrenbü- 
schel eigen und diese bei manchen Arten so kurz sind, daß sie leicht 
übersehen werden können, wie dieß® auch beim Roth-Luchse (Lynx 
rufa) der Fall ist. Der Schwanz zeichnet sich durch seine auffallende 
Kürze aus. 

Die Oberseite des Körpers ist lebhaft glänzend hellgelb mit 
schwarzen und weißen Flecken, jene der Unterseite desselben blaß- 
gelb und ungefleckt. 

Länge des Schwanzes 2’. Nach Rafinesque. 

Andere Körpermaaße sind nicht angegeben. 

Vaterland. Nord-Amerika und insbesondere der nordwest- 
liche Theil der vereinigten Staaten, wo diese Art von LeRayean 
den Ufern des Yellowstone-Flußes, gegen den 44 Grad Nord-Breite 
und den 32 Grad westlicher Länge vom Meridian von Washington 
getroffen wurde. 


244 Fitzinger. 


Giebel hält dieselbe vom Roth-Luchse (Lynx rufa) nicht für 
verschieden. 


14. Der gestreifte Luchs (Lynx fasciata). 


L. canadensis fere magnitudine, corpore longipiloso, notaeo 
fusco-rufescente, maculis parvis rotundatis nigro-fuseis supra 
collum, dorsum et in lateribus, striisque fasciaeformibus transver- 
salibus ejusdem coloris in dorso, gastraeo albo, maculis rotundatis 
nigris abrupte finitis ornato; artubus fusco-rufescentibus macu- 
lis parvis obscure nigro-fuscis notatis; auriculis longe penicillatis 
externe nigris, penicillis ejusdem coloris; cauda brevissima alba 
nigro-terminata. 

Lynz fasciatus. Rafinesque. Amer. Monthl. Mag. 1817. p. 46. 
Nr. 5. 
4 R Lewis, Clark. Trav. to the Source of the Mis- 
souri. V. Ill. p. 28. 
Felis fasciata. Desmar. Mammal. p. 225. Nr. 348. 
Lynz fasciata. Desmar. Mammal. p. 225. Nr. 348. 
Felis fasciata. Fisch. Synops. Mammal. p. 212. x 
Lynchus fasciata. Jardine. Mammal. V. Il. p. 275. Nr. 39. 
Felis fasciata. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. Il. S. 521. 
Note 14. 
Lynx fasciata. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. Il. S. 521. 
Note 14. 
Felis rufa Giebel. Säugeth. S. 881. 
Lynx rufa. Giebel. Säugeth. S. 881. 

Eine dem eanadischen Luchse (Lynx canadensis) verwandte, 
wohl aber von demselben verschiedene Art, welche durch die Kürze 
ihres Schwanzes und ihre eigenthümliche Farbenzeichnung ausge- 
zeichnet ist, und deren Kenntniß wir Rafinesque und den beiden 
Reisenden Lewis und Clark zu verdanken haben. 

Sie gehört zu den größeren Arten dieser Gattung, da sie größer 
als der Roth - Luchs (Lynx ufa) und beinahe von der Größe des 
eanadischen Luchses (Lynx canadensis) ist. 

Die Ohren sind mit einem langen Haarpinsel versehen, welcher 
%/, Zoll in seiner Länge hat und der Schwanz ist von außerordent- 
licher Kürze. 


Die Körperbehaarung ist lang, reichlich und dicht. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 245 


Die Färbung der Oberseite des Körpers ist braunröthlich mit 
kleinen rundlichen dunkel schwarzbraunen Flecken auf dem Halse, 
dem Rücken und den Leibesseiten und ebenso gefärbten bindenarti- 
gen Querstreifen auf dem Rücken, jene der Unterseite des Körpers 
weiß, mit kleinen rundlichen scharf begrenzten schwarzen Flecken. 

Die Beine sind braunröthlich und wie die Leibesseiten mit kleinen 
rundlichen dunkel schwarzbraunen Flecken besetzt. 

Die Ohren sind auf der Außenseite schwarz und von derselben 
Farbe sind auch die Ohrenbüschel. 

Der Schwanz ist weiß und endiget in eine schwarze Spitze. 

Länge des Schwanzes 2”. Nach Rafinesque, Lewis und 
Clark. 

Andere Körpermaaße sind nicht angegeben. 

Vaterland. Nordwest-Amerika, woselbst diese Art von Lewis 
und Clarke nebst noch anderen großen Luchsarten an der Küste 
in der Nähe des stillen Meeres getroffen wurde. 


Giebel zieht diese Art mit dem Roth-Luchse (Lynx rufa) zu- 
sammen. ) 


15. Der canadische Luchs (Lynx canadensis). 


L. vulgaris fere magnitudine; corpore longipiloso, auriculis 
penicillis longis, mystacibus buccarum longissimis utrinque infra 
mandibulam dependentibus ; cauda brevissima , capite breviore !/g 
vel parum ultra 1/, corporis longitudine, crassa, eylindrica , trun- 
cata; notaeo artubusque externe albido-griseis fusco-undulatis, 
gastraeo artubusque interne sordide albis rufescente-undulatis ; 
dorso obscuriore fascia longitudinali indistincta plus minus inter- 
rupta undulata nigrescente, lateribus, scelidibus pedibusque 
dilutioribus; auriculis externe griseis nigro-marginatis , interne 
albıs marginem versus leviter rufescente-flavo-lavatis, penicillis 
nigris; mystacibus buccarum sordide albis macula magna nigra 
signatis, vibrissis parlim nigris, partim albis et ad basin nigris; 
labio inferiore nigro-marginato; cauda albido-rufescente obscurius 
undulata, in extremo apice nigra. 

Carcajou. Charlevoix. Hist. de la nouy. France. 

Loup Cervier ou Lynx. Dobbs. Hudson's bay. p. 41. 

Lynz du Canada. Buffon. Hist. nat. d. Quadrup. Suppl. Il. 
p. 299. t. 44. 


246 Fitzinger. 


Cat Lynx. Pennant. Synops. Quadrup. 
Felis Lyn®. Erxleb. Syst regn. anim. P. I. p. 525. Nr. 15. 
Felis Canadensis. Geoffr. Colleet. du Mus. 


3 N Cuv. Ann. du Mus. V. XIV. p. 154. Nr. 13. 
= Cuv. Regne anim. Edit. I. V. I. p. 162. 
Felis canadensis. Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. VI. p. 108. Nr. 14. 
ei r Fr. Cuv. Diet. des Se. nat. V. VII. p. 228. 
a .. Desmar. Mammal. p. 224. Nr. 346. 


Lynx canadensis. Desmar. Mammal. p. 224. Nr. 346. 
Lynx du Canada. Cuv. Recherch. sur les Ossem. foss. V. IV. 
p. 443. 

Felis canadensis. Desmoul. Diet. class. V. II. p. 500. Nr. 27. 

Felis borealis. Temminck. Monograph.d. Mammal. V. I. p.109, 141. 

Felis Canadensis. Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 453. Nr. 37. 

Felis borealis. Cuv. Regne anim. Edit. II. V. I. p. 163. 

= 5 Richards. Fauna bor. amer. V. I. p. 101. 

Felis Canadensis. Fisch. Synops. Mammal. p. 212, 571. Nr. 31. 

Felis borealis. Wagler. Syst. d. Amphib. S. 29. 

Lynchus Canadensis. Jardine. Mammal. V. II. 259,275. Nr. 37. t. 33. 

Felis canadensis. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 353. fig. 551. 

Felis borealis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. Il. S. 519. 
Nr. 25. 

Lynx borealis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 519. 
Nr. 25. 

Lyneus Canadensis. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 46. 

Felis borealis. Giebel. Säugeth. S. 880. 

Lyna borealis. Giebel. Säugeth. S. S80. 


Unter den ziemlich zahlreichen Formen dieser Gattung ist der 
canadische Luchs diejenige, welche der ihr eigenthümlichen Merk- 
male wegen nicht leicht mit irgend einer anderen verwechselt wer- 
den kann. 


Sie gehört zu den größten Formen dieser Gattung, da sie un- 
gefähr die Größe des gemeinen Luchses (Lynx vulgaris) erreicht, 
mit welchem sie auch in der Körpergestalt größtentheils überein- 
kommt. 


Durch den sehr kurzen und nur an seiner äußersten Spitze 
schwarzen Schwanz und den vollkommen ungefleekten Körper unter- 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 2AT 


scheidet sie sich aber nicht nur von diesem, sondern fast von allen 
übrigen Luchsarten. 

Die Ohren sind mit langen aufrechtstehenden Haarbüscheln be- 
setzt, welche im Sommer eine Länge von 7—8 Linien, im Winter 
von 1'/, Zoll erreichen, und auf der Innenseite Jang behaart. 

Der Schwanz ist sehr kurz, kürzer als der Kopf, \/; bis etwas 
über '/, der Körperlänge einnehmend, diek und walzenförmig, reich- 
lich behaart und an seinem Ende gleichsam wie abgestutzt. 

Die Körperbehaarung ist lang, dicht, reichlich und weich, doch 
etwas kürzer als beim Hirsch-Luchse (Lynx Cervaria) und auch 
minder fein. Auf dem Rücken erreicht das Haar eine Länge von 1'/, 
Zoll, und derHintertheil der Schenkel und der Beine, so wie auch die 
Sohlen sind besonders lang und zottig behaart. 

Der Backenbart ist sehr lang, indem das Haar 3 Zoll in der 
Länge hält, und hängt ziemlich tief zu beiden Seiten über den Unter- 
kiefer herab. 

Die Schnurren sind lang und bieten eine Länge von ungefähr 
3 Zoll dar. 

Die Färbung ist nicht beständig und zeigt bisweilen einige, 
wenn auch nicht erhebliche Abweichungen. 

In der Regel ist die Oberseite des Körpers und die Außenseite, 
der Gliedmaßen weißlichgrau und braun gewellt, jene der Unterseite 
des Körpers und der Innenseite der Gliedmaßen schmutzig weiß und 
röthlichweiß gewellt, auf dem Rücken dunkler, auf den Leibesseiten, 
den Hinterbeinen und den Pfoten heller. 

Die einzelnen Haare sind auf dem Rücken von der Wurzel an 
bis auf :/, ihrer Länge dunkelbraun, an der Spitze schwarz und un- 
terhalb derselben grau und braun geringelt, an den Leibesseiten 
aber an der Wurzel grau, in der Mitte röthlich und an der Spitze 
weißlich. 

Längs der Firste des Rückens verläuft eine undeutliche, mehr 
oder weniger unterbrochene gewellte schwärzliche Binde, welche 
durch die an dieser Körperstelle mehr zusammengedrängten schwar- 
zen Haarspitzen gebildet wird. 

Der Schwanz ist weißröthlich und dunkler gewellt, und nur an 
der äußersten Spitze ist derselbe in einer Ausdehnung von etwas 
über Y/, seiner Länge schwarz. 


248 Fitzinger. 


Die Ohren sind auf der Außenseite grau und schwarz gesäumt, 
auf der Innenseite weiß und gegen den Rand zu schwach röthlich- 
gelb überflogen. Die Haarpinsel sind schwarz. 

Der Backenbart ist schmutzig weiß mit einem großen schwarzen 
Flecken. 

Die Schnurren sind theils durchaus schwarz, theils weiß und an 
der Wurzel schwarz. 

Der Rand der Unterlippe und die Nasenkuppe sind schwarz, die 
Krallen weißlich. 

Die Abweichungen, welche die Färbung bisweilen darbietet, be- 
stehen darin, dafs das Fell entweder mehr grau erscheint und röth- 
lieh-gelbbraun oder fahlbraun gewellt ist, oder auch mehr weißlich 
gewellt. 


Korperlängesiet ne es... ante. Nach Richardson. 
Länge des Schwanzes. . . . 4’ 6", 
Schulterhöhe, ...... ... 1... 4. 42260% 
Korperlange, jet... ki 8120500 Nach Cuvier. 
Länge des Schwanzes. . . . 4". 
Koörperlanger u. 0... 01.2, 273% Nach Desmarest. 
Länge des Schwanzes. . . . 3 

sunder Ohren 2“ ... 20. 

2 AuKrallen u ca. 6”. 
Sehulterhöhe . . .. \. ......1 1% 
Körperlänge . . . ... 2% 2”"—2' 4". Nach Temminck. 
Länge des Schwanzes . . 5”. 
Entfernung der Augen von 

der Schnauzenspitze . . 1.7. 
Körperlänge ungefähr . . 3° 5”. Nach Jardine. 
Länge des Schwanzes . . A". 


In den Maaßangaben von Temminck sowohl, als auch in jenen 
von Jardine scheint eine Irrung unterlaufen zu sein, da die Länge 
des Schwanzes nach den ersteren weniger als 1/,,-nach den letzteren 
beinahe !/, betragen würde, was offenbar nicht richtig ist. 

Vaterland. Nord-Amerika, wo diese Art den höchsten Norden 
bis in den Polarkreis hinauf bewohnt, über ganz Canada und Labra- 
dor verbreitet ist, vorzüglich häufig an der Hudsons-Bay und selbst 
über den großen Seen und ostwärts des Felsengebirges, ja sogar 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 249 


noch am Mackenzie-Fluße unter dem 66. Grade Nordbreite angetrof- 
fen wird. 

Temminck gibt auch den Norden der alten Welt und insbe- 
sondere Schweden als die Heimath dieser Art an, was jedoch offenbar 
auf einem Irrthume beruht. 


10. Gatt.: Marderkatze (Ailurogale). 


Die Pupille ist senkrecht elliptisch. Die Krallen sind vollkom- 
men zurückziehbar. Der Schwanz ist kurz, und endiget in keine 
Quaste. Die Ohren sind nicht mit Haarbüscheln versehen, kurz und 
gerundet. Eine Mähne fehlt gänzlich. Die Backen sind von keinem 
Barte umgeben. Die Beine sind hoch. Der Kopf ist schmal, die 
Schnauze flachgedrückt. 


1. Die hechtschnauzige Marderkatze (Ailurogale pluniceps). 


A. Chai nigripedis magnitudine, corpore brevipiloso; notaeo 
lateribusque obscure ex rubido ferrugineo-fuscis flavido-irroratis, 
in medio dorsi saturatiore, gastraeo albido; capite ferrugineo 
strüs duabus longitudinalibus angustis, nonnunquam interruptis 
albescentibus, a syncipite inter oculos excurrentibus et supra fron- 
tem et verticem ad occiput usque protensis notato; auriculis ex- 
terne nigro-fuscis macula pallida in medio,; labiis et vibrissis 
albis ; artubus externe interneque ex rubido ferrugineo-fuscis fla- 
vido-irroratis ; cauda infra !/; corporis longitudine, tenui, eylin- 
drica, obtusa, dilute ex rubido ferrugineo-fusca, flavido-irrorata. 


Felis planiceps. Vig. Zool. Journ. V. III. p. 449. t. 12. 
5: A Vig. Horsf. Zool. Journ. V. VII. t. 2. 
IR n Jardine. Mammal, V. II. p. 271. 
a A S. Müller. Verhandel. V. 1. 
Reiehenb. Naturg. Raubth. S. 82. fig. 47. 


h h Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 541, 
Nr. 40. 
Catus planiceps. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 541. 
Nr. 40. 


Felis Diardii. Crawfurd. Mus. Liverpool. 
Chaus? planiceps. Gray. Mammal. of the Brit. Mus, p. 44. 


250 Fitzinger. 


Felis planiceps. Giebel. Säugeth. S. 886. 
Catus planiceps. Giebel. Säugeth. S. 886. 

Die auffallende Abweichung, welche diese Katzenart in ihrer 
Körpergestalt sowohl als auch in der Bildung ihrer Zähne von allen 
übrigen dieser Familie angehörigen Formen darbietet, rechtfertigen 
wohl die Ansicht, dieselbe als den Typus einer besonderen Gattung 
zu betrachten, für welehe ich den Namen „Marderkatze“ (Atluro- 
gale) in Vorschlag bringe. 

Ihre Körpergestalt im Allgemeinen erinnert lebhaft an jene der 
zur Familie der Wiesel (Mustelae) gehörigen Formen und insbeson- 
dere an jene der Arten der Gattung Marder (Martes) obgleich sie 
sich durch ihre weit höheren Beine wieder von denselben entfernt. 

In der Größe kommt sie mit der schwarzfüßigen Luchskatze 
(Chaus nigripes) überein. 

Ihr Kopf ist gestreckt, zusammengedrückt und walzenförmig, und 
zeichnet sich durch eine breite, flachgedrückte stumpfe Schnauze aus. 

Die Ohren sind kurz, gerundet und nicht mit Haarbüscheln ver- 
sehen, und die Augen von den Ohren verhältnißmäßig weit entfernt. 

Der Leib ist schlank, und die Beine sind hoch und dünn. 

Der Schwanz ist kurz, weniger als /, der Körperlänge einneh- 
mend, dünn, walzenförmig und an seinem Ende abgestumpft. 

Die Behaarung ist kurz und glatt anliegend. 

Die Oberseite des Körpers und die Leibesseiten sind dunkel 
röthlich-rostbraun mit feiner gelblichweißer Sprenkelung und längs 
der Firste des Rückens am dunkelsten, welche Färbung dadurch be- 
wirkt wird, daß die einzelnen Haare dunkel rothbraun sind, über ihrer 
Mitte von einem schmalen gelblichen Ringe umgeben werden und 
jene der Leibesseiten in eine weiße Spitze endigen. Die Unterseite 
des-Körpers ist vom Kinne angefangen einfärbig weißlich und nur am 
Bauche sind die einzelnen Haare an der Wurzel braun. 

Der Kopf ist rostroth, und über die Stirne und den Scheitel ver- 
laufen zwei schmale, weißliche Streifen, welche am Vorderkopfe zwi- 
schen den Augen entspringen und sich bis zum Hinterhaupte erstrecken, 
bisweilen aber auch nur in der Gestalt länglicher streifenartiger 
Flecken auftreten, die schon bald gegen die Stirne zu verschwinden. 

Die Ohren sind auf der Außenseite schwarzbraun mit einem 
hellen Flecken in der Mitte, die Lippen und die Schnurren sind 
weiß. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 251 


Die Gliedmaßen sind auf der Außen- sowohl als Innenseite wie 
die Oberseite des Körpers röthlich-rostbraun, doch etwas heller als 
diese gefärbt und an ihrer Wurzel schwach gelblichweiß ge- 
sprenkelt, und von derselben Färbung, aber heller, ist auch der 
Schwanz. 

Die Zähne und insbesondere die Eckzähne sind lang, und die 
Backenzähne stark zusammengedrückt und mit langen Zacken ver- 
sehen, welche verhältnißmäßig viel länger als bei allen übrigen Arten 
dieser Familie sind. 


Körperlänge u 2 an. ey. N 6 Nach Vigors. 
Länge des Schwanzes . . . . . 5.00% 
s „u.Kopfes urn ae 1 Ma 4". 
Breite des Kopfes zwischen den 
Ohren na ee la 298 
Schulterhöhene a ar 2. 1.167. 
Kreuzhöher 4, u an al.n. 8. 
Körperlanse I 2,.20..2..0.200 ...2.100826022 Nach Miayeineir. 
Länge des Schwanzes . . . . . 4’ und etwas darüber. 


Vaterland. Sumatra, wo Raffles diese Art entdeckte und 
Borneo, wo sie auch von S. Müller aufgefunden wurde. 


Vigors hat diese Art, welche scheinbar einen Übergang zu den 
Wieseln (Mustelae) vermittelt, zuerst nach den beiden Exemplaren 
beschrieben, die Raffles nach Europa brachte und auch eine Ab- 
bildung derselben mitgetheilt. Wagner ergänzte diese Beschrei- 
bung nach einem Exemplare im Museum zu Frankfurt a. M. Im Mu- 
seum zu Liverpool wurde dieselbe Art von Crawfurd mit dem Na- 
men „Felis Diardii“ bezeichnet. 


252 Fitzinger. 


ANHANG. 


Außer den hier aufgezählten Formen, welche ich nach dem mir 
zu Gebote gestandenen Materiale theils genauer zu beschreiben, oder 
wenigstens nach den kurzen über dieselben bestehenden Andeutungen 
durch Angabe ihrer wesentlichsten Unterscheidungsmerkmale mit 
einiger Sicherheit deuten zu können in der Lage war, sind in neue- 
rer Zeit aber auch noch einige andere bekannt und mit besonderen 
Namen bezeichnet worden, welche ich weder einzureihen, noch über 
dieselben überhaupt ein bestimmteres Urtheil abzugeben mich getraue. 

Die höchst dürftigen und mangelhaften Angaben über die ihnen 
zukommenden Merkmale gestatten nicht, sich auch nur mit einiger 
Bestimmtheit über dieselben auszusprechen, welßhalb ich es vorge- 
zogen habe, dieselben hier in einem besonderen Anhange aufzuführen, 
und wenn ich auch hie und da versucht habe auf ihre Stelle im Sy- 
steme und ihre Verwandtschaft mit anderen Formen hinzudeuten, so 
beruht dieß nur auf Vermuthungen und individuellen Ansichten, für 
deren Richtigkeit zwar manchmal die Wahrscheinlichkeit spricht, die 
sich aber nach unserer dermaligen Kenntniß derselben weder begrün- 
den, noch beweisen läßt. 


Diese völlig ungenügend bekannten Formen sind folgende: 


Felis Charleltonii. 


Felis Charletonü. Gray. Ann. and Mag. of Nat. Hist. V. XVII. 
(1846). p. 211. 

Felis pardus. Giebel. Säugeth. S. 875. 

Pardus pardus. Giebel. Säugeth. S. 875. 


Alles was uns über diese Form seither bekannt geworden ist, 
beschränkt sich auf eine kurze Notiz von Gray, aus welcher wir ent- 
nehmen, daß diese Form dem marmorfleckigen Panther (Panthera 
marmorata) — der in Java und Malacca vorkommt und auch auf 
dem Himalaya angetroffen werden soll, — sehr ähnlich sei und daß 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 253 


sich dieselbe nur durch die hellere Färbung und die verschiedene 
Vertheilung der dunklen Flecken von diesem unterscheide. 


Vaterland. Süd-Asien, Ost-Indien, wo diese Form auf dem 
Festlande, und zwar in Darjiling getroffen wird. 


Gray bemerkt hierzu, daß es sich selten ereignet, zwei so nahe 
verwandte Arten von so verschiedenen Gegenden von Asien zu be- 
sitzen. 


Darf man sich erlauben nach diesen kurzen Andeutungen eine 
Ansicht über die Stellung dieser Form auszusprechen, so kann man 
sich nur Gray anschließen und dieselbe für eine dem marmorflecki- 
gen Panther (Panthera marmorata) zwar nahe verwandte, aber von 
diesem verschiedene zu betrachten; wie ich denn auch schon bei der 
Beschreibung der genannten Art darauf hingewiesen habe, daß wohl 
mehrere Formen mit derselben verwechselt sein dürften, und wahr- 
scheinlich ist das im Mainzer Museum befindliche und von Rei- 
chenbach erwähnte Exemplar vom Himalaya Gray’s „Felis Char- 
letonü“. 

Wie Giebel diese Form aber zu seiner „Felis pardus“ ziehen 
konnte, ist mir geradezu unerklärlich. 


Felis pardaloides. 


‘elis pardaloides. Bruno. Isis. 1842. Hft. 4. S. 257. 
Felis macrura? Pietet. 

I N Giebel. Säugeth. S. 872. Note 9. 
Pardus macrurus? Giebel. Säugeth. S. 872. Note 9. 
Felis pardalis? Giebel. Säugeth. S. 872. Note 9. 
Pardus pardalis? Giebel. Säugeth. S. 872. Note 9. 


Gelegentlich der Naturforscher-Versammlung zu Turin im Sep- 
tember des Jahres 1840 machte Dr. Bruno eine Mittheilung über 
eine Katzenform, von welcher die königl. Menagerie im Lustschlosse 
Stupinigi bei Turin zwei lebende Exemplare erhielt, die seinen Unter- 
suchungen zu Folge einer Art angehörten, welche zwischen dem Oze- 
lot-Panther (Panthera Pardalis) und dem langschwänzigen Panther 
(Panthera macrura) gleichsam in der Mitte steht, und sich von dem 
ersteren durch die geringere Größe und den Mangel der schief von 
den Schultern zu den Hüften verlaufenden Streifen, von dem letzteren 


aber durch den diekeren Kopf, und den schwächeren und kürzeren 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. [. Abth. 17 


254 Fitzinger. 


Schwanz unterscheiden soll, so wie er dieselbe auch wegen mehrerer 
der ihr eigenthümlichen Merkmale für durchaus verschieden von dem 
Margay-Panther (Panthera tigrina) erklärt. 

Er hielt sich sonach für berechtigt, sie für eine noch unbe- 
schriebene Art zu betrachten, für welche er den Namen „Pelis par- 
daloides“ in Vorschlag brachte. 

Vaterland. Süd-Amerika. 

Auf diese kurzen und höchst ungenügenden Angaben beschränkt 
sich unser ganzes Wissen über diese Form, welche unzweifelhaft der 
Gattung Panther ( Panthera) angehört. 

Pietet glaubte in ihr — ungeachtet der von Bruno ausge- 
sprochenen Verschiedenheit, — dennoch nur den langschwänzigen 
Panther (Panthera macrura) erkennen zu sollen und Giebel ist 
im Zweifel, ob er sie mit dieser Art, oder mit dem Ozelot-Panther 
(Panthera Pardalis) für identisch betrachten solle. 

So schwierig, ja beinahe unmöglich es nach einer so kurzen An- 
gabe von Merkmalen auch ist eine Ansicht hierüber mit irgend einer 
Sicherheit auszusprechen, so scheint es mir doch am wahrscheinlich- 
sten, daß es der Chati-Panther (Panthera mitis) war, welchen 
Bruno vor sich hatte und mit dem Namen „Felis pardaloides“ 


bezeichnete. 
Felis melanura. 


Felis melanura. Ball. Ann. and Mag. of Nat. Hist. V. XV. (1845). 
p. 286. 

Fraser. Zool. typ. t. 26. 

Giebel. Säugeth. S. 886. Note 2. 

Unsere Kenntniß von dieser Form gründet sich nur auf eine 
von Ball uns mitgetheilte Beschreibung und eine Abbildung, welehe 
Fraser von derselben gegeben. 

Der Beschreibung zu Folge ist sie größer als der Margay-Pan- 
ther (Panthera tigrina) und auch verhältnißmäßig schlanker als 
dieser gebaut. 

Der Sehwanz ist zugespitzt und reicht fast bis auf den Boden. 

Der Vorderkopf ist rothgelb und die Stirne von zwei parallelen 
schwarzen Längsstreifen durchzogen, die an den Augen entspringen 
und oben mit einander verbunden sind. 


® 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 255 


Unmittelbar über den Augen stehen vier längliche schwarze 
Flecken, über denselben drei ebenso gefärbte aber mehr unregel- 
mäßige und in eine Reihe gestellte Flecken und über diesen zwei. 

Am unteren Augenliede befindet sich ein weißer Flecken und ein 
zweiter längerer am oberen. 

Die Wangen sind rothgelb und schwarz gestreift. 

Die Ohren sind auf der Außenseite schwarz mit einem weißen 
Flecken, auf der Innenseite rothgelb. 

Der Nacken und der Rücken sind schwarz und der erstere ist 
mit einem hell rothgelben lilienförmigen Flecken gezeichnet. 

Die Leibesseiten sind lichter als der Rücken gefärbt und von 
drei schmalen unregelmäßigen weißen Längsstreifen durchzogen, 
welche durch mehrere von denselben abgehende Zweige mit einan- 
der verbunden sind und durch welche unregelmäßige augenartige 
Flecken gebildet werden, deren innerer Hof rothgelb und mit 
schwarzen Punktflecken besetzt, und von einem schwarzen Saume 
umgeben ist. 

Eine schmale rothgelbe Binde verläuft der Quere nach unter- 
halb der Schultern und zwei ebenso gefärbte undeutliche Streifen, 
welche sich vom Rücken nach abwärts ziehen, schließen sieh — un- 
gefähr '/, Zoll von derselben entfernt, — in regelmäßigen Winkeln 
an sie an. 

Die Brust ist rothgelb und von einer sehr deutlichen sehwarzen 
Querbinde umgeben, der Bauch weiß und unregelmäßig schwarz ge- 
fleckt. | 

Die Gliedmaßen sind rothgelb, die Vorderbeine mit schwarzen 
Längsstreifen, die Hinterbeine mit schwarzen Flecken besetzt. 

Die rothgelbe Färbung ist hauptsächlich am Vordertheile des 
Körpers schärfer abgegrenzt. 

Der Schwanz ist schwarz und nur auf seiner Unterseite gegen 
die Wurzel zu ist derselbe weiß und zeigt eine Andeutung von un- 
vollständigen Ringen. 

Diese Färbung ist jedoch keineswegs beständig, sondern erlei- 
det bei zunehmendem Alter eine Veränderung, wie man an dem 
lebenden Exemplare beobachten konnte, nach welchem Ball seine 
Beschreibung entworfen hatte, als dasselbe Anfangs des Jahres 1843 
als ein Geschenk des Herrn Creagh in den Besitz der zoologischen 
Gesellschaft in Irland kam. Denn als es im folgenden Jahre an die 

17* 


256 Fitzinger. 


zoologische Gesellschaft zu London abgetreten wurde, zeigten sich 
einige kleinere Veränderungen in der Farbenzeichnung, indem die- 
selbe, welche früher sehr undeutlich und verworren war, zu jener 
Zeit schon schärfer begrenzt erschien und insbesondere die weiße 
Farbe am Schwanze eine größere Ausdehnung erlangt hatte, daher 
der von Ball vorgeschlagene Name „Aelis melanura“ nicht mehr 
auf diese Form paßt. 

Körpermaaße fehlen. 

Vaterland. Süd-Amerika, nach der Angabe von Fraser. 

Es kann wohl kaum einem Zweifel unterliegen, daß diese Form 
der Gattung Panther (Panthera) angehöre und höchst wahrschein- 
lich ist sie jener Gruppe beizuzählen, welche durch den Ozelot-Pan- 
ther (Panthera Pardalis) repräsentirt wird. Wie es scheint, steht 
sie dem gestriemten Panther (Panthera Jardinii) sehr nahe und 
vielleicht ist sie auch nur das junge Thier dieser Form. 


Felis Hultloni. 


Felis Huttoni. Blyth. Asiat. Journ. of Bengal. V. XIV. p. 342. — 
V. XXI. (1853). p. 581. 

Felis chaus? Giebel. Säugeth. S. 882. Note 3. 

Lynx chaus? Giebel. Säugeth. S. 882. Note 3. 

Felis Huttoni. Blyth. Catal. of the Mus. of the Asiat. Soc. 1863. 
p- 68. 

Chaus ornatus? Gray. Proceed. of the Zool. Soc. 1867. p. 275. 

Vaterland. Ost-Indien, Ceylon. 

Blyth will in dieser Form Gray's „Felis ornata“ oder die 
gezierte Luchskatze (Chaus ornatus) erkennen, was Gray jedoch 
in Zweifel zieht und Giebel neigt sich der Ansicht hin, dieselbe für 
identisch mit der Sumpf-Luchskatze (Chaus Catolynx) betrachten 
zu dürfen. 

Eine genauere Beschreibung dieser ven Blyth aufgestellten 
Form konnte ich nicht ermitteln. Ich fand nur die kurze Notiz, daß 
dieselbe dunkel wie die Sumpf-Luchskatze (Chaus Catolyn&) ge- 
färbt und ihre Ohren roth seien. 

Daß diese Form der Gattung Luchskatze (Chaus) angehöre, 
unterliegt wohl keinem Zweifel, ob sie aber als eine selbstständige 
Art oder nur als eine Abänderung der indischen Luchskatze (Chaus 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 257 


affinis) zu betrachten sei, läßt sich nach jener kurzen Angabe nicht 
bestimmen. 


Felis isabellina. 


Felis lynz. Hodgs. 

Felis isabellina. Blyth. Asiat. Journ. of Bengal. V. XVII. p. 1178: 
Felis chaus? Giebel. Säugeth. S. 882. Note 3. 

Lynx chaus? Giebel. Säugeth. S. 882. Note 3. 

Felis caracal? Giebel. Säugeth. S. 882. Note 3. 

Lynx caracal? Giebel. Säugeth. S. 882. Note 3. 

Felis isabellina. Blyth. Catal. of the Mus. of the Asiat. Soc. 1863 p. 64. 
Lyncus isabellinus. Gray. Proceed. of the Zool. Soc. 1867. p. 276. 

Vaterland. Central-Asien, wo diese Form im Hochlande von 
Thibet vorkommt. 

Hodgson hielt sie für identisch mit dem gemeinen Luchse 
(Lynz vulgaris) und Blyth beschrieb sie als eine selbstständige 
Form. Giebel war im Zweifel, ob sie mit der Sumpf-Luchskatze 
(Chaus Catolynx)) oder mit dem persischen Caracal (Caracal me- 
lanotis) zusammen zu ziehen sei und Gray betrachtet dieselbe für 
eine besondere zur Gattung Luchs (Lynx) gehörige Art. 

Da mir Blyth's Beschreibung bis jetzt noch nicht zugekommen 
ist und mir daher die Merkmale dieser Form völlig unbekannt ge- 
blieben sind, so kann ich mich einstweilen nur der Ansicht Gray’s 
anschließen, deren Richtigkeit wohl kaum einem Zweifel unterliegt. 


Endlich wurde auch noch eine Form beschrieben, über welche 
ich nach dem literarischen Materiale, das mir zur Verfügung steht, 
durchaus nichts zu bemerken oder auch nur irgend eine Angabe be- 
züglich der ihr zukommenden Merkmale machen zu können im Stande 
bin, da die in Ost-Indien erscheinende Zeitschrift, in welcher dieselbe 
beschrieben wurde, nur in einer einzigen der Bibliotheken Wien’s 
vorhanden ist und nicht bis zu jenem Jahrgange zurückreicht, wel- 
cher die Beschreibung dieser Form enthält. 


Es ist dieß: 
Felis Ogilbyi. 


Felis Ogilbyi. Hodgs. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. V. VII. 
(1839). p. 44. 


258 Fitzinger. 


Felis pardus. Giebel. Säugeth. S. 875. 
Pardus pardus. Giebel. Säugeth. S. 875. 

Ich kenne diese Form blos dem Namen nach aus dem Citate 
von Giebel, der sie — ob mit Recht oder Unrecht vermag ich nicht 
zu bestimmen, — zu seiner „Felis pardus“ zieht und weiß auch 
nicht ob sie, wie ich nach ihrem Autor wohl vermuthen darf, aus Ost- 
Indien stammt, oder einer anderen Heimath angehört. 


Außerdem habe ich hier noch einiger Katzenformen zu er- 
wähnen, welche Gray als besondere Arten aufgestellt und die er 
zu seiner Gattung „Leopardus“ zieht. 

Von denselben ist aber — so viel mir bekannt ist — nur eine 
einzige von ihm beschrieben worden, nämlich: 


Leopardus pictus. 


Leopardus pictus. Gray. Ann. and Mag. of Nat. Hist. V.X. (1842.) 
p- 260. 

> » Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 43. 

Seiner Beschreibung nach ist die Grundfarbe der Oberseite 
des Körpers rothgelb und an den Seiten blasser, jene der Unterseite 
weiß. Über die Mitte des Rückens zieht sich eine Längsreihe großer 
länglicher, voller schwarzer Flecken, an welche sich an den Leibes- 
seiten braune Flecken reihen, deren jeder einzelne von 3, 4 oder 5 
schwarzen Flecken umgeben ist. Die Unterseite des Körpers ist 
schwarz gefleckt. 

Die Stirne ist mit zwei schwarzen Längsstreifen una eben so 
gefärbten Punktflecken gezeichnet, und über deu Nacken verlaufen 
6—7 schwarze, divergirende Längsstreifen, die an den Seiten breit 
sind und einen bräunlichen Streifen umschließen. 

Die Schultern und die Füße sind mit schwarzen Punkten, der 
obere Theil der Schenkel mit länglichen schwarzen Flecken besetzt. 

Die Lippen, die Wangen und ein Kreis um die Augen sind 
weiß und schwarz gefleckt. 

Vaterland: Central-Amerika. 

Aus dieser Beschreibung sowohl, als auch nach der Stellung, 
welche Gray dieser Form gegeben, scheint hervorzugehen, daß sie 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehör. Formen. 259 


mit dem Margay-Panther (Panthera tigrina) sehr nahe verwandt 
sei und vielleicht nur eine Farbenabänderung desselben darstellt. 


Dieselbe Deutung dürften auch die beiden anderen Formen 
finden , welche Gray unmittelbar dem Margay-Panther (Panthera 
tigrina) anreiht, nämlich: 


Leopardus variegalus. 


Leopardus variegatus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 43. 


Vaterland: Tropisches Amerika, — und 


Leopardus ligrinoides. 


Leopardus tigrinoides. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 43. 
Vaterland: Der tropische Theil von Amerika. 
Beide sind nur dem Namen nach als besondere Arten aufgeführt. 


Die vierte Form ist sein 


Leopardus MReevesii. 


Leopardus Reevesii. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 44. 


Vaterland: Ost-Asien, China, von woher Reeves zwei 
Exemplare dieser Form gebracht. 

Nach der Stellung, welehe Gray dieser Form gegeben, scheint 
dieselbe zunächst mit dem chinesischen Panther (Panthera chinen- 
sis) verwandt und vielleicht nur eine Abänderung desselben zu sein. 


Alle vier Formen befinden sich bis jetzt nur im Britischen 
Museum zu London. 


Zu den völlig unbekannten Formen gehören noch drei katzen- 
artige Thiere, über welche wir bis jetzt nur äußerst kurze und 
höchst mangelhafte Andeutungen erhalten haben. 


Eine derselben scheint der Gattung Katze (Felis) anzugehören 
und dieser wurde in der von mir und Heuglin veröffentlichten 
„Übersicht der Säugethiere Nordost-Afrika’s“ (Sitzungsber. d. math. 
naturw. Cl. d. kais. Akad. d. Wiss. B. LIV) auf Seite 22 unter Nr 8 
in einer zu „Felis maniculata“ gehörigen Anmerkung erwähnt. 


260 Fitzinger. 


Unsere Kenntniß von ihr gründet sieh auf einige Stücke von 
Fellen, welche Heuglin in Ost-Senaar und Kordofän mehrere Male 
zu sehen Gelegenheit hatte. 

Seiner Angabe zu Folge waren es die Felle einer kleinen fahl- 
gelben Katzenart, die allenthalben mit gedrängt stehenden, unregel- 
mäßig vertheilten braungelben Flecken gezeichnet ist. 

Heuglin vermuthet, daß es vielleicht dieselbe Form war, welche 
Werne — wie er in seinem Werke „Feldzug in Taka“ bemerkt, — 
aus Ost-Sennaar mitgebracht und für eine neue, noch unbeschriebene 
Art erklärte. 

Die zweite ist der „Wobo“ der Abyssinier, eine tigerähnliche 
Katzenform, welche sich durch die gestreifte Zeichnung ihres Felles 
auszeichnen und vorzüglich in Südost-Abyssinien vorkommen soll. 
Wobo. Brehm. Reise nach Habesch. 


» Weinland. Zool. Gart. B. IV. (1863). S. 219. 
»„  Lefebvre. Voy. p. 20. 


»„ Fitz. Heugl. Säugeth. Nordost-Afr. S. 19. Nr. 2. Anmerk. 
(Sitzungsb. d. math.-naturw. Cl. d. kais. Akad. d. Wiss. 
B. LIV.) 


Den Aussagen der Eingeborenen zu Folge wird diese Katzen- 
art, welehe nahezu die Größe des senegalischen Löwen (Leo sene- 
galensis) erreichen soll, als fahlgelb und mit schwarzen Längs- 
streifen gezeichnet, geschildert. ” 

Mit dieser Form ist höchst wahrscheinlich der „Abu-Sothan* 
der Araber identisch, der auf den Inseln zwischen dem Dender- und 
Rahad-Flusse angetroffen wird, etwas größer als der ostafrikanische 
Panther (Panthera Nimr) und auf weißem oder weißlichem Grunde 
mit schwarzen Längsstreifen gezeichnet sein soll. 


Abu-Sothan. Fitz. Heugl. Säugeth. Nordost-Afr. S. 20. Nr 2. 
Anmerk. (Sitzungsber. d. math.-naturw. Cl. d. kais. 
Akad. d. Wiss. B. LIV.) 


Eine dritte ebenso zweifelhafte und völlig unbekannte Form 
ist der im sogenannten Chor-el-Gannah im südlichen Theile von 
Ost-Sennaar vorkommende „Tirgileh“ der Araber, der mit sehr 
großen einzeln stehenden schwarzen Flecken auf roth fahlgelbem 
Grunde gezeichnet und sich durch einen langgestreckten Hals aus- 
zeichnen soll. 


Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) sehör. Formen. 261 


Tirgileh. Fitz. Heugl. Säugeth. Nordost-Afr. S. 20. Nr. 2. An- 
merk. (Sitzungsber. der math.-naturw. Cl. d. kais. Akad. 
d. Wiss. B. LIV.) 

Möglich, daß diese Form zur Gattung Gepard (Oynailurus) 

gehört. | 


Am Schluße muß ich noch — um jede Mißdeutung hintanzu- 
halten und mich vor jedem Vorwurfe zu verwahren — wiederholen, 
was ich schon in der Einleitung zu dieser Abhandlung, so wie auch 
bei manchen anderen Gelegenheiten in meinen Bearbeitungen einzel- 
ner Säugethier-Familien klar und deutlich ausgesprochen habe, daß 
ich keineswegs für alle von mir angeführten und beschriebenen For- 
men eine Artberechtigung in Anspruch nehme, ja vielmehr von der 
Überzeugung durchdrungen bin, daß sich so manche dieser Formen 
in Zukunft wohl unzweifelhaft nur als Abänderungen gewisser Arten 
erweisen werden. 


Wenn ich aber ungeachtet dieser Überzeugung dieselben den- 
noch unter besonderen Namen aufgeführt, so geschah dieß nur deß- 
halb, weil sie Verschiedenheiten darbieten, welche sich zur Zeit noch 
nicht mit Bestimmtheit als zufällige erweisen lassen, und selbst wenn 
dieß der Fall wäre, diesen Formen nebst dem Namen der Art zu der 
sie gehören, auch noch ein besonderer Name beigefügt werden müßte, 
damit sie in ihrer dermaligen Begrenzung festgehalten werden und 
nicht verloren gehen. 


Noch ist die Zeit zu einer solchen Vereinigung aber nicht 
gekommen und es dürfte wohl noch lange währen, bis man mit 
Sicherheit die Zusammengehörigkeit derselben wird aussprechen und 
diese durch thatsächliche Erfahrungen beweisen können. 


In so lange sich eine solche Zusammengehörigkeit aber nur auf 
Vermuthungen und Willkühr gründet, halte ich es für besser und ge- 
rathener dieselbe nur anzudeuten, als sie für eine erwiesene That- 
sache zu betrachten, wodurch nur Irrthum und Verwirrungen ent- 
stehen. 


Diesem Vorgange werden wohl alle jene Zoologen beipflichten, 
welche von der Entstehung der verschiedenen Formen eine andere 


262 Fitzinger. Revision d. z. nat. Familie d. Katzen (Feles) geh. Formen. 


Ansicht haben als jene, welche sie nur für Veränderungen einer be- 
stimmten Stammform betrachten, die dureh klimatische und örtliche 
Verhältnisse hervorgerufen wurden, oder in ihnen nur zufällige Ab- 
weichungen einer solehen Stammform erkennen wollen, die sich auch 
auf die Nachkömmlinge vererbten. 

Bis nicht die Zeit gekommen ist, wo der Zweifel schwinden 
wird wie der Begriff von Art (Species) zu definiren sei, muß es der 
individuellen Ansicht jedes Einzelnen überlassen bleiben, denselben 
so aufzufassen, wie es ihm am richtigsten dünkt. 


263 


Die natürliche Familie der Spitzhörnchen (Oladobatae). 


Von dem w. M. Dr. Leop. Jos. Fitzinger. 


Diese kleine, erst zu Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts 
uns bekannt gewordene Thiergruppe weicht in ihrer allgemeinen 
Körperform sowohl, als auch in ihrem Knochenbaue und ihrer Le- 
bensweise so sehr von der Familie der Spitzmäuse (Sorices), — zu 
welcher man sie seither zu zählen gewohnt war, — ab, dafs man sich 
bei einem consequenten Vorgange zur Erzielung einer natürlichen 
Begrenzung der Thiergruppen genöthiget sieht, eine besondere Fa- 
milie aus derselben zu bilden; deun durch die ihr zukommenden 
Merkmale ist sie eben so scharf von den Spitzmäusen (Sorices) 
geschieden, als die Familie der Rohrrüßler (Macroscelides), welche 
gleichfalls bis in die neueste Zeit mit derselben vereinigt war. 

Ich glaube daher ganz folgerichtig vorzugehen, wenn ich für 
diese so höchst ausgezeichnete kleine Thiergruppe — wie diess schon 
Gray angedeutet hat, — eine besondere Familie errichte, die ich 
mit dem Namen „Spitzhörnehen (Cladobatae)“ bezeichne. 

Der Verbreitungsbezirk derselben ist noch enger als jener der 
Rohrrüßler (Macroscelides) gezogen, indem sich ihr Vorkommen 
unseren dermaligen Erfahrungen zu Folge nur auf das südasiatische 
Festland und den indischen Archipel beschränkt. 

Sowie diese, stellt sie sich auch nur sehr arm an Arten dar, 
doch zeigen dieselben so auffallende Verschiedenheiten unter sich, 
daß man sie in mehrere Gattungen scheiden mußte. 

Offenbar nimmt diese Familie die oberste Stufe unter den kleinen, 
mit spitzzackigen Backenzähnen versehenen, sogenannten insecten- 
fressenden Raubthieren ein, da bei sämmtlichen, ihr angehörigen For- 
men das Gesichtsorgan am meisten ausgebildet ist, und die Einrich- 
tung ihrer Gliedmaßen das Klettern und den Aufenthalt auf Bäumen 
möglich macht. 


264 Fitzinger. 


Sowohl ihrer äußeren Form nach, als auch bezüglich des Ske- 
letes, schließt sich diese Familie zunächst den Rohrrüßlern (Maero- 
scelides) an und manche ihrer Arten erinnern — abgesehen von der 
Kopfform, welche sich jener der Spitzmäuse (Sorices) anreiht, — in 
Ansehung ihrer Körpergestalt und Schwanzform lebhaft an die Eich- 
hörnchen (Sciuri) und Bilche (Myozi). 

Folgende Merkmale sind es, welche sämmtliche zu dieser Familie 
gehörige Arten miteinander gemein haben : 

Der Kopf ist gestreckt, die Schnauze stark verlängert, allmählig 
verschmälert und verdünnt, und endiget in eine über die Unterlippe 
ziemlich weit hervorragende spitze und sehr bewegliche Nase, an 
deren Seiten die Nasenlöcher liegen. 

Die Ohren sind ziemlich kurz, breit und abgerundet, die Augen 
ziemlich groß und vorstehend. 

Die Hinterbeine sind ansehnlich länger als die Vorderbeine. 
Vorder- und Hinterfüße sind fünfzehig, die Zehen frei, ziemlich kurz, 
die beiden äußeren kürzer als die mittleren, die Krallen nicht zurück- 
ziehbar, stark, sichelföürmig gekrümmt und spitz, die Sohlen kahl. 


Die Behaarung ist kurz, dieht, glatt anliegend und weich. 
Sämmtliche Formen treten beim Gehen mit ganzer Sohle auf. 


In Ansehung der anatomischen Merkmale besteht unter den zu 
dieser Familie gehörigen Gattungen, insoweit man dieselben bis jetzt 
kennt, im Allgemeinen große Übereinstimmung, obgleich sich in Ein- 
zelnheiten und namentlich in der Bildung des Schädels mancherlei 
Differenzen zwische: denselben ergeben. 


Das vollständige Skelet ist aber seither nur von zwei Arten der 
Gattung Spitzhörnchen (Cladobetes) bekannt, während man von 
einigen anderen Arten derselben, so wie auch von den Gattungen Pfeil- 
spitzhörnehen (Ptilocercus) und Ferkelspitzhörnchen (Hylomys) 
nur den Schädel kennt. 

Was das Knochengerüste im Allgemeinen betrifft, schließen sich 
die Spitzhörnchen (Cladobatae) weit mehr den Rohrrüßlern (Ma- 
croscelides)) als den Spitzmäusen (Sorices) an. 

Das Schulterblatt ist ziemlich breit, das Schlüsselbein lang und 
schwach gebogen, das Becken geschlossen. Die Gliedmaßenknochen 
sind stark, und Schien- und Wadenbein sind vollständig getrennt. 
Der Oberarmknochen ist am inneren Condylus durehbohrt und am 


Die natürliche Familie der Spitzhörnchen (Cladobatae). 265 


Oberschenkelknochen befindet sich ein großer flügelartiger Vorsprung, 
der sich vom äußeren Rollhügel herabzieht. 

Der Schädel der Gattung Spitzhörnchen (Cladobates) reiht sich 
seiner Form nach zunächst dem der Rohrrüßler (Macroscelides) an, 
denn so wie dieser ist derselbe in der Schläfengegend am breitesten, 
von wo er sich dann gegen das Hinterhaupt verschmälert, und geht 
nach vorne zu in einen schmalen, etwas abfallenden Schnauzentheil 
über, der aber nicht so wie bei den Rohrrüßlern (Macroscelides) 
scharf abgesetzt ist, sondern sich wie bei den Spitzmäusen (Sorices) 
nur allmählig verdünnt. 

Die Augenhöhlen sind geschlossen und von der Schläfengrube 
hinten durch eine dünne Knochenleiste geschieden, welche durch die 
hinteren Augenhöhlen — Fortsätze des Stirn- und Jochbeines gebildet 
wird, daher sie mit derselben nur innerhalb dieser Leiste, in Verbin- 
dung steht, wie dies auch bei den Halbaffen oder Äffern (Hemipitheei) 
beinahe durhgehends der Fall ist. Das Jochbein ist in seiner Mitte von 
einer Janggezogenen schlitzförmigen Öffnung durehbrochen, und nebst 
dem unteren ist auch ein oberes Augenhöhlenloch vorhanden. 

Der Zwischenkiefer ist ziemlich groß, und das Thränenbein sen- 
det eine langgezogene Spitze aus, welehe größtentheils in den flachen 
Gesichtstheil eingreift und schließt sich an den vorderen Fortsatz des 
Jochbeines an. Die Paukenknochen sind groß und vollständig von ein- 
ander getrennt. 

Eine Scheitelleiste fehlt und die Hinterhauptsleiste bildet nur 
einen kleinen Vorsprung. Vom hinteren Augenhöhlen-Fortsatze des 
Stirnbeines geht jederseits eine sehr schwach hervortretende Leiste 
aus, die sich in der Mitte der Hinterhauptsleiste mit der entgegen- 
gesetzten vereinigt. 

Der Unterkiefer ist sehr lang und schmal, und der Kronenfortsatz 
ragt weit über den Gelenkfortsatz empor. 

Der Schädel der Gattung Pfeilspitzhörnchen (Ptilocercus) ist 
im Allgemeinen von derselben Bildung wie jener der Gattung Spitz- 
hörnchen (Cladobates), nur ist der Schnauzentheil kürzer und der 
Jochbogen nicht von einem Längsschlitze, sondern von einem runden 
Loche durchbohrt. 

Weit mehr dagegen weicht der Schädel der Gattung Ferkelspitz- 
hörnchen (Hylomys) von dem der Gattung Spitzhörnchen (Olado- 
bates) ab, obwohl er in seinen allgemeinen Umrissen demselben ähn- 


266 Fitzinger. 


lich ist. Die Oberseite desselben ist aber flacher und bildet nach vorne 
zu eine beinahe ebene Fläche, während er nach rückwärts hin nur 
wenig abfällt. 

Die Augenhöhlen sind jedoch nicht so wie bei der genannten 
Gattung geschlossen, sondern nach hinten offen , und der Jochbogen 
ist in seiner Mitte mit einer kleinen, spaltförmigen Öffnung versehen. 

Bezüglich der Anzahl der Wirbel und ihrer Vertheilung kommt 
die Gattung Spitzhörnchen (Cladobates), — welche bis jetzt die ein- 
zige ist, die uns nach dieser Richtung hin bekannt geworden, — 
wohl zunächst mit den Rohrrüßlern (Macroscelides)) überein. 

Die beiden seither untersuchten Arten zeigen folgende Ver- 
theilung: 


Gesammtz. 
mit Einschl. 
Rücken- Lenden- Kreuz- Schwanz- der 7 Hals- 
wirbel wirbel wirbel wirbel wirbel Nach 
OL, Lt u, 
Cladobates Tana . . 13 7 2 25 54 Quvier. 
B Sun 6 3 26 55 Wagner, 
ES nieobaricus 13 6 2 26 54 Zelebor's 


Abbildung. 


Der Zahnbau ist nach den einzelnen Gattungen verschieden, und 
zwar sowohl in Ansehung der Zahl, als auch der Vertheilung der 
Zähne. 

Die Zahl derselben schwankt zwischen 38 und 44. 

Bezüglich der Vertheilung ergeben sich nach den verschiedenen 
Gattungen folgende Unterschiede: Vorderzähne sind im Oberkiefer 
bei den Gattungen Spitzhörnchen (Cladobates), Zwergspitzhörnchen 
(Dendrogale) und Pfeilspitzhörnchen (Ptilocerceus) 4, bei der Gat- 
tung Ferkelspitzhörnehen (Hylomys) 6 vorhanden, während im Unter- 
kiefer die Zahl derselben bei sämmtlichen Gattungen 6 beträgt; doch 
fallen nach den bisherigen Erfahrungen bei der Gattung Spitzhörnchen 
(Cladobates) im höheren Alter die beiden mittleren Vorderzähne in 
beiden Kiefern aus. 

Eckzähne sind allen Gattungen mit Ausnahme der Gattung Pfeil- 
spitzhörnchen (Piilocercus) eigen. 

Bezüglich der Zahl der Lückenzähne ergibt sich bei den ver- 
schiedenen Gattungen durchaus kein Unterschied, da alle jederseits 3 
sowohl im Ober- als im Unterkiefer haben. 

Dagegen beträgt die Zahl der Backenzähne bei den Gattungen 
Spitzhörnchen (Cladobates) und Zwergspitzhörnchen (Dendrogale) 


Die natürliche Familie der Spitzhörnchen (Cladobatae). 2617 


in beiden Kiefern jederseits 3, bei den Gattungen Pfeilspitzhörnehen 
(Ptilocercus) und Ferkelspitzhörnchen (Hylomys) jederseits 4. 

Auch in Ansehung der Gestalt, Größe und Richtung der Zähne 
ergeben sich unter den einzelnen Gattungen und selbst Arten man- 
cherlei Verschiedenheiten 

Bei der Gattung Spitzhörnehen (Cladobates) sind die beiden 
mittleren Vorderzähne des Oberkiefers größer als die seitlichen und 
stehen von diesen sowohl, als auch von einander ziemlich weit ent- 
fernt. Sie sind schwach hakenförmig gebogen und nahezu senkrecht 
gestellt. 

Die Vorderzähne des Unterkiefers sind schmal und etwas nach 
vorwärts geneigt, und die vier mittleren dicht aneinander gereiht. 

Ihre Größe, Form und Richtung ist nach den einzelnen Arten 
etwas verschieden. Beim großen Spitzhörnchen (Cladobates Tana) 
sind dieselben mehr abgestumpft, beim kurzsehnauzigen (Cladobates 
Javanicus) zugespitzt, beim langschnauzigen(Cladobates ferrugineus) 
sind die beiden mittleren kleiner, die seitlichen mehr nach vorwärts 
geneigt, beim buntfärbigen (Cladobates speciosus) die mittleren län- 
ger und alle sechs nach vorwärts geneigt, und beim vorderindischen 
(Cladobates Ellioti) sind sämmtliche Zähne kleiner. 

Die Eckzähne sind dünn und spitz, und jene des Oberkiefers 
stehen weit von den Vorderzähnen entfernt. Auch die des Unterkiefers 
sind ziemlich lang und greifen vor jenen des Oberkiefers ein. 

Die Lückenzähne des Oberkiefers sind sowohl von den Eck- 
zähnen, als auch unter sich durch kleine Zwischenräume geschieden. 
Der vorderste ist ähnlich dem Eckzahne einspitzig, der zweite mit 
einem schwachen, der dritte mit einem stärkeren Ansatze versehen. 

Im Unterkiefer ist der erste Lückenzahn dem Eckzahne ähnlich 
aber kürzer, der zweite einspitzig und der dritte mit einem kurzen 
inneren Ansatze versehen, 

Die beiden vorderen Baekenzähne des Oberkiefers sind etwas 
breiter als lang, außen mit zwei dreiseitigen Prismen, innen mit einem 
Ansatze versehen. Der dritte oder letzte ist verkümmert. 

Bei den Backenzähnen des Unterkiefers sind die Prismen hinter- 
einander gestellt und der dritte oder letzte ist der kleinste. 

Die Gattung Zwergspitzhörnchen ( Dendrogale) kommt im Zahn- 
baue mit der Gattung Spitzhörnchen (Cladobates) vollkommen 
überein. 


268 Fitzinger. 


Bei der Gattung Pfeilspitzhörnchen (Ptilocereus) ist das äußere 
Paar der Vorderzähne im Unterkiefer kürzer als die mittleren und im 
Oberkiefer ist der hintere Vorderzahn an die Naht des Zwischenkiefers 
gestellt. 


Bei der Gattung Ferkelspitzhörnehen (Hylomys) sind die beiden 
mittleren Vorderzähne in beiden Kiefern etwas stärker als die seit- 
lichen und die oberen etwas auseinander gerückt. Die Lückenzähne sind 
sehr klein, mit Ausnahme des vordersten, welcher etwas größer ist, 


Bei sämmtlichen Gattungen sind die Backenzähne aber prisma- 
tisch und mit feinen spitzen Zacken, wie bei den insectenfressenden 
Fledermäusen versehen, 


Alle dieser Familie angehörigen Arten halten sich so wie die 
Eichhörnchen (Sciuri) meistens nur auf Bäumen auf, auf welchen 
sie mit außerordentlicher Schnelligkeit, Sicherheit und Gewandtheit 
herumklettern. 


Ihre Nahrung besteht durchgehends nur in Insecten, deren Larven 
und Eiern, wie auch in saftigen Früchten, und blos um dieselbe unter 
dem abgefallenen Laube aufzusuchen, verlassen sie ihren Aufenthalt 
auf den Bäumen. 


Nach diesen allgemeinen Betrachtungen wende ich mich dem 
speciellen Theile meiner Aufgabe zu. 


Familie der Spitzhörnchen (CLADOBATAE). 


Charakter. Die Backenzähne sind spitzzackig. Der Leib ist 
nur mit weichen Haaren bedeckt. Die Hinterbeine sind ansehnlich 
länger als die Vorderbeine. Die Krallen der Vorderfüße sind keine 
Scharrkrallen. Die Augen sind ziemlich groß, 


1. Gatt. Spitzhörnchen (Cladobates). 


Der Schwanz ist lang oder sehr lang, mehr oder weniger flach- 
gedrückt oder gerundet und reichlich mit langen, buschigen , zwei- 
zeilig gereihten Haaren besetzt. Eckzähne sind vorhanden. 


Zahnformel: Vorderzähne . Eckzähne = ,„ Lückenzähne 
Sl Backenzähne = = 38. 


[36] 


3—3’ 


Die natürliche Familie der Spitzhörnchen (Cladobatae). 269 


1. Das große Spitzhörnchen (Cladobates Tana). 


C. Sciuro vulgari distinete major; rostro longissimo temui, 
naso cartilagineo supra postice angulo acuto vellus intrante; oculis 
auribus multo propioribus quam rostri apiei; cauda longa, corpore 
distincte breviore, lata ; unguiculis maniculorum majoribus; notaeo 
obscure fusco in nigrum vergente, in anteriore corporis parte dilu- 
tiore, in posteriore obscuriore, griseo-irrorato, gastraeo fusco rubido- 
lavato, capite rostroque nigrescentibus griseo mixtis, qula grises- 
cente rubido-lavata; occipite fascia transversali obscuriore notato, 
nucha dorsoque stria longitudinali obscure fusca a fascia occipitali 
ad prymnam usque protensa; humeris stria transversali obligqua 
rufescente-fusca pallide ferrugineo-lavata signatis ; cauda artubus- 
querufescente-fuscis pallideferugineo-lavatis, pedibus obsceurioribus 
in fuscescentem vergentibus. ; 

Tupaia Tana. Raffles. Linnean Transaet. V. XII. p. 257. 
” » Horsf. Zoo], Research. Nr. III. e. fig. (Thier) fig. A.B. 
(Kopf). 
Ciadobates Tana. Fr. Cuv. Dict. des Se. nat. t. 45. 
Tupaia Tana. Desmar. Mammal. p. 536. Nr. 824. (244 bis). 
Cladobates Tana. Fr. Cuv. Geoffr. Hist. nat. d. Mammif. V. II. 


Fasc. 36, 
3 » Lesson. Man. de Mammal. p. 122. Nr. 329. 
Tupaia Tana. Griffith. Anim. Kindg. V. V. p. 305. Nr. 1. 
” » Fisch. Synops. Mammal. p. 260, 581. Nr. 1. 
Hylogale Tana. Temminck. Fauna japon. V. 1. 
S » Wagler. Syst. d. Amphib. S. 15. 


Tupaia Tana. Isid. Geoffr. Belang. Voy. aux Ind. Zool. p. 105. 
Hylogalea Tana. S. Müller. Verhandel. V. I. p. 161. 
Cladobates Tana. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 40. 
Near 
Tupaia Tana. Horsf. Zool. Javan. e. fig. 
s » Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 76. 
. »„ Reichenb. Naturg. Raubth. S. 321. fig. 450. 
Cladobates Tana. Wagn. Schreber Säugth. Supp!. B. V. S. 525. 
Nirss ie. 
Cladobates tana. Giebel. Odontograph. p. 18. t. 5. fig. 17. 


R »„ Giebel. Säugeth. S. 914. 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth 18 


270 Fitzinger. 


Die größte Form nicht nur dieser Gattung, deren Hauptreprä- 
sentanten sie bildet, sondern auch der ganzen Familie, alsderen Grund- 
form sie angesehen werden kann. 


Sie ist beträchtlich größer als das gemeine Eichhorn (Sciurus 
vulgaris) und erinnert in ihren körperlichen Formen, — so wie auch 
alle übrigen zu dieser Gattung gehörigen Arten, — lebhaft an das- 
selbe und an den großen Siebenschläfer (Myozus Glis). 


Ihr Kopf ist langgestreckt, die Schnauze sehr lang und dünn, 
und der kahle, vorne abgestumpfte Nasenknorpel, an dessen beiden 
Seiten die Nasenlöcher liegen, greift auf der Oberseite der Schnauze 
in einem spitzen Winkel in die Kopfbehaarung ein. 


Die Augen sind groß und vorspringend, und stehen den Ohren 
weit näher als der Schnauzenspitze. 


Die Ohren sind von mittlerer Größe, breit, ziemlich kurz und 
eiförmig abgerundet. | 

Die Schnurren sind verhältnißmäßig kurz und nicht besonders 
zahlreich. 

Der Leib ist gestreckt und schmächtig. und die Beine sind ziem- 
lich stark. Die Zehen sind mittellang, kräftig uud frei, die drei mitt- 
leren merklich länger als die beiden äußeren. Die Krallen sind kurz 
und stark, sichelförmig gekrümmt und spitz, jene der Vorderfüße 
größer als die der Hinterfüße. ; 

Der Schwanz ist lang, doch mehr als um '/, kürzer als der Kör- 
per, lang und buschig zweizeilig behaart, wodurch er ein breites Aus- 
sehen und große Ähnlichkeit mit dem des gemeinen Eiehhorns (Sciu- 

‚rus vulgaris) gewinnt. | 

Die Zitzen liegen am Bauche und die Zahl derselben beträgt vier. 

Die Körperbehaarung ist kurz, dicht, glatt anliegend und weich 
und über die Mitte des Nasenrückens und des Unterkiefers zieht sich 
eine Haarschneide. 

Die Oberseite des Körpers ist dunkelbraun in's Schwarze ziehend, 
am Vordertheile lichter, am Hintertheile dunkler, und grau gesprenkelt, 
indem die einzelnen Haare abwechselnd grau und dunkelbraun ge- 
ringelt sind, und dadurch die Sprenkelung bewirken, jene der Unter- 
seite ist braun und röthlich überflogen. 

Der Kopf und die Schnauze sind schwärzlich mit Grau gemischt, 
die Kehle ist graulich und röthlich überflogen. 


Die natürliche Familie der Spitzhörnchen (Cladobatae). 271 


Über das Hinterhaupt verläuft eine dunklere Querbinde, von 
welcher sich ein dunkelbrauner Längsstreifen über die Firste des 
Rückens zieht, der sich aber in der Kreuzgegend in der braunschwar- 
zen Grundfarbe verliert. 

Ein röthliehbrauner, licht rostroth überflogener Streifen zieht 
sich der Quere nach schief über die Schultern. 

Der Schwanz und die Gliedmaßen sind röthlichbraun mit hell 
rostrothem Anfluge, welche Färbung auf den Füßen dunkler wird und 
in Bräunlieh übergeht. 

Körperlänge. . . . 10” 5”. Nach Raffles und Horsfield. 
Länge des Schwanzes 8”. 
» des)Kopies. 7.721262. 
Körperlänge. . . . 8” 8". Nach Wagner. 
Länge des Schwanzes 
mit dem Haare bei- 
nahe ebensoviel. 


Fiseher, der die Körpermaße dieser Art von Raffles und 
Horsfield entlehnt hat, gibt die Länge des Schwanzes offenbar nur 
durch einen Druckfehler mit 6” 6’ an. 


Vaterland. Sumatra, wo Raffles diese Art entdeckte, die er 
auch zuerst beschrieb. Horsfield, der beinahe gleichzeitig dasselbe 
Exemplar beschrieben, fügte auch eine Abbildung dieses Thieres bei. 

In Borneo ist diese Art durch eine verwandte Form, nämlich das 
buntfärbige Spitzhörnchen (Cladobates speciosus) vertreten, welches 
S. Müller für identisch mit derselben hält. 


Der Name, welchen sie auf Sumatra bei den Eingebornen führt, 
. o ® 
ist „Tupai-tana.“ 


2. Das buntfärbige Spitzhörnchen (Cladobates speciosus). 


C. Belangeri paullo minor ; rostro longissimo tenui; oculi- 
auribus multo propioribus quam rostri apiei; cauda longa, corpori 
longitudine fere aequali, lata, apicem versus angustata ; capite, collo 
humerisque supra flavo-auratis nigro-irroratis; dorso lateribus 
et artubus externe ferrugineis vel rufo-fuseis, in dorso magis, in 
lateribus artubusgue minus nigro-irroratis; gastraeo et artubus 
interne ferrugineo-fulvidis; nucha stria longitudinali nigra supra 
dorsum ad prymnam usque protensa signata ; humeris stria trans- 

18* 


272 Fitzinger 


versali obligua flavo-aurata notatis; cauda vivide ferruginea, 

supra obscuriore, infra pallidiore. 

Hylogalea Tana. S. Müller. Verhandel. V. I. p. 161. t. 26. fig. 2. 
(Kopi). t Dre 6 

Cladobates speciosus. Wagn. Schreber Säugth. Snppl. B. II. S. 43. 
Nr 3. 

Tupaia speciosa. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 322. 

Cladobates Tana. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 525. 
Ne le 

Cladobates tana. Giebel]. Säugeth. S. 914. 

Jedenfalls eine dem großen Spitzhörnchen (Cladolates Tana) 
nahe verwandte, aber höchst wahrscheinlich specifisch von derselben 
verschiedene Form, welche sich theils durch die viel geringere Größe 
und den längeren Schwanz, theils durch die beträchtliche Abwei- 
chung in der Färbung von diesem unterscheidet. 

In Ansehung der Größe steht sie dem hinterindischen Spitz- 
hörnchen (Cladobates Belangeri) nur wenig nach und ebenso wie 
dieses, kommt sie in ihren körperlichen Formen im Allgemeinen mit 
dem großen Spitzhörnchen (Cladobates Tana) überein. 

Ihre Schnauze ist sehr lang und dünn, und Füße und Krallen 
sind eben so stark und kräftig. 

Der Schwanz ist lang, ungefähr von derselben Länge wie der 
Körper, auf der Oberseite in seiner ersten Hälfte lang und buschig, 
in der zweiten Hälfte aber minder lang behaart und allmählig in eine 
Spitze auslaufend, auf der Unterseite breit zweizeilig, und im ersten 
Drittel mit einer Längsreihe kurzer, gegen die Schwanzspitze ge- 
kehrter Härchen besetzt. 

Die Körperbehaarung ist kurz, dicht, glattanliegend und weich. 
Auf der Mitte des Nasenrückens und des Unterkiefers stoßen die 
Haare zusammen und bilden einen der Länge nach verlaufenden 
Haarkiel, wie beim großen (Cladobates Tana) und langschnauzigen 
Spitzhörnchen (Cladobates ferrugineus). 

Die Oberseite des Kopfes, des Halses und des Widerristes ist 
goldröthlich-fahlgelb und schwarz gesprenkelt, der Rücken, die Lei- 
besseiten und die Außenseite der Gliedmaßen sind lebhaft rostroth 
oder rothbraun, auf dem Rücken mehr, auf den Leibesseiten und der 
Außenseite der Gliedmaßen weniger schwarz gesprenkelt, daher die 
Färbung auf dem Mittel- und Hinterrücken dunkler erscheint. Die 


Die natürliche Familie der Spitzhörnchen (Cladodatae). 2 


ganze Unterseite vom Kinne an, so wie auch die Innenseite der Glied- 
maßen ist roströthliehgelb. 


Vom Nacken zieht sich ein schwarzer Streifen über die Firste 
des Rückens und verliert sich in der dunklen Färbung des Hinter- 
theiles, und über die Schultern verläuft schief der Quere nach ein 
goldgelber Streifen. 


Der Schwanz ist lebhaft rostroth, auf der Oberseite durch ein- 
gemengte schwarze Haare dunkler, auf der Unterseite heller und leb- 
haft roth, wobei die einzelnen Haare an der Wurzel mehr in's Gold- 
gelbe ziehen. Die Längsreihe kurzer Haare auf der Unterseite ist 
rothbraun. 


Die Krallen sind gleichfalls von rothbrauner Farbe. 


Körperlänge, 2 2.022,22 20.622007.) Nachı WW asınleir: 
Länge des Schwanzes ohne Haar . 5’ 7”. 

5 % 4 mit dem Haare 6" 7”. 
Breite „ a ungefähr. 2 1022504. 


Vaterland. Borneo. 


Wagner, der ein ausgestopftes aus Borneo stammendes Exem- 
plar dieser Form im naturkistorischen Museum der Universität zu 
Erlangen traf, erkannte in derselben eine selbstständige Art, die er 
unter dem Namen „Oladobates speciosus“ beschrieb. Samuel Mül- 
ler hatte diese Form gleichfalls in Borneo getroffen, fand sich aber 
bestimmt dieselbe mit dem großen Spitzhörnchen (Cladobates 
Tana) zu vereinigen, da seinen Beobachtungen zu Folge die Färbung 
nicht beständig, sondern bald dunkler, bald lebhafter erscheinen soll. 
Dieser Ansicht schloßen sich späterhin auch Wagner und Gie- 
bel an. 


3. Das langschnauzige Spitzhörnchen (Cladobates ferrugineus). 


C. Tana multo minor ; rostro longissimo tenui; naso cartila- 
gineo supra postice recte a z.llere absciso; oculis auribus multo 
propioribus quam rostri apicei; cauda longa, corpore parum bre- 
viore, latiuscula, magis rotundata; unguiculis podiorum magni- 
tudine aequalibus; notaeo artubusque ferrugineis vel ferrugineo- 
fuscis uropygium versus in nigrescentem vergentibus, vel nigro-ve 
flavido-nigroque irroratis, gastraeo aut pallide ferrugineo, aut gri- 
seo-flavido vel albido-griseo, in pectore in flavido-albidum vergente, 


aTA Fitzinger 


tibüis grisescentibus; cauda grisescente-fusca; auriculis externe 

nigris; regione ophthalmica et lubüs fere calvis. 

Tupaia. ferruginea. Raffles. Linnean Transaet. V. XII. p. 256. 

= % Horsf. Zool. Research. Nr. Ill. fig C. D. (Kopf) 
M. N. (Gebiß). 

Cladobates ferrugineus. Press. Fr. Cuv. Geoffr. Hist. nat. d. 
Mammif. V. II. Fase. 36. e. fig. 

Tupaia ferruginea. Desmar. Mammal. p. 536. Nr. 826. (244 

quat). 

Sorew-glis. Diard. Duvauc. Asiat. Research. V. XIV. (1822) 
p. 471. t. 9. 

Glisorex. Desmar. 

Tupaia ferruginea. Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 307. Nr. 3. 


» - Fisch. Synops. Mammal. p. 260, 581. Nr. 3. 
Hylogale ferruginea. Temminck. Fauna japon. V. ]. 
» » Wagler. Syst. d. Amphib. p. 15. 


Tupaia Tana. Isid. Geoffr. Belang. Voy-aux Ind. Zool. p. 105. 

Hylogalea ferruginea. S. Müller. Verhandel. V. I. p. 163. t. 26. 
8 (Kopf). t. 27. fig. 7—10. 

Cladobates ferrugineus. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 41. 


Nr. 1. A. 
Tupaia ferruginea. Horst. Zool. Javan. e. fig. 
» » Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 77. _ 
» - Cantor. Journ, of the Asiat. Soc. V. XV. p. 188. 
5 Reichenb. Naturg. Raubth. S. 320. fig. 449. 


adolntbs ferrugineus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 526. Nr. 2. t. 34. 

» 5 Giebel. Odontograph. p. 18. t. 5. fig. 18. 

» r Giebel. Säugeth. S. 914. 

Ohne Zweifel eine selbstständige Art, welche in Ansehung ihrer 
Körperform einerseits an das große Spitzhörnchen (Cladobates 
Tana), andererseits an das hinterindische (Cladobates Belangeri) 
erinnert, von ersterem aber durch die verhältnißmäßig etwas kürzere 
Schnauze, von letzterem durch den merklich kürzeren Schwanz und 
von beiden durch die auffallend verschiedene Färbung sehr deutlich 
sich unterscheidet. 

Sie ist beträchtlich kleiner als das große Spitzhörnchen (COla- 
dobates Tana) und merklich größer als das hinterindische (Clado- 


Die natürliche Familie der Spitzhörnchen (Cladobatae). 275 


bates Belangeri), indem sie von derselben Größe wie das vorder- 
indische (Cladobates Ellioti) ist. 

Ihre körperlichen Formen sind nahezu dieselben, wie jene des 
großen Spitzhörnchens (COladobates Tana). 

Der Kopf ist langgestreckt, die kegelförmige Schnauze sehr lang 
und dünn, doch verhältnißmäßig etwas kürzer als bei diesem, und 
der kahle Nasenknorpel auf der Oberseite derselben gerade von der 
Kopfbehaarung abgegrenzt. 

Der Schwanz ist lang, aber nicht ganz von der Länge des Kör- 
pers, da er um etwas mehr als 1/,, kürzer als derselbe ist, und wie 
beim gemeinen Eichhorne (Sciurus vulgaris) lang und buschig 
zweizeilig behaart, doch ist die Behaarung desselben etwas kürzer 
als beim großen Spitzhörnchen (Cladobates Tana), daher er schmä- 
ler und auch mehr gerundet erscheint. 

Die Krallen der Vorderfüße sind nicht größer als die der Hin- 
terfüße. 

Die Körperbehaarung ist kurz, dicht, glatt anliegend und weich, 
das Haar am Rücken etwas länger. Über die Mitte des Nasenrückens 
und des Unterkiefers verläuft wie beim großen (Cladobates Tana) 
und dem buntfärbigen Spitzhörnehen (Cladobates speciosus), ein 
Haarkiel. Die Gegend um die Augen und die Lippen sind nur spär- 
lich behaart, so daß hier die Haut zwischen den Haaren durchblickt. 

Die Färbung ist nicht beständig und bietet eimige Verschieden- 


heiten dar. 

Die Oberseite des Körpers und die Gliedmaßen sind rostroth 
oder rosthraun, gegen den Steißß zu in Schwärzlich übergehend, und 
in der Rege! schwarz, bisweilen aber auch fahlgelb und schwarz ge- 
sprenkelt. Die Unterseite des Körpers ist gewöhnlich licht rostfarben, 
nicht selten aber auch graugelblich oder weißßgrau und auf der Brust 
gelblichweiß, während die Schienbeine hierbei graulich gefärbt er- 
scheinen. 

Der Schwanz ist graulichbraun und die einzelnen Haare des- 
selben sind schwarz und weiß geringelt. 

Die Ohren sind auf der Außenseite schwarz. Die Haut um die 
Augen und an den Lippen ist rosenfarben. 

Körperlänge 2 A. 20309 211812 0) >Nachı rs & uyeke- 
Bängerdes)Schwanzes ee. 02.2000. 
Körperlänge ungefähr . . . . 67—8”. Nach Wagner. 


276 Fitzinger. 


Schwanz etwas kürzer. 
Körperlänge ........, 2a a. a RK SNaehh Wagner: 
Schwanz etwas kürzer. 
Entfernung der Ohren von der Schnau- 
zenspitzei NN. U IRA N N 


Vaterland. Sumatra, woselbst diese Art im Distriete Benku- 
len von Raffles entdeckt wurde, Singapore, wo Diard und Du- 
vaucel dieselbe trafen, Java und Borneo, wo sie von Samuel Mül- 
ler aufgefunden wurde, und der Angabe Wagner’s zu Folge auch 
Pulo Pinang und die Malayische Halbinsel. 


Die erste Beschreibung derselben haben wir durch Raffles er- 
halten und fast zu gleicher Zeit wurde sie auch von Horsfield be- 
schrieben, der uns eine Abbildung von ihr mittheilte. Diard und 
Duvaucel beschrieben sie unter dem Namen „Sorex-glis“, um 
durch diese Benennung anzudeuten, daß sie in ihrer Körperform eben 
so sehr an die Spitzmäuse (Sorices), als an die Bilche, (Myoxi) 
und insbesondere an den großen Bilch oder Siebenschläfer (Myoxus 
Glis) erinnere. Isidor Geoffroy sprach die Ansicht aus, daß sie 
von dem großen Spitzhörnchen (Cladobates Tana) der Art nach 
nicht verschieden sei, was durch die ihr eigenthümlichen Merkmale 
aber deutlich widerlegt wird. 


Die Malayen bezeichnen sie mit dem Namen „Tupaia-Press“. 


4. Das hinterindische Spiizhörnchen (Cladobates Belangeri). 


C. ferrugineo distincte minor; rostro longissimo tenui; ocu- 
lis auribus multo propioribus quam rostri apici; cauda longissima, 
corpore parum longiore, lata; notaeo artubusque externe pallidis- 
sime rubido-flavidis nigro-irroratis, gastraeo artubusgue interne 
pallide flavis; humeris macula irregulari flava notatis; cauda 
pallide rubido-flavida, apice nigra. 

Tupaia de Pegu. Isid. Geoffr. Belang. Vog aux Ind. Zool. p. 105. 
t. A. 
Cladobates Belangeri. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 42. 
Nr. 2. 
Tupaia peguana. Reichenb. Naturg. Raubih. S. 322, 382. fig. 708. 
Ku M Blyth. Asıat. Journ. of Bengal. 1849. V. XVIL. a. 
p- 84. 


Die natürliche Familie der Spitzhörnchen (Cladobatae). 277 


Oladobates Belangeri. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 527. 
Nr. 5. 

8 “ Giebel. Säugeth. S. 915. 

Obgleieh die nahe Verwandtschaft dieser Form mit dem großen 
Spitzhörnchen (Cladobates Tana) sowohl, als auch mit dem lang- 
schwänzigen (Oladobates ferrugineus) nicht zu verkennen ist, so 
sprechen doch so manche Merkmale für ihre Selbstständigkeit als 
Art; denn nicht nur der längere Schwanz und die durchaus ver- 
schiedene Färbung scheinen diese Annahme zu rechtfertigen, sondern 
auch die gänzliche Verschiedenheit der Heimath. 

In der Größe kommt sie mit der Haus-Ratte (Rattus domesti- 
cus) überein, daher sie merklich kleiner als das langschnauzige Spitz- 
hörnchen (Cladobates ferrugineus) ist, während sie die körperlichen 
Formen mit diesem und dem großen Spitzhörnchen (Cladobates 
Tana) theilt. 

Die Schnauze ist sehr lang und dünn, wie bei den beiden ge- 
nannten Arten, und der sehr lange Schwanz, welcher den Körper je- 
doch nur wenig überragt und blos um 1/,, länger als derselbe ist, ist 
wie beim großen Spitzhörnchen (Cladobates Tana), lang und bu- 
schig zweizeilig behaart. Längs seiner Unterseite befindet sich im 
ersten Drittel eine Reihe kurzer, gegen die Schwanzspitze hin ge- 
richteter Haare. 

Die Körperbehaarung ist kurz, dicht, glatt anliegend und weich. 

Die Oberseite des Körpers und die Außenseite der Gliedmaßen 
sind sehr licht rothgelblich und schwarz gesprenkelt, die Unterseite 
des Körpers und die Innenseite der Gliedmaßen fahlgelb. 

Auf den Schultern befindet sich ein kleiner unregelmäßiger 
fahlgelber Flecken, der jedoch keineswegs die Form eines Strei- 
fens hat. 

Der Schwanz ist hell rothgelblich wie der Rücken und an der 
Spitze schwarz. Die Reihe kurzer Haare auf der Mittellinie der Un- 
terseite ist gegen die Schwanzwurzel zu röthlichfahl und im weiteren 
Verlaufe bräunlichfahl. 

Körperlänge. m Sa de Nach Isid. Geoffroy. 
Bänge des) Sehwanzes 2... 6: 

M OU LO DIESEN EIN O2 

Vaterland. Ost-Indien, woselbst diese Art von Belanger in 
Hinter-Indien, und zwar in der Umgegend von Pegu im Birmanisehen 


278 \ Fitzinger. 


Reiche entdeckt wurde. Isidor Geoffroy hat dieselbe zuerst be- 
schrieben und uns auch eine Abbildung von ihr mitgetheilt. Er sprach 
sich jedoch nicht mit Bestimmtheit aus, ob er sie für eine selbststän- 
dige Art betrachte und bezeichnete sie deßhalb mit dem Namen „Tu- 
paia de Pegu“. Wagner, der wohl mit Recht eine eigene Art in ihr 
erkennt, schlug für dieselbe den Namen „Cladobates Belangeri“ vor. 
Reichenbach, Blyth und Giebel theilen dieselbe Ansicht. 


Bis jetzt dürfte das Pariser naturhistorische Museum wohl das 
einzige in Europa sein, das sich im Besitze dieser Art befindet. 


5. Das vorderindische Spitzhörnchen (Cladobates Ellioti). 


C. ferruginei magnitudine; rostro longo aungustato; oculis 
auribus propioribus quam rostri apiei; cauda longissima, corpore 
distincte longiore, latiuscula, magis rotundata; unguieulis podi- 
orum magnitudine aequalibus; notaeo maris rufo-fusco in ante- 
riore corporis parte indistinete nigro-irrorato, gastraeo aurato, in 
pectore, jugulo et mento in album transeunte, notaeo foeminae pal- 
lidissime rufescente, abdomine flavido, pectore jugulo et mento fla- 
vescente-albis; cauda vivide rufo-fusca. 

Tupaia Ellioti. Waterh. Ann. of Nat. Hist. sec. ser. V. VI. (1850). 


p. 1398. 
Cladobates Ellioti. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 526. 
Nr. 3. 
" a Giebel. Säugeth. S. 914. 


Diese Form ist uns bis jetzt nur aus einer Beschreibung von 
Waterhouse bekannt, aus welcher jedoch unzweifelhaft hervor- 
geht, daß sie eine von allen übrigen Formen dieser Gattung verschie- 
dene, selbstständige Art bildet. 


Sie gehört zu den größeren Arten derselben, indem sie mit dem 
langsehnauzigen Spitzhörnchen (Cladobates ferrugineus) von gleicher 
Größe ist. 

Kopf und Schnauze sind aber kürzer und der Schwanz ist nieht 
nur beträchtlich länger, da derselbe sehr lang und fast um 1/, länger 
als der Körper ist, sondern auch minder buschig, wodurch sie sich 
mehr dem nikobarischen Spitzhörnchen (Oladobates nicobaricus) 
nähert. Die Krallen sind durchaus von gleicher Größe. 


Die Färbung ändert nach dem Geschlechte. 


Die natürliche Familie der Spitzhörnchen (Cladobatae). 279 


Beim Männchen ist die Oberseite des Körpers blaß rothbraun 
und auf dem Vordertheile undeutlich schwarz gesprenkelt. Der Bauch 
ist goldgelb, welche Färbung auf der Brust, dem Vorderhalse und 
dem Kinne in Weiß übergeht. 

Der Schwanz ist lebhaft rothbraun und die einzelnen Haare des- 
selben sind von einem dunkleren Ringe umgeben. 

Beim Weibchen ist die Oberseite des Körpers sehr blaß röth- 
lich gefärbt und durchaus nicht gesprenkelt. Der Bauch ist licht- 
gelblich, und Brust, Vorderhals und Kinn sind gelblichweiß. 


Körperlanee 1 „u anal. Mn. N 

Länge des Schwanzes mit dem Haare . 9”. 

Entfernung der Ohren von der Schnau- 
ZENSPIE ZEN. ae a he TAARS Ri 


Vaterland. Ost-Indien, wo diese Art in Vorder-Indien, und 
zwar auf den östliehen Ghats entdeckt wurde. 


6. Das nikobarische Spitzhörnchen (Cladobates nicobaricus). 


C. ferrugineo parum major; rostro longo angustato ; naso 
cartilagineo supra postice recte a vellere absciso, oculis auribus 
propioribus quam rostri apiei; cauda longissima, corpore multo 
longiore, latiuscula, magis rotundata; unguieulis podiorum 
magnitudine fere aequalibus; notaeo a fronte ad tergum usque 
obscure ferrugineo-fusco, tergo prymnaque nitide nigro-fuscis ; ro- 
stro, capitis lateribus et gastraeo in abdominis medio pallidiore, 
flavido-fuscis vel ochraceis; nucha dorsoque fascia latissima ex 
ferrugineo flavido- fusca ab occipite usque pone humeros protensa 
notatis; antipedibus externe flavido-fuscis vel ochraceis, interne 
pallidioribus, scelidibus externe interneque obscure fuscis; cauda 
obscure ferrugineo-fusca nitore violaceo, basin versus nigrescente; 
unguiculis rufescente-fuscis. 

Cladobates nicobarieus. Fitz. Zelebor. Säugeth. d. Novara-Expe- 
dit. (Sitzungsber. d. math.-naturw. Cl. d. 
kais. Akad. d. Wiss. B. XLII. S. 892.) 
5 3 Zelebor. Reise der öst. Fregatte Novara. 
Zool. Th. B. I. Säugeth. S. 17. 

Diese erst in neuester Zeit bekannt gewordene Art gehört zu den 
größten der ganzen Gattung, indem sie etwas größer als das lang- 
schnauzige (Cladobates ferrugineus) und vorderindische Spitz- 


280 Fitzinger. 


hörnchen (Cladobates Ellioti) und selbst als das gemeine Eichhorn 
(Seiurus vulgaris) ist, und sich daher in dieser Beziehung zunächst 
an das große Spitzhörnehen (Cladobates Tana) anschließt, obgleich 
sie demselben merklich an Größe nachsteht. 

Bezüglich ihrer Körperform kommt sie beinahe völlig mit dem 
vorderindisehen Spitzhörnehen (Cladobates Ellioti) und dem java- 
nischen (Cladobates javanicus) überein. 

Die Schnauze ist lang und allmählig verschmälert, der kahle Na- 
senknorpel auf der Oberseite derselben gerade von der Kopfbehaa- 
rung abgegrenzt, und die Augen stehen den Ohren näher als der 
Schnauzenspitze. - 

Die Krallen sind fast von gleieher Größe, jene der Vorderfüße 
kaum etwas kleiner. 

Der Schwanz ist sehr lang, ungefähr um !/, länger als der Kör- 
per, kürzer und minder buschig zweizeilig behaart, wodurch er mehr 
gerundet erscheint. 

Die Körperbehaarung ist kurz, dicht, glatt anliegend und weich. 

Die Oberseite des Körpers ist von der Stirne an bis zum Hinter- 
rücken dunkel rostbraun, auf dem Hinterrücken und dem Kreuze 
glänzend schwarzbraun, welche Färbung sich bis über die Schwanz- 
wurzel erstreckt. 


Die Schnauze, die Kopfseiten und die Unterseite des Körpers 
sind gelbbraun oder ocherfarben, und nur die Mitte des Bauches- ist 
heller gefärbt. 

Vom Hinterhaupte zieht sich eine sehr breite roströthlich-gelb- 
braune Längsbinde über den Nacken und den Vorderrücken bis hin- 
ter die Schultern. 

Die Vorderbeine sind auf der Außenseite gelbbraun oder ocher- 
farben, auf der Innenseite blasser, die Hinterbeine auf der Außen- 
sowohl als Innenseite dunkelbraun. 


Der Sehwanz ist dunkel rostbraun mit violetem Glanze und 
gegen die Wurzel schwärzlich. 
Die Krallen sind röthliehbraun, die Iris ist dunkelbraun. 
Körperlänge). a „I. n84 74/7” Nersener u. Aelebor s 


Messung. 
Länge des Schwanzes 


ohne Haan an. a. m 19 Aal. 


- 


Die natürliche Familie der Spitzhörnchen (Cladobatae). 281 


Länge des Schwanzes 

mit dem Haare. . . 10’ 6”. 
Länge des Kopfes . . . 2" 3”. 

»„ derÖhren.. . 61/4". 
Entfernung d. Augen von 

der Schnauzenspitze y. 
Länge d. Ohren von der 

Schnauzenspitze . . 17 83/,”. 
Länge des Vorderfußes bis 

zur Krallenspitze . . 1” 11%”. 
Länge des Hinterfußes bis 

zur Kralleuspitze . . 1 81%". 
Länge der Mittelkralle . DR 


Vaterland. Nikobaren, woselbst diese Art während der Welt- 
umsegelung der Fregatte Novara von Zelebor auf der Insel Groß- 
Nikobar entdeckt und in drei Exemplaren in das kaiserl. zoologische 
Museum nach Wien gebracht wurde. 


Eine Beschreibung und Abbildung des Thieres sammt Skelet 
hat Zelobor im zoologischen Theile der „Reise der österreichi- 
schen Fregatte Novara um die Erde“ noch kurz vor seinem Tode 
mitgetheilt. 


7. Das kurzschnauzige Spitzhörnchen (Cladobates javanicus). 


C. specioso distinete minor; rostro longo angustato, naso 
cartilagineo supra postice recte a vellere absciso ; oculis inter 
aures et rostri apicem fere in medio sitis; cauda longissima, cor- 
pore distincte longiore, latiuscula, magis rotundata; notaeo artu- 
busque externe nitide obscure fuscis vel nigro-fuscis, grisescente- 
vel flavido-irroratis; gastraeo et artubus interne aut sordide albis 
leviter grisescente-lavatis, aut pallide fusco-flavidis vel ochraceis, 
ad latera leviter olivaceo-lavatis; collo utrinque stria obliqua al- 
bido-grisea vel dilute ochracea humeros versus ascendente signato ; 
cauda supra nigro-fusca, infra gastraei coloris hine inde nigro- 
irrorata. 

Tupaia Javanica. Horsf. Zool. Research. Nr. III. e, fig. (Thier) 
fig. E. (Kopf). 
Desmar. Mammal. p. 536. Nr. 825. (244ter). 


"282 Fitzinger. 


Cerp ou Banxring. Fr. Cuv. Geoffr. Hist. nat. d. Mammif. V. II. 
Fase. 35. ce. fig. 
Cladobates Javanicus. Lesson. Man. de Mammal. p. 122. Nr. 330. 
Tupaia Javanica. Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 306. Nr. 2. 
I 5 Fisch. Synops. Mammal. p. 260, 581 Nr. 2. 
Hylogale javanica. Temminck. Fauna Japon. V. 1. 
= > Wagler, Syst. d. Amphib. S. 15. 
Tupaia Tana. Jun. Isid. Geoffr. Belang. Voy. aux Ind. Zool. 
p. 105. 
Hylogalea javanica. S. Müller. Verhandel. V.I. p. 165. 1.26. fig. 4. 
(Kopf). t. 27. fig. 11—16. 
Cladobates javanicus. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 44. 


Nr. 4. 
Tupaia Javanica. Horsf. Zool. Javan. e. fig. 
n » Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 76. 


Tupaia javanica. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 321. fig. 451. 
Cladobates javanicus. Giebel. Odontograph. p. 18. t. 5. fig. 16. 


» > Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 527. 
Nr. 4. 
N 4 Giebel. Säugeth. S. 914. 


Es ist dies die kleinste unter allen Formen dieser Gattung, da 
sie noch beträchtlich kleiner als das buntfärbige Spitzhörnchen (Cla- 
dobates speciosus) ist. 

In ihren körperlichen Formen schließt sich dieselbe zunächst 
dem nikobarischen Spitzhörnchen an. 

Die Schnauze ist kürzer als bei allen übrigen Arten dieser Gat- 
tung, wodurch der Kopf auch breiter erscheint. 

Die Augen liegen zwischen den Ohren und der Schnauzenspitze 
mehr in der Mitte, und die Nase ragt auch weit weniger über den 
Unterkiefer hervor. 

Der kahle Nasenknorpel ist ebenso wie beim langschnauzigen 
(Cladobates ferrugineus) und nikobarischen Spitzhörnchen (Cla- 
dobates nicobaricus) auf der Oberseite der Schnauze vollkommen 
gerade von der Kopfbehaarung abgegrenzt. 

Die Außenzehe der Hinterfüße ist länger als beim langsehnauzi- 
gen Spitzhörnchen (Cladobates ferrugineus). 

Der Schwanz ist sehr lang, nahe um 1/; länger als der Körper 
oder auch darüber, kürzer und minder buschig zweizeilig behaart als 


Die natürliche Familie der Spitzhörnchen (Cladobatae). 283 


beim langschnauzigen Spitzhörnchen (Cladobates ferrugineus), was 
ihm ein mehr gerundetes Aussehen verleilitt und wodurch er große 
Ähnlichkeit mit jenem des nikobarischen (Cladobates nicobaricus) 
und vorderindischen Spitzhörnehens (Oladobates Ellioti) gewinnt. 

Die Körperbehaarung ist kurz, dicht, glatt anliegend und 
weich. 

Die Oberseite des Körpers und des Schwanzes, so wie auch die 
Außenseite der Gliedmaßen bis an die Krallen, ist glänzend dunkel- 
oder schwarbraun und fein graulich oder fahlgelb gesprenkelt, doch 
tritt die dunkle Färbung auf der Oberseite des Schwanzes stärker 
hervor. 

Die einzelnen Haare sind schwarz und von 1—2 schmalen grau- 
lichen oder fahlgelben Ringen umgeben. 

Die Unterseite des Körpers und des Sehwanzes, und die Innen- 
seite der Gliedmaßen sind schmutzig weil und schwach graulieh über- 
flogen, oder hell braun- oder ochergelblich, welche Färbung zu bei- 
den Seiten des Unterleibes einen schwachen olivenfarbigen Anflug 
zeigt, und am Schwanze etwas schwarz gesprenkelt erscheint. 

Von den Halsseiten zieht sich ein weißlich grauer oder licht 
ochergelblicher Streifen schief nach auf- und rückwärts gegen die 
Schultern. 

Die Krallen sind braun, die kahle Nasenkuppe und die Sohlen 
fleischfarben. 

Körperlänge . . - . . 675”, Nach Horsfield. 
Länge des Schwanzes . 6” 5”. 

% „»unKopfesp un 23, 177 947. 

Fi „ Vvorspringenden 

Schnauzentheiles . . 8", 

Länge des Halses . . . Su 
„ der Vorderbeine . 2” 2”. 
hi > klinterbeine, „1277.64... 
= deswEhmsertußses) 1.117221 
Körperlänge nach der 

Krümmmnese elle NachWWlalginer. 
Länge des Schwanzes mit 

dem Haaren au. En NO. AL. 
Körperlänge in gerader 

küchtungs en ano 


284 Fitzinger. 


Länge des Hinterfußes bis 

zur Krallenspitze . . 17315”. 
Körperlänge 4... : 18270 Nach Wagner. 
Länge des Schwanzes . 6" 8”. 


Nach Horsfield’s Maaßangabe würde der Schwanz von dersel- 
ben Länge wie der Körper sein, was vielleicht dadureh zu erklären 
ist, daß er hierbei auf die Behaarung nicht Rücksicht genom- 
men hat. 

Vaterland. Java, wo Raffles diese Art in der Provinz Blam- 
bangan entdeckte, Sumatra und Borneo, wo sie von S. Müller an- 
getroffen wurde, und Singapore, von wo das Britische Museum zu 
London ein Exemplar dieser Art erhielt. 

Die erste Beschreibung und Abbildung derselben hat uns Hors- 
field mitgetheilt und später wurde sie auch von Fr. Cuvier be- 
schrieben und abgebildet, der ihr jedoch irrigerweise durch eine Ver- 
wechslung den Namen „Cerp“ beilegte. Isidor Geoffroy wollte in 
ihr nur den jugendlichen Zustand des großen Spitzhörnchens (Clado- 
bates Tana) erkennen, was jedoch offenbar unrichtig ist. 


Die Eingeborenen von Java bezeichnen diese Art mit dem Namen 
„Bangsring“ und „Sinsring“. 


2. Gatt. Zwergspitzhörnchen (Dendrogale). 


Der Schwanz ist lang, beinahe gerundet und mit kurzen undeut- 
lich zweizeilig gereihten Haaren besetzt, welche sich gegen die 
Spitze zu verlängern und eine Art von Pinsel bilden. Eckzähne sind 
vorhanden. 


Zahnformel. Vorderzähne > Eekzähne —. Lücken- 
a De) 2 3—3 
zähne Sn: Backenzähne a9 7 38. 


1. Das pinselschwänzige Zwergspitzhörnchen (Dendrogale murina). 


D. Mure Musculo paullo major ; rostro longo attenuato, oculis 
auribus multo propioribus quam rostri apici, cauda longa, corpori 
longitudine aequali ; notaeo ex flavescente griseo-fusco, in anteriore 
corporis parte in olivaceum, in posteriore in rufo-fuscum ver- 
gente, gastraeo albido in flavidum vergente; temporibus strüs 
tribus longitudinalibus angustis signatis , intermedia ab oculis 


Die natürliche Familie der Spitzhörnchen (Cladobatae). 285 


ad aures usque protensa et superiore breviore nigris, inferiore 

longiore alba; cauda supra ex flavescente griseo-fusca in rufo- 

fuscum vergente, infra rubido-flava. 

Tupaia murina. Diard. 

Hylogalea murina. S. Müller. Verhandel. V. I. p. 167. t: 26. fig.5. 

(Thier). t. 27. fig. 17, 18. (Schädel). 

Cladobates murinus. Schinz. Synops. Mammal. V. 1. 

Tupaia murina. Reiehenb. Naturg. Raubth. S. 322, 384. fig. 716. 

Dendrogale murina. Gray. 

Cladobates murinus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S.528. 
Nr. 6. 

Dendrogale murina. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 528. 
Nr. 6. 

Cladobates murinus. Giebel. Säugeth. S. 913. 

Eine überaus zierliche und mit keiner anderen Form dieser Fa- 
milie zu verwechselnde Art, welche der eigenthümliehen Bildung 
ihres Schwanzes wegen zu einer besonderen Gattung erhoben 
wurde. 

Sie ist die kleinste unter allen, welche seither bekannt gewor- 
den sind und nur wenig größer als die Haus-Maus (Mus Mus- 
culus). 

Ihre körperlichen Formen sind beinahe dieselben wie jene der 
Arten der Gattung Spitzhörnchen (Cladobates). 

Der Kopf ist langgestreckt und die lange spitze Schnauze ver- 
hältnißmäßig etwas länger, und auch dünner und spitzer als beim 
kurzschnauzigen Spitzhörnchen (Cladobates javanicus). 

Die Ohren sind von mittlerer Größe, breit, ziemlich kurz und 
abgerundet. 

Der Schwanz ist lang, von derselben Länge wie der Körper, 
dünn, beinahe gerundet, und dicht mit kurzen, oben und an den Sei- 
ten aber etwas längeren Haaren besetzt, welche undeutlich zweizeilig, 
gereiht sind, gegen die Spitze zu aber sich verlängern und eine Art 
von Pinsel bilden. 

Die Körperbehaarung ist kurz, etwas kürzer als bei den zur 
Gattung Spitzhörnchen (Cladobates) gehörigen Arten, dicht, glatt an- 
liegend und weich. 

Die Oberseite des Körpers ist gelbliehgraubraun, auf der vor- 


' deren Hälfte desselben in’s Olivenfarbene übergehend, auf der hinte- 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LIX. Bd. I. Abth. 19 


286 Fitzinger. 


ren und dem Sehwanze in’s Rothbraune ziehend, welehe Färbung da- 
durch bewirkt wird, daß die einzelnen Haare in der vorderen Körper- 
hälfte gelblichbraun, in der hinteren röthlichbraun und schwarz ge- 
ringelt sind. Die Unterseite des Körpers ist weißlich, in’s Gelbliche 
ziehend, jene des Schwanzes rothgelb. 
An den Schultern ist durchaus keine Binde ersichtlich. 
Zwischen den Augen und den Ohren verläuft ein schmaler 
schwarzer Streifen und über demselben zieht sich ein kürzerer, unter 
demselben aber ein längerer Streifen von weißer Farbe hin. 
Körperlänge. in m nl lue Solana, 
Länge des Sehwanzes . . . #'. Nach S. Müller. 
Vaterland. Borneo, wo Diard diese Art an der Westküste 
bei Pontianak entdeckte. 
Die erste Beschreibung von ihr hatS. Müller gemeinschaftlich- 
mit Schlegel gegeben und auch eine Abbildung derselben beige- 
fügt. Gray errichtete aus ihr eine besondere Gattung. 


3. Gatt. Pfeilspitzhörnchen (Plöilocercus). 


Der Schwanz ist sehr lang, gerundet, an der Wurzel dicht be- 
haart, seiner größten Länge nach aber geringelt, geschuppt, nur 
spärlich mit kurzen Haaren besetzt und beinahe kahl, und blos im 
letzten Drittel länger und zweizeilig behaart. Eckzähne fehlen. 


h ” 4 ii pl | 
Zahnformel: Vorderzähne re Eekzähne = ,„ Lückenzähne 
3—3 EN A—4 
un: Backenzähne a 38. 


1. Das Brillen-Pfeilspitzhörnchen (Ptilocercus Lowi). 


P. Cladobatis javanici magnitudine ; rostro longo angustato, 
cauda corpore distincte longiore, tenui; notaeo nigrescente-fusco 
flavo-irrorato, gastraeo flavido ; oculis annulo nigro cinctis ; cauda 
ad basin in pilosa parte nigrescente-fusca, in calva nigra, peni- 
cillo apicali albo pilis aliguot nigris mi.xto. 

Ptilocercus Lowi. Gray. Proceed. of the Zool. Soc. with illustr. 
1848. p. 24. t. 2. 

Ptilocercus Lowü. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 529. 
Nr. 1. t. 85. 

Ptilocercus Lowi. Giebel. Säugeth. S. 915. 


Die natürliche Familie der Spitzhörnchen (Cladobatae). 287 


Wir kennen diese ausgezeichnete Form, die als der Repräsen- 
tant einer besonderen Gattung betrachtet werden muß, bis jetzt blos 
aus einer Beschreibung und Abbildung von Gray. 


In der Größe kommt dieselbe mit dem kurzschnauzigen Spitz- 
hörnchen (Cladobates javanicus) überein, dem sie auch in Ansehung 
ihrer körperlichen Formen, mit Ausnahme der durchaus verschie- 
denen Behaarung ihres Schwanzes, sehr ähnlich ist. 


Ihr Kopf ist gestreckt, die Schnauze nicht besonders stark ver- 
längert, etwas kürzer als bei den Arten der Gattung Spitzhörnchen 
(Cladobates), allmählig verschmälert und zugespitzt. 


Die Ohren sind mittelgroß, breit, ziemlich kurz und abgerundet, 
und der sehr lange Schwanz, welcher um etwas mehr als i/, länger 
als der Körper ist, ist walzenförmig, dünn, nur an seiner Wurzel 
dicht behaart, und mit Ausnahme seines letzten Drittels beinahe rat- 
tenartig und von breiten Schuppenringen umgeben, welche spärlich 
mit einzelnen kurzen Haaren besetzt sind. Im letzten Drittel werden 
die Haare gegen die Spitze zu plötzlich länger und nehmen eine 
zweizeilige Stellung an, wodurch die Spitze mit einem flachen, nach 
beiden Seiten hin ausgebreiteten Haarbüschel, ähnlich dem Barte 
eines Pfeiles, besetzt erscheint. 


Die Schnurren sind ziemlich lang und länger als bei der Gattung 
Spitzhörnchen. (Cladobates). 


Die Behaarung ist kurz, dicht, glatt anliegend und weich. 


Die Oberseite des Körpers ist schwärzlicehbraun und sehr fein 
gelb gesprenkelt, indem die einzelnen Haare von schwärzlichbrauner 
Farbe sind und in gelbe Spitzen endigen Die Unterseite des Körpers 
und die Lippen sind gelblich. 

Die Augen sind von einem schwarzen Ringe, gleichsam wie von 
einer Brille umgeben. 

Der Schwanz ist an der Wurzel schwärzlichbraun behaart, in 
seinem kahlen Theile schwarz, und der Endbüschel desselben ist 
weiß und nur gegen den kahlen Theil zu mit einigen schwarzen 
Haaren besetzt. 

Körperlänge 1.....0..1 3215,06. 
Länge des Schwanzes . . 6” 6”. 

Vaterland. Borneo , wo diese Art bei Sarawak entdeckt 
wurde. 

19* 


288 Fitzinger. 


Außer dem von Gray beschriebenen Exemplare befindet sich 
zur Zeit kein zweites in den europäischen Museen. 


4. Gatt. Ferkelspitzhörnchen (Hylomys). 


Der Sehwanz ist sehr kurz, gerundet und beinahe völlig kahl. 
Eckzähne sind vorhanden. 


Zahnformel: Vorderzähne nn Eckzähne a ‚„ Lücken- 
Be aD RENBRN LS 
zähne 35° Backenzähne nn AU. 


1. Das kurzschwänzige Ferkelspitzhörnchen (Hylomys suillus). 


H. Ptilocerco Lowii paullo minor; rostro longo angustato, 
cauda obtusa ; notaeo obscure flavescente-fusco in rufo-fuscum 
vergente, nigro-irrorato, gastraeo pallidiore ex flavescente griseo- 
fusco. 

Hylomys suillus. S. Müller. Verhandel. V. I. p. 50, 153. t. 26. 
(Thier). t. 25. fig. 4—7. (Schädel). 
u A Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 554. 
Reichenb. Naturg. Raubth. S. 322, 384. fig. 713. 


x " Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 550. 
Nr. 1. t. 36. 
5 R Giebel. Säugeth. S. 915. 


Diese höchst auffallende Form bildet den Typus einer besonde- 
ren Gattung, welche gleichsam einen Übergang zwischen der Familie 
der Spitzhörnchen (Cladobatae) und der Spitzmäuse (Sorices) zu 
vermitteln scheint, sich ihren Merkmalen zu Folge aber weit mehr an 
die ersteren, als an die letzteren anschließt. 


Sie ist etwas kleiner als das Brillen-Pfeilspitzhörnchen (Ptilo- 
cercus Lowii), mit welchem sie auch in der Gestalt im Allgemeinen, 
mit Ausnahme ihres nur rudimentären Schwanzes, Ähnlichkeit hat. 

Der Kopf ist langgestreekt und oben abgeflacht, die Schnauze 
lang, allmählig verschmälert und spitz. 

Die Ohren sind von mittlerer Größe, breit, ziemlich kurz und ab- 
gerundet, und fast vollkommen kahl. Die Außenzehen sind viel kürzer 
als die mittleren, und der außerordentlich kurze Schwanz, welcher nur 
nahezu 1/,ı der Körperlänge einnimmt, ist walzenförmig, an seinem 
Ende abgestumpft und beinahe völlig kahl. 


Die natürliche Familie der Spitzhörnchen (Cladobatae). 289 


Die Körperbehaarung ist kurz, dicht, glatt anliegend und ziem- 
lich weich. 

Die Oberseite des Körpers ist dunkel gelblichbraun in’s Roth- 
braune ziehend, mit feiner schwarzer Sprenkelung, da die einzelnen 
Haare an der Wurzel grau, in der Mitte gelblichroth und an der 
Spitze schwarz, und auch viele lange durchaus schwarze Haare zwi- 
schen denselben eingemengt sind; die Unterseite des Körpers ist 
lichter gelblich-graubraun. 

Körperlänge na 020042 Nach S. Müller. 
Länge des Schwanzes.. . 51/,'". 

Vaterland. Java und Sumatra. 

S. Müller ist der Entdecker dieser Art, von welcher er uns 
nebst einer genauen Beschreibung auch eine sehr gelungene Abbil- 
dung mittheilte. Die beiden Exemplare, welche er von den genann- 
ten Inseln nach Europa brachte und die bis jetzt die einzigen sind, 
die sich in den europäischen Museen befinden, sind im königl. zoolo- 
gischen Museum zu Leyden aufgestellt. 


Ichthyologische Notizen (IX). 


Von dem ce. M. Dr. Franz Steindachner. 


(Mit 8 Tafeln.) 


I. Über eine Sammlung von Süsswasserfischen aus der Umgebung 
von Montevideo. 


1. Art. Heros facetus Jen. 
Syn Chromis facetus, Jenyns, Voy. Beagle, Fish., p. 104. 


In Jenyns’ vortrefflichem Werke über die Fische der Beagle- 
Expedition 1. e. findet sich diese Art ausführlich beschrieben vor, 
doch wie es scheint nur nach einer geringen Anzahl von Individuen; 
die uns vorliegenden 6 Exemplare aus der Umgebung von Montevideo 
zeigen bedeutende Abweichungen in der Zahl der Stachel- und Glie- 
derstrahlen der Rückenflosse und zum Theile auch in der Färbung 
des Rumpfes, ferner in der Zahl der Schuppenreihen auf den 
Wangen. 

Bei Exemplaren von 5—6'/, Zoll Länge ist die Körperhöhe 
21/,- fast 21/,mal, die Kopflänge weniger als 3?/,—4mal in der To- 
tallänge, die Länge des Auges 4'/,- nahezu 3mal, die Stirnbreite 
2!/,mal, die Schnauzenlänge eirca 23/,mal in der Kopflänge ent- 
halten. 

Die Mundspalte ist breit, von geringer Länge, schief nach oben 
gerichtet, die Unterlippe in der Mitte unterbrochen; der Unterkiefer 
springt ein wenig über den Zwischenkiefer vor; die Stirne ist breit, 
querüber und der Länge nach stark concav; das Hinterhaupt breit, 
querüber beträchtlich gewölbt, springt daher höckerförmig über die 
eingedrückte Stirne vor; die Augen sind klein, oval. Unter den Augen 
liegen in der Regel die Schuppen in 3 Reihen, sehr selten in 4; bei 
alten Individuen in zweien ; die unterste Reihe enthält nur eine ein- 


Ichthyologische Notizen (IX). 291 


zige Schuppe. Die Deckelschuppen zeichnen sich durch ihre 
Größe aus. 

Der aufsteigende Rand des Vordeckels ist schief nach vorne und 
unten gerichtet; 4 große Poren liegen zunächst dem hinteren und 
unteren Rande. 

Die Zahl der Dorsalstacheln beträgt bei 4 Individuen 16, bei 
einem 17 und bei dem sechsten 15, die der Gliederstrahlen bei 
3 Exemplaren 10, bei einem 11, bei dem fünften 9 und bei dem 
größten Exemplare mit verkümmertem Schwanzstiele nur 7. 

Der obere Rand des stacheligen Dorsaltheiles ist schwach con- 
vex; der längste, letzte Stachel eirca 21/,mal in der Kopflänge ent- 
halten. 

Die viel längeren Gliederstrahlen erheben sich rasch bis zum 
vierten oder fünften, dessen Spitze nach hinten bis zur Mitte oder 
selbst bis zum Ende des zweiten Drittels der Caudale reicht. Die dar- 
auffolgenden Gliederstrahlen der Dorsale nehmen rasch an Länge ab. 
Die Caudale ist am hinteren Rande abgerundet und eben so lang oder 
ein wenig länger als der Kopf. 

Die Anale enthält stets 6 kurze Stacheln, der letzte längste ist 
nur ganz unbedeutend kürzer als der letzte Dorsalstachel; derlängste, 
dritte oder vierte Gliederstrahl der Anale steht gleichfalls dem läng- 
sten Gliederstrahle der Dorsale nur sehr wenig an Höhe nach und 
reicht nicht so weit wie dieser zurück. 

Über die Basis der 2 letzten Stacheln und sämmtlicher Glieder- 
strahlen der Dorsale, so wie über die Basis des letzten Stachels der 
Anale und der darauffolgenden getheilten Strahlen legen sich eine, 
zuletzt 2 Schuppenreihen. Die Caudale ist in der ganzen vorderen 
Hälfte überschuppt. 

Die Ventrale ist stark zugespitzt, der längste erste Gliederstrahl 
reicht stets über den Beginn der Anale hinaus, zuweilen bis zur Basis 
des sechsten Analstachels, und gleicht durchschnittlich dem Kopfe an 
Länge. 

Die Pectorale ist gerundet und um eirca 2/, der Augenlänge 
kürzer als der Kopf. 

Die obereHälfte der Seitenlinie durchbohrt 17, seltener 18—19, 
die untere 8—11, von denen die letzten bereits auf der Caudale lie- 
gen. Zwischen dem hinteren Kopfende und der Basis der mittleren 
Caudalstrahlen zähle ich in horizontaler Linie 26 Schuppen. Querüber 


292 Steindachner. 


liegen 14 Schuppen in der größten Rumpfhöhe unter der Basis der 
fünften Dorsalstachels, ferner 5 zwischen dem Beginne der oberen 
Seitenlinie und der Basis des ersten Dorsalstachels, 9 zwischen erste- 


rem und der Basis der Ventrale. 


Die Grundfärbung des Rumpfes ist hell gelbbraun, etwas dunk- 
ler zunächst der Rückenlinie. Bei 3 Exemplaren zeigen sich äußerst 
schwache Spuren von Querbinden, bei den übrigen aber dunkle 
Längsstreifen, und zwar je eine zwischen 2 auf einander folgenden 
Längsschuppenreihen. 


Der untere Theil der Dorsale, die obere Hälfte der Anale und 
die vordere der Caudale, ferner die ganze Ventrale mit Ausnahme 
eines hellen Saumes am hinteren Flossenrande sind sehwärzlichblau, 
ebenso die freien Ränder der Dorsale, Caudale und Anale. Die Pec- 
torale ist wässerig und schmutzig weißlichgelb. 


Vulgärname: Palometa. 


D. 15—17/ (7) 9115 A. 6/8—9; P. 2/1213. 


2. Art. Heros Jenynsii n. sp. 


Während bei der früher beschriebenen Art die Schnauze lang 
vorgezogen und die Stirne stark eingedrückt ist, fällt bei A. 
Jenynsü die obere Kopflinie viel steiler nach vorne ab und ist in - 
Augengegend nur schwach coneav. 


Überdies ziehen über den Rumpf, der eine bedeutend dunklere 
Färbung zeigt, ”—8 deutlich abgegrenzte Querbinden, die nur bei 
alten Individuen schwach ausgeprägt sind. 

Die Kopflänge ist beilndividuen von 51/; — 8” Länge etwas mehr 
als 31/, —33/,mal, dieRumpfhöhe fast 2!/,—2'/,malin der Totallänge;; 
der Augendiameter 4—4'/,mal, die Stirnbreite 2/,—2°/,mal, die 
Kopfbreite 13/, —1'/,mal in der Kopflänge enthalten. Die Höhe des 
Kopfes übertrifft die Länge desselben um die Hälfte eines Augen- 
diameters. 


Die Unterlippe ist in der Mitte unterbrochen wie bei A. facetus, 
das hintere Ende des Oberkiefers fällt bei geschlossenem Munde bei 
jungen Individuen senkreeht unter, bei älteren etwas vor den vor- 
deren Augenrand. 


Ichthyologische Notizen (IX). 293 


EineReihe gebogener konischer Zähne, welche gegen die Kiefer- 
mitte etwas an Größe zunehmen, in der Außenreihe, eine Binde 
viel kleinerer Zähne hinter diesen im Zwischen- und Unterkiefer. 

2—4 Reihen von Schuppen auf den Wangen; die dritte Reihe 
enthält nur 2 Schuppen, die vierte eine einzige; doch fehlen bei alten 
Individuen diese beiden unteren Reihen vollständig, und die dritte 
selbst bei jüngeren Exemplaren nicht selten. 


Die Profillinie des Rückens ist stärker gekrümmt, als bei A. fa- 
cetus; dieDorsale trägt bei sämmtlichen von uns untersuchten Exem- 
plaren 16 Stacheln, deren letzter, längster nahezu die Hälfte der 
Kopflänge erreicht. 

Der obere Rand der Dorsalstacheln bildet einen gleichmäßig, 
schwach gekrümmten Bogen, der gliederstrahlige Theil der Dorsale 
und Anale ist nach hinten in eine lange Spitze ausgezogen; der 
längste fünfte oder sechste getheilte Dorsalstrahl steht der Kopf- 
länge durchschnittlich nur um die Hälfte der Augenlänge nach und 
reicht zurückgelegt bis zum Ende des zweiten Drittels oder dritten 
Viertels der Caudale. 


Der vierte oder fünfte Gliederstrahl der Anale ist bald etwas 
länger, bald etwas kürzer als der längste der Dorsale. Der sechste 
längste Analstachel ist 11/,—2\/;mal in der Länge des höchsten 
Gliederstrahles derselben Flosse und eirea 2'/,—2mal in der Kopt- 
länge enthalten. 


Die Caudale ist hinten abgerundet und nur wenig kürzer als 
der Kopf. 

Die Spitze des ersten verlängerten Gliederstrahles der Ventrale 
reicht bis zur Basis des vierten Analstachels in der Regel zurück, die 
Länge der Flosse ist daher beträchtlich und gleicht der der Caudale 
oder übertrifft sie noch ein wenig. Die etwas kürzere Pectorale steht 
der Kopflänge um circa 2/, einer Augenlänge nach. 

Der obere, vordere Ast der Seitenlinie durchbohrt 17, selten 16 
(nur bei einem Exemplare aufeiner Körperseite), der untere 10 Sehup- 
pen. Fünf Schuppen liegen zwischen der Basis des ersten Dorsal- 
stachels und der ersten Schuppe der Seitenlinie, 9 unter letzterer 
und der Einlenkungsstelle der Ventrale; eine Schuppenreihe legt sich 
über die Basis der Anale und Dorsale von der Basis des letzten Sta- 
chels angefangen. Überdies liegt noch eine Reihe von Schuppen 


294 Steindachner. 


hinter jedem Gliederstrahle dieser beiden Flossen mit Ausnahme der 
letzten Strahlen. 

Die Caudale ist mehr als zur Hälfte, bei einem Exemplare sogar 
bis in die Nähe des hinteren Randes beschuppt. 

Die Körperfärbung ist dunkelbraun; schwarzblaue Binden, 7 bis 
8 an der Zahl, ziehen über dieRumpfhöhe hinab und sind nur bei alten 
Individuen schwach ausgeprägt. 

Die Basis der Rumpfschuppen ist schwarzbraun; sämmtliche 
Flossen mit Ausnahme der gelblichen Peetorale sind schwärzlich 
blaugrau oder sehr dunkel blauviolett. 


D. 16/10—11; A. 6/8—9; P. 2/12. 


Vulgärname: Palometa. 


3. Art. Pimelodus sapo Val. 


Die Zahl der Analstrahlen beträgt bei den beiden von uns unter- 
suchten, ganz frischen Exemplaren nicht 11 sondern 15—14; die 
ersten 2 Strahlen sind sehr zart, kurz und können sehr leicht über- 
sehen werden, da die sie umhüllende Haut sehr dick ist. 

Die Kopflänge ist 4'/,— fast 42/;mal, die größte Rumpfhöheb5',, 
bis a in der Totallänge, der Augendiameter 72/;—8'/,mal, die 
2>/,mal in der Kopflänge (mit Ausschluß der brei- 
ten Membr. ana branchiostega) enthalten. 

Die Kiefer reichen nahezu gleich weit nach vorne, fast Haan 


der obere ein wenig den unteren, die Oberkieferbartel endigen hori- 
zontal zurückgelegt über der Mitte der Ventralen, die äußeren Un- 
terkieferbartel über der Längenmitte der Pectorale. Das Auge ist 
oval, der längere Durchmesser ist kaum oder nur wenig mehr als 
3mal in der Stirnbreite begriffen; die Schnauzenlänge gleicht oder 
übertrifft ganz unbedeutend die Stirnbreite. 

Die Höhe des dritten getheilten Theiles der ersten Dorsale ist 
geringer als die Basislänge der Flosse bei dem größeren Exemplare 
und gleicht der Entfernung der knöchernen Kiemendeckelspitze vom 
Centrum des Auges, während sie bei dem kleineren Individuum letz- 
tere etwas übertrifft und der Entfernung des hinteren knöchernen 
Endes des Operkels vom vorderen Augenrande gleicht. 

Die Fettflosse ist sehr lang und beginnt um wenig mehr als eine 
Augenlänge hinter der strahligen Dorsale, nimmt jedoch anfangs 


Ichthyologische Notizen (IX). 295 


nur sehr wenig an Höhe zu. Die Ventrale ist etwas kürzer als die 
Pectorale; der Stachel letzterer Flosse stärker als auf D’Orbigny's 
Abbildung (pl. 2, fig. 6). Die Länge der Caudale ist bei dem kleine- 
ren Exemplare fast 1/, der Totallänge gleich, erreicht jedoch bei dem 
größeren kaum 5/,; der Totallänge, der Einschnitt am hinteren Cau- 
dalrande ist zwischen den 2 mittleren Strahlen tiefer und die beiden 
Caudallappen sind breiter und stärker gerundet als auf der früher ei- 
tirten Abbildung, mit der übrigens unsere Exemplare genau in der 
Zeichnung der Dorsale übereinstimmen. 

Der Kopf ist im Leben dunkel blaugrau, der Rumpf etwas grün- 
lichgrau, die Bauchseite gelb. 

Zahllose hell gesäumte Poren zeigen sich auf der Oberseite des 
Kopfes; am Hinterhaupte und an den Rumpfseiten bilden sie regel- 
mäßige Querreihen. 

Die Seitenlinie, deren Verlauf und Mündung am Kopfe durch 
ziemlich große weißlichblaue Flecken angedeutet ist, gibt an den 
Rumpfseiten kurze schiefe Queräste nach unten ab. 


D. 1/7; A 131% 


Ein Exemplar von mehr als 8Y,, ein zweites von nahezu 12 
Länge. 


Vulgärname: Bagre. 


4. Art. Pimelodus maeulatus Lacep., €. \. 


2 Exemplare. 


Vulgärname: Bagre amar.llo. 


5. Art. Plecostomus Commersonii Val. 


Das uns von Montevideo eingesendete Exemplar ist 16'/, Zoll 
lang und vortrefflich erhalten. Es weicht wie die übrigen im Wiener 
Museum, von Prof. Kner bereits beschriebenen Individuen in man- 
chen Punkten von Günther's Diagnose, welche übrigens nur auf 
ein altes Exemplar basirt ist, ab, weßhalb Prof. Kner’s Hypostomus 
Commersonii nur mit ? unter den Synonymen von Plec. Commersonü 
angeführt wird. Ich bin der Ansicht, daß falls überhaupt auf die Un- 
terschiede in Prof. Kner’s undDr. Günther's Beschreibungen dieser 
Art ein Gewicht zu legen wäre, richtiger das im Kataloge der Fische 


296 Sa daehmer 


des britischen Museums als Pl. Commersonii angeführte Exemplar 
fraglich zu Pl. Commersonii bezogen werden sollte. 


Bei sämmtlichen Exemplaren des Wiener Museums zeigt sich 
eine, wenn gleich stark gerundete, und bei alten Individuen wenig er- 
höhte, breite Leiste, welche vom Auge zu den Narinen zieht; die 
Kopflänge ist genau oder nahezu 3'/,mal in der Körperlänge (d. i. 
mit Ausschluß der Caudale); die Kopfbreite etwas mehr als 1?/,mal, 
(bei alten Individuen), die Kopfhöhe ein wenig mehr als 11/,mal, 
der Augendiameter unbedeutend mehr als 8—-10mal, die Stirnbreite 
22/, —2*/,mal, die Schnauzenlänge von der vorderen Narine bis zum 
vorderen Schnauzenrande nicht ganz 25/,—2°/,;mal in der Kopflänge 
enthalten. Der Umkreis des Kopfes ist parabolisch. Während bei jun- 
gen Individuen sich eine nackte Stelle an der abgerundeten Schnau- 
zenspitze zeigt, ist sie bei alten Individuen auf ein Minimum be- 
schränkt und fehlt gänzlich, so z. B. bei unserem Exemplare aus der 
Umgebung von Montevideo. 

Sowohl aus D'Orbigny’s als Castelnau s Abbildung des Pl. 
Commersonii geht hervor, daß der große Pectoralstachel nicht weit 
über die Einlenkungsstelle der Ventrale zurückreicht, dasselbe ist 


auch bei sämmtlichen uns vorliegenden Exemplaren mehr oder min- 
der genau der Fall. 


Der Peetoralstachel reicht nämlich bei letzteren zum Theile nur 
bis zum Beginne der Ventrale, zum Theile unbedeutend darüber 
hinaus. 


Bei dem großen Exemplare von Montevideo ist z. B. der Pee- 
toralstachel 3’ 2”’ lang, während die Entfernung der Basis dieses 
Strahles von der Einlenkungsstelle der Ventrale auf der rechten Kör- 
perseite 2” 8'/,””, auf der linken 3” beträgt. 

Die Basis der ersten Dorsale ist bei eben diesem Individuum 
3’ 1'/,'’ lang, der höchste getheilte Strahl derselben 3” 3, die 
Entfernung der ersten Dorsale von der zweiten beträgt 2” 61/,". 
Zwischen der Anale und Caudale liegen mit Ausschluß des breiten 
Stützstrahles am unteren Ende letzterer Flosse 13—15 Schilder; 8 
zwischen beiden Dorsalen. Es ergibt sich hieraus, daß die Unter- 
schiede zwischen dem von Dr. Günther beschriebenen Exemplare 
des britischen Museums und jenen der Wiener Sammlung ganz un- 
bedeutend und nur individueller Natur sind, und daß somit Prof. 


Ichthynlogische Notizen (IX). 297 


Kner's Plec. Commersonü, ohne Bedenken zu dem gleichnamigen 
Valenciennes' bezogen werden kann. 

Bei jungen Individuen von Pl. Commersonü ist die Unterseite 
des Kopfes, Brust und Bauch stellenweise nackt, bei alten dagegen 
ganz vollständig beschuppt, wie bereits Prof. Kner in der Mono- 
graphie der Hypostomiden und Dr. Günther im 5. Bande des Kata- 
loges der Fische des britischen Museums (p. 233) bemerkt. 


6. Art. Tetragonopterus fasciatus Cuv. (nee. Valene., Günth.) 


Es unterliegt keinem Zweifel, daß Cuvier's Beschreibung des 
Tetragonopterus (Chalceus) fasciatus im fünften Bande der Me- 
moires du Museum d’hist. natur. p. 352 zu der auf pl. 26, fig. 2 ge- 
gebenen Abbildung nicht bezogen werden kann, welche meines Er- 
achtens gar kein Teiragonopterus sein dürfte. Es scheint ferner, daß 
Cuvier 2 verschiedene Arten in demselben Glase aufbewahrte, hier- 
aus ließe sich die von Prof. Valenciennes gegebene, ganz abwei- 
chende Beschreibung des Tetrag. fasciatus im XXI. Bande der Hist. 
nat. des Poissons erklären; vielleicht ging das Original-Exemplar zu 
Cuvier's Beschreibung verloren. 

Zu meiner nicht geringen Überraschung fand ich unter den von 
Montevideo eingesendeten Tetragonopterus - Arten 3 Exemplare, 
welche ganz genau zu Cuvier 's Beschreibung passen, aber wesent- 
lich von Tetfr. fasciatus V alenc., Gth. verschieden sind. 

Bei den erwähnten 3 Exemplaren durchbohrt die Seitenlinie 38 
bis 40 Schuppen und enthält die Anale 18—20 Strahlen, von denen 
der erste so kurz und zart ist, daß er von Cuvier mag übersehen 
worden sein. Querüber liegen 61/,/1/4/,—5 Schuppen. 

Die Schnauze ist vorne abgerundet, kurz und springt etwas über 
die Mundspalte vor, die Stirne ist breit, querüber gewölbt. Die Kopf- 
länge ist 5:/,mal, die Rumpfhöhe eirca fast 3/,—83'/,mal in der 
Totallänge, der Augendiameter genau oder etwas mehr als3mal in der 
Kopflänge enthalten. Die Breite der Stirne gleicht der Länge eines 
. Auges, die Schnauzenlänge steht letzterer etwas nach. 

Der letzte und größte der 3 unteren Augenrandknochen ist ra- 
dienförmig gestreift, 3eckig mit abgestumpften Winkeln. 

Im Zwischenkiefer zähle ich jederseits in der Außenreihe 4 bis 
5 dreispitzige Zähne, in der zweiten stets 4 größere Zähnchen mit 
5 Zacken. Am oberen Ende des zarten Oberkiefers sieht man unter 


298 Steindachner. 


der Loupe ganz deutlich 3—4 dreispitzige Zähnchen, Das hintere 
Ende des Oberkiefers fällt in senkreehter Richtung unter den vorderen 
Augenrand. 

Die Dorsale enthält nur 10 (nach Cuv. 11—12) Strahlen, sie 
ist an ihrem Ursprung eben so weit von der Schnauzenspitze als von 
der Basis der mittleren Caudalstrahlen entfernt; die Höhe der Dor- 
sale gleicht der Länge des Kopfes, während die Länge ihrer Basis bei 
einem Exemplare eirca 13/,mal, bei einem zweiten mehr als 1:3/,mal 
in der Kopflänge enthalten ist. Die Pectorale gleicht dem Kopfe an 
Länge oder steht demselben ein wenig nach; sie reicht bei einem 
Individuum mit ihrer zurückgelegten Spitze bis zur Einlenkungsstelle 
der Ventrale, bei anderen endigt sie um fast 2 Schuppenlängen vor 
dieser. 

Die Einlenkungsstelle der Ventralen liegt nur um eirca '/. Kopf- 
länge näher zur Schnauzenspitze als zur Basis der mittleren Caudal- 
strahlen. 


Die Anale steht der Dorsale an Höhe nach. Der längste Strahl 
erreicht nur 2/;,—5/, der Kopflänge, die Basis der Anale dagegen ist 
eben so lang wie der Kopf; die Caudallappen sind gleich lang, und 
um eirca 2/; des Augendiameters länger als der Kopf. Sämmtliche 
Flossen mit Ausnahme der Ventralen und der Peetoralen sind spärlich 
schwärzlich punktirt, besonders gegen den freien Strahlenrand zu. 


Die über der Mitte der Rumpfhöhe hinlaufende silbergraue Längs- 
binde nimmt gegen die Caudale allmählig an Breite zu und dehnt sich 
an deren Basis nach Art eines Dreieckes aus, auf welehem noch 
schwarze Pünktchen liegen, die zuweilen durch diehteres Aneinander- 
rücken einen schwarzen Fleck bilden können. 


Nach vorne endigt die Seitenbinde in eine schmale, schwarze 
Querbinde, die bald mehr, bald minder scharf hervortritt. Von einer 
zweiten Längsbinde, die nach Cuvier über dem Ende der Anale en- 
digen soll, sehe ich nicht die geringste Spur, wohl aber zarte schwärz- 
liche Pünktchen auf den Schuppen über der Basis der Anale, über 
welche sich eine Schuppenreihe legt. Der Darmcanal schimmert wie 
eine bogenförmig gekrümmte dunkle Binde durch. 


D. 10; A. 18— 20; V. 8; P. 13. 


Ichthyologische Notizen (IX). 299 


7. Art. Tetragonopterus rutilus Jen. 
Syn. Tetragonopterus fasciatus Val.; Gthr. 


Unter 5 Exemplaren dieser weit verbreiteten Art aus Montevideo 
findet sich nicht bei zweien die gleiche Strahlenzahl in der Anale 
vor, dieselbe schwankt zwischen 25—30, auch in der Körperform 
weichen diese Exemplare nicht unbedeutend von einander ab. Bei 
Individuen ist näm lieh die größte Rumpfhöhe 21/,mal, bei dem vier- 
ten 22/,-, bei dem fünften aber 23/,mal in der Körperlänge (ohne Cau- 
dale), die Kopflänge aber bei allen 4mal in letzterer enthalten. Die 
Seitenlinie durchbohrt 37— 88 Schuppen, über derselben bis zur 
Basis des ersten Dorsalstrahles liegen 7, unter derselben bis zur Ein- 
lenkungsstelle der Ventrale 6 Schuppen, somit im Ganzen 14 in der 
größten Höhe des Rumpfes. Eine Schuppenreihe liegt über und längs 
der Basis der Anale. 

Der Oberkiefer ist zahnlos. 


8. Art. Xiphorhamphus Jenynsii Gthr. 


Vier Exemplare von 4’ 9’—6” Länge. 

Die Kopflänge ist bald etwas mehr, bald etwas weniger als 
31/,mal, die größte Leibeshöhe bei 3 Exemplaren mehr als 3mal (so- 
mit beträchtlich länger als der Kopf), bei dem vierten aber circa 
31/,mal in der Körperlänge (ohne Caudale) enthalten. Der Augendia- 
meter ist 41/), —Amal, die Schnauzenlänge circa 32/,—33/,mal, die 
Stirnbreite nahezu Amal in der Kopflänge begriffen. Die Seitenlinie 
durchbohrt 59—63 Schuppen, in der größten Leibeshöhe liegen 20 
bis 18 Schuppen, und zwar 10—12 zwischen der Seitenlinie und der 
Basis des ersten Dorsalstrahles, ”—8 zwischen der Einlenkungsstelle 
der Ventrale und der Seitenlinie. 

Die Anale enthält 27—29 Strahlen; bei 2 Individuen, Männ- 
chen, ist der Seitenrand der Analstrahlen gezähnelt, überdies fehlt 
auch der häutige Randsaum den einzelnen Strahlen nicht. 


Da Tetragonopterus mexicanus von Prof. Filippi nicht genau 
beschrieben ist und ich 11 Exemplare desselben aus dem See von 
Mexico und 3 von Izucar besitze, so erlaube ich mir hier eine aus- 
führliche Beschreibung zu geben. 


300 Steindachner. 


Tetragonopterus mexicanus Filippi. 
(Rev. et Magaz. de Zoologie 1853, pag. 166.) 


Die Höhe des Körpers ist 27/,—23/„mal, die Kopflänge 4mal in 
der Körperlänge (ohne Caudale), der Augendiameter unbedeutend 
mehr als 3—33/ymal, die Stirnbreite 3- etwas mehr als 21/,mal (bei 
älteren Individuen) in der Kopflänge enthalten. Die Schnauze ist 
stets stark abgestumpft, breit, springt nieht nasenförmig über den 
Mundrand vor und ist etwas kürzer als der Augendiameter. 

Die Stirne ist querüber stark gewölbt; das hintere Ende des 
Oberkiefers fällt in senkrechter Riehtung unter das Ende des ersten 
Drittels der Augenlänge. 

Gegen das obere Ende des Oberkiefers liegen 2 vielzackige 
Zähnchen;; jederseits im Zwischenkiefer in der Außenreihe 4, ebenso 
viele, kaum größere in der inneren Reihe; erstere sind 3-, letztere 
Szackig. Im Unterkiefer zähle ich jederseits 9—10 Zähne, von denen 
die vorderen am größten sind, und noch einmal so groß als die des 
Zwischenkiefers. 

Die Dorsale beginnt ein wenig vor der Mitte der Körperlänge 
(ohne Caudale), und enthält 10—11 Strahlen, der längste (zweite) 
Strahl derselben erreieht nieht ganz eine Kopflänge, die Basisläuge 
der Dorsale übertrifft die Hälfte der Kopflänge nur unbedeutend. 

Die Ventrale beginnt vor der Dorsale und ist mehr als 13/,— 
2mal in der Kopflänge enthalten. Die längere Pectorale ist zugespitzt 
und endigt mit ihrer Spitze bei den Weibchen um eirca eine Schup- 
penlänge vor der Einlenkungsstelle der Ventrale, bei Männchen er- 
reicht sie zuweilen aber letztere Flosse. 

Die Anale ist lang; ihre größte Höhe am dritten oder vierten 
Strahle übertrifft nur wenig die Hälfte der Kopflänge; dagegen steht 
sie an Basislänge dem Kopfe nur unbedeutend nach. Die Zahl der 
Analstrahlen schwankt zwischen 21—23, bei den Männchen ist der 
Rand der einzelnen Strahlen gezähnelt. 

Die Caudale zeigt nahezu gleichlange Lappen, welche etwas län- 
ger als der Kopf sind. 

Die Profillinie des fleischigen Nackens ist mäßig gebogen, doch 
etwas stärker als die Rückenlinie längs und hinter der Dorsale. 

Die kurze Schnauze fällt nicht selten ziemlich steil nach vorne 
ab, der übrige Theil der oberen Profillinie des Kopfesistsehwach eoneav. 


Ichthyologische Notizen (IX). s0l 


Die Seitenlinie durchbohrt im Ganzen 39— 40 Schuppen. Tu der 
größten Rumpfhöhe liegen 14—13 Schuppen, und zwar 7 über, 5 bis 
6 unter der Seitenlinie, welche mit Ausnahme ihres vordersten nur 
sehr schwach gebogenen Theiles (bis über dem Beginne der Ventra- 
len) in horizontaler Riehtung fortläuft. 

Die Schuppen sind stark und dieht radienförmig gestreift. 

Die charakteristische silbergraue Längsbinde der Tetragono- 
pterus-Arten und der schwärzliche Fleck au der Basis der Caudale, 
der sich zuweilen bis zum hinteren Rande der mittleren Caudalstrah- 
len fortzieht, fehlt auch dieser Art nicht. 

Der untere Rand der Anale ist in der Regel schwärzlich schmal 
gesäumt, indem sich daselbst äußerst zarte Pünktchen dichter au- 


einander drängen. 


Das größte Exemplar dieser Art, welches wir besitzen, ist 4” 
0 lang. 

Von weiteren drei ganz kleinen Exemplaren derselben Localität 
vermögen wir nicht mit voller Sicherheit zu bestimmen, ob sie zu 
T. mexicanus gehören oder nicht. Jedes derselben trägt 25 Strahlen 
in der Anale und ist am Rücken, dessen Profillinie bis zur Dorsale 
fast oder ganz horizontal fortläuft, dunkelbraun, mit noch dunklerer 
Umrandung der einzelnen Schuppen. Die Seitenlinie ist überdies 


ihrer ganzen Ausdehnung nach schwach gebogen und die Körper- 


höhe /, der Körperlänge gleich. In der Zahl und Structur der 
Schuppen, in der Bezahnungsweise des Zwischen-, Ober- und 
Unterkiefers, und in der Stellung der Ventralen zeigt sich aber keine 
Abweichung von den früher beschriebenen 11 Exemplaren, weßhalb 
ich sie vorläufig nur als eine Varietät des 7. mexicanus betrachten 
möchte. 


Nach dieser Annahme wäre die Formel der Flossenstrahlen für 
T. mezicanus : i 
DE 102 EP: 221253 (— 23); D.Nlat 392407 E EN De 


V.7—8 (selten 6); P. 13—15. 3 


9. Art. Macrodon auritus C. \V. 
Fünf große, vortrefflich erhaltene Exemplare. 


{er} 


10. Art. Synbranchus marmoratus Bl. 


Ein Exemplar von Montevideo. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 20 


302 Steindachner. 


11. Über eine neue Gattung und Art der Cyprinoiden aus China. 


Abramocephalus n. g. 


Stimmt in der Kopfform mit der Gattung Cephalus Basil. = 
Hypophthalmichthys Blkr. überein, doch ist der comprimirte Bauch 
mit einer sehneidigen, knorpelähnlichen Leiste versehen, welche von 
der Kehle bis zur Aftergrube zieht und keine Schuppen trägt. Die 
Charakteristik dieses neuen Geschlechtes ist somit: 

Körperform oblong, Rumpf gegen den Bauch zu comprimirt, mit 
schuppenloser schneidiger Kante von der Kehle bis zur Anale; Ven- 
trale etwas vor der Dorsale eingelenkt. Kopf dick, Mund schief nach 
oben gerichtet, mit dünnen Lippen ohne Barteln. Augen in der unteren 
Kopfhälfte gelegen, hinter den Mundwinkeln. Schlundzähne einreihig 
jederseits vier, mit abgeschliffener fein quergestreifter Kaufläche und 
convexer Außenseite. 

Kiemenstrahlen-Membrane unter dem Isthmus vereinigt, doch 
an diesen nicht angeheftet. 


China. 
Abramocephalus microlepis n. sp. 


In der Kopfform unterscheidet sich diese Art nicht wesentlich 
von den Aypophthalmichthys- Arten, sie ist stark gedrungen. Die 
Kopflänge mit Ausschluß der breiten Membr. branchiostega verhält 
sıch zur Totallänge wie 1:4'/,. 

Die Mundspalte ist schief nach oben gerichtet, breiter als lang, 
bis zu den Mundwinkeln gemessen eirca 3°/,mal in der Kopflänge 
enthalten, mit dünnen Lippen umgeben und bartellos. Das Auge liegt 
tief, hinter den Mundwinkeln, senkrecht über dem hinteren Unterkie- 
fer-Ende und ist kreisrund; so weit es äußerlich frei liegt, erreicht 
es an Länge circa */,, der Kopflänge, während der Diameter der 
Augenhöhle etwas mehr als 5'/,mal in der Kopflänge enthalten ist. 
Die Kieferränder sind schneidig, unmittelbar hinter dem Zwischen- 
kieferrande liegt eine herabhängende Hautfalte, der Unterkiefer 
erhebt sich an der Symphyse schwach hakenförmig. 

Die Schnauze kommt '/, der Kopflänge gleich, die Breite der 
Stirn ist 21/,mal in der Kopflänge enthalten. 


Ichthyologische Notizen (IX.) 303 


Der untere Augenring ist schmal. Der aufsteigende Rand des 
Vordeckels ist nieht hinten und unten stark geneigt; der hintere Win- 
kel oval abgestumpft. N 

Der Vordeckel ist in der Winkelgegend zwischen seichten Fur- 
chen strahlenförmig erhaben und nahe dem Winkelrande, so wie 
über dem unteren Rande grubig. 

Der grosse Kiemendeckel zeigt zahlreiche Streifen und Furchen, 
welche vom vorderen oberen Winkel radienförmig nach hinten und 
unten laufen. 

Die obere Profillinie des querüber stark gewölbten Kopfes fäll 
mäßig rasch, in gerader Richtung nach vorne ab; der Nacken ist ge- 
wölbt, die Rückenlinie erhebt sich in mäßiger Krümmung bis zur 
Dorsale, und zwar minder beträchtlich als die Kopflinie. 

Die Dorsale liegt an ihrem Beginne etwas näher zur Basis der 
mittleren Caudalstrahlen als zur Schnauzenspitze, und enthält drei 
ungespaltene Strahlen von mäßiger Stärke, von denen der dritte, der 
längste der ganzen Flosse und im oberen Theile deutlich gegliedert 
und biegsam, 1'/,mal in der Kopflänge enthalten ist. Der obere hin- 
tere Rand der Dorsale ist concav. 

Die Länge der hinten tief eingebuchteten Caudale steht der des 
Kopfes ein wenig nach, der obere Caudallappen scheint ein wenig 
länger zu sein als der untere, der leider etwas beschädigt ist, und 
endigt in eine Spitze. 

Der obere Strahl der zugespitzten Peetorale ist ziemlich kräftig. 
Die Pectorallänge ist nicht ganz 1'/,mal in der Kopflänge enthalten, 
die Spitze der horizontal zurückgelegten Pectorale fällt nahezu über 
die Einlenkungsstelle der Ventrale. 

Diese ist gleichfalls zugespitzt, kürzer als die Pectorale und 
eirca 1?/,mal in der Kopflänge (ohne Memdr. branchiostega) ent- 
halten; sie ist ferner etwas vor der Mitte der Körperlänge (ohne 
Caudale) eingelenkt. 

Die Anale enthält 3 einfache und 13 gespaltene Strahlen, deren 
höchster, das ist der erste gespaltene Strahl 2'/,mal in der Kopf- 
länge begriffen ist, während die Basislänge der Anale die Hälfte der 
Kopflänge ein wenig übertrifft. Der untere Analrand ist concav. 

Die größte Höhe des Rumpfes fällt unter den Beginn der Dor- 
sale und übertrifft nur unbedeutend '/, der Totallänge (d. i. die Kör- 
perlänge mit Einschluß der Caudale). 

20* 


304 Steindachner. 


Der Bauehrand bildet eine schneidige, Schuppen entblößte Kante 
die von der Kehle bis zur Analgrube reicht und am bedeutendsten 
zwischen der Ventrale und der Anale hervortritt. 

Die Seitenlinie ist mit Ausnahme des horizontal liegenden 
Theiles am Schwanzstiele schwach gebogen, und zwar concav nach 
oben. In der Dorsalflossen-Gegend fällt sie ein wenig unter die Mitte 
der Rumpfhöhe und durchbohrt im Ganzen 115 Schuppen, von denen 
die 5—6 letzten auf die zunächst der Basis beschuppte Caudale 
fallen. 

Zwischen dem Beginne der Dorsale und der Seitenlinie liegen 
32, zwischen letzterer und der Einlenkungsstelle der Ventrale 20 
Schuppen in einer verticalen Reihe. Vor derDorsale liegt ein kleiner, 
länglich dreieckiger schuppenloser Fleck. 

Die Körperfärbung ist im Allgemeinen goldbraun, die Oberseite 
des Kopfes und der Rücken fast schwärzlichbraun, ebenso die Dor- 
sale und Caudale; die Ränder der einzelnen Schuppen sind zart 
schwärzlichbraun punktirt. 

Die Bauchhöhle ist schwarz ausgekleidet; die Schwimmblase 
diekwandig, silberglänzend, durch einen langen Hals abgeschnürt, 
sehr lang. Die vordere Hälfte der Schwimmblase bildet einen um- 
fangreichen ovalen Sack, die hintere ist nach beiden Seiten stark 
zugespitzt, von sehr geringer Breite, spindelförmig. 

Die langen zahllosen Rechenzähne bilden ein maschenförmig 
verschlungenes, schwammiges Gewebe und sind nach vorne nicht frei, 
sondern zu einem schmalen Bande verschmolzen. 

Wie bei den Hypophthalmichthys-Arten ist der Gaumen pol- 
sterartig verdickt und mit vier mehr oder minder breiten Hautkielen 
versehen. 

An der Hinterseite der rechtwinkelig gebrochenen hinteren 
Sehlundknochen liegen jederseits am Beginne des absteigenden Astes 
vier löffelförmige Zähne. 

Der oberste Schlundzahn ist am stärksten entwickelt, an der 
Kauseite abgeflacht, an der Hinterseite convex. Die übrigen 3 zeigen 
an der Kaufläche einen mittleren Längskiel und sind, wie der oberste, 
äußerst fein schief gestreift, an der Außenseite gewölbt. 


D. 3/8; A. 3/13; P. 19; V. 9; L. lat. 118. 


Ichthyologische Notizen (IX). 50 5 


III. Über einige neue oder seltene Arten von Mazatlan, Lagos 
und Santos. 


1. Art. @enyoroge canina n. sp. 


Diese Art erinnert in vieler Beziehung an Mesoprion gembra 
oder sambra B]., ich glaube sie aber nach Dr. Günther’s Anschau- 
ungsweise in das Geschlecht (richtiger Untergattung ) Genyoroge 
(= Diacope) einreihen zu müssen, da in den tiefen Einschnitt des 
Vordeckelrandes eine knopfförmige Erhöhung des Interoperkels ein- 
gepaßst ist; da aber auf der Mitte der Zunge eine Zahngruppe liegt, 
würde sie nach meiner in den Schriften der zool. botan. Gesellschaft 
gegebenen Charakteristik der Untergattungen Mesoprion und Diacope 
(= Genyoroge) in erstere zu stellen sein. 

Die Körperform ist gestreckt, die größte Rumpfhöhe steht der 
Kopflänge etwas nach und ist eirea 3/,mal, die Länge des zugespitz - 
en Kopfes unbedeutend mehr als 3mal in der Totallänge, die Schnau- 
zenlänge bei einem Exemplare von 13” Länge weniger, bei zwei 
kleineren von 11’/,” Länge etwas mehr als 3mal, der Augendiame- 
ter 41/,—4°/,mal, die Stirnbreite 6—6'/,mal, die Kopfbreite 2°), 
bis 23/,mal in der Kopflänge enthalten. 

Das hintere Ende desOberkiefers fällt unter die Mitte des runden 
Auges. 

Gegen das vordere Ende des Zwischenkiefers steht jederseits ein 
langer Hundszahn, vor diesem noch ein viel kürzerer Hakenzahn. 
Im Unterkiefer liegt nach Außen eine Reihe ungleich langer Haken- 
zähne, von denen der vorderste, welcher zwischen die früher erwähnten 
Hundszähne des Zwischenkiefers fällt, am längsten ist: die Zwischen- 
kieferzähne der Außenreihe sind kleiner als die gegenüberliegenden 
des Unterkiefers. 

Der aufsteigende Rand des Vordeckels ist schwach gebogen; 
über dem hinteren stark gerundeten Winkel liegt eine tiefe, doch 
wenig breite Einbuchtung, welche den knopftörmig erhöhten Vor- 
sprung des Interopereulums aufnimmt. 

Die Zähnchen am hinteren Vordeckelrande nehmen gegen den 
Winkel etwas an Länge und Breite zu und rücken zugleich etwas 
weiter auseinander. 


306 Steindachner. 


Der Kiemendeckel ist nach hinten stark zugespitzt und endigt in 
zwei kurze platte Stacheln, von denen der obere kleinere von dem 
unteren durch einen seichten, bogenförmigen Einschnitt getrennt ist. 


Die Spitze des Unterdeckels überragt die des Kiemendeckels. 


Die obere Profillinie des Kopfes fällt in ganz gerader Richtung 
und mäßiger Neigung nach vorne ab. Die Oberseite des Kopfes, die 
Lippen undKiefer, das große breite Präorbitale und dasRandstück des 
Vordeckels ist schuppenlos. 


Die Dorsale enthält 10 im Verhältniß zur geringen Höhe ziem- 
lich kräftige Stacheln, von denen der vierte, längste eirca = der 
Kopflänge erreicht; der gliederstrahlige Theil der Dorsale ist in der 
basalen Hälfte überschuppt, nach oben und hinten oval gerundet und 
nur wenig höher als der vierte Stachel. 


Von den drei Analstacheln ist der zweite etwas stärker als der 
dritte, doch kürzer als dieser. Der gliederstrahlige Theil ist gleichfalls 
oval gerundet, an der Basis beschuppt und erreicht an Höhe circa °/, 
bis %/, der Kopflänge. 

Die Caudale ist am hinteren Rande nur schwach eingebuchtet 
und etwas mehr als 1?/,mal in der Kopflänge begriffen. 


Die Pectorale ist schwach säbelförmig gekrümmt, länger als die 
zugespitzte Ventrale und eirca 1°/,mal in der Kopflänge ent- 
halten. i 

Die Seitenlinie läuft nahezu parallel mit der gleichmäßig ge- 
krümmten Rückenlinie und durchbohrt bis zur Einlenkungsstelle der 
mittleren Caudalstrahlen 46—47, auf der Caudale noch 4 bis 8 
Schuppen. 

Über der Seitenlinie liegen 8—9, unter derselben 15—16 
Schuppen in einer Querreihe. 

Der Körper ist bläuliehgrau-violett, am Bauch schmutzig silber- 
grau; 11—14 silbergraue, nicht scharf abgesetzte Querstreifen 
laufen vom Rücken zum Bauche. 

Die Anale, Caudale, der hintere Theil der Ventrale und der 
obere der Dorsale ist schwärzliehblau; der untere Rand der Anale 
und deräußere der Ventrale ist milchig weiß. Die Pectorale zeigt eine 
wässerig olivengrüne Färbung im hinteren und oberen Theile und ist 
im unteren schmutzig weißlichgrau; an ihrer Basis liegt ein halb- 
mondförmiger, schwärzlich-violetter Fleck. 


Ichthyologische Notizen (IX). 307 


D. 10/15; A. 3/8. 
Drei Exemplare von 111/,—13’ Länge. — Von Lagos. 


2. Art. Mesoprion guttatus n. sp. 


Der Kopf spitzt sich nach vorne ziemlich stark zu, die Kopflänge 
ist etwas mehr als 3'/, bis nahezu 3'/,mal, die Körperhöhe 3°/, bis 
3°/,mal in der Totallänge, dieLänge der Schnauze 2?/.—2'/,mal, der 
Augendiameter 4%/,—5mal, die Stirnbreite 4—4°/,mal in der Kopf- 
länge enthalten. 

Der hintere Winkel der schief nach vorne ansteigenden Mund- 
spalte fällt senkrecht unter den vorderen Augenrand, der hintere 
Rand des Oberkiefers etwas hinter diesem; die beiden Hundszähne zu 
jeder Seite desZwischenkiefers sind schwach entwickelt, der vordere 
ist etwas schwächer und kürzer als der hintere. Eine Reihe von 
kleinen Hakenzähnen in der Außenreihe des Zwischen- und Unter- 
kiefers, hinter diesen eine schmale Binde von Bürstenzähnen. 

Die Zahngruppe am Vomer bildet ein Dreieck mit lang ausge- 
zogener Basis. Die Zahnbinde im basalen Theile der Zunge ist fast 
viereckig, länger als breit; die Zunge groß, dünn, im vorderen 
Theile frei. 

Der aufsteigende Rand des Vordeckels ist in den beiden oberen 
Dritteln schwach convex, im unteren aber ziemlich bedeutend einge- 
buchtet, so daß der hintere oval gerundete Winkel stark nach hinten 
vorspringt. Der Zwischendeckel zeigt keine knopfförmige Ver- 
dickung. 

Der Kiemendeckel endigt in zwei stumpfe, platte Spitzen; das 
hintere über den Kiemendeckel vorspringende Ende des Unterdeckels 
ist häutig. 

Das Centrum des Auges liegt um etwas mehr als die Hälfte 
einer Augenlänge näher zur Schnauzenspitze als zum hinteren Kopf- 
ende; das stark entwickelte Präorbitale ist von rhombenförmiger 
Gestalt, fast eben so breit wielang, und wie die Schnauze, die ganze 
Stirne, die Lippen, Kiefer und das Randstück des Vordeckels schup- 
penlos. Unter dem Auge liegen 5—6 Schuppenreihen auf den 
Wangen. 

Die hintere Nasenöffnung ist schlitzförmig, die vordere oval. 
Die Entfernung beider Nasenöffnungen von einander ist halb so groß 
wie die der hinteren Narine von dem vorderen Augenrande. 


308 Steindachner. 


Die obere Profillinie des Kopfes fällt ziemlich schief zur Schnau- 
zenspitze ab und ist wenig concav. 

Die Rückenlinie beschreibt einen äußerst flachen Bogen, erhebt 
sich vom Hinterhaupte nur wenig bis zum Beginne der Dorsale, senkt 
sieh unbedeutend längs der Basis der Dorsalstacheln, bedeutend 
stärker aber längs der Basis der gegliederten Dorsalstrahlen. 

Die Dorsalstacheln sind ziemlich schwach, nehmen vom ersten 
sehr kurzen bis zum vierten rasch an Höhe zu, hierauf bis zum letz- 
ten oder 10. nur allmählig ab. Der 4. längste Dorsalstachel erreicht 
kaum 5/,, der Kopflänge. Der gliederstrahlige Theil der Dorsale und 
Anale ist nach hinten oval gerundet, die Caudale am hinteren, 
schwarz gesäumten Rande halbmondförmig eingebuchtet, die Peeto- 
rale lang, zugespitzt und nur um eirca eine Augenlänge kürzer als 
der Kopf. 

Die Länge der Ventrale gleicht der Entfernung des hinteren 
Augenrandes von der Schnauzenspitze; die hintere Spitze der Ven- 
trale ist vom Beginne der Anale um circa 8, die der Pectorale nur 
um 11/,—31/, Schuppenlänge entfernt. 

Eine Reihe von Schuppen liegt vor jedem Gliederstrahle der Dor- 
sale und Anale, erreicht aber die Spitze derselben nicht. Die Caudale 
ist zum bei weitem größten Theile mit Schuppen überdeckt. 

Der zweite Analstachel ist beträchtlich kürzer und etwas stär- 
ker als der dritte, dieser an Länge kaum 5/, des darauf folgenden 
Gliederstrahles gleich. Eine von mehreren Schuppenreihen gebildete 
Scheide legt sich über die Basis der Anale und nimmt gegen den letz- 
ten Strahl an Höhe etwas zu. Minder hoch und von 2 Schuppenreihen 
gebildet ist die Hülle am gliederstrahligen Theile der Dorsale. 

Die Seitenlinie läuft nahezu parallel mit der Rückenlinie und 
durehbohrt bis zur Basis der mittleren Caudalstrahlen 48, sich stark 
überdeekende Schuppen, deren freies Feld mit stark ausgeprägten 
Radien durchzogen ist. Der hintere Rand sämmtlicher Schuppen ist 
sehr fein und dicht gezähnelit. 

Körperfarbe schmutzig röthlichbraun in der oberen Rumpfhälfte, 
nach allmäligem Übergange gelb mit Silberreflex in der unteren Lei- 
beshälfte. Graublaue, tropfenähnliche Flecken liegen in schiefen 
Reihen (der Lage der Schuppenreihen entsprechend) über, in hori- 
zontalen Reihen unter der Seitenlinie und am Kiemendeckel; endlich 
n schwach bogenförmigen Reihen an der Wange und auf dem Präor- 


| Iehthyologische Notizen (IX). 309 


bitale bis zum Seitenrand der Schnauze. An der Unterseite des Körpers 
so wie auf den daran stossenden unteren Schuppenreihen der Körper- 
seiten fehlen sie. Hie und da vereinigen sich die Flecken, welche 
bald die Basis, bald das Centrum der einzelnen Schuppen einnehmen, 
zu kurzen Binden, so an den Seiten der Schnauze, an den Wangen 
und am Rumpfe über der Seitenlinie. Die Dorsale ist schmutzig 
gelb; die Ventrale, Anale, Caudale und Peetorale sind etwas röth- 
lichgelb. 

Ein sehr großer, doch verschwommener, schwärzlicher Fleck 
liegt auf der Seitenlinie unter und zwischen den 2 letzten Stacheln 


und den 2 ersten Gliederstrahlen der Dorsale. 
Ss 


D. 10/12; A. 3/8; L. lat. 48; L transy. 1 


14—13 
Zwei große Exemplare von Mazatlan. 


3. Art. Umbrina phalaena G ir. 
(Unit Stat. and Mex. Bound Surv., Ichthyol., p. 13, pl. V, Fig. 1—5.) 

Die größte Körperhöhe erreicht nicht ganz '/, der Totallänge, 
die Länge des Kopfes fast 1/, der letzteren, die Länge der Schnauze 
ist 31/,mal, der Augendiameter 6mal, die Stirnbreite etwas mehr als 
Amal in der Kopflänge (ohne Membr. branchiost.) enthalten. 

Der dritte, längste Stachel der ersten Dorsale gleicht an Länge 
der Entfernung der hinteren Unterdeckelspitze vom hinteren Augen- 
rand. 

Die Seitenlinie durehbohrt bis zur Basis der mittleren Caudal- 
strahlen 50—52 Schuppen und erstreckt sich bis zum hinteren Cau- 
dalrande; über der Linea lateralis liegen 6, unter derselben bis zur 
Ventralbasis 12 Schuppen. Auf der Basis vieler Rumpfschuppen lie- 
gen ganz kleine Sehüppehen. Der Kopf ist vollständig besehuppt. Die 
Zähne der äußeren Reihe im Zwischenkiefer sind bedeutend größer 
als die entsprechenden des Unterkiefers, hakenförmig. Die zweite 
Dorsale enthält einen Stachel und 24 Strahlen. 

Bis jetzt war diese Art nur von Texas bekannt, sie scheint je- 
doch eine ziemlich weite Verbreitung zu haben, da das Exemplar 
meiner Sammlung von Santos herrührt. 


4. Art. Clupea (Alosa) notacantheides n. sp. 
Diese schöne Art vereinigt in sich Eigenthümlichkeiten von Olu- 
pea (Alosa) maculata Cuv. Val. und Clupea notacanthus. 


310 Steindachner. 


Die Schuppen sind ziemlich regelmäßig gereiht, mit vielen hori- 
zontal laufenden Streifen versehen und insbesondere in der Rücken- 
gegend stark gezähnelt. Zwischen dem Hinterhaupte und der Dor- 
sale liegen in der Rückenlinie 7 Stachelschilder; eirea 35 am Bauch- 
rande zwischen der Kehle und der Analgrube, davon 17 Schilder zwi- 
schen der Ventrale und der Analgrube. Die Kopflänge ist 3%/,mal in 
der Körper- oder unbedeutend mehr als 4mal in der Totallänge, die 
größte Rumpfhöhe etwas mehr als 3mal in deı Körper-, und 35/,mal 
eirca in der Totallänge, der Augendiameter eirca 61/,mal, die Schnau- 
zenlänge 4>/,mal, die Stirnbreite etwas mehr als Amal, die Länge des 
Unterkiefers eirca 1*/,mal in der Kopflänge enthalten. 

Der Oberkiefer ist der Länge nach stark gestreift, schwach und 
radienförmig, der Kiemendeckel in der vorderen Hälfte. 

Der untere Rand des stark geneigten Vordeckels vereinigt sich 
mit dem aufsteigenden Rande rechtwinkelig. 

Von dem weiten Augencanale, der vom vorderen Ende des lan- 
gen schmalen Präorbitale im Halbkreise zum hinteren Augenrande 
zieht, läuft ein Netz feiner Canälchen nach unten und hinten über 
die Wangen und Deckelstücke. Der größere mittlere Theil der Stirne 
ist flach und gleichfalls von zahllosen aber sehr kurzen Canälchen 
unregelmäßig durchsetzt. 

Die Kiefer sind zahnlos, die Unterkieferspitze ist hakenförmig 
aufgebogen und fügt sich in einen tiefen Ausschnitt der Zwischen- 
kiefer. 

Das hintere Ende des Oberkiefers fällt um eine halbe Augenlänge 
hinter den hinteren Augenrand. 

Drei fleischige Wülste hängen von der Vomergegend herab, die 
beiden äußeren sind schwach halbmondförmig gebogen, mit äußerer 
Concavität. 

Die Rechenzähne sind lang, dicht an einander gedrängt, die des 
äußeren Bogens reichen bis in die Nähe der Zungenspitze, nehmen 
jedoch im vordersten Theile rasch an Länge ab. 

Die Dorsale enthält 20 Strahlen, deren höchster (3. oder 4.) 
21/,mal in der Kopflänge enthalten, während die Dorsalbasis cirea #/, 
der letzteren erreicht; der obere Dorsalrand ist mäßig concav, der 
letzte Dorsalstrahl etwas länger als der vorletzte. Der Beginn der 
Dorsale fällt um 1:/, Augenlängen näher zur Schnauzenspitze als zur 
Basis der mittleren Oaudalstrahlen. 


Ichthyologische Notizen (IX.) 311 


Die kurzen Ventralen sind genau in der Mitte der Körperlänge 
(ohne Caudale) eingelenkt. 

Die Peetorale ist zugespitzt, mehr als 23/,mal in der Kopflänge 
enthalten. Über der Basis dieser Flosse beginnt eine mit großen 
Schuppen bedeckte Hautleiste, welche fast bis zum Ende des dritten 
Längenviertels der horizontal zurückgelegten Pectorale reicht. Die 
Anale enthält 14 Strahlen, deren längster eirca 1'/, Augendiametern 
gleichkommt. Die Caudale ist um eirca 1 Augenlänge kürzer als der 
Kopf, die Lappen derselben sind zugespitzt und überschuppt. 

Circa 20 Schuppen liegen querüber am Rumpfe, eirca 50 der 
Länge nach, die kleinsten Schuppen kommen am Vorderrücken vor. 

Die kleinere obere Körperhälfte ist grau, lebhaft opalisirend; 
die untere größere gelblich, der Bauch weißlich. Ein dunkler ver- 
schwommener Fleck über der Kiemenspalte; 6 quergestellte läugliche 
Flecken hinter derselben. 


B. 93: DI20 7 ASTA PB. 17: V. 7; LE. transv. (circa 20; 


L. lat. eirea 50. 
Von Mazatlan. 


5. Art. Clupea setosa n. sp. 


Die Nackenschuppen, so wie die zunächst unterhalb der Dorsale 
gelegenen Schuppen endigen in sehr lange borstenförmige Fasern; 
auch die übrigen größeren Rumpfschuppen, welche der Länge nach 
dieht gestreift sind, endigen nach hinten in Borsten. Doch sind die- 
selben viel kürzer. Stachelschilder an der Nackenlinie fehlen. 

Die größte Körperhöhe ist eirca 32/,mal, die größte Leibeshöhe 
Amal in der Totallänge, die Augenlänge circa 4°/,—4'/,mal, die 
Kopfbreite 2‘/,mal in der Kopflänge enthalten. Die Länge der 
Schnauze gleicht der eines Auges. 

Die Oberseite des Kopfes ist querüber flach, der Vordeckel ist 
von halbmondförmiger Gestalt, der Deckel im vorderen Theile und 
parallel mit dem Vorderrande zart gestreift; das hintere Ende des 
Oberkiefers fällt in senkrechter Richtung etwas hinter die Augenmitte. 
Kiefer, Gaumen und Zunge sind zahnlos. 

Die Länge des Unterkiefers, welcher vorne nur schwach aufge- 
bogen ist, gleicht der Entfernung des hinteren Kopfrandes vom hin- 
teren Augenrande. Das System der Kopfeanäle ist mit Ausnahme des 
großen Canals, der um das Auge läuft, minder verzweigt und schwä- 


312 Steindachner. 


cher hervortretend als bei der früher beschriebenen Art. Die Ober- 
seite des Kopfes ist mit dicht an einander gedrängten Längsleistehen 
versehen. Nur eine lange, niedrige fleischige Falte in der Mittellinie 
des Gaumens. Der Rumpf ist stärker comprimirt als bei Cl. nota- 
canthoides. Zwischen Kehle und Aftermündung liegen 28 Stachel- 
schilder, von denen 11—12 zwischen die Ventrale und Anale fallen. 

Die Dorsale enthält 17, die Anale 20 Strahlen; erstere Flosse 
beginnt um nahezu eine Augenlänge vor der Mitte der Körperlänge 
(ohne Caudale); ihre größte Höhe ist eirca 2°/,mal in der Kopflänge 
oder nahezu 3mal in der Rumpfhöhe enthalten, der letzte Strahl ist 
etwas länger als der vorangehende. 

Die Basislänge der kurzstrahligen Anale gleicht der halben, die 
Länge der Caudale einer ganzen Kopflänge. Die Spitze der Pectorale 
reicht etwas über die Basis der Ventrale hinaus. Die Länge der Ven- 
trale ist eirca 21/,mal in der Kopflänge begriffen, die Einlenkungs- 
stelle dieser Flosse fällt genau in die Mitte der Körperlänge (ohne 
Caudale). Die Schuppen sind ganz regelmäßig gelagert, 46 zähle 
ich zwischen dem Schultergürtel und der Caudale ; über die mittleren 
Caudalstrahlen legen sich zwei Flügelschuppen; überdies ist noch 
die ganze Caudale mit kleinen Schuppen bedeckt. Zwischen der Dor- 
sale und der Bauchschneide liegen 18—19 horizontale Schuppen- 
reihen; die Schuppen nehmen gegen den Rücken an Größe bedeu- 
tend ab. ! 
Das obere Rumpfdrittel und die Oberseite des Kopfes zeigt 
eine schiefergraue Färbung, welche nach unten allmälig ins Gelb- 
liehe übergeht. Gegen die Bauchschneide ist der Rumpf weißlich- 
gelb. Die oberste Spitze der Dorsale ist schwärzlich, der obere Theil 
des oberen Caudallappens schiefergrau. 

Bro: DI 1228. 205 ,P 16: Vi Er lat 20,0% transya 18-19: 

Von Mazatlan. 


6. Art. Solea mazatlana n. sp. 


Die Körpergestalt ist oval, mit EinschlufßS der Dorsale und Anale 
fast kreisrund. 

Die Körperhöhe ist eirea2mal, die Kopflänge 4°/-— unbedeutend 
mehr als 4mal, die Länge der ovalen Caudale nahezu oder genau 
Amal in der Totallänge, die größte Höhe der Dorsale und der Anale 
31/,mal in der Rumpfhöhe enthalten. 


Ichthyologische Notizen (IX). | 2:3 


Die Augen sind klein, oval; das obere ist über das untere nur 
schwach vorgerückt, der längere Augendiameter erreicht circa Y; 
bis 1/; der Kopflänge, die Entfernung der Augen von einander gleicht 
eirea der Hälfte einer Augenlänge. Die Lippen auf der rechten oder 
Augenseite sind stark gewimpert, ebenso der untere Kopfrand und 
der vordere Theil der augenlosen Kopfseite. 

Die tubenförmige Narine der rechten Kopfseite liegt über der 
Längenmitte der Mundspalte in der Höhe des unteren Auges, die grös- 
sere der farblosen Kopfseite aber binter und über der stark geboge- 
nen Mundhälfte. Die Peetorale der rechten Körperseite ist schwach 
entwickelt, 3—5strahlig, bald eben so lang, bald aber 2mal so lang 
wie das Auge. Die linke Körperseite zeigt keine Peetorale. Die Dor- 
sale beginnt an der Sehnauzenspitze und enthält 56, die Anale 42 
einfache Strahlen; die gut entwickelte Ventrale endlich jederseits 
5 Strahlen. Die größte Erhebung der Dorsale und Anale fällt gegen 
den Beginn des letzten Drittels der Körperlänge (ohne Caudale). Die 
Schuppen beider Körperseiten sind ktenoid, sehr rauh anzufühlen, am 
Rumpfe sehr klein, größer im vorderen Theile des Kopfes auf der 
Augenseite, insbesondere zunächst dem Vorderrande. Auf der Rücken- 
und Afterflosse sind die Schuppen lang gewimpert; eirca 70 Schup- 
pen durehbohrt die Seitenlinie vom oberen, hinteren Ende des 
Kiemendeckels bis zur Basis der Caudale, zieht aber bis zum 
hinteren Rande letzterer Flosse, noch viele Schuppen durchsetzend, 
fort. 

Charakteristisch für diese Art ist das Vorkommen zahlreicher, 
feiner Haare, welche theils einzeln, theils büschelweise stehen, und 
zwar auf der ganzen Augenseite des Körpers mit Einschluß der 
Flossen. 

Die Körperfarbe der rechten Seite ist grau; 7—8 schwarze 
Querlinien ziehen in ziemlich regelmäßigen Zwischenräumen über den 
Rumpf, nur zunächst dem hinteren Kopfende rücken sie etwas näher 
zusammen. Zuweilen liegen weißliche, ziemlich große Flecken mit 
dunkler Umsäumung am Rumpfe und Kopfe unregelmäßig zerstreut; 
doch, wie es scheint, nur bei ganz jungen Individuenbis zu 8” Länge, 
da sie zweien 31/,” langen Exemplaren spurlos fehlen. Sämmtliche 
Flossen sind weißlich gerandet, auf diesen Saum folgt eine mehr oder 
minder breite schwärzlichviolette Binde, die übrigens nur auf der 
augenlosen gelbliehen Körperseite ganz deutlich wahrnehmbar ist, 


314 Steindachner. 


und unmerklich in die graue Grundfarbe der rechten Körperseite 
übergeht. 
D. 56; A. 42; P. 3—5; V. 5. L. lat. c. 70. 


4 Exemplare von nahezu 3—3!/,” Länge. 


Schließlich gebe ich eine Liste aller jener Arten, welche das 
Wiener Museum von der Küste Mazatlans besitzt, da ich glaube, daß 
dieselbe einen wichtigen Aufschluß über die geographische Verbrei- 
tung der Fische des stillen Oceans längs der amerikanischen Küste 
gibt. 


1. Serranus humeralis C.\. 
2. Mesoprion griseus C. \V. 
d » guttatus Steind. (s. Taf. VIII dieser Abhandlung). 
4. Genyoroge canina Steind. 
5. n bengalensis B]. 
6. Pristipoma macracanthum Gthr. 
7 5 Kneriüi Steind. (s. Ichthyol. Notizen VII). 
8 nitidum Steind. 
9. n azillare Steind. 
10. N brevipinne Steind. 
11. Haemulon mazatlanum Steind. 
12. Chrysophrys taurina Jen. 
12 a. Lethrinus striatus Steind. 
13. Holacanthus passer \ al. 
14. Ephippus Faber Bl. 
15. Pimelepterus Boscü Lae. 
16. Eleginus chilensis C. V. (Ein leider stark beschädigtes Exem- 
plar.) 
17. Latilus jugularis C. \V. 
18. Polynemus approximans Lay, Benn. (2 Ex., jedes mit 8 Sta- 
cheln in der ersten Dorsale.) 
19. Otolithus analis C. V. 
20. Caranz (Trachurus) Cuvieri Lowe. (Ein sehr großes Exem- 
plar.) 
21. Caranz trachurus Lin. 
22. Caranz Girardi Steind. (= Trachurus boops Gir., nee (. 
boops C. V., mit einer schmalen Zahnbinde im Zwischen- 
kiefer. ) 


23. 
24. 
25. 
26. 
21. 
28. 
29. 
30. 
31. 
82. 
39. 
34. 
35. 
36. 


37. 
38. 


39. 
A0. 
41. 
42. 
AB. 
AA. 
45. 


Ichthyologische Notizen (IX). 315 


Scomber janesaba Cuv. Val. 

Coryphaena hippurus L. 

Pelamys chilensis C. \V. 

sul sardın CN. 

Stromateus maculatus C. \. 

Thyrsites chilensis C. \V. 

Clinus Philippi Steind. 

Atherinichthys microlepidota Jen. 

RN laticlavia C. \. 

Mugil Broussonetii C. \. 

Myzus harengus Gthr. 

Gerres rhombeus C. \. 

»„  Dovü Gill. 

Genypterus blacodes Forst. Tsch. (3 Exemplare von riesiger 
Größe). 

Solea mazatlana Steind. (Taf. V.) 

Pseudorhombus adspersus Steind. (D. 68—72; A. 58—56; 
Kopflänge etwas mehr als 3—3*/„mal, Rumpfhöhe 21/,—2mal 
in der Körperlänge (ohne Caudale), s. noch Steind. Ichthyol. 
Notizen V). 

Aelurichthys nuchalis Gill. 

Clupea (Alosa) notacanthoides Steind. (Taf. VII.) 

& B setosa Steind. (Taf. VI.) 

Elops saurus Lin. 

Pisoodonophis maculatus Cuv. 

Triakis maculatus Kner. 

Raja (Sympterigia) Bonapartii M. H. (Der Fundort dieser 
Art war bis jetzt unbekannt.) 


316 Steindachner. 


IV. Über zwei neue Leptocephaliden von der Küste Peru's. 


1. Art. Leptocephalus multimaculatus Steind. 


Steht in der Form des Kopfes und in der Bezahnung der Kiefer 
dem Leptocephalus longirostris Kaup am nächsten, doch ist der 
Körper bedeutend gestreckter (wie bei Lept. dentex Cant) und 
nimmt bis zum vierten Sechstel der Totallänge allmählig an Höhe zu. 

Hinter dem Kopfe liegen 9schwärzliche Fleckehen am Bauchrande, 
hierauf folgen sechs in der Mittellinie des Rumpfes, der zugespitzt endigt. 

Die Mundspalte ist lang, schief nach oben und vorne gekehrt, 
und reicht bis hinter die Mitte des ziemlich großen Auges. 

Beide Kiefer sind stark zugespitzt, insbesondere der Unterkie- 
fer; dieser überragt nur ganz wenig den Oberkiefer, ist sehr schmal 
und zart, durchsichtig und trägt S—9, der Oberkiefer 7 mit der 
Spitze nach vorne gekehrte Zähne bis in die Gegend des vorderen 
Augenrandes. Diese Zähne nehmen gegen das vordere Kieferende 
etwas an Länge zu, und sind mit freiem Auge sichtbar. Unter dem Auge 
liegen noch 6—8 äußerst kleine Zähnchen, sowohl im Ober- als Un- 
terkiefer. Peetoralen fehlen. Die Aftermündung läßt sich nicht mit 
Sicherheit ermitteln, scheint aber nach einer kleinen Einbuchtung zu 
schließen bei einem Exemplare von 3” 1’” Länge eirca 5 Linien vom 
hinteren Körperrande entfernt zu liegen. Erst im hintersten Theile 
des Rumpfes zeigt sich eine Spur von Strahlenfasern am Rande des 
Rücken- und Bauchsaumes. Unter jedem der neun Flecken zunächst 
dem Bauchrande ist letzterer ein wenig eingebuchtet. 

Die größte Körperhöhe fällt eireca in das A. Sechstel der Total- 
länge und beträgt bei einer Totallänge von 3” 1’ nur 31/, Linien, 
Die Kopflänge ist eirca 18'/,mal in der Totallänge enthalten. Die 
Schnauzenlänge gleicht der Hälfte der Unterkieferlänge, diese der 
Hälfte der Kopflänge. 

Totallänge eines Exemplares 3” 1”, größte Körperhöhe 31/,''; 
Körperhöhe gleich hinter dem Kopfe 1”; Kopflänge 2”; Schnauzen- 
länge /,”’, Unterkieferlänge 1”, Augendiameter ?/,”’ lang. 

Muskelstreifung am Rumpfe wie bei den übrigen Lepfocepha- 
lus-Arten. 


Ichthyologische Notizen (IX). 317 
2. Art. Leptocephalus peruanus Steind. 


Der Körper dieser Art ist sehr hoch, bandförmig; der Kopf und 
die Bezahnungsweise ganz ähnlich wie bei Lept. multi maculatus, 
daher mit L. longirostris Kp. nahe verwandt. 

Beide Körperenden sind zugespitzt, und zwar sehr stark das 
hintere Leibesende; die Mundspalte ist lang und reicht bis unter die 
Mitte des Auges; sie ist nur wenig schief nach vorne und oben ge-* 
richtet. 

Mit freiem Auge sichtbare, nach vorne gekehrte Zähne in den 
Kiefern, wie bei der früher beschriebenen Art. Die Kopflänge gleicht 
1/,, der Totallänge. Der Körper nimmt fast bis zur Mitte gleichförmig, 
ziemlich rasch an Höhezu und hierauf eben so regelmäßig wieder ab; 
die größte Rumpfhöhe beträgt ‘/, der Totallänge. Etwas hinter der 
Mitte der Körperlänge liegt über einer seichten Einbuchtung des 
Bauchrandes ein dunkler Fleck. Nur am Rande des hintersten Thei- 
les des Bauch- und Rückensaumes zeigen sich sehr kurze Faserstrah- 
len. Die obere Profillinie des Kopfes bildet mit der des Rückens 
einen gleichförmig gerundeten, zusammenhängenden Bogen ohne die 
geringste Unterbreehung oder Störung in der Richtung, wie dies bei 
L. longirostris der Fall ist. 

Die in unserem Besitze befindlichen 2 Exemplare dieser schönen 
Art sind 1” 51/,”’ lang. Kopflänge 11/,’. Augendiameter 1/,"’, Kör- 
perhöhe 41/,'”. 

Fundort: Peruanische Küste, im Sande. — Von Herrn Wes- 
sel eingesendet. 


1) Nachträglich erhalte ich noch Zeptoc. peruanus m. aus der Südsee ohne nähere 
Angabe des Fundortes (Catal. IV des Museums Godeffroy Nr. 5639) als Zeptoe. 
bimaeulatus Kner in lit. eingesendet, und Z. multimaculatus (l. ec. Nr. 4640), 


jede Art in zwei trefflich erhaltenen Exemplaren. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 21 


318 


Taf. I 
» I 
si III 


3 Svıll, 


Steindachner. Ichthyologische Notizen (IX). 


Tafel- Erklärung. 


. Heros facetus. 


»  Jenynsü. 


. Fig. 1. Tetragonopterus fasciatus. 


ea N rutilus. 


a % mezxicanus. 
» 2—%. Schlundknochen der linken Körperseite von vorne (2), 
außen (3) und innen (#) gesehen. 


. Solea mazatlana. 


. Clupea (Alosa) setosa: a. Schuppen aus der Rückengegend, 5. aus 


der Mitte der Rumpfhöhe. 


. Clupea (Alosa) notacanthoides. a. Schuppen aus der Mitte der 


Rumpfhöhe. 


Mesoprion guttatus. 


Pe 


Steindachner, Ichthyol. Notizen (IX) Taf. I. 


N. dNat.gez.ulıth.v: Ed. Konopicky. A.d.kkHofu Staatsdruckerei. 


Sitzungsb. dk. Akad.dW. math.naturw. C1. LX Bd. I Abth. 1869. 


Taf IE. 
aatsdruckerer 


DE 


A.d k.kHofı 


) 


ez.au.ith.v: Ed. Konopicky. 


wg 


a 


Steindachner, Ichthyol. Notizen (IX 


N.d.N 


1.LX Bd.T Abth. 1869. 


Eh 


atlı naturw 


2 


Sitzunssb. d.k Akad. d.W 


x 


Steimdachner, lelıthyol. Notizen (IX) Mani. 


Man TH Sarg i St I 
N d.Notsez u. lith vw Ed Konopıeky A.A.k.».Hot.ı Staatscdruckerzi 


Sitzungsb.d.kAkadd.W imath.naturw CL. LN Bd TAbıh. 1869. 


Steindachner, l[ehthvol Notizen (IX) Tat. N. 


N. a. Nat gez.u.lithr Bd Kenspick \.dEkbot.ustaatsdrucker 


Sitzungsb.d.k. Akad dW math.naturw.Cl. LEN Bd.TAbth 1869. 


vor 
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Kt 
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Steindachner, Ichthyol. Notizen ( IA) TarV 


N d Natgez uhth v Ed Konopicky. A.dk.kHofu Staatsdruckereı. 


Sitzung sb. dk Akad d Wmath.naturw CLLX. Bd. 1.Abth.18 69. 


Stemdachner, Ichthyol.Notizen ( 19:9) 


Taf. 1. 


Steindachner, Ichthyol. Notizen (IX) Taf. WI. 


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N. dNat.gez a.lith.v:E 


Sitzumgsh.d. 


Stein dachner, Ichthyol. Notizen (IX) 


Taf. VII. 


|n.Gr. 


Stein dachner, Ichthyol. Notizen (IX) Taf. VI. 


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N d Nat.gez.u Iıth.v: Bd. Konopicky. AdkkHof.u»faatsdruckerer. 
gez.u Pick; 


Sitzungsb.d.k. Akad. dW. math.naturw. Cl. LX.Bd I Abth.1869. 


Steimdachner, Ichtlıyol. Notizen (IN. Taf. VI 


atsdruckerei 


N a Nat 8gez u ita v Ed. Konopick: Adk kHo£u St 


Sitzundsb. d l.Akad.d.W. math.naturw. CLLX. Bd. 1. Abt. 1869. 


319 


Über die sogenannten accessorischen Gelenkshöcker an der 

Pars basilaris ossis occipitis und einige Formen von un- 

sewöhnlicher Gelenksverbindung zwischen dem Zahnfortsatz 
des Epistropheus und dem Hinterhauptknochen. 


Von Dr. A. Friedlowsky, 


Docent und Prosector in Wien, 


(Mit 1 Tafel.) 


A. J. Fr. Meckelt) hat der Erste einen an der Unterfläche 
der Pars basilaris ossis occipitis des Menschen abnormer Weise 
vorkommenden Fortsatz beschrieben und abgebildet, welchen er mit 
dem am Hinterhauptknochen der Vögel, Reptilien und Fische be- 
findlichen Gelenkshöcker verglich. E. Sandifort?) sah eine ähnliche 
Bildung, jedoch mit rechtseitigem und linkseitigem Processus para- 
mastoideus vergesellschaftet, schon früher, legte ihr aber unter dem 
Namen einer Exostose keinen Werth bei. Seit Meckel bürgerte 
sich diese Anomalie in der osteologischen Nomenclatur als Proces- 
sus condyloideus tertius nach und nach ein, und wurde von ver- 
schiedenen Autoren in ihren Varianten untersucht. So führt W. 
Gruber:) einen Fall von dritten (überzähligen, mittleren) Gelenks- 
fortsatz auf; ebenso H. Luschka:); drei andere Speeimina finden 
sich bei H. J. Halbertsma>). Die von Carter Blake®) an indi- 


1) Deutsches Archiv für Physiologie. Halle und Berlin. 1815. Bd. I, Heft A, S. 644, 
Taf. VI, Fig. 37, und 1) de duplieitate monstrosa commentarius. Halae et Berolini. 
MDCCCXV. p. 24, 25. 

2) Museum anatomieum academiae Lugduno-Bataviae. Lugduni-Batavorum. MDCOXCI. 
Vol. II. Taf. XIV. Fig. III. 

3) Neue Anomalien als Beiträge zur physiologischen, chirurgischen und pathologi- 
schen Anatomie. Berlin. 1849. S. 3. 

4) Die Anatomie des Menschen mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der practischen 
Heilkunde. Tübingen. Bd. 1. S. 27. 

5) Siehe Sehmidt’s Jahrbücher der in- und ausländischen gesammten Medicin. 
Leipzig. 1865. S. 269. 

6) Journal of the anthropological society of London. 1865. July et October. S. 117. 

21* 


320 Friedlowsky. 


schen Schädeln beobachteten Fälle konnte ich leider nicht nach- 
sehen. Auch A. W. Otto) erwähnt ihrer und eitirt Leveling?), 
G. Sandifort>), Knape s. Schupke:), Tesmer5), E. San- 
diforts), wenn diese Citate nicht eher auf die Processus parama- 
stoidei zu beziehen sind. 

Außer diesem einfachen ungewöhnlichen Fortsatz sah die Mehr- 
zahl der genannten Schriftsteller auch doppelte derartige Höcker an 
der Unterseite des Zapfentheiles vorkommen. „Ante utriusque pro- 
cessus condyloidei extremum anterius, sed introrsum, in utroque 
latere eminet facies cartilaginea rotunda, quarum sinistra a dextra 
duabus tantum lineis distat, exacte symmetrieca“ sagt Meckel?). 
Grubers) und Halbertsma°) machten auf die Verbindung der- 
selben mit dem vorderen Ende des nächstgelegenen Processus con- 
dyloideus ossis oceipitis durch einen Knochenkamm aufmerksam; 
letzterer gab ihnen ihrer warzenförmigen Gestalt wegen den Namen 
Processus papillares, und beschrieb auch einen Casus, in welchem 
zwei nahe neben einander gestellte Höcker von dieser Form gegen 
ihre Spitze hin unter sich verschmolzen. Auch bei €. Dietrich 0) 
ist eines Falles von zwei, jedoch vollkommen isolirt stehenden Zäpf- 
chen Erwähnung gethan. 

Wenn man die in den oben aufgeführten Schriften niedergeleg- 
ten Angaben über die Häufigkeit des Vorkommens dieser Anomalien 
unter einander vergleicht, so ergeben sich bedeutende Differenzen. 
Meckel fand unter 400 Schädeln imal den unpaaren Fortsatz, 
widerspricht sich aber dadurch, daß er ihn ein anderesmal „in plus 
ducentis ..... occipitis ossibus semel tantum“ gesehen haben will. 
Gruber untersuchte etwa 80 Köpfe, und sah unter ihnen 1mal 
den einfachen, 2mal doppelte Höcker. Halbertsma stieß 


1) Lehrbuch der pathologischen Anatomie des Menschen und der Thiere. Berlin. 
1830. Bd. I. S. 171. | 

2) Observationes anatomicae rariores. S. 134. Taf. 5. Fig. 2. 

3) Museum anatomieum. Vol. Ill. S. 289. Nr. 987. 

%) De luxatione spontanea atlantis et epistrophei. Berolini. 1816. S. 21. 

5) Dissertatio osteologiea. Berolini. 1812. 

6) Exereitiones anatomicae. Vol. I. S. 10. 

7) L.c.1!8. 25. 

8) L. e. S. 3 und 4. 

!) L.c. 

10) Beschreibung einiger Anomalien des Menschenschädels. Basel. 1848. S. 8. 


Über die sog. accessorischen Gelenkshöcker ete. 321 


unter 876 Cranien 7mal auf einfache oder doppelte Fortsätze. Da 
6 von 317 Köpfen aus dem ostindischen Archipel dieses Verhalten 
zeigten, dasselbe sich jedoch unter den übrigen 559 Schädeln ver- 
schiedener Völkerstämme nur 1mal fand, so vindieirte er den erste- 
ren damit gleichsam eine Raceneigenthümlichkeit. Der Umstand, 
daß bei der neuen Aufstellung unseres Museums die fragliche Ano- 
malie viel öfter mir zu Gesichte kam, als ich erwartete, veranlaßte 
mich eine nochmalige, genaue Revision unserer craniologischen 
Sammlung vorzunehmen; ich beschränkte mich jedoch auf diejenige 
Abtheilung derselben, welche die Racenschädel enthält, um zugleich 
ein Urtheil über die Ansicht Halbertsma’s mir zu bilden. Ein 
anderer Grund, welcher zur Unternehmung dieser Arbeit einlud, ist 
darin gelegen, daß mit Ausnahme des von Luschka beschriebenen, 
oben angezogenen Falles, in welchem eine Gelenksverbindung zwi- 
schen dem Zahnfortsatze des Epistropheus und einem unpaaren 
Höcker unbestreitbar nachgewiesen ist, in der aufgeführten Literatur 
kein zweiter vorliegt, sondern betreffenden Ortes eine Artieulation 
des Höckers mit Atlas oder Epistropheus nur gemuthmaßßt wird. So 
sprechen Meckel, Gruber und Halbertsma von der Möglich- 
keit einer Deutung der accessorischen Fortsätze als Processus con- 
dyloidei mit Gelenksbeziehung zum ersten oder zweiten Halswirbel. 
Es wirft sich dadurch von selbst die Frage auf, ob die physiolo- 
gische Verwendung der außergewöhnlichen Knochenerhebungen am 
Basilartheil des Hinterhauptbeines als supernumeräre Gelenkshöcker 
wirklich stattfinde, oder ob diese Fortsätze einem anderen Zwecke 
dienen. 

Bevor ich jedoch die Resultate, welche meiner Untersuchung 
erflossen, hier vorlege, erlaube ich mir die einzelnen Fälle, die ich 
zu beobachten Gelegenheit hatte, voranzuschieken. Unter 727 Schä- 
deln waren 48 mit den besprochenen Fortsätzen versehen und lassen 
sich diese in vier natürliche Gruppen bringen. 


I. Sehädel.mit einfachem, seitlich stehendem Höcker. 


Sie gehören folgenden Ländern und Geschlechtern an: 1. Nie- 
derösterreich, weiblich. 2. Niederösterreich, männlich. 3. Ungarn, 
Geschlecht? 4. Ungarn, Geschlecht? 5. Ungarn, männlich. 6. Polen, 
männlich. 7. Polen, männlich. 8. Albanien, männlich. 9. Nieobaren, 
Geschlecht? Die Höcker an ihnen stehen bei Nr. 1. 2, 3, 4, 5, 6 


322 Friedlowsky. 


und 9 an der linken Seite der Pars basilaris ossis occipitis, bei 
Nr. 7 und 8 an der rechten Seite. 

Die Höhe derselben von der Basis zur mehr weniger abgerun- 
deten Spitze beträgt für Nr. 1 fast 2”; für Nr. 2 2”; für Nr. 3 
2%: tür Ne:4 129205; Türen 5 fast ı3l” > für INr.6r 27 N 
31/2"; für Nr. $S über 2; für Nr. 9 über 2”. Die größte Breite an 
der Basis beläuft sich, in derselben Reihenfolge zu nehmen, auf über 
2, fast 83, fast 8. fast 3”, 8”, 3”, über:8/ 87 nüber 3 Bei 
Nr. 2, 3, A, 5, 7, 9 sind die Höcker vorne und innen, bei Nr. 6 und 
$S nur nach vorne, und bei Nr. 1 gar nicht geglättet, Der Abstand 
des vorderen Randes der Höcker vom vorderen Umfange des großen 
Hinterhauptloches mißt fast 3", 31/,”, 31/4’, 21/,", über 4”, 4", 
4", 31/,'"', #"'. Der Abstand des inneren Randes der Höcker von 
der Medianlinie beträgt fast 3”, 11/,”, 31/,"', fast 0, fast 0, fast 
0’, fast 0, fast 1”’, fast 0. Die Höcker sind nichts anderes, als 
das aufgetriebene Ende eines Kammes, welcher von dem vorderen 
Theile des entsprechenden Processus condyloideus ossis occipitis in 
einer mehr weniger schiefen Richtung nach vorne und gegen die 
Mittellinie sich hinzieht. Das zwischen dem Anfange und Ende der 
Knochenleiste liegende Stück derselben springt in der Mehrzahl der 
Fälle wenig vor. 

Hieran ist noch ein 10. Schädel zu reihen, aus Niederöster- 
reich, weiblich, welcher den Übergang zur Il. Gruppe vermittelt. 
Der accessorische Höcker mißt fast 4”’ in der Höhe, ist nach unten, 
vorne und etwas nach rechts gerichtet, dreikantig prismatisch, mit 
einer hinteren größten und zwei vorderen, zugleich nach außen 
sehenden, kleineren Flächen; an der Basis beträgt seine Breite fast 
5”, von vorne nach hinten fast 3”. Mit dem größten Theile der 
Basis gehört er der linken Seite des Zapfens an; mit einem viel klei- 
neren Abschnitte derselben greift er über die Mittellinie auf die 
rechte Seite herüber. Der Abstand seiner vorderen Circumferenz an 
der Basis vom vorderen Rande des großen Hinterhauptloches beläuft 
sich auf 31/,”’. Die Spitze ist schief, von hinten und oben nach vorne 
und unten durch eine unregelmäßig dreieckige, unebene Fläche abge- 
setzt, welche mit einer ähnlichen, an der oberen Fläche des mächtig 
entwickelten Tuberculum atlantis anterius befindlichen, etwas nach 
rechts liegenden durch Knorpelmasse verbunden war. Der Processus 
condyloidus dexter, S"’ lang, besitzt eine vordere und hintere Fa- 


Über die sog. accessorischen Gelenkshöcker etc. 3) 253 


cette, und sendet von seinem vorderen Ende einen wenig vorspringen- 
den Knochenkamm gegen die rechte Kante des mittleren Fortsatzes. 
Zwischen dem rechten Gelenkshöcker und dem Warzenfortsatz ragt 
nach unten ein über 8” langer, an seiner Wurzel fast 6”’ breiter 
Processus paramastoideus, dessen Spitze mit dem äußersten Ende 
des Processus transversus atlantis dexter knöchern verbunden, bei 
der Herausnahme des Kopfes aus der Macerationsflüssigkeit unvor- 
sichtigerweise Weise abgebrochen worden war. Der Processus con- 
dyloideus sinister, fast 11’’ lang, vorne ziemlich flach, nach hinten, 
und außen rinnenförmig vertieft, springt mit seiner inneren Kante 
etwas in die Ebene des Foramen occipitale magnum vor, ebenso 
wie eine vom unteren Rande der Anfangsöffnung des Canalis condy- 
loideus anterior sinister auslaufende Leiste, welche von hinten und 
aufden nach innen und vorne zum hinteren Umfange der Pars basi- 
laris ossis occipitis hinzieht. Das vordere Ende des linken Gelenks- 
höckers verlängert sich in Form eines stark vorspringenden Kammes 
nach vorne und innen zur linken Kante des mittleren Fortsatzes. 
Neben dem Processus condyloideus sinister, dieht an der Warzen- 
naht stehend, ragt ein 3” langer Processus paramastoideus nach 
hinten und außen, ohne daß seine abgerundete Spitze den Quer- 
fortsatz des Atlas an dieser Seite erreicht. Figur 1. 


U. Sehädel mit einfachem, in der Mittellinie stehendem 
Höcker. 


Es sind nur vier Repräsentanten dafür mir zu Gesichte gekom- 
men, und zwar 1. aus Bayern, männlich; 2. aus der Ärva, weiblich; 
3. aus der Walachei, männlich; 4. aus Java, Geschlecht? Die an 
ihnen befindlichen Höcker sind der Reihe nach fast 1”’, 2", 11/,'”, 
11/4” hoch, an der Basis 1”, über 3", 21/,', 31/5" breit, 


Der Abstand des Vorderrandes der Höcker vom vorderen Um- 
fange des großen Hinterhauptloches mißt 1’, 4”, über 2, 31%”. 
Der Höcker ist uneben im ersten Falle, vorne und unten geglättet 
im zweiten, hinten glatt im dritten, und unten und hinten glatt 
im vierten. Die von den vorderen Enden der Gelenkshöcker aus- 
laufenden Kämme fehlen bei Nr. 1, sind bei Nr. 2 stark vorsprin- 
gend und ebenso, wie bei Nr. 3, wo sie jedoch nieder sind, ungleich 


324 Friedlowsky. 


entwickelt; bei Nr. 4 sind sie sehr kurz und nieder und verbinden 
die Seitenränder des mittlerer Höckers mit der Innenfläche der Pro- 
cessus condyloidet. 


I. Schädel mit einseitigem, deutlichem Höcker und 


der Anlage zu einem zweiten an der anderen Seite. 


Ich fand von ihnen 9 Exemplare. 1. Szeklerinn. 2. Rumäne. 
3. Zigeuner. 4. Böhminn. 5. Aus Genua, Geschlecht? 6. Aus Java, 
Geschlecht? 7. Amboinese. 8. Neger. 9. Neuholländer. 

Der deutliche Höcker steht rechts bei Nr. 1, 4, 5, 7 und 9, 
links bei den übrigen. Seine Höhe mißt 1”, 14)”, 14/,"', 1%,” 
über 1’, über 1’, 2”, 14/,'”, 11/2"; seine Breite ‚fast 2”, 21/,”, 
fast 2”, 2’, über 2”, 3”', 2”, X’, 3’. Er ist vorne und innen ge- 
glättet bei Nr. 1, 2, 3, 5; vorne bei Nr. 7; innen bei Nr. 8; unten 
bei Nr. 4; nicht geglättet bei Nr. 6 und 9. Der Abstand seines vor- 
deren Randes vom vorderen Umfange des großen Hinterhauptloches 
beträgt 3”, 41/,”', über 3”', 3”, 3”, 4", 21/,'", 31/2’, 3”; der 
seines inneren Randes von der Mittellinie 11/.””, fast 0’, ı/,"’, 1, 
1/a'", 1/,", fast 0, fast 0, fast 0. 

Die Kämme, welche von dem betreffenden Gelenkshöcker weg- 
laufen, sind nur bei Nr. 2, 5 und 7, namentlich an ihrem Beginne 
stark vorspringend, sonst weniger entwickelt. Der Höcker an der 
entgegengesetzten Seite ist vertreten bei Nr. 1 durch eine niedere, 
geglättete Anschwellung des vorderen Endes an der wenig vorsprin- 
genden Leiste, welche vom Processus condyloideus sinister weg- 
zieht; dieselbe liegt dem Hinterhauptloche näher und von der Me- 
dianlinie eben so weit entfernt, wie der rechte Höcker. Bei Nr. 2 
wirft sich der vom rechten Gelenkshöcker entspringende, niedere 
Kamm zu einem 21/,” breiten, querovalen, glatten Wulste auf, des- 
sen vorderer Rand 41/,”’ vor dem Foramen occipitale magnum, 
dessen innerer 1”’ von der Mittellinie entfernt steht. Bei Nr. 3 ist 
die rechte Leiste nieder, der Höcker an ihrem Ende eben bemerkbar 
und weiter nach rück- und auswärts liegend, als links. Bei Nr. 4 ist 
der linke Höcker unmerklich hoch, 1’ breit, nach innen und unten ge- 
glättet, steht eben so weit nach vorn, aber weiter nach außen als 
rechts. Bei Nr. 5 ist nur eine anfangs hohe, dann aber immer niedriger 
werdende Leiste links da. Bei Nr. 6 ebenso rechts, nur ist die Leiste 


Über die sog. accessorischen Gelenkshöcker ete. 325 


in ihrem vordersten Bezirk glatt. Bei Nr. 7 auf der linken Seite ein 
eben merkliches, glattes Höckerchen, mit derselben Stellung wie 
rechts. Bei Nr. 8 steht das etwas aufgetriebene Ende der vom rech- 
ten Gelenkshöcker wegziehenden Leiste dicht neben dem linken, 
deutlichen Höcker. Bei Nr. 9 endet die vom Processus condyloideus 
sinister weglaufende Leiste 11/,”’ vor dem Foramen occipitale 
magnum und ebensoweit von der Mittellinie entfernt mit einer sehr 
kleinen Anschwellung. 


IV. Schädel mit deutlich entwickelten doppelten 


Höckern. 


Diese Gruppe umfaßt die größte Anzahl von Köpfen und zwar 
aus: 1. Niederösterreich, männlich; 2. Niederösterreich, weiblich; 
3. Oberösterreich, männlich; 4. Tirol, männlich; 5. Tirol, männlich; 
6. Schlesien, männlich; 7. Schlesien, männlich; 8. Sehlesien, 
männlich; 9. Baiern, männlich; 10. Ungarn, männlich; 11. Ungarn, 
Zigeunerin; 12. Böhmen, männlich; 13. Böhmen, männlich; 14. 
Böhmen, männlieh; 15. Böhmen, männlich; 16. Böhmen, männlich; 
17. Mähren, männlich; 18. Ruthene; 19. Kärnthen, männlich; 
20. Istrien, männlich; 21. Jerusalem, Jude; 22. Sumatra, Ge- 
schlecht? 23. Neuseeland, Geschlecht? Der an der linken Seite der 
Pars basilaris essis occipitis stehende Höcker mißt in dieser Reihe 
dew Hohesnache123/, 4, 11/20, 227%, Tast, 17% 117% 227, 17% über 220. 
fast l4rsüber u, 17% 1. fast 227, 20.7, 71, a un 2 
1.2 fast 22, tat 2002272277: an seimer Basis ıst er breit: 87, 22, 
überm220, 12% Nüberiel 0 227 1, Nast 32523, 11 Es tast 
NEN Lasııl 2 21% übern 27,1, Tast27 27, 24,27% Hast our. 
Der Abstand seines vorderen Randes von der vorderen Circumferenz 
des großen Hinterhauptloches beträgt: 31/,’”, 3”, 3", 11/,”’, über 
a N EN Ay „über, 373, 27,207) fast 4, 2, 89, 
1’, 21/,, 3, 2, 3", 4", fast 4”, fast 4’. Die Entfernung seines 
inneren Randes von der Mittellinie ist bei Nr. 1, 2, 3, 6, 7, 8, 14, 
15, 16, 17, 20, 21, 22, 23 fast 0; bei Nr. 4, 12, 13 1””; bei Nr. 5, 
9, 10, 11, 18, 19 über 1—2”’. Die Glättung findet sich vorne und 
innen bei Nr. 1, 4, 5, 11, 13, 15, 21, 22, 23; vorne bei Nr. 2, 3, 
7, 8, 14, 18; vorne und unten bei Nr. 10, 17, 20; innen bei Nr. 6; 
nirgends bei Nr. 9, 12, 19. Der vom vorderen Ende des Processus 


326 Friedlowsky. 


condyloideus sinister auslaufende, verbindende Knochenkamm ist 
nur bei Nr. 1, 6, 8, 11, 13, 14, 15 stark markirt, weniger bei den 
übrigen. 

Der an der rechten Seite des er liegende Höcker 
mißt «in „seiner: ‚Höhe: 131.22 277, 9,14 AU du ber AUarlız 
übers 22.172 Jüher Ale: Ir, 1.45 27 ll übererdur 
über 1”, 1”, 11/,”', 2”, 11/,””, 2”; die Breite desselben an seiner 
Basis beträgt: über 3%, 27. 30, 14/7, über DL. ae 

ZN a EN 2 EN RE WE AS! 2", 
2% a, '". Der Abstand seines vorderen Randes vom vorderen Um- 
fange der Foramen occipitale magnum beläuft sich auf: fast 5, 3”, 
34, 1427, über42/, ,3/,,8/” fast 52%, über 32.32 dan 
fast 47, A, 340, Ar, Hast 277, 8307, 2u a Ar, Ar De int 
fernung seines inneren Randes von der Mittellinie ist beiNr. 1, 2, 3, 
7. 8, 14, 15, 16, 17, 20, 21, 22, 23 fast unmerklich; bei Nr. 4, 
12, 13, 19 gleich 1’; bei Nr. 5, 6, 9, 10, 11, 18 über 1” bis 2”. 
Die geglättete Stelle liegt vorne und innen bei Nr. 1, 4, 5, 11, 13, 
21, 22, 23; vorne bei Nr. 2, 3, 7, 8, 14, 18; vorne und unten bei 
Nr. 10, 17, 20; innen bei Nr. 6; uneben und nieht geglättet sind 
Nr. 9, 12, 15, 16, 19. Nur Nr. 16 besitzt auch hinten eine nahezu 
querovale, vollkommen plane, mit Knorpel bedeekte Gelenksfläche. 
Der vom vorderen Ende des Processus condyloideus dexter zum 
accessorischen Höcker dieser Seite ziehende Knochenkamm ist nur 
bei Nr. 1, 3, 6, 7, 9, 11, 13, 14, 15 stark entwickelt, bei den 
übrigen weniger. 

Hieran reiht sich noch der Schädel eines Böhmen Nr. 24, wel- 
cher eine besondere Beschreibung verdient. An ihm findet sieh dicht 
hinter dem Tuberculum pharyngeum ein zapfenförmiger Höcker von 
über 4’ Höhe, der mit einer 4” breiten Basis an der Pars basi- 
laris ossis occipitis aufsitzt und sich bis zum vorderen Rande des 
großen Hinterhauptloches erstreckt. Vom Processus condyloiduse 
sinister zieht ein hoher, vom dexter ein niederer Knochenkamm 
gegen seine Seiten. Die hintere Fläche des accessorischen Höckers 
trägt eine ovaläre Gelenkfacette, deren langer Durchmesser schief 
von links und oben nach rechts und unten steht. Ein in derselben 
Richtung ziehender etwas nach rechts hin gerückter Spalt, der den 
anomalen Fortsatz durchsetzt, spricht dafür, daß derselbe durch Zu- 
sammenfluß von zwei einander sehr nahegerückten Höckern entstan- 


Über die sogenannten accessorischen Gelenkshöcker etc. 327 


den ist1). Hinter dem Processus condyloideus dexter ragi ein keil- 
förmiger Fortsatz von 4” Länge nach abwärts, der an seiner Basis 
über 4” breit ist. Die äußere Fläche desselben ist von oben nach 
unten eoncav, von vorne nach rückwärts eonvex, die innere ist mehr 
weniger plan und gegen das untere Ende hin mit einer länglichen 
Gelenksfacette versehen. Diese letztere spielt bei den Beuge- und 
Streckbewegungen des Kopfes im Atlanto-occipitalgelenke an einer 
Gelenkfläche, die am äußern Rande der Massa lateralis atlantis 
dextra von hinten nach vorne zieht, und bei oberer eoncaver und 
“ unterer convexer Begrenzung nahezu die Form einer Semilunarklappe 
besitzt. Der Zahnfortsatz des Epistropheus mißt von der Basis bis 
zur Spitze 10” und überragt den oberen Rand des Arcus atlantis 
anterior nach oben um mehr als 4”. Dieses ihn nach oben zu ver- 
längernde Stück ist vorne ebenso geglättet, wie derjenige Theil, der 
mit der Gelenkfläche am vorderen Halbring des Atlas in Contaet 
steht, und artieulirt mit der an der Hinterfläche des aecessorischen 
mittleren Fortsatzes liegenden Gelenkfacette. Figur 2. 

Auch ein männlicher Sehädel von der Militärgrenze Nr. 25 
verdient eine specielle Beschreibung. Derselbe besitzt am vorderen 
verdiekten Rande des großen Hinterhauptloches eine deutliche, 
querovale Gelenkfläche von 21/,”’ Höhe und 3’ Breite. Am rechten 
Rande derselben steht etwas nach vorne zu ein über 1’ hoher, 
11/,"' breiter nach vorne und außen geglätteter Höcker, welcher 
durch einen niederen Kamm mit dem Processus condyloideus 
dexter verbunden ist. Ein zweiter 2” hoher, 2%/,’ breiter 
Höcker steht an der linken Seite der Pars basilaris ossis 
oceipitis, und ist so weit nach rückwärts geschoben, daß er 
Träger fast der ganzen linken Hälfte der oben angeführten Ge- 
lenkfläche ist. Derselbe ist vorne und unten ebenfalls geglättet 
und mißt der Abstand seines vorderen Umfangs vom vorderen Rande 
des Foramen occipitale magnum 3’, der seines inneren Randes von 
der Mittellinie 1””. Rechts betragen diese Abstände 2” und 11/,’". 


1) In weit geringerem Grade manifestirte sich eine derartige Fusion bei dem 
Mährenschädel Nr. 18, an welchem die paarigen Höcker gegen die Spitze hin unter 
einander verschmelzen, so das zwischen ihnen und der unteren Fläche der Pars basi- 
laris ossis oceipitis ein kurzer Canal zu Stande kommt, welcher für eine dünne Sonde 
durchgängig ist. 


328 Friedlowsky. 


Der verbindende Kamm ist links viel kürzer, aber höher als rechts. 
Dicht neben dem hinteren Ende des linken Gelenkshöckers nach 
außen ragt ein kurzer, eylindrischer Fortsatz nach unten und 
außen, welcher an seiner abgeflachten Spitze eine längsovale Ge- 
lenkfläche zur Artieulation des Processus transversus atlantis 


sinister führt. 


Resultate der vorangeschickten Untersuchungen. 


1. Die an dem Pars basilaris ossis occipitis abnormer Weise 
vorkommenden Höcker fanden sich unter 728 Schädeln 48mal, also bei 
weitem zahlreicher, als es von den oben eitirten Schriftstellern ange- 
geben wird, mit Ausnahme Gruber’s, dessen Angabe mehr mit 
meiner zusammenstimmt. 

2. Die von Halbertsma für Schädel aus dem ostindischen Ar- 
chipel in Anspruch genommene Auszeichnung durch das häufigere 
Vorkommen derartiger Höcker an ihnen verliert dadurch an Werth, 
daß unter 81 Köpfen aus Böhmen 7, unter 65 Niederösterreichern 5, 
unter 40 Ungarn 5, unter 36 Mährern I, unter 22 Javanern 2, unter 
18 Zigeunern 2, unter 14 Polen 2, unter 14 Italienern 1, unter 9 
Amboinesen 1. unter 8 Sehlesiern 3, unter 8 Türken 1, unter 8 Ne- 
gern 1, unter 7 Neuseeländern 1, unter 6 Rumänen 1, unter 5 Baiern 2, 
unter 5 Hebräern 1, unter 5 Sumatranen 1, unter 4 Köpfen aus der 
Ärva 1, unter 4 Ruthenen 1, unter 4 Walachen 1, unter 3 Ober- 
österreichern 1, unter 3 Tirolern 2, unter 3 Istrianern 1, unter 2 Neu- 
holländern 1, unter 2 Nieobaren 1, unter 2 Kärnthnern 1, unter 2 
Schädeln aus der Militärgrenze 1, mit derselben Anomalie versehen 
vorliegen. Wenn auch die letzteren Zahlen wegen der geringen 
Menge von Schädeln, die von der bezüglichen Race zur Beobachtung 
vorlagen, keinen Ausschlag geben, so sprechen doch die ersteren 
dafür, daß nicht allein bei den ostindischen Inselvölkern diese ano- 
malen Fortsätze in einer auffallenden Frequenz sich vorfinden. 

3. Die anomalen Fortsätze kommen weitaus häufiger bei männ- 
lichen (33mal), als bei weibliehen (7mal) Sehädeln vor, selbst wenn 
die 8 Cranien von zweifelhaftem Geschlechte den weiblichen zuge- 
zählt würden. Außerdem sind alle 48 Schädel von knochenstarken, 
also auch museulösen Individuen herrührend. 


Über die sog. accessorischen Gelenkshöcker ete. 329 


4. In der Zweizahl sind sie am öftersten vorhanden, 25mal; ein- 
fach mit seitlichem Stande seltener, 10mal; einfach mit seitlichem 
Stande und der Anlage zu einem gegenständigen noch seltener, 9mal; 
und am seltensten einfach mit einer Lage in der Mittellinie, Amal. 

5. Die von den Hinterhauptgelenkshöckern weglaufenden Leisten, 
die sich mit den Seitenrändern der aeccessorischen Höcker verbinden, 
sind immer mehr oder weniger entwickelt vorhanden; nur in einem 
einzigen Falle, II. Gruppe, Nr. 1, fehlen sie. 

6. Mit der Richtung dieser Leisten und ihrer Länge steht auch 
der Stand der Höcker, die nichts anderes als das vordere, aufgetrie- 
bene Ende der ersteren sind, im innigsten Zusammenhang. Ist der 
Zug der Leiste mehr gerade nach vorne und innen gerichtet und 
ist sie lang, so muß der Höcker vom vorderen Rande des Foramen 
occipitale magnum nach vorne rücken; ist der Zug der Leiste mehr 
quer nach einwärts gerichtet, so liegt der Höcker dem Hinterhaupt- 
loche näher und rückt auch der Mittellinie um so näher, je länger 
der Kamm ist, dem er angehört. Das erstere Verhalten ist das weit- 
aus häufigere, wofür die gegebenen Maße sprechen. Daß davon auch 
ihre Stellung gegen die Processus condyloidei beeinflußt wird, liegt 
auf der Hand. Sie können ziemlich weit vor den vorderen Enden 
derselben stehen, denselben aber auch sehr sich nähern und sogar 
in den Raum zwischen dieselben hineinfallen. 

7. Wenn sie zwischen die Gelenkshöcker des Hinterhauptbeines 
fallen und sich dabei mehr weniger nach rückwärts zu entwickeln, 
so können sie die Bedeutung von accessorischen Gelenksfort- 
sätzen erhalten, indem sie deutliche Gelenkflächen oder Glättungs- 
stellen zur Anlagerung des Zahnfortsatzes nach hinten oder unten 
führen, wofür Nr. 16, 24 und 25 in Gruppe IV., Nr. 3 und 4 in 
Gruppe Il. Zeugniß geben. Sind sie bei dieser Lage rauh, so dürften 
sie dem in dieser Gegend befindlichen Bandapparate, namentlich 
dem Ligamentum suspensorium dentis zur Insertion dienen. Nr. 1, 
Gruppe Il. Stehen sie dem vorderen Ende der Gelenkshöcker sehr 
nahe (in 12 Fällen), so kann an ihnen das Ligamentum atlanto- 
occipitale anterius Insertionspunkte finden, und lagern sie weit nach 
vorne (in 30 Fällen), so sind sie als Muskelfortsätze, namentlich 
zur Befestigung der Musc. recti capitis antici minores zu interpre- 
tiren. Es ist auch sehr naheliegend, daß sich bei der Beschränktheit 
des Raumes, den die Pars basilaris ossis occipitis den hier angreifenden 


\ 


330 Friedlowsky. 


Ligamenten und Muskeln darbietet, derartige Erhebungen zur Ver- 
größerung der Oberfläche, namentlich bei knochen- und muskel- 
starken Individuen bilden, wofür auch ihre wechselnde Höhen- und 
Breitenentwicklung spricht; finden wir ja dasselbe überall, wo eine 
größere Anzahl von Muskeln nahe nebeneinander sich an einen - 
Knochen heftet. 

$. Dals die Glättung an verschiedenen Stellen durchaus nicht 
diesen Fortsätzen den Charakter von Gelenksfortsätzen aufstempelt, 
geht daraus hervor, daß ich an 5 Schädeln, Nr. 2 und Nr. 6, Gruppe I, 
bei Nr. 8,14 und 17, Gruppe IV, den zugehörigen ersten und zweiten 
Halswirbel in Verbindung mit dem Hinterhauptbein untersuchte, und 
bei keinerlei Stellung eine Artieulation zwischen den accessorischen 
Höckern und dem vorderen Halbring des Atlas oder dem Zahnfort- 
satz des Epistropheus statthaben sah. Wenn sich die hintere Fläche 
des vorderen Atlasbogens an die vordere, geglättete Fläche der acces- 
sorischen Höcker anlegen sollte, wo müßte bei einem Abstande 
dieser Fläche vom vorderen Rande des großen Hinterhauptloches 
von fast 5’, wie in Nr. 1, Gruppe IV der Arcus anterior aflantis 
und wo der Dens epistrophei stehen? Was hätte die Glättung an 
der Innenfläche der fraglichen Höcker zu thun, wo sich doch nie der 
vordere Halbring des ersten Halswirbels anlagern kann? Dazu kommt 
noch, daß die vorderen Flächen der Höcker, wenn sie paarig sind, 
nicht gleich weit nach vorne zu liegen, was ebenfalls gegen die An- 
nahme einer Gelenksverbindung mit dem Atlas spricht. Auch fand 
ich bei Herausnahme derartiger Schädel aus der Macerationsflüssig- 
keit nie Reste von Knorpelbeleg an diesen Höckern, während sie 
immer an den Processus condyloidei ossis occipitis noch haften. Übri- 
gens kann man auch an andern Stellen des Skeletes geglättete Höcker 
oder Gruben finden, welche im trockenen Zustande wie mit einem 
Knorpelüberzug versehen erscheinen; so z. B. an den Knorren des 
Oberschenkels, wo die Seitenbänder des Kniegelenkes festhaften, 
oder am Tuberculum majus des Oberarmknochens, wo sich drei 
Schulterblattmuskeln inseriren, ete. Außerdem kann noch zur Unter- 
stützung unserer Annahme angeführt werden, daß bei einem ge- 
machten Durchschnitte durch diese Fortsätze sich dasselbe Bild prä- 
sentirt, wie bei einem durch das Tuberculum pharyngeum, welches 
ja auch nur zur Vermehrung der Ursprungspunkte eines Theiles des 
Rachensackes dient. Die compaecte Substanz der Pars basilaris er- 


Über die sog. accessorischen Gelenkshöcker ete. 331 


hebt sich ebenso wie die unter ihr liegende spongiöse, welehe nament- 
lieh gegen die Gelenkshöcker des Hinterhauptbeines hin durch große, 
zellige Räume durchsetzt ist, in einer ähnlichen Weise, wie man es 
bei den von Hyrtl!) beschriebenen Processus pneumatici beob- 
achten kann. Siehe Figur 3. und 4. 

8. Die anomalen Fortsätze können jedoch in einzelnen Fällen, 
Nr. 4, Gruppe Ill, auch mit dem vorderen Bogen des Atlas, und zwar 
an seinem oberen Rande in Berührung kommen und sich auf diese 
Weise zu wahren Gelenksfortsätzen entwickeln; besonders wird dies 
durch den unter Nr. 10, Gruppe I beschriebenen Fall dargethan, 
wenn es auch daselbst nicht zur Herstellung eines wirklichen Ge- 
lenks, sondern nur zu einer Verlöthung durch Knorpelmasse ge- 
kommen ist. 

b. Zu den accessorischen Gelenkshöckern am Hinterhauptbein 
ist noch eine andere Form zu zählen, welche ich ein einziges Mal 
und zwar an dem Schädel eines Papua Alfurus zu sehen Gelegenheit 
hatte. An demselben ragt vom hinteren, verdiekten Rande der Pars 
basilaris ossis occipitis ein eylindrischer, fast 3”’ langer Fortsatz, 
welcher mit einer über 2”’ breiten Basis aufsitzt, in das Foramen 
occipitale magnum nach hinten und unten hinein. Seine abgerundete 
Spitze ist geglättet und scheint mit der Spitze des Processus odon- 
toideus in Contact gewesen zu sein. Ich erwähne dieses Fundes da- 
rum, weil nicht gar selten am hinteren Rande des Zapfentheils ein 
kleines Knochenzüngelchen sitzt, welches sich bis auf die Länge und 
Gestalt des eben aufgeführten Höckers fortentwiekeln kann. Ich habe 
dieses Knochenzüngelchen bei Köpfen der verschiedensten Racen vor- 
gefunden und zwar 21mal bei Männern, 2mal bei Weibern; 18mal 
in der Mitte stehend, 4mal nach rechts, 1mal nach links hin ge- 
schoben; 14mal vom verdickten Rande der Pars basilaris, 9mal 
vom scharfen abgehend; 2mal ist die Spitze in zwei neben einan- 
der gelegene, imal in zwei über einander liegende Zacken ge- 
theilt. Man muß dieses Knochenzüngelehen unwillkürlich zu der 
von H. Müller 2) aufgefundenen Fortsetzung der Chorda dorsalis 
durch das Ligamentum suspensorium dentis in die Schädelbasis in 
Beziehung bringen. 

1) Wiener medieinische Wochenschrift. 1860. Nr. 45. 


*) Zeitschrift für rationelle Mediein. Redigirt und herausgegeben von J. Henle und 
C. v. Pfeuffer. Leipzig und Heidelberg. 1858. III. Reih. Bd. II. 


332 Friedlowsky. 


C. Hieran mögen sich drei Fälle schließen, welche durch die 
ihnen eigenthümlichen Beziehungen des Epistropheus zum Hinter- 
hauptbein interessiren. Auf das erste der untersuchten Cranien 
stieß ich bei Durchsicht der heuer aufgesammelten Schädel; es ge- 
hörte dem Zustande der Nähte nach und bei dem Vorhandensein 
einer schmalen Fissur zwischen Keilbeinkörper und Basilartheil des 
Hinterhauptbeines einem Individuum jüngeren Alters an. Bei oberer 
Ansicht liegt die Superficies cerebralis des Clivus fast in einer 
Ebene mit der schwach vertieften Sella turcica; der vordere 
sehr scharfe Rand des Foramen occipitale magnum liegt um fast 
1/y' höher als dessen hintere Circumferenz. Die Processus anonymi 
stehen, wiewohl sie stark abgeplattet sind, doch höher als die 
höchste Spitze der Jugularfortsätze. 

Bei der Inspeetion von unten her fällt das Verschobensein der 
Pars basilaris ossis occipitis nach oben noch mehr in die Augen, 
und finden sich daselbst folgende, höchst merkwürdige Vorkomm- 
nisse. Etwas über 3” vor der vorderen Peripherie des großen Hin- 
terhauptloches steht der hintere Rand einer querovalen Gelenkfläche 
am Zapfentheil, deren größter Durchmesser fast 3’’ beträgt. Zu bei- | 
den Seiten derselben laufen parallel mit den Seitenrändern des Ba- 
silartheils je eine seichte, aber breite Furche; vor der anomalen 
Gelenkfläche fließen beide diese Furchen in der Mittellinie zusam- 
men, nach hinten zu jedoch umkreisen sie die Processus condyloidei 
ossis occipitis und verstreichen gegen die Schuppe hin. Die Proces- 
sus condyloidei überragen das Foramen occipitale magnum nach 
abwärts zu nur sehr wenig, prominiren jedoch mit ihren inneren 
Rändern hauptsächlich nach vorne zu bedeutend in dasselbe, so daß 
dieses Loch dadurch die Form eines Rhombus besitzt, mit zwei 
seitlichen spitzigen und einem vorderen und hinteren abgerundeten 
Winkel. 

Im Ganzen ist dieses Foramen verengt und betrifft die An- 
gustation, besonders die vordere Hälfte desselben; da der rechte 
Gelenksfortsatz mehr gegen die Medianlinie vorragt als der der 
linken Seite, so ist die Verengerung eine ungleichmäßige zu nennen. 
Jeder der beiden Gelenkshöcker ist durch eine Furche 1), welche 


1) W. Gruber sah eine ähnliche Furche zur Aufnahme des vorderen Atlasbogens, 
Jedoch weiter nach hinten gelegen. Siehe dessen Neue Anomalien, etc. Berlin, 
1849. S. 4. 


Über die sog. accessorischen Gelenkshöcker etc. 333 


links von hinten nach vorne zieht und tiefer ist, als die von innen 
schief nach außen und vorn ziehende rechte, in zwei Abtheilungen 
gebracht. Die innere derselben ist klein, erinnert an einen Processus 
papillaris und setzt sieh nach vorne zu in Form eines Kammes zu 
der am Zapfentheil aufgeführten Gelenkfläche fort. Da die Pars 
basilaris ossis occipitis um fast \/,’ höher liegt als der untere 
Rand der Hinterhauptschuppe, die inneren Abtheilungen der Ge- 
lenkshöcker aber die Ebene des Foramen occipitale magnum nach 
unten überragen, so ist zwischen ihnen und den von ihnen weglau- 
fenden Kämmen die Bildung eines Recessus gegeben, welcher nach 
oben und vorne an den Zapfentheil grenzt. Die äußere, weitaus 
‚größere Abtheilung der Gelenksfortsätze ist mehr weniger viereckig 
und zeigt jederseits zwei Facetten, welche in einer niedrigen Leiste 
zusammenstoßen. Diese letztere läuft links von innen nach außen, 
rechts von vorne nach hinten. Die Canales condyloidei anteriores 
verhalten sich normal, sind jedoch in ihren Endmündungen von den 
Gelenkshöckern auffallend überwölbt. Die Canales condyloidei 
posteriores sind durch zwei sehr kurze, nicht ganz geschlossene Ca- 
näle vertreten, welche dicht hinter den Gelenkshügeln liegen; sie 
münden sowohl nach außen und innen trichterförmig, laufen jedoch 
nicht gegen den Sulcus sigmoideus oder das Foramen jugulare, 
sondern schlagen eine Richtung gegen die Medianlinie und ein wenig 
nach vorne ein, so daß ihre innere Mündung hinter den Anfang der 
Oanales condyloidei anteriores zu liegen kommt. An der Untenseite 
der Processus jugulares befindet sich dicht neben der Warzennaht 
links eine größere, rechts eine kleinere, schwach vertiefte, geglättete 
Grube !). Hiezu Figur 5. 

Denkt man sich den Atlas in Gelenksverbindung mit diesem so 
gestalteten Hinterhauptbein gebracht, so ergibt sich, daß sein vor- 
derer Bogen einfallen mußte in die am Zapfentheil beschriebenen 
Furchen. Aus der Krümmung dieser erfließt dieselbe Curvatur für 
den vorderen Halbring des ersten Halswirbels und auch die abnorme 
Artieulation zwischen der Spitze des Zahnfortsatzes und der Gelenks- 


1) Diese Grube interessirt dadurch, daß sich an derselben Stelle ein als Processus 
paramastoideus oder paracondyloideus bekannter Fortsatz von verschiedener 
Länge, zur knöchernen oder Gelenksverbindung mit dem äußeren Ende des Quer- 
fortsatzes des ersten Halswirbels, bilden kann. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 22 


33A S Friedlowsky. 


fläche am Basilartheil des Hinterhauptknochens. Bei den eben ange- 
zogenen Relationen des vorderen Atlasbogens zu den obigen Fur- 
chen mußte ja der Processus odontoideus nach vorne rücken und 
konnte so die erwähnte, außergewöhnliche Gelenksverbindung ein- 
gehen. Daß der Zahnfortsatz von bedeutender Stärke gewesen sein 
mußte, geht aus der partiellen Glättung der Seitenwände des für ihn 
etablirten Recessus hervor, welche nur durch Frietion bei den Dreh- 
bewegungen des Kopfes erzeugt sein konnte. 

Mit der geringen Entwicklung der Gelenkshöcker des Hinter- 
hauptbeines nach abwärts steht das Vorhandensein der in der näch- 
sten Nähe der Sutura mastoidea befindlichen, geglätteten Gruben 
im Einklange, welche zur Aufnahme des äußersten Endes der Pro- 
cessus transversi atlantis bestimmt waren. Bei dem angegebenen 
Verhalten der Canales condyloidei posteriores scheinen sie keine 
Venen geführt, sondern eher für den Durchtritt der Wirbelschlag- 
adern gedient zu haben. 

Was in diesem Falle in practischer Hinsicht interessirt, ist das 
mit dem Stande der beiden ersten Halswirbel gegebene Verhältniß 
des Anfangs des Rachensackes. Seine hintere Wand mußte in die- 
sem Bezirke bis gegen den vorderen Rand des Zapfentheils ver- 
schoben gewesen sein, da der vordere Atlasbogen die gewöhnliche 
Ursprungsstelle derselben am Tuberculum pharyngeum unzugäng- 
lich machte. Bei Einführung von Instrumenten durch die Nasenhöhle 
in diesen Sack erscheint diese anatomische Alteration kennenswerth, 
wegen Raumbeschränkung von vorne nach hinten. Übrigens wird 
man nicht leicht mit einem ähnlichen pathologischen Zustande in 
Berührung kommen, da unter der massenhaften Zahl von Schädeln, 
die ich bei der neuen Aufstellung unseres anatomischen Museums 
untersuchte und die während einer neunjährigen Thätigkeit durch 
meine Hände gingen, nur einmal noch derselbe mir zu Gesichte kam. 

Ich habe das Bruststück eines 7monatlichen Hemicephalus 
weiblichen Geschlechtes vor mir, welcher zugleich mit Spina bifida 
‘ der Halswirbelsäule behaftet ist. Die Basis eranii zeigt nicht die bei 
der Schädelspalte so charakteristische, winkelige Knickung in der 
Spheno-oceipitalfuge; es ist im Gegentheil die Pars basilaris ossis 
occipitis beträchtlich nach aufwärts geschoben, liegt fast horizontal 
und mit ihrer oberen Fläche höher als das mächtig entwickelte Tu- 
berculum ephippü, und bildet mit letzterem eine sehr tiefe Grube 


Über die sog. accessorischen Gelenkshöcker ete. 335 


am Türkensattel. Die Partes condyloideae sind in demselben Grade 
nach oben und zugleich nach vorne disloeirt; die großentheils un- 
vollständige Sehuppe ist wegen rudimentärer Entwicklung der Sei- 
tenwandbeine und Stirnbeinhälften nach vorne gerückt. So weit die 
Untersuchung des Präparates, welches ich mit besonderer Rücksicht 
auf die arterielle Gefäßvertheilung anfertigte, es zuließ, konnte ich 
mich über die Verfassung der ersten zwei Halswirbel dahin infor- 
miren, daß zwei Knochenkerne mit der unteren Fläche des Zapfen- 
theiles, ziemlich nahe dessen hinterem Rande, in Contaet stehen. Sie 
ruhen auf einem darunter liegenden größeren Knochenstück, wel- 
ches dem Körper des Epistropheus entspricht, und sind daher als 
die seitlichen Hälften des Zahnfortsatzes zu deuten. Vom Bogen des 
zweiten Halswirbels sind, wie bei allen anderen Halswirbeln, die seit- 
liehen Hälften nur rudimentär vorhanden und nach außen gedrängt. 
Mit der Stellung des Zahnfortsatzes übereinstimmend, ist der Atlas 
in seinen zwei Hälften nach vorne gerückt und mußte auch die 
Grundlage seines vorderen Bogens in der gleichen Richtung sich 
verschieben. 

Man kann sich nicht leicht entschlagen, in diesem Falle die 
Disloeation der Halswirbelsäule nach vorn in innigen Nexus zu brin- 
gen mit Hydrocephalus und Hydrorhachis. Derselbe Druck, welchen 
man als die bedingende Ursache für Spaltbildung am embryonalen 
Schädel und Rückgrat annimmt, kann ja auch vor Berstung der 
betroffenen Höhlen sieh im obigen Sinne zur Geltung bringen. Was 
im ersten Falle, wo wir die Schädelkapsel intaet antrafen, zu einer 
gleichen Verschiebung zwischen Hinterhauptknochen und Anfang 
der Wirbelsäule Veranlassung gab, muß eine offene Frage bleiben. 

Bine andere Form von Gelenksverbindung zwischen Zahnfort- 
satz und Hinterhauptbein sah ich an einem Kephalonen, den ich 
durch die Freundlichkeit des Herrn Professors C. Langer aus der 
anatomischen Sammlung der k. k. Josephs-Akademie entlehnte. An 
demselben ist die Pars basilaris ossis occipitis hinter dem Tuber- 
culum pharyngeum zu einem über 2” hohen Höcker mit unebener 
Oberfläche aufgetrieben. An der dem großen Hinterhauptloche zuge- 
kehrten Gegend desselben findet sich eine Gelenksfläche, welche sich 
nach aufwärts über den hinteren, in perpendieulärer Riehtung bis auf 
3” verbreiterten Rand des Zapfentheils fortschiebt. Diese Gelenkfläche 


ist eiförmig, mit einem senkrechten, fast 5”’ langen und einem queren, 
Ze 


336 Friedlowsky. 


3’ Jangen Durchmesser. Der Processus condyloideus ossis occipitis 
ragt auf der linken Seite nicht nur um mehrere Linien weiter nach 
abwärts als der der rechten Seite, sondern schiebt sich mit einer 
höckrigen Auftreibung seiner vorderen zwei Drittheile von außen 
nach innen bis nahezu gegen die Medianlinie in die Ebene des Fora- 
men occipitale magnum hinein, so daß die vordere Abtheilung die- 
ses Loches beträchtlich verengt ist. Die gegen die Mittellinie sehende 
Fläche dieser Vorragung ist plan, rhombisch von Gestalt und mit 
Knorpelüberzug bedeckt. Der von vorne nach hinten gestellte Längs- 
durchmesser dieses Rhombus beträgt über 5”, der von oben nach 
unten gerichtete, kleinere etwas über 3”. Diese zuletzt beschriebene 
Gelenkfläche ist gegen die am hinteren Rande des Basilartheils be- 
findliche unter einem nahezu rechten Winkel gelagert, und die vor- 
dere Grenze der ersteren, der äußeren Grenze der letzteren so ge- 
nähert, daß nur eine schmale Furche beide von einander trennt. 
Es ist dadurch eine Nische etablirt, in welehe sich der Processus 
odontoideus einlagerte und bei den Drehbewegungen des Kopfes 
an beiden diesen Flächen rieb. Der Contact des Zahnfortsatzes 
mit der accessorischen Gelenksfläche am Processus condyloideus 
sinister wurde noch durch die größere Prominenz des letzteren 
nach abwärts unterstützt, da dadurch Schiefstellung des Schädels 
in der Articulatio atlanto-oceipitalis nach rechts hin gegeben 
war. Die für den ersten Halswirbel bestimmte Gelenkfläche des 
linken Gelenksfortsatzes ist von der an ihm befindlichen accessori- 
schen durch ein von hinten nach vorne ziehendes, schmales Feld mit 
rauher Oberfläche getrennt. Sie sieht mehr nach außen, als die Ge- 
lenkfläche am Processus condyloideus dexter, welche mehr nach 
unten gerichtet ist und durch eine Querfurche in eine kleinere, 
hintere und größere vordere Facette geschieden wird. Hiezu 
Figur 6. 

Die accessorische Gelenkfläche am hinteren Rande des Zapfen- 
theiles ist nicht so gar selten. Sie wurde von C. Dietrich) dreimal 
gesehen; Jaqguemet demonstrirte nach W. Gruber?) einmal eine 
Articulation awoido-occipitale; ich habe sie an fünf Cranien unse- 
rer Sammlung vor mir. Das eine derselben gehörte einem Wiener 


1) L. c. S. 8. Figur 1. 
2) Über die Halsrippen des Menschen. St. Petersbnrg. 1869. S. 21. 


Über die sog. accessorischen Gelenkshöcker etc. 337 


an und besitzt in der Mitte des verbreiterten hinteren Randes der 
Pars basilaris eine nahezu rhombische, etwas vertiefte Gelenkfläche, 
von etwa 3”’ Querdurchmesser. Wenn man Atlas und Epistropheus 
in die richtige Stellung zum Hinterhauptbein bringt, so steht die 
eben aufgeführte Gelenkfläche mit einem etwas kleineren, an der vor- 
deren Fläche der Spitze des verlängerten Processus odontoideus in 
Contaet. Derzweite Schädel, von einem Neuseeländer herrührend, zeigt 
eine ähnliche, accessorische Gelenkfläche am Zapfentheil, nur ist sie 
etwas breiter, und zugleich um ein geringes von der Medianlinie 
nach rechts hin verschohen. An einem dritten Cranium, dem eines 
Hindu aus Madras, ist die abnorme Gelenkfläche queroval, und bis 
über 4#”’ verbreitert. Ihre Ränder heben sich von der Masse des 
Zapfentheils etwas ab und ragt der untere Rand in seiner linken 
Hälfte ebenso wie der gleichseitige Processus condyloideus ossis 
occipitis mehr nach abwärts vor, als dies rechts der Fall ist. Durch 
eine von unten nach oben ziehende Furche wird die Gelenkfläche 
in eine rechte, kleinere und eine linke, größere Facette zerfällt. 
In einem vierten Male, bei einem Chinesen, liegt eine kleine vier- 
eckige, ziemlich plane Gelenkfläche am hinteren Rande der Pars 
basilaris, ist jedoch so aus der Mittellinie nach links hin verlegt, 
daß sie noch auf die innere Fläche des betreffenden Gelenkshöckers 
am Hinterhauptbeine übergreift. Sie ist, wie an den drei übrigen 
Schädeln, nach hinten und etwas nach unten gewendet. Ihr Ver- 
schobensein nach links hin steht mit der mächtigeren Entwicklung 
des Processus condyloideus sinister ossis occipitis und der daraus 
erfließenden Schiefstellung des Kopfes in Einklang. Auch der auf 
der Seite 527 beschriebene Schädel von der Militärgrenze ist hieher 
zu ziehen. 


Die eben aufgeführten Gelenkflächen am vorderen Rande des 
großen Hinterhauptloches interessiren dadurch, daß sie bei ge- 
wissen Thieren als Norm auftreten. Nach Rapp (Edentaten, Tü- 
bingen 1852) ist bei Priodontes gigas der Zahnfortsatz mit dem 
Os occipitis in Gelenksverbindung, und gilt dasselbe für Dasypus 
gymnurus). Sie sind jedoch wohl zu unterscheiden von jenen 


1) Siehe Archiv für Anatomie, Physiologie und wissenschaftliche Mediein. Heraus- 
gegeben von J. Müller. Berlin, 1859. 


338 Friedlowsky. 


Glättungsflächen, welche dadurch entstehen, daß die Ränder der 
Massae laterales atlantis nach oben zu sich bis zur Berührung des 
dem Processus condyloideus ossis occipitis nächstliegenden Theils 
der Pars basilaris entwickeln, und in Folge der Reibung bei den 
Beuge- und Streckbewegungen des Kopfes dazu Veranlassung geben. 
So finde ich es wenigstens an dem Schädel eines Javanen, welcher 
zwischen einem, von der Mitte des hinteren Randes des Zapfen- 
theils nach rückwärts wachsenden Knochenzüngelehen und dem 
linken Gelenkshöcker des Hinterhauptbeines eine kleine rundliche 
Facette zur Aufnahme des stark aufgekrämpten, inneren Randes der 
Massa lateralis atlantis sinistra führt. 

Was das Vorkommen einer accessorischen Gelenkfläche an 
der Innenseite eines Processus condyloideus ossis occipitis zur Arti- 
culation mit dem Zahnfortsatz anbelangt, so habe ich sie nur einmal 
in Combination mit der am vorderen Rande des großen Hinterhaupt- 
loches befindlichen angetroffen und zwar an dem oben beschriebe- 
nen, von Herrn Professor C. Langer mir überlassenen Schädel. 
Auf ihr isolirtes Vorhandensein habe ich bereits an einem anderen 
Orte) aufmerksam gemacht. Das Zusammenfallen ihrer Existenz 
mit Verschiebung des bezüglichen Gelenkshöckers in die Ebene des 
Foramen occipitale magnum und dadurch gegebene Annäherung 
des letzteren gegen den Processus odontoideus erklärt hinlänglich 
ihre Entstehung. Es erübrigt nur noch die Frage zu beantworten, 
auf welche Weise der eine oder andere Gelenkshöcker sich im 
obigen Sinne dislociren könne. Darüber kann nur die Entwicklungs- 
geschichte des Hinterhauptknochens hinreichenden Aufschluß geben. 
Es ist dasselbe bekanntlich durch mehrere Knorpelfugen in vier 
Stücke, eine Pars basilaris, sguamosa und zwei Partes condyloi- 
deae, getrennt. Derjenige Knorpelstreifen, welcher den Grundtheil 
von den Gelenkstheilen scheidet, verläuft so, daß noch das vordere 
Fünftheil oder Sechstheil der Condylen dem Zapfenstück ange- 
hören?). R. Virchow hat in seinen Untersuchungen über die Ent- 
wieklung des Schädelgrundes, Berlin 1857, auf die Bedeutung der 
Knorpelfugen des embryonalen und jugendlichen Grundbeines für 


1) Medicinische Jahrbücher. Wien. 1868. Bd. XIV. 
2) Siehe R. Virchow. Untersuchungen über die Entwicklung des Schädelgrundes. 
Berlin. 1857. S. 13. 


Über die sog. accessorischen Gelenkshöcker etc. 339 


die definitive Form des Schädels in der belehrendsten Art hinge- 
wiesen und zuerst die Veränderungen beleuchtet, welche die con- 
stituirenden Elemente dieser Fugen während und nach der Foetal- 
zeit eingehen. Wenn die Vorgänge, welche bei der Evolution des 
Os basilare in den Knorpelfugen sich geltend machen, verschieden- 
artig ablaufen und dadurch verschiedene Schädelformen bedingen 
können, so erscheint es durchaus nicht weit hervorgeholt, wenn man 
dem Streifen, der die späteren Condylen durchsetzt, einen nicht zu 
unterschätzenden Einfluß auf die endgiltige Form der Gelenksfort- 
sätze einräumt. Sowohl die differente Richtung der Knorpelfuge als 
der vermehrte oder verminderte Wachsthum derselben auf der einen 
oder anderen Seite wird Veranlassung zu Verrückungen des vor und 
hinter der Fuge gelegenen Abschnittes des Processus condyloideus 
geben können. Wenn man diese letzteren beiden Annahmen auf den 
in Figur 6 abgebildeten Fall anwendet, so wird man sich nicht 
schwer entschließen, den gegen die Mittellinie vorragenden Theil 
des linken Gelenkshöckers als dasjenige Stück zu interpretiren, wel- 
ches bei normalem Entwicklungsgange vor der Fuge zwischen Pars 
basilaris und condyloidea liegt. Die an ihm befindliche Gelenkfläche 
zur Anlagerung des Zahnes wäre dann als der nach einwärts gewor- 
fene vordere Abschnitt desjenigen Knorpelbeleges zu erklären, 
welcher den embryonalen oder jugendlichen Gelenkshöcker deckte. 
Für das alles spricht die ungewöhnliche Breite und eigenthümliche 
Richtung der rauhen Furche e, welehe den Zug der ehemaligen Fuge 
repräsentirt. Noch mehr aber finde ich mich zu dieser Erklärungs- 
weise durch die Beobachtung veranlaßt, daß bei gewissen Formen 
von adnaten Synostosen zwischen Gelenkshöckern des Hinterhaupt- 
knochens und den Seitentheilen des Atlas sich mit einer mehr 
weniger merklichen Seoliose der Schädelwirbel auch eine Drehung 
der Körper dieser Wirbel um ihre Axe vergesellschaftet. Dies gilt 
namentlich in jenen Fälen, wo der eine oder andere Gelenkshöcker 
vorwiegend nach abwärts und besonders in’ seinem vorderen Ab- 
schnitte gegen den Zahn des Epistropheus nach einwärts vorragt. 
Aus der Drehung der Pars basilaris ossis occipitis, welche der 
Träger des vorderen Fünftheils oder Sechstheils des späteren Ge- 
lenkshöckers ist, begreift sich das Hereinrollen des letzteren in die 
vordere Hälfte des großen Hinterhauptloches und das Vorhanden- 
sein einer Gelenkfläche dann, wenn die Prominenz des Gelenks- 


340 Friedlowsky. 


höckers bis zur Berührung des Processus odontoideus gedie- 
hen ist. | 

Es ist nicht zu läugnen, daß die Momente, welche zu Syno- 
stosen in der Atlanto-oceipitalgegend führen, auch die in dieser 
Region befindlichen Fugen des embryonalen oder kindlichen Hinter- 
hauptwirbels hinsichtlich ihres regelmäßigen oder unregelmäßigen 
Verhaltens beeinflußen, und so zu den bezügliehen Deformitäten 
Veranlassung geben werden. Andererseits aber kann man nicht in 
Abrede stellen, dafs in der rechten oder linken vorderen Knorpel- 
fuge des Os oceipitis sich Vorgänge localisiren können, welche auf 
die Symmetrie dieses Knochens in seiner fortschreitenden Bildung 
störend einwirken müssen. Wir wissen ja, daß fast jede Naht des 
Schädels, jede seiner Fugen von derartigen Unregelmäßigkeiten vor 
oder nach der Geburt heimgesucht werden kann. 


Über die sog. accessorischen Gelenkshöcker etc. 341 


Erklärung der Abbildungen. 


Figur 1. 


Basalansicht des Schädels einer Niederösterreicherin in der Hinterhaupt- 

gegend. 

a. Processus condyloideus dexter mit einer vorderen und hinteren Facette; 

b. Processus condyloideus sinister ; 

c. Accessorischer Höcker; 

d. Schiefabgesetzte Spitze desselben, von Knorpel überzogen; 

e. Processus paramastoideus ; 

f. Fraeturirte Spitze desselben. 


Figur 2. 


Dieselbe Ansicht des Schädels eines Ozechen. 

a. Processus condyloideus dexter ; 

b. Processus condyloideus sinister ; 

c. Processus condyloideus accessorius, nach hinten zu mit Gelenksknorpel 
bedeckt und durch eine feine Spalte durchsetzt; 

d. Processus paramastoideus. 


Figur 3. 


Senkrechter Schnitt durch einen an der Pars basilaris ossis occipitis 
links stehenden Höcker, um das Verhalten der eompacten und spongiösen 
Substanz zu zeigen. 

a. Körper des Hinterhauptbeins; 
b. Accessorischer Höcker. 


Figur 4. 


Quersehnitt durch zwei am Zapfentheil befindliche accessorische 
Fortsätze. 
a. Obere Fläche des Körpers vom Hinterhauptknochen ; 
b. u. c. Die beiden Fortsätze. 


Figur 5. 


Basalansicht des Schädels eines jugendlichen Individuums in der Hin- 
terhauptsgegend. 
a. Rhombisch verzogenes Foramen occipitale magnum ; 
b. Processus condyloideus dexter mit einer äußeren und inneren Facette; 
c. Processus condyloideus sinister mit einer vorderen und hinteren Facette; 


342 Friedlowsky. Über die sog. accessorischen Gelenkshöcker ete. 


d. Furche vor dem Gelenkshöcker von außen nach innen ziehend; 
e. Furche vor dem Gelenkshöcker von hinten nach vorne laufend; . 
f. u. 9. Knochenkämme, welche zur accessorischen Gelenkfläche % hinziehen 
und von der Seite her einen tiefen Recessus begrenzen; 
k. Eine tiefe Furche zur Aufnahme des vorderen Atlasringes; 
l. u. m. Canales condyloidei posteriores. 


Figur 6. 


Basalansicht eines Schädels mit verengten Foramen occipitale magnum 
in der Hinterhauptgegend. 
a. Pars basilaris ossis oceipitis ; 
b. u. c. Die Processus condyloidei ; 
d. Accessorische Gelenkfläche an der Innenseite des Processus condyloı- 
deus sinister zur Anlagerung des Processus odontoideus ; 
e. Rauhe Furche; 
f. Accessorische Gelenkfläche an der Hinterfliche eines am vorderen 
Rande des großen Hinterhauptloches stehenden Höckers zur Artieu- 
lation mit dem Zahnfortsatz. 


N 


Pe 


KAkk Hotu,Saatsäruckere:i 


Gez.v. Jul. El.v.Dr.C. Heitzmann F 


Sitzungsb d.k. Akad.d.W.rnath.natwew.UL.LX.Bd.1.Abth.1869. 


343 


Über Pelorien bei Labiaten. 


Von Dr. J. Peyritsch. 


(Mit 6 Tafeln.) 


(Vorgelegt in der Sitzung am 17. Juni 1869.) 


Mehrjährige Beobachtungen von Anomalien der Labiatenblüthe 
zeigten mir, wie bedeutend und mannigfaltig die Abweichungen vom 
normalen Typus sich gestalten können. Unter diesen sind es ins- 
besonders die Pelorien, welche ein erhöhtes Interesse in Anspruch 
nehmen. Vergleicht man die in der Literatur zerstreuten Fälle dieser 
Bildungsabweichungen, so findet man, daß dieselben bei gewissen 
Gattungen und Arten zu wiederholten Malen beobachtet und be- 
schrieben worden sind. 

Es ist zweifellos, daß bei diesen Pflanzen Struetureigenthüm- 
lichkeiten und besondere Verhältnisse obwalten. Um dieselben ken- 
nen zu lernen, ist die Vornahme von zweckmäßigen Versuchen an 
als geeignet erkannten Pflanzen unerläßlich, wodurch es vielleicht 
gelingt, manche Bildungsabweichung künstlich hervorzurufen, und so 
die Ursache und Bedingung derselben aufzudecken. 

Über die bis jetzt bekannten Fälle von Pelorienbildungen bei 
Labiaten läßt sich nur wenig Allgemeines sagen, dieselben erhei- 
schen, wie überhaupt jede Abnormität, die genaueste Vergleichung 
mit der normalen Bildung; allgemein hingestellte Gesetze, die man 
durch das Studium einer oder nur weniger Bildungsabweichungen 
aufzustellen versucht wird, können schon durch die Beobachtung 
einer neuen sich als irrig erweisen; durch Zusammenstellung ver- 
schiedener Abnormitäten lassen sich merkwürdige Übergänge von 
unmerklichen Blattzähnen zu den ein selbstständiges Glied eines 
Blüthenwirtels darstellenden Gebilden nachweisen. ’ 

Pelorien beobachtete man bei mehreren Pflanzenfamilien und 
namentlich bei den Serofularineen häufig, bei den Labiaten hingegen 


AA Peyritsch. 


sind die Fälle von regelmäßiger Ausbildung der Blüthe weniger 
bekannt. 


Sieht man von Teucrium campanulatum ab, bei welchem öfter 
gipfelständige Blüthen vorkommen, die eine fast glockenförmige 
Blumenkrone mit regelmäßigem fünflappigen Saume besitzen, so 
sind in dieser Familie Pelorienbildungen bis jetzt selten und nur 
bei wenigen Gattungen und Arten angetroffen worden. 


Moquin Tandon erzählt in seiner Teratologie, dafs dieselben 
von Trattinick an Dracocephalum austriacum, von Mirbel an 
Cleonia lusitanica, von Ratzeburg an Plectranthus fruticosus, 
von Brongniart an Galeopsis Ladanum, von Decaisne an 
Nepeta diffusa beobachtet und beschrieben worden sind !). 


Smith fand Galeopsis Tetrahit mit regelmäßiger, endständi- 
ger Blüthe, auch Fincke beobachtete eine Pelorie an derselben 
Species. 

Die Blumenkrone beschreibt letzterer als sehr verengert, fast 
fadenförmig, dieselbe überragt den Kelch, der Saum ist regelmäßig, 
fünftheilig. Die von Weck an dieser Art aufgefundene Pelorie 
unterschied sich von der vorigen durch viergliederigen Typus, die 
regelmäßige Blume hingegen, die Buchenau an Galeopsis Lada- 
num und Metsch an Galeopsis versicolor einmal sah, hatte eine 
Corolla mit fünftheiligem Saume und fünf Staubgefäße. 


In den Jahrbüchern des Vereins für Naturkunde im Herzogthum 
Nassau wurde eine Pelorienbildung an Stachys sylvatica von Dr. 
Sandberger beschrieben. Die Pflanze besaß nur eine einzige 
regelmäßige Blüthe, der obere Kelchzahn war tief getheilt, die Röhre 
der Corolla schlanker und länger, der Saum flach ausgebreitet mit 
vier gleich langen Zipfeln versehen. Um den Schlund standen je 
zwei gleichlaufende, scharf begrenzte hufeisenförmige Binden, die 
an ihrem inneren Ende sich vereinigten. Die Staubgefäße waren 
eingeschlossen, der zweispaltige Griffel ragte aus dem Schlunde 
hervor. 

Michalet beobachtete an vier Exemplaren von Betonica Alope- 


curus endständige regelmäßige Blüthen. In dem einen Falle war die 
a 


1) Die Zusammenstellung der Literatur findet man am Schlusse der Abhandlung. 


Über Pelorien bei Labiaten. 345 


Blüthe in allen Theilen viergliederig, im zweiten ein viergliederiger 
Kelch und viergliederiger Corollenwirtel und sechs aus dem Schlunde 
hervorragende Staubgefäße vorhanden, im dritten ein zehnspaltiger 
Kelch und sechsgliederiger Corollen- und Staubgefäßwirtel, im vier- 
ten Falle waren Kelch, Corollen- und Staubgefäßwirtel fünfgliederig. 

Germain de Saint Pierre sah eine ähnliche Abnormität bei 
einem Lamium. 

Clos beschrieb eine Pelorie an Salvia grandiflora mit vier- 
gliederigem Typus. Nach ihm sind drei Typen der Pelorienbildung 
zu unterscheiden, je nachdem die ersten drei Blüthenwirtel aus fünf, 
sechs oder vier Theilen bestehen. 


Galeobdolon luteum. 
Taf. I und II. 


Am 1. Juni v. J. fand ich auf einer ziemlich feuchten nicht sehr 
schattigen Waldstelle in der Umgebung von Wien zahlreiche, mit 
regelmäßiger gipfelständiger Blüthe versehene Exemplare von Ga- 
leobdolon luteum, welche auf einer etwa quadratklaftergroßen Stelle 
beisammen standen. Viele derselben trugen statt der Scheinquirle nur 
eine einzige unregelmäßige normale oder von der Norm abweichende 
Blüthe in der Achsel der Laubblätter, bei anderen Pflanzen waren 
auch mehrblüthige Scheinquirle und eine gipfelständige Pelorie vor- 
handen. Letztere findet man jedoch nicht an allen Pflanzen, die nur 
einzeln stehende achselständige Blüthen tragen, hingegen gewinnt 
bisweilen eine der obersten Seitenblüthen das Ansehen einer end- 
ständigen, indem sie als geförderter Seitensproß den Stengel fort- 
zusetzen scheint, während die eigentliche Fortsetzung desselben ver- 
kümmert oder fehlt. Solche Blüthen sind wohl noch unregelmäßig, 
nicht selten weichen sie jedoch durch ihre Form und die Zahlen- 
verhältnisse der Glieder der Blüthenwirtel vom normalen Baue ab. 
Es wird von denselben später noch gesprochen werden. 

Während also die oberste achselständige Blüthe nur eine 
scheinbare Verlängerung des Stengels bildet, läßt sich dies von der 
Pelorie nicht behaupten. 

Diese ist im wahren Sinne gipfelständig; abgesehen davon, daß 
sie häufig in der Mitte von axillären Blüthen steht und keine Spur 
eines verkümmerten Stengelendes entdeckt werden kann, zeigt 


346 Peyritsch. 


schon die Vergrößerung zweier mit dem nächst vorhergehenden 
Laubblattpaare deeussirender Kelchlappen, die beträchtliche ı/, bis 
1/, Zoll betragende Länge des letzten ein Blüthenstielehen darstel- 
lenden Internodiums, während die scheinbar endständigen Seiten- 
blüthen ganz kurz gestielt oder nahezu stiellos sind, die Dieke und 
der Verlauf der Kanten desselben, daß die Pelorie wirklich als end- 
ständig zu betrachten ist. Es muß jedoch bemerkt werden, daß 
nicht jede derselben durch einen deutlichen Abstand vom letzten 
Laubblattpaare getrennt ist. 

Alle drei von Clos aufgestellten Typen der Pelorienbildung 
waren auf diesem Standorte vertreten, am häufigsten sah ich Pelo- 
rien mit vier- und fünfgliederigem Kelch, Blumenkron- und Staub- 
gefäßwirtel. 

Der Kelch ist trichterförmig, vier-, fünf- bis sechsspaltig; 
die größeren Kelchzipfel an der Basis breit, allmählig zugespitzt, 
die kleineren Kelchzähne schmai, bisweilen pfriemlich, stachel- 
spitzig; die Kelehröhre von der Länge der normalen, von acht, 
zehn, bis zwölf Nerven durchzogen, wovon je einer durch die Mitte 
der Kelchzähne oder Zipfel verlauft, während die mit ihnen ab- 
weehselnden in der Nähe der Bucht zwischen den Kelchzipfeln in 
zwei Äste sich spalten, welche dann längs des Randes zweier ein- 
ander zunächst stehender Zähne verlaufen. Die Nerven, welehe die 
Mitte der Zipfel durchziehen, stehen mit den alternirenden durch 
nahe an den Buchten zu einem horizontal verlaufenden Ringe ver- 
bundene anastomosirende Zweige in Verbindung. Dieser Ring sendet 
nicht selten Zweige ab, die ihre Richtung gegen den Grund des 
Kelches nehmen und daselbst allmählig schwächer werden. So zeigt 
sich die gröbere Gefäßbündelvertheilung im normalen Kelche. Ver- 
.größern sich jedoch die Kelehlappen in der vorher angedeuteten 
Weise, so wird die ringförmige Anastomose immer undeutlicher, nur 
bei den kleineren Kelehzähnen noch bemerkbar, die größeren Lappen 
zeigen ein mit den Laubblättern schon übereinstimmendes Netzwerk, 
der Mittelnerv springt besonders an der Rückseite deutlich hervor, 
und sendet mehrere Seitennerven aus; die randständigen Nerven 
lassen sich blos bis zur Mitte, dem unteren Drittel oder nicht einmal 
so weit verfolgen, das Parenchym findet nicht selten in derselben 
Ebene mit den Netzen der Gefäßstränge keinen Platz, die Blattfläche 
erscheint nun buckelig, die Kelchlappen haben endlich eine lanzett- 


Über Pelorien bei Labiaten. 347 


liche Form, sind blattartig und an der Basis oder oberhalb der- 
selben ein- oder beiderseits mit einem Zahne versehen. 

In den Blüthen mit fünfzähnigem Kelche alterniren ebenfalls 
die größeren Kelchlappen mit dem vorhergehenden Laubblattpaare, 
der eine Kelehzahn ist häufig ganz unmerklich. An vierzipfeligen 
Kelchen ist bisweilen der eine oder es sind beide kleinere Kelch- 
zähne an der Spitze mit zwei Zähnchen versehen. Ist der Kelch 
sechszähnig, so befinden sich beiderseits von den größeren Kelch- 
lappen je zwei kleinere Zähne. In der Knospenlage werden die klei- 
neren Kelehzähne von den größeren bedeckt. 

Die Corolla ist röhrig, nach oben etwas erweitert, unter dem 
Saume zusammengezogen, in ihrer Mitte innerhalb mit einem meist 
horizontal verlaufenden Kranze von Haaren versehen, unterhalb des- 
selben violett gefärbt; der Saum ausgebreitet, endlich zurück- 
geschlagen, vier-, fünf- bis sechstheilig, intensiver gelb als die 
obere Hälfte der Blumenkronröhre, die Zipfel eiförmig, an der 
Basis fast herzförmig, zugespitzt, ein wenig länger als die halbe 
Blumenkronröhre, einfärbig, oder mit der dem Mittel- oder Seiten- 
lappen der Unterlippe charakteristischen Zeichnung versehen. Der 
Schlund wird durch zwischen den Zipfeln befindliche, bisweilen sehr 
ausgebildete Höcker ein wenig verengert. Die Blumenkronröhre wird 
von so viel Nerven durehzogen, als Blumenkronzipfel und Staub- 
gefäße vorhanden sind; die ungetheilten gehören den Staubgefäßen 
an, die alternirenden spalten sich in der Mitte der oberen Hälfte der 
erweiterten Blumenkronröhre oder selbst schon unter dem Haar- 
kranze in drei Äste, wovon der mittlere Ast durch die Mitte des 
Zipfels verlauft, die seitlichen jedoch gegen das nächste Staubgefäß 
abbiegen, und oberhalb der Insertion des Filamentes mit dem näch- 
sten seitlichen, einem anderen Lappen angehörenden Zweige in 
Anastomose treten. Von dieser strahlen mehrere Nervenzweige aus, 
die unmittelbar unterhalb des Einschnittes zwischen zwei Zipfeln in 
abermalige Anastomose treten, mit welcher die jeder Hälfte der 
Zipfel angehörigen, mit nach abwärts gerichteter Coneavität vom 
Mittelnerv ausstrahlenden, durch kurze bogige Zweigchen unter ein- 
ander verbundenen Seitennerven in Communication treten. Öfters 
kommt nur eine einzige Anastomose der seitlich vom Mittelnerv diver- 
girenden Zweige zu Stande, und befindet sich jedesmal unmittelbar 
unter den Buchten zwischen den Corollenzipfeln. 


3A8s Peyritsch. 


Blüthen mit fünfzipfeligem Corollensaume sind bisweilen mit 
einem nur vierzähnigen, in anderen Fällen mit einem sechszähnigen 
Kelche versehen. 

Sehr häufig findet man Pelorien mit viertheiligem Corollensaume 
und sechszähnigem Kelche, und dann stehen die Zipfel der Blumen- 
krone in den Interstitien zwischen je einem großen Kelchlappen und 
dem anstoßenden kleineren. Die paarig gestellten Zipfel werden 
dann nicht selten durch einen minder tief gehenden Spalt von 
einander getrennt als die, welche zweien verschiedenen Paaren 
angehören. 

In der Knospenlage stehen die Zipfel aufrecht und decken sich 
dachziegelförmig; sowohl bei vier-, fünf- als sechszipfeligem 
Saume findet man einen Zipfel, der zwischen einem großen Kelch- 
lappen und dem nächsten kleineren liegt, dessen Ränder unbedeckt 
bleiben; die nächsten werden von diesem bedeckt und decken wieder 
die folgenden. Nicht immer findet man einen Zipfel, dessen beide 
Ränder von den nächst anstoßenden bedeckt werden, häufiger berüh- 
ren sich die zweien verschiedenen Lappen angehörenden, nach ein- 
wärts gerollten Ränder des einen oder anderen Zipfels, so daß die 
Beurtheilung der Deckung derselben zweifelhaft erscheint. 

Staubgefäße findet man vier, fünf bis sechs; sie sind aufrecht, 
weit aus dem Schlunde der Corolla hervorragend, von der Länge der 
größeren Staubgefäße einer normalen Blüthe oder, wenn ungleich 
lang, sind die den größeren Kelchlappen gegenüberstehenden Staub- 
gefäße größer (einmal beobachtet), meist auf gleicher Höhe dem er- 
weiterten Theile der Blumenkronröhre eingefügt, mit den Zipfeln der - 
Corolla alternirend; Antheren aufrecht oder nickend, vor dem Auf- 
blühen kurz nach der Entfaltung der Kelchblätter durch Streckung 
der Filamente die aufrechten Zipfel der Corolla überragend, eiförmig, 
herzförmig, die Fächer durch das dicke, hinten breitere Conneetiv 
an der Basis divergirend, an der Spitze zusammenstoßend, endlich 
nach dem Aufspringen klaffend, ineinander fließend, an den Rändern 
schwärzlich gefärbt. Pollen reichlich, gut entwickelt, dem einer nor- 
malen Blüthe gleichend. 

Mehrmals kamen in Blüthen, die einen fünfgliederigen Kelch und 
Corollenwirtel besaßen, sechs Staubgefäße vor. 

Ich fand dann an einer Stelle, entsprechend einer Bucht zwi- 
schen zwei Zipfeln der Blumenkrone, zwei Staubgefäße unmittelbar 


Über Pelorien bei Labiaten. 3A9 


neben einander stehen, ihre Gefäßstränge durchzogen die Röhre der 
Blumenkrone in paralleler Richtung, und waren durch einen schmalen 
gefäßlosen Streifen getrennt ; oberhalb jener Stelle, an welcher die 
Filamente von der Röhre sich abbogen, bemerkte man eine Nerven- 
anastomose der seitlichen, von dem benachbarten in die Zipfel aus- 
laufenden Mittelnerv ausstrahlenden Zweige, auf die früher beschrie- 
bene Art gebildet. Die beiden Filamente sind bald von der Basis an 


frei, bald mehr minder mit einander verwachsen; jedes trug eine 
zweifächerige Anthere ?). 


1) Für Fälle dieser Art ist die Bezeichnung „Dedoublement“ recht zweckmäßig zu 
gebrauchen. Zwischen vermehrter Lappenbildung eines Organs, Spaltung, wobei 
jeder Theil etwa die Hälfte oder irgend einen aliquoten Theil des Ganzen darstellt, 
und eigentlicher Vervielfältigung läßt sich keine Grenze ziehen und sind die- 
selben vielfach durch Übergänge mit einander verbunden. 

An Staubgefäßen lassen sich diese Verhältnisse am besten studiren. So fand 
ich in Blüthen von Betonica officinalis statt eines normalen Staubgefäßes entspre- 
chend einem Ausschnitte zwischen zwei Blumenkronlappen, in dem einen Falle ein 
drei oder vier Antherenfächer tragendes, in anderen Fällen zwei Filamente, deren 
Gefäßstränge getrennt in paralleler Richtung in der Corollenröhre verliefen und 
je eine einfächerige oder zweifächerige Anthere trugen. In den übrigen Theilen 
der Blüthe nichts abnorm. Übereinstimmend mit den gespaltenen oder verviel- 
fältigten Blüthentheilen verhält sich die Oberlippe der Blumenkrone vieler Labia- 
ten in ihrer Nervatur. Denkt man sich den Mittel- oder Seitennerv der Unterlippe 
in zwei durch eine gefäßlose Zwischenschicht getrennte Theile gespalten, so 
würde diese Verzweigung mit der Nervatur der Oberlippe übereinstimmen. Be- 
rücksiehtigt mau nicht die Zahl der Kelchzähne, so müßte man die Oberlippe als 
morphologisch ein- und nicht zweigliederig ansehen, die Annahme des Aortes des 
hinteren Staubgefäßes wäre dann überflüssig. 

Nieht minder kommt man in Verlegenheit, wenn man über die Zahl der 
Wirtelglieder sich entscheiden soll. Ich habe Fälle gesehen, wo mit demselben 
Rechte ein mit zwei vergrößerten Lappen versehener Kelch einer Pelorie von 
Galeobdolon luteum als aus zwei Blättern, von denen jedes in seiner Mitte am 
Rande einen Zahn trägt, oder aus vier Gliedern, von denen die mit den größeren 
Lappen deeussirenden bis auf die Basis gespalten oder aus sechs Gliedern zu- 
sammengesetzt betrachtet werden konnte. Die Stellung der Blumenkronzipfel bot 
für die Beurtheilung keinen Anhaltspunkt. Zugleich war eine Regelmäßigkeit zu 
beobachten, die jeden Abort im Vorhinein ausschloß. Merkwürdig ist das häufige 
Vorkommen von viergliederigen Typen bei Pelorien. Die Entstehung, Entwicklung 
und der morphologische Zusammenhang dieser Formen kann nach meiner Ansicht 
nur durch sorgfältig betriebene Züchtung und weniger durch mikroskopische 
Entwicklungsstudien, welche doch nur wieder zu allgemein gehaltenen Schema- 


tisirungen führen, erkannt werden. Ohne erstere ist der morphologischen Be- 
trachtung ein weiter Spielraum eingeräumt. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 23 


350 Peyritsch. 


Fruchtknoten auf einem vierlappigen polsterartigen Discus auf- 
sitzend, normal vierlappig, Griffel grundständig, kurz nach der Ent- 
faltung der Kelchblätter die Staubgefäße schon überragend, später 
kürzer, zuweilen jedoch länger als die Staubgefäße; Narbe zwei- 
spaltig, die Schenkel den größeren Kelchlappen gegenüberstehend, 
bisweilen jedoch etwas schief gestellt. Die Samenknospen zur Zeit 
des Aufspringens der Antheren in der Entwicklung zurückgeblieben, 
und nicht vollständig das Fach ausfüllend. 

Theilfrüchtehen abortirend, verschrumpfend, nur einmal fand 
ich sie schwarz gefärbt, jedoch viel kleiner als normale. 

Vergleicht man die Masse der einzelnen Abschnitte der Blumen- 
krone der Pelorie mit denen der normalen Blüthe, so stimmen sie, 
wenn man den Saum nicht berücksichtigt, mit einander überein, die 
Länge der Blumenkronröhre ist inbeiden Fällen dieselbe, ebenso steht 
der Haarkranz genau in der Mitte derselben, in der normalen Blüthe 
allerdings schief, indem er vom ein- zum ausspringenden Winkel 
ausgespannt ist. Die Zipfel des Saumes kommen in Nervatur, Größe, 
Gestalt, bei vielen auch in der Farbe und Zeichnung am meisten 
noch mit den seitlichen Zipfeln der Unterlippe und nicht mit dem 
Mittellappen überein; letzterer ist mehr länglich, ober der Basis etwas 
breiter, abgerundet, mit einem Spitzchen versehen. 

Die Insertion der Staubgefäße findet beiderseits in derselben 
Höhe statt. | 

An einigen Pflanzen wurde Spaltung des Kelches, der Corolla 
oder beider, Verwachsung der Pelorie mit dem nächst vorhergehenden 
Laubblatte oder einer achselständigen Blüthe beobachtet. 

Nicht selten fand ich die Lichtung des Kelches der Pelorie, 
nachdem die Blumenkrone bereits abgefallen war, durch eine dünne 
blumenblattartig gefärbte Membran, welche mit einem oder beiden 
Rändern der Innenwand des Kelches sich anheftete, in zwei seitlich 
gelegene Fächer getheilt, oder es war die Corolla der Pelorie auf eine 
ein bis zwei vollkommen ausgebildete Staubgefäße oder nur Antheren 
tragende Lamelle, welche mit einem oder beiden Seitenrändern ge- 
wöhnlich entsprechend einem Einschnitte zwischen einem großen 
und kleinen Kelehlappen der ganzen Länge nach verwachsen war, 
redueirt. Jene Lamelle, in der Regel ein- bis zweilappig, in einem 
Falle der eine Rand eines solchen Lappens doppelspreitig. Durch 
innige Verwachsung der Pelorie mit einer der seitenständigen Blüthen, 


Über Pelorien bei Labiaten. 351 


‚die Theile der letzteren nicht selten gezerrt, die Blüthe scheinbar um- 
gewendet. 

Corollinische Färbung des obersten Stengelblattes, einzelner 
Kelchzipfel und des entsprechenden Röhrenstückes, mangelhafte 
‚Ausbildung der Blumenkrone der Seitenblüthe nicht selten. 

Letztere findet man bisweilen entsprechend dem Einschnitte 
zwischen zwei Kelehzähnen der Kelehröhre angewachsen, mit un- 
vollkommen ausgebildeten Lappen. Eine dieser defeeten Blüthen 
hatte einen dreispaltigen Keleh und eine mit Oberlippe und auf den 
Mittellappen redueirte Unterlippe versehene Blumenkrone und zwei 
‚Staubgefäße, welche entsprechend dem Einschnitte zwischen Ober- 
und Unterlippe der Blumenkronröhre sich inserirten. Der eine hinten 
und etwas seitlich gelegene Kelchzipfel vergrößert, eoncav, zuge- 
spitzt, sammt dem entsprechenden Röhrenstücke gelblich gefärbt. 

Mehrmals traf ich in einer Nische, welche durch Verwachsung 
der Ränder der Blattbasis des einen Laubblattes an den Kelch der 
Pelorie gebildet wurde, ein keilförmiges, aus jener hervorragendes 
‚oder eingeschlossenes gelbliches, einer Oberlippe analoges Blättchen, 
‚das man als Rudiment einer seitenständigen Blüthe betrachten kann. 

Zu den merkwürdigsten Beispielen von Spaltung des Kelches 
und der Corolla und zugleich abnormer Verwachsung derselben ge- 
hört ein an einer Pelorie beobachteter Fall, bei welchem Kelch und 
Blumenkrone ein einziges schraubig gedrehtes Stück bildeten. Brei- 
tete man den Kelch und die Blumenkrone in eine Ebene aus, so daß 
die Innenseite dem Beschauer zusah, so stand die Basis des Kelches 
‚senkrecht zur Basis der Blumenkrone. Vom Kelehsaum, der links 
lag, folgte zuerst ein großer Kelchlappen, hierauf ein kleiner, dann 
ein großer, wieder ein kleiner, an letzteren schlossen sich die fünf 
Zipfel der Blumenkrone an. Diese trug vier gleich große Staub- 
gefäße und ein fünftes kleineres, das entsprechend dem Einschnitte 
zwischen dem kleinen Kelchzipfel und dem Blumenkronlappen inserirt 
war; Fruchtknoten und Griffel normal ?). 


4) Ganz analoge Fälle von schraubiger Aufdrehung des Kelches und der Corolla habe 
ich bei Betonica offieinalis, Ajuga reptans und Stachys sylvatica beobachtet. Das 
Kelch-Corollenstück war bald nach rechts, bald nach links gewunden. Wurde das- 
‚selbe in eine Ebene ausgebreitet und von dessen Innenfläche aus betrachtet, so 
befand sich der Kelch bald rechts, bald links von der die ganze Ausbreitung halbi- 


23* 


352 - Peyritsch. 


Die Entfaltung der Pelorien erfolgte von Mitte Mai bis Anfangs 
Juni und fand etwas früher als die der unmittelbar vorhergehenden 
seitenständigen Blüthen statt. Bei den unteren Scheinquirlen waren 
die Corollen allenthalben schon abgewelkt oder abgefallen. 

Im heurigen Jahre traf ich sowohl auf jenem Standorte als an 
fünf anderen Localitäten einzelne Pflanzen an, welche endständige 
regelmäßige Blüthen trugen. 

Während im vorigen Jahre Pelorien mit vier- und fünfgliederigem 
Typus am häufigsten vertreten waren, kamen sie heuer mit vier- und 
sechsgliederigem Typus am zahlreichsten vor; an einigen Standorten 
sah ich fast ausschließlich nur Blüthen mit sechszähnigem Kelch und 
vierblätteriger Blumenkrone und vier Staubgefäßen. Die unteren 
Blüthenquirlen waren gewöhnlich reichblüthig. 

Auf dem ersterwähnten Standorte kamen in beiden Jahren 
nieht selten Pflanzen mit einzelnen achselständigen oder bisweilen 
in Quirlen beisammen stehenden Blüthen vor, welche sich durch eine 
geringere Zahl der Kelchzähne und Blumenkronlappen von normalen 
unterschieden. Solehe Blüthen besaßen einen vierzähnigen Kelch, 
deren Kelehsaum bisweilen eine deutliche Ober- und Unter- oder 
Vorderlippe erkennen ließ. 

Zwei Zähne standen genaü median, die beiden seitlichen in allen 
Fällen durch eine weite Bucht vom hinteren geschieden. Die Blumen- 
krone gerade (nicht gekniekt), schlank, Oberlippe normal, helm- 
förmig oder mehr minder flach, zweilappig oder spaltig, Unterlippe 
zweilappig, die Lappen divergirend, den seitlichen einer normalen 
Unterlippe gleichend, Staubgefäße drei, das eine vorne und median- 
stehend, zugleich am längsten 1). Griffel normal. Bei einer Pflanze, 


renden Mittellinie. Dem der Mittellinie nächsten Kelchzipfel schloß sieh meistens 
die Oberlippe an, worauf die Lappen der Unterlippe in gewöhnlicher Reihenfolge 
standen; in einem Falle grenzte dem rechts liegenden Kelch der Mittellappen an, 
dem sich dann der Seitenlappen der Unterlippe, die Oberlippe und endlich der 
zweite Seitenlappen anreihten. Der Mittellappen stand meist seitlich, zuweilen fast 
nach hinten gekehrt. In einem Falle weniger tief gehender Spaltung stellte sich 
nach Durchtrennung einer Kelch und Corolla verbindenden membranösen Leiste 
die ursprüngliche normale Lage des Mittellappens wieder her. 

1) Ein median vornstehendes Staubgefäß, das dem Typus der Labiatenblüthe völlig 
fremd ist, fand ich mehrmals bei Pflanzen dieser Familie. Viel häufiger als man 


erwarten sollte, wird der Staubgefäßwirtel durch das Auftreten eines median- 


Über Pelorien bei Labiaten. 353 


welche vierzehn Blüthen trug, waren zehn Blüthen so beschaffen, 
und nur vier mit normal fünfzähnigem Kelche und dreilappiger Unter- 
lippe versehen. 


Bei mehr als siebzig Pflanzen, die Pelorien trugen, war dieselbe 
ihrer Stellung nach gipfelständig, und somit nur eine einzige regel- 
mäßige Blüthe an der Pflanze aufzufinden, und schon glaubte ich, 
daß dies ein ausschließliches Vorkommniß sei, als ich mitten unter 
anderen Pelorien tragenden Pflanzen auf dem mehrfach erwähnten 
Standorte ein Exemplar antraf, dessen tiefer am Stengel stehende 
Blüthen in Scheinquirlen standen und normalen glichen, während 
von den oberen einzeln stehenden zwei einander opponirte Blüthen 
regelmäßig ausgebildet waren. Dieselben unterschieden sich mehr- 
fach von den gipfelständigen Pelorien. Bei der einen Blüthe war der 
Kelch fünfzähnig, bei der anderen vierzähnig. In der Blüthe, welche 
mit einem vierzähnigen Kelch versehen war, standen zwei Kelchzähne 
median, zwei seitlich, die Blumenkronlappen alternirten mit den 
Kelchzipfeln. Im zweiten Falle der eine Kelchzipfel hinten, zwei 
vornstehend, die übrigen seitlich; sämmtliche Kelchzähne einander 
gleich, schmal, zugespitzt, durch eine weite Bucht von einander ge- 
trennt. Der Saum der Corolle in beiden Fällen viertheilig, etwas 
trichterförmig, die Zipfel eiförmig, zugespitzt. Staubgefäße vier 
gleich lang, Griffel mit zweispaltiger Narbe, deren Narbenschenkel 
eine Medianstellung einzunehmen schienen. Die übrigen einzeln 


stehenden vorderen Staubgefäßes, das dann zugleich das längste von allen ist, 
fünfgliederig, als durch die Gegenwart eines median stehenden hinteren Staub- 
gefäßes. Ist dies der Fall, so beobachtet man eine vermehrte Zahl der Lappen der 
Unterlippe, gewöhnlich ist der Mittellappen gedoppelt, die Kelchzähne können 
vermehrt oder in normaler Zahl vorhanden sein. Bei Betonica officinalis fand ich 
mehrmals Blüthen mit achtzähnigem Kelche, normaler Oberlippe und zwei seitlich 
stehenden fast normal beschaffenen Unterlippen, zwischen welchen der Blumen- 
kronröhre ein median stehendes vorderes Staubgefäß inserirt war. Solche Blüthen 
trugen daher sieben Staubgefäße und zwar je eines zwischen Oberlippen und 
Seitenlappen der einen Unterlippe,'und je eines zwischen den Seitenlappen und 
dem anstoßenden Mittellappen und endlich das eine vornstehende, zwischen den 
beiden vorderen Seitenlappen der beiden Unterlippen inserirte Staubgefäß. Die 
einzelnen Abschnitte der Blumenkrone stimmen mit den entsprechenden der nor- 
malen überein. Statt des median stehenden hinteren Staubgefäßes sah ich einmal 
bei Betonica officinalis einen breiten keilförmigen, blumenkronähnlich' gefärbten 


Lappen, welcher an der Basis der Oberlippe sich der Blumenkronröhre inserirte. 


354 Peyritsch. 


stehenden Blüthen unregelmäßig, die vier obersten mit vierzähnigem 
Kelch und einer Blumenkrone versehen, deren Unterlippe zweilappig 
ist. Eine gipfelständige Blüthe besaß diese Pflanze nicht. 


Stachys sylvatica. 
Taf. I. 


Aus der Achsel eines Blattes des obersten Laubblattpaares einer 
am 1. Juni v. J. in der Umgebung von Wien von mir gefundenen 
Pflanze entsprang ein kurz gestielter fünfblüthiger Zweig, dessen 
oberste aufrechte und wahrscheinlich terminale Blüthe eine Pelorie 
darstellte. 

Diese in ihren Wirteln sechsgliederig; der Kelch röhrig, sechs- 
spaltig; die Corolla fast präsentirtellerförmig, deren Röhre im unteren 
Drittel mit einem horizontal verlaufenden Kranze von Haaren ver- 
sehen, der Saum regelmäßig, sechstheilig, Zipfel eiförmig, länglich, 
stumpf, dreimal kürzer als die Blumenkronröhre. Letztere wird von 
zwölf Nerven durchzogen, von denen sechs in die Staubgefäße ein- 
treten; die alternirenden spalten sich meist schon unter dem Haar- 
kranze in drei Äste, von denen der mittlere durch die Mitte der 
Zipfel, die beiden seitlichen gegen das bezügliche nächste Staub- 
gefäß abbiegen, mit demselben parallel laufen und unter dem Ein- 
schnitte zwischen je zweiZipfeln mit dem nächst gelegenen seitlichen 
anastomosiren. Staubgefäße sechs, dem oberen Drittel der Corollen- 
röhre eingefügt, hervorragend, von der Länge der größeren Staub- 
gefäße einer normalen Blüthe. Antheren mit gut entwickelten Pollen. 
Fruchtknoten fünflappig, Griffel mit zweispaltiger Narbe. 

Die Größenverhältnisse der einzelnen Abschnitte der Blumen- 
kronröhre der Pelorie stimmen mit den entsprechenden der normalen 
Blüthe überein. Die Zipfel des Saumes gleichen in Form, Größe, 
Nervatur und Farbe am meisten noch den seitlichen Lappen der 
Unterlippe der normalen unregelmäßigen Blüthe. Die übrigen Blüthen 
der Pflanze normal beschaffen. 


Betonieca officinalis. 
Taf. IV. 


Auf einer Wiese in der Umgebung von Wien fand ich am 
14. Juni des vorigen Jahres eine Pflanze dieser Art, welche von 


Über Pelorien bei Labiaten. 355 


Weitem durch eine an der Spitze der Inflorescenz befindliche, her- 
vorstehende Blüthe sich auszeichnete. 

Dieselbe war regelmäßig und in ihren ersten zwei Blüthen- 
wirteln fünfgliederig. Der Kelch regelmäßig, fünfzähnig; die Blumen- 
krone fast präsentirtellerförmig, die Röhre gerade, am oberen Ende 
triehterförmig erweitert, der Saum fünfspaltig, Zipfel rundlich, etwas 
ausgerandet, um die Hälfte kürzer als das obere erweiterte Ende der 
Blumenkronröhre. Diese wird in ähnlicher Weise wie bei den Pelorien 
von Galeobdolon luteum und Stachys sylvatica von zehn Nerven 
durchzogen, von denen fünf später den Staubgefäßen angehören, die 
alternirenden am Beginn der Erweiterung in drei Äste sich spalten, 
von denen der mittlere in die Spitze des Zipfels, die beiden seitlichen 
in paralleler Richtung mit dem seitlichen Aste des nächsten Nerven 
gegen die Sinus verlaufen, daselbst mit diesen anastomosiren. Von 
dieser Anastomose zieht ein stärkerer Zweig längs des Randes des 
Zipfels. Der Mittelnerv und die Seitenäste sind durch horizontal ver- 
laufende Zweige miteinander verbunden. Staubgefäße vier, alternirend 
mit den Zipfeln der Corolla, dem erweiterten Theile derselben ein- 
gefügt und eingeschlossen. 


Ein Filament bis auf die Basis getheilt, jeder Theil trägt eine 
zweifächerige Anthere. Die beiden jedem Filamente angehörigen 
Gefäßstränge verlaufen durch einen schmalen gefäßlosen Streifen 
getrennt in paralleler Richtung gegen den Sinus. Fruchtknoten und 
Griffel normal. 

Die Dimensionen der einzelnen Abschnitte der Corolla der Pelorie 
stimmen nicht vollkommen mit den entsprechenden Theilen der 
normalen Blüthe überein, indem die Blumenkronröhre der Pelorie 
gerade so viel verlängert ist, als die Länge des Stückes der Unter- 
lippe von ihrem Grunde angefangen bis zur Basis des seitlichen 
Lappens desselben gemessen beträgt; dem entsprechend sind die 
Staubgefäße von der Röhre eingeschlossen und werden von letzterer 
überragt. Die Zipfel der Blumenkrone der Pelorie gleichen so ziem- 
lich den seitlichen Lappen der Unterlippe einer normalen Blüthe. 


Die Ergebnisse der Untersuchungen der so eben beschriebenen 
Pelorien lassen sich im Folgenden zusammenfassen: 


1. Die regelmäßige Blüthe ist ihrer Stellung nach in der Regel 
endständig und nimmt eine aufrechte Stellung ein. 


356 Peyritsch. 


2. Die Kelehzipfel gleichen einander vollkommen, oder es sind 
die mit dem vorhergehenden Laubblattpaare deeussirenden Kelch- 
lappen mehr minder vergrößert. 


3. Die Blumenkronröhre ist auch in den Fällen, in welchen in 
der normalen zygomorphen Blüthe dieselbe eine knieförmige Bie- 
gung oder Knickung besitzt, vollkommen gerade. Die einzelnen Ab- 
schnitte derselben stimmen in der Regel mit denen der zygomorphen 
Blüthe überein. 

4. Der Saum der Blumenkrone wird von Zipfeln gebildet, die 
weder mit dem Lappen der Oberlippe, noch mit dem Mittellappen 


der Unterlippe, sondern am meisten noch mit den Seitenlappen der 
letzteren übereinstimmen. 


5. Die Staubgefäße erreichen in der Regel die Länge der grö- 
Seren der normalen Blüthe, sind vollkommen ausgebildet, während 
der Fruchtknoten später verkümmert. 


Salvia pratensis. 
Taf. V. 


DiePelorie, welche ich an einer Salvia pratensis auffand, unter- 
scheidet sich von den vorigen durch die laterale Stellung und die 
abweichende Form der Blumenkrone. Die Pflanze trug ebenfalls nur 
eine einzige regelmäßige Blüthe. Diese war jedoch, wie erwähnt, 
nicht endständig, sondern die unterste Seitenblüthe, und hatte eine 
ziemlich aufrechte Stellung. 


Der Kelch war vierspaltig, Kelchzähne einander gleich, fast 
lanzettlich spitz; Corolla röhrig, Röhre oben erweitert, von der 
Länge jener der normalen Blumenkrone, Saum ausgebreitet, vier- 
theilig, Zipfel mit den Kelehzähnen alternirend, zwei median ste- 
hend, von der Form und Größe des Mittellappens der Unterlippe 
einer normalen Blumenkrone, die übrigen zwei oval, abgerundet, mit 
den vorigen deeussirend. Staubgefäße vier, alternirend mit den 
Zipfeln der Corolla, einander gleich, eingeschlossen, sonst normalen 
Staubgefäßen gleichend, Antheren mit verkümmerten Pollen. Griffel 
aus dem Schlunde weit herausragend, Narbe zweispaltig, die Schenkel 
median stehend. Fruchtknoten bis auf die Basis viertheilig. Samen- 
knospen ..... 


Über Pelorien bei Labiaten. 357 


Man hat verschiedene Ansichten aufgestellt, um die Entstehungs- 
weise der Pelorien zu erklären !). 

Als Linne& zuerst der Pelorie der Linaria vulgaris, die sein 
Schüler Zioeberg auf der Insel Södra Gaesskiaeret fand, ansichtig 
ward, glaubte er bekanntlich, dafß5 dieselbe ein Hybrid zwischen der 
Linaria vulgaris und einem ihm unbekannten Genus darstelle, ein 
Irrthum, den Linne selbst später als solchen erkannte. Weiters 
glaubte man dem Boden einen vorwiegenden Einfluß auf die Ent- 
stehung von Pelorien vindieiren zu können, indem man bald einen 
fetten, Überfluß an Nahrungsmaterial darbietenden, bald wieder einen 
sterilen als günstig erachtete. Man überzeugte sich jedoch bald, daß 
demselben allein nicht der bestimmende Einfluß zuerkannt werden 
kann, indem es wohl gelang, aus Pflanzen, die Pelorien trugen, 
solche mit normalen Blumen zu ziehen, während das entgegengesetzte 
Experiment immer resultatlos blieb; anderseits sah man im Freien 
aufgefundene, pelorientragende Pflanzen, nachdem man sie in einen 
Garten übertragen, durch viele Jahre hindurch regelmäßige Blüthen 
hervorbringen. Doch kann die Thatsache, welche am meisten zu 
Gunsten dieser Ansicht spricht, daß an kleinen genau begrenzten 
Localitäten sämmtliche Pflanzen einer und derselben Art oft durch 
mehrere Jahre mit Pelorien aufzutreten pflegen, nicht übergangen 
werden 2). 

De Candolle war der Meinung, daß ein gewisser Druck, dem 
die Blüthentheile in der Knospe ausgesetzt sind, denselben nicht 
gestatte, sich regelmäßig zu entwickeln, in Folge dessen trete Abortus 


1) Vergl. Chavannes, Monog. des Antirrhinees, 1833, S. 55 et fg. 

2) Im hiesigen botanischen Garten trugen im heurigen Jahre Digitalis lanata und 
Digitalis ferruginea, welche nahe bei einander standen, Pelorien. Leider konnte 
ich nicht in Erfahrung bringen, ob beide Pflanzen heuer zum ersten Male die 
regelmäßigen Blüthen hervorbrachten. Die Pelorien unterschieden sich weder durch 
ihre Stellung noch durch die Länge der Blüthenstielchen von normalen Blüthen, 
Bei Digitalis lanata waren sie nach vier- und fünfgliederigem, bei D. ferruginea 
nach fünf- und sechsgliederigem Typus gebaut. Bei der Pelorie mit vierlappiger 
Blumenkrone standen zwei Zipfel median, die übrigen seitlich, die Kelchzipfel 
alternirten mit den Blumenkronlappen; in der sechsgliederigen Pelorie die Kelch- 
zipfel zweireihig, von der äußeren Reihe ein Zipfel vorne, von der inneren ein 
Zipfel hinten stehend, die Blumenkronlappen hatten alle die Form, Größe und 
Färbung des Vorderlappens der normalen Blüthe. Staubgefäße vier bis sechs, mit 
gut entwickelten Pollen. Das Übrige normal. Herr Dr. S. Reissek hatte die 


Güte, mich auf diese Pelorien aufmerksam zu machen. 


358 Peyritsch. 


des hinteren Staubgefäßes ein, und eine ungleichmäßige Ausbildung 
der Lappen des Kelches und der Blumenkrone. 

Zur Unterstützung seiner Ansicht führte er das bedeutungsvolle 
Faetum an, dafs man eine von der Mediane seitlich liegende un- 
gleiche Lippenbildung des Kelches oder der Blumenkrone niemals 
beobachtet hätte. 

Kaum der Erwähnung würdig ist die Ansicht derjenigen, die 
glaubten, die Pelorien stellen Verwachsungen von eben so viel 
Blüthen dar, als Zipfel der Blumenkrone der Pelorie vorhanden sind, 
es seien jedoch sämmtliche Theile der Blüthen mit Ausnahme je 
eines Gliedes jedes Blüthenwirtels abortirt. 

Einige Botaniker stellten die Vermuthung auf, der ursprüng- 
liche Typus der Blüthe bei allen Pflanzenfamilien sei ein regelmäßiger 
und die Pelorien sind somit ihrer Bedeutung nach nur Fälle von 
Rückkehr zum regelmäßigen Typus. 

Durch die neueren Forschungen, welche den Einfluß der 
Schwerkraft auf die Gestaltung der Pflanzenorgane zum Gegenstande 
haben, wurde der Untersuchung ein neues weites Feld geöffnet. 
Hofmeister spricht geradezu die Ansicht aus, daß wahrscheinlich 
bei der Gesammtheit der symmetrischen Bildungen der Einfluß einer 
in vertiealer Riehtung wirkenden Kraft auf die Gestaltung dieser 
Pflanzentheile sich geltend macht !). Diese Hypothese fordert, daß 
bei aufrechter Stellung der Blüthenknospe von ihrer ersten Anlage 
angefangen und eingehalten während der ganzen Entwicklung — 
und dies findet bei gipfelständiger Stellung thatsächlieh statt — eine 
Abweichung der Form, etwa eine regelmäßige Ausbildung, erfolgen 
müsse. Zugleich erklärt sich dadurch, warum niemals eine seitliche 
ungleiche Lippenbildung vorkommt. 

Es läßt sich nun für diese Ansicht, welche jedoch nicht für 
sämmtliche Pelorienbildungen Geltung hat, ein gewichtiges Faetum 
anführen. 5 

Die Blumenkrone der symmetrischen (unregelmäßigen, zygo- 
morphen) Blüthe von Galeobdolon luteum ist in ihrer Mitte knie- 
förmig gebogen, der Kniekungswinkel jedoch nicht constant, sondern 
mehr minder variabel. 


1) Hofmeister, Allgem. Morphol., S. 550—581. 


Über Pelorien bei Labiaten. 359 


Bei den reichblüthigen Scheinquirlen sind die äußersten (Jüng- 
sten) Blüthen fast horizontal gestellt, die Blumenkronröhre ist fast 
rechtwinkelig gebogen, bei den mehr der Achse genäherten Blüthen 
desselben Quirls findet man den Knickungswinkel stumpfer. An den 
obersten der Stengelspitze genäherten Blüthen ist die Knickung der 
Röhre weit geringer, die Blüthen sind weniger zum Horizonte geneigt. 
Kneipt man das Stengelende ab und läßt nur eine möglichst unent- 
wiekelte Blüthenknospe stehen, die man durch leichten Druck in 
aufrechte Stellung bringt, so gelingt es, Blumenkronen zu ziehen, 
denen der Knickungswinkel der Röhre völlig mangelt. Bei diesen 
Versuchspflanzen steht auch die Blüthe aufrecht, und scheint eine 
Fortsetzung des Stengels zu sein. Ist somit die Form der Blumen- 
kronröhre augenscheinlich von der Lage der Knospe zum Horizonte 
abhängig, so ist die Annahme gerechtfertigt, daß die mehr minder 
regelmäßige Ausbildung des Saumes der Blumenkrone ebenfalls 
durch die Lage der Blüthenknospe zum Horizonte beeinflußt werde. 

Es ist jedoch schwer, durch Experimente eine wesentliche Form- 
veränderung des Saumes der Blumenkrone künstlich hervorzurufen, 
da durch die nothwendig gebotene Kleinheit der Knospe der Ver- 
such nicht leicht ausgeführt werden kann und ein Erfolg bei zu weit 
vorgeschrittener Entwicklung der Blüthentheile nicht zu erwarten 
steht. Bedenkt man, daß bei weitaus der größten Zahl der Labiaten, 
an welchen Pelorien aufgefunden wurden, dieselben gipfelständig 
waren, so scheint allerdings in diesen Fällen die senkrechte Stel- 
lung der Blüthenknospe das unmittelbare ursächliche Moment für 
die regelmäßige Ausbildung gewesen zu sein. So fand ich, wie er- 
wähnt, über siebzig Exemplare von Galeobdolon luteum mit gipfel- 
ständiger Pelorie, ebenso an einer Betonica officinalis; andere haben 
an Galeopsis Tetrahit, @. versicolor, Betonica Alopecurus, Stachys 
sylvatica dieselbe Beobachtung gemacht. Bis jetzt wurde bei keiner 
Labiate jemals eine gipfelständige Blüthe mit einer unregelmäßigen 
Blumenkrone aufgefunden. 

Das Vorkommen von zwei seitenständigen Pelorien an Galeob- 
dolon luteum scheint der vorgetragenen Ansicht zu widersprechen !). 


1) Bei den Scrofularineen kommen öfter seitenständige Pelorien vor als gipfelständige. 
Gipfelständige unregelmäßige Blüthen hat man in dieser Familie, so weit mir 


bekannt ist, noch niemals angetroffen. 


360 Biere 


Nach meinen Beobachtungen hat sich herausgestellt, daß die vordere 
median gelegene Parthie der Corollenröhre der normalen Blumen- 
krone dieser Pflanze besonders empfindlich für Lageveränderungen 
zum Horizonte sich verhält. Bei jenen Blumenkronen, welchen der 
Mittellappen der Unterlippe fehlte, deren Röhre somit schlanker ge- 
formt war, war die Blumenkronröhre trotz ihrer von der senkrechten 
Richtung sehr abweichenden Lage gerade, diese warsomit gegen Lage- 
veränderungen resistenter. Auch bei den normalen Blüthen beobach- 
tet man nicht immer dieselbe Empfindlichkeit. Ich halte diese Eigen- 
schaft für erblich, und glaube, daß in der Erblichkeit das ursächliche 
Moment für die Entstehung der seitenständigen Pelorien an dem 
einen Exemplare von @aleobdolon luteum gegeben ist. Das Zusam- 
mentreffen so vieler abnorm geformter Blüthen nicht nur an ver- 
schiedenen, sondern selbst an einer und derselben Pflanze, die Man- 
nigfaltigkeit und Variabilität der Bildungen auf einem und demselben 
Standorte scheinen für den genetischen Zusammenhang der Formen 
zu sprechen. 


ANHANG. 
Taf. VI. 


An die früher besprochenen Bildungen schließt sich eine an 
einer Salvia pratensis beobachtete interessante Abnormität an, 
welche man füglich nicht mehr den Pelorienbildungen unterordnen 
kann, obwohl diese sich durch einen die Blumenkrone vertreten- 
den Blattwirtel, dessen Glieder einander ziemlich gleichen, aus- 
zeichnet. 

Das Eigenthümliche der Pelorien besteht eben darin, daß 
sämmtliche Merkmale der regelmäßig ausgebildeten Organe, die 
denselben überhaupt entsprechend ihrem Range und Stellung als etwa 
Textur, Farbe ete. zukommen, noch erhalten bleiben. Jeder Unge- 
übte hält zum Beispiel die Corolla der Pelorie von Galeobdolon luteum 
doch für eine Blumenkrone, wenn er dieselbe auch nicht als einer 
Labiate angehörig betrachtet. Unsere Anomalie ist mit einer fast 
regelmäßigen, bis auf die Basis getheilten aber vergrünten Blumen- 


Über Pelorien bei Labiaten. 361 


krone versehen, und man müßte sie den Chlorosen einreihen, wenn 
nicht die Bildung des Griffels dagegen sprechen würde. 

In den Besitz dieser Pflanze kam ich durch die freundliche Mit- 
theilung des Herrn Dr. Reuss jun., welcher dieselbe im botanischen 
Tauschverkehr erworben hatte. 

Die Tracht der Pflanze ist völlig abweichend, da die Blumen- 
krone zu fehlen scheint und statt derselben eine sehr dünne eylin- 
drisehe, zerschlitzte, bläuliche Röhre aus dem Kelehe sämmtlicher 
Blüthen mehr minder hervorragt. Die Infloreseenz normal. 

Der Kelch röhrig, zweilippig, fünfzehnnervig, drüsig behaart, 
die Oberlippe dreizähnig, die Unterlippe zweispaltig, sämmtliche 
Zähne und Lappen eiförmig, stachelspitzig, dreinervig. 

Als zweiten Blüthenwirtel findet man vier bis fünf längliche, 
zugespitzte, stachelspitzige, grüne, an der Rückseite drüsig behaarte, 
krautige Blätter von der Länge des Kelches, das median hintenste- 
hende und zuweilen auch das vordere breiter, etwas concav, an der 
Spitze zweizähnig oder spaltig, fünfnervig, mit zum Sinus verlau- 
fenden Mittelnerv; die übrigen dreinervig. Staubgefäße fehlen. 

Auf dem Diseus sitzen zwölf bis zwanzig Theilfrüchtchen, von 
welchen jedes mit einer grundständigen aufrechten anatropen Sa- 
menknospe versehen ist. 

Der Griffel stellt eine dünne, eylindrische, im unteren Theile 
bräunlieh gefärbte, in der Mitte und oben violette zerschlitzte Röhre 
mit blumenkronartiger Textur dar, welche bald nur unmerklich, bald 
1/,—3/, Zoll aus dem Kelche hervorragt; die Zipfel schmal, lineal, 
oft durch Verwachsung zweier oder mehrerer ungleich, zuweilen 
. selbst einen fast zweilippigen Saum bildend; bisweilen verläuft der 
eine oder andere Spalt wohl auch bis auf die Basis der Röhre, so 
daß man freie und zu zweien oder mehreren verwachsene, in letzterem 
Falle nicht mehr violett, sondern grün gefärbte, an der Rückseite 
behaarte Zipfel, von denen jeder in der Mitte von einem Gefäßstrange 
durchzogen ist, vorfindet. Im Innern der Röhre bisweilen auch wieder 
mit einer aufrechten Samenknospe und mit linealem flachen Griffel 
versehene Theilfrüchtchen. 

Die blaugefärbte Röhre kann nur als Griffel, dessen Umfang 
und Zahl der Zipfel nothwendig zunehmen muß, sobald eine Ver- 
mehrung der Fruchtknotenlappen stattfindet, gedeutet werden. Mei- 
stens sind um die Hälfte weniger Zipfe) als Theilfrüchtehen vorhanden. 


362 Peyritsch. 


Diese Anomalie unterscheidet sich von den bisher bekannten 
durch vier bis fünf getrennte, krautartige, die Corolle vertretende 
Blätter, vollständigen Abgang der Staubgefäße, Vermehrung der 
Fruchtknotenlappen, den ein blumenkronähnliches, mehr minder ge- 
spaltenes Rohr darstellenden Griffel. 

Ohne Zweifel gehört zu dieser Form jene an Salvia pratensis 
beobachtete Bildungsabweichung, die Dr. Wetterhan bei der 
Naturforscherversammlung in Frankfurt vorzeigte und besprach. 

Durch fünf Jahre wurde dieselbe von ihm an dem Standorte im 
Freien beobachtet und eine in den Frankfurter botanischen Garten 
übersetzte Pflanze erhielt sich bis jetzt constant ?). 

Thilo Irmisch beschreibt in seinen morphologischen Unter- 
suchungen der Labiaten 2) eine Abnormität der Salvia pratensis, 
welche mit der unserigen im Baue des Fruchtknotens und Griffels 
übereinstimmt, sich jedoch durch die unregelmäßige, zweilippige, 
vier Staubgefäße tragende Blumenkrone wesentlich unterscheidet. 
Den Saum der Blumenkrone fand er nicht bei allen Blüthen deutlich 
in eine Ober- und Unterlippe geschieden. 


1) Bot. Zeitg. 1867, S. 359. 
2) Thilo Irmisch, Beiträge z. vergl. Morphol. II. Abth. 1856. S. 6. 


Über Pelorien bei Labiaten. 363 


Literatur der Pelorien bei Labiaten. 


(So weit sie mir zugänglich wurde.) 


Linn. fl. Lappon. ed. Smith 1792, S. 201. (Galeopsis Tetrahit). 

Mirbel., Mem. Labiees in Ann. Mus. 1810. XV, S. 332. Separatabdruck S. 52. 
(Teuerium campanulatum). 

Idem in Elem. Phys. veget. I, S. 221 not. (Cleonia lusitanica). 

Trattiniek in Fr. Schmidt, Samml. phys. öcon. Neuigk. I, S. 214, t. Il. 

. (Dracocephalum austriacum). 

Ratzeburg, Animadv. Pelor. S, 21, fig. 1—13. (Pleetranthus fruticosus). 

Fineke in Übersicht d. Arb. u. Veränd. d. schles. Gesellsch. im J. 1841, S. 89. 
(@aleopsis Tetrahit). 

Moq. Tandon, Pflanzenteratologie, übers. von Schauer 1842, S. 173 u. flg. 

Sandberger, Einige abnorme Blüthenbildungen in Jahrb. d. Ver. f. Naturk. 
im Herz. Nassau 1852, S. 200. (Stachys sylvatica). 

Weck, Beitrag z. Pflanzenteratologie in Verhandl. d. naturw. Vereines für Pr. 
Rheinlande 1854, XI, S. 351. (Galeopsis Tetrahit). 

Clos, Observ. sur le fruit d. Labiees in Bull. Bot. Frane. 1854, S. 169. (Sta- 
chys sylvatica). 

Idem, Deuxieme faseieule d. observ. teratolog. in Mem. ac. imp. d. se. Toulouse. 
Ser. V, T. VI. (Salvia grandiflora). 

Buchenau, Über einige Blüthenabnormitäten in Fl. 1857. S. 289. (Galeopsis 
Ladanum). 

Metsch, Darstellung einiger seltener besond. in der Grafschaft Henneberg 
einheimisch. Varietäten von phanerog. Pflanzen in Bot. Zeitg. 1852, 
S. 182—183. (Galeopsis versicolor). 

Döll, Fl. v. Baden. Tom. II, S. 662. (Salvia pratensis). 

Michalet, Pel. d. fleurs d. Betonica Alopecurus in Bull. Bot. Frane. 1860, 
S. 624 et flg. 


NACHTRAG. 


Man vergleiche außerdem den Sitzungsbericht der Gesellschaft natur- 
forsehender Freunde zu Berlin vom 20. Juli 1869 in Bot. Zeit. 1869, S. 599, 
welcher einen Auszug aus einem Vortrage Braun’s „über Pflanzenmißbil- 
dungen“ enthält. (Galeobdolon luteum Stachys sylvatica, Mentha aquatica, 
Salvia Candelabrum). 


364 Peyritsch. 


Erklärung der Abbildungen. 


Tafel I, 


Galeobdolon luteum. 


Fig. 1. Der obere Theil einer Pflanze mit gipfelständiger Pelorie, nat. Größe. 
Die Pelorie hat einen sechszähnigen Kelch, vier Blumenblätter und vier 
Staubgefäße, von denen die den größeren Kelehlappen gegenüberste- 
henden größer sind. 

» 2. Der obere Theil einer Pflanze mit gipfelständiger Pelorie. Letztere nach 
fünfgliederigem Typus gebaut, in nat. Gr. 
» 3. Gipfelständige Pelorie einer anderen Pflanze. Vergr. 4mal. 

. Der Kelch derselben. Vergr. 4mal. 

» 5. Die Corolla auseinandergebreitet, von innen gesehen, sammt den Staub- 

gefäßen. Vergr. 4mal. 

» 6a. Anthere von außen. Vergr. 12mal. 

» 65. Anthere von innen. Vergr. 12mal. 

»  6e. Anthere im Querschnitte. Vergr. 12mal. 

»  6d. Aufgesprungene Anthere von oben gesehen. Vergr. 12 mal. 

» 6e. Aufgesprungene Anthere von unten und hinten gesehen. Vergr. 12mal. 

» 7. Pistill. Vergr. 4mal. 


RS 


Tafel II. 


Galeobdolon Iuteum. 


je 


Fig. 1. Eine Pflanze mit zwei seitenständigen Pelorien in natürl. Größe. 
. Eine Pelorie mit fünfzähnigem Kelche. Vergr. 4mal. 
„ 3. Der Keleh derselben auseinandergebreitet, von innen gesehen. Vergr. 


Amal. 


18) 


„ 4. Die Corolla derselben auseinandergebreitet, von innen gesehen. Vergr. 
Amal. 

„ 5. Eine unregelmäßige Blüthe mit zweilappiger Unterlippe. Vergr. 4mal. 

„ 6. Der Kelch derselben auseinandergebreitet, von innen gesehen. Vergr. 
Amal. 

„ 7. Die Corolla derselben auseinandergebreitet, von innen gesehen. Vergr. 
Amal. 


ED] 


” 


Sitzb. d. mathem.-naturw. €. LX. Bd. I. Abth. 24 


Über Pelorien bei Labiaten. 365 


Tafel III. 
Stachys sylvatica. 


. 1. Das obere Ende eines blüthentragenden Zweiges, der aus der Achsel 


des obersten Laubblattes entsprang. Vergr. 3mal (die regelmäßige 
Blüthe stand in Natur etwas mehr aufrecht). 

2. Die regelmäßige Blüthe. Vergr. 4mal. 

3. Der Kelch derselben auseinandergebreitet, von innen gesehen. Vergr. 
5mal. 

%. Die Corolla sammt den Staubgefüßen auseinandergebreitet. Vergr. 5mal. 

5. Das Pistill. Vergr. 5mal. 

6. Der Fruchtknoten derselben. Vergr. 10mal. 

7a. Samenknospe. Vergr. 15mal. 

70. Dieselbe im Querschnitte. Vergr. 15mal. 


Tafel IV. 


Betonica offhieinalis. 


g. 1. Der obere Theil der Infloreseenz mit gipfelständiger Pelorie. Vergr. 


5mal. 

2. Pelorie. Vergr. 6mal. 

3. Der Kelch derselben auseinandergebreitet, von innen gesehen. Vergr. 
6mal. 

4. Die Blumenkrone derselben, die Zipfel aufrecht stehend. Vergr. 6mal. 

5. Die Blumenkrone sammt den Staubgefäßen auseinandergebreitet, von 
innen gesehen. Vergr. 6mal. 

6. Die Blumenkrone auseinandergebreitet. Vergr. 6mal. 

7a. Die Anthere sammt einem Stücke des Filamentes, von innen gesehen. 
Vergr. 12mal. 

7b. Dieselbe von außen gesehen. Vergr. 12 mal. 

8a. Die Anthere des gespaltenen Staubgefäßes, von innen gesehen. Vergr. 
12 mal. 

85. Dieselbe von der Seite gesehen. Vergr. 12 mal. 

9. Das Pistill, Vergr. 6mal. 

10. Der Fruchtknoten. Vergr. 12mal. 

11. Die zweispaltige Narbe. Vergr. 12mal. 


Tafel V. 


Salvia pratensis. 


. 1. Der obere Theil einer Pflanze in natürl. Größe. Am linken Aste die 


unterste Blüthe von den übrigen abweichend. 
2. Dieselbe 6mal vergrößert. 
3a. Der Kelch der Pelorie. Vergr. 6mal. 
35. Der Kelch auseinandergebreitet. Vergr. 6mal. 
4. Die Corolla sammt den Staubgefäßen auseinandergebreitet. Vergr. 6mal. 
5. Das Pistill 6mal vergr. 


0 


366 


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Peyritsch. Über Pelorien bei Labiaten. 


Tafel VI. 
Salvia pratensis. 


Eine Blüthe mit langer Griffelröhre. Vergr. 4mal. 


. Eine Blüthe mit kürzerer Griffelröhre. Vergr. 4mal. 
. Dieselbe, nachdem ein seitlicher Theil des Kelches entfernt wurde 


Vergr. 4mal. 


. Das median hinten stehende Blumenblatt, aus zwei verwachsenen 


Theilen bestehend. 


. Ein seitliches Blumenblatt. Vergr. 6mal. 

. Das Pistill. Vergr. 4mal. 

. Der Fruchtknoten. 

. Eine Blüthe mit tiefgespaltener Griffelröhre. Vergr. 4mal. 

. Dieselbe, nachdem der Kelch entfernt wurde. Vergr. Amal. 

. Das Pistill derselben. Vergr. 5mal. 

. Griffelröhre einer anderen Blüthe auseinandergebreitet. Vergr. 6mal. 
. Der Fruchtknoten dieser Blüthe im Längsschnitte. Vergr. 12mal. 

. Samenknospe. Vergr. 24mal. 


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Sitzungsb.d.k.Akad.d.W.math.naturw.C1.LX. Bd 1.Abih .18 69. 


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Sitzungsb. d.k.Akad.d.W.math.naturw. (1.LX. Bd I. Abth .18 69. 


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‚Liepoldt gez. 3 A.d.kkHofu Staatsdruckerei. 
Sitzung sb.d.k.Akad.d.W.math.naturw. Ü1.LX.Bd 1]. Abih .1869. 


Taf. VI. 


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SITZUNGSBERICHTE 


DER 


KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE (LASSE. 


LX. BAND. 


ERSTE ABTHEILUNG. 


&. 


Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, 


Zoologie, Anatomie, Geologie und Paläontologie. 


DZUPRENN 


Ianon sh elaidan, meb ame ‚noranienk 
yalakın i; 


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369 


XX. SITZUNG VOM %. OCTOBER 1869. 


Der Präsident heißt die Classe bei ihrem Wiederzusammentritte 
willkommen und begrüßt das neu eingetretene Mitglied Herrn Prof. 
Dr. Ewald Hering. 


Derselbe gedenkt ferner des am 28. Juli l. J. zu Prag erfolgten 
Ablebens des wirklichen Mitgliedes, Herrn Professors Johann Ev. 
Purkyne. 


Sämmtliche Anwesende geben ihr Beileid durch Erheben von 
den Sitzen kund. 


Die Herren Doctoren Th. Oppolzer in Wien, J. R. v. Mayer 
in Heilbronn und Prof. Aug. Kekule& in Bonn danken, mit Schreiben 
vom 8. und 11. August und 8. September |. J., für ihre Wahl zu 
eorrespondirenden Mitgliedern der Classe. 


Die Direetionen der gr.-or. Oberrealschule zu Ozernowitz und 
des Realgymnasiums zu Chrudim danken für die Betheilung dieser 
Lehranstalten mit akademischen Schriften. 


Die „Bataafsch Genootschap der proefondervindelijke Wijs- 
begeerte“ zu Rotterdam übersendet die Gedenk-Medaille der 100- 
jährigen Geburtsfeier ihres Gründers Stephan Hoogendijk. 


Herr Direetor v. Littrow übermittelt eine ihm von der astro- 
nomischen Gesellschaft für die kais. Akademie übergebene, durch 
die k. preußische Expedition in Aden aufgenommene Glasphoto- 
graphie der totalen Sonnenfinsterniß des Jahres 1868. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. B. I. Abth. 25 


370 


Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: 


„Bemerkungen über den Sprühregenbogen“, von Herrn Hof- 
rath W. Ritter v. Haidinger. 


„Kritische Durehsieht der Ordnung der Flatterthiere oder Hand- 
flügler (Chiroptera). Familie der Flughunde (Cynopteri)“. I. Ab- 
theilung, von Herrn Dr. L. J. Fitzinger in Pest. 

„Über Substitutions-Derivate der Cuminsäure und über Oxy- 
cuminsäure“, von Herrn Dr. Ed. Czumpelik in Prag. 


„Analyse eines Bitterwassers von „„Wteln““ in Böhmen“ und 
„Mittheilungen aus dem k. k. chemischen Laboratorium zu Prag: 
Beiträge zur Kenntniß der Verbindungen gepaarter Cyanmetalle mit 
Ammoniak“, beide von Herrn Dr. F. W. Gint] in Prag. 


Vorstehende drei Abhandlungen wurden durch Herrn Prof. Dr. 
F. Rochleder eingesendet. 


„Untersuchungen über das Verhalten der Temperatur im Magen 
und im Reetum während der Verdauung“, von den Herren Prof Dr. 
M. Ritter v. Vintschgau und med. st. M. Dietl. 


„Prineipien einer physischen Mechanik“, von Herrn Dr. Recht 
in München. Der Herr Einsender ersucht um Beurtheilung dieser 
Abhandlung. 


Herr Dr. A. Bo.ue& legt eine Abhandlung „über türkische Eisen- 
bahnen und die Geologie der Central-Türkei“ vor. 


Das e. M. Mitglied Herr Dr. Th. Oppolzer überreicht eine Ab- 


handlung: „Definitive Bahnbestimmung des Planeten (6%) „Angelina“. 


Herr F. Unferdinger übergibt folgende Abhandlungen: 


1. „Über das Dirichlet’sche Paradoxon bei unendlichen 
Reihen“. 


2. „Die allgemeinen Differentialquotienten der Functionen 
e'= cos(<+Px), e= sin (<+ßx), 
z“cos $blg(a + Pr), “sin Sölg(a+Br)} ete.“ 


3. „Kubatur der Segmente und Schichtenräume in Flächen der 
zweiten Ordnung. 


371 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 


Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuß., zu Berlin: Monats- 
bericht. April, Mai, Juni 1869. Berlin; 8°. 


Alpen-Verein, österr.: Jahrbuch. 5. Band. Wien, 1869; 80. 


Annalen der Chemie und Pharmacie von Wöhler, Liebig & 
Kopp. N. R. Band LXXV, Heft 1—3. Leipzig & Heidelberg, 
1869; 80. 


Annales des mines. VI’Serie. Tome XV ; 2°— 3° Livraisons de 1869. 
Paris; 80. 
Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 7. Jahrg., 
Nr. 14—19. 
Astronomische Nachrichten. Nr. 1764—-1773. Altona, 1869; 4°. 
Bericht, Erster, der ständigen Commission für die Adria an die 
kais. Akademie der Wissenschaften. Wien, 1869; 8°. 
Biblioth&eque Universelle et Revue Suisse: Archives des Seiences 
physiques et naturelles. N. P. Tome XXXV, Nrs. 158—140. 
Geneve, Lausanne, Neuchatel, 1869; 8°. 
Carl, Ph., Repertorium für Experimental-Physik ete. V. Band, 3—5. 
Heft. München, 1869; 8°. 
Comptes rendus des sdances de l’Acad&mie des Sciences. Tome 
LXIX, Nr. 1—12. Paris, 1869; 40. 
Cosmos. XVIlI® Annde. 3° Serie. Tome V, 3°—-14° Livraisons. 
Paris, 1869; 80. 
Gesellschaft, k. k. geographische, in Wien: Mittheilungen. 
X. Jahrgang, 1866 und 1867. Wien, 1868; 40; XII. Band. 
(N. F. 2. Band.) 1869. Wien; 80. 

— der Wissenschaften, Oberlausitzische: Neues Lausitzisches 
Magazin. XLV. Band. 2. Heft. Görlitz, 1869; 80. 

— österr,, für Meteorologie: Zeitschrift. IV. Band, Nr. 14—19. 
Wien, 1869; 8°, 

Gewerbe-Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. XXX. 
Jahrg. Nr. 25—80. Wien, 1869; 8°. 

Hamburg, Stadtbibliothek: Gelegenheitsschriften aus den Jahren 


1868/69. As. 
25* 


372 


Jahrbuch, Neues, für Pharmaeie und verwandte Fächer. Band XXXI. 
Heft 5 & 6; Band XXXI, Heft 1 & 2. Speyer, 1869; 8». 


Jahrbücher der k. k. Central-Anstalt für Meteorologie und Erd- 
magnetismus. N. F. IV. Band. Jahrgang 1867. Wien, 1869; 4°. 


Jahresberichte: Siehe Programme. 


Jelinek, Carl, Die Temperaturverhältnisse der Jahre 1848—-1863 
an den Stationen des österr. Beobachtungsnetzes durch fünf- 
tägige Mittel dargestellt. (Auf Kosten der kaiserl. Akademie 
der Wissenschaften herausgegeben). Wien, 1869; 4°. 


Jena, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem 
Halbjahre 1869. 40 & 80. 

Landbote, Der steierische. 2. Jahrg., Nr. 15—20. Graz, 1869; 4°. 

Lotos. XIX. Jahrgang. Juli—August 1869. Prag; 8°. 


Mittheilungen des k. k. Artillerie-Comite. Jahrgang 1869, 
5. Heft. Wien; 8°. 


Mittheilungen des k. k. Genie-Comite: Jahrg. 1869, 6., 7. & 
8. Heft. Wien; 80. 
— aus J. Perthes’geographischer Anstalt. Jahrg. 1869. VI.-— VII. 
Heft. Gotha; 40. 


Moniteur secientifique. 302°— 307° Livraisons. Tome XI‘, Annee 
1869. Paris; 40. 


Osservatorio del R. Collegio Carlo Alberto in Monealieri: Bullet- 
tino meteorologico. Vol. IV, Nr. 5—7. Torino, 1869; 4°. 


Reichsanstalt, k. k. geologische: Jahrbuch. Jahrgang 1869. 
XIX. Band. Nr. 2. Wien; 40, — Verhandlungen. Jahrgang 1869, 
Nr. 10—11. Wien; 4°. 

Revue des cours scientifiques et litteraires de la France et de 
l’etranger. VI’ Annee. Nr. 33-——44. Paris & Bruxelles, 1869; 4°. 

Programme und Jahresberichte der Gymnasien zu Brixen, Capo- 
distria, Eger, Essek, Graz, Iglau, Kronstadt, Böhmisch-Leipa, 
Marburg, Meran, Presburg, Schäßburg, Trient, Warasdin, des 
akademischen Gymnasiums, des Gymnasiums zu den Schotten 
und der Theresianischen Akademie in Wien, der Gymnasien zu 
Zara und Zengg; dann der Oberrealschule zu Rakovad und der 
inneren Stadt Wien und der n.-ö. Landes-Unterreal- und Ge- 
werbeschule in Waidhofen a. d. Ybs. 40 & 80. 


373 
Vierteljahresschrift, österr., für wissenschaftliche Veterinär- 
kunde. XXXI. Band, 2. Heft. Wien, 1869; 8°. 
Wiener Landwirthschaftliche Zeitung. XIX. Jahrgang, Nr. 29 —40. 
Wien, 1869; 4°. 
— Medizin. -Wochenschrift. XIX. Jahrgang, Nr. 57—80. Wien, 
1869; 40. 
Zeitschrift für Chemie von Beilstein, Fittig & Hübner. 
XII. Jahrgang. N. F. V. Band, 12.-—-18 Heft. Leipzig, 1869; 8°. 


— des österr. Ingenieur- und Architekten- Vereins. XXI. Jahrgang, 
6. & 7. Heft. Wien, 1869; 40. 


BYE? 


Über türkische Eisenbahnen und die Geologie der Central-Türkei, 


Von dem w. M. Dr. Ami Boue. 


Unter den Gelehrten gab es immer zwei Gattungen, nämlich 
solche, welehe den Wissenschaften — nur für ihre Fortschritte und 
Theorien — ihr Leben opferten und solche, welche zu gleicher Zeit 
mit diesen wichtigen Zwecken die Anwendung ihres verschiedenen 
Wissens so viel als möglich anstrebten. Zu den letzteren rechne 
ich mir zur Ehre an theilweise zu gehören, weil ich es als unzweck- 
mäßig erachtete, die Beweisführung der praetischen Nützlichkeit 
meiner Beobachtungen und genetischen Hypothesen Andern zu über- 
lassen. Kurz mir waren die Fortschritte der Civilisation und die Be- 
förderung des menschlichen Glückes immer der Hauptzweck meines 
Lebens, wenn wenigstens meine wissenschaftlichen Erörterungen 
Anlaß dazu gaben, mit meinem Schärflein in dieser Richtung hervor- 
zutreten oder beitragen zu können. 

Dahin zielten besonders meine langjährigen Bemühungen, die 
eivilisirte Welt mit der Detail-Geologie der österreichischen Staaten 
mehr bekannt zu machen. Als ich diesen Zweck auch zwischen 
den Jahren 1821 und 1834 halb erreicht hatte, faßte ich eine in 
der Geographie so wie in der Geologie noch viel unbekanntere und 
unwirthbarere Gegend — die europäische Türkei — ins Auge, und 
nach vier Jahre Reisen und Cabinetarbeit — vom Jahre 1836 bis 
1839 — lag im Jahre 1840 dem Publieum ein zweifaches Bild 
jenes illyrischen Dreiecks, nämlich ein geographisch-physikalisches 
und ein geognostisches vor, indem ich durch Boden-Plastik so wie 
durch statistische Angaben ziemlich ausführlich die große Nützlichkeit 
dieser Halbinsel für die europäische Bevölkerung betonte. Unter 
letzteren practischen Verwerthungen meiner hypsometrischen und 
geognostischen Beobachtungen stand obenan der durch die Natur 
daselbst gegebene sehr leicht mögliche Bau von Eisenbahnen. 
Die seit Jahrhunderten schlecht regierte herrliche Bevölkerung 


Über türkische Eisenbahnen und die Geologie der Central-Türkei. 375 


sollte dadurch aus ihrem orientalischen Schlafe auf einmal aufge- 
rüttelt und in den europäischen Weltstrudel endlich wieder einge- 
führt werden. 


Obgleich jeder Verständige mir jetzt Recht gibt, fand ich 
damals nur taube Ohren. Die politischen Ansichten, so wie selbst die 
geistigen Modebeschäftigungen der großen Massen waren mir zu 
jener Zeit keineswegs günstig, und selbst als ich in dem Jahre 1850 
in unseren Sitzungsberichten eine Abhandlung, und insbesondere im 
Jahre 1852 eine eigene Flugschrift über türkische Eisenbahnen in 
Wien drucken ließ, wurde dieselbe nur mit Erstaunen von Einigen 
gelesen, um bald wieder vergessen zu werden, wie z. B. selbst durch 
den seligen General-Consul v. Hahn, welcher in unseren akademi- 
schen Denkschriften (hist. Cl. B. 10) eine ausführliche Reisebe- 
schreibung von Belgrad nach Salonik im Jahre 1861 eigens zum 
Zwecke einer Eisenbahntrace drucken konnte, ohne meine oben 
genannte Flugschrift einer Erwähnung würdig zu halten. Doch kein 
Anderer als ich allein hatte ihm den Plan seiner Reise-Route freund- 
schaftlich bezeichnet! Die von mir zum Viquesnel'schen Atlas der 
Türkei im Jahre 1855 beigefügte colorirte geographische Eisen- 
bahntrace und Durchschnitte konnten nur in wenig Hände gerathen, 
und blieben darum auch fast wirkungslos. 


Damals zählte ich unter meine vorzüglichen Freunde ein hohes 
Bankhaus, welches besonders bei der Errriehtung der österreichi- 
schen Westbahn sich später betheiligte. Doch diese Herren fanden 
meine türkischen Pläne noch nicht zeitgemäß. Die gewünschte Zeit 
rückte doch heran, und durch die Anlegung nicht nur der kurzen 
Eisenbahn von Tschernavoda nach Kustendsche in den Jahren 
1858—-53, sondern auch durch diejenige von Rustschuk nach Varna 
in den Jahren 1863—66 sah ich ein, daß nur eine kurze Zeitspanne 
mich noch von der Ausführung meiner Entwürfe trennte. Sollte ich 
wohl hoffen solches erleben zu können ? 


Jetzt wird man wohl einsehen, welche innige Freude mich 
erfaßt in dem Augenblicke, wo alle meine Gedanken, ja ich kann 
fast sagen, meine von dem Publieum nur als eitel angesehenen 
Träume sich in Wirklichkeiten verwandeln und zu gleicher Zeit 
die ausführliche Richtigkeit meiner geographischen, hypsometrischen 
und geoguostischen Beobachtungen größtentheils sich bestätigt. 


376 Boue. 


Was kann aber der beschreibende Reisende mehr wünschen, denn 
Niemand ist ganz fehlerfrei. Daß ich im Irrthume über den Lauf von 
drei Wässern (Schwarzer Drin, Arzen, Devol) blieb, daß ich 
das Flüßchen zu Leskovatz mit der bulgarischen Morava ver- 
wechselte, sind wichtige Fehler, aber gegen die übrige Masse von 
meinen erprobten Entdeckungen wohl zu verzeihen. Wer meine 
Itinerarien mit Aufmerksamkeit liest, wird immer sogleich durch das 
Detail unterscheiden, ob sie nur die Frucht meiner Reise oder das 
Resultat vom Hörensagen sind. Darum sah ich mit einigem Erstaunen 
in einem Probe-Exemplar der für nächstes Jahr halbfertigen Kiepert- 
schen Karte der Türkei, daß, hätte dieser Freund mir nicht ein Blatt 
derselben vorläufig mitgetheilt, er über den Lauf des Isker durch 
Lejean und über die Wasserläufe zwischen Radomir, Trn und Pirot 
durch einen russischen Ingenieur schrecklich auf's Eis geführt 
worden wäre. Der sonst zuverlässige, aber oft nur mit türkischen 
Gensdarmenreisende Lejean hatte den kleinen Isker von Etropol mit 
dem großen irrthümlich vereinigt. Wahrscheinlich verstand er nicht 
bulgarisch und begnügte sich mit der Auskunft, dafs das Etropoler 
Wasser Isker heißt; den großen Isker sah er im Jahre 1868 nicht. 
Für Pirot bestätigt mich Hr. Ph. Kanitz' Karte. Die Lage eines Geo- 
graphen ist eine sehr schwierige, immer nur das Neueste zu geben ist 
seine Aufgabe, aber für die tactvolle Prüfung der Beobachtungsquellen 
gehört wirklich eine sehr feine Nase. Das Neue kann auch betrügen- 

Es ist bekannt, dal unter derDireetion desHerrn Press| ziem- 
lieh zahlreiche Ingenieur-Brigaden die vortheilhafteste Trace für 
eine Eisenbahn jetzt suchen, welche die europäische Türkei in 
diagonaler Riehtung von Constantinopel nach Novi und Kostai- 
nitza an der Unna über Adrianopel, Philippopolis, Sophia, Uskub, 
Pristina, Novibazar, Senitza, Vischegrad, Serajevo, Travnik und 
Jaitza durchschneiden würde. Mit dieser würden, wie ich theilweise 
vorschlug, von Adrianopel nach Enos einerseits und von Adrianopel 
nach Burgas andererseits, sowie vielleicht auch nach Islivne und von 
Harmanli nach Eski-Sagra, Kezanlik und Tschipka Seitenbahnen 
geführt werden. Ein besonderes Bedürfniß sowohl für Macedonien 
als vorzüglich für Ungarn und Österreich wird dann die Fortführung 
der Eisenbahn von Uskub aus längs des Vardar bis nach Salonik 
sein. An diese Bahn würde sich von Stambul an die große türkische 
Bahn anschließen, welehe durch Klein-Asien und Mesopotamien 


Über türkische Eisenbahnen und die Geologie der Central-Türkei. St 


Bagdad und das indische Meer erreichen und den kürzesten, so wie 
strategisch sichersten Weg von England nach Indien geben würde. 

Obgleich die türkische, dem serbischen Vortheile feindliche 
Weisheit mit dieser Bahn sich begnügen und ihre weitere Verbindung 
mit einer Linie unserer Südbahn (Novi würde da mit Kostainitza und 
Agram verbunden) vermitteln möchte, so waren die Bedingungen der 
Boden-Plastik und des gewöhnlichen Verkehrs so mächtig, daß der 
natürlichste Schienenweg von Ungarn nach Constantinopel über 
Belgrad, Nisch, Sophia und Philippopolis doch nicht länger bei Seite 
geschoben werden konnte. Durch eine zufällige Erfahrung lernte ich, 
daß, vielleicht selbst ohne Wissen desDirectors Pressl, eine andere 
Compagnie unter einer andern Direetion das Morava-Thal, sowie 
vielleicht auch die türkischen, eanalförmig ausgehöhlten Thäler 
zwischen Nisch und Thracien zur Anlage einer Eisenbahn in Augen- 
schein nehmen ließ. Wie dem auch sei, Director Press] scheint 
endlich auch die Strecke Nisch-Sophia bereist zu haben, indem er 
zu gleicher Zeit denjenigen Theil einer Eisenbahn nicht vergaß, 
welche von Nisch aus bis Vranja das bulgarische Morava-Thal herauf- 
gehen würde und über das niedrige Joch oberhalb Komanova ins 
Vardar-Thal unterhalb Uskub münden sollte. Ob nun sogleich oder 
später ein Schienenweg zwischen Nisch und Pristina längs der 
Toplitza möglich, nützlich oder rentabel erscheinen könnte, das 
wird die Zukunft uns melden. In allen Fällen ist da nur eine nicht 
sehr hohe Wasserscheide zu überschreiten. 

Auf diese Weise würden aber alle meine vorgeschlagenen 
Eisenbahntracen außer den zwei folgenden von Ost nach West bald 
ins Leben treten. Ich meine erstens den Schienenweg von Constanli- 
nopel oder Enos längs dem ägäischen Meere bis nach Salonik, und 
von da einerseits nach Larissa, Trihala, Pharsala und Volo in 
Thessalien und von der andern längs dem Indge-Karasu, Bistritza 
und Devol nach dem adriatischen Meere, nach Berat, Durazzo und 
Seutari. Dann auch der vielleicht einst besonders für Ungarn 
wichtige von Pristina nach Seutari am adriatischen Meere, über 
Prisren längs des weißen Drin, dann über den vereinigten Drin durch 
das Myrtiden-Dukagin-Land vermittelst der zwei langen, engen 
Thäler, in welehen jetzt der schlechte Landweg läuft. Was man durch 
General-Consul von Hahn über die sehr steilen Ufer eines Theiles des 
vereinigten Drin zwischen Spaß und Komana vernommen hat, scheint 


378 Boue. 


für die natürlichste Führung der Eisenbahn längs jenem Fluß wenig 
Hoffnung zu lassen. Diese nur in einer entfernten Zukunft ausführ- 
bahre Eisenbahn würde aber ein sehr kostspieliges Unternehmen 
sein, weil sie nicht nur zu vielen Kalkfelsensprengungen zwischen 
der Luma und Rugova, sondern auch zum Baue von zwei sehr hohen 
Brücken über den vereinigten Drin und über das Thal hinter Spaß 
Anlaß geben würde. Dazu kämen noch die schwierigen Arbeiten, um 
die Wasserscheide bei Vlet-Han zu überschreiten und diejenigen, 
um von den Höhen herunter nach Dukhian und am Drin bei Skela 
zu gelangen. Dann blieben vorzüglich noch die Paar möglichen großen 
Eisenbahnzüge über den Balkan und längs dem großen Isker von 
Widdin oder der Donau nach Sophia als wichtige, später zur Aus- 
führung würdige türkische Straßenzüge übrig. 

Der Zweck des Geographen und Geognosten kann keineswegs 
mit demjenigen des Eisenbahnbauers verwechselt werden, obgleich 
letzterer von den Arbeiten des ersteren großen Nutzen ziehen kann. 
Wer die Boden-Plastik studirt, wird den Platz des Erhabenen und 
des Niedrigen zu ermitteln suchen, so daß Gebirge und Hügelketten, 
einzelne Berge, sowie die Hauptjoche oder Pässe, Wasserscheiden 
und Thäler als bekannte Gegenstände dem Eisenbahnbauer durch 
die Vorarbeiten des Geographen und Geognosten zu Gute kommen. 
So z. B. bietet die Plastik des östlichen Bosniens im Großen aufge- 
faßt eine breite Gasse zwischen höheren Gebirgen, welche alle wie 
jene Niederung von NW. nach SO. streichen und von Ober-Mösien 
bis in die untere Drin-Gegend sich erstrecken. Außer dieser unge- 
heuern Furche wird der Eisenbahn-Ingenieur keine andere wohl- 
feilere Gegend für seine Trace daselbst ermitteln können. Sein 
erfinderischer Geist ist darin wie gebannt, denn nur mit den 
größten Kosten und den schwierigsten Bauten könnte er vom obern 
Ibar über hohe Gebirge die lange Furche des Lim und des Drins 
erreichen, welche ihn dann bis an die Sau führen würde. Wegen 
der vielen sehr tiefen transversalen Thälereinschnitte ist der Lauf 
der großen einzigen Militärstraße von Novibazar nach Serajevo für 
den Bau einer Eisenbahn nicht nur höchst ungünstig, sondern fast 
unmöglich, so daß der Ingenieur, von Mitrovitza längs des Ibar 
und Raschka bis Novibazar nur mit Mühe vorgerückt, die kleinen 
Höhen nordwestlich von Novibazar erklimmen muß und wahrscheinlich 
um das Thal der Drina zu erreichen, die Vappa- und Unnatz-Thäler 


Über türkische Eisenbahnen und die Geologie der Central-Türkei. 379 


und so weiter benutzen dürfte; aber daselbst werden ziemlich viele 
Sprengungen im dichten Kalke und Schiefer, Brücken u. s. w. zu 
machen sein. Sollte es mit vielen Kosten möglich werden, den tiefen 
Einschnitt der Miloscheveda-Voda durch eine im tiefen Bergwalde in 
einem halben Bogen gebaute Eisenbahn oder durch eine ungeheuer 
hohe Brücke zu überschreiten, um dann doch durch die Fortsetzung 
dieses selbe Wasser den Lim hei Priepolie und durch diesen die 
Drina zu erreichen? 

Wie der Eisenbahnbauer aber aus diesem ungeheuren eben er- 
wähnten Troge oder dieser Gebirgsniederung von dem tiefen Drina- 
Thal möglich unfern Vischegrad über Berg und Thal in das Serajevoer 
und Travniker Becken und von da nach Jaitza und längs der Verbas 
an der Unna gelangen wird, das wird die Aufgabe des Ingenieurs 
besonders sein, indem der Geognost und Geograph ihm nur durch 
einige hypsometrische Bestimmungen über die drei oder selbst vier 
Wasserscheideübergänge spärliche Hilfe zukommen lassen können. 

Ein ähnliches natürliches plastisches Verhältniß stellt sich 
zwischen dem oberen Vardar-Thal und der Sitnitza-Kosovo-Ebene 
oder zwischen Salonik-Uskub und Pristina dar. Der Ingenieur hat da 
keine andere Wahl, als der dem Geographen wohl bekannten engen 
Furche der Lepenitza zu folgen, so daß letzterer diese Trace eigent- 
lich schon gefunden hat. Das Detail der Ausführung der einzelnen 
loealen kleinen Felsensprengungen bleibt fast nur dem Ingenieur 
übrig; denn das linke Ufer der Lepenitza scheint mir, so weit meine 
Erinnerungen gehen, allein hinreichend günstig ausgestattet zu sein, 
um Überbrückungen des Bettes wahrscheinlich unnöthig zu machen. 
Im jetzigen Stande findet man auf dem Fahrwege nur einen unbe- 
deutenden kurzen Kalkfelsen-Tunnel unterhalb Katschanik, welcher 
muthmaßlich noch von den Römern herstammt. 

Ähnliehes konnte ich für meine projeetirte östliche Eisenbahn 
von Salonik nach Berat und Durazzo anführen, denn die Boden- 
Plastik bietet daselbst im großen Maaßstabe eine ungeheure, zwei- 
mal gebogene Furche sammt einer unmerklichen Wasserscheide in 
dem Laufe des Indge-Karasu, Bistritza, Bilischta und Devol dar. 
Aber auf beiden Ufern jener Wässer werden vorzüglich Erdkunst- 
werke und viele Brücken wegen der vielen Nebenbäche und sehr 
wahrscheinlichen Felssprengungen in den engen Pässen des Devol 
westlich vom Malik-See u. s. w. nothwendig erscheinen. 


380 Boue. 


Für den Plan der serbischen Bahn durch das Moravathal bis 
Nisch und von da nach Sophia können Geographen und Geognosten 
nur theilweis Andeutungen über eine Eisenbahntrace liefern. Die 
letzteren, nur das Terrain im Auge, deuteten auf eine ganz leichte 
Trace von Belgrad bis Nisch, indem der Eisenbahnbauer, welcher 
die große internationale Communication immer berücksichtigen muß, 
gerade am Anfang dieser sonst leicht auszuführenden Bahn auf 
ziemlich große technische Schwierigkeiten stieß. Die Belgrader Eisen- 
bahn kann unmöglich sich auf den Höhen zwischen jener Stadt und 
Semendria halten, weil sie in direeter Verbindung mit der ungarischen 
Temesvärer Bahn stehen muß. Durch dieses Postulat muß diese Eisen- 
bahnstraße einige Zeit längs der Donau bleiben, was aber wohl an- 
fangs sehr möglich ist, aber später, einige Stunden vonBelgrad, durch 
sehr steil abfallende kleine Hügel in auffallender Art sehr schwierig 
und kostspielig wird. Der Fahrweg steigt dann in diesen aus ter- 
tiärem Mergel, Kalk und Sandstein bestehenden und dureh Löss 
überdeekten Hügeln durch einen Hohlweg herauf. Die Eisenbahn 
muß sich aber in diesen fast senkrecht ins Wasser tauchenden Ge- 
hängen eine kostspielige Bahn brechen. 

Wählte man zum Donauübergang die Spitze von Kulitsch oder 
den einst von den Römern bei Rama, gegenüber Uj-Palanka gebrauch- 
ten (siehe Kanitz, Beitrag z. Alterthumskunde der serbischen Donau, 
1863), so würde im ersten Falle der Weg von da längs der Morava 
nach Semendria gehen, im zweiten Falle aber würde eine Über- 
brückung der Morava nothwendig werden. Auf diesen beiden Wegen 
müßte dem großen banatischen Eisenbahnzuge eine, vielleicht mit 
einigen Schwierigkeiten auszuführende, Seitenbahn angefügt werden, 
und die wichtige Stadt Belgrad bliebe bei Seite. Um nun letzteres 
zu erreichen, blieben dann nur zwei Wege, nämlich der schwierige 
längs der Donau, oder derjenige auf den kleinen Anhöhen, an deren 
Ende der Belgrader Bahnhof nicht an der Donau oder Sau, sondern 
hinter der Stadt auf den Anhöhen zu liegen käme. Beide Pläne würden 
aber die Baukosten erhöhen, indem man doch Belgrad mittelst einer 
Donau- oder Save-Brücke erreichen und durch das Topschiderethal, so 
wie durch andere kleine Thäler und einen Tunnel über die Anhöhe in das 
Moravathal kommen könnte. Nach Semendria käme eine Seitenbahn. 

Weiter ist außer den vielen Bächen das Moravathal für eine 
Eisenbahntrace ziemlich gut geeignet; der Übergang über das Wasser 


Über türkische Eisenbahnen und die Geologie der Central-Türkei. 381 


wäre wahrscheinlich in der Nähe der jetzigen Brücke bei Tschupria 
oder leichter höher bei Oraschi. Die durch den seligen General- 
Consul v. Hahn geprüfte Trace in der Felsenenge der bulgarischen 
Morava unterhalb Stolatz wird, wie ich es selbst anerkannte, als zu 
abenteuerlich und kostspielig verworfen. Wie ich es vorschlug, mit 
einigen kleinen Steigungen und Erddurehschnitten auf dem unebenen 
Grund dieser breiten und tiefen, von hohen Gebirgen eingefaßten, 
sehr alten tertiären Meerenge, wird man von Paratschin nach Nisch 
über Alexinatz leicht gelangen. 

Südöstlich von Nisch findet der Geologe für einen Eisenbahn- 
weg das Nischavathal bis über Pirot oder Scharkoe vortheilhaft; ob 
aber die Überwältigung der engen felsigen Theile dieser Furche für 
Eisenbahnbauer gegen die Übersteigungskosten der kleinen Anhöhe 
südlich von Banja oder gegen diejenigen einer Bahn längs der Post- 
straße in den Hintergrund treten muß, das kann nur der Ingenieur 
entscheiden. 

In der Eisenbahnbaukunst kann es hie und da vortheilhafter 
erscheinen, gegen die Hypsometrie zu sündigen, namentlich, wenn 
das Bauen über ein Gebirgsjoch mehr Sprengungs- oder andere 
Sehwierigkeiten als über seinen Rücken erwarten läßt, oder wenn 
die Trace über den Pal viel länger als über den Berg ausfallen 
würde, oder wenn viel größere Brücken- oder Chauss&ee-Reparaturs- 
kosten für die erstere Trace als für die andere vermuthet werden. 

Von Pirot führt eine Reihe von ziemlich offenen und kleinen 
Gebirgsthälern (Bogatitza, Sukava, Lutschanischka, Divlianska, 
Newlianska, Niemele) mittelst einer sehr sanften Steigung und einer 
sehr niedrigen Wasserscheide nach Grlo oder an die nördlichste 
Spitze des großen Radomirbeckens. Einmal da, erreicht man eben- 
falls sehr leicht Bresnik, welches Dorf von der großen Niederung 
Sophia’s nur durch zwei schiefe Ebenen getrennt ist. Die erste ist die 
kürzeste und am wenigsten steile; man sollte glauben, daß ein Eisen- 
bahnkörper die Höhe der Begegnung der beiden schiefen Ebenen 
und dann von da die tiefer als Bresnik liegende Stadt Sophia mittelst 
Biegungen erreichen könnte, wenn nicht, wie Herr Prof. Hoch- 
stetter uns mittheilte, etwas weiter südlich eine niedrigere Wasser- 
scheide bestünde, welche mir entging. Südlich von Sophia stellt 
sich das Thal des großen Iskers zur gehörigen Eisenbahnbenützung 
dar, so daß diese bei Samokov in die große türkische Diagonal- 


382 Boue. 


Eisenbahn münden würde. Wie viele Felsensprengungen daselbst 
zu machen sein werden, überlasse ich den Eisenbahnbauern, welche 
auch urtheilen werden, ob wegen dem Sienit-Granitberge zwischen 
Samokov und Banja es nicht vortheilhafter sein würde, von Sophia 
direet nach Ichtiman und von da nach Banja zu bauen. Letzterer 
Übergang ist leicht, der von Ichtiman nach Thraeien höchst schwer. 

Ob aber auch der Ingenieur von Pirot bergauf und herunter 
gerade nach Sophia längs dem alten Postwege lieber seine Trace als 
in jener eben beschriebenen Richtung führen möchte, das bleibt der 
Zukunft vorbehalten. 

Zum Schlusse gereicht es mir zur Freude, daß ich der kaiser- 
lichen Akademie Nachrichten über Prof. Hochstetter, als geognosti- 
schen Begleiter des Direetors Press], schon geben kann. Mit einer 
Cavalcade von 25 Pferden verließ er nach vielem Zeitverlust in 
Constantinopel endlich den 1. August diese Hauptstadt und brauchte 
neun Tage unter einer brennenden Sonne in einer ganz baumlosen 
Gegend, um Adrianopel zu erreichen. Eine Brigade von Ingenieurs 
war längs dem Marmara-See gereist und andere von Adrianopel 
nach Enos. Hochstetter ging von Adrianopel nach Burgas und 
bereiste von da aus den ganzen südlichen Fuß des Balkan über 
Aidos, Karnabat, Islivne, Jeni-Sagra, Eski-Sagra, Kezanlik, Kalofer 
bis Philippopolis, wo er seine übrigen Reisegefährten wieder traf. 

Seine neuesten Wahrnehmungen bestehen in der Entdeckung 
eines großen, bei 2800 Fuß hohen Granitbuckels, weleher einige 
Meilen nördlich von Adrianopel den Lauf der Tundja einzwängt und 
höchst wahrscheinlich ein isolirter Theil einer Granitgruppe ist, welche 
wir schon westlich von Harmanli an der Maritza kennen lernten. 

In letzterem Orte zwingt dieser Granit den Postweg zur Über- 
steigung. Diese zwei Granitbuckel würden auf solche Weise das 
untere tertiäre Becken der Maritza oder das von Adrianopel von dem 
oberen Theil oder demjenigen von Philippopolis theilweise trennen, 
indem nördlich in jener tertiären Niederung noch einzelne Kalk- 
und Trachytmassen manchmal höchst auffallende, kleine, isolirte, 
durch Wasser wie künstlich geformte kubische Felseninseln — wie 
westlich und unfern von Jeni-Sagra, bei Karabunar u. s.w. — bilden. 

In dem Kalkrücken nördlich und nordöstlich von Eski-Sagra 
glaubt Prof. Hochstetter eher einen älteren Kalk als sonst etwas 
anderes zu erkennen. Petrefacten fand er nur wenige (Eneriniten). 


Über türkische Eisenbahnen und die Geologie der Central-Türkei. 383 


Vielleicht hatte er schon schlechtes Wetter, was ihn später zwang, 
die Übersteigung des Tschipka Balkans zu unterlassen. Nach diesem 
könnte doch der auf der nördlichen hohen Seite des Balkan liegende 
von mir beschriebene Kalk nicht zum Lias, sondern noch einem 
älteren Kalke angehören. (Siehe unsere Abh. Sitzber. 1864, 1. Abth. 
B. 49, S. 315, auch Peters Abh. Sitzber. 1863, 1. Abth., B. 48, 
S. 418.) 

Prof. Hochstetter fand in jenem Kalke des Balkans unfern 
Kezanlik zwei Kohlenflötze. Die richtige Altersbestimmung dieser 
Kalkformation wird wahrscheinlich auch die der wichtigen Kalkmassen 
südlich von Etropol im untern Balkan, so wie selbst diejenige des 
halb-krystallinischen grauen Kalksteins mit Eneriniten zu Varisch- 
Derbend zwischen Kafadartzi und Trojak in Macedonien liefern. 
Überhaupt gewänne man dadurch wenigstens die Überzeugung, 
daß in dem sogenannten Dardanien oder in dem central-obermösi- 
schen Hochlande, außer vielleicht devonische, so wie selbst be- 
sonders westlich silurische Gebilde, auch ältere und jüngere Flötz- 
gebirge vorhanden sind. 

Sein zweiter Brief war vom 8. September von der Spitze des 
hohen Vitosch in der Mitte von Sienit-Blöcken datirt. Dieser Berg, auf 
dessen Gipfel das Aneroid seinen Dienst versagte, erreicht wahr- 
scheinlich seine 7000 Fuß. Er steht daselbst isolirt wie eine breite, 
theilweise kahle, vielkantige Pyramide in einer ungeheuern, fast krater- 
förmigen Vertiefung zwischen dem hohen Balkan östlich , dem Rhodop 
südöstlich, den mit senkrechten Felsenabhängen ummantelten Rilo- 
dagh südlich, die Dowanitza und andere macedonische Gebirgszüge 
süd-südöstlich, die Gebirge Ober-Mösiens westlich und diejenigen des 
westlichen Bulgariens nördlich und nordöstlich, indem ost-südöstlich 
das westliche Ende des großen Tertiär- und Alluvialbeckens Thraciens 
als eine ungeheure Furche zwischen dem hohen Balkan und Rhodop er- 
scheint. Endlich liegt am westlichen Fuße des Vitosch das tertiär- 
alluviale, baumlose Becken des oberen Strymon oder von Radomir 
sammt dem flachköpfigen Koniavo-Berg, zwischen diesem und dem 
breiten Thale des Strymon bei Küstendil. Am östlichen Fuße des 
Vitoseh übersieht man das große ovale, grüne, baumlose Becken 
Sophia’s mit den vielen von SO. nach NW. laufenden engen Thälern. 
Ist das ein wahrer türkischer Rigi oder Schafberg! In allen Fällen 
wird Prof. Hochstetter, durch das herrlichste Wetter begünstigt, 


384 Boue. Über türk. Eisenbahnen u. d. Geologie d. Central-Türkei. 


von dem Vitosch aus die besten Gedanken über den Bau des östlichen 
Theiles der Central-Türkei geschöpft haben. 

Die Lage des sienitischen Riesenberges Vitosch erinnerte mich 
im großen Maßstabe an diejenige des trachyt-dolomitischen spitzigen 
Kegels von Puy Griou im Cantal. Wie jener in der Mitte einer krater- 
fürmigen Vertiefung und von Trachyt-Spitzen und flachköpfigen 
Coul&es sich erhebt, so scheint jene Sienitmasse des Vitosch in dem 
Centrum einer Gebirgsumfassung, welche südlich, östlich und westlich 
fast nur aus krystallinischem Schiefer besteht, indem nördlich, nord- 
westlich und auch theilweise westlich (Berg Koniavo) Flötzgebirge und 
besonders Jüngere Formationen dieser Periode herrschen. In der Mitte 
letzterer erscheinen augitführende feldspathige Eruptivmassen jün- 
gerer Zeiten, welche manchmal zu phantastischen Gebirgsformen An- 
laß geben und wahrscheinlich mit der Sienit-Eruption in einiger Cau- 
sal-Verbindung stehen. Augenscheinlich sind daselbst zu verschiede- 
nen geologischen Zeiten plutonische Gesteine aus der Erde hervor- 
getreten und selbst jüngerer Trachyt fehlt nicht westlich von Küstendil. 
(Dvela-Brda, südöstlich von Vranja, so wie nordwestlich von Trn.) 


385 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere oder Hand- 
flügler (Chiroptera). 


Familie der Flughunde (Cynopteri). 
I. Abtheilung. 


Von dem w. M. Dr. Leop. Jos. Fitzinger. 


Ich darf wohl hoffen, dass man es nicht für eine unverdienst- 
liche Arbeit betrachten werde, wenn ich die Ordnung der Flatterthiere 
oder Handflügler (Chiroptera) bezüglich ihrer Arten einer kritischen 
Revision unterziehe. Die großentheils noch sehr unvollständigen und 
theilweise völlig ungenügenden Beschreibungen derselben erheischen 
eine genauere Durchsicht um so mehr, als man gestützt auf einzelne 
an gewissen Arten gewonnene Erfahrungen, in neuester Zeit gewohnt 
ist, dieselben für sämmtliche Arten als maßgebend zu betrachten 
und hiedurch verleitet wurde selbst die verschiedensten Formen 
wegen Übereinstimmung einiger Merkmale zusammenzuziehen und 
mit einander zu verwechseln. 

Ich beginne diese Arbeit mit der rücksichtlich ihrer gesammten 
Organisation offenbar zu höchst stehenden Familie dieser Ordnung, 
nämlich den Flughunden (Cynopteri), welche sich in unverkenn- 
barer Weise an die Familie der Flattermaki’s (Galeopitheci) aus 
der Ordnung der Halbaffen oder Äffer (Hemipitheei) anschließt. 

Dieselbe ist an Arten ziemlich reich, welche in acht Gattungen 
vertheilt sind. 

Die typische Gattung Flederhund (Pteropus) wurde zuerst von 
Brisson aufgestellt. Sie ist identisch mit der Gattung Spectrum, 
welehe La Cepede für dieselben Formen errichtet. Auch die 


von Jourdan in neuerer Zeit in Antrag gebrachte Gattung „Acerodon“ 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 26 


386 Fitzinger. 


fällt mit ihr zusammen, da das für dieselbe angegebene Merkmal 
keinen generischen Unterschied begründet. 

Gray trennte von der Brisson'schen Gattung die ge- 
sehwänzten Arten und errichtete für dieselben die Gattung Schwanz- 
flederhund (Xautharpyia), für welche Wagner später ohne Grund 
eine neue Benennung vorsehlug und den Namen „Oynonycteris“ an- 
gewendet wissen‘ wollte. Mit dieser ist auch die,von Gray aufge- 
stellte Gattung „Eleutherura“ zu vereinigen, deren Merkmale nicht 
genügen um eine generische Trennung zu rechtfertigen. 

Fr. Cuvier sonderte dagegen mit Recht eine durch ihre ganz 
eigenthümliche Zungenbildung höchst ausgezeichnete Form und stellte 
eine besondere Gattung, nämlich die Gattung Zungenflederhund 
(Macroglossus) für dieselbe auf. 

Die Abweichungen im Zahnbaue gaben die Veranlassung zur 
Ausscheidung 'nehrerer anderen Formen und Errichtung besonderer 
Gattungen für dieselben. 

Wegen Verschiedenheiten in der Zahl der Backenzähne wurde 
von Bennett die Gattung Wollflederhund ( Epomophorus), und von 
Isidor Geoffroy die Gattung Doggenflughund (Pachysoma) er- 
richtet, welche mit der schon früher von Fr. Cuvier in Vorschlag 
gebrachten Gatiung „Uynopterus“ identisch ist. 

Die Unterschiede in der. Zahl der Vorderzähne endlich ver- 
anlaßten Temminck zur Aufstellung der Gattung Flughund- unter 
dem Namen „Megaera“, für welchen ieh — da derselbe schon 
früher von Wagler an eine Schlangengattung vergeben war, — den 
verfügbar gewordenen Namen „Oynopterus“ gewählt habe, und 

Illiger zur Errichtung der Gattung „Harpyia“, welche mit 
Recht von Geoffroy in zwei Gattungen zerfällt wurde, von denen 
er die eine mit dem Namen „Cephalotes“, die andere mit dem 
Namen „Hypoderma“ bezeichnete. Temminek behielt für die 
erstere und zwar für die Gattung Harpyienflughund den Illiger- 
sehen Namen „Harpyia“ bei und übertrug auf die letztere, nämlich 
die Gattung Mantelflushund, den Namen „Cephalotes“, worin auch 
ich demselben gefolgt bin. 

Bevor ieh mich dem speeiellen Theile dieser Abhandlung zu- 
wende, will ich einige allgemeine Bemerkungen über die Beschaffen- 
heit des Knochengerüstes und des Zahnbaues der zu dieser Familie 
gehörigen Formen, welche mir für wichtig erscheinen, vorausschicken. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 387 


Was das Skelet betrifft, das übrigens nieht nur für die typische 
Form dieser Familie, sondern der ganzen Ordnung betrachtet werden 
kann, so bietet dasselbe bezüglich der einzelnen Gattungen im All- 
gemeinen eine große Übereinstimmung dar. 

Die Hauptunterschiede, welche sich nach den verschiedenen 
Gattungen bei demselben ergeben, liegen in der Bildung des 
Sehädels und der Zahl und Vertheilung der Wirbel. 

So wie bei allen Formen der Ordnung der Flatterthiere oder 
Handflügler (Chiroptera), steht auch der Schädel der zur Familie 
der Flughunde gehörigen Formen in Ansehung seiner Bildung jenem 
der fleischfressenden Raubthiere näher, als der der inseetenfressenden 
Raubthiere. 

Seine Gestalt ist nach den einzelnen Gattungen verschieden. 

Bei den Gattungen Flederhund (Pteropus), Schwanzflederhund 
(Xantharpyia), Wolllederhund (Epomophorus) und Zungenileder- 
hund (Maeroglossus) ist er mehr oder weniger langgestreckt, bei 
den Gattungen Doggenflughund (Pachysoma), Flughund (Cynop- 
{erus), Harpyienflugkund (Harpyia) und Mantelllughund (Cephalo- 
tes) aber kurz. 

Hirn- und Gesichtstheil sind bei allen Gattungen durch eine 
stärkere oder schwächere Einschnürung von einander geschieden. 
Das Hinterhauptsloch ist groß und sämmtlichen Formen ist nebst 
einer Hinterhauptsleiste auch ein verhältuißmäßig: starker Joch- 
bogen eigen, der nach oben zu eine beträchtliche Krümmung bildet. 
Die Augenhöhle ist von der Schläfengrube durch keine knöcherne 
Wand geschieden und nur ein kurzer Augenhöhlenfortsatz des 
Jochbeines, der gegen den hinteren Augenhöhlenfortsatz des Stirn- 
beines, dessen Wurzel von dem oberen Augenhöhleuloche durch- 
bohrt wird, gerichtet ist, denselben aber nieht erreicht, deutet ihre 
Abgrenzung nach Außen an. Die Thränengrube befindet sich wie bei 
den Halbaifen oder Äffern (Hemipitheci) außerhalb der Augen- 
höhle auf der Gesichtsfläche. Der knöcherne Gaumen ist beträchtlich 
langgestreckt und dehnt sich weit über die hinteren Backenzähne 
aus. Zwischen dem Gelenk- und Kronenfortsatze des Unterkiefers 
befindet sich auf der Außenseite eine weite flache Grube. 

In seinen Einzelnheiten bietet der Schädel der zu dieser Familie 
gehörigen Formen aber je nach. den verschiedenen‘ Gattungen 
mancherleirund zum Theile sehr erhebliehe Unterschiede: dar. 

26% 


388 Fitzinger. 


Bei sämmtlichen Gattungen mit Ausnahme der Gattung Zungen- 
flederhund (Macroglossus) ist der Hintertheil des Schädels nur 
schwach nach auswärts ausgebogen und nebst der Hinterhauptsleiste 
auch eine Scheitelleiste vorhanden. Die halbbogenförmigen Linien 
des Hinterhauptes stehen nur in geringer Entfernung von einander ab 
und der hintere Augenhöhlenfortsatz des Stirnbeines ist von sehr 
beträchtlicher Länge. Der Zwischenkiefer bildet nur einen schwachen 
Vorsprung und die beiden Äste desselben sind mit Ausnahme der 
Gattung Mantelllughund (Cephalotes), vorne geschlossen, ohne eine 
Lücke zwischen sich zu lassen, bilden aber nicht die Gaumenfläche, 
sondern stellen nur eine dünne Knochenbrücke dar, auf welcher die 
Vorderzähne des Oberkiefers sich befinden. Der Unterkiefer ist 
nur wenig länger als der Oberkiefer, der Gelenkfortsatz desselben 
ziemlich kurz, und der Kronenfortsatz lang und hoch über denselben 
hinaufreichend. 

Der Schädel der Gattung Zungenflederhund (Macroglossus) 
dagegen weicht in mancher Beziehung von dem der allermeisten 
übrigen Gattungen ab. Er zeichnet sich durch seine auffallend lang- 
gestreckte Form aus und ist auch in der Gegend der Augenhöhlen 
nur wenig eingezogen. Der Hintertheil desselben ist stark nach aus- 
wärts gebogen, während der Schnauzentheil verhältnißmäßig ziemlich 
schmal ist. Eine Scheitelleiste fehlt und die an die Hinterhauptsleiste 
sich ziehenden halbbogenförmigen Linien stehen in ziemlich weiten 
Entfernungen von einander ab. Der hintere Augenhöhlenfortsatz des 
Stirnbeines ist kurz und der Zwischenkiefer bietet einen starken 
Vorsprung dar. Der Unterkiefer ist sehr schmal, auffallend länger 
als der Oberkiefer und an seinem unteren Rande stark nach abwärts 
gebogen. Der Gelenkfortsatz desselben ist verhältnißmäßig sehr kurz 
und tief gestellt, und der Kronenfortsatz reicht nur wenig über den- 
selben hinaus. 

Der Schädel der Gattung Mantelflughund (Cephalotes) endlich, 
obwohl fast in allen seinen Einzelnheiten mit jenem der allermeisten 
übrigen Gattungen übereinkommend und sich rücksichtlich seiner 
Gestalt im Allgemeinen zunächst an den der Gattungen Doggenflug- 
hund (Pachysoma), Flughund (Cynopterus) und Harpyienflughund 
(Harpyia) anschließend, zeigt bezüglich seines Zwischenkiefers 
eine höchst merkwürdige und auffallende Eigenthümlichkeit. Dieser 
besteht nämlich aus zwei dünnen griffelförmigen und beinahe 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 389 


S-förmig gekrümmten zarten Knochen, welche mittelst eines Knorpels 
an das Ende des Nasenbeines angeheftet und beweglich sind, so dab 
die auf denselben befindlichen Vorderzähne willkürlich nach vor- 
und rückwärts geschoben werden können. 

Die Wirbelsäule ist in Bezug auf diese Familie bis jetzt noch 
sehr unvollständig bekannt, da man das vollständige Skelet nur von 
einer sehr geringen Anzahl von Arten derselben kennt; doch läßt 
sich nach der großen Übereinstimmung, welche sämmtliche in dieser 
Hinsicht untersuchte Formen der ganzen Ordnung mit einander 
zeigen, mit ziemlicher Sicherheit voraussetzen, daß abgesehen von 
der Zahl der Wirbel und ihrer Vertheilung, auch die zur Familie 
der Flughunde (Cynopteri) gehörigen Formen der Hauptsache 
nach in der Bildung der Wirbelsäule mit einander übereinkommen 
werden. 

Die Halswirbel sind nieder, flachgedrückt und breit, und bilden 
den breitesten Abschnitt der ganzen Wirbelsäule. Der Atlas ist sehr 
breit und mit etwas schief gestellten Querfortsätzen versehen, welche 
ziemlich flache Platten bilden. Der Epistrophaeus ist klein, seine 
Querfortsätze sind schwach, der Dorn- und Zahnfortsatz dagegen 
ziemlich beträchtlich. Den vier folgenden Halswirbeln fehlen die 
Dornfortsätze gänzlich und nur der siebente oder letzte Halswirbel 
zeigt wieder eine schwache Andeutung derselben. Ihre Querfortsätze 
sind nach rück- und etwas nach abwärts gerichtet. Die Rücken- 
wirbel sind durehgehends mit kurzen Querfortsätzen versehen, dagegen 
ıst von Dornfortsätzen kaum eine Spur an denselben vorhanden. Vom 
zweiten Wirbel angefangen sind dieselben sehr stark seitlich zu- 
sammengedrückt, so daß sie durch ihre Verbindung eine Art von 
stumpfer Leiste bilden, welche sich auf den Lendenwirbeln fortsetzt. 
Die Lendenwirbel sind von derselben Bildung wie die Rückenwirbel, 
nur sind sie ihrer Längenachse nach höher und zeigen eine schwache 
Andeutung von Dornfortsätzen. Die Kreuzwirbel sind zu einem langen 
schmalen Knochen verwachsen, der auf seiner unteren Fläche von 
einer niederen stumpfen Leiste durchzogen ist. Die Dornfortsätze 
desselben sind ziemlich lang und ebenfalls zu einer Leiste ver- 
wachsen. Nur eine verhältnißmäßig geringe Zahl von Arten ist mit 
einem mehr oder weniger kurzen und oft nur rudimentären Schwanze 


versehen, dessen Wirbel kurz, und walzenförmig sind. 
” 


390 Fitzinger. 


Welehes Zahlenverhältniß bei den verschiedenen Gattungen 
und Arten dieser Familie rücksichtlich der Wirbel besteht, läßt sich 
zur Zeit noch nicht bestimmen, da bis jetzt — so viel mir bekannt 
ist, — nur fünf Arten, welehe aber höchst verschiedenen Gattungen 
angehören, in Bezug auf die Wirbelsäule untersucht worden sind, 
und zwar zwei schwanzlose und drei geschwänzte Arten. 


Bei denselben stellt sich folgendes Verhältniß heraus: 


Gesammtz. 
mit 
Rücken- Lenden- Kreuz- Schwanz- Einschluß 
wirbei wirbel wirbel wirbel d.7Halsw. Nach 
m mm m — m nt ni u 
Pteropus Edwardsü.. 13 5 Giebel. 
» vulgarisil.... und 4 6 30 Guvier. 
Xantharpgia Leachü. 13 5 (10) 35 Peters. 
Epomophorus cryptu- 
USE ee 14 4 7 3 35 Peters. 
Harpyia Pallasü .... 13 3—4 4-5 ö 35—37  Pallas. 
& 


Die Rippen sind sehr lang und breit, und bilden einen stark 
gewölbten, nach hinten zu sich erweiternden Brustkasten. Das 
Brustbein ist breit und gewinnt sowohl durch seine stark entwickelte 
breite Handhabe, welche sieh mit ihren starken Seitenfortsätzen mit 
den Schlüsselbeinen und dem ersten Rippenpaare verbindet, als auch 
durch eine stark entwickelte hohe Leiste auf der Mitte derselben, 
die sich sogar, wenn auch etwas schwächer, bis auf den Körper des 
Brustbeines selbst erstreckt, noch bedeutend an Stärke. 


Die Schlüsselbeine sind überaus lang und stark, nach vor- 
und auswärts gekrümmt. Die Schulterblätter sind sehr groß und 
langgestreckt, auf ihrer Oberfläche der Länge nach in mehrere 
winkelartige Falten gelegt und mit einer kurzen niederen Gräthe ver- 
sehen. Das Acromion dagegen ist stark vorspringend und noch mehr 
der Rabenschnabelfortsatz, der einen langen, mehr oder weniger ge- 
krümmten, nach Innen gerichteten Haken bildet. 


Die vorderen Gliedmaßen sind von außerordentlicher Länge. 
Der Oberarm ist sehr lang und stark, nur wenig kürzer als der 
Rumpf und mit seiner vorderen Fläche nach auswärts gerichtet. Die 
Deltaleiste bildet einen starken Vorsprung und geht in die beiden 
großen Rollhügel über, zwischen denen sich der obere halbkugel- 
förmige Gelenkkopf befindet. Am unteren Gelenkkopfe springt der 
innere Knorren beträchtlich vor und die Gelenkfläche bildet eine 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Ohiroptera). 391 


doppelte Rolle. Der Unter- oder Vorderarm, welcher den Oberarm 
an Länge noch übertrifft, besteht fast nur aus der Speiche, da das 
Ellenbogenbein fast bei sämmtlichen Gattungen bis auf das Ole- 
cranon verkümmert ist und nur bei der Gattung Harpyienflughund 
(Harpyia) in der Gestalt eines kurzen und dünnen Griffels er- 
scheint, der in der unteren Hälfte der Speiche mit dieser völlig ver- 
schmilzt. 

Noch länger als die Vorderarme sind aber die Knochen, aus 
denen die Hand gebildet wird. Die Handwurzel ist kurz und besteht 
aus zwei Knochenreihen, deren erstere nur zwei Knochen enthält, 
von denen der innere viel größer als der äußere ist und an welchen 
sich zuweilen noch ein kleiner innerer und äußerer Nebenknochen 
anschließt. Die zweite Reihe besteht immer aus vier stark zusammen- 
gedrückten Knochen. Die Mittelhand wird aus fünf Knochen ge- 
bildet, von denen jener für den Daumen sehr kurz ist, während die 
übrigen vier von außerordentlicher Länge sind und in dieser Be- 
ziehung nicht hinter dem Vorderarme zurückstehen. Sie sind sämmt- 
lich nahezu von gleicher Länge und jener des Zeigefingers ist der 
dünnste unter allen. Der Daumen, welcher von den übrigen abstehend 
gestellt ist, wird aus zwei Phalangen gebildet, von denen die untere 
verhältnißmäßig lang, die obere aber kurz und hakenförmig ge- 
krümmt ist. Der Zeigefinger, welcher nur halb so lang als der Mittel- 
iinger ist, besteht aus drei knöchernen Phalangen, während der 
dritte, vierte und fünfte Finger jeder nur aus zwei knöchernen Pha- 
langen bestehen. Doch setzt sieh an allen vier Fingern zuletzt noch 
ein kurzer Knorpelfaden an, der sich bis an den Flügelrand erstreckt. 

Das Becken zeichnet sich durch lange schmale Hüftbeine und 
einen mehr oder weniger langen Fortsatz am oberen Ende der 
Schambeine aus. Die Schambeinfuge ist nicht geschlossen und die 
Sitzbeine sind unten von einander getrennt. Die hinteren Gliedmaßen 
sind beträchtlich kürzer als die vorderen. Der Oberschenkelknochen 
ist dünn, beinahe gerade und so verdreht, daß die Vorderfläche des- 
selben nach rückwärts, das untere Ende nach auswärts gekehrt ist. 
Der obere Gelenkkopf liegt in der Achse des Knochens zwischen 
den beiden fast gleiehhohen Rollhügeln. Am Unterschenkel schließt 
das Wadenbein mit seinem oberen Ende nicht an das Schienbein 
an, sondern geht in einen feinen Griffel aus. Die Kniescheibe ist 
vorhanden. Am Fersenbeine befindet sich ein nach einwärts gekehrter 


392 Fitzinger. 


spornartiger Fortsatz, der jedoch nur zum Theile von knöcherner 
Beschaffenheit ist und in einen Knorpelfaden ausgeht, welcher der 
Schenkelflughaut an ihrem hinteren Rande zur Unterstützung dient. 
Der Mittelfuß besteht aus fünf dünnen Knochen, welche nahezu von 
gleicher Länge sind. Die Zehen, welche den Mittelfuß an Länge 
übertreffen, sind ungefähr von gleicher Länge unter sich und sämmt- 
lieh nach auswärts gewendet. Die Außenzehe wird nur aus zwei 
Phalangen gebildet, von denen die erste aber länger als alle übrigen 
Zehenglieder ist. Die zweite, dritte, vierte und fünfte Zehe bestehen 
jede aus drei knöchernen Phalangen. 


Bezüglich der Zahl und Vertheilung der Zähne besteht unter 
den zu dieser Familie gehörigen Formen eine ziemlich große Ver- 
schiedenheit. 


Die Zahl derselben schwankt zwischen 22 und 34 und ist die- 
selbe auch nicht immer bei sämmtlichen Arten einer und derselben 
Gattung beständig; denn während bei den Gattungen Flederhund 
(Pteropus), Schwanzflederhund (Xantharpyia) und Zungenfleder- 
hund (Mocroglossus) regelmäßig 34, bei der Gattung Doggenflug- 
hund (Pachysoma) 30, bei der Gattung Flughund (Cynopterus) 
28, und bei der Gattung Harpyienflughund (Harpyia) 24 Zähne 
vorkommen, sind bei der Gattung Wollflederhund (Epomophorus) 
bald 28, bald 30, bei der Gattung Mantelflughund (Cephalotes) 
zuweilen nur 22 oder 24, häufig aber auch 30 Zähne vorhanden. 


Diese Zahlen-Differenzen bei einer und derselben Gattung 
rühren in allen Fällen nur daher, daß bei manchen Arten die Vorder- 
zähne entweder in beiden Kiefern theilweise, oder im Unterkiefer 
auch gänzlich fehlen, indem dieselben bei zunehmendem Alter aus- 
fallen, und ebenso die Lückenzähne im Oberkiefer, oder auch der 
hinterste Backenzahn desselben. 


Ebenso veränderlich als ibre Zahl, ist auch deren Vertheilung 
in den Kiefern. So trifft man bei den Gattungen Flederhund (Pte- 
ropus), Schwanzflederhund (Xantharpyia), Wollllederhund (Epo- 
mophorus), Zungenflederhund (Macroglossus) und Doggenflug- 
hund (Pachysoma) beständig 4 Vorderzähne in jedem der beiden 
Kiefer an, bei der Gattung Flughund (Cynopterus) hingegen im 
Oberkiefer 4, im Unterkiefer 2, bei der Gattung Harpyienflughund 
(Harpyia) im Oberkiefer 2. im Unterkiefer keinen, und bei der 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptero). 392 


Gattung Mantelflughund (Cephalotes) bald in beiden Kiefern 4, bald 
2, oder im Oberkiefer allein nur 2 Vorderzähne an. 


Ein ähnliches Verhältniß findet auch in Ansehung der Lücken- 
und Backenzähne statt. Bei den Gattungen Flederhund (Pteropus), 
Schwanzflederhund (Xantharpyia) und Zungenflederhund (Maero- 
glossus) sind immer im Oberkiefer jederseits 1 Lückenzahn und 
4 Backenzähne, im Unterkiefer 1 Lückenzahn und 5 Backenzähne 
vorhanden, bei den Gattungen Doggenflughund (Pachysoma), 
Flughund (Cynopterus) und Harpyienflughund (Harpyia) im Ober- 
kiefer jederseits 1 Lückenzahn und 3 Backenzähne, im Unterkiefer 
1 Lückenzahn und 4 Backenzähne. Dagegen trifft man bei der 
Gattung Wollflederhund (Epomophorus) im Oberkiefer in der Regel 
1 Lückenzahn, der bisweilen aber auch fehlt, und 3 Backenzähne, 
ım Unterkiefer 1 Lückenzahn und 4 Backenzähne an, während bei der 
Gattung Mantelflughund (Cephalotes) im Oberkiefer der Lücken- 
zahn beständig fehlt und 4 oder auch nur 3 Backenzähne jederseits 
vorhanden sind, im Unterkiefer aber 1 Lückenzahn und 5 Backen- 
zähne. 

Sämmtlichen Formen ist aber in beiden Kiefern jederseits 
1 Eckzahn eigen. 


Die Vorderzähne sind kurz, dünn und walzenartig, mit stumpf 
zugeschärfter Kronenschneide, die jedoch schon frühzeitig abgenützt 
wird, wodurch sie sodann in der Gestalt walzenförmiger Stümpfehen 
erscheinen. 


Dieselben stehen entweder in beiden, oder auch nur in einem 
oder dem anderen Kiefer bald regelmäßig und mehr oder minder 
dicht aneinander gereiht, bald aber etwas von einander entfernt, 
oder es sind dieselben zuweilen auch paarweise gestellt, oder die 
seitlichen von den mittleren durch einen kleinen Zwisehenraum ge- 
trennt. 


Die Eekzähne, von denen der untere vor dem oberen eingreift, 
sind länger als die übrigen Zähne, von der Gestalt jener der fleisch- 
fressenden Raubthiere, und die des Oberkiefers sind dreiseitig und 
an der vorderen und hinteren Fläche der Länge nach ausgehöhlt. 

Die Lückenzähne stellen nur ein kleines Stümpfehen dar und 
jene des Oberkiefers sind immer kleiner als die des Unterkiefers 
und fallen im Alter auch meistens aus. Die des Unterkiefers sind 


394 Fitzinger. 


zuweilen mit einem kleinen Ansatze versehen und erscheinen da- 
durch zweilappig. | 

Die Backenzähne sind flachhöckerig und die Krone derselben, 
welche in beiden Kiefern von breit-ovaler Gestalt ist, erscheint auf 
ihrer abgeflachten länglich-eiförmigen Kaufläche durch eine Längs- 
furche ausgehöhlt, wodurch eine äußere und innere Zahnwand 
gebildet wird. | 

Der erste oder vorderste Backenzahn ist in beiden Kiefern 
höher als der zweite, doch von vorne nach hinten beträchtlich ver- 
kürzt und daher kürzer als derselbe, indem er auf der Hinterseite 
stark abgenützt wird und dadurch von Außen die Gestalt eines 
stumpfen Eckzahnes annimmt. Die beiden folgenden sind in beiden 
Kiefern die längsten. 

Hinter denselben befindet sich bei den Gattungen Flederhund 
(Pteropus), Sehwanzflederhund (Xantharpyia), Zungenflederhund 
(Macroglossus) und Mantelflughund (Cephalotes) im ‚Oberkiefer 
noch ein kleiner rundlicher Backenzahn, der, jeüoch bei der letzt- 
genannten Gattung bei zunehmendem Alter schon a aus- 
fällt, während im Unterkiefer bei diesen Gattungen hinter dem dritten 
noch zwei kleinere Backenzähne folgen. 

Bei den Gattungen Wollflederhund (Epomophorus), Dog. en- 
flughund (Pachysoma), Flughund (Cynopterus) und Harpyienflug- 
hund (Harpyia) fehlt aber im Oberkiefer der vierte oder hintere 
Backenzahn immer, ‘und im Unterkiefer folgt auf den dritten nur 
noch ein einziger Zahn, da der fünfte oder letzte beständig fehlt. 

Bei der Gattung Wollflederhund (Epomophorus) stehen sämmt- 
liche, Backenzähne von einander etwas entfernt. 

In, Ansehung der weichen Körpertheile glaube ich noch Fol- 
gendes hervorheben zu sollen. 

Bei manchen Arten der Gattung Flederhund (Pteropus) ist 
die Rückenhaut an den Muskeln nur auf eine Strecke von 3/4!" 
befestiget, wodurch sich ‚dieselben der Gattung, Mantelflughund 
(Cephalotes,) nähern. 

Bezüglich der Zunge ergeben sich, so weit uns die Beschaf- 
fenheit derselben bis jetzt bekannt geworden. ist, nachstehende 
Verschiedenheiten nach den einzelnen Gattungen. 

Bei der Gattung Flederhund (Pferopus) ist. die Zunge vorne 
mit harten ‚spitzen, nach rückwärts gerichteten Warzen, hinter den- 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 395 


selben längs ihrer Mitte mit flachen dreizackigen, gleichfalls nach 
rückwärts gerichteten und in der hinteren Hälfte mit kleineren 
A— 12spitzigen, und außerdem längs ihrer Ränder mit langen kegel- 
förmigen Warzen besetzt, während sich an ihrer Basis in der Mitte 
drei kelchförmige Warzen befinden. 

Bei der Gattung Zungenflederhund (Macroglossus) ist die 
Zunge auf ihrer oberen Fläche feinkörnig und rauh, in der Mitte 
ausgehöhlt und mit flachen vierzackigen, nach rückwärts gerichteten 
Warzen besetzt, die dachziegelartig übereinander liegen, und an 
der Spitze mit borstigen, nach rückwärts gerichteten Wärzchen. 

Bei der Gattung Harpyienflughund (Harpyia) endlich ist die- 
selbe oben ausgehöhlt und warzig. 

DieRuthe des Männchens ist bei der Gattung Fiederhund ( Pte- 
ropus) durch einen Knochen unterstützt, der bei den übrigen 
Gattungen aber fehlt. Der Fruchtbälter ist zweihörnig. 

Wie im Knochengerüste, so zeigen auch die zur Familie der 
Flughunde gehörigen Formen in ihren äußerlichen körperlichen 
Merkmalen im Allgemeinen eine große Üherstimmung mit ein- 
ander, die sich insbesondere unter den einzelnen Gattungen der- 
selben kund gibt. 

Die Nase ist bei allen einfach und bietet weder Gruben, noch 
häutige Ansätze dar. Die Ohren sind mit keiner Klappe versehen, 
weit von einander abstehend und mittelgroß oder klein, die Augen 
verhältnißmäßig ziemlich groß. Die Vorder-, sowohl als die Hinter- 
füße sind fünfzehig. An den Vorderfüßen ist der Daumen und fast 
immer auch der Zeigefinger mit einer sichelförmigen Kralle versehen, 
die nur bei der Gattung Mantelflughund (Cephalotes) fehlt, während 
die drei übrigen Zehen derselben krallenlos sind. An den Hinterfüßen 
sind sämmtliche Zehen mit sichelförmigen Krallen bewaffnet. Der 
Daumen ist weder an den Vorder- noch Hinterfüßen den übrigen 
Zehen entgegensetzbar, jener der Vorderfüße bei der Gattung 
Fiederhund (Pferopus) vollkommen frei, bei allen übrigen aber in 
der unteren Hälfte mehr oder weniger von der Flughaut umhüllt. 
Die Flügel sind groß und entweder an den Leibesseiten oder auch 
mehr oder weniger hoch auf dem Rücken angeheftet, den sie jedoch 
nur bei der Gattung Mantelflughund (Cephalotes) vollständig be- 
decken, und reichen fast bei allen Gattungen bis an den Mittelfuß 
und blos bei den Gattungen Wollflederhund ( Epomophorus) und Har- 


396 Fitzinger. 


pyienflughund (Harpyia) bis an die Zehen. Die Schenkelflughaut 
ist durchaus nur von geringer Ausdehnung. Der Schwanz fehlt bei 
der Gattung Flederhund (Pteropus) gänzlich, während er bei allen 
übrigen mehr oder weniger kurz, meist aber sehr kurz und oft kaum 
bemerkbar ist, und ganz oder theilweise von der Schenkelflughaut 
umhüllt, und höchst selten nur von derselben freigelassen wird. Die 
Sehnauze ist bei den Gattungen Flederhund (Pferopus), Schwanz- 
flederhund (Xantharpyia) und Wollflederhund (Epomophorus) 
langgestreckt, stumpf zugespitzt und vorne etwas abgestutzt, bei 
der Gattung Zungenflederhund (Macroglossus) sehr lang, dünn, 
walzenartig und zugespitzt, und bei den Gattungen Dogsenflughund 
(Pachysoma), Flughund (Uynopterus), Harpyienflughund (Har- 
pyia) und Mantelflughund (Cephalotes) kurz. dick und stumpf. Die 
Zunge ist groß und frei, fast bei sämmtlichen Gattungen mäßig 
lang, nur wenig ausstreckbar, breit und spitz, und nur bei der 
Gattung Zungenflederhund (Maecroglossus) sehr lang, weit aus- 
streckbar, schmal und wurmförmig. Von Zitzen ist nur ein einziges 
Paar vorhanden, das bei der Gattung Flederhund (Pteropus) unter 
den Achseln, bei allen übrigen aber auf der Brust liegt. 

Eine besondere Eigenthümlichkeit sind die bei manchen Arten 
der Gattungen Flederhund (Pteropus), Wollflederhund (Epomo- 
phorus) und Doggenflughund (Pachysoma) vorkommenden Haar- 
büschel an den Halsseiten der alten Männchen, die mit einer be- 
sonderen Absonderungsdrüse in Verbindung zu stehen scheinen» 
welche einen fettigen stark richenden Saft ausschwitzt. | 

Der Verbreitungsbezirk der Familie der Flughunde erstreckt 
sich über den südlichen Theil von Asien, ganz Afrika und Australien. 

Die größte Verbreitung unter den einzelnen Gattungen hat die 
Gattung Flederhund (Pteropus), welehe über alle drei genannten 
Welttheile reicht uud ebenso auf dem Festlande, wie auch auf den 
Inselu angetroffen wird. Am zahlreichsten ist sie in Asien vertreten, 
am spärlichsten in Afrika. Auch ist sie unter allen Gattungen dieser 
Familie diejenige, welche die meisten Arten zählt. 

Die Gattung Schwanzflederhund (Xantharpyia) ist größten- 
theils auf Afrika beschränkt und nur eine verhältnißmäßig geringe 
Zahl von Arten kommt auch in Asien vor. 

Die Gattung Wollflederhund (Epomophorus) hat ausschließlich 
Afrika zu ihrer lleimath, während die Gattungen Zungenflederhund 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 397 


(Macroglossus), Doggenflughund (Pachysoma), Flughund (Cy- 
nopterus), Harpyienflughund (Harpyia) und Mantelflughund (Ce- 
phalotes) nur in Asien anzutreffen sind. 

Sämmtliche Arten sind vorzugsweise fruchtfressende Thiere, 
da saftige Früchte und Blüthen ihre Hauptnahrung bilden; doch 
wird behauptet, daß manche Arten nebstbei auch kleinere Vögel und 
selbst Säugethiere genießßen und denselben nachstellen. 


Die meisten fliegen nur bei Nacht oder während der Dunkelheit, 
mehrere aber auch am hellen Tage und selbst im Sonnenlichte. 


Nach diesen allgemeinen Bemerkungen, welche mir nicht über- 
flüssig erschienen, gehe ich nun auf den speciellen Theil dieser Ab- 
handlung über 


Familie der Flughunde (Cynopteri). 


Charakter. Die Nase ist weder mit einem häutigen Ansatze, 
noch mit Gruben versehen. Die Ohren sind durch keine Klappe ver- 
schließbar, indem dieselbe gänzlich fehlt. Die Backenzähne sind 
höckerig. Der Daumen und meistens auch der Zeigefinger der Vorder- 
füße, so wie auch sämmtliche Zehen der Hinterfüße haben sichel- 
förmige Krallen, die übrigen Zehen der Vorderfüße sind krallenlos. 


Weder die Vorder- noch die Hinterfüsse sind mit einem den 
übrigen Zehen entgegensetzbaren Daumen versehen. Vorder- und 
Hinterfüße sind fünfzehig. 


1. Gatt.: Flederhund (Pteropus). 


Die Flügel sind an den Leibesseiten oder auf dem Rücken an- 
geheftet, ohne jedoch denselben vollständig zu bedecken und reichen 
bis an den Mittelfuß. Der Daumen ist frei und nebst dem Zeigefinger 
bekrallt. Die Schnauze ist langgestreckt und stumpf zugespitzt. Der 
Sehwanz fehlt. Die Zunge ist mäßig lang, nur wenig ausstreckbar 
und breit. Die Zitzen liegen unter den Achseln. 


4 


Zahnformel: Vorderzähne Re Eckzähne =: ‚ Lücken- 
ahne ‚ Baekenzähne Einer — 3. 
il 5—5 


398 Fitzinger. 


1. Der grosse Flederhund (Pteropus edulis). 


P. Spermatophilo Citillo distinete major; capite elongato, 
rostro longo, acuminato-obtuso, auriculis medioeribus, longis, sub- 
angustis calvis, corpore elongato subgracili, pilis rigidis nitidis 
vestito, in adultis supra dorsum brevissimis, parce dispositis ap- 
pressis, in infera corporis parte densioribus magisque ereckis levi- 
ter cerispis, circa collum densissimis, in junioribus longioribus, 
densioribusque dissolutis ; patagiis amplıs, anali lato, ad coceygem 
non interrupto et angulo acuto profunde exciso; dorso in adultis 
salturate fusco-nigro, vel unicolore, vel pilis singulis sordide gri- 
seis intermixtis, corpore infra ex nigrescente-castaneo et ferru- 
gineo-nigro in saturate nigrum vergente; rostro, mandibula gula- 
que nigris; capite supra, occipite et nucha a fronte ad humeros 
usque ex ferrugineo flavido-rufis vel rubido-ochraceis in vivide 
ferrugineo-flavum vergentibus ei a colore dorsi abrupte finitis; ju- 
guli parte inferiore et pectore ejusdem coloris, at magis in ferru- 
gineum vergentibus; patagüs auriculisgue saturate nigris, in ju- 
nioribus caeterum uti adulti fere coloratis, nigrescente-fuscis. 


Vespertilio admirabilis. Bontius. Hist. nat. Ind. orient. p. 68. fig. 
p-. 69. 
Strange Bats. Argens. Discov. and conquest of the Molueco and 
Philippine Islands. p. 158. 

Chauve souris. Dampier. Nouv. voy. autour du monde. T. U. p. 70. 

Canis volans ternatana orientalis femina. Seba. Thesaur. T. 1. 
Pia. tn .onahio.n1. 

Canis volans mas. Seba. Thesaur. T. I. p. 91. t. 57. fig. 2. 

Vespertilio cauda nulla. Linne. Syst. nat. Edit. I. p. 48. 

R x „ Linne. Syst. nat. Edit. VI p. 7. Nr. 1. 
Fliegender Hund von Ternate. Meyer. Thiere. B. II. t. 33. 
Vespertilio Oynocephalus, Ternatanus. Klein. Quadrup. p. 61. 
Vespertilio cauda nulla. Hill. Hist. anim. p. 564. 

Fliegender Hund. Haller. Naturg. d. Thiere. S. 45 
Vespertilio, Vampyrus. Linne. Syst. nat. Edit. X. T. 
Chien volant. Diet. des anim. V. I. p. 616. 
Vliegende Hond van Ternate. Houtt. Nat. hist. V. I. p. 407. t. 8. 
Roussette. Bu ffon. Hist. nat. d. Quadrup. V. X. p. 53. 


28. 


Yu. 
I. p. 31. Nr. 1. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 399 


Vespertilio Vampyrus. Linne. Syst. nat. Edit. XI. T.I. P. T. p. 46. 
N HE 

Chauvesouris. Bomare. Diet. d’hist. nat. T. I. p. 510. 

Ternate Bat. Pennant. Synops. Quadrup. p. 359. Nr. 274. 

Fliegender Hund. Müller. Natursyst. B. 1. S. 152. t. 8. fie. 1. 

Vespertilio Vampyrus. Var. A. Schreber. Säugth. B. I. S. 153. 

INDIEN ER. 
Pteropus Vampyrus. Var. «. Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. p. 130, 
190 Ne 122% 
Vespertilio Vampyrus. Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch. u. d. 
Thiere. B. II. S. 408. Nr. 353. 

Ternate bat. Pennant. Hist. of Quadrup. V. II. p. 304. t. 103. 

Vespertilio Vampyrus. Boddaert. Elench. anim. V. I.p. 68. Nr. 1. 

Var. &. Gmelin. Linne Syst. Nat., T. 1. PT. 

p. 45. Nr. 1. &. 

Vespertilio Vampyrus. Cuv. Tabl. elem. d’hist. nat. p. 104. Nr. 1. 

Vespertilio Celaene. Hermann. Observ. zool. T. I. p. 15. 

Vespertilio nudus. Hermann. Öbserv. zool. T. I. p. 15. 

Pteropus edulis. Peron, Lesueur. 

Roussette Kalow. Leschenault de !a Tour. Ann. du Mus. V. XV. 
p- 90. Note. 

Pteropus edulis. Geoffr. Ann. du Mus. V. XV. p. 90. Nr. 1. 

Roussette noir. Cuv. Regne anim. Edit. 1. V. I. p. 123. 

Pieropus edulis. Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. V. XXIX. p. 508. 
interale 

” » Desmar, Mammal. p. 108. Nr. 18%. 

Pteropus javanieus. Desmar. Mammal. p. 109. Nr. 136. 

Pteropus stramineus. Desmar, Mammal. p. 110. Nr. 149. 

Pteropus javanicus. Horsf. Zool. Research. Nr. IV. e. fig. (Thier), 

0—U. (Schädel und Gebiß.) 

Pteropus edulis. Temminek. Monograph. d. Mammal. V. I. p. 172. 
t. 15. fig. 1—6. (Schädel.) — V. II. p. 58. t. 35. 
fig. 1. (Kopf.) 

5 2 Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. p. 358. 
Pteropus javanicus. Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. p. 858. 
Pteropus edulis. Isid. Geoffr. Diet. class. V. XIV. p. 699. 
Griffith. Anim. Kingd. V. I. p. 104. — V.V. 
p- 153. Nr. 1. 


bi) ” 


Si} ei) 


400 Fitzinger. 


Pteropus edulis. Geoffr. Cours d’hist. nat. des Mammif. V. 1. 
Lee. 13. p. 23. 

Roussette noir. Cuv. Regne anim. Edit. II. V. I. p. 113. 

Pteropus edulis. Fisch. Synops. Mammal. p. 81, 549. Nr. 1. 

Pteropus nudus. Fisch. Synops. Mammal. p. 82. Nr. 2. x 

Pteropus edulis. W agler. Syst. d. Amphib. S. 9. 


” » Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. p. 502. 

& » 8. Müller. Verhandel. V. I. p. 20. 

2 » Wagn. Schreber. Säugth. Suppl. B. 1.8. 342. Nr. 1. 

h »„  Cantor. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. V. 
XV. p. 186. 


‚Pteropus Javanicus. Horsf. Zool. Javan. ce. fig. 
Pteropus edulis. Horst. Catal. of the Mamm. of the East-Ind. Comp. 


p- 27. 

4 » Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 37. 

5 » Wagn. Schreber. Säugth. Suppl. B. V. S. 594. 
Nr. 1. i 

„ » Fitz. Naturg. d. Säugeth. B. I. S. 124. fig. 28. 

3 » Giebel. Säugeth. S. 994. 

5 » Fitz. Säugeth. d. Novara-Expedit, Sitzungsber. d. 
math. naturw. Cl. d. kais. Akad. d. Wiss. B. XLIl. 
S. 389. 

J „  Zelebor. Reise d. Fregatte Novara. Zool. B. I. 
S. 10. 


Die größte Art nieht nur der Gattung und Familie, sondern 
auch der ganzen Ordnung, indem sie an Größe den gemeinen Ziesel 
(Spermatophilus Citillus) noch merklich übertrifft. 

Ihr Kopf ist gestreckt, die Schnauze lang und stumpf zuge- 
spitzt. Die Ohren sind von mittlerer Größe, verhältnißmäßig lang, 
ziemlich schmal, zugespitzt und kahl. Der Leib ist langgestreckt und 
etwas schlank. Die Flughäute sind stark entwickelt. Die Schenkel- 
flughaut ist breit und unter dem Steiße, den sie umsäumt, tief in 
einem spitzen Winkel ausgeschnitten. Zehen und Krallen der Hinter- 
füße sind stark. 

Die Körperbehaarung ist rauh und glänzend, bei alten Thie- 
ren auf dem Rücken sehr kurz, sehr dünn gestellt und dieht auf der 
Haut aufliegend und an dieselbe angepreßt, so daß diese oft allent- 
halben durchbliekt, auf der Unterseite des Körpers aber mehr ab- 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). AD| 


stehend, etwas dichter gestellt und schwach gekräuselt; bei jün- 
geren hingegen weit dichter, länger und auch lockerer. Am dieh- 
testen ist dieselbe am Halse. Die Körperhaut ist dünn und zart. 


Die Färbung ändert etwas, wenn auch nur wenig, nach dem 
Alter. 


Bei alten Thieren ist der Rücken tief braunschwarz, bald 
einfärbig, bald mit einzelnen schmutzig grauen Haaren gemengt. Die 
Unterseite des Körpers geht aus Schwärzlich-kastanienbraun und 
Rostschwarz in tiefes Schwarz über. Die Schnauze, der Unterkiefer 
und die Kehle sind schwarz, die Ober- und Hinterseite des Kopfes 
und der Nacken, von der Stirne bis zu den Schultern zwischen den 
Flügeln herab, so wie auch die untere Hälfte des Vorderhalses bis an 
die Brust rostig gelbroth oder röthlich-ochergelb, welehe Färbung 
an den unteren und Seitentheilen mehr in's Rostrothe, auf dem Hin- 
terkopfe und dem Nacken mehr in's lebhaft Rostgelbe fällt und von 
der schwarzen Farbe des Rückens scharf und in einer geraden Linie 
abgeschnitten ist. Die Flughäute und die Ohren sind tief schwarz. 


Jüngere, jährige Thiere sind fast von derselben Färbung, 
nur sind die Flughäute bei denselben schwärzlichbraun. 


Körperlänge eines Männchens . . 1’ 3”. Nach Temminck. 
Länge des Vorderarmes . . . . De 
Entfernung der Augen von der 

Sehnauzenspieze a 2.02... 1707 
Spannweiterder Rlusel. . » 2. 27 107. 
Spannweite der Flügel kleinerer 

Indiyadluene een dl 0, 00, 
Körperlanoenana ae Nach Desmarest. 
Spannweite der Rlusel. . . . 2.5. 
Korperlanse u 10”. Nach Geoffroy. 
Hanzerdes Kopiesu n. . . ... 100% 
Spannweite der Hügel . .. . A” 
Spannweite der Rlüsel . ... 17.8. "Nach Hermann. 


Die Zähne sind verhältnißmäßig groß, die Vorderzähne des 
Oberkiefers einander gleich, jene des Unterkiefers mehr ungleich- 
förmig. Der Lückenzahn im Oberkiefer ist ein sehr kleines Stümpf- 
chen und fällt im Alter aus, im Unterkiefer dagegen ist derselbe 
größer. | 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 


os 
;} 


402 Fitzinger. 


Vaterland. Süd-Asien, und zwar sowohl der indische Archi- 
pel, wo diese Art auf den Inseln Java, Sumatra, Timor, Bauda, Ter- 
nate, Saparuan und Manila vorkommt, als auch das Festland von Ost- 
Indien, wo sie in in Malacca, Assam und selbst in Bengalen angetrof- 
fen wird. Temminck hielt früher irriger Weise auch Madagaskar 
für deren Heimath. 

Von den Malayen wird sie „Malanon buru“ und auch „Kalon“ 
oder „Kalong“ genannt, welche letztere Benennung sie vorzugsweise 
in Java führt. 

Die erste Kunde von der Existenz dieser Art hat Bontius 
schon im Jahre 1658 gegeben und einer kurzen Beschreibung der- 
selben auch eine Abbildung beigefügt. Linne€ und seine nächsten 
Nachfolger vereinigten dieselbe mit mehreren anderen großen Arten 
dieser Gattung in einer einzigen Art, die sie mit dem Namen „Ves- 
pertilio Vampyrus“ bezeiehneten, obgleich dieselben einer sehr 
verschiedenen Heimath angehören; nämlich mit dem schwarzschnau- 
zigen (Pteropus Edwardsii), dem Kreuz-Flederhunde (Pferopus 
vulgaris) und dem rothbindigen (Pferopus rubricollis), und einige 
derselben auch mit dem hellgelben Schwanzflederhunde (Xanthar- 
pyia straminea), welche sämmtlich Afrika bewohnen, während 
G melin denselben höchst wahrscheinlich auch noch den hochflüge- 
ligen Flederhund (Pteropus phaiops) anreihte, welcher Celebes, 
Amboina, Banda und vielleicht auch Neu-Guinea angehört. Peron 
und Lesueur brachten sie zu Anfang dieses Jahrhunderts von 
ihrer Reise in das naturhistorische Museum zu Paris und bezeich- 
neten sie mit dem Namen „Pieropus edulis“, unter welcher Benen- 

nung Geoffroy die erste genauere Beschreibung von derselben gab. 
“ Hermann hatte die nämliche Art zwar schon früher kurz beschrie- 
ben, doch glaubte er in derselben zwei verschiedene Arten zu er- 
kennen, von denen er die eine mit dem Namen „Vespertilio Celaeno“, 
die andere mit dem Namen „Vespertilio nudus“ bezeichnete. Letz- 
tere Form gründet sich auf ein altes, aber schlecht erhaltenes Exem- 
plar, und sehr richtig hatte Desmarest die Zusammengehörigkeit 
dieser beiden Formen erkannt, obgleich er die letztere irriger Weise 
nur für ein jüngeres Thier der ersteren betrachtet wissen wollte, 
während Fischer dagegen sich für die Artberechtigung dieser 
Form aussprach. Auch Geoffroy glaubte zwei verschiedene For- 
men in dem großen Flederhunde (Pieropus edulis) zu erkennen, 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 403 


indem er einvon Leschenault de la Tour von Java mitgebrach- 
tes sehr großes Individuum für eine von Peron’s und Lesueur's 
„Pteropus edulis“ specifisch verschiedene Form hielt, welche Des- 
marest — diese Ansicht theilend — unter dem Namen „Pferopus 
jqvanicus“ beschrieb. Temminck erkannte diesen Irrthum und 
wies die Identität beider Formen unwiderlegbar nach. Einen ande- 
ren Fehler beging Desmarest aber auch noch dadurch, daß er die 
von Seba im ersten Bande seines Thesaurus auf Tafel 57, Figur 1 
und 2 gegebene Abbildung dieser Art zu seinem „Pferopus strami- 
neus“ oder dem hellgelben Schwanzflederhunde (Xantharpyia stra- 
minea) zog. Alle späteren Zoologen schlossen sich der Ansicht 
Temminck’s an. 


2. Der gemähnte Flederhund (Pteropus jubatus). 


P. funerei magnitudine ; auriculis longiusculis, rostro longi- 
tudine aequalibus, ad basin latis, a dimidio angustatis, apice ro- 
tundatis et externe in infera parte pilosis; alis longis, supra de- 
pilatis, infra in maribus inter brachia et antibrachia nec non inter 
brachia et corperis latera pilis laneis minus dense dispositis obtec- 
tis, in foeminis calvis; patagio anali latiusculo, infra tibias in an- 
gulo acuto ascendente, medium versus sinuato et ad coccygem in- 
terrupto; facie brevipilosa ; vertice, nucha lateribusque colli pilis 
longis jubatis; corpore pilis brevibus incumbentibus vestito; bra- 
chiis antibrachüsque, nec non femoribus et tibiis supra in utroque 
sexu pilis brevibus obtectis, brachüs infra in maribus pilis longis, 
in foeminis brevibus opertis, antibrachüs in maribus calvis, in 
foeminis brevipilosis; facie rostroque supra nigrescente-fuscis, la- 
teribus capitis gulague nigris; vertice nuchaque macula magna 
trigona nitide flava in aurantium vergente et a fronte usque inter 
humeros extensa posticeque in annulum latum obscure fuscum col- 
lum cingentem finita signatis; lateribus colli cum pectoris parte 
superiore rufo-fuscis; dorso obscure nigro-fusco, pectore abdo- 
mineque griseo-fuscis ; auriculis externe basi macula pallide-rufo- 
fusca notatis, infra pilis obscure rufo-fuscis esxpletis; brachüs 
antibrachüsque supra fuscis, infra nigris, femoribus tibüsque supra 
fuseis; pilis in infera parte alarum marium rufo-fuseis ; patagüis 
nigro-fuscis. 

27* 


404 Fitzinger. 


Pteropus jubatus. Eschholtz. Zool. Atl. B. IV. S. 1. t. 16. 

Pteropus pyrrhocephalus. Meyen. Nov. Aet. Acad. Nat. Curios. V. 
XVI. P. II. p. 604. t. 45. (Thier), t. 46. fig. 1—23. 
(Schädel). 

Pteropus jubatus. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. II. p. 59. 

Acerodon jubatus. Jourdan. Fr. Cuy. Ann. des Se. nat. 2. Serie. 

V. VII. p. 376. 
Pteropus jubatus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 343. 


Nr. 2. 

Y » Blainv. Osteograph. Chiropt. t. 1, 2. (Skelet.) 

P »  Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 595. 
Nr. 3. 

& Giebel, Säugeth. S. 995. 

5 » Fitz. Säugeth. d. Novara-Expedit. Sitzungsber. d. 
math. naturw. Cl. d. kais. Akad. d. Wiss. B. XL. 
S. 389. 

5 „  Zelebor. Reise d. Fregatte Novara. Zool. B. I. 
S:4h2: 


Dem großen Flederhunde (Pteropus edulis) verwandt, aber 
durch die abgerundeten Ohren, die verhältnißmäßig schmälere und 
am Steilde unterbrochene Schenkelflughaut, die lange Behaarung des 
Hinterhalses und auch durch die Färbung sehr deutlich von dem- 
selben verschieden. 

In Ansehung der Größe kommt diese Art mit dem schwarz- 
schnauzigen (Pteropus Edwardsii), vethbauchigen (Pteropus me- 
dius) und Trauer-Flederhunde (Pteropus funereus) überein, wor- 
nach sie den großen Formen dieser Gattung beizuzählen ist. 

Die Ohren sind verhältnißmäßig ziemlich lang, von gleicher 
Länge wie die Schnauze, an der Wurzel breit, von der zweiten 
Hälfte an verschmälert,an ihrem oberen Ende abgerundet und in ihrer 
unteren Hälfte an der Außenseite gegen die Wurzel zu behaart. Die 
Flügel sind lang. Die Schenkelflughaut ist nur von mäßiger Breite, 
gegen die Mitte zu ausgeschweift und endet an jedem Schenkel, wo 
sie aber noch über einen Zoll in der Breite hat, plötzlich in einem 
spitzen Winkel, um am Steiße, wo sie unterbrochen ist, eine kleine 
Stelle frei zu lassen. 

Das Gesicht ist kurz behaart. Vom Scheitel und dem Nacken, 
wo das Haar 9—4 Linien in der Länge hat, verlängert sich dasselbe 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 405 


an den Halsseiten bis zu einer Länge von 8 Linien und bildet an dem 
Halse eine zottige Mähne. Der Leib ist kurz und glatt anliegend be- 
haart. Der Ober- und Vorderarm, so wie auch der Ober- und Unter- 
schenkel sind auf der Oberseite mit kurzen Haaren bedeckt. Auf der 
Unterseite ist der Oberarm beim Männchen mit langen Haaren be- 
setzt, während beim Weibehen Ober- und Vorderarm auch auf der 
Unterseite nur kurz behaart erscheinen. Die Flügel sind beim Männ- 
chen auf der Unterseite zwischen dem Ober- und dem Vorderarme, 
und dem Oberarme und den Leibesseiten mit dünngestelltem wolli- 
gem Haare besetzt und ebenso auch längs des unteren Randes des 
Vorderarmes, wo die Behaarung einen schmalen Streifen bildet; beim 
Weibchen dagegen fehlt diese Behaarung an den Flügeln und 
sind dieselben völlig kahl, was bei beiden Geschlechtern auch auf 
der Oberseite der Fall ist. Die Nasenlöcher, die Mundwinkel und die 
Augenbrauengegend sind mit einigen langen Borstenhaaren besetzt. 


Das Gesicht und der Nasenrücken sind schwärzliehbraun, die 
Seiten des Kopfes und die Kehle schwarz. Von der Stirne erstreckt 
sich ein großer dreieckiger, glänzend hellgelb gefärbter und in 
Orangegelb ziehenden Flecken über den Scheitel und den Nacken 
bis zwischen die Schultern, der an den Ohrwinkeln beginnt und in 
dem dunkelbraunen Ringe endiget, der sich in einer Breite von un- 
gefähr 2 Zoll um den Hals herumzieht. Die Halsseiten und der obere 
Theil der Brust sind rothbraun. Der Rücken ist dunkelschwarzbraun, 
und Brust und Bauch sind braun mit einzelnen gelben Haaren unter- 
mengt, wodurch diese Körpertheile graulichbraun erscheinen. Die 
Ohren sind auf der Außenseite an der Wurzel mit einem hell braun- 
rothen Flecken besetzt, auf der Innenseite an dieser Stelle mit 
dunkel rothbraunen Haaren ausgefüllt. Ober- und Vorderarm sind auf 
der Oberseite braun, auf der Unterseite schwarz, Ober- und Unter- 
schenkel auf der Außenseite braun. Die wollige Behaarung auf der 
Unterseite der Flügel des Männchens ist rothbraun, die Flughäute 
sind schwarzbraun. Die Augen sind mennigroth. 


Körperlänge And u. 1. Nach Eschholtz. 
Länge des Vorderarmes . . . 6" 33)”. 

Bänge, der Ohren u. nen 1 

Körperlänge nt 8”. Nach Meyen. 


BansenderiOhreneenn aa. ‚% 


A06 Fitzinger. 


Länge der Daumenkralle . . . 3 A", 
Länge der Zeigefingerkralle . Bl 
Spannweite der Flügel . . . 8’ 10". 


In den von Meyen angegebenen Körpermaßen ist die Länge 
der Daumenkralle offenbar unrichtig angegeben und soll es daselbst 
statt 31/, Zoll wohl nur 1/, Zoll heißen. 


Vaterland. Südost-Asien, Philippinen, Manila, wo Esch- 
holtz diese Art entdeckte, die er später beschrieb und von welcher er 
uns auch eine Abbildung mittheilte. Meyen, der diese Art gleichfalls 
auf Manila angetroffen, hielt dieselbe für neu und beschrieb sie unter 
dem Namen „Pteropus pyrrhocephalus“. Temminck erkannte die 
Identität derselben mit der von Eschholtz beschriebenen Art, 
welehe Ansicht auch alle anderen Zoologen theilten. 


Jourdan wollte in der Beschaffenheit der Baeckenzähne, die 
im Oberkiefer mit vier höckerigen Hügeln, im Unterkiefer aber nur 
mit drei solehen Hügeln auf der Kaufläche besetzt sind, einen Grund 
finden, diese Art aus der Gattung „Pteropus“ auszuscheiden und für 
dieselbe eine besondere Gattung zu errichten, für welche er den 
Namen „Acerodon“ vorschlug. Fr. Cuvier trat dieser Ansicht aber 
entschieden entgegen, da die Backenzähne dieser Art deutlich den 
typischen Charakter der Gattung „Pferopus“ zeigen und auch der 
Schädel in allen seinen wesentlichen Merkmalen mit dem der übrigen 
Arten derselben übereinstimmt. 


Sie fliegt auch bei Tage. 


3. Der Mohren-Flederhund (Pieropus Pluto). 


P. edulis magnitudine; auriculis longis acuminatis, patagio 
anali amplo lato, corpore in dorso pilis parce dispositis incumben- 
tibus adstrietis et prymnam versus crispis vestito, in infera cor- 
poris parte longiusculis rigidis erispis; alis supra calvis, infra 
jJuxta corporis latera, in brachüs et antibrachiorum parte pilis 
nigris parce obtectis; corpore fere unicolore nitide nigro, supra 
pilis singulis pallide flavescentibus intermixtis; nucha macula 
magna non limbata obscure rufescente-brunnea notata; patagüis 
auriculisque nigris. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 40T 


Pteropus Pluto. Temmincek. Esquiss. zool. sur la cöte de Guin£. 
p- 56. 

5 »  Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 592. 
Nr. 2. 


Eine dem großen Flederhunde (Pferopus edulis) nahestehende 
Form, mit welehem sie auch von gleicher Größe ist, von demselben 
aber sowohl durch die Verschiedenheit in der Behaarung, als auch 
in der Färbung unterschieden. 


Die Ohren sind lang und zugespitzt; die Schenkelflughaut ist 
groß und breit, indem sie selbst an ihrer schmalsten Stelle am Steiße 
noch 1 Zoll 2 Linien in der Breite hält. 


Die Oberseite des Körpers ist ziemlich spärlich mit glatten straf- 
fen Haaren bekleidet, die nur in der Kreuzgegend etwas gekräuselt 
sind, die Unterseite mit ziemlich langen, rauhen, etwas gekräuselten 
Haaren besetzt, wodurch dieselbe buschig erscheint. Die Flughäute 
sind auf der Oberseite kahl, auf der Unterseite längs der Leibes- 
seiten, auf dem Oberarme und einem Theile des Vorderarmes spär- 
lich mit schwarzen Haaren besetzt. 


Die Färbung der Ober- sowohl als Unterseite des Körpers ist 
beinahe einfärbig glänzend schwarz und erscheint nur auf der Ober- 
seite mit einzelnen fahlgelbliehen Haaren gemengt. Auf dem Nacken 
befindet sich ein großer dunkel röthlichbrauner Flecken, der von 
keiner Binde umgeben ist. Die Flughäute und die Ohren sind schwarz. 
BangerdesVorderazmes, 1. u. 0... 8”. Nach Temminck. 

Sr des,Sehlenbeimesy. nuuauena % A”, 
Spannweiteyder Hlügel,, «. .u.u ya. 14,00: 

Vaterland, Süd-Asien, wo diese Art auf den beiden in der 
Nähe von Java liegenden Inseln Balı und Lombok vorkommt. 

Bis jetzt ist uns dieselbe nur aus einer Beschreibung von Tem- 
minck bekannt. 


4. Der Trauer-Flederhund (Pteropus funereus). 


P. medii magnitudine; capite parvo angusto parce piloso, 
rostro graciliore compressiusculo, auriculis longis angustis, alis 
infra juxta corporis latera nec non in brachiorum regione valde 
pilosis; patagio anali angustiore, ad coccygem perprofunde exciso, 


408 Fitzinger. 


supra maximam purtem, infra basi solum pilis obtecto ; dorso in 
adultis aut saturate vel sordide nigro, aut olivaceo-fusco vel cine- 
rascente, corpore infra vel nitide nigro, vel in jugulo pectoreque 
nigro, in abdomine nigrescente-fusco ; oceipite et nucha aut nigres- 
cente-fuscis, aut nigris obscure castaneo-lavatis, aut vivide rufis - 
vel rufo-auratis; lateribus colli nigris, nigrescente-castaneis, vel 
ferrugineis; facie, capite infra patagiisque nigris; corpore in 
Junioribus unicolore nigrescente-fusco, exceptis nucha lateribusque 
colli sordide fuscis. 

Pteropus funereus. Temminck, Monograph. d. Mammal, Y. H. 

p. 68. t. 35. fig. 4. (Kopf.) 


- 5 Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 346. 
N, 4. 

> 2 Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 596. 
N. 5. 

hi ” Giebel. Säugeth. S. 996. 

5 3 Fitz. Säugeth. d. Novara-Expedit. Sitzungsber- 


d. math.-naturw. Cl. d. kais. Akad. d. Wiss. 
B. XLI. S. 389. 

Pteropus edulis. Var. a. Zelebor. Reise d. Fregatte Novara. Zool. 
Blast. 

Diese überaus ausgezeichnete und mit dem großen Flederhunde 
(Pteropus edulis) nur in sehr entfernter Verwandtschaft stehende 
Art bietet so auffallende Unterscheidungsmerkmale von demselben 
dar, daß an eine Verwechselung beider Arten kaum zu denken ist. 

Abgesehen von der etwas geringeren Größe, in welcher sie mit 
dem rothbauchigen Flederhunde (Pferopus medius), dem schwarz- 
schnauzigen (Pteropus Edwardsii) und gemähnten (Pteropus ju- 
batus) übereinkommt, so wie auch in der Verschiedenheit der 
Färbung, sind es solche Merkmale, welche diese Art von der obigen 
unterscheiden, bei denen allen unseren bisherigen Erfahrungen zu 
Folge eine Veränderlichkeit nicht angenommen werden kann, indem 
dieselben größtentheils auf sehr bedeutenden Verschiedenheiten in 
den körperlichen Verhältnissen beruhen. 

Ihr spärlich behaarter Kopf ist viel kleiner und im Verhältnisse 
zum Körper auch beträchtlich schmäler als beim großen Flederhunde 
(Pteropus edulis), die Schnauze auffallend schmächtiger und weit 
stärker zusammengedrückt. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 409 


Die Ohren sind länger und spitzer, die Flügel auf der Unter- 
seite gegen die Leibesseiten und in der Armgegend sehr stark be- 
haart, und die Schenkelflughaut ist nicht nur merklich schmäler und 
weit tiefer am Steiße ausgeschnitten, sondern auch auf der Ober- 
seite größtentheils, auf der Unterseite nur an der Wurzel behaart. 

Die Färbung bietet mancherlei, obgleich nieht sehr erhebliche 
Verschiedenheiten dar und ändert nach dem Alter, vielleicht aber 
auch nach den Jahreszeiten und der verschiedenen Heimath. 

Der Rücken ist entweder tief schwarz, schmutzig schwarz, 
olivenhbraun, oder aschgraulich,, die Unterseite des Körpers glänzend 
schwarz, oder am Vorderhalse und der Brust schwarz, am Bauche 
sehwärzlichbraun. 

Der Hinterkopf und Hinterhals sind entweder schwärzlichbraun, 
oder schwarz und dunkel kastanienbraun überflogen, oder lebhaft 
roth oder goldroth, die Halsseiten schwarz, schwärzlich-kastanien- 
braun, oder rothbraun. 

Das Gesicht, die unteren Theile des Kopfes und die Flughäute 
sind schwarz. 

Die auf Timor vorkommenden Individuen sind an allen Körper- 
theilen schwarz und bieten nur auf dem Hinterhalse einen dunkel 
kastanienbraunen Anflug dar; 

jene von Borneo sind auf dem Rücken olivenbraun, auf dem 
Vorderhalse und der Brust schwarz, am Bauche und dem Hinterhalse 
schwärzlichbraun. 

Bei den Individuen von Sumatra sind der Rücken aschgraulich, 
die Unterseite des Körpers vollkommen schwarz, der Hinterhals leb- 
haft goldroth und die Halsseiten rothbraun ; 

bei den von Amboina stammenden der Rücken schmutzig 
schwarz und spärlich behaart, die Unterseite des Körpers glänzend 
schwarz, der Hinterkopf und Hinterhals lebhaft roth, und die Hals- 
seiten schwärzlich-kastanienbraun. 

Junge Thiere sind durchaus schwärzlichbraun und nur auf 
dem Nacken und an den Halsseiten schmutzig braun. 


Körperlangesapenen m vet. 11”. Nach Temminck. 
Länge des Vorderarmes . . . 6" 6". 
Entfernung der Augen von der 

Schnauzenspitze m) un un, 1a 


Spannweite der Flügel . . . . 33’ 8". 


410 Fitzinger. 
8 


Vaterland. Süd-Asien, Sunda-Inseln, Sumatra, Borneo, Am- 
boina und Timor, und Nord-Australien, Port Essington, wo Gould 
diese Art getroffen. 


Temminck hat uns mit derselben zuerst bekannt gemacht 
und genau die Merkmale angegeben, wodurch sie sich von allen 
übrigen großen Arten dieser Gattung unterscheidet. Alle seine Nach- 
folger haben ihre Selbstständigkeit als Art anerkannt und nur Zele- 
bor will sie unbegreiflieherweise blos für eine Varietät des großen 
Flederhundes ( Pteropus edulis) erklären, obgleich er Gelegenheit 
hatte im kaiserlichen zoologischen Museum zu Wien außer den von 
der Novara-Expedition berrührenden und von Frauenfeld mitge- 
brachten Exemplaren, die aus Sumatra stammen sollen, auch ein 
Original-Exemplar von Temminck aus Sumatra mit dem großen 
Flederhunde (Pteropus edulis) vergleichen zu können. 


5. Der nikobarische Flederhund (Pieropus nicobaricus). 


P. chrysoprocti magnitudine; capite elongato angusto, auricu- 
lis medioeribus 1/; capitis longitudine, angustis acuminatis ; oculis 
auribus parum propioribus quam rostri apiei et fere in medio eorum 
sitis; corpore valde gracili; patagio analı angusto, ad coccygem 
rudimentario; corpore pilis incumbentibus dense vestito; dorso 
obscure nigro-fusco pilis singulis griseis intermictis ; occipite, 
nucha, lateribus colli humerisque nitide ex rufescente flavido- 
fuseis. ferrugineo-rubro-limbatis; syncipite, genis, collo antice, ab- 
dominis lateribus et regione ani obscure nigro-fuscis; pectore in 
medio et abdomine in superiore parte nigrescente-vel umbrino-fuscis, 
partim flavido-fusco-, partim fusco-rubro-lavatis; brachüs, anti- 
brachvis, digitis et tibiis, nec non patagüs auriculisque nigrescente- 
vel umbrino-fuscis. 

Pteropus nicobaricus. Fitz. Zelebor. Säugeth. d. Novara-Expedit. 
Sitzungsber. d. math.-naturw. Cl. d. kais. 
Akad. d. Wiss. B. XLII. S. 589. 
ei % Zelebor. Reise d. Fregatte Novara. Zool. 
B.L.ISHAE: 

Diese erst in neuester Zeit entdeckte Art, welche zu den großen 
Formen dieser Gattung gehört und mit dem goldbrüstigen Fleder- 
hunde (Pteropus chrysoproctus) von gleicher Größe ist, schließt sieh 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). All 


in ihren körperlichen Merkmalen zunächst dem Trauer-Flederhunde 
(Pteropus funereus) an, von welchem sie sich jedoch, abgesehen 
von der verschiedenen Färbung, durch den verhältnißmäßig längeren 
und schmäleren Kopf, den schmächtigeren Leib und die schmälere 
Schenkelflughaut sehr deutlich unterscheidet. 

Der Kopf ist langgestreckt und schmal, die Ohren sind mittel- 
lang, 1/; der Kopflänge einnehmend, schmal und zugespitzt, und die 
Augen stehen denselben nur sehr wenig näher als der Schnauzen- 
spitze und beinahe in der Mitte zwischen beiden. Der Leib ist auf- 
fallend schmächtig. Die Schenkelflughaut ist schmal, sehr tief ausge- 
schnitten und erscheint am Steiße, wo sie nur eine Breite von un- 
gefähr 1/, Linie hat, blos als ein Rudiment Die Körperbehaarung ist 
dieht und glatt anliegend. 

Der Rücken ist dunkel schwarzbraun mit einzelnen eingemeng- 
ten grauen Haaren. Das Hinterhaupt, der Nacken, die Halsseiten und 
die Schultern sind glänzend röthlich gelbbraun, welche Färbung von 
einem rostrothen Saume umgeben ist. Die einzelnen Haare dieses 
großen Nackenfleckens sind an der Wurzel gelblichbraun oder ocher- 
farben und an der Spitze glänzend goldröthlich. Der Vorderkopf, die 
Wangen, der Vorderhals, die Bauchseiten und die Aftergegend sind 
dunkel schwarzbraun, der mittlere Theil der Brust und der obere 
Theil des Bauches sind schwärzlich — oder umberbraun und theils 
gelblichbraun, theils rostroth überflogen, da die Haare an diesen 
Körpertheilen in gläuzend gelblichbraune oder ocherfarbene und 
rostrothe Spitzen endigen. Die Ober- und Vorderarme, die Finger, 
die Unterschenkel, die Flughäute und die Ohren sind schwärzlich 
— oder umberbraun. 

Körperlanzen sur. 00. 1007583720 Nacht Zieleibiojr. 


Länge des Vorderarmes . . . 57 93%”. 
desslmtersehenkels nn 2771202 
Ketdessspomest sin. ine I 
2 destKopfesm ann mn gun 
rn MErHÖRLENEH EL al 

breiter m, Una ae 0 61". 

Entfernung der Augen von der 
Schnauzenspizeneen zn a RL ya: 


Entfernung der Augen von den 
Ohren, AP PR 


412 Fitzinger. 


‘ 
Vaterland. Süd-Asien, Nikobaren, von wo das kaiserliche 
zoologische Museum zu Wien zwei Männchen dieser Art erhielt, die 
während der Weltumsegelung der Fregatte Novara auf der Insel 
Kar-Nikobar gesammelt wurden. Zelebor hat zuerst eine Be- 
schreibung derselben veröffentlicht. Was ihn bestimmen konnte - 
diese beiden Exemplare für junge Thiere zu halten, vermag ich nicht 
zu erklären. 


6. Der silberbauchige Flederhund (Pteropus argentatus). 


P. phaiopis circa magnitudine ; auriculis mediocrihus acutius- 
culis; corpore supra.et infra nigro-fusco, in dorso subtiliter albido- 
irrorato, in infera corporis parte pilis singulis longioribus argenteo- 
finitis mixto ; capite leviter flavo-lavato; lateribus frontis nucha- 
que pallide ex rubido flavo-auratis. 

Pteropus argentatus. Gray. Zool. of the Voy. of Sulphur. Mammal. 
p- 30. e. fig. 


D ” Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 194. 
» a Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 596. 
Nr. 6. 


Diese gleichfalls zu den großen Formen dieser Gattung ge- 
hörige Art kennen wir bis jetzt nur aus einer Beschreibung und Ab- 
bildung, welche uns Gray von derselben mitgetheilt. 

Sie ist ungefähr von der Größe des hochflügeligen Flederhundes 
(Pteropus phaiops) und etwas kleiner als der Trauer-Flederhund 
(Pteropus funereus), mit welchem sie in naher Verwandtschaft 
steht, von demselben aber durch den verhältnißmäßig kürzeren 
Vorderarm und die Färbung verschieden. 

Die Ohren sind von mäßiger Größe und ziemlich spitz. 

Die Oberseite sowohl, als auch die Unterseite des Körpers sind 
schwarzbraun, der Rücken ist fein weißlich gesprenkelt und auf der 
Unterseite treten einige längere, in silberweiße Spitzen endigende 
Haare einzeln hervor. Der Kopf bietet einen schwachen gelben An- 
flug dar und die Seiten der Stirne, so wie auch der Nacken sind von 
lichtröthlich-goldgelber Farbe. 


Körperlänge 01% ana man OEL ENachi Gray: 
Bängerdes(Vorderarmesy ur) ur Erle 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Rlatterthiere (Chiroptera). A | 3 


Vaterland. Süd-Asien, wo diese Art wahrscheinlich auf 
Amboina vorkommt. 


7. Der rothbauchige Flederhund (Pieropus medius). 


P. funerei magnitudine ; auriculis longis acuminatis , corpore 
gracili; alis dorso sat alte affixis longis angustis, infra juxta cor- 
poris latera pilosis; patagio anali angusto, ad coccygem non inter- 
rupto valde angustato, supra piloso; corpore pilis brevibus incum- 
bentibus rigidis vestito; dorso nigrescente fuscescente-lavato, 
gula et humerorum regione ex nigrescente ferrugineo-fuseis vel 
castaneis, capite ejusdem coloris at obscuriore; nucha vivide 
flavido-rufa, lateribus colli et corpore infra dilute rufo-fuscis; 
patagris fuscis; collo in maribus in utroque latere fasciculo e pilis 
radiatim divergentibus composito instructo. 


Pteropus medius. Temminck. Monograph. d. Mammal. V.I.p.176. 


= S Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. p. 359. 

N A Isid. Geoffr. Diet. class. V. XIV. p. 700. 

3 N Fisch. Synops. Mammal. p. 82, Nr. 3. 

& 5 Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. p. 502. 

Pteropus Edwardsi. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. II. 

p- 61. 

e 5 Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B.I. S.345. 
Nr. 8 


Pteropus rubricollis. Me Olell. ; 
Pteropus Edwardsü. Blyth. Aun. ofNat. Hist. V.XV. (1845) p. 462. 


N M Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 36. a.b.d. 
a R Horsf. Catal. of the Mamm. of the East-Ind. 
\ Comp. p. 28. 


Pteropus Edwardsii? Peters. Säugeth. v. Mossamb. B. I. S. 23. 

Pteropus Edwardsü. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B.V. S.595. 
Nr. 4. 

Pteropus Edwardsi. Giebel. Säugeth. S. 995. 


Eine der größten Arten dieser Gattung, welche dem großen 
(Pteropus edulis) und dem Mohren-Flederhunde (Pteropus Pluto) 
nur wenig an Größe nachsteht und mit dem schwarzschnauzigen 
(Pteropus Edwardsii), dem gemähnten (Pteropus jubatus) und 
Trauer-Flederhunde (Pteropus funereus) von gleieher Größe ist. 


414 Fitzinger. 


Die wesentlichsten Merkmale, wodurch sie sich vom großen 
Flederhunde (Pteropus edulis) unterscheidet, sind außer der ge- 
ringeren Körpergröße und der verschiedenen Färbung, der ver- 
hältnißmäßig kleinere Kopf, die größeren und längeren Ohren, die 
höher am Rücken angesetzten viel schmäleren und mehr abgestutz- 
ten Flügel, und die schmälere Schenkelflughaut. 

Die Ohren sind lang und zugespitzt, der Leib ist schlank, die 
Flügel sind lang und schmal, ziemlich hoch am Rücken angeheftet 
und die Unterseite derselben ist längs der Leibesseiten behaart. Die 
Schenkelflughaut ist schmal, besonders kurz am Steiße, doch keines- 
wegs unterbrochen und auf ihrer Oberseite behaart. Die Körper- 
behaarung ist kurz, glatt anliegend und rauh. 

Der Rücken ist schwärzlich und bräunlich überflogen. Der 
ganze Kopf, die Kehle und die Schultergegend sind schwärzlich- 
rost- oder kastanienbraun, welche Färbung am Kopfe am dunkel- 
sten erscheint. Der Nacken ist lebhaft gelblichroth; die Seiten des 
Halses und die Unterseite des Körpers sind hell rothbraun; die 
Flughäute sind braun. 

Das alte Männchen unterscheidet sich vom Weibchen 
durch einen aus strahlenförmig vertheilten fetligen Haaren gebildeten 
Büschel, der sich zu beiden Seiten des Halses befindet. 


Körperlänge eines Weibehens. 11”. Nach Temminck. 
Länge des Vorderarmes . . . 59% 
Entfernung der Augen von der 

Schnauzenspitze . . . . . 1 0% 


Spannweite der Flügel . . . 3 17-3. 


Die oberen Vorderzähne sind sehr klein und durch kleine 
Zwischenräume von einander getrennt. Der Lückenzahn des Ober- 
kiefers fällt im Alter aus. 


Vaterland. Süd-Asien, Vorder-Indien, Bengalen, woselbst 
diese Art in der Umgegend von Calcutta und Pondichery von 
Lesehenault und Dussumier entdeckt wurde und auch in der 
Präsidentschaft Madras vorkommt, und Ceylon. 


Temmincek hat diese Art zuerst beschrieben und für eine 
selbstständige betrachtet, doch änderte er später seine Ansicht und 
zog sie mit dem in Madagaskar und auf den Komorischen Inseln vor- 
kommenden schwarzschnauzigen Flederhunde (Pieropus Edwardsi) 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 415 


zusammen, worin ihm auch alle späteren Zoologen mit Ausnahme 
von Me. Clelland und Peters gefolgt sind, von denen der erstere 
sie mit dem rothbindigen Flederhunde (Pferopus rubricollis) ver- 
einiget, der gleichfalls Süd-Afrika zur Heimath hat, während der 
letztere die Richtigkeit der Ansicht Temminck’s und seiner Nach- 
folger wohl mit vollem Rechte bezweifelt. 

Gray, Wagner und Giebel zogen auch den weißsköpfigen 
Flederhund zu dieser Art und Gray — wie es scheint, — auch den 
gesäumten (Pteropus hypomelanus), während Wagner auch noch 
den hinterindischen Flederhund (Pteropus assamensis) für identisch 
mit derselben betrachtet. 

Der Name, welchen diese Art bei den Eingebornen in Ost- 
Indien führt, ist „Badur*. 


8. Der weissköpfige Flederhund (Pferopus leucocephalus). 


P. medio similis et ejusdem magnitudine; ast capite albido, 
corpore infra nitide rufescente lateribusque nigrescentibus. 
Pteropus leucocephalus. Hodgs. Journ. of the Asiat. Soe. of Bengal. 

V. IV. p. 700. 


% 4 Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II.p. 503. 
Pteropus Edwardsii. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 36. g. i. 
e > Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B.V. S. 595. 
Nr. 4. 


Pteropus Edwardsi. Giebel. Säugeth. S. 995. 

Von dieser Form ist bis jetzt nur eine kurze Beschreibung von 
Hodgson und eine noch kürzere Notiz über die Färbung derselben 
von Gray bekannt. 

, Sie scheint dem rothbauchigen Flederhunde (Pferopus medius) 
sehr nahe zu stehen, auch in der Größe mit demselben übereinzu- 
kommen und sich hauptsächlich durch die Färbung von dieser Art zu 
unterscheiden, indem der Kopf nicht so wie bei dieser dunkel 
schwärzlich- rost- oder kastanienbraun, sondern von weißlicher 
Farbe ist und die Unterseite des Körpers nicht hell rothbraun, 
sondern glänzend röthlich gefärbt erscheint, während die Leibes- 
seiten schwärzlich sind. 

Körpermaße fehlen. 

Vaterland. Süd-Asien, Nepal, Himalaya, von wo dem briti- 
schen Museum zu London drei Exemplare zugekommen sind. 


416 Fitzinger. 


Gray, Wagner und Giebel ziehen diese Form mit dem 
rothbauchigen (Pteropus medius) und schwarzschnauzigen Fleder- 
hunde (Pteropus Edwardsii) in eine Art zusammen, und Gray 
scheint sogar den gesäumten Flederhund (Pferopus hypomelanus) 
mit derselben zu vereinigen. 


9. Der schwarzschnauzige Flederhund (Pieropus Edwardsü). 


P. medii magnitudine; auriculis longis acuminatis, corpore 
subgracili; alis dorso sat alte affizis longis angustis , infra juxta 
corporis latera pilosis, patagio anali angusto, ad coceygem non 
interrupto valde angustato, supra piloso; corpore pilis brevibus 
incumbentibus rigidis vestito , praecipue in dorso; rostro nigres- 
cente-fusco, capite obscure rufescente-fusco; dorso ex griseo et 
nigro-cinereo mixto; jugulo obscure fusco-rufo; nucha pallide 
rufescente-flava aurantio-lavata, in lateribus colli in rufo-auratum 
vergente et dorsum versus linea recta finita; pectore abdomineque 
ex fuscescente ferrugineo-flavidis, in humeris, ad corporis latera 
et versus femorum insertionem in obscure fuscum vergentibus ; 
patagüs fuscis; collo in maribus fasciculis pilorum destituto. 


Great bat of Madagascar. Edwards. Birds. V. IV. p. 180. t. 180. 
Vespertilio Vampyrus. Linne. Syst. nat. Edit. X. T. I. p. 31. 
Nr. 1. 
Chien volant. Diet. des anim. \. |, p. 616. 
Roussette. Buffon. Hist. nat. d. Quadrup. V. X. p. 53. 
Vespertilio Vampyrus. Linne. Syst. nat. Edit. XII. T. L. P. I. p. 46. 
Nele 
Chauvesouris. Bomare. Diet. d’hist. nat. T. I. p. 510. 
Vespertilio Vampyrus. Var. A. Schreber Säugth. B. 1. S. 158. 
Nr. 1. A. 
Pteropus Vampyrus. Var. «. Erxleb. Syst. regn. anim. P.1.p.130, 
133. Nr. 1. «. 
Vespertilio Vampysus. Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch. u. d. 
Thiere. B. II. S. 408. Nr. 353. 
R I Boddaert. Elench. anim. V. I. p. 68. Nr.1. 
Vespertilio Vampyrus. Var. ß. Gmelin. Linn Syst. Nat. T.1.P. 1. 
p. 45. Nr. 1. ß. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). LET 


Vespertilio Edwardsii. Geoffr. Ann. du Mus. V. XV. p. 92. Nr. 2. 


x 4 Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. V. XXIX. 
p. 309. Nr. 2. 
b\ 4 Desmar. Mammal. p. 109. Nr. 138. 
Pteropus edulis Jun. Temminek. Monograph. d. Mammal. V. 1. 
p. 172. 
Pteropus Edwardsü. Desm. Diet. des Se. nat. V. XLVI. p. 359. 
a N Isid. Geoffr. Diet. class. V. XIV. p. 699. 
r ” Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 154. Nr. 2. 
” > Geoffr. Cours d’hist. nat, d. Mammit. V. 1. 
Lee. 13. p. 23. 
3 5 Fisch. Synops. Mammal. p. 81, 549. Nr. 2. 


Pteropus edulis. Var. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. il. p. 502. 
Pteropus Edwardsi. Temminck. Monograph. d. Mammal.V.II. p. 61. 


» 5 Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. p. 345. 
IN, &% 

5 5 Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 36. c. 

a es Peters. Säugeth. v. Mossamb. B. I. S. 23. 

. > Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B.V. S.595. 
Nr. 4 


Pteropus Edwardsi. Giebel. Säugeth. S. 995. 

Jedenfalls eine dem rothbauchigen Flederhunde (Pferopus 
medius)) sehr nahe verwandte, doch sicher von demselben speeifisch 
verschiedene Form, welche zwar in Ansehung der Größe und ihrer 
körperlichen Merkmale im Allgemeinen mit dieser Art beinahe voll- 
ständig übereinstimmt, sich aber durch die Färbung und den Mangel 
von Haarbüscheln an den Halsseiten des alten Männchens deutlich 
von ihr unterscheidet. 

Die Ohren sind verhältnißmäßig lang und zugespitzt. Der Leib 
ist ziemlich schlank. Die Flügel sind lang, schmal, ziemlich hoch am 
Rücken angeheftet und auf ihrer Unterseite längs der Leibesseiten 
behaart. Die Schenkelflughaut ist schmal, vorzüglich aber am Steiße, 
wo sie jedoch keineswegs unterbrochen ist und auf der Oberseite 
behaart. Die Körperbehaarung ist kurz, glatt anliegend und rauh, 
vorzüglich aber auf dem Rücken. An den Halsseiten der alten Männ- 
chen befinden sich keine Haarbüschel. 

Die Sehnauze ist schwärzliehbraun, der Kopf dunkel röthlieh- 
braun, der Rücken aus Grau und Schwarzgrau gemischt. Der Vorder- 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth, 28 


418 Fitzinger. 


hals ist dunkel braunroth, der Nacken licht röthliehgelb und orange- 
roth überflogen, welche Färbung an den Halsseiten in goldroth über- 
geht und sich von der schwarzgrauen Rückenfarbe in einer geraden 
Linie abgrenzt. Brust und Bauch sind bräunlich rostgelb, auf den 
Schultern, an den Leibesseiten und nach hinten gegen die Ein- 
lenkung der Schenkel zu in dunkelbraun übergehend. Die Flughäute 
sind braun. 


Körperlänge „(nu Mit. 8”— 9”. Nach Geoffroy. 
Körperlänge... .* „12 ‚uuu2 IRQ! Nach Temminck. 
Spannweite der Flügel. . . & 17—3'2". 


Vaterland. Südost-Afrika, Madagaskar, von wo Edwards 
diese Art, die er zuerst beschrieben und abgebildet, erhalten hatte 
und die Komorischen Inseln, wo Peters dieselbe traf. Nach Gray’s 
Angabe soll sie auch am Cap der guten Hoffnung vorkommen. 

Linne und die übrigen älteren Naturforscher hielten sie mit dem 
sroßen (Pteropus edulis), dem Kreuz-Flederhunde (Pteropus vul- 
garis) und dem rothbindigen (Pteropus vubricollis) für identisch 
und manche von ihnen auch mit dem hellgelben Schwanzflederhunde 
(Xantharpyia straminea), welehen Gmelin aller Wahrscheinlich- 
keit nach auch noch den hochflügeligen Flederhund ( Pteropus phai- 
ops) beifügte, und betrachteten sie theilweise für eine besondere 
Abänderung. Erst Geoffroy erkannte ihre Selbstständigkeit als Art. 
Temmin ck, welcher früher in derselben nur den jugendlichen Zustand 
des großen Flederhundes (Pferopus edulis) erblicken zu können 
$laubte, änderte späterhin seine Ansicht und vereinigte diese Form 
mit dem von ihm vorher als eine besondere Art aufgestellten roth- 
bauchigen Flederhunde (Pteropus medius), worin ihm Wagner, 
Blyth, Horsfield und auch Gray und Giebel gefolgt sind. 
Peters dagegen zieht wohl mit vollem Rechte die Zusammen- 
gehörigkeit dieser beiden Formen in Zweifel. 


10. Der hochflügelige Flederhund (Pteropus phaiops). 


P. jubati circa magnitudine; auriculis brevibus acuminatis ; 
corpore valde toroso, pilis longis leviter crispis densissime vestito, 
ad coccygem, in brachüs, antibrachüs et patagü parte Ulis pro- 
xima magis cerispatis, in dorso adultorum parce dispositis et fere 
nullis ; alis dorso altissime affızis angustis; patagio anali in tibüs 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 419 


lato, ad coceygem angustissimo rudimentario pilis plane occulto ; 

rostro, regione ophthalmica, genis et qula saturate nigris ; vertice, 

occipite, nucha, lateribus colli humerisque pallide stramineis ; 

pectore vivide rufo-aurato; dorso brachüsque nigro-fuscis pilis 

flavidis intermizxtis ; abdomine fusco dilute stramineo-lavato ; pata- 

güs nigris. 

Chauve-Souris de lisle Sabuda dans la nouvelle Guinde. Dam- 

pier. Nouv. voy. autour du monde. V. V. p. 81. t. 5. 
Vespertilio Vampyrus. Var. ß. Gmelin. Linne Syst. Nat. T. I. P. I. 
p. 45. Nr. 1. ß. 

Pteropus phaiops. Temminek Monograph. d. Mammal. V. I. 
p. 178.—V. II. p. 65. t. 35. fig. 3. (Kopf.), 
. 86. fig. 1— 3. (Schädel). 


r 5 Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. p. 360. 

M 5 Isid. Geoffr. Diet. elass. V. XIV. p. 700. 

a E Fisch. Synops. Mammal. p. 82. Nr. 4. 

u 5 Gray. Magaz. of’Zool. and Bot. V. Il. p. 502. 

2 ” Wagn. Schreb. Säugth. Suppl. B. I. S. 346. Nr. 5. 

> " Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 596. 
Nr. 17. 


Pteropus phaeops. Giebel. Säugeth. S. 996. 

Mit dieser sehr leicht zu erkennenden Art hat uns zuerst Tem- 
minek genauer bekannt gemacht. Sie gehört zu den großen 
Formen der Gattung, indem sie ungefähr von derselben Größe wie 
der gemähnute (Pteropus jubatus), der schwarzschnauzige (Ptero- 
pus Edwardsi), rothbauchige (Pteropus medius) und Trauer- 
Flederhund (Pteropus funereus), daher merklich größer als der 
silberbauchige (Pteropus argentatus) ist. 

Die Ohren sind kurz und zugespitzt, der Leib ist diek und sehr 
stark untersetzt. Die Flügel sind schmal und sehr hoch am Rücken 
angesetzt, da sie nur 1/, Zoll von einander entfernt stehen. Die 
Schenkelflughaut ist an den Schienbeinen breit, am Steiße aber 
außerordentlich schmal, nur ein rudimentäres Hautband bildend und 
wird daselbst von den Körperhaaren vollständig überdeekt. Die Be- 
haarung des Körpers ist sehr dicht, lang, rauh und etwas gekräuselt, 
und insbesondere sind es der Steiß, der Ober- und Vorderarm, und 
der hieran grenzende Theil der Flughaui, wo diese Kräuselung 
stärker hervortritt. 


[a2 
28 


A20 Fitzinger. 


Bei alten Thieren erscheint der Rücken völlig kalı. 

Die Schnauze, die Augengegend, die Wangen und die Kehle 
sind tief schwarz, der Scheitel, das Hinterhaupt, der Nacken, die 
Halsseiten und die Schultern blaß strohgelb. Die Brust ist lebhaft 
goldroth. Der Rücken und die Oberarme sind schwarzbraun mit. 
gelblichen Haaren gemischt. Der Bauch ist braun und blaß strohgelb 
überflogen, da die einzelnen Haare an der Wurzel braun sind und in 
blaß strohgelbe Spitzen endigen. Die Flughäute sind schwarz. 


Körperlänge eines alten Männchens . 10”. Nach Temminck. 
Länge des Vorderarmes . . . . . DRS... 
Entfernung der Augen von der Schnau- 
ZEUSPULZEN., „urn... :0 a lt 1:4.1/%: 
Bänge. der, Ohren Sn ).2. 7.1 Su 
Spannweite der Flügel . . . . . 9° 5". 
Körperlänge . . 1. a ee ee 5 R 
Spannweite der Plügel . ... ... 4 2. 


Die Vorderzähne sind klein, jene des Oberkiefers regelmäßig 
aneinandergereiht, die des Unterkiefers paarweise gestellt und dureh 
die Eekzähne zusammengedrückt. Der Lückenzahn des Oberkiefers 
fällt im Alter aus. 

Vaterland. Süd-Asien, Celebes, wo diese Art in der Regent- 
schaft Makassar angetroffen wird, Banda und Amboina, und vielleicht 
auch Neu-Guinea. 

Nur durch einen Irrthum gab Temminck früher Madagaskar 
als deren Heimath an. 

Sehr wahrscheinlich ist es diese Art, deren schon Dampier 
in seiner Reise erwähnt und von welchen er auch eine Abbildung 
mittheilte. Gmelin zog dieselbe mit dem schwarzschnauzigen 
(Pteropus Edwardsii) und rothhalsigen Flederhunde (Pteropus ru- 
bricollis) als eine besondere Varietät zu seinem „Vespertilio Vam- 


Pyrus“. 
11. Der hinterindische Flederhund (Pteropus assamensis) 


P. dasymalli magnitudine ; auriculis longis acuminatis; alis 
infra juxta corporis latera nec non in brachüs antibrachüsque 
pilis longioribus mollibus sericeis obtectis; digitis unguieulisque 
podariorum magnis; corpore pilis longiusculis mollibus sericeis 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 421 


vestito, praecipue in nucha, pectore et partibus illis proximis ; 
facie, syncipiteque ex rufescente castaneo — fuscis leviter flavido 
-fusco-lavatis; occipite fascia dilutiore in aurantium vergente 
et gulam cingente eircumdato ; nucha, lateribus colli, interscapulio, 
pectore et abdominis parte anteriore ferrugineo - flavis in auran- 
fium vergentibus et obscure rubido- mixtis; abdominis parte 
posteriore et regione ani rufescente-fuscis; dorso obscure nigres- 
cente-fusco pilis singulis albis intermixtis; lateribus corporis 
pilisque in brachiorum antibrachiorum et alarum parte inferiore 
rufescente-fuscis ; patagiis nigrescentibus. 

Pteropus assamensis. Me. Clelland. Proceed. of the Zool. Soe, V. 

VI. p. 148. 
Pteropus Edwardsi. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 595. 
Nr. 4. 

Pteropus edulis. Giebel. Säugeth. S. 994. 

Unsere Kenntniß von dieser Form gründet sich nur auf eine 
Beschreibung von Me. Clelland. Derselben zu Folge steht sie mit 
dem rothbauchigen Flederhunde ( Pferopus medius) in ziemlich naher 
Verwandtschaft, unterscheidet sich von demselben aber außer der 
geringeren Größe, sowohl durch die Abweichungen in der Färbung, 
als auch durch die Verschiedenheiten in der Behaarung. 

In der Größe kommt sie mit dem gewellten (Pteropus dasy- 
mallus), dem weißflügeligen (Pferopus leucopterus), dem grau- 
flügeligen (Pteropus vociferus) und dem samoanischen Flederhunde 
(Pteropus samoensis) überein, daher sie den mittelgroßen Formen 
dieser Gattung beizuzählen ist, während sie bezüglich ihrer körper- 
liehen Formen sich beinahe völlig an den rothbauchigen Flederhund 
(Pteropus medius) anschließt. 

ie Ohren sind lang und zugespitzt, die Flügel auf der Unter- 
seite längs der Leibesseiten, so wie auch auf dem Ober- und Vorder- 
arme mit längeren weichen seidenartigen Haaren bedeckt, die Zehen 
und Krallen der Hinterfüße verhältnißmäßig groß. Die Körperbe- 
haarung ist ziemlich lang, glatt anliegend, weich und seidenartig, 
besonders aber am Nacken, auf der Brust und den angrenzenden 
Theilen, und besteht aus längerem Grannenhaare und kürzerem, 
diehtem dunklem Wollhaare. 

Das Gesicht und der ganze Vorderkopf sind gesättigt röthlich- 
kastanienbraun und schwach gelbliehbraun oder lohgelb überflogen. 


422 Fitzinger. 


Das Hinterhaupt ist von einer helleren in’s Orangefarbene ziehenden 
Binde umgeben, welche sich auch um die Kehle herumzieht. Der 
Nacken, die Seiten des Halses, der Vorderrücken, die Brust und 
der vordere Theil des Bauches sind rostgelb, in Orangefarben über- 
gehend, mit dunkleren röthlichen Schattirungen, der hintere Theil 
des Bauches und die Aftergegend röthliehbraun. Der Rücken ist 
dunkel schwärzliehbraun mit einzelnen eingemengten weißen Haaren. 
Die Leibesseiten und die Behaarung auf der Unterseite des Ober- 


und Vorderarmes und der Flügel sind röthliehbraun, die Flughäute 
schwärzlich. 


Körperlänge 8’ Nach Me. Clelland. 


Vaterland. Süd-Asien, Hinter-Indien, Assam. 


Wagner zieht diese Form mit dem schwarzschnauzigen ( Pte- 
ropus Edwardsii) und rothbauchigen (Pteropus medius). Giebel 
mit dem großen Flederhunde (Pieropus edulis) in eine Art zusammen. 


12. Der grauköpfige Flederhund (Pteropus poliocephalus). 


P. jubato distincte major ; auriculis mediocribus acuminatis 
calvis; corpore valde toroso, pilis longis et in infera corporis parte 
plus minusve crispis large vestito ; alis longis; patagio anali angu- 
stissimo fere rudimentario, ad coccygem nullo; capite supra, genis 
gulagque vel dilutioribus vel obscurioribus cinereis, pilis singulis 
nigris intermixtis, rvostro pallidiore fronteque fascia longitudinali 
saturatiore signata; nucha, humeris et parte colli auterioris aut 
pallidioribus aut obscurioribus vivide rufescente-fuscis fascia nigra 
a corporis colore sejunctis; dorso pectoreque es Cinereo et nigro 
mixtis, lateribus scelidibusque supra dilutioribus in flavescentem 
vergentibus, abdomine cum regione ani et scelidibus infra ejusdem 
coloris at obscurioribus, in maribus peradultis cum dorso et capite 
olivaceo-lavatis; auriculis basi maculu parva nigra notatis; pata- 
güs nigro-cinereis. 

Pteropus poliocephalus. Temminck. Monograph. d. Mammal. 
V.% p..179.,-.V. IE p.66. 


> RN Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. 
p-. 361. 
# 4 Isid. Geoffr. Diet. elass. V. XIV. 


p. 700. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). A2Z 


Pteropus poliocephalus Fisch. Synops. Mammal. p. 82. Nr. 5. 


5 4 Gray. Magaz. ofZool. and Bot. V. II. p. 502. 

5 “ Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. 
S. 347. Nr. 6. 

a 5 Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 36. 

d 5 Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
I Bere Ne Sl 

hs “ Giebel. Säugeth. S. 996. 

5 5 Fitz. Säugeth. d. Novara-Expedit. Sitzb. 


d. math.-naturw. Cl. d. kais. Akad. d. Wiss. 
B. XLIl. S. 389. 


Der grauköpfige Flederhund ist eine durch seine körperlichen 
Merkmale so scharf abgegrenzte Art, daß er mit keiner anderen ver- 
wechselt werden kann. 


Er gehört den großen Formen dieser Gattung an, indem er den 
gemähnten (Pferopus jubatus), den schwarzschnauzigen (Pferopus 
Edwardsii) und rothbauchigen (Pteropus medius), so wie auch 
den Trauer- (Pteropus funereus) und hochflügeligen Flederhund 
(Pteropus phaiops) an Größe noch merklich übertrifft. 

Die Ohren sind mittellang, zugespitzt und kahl, und ragen völlig 
frei aus dem Pelze hervor. Der Leib ist sehr dick, die Flügel sind 
lang und die sehr schmale, beinahe rudimentäre Schenkelflughaut, 
welche am Mittelfuße nur eine Breite von 10 Linien hat, ver- 
schmälert sich allmählig und verschwindet endlich am Steiße ganz. 
Die Behaarung ist am ganzen Körper reichlich und lang, und auf 
der Unterseite desselben ist das Haar mehr oder weniger gekräuselt. 


ie Oberseite des Kopfes, die Wangen und die Kehle sind 
heller oder dunkler aschgrau mit einzelnen schwarzen Haaren ge- 
mischt, welche Färbung nach vorne zu allmählig liehter wird und 
nur auf der Stirne eine dunklere Längsbinde zurückläßt. Die Ohren 
sind an der Wurzel mit einem kleinen schwarzen Flecken ge- 
zeichnet. Der Nacken, ein Theil des Vorderhalses und die Schultern 
sind lehatt röthliehbraun, bald heller und bald dunkler, und durch 
eine schwarze Binde von der grauen Farbe des Leibes geschieden. 
Der Rücken und die Brust sind aus Grau und Schwarz gemischt, 
welche Färbung gegen die Leibesseiten zu und auf der Außenseite 
der Hinterbeine heller wird und etwas in's Gelbliche zieht. Der 


A2A Fitzinger. 


Bauch, die Aftergegend und die Unterseite der Beine sind ebenso 
gefärbt, doch etwas dunkler. Die Flughäute sind schwarzgrau. 

Bei sehr alten Männchen sind der Kopf, der Rücken und 
der Bauch olivenfarben überflogen, da die Haare an diesen Körper- 
theilen in olivenfarbene Spitzen endigen. 

Junge Thiere sind an allen Theilen des Körpers dunkler 
gefärbt. 

Körperlänge beinahe . . . . 


Länge des Vorderarmes.. . . Bi. 
Entfernung der Augen von der 
Schnauzenspitze . .... a. 


Spannweite der Flügel . . . 3 SuSE 

Die Vorderzähne des Unterkiefers stehen etwas von einander 
getrennt. 

Vaterland. Australien, Neu-Holland und Van Diemens Land, 
wo diese Art nach Gould insbesondere am Clarence River vor- 
kommt. 

Temminck verdanken wir die erste Beschreibung von der- 
selben. 


13. Der Brillen-Flederhund (Pteropus conspicillatus). 


P. poliocephali fere magnitudine; capite dorsoque paene 
nigris; corpore infra ex obscure griseo et nigro mixto; collo 
fascia transversali incompleta in dorso interrupta obscure flaves- 
cente-fusca cincta; oculis annulo obscure fusco circumdatıs. 


Pteropus conspicillatus. Gould. Ann. of Nat. Hist. 2 Ser. 


V. VL p. 138. 

» > Temminck Esquiss. zool. sur la 
cöte de Guine. p. 57. 

» » Wagn. Schreber Säugth. Suppl. ° 
B. V..S. 597., Nr. .9. 

> & Giebel. Säugeth. S. 996. Note 5. 


Eine zu den großen Formen dieser Gattung gehörige Art, 
welehe nahezu von der Größe des grauköpfigen Flederhundes (Pte- 
ropus poliocephalus) und mit demselben auch nahe verwandt ist, 
sieh von diesem aber durch die durchaus verschiedene Färbung sehr 
deutlich unterscheidet. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 425 


Der Kopf und Rücken sind beinahe kohlschwarz und die 
Unterseite des Körpers ist aus Dunkelgrau und Schwarz gemischt. 
Der Hals wird von einer unvollständigen, auf dem Rücken unter- 
brochenen dunkel gelbliehbraunen Binde umgeben und die Augen 
sind von einem dunkelbraunen Ringe umschlossen. 

Körpermaaße sind nieht angegeben. 


Vaterland. Australien, wo diese Art auf der Insel Fitz-roy 
bei Neu-Holland vorkommt und daselbst von Gould entdeckt und 
auch zuerst beschrieben wurde. 


14. Der goldbrüstige Flederhund (Pferopus chrysoproctus). 


P. phaiopis circa magnitudine; auriculis angustis acuni- 
natis; patagio anali angustissimo, ad coccygem rudimentario pilis 
plane occulto; capite, mento et annulo oculos circumcingente 
castaneis exceptis, collo, humeris pectoreque vivide rufo-auratis ; 
dorso in maribus ad lumbos usque nitide nigrescente-castaneo vel 
nigrescente-fusco, in foeminis nitide nigro; lumbis, uropygio fe- 
moribusque in maribus obscure castaneo-fuseis. in abdominis 
medio et versus brachia in nigrescentem vergentibus; lumbis 
in foeminis vivide castaneis, abdomine nigrescente-castaneo; 
patagiis nigris. 

Pteropus chrysoproctus. Temminck. Monograph. d. Mammal. 
V. II. p. 67. t. 35. fig. 2. (Kopf.) 


" > Wagn. Schreber Säugth. Supl. B. I. 
S. 348. Nr. 7. 
» > Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 


S. 597. Nr. 10. 
Pteropus edulis? Giebel. Säugeth. S. 994. Note 9. 


Unsere Kenntniß von dieser Form beschränkt sich nur auf 
eine von Temminck uns mitgetheilte Beschreibung derselben und 
eine Abbildung ihres Kopfes. 


Sie ist eine der großen Arten dieser Gattung, ungefähr von der 
Größe des hochflügeligen Flederhundes (Pteropus phaiops) und 
erinnert eben so sehr an den großen (Pteropus edulis), als an den 
‚ rothbauchigen Flederhund (Pteropus medius), von welchen Arten 
sie sich jedoch sowohl durch die viel schmälere Schenkelflughaut, 
als auch durch die Abweichung in der Farbe unterscheidet. 


426 Fitzinger. : 


Die Ohren sind schmal und zugespitzt und die Schenkelflughaut 
ist sehr schmal, indem. ihre Breite an der Ferse nur 6— 7”, am 
Steiße aber blos 1” beträgt, daher sie an dieser Stelle von den 
Körperhaaren völlig überdeckt wird und beinahe nicht bemerkbar ist. 

Die Färbung ist nach dem Geschlechte verschieden. 

Beim alten Männehen sind der Kopf mit Ausnahme des 
Kinnes und eines Kreises um die Augen, welche von kastanien- 
brauner Farbe sind, der Hals, die Schultern und die Brust lebhaft 
goldroth. Der Rücken ist bis an die Lenden, glänzend schwärzlich 
kastanien- oder schwärzlichbraun; die Lenden der Steiß und die 
Schenkel sind dunkel kastanienbraun, welche Färbung in der Mitte 
des Bauches und in der Nähe des Oberarmes in's Schwärzliche 
übergeht. Die Flughäute sind schwarz. 

Beim alten Weibchen sind der Kopf, der Hals, die Schul- 
tern und die Brust so wie beim Männchen goldroth; der Rücken 
dagegen ist gläuzend schwarz, die Lendengegend lebhaft kastanien- 
braun und der Bauch schwärzlieh-kastanienbraun. 

Korperlanger 10". Nach Temminck. 
Länge des Vorderarmes 6”. 
Spannweite der Flügel . 95'— 38". 

Vaterland. Süd-Asien, Amboina. 

Dervon Temminck dieser Art gegebene Name „chrysoproctus“ 
ist durchaus unpassend, da die Steißgegend dunkel kastanienbraun, 
nicht aber goldroth ist. Giebel ist geneigt sie zum großen Fleder- 
hunde (Pteropus edulis) zu ziehen. 


15. Der gelbköpfige Flederhund ( Pleropus Mackloti). 


P. chrysoprocto distincte minor ; auriculis longis acuminatis 
calvis; patagio anali latiusculo, ad coccygem partim pilis occulto ; 
brachüs antibrachüsque pilosis; alis infra a corporis lateribus 
usque versus antibrachü finem pilis laneis opertis; colore sevun- 
dum sexus variabili; in maribus vertice, occipite et nucha stra- 
mineis, genis gulaque fuscis flavo-lavatis; lateribus colli et regione 
humerorum vivide flavis; dorso, brachüs scelidibusque latericii 
coloris ; pectore ex flavo-aurato brunneo, abdomine castaneo-fusco 
pilis flavido-fuseis intermixtis; patagüs rubido-fuscescentibus versus 
corporis latera nigrescentibus ; collo in utroque latere fasciceulo 
magno ex pilis castaneis composito instructo; in foeminis vertice, 


” 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Rlatterthiere (Chiroptera). AT 


occipite et nucha sordide stramineis; gula, jugulo, lateribus colli 
genisque stramineis fusco mixtis; dorso vivide stramineo, pectore 
abdomineque sordide flavescente-fuscis pilis singulis stramineis 
intermixtis; uropygio rufescente-flavo ; patagüs rubido-fuscescen- 
tibus ; regione mammarum calva. 


Pteropus Mackloti. Temmincek. Monograph. d. Mammal. V. I. 
p. 69. t. 35. fig. 5. (Kopf), t. 36. fig. A—6. 


(Schädel. ) 

: a Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 348. 
Nr. 8. 

= > Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 597, 
Nr. 11. 

= = Giebel. Säugeth. S. 996. 


Diese höchst ausgezeichnete Art ist die kleinste unter den 
großen Formen dieser Gattung, da sie merklich kleiner als der gold- 
brüstige Flederhund (Pferopus chrysoproctus) ist. 

Die Ohren sind lang, zugespitzt und kahl. Die Schenkeltlughaut 
ist von mäßiger Breite und wird am Steiße nur zum Theile von den 
Körperhaaren überdeckt. Der Ober- und Vorderam sind behaart und 
die Flügel sind auf der Unterseite von den Leibesseiten an bis gegen 
das Ende des Vorderarmes mit wolligen Haaren besetzt. Das Männ- 
chen ist am Halse jederseits mit einem großen Haarbüschel versehen. 

Die Färbung ändert nach dem Geschlechte. 


Beim alten Männchen sind der Scheitel, das Hinterhaupt und 
der Hinterhals strohgelb, die Wangen und die Kehle braun und gelb 
überflogen, indem die einzelnen Haare in gelbe Spitzen endigen. 
Die Halsseiten und die Schultergegend sind lebhaft goldgelb und 
die Haarbüschel am Halse sind kastanienbraun. Der Rücken, die Arme 
und die Hinterbeine sind ziegelroth, die Brust ist goldgeib-braun, 
der Bauch kastanienbraun mit eingemengten gelbbraunen Haaren. 
Die Flughäute sind rothbräunlich und gegen die Leibesseiten zu 
etwas schwärzlich. 


Beim alten Weibchen sind der Scheitel, das Hinterhaupt 
und der Nacken schmutzig strohgelb, die Kehle, der Vorderhals, die 
Halsseiten und die Wangen strohgelb mit etwas Braun gemischt. 
Der Rücken ist lebhaft strohgelb, Brust und Bauch sind schmutzig 
gelbliehbraun mit einigen strohgelben Haaren untermengt und die 


A428 Fitzinger. 


Steilßgegend ist matt röthlichgelb. Die Flughäute sind rothbräunlich. 
Die Gegend um die Zitzen ist kahl. 


Körperlänge 2 a... 72 HL, Nach Temminck. 
to) 
Länge des Vorderarmes a’ St —A' 9", 
sr demOhren 2 1% 


Spannweite der Flügel . 2° 7”—2’ 10”. 


Vaterland. Süd-Asien. Timor. 
Temminck hat uns mit dieser Art zuerst bekannt gemacht. 


16. Der gewellte Flederhund (Pteropus dasymallus). 


P. leucopteri magnitudine; auriculis parvis acuminatis 
mazxzimam partem pilis absconditis; alis minus latis breviusculis, 
supra infraque juxta corporis latera pilosis; patagio anali an- 
gustissimo, in regione calcanei solum visibili, ad coccygem nullo; 
corpore pilis longis admodum laneis vestito, praecipue in postica 
parte; facie, vertice, regione circa aures, genis qulaque fuscis, 
singulis pilis griseis intermixtis; nucha, lateribus colli, jugulo et 
humerorum regione sordide albis leviter in flavescentem vergenti- 
bus; dorso et corpore infra, nec non alarum parte pilosa, brachüs 
scelidibusque ex obscure fusco et flavo-fusco vel ochraceo mixtis; 
patagiis obscure fuscis. 

Pteropus rubricollis. Siebold. Spieil. Faun. japon. p. 1. Nr. 3. 
Pteropus dasymallus. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. I. 
p- 1807.00: (ehren), 12 1020 og 


(Schädel. 
A. % Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVl. 
» p- 361. 
e r Isid. Geoffr. Diet. class. V. XIV. p. 700. 
-, Fisch. Synoph. Mammal. p. 83. Nr. 6. 
S " Temminck. Fauna japon. V. I. p. 12. 


Pteropus dasymallus. Gray. Magaz. ofZool. and Bot. V. II. p. 503. 
Wagler. Syst. d. Amphib. S. 9. 


» > Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. 
S. 349. N. 9. 
» » Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 


S. 598. Nr. 12. 
Pteropus griseus. Var? Giebel. Säugeth. S. 997. Note 7. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). A2g 


Eine durch ihre Merkmale scharf begrenzte und nicht leicht 
mit irgend einer anderen zu verwechselude Art, welehe mit dem 
weißflügeligen (Pteropus leucopterus), grauflügeligen (Pteropus 
vociferus) und samoanischen Flederhunde (Pteropus samoensis) 
von gleicher Größe ist und daher den mittelgroßen Formen dieser 
Gattung beizuzählen ist. 


Die Ohren sind klein, zugespitzt, größtentheils von den Haaren 
überdeckt und ragen nur mit der Spitze aus denselben hervor. Die 
Flügel sind verhältnißmäßig nicht besonders breit und etwas kurz, 
und auf der Ober- sowohl als Unterseite längs der Leibesseiten 
behaart. Die Schenkelflughaut ist sehr schmal, nur in der Fersen- 
gegend sichtbar und fehlt am Steiße gänzlich. Die Körperbehaarung 
ist lang und überaus wollig, und ragt ungefähr 1 Zoll über den 
Steiß hinaus. 


Das Gesicht, der Scheitel, die Ohrengegend, die Wangen und die 
Kehle sind braun mit einzelnen eingementen grauen Haaren, der 
Nacken, die Seiten des Halses, der Vorderhals und die Scehulter- 
gegend schmutzig weiß und schwach in’s Gelbliche ziehend. Der 
Rücken und die Unterseite des Leibes, so wie auch der behaarte 
Theil der Flügel, die Arme und die Beine sind aus Dunkelbraun und 
Gelbbraun oder Ocherfarben gemischt, da das Haar dunkelbraun 
und nur an der Spitze gelbbraun oder Ocherfarben ist. Die Flug- 
häute sind dunkelbraun. 


Körperlänge . 8’. und etwas darüber. Nach Temminck. 
fo) 
Länge des Vor- 
derarmes . AU ARIT: 


Spannweite der 
Blusen 2747. 
Die Vorderzähne des Oberkiefers sind groß und einander völlig 
gleich, jene des Unterkiefers klein und paarweise gestellt. Der obere 
Lückenzahn fällt im Alter aus, der untere ist groß und zweilappig. 


Vaterland. Ost-Asien, Japan, woselbst diese Art auf der 
Insel Nippon in der Umgegend von Jeddo, und auf der Insel Kiusiu 
um Nangasaki angetroffen wird. 


Sie wurde von Blomhoff und Siebold entdeckt und von 
letzterem unter dem Namen „Pferopus rubricollis“ kurz beschrieben. 
Eine genauere Beschreibunng derselben haben wir Temminck zu 


430 Fitzinger. 


verdanken, der sie mit dem passenderen Namen „Pferopus dasy- 
mallus“ bezeichnete, Giebel möchte in ihr nur eine Abänderung 
des grauen Flederhundes (Pteropus griseus) erkennen. 


Von den Eingebornen wird sie „Sobaosiki“ genannt. 


17. Der rauhfüßige Flederhund (Pteropus pselaphon). 


P. dasymallo parum major ; auriculis brevibus maximam 
partem pilis absconditis ; patagio analiad cocceygem non interrupto, 
pilis fere plane oceulto; corpore pilis longis laneis largissime 
vestito, metaiarsis digitisque pilosis; capite nigro, corpore supra 
et infra, regione pubis castanea ewcepta, grisescente-nigris ; 
digitis castaneis, pataglis nigris. 

Pteropus ursinus Kittlitz. 

Pteropus Pselaphon Lay. Zool. Journ. V. IV. p. 457. 

Pteropus pselaphon. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. N. 
p. 70. t. 37. 


u er Temminck. Fauna japon. V. I. p. 12. 

& = Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 350. 
Nr. 10. 

" w Richards. Collin Zool. of Beechey’s Voy. 
Verlla.2. 

5 5 Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 37. 

& a Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 598. 
Nr. 13. 

= R Giebel. Säugeth. S. 997. 


Diese dem gewellten Flederhunde (Pteropus dasymallus) nahe 
verwandte, von demselben aber sowohl durch die Form des Schädels 
und die Behaarung desMitteliußes und derZehen, als auch durch die 
Färbung sehr deutlich verschiedene Art gehört zu den mittelgroßen 
Formen dieser Gattung. Sie ist nur wenig größer als derselbe und 
steht dem langflügeligen Flederhunde (Pferopus Alecto) nicht viel 
an Größe nach. 


Die Ohren sind kurz und größtentheils in den Haaren versteckt. 
Die Schenkelflughaut ist am Steiße nicht unterbrochen, wird aber 
beinahe völlig von den Körperhaaren überdeckt. Die Körperbehaarung 
ist überaus reichlich, beträchtlich länger als beim gewellten Fleder- 
hunde (Pteropus dasymallus) und wird aus langem Grannenhaare 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 431 


und buschigem Wollhaare gebildet, wodurch das Fell ein wolliges 
Aussehen erhält. Der Mittelfuß sowohl als auch die Zehen sind 
behaart. 

Der Kopf ist schwarz, die Ober- und Unterseite des Körpers 
mit Ausnahme der Schamgegend, welche von kastanienbrauner Farbe 
ist, sind graulichschwarz, indem das Wollhaar durchaus dunkel 
braunscehwarz ist und die eben so gefärbten Grannenhaare in grau- 
liche Spitzen endigen. Die Zehenhaare sind kastanienbraun, die 
Flughäute schwarz. 


Konperlanier v. mn an ec RL nn 8’ 3”. Nach Temminck. 
Länge des Vorderarmes . . . . . 46", 
Spanmweie den Bluselı Sn 2 

Vaterland. Ost-Asien, wo diese Art auf den östlich von Japan 
gelegenen Bonin-Inseln angetroffen wird. 


Sie wurde von Kittlitz entdeekt, der den Namen „Pteropus 
ursinus“ für sie vorschlug und von Lay unter der Benennung 
„Pteropus Pselaphon“ zuerst beschrieben. 


18. Der buschige Flederhund (Pferopus molossinus). 


P. tongano distincte minor; capite abbreviato. rostro brevi 
obtusato piloso, auriculis brevibus angustis parum vellere ewsertis; 
patagio anali angustissimo fere rudimentario; corpore pilis laneis 
erispis large vestito; antibrachüs infra, scelidibus supra infragque 
depilutis; capite, rostro mentoque dilute fuscis exceptis, obscure 
nigrescente-fusco; collo ejusdem coloris; dorso palliiore flaves- 
cente mixto; corpore infra obscuriore pilis singulis nitide flavis 
intermixtis; patagiis auriculisgue nigris; collo in maribus in 
utroque latere fasciculo e pilis radiatim divergentibus dilute fuseis 
composito instructo. 

Pteropus molossinus. Temminck. Esquiss. zool. sur la eöte de 
Guine. p. 62. 
a * Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B.V.S. 598. 
Nr. 14. 


Mit dieser ausgezeichneten Art sind wir erst in neuerer Zeit 
durch Temminck bekannt geworden. Sie steht dem gewellten 
(Pteropus dasymallus) und dem rauhfüßigen Flederhunde (Ptero- 
pus pselaphon) ziemlich nahe und ist die kleinste Art der Gattung, 


432 Fitzinger 


da sie noch merklich kleiner als der tonganische Flederhund 
(Pteropus tonganus) ist. 

Der Kopf ist kurz und zeichnet sich durch eine kurze, stumpfe 
und behaarte Schnauze aus. Die Ohren sind kurz, schmal und ragen 
nur wenig aus den Haaren hervor. Die Schenkelflughaut ist sehr 
schmal und beinahe nur als Rudiment vorhanden. Die Körperbe- 
haarung ist wie beim gewellten (Pferopus dasymallus) wnd rauh- 
füßigen Flederhunde (Pferopus pselaphon) reichlich, wollig und 
gekräuselt und besteht aus buschigem Wollhaare, das allenthalben 
vorwaltend ist, und einzelnen längeren Grannenhaaren, die nur am 
Rücken häufiger hervortreten. Die Vorderarme sind auf der Unter- 
seite, die Hinterbeine auf beiden Seiten vollkommen kahl. An den 
Halsseiten des Männchens befindet sich jederseits ein Büschel fet- 
tiger, aus einem gemeinschaftlichen Mittelpunkte strahlenförmig aus- 
gehender Haare. 

Der Kopf, mit Ausnahme der Schnauze und des Kinnes, welche 
von hellbrauner Farbe sind, ist dunkel schwärzliehbraun und von 
derselben Färbung ist auch der Hals. Der Rücken ist liehter schwärz- 
liehbraun mit Gelblich gemischt, die Unterseite dunkler. mit einzelnen 
eingemengten glänzend gelben Grannenhaaren. Die Halsbüschel des 
Männchens sind hellbraun, die Flughäute und die Ohren sind 
schwarz. 


Kormerläage ©. >, DU WIE N 52 NNach/ Team 
Länge des Vorderarmes . . . . . 373” 
Entfernung der Augen von der Schnau- 
BESTER EN DINO SBRENIUT MERNE Gr 
Vaterland. Asien, und wahrscheinlich — wie Wagner 


wohl mit Recht vermuthet — Japan. 
Temminck beschrieb diese Art nur nach einem Männchen 
unbekannter Heimath. 


19. Der langflügelige Flederhund ( Pferopus Alecto). 


P. vulgaris fere magnitudine ; corpore toroso; auriculis bre- 
vibus acuminatis; alis lateribus corporis affivis longissimis an- 
qgustıs; patagio anali angusto, ad coccygem fere nullo; capite, 
excepta facie obscure fusca, jugulo, pectore et abdomine, nec non 
humeris et dorso nigris; nucha lateribusque colli vivide castaneis; 
patagtis nigris. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). A33 


Pteropus Alecto. Temmin ek. Monograph. d. Mammal. V. II. p. 75. 


. »  Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 351. 
Nr. 13. 

e) »  Temminck. Esquiss, zool. sur la cöte de Guine. 
p. 58. 

4 »  Wagn. Schreber Säugth, Suppl. B. V. S. 599. 
Nr. 15. 


Pteropus alecto. Giebel. Säugeth. S. 998. 

Eine sehr leicht kenntliche und mit keiner anderen zu ver- 
wechselnde Art, welche zu den mittelgroßen Formen dieser Gattung 
zählt, merklich größer als der gewellte (Pteropus dasymallus) und 
ungerähr von der Größe des Kreuz-Flederhundes (Pteropus vul- 
garis) ist. 

Sie zeichnet sich durch ihren untersetzten Körperbau und die 
Länge ihrer Flügel aus, Die Ohren sind kurz und zugespitzt, die 
Flügel schmal, im Verhältnisse zu ihrer Breite sehr lang und an den 
Leibesseiten des Körpers angesetzt, wodurch der Rücken eine an- 
sehnliche Breite erhält. Die Schenkelflughaut ist schmal und fehlt 
am Steißße beinahe gänzlich, indem sie an dieser Stelle nur durch 
eine Hautfalte angedeutet wird. 

Der Kopf mit Ausnahme des Umfanges des Gesichtes, welcher 
von dünkel kastanienbrauner Farbe ist, so wie auch der Vorderhals, 
die Brust, der Bauch, die Schultern und der Rücken sind vollkommen 
schwarz, der Nacken und die Halsseiten lebhaft kastanienbraun. Die 
Flughäute sind schwarz, die Augen dunkel kastanienbraun. 
Körperlänge . . . . . 86” — 8" 8”. Nach Temminck. 
Länge des Vorderames . 0, 

Spannweite der Flügel . 3 2’ — 3 3". 

Vaterland. Süd-Asien, Celebes, wo diese Art in der Umge- 
gend von Manado vorkommt und die Insel Bavean. 

Auch diese Art ist uns nur aus einer Beschreibung von Tem- 
minck bekannt. 


20. Der weißflügelige Flederhund (Pteropus leucopterus). 

P. dasymalli magnitudine; alis longis valde angustis; cor- 
pore albido-cinereo, in nucha et humeris paullo dilutiore; alis 
pallide albido-griseis, ad apicem macula magna fere diaphana 
alba signatis. 

Sitzb. d. malhem.-naturw, CI. LX, Bd, I. Abth. 29 


A34A Fitzinger. 


Pteropus leucopterus. Temminck. Esquiss. zool. sur la cöte de 


Guine. p. 60. 
» » Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B.V. S. 599. 
Nr. 16. 


Mit dieser ausgezeichneten Art sind wir erst in neuerer Zeit 
durch Temminck bekannt geworden. Sie ist eine der mittelgroßen 
Formen.dieser Gattung, welche mit dem gewellten (Pteropus dasy- 
mallus), dem grauflügeligen (Pteropus vociferus) und samoani- 
schen Flederhunde (Pferopus samoensis) von gleicher Größe ist 
und schließt sich zunächst dem laugflügeligen (Pferopus Alecto) 
und gesäumten Flederhunde (Pteropus hypomelanus) an, von 
welchen beiden Arten sie sich jedoch durch schmälere Flügel und 
die weit hellere Färbung ihres Körpers sehr deutlich unterscheidet. 

Die Flügel sind lang und auffallend schmal. 

Die Färbung ist an allen Körpertheilen hell weißlich-aschgrau, 
auf dem Nacken und den Schultern noch etwas lichter. Die Flügel 
sind hell weißliehgrau mit einem großen weißen, beinahe durchsich- 
tigen Flecken an der Spitze. 

Körperlänge 2 4... im: = 1% nu leıl .u1218%u0 2 Nachulve mansmerke 

Vaterland. Süd-Asien, Philippinen. f 


21. Der gesäumte Flederhund (Pteropus hypomelanus). 


P. dasymalli fere magnitudine, interdum distincte minor ; alıs 
dorso alte affiwis; patagio anali perangusto rudimentario pilis 
plane occulto; dorso pilis incumbentibus adstrictis et prymnam 
versus crispis vestito; facie, genis occipiteque albido-griseis pilis 
singulis nigris intermictis; mento obscure fusco vel nigro; nucha, 
lateribus colli jugulogue saturate obscure flavido-rufis, nonnun- 
quam minus vivide coloratis pilisque fuscis intermixtis; pectore 
et abdomine aut flavescente-rubidis et fascia lata nigrescente 
fusca ab awillis juxta latera decurrente et anum circumeingente 
limbatis, aut non limbatis et abdomine irregulariter ex flavido- 
rufo et fusco mixto; dorso vel irrequlariter ex nigro et griseo, 
vel ex fusco et flavido mixto. 

Pteropus Edwardsii. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 36. e. 
f. h.k 

Pteropus hypomelanus. Temminek. Esquiss. zool. sur la cöte de 
Guine. p. 61. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). A35 


Pteropus hypomelanus. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 8.559, 
Nr. 17. 


Auch diese Art gehört den mittelgroßen Formen dieser Gattung 
an und erreicht ungefähr die Größe des gewellten Flederhundes 
(Pteropus dasymallus), obgleich sie bisweilen auch merklich kleiner 
und nur von der Größe des hellbraunen Flederhundes (Pferopus 
pallidus), ja zuweilen sogar von gleicher Größe wie der braunkehlige 
Flederhund (Pteropus Dussumieri) ist. 


Bezüglich ihrer Körperform kommt sie zunächst mit dem hell- 
braunen Flederhunde (Pteropus pallidus) überein, während sie in 
Ansehung der Anheftung der Flügel, der Behaarung ihres Körpers 
und der Färbung einigermaßen an den rothbauchigen Flederhund 
(Pieropus medius) erinnert. 


Die Flügel sind ziemlich hoch am Rücken angesetzt und die 
Schenkelflughaut ist am Steiße überaus schmal und erscheint nur 
als ein schmales, von den Haaren völlig überdecktes Hautband. Der 
größte Theil des Rückens ist mit glatten straffen, die Kreuzgegend 
mit gekräuselten Haaren bekleidet. 


Das Gesicht, die Wangen und das Hinterhaupt sind weißlich- 
grau mit einzelnen eingemengten schwarzen Haaren. Das Kinn ist 
dunkelbraun oder schwarz. Der Nacken, die Seiten des Halses und 
der Vorderhals sind in der Regel gesättigt dunkel gelbroth, bisweilen 
aber auch minder lebhaft und mit braunen Haaren gemengt. Brust und 
Bauch sind gelblichroth und in der Regel durch eine breite schwärz- 
liehbraune Binde, welche sich von den Achseln längs der Leibesseiten 
um. den After herumzieht, gesäumt. Der Rücken ist unregelmäßig 
aus Schwarz und Grau gemischt. Bisweilen fehlt aber auch die 
schwärzlichbraune, den Bauch umsäumende Binde und der Bauch ist 
dann unregelmäßig aus Gelblichroth und Brauu, der Rücken aus Braun 
und Gelblich gemischt. Die Flughäute sind schwarz. 


Körperlänge . . . 2... —8" Nach Temminck. 
Länge des Vorderarmes . . 4'2". 
Spannweite der Flügel . . #67 — 27". 


Vaterland. Süd-Asien, Ternate. Temminck ist der einzige 
Naturforscher, welcher diese Art bisher beschrieben, doch ist es sehr 


wahrscheinlich, daß Gray dieselbe schon vorher kannte und mit dem 
29° 


436 Fitzinger. 


rothbauchigen (Pteropus medius) und schwarzschnauzigen Fleder- 
hunde (Pteropus Edwardsii) in einer Art vereinigt habe; wie dieß 
aus einer kurzen Angabe über die Färbung einiger Exemplare, die 
sich im britischen Museum zu London befinden , hervorzugehen 
scheint. Dieser Angabe zufolge soll die Unterseite des Körpers licht- 
gelblich und entweder gegen die Achselgruben schwächlich, oder 
mit einem schmalen schwärzlichen Streifen längs der Mitte gezeich- 
net sein. Gray gibt fraglich Indien und die Molukken als das Vater- 
land jener Exemplare an. 


22. Der hellbraune Flederhund (Pteropus pallidus). 


P. rubricollis magnitudine; rostro abbreviato obtusato, auricu- 
lis brevibus rotundatis, oculis rostri apiei propioribus quam auri- 
bus; alis dorso altissime affiwis; patagio anali angusto, ad coc- 
cygem angustissimo piis plane occulto; corpore pilis brevissi- 
mis vestitto ; capite, gula, corporis lateribus abdomineque pallide 
flavo-fuscis; nucha, humeris fusciaque lata pectus transversaliter 
cingente vivide ferrugineo-rufis, in junioribus pallidioribus ; dorso 
dilute fusco ; patagüis pallide fuscis. 

Pteropus pallidus. Temminek. Monograph. d. Mammal. V.I. p. 184. 
t. 15. fig. 8, 9. (Schädel.) — V. Il. p. 77. 
Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. p. 363. 
Isid. Geoffr. Diet. class. V. XIV. p. 701. 


2 = Fisch. Synops. Mammal. p. 84. Nr. 9. 

2 > Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. p. 503. 

& “ Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 352. 
Nr. 14. 

nf 2 Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 600. 
Nr. 18. 


Giebel. Säugeth. S. 998. 


Eine durch ihre Merkmale von den verwandten Arten scharf 
abgegrenzte Form, welche zu den mittelgroßen dieser Gattung gehört 
und von gleicher Größe wie der rothbindige Flederhund (Pferopus 
rubricollis), daher merklich größer als der graue (Pteropus 
griseus)) ist. 

Die Sehnauze ist kurz und etwas abgestumpft, die Ohren sind 
kurz und abgerundet und die Augen stehen der Schnauzenspitze 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 4313 


näher als den Ohren. Die Flügel sind sehr hoch am Rücken und nur 
in geringer Entfernung von der Mittellinie desselben angesetzt und die 
Sehenkelflughaut ist schmal und erscheint am Steiße blos in der Ge- 
stalt eines nur '/, Linie breiten Hautbandes, das vollständig von den 
Körperhaaren überdeckt wird, so daß dieselbe hier kaum bemerk- 
bar ist. Die Behaarung des Körpers ist sehr kurz. 

Die Färbung ist nach dem Alter etwas verschieden. 


Bei alten Thieren sind der Kopf, die Kehle, die Leibesseiten 
und der Bauch licht gelbbraun, der Nacken, die Schultern und eine 
breite Binde, welche der Quere nach über die Brust verläuft, leb- 
haft rostroth. Der Rücken ist liehtbraun, da die einzelnen Haare des- 
selben theils braun, theils grau und theils weißlich sind. Die Flug- 
häute sind hellbraun. 


Junge Thiere unterscheiden sich von den alten durch die 
etwas lichter rostrothe Färbung des Nackens, der Schultern und der 
Brustbinde. 


Körperlänrer. m 3 1. 2 5.0.2 062216%° Nachrbeimmjin ck. 
Länge des Vorderarmes . . . 476”. 
der Ohren... 04. Pt 8”, 
Entfernung der Augen von der 
Schnauzenspitze, » n.laaldar s- 9 1%: 
Spannweite der Flügel . . .74'’— 2% 9. 

Die Vorderzähne des Oberkiefers stehen etwas von einander ent- 
fernt, jene des Unterkiefers sind dicht aneinander gereiht und die 
beiden seitlichen sind größer als die mittleren. Der kleine Lücken- 
zahn des Oberkiefers fällt im Alter aus. 


Vaterland. Süd-Asien, wo diese Art sowohl im indischen Ar- 
chipel auf den Inseln Banda und Sumatra, als auch auf dem Festlande 
von Ost-Indien auf der Halbinsel Malacca angetroffen wird. Tem- 
mincek hat uns mit derselben zuerst bekannt gemacht. 


23. Der marianische Flederhund (Pteropus keraudrenius). 


P. vel dasymalli, vel tongani magnitudine; rostro modice 
longo, auriculis brevibus rotundatis; alis dorso altissime affiwis ; 
patagio anali angusto, ad coccygem vudimentario pilisque plane 
occulto ; corpore in dorso pilis incumbentibus adstrictis, in collo, 
humeris et infera corporis parte crispis large vestito; rostro, ver- 


438 Fitzinger. 


tice et gula obscure fusco-griseis; occipite, nucha, lateribus colli 
nec non juguli parte posteriore, humeris et pectoris parte supe- 
riore usque versus medium sordide albido-flavis rufescente-lavatis ; 
dorso ex nigrescente-fusco et fusco-griseo mixto, fascia longitu- 
dinali arcuata grisea in utroque latere limbato; abdomine dorsi 
colore magisque in fusco-griseum vergente; patagüs nigris. 
Pteropus Keraudren. Quoy, Gaimard. Voy. del’Uranie. Zool V. 
I. p. 51. 1. 3. 

Temminck. Monograph. d. Mammal. V. I. 
p. 186. t. 15. fig. 7. (Schädel). — V. II. p. 77. 
Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. p. 364. 
Pteropus marianus. Desmar. Mammal. p. 547. 

Pteropus Keraudren. Fisch. Synops. Mammal. p. 84. Nr. 10. 
Pteropus Keraudrenü. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. p. 503. 
Pteropus Keraudrenius. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. 
S. 353. Nr. 15. 

Peale, Unit. Stat. explor. expedit. V. VIN. 
p- 18. 

Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B, V. 
S. 600. Nr. 19. 

Pteropus marianus. Giebel. Säugeth. S. 998. 

Ihren Merkmalen zufolge eine selbstständige Art, welche gleich- 
sam ein Bindeglied zwischen den mittelgroßen und kleineren Formen 
dieser Gattung bildet, indem sie bald von der Größe des gewellten 
(Pteropus dasymallus), bald aber auch nur von jener des tongani- 
schen Flederhundes (Pferopus tonganus) angetroffen wird. Dieser 
Größenunterschied beruht auf der Verschiedenheit des Geschlechtes, 
da das Männchen immer größer als das Weibchen ist. 

In Ansehung ihrer Körperform kommt diese Art zunächst mit 
dem braunkehligen Flederhunde (Pteropus Dussumieri) überein, 
von welchem sie sich jedoch durch die verschiedene Färbung sehr 
deutlich unterscheidet. 

Die Schnauze ist von mäßiger Länge und die Ohren sind kurz 
und oben abgerundet. Die Flügel sind sehr hoch am Rücken und 
nur in geringer Entfernung von der Mittellinie desselben angesetzt. 
Die Schenkelflughaut ist schmal und insbesondere aın Steiße, wo 
sie blos ein schmales Hautband bildet und vollständig von den Körper- 
haaren überdeckt wird. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptrra). 439 


Die Behaarung ist auf dem Rücken glatt anliegend und straff, 
auf dem Halse, den Schultern und der Unterseite des Körpers reich- 
lich und gekräuselt. 

Die Schnauze, der Scheitel und die Kehle sind dunkel braungrau, 
da die braungrauen Haare mit schwärzlichbraunen gemengt sind. 
Das Hinterhaupt, der Nacken, die Seiten des Halses und der hintere 

: Theil des Vorderhalses, so wie auch die Schultern und der obere Theil 
der Brust sind schmutzig weißlichgelb und röthlich überflogen, 
welche Färbung einen breiten, beinahe vollständigen und nur an der 
Brust unterbrochenen Halsring bildet, dessen beide Enden an den 
Brustseiten in eine Spitze auslaufen. Der Rücken und der Bauch sind 
aus Schwärzlichbraun und Braungrau gemengt, doch erscheint der 
Rücken dunkler und mehr schwärzlichbraun, da die braungrauen 
Haare auf demselben weit spärlicher sind als am Bauche, der eine 
mehr braungraue Färbung zeigt. Längs der Seiten des Rückens ver- 
läuft eine lange halbmondförmige graue Binde, indem an dieser Stelle 
die grauen Haare vorwaltend sind. Die Fiughäute sind schwarz, 

Körperlänge... . . 67 —8”. Nach Quoy u. Gaimard. 
Spannweite der Flügel . 2’ — 2’ 5’. 
Körperlänge. . ... %— 38" Nach Temminck. 
Länge des Vorderarmes 3” 10” — 4” 6". 
Spannweite der Flügel . 2° — 2’ 6”. 
Der kleine Lückenzahn des Oberkiefers fällt im Alter aus. 


Vaterland: Australien, Marianen und Carolinen, wo Quoy 
und Gaimard diese Art auf der zu den Marianen gehörigen Insel 
Guam entdeekten, und Fidschi-Inseln, woselbst sie in neuester Zeit 
von Peale angetroffen wurde. 


| Auf den Marianen wird sie von den Eingebornen „Fanihi“, auf 
den Carolinen „Poe“ genannt. 


24. Der tonganische Flederhund. (Pleropus tonganus.) 


P. molossino non multo major ; rostro acufiusculo, aurieulis 
medioeribus brevibus rotundatis; alis dorso alte affıwis; patagio 
unali angulo acuto exciso, ad coecygem angustissimo rudimentario 
pilisque plane oceulto; capite postice, nucha humerisque vivide 
rufis, fascia ejusdem coloris in utroque latere ab humeris ad pec- 
tus usque decurrente collumque imperfecte cingente; rostro genis- 


AAO Fitzinger. 


que fuscescente-ruhidis in vertice in nigrescentem vergentibus; 
dorso aut nigrescente vel nigro, aut albido; jugulo obscure fusco 
leviter rufescente-lavato ; abdomine vel ejusdem coloris, rufescente; 
patagüs aut nigrescentibus, aut sordide albis. 

Pteropus tonganus. Quoy, Gaimard. Voy. de l’Astrol. Zool. V. 


I. p. 7A. t. 8. 

Rn N Temminck. Monograph. d. Mammal. V. IL. 
p. 79. 

5 % Wagn. Schreber Säugth. Suppl. Bd. I. p. 353. 
Nr. 16. 

£ 5 Peale. Unit. Stat. explor. expedit. V. VII. p. 19. 

“ = Wagn. Schreber Säugth. Suppl. Bd. V. S. 600. 
Nr. 20. 


Pteropus marıanus. Var. Giebel. Säugeth. S. 998. Note 4. 

Mit dieser zu den kleineren Formen dieser Gattung gehörigen 
Art, die nicht viel größer als der buschige Flederhund (Peropus 
molossinus), aber merklich ‘kleiner als der Larven -Flederhund 
(Pteropus personatus) ist, sind wir zuerst durch Quoy und Gai- 
mard bekannt geworden, welche dieselbe entdeckten. 

Sie steht dem marianischen Flederhunde (Pteropus kerau- 
drenius) nahe, der jedoch meistens größer ist, und unterscheidet sich 
von demselben durch eine spitzere Schnauze und wesentliche Ver- 
schiedenheiten in der Färbung. 

Die Schnauze ist ziemlich spitz und die Ohren sind von mäßiger 
Größe, kurz und abgerundet. Die Flügel sind hoch am Rücken ange- 
setzt und die Schenkelflughaut ist unter einem spitzen Winkel aus- 
geschnitten und am Steiße sehr schmal, nur durch einen Hautrand 
angedeutet und völlig unter den Haaren versteckt. 

Die Färbung ist keineswegs beständig und bietet bisweilen 
einige nicht unerhebliche Abweichungen dar. 

In der Regel sind der Hintertheil des Kopfes, der Nacken und 
die Schultern lebhaft roth, und von den letzteren zieht sich eine eben 
so gefärbte Binde zu beiden Seiten auf die Brust herab und bildet 
ein unvollständiges Halsband. Die Schnauze und die Wangen sind 
bräunlichroth, welehe Färbung auf dem Scheitel in Schwärzlieh 
übergeht. Der Rücken ist schwärzlich und beinahe völlig schwarz. 
Der Vorderhals und der Bauch sind dunkelbraun mit schwachem 
röthlichen Anfluge. Die Flughäute sind schwärzlich. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). AA1 


Bisweilen ist der Rücken aber auch weißlich, der Bauch röth- 

lich und die Flughäute sind schmutzig weiß. 
Korperlanee, >... 6". Nach Quoy u. Gaimard. 
Länge des Kopfes . . 202 
Entfernung der Augen von 
der Schnauzenspitze 10”. 
Spannweite der Flügel 1’ 11” — 2’ 2” 6". 

Vaterland: Australien, Freundschafts-Inseln, Tonga-Tabu, 
wo diese Art auch am hellen Tage fliegt. Giebel erklärt sie für 
eine Varietät des marianischen Flederhundes (Pteropus kerau- 
drenius). 


25. Der vanikorische Flederhund (Pieropus vanicorensis). 


P. Mackloti paullo minor ; capite abbreviato alto lato, fronte 
arcuata, rostro brevi crasso cylindrico , auriculis longiusculis 
acuminatis; rostro genisque rufo-fuscis , vertice obscuriore in 
nigrescentem vergente; occipite, nucha, lateribus colli et humeris 
usque ad dorsum flavido-rufis, jugulo rufo-fusco, dorso fusco griseo 
mixto; abdomine fusco rufesente-lavato ; patagüs fusco-nigris. 


Pteropus vanikorensis. Quoy, Gaimard. Voy. de !’ Astrol. Zool. 
V. L.p. 77.9. 
x " Temminck. Monograph. d. Mammal V. Il. 
p- 78. 
2 > Wagn. Schreber Säugth. Suppl. Bd. 1. 
S. 354. Nr. 17. 
= >  Wagn. Schreber Säugth. Suppl. Bd. V. 
S. 601. Nr. 21. 
Pteropus marianus. Var.? Giebel. Säugth. S. 998. Note 4. 


Die größte unter den mittelgroßen Formen dieser Gattung und 
nahe mit dem marianischen Flederhunde (Pteropus keraudrenius) 
verwandt, von welchem sie sich außer der bedeutenderen Größe, 
durch die auffallend kürzere Schnauze, die längeren und durchaus 
verschieden geformten Ohren, so wie nicht minder auch durch die 
Färbung unterscheidet. 

Sie ist beträchtlich größer als die genannte Art und nicht viel 
kleiner als der gelbköpfige Flederhund (Pteropus Mackloti), welcher 
zu den großen Formen dieser Gattung gehört. 


AAR Fitzinger. 


Der Kopf ist verhältnißmäßig kurz, breit und hoch, die Stirne 
gewölbt, die Schnauze kurz, diek und walzenförmig. Die Ohren sind 
ziemlich lang und zugespitzt. 

Die Schnauze und die Wangen sind rothbraun, welche Färbung 
auf dem Scheitel dunkler wird und etwas in's Schwärliche zieht. 
Der Hinterkopf, der Nacken, die Seiten des Halses und die Schultern 
bis an den Rücken herab sind gelblichroth. Der Vorderhals ist roth- 
braun, wobei die einzelnen Haare an der Wurzel roth sind und in 
braune Spitzen endigen. Der Rücken ist braun mit Grau gemischt, 
der Bauch braun nnd röthlich überflogen. Die Flughäute sind braun- 
schwarz. 


Korperlangen 22 9”. Nach Quoy u.Gaimard. 
Länge des Vorderarmes . , . AN IN- 
ae der Ohren. u v..vr.s. Su 


wilde 


Spannweite der Flügel ... 9% 
Vaterland. Australien, Königin Charlotten-Inseln, Vanikoro, 
woselbst diese Art von Quoy und Gaimard entdeckt wurde, die 
sie auch zuerst beschrieben und abgebildet haben. Giebel ver- 
muthet, daß dieselbe nur eine Abänderung des marianischen Fleder- 
hundes (Pteropus keraudrenius) sei. 


26. Der braunkehlige Flederhund (Pferopus Dussumieri). 


P. grisei fere magnitudine; rostro modice longo, auriculis 
brevibus rotundatis; alis dorso alte affiiwis ; patagvo anali angusto, 
ad coccygem rudimentario pilisque plane occulto; corpore in 
dorso pilis brevibus incumbentibus adstrictis, in collo et infera 
corporis parte suberrectis leviter crispis vestito; facie, qula ju- 
guloque fuscis; nucha et colli lateribus dilute flavis leviter rufes- 
cente-lavatis; pectore in parte superiore fusco-rufescente in in- 
feriore cum abdomine sicut in dorso, fusco pilis singulis albis 
intermizxtis. 

Pteropus Dussumieri Isid. Geoffr. Diet. class. V. XIV. p. 701. 
Isid. Geoffr. Ann. des Se, nat. V.XV. (1828). 


p. 201. 
u » Fisch. Synops. Mammal. p. 85. Nr. 11. 
5 b Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. Il. p. 503. 
>, n, T ra Monograph. d. Mammal. V. II. 


p. 76. 


Kritische Durehsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). AAZ 


Pieropus Dussumieri W agn. Schreber Säugth. Suppl. B.1. S. 355. 
Nr. 18. 
S Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 601. 
Nr. 22. 
Pteropus marianus. Var. Giebel. Säugeth. S. 998. Note 4. 

Eine sehr ausgezeichnete Art, mit welcher wir zuerst durch 
Isidor Geoffroy bekannt geworden sind. Sie ist merklich kleiner 
als der hellbraune (Pteropus pallidus) und rothbindige Flederhund 
(Pteropus rubricollis) und ungefähr von. der Größe des grauen 
Flederhundes (Pferopus griseus), daher eine der kleineren Formen 
dieser Gattung. 

Zunächst ist dieselbe mit dem marianischen Flederhunde 
(Pteropus keraudrenius) verwandt, der jedoch meistens merklich 
größer ist und von welchem sie sich hauptsächlich durch die 
Färbung unterscheidet. 

Die Schnauze ist mäßig lang, die Ohren sind kurz und abge- 
rundet. Die Flügel sind hoch am Rücken und nur in geringer Ent- 
fernung von der Mittellinie desselben angesetzt. Die Schenkelflug- 
haut ist schmal und bildet am Steiße nur ein schmales Hautband, 
das von den Körperhaaren vollständig überdeckt wird. 


Die Behaarung des Halses und der Unterseite des Körpers ist 
etwas gesträubt und schwach gekräuselt, jene des Rückens glatt 
anliegend und straff. 

Das Gesicht, die Kehle und der Vorderhals sind braun, der 
Nacken und die Seiten des Halses blaßgelb und schwach röthlich 
überflogen. Der obere Theil der Brust ist braunröthlich, der untere 
Theil derselben und der Bauch, so wie auch der Rücken braun, mit 
einigen weißßen Haaren untermengt. 

Körperlanzsen a... 00. 7’. Nach Isidor Geoffroy. 
Spannweite der Flügel . . . % 3”. 


Vaterland. Süd-Asien, Ost-Indien, woselbst Dussumier 
diese Art entdeckte. Der Angabe Isidor Geoffroy ’'s zu Folge soll 
dieselbe auch auf Amboina vorkommen, was jedoch auf einem Irr- 
thume zu beruhen scheint, wie sich Temmincek hierüber mit Be- 
stimmtheit ausspricht. Giebel hält auch diese Form nur für eine 
Abänderung des marianischen Flederhundes (Pteropus kerau- 
drenius). 


AAA Fitzinger. 


27. Der grauflügelige Flederhund (Pferopus vociferus) 


P. dasymalli magnitudine; rostro longo anqgusto, naribus 
fissis; corpore in dorso pilis brevibus incumbentibus adstrictis, in 
capite, collo et infera corporis parte laneis mollibus vestito; 
capite collo et corpore infra rufo-fuscis, lateribus obscurioribus, 
dorso saturate obscure fusco; patagüis nigrescente-fuscis, in 
medio cinereis, vasıs obscurioribus. 

Pteropus vociferus. Peale. Unit. Stat. explor. expedit. V. VII. 

p-r19aHt.de 
5 5 Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 601. Nr. 13. 
M Giebel. Säugeth. S. 1003. Note 2. 

In Ansehiiti der Größe kommt diese leicht zu erkennende Art, 
welehe den mittelgroßen Formen dieser Gattung beizuzählen ist, mit 
dem gewellten (Pteropus dasymallus), dem weißflügeligen (Pte- 
ropus leucopterus) und dem samoanischen Flederhunde (Pferopus 
samoensis) überein. 

Ihre Schnauze ist lang und schmal, die Nasenlöcher sind ge- 
spalten und Backentaschen sind deutlich vorhanden und geräumig. 
Der Hodensack ist äußerlich nieht sichtbar. Die Behaarung des 
Rückens ist kurz, glatt und straff, jene des Kopfes, des Halses und 
der Unterseite des Leibes wollig und weich. 

Die Färbung des Kopfes, des Halses und der Unterseite des 
Körpers ist rothbraun, jene der Leibesseiten ebenso, aber viel dunkler. 
Der Rücken ist von tief dunkelbrauner Farbe. Die Flügel sind 
schwärzlichbraun, in der Mitte grau und die Blutgefäße derselben 
dunkler. Die Iris ist braun. 

Körperlangen 2 u Sue een Nochneale: 
Länge des Vorderarmes . . . #' 115". 

Vaterland. Australien, wo diese Art auf der Insel Mangsi 
in der Balabak-Straße getroffen wird und daselbst vonPeale entdeckt 
wurde, der sie bis jetzt allein nur beschrieben und abgebildet hat. 


28. Der samoanische Flederhund (Pteropus samoensis). 


P. dasymalli magnitudine; capite abbreviato crasso, auri- 
eulis brevibus rotundatis ; corpore pilis laneis suberrectis, in dorso 
magis incumbentibus vestito,; capite dilute rubido-flavido, fronte 


Kritische Durchsieht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). AA5 


grisea; nucha rufa, in junioribus pallide rufescente-flava; dorso 
Jugulo, pectore abdomineque rufescente-fuscis ; patagüs auriculis- 
que nigris. 
Pteropus samoensis. Peale. Unit. Stat. explor. expedit. V. VII, 
. p..2058.2. 
> “ Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 601. 
Nr. 24. 

Pteropus samoensis. Giebel. Säugeth. S. 1003. Note 2, 

Auch diese wohl unterschiedene Art ist uns nur aus einer Be- 
schreibung und Abbildung von Peale bekannt, der dieselbe 
entdeckte. 

Sie zählt zu den mittelgroßen Formen dieser Gattung und ist 
mit dem gewellten (Pteropus dasymallus), dem weißflügeligen 
(Pteropus leucopterus) und grauflügeligen Flederhunde (Pteropus 
vociferus) von gleicher Größe. 

Der Kopf ist verhältnißmäßig kurz und dick, und die Ohren 
sind kurz und von rundlicher Gestalt. 

Die Behaarung des Körpers ist gesträubt und etwas wollig, am 
Rücken jedoch mehr anliegend. 

Die Färbung ändert nach dem Alter. 

Bei alten Thieren ist der Kopf licht rothgelblich, die Stirne 
grau. Der Nacken ist roth, der Rücken, der Vorderhals, die Brust 
und der Bauch sind röthlichbraun. Die Flughäute und die Ohren 
sind schwarz, die Augen braun. 

Junge Thiere unterscheiden sich von den alten durch die 
licht röthlichgelbe Färbung des Nackens. 

Körperlänge, . 0... ... . 8. Nach Peale. 
Länge des Vorderarmes . . . 5” As, ". 

Vaterland. Australien, Samoan-Inseln, wo diese Art auf allen 

zu dieser Gruppe gehörigen Eilanden angetroffen wird. 


29. Der graue Flederhund (Pteropus griseus). 


P. personati magnitudine vel paullo major; auriculis bre- 
vissimis acuminatis; alis dorso altissime affieis; patagio anali 
parum dilatato, ad coccygem angusto et partim pilis occulto; 
corpore pilis brevibus incumbentibus, occipite et nucha longis 
crispis vestilis; capite ex griseo et dilute fusco mixto, in junioribus 
rufescente-albo vel pallidissime rufescente, genis mentoque obscure 


AA6 


Fitzinger. 


griseo-fuscis; nucha, lateribus colli juguloque in maribus vivide 
rufescente-castaneis, in humeris in flavo-auratum vergentibus, in 
foeminis rufescentibus et in junioribus rufescente-albis vel dilu- 
tissime rufescentibus; dorso in maribus griseo albido-lavato, in 
foeminis fere albo, in junioribus grisescente-fusco; lateribus in 
maribus grisescentibus, in foeminis fere albis; abdomine in 
maribus grisescente et in medio fusco griseo-lavato, in foeminis 


dilute griseo, in junioribus cum pectore pallide fuscescente-flavo 
vel isabellino et in ejus medio rufescente. 
Pteropus griseus. Geoffr. Ann. du Mus. V. XV. p. 94. Nr. 5. 


E2] 


” 


1206: 

Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. V. XXIX. 
p- 512. Nr. 5. 

Desmar. Mammal. p. 110. Nr. 141. 
Temminck. Monograph. d. Mammal. V. 1. 
p. 187. t. 11. — V. Il. p. 81. t. 36. fig. 12, 
13. (Schädel). 

Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. 
p. 564. 

Isid. Geoffr. Diet. class. V. XIV. p. 701. 
Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 15%. 
Nr. 5. 

Geoffr. Cours d’hist. nat. d. Mammif. 
V. I. Lee. 13. p. 24. 

Fisch. Synops. Mammal. p. 85, 549. 
Nr. 12. 

Wagler. Syst, d. Amphib. S. 9. 

Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. p. 508. 
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. 
S. 355. Nr. 19. 

Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 602. Nr. 25. 

Giebel. Säugeth. S. 997. 


Eine sehr gut unterschiedene Art, welche den kleineren Formen 
dieser Gattung angehört und von derselben Größe wie der Larven- 
Flederhund (Pteropus personatus) oder auch etwas größer ist. 

Die Ohren sind sehr kurz und zugespitzt, die Flügel sehr hoch 
am Rücken und nur in geringer Entfernung von der Mittellinie des- 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). AAT 


selben angesetzt. Die Schenkelflughaut ist von geringer Breite und 
erscheint am Steiße nur als ein schmales Hautband, das zum Theile 
von dem Körperhaare überdeckt wird. Die Behaarung ist am Hinter- 
haupte und dem Nacken lang und gekräuselt, am Rücken und auf 
der Unterseite des Körpers aber kurz und glatt anliegend. 

Die Färbung ist nicht beständig und ändert nach dem Ge- 
schlechte uud dem Alter. 

Beim alten Männchen ist der Kopf grau mit Hellbraun ge- 
mengt. Der Nacken, die Seiten des Halses und der Vorderhals sind 
lebhaft röthlich-kastanienbraun, welche Färbung auf den Schultern 
in Goldgelb übergeht. Der Rücken ist grau und weißlich überflogen, 
da die einzelnen Haare an diesem Körpertheile in weiße Spitzen 
endigen, Der Bauch ist an den Seiten, so wie die Leibesseiten 
graulich, längs seiner Mitte aber braun und grau überflogen, indem 
die einzelnen Haare braun sind und in graue Spitzen ausgehen. 

Beim alten Weibchen sind der Nacken und die Halsseiten 
röthlich, der Rücken und die Leibesseiten beinahe weiß, und der 
Bauch lichtgrau. 

Im mittleren Alter sind der Kopf mit Ausnahme des Kinnes 
und der Wangen, welche dunkel graubraun sind, so wie auch der 
Nacken und die Schultern röthlichweil® oder sehr licht röthlich. 
Der Rücken ist graulichbraun, da das Wollhaar braun, das Grannen- 
haar aber graulichweiß ist. Der Vorderhals ist lichtröthlich, und Brust 
und Bauch sind licht bräunlichgelb oder Isabellfarben und letzterer 
längs seiner Mitte mehr röthlich. 

Közperlangen nk RE MIR 6’ 6”, Nach Geoffroy. 
Spannweite der Flügel . . . 1/6”. 

Körperlängenn. se an IN. Nach Temminck. 
Länge des Vorderarmes . . . ANA, 

Spannweite der Flügel . . . 2’ 4". 

Die Vorderzähne des Oberkiefers stehen gleich weit von ein- 
ander entfernt, jene des Unterkiefers sind durch einen Zwischen- 
raum von den mittleren geschieden. 

Vaterland, Süd-Asien, Timor, wo Peron und Lesueur 
diese Art entdeckten, so wie auch die umliegenden kleineren Eilande 
und Amboina. Geoffroy hat dieselbe zuerst beschrieben und auch 
eine Abbildung von ihr mitgetheilt. 


A4S Fitzinger. 


30. Der Larven-Flederhund (Pteropus personatus). 


P. grisei fere magnitudine ; auriculis mediocribus subrotun- 
datis ; patagio analı angustissimo rudimentario, ad coccygem inter- 
rupto, vellere occulto; capite partim fusco, rostro, genis, mar- 
ginibus labiarum mentoque abrupte albis et macula utringue pone 
oculos alba ; gula fascia lata fusca in utroque latere genas circum- 
cingente et supra oculos in striam longitudinalem parallelam 
ad nares usque protensam transeunte cincta,; vertice, occipite, 
nucha, lateribus colli, jugulo et pectoris parte superiore strami- 
neis, humeris brachüisque albidis; dorso griseo pilis dilute fuscis 
intermixtis, lateribus, pectoris parte inferiore abdomineque fus- 
cescente isabellinis ; patagüs supra fuscis, infra albidıis. 


Pteropus personatus. Temminek. Monograph. d. Mammal. V.1. 


p- 189. 
N » Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. 
p- 365. 
S 5 Isid. Geoffr. Diet. elass. V. XIV. p. 701. 
4 y Fisch. Synops. Mammal. p. 85. Nr. 13. 
G ir Gray. Mag. of Zool. and Bot. V. Il. p. 503. 
# # Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. 
S. 356. Nr. 20. 
2 7 Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V, 
S. 602. Nr. 26. 
e a Giebel. Säugeth. S. 998. 


Unstreitig eine der ausgezeichnesten Arten dieser Gattung, 
welche zu den kleineren Formen derselben gehört und nicht viel 
größer als der tonganische (Pteropus tonganus), daher fast von 
derselben Größe wie der graue Flederhund (Pferopus griseus) ist. 

Die Ohren sind mittellang und an der Spitze etwas abgerundet. 
Die Schenkelflughaut ist sehr schmal, nur als Rudiment vorhanden, 
unter den Haaren versteckt und am Steiße gänzlich fehlend. 

Der Kopf ist theilweise braun, die Schnauze von der Spitze 
bis zu den Augen scharf abgeschnitten weiß, und von derselben 
Färbung sind auch die Wangen, die Lippenränder und das Kinn. 
Hinter den Augen befindet sich jederseits ein weißer Flecken. Die 
Kehle ist von einer breiten braunen Binde umgeben, deren Enden 


Kritische Durchsieht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). AA9 


die Wangen umfaßen und zu beiden Seiten in der Gestalt eines 
breiten Streifens bogenförmig über die Augen hinwegziehen, der sich 
längs des Nasenrückens parallel bis zu den Nasenlöchern erstreckt. 
Der Scheitel, das Hinterhaupt, der Nacken, die Seiten des Halses, 
der Vorderhals und der obere Theil der Brust sind strohgelb, die 
Schultern und die Oberarme weißlich. Der Rücken ist grau mit 
einigen eingemengten lichtbraunen Haaren. Die Leibesseiten, der 
untere Theil der Brust und der Bauch sind bräunlich isabellfarben, 
da die einzelnen Haare dieser Körpertheile an der Wurzel braun 
sind und in isabellfarbene Spitzen endigen. Die Flughäute sind auf 
der Oberseite braun, auf der Unterseite weißlich. 


Korperlange,akunail os 6” 6”. Nach Temminck. 
Länge des Vorderarmes . . . DAN 19148 

der Ohren: 0,3; 10. 
Spannweite der Rlügel! „1. 1178” 


Die Vorderzähne des Ober- sowohl als Unterkiefers sind paar- 
weise gestellt. Der Lückenzahn, welcher in beiden Kiefern vorhanden 
ist, ist im Öberkiefer sehr klein, 


Vaterland. Süd-Asıen, Molukken, Ternate, woselbst Rein- 
wardt diese Art entdeckte, die Temminck zuerst beschrieb. 


31. Der Kreuz-Flederhund (Pteropus vulgaris). 


P. Alectos fere magnitudine ; auriculis parvis brevibus acutis, 
in margine ‘superiore ac laterali parum emarginatis; patagio 
anali brevi, ad coccygem pilis penitus occulto; corpore pilis 
rigidis dense vestito, praecipue in abdamine; rostro, fronte 
genisque ferrugineo-flavidis, vertice, occipite, nucha, lateribus 
colli et jugulo aut vivide flavido-rufis, aut flavescentibus, humeris 
et dorso in medio aut nigrescente-castaneis vel nigro-fuscis, aut 
dilute flavis, in laterali parte ferrugineo-rubido et fascia utringue 
longitudinali cum spina dorsi parallela vivide flavido-rufa vel 
flavescente signato; gastraeo excepta regione pubis rubido-flaves- 
cente vel pallide flava, saturate nigro; brachiis rufo-flavescentibus, 
patagüs nigris. 

Vespertilio borsippae. Gesner. Hist. anim. L. III. de avium. nat. 
p. 739. e. fig. 
Vespertilio ingens. Clusius. Exot. p. 94. e. fig. 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl, LX. Bd. I. Abth, 30 


A50 Fitzinger. 


Pteropus rufus aut niger. Brisson. Regne anim, p. 154. 
Vespertilio Vampyrus. Linne, Syst. nat. Edit. X. T. I. p. 31. Nr. 1. 
Chien volunt. Diet. des anim. V. I. p. 616. 
Roussette. Diet. des anim. V. Ill. p. 724. 
Chien volant. Daubent. M&m. de l’Acad. 1759. p. 384. 
Roussette. Buffon. Hist. nat. d. Quadrup. V.X. p.55. t.14. (Thier). 
t. 15. (Zunge). 
Vespertilio Vampyrus. Linne. Syst. nat. Edit. X. T.I. P. I. p. 46. 
Neil: 
Chauvesouris. Bomare. Diet. d’hist. nat. T. I. p. 510. 
Roussette. Berlin. Samml. B. II. S. 423. m. fig. 
Pipistrelli americani. Alessandri. Anim. quadrup. V. DI. t. 108. 
Vespertilio Vampyrus. Var. A. Schreber. Säugth. B. I. S. 153. 
Nr. 1.0A. 
Vespertilio caninus. Schreber. Säugth. B. I. t. 44. 
Pteropus Vampyrus. Var. «. Erxleb. Syst. regn. anim. P.I. p.130, 
133. Nr. 1. «. 
Vesper en Vampyrus. Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch. u. d. 
Thiere. B. II. S. 408. Nr. 353. 
Boddaert. Elench. anim.V. I. p. 68. Nr. 1. 
Var. «. Gmelin. Linne Syst. Nat. T.L P. 1. 
pP. 45.,Nr; 1... 
: Cuv. Tabl. el&m. d’hist. nat. p. 104. Nr. 1. 
Vespertilio Mauritianus. Commers. Msept. Nr. 42. 
“ N Hermann. Observ. zool. T.”. p. 19. 
Grunde chauve-souris de File de France. Roche. Ann. du Mus. 
V. VII. p. 227. 
Pteropus vulgaris. Geoffr. Ann. du Mus. V. XV. p. 92. Nr. 3. 
Pteropus Vampyrus. Illiger. Prodrom. p. 118. 
Roussette de Buffon. Cuv. Regne anim. Edit. I. V. I. p. 124. 
Pteropus vulgaris. Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. V. XXIX. 
p- 509. Nr. 3. 
Desmar. Mammal. p. 109. Nr. 139. 


* 5 Var. A. Desmar. Mammal. p. 110. Nr. 139.A. 

en a Temminck. Monograph. d. Mammal. V. 1. 
p. 182. — V. IL p. 7A. t. 38. 

5 $ Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. p. 361. 


Isid. Geoffr. Diet. elass. V. XIV. p. 699. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 451 


Pteropus vulgaris. Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 155. Nr. 3. 


= ai Geoffr. Cours d’hist. nat. d. Mammif. V.1. Lee. 
13. p. 23. 

5 Y Fisch. Synops. Mammal. p. 83, 549. Nr. 7. 

\ „ Var. 8. Fisch. Synops. Mammal. p. 88. 

Nmr.02 2. 

e R Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. Il. p. 503. 

5 2 Wagler. Syst. d. Amphib. S. 9. 

s n Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 350 
Ns ilr 

” 5 Wagn. Schreber Säugth. Supp). B. V. S. 602. 
Nr. 27. 

% & Giebel. Säugeth. S. 997. 


Diese leicht zu erkennende, wohl unterschiedene Art schließt 
sich zunächst den großen Formen dieser Gattung an, da sie nicht 
viel kleiner als der vanikorische (Pleropus vanicorensis) und fast 
von gleicher Größe wie der langflügelige Flederhund (Pteropus 
Alecto) ist. 

Die Ohren sind klein, kurz und spitz, am oberen und seitlichen 
Rande nur sehr wenig ausgerandet. Die Schenkelflughaut ist kurz 
und wird am Steiße von den Körperhaaren vollständig überdeckt. 
Die Behaarung des Körpers ist dicht und rauh, vorzüglich aber am 
Bauche. 


Die Färbung ist nieht beständig und bietet bisweilen einige und 
zum Theile sehr auffallende Abweichungen dar. 


Gewöhnlich sind die Schnauze, die Stirne uud die Wangen 
roströthlich, der Scheitel, das Hinterhaupt, der Nacken, die Hals- 
seiten und der Vorderhals lebhaft gelblichroth, und von derselben 
Farbe sind auch zwei Längsbinden, welche parallel zu beiden Seiten 
des Rückgraths verlaufen. Der mittlere Theil des Rückens und die 
Schultern sind schwärzlich-kastanienbraun und diese dunkle Färbung 
grenzt sich von der gelblichrotlten in der Gestalt eines Kreuzes ab. 
Die Seiten des Rückens sind roströthlieh. Die Unterseite des Leibes 
ist tiefschwarz, mit Ausnahme der Schamgegend, welche wie die 
Arme rothgelblich ist. Die Flughäute sind schwarz. 

Bisweilen sind der Kopf, der Hals und die beiden Längsbinden 


des Rückens gelblich, der mittlere Theil des Rückens und die 
308 


452 Fitzineer, 
o° 


Schultern schwarzbraun, die Unterseite des Leibes sehwärzlich und 
die Schamgegend gelblich, 

Seltener kommt eine Abänderung vor, bei welcher der Kopf, 
der Hals und die Rückenbirden gelblichroth, der mittlere Theil des. 
Rückens und die Schultern blaßgelb, die Unterseite des Leibes. 
kastanienbraun und die Schamgegend liehtgelb sind. 


Korperlanze, u.a... 8’ 6”. Nach Geoffroy. 
Länge des Kopfes . ... . N 

Spannweite der Flügel . . . 3. 

Körperlänge . . . . . . ....8”74”—-9”. Nach Temminck. 
Spannweite der Flügel . . . 3’ und darüber. 


Die Vorderzähne des Oberkiefers stehen fast gleichweit von 
einander entfernt und die beiden seitlichen sind nur sehr wenig 
kürzer als die mittleren. 

Vaterland. Südost-Afrika, Maskarenen, Bourbon und Isle 
de France oder das heutige Mauritius. Ob diese Art — wie Tem- 
minek vermuthet, — auch in Madagaskar vorkommt oder — wie 
Wagner diels für möglich hält, — sogar auf dem Festlande 
von Afrika, ist bis jetzt noch keineswegs erwiesen. 

Höchst wahrscheinlich waren Gesner und Clusius die 
ersten Naturforscher, durch welche wir Kenntniß von derselben 
erhielten. Brisson hat sie uns näher bezeichnet und Daubenton 
und Buffon gaben uns eine genauere Beschreibung von ihr. Von 
Linn& und den meisten seiner unmittelbaren Nachfolger wurde 
sie irrigerweise mit dem großen (Pteropus edulis), dem schwarz- 
schnauzigen (Pteropus Edwardsii) und rothbindigen Flederhunde 
(Pteropus rubricollis), ja von einigen sogar mit dem hellgelben 
Sehwanzflederhunde (Xantharpyia straminea) verwechselt, bis 
Commerson und Roche genauere Nachricht von ihr gaben und 
Geoffroy ihre Selbstständigkeit als Art erwiesen. 

Die letztere der beiden hier angeführten Abänderungen ist es, 
welche Commerson mit dem Namen „Vespertilio Mauritianus“ 
bezeichnete, der auch von Hermann beibehalten wurde und deren 
auch von Roche Erwähnung geschieht. Von Desmarest wird 
dieselbe als „Pferopus vulgaris. Var. A“ von Fischer, als „Pte- 
ropus vulgaris. Var. B.* beschrieben. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). A453 


32. Der rothbindige Flederhund (Pteropus rubricollis). 


P. pallidi magnitudine ; auriculis parvis brevibus rotundatis 
vellere absconditis; patagio anali augustissimo, pilis femorum 
coccygisque penitus occulto; corpore pilis laneis longis rigidis 
crispis large vestito; notaeo ex flavescente griseo-fusco pilis 
pallide flavis intermixtis, gastraeo ex albido griseo-fusco ; nucha, 
lateribus colli juguloque vivide rufo-auratis vel ex rufo et 
aurantio miwtis ; pectore nigrescente-fusco. 

Pteropus fuscus. Brisson. Regne. anim. p. 217. Nr. 2. 

Vespertilio Vampyrus. Linne. Syst. nat. Edit. X. T. I. p. 31. Nr. 1. 

Chien volant. Diet. des anım. V. I. p. 616. 

Roussette. Diet. des anim. V. Ill. p. 724. 

Roussette. Daubent. Mem. de l’Acad. 1759. p. 385. 

Rougette. Buffon. Hist. nat. d. Quadrup. V. X. p. 55. t. 17. 

Vespertilio Vampyrus. Linne. Syst. nat. Edit. Xil. T. I. P. I. p. 46. 

Ne... 

Chauvesouris. Bomare. Dict. d’hist. nat. T. I. p. 510. 

Rougette. Berlin. Samml. B. Il. S. 423. m. fig. 

Pipistrelli americani. Alessandri. Anim. quadrup. V. Il. t. 108. 

Vespertilio Vampyrus Var. B. Schreber. Säugth. B. I. S. 153. 

Nr. 1. B. 

Pteropus Vampyrus. Var. ß.Erxleb Syst. regn. anim. P. I. p. 150, 
183: Ne 1. 8. RN 

Vespertilio Vampyrus. Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch. u. d. 

Thiere. B. Il. S. 408. Nr. 353. 

Boddaert. Elench. anim. V.I. p. 68. Nr. 1. 

Var. B. Gmelin. Linne. Syst. Nat. T. 1. P. 1. 

p. 45. Nr. 1. ß. 

Rougette. Cuv. Tabl. elem. d’hist. nat. p. 104. 

Pteropus rubricollis. Geoffr. Ann. du Mus. V. XV. p. 93. Nr. 4. 

Roussette a collier. Cuv. Regne anim. Edit. I. V. I. p. 124. 

Pteropus rubricollis. Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. V. XXIX. 

p- 511. Nr. 4. 

» = Desmar. Mammal. p. 110. Nr. 140. 

Pteropus collaris. Liehtenst. Verz. d. Doubl. d. zool. Mus. zu Ber- 
lin. S. 3. 


” n 


6) ” 


454 Fitzinger. 


Pteropus rubricollis. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. 1. 
p. 183. — V. Il. p. 75. 


I = Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. p. 362. 
x ae Isid. Geoffr. Diet. class. V. XIV. p. 700. 

2 " Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 156. Nr. 4. 
h; B Geoffr. Cours d’hist. nat. d. Mammif. V. 1. 


Lec. 13. p. 24. 


5 A Fisch. Synops. Mammal. p. 8%, 549. Nr. 8. 

a iA Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. p. 503. 

” > Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 351. 
Nr.'12. 

2 y Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 37. 

5 > Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 602. 
Nr. 28. 

5 5 Giebel. Säugeth. S. 997. 


Obgleich durch ihre Merkmale höchst ausgezeichnet und ziem- 
lich scharf begrenzt, wurde diese Art nicht nur in älterer, sondern 
auch selbst in neuerer Zeit mannigfach verkannt und mit anderen 
verwechselt. Sie ist mit dem hellbraunen Flederhunde (Pteropus 
pallidus) von gleicher Größe und gehört daher zu den mittelgroßen 
Formen dieser Gattung. 

Die Ohren sind klein, kurz und abgerundet und werden von den 
Haaren überdeckt. Die Schenkelflughaut ist überaus schmal und längs 
der Beine und am Steiße vollständig unter den Haaren verborgen. 
Die Körperbehaarung ist reichlich, lang, wollig und rauh, und ziem- 
lich stark gekräuselt. 

Die Oberseite des Körpers ist gelblich-graubraun mit einzelnen 
eingemengten hellgelben Haaren, die Unterseite desselben weißlich- 
graubraun. Der Nacken, die Seiten des Halses und der Vorderhals 
sind lebhaft goldroth oder aus Roth und Orangegelb gemischt. Die 
Brust ist schwärzlichbraun. 


Körperlänge „1.4.8.0... 300 „una an 7’ 6". Nach Geoffroy. 
Bänge des-Kopfesit 2. milk. una BUNTEN 
„ des Vorderarmes . «. . .'. 4". 
Spannweite der Flügel . » ... 2%. 
Körpenlänze, „OD MUB UST. 7’ &". Nach Wagner. 


Länge des Vorderarmes . . . . . 4", 


‚Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). A55 


Die Vorderzähne des Oberkiefers stehen nahe beisammen und 
weit näher als beim Kreuz-Flederhunde (Pteropus vulgaris), die 
beiden mittleren sind dieht aneinander gedrängt; jene des Unter- 
kiefers dagegen sind paarweise gestellt. 

Vaterland. Süd- und Südost-Afrika, Cap der guten Hoffnung, 
von wo die Museen zu Leyden und London Exemplare dieser Art er- 
hielten, die Maskarenen Bourbon und Mauritius oder Isle de France 
und Madagaskar. 

Brisson hat uns mit derselben zuerst bekannt gemacht und 
Daubenton und Buffon gaben uns genauere Kenntniß von der- 
selben. Von Linne und den ührigen älteren Naturforschern wurde 
sie mit dem großen (Pteropus edulis), dem schwarzschnauzigen 
(Pteropus Edwardsü) und dem Kreuz-Flederhunde (Pteropus vul- 
garis) verwechselt und voneinigen auch mit dem hellgelben Schwanz- 
flederhunde (Xantharpyia straminea) und als eine besondere Ab- 
änderung betrachtet. Erst Geoffroy war es vorbehalten ihre Art- 
berechtigung darzuthun. | 

Liehtenstein hielt irrigerweise Illiger's „Pteropus col- 
laris“ oder den sehmalflügeligen Schwanzflederhund (Xantharpyia 
Leachiü) mit derselben für identisch, worin ihm Fischer, Wag- 
ner und”auch Gray und Giebel gefolgt sind, und erst Peters 
klärte diesen Irrthum auf. 


2. Gatt.: Schwanzflederhund (Xantharpyia). 


Die Flügel sind an den Leibesseiten angeheftet und reichen bis 
an den Mittelfuß. Der Daumen ist in seiner unteren Hälfte von der 
Flughaut umhüllt und nebst dem Zeigefinger bekrallt. Die Schnauze 
ist langgestreckt und stumpf zugespitzt. Der Schwanz ist kurz oder 
sehr kurz, und mehr oder weniger von der Schenkelflughaut einge- 
schlossen, oder auch völlig frei. Die Zunge ist mäßig lang, nur wenig 
ausstreckbar und breit. Die Zitzen liegen auf der Brust. 


Zahnformel: Vorderzähne a ‚ Eekzähne =. ‚ Lücken- 


— 34. 


il & 
Backenzähne 


zähne an” ar 


456 Fitzinger. 


1. Der Palmen-Schwanzflederhund (KXantharpyia Palmarum). 


X. stramineae magnitudine; auriculis longis angustis basi 
tantum pilosis ; collo pilis antrorsum directis vestito ; alis dorso alte 
affixis calvis, infra solum circa brachia pilosis; capite supra, 
dorso, brachüis antibrachüsque superne pallide griseo-fuscescen- 
tibus, lateribus, brachüs et antibrachüs inferne saturate fusco-fla- 
vis, in junioribus virescente-flavis; gula juguloque nitide fusco- 
flavis, nucha ejusdem coloris magisque in fuscum vergente, praeci- 
pue interscapulium versus, in foeminis dilutiore ; pectore abdomi- 
neque griseo-fuscescentibus, abdomine in medio rufescente-lavato ; 
facie nigrescente-fusca, auriculis putagiisque nigrescentibus. 


Pteropus palmarum. Heuglin. Leopoldina. 1865. Hft. 5. Nr. 3, 4. 
S. 34. 

Wir kennen diese Form nur aus einer Beschreibung von Heug- 
lin, der sie aber nicht zu dieser Gattung, sondern zur Gattung Fle- 
derhund (Pteropus) zieht, da er das Vorhandensein eines Schwanz- 
rudimentes derselben abspricht, dagegen aber den Daumen als an 
der Wurzel von der Flughaut umhüllt angibt. 


Diese beiden nicht mit einander im Einklange stehenden Merk- 
male würden — wenn sie sich wirklich bestätigen sollten, — die Er- 
richtung einer besonderen Gattung für dieselbe erfordern, wenn man 
consequent zu Werke gehen wollte. 


Es scheint mir indeß, daß Heuglin den fast bei allen Arten 
der Gattung Schwanzflederhund (Xantharpyia) sehr kurzen und bei 
manchen derselben kaum die schmale Schenkelflughaut überragenden 
Schwanz übersehen habe, welcher Fall sich auch bei anderen Arten 
schon ereignet hat und daher nicht nur sehr leicht denkbar, sondern 
auch vollkommen zu entschuldigen ist. 


Von dieser Ansicht ausgehend, reihe ich diese Form der Gat- 
tung Schwanzflederhund (Xantharpyia) ein, zu welcher sie auch 
ihrer sehr nahen Verwandtschaft mit dem hellgelben Schwanz- 
flederhunde (Xantharpyia straminea) wegen, weit eher zu gehö- 
ren scheint. 

Sie gehört zu den größten Formen dieser Gattung, da sie von 
derselben Größe wie die genannte Art ist, mit welcher sie auch in 
ihren körperlichen Verhältnissen übereinzukommen scheint und unter- 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). A517 


scheidet sich von derselben hauptsächlich durch die abweichende 
Färbung. 


Die Nasenlöcher sind durch eine tiefe, scharf abgegrenzte 
Furche, welche nach oben zu einen sehr stumpfen Winkel bildet, 
sich aber nicht auf den Nasenrücken fortsetzt, von einander ge- 
trennt. Die Schnauzengegend ist sehr kurz behaart und nur mit we- 
nigen Borstenhaaren besetzt. Die Ohren sind verhältnißmäßig lang 
und schmal, auf der Außenseite von ungefähr 8—9 Querfalten dureh- 
zogen, beinahe völlig kahl und nur an der Wurzel behaart. Die 
Flügel sind hoch am Rücken angesetzt, auf der Ober- wie der Unter- 
seite beinahe vollständig kahl, und nur längs des Oberarmes zieht 
sich ein langer Haarstreifen, hinter welchem die Flughaut gegen den 
Rücken zu wieder kahl erscheint. Der Daumen ist mit einer langen 
sehr stark zusammengedrückten Kralle versehen, während jene des 
Zeigefingers um mehr als ®/, kleiner ist. Die Zehen der Hinterfüße 
sind nahezu von gleicher Länge und mit starken spitzen Krallen be- 
waffnet. Am Fußgelenke befindet sich ein Büschel längerer Haare. 
Am Halse sind die Haare nach vorwärts gerichtet und bildet diese 
Behaarung um denselben ein breites Band. Die Augen sind verhält- 
nißmäßig groß. 

Die Färbung ist nach dem Geschlechte und dem Alter etwas 
verschieden. 


Beim alten Männchen sind der ganze Oberkopf, bis zum 
Hinterhaupte, der Rücken und die Oberseite der Arme sehr licht 
graubräunlich, da die einzelnen Haare an diesen Körpertheilen in 
sehwärzlich- oder umberbraune Spitzen endigen. Die Leibesseiten 
und die Unterseite der Arme sind gesättigt braungelb. Die Kehle und 
der Vorderhals bis zur Brust herab sind glänzend braungelb oder 
goldbraun, der Nacken ebenso, doch minder lebhaft und mehr in's 
Braune ziehend, insbesondere am Vorderrücken und in der Schulter- 
gegend. Brust und Bauch sind hell graubräunlich, letzterer um die 
Mitte roströthlich überflogen. Das Gesicht ist schwärzlich- oder 
umberbraun, die Nase, der kahle Theil der Ohren und die Flughäute 
sind schwärzlich. Die Augen sind hellbraun. 


Das Weibehen ist kleiner als das Männchen und immer lich- 
ter gefärbt, vorzüglich aber auf dem Vorderrücken und in der Gegend 
der Schultern. 


458 Fitzinger. 


Jüngere Thiere sind an den Leibesseiten und auf der Unter- 
seite der Arme grünlichgelb. 


Körperlänge eines alten Männchens . . 8”. Nach Heuglin. 
Länge des Vorderarmes . . 2.2... 478". 
„ des Daumens sammt der Kralle. 1” 1’. 
».NndesiZeigelingersit Ma ade ar. Su 


Vaterland. Der östliche Theil von Central-Afrika, wo diese 
Form am mittleren und oberen Bahr-el-abiad, und zwischen Fazoglo 
und Sennaar längs des Bahr-el-asrak angetroffen wird. Sie fliegt 
auch am hellen Tage. 


2. Der hellgelbe Schwanzflederhund (Xantharpyia straminea). 


X. Pteropodis dasymalli magnitudine; rostro elongato, auri- 
culis longiusculis acuminato-rotundatis; alis dorso sat alte affizis 
supra calvis, infra juxta corporis latera et antibrachia pilis oper- 
tis, brachiis scelidibusque pilis brevibus obtectis; patagio analı an- 
gusto undique latitudine aequali ‚piloso et solum juxta scelides 
calvo; cauda brevissima, fere tota patagio inclusa, apice tuber- 
culiformi tantum prominente libera; corpore pilis brevissimis in- 
cumbentibus confertis, in junioribus longioribus minusque incum- 
bentibus vestito, collo autice et in lateribus pilis divergentibus fere 
füsciculatim dispositis; capite genis fuscescentibus exceptis ci- 
nerascente, notaeo albido-flavo vel dilute stramineo leviter rufes- 
cente-undulato, gula, jugulo lateribusque colli fascia transversali 
lata, in maribus rufo-aurata, in foeminis albido-flava cinctis; 
gastraeo sordide albido fascia longitudinali plus minus distincta 
fuscescente in abdominis medio; patagüis obscure fuscis. 


Chauve-Souris. Des Marchais. Voyage en Guinee. V. I. p. 69. 
Lesser ternate bat. Pennant. Synops. Quadrup. p. 362. Nr. 274. 


DT Noir. dr 
Vespertilio Vampyrus. Var. A. Schreber. Säugth. B. I. S. 158. 
Ne. 1A. 


Pteropus Vampyrus Var. y. Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. p. 130, 
133. Nr. 1. y. 
Vespertilio Vampyrus. Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch. u. d. 
Thiere. B. Il. S. 408. Nr. 353. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera ). A459 


Lesser ternate bat. Pennant. Hist. of Quadrup. V. II. p. 308. t. 304. 
al. 
Vespertilio Vampyrus. Var. y. Gm elin. Linne Syst. Nat. T. 1. P. 1. 
p. 45. Nr. 1. y. 
Roussette jaune. Cuv. Tabl. el&m. d’hist. nat, p. 104. 
Pteropus stramineus. Geoffr. Ann. du Mus. V. XV. p. 95. 


Nr. 6. 
& e: Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat V. XXIX. 
pP 512. Nr. 6. 
s n Desmar. Mammal. p. 110. Nr. 143. 
5 a Temminck.* Monograph. d. Mammal. V. I. 


p: 195. t. 15. fig. 12, 13. (Schädel und Ge- 
biß.) — V. Il. p. 84. 


- % Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. p. 366. 
” » Isid. Geoffr. Diet. class. V. XIV. p. 702. 
> en Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 560. Nr. 8. 


Pteropus edulis? Fisch. Synops. Mammal. p. 81, 549. Nr. 1. 
Pteropus stramineus. Fisch. Synops. Mammal. p. 86, 549. Nr. 15. 


M R Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. Il. p. 503. 

2 > Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 357. 
Ne 22. 

n 3 Sundev. Vetensk Akad. Handl. 1842. p. 206. 


Xantharpyia straminea. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 38. 
Pteropus stramineus. Temminck. Esquiss. zool. sur la cöte de 
Guine. p. 54. 
“ » Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V.S 603. 
Ne29:. 
Oynonyeteris straminea. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 603. Nr. 29. 
Pteropus stramineus. Giebel. Säugeth. S. 999. 
Xantharpyia straminea. Fitz. Heug]. Säugeth. Nordost-Afr. S. 8. 
Nr. 1. (Sitzungsber. d. math. naturw. Cl. 
d. kais. Akad. d. Wiss. B. LIV.) 


Nebst dem Palmen- (Xantharpyia Palmarum) und gelblich- 
weißsen Schwanzflederhunde (Xantharpyia leucomelas) die größte 
Art dieser Gattung und von derselben Größe wie der gewellte (Pte- 
ropus dasymallus), weißflügelige (Pferopus vociferus) und samoa- 


AB0 Fitzinger 


nische Flederhund (Pteropus samoensis), welche zu den mittel- 
großen Formen derselben gehören. 


Die Schnauze ist gestreckt, und die Ohren sind ziemlich lang und 
stumpfspitzig gerundet. Die Flügel sind ziemlich hoch am Rücken an- 
gesetzt, auf der Oberseite kahl, auf der Unterseite längs der Leibes- 
seiten und der Vorderarme behaart. Die Arme und die Hinterbeine sind 
mit kurzen Haaren besetzt. Die Schenkelflughaut ist schmal, durchaus 
von gleicher Breite, behaart und blos in der Nähe der Beine kahl. Der 
Schwanz ist sehr kurz und tritt nur in der Gestalt eines kleinen 
Höckers aus der Schenkelflughaut hervor. Die Körperbehaarung ist 
dieht, glatt anliegend und sehr kurz, bei jüngeren Thieren aber etwas 
länger und auch minder anliegend. 

Die Färbung ist nach dem Geschlechte verschieden. 


Beim Männchen ist der Kopf graulich und nur die Wangen 
sind braun. Die Oberseite des Körpers ist weißlichgelb oder blaß 
strohgelb und schwach röthlich gewellt. Die Seiten des Halses und 
der Vorderhals sind von einer breiten goldrothen Querbinde um- 
geben, die aus divergirenden und beinahe büschelartig aneinander 
gereihten Haaren gebildet wird. Die Unterseite des Körpers ist 
schmutzig weißlich mit einer mehr oder weniger deutlichen bräun- 
lichen Längsbinde am Bauche. Die Flughäute sind dunkelbraun. 

Das Weibchen unterscheidet sich vom Männchen durch den 
ringsum weißlichgelben Hals. 
Gesammtlänge . . . . 7” 3”"—7T' 4'’. Nach Temminck. 
Länge des Vorderarmes A 83". 

Spannweite der Flügel 2 5’—2’ 6”. 
Gesammtlänge eines alt. 


Männchens . . . . 8. as 3 
Länge des Schwanzes ul. 
Gesammtlänge . . . . 9%. Nach Geoffroy. 


Spannweite der Flügel 2’. 


Die Vorderzähne des Oberkiefers sind paarweise gestellt, jene 
des Unterkiefers klein, durchaus von gleicher Größe und einander 
genähert. 

Vaterland. Ost- und West-Afrika, Sennaar, Bahr-el-abiad, 
Bahr-el-asrak, Kordofan und Senegambien, woselbst diese Art am 
Senegal getroffen wird. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 461 


Geoffroy gab irrigerweise Timor und Ternate als ihre Heimath 
an und Temminck wurde hierdurch verleitet, früher gleichfalls 
Timor als das Vaterland derselben zu bezeichnen. Erst späterhin, als 
er diese Art unmittelbar aus Afrika erhielt, erkannte er den began- 
genen Irrthum und machte uns mit der wahren Heimath derselben 
bekannt. 


Die beiden im Pariser Museum vorhanden gewesenen Exem- 
plare, welche Geoffroy bei seiner Beschreibung benützte, gehörten 
wahrscheinlich verschiedenen Altersstufen an und war wohl das- 
jenige, welches angeblich aus Ternate stammen sollte, ein jüngeres 
Individuum, wie aus der mehr abstehenden Behaarung desselben her- 
vorgeht, nach welcher Desmarest sogar deren Zusammengehörig- 
keit als Art bezweifelt. 


Höchst wahrscheinlich war es diese Form, deren schon Des 
Marchais in seiner Reise gedachte, und mit eben so großer Wahr- 
scheinliehkeit ist auch Pennant's „Lesser ternate bat“ mit der- 
selben identisch, welche von Schreber, Erxleben, Zimmer- 
mann und Gmelin mit dem großen (Pteropus edulis), dem 
schwarzschnauzigen (Pteropus Edwardsii), dem Kreuz-Fleder- 
hunde (Pteropus vulgaris) und dem rothbindigen (Pferopus rubri- 
collis) in einer Art vereiniget wurde, und welche auch Fischer 
geneigt war zum großen Flederhunde (Pteropus edulis) zu ziehen. 


Cuvier machte zuerst von dieser Art als besondere Form Er- 
wähnung und Geoffroy verdanken wir eine genauere Beschreibung 
von derselben. 


3. Der gelblichweiße Schwanzilederhund ( Xantharpyia leuco- 
melas). 


X. stramineae similis, ast paullo major ; rostro elongato, auri- 
culis modice longis acuminato-obtusis calvis; alis dorso sat alte 
affizis supra calvis, infra juxta corporis latera nee non ad margi- 
nem exteriorem pilis leviter erispis obtectis; brachüs supra usque 
versus antibrachiorum finem, infra usque ad eorum dimidium pi- 
losis, scelidibus supra per omnem longitudinem, infra in femoribus 
ettibiarum parte superiore solum ; patagio anali angusto, ad coccy- 
gem non interrupto anguloque subacuto exciso; cauda brevissima, 
fere tota patagio inclusa, apice tuberculiformi tantum prominente 


462 Ei ez iin greit. 


libera; corpore pilis brevibus incumbentibus mollibus confertis, 
circa collum longioribus magisque errectis et in abdomine brevis- 
simis vestito, capite pilis brevibus minus dense dispositis ; corpore 
sordide flavescente-vel grisescente-albo, in capite in obscure fus- 
cum, in lateribus corporis et praecipue colli valde in flavescentem 
vergente, in dorso pilis fuligineis mixto et in regione coceygis si- 
cut in gastraei medio fuligineo-lavato ; brachüs supra et infra nec 
non pilis alarum flavescente-albis, scelidibus fuscescentibus ; pata- 
güs auriculisque nigro-fuscis. 

Pteropus leucomelas. W agn. In litt. 

Pteropus stramineus. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 357. 

Nr. 22. Note 18. 


5 > Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 603. 
Nrr..29. 
. = Giebel. Säugeth. S. 999. 


Xantharpyia leucomelas. Fitz. Heugl. Säugeth. Nordost-Afr. S. 8. 
Nr. 2. (Sitzungsber. d. math. naturw. Cl. 
d. kais. Akad. d. Wiss. B. LIV.) 

Eine dem hellgelben Schwanzflederhunde (Xantharpyia stra- 
minea) sehr nahe stehende Form, welche sowohl bezüglich der Kör- 
perform als auch der Größe, rücksichtlich welcher sie die genannte 
Art nur wenig übertrifft, beinahe vollständig mit demselben überein- 
kommt und sich hauptsächlich durch die Färbung unterscheidet. 

Die Schnauze ist gestreckt, die Ohren sind mittellang, stumpf- 
spitzig und kahl. Die Flügel sind ziemlich hoch am Rücken ange- 
setzt, auf der Oberseite kahl, auf der Unterseite aber längs der 
Leibesseiten vom unteren Ende des Schenkels bis zur Mitte des 
Vorderarmes und auch an ihrem vorderen Rande dicht mit lockeren 
und etwas gekräuselten Haaren überflogen. Die Arme sind auf der 
Oberseite bis gegen das untere Ende des Vorderarmes, auf der Un- 
terseite bis zur Mitte desselben behaart, die Hinterbeine auf der 
Oberseite bis zu den Krallen, auf der Unterseite aber nur am Schen- 
kel und auf dem oberen Theile des Schienbeines. Die Schenkelflughaut 
ist schmal, am Steiße einen ziemlich spitzen Winkel bildend und hier 
nur in der Gestalt eines schmalen Hautbandes erscheinend, aus wel- 
chem der sehr kurze Schwanz höckerförmig hervortritt. Die Körper- 
behaarung ist dicht, kurz, glatt anliegend und weich, am Halse länger, 
wo sie auch etwas gesträubt erscheint und eine Art von Kragen bil- 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 463 


det, und am kürzesten am Bauche. Der Kopf ist kurz und dünn 
behaart. 

Die Färbung ist schmutzig gelblich- oder graulich-weiß, auf 
dem Kopfe in's Dunkelbraune ziehend und auf dem Rücken mit ruß- 
bräunlichen Haaren untermengt, in der Steißgegend aber rußbraun 
überflogen, da die schmutzig gelblich- oder graulichweißen Haare 
hier in rußbraune Spitzen endigen. Auch längs der Mitte der Unter- 
seite des Körpers zeigt sich ein bräunlicher Anflug. Die Leibesseiten 
und vorzüglich die Seiten des Halses ziehen stark in’s Gelbliehe. Die 
Arme sind mehr gelblichweiß, vorzüglich aber auf der Unterseite so 
wie auch die Behaarung der Flügel, die Hinterbeine dagegen mehr 
bräunlich. Die Fiughäute, die Ohren und die Krallen sind schwarz- 
braun. 


Gesammtlänge eines alten Weibehens 8’ 6’. Nach Wagner. 
Kanzesdes Worderaumes rn . nn elle 

End erHONTENT FT 1 VL 
Spannweite der Flügel . . . . . 2’ und etwas darüber. 


Der obere und untere Lückenzahn und der hinterste Backen- 
zahn sind in beiden Kiefern klein. 


Vaterland. Ost-Afrika, Sennaar, Bahr-el-abiad, Bahr-el-asrak 
und Kordofan. 


Kotschy hat dieselbe zuerst in den oberen Nilgegenden ge- 
troffen und mehrere Exemplare an das kaiserliche zoologische Museum 
nach Wien gesendet, von denen eines auch in das königl. zoologi- 
sche Museum nach München gelangte. Wagner erkannte in dem- 
selben eine selbstständige Art, die er mit dem Namen „Pferopus 
leucomelas“ bezeichnete. Später zog er sie aber mit dem hellgelben 
Schwanzflederhunde (Xantharpyia straminea) zusammen und be- 
schrieb sie als eine Abänderung dieser Art. 


4. Der ägyptische Schwanzflederhund (Xantharpyia aegyptiaca). 


X. Leachiüt fere magnitudine ; capite breviore, rostro modice 
longo, auriculis longiusculis rotundatis calvis, oculis inter aures 
et rostri apicem in medio sitis; alis corporis lateribus affi.xis 
supra calvis, infra juxta brachia et antibrachia pilis crispis ob- 
tectis; patagio anali sat amplo, coccygem versus supra et infra 
püis longiusculis erispis operto; cauda brevissima ad dimidium 


A6A Fitzinger. 


usque patagio inclusa ; corpore pilis brevibus incumbentibus laneis 

dense vestito, sub gula ac jugulo longioribus minus confertis; no- 

taeo pallide ea: albido griseo-fusco, lateribus et brachüs in pallide 

flavescentem vergentibus, gastraeo multo dilutiore et fere sordide 

albido ; patagüis griseo-fuseis. 

Pteropus aegyptiacus. Geoffr. Deseript. de !’Egypte. V. II. p. 135. 
t. 3. fig. 2. 


5 I Geoffr. Ann. du Mus. V. XV. p. 96. Nr 7. 

4 & Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. V. XXIX. 
p. 513. Nr. 7. 

5 “ Desmar. Mammal. p. 111. Nr. 144. 


Pteropus Geoffroyi. Temminek. Monograph. d. Mammal. V. I. 
p-. 197. t. 15. fig. 14, 15. (Schädel u. Gebiß.) 
— V. II p. 85. 

Pteropus Aegyptiacus. Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. p. 367. 

Pteropus Geofroyi. Isid. Geoffr. Diet. elass. V. XIV. p. 702. 

Pteropus degyptiacus. Griffith. Anim. Kingd. V. V, p. 161. Nr. 9. 


N 2 Geoffr. Cours d’hist. nat. d. Mammif. V. 1. 
Lee. 13. p. 24. 
% h Fisch. Synops. Mammal. p. 85, 549. Nr. 14. 
5 Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. p. 508. 
Pteropus Geoffroyi. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 358. 
Nr. 23. 


Xantharpyia Aegyptiaca. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 37. 
Pteropus Geoffroyi. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 603. 
Nr. 80. 

Cynonyeteris Geoffroyi. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 603. Nr. 30. 

Pteropus aegyptiacus. Giebel. Säugeth. S. 999. 

Xantharpyia aegyptiaca. Fitz. Heugl. Säugeth. Nordost-Afr. S. 8. 
Nr. 3. (Sitzungsber. d. math. naturw. Cl. 
d. kais. Akad. d. Wiss. B. LIV.) 

Offenbar eine der ausgezeichnetsten unter den nicht sehr zahl- 
reichen Arten dieser Gattung, welche zu den mittelgroßen Formen der- 
selben gehört, viel kleiner als der hellgelbe ( Xantharpyia strami- 
nea) und gelblichweiße (Xantharpyia leucomelas) und ungefähr von 
derselben Größe wie der langflügelige (Xantharpyia Leachü) und 
punktirte Schwanzflederhund (Xantharpyia Leschenaultü) ist. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 465 


Der Kopf ist verhältnißmäßig ziemlich kurz, viel kürzer und 
breiter als bei den anderen Arten, die Schnauze mäßig lang. Die 
Ohren sind ziemlich lang, abgerundet und kahl, und die Augen 
stehen in der Mitte zwischen denselben und der Schnauzenspitze. 
Die Flügel sind an den Leibesseiten angesetzt, auf der Oberseite 
kahl, auf der Unterseite um den Ober- und Vorderarm mit lockeren 
gekräuselten Haaren überflogen. Die Schenkelflughaut ist ziemlich 
breit und auf der Ober- sowohl als Unterseite gegen den Steiß zu 
mit ziemlich langen gekräuselten Haaren bedeckt. Der Schwanz ist 
sehr kurz und zur Hälfte von der Schenkelflughaut eingeschlossen. 
Die Körperbehaarung ist dieht, kurz, glatt anliegend, wollig und 
weich, am Vorderhalse aber spärlicher und länger. 

Die Oberseite des Körpers ist hell weißlich-graubraun, auf den 
Leibesseiten und den Armen etwas in’s Blaßgelbliche ziehend, auf 
der Unterseite viel liehter und beinahe schmutzig weißlich. Die 
Flughäute sind graubraun. 


Gesammtlänge des alten 


Männehens. . .. 576”. Nach Geoffroy. 
Länge des Schwanzes 1: 

„ des Vorderarmes 3” 5’’— 3” 6'". 

= denOÖhren Io 


Spannweite der Flügel 1’ 8” 6” — 1’ 8” 8". 
Spannweite der Flügel 

des alten Weibehens 1’ 6”. & & 
Körperlänge . .. . Dia, Nach Desmarest. 
Spannweite der Flügel 1’ 8” 6. 


Die Vorderzähne sind im Ober- sowohl als Unterkiefer klein 
und regelmäßig aneinander gereiht, und der Lückenzahn ist in beiden 
Kiefern sehr klein, im Unterkiefer aber stärker. 

Vaterland. Nord-Ost-Afrika, Ägypten, woselbst diese Art 
von Geoffroy, der sie zuerst beschrieben und abgebildet, in den 
Gewölben der Pyramiden in der Nähe von Gizeh bei Cairo ent- 
deekt wurde und Nordwest-Afrika, wo sie nach Rüppell und Tem- 
minck in Senegambien längs des Senegal angetroffen wird, und 
West-Asien, wo sie von Kotschy in Syrien aufgefunden wurde. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 31 


466 Fitzinger. 


5. Der schmalflügelige Schwanzflederhund (Xantharpyia Leachü). 


X. aegyptiacae fere magnitudine vel paullo minor ; auriculis 
mediocribus acuminato-rotundatis ; oculis inter aures et rostri 
apicem in medio sitis; alis dorso alte affixis angustis supra calvis, 
infra juxta corporis latera et antibrachia valde pilosis; patagio 
anali subangusto, ad coccygem leviter ewciso; cauda brevi, ultra 
dimidium patagio inclusa, in junioribus longiore et in apicali 
parte ultra dimidium libera: corpore pilis brevibus vestito, prae- 
sertim supra nucham interdum plus minusve calvam; vertice 
sordide fusco, notaeo rubido-fuscescente, in junioribus sordide 
grisescente-fusco, gastraeo griseo-fusco, pectus versus nec non in 
abdominis medio flavescente, in pallide rufescentem vergente, in 
jJunioribus fuscescente-griseo, rufescente-lavato. 


Pteropus collaris. Illiger. Abhandl. d. Berlin. Akad, 1815. S. 84. 

K N Liehtenst. Verz. d. Doubl. d. zool. Mus. zu 

Berlin. S. 3. 
Pteropus Leachü. A. Smith. Zool. Journ. V. IV. p. 483. 

ii “ A. Smith. Bullet. des Sc. nat. V. XVII. p. 272. 
Pteropus rubricollis. Fisch. Synops. Mammal, p. 84, 549. Nr. 8. 
Pteropus Leachü. Fisch. Synops. Mammal. p. 661. Nr. 14. a. 
Pteropus rubricollis. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. p. 508. 
Pteropus Leachiü. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. p. 503. 


5 & Temminck. Monograph. d. Mammal. V. I. 
p- 88. 
Pteropus rubricollis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. 
S. 351. Nr. 12. 


Pteropus Leachü. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. 361. Nr. 27. 

Pteropus rubricollis. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 87. 

Pteropus Leachii. A. Smith. Nlustr. of the Zool. of South - Afr. 
V.1.t. 48. 

Cynonycteris collaris. Peters. Säugeth. v. Mossamb. B. I. S. 25. 

Pteropus Leachü. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 604. 


Nr. 33. 
Cynonycteris Leachü. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 604. Nr. 33. 


Pteropus rubricollis. Giebel. Säugeth. S. 997. 
Pteropus collaris. Giebel. Säugeth. S, 1000. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). A67 


Ebenfalls eine leicht zu erkennende Art, welche durch die ihr 
zukommenden Merkmale scharf von den übrigen geschieden ist. 

Bezüglich ihrer Größe kommt sie ungefähr mit dem ägyptischen 
Schwanzflederhunde (Xantharpyia aegyptiaca) überein, obgleich 
sie in der Regel etwas kleiner als derselbe ist. Sie zählt sonach 
zu den mittelgroßen Formen dieser Gattung. 

Der Kopf ist gestreckt, die Schnauze nur von mäßiger Länge. 
Die Ohren sind mittellang und stumpfspitzig-gerundet, und die 
Augen stehen in der Mitte zwischen denselben und der Scehnauzen- 
spitze. Die Flügel sind hoch am Rücken angesetzt und schmal, viel 
schmäler als beim Hottentotten-Schwanzflederhunde (Xantharpyia 
Hottentotta), auf der Oberseite kahl, auf der Unterseite aber längs 
der Leibesseiten und der Vorderarme sehr stark behaart. Die 
Schenkelflughaut ist ziemlich schmal und am Steiße nur sehr schwach 
ausgeschnitten. Der Schwanz ist kurz und bis über seine Hälfte von 
der Schenkelflughaut umhüllt. Die Körperbehaarung ist kurz und 
am Nacken minder dicht, so daß derselbe zuweilen mehr oder weniger 
kahl erscheint. 

Die Färbung ist nach dem Alter etwas verschieden. 

Bei alten Thieren ist die Oberseite des Körpers rothbräun- 
lich und der Scheitel schmutzig braun, die Unterseite des Körpers 
graubraun und gegen die Brust hin, so wie auch längs der Mitte des 
Bauches in Gelblieh und licht Röthlich übergehend. 

Bei jüngeren. jährigen Thieren ist die Oberseite 
schmutzig graulichbraun, die Unterseite bräunlichgrau in’s Röth- 
liche ziehend. 

Außerdem unterscheiden sich dieselben von den alten durch den 
verhältnißmäßig längeren und seiner größeren Länge nach aus der 
Schenkelflughaut frei hervorragenden Schwanz. 

Körperlänge ses ne: 4". Nach A. Smith. 
Länge des Schwanzes . 902 

Spannweite der Flügel. 1’ 1”. 

Gesammtlänge alter 


Männehenes 2.0: 6". Nach Temminck. 
Körperlänge . . 2. 2....873”7— 5" 4", 
Länge des Schwanzes . 8 9". 


„ des Vorderames . 3 283" 8". 
Spannweite der Flügel . 1’6”. 


31* 


A68 Fitzinger, 


Die Vorderzähne sind in beiden Kiefern kurz, stark, regelmäßig 
aneinander gereiht und an der Spitze abgerundet. 


Vaterland. Süd-Afrika, Cap-Colonie, wo diese Art von 
A. Smith aufgefunden wurde, Kaffern-Land woselbst sie Lich- 
tenstein getroffen, und Mozambique, von wo sie Peters brachte. 


Illiger beschrieb dieselbe zuerst unter dem Namen „Pteropus 
collaris“ und Lichtenstein betrachtete diese Form irrigerweise 
mit dem rothbindigen Flederhunde (Pteropus rubricollis) für 
identisch, welcher Ansicht auch Fischer, Wagner, Gray und 
Giebel beigetreten sind. Erst lange nachdem A. Smith eine 
genaue Beschreibung und auch eine Abbildung derselben unter 
dem Namen „Pteropus Leachü“ gegeben, erkannte Peters die 
Zusammengehörigkeit des Illiger'schen „Pferopus collaris“ mit 
dieser Art. 


6. Der Hottentotten-Schwanzflederhund (Xantharpyia Hottentotta). 


X. Leachii parum minor ; auriculis brevibus rotundatis ; oculis 
auribus multo propioribus quam rostri apici; alis dorso alte 
affieis supra calvis, infra piosis; patagio anali infra ad basin 
piloso, ad coccygem in angulo acuto profunde exciso; cauda bre- 
vissima, tota libra calva; corpore pilis brevibus mollibus vestito ; 
notaeo fusco, gastraeo grisescente. 

Pteropus amplezxicaudatus. Temminek. Monograph. d. Mammal. 
V. I p. 200, 260. 


5 Fisch. Synops. Mammal. p. 86, 549. 
Nr. 17. 
Pteropus Hottentottus. Smuts. Mammal. cap. p. 3. 
ne > Temminck. Monograph. d. Mammal, V. II. 
p. 87. t. 36. f. 16, 17. (Schädel.) 
c; Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. 


S. 360. Nr. 26. 
Eleutherura Hottentotta. Gray. Zool. of the Voy. of Sulphur. 
Mammal. p. 29. 
Pteropus Hottentottus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 604. Nr. 34. 
Cynonyeteris Hottentotta. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 604. Nr. 34. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 469 


Pteropus hottentottus. Vietorin. Zoologiska Anteckningar under 
en Resa of Caplandet. p. 13. Nr. 2. (Ve- 
tensk. Akad. Handl. 1858. B. II. Nr. 10). 

x x Giebel. Säugeth. S. 1000. 


Eine zu den kleineren Arten dieser Gattung gehörige Form, 
welche etwas kleiner als der schmalflügelige Schwanzflederhund 
(Xantharpyia Leachiü), aber beträchtlich größer als der Scheiden- 
Schwanzflederhund (Xantharpyia amplexicaudata) ist, mit welchem 
sie außerordentlieh nahe verwandt ist, sich von demselben aber, ab- 
gesehen von anderen Merkmalen, hauptsächlich durch die verschie- 
dene Stellung der Augen, die weit tiefer ausgeschnittene Schenkel- 
flughaut, und den kürzeren und vollständig freien Schwanz sehr 
deutlich unterscheidet. 

Die Schnauze ist lang und zusammengedrückt, die Ohren sind 
kurz und abgerundet, und die Augen stehen denselben weit näher 
als der Schnauzenspitze. Die Flügel sind hoch am Rücken angesetzt, 
auf der Oberseite kahl, auf der Unterseite behaart. Die Schenkel- 
flughaut ist auf der Unterseite an der Wurzel behaart und am Steiße 
in einem spitzen Winkel ausgeschnitten, wodurch sieh diese Art von 
allen übrigen auffallend unterscheidet. 


Der Schwanz izt sehr kurz, nur halb so lang als die Entfernung 
des vorderen Augenwinkels von der Schnauzenspitze beträgt, voll- 
ständig frei und kahl. Die Körperbehaarung ist kurz und weich. 

Die Oberseite des Körpers ist braun, da die einzelnen Haare, 
welche an der Wurzel grau sind, in braune Spitzen endigen; die 
Unterseite derselben ist graulich. 


Gesammllänges. an... 0%. Nach Temminck, 
Länge des Schwanzes . . 4", 
Länge des Vorderarmes . 837 3’— 3" 4". 


Spannweite der Flügel . 1’ 8’— 1’ 9". 

Vaterland. Süd-Afrika, Cap der guten Hoffnung, woselbst 
diese Art von Boie in der Cap-Colonie und zwar in der Umgegend 
der Capstadt entdeckt wurde, aber auch im Inneren des Landes vor- 
kommt und von Vietorin in der Pettenbergs-Bay getroffen wurde. 

Temminck hielt sie früher mit dem Seheiden-Schwanz- 
flederhunde (Xantharpyia amplexicaudata) für identisch, trennte 
sie aber später von derselben als eine besondere Art. 


A470 Fitzinger. 


Smuts theilte uns zuerst eine genauere Beschreibung von 
derselben mit. 

Gray sah sich veranlaßt eine besondere Gattung für diese 
Art zu errichten und brachte für dieselbe den Namen „Bleutherura“ 
in Vorschlag. Da jedoch das einzige Merkmal, welches diese Form 
von den übrigen Schwanzflederhunden (Xantharpyia) generisch 
trennen soll, nur darin besteht, daß der Schwanz vollkommen frei 
und nirgends von der Schenkelflughaut umschlossen ist, so erscheint 
dasselbe zu geringfügig, um eine solehe Trennung zu rechtfertigen. 


7. Der Scheiden-Schwanzflederhund (Xantharpyia amplezicaudata). 


X. Hottentotta distincte minor; auriculis brevibus rotundatis ; 
oculis inter aures et rostri apicem in medio sitis; alis dorso alte 
affixis calvis; patagio anali calvo ad coccygem minus profunde 
angulatim exciso; cauda brevi usque versus dimidium patagio 
inclusa, dein libera calva,; corpore pilis brevibus incumbentibus 
mollibus vestito, in dorso interdum fere calvo brevissimis: notaeo 
maris fusco-rufescente, in vertice et dorso in rubidum vergente, 
foeminae rufescente-fusco, in vertice et dorso in fuscum vergente, 
gastraeo ex rufescente fusco-griseo, vel ex rufescente griseo-albo ; 
patagüs rufescente-fuscis, digitis caudaque flavescente-fuscis. 


Pteropus amplexicaudatus. Geoffr. Ann. du Mus. V. XV. p. 96. 


Nr. 8.1.7. 

5 5 Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. 
V. XXIX. p. 513. Nr. 8. 

3 i Desmar. Mammal. p. 111. Nr. 145. 

N » Temminek. Monograph. d. Mammal. 
V..1. p. 200, 260. t., 19. "(Thier). 
t. 15. f. 16 (Schädel). — V. Il. 
p- 90. t. 36. f. 10, 19 (Schädel). 

b, 5 Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. 
p- 367. e. fig. 

I a Isid. Geoffr. Diet. elass. V. XIV. 
p. 703. 

a e Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 162. 


Nr. 10. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). A471 


Pteropus amplezicaudatus. Geoffr. Cours d’hist. nat. d. Mammif. 
V. 1. Lee. 13. p. 25. 


4 EN Fisch. Synops. Mammal. p. 86, 549. 
Nr. 17. 

# e Wagler. Syst. d. Amphib. S. 9. 

Ri " Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. 
p- 508. 

& Q Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. 1. 


S. 359. Nr. 25. 
Xantharpyia amplezicaudata. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 37. 

s a Gray. Zool. of the Voy. of Sulphur. 

Mammal. p. 30. 
Pteropus amplexicaudatus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 604. Nr. 32. 
Cynonycteris amplezicaudata. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. 
B. V. S. 604. Nr. 32. 
Pteropus amplexicaudatus. Giebel. Säugeth. S. 1000. 

Die kleinste Art der Gattung und beträchtlich kleiner als der 
Hottentotten-Schwanzflederhund (Xantharpyia Hottentotta), mit 
welchem sie in nächster Verwandtschaft steht. 

Die Schnauze ist ziemlich gestreckt und etwas zusammenge- 
drückt, und die Ohren sind kurz und abgerundet. Die Augen stehen 
zwischen den Ohren und der Schnauzenspitze in der Mitte. Die Flügel 
sind hoch am Rücken und nur in geringer Entfernung von der 
Mittellinie desselben angesetzt und auf der Ober- sowohl als Unter- 
seite kahl. Die Schenkelflughaut ist oben und unten kahl, am 
Steildße minder tief, und nicht in einem so spitzen Winkel wie beim 
Hottentotten-Schwanzflederhunde (Xantharpyia Hottentotta) aus- 
geschnitten und zieht sich oberhalb des Schwanzes hinweg. Der 
Schwanz ist kurz, von derselben Länge als das Schienbein und der 
Raum zwischen dem vorderen Augenwinkel und der Schnauzenspitze, 
daher viel länger als bei allen übrigen Arten dieser Gattung, nur von 
der Wurzel an bis gegen die Hälfte seiner Länge von der Schenkel- 
flughaut umhüllt, seiner größeren Länge nach aber frei und kahl. 
Die Köperbehaarung ist kurz, glatt anliegend, weich und sammtartig, 
besonders kurz aber auf dem Rücken, der bisweilen beinahe völlig 
kahl erscheint. 


Die Färbung ist nach dem Geschlechte etwas verschieden. 


A412 Fitzinger. 


Beim Männchen ist die Oberseite des Körpers braunröthlich, 
auf dem Scheitel und dem Rücken mehr in's Rothe ziehend, die 
Unterseite röthlich braun-grau oder röthlich-grauweiß. Die Flughäute 
sind röthlichbraun, die Finger und der Schwanz gelbliehbraun. 

Beim Weibchen ist die Oberseite des Körpers röthlichbraun, 
auf dem Scheitel und dem Rücken mehr in's Braune ziehend, die 
Unterseite aber nebst den Flüghäuten, den Fingern und dem 
Schwanze wie beim Männchen gefärbt. 


Gesammtlänge . . . . 4" 6"'. Nach Geoffroy. 
Spannweite der Flügel . 1’ 4”, 
Gesammtlänge . . . . #6”. Nach Temminck. 
Länge des Schwanzes . Tun 

3 » Vorderarmes 

beinahe 2 m 3 


Spannweite der Flügel . 17 3’— 14". 

Die Vorderzähne sind durchaus von gleicher Größe und jene 
des Oberkiefers stehen etwas von einander getrennt. 

Vaterland. Süd-Asien, wo diese Art sowohl im indischen Ar- 
chipel und zwar in Timor, wo sie von Peron und Lesueur 
entdeckt wurde, in Amboina und Sumatra, von wo sie Diard und 
Duvaucel gebracht, und in Java vorkommt, als auch auf dem 
indischen Festlande und namentlich in Siam angetroffen wird. 


Geoffroy hat uns zuerst mit derselben bekannt gemacht und 
ihm verdanken wir eine genaue Beschreibung und Abbildung. 


8. Der punktirte Schwanzflederhund (Aantharpyia Leschenaultü). 


X. aegyptiacae fere magnitudine; cauda brevissima, basi 
solum patagio anali inclusa, apice distincte libera,; corpore püis 
longiusculis, sub gula, circa collum et sub ventre tenerioribus bre- 
vioribusgue vestito; notaeo yriseo-fusco, vel fusco leviter grises- 
cente-lavato, gastraeo griseo-flavido in rufescentem vergente; 
alis versus corporis latera, inter collum et brachia et juxta di- 
gitos punctis majusculis numerosis albidis, in lineas parallelas 
seriatis signatis. 

Pteropus Leschenaulti. Desmar. Mammal. p- 110. Nr. 142. 
5 u Desmar, Diet. des Se. nat. V. XLVI. 
p- 365. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 473 


Pteropus Leschenaulti. Isid. Geoffr. Diet. class. V. XIV. p. 702. 


R Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 158. 
Nr. 6. 
Pteropus Leschenaultü. Fisch. Synops. Mammal. 86, 549. Nr. 16. 
& a Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. p. 503. 
5 Leschenaulti. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. II. 
p. 86. 


Pteropus Leschenaultiü. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. 
S. 359. Nr. 24. 

Xantharpyia Leschenaultü. Gray. 

Pteropus seminudus. Kelaart. Journ. of the Asiat. Soe. of Bengal. 


1852. p. 345. 
Pteropus Leschenaultü. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 604. Nr. 31. 
Cynonycteris Leschenaultü. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 604. Nr. 31. 


Pteropus Leschenaulti. Giebel. Säugeth. S. 999. 

Xantharpyia Leschenaultü. Fitz. Säugeth. d. Novara-Expedit. 
Sitzungsber. d. math. naturw. CI. 
d. kais. Akad. d. Wiss. Bd. XLI. 
S. 889. 

Cynonycteris Leschenaulti. Zelebor. Reise d. Fregatte Novara. 
Zool. B. I. S. 12. 

Die Merkmale, welche diese Art von allen übrigen dieser Gat- 
tung unterscheiden, sind so auffallend, daß eine Verwechslung der- 
selben mit anderen Arten kaum möglich ist. 

Sie ist etwas größer als der schmalflügelige Schwanzflederhund 
(Xantharpyia Leachii) und ungefähr von derselben Größe wie der 
ägyptische (Xantharpyia aegyptiaca), daher sie zu den mittel- 
großen Formen dieser Gattung gehört. 

Der Sehwanz ist sehr kurz, nur wenig von der Schenkelflug- 
haut umhüllt und ragt deutlich über dieselbe hinaus. Die Körper- 
behaarung ist mäßig lang, an der Kehle, um den Hals herum und am 
Bauche aber viel kürzer, feiner und weicher. 

Die Oberseite des Körpers ist graubraun oder braun mit 
schwachem graulichem Anfluge, die Unterseite desselben graugelb- 
lieh, in's Röthliche ziehend. Die Flughäute sind graubraun und die 
Flügel längs der Leibesseiten, der Vorderarme und der Finger mit 


4A9%% Fitzinger. Krit. Durchsicht der Ordn. d. Flatterthiere (Chiroptera). 


einer großen Anzahl verhältnißmäßig ziemlich großer, in parallelen 
Reihen vertheilter weißlicher Punkte besetzt. 

Junge Thiere unterscheiden sich von den alten durch eine 
weit größere Anzahl weißer Punkte auf den Flügeln. 


Gesammtlänge . . . . - 5’ 6”. Nach Desmarest. 
Spannweite der Flügel . 1’ 6". 
Gesammtlänge. . . . . 59”6’”. Nach Isidor Geoffroy, 
Länge des Schwanzes un- 

Gelanko wann: 0,2 


Spannweite der Flügel . . 1’ 6”. 
Gesammtlänge . . . . . 5”6”. Nach Wagner. 
Länge des Schwanzes . . I. 

Vaterland. Süd-Asien, und zwar sowohl das Festland von 
Ost-Indien, wo diese Art von Leschenault iin der Umgegend von 
Pondichery an der Küste Coromandel entdeckt wurde, und Bengalen, 
wo sie von Roux in der Umgegend von Caleutta angetroffen wurde, 
als auch die Insel Ceylon, wo sie Frauenfeld gesammelt haben will. 


Desmarest hat dieselbe zuerst beschrieben, sie aber 
irrigerweise für ungeschwänzt gehalten, welchen Irrthum Isidor 
Geoffroy nachgewiesen hat. Kelaart beschrieb sie späterhin 
unter dem Namen „Pteropus seminudus*. 


475 


Della Fauna Marina di due lembi Mioceniei dell’ alta Italia. 
Studi del Dr. A. Manzoni. 


(3 Tavole.) 


(Vorgelegt in der Sitzung am 13. Mai 1869.) 


1. Parte. 
Lembo Miocenico presso Sogliano al Rubicone. 


Se il nome di questa localitä non & del tutto sconosciuto ai 
eollettori e studiosi della Conchiologia fossile della nostra Madre 
Terra, lo & per certo la riehezza e l’importanza degli avanzi della 
sua Fauna. 

Fa menzione il Broechi di Sogliano presso Cesena in pro- 
posito di aleune poche e non caratteristiche conchiglie di questa 
localita; e per qual modo Egli si limitasse a far menzione di queste 
poche e nulla osservasse sulla natura loro e sulla disposizione del 
terreno dal quale provenivano, si puö dedurre dalle seguenti conside- 
razioni: 1. dalla scarsezza, non tanto di forme, quanto piuttosto 
d’individui delle conchiglie di Sogliano; 2. dal trovarsi queste or- 
dinariamente frantumate; 3. dalla singolare ristrettezza di detto 
lembo miocenico, e dalla sua alquanto astrusa posizione in mezzo a 
terreni di natura ed eta differente, (Queste considerazioni valgono 
egualmente a dar ragione del come questa loealita sia successiva- 
mente sfuggita ai Geologhi e Paleontologhi dei terreni terziari Italiani, 
mentre depositi e faune corrispondenti e coetanei, perche piü vasti 
e riechi, si trovano di giä perfettamente illustrati. 

Il primo raccoglitore dei fossili di Sogliano fu il Sign. Don 
L. Matteini di Rimini, il quale negli anni di sua gioventü, secon- 
dando un natural gusto per tali ricerche, si conduceva spesso sul 
luogo e giungeva cosi a metter insieme abbondanti materiali di 
studio. Questi furono per cortesia del possessore messi piü volte a 
mia disposizione, e vennero in questi ultimi anni dal medesimo rega- 
lati al Museo di St. Nat. del Ginnasio di Rimini. 


416 Manzoni. 


Per secondo debbo menzionare l’onorevole Senatore Scara- 
belli da Imola, il quale nelle moltepliei eseursioni geologiche (che 
frutteranno ben presto al mio Paese una bella carta ed illustrazione 
geologica della Provineia di Forli) non traseurd di raccogliere i fossili 
di Sogliano. 


Di questi trovasi inoltre una buona raccolta nel Museo di St. 
Nat. della R. Universita di Bologna. Quella infine ch’io stesso son 
riescito a comporre € per certo di gran lunga piü rieca in forme 
caratteristiche di quelle dei sullodati miei predecessori; ed & 
questa che serva di base alla prima parte del mio lavoro. 


Il lembo miocenico di Sogliano al Rubieone (Paese posto sulla 
velta di un colle elevantesi alla sinistra della vallata della Moreechia, 
nella Provineia di Forli) trovasi a eirca 1/, kilometro al davanti del 
Paese, alla destra della strada, che lo conziunge a Savignano e pre- 
eisamente di contro alla localita detta la Serra. 


Questo lembo & assai ristretto e si compone di un letto di sab- 
bie fine, grigio-giallastre, omogenee, quarzose, con scarse traceie di 
mica, in gran parte disgregate dalle azioni esterne e distese coi fos- 
sili sul dorso di una eminenza; in piccola parte perö tuttora in posto 
e sopportato da un banco di ciottoli singolarmente improntati fra 
di loro. 

Io non mi diffonderö maggiormente sul relativo valore strati- 
grafieo dei diversi membri, che in detta localita compongono i depo- 
siti mioceniei, perche questo compito e naturalmente riservato 
all’ onorevole Senatore Searabelli, al lJavoro del quale questo mio 
dovra esser riportato come Appendice paleontologico. 


Quindi & ch’io mi limito ad accennare come questo lembo mio- 
cenico di Sogliano si trovi disposto a seconda del carattere commune 
a tutti i eongeneri e coevi sparsi sul piede nordico del!’ Appenninieo, 
cioe a dire, circondato dalle marne e sabbie plioceniche ed isolato 
per modo da meritare con piena verita il nome di lembo. 


Egualmente per la sua Fauna corrisponde questo a quelli gia 
illustrati dall’ egregio Prof. Doderlein, di Mte. Gibio nel Moda- 
nese, di Vigoleno nelle colline di Castell’ Arquato e di St. Agata 
nel Tortonese; i fossili di queste localita trovansi infatti riprodotti, 
nelle earatteristiche d’insieme e di forme predominanti, a Sogliano, 
e cosi la natura della Fauna & piü che sufficiente per determinare 


Della Fauna Marina etc. AN 


l’eta e la posizione stratigrafiea di questo deposito nella serie dei 
terreni terziari. 

La Fauna ehe mi acceingo a deserivere essendo sostanzialmente 
earatteristica del cosi detto Miocene superiore o Tortonese presenta 
in grado eminentissimo i due caratteri, che sembrano aver contra- 
distinte le Faune di questo periodo nella Italia settentrionale; la 
predominanza straordinaria eio& dei Gasteropodi sui Bivalvi, e fra i 
Gasteropodi la predominanza dei Siphonostomati o Zoophagi sui 
Phytophagi od Holostomati; inoltre l’ eecessiva spessezza nel guscio 
di questi Molluschi. 

Il primo di questi fatti, che vien dimostrato dall’ incontrare sole 
5 sp. di Lamellibranchi in mezzo ad oltre 90 di Gasteropodi, mentre 
per di pilı queste 5 sp. sono, ad eecezione della Cardita Jouanneti, 
assal rare, sembra porsi. malamente d’accordo colla natura del fondo 
marino di Sogliano, il quale per esser composto di sabbie fine, 
omogenee si direbbe fosse stato favorevolmente disposto alla dimora 
dei Lamellibranchi. Ma intanto nessuna eircostanza locale, ne, per 
analogia, nessuna consimile osservazione tolta dagli attuali fondi 
marini ci porge spiegazione di questa singolare distribuzione. Quanto 
alla predominanza dei Gasteropodi Siphonostomati sugli Holostomati, 
si puö dire, che per i primi esistesse una abbondante pastura som- 
ministrata dai Molluschi nudi, i quali alla lor volta assieme agli Ho- 
lostomati dovevano abbisognare di copiosi pascoli vegetali. Ond’ € 
che non riesce inverisimile l’ammettere che il fondo marino in 
esame si trovasse compreso dentro i limiti della cosi detta zona 
delle Alghe; la quale a seconda delle osservazioni di Me. Andrew 
sarebbe limitata nei mari Europei per le Laminarie alla profondita 
di 30 od al piü 40 metri. 

Infine la straordinaria solidita e grossezza delle conchiglie, la 
quale esagerando gli elemienti di seultura e di ornato imparte, come 
il Prof. Doderlein osserva, una particolare fattezza alla Fauna dei 
menzionati depositi di Miocene superiore, viene dal Medesimo attri- 
buita alla natura tempestosa di quei mari, ossivero ad un oltre spinto 
processo di fossilizzazione. Ambedue questi interpretazioni sono, a 
mio eredere, prive di fondamento seientifieo; in quantoch® nessuna 
ben chiara osservazione dimostri che i Molluschi dei mari attuali tro- 
vinsi indolti ad accrescere la solidita del loro guscio per diffendersi 
da una esagerata azione dei flutti. Il fondo di una regione marina 


ATS Manzoni. 


straordinariamente agitata € dentro i limiti di una certa profonditä 
mecanicamente eonformato a questa condizione, e gli animali che si 
hanno dimora, saranno di natura a vivervi per predilezione piuttosto 
che per ripiego. Quindi € che io non posso ammettere, che il mare 
del deposito in esame fosse fuor di modo burraseoso, per considera- 
zione della sua probabile posizione bathimetrica e della natura omo- 
genea e mecanicamente tenue del suo fondo e del eonsiderevole svi- 
luppo raggiunto dagli individui e dalle famiglie de’ suoi abitatori. 

Molto meno poi posso concedere che il processo di fossilizzazione 
abbia potuto oltrepassare i limiti della sostituzione a pari quantitä 
dell’ elemento minerale all’ organico, per il qual modo solo si potrebbe 
intendere un ingrossamento delle conchiglie. Ond’e che invece a dar 
spiegazione di questo fatto io eredo di dover ricorrere a piüu plau- 
sibili condizioni, quali sono una copiosa alimentazione di questi Mol- 
luschi, una piü elevata temperatura e fors’ anche una maggior dose 
di materia calcare e salino disciolto nelle acque di quel mare. I 
carattere essenzialmente tropieale delle Faune dei depositi mioceniei 
della media e della meridionale Europa rende ineontrovertibile I’ am- 
missione di una molto elevata temperatura; a questa, per ragioni 
locali, puo essersi congiunta nei mari mioceniei dell’ Italia setten- 
trionale una maggior salsedine come eausa di una abbondante pa- 
stura e quindi dello straordinario sviluppo del guscio dei Molluschi. 
Una dose piü forte di materia calcare, di quella che non esista pre- 
sentemente seiolta nell’acqua del mare, potrebbe esser invocata, in 
via di semplice speculazione, per spiegare il fatto della grande soli- 
dita delle eonchiglie, come gia & stata proposta per spiegare l’ori- 
gine della enorme quantitä di materia calcare depositata dai mari 
terziarii: ma questa ipotesi non € sostenuta da esperienze fisiologiche 
intorno alla diversa capaeita assorbente e secretiva dei Molluschi 
testigeri per un diverso grado di materia calcare disciolta nell’ acqua 
marina. 

In 3 tavole si trovano figurate le forme piü singolari, le nuove 
o non figurate ancora negli Autori Italiani, della Fauna di Sogliano. 
Come sp. n. io propongo il Conus sertiferus, il Fusus Fuchsü; pre- 
sento inoltre la deserizione e figura di aleune sp. inedite e di colle- 
zione, come della Terebra tuberculifera, Murex inflexus, Pleurotoma 
intersecta, Doderlein, e Turitella Hörnesi, Micht. e dö poi la 
figura di alquanti var. per la maggior parte di valore puramente locale. 


Della Fauna Marina etc. 479 


Per considerazioni paleuntologiche di eoevita ho poi riunito alla 
. Fauna essenzialmente marina del sopra descritto deposito un’ altra 
meno numerosa di acqua sälmastra, composta dal Cerithium lignita- 
rum Eichw., ©. rubiginosum BEichw., C. Moravieum Hörnes, C. 
vulgatum Brug., Buccinum Dujardini Desh., Nerita zebrina 
Bronn, Melanopsis Bonellii Sism., Hydrobia stagnalis Bast., 
Planorbis sp?, e disposta attorno ad aleuni ammassi di lignite tro- 
vati nel fondo di una vallata al di dietro (S. S. O.) di Sogliano. 

Per qual modo simili ammassi di vegetali, eircondati da una 
fauna di natura salmastra e disposta in modo da allontanare il pen- 
siero che quivi assieme ai vegetali sia stata trascinata da correnti, 
si trovino in mezzo a depositi essenzialmenti marini, e diffieile a 
dirsi. Il sol fatto, che raccolto dalla natura attuale puö dare a mio 
credere una giusta spiegazione di questa condizione, mi conduce ad 
ammettere, che dal seno non agitato di questo mare sorgesse una 
corrente di acqua dolce, la quale non mescolandosi se non gradual- 
mento alla marina porgesse favorevole eondizione alla vita vegetale 
ed animale proprie delle acque salmastre o di estuario. 


Gasteropoda. 


Gen. Conus, Linn. 


6. Aldrovandi, Broce. — Hörnes. Die foss. Mollusken d. Tert. 
Beckens v. Wien, p. 18, Tav. I, fig. 2 — Pereirada Costa, 
Mollusques foss. d. depöts tert. du Portugal, p. 7. 


Un solo e mutilato esemplare, il quale pero mostra chiaramente 
di appartenere a questa sp. per la sua forma generale e per la 
disposizione della spira, e combina esattamente colla figura suceitata 
nell’Hörnes. 


0. Berghausi, Micht. Deseript. d. Foss. d. Terr. Mioc. de !’Italie 
Sept. p. 342, Tav. Xlli, fig. 9 — Hörnes, op. eit. p. 19, 
Tav. L, fig. 3 — Pereira d. €. op. eit. p. 9, Tav. Il, fig. 3 
— 6. 


Alquanti esemplari abbastanza ben conservati e di guscio stra- 
ordinariamente grosso; il piü grande raggiunge 3*/, centim. in al- 


480 Manzoni. 


tezza e 23/, in larghezza; tutti sono caratteristici per la forma 
peculiare, e corrispondono esattamente alle fig. del Michelotti, ad 
aleune del Pereira ed agli esemplari del bacino di Vienna dentro 
i limiti delle leggere variazioni, che questa forma subisce nella 
disposizione della spira, dell’ angolo dell’ ultimo anfratto e nel nu- 
mero delle strie spirali sulla base. I miei esemplari non conservano 
le macchie fosche proprie a questa specie. 


(. fusco-eingulatus, Bronn. — Hörnes, op. eit. p. 21, Tav. I, 
fig. 4, 5. 

I miei abbastanza ben conservati esemplari, che misurano in 
medio 41/, centim. di Jungh. e 2?/, di largh., corrispondono esatta- 
mente al concetto specifico di questo Conus, e per di piü hanno i 
loro identiei fra quelli del bacino di Vienna; solo a completare 
l’identifieazione mancano ne’ miei esemplari le zone fosche trasver- 
sali, dalle quali questo Conus prende nome. 


C. avellana, Lam. — Hörnes, op. eit. p. 29, Tav. III, fig. 3 — 
Pereira d.C. op. eit. p. 18, Tav. IV, fig. 8. 

I miei esemplari, di circa 3!/, centim. di lungh. e di 1'/, di 
largh. corrispondono assai bene ad aleune forme di equali dimensioni 
del bacino di Vienna ed a quella figurata nel Pereira; sono ben 
conservati, ornati di fitte strie trasversali, coll angolo dell’ ultimo an- 
fratto assai ottuso, colla collumella canalieulata e contorta, coll’ 
apertura dilatata in basso. 


C. ventrieosus, Bronn — Hörnes, op. cit. p. 32, Tav. II, fig. 5—7 
— Pereira d. C. op. eit. p. 19, Tav. IV, fig. 9—11. 

Aleuni di miei esemplari corrispondono esattamente alle sopra- 
citate figure per forma e dimensioni; altri se ne allontarano presen- 
tandosi come var. di questa specie; la quale, per non avere in se 
aleuna peculiare impronta e per appartenere ad un tipo morfologico, 
che si presta alla maggior variabilita, diviene come il refugium di 
numerose forme incerte e di transizione, delle quali buon numero 
trovansi nella mia collezione di Sogliano. 

C. Tarbellianus, Grat. — Hörnes, op. eit. p. 33, Tav. VI, fig. 1 — 
Pereira .d..C. op. ecit.p.21, Dav.ıV. VE MINE, 22 

Alquanti esemplari di differente eta & dimensione, piü 0 meno 

mutilati alla base; il piü grande misura quasi 6 centim. di largh., 


Della Fauna Marina etc. 481 


eolla spira elevata di oltre 2 centim., composta di 11 a 12 anfratti. 
dei quali gli ultimi 3 sono quasi orizzontali, larghi, escavati 
e soleati da 2 a 4 strie trasversali, mentre gli altri eoncorrono a 
formare una spira subitamente elevata ed acuta. — Gli esemplari 
giovani mostrano i fianchi e la base fortemente soleata in traverso. 


C. Haueri, Partsch. — Hörnes, op. eit. p. 34, Tav. IV, fig. 4, 5 — 
C. elatus, Micht, deseript. d. Foss. d. Terr. Mioc. ece. p. 341, 
Tav. XIN, fig. 16. 


Un solo e mutilato esemplare, che pero mostra chiaramente di 
appartenere a questa sp., come si puö giuidicare dalla figura in na- 
turali dimensioni, che io ho cereduto di dover dare di questa rara e 
caratteristica eonchiglia (Tav. 1, fig. 1). Questo mio esemplare cor- 
risponde esattamente alle figure sopraeitate del Michelotti, e confor- 
mamente € provvisto di una spira molto elevata, cogli anfratti dispo- 
sti a gradini ben distinti, eanalieulati, non striati in traverso; i fian- 
chi sono particolarmente incavati, la base acuminata e non solcata, 
le tsrie di acerescimento molto distinte. Il guscio di questo mio esem- 
plare & straordinariamente grosso. 


C. Puschi, Micht. op. eit. p. 340, Tav. XIV, fig. 6 — Hörnes, op. 
eit. p. 35, Tav. IV, fig. 6, 7 — Pereira d. C. op. eit. p. 25, 
Tav. VII, IX, fig. 12. 


Un esemplare adulto, mutilato alla base, ma colla spira ben 
eonservata ed alta 3 centim.; ed altro giovane completo, lungo 
32/, centim., largo 1!/,, colla spira alta 11 millim; inoltre aleuni 
altri giovanissimi, lunghi 1 centim., colla spira oecupante quasi la 


meta della lunghezza totale, e composta di anfratti elegantemente 
nodulosi. 


C. Bronnii, Micht. op. eit. p. 339, Tav. XIV, fig. 3 — an = var. 
©. Dujardini, Desh.? 


Il mio unico ma ben conservato esemplare corrisponde a pun- 
tino eolla eitata figura del Michelotti, e solo differisce della deseri- 
zione del foss. di Tortona di questo Autore per mostrare i primi an- 
fratti leggermente nodulosi sulla earena, eondizione che il Michelotti 
esclude per la propria specie. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 32 


482 Manzoni. 


lo propenderei a riunire il ©. Bronnii al multiforme C. Dujar- 
dini, come var.: T. elongato-coniea, angusta; spira dimidiam testae 
partem formante; anfraetibus carinatis (supremis obseure eari- 
natis), infra carinam suleo praeditis; ultimo tota superficie et prae- 
sertim ad basim profunde striato. 


C. Rujardini, Desh. var.: eleganter tenuissime transversim funieu- 
lata, mihi. Tav. I, fig. 2, due volte ingrandita. 


Propongo questa var. per alquanti ben conservati esemplari 
(Lungh. 17 millm., largh. 8, altezz. della spira 7), sulla superfieie 
dell’ ultimo anfratto dei quali scorgonsi eirca 22 fini e leggeri funi- 
eoletti, i quali vanno facendosi piu rialzati e grossi verso la base; e 
poiche la forma e disposizione della spira di questi esemplari corri- 
sponde esattamente al ©. Dujardini, cosi ho pensato di far anche 
rientrare fra gli svariati modi d’ essere di questa sp. la peculiare. 
scultura dei medesimi. 


C. sertiferus, mihi, Tav. I, fig. 3, due volta ingrandita. 


T. elongata, turbinata, tumidiuseula; spira coniea, exserta, acu- 
minata, ?/, totius longitudinis testae efformante; anfractibus 11, 
supremis rotundatis, infimis planulatis, laevibus, ultimo obtuse angu- 
lato, infra eleganter leviter noduloso, tota superficie transversim 
regulariter suleato; suleis 20—22, minime serobieulatis. Basi angu- 
stata acuminata; apertura lineari angustata. 

Fondo questa n. sp. sopra due esemplari abbastanza ben eon- 
servati (Lungh. 15 millm., largh. 7, altezz. della spira quasi 6) e 
raceolti da me stesso. Il Sign. Michelotti, al quale io li trasmisi, 
li giudied pure per sp. n. Infatti questi non possono venir riferiti alla 
var.: T. tota suleata, ©. Dujardini per ragione della loro forma 
tumidetta e per la corona di noduli sull’ angolo dell’ ultimo anfratto; 
e per consimili ragioni si distinguono anche maggiormente dal C. ca- 
tenatus, Sow. e dal C. Wheatleyi, Micht. 


Gen. Ancillaria, Lam. 


A. obsoleta, Broce. — Hörnes, op. eit. p. 55, Tav. VI, fig. 4, 5. 


Esemplari ben conservati, di varia grandezza. 


Della Fauna Marina etc. 483 


A. glandiformis, Lam. — Hörnes. op. eit. p. 57, Tav. VI, fig. 6 
—13 — Pereira d. €. op. eit. p. 38, Tav. X, fig. 3—9. 


Esemplari di mediocre grandezza, mutilati. 


Gen. Marginella, Lam. 


M. marginata, Bon. — Micht. op. eit. p. 321, Tav. XIII, fig. 
10, 11. 


L’unico esemplare, che di questa sp. sia stato raccolto a So- 
gliano, trovasi nella collezzione del Sig. Don S. Matteini e dal me- 
desimo mi venne gentilmente confidato e dal Sig. Michelotti come 
sopra classificato; & ben conservato e misura 15 millm. di altezz. e 
10 di largh. 

La M. marginata sarebbe secondo il Sig. Michelotti una 
dalle sp. caratteristiche del Miocene superiore, tanto nel Tortonese, 
dove & frequente, come a S. Maria nel Modenese. 


Gen. Ringicula, Desh. 
R. buceinea, Desh. 
Rarissima. 


Gen. Voluta, Lam. 
V. rarispina, Lam. — Hörnes, op. eit. p. 91, Tav. IX, fig. 6—10 
— Pereirad. €. op. eit. p. 62, Tav. XII, fig, 4—-". 


Alquanti esemplari col labro piü o meno mutilato; il piü grande 
& lungo 5t/, eentim. e, come tutti gli esemplari adulti di questa loca- 
lita, € sprovvisto di spine e corrisponde alla var. Dertonensis: testa 
erassiore, spinis nullis, labro columellari inerassato. Bell. et Micht. 
Sagg. Oritt. ece. p. 168, Tav. 7, fig. 2, 3. — Aleuni esemplari gio- 


vani, lunghi solo 5t/, centim., mostrano le dette spine abbastanza 
sviluppate. 


Gen. Mitra, Lam. 
M. serobieulata, Broce. — Hörnes, op. eit. p. 100, Tav. X, fig. 17 
— Pereira d. €. p. 68, Tav. Xil, fig. 13. 


L’unieo esemplare raccolto da me & Jungo 2 centim., profonda- 
mente soleato in traverso su tutta la superficie e quindi eorrisponde a 
puntino alle sopracitate figure. 

32» 


ASA Mapvpzoni. 


M. recticosta, Bell. — Tav. I, fig. 4, 5. 


Incontrasi frequentemente ed in buona conservazione. I due 
esemplari, ch’io presento figurati in dimensioni naturali, esprimono 
gli estremi di una serie di graduali cangiamenti nella seultura ed 
ornatn di questa Metra; la quale deve esser riguardata come un 
molto istruttivo esempio di uno tipo morfologico locale, il quale com- 
prende in se alquantı tipi distinti dagli Autori in differenti localita 
sui caratteri di scultura ed ornato. — Cosi l’esemplare fig. 4 var.: 
„eostis acutis, erebris, 20, undique confertim striata“ potrebbe 
esser riportata alla M. Borsoni, Bell. Monogr. d. Mitre foss. ecc. 
p- 21, Tav. IL, fig. 17, alla M. recticosta Bell. del baeino di Vienna, 
che & striata in traverso, Hörnes, op. eit. p. 106, Tav. X, fig. 31; 
mentre !' esemplare fig. 5, var.: „rare crasse costata, costis 10, 
obsolete transversim striata“ alla M. crassicosta, Bell. Monogr. 
p- 28, Tav. II, fig, 28. Infine gli esemplari intermedi di questa mia 
serie, provvisti di 15 coste ottuse, scarsamente striati in traverso, 
eorrisponderebbero alla M. reeticosta, Bell. Monogr. p. 22, Tav. II, 
fig. 19, dalle colline Tortonesi. 


Gen. Columbella, Lam. 


6. curta, Bell. Monogr. d. Columbella foss. p. 12, Tav. 1, fig. 8. 


Aleuni esemplari ben conservati, corrispondenti a puntino colla 
sopracitata figura. 

Come un individuo gigantesco di questa sp. presento in Tav. L, 
fig. 6 un esemplare, che per rispetto alla forma molto piü piccola e 
caratterizzata da una intumescenza infrasuturale degli anfratti, cor- 
risponde agli esemplari di Grund e di Enzesfeld del bacino di Vienna, 
Hörnes, Tav. XI, fig. 2, 3, ed a quelli figurati nel Pereira d. €. 
Tav. XIV, fig. 2 — Questo mio esemplare € Jungo 24 millm. e largo 
6, e mostra gli anfratti superiori leggermente costulatı. 


6. seripta, Bell. Monogr. p. 6, Tav. 1, fig. 2. 


Rara. 


Della Fauna Marina etc. A85 


Gen. Terebra, Adans. 


T. fuascata, Broce. — Hörnes, op. cit. p. 128, Tav. XI, fig. 15 
—18, 26 — Pereira d. C. p. 78, Tav. XIL, fig. 15, 16; 
Tav. XII, fig. 12. 


Esemplari adulti corrispondenti alla var.: spira breviore, ultimo 
anfr. turgidiore, 7, plicaria, Bast., secondo Doderlein, il quale 
ammette fra le forme mioceniehe e le plioceniche, riunite sotto il 
nome di 7. fuscata, una differenza; esemplari giovani eorrispondenti 
per la forma ed ornato alle fig. 16 in Hörnes e 15, 16 in Pereira 
d. C.; — altri giovanissimi eorrispondenti alla fig. 26 in Hörnes. — 
Le differenze di ornate, che si collegano colle diversa eta degli 
individui di questa sp. trovansi ben espresse dalle eitate figure. 


T. einerea, Bast. — Hörnes, op. eit. p. 129, 667, Tav. XI, fig. 25. 


Aleuni esemplari Junghi 2 centim., pressoche sforniti di costole. 


T. acuminata, Borson — Hörnes, op. eit. p. 130, Tav. XI, fig. 22, 
24 — Pereira d. €. p. 79, Tav. XII, fig. 8, 9. 


Esemplari adulti e voluminosi mutilati da due terzi super. 
della spira; questi, per aver la zona infrasuturale tumida e subnodosa 
ed ornata da pieghe sigmoidee e non separata dalla porzione supe- 
riore, leggermente escavata, dell’ anfratto per una linea impressa, 
possono venir riferiti alla 7. Cacellensis. Pereira d. C. op. eit. 
p-. 81, Tav. XII, fig. 5—6, la qual proposta sp. non &, a mio cre- 
dere, se non una var. locale, abbreviata, erassa della 7. acuminata, 
Borson. 


T. pertusa, Bast. — Hörnes, op. eit. p. 131, Tav. XI, fig. 19— 21 
— Pereirad.C. op. cit. p. 80. 


Alquanti esemplari piü o meno mutilati, corrispondenti a quelli 
del Bacino di Vienna, colla sola differenza di aver il guscio piü grosso 
e quindi anche con ornamenti maggiormente prominenti. 


T. tubereculifera, Doderlein. 


I pochi esemplari, che io ho raccolti e che trasmisi al Sig. Mi- 
chelotti, mi furono dal Medesimo rinviati eol nome di T. tuberculi- 


A86 Manzoni. 


fera, Doderlein, sp. rarissima nel Tortonese, frequente nel Mo- 
danese. Questo nome perö manca nel Catalogo dei foss. del Miocene 
superiore redatto da questo Paleontologo; nel qual Catalogo trovasi 
invece la 7. nodulosa, n. sp., nell qual nome potrebbe esser rappre- 
sentata la sp. di Sogliano. Di questa vedesi la figura una volta e 
mezza ingrandita Tav. I, fig. 7, nella quale si nota la presenza di 
due ordini spirali di tubercoli sporgenti in contatto della sutura e 
separati da una linea o soleo, mentre nella porzione inferiore degli 
anfratti, che & leggermente escavata, appena si nota qualche 
traceia di pieghe 0 costoline flessuose. E chiaro che questa forma 
di ornato pud facilmente venir derivata da quella della 7. pertusa e 
che quindi anche questa 7. tuberculifera,? da me proposta, come 
una var. della prima potrebbe venir considerata. 


T, Basteroti, Nyst. — Hörnes, op. eit. p. 132, Tav. XI, fig. 27, 28 
— Pereira d.C.p. 80, Tav. XII, fig. 10. 
Esemplari eorrispondenti anche per dimensione a quelli del 
bacino di Vienna. 


Gen. Pseudoliva. 


P. Brugadina, Grat. — Joh. O0. Semper, Paläontologische Unter- 
suchungen: Ueber Buceinum Caronis, Brug. — Hörnes, 
op. eit. p. 139, Tav. XIL, fig. 1—3. — Pereira d. €. p. 87, 
Tav. XII, fig. 14—18. 


Esemplari ben conservati, con 4'/, centim. di lungh. e 21/, di 
largh., colle suture profondamente canalieulate. 


Gen. Buccinum, Lam. 
B. clathratum, Lam. 


Raro. 


B. pseudoclathratum, Micht. op. eit. p. 208, Tav. XI, fig. 1 = B. 


Rosthorni, Partsch — var.: testa globulari, anfraetu 
ultimo permagno, plieis transversis erebrioribus profun- 
dioribus. 


Gli esemplari di Sogliano sono piecoletti, eminentemente callosi 
e pereid anche profondamente scolpiti, e corrispondono per la loro 


Della Fauna Marina etc. AST 


forma globulare, compartita dalla forte prevalenza dell’ ultimo an- 
fratto sulla spira, alla Nassa pseudoclathrata, Micht., la quale, 
senza aleun dubbio, deve esser considerata come var. (sopra indi- 
cata) del B. Rosthorni, Partsch — Hörnes, op. eit. p. 140, 
Tav. XI, fig. 4, 5 — Pereira d. C. op. eit. p. 88, Tav. XIV, 
fig. 5— 7, 


B. semistriatum, Brocc. 


Esemplari, i quali solo per esser piecoli e stretti e callosi si 
distinguono dai congeneri pliocenici. 


B. mutabile. Linn. 


Un solo esemplare perfetto, il quale solo per esser di guseio 
molto grosso differisce dalla forma vivente, lungo 23 millm., 
largo 13. 


B. Bujardini, Desh. 


Questa sp. va sogetta a variar alquanto nella forma, dimensioni 
ed ornato. Si raccoglie questa a Sogliano eselusivamente in contatto 
degli ammassi di lignite, e gli esemplari ben conservati, ch’io pos- 
siedo, debbono esser distinti in 3 varietä, che passo a deserivere: 

1. testa ventricosa, dorso depressa, spira medioeri, anfraetu 
ultimo obseure eostulato-noduloso — Lungh. 12 millm., Largh. 7. 

2. t. minima, Jdorso depressa, obliquiore, laevi, spira medioeri, 
apertura stenotica, columella callosiore, labro magis incrassato. 
Lungh. 8 millm., Largh. 6 — Nassa gibbosula Micht. (non Linn.) 
op. eit. p. 210, Tav. XII, fig. 6 — Pereira d. ©. op. eit. p. 105. 

3. t. ovato-acuminata, spira exserta 1/, totius longitudinis 
aequante, anfractibus noduloso-costatis. — Lungh. 10 millm., 
Largh. 6. — Questa forma, della quale vedesi la figura (Tav. I, 
fig. 8) due volte ingrandita, & ben distinta dalla Nassa miocenica, 
Mieht, la quale porta una vasta e prominente callosita al sommo 
dell’ apertura, prolungata in forma di eingolo lungo il margine infe- 
riore degli anfratti, ed ha la base del tutto sprovvista di strie spirali, 
quali invece si riscontrono nella Nassa Dujardini. Le 3 var. sopra 
descritte e raccolte da me a Sogliano, sineontrano identiche nelle 
eolline di Siena, come mi risulta dalle Collez. dell’ Hof-Mineralien- 
cabinet. 


A88 Manzoni. 


B. duplicatum, Sow. — Hörnes, op. eit. p. 156, 668 — Pereira 
d. €. p. 108. 


L’ unico esemplare, ch’io posseggo di Sogliano, trovasi 11/, volta 
ingrandito rappresentato Tav. I, fig. 9, e corrisponde esattamente 
ad una var. di questa sp. che si raccoglie a Grund (non figurata® 
nell’ Hörnes) ed agli esemplari delle Colline d’Asti, come riscontro 
nelle Collez. dell’ Hofmineralienkabinet. 


B. polygonum, Broce. — Hörnes, op. eit. p. 160, Tav. XIH, 
fig. 14, 15. — Pereirad. C. op. eit. p. 109, Tav. XV, 
fig. 13, 14. 


E questa senza aleun dubbio la sp. piü eomun di Sogliano, ed 
ha un’ aspetto particolore in causa della molta grossezza e profonda 
seultura del suo guscio. 


Gen. Purpura, Lam. 


P. elata, Blainv. — Hörnes, op. eit p. 168, Tav. XII, fig. 19. 


Esemplare unico figurato in dimensione naturale in Tav. I, 
fig. 10; il quale per la sua forma, proporzione fra |’ ultimo anfratto 
ed il resto della spira, per aver la bocca angusta e ridotta inferior- 
mente in un canale ristretto, ed il labro internamente moltisoleato, 
mostra di appartenere alla P. elata, come var.: testa erassiore, laxe 
plieata, profunde umbilieata, anfractu ultimo subcarinato, obseure 
quadriseriatim spinuloso. — (Questo mio esemplare porta due pieghe 
leggere sulla collumella. 


Gen. Cassis, Lam. 
C. Saburon, Lam. — Hörnes, op. eit. p. 177, Tav. XV, fig. 2—7. 


Frammenti: var. testa erassiore. Esemplare giovane: testa tota 
transverse suleata; an Cassis decussata, Brug. Pereira d. €. op. 
eit. p. 130, Tav. XV], fig. 10? 


Gen. Chenopus, Phil. 
C. sp.? 


Frammento di un giovane esemplare. 


Della Fauna Marina ete. 48% 


Gen. Ranella, Lam. 


R. marginata, Brongn. — Hörnes, op. eit. p. 214, Tav. XXI, 
fig. 7, 11 — Pereirad.C. op. eit. p. 152, Tav. XVII, 
fig. 2, 3. 


Esemplari piceoli, callosi. 
‘Gen. Murex, Lam. 
M. Sedgwieki, Micht. op. eit. p. 236, Tav. XII, fig. 1. 


L’ esemplare piü grande e perfetto, da me raccolto, & lungo 
61/, eentim. e largo 31/,; invece di avere le varıei laeiniato-aeu- 
leati, a mo’ degli esemplari di Touraine, del bacino di Vienna (Hör- 
nes, Tav. XXI, fig. 1—5), del Portogallo (Pereira d. C. Tav. 
XVII, fig. 5; Tav. XIX, fig. 3), le mostra invece callose e soleate, 
come nella figura sopra eitata del Michelotti. 


M. inflexus, Doderlein, Catalogo dei Foss. del Miocene superiore 
26, D422. 


T. solida, ovato-fusiformi, medio ventrieosa; anfraetibus sub- 
carinatis, supra planatis, laxe plieatis, transversim funieulatis, funi- 
eulis rugulosis; apertura ovato-angusta, labro intus profunde suleato; 
cauda longiuseula, angusta, valde inceurva. Tav. II, fig. 1, 2. 


Questo Murex incontrasi ' frequentissimo nelle localita mioce- 
niche, Mte. Gibio, S. Agata, Vigoleno, e non € raro a Sogliano; 
venne dal Prof. Doderlein distinto col nome di M. inflexus come 
mi & dato constatare su’ di esemplari dal Medesimo inviati all’ Hof- 


mineraliencabinet. 

Questo Murex & molto affine al M. craticulatus, Brocce,, del 
quale potrebbe dirsi il rappresentante miocenico, differente dalla 
forma plioceniea e vivente per minori dimensioni, e per aver gli an- 
fratti con carena molto meno sviluppati e con funicoli trasversali non 
scagliosi, ma rugosi o quasi lisci. 


M. (Typhis) horridus, Broce. 


Esemplari ben conservati, grandi. 


490 Manzoni. ' 


Gen. Fusus, Lam. 
F. Rlipsteini, Micht., op. eit. p. 273, Tav. X, fig. 2. 


Questa caratteristica sp. viveva abbondante nei fondi mioceniei 
di Sogliano, dove ora raccogliesi in frammenti o mutilata; aleuni 
abbastanza integri ed adulti esemplari della mia collezione sono 
lunghi fra 8 e 9 centim. e larghi fra 3'/, e 4, e possono venir ca- 
ratterizzati come var. locale: t. erassissima, anfractibus erasse- no- 
dosis, undique sulcatis. 


F. Valenciennesi, Grat. — Hörnes, op. eit p. 287, Tav. XXXI. 
fig. 13—15. — Fasciolaria fusoidea, Micht. op. eit. 
p. 261, Tav. XVI, fig. 20. 


Un esemplare mutilato costituente una var.: anfraetibus turgi- 
dioribus, costis erassioribus, funieulis transversis eminentioribus, in 
eonfronto degli esemplari francesi e del Bacino di Vienna. 


F. Fuchsii, mihi. — Tav. IL, fig. 3, 4. 


T. solida, elongato-fusiformi, transversim regulariter suleata; 
anfraetibus 9, contiguis convexiuseulis, supremis laevibus vel indi- 
stinete suleatis, ultimo '/, totius longitudinis testae aequante, suleis 
transversis 23, ad caudam profundioribus exsculpto. Cauda recurva 
longiuseula; columella inflexa, laevi; apertura coarctata, labro intus 
suleato, extus eallosiuseuloe. — Lung., 27 millm., Larg. 10. 

Ho potuto raccogliere 3 esemplari, abbastanza perfetti,, di 
questa singolare sp., che io propongo eome nuova dedicandola al- 
l’ egregio Sig. Th. Fuchs, Custode delle Collezioni Paleontologiehe 
nell’ Hofmineraliencabinet, per gratitudine della molta assistenza pre- 
statami nel comporre questo mio lavoro. 

Questa mia n. sp. differisce essenzialmente dal F. mitraeformis, 
Broce. per ragione della scultura, della levigatezza dei primi an- 
fratti, e disposizione particolare del sifone, e maggior solidita della 
conchiglia, eome si puo dedurre dalla mia diagnosi. Questa mia n. 
sp. dunque resta come isolata e senza congeneri nelle Faune dei 
baeini plioceniei e mioceniei della Sud-Europa. Ma trova invece 
questo congenere nel F. gregarius, Phil., dei bacini mioeeniei della 
Nord-Germania (Volger, Disert. de agri Luneburgiei ece. p. 36, — 
W. Dunker und H. Meyer. Beiträge zur Naturgeschichte der 


Della Fauna Marina ete. , 491 


Vorwelt, I. Band, p. 73, Tav. 10, fig. 8). Il F. gregarius delle loca- 
lita di Lüneburg e di Gühlitz (collez. dell’. Hofmineraliencabinet) 
differisce dalla sp. di Sogliano, per esser meno solido, alquanto piü 
grande e meno profondamente solcato, ed avere il canale maggior- 
mente incurvo; questa difierenza non € sostanziale ma puramente di 
grado. — Come forma eongenere a questa di Sogliano debbo egual- 
mente menzionare il F. multisulcatus, Nyst., Descript. d. Coquill. d. 
Terr. tert. de la Belgique, p. 494, Tav. XL, fig. 1, proveniente da 
depositi argillosi molto. probabilmente contemporanei a quelli sab- 
biosi di Fontainebleau; ed infine, come piü antica reminiseenza mor- 
fologiea, il F. interruptus, So w. della London-Clay. 


Gen. Oancellaria, Lam. 
(. varicosa, Broce. 
Esemplari per grandezza corrispondenti alla fig. 5, Tav. XXIV, 
Pereirad.C. op. eit.; var. miocenica, Doderlein. 
(. cancellata, L. var.: Dertonensis, Bell. Monograf. 


T. nana, solida, anfractibus superne carina mediocri subechinata 
instruetis. 


C. scerobieulata, Hörnes, op. cit. p. 318, Tav. XXXV, fig. 1 — 
Pereira d. ©. op. eit. p. 203, Tav. XXVI, fig. 2. 


Aleuni esemplari di Sogliano (Tav. I, fig. 10, 11, grandezza 
naturale) possono venir considerati con tutta esatezza come una var.: 
„t. erassiore, umbilieco magno, ore stenotico, columella triplieata“, di 


questa specie. 
Gen. Pleurotoma, Lam. 
P. cataphracta, Broce. 


Esemplari appartenenti alla var.: omnino eleganter granosa, 
carina papillosa, Doderlein. 


P. ramosa, Baast. 


Esemplari lunghi 31/, centim.; var.: earina mutiea, nodulosa, 
eostis longitudinalibus subnullis, funieulis transversis elevatioribus, 
come gli esemplari di Dax, Bordeaux, Leognan. 


492 Manzoni. 


P. interseceta vel mystica, Doderlein, sp. n. Tav. II, fig. 5, 6. 


Questi due nomi di s. n. inedite si trovano di mano dello stesso 
Prof. Doderlein apposti ad aleuni non dissimili fra loro esemplari 
di Sassuolo e Vigoleno nelle Collez. dell’ Hofmineraliencabinet; 
questi due nomi pero mancano nel Catalogo dei foss. di dette loca- 
litä del sopranominato Prof. Ciononostante io li accetto per una 
particolar forma di Pleurotoma, frequente a Sogliano ed identiea a 
quella di Vigoleno e Sassuolo, affine alla P. Sotteri, Micht. per la 
seultura, ma pur distinta da questa per la forma, come dallo stesso 
Sig. Michelotti mi venne confermato. Le quali differenze possono 
venir desunte dalla espressione diagnostiea „testa ovali, subturrita 
abbreviata; apertura ovata, inferne canali brevissimo lato termi- 
nata“ conveniente alla P. Sotteri, Micht., op. eit. p. 302 — Hör- 
nes, op. eit. p. 3838, Tav. XXXVIJ, fig. 16, in eonfronto con quella 
che conviene alla n. sp. „testa turrita fusiformi, apertura angustata, 
cauda longiuscula, leviter inflexa, canali angusto terminata“. 

Le figure dei due esemplari di Sogliano di questa n. sp. (in di- 
mensioni naturali) dimostrano come la seultura degli anfratti si com- 
ponga di due eingoli tumidi e prominenti, in special modo il superiore, 
tubercoliferi tanto maggiormente quanto piü giovane la conchiglia, 
callosi e nodosi negli esemplari adulti, e separati da un leggero funi- 
colo liseio o finamente rugoso — Nella P. Sotteri osservasi un con- 
simile tipo di ornato e seultura, solo in questa il funicolo & sempre 
dentieulato. 


P, Mortilleti, Mayer, Journ. de Conchyliologie, 1864, p. 163, Tav. 
VII, fie. 3. 


I Sig. Joh. O0. Semper in Journ, d. Conch. 1866, p. 280, 
afferma che questa sp. eragli gia conoseiuta col nome di P. Strozzüi, 
Doderlein; senonche questo nome per non trovarsi nel Catalogo 
del Prof. Doderlein, e per esser quindi un semplice nome di col- 
lezione, non puö esser da me preferilo a quello del Prof. Mayer. 


Non posso assicurare che i 3 perfetti esemplari, esattamente 
eorispondenti alla sp. in esame, provengono dal deposito miocenico 
di Sogliano, inquantoche non da me stesso raccolti; ed anzi mi 
eredo in ragione di dubitare della loro provenienza da questa localitä 


Della Fauna Marina etc. A93 


considerando |’ origine pliocenica (sabbie gialle dell’ Astigiano) della 
P. Mortilleti. 


P. interrupta, Brocc. 


Specie non rara a Sogliano ed esattamente eorrispondente alla 
var. A. Bell. Monogr. p. 32, Tav. I, fig. 11. — P. Dertonensis, 
Micht. op. eit. p. 292. 


P. asperulata, Lam. 


Un mutilato esemplare di guscio solidissimo,. con spine acute 
prominenti di questa caratteristica specie, consimile a quello figurato 
in Pereira d. C. op. eit. Tav. XXVI, fig. 10. 


P. Jouannetii, Desm. 


Non rara a Sogliano e perfettamente identica alla forma di Tor- 
tona e di Sassuolo. 


P. turrieula, Broce. 


Non frequente e sotto forma di var.: miocenica, testa erassa 
breviore, carina papillis erassioribus = M. contiguus, Broce. 


P. rotata, Broce. 


Gli esemplari di Sogliano hanno gli anfratti con una carenata 
acutissima, armata di tubercoli acuti, per di piü mostrano un eingolo 
marginale al di sopra, denticulato, ed un gusceio molto solido e di- 
mensioni quasi nane; per questi ultimi caratteri la cosi detta P. ro- 
tata di Sogliano interferisce colla P. monilis, Broce. 


P. spiralis, M. d. Serres. 


La fig. 9, Tav. II rappresenta una volta e mezzo ingrandito 
l’esemplare mutilato ch’io ho raccolto a Sogliano e che dal Sig. 
Michelotti venne considerato come P. spiralis. Mettendo a com- 
parazione questo mio esemplare colle descerizioni e figure del Bell. 
Monogr. e dell' Hörnes, si riconosce come questo se ne allontani 
alquanto; il mio esemplare infatti ha una facies ben differente da 
quella degli esemplari omonimi del bacino di Vienna e solo prenderä 
nome di P. spiralis come var.: testa crassissima, anfractibus eari- 
natis, transversim profunde sulcatis. superne funieulo noduloso mar- 
ginatis, carina ereberrime papillosa, suturis excavatis. 


494 Manzoni. 


P. sinuata, Bell. Monogr. p. 53, Tav. III, fig. 15. 


Piuttosto rara. 


P. intermedia, Bronn. — Bell. Monogr. p. 54, Tav. II, fig. 14. 


Piuttosto rara; esemplari stretti ed aeuti. 


P. pustulata, Broce. 


Frequentissima, transiente insensibilmente dalla forma tipiea, 
breve e ventrieosa, profondamente solcata e nodoso-costata a quella 
turrita, allungata e stretta, striata in traverso e distintamente 
costata, la quale si collega alla sequente. 


P. terebra, Bast. 


Gli esemplari rappresentanti della quale nel deposito di So- 
gliano variano da 16 millim. di lungh. e 4'/, di largh., fino a 30 di 


lungh. e 9 di larghezza, e corrispondono esattamente a quelli di 
Dax e Bordeaux. 


P. rustica, Broce. 


Gli esemplari di Sogliano differiseono solo per esser aleunche 
piü piecoli e solidi da quelli plioceniei d’ Astı, Castell’ Arquato, ecc. 


Gen. Cerithium, Brug. 
(. granulinum, Bon. 
Speeie caratteristica e frequente a Sassuolo, Tortona ed anche 
a Sogliano. 
(. minutum, M. d. Serres — Hörnes, op. cit. p. 390, Tav. XLI, 
fig. 8,9. 


Un solo esemplare abbastanza ben conservato, appartenente 
alla var.: testa breviore, ventricosiore, spinis mutieis, margine supe- 
riore anfraetuum erenulato, come si puö vedere nella fig. 1, Tav. II, 
una volta e mezzo ingrandita. 


C. vulgatam, Brug. 


Raro; var.: t. spinosa, elongato-turrita. 


Della Fauna Marina ete. A495 


€. rubiginosum, Eichw. — Hörnes, op. eit. p. 396, Tav. XLI, 
fig. 16—18. 


Frequente — i colori non si riscontrano sui miei esemplari. 


€. lignitarum, Eichw. — Hörnes, op. eit. p. 398, Tav. XLII, 
fig. 13. — Pereira d. €. op. eit. p. 250, Tav. XXVII, 
ing, Ale 


Questa caratteristica sp. incontrasi abbondatissima ed eselusi- 
vamente in contatto degli ammassi di lignite, in compagnia delle 3 
precedenti sp. di Cerithium e delle 2 sussequenti. Gli esemplari di 
Sogliano corrispondono esattamente a quelli delle localita eitate dall” 
Eichwald, e specialmente alle localita lignitifere, ed anche a 
quelli delle localita riportate al bacino die Vienna, come si puö de- 
durre dalla figura Tav. II, fig. 8, ch’io dö al naturale di un esem- 
plare di Sogliano. 


(. Moravicum, Hörnes, op. eit. p. 402, Tav. XLII, fig. 7. 


Questa sp. & caratterizzata dalla presenza di 2 ordini di tuber- 
coli, i quali, come si vede negli esemplari adulti in esame, per 
la quasi totale assenza di tubercoli possono esser ridotti a due 
eordoni nodosi e prominenti, ai quali s’interpone uno spazio esca- 
vato ornato di un terzo cordoneino 0 funicoloe. — Questa dispo- 
sizione nell’ ornato serve a distinguere la sp. in esame da forme ana- 
loghe del ©. pietum, Bast. Gli esemplari di Sogliano non oltre- 
passano 14 millm. di lungh., 9 di larghezza. 


C. disjunetum, Sow. — Hörnes, op. cit. p. 406, Tav. XLII, 


fig. 10, 11. — ©. convexum, Eichw. Lethaea Rossica, 
p. 157, Tav. VII, fig. 17. 


Questa sp. caratterizzata da una forma turrita, svelta, con an- 
fratti ornati da costoline ineurve, sulle quali si mostrono 3 ordini di 
tubercoli, erescenti dall’ alto al basso e collegati spiralmente da 
altrettanti funieoletti, & assai frequente, assieme alla precedente, in 
eontatto delle ligniti, raggiungendo in medio 15 millm. di lJungh. e 
6 di larghezza. 


496 Manzoni. 


Gen. Turritella, Lam. 


T. tornata, Broce. 


Frequente. 


1 
T, Broechii, Bronn. 


Rara. 


T. vermieularis, Broce. — Hörnes, op. eit, p. 422, Tav. XLIH, 
hey10418. 


Var.: t. erassiore, eingulis tribus eminentioribus, sursum regu- 
lariter decrescentibus. 
Frequente. 


T. bicarinata, Eichw. Letliaea Rossica, p. 280, Tav. X, fig. 23 — 
Hörnes, op. eit. p. 426, Tav. XLIII, fig. 8—12. = T. Ar- 
chimedis, Auct., non Brong. 

II nome T. Archimedis, Brong., imposto ad una forma di 
S. Gonino (Eocene superiore) non si confa ne a questa ne alle 
‚sussequenti forme mioceniche. 

Frequenti incontransi a Sogliano gli esemplari che corrispon- 
dono esattamente alla 7. bicarinata,; rarissimi sono quelli nei quali 
si riscontra quella piecola varieta di ornato, significata nella diagnosi 
dell’ Eichwald colle parole „carina superiore passim nodulosa“, 
varieta che potrebbe venir riportata alla 7. varicosa, Brocc. 


'T. Hörnesi, Micht. in cell. 


T. subulato-turrita, solidiuscula; anfractibus convexis, tenuis- 
sime spiraliter striatis, carinis quatuor distinetissimis, aequidistanti- 
bus praeditis; carina tertia multo eminentiore. Tav. Il, fig. 12. 

Pochi e mutilati esemplari, nei quali il Sig. Michelotti ha 
ereduto di ravvisare la propria 7. Hörnesi: la qual sp. inedita venne 
fondata su di esemplari provenienti dal miocene medio di Torino, e 
che consequentemente mostrerebbe estendersi al miocene superiore 
o Tortonese. 

La T. Hörnesi, per esser quadrieingulata ed eminentemente 
carinata, come dalla diagnosi e figura di un frammento si pud dedurre, 


Della Fauna Marina etc. A9T 


differisce dalle precedenti ed & una della singolari eonchiglie di 
Sogliano. 


Gen. Xenophora, Fisch. 


X. sp? Frammenti inclassifieabili. 


Gen. Trochus, Linn. 


T. patulus, Broce. 


Rarissimo: var. t. solidiore, suleis transversis, profundioribus. 
callo umbilicari erassiore. 


Gen. Solarium, Lam. 


$. simplex, Bronn. 


Raro — testa juvenili, depressa., 


Gen. Natica, Adanson. 
N. millepunctata, Lam. 
Rara. 
N. redempta, Micht. op. eit. p. 157, Tav. VI, fig. 6. 


Frequente — gli esemplari di Sogliano sono grandi, con un 
enorme callo, solidissimi, ordinariamente mutilati. 


N. Josephinia, Risso. 


Rarissima, piccola. 
N. helicina, Brocc. 


Var.: t. erassiore, spira elatiore, apertura angustata. 


Gen. Niso, Risso. 
N, eburnea, Risso. 


Rarissima. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth, 33 


498 Mahnzoni. 


Gen. Hydrobia, Hartmann. 


Hy. (Paludina) stagnalis, Bast. — Hörnes, op. eit. p. 586, 
Tav. XLVII, fig. 22. 


Questa conchiglia & frequentissima in contatto delle ligniti e | 
mostrasi variabile alquanto nella forma e dimensione, come si puo 
dedurre dalle figure di questa sp. Tav. II, fig. 10, 11, 12. 

Questa Hydrobia di Sogliano, gia conoseiuta dal Dr. Hörnes, 
corrisponde esattamente alla forma originariamente deseritta dal 
Basterot, ed agli esemplari del bacino di Vienna, come ho potuto 
constatare nelle Collez. dell’ Hofmineraliencabinet. 


Gen. Neritina. 


N. zebrina, Bronn — Mayer, deseript. d. Coq. foss. d. terr. tert. 
super. in Journ. de Conch. 1864, p. 160, Tav. VIII, fig. 2. 


A seconda delle indieazioni del Prof. Mayer io stabiliseo, 
che gli esemplari di Sogliano (Tav. III, fig. 6, 7 due volte ingran- 
diti) corrispondono alla var.: testa zonis tribus obseuris, griseis 
vel subfuseis (mediano angustiore) destituta, originariamente de- 
seritta dal Bronn; nel resto essendo gli esemplari di Sogliano, da 
me raccolti, in perfetta conservazione ma in piccolo numero, identiei 
alla forma deseritta del Prof. Mayer, proveniente dalle marne tur- 
chine e da quelle grigie salmastre della collina di Siena. 


Gen. Melanopsis, Fer. 


M. Bonellii, Sismonda. 


Questa sp. @ communissima a Mte. Gibio nel Modanese ed a 
St. Agata nel Tortonese, come si puö desumere dal Catalogo eit. del 
Prof. Doderlein. Io ne ho raccolti 2 esemplari a Sogliano in con- 
tatto delle Ligniti, e del maggiore ne dd la figura in grandezza nor- 
male a Tav. II, fig. 8, 9. 


Gen. Planorbis. Müller. 


P. cornu, Brong. 


Vedi la numerosa synonymia che di questa sp. da J. B. Noulet, 
memoires sur les Coq. d’eau douce de S.O. de la France, 1868, p. 159. 


Della Fauna Marina etc. 499 


Un piecolo esemplare di 4 millm. di diametro appartenente 
alle Collez. Paleont. del R. Universita di Bologna, figurato (2 volte 
ingrandito) in Tav. II, fig. 4 — Secondo M. Noulet questa sp. 
varia di forma a norma dell’ eta, e cio spiega le numerose denomina- 
zioni date dagli Autori alla medesima. 

Gen. Crepidula, Lam. 
€. unguiformis, Bast. 


Non rara, nell’ interno delle grosse conchiglie di Gasteropodi. 


Gen. Dentalium, Linn. 
D. Bouei, Desh. 
Rarissimo. 


D. inaequale, Bronn. — Micht. op. eit. p. 142, Tav. V, fig. 19, 
an = D. sexangulare vel sexangulum, Auctorum, var.: t. 
erassa, sexangulata, eostellis complurimis intermediis? 


Frequente. 


D. Michelottii, Hörnes, op. cit. p. 654, Tav. L, fig. 33; an D. 
sexangulare vel sexangulum, var.: t. sexangulato-eostata, 
eostellis interpositis subnullis ? 


Questa forma interferisce colla precedente. 


D. mutabile, Doderlein — Hörnes, op. cit p. 654, var.: t. eras- 
siore, tereti, costis maxime crassis, prominentibus 10—12 
instrueta; interstitiis laevibus, profundis costas aequantibus. 


Fors’ anche questa supposta var.: (figurata in grandezza natu- 
ralı a Tav. II, fig. 5) potrebbe venir proposta come forma distinta. 


Conchifera. 
Gen. Chama, Lam. 
Ch. gryphoides, Linn. 


Rarissima. 
33* 


500 Manzoni. 


Gen. Oardita, Brug. 


6. Jouanneti, Bast. 
Frequente ma sempre in frammenti, dai quali perö si possono 


desumere le grandi dimensioni raggiunte da questa specie. 


Gen. Nucula, Lam. 


N. placentina, Lam. 


Rarissima. 
Gen. Pectunculus, Lam, 


P. pilosus, Auetorum. 


Rarissimo. 


P. obtusatus, Partsch — Hörnes. op. eit. p. 319, Tav. XLI, 
fig. 11. 


Riferisco a questa sp. aleuni esemplari di Sogliano i quali sono 
caratterizzati da una forma trigono-acuta, per la straordinaria promi- 
nenza ed acutezza degli umboni, con area ligamentare alta e solcata, 
con area cardinale vasta e solidissima armata di denti angolosi, acu- 
minati e potenti, in serie non interrotta. Questi esemplari non rag- 
giungono 3 centim. in largh. ed lunghezza, e per quanto spravvisti 
di solchi radiati alla guisa degli esemplari del Bacino di Vienna, pure 
come leggera varieta a questi debbono esser riferiti. 


Polipai. 
Heliastrea (Astrea) Ellisiana, M. Edw. 
Frequentissima. 


Astrea (Siderastrea) erenulata, M. Edw. 
Rara. 


Porites Collegnana, Micht. 


Frequente. 


Della Fauna Marina etc. 501 


2. Parte. 
Lembo miocenico presso Bassano. 


Le seguenti notizie stratigrafiche mi sono state favorite dal- 
l Egregio Prof. E. Suess. 

„Mentre nelle colline terziarie del Vicentino gli strati di Schio, 
con Scutella subrotunda, Pecten deletus e banchi di Nullipore 
rappresentano i depositi piü giovani della formazione terziaria, 
presso la Brenta e la Piave e piü lontano verso Nord-Ovest a que- 
sti si sovrapone una zona esteriore, semper piü chiaramente appa- 
rente, di depositi terziari, i quali concordanti cogli strati di Schio 
scorrono non interrotti e fortemente inclinati verso il piano. 

Comineia questa zona esterna dalle case coloniche Cameri 
presso Marostica, si dilata presso Bassano, ed a questa zona, che 
si protende ad Oriente di Asolo, appartengono le considerevoli col- 
line di Mte Sulder e di Col de’ Santori, eomposte di conglomerato 
ealcare. 

Questi piü giovani depositi furono sollevati dalle Alpi come 
quelli di Schio; fatto sul quale mi piace qui d’insistere per consi- 
derazione delle diverse opinioni sostenute per il passato (Murchi- 
son, 1829, Phil. Magaz. vol. V. — Pasini, Ann. d. Sc. Rgn. Lau. 
Ven. I, 1831, III e IV, 1833). 

Zigno fu il primo nell’ anno 1849 (sulla giacitura d. terr. de 
sedim. di Trevigiano) a seguire I’ andamento di questa zona, pren- 
dendo a studiare specialmente un piecolo deposito di Lignite da 
S. Zenone fino alla Piave. 

I membri di questa zona esterna si possono facilmente distin- 
guere e sono 

1. Un gruppo di strati di caleare marnoso, eontenente numerosi 
granuli verdi, talvolta questa essendo in tale quantitä da render 
gli strati di color verde-seuro, glauconitieco, e grandemente 
somiglianti alla ben conosciuta sabbia verde di Belluno. 

La Chiesa di Monfermo siede sopra uno strato maggior- 
mente ındurito ed alto di questo gruppo. Un Flabellum, fram- 
menti di Spatanghi e frammenti di legno rotolato vi si trovano 
assieme a mal conservati modelli interni di varie specie di con- 
ehiglie marine. Inoltre vi si trovano traceie d’ impronte di pesci. 


502 Manzoni. 


. Una massa abbastanza potente di argille turchine, caratterizzate 
da gran numero di conchiglie di Corbula, e nelle vieinanze di Bas- 
sano da grandi Nodosarie e Cristellarie. Da questo gruppe 
provengono le eonchiglie piü sotto enumerate. 

. Una zona poco larga di sabbia e di arenaria giallieeia, con Pu- 
nopea Menardi, Desh., Ostrea (vedi ad esempio la localitä 
Mte. de’ Frati presso Asolo). 

. I sopra menzionato deposito di Ligniti seguito e studiato dal 
Zigno. 

. Una molto eonsiderevole massa di conglomerati, chiaramente 
stratifieati, quasi per intiero consistenti di eiottoli calcarei. Fra 
questi perd io ho raccolti soli due eiottoli di porfido rosso ed 
uno di una pietra nera basaltica. — Tutto l' orlo esterno della 
piü giovane zona terziaria, partando da Asolo fino di la della 
Piave, € composta di questo conglomerato; del quale si eom- 
pongono pure le ancor piü considerevoli colline di Maser e forse 
anche tutto il Boseo-Montello. — Descendendo dal Col de’ San- 
tori verso Nord sopra le teste degli strati, trovai, non molto 
lungi dal eulmine, fra i banchi di conglomerato un sottile strate 
di argille turchine con conchiglie rotte di grandi Helix“. 


Conus Tarbellianus, Grat. 
C. fusco-cingulatus, Bronn. 
Esemplari giovani, conservanti le linee fosche spirali. 
C. Dujardini, Desh. 
Esemplari giovani. 
Ancillaria glandiformis, Lam. 
Buccinum clathratum, Lam. 
B. semistriatum, Broce. 
Cassis saburon, Lam. 
Ficula sp.? 
Frammenti irreconoseibili. 
Pleurotoma Sotteri, Micht. 
P. Jouannetü, Desm. 
P. calcarata, Grat. —Bell., Monogr. p. 36, Tav. II, fig. 11. 
Un ben eonservato esemplare lungo 5 centim. 
P. sinuata, Bell. 


Della Fauna Marina etc. 503 


P. pustulata, Bvoce. 
Turritella (Proto) cathedralis, Brong. — Hörnes, op. eit. Tav. 
XLII, fig. 1. 
Esemplare adulto. 


T. (Proto) rotifera, Lam. — Desh. Deseript. d. Coq. foss. d. envi- 
rons de Paris, Tome Il, p. 274, Pl. XL, fig. 20, 21. 


T. elongato-turrita, erassiuscula; anfractibus eirca 15, supre- 
mis carinis tribus, angustis, aequalibus praeditis, inferioribus carina 
eminentiore acutissima supra armatis, carinis inferioribus duobus 
sensim decrescentibus. Suturis linearibus subobtectis. Apertura 
subquadrata, lateraliter sinuata. 

Presento a Tav. III, fig. 2 il disegno in grandezza naturale di 
un magnifico e completo esemplare di Asolo, ed in fig. 3 un fram- 
mento di altro esemplare nel quale per ragion forse di uno straordi- 
nario ispessimento della conchiglia dovuto alla sua vecchia eta la 
earena principale vedesi ottusa e callosa, le due secondarie sparite 
e la parte inferiore dell’ anfratto molto escavata. 

Questa singolarissima sp. & frequente ad Asolo, raccogliesi per 
di piü nei dintorni di Montpellier e di Mont Jouy presso Barcellona, 
come M. Deshayes accenna e come io stesso ho potuto constatare 
nelle Collez. dell’ Hofmineraliencabinet. — Ora poiche tutte queste 
localita appartengono senza alcun dubbio al Miocene superiore, e 
poiche nello stesso tempo la provenienza della 7. rotifera dalle 
sabbie eoceniche di Soissons gia resta in dubbio fin da principio 
e di poi non piü confermata, male accordasi con quelle piü recenti 
e non dubbie, cosi & che I’ origine e distribuzione di detta sp. dovra 
venir considerata come interamente miocenica. 


Natica millepunctata, Lam. 
Frequente. 


Corbula gibba, Olivi. 
Frequentissima. 
Venus Dujardin! — Hörnes, op. cit. 120, Tav. XII, fig. 1. 


504 Manzoni. 


Spiegazione delle Tavole. 


Tav. I. 


1. Conus Haueri. Partsch. 1 
2 »  Dujardini Desh. var. 
3 „  sertiferus. Manz. 
4, 5. Mitra rectieosta. Bell. » 

» 6. Columbella eurta. Bell. 
7. Terebra tubereulifera. Doder!. 
8. Buceinum Dujardini. Desh. var. 
9 H duplieatum Sow. var. 
0. Purpura elata. Blainv. 


Tav. LI. 


1, 2. Murex inflexus. Doder!. 
» 3 4. Fusus Fuchsii Manz. 
5, 6. Pleurotoma interseeta? Doder!. 
7. Fusus Klipsteini. Micht. 
» 8. Cerithium lignitarum. Eichw. 
9. Pleurotoma spiralis. Serres. 
„ 10, 11. Cancellaria serobieulata. Hörn. 
„ 12. Turritella Hörnesi. Micht. 


Tav. III. 


Cerithium minutum. Serres. 
Turritella rotifera. Deshayes. 


Planorbis pseudammonius. Scehloth. 
Dentalium mutabile. Doderl. var. 

» 6, 7. Nerita zebrina. Bronn. 

» 8, 9. Melanopsis Bonellii. Sism. 

„ 10—12. Hydrobia stagnalis. Bast. 


il. 

2. 
Ran “ ” = var. 

A. 

5. 


Ta£f.T. 


v. Rud. Schonn AdkkHoku Staa 


I.lonus Hauert. Partsch. ?. l äujardınt, Deshvar 3.0. Sertiferus,. Marz. 
4.5. Witra rectteosta, Bell. 6 Columbella curta, Bell. 2 Terebra tuber- 
eulıfera, Doderl. 8 Buccinum Dnyardıni Desh.var, I B.duplicatum, Sow. 
var. 10 Purpura elata,Dlain D. 
Sitzungsb.d.k Akad. d.W. mathnatırw. 01. LX Ba FAbth.1869, 


Manzoni, Fauna Miocenica di Sogliano e di Bassano. 


T 


Nat. gez u ieh.v. Rud Schöonn A.d.kkHofu Staatsdruckerer. 
1. 2. .Unrerxr inflechsDoderl 2. 4. Fusus Eirchsit Manz. 5.0. Plenroto = 
ma intersecta Doder!. £ Fuss Mlpsteini, Micht. 8 Ceritnum Vigmit = 
rm, Lrehw I Preurotoma spirtalis, Serres 10. Il. Caneellaria serobr 
ewlalta, Horn. 12. Vurrttella. Hornesi, MMicht 
Sitzungsb. d.k.Akad. d.W. math.naturw.CL.LX.Bd. TAbth. 1869. 


TE, 


Manzent, Fauna Miecenica dı Sogliano e diBassane. 


£ Kerttinum ln er rer 3. Turritella rotifera,Desh. 3 Turritella 
rotifera Var A Planorbis pseude ammeonits,Schlotn >. Dentalium 
martabile,Doderl. var. 6. 1.NVerita zebrina, Bronn. 8.9. Melanopsis Bo- 
nellii,Sism. 10.18.12. Hydrobia stagnalis, Bast: 
Sitzungsb.d.kais Akad.dW. matlı. natnrw CL, LX Bd. IT Abth.1869. 


Taf.M. 


505 


Über tertiäre Bryozoen von.Kischenew in Bessarabien. 
Von dem w. M. Prof. Dr. A. E. Reuss, 


(Mit 2 lithographirten Tafeln.) 


(Vorgelegt in der Sitzung am 17. Juni 1869.) 


Die tertiären Sehichten der brakischen oder, wie sie Prof. 
Süss sehr bezeiehnend nennt, der sarmatischen Stufe werden 
neben anderen Thier- und Pflanzenresten besonders durch eine be- 
trächtliche Anzahl von Mollusken characterisirt, von denen ein Theil 
den genannten Schichten eigenthümlich zukömmt und vornämlich 
von Osten her eingedrungen zu sein scheint, während sie die anderen 
mit den älteren marinen Schichten des Westens gemeinschaftlich be- 
sitzen. Denselben ist bisher auch die größte Aufmerksamkeit zuge- 
wendet worden und Prof. Süss gibt von beiden, insoweit sie im 
Wiener Becken entwickelt sind, Verzeichnisse). 

Bryozoen scheinen dagegen in der sarmatischen Stufe nur eine 
untergeordnete Rolle zu spielen und an vielen Orten beinahe ganz zu 
fehlen. Auch sind dieselben bisher nur sehr wenig berücksichtigt 
worden. Th. Fuchs hat Knollen von Celleporaria bei Goys am 
Neusiedlersee und in der Umgegend von Preßburg in Gesteinen der 
sarmatischen Stufe beobachtet2). In der Umgegend von Ofen, sowie 
in Siebenbürgen, sind mehrere Bryozoenarten gesammelt, aber noch 
keiner näheren Untersuchung unterzogen worden. 

Das demselben Niveau angehörige kalkige Gestein von Ki- 
schenew in Bessarabien enthält dagegen Bryozoenreste und zwar in 
näher bestimmbarem Zustande in sehr beträchtlicher Menge. Durch 
die Güte meines verehrten Freundes Prof. Süss erhielt ich ein 
Handstück dieses Gesteines zur Untersuchung. Es stellt einen po- 


1) Süss, über die Bedeutung der sog. brakischen Stufe oder der Cerithienschichten 
im 94. Bde. d. Sitzungsb. d. k. Ak. d. Wissensch. I. Abth. 1866. Juli. 
®) Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1868. XVII. pag. 270, 277. 


506 | Reuss. 


rösen, stellenweise sinterartigen Kalkstein dar, der aus größern und 
kleineren Conchylien und ihren Bruchstücken, sowie aus Bryozoen- 
fragmenten zusammengekittet erscheint und daher ein grob- und 
regellos- oolithisches Aussehen annimmt. Der Umstand, daß die 
vorwiegende Menge der Conchylienschalen ganz oder nur wenig be- 
sehädigt ist, beweiset, daß dieselben nicht weit von ihrer Geburts- 
stätte hinweggeführt und nicht durch längere Zeit vom Wasser 
herumgeworfen worden sind. Die Schalen der abgestorbenen Thiere 
müssen im ruhigen Wasser zu Boden gesunken und durch aus 
seiner Lösung ausgeschiedenes Kalkcarbonat verkittet worden 
sein. Dabei wurden zugleich die kleineren Conchylien und ihre 
Bruchstücke mit einer meistens dünnen Kalkrinde inerustirt, wäh- 
rend dagegen die größeren davon frei geblieben sind. 


Bei genauerer Untersuchung erkannte ich in dem untersuchten 
Handstücke die theils unversehrten, theils zerbrochenen Schalen von 
Trochus podolicus Dub., Tr. Blainvillei d’O., Tr. Adelae d’O., Tr. 
pietus Eichw,, Tr. papilla Eiehw., Phasianella bessarabica d’O., 
eine große längsgerippte Melania, die wohl mit M. Escheri Brongn. 
identisch ist, ferner Bulla truncata Ad., Modiola volhynica 
Eichw. und Cardium protractum Eichw. Mehrere kleine stets 
inerustirte Paludina- und Phasianella-artige Schalen vermochte 
ieh nicht mit Sicherheit zu bestimmen. 


Besonders hervorheben muß ich aber noch eine sehr kleine Pa- 
tella-artige Schnecke, welehe in dem Kischenewer Kalksteine ziem- 
lich häufig vorzukommen scheint. Man findet sie auch, was nicht 
ohne Interesse ist, im Tegel der Cerithienschichten von Vizlendeva in 
W. von Radkersburg in Steiermark, von welchem Fundorte sie von 
Stoliezka als Nacella pygmaea beschrieben wurde!). Welcher 
Gattung sie wirklich angehöre, ist bei der Kleinheit der Schalen und 
bei der Schwierigkeit, welche sich überhaupt der Erkenntniß der 
fossilen Patella-artigen Gasteropoden entgegenstellen, nieht mit 
Sicherheit zu bestimmen. Der Gattung Nacella dürfte sie kaum bei- 
zuzählen sein, da dieselbe durch einen „apex anterior, reeurvated, 


1) Stoliezka, in d. Verhandlg. der zoolog.-botan. Gesellsch. in Wien 1862. XII. 
pag. 532. T. 17, Fig. 2. 


Über tertiäre Bryozoen von Kischenew in Bessarabien. 507 


nearly marginal“ charaeterisirt wird 1), unser Fossil aber einen ge- 
raden aufrechten centralen Scheitel besitzt. Am meisten stimmen 
ihre Merkmale mit jenen der Gattung Scurria Gray überein, denn 
von dieser heißt es®): „Shell elevately - conical, solid; surface 
smooth; apex central mammillated; aperture wide, oval; margin 
regular, entire.“ 

Die mir vorliegenden Exemplare sind höchstens 0:0025—3 M. 
groß, niedrig conisch, von den Seiten zusammengedrückt, daher 
elliptisch, bisweilen etwas unregelmäßig verbogen. Der nicht sehr 
spitzige Wirbel ist gerade aufrecht, mittelständig. Die ziemlich 
dicke, am Rande zugeschärfte Schale wird von feinen ungleichen 
coneentrischen Anwachsstreifen bedeekt, welche, wie man hier und 
da wahrnimmt, von sehr feinen radialen Linien durchkreuzt werden. 
Die Begrenzung des Muskeleindruckes auf der Innenseite der Schale 
kann nicht mit Sicherheit erkannt werden. 

Acmaea compressiuscula Eichw.3), welche im Allgemeinen 
Verwandtschaft mit unserer Species zeigt, unterscheidet sich durch 
die größere Höhe der Schale, die Eiform der Mündung und die 
leichte Krümmung des Wirbeis, 

Die ebenfalls verwandte Helcion angulata. d’Orb.*) aus den 
Tertiärschiehten am Ufer des Dniester in Bessarabien ist größer, 
dünnschalig und weniger zusammengedrückt. 

Neben den Mollusken nehmen in dem Gesteine von Kischenew 
die zahlreich eingestreuten Bruchstücke von Bryozoen unsere Auf- 
merksamkeit in Anspruch, Besonders Hemieschara variabilis Reuss 
fällt durch die Häufigkeit ihrer sehr veränderlichen Formen auf. 
Zunächst folgt, obwohl schon viel seltener, aber nicht geringerem 
Formenwechsel unterworfen, Diastopora corrugata Reuss. Eine 
nur sehr untergeordnete Rolle spielen dagegen die seltenen und 
kleinen Fragmente von Tubulipora congesta Reuss und Le- 
pralia verruculosa Reuss. Ich lasse nun die detaillirte Beschrei- 
bung der einzelnen Arten folgen. 


!) Adams the genera of recent mollusca, I. pag. 467. T. 52, Fig. 10. 

2) Adams the genera of recent mollusca, |. pag. 459. T. 52, Fig. A. (Se. seurra 
Less.) 

®) Eichwald, Lethaea ross. Ill. pag. 142. T. 6, Fig. 19. 

%) Hommaire de Hell les Steppes de la mer caspienne 1844. III. pag. 470. T. 4, 
Fig. 13—15, 


508 Reuss. 


1. Hemieschara variabilis n. sp. (Taf. I, Fig. 1—5.) 


Cellepora syrin& Eichw. Leth. ross. III. pag. 26. T. I, Fig. 27. — C. tinealıs 
Eichw. 1. e. II. pag. 28. T. I, Fig. 23. — Vincularia angularis 
Eichw. |]. e. II. in explieat. tabular. T. J, Fig. 29. — Vincularia 
teres Eichw. |. ce. Ill. pag. 37. T. I, Fig. 28. — Vincularia tristoma 
Eichw. 1. e. III, pag. 37. T. I, Fig. 29. 


Eine Species, die sich nicht nur durch die Häufigkeit ihres Vor- 
kommens, sondern auch durch ihre große Veränderlichkeit in den 
Gestaltungsverhältnissen auszeichnet. Alle ihre Varietäten kommen 
aber darin überein, dal die mehr weniger verlängerten und schmalen, 
wenig gewölbten Zellen einschichtige Colonien bilden, die sich zu 
ästigen bald drehrunden, bald in verschiedenem Grade zusammenge- 
drückten Stämmcehen erheben. Erstere ähneln nicht selten einer 
Vincularia, letztere nähern sich mehr weniger einer Eschara. Von 
beiden unterscheiden sie sich aber durch ihr Hohlsein und selbst im 
Falle starker Compression fand ich doch beide Zellenschichten nie un- 
mittelbar auf einander liegend, sondern stets durch eine wenngleich 
enge Höhlung von einander gesondert. 

Auch die Mündung behält constant ihre Eigenschaften bei. Sie 
ist klein und rundlich und verlängert sich nach unten (hinten) in 
eine schmälere abgerundete Bucht. Sie wird von einem dicken an- 
geschwollenen Rande umgeben, der sehr uneben, grob-höckerig, mit- 
unter wie gekerbt ist. 

Oft wird die Mündung durch ein ziemlich großes, kugeliges 
Ovicellarium zum großen Theile überdeckt, das ebenfalls eine sehr 
unebene, von radialen Höckern bedeckte Oberfläche besitzt, daher 
radial gekerbt erscheint. (T. I, Fig. 3.) 

In ihrer Anordnung zeigen die Zellen sehr verschiedene Modi- 
fieationen; bald stehen sie in mehr weniger deutliche Querreihen 
geordnet, bald sind sie wieder ohne alle Regel neben einander 
gestellt. 

a. Forma simplex. Die Mündung ist einfach, ohne Nebenpore, 
die Zellen sind reetangulär mit parallelen Seitenrändern, durch ziem- 
lich tiefe Furchen geschieden. Sie sind in verschiedenem Grade 
verlängert. Auf der Decke der kürzeren Zellen (Fig. 1) stehen die 
groben ungleichen, etwas verlängerten Höcker, zwischen welchen 
tiefe Gruben eingesenkt sind, in mehr weniger deutlich ausge- 
sprochenen radialen Reihen. 


Über tertiäre Bryozoen von Kischenew in Bessarabien. 509 


An den stärker verlängerten Zellen (Fig. 2) verschwindet je- 
doch diese Anordnung und die Stellung der Höcker und Poren wird 
ganz regellos. 

Nicht selten ist der unmittelbar unter der Mündung gelegene 
Theil der Zellendecke zu einem bläschenartigen Höcker ange- 
schwollen, der nur selten durchbohrt ist. 

Solehe einfache Formen sind es, die von Eiehwald als Celle- 
pora syrinx und Vincularia teres unvollkommen beschrieben wor- 
den sind. 

ß. Forma aurieulata. Die Mündung hat seltener nur auf einer 
Seite, gewöhnlich auf beiden Seiten eine kleine, meistens senk- 
recht spaltenförmige, von einem angeschwollenen Rande umgebene 
Avicularpore neben sich. In den meisten Fällen gehören die Zellen 
dem längeren, seltener dem kürzeren Typus an. Die Anschwellung 
des Mündungsrandes ist stets eine geringere als bei der Var. «) 
(Fig. 4), ja bisweilen fehlt der Oberrand gänzlich und die Mündung 
erscheint eingesenkt (Fig. 5). Die Stelle des Unterrandes nimmt 
ein kleiner eonischer Höcker ein. Die Ovicellarien verhalten sich wie 
bei Var. «). 

Vincularia tristoma Eichw. stellt eine Form mit zwei seit- 
lichen Avieularporen dar, Cellepora tinealis Eiehw. dagegen eine 
Form, bei welcher geschlossene Knötchen meistens die Stelle der 
Avieularporen vertreten. Nur selten ist eines oder das andere dieser 
Knötehen durehbohrt. 

Durch Abreibung und Erosion nehmen sämtliche beschrie- 
bene Formen übrigens ein verschiedentlich fremdartiges Ansehen 
an, so dals bei geringerer Aufmerksamkeit leicht Veranlassung zur 
Aufstellung neuer Species geboten werden kann. 


2. Lepralia verruculosa n. sp. (Taf. IL, Fig. S.) 


Die nicht sehr großen Zellen sind eiförmig, ringsum von einer 
tiefen Furche umgeben, stark gewölbt, in der Mittellinie bisweilen 
schwach gekielt. Die terminale Mündung ist klein, rundlich oder 
hinten etwas abgestuzt und bisweilen mit einem kurzen Spalt ver- 
sehen. Sie wird von einem dieken unebenen kleinwarzigen erhöhtem 
Rande umgeben. Die Zellenwand ist mit gedrängten rundlichen war- 
zenartigen Körnern bedeckt, die mitunter stellenweise eine Anordnung 
in radiale Reihen verrathen. 


510 Reuss. 


Die Ovicellarien sind verhältnißmäßig groß, kugelig, sehr un- 
eben und höckerig, als wären sie aus unregelmäßigen Warzen zusam- 
mengeballt. 

Sehr selten. 


3. Diastopora corrugata n. sp. (Taf. I, Fig. 6,7; Taf. II, Fig. 1—5.) 


Pustulopora primigenia Eichw. Leth. ross. Ill. pag. 17. Taf. II, Fig. 11, 12. 
— Pustulopora fruticosa Eich w. Ill. pag. 18. T. IL, Fig. 9. — Pustu- 
lopora eurta Eichw.]. ce. pag. 18. T. II, Fig. 10. 


Eine Species, die je nach der verschiedenen Artund dem Stadium 
der Ausbildung eine sehr abweichende Physiognomie darbietet. Die 
Jüngsten und einfachsten Colonieen tragen vollständig die Form und 
das Gepräge einer Berenicea an sich. (T. I., Fig. 7 !). Es sind halb- 
runde oder fächerförmige Colonieen, selten mit der ganzen Unterseite, 
meistens nur mit einem größeren oder kleineren Theile derselben 
oder auch nur mit dem unteren Rande aufgewachsen, übrigens sich 
aber schräge oder senkrecht in die Höhe richtend. 

Ihre Vorderseite zeigt entfernte, beinahe liegende, halbeylin- 
drisch gewölbte Zellenröhren, die gewöhnlich regellos gestellt sind, 
zuweilen aber in einigem Abstande vom Basalrande eine Neigung, 
sich in radiale Reihen zu ordnen, verrathen. Am freien Ende münden 
die Zellen in einer etwas verengerten rundlichen oder in senkrechter 
Richtung breit-elliptischen Öffnung aus, die im vollständig wohler- 
haltenen Zustande bisweilen in der Mitte ihres Unterrandes einen 
kleinen zahnartigen Vorsprung erkennen läßt. Die Oberfläche, sowohl 
der Zellenröhren, als auch der sie trennenden tiefen Zwischenfurchen 
werden von ungleichen groben Querstreifen oder vielmehr Runzeln 
bedeckt. 

Der freie Theil des Randes ist mit gedrängten viel kleineren, 
schwach umrandeten Mündungen von Germinalzellen erfüllt. 

Die beschriebenen Zellencolonieen bleiben nur selten ebenflächig. 
Gewöhnlich biegen sich ihre Seitenränder mehr weniger um, (T. I, 
Fig. 6), so daß sie einen unvollständigen, rückwärts sich noch in 
einem Spalt öffnenden, oftmals zusammengedrückten Ring bilden. 


1) Über Berenicea und Diastopora siehe: Reuss, die Bryozoen, Anthozoen und 
Spongiarien des braunen Jura von Balin bei Krakau in d. Denkschr. der k. Akad. 
d. Wiss. Bd. 27, pag. A. ff. 


Über tertiäre Bryozoen von Kischenew in Bessarabien. 51 1 


Dieser schließt sich zuletzt durch Verschmelzen der Seitenränder und 
verwandelt sich, weiter in die Höhe wachsend, in ein drehrundes 
oder comprimirtes, nicht selten höckeriges Stämmchen, das, nur mit 
der Basis aufgewachsen, im Innern von einer engeren oder weiteren, 
eylindrischen oder winkligen Höhlung durchzogen wird (T. I, 
Fig. 1, 2). Ihr Vorhandensein beweiset schon für sich, auch wenn 
man auf die sich aus der Prüfung zahlreicher Exemplare mit Sicher- 
heit ergebende Genese der Stämmehen keine Rücksicht nimmt, daß 
dieselben nicht nach Eiehwald’s Vorgange der Gattung Entalo- 
phora (Pustulopora) zugewiesen werden können. 

Die Seitenflächen der Stämmehen bieten an verschiedenen 
Stellen je nach dem verschiedenen Abstande vom Rande der Colonie 
eine sehr abweichende Beschaffenheit der Zellen und ihrer Mündun- 
gen dar. Der freie Rand der Röhre wird von den gedrängten Ger- 
minalzellen eingenommen. 

Doch abgesehen von solehen localen Verschiedenheiten beob- 
achtet man an manchen Stämmchen noch andere örtliche Entwick- 
lungsdifferenzen der Zellen, durch welche den Stämmchen bisweilen 
ein so fremdartiges Gepräge zu Theil wird, daß man ohne Unter- 
suchung zahlreicherer Exemplare wohl geneigt wäre, dieselben ver- 
‚schiedenen Arten beizuzählen. 

Im weiteren Verlaufe des Wachsthumes verengert sich oft die 
obere Öffnung der röhrenförmigen Colonie nicht selten (T. IL, Fig. 3) 
oder sie schließt sich bisweilen vollkommen (T. I, Fig 4). Die 
Röhren nehmen dann das täuschende Ansehen von Entalophora- 
Stämmcehen an, deren oberesEnde von kleinen Germinalporen besetzt 
erscheint. Diese Stämmehen werden bisweilen höckerig oder ver- 
rathen selbst Neigung zur Bifurcation. 

Endlich lehrt die genauere Betrachtung einzelner Stämmchen, 
daß ihre Bildung noch auf eine andere, als die eben erörterte Weise, 
zu Stande kömmt und zwar durch Proliferiren, durch Verschmelzen 
mehrerer fächerförmiger Colonien, die sich vereint zum hohlen 
Stämmchen einrollen. Die Grenzen der Einzeleolonieen geben sich 
leicht durch die etwas hervorragenden und mit gedrängten eckigen 
Germinalporen bedeckten Ränder zu erkennen (T. II, Fig. 5). 

Die Speeies findet sich in allen ihren jetzt beschriebenen Ent- 
wicklungsformen häufig. 


512 Reuss. 


4. Tubulipora congesta Rss. (Taf. IL, Fig. 6, 7.) 
Reuss foss. Polyp. des Wiener Tertiärbeek. pag. 49. T. VII, Fig. 2 (non 
Fig. 1, 3). 

Sie bildet kleine rundliche, halbrunde oder unregelmäßige in- 
erustirende Ausbreiturgen, deren Oberfläche mit gedrängten, regel- 
los gestellten, steil aufgerichteten, in weiter Ausdehnung freien, 
dünnen eylindrischen Röhrchen bedeckt ist, mit enger runder termi- 
naler Mündung. 

Von den verwandten Arten, z. B. der lebenden 7. serpens L. 
sp.1), T. fimbria L.2), T. flabellaris Fabr. sp.:) u. a. unter- 
scheidet sich die Species theils durch die Anordnung der Zellen, 
theils durch die Länge oder den Durchmesser der Zellenröhren. Da- 
gegen kömmt sie mit 7. echinus Eiehw.*) sehr überein oder ist 
vielleicht damit identisch. 


1) A. Smitt kritisk förteckning öfver Skandinaviens Hafs-Bryozoer. II. Fort- 
sättning in Öfversight of kongl. Vetenskaps-akademiens Förhandlinger 1866, 
pag. 399. T. 3, Fig. 1—5; T. 9, Fig. 1, 2. 

2) A. Smitt 1. e. pag. 401, Nr. 2. T. 9, Fig. 5. 

3) A. Smitt 1. e. pag. 401, Nr. 3. 

#) Leth. ross, III. pag. 16. T. 2, Fig. 14. 


Reufs.. Über tertiäre Bryozoen von Kischenew. 


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Inıckerei 


Fig. 1.5. Hemieschara variabilis n.sp. BT. Diastopora corrugata n..sp. 


Sıtzungsb .d.k. Akad. dW mark zatııw IL IX Bd Lab IE. 


Renuls. Über tertiäre Bryozoen von Kischenew. Taf. 


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Mig.1.5 Diastopora corrugata, sı. sp. 8, T. Diastopor@ congesta, Rfs 


$ Lepralia u. mueulosa, m. 5p 


Sitzungsb.d.k.Akad.d.Wmath. naturw. (1. LX.Bd. T.Abth. 1870. 


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8. 


Über tertiäre Bryozoen von Kischenew in Bessarabien. 5 1 3 


Erklärung der Tafeln. 


Tafel 1. 


Hemieschara variabilis n. sp. forma simplex mit kürzeren Zellen. Ein 
röhriges Bruchstück, a. in natürl. Größe, d. vergrößert. 


. Dieselbe, forma simplex mit verlängerten Zellen. Ein röhrenförmiges 


Bruchstück, a. in nat. Größe, 5. vergrößert. 


. Dieselbe mit Ovicellarien. Ein vergrößertes Fragment. 
. Dieselbe, forma appendiculata. Ein röhriges Bruchstück, a. in natürl. 


Größe, b. vergrößert. 


. Dieselbe, forma appendiculata mit eingesenkter Mündung. Ein röhriges 


Bruchstück vergrößert. 

7. Diastopora corrugata n. sp. Halbkreisförmige Colonieen (6 an den 
Rändern schon theilweise zurückgebogen); a. in nat. Größe, 5. ver- 
größert. 


Tafel I. 


2. Diastopora corrugata n. sp. Zur Röhre eingerollte Colonieen; a. in 
nat. Größe, 5. vergrößert. 


. Dieselbe. Röhrenförmig zusammengerollte Colonie mit verengter obe- 


rer Öffnung; a. in nat. Größe, 5. seitliche, ce. obere Ansicht, beide 
vergrößert. 

Dieselbe, oben geschlossene röhrenförmige Colonie; a. in nat. Größe, 
b. vergrößert. 

Dieselbe. Proliferirender röhriger Polypenstock; a. in nat. Größe, 
b. vergrößert. 

7. Tubulipora congesta Rss. a. in nat. Größe, b. vergrößert. 

Lepralia verruculosa n. sp. Einige Zellen vergrößert. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 34 


514 


XXI. SITZUNG VOM 14. OCTOBER 1869. 


Herr Dr. A. Friedlowsky übersendet eine Ahhandlung: 
„Über Hufeisenniere mit besonderer Rücksichtsnahme auf das 
Zustandekommen der Nierenverwachsung“. 

Herr Rud. Falb in Prag übermittelt ein versiegeltes Schreiben 
ohne nähere Angabe des Inhaltes mit dem Ersuchen um dessen Auf- 
bewahrung zur Sicherung seiner Priorität. 

Herr Direetor K. v. Littrow theilt die in Folge der betreffen- 
den Preisausschreibung an die kaiserliche Akademie eingelangte 
Nachricht der am 12. October gelungenen Entdeckung eines tele- 
skopischen Cometen durch Herrn W. Tempel in Marseille, und 
die constatirenden Beobachtungen des Herrn Prof. E. Weiß mit. 

Herr Director G. Tschermak überreicht eine Abhandlung des 
Herrn Aristides Brezina, betitelt: „Krystallographische Studien 
über rhombischen Schwefel“. 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 


Accademia delle Scienze dell’ Istituto di Bologna: Memorie. Serie 
II. Tomo VII, Fase. 4. Bologna, 1869; 4°. 

— Regia, di Scienze, Lettere ed Arti in Modena: Memorie. Tomo 
IX. Modena, 1868; 40. 

Akademie der Wissenschaften, königl. bayer. zu München: Ab- 
handlungen der histor. Classe. XI. Band, 1. Abtheilung. München, 
1848; 40. — Sitzungsberichte. 1869. I. Heft 1—3. München, 
1869; 80. — C. F. Meissner, Denkschrift auf Carl Friedr. 
Phil. v. Martius. München, 1869; 4°. — Vogel, August, Über 
die Entwicklung der Agrieulturchemie. Festrede. München, 
1869; 4%. — Annalen der Sternwarte bei München. VI., VII. & 
VII. Supplementband. München, 1868 & 1869; 80. 

American Journal of Seience and Arts. Vol. XLVII, Nrs. 140—141. 
New Haven, 1869; 80. 


515 


Bericht über die Weltausstellung zu Paris im Jahre 1867. Heraus- 
gegeben durch das k. k. österr. Central-Comite. Band I—VI, 
nebst einem Atlas zum II. Bande. Wien, 1869; gr. 80. 


Comptes rendus des seances de l’Academie des Sciences. Tome 
LXIX, Nr. 13. 

Cosmos. XVII Annde. 3°. Serie, Tome V, 15° Livraison. Paris, 
1869; 80. 

:Gelehrten-Gesellschaft, k. k. Krakauer: Rocznik. Tom XV. 
Kraköw, 1869; 80. — Sprawozdanie Komisyi fizyografiezng]. 
1868. Tom Ill. Kraköw, 1869; 8°. 

“Gesellsehaft, Deutsche geologische: Zeitschrift. XVII. Band, 
1. Heft. 1865; XX. Band, 3. Heft. 1868. Berlin; 8°. 


— Naturforschende, in Emden: 54. Jahresbericht. Emden, 
1869; 80. 

-— Zoologische, zu Frankfurt a. M.: Der zoologische Garten. 
X. Jahrgang. 1869. Nr. 1—6. Frankfurt a. M.; 80. 


-— Oberhessische, für Natur- und Heilkunde: XII. Bericht. 
Giessen, 1869 ; 80. 

— k., der Wissenschaften, zu Göttingen: Gelehrte Anzeigen. 1868. 
I.—II. Band. Göttingen, 1868; 8°. — Nachrichten aus dem 
Jahre 1868. Göttingen ; 8°. 

‘Gewerbe - Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. 
XXX. Jahrg. Nr. 31. Wien, 1869; 80. 

‘Hauer, Franz Ritter v., Geologische Übersichtskarte der österr.- 
ungar. Monarchie nach den Aufnahmen der k. k. geologischen 
Reichsanstalt. Blatt Nr. I & II. (Böhmen.) Nebst erläuterndem 
Text. Wien, 1869; Folio & 40. . 

Ludwig, C., Arbeiten aus der physiologischen Anstalt zu Leipzig. 
II. Jahrgang, 1868. Leipzig, 1869; 80. 

-Qeuvres de Lavoisier. Tome VI. Paris, 1868; 4°. 

Revue des cours seientifiques et litteraires de la France et de 
l’etranger. VI Annee, Nr. 45. Paris & Bruxelles, 1869; 40. 

Societe geologique de France: Bulletin. Tome XXV, Feuilles 56 — 
64. 2° Serie, Tome XXVI. 1869, Nrs. 1—2. Paris, 1868 & 
1869; 8°. 

— philomatique de Paris: Bulletin. Tome VI. Janvier—Mars 1869. 
Paris; 80. 

34* 


516 


Society, Royal geographical: Journal. Vol. XXXVII. 1868. 
London; 80. — Proceedings. Vol. XII, Nrs. 1—4. London, 
1869; 8°. 

— Zoologieal, of London: Transactions. Vol. VI, Part 8. London. 
1869; 40. — Proceedings for the Year 1869. Part I. London; 80. 

Vereeniging, koninkl. Natuurkundige, in Nederlandsch Indie: 
Natuurkundige Tijdschrift voor Nederlandsch Indie. Deel XXX 
(II. Serie, Deel V), Aflev. 3—6. Batavia & 's Gravenhage, 
1868; 8. 

Verein, naturw., für Sachsen und Thüringen in Halle: Zeitschrift 
für die gesammten Naturwissenschaften. Jahrgang 1869. 
XXXIMN. Band. Berlin, 1869; 8°. 

— naturhistorisch-medieinischer, zu Heidelberg: Verhandlungen. 
Band V, Heft 2. 8°. 

— Offenbacher, für Naturkunde: IX.Bericht. Offenbach a. M., 
1868; 8°. 

Wiener Landwirthschaftl. Zeitung. XIX. Jahrgang, Nr. 41. Wien, 
1869; 4°. 

— Mediein. Wochenschrift. XIX. Jahrgang, Nr. 81—82. Wien, 
1869; 8°. 


517 


Über das Gefäßsystem der äußeren weiblichen Genitalien. 
Von Dr. Carl Gussenbauer. 


(Aus dem physiologischen Institute der Wiener Universität.) 


(Vorgelegt in der Sitzung am 15. Juli 1869.) 


Bekanntlich hat Langer in seiner Arbeit: „Über das Gefäß- 
system der männlichen Schwellorgane (Sitz. Ber. der Akademie der 
Wissenschaften, 1862, 46. Bd., I. Abth:) des Menschen“ eine genaue 
Kenntniß der Gefäßvertheilung in diesen Organen erzielt, welche 
auch mit Erfolg für unsere Vorstellungen über die Mechanik der 
Erection verwerthet worden ist. 

Nicht so genaue Kenntnisse besitzen wir in Bezug auf die Gefäß- 
vertheilung in den äußeren weiblichen Genitalien. 

In den neuesten Handbüchern der Anatomie wird zwar auf die 
vollständige Analogie der Gefäßvertheilung in den weiblichen äußeren 
Genitalien mit den männlichen hingewiesen, doch fehlt es überall an 
‚einer eingehenderen Bearbeitung dieses Gegenstandes. 

Henle (Anatomie 1866, II. Bd.) geht zwar in die Details der 
Formverhältnisse der weiblichen Schwellorgane ein, die Verbindung 
‚dieser Organe unter einander aber, und das Verhalten der Arterien 
zu dem capillaren und eigentlichen venösen Schwellnetze würdigt 
er nur bei den männlichen diesbezüglichen Organen einer genaueren 
Betrachtung. 

Kölliker (Gewebelehre 1866) begnügt sich, die Analogie der 
weiblichen Schwellorgane mit den männlichen hervorzuheben. 

Die zahlreichen älteren Arbeiten vonR. de Graaf’s (De mulierum 
organis generationi inservientibus tractatus novus), Schwammer- 
dam’s (Miraculum naturae s. uteri muliebris fabrica), Santorini’s 
(Observationes anatomicae 1724, pag. 206—232) und Lieutaud 
(Essays anatomique 1766, II. Bd.) bis auf Krause (Anatomie 
1842) und Kobelt haben nur die äußeren Formverhältnisse zum 
Gegenstande. 


518 Gussenbauer 


Kobelt gelangt in seiner Arbeit über die männlichen und weib-— 
lichen Wollustorgane (1844) schon zu genaueren Kenntnissen. Be-- 
sonders widınet er nebst den äußern Formverhältnissen, den zu- und 
abführenden größeren Gefäßen eine besondere Beachtung, und sucht: 
überall aus der gleichen arteriellen und venösen Gefäßverästlung die- _ 
vollständige Analogie der weiblichen Schwellorgane mit den männ-- 
lichen darzuthun. 


Auf den eigentlichen Abschluß des Kreislaufes aber in dem 
Schwellorganen geht er nur oberflächlich ein. 


Auch Kohlrausch (zur Anatomie et Physiologie der Becken-- 
organe 1854) berührt den Kreislaufsabschluß nicht. 


Andere Bearbeiter, wie Valentin, Arnold, Jarjavay, Sappey,. 
schenken ihre Aufmerksamkeit fast ausschließlich nur den männlichen: 
äußeren Genitalien. 


Es schien mir daher eine Untersuchung der Gefäßvertheilung- 
in den äußeren weiblichen Genitalien mit besonderer Berücksichtigung: 
der Schwellorgane, des Kreislaufsabschlusses in denselben, se wie 
der Verbindung derselben untereinander wünschenswerth, und ich 
habe die Resultate in Folgendem niedergelegt. 


Zur Untersuchung habe ich eine bis jetzt nicht übliche Methode 
gewählt, weil sie mir neben Einfachheit alle die Vortheile zu bieten. 
scheint, welche die bis jetzt übliche Corrosionsmethode vor der bloß 
präparirenden auszeichnet. 


Feine Durchschnitte sind bekanntlich zur Darstellung von Ge- 
fäßverbindungen, wie sie in den Schwellorganen vorkommen, un- 
brauchbar. 

Ich machte daher verhältnißmäßig dieke eontinuirliche, in zwei 
auf einander senkrechten Richtungen geführte Durchschnitte, welche, 
aufgehellt bei Anwendung meist schwacher Vergrößerung, große 
Strecken der Gefäße in ihrem Verlaufe überblicken lassen. Ich habe 
stets mit Leimmasse und löslichem Berlinerblau injieirt und mit: 
wenigen Ausnahmen gelungene Injeetionen erhalten. 

Zur Aufhellung der möglichst großen Schnitte verwendete ich, 
nach zahlreichen Versuchen mit verharztem Terpentinöl das ungleich: 
mehr leistende Nelkenöl. 

Mit diesem gelingt es stets, selbst liniendieke Schnitte innerhalb 
einer Stunde derart aufzuhellen, daß sie vollkommen durchsichtig die 


Über das Gefäßsysteım der äußeren weiblichen Genitalien. 5 1 9 


feinsten Gefäßramifieationen neben den groben Venenconvoluten er- 
kennen lassen. 

Der Hauptvortheil dieser Methode besteht wohl darin, daß die 
Gefäßverästlungen vollkommen: plastisch in ihrer ursprünglichen 
Lage zu den Geweben und untereinander gesehen werden, ein Vor- 
theil, den man selbst durch die ausgezeichnetsten Corrosionspräparate 
nicht erreichen kann. 

Verhältnißmäßig leicht ist es, sich aus solchen plastischen Bil- 
dern von eontinuirlich aufeinanderfolgenden Schnitten den ganzen 
Gefäßbaum einer großen untersuchten Partie vorzustellen. 

Schwierig war es, solche Präparate durchsichtig aufzubewahren. 

In Damarfirniß und Canadabalsam werden so dicke Schnitte 
alsbald in dem Grade undurehsichtig, daß jede Untersuchung der- 
selben auch nur mit dem einfachen Mikroskope unmöglich wird. 

Nach zahlreichen Versuchen fand ich endlich in einer Mischung 
des Nelkenöles mit Mastix im Verhältnisse von 1 : 2 oder auch 1:3 
ein Mittel, um so dieke Schnitte durchsichtig zu erhalten. 

Ich habe nun seit mehreren Monaten Präparate in dieser Mischung 
aufbewahrt liegen, und haben dieselben ihre ursprüngliche Durch- 
siehtigkeit vollkommen beibehalten. 

Eines Übelstandes dieser Mischung, wenn es als solcher be- 
zeichnet werden kann, muß ich erwähnen. Die Mischung erstarrt am 
Rande des Deckgläsehens in Folge der überaus langsamen Ver- 
dunstung des Nelkenöles erst nach langer Zeit. Die Präparate erfor- 
dern demnach sehr lange eine besonders zarte Behandlung. 

Behufs der Gewebsuntersuchung habe ich feine Schnitte mit 
earminsaurem Ammoniak tingirt, zur Untersuchung des Balkenge- 
webes in den eavernösen Schwellorganen aber auch die von Köl- 
liker (Verhandlungen der Würzburger Gesellschaft, II. Bd. 1852) 
empfohlene Behandlung Reichert 's mit 20proe. Salpetersäure vor- 
genommen, theilweise auch nach Langer’s Vorgang Essigsäure 
und zur Aufhellung Glycerin angewendet. 

Die meisten Präparate habe ich von neugeborenen Mädehen an- 
gefertigt in der Weise, daß die injieirten Genitalien mit den umlie- 
genden Organen aus dem Becken herausgenommen und in Alkohol 
gehärtet wurden. Die Schnitte wurden wie erwähnt in zwei aufein- 
ander senkrechten Richtungen geführt; die eine war parallel der 
Medianebenre des Körpers, die andere war parallel einer Ebene, 


520 Gussenbauer. 


welche man sich der Länge nach durch die absteigenden Schambein- 
äste gelegt denkt. In der ersteren wurden somit Längsschnitte, in 
der letzteren Querschnitte erzielt. 

Dabei war ich bemüht, die Schnitte über die Vagina auf die 
Harnblase und den Mastdarm auszudehnen, zur leichteren Orientirung 
sowohl, als auch um den Zusammenhang der Gefäße, welche die 
Vagina umgeben, mit der Umgebung überblicken zu können. 

Ich werde nun zuerst die Gefäßverästlung in den großen und 
kleinen Labien, wie sie an solche; Längs- und Querschnitten er- 
sichtlich ist, beschreiben, um dann auf die Clitoris mit ihrer Glans, 
das Corpus und die beiden Crura desselben überzugehen, und nach 
Darstellung des Bulbus vestibuli mit seinen Verbindungen die Gefäß- 
vertheilung in der Vagina vom Ostium bis zur Umbeugungsstelle der- 
selben im fornix besprechen. 


Labia majora. 


Die Labia majora, welche als Hautfalten besonders gegen die 
Basis aus einem fetthältigen Bindegewebe bestehen, dessen faserige 
Bündel vorzugsweise im Längendurchmesser der Labien verlaufen 
und unter der Haut mit zahlreichen ebenso verlaufenden elastischen 
und organischen Muskelfasern verwebt sind, erhalten ihr arterielles 
Blut aus den Art. labial. ant. et post. 

Die Art. lab. ant., Zweigehen der Art. pud. ext., treten an der 
den Schenkeln zugekehrten Fläche der Labien an ihrer Basis ein, und 
versorgen nach diehotomischer Verästlung und Anastomosirung mit 
Zweigehen der Art. lab. post. in capillaren Netzen die Haut. 

Die Drüsen und Haarbälge werden wie sonst in der Haut von 
Capillaren umsponnen. 

In die Papillen treten einfache Gefäßschlingen ein. 

Die Art. lab. post., Zweige der Art. pudenda, gehen unter dem 
hinteren Ende des bulbus vestibuli nach vorne und senden nicht nur 
Zweige zu den Nymphen, sondern auch zu den großen Schamlippen. 
Diese lösen sich nach vielfacher diehotomischer Theilung vorzüglich 
in die Capillaren des Fettgewebes auf, welche überall mit den Capil- 
laren der Haut communieiren. Die Venen verlaufen in den länglichen 
Maschenräumen der Bindegewebssepta, welche gegen die Mitte der 
Labien an Mächtigkeit zunehmen. Die Maschenräume der anastomo- 


Über das Gefäßsystem der äußeren weiblichen Genitalien. 521 


sirenden Venen kreuzen die der Bindegewebssepta meist unter spitzen 
Winkeln. 

Die mit den gleichnamigen Arterien verlaufenden Venae lab. 
ant. et post. nehmen ihr Blut auf. 

Mit anderen Partien fettreichen Bindegewebes am Körper ver- 
glichen, zeigen die großen Schamlippen keinen besonderen Gefäß- 
reichthum. 


Labia minora. 


Schon Lieutaud (Essays anatomique 1766, Il. Bd pag. 311) 
sagt, indem er über die Gefäßvertheilungen in den Nymphen spricht, 
Folgendes: „Ces parties ne doivent point Etre regardees come de 
simple produetions de la peau, elles renferment une substance spon- 
gieuse, qui communique avec le corps du clitoris.“ 


Seitdem ist wiederholt der große Gefäßreichthum der kleinen 
Labien hervorgehoben worden, bald mit der Angabe, daß die Venen 
Netze bilden, wie sie das cavernöse Gewebe der Schwellorgane 
charakterisiren, bald nur, daß die ansehnlichen Venenzweige dem 
Gewebe der Nymphen einige Ähnlichkeit mit cavernösem Gewebe 
verleihen (Henle, Anatomie 1866, pag. 436). Andere Beob- 
achter konnten auch die Ähnlichkeit mit cavernösem Gewebe nieht 
finden. 


Untersucht man zunächst das Gewebe, welches die Nymphen 
zusammensetzt, so findet man auch hier wieder Bindegewebsbündel, 
die der Länge der Nymphen nach verlaufen und gegen die Basis der- 
selben mächtiger werden. Überall sind elastische Fasernetze, die be- 
sonders gegen die Oberfläche stark entwickelt sind, mit zahlreichen 
meist ununterbrochen zusammenhängenden organischen Muskelfasern 
in die Bindegewebsbündel eingestreut. Die Bindegewebsbündel 
anastomosiren vielfach nicht nur in longitudinater Richtung, sondern 
auch von der Basis gegen die Oberfläche, doch sind deren Maschen- 
räume vorzugsweise dem Nymphenrande parallel verlängert. Das. Ge- 
webe der Nymphen unterscheidet sich aber von dem der großen 
Labien durch den gänzlichen Mangel von Fettgewebe. Während dort 
die Bindegewebsmaschen überall unter der Haut von Fettgewebe er- 
füllt sind, und in der Mitte der Labien und an deren Basis die Binde- 
gewebsbündel zu mächtigeren bandartigen Strängen zusammenge- 


522 Gussenbaue:r:. 


drängt erscheinen, findet in den Nymphen eine mehr gleichmäßige 
Vertheilung des Bindegewebes von der Oberfläche gegen die Basis 
statt. Die Maschenräume sind enger und enthalten die venösen 
Gefäße. 

Die arteriellen Zweige der Lab. posterior, welche von hinten in 
die Nymphen eindringen, zerfallen sich dichotomisch theilend in 
Capillaren, die an der Oberfläche in die Papillen einfache Schlingen 
senden, welche aber nicht mit ihren Schenkeln gerade, sondern leicht 
gewunden verlaufen. Der Bogen der Schlinge in den Spitzen der 
Papillen ist gegen die Achse der Papille quer gerichtet. Ein gleiches 
Verhalten der Gefäßschlingen in den Papillen sah ich auch am Prae- 
putium et Frenulum, so wie an der Glans der Qlitoris. 

Langer gibt ein gleiches Verhalten der Gefäßschlingen in den 
Papillen der Peniseichel an. 

Die Capillaren bilden Netze, doch nicht allein an der Oberfläche 
der Nymphen, sondern auch an der Basis derselben. Aus diesem 
eapillaren Netze geht ein Netz feiner Venen hervor, welches überall 
von dem capillaren Netze durchzogen wird. 

Die Maschen des venösen Netzes, dessen Zweige gegen die 
Nymphenbasis allmälig mächtiger werden, sind, während sie gegen 
die Oberfläche annähernd nach allen Richtungen gleiche Durchmesser 
haben, an der Basis von vorne nach hinten verlängert. 

Die aus diesem venösen Netze hervorgehenden abführenden 
Venen stehen, wie Medianschnitte lehren, mit dem Venenconvolute 
der sogenannten, später zu erwähnenden Pars entermedia (Kobelt) 
in Verbindung, und durch dieses mit dem eavernösen Gewebe der 
Clitoris, abgesehen davon, daß das Praeputium und Frenulum der 
Clitoris, welche aus den Nymphen hervorgehen, aber diesen Gefäß- 
reichthum nicht zeigen, ihr Blut in die Vena dors. el. ergießen. 

Die Nymphen besitzen demnach, so wie die @lans clit. ein 
erectiles cavernöses Gewebe, indem hier wie dort ein feines eng- 
maschiges venöses Netz von einem eapillaren Netze gleichmäßig 
nach ällen Richtungen durchflochten ist. Vergleiehungen mit dem Ge- 
webe der Clitoriseichel lassen an den Nymphen keinen Unterschied 
wahrnehmen. 

Die Haut der Nymphen ist bei Neugebornen drüsenlos, 


Über das Gefäßsystem der äußeren weiblichen Genitalien. 523 


Clitoris. 


Die Clitoris ist bis auf den Mangel der Urethra ein vollständiges 
Analogon des Penis. 

Seit Kobelt ist diese Anschauung auch allgemein angenommen. 

Dieses gilt jedoch nicht nur für die äußere Form, sondern auch 
für die Anordnung der Gefäße in ihren Schwellorganen. 

Betrachten wir zunächst die Glans der Clitoris. 

Das arterielle Blut erhält die Eichel durch die beiden Art. dors. 
cl,, von denen jede die ihr entsprechende Hälfte versorgt, wie dies 
Querschnitte zeigen. 

Die Verästlung der arteriellen Zweige ist durchgehends dicho- 
tomisch. 

Anastomosen kleiner Arterien kann man bis in die feinsten Zweige 
nicht wahrnehmen. 

Diese lösen sieh unter der Eicheloberfläche in ein feines sehr 
engmaschiges capillares Netz auf, welches eontinuirlich die Substanz 
der Eichel durchzieht, wie man an gelungenen Injectionspräparaten 
deutlich sehen kann. 

Auch die größeren Venen, welche besonders gegen die Mitte 
der Eichel und die Corona glandis zahlreich auftreten, anastomosiren 
vielfach unter einander und bilden ein Netz, welches überall von dem 
feineren capillaren Netze gekreuzt wird. Dieses Venennetz verläuft 
in den Maschenräumen der das Eichelgewebe zusammensetzenden 
Bindegewebsbalken, welehe die Eichel nach allen Riehtungen gleich- 
mäßig durchsetzen. Diese Bindegewebsbalken führen organische 
Muskelfasern, doch minder zahlreich als die Balken des Corpus 
cavernosum clit. und der urethra. Sehr charakteristisch ist für diese 
Venengeflechte die Bezeichnung Langer's, wie er sie für die Eichel 
des Penis gebraucht. 

Langer bezeichnet das allmälige Übergehen größerer Venen- 
zweige in kleinere gegen die Eicheloberfläche des Penis als terminale 
Ramification derselben, und stellt diese Art der Verästlung als Unter- 
schied des Eichelgewebes von der sogenannten lateralen Ramification, 
wie sie im cavernösen Gewebe des Penis vorkommt, auf. 

Man kann in der That auch bei der Eichel der Clitoris sowohl 
an Längs- als Querschnitten nur allmälige Übergänge gröberer Venen 
in feinere wahrnehmen, und auch gegen die Oberfläche hin kein 


524 Gussenbauer. 


feineres Capillarnetz unterscheiden, als es in der Mitte der Eichel zu 
finden ist. 

Der Abschluß des Kreislaufes findet durchwegs an der Ober- 
fläche sowohl wie in der Tiefe durch das capillare Netz statt, wenig- 
stens konnte ich niemals trotz sorgfältigen Suchens Übergänge 
arterieller Zweigchen in Venen auffinden. Aus diesem Venennetz ent- 
stehen nun die abführenden Venen, welche schon Kobelt bekannt 
waren. 

An der Corona glandis sieht man an Querschnitten der Eichel 
beinahe halbmondförmig angeordnet die feinsten Anfänge der vorde- 
ren Äste der Vena dors. elit. An mehreren Präparaten, welch Längs- 
schnitte darstellen, sehe ich deutlich eine Verbindung des venösen 
Eichelnetzes mit den vorderen Enden des Corpus cavernosum clit. 
Kobelt gab diese Verbindung für die Eichel des Penis an, konnte 
sie aber für die Clitoriseichel nicht auffinden, obwohl ihm Bichat’s 
Angabe: „Le gland n’est pas toujours bien distinet du corps caver- 
neux, au moins interrieurment“ bekannt war. 

Langer hält diese ihm an der Peniseichel bekannte Verbin- 
dung für gemeinschaftliche abführende Venen der Eichel und des 
vorderen Endes des Corp. cav. perlis. 

An zwei Präparaten sehe ich auch deutlich, daß die aus der 
Verbindung hervorgehenden Venen mächtiger als die sie zusammen- 
setzenden unter der Corona glandis gegen die Vena dors. cl. hin- 
ziehen. 

Ferner sieht man an Längsschnitten unter dem hinteren Rande 
der Glans größere Venenästehen aus der Tiefe derselben gegen die 
sogenannte Pars intermed:ia hinziehen und dort sich verbinden mit 
dem Venengeflecht, welches die Pars intermedia zusammensetzt. 

Diesen analoge Verbindungen gibt Langer für die Eichel des 
Penis an. Vergleichungen mitDurchschnitten vom injieirten Penis, die 
ich zu diesem Zwecke anfertigte, zeigen mir die vollständige Über- 
einstimmung beider Gebilde. 


Corpus cavernosum Olitoridis. 


Das Corp. cavernosum elit., von einer fibrösen mit elastischen 
Fasern gemischten Hülle umkleidet und median von einem mit der hin- 
teren Tunica albuginea zusammenhängenden fibrösem Septum, wel- 


Über das Gefäßsystem der äußeren weiblichen Genitalien. 525 


ches jedoch die vordere Wand (bei aufrechter Körperstellung) der 
Tunica albug. nieht erreicht, in zwei Hälften getheilt, geht unter der 
Synchondrosis pub. bogenförmig in die beiden Crura über, welche 
an dem hinteren Rande der absteigenden Schambeinäste abgerundet 
endigen. 

An Medianschnitten, welche das Septum theilen und die Mitte 
der Synchondrosis pub. treffen, sieht man niemals seinen ganzen 
Verlauf, da ja die mit den absteigenden Schambeinästen verlaufenden 
Schenkel seitlich aus der Medianebene fallen. 

Es scheint mir daher eine in Henle's Anatomie (pag. 432) ge- 
gebene Zeichnung eines Medianschnittes der äußeren Genitalien, in 
welchem das freie hintere Ende eines Clitorisschenkels dargestellt 
ist, unrichtig zu sein. 

Die vorderen Enden des cavernösen Gewebes ragen verjüngt 
und abgestumpft in die Eichelsubstanz hinein. Betrachtet man Quer- 
Längs- oder Horizontalschnitte vom Corp. cav. cl., so sieht man 
zunächst unter der Tunica alb. ein feines capillares Netz, welches 
im ganzen Verlaufe des Corpus sowohl als der Schenkel zu beob- 
achten ist. 

Auf dieses feine capillare Netz folgt eine Schichte etwas stärkerer 
netzförmig untereinander verbundener Gefäße, welche Schichte deut- 
lich unterschieden werden kann sowohl gegen das feinere unmittel- 
bar unter der Oberfläche befindliche, als auch gegen das mehr in der 
Mitte der Clitoris gelegene eigentliche Schwellnetz der groben Venen. 
Dieses gröbere Gefäßnetz, für welches Langer beim Penis die Be- 
zeichnung gröberes Rindennetz gebraucht, steht mit dem feineren 
capillaren Netze sowohl, als auch mit dem eigentlichen Schwellnetze 
in Verbindung. Es bildet demnach den Übergang des capillaren Netzes 
in das Schwellnetz. 

Wie man an Querschnitten sieht, stehen die peripheren feineren 
Gefäßnetze beider Hälften des corp. cav. gegen die vordere Wand 
der Tun. albug., wo das Septum durchbrochen ist, mit einander in 
Verbindung. 

Betrachtet man an Querschnitten die Querdurchmesser der 
durehschnittenen Gefäße für sich, so sieht man vom medianen Septum 
gegen die Peripherie dieselben nicht allmälig an Dicke abnehmen. 
Dieselben zeigen vielmehr nach allen Richtungen annähernd gleiche 
Querschnitte. 


526 Gussenbanuer. 


Erst gegen die Peripherie nehmen sie im Querdurchmesser ab 
und verhalten sieh unter der Oberfläche wie feine Capillaren. 

An solchen Schnitten sieht man aber nicht nur in der Peripherie 
ein feines Capillarnetz, sondern mit diesen zusammenhängend kann 
man Capillaren in den Maschen des groben venösen Schwellnetzes 
verfolgen, welehe in den Bindegewebsbalken verlaufen und mit den 
capillaren Netzen, welche in den Wandungen größerer Arterien- 
zweige liegen, in Verbindung stehen. Die Capillaren der Arterien- 
wandungen bilden, wie man an Längsschnitten sehen kann (beson- 
ders in der Wand der Art. corp. clit.), Netze, die mit sehr läng- 
lichen Maschen parallel der Gefäßwand verlaufen. 

Die Maschenräume des groben venösen Schwellnetzes sind, wie 
an Längsschnitten zu sehen ist, gegen das vordere Ende länglich und 
nach vorne und oben gerichtet. 

Sehon in der Mitte des Corp. cavernosum nehmen sie im Län- 
gendurchmesser ab; an der Bifurcation des Corpus cl. und noch 
mehr in den beiden Schenkeln desselben prävalirt keine Richtung. 
Ein gleiches Verhalten zeigen auch die anastomosirenden groben 
Venenzweige. 

Gegen das vordere Ende sind dieselben verhältnißmäßig lang 
und gegen die vordere Oberfläche gerichtet. 

Gegen die Theilungsstelle aber nehmen sie allmählig an Länge 
ab, und stellen in den Schenkeln nur mehr ganz kurze Zweige dar, 
sc daß in keiner Riehtung ein vorherrsehender Verlauf derselben 
wahrzunehmen ist, Mit diesem Verhalten hängt die verschiedene 
Ramification der Arterien zusammen. 

Die Arterien, welche das cavernöse Gewebe mit Blut versehen, 
sind Zweige der Art. profunda clit., welche aus der Theilung der 
pudenda com. (in die art. dors. cl. et prof.) hervorgegangen, nahe 
am hinteren Rande der aufsteigenden Clitorisschenkel verlaufend, 
nacheinander mehrere Zweige abgibt. 

Der erste dieser Zweige geht beiderseits unter dem Clitoris- 
schenkel zur Pars intermedia und entspricht (nach Kobelt) der Bulbo 
urethralis beim Manne. 

Ein kleineres Ästehen dringt hierauf auf jeder Seite in den 
Clitorisschenkel, um sich dort zu ramifieiren. 

Nach Abgabe dieser Ästehen verbinden sich die beiden Art. 
prof. elit. zu einem Arcus anastomoticus, aus welchem zwei Zweige 


Über das Gefäßsystem der äußeren weiblichen Genitalien. 527 


hervorgehen, welche in je eine Hälfte des Corpus cavernosum ein- 
treten. Diese Zweige sind die Art. corp. cav. clit. 

Dieselben verlaufen, wie man in eontinuirlich aufeinanderfolgen- 
den Querschnitten sieht, zu beiden Seiten des Septum in der Mitte 
der Clitoris. 

Von ihnen gehen nun unter spitzen nach vorne offenen Winkeln ° 
diejenigen Ästehen ab, welche in den Bindegewebsbalken verlaufen 
und nach diehotomischer Theilung sich in das capillare Netz in der 
Peripherie auflösen, aber auch mit dem gröberen Venennetz unter 
der Oberfläche durch kleine Reiserchen in Verbindung stehen. Die 
Arterienzweigehen gelangen aber erst nach vielfacher Windung in 
den verschiedensten Richtungen mit den Bindegewebsbalken an die 
Oberfläche zu dem capillaren Netze. Gegen das vordere Ende des 
Corp. cav. gehen nach dichotomischer Theilung der noch immer 
neben dem Septum verlaufenden Art. corp. cl. sehr zahlreiche 
Zweige in rascher Aufeinanderfolge ab, so daß die Arterien wie Büschel 
auseinander zu fahren scheinen. Sieht man genauer, so findet man 
auch hier nur dichotomische Theilung mit sehr schneller Astfolge. 

Die Arterienzweigchen haben gegen das vordere Ende auch 
eine größere Länge, als gegen die Bifureation und in den beiden 
Schenkeln. Es hängt dies mit den größeren Maschenräumen der 
Venen gegen das vordere Ende zusammen, wo ihnen mehr Raum zu 
einem längeren Verlaufe geboten ist. 

Gegen die Wurzel der Clitoris und in den Schenkeln ist ihr 
Verlauf vielmehr gewunden, da ihnen wegen der in allen Richtungen 
anastomosirenden Venen kein Raum zu einem mehr geradlinigen 
Verlauf offen steht. 

Gegen die Clitoriswurzel sehe ich auch an mehreren Präparaten 
ganz kurze Arterienzweigchen in das venöse Schwellnetz einmünden, 
doch ist ihre Zahl, wie ich sie finde, keine große. 

Art. helicinae, wie sie von Joh. Müller zuerst angegeben und 
in der Folge von eben so vielen Autoren in Abrede gestellt als be- 
stätiget wurden, konnte ich trotz eifrigsten Nachsuchens nicht auf- 
finden. 

Langer’s entschiedene Behauptung (der auch Rouget zur 
Seite steht), daß die Art helicinae nichts weiter als mangelhaft in-- 
jieirte Arterienzweigchen mit stark gewundenem Verlaufe seien, 
konnte nicht verhindern, daß Henle (Anat. pag. 405) sich neuer- 


528 Gussenbauer. 


dings für die Existenz wahrer Arteriae helicinae entscheidet aus 
dem Grunde, weil die Injeetionsmasse in den von ihm beschriebenen 
Arterienanhängen keinen Ausweg fand. 

Die feinen drüsigen, injieirbaren blinddarm- und bläschenförmigen 
Anhänge erinnern ihn sogar an drüsige Bildungen und veranlassen 
ihn weiterhin die Frage aufzuwerfen, ob sie vielleicht die Aufgabe 
haben, etwas abzusondern, das der Verschließung des Gefäßes ent- 
gegenwirke. 

Ich habe nichts von derlei Bildungen gesehen. 

Außer den vielfachen und zuweilen korkzieherartigen Windun- 
gen der Arterien an der Clitoriswurzel, die ich jedoch auch außer- 
halb des Corp. clitor. an manchen Arterien beobachtete, und wie ich 
oben angab, von der Anordnung des Schwellnetzes abhängig ist, 
konnte ich nichts Auffallendes wahrnehmen. 


Die Verästlung der in die Clitorisschenkel eintretenden Arterien 
erfolgt ebenso, wie die für das Corpus elit. beschriebene. 


Erwähnen will ich noch, daß ich an einigen Präparaten von den 
Art. dors. cl. durch die Wand der Tunica albuginea kleine Zweige 
abtreten sehe, welche sich im cavernösen Gewebe verästeln, 

An mehreren auf einander folgenden Querschnitten finde ich 
durch das Septem Anastomosen der beiden Art. corp. cl. in Form 
von kurzen querabgehenden Ästen. 


Constant sehe ich die hintere Wand der Tunica albuginea von 
zwei bis drei in kurzen Zwischenräumen auf einander folgenden Äst- 
chen der Art. corp. cl. durchbrochen, welche zur Pars intermedia 
gehen. 

Ganz kleine und kurze Zweige der Art. dors. cl. et corp. cl. 
versorgen die Tunica albuginea. 

Den Bau des Balkengewebes finde ich eben so, wie ihn Kölli- 
ker angegeben hat, nur kann ich eine so strenge Scheidung der 
Trabekeln in solche, welche die organischen Muskelfasern enthalten, 
und in solche, welche ausschließlich aus Bindegewebe bestehen, 
nicht durchwegs festhalten. 

Dem Vorhergehenden zufolge findet daher der Übergang des 
arteriellen Blutes in das Schwellnetz auf mehrfache Weise statt. 

1. Ergießen die unmittelbaren Übergänge kleiner Arterien gegen 
die Clitoriswurzel ihr Blut in größeren Venen. 


Über das Gefäßsystem der äußeren weiblichen Genitalien. 529 


2. Findet in dem feineren Venennetz gegen die Oberfläche eine 
Aufnahme arteriellen Blutes durch die feinen Zweigchen statt, welche 
ihres Querschnittes wegen noch für Arterien gehalten werden müssen. 


3. Endlich vermittelt das eapillare Netz unter der Oberfläche, 
in welches sich vorzugsweise die Arterien gegen das vordere Ende 
auflösen, durch das mit ihm zusammenhängende feinere Venennetz 
den Übergang in das grobe Schwellnetz. 


Dieses hat somit das feinere Venennetz und die unmittelbaren 
Arterienübergänge zu seinen Anfängen. 

Die abführenden Venen des Schwellnetzes sind die Vena dors. 
cl. und die Venae prof. clit. Erstere nimmt ihre Zweige einerseits di- 
reet durch die vordere Wand der Tun. albug. in den sogenannten 
Venae emissariae auf, welche in zwei Reihen zu beiden Seiten der 
Vena dorsalis dem Corp. clit. entlang in dieselbe einmünden. Anderer- 
seits führen die Venae circumflexae clit., welche sich zu beiden 
Seiten um das Corpus clit. herumwinden, Blut aus den Venenplexus 
der Pars intermedia in die Vena dors. In die Pars intermedia tre- 
ten aber aus dem Corp. cavernosum zu beiden Seiten des medianen 
Septums eine Reihe dicht hinter einander stehender kurzer Venen, 
welche mit den Venis eircumfl. cl. anastomosiren. 


Endlich gehen aus den Wurzeln der cavernösen Körper die 
Venae profundae nahe der Mitte derselben hervor, welehe über dem 
Bulbus vestibuli wach hinten verlaufend ihr Blut in die Vena pudenda 
ergießen. Verfolgt man die venae profundae in die Wurzeln der 
Schwellkörper hinein, so findet man dieselben nicht aus den groben 
Venenstämmen hervorgehen. 


Ihre Wurzeln lassen sich vielmehr durch das grobe Schwellnetz 
mehr gegen die Oberfläche hin verfolgen, wo sie mit verhältniß- 
mäßig viel feineren Venenzweigen in Verbindung stehen, als die sind, 
welche das grobe Schwellnetz zusammensetzen. 

Dieses Verhalten der abführenden Venae profundae zu dem 
Schwellnetze ist, wie Langer für den Penis dies zuerst hervor- 


gehoben hat, für das Zustandekommen der Ereetion von wesent- 
lichem Belange. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 35 


530 Gussenbauer. 


Pars intermedia. 


Ich komme zur Darstellung der sogenannten Pars intermedia, 
welche Bezeiehnung Kobelt zuerst gewählt hat für den unter der 
knieförmigen Umbeugungsstelle der Clitoris gelegenen Venenplexus. 


Derselbe wird gebildet aus den oben angegebenen mächtigen 
Venen, welehe in zwei Reihen dieht hinter einanderstehend aus der 
hinteren Fläche der Clitoris hervortreten und schräg von vorne und 
oben, nach hinten und unten verlaufen. Dieses Veneneonvolut nimmt 
den Raum ein, welcher zwischen der hinteren Fläche des Clitoris- 
Körpers und der nach vorne convexen Vereinigungsstelle beider nach 
vorne aufsteigenden Vorhofszwiebeln besteht. 


In diesen Venenplexus münden erstens Venen ein, welche aus 
dem convexen Bogen des Bulbus vestibuli nach vorne ziehen, und die 
Venenschlingen seitlich umfassend zu den nach vorne und aufwärts 
ziehenden Venae circumflexae celit gelangen und mit ihnen anasto- 
mosiren. 

Ferner ziehen von unten her zahlreiche Venen von geringerem 
Querschnitte, welche tbeils aus dem Frenulum und den Nymphen 
stamnien, theils aber auch, wie Längssehnitte beweisen, aus denjeni- 
gen Theile der großen Labien kommen, welcher zu beiden Seiten 
der Nymphen liegt. 

Die Pars intermedia stellt demnach einen Venenplexus dar, 
weleher die Verbindung. der eavernösen Gewebe unter einander ver- 
mittelt. Durch ihn stehen nieht nur die Corpora cavernosa elit. und 
das Schwellnetz des Bulbus vestibuli im Zusammenhang, sondern 
auch die Nymphen, Frenulum und die Clitoriseichel, mit den 
Schwellnetzen sowohl, als auch unter einander. 


Ein eigener Arterienzweig zieht beiderseits aus der Art. pro- 
funda clit. unter den Clitorisschenkeln hinweg zur Pars intermedia, 
und löst sich, die starken Venenzweige mit seinen Verästlungen viel- 
fach umstrickend, in Capillaren auf, welche bis gegen die Eichel und 
das Frenulum netzförmig verlaufen und sich wieder zu feineren 
Venennetzen sammelnd durch diese mit den stärkeren Venen der 
Pars intermedia in Verbindung stehen. 


Über das Gefäßsystem der äußeren weiblichen Genitalien. 531 


Bulbus vestibuli. 


R. de Graaf beschreibt der erste in seiner oben eitirten Ab- 
handlung im Vestibulum ein Gebilde, welches den Bulbus vestibuli 
„darstellt. Fast gleichzeitig war Schwammerdam selbstständig zur 
‚Kenntniß desselben gelangt. Beide geben, was die Form und Lage 
-anlangt, ziemlich genaue Abbildungen desselben. Seine Verbindungen 
:mit den umgebenden Gebilden hat erst Kobelt kennen gelehrt. 


Vorerst muß ich bemerken, dal® an neugeborenen Mädchen 
«dieser Bulbus nicht wie Kobelt (pag. 44) behauptet, bloß ein 
.diffuses Venennetz dem Schooßbogen entlang nach der Clitoris auf- 
:steigend darstellt, welches sich erst später zu einem selbstständigen 
‚Körper concentrire. Ich finde denselben im Gegentheile an Neuge- 
'borenen ganz ebenso ausgebildet, wie Kobelt selbst und andere 
Autoren ihn bei Erwachsenen beschreiben und abbilden, nur bezüg- 
lich der Dimensionen kleiner, der Ausbildung der übrigen Gebilde 
‚der Genitalien adäquat. 


Der Bulbus vestibuli (Corpus cavernosum urethrae) ist eben 
:so wie das Corpus cavernosum clit. von einer nur minder mächtigen 
fibrösen Hülle eingeschlossen. Derselbe stellt (wenn man die beiden 
‚seitlich gelegenen Bulbi wegen ihrer Vereinigung über der Urethra 
als Ganzes auflaßt) einen Bogen dar, der über der Urethra den 
kleinsten Querdurchmesser hat und nach hinten verlaufend mit zwei 
im Querdurchmesser allmälig zunehmenden Schenkeln zu beiden 
-Seiten des Vaginalostiums die hintere Wand des Vestibulums er- 
‚reicht, wo dieselben kolbig endigen. So gestaltet und verlaufen fand 
ich denselben schon an einem sechsmonatlichen Embryo. Diese Form 
‚hat der Bulbus jedoch nur im injieirten Zustande. Nichtinjieirt ist er 
‚an Neugeborenen makroskopisch kaum bemerkbar. 


Dasselbe Balkengerüste, wie es im corpus cavernosum der Cli- 
‘toris und deren Schenkeln vorkommt, ist auch im Bulbus vest. vor- 
‚handen. 


Das Schwellnetz zeigt dieselbe Anordnung wie das der Clitoris. 
Man findet an Sehnitten, welehe den Bulbus in seinem ganzen 
"Verlaufe darstellen, das cavernöse Gewebe aus zwei von einander 


deicht zu unterscheidenden Bestandtheilen gebildet. 
35* 


532 Gussenbauer. 


Unmittelbar über der Urethra und an der inneren Oberfläche 
der Vorhofszwieheln sieht man ein Netz feiner Venen, welches nach 
vorne und gegen die äußere Oberfläche mit dem eigentlichen 
Schwellnetze grober Venen in Verbindung steht. 

Demnach wird die äußere Oberfläche von dem groben, die innere 
von dem feinen Venennetze gebildet. 

Da wo die beiden eonvergirenden Hälften des Corpus cav. ure- 
thrae über der Urethra einen Bogen bilden, sind sie durch feine 
Venennetze mit einander verbunden. 

Nur ausnahmsweise sah ich auch eine Verbindung derselben 
durch stärkere Venen des groben Schwellnetzes vermittelt. 

Das feinere Venennetz geht aus einem Capillarnetz hervor, wel- 
ches in der Schleimhaut der Urethra und des Vestibulums ausge- 
breitet ist. 

Man kann aber auch das capillare Netz durch die Maschen des 
Venennetzes in das grobe Schwellnetz hinein verfolgen. 

Es sind dies die Capillaren, welche in dem Balkengewebe und 
den Wandungen größerer Arterienzweige verlaufen. 

In das feinere Venennetz sieht man aber auch Zweigchen von 
Arterien münden, welehe noch einen zu großen Querschnitt haben, 
als dafs man sie für Capillaren halten könnte, und was entscheidend 
ist, nach rückwärts in Arterienäste verfolgt werden können. 

Das unter der äußeren Oberfläche gelegene grobe Venennetz 
verläuft mit Maschenräumen, welche gegen die convergirenden vor- 
deren Enden im Längendurchmesser der Bulbi am meisten verlän- 
gert sind, und gegen die hinteren kolbigen Enden allmälig an Länge 
abnehmen. In diesen sind dieselben nach keiner Richtung besonders 
ausgebildet. 

Dem entsprechend findet man gegen die vorderen Enden der 
Bulbi verhältnißmäßig lange Venenzweige, die durch kurze Quer- 
äste anastomosiren, während in den kolbigen Enden überall gleich 
lange Venenanastomosen zu finden sind. 

Es wiederholt sich hier demnach die gleiche eine des 
Schwellnetzes wie im Corpus cavernosum der Qlitoris. 

Die Arterien des Corpus cav. urethrae sind die Art. bulbosae, 
Äste der Pudenda, welche nahe den hinteren Enden der Bulbi in das 
grobe Schwellnetz eindringen, und in der Mitte derselben mit einem 
ziemlich starken Aste gegen die vorderen Enden laufen, welche sich 


Über das Gefäßsystem der äußeren weiblichen Genitalien. 533 


«diehotomisch theilend theils Zweigchen zum feineren Venennetze ab- 
geben, theils aber sich in Capillaren auflösen, welche die Schleim- 
haut des Vestibulums netzförmig durchziehen. - 

Bald nach dem Eintritte der Art. bulbosue in die hinteren Enden 
sieht man von ihnen verhältnißßmäßig starke aber vielfach gewundene 
Zweige abgehen, welche in den Maschenräumen des Schwellnetzes 
mit den Trabekeln verlaufen. 

Aus einigen dieser Zweige sehe ich ganz kurze Stämmchen mit 
groben Venen in Verbindung treten. Doch besitze ich auch Präpa- 
rate, wo ich eine solche Verbindung der Arterien mit Venen nicht 
finden kann. Mir scheint die Zahl der Arterien, welche in den Bulbis 
mit Venen sich verbinden, kleiner zu sein, als im Corpus cav. der 
Clitoris. Im Übrigen ist die Anordnung dieses Schwellnetzes ganz 
analog dem der Clitoris, sowohl die Arterienverästlung, das capillare 
und feinere Venennetz, als auch das grobe Schwellnetz betreffend. 

Hier wie dort hat das grobe Schwellnetz zwei Anfänge, die Ar- 
terien aber drei Wege, auf denen sie ihr Blut in das Schwellnetz der 
groben Venen führen. 

Die abführenden Venen der Bulbi vest. ergeben sich aus dem 
‘Gesagten theilweise schon von selbst. 

Aus den vorderen Enden, welche durch Venen in einander über- 
gehen, ziehen beiderseits mächtige Venen über einanderliegend nach 
vorne zur Pars intermedia. 

Aus dem hinteren Rande der oberen Enden geht durch das 
feinere Venennetz hindurch eine Reihe von ziemlich mächtigen Venen 
hervor, welehe im submueösen Bindegewebe der Harnröhre und des 
Vestibulums, aber auch in der Schleimhaut beider, sich mit dem 
mächtigen Venennetz verbinden, welches, wie continuirliche Schnitte 
der Vagina und Harnröhre lehren, über der vorderen Vaginalwand 
und um die Harnröhre herum bis zum Harnblasenhals ausgebreitet 
ist. Diese Verbindung war schon Lieutaud bekannt, wie aus fol- 
gender Stelle ersichtlich ist: „Cet anneau spongieux (die vereinigten 
Bulbi) qui embrasse encore l’ouverture du vagin est une continuite 
de la substance caverneuse de l’urethre, tressemblable a eelle qu’on 
demontre dans I!’homme*. . 

Endlich kommen aus dem hinteren Rande der kolbigen Enden 
größere Venenzweige hervor, welche Zweige zur Vena pudenda ab- 
geben, aber auch durch ansehnliche Äste mit dem Plexus venosus 


534 Gussenbauer. 


vaginalis in Verbindung stehen, dessen abführende Venen ihr Blut 
in den Plexus haemorrhoidalis ergießen, wie man aus continuir- 
lichen Querschnitten der Vagina erschließen, an Längssehnitten der-- 
selben aber direct beobachten kann. 


Vagina. 


Die Vagina, deren Wand aus einer Schleimhaut, einem sub-— 
mueösen Bindegewebe und einer besonders in der hinteren Vaginal-- 
wand mächtigen Schichte organischer Muskelfasern, die nach innen 
mehr der Länge, nach außen mehr der Quere nach verlaufend eine- 
Längs- und Ringfaserschichte darstellen, ist von der Harnröhre und. 
deren Blase, so wie dem Mastdarm durch lockeres Bindegewebe ge-- 
schieden. 

Mit arteriellem Blute wird die Scheide von der Art. vaginalıis,. 
einem ziemlich starken Aste der Haemorrhoidalis media versorgt. 
Dieselbe verlauft, wie man sie in continuirlichen Querschnitten ver- 
folgen kann, median in der hinteren Vaginalwand außer der Muskel- 
schichte von hinten nach vorne. Auf diesem Wege gibt sie Äste ab, 
welche theils mit ihr nahezu parallel laufend die Seitenwände der- 
Vagina in ihren Verzweigungen versorgen, theils quer abgehend 
sich um die Vaginalwand herumsehlagen. 

Die Äste duschbohren schief die Muskelschichte und senden 
dann, in der Submueosa schon in capillare Netze sich auflösend, in 
die Papillen der Schleimhaut Gefäßschlingen hinein. Die Papillen. 
der Schleimhaut sind im Fornix vaginae und dem angrenzenden: 
Theile durchwegs einfache Gefäßpapillen. Gegen das Vaginalostium 
aber und besonders über den Columnis vag. ant. et post. der vor- 
deren und hinteren Vaginalwand treten zahlreiche zusammengesetzte- 
Papillen auf, in welchen nicht einfache Gefäßschlingen zu beob- 
achten sind. In diese gehen aus dem submueösen Bindegewebe rela-- 
tiv starke arterielle Zweige, welche sich in Capillaren auflösen. Die: 
Capillaren bilden, indem die Schlingen, welche sie in die einzelnen 
Fortsätze der zusammengesetzten Papille hineinsenden, anastomo- 
siren, ein Netz, aus dem die abführenden Venen gegen die Mitte der 
Papille gelegen hervorgehen und gegen die Submueosa ziehen. 

Aber nicht bloß in zusammengesetzten Papillen, sondern auch 
in einfachen stärker entwickelten sah ich häufig nicht einfache, son- 
dern mehrfache anastomosirende Schlingen verlaufen, 


Über das Gefäßsystem der äußeren weiblichen Genitalien. 535 


Über den Papillen hinweg zieht ein mehrfach geschichtetes 
Pflasterepithelium, welches dieselben vollkommen verdeckt. 

Die Columna vaginalis ant. et post. sind keine Schleimhaut- 
falten. Zur Bildung derselben wird vielmehr die ganze Vaginalwand 
verwendet. 

Man sieht nämlich diese von vorne nach hinten und seitlich an 
Höhe abnehmenden Wülste nieht nur von der Schleimhaut und der 
Submucosa zusammengesetzt, sondern beobachtet man in ihnen auch 
organische Muskelfasern, welche aus der Längs- und Ringfaser- 
schichte stammen. Demgemäß findet man in ihnen auch zahlreiche 
mächtige Venen, welche plexusartig mit einander verbunden dem 
Gewebe ein cavernöses Ansehen geben, eben so wie die Venen- 
geflechte der Harnröhre dieser ein solches verleihen. Von vorne nach 
hinten nehmen diese Venengeflechte in den Columnis an Mächtig- 
keit ab. 

Die Venen der Scheide, welehe das Blut aus der Schleimhaut 
führen und in der Submucosa verlaufen, zeigen einen relativ kleinen 
(uerdurchmesser. Dieselben bilden vielfach anastoınosirende Maschen 
die der Länge des Vaginalrohres nach verlängert sind. 

Aus diesen Venen setzen sich stärkere zusammen, welche die 
Muskelschichte durchsetzend in dem lockeren Bindegewebe, welches 
die Vaginalwände von der Harnröhre und deren Blase so wie dem 
Mastdarme scheidet, zu dem sogenannten Plexwus vaginalis sich 
entfalten. 

In diesen Plexus treten, wie oben gezeigt wurde, vorne aus den 
beiden Bulbis vestibuli zahlreiche Venen und hinten ergießen sich 
diejenigen Venenzweige der Lab. post., welche nicht in die Pudenda 
münden, so wie die aus den hinteren Enden der Bulb. vest. abfüh- 
renden Venen, welche ebenfalls nur theilweise in die Vena pudenda 
verlaufen. 

Betrachtet man an eontinuirliehen Querschnitten diesen Plexus 
vaginalis für sieh, so stellt er ein Geflecht mächtiger Venen dar, 
welches vom Vaginalostium gegen den Fornix vaginae in der Weise 
an Mächtigkeit abnimmt, daß die anastomosirenden Venenzweige an 
Zahl abnehmen, die aus ihnen hervorgehenden Venen aber im Quer- 
schnitt zunehmen. 

Als abführende Venen dieses Plexus finde ich in der. hinteren 
Vaginalwand zu beiden Seiten der Art. vaginalis zwei ziemlich 


536 Gussenbauer. 


starke Venen, welche mit dem Plexus haemorrhoidalis in Verbin- 
dung treten. 

Die Gefäßverästlung in der Vagina für sich betrachtet, zeigt 
demnach nach innen ein capillares Netz, welches mit seinen Aus- 
läufern in die Papillen über das Niveau der Schleimhaut in das Va- 
Sinalrohr hineinragt, nach außen in ein feines Venennetz über- 


geht, aus welehelm die Wurzeln des Plexus venosus vaginalis sich 
sammeln. 


Kobelt hält den Plexus venosus vaginalis für ein cavernöses 
Gewebe. 


Kölliker und Henle haben aber seitdem schon darauf hin- 
gewiesen, daß er diese Bezeichnung nicht verdiene. 


Indessen muß zugegeben werden, daß wesentlich histiologische 
Unterschiede zwischen diesem Plexus und den eavernösen Körpern 
der Clitoris und der Urethra nicht aufgefunden werden können, da 
ja auch die gleiche trabeeuläre Anordnung in den Wänden dieses 
Venenplexus zu finden ist, wie in den eavernösen Schwellorganen. 


Daß die Erection der weiblichen Schwellorgane auf die gleiche 
Weise wie in den männlichen zu Stande komme, geht aus der glei- 


chen Anordnung der Gefäße uni dem gleichen Bau des Balkenge- 
webes hervor. 


Kölliker’s Hypothese der Muskelrelaxation in den Arterien- 
wänden und dem Balkengewebe erklärt zwar die Füllung der ea- 
vernösen Venenräume und die dadurch bedingte Anschwellung der 
erectilen Organe, aber nicht die Steifigkeit, welche mit der Ereetion 
einbergeht, so wie die Thatsache, daß die cavernösen Körper wäh- 
rend der Ereetion nicht comprimirt werden können, 


Diese Erscheinungen beruhen vielmehr auf dem Mıßverhältniß 
zwischen arteriellem Zuluß und venösem Abfluß während der Dauer 
der Ereetion. Dieses Mißverhältniß wird, wie Langer für den Penis 
zuerst hervorgehoben hat, durch den Ursprung der Venae profundae 
verständlich. Wie oben gezeigt wurde, entstehen auch in den weib- 
lichen Schwellorganen die Venae profundae der Clitoris sowie die 
Venae bulbosae des Corpus cavernosum urethrae mit Venenwurzeln, 
welche durch das grobe Schwellnetz hindurchgehend mit viel feine- 
ren Venen in Verbindung stehen, als die groben Schwellvenen dar- 
stellen. 


Über das Gefäßsystem der äußeren weiblichen Genitalien. 537 


Auf diesem Durchgange von der Oberfläche dureh die Tiefe 
müssen sie nothwendig mit der zunehmenden Füllung des Schwell- 
netzes eine Compression erfahren, welche möglicher Weise ihr Lumen 
ganz aufhebt und so den Abflußs des Blutes durch die Ven. prof. cl. 
et bulb. corp. cav. urethrae unmöglich macht. Die Venae emissa- 
riae et circumflexae der Clitoris so wie die mit der Pars intermedia 
verbundenen Venen der Bulbi vestibuli vermitteln dann den venösen 
Abfluß, der gegen den vermehrten arteriellen Zufluß nur ungenügend 
sein kann. 

Henle theilt neuestens (Anat. pag. 396) die cavernösen Ge- 
webe in Bezug auf ihren vorgestellten Zweck in compressibles und 
erectiles cavernöses Gewebe ein und gibt als Unterschied beider an, 
daß bei jenem die Turgescenz der dauernde Zustand, der Collapsus 
der vorübergehende sei, bei diesem umgekehrt der Co!lapsus blei- 
bend und die Turgescenz vorübergehend. 

Von den eavernösen Körpern der Urethra des Weibes, welche 
den Introitus vaginae umgeben, scheint es Henle nieht unzweifel- 
haft, daß sie hauptsächlich dem Zwecke dienen, einen leicht über- 
windliehen Verschluß herzustellen. Weiterhin ist Henle der Ansicht, 
daß sie, selbst wenn sie sich während der geschlechtlichen Aufre- 
gung stärker füllen sollten, nicht darauf eingerichtet sein können, 
durch Füllung mit Blut und die Zurückhaltung desselben einen stär- 
keren Widerstand zu leisten. 

Gegen diese letztere Anschauung erlaube ich mir folgende That- 
sachen aufzuführen. 

Am Cadaver bieten sie im nichtinjieirten Zustande dem Ein- 
dringen in die Vagina kein Hinderniß. Injieirt aber springen sie mit 
ihren inneren Rändern gegen den Introitus vaginae vor. Hat man 
Gelegenheit viele Lebende zu untersuchen, so wird man für gewöhn- 
lich keine besondere Füllung derselben wahrnehmen können, welche 
dem untersuchenden Finger ein Hinderniß® entgegensetzen. 

Aus ihrem Verhalten nach künstlieher Injeetion muß man aber 
schließen, daß sie im erigirten Zustande gegen den Introitus va- 
ginae vorspringend denselben verengen, und da ihr Gewebe während 
der Ereetion eine erhöhte Spannung besitzt, im Zustande der Fül- 
lung einen stärkeren Widerstand leisten. 

In Bezug auf die Musculi bulbocavernosus und ischiocaver- 
nosus bin ich mit R. de Graaf, Kobelt, Kohlrausceh und vielen 


5 38 Gussenbauer. Über d. Gefäßsystem der äußeren weibl.Genitalien. 


anderen Autoren gegen Kölliker der Ansicht, daß sie während der 
Contraetion mit ihren über die Clitoriswurzeln und die Bulbi vesti- 
buli hinwegziehenden platten Sehnen eine Compression der Vena 
dors. cl. so wie der von den Bulbi vest. gegen die Pars intermedia 
ziehenden Venen bewirken, und so während der Erection dazu bei- 
tragen, durch Verminderung des venösen Abflusses eine erhöhte Span- 
nung in den eavernösen Geweben zu bewirken. 

Erwähnen will ich noch, daß ich an Lebenden häufig Gelegen- 
heit hatte zu beobachten, daß die Schwellkörper der Clitoris sowohl 
wie die der Urethra plötzlich eine vermehrte Füllung zeigten, wenn 
die zu Untersuchenden aus Furcht vor dem Untersuchen plötzlich 
den Bulbo cavernosus (Kobelt nennt ihn Constrietor bulbi) con- 
trahirten, was durch den untersuchenden Finger leicht nachzuwei- 
sen ist. ' 

Diese Erscheinung scheint mir dadurch erklärt werden zu kön- 
nen, dafs die Contraction des Bulbo cavernosus eine Compression der 
abführenden Venen der vorderen Bulbusenden bewirke. 


53% 


Krystallographische Studien über rhombischen Schwefel. 
(Mit 1 Tafel.) 


Von Aristides Brezina, 


Assistenten am k. k. Hof-Mineraliencabinete. 


Die vorliegende Arbeit behandelt die krystallographischen Con- 
stanten eines Vorkommens von rhombischem Schwefel, das durch 
besonderen Flächenreiehthum und einen constanten , eigenthümli- 
chen Habitus ausgezeichnet ist. 

Über die Entstehung und Gewinnung dieser Krystalle schreibt 
mir Herr Hüttenmeister F. Ulrich in Oker, dem ich dieselben ver- 
danke, Folgendes: 

„Die durch Sublimation entstandenen Krystalle fanden sich 
8—12 Fuß tief unter einer Fläche, auf der früher Erzrösthaufen 
gestanden hatten. Es müssen Schwefeldämpfe in den lockeren, aus 
Schlacken bestehenden Grund gedrungen sein, und sich hier zu 
Krystallen eondensirt haben. Die einzelnen Schlackenstücke waren 
zunächst mit einer diekeren oder dünneren Kruste von wasserfreien 
Vitriolen überzogen, und auf dieser saßen die Schwefelkrystalle, 
die durch Auflösen des Vitriols in Wasser isolirt wurden. Diese 
Sulfate hat jedenfalls Regenwasser aus den gerösteten Erzen extra- 
hirt und hieher geführt, wo sie durch die Hitze eines nachherigen 
Rösthaufens entwässert sind“. 

Vorerst will ich nun in Kürze die vorhandene Literatur über die 
Krystallformen des Schwefels so wie die bisher beobachteten Flächen 
desselben zusammenstellen. Zu ersterer bemerke ich, daß mir das 
angeführte Werk von d’Agoty nicht zugänglich war; ich benutzte 
das darüber von Rom& de I’Isle gesagte, weßhalb ich die Priorität 
zweier Krystallformen (s. unten) unentschieden lassen mußte. 
-d’Agoty, Regne mineral. 3° Deead. pl. 22. Fig. 1, 2. 


Rome del’Isle, Cristallographie. see. ed. Paris. I. pag. 292. pl. 5. Fig. 1—9. 
1783. 

Mitscherliech, Ann. chem. phys. XXIV. 264. 1823. 

Kupffer, Pogg. Ann. Il. 423. 1824. 

Mohs, Mineralogy translated by W. Haidinger. Edinburgh. II. 52. 1825. 


540 Brezina. 


Maravigna, Memoire pour servir ä l’histoire naturelle de la Sieile. 2. Mono- 

graphie du Soufre de la Sieile. Paris. pag. 31. Tab. 1—4. 1838. 
Scaechi. Rendie. Ace. Napoli 1849. Im Auszug in Zeitschr. deutsch. geolog. 

Ges. IV. 167. 

Brooke and Miller, Mineralogy. 109. 1852. 

Hessenberg, Mineralog. Notizen. Senckenb. Ges. 11. 120. 1856. 
Kenngott, Result. min. Forschungen im Jahre 1852, 116; 1855 — 57, 184. 
Scehrauf, Wiener Akad. Sitzungsb. XLI, 794. 1860. 

v. Zepharovich, Jahrb. geolog. Reichsanstalt XIX, 225. 1869. 

Von den genannten Beobachtern wurden 18 Gestalten des 
Schwefels bekannt gemacht; A weitere Formen fand ich an den 
betrachteten Krystallen auf, so daß ihre Anzahl nun 22 beträgt; 
sie sind in nachfolgender Tabelle zusammengestellt; in 1. Reihe .die 
Symbole nach Miller'scher Aufstellung und Grundform ; in 2. die auf 
den Figuren gebrauchten Buchstaben; in 3., 4. und 5. die Bezeichnun- 
gennach Weiss, Naumann und L&evy-Deseloizeaux; in 6. die 
auf den Figuren von Seacechi angewendeten Zeichen und in 7. der 
erste Autor, der durch Messung oder Angabe eimer systematischen 
Bezeichnung die Fläche unzweifelhaft bestimmt hat. 


Descloi- 

Miller Weiss Naumann zeaux Scacchi Autor 

I, I, Tl Sm m m In — ST Rn 
100 |al®a: 5: »c| oPo gi B Sceacchi 
010 |dB| a: ob: c Po hl — | Rome&delIsle 
001 |ce ja: db: cı oP p A Rome 
110 |m| a: 5: oc) »P m {) Mohs 
210 |k| 2a: 5: oc »P2 g? — | Brooke-Miller 
310 |h| 3a: db: oc »B3 9? — | Hessenberg 
011 |e| a: 5b: .c| Po al i Mohs 
013 |xu| 3a: db: ce) Po a3 — | Brooke-Miller 
111 |n|»xa: 5: c| Po ei e Rome 
203 |w|oa: 35: 2e| 2,Po e3/ — |Brooke-Miller 
103 |v|oa: 36: e| Y,Po e3 e? | Brooke-Miller 
111 |p balinialid 2 bY, m Rome 
112 |y a bi: Ye Y,P bi m? Seacehi 
113 |s b: Yc| 1,P b%s m3 | Mohs 
115 | a b: Yc| Y,P b5/, m> Mohs 
dulla2 | MaenNNG, ODER: BRUNCH B7), — Brezina 
119 | U | a2 5: Wer ya b>/; — | v. Zepharovich 
St11|qg| a:Y%b: ce 3B3 |, I, gi | — Brezina 
313 |2=2|) a: Y%b: %c| BI |bi, di, g%, |a Seaechi 
315 |z2| a: Y%b: %ec| %,P3 \by, byy gY | — | Brooke-Miller 
131 |r |%a: 5: ce) 3P3 |) gt’| Brezina 
434 | 1 |Yza: 5: c)4%P% |bt Dy, ou, | — Brezina 


Krystallographische Studien über rhombischen Schwefel. bAt 


Hiezu bemerke ich, dafs die Flächen », p, von Agoty ohne Angabe 
von Messungen abgebildet wurden: siehe Rome de !'Isle |. e. 
pag. 292; in gleicher Weise die Flächen z, v, x durch Maravigna, 
l. e. pag. 39 u. ff. 

Die Flächen e und £ wurden von Seacchi als neu angeführt, 
allein schon von Mohs beobachtet 1824. Vide Kenngott, 1. e. 
1852, pag. 116. 

Die Flächen y und x wurden zuerst beschrieben von Sceaechi. 
Später schrieben Brooke und Miller hierüber |. e. pag. 109: 
The faces «, w, v, y, x, 2, k were observed in a group of erystals. 
in Mr. Brooke's collection. 

Fläche s wurde von Rome de ’Isle ohne Abmessungen ge- 
zeichnet, zuerst publieirt von Mohs 182%, später von Seaechi als 
neu angeführt. 

Außerdem findet sich durch einen Druckfehler bei Hessen- 
berg ]. e. sowohl im Text als in der Figur ı/, Poo statt 1/, Poo. 
(014 statt 013), welcher Irrthum auch in Dana Mineralogy 5" ed. 
pag. 20 übergegangen ist. Doch läßt die aus der Figur ersichtliche 
Tautozonalität mit P 3 (313), sowie der Umstand, daß dieses Doma 
von Hessenberg nicht als neue Fläche angeführt wird, keinen 
Zweifel über die richtige Deutung. Eine Fläche 201 wird von Mara- 
vigna].c. gezeichnet; doch sind seine Zeichnungen durchgängig- 
nur nach dem Augenmaß ohne Prineip ausgeführt; Messungen finden. 
sich bei ihm keine vor. 

Von den angeführten Flächen finden sich an den vorliegenden 
Krystallen: 

usb, 02 msunn win up Is tra gslaehszsieny L 

r und Z wurden nur an zwei Krystallen beobachtet; diese zwei 
Flächen so wie 5b, w, q, x, z sind meist untergeordnet; die übrigen 
Flächen sind von ziemlich ‚gleicher Ausdehnung, so daß die Kıy- 
stalle einen kugelförmigen Habitus erhalten, wie dies Fig. 1, 
Taf. 1 zeigt. Fig. 2 repräsentirt einen dem vorigen ganz ähnlichen 
Krystall (Nr. 1), der nur noch die Flächen 5, «, r, /, also alle an 
diesem Vorkommnisse beobachteten, zeigt. 

Bei der Kleinheit der Krystalle (1—2 Millimeter Durchmesser) 
und der großen Anzahl von Flächen, die im Maximo an einem 
Krystall 94 beträgt, können die zuweilen bedeutenden Winkel- 
schwankungen nicht Wunder nehmen; wie jedoch ein Blick auf die: 


542 Brezina. 


weiter unten folgende Tabelle zeigt, stimmen gemessene und berech- 
nete Winkel in befriedigendem Maße überein, was namentlich der 
Berücksichtigung der Gewichte bei Berechnung der wahrscheinlich- 
sten Werthe zuzuschreiben ist. 

Die vorliegenden Messungen wurden vorgenommen mittelst 
eines in meinem Besitze befindlichen, von Herrn Starke gebauten 
Goniometersnach Mitsceherlich’s Construction, bezüglich derer ich 
auf Schrauf, Lehrbuch der physikal. Mineralogie Bd. I, pag. 209 
verweise; ich bemerke nur, daß an 4 Nonien von 10 zu 10 Seeun- 
den abgelesen werden kann; alle Beobachtungen geschahen mit zwei 
Fernrohren, bei sehr kleinen oder schlecht spiegelnden Flächen 
wurde das durch das erste Fernrohr von einer Petroleumlampe 
erzeugte runde Lichtbild concentrisch zu dem ebenfalls kreisförmi- 
gen Rande des Gesichtsfeldes eingestellt, während sonst zwei Fa- 
denkreuze aus Platindraht benutzt wurden; bei den schlechtesten 
Flächen wurde auf den Lichtschimmer bei vorgesteckter Aufsatz- 
loupe eingestellt. 

Bei der Berechnung der Mittelwerthe aus den einzelnen Messun- 
gen wurde die bekannte Wahrscheinlichkeitsformel benutzt, welehe 
das aus den mittleren Fehlern berechnete Gewicht statt des sonst 
gebräuchlichen willkürlichen (1—3) in Rechnung bringt; es geschah 
dies aus dem Grunde, weil die Güte der einzelnen Messungen aus- 
serordentlich schwankte; von Flächen, die noch das feinere Faden- 
kreuz aus Spinnenfäden reflectirten, bis herab zu solchen, bei denen 
nur mehr auf den Flächenschimmer eingestellt werden konnte, waren 
Messungen vorhanden, und es ist leicht ersichtlich, daß das Ge- 
wieht der ersteren Messungen viel mehr als dreimal so groß ist, als 
das der letzteren. Für den Winkel pm folgt die betreffende Rechnung 
im Anhange. 

In der nächsten Tabelle folgt nun eine Zusammenstellung der 
wahrscheinlichsten Werthe für die sämmtlichen genauer meßbaren 
Winkel. Col. 1 enthält die Angabe der Flächen; Col. 2 das Ge- 
wichtsmittel, auf gleiche Weise wie bei pm erhalten; Col. 3 die 
Anzahl von Mittelwerthen; Col. 4 den wahrscheinliehen Fehler. 


1. 2. 3 4. 
2x 13° 5° 43" .004 13” 
zq 16 43 32 4 6 
qq. 18 23 15 3 4 
ev 32 24 52 3 19 


Krystallographische Studien über rhombischen Schwefel. 543 


1. 2. 4 


3. ö 
un 29° 53 36’ 2 1" 
na 27 45 0 3 1 
cu 23 38 52 4 42 
ts 14 4 7 5 133 = 2’ 13" 
sp 26 29 30 tt 69=1 9 
zm 18 20 5 7 12" 
ee 31 A 52 3 29 
an 19 55 48 2 0 


Eine Vergleichung der Zahlen dieser Tabelle mit den weiter 
unten mitgetheilten gerechneten Winkelwerthen zeigt, daß die 
Differenz gerechnet — beobachtet in sechs Fällen größer ist, als der 
wahrscheinliche Fehler. Es rührt dies daher, daß die gute Über- 
einstimmung der gemessenen Winkel untereinander in diesem Falle 
nur zufällig ist, welcher Zufall nur durch die geringe Zahl von 
Messungen in diesen Fällen ermöglicht wird. 

Über die Berechnung des wahrscheinlichsten Axensystems mit 
Benützung der besseren gemessenen Winkel bemerke ich folgendes: 

Ich hatte ursprünglich bei Herstellung der Gewiechtsmittel nicht 
die genauen Wahrscheinlichkeitsformeln benützt, sondern Näherungs- 
formeln; dadurch hatte ich als Fundamentalwinkel erhalten: 


L= na = ?RT7°’Ay 31" 
M=pm=18 20 7 
N= a&=32 24 39 
O0= vun =29 92 4 
P=:2 =13 453 
0O0=aqg =16 43 19 
R= 419413 


2 
Nun wendete ich eine bekannte Näherungsmethode an 1); ich 
berechnete erst aus Z und M das genäherte Axenverhältniß 
a:b:c = 0°'526317 : 0:426585 : 1 
daraus rechnen sich wieder die Winkel: 


IL = 27° 45’ 31” 
M=18 20 7 
N = 32? 20 51 
0 = 29 53 38 
PBR=1 585 
O0 =15 44 20 
Ro = 9 12 58 


1) Siehe V. v. Lang, Krystallographie. Wien 1867, pag. 351. 


HAA Brezina 


Nun verändere ich den Parameter a un Aa = — 0: 000317, 
so wird: a+t Aa:b:c= 0:526000 : 0:426585 : 1 
woraus die Winkel folgen: 
L, —= 27° 40° 20" 


Mm —=18 19 53 
M=322A4 A 
0, = 29 53 33 
Ph =43 5,36 ä 
0, = 16 43 57 
a al 
ebenso aus a:b + Ab:c = 0:526317 : 0°426500 : 1 
wo Ab = —0:000085 
L, — 7° as 3 
Mm, —18 19 #7 
N, — 32 20 51 
0, = 29 53 38 
DA au 556 
0, — 16 44 2% 
Boa 


Das wahrscheinliehste Axenverhäftniß ist nun 
a+u.Aa:b+v.Abdb:c 


und für die Bestimmung der Factoren « und v gelten die Glei- 


chungen: | 

Kite — (Lı—Ls) u+ (L.—L,) v D, =au +fiev 
: Ä oder 

De _ en) u+ (R.—R,) v D; ae ut fr 

und 


ee ade ne 
2.Df=u.:efvif D=u.C+v.E 
woraus u und v folgen als: - 

CD—AE, AC—BD 
— 08 —BE a WE= ‚C2 BE 

Durch Bildung der Differenzen D, e, f und Substitution in die- 

Gleichung erhalte ich: 

u. Aa = —0:000148633; v. Ab = +0:000320907 
daher das wahrscheinlichste Axensystem 
a:b':cC = a+tu Aa:b-+v Ab:c—= 0'526168367 :0-426605907:1 
oder kurz a :b’:c' = 0:52617 : 0-42661 :1. 


u 


Krystallographische Studien über rhombischen Schwefel. 545 


Ich bin nun bei diesem Axenverhältniß stehen geblieben, obwohl 
es noch um ein Geringes zu verbessern gewesen wäre, und zwar aus 
folgendem Grunde: Aus der Tabelle der gerechneten Winkel ersieht 
man, daß die Differenz gerechnet — gemessen bei den Winkeln zr, 
vn, na (nahezu), fs, sp, pm innerhalb des wahrscheinlichen Fehlers 
fällt. Es wären also mittelst Methode der kleinsten Quadrate aus 
diesen Winkeln die Correctionen für «, 5b’, c' zu rechnen. Nun 


sind aber 
Differenz 2 
gemessen berechnet in Shdcallen Gewichte 

ze a3 %, 5aaal 139 5) Aal 1 6 
vn 29 53 36 29 53 36 0 20 
na 745 0 277 45 7 7 45 
tt 14 A 7 14 3 21 46 1 
sp 26 29 30 26 29 50 20 
on 91:5,2080 5, 221877205772 3 20 


also nur bei fs und sp eine erheblichere Differenz von 46 resp. 
20 Seeunden, allein gerade bei diesen zwei Winkeln ist auch das 
Gewicht ein sehr geringes, so daß diese Winkel gegenüber den 
Werthen vn, na, pm fast gar keinen Einfluß hätten; letztere aber 
stimmen mit den gerechneten ohnedies fast vollkommen überein. 

In der Tabelle auf den folgenden Seiten habe ich die aus obi- 
gem Axensystem gerechneten Winkel (II), die von mir beobach- 
teten Werthe als Gewichtsmittel (III), die Grenzwerthe (IV) und 
die Anzahl der Messungen (V) gegeben. Ferner die Angaben Mit- 
scherlich's (VI), die Mittel der Messungen Schrauf's an künst- 
liehen Krystallen (VII), die gerechneten Werthe von Miller und 
v. Zepharovich (VIII, IX) die gemessenen Winkel von v. Zepha- 
rovich und Schrauf (X, XI), die Werthe von Hauy, Scacchi 
gerechnet und gemessen (XII, XII, XIV) und unter XV einige Beob- 
a chtungen verschiedener Autoren. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX, Ba. 1. Abth. 36 


546 Brezina. 


VD. | yıır. 


Miller 


IV. 
Grenzwerthe 


Il. 


Br. gem. 


1. 


Br. ger. Zahl 


cv. | 32°21’17|32°24' 52*132°177 0 — 32°3530 13 | 0 — — E28 
cw\5143 3 — — — u — 151 40 
en | 621453162 14 12 1614620 — 922110] 5 | — — 2 
nn’ 1242946) — — — — m ee 
vn | 2953 36/29 53 36*)292250 — 30 240) 12 | — NN 2UrGR 
na | 2745 7127 45 0*2614 0 — 283750 9 | — ATS 
nn’'| 55 3014 -— —_ — — 36 


33 010 — 
66 53 48 —_ 
76 020 — 
46 12 24 — 


39 2 4 — 
7848 —_ 


l 


1658 55/16 35 20 
42 29 4142 33 20 
504143 — 

70 021 — 

25 30 46125 29 21 
33 42 4833 39 40 
27 30 40]27 32 41 
1918 38118 28 0 
47T 30 1947 27 50 
1959 38119 55 48 
95 038 — 


2300 -— 26 330 


47°31’ 0147 23 Ben 


—_ — — 195 2 094575) 95 2 


So 
S = 


582047]  — _ u 
| 


eb | 183214 — u BT eh gg N 
cu | 231916123 38 52 225810 — 2412 0 10 | — u He 

et \ 31 64731 A 52 3045 0 — 313030 14 | — — SR 
cs |a510 8 — a 0.1 2 as 00h, ee 
ey | 562756| — en a ne — | 56 26 


Krystallographische Studien über rhombischen Schwefel. 547 


IX. X. XI. xt. XI. XIV, 
v. Zeph. v. ZERlr Schrauf Ba Scacchi. |Scacchi XV. | I. 
ger. gem. gem. ger. gem. 
er un —a — 32°25'50 | 32°33 ga | ev 
_ —_ — —_ — — — cw 
62 17 12*) 62 16 48 — — 62 19 10 | 62 18 — en 
— Ir — — — Ta = nn‘ 
== = = — = = == vn 
— == — —_ — == — na 
b5 25 36 | 55 25 — 5610 6 |55 21 40 | 55 24 — nn” 
— — — — —_ _ — cu 
ar an — —_ 66 54 0 | 66 57 — ce 
— _ —_ — = = _ uu' 
—_ _ — 14614 0/4612 0 — — ee’ 
— == — _ = = — bk 
— — == _- 39 650 _ — bm 
— — — 1771912 | 78 13 40 — 78 12 A0 | mm’ 
Levy 
— — — _ — _ | — br 
Er a — — _- — 42 29 bp 
— — — — — — Kupffer | Bl 
_ — — — _ — —_— bx 
I pen Br ni AR Ar 2 rp 
— — — == en m ur. rl 
ZB. er Pan ar) au Be u px 
= — = er = Te = x 
472540 |AT25 0 — 1474758 | 47 26 30 —_ — pn 
au er — —_ 19 57 10 | 19 59 — zn 
ı 94 51 20 | 94 50 57 | 94 52 | 95 35 56 | 9453 0 | 9455 — pp' 
1832 0 | 18 7apr. — _ a at we ey 
| — — —— — —— — —_ (9) 
_— — — — 31 9 0 | 31 12 — ct 
45 946 |45 10 — —_ — 45 1240 |45 11 —_ c8 
EN — — — 56 29 50 | 56 31 — cy 


36* 


548 Brezina. 


I. mi. DA IV: BE a a ee ect 
Mitsch. 
Br. ger. | Br. gem. Grenzwerthe Zahl ger Sf. gem.| Miller 


cp | 71°39'58|71°50°  |71°3740 — 72° 0710| 3 |71°3830| — | 71 39 
p\3640 4 — au — 136 43 0| 36 A6| 36 43 
we| 7arsılzsı28 680 son) — ner DR 
up | 48 20 42|47 30 50 a 1 BE 

is | 14 32112 4 7 Bon 7002| — 

ip | 4033 11|20 31 38 |401820 — 403940) 6) — = 120 

sp | 26 29 5026 29 30 1252910 — 281020 2383| — |26 301 — 

pm | 1820 2lıs 20 5*|is 830 — 1828 0) 34 18 2130| — | — 
pp 13195 — u le. Hassan) 
c2.| 505733151 043 51 0 0— 51 2200| 3| — — |50 5% 
ex | 64 3185| — B 2 | se —' 16820) 
eq | so — en Bu va = 
2x | 13 5a2lı3 5 a3-|1258 0 — 134330) 0 | — — 1 |. 48-8@. 
2q | 1644 9116 43 32” 161810 — 17 130 7 | — Ba 
gq | 1825 12118 23 15°|18 830 — eo 13. 58 u, 


pp an — — [73 22 073325 — 


Vergleichen wir nun unser Axensystem mit denen anderer Beo- 
bachter: 


a:c bie b:a Autor Localität 
0.5240 0:4263 08136 Kupffer 
0.5247 04266 08130 Sceacchi Campania 


0.5252 0:4270 08130 ° Schrauf Swoszowice 
0.5253 04272 08132 v. Zepharoviceh Swoszowice 
0-5272 04272 0:8103 Mitscherlich Künstlich 
0.5271 04275 08148 Schrauf Künstlich 
0.5262 04266 0-8107 Brezina Oker 


Auffallend ist dabei zunächst das Schwanken der Elemente 
trotz der chemischen Gleichheit und Reinheit des vorliegenden 
Materials; ein anderer bemerkenswerther Umstand ist das stetige 


Fortschreiten der Verhältnisse © und 1a während sich & unregel- 
c c a 


Krystallographische Studien über rhombischen Schwefel. 549 


IX. x X. XII. XII. XIV. 
v. Zeph. v. Zeph. |Schrauf Ha Seacchi | Scacchi XV. | I. 
ger: gem. gem. ger. gem. 
} 1 I 
| 71°39'45*| 71°3940 | — — 71°41’20 |71°41 | 71°405 | cp 
36 40 30*| 36 41 33 | 36 39 | 36 52 12 | 36 37 20 |36 3720 —_ pp 
— == — — — — — Wr 
— a wer ze a nn wp 
= = — = — — = ts 
mr a a a 
26 29 59 | 26 28 51 |26 27°6 — —r = _ sp 
= = — 1326 6| 1818 40 11820 —_ pm 
ı 14319 30 114320 390 | — du = — — pp 
Ä Ds at — = m Fr; — ez 
_ — — — 64 6 30 164 10 = cx 
Pit = a ae —_ BR es cq 
TER > = = Ir er = 2x 
— en el Drei lau et oa xq 
Zur TR oT Fi FR Are Fr 99 
— — 3345| 724120 | 7335 0 172535 —_ pp 
a Lan = _ 36 47 30 —_ —_ pe 
== = = _ 33 24 40 |33 22 — vs 


mäßig ändert. Abweichend verhalten sich nur meine Werthe, was 
vielleicht vom bedeutenden Unterschiede des Habitus von dem 
anderer Vorkommnisse herrühren mag. Während die Krystalle sonst 
vorwaltend pyramidal durch 111 oder 113 sind, sind die vorliegenden 
kugelförmig durch gleichmäßige Ausbildung fast aller auftretender 
Flächen. Bekanntlich ist aber eine Verschiedenheit des Habitus nicht 
selten von einer Verschiedenheit der Elemente begleitet. 

Bei den übrigen Krystallen ‘mögen die Differenz und das regel- 
mässige Fortschreiten den Grund in einer Erscheinung finden, die 
schon vor zehn Jahren von Schrauf !) beobachtet wurde. Es 
ändern sich nämlich die Winkel der Schwefelkrystalle sehr bedeutend 
mit der Temperatur ; leider jedoch liegen keine Temperaturangaben der 


1) Wiener Akad. Sitzangsb. XLI. 79. ” 


550 Brezina. 


verschiedenen Messungen vor, mit Ausnahme derer von Schrauf 
bei 16° C. und der meinigen bei circa 19° C. 

Wichtig ist (wie auch v. Zepharovich bemerkt t), daß die 
an künstlichen und an Swoszowicaer Krystallen angestellten Mes- 
sungen Schrauf’s eine ziemlich bedeutende Differenz zeigen, wäh- 
rend erstere mit den Mitscherlich’schen Werthen für künstlichen 
Schwefel fast ident sind. 

Der künstlich erhaltene Schwefel (worunter ich den in Labo- 
ratorien erzeugten verstehe, der als chemisch rein betrachtet werden 
darf) unterscheidet sich also vom natürlichen jedenfalls krystallo- 
graphisch. Eine nächste Frage, die an einer anderen Stelle behan- 
delt werden soll, ist die, ob sieh die versehiedenen, für natürliche 
Schwefelkrystalle aufgestellten Axensysteme durch Temperaturver- 
schiedenheiten erklären lassen. 

Zum Schlusse meiner Arbeit erübrigt es, meinen Dank allen 
jenen Herren abzustatten, die mich bei derselben durch Überlassung 
von Materiale und den unter ihrer Leitung stehenden Hilfsmitteln 
überhaupt auf das liberalste unterstützten, den Herren: Professor 
V. v. Lang, Direetor Stephan, Director Tsehermak und Hüt- 
tenmeister Ulrich in Oker. 


ANHANG. 


Die erwähnte Formel zur Herstellung des Gewiehtsmittels und 
ihre Anwendung auf einen speciellen Fall, die ich weiter oben 
(pag. 542) erwähnte, ist folgende: 

Man erhält aus einer Reihe gleichartiger Einzelmessungen 

km 
un galten, lan Punk au Le 
m 
einer Einzelbeobachtung fi, = w, —wır, daher die Summe der 
ae 


2F, 


z h=m 
Fehlerquadrate von &, A}, = 3 f?r und das Gewicht P, = 
Kl 


Auf diese Weise entstehen die Mittelwerthe: 


1) Jahrb. der geol.‘Reichsanstalt XIX, 225. 


Krystallographische Studien über rhombischen Schwefel. 551 


a ee ER. o„ mit den Fehlerquadratsummen 
HEN: an. F, und den Gewichten, 
P, P; 12% oo 00000 0° Ps 


daraus ergiebt sich der wahrscheinlichste Werth von » und dessen 
wahrscheinlicher Fehler 


h=n hzn 
on 
> WW» Pı » m?) — 
h=1 MER. hi Fı 
a h=n Tu h=n m?,, 
Se Sn 
h=1 h= F} 


1 
mean vo a _. 


Anwendungen dieser Formel sind aus den Untersuchungen von 
Schabus, v. Kokscharow, Kupffer bekannt; doch will ich 
für den Winkel pm die vollständige Entwiekelung des wahrschein- 
liehsten Werthes als Beispiel geben. In 1. Colonne steht die Nummer 
des Krystalls, in 2. die Einzelnmessungen, in 3. die Abweichung 
vom Mittel (in Secunden) in 4. deren Quadrat. 


1185202 40, 27 729 
21 10 57 3249 

al a) 67 4489 
RKOEEEO 73 5329 

19 40 33 1089 

19 30 43 1849 

20 10 3 9 

18 20 13 7 16743 
I 18 18 10 90 8100 
21 50 130 16900 

19 40 0 0 

18 10 90 8100 


18720, 72100 10000 
22 10 150 22500 


18 19 40 6 65600 
vI 18 20 30 977 954529 
8 30 257 65049 


25 0 1427 2036329 
17 19 50 2663 7091569 


18 4 13 4 10147476 

XI 18 27 0 180 32400 
21 0 18 32400 

18 24 UV 2 64800 


552 | Brezina. 


Im 18° 21' 0° 9 8464 
20. 0, 033 1024 
20,00. 393 1024 
19 50.22 484 
20.20, 52... 270% 
19 50 22 A8A 
18 10 78 6084 
19 30 2 4 
22 0 152 23104 
16 10 198 39204 
2020 52 270% 
16 20 188 35344 


18 19 28 12 120628 


vu 18 22 30 197 38809 
185 10 63 3969 
17 0 133 17689 
19 10 3 9 


18 19 13 4 60476 


VI 18 20 0 123 15156 

22 0 3 9 

24 10 127 16129 

1877227773 3 31294 
Aus den sieben Mittelwerthen w, ...... “7, den zugehörigen 
Fehlerquadratsummen F\ ...... F, und der jeweiligen Zahl von 
Einzelmessungen m; ...... m, wird nun in folgender Tabelle das 


Gewichtsmittel gebildet. 

Dabei bemerke ich, daß man zweckmäßig nicht mit den ganzen 
Winkeln in Colonne 2 eingeht, sondern mit dem Überschuß eines 
jeden Mittelwerthes über irgend einen Minimalwerth, z. B. über den 
kleinsten unter ihnen, Der resultirende Winkelwerth w ist dann der 
Rest, den man zu dem ausgeschiedenen Winkel hinzuaddiren muß, 
um den wahrscheinlichsten Werth zu erhalten. Daß diese Ver- 
einfachung gestattet ist, lehrt ein Blick auf die obenstehenden 
Formeln. 

Die Tabelle giebt nun in 1. Colonne die Nummer des Krystalls, 
in 2. den Überschuß eines jeden Mittelwerthes über den kleinsten 
von ihnen, 18° 413 in Secunden, in 3. die Summe der Fehler- 
quadrate 7}, in 4. das Quadrat der Anzahl von Einzelmessungen m?;, 


in 5. den Quotienten z multiplieirt mit 1000, in 6. die Zahl der 


5. Col. multiplieirt mit dem Winkelwerth der 1. Colonne, 
m?) Wr 


also . 1000; wegen 


h 


Kr 


Biezina, Krystallographische Studien. | 


Fig.l. 


A d%k.Hofu. Staatsdruckerei 


Sitzungsb.d.k.Akad.dW-math.naturw- Cl LX.Bd.1.Abtı. 1869. 


N Y T 1 72 a ar j An 
= h i ‘ m" : ce P | . | Ir 


RT ER N EB 
KR f ” R , 
NSARRUEREDN ai vi WERL 3 .“ ' 


REEL 9» Kia ja 
wi S 2 IRT ir as h 
pa a HR ERS TTCSgIR: hr nn 


iR 


Krystallographische Studien über rhombischen Schwefel. 553 


Ba N WA, 
ae 
zn 
m? 
y 2 
h=1 Fr 


erhält man », indem man die Summe der Zahlen in der 6. Colonne 
durch die Summe der 5. Col. dividirt; wie man sieht, fällt dabei der 


1000 
eonstante Factor 


in Zähler und Nenner hinweg; dadurch erhält 


man den Werth 0° 15’ 5%, also 
mm) 18 Arts 0, 15092, 180 200007 
Nun folgt in Col. 7 die Differenz eines jeden Mittelwerthes vom 
Gewichtsmittel oder » — w;, in Col. 8 das Quadrat dieser Differenz, 


in Col. 9 das Product (w — wn)? - . 1000. 
h 


1. 2. 3. 4. 3. 6. 7. 8 9. 


I 960 16743 49 29:266 280954 8 64 18730 

I 927 65600 36 5488 50874 25 625 34300 
IT 915 120628 144 11'835 109233 37 1369 163431 
VI 0 10147476 16 16 0:0 952 906304 145009 
VII 900 60476 16 2:646 23814 52 2704 71548 
VII 1070 31294 9 2876 3077-3 118 13924 400454 
XI 1187 64800 4 617 7324 235 55225 340758 
52'847 502972 1174210 


Der wahrscheinlicehe Fehler ist 


Bi... SR 


F, (w 17 wn)? 


m? 


Fı 


er berechnet sich aus der Summe der Zahlen in Col. 9, derer in 
Col. 5, aus dem constanten Factor 0°47.... und der Anzahl von 
Mittelwerthen z; die betreffenden Gewichtsmittel und zugehörigen 
Fehler finden sich in der Tabelle pag. 542 zusammengestellt. 


n > 


554 


XXI. SITZUNG VOM 21. OCTOBER 1869. 


Herr Hofratı Dr. Th. Billroth dankt mit Schreiben vom 
16. October für seine Wahl zum correspondirenden Mitgliede der 
Akademie. 


Der Seeretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: 


„Bericht über eine Sammlung von Fischen aus Singapore, ein- 
gesendet von Eugen Freiherrn von Ransonnet, Mitglied der kais. 
österr. ostasiatischen Expedition“, von Herrn Dr. Fr. Stein- 
dachner. 


„Über Ratanhin und seine Verbindungen“, von Herrn Dr. Wilh. 
Friedr. Gintl, eingesendet durch Herrn Prof. Dr. Fr. Rochleder 
in Prag. 

Herr Regierungsrath Dr. Ed. Fenzl überreicht eine Abhand- 
lung: „Über die Entstehung des fetten Öles in den Oliven“, von 
Herrn Dr. C. O. Harz, Assistenten am k. k. botan.-physiolog. 
Laboratorium der Wiener Universität. 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 


Akademie der Künste und Wissenschaften, südslavische: Arbeiten. 
VII. Band. — Alterthümer. I. Band. Agram, 1869; 8°. 

Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 7. Jahrgang, 
Nr. 20. Wien, 1869; 8o., 

Astronomische Nachrichten. Nr, 1774—1776. Altona, 1869; 40, 

Benfey, Theodor, Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. 
Neuere Zeit. VII. Band. Geschichte der Sprachwissenschaft. 
München, 1869; 80. 

Comptes rendus des sdances de l’Academie des Sciences. Tome 
LXIX, Nr. 14. Paris, 1869; 4°. 

Cosmos. XVII Annde. 3° Serie. Tome V, 16° Livraison. Paris, 
1869; 8°. 


555 


Fresenius, R., Analyse der Trinkquelle zu Driburg, der Herster 
Mineralquelle, so wie des zu Bädern benützten Satzer Schwefel- 
schlammes. Wiesbaden, 1866 ; Se. — Chemische Untersuchung 
des Lamseheider Mineral-Brunnens. Wiesbaden, 1869; 80. — 
Analyse des Tönnissteiner Heilbrunnens und des Tönnissteiner 
Stahlbrunnens im Brohl-Thale. Wiesbaden, 1869; 8°. 


Gesellschaft der Wissenschaften, Oberlausitzische: Neues Lau- 
sitzisches Magazin. XLVII. Band, I & 2 Abth. Görlitz, 
1869; 89. 

— naturforschende, in Basel: Verhandlungen. V. Theil, 2. Heft. 
Basel, 1869; 80. 

— Astronomische (in Leipzig): Vierteljahrsschrift. IV. Jahrgang, 
3. Heft. Leipzig, 1869; 8. 

Grunert, Joh. Aug., Archiv der Mathematik und Physik. L. Theil, 
1.—3. Heft. Greifswald, 1869; 8°. 

Isis: Sitzungsberichte. Jahrgang 1869. Nr. 4—6. Dresden; 80. 

Instituto, R., Veneto di Scienze, Lettere ed Arti: Atti. Tome 
XIV°., Serie III‘, Disp. 8°. Venezia, 1868—69; So. 

Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie ete., von H. Will. 
Für 1867, II. Heft. Gießen, 1869; 8°. 

Landbote, Der steirische. 2. Jahrgang, Nr. 21. Graz, 1869; 4o. 

Moniteur scientifique. Tome XI‘, Annee 1869, 308° Livraison. 
Paris; 40. 

Revue des cours scientifiques et litteraires de la France et de 
l’etranger. VI® Annee, Nr. 46. Paris & Bruxelles, 1869; 4°. 
Santini, Giovanni, Tavole dei logaritmi dei numeri naturali dall 
1 sino al 101.000 ete. (3° edizione). Padova, 1869; kl. 4%. — 
Notizie intorno agli apparati magneto-elettrici per la determi- 

nazione delle longitudini geografiche ete. Padova, 1867; 80. 

Societe Jitteraire, scientifigue et artistique d’Apt: Annales. 
IV° Annee, 1866—1867. Apt, 1869; 8°. 

—  botanique de France: Bulletin. Tome XV. (1868.) Session 
extraordinaire; Tome XVI. (1869.) Comptes rendus des 
seances, Nrs. 2—3; Revue bibliographique. C. Paris; 8°. 

— Imperiale des Naturalistes de Moseou: Bulletin. Annde 1868, 
Tome XLI, 2% Partie. Moscou, 1869; 80. | 


556 


Verein, naturhistorischer, der preuss. Rheinlande und Westphalens: 
Verhandlungen. XXV. Jahrgang (III. Folge, 5. Jahrgang), 
1. Hälfte. Bonn, 1868; 80. 
Wiener Landwirthschaftliche Zeitung. XIX. Jahrgang, Nr. A2. 
Wien, 1869; 4°. 
— Medizin. Wochenschrift. XIX. Jahrgang, Nr. $3—84. Wien, 
1869; 4°. 


557 


Bericht über eine Sammlung von Fischen aus Singapore, 
eingesendet von 


Eugen Freiherrn v. Ransonnet, 


Mitglied der kais. österreichischen ostasiatischen Expedition, 
Von dem e. M. Dr. Franz Steindachner. 


Vor einigen Wochen ist die erste Sendung naturhistorischer- 
Objecte eingetroffen, welche von Eugen Freiherrn v. Ransonnet 
bei Singapore gesammelt wurden, und die sich eben so sehr durch 
Reichhaltigkeit als durch die Vortrefflichkeit der Conservirung aus-- 
zeichnen. 

Ich erlaube mir in nachfolgenden Zeilen eine Übersicht der ich- 
thyologischen Ausbeute zu geben und jene Arten kurz zu diagno-- 
siren, von welchen ich glaube, daß sie noch unbeschrieben seien, 
oder die in mancher Beziehung nicht unbedeutend von den bisher- 
gegebenen Schilderungen abweichen. 


Percidae. 


1. Art. Serranus lanceolatus Bl]. (juv.) 
2. m „ hexagonatus C. V. 

8. „ Mesoprion chrysotaenia Blkr. 
4. „ Ambassis interrupta Blkr. 


Ich kenne von dieser Art sowie von der nachfolgenden nur die- 
Beschreibung Dr. Günther’s im Kataloge der Fische des briti-- 
schen Museums, mit welcher die uns vorliegenden schönen Exem-- 
plare nicht ganz übereinstimmen. 


Char. Körperhöhe mehr als 23/,— 22/;mal, Kopflänge (bis zur Spitze- 
des Kiemendeckels) 31/;mal, Auge 8—81/,mal in der Körper-- 
länge (d. i. Totallänge ohne Caudale)) enthalten. 


558 Steindachner. 


Oberer Augenrand in dem hinteren Theile in vier Stacheln en- 
digend, von denen der letzte am längsten ist. Unterer und aufstei- 
gender Rand des Vordeckels, unterer Rand der Vordeckelleiste, oberer 
und unterer Rand des Präorbitale gezähnt. 


Zwei Schuppenreihen auf den Wangen. Stirnbreite eirca 11/,- 
mal in der Augenlänge begriffen. Zwischendeckel nach hinten in 
einen Stachel ausgezogen. Seitenlinie nur bis unter die Mitte oder 
bis unter das hintere Ende der ersten Dorsale reichend, 10—12 


Schuppen durcehbohrend. 


Zweiter Stachel der ersten Dorsale 4—4'/,mal; dritter läng- 
ster Analstachel etwas mehr als 5mal, Caudale 3ınal, Pectorale eirca 
3°/,mal in der Körperlänge enthalten. 

Eine silberglänzende Binde längs der Mitte der Körperseiten, 
zuweilen von einem schwarzgrauen Längsstriche durchzogen. Ein 
schwarzer Fleck zwischen den oberen Enden des zweiten bis fünften 
Dorsalstachels. Schuj;pen der drei oberen Horizontalreihen des Rum- 
pfes an den Rändern bräunlich punktirt. 


D. 7|1% ; A. 3/9. Sq. 28 (bis zur Caudalbasis). 


5. Art. Ambassis Kopsii Blkr. 


Char. Körperhöhe etwas mehr als 21/,—21/,mal, Kopflänge eirca 
2s/,mal in der Körperlänge enthalten. Nur ein Stachel am hin- 
teren Ende des oberen Augenrandes. Bezahnung des Vor- 
deckels und Präorbitale wie bei A. interrupta, nur sind die 
Zähnchen am aufsteigenden Rande des Präoperkels noch zar- 
ter. Augendiameter 62/,—7mal, Pectorale mehr als 3mal, Cau- 
dale eirca 21/,mal; zweiter Stachel der ersten Dorsale 32/, bis 
3'/;mal, zweiter Analstachel wenig länger als der dritte und 
41/,—4°/,mal in der Körperlänge. 

Seitenlinie nicht unterbrochen, am Rumpfe 25—2b5, auf der 

Caudale drei Schuppen durehbohrend. 

Körperzeichnung wie bei A. znterrupta, Schuppen der oberen 


Körperhälfte dichter punktirt. 
D. 71/0, A: 3/8—9; L. lat. 25—26 + 3; L. transv. 11. 


Bericht über eine Sammlung von Fischen aus Singapore. 559 


6. Art. Apogon bifaseiatus Rüpp. 


Ein junges Männchen mit dunkel blaugrauen Ventralen. Der 
Caudalfleck dehnt sich nach oben und unten, doch unter Abnahme 
der Intensität der Färbung zu einer Art von Querbinde aus. 


7. Art. Apogon quadrifasciatus C. V. 


Bei zwei kleineren Exemplaren läuft die untere Binde bis zum 
hinteren Ende der mittleren Caudalstrahlen, und die obere endigt 
etwas hinter der zweiten Dorsale; bei einem dritten größeren Exem- 
plare sind die beiden Binden nur am Kopfe deutlich sichtbar, am 
Rumpfe ganz erloschen, doch ist die untere Binde an der Basis der 
mittleren Caudalstrahlen als ein kleiner Fleck angedeutet. 


8. Art. Myriodon waigiensis 0. G. 


Pristipomatidae. 
9. Art. Therapon servus Bl. 
10. Art. Pentapus setosus C. V. 


Zur trefflichen Beschreibung Prof. Kner’s im Novara-Reise- 
werke wäre noch hinzuzufügen, daß bei Männchen (vielleicht nur 
zur Laichzeit?) am Rücken längs der Basis der Dorsale eine schmale, 
metallisch glänzende blaue Binde hinzieht. 


11. Art. Pentapus xantopleura Blkr. 


Bei sämmtlichen Exemplaren aus Singapore kommt zu den drei 
bereits von Prof. Kner (Fische d. N. Exp. pag. 61) erwähnten paari- 
gen Binde noch eine vierte einfache hinzu, welche von der Basis des 
ersten Dorsalstachels längs der Nackenlinie bis zur Mitte der Stirne 
läuft, mithin eben so weit nach vorne reicht wie die darauffolgende 
erste paarige Binde, die längs der Basis der Dorsale bis zum Seiten- 
rande der obersten Stützstrahlen der Caudale sich erstreckt oder 
aber am Schwanzstiele endigt. 

Die unterste der dreipaarigen Binden läuft bei jungen Exem- 
plaren vor dem Auge rings um den unteren und vorderen Schnau- 
zenrand, bei älteren bricht sie am vorderen Ende des Präorbi- 
tale ab. 


560 Steindachner. 


12. Art. Caesio coerulaureus Lac. C. \V. 


Körperhöhe etwas mehr als 41/,mal, Kopflänge 4'/,mal bei 
einem Exemplare von 7°/,” Länge in der Totallänge, Augendiameter 
3?/,mal, Schnauzenlänge 4%/,mal in der Kopflänge enthalten. 

Caudale etwas länger als der Kopf. 


13. Art. Synagris japonicus Bl. Gthr. 


Mullidae. 


14. Art. Upeneoides tragula sp. Richds. 


Ein Exemplar von 4'/,” Länge. L. lat. 32; Kopflänge A1/;mal, 
Körperhöhe 5mal in der Totallänge. 


15. Art. Upeneoides sundaicus Blkr. 


Körperhöhe bei einem jungen Individuum von 32/,’’ Länge un- 
bedeutend mehr als 43/,;mal, Kopflänge 4°/,mal in der Totallänge, 
Augendiameter 3*/,mal, Schnauzenlänge 22/,mal, Kopfhöhe 12/,mal 
in der Kopflänge. 

Die Barteln reichen bis zum hinteren Winkel des Vordeckels. 

Der längste zweite Stachel der zugespitzten ersten Dorsale 
53/,;mal in der Totallänge oder eirca 1:/;mal in der Körperhöhe, 
dritter Stachel wenig kürzer als der zweite, die darauffolgenden neh- 
men sehr rasch an Höhe ab. 

Eine schwach entwickelte Binde, fast nur durch die dunkle Ein- 
fassung der betreffenden Schuppenreihe gebildet, vom Augenrande 
zur Caudale laufend. 

Drei wolkige, nicht scharf abgegrenzte Querbinden am Rumpfe, 
die erste von der Basis der ersten Dorsale schief nach hinten, die 
zweite von der Basis der zweiten Dorsale und die dritte ganz nahe 
hinter der zweiten Binde liegend etwas schief nach vorne ziehend, 
nach unten unmerklich in die allgemeine Rumpffärbung übergehend. 

Am zweiten und dritten Stachel der ersten Dorsale Spuren von 
dunklen Flecken. Caudale mit abwechselnd hellen und dunklen 
Flecken in schiefen Reihen. Unterseite des Kopfes und Barteln schwe- 
felgelb. 

Unterer Theil der Kopfseiten und des Rumpfes, Caudale und 
vorderer Theil der zweiten Dorsale rosenroth, hie und da mit Grau- 


Bericht über eine Sammlung von Fischen aus Singapore. 561 


violett gemischt. Schwach ausgeprägte helle und dunkle Binden auf 
der zweiten Dorsale. 
212 


D. 6|1/;; A. 7; L. lat. 33—35; L. transv. 1. 


6 
Die Seitenlinie durehbohrt am beschriebenen Exemplare auf 
einer Körperseite 33”, auf der anderen aber 35 Schuppen. 


Squammipinnes. 


16. Art. Chaetodon oligacanthus Blkr. 
17. „  Chelmo rostratus Lin. 

18. „ Holacanthus mesoleucus BI. 
19, n sexstriatus CV. 
20. „ Toxotes jaculator Pall. 


Triglidae. 
21. Art. Pterois lunulata Schleg. 


Diese Art war bisher nur von Japan bekannt. Das uns vorlie- 
gende Exemplar ist leider am stacheligen Theile der Dorsale und 
Anale sehr stark beschädigt, stimmt übrigens genau mit Dr. Schle- 
gel’s Beschreibung und Abbildung in dem bekannten Prachtwerke 
„Fauna japonica, Pise.* überein. 


22. Art. Platycephalus nematophthalmus Gthr. 


Dr. Günther beschrieb diese in so charakteristischer Weise 
gezeichnete Art nach zwei Exemplaren von den Küsten Australiens; 
Herr Baron Ransonnet fand sie bei Singapore und sendete zwei 
vorzüglich erhaltene Individuen von 7 und 92/,” Länge ein, 

Bei diesen ist die Kopflänge 31/, — 31/,;mal in der Totallänge, 
die Kopfbreite 21/, — 2/,mal in der Kopflänge enthalten. Die 
Länge der Caudale erreicht nahezu die Hälfte der Kopflänge. 

Auf der oberen häutigen Augendecke liegen mehrere Tentakel, 
deren Zahl und Länge variabel ist. Fast über der Mitte der Augen- 
länge steht das größte Tentakel, welches sich bei einem Exemplare 
nach oben fast handförmig in die Breite ausdehnt, während es bei 
dem zweiten kleineren Exemplare sich nach oben (von der Längen- 
mitte an) verschmälert und nur wenige Hautfäden nach vorne und 
hinten abgibt. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. LX. Bd. I. Abth 37 


562 Steindaehner. 


Der große flache Hautlappen unter den Vordeckelstacheln variirt 
gleichfalls an Breite; hinter demselben und zwar unterhalb des 
unteren Deckelwinkels liegt ein zweiter viel kleinerer Lappen, der 
bei einem Exemplare fast bis auf den Grund gespalten ist. 

Die hintere Wand der häutigen Röhre des vorderen Narinen 
erhebt sich gleichfalls zu einem ziemlich hohen Tentakel; dem hin- 
teren Narinenpaare, welches in eine viel weitere Röhre mündet, fehlt 
ein tentakelartiger Anhang vollständig. Die große, nach vorne an 
Breite zunehmende Zunge bildet an jeder Seite vorne einen stark 
abgerundeten Lappen. 

Milchweiße Fleckehen liegen nebst braunen Flecken und Strei- 
fen an der Oberseite des Kopfes und am Nacken unregelmäßig zer- 
streut, und zu jeder Seite der Rückenflossenbasis einige kurze weiß- 
liche Querbinden von sehr geringer Breite und undeutlicher Ab- 
gränzung. 

Himmelblaue, metallisch schimmernde Fleckchen an den Seiten 
des Rumpfes unter der Seitenlinie. 

Die Zahl der großen, breiten, dunkeln Querbinden beträgt bei 
dem uns vorliegenden Exemplare acht. 

Die Zeichnung der Flossen entspricht genau Dr. Günther's 
Beschreibung. 

Die Seitenlinie überspringt fast regelmäßig jede zweite Schuppe 
und durchbohrt daher nur 52 Schuppen. 


Trachinidae. 


23. Art. Sillage maeulata Q. Gaim. 


Bei kleinen Individuen von 23/, — 41/,” Länge ist die Körper- 
höhe 61/, — 5°/;mal, die Kopflänge mehr als 33/, — mal in der 
Totallänge, der Augendiameter 31/, bis etwas mehr als mal, die 
Schnauzenlänge 23/, bis mehr als 21/,mal, die Stirnbreite 22/, — 21/; 
mal in der Schnauzenlänge enthalten. 


Pseudochromidae. 


24. Art. Pseudochromis Ransonneti n. sp. 


Char. Körperhöhe bei Männchen 41/, — 4>/,mal, bei trächtigen Weib- 
chen weniger als 4mal, Kopflänge genau oder unbedeutend mehr 


Bericht über eine Sammlung von Fischen aus Singapore. 563 


als 4mal in der Totallänge, Augendiameter 31/,mal, Schnauzen- 
länge etwas mehr als 4 bis fast 5mal in der Kopflänge 
enthalten. 


Vier Schuppenreihen auf den Wangen, eine dunkle Längsbinde 
an den Seiten der Schnauze, unmittelbar hinter dem Auge mit einem 
schmalen Querstriche endigend. Unterlippe vorne schwärzlich ge- 
säumt. 

Caudale am oberen und unteren Rande mit einem ziemlich brei- 
ten Längsbande von grünlich oder röthlichgelber Färbung, Rücken 
olivenbraun mit einem etwas dunkleren Fleckehen im Centrum jeder 
Schuppe. 

Untere Hälfte der Körperseiten gelblich grün, Anale am unteren 
Rande etwas dunkler als im übrigen Theile. 

Caudale hinten abgerundet. Dorsale und Anale hinten zuge- 
spitzt, die letzteren Strahlen dieser Flossen bei Mänchen etwas län- 
ger als bei Weibchen; die letzten Dorsalstrahlen reichen bei ersteren 
noch über die Basis, bei Weibchen genau bis zur Basis der Caudale. 
Zweiter Analstachel bedeutend stärker und länger als der dritte. 


D. 3/23; A. 3/14; L. lat. 40. 


Trichiuridae. 


25. Art. Trichiurus japonieus Schleg. 


Durchmesser des Auges 41/,mal in der Schnauzenlänge. 


Gobiidae. 
26. Art. &obius bynoensis Richds. 


Körperhöhe nahezu 5 — 5:/,mal in der Totallänge. Zwischen 
der Peetoralachsel und der Basis der Caudale zähle ich nicht 65, 
sondern 75 Schuppen. 


27. Art. Gobius puntangoides Blkr. 
28. „  Periophthalmus chrysospilos Blkr. 


Zeigt genau dieselben Farbenvarietäten wie P. Koelreuteri Pall. 


La, 0. 


37° 


564 Steindachner. 


Batrachidae. 


29. Art. Batrachus gruniens B]. an reticulatus n. sp.? 


Wir sind in einigem Zweifel, ob das uns vorliegende Exemplar 
von 51/;” Länge nur eine Varietät des B. gruniens Bl. sei, oder 
aber eine eigene Art vertrete, die jedenfalls der früher genannten 
Species sehr nahe steht. 

Die Kopflänge ist nämlich nur 3%/,mal (bis zur Spitze des 
oberen Deckelstachels, oder 3mal, bis zum oberen Ende der Kiemen- 
spalte gerechnet) in der Totallänge, die größte Kopfbreite etwas 
mehr als 1‘/,mal, die Kopfhöhe eirea 12/;mal, der Augendiameter 
62/,mal, die Schnauzenlänge 5mal, die knöcherne Brücke zwischen 
den Augen St/,mal 1) in der Kopflänge (bis zur Spitze des oberen: 
Kiemendeckelstachels) enthalten. 

Zwei Stacheln am Kiemendeckel, zwei am Suboperkel. 

Kein Foramen hinter der Pectorale. 

Kopfform im Querschnitte ovale, nach vorne verschmälert, 
Oberseite des Kopfes nahezu ganz flach, Wangengegend sehr stark 
gewölbt, Unterkiefer etwas zugespitzt vorspringend. 

Mundbreite gleich der Hälfte der Kopflänge, die Mundlänge nur 
um die Hälfte eines Augendiameters übertreffend. 

Das hintere Ende des Oberkiefers fällt auf der linken Kopfseite 
senkrecht unter den hinteren Augenrand, auf der anderen Seite 
noch etwas weiter zurück. 

Stumpfe, konische Zähne am Vomer, Gaumen und im Unter- 
kiefer, im ersteren und letzteren vorne in zwei Reihen ?), auf dem 
Gaumen in einer einzigen Reihe. 

Kurze, ausgefranste Tentakel am Kinn- und Schnauzenrande, 
so wie am Vordeckelrande und über dem Auge; ein viel längeres, 
mehrästiges über den Mundwinkeln. Zarte Fäden an den Porenmün- 


1) Die Breite der Knochenbrücke zwischen dem Auge nimmt jedenfalls mit dem 
Alter sehr bedeutend zu, ist daher nur von untergeordneter Bedeutung für die 
Charakteristik einer Art, die nur in einem einzigen Exemplare vorliegt. 

2) Nach Dr. Günther, der viele Exemplare des B. gruniens untersuchte, stehen 
die Gaumen- und Vomerzähne nur in einer Reihe, bei der von uns beschriebenen 
Art aber auf dem Vomer in zwei Reihen. Dies allein veranlaßt mich 2. reticulatus 


wenigstens vorläufig vun B. gruniens specifisch zu trennen. 


Bericht über eine Sammlung von Fischen aus Singapore. 565 


dungen am. Kopfe so wie an jener der doppelten Seitenlinie am 
Rumpfe. 

Der Körper ist sehr hellbraun und etwas dunkler marmorirt; die 
dunkeln schief nach vorne ziehenden Binden auf der Anale und 
zweiten Dorsale sind Fortsetzungen der Marmorirungen des Rumpfes. 
Zahlreiche dunkelbraune Flecken, die sich netzartig verschlingen, 
liegen am ganzen Körper und treten am bedeutendsten an den mar- 
morirten Theilen des Kopfes und Rumpfes hervor. Auf der Pectorale 
fließen die dunkeln Querbinden größtentheils zusammen und um- 
schließen helle runde Flecken. Querbinden mit noch dunklerer Um- 
wandung auf der Caudale. Bauchseite weißlich, zart und sehr dicht 
hellbraun genetzt. 

D. 3/20, A. 15 (16?) V. 1/2. 

Note. Das Wiener Museum besitzt seit geraumer Zeit eine Batrachus-Art, 
welche in der Zahl der Flossenstrahlen, in der Bezahnungsweise und 
in den Körpermassen genau mit Batr. tau C. V. (Gthr.) überein- 
stimmt, aber zwei Stacheln am Suboperkel trägt; auch ist die Breite 
der knöchernen Decke zwischen den Augen geringer als die Länge 
des Auges. Ich glaube sie aber nicht von B. tau trennen zu dürfen. 


Ebenso finde ich ein Exemplar von Batr. Dussumiert C. V. mit zwei 
Suboperkel-Stacheln aus Bombay. 


Theutidae. 
30. Art. Theutis virgata C. V. 
SE „. margaritifera. 
Pomacentridae. 


32. Art. Pomacentrus faseiatus C. V. 


Auf den Schuppenreihen der Wangen und auf dem Kiemen- 
deckel liegen bei Männchen helle, bald weißliche, bald gelbliche 
Flecken; viel kleinere bläuliche in großer Anzahl auf der Anale. 

Die schwarzen Flecken hinter dem oberen, hinteren Rande 
des Kiemendeckels erstrecken sich zuweilen noch über das hintere 
Ende der horizontal zurückgelegten Peetorale hinaus, nehmen 
jedoch nach hinten an Umfang und Tiefe der Färbung ab. 

Zwei zarte helle Streifen ziehen vom hinteren Augenrande nach 
vorne und unten. Die zwei ersten Gliederstrahlen der Ventrale sind 
endlich bei Männchen fadenförmig verlängert. 


566 ! Steindachner. 


33. Art. Pomacentrus chrysopoeecilus K. v.K. 


Auch bei dieser Art zeigen sich bei Männchen helle Flecken 
unmittelbar über und auf der Anale, ferner eine Reihe dicht anein- 
ander gedrängter ähnlicher Fleckchen am unteren Vordeckelrande. 

Die einzelnen Rumpfschuppen zwischen der Anale und dem 
gliederstrahligen Theile der Dorsale, so wie am Schwanze, sind nahe 
dem hinteren Rande mit einer halbmondförmig gebogenen hellen 
Linie geziert. Die zwei ersten Ventralstrahlen sind schwach ver- 
längert und reichen fast bis zur Anale. Rand der Aftergrube schwarz 
gesäumt, wie bei der früher erwähnten Art. 


34. Art. Pomacentrus punctatus Q. Gaim. 


35. „ h notophthalmus Blkr. 
36. „  Glyphidodon coelestinus C. V. (vur. coelestinus 
Gthr.) 
Labridae. 


37. Art. Choerops macrodon Lacep. 


Ein wohlerhaltenes Exemplar von 61/,” Länge. Die Anale ist in 
der größeren oberen Hälfte lebhaft gelb, gegen den unteren freien 
Rand zu weißlich grau, am Rande selbst bläulich gesäumt. 

Pectorale zunächst hinter der dunkeln Querbinde an der Basis 


- orangegelb. 
38. Art. Duymaeria filamentosa Pet. 


Ein kleines Exemplar (Weibchen) mit nur kurzen Hautlappen 
zwischen den ersteren Dorsal- und Analstacheln; in Färbung und 
Zeichnung genau mit Playfair’s Beschreibung der Var. 5 (s. Playf. 
Gthr. Fish. of Zanzebar p. 83) übereinstimmend, doch ohne blaue 
Streifen unter dem Auge. — Bisher nur von der Ostküste Afrika’s 
bekannt. 


39. Art. Stethojualis interrupta Blkr. 

40. „ Platyglossus Dussumieri C. V. 

41. , & javanieus Blkr. 

42, „ = chloropterus Bl. Schn. 


Ein Exemplar (Männchen) mit einem sehr großen, an den 
Rändern verschwommenen schwarzen Fleek, zum größten Theile 


Bericht über eine Sammlung von Fischen aus Singapore. 567 


unter der Seitenlinie gelegen, in der vorderen Rumpfhälfte, somit 
der von Bleeker im erstenBande des Atl. ichthyol. p. 125 erwähnten 
Varietät entsprechend. 


43. Art. Platyglossus Hyrtlii Blkr. 


AA, R bicolor Bl. Schn. 
AN y modestus Blkr. 
454. „ a x var. (fem.) (ohne 


schwarzen Fleck in der Mitte der Rumpfseiten). 
46. Art. Platyglossus Ransonneti n. sp. 


Char. Körpergestalt gestreckt, Körperhöhe 43/,mal in der Total- 
länge, Kopflänge bis zum knöchernen Ende des Kiemendeckels 
2:/„mal, mit Einschluß des häutigen Randsaumes aber 31/,mal 
in der Totallänge. Caudale abgerundet, ein Hundszahn oben 
zunächst dem Mundwinkel. Länge des Augendiameters = der 
Schnauzenlänge oder nahezu !/, der Kopflänge (bis zur Kiemen- 
deckelspitze). 


Lichtbraun; eine schwarze Binde vom vorderen Seitenrande der 
Schnauze bis zur Caudale, vom Auge unterbrochen, am schwächsten 
längs der Deckelgegend , vor der Caudale an Breite abnehmend und 
daselbst nur von einzelnen Fleckehen gebildet. Am hinteren Augen- 
rande ein indigoblauer Querfleck. Eine helle, im Leben vielleicht 
rosenrothe Längsbinde über und unter der schwarzen Seitenbinde; 
zahlreiche schwarze Punkte am Hinterhaupte, auf den Gliederstrahlen 
der Dorsale, endlich am Rumpfe und zwar über der oberen hellen 
Binde bis zur Rückenlinie hinauf, unter der unteren hellen Binde nur 
über 1—2 horizontalen Schuppenreihen. Ein dunkler, halbmond- 
förmig gebogener Querstrich von der Peetorale. 


D. 9/11; A. 3/11; L. lat. 27. 


47. Art. Platyglossus Dayi n. sp. 


Dem Pl. javanicus in der Zeichnung der Rumpiseiten sehr 
ähnlich, nämlieh mit durch dunklere Einfassung einzelner Schuppen- 
reihen gebildeten breiten Querbinden, welche sich zuweilen nach 
oben und unten spalten. 

Ein dunkelblauer Querfleck hinter dem Auge; ein zweiter vor 
den obersten Pectoralstrahlen; ein dunkler Fleek zwischen dem 


568 Steindachner. 


dritten bis fünften Gliederstrahle der Dorsale in der unteren Höhen- 
hälfte; ein schmaler dunkler Strich an der Vorderseite des ersten 
Dorsalstachels. Eine blaue Binde schief über die Wangen, von dem 
aufsteigenden Rande des Vordeckels schief nach vorne zu den Mund- 
winkeln ziehend. Eine halbmondförmig gebogene breitere Binde am 
oberen Rande und dem obersten Theile des hinteren Randes des 
Kiemendeckels. 


Kopflänge (ohne Hautlappen) fast viermal, Leibeshöhe 42/,mal 
in der Totallänge. Länge des Auges gleich der der Schnauze. Ein 
Hundszahn über dem Mundwinkel. Caudale hinten schwach gerundet. 


L. lat. 29. D. 9/12; A. 3/12. 


Gerridae. 


48. Art. Gerres singaporensis n. sp. 


Char. Körperhöhe 2:/,—2:/,mal in der Körperlänge oder etwas 
mehr als 2%/,mal in der Totallänge, Kopflänge 3—31/gmal in 
der Körper- oder etwas mehr als viermal in der Totallänge 
enthalten. 


Präorbitale ungezähnt, unterer Vordeckelrand sehr schwach 
gezähnt. Schuppen auf den Wangen in 21/, Reihen. Augendiameter 
wenig mehr als 21/,mal, Schnauzenlänge 32/;mal in der Kopflänge. 

Schnauzengrube oval, ziemlich schmal, schuppenlos, nach 
hinten etwas an Breite zunehmend, bis zum Ende des ersten Viertels 
der Augenlänge zurückreichend. Zwischen der Schnauzengrube und 
dem vordersten Theile des oberen Augenrandes keine Schuppe, wohl 
aber etwas weiter nach hinten. 

Rückenlinie steil von dem Beginne der Dorsale zur Schnauze 
abfallend, zwischen den Augen etwas eingedrückt und daher von 
dem vorderen Theile des oberen Augenrandes überragt. 

Zweiter höchster Dorsalstachel 3/, bis fast %/,. des Kopfes an 
Länge gleich oder circa */,—:/; der Leibeshöhe. Zweiter Anal- 
stachel stärker als der dritte, eirea 12/;mal in der Kopflänge, nach 
unten von dem tiefer eingelenkten dritten Stachel ein wenig 
überragt. 

Peetorale 11/,mal so lang wie der Kopf, mit der zurückgelegten 
Spitze über die Basis des ersten Gliederstrahles der Anale endigend. 


Bericht über eine Sammlung von Fischen aus Singapore. 569 


Seitenlinien über 41 Schuppen laufend, von denen vier auf der 
Caudale liegen. 

Schuppenscheide über den Dorsalstacheln und Strahlen hoch, 
von einer Reihe von Schuppen gebildet, welche hinten vertieal ab- 
gestutzt sind. 51/, Schuppen zwischen der Seitenlinie und der Basis 
des ersten kurzen Dorsalstachels, 31/,; zwischen dem Höhepunkte 
der Seitenlinie und der Schuppenscheide der mittleren Dorsalstacheln. 
Schwanzstiel nahezu eben so hoch wie lang. Spitze der Ventrale bis 
zur Analgrube reiehend. Anale stark überschuppt. 

Rücken hell gelbbraun, allmählig nach unten ins Weißlichgelbe 
übergehend, mit bläulichem und goldigem Schimmer. Schwach aus- 
geprägte dunkle Streifen längs der Mitte der sieben bis acht oberen 
horizontalen Schuppenreihen. Oberer Rand der Dorsale dicht schwärz- 
lich punktirt, ein schwärzlicher Strich in halber Höhe der Dorsale 
zwischen dem 7. Stachel und dem letzten Gliederstrahle. 

52]2 


D. 9/10; A. 3/7; L. lat. 41 (87 & 4). L. trans. 1. 


9 


Zwei Exemplare von 2 und 33/,” Länge. 
Als nächst verwandte Art glaube ich @erres altispinnis Gthr. 
bezeichnen zu sollen. 


Ophidiidae. 
49. Art. Machaerium subducens Richds. 


Die uns vorliegenden zwei Exemplare gehören entschieden zu 
Mach. subducens. 

Die Dorsale enthält 73— 74, die Anale 57 und 64 Strahlen. 
Körperhöhe etwas mehr als 11/,mal in der Kopflänge, diese 61/, bis 
66/„mal in der Totallänge enthalten. 

Körper bei dem größeren Exemplare hellgrau, bei dem zweiten 
kleineren schwärzlichbraun; Lippen röthlichgelb; Caudale, Dorsale 
und Anale schwarz gefleckt. 

Zahlreiche rothbraune ‚-Querbinden ähnliche Marmorirungen bei 
dem größeren Exemplare, welche am Bauche, auf dem vorderen 
größten Theile der Dorsale und auf den Analstrahlen allmählig ins 
Citronengelbe übergehen. 

Bei dem kleineren Exemplare liegen am Rumpfe nur rund!iche 
blaugraue Flecken, welche theilweise durch Queradern mit einander 


570 Sit/eli md alelhmieir. 


in Verbindung treten, und auf der Unterseite des Kopfes hellgelbe. 
Der große dunkle Querfleck fehlt keinem der beiden Exemplare. 


Pleuronectidae. 


50. Art. Solea (Pardachirus) pavonina Lacep. 


Legt man nicht auf das Vorkommen einer zweiten Seitenlinie 
auf der augenlosen Körperseite ein großes Gewicht, so muß die 
Gattung Pardachirus eingezogen werden, da wenigstens bei P. pavo- 
ninus die Schuppen mit sehr zahlreichen und festen, wenngleich 
zarten Zähnchen am freien Rande besetzt sind und zwar auf beiden 
Körperseiten, die sich daher sehr rauh anfühlen. 

Die zweite Seitenlinie der augenlosen Körperseite reicht bei 
dem uns vorliegendem Exemplare, welches vortrefflich erhalten ist, 
in senkrechter Richtung nicht weit über das hintere Kopfende zurück. 
Die weißen, schwärzlich gerandeten Flecken zeigen keinen dunkeln 
Punkt im Centrum. 


51. Art. Pseudorhombus Russelii Gray. 


Siluridae. 


52. Art. Plotosus canius H. Buch. 


Ein sehr kleines Exemplar von kaum 2” Länge. 


Scombresocidae. 
53. Art. Belone (Mastacembelus) liuroides Blkr. 


Der vordere Theil der Dorsale ist nur mäßig erhöht und über- 
trifft ein wenig die größte Leibeshöhe oder beträgt 21/,—2 Augen- 
längen, während der Anallappen 23/,—2:/, Augenlängen an Höhe 
gleicht. 

Kopflänge —= t/, der Körperlänge bei einem Exemplare von 16” 
Länge und 23/,mal in der Körperlänge oder eirca dreimal in der 
Totallänge bei einem zweiten Individuum von 131/,” Länge enthalten. 

Die Seitenlinie erreicht nieht die Caudale. Hinterer, oberer 
Theil der Pectorale schwarz. 

Bei beiden Exemplaren zieht eine schwärzlichgrüne Querbinde 
am hinteren Rande des Präoperkels bis zur Höhenmitte des auf- 


C n : ! i 7 
Bericht über eine Sammlung ven Fischen aus Singapore. 57 


steigenden Randes oder noch etwas tiefer hinab. Diese Binde ist in 
Bleeker’s Beschreibungen dieser Art nicht erwähnt, scheint daher 
häufiger zu fehlen als vorzukommen; ein Grund mehr, Belone 
liuroides Blk. mit Bel. incisa Val. zu vereinigen, bei welcher nach 
Valenciennes ein tiefgrüner Strich der Länge nach über die Höhe 
des Vordeckels läuft. 


54. Art. Hemiramphus melanurus C. V. 


Olupeidae. 
55. Art. Engraulis taty C. \V. 

56. „ Coilia quadrifilis Gthr. 
DEGERMON » Dussumieri C. V. 
Ophisuridae. 

58. Art. Ophichthys cephalozona Blkr. 

Ein kleines Exemplar mit zahlreichen, Querbinden ähnlichen, 
doch sehr verschwommenen unregelmäßigen Nebelflecken am Rumpfe 
bis zur Seitenlinie hinab. 

Congridae. 


59. Art. Muraenichthys macropterus Blkr. 


Balistidae. 
60. Art. Monacanthus chinensis C. 
Glas er tomentosus Cuv. 
Rajidae. 


62. Art. Taeniura Iymna Forsk., J. M. Henle. 
638. „ BRhynchobatus laevis M. H. (var. 2.) 


Squalidae. 
64. Art. Cestracion (Zygaena) Blochii Cuv. 


572 


Über Hufeisenniere mit besonderer Rücksichtnahme auf das | 
Zustandekommen der Nierenverwachsung, 


Von Dr. A. Friedlowsky, 


Docent und Prosector in Wien. 
(Mit 1 Tafel.) 


(Vorgelegt in der Sitzung am 14. October 1869.) 


Die als Hufeisenniere (Renes arcuati, ren soleiformis) 
bekannte Fusion beider Nieren zu einem einzigen Körper, nimmt 
bei ihrem nicht seltenen Vorkommen in beiden Geschlechtern nicht 
allein das Interesse des Anatomen, sondern auch durch gewisse 
Beziehungen zur Feststellung einer sicheren Diagnose, jene des 
Praktikers in Anspruch. Eben so wie Tieflage der rechten oder 
linken Niere, oder deren Beweglichkeit, zu Verwechslung mit 
Geschwülsten ganz anderer Natur Veranlassung geben kann, so gilt 
dasselbe bei dem Vorsandensein eines verbindenden Mittellappens 
zwischen den oberen oder unteren Enden der harnbereitenden 
Drüsen, zumal wenn sich mit Schmerz einhergehende pathologische 
Processe in ihnen: zufällig abwickeln. Der Verwechslung einer Huf- 
eisenniere mit Erweiterung der Bauchaorta thut H. Sandwith ?) 
Erwähnung. Die Section wies eine Exostose des dritten Lenden- 
wirbels nach, durch welchen die verwachsenen Nieren nach vorne 
gedrängt eine sichtbar pulsirende Geschwulst unter den Bauchdecken 
bildeten. In einer anderen Hinsicht erhält die Lage des eingescho- 
benen Mittellappens vor den großen Gefäßen des Bauchraumes 
dadurch Bedeutung, daß sich Störungen im Rücklaufe des Blutes 
aus den unteren Extremitäten und dem Beckenraume einstellen 
könnten, welche sich in verschiedener Form manifestiren werden. 
Wenn auch das mächtige Rohr der Bauchaorta bei seinen Puls- 


1) C. Ch. Schmidt's Jahrbücher der iu- und ausländischen gesammten Medicin. 
Leipzig. 1844, Bd. XLIV, S. 186. 


Über Hufeisenniere mit besonderer Rücksichtnahme ete. 573 


bewegungen durch Hebung des Isthmus den Druck von Seite der 
Nieren auf die untere Hohlader etwas mindert, so wird bei auf- 
tretender Schwellung eines Ren soleiformis sich derselbe dennoch 
zur Geltung bringen, wie sich in dem von Dr. de Neufville:) 
beobachteten Falle erwies, in welchen Thrombose der großen 
Venenstämme mit vollständiger Aufhebung der Circulation zum Tode 
führte. Daß auch die Aorta abdominalis trotz der Stärke ihrer 
Wandung und der Mächtigkeit ihres Pulses von diesem schädlichen 
Drucke influenzirt werden könne, dafür spricht der von J. B. Mor- 
gagni?) citirte Casus eines Aneurisma aorticum, bedungen durch 
Druck von Seite einer Hufeisenniere. Auch der von B. v. Langen- 
becks) gemachten Äußerung, daß er einigemale Kinder plötzlich 
an Hirnzufällen (wahrscheinlich Urämie) verloren habe, bei denen 
die Section eine Hufeisenniere nachwies, muß hier gedacht werden. 

Das Vorangeschickte wird die Veröffentlichung des anatomischen 
Details einer von mir beobachteten Nierenverschmelzung rechtfer- 
tigen. zumal ich gewisse Verhältnisse des arteriellen und venösen 
Gefäßsystems einer gründlicheren Untersuchung unterzogen habe, 
als ich es anderwärts finde. Bei vielen der Fälle, welche in der 
von mir benutzten Literatur hinterlegt sind, vermißt man großen- 
theils genauere Angaben über die Distribution der zu- und abfüh- 
renden Gefäße oder, bei Berücksichtigung der letzteren, eingehendere 
Daten über das Verhalten des Harnleitungsapparates. Nur einige 
Autoren haben allen Einzelnheiten Rechnung getragen. Außerdem 
verdient der zu besprechende Fall mehrerer, ihm ganz eigenthüm- 
licher topographischer Beziehungen wegen, zum wenigsten anato- 
mische Beachtung. 

An der Leiche eines Mannes von mittleren Jahren, der an all- 
gemeiner Peritonitis verstorben war, lagen die rechte und linke 
Niere, dureh ein 1'/,” hohes, rhombisches Mittelstück zu einem ein- 
fachen, halbmondförmigen Körper vereinigt, vor. Der untere, etwas 
eingebogene Rand des verbindenden Nierenparenchyms entsprach 
nahezu der Mitte des vierten Lendenwirbelkörpers und stand 1 %/,”" über 


1) Archiv für physiologische Heilkunde. Stuttgart. 1851, Bd. X, S. 321. 

2) Opera omnia. Patavii. MDCCLXV. Tom. II, p. 203. 

3) Archiv für Anatomie, Physiologie und wissenschaftliche Mediein. Herausgegehem 
v.C.B. Reichert undE. du Bois-Reymond. Leipzig. 1868, S. 187. 


HTA Friedlowsky. 


der Spaltungsstelle der Aorta; der obere eoneave Rand sah gegen die 
etwas über 1/,’’ darüber entspringende Art. mesenterica inferior ; 
die Seitenränder waren eoncavy nach außen und betheiligten sich an 
der Begrenzung des nach vorne geschobenen, bezüglichen Hilus 
renalis. Die hintere Fläche war an der Stelle, welehe die Bauchaorta 
berührte, rinnenförmig vertieft, während dies für die der unteren 
Hohlvene entsprechende keine Geltung hatte; die vordere Fläche 
war ein wenig nach vorne gewölbt. 

Die Längsaxen der beiden Seitenlappen hatten eine ziemlich 
schiefe Lage von außen und oben nach innen und unten, was 
namentlich an der linken Seite in die Augen fiel. 

Das abgerundete obere Ende des rechten Lappens stand vom 
Seitenrande der Aorta etwas über 3” ab; links betrug die Entfer- 
nung nicht viel über 11/,”. Die unteren, mit dem Isthmus zusammen- 
fließenden Enden waren durch denselben der Medianlinie genähert. 
Während der rechte Lappen den Querfortsatz des zweiten Lenden- 
wirbels nach oben zu überragte und sich überhaupt gegen den 
linken länger erwies, erstreckte sich der letztere bis zum unteren 
Rande des Querfortsatzes des zweiten Lendenwirbels, übertraf jedoch 
den der Gegenseite im Breiten- und Diekendurchmesser. 

Die Nierenbecken lagen nach vorne zu beiden Seiten des 
Isthmus; das rechte stand tiefer und war geräumiger als das linke. 
Sie entwickelten sich je eines aus fünf größeren Nierenkelchen, die 
an Form und Weite gegenseitig differirten. Sowohl rechter- als 
linkerseits stieg aus dem oberen Ende der Nierenlappen ein langer, 
im Verhältnisse zu den übrigen enger Calyx herab, welcher rechts, 
nach vorne und innen convex, in den oberen Rand des Beckens nach 
außen zu einmündete, wogegen er links, nach vorne gebogen, in den 
oberen Rand des Pelvis renalis sich ergoß. Die vier übrigen Nieren- 
kelche der linken Seite, von denen drei aus dem seitlichen und einer aus 
dem mittleren Lappen hervortraten, unterschieden sich von einander 
nicht sehr an Größe und Gestalt; rechterseits verhielt sich dies 
jedoch anders. Der aus dem Isthmus auftauchende Kelch war hier 
unter allen der geräumigste, und floß mit dem Nierenbecken von 
innen her zusammen. Von den anderen drei, welche sich aus dem 
Seitenlappen hervorbildeten, drangen die zwei kleinsten von hinten 
her in’s Becken ein; der nächst größere, dritte suchte den oberen 
Rand des letzteren auf, und zeichnete sich durch eine auffallende 


Über Hufeisenniere mit besonderer Rücksichtnahme ete. 575 


Einschnürung an seiner Inosculationsstelle aus. Beide Nierenbecken 
verengten sich gegen die Harnleiter hin, jedoch mit dem Uhnter- 
schiede, daß dies rechts successive und nach abwärts geschah, links 
dagegen dasselbe plötzlich und nach vorne zu eintrat. Die berührte 
Verengerung war so bedeutend, daß in vollkommen injieirtem 
Zustande die Ureteren stellenweise in ihrem Beginne nur die Dieke 
einer starken Stricknadel aufwiesen. Von der engsten Stelle nach 
abwärts zu jedoch erweiterten sie sich in ziemlicher Ausdehnung 
(gegen 3’), um gegen die Blase hin das gewöhnliche Kaliber anzu- 
nehmen. Nebst seiner größeren Länge, welche mit dem höheren 
Stande des linken Nierenbeekens und dem früheren Übergehen des- 
selben in den Ureter zusammenhing, unterschied sich der linke 
Harnleiter von dem rechten noch durch eine an seinem Anfangsstück 
befindliche, accessorische Erweiterung, welche ebenfalls spindel- 
förmig, aber viel enger und kürzer (1/,”) war, als die schon 
erwähnte, tiefer gelegene. 

Was die Astfolge der Bauchaorta betrifft, so war dieselbe in 
folgender Weise alterirt: 

Statt einer einfachen Art. coeliaca ging von der vorderen 
Peripherie des Bauchaortenrohres, in gleicher Höhe mit dem Liga- 
mentum intervertebrale zwischen letztem Brust- und erstem Lenden- 
wirbel, ein Wirtel von vier Gefäßen ab, von denen das oberste, am 
weitesten nach links stehende als Art. coronaria ventriculi supe- 
rior sinistra fungirte; ein zweites, gleich hoch und dicht daneben 
nach rechts hin abgehend, war stärker und lief als Art. hepatica zur 
Leber. Dicht darunter löste sich das weiteste der vier Gefäße als 
Art. splenica ab, wogegen etwas höher und nach rechts hin von ihm 
geschoben noch eine zweite, schwache Leberschlagader ihren Ur- 
sprung hatte. Diese letztere stand gerade in der Mittellinie des 
Aortenrohres, ebenso wie die fast 1/,” unter ihr entspringende Art. 
mesenterica superior und die 1!/,” unter dieser sich abzweigende 
Art. mesenterica inferior. Fast t/,” unter der unteren Gekrösschlag- 
ader versandte eine schwache Arterie dreiZweigcehen zu Fett, Lymph- 
drüsen und den oberen Rand des Isthmus renis und betbeilte auch 
die Aorta an dieser Stelle mit nutritiven Reiserchen. Bald nach Ab- 
gabe des letztgenannten Gefäßes lagerte sich die Bauchaorta hinter 
den Mittellappen der Niere und spaltete sich, nachdem sie an 
dessen unteren Rand wieder zum Vorschein gekommen, am Beginne 


576 Friedlowsky. 


des fünften Lendenwirbels in ihre zwei Endäste, die Art. iliacae 
communes. 

Gerade aus ihrem Bifureationswinkel tauchte eine beinahe 3’ 
weite Schlagader auf, welche, der vorderen Wand der Aorta dicht 
anliegend, in deren Medianlinie nach aufwärts lief und nach einem 
Wege von fast 1” in zwei Äste zerfuhr. Der schwächere davon 
drang ungespalten in den unteren Rand des Isthmus ein; der stärkere 
derselben zerfiel in drei Zweige, von denen einer sich in die hintere 
Fläche des rechten Seitenlappens einbohrte, die anderen zwei den 
Innenrand des rechten Nierenbeckens eingrenzten und mit einer 
später zu beschreibenden Nierenschlagader der rechten Seite in 
Anastomose standen. 

Mit Übergehung der Aa. Tumbales mögen sich hieran die von 
den seitlichen Wänden der Aorta abdominalis sich ablösenden 
Schlagadern schließen. Linkerseits ging in gleicher Höhe mit der 
Art. coronaria ventriculi superior sinistra ein schwaches Gefäß 
für die Pars lumbalis sinistra diaphragmatis ab und '/," darunter, 
mehr nach hinten gerückt eine Art. renalis von Rabenfederkieldicke, 
welche nach aus- und abwärts zum obersten Ende des linken Nieren- 
lappens sich hinzog, um sich daselbst einzusenken und auf ihrem 
Wege Fett, Lymphdrüsen und die normalliegende Nebenniere mit 
untergeordneten Reiserchen zu betheilen. 1/,' unter ihr und etwas 
nach vorne geschoben, zweigte sich die Art. spermatica sinistra ab, 
die zur vorderen Fläche des Lodus renis sinister herabstieg, sich in 
eine Rinne an derselben einlagerte und’ im Weiteren normal verhielt. 
Auf sie folgte nach kurzem Zwischenraume eine zweite Art. renalis 
sinistra von 3” Kaliber, welche sich nach außen und vorne zum 
Hilus renalis sinister hinwand. Sie blieb in einer Strecke von 
fast 1” vollkommen astlos, lag in diesem Stücke und noch ein 
wenig darüber hinaus hinter und über den Nierenvenen, später 
jedoch, gegen das Nierenbecken, vor ihnen. Sie schickte in die 
linke Nebenniere eine Art. suprarenalis inferior und führte nach 
Versorgung der Fettkapsel, Lymphdrüsen und des Pelvis renalis 
mit feinen Zweigchen, in fünf Ästen dem linken Nierenlappen 
Blut zu. Der erste derselben lief von der hinteren Circum- 
ferenz des Muttergefäßes zur dorsalen Fläche des Lobdus renalis 
sinister gegen dessen oberes Ende zu: nach ihm kam von der 
linken Peripherie des Hauptstammes der zweite, hierauf vom rechten 


Über Hufeisenniere mit besonderer Rücksichtnahme etc. 577 


Umfange ein dritter, dann von links her der vierte und endlich als 
fünfter der Endast. 

Alle diese vier letzteren Äste stiegen längs des äußeren Randes 
vom Nierenhilus in’s Parenchym hinein. Eine dritte Art. renalis 
sinistra, von 3’ Weite, nahm an der Aorta, über 1” unter der 
unteren Gekröspulsader ihren Ursprung, krümmte sich hinter dem 
Isthmus im Bogen nach auf- und auswärts gegen den oberen, inneren 
Rand des Hilus renalis sinister und zerfiel daselbst in zwei Äste, 
welche hinter den begleitenden Venen und den Nierenkelchen sich 
im linken und mittleren Lappen der Niere ramificirten. Zwischen 
der zweiten und dritten linken Nierenschlagader liefen von dem 
linken Umfange der Aorta, etwas nach vorne gerückt, zwei schwache 
Stämmehen ab, welehe Fett, Lymphdrüsen und Capsula adiposa 
renis versorgten. 

Von der rechten Cireumferenz des Bauchstückes der Aorta ent- 
sprang, in gleicher Höhe mit der Mitte des letzten Brustwirbels, eine 
schwache Art. phrenica, auf welche, nach einem Zwischenraume von 
11/,",eine Gruppe von mehreren kleineren und vier größeren Gefäßen 
folgte, die in ihrem Ursprunge auf die kleine Strecke von 1/,” zu- 
sammengedrängt waren. Während die kleineren Arterien die Be- 
stimmung hatten, sich in der Pars lumbalis diaphragmatis dextra 
aufzulösen, stieg von den größeren die erste als Art. suprarenalis 
zur rechten Nebenniere, welche sich von der linken durch ihre Lage 
dadurch unterschied, daß sie nieht mit dem oberen Ende des rechten 
Nierenlappens im Contaete stand. Die zweite, stärkere Schlagader 
fungirte als eigentliche Art. phrenica; die dritte, etwas nach vorne 
postirte, war die Art. spermatica interna dextra, die jedoch eben so 
wie die übrigen hinter der unteren Hohlvene nach außen zog, um 
sich, die VYasa renalia dextra von oben und vorne her kreuzend, zu 
ihrem Bestimmungsort zu begeben. Dicht neben ihr zweigte sich die 
erste Art. renalia dextra ab, lief ebenfalls hinter der Ven. cava in- 
ferior fast horizontal nach außen zum obersten Ende des Lobus 
renalis dester, und drang daselbst, in zwei kurze Äste gespalten, ein. 
Sie war stärker, fast 11/,”’, und länger als die Art. renalis sinistra 
prima und lag über und hinter den obersten Ästen der Nierenvenen, 
Fast /,” unter dieser Nierenschlagader ging ein schwaches Stämm- 
chen für Fett, Lymphdrüsen und Wand der unteren Hohlvene ab, 


und über '/,” unter diesem, dicht neben der Art. mesenterica 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 35 


578 Friedlowsky. 


inferior nach rechts die stärkste (3”’ weit) und längste Art. renalis 
für den rechten Nierenlappen. Sie kreuzte die Vorderfläche der 
Vena cava inferior, lief parallel mit dem oberen Rande des Isthmus 
nach aus- und ein wenig nach aufwärts, und entsandte, nachdem sie 
den Nierenhilus vollkommen astlos erreicht hatte, folgende Äste. Der 
erste und stärkste derselben stieg vor der gleichlaufenden Vene 
zwischen oberstem und mittlerem Nierenkelch in die Tiefe und 
schiekte kurz vor seiner Einsenkung längs des oberen Contours vom 
Hilus renalis einen Zweig zur Anastomose demjenigen entgegen, 
welcher sich von der aus der Spaltungsstelle der Aorta heraufkrüm- 
menden Nierenpulsader ablöste. Die folgenden Äste waren schwächer 
und betrat der zweite die hintere Fläche des rechten Nierenlappens, 
der dritte umkreiste den Hklus renis seinem unteren Umfange ent- 
lang und stand ebenfalls mit der aus dem Bifurcationswinkel der 
Aorta kommenden Art. renalis in Anastomose. Der vierte bohrte 
sich von vorne her in den Lobus renis dexter nahe seinem oberen 
Ende ein. 

Was den Venenkreislauf anbelangt, so wurde das Blut auf fol- 
genden Wegen aus Nebennieren, Niere und Hoden abgeführt. Die 
Ven. renalis sinistra empfing die größte Menge Blut und zwar aus 
dem linken Nierenlappen und einem großen Abschnitte des Isthmus, 
ferner aus der Glandula suprarenalis sinistra theilweise und aus 
dem linken Samenstrange. Sie war deßhalb bedeutend mächtiger, 
zugleich auch länger als die rechte, kreuzte in wenig schiefer Rich- 
tung von außen und unten nach innen und oben, dicht unter der 
Art. mesenterica superior, die Bauchaorta und ergoß sich in 
gleicher Höhe mit der Mitte der Vertebra lumbalis prima in die 
linke Wand der unteren Hohlvene. Am linken Rande der Aorta 
mündete in ihre obere Peripherie eine starke Ven. suprarenalis und 
kurz darauf eine zweite, etwas schwächere. Diese letztere erhielt 
durch eine schwache Ven. spermatica Blut aus dem Funiculus 
spermaticus und war mit einer Nierenvene in Anastomose, welche 
im Gefolge der Art. renalis sinistra prima aus dem obersten Ende 
des Lobus renis sinister hervorkam und sich mit der Ven. lumbalis 
secunda verband. Der stärkste Ast der Ven. renalis sinistra bildete 
sich aus mehreren Zweigen, welche den Anfang des längsten Nieren- 
kelches einschlossen, hervor und floß dicht neben der Inoseulations- 
stelle der Ven. suprarenalis secunda mit einem etwas engeren Rohre 


Über Hufeisenniere mit besonderer Rücksichtnahme etc. 579 


zusammen, welches aus zwei Zweigen am äußeren Contour des 
Nierenbeckens entstand und in sich auch die linke Samenvene auf- 
nahm. Ein dritter Ast entwickelte sich aus zwei größeren Zweigen 
theils hinter, theils innen vom Hilus renalis, stieg an der linken 
Seite der Aorta fast senkrecht nach aufwärts und entleerte einen 
großen Theil des Blutes aus dem Mittellappen in die untere Wand 
des Hauptstammes. Während die beiden früher genannten Äste die 
Art. renalis sinistra secunda begleiteten, gehörte er dem Gefäß- 
bezirke der dritten Schlagader des Lobus sinister an. 

An der rechten Seite mündete die Ven. suprarenalis wegen 
Hochlage der Nebenniere schon in der Gegend des oberen Randes 
vom letzten Brustwirbel in die untere Hohlader, wogegen die Ven. 
renalis dextra in gleicher Höhe mit dem unteren Rande des ersten 
Lendenwirbels dahin sich ergoß. Diese letztere war nur in der 
Länge von 1/,” ein einfacher Stamm, welcher sich aus drei Ästen 
und der Ven. spermatica interna constituirte. Der stärkste Ast kam 
als Begleiter der obersten Nierenschlagader aus dem oberen Ende 
des rechten Lappens und lag fast quer; der zweite, etwas schwächere, 
stieg nahezu senkrecht zwischen dem zweiten und vierten Aste der 
Art. renalis dextra secunda nach aufwärts; der dritte, welcher die 
rechte Samenvene in sich aufnahm, entstand aus zwei Zweigen, die 
den Nierenhilus von innen und außen einsäumten und mit Zweigen 
der jetzt zu beschreibenden dritten Ven. renalis in Anastomose waren. 

Diese bildete sich aus drei Ästen heraus, welche den Gefäß- 
rayon der von der Aorta nach aufwärts kommenden Art. renalis von 
Blut befreiten. Zwei derselben umgriffen den größten Kelch des 
rechten Nierenbeckens gabelig, gingen die eben erwähnte Anastomose 
ein, und vereinigten sich, nachdem sie zu einem fast 1” langen 
Rohre zusammenflossen, mit dem dritten Aste, der am unteren Rande 
des Isthmus renis, nahezu in dessen Mitte, zu Tage trat. Die Länge 
der gemeinsamen, untersten Ven. renalis betrug 11/,": ihre Inoseu- 
lationsstelle fand sich an der vorderen Wand der Ven. iliaca 
communis sinistra gerade dort, wo diese sich mit der destra zur 
unteren Hohlader verband. Aus dem Vorhandensein dieser Nierenvene 
erklärt sich auch die relative Schwäche der Ven. renalis dextra 
gegen links; den gleichen Einfluß auf das Kaliber der letzteren übte 
ein früher übergangenes Gefäß, welches Blut aus dem oberen Theile 
des Lobus renalis dexter der Ven. cava inferior, in derGegend des 

38° 


580 Friedlowsky. 


unteren Randes vom zweiten Lendenwirbel, zuführte. (Hiezu die 
Abbildung.) 

Unter den vorgelegten anatomischen Einzelnheiten wären fol- 
gende besonders hervorzuheben: 

1. Nebst der Hochlage der rechten Nebenniere das weitere 
Hinaufragen des Lappens der Niere auf dieser Seite, während doch 
normalerweise daselbst wegen nächster Nähe der Leber tieferer 
Stand zur Anschauung kömmt; 

2. die bedeutende Länge derjenigen Kelche, welche den Harn 
vom oberen Theile des rechten und linken Lappens dem Becken zu- 
führten, so wie die Verengerung, die an einem Calyxz major der 
rechten Seite bei seinem Übergange in’s Pelvis renalis sich vorfand ; 

3. der Tiefstand des rechten Nierenbeckens trotz dem Ver- 
halten des bezüglichen Lappens; 

4. die auffallende Enge der Ureteren in ihrem Beginne, die 
Entwicklung derselben aus dem Becken rechter- und linkerseits und 
ihre spindelförmige Erweiterung; 

5. nebst des gesonderten Abgehens der einzelnen Äste der 
Art.coeliaca aus der Aorta, der hohe Ursprung der Art. mesenterica 
inferior, 1'/,” unter der oberen Gekröspulsader, normalerweise 
21/,—38"; 

6. die große Zahl (6) der der Niere angehörigen arteriellen 
Gefäße und die auffallende Weite ihres Gesammtkalibers (13 1/,); 

7. Verlauf der Art. renalis dextra secunda vor der Ven. cava 
inferior ; 

8. der arterielle Gefäßkranz, welcher an der rechten Seite in 
Folge der Anastomose zwischen Art. renalis dextra secunda und der 
vom Bifureationswiukel der Aorta kommenden Nierenschlagader um 
den Hilus renis herum zu Stande kam. Auch an der linken Seite 
scheint eine derartige Verknüpfung der zweiten und dritten Nieren- 
schlagader Statt gefunden zu haben, wurde jedoch bei der Beschrei- 
bung nicht erwähnt, weil bei schlechterem Gelingen der Injeetion 
daselbst keine Masse eingedrungen war; 

9. Verlauf der Art. spermatica interna dextra hinter der 
unteren Hohlvene; 

10. nebst dem ausgesprochen schiefen Lauf der eigentlichen 
Ven. renalis dextra und sinistra, das Hinzutreten von einer kleinen 
rechten Nierenvene, die in die Ven. cava inferior mündete, von 


Über Hufeisenniere mit besonderer Rücksichtnahme ete. 581 


einer accessorischen, linken, welche sich in eine Lumbalvene ent- 
leerte, und endlich von der mächtigen Vene, die sich in die Ven. 
tliaca communis sinistra einsenkte; 

11. das Vorhandensein des dem arteriellen Gefäßkranz ent- 
sprechenden venösen an der rechten Seite; von dem an der linken 
Seite gilt das über die Schlagader-Anastomose Gesagte. 

Durch die in neuerer Zeit von C. Kupffer in Dorpatt) ange- 
stellten Forschungen über Entwicklung der Niere im Embryo werden 
sich manche der obigen Punkte auf ihre Entstehungsursachen 
wenigstens einigermaßen zurückführen lassen; auch wird sich eine 
andere Erklärungsweise für das Zustandekommen der Nierenver- 
schmelzung #m Allgemeinen ergeben, als diejenige, welche bisher 
gebräuchlich war. 

Unter den von Kupffer zur Evidenz gebrachten Thatsachen 
wollen wir hervorheben, daß 1. das bleibende Harnsystem zunächst 
als blindsackförmige Ausstülpung aus derRückwand der W olff’schen 
Gänge hervorgehe; 2. daß diese Ausstülpungen der Niereneanäle 
zu den späteren Ureteren und deren blindes Ende zum Nierenbecken 
werde, durch dessen Spaltung die Kelche entstehen; 3. daß die 
Nierencanäle in ihren einzelnen Abschnitten Lageveränderungen 
durchmachen, welche namentlich ihr unteres und oberes Endstück 
betreffen: 4. daß sich um das blinde Ende der Nierencanäle eine 
Summe von Zellen gruppire, aus denen sich nach und nach das 
Parenchym der Nieren aufbaut; und 5. daß die beiden Nieren 
zu einer gewissen Zeit hart vor der Theilungsstelle der Aorta liegen 
und sich einander in der Mittellinie berühren. 

Durch diese Angabe verliert die von J. F. Meckel?) auf- 
gestellte Interpretation der Nierenverwachsung, als einer Hemmungs- 
bildung an Halt, da derselbe die Verschmelzung beider Nieren zu 
einer Masse im Embryo als Norm annimmt. Ebenso dieselbe von Dr. 
Mühlhäusers) bei Gelegenheit der 36. Versammlung deutscher 
Naturforscher und Ärzte zu Speier ausgesprochene Ansicht, gegen 


1) Archiv für mikroskopische Anatomie. Herausgegeben von M. Schultze. Bonn. 
1865, Bd. I, S. 233 und Bd. II, S. 473. 

2) Handbuch der pathologischen Anatomie. Leipzig. 1812, Bd. I, S. 616. 

3) Monatsschrift für Geburtskunde und Frauenkrankheiten. Berlin. 1861, Bd. XVIll, 
S. 385. 


582 Friedlowsky. 


welche schon damals Professor Sehultze aus Jena Einsprache 
erhob und sich für frühzeitig entstandene Verwachsuug der Nieren 
entschied. Diese Annahme einer Fusion der paarig angelegten Nieren 
ist bei Berührung derselben in der Medianlinie um so naheliegender, 
als wir ja auch die Lappen, aus denen die embryonalen Nieren be- 
stehen, nach und nach unten einander zu einem Körper mit glatter 
Oberfläche confluiren sehen, und Nierenverschmelzung immer von 
Seite der Corticalsubstanz eingeleitet wird. 

Warum soll dies nicht auch an den unteren und oberen Enden 
beider Nieren, oder längs ihrer einander zugekehrten Ränder in einer 
viel früheren Zeit möglich sein. Nur damit lassen sich die verschie- 
denen Formen, unter denen verschmolzene Nieren zur, Anschauung 
kommen, erklären; es wird die Hufeisenniere mit nach oben gekehrter 
Coneavität ebenso wie die mit unterem econeaven Rande, die verschie- 
dene Höhe des Isthmus, das Vorhandensein eines einfachen Nieren- 
kuchens dadurch verständlich. 

Mit der tiefen Lage der Nieren an dem Theilungswinkel der 
Aorta steht im innigen Nexus der Tiefstand derselben bei gegebener 
Verwachsung. Wenn auch in unserem Falle derselbe nicht sehr auf- 
fallend ist, so finde ich doch diese Beobachtung bei vielen Autoren 
erwähnt. Wir haben gehört, dafs das obere, blindsackförmige Ende 
des Niereneanals gewisse Lageveränderungen eingehe. Diese Loco- 
motionen müssen noch fortdauern, wenn sich auch schon die Zellen - 
complexe, aus denen sich das Parenchym der Nieren aufbaut, um 
das spätere Pelvis renalis gruppirt haben, worauf auch Kupffer, 
wenn auch nur muthmaßlich, hinweist. Wie könnten sonst die Nieren 
von der Bifureationsstelle des Aortenrohres an ihren normalen Stand- 
ort gelangen, wobei jedoch durchaus nicht das Längenwachsthum 
des Embryo außer Acht zu lassen ist. Für diese Supposition nehmen 
besonders jene Fälle ein, in denen bei regelrechter Inoseulation des 
Ureters in die Blase die zugehörige Niere auf die entgegengesetzte 
Seite geworfen ist und mit der darüberliegenden verwächst!). Auch 
jene Dislocationen sind hieher zu ziehen, bei denen eine Niere auf 


— 


1) Derartige Fälle von scheinbarem Fehlen einer Niere finden sich bei E. Sandifort. % 
Museum anatomicum academiae Lugduno-Bataviae. Lugduni Batavorum. MDCCXCII, 
Tom. I. p. 250, Tom. IL. Tab. CXII, Fig. I. — J. F. Meckel, 1. e. Bd. |. 
S. 625; J. Reid. Monthly Journal. Edinburgh. March. 1843. 


Über Hufeisenniere mit besonderer Rücksichtnahme ete. 583 


der andern liegt (A. v. Haller!), oder eine sonst regelmäßig 
situirte Niere ihren eoncaven Rand nach oben kehrt, bei Verlauf 
des Harnleiters hinter derselben (Ruysch?). So gut sich diese 
Formen durch excessive Bewegung der embryonalen Nierenanlage 
erklären, eben so gut läßt sich der so häufig gesehene Tiefstand 
verschmolzener (oder auch einfacher Nieren) mit zu geringer 
Energie dieser Bewegung in Einklang bringen, welche dann mit in 
den Kreis jener letzten pathologischen Störungen fällt, die der 
ganzen Mißbildung zu Grunde liegen. 

Unter dieser Voraussetzung wird es auch einleuchtend, wie so 
häufig bei Nierenfusion (oder auch einfacher Tieflage der rechten 
oder linken Niere) arterielle und venöse Blutbahnen von ganz eigen- 
thümlichem Verhalten sich etabliren. Sind die Nierenanlagen durch 
irgend welche pathologische Einflüsse an ihre Bildungsstätte oder 
in deren nächste Nähe festgebannt, so ist es sehr naheliegend, daß 
das nach und nach darin sich entwickelnde Gefäßsystem mit den 
nachbarlichen großen Bluträumen in Verkehr tritt, und so jene 
abnormen Nierengefäßße entstehen, die aus der Art. aorta, iliaca 
communis der einen oder anderen Seite oder ihrer Spaltungsäste 
nach aufwärts ziehen und von ähnlich laufenden Venen gefolgt sind. 
Nieht nur in unserem Falle finden wir dafür ein Beispiel, sondern 
auch in vielen Beobachtungen, die in der schließlich angehängten 
Literatur aufbewahrt sind. Sind diese Fesseln einmal gelegt, so 
müssen die Nieren an ihrem regelwidrigen Standorte mehr weniger 
gebunden bleiben. 

Auch die fast immer zu sehende Lage des Beckens an der Vor- 
derseite verwachsener Nieren sprieht für Fixirung derselben in 
ungewöhnlicher Stellung. Finden wir ja zu einer Zeit, wo man die 
Niere als linseuförmige, glatte Körperchen aus einer Nische des 
Wolff’schen Organs herausheben kanns), von ihrer ventralen 
Seite den Ureter abgehen, während der Hilus renis im reifen Kinde 
innen sich öffnet. Dasselbe kann auch auf getrennte Nieren mit vor- 
derem Becken seine Anwendung haben, wobei jedoch nicht außer 


1) Opuscula pathologiea. Lausannae. MDCCLV. Observatio L. 1X, p. 146. 

?) P. Rayer. Die Krankheiten der Nieren, ete., übersetzt von S. Landmann. 
Erlangen. 1844, S. 621. 

8) S. Kupfferl.c. Bd. I, S. 235. 


584 Friedlowsky. 


Acht zu lassen ist, daß durch vorwiegendes Wachsthum der hinteren, 
normal mehr vorspringenden Lefze des Nierenausschnittes das Pelvis 
renalis eine derartig abnorme Verschiebung erleiden könne !). 

Was die verschiedene Configuration der Nierenbeeken und 
Kelche, die Zahl der letzteren so wie die stellenweise Verengung der 
Harnleiter anbelangt, so wird sowohl für unseren Fall als für ähnliche 
dieser Art ein Suchen nach erklärenden Gründen darum überflüssig, 
weil ja der Nierencanal und dessen blindes Ende sich bis zu den 
verschiedensten, bleibenden Formen auch in sonst normalen Nieren 
entwiekeln. Wenn man Reihen von Abgüssen der Harnwege, wie sie 
in unserem Museum aufbewahrt werden, vor sich hat, so erblickt 
man eine solche Unzahl von Verschiedenheiten der einzelnen Prä- 
parate, daß sich der Ausspruch J. B. Morgagni's?) bewahrheitet: 
„In his autem omnibus rebus ita frequens varietas est, ut saepe in 
uno eodemque cadavere neque initium Pelvis, neque amplitudo, 
neque ramorum numerus, neque ipsius divisionis locus in utroque 
Rene, quamvis secundum naturam constituto, ad eundem modum se 
habeant“. 

Sind auch im Vorhergehenden einige der Nierenverschmelzung 
zukommende Eigenthümlichkeiten (häufigeres Zusammenfließen der 
Nieren an ihren unteren als oberen Enden oder längs ihrer ganzen 
Höhe; verschiedene Gestalt des Mittellappens, der manchmal eine 
dritte Niere imitirt; oft vorkommende Spindelform der Ureteren; 
Vervielfältigung der Gefäße; wechselnder Stand der Art. mesente- 
rica inferior; Verlauf der Art. spermatica interna dextra hinter, 
und der Art. renalis dextra cecunda vor der Ven. cava inferior in 
unserem Falle, ete.) nicht erklärt worden, so erscheint doch die 
angestrebte Interpretation der Hauptsachen annehmbarer, als die von 
F. Mondinis) versuchte. Mit gänzlicher Nichtberücksichtigung 
anderer embryonaler Verhältnisse läßt der genannte Autor Confluenz 
der Nieren allein von der Stellung der Gefäße bedungen werden. Er 
meint, daß bei Anlage mehrerer Blutbahnen, die sich an weit von 


1) J. Hyrtl. Handbuch der topographischen Anatomie. Wien. 1865, Bd. I, S. 718. 

2) Adversaria anatomica tertia. Venetiis. MDCCLXII. Animadversio XXXI:. 

3) Renum descriptio in unum corpus semilunare coalescentium cum addidamentis 
de causa hujusmodi organicae aberrationis. Novi commentarii academiae scien- 


tiarum instituti Bononiensis. Bononiae. 1839, T. II, p. 251. 


Über Hufeisenniere mit besonderer Rücksichtnahme etc. 585 


einander entfernten Punkten der Hauptstämme des Bauchraumes ent- 
wickeln, die Nieren ungewöhnlich lang werden und namentlich leicht 
unter sich verschmelzen, wenn die unteren Nierengefäße früher 
als die oberen angelegt werden. Es ist zwar möglich, daß von den 
mehrfachen Gefäßen, welehe die Aorta unter rechten Winkeln dem 
Wolff’schen Körper zusendet, einige mit den bleibenden Nieren, 
die sich doch im Wolff’schen Organ bilden, zu Aa. renales um- 
wandeln. Damit ist jedoch nur gesagt, wie so es zur Vermehrung 
der Nierenarterien kommen könnte, aber nicht bewiesen, daß dadurch 
Confluenz der Nieren gegeben sei. Denn dann dürften keine Fälle von 
paarigen Nieren mit drei und fünf Schlagadern zur Anschauung 
kommen, wie sie R. Quaint) abbildet, oder jener Fall den J. 
Schenkius:?) eitirt, in welchem rechts vier, links drei Gefäße vor- 
handen waren. Eben so wäre jene Hufeisenniere von dieser Theorie 
ausgeschlossen, die H. Luschka:) von einem einzigen Pulsader- 
stamme in ihren drei Lappen versorgt werden sah. 

Wollte man schon der auffallenden Vervielfältigung der Gefäße, 
wie sie bei Fusion der Nieren sehr häufig gesehen wird, einen Ein- 
fluß auf die Entstehung dieses Zustandes einräumen, so könnte man 
es nur in dem Gedanken an eine durch vermehrte Blutzufuhr früh- 
zeitig eingeleitete Hypertrophie. Bemerkenswerth bleibt jedenfalls 
das in unserem Casus vorliegende Gesammtkaliber der Schlagadern 
von 13/5,” gegen das Normale von 5” bis 6”, ohne dal dabei ein 
übermäßiger Injectionsdruck auf Rechnung kömmt. Leider finde ich 
anderwärts keine Angaben in dieser Richtung und ist ein endgiltiges 
Urtheil, ob die Zunahme der Gefäße an Zahl auch immer Zunahme 
am Gesammtkaliber in sich schließt, nur durch zahlreiche Unter- 
suchungen zu bilden. Ich hoffe Gelegenheit zu finden, mich über 
diese Frage näher zu unterrichten und schließe, indem ich die über 
die behandelte Materie mir bekannte Literatur hier anfüge. 


1) R. Quain. The Anatomy of the arteries in the humain body. London. 1844, 
S. 424, Pl. 57, Fig. I, III und IV. 

2) Observationum medicarum rariorum. Libri VII. Francoforti. MDCLXV, p. 457. 

3) Die Anatomie des Menschen mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der praktischen 
Heilkunde. Tübingen. 1863, Bd. Il, S. 287. 


586 Friedlowsky. 


Th. Bartholinus, Historiarum anatomiecarum rariorum. Centaria Il. Historia 
77. Paduae. MDCXLIN auch Hafniae. MDCCLIV. S. 305 ; dessen neu- 
verbesserte künstliche Zerlegung des menschlichen Leibes, übersetzt von 
E. Wallnern. Nürnberg. MDCLXXVI. S. 186, dessen Anatome Lugduni 
Batavorum. MDCCLXXXVI. S. 176. 


I. M. Hoffmanni. Disquisitio eorporis humani anatomieo-pathologiea. Alt- 
dorfi-Noricorum. MDCCXII. p. 69. 


Laurentii Bellini Florentini. Exereitationes anatomieae duae de struc- 
tura et usu renum, ete. Lugduni Batavorum. 1711. S. 32 und 41, 
Fig. 13 und 16. 


A. Vesalii. Opera omnia anatomica et chirurgiea.. Lugduni Batavorum. 
MDCCXXV. Tom. I. p. 441. 


C. Stalpartii van der Wiel, observationum rariorum medie. anatomie. 
ehirurgiearum centuria I. Leidae. 1727. Observatio L. p. 214. 


Alb. Halleri, opuseula anatomica. Gottingae. MDCCLI. p. 230, Tab. VI. 
Fig. 9; dessen Disputationum anatomiearum seleetarum Volumen VI. 
Gottingae. MDCCLI. p. 782; dessen Elementa physiologiae eorporis humani. 
Bernae. MDCCLXV. Tom. VII. p. 241. 


S. Th. Sömmerring. Abbildungen und Beschreibungen einiger Mißgeburten 
Mainz. 1791. S. 21. 


E. Sandifort. Observationes anatomico-pathologieae. Lib. IN. Cap. VII. Tab, 
VII. Fig. 6. 

A. R. Vetter. Aphorismen aus der pathologischen Anatomie. Wien. 1803, 
S. 254. 

M. Baillis. Anatomie des krankhaften Baues von einigen der wichtigsten 
Theile des menschlichen Körpers. Aus dem Englischen übersetzt von 
S. Th. Sömmerring. Wien. 1805. S. 168. 

F. Tiedemann. Anatomie der kopflosen Mißgeburten. Landshut. MDCCCKXII. 
S. 15, 27, 43, 78. 

G. Fleischmann. Leichenöffnungen. Erlangen. 1815. S. 157. 

Fr. Meckel. Handbuch der menschlichen Anatomie. Halle und Berlin. 1820. 
Bd. IV, S. 490 und dessen schon eitirtes Handbuch der pathologischen 
Anatomie. Bd. I von Seite 616 an. 

Dr. Hayner in C. Ch. Sehmidt’s Jahrbüchern der in- und ausländischen 

gesammten Mediein. Leipzig. Bd. 16, S. 248. 
E. A. Matthiae. De nonnullis vitiis renum congenitis. Turiei. 1839. S. 13. 
P. Rayer. Die Krankheiten der Nieren und die Veränderungen der Harn- 
seeretion. Übersetzt von S. Landmann. Erlangen. 1844. S. 621. 
A. M. Wiesner. Dissertatio inauguralis mediea sistens anatomiam patho- 
logieam renum. Pragae. 1845. p. 16. 

J. M. Dubrueil. Des anomalies arterielles. Paris. 1847. S. 250. Pl. IX, 
Fig. 2. 

A. Förster. Die Mißbildungen des Menschen. Jena. 1861. S. 126, Taf. XXVI, 
Big..1. 


= 


Über Hufeisenniere mit besonderer Rücksichtnahme etc. 58% 


W. Gruber. Archiv für pathologische Anatomie, Physiologie und klinische 
Mediein von R. Virchow. Berlin. 1865. Bd. 32, S. 111. 

C. H. Ehrmann. Catalogus du musee anatomique de la faculte de Stras- 
bourg. S. 141. 


Außerdem wären nebst den im Texte eitirten Werken noch 
folgende nachzusehen, die ich mir leider nicht verschaffen konnte. 


Loder. Programma de renum coalitione. Jenae. MDCCLXXXVI; 

J. Bang. Diarium nosocomiae Havniensis. Havniae. MDCCLXXXV]; 

O0. Heer. De renum morbis. Halae. MDCCXC; 

M. Baillie. Engravings. London. 1812. Fasc. VI bis VII; 

Ch. Bell. Engravings from speeimens of morbid parts. London. 1813. 


Erklärung der Abbildung, 


Hufeisenniere eines Mannes, %, natürlicher Größe. 

a) und 5) rechter und linker Nierenlappen ; 

c) verbindender Mittellappen von rhombischer Form; 

d) rechtes Nierenbeecken sich aus fünf Kelehe bildend, von denen in der 
Figur jedoch nur drei zur Anschauung kommen; 

e) linkes Nierenbeeken aus fünf deutlich sichtbaren Kelehen entstanden ; 

f) spindelförmiger rechter Harnleiter; 

9) linker Harnleiter mit oberer schwächerer, unterer stärkerer spindel- 
förmiger Erweiterung; 

h) rechte, nach oben disloeirte Nebenniere; 

i) linke Nebenniere, etwas vom linken Lappen abgezogen, um die Gefäße 
klarer darlegen zu können; 

1. Art. aorta abdominalis 

2. Art. hepatica ; 

3. Art. splenica ; 

4. Art. hepatica accessoria. Die linke obere Kranzschlagader des Magens 
kommt nicht in Sicht; 

5. Art. mesenterica superior ; 

6. Art. mesenterica inferior ; 

7. Kleine Schlagadern zur Versorgung von Fett Lymphdrüsen und Gefäß- 
wand bestimmt; 

8. Aa. tliacae communes; 


588 Friedlowsky. Über Hufeisenniere ete. 


9. Art. renalis aus dem Theilungswinkel der Aorta zum mittleren und rechten 
Lappen aufsteigend ; 
10. Schwache Art. phrenica ; 
11. Art. suprarenalis dextra; 
12. Starke Art. phrenica ; 
13. Art. spermatica interna dextra, hinter der unteren Hohlvene verlaufend; 
14. Art. renalis dextra prima; 
15. Art. renalis dextra secunda, mit der aus dem Theilungswinkel der Aorta 
kommenden Nierenschlagader in Anastomose stehend; 
16. Schwache Art. phrenica sinistra; 
17. Art. renalis sinistra prima; 
18. Art. spermatica interna sinistra ; 
19. Art. renalis sinistra secunda ; 
20. Art. renalis sinistra tertia; 
21. Ven. cava inferior ; 
22. Ven. suprarenalis dextra; 
23. Ven. renalis dextra; 
24. Ven. spermatica dextra; 
25. Ven. renalis sinistra suprema, sich in eine Lumbalvene entleerend; 
26. Eigentliche Ven. renalis sinistra ; 
27. Ven. suprarenalis sinistra; 
28. Ven. spermatica sinistra ; 
29. Ven. iiaca communis sinistra; 
30. Ven. renalis infima, in Anastomose mit der rechten oberen Nierenvene. 


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Friedlowsky. Über Hufeisenniere etc. 


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A.d.k.k Hofu. Staatsdruckerei 


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Sıtzungsbr. der k, Akad.d.W.math. 


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SITZUNGSBERICHTE 


DER 


KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. 


LX. BAND, 


ERSTE ABTHEILUNG. 


9. 


Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, 


Zoologie, Anatomie, Geologie und Paläontologie. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 39 


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4 


XXI. SITZUNG VOM 4. NOVEMBER 1869. 


Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: 


„Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere oder Hand- 
Nügler (Chiroptera). Familie der Flughunde (Cynopteri)“ 1. Ab- 
theilung, vom Herrn Dr. Leopold Jos. Fitzinger in Pest. 


„Lehrsätze über Geraden im Raume“, von Herrn Fr. Malvy, 
Techniker in Wien. 


Herr Dr. A. Boue& überreicht eine Abhandlung: „Einige Be- 
richtigungen zur Hahn’'schen Karte der Flußgebiete des Drin und 
des Vardar in Nord-Albanien und Maeedonien (1869)*. 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 


Annales des mines. VI’ Serie. Tome XVI, 4° Livraison de 1869. 
Paris; 8°. 

Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 7. Jahrgang, 
Nr. 21. Wien, 1869; 80. 

Archief, Nederlandsch, voor Genees- en Natuurkunde. Deel IV. 

5° Aflevering. Utrecht, 1869; 80. 

Baratta, Gaetano, Studio geometrico sulla variazione e paragone 
degli angoli ece. Napoli, 1869; 8°. — Trisezione di un angolo 
qualunque. Napoli, 1869; 8°. 

Beobachtungen, Schweizerische meteorologische. September, 
October, November 1868. Zürich; 4°, 

Bibliotheque Universelle et Revue Suisse: Archives des Scien- 
ces physiques et naturelles. N. P. Tome XXXVI‘, N‘. 141. Ge- 
neve, Lausanne, Neuchatel, 1869; 80. 

39* 


592 


Comptes rendus des seances de l’Academie des Sciences. 
Tome LXIX, Nrs. 15—16. Paris, 1869; 40. 


Cosmos. XVII’ Annee, 3° Serie. Tome IV, 17°—-18° Livraisons. 
Paris, 1869; 8°. 

Delesse et de Lapparent, Extraits de geologie. 8°. — Revue | 
de geologie pour les annees 1866 et 1867. Paris, 1869; 8°. 


Gesellschaft, Senckenbergische, in Frankfurt a/M: Bericht vom 
Juni 1868 bis Juni 1869. 80. 
— österr., für Meteorologie: Zeitschrift. IV. Band, Nr. 20—21. 
Wien, 1869; 8°. 
— Naturforschende, in Zürich: Vierteljahrssehrift. XN. und XII. 
Jahrgang. (1867 und 1868.) Zürich; 80. 


— Deutsche geologische: Zeitschrift. XXI. Band, 2. und 3. Heft. 
Berlin, 1869; 8°. 


Gewerbe -Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. 
XXX. Jahrg., Nr. 32—33. Wien, 1869; 80. 


Haidinger, Wilhelm Ritter von, das k. k. montanistische Museum 
und die Freunde der Naturwissenschaften in Wien in den 
Jahren 1840 bis 1850. Erinnerungen an die Vorarbeiten 
zur Gründung der k. k. geologischen Reichs-Anstalt. Wien, 


1869; 80. 


Instituut, Koningkl., voor de Taal-, Land- en Volkenkunde van 
Nederlandsch Indi&ö: III. Volgreeks IV. Deel, 1. Stuk. 's Gra- 
venhage, 1869; 8°. — Catalogus der Bibliothek van het In- 
disch Genootschap. "s Gravenhage, 1869; 8°. 


Lamy, A., Sur la fabrieation de la soude au four tournant. 

| Paris; 40. 

Landbote, Der steirische: 2. Jahrgang, Nr. 22. Graz, 1869; 4°. 

Mittheilungen aus J. Perthes’ geographischer Anstalt. Jahr- 
gang 1869, IX. Heft. Gotha; 40. 


Peschka, Gust. Ad. V., Constructions-Verhältnisse der Schieber- 
steuerungen für Dampfmaschinen, Brünn, 1869; 8%. — Pop- 
per’s Anti-Inerustator. Berlin, 1869; 8°. 


593 


Pest, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem 
Jahre 1868/9. 4° und 8°. 


St. Petersburg, Direetion du jardin de botanique: Sertum Pe- 
tropolitanum, seu incones et descriptiones plantarum, quae 
in horto botanico Imperiali Petropolitano floruerunt. Fase. 
I—IV. Petropoli, 1846 et 1869; Folio. 


Realis, S., Note sur le nombre e. Paris, 1869; 8°. 


Report on exeisions of the head of the femur for gunshot injury. 
Washington, 1869; 40. 


Reichsanstalt, k. k. geologische: Verhandlungen. Jahrg. 1869, 
Nr. 12. Wien; 40. 

Revue des cours scientifiques et litteraires de la France et de 
l’etranger. VI’ Annee, Nrs. 47 — 48. Paris & Bruxelles, 
1869; 4°. 


Rittmann, Alexander, Grundzüge einer Geschichte der Krankheits- 
lehre ım Mittelalter. Brünn, 1868; So. — Die Cultur-Krank- 
heiten der Völker. Brünn, 1867; 8°. — Culturgeschichtliche 
Abhandlungen über die Reformation der Heilkunst. 1. und 2. 
Heft. Brünn, 1869; So. 

Schmidt, J. Christoph, Elemente zur Begründung einer mathema- 
tisch-physikalischen Organismenlehre, oder Mathesis allein ist 
Wissenschaft. München, 1869; 80. 


Seientifique Opinion. Nr. 51. Vol. II. London, 1869; 40. 


Settimanni, Cesar, D’une nouvelle methode pour determiner la 
parallaxe du soleil. Florence, 1869; 80. 


Societe des Sciences physiques et naturelles de Bordeaux: 
Extraits des proces - verbaux des seances. Bordeaux, 
1869; 8°. 

Trautschold, H., Rede zur Säeularfeier der Geburt Alexander’s 
von Humboldt. Moskau, 1869; 80. 

Vierteljahresschrift für wissenschaftl. Veterinärkunde. XXXI. 
Band, I. Heft. (Jahrg. 1869. III.) Wien; 80. 

Weyr, Emil, Theorie der mehrdeutigen geometrischen Elementar- 


gebilde und der algebraischen Curven und Flächen als deren 
Erzeugnisse. Leipzig, 1869 ; 8o. 


594 
Wiener Landwirthschaftliche Zeitung. XIX. Jahrg., Nr. 43 —44. 
Wien, 1869; 4°. 
— Medizin. Wochenschrift. XIX. Jahrg., Nr. 85—88. Wien, 
1869; 4°. 
Zeitschrift für Chemie, von Beilstein, Fittig & Hübner. 
XII. Jahrgang, N. F. V. Band, 19. Heft. Leipzig, 1869; So. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere oder Hand- 
flügler (Chiroptera). 


Familie der Flughunde (Cynopteri). 
II. Abtheilung. 


Von dem w. M. Dr. Leop. Jos. Fitzinger. 


3. Gatt.: Wollflederhund (Epomophorus). 


Die Flügel sind an den Leibesseiten angeheftet und reichen bis 
an die Zehen. Der Daumen ist in seiner unteren Hälfte von der Flug- 
haut umhüllt und nebst dem Zeigefinger bekrallt. Die Schnauze ist 
langgestreckt und stumpf zugespitzt. Der Schwanz ist sehr kurz, 
ganz oder größtentheils von der Schenkelflughaut eingeschlossen 
und oft kaum bemerkbar. Die Zunge ist mäßig lang, nur wenig aus- 
streckbar und breit. Die Zitzen liegen auf der Brust. 


‚ Lückenzähne 


Zahnformel: Vorderzähne = Eekzähne 


1 oder amla Backenzähne ed 28 oder 30. 
al 1—1 HR 


I. Der gambische Wollflederhund ( Epomophorus gambianus). 


E. macrocephalo distincte major et Pteropodis grisei fere 
magnitudine; rostro valde elongato, labio superiore modice lato; 
auriculis mediocribus angustis oblongo-ovatis calvis ; oculis auribus 
multo propioribus quam rostri apici; alis amplis longis maximam 
partem calvis et solum in brachüs femoribusque pilosis; patagio 
analı angustissimo rudimentario ad coccygem non interrupto, supra 
piloso; cauda brevissima externe discernenda, tota patagio in- 
clusa; corpore pilis laneis mollibus vestito ; fascieulis e pilis laneis 


596 Fitzinger. 


longis albis formatis in utroque latere colli marium adultorum 

distinctis; notaeo rufescente-griseo, lateribus colli gastraeoque 

dilutioribus ; auriculis maculis albis ad basin deficientibus ; pata- 

güis pallide fuscıs. 

Pteropus Gambianus. Ogilby. Proceed. of the Zool. Soc. V. IM. 
(1835). p. 100. 

Epomophorus Gambianus. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. 

p. 504. 

Pteropus Gambianus. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 366. 
Nr. 35. 

Pachysoma gambianum. Temminck. Esquiss. zool. sur la cöte de 

Guine. p. 69. 
Pteropus gambianus. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 607. 


Nr. 37. 
Pachysoma gambianum. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 607. Nr. 37. 


Epomophorus gambianus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 607. Nr. 37. 

Pteropus gambianus. Giebel. Säugeth. S. 1003. 

Epomophorus gambianus. Giebel. Säugeth. S. 1003. 


Nebst dem kurzflügeligen Wollfiederhunde (Epomophorus Whi- 
tei) die größte Art der Gattung, merklich größer als der groß- 
köpfige Wollflederhund (Epomophorus macrocephalus) und unge- 
fähr von derselben Größe wie der graue Flederhund (Pteropus gri- 
seus). 

Unter den so nahe mit einander verwandten Formen dieser 
Gattung ist diese Art eine derjenigen, welche ziemlich leicht zu er- 
kennen sind, indem sie nur mit dem Doggen-Wollflederhunde (Epo- 
mophorus Haldemanni) verwechselt werden könnte. 

Durch die weit bedeutendere Größe, die schmälere und viel 
weniger hängende Oberlippe, den äußerlich deutlich erkennbaren 
Schwanz, das Vorhandensein von Haarbüscheln an den Seiten des 
Halses der alten Männchen und die abweichende Färbung ist sie aber 
deutlich von demselben verschieden. 


Sämmtliehen übrigen Arten sind weiße Flecken an der Ohr- 
wurzel eigen, wodurch sieh dieselben auffallend unterscheiden. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 597 


Die Schnauze ist langgestreckt, die Oberlippe mäßig breit. Die 
Ohren sind von mittlerer Größe, schmal, länglich-eiförmig und kahl. 
Die Augen stehen den Ohren weit näher als der Schnauzenspitze. Die 
Flügel sind groß, lang, größtentheils kahl, und nur an den Armen 
und Schenkeln behaart. Die Schenkelflughaut ist sehr schmal, blos 
als Rudiment vorhanden und besteht aus einem nur 1/, Zoll breiten 
Hautbande, das sich an der Hinterseite der Schenkel über den Steiß 
hinwegzieht, auf der Oberseite behaart ist und den sehr kurzen, 
äußerlich aber bemerkbaren Schwanz vollständig einhüllt. 


Die Körperbehaarung ist wollig und sehr weich. 


Die Färbung ist röthlichgran, an den Halsseiten und auf der 
Unterseite des Körpers heller. An der Ohrwurzel befinden sich keine 
weißen Flecken. Die Flügel sind hellbraun. 


Das alte Männchen unterscheidet sich vom jungen und vom 
Weibehen durch einen aus weißen wolligen Haaren gebildeten Bü- 
schel, der sich an den Seiten des Halses über den Schultern ober der 
Einlenkung der Flügel befindet. 


Körperlänge SIR 6” 9’. Nach Ogilby. 
Länge des Kopfes bis zu den Ohren . . 17.97. 


Spannweite, derrlüugen 9 0.2.2.2 128%. 


Vaterland. West-Afrika, Senegambien, Gambia-Gegenden. 
Ogilby hat diese Art zuerst beschrieben. 


2. Der Doggen-Wollflederhund (Epomophorus Haldemanni). 


E. schoense paullo minor; rostro elongato, labüs tumidis, su- 
periore latissimo pendulo ; auriculis mediocribus ; alis longis; pa- 
tagio anali angustissimo ; cauda brevissima, externe viw discer- 
nenda, tota patagio inclusa; corpore pilis laneis mollibus vestito, 
fasciculis pilorum in lateribus colli marium adultorum nullis ; no- 
taeo obscure fusco, vertice, occipite colloque paullo dilutioribus, 
lateribus ab /omineque in anteriore parte dilute fuscis, in posteriore 
albo; auriculis maculis albis ad basin deficientibus ; patagüs fla- 
vido-fuscis. 


Pteropus Haldemunni. Halowell. Silliman Amer. Journ. 1846. 
a Y Halowell. Ann. of Nat. Hist. V. XVII. 
(1846). p. 356. 


598 Fitzinger. 


Pteropus Haldemanni. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 609. Nr. 40. x 

Pachysoma Haldemanni. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 609. Nr. 40. # 

Epomophorus Haldemanni. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 609. Nr. 40. x 

Pteropus Haldemanni. Giebel. Säugeth. S. 1003. Note 2. 

Epomophorus Haldemanni. Giebel. Säugeth. S. 1003. Note 2. 


Wir kennen diese Form bis jetzt nur aus einer Beschreibung 
von Halowell, aus welcher jedoch zu entnehmen ist, dal sie eine 
dem gambischen Wollflederhunde (Zpomophorus gambianus) sehr 
nahe stehende, aber aller Wahrscheinlichkeit nach von demselben 
verschiedene Art bildet, welche sich von diesem durch viel geringere 
Größe, eine breitere und viel mehr hängende Oberlippe, den völlig 
zu fehlen scheinenden Schwanz, die dem alten Männchen mangeln- 
den Haarbüschel und auch durch die Färbung unterscheidet. 

Eine Verwechselung mit den übrigen zu dieser Gattung gehö- 
rigen Arten ist nicht wohl möglich, da dieselben mit weißen Flecken 
an der Ohrwurzel gezeichnet sind. 

Sie ist die kleinste Art der Gattung und noch etwas kleiner als 
der Schoa-W ollfiederhund ( Epomophorus schoensis). 

Die Schnauze ist gestreckt, die Lippen sind voll und etwas auf- 
getrieben und die sehr breite Oberlippe ist hängend, wodurch der 
Kopf ein doggenähnliches Aussehen erhält. Die Ohren sind mittel- 
Jang, die Flügel lang und die Schenkelflughaut ist sehr schmal. Der 
überaus kurze Schwanz, welcher vollständig von der Schenkeltlug- 
haut eingeschlossen wird, ist äußerlich kaum bemerkbar, so daß er 
beinahe völlig zu fehlen scheint. An den Halsseiten der alten Männ- 
chen befinden sich keine Haarbüschel. 

Die Körperbehaarung ist wollig und weich. 

Die Färbung ist auf der Oberseite des Körpers dunkelbraun, 
auf dem Scheitel, dem Hinterhaupte und am Halse etwas heller. Die 
Brust, die Leibesseiten und der Vordertheil des Bauches sind lichter 
braun, der Hintertheil desselben ist weiß. An der Ohrwurzel sind 
keine weißen Flecken vorhanden. Die Flughäute sind gelblich- oder 
sienabraun. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 599 


Körpenlängeny sen sus near 28064 Nachäkliallo,wei: 
BängerdesaKopfesur ein. an url 

„des: Vorderarmes ı.. 1... 000. ol. 
SpannweitejdewiRlügeliy m. 1 Dua X. 321 82% 


Der Angabe Halowell’s zu Folge sollen im Oberkiefer jeder- 
seits ein Lückenzahn und nur zwei Backenzähne, im Unterkiefer 
zwei Lückenzähne und drei Backenzähne vorhanden sein, was sicher 
unrichtig ist und blos auf einer falschen Deutung der Backenzähne 
als Lückenzähne beruht. 


Vaterland. West-Afrika nach Halowell, ohne genauere Be- 
zeichnung des Heimathlandes. 


8. Der centralafrikanische Wollflederhund (Epomophorus anurus). 


E. Wahlbergü fere magnitudine ; rostro longo, rhinario sulco 
longitudinali profundo diviso, labio superiore lato, plicis duabus 
longitudinalibus minus profundis instructo subpendulo ; auriculis 
mediocribus oblongo-ovatis calvis, margine elato limbatis, interne 
indistinete transversaliter plicatis; oculis sat magnis, auribus 
multo propioribus quam rostri apiei; alis amplis longis ; patagio 
anali angustissimo, ad coecygem non interrupto obtuse exciso, in 
lateribus calvo, in medio pilis teneris laneis obtecto; cauda bre- 
vissima externe vix discernenda. tota patagio inclusa; fascieulis e 
pilis longioribus niveis formatis in utroque latere colli marium 
distinctis ; notaeo pallide rufescente-flavo, in humeris in albescen- 
tem vergente, gastraeo dilutiore sordide fuseescente, in abdominis 
medio albescente; auriculis nigrescente-limbatis, ad basin untice 
posticeque macula alba signaftis; pedibus supra saturatioribus ru- 
bido-flavidis, patagiis, digitisque fuligineo- fuscis; unguieulis ni- 
grescentibus; iride dilute fusca. 

Epomophorus anurus. Heuglin. Beitr. z. Zool. Central-Afrika’s. 
S. 12. (Nov. Act. Acad. Nat. Curios. V. 
XXX.) 


Eine dem breitlippigen Wollflederhunde (Epomophorus labia- 
fus) sehr nahe stehende Form, welche sich durch beträchtlichere 
Größe, eine etwas schmälere und minder tief herabhängende Ober- 
lippe, den äußerlich beinahe völlig zu fehlen scheinenden Schwanz 


600 Fitzinger. 


so wie auch durch die etwas verschiedene Färbung von demselben 
unterscheidet. 

Von den übrigen Arten dieser Gattung sind es nur der kurz- 
flügelige (Epomophorus Whitei) und Kaffern-Wollflederhund (Epo- 
mophorus Wahlbergii), welche sich ihr zunächst anschließen. 

Abgesehen von anderen Merkmalen unterscheiden sie vom er- 
steren die den Ohren weit näher als der Schnauzenspitze stehenden 
Augen, von letzterem der äußerlich beinahe völlig zu fehlen schei- 
nende Schwanz. 

Entfernter ist sie mit dem großköpfigen (Epomophorus macro- 
cephalus), dem Mozambique- (Epomophorus cerypturus) und dem 
Schoa-Wollflederhunde (Epomophorus schoensis) verwandt, von 
welchen sie jedoch nebst manchen anderen Merkmalen durch den 
äußerlich kaum wahrnehmbaren und beinahe voliständig zu fehlen 
scheinenden Schwanz, so wie durch das Vorhandensein von Haarbü- 
scheln an den Halsseiten der Männchen verschieden ist. 

In Ansehung der Größe kommt sie nahezu mit dem Kaffern- 
Wollflederhunde (Epomophorus Wahlbergü) überein, indem sie 
nur wenig kleiner als derselbe ist. 

Die Schnauze ist lang und die Nasenkuppe von einer tiefen 
Längsfurche durchzogen, die bis an die Öberlippe reicht. Der innere 
Lippenrand ist einfach und die breite, außerordentlich dehnbare 
Oberlippe ist von zwei nicht sehr tiefen Längsfalten durchzogen, die 
jedoch minder deutlich als beim breitlippigen Wollflederhunde (Epo- 
mophorus labiatus) ausgesprochen sind, daher dieselbe auch weni- 
ger hängend ist. Der Gaumen bietet sechs hoch aufgetriebene Quer- 
falten dar, von denen die drei hinteren weit von einander entfernt 
stehen. Die Ohren sind von mittlerer Größe, länglich-eiförmig, etwas 
durchscheinend, kahl und mit feinen Wärzchen besetzt, von einem 
erhabenen Rande umgeben und auf der Innenseite von undeutlichen 
Querfalten durchzogen. Die Augen sind verhältnißmäßig groß und 
stehen den Ohren viel näher als der Schnauzenspitze. Die Flügel 
sind groß, lang und auf der Mitte des ersten Gliedes der zweiten 
Zehe am Fuße angeheftet. Die Spitze des Mittelfingers der Hand 
reicht über die Zehenspitzen hinaus. Die sehr schmale, nur 4 Linien 
breite Schenkelflughaut, welche sich bis zum Steiße herabzieht und 
durch einen 4 Linien langen Sporn unterstützt wird, ist an den Sei- 
ten kahl und in der Steißgegend, wo sie einen kaum 1/; Linie breiten 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 601 


Hautsaum bildet, stumpf ausgeschnitten und mit feinen wolligen 
Haaren besetzt. Der Schwanz ist außerordentlich kurz. vollständig in 
die Schenkelflughaut eingeschlossen und äußerlich kaum zu unter- 
scheiden, so daß er beinahe gänzlich zu fehlen scheint. 

An den Seiten des Halses der Männchen befindet sich über 
der Einlenkung der Flügel ein aus längeren und etwas wolligen 
schneeweißen Haaren gebildeter Büschel, der in eine kleine Tasche 
mündet. 

Die Oberseite des Körpers ist lieht röthlichgelb, auf den 
Sehultern in’s Weißliche ziehend, die Unterseite desselben heller 
schmutzig bräunlich und längs der Mitte des Bauches weißlich. Die 
Ohren sind von einem schwärzlichen Rande umgeben und an der 
Wurzel vorne und hinten mit einem weißen Flecken gezeichnet. Die 
Füße sind auf der Oberseite lebhafter rothgelblich gefärbt. Die 
Finger und die Flughäute sind rußbraun, die Krallen schwärzlich. 
Die Iris ist hellbraun, der Gaumen dunkel violetbraun und die Gau- 
menfalten sind licht fleischröthlich. 


Das Männchen ist größer als das Weibchen, aber kaum leb- 
hafter gefärbt. 


Körperlänge eines Weibeheus . . . be 170 Nachrhleugjliun: 
Länge des Vorderarmes AN Dahn Dan: 
aus dessKopfes, 20 20,1. kn amd 
der Ohren kaum 27. „ec... 109% 
Spannweite der Flügel . Din gell 8 
Körperlänge eines Männchens . .. 57 8". 
Länge des Vorderarmes EN N RU 


Die Vorderzähne des Oberkiefers sind klein und beinahe kegel- 
förmig, jene des Unterkiefers aber mit einer mehr meißelförmigen 
und etwas eingescehnittenen Kronenschneide versehen. Die Eckzähne 
sind im Durchmesser gerundet, die unteren etwas kleiner und am 
Wurzeltheile nach vor- und aufwärts, an der Spitze aber nach rück- 
wärts gebogen. Der obere Lückenzahn ist von derselben Größe wie der 
untere Eekzahn und auch von ähnlicher Gestalt. Die Backenzähne 
stehen in beiden Kiefern etwas von einander getrennt und bieten auf 
ihrer Kaufläche eine tiefe Längsfurche dar. 


Vaterland. Central-Afrika, Bongo, wo Heuglin diese Art, 
die er auch zuerst beschrieb, entdeckte. Sie fliegt auch bei Tage. 


602 Fitzinger. 


4. Der breitlippige Wollflederhund ( Epomophorus labiatus). 


E. schoönse distincte major ; rostro longo, labio superiore la- 
fissimo, supra plieis duabus longitudinalibus profundis instructo 
pendulo, in maribus sub inferiorem longe dependente; auriculis me- 
diocribus acutis ; oculis auribus propioribus quam rostri apieci; alis 
longis; patagio anali angustissimo ; cauda brevissima externe dis- 
cernenda, tota patagio inclusa; corpore pilis laneis mollibus ve- 
stito, praecipue supra dorsum, fasciculis latis e pilis perlongis 
divergentibus albis formatis in utroque latere colli marıum adul- 
torum distinctis; notaeo cum capite ex rufescente-isabellino, dor- 
sum et prymnam versus in rufescentem vergente, lateribus colli 
rufescente-fuscis, humeris, lateribus corporis, jugulo, pectore et 
uropygio pallide rufescentibus, abdomine dilutiore et in medio sor- 
dide albo; auriculis ad basin antice posticeque macula alba pictis; 
patagüs rubido-fuscis. 

Pteropus labiatus. Temminek. Monograph. d. Mammal. V. I. p. 82. 
t. 39. 
x ., Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 356. 
Ney2ıR 
Epomophorus Whitii. Mas. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 38. 
Pachysoma labiatum. Temminck. Esquiss. zool. sur la cöte de 
Guine. p. 68. 
Pteropus labiatus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 608. 
Nr 39. 
Pachysoma labiatum. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 608. 
Nr. 39. 
Epomophorus labiatus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 608. Nr. 39. 
Pteropus labiatus. Giebel. Säugeth. S. 999. 
Epomophorus labiatus. Fitz. Heugl. Säugeth. Nordost-Afr. S. 8. 
Nr. 4. (Sitzungsber. d. math. naturw. Cl. 
d. kais. Akad. d. Wiss. B. LIV.) 


Sehr nahe mit dem kurzflügeligen Wollflederhunde ( Epomo- 
phorus Whitei) verwandt, von demselben aber durch die viel gerin- 
gere Größe, die längere Schnauze, die breitere und über den Unter- 
kiefer herabhängende Oberlippe, die spitzeren Ohren und die den- 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 603 


selben näher als der Schnauzenspitze stehenden Augen, so wie auch 
durch die Färbung verschieden. 

Von den übrigen Formen dieser Gattung scheiden diese Art 
dieselben Merkmale, durch welche sich der kurzflügelige Wollfleder- 
hund (Epomophorus Whitei) von denselben abgrenzt. 

Sie ist viel kleiner als der Kaffern- (Epomophorus Wahl- 
bergii), aber merklich größer als der Schoa-Wollflederhund (Zpo- 
mophorus schoensis). 

Die Schauze ist lang, die Oberlippe sehr breit, oben von zwei 
tiefen Längsfalten durchzogen und wie bei den Doggen hängend, 
insbesondere aber beim Männchen, bei welchem sie tief über den 
Unterkiefer herabreicht und denselben um mehrere Linien überragt. 
Die Ohren sind mittelgroß und spitz, und die Augen stehen den- 
selben näher als der Schnauzenspitze. Die Flügel sind lang, die 
Sehenkelflughaut ist sehr schmal und der sehr kurze, aber äußerlich 
unterscheidbare Schwanz ist vollständig von derselben eingeschlos- 
sen. Die Kürperbehaarung ist wollig und weich. vorzüglich aber auf 
dem Rücken. 

Der Kopf und die Oberseite des Körpers sind röthlieh Isabell- 
farben, gegen den Rücken und am Kreuze mehr in's Röthliche zie- 
hend. Die Seiten des Halses sind röthlichbraun. Die Sehultern, die 
Leibesseiten, der Vorderhals, die Brust und der Steiß sind hell röth- 
lich, der Bauch ist lichter als der Rücken und längs seiner Mitte 
schmutzig weiß. An der Wurzel der Ohren befindet sich am vorde- 
ren und hinteren Rande ein weißer Flecken. Die Flughäute sind 
rothbräunlich. 

Das alte Männehen unterscheidet sich vom Weibchen durch 
die viel tiefer herabhängende Oberlippe und einen breiten aus sehr 
langen weißen, strahlenförmig divergirenden Haaren gebildeten Bü- 
schel an den Halsseiten über den Sehuitern oberhalb der Ein!enkung 
der Flügel. 


Körpenlangen ne 4’ 1'"—4" 2’. N. Temminck. 
Länge des Vorderarmes . DITASE 
Spannweite der Flügel . 1’ 3”. 


Der vordere Lückenzahn des Oberkieters fällt bei zunehmen- 
dem Alter aus. 

Vaterland. Ost-Afrika, Abyssinien, woselbst Botta diese Art 
entdeckte. Temminck hat dieselbe zuerst beschrieben. 


604 Fitzinger. 


5. Der kurzflügelige Wollflederhund ( Epomophorus Whitei). 


E. gambiani magnitudine; rostro elongato, labio superiore 
lato, non sub inferiorem dependente; auriculis latis, obtuse-acumi- 
natis; oculis inter aures et rostri apicem in medio sitis; alis 
breviusculis valde retrosum corpori affızis; patagio anali an- 
gustissimo; cauda brevissima externe discernenda, tota patagio in- 
clusa; corpore pilis breviusculis incumbentibus laneis mollibus ve- 
stito; faseiculis e pilis longis divergentibus albis formatis in 
utroque latere colli marium adultorum distinctis; notaeo in mari- 
bus pallide fusco rufescente-lavato, supra prymnam paullo dilu- 
tiore, gastraeo pallide rufescente-fusco in grisescentem vergente 
et in abdominis medio sordide albo; patagüs niyrescente-fuscis; 
notaeo in foeminis sordide rufescente et partim dilutiore, gastraeo 
rufescente-griseo, in abdominis medio nec non in lateribus colli ad 
alarum insertionem albido; patagiis pallide fuscis; auriculis in 
utroque sexu ad basin antice posticeque macula pure alba pietis. 


Pteropus Epomophorus. Bennett. Proceed. of the Zool. V. II. 
(1835). p. 149. 

Epomophorus Whitii. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. p. 504. 

Pteropus Whitü. Bennett. Transact. of the Zool. Soe. V. II. p. 34. 


19647. 
Pteropus Epomophorus. Temminck. Monograph. d. Mammal. vd. 
P: 88. 11..897 122. 
Pau Whitii. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. I. 
p- 960. 


Pteropus epomophorus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. L 
8.367. Nr. 37. 

Epomophorus Whitii. Mas. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 88. 

Pteropus Whitii. Temminck. Esquiss. zool. sur la eöte de Guine. 


p-. 65. 
Pteropus Whitei. Wagn. Schreber Säugth. ZurE B. V. S. 607. 
Nr. 838. 
Pachysoma Whitei. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 607. 
Nr. 38. 


Epomophorus Whitei. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 607. Nr. 38. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 605 


Pteropus Whitei. Giebel. Säugeth. S. 1001. Note 5. 
Epomophorus Whitei. Giebel. Säugeth. S. 1001. Note 5. 
Pteropus epomophorus. Giebel. Säugeth. S. 1001. Note 5. 
Epomophorus epomophorus. Giebel. Säugeth. S. 1001. Note 5. 


Ebenfalls eine deutlicher charakterisirte Art, um welche sich 
einige andere sehr nahe mit ihr verwandte Formen gruppiren, unter 
denen der breitlippige (Epomophorus labiatus), der centralafrika- 
nische (Epomophorus anurus) und der Kaffern - Wollflederhund 
(Epomophorus Wahlbergii) die ihr zunächststehenden sind. 


Vom breitlippigen Wollllederhunde (Epomophorus labiatus) 
unterscheidet sie sich durch die kürzere Schnauze, die etwas schmä- 
lere und nicht über den Unterkiefer herabhängende Oberlippe, die 
minder spitzen Ohren und die in der Mitte zwischen denselben und 
der Schnauzenspitze stehenden Augen; vom centralafrikanischen 
Wollflederhunde (Epomophorus anurus) durch die minder lange 
Schnauze, die schmälere Oberlippe, die Stellung der Augen in der 
Mitte zwischen den Ohren und der Schnauzenspitze und den äußer- 
lieh unterscheidbaren Sehwanz; und vom Kaffern-W ollflederhunde 
(Epomophorus Wahlbergii) durch den vollständig von der Schenkel- 
flughaut eingeschlossenen und nieht aus derselben hervortretenden 
Schwanz, von allen aber auch durch die weit bedeutendere Größe 
und die zum Theile etwas abweichende Färbung. 


Entfernter ist sie mit dem großköpfigen (Epomophorus macro- 
cephalus), dem Mozambique- (Epomophorus erypturus) und Schoa- 
Wollflederhunde (Epomophorus schoensis) verwandt, von denen die 
beiden ersteren durch die längere Schnauze, die den Ohren weit 
näher als der Schnauzenspitze stehenden Augen und die noch schmä- 
lere und fast völlig von den Körperhaaren überdeckte Schenkelflug- 
haut, der letztere durch viel kürzere Ohren und alle drei durch ge- 
ringere Größe und die den alten Männchen fehlenden Halsbüschel 
von ihr verschieden sind. 

Mit den übrigen Arten dieser Gattung kann keine Verwechslung 
stattfinden, da denselben weiße Flecken an der Ohrwurzel fehlen. 

In Ansehung der Größe kommt sie mit dem gambischen Woll- 
flederhunde (Epomophorus gambianus) überein und ist sonach 
nebst diesem, die größte Art der Gattung. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth., A0 


606 Fitzinger. 


Die Schnauze ist nicht besonders lang, die Oberlippe breit, 
doch nicht über den Unterkiefer herabhängend, Die Ohren sind von 
mittlerer Größe und stumpf zugespitzt, und die Augen stehen in der 
Mitte zwischen denselben und der Schnauzenspitze. Die Flügel sind 
verhältnißmäßig ziemlich kurz und weit nach rückwärts eingelenkt. _ 
Die Schenkelflughaut ist sehr schmal und der sehr kurze, aber äußer- 
lich unterscheidbare Schwanz wird vollständig von derselben ein- 
geschlossen. 

Die Körperbehaarung ist ziemlich kurz, glatt anliegend, wollig 
und weich. 

Die Färbung ist nach dem Geschlechte verschieden. 


Beim Männchen ist die Oberseite des Körpers liehtbraun und 
röthlieh überflogen, am Kreuze etwas heller, die Unterseite licht röth- 
lichbraun in’s Grauliche ziehend und längs der Mitte des Bauches 
schmutzig weiß. An der Ohrwurzel befindet sich ein rein weißer 
Flecken am vorderen und ein zweiter am hinteren Rande des Ohres. 
Die Flughäute sind schwärzlichbraun. 


Dem alten Männchen ist ein Büschel langer weißer, aus 
einem gemeinschaftlichen Mittelpunkte ausstrahlender Haare eigen, 
welcher sieh zu beiden Seiten des Halses über den Schultern ober 
der Einlenkung der Flügel befindet und dem jungen Männchen 
fehlt. 


Beim Weibchen ist die Oberseite des Körpers schmutzig 
röthlich mit dunklerer und hellerer Mischung, die Unterseite röth- 
lichgrau und längs der Mitte des Bauches so wie auch in der Gegend, 
wo beim Männchen die Halsbüschel stehen, weißlich. An der Wurzel 
der Ohren befindet sich vorne und hinten ein weißer Flecken. Die 
Flughäute sind blaßbraun. Die Haarbüschel am Halse fehlen. 


Körperlange, or. 20.0.0. 022,202 32 NaclsBienme 
DängeWessKopiese 0.02 00. 220000, 
Spannweıte.den Rlügel 27727. 223% 
Körperlänge eines jüng. Männchens 6’ 5”. Nach Temminck. 
Länigeldes Kopfes‘! .... 15 mal sms uw; 
Entfernung der Augen von der 
Sehnkuzenspitzeiurd5 Lrsumlnee SEHR 
Länge des Vorderarmes . . . . 3". 


Spannweite(der Klügel . . eur. 14. 36/. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 607 


Vaterland. West-Afrika, Senegambien, Gambia - Gegenden 
und Guinea. 


Unsere Kenntniß von dieser Art haben wir Bennett zu verdan- 
ken, der dieselbe zuerst beschrieben und uns auch eine Abbildung 
von ihr gegeben hat. Er zählte sie Anfangs zur Gattung Flederhund 
(Pteropus) und legte ihr den speeifischen Namen „Epomophorus“ 
bei. Gray bildete aus ihr eine besondere Gattung, für welche er den 
Namen „Epomophorus“ wählte und bezeichnete die Art mit dem 
Namen „Whiti“, den Wagner richtiger in „ Whitei“ veränderte. 


6. Der Kaffern-Wollfiederhund ( Epomophorus Wahlbergii). 


E. anuri fere magnitudine; auriculis medioeribus oblongis; 
cauda brevissima, basi tantum patagio anali inclusa, apice sub pa- 
tagio prominente libera; alis sat longis, infra ad corporis latera, 
nec non patagio unali, brachüs scelidibusque supra et infra large 
pilis laneis mollibus dense dispositis obtectis; corpore pilis laneis 
mollibus, in lateribus colli radiantibus vestito, fasciculis e pilis lon- 
gioribus albis formatis in utroque latere colli. marium adultorum 
distinctis; notaeo gastraeoque rufescentibus; auriculis ad basin 
antice posticeque macula alba pictis; patagüis fuscis. 

Pteropus Wahlbergiü. Sundev. Öfversight af K. Vetensk. Akad. 

Handl. 1846. p. 118. 

Epomophorus erypturus? Peters. Säugeth. v. Mossamb. S. 26. 

Pteropus Wahlbergiüi. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 606. Nr. 36. 

Pachysoma Wahlbergii. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 606. Nr. 36. 

Epomophorus Wahlbergü. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 

S. 606. Nr. 36. 
Pteropus erypturus? Giebel. Säugeth. S. 1002. Note 9. 
Epomophorus erypturus? Giebel. Säugeth. S. 1002. Note 9. 


Eine mit dem kurzflügeligen (Epomophorus Whitei) und breit- 
lippigen Wollflederhunde (Epomophorus labiatus) in naher Ver- 
wandtschaft stehende Art, welche beträchtlich kleiner als der erstere 
und viel größer als der letztere ist, und sich von beiden durch die 
weit schmälere Oberlippe und den nicht vollständig von der Schen- 
kelflughaut umhüllten Schwanz unterscheidet. 

40* 


608 Fitzinger. 


Das letztere Merkmal trennt sie auch von allen übrigen Arten 
dieser Gattung. 

Bezüglich der Größe steht sie dem Mozambique- (Epomopho- 
rus erypturus) und grossköpfigen Wollflederhunde (Epomophorus 
macrocepholus) nur wenig nach, und kommt hierin nahezu mit dem 
centralafrikanischen Wollflederhunde (Epomophorus anurus) über- 
ein, mit welehem sie gleichfalls nahe verwandt ist. 

Die Ohren sind mittellgroß und länglich, und der sehr kurze 
Schwanz ist nieht vollständig von der Schenkelflughaut umschlossen 
und ragt mit seiner Spitze unter derselben hervor. Die Flügel sind 
ziemlich lang, auf der Unterseite längs der Leibesseiten auf eine 
breite Strecke dieht und wollig behaart, und die Schenkelflughaut ist, 
so wie auch die Arme und die Hinterbeine, auf der Ober- sowohl 
als Unterseite reichlich mit wolligen Haaren besetzt. 

Die Körperbehaarung ist wollig und weich, und an den Seiten 
des Halses ist das Haar strahlenförmig vertheilt. 

Die Färbung ist auf der Ober- und Unterseite des Körpers röth- 
lieh und an der Wurzei der Ohren befindet sich vorne und rück- 
wärts ein weißer Flecken. Die Flughäute sind braun. 

Das alte Männchen unterscheidet sich vom Weibchen 
durch einen weißen Haarbüschel an den Seiten des Halses, der sich 
über den Schultern ober der Einlenkung der Flügel befindet. 


Körperlänge des Männchens 5” 71/2”. Nach Sundevall. 
LaänzerdessKopfes . . . „u 2208. 
Länge des Vorderarmes. . 3” 21/2”. 

Vaterland. Süd-Afrika, Kaffernland, wo diese Art im Inneren 
des Landes vorkommt, und Port-Natal. 

Sundevall hat uns mit derselben zuerst bekannt gemacht und 
Peters hält es für möglich, daß sie mit dem Mozambique-Woll- 
flederhunde (Epomophorus erypturus) zu einer und derselben Art 
gehöre, welcher Ansicht auch Giebel beitritt. Gegen die Richtig- 
keit derselben sprechen aber die Halsbüschel, welche den alten 
Männchen eigen sind, und die beim Mozambique-W ollflederhunde 
(Epomophorus crypturus) niemals vorhanden sind. 


FR] 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 509 


7. Der grossköpfige Wollflederhund ( Epomophorus macrocephalus). 


E. erypturi magnitudine ; capite magno valde elongato, rostro 
longo, labio superiore modice lato; auriculis mediocribus; oculis 
auribus multo propioribus quam rostri apiei; alis minus longis; 
patagio anali angustissimo, praecipue ad coccygem, fere penitus 
pilis corporis operto; cauda brevissima externe discernenda, tota 
patagio inclusa ; corpore pilis laneis mollibus vestito, fasciculis pilo- 
rum in lateribus colli marium adultorum nullis; notaeo gastraeo- 
que unicolore rufescente-griseo; auriculis ad basin antice posti- 
ceque macula alba pietis; patagüs obscure nigrescente-fuscis fere 
nigris. 

Pteropus macrocephalus. Ogilby. Proceed. of the Zool. Soe. V. II. 
(1835). p. 100. 

Pteropus megacephalus. Swainson. Lardn. Cyelop. p. 31, 154. 

Epomophorus macrocephalus. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. 


I. p. 504. 
Pteropus macrocephalus. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. 
I. t. 39. f. 8. 
” a Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. 1. 


S. 367. Nr. 36. 
Epomophorus Whitü. Foem. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 38. 
Pteropus macrocephalus. Blainv. Osteograph. Chiropt. t. 13. 
Pachysoma macrocephalum. Temminck. Esquiss. zool. sur la eöte 
de Guine. p. 70. 
Pteropus macrocephalus. Peters. Säugeth. v. Mossamb. S. 30. 
»» b Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 606. Nr. 36. x | 
Pachysoma macrocephalum. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
| S. 606. Nr. 36. x 
Euronen us macrocephalus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. 
V. S. 606. Nr. 36.x 
Pteropus macrocephalus. Giebel. Odontograph. p. 9. t. 4. f. A. 
5 = Giebel. Säugeth. S. 1003. 
Epomophorus macrocephalus. Giebel. Säugeth. S. 1003. 


Unstreitig eine der ausgezeichnetsten unter allen Arten dieser 
Gattung, welehe von derselben Größe wie der Mozambique-Woll- 


610 Fitzinger. 


flederhund (Epomophorus erypturus), daher merklich kleiner als 
der gambische (Epomophorus gambianus) und kurzflügelige (Epo- 
mophorus Whitei) und etwas größer als der Kaffern- ( Epomopho- 
rus Wahlbergü) und centralafrikanische Wollflederhund (Epomo- 
phorus anurus) ist. 


Am nächsten ist dieselbe mit dem Mozambique- (Epomophorus 
erypturus) und Schoa-Wollflederhunde (Epomophorus schoensis) 
verwandt. Vom ersteren trennen sie jedoch die merklich kürzeren 
Flügel, und die verschiedene Färbung derselben sowohl, als auch die 
des Körpers, von letzterem, abgesehen von der weit bedeutenderen 
Größe, die längeren Ohren und die Abweichungen in der Färbung. 


Nebst diesen sind es nur der kurzflügelige ( Epomophorus Whi- 
tei ), breitlippige ( Epomophorus labiatus ), eentralafrikanische (Epo- 
mophorus anurus) und Kaffern- Wollflederhund (Epomophorus 
Wahlbergii), mit welchen eine Verwechslung möglich wäre. 


Von allen diesen Arten unterscheidet sie sich aber außer der 
verschiedenen Größe und zum Theile auch der Färbung, durch die- 
selben Merkmale, welche den Mozambique-W ollflederhund ( Epomo- 
phorus erypturus) von denselben scheiden. 


Die übrigen Arten dieser Gattung sind durch den Mangel weißer 
Fleeken an der Ohrwurzel sehr deutlich von ihr verschieden. 


Der Kopf ist groß und auffallend langgestreckt, wodurch er 
einige Ähnlickeit mit jenem der Gattung Zungenflederhund (Macro- 
glossus) erhält. Die Schnauze ist lang, die Oberlippe mäßig breit. 
Die Ohren sind von mittlerer Größe und die Augen stehen denselben 
weit näher als der Schnauzenspitze. Die Flügel sind verhältnißmäßig 
nicht sehr lang und die außerordentlich schmale Schenkelflughaut 
bildet am Steiße ein nur wenig hervortretendes Hautband, in wel- 
ches der sehr kurze, aber äußerlich deutlich erkennbare Schwanz 
vollständig eingeschlossen ist, und das von den Körperhaaren beinahe 
völlig überdeckt wird. An den Halsseiten der alten Männchen sind 
keine Haarbüschel vorhanden. 

Die Körperbehaarung ist wollig und weich. 


Die Färbung ist auf der Ober- sowohl als Unterseite des Kör- 
pers einfärbig röthlichgrau. An der Ohrwurzel befindet sich vorne 
und hinten ein weißer Fleeken. Die Flughäute sind dunkel schwärz- 
liehbraun und beinahe schwarz. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 61 1 


Körperlanee ua 39.26/. Nach Ogilly. 
Länge des Kopfes . . . 2”. 
Spannweite der Flügel 1’ 3”. 
Die Eekzähne sind größer als beim grambischen Wollfleder- 
hunde (Epomophorus gambianus). 


Vaterland. West-Afrika, Senegambien, Gambia-Gegenden. 


Ogilby hat uns zuerst mit dieser Art bekannt gemacht und 
legte ihr den Namen „Pferopus macrocephalus“ bei, welchen 
Swainson in „Pteropus megacephalus“ veränderte, Gray, dem 
sie früher eine selbstständige Art geschienen, zog dieselbe später mit 
dem kurzflügeligen Wollflederhunde ( Epomophorus Whitei) zusam- 
men und betrachtet sie wohl nicht mit Recht für das Weibchen die- 
ser Art. 


8. Der Mozambique-Wollflederhund (Epomophorus erypturus). 


E. macrocephali magnitudine; capite magno duplo longiore 
quam lato, rostro longo, labio superiore lato, non sub inferiorem 
dependente; auriculis mediocribus oblongo-oratis; oculis auribus 
multo propioribus quam rostri apiei ; alis sat longis ; patagio anali 
angustissimo, fere penitus pilis corporis operto ; cauda brevissima 
externe discernenda, tota patagio inclusa; antibrachüs superne 
inferneque fere ad dimidium usque pilosis, scelidibus supra usque 
versus tarsum, infra usque ad tibiae medium ; corpore pilis laneis 
mollibus, sub jugyulo longioribus et supra humeros vorticem forman- 
tibus dense vestito, fascieulis pilorum in lateribus colli marıum 
adultorum nullis; notaeo gastraeoque pallide flavescente-fuscis, 
dorso parum obscuriore, humeris, collo et abdominis parte media 
in grisescentem vergentibus, lateribus faciei, regione opthalmica 
aurieulisgue saturatioribus flavescente-fuscis, macula ad auri- 
cularum basin antice posticeque flavescente-alba; unguieulis ni- 
gro-fuscis. 

Epomophorus erypturus. Peters. Säugeth. v. Mossamb. S. 27. t. 5. 
| (Thier). t. 13. f. 1—6. (Schädel). 
Pteropus erypturus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 605. 
Nr. 35. 
Pachysoma erypturum. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 605. Nr. 35. 


612 Fitzinger. 


Epomophorus erypturus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 605. Nr. 35. 

Pteropus erypturus. Giebel. Säugeth. S. 1002. 

Epomophorus erypturus. Giebel. Säugeth. S. 1002. 


Auch diese Art ist durch die ihr zukommenden Merkmale deut- 
lieh von den übrigen dieser Gattung verschieden. 


Sie ist zunächst mit dem großsköpfigen (Epomophorus macro- 
cephalus) und Schoa-Wollflederhunde (Epomophorus schoensis) 
verwandt und unterscheidet sich von dem ersteren, mit welchem sie 
auch von gleicher Größe ist, durch die merklich längeren Flügel, so 
wie durch die verschiedene Färbung derselben und auch des Kör- 
pers. Von letzterem trennen sie die weit bedeutendere Größe, die 
längeren Ohren und die Abweichung in der Färbung. 


Unter den übrigen Arten dieser Gattung sind es der kurzflüge- 
lige (Epomophorus Whitei), der breitlippige (Epomophorus labia- 
tus), der centralafrikanische (Epomophorus anurus) und der 
Kaffern- Wollflederhund (Epomophorus Wahlbergii), mit welchen 
man sie verwechseln könnte. 


Sie ist aber beträchtlich kleiner als der erstere und größer als 
die drei letzteren und unterscheidet sich, abgesehen von den den 
alten Männchen fehlenden Haarbüscheln am Halse und der zum Theile 
verschiedenen Färbung, vom kurzflügeligen Wollflederhunde (Epo- 
mophorus Whitei) durch die den Ohren weit näher als der Schnau- 
zenspitze stehenden Augen, vom breitlippigen Wollflederhunde (Epo- 
mophorus labiatus) durch die schmälere und nicht über den Unter- 
kiefer herabhängende Oberlippe, vom eentralafrikanischen Wollfleder- 
hunde (Zpomophorus anurus) durch den äußerlich unterscheid- 
baren Schwanz, und vom Kaffern-Wollflederhunde (Epomophorus 
Wahlbergii), durch den vollständig in die Schenkelflughaut einge- 
schlossenen und nicht frei aus derselben hervortretenden Schwanz. 


Von den übrigen Arten dieser Gattung scheiden sie die weißen 
Flecken an der Ohrwurzel. 

Ihr Kopf ist groß, doppelt so lang als breit, die Schnauze lang, 
die Oberlippe breit, doch nieht über den Unterkiefer herabhängend. 
Die Ohren sind von mittlerer Größe und länglich-eiförmig, und die 
Augen stehen denselben weit näher als der Schnauzenspitze. Die 
Flügel sind ziemlich lang. Die Sehenkelflughaut ist sehr schmal und 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptero). 61 3 


fast ganz von den Körperhaaren überdeckt, der Schwanz sehr kurz, 
vollständig von derselben eingeschlossen, aber dennoch äußerlich 
unterscheidbar. Die Vorderarme sind auf der Ober- sowohl als Unter- 
seite über ?/, ihrer Länge -nach behaart, ‘die Hinterbeine auf der 
Oberseite bis gegen die Fußwurzel, auf der Unterseite bis zur Mitte 
der Unterschenkel. 

Die Körperbehaarung ist dicht, wollig und weich, am Vorder- 
halse kragenartig verlängert und bei beiden Geschlechtern über den 
Schultern einen Wirbel bildend. An deu Halsseiten auch ‚selbst der 
alten Männchen befindet sich kein Haarbüschel. 

Die Färbung des Körpers ist licht gelblichbraun, auf dem 
Rücken etwas dunkler, auf den Schultern, dem Halse und der Unter- 
seite des Körpers heller und längs der Mitte des Bauches in's Grau- 
liche ziehend. Die einzelnen Körperhaare sind durchaus einfärbig 
und an der Wurzel etwas dunkler. Die Gesichtsseiten, die Gegend 
um die Augen, die Flughäute und die Ohren sind dunkler gelblich- 
braun gefärbt. An der Wurzel der Ohren befindet sich vorne und 
hinten ein großer gelblichweißer Flecken. Die Krallen sind schwarz- 
braun. 


Körperlänge, „en-.h- 6". Nach Peters. 
Länge des Kopfes . . . al Vale 
S des Vorderarmes . 27102). 


Spannweite der Flügel. 1’ 67 7”. 

Peters traf bei sieben Exemplaren verschiedenen Alters im 
Öberkieter jederseits immer nur 3 Backenzähne und keinen Lücken- 
zahn, im Unterkiefer 4 Backenzähne und 1 kleinen Lückenzahn, der 
allein nur einwurzelig ist, während sämmtliche Backenzähne mit zwei 
Wurzeln versehen sind. 

Vaterland. Südost-Afrika, Mozambique, woselbst Peters 
diese Art bei Tette entdeckte, von welcher er uns auch eine sehr 
genaue Beschreibung und Abbildung mittheilte. 

Die Eingeborenen bezeichnen sie mit dem Namen „Tettischei“. 


9. Der Schoa-Wollflederhund (Epomophorus schoensis). 


E. Haldemanni paullo major; rostro longo, lubio superiore 
lato, non sub inferiorem dependente ; auriculis brevibus; oculis 
auribus propioribus quam rostri apici; pollice elongato; patagio 


614 Fitzinger. 


anali angustissimo ; cauda brevissima externe via discernenda, tota 

patagio inclusa; corpore pilis laneis mollibus vestito, fasciculis 

pilorum in lateribus colli marium adultorum nullis; notaeo gas- 

traeoque excepto epigastrio albescente-griseo flavido-fuseis; late- 

ribus faciei fascia longitudinali obscure flavido-fusca a naribus 

usque pone oculos protensa notatis; auriculis ad basin antice 

posticeque macula alba pictis ; unguieulis nigris. 

Pteropus schoensis. Rüppell. Mus. Senekenberg. B. IH. S. 131. 

Pteropus Whitei. Jun? Rüppel. Mus. Senckenberg. B. III S. 131. 

Pteropus labiatus. Jun? Rüppell. Mus. Senckenberg. B. II. S. 131. 

Pteropus schoensis. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 608. 

Nr. 40. 
Pachysoma schoense. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 608. Nr. 40. 

Epomophorus schoensis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 608. Nr. 40. 

Pteropus schoensis. Giebel. Säugeth. S. 1003. Note 2. 

Epomophorus schoensis. Giebel. Säugeth. S. 1003. Note 2. 

2 A Fitz. Heugl. Säugeth. Nordost-Afr. S. 8. 

Nr. 5. (Sitzungsb. d. math. naturw. Cl. d. 
kais. Akad. d. Wiss. B. LIV.) 


Eine der kleinsten Arten dieser Gattung, welche etwas kleiner 
als der breitlippige (Epomophorus labiatus) und nur wenig größer 
als der Doggen-Wollflederhund (Epomophorus Haldemanni) ist. 


Sie ist sehr nahe mit dem großköpfigen (Epomophorus macro- 
cephalus) und Mozambique-Wollflederhunde (Epomophorus eryp- 
turus) verwandt, von welchen sie sich außer der weit geringeren 
Größe, dureh die viel kürzeren Ohren und zum Theile auch durch 
die Farbenzeichnung unterscheidet. Die auffallende Kürze ihrer 
Ohren läßt auch mit keiner der übrigen Arten dieser Gattung eine 
Verwechselung zu. 


Die Schnauze ist lang, die Oberlippe breit, ohne jedoch den 
Unterkiefer zu überragen. Die Ohren sind kurz und die Augen ste- 
hen denselben näher als der Schnauzenspitze. Der Daumen ist ver- 
längert. Die Schenkelflughaut ist sehr schmal und der sehr kurze, 
kaum bemerkbare Schwanz wird vollständig von derselben umhüllt. 
Haarbüschel an den Halsseiten fehlen. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 615 


Die Behaarung ist wollig und weich. 


Die Färbung ist gelblichbraun und nur der Vorderbauch ist 
weißlichgrau. An der Ohrwurzel befindet sich vorne sowohl als rück- 
wärts ein weißer Flecken. Die Gesichtsseiten sind von einer dunkel 
gelblichbraunen Längsbinde durchzogen, die sich von den Nasen- 
löchern bis hinter die Augen erstreckt und durch dieselben hinweg- 
zieht. Die Krallen sind schwarz. 


Körperlänge nr m. 2. 0.20. 8’ 9'’. Nach Rüppell. 
SpannweiterderBlügel.- .ı ..... :...14 1. 


Vaterland. Südost-Afrika, Schoa, woselbst Rüppell diese 
Art, von welcher er uns eine Beschreibung mitgetheilt, entdeckte, 
und Abyssinien, wo sie von Heuglin im Bellegas-Thale zwischen 
Simehn und Woggara angetroffen wurde. Sie fliegt bei Tage. 


Rüppell hielt es für möglich, daß sie mit dem kurzflügeligen 
(Epomophoras Whitei) oder breitlippigen Wollflederhunde (Epo- 
mophorus labiatus) zu einer und derselben Art gehören könne und 
vielleicht nr den jugendlichen Zustand derselben darstelle. 


4. Gatt.: Zungenfiederhund (Macroglossus). 


Die Flügel sind an den Leibesseiten angeheftet und reichen bis 
an den Mittelfuß. Der Daumen ist in seiner unteren Hälfte von der 
Flughaut umhüllt und nebst dem Zeigefinger bekrallt. Die Schnauze 
ist sehr lang, dünn, walzenartig und zugespitzt. Der Schwanz ist 
sehr kurz, und frei ober der Schenkelflughaut hervorragend. Die 
Zunge ist sehr lang, weit ausstreckbar, schmal und wurmförmig. Die 
Zitzen liegen auf der Brust. 


1—1 Y 
m Lückenzähne 


A 
Zahnformel: Vorderzähne m Eekzähne 


1-1 ‚„ Backenzähne Anni en 34. 
ıl—ıl 5—5 


1. Der Zwerg-Zungenflederhund (Macroglossus minimus). 


M. Epomophori Haldemanni magnitudine; occipite sat lato, 
rostro valde elongato tenui, mandibula mazwilla paullo longiore; 
auriculis brevibus angustis; oculis majusculis; patagio anali non 


616 | Fitzinger. 


interrupto angustissimo, praecipue ad coccygem, supra piloso ; 

cauda brevissima, patagio fere tota inclusa, apice protuberante 

libera; corpore pilis longis laneis mollibus dense vestito ; notaeo 

unicolore vivide ex rufescente flavido-fusco in grisescente-albido- 

isabellinum vergente, gastraeo dilutiore ; patagüis paullo obscurio- 

ribus rufescente-fuscis ; iride flava. 

Pteropus minimus. Geoffr. Ann. du Mus. V. XV. p. 97. Nr. 10. 

Desmar. Nouy. Diet. d’hist. nat. V. XXIX. p. 514. 

Nr. 9. 

Pteropus rostratus. Horsf. Zool. Research. Nr. 3. ce. fig. 

Pteropus minimus. Desmar. Mammal. p. 111. Nr. 147. 

Pteropus rostratus. Desmar. Mammal. p. 535. Nr. 822. (142 bis). 

Pteropus minimus. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. I. 
p. 191. t. 15. f. 25—30 (Schädel). t. 16. 
f. 1—2. (Skelet). 


” ” 


" 5 Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. p. 372. 
Kiodote. Macroglossus. Fr. Cuv. Geoffr. Hist. nat. d. Mammif. V. 
II. Fase. 38. ce. fig. © 


Macroglossus minimus. Isid. Geoffr. Diet. class. V. XIV. p. 708. 
Pteropus rostratus. Griffith. Anim. Kingd. V. I. p. 108. — V. V. 
p- 159. Nr. 7. 
Pteropus minimus. Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 164. Nr. 12. 
Macroglossa Kiodotes. Lesson. Man. d. Mammal. p. 115. Nr. 300. 
Macroglossa Horsfieldii. I,esson. Man. d. Mammal. p. 115. Nr. 301. 
Macroglosse Kiodote. Macroglossus minimus. Geoffr. Cours d’hist. 
nat. d. Mammif. V. I. Lee. 13. p. 35. 
Pteropus minimus. Fisch. Synops. Mammal. p. 88, 550. Nr. 24. 
Macroglossus minimus. Fisch. Synops. Mammal.: p. 88, 550. 
Nr. 24. 
Pteropus minimus. W agler. Syst. d. Amphib. S. 9. 
Macroglossa minima. Gray. Magaz. öf Zool. and Bot. V. II. p. 504. 
Macroglossus minimus. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. II. 
p- 96. 
Pteropus rostratus. Horsf. Zool. Javan. e. fig. 
Macroglossus minimus. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 369. 
Nr. 1. 
Horsf. Catal. of the Mammal. of the East- 
Ind. Comp. p- 29. 


” Ei) 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 61 T 


Macroglossns minimns. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 39. 


a 5 Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 611. Nr. 1. 

5 Y Giebel. Säugeth. S. 993. 

? Fitz. Säugeth. d. Novara-Expedit. (Sitzungs- 


ber. d. math. naturw. Cl. d. kais. Akad. d. 
Wiss. B. XLIL S. 390.) 

4 x Zelebor. Reise d. Fregatte Novara. Zoo]. 
Th. B. I. Säugeth. S. 13. 


Eine der ausgezeichnetsten unter allen dieser Familie augehö- 
rigen Formen und zugleich eine der kleinsten derselben, indem sie 
von derselben Größe wie der Doggen-Wollflederhund (Epomopho- 
rus Haldemanni) und kurzflügelige Flughund (Cynopterus ecau- 
datus) ist. Auch ist sie bis jetzt die einzige bekannt gewordene 
Form dieser Gattung. 


Der Kopf ist am Hinterhaupte ziemlich breit, die Schnauze sehr 
langgestreckt und dünn, und der Unterkiefer etwas länger als der 
Oberkiefer. Die Ohren sind kurz und schmal, die Augen verhältniß- 
mäßig ziemlich groß. Die Schenkelflughaut ist sehr schmal, insbe- 
sondere aber am Steiße, doch nieht an demselben unterbrochen und 
auf der Oberseite behaart. Der Schwanz ist sehr kurz, nur aus zwei 
Wirbeln bestehend und ragt über die Schenkelflughaut als ein klei- - 
ner Stummel frei hervor. Die Hoden sind sehr groß. Die Körperbehaa- 
rung ist lang, dicht, wollig und weich. 

Die Färbung ist einfärbig lebhaft röthlich gelbbraun, in grau- 
weißlich-isabellfarben übergehend, auf der Unterseite aber lichter. 
Die Flughäute sind etwas dunkler röthlichbraun. Die Iris ist gelb. 


Gesammtlänge . .» . .....8”.5”—3” 6”. Nach Geoffroy. 
Länge des Vorderarmes. . 1’ 6”. 

Spannweite der Flügel . . 7-8". 

Gesammtlänge . . ....93" 6”. Nach Desmarest. 
Spannweite der Flügel . . 10”. 

Bänge!der' Zunge Varia Rau. 

Körperlänge 22203 7ERR29283056”7, Nach Temminck. 
Länge des Schwanzes . . 1”. 


desKöpfesmt DAR RZ 
estder-Ohrent- me 6% 


618 Fitzinger. 


Länge des Vorderarmes . 1” 6”. 
Spannweite der Flügel . . 10’—11”. 
Länge der Zunge fast . . 1”. Nach Wagner. 


Vorder-, Lücken- und Backenzähne sind sehr klein, die Eck- 
zähne verhältnißmäßig schwach. Die Vorderzähne sind paarweise 
gestellt und die beiden mittleren durch einen etwas größeren Zwi- 
schenraum von einander getrennt. Der Lückenzahn ist von dem vor- 
deren Backenzahne und dieser von den folgenden in beiden Kiefern 
ziemlich weit entfernt, die hinteren Backenzähne aber sind dicht an- 
einander gereiht. 


Vaterland. Süd-Asien, und zwar sowohl der indische Archipel, 
wo diese Art, die Lescehenault auf der Insel Java entdeckte, auch 
auf Sumatra, Timor, den molukkischen Inseln Banda und Amboina, 
auf Celebes und Borneo angetroffen wird, als auch den Angaben 
Temminck's zu Folge das Festland von Ost-Indien, doch wahr- 
scheinlich nur Hinter-Indien. 


Geoffroy hat dieselbe zuerst beschrieben und mit dem Namen 
„Pteropus minimus“ bezeichnet. Horsfield, der dieselbe gleich- 
falls auf Java angetroffen, veröffentlichte später eine Beschreibung 
dieser Form unter dem Namen „Pferopus ‚rostratus“. Desmarest 
hielt beide für verschieden und dieser Ansicht schlossen sich auch 
Griffith und Lesson an. Fr. Cuvier erhob sie zu einer be- 
sonderen Gattung, für welche er den Namen „Macroglossus“ vor- 


schlug. 


Von den Eingeborenen auf Java wird sie „Lowo-assu“ genannt. 


5. Gatt.: Doggenfilughund (Pachysoma). 


Die Flügel sind an den Leibesseiten angeheftet und reichen bis 
an den Mittelfuß. Der Daumen ist in seiner unteren Hälfte von der 
Flughaut umhüllt und nebst dem Zeigefinger bekrallt. Die Schnauze 
ist kurz, dick und stumpf. Der Schwanz ist kurz oder sehr kurz, und 
mehr oder weniger von der Schenkelflughaut eingeschlossen, oder 
auch ganz von derselben umhüllt und oft kaum bemerkbar. Die Zunge 


ist mäßig lang, nur wenig ausstreckbar und breit. Die Zitzen liegen 
auf der Brust. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 619 


f h s 1—1 h; 
Zahnformel: Vorderzähne me Ecekzähne er Lücken- 


Ural, ‚ Baekenzähne Ge), 
il A—4 


zähne 


1. Der grosse Doggenflughund (Pachysoma giganteum). 


P. Pteropodis poliocephali magnitudine; capite brevi crasso, 
rostro latiusculo obtuso, verrucis in labio superiore nullis; auri- 
culis sat longis acuminato-rotundatis; oculis inter aures et rostri 
apicem in medio sitis; corpore crassiusculo toroso, pilis brevibus 
incumbentibus sat mollibus dense vestito; alis longis latisque cal- 
vis; patagio anali modice lato, ad coccygem in angulo obtuso ew- 
ciso, supra parum piloso; cauda brevissima, patagio anali bre- 
viore, externe viw discernenda, tota inclusa; genis, nucha 
interscapulioque pallide flavescente-castaneis; tergo, pectore ab- 
domineque nigrescente-fuscis, piüis singulis albidis vel dilute 
griseis intermixtis; gula, malis, nec non macula inter frontem et 
oculos nigro-fuscis. 

Pachysoma giganteum. Fitz. Zelebor. Säugeth. d. Novara-Ex- 
pedit. Sitzungsber. d. math. naturw. Cl, d. 
kais. Akad. d. Wiss. B. XLIl. S. 390, 

Pteropus edulis. Var. b. Zelebor. Reise d. Fregatte Novara. Zool. 
BIS 11. £ 


Die größte Form der ganzen Gattung, welche in Ansehung ihrer 
Größe mit dem grauköpfigen Flederhunde (Pteropus poliocephalus) 
übereinkommt. : 

Der Kopf ist verhältnißmäßig kurz und dick, die Schnauze ziem- 
lich breit und stumpf, die Oberlippe ohne Warzen. Die Ohren sind 
ziemlich lang und stumpfspitzig-gerundet, und die Augen stehen 
zwischen denselben und der Schnauzenspitze in der Mitte. Der Leib 
ist ziemlich diek und untersetzt. Die Flügel sind lang, breit und kahl. 
Die Schenkelflughaut ist nur von mäßiger Breite, am Steiße in einem 
stumpfen Winkel ausgeschnitten und auf der Oberseite etwas be- 
haart. Der sehr kurze Schwanz, welcher kürzer als die Schenkelflug- 
haut ist, wird vollständig von derselben eingeschlossen und ist äußer- 
lich kaum bemerkbar. Die Körperbehaarung ist kurz, dicht, glatt an- 
liegend und ziemlich weich. 


620 Fitzinger. 


Die Wangen, der Nacken und der Vorderrücken sind licht gelb- 
lich-kastanienbraun, der Mittel- und der Hinterrücken, so wie auch 
die Brust und der Bauch sind schwarzbraun mit einigen eingemeng- 
ten, in weißliche oder liehtgraue Spitzen endigenden Haaren. Die 
Kehle, der hintere Theil des Unterkiefers und ein Flecken zwischen 
den Augen und der Stirne sind schwarzbraun. 


Körperlänge asia seibariman sinauıka Nach Pelzeln. 
Länge des Vorderarmes . . 2.2... 6" 6”. 
ar sder.Ohren ins. sine : SERRPE IE Is“: 


Spannweite der Flügel ungefähr . . . 3’ 6". 


Vaterland. Süd-Asien, Nikobaren, woselbst diese Art von dem 
Commandanten der Fregatte Novara Freiherrn von Pöck im dichten 
Urwalde der Insel Kar-Nikobar entdeckt wurde. 


Das einzige von ihm geschossene und von Zelebor an Ort und 
Stelle ausgebalgte und theilweise präparirte Exemplar, welches die 
Novara-Expedition von den Nikobaren mitbrachte, liegt obiger Be- 
sehreibung zu Grunde, die ich hiernach entwarf. 

Die Merkmale, welche mir dasselbe dargeboten, bestimmten 
mich diese Art der Gattung Doggenflughund (Pachysoma) einzu- 
reihen, obgleich ich weder den Zahnbau untersuchen, noch ermitteln 
konnte, ob die Daumen an der Wurzel von der Flughaut umhüllt 
. seien oder nicht, indem dieselben umgeschlagen waren, und auch 
der Schwanz nur gefühlt, nicht aber gesehen werden konnte. | 

Der ursprünglich wohlerhaltene Balg erlitt indeß bei einer spä- 
teren Umarbeitung desselben, die in Folge der von Zelebor vorge- 
nommenen Untersuchungen und insbesondere jener des Schädels und 
des Schwanzes nothwendig geworden war, sehr bedeutende Verän- 
derungen und wurde nicht nur entstellt, sondern zum Theile auch 
verstümmelt, indem die Schenkelflughaut und die Ohren hierdurch 
bedeutend gelitten und theils zerrissen, theils verzerrt wurden und 
auch der Kopf eine völlig verschiedene Gestalt erhielt. 

Die beigefügten Körpermaaße theilte mir mein sehr geehrter 
Herr College Custos August v. Pelzeln mit, welcher gegenwärtig 
die Sammlungen der Säugethiere und Vögel am kaiserl. zuologischen 
Museum zu Wien verwaltet. Nachdem dieselben jedoch dem um- 
gearbeiteten Exemplare abgenommen sind, so kann die Angabe, 
welche die Länge der Ohren betrifft, nicht für völlig sicher gelten. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 621 


Zelebor glaubte in. dieser Art unbegreiflicherweise nur eine 
Varietät des großen Flederhundes (Pteropus edulis) erkennen zu 
sollen, mit welehem er auch den so höchst verschiedenen Trauer- 


Flederhund (Pteropus funereus), den er gleichfalls nur für eine Ab- 
änderung betrachtet, vereiniget. 


Sollte sich in der Folge aber auch ergeben, daß diese Form 
wirklich der Gattung Flederhund (Pteropus) einzureihen sei, so 
bildet sie doch jedenfalls eine von den übrigen bekannt gewordenen 
Arten durchaus verschiedene Form. 


2. Der schwarzbraune Doggenliughund (Pachysoma Scherzeri). 


P. titthaecheili fere magnitudine; capite brevi crasso, rostro 
lato obtuso, verrucis in labio superiore distinctis ; auriculis modice 
longis oblongo-ovatis acuminato -rotundatis, margine posteriore 
supra dimidium leviter emarginato, ad basin plicis aliguot trans- 
versalibus praeditis; oculis auribus parum propioribus quam 
rostri apici; corpore crasso toroso, pilis brevibus incumbentibus 
sat mollibus vestito, lateribus colli in maribus fasciculis pilorum 
destitutis; alis modice longis, maximam partem calvis, supra tan- 
tum juxta scelides pilis longioribus sat large obtectis; patagio 
anali parum lato, semilunatim exciso calvo; caudu brevissima, 
mazimam partem inclusa, apice solum libera ; notaeo gastraeoque 
obsceure fuscis; gula lateribus colli et pectore dilute rufescente- 
fuscis; aurieulis nigro-fuscis albido-limbatis ; patagiis, digitis un- 
guieulisque saturate nigro-fuscis; iride obscure fusca. 

Pachysoma Scherzeri. Fitz. Zelebor. Säugeth. d. Novara-Expedit. 


Sitzungsb. d. math. naturw. Cl. d. kais. Akad. 
d. Wiss. B. XLIl. S. 390. 


Cynopterus marginatus. Var. Lelebor. Reise d. Fregatte Novara. 
Zool. B. I. S. 13. 


Diese ausgezeichnete, mit dem warzenlippigen Doggenflughunde 
(Pachysoma titthaecheilum) zwar nahe verwandte, aber sehr deut- 
lich von demselben unterschiedene Form ist uns erst in neuester Zeit 
bekannt geworden, da sie von der Ausbeute herrührt, welche die 
österreichischen Naturforscher von der Weltumsegelung der Fregatte 
Novara zurückbringen zu können in der Lage waren. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 41 


622 Fitzinger. 


Sie gehört den größeren Formen dieser Gattung an, da sie be- 
züglich ihrer Größe mit der genannten Art nahezu übereinkommt und 
unterscheidet sich von derselben hauptsächlich durch den kürzeren 
Schwanz, die verhältnißmäßig kürzeren Flügel, die den Männchen 
mangelnden Haarbüschel an den Seiten des Halses und die durchaus 
verschiedene Färbung. 

Der Kopf ist kurz und dick, die Schnauze breit und stumpf, 
und die Oberlippe ist mit deutlich hervortretenden Warzen besetzt. 
Die Ohren sind mittellang, länglich-eiförmig, oben stumpfspitzig ge- 
rundet, am hinteren Rande über ihrer Mitte schwach ausgerandet und 
an der Wurzel von einigen Querfalten durchzogen. Die Augen ste- 
hen den Ohren nur wenig und blos um eine Linie näher als der 
Schnauzenspitze. Der Leib ist diek und untersetzt. Die Flügel sind 
mäßig lang, größtentheils kahl und nur auf der Oberseite längs der 
Hinterbeine ziemlich reichlich mit längeren Haaren besetzt. Die 
Schenkelflughaut ist nur von geringer Breite, halbmondförmig aus- 
geschnitten und kahl. Der Schwanz ist sehr kurz, größtentheils von 
der Schenkelflughaut eingeschlossen und ragt blos mit seiner Spitze 
frei aus derselben hervor. Die Körperbehaarung ist kurz, glatt an- 
liegend und ziemlich weich. Haarbüschel an den Halsseiten der 
Männchen fehlen. 

Die Oberseite des Körpers und der Bauch sind dunkelbraun, 
die Kehle, die Halsseiten und die Brust licht röthlichbraun. Die Ohren 
sind schwarzbraun und weißlich gerandet, die Flughäute, die Finger, 
die Zehen und die Krallen tief schwarzbraun. Die Iris ist dunkel- 
braun. 


Körperlänge . . . 2..2.2..2...87.67—4#’ 4. Nach Pelzeln. 
Länge des Schwanzes . . . . 3. 5 

„ des Vorderarmes . . . DEAHRT, 

s4yderiÖhren hass ‚so: 6”', 


Spannweite d. Flügel ungefähr 1‘. 
Sehr große Exemplare erreichen eine Länge von ungefähr 5”. 
Vaterland. Süd-Asien, Nikobaren, wo Zelebor und Frauen- 
feld diese Art auf der Insel Kar-Nikobar entdeckten und in zahl- 
reichen Exemplaren sammelten. 


Ich habe diese Art zu Ehren des Ethnographen Scherzer, 
welcher die Novara-Expedition begleitet hatte, benannt. Zelebor, 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 623 


welcher der modernen Richtung folgend, selbst die verschiedensten 
Formen nur als Varietäten einer bestimmten Grundform angesehen 
wissen wollte und mit einander vereinigen zu dürfen glaubte, zog 
dieselbe als eine besondere Abänderung mit dem saumohrigen Dog- 
genflughunde (Pachysoma marginatum) zusammen. 

Die Körpermaaße, so wie auch eine Ergänzung der Beschrei- 
bung verdanke ich der gütigen Mittheilung meines geehrten Collegen 
Herrn Custos August v. Pelzeln. 


8. Der warzenlippige Doggenflughund (Pachysoma titthaecheilum). 


P. Diardii eximie major et fere Pteropodis Leachii magni- 
fudine; capite brevi lato, rostro brevissimo supra tumido, crasso ; 
auriculis mediocribus obtuse-rotundatis, in margine posteriori 
apicem versus emarginatis, ad basin transversaliter rugosis; labio 
superiore verrucis duabus magnis sulco longitudinali diremtis in- 
structo; alis longiusculis calvis; patagio anali ad coceygem parum 
emarginato, supra piloso; cauda brevi, fere tota patagio inclusa, 
apice tenui solum libera; corpore supra infraque pilis brevissi- 
mis mollibus vestito, jugulo et mammarum regione in foeminis cal- 
vis; artubus depilatis; fasciculis e pilis radiatim divergentibus in 
utroque latere colli marium distinctis; nucha, lateribus colli cum 
pilorum fasciculis, jugulo et pectoris lateribus in maribus adultis 
vivide aurantüs, in junioribus plus minus vivide rufis, dorso fusco, 
paullo in rufescentem vergente, pectore in medio et abdomine gri- 
seis ; auriculis limbo distinctissimo albescente mnarginatis; patagüis 
flavescente-fuscis; notaeo in foeminis adultıs griseo-fusco leviter 
olivaceo-lavato, lateribus colli olivaceo-rufescentibus, gastraeo oli- 
vaceo-griseo; auriculis minus distincte albescente limbatis ; cor- 
pore in maribus hornotinis unicolore dilute griseo-fusco, fasciculis 
collaribus albescentibus. 


Pteropus titthaecheilus. Temminek. Monograph. d. Mammal. V. 1. 
p-. 198, 261. t. 15. f. 17—24. (Schädel u. 
Gebiß). 
Pteropus marginatus? Temminck. Monograph. d. Mammal. V. 1. 
PR26l. 
Pteropus titthaecheilus. Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. p. 370. 
Pachysome mammilevre. Isid. Geoffr. Diet. elass. V. XIV. p. 704. 


Al* 


624 Fitzinger. 


Pachysoma titthaecheilus. Isid. Geoffr. Ann. des Se. nat. V. XV. 
(1828). p. 204. 
5 A Geoffr. Cours d’hist. nat. d. Mammif. 
Vlsleel ap 28: 
Pteropus titthaecheilus. Fisch. Synops. Mammal. p. 87, 550. 
Nr. 19. 
Pachysoma titthaecheilum. Fisch. Synops. Mammal. p. 87, 550. 
Nes9: 
Pteropus titthaecheilus. W agler. Syst. d. Amphib. S. 9. 
Cynopterus fifthaecheilus. Gray. Magaz. of. Zool. and Bot. V. II. 
p- 308. 
Pachysoma titthaecheilum. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. 
ll. t. 35. f. 8. (Kopf). 
Pteropus titihaecheilus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. 
S. 362. Nr. 29. 
Pachysoma titthaecheilum. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. 1. 
S. 362. Nr. 29. 
Oynopterus marginatus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 38. 


a.se 1. 

2 H Cantor. Journ. ofthe Asıat. Soc. of Ben- 
gal. V. XV. p. 18%. 

# = Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 


V. XXI. (1852). p. 545. 
Pteropus marginatus. Var. 83. Wagn. Schreber Säugth. ‚Suppl. 
B. V. S. 609. Nr. 41. . 


Pachysoma marginatum. Var. ß. Wagn. Scehreber Säugth. Suppl- 
B. V. S. 609. Nr. 41. 2. 

Pteropus titthaecheilus. Giebel. Säugeth. S. 1001. 

Pachysoma titthaecheilum. Fitz. Säugeth. d. Novara- Expedit. 
Sitzungsber. d. math. naturw. Cl. d. 
kais. Akad. d. Wiss. B. XLII. S. 390. 

Cynopterus marginatus. Zelebor. Reise d. Fregatte Novara. Zool. 

B. I. S. 13. 


Eine der mittelgroßen Arten dieser Gattung, um welehe sich 
mehrere andere verwandte Formen gruppiren, unter denen der roth- 
halsige (Pachysoma Horsfieldii) und saumohrige Doggenflughund 
(Pachysoma marginatum) ihr offenbar zunächststehen. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 625 


Von ersterem scheinen sie — nach der höchst beschränkten 
Kenntniß, welehe wir von dieser Form besitzen — nur die etwas 
verschiedene Färbung, von letzterem aber außer der weit bedeuten- 
deren Größe, die längeren und auch auf der Unterseite völlig kahlen 
Flügel, die minder tief ausgerandete Schenkelflughaut, der längere 
Schwanz, die sehr stark hervortretenden Warzen auf den Lippen und 
die wesentlich abweichende Färbung zu unterscheiden. 


Sie ist beträchtlich größer als der grauhalsige Doggenflughund 
(Pachysoma Diardii) und von gleicher Größe wie der langflügelige 
Schwanzflederhund (Xantharpyia Leachü). 

Der Kopf ist kurz und breit, und gegen den Öbertheil der 
Schnauze aufgetrieben, die Schnauze sehr kurz und dick. 


Die mittellangen stumpf abgerundeten Ohren sind am hinteren 
Rande gegen die Spitze ausgerandet und an der Wurzel der Quere 
nach gerunzelt. Die Oberlippe ist vorne mit zwei großen, sehr deut- 
lich hervortretenden Warzen besetzt, welche durch eine Längs- 
furehe von einander geschieden werden und zahlreiche kleine War- 
zen befinden sich an den inneren Rändern der Lippen. Die Flügel 
sind ziemlich lang und auf der Ober- wie der Unterseite, so wie die 
Gliedmaaßen kahl. Die Schenkelflughaut ist in der Steilögegend nicht 
sehr tief ausgerandet und auf der Oberseite behaart. Der Schwanz 
ist kurz, beinahe ganz von, der Schenkelflughaut eingeschlossen und 
nur seine feine Spitze ragt frei aus derselben hervor. Die Körper- 
behaarung ist auf der Ober- wie der Unterseite sehr kurz und weich, 
und beim Weibchen ist ein Theil des Vorderhalses, so wie auch die 
Gegend um die Zitzen völlig kahl. Bei jüngeren Thieren ist das Haar 
noch weicher. An den Seiten des Halses der Männchen befindet 
sich jederseits ein Büschel strahlenförmig divergirender Haare. 


Die Färbung ist nach dem Geschlechte und auch nach dem Alter 
verschieden. 


Beim alten Männchen sind der Nacken, die Seiten des Hal- 
ses sammt den Büscheln, der Vorderhals und die Seiten der Brust 
lebhaft orangegelb, beim etwas jüngeren mehr oder minder leb- 
haft roth. Der Rücken ist braun und etwas in's Röthliche ziehend, 
und die Mitte der Brust, so wie auch der Bauch sind grau. Die Ohren 
sind am Rande von einem sehr deutlichen weißlichen Saume um- 
geben, die Flughäute mehr oder weniger gelblich braun. 


626 Fitzinger. 


Beim alten Weibchen erscheint die ganze Oberseite des 
Körpers graubraun und schwach olivenfarben überflogen, die Hals- 
seiten sind olivenröthlich und die Unterseite des Körpers ist oliven- 
grau. Der weißliche Saum an den Ohrenrändern ist minder deutlich. 
Auch ist das Weibehen immer größer als das Männchen. 


Jährige Männchen sind einfärbig licht graubraun und die 
Halsbüschel sind weißlich. 
Gesammtlänge . . . .. 5’ 2”’—5’ 3”. Nach Temminck. 
Länge des Schwanzes . . 2 
„ des Vorderarmes . 3 
Spannweite der Flügel . . 1’ 5’—1’ 8”. 


Vaterland. Süd-Asien, und zwar sowohl der indische Ar- 
chipe!, wo diese Art auf Java von Kuhl und Van Hasselt in der 
Umgegend von Buitenzorg entdeckt, auf Sumatra von Diard und 
Duvaucel im Distriete Benkoolen gesammelt, auf Amboina von 
Doleschal getroffen wurde, und Ceylon von wo sie Frauenfeld 
gebracht haben will, als auch das Festland von Ost-Indien, woselbst 
sie den Angaben Cantor's und Blyth’s zu Folge in Hinter-Indien 
in Siam, Assam und Malacea, und nach Temminck auch in Cochin- 
ehina vorkommt. 


Die erste Beschreibung derselben haben wir Temminck zu 
verdanken, der sie zwar für eine selbstständige Art betrachtete, aber 
auch den saumohrigen (Pachysoma marginatum) und den lang- 
daumigen Doggenflughund (Pachysoma Duvaucelii) mit derselben 
zu vereinigen geneigt war, eine Änsicht, welche auch die aller- 
meisten späteren Naturforscher theilten. Cantor und Blyth gingen 
aber — gestützt auf die Ähnlichkeit in der Gesammtgestalt und im 
Zahnbaue, auf das Vorhandensein von Warzen an den Lippen, die 
mehr oder weniger deutlich weiß gerandeten Ohren, so wie auf die 
Veränderliehkeit der Färbung nach Alter, Geschlecht und Individuen 
— so weit, nicht nur diese drei Formen für eine und dieselbe Art zu 
erklären, sondern zu denselben auch noch den grauhalsigen (Pachy- 
soma Diardii) und kurzschwänzigen Doggenflughund (Pachysoma 
brevicaudatum) zu ziehen, zu welcher der letztgenannte Naturfor- 
scher vielleicht mit größerer Berechtigung auch den rothhalsigen 
Doggenflughund (Pachysoma Horsfieldii) gesellte. Wagner trat 
dieser Ansicht unbedingt, Giebel aber nur in Bezug auf den roth- 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 627 


halsigen Doggenflughund (Pachysoma Horsfieldii) bei. Noch weiter 
ging aber Zelebor, der sogar den schwarzbraunen Doggenflughund 
(Pachysoma Scherzeri) nur für eine Varietät dieser Art betrachtet 
wissen wollte. 


4. Der rothhalsige Doggenflughund (Pachysoma Horsfieldii). 


P. titthaecheilo simillimus ; nucha lateribusque colli maris vi- 
vide rufis, nucha foeminae rufescente, lateribus colli griseis. 


Pteropus marginatus. Horsf. Zool. Javan. 
Cynopterus Horsfieldii. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 38. 
Horsf. Catal. of the Mamm. of the Bast- 
Ind. Comp. p. 30. 
Cynopterus marginatus. Blyth. Journ. of the Asiat. Soe. of Bengal. 
V. XXIL. (1852). p. 345. 
Pteropus marginatus. Var. 8. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 609. Nr. 41. B. 
Pachysoma marginatum. Var. B. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. 
B. V. S. 609. Nr. 41. ß. 
Pteropus tittaecheilus. Giebel. Säugeth. S. 1001. 


Wir kennen diese Form, deren Selbstständigkeit noch sehr im 
Zweifel steht, bis jetzt nur aus einer ganz kurzen Notiz von Gray, 
der dieselbe für eine vom lippenwarzigen Doggenflughunde (Pachy- 
soma titthaecheilum) verschiedene Art erklärt, während er den letz- 
teren mit dem saumohrigen Doggenflughunde (Pachysoma margi- 
natum) in einer Art vereiniget. 

Diese Notiz beschränkt sich einzig und allein nur auf eine sehr 
unvollständige und blos theilweise Angabe der Färbung, welche nach 
dem Geschlechte jedoch verschieden ist. 

Hiernach wären beim Männchen der Nacken und die Hals- 
seiten lebhaft roth, beim Weibchen der Nacken röthlich und die 
Halsseiten grau. 

Körpermaaße sind nieht angegeben. 


” Be) 


Vaterland. Süd-Asien, Ost-Indien, wo diese Form sowohl am 
Himalaya, als auch in der Provinz Madras in Vorder-Indien ange- 
troffen wird, und Java. 

Das britische Museum zu London befindet sich im Besitze von 
Exemplaren aus allen drei genannten Gegenden. 


628 Fitzinger, 


Horsfield, der sie auf Java traf, hielt sie ursprünglich mit 
dem saumohrigen Doggenflughunde (Pachysoma marginatum) für 
identisch, schloß sieh aber später der Ansieht Gray’s an, der sie für 
eine selbstständige Art erklärte. Auch Blyth vereinigte sie mit dem 
saumohrigen Doggenflughunde (Pachysoma marginatum) in einer 
Art und ebenso auch Wagner, der sie mit dem warzenlippigen 
Doggenflughunde (Pachysoma titthaecheilum) für vollkommen iden- 
tisch hält und mit diesem als eine besondere Varietät zu demselben 
zieht. Giebel wirft sie gleichfalls mit dem warzenlippigen Doggen- 
flughunde (Pachysoma titthaecheilum) zusammen. 


Worin der Unterschied zwisehen dieser Form und dem warzen- 
lippigen Doggenflughunde (Pachysoma titthaecheilum) bestehen 
soll, ist aus Gray’s Angaben nicht ersichtlich, da die Färbung hier_ 


nach bei beiden Formen fast völlig gleich und nur beim Weibehen 
etwas verschieden ist. 


Aller Wahrscheinlichkeit nach fallen sie auch mit einander zu- 


sammen, es sei denn, daß andere Merkmale vorhanden sind, welche 
sie von einander trennen. 


Ich führe daher nur mit großem Zweifel und 'blos auf Gray’s 
Autorität gestützt, dieselbe als eine besondere Form hier auf. 


5. Der grauhalsige Doggenflughund (Pachysoma Diardii). 


P. marginato eximie major ; auriculis mediocribus obtuse-ro- 
tundatis ; labüis verrucosis; alis breviusculis ; patagio anali valde 
emarginato, ad coccygem angustissimo; cauda brevissima, ad 
basin patagio inclusa, apicem versus libera; corpore pilis brevis- 
simis vestito; capite, dorso brachüsque fuscis, collo et abdominis 
parte media griseis, lateribus griseo-fuscis; auriculis limbo parum 
distincto albescente marginatis ; patagüs fuscis. 
Pachysoma Diardii. Isid. Geoffr. Diet. class. V. XIV. p. 703. 

» »„ Geoffr. Cours d’hist. nat. d. Mammif. V. I. 

Lee. 13. p. 27. 
Pteropus Diardii. Fisch. Synops. Mammal. p. 87, 550. Nr. 21, 
Pachysoma Diardii. Fisch. Synops. Mammal. p. 87, 550. Nr. 21. 
Cynopterus Diardi. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. Il. p. 504. 
Cynopterus brevicaudatus. Var.? Gray. Magaz. of Zool. and Bot. 
V. II. p. 504. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flattertliere (Chiroptera). 629 


Pachysoma Diardii. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. I. 


p- 93. 
Pteropus Diardii. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 365. 
Nr. 32. 
Pachysoma Diardii. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 365. 
Nr. 82. 


Cynopterus marginatus. Cantor. Journ. of the Asiat. Soc. of Ben- 

gal. V. XV. p. 187. 
a 5 Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 

V. XXI. (1852). p. 345. 

Pteropus marginatus. Var. y. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 

S. 610. Nr. 41. y. 
Pachysoma marginatum. Var. y. Wagn. Schreber Säugth. Supp!. 
B. V. S. 610. Nr. 41. y. 
Pteropus Diardi. Giebel. Säugeth. S. 1001. Note 6. 


Obgleich mit dem saumohrigen Doggenflughunde ( Pachysoma 
marginatum) in einigen Merkmalen übereinstimmend, weicht diese 
Form in manchen anderen wieder so bedeutend von demselben ab, 
daß ihre specifische Verschiedenheit kaum verkannt werden kann. 
Das auffallendste Merkmal, wodurch sie sich von demselben unter- 
scheidet, ist der verhältnißmäßig längere Schwanz. 


Sie ist beträchtlich größer als die genannte Art und auch als 
der kurzschwänzige Doggenflughund (Pachysoma brevicaudatum), 
und zählt daher zu den mittelgroßen Formen dieser Gattung. 


Die Ohren sind mittellang und stumpf abgerundet, die Lippen 
mit Warzen besetzt. Die Flügel sind verhältnißmäßig ziemlich kurz 
und die stark ausgerandete Schenkelflughaut am Steißße sehr schmal. 
Der Schwanz ist kurz, nur an der Wurzel von der Schenkelflughaut 
umhüllt und ragt 7—8 Linien frei aus derselben hervor. Die Körper- 
behaarung ist sehr kurz. 

Der Kopf, der Rücken und die Arme sind braun, der Hals und 
der mittlere Theil des Bauches grau, die Leibesseiten graulichbraun, 
die Flughäute braun. Die Ohren sind am Rande von einem schwa- 
chen weißßlichen Saume umgeben. 


Gesammtlänge . 5 4" 6". Nach Isid. Geoffroy. 
Spannweite der Flügel etwas 


Überet. 9.7 SIE L.O: . 


630 Fitzinger. 


Vaterland. Süd-Asien, Sumatra, wo diese Art von Diard und 
Duvaucel entdeckt wurde. Isidor Geoffroy hat dieselbe zuerst 
beschrieben. Gray ist geneigt sie mit dem kurzschwänzigen 
Doggenflughunde (Pachysoma brevicaudatum) als eine besondere 
Abänderung zu vereinigen. Cantor und Blyth sind der Ansicht, 
daß diese Form mit dem saumohrigen (Pachysoma marginatum) 
und warzenlippigen Doggenflughunde (Pachysoma_ titthaecheilum) 
in einer Ärt zu vereinigen sei, und so wie noch mehrere andere ver- 
wandte Formen, nur auf Geschlechts-, Alters-, oder individuellen 
Verschiedenheiten beruhe. Wagner, welcher sie früher als eine 
selbstständige Art betrachtete, schloß sich in der Folge der Ansicht 
von Cantor und Blyth an und unterschied sie als eine besondere 


Varietät. 


b. Der saumohrige Doggenflughund ( Pachysoma marginatum). 


P. Duvaucelü circa magnitudine; auriculis mediocribus ob- 
tuse-rotundatis ; labiis indistincte verrucosis; alis breviusculis ad 
corporis latera large pilis laneis obtectis; patagio anali profunde 
emarginato, ad coccygem rudimentario ; cauda brevissima patayio 
fere tota inclusa, apice vix protuberante ; corpore pilis brevibus et 
in humerorum parte superiore laneis vestito ; notaeo in adultioribus 
olivaceo-fusco in rufescente-griseum vergente, gastraeo pallide 
griseo, alis flavido-fuscis ; auriculis limbo distinctissimo albo mar- 
ginatis; corpore in junioribus supra et infra unicolore griseo- 
fusco. 

Vespertilio Sphinz. Vahl. Natur. Selsk. Skrivt. V. IV. p. 130. 
Pteropus marginatus. Ge offr. Ann. du Mus. V. XV. p.97. Nr. 9. t.8. 
5 Desmar.-Nouv. Diet. d’hist. nat. V. XXIX. 
p- 514. Nr. 9 

& mr Desmar. Mammal. p. 111. Nr. 146. 
Cynopterus marginatus. Fr. Cuv. Dents des Mammif. p. 39. 
Pteropus marginatus. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. 1. 
p. 202, 261. t. 14. 
Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. p. 370. 
Isid. Geoffr. Diet. elass. V. XIV. p. 7083. 
Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 163. Nr. 11. 
Oynopterus Lesson. Man. d. Mammal. p. 115.Nr. 299. 


” 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 631 


Pteropus marginatus. Geoffr. Cours. d’hist. nat. d. Mammif. V. I. 

Lee. 13. p. 25. 

Fisch. Synops. Mammal. p. 86, 549. Nr. 18. 
5 ji Wagler. Syst. d. Amphib. S. 9. 

Vespertilio marginatus. Hamilton. 

Pteropus pyrivorus. Hodgs. Proceed. of the Zool. Soc. 1836. p. 46. 

Hodgs. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 

V. IV. p. 700. — V. X. p. 908. 

Cynopterus marginatus. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. 


Ei) > 


” ” 


p. 503. 
Pteropus marginatus. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 361. 
Nr. 28. 
Cynopterus marginatus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 38. 
bites dach: 


Cantor. Journ. of the Asiat. Soc. of Ben- 
ga V.. XV. 
Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Ben- 
gal. V. XXI. (1852). p. 345. 
Pteropus marginatus. Var. «. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. 
VxS2 0609 New 2 
Pachysoma marginatum. Var. #. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. 
B. V. S. 609. Nr. 41. a. 
Pteropus marginatus. Giebel. Säugeth. S. 1000. 
Pteropus tittaecheilus. Giebel. Säugeth. S. 1001. 
Cynopterus marginatus. Zelebor, Reise d. Fregatte Novara. Zool. 
B. 1. S. 13. 

Diese wohl unterschiedene Form, welche zu den kleineren der 
Gattung gehört, schließt sich nahe an den warzenlippigen Doggenflug- 
hund (Pachysoma titthaecheilum) an, mit welchem sie von den 
meisten neueren Naturforschern verwechselt wurde, unterscheidet 
sich jedoch von demselben, ‘außer der weit geringeren Größe, durch 
die verhältnißmäßig kürzeren und auf der Unterseite längs des 
Leibes stark behaarten Flügel, die tiefer ausgerandete Schenkel- 
flughaut, den kürzeren Schwanz, die sehr undeutlichen Warzen auf 
den Lippen, die verschiedene Färbung und wahrscheinlich auch 
durch den Mangel von Büscheln an den Halsseiten der Männchen. 

Sie ist ungefähr von der Größe des langdaumigen Doggen- 

« ughundes (Pachysoma Duvaucelii), daher beträchtlich kleiner als 


632 Fitzinger. 


der grauhalsige (Pachysoma Diardi) und viel kleiner als der 
warzenlippige ( Pachysoma titthaecheilum). 

Die Ohren sind von mittlerer Länge und stumpf abgerundet, 
die Lippen mit nicht sehr deutlich hervortretenden Warzen besetzt. 
Die Flügel sind verhältnißmäßig ziemlich kurz und längs der Leibes- 
seiten reichlich mit wolligen Haaren besetzt, und die Schenkelflughaut 
ist tief ausgerandet und am Steiße nur als Rudiment vorhanden. Der 
Schwanz ist sehr kurz, beinahe vollständig von der Schenkelflughaut 
eingehüllt und ragt mit seiner Spitze kaum bemerkbar aus. derselben 
hervor. Die Körperbehaarung ist kurz und am oberen Theile der 
Schultern ist das Haar wollig. 

Die Färbung ist nach dem Alter etwas verschieden. 

Bei älteren Thieren ist die Oberseite des Körpers oliven- 
braun in’s Röthlichgraue ziehend, die Unterseite hellgrau. Die Flügel 
sind gelblichbraun, die Ohren am Rande von einem sehr deutlichen 
weißen Saume umgeben. 

Sehr junge Thiere sind einfärbig grauliehbraun. 


Gesammtlänge . : ... 8’ 7”. Nach Isidor Geoffroy. 
Länge des Vorderarmes . . 2". 

Spannweite der Flügel . . 1’ 1”. 

Gesammtläinge . .... 3". Nach Geoffroy. 
Spannweite der Flügel San lu La 


Die Vorderzähne sind sehr dünn und dieht zwischen den Eck- 
zähnen zusammengedrängt. 

Vaterland. Süd-Asien, Ost-Indien, Bengalen, wo Mace diese 
Art entdeckte, und Nepal und die Himalaya-Gegenden, von wo das 
Brittische Museum zu London Exemplare derselben erhielt. 

Geoffroy hat diese Form zuerst genauer beschrieben und 
Temminck, welcher Ge offroy’sOriginal-Exemplar zu untersuchen 
Gelegenheit hatte, war geneigt den von ihm beschriebenen warzen- 
lippigen Doggenflughund (Pachysoma titthaecheilum) mit derselben 
zu vereinigen, welcher Ansicht auch die allermeisten seiner Nachfolger 
unbedingt beigetreten sind, indem sie diese Form mit der genannten 
entweder für völlig identisch, oder — wie dieß Wagner gethan, 
— für eine besondere Abänderung derselben hielten. Hodgson 
beschrieb die aus Nepal stammenden Exemplare als eine besondere 
Art unter dem Namen „Pteropus pyrivorus“, Vahl eines von 
Tranquebar unter dem Namen „Vespertilio Sphinx“. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 633 


Die Angabe Temminck's, daß der sehr kurze Schwanz fast 
seiner ganzen Länge nach frei sei und Warzen an den Lippen man- 
geln, beruht auf der schlechten Erhaltung des von Geoffroy zuerst 
beschriebenen Exemplares. 


Diese Art war es, auf welche Fr. Cuvier wegen des man- 
gelnden hintersten Backenzahnes in beiden Kiefern, seine Gattung 
„Cynopterus“ gründete, welche mit der von Isidor Geoffroy 
späterhin aufgestellten Gattung „Pachysoma“ identisch ist, obwohl 
letzterer — als er schon diese Gattung errichtet hatte, — den con- 
stanten Mangel des letzten Backenzahnes bei dieser Art in Zwei- 
fel zog. 


7. Der langdaumige Doggenflughund (Pachysoma Duvaucelii). 


P. marginati circa magnitudine ; auriculis mediocribus ob- 
tuse-rotundatis; labüs verrucosis; pollice admodum elongato 
magna e parte patagio digitali incluso; patagio analıi sat pro- 
funde emarginato, ad coccygem angustissimo; cauda brevissima 
patagio inclusa, apice tantum libera ; notaeo gastraeoque unicolore 
griseo-fusco in rufescente-fluvidum vergente ; auriculis indistincte 
albido-limbatis. 


Pachysoma Duvaucelii. Isid. Geoffr. Diet. elass. XIV. p. 705. 
A Ri Geoffr. Cours d’hist. nat. d. Mammif. V. 1. 
Lee. 13. p. 28. 
Pteropus Duvaucelii. Fisch. Synops. Mammal. p. 87, 550. Nr. 22 
Pachysoma Duvaucelii. Fisch. Sinops. Mammal. p. 87, 550. 


Nr. 22. 
Cynopterus Duvaucelii. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. Il. 
p- 504. 
Pachysoma titthaecheilum. Temminck. Monograph. d. Mammal. 
V. II. p. 96. 


Pteropus titthaecheilus. Foem. jun.? Wagn. Schreber Säugth. 
Suppl. B. 1. S. 363. Note 20. 

Pachysoma titthaecheilum. Foem. jun.? Wagn. Schreber Säugth. 
Suppl. B. I. S. 363. 


Note 20. 
Cynopterus marginatus. Cantor. Journ. of the Asiat. Soe. of Ben- 


gal. V. XV. p. 187. 


H934A Fitzinger. 


Oynopterus marginatus. Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Ben- 
gal. V. XXI. (1852). p. 345. 
Pteropus marginatus. Var. 6. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. 
B. V. S. 610. Nr. 41. ©. 
Pachysoma marginatum. Var. 6. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. 
B. V. S. 610. Nr. 41. 6. 
Pteropus tittaecheilus. Giebel. Säugeth. S. 1001. 


Eine dem saumohrigen Doggenflughunde (Pachysoma margi- 
natum) ziemlich nahe stehende, zu den kleineren Formen der Gattung 
gehörige Art, welche auch ungefähr von gleicher Größe wie der- 
selbe ist, sich aber abgesehen von der verschiedenen Färbung, — 
hauptsächlich dureh den verhältnißmäßig längeren und weit mehr 
von der Flughaut umhüllten Daumen, wesentlich von dieser Art 
unterscheidet. 


In ihrer Gestalt im Allgemeinen kommt sie mit der genannten 
Art beinahe völlig überein. Die Ohren sind mittellang und stumpf 
gerundet, die Lippen sind warzig. Der Daumen ist stark verlängert 
und auf eine weite Strecke von der Flughaut umschlossen. Die 
Schenkelflughaut ist ziemlich tief ausgerandet und am Steiße sehr 
schmal, und der sehr kurze Schwanz ragt nur 3 Linien weit frei aus 
derselben hervor. Die Körperbehaarung ist kurz. 


Die Ober- sowohl als Unterseite des Körpers ist einfärbig blaß 
graulichbraun in’s Röthlichgelbe ziehend und die Ohren sind von 
einem sehr undeutlichen weißlichen Saume umgeben. 


Gesammtlänge . . . ... 873”. Nach Isidor Geoffroy. 


Vaterland. Süd-Asien, Sumatra, wo Diard und Duvaucel 
diese Art entdeckten, die Isidor Geoffroy zuerst beschrieb. 


Temminek hielt sie mit dem warzenlippigen Doggenflughunde 
(Pachysoma tittaecheilum) für identisch und derselben Ansicht 
trat auch Giebel bei. Wagner betrachtete sie früher für ein 
jüngeres Weibchen dieser Art, später aber für eine besondere Ab- 
änderung derselben, und Cantor und Blyth vereinigen sie nicht 
nur mit dieser, sondern auch noch mit mehreren anderen verwandten 
Formen in einer einzigen Art. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 635 


8. Der kurzschwänzige Doggenflughund ( Pachysoma brevicaudatum). 


P.Diardii eximie minor; capite parvo; auriculis mediocribus 
obtuse-rotundatis; labüs verrucosis; alis brevibus; patagio analı 
angustissimo, praecipue ad coccygem; cauda brevissima fere tota 
patagio inclusa, apice parum prominente; corpore pilis brevissi- 
mis mollibus vestito, fasciculis e pilis divergentibus formatis in 
lateribus colli marium adultorum distinctis; capite in maribus 
cinereo, gula lateribusque colli vivide rufis, nucha dorsoque oliva- 
ceo-fuscis plus minus in rufescentem vergentibus, lateribus cor- 
poris rufescentibus, pectore et abdominis purte media griseis; 
auriculis limbo albo vel flavescente marginatis ; in foeminis capite 
cinereo, nucha dorsoque olivaceo-fuscis leviter rufescente-lava- 
fis, gula, jugulo lateribusque corporis rufescente-griseis, pectore 
abdomineque cinereis. 

Pachysoma brevicaudatus. Isid. Geoffr. Diet. elass. V. XIV. 
p- 705. 
a Ä, Isid. Geoffr. Ann. des Se. nat. 
V. XV. p. 204. 

Pteropus brevieaudatus. Fisch. Synops. Mammal. p. 87. Nr. 20. 
Pachysoma brevicaudatum. Fisch. Synops. Mammal. p. 8%. 
Nr. 20. 

= n Temminck. Monograph. d. Mammal. 
V. II. p. 92. t. 35. f. 9. (Kopf). 

Isid. Geoffr. Belang. Voy. aux Ind. 
Zool. p. 94. 
Cynopterus brevicaudatus. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. 
p. 503. 
Pteropus brevicaudatus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. 1. 
S. 364. Nr. 31. 
Pachysoma brevicaudatum. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. 1. 
S. 364. Nr. 31. 
Cynopterus brevicaudatus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. 
p- 39. 
Cynopterus marginatus. Cantor. Journ. of the Asiat. Soc. of Ben- 
gal. V. XV. p. 187. 
"N EN Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 
V. XXI. (1852). p. 345. 


636 Fitzinger. 


Pteropus marginatus. Var. 8. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. 
B. V. S. 609. Nr. 41. P: 


Puchysoma marginatum. Var. 8. Wagn. Schreber Säugth. Supp]. 
B. V. S. 609. Nr. 41. B. 


Pteropus brevicaudatus. Giebel. Säugeth. S. 1001. 


Auch diese Form ist mit dem warzenlippigen Doggenflughunde 
(Pachysoma_ titthaecheilum) nahe verwandt, unterscheidet sich 
von demselben aber außer der weit geringeren Größe, durch den 
kleineren Kopf, die verhältnißmäßig kürzeren Flügel, die viel schmä- 
lere Schenkelflughaut und den kürzeren Schwanz. 


Sie gehört zu den kleineren Formen dieser Gattung und steht 


dem grauhalsigen Doggenflughunde (Pachysoma Diardii) an Größe 
beträchtlich nach. 


Ihr Kopf ist klein, die Ohren sind mittelgroß und stumpf ge- 
rundet, die Lippen mit Warzen besetzt. Die Flügel sind kurz und die 
Sehenkelflughaut ist sehr schmal, insbesondere aber am Steiße. Der 
sehr kurze Schwanz wird fast völlig von der Schenkelflughaut einge- 
sehlossen und ragt kaum !/, Linie weit aus derselben hervor. Die 
Körperbehaarung ist sehr kurz und weich, und an den Halsseiten des 
Männchens befindet sich ein Büschel divergirender Haare. 


Die Färbung ist nach dem Geschlechte verschieden. 


Beim Männchen ist der Kopf aschgrau, die Kehle und die 
Seiten des Halses sind lebhaft roth. Der Nacken und der Rücken 
sind olivenbraun und mehr oder weniger in’s Röthliche ziehend, da 
die olivenbraunen Haare, welche an der Wurzel graulich sind, in 
röthliche Spitzen endigen. Die Leibesseiten sind röthlich, die Brust 
und der mitttere Theil des Bauches grau. Die Ohren sind von einem 
weißen oder gelblichen Saume umgeben. 


Beim Weibchen ist der Kopf wie beim Männchen aschgrau. 
Der Nacken und der Rücken sind olivenbraun und schwach röthlich 
überflogen, da die olivenbraunen und an der Wurzel grauen Haare 
an der Spitze etwas röthlich sind. Die Kehle, der Vorderhals und die 
Leibesseiten sind röthlichgrau, die Brust und der Bauch aschgrau. 


Gesammtlänge höchstens 4”. Nach Isidor Geoffroy. 
Länge des Vorderarmes YA". 
Spannweite der Flügel . 1° 1’”—1’ 2”. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Rlatterthiere (Chiroptera). 637 


Vaterland, Süd-Asien, wo diese Art sowohl im indischen Ar- 
ehipel, und zwar in Sumatra angetroffen wird, woselbst sie Diard 
und Duvaucel entdeckten, als auch auf dem Festlande von Ost- 
Indien, wo sie Belanger in Bengalen in der Umgegend von 
Caleutta traf. 


Die erste Kenntniß von derselben haben wir Isidor Geoffroy 
zu verdanken, der sie als eine selbstständige Art beschrieb. Cantor 
und Blyth dagegen ziehen sie nicht nur mit dem saumohrigen 
(Pachysoma marginatum) und warzenlippigen Doggenflughunde 
(Pachysoma titthaecheilum), sondern auch noch mit einigen anderen 
denselben nahe stehenden Formen, wegen Übereinstimmung mehrerer 
Merkmale zusammen. Wagner, der sie früher für eine selbststän- 
dige Art betrachtet hatte, vereinigte sie späterhin mit den oben ge- 
nannten Arten und wollte in ihr nur eine Varietät erkennen, welche 
mit dem warzenlippigen Doggenflughunde (Pachysoma titthaechei- 
lum) identisch ist. 


9. Der kurzohrige Doggenflughund (Pachysoma brachyotis). 


P. Duvauceliüi fere magnitudine; auriculis breviusculis ob- 
£use-rotundatis; patagio anali ad coccygem angustisimo emar- 
ginato ; cauda brevissima tenui calva, basi tantum patagio inclusa 
et maximam partem libera; corpore pilis brevibus et sub gula 
parum longioribus vestito; capite supra, nucha dorsoque in adul- 
tis flavescente-fuscis, gula lateribusque colli pallide flavido-rubi- 
dis, gastraeo flavescente-griseo, alis auriculisque fuligineo-nigris, 
iride fusca ; in junioribus capite superne, nucha dorsoque nigres- 
cente-fuscis, lateribus colli gastraeoque dilutioribus fusco-griseis. 


Pachysoma brachyotis. S. Müller. Van der Hoeven Tijdsehr. V. V 


p. 146. 
n > Temmincek. Monograph. d. Mammal. V. II. 
p- 362. 
Pteropus brachyotis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 363. 
Nr. 80. 
Pachysoma brachyotis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. 
S. 363. Nr. 30. 
Pteropus brachyotis. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 610. 
Nr. 42. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 42 


638 Fitzinger. 


Pachysoma brachyotis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 610. Nr. 42. 
Pteropus brachyotis. Giebel. Säugeth. S. 1001. Note 5. 

Eine dem saumohrigen (Pachysoma marginatum) und lang- 
daumigen Doggenflughunde (Pachysoma Duvaucelii) verwandte, 
aber deutlich von diesen verschiedene Form, welche zwar nahezu 
von gleicher Größe wie dieselben ist und daher zu den kleineren 
Arten dieser Gattung gehört, sich aber von dem ersteren durch die 
verschiedene Färbung und insbesondere durch die viel dunkler ge- 
färbten Flügel, von letzterem durch dieselben Merkmale und den 
kürzeren, nicht so weit von der Flughaut umschlossenen Daumen, so 
wie von beiden Formen durch die verhältnißmäßig kürzeren Ohren 
unterscheidet. 

Die Ohren sind ziemlich kurz und stumpf abgerundet. Die 
Schenkelflughaut ist am Steiße sehr schmal und ausgerandet, und 
der sehr kurze dünne, kahle Schwanz, welcher nur an der Wurzel 
von der Schenkelflughaut eingeschlossen ist, ragt größtentheils aus 
derselben frei hervor. Die Körperbehaarung ist kurz und nur an der 
Kehle ist das Haar etwas länger. 

Die Färbung ändert nach dem Alter. 

Bei alten Thieren sind die Oberseite des Kopfes, der Nacken, 
und der Rücken gelblichbraun, indem die einzelnen Haare an diesen 
Körperstellen an der Wurzel liehtgrau sind und in dunkle gelblich- 
braun gefärbte Spitzen endigen. Die Kehle und die Halsseiten sind 
blaß gelblichroth, die Unterseite des Körpers ist gelbliehgrau. Die 
Flügel und die Ohren sind matt rußschwarz, die Augen braun. 

Bei jungen Thieren sind die Oberseite des Kopfes, der 
Nacken und der Rücken schwärzlichbraun, da die an der Wurzel 
lichtgrauen Haare an der Spitze mehr oder weniger in's Schwarz- 
braune ziehen. Die Halsseiten und die Unterseite des Körpers sind 
heller braungrau. 

Gesammtlänge . » 2 2.2.2..2.....837 41/2’. Nach S. Müller. 
Länge des Schwanzes . . .. 3". 

der Ohren Kahl nnd N 
Spannweite der Flügel . . . . . 1748”. 

Vaterland. Süd-Asien, Borneo, wo S. Müller diese Art, die 
er zuerst beschrieb, entdeckte. 

Von den Bejadjoe-Daijaken wird sie „Pandan“ genannt. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 639 


10. Der schwarzköpfige Doggenflughund (Pachysoma melano- 
cephalum). 


P. Duvaucelii eximie minor et Myotis murinae fere magnitu- 
dine ; rostro brevissimo ; auriculis parvis brevibus rotundatis; alis 
valde abbreviatis rotundatis; patagio anali angustissimo fere plane 
pilis corporis operto; cauda brevissima externe vix discernenda, 
patagio tota inclusa; corpore pilis longiusculis large et dense ves- 
tito, in lateribus colli divergentibus vorticemque formantibus ; anti- 
brachüis, femoribus et coccyge fere penitus pilis absconditis; rostro, 
vertice nuchaque nigris, dorso obscure griseo, gastraeo sordide 
flavescente-albo ; patagüs obscure fuscis. 

Pteropus melanocephalus. Temminck. Monograph. d. Mammal. 
V. I. p. 190. t. 12. (Thier), t. 16. f. 3, 
(Skelet), f. 4. (Vorderzähne). 


a = Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. 
p- 366. 
Pachysoma melanocephalus. Isid. Geoffr. Diet. class. V. XIV. 
p- 704. 


Pteropus melanocephalus. Fisch. Synops. Mammal. p. 88. Nr. 23. 
Pachysoma melanocephalum. Fisch. Synops. Mammal. p. 88. 
Nr. 23. 

Pteropus melanocephalus. Wagler. Syst. d. Amphib. S. 9. 
Cynopterus melanocephalus. Gray. Magaz. of. Zool. and Bot. V. II. 
p. 504. 

Pteropus melanocephalus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. 
S. 365. Nr. 34. 
Pachysoma melanocephalum. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. 1. 
S. 365. Nr. 34. 
Pteropus melanocephalus. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 610. Nr. 48. 
Pachysoma melanocephalum. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. 
B. V. S. 610. Nr. 43. 
Pteropus melanocephalus. Giebel. Säugeth S. 1002. 
Unter sämmtlichen Arten dieser Gattung eine der ausgezeich- 
netsten und nicht nur die kleinste Form in derselben, sondern auch 
in der ganzen Familie, indem sie beträchtlich kleiner als der lang- 


daumige Doggenflughund (Pachysoma Duvaucelii) und die ihm zu- 
Ar? 


640 Fitzinger. 


nächst verwandten Formen, und fast von gleicher Größe wie die 
gemeine Ohrenfledermaus (Myotis murina) ist. 

Die Schnauze ist sehr kurz und die Ohren sind klein, kurz und 
abgerundet. Die Flügel sind auffallend kurz und gerundet. Die Schen- 
kelflughaut ist sehr schmal und beinahe vollständig von dem Körper- 
haare überdeckt. Der überaus kurze, kaum bemerkbare Schwanz ist 
gänzlich in die Schenkelflughaut eingeschlossen. Die Behaarung des 
Körpers ist ziemlich lang, reichlich und dicht, insbesondere an den 
Vorderarmen, den Schenkeln und dem Steiße, wo das Haar diese Kör- 
pertheile völlig überdeckt. An den Halsseiten bildet dieselbe einen 
Wirbel, indem die Haare daselbst aus einem gemeinschaftlichen 
Mittelpunkte ausstrahlen. 


Die Schnauze, der Scheitel und der Nacken sind schwarz. Der 
Rücken ist dunkelgrau, da die einzelnen Haare, welche an der Wurzel 
gelblichweiß sind, in schwärzlichgraue Spitzen endigen. Die Unter- 
seite des Körpers ist schmutzig gelblichweiß, die Flughäute sind 
dunkelbraun. 


Gesammtläinge . . . . „2° 10”. Nach Temminck. 
Länge des Vorderarmes. . 41" 7”. 
Spannweite der Flügel . . 11”. 


Die Vorderzähne sind in beiden Kiefern regelmäßig aneinander 
gereiht, die Lückenzähne ziemlich stark und der vorderste oder erste 
obere Backenzahn ist mit einem Ansatze versehen, wodurch er zwei- 
lappig erscheint. 


Vaterland. Süd-Asien, Java, woselbst diese Art von Van 
Hasselt in der Provinz Bantam entdeckt wurde. Temminck hat 
dieselbe zuerst beschrieben und abgebildet. 


6. Gatt.: Flughund (Cynopterus). 


Die Flügel sind an den Leibesseiten angeheftet und reichen bis 
an den Mittelfuß. Der Daumen ist in seiner unteren Hälfte von der 
Flughaut umhüllt und nebst dem Zeigefinger bekrallt. Die Schnauze 
ist kurz, diek und stumpf. Der Schwanz fehlt. Die Zunge ist mäßig 
lang, nur wenig ausstreckbar und breit. Die Zitzen liegen auf der 
Brust. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 641 


1 n 
1% Lückenzähne 


A 
Zahnformel. Vorderzähne en Eekzähne 


—1 3—3 
, Backenzähne —ı28% 
1—1 A—A 


1. Der kurzflügelige Flughund (Cynopterus ecaudatus). 


C. Macroglossi minimi magnitudine; rostro obtusissimo, nari- 
bus prominentibus ; auriculis parvis immarginatis ; alis abbreviatıs; 
capite nigrescente-fusco, auriculis nigris ; nucha lateribusque colli 
pallide griseis, dorso nigrescente-fusco, gastraeo cinereo. 


Pachysoma ecaudatum. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. II. 


p- 94. 

Megaera ecaudata. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. Il. 
p. 859. t. 69. 

Pteropus ecaudatus. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 365. 
Nr. 33. 

Pachysoma ecaudatum. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. 

S. 365. Nr. 33. 

Pteropus ecaudatus. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B.V. S. 611. 
Nr. 44. 

Megaera ecaudata. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 611. 
Nr. 44. 


Pteropus ecaudatus. Giebel. Säugeth. S. 1002. 


Unsere Kenntniß von dieser Form beruht nur auf einer Beschrei- 
bung und Abbildung, welche uns Temminck von derselben mitge- 
theilt. Sie bildet den einzigen bis jetzt bekannt gewordenen Reprä- 
sentanten einer besonderen Gattung, welche durch die geringe Zahl 
der Vorderzähne im Unterkiefer und den gänzlichen Mangel eines 
Schwanzes von der Gattung Doggenflughund (Pachysoma) verschie- 
den ist. 

In Ansehung der Größe kommt sie mit dem Zwerg-Zungenfle- 
derhunde (Macroglosus minimus) und dem Doggen-W ollflederhunde 
(Epomophorus Haldemanni) überein, daher sie den kleinsten For- 
men dieser Familie beizuzählen ist. 

Vom kurzschwänzigen Doggenflughunde (Pachysoma brevi- 
caudatum) mit welchem sie noch am ersten verwechselt werden 
könnte, unterscheidet sie sich, abgesehen von der Verschiedenheit im 


642 Fitzinger. 


Zahnbaue und dem Mangel eines Schwanzes, sowohl durch die etwas 
geringere Größe, die stumpfere Schnauze, die verschiedene Bildung 
der Nasenlöcher und der Ohren, die kürzeren Flügel und die abwei- 
chende Färbung. 


Die Schnauze ist sehr stumpf, die Nasenlöcher springen etwas 
vor, und die Ohren sind klein und von keinem Saume umgeben. Die 
Flügel sind auffallend kurz. 

Der Kopf ist schwärzlichbraun, die Ohren sind schwarz. Der 
Nacken und die Seiten des Halses sind blaßgrau, der Rücken ist 
schwärzlichbraun, die Unterseite des Körpers aschgrau. 


Körperlänge . . . ol 84 a’ Nach Temminck. 
Länge des ondersmes A 
„ der Ohren. -. . 4, 


Spannweite der Flügel. . T. 


Vaterland. Süd-Asien, Sumatra, wo diese Art im Distriete 
Padang getroffen wird. 


Temminck kannte Anfangs nur ein altes Weibchen, nach wel- 
chem er seine Beschreibung entwarf. 

Den Gattungsnamen „Megaera“, welchen er für diese höchst 
eigenthümliche Form in Vorschlag brachte, vertauschte ich mit dem 
Namen „Cynopterus“, da der erstere Name schon früher von Wag- 
ler an eine Schlangengattung vergeben war. 


7. Gatt.: Harpyienflughund (Harpyia). 


Die Flügel sind an den Leibesseiten angeheftet und reichen bis 
an die Zehen. Der Daumen ist in seiner unteren Hälfte von der Flug- 
haut umhüllt und nebst dem Zeigefinger bekrallt. Die Schnauze ist 
kurz, dick und stumpf. Der Schwanz ist kurz, und bis zur Hälfte von 
der Schenkelflughaut eingeschlossen. Die Zunge ist mäßig lang, nur 
wenig ausstreckbar und breit. Die Zitzen liegen auf der Brust. 


a ıl— 
Zahnformel: Vorderzähne a Eekzähne , Lückenzähne 


0° il— 
1—1 3-3 
me Backenzähne > 24. 


Kritische Durchsiebt der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 645 


1. Der dickköpfige Harpyienflughund (Harpyia Pallasii). 


H. Epomophori schoensis magnitudine ; capite magno, crasso, 
fere rotundo, rostro brevi, crasso, lato, obtuso, labüis tumidis, supe- 
riore sulco longitudinali diviso, naribus magnis tubulosis valde di- 
stantibus prominentibus ; auriculis brevibus ovato-rotundatis calvis, 
oculis majusculis pupilla lineari horizontali; alis amplis corporis 
lateribus affiwis, fere penitus calvis, hinc inde pilis leviter crispis 
parce obtectis; patagio anali parum lato, ad coccygem non inter- 
rupto profunde exciso; cauda brevi ad dimidium usque patagio 
inclusa, apice libera sursum curvata; corpore pilis breviusculis 
mollibus minus dense disposifis et sub abdomine leviter crispis 
vestito; notaeo maris dilute fusco-cinereo, dorso fascia longitudi- 
nali nucham versus bipartita et supra humeros brachüque partem 
superiorem decurrente obscure-fusca signato, genis, pectore necnon 
abdominis medio sordide albis leviter in grisescentem vergentibus, 
tubulis narium, auriculis caudaque flavescente-fuscis, patagüs ex 
rufescente flavido-fuscis maculis irregularibus albescentibus nota- 
tis, infra in albidum vergentibus; notaeo foeminae plus minus obs- 
cure cinerascente-fusco, fascia dorsali non partita. 


Vespertilio Cephalotes. Pallas. Spieil. zool. Fasc. II. p. 10. t. 1. 
(Thier). t. 2. (Skelet u. Anat.). 
Molucca bat. Pennant. Synops. Quadrup. p. 368. Nr. 285. 
Vespertilio Cephalotes. Pallas. Schreber Säugth B. I. S. 172. 
Nr. 18. t. 61. 
Großkopf. Müller. Natursyst. Suppl. S. 19. 
Vespertilio Cephalotes. Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. p. 152. 
Nr. 11. 
5 » Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch. u. 
d. Thiere. B. II. S. 416. Nr. 371. 
Cephalote. Buffon. Hist. nat. d. Quadrup. Suppl. III. t. 52. 
Molucca Bat. Pennant. Hist. of Quadrup. V. II. p. 558. Nr. 405. 
Vespertilio Cephalotes. Boddaert. Elench. anim. V. I. p. 70. 
Nr. 13. 
5 5 Gmelin. Linne Syst. Nat. T. I. P. I. p. 50. 
Nr. 18. 
Molucca bat. Shaw. Gen. Zool. V. I. P. L. p. 134. 


644 Fitzinger. 


Pteropus Cephalotes. Tiedemann. Zool. B. I. S. 535. 
Harpyia Cephalotes. Illiger. Prodrom. p. 119. 
Cephalotes Pallasi. Geoffr. Ann. du Mus. V. XV. p. 107. N, 2. 
b ” Desmar. Nouy. Diet. d’hist. nat. V. V. p. 495. 
Nr. 1. 
” 4 Desmar. Mammal. p. 113. Nr. 150. 
Eneyel. meth. t. 32. f. 6. 
Harpyia Pallasüi. Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. p. 373. 
Cephalotes Pallasii. Isid. Geoffr. Diet. elass. V. XIV. p. 707. 


ä S Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 167. Nr. 2. 
a en Geoffr. Cours d’hist. nat. d. Mammif. \. 1. 
Lee. 13. p. 31. 
5 “ Fisch. Synops. Mammal. p. 89, 550. Nr. 1. 
Harpyia Pallasii. Fisch. Synops. Mammal. p. 89, 550. Nr. 1. 
> = Wagler. Syst. d. Amphib. S. 9. 
5 = Gray. Mag. of Zool. and Bot. V. II. p. 504. 
“ = Temminck. Monograph. d. Mammal V. II. p. 101. 
t. 89. 
Harpyia Cephalotes. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 370. 
Nr. 1. 
5 h Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 612. 


Nr. 1. 
Harpyia cephalotes. Giebel. Säugeth. S. 993. 


Der diekköpfige Harpyienflughund, welcher zu den ausgezeich- 
netsten Formen in der ganzen Familie gehört, ist der einzige zur 
Zeit bekannt gewordene Repräsentant einer besonderen Gattung, 
welche in nächster Verwandtschaft mit der Gattung Mantelflughund 
(Cephalotes) steht und auch früher mit derselben vereiniget war, 
später aber ihrer ganz besonders eigenthümlichen Merkmale wegen 
mit vollem Rechte von derselben getrennt wurde, 


In der Größe kommt sie mit dem Schoa-Wollflederhunde (Epo- 
mophorus schoöensis) überein und steht sonach dem sundaischen 
Mantelflughunde (Cephalotes Peronii) hierin bedentend nach. 


Der Kopf ist groß, dick und beinahe rund, die Schnauze kurz, 
dick, breit und stumpf. Die Lippen sind aufgetrieben und auf der 
Innenseite mit pfriemförmigen fleisehigen Zotten besetzt. Die Ober- 
lippe ist dureh eine schwach gekerbte Längsfurche getheilt und mit 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 645 


einer doppelten Reihe kurzer Haare besetzt. Die Nasenlöcher sind 
groß, röhrenförmig, weit von einander abstehend und vorspringend. 
Die Ohren sind kurz, eiförmig-gerundet, weit auseinander gestellt und 
kahl, die Augen ziemlich groß mit wagrechter linienförmiger Pupille. 
Die Zunge ist dick, stumpf und auf der Oberseite schon in geringer 
Entfernung von der Spitze von einer Längsfurche durchzogen und 
ausgehöhlt, die mit dachziegelartig übereinander liegenden flachen 
Warzen besetzt ist, wodurch dieselbe an dieser Stelle rauh erscheint. 
Die Flügel sind groß, an den Leibesseiten des Körpers angeheftet, 
und reichen bis an die Mittelzehe, daher der Mittelfuß vollständig 
von denselben überdeckt wird. Sie sind beinahe völlig kahl und nur 
spärlich hie und da von einem schwach gekräuselten Flaume über- 
flogen. Der Daumen ist in seiner unteren Hälfte von der Flughaut 
umhüllt, der Zeigefinger kurz und bekrallt. Die Schenkelflughaut ist 
nicht besonders breit, am Steiße nicht unterbrochen und tief aus- 
geschnitten, und schließt den kurzen Schwanz, der auf der Unter- 
seite derselben angeheftet ist, bis zur Hälfte seiner Länge ein, wäh- 
rend seine Endhälfte frei aus der Flughaut hervorragt und nach auf- 
wärts gebogen ist. 

Die Körperbehaarung ist ziemlich kurz, nicht sehr dicht, weich 
und am Bauche schwach gekräuselt. 


Die Färbung ist nach dem Geschlechte verschieden. 


Das Männchen ist auf der Oberseite des Körpers licht braungrau 
und eine dunkelbraune Längsbinde zieht sich über das Rückgrath und 
theilt sieh gegen den Nacken zu in zwei Äste, die über die Schul- 
tern und einen Theil des Oberarmes verlaufen. Die Wangen, (die 
Brust und die Mitte des Bauches sind schmutzig weiß und etwas in’s 
Grauliche ziehend. Die Nasenröhren, die Ohren und der Schwanz 
sind gelbliehbraun, die Flughäute, röthlichgelbbraun mit unregel- 
mäßigen weißlichen Flecken und auf der Unterseite mehr in’s Weiß- 
liche ziehend. Die Iris ist hellbraun. 


Das Weibchen ist auf der Oberseite mehr oder weniger dun- 


kel graulichbraun und die Rückenbinde ist am Nacken nicht getheilt. 
Die übrigen Körpertheile sind so wie jene des Männchens gefärbt. 


Körperlanger 0.2 20.737,97: Nach Pallas. 
Länge des Schwanzes 10”. 


„ des Vorderarmes 2" 3”, 


646 Fitzinger. 


Länge des Kopfes . . 1" 3”. 
Spannweite der Flügel 1’ 2’ 6’. 
Körperlänge . . - . er Nach Geoffroy. 
Länge des Schwanzes 6". 
„ des Kopfes. . aa. 
Spannweite der Flügel 1’ 2” 6’. 


Körperlänge. . . . 3’ 83". Nach Temminck. 
Länge des Schwanzes I”, 

„ des Vorderarmes 2’ 3”. 

„ der Nasenröhren 2 


Spannweite der Flügel 1’ 2”. 


Im Oberkiefer hat man selbst bei jungen Thieren nie mehr als 
zwei Vorderzähne angetroffen, dagegen scheinen in der ersten Ju- 
gend — wie Temminck wohl mit Recht nach den von ihm beob- 
achteten Alveolenspuren vermuthet, — auch im Unterkiefer zwei 
Vorderzähne vorhanden zu sein, welche jedoch schon sehr bald durch 
die starke Entwickelung der unteren Eckzähne verdrängt und aus- 
gestossen werden. Die oberen Vorderzähne sind in den regelmäßig 
gebildeten Zwischenkiefer eingekeilt und auf der Krone dreilappig. 
Die unteren Eckzähne, welche außerordentlich stark entwickelt sind 
und von vorne betrachtet Ähnlichkeit mit den Vorderzähnen der 
Nagethiere (Rodentia) haben, sind nach vorwärts geneigt und 
berühren sich beinahe an der Spitze, so daß die obereu Vorderzähne 
gänzlich von denselben überdeckt werden. Der Lückenzahn ist in 
beiden Kiefern sehr klein. 

Vaterland. Süd-Asıen, woselbst diese Art im indischen Archi- 
pel auf den Inseln Amboina und Celebes angetroffen wird. 


Die erste Kenntniß von derselben haben wir Pallas zu ver- 
danken, der uns auch eine Abbildung von ihr mittheilte. Illiger 
erkannte in ihr den Repräsentanten einer besonderen Gattung, die er 
mit dem Namen „Harpyia“ bezeichnete, während Geoffroy, der 
gleichfalls den Typus einer eigenen Gattung in dieser Form erblickte, 
den Namen „Cephalotes“ für dieselbe wählte. Die Mehrzahl der 
neueren Naturforscher behielt den Illiger’schen Gattungsnamen 
„Harpyia“ bei. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 647 


8. Gatt.: Mantelflughund (Cephalotes). 


Die Flügel sind auf der Mittellinie des Rückens angeheftet, wo- 
durch sie denselben vollständig bedecken und reichen bis an den 
Mittelfuß. Der Daumen ist in seiner unteren Hälfte von der Flughaut 
umhüllt und bekrallt, der Zeigefinger krallenlos. Die Schnauze ist 
kurz, diek und stumpf. Der Schwanz ist kurz, und bis zur Hälfte von 
der Schenkelflughaut eingeschlossen. Die Zunge ist mäßig lang, nur 
wenig ausstreckbar und breit. Die Zitzen liegen auf der Brust. 


Zahnformel. Vorderzähne — oder — oder ‚ Eckzähne 
a Do 3—3 Ban i 
rn Lückenzähne — ‚„ Backenzähne BZ 5 oder Fa — 22,24 
oder 30. 


1. Der sundaische Mantelflughund (Cephalotes Peroni). 


©. Harpyia Pallasii valde major et Pteropodis grisei fere ma- 
gnitudine; capite magno rutundato, rostro brevissimo, crasso ob- 
tuso, labio superiore fisso, naribus tubuliformibus valde distanti- 
bus; auriculis brevibus rectis angustis acutis; alis supra dorsum 
corpori affieis conjunctis, supra infraque maximam partem calvis 
et supra dorsum et inter digitos solum pilis laneis leviter obtectis; 
patagio anali parum lato, ad coccygem non interrupto exciso; 
cauda brevi ad dimidium usque patagio inclusa; corpore in adul- 
fis pilis brevibus mollibus minus dense dispositis et supra nucham 
in suturam concurrentibus vestito, in junioribus in capite, collo, 
humeris et abdomine longioribus fere sericeis, ast in infera corporis 
parte parce dispositis et nonnunguam fere plane carentibus; no- 
taeo gastraeoque in adultis olivaceo-cinereis in maribus flavido-, 
in foeminis fuscescente-griseo-lavatis, in junioribus notaeo ru- 
fescente-griseo, gastraeo pallide stramineo; patagüs diaphanis 
pallide fuscis. 
Cephalotes Peronii. Geoffr. Ann. du Mus. V. XV. p. 104. 

Nente9. 
Cephalote de Peron. Cuv. Regne anim. Edit. I. V. I. p. 124. 
Cephalotes Peronii. Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. V. V. p. 495. 
Nr. 2. 


648 Fitzinger. A 


Cephalotes Peronü. Desmar. Mammal. p. 112. Nr. 149. 

; Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. p. 374 e. fig. 
Hüpodersik Peronii. Isid. Geoffr. Diet. elass. V. XIV. p. 708. 
Cephalotes Peronii. Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 166. Nr. 1. 
Hypoderma Peronüi. Isid. Geoffr. Ann. des Se. nat. V.XV. (1828). 


p. 195. 
a ».. Geoffr Cours d’hist. nat. d. Mammif. V. I. 
Lee. 13. p. 30. 


Cephalotes Peronü. Fisch, Synops. Mammal. p. 89, 550. Nr. 3. 

Harpyia Peroni. Wagler. Syst. d. Amphib. S. 10. 

Hypoderma moluccensis. Quoy, Gaim. Voy. de l’Astrol. Zool. V. 
I. p. 86. t. 11. 

Cephalotes Peronüi. Gray. Mag. of Zool. and Bot. V. II. p. 505. 

Temminck. Monograph. d. Mammal. V. II. 

p. 106. t. 35. f. 7. 

Hypoderma Peronii. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 372. 


Er} , ” 


Nr. 1. 
% »  Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 612. 
Nr. 1. 
Hypoderma Peroni. Giebel. Säugeth. S. 992. 


Jung. 
Pteropus palliatus. Geoffr. Ann. du Mus. V. XV. p. 99. Nr. 11. 
Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. V. XXIX. 


p- 515. Nr. 11. 
2 & Desmar. Mammal. p. 112. Nr.148. 
5 s Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLVI. p. 368. 


Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 165. Nr. 13. 
ee Berbhit Jun. Isid. Geoffr. Ann. des Se. nat. V. XV. 
(1828). p. 195. 
Cephalotes Peronii. Jun. Fisch. Synops. Mammal. p. 90. Nr. 2. 
Harpyia Peronii. Jun. Wagler. Syst, d. Amphib. S. 10. Note. 1. 
Cephalotes Peronii. Jun. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. 
p- 505. 
Temminck. Monograph. d. Mammal. V.II. 
p- 106. 
Hypoderma Peronü. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 372, 
Nr. 1. 


” ” 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 649 


Hypoderma Peronü. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 612. 
Nr. 1. 
Hypoderma Peroni. Giebel. Säugeth. S. 992. 

Diese höchst merkwürdige Form, welche die einzige bis jetzt 
bekannt gewordene dieser Gattung ist, kommt in Ansehung ihrer 
Größe ungefähr mit dem grauen Flederhunde (Pteropus griseus) 
überein, daher sie beträchtlich größer als der diekköpfige Harpyien- 
flughund (Harpyia Pallasii) ist. 

Ihr Kopf ist groß und elliptisch gerundet, die Schnauze sehr 
kurz, dick und stumpf. Die Oberlippe ist gespalten und die Nasen- 
löcher sind röhrenförmig und weit von einander abstehend. Die Ohren 
sind kurz, gerade, schmal und spitz. Die Flügel hängen auf dem 
Rücken mit einander zusammen und sind längs des Rückgraths nur 
mittelst eines 1 Linie breiten Bandes befestiget, so daß sie den Rücken 
vollständig überdecken und den Rumpf gleichsam mantelartig um- 
hüllen, während sie mit ihrem unteren Ende an der Wurzel des Mit- 
telfußes angeheftet sind. Dieselben sind auf der Ober- wie der Unter- 
seite größtentheils kahl und nur auf dem Rücken und zwischen den 
Fingern mit einem wolligen Flaume überdeckt. Der Daumen ist in 
seiner unteren Hälfte von der Flughaut umhüllt, der Zeigefinger kurz 
und das Nagelglied desselben trägt keine Kralle. Die Schenkelflug- 
haut ist nicht sehr breit, am Steiße nieht unterbrochen und ausge- 
schnitten, und schließt den kurzen Schwanz, welcher auf ihrer Un- 
terseite angeheftet ist, bis zu seiner Hälfte ein. Auch wird dieselbe 
durch eine Sehne unterstützt, welehe von der Mitte des Schwanzes 
ausgeht und sich an die Schienbeine anheftet. 

Die Körperbehaarung ist bei alten Thieren kurz, weich, 
doch nicht sehr reichlich, und das Haar der Halsseiten läuft längs 
der Mitte des Nackens in eine Naht zusammen. Bei jungen Thie- 
ren ist die Behaarung am Kopfe, am Halse, an den Schultern und 
auf dem Bauche länger und beinahe seidenartig, das Haar auf der 
Unterseite des Körpers aber dünngestellt, so daß dieselbe bisweilen 
beinahe völlig kahl erscheint. 

Die Färbung ändert nach dem Alter und Geschlechte. 

Alte Thiere sind auf der Ober- sowohl als Unterseite oliven- 
grau, welche Färbung beim Männchen auf der Oberseite gelblich, 
beim Weibehen bräunlichgrau überflogen erscheint. Die Flug- 
häute sind liehtbraun und durchscheinend. 


650 Fitzinger. 


Junge Thiere sind auf der Oberseite mehr röthlichgrau, auf 
der Unterseite licht strohgelb gefärbt. 
Körperlänge eines alten Thieres 5” 6”. Nach Geoffroy. 
Länge des Schwanzes. . . . br 
Spannweite der Flügel .. . 2 4”. 
Körperlänge alter Thiere. . . 5” 2’—5” 3”. N. Temminck. 


Länge des Schwanzes. . . . 1"; 

„ des freien Theiles des- 

selbenyaarı il lol; 6". 
Spannweite der Flügel. . . . 27 17—2'2”, 
Gesammtlänge einesalten Thieres 7’ 4'". Nach Temminck. 
Körperlänge junger Thiere . . 3’ 1”—3” 2’. N. Geoffroy. 
Länge des Schwanzes . . . . 1t— 6". 


Spannweite der Flügel. . . . 172”. 


Bei jungen Thieren sind die vier Vorderzähne des Öberkiefers 
einander gleich und in kleinen Zwischenräumen stehend, die des Unter- 
kiefers beträchtlich kleiner und auch viel mehr einander genähert, 
und die mittleren weit dünner als die seitlichen. Bei zunehmendem 
Alter fallen aber in beiden Kiefern zwei, und im Unterkiefer endlich 
alle vier Vorderzähne aus. Die unteren Eckzähne berühren sich dann 
gegenseitig mit ihrer breiten Kronenbasis, divergiren aber an der 
Spitze. Der Lückenzahn im Unterkiefer ist sehr klein und jener des 
Oberkiefers fehlt gänzlich. Der hinterste kleine Backenzahn im Ober- 
kiefer fällt schon frühzeitig aus. 


Vaterland. Süd-Asien, wo diese Art nur im indischen Archi- 
pel vorkommt und nicht nur auf Timor, wo sie von Peron entdeckt 
wurde, sondern auch auf den Inseln Banda, Amboina und Samao 
angetroffen wird. 


Geoffroy hat uns zuerst mit derselben bekannt gemacht und 
das alte Thier unter dem Namen „Cephalotes Peronüi“, das junge 
aber unter dem Namen „Pteropus palliatus“ beschrieben. Isidor 
Geoftroy, der die Art-Identität beider Formen richtig erkannte, 
schlug für dieselbe den Namen „Aypoderma Peronii“ vor, und wies 
ihren generischen Unterschied von dem großköpfigen Harpyienflug- 
hunde (Harpyia Pallasii) nach, mit welchem sie seither in einer 
Gattung vereinigt war, die von seinem Vater Etienne Geoffroy 
mit dem Namen „Cephalotes“ bezeichnet worden war. Auch Grif- 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 651 


fith und Wagler haben diese beiden, der Gattung nach völlig ver- 
schiedenen Thiere in einer und derselben Gattung vereinigt, für wel- 
che ersterer den Namen „Cephalotes“, lezterer den Namen „Har- 
pyia“ gewählt hatte und Temminck trennte sie wieder generisch 
von einander und behielt für diese Art statt des von Isidor Geof- 
froy vorgeschlagenen Namens „Aypoderma“ den älteren Namen 
„Cephalotes“ bei. Quoy und Gaimard endlich beschrieben sie 
unter dem Namen „Aypoderma moluccensis“. Wagner und Gie- 
bel wählten wieder den generischen Namen „Hypoderma“. 

Einer Beobachtung Temminck’s zu Folge ist bei den von 
Amboina stammenden Exemplaren die Schnauze verhältnißmäßig 
kürzer, bei jenen von Banda länger, und der frei aus der Flughaut 
hervorragende Theil des Schwanzes ändert bei übrigens gleicher 
Körpergröße, zwischen 5—8 Linien in der Länge. 

Sollten etwa zwei verschiedene Formen in dieser Art ver- 
einigt sein? 


ANHANG 


Einer höchst zweifelhaften Form, deren Existenz jedoch bis zur 
Stunde noch keineswegs erwiesen ist, wird von Desmarest ge- 
dacht, indem er eine Mittheilung wiedergibt, die ihm von dem be- 
kannten Mineralogen Abel, der Lord Amherst auf seiner Reise 
nach China begleitet hatte, gemacht wurde. 

Derselben zu Folge soll auf Java eine sehr große geschwänzte 
Flederhundform vorkommen, welche in der Gestalt im Allgemeinen 
zwar mit dem von Desmarest beschriebenen „Pferopus javanicus“ 
oder dem großen Flederhunde (Pteropus edulis) übereinkommt 
und von einfärbig dunkelbrauner Farbe ist, sich von demselben 
aber dadurch unterscheiden soll, daß sie mit einem ziemlich langen 
Schwanze versehen sei, der von einer nicht unterbrochenen und 
auf der Oberseite behaarten Schenkelflughaut an der Wurzel ein- 
geschlossen wird. \ 


652 Fitzinger. Krit. Durchsicht d. Ordn. d. Flatterthiere (Chiroptera). 


Desmarest zieht dieselbe frageweise mit seinem „Pferopus 
javanicus“ zusammen. 


Pteropus javanicus? Desmar. Mammal. p. 109. Nr. 136. Note 1. 
Schließlich muß ich noch zweier dieser Familie angehörigen 
Formen erwähnen, die mir nur dem Namen nach bekannt sind und 
über die ich durchaus keine näheren Angaben aufzufinden vermochte. 
Die eine derselben ist eine von Blyth aufgestellte Art, und 
zwar: 


Der schwarzrückige Flederhund (Pieropus melanotus). 


Pteropus melanotus. Blyth. Catal. of the Mammal. in the Mus. of 
the Asiat. Soc. (1863). 
Pteropus edulis? Zelebor. Reise d. Fregatte Novara. Zool. B. I. 
S. 10. Note 1. 


Vaterland, Süd-Asien, Ost-Indien. In welcher Gegend des 
Festlandes von Ost-Indien oder auf welcher Insel diese Form ange- 
troffen wird, ist mir nicht bekannt. 


Zelebor hielt es für wahrscheinlich, daß dieselbe nur eine 
Farbenabänderung des großen Flederhundes (Pferopus edulis) sei, 
obgleich ihm eben so wenig als mir eine Beschreibung derselben 
bekannt war. 

Die zweite mir völlig fremde Form ist von Gray errichtet wor- 
den, nämlich: 


Der Himalaya-Doggenflughund (Pachysoma affine). 


Cynopterus affinis. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 39. 
Vaterland. Süd-Asien, Ost-Indien, Himalaya. 


Nach der Stellung, welche Gray dieser Form gibt, indem er 
sie dem kurzschwänzigen Doggenflughunde (Pachysoma brevicau- 
datum) unmittelbar anreiht, läßt sich vermuthen, daß sie demselben 
zunächst verwandt sei. Durch welche Merkmale sie sich aber von 
dieser Art unterscheidet, muß Gray darzuthun überlassen bleiben. 

Das britische Museum zu London besitzt zwei Exemplare die- 
ser Form. 


653 


Einige Berichtigungen zur Hahn’schen Karte der Fluß- 
gebiete des Drin und des Vardar in Nord-Albanien und 
Macedonien (1869). 


Von dem w. M. Dr. Ami Boue. 
(Mit 1 Tafel.) 


Wenn der selige General-Consul v. Hahn die Kenntniß der 
Türkei durch seine zwei Reisen in den Jahren 1858 und 1863 
rühmlichst erweiterte, so war es für die Fortschritte der Geographie 
jenes Landes ein Glück, daß der ausgezeichnete Geograph Hr. Kiepert 
bei der Zurechtstellung der albanesisch-macedonischen Karte die 
Reise-Routen nicht nur des Herrn Heusey, sondern auch die ver- 
öffentlichten, so wie die leider in Manuseript nur theilweise gelasse- 
nen Routen des seligen Dr. Barth darauf übertragen konnte. Auf 
diese Weise haben wir wirklich über einen bedeutenden, bis jetzt fast 
unbekannten Theil der Türkei eine Menge von ganz positiven topo- 
graphischen Details bekommen, indem zu gleicher Zeit die wahre 
Orographie des Landes im Großen ganz richtig gestellt wurde. Was 
mein Urtheil betrifft, da ich den ersten Hahn’schen Kartenentwurf 
kannte und prüfte, kann ich Herrn Kiepert's geographischen Scharf- 
sinn nicht genug bewundern, besonders wenn ich die Gebirgszüge 
und Thäler zwischen dem schwarzen Drin und dem Vardar über- 
blicke. Ohne jener feinen Nase und den gehörigen Correeturen, 
wäre es unmöglich gewesen, die Hahn’sche Karte mit unseren Beob- 
achtungen zu vereinigen. Um aber solches unternehmen zu können, 
brauchte man einen Geographen, welcher nicht nur die gewöhnli- 
chen charakteristischen Merkmale des Terrains im Kopfe hat, sondern 
auch dazu eine gehörige Kenntniß der allgemeinen orographisch- 
geologischen Structur des Landes besitzt, dessen reelles Bild er der 
Welt liefern will. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. 1. Abth. 43 


654 Bone. 

Wenn unserm werthesten Freund dieses Tableau so gut ge- 
lungen scheint, so muß ich um so mehr bedauern, daß von der 
anderen Classe die executive Commission für diese Karte mir nicht 
wie im Jahre 1861 für die erste Karte des General-Consuls v. Hahn, 
die Lithographie vor dem Ende der Arbeit gefälligst mittheilen ließ. 
Auf diese Weise wären wenigstens fast alle meine folgenden Be- 
merkungen wahrscheinlich unnütz geworden. 

Erstlich derjenige, welcher meinen Freund Viquesnel durchdie 
Türkei von Ochri nach Tetovo und Prisren und von da nach Pristina 
hat reisen lassen, irrte sich und las uns nicht, denn ich allein machte 
diese Routen in den Jahren 1837 und 1838. Besonders mußte ich 
wegen einem typhösen Fieber Viquesnel im Jahre 1838 zu Janina 
zurücklassen. Wenn ich gerne meinem lieben Freunde die Ehre, auf 
dem bezeichneten Wege Neues mit mir entdeckt zu haben, gönne, 
selbst ohne daß er daselbst anwesend gewesen wäre, so könnte 
doch eine ehrsüchtigere Natur als ich in jenem Irrthume eine ab- 
siehtliche Verkürzung meiner eigenen Beobachtungen erblicken. In 
allen Fällen würden — ohne meinen Protest — spätere Geographen in 
Irrthum geführt werden, vorzüglich, wenn vielleicht selbst'der eine 
oder andere Viquesnel’s Beobachtungsgabe mehr traut als meiner. 
Auf der andern Seite könnte man es doch sonderbar finden, neben 
Barth’s Reise-Route von Pristina nach Ipek nur meinen Namen zu 
finden, indem Viquesnel's erste Karte und seine Beschreibung (Mem. 
geol. Soc. Fr. 1842, B. 5, Th. 1) bestätigt, daß wir gemeinschaft- 
lich selbst mit dem seligen Friedrichsthal diese ganze Route im 
Jahre 1836 zurücklegten. 

Gerade auf der oben erwähnten Straße von Ochri nach Tetovo 
fehlt auf der Karte das bewohnte Thal Tzervinova und sein 
ziemlich großer Wasserlauf, welcher wie die Vlainitza von NO. nach 
SW. fließt und auf der südlichen Seite des Berges anfängt, welcher 
den Kopf des Vlainitza-Thales bildet. Dieses Wasser ist ein erster 
bedeutender Zufluß des oberen Vardar, nach unseren in ‘Europa 
gangbaren geographischen Begriffen; im Lande 'selbst heißt aber 
dieser Hauptstrom bis nahe vor Kostovo (alb. Gustivar) die Poda- 
lischta-Rieka, indessen der eigentliche macedönische Vardar nur 
daselbst anfängt und selbst durch mehrere obere Zuflüsse von den 
Gebirgen südwestlich und westlich von Kostovo gebildet wird, welche 
Quellen in der Karte als zu klein und zu wenig zahlreieh'mir erscheinen 


Einige Berichtigungen zur Hahn’schen Karte d. Flußgebiete d. Drin etc. 655 


Auf der Karte vermisse ich auch den bedeutenden, zur alba- 
nesischen Vertheidigung eingerichteten, gemauerten und mit einem 
Hofe versehenen Karaul und Han am nördlichen Fuße des 
hohen Gebirgssattels, im Norden der Zayas-Quellen, 
obgleich alle diese Details in meinem Routier zu lesen sind (Tur- 
quie 1840, B. 4, S. 537 und Itineraires 1854, B.2, S. 107). Dieser 
so nützliche Zufluchtsort in jener wilden Gegend käme an dem Ver- 
einigungspunkte der zwei Hauptquellen des Podalischta-Rieka der 
Karte zu stehen. 

Auf dem abscheulichen steinigen Wege der Dukagin oder 
Myrdita von Spasch bis zum Drin unfern Seutari, eine Route, 
welche ich zweimal durchschritt, vermisse ich, einen Büchsenschuß 
von Flet, die Ruine einer kleinen Berg-Burg. 

Der Lauf der Bregalnitza beilstib ist etwas zu weit von 
Istib und der Vorstadt von Novo-Selo gezeichnet, denn wir haben in 
diesem Fluße vor Novo-Selo selbst und gerade am Fuße der hohen, 
sehr steilen Wand gebadet, worauf das alte Castell von Istib steht. — 
Die Brücke daselbst ist gerade beim westlichen Ausgang von Novo-Selo. 

Die Form des See Plava ist viel kraterförmiger und die 
Insel, so wie die Reise-Route des Dr. Barth darüber kann nur auf 
einem lithographischen Irrthume beruhen, denn diese Insel ist selbst 
in. der noch nicht herausgegebenen aber fertigen Karte Kiepert’s 
nicht vorhanden. 

Was die Kraterform des See's betrifft, so glaube ich 
darauf beharren zu müssen ‚und bin ganz bereit, meinen Gegnern 
eine Antwort zu geben. Diese werden wahrscheinlich meine Liebe 
zur Kraterform auf Rechnung meines Plutonismus setzen wollen, 
doch sie würden diesesmal sehr im Irrthume befaßt sein, denn 
die höchst steilen Gebirge östlich und südlich sind Flötz-Kalk- 
gebirge und ‚auf der andern Seite ist nur Alluvium. Demunge- 
achtet ‚wurde ‚höchst wahrscheinlich durch einen trichterförmigen 
Einsturzdes.Kalkfelsens der Urplatz dieses, See’s bestimmt, dessen 
Wasser später durch Anhäufung von Alluvial-Material etwas hat 
steigen ‚können. Wäre aber die Ursache dieses See’s nur eine 
momentane alluviale Zustopfung des Ablaufeanals gewesen, so wäre 
‚ihm gewiß nicht diese kraterförmige Form zugekommen. 

Nach Dr. ‚Baarth's ‚Routier wird wahrscheinlich angedeutet, 
daß er von dem Orte Plava über die imaginäre Insel 


43” 


656 Boue. 


nach Guzinie auf dem linken Ufer des Lim gegangen ist. Mit 
Viquesnel machten wir diese Strecke vom Velika-Thale und Plava 
auf dem nördlichen und westlichen Ufer des See’s und hielten uns 
von da auf dem linken oder nördlichen Ufer des Lim, indem wir in 
diesem breitesten Theil des offenen Lim-Thales das Dorf Martinovich 
(natürlich in der Ebene liegend) passirten. Unsere Straße war eine für 
Wagen fahrbare, was unmöglich für den von Barth gefolgten Weg 
der Fall sein könnte, welcher unter den steilen Felsen der sehr hohen 
Gebirge auf dem morastigen Ufer des See’s gegangen wäre und auf 
dem rechten Ufer des Lim reichen der Fuß der Berge und ihre Nadel- 
holzwälder sehr nahe bis zum Lim-Fluß. 

Demungeachtet fiel die Viquesnel’sche Karte in den Irrthum, 
den Weg auf das südliche Ufer des Lim zu versetzen. Aber es war 
nicht die Schuld meines Freundes, sondern die des eigenmächtigen 
und eigensinnigen Lapie, welcher mit europäischer Verstandes- 
Beschränkung sich Plava ohne einer solchen geraden Verbindung 
mit Guzinie nicht denken konnte. Viquesnel ärgerte sich umsonst 
darüber. Endlich liegt die Ortschaft Plava auf der östlichen und 
nicht südlichen oder südöstlichen Seite des See's. 

Südlieh vom Ochrida-See scheint es mir, daß Hahn für 
den Lauf der Mokra etwas idealisirt hat, denn der Ursprung 
dieses Wassers wäre nach meiner Meinung eher östlich als westlich 
zu suchen. 

Das bewohnte Schloß von Prisren ist nicht am rechten 
Platze angedeutet, denn wie Grisebach und ich es beschrieben, 
liegt es auf dem linken Ufer der Maritza auf einem hohen Kalkfelsen 
gleich oberhalb der Stadt selbst, welche es beherrscht. 

Auf dem Wege von Prisren nach den Luma- und 
den Drin-Thälern, welchen Dr. Grisebach im Jahre 1845 
so gut beschrieb, hat man auf der Karte die Bezeichnung des 
doch deutlich genug durch Dr. Grisebach angedeuteten Koridnik- 
Berg vergessen. In der alten Kiepert’schen Karte findet man 
diesen Namen. 

Endlich muß ich die Anomalie zu erklären suchen, welche 
zwischen den Karten vom jetzigen Jahre und den alten für. die 
Wegesstrecke von der Luma bis zur sogenannten Visir- 
brücke (meine Keuprihan-Brücke) in Nord-Albanien herrscht- 
Zu diesem Zwecke gebe ich hier einen Plan dieser kurzen Strecke 


Einige Berichtigungen zur Hahn’schen Karte d. Flußgebiete d. Drin ete. 657 


von 1t/, Stunden Weges und die Zeichnungen der drei von mir, 
Grisebach, Hequard und General-Consul v. Hahn passirten 
sonderbaren Brücken. (Siehe die Tafel.) 

In den älteren Karten bis über das Jahr 1822, wie die des 
Lapie u. s. w., wurde der Weg von Prisren nach der Visirbrücke 
fast auf dieselbe Weise wie in der Hahn’schen Karte angedeutet, 
namentlich mit Überbrückung im untersten Theile des weißen Drin 
und dann in gerader Linie nach jener erst genannten Brücke. 
Dazu kommt noch die Andeutung des jetzt nur von Myrditen ge- 
brauchten Bergpfades, welcher von Keuprihan gerade durch das 
waldige Gebirge im Innern der Myrdita führt. Die Karte Hahn'’s 
setzt aber die Überbrückung des weißen Drin ganz in die Nähe der 
Luma-Brücke, indem nach der alten Karte dieses Überschreiten des 
weißen Drin viel höher stattgefunden hätte. Die nackten, ganz steilen 
Felsenwände von beiden Seiten des Drin müßten schon ziemlich viele 
Sprengungen erfordern, um an den Rand dieses Wassers mittelst einer 
Straße zu gelangen. Außerdem fließt dieser Drin am Grunde einer 
sehr engen, tiefen Spalte, welche durch förmliche Kalkmauern 
begrenzt wird. Möglich wäre da wohl die Anlage einer Brücke, 
aber sie scheint mir für türkische Finanzen und angewohnte Indolenz 
doch ein Unternehmen, welches man den Muselmännern nicht zu- 
trauen kann, wenn man besonders die Luma-Brücke und die große 
Brücke auf dem weißen Drin nach Vereinigung mit der Luma 
kennt. Daß es aber ungefähr ®/, Stunden östlich von der Luma- 
Brücke eine solche auf dem weißen Drin gab oder noch gibt, 
dieses habe ich immer behauptet, weil ich von einiger Ferne den 
gemauerten Schwibbogen und Thurm jener Brücke sah. Ich lasse 
jetzt hingestellt, erstlich, ob die alten Karten wohl diese Brücke 
gemeint haben, zweitens, ob man von da über die nackten, mit 
einigen Stufen versehenen Kalkwände des Bastrik- oder Schalle- 
Schlosses nach Rugova (Alb. Brut) vielleicht mit einiger Mühe auf 
gemsartigen Fußsteigen gelangen und dann nach Visir Keupri (mein 
Keuprihan) herabsteigen konnte. Mir schien, daß diese ob östlich 
oder westlich gehende, in allen Fällen etwas schwierige Verbindung 
eher das Territorium und Thal der Hassi gelte und diese kleine 
Bevölkerung mit Prisren in Verbindung hielt. 

In der großen österreichischen Karte von Weiß findet man 
erstlich die. eben besprochene Brücke und einen Saumweg von 


658 Boue, 


da nach Keuprihan oder der Visirbrücke und noch dazu unsere 
drei abgezeichneten Brücken. Obgleich letztere zu nahe aneinander 
gerückt erscheinen, so wäre die allgemeine Form des Weges richtig, 
aber es fehlt der wahre Ausfluß des schwarzen Drin, indem an 
die Stelle der Luma man diesen letzteren Namen schrieb und 
die Luma mit der Verbnitza verwechselt wurde. Drei Irrthümer 
sind da vorhanden, unter denen ich mir leider einen im Jahre 
1840 aneignete. (Vgl. Ak. Sitzber. 1866, 1. Abth., B. 53, S. 10.) 


Im Jahre 1841 beschrieb Herr Dr. Grisebach vollständig nicht 
nur die große Furche von Prisren zur Luma, sondern auch die 
drei erwähnten Brücken. Doch leider ist seine architektonische 
Beschreibung dieser soweit mangelhaft, daß er für die Luma- 
Brücke Details anführt, welche nur auf die andern recht passen 1), 
denn die Luma-Brücke ist die einfachste der drei, und bildet nur 
einen großen Bogen mit zwei kleinen Seitenbogen im unteren 
Theile; die anderen, viel größeren, zeichnen sich durch zahlreiche 
gemauerte Bogen von ungleichem Durchmesser, welche theilweise 
unregelmäßig angebracht sind. Die höchsten liegen in der Mitte, und 
bis dahin muß man in mehreren Absätzen steil hinauf und an 
der andern Seite auf dieselbe Art wieder herab steigen. So schroff 
ist zum Theil ihre Neigung, dal die Pferde auf dem unförmlichen 
Pflaster sich nicht zu halten wissen, darum steigt man gewöhnlich . 
vom Pferde ab, und es stehen zu diesem Zwecke an den Enden 
der Brücken große Steinquader zum bequemen ab- und aufsteigen. 
Auf ein Seitengeländer ist keine Rücksicht genommen und selbst 
dem Fußgänger kann es schwindelhaft vorkommen. Man vergleiche 
hiermit meine Zeichnungen und meine ausführliche architektonische 
Beschreibung dieser drei Brücken (siehe Turquie d’Europe, B. 2, 
S. 388— 389), und man wird zwei wahrheitsliebende Zeugen über 
das Vorhandensein dieser drei Brücken auf diese Weise bekommen. 


Im Jahre 1858 lieferte Herr Hyacinth Hequard ein richtiges 
Bild dieser sonderbaren Localität, aber man vermißt daselbst den 
Namen der Luma und das elende Dorf Rugova (alb. Brut) ist am 
Ufer des vereinigten Drin anstatt auf der Anhöhe. 


1) Ganz ebenso sind die beiden großen Brücken über den Drin gebaut und die 
letzte zählt 18 Bogen. (B. 2. S. 334.) } 


Einige Berichtigungen zur Hahn’schen Karte d. Flußgebiete d. Drin ete. 659 


Nach diesem hätte man doch glauben sollen, daß diese Details 
bei den Geographen Eingang finden sollten, besonders da man 
schon durch v. Hahn erfahren hatte, daß ich mich über den Aus- 
fluß des schwarzen Drin geirrt und ich selbst es erkannt hatte. 
(Siehe Akad. Sitzber. 1866, B. 53.) 

Demungeachtet ließ Herr Oberst von Scheda den Weg von 
der Luma-Brücke zum schwarzen Drin über das Gebirge ziehen, 
diesen mittelst einer Brücke überschreiten, um auf diese unrichtige 
Weise nach Visir-Keuprihan zu gelangen. Obgleich Herr v. Hahn 
bei mir die drei Brücken erkannte und ganz einig mit mir über 
das Detail dieses Weges zu sein schien, so gibt seine Karte 
jenem eine gerade Richtung längs dem nördlichen Ufer des Drin 
von der Visir-Brücke bis über den weißen Drin und läßt ihn die 
l,uma-Brücke nicht passiren, welche doch nicht nur ieh, sondern 
auch Grisebach und Hequard überschritten. Doch ist leider seine 
Beschreibung für diese Strecke Weges unvollständig, und aus Mangel 
an persönlicher Erinnerung copirte er ohne hinlängliche Kritik, was 
Grisebach theilweise gedruckt hatte. 

* Was sagt letzterer: „Von der Luma-Brücke erreicht man nach 
einer Viertelstunde die Brücke über den weißen Drin, wodurch die 
Straße auf das westliche (oder rechte) Ufer übergeht und eine 
Biegung des Flusses (so wie auch große Kalkfelsenwände) ver- 
meidet, in welcher dieser sieh mit dem aus dem Dibrethal hervor- 
iretenden schwarzen Drin vereinigt. Schon nach einer halben 
Stunde erbliekt man diesen merkwürdigen Punkt, und eine Stunde 
später erreicht man die dritte große und einzige Brücke über den 
vereinigten Drin, neben welcher der Han liegt. Wo der weiße und 
sehwarze Drin zusammenfließen, erweitert sich das Thal zu einer 
dreieckigen Fläche, die etwa eine halbe Stunde im Durchmesser 
hat, und deren drei Spitzen in drei enge Gebirgsthäler zwischen 
den Scardus, Bastrik und Ducajin gehen. Hier erblickt man aus 
der tiefen Waldung hervortretend Wiesen und Maisfelder, sogar 
am Eingange in’s Dibre-Thal ein kleines albanesisches Dorf“ (Küküs 
nach v. Hahn). (B.2, S. 335.) 

Was schreibt v. Hahn: „Beim Weeir Han führt eine mächtige 
Brücke von 18 Bogen verschiedener Größe bergauf bergab über 
den (vereinigten) Drin. Ihre Fundamente scheinen sehr alt zu sein. 
Sie steht auf einer quer durch den Fluß laufenden Felsenbank 


660 Boue. 


u. s. w. Die Brücke steht am unteren Ende einer halbstündigen 
Enge, in welcher der Weg auf dem rechten Flußufer läuft“. Dann 
kommt ein Satz von Grisebach über die Aussicht der Gebirge, 
der Maisfelder und über die drei Spitzen einer dreiseitigen Fläche 
in der Mitte von Gebirgen. Dieses Dreieck heißt die Brut-Ebene 
(Fuscha Brutil), von dem Dorfe Brut (Prut in B. 16, unser slavisches 
Rugova), welches auf dem hohen Nordrande jenes Dreiecks liegt. In 
der Karte aber wurden aus beiden Namen zwei verschiedene Dörfer!! 
Dann kommt die abnorme Schilderung des weiteren Laufes der Straße 
mit jener von Grisebach, Hequard und mir. Von Hahn sagt 
namentlich: „Die Straße läuft an der nördlichen Seite des Thales 
bis zur Nordostspitze, d. h. bis zu dem Felsenthore, aus dem der 
weiße Drin in die Ebene eintritt. Einige Minuten später kreuzt sie 
hart an dem von Osten hermündenden Lumabache den Fluß auf 
einer alten Steinbrücke und gelangt zu dem Thurme von Luma, 
welcher an dem linken Mündungswinkel der Luma in dem weißen 
Drin steht. Hart daneben schwebt die Luma-Brücke in einem einzigen 
Bogen über dem schäumenden Bache“. (Akad. Denkschrift. phil.- 
hist. Classe 1867, B. 15, S. 78.) 5 
Diese unvollständige Beschreibung hat vielleicht Kiepert in 
Irrthum geführt, aber wenn behutsam gelesen, paßt sie gänzlich mit 
der Karte Hequarts, so wie mit Dr. Grisebach und mit unserer 
treuen Schilderung zusammen. Die Hahn’sche durch Kiep ert vidirte 
Karte hat namentlich den erwähnten Weg gerade über eine imagi- 
näre Brücke am Ausflußd des weißen Drin in die Luma geführt, ohne 
daß er über die Luma-Brücke ging. Zu dieser falschen geographi- 
schen Darstellung gesellt sich noch der Umstand, daß der selige 
General-Consul positiv die Brücke über den weißen Drin eine alte 
nennt. Nun, wenn so, wie hätten Grisebach, Hequard und ich 
diese (vierte) Brücke nicht gesehen und selbst passirt, da der 
Weg auf diese Weise abgekürzt wäre. Außerdem mußten wir alle 
den so nahe von jenem wenig breiten weißen Drin-Ausfluß passiren 
(wie z. B. das Donauufer in der Leopoldstadt von dem Ausflusse 
der Wien entfernt ist), daß solch ein Gegenstand wie eine Brücke 
uns nicht entgehen konnte. Außerdem schließt das Wort alt alle 
andern Muthmaßungen aus, welche man vielleicht machen könnte, 
wenn diese Brücke als neu bezeichnet worden wäre. Kurz, die Er- 
klärung des ganzen Irrthums beruht eigentlich auf der zu kurzen 


Einige Berichtigungen zur Hahn’schen Karte d. Flußgebiete d. Drin etc. 661 


Beschreibung (Denkschr. B. 15), denn sein Routier (dito B. 16, 
S. 27) bestätigt uns vollständig auf folgende Weise: „1‘/, Stunde 
von der Visirbrücke setzt der Weg auf der zweiten Weeirbrücke über 
den weißen Drin und erreicht in zehn Minuten die Kula und Brücke 
der Luma“. Kiepert corrigirt auch seine alte Karte in diesem Sinne. 

Der Tod unseres guten Bekannten ist ein großer Verlust für 
die Kenntnisse der Linguistik und Archäologie der Türkei; kein 
Mann hat uns so Ausführliches über Albanien geliefert. Nur hätten 
wir diesem eifrigen Forscher ‘eine gründlichere Kenntniß der oro- 
graphischen Geologie gewünscht. So nennt General-Consul v. Hahn 
den Ausfluß des weißen Drin in die Luma ein Felsenthor, indem 
dieser Punkt nur eine kleine, 10—12 Klafter breite Spalte (siehe 
Tafel Fig. A) gegen das wahre Giganten-Felsenthor der Luma (un- 
gefähr 50—60 Klafter breit) in der Mitte des hohen kalkigen 
Jalesch (siehe Taf. Fig. B) in Wirklichkeit ist. Kleinere Felsen- 
thore sind z. B. die Donauenge zwischen Klosterneuburg und 
Stockerau oder das hinter Meidling. Die Benennung eines Felsen- 
thores gibt auch den Lesern gar nicht den Begriff des tiefen felsigen 
Kanales, wo der weiße Drin nach seiner Vereinigung mit der Luma 
fließt, weil dieser Kanal keinen Engpaß besitzt. 

Weiter nimmt v. Hahnals das Thal des weißen Drins die große 
und sehr breite Furche an, welche vom Prisrenbecken bis zur Luma 
von NO. nach SW. reicht. Nach dieser Art die Potamographie im 
Großen aufzufassen, konnte man eben so gut behaupten, daß fast 
ganz Ober- und Unter-Österreich nur das Donauthal bildet, indem 
es doch geologisch festgestellt ist, daß dieser große österreichische 
Canal zwischen den Alpen und dem Böhmergebirge in den tertiären 
Zeiten eine Meeresenge war, wo manche marine Gebilde abgesetzt 
und nachher durch Süßwasserniederschläge und Alluvium bedeckt 
wurden. Das Donauthal bildete sich nur später und ihr Wasser läuft 
daselbst in einer wahren Seitenrinne, welche theilweise wenigstens 
in Felsenspaltungen ihren Ursprung schöpfte. Dasselbe Verhältniß 
stellt im kleinen der große Trog, welcher den Schar von dem 
Bastrik und andere Gebirge trennt, Eine sehr ähnliche Form zeigt 
die tiefe Niederung in Savoyen zwischen Aix und Chambery, wo 
Tertiäres in der Mitte vom Flötzgebirge liegt. 

Wie am Fuße vieler Gebirgsketten, als die Alpen, Pyrenäen, der 
Balkan u. s. w. endet der Schar mit einer mächtigen Spalte, indem 


662 Boue. 


ein Theil des Dachsteinkalkes des Fußes des Schar und Bastrik einge 
sunken ist und die jetzige Niederung in einer Breite von über einer halben 
Stunde zwischen beiden Gebirgen bildet. Nur am Fuße des Bastrik 
benutzte der weiße Drin die andere Spalte, um zur Luma und zum 
schwarzen Drin zu gelangen. Wie bei solchen Massenbewegungen im 
Erdboden es so häufig geschieht, so quillten zu gleicher Zeit aus den 
Spalten dieses niedergesunkenen Terrains eruptive krystallinische Fels- 
arten heraus, wie der schöneDiorit vor der Mündung: des weißen Drins 
in die Luma und der wegen seiner wahrscheinlich erfahrenen Um- 
staltung. bekannte Serpentin östlich jener Luma-Brücke. Letzterer 
bildet selbst den ganzen Abhang längs der Luma zwischen dem 
Bastrik und dem Jalesch und steigt daselbst bis hinauf auf. den 
flächeren Boden der großen Niederung zwischen jenen beiden 
Gebirgen. b 

Dieser merkwürdigste Punkt der westlichen Türkei, die Ver- 
einigung der beiden Drin und der Luma, wird hauptsächlich dureh 
das Zusammentreffen von drei großen Spaltungssystemen gebildet, 
welche wohl von verschiedenem Alter sind. Zwei unter ihnen 
schneiden sich gerade unter einem rechten Winkel, diese sind das 
System des weißen Drin mit der nordost-südwestlichen Richtung 
und dasjenige der Luma und des vereinigten Drin von Nikai bis 
Vizir-Keupri mit der nordwest-südöstlichen Richtung, indem der 
- Lauf des schwarzen Drin dem jüngeren System fast von Nord nach 
Süd meistens zugetheilt ist. Dem System NO. nach SW. gehören 
weiters die parallel laufenden Thäler oder Wasserläufe der Radika, 
der Sateska, der Treska, des oberen Vardar in Tetovo, der Fandi, 
der Bojana, so wie Theile des Schkumbi und Karasu von Bitoglia, 
die Maritza von Prisren, das obere Moravathal und Egriderethal 
u.s. w.an. Dem System NW. nach SO, laufen parallel die Matija, 
der eigentliche Vardar von Uskub aus, der untere Devol u. s. w., 
indem zu dem Systeme fast N.—S. der weiße Drin in der Metoja, 
der Drin von Nikai bis Komana, der unterste Drin in der Zadrima, 
der obere Schkumbi, die Podalisehta-Rieka, der untere Theil der 
Lepenatz und der Ibar, ein Stück des mittleren Vardar mit dem 
Engpaß unfern Negotin, ein Theil der bulgarischen Morava und des 
macedonischen Strymon u.'s. w. gehören. 

Neben diesen nicht leicht zu enträthselnden Thatsachen stellt 
sich für den breiten Bergeanal zwischen Prisren und der Luma die- 


Einige Berichtigungen zur Hahn’schen Karte d. Flußgebiete d. Drin ete. 663 


selbe interessante genetische Frage als für denjenigen, welcher die 
Donau aus Ungarn nach der Walachei entleert; nämlich, war jener 
Ausflußweg in der tertiären Zeit schon da? War das Meer, welches 
den Nummulit-Eocän und Congerien-Mioeän u. s. w. der Metoja ab- 
setzte, in dieser Weise in freier Verbindung mit demjenigen, in 
welchem sich so große Massen von Eocän-Sandstein mit Dioriten, 
Serpentinen und Diallagiten in der Myrtida ablagerten? Oder war 
diese Meerverbindung nur in der letzteren Tertiär- oder selbst nur 
in der älteren Alluvialzeit vorhanden, und fanden diese großen ange- 
deuteten Senkungen nur in jener jüngeren Zeit statt? Nach dem 
Wenigen, was wir über jene Länder kennen, würde ich jetzt noch 
eher glauben, daß die letzte Hypothese die wahrscheinlichste wäre. 
Auf diese Weise würde ich mir die bedeutende mineralogische Ver- 
schiedenheit des Eocän der Myrdita und der Metoja erklären, indem 
ich diese letztere erfüllte Mulde als eine letztere rückwärtsstehende 
Bucht des großen dardanisch-serbischen und ungarischen Beckens 
mir denken möchte. Die Verbindung von der Metoja mit dem Nischer- 
und Timoker Becken wäre durch das Sitnitza-Beeken, das von 
Guilan und endlich durch das halbmondförmige Becken der hulgari- 
schen Morava bewerkstelliget worden. (Siehe Turquie d’Europe B. 1. 
S. 295.) 

Mit einer vollständigen geologischen Detailkenntniß jener Gegend 
würden wahrscheinlich die Zweifel über die Verbindungsweise der 
drei obersten Becken mit demjenigen der bulgarischen Morava ver- 
sehwinden. Es müssen daselbst einige große Veränderungen in der 
Bodenplastik in sehr neuer Zeit geschehen sein. Wenn dieses der 
Fall nicht wäre, so würde selbst das jetzige felsige Thal der Lepenatz 
südlich der Sitnitza- oder Kosovoebene dieses tertiäre Becken mit 
dem ausgezeichneten Miocän des oberen Vardar auch in gerade 
Meeresverbindung gebracht haben. Aber diese Nord-Süd laufenden 
Spalten scheinen mir nur in der neueren Alluvialzeit gebildet worden 
zu sein, indem die in anderer Richtung etwas älter wären. Vielleicht 
hat sich das tertiäre Sitnitza-Becken durch diese Lepenatzspalte nach 
Macedonien oder Süden ausgeleert, indem das Moravabecken den 
Abfluß nördlich und östlich fand. 

Für diejenigen, welche in den Thälern und Flußbetten aller 
Art, selbst den spaltenähnlichsten nur Wasser oder Meeresaus- 
waschungen sehen wollen, können wir als Antidot diesen Theil der 


664 Boue. Einige Berichtigungen zur Hahn’schen Karte d. Flußgebiete etc. 


Türkei gut recommandiren. Das Wasser hat daselbst nur seine Stärke 
auf schon gespaltenes Terrain probirt. Allgemeine Terrassen-Beglei- 
tung fehlt gänzlich, außer wo durch Alluvial zeitweise Verstopfungen 
innerer Seen einige Zeit gebildet wurden, welche dann mit der Zer- 
störung des Dammes nach und nach verschwunden sind. 

Was besonders die Bildung des engen, höchstens nur 10 Klafter 
breiten, steilen Kalksteincanals des weißen Drins und der Luma be- 
trifft, so glaube ich auch wie die Rhöne zwischen dem Fort de 
l’Ecluse und der sogenannten Perte du Rhöne u. s. w. eine frühere 
Spaltung vor der Vertiefung dieses Canals annehmen zu müssen. Bei 
dem Niagarafalle verursacht die Verwitterung und die Zerstörung von 
Mergelschichten das Fallen von Kalkplatten und das Weiterrücken 
des Falles. Bei der Perte du Rhöne veranlaßten Mergel so wie Spalten 
und Porositäten des Gesteins unterirdische Wasserabläufe, welche 
nach und nach einstürzten, um endlich nur einen wie künstlich aus- 
gehauenen Canal zurückzulassen. Wäre es Sandstein gewesen, so 
wären die Ablösungen und Spaltungen nie so vertical und gerade ge- 
blieben. In der unteren Luma scheint man berechtigt, ähnliches als 
Überstandenes zu muthmaßen, denn dieser wie künstlich in Felsen 
ausgehauene Canal gleicht dem der Perte du Rhöne. In beiden Fällen 
wird der Canal von einer kahlen, kalkigen Randfläche eingesäumt, 
aber im Rhöne ist der Canal nur ungefähr 100 Klafter, in der Luma 
4—500 Klafter lang. Das obere Lumathal mußte einst ein See ge- 
wesen sein. Aber für die Spalte des weißen Drin finde ich eine ähnliche 
Hypothese zu gewagt, die Analogie fehlt mir daselbst und ich sehe 
nur die Möglichkeit, daß das Wasser den Grund dieser engen Ge- 
waltspalte durch Erosion etwas vertieft hat. 


Boue. Kritische Berichligungen zur Hahn’schen Karte. 


N. I luma Brücke. 


I 


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Sitzuugsb.d.k.Aknd.d .W. math.naturmv. ULLX.Bd.l.Abth.1869. 


665 


XXIV. SITZUNG VOM 11. NOVEMBER 1869. 


In Verhinderung des Präsidenten führt Herr Hofrath A. Frei- 
herr v. Ettingshausen den Vorsitz. 

Herr Prof. Dr. V. v. Lang überreicht eine Abhandlung: „Über 
die Lichtgeschwindigkeit im Quarze“. 

Herr Director Dr. C. Jelinek übergibt eine Abhandlung: 
„Über die Leistungen eines in der k. k. Centralanstalt für Meteorolo- 
gie und Erdmagnetismus befindlichen registrirenden Thermometers 
von Hipp.“ 

Herr Dr. Fr. Steindachner legt eine Abhandlung: „Zur 
Fischfauna des Senegal“ vor. 

Herr Prof. D. L. Ditscheiner überreicht eine Abhandlung: 
„Über die Dispersion der optischen Axen bei rhombischen Kry- 
stallen.“ 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 


Academie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg; Memoires. 
Tome XV, Nr. 2. St. Petersbourg, 1869; 8°. (Russisch.) 
Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss., zu Berlin: Monats- 

bericht. Juli 1869. Berlin; 80. 

Annalen der Chemie & Pharmacie von Wöhler, Liebig & 
Kopp. N. R. Band LXXVI, Heft 1. Leipzig & Heidelberg, 
1869; 8°. 

Astronomische Nachrichten. Nr. 1777—1778. (Band 75, 1.) 
Altona, 1869; Ao. 

Bericht des k. k. Krankenhauses Wieden vom Solarjahre 1868. 
Wien, 1869; 40, 

Bibliotheque Universelle et Revue Suisse: Archives des Sceien- 
ces physiques et naturelles. N. P. Tome XXXVI, Nr. 142. Ge- 
neve, Lausanne, Neuchatel, 1869: 8o, 


666 


Borre, Alf. Preudhomme de, Deseription d'une nouvelle espece am&- 
rieaine du genre Caiman (Alligator). 8°. — Description d’un 
jeune individu de la Dermatemys Mawii, espece americaine 
de la famille des Elodites. 8°. 

Chevalier, Arthur, Hygiene de la vue. (2° Edition.) Paris, 1862; 
80. — Etude sur la vie et les travaux secientifiques de Charles 
Chevalier, Ingenieur-Opticien. Paris, 1862; 80. — L’etudiant 
mierographe, traite theorique et pratique du mieroscope et des 
preparations. (2° edition.) Paris, 1865; 8°. — Le trichi- 
noscope et ses applications aux usages domestiques et & l’exa- 
men des Trichines. Paris, 1866; 8°. — L’etudiant photogra- 
phique. Paris; 8°. — Manuel de l’etudiant oeuliste. Paris, 
1868; 80. — L’art de conserver la vue. Paris, 1869; 80. — 
Catalogue explieatif et illustr& des instruments d’optique etc. 
Paris, 1869; 40. — Prix-courant des microscopes perfection- 
nes. Paris, 1869; 40. 

Comptes rendus des seances de l’Academie des Sciences. Tome 
LXIX, Nr. 17. Paris, 1869; 40. 

Cosmos. XVII Annee, 3° Serie. Tome V, 19° Livraison. Paris, 
1869; 80. 

Denza, Francesco, Le Aurore polari del 1869 ed i fenomeni cos- 
miei che la accompagnarono. Torino, 1869; kl. 80. 

Durö&ge, H., Über fortgesetztes Tangentenziehen an Curven dritter 
Ordnung mit einem Doppel- oder Rückkehrpunkte. Prag, 
1869; 40. 

Ferrini, Giovanni, Del tifo esantematico e della sua comparsa in 
Tunesi nell’ inverno dell’ anno 1868. Milano, 1869; 80. 

Gewerbe-Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. 
XXX. Jahrg., Nr. 34. Wien, 1869; 80°. 

Gore, G., On Hydrofluorie Acid. London, 1869; 4°. 

Gruber, Wenzel, Über die Halsrippen des Menschen mit verglei- 
chend-anatomischen Bemerkungen. St. Petersburg, Riga, Leip- 
zig, 1869; 40. 

Istituto, R., Veneto di Seienze, Lettere ed Artı: Atti.-Tomo XIV’, 
Serie II, Disp. 9°.: Venezia, 1868—1869; 80, 

-Jahrbuch, Neues, für Pharmaeie und verwandte Fächer von V or- 
werk. Band XXXII, Heft 3. Speyer, 1869; 8®. 


667 

Kenngott, A., Beobachtungen an Dünnschliffen eines kaukasischen 
Obsidians. St. Petersburg, 1869; 8°. 

Kudelka, Jos., Die Gesetze der Liehtbrechung. 8°. 

Lamy, A., Sur un nouveau pyrometre. Paris, 1869; 40. 

Linder, Note sur les variations seculaires du magnetisme terrestre. 
Bordeaux, 1869; 8°. — Du röle de l'attractrion universelle 
et de la resistance de l’ether dans les variations de forme 
des cometes, a propos de la theorie cometaire de M. Tyndall. 
Paris, 1869; 49. 

Lombardi Antonio M?., Discorso agrario. Foggia, 1869; 4°. 

Lotos. XIX. Jahrgang, September— October 1869. Prag; 8°. 

Maack, G. A., Die bis jetzt bekannten fossilen Schildkröten und 
die im oberen Jura bei Kehlheim (Bayern) und Hannover neu 
aufgefundenen ältesten Arten derselben. Cassel, 1869; 4o. 

Merian, Peter, Über die Grenze zwischen Jura- und Kreideforma- 
tion. Basel, 1868; 8°. 

Mittheilungen des k.k. Artillerie-Comite. Jahrgang 1869, 6. Heft. 
Wien; 80, 

Musee Teyler: Archives. Vol. Il., Fasc. 3°. Harlem, Paris, Leipzig, 
1869; 40. 

Nature, A weekly illustrated Journal of Science. Vol. I, Nr. 1. Lon- 
don, 1869; A». 

Observaciones magneticas y meteorolögicas en la Habana. 30 
de Noviembre de 1867 a 30 de Noviembre de 1868. Habana, 
1869; 8e. 

Paladini, Cesare, Tentativo intorno ad una geometria a piüu di tre 
dimensioni. Sondrio, 1869; 80. 

Peretti, Paolo, Sull’ albuminato di ferro ed aleuni saggi chi- 
miei sull’ albume di nuovo. Roma, 1869; 8°. 


Programme der Gymnasien zu Bistritz, Hermannstadt und Vin- 
kovei. Für 1868/69. 40 & 8°. 


Revue des cours scientifiques et litteraires de la France et de 
l’etranger. VI® Annee, Nr. 49. Paris & Bruxelles, 1869; 40, 


Soeiete Imperiale des Naturalistes de Moscou: Bulletin. Annde 
1869. Tome XLII, Nr. 3. Moscou; 8°. 


668 


Wiener Landwirthschaftliche Zeitung. XIX. Jahrgang, Nr. 45. 
Wien, 1869; 4°. 

— Medizin. Wochenschrift. XIX. Jahrgang, Nr. 89 — 90. Wien, 
1869; 40. 

Wiesner, Julius, Die technisch verwendeten Gummiarten, Harze 
und Balsame. Erlangen, 1869; 80. 

Zantedeschi, Cav. Francesco, Sulla riduzione della lignite e della 
torba in buon carbone inglese. Venezia, 1869; 80. — Annota- 
zioni alla tipografia atmosferica della statistica italiana teorica 
e pratica del cav. avv. Luigi Guala. Padova, 1869; 89. 


069 


Zur Fischfauna des Senegal. 
Ven dem e. M. Dr. Franz Steindachner. 


(Mit 12 Tafeln.) 


Erste Abtheilung, 


Yorwort. 


Die nachfolgenden Beiträge umfassen sämmtliche Fischarten, 
welche ich während meiner Reise im Herbste vergangenen Jahres 
im Senegal zwischen seiner Mündung und Bakel zum größten Theile 
in bedeutender Individuenzahl gesammelt. 

Leider war mein Aufenthalt an den Ufern dieses mächtigen 
Stromes nur von geringer Dauer. 

Nach kaum zweimonatlichen Verweilen in Senegambien wurde 
ich in Taoug in Folge der großen Hitze und Überanstrengung von 
Fieber und Dissenterie zugleich in so heftigem Grade überfallen, 
daß ich auf dringenden Rath wohlmeinender Ärzte nach St. Louis 
umkehren mußte, in der Hoffnung, mich daselbst oder in Goree, wo 
ich einen Theil meines Gepäckes zurückgelassen hatte, unter dem 
slärkenden Einflusse der Meeresluft zu erhohlen und die Reise nach 
dem Gambia, Fernando Po, den Cap verdischen Inseln und den Azoren 
weiter fortsetzen zu können. 

Inzwischen waraber im December 1868 die Cholera in St. Louis 
ausgebrochen und raffte in denersten vierzehn Tagen ihres Auftretens 
mehr als2000 Menschen, meist Eingeborne und Mulatten hin. Die Ein- 
gebornen, welche allein mit dem Fischfange sich beschäftigen, flüchte- 
ten massenweise ins Innere ; fast sämmtliche Kaufläden und Magazine 
mußten geschlossen werden, da es an Arbeitskräften fehlte; die 


Truppen wurden zum größten Theile nach anderen Stationen einge- 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 44 


670 Steindachner. 


schifft, aller Verkehr mit Gore& und anderen Plätzen im Süden 
Senegambiens wurde eingestellt und aus Furcht, die Cholera weiter 
zu verschleppen, aufs strengste verboten. Nur die Rückkehr nach 
Frankreich war auf Handelsschiffen gestattet. 

So entschloß ich mich denn, da mein Gesundheitszustand sich 
nieht gebessert hatte und meine Kräfte immer mehr abnahmen, zur 
Abreise nach Bordeaux. 

Nichtsdestoweniger gelang es mir in dieser kurzen Zeit eine 
sehr beträchtliche Sammlung von Senegalfischen dem Wiener Mu- 
seum übergeben zu können, deren Beschreibung den Inhalt dieser 
Abhandlung und deren Fortsetzungen bildet. 

Von Brackwasserfisehen habe ich nur jene angeführt, welche 
in meiner Gegenwart zwischen St. Louis und der Senegalmündung 
gefisecht wurden, da die Angaben der Eingebornen über den Fund- 
ort der am Markte feilgebotenen Fische wegen der nächsten Nähe 
des Meeres mir nicht ganz verläßlich erschienen. Sie sind mit einem 
Sterne bezeichnet. 

Schließlich erlaube ich mir, meinen innigsten Dank allen jenen 
Herren auszudrücken, welche mich während meiner Reise in so 
liberaler und freundschaftlicher Weise unterstützten, insbesondere 
Sr. Exe. M. Drouyn de Lhuys, President de la Soeiete imperiale 
zoolögique d’Acelimatation, Sr. Exe. dem Herrn Marineminister, fer- 
ner M. Pinet-Laprade, Gouverneur von Senegambien, M. Martin, 
Chef du Cerele de Dagana, den Herren Doctoren Lebreton und 
Manee, M. Wyts und Herrn Prof. Aug. Dumeril; ohne die 
besondere Empfehlung und die gastliche Aufnahme von Seite ge- 
nannter Herren wäre es mir unmöglich gewesen, St. Louis zu 
überschreiten. 


Zur Fischfauna des Senegal. yai 


TELEOSTEE. 
Acanthopterygi. 


Fam. Pereidae. 


Gatt. Labrax Cuv. 


1. Art. *Labrax punetatus (Bloch) Gthr. 


Syn. Sciaena punetata Bloch, Naturg. ausl. Fische, V, pag. 64, tab. 305, 
Perca diacantha var. b., Bl. Sehn. Syst. Ichth. p. 85. 
Perca punctata Geoffr., Deser. de ’Egypte, pl. 20, Fig. 2, 
Labrax lupus ©. V. Hist. nat, Poiss. II. pag. 56, pt. 


= 2 » Costa, Fauna del regn. di Nap. Pese. t. 51, dese. 
part. \ 
” 5 »  Valeneiennes, Ichth. des H. Canar p.5. 


= ea » A. Dumeril, Rept. et Poiss. d’Afr. oceid., Arch. 
Mus. t. X, p. 261. 
Labraa punetatus Gthr. Ann. & Mag. nat. hist. pag. 174. 
u n Britto Capello, Journ. de se. math. phys. e nat., 
Nr. II, pag. 154. (Extr. p. 1) Fig. 3 (Lisb. 1867) 
et Nr. III. (Extr. pag. 9) 1867. 
ER Steindaehner, Ichth. Ber. über eine nach Span. 
u. Port. untern. Reise, Sitzb. d. kais, Akad. d. 
Wiss. zu Wien, I. Abth., Oet. Heft, Jahrg. 1867, 
p- 607 (Sep. Abdr. p. 5—6). 

Der Verbreitungsbezirk dieser bereits an den Küsten Spaniens 
und Portugals (von Lissabon und Malaga südwärts) häufig vor- 
kommenden Art, welche wie Labrax lupus sehr geschätzt ist und 
eine bedeutende Größe erreicht, erstreckt sich bis an die Küsten 
Senegambiens. 

Labrax punctatus hält sich wie L. Zupus auch in den bracki- 
schen Gewässern, welche mit dem Meere in Verbindung stehen, auf, 
und steigt zum mindesten in der trockenen Jahreszeit mit den Meeres- 
fluthen im Senegal noch weit über St. Louis hinauf. 

Ich erhielt zahlreiche kleine Individuen im Brackwasser des 
unteren Senegal zwischen St. Louis und der Mündung im October 
bis December 1868. 

Sehr große Exemplare sah ich auf dem Fischmarkte zu Goree 
im October desselben Jahres. 


672 Steindacehner. 


Gatt. Lates Cuv. 


2. Art. Iates niloticus Lin. (speec.) 
Taf. I. var. 
Syn. Perca nilotica Lin. Syst. nat., ed. Gmel. pag. 1312, Nr, 7. Ed Vindob. 
XII, t. I. pag. 483. 
5 » Bloch Schn. Syst. Iehth. pag. 87, Nr. 16. 
Ciao ntlotieus Läee£p. Poiss. t. IV, pag. 278. 
Lates nilotieus Cuv. Val. t. Il, p. 89, t. III, pag. 490. 
Gthr. Cat. t. I, pag. 67. 


E>} ” 


Cuvier und Valenciennes erwähnen im zweiten Bande der 
Histoire naturelle des Poissons (p. 90), daß Lates niloticus nach 
einstimmigen Urtheile aller Schriftsteller, welche über die Fische 
Ägyptens berichten, die geschätzteste Fischart des Niles sei; diese 
Bemerkung hat auch für das Senegal-Gebiet volle Giltigkeit. 

Während meines Aufenthaltes am Senegal erhielt ich nur kleine 
Exemplare bis 12’ Länge, doch versicherten mich die Eingebornen 
so wie die französischen Offieiere, welche in Bakel und Podor 
stationirt waren, dafs im Frühjahre, bei niedrigem Wasserstande, 
nieht selten Exemplare bis zu 6’ Länge gefangen wurden. 

Bei Individuen von 51/,—61/,”’ Länge ist die größte Leibes- 
‚ die Kopflänge etwas mehr 


höhe etwas weniger als 3/; 
als 3mal in der Totallänge enthalten. 

Die Läuge des Auges beträgt bald etwas mehr, bald etwas 
weniger als 1/; der Kopflänge. 

Die Zahl der Zähne am Winkel des Humerale über den Brust- 
flossen scheint mit dem Alter zuzunehmen, denn ich zähle bei jedem 
der mir zur Beschreibung vorliegenden kleinen Exemplare aus dem 
Senegal nur 4—5 Zähnchen, während 51/,’ lange Individuen aus dem 
Nile deren 7—8 besitzen. 

Der hintere abgerundete Rand der Suprascapula trägt 4—5 
Zähne. 

Der Stachel des Kiemendeckels ist stark zugespitzt und be- 
deutend kürzer und schwächer als der am Vordeckelwinkel. 

Die Zähnchen am hinteren, schwach gebogenen Rande des 
Präoperkels nehmen gegen den Winkel etwas an Stärke zu, und ver- 
lieren sich vor der Basis des großen Vordeckelstachels. 


Zur Fischfauna des Senegal. 673 


Die viel stärkeren Zähne am unteren Vordeckelrande sind nach 
vorne und unten gebogen, und bei frischen Individuen gleich den 
Zähnen am unteren Rande des Suboeularringes, welche nach hinten 
geneigt sind, kaum oder gar nicht sichtbar, da eine ziemlich dicke 
Haut sie umgibt. 

Die Kiefer-, Vomer- und Gaumenzähne sind sammtartig, sehr 
zahlreich ; die Zunge ist glatt, ziemlich frei. 

Der hintere Rand des Oberkiefers fällt bei geschlossenem Munde 
senkrecht unter den hinteren Augenrand. 

Die Höhe des dritten, längsten Stachels der ersten Dorsale ist 
bei einem Exemplare von 2®/,” Länge 5t/,mal, bei einem größeren 
von 62/5,” Länge aber nur 4*/,mal in der Totallänge enthalten, oder 
eirca 11/, — 1:/, mal in der Kopflänge. Die Länge der abgerundeten 
Caudale verhält sich zu der des Kopfes wie 1 : 1'/, bei ganz jungen 
Exemplaren, bei älteren aber wie 1 : 13/,. 

Bei Exemplaren von 22/,” Länge sind die zweite Dorsale und 
die Anale ganz und gar schuppenlos bis auf die Basis, bei älteren 
von nahezu 4” Länge zieht bereits eine sehr schmale Reihe sehr 
kleiner Schüppchen bis zur Mitte der Flossenhöhe, bei Individuen 
von 62/,”’ Länge aber ist die Anale vollständig bis in die Nähe des 
unteren Randes beschuppt, während auf der zweiten Dorsale die 
Schuppen bis zum zweiten Drittel ihrer Höhe reichen und zwischen 
je zwei Strahlen einen Zwischenraum frei lassen. 

Die Peetorale ist kürzer als die Ventrale, abgerundet, kaum 
halb so lang wie der Kopf, während die zugespitzte Ventrale 3/, der 
Kopflänge erreicht. Der Ventralstachel kommt an Länge beiläufig 
1/; des Kopfes gleich. 

Die Seitenlinie reicht fast bis zum hinteren Ende der Schwanz- 
flosse, und durehbohrt bis zur Basis der letzteren eirca 66 Schuppen. 
Auf der Caudale selbst bemerkt man noch eirca 25 — 27 Schuppen, 
in welche sich der mittlere Hauptast der Seitenlinie fortsetzt. Außer- 
dem zeigt sich noch auf der Schwanzflosse und zwar drei Strahlen 
über und zwei Strahlen unter der von der Suprascapula herab- 
laufenden Seitenlinie ein gleichfalls fast horizontal laufender Neben- 
ast, der mit dem mittleren Hauptaste in keiner äußerlich sichtbaren 
Verbindung steht. 

Die rasch sich erhebende obere Profillinie des stark zugespitzten 
Kopfes mit vorspringendem Unterkiefer ist in der Augengegend 


674 Steindachner. 


schwach eoncav; die Rückenlinie steigt bis zur Basis des ersten 
Dorsalstachels in starker Bogenkrümmung an. 

Die Grundfarbe des Körpers ist in der Regel silbergrau, gegen 
den Bauch zu heller, am Rücken bedeutend dunkler. Zuweilen sind 
Kopf und Rumpf, die beiden Dorsalen, die Caudale und Anale intensiv 
braun marmorirt und gefleckt (siehe Taf. 1), doch erlöschen die Mar- 
morirungen sehr rasch nach dem Tode, insbesondere bei in starken 
Weingeist eingelegten Exemplaren, nur die dunkeln Längs- und 
Querbinden der erwähnten Flossen erhalten sich längere Zeit ziem- 
lich vollständig. Die Peetorale ist weißlich. 

Bei einigen Individuen läuft eine braune, ziemlich breite und 
scharf abgeprägte Längsbinde vom seitlichen Schnauzenrande bis 
zum obern Ende des Vordeckels, nur vom Auge unterbrochen. 

D. 7\Yı2; A. 3/8; P. 15—16; L. lat. ec. 66 (mit Ausschluß der Schup- 


10—11 


pen auf der Caudale); L. transv. 1 - 
18—20 


Vier Exemplare von St. Louis, vier von Dagana, drei von 
Podor. 

Lates nilotieus liebt stark fließendes, ziemlich tiefes Wasser, 
und wird in der Nähe des Ufers nur in kleinen Exemplaren gefischt. 


Note. In dem II. Bande des Zoologieal Record (1866) pag. 140 (2 ersten 
Zeilen) lese ich zu meinem nicht geringen Erstaunen, daß die von 
mir als Dules novem-aculeatus beschriebene Art ein Lates sei und 
mit Lates colonorum Gthr. zusammenfalle. Da aber Dules novem- 
aculeatus , den ich in & vortrefflieh Exemplaren besitze, eonstant 
6 Kiemenstrahlen (Charakter der Dules-Arten) besitzt und eine zu- 
sammenhängende Dorsale, überdies auch im ganzen Habitus gar keine 
Ähnliehkeit mit den Zates-Arten zeigt, so kann wohl von einer Ein- 
reihung des Dules novem-aeuleatus in die Gattung Lates (mit7 Kiemen- 
strahlen) gar keine Rede sein, und ich bedauere lebhaft, daß Herr 
Dr. Günther in seinem gewiß sehr rühmlichen Streben, Anderer 
Irrthümer zu berichtigen, sich in diesem Falle selbst geirrt habe 
(zum mindesten im Geschlechte!) Ob Lates colonorum Gthr. und 
Dules novemaculeatus eine und dieselbe Art sei, vermag ich nicht zu 
entscheiden, da sieh in Günther’s Beschreibung keine Angabe über 
die Zahl der Kiemenstrahlen vorfindet und die Einreihung erstge- 
nannter Art in die Gattung Lates (?) das Vorkommen von 7 Kiemen- 
strahlen unbedingt voraussetzt. 


>p) 
=) 
Sc 


Zur Fischfauna des Senegal, 


Fam. Pristipomatidae. 


3. "Art. Pristipoma Jubelini Cuv. Val. 
Taf. I. - 
Syn. Pristipoma Jubelini C. V. Hist. nat. Poiss. t. V. p. 250. 
Ä 2 Bleker, Poiss de Guinee (Natuurk. Verhandl. Haar- 
lem XVIIL.) pag. 54, tab. XI. Fig 2. 
H FA A. Dumeril, Poiss. d’Afr. oceid., pag. 262. 


Die Länge des Kopfes ist eirca 33/,mal, die größte Körperhöhe 
22/,;mal in der Totallänge enthalten. 


Die obere Profillinie des Kopfes fällt von der Basis des ersten 
Dorsalstachels ziemlich steil, geradlinig zur Schnauzenspitze ab, nur 
die Nackengegend ist ein wenig gewölbt. 


Das Auge zeichnet sich durch seine bedeutende Größe aus, der 
Diameter desselben steht an Länge der Schnauze nur sehr wenig 
oder nicht nach und ist 3'/,; — 3°/,mal, die Stirnbreite etwas mehr 
als 5mal, die größte Breite des Kopfes genau oder etwas mehr als 
21/,mal, die Kopfhöhe fast 12/;mal in der Kopflänge enthalten. 


Die Mundspalte ist ziemlich klein, schief nach oben gerichtet; 
der Unterkiefer wird vom Zwischenkiefer überragt. 


Das hintere Ende des Oberkiefers fällt bei geschlossenem Munde 
in senkrechter Richtung bald unter den vorderen Augenrand, bald ein 
wenig hinter denselben. 

Die Kieferzähne sind bürstenförmig, dicht aneinander gedrängt; 
die der Aussenreihe sind im Unterkiefer nur ganz unbedeutend, im 
Zwischenkiefer aber beträchtlich länger und etwas stärker als die 
dahinter liegenden Zähnchen. 

Das Präorbitale zeichnet sieh durch seine Größe aus, ist rhom- 
benförmig; seine größte Höhe beträgt fast 5/, der Augenlänge. Bei 
geschlossenem Munde überdeckt es den Oberkiefer vollständig und 
ist nur im hintersten Theile mit einigen Schuppen versehen, welche 
aber wie die Schuppen an der unteren Fläche des Unterkiefers unter 
einer dünnen gemeinsamen Haut halb verborgen liegen. 

Der hintere Rand des Vordeckels ist stets nach hinten und 
unten geneigt, doch in der Regel viel bedeutender bei Exemplaren 
von 6 — 61/,” Länge als bei größeren von 61/, — T1/," Länge, und 
im mittleren Theile mehr oder minder schwach eoncav. 


676 Steindachner. 


Der hintere Vordeckelwinkel ist abgerundet, springt über den 
hinteren Rand vor und ist in der Regel mit etwas stärkeren, doch 
minder nahe an einander gerückten Zähnen besetzt als der darüber 
liegende concave Theil des hinteren Randes des Präoperkels. 


Die Zähne im obersten, schwach convexen Theil des hinteren 
Randes desselben Knochens sind schief nach oben und hinten gewen- 
det und etwas größer als die darauffolgenden unteren. 


Der Kiemendeckel endigt in zwei platte, stumpfe Stacheln, 
welche durch einen halbmondförmigen, überhäuteten Einschnitt von 
einander getrennt sind. 


Der hintere Rand der Suprascapula ist äußerst schwach ge- 
zähnelt. 


Die Stacheln der Dorsale erheben sich rasch bis zum vierten, 
und nehmen dann bis zum vorletzten nur allmählig an Höhe ab. Der 
vierte Dorsalstachel ist eirca 13/, — 1°/;mal in der größten Rumpf- 
höhe enthalten, während der zweite längste Analstachel von seiner 
unter Schuppen verborgenen Basis gemessen circa 1:1/, bis nahezu 
2mal in der Körperhöhe begriffen ist, somit bezüglich seiner Länge 
bedeutenden Schwankungen unterliegt. 


Der dritte Analstachel steht an Länge dem vierten Dorsalstachel 
etwas nach. 


Die Pectorale ist zugespitzt und kommt an Länge dem Kopfe 
fast ganz gleich, während die Länge der Ventrale 12/,mal in der 
Kopflänge begriffen ist. 

Der erste Gliederstrahl der Ventrale ist schwach fadenförmig 
verlängert und reicht mit seiner Spitze bis zur Analmündung oder 
bis in die nächste Nähe derselben. 

Über die Basis der ganzen Dorsale legt sich eine schmale 
Schuppenscheide, die in der vorderen Hälfte der Flossenbasis nur 
von einer, in den hinteren aber von 2 — 3 Schuppenreihen gebildet 
wird; weit höher ist die Schuppenscheide der Anale. Der ganze 
übrige Theil der beiden Flossen aber ist schuppenlos. 

Die Caudale erreicht nicht ganz eine Kopflänge, und ist in der 
vorderen Hälfte überschuppt. 

Die Seitenlinie durchbohrt bis zur Einlenkungsstelle der mitt- 
leren Caudalstrahlen eirca 50 — 52 Schuppen, auf der Caudale 
überdies noch eirca 12 Schuppen. 


Zur Fischfauna des Senegal. 677 


Zwischen der Basis des ersten Dorsalstachels und der Seiten- 
linie zähle ich 61/,, unter letzteren bis zur Einlenkung der Ventralen 
14 Schuppen. 

Der ganze Kopf, mit Ausnahme des größten Theiles des Präorbi- 
tale, der Lippen und der überhäuteten Stelle, unter welcher der 
Stiel des Zwischenkiefers liegt, ist beschuppt. 

Die über der Seitenlinie liegenden Schuppen in den beiden 
vorderen Längendritteln des Rumpfes laufen in schiefen Reihen nach 
hinten und oben, die übrigen bilden horizontale Reihen. 

Unter der Brustflossenhöhe nehmen die Rumpfschuppen merk- 
lich an Umfang ab. 

Der Rücken ist hellbraun mit goldigem Schimmer; die untere 
Hälfte der Rumpfseiten und der Bauch silberfarben. 

Dunkelbraune Flecken ziehen in schiefen Reihen von der Seiten- 
linie zur Rückenlinie hinauf, der Richtung der Schuppenreihen fol- 
gend; unter der Seitenlinie bilden sie mehrere Längenreihen. 

Die obere Hälfte der Flossenhaut zwischen den Dorsalstacheln 
und Strahlen ist sehr dicht dunkelgrünlich oder schwarzgrau punk- 
tirt. Zwischen den unteren Enden je zweier aufeinander folgender 
Strahlen und Stacheln der Rückenflosse liegt ein dunkler Fleck; 
zuweilen folgen darüber noch 1 — 2 Reihen größerer, doch minder 
scharf abgegrenzter Flecken. Peetorale und Ventrale sind hellgelb. 

Die Caudale ist zunächst dem hinteren eingebuchteten Rande 
grau; die Anale hie und da, hauptsächlich im vorderen Theile grau 
punktirt. Ein großer tiefschwarzer Fleck liegt am Kiemendeckel und 
auf der überhäuteten Einbuchtung zwischen den Operkelstacheln. 

D. 12/15 —16; A. 3/7; P. 16—17; L. lat. 50—52 (ohne die 


Schuppen auf der Caudale); L.transy. — 1 


14 


Acht Exemplare aus dem Senegal bei St. Louis. 


Herr Prof. August Dumeril hatte die Güte mir zwei Original- 
exemplare des Prist. Jubelini aus dem Pariser Museum zum Ver- 
gleiche einzusenden, und ich überzeugte mich, daß auch bei diesen 
Exemplaren eirca 50—52 Schuppen zwischen dem hinteren Kopf- 
ende und der Basis der mittleren Caudalstrahlen längs der Seiten- 
linie liegen und 21 —22 querüber zwischen der Pectorale und deren 
Basis des ersten Dorsalstachels; es sind somit die betreffenden An- 


678 Steindachner. 


gaben in der Hist. natur. des Poissons (t. V, pag. 254: Le kaakan et 
le jubelin n’en ont que quarante eing sur seize) nicht richtig. 


4. Art. *Pristipoma Peroteti C. V. 
Taf. II. 


Syn. Pristipoma Perotaei C. V. Hist. nat. Poiss. t. V. pag. 254. 
Pristipoma Perottaei A. Dum. Poiss. de l’Afr. oceid. pag. 262 (Nr. 54). 


Diese Art ist nahe verwandt mit der früher beschriebenen Art 
durch die Größe des Auges und die Kürze der Schnauze, doch ist 
die Körpergestalt gedrungener; die Dorsale enthält in der Regel 11 
selten 12 Stacheln und 16—17, selten 15 Gliederstrahlen, die 
Anale 3Stacheln und 9—10 getheilte Strahlen; S—9 Schuppen 
liegen über, 16— 17 unter der Seitenlinie. 

Wir untersuchten 2 kleine, 31/;—4’ lange und 5 größere, 
23/,’ lange Exemplare aus dem Senegal zwischen St. Louis und der 
Mündung. 

Bei diesen ist die Länge des zugespitzten Kopfes 332/,—3°/,mal, 
die größte Leibeshöhe genau oder nahezu 31/,—31/,mal in der 
Totallänge, der Augendiameter etwas mehr als 8—3*/, (selten fast 
Amal), die Stirnbreite mehr als 4—4t/,mal in der Kopflänge ent- 
halten. 

Die Schnauzenlänge gleicht der Augenlänge oder steht ihr 
etwas nach, der Zwischenkiefer springt nur wenig über den Unter- 
kiefer vor. 

Die Mundspalte ist von geringer Länge, schief nach oben ge- 
kehrt, das hintere Ende des Oberkiefers fällt senkrecht unter den 
vordern Augenrand. 

Der große vordere Augenrandknochen ist nur wenig länger als 
hoch, im hinteren Theile mit Schuppen bedeckt, die unter der Haut 
ziemlich verborgen liegen. 

Der aufsteigende Rand des Vordeckels ist in der Regel nur 
schwach nach hinten geneigt, und mäßig concav und in ähnlicher 
Weise wie bei Pr. Jubelini gezähnt. 

Die Dorsalstacheln sind kräftig, doch von keiner bedeutenden 
Höhe und bilden mit ihren Spitzen einen stark gerundeten Bogen. 
Der längste vierte ist 2 bis fast 21/,mal in der Kopflänge enthalten, 
bei einem Exemplare des Pariser Museums aber nur 1%/,mal. 


Zur Fischfauna des Senegal. 679 


Der zweite Analstachel übertrifft den vierten Stachel der Dorsale 
kaum an Stärke und häufig auch nur wenig an Länge; er ist eirea 
21/,;mal in derKopflänge; oder 2%/,—1°/,mal in der größten Leibes- 
höhe enthalten und stets fast noch einmal so breit und mehr oder 
weniger unbedeutend länger als der dritte. Bei dem schon früher 
erwähnten Originalexemplare des Pariser Museums überragt die 
Spitze des zweiten Analstachels die Spitzen der ersteren Glieder- 
strahlen, während bei den fünf ebenso großen Exemplaren unserer 
Sammlung das Gegentheil stattfindet (s. Taf. III). 


Die Schuppenscheide der Dorsale wird längs der Basis der 
Stacheln nur von einer Reihe von Schuppen gebildet, welche höher 
als lang und hinten senkrecht abgestutzt sind, weiter nach hinten 
aber von zwei Reihen viel kleinerer, ovaler Schuppen. 


Die Sehuppenscheide der Anale ist viel höher und wird im mitt- 
leren Theile ihre Länge von vier Schuppenreihen zusammengesetzt. 
Die Schuppen der obersten Reihe sind größer als die übrigen. 

Die Peetorale ist lang, zugespitzt, ihre Spitze fällt senkrecht 
über die Aftermündung, die Länge der Brustilossen steht der des 
Kopfes etwas nach. 

Die Caudale ist mehr als zur Hälfte beschuppt, am hinteren 
Rande eingebuchtet, und an Länge der Entfernung des hinteren Kopf- 
endes vom vordern Nasenloch gleich. 

Der erste Gliederstrahl der Ventrale ist schwach fadenförmig 
verlängert und durchschnittlich der Entfernung des hinteren Kopf- 
endes vom vordern Augenrande an Länge gleich. 


Die obere Körperhälfte ist silbergrau mit blauem Schimmer, die 
untere silberfarben. Bei kleinen Individuen fehlen Rumpfflecken, bei 
älteren zeigen sich dunkle Flecken in der oberen Körperhälfte; der 
große Fleck am Operkel fehlt nie. Eine Reihe dunkler Flecken liegt 
zunächst über der Basis sämmtlicher Dorsalstrahlen; der mittlere 
Theil der Dorsale ist dieht mit braunen Pünktchen übersäet, welche 
eine breite Binde bilden; der obere Rand des stacheligen Theiles der 
Dorsale ist noch dunkler punktirt, als der mittlere. 

D. 11—12/16—17 (selten 15); A. 3/9—10; L. lat. 51—53; 
8—9 


L. transv. 1 
16—17 


680 Steindachner 


5. Art. *Pristipoma Rogeri Cuv. Val. 
Taf. IV. 


Syn. Pristipoma Rogeri C. V.t. V. p. 254. 
A. Dum.]. e. pag. 262 (Nr. 55). 


” ” 


Auch bei dieser Art ist der aufsteigende Rand des Vordeckels 
nicht vertical gestellt wie Cuvier und Valenciennes angeben, 
sondern ein wenig nach hinten geneigt und im mittleren Theile zu- 
gleich sehr schwach eoncav, überdieß stark gezähnt. 

Bei Prist. Rogeri ist der dritte Analstachel etwas länger als der 
zweite und das Präoculare kaum länger als hoch. 

Die Länge des Kopfes ist unbedeutend mehr als dmal in der 
Körperlänge und etwas mehr als 35/;mal in der Totallänge, die 
größte Rumpfhöhe etwas mehr als 31/,mal in, der Totallänge, der 
Augendiameter 43/,mal, die Schnauzenlänge vom vorderen Augenrand 
bis zur Mitte der Oberlippen gemessen 3mal, die Stirnbreite eirca 
41/,mal, Kopfhöhe wenig mehr als einmal in der Kopflänge enthalten. 
Die Höhe des Präorbitale übertrifft die Länge des Auges nur un- 
bedeutend. Das hintere Ende des Oberkiefers fällt senkrecht unter 
den vorderen Augenrand. 

Die vbere Profillinie des Kopfes fällt steil, geradlinig zur 
vorgezogenen Schnauze ab. : 

Der höchste, fünfte Dorsalstachel ist unbedeutend mehr als 
3mal in der Kopflänge oder 2'/,mal (nicht 3mal) in der größten 
Rumpfhöhe enthalten, während der dritte Analstachel, welcher nur 
halb so breit wie der zweite ist, kaum ?/,; der Kopflänge erreicht. 

Der obere Dorsalrand ist zwischen dem fünften Stachel und 
dem ersten Gliederstrahl tief bogenförmig eingeschnitten, die 
Gliederstrahlen nehmen vom zweiten an allmählıg, gleichförmig an 
Höhe ab, so daß der letzte nahezu halb so hoch wie der erste ist. 

Der dritte Analstachel ist viel schwächer aber ein wenig 
länger als der zweite Stachel und unbedeutend kürzer als der erste 
Gliederstrahl. Der untere Rand der Anale ist concav. 

Die schwach sichelförmig gebogene Pectorale gleicht dem 
Kopfe an Länge. 

Die Ventrale ist an der Unterseite in den drei vorderen Längen- 
vierteln beschuppt. 


Zur Fischfauna des Senegal. 681 


Bezüglich der Zeichnung des Rumpfes wäre zu Cuvier Valen- | 
ceiennes’ Beschreibung noch hinzuzufügen, daß am Rumpfe von der 
Rückenlinie bis zur zweiten Schuppenreihe unter der Seitenlinie 
ein ziemlich großer brauner Fleck von rundlicher Form zunächst 
der Basis jeder Schuppen liegt. 

Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß Prist. Rogeri dem 
P. Bennettii sehr nahe stehe, doch dürften diese beiden Arten nicht 
identisch sein, wie Dr. Günther vermuthet, da sie in der Form 
des Kopfes, des Präorbitale, in der Schnauzenlänge, so wie in der 
Zeiehnung der Dorsale von einander abweichen. 

Das hier beschriebene Exemplar des Pristipoma Rogeri, ein 
Uniceum des Pariser Museums, ist etwas mehr als 131/, Wiener Zoll 
lang und ziemlich beschädigt. Die Seitenlinie durchbohrt bis zur 
Basis der mittleren Caudalstrahlen 51—52 Schuppen und überdieß 
noch 11—13 auf der Caudale. S—9 Schuppen dürften zwischen der 
Basis des ersten Dorsalstachels und der Seitenlinie in einer Vertieal- 
reihe liegen und J4—15 zwischen der Pectorale und der Seiten- 
linie. 

89 


D. 12/15; A 3/10; PB. 16; Ela 51 5253 Din ansv 


14—15 


Die Schuppen über der Seitenlinie bilden nahezu horizontal 
laufende Reihen, jede dieser Schuppen trägt an der Basis einen 
braunen Fleck. 


6. Art. *Pristipoma Bennettii Lowe. 


Syn. Pristipoma Bennettü Lowe, Trans. Zool. Soe. t. II, pag. 176. 

Valene., Hist. nat. H. Canar., Ichth. pag. 26. 

Guichen., Hist. nat. des Rept. et Poiss. de 
l’Alger. (V.) pag. 44. 

Steind., Ichth. Bericht über eine Reise nach 
Span. und Portug., Sitzb. d. k. Akad. in Wien, 
Bd. LVI. Abth. I. Oct. Heft. Jahrg. 1867, Sepa- 
ratabdr. pag. 17. 

Pristipoma ronchus Valene., Hist. nat. des H. Canar Ichth. pag. 25, 

pl. VII, Fig. 2. 


&] ” 


8—9 


D.12—13/15—16; A.3/12; L. lat. 53—54; L.transy. 1 


14—15 


Wir erhielten diese an den Küsten Tenerife’s so häufig vor- 
kommende Art in zwei Exemplaren auf dem Fischmarkte St. Louis 


682 Steindachner. 


(Oct. 1868), und verweisen auf die von uns in den Sitzungsberichten 
der kais. Akademie 1867 gegebene ausführliche Beschreibung. Die 
Dorsale und Anale sind im Gegensatze zu dem sehr nahe verwandten 
Pr. Rogeri schmutzig violettgrau, fleckenlos. 


7. Art. * Pristipoma suillum C. \. 
Taf. V. 


Syn. Pristipoma suillum C. V., Hist. n. des Poiss t. IX. pag. 482 (adult.) 
Pristipoma Rangii C. V., ibid pag. 484. (jun.) 


Die Länge des zugespitzten Kopfes ist bei Exemplaren von 
910 Zoll Länge 32/, bis >/„mal, bei völlig erwachsenen von 
21 Zoll Länge eirca 31/;mal, die größte Leibeshöhe fast 4mal bei 
ersteren, etwas mehr als Amal bei letzteren in der Totallänge ent- 
halten. 

Die Länge der Schnauze nimmt mit dem Alter bedeutend zu, 
sie ist bei jungen Individuen 22/,—23/ymal, bei alten 22/,mal, der 
Augendiameter eirca 41/,—6?/,mal, die Stirnbreite 5- etwas mehr 
als 4s/,mal, die Kopfhöhe etwas mehr als 11/;mal in der Kopflänge 
begriffen. 

Das Praeorbitale ist bei Individuen von 10” Länge nur 11/;mal, 
bei alten von 21” Länge 11/;mal so hoch wie lang, die Oberlippe bei 
letzteren sehr wulstig, bei ersteren nur mäßig entwiekelt. Während 
bei jüngeren Exemplaren die Kiefer nach vorne gleich weit reichen, 
überragt bei alten der Zwischenkiefer ein wenig den Unterkiefer. 

Die Mundspalte ist ziemlich klein, schief gestellt; die Mund- 
winkel fallen bei jungen Individuen senkrecht unter die vorderen 
Narinen, bei alten noch etwas vor diese. 

Die vorderen schiefgestellten, ovalen Narinen sind mit ihrem 
unteren Winkel bei Exemplaren von 9—10” Länge kaum um :/, der 
Augenlänge vom vorderen Augenrande entfernt, bei alten von 21” 
Länge aber um ®/, eines Augendiameters. 

Der aufsteigende Rand des Vorderdeckels ist vertical gestellt, 
im mittleren Theile concav. Die Zähnelung desselben ist bei alten 
Exemplaren verhältnißmäßig viel schwächer als bei jungen. 

Die obere Profillinie des Kopfes ist sehr schwach concav, die 
Nackenlinie bei alten Individuen stärker gekrümmt als bei jungen. 

Der längste vierte Dorsalstachel ist etwas mehr als 2mal bei 
jungen Individuen, bedeutend mehr als 3mal bei alten in der Kopf- 


Zur Fischfauna des Senegal. 683 


länge oder eireca unbedeutend mehr als 2—2%/,;mal in der Rumpf- 
höhe enthalten. 

Von der Spitze des vierten Dorsalstachels bis zu der des vor- 
letzten Stachels bildet der obere Flossenrand eine vollkommen 
gerade, mäßig geneigte Linie; der zweite Analstachel ist nur wenig 
länger als der dritte, doch viel stärker als dieser und eirea ebenso 
lang wie der vierte Dorsalstachel. 

Der dritte Analstachel wird vom ersten Gliederstrahle derselben 
Flosse ziemlich beträchtlich nach unten überragt. Der untere Rand 
der Anale ist concav. 

Die Länge der Pectorale steht der des Kopfes bei jungen Indi- 
viduen kaum um die Hälfte eines Augendiameters, bei alten dagegen 
um die ganze Augenlänge nach. Die Caudale gleieht an Länge der 
Entfernung der Operkelspitze von den Mundwinkeln. 


Die Schuppen des oberen vordersten Rumpftheiles steigen in 
schiefer Richtung von der Seitenlinie nach oben und hinten an, die 
übrigen Schuppen zwischen der Seitenlinie und der Profillinie des 
Rückens bilden nur sehr schwach nach oben und hinten ansteigende 
Reihen, die Schuppen unter der Seitenlinie sind horizontal gelagert. 
Der Lage der Schuppenreihen entsprechen die braunen Streifen, 
welche über die Höhenmitte der einzelnen Schuppen laufen, doch nur 
bis zur zweiten oder dritten Schuppenreihe unter der Seitenlinie 
herabreichen. Bei alten Exemplaren lösen sich die bindenförmigen 
Längsstreifen in Reihen einzelner Flecken auf. Der Kiemendeckelfleck 
zwischen den beiden kurzen Deckelstacheln ist bei jungen Individuen 
bald nur schmal, quergestellt, bald von bedeutendem Umfange und 
verliert sich im Alter nahezu vollständig. Der mittlere Theil des 
Kiemendeckels ist rothgelb. Die Seitenlinie durchbohrt 53 Schuppen 
bis zur Basis der mittleren Caudalstrahlen und 10—12 auf der 
Caudale. 


Querüber liegen 61/, Schuppen zwischen der Seitenlinie und 
der Basis des ersten Dorsalstachels, 14—15 zwischen der Ventral- 
basis und der Linea lateralıs. 


D. 12/15; A. 3/8—9. 


Pristipoma suwillum und P. Rangiü C. V. gehören einer und 
derselben Art an, wie sich aus der Untersuchung der Original- 


684 Steindachner. 


exemplare des Pariser Museums zweifellos ergab, welche uns Herr 
Prof. August Dumeril in liberalster Weise zum Vergleiche ein- 
sendete. 

Wir sahen während unseres zwanzigtägigen Aufenthaltes auf 
einem französischen Handelsschiffe vor der Senegalmündung nur ein 
einziges, 24 Zoll langes Exemplar dieser Art, welches von den Ma- 
trosen eines Kriegsschiffes im Senegal (im December 1868) gefangen 
wurde, konnten es aber leider für unsere Sammlung nicht erwerben, 
da wegen des Ausbruches der Cholera in St. Louis Noth an Lebens- 
mitteln aus den Schiffen herrschte. 

Kleinere Exemplare von 8—9” Länge erhielten wir in Goree, 
doch gingen sie leider während des Transportes zu Grunde, daher 
die von uns gegebene Abbildung nach einem Exemplare des Pariser 
Museums entworfen ist, während wir zur Beschreibung auch die von 
uns an Ort und Stelle gemachten Notizen benützten. 


8. Art. *Pristipoma macrophthalmum Blkr. 


Syn. Larimus auritus C. V. 1. e. t. VIII. pag. 501. 
= »  Gthr. Catal. t. I, pag. 268. 
Pristipoma macrophthalmum Blkr., Poiss. de Guinee, pag. 52. pl. XII. 
Fig. 1. 


Körperhöhe bei einem Exemplare von 8” Länge mehr als 32/,- 
mal, Kopflänge 3:/,mal in der Totallänge, Augendiameter 3'/,mal, 
Schnauzenlänge 43/,mal, Stirnbreite 41/,;mal in der Kopflänge ent- 
halten. 

Der Unterkiefer springt ein wenig vor, das hintere Ende des 
Oberkiefers fällt beiläufig unter das Ende des ersten Drittels der 
Augenlänge. 

Dicht aneinander gedrängte Bürstenzähne liegen in beiden Kie- 
fern, die Zähne der Außenreihe sind etwas länger und stärker als 
die übrigen, und zwar im Zwischenkiefer merklicher als im Unter- 
kiefer. Zwei sehr kleine Poren liegen zunächst der Symphyse des 
Unterkiefers; eine mediane Grube hinter der Kinnspitze, zuweilen 
auch auf letzterer noch eine kleine Pore. 

Der hintere Rand des Vordeckels ist nahezu vertical gestellt 
(etwas nach hinten geneigt), sehr zart gezähnt; die Zähnchen am 
Vordeckelwinkel sind ein wenig größer. Der untere Rand des Präo- 
perkels bildet mit dem hinteren Rande einen rechten Winkel. 


Zur Fischfauna des Senegal. 685 


Der dritte längste Stachel der ersten Dorsale erreicht eirea %/, 
der Kopflänge, die längsten Gliederstrahlen der zweiten Dorsale nur 
%/,ı des Kopfes. 

Der zweite Stachel der Anale ist stärker als jeder der Dorsale 
und nur ganz unbedeutend kürzer als der dritte Analstachel, aber 
stärker als dieser, Der erste Gliederstrahl der Anale ist etwas länger 
als der vorangehende Stachel. Unterer Rand der Anale schwach 
concav. 

Schuppenscheide der beiden Dorsalen nur von einer Reihe von 
Schuppen gebildet; Analscheide viel höher, im vorderen Theile von 
drei, in der hinteren Längshälfte von zwei Reihen von Schuppen ge- 
bildet, von denen die der untersten Reihe am größten sind. 

Die Caudale ist am hinteren Rande bei völlig ansgebreiteten 
Strahlen nur sehr schwach coneav und an Länge der Entfernung der 
oberen (hinteren) Suboperkelspitze vom vorderen Augenrande gleich. 
Die Pectorale erreicht nahezu die Länge des Kopfes zwischen der 
Kinnspitze und den Stacheln des Kiemendeckels. 

Die obere Profillinie des Rumpfes bis zur Caudale ist sehr 
schwach gekrümmt, etwas stärker die des Kopfes von der Schnau- 
zenspitze bis zur Dorsale. 

Die untere Profillinie des Körpers dagegen besehreibt zwischen 
der Kinnspitze und dem hinteren Ende der Afterflossenbasis einen 
stark gekrümmten Bogen, dessen tiefster Punkt in die nächste Nähe 
der Spitze der zurückgelegten Ventralen fällt. 

Die Seitenlinie ist schwach gebogen, sie nähert sich der Rücken- 
linie am bedeutendsten unter dem hinteren Ende der zweiten Dorsale 
und ist daselbst nur durch 2:/, Schuppen von der Schuppenscheide 
der Dorsale getrennt, während 6'/, Schuppen zwischen der Basis 
der ersten Dorsale und der dritten Schuppe der Seitenlinie liegen. 

Zwischen der Suprascapula und der Basis der mittleren, kürze- 
sten Caudalstrahlen durchbohrt die Seitenlinie 49 Schuppen, auf der 
Caudale endlich, welche in den beiden größeren vorderen Längen- 
dritteln beschuppt ist, noch eirca 8—9 Schuppen. 

10—11 Schuppen liegen zwischen der Seitenlinie un der 
Basis der Ventrale. 

Rücken bräunlich violett, mit goldgelben Streifen längs der 
Mitte der Schuppenreihen ; untere Körperhälfte hell goldbraun mit 
ähnlichen Streifen, wie in der oberen Körperhälfte. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. 1. Abth. 45 


686 Steindachner. 


Ein großer schwärzlicher Fleck am hinteren oberen Rande des 
Kiemendeckels zum größten Theile aber auf der häutigen Umsäu- 
mung desselben gelegen. Die Anale und die größere obere Hälfte der 
Pectorale ist braun gesprenkelt; Spuren brauner Flecken auf beiden 
Dorsalen zunächst über der Schuppenscheide. Oberer Rand der 
ersten Dorsale schwärzlich. Die von uns gegebene Beschreibung ist 
einem Originalexemplare des Pariser Museums entlehnt. 

D. 11|1/,;; A. 3/9; P. 2/16. 

Pristipoma macrophthalmum kommt nur sehr selten im unter- 
sten Laufe des Senegal vor und wird in beträchtlicher Tiefe gefischt; 
im allgemeinen Habitus erinnert er etwas an die Beryx- und Syna- 
gris-Arten, und bildet jedenfalls wenn nicht den Repräsentanten einer 
eigenen Gattung, so doch einer besonderen Gruppe der Gattung Pri- 
stipoma. 

Pristipoma macrophthalmum ist, wie in der Synonyme ange- 
deutet wurde, von Cuvier und Valenciennes irrigerweise in die 
Gattung Larimus gereiht worden, eben so von Dr. Günther (l. e.), 
welcher sie als erste, gleichsam typische Art der Gattung Larimus 
hinstellt und in anatomischer Hinsicht genau schildert, während sie 
doch einer ganz anderen Familie angehört, nämlich der der Pristi- 
pomatiden im Sinne des Günther'schen Systemes. 

Schon durch das Vorkommen von drei Analstacheln und die 
Gestalt der Caudale ist Prist. macrophthalmum Blkr. (= Larimus 
auritus) so auffallend von den Larimus-Arten verschieden, daß es 
geradezu unerklärlich ist, wie dieses Versehen der ersten Entdecker 
dieser schönen Art nicht schon längst auffiel, zum mindesten jenen 
Ichthyologen, welchen Exemplare des Larimus auritus zur Unter- 
suchung und Beschreibung vorlagen. 

Da der Artname „auritus“ bereits von Cuvier und Valen- 
ciennes für eine andere Pristipoma-Art vergeben ist, so muß der 
von Dr. Bleeker gewählte „macrophthalmum“ in Anwendung ge- 
bracht werden, da Pristipoma macrophthalmum mit Larimus auri- 
tus C. V. zusammenfällt, was Herr Dr. Bleeker übersehen hatte. 

Die Gattung Larimus im Sinne Günther's ist aus heterogenen 
Elementen zusammengesetzt; unseres Erachtens gehört in diese 
Gattung nur die typische Art Larimus breviceps C. V., ferner La- 
rimus fasciatus Holbr. und Larimus Peli Blkr. (Poiss. de Guinee 
pag. 63, pl. XVI, Fig. 2). 


Zur Fischfauna des Senegal. 687 


Fam. Seiaenidae, 


Gatt. Otolithus Cuv. 
(Otolithus et Pseudotolithus Blkr.). 


9. Art. *Otolithus senegalensis C. V. 
Taf. VI. 


‘Syn. Otolithus senegalensis C. V. t. IX, pag. 476. 
Pseudotolithus iypus Blkr., Mem. sur les Poiss. de la böte de Guinee 
(Natuurk. Verh. Haarlem, XVII, 1863) p. 60, 
tab. XV. Fig. 1. 


Im untersten Theile des Senegallaufes ziemlich gemein. 

Wir besitzen zwei trefflich erhaltene Exemplare von 14 und 
15 Zoll Länge. 

Bei diesen beträgt die größte Leibeshöhe 3/,, — 5/37, die Kopf- 
länge */,, der Totalläuge. Der Augendiameter ist 63/,- etwas mehr 
als 7mal, die Schnauzenlänge nicht ganz 5mal in der Kopflänge 
enthalten. 

Die geringste Breite der Stirne übertrifft ein wenig die Länge 
eines Auges und erreicht eirca 1/, der Kopflänge. 

Das hintere Ende des Oberkiefers fällt bei geschlossenem 
Munde senkrecht unter den hinterem Augenrand. Das Praeorbitale 
ist von sehr bedeutender Länge, aber schmal, und überdeekt den 
Oberkiefer mit Ausnahme seines hintersten Theiles vollständig. 

Die Mundspalte ist lang, schief nach oben gerichtet und eirea 
23/,mal in der Kopflänge enthalten. I 

Die Kiefer reichen gleich weit nach vorne, oder es springt der 
Unterkiefer ein wenig vor. 

Zwischen- und Unterkiefer tragen eine Binde zahlreicher 
Borstenzähnchen; vor diesen liegt im Zwischenkiefer eine Reihe von 
Hackenzähnen, jederseits 9—10, welche gegen die Mundwinkel 
allmählig an Länge und Stärke abnehmen; hinter der Binde der 
Sammtzähne stehen vorne noch 2—4 Hackenzähne, welche sehr 
leicht ausfallen. 

Im Unterkiefer liegt zunächst der Symphyse nach Außen eine 
kurze Reihe kleiner Hackenzähne, an den Seiten der Unterkiefer- 
äste dagegen hinter der Binde der Bürstenzähne nach Innen. 

45* 


688 Steindachner. 


Diese Hackenzähne der Innenreihe nehmen gegen die Mund- 
winkel etwas an Länge zu; die vor denselben nach Außen liegenden 
Bürstenzähnchen verlieren sich zuweilen gegen die Mundwinkel, so 
daß dann die Hackenzähnchen nach Außen zu liegen kommen. 

Der hintere Rand des Vordeckels ist nur wenig nach hinten 
und unten geneigt, schwach gebogen und der stark abgerundete 
Winkel spärlich mit kurzen Zähnchen besetzt. Noch kleiner und mit 
der Spitze nach hinten gekehrt sind die Zähnchen am unteren Rande 
des Vordeckels. 

Der Kiemendeckel endigt in zwei platte Spitzen, von denen die 
obere nur sehr schwach hervortritt. 

Die obere Profillinie des Kopfes ist geradlinig und steigt nur 
mäßig, doch bei alten Individuen etwas bedeutender, bis zum Be- 
ginne der Dorsale an. Die Oberseite des Kopfes ist querüber schwach 
gewölbt, bei einem Exemplare unserer Sammlung zeigt sich längs 
der Mitte der ganzen Kopfoberseite eine schwach vorspringende Er- 
höhung, welche am Nacken fast einen Kamm bildet. 

Die Stacheln der ersten Dorsale sind sehr schlank, der vierte 
längste gleicht der Hälfte des Kopfes an Länge oder übertrifft sie ein 
wenig; der erste Stachel ist sehr kurz. 

Die Gliederstrahlen der zweiten Dorsale nehmen bis zum dritten 
Längenviertel der Flosse etwas an Länge zu, erreichen jedoch kaum 
%/,, der Kopflänge. 

Die Basislänge der zweiten Dorsale beträgt bei dem Exemplare 
von fast 15” Länge 5” 9’, ist somit eirca 2*/„mal in der Totallänge, 
oder bei einer Körperlänge von 12’ 2’ etwas mehr als 21/;mal in 
der Körperlänge enthalten. 

Bei dem zweiten kleineren Exemplare von 14” in der -Total- 
Jänge (oder 11’ 2” in der Körperlänge) beträgt die Basislänge der 
zweiten Dorsale oder vielleicht richtiger, der gliederstrahlige Theil 
der Dorsale 4” 2’ ist, somit eirca 3'/,mal in der Totallänge enthal- 
ten. Es gibt somit die Basislänge der Dorsale keinen nur einiger- 
maßen verwendbaren Anhaltspunkt zur Charakterisirung der Arten 
der Gattung Otolithus, da sie selbst bei gleicher Anzahl der Glieder- 
strahlen und nahezu gleicher Totallänge bedeutenden Schwankungen 
unterworfen ist. 

Die Schuppenscheide legt sich über die Basis der sogenannten 
zweiten Dorsale und ist nur von einer Schuppenreihe gebildet. 


Zur Fischfauna des Senegal. 689 


Die Anale ist am hinteren Rande convex, der zweite Analstachel 
eirca so lang wie der drittletzte Stachel der ersten Dorsale und fast 
nur halb so lang wie der zweite Gliederstrahl der Anale. Die Pec- 
torale enthält bei einem unserer Exemplare rechts 2/15, links 2/14 
Strahlen. 

Die Caudale ist rhombenförmig, an Länge variabel, doch durch- 
schnittlich ein wenig kürzer als die Pectorale und der Entfernung 
des hinteren Kopfendes von dem vorderen Rande oder der Mitte des 
‚Auges gleich. 

Der Ventralstachel ist bedeutend länger als der zweite Stachel 
der Anale und eirea '/, der Kopflänge gleich; der erste Gliederstrahl 
der Bauchflossen verlängert sich in einen Faden und ist mit diesem 
cirea 1'/,mal in der Kopflänge enthalten. 

Die Seitenlinie senkt sich allmählig bis in die Gegend der Anale 
und läuft hierauf in horizontaler Richtung bis zum hinteren Ende der 
Caudale; sie verzweigt sich auf jeder Schuppe, welche sie durch- 
bohrt, in radienförmig auslaufende Strahlen, und läuft bis zur Ein- 
lenkungsstelle der mittleren Caudalstrahlen über 52 Schuppen, auf 
der Caudale selbst über eirca 50 Schuppen. Zwischen dem ersten 
Dorsalstachel und der Seitenlinie liegen 6 Schuppen. Zwischen letz- 
terer und der Basis der Ventralen eirca 11. 

Der Kopf ist mit Ausnahme der Lippen, des Zwischen- und 
Oberkiefers vollständig beschuppt. Die Schuppenreihen des Rumpfes 
laufen mehr oder minder schief nach hinten und oben, nur am 
Schwanzstiele laufen sie nahezu horizontal. 

Zahlreiche dunkelbraune Streifen in den beiden oberen Dritteln 
der Rumpfhöhe; sie folgen der Richtung der einzelnen Schuppen- 
reihen, deren mittleren Theil sie einnehmen. Zuweilen aber liegt nur 
ein dunkler Fleck an der Basis der Schuppen. 

Ein großer schwarzgrauer stahlblau schillernder Fleck von un- 
deutlicher Abgrenzung im vorderen größeren Theile des Kiemen- 
deckels. 

Die obere Hälfte des Körpers ist dunkel silbergrau mit einem 
Stiche in’s Röthliehbraune, die untere rein silberweiß. 

Die Haut zwischen den Dorsalstacheln ist in der oberen Hälfte 
schwärzlichbraun punktirt, am diehtesten hinter den einzelnen Sta- 
cheln. Zwischen je zwei Gliederstrahlen der zweiten Dorsale liegt ein 
brauner Fleck zunächst der Schuppenscheide, überdies ist noch die 


690 Steindachner. 


obere Hälfte dieser Flosse mehr oder minder dicht schwärzlich oder 
bräunlich puuktirt. 

Der vordere Theil der Anale ist braun gesprenkelt, ebenso die 
Unterseite des Schwanzstieles. Die Caudale zeigt zunächst dem hin- 
teren Rande eine schmutzbläulichgraue Färbung. 


D. 10/(29) 1/30—31; A. 2/7—8(9); P. 2/14—15. L. lat. 52 
( eirca 50 auf der Caudale). 


Auf Dr. Bleeker’s Abbildung dieser Art (unter dem Namen 
Pseudotolithus typus) ist der Kopf etwas zu stark herabgedrückt, 
weßhalb die Profillinie des Kopfesstärker'ansteigt als es in der That der 
Fall ist.: Dr. Bleecker zählt ferner nur 9 Stacheln in der ersten 
Dorsale (oder 10 mit Einschluß des Stachels der zweiten Dorsale), 
es scheint daher bei dem Exemplare des Leydener Museums der letzte 
(d. i. zehnte Stachel) der ersten Dorsale nicht zur Entwicklung ge- 
kommen zu sein. 


10. Art. *Otolithus maerognathus sp. Blkr. 
Taf. VI. 


Syn. Pseudotolithus macrognathus Bleeker, Poiss de Guinee, pag. 61, 
tab. XII. Fig. 2. 


Das uns vorliegende zur nachfolgenden Beschreibung benützte 
Exemplar ist 211/,” lang, somit bedeutend größer als jenes, welches 
Dr. Bleeker beschrieb und abbildete; aus diesem Größenunter- 
schiede erklären sich hinlänglich die nicht unbeträchtlichen Ver- 
schiedenheiten in den relativen Längenverhältnissen der einzelnen 
Körpertheile. 

Die größte Leibeshöhe ist eirca 42/;mal, die Kopflänge unbe- 
deutend mehr als 4mal in der Totallänge enthalten (nach Bleeker 
bei einem Exemplare von 881 Mm. Länge erstere 5-, letztere 
A®/,mal). 

Die Länge des ovalen Auges ist 6°/,mal, die Schnauzenlänge 
42/,mal, die Stirnbreite 6°/,mal, die größte Kopfbreite eirca a 
in der Kopflänge begriffen. 

Der Unterkiefer springt merklich über den Zwischenkiefer vor, 
der hintere Rand des Oberkiefers fällt bei geschlossenem Munde in 
senkrechter Richtung nicht ganz um /, der Augenlänge hinter den 
hinteren Augenrand. 


Zur Fischfauna des Senegal. : 691 


Die Länge der Mundspalte vom hinteren Ende des Oberkiefers 
bis zur Spitze des Unterkiefers gemessen gleicht 3/, der Kopflänge, 
die Länge der Schnauze (mit Ausschluß der Oberlippen) beträgt 
circa 11/, Augenlängen. In der Bezahnungsweise der Kiefer gleicht 
diese Art dem O. senegalensis. 

Der untere und hintere Rand des Vordeckels ist stark geneigt, 
ersterer nach vorne und unten, letzterer nach unten und hinten, sie 
bilden zusammen einen rechten Winkel, dessen Spitze bogenförmig 
gerundet ist. 

Die Zähne am Vordeckelwinkel sind etwas größer als die des 
hinteren Randes. 

Die obere Profillinie des Kopfes fällt vom Beginne der ersten 
Dorsale bis zur Schnauzenspitze viel steiler ab als bei Oth. senega- 
lensis und ist am Nacken und an der Schnauze convex, in der Stirn- 
gegend aber coneav (und zwar bedeutender bei alten als bei jungen 
Individuen). 

Der dritte längste Stachel der ersten Dorsale ist eirea 15/,mal, 
der höchste Gliederstrahl der zweiten Dorsale eirca 21/,mal in der 
Kopflänge enthalten. 

Die zweite Dorsale enthält 26 Gliederstrahlen, die Basislänge 
derselben verhält sich zur Totallänge wie 1: 3°/, und zur Höhe der 
längsten Gliederstrahlen (des sechsten bis zehnten) wie 3:1 (nach 
Bleeker's Abbildung ist die größte Höhe der Gliederstrahlen nur 
circa 4mal, nicht 5mal, wie es im Texte angegeben heißt, in der 
Basislänge der zweiten Dorsale enthalten). 

Der zweite Analstachel ist halb so lang wie der darauffolgende 
erste Gliederstrahl und dieser etwas kürzer als der zweite. 

Die Caudale übertrifft die Peetorale ein wenig an Länge und ist 
beiläufig 12/;mal, die Länge der Peetorale i1/;mal in der Kopflänge 
enthalten. 

Die Ventrale gleicht der Pectorale an Länge. 

Die Seitenlinie durehbohrt bis zur Basis der mittleren, längsten 
Caudalstrahlen 5t Schuppen, zwischen der Basis des ersten Dorsal- 
stachels und der Seitenlinie liegen 6, zwischen letzterer und der 
Peetorale 11 Schuppen wie bei O. senegalensis. 

Auch in der Färbung und Zeiehnung des Körpers zeigt sich kein 
wesentlicher Unterschied. 


692 Steindachner. 


Das von Dr. Bleeker beschriebene Exemplar zeigt auf den 
Rückenflossen keine Flecken, und das uns vorliegende Indivi- 
- duum auf der zweiten Dorsale drei Längsreihen sehwarzbrauner 
Flecken trägt, während auf der ersten nur eine Reihe länglieher 
Flecken sehr schwach über der gelbliehen Basis angedeutet ist. Ein 
bläulichgrauer stark verschwommener Fleck auf dem Kiemendeckel. 


Fundort: St. Louis. 
D. 101/26; A. 2/8; P. 2/14; L. lat. 51 (ohne Caudalschuppen). 


Gatt. Corvina Cuv. 
(Ehinoseion Blkr.). 


11. Art. *Corvina nigrita Cuv. Val. 
Taf. VII. 
Syn. Corvina nigrita C. V. Hist nat. Poiss., t. V. pag. 103. 


> »  Gthr. Catal. Vol. II. pag. 297. 
„ elavigera C.\.|]. e. t. 101. 


Diese schöne Art wird sehr häufig im untersten Senegallaufe 
gefischt und kommt im atlantischen Ocean zwischen der Höhe von 
St.Louis und der von Lagos vor, wirbesitzen von diesen beiden letzt- 
genannten Orten so wie aus dem Senegal trefflich erhaltene Exem- 
plare von 5’ 2’—131/,” Länge. 

Die größte Körperhöhe ist nahezu 5mal bei kleinen Individuen, 
4*/,—4'/;mal bei Exemplaren von 10—131/,’’ Länge, die Kopflänge 
A3/;,—4'/;mal in der Totallänge, der Augendiameter bei jungen 
Exemplaren 3:/;mal, bei älteren 41/,— nahezu 5mal, die Stirnbreite 
nahezu 4—41/,mal, die Schnauzenlänge 41/, bis fast 5mal in der 
Kopflänge enthalten. 

Die geringste Körperhöhe am Schwanzstiele verhält sich zur 
größten wie 1:3%/,—3?/,. Die Kiefer reichen gleich weit nach 
vorne, nur die Kinnspitze des Unterkiefers ragt ein wenig vor. 

Im Zwischenkiefer liegt eine schmale Binde dieht an einander 
gedrängter Bürstenzähne, vor diesen eine Reihe etwas größerer 
hackenförmiger Zähne und endlich noch 2 etwas größere Zähne 
hinter der Binde in der Kiefermitte (ähnlich wie bei Ofolithus oder 
Serranus) bei älteren Exemplaren nicht aber bei ganz jungen In- 
dividuen. 


Zur Fischfauna des Senegal. 693 


Die Zähnchen im Unterkiefer bilden eine schmälere Binde als 
im Zwischenkiefer und stehen zuletzt nächst den Mundwinkeln nur 
in einer Reihe. Die Zähnchen der Außenreihe sind nur ganz unbe- 
deutend größer als die übrigen. 

Der hintere Rand des Öberkiefers fällt bei geschlossenem 
Munde in senkrechter Linie unter den hinteren Augenrand. 

Die Mundspalte ist schief nach oben gekehrt, bei älteren Indi- 
viduen fast halb so lang wie der Kopf, und beiläufig noch einmal so 
lang wie breit. 

Der hintere und untereRand des Vordeckels stossen unter einem 
rechten Winkel zusammen, dessen Spitze abgerundet ist. 

Der aufsteigende Rand ist stark nach hinten geneigt und mit 
feinen, zarten Zähnchen besetzt, welche gegen den hinteren Winkel 
allmählig an Größe zunehmen. 

Bedeutend größer sind die Zähne am abgerundeten Vordeckel- 
winkel und zugleich auch weiter auseinander gerückt, die Zähnchen 
im hinteren Theile des unteren Vordeckelrandes sind mit ihrer Spitze 
nach hinten und oben gerichtet und gleichfalls stärker als die Zähne 
am aufsteigenden Vordeckelrande, welche sich bei sehr alten Exem- 
plaren nicht selten vollständig verlieren, doch kleiner als die Zähne 
am Winkel. 

Der Kiemendeckel endigt in zwei plattgedrückte Stacheln, von 
denen der untere den oberen bedeutend überragt. 

Die obere Profillinie des Kopfes fällt ziemlich steil in bogen- 
föormige Krümmung zur stark abgestumpften Schnauze ab. Die 
Rückenlinie ist stark gekrümmt zwischen dem Ende des Hinter- 
hauptes und dem Beginne der ersten Dorsale, erreicht daselbst ihren 
Höhepunkt, und senkt sich hierauf allmählig bis zum Schwanzstiele 
und zwar etwas stärker längs der Basis der zweiten als der ersten 
Rückenflosse. \ 

Der längste vierte Stachel der ersten Dorsale ist nahezu oder 
genau halb so lang wie der Kopf und wie die übrigen Stacheln 
schlank. Der obere Rand. der Flosse blidet von der Spitze des vierten 
bis zu der des letzten Stachel eine schwach gebogene, stark abfal- 
lende Linie. 

Die Gliederstrahlen der zweiten Dorsale sind mit Ausnahme 
der 6—7 letzten fast gleich lang. Im Gegensatze zu den schwachen 
Stacheln der ersten Dorsale ist der zweite Analstachel auffallend 


694 Steindachner. 


stark, genau oder nahezu halb so lang wie derKopf bei älteren Exem- 
plaren, bei jungen Individuen aber noch länger, gestreift, aber stets 
kürzer als die unmittelbar darauffolgenden Gliederstrahlen der Anale, 
deren Höhe 13/, —1'/,mal in der Kopflänge enthalten ist. 

Die Breite des zweiten Analstachels gleicht bei alten Individuen 
eirca 1/; der Augenlänge, ist aber bedeutend geringer bei jungen 
Exemplaren. 

Auch der Ventralstachel ist stärker als jeder der Dorsalstacheln> 
der längste erste Gliederstrahl der Ventrale schwach fadenförmig 
verlängert und nur um circa /, der Augenlänge oder um die ganze 
Länge eines Auges kürzer als der Kopf. 

Die Peetorale ist nahezu ebenso lang wie die Ventrale. 

Die Länge der rhomboidalen Caudale ist sehr variabel, bei 
Exemplaren bis zu 10” Länge beträchtlicher als die des Kopfes, bei 
älteren Individuen dagegen mehr oder minder bedeutend kürzer. 

Die Seitenlinie durchbohrt bis zur Basis der mittleren, längsten 
Caudalstrahlen 485 — 50 Schuppen, setzt sich aber noch über die 
Caudale bis zur äußersten Spitze der mittleren längsten Strahlen 
fort und zwar über eirca 32 — 48 Schuppen. 

Cirea 10 Schuppen liegen über und eirca 13 — 15 unter der 
Seitenlinie in vertiealer Richtung zwischen dem Beginne der ersten 
Dorsale und der Einlenkungsstelle der Ventrale, 

Die Schuppen des Rumpfes nehmen gegen den Schwanzstiel an 
Größe zu, die kleinsten Rumpfschuppen liegen in der Nackengegend. 
Die Schuppen über der Seitenlinie bilden schief nach hinten anstei- 
gende Reihen, unter der Seitenlinie und am Schwanzstiele ist die 
Neigung der Schuppenreihen gering. 

Der Kopf ist vollständig beschuppt, die größten Kopfschuppen 
liegen auf den Deckelstücken. Bei älteren Exemplaren liegen drei 
Reihen schwärzlichbrauner Flecken auf der zweiten Dorsale, eine 
Reibe zunächst der Basis der ersten Dorsale. Bei jungen Individuen 
sind beide Dorsalen fieckenlos, der obere Rand der ersten Dorsale ist 
Stets dicht schwarz punktirt. Bei einem großen Exemplare von La- 
gos ist die ganze erste Dorsale dicht schwarz punktirt, und diese 
Punkte vereinigen sich bei einem zweiten Exemplare desselben Fund- 
ortes zu großen Querflecken. 

Zahlreiche hellbraune Streifen ziehen schief über den Rumpf, 
doch sind sie bei jungen Individuen nur sehr schwach angedeutet 


Zur Fischfauna des Senegals. 695 


und selbst bei alten ungleich schwächer entwickeit als z. B. bei 
Otolithus senegalensis. 
Ein dunkelgrauer Fleck liegt am Kiemendeckel, seltener theilt 
er sich in zwei kleinere ab. 
D. 10|1/,—;,; A. 2/6; P. 17; L. lat. 45 —50 (+ 32 —48 auf 
der Caudale). 


Corvina clavigera ist höchst wahrscheinlich nur auf ein Exemplar 
der Corvina nigrita mit monströs entwickeltem Stachel der zweiten 
Dorsale basirt, daCuvier undValenciennesmitAusnahme der ab- 
normen Bildung des Stachels der zweiten Dorsale keinen bemerkens- 
werthen Unterschied zwischen beiden Arten angeben. (Eine ähnliche 
Entartung von Dorsal- und Analstacheln zeigt auch ein großes Exem- 
plar von Collichthys pama, welches ich erst kürzlich für das Wiener 
Museum acquirirte. ) 

NachCuvierund Valenciennes istzwar dererste Analstachel 
bei C. nigrita länger als bei C. clavigera, doch kann hierauf kein 
besonderes Gewicht gelegt werden, da, wie ich früher in der Be- 
schreibung von Corvina nigrita anführte, dieser Stachel bei jungen 
Individuen länger als die Hälfte des Kopfes ist, bei alten dagegen 
der Hälfte der Kopflänge gleicht oder selbst etwas nachsteht. 


Gatt. Sciaena Cuv. 


12. Art. Seiaena epipercus Blkr. 
Taf. IX. 


Syn. Ahinoscion epipercus Blkr. Poiss. de Guinee pag. 64, pl. XIV. 


Char. Körperhöhe der Kopflänge nahezu gleich, eirca 4mal in der 
Totallänge enthalten, zweiter Analstachel sehr stark, doch 
nur eirca halb so lang, wie die darauffolgenden zwei ersten 
Gliederstrahlen derselben Flosse, Schuppen in etwas unre- 
gelmäßigen, schiefen Reihen. Körperfärbung schmutzig 
braunviolett, Rumpf mit zahlreichen, schief ansteigenden 
dunkelvioletten Streifen, die nicht scharf abgegrenzt sind. 


D. 91/585 A. 2/7—8; L. lat. 51 (ohne Caudalschuppen). 
Diese zuerst von Dr. Bleeker im 18. Theile der „Naturkun- 


dige Verhandlungen van de Hollandsche Maatschappij der Wetenst- 
happente Haarlem (1863), Me&moire sur les Poissons de la Cöte de 


696 Steindachner. 


Guinee beschriebenen Art erinnert in der Färbung an mehrere Arten 
des Geschlechtes Umbrina und kommt an den Küsten Senegambiens 
ziemlich häufig, im Senegal bei St. Louis selten vor und erreicht 
eine beträchtliche Größe. 


Die größte Leibeshöhe unter dem Beginne der sogenannten 
zweiten Dorsale übertrifft nur wenig die Länge des Kopfes und ist 
etwas mehr als 4mal in der Totallänge, der Augendiameter eirca 
6mal, die Schnauzenlänge circa 4mal, die Stirnbreite 4'/,mal, die 
größte Kopfbreite eirca 2mal in der Kopflänge enihalten. 


Der Unterkiefer schiebt sich unter den Zwischenkiefer zurück, 
der hintere Rand des Oberkiefers fällt bei geschlossenem Munde in 
senkrechter Richtung etwas hinter die Mitte des Auges. 


Beide Kiefer tragen eine Binde sehr dicht aneinander gedrängter 
Bürstenzähne, auf welche, und zwar im Zwischenkiefer nach Außen, 
im Unterkiefer nach Innen eine Reihe etwas größerer Hackenzähnchen 
folgt. 

Unter der Unterseite des Unterkiefers liegen im Ganzen vier 
große Poren, vor und zwisehen der beiden mittleren überdies noch 
zwei kleine an der Unterlippe. 


Der Winkel des Vordeckels ist abgerundet, sein aufsteigender 
Rand fast senkreeht gestellt und wie der untere schwach gezähnt. 
Beide Vordeckelraänder bilden zusammen einen rechten Winkel. 


Der Kiemendeckel endigt in zwei platte Stacheln, von denen 
der obere abgestumpft ist. Die obere Profillinie des Kopfes ist nur 
in der Schnauzen- und vorderen Stirngegend ziemlich stark gebogen, 
convex, über die Augenmitte äußerst schwach eingedrückt und steigt 
hierauf nach hinten bis zum Beginne der stacheligen Dorsale in 
nahezu gerader Richtung an und zwar stärker als die Rückenlinie 
längs der Basis der ersten Dorsale. 


Der erste Stachel der ersten Dorsale ist sehr kurz, der zweite 
etwas kürzer als der dritte längste, welcher an Höhe der Entfernung 
des hinteren Augenrandes vom hinteren Kopfende gleicht. Die übri- 
gen Stacheln dieser Flosse nehmen gleichmäßig stufenförmig an 
Höhe ab. 

Die längsten Gliederstrahlen der zweiten, langen Dorsale stehen 
beiläufig in der Mitte der Flosse und kommen an Höhe der Entfer- 
nung der Schnauzenspitze vom hinteren Augenrande gleich. 


Zur Fischfauna des Senegal. 697 


Der zweite Analstachel ist sehr stark, gestreift, doch kaum 2); 
mal bis halb so lang wie der zweite Gliederstrahl derselben Flosse. 

Die Pectorale ist eirea 9mal in der Totallänge enthalten, ebenso 
die Ventrale, deren erster Gliederstrahl fadenförmig sich verlängert. 

Die Caudale ist mehr oder minder entschieden rhombenförmig, 
und etwas weniger als 6mal in der Totallänge enthalten. 

Die Seitenlinie senkt sieh vom hinteren häutigen mit Cilien be- 
setzten Rande der Suprascapula fast in gerader Richtung bis in die 
Gegend des Afterflossenendes und läuft hierauf bis zur äußersten 
Spitze der Caudale in horizontaler Richtung fort. 

Bis zur Basis der mittleren längsten Caudalstrahlen durehbohrt 
die Linea lateralis 51 Schuppen, auf der Caudale noch wenigstens 
A8 — 50. 

Acht Schuppen liegen zwischen dem Beginne der ersten Dorsale 
und der Seitenlinie, eirca 15 zwischen letzterer und der Pectorale 
in einer Querreihe. 

Die Schuppen sind am hinteren Rande sehr dicht und fein ge- 
zähnt, und bilden mehr oder minder unregelmäßig, schief nach oben 
und hinten ansteigende Reihen. Die kleinsten Schuppen liegen an der 
Brust und längs der Basis der Dorsale und Anale, so wie im vorderen 
größeren Theile der Caudale. 

Körperfärbung schmutzig braun violett; dunklere schiefe Streifen 
liegen am Rumpfe und nehmen den mittleren Theil der einzelnen 
Schuppenreihen ein. Die dunkle Färbung des Körpers so wie die 
Streifung des Rumpfes rührt von zahllosen vıoletten dicht aneinander 
gedrängten Pünktehen her, die stellenweise in einanderfließen und 
schmale Binden oder Streifen bilden. Die fast ganz verdeckte Grund- 
farbe des Körpers ist silbergrau. 

Die Peetorale und Ventrale sind im vorderen Theile schmutzig 
olivenfarben, weiter nach hinten bläulichgrau, am hinteren Rande 
endlich dunkelviolett, und im heller gefärbten Theile violett gestri- 
chelt. Ganz ähnlich gefärbt und gezeichnet ist die Caudale und die 

Anale. 
Die Flossenhaut der beiden Dorsalen ist in der größeren oberen 
Hälfte dunkelgraublau oder schmutzig dunkelviolett, im unteren 
Theile hie und da olivenfarben. Schwarzbraune Flecken liegen an 
der Basis der beiden Rückenflossen, zum Theile noch auf der schma- 
len Schuppenscheide. 


698 Steindachner. 


Daß diese Art übrigens sowohl in der Färbung als auch in der 
Zeichnung bedeutend variire, zeigt Dr. Bleeker's Beschreibung 
und Abbildung (|. e.). 


Seiaena senegalensis C. V. (= Corvina senegalla C. V. t.\. 
pag. 132 = Johnius senegalla 4. Dum. Poiss. de I’ Afr. oceid. pag. 
262 Nr. 49) ist mir leider nur nach Cuvier Valenciennes Beschrei- 
bung bekannt, und wurde diesen beiden Ichtyologen durch M. Roger 
aus dem Senegal (bei St. Louis) eingesendet. 


Note. Dr. Bleeker schlägt für die Gattung Seiaena imSinne Cuv. Valen- 
ciennes’ und Dr. Günther’s den Namen Rhinoscion (s. Blkr. Mem. 
sur les poissons de la böte de Guinee pag. 66) vor, indem er bemerkt, 
daß der von Artedi beschriebenen ersten Sceigena-Art, d. 1. Umbrina 
eirrhosa C.V. der Gattungsname Sciaena reservirt werden müsse. 
Ich halte dieses Vorgehen, abgesehen davon, daß eine neue Verwir- 
rung dadurch veranlaßt wird, auch für ganz unrichtig, denn die 
Eigenthümlichkeit, auf welche hin Cuvier, Valenciennes, Gün- 
ther ete. die Umbrina-Arten aus dem Geschlechte Sciena-Arten 
schieden, sind in Artedi’s Charakteristik der Gatlung Sciaena gar 
nieht hervorgehoben: genannte Ichthyologen wählten daher conse- 
quenter Weise den Gattungsnamen Sciaena für jene Arten, in welchen 
sich die von Artedi gegebene Charakteristik am deutlichsten aus- 
sprieht. Überdies ist in Linne&’s Systema naturae, der Grundlage der 
neueren Systematik, Sciaena umbra (= Sc. aquila Risso, Cuv. Val. 
ete.) vor Sc. cirrhosa L. angeführt und schon von Aristoteles als 
Skiaina erwähnt, weßhalb der Gattungsname Sciaena für Sciaena 
aguila und dessen nächst verwandte Arten zu reserviren sein dürfte. 


Fam. Polynemidae, 


Gatt. Polynemus L. 


13. Art. *Polynemus quadrifilis C. V. 
Taf. X. 


Syn. Polinemus quadrifilis C. V. t. III. pag. 390, t. VII. pag. 518, pl. 68. 
“ a Gthr. Catal. t. II, pag. 330. 
Trichidion quadrifilis Blkr. Mem. Poiss. de Guinee. pag. 88. 


Polynemus quadrifilis kommt im Senegal bis St. Louis sehr 
häufig vor, und erreicht vielleicht unter allen Arten dieses Geschlech- 
tes die bedeutendste Größe. Wir besitzen Exemplare von 41/,; — 27" 
Länge. 


Zur Fischfauna des Senegal. 699 


Bei kleinen Individuen von 41/;, — 51/,” Länge ist die Körper- 
höhe 4 — A®/,mal, die Kopflänge etwas mehr oder weniger als 3mal 
in der Körperlänge (d. i. Totalläinge ohne Caudale), der Augen- 
diameter 41/,mal, die Stirnbreite 41/, — 4>/,mal, die größte Kopf- 
breite 3mal in der Kopflänge enthalten. 


Bei alten Exemplaren von 171/, 27 Länge dagegen ist die 
Körperhöhe etwas mehr als 4 — 3°/;mal. die Kopflänge etwas mehr 
als 31/,mal in der Körperlänge, der Augendiameter 63/, — 73/,mal, 
die Kopfbreite 21/, — 2?/,mal, die Stirnbreite 5t/, bis nahezu $mal 
in der Kopflänge (mit Einschluß der häutigen Einfassung hinter den 
Deckelstücken) enthalten. 

Die Schnauze ragt nasenförmig über den Zwischenkiefer vor, 
ist bei jungen Individuen viel bedeutender zugespitzt als bei alten, 
bei denen sie vorne stark abgestumpft ist, bei letzteren länger, bei 
ersteren etwas kürzer als das von einem Fettaugenlide umhüllte 
Auge. 

Die dieht gedrängten, äußerst kleinen Zähne bilden im Zwischen- 
und Unterkiefer eine schmale Binde, die Vomerzähne eine querovale 
oder runde Gruppe. Sehr breit ist die Binde der Gaumen- und Ptery- 
goidzähne, die der letzteren ist kürzer als die Binde der Gaumen- 
zähne. 

Die Lippen sind nur sehr mäßig entwickelt, die Unterlippe ver- 
schwindet gegen die Symphyse zu. 

Der hintere Vordeckelrand ist bogenförmig gekrümmt und mit 
zahlreichen Zähnen besetzt; der hintere Winkel des Vordeckels 
springt weit über den hinteren Rand vor, ist wie der untere Rand 
häutig, fein gestreift, zahulos. Unmittelbar über dem Winkel, am 
Übergang zum aufsteigenden Rande des Praeoperkels liegt sehr häufig 
ein großer, stachelähnlieher Zabn. 

Sämmtliche Peetoralstrahlen sind einfach, der Quere nach aber 
gegliedert und mit Ausnahme der drei obersten Strahlen, welehe bis 
zur hinteren Spitze überschuppt sind, nur im vordersten Theile mit 
Schuppen überdeckt. 

Die oberste der vier freien Pectoralfäden, welehe unmittelbar 
unter und zugleich ziemlich weit vor der Pectoralflosse eingelenkt 
sind, reicht horizontal zurückgelegt noch etwas über die Spitze der 
Ventrale hinaus, der unterste aber nur wenig über die Einlenkungs- 
stelle der Ventrale. 


708 Steindachner. 


Die Pectorale ist säbelförmig gebogen und zwar schwächer bei 
jungen, als bei alten Individuen, bei letzteren kaum mehr als 11/, bis 
11/,mal, bei ersteren 11/,mal in der Kopflänge enthalten. 

Eine dieht mit Schuppen überdeckte, im untersten Theile 
fächerförmig zusammengelegte Hautfalte zieht vom hinteren Winkel 
des Coracoideum zur Hinterseite der oberen Pectoralstrahlen, an 
welchen sie sich anheftet. 

Die erste Dorsale ist von acht Stacheln gebildet, von denen der 
dritte längste eirca 12/;mal in der Kopflänge enthalten ist. 

An den Seitenrand des zweiten und dritten Stachels legt sich 
eine überschuppte Hautfalte an. Die Schuppenscheide an der Basis 
der ersten Dorsale spitzt sich nach hinten zu und reicht in der Regel 
nur bis zur Basis des vorletzten Stachels. seltener über die des letz- 
ten hinaus. ! 

Die zweite Dorsale und die Anale sind am hinteren Rande stark 
eingebogen, da die vorderen Strahlen die längsten der Flosse und 
die letzten etwas länger als die mittleren sind, und wie die Caudale 
vollständig (bei frischen Exemplaren) überschuppt. 

Die vordersten Gliederstrahlen der zweiten Dorsale übertreffen die 
entsprechenden der Anale an Länge, ebenso den dritten Stachel der 
ersten Dorsale, und übertreffen zugleich die Entfernung des hinteren 
häutigen Kopfendes von dem hinteren Augenrande ein wenig an Länge. 

Die Anale enthält nieht zwei, sondern drei Analstacheln, von 
denen der vorderste sehr kurz ist. Der dritte längste erreicht kaum 
die Hälfte der Länge des ersten darauffolgenden Gliederstachels. 

Ich zähle bei keinem der mir vorliegenden 16 Exemplare mehr 
als 11 Gliederstrahlen, es scheinen daher nur ziemlich selten zwölf 
Gliederstrahlen vorzukommen. 

Die tief halbmondförmig eingeschnittene Caudale mit stark zu- 
gespitzten, sichelförmig gebogenen Lappen ist bei ganz jungen 
Individuen 2'/;mal, bei alten etwas mehr als dreimal in der Körper- 
länge enthalten. Die Seitenlinie durchbohrt 70 bis 71 Schuppen bis 
zur Basis der Caudale, biegt dann auf letzterer Flosse etwas nach 
unten um oder macht eine bogenförmige Krümmung (mit unterer 
Convexität) nach oben und setzt sich nicht selten über 14—15 
Caudalschuppen fort. Über den Schuppen am Kiemendeckel und 
theilweise auch auf jenen .des Vordeckels liegen bei alten Exemplaren 
zahlreiche kleine Schüppchen. 


Zur Fischfauna des Senegal. 01 


Die obere Profillinie des Körpers ist zwischen dem Beginne der 
ersten und zweiten Dorsale concav. 
Der Rücken ist im Leben violett angeflogen, die Pectorale gelb, 
bei alten Individuen zuweilen ganz blaugrau; weißlichgelb mit etwas 
Grau gemischt sind die Ventralen und die Anale; die beiden Dorsalen 
und die Caudale wässerig grau, an den freien Rändern schwärzlich 
oder aber gelb mit grauen Strichelchen. Ein dunkler Fleck liegt auf 
dem Kiemendeckel. 
8—9 


D. 811/15; A. 3/11 (—12); P.13+4; L. lat. 70—71. L. transy. U. 


15 


Gatt. Galeoides Gthr. 


14. Art. *Galeoides polydactylus Vahl. 
Taf. X. 


Syn. Polynemus polydactylus Vahl, Skriv. Naturh. Selsk. IV, pag. 158. 
. Polynemus decadaciylus Bloch, Naturg. ausl. Fische IX, pag. 26, 


Taf. 401. 
> % Bl. Schneider, Syst. Ichth., pag. 19. 
) C. Val. t. II, pag. 392. 


Gallsıdes polydactylus Gthr., Catal Vol. II, pag. 332. 
Polynemus enneadactylus C. V. t. IIl., 392. t. VII., pag. 518. 


Dr. Günther vereinigt die von Bloch als Pol. decadactylus 
beschriebene und abgebildete Art mit P. polydactylus V., C. V., 
Cuvier und Valenciennes aber hielten beide für speeifisch ver- 
schieden; ob mit Recht oder Unrecht, kann ich nicht entscheiden, 
da mir kein Exemplar mit 10 Pectoralanhängen und von so gestreck- 
ter Körpergestalt vorliegt. Was Bloch's Abbildung anbelangt, 
stimmt P. decadactylus zwar nicht mit P. enneadactylus überein 
(s. Taf. XI unserer Abhandl.), weicht vielmehr in der Körperform 
und Färbung (abgesehen von der Zahl der freien Peetoralanhänge, 
die auch bei P. polydactylus variabel sein mag) bedeutend von letzt- 
genannter Art ab; doch wäre es immerhin leicht möglich, daß Bloch's 
Abbildung (Taf. 401) gänzlich mißlungen nicht dem Originalexem- 
plare entspräche, welches vielleicht auch sehr schlecht präparirt 
sein mag. 

Galeoides polydactylus Vahl kommt sehr häufig im Senegal 
bis St. Louis vor, ist aber ebenso wenig wie P. quadrifillis C. \V., 
dem er an Größe nachsteht, geschätzt. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 46 


702 Steindachner. 


Die Körperform ist ziemlich gedrungen; die größte Leibeshöhe 
gleicht nahezu der Länge des Kopfes und ist etwas mehr als 
3—3t/,mal in der Körper-, oder eirca 41/,—4?/,mal in der Total- 
länge enthalten. . 

Die Augenlänge schwankt zwischen !/,— 2/, der Kopflänge. 

Die Schnauze springt nasenförmig weit über die Mundspalte 
vor und ist kürzer als das Auge, welches mit einem dicken Fettlide 
umhüllt wird. Die Breite der Stirne zwischen der Mitte der oberen 
Augenränder verhält sich zur Kopfläuge wie 1 : 33/,—4. 

Der Unterkiefer läßt sich ganz unter den Zwischenkiefer 
zurückziehen, die Mundspalte ist zwischen den Mundwinkeln etwas 
breiter als lang. Der hintere Rand des Oberkiefers fällt senkrecht ein 
wenig hinter den hinteren Augenrand. 


Die Binde der Unter- und Zwischenkieferzähne ist schmal. 

Vomerzähne fehlen, doch sind sowohl Gaumen- Pterygoidzähne 
vorhanden, deren Binden dieht aneinander stoßen und sich naeh hinten 
raseh verschmälern. 


Der aufsteigende Rand des Vordeckels ist gebogen, fein gezähnt. 
Der weit vorspringende hintere Winkel ist wie der untere Rand häutig, 
fein gestreift, zahnlos. 


Eine mit.großen, langen Flügelschuppen bedeckte Hautfalte 
zwischen dem Winkel des Coracoideums und der Hinterseite der 
oberen Pectoraistrahlen, deren Länge kaum ?/,; des Kopfes beträgt. 


Bei acht Exemplaren unserer Sammlung (aus St. Louis und 
Gor&e) finde ich jederseits neun freie Peetoralanhänge, welehe weit 
vorne an der Kehle sitzen und nach innen und unten mit einer Haut- 
falte versehen sind. Nur bei einem Exemplare liegen auf einer Seite 
nur acht Anhänge. Der oberste oder letzte der Anhänge ist am 
längsten, reicht jedoch nicht bis zur Mitte der Ventrallänge zurück. 
Über die Basis der vier oberen oder hinteren Anhänge legt sich eine 
Hautfalte, welche nach hinten und oben an Breite etwas zunehmend, 
sich an der Außenseite des 11. oder 12. Pectoralstrahles anheftet. 
Sämmtliche Strahlen der Pectorale sind einfach. 

Der zweite Stachel der ersten Dorsale ist etwas mehr als 11/,mal 
in der Kopflänge enthalten, der erste Stachel ist äußerst kurz. An 
den Seitenrand des zweiten und dritten Stachels legt sich eine über- 
schuppte Hautfalte. 


Zur Fischfauna des Senegal. 703 


Die zweite Dorsale ist wie bei P. quadrifilis etwas höher als die 
Anale und am hinteren Rande halbmondförmig eingebuchtet. 

Die Caudale ist durchschnittlich um eirea eine Augenlänge 
länger als der Kopf und wie die zweite Dorsale und die Anale voll- 
ständig und so dieht überschuppt, daß sich die einzelnen Strahlen 
nicht deutlich unterscheiden lassen. In der Anale zähle ich stets drei 
Stacheln (nicht zwei, wie Dr. Günther angibt), der erste liegt ganz 
unter Schuppen verborgen und ist sehr kurz. 

Die Ventrale kommt an Länge der Hälfte des Kopfes gleich und 
ist an der Unterseite vollständig beschuppt, während sich auf der 
Pectorale die Schuppen über den basalen Theil der Flosse legen und 
nur am ersten und zweiten Pectoralstrahle bis zur hinteren Spitze 
reichen. Die obere Profillinie des Körpers ist zwischen dem Beginne 
der ersten und zweiten Dorsale concav und fällt vor ersterer in ge- 
rader Linie oder nur mit schwacher Bogenkrümmung zur Schnauzen- 
spitze ab. 

Der ganze Körper mit Ausnahme des von der Fetthaut umhüll- 
ten vorderen Kopftheiles ist sehr rauh anzufühlen, da auf sämmtlichen 
Schuppen des Körpers mit Einschluß der Flossen zahlreiche kleine 
Schüppchen liegen, deren hinterer Rand gleich dem der großen 
Schuppen mit feinen, ‚sehr zahlreichen Zähnchen besetzt sind. 
Nur auf den Schuppen der Brustgegend fehlt die weitere Über- 
sehuppung. 

Die Seitenlinie durchbohrt nur 46 Schuppen bis zur Anheftungs- 
stelle der mittleren Caudalstrahlen, wendet sich daselbst etwas nach 
oben und lauft hierauf am zweiten Strahle über der Mitte der Flossen- 
höhe noch über 24—25 Schuppen bis zum hinteren Caudalrande. 

Zwischen der Basis des ersten Stachels der ersten Dorsale und 
der Seitenlinie liegen 41/,, zwischen letzterer und der Basis der 
Ventrale 10 Schuppen in einer verticalen Reihe. 

Die obere Hälfte des Körpers ist im Leben graugrün mit leb- 
haftem gelbgrünem Metallschimmer. Hellgraue Längsstreifen ziehen 
über die Schuppenreihen der oberen Körperhälfte, verschwinden je 
doch bald nach dem Tode spurlos. 

Ein großer grauer Fleck liegt hinter dem Schultergürtel. 

Die Dorsalen sind weißlichgrau, gegen die Ränder zu dunkel- 
grau. Die Pectorale zeigt gegen den hinteren Rand eine dunkelgraue 
Färbung, während sie im vorderen Theile wässerig silbergrau ist. 

46* 


104 Steindachner. 


Am Magen finde ich bei einem Exemplare links 6, rechts nur 
A Blinddärme. 
Al 
D. 8|1/,,; A. 3/11; P. 15 +8 — 9 (10). L. lat. 46; L. transv. t - 


10 
Fam. Carangidae. 
Gatt. Caranx Cuv. 
15. Art *Caranx carangus €. V. 


Ziemlich häufig im Senegal von St. Louis bis zur Mündung. 
Bei kleinen Exemplaren von 2” 11”’—61/,”’ Länge laufen dunkle 
Querbinden über den Rumpf. 

Bei einem Exemplare von 131/,” Länge liegen nur 28 Schuppen- 
schilder auf einer Körperseite, auf der andern aber 30; die Körper- 
höhe ist bei drei großen Individuen von 10%,—17” Länge (von 
Lagos und Aden) etwas mehr als 31/,—3!/;mal, die Kopflänge 
A1/,mal in der Totallänge enthalten, und eine vorne ziemlich breite 
lange Zahnbinde liegt am Gaumen, während die Vomerzähne eine 
kleine rundliche Gruppe bilden. Dr. Günthers Beschreibung dieser 
Art ist daher nicht ganz genügend und die Gruppirung der Caranz- 
Arten nach der Bezahnung oder Zahnlosigkeit des Gaumens nicht 
verwendbar. 

Über die Synonymie des Carana carangus siehe Dr. Günthers 
Catalog der Fische des brit. Museums, Vol. Il, pag. 449. 


16. Art. *Caranx senegallus C. V. 


Syn. Caranx senegallus C. \V., Vol. IX, pag. 78. 
” ER Gthr., Catal, Vol. IL, pag. 435 (cop.) 


Die Körpergestalt ist ziemlich gestreckt, die größte Leibeshöhe 
mehr als 31/, bis etwas mehr als viermal in der Totallänge, oder 
etwas mehr als 23/, bis ein wenig mehr als 22/;mal in der Körper- 
länge, Kopflänge 5 bis eirca 5'/, in der Total-, oder eirca 32/,mal 
in der Körperlänge, Länge der Caudale etwas mehr als 31/, bis 
etwas weniger als dreimal in der Totallänge, Augendiameter genau 
oder etwas weniger als viermal in der Kopflänge enthalten. Kopfhöhe 
gleich der Kopflänge. 

Die Mundspalte steigt schief nach vorne an, das hintere Ende 
des Oberkiefers fällt senkrecht vor die Mitte des Auges. 


Zur Fischfauna des Senegal. ‘05 


Eine schmale Binde zahlreicher Spitzzähne im Zwischenkiefer, 
die vorderen Zähne der Außenreihe nur unbedeutend länger und 
stärker als die übrigen. Die Zahnbande im Unterkiefer ist noch 
etwas schmäler als die im Zwischenkiefer und verschmälert sich 
nach hinten derart, dal gegen die Mundwinkel zu zuletzt nur eine 
Zahnreihe liegt; die äußerst kleinen, sammtartigen Zähne am Vomer 
sind V-förmig gruppirt; die Zahnbinde an den Gaumenbeinen ist 
ziemlich lang, schmal und enthält äußerst feine, zahllose Sammt- 
zähne. Überdieß fühlt sich die ganze Gaumenfläche rauh an und ist 
wie die Zunge mit äußerst feinen Zähnchen dicht besetzt, die höchst 
wahrscheinlich im Alter sich verlieren dürften. Auf der Mittellinie 
der Zunge liegt ein mit etwas größeren, d..i. mit freiem Auge unter- 
scheidbaren Zähnchen besetzter Längsstrich. Das lange Präorbitale 
zeigt zunächst am unteren Rande eine zarte Querstreifung. 


Die Schnauze ist bald ebenso lang, bald etwas kürzer als das 
zunächst dem Vorder- und Hinterrande von einem Fettlide umhüllte 
Auge. Mittlere Stirnbreite gleich der Schnauzenlänge. Zuweilen 
springt der Unterkiefer ein wenig über den Zwischenkiefer vor. 


Die erste Dorsale enthält 7 Stacheln, deren längster dritter 
sich zur Kopflänge wie 1:21/,—3 verhält. 

Die vorderen Gliederstrahlen der zweiten Dorsale sind wie die 
der Anale mehr oder minder beträchtlich verlängert, erstere reichen 
horizontal zurückgelegt bei einem Exemplare noch über die Basis 
des letzten Gliederstrahles hinaus, bei einem zweiten nur bis zur 
Basis des viertletzten. während die längsten Gliederstrahlen der 
Anale bis zur Basis des viertletzten Analstrahles oder nur bis wenig 
über die Basismitte der Anale mit ihren Spitzen sich erstrecken. 


Ebenso variabel ist die Länge der Caudale, der obere Lappen 
ist stets etwas länger als der untere, wie dieser stark zugespitzt, 
bogenförmig gekrümmt 

Die siehelförmigen Brustflossen sind um die Länge eines Auges 
länger als der Kopf, während die Ventralen beträchtlich mehr als 
zweimal in der Kopflänge enthalten sind und bis zum Anus reichen, 

Die Krümmung der Seitenlinie endigt in senkrechter Richtung 
etwas vor dem Beginne der zweiten Dorsale. 

Die Zahl der Schuppenschilder längs der Seitenlinie beträgt 
42—43, die der Schuppen vor diesen etwas mehr als 40. 


706 Steindachner. 


Die Rückenseite bildet von der Gegend über den Narinen bis 
zur Dorsale eine scharfe Schneide; die Rückenlinie ist nur mäßig, 
ganz gleichförmig im Bogen gekrümmt, während die obere Kopflinie 
steiler nach vorne, doch in viel schwächerer Krümmung abfällt. 


Brust und Bauch bis in die Analgegend sind sehuppenlos. 


Die Basis der zweiten Dorsale und der Auale wird von einem 
überschuppten Hautfalze umgeben, die Flossenhaut zwischen den 
ersteren längsten Gliederstrahlen der zweiten Dorsale und der Anale 
ist mit kleinen Schuppen dicht belegt. 


Der schwärzliche Kiemendeckelfleck nimmt nur die überhäutete 
Einbuchtung zwischen beiden stumpfen Deckelspitzen ein. 


Die zweite Dorsale ist an der Basis gelb, ebenso die Anale bei 
einem Exemplare , im übrigen Theile aber zwischen den nicht ver- 
längerten Strahlen grauviolett. Bei dem zweiten Exemplare aber ist 
die ganze Anale grauviolett. Der Vorderrand der Anale zeigt bei 
beiden Exemplaren eine hell silbergraue Färbung. Rücken grün mit 
goldigem Schimmer; untere Körperhälfte goldgelb, gegen den Bauch 
zu silberfarben. 


Das größere der von uns zur Beschreibung benützten Exemplare 
mißt 121/,”, das kleinere eirca 112/,”. 


D. Wt/aı5 A. 2l'Yir—ıs- 
Fundort: Senegal bei St. Louis, Goree, 


Note. H. Prof. August Dumeril hatte die Güte, mir Originalexemplare 
von Vomer goreensis, gabonensis und senegalensis Guich. zur An- 
sieht einzusenden, welche leider sehr stark beschädigt sind. Nach 
meinem Dafürhalten gehören Vomer gorensis und Vomer senegalensis 
zweifellos einer und derselben Art an und fallen mit Argyreiosus 
setipinnis Mitch. (spee.) = Vomer Brownü C.\V. zusammen; ihre 
Körperhöhe ist genau oder ein wenig mehr als 21/,mal in der Total- 
länge enthalten. 

Sie entsprechen daher Günther’s Var. B. von A. setipinnis; 
das als Vomer senegalensis bezeichnete, eirea 14’ lange Exemplar 
des Pariser Museums trägt 25, das kleinere (V. senegalensis) von 
eirca 7’ Länge 23 Gliedenstralen in der zweiten Dorsale, während 
die Auale bei beiden Exemplaren 19 Gliederstrahlen enthält. 

Das von Cuvier und Valeneiennes als Vomer Brownü ab- 
gebildete Exemplar gehört gleichfalls der von Günther in die 
Gruppe B gereihten Varietät (Perhaps a species) des Argyreiosus 


Zur Fischfauna des Senegal. 107 


setipinnis Mitch. an, da die Körperhöhe eirea %!/;mal in der Total- 
länge begriffen ist. 

Vomer gabonensis Guich. dagesen entspricht Argyreiosus seti- 
pünnis, var. A im Sinne Günther’s und dürfte von Arg. setipinnis 
Mitsch. — Vomer Brownüi C. V. vielleieht speeifisch verschieden 
sein, da die Bauchlinie eine viel stärkere Krümmung zeigt als bei 
letztgenannter Art, zugleich die Höhe des Körpers genau zweimal in 
der Totallänge enthalten ist, und die zweite Dorsale nur von 22 
Gliederstrahlen gebildet wird; ich bezeichne daher diese Art als 
Argyreiosus gabonensis spee. Guichenot. 


Gatt. Lichia Cuv. 


17. Art, *Lichia glauca sp. Lin. 


52/,' aus dem Senegal, 
zwischen seiner Mündung und St. Louis. Sehr häufig um Goree. 


Vier kleine Exemplare von 31/, 


Naeh Cuvier Valeneiennes kommt auch Z. amia ım unteren 
Senegal (im Brackwasser) vor. 


Gatt. Temnodon C. \. 
18. Art. *Temnodon saltater sp. Lin. 


Sechs kleine Exemplare, unterhalb St. Louis im Senegal gefangen. 
Bei einigen derselben zeigt sich nicht die geringste Spur einer Ein- 
buchtung am aufsteigenden Präoperkelrande unmittelbar über dem 
hinteren Vordeckelwinkel. 


Gatt. Trachinotus C. \V. 


19. Art. * Trachinotus goreensis Cuv. Val. 


Syn. Trachinotus goreensis C. V.t. VIII, pag. 419 (nee. Blkr.) 
„ 2 Gthr. Catal. Vol. II. pag. 483. 
Trachinotus myrias C. V. t. VII. pag. 421. 
> » Gthr. Catal. Vol. Il. pag. 483. 
Trachinotus mazxillosus C. V. t. VII. pag. 420 (adult.) 
» a Blkr., Mem. Poiss. Guinee. pag. 78, pl. XVII. 


Nach Untersuehung der im Pariser-Museum befindlichen Origi- 
nalexemplare von Trachinotus goreensis, myrias und mazillosus 
kann ich diese drei Arten Cuvier Valenciennes’ nur als Varie- 
täten, Geschlechts- und Altersverschiedenheiten einer und derselben 


703 NEE Steindachner. 


Art erklären. Sie stimmen ganz genau in der Form des Kopfes, in 
der Beschuppungsweise, in der Färbung ete. mit einander überein. 

Sowohl bei 7. myrias als bei T. goreensis ist nach Exemplaren 
des Pariser Museums die Körperhöhe nicht ganz 2/,mal in der 
Totallänge enthalten, bei beiden liegen rundliche Flecken von 
dunkelbrauner Färbung längs der Seitenlinie, welche im Alter sich 
verlieren, und selbst bei jungen Exemplaren oft nur äußerst schwach 
angedeutet sind, und die Kopflänge gleicht '/, der Körperlänge 
zwischen dem Schnauzenende und dem hinteren Rande der mittleren, 
kürzesten Caudalstrahlen. 

Die etwas mehr oder minder bedeutende Länge der vorderen 
Strahlen der zweiten Dorsale und der Anale gibt keinen Anhaltspunkt 
zur Trennung in mehrere Arten, denn sie ist äußerst variabel, wie 
sich aus der Untersuchung einer Reihe von Exemplaren, die in allen 
übrigen Merkmalen genau miteinander übereinstimmen, ergibt, und 
dürfte höchst wahrscheinlich auf Geschlechtsunterschieden beruhen. 

Trach. mazillosus C. V. endlich ist auf ein altes Exemplar mit 
stark aufgetriebenem Oberkiefer basirt; ähnliche abnorme Anschwel- 
iungen oder Entartungen einzelner Knochen kommen aber sehr häufig 
in der Familie der Carangiden, Sparoiden, Scienoiden bei alten 
Individuen häufig vor, wie allgemein bekannt ist. 

Charakteristisch ist für Trach. goreensis die starke Bogenkrüm- 
mung der oberen Profillinie des Kopfes und der steile Abfall der 
Schnauze; die Rückenlinie erhebt sich in mäßiger Krümmung, die 
übrigens bei sehr alten Exemplaren etwas schwächer als bei jüngeren 
ist, bis zum Beginne der zweiten Dorsale. Die größte Leibeshöhe ist 
bei Individuen von 51/,” Länge circa 2%/,mal, bei Individuen von 
61/,—71/,'' Länge nur 2%/,—2t/,mal, bei einen großen Exemplare 
(Trach. mazwillosus C. V.) von eirca 21’ Länge 23/,mal in der Total- 
länge, der Augendiameter circa 31/,- etwas mehr als 4mal, die Stirn- 
breite weniger als 3- mehr als 2'/ymal in der Köpflänge enthalten. 
Die Schnauze ist bei jüngeren Exemplaren fast ebenso lang, bei 
alten beträchtlich länger als das Auge. Der obere Caudallappen ver- 
hält sich zur Totallänge wie 1 :3%/,—31/,. Der Unterkiefer wird 
nach vorne vom Zwischenkiefer nur sehr wenig überragt und trägt 
wie letzterer mehrere Reihen von Spitzzähnen, welche im hohen Alter 
vollkommen versehwinden. Ebenso verhält es sich mit den Vomer- 
und Gaumenzähnen. Das hintere Ende des Oberkiefers fällt in senk- 


Zur Fischfauna des Senegal. ‘09 


rechter Richtung eirea unter die Mitte des Auges. Die mediane Kopf- 
leiste beginnt an der Stirn und springt bald mehr bald minder scharf 
hervor. 

Die vorderen Gliederstrahlen der Dorsale und der Anale sind 
stets stark verlängert und bilden stets einen zugespitzten, säbelförmig 
gekrümmten schmalen Lappen, dessen Spitze, horizontal zurückgelegt, 
bald bis zum hinteren Ende der betreffenden Flosse oder selbst bis 
zum Ende der vorderen Stützstrahlen der Caudale (bei Männchen), 
bald bis zur Basis des zweiten bis sechsten letzten Strahles reicht. 

Die Peetorale ist kurz und gleicht an Länge der Entfernung des 
hinteren Kopfendes von den hinteren Narinen; die Ventralen sind bei 
jungen Exemplaren eirca halb so lang wie der Kopf, bei alten errei- 
chen sie kaum ‘/, der Köpflänge. 

Vier bis fünf dunkle Flecken liegen in ziemlich gleichen Inter- 
vallen längs der Seitenlinie und verschwinden im höheren Alter; 
seltener fehlen sie auch jungen Individuen. Der vordere Theil des 
Dorsal- und Anallappens ist schwarz, der hintere mehr oder minder 
intensiv gelb (im Leben), die Caudale schmutzig gelb. 

D. 6llYao—as; A. 21/8 —20- 

Sehr häufig im Senegal bei St. Louis. 


20. Art *Trachinotus ovatus Lin. 


Syn. Trachinotus teraia Cuv. Val. t. VIII. pag. 418 (juv.) 
Trachinotus goreensis Blkr. M&em. Poiss. Guinee pag. 77, Taf. XVI, 
Fig. 3 (nee. C. Vai.) 


Eine vollständige, außerordentlich reichhaltige Synonymie dieser 
Art ist in Dr. Günther’s Catalog der Fische des britischen Museums 
(V. IL pag. 481) gegeben; sie hier zu wiederhohlen, hielt ich für 
überflüssig, und habe daher nur zwei Synonyma hervorgehoben, um 
anzudeuten, daß die uns vorliegenden vier Exemplare aus dem 
Senegal dem Trachinotus teraia Cuy. Val. ganz genau bis ins 
kleinste Detail entsprechen, und daß Bleeker’s Trach. goreensis 
Blkr. l. e. nach meinem Dafürhalten nieht der gleichnamigen Art 
Cuv. Valeneiennes'‘, sondern dem T. teraia C. V., nach 
Günther = Trach. ovatus L. entspreche. 

Die Höhe des Körpers ist bei Individuen von 5” 2” Länge genau 
2%1/,mal, bei etwas größerer von 6%" —7’” 4" Länge aber 22/,mal 
bis 22/,mal, die Kopflänge bei ersteren 4°/‚mal, bei letzteren genau 


710 Steindachner. 


oder etwas weniger als 5mal, die Caudale eirca 31/; —8°/;mal in der 
Totallänge, die Augenlänge genau oder etwas mehr als dmal in der 
Kopflänge enthalten. 

Die Schnauze ist bei eben diesen Exemplaren ziemlich beträcht- 
lich kürzer als das Auge, die direete Stirnbreite zwischen der Mitte 
der oberen Augenränder dagegen steht der Augenlänge nur sehr 
wenig nach. Der Zwischenkiefer überragt den Unterkiefer. Das 
hintere Ende des Oberkiefers fällt etwas hinter die Mitte des Auges. 
Bei noch jüngeren Exemplaren von 2/7’ Länge laufen von dem 
Winkel der Vordeckelleiste drei stachelförmige Leistehen zum hinteren 
Winkel des freien Vordeckelrandes, von denen die mittlere längste 
mit ihrer Stachelspitze den hinteren Rand erreicht, während die 
übrigen unmerklich in das häutige Randstück übergehen. 

Die ersteren sechs Gliederstrahlen der zweiten Dorsale sind 
verlängert, doch ist der längste derselben nur etwas mehr als 1?/,mal 
bis 12/;mal in der Basis eben dieser Flosse enthalten; die längsten 
Gliederstrahlen der Anale gleichen an Höhe circa ?/, der Analbasis. 
Der Dorsallappen ist bei den uns vorliegenden Exemplaren von drei- 
eckiger Form, nur sehr schwach sichelförmig gebogen und bedeutend 
schwächer zugespitzt als bei gleich großen Exemplaren der früher 
beschriebenen Art. 

Der über die Höhe der übrigen Strahlen vorspringende Theil 
des Dorsal- und Anallappens ist tief schwarz. 

Die Länge der Peetorale ist eirca 1'/,mal, die der Ventrale 
mehr als 13/ymal in der Kopflänge begriffen. 

Die Seitenlinie durchbohrt bis zur Basis der mittleren Caudal- 
strahlen mehr als hundert Schüppchen. 

D. 6) 1Yo—a1; A. Ya —ıs; L. lat. e. 108—114 (+ ce. 8 auf der 
Caudale). 
Sehr gemein im Senegal bei St. Louis. 


21. Art. * Trachinotus teraioides Guichen. 
Taf. XI. 


Syn. Trachinotus teraioides Guich. in A Dumeril, Rept et Poiss. de l’Afr. 
oceid. pag. 246 (Arch du Mus. t. X.). 


Diese Art steht dem 7. ovatus (var. teraia C. V.) sehr nahe 
(in ähnlicher Weise wie Argyreiosus setipinnis Mitch. = Vomer 
Brownü C. V. zum Arg. gabonensis Guich. = A. setipinnis var. 


Zur Rischfauna des Senegal. 11 


4., Gthr.) unterscheidet sich aber von letzterer in sehr charakteristi- 
scher Weise durch die starke Krümmung und den raschen Abfall der 
Basis der zweiten Dorsale und der Anale zum Schwanzstiele. Die 
Körperhöhe ist etwas mehr ais 2mal, die Kopflänge eirca 41/,mal, 
die Länge der Caudale mehr als 31/,mal in der Totallänge, der Augen- 
diameter nahezu mal, die Stirnbreite 3mal in der Kopflänge 
enthalten. 


Das hintere Ende des Oberkiefers fällt etwas vor die Augenmitte; 
die Seitenlinie durchbohrt bis zur Caudale eirca 105 Schuppen. 


In der Form und Höhe des Dorsal- und Anallappens unterschei- 
det sich 7. teraioides nicht wesentlich von gleich großen Exemplaren 
des Trach. ovatus. 


Die eigenthümliche Richtung der Rücken- und Bauchlinie ist 
aus der von uns gegebenen Abbildung deutiich zu entnehmen, welcher 
Dr. Guichenot's Originalexemplar zu Grunde liegt. 


D, 6.0, A. 205 B 19 210), v5. 


22. Art. Trachinotus Martini n. sp. 


Diese uns in drei kleinen Exemplaren vorliegende Art ist nahe 
verwandt mit Tr. ovatus, unterscheidet sich aber von derselben durch 
die bedeutend geringere Höhe des Körpers, welche nahezu nur 1/, 
der Totallänge erreicht. 

Die Kopflänge ist 4mal in der Totallänge, der Augendiameter 
23/, bis nahezu 3mal in der Kopflänge enthalten. Die mediane 
Kopfleiste beginnt in der Gegend über den Narinen. 

Der Zwischenkiefer ragt über den Unterkiefer vor, der hintere 
Rand des Oberkiefers fällt etwas hinter die Augenmitte. 

Außerst feine, zahlreiche Bürstenzähne liegen in den Kiefern, 
am Vomer und Gaumen. 

Die Schnauzenlänge ist 2/;,—*/,;mal so lang wie das Auge, die 
Stirnbreite gleich der Schnauzenlänge. 

Der hintere. Rand des Vordeckels ist etwas nach hinten geneigt, 
geradlinig und zahnlos. An der Winkelgegend der Vordeckelleiste 
wurzeln zwei stachelförmige Erhöhungen, von denen die untere 
längere zur Mitte des abgerundeten freien Winkelrandes zieht und 
über diesen unbedeutend mit ihrer Spitze vorspringt, während die 
obere etwas aufwärts gebogen ist und nicht den Winkelrand erreicht. 


712 ; Steindachner. 


Diese theilweise in Stachelspitzen auslaufenden Leisten in der 
Winkelgegend des Vordeckels kommen übrigens nur (wie bei 
Tr. ovatus) bei sehr jungen Individuen so scharf ausgeprägt vor und 
verschwinden im vorgerückteren Alter in der allmählig zunehmenden 
stärkeren Verknöcherung des Randstückes des Vordeckels vollstän- 
dig, während sie bei Exemplaren mittlerer Größe noch schwach an- 
gedeutet sind. 

Die ersteren Gliederstrahlen der zweiten Dorsale und der Anale 
sind genau so wie bei jungen Individuen des 7r. ovatus erhöht und 
bilden einen dreieckig vorspringenden Lappen. 

Die Länge der Peetorale gleicht der Entfernung des hinteren 
Kopfendes von dem vorderen Augenrande, die Ventrale ist mehr 
oder minder bedeutend kürzer als die Ventrale. 

Die Seitenlinie ist nur im vorderen Theile des Rumpfes sehr 
schwach gebogen. 

Beschuppung wie bei den übrigen Trachinotus-Arten. 

Die Schnauzenlinie fällt mehr oder minder steil zum vorderen 
Mundrand ab, der übrige Theil der oberen Kopflinie erhebt sich in 
ast gerader Richtung bis zum liegenden Vorstachel der ersten 
Dorsale. 

Bei zwei Exemplaren zieht hinter der Stirne eine ziemlich 
breite braune Binde quer über die Oberseite des Kopfes. 

Die Verbindungshaut der Dorsalstacheln ist schwärzlich, ebenso 
der über die mittlere Höhe der zweiten Dorsale hervorragende Theil 
des Dorsallappens. 


D. 61y,,; A. 2|Yır. 


Wir besitzen drei Exemplare von 2” 3”’—2’’%'"’ Länge aus dem 
Senegal. 

Eine genaue Abbildung dieser Art wird in dem zweiten Theile 
dieser Abhandlung nachträglich gegeben werden. 


Zur Fischfauna des Senegal. 7 13 


Gatt. Psettus C. V. 


23. Art. *Psettus Sebae C. V. 


Syn. Chaetodon quadratus ete. Art., Seba Thes. III, pag. 69, tab. 26, Fig. 21. 
» rhombeus Bl. Schn., Syst Ichth. pag. 235. 
Psettus Sebae C. \. t. VII, pag. 181; Gthr., Cat. Vol. II, pag. 486; 
Blkr., Mem. Poiss. Guinee, pag. 68. 

Bei jungen Individuen bis zu 3’ Länge ziehen drei Querbinden 
über den Körper, und zwar die vorderste voı Hinterhauptende etwas 
nach vorne gebogen und vom Auge unterbrochen zur Kehle hinab; 
die zweite Binde läuft längs der Basis der stacheligen Dorsale nach 
vorne, biegt am Beginne derselben um und zieht dann quer über 
den Rumpf, den hinteren Rand des Kiemendeckels streifend, sie 
endet etwas hinter dem kurzen Ventralstachel; die dritte Vertical- 
binde liegt etwas hinter der Mitte der Rumpflänge und setzt sich 
über den hinteren Theil des Dorsal- und Anallappens bis zu dessen 
Spitze fort. Die Kopfbinde ist zuweilen auch bei alten Exemplaren 
noch angedeutet. 

Die größte Leibeshöhe steht sowohl bei alten als jungen Indivi- 
duen der Totallänge nur sehr wenig nach, die Kopflänge ist 3°/,;mal 
bis 3°/;mal in der Totallänge enthalten. Sammtzähne, dicht an 
einander gedrängt im Zwischen- und Unterkiefer, am Vomer und 
Gaumen; der Augendiameter verhält sich zur Kopflänge wie 
1:21, —23/,. 

Bei jungen Individuen liegen zahlreiche violette Punkte in der 
hinteren Hälfte des Rumpfes und auf den Gliederstrahlen der Dorsale 
und der Anale, welche vollständig überschuppt sind. 

53 Schuppen längs der Seitenlinie bis zur Basis der mittleren 
Caudalstrahlen, 2 auf der Caudale, 17—18 schiefe Schuppenreihen 
liegen zwischen dem höchsten Punkte der Seitenlinie und der Basis 
des ersten Gliederstrahles der Dorsale. Die Zahl der Dorsalstacheln 
beträgt in der Regel 8, selten 9 (bei einem ziemlich großen Exemplare 
von 6” Länge); in der Anale zähle ich bei den mir vorliegenden 
8 Exemplaren nur 32—34 Gliederstrahlen wie Bleeker (nach 
Günther 37). 

Psettus Sebae ist sehr gemein im Senegal bei St. Louis, das 
größte Exemplar unserer Sammlung mißt 8” in der Totallänge. 


7 1 A Steindaehner. Zur Fischfauna des Senegal, 


Tafel- Erklärung. 


. Lates niiotieus. 

. Pristipoma Jubelint. 
5 Peroteti. 
= Rogeri. 


rw 


% swillum. 
Otolithus senegalensis. 
> macrognathus. 
. Corvina nigrita. 


san 


. Sciaena epicercus. 

. Polynemus quadrifilis. 
. Galeeides polydactylus. 
. Trachinotus teraioides. 


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Steindachner. Fische des Senegal. 


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Sitzungsb.d.k.Akad.d.W. math.naturw. (L.LX. Bd. 1. Abth.1869. 


Sleindachner. Fische des Senecal, 


Silzungsb.d.\ Akad.d.W. math.ualurw. 6LLX. Bu. !. Abth.1869. 


Taf.Al. 


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Le 


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Sleindachner. Fische des Senegal. Taf. AU. 


Sılzunssb.d.k.Akad.d.W, math.nalurmw. LL.uUN. Be. 1. Abth, 1869. 


715 


XXV. SITZUNG VOM 18. NOVEMBER 1869. 


Das k. und k. Ministerium des Äussern übermittelt mit Note vom 
17. Nov. 1. J. ein vom k. und k. Consul in Bombay eingesendetes 
Exemplar einer Abhandlung über normale Windriehtungen in Bom- 
bay, von Charles Chambers, Superintendent des Regierungs-Ob- 
servatoriums in Colaba. 


Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: 


„Anthraeit-Lager in Kärnthen“ vom Herrn Dr. Fr. Unger in 
Graz; 


„Ein praecorneales Gefäßßnetz am Menschenauge“ und „Ein 
insulärer Schaltknochen im Seitenwandbein“, beide vom Herrn Hof- 
rathe und Prof. Dr. J. Hyrtl. 


Herr Dr. Is. Hauke, Inhaber eines Kranken-Kinder-Ordina- 
tions-Institutes in Wien, hinterlegt ein versiegeltes Schreiben zur 
Wahrung seiner Priorität. 

Herr Direetor Dr. C. Jelinek macht eine für den Anzeiger be- 
stimmte vorläufige Mittheilung über den orkanartigen Sturm vom 
14. November d. J. in Wien. 


Derselbe überreicht ferner eine Abhandlung des Herrn Prof. 
B. Lapschin in Odessa: „Über das specifische Gewicht des Was- 
sers des Schwarzen Meeres, ferner über die Wärmeleitungsfähigkeit 
des Korkes und dessen Anwendung zur Construction eines Batho- 
meters“. 


Herr Director G. Tschermak legt eine Abhandlung: „Über 
ein neues Salz von Hallstatt“ vor. 

Derselbe übergibt ferner eine Arbeit des Herrn G. Hauen- 
sehild, betreffend die mikroskopische Untersuchung des Predaz- 
zites und Pencatites“. 


716 


Herr Prof. Dr. Jul. Wiesner legt eine Abhandlung; „Über den 
Ursprung und die Vermehrung der Bacterien“ von Herrn Dr. A. Po- 
lotebnow aus St. Petersburg vor. 


Herr Dr. S. Stern, Privatdocent an der medieinischen Fa- 
eultät der Wiener Universität überreicht eine Abhandlung, betitelt: 
„Beiträge zur Theorie des gemeinen (nicht musikalischen) Schalles 
als Objeet-Merkmals mit Rücksicht auf die speciellen Bedürfnisse 
der medicinischen Diagnostik“. 


Herr Prof. E. Ludwig legt eine von ihm gemeinschaftlich mit 
Herrn Th. Hein ausgeführte Abhandlung: „Synthese des Hydroxy- 
lamins“ vor. 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 


Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss., zu Berlin: Monats- 
bericht. August 1869. Berlin; 8°. 

Apotheker-Verein, Allgem. österr.: Zeitschrift. 7. Jahrgang, 
Nr. 22. Wien, 1869; 8°. 

Comptes rendus des seances de l’Academie des Sciences. Tome 
LXIX, Nr. 18. Paris, 1869; 4°. 

Cosmos. XVIII° Annee. 3° Serie. Tome V, 20° Livraison. Paris, 
1869; 8°. 

Fellöcker, Sigmund, Geschichte der Sternwarte der Benedieti- 
ner-Abtei Kremsmünster. Linz, 1864; 40. 

Gewerbe-Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. 
XXX. Jahrg., Nr. 35. Wien, 1869 ; 8°. 

Landbote, Der steirische. II. Jahrgang, Nr. 23. Graz, 1869; 40. 

Nature. Vol. I, Nr. 2. London, 1869; 40. 

Osservatorio del R. Collegio Carlo Alberto in Moncalieri: Bullet- 
tino meteorologico. Vol. IV, Nr. 8. Torino. 1869; 4°. 


Reden, gehalten bei der feierlichen Inauguration des für das Stu- 
dienjahr 1869/70 gewählten Reetors des k. k. polytechnischen 
Institutes, Dr. Adalbert Fuchs, am 12. October 1869. 
Wien; 80. 


Reichsanstalt, k. k. geologische: Verhandlungen. Jahrg. 1869, 
Nr. 13. Wien; 4. 


717 


Revue des cours scientifiques et litteraires de la France et de 
l’etranger. VI° Annee, Nr.50. Paris & Bruxelles, 1869; 40. 
Wiener Landwirthschaftliche Zeitung. XIX. Jahrgang, Nr. 46. 

Wien, 1869; 4°. 
— Medizin. Wochenschrift. XIX. Jahrgang, Nr. 91 — 92. Wien, 
1869; 40. 
- Zeitschrift des österr. Ingenieur- und Architekten-Vereines. XXI. 
Jahrgang, 8. und 9. Heft. Wien, 1869; 40. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth, AT 


us 


Über den Simonyit, ein neues Salz von Hallstädt. 
Von dem e. M. Gustav Tschermak, 


(Mit 2 Holzschnitten.) 


Die alpinen Salzlagerstätten Österreichs bergen eine Anzahl 
wenig oder gar nicht bekannter Mineralien, deren Kenntniß trotz dem 
beschränkten Vorkommen von Wichtigkeit ist, weil diese Ver- 
bindungen über manche der chemischen Veränderungen Aufschluß 
geben, welche diese Salzlager im Laufe der Zeit erlitten, bis sie in 
den gegenwärtigen Zustand gelangten. 

Meine Arbeit beschäftigt sich dießmal blos mit einem Salze aus 
der Gruppe der Magnesium-Natrium-Sulfate, welche im Salzkammer- 
gute gefunden werden. 

Vor längerer Zeit (1821) hat John über ein hierher gehöriges 
Salz von Ischl, den Blödit, Nachricht gegeben. Eine Analyse dieses 
Salzes veröffentlichte später (1856) auch C. v. Hauer. Ein zweites 
Mineral ist der Löweit, welcher ebenfalls bei Ischl aufgefunden und 
(1846) von v. Haidinger vollständig beschrieben wurde !). Ein 
drittes verwandtes Mineral ist vor Kurzem entdeckt worden. Herr 
Professor F. Simony brachte vor einem Jahre aus Hallstadt mehrere 
Salzstufen mit, welche außer Steinsalz, Karstenit, Polyhalit auch ein 
röthlich-gelbes, körniges, an der Luft rasch verwitterndes, ferner ein 
diehtes, luftbeständiges Salz enthielten, welches theils eine blau- 
grüne, theils eine röthlichgelbe Färbung zeigte. Die Mineralien sind 
zum Theil bunt durcheinander gemengt, zum Theil aber sondern sie 
sich in einzelne Lagen, so daß das grüne Salz zwischen der rothen 


1) John. Chemische Schriften Bd. VI, pag. 240. Haidinger. Abhandlungen der 
kön. Gesellsch. d. Wiss. z. Prag. Folge V. Bd. IV., und Berichte der Freunde d. 
Naturwissensch. Bd. ll. pag. 266. v. Hauer. Jahrb. d. geol. Reichsanst. Bd. VII. 
pag- 6085. 


Über den Simonyit, ein neues Salz von Hallstadt. 1 9 


Umgebung eine zollbreite Zone bildet. Diese Stufen sind dem 
Christina-Stollen bei Hallstadt entnommen. Einen Theil des Materiales 
überließ Herr Professor Simony mir zur Untersuchung. 

Die Prüfung des verwitternden Salzes, welches Wasser 
Magnesia, Natron und Schwefelsäure enthielt, gab ich bald auf, 
weil ich es für ein Gemenge hielt. Ich fand in dem verwitterten 
Salze 5-60 Magnesiumsulfat und 171 Wasser, das übrige ist 
Natriumsulfat. 

Durch die Verwitterung des eben genannten Salzes tritt das 
luftbeständige Salz scharf und deutlich hervor und läßt sich später 
von dem vorigen, welches zu Pulver zerfällt, leicht trennen. 

Das luftbeständige Salz kömmt öfters in dünnen, bis ein Zoll 
mächtigen Lagen, zwischen Steinsalz und dem verwitternden Salze vor, 
und zwar häufig so, daß die drusige Seite der Lage gegen letzteres 
Salz gewendet ist, während die derbe Seite auf dem Steinsalze sitzt. 

Die Krystalle des Salzes, welche Drusen auf der derben grünen 
Lage bilden, sind sehr klein und für ein normales Auge erst durch 
die Loupe wahrnehmbar. Sie sind glasglänzend, durchsichtig, oft 
farblos, oft aber durch Einschlüsse smaragdgrün oder auch braun- 
gelb gefärbt. 

Herr A. Brezina übernahm die Messung der Krystalle und 
erhielt folgende Resultate. „Die Krystallform ist monoklin. 

Die auftretenden Flächen sind: 

c=001, m=110, n=210, 
—= 011, p=11l, 5b=010 
letztere Fläche kaum zu erkennen. 

Die Flächen m und c sind immer vorwiegend ausgebildet. c ist 
glatt und eben, die Flächen m und » erscheinen parallel der von 
ihnen gebildeten Kante gestreift. 


720 Tsehermak. 


Häufig sind zwei entgegengesetzte Flächen nicht parallel, was 
von einer wiederholten Zusammensetzung herrühren dürfte. Die Un- 
vollkommenheiten bedingen es, daß alle gemessenen Winkel mit Aus- 
nahme von cd nur approximative Werthe sind. 


a = ae = 

m —=18 4 19 26 
mm —= 14 45 Kal 
an’ = 67 52 66 38 
bm = 87 15 
Dann 56 41 
EB NZ 31,10 ae) 
cm —=88.5 Sa 
pm — 44 25 45 56 


Nach diesen Messungen ist das Axenverhältniß 


a:b:ce—= 1: 07453 : 0.5041 
und 
de = 18 31 


der Winkel der Hauptaxe und Klinodiagonale. 


Die Spaltbarkeit ist wenig vollkommen, dieß läßt sich an der 
derben Masse erkennen, doch hindert die Kleinheit der Krystalle die 
weitere Orientirung. Die Härte ist 2-5, sie liegt zwischen Steinsalz 
und Caleit beiläufig in der Mitte, und ist geringer als die des Löweits. 

Das Volumgewicht ist 2'244. Der Geschmack ist schwach 
salzig-bitter. 

Das Salz verwittert nieht. Es liegt nun das zweite Jahr in sehr 
trockener Luft, ohne eine Spur von Verwitterung zu zeigen. Beim 
Erhitzen im Kölbehen gibt es jedoch Wasser aus, wird trübe und 
weißlich. In der Löthrohrflamme erhitzt wird es trübe, schmilzt rasch 
zu einer durchsiehtigen Masse und färbt dabei die Flamme rothgelb. 

Auf Kohle erhitzt schmilzt es zu einer durchsichtigen Kugel, 
die beim Erstarren bräunlich und undurehsichtig ist. Wird die Kugel 
längere Zeit erhitzt, so erscheint sie auch in der Hitze undurebsichtig 
und erstarrt zu weißem Email. 


Über den Simonyit, ein neues Salz von Hallstadt. 121 


Im Wasser lösen sich die Krystalle ziemlich leicht und hinter- 
lassen einige grüne Flocken, die bald braun werden. In der Lösung 
ist nur Schwefelsäure, Magnesia und Natron nachzuweisen. Nach 
Abrechnung des unlöslichen Rückstandes, der 040 Pet. betrug und 
Eisenreaction gab, lieferten die Versuche folgende Zahlen: 


Schwefelsäure . . . . 22.2.0. 0747-17 
Magnestau a, Man. SRSR WERNE 912365 
Natrom IRRE Aa ESS 
Wasser 12100 SURE3/DEBIRE DI BR OA. 8 
100-590 


Das Wasser wurde aus dem Glühverluste berechnet, das Natron 
von der Schwefelsäure und der Magnesia durch Barythydrat getrennt 
und als Sulfat gewogen, die Magnesia als Pyrophosphat. Die Zu- 
sammensetzung entspricht der Formel: 


MgSO, . Na,SO, . 4H,0, 


welche fordert: 


Schwefelsäure 2... 1.0.0 .0.2,47.90 
Masnesia wu. 0... 022005098 
Natronsen con el Sa De ENSEH6 
Wasserie 2 Mu9 , WU EMGREN2] 56 

100-00 


Die derbe, blaugrüne oder röthlichgelbe diehte Masse ist 
gleichartig mit den Krystallen. Sie zeigt dasselbe Verhalten in der 
Hitze und gegen Reagentien. Dünnschliffe davon lassen bei der mi- 
kroskopischen Prüfung in der körnigen Masse grüne und braune 
flockige Theilchen als unregelmäßig vertheilten Einschluß erkennen, 
ferner auch säulenförmige Kryställchen eines anderen doppelbrechen- 
den Minerales. Beim Auflösen im Wasser bleiben jene Flocken, 
ferner farblose Partikelchen zurück, die nach ihrem Gehalte an 
Schwefelsäure, Kalkerde und Wasser als Gyps erkannt werden. 
Die Gypstheilchen lassen sich vollständiger absondern, wenn man das 
Mineralpulver mit verdünntem Alkohol behandelt. Im übrigen hat 
das Mineral gleiche Zusammensetzung mit den Krystallen. Es wurden 
bestimmt: 


122 Tschermak. 


Schwefelsäure . » .» 2.....46:07 Pet. 
Magnesia rn. ya I: ee 
Wasser . Neeyrt- 1AD 
Unlöslicher Rückstand . . . . 2:16 „ 


Um zu ermitteln ob der Wassergehalt in der zuvor angegebenen 
Formel in Krystallwasser und Halhydratwasser zerfalle oder nicht, 
wurde, weil keine Krystalle mehr übrig waren, eine Partie des 
derben Salzes gepulvert und im Wasserbade erhitzt. Nach zwei 
Stunden waren von dem Wassergehalte welcher 19:63 Pet. betrug, 
4-90 Pet. verschwunden, also ein Viertel des Ganzen. Als das Pulver 
wiederum zwei Stunden in der nämlichen Temperatur erhalten 
worden war, nahm es nochmals an Gewicht ab, bis endlich nach fünf 
solchen Versuchen das Gewicht constant blieb. Nun waren 7:33 Pet. 
verschwunden oder drei Achtel des ganzen Wassergehaltes. Das 
Pulver hatte also nach längerem Erhitzen im Wasserbade die nun- 
mehr eonstante Zusammensetzung. 


2MgSO, . 2Na,S0, . 51,0. 


Dief ist die Formel des Löweites. Wenn man diese gefundene 
Gliederung des Wassergehaltes in der Formel des untersuchten 
grünen Salzes ausdrücken will, so hat man für dasselbe die Formel 


“2MgSO, 2Na,SO, . 5H,0 . 3aq 


anzunehmen und es wäre dieß ori) als Löweit mit drei Mol. 
Krystallwasser. 


Das untersuchte Salz ist nach den angeführten Resultaten von 
den bisher bekannten Mineralien verschieden. Ich schlage vor, das- 
selbe nach dem Entdecker Herrn Professor Simony, der sich so glän- 
zende Verdienste um die Kenntnil® des Salzkammergutes erworben 
hat, Simon yit zu nennen. 


Die percentische Zusammensetzung des Simonyites ist dieselbe 
wie die des Blödites und des Astrakanites. John, welcher den 
Blödit zuerst untersuchte, sagt, daß das Salz an der Luft verwittere, 
daß es im Wasserbade durch zwei Stunden erhitzt, den ganzen 
Wassergehalt von 22 Pet. verliere und daß beim weiteren Erhitzen 
in höherer Temperatur kein fernerer Gewichtsverlust eintrete. Das 
Stück, welchem Herr €. v. Hauer das Material zu der Analyse 


Über den Simonyit, ein neues Salz von Hallstadt. 723 


des Blödites entnommen, konnte ich durch die Freundlichkeit des 
Herrn Direetors F. v. Hauer prüfen und fand das Mineral zu einem 
Pulver verwittert. Der Blödit, welcher an der im Hof- und Mineralien- 
cabinet aufbewahrten Stufe zu sehen war, ist jetzt ebenfalls zu einem 
fast wasserfreien Pulver verwittert. Der Astrakanit, über welchen 
G. Rose Nachricht gab !), hat nach Göbel auch die Eigenschaft, au 
der Luft zu verwittern. Aus all den bekannten Angaben folgt, daß 
der Blödit und der Astrakanit, welche dieselbe chemische Zusammen- 
setzung haben und wahrscheinlich ein und dasselbe Mineral sind, 
hinsichtlich der Art des Wassergehaltes von dem Simonyit sich 
unterscheiden. 


Ein Salz aber, welehes Hayes analysirte 2), scheint dem Simo- 
nyit gleich zu sein. Hayes berichtet über ein Salz, welches in der 
sehr trockenen Gegend von San Louis de la Punta bei Mendoza, 
Südamerika, zwischen zwei Lagern von Steinsalz auftritt, unvollkom- 
mene Krystalle bildet, dieselbe Zusammensetzung wie der Blödit hat, 
und längere Zeit in Luft von 32° C. getrocknet, einen Theil seiner 
ursprünglich 1642 bis 19-60 Pet. betragenden Wassergehaltes ver- 
liert und dann nur mehr 15:20 Pet. Wasser enthält. Auch wird an- 
gegeben, dalS in der feuchten Luft von Boston dieses Salz Feuchtig- 
keit anziehe. 

Der Simonyit ist auch dem Löweit nahe verwandt und unter- 
scheidet sich von dem letzteren nur durch drei Mol. Krystallwasser. 
Nach dem Trocknen im Wasserbade ist der Simonyit mit dem Löweit 
ident. Dieser enthält kein Krystallwasser, denn auch nach längerem 
Erhitzen bei 100°C. fand ich keinen Gewichtsverlust, erst beim 
Glühen entweichen nach meinem Versuche 1432 Pet. Wasser. 


Nachdem das Wasser vollständig entfernt ist, verhalten sich 
beide, der Simonyit und der Löweit, ganz gleich. Sie schmelzen zu 
einer durehsiehtigen Masse, welche, sobald nach Entfernung der 
Flamme das Erstarren begonnen hat, plötzlich wieder aufgläht, 
woraus zu schließen ist, daß durch die Krystallisation eine große 
Menge Wärme frei wird. 


1) G. Rose. Reise nach dem Ural. Bd. II, pag. 270. 
2) Proceedings of the Nat Hist. Society of Boston. Bd. V, pag- 391 and Silliman Am, 
Journal. Series Il. Bd. XXIV, pag. 112. 


2A Tscehermak. Über den Simonyit, ein neues Salz von Hallstadt. 


Die drei verwandten Mineralien sind also: 


MgSO, . Na,S0O, Aaq Blödit und Astrakanit 
2MgSO, 2Na,SO, . 5H;0 . 3aq Simonyit 
2Mg SO, 2N2,SO, . 5H,0 Löweit. 


Über die Bildungsweise des Simonyites geben die mir vorliegen- 
den Stufen einige Andeutungen. An einer derselben sieht man 
diehten rothen Polyhalit, der zertrümmert und an der Oberfläche der 
Bruchstücke zersetzt erscheint. In den Spalten finden sich Gyps, 
Na-sulfat als weißes Pulver, Steinsalz und Simonyit im Gemenge. 
Auf diesen Polyhalit folgt, im Zusammenhange mit dem Gemenge in 
jenen Spalten, eine Lage von derbem grünem Simonyit, welcher 
stellenweise mit pulverigem Na-sulfat gemengt ist. Diese Beobachtung 
sowie die beständige Beimengung von Gyps im Simonyit sind der 
Ansicht günstig, daß der Simonyit durch Umwandlung des Polyhalites 
entsteht, indem aus dem lezteren sich Gyps abscheidet, während 
das übrig bleibende Mg SO,K,SO, in das entsprechende Natriumsalz 
umgewandelt wird. 


Über den Ursprung und die Vermehrung der Bacterien. 
Von Dr. med. A. Polotebnow aus St. Petersburg. 


Historische Einleitung. 


Das Genus Bacterium wurde zuerst von Ehrenberg im Jahre 
1830 beschrieben. Die neu aufgestellte Gattung umschloß sieben 
Species. (Beitr. z. Kenntn. d. Org. d. Infusor. ete. Abh. d. k. Ak. d. 
Wissensch. zu Berlin, 1830; Infus. Thierchen als vollk. Organismen. 
Leipzig, 1838. In dieser Abhandlung hat Ehrenberg unter der 
Gattung Bacterium nur drei Arten beschrieben.) Nach Ehrenberg 
sind die Baeterien Thierchen, die zu den Phytozoen, zur Classe 
Polygastrica- Anentera, Familie Gymnica, Seectio Vibrionia zu 
zählen sind. Ehrenberg läßt die Vermehrung der Infusorien, denen 
er hermophroditische Geschlechtsorgane zuschreibt, durch Eier zu 
Stande kommen. 

Dujardin (Hist. natur. des Zoophytes. Infusoires. Paris, 1841) 
reihet zwar alle Vibrionen dem Thierreiche an; nichtsdestoweniger 
sagt er: „Vibrioniens eonstituent une famille a part, dont on ne voit 
guer le rapport avec les autres familles“....., und daß „Vibrioniens 
ne laissent distinguer aucune trace d’organisation interne“ t). 

Perty (zur Kenntn. kl. Lebensform. n. Bau, Funet. Syst. ete. 
Bern, 1852) zählt alle Vibrionen zu den „Phytozoidien“. „Das 
vegetabilische und animale Leben“, sagtPerty, „sind beide in diesen 
einfachsten Wesen höchst flüchtig; ein kleiner Wechsel. der Um- 
stände macht das letztere in das erstere umschlagen; Bact. termo 
kommt bisweilen gar nicht zu animalischem Leben, sondern bleibt 


1) Ganz dieselbe Ansicht bezüglich der Vibrionen äußerte in der zweiten Hälfte des 
vorigen Jahrhunderts Otto Friedrich Müller, welcher an Stabthierchen keine 
Organisation, keine Spur von Organen und kaum eine Spur von Leben erkannte. 


(Animaleula Infusoria ete. P. 1.) 


126 Polotebnow. 


in vegetabilischem befangen ... Man muß hier jedoch unter anima- 
lisechem Leben nur ein, scheinbar willkürliche Bewegung äußerndes, 
unter vegetabilischem ein dieser beraubtes Leben verstehen“. Perty 
läßt keine Vibrionen als solche in der Natur zu, und läßt sie dagegen 
„überall entstehen, wo stickstoffhaltige Substanzen in Fäulniß über- 
gehen, aus Anfängen, welche verschwindend klein sind und erst 
bei einiger Ausbildung sichtbar werden... Bact. termo geht aus 
Molecülen hervor, die anfangs wegen ihrer Kleinheit gar nicht 
oder nur momentan wahrnehmbar sind“. Dessenungeachtet hält 
Perty für glaubwürdig, daß die Vibrionen in manchen Fällen auch 
durch die Generatio spontanea entstehen. Bezüglich der inneren 
Organisation der Vibrionen schließt sich Perty der Meinung von 
O0. F. Müller und Dujardin an. „Die Vibrionidia sind die einfach- 
sten aller Phytozoidien; unsere Mikroskope lassen an ihnen weder 
eine nähere Organisation erkennen, noch ist es wahrscheinlich, daß 
eine solche überhaupt vorhanden sei“. 

Prof. F. Cohn (Unters. üb. d. Entwieklungsgesch. d. mikr. Al- 
gen u. Pilze. Verh. d. kais. Leop. Car. Akad. d. Naturforsch., Breslau u. 
Bonn, 1854) zählt die Vibrionen dem Pflanzenreiche zu, und meint, 
dafs „die in stehenden Infusionen überall gemeinen, für selbststän- 
dige Infusorien erklärten Körperchen des Bact. termo nur ein Ent- 
wicklungszustand einer Pflanze, namentlich die frei gewordenen, 
selbstbeweglichen Zellen (Schwärmzellen) einer, morphologisch mit 
Palmella und Tetraspora zunächst verwandten, durch Vorkommen 
und Mangel an Färbung in das Gebiet der Wasserpilze sich stellen- 
den Form sind“. Da nun nach den Beobachtungen Cohn’s das 
Bact. termo in Gallert-Kugeln und Gallert-Trauben sich entwickelt, 
so sieht er sich veranlaßt, das Bact. termo mit einem besonderen 
Namen, „Zoogloea termo“ zu bezeichnen. Hinsichtlich der Vi- 
brionen gelangte Cohn zu keinen positiven Resultaten. „Die 
langen, sich nicht schlängelnden (V. baeillus ete.) reihen sich, 
nach Cohn, an die zarteren Formen von Beggiatoa (Oseilla- 
ria) an. Die kürzeren Vibrionen und Spirillen entsprechen zwar 
an Form und Bewegungsgesetzen den Oseillarien und Spirulinen, 
doch kann ich über ihre wahre Natur keine bestimmte Ansicht 
aussprechen.“ 

Naegeli (Amtl. Ber. über die 33. Vers. Deutsch. Naturforsch. 
ete. Bonn, 1859, S. 133) stellt aus Bacterium, Vibrio und Spirdl- 


Über den Ursprung und die Vermehrung der Bacterien. 12% 


lum sammt Nosema, Umbina aceti, Hygrocrocis und Sarcina eine 
sruppe zusammen, welche er mit dem Namen „Schizomycetes“ 
belegt. Diese Gruppe charakterisirtN aegeli folgendermaßen: „Über 
die Bedeutung der Gruppe Schizomycetes, ob es Pflanzen, Thiere 
oder krankhafte thierische oder vegetabilische Elementartheile seien, 
darüber gibt die anatomische Structur keinen Aufschluß; daß es 
Pflanzen und keine Thiere sind, dafür liegen wenig Gründe vor“. 

Pasteur (Mem. sur les corpuseules organises ete. Annales de 
Chimie et de Physique, II. Serie, T. LXIV, 1862, p. 5—110) zählt 
die Bacterien zum Thierreiche. Über den Ursprung der Bacterien sagt 
Pasteur Folgendes: „Cet infusoire (Baeterium) est si petit, qu'on 
ne sauraitdistinguer son germe et encore moins assigner la presence 
de ce germe, s’il etait connu, parmi les corpuscules organises des 
poussieres en suspension dans l’air..... Monades, Bacter. Vibrie — 
comment ces animalceules sont ils produits? Nous ne pouvons le dire, 
leur extreme petitesse les derobant a toute espece d’investigation“. 

De Bary (Morphol. u. Physiol. der Pilze, Fl., u. Myxom. Leipzig 
1866, S. 3) sagt, daß die Schizomyceten, „morphologisch betrach- 
tet, von den Pilzen auszuschließen und den Oseillarien an die Seite 
zu stellen sind, wenn auch ihr Vegetationsproceß dem der Pilze 
gleich ist... Hieher gehören die in Beziehung auf ihre Organisation 
noch höchst ungenügend bekannten, meist überaus kleinen Formen, 
welche mit den Gattungsnamen Vibrio, Bacterium, Zoogloea Cohn, 
Nosema Naeg., Sarcina u. s. w. bezeichnet, theilweise auch noch 
dem Thierreiche zugezählt werden,“ 

Nach den Untersuchungen von Joh. Lüders (Bot. Ztg., Nr. 5 
u. 6, 1866; Arch. f. mikrosk. Anat., Bd. Ill, 1867) entwickeln 
sich die Vibrionen aus dem körnigen Inhalte verschiedener Pilz- 
sporen und Mycelfäden oder im Innern dieser letzteren, oder aber 
in der Weise, daß die Körner des Inhaltes durch die Sporen und 
Mycelfädenmembran heraustreten (ohne dieselbe zu zerreissen) 
und sich in Vibrionen verwandeln. Die auf diese Weise ent- 
standenen Vibrionen können ihrerseits unter gewissen Bedingun- 
gen auch wieder in andere verschiedenartige Formen übergehen; so 
„wird in gährenden Flüssigkeiten das Bacterium zur Hefe; an nassen 
Mauern und Felswänden entwickelt es sich zu Leptotrix oder zu 
einigen Arten der Gattung Palmella u. s. w.“ „Aus allen diesen 
Produeten, die sich aus Baeterien entwickeln können, entstehen, 


728 Polotebnow. 


nach Lüders, die Bacterien bei der nöthigen Feuchtigkeit alsbald 
wieder auf's neue“. 

Nach Prof. Hoffmann (Bot. Ztg., 1869, Nr. 15—20) 1) „ge- 
hören (die Baeterien) nicht nur ihrem Baue, sondern auch ihrer 
Entwieklungsgeschichte nach zu den einfachsten Organis- 
men, oder sind es selbst“ (S. 254). „Die Annahme, daß aus 
einem (isolirten) punktförmigen oder kugelförmigen Körperchen 
durch Längenwachsthum ein Bacterien-Stäbehen werden könne, 
muß ich als unrichtig bezeichnen“ (S. 257). Auf die Frage: „woher 
kommen die Bacterien?“ antwortet Hoffmann folgendermaßen: 
„daßd® sämmtliche Formen der Bacterienreihe nie anders als 
durch gleichartige Wesen erzeugt werden“ (S. 287). 


Die nachfolgenden Beobachtungen und Versuche, welche ich 
im Laboratorium des Herrn Prof. Wiesner am k. k. polytechn. 
Institute ausführte, bezwecken die durch die vorhandenen einschlä- 
gigen Arbeiten durchaus nicht zum Abschlusse gebrachten Fragen 
über das Wesen, den Ursprung und die Vermehrung der Bacterien 
zu lösen, oder doch wenigstens neue Beobachtungen zur Lösung 
dieser wichtigen Frage beizubringen. 

Ich erachte es bei diesem Anlasse für eine sehr angenehme Ver- 
pfliehtung, dem Herrn Prof, Wiesner meinen innigsten Dank zu 
erstatten für jene Rathschläge, welche mir bei Zustandebringung 
dieser Arbeit stets zur Seite gestanden. 


Bei Erforschung des Ursprunges und der Vermehrung der Bae- 
terien ist von hoher Bedeutung die Frage über das Substrat oder Me- 
dium, mit welchen diese Versuche vorzunehmen sind. Bisher wurden 


1) Leider konnte ich bei meiner Arbeit diese Abhandlung Hoffmann’s nicht be- 
nutzen, die erschien, nachdem meine Untersuchungen schon abgeschlossen waren 
und die vorläufige Notiz der Hauptresultate dieser Untersuchung der kais. 
Akademie der Wissenschaften. (LIX. Bd., Il. Abth,, April-Heft, 1869) von Prof. 


Wiesner bereits mitgetheilt worden war. 


Über den Ursprung und die Vermehrung der Bacterien. 29 


fast alle Beobachtungen und Versuche mit Bacterien entweder an or- 
ganischen Aufgüssen, bereitet aus Fleisch und verschiedenen vegeta- 
bilischen Stoffen, oder an Blut, Urin, Milch, Galle, Eiweiß und Eigelb 
vorgenommen, oder endlich es dienten verschiedene thierische und 
vegetabilische Stoffe (Fleisch, Kartoffeln u. dgl.) als festes Substrat 
bei Erforschung dieser Körper. Es unterliegt keinem Zweifel, daß 
viele von diesen Stoffen ein sehr gutes Material darbieten, in welchem 
sich die Baeterien schnell und in einer ungeheuren Menge vermehren ; 
daher, wo es sich nur darum handelt, unter gewissen Bedingungen 
die Thatsache der Erscheinung oder der Abwesenheit der Bacterien 
zu constatiren (was übrigens auch bis jetzt den hauptsächlichen und 
wesentlichen Zweck aller Versuche und Beobachtungen der Hetero- 
genisten und ihrer Gegner bildete), da können unstreitig alle diese 
Substrate ihre volle Anwendung finden. Wo aber die Untersuchung 
es sich zur Aufgabe macht, jene Elemente zu bestimmen, aus denen 
sich Bacterien entwickeln, sowie die Art und Weise der Entwicklung 
und weitern Vermehrung dieser räthselhaften Wesen, da stößt man 
bei allen oben erwähnten Stoffen — als Substraten — auf bedeu- 
tende Hindernisse. Das wichtigste Hinderniß besteht schon darin, 
daß fast alle diese Stoffe, selbst in ihrer unveränderten Gestalt, eine 
ungeheuere Menge moleculärer Körnchen enthalten, welche bei der mit 
der Vermehrung der Bacterien gewöhnlich gleichzeitig eintretenden 
Zersetzung sich noch bedeutender vermehren. Eben diese Masse Mole- 
eular-Theilchen macht es sehr schwierig, ja bisweilen ganz unmög- 
lieh, jene Elemente zu unterscheiden, welche den Anhaltspunkt für 
Entwicklung der Bacterien bilden. Überdieß sind die meisten dieser 
Substrate trübe oder gefärbt, so daß sie es meist unmöglich machen, 
mit unbewaffnetem Auge alle Änderungen zu verfolgen, welche in 
der zu beobachtenden Flüssigkeit vom Beginn bis zum Ende des Ver- 
suches vorgehen. 

Auf diese Weise wäre also zur Erforschung des Ursprunges 
und der Vermehrung der Baeterien das geeignetste Mittel: eine ganz 
farblose und durchsichtige Flüssigkeit, welehe frei ist von organi- 
schen Molecülen und die gleichzeitig ein mindestens ebenso gutes 
Material für die Entwiekelung und Vermehrung der Bacterien dar- 
bietet, wie die sonstigen organischen Ausgüsse. Allen diesen Bedin- 
gungen entspricht vollkommen eine Mischung, sauerer Reaction, die 
aus einer Rohrzuekerlösung, aus weinsteinsauerem Ammoniak und 


30 Polotebnow. 


einer Lösung von Hefenasche besteht. Diese Mischung ist es, welche 
Pasteur zuerst bei seinen Versuchen in Anwendung brachte, und 
welehe ich auf Anrathen des Prof. Wiesner bei meinen Beobach- 
tungen und Versuchen benutzte 1). Für meine Versuche wendete 
ich diese Mischung in frischem, d. i. unmittelbar vor jedem Versuche 
zubereitetem Zustande an. Bei Zusammensetzung der Mischung hielt 
ich mich nieht zu streng an die quantitative Zusammensetzung, da 
ich mich überzeugte, daß namhafte Mengenunterschiede in den Be- 
standtheilen der Mischung von keinem merklichen Einflusse auf das 
Resultat der Versuche sind. 

Alle mikroskopischen Untersuchungen wurden mit Hartnack's 
Immersionssystem Nr. 9 und Oc. Nr. 2, 3 und 4 (einige aber mit 
Nr. 10 und Oeul. holostere Nr. 6) vorgenommen. 


Wenn man eine gewöhnliche Reagenz-Röhre, mit Paste ur’scher 
Flüssigkeit gefüllt, bei gewöhnlicher Zimmertemperatur offen stehen 
läßt, so bemerkt man in der Regel schon nach einigen (12—18) 
Stunden an der Oberfläche der Flüssigkeit, insbesondere an den 
Wänden der Röhre, einen grauweißen Anflug, welcher in horizon- 
taler Richtung allmählig zunehmend, nach 24—36 Stunden die 
ganze Oberfläche der Flüssigkeit bedeekt. Nach 1'/,—2 Tagen 
wird in der Röhre die ganze Flüssigkeit trübe, mehr oder weniger 
undurchsichtig; hierbei verbreitet sich die Trübung stufenweise von 
oben nach unten. Gleichzeitig mit der Trübung der Flüssigkeit bilden 
sich auf der Oberfläche derselben schleimige Wölkchen, die nicht 
selten in feste Membranen übergehen, und nach Maßgahe der Zu- 


1) Schon Dujardin hat bei seinen Versuchen (l. c.) eine Mischung von „15 Grm. 
suere de reglisse, 10 Grm. d’oxalate d’ammoniaque et 100 Grm. d’eau de pluie“ 
angewendet. Pasteur änderte die Dosirung dieser Flüssigkeit ab, und fügte 
noch eine Lösung von Hefenasche bei. Die Zusammensetzung der Pasteur’schen 
Flüssigkeit ist folgende: 


Destillirtes Wasser . - -» = = 2 2.2. ..100 

Candiszucker -. » =» = 2 2 2 22.2.0. 10 

Weinsaueres Ammoniak . = 2 2 2 2... .02—0°5 

Hefeasche re lanane. ee HOT . 


In der weiteren Auseinandersetzung nenne ich diese Mischung der Kürze wegen 


„Pasteur’sche Flüssigkeit“. 


Über den Ursprung und die Vermehrung der Bacterien. 131 


nahme ihres Umfauges und ihrer Festigkeit nach und nach in der 
Röhre zu Boden fallen. Die Bildung der Wölkehen und Membranen 
an der Oberfläche der Flüssigkeit kann sich mehrmals wiederholen, 
so daß im Laufe der Zeit (nach 4—5 Tagen) am Boden der Röhre 
sich aus denselben und Bacterien ein ziemlich umfangreicher Nieder- 
schlag bildet. Die Membranen werden gewöhnlich so fest, dafs man 
sie bei den mikroskopischen Untersuchungen mit Nadeln zerreissen 
muß. Endlich, nach 5—7 Tagen, nimmt die ganze Flüssigkeit die 
Gestalt eines ziemlich dicken Schleimes an, und zieht sich in Fäden, 
behält aber dabei ihre normale sauere Reaction bei. Dies sind nun die 
Erscheinungen, welche man bei derlei Versuchen mit unbewaffnetem 
Auge eonstant wahrnehmen kann. Zu den Nebenerscheinungen, 
die nur bei vereinzelten Versuchen vorkommen, wäre die Bildung 
von Mycelium an der Oberfläche der Flüssigkeit zu zählen. In diesen 
Fällen erscheint das Mycelium sehr üppig, legt sich an die Wände 
der Röhre fest an, so zwar, daß zuweilen beim Umstürzen der Röhre 
die Flüssigkeit aus derselben nicht herausfließt.. Es entwickeln sich 
schnell Frucht-Pinsel, am häufigsten des Penicillium glaucum und des 
Aspergillus, seltener Botrytis). Mit der Bildung des Myceliums 
wird die Flüssigkeit nach und nach durchsichtiger; alles, was die 
Trübung verursachte, fällt allmählig zu Boden der Röhre; jedoch 
gewinnt die Flüssigkeit niemals jene Durchsichtigkeit wieder, 
welche sie im frischen Zustande besaß. i 

Die mikroskopische Untersuchung der Flüssigkeit zu der Zeit, 
wo sie schon trübe und undurchsichtig geworden, ergibt folgende 
Resultate : 1. Eine unzählige Menge Bacterien, die meistens 1—4 glie- 
derig, seltener 5—7- und nur äußerst selten mehr als 7 gliederig 
sind, so zwar, daß ihre Länge in der Regel zwischen 0:0020 und 
0-0200 Mm. schwankt. 2. Eine ungeheuere Menge Zellen in der 
Größe 0-0006 bis nahezu 0-0020 Mm., von ganz runder Form, ohne 
Spur eines körnigen Inhaltes; und endlich 3. Eine ununterbro- 
chene Kette von Formen, welche den unmittelbaren und 
stufenweisen Uebergang von den eben erwähnten Zel- 


i) Bei Versuchen in Reagenzröbren habe ich die Entwicklung von Mycelium an der 
Oberfläche der Flüssigkeit nicht gar oft beobachtet, im Durchschnitt imal auf 
18 Versuche; dagegen bei Versuchen in Gefäßen mit weiter Öffnung wurde diese 


Erscheinung häufiger beobachtet. 


132 Polotebnow. 


len zu den Baeterien bilden. Dieser Übergang geht in folgen- 
der Weise vor sich: 1. Die runde Zelle wird oval, elliptisch, hierauf 
wird sie mehr oder weniger länglich, und zuletzt nimmt sie die Ge- 
stalt eines einzelligen Stäbchens an, welches selten länger als 
0:0020 Mm. ist. 2. Die ovale oder elliptische Zelle beginnt zuerst 
sich an einem von ihren Enden zu strecken, so daß die Zelle eine 
keil- oder kolbenförmige Gestalt, und falls sie etwas gebogen ist, die 
Form eines Comma’s annimmt. Der schmale Theil des kolbenförmigen 
Gebildes ist gewöhnlich von dem breiteren Theile durch eine Quer- 
wand getrennt. Hierauf beginnt allmählig auch das entgegengesetzte 
mehr rundliche Ende der Zelle sich zu strecken, indem es verschie- 
dene Formen annimmt, wobei neue Querwände entstehen. Als Resul- 
tat aller dieser Wandlungen erscheint meistens ein mehrgliederiges 
(4—5-) Stäbehen. Unter gewissen Bedingungen (von denen später 
die Rede sein wird) streckt sich die Zelle nicht gleichmäßig; in 
Folge dessen verbleibt dem (ein- oder mehrgliederigen) Baeterium, 
an einem der Enden (sehr selten an beiden) für immer eine mehr 
oder weniger bemerkbare Verdickung von sphärischer, elliptischer, 
mehr oder minder länglicher Form ?). 3. Viei seltener hat man Ge- 
legenheit zu beobachten, daß eine Zelle, indem sie fast vollkommen 
rund verbleibt, an einem von ihren Enden aus sich ein sehr dünnes, 
cylindrisches Anhängsel von verschiedener Länge entwickelt, das 
durch mehrere Querwände abgetheilt ist; hierbei erhält die Zelle 
eine der Stecknadel ähnliche Form. Jedoch beginnt im Laufe der 
Zeit das verdickte Ende sich auch zu streeken, und als Endresultat 
ergibt sich ein mehrgliedriges Bacterium das zuweilen eine Länge 
von 0:0200 Mm. erreicht. 

Die Bildung ein- oder mehrgliederiger Bacterien hängt, wie es 
scheint, einzig von der Größe der Zellen ab, aus welchen sie sich 


1) Einige von den von mir beschriebenen Übergangsformen wurden auch von anderen 
Forschern beobachtet. So schreibt z. B. Perty: „Einzelne Individuen (von Vi- 
brionen) sind sphäroidisch oder ellipsoidisch.“ Cohn beobachtete „äußerst 
kleine Körperchen von der Gestalt eines Comma’s, zarte Strichelehen, deren beide 
Enden etwas verdickt aussehen“. Pasteur beobachtete auch Bacterien „earac- 
terises par une espece de tete spherique ä& une extremite.“ Endlich beobachtete 
auch Hoffmann „kolbige, oder auch mit einem scheinbaren Köpfchen versehene 
Bacterien“ (l. c. S. 255). Aber das Zustandekommen und die Bedeutung dieser 


Formen ist den erwähnten Forschern unbekannt geblieben. 


Über den Ursprung und die Vermehrung der Bacterien. 133 


entwickeln. Mir wenigstens gelang es kein einziges Mal zu bemer- 
ken, daß die allerkleinsten Zellen (unter 0-0010 Mm.) in mehrglie- 
derige Baeterien übergehen. Ich habe stets beobachtet, daß der- 
gleichen Zellen in eingliederige Stäbehen übergehen. Die Dieke der 
Bacterien ist ebensowohl von der Größe der Zellen, aus denen sie 
sich entwickeln, als auch von dem Umstande abhängig, in welcher 
Weise sich die Zelle streckt. Je länger sich eine Zelle streckt, 
desto dünner wird das aus derselben sich bildende Baeterium. Allem 
Anscheine nach hängt von denselben Umständen auch die Länge 
der einzelnen Glieder der mehrgliederigen Bacterien ab. 


Bei Untersuchung der Membranen, welche sich zu allererst 
bilden, ergibt sich, daß sie fast ausschließlich aus vollkommen ent- 
wiekelten Bacterien bestehen, die unter einander durch eine ziemlich 
feste amorphe Zwischensubstanz verbunden sind. Bisweilen findet 
man darunter eine vereinzelte Hefezelle oder Pilzspore, von welchen 
die letzteren in der Regel kein körniges Protoplasma besitzen. In 
den sich später bildenden Membranen findet man außer den Bacte- 
rien eine größere oder geringere Menge der obenbeschriebenen 
Zellen, mit allen Übergangsformen zu den Baeterien. In den schlei- 
migen Wölkchen werden constant Bacterien und kleine Zellen be- 
obachtet; aber sehr häufig besteht der vorwaltende Bestandtheil 
dieser Wölkehen aus den oben beschriebenen Übergangsformen 
von Zellen zu Bacterien. 

Wenn man die Flüssigkeit zwischen dem siebenten bis zehnten 
Tage vom Beginn des Versuches (zuweilen auch früher) untersucht, 
so bemerkt man in derselben eine ziemlich große Anzahl neuer Bil- 
dungen, welche in den ersten Tagen des Versuches nur sehr selten, 
oder auch gar nicht wahrgenommen werden; dieß sind Ketten von 
0:0160 bis 0-0309 Mm. Länge, welche aus vollkommen runden oder 
schwach ovalen Zellen bestehen. Diese Zellen unterscheiden sich 
weder in Bezug auf Form, noch Größe von den oben beschriebenen 
Zellen, welehe unmittelbar in Baeterien übergehen. Es ist offenbar, 
daß diese Ketten sich aus eben denselben Zellen bilden, und in Bezug 
auf Bildungsweise den Conidien-Ketten der Pilze entsprechen t). 


1) Prof. Hoffmann (l. e. S. 254) zählt diese Körper zu Monas crepuseulum 
Ehrb. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 48 


134 Polotebnow. 


Schon aus diesen angeführten Thatsachen geht mit Wahr- 
scheinlichkeit hervor, daß sich die Baeterien unmittelbar 
aus Zellen von äußerst geringer Größe entwickeln, 
was weiter unten in weit strengerer Weise noch nachgewiesen 
werden wird. 

Welcher Art sind nun die Zellen, aus denen Bacterien hervor- 
gehen? 

Die Untersuchung des Niederschlages, welcher sich bei dieser 
Art Versuchen am Boden der Reagenz-Röhre bildet, eröffnet den 
Weg zur Lösung dieser Fragen. In einer Reihe von Versuchen ergab 
sich am Boden der Röhre ein Niederschlag von 1/, Centim. Höhe, 
welcher aus Baeterien, sehr kleinen Zellen und insbesondere aus 
einer Masse Hefezellen bestand. Das Vorhandensein von Hefezellen 
im Niederschlage weiset auf die Theorie des Hallier’s und Lü- 
ders’ (l. ec.) hin. Nach dieser Theorie müßte man alle oben be- 
schriebenen Erscheinungen auf folgende Weise erklären. 

In die offene, mit Pasteur’scher Flüssigkeit gefüllte Röhre 
fallen aus der Luft einige Hefezellen oder Pilzsporen hinein, und 
die genügt, um alle diese Erscheinungen hervorzurufen, und zwar 
entläßt eine Hefezelle oder Pilzspore, sobald sie in die Flüssigkeit 
hineinfällt, schnell aus ihrem Innern „Schwärmer — Microsoceus« — 
d. i. Zellen von minutiöser Größe, welche in Bacterien (Lüders) 
und in den Hefezellen (Hallier) übergehen. Diese Theorie schien 
mir eine Zeit lang umsomehr glaubwürdig zu sein, als im Verlaufe 
von 3 Monaten (November, December 1868 und Jänner 1869, inner- 
halb welcher Zeit mehr als zwanzig Versuche von mir angestellt 
wurden) das Vorhandensein von Hefe im Niederschlag eine constante 
Erscheinung war. Nichtsdestoweniger haben die weiteren Beob- 
achtungen und Versuche gezeigt, daß das Vorhandensein von Hefe 
im Niederschlag eine ganz zufällige Erscheinung war. welche in 
keinem Zusammenhange mit der Entwickelung von Bacterien, oder 
der Entstehung von Zellen, aus denen Bacterien hervorgehen, steht. 
Zu jener Zeit, sowie während der Reihe von Versuchen, welche im 
November, December und Jänner angestellt wurden, war das Vor- 
handensein von Hefezellen im Niederschlag eine beständige Erschei- 
nung; vom. Februar an begannen aber Versuche, bei denen weder 
in der Flüssigkeit, noch im Niederschlag irgend eine Hefezelle vor- 


Über den Ursprung’ und die Vermehrung der Bacterien. 13 5 


handen war 1). Im März, April und Mai wurde diese letzte Erschei- 
nung zu einer fast beständigen, so daß das Vorhandensein von Hefe- 
zellen im Niederschlag nur mehr eine seltene Ausnahme bildete 2). 

Wenn keine Hefezellen im Niederschlag vorkommen, so ist letz- 
terer in der Regel von geringem Umfange und besteht aus Bacterien, 
Zellen mit allen Uebergangsformen zu Bacterien, aus einer größeren 
oder geringeren Menge der oben beschriebenen Membranen und 
moleeularer Körnchen. Die Zellen im Niederschlag erscheinen größ- 
tentheils mit Sprossungen. 


Jedoch außer diesen, so zu sagen, natürlichen Versuchen, welche 
nachweisen, daß zwischen den kleinsten Zellen und den aus ihnen 
sich entwickelnden Bacterien einerseits und den Hefezellen ander- 
seits kein nothwendiger genetischer Zusammenhang besteht, haben 
fortdauernde und sehr sorgfältige, directe mikroskopische Beobach- 
tungen an Hefezellen und kleinsten Zellen, welche in einem Tropfen 
Zuckerlösung oder derPasteur’schen Flüssigkeit vorgenommen wur- 
den, mich bewogen, mich gegen die Theorie Hallier-Lüders in 
bestimmtester Weise auszusprechen. 


Ich habe viele mikroskopische Objeete unter Mikroskope un- 
unterbrochen mehrere Stunden lang beobachtet, hierauf eine Zeich- 
nung des Gesichtsfeldes angefertigt und das Präparat bis zum näch- 
sten Tag belassen. Auf diese Weise wurde eine ganze Gruppe von 
Hefezellen drei Tage lang und auch länger beobachtet, aber kein ein- 
ziges Mal habe ich wahrgenommen, daß die Zellen aus ihrem Inneren 
Schwärmer — Micrococeus — von sich geben. Es ist wahr, bei 


1) Es ist selbstverständlich, daß die einen wie die anderen Versuche unter übrigens 
gleichen Umständen vorgenommen wurden. 

2) Diese dem Anscheine nach sonderbare Erscheinung findet eine vollkommen 
genügende Erklärung in dem Umstande, daß im Laufe des November, December 
1868 und Januar 1869 in dem Laboratorium des Prof. Wiesner sehr viele Un- 
tersuchungen mit Hefe vorgenommen wurden. Preßhefe war zur Trocknung an 
der Luft belassen, sie trocknete im Luftbade aus, wurde unter der Glocke einer 
Luftpumpe evacuirt, den Apfelsinen, Citronen, Goldrüben, Weintrauben eingeimpft, 
sie wurde beobachtet in Mischungen mit Pasteur’scher Flüssigkeit, mit Zucker- 
lösungen, mit Milch u. s. w. Es ist ganz natürlich, daß zu dieser Zeit in der Luft 
des Laboratoriums eine bedeutende Menge Hefezellen enthalten war. Von Februar 
an wurden mit der Hefe nur sehr wenige Untersuchungen vorgenommen, und im 


März hörten dieselben ganz auf. 


48* 


136 Polotebnow. 


Untersuchung der Hefezellen findet man bisweilen Zellen mit zerris- 
senen Membranen, wobei aus der Höhlung der Zelle ein körniger 
Inhalt hervordringt; niemals habe ich jedoch beobachtet, daß aus 
diesen Körnchen Bacterien, Hefezellen ete. hervorgehen. Endlich können 
folgende Versuche noch auffälliger die ganze Unrichtigkeit der Mi- 
erococeus-Theorie nachweisen. 

Die Pasteur'sche Flüssigkeit siedete in einer Reagenz-Röhre 
fünf Minuten laug und wurde nach Aufhören des Siedens augenblick- 
lich mit Watte fest verstopft, welche früher in einem Luftbade auf 
eine Temperatur von 200° C. gebracht wurde. Nach Abkühlung der 
Flüssigkeit wurden in dieselbe zwei Tropfen aus einer anderen Röhre 
gegeben, welche letztere ebenfalls mit Paste ur'scher Flüssigkeit ge- 
füllt war und früher einige Tage lang offen gestanden hat, so daß 
sie eine unzählige Menge von Bacterien und kleinsten Zellen enthielt, 
aus denen sich erstere entwickeln. Nach Beigabe der Tropfen wurde 
die Röhre abermals mit Watte verschlossen. Wenn nun die bei- 
gegebenen zwei Tropfen auch nur eine ganz unbedeutende Anzahl 
(3—5) Hefezellen in sich enthielten, so fand man schon nach einem 
Tage in der Flüssigkeit, zugleich neben Bacterien und den sie bil- 
denden Zellen, auch eine große Menge Hefezellen, welche nach zwei 
bis drei Tagen einen voluminösen Niederschlag am Boden der Röhre 
bildeten. Fand sich dagegen in den beigegebenen Tropfen keine 
einzige Hefezelle, so war auch in der Flüssigkeit keine einzige Hefe- 
zelle zu bemerken, wenn die Flüssigkeit auch noch so lange Zeit 
beobachtet wurde. 

Auf diese Weise folgt aus den angeführten Beobachtungen und 
Versuchen: 1. Daß die Zellen, aus denen sieh Baeterien entwickeln, 
in keinem genetischen Zusammenhange mit den Hefezellen stehen. 
2. Daß diese Zellen die Fähigkeit besitzen, nur in Bacterien über- 
zugehen, und 3. Daß sowohl die Zellen selbst, als auch die aus ihnen 
entstandenen Bacterien unfähig sind, in irgend welche höhere Ent- 
wicklungstormen überzugehen t). 


#) Die Micrococcus-Theorie, nach welcher der mystische Mieroc. alle nur möglichen 
Formen annehmen kann, ist es zu verdanken, daß man die Wissenschaft mit vielen 
neuen Pilzspecies, wie bekannt, zu bereichern strebt, wie z. B. „Coniothecium 


syphiliticum und gonorrhoicum ; Tilletia scarlatinosa“ u. s. w. 


Über den Ursprung und die Vermehrung der Bacterien. 137 


Die Beobachtungen und Versuche mit Sporen von Penieillium 
glaucum haben folgende Resultate ergeben: 

Es wurden frische Penieillium-Sporen in eine vorher stark er- 
hitzte Reagenz-Röhre gegeben, welche zur Hälfte mit gekochter Pa- 
steur’scher Flüssigkeit gefüllt war. Nach Beigabe der Sporen, 
welche selbstverständlich nach unter Watteverschluß vor sich gegan- 
gener Abkühlung der Flüssigkeit erfolgte, wurde die Röhre mit durch- 
hitzter Watte verpfropft. Nach einem Tage entwickelt sich in solchen 
Fällen an der Oberfläche der Flüssigkeit ein üppiges Mycelium, welches 
schnell Fruchtpinsel entwickelt. Die Flüssigkeit bleibt bei diesen 
Versuchen immer ganz durchsichtig; in der Regel ist in derselben 
kein einziges Bacterium enthalten. Aber ganz andere Resultate er- 
hält man, wenn die beigegebenen Sporen sich in der Flüssig- 
keit selbst. und nieht an ihrer Oberfläche, wie bei den vor- 
hergehenden Versuchen, befinden. Zu diesem Zwecke wurde die 
Röhre, in welche man die Sporen gegeben, mit Pasteur’scher Flüs- 
sigkeit fast bis an den Rand gefüllt und hierauf mit einem gewöhn- 
lichen Pfropf verschlossen, wobei zwischen der Oberfläche der Flüs- 
sigkeit und dem Pfropf immer eine bald größere, bald kleinere 
Luftblase verblieb. Die ganze äußere Oberfläche des Pfropfes und 
der Rand der Röhre wurden mit Asphaltlack verklebt, und die Röhre 
bei gewöhnlicher Zimmertemperatur stehen gelassen. Nach 16 bis 
28 Stunden wird die ganze Flüssigkeit trübe und endlich völlig 
undurehsichtig. Nach zwei Tagen bemerkt man eine Gasentwicke- 
lung aus der Flüssigkeit, wodurch derPfropf allmählig aus der Röhre 
herausgestossen wird. Auf der Oberfläche der Flüssigkeit entwickelt 
sich gewöhnlich Mycelium, dessen Größe von der Größe der Luft- 
blase abhängig ist. Wenn die Luftblase die Oberfläche der Flüssig- 
keit einnimmt und die Wände der Röhre berührt, so nimmt auch das 
Mycelium die ganze Oberfläche der Flüssigkeit ein und klebt fest an 
den Wänden der Röhre. In solchen Fällen entwickelt das Mycelium 
schnell die Fruchtpinsel. Ist aber die Luftblase zwischen dem Pfropf 
und der Flüssigkeit so klein, daß sie nur den Mitteltheil der Röhre 
einnimmt, ohne die Wände zu berühren, so hat auch das in solchen 
Fällen sich entwickelnde Mycelium eine dem entsprechende Größe 
und entwickelt nie Fruchtpinsel. 


738 » Polotebnow. 


Die mikroskopische Untersuchung der Flüssigkeit ergibt dann 
folgende Resultate: Die Flüssigkeit enthält in sich eine unzählige 
Menge Bacterien von verschiedener Länge, nämlich von 00020 bis 
0.1235 Mm. Die langen, vielgliederigen Bacterien sind von der ver- 
schiedenartigsten Gestalt, und zwar erscheinen sie in Form von ver- 
schiedenartigen krummen und gebrochenen Linien, die unter den 
mannigfaltigsten bald spitzen, bald stumpfen Winkeln gebogen sind. 
Außerdem findet man bisweilen Bacterien mit Verzweigungen; hier- 
bei sind die secundären und tertiären Zweige manchmal dünner als 
der primäre Stamm, von dem sie ausgehen. 

Inmitten dieser Masse von Körpern verschiedener Länge, Dicke 
und Richtungsform findet man typische Repräsentanten aller drei 
Gattungen (Bacterium, Vibrio und Sperillum) mit 15 Species, 
welche nach Dujardin die ganze Familie der Vibrionen consti- 
tuiren 1). Diese Classification gründet sich insbesondere auf die Ver- 
schiedenheit der Richtungsverhältnisse, sowie auf die Dieke und 
Länge der einzelnen Formen. Jedoch besitzen in der Wirklichkeit 
diese Eigenschaften keineBeständigkeit, noch Regel, und sind 
derart mannigfaltig, daß es nieht möglich wäre, sie selbst in hun- 
dert Species unterzubringen. Andererseits gibt es in der Reihe dieser 
verschiedenartigen Formen auch vermittelnde Glieder, und zwar in 
der Weise, daß zwischen einer in ein Bacterium übergehenden 
Zelle, von 0:0010 Mm. Größe und zwischen einem Bacterium von 
0.1236 Millim. Länge in der Regel eine fast ununterbrochene 
Kette von Formen besteht, welche diese äußersten zwei Formen 
unmittelbar mit einander verbindet. Offenbar jedoch ist das einzige 
Factum, daß „Baeterienformen von auffallend verschiedener Größe 
mit einander durch Übergänge verbunden sind“ (Hoffmann), noch 
nicht hinreichend, um ohne Weiteres zwischen allen diesen Körpern 


1) Während der ganzen Zeit meiner Untersuchungen ist mir kein einziges Mal das 
„Spirillum plicatile“ Dujardin’s vorgekommen. Nach der Zeichnung zu urthei- 
len, scheint diese Form Spirillum sich von feinen Gefäßverdickungen einiger 
höheren Pflanzen durch nichts zu unterscheiden. Da viele Versuche Dujardin’s 
mit vegetabilischen Aufgüssen vorgenommen wurden, so gewinnt die Vermuthung 
des Prof. Wiesner, daß „das Spirillum plicatile nichts Anderes als eine spiralige 
Gefäßverdickung sei“, um so mehr Wahrscheinlichkeit, als diese Form Spirillum 
bei keinem von jenen Autoren vorkommt, welche ihre Beobachtungen an Aufgüssen 
thierischer Stoffe angestellt haben. 


Über den Ursprung und die Vermehrung der Bacterien. 7 39 


einen genetischen Zusammenhang zu beweisen. Die Aufnahme eines 
solchen Zusammenhanges könnte man nur in dem Falle zulassen, 
wenn es erwiesen wäre, dal alle diese Körper, so mannigfaltig sie 
auch an Länge, Dicke und Form sind, dennoch eine und dieselbe 
gemeinschaftliche Ursprungsquelle haben. In den angeführten Ver- 
suchen kann dieses Factum keinem Zweifel unterliegen, indem alle 
diese Organismen sich beim ausschließlichen Vorhandensein von 
Penieillium-Sporen entwickeln. 

Aber auf welche Weise gehen die Penieillium-Sporen in Bacte- 
rien über? Wenn man nun die Flüssigkeit, welcher nur Penieillium- 
Sporen beigegeben wurden, untersucht, so findet man darin zugleich 
mit den oben beschriebenen Baeterien-Formen auch jene kleinsten, 
unmittelbar in Bacterien übergehenden Zellen, welche in den vorher- 
gehenden Versuchen beschrieben wurden. Gleichzeitig mit diesen 
kleinsten Zellen finden wir aber auch eine große Menge vollkommen 
normaler Pencillium Sporen, die gar keine Spur von körnigem Proto- 
plosma besitzen. Manche von diesen Sporen bemerkt man mit einer 
oder bisweilen auch mit zwei Sprossungen, welche sich dem Anscheine 
nach durch nichts. von den unmittelbar in Bacterien übergehenden 
kleinsten Zellen unterscheiden. Dieses Faetum läßt die Voraussetzung 
zu, daß die kleinsten Zellen sich nur mittelst Sprossungen aus 
den Penicillium-Sporen entwickeln. Die direecte Beobachtung der 
Penicillium-Sporen unter dem Mikroskope in einem gut mit Asphalt- 
lack verschlossenen Präparate — mit einem Tropfen Pasteur’scher 
Flüssigkeit — rechtfertiget vollständig eine solche Voraussetzung. 
Denn in diesen Fällen wird nach 18—24 Stunden in dem verklebten 
Präparate, in welches man nur Penicillium-Sporen hineingegeben, 
gleichzeitig mit den unveränderten Sporen, auch eine größere oder 
geringere Menge von kleinsten Zellen wahrgenommen. Ist nun dabei 
die Schichte der im Präparate eingeschlossenen Flüssigkeit von 
solcher Dicke, daß man mit Schärfe auf die obere und untere Grenze 
der Schichte einstellen kann, so häufen sich die kleinsten Zellen vor- 
zugsweise an der oberen Grenzfläche an, wo sie auch unmittelbar 
in eingliederige Bacterien übergehen. An diesen Bacterien bemerkt 
man sehr oft an einem Ende eine Zelle von runder, ovaler oder läng- 
licher Form, zuweilen eine bloße Verdickung. Ist aber die Schichte 
der Flüssigkeit im verschlossenen Präparate so dünn, daß sich auf 
die beiden Grenzen der Flüssigkeit nieht scharf einstellen läßt, so 


TAV Polotebnow. 


bleiben die kleinsten Zellen gewöhnlich in ihrer Form unverändert, 
aber sie entwickeln aus sich Sprossungen von unmeßbarer Feinheit 
in Form eines mehr oder weniger langen Fadens. Zuweilen wachsen 
aus einer und derselben Zelle an verschiedenen Stellen bis fünf 
solcher Fäden von ungleicher Dieke hervor. Die Mehrzahl der Peni- 
eillium-Sporen bleibt unverändert, und nur einige von ihnen bemerkt 
man auch hier im unmittelbaren Zusammenhange mit den kleinsten 
Zellen, d. i. mit Sprossungen, wovon einige, gleich den mit den 
Penieillium-Sporen nicht im Zusammenhange stehenden, die eben 
erwähnten Fäden aus sich entwickeln. Ob diese Fäden auch Quer- 
theilungen besitzen, das läßt sich bei ihrer ungewöhnlichen Feinheit 
(man sieht sie deutlich mit Syst. Nr. 10 und Ocul. holost. Nr. 6) mit 
Bestimmtheit nicht angeben. Bei diesen Versuchen war im verklebten 
Präparate keine Spur von Luftbläschen zu bemerken. Auch hatte 
ich bei dieser Art Versuchen kein einziges Mal Gelegenheit zu beob- 
achten, daß sich in den Penieillium-Sporen körniges Protoplasma ent- 
wickelte. Hat man aber in das Präparat eine Peniecillium-Spore mit 
körnigem Protoplasma hineingegeben, so ist mir auch in diesen 
Fällen niemals gelungen, zu beobachten (sowohl in verklebten, als 
in unverklebten Präparaten), daß die Membran einer solchen Zelle 
willkürlich reißt und daß der körnige Inhalt einer solchen Zelle in 
das sie umgebende Medium heraustritt. 

Wir haben bisher gesehen, daß aus den kleinsten Zellen sich 
Bacterien von höchst unbedeutender Länge entwickeln; auf welche 
Weise läßt sich nun die Entstehung der Bacterien von mehr als 
0:1030 Mm. Länge erklären? Am einfachsten wäre es, dem An- 
scheine nach anzunehmen, was auch P erty gethan hat, daß 
das eingliederige Bacterium „durch Ansetzen immer neuer Glieder“ 
die allergrößte Länge erreichen kann, wie sie nur bei Vibrionen vor- 
kommt. Aber einer solchen Annahme stehen Thatsachen entgegen. 
Wenn die Annahme Perty's (welche auch von Hoffmann 
getheilt wird), daß „die Grundform aller Vibrioniden das Bact. 
termo Duj. ist“, riehtig wäre, so müßte man erwarten, daß in jenen 
Fällen, in welchen man das Baet. termo findet, zugleich mit ihm 
auch sogenannte Vibrionen von der mannigfaltigsten Länge, Dicke 
und den verschiedensten Richtungsverhältnissen vorkommen müßten, 
gerade so, wie dieß bei Versuchen mit Penieillium-Sporen gefunden 
wurde. Jedoch sprechen die vorhergehenden Versuche für das ganz 


Über den Ursprung und die Vermehrung der Bacterien. 741 


Entgegengesetzte. Denn nicht nur in mit Watte verschlossenen 
Röhren (in welche zwei Tropfen mit Bacterien und den sie erzeugen- 
die kleinsten Zellen hineingegeben wurden), sondern auch in offen 
stehenden Röhren, übersteigen die allerlängsten Bacterien sehr selten 
die Länge von 0:0200 Mm. Es ist offenbar, daß die langen Bacterien 
sich aus Penieillium-Sporen auf andere Weise als die kurzen Bacte- 
rien entwickeln. Und in der That, eine weitere Erforschung der 
Flüssigkeit ergibt Folgendes: 

Zugleich mit den oben beschriebenen Körpern schwimmen in 
der Flüssigkeit auch noch besondere Flocken, in der Größe von 
einem Stecknadelkopf bis zu der einer Erbse. Die mikroskopische Un- 
tersuchung weisetnach, daß diese Flocken aus ungemein feinen Mycel- 
fäden (Wassermycelium) bestehen, welche ein sehr zartes körniges 
Protoplasma und Vacuolen enthalten; die Dicke dieser Mycelfäden be- 
trägt zuweilen kaum 0:0020 Mm. Manche von diesen Mycelfäden haben 
Verzweigungen von unmeßbarer Feinheit, welche weder körniges 
Protoplasma, noch Vacuolen führen, daher kurz gesagt, sich durch 
gar nichts von den rings um sie befindlichen langen Baeterien unter- 
scheiden. Nicht selten sind diese Ästehen, welehe alle Eigenschaften 
der Bacterien besitzen, ihrerseits auch verzweigt, wobei die secun- 
dären Zweige oft feiner als die primären sind; ganz so wie bei den 
oben erwähnten Bacterien mit Verzweigungen. Außerdem endlich 
wachsen die langen Bacterien unmittelbar aus den Penicillium-Spo- 
ren hervor, wobei die Sporen eine vollkommen normale Größe haben 
und von ovaler oder elliptischer Form sind; es ereignet sich auch 
manchmal, daß Bacterien aus zwei entgegengesetzten Enden einer 
und derselben Zelle hervorwachsen. Zuweilen sieht man im Innern 
solcher Sporenzellen zwei oder drei Protoplasmakörnehen. Die auf 
diese zweifache Weise sich entwickelnden Bacterien erreichen zu- 
weilen eine Länge von mehr als 0:1236 Mm. und zeigen die mannig- 
faltigsten Richtungs-Verhältnisse; ihre Dicke erstreckt sich von 
0:0010 Mm. bis zu solehen Dimensionen, welche selbst eine ange- 
nähert richtige Messung nicht zulassen. Es ist selbstverständlich, 
daß kurze Bruchstücke der langen Bacterien kein einziges morpho- 
logisches Merkmal darbieten, wonach man sie von den aus kleinsten 
Zellen sich entwickelnden Bacterien unterscheiden könnte. 

Ein noch wesentlicherer Unterschied zwischen den kurzen und 
langen Bacterien besteht in einer ihre Vermehrung begleitenden Er- 


142 Polotebnow. 


scheinung, welche bei der Entwickelung der ersteren stets vorhanden 
ist, und bei Entwickelung der letzteren stets mangelt. Bei der Vermeh- 
rung der kleinsten Zellen und ihrem Übergang in Baeterien wird näm- 
lieh immer eine schleimige Substanz abgesondert, welche hauptsäch- 
lich die Trübung und Undurchsichtigkeit jenes Mediums verursacht, in 
welchem diese Vermehrung vor sich geht; während bei Entwicke- 
lung der langen Bacterien das Medium (wie dies ein unten folgender 
Versuch zeigen wird) vollkommen durchsichtig bleibt. 

Auf diese Weise haben wir nun Sehritt für Schritt die Ent- 
wickelung jener Körper verfolgt, welehe nach ihrem Ursprung 
undihren Entwiceklungsweisen nichts anderes vorstel- 
len, als Mycelien von Penicillium und wahrscheinlich noch 
anderen Pilzen. Zugleich haben wir gesehen, daß dieses Mycelium 
alle morphologischen Eigenschaften der ganzen Fa- 
milie „Vebrionia“ besitzt; wenigstens ist es ganz un- 
möglich, irgend einen Unterschied zwischen beiden 
wahrzunehmen. 

Aber offenbar ist die nur morphologische Identität allein noch 
nieht ganz hinreichend, um ohne Weiteres die „Vibrionia“ für My- 
celien von Penieillium anzunehmen. Zur Annahme einer solchen 
Identität ist es nothwendig nachzuweisen, daß die Bacterien sieh 
aus Penieillium-Sporen unter dem Einflusse aller jener äußeren 
Umständen entwickeln können, unter welchen die Vermehrung 
und Entstehung dieser Körper von anderen Forschern beobachtet 
wurde. 

Unter allen äußeren Einflüssen, bei welchen bisher Vermehrung 
der Bacterien beobachtet wurde, nimmt unstreitig die Temperatur 
den ersten und wichtigsten Platz ein. 


IV. 


Es wurde, wie bekannt, durch sehr genaue Versuche nachge- 
wiesen, daß Fleisch oder Eigelb mit Wasser bei 100° C. abgekocht 
und unter Baumwolle geschützt, in der Regel in Fäuluiß übergehen, 
und unter dem Mikroskope untersucht, mit Myriaden eigenthüm- 
licher Vibrionen, oft von ungewöhnlicher Länge (mehr als ein Milli- 
meter) durchsetzt sind. [Schröder, Annal. der Chemie und Pharm. 


Über den Ursprung und die Vermehrung der Bacterien. 743 


Bd. CXVIL, 3. H., 1861.] Milch, in einem Kolben einige Zeit gekocht, 
gerinnt und fault unter Baumwolle (oder nach Pasteur „exposes 
au contact de l'air qui A subi la temperatur rouge“) in der Regel 
ebenso schnell als an offener Luft“. Dabei entwickeln sich in der 
Milch Bacterium und Vibrio, „nur tritt keine Schimmelbil- 
dung ein“ (Schröder, Ann. d. Chem. u. Pharm., Bd. CIX, H.1, 
1859), „aueune Mucedindes (d. i. Mycelium), aueune 
Torulacdes, aucun ferment vegetal“ (Pasteur, 1.c.,p. 60). 
Dieser letztere Umstand (Abwesenheit vegetabilischer Organismen und 
Vorhandensein von Baeterien in gekochten Flüssigkeiten)gab Pasteur 
(später auch Hoffmann) den Anlaß, nachstehende Folgerungen zu 
ziehen (selbe werden auch durch andere sehr wichtige Versuche 
bestätiget, die ich aber hier nicht näher anführe): „Germes des 
mucedindes, Torulacdes et ferments vegetals ne peuvent resister & 
100° C. au sein de l’eau“; dagegen „germes des Infusoires (corps 
reprodueteurs de mikrozoaires, d. i. Vibrioniens) peuvent resister ä 
la temperature humide de 100° C. lorsque le liquide oü on les 
chauffe jouit de certaines proprietes“ [(neutrale oder schwach alka- 
lische Reaction) Pasteur, 1. c., p. 60; Hoffmann, Micol. Ber. Bot. 
Ztg., 1863, Nr. 38, S. 283]. Diese Folgerungen stießen auf sehr 
heftigen Widerspruch von Seite der Anhänger der Urzeugungs- 
theorie; — auf einen Widerspruch, auf welchen weder Pasteur noch 
seine zahlreichen Nachfolger bisher im Stande waren genügende 
Antwort zu geben. Die Heterogenisten halten die Behauptungen 
Pasteur's für eine durch Nichts erwiesene Hypothese, weil bisher 
noch Niemand bewiesen hat, dafs es eine vegetabilische oder thie- 
rische Zelle, einen vegetabilischen oder thierischen Organismus gäbe, 
welche die feuchte Temperatur von 100° C. zu überleben fähig 
wäre. „Tous les phisiologistes sont unanimement d’accord sur se 
point, c'est qu’aucun oeuf, aucun animal, aucune plante ne resiste A 
la temperature humide de 100° C.“(Pouchet, Compt.rend. 1860, 
p- 1017). In der That, alle bisherigen Beobachtungen und Erfor- 
forschungen in dieser Richtung sprechen gegen die Theorie Pas- 
teur’'s. Ehrenberg (Monatsber. d. Akad. zu Berlin, 1859, S. 493) 
fand in heißen Quellen auf Ischia lebende Pflanzen (Eunotien und 
grüne Oseillarien) und T'hiere (vier Arten Räderthiere, Infusorien 
der Gattungen Nassula, Euchelis und Amphileptus) bei 81 bis 
85° C. Dieß ist die höchste mir bekannte Temperatur, bei welcher 


TA Polotebnow. 


lebende Organismen beobachtet wurden. Schwabe hat im Karls- 
bader Sprudel lebende Oseillarien bei 72-—-73° €. (58—59° R.) 
beobachtet. Jedoch kömmt, nach Cohn’s Beobachtungen (Abh. d. 
Schl. Ges. f. Vat. Kult., 1862, 2. H.) im Karlsbader Sprudel bei 
Temperaturen über 53° C. (43° R.) keine Algenvegetation mehr 
fort. Die Forschungen Max Schulze’s aber (Protopl. d. Rhizop. u. 
Pflanzenzellen, Leipzig 1863) widersprechen den Beobachtungen 
sowohl Ehrenberg's als auch Cohn's. 


„Nach meinen Beobachtungen“, sagt Schultze, „stirbt das 
Protoplasma der untersuchten Pflanzenzellen unter Gerinnungser- 
scheinungen bei 47—48° C. unfehlbar ab. Thierisches Leben erhält 
sieh im Wasser von 45° C. nur noch sehr spärlich... Wir sind 
berechtigt hiernach vorauszusetzen, daß thierisches und pflanz- 
liches Leben über eirea 45° C. sich dauernd nicht erhalten werde* 
(S. 49) !). 

Hinsichtlich des Einflusses der Temperatur auf Penicillium- 
Sporen sind folgende Beobachtungen bekannt: Pouchet hat über 
einer Lampe Penicillium-Sporen in einer Röhre mit 2Kub. Cm. Wasser 
eine Viertelstunde lang gekocht. Gleich nach Aufhören des Kochens 
ergab die mikroskopische Untersuchung „que les spores de ce Penie. 
etaient deformes, ils avaient perdu un peu de leur sphericite, et leur 
volume etait presque doubl&* (Compt. rend. 1858, T. XLVIL, p. 981). 
Aus diesem Versuche folgerte Pouchet, daß die Sporen dem 
Kochen mit Wasser eine Viertelstunde lang ausgesetzt, zur Ent- 
wiekelung unfähig werden. Nach Schmitz ertragen die Sporen 
von Penie. gl. im Wasser eine Erwärmung auf höchstens 61° €. 
(De Bary, l. e. S. 210). Endlich nach Hoffmann (Bot. Ztg. 1869, 
Nr. 18, S. 282) sterben die Penieillium-Sporen zwischen 76 bis 
83° C. ab. 


1) Solchen einander widersprechenden Thatsachen gegenüber spricht Prof. Nägeli 
über die Generatio spontanea folgende Meinung aus: „es lassen alle bis jetzt be- 
kannten Beobachtungen und Experimente eine doppelte Erklärung zu: sie gestat- 
ten sowohl die Keimtheorie als die Urzeugungstheorie, sie schließen keine aus... 
Die Frage der Generatio spontanea ist nicht, wie man fast allgemein annimmt, 
entschieden, und daß es ferner auf anderer Basis angestellter Versuche bedarf, um 
die Frage ihrer Lösung näher zu bringen.“ (Entst. u. Begr. d. Nat. hist. Art. 
2. Aufl. München 1865, S. 45 — 46.) 


Über den Ursprung und die Vermehrung der Bacterien. 745 


Pasteur hielt die Penieillium-Sporen für getödtet, wenn sie 
ein vollkommen normales Mycelium nicht entwickelten, „plante tout 
pareille a la plante mere“ (l. e. p. 18). Dieselbe Erscheinung diente 
auch für Hoffmann (wahrscheinlich auch für Schmitz, dessen 
Originalarbeit ich nieht in Händen hatte) als Maßstab zur Bestim- 
mung des Lebens der Sporen. Allein die Penieillium-Sporen, indem 
sie bei einer gewissen Temperatur zur Entwicklung eines normalen 
Myceliums unfähig werden, verlieren nicht sogleich, wie nach- 
stehende Versuche zeigen werden, die Fähigkeit in andere Entwick- 
lungsformen überzugehen. 

Experimente mit Erwärmung der Penieillium-Sporen habe ich 
in folgender Weise vorgenommen: Ein Reagenz-Röhrchen wurde 
zur Hälfte, oder etwas darüber, mitPasteur'scher Flüssigkeit gefüllt, 
und in dieselbe trische Penieillium-Sporen hineingegeben. Nach Bei- 
gabe der Sporen wurde die Röhre mit durchhitzter Watte fest ver- 
schlossen und in ein Wasserbad gestellt, worin sie eine bestimmte 
Zeit hindurch bei bestimmter Temperatur erwärmt wurde. Gleich- 
zeitig mit dieser Röhre stellte ich in das Wasserbad eine andere mit 
Wasser gefüllte Röhre. In diese letztere wurde ein Thermometer ge- 
stellt, welches zur Bestimmung der Temperatur diente. 

Die mitPasteur’scher Flüssigkeit durch 15 Minuten bei 50° ©. 
erwärmten Penieillium-Sporen entwickelten am vierten Tage auf der 
Oberfläche der Flüssigkeit ein vollkommen normales und sehr üppiges 
Mycelium mit Fruchtpinsel. Die Flüssigkeit blieb ganz durchsichtig 
und enthielt keine Baeterien. 

Wenn man die Sporen 15 Minuten lang bei 60° C. erwärmt, 
so bemerkt man während 8 Tagen in der Flüssigkeit nicht die min- 
deste Veränderung; die Sporen schwimmen an der Oberfläche der 
Flüssigkeit. Nach zehn Tagen sehwebt inmitten der Flüssigkeit ein 
äußerst zartes Filzmycelium, welches sich am zwölften Tage zu 
Boden senkt. Dabei ist in der Flüssigkeit nicht die geringste Trü- 
bung zu bemerken. Bei der mikroskopischen Untersuchung der Flüs- 
sigkeit bemerkte man darin sehr viele Baeterien von verschiedener 
Länge und Form. Viele von diesen Bacterien hatten an einem Ende eine 
Zelle von ganz runder, ovaler oder mehr oder weniger länglichen 
Form; einige wenige Baeterien besaßen Zellen an beiden Enden. 
Das Filzmycelium bestand aus sehr zarten und feinen Fäden von 
0:0020 — 0-0040 Mm. im Durchmesser, mit feinkörnigem Protoplasma 


TA6 Polotehnow. 


im Innern. Diese Myceliumfäden zeigten zahlreiche Verzweigungen, 
welche keine Spur eines körnigen Protoplasma im Innern führten. 
Ihre Dicke kann nur annäherungsweise gemessen werden — sie be- 
trägt etwa von 0-0003—0:0005 Mm. — mit einem Worte, wir 
haben hier dieselben Entwicklungsformen von Bacterien vor uns, 
wie bei den oben beschriebenen Experimenten mit nicht erwärmten 
Peniecillium-Sporen. 

.Erwärmt man nun die Sporen bei 70, 75 und 80° C. während 
10 oder 15 Minuten, so nimmt man dabei folgende Erscheinungen 
wahr: Einige Tage lang schwimmen die Sporen auf der Oberfläche 
der Flüssigkeit, vorzugsweise an den Wänden der Röhre; dabei ist 
in der Flüssigkeit nicht die geringste Veränderung wahrzunehmen. 
Hierauf werden die Sporen auf der Oberfläche immer seltener und 
verschwinden am sechsten oder zehnten Tage beinahe ganz. Nach 
Maßgabe des Verschwindens der Sporen wird die obere Schichte der 
Flüssigkeit trüber; diese Trübung steigert sich namhaft, wenn man 
die obere Schichte leicht schüttelt; hierbei kommen bisweilen sogar 
weiße Flocken zum Vorschein. Wenn man nun gleichzeitig die 
obere Schichte der Flüssigkeit untersucht, so findet man darin alle 
Übergangsformen von normalen Sporen zu den kleinsten Zellen, 
welche ihrerseits wieder auf die oben beschriebene Weise in Bacte- 
rien übergehen. Nach 10—14 Tagen wird die ganze Flüssigkeit 
trübe und später desto durchsichtiger, je reichlicher der Nieder- 
schlag wird. Der Niederschlag besteht gewöhnlich aus einer Masse 
von Bacterien, einigen unveränderten Sporen und einer größeren 
oder geringeren Menge molecularer Körnehen. Auch hier findet man 
unter den Bacterien Formen, welche mehreren Bacterien, Vibrionen 
und Spirillen-Species Dujardin's entsprechen. 

Wenn man die Sporen bei 85 und 90° C. 10 Minuten lang 
erwärmt, so sind die dabei beobachteten Erscheinungen approxima- 
tive ganz dieselben, wie jene bei 70, 75 und 80° C.; der Unter- 
schied besteht nur in der Zeit, innerhalb welcher diese oder jene 
Erscheinungen eintreten. Bei 90° z. B. erreicht die Flüssigkeit ihre 
größte Trübung erst nach 18—22 Tagen. Dann ist in dem Nieder- 
schlage, welcher nach Anwendung dieser Temperaturen entsteht, 
eine bedeutend größere Menge von unveränderten Sporen und mole- 
eularen Körnchen zu bemerken. Hinsichtlich der Bacterien aber 
ist es schwierig, irgend einen Unterschied wahrzunehmen, mag man 


Über den Ursprung und die Vermehrung der Bacterien. T4T 


sie bei der einen oder der anderen Temperatur beobachten. Dauert 
nun die Erwärmung bei 85 und 90° €. 15 Minuten, so gehen nur 
äusserst wenige Sporen in Baecterien über; die Flüssigkeit bleibt 
immer durchsichtig, selbst bei Hinzugabe von großen Quantitäten von 
Sporen; Bacterien werden in so geringer Menge entwickelt, daß 
man sie bisweilen nicht nur in einem oder dem anderen Gesichts- 
felde, sondern selbst im ganzen Präparate abzählen kann. In dem 
Niederschlage beobachtet man nicht selten Sporen mit kleinsten 
Sprossungen und kurze Ketten von kleinsten Zellen. Außerdem be- 
steht der Niederschlag hauptsächlich aus ganz unveränderten Spo- 
ren, aus Sporen mit körnigem Protoplasma und aus molecularen 
Körnchen. 


Bei einem Versuche hatten die 5 Min. lang dem siedendenWasser 
ausgesetzten Sporen (wobei die Temperatur in der Röhre 95—97° C. 
erreichte) zugleich mit den Bacterien auch ein vollkommen normales 
Mycelium entwickelt, welches sich schnell zu Boden senkte. Bei 
einem zweiten Versuche (mit Aspergillus-Sporen) hatte sich schon 
am sechsten Tage in den oberen Schichten eine Trübung gebildet, 
die in der Folge sich über die ganze Flüssigkeit verbreitete. Am 
zwanzigsten Tage entstand auf der Oberfläche der Flüssigkeit ein 
sehr üppiges Mycelium mit Fruchtpinseln. 


Wenn man die Pasteur’sche Flüssigkeit mit Sporen 1—2 Mi- 
nuten lang über einer Lampe sieden läßt, und gleich nach Aufhören 
des Siedens die Röhre mit durchhitzter Watte verschließt, so bleibt 
die Flüssigkeit zwei Wochen lang ohne alle Veränderung ; die Spo- 
ren schwimmen unverändert auf ihrer Oberfläche. Nach 15 Tagen 
entwickelte sich an der Oberfläche ein normales Mycelium. Nach 
drei Wochen trübte sich die Flüssigkeit. Die mikroskopische Unter- 
suchung ergab nach 22 Tagen, daß das Mycelium keine Frucht- 
pinsel gebildet hat; die Flüssigkeit enthielt Bacterien, der Nieder- 
schlag bestand aus Bacterien und feinen Körnchen !). 


1) Die Entwicklung eines normalen Mycelium bei diesen Versuchen läßt sich in 
zweifacher Weise erklären: entweder zerstört die Temperatur von 95—-97° C. 
und 100° C., in einigen Sporen die Fähigkeit zur normalen Entwickelung nicht, 
oder aber es geriethen einige Sporen an die Wand der Röhre und blieben, bloß 
der Wirkung des heißen Wasserdampfes und nicht jener. der Flüssigkeit aus- 
gesetzt. 


148 Polotebnow. 


Wenn man Sporen 3—5 Minuten lang dem Sieden der Ver- 
suchsflüssigkeit aussetzt, so zeigt sich nach einem Monate nicht die 
geringste Veränderung in der Flüssigkeit; im Niederschlage erschei- 
nen Sporen, größtentheils mit körnigem Inhalte, eine große Menge 
moleeularer Körnchen, und kein einziges Baeterium. 

Bei allen oben beschriebenen Versuchen mit Erwärmung hatte 
die Pasteur'sche Flüssigkeit schwach sauer eReaction. Es entsteht 
nun die Frage: wie verhalten sich die Penieillium-Sporen bei hohen 
Temperaturen in einer alkalischen Flüssigkeit? 

Die Ursache, warum sich in der Milch beim Sieden Bacterien 
entwiekeln, und in „l’eau de levure sueree et urine“, unter denselben 
Bedingungen, nicht entwickeln, besteht, nach Pasteur in der alka- 
lischen Reaction der Milch. Frischer (sauer reagirender) Harn, 2 bis 
3 Minuten dem Sieden ausgesetzt, blieb (mit Baumwolle-Verschluß) 
18 Monate lang vollkommen unverändert. Als nun Pasteur in einen 
solchen Urin kohlensauren Kalk und „bourre de coton avec pous- 
sieres de l’air“ hinzugab (d. i. Baumwolle, durch welehe atmosphä- 
rische Luft filtrirt war), und hierauf diese Mischung 2—3 Minuten 
lang noch einmal zum Sieden brachte, entwickelten sich in diesem 
Falle Bacterien. Ich habe diesen Versuch Pasteur's wiederholt, 
indem ich dabei „bourre de coton avec poussieres de lair“ durch 
Penicillium-Sporen ersetzte. Ich brachte zwei Portionen frischen 
Harns in Reactiv-Röhrchen, fügte zu beiden Portionen Penicillium- 
Sporen hinzu, und versetzte überdieß eine von den Portionen mit 
gepulvertem carrarischen Marmor. Hierauf wurden beide Röhren 
über der Lampe 3 Minuten lang im Sieden erhalten und mit Baum- 
wolle-Verschluß bei Zimmertemperatur stehen gelassen. Nach einem 
Monate war die mit kohlensauren Kalk versetzte Portion Urin trübe, 
sie enthielt in sich Myriaden von Bacterien, eine sehr unbedeutende 
Menge Sporen und Molecularkörnchen. Die Portion ohne Marmor 
blieb vollkommen durchsichtig, enthielt eine ungeheuere Menge 
Sporen, und eine bedeutende Quantität von moleeularen Körnchen 
und kein einziges Bacterium. Ein Versuch mit Pasteur'scher Flüs- 
sigkeit ergab folgende Resultate: 

Zwei Reaetiv-Röhrehen wurden bis ?/; ihres Volums mit Past. 
Flüssigkeit und Penieillium Sporen gefüllt; zu einer von diesen 
Portionen wurden 4 Tropfen Ammoniak zugesetzt. Nach Zugabe des 
Ammoniaks wurde die Flüssigkeit über der Lampe 15 Minuten lang 


Über den Ursprung und die Vermehrung der Bacterien. TA9 


gekocht; gleich nach Aufhören des Siedens wurde die Röhre mit 
durchhitzter Baumwolle fest verschlossen. Genau auf dieselbe Weise 
verfuhr man mit der zweiten Portion, welche jedoch kein Ammoniak 
enthielt. Hierauf wurden beide Röhren bei gewöhnlicher Zimmer- 
Temperatur stehen gelassen. Nach 20 Tagen war in der Portion mit 
Ammoniak eine unbedeutende Trübung der oberen Schichte der 
Flüssigkeit bemerkbar; nach 28 Tagen bildet sich statt der Trübung 
ein schleimiges Wölkehen ; nach einem Monat begann das Wölkehen in 
Gestalt eines ungefähr einen Centimeter breiten und papierdünnen 
Bandes sieh zu Boden zu senken, während die Flüssigkeit selbst ganz 
durehsichtig blieb. Man öffnete die Röhre; die Flüssigkeit zeigte eine 
stark alkalische Reaction. Einen Theil des Bandes verwendete man 
zur mikroskopischen Untersuchung, und die Röhre wurde abermals 
mit Baumwolle verschlossen. Diese Untersuchung ergab höchst 
interessante Erscheinungen. Man bemerkte hier alle Übergangsformen 
von Sporen normaler Größe bis zu den kleinsten Zellen. Diese 
letzteren waren von runder, ovaler, länglicher, kolbenförmiger Gestalt, 
mit einem Worte, sie zeigten alle Übergangsformen zu 1—4 gliede- 
rigen Bacterien, und zuletzt auch vollkommen entwickelte Bacterien. 
Alle diese Körper sind unter einander durch eine vermittelnde, feste 
schleimige Substanz verbunden, und darum ist ein einziges mikrosko- 
pisches Objeet ganz hinreichend, um mit besonderer Leichtigkeit und 
Bequemlichkeit alle oben bezeiehneten Übergangsformen von Peni- 
eillium-Sporen zu Baecterien zu beobachten. Im Laufe der Zeit löste 
sich das Band in der Flüssigkeit auf, wodurch letztere getrübt wurde. 
Nach anderthalb Monaten bildete sich am Boden der Röhre ein 
Niederschlag, die Flüssigkeit wurde wieder etwas durchsichtiger. 
Bei der mikroskopischen Untersuchung zeigte sich in der Flüssigkeit 
eine ganz unbedeutende Menge Bacterien, dagegen im Niederschlage 
äußerst viel Baeterien, Sporen mit Sprossungen, Sporen mit fein- 
körnigem Protoplasma und Molecularkörnehen. In der anderen 
Versuchsflüssigkeit, welche kein Ammoniak enthielt, war im Verlaufe 
von 11/, Monaten nicht die mindeste Veränderung bemerkbar, außer, 
daß nach zwei Wochen die Sporen von der Oberfläche der Flüssig- 
keit verschwanden und am Boden der Röhre einen Niederschlag 
bildeten; dabei behielt die Flüssigkeit ihre normale Durchsichtigkeit. 
Der Niederschlag bestand aus molecularen Körnchen und einer unge- 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Ol. LX. Bd. I. Abth. 49 


750 Polotebnow. 


heuren Menge von Sporen, wovon etwa die Hälfte feinkörniges 
Protoplasma führte. 

Überhaupt erscheinen die Zellen mit körnigem Protoplasma 
im Niederschlage am zweiten bis dritten Tage nach der Erwäh- 
nung bei allen Temperaturen von 70—100° C. Dieses frühzeitige 
Sinken ist mit unbewaffnetem Auge in jenen Fällen zu sehen, 
in‘ welchen man in die Flüssigkeit eine solehe Quantität Sporen 
hineingibt, daß sie auf der ganzen Oberfläche eine compacte Schichte 
bilden. Diese Sporen sind einer weiteren Entwicklung nicht fähig. 
Die Membran dieser Zellen wird nach und nach blässer, bis sie ganz 
verschwindet, und dann kömmt ein feinkörniges Protoplasma zum 
Vorschein. Zwischen den freien Körnchen des Protoplasma und den 
Sporen mit körnigem Protoplasma besteht immer ein umgekehrtes 
Verhältniß. Je später man die Flüssigkeit untersucht, desto mehr 
Körnchen und weniger Sporen mit körnigem Protoplasma findet man, 
und umgekehrt. 

Der Grad der Trübung und Undurchsichtigkeit der Flüssigkeit 
steht in einem geraden Verhältniß zur Menge der beigegebenen 
Sporen; so daß z. B. Sporen, 10 Minuten bei 90°C. erwärmt, eine 
größere Trübung der Flüssigkeit hervorbringen, als Sporen, welche 
dieselbe Zeit hindurch bei 70 °C. erwärmt wurden, wenn nur im ersten 
Falle bedeutend mehr Sporen als im letzteren beigegeben wurden. Aber 
wodurch ist überhaupt die Undurchsichtigkeit jener Flüssigkeit be- 
dingt, welche man zu Versuchen mit und ohne Erwärmung verwendet? 
Pasteur meint, daß „C'est le mouvement m&me des Bacter. qui est la 
cause du trouble de la liqueur. Des qu'ils perissent par privation d’air, 
ils se rassemblent au fond du vase, comme ferait un preeipite, et le 
liquide s’eclaireit“. (l. e.) Hoffmann sagt: „In klaren Flüssigkeiten 
treten Bacterien in der Regel als gleichmäßige Trübung auf; diese 
Trübung ist durch Millionen lebhaft beweglicher Baeterien und 
(weniger zahlreich) kleiner Bacterien-Kettehen veranlaßt“. (Bot. 
Ztg. 1869, N. 16, S. 250.) Diese Meinung ist nur theilweise richtig. 
Wenn auf der Oberfläche der Past. Flüssigkeit, welche einige Tage 
in offener Röhre gestanden hat, sich zufällig Mycelium bildet, so 
setzen sich am 2. bis3. Tage nach Bildung des Myceliums die in der 
Flüssigkeit befindlichen Baeterien zu Boden, und die Flüssigkeit wird 
durchsichtiger; ohne jedoch, wie schon oben bemerkt wurde, ihre 
ursprüngliche Durchsichtigkeit je wieder zu erreichen. Bei Unter- 


Über den Ursprung und die Vermehrung der Bacterien. 51 


suchung dieser Flüssigkeit zeigt sich, daß sie entweder äußerst 
wenig Bacterien oder bisweilen auch gar keine enthält. Noch deut- 
licher kann man dielß bei Versuchen mit Temperaturserhöhung beob- 
achten. 10—14 Tage nach dem Erscheinen der Trübung hört 
das Zunehmen des Niederschlages am Boden der Röhre auf; dabei 
bleibt die Flüssigkeit manchmal trübe fast bis zur Undurehsichtigkeit, 
wie ich dieß in einer 10 Minuten lang bei 80° C. erwärmten Past, 
Flüssigkeit beobachtet habe. Indessen war bei Untersuchung dieser 
Flüssigkeit kein einziges Baeterium zu finden. Schon aus diesen 
Thatsachen läßt sich schließen, daß überhaupt die Bacterien hei 
dieser Erscheinung eine untergeordnete Rolle spielen. Die Vermin- 
derung der Trübung in der Flüssigkeit, nachdem die Bacterien zu 
Boden fielen, läßt sich nicht auf Rechnung der Bacterien allein 
stellen, da zugleich mit ihnen sich auch eine größere oder geringere 
Menge jener schleimigen Substanz niederschlägt. Diese Substanz ist 
es, welche hauptsächlich die Trübung und Undurchsichtigkeit der 
Flüssigkeit veranlaßt und auch das Zustandekommen von Gallert- 
wolken und festen Membranen hervorruft. Diese sehleimige Substanz 
entwickelt sich immer beim Übergange der kleinsten Zellen in 
Baeterien. Ich kann aueh der Meinung Hoffmann's nicht beistimmen, 
wornach die Bacterien selbst die schleimige Substanz zu entwickeln 
im Stande seien. Bei Untersuchung einer eben erst zu Vorschein 
gekommenen Gallertwolke in der oberen Schichte einer auf 
70—100° C. erwärmten Flüssigkeit ergibt sich, daß in dieser 
Gallertwolke nur Penieillium-Sporen sammt allen Übergangsformen 
zu Bacterien und sehr häufig kein einziges vollkommen entwickeltes 
Bacterium enthalten ist. Andererseits geht bei der Entwicklung von 
Bacterien im Wege der Verzweigung normaler Mycelfäden, oder bei 
Entwicklung von Bacterien unmittelbar aus Sporen von normaler 
Größe (s. o.), folglich in jenen Fällen, wo die Entwicklung der 
kleinsten Zellen nicht stattfindet, — auch keine Ausscheidung der 
schleimigen Substanz vor sich, wie man dieß bei Versuchen, wobei 
eine Erwärmung bis 60°C. stattfand und in einigen anderen Fällen 
z. B. bei Entwickelung von Bacterien in Olivenöl, Harn und anderen 
wahrnehmen kann. \ 

Alle bisher von mir beschriebenen Beobachtungen und Versuche 
bieten, wie ich meine, vollkommen hinreichenden Grund zu der An- 
nahme, daß sämmtliche Formen aus der Familie der 

49* 


52 Polotebnow. 


Vibrionen nichts Anderes sind, als zarte Myeelien, 
welche aus Penieillium-Sporen hervorgingen, Mycelien, die sich auf 
die oben beschriebene Weise entwickeln ?). ; 


Vv. 


In den vorhergehenden Versuchen haben wir gesehen, daß die 
Penieillium-Sporen bei gewöhnlieher Temperatur nur dann 
fähig sind in Bacterien überzugehen, wenn sie sich in der 
Flüssigkeit selbst befinden; wenn sie hingegen auf ihrer Oberfläche 
liegen, entwickeln sie nur ein normales Myeelium. Ebenso verdankt 
das normale Mycelium, welches sich auf der Oberfläche offen stehender 
Flüssigkeit (Past. Flüss., Harn, thierische und vegetabilische Aufgüsse 
und dergleichen) selbständig [d. i. nicht durch Aussaat] entwickelt, 
seine Entstehung den aus der Luft auf die Oberfläche der Flüssig- 
keit gefallenen Sporen, was Pasteur durch sehr genaue Versuche 
bewiesen hat (]. c.). Nun fragt es sich, auf welche Weise soll man 
die Erscheinung der raschen Vermehrung der Baeterien in mit ver- 
schiedenen Flüssigkeiten gefüllten Gefäßen erklären, welche bei 
gewöhnlicher Zimmer-Temparatur offen stehen (oder bloß durch 
gewöhnlichen Kork oder einen Glasstöpsel verschlossen sind), wenn 
die aus der Luft hineinfallenden Sporen in der Regel auf der Ober- 
fläche der Flüssigkeit verblieben und nur normales Mycelium 
entwickeln? R | 

Unter allen diesen Umständen dienen als hauptsächliehste Quelle 
der Entwicklung und Vermehrung der Baeterien jene kleinsten 
Zellen, deren Entstehung aus Penicillium-Sporen in der Past. 
Flüssigkeit ich oben dargestellt habe; die Penicillium-Sporen selbst 
aber spielen, als solehe, dabei nur eine sehr untergeordnete Rolle. 
Die Penieillium Sporen gehen in kleinste Zellen über, nicht nur 
in Flüssigkeiten allein; sie sind eben so fähig auch auf festen Sub- 
straten in dieselben überzugehen, mögen die letzteren feucht oder 


9) Hinsichtlich der Sporen von anderen Pilzen habe ich nur zwei Beobachtungen, 
eine mit Aspergillus-Sporen, wovon schon oben die Rede war, und die 
zweite mit Sporen von Botrytis angestellt. Die Sporen von Botrytis, 15 Minuten 
bei 80° C, erwärmt, haben 27 Tage lang in der Flüssigkeit weder eine Trübung, 
noch Baeterien entwickelt. Im Niederschlag waren die Sporen und sehr viele mole- 
eulare Körnchen bemerkbar. 


Über den Ursprung und die Vermehrung: der Bacterien. 753 


ganz trocken sein. Wenn man z. B. in dem saftigen, frischen Fleisehe 
einer Apfelsine eine mäßige Quantität Penieillium-Sporen einimpft, 
so ist gewöhnlich die Entwicklung des normalen Myceliums entweder 
sehr unbedeutend, oder sie mangelt oft ganz; hingegen geht die 
Entwickelung der kleinsten Zellen sehr rasch und intensiv vor 
sich. Sehr viele kleinste Zellen stelleh in diesem Falle alle Über- 
gangsformen zu Baeterien vor, und zwar noch deutlicher, als ın 
Flüssigkeiten bei gewöhnlicher Zimmer-Temperatur. Dasselbe Re- 
sultat erhält man bei der Impfung der Sporen auf das Fleisch anderer 
Früchte, z. B. Citronen, Weintrauben und dergl. Hier, wie auch in 
den Flüssigkeiten, kann von der Entstehung kleinster Zellen aus 
Protoplasma-Körnchen der Sporen gar. keine Rede sein. Impft man 
die Penieillium-Sporen auf die Rinde einer Apfelsine und unterhält 
letztere (Rinde) im feuchten Zustande, so entwickelt sich nach einiger 
Zeit ein normales, üppiges Mycelium mit Frucht-Pinseln. Wenn nun 
mit der Entwickelung der Frucht-Pinsel die Rinde austrocknet, 
so beginnen die Sporen in kleinste Zellen überzugehen, und zwar 
so, daß zwischen den Sporen von normaler Größe und den allerklein- 
sten Zellen bezüglich der Größe zahlreiche Übergangsformen vor- 
handen sind. Die in solcher Weise entwickelten kleinsten Zellen er- 
scheinen entweder abgesondert, frei oder in Form von Ketten (sog. 
Monas Crepusculum) und sind auch theilweise fähig unmittelbar in 
Baeterien überzugehen (Luftvegetatationsform der Bacterien nach 
Hoffmann). Überhaupt geht die Spore in kleinste Zellen über, so- 
bald sie sich auf einem harten, trockenen Substrate befindet. 
Die Allverbreitung der Penieillium-Sporen ist eine allgemein bekannte 
Thatsache. Da aber jede einzelne Spore mehrere kleinste Zellen aus 
sieh entwickelt, so müssen letztere in der Luft aueh bedeutend mehr, 
als Penieillium-Sporen enthalten sein. Pasteur hat bei seinen Ver- 
suchen mit Filtration der Luft durch Baumwolle, in der letzteren 
gleichzeitig mit Pilzsporen auch eine große Menge von kleinsten 
Zellen und dazwischen Übergangsformen (bezüglieh der Größe) er- 
halten. Die kleinsten Zellen erseheinen auch hier entweder in Form 


von abgesonderten Zellen oder in Form von Ketten (I. e. Pl. II, 
ie. 2 9) 1). 


1) Pasteur charaklerisirt in folgender Weise die von ihm bei Filtration der atmo- 


sphärischen Luft durch Baumwolle erhaltenen Körperchen: „Leurs dimensions 


154 ' Polotebuow. 


Auf diese Weise gehen die stets in der Luft befindlichen klein- 
sten Zellen, indem sie auf die Oberfläche der Past. ‘Flüssigkeit 
fallen, sehr schnell in Baeterien über; aber nach Maßgabe der Ver- 
mehrung der letzteren müssen nothwendig erstens die Bestandtheile 
der Flüssigkeit (Ammoniak, Salze ete.) abnehmen, und zweitens muß 
die Menge der schleimigen Substanz immer mehr zunehmen, in Folge 
dessen der Übergang der kleinsten Zellen in Baeterien langsamer vor 
sich geht, und endlich ganz aufhört. Ferner hängt hiervon auch der 
Umstand ab, daß, je später man vom Beginn des Versuches an die 
Flüssigkeit untersucht, desto mehr freie und kettenförmige, schwebende 
kleinste Zellen, sowie auch in ihrer Entwicklung unterbrochene, d. i. 
keil- oder kolbenförmige, an einem oder an beiden Enden mit Köpf- 
chen versehene Bacterien gefunden werden. 

Es ist selbstverständlich, daß die Sporen und kleinsten Zellen 
nicht in allen Flüssigkeiten mit derselben Sehnelligkeit in Bacte- 
rien übergehen. Am raschesten geht dieser Übergang in Zucker- 
lösungen von statten, welche freies Ammoniak enthalten. Wenn 
man z. B. gleichzeitig drei offene Reagenz-Röhrchen mit Past. 
Flüssigkeit, mit Harn und mit destillirtem Wasser aufstellt, so 
geht die Vermehrung der Bacterien zuerst in der Past, Flüssig- 
keit, und dann erst in dem Harn vor sich. Dabei findet man im Harn 
schon nach zwei Tagen zugleich mit Baeterien auch eine große 
Menge von kleinsten Zellen (welche indessen Pasteur für ein 


s’elevent depius les plus petits diametres jusqu’ A Yioo, A 1,5400 et davantage 
de millimetre. Les uns sont parfaitement spheriques, les autres ovoides. Leurs 
contours sont plus ou moins nettement accuses. Beaucoup sont tout - A - fait 
translueides, mais il y en a aussi d’opaques avee granulation A l’interieur. Ceux 
qui sont translueides ä contours nets, rassemblent tellement aux Spores des moi- 
sissures le plus communes, que le plus habile mierographe ne pourrat y avoir de 
difference“. (l. ec. p. 28—29.) Diese Beschreibung wie auch die sie näher erläu- 
ternden, oben eitirten Zeichnungen, entsprechen vollkommen jenen Verände- 
rungen, denen die Penicill. Sporen auf festen, trockenen Substraten unterliegen, 
von wo aus sie sich leicht in die Luft erheben. Die Identität der Körper, welche 
Pasteur aus der Luft erhalten hat, mit Pilzsporen und den aus ihnen sich ent- 
wickelnden kleinsten Zellen, ergibt sich als unzweifelhaft, wenn man die Resultate 
der von Pasteu an diesen Körpern vorgenommenen Versuche mit jenen ver- 
gleicht, die ich oben in Betreff der Penie. Sporen und kleinsten Zellen mitgetheilt 
habe. 


Über den Ursprung und die Vermehrung der Bacterien. 755 


specifisches „ferment de l’urine,, hielt. 1. ce. p. 51); während sie in 
der Past. Flüssigkeit zu dieser Zeit nur in sehr kleiner Menge zu 
bemerken sind. Im destillirten Wasser aber erscheint erst nach drei 
Monaten an den Wänden der Röhre, gerade über dem Niveau des 
Wassers, ein Anflug in Form eines Ringes, welcher aus kleinsten Zellen, 
Baeterien und ihren Übergangsformen besteht. Alle diese Körper 
sind untereinander durch eine schleimige Zwischen-Substanz ver- 
bunden. Wenn auf die Oberfläche der Flüssigkeit aus der Luft eine 
größere oder geringere Menge Sporen oder Hefezellen fällt, so ent- 
wickelt sich in der Regel ein normales Mycelium auf der Oberfläche, 
oder eine ungeheure Menge Hefezellen in der Flüssigkeit. Aber nicht 
eine jede Spore, welehe auf die Oberfläche der Flüssigkeit fällt, muß 
nothwendig gewöhnliches Mycelium entwickeln; bei Untersuchung 
der schleimigen Flocken und festen Membranen, welche sich bei der 
Entwicklung der Bacterien bilden, findet man nicht selten in den- 
selben auch Sporen. Die von dieser schleimigen Substanz aus der 
Oberfläche der Flüssigkeit in das Innere derselben hinabgezogenen 
Sporen gehen in diesem Falle in Bacterien über. 

Welche ungeheure Vermehrungsfähigkeit die kleinsten Zellen 
bei gewöhnlicher Temperatur besitzen, das sieht man aus den oben 
angeführten Versuchen, wo es genügte, zwei Tropfen mit Baeterien 
und kleinsten Zellen beizugeben, um nach einigen Tagen eine voll- 
kommen undurchsichtige, schleimige Flüssigkeit zu bekommen, welche 
mit Myriaden von Bacterien und kleinsten Zellen gefüllt ist. Die aus 
(in Flüssigkeiten) erwärmten Penicilliumsporen entstandenen kleinsten 
Zellen besitzen wahrscheinlich auch die Fähigkeit zur Vermehrung; 
aber dann gewiß nur in sehr untergeordnetem Grade. Dieß kann man 
aus der Thatsache entnehmen, daß bei Versuchen mit Erwärmung 
von 70—100° €, nicht hinreichend ist, zwei Tropfen mit Baeterien 
und kleinsten Zellen, oder eine mäßige Quantität Sporen beizu- 
mengen, um die möglichst größte Vermehrung der Baeterien und 
kleinsten Zellen hervorzubringen, was bei Versuchen ohne Erwär- 
mung zur Hervorbringung dieser Erscheinung völlig genügt, 


156 Polotebnow 


v2. 


Hinsichtlich der Frage: „ob die Bacterien der Vermehrung 
fähig seien ?“— besteht unter den Forschern eine seltene Einstimmig- 
keit. Fast alle stimmen darin vollkommen überein, daß völlig ent- 
wickelte (d. i. stäbehenförmige) Bacterien, in einem der Vermehrung 
günstigen Medium, eine zahllose Nachkommenschaft zu erzeugen 
fähig sind. „Die in der Luft schwebenden Baeterien müssen es sein, 
welche den Import aller Baeterien überallhin vollziehen .... Bacterien 
sind Wesen, die ihre festen Grenzen einhalten und von Eltern auf 
Nachkommen jedenfalls ebenso unverändert forterben, als die auch 
am höchsten organisirten Lebensformen in der ganzen Reihe“, 
(Hoffmann, Bot. Ztg. 1869, S. 238, 268.) Wenn man nun die 
äußerst unbedeutende Größe der Bacterien und ihre außergewöhn- 
liche rasche Vermehrung in Betracht zieht, so könnte man glauben, 
daß diese allgemein angenommene Meinung entweder auf einer un- 
mittelbaren mikroskopischen Beobachtung, oder auf irgend welchen 
positiven Versuchen beruhe. In Wirklichkeit jedoch gründet sich 
diese Meinung mehr auf bloßen Voraussetzungen, als richtig inter- 
pretirten Beobachtungen. 


Wenn man eine bestimmte Menge Bacterien unter dem Mikroskope 
in einem Tropfen Past. Flüssigkeit beobachtet (und sind dabei die 
Ränder des Deekgläschens mit Lack oder mit einer Schichte Öl ver- 
schlossen), so gelingt es niemals, auch nur die geringste Spur von Ver- 
mehrung zu bemerken. Es werden vielmehr nach 7— 10 Tagen die beob- 
achteten Bacterien ganz unsichtbar. Professor Hoffmann konnte bei 
ähnlichen Versuchen auch gar keine Vermehrung bemerken. Er erklärt 
aber diese Erscheinung dadurch, daß die Bacterien in einem verklebten 
Präparate „ohne Luft (Sauerstoff) nicht leben können ; sie werden unbe- 
weglich und zeigen keine Vermehrung“ (]. e. S. 237). Diese Erklärung 
steht aber im grellen Widerspruche mit den oben beschriebenen 
Versuchen mit Penieillium-Sporen, aus denen sich in verklebten Prä- 
paraten, welche keine Spur von Luftbläsehen enthielten, Bacterien 
entwickelt haben. Es gibt zwar noch Thatsachen, welche, dem An- 
scheine nach, zu Gunsten der Annahme Hoffmann’s und Pasteur's, 


Über den Ursprung und die Vermehrung der Bacterien. 7157 


daß zur Vermehrung der Bacterien der freie Zutritt der atmosphäri- 
‚schen Luft unentbehrlich ist, sprechen. Es wurde schon oben bemerkt, 
daß in einer mit Past. Flüssigkeit gefüllten und offen stehenden 
Röhre die Vermehrung der Bacterien außerordentlich schnell vor 
sich geht. Wenn aber auf der Oberfläche der Flüssigkeit, worin die 
Vermehrung der Bacterien schon begonnen hat, sich zufällig, oder 
durch Aussaat, ein Filzmycelium entwickelt, so hört nach 1—3 Tagen 
die Vermehrung der Bacterien in der Flüssigkeit ganz auf. Diese 
Erscheinung erklärt Pasteur durch den. Mangel an Sauerstoff in 
der Flüssigkeit (l. e. p. 45—46). Aber in den angeführten Ver- 
suchen ist es kaum möglich, den Zutritt des Sauerstoffes zur Flüssig- 
keit ganz abzuschließen; a priori besteht da nicht der mindeste Grund 
zur Annahme, daß der Sauerstoff der Luft durch das aus abgesonder- 
ten Fäden zusammengeflochtene Filzmycelium nicht zuströmen 
könnte. Der nachstehende sehr einfache Versuch beweiset, daß das 
Aufhören der Baeterien-Vermehrung in ähnliehen Fällen nicht vom 
Mangel des Sauerstoffes der Luft abhängt. Wenn zur Vermehrung 
der Baeterien erstens in der That der freie Zutritt der Luft noth- 
wendig ist, und zweitens das auf der Oberfläche der Flüssigkeit sich 
bildende Filzmycelium wirklich das Zuströmen des Sauerstoffes 
hindert, so kommt es darauf an, das Mycelium von der Flüssigkeit 
zu entfernen, worauf die Bacterien-Vermehrung abermals vor sich 
gehen müßte. 

Ich nahm einen Glaseylinder, füllte ihn mit Past. Flüssig- 
keit, und ließ ihn offen stehen. Mit der Entwicklung des Filz- 
myceliums auf der Oberfläche bildete sich allmäblig am Boden des 
Cylinders ein Niederschlag, die Flüssigkeit wird nach und nach 
durehsichtiger, die Vermehrung der Bacterien hört ganz auf. Ich 
entfernte nun das Filzmycelium von der Oberfläche; die Flüssigkeit 
kommt wieder in unmittelbare Berührung mit der Luft, und unge- 
achtet dessen erneuert sich in der Flüssigkeit die Bacterien-Ver- 
mehrung nimmermehr; die Flüssigkeit bleibt vollkommen in dem- 
selben Zustande, wie wenn das Filzmycelium auf ihrer Oberfläche 
sich noch befände. Diese Erscheinung kann man viel einfacher 
erklären. Indem sich das Filzmycelium auf der Oberfläche der 
Flüssigkeit ausbreitet, verbraucht es rasch die in derselben aufge- 
lösten Stoffe — Ammoniak, Salze und Zucker — so zwar, daß nach 
Herabnahme des Filzmyceliums im Cylinder fast nur reines Wasser 


‘58 Polotebnow. 


verbleibt. 1). Daß endlich die Bacterien zu ihrer Vermehrung des 
freien Zutrittes der atmosphärischen Luft nicht bedürfen, folgt. 
deutlich aus den obenbeschriebenen Versuchen mit Penicillium- 
Sporen in verkitteten Röhren. Bei diesen Versuchen war das Volumen 
der Luft im Vergleiche zum Volumen der Flüssigkeit ein höchst un- 
bedeutendes; hierbei entwickelte sich stets ein Filzmycelium in einem 
der Luftblase gleichen Raume; der Luftzutritt war unmöglich; 
und- dennoch ging unter allen diesen Umständen die Baecterien-Ver- 
mehrung äußerst rasch und intensiv vor sich. 

Aus den angeführten Versuchen muß man schließen, daß erstens 
die Menge des der Versuchs-Flüssigkeit absorbirt enthaltenen Sauer- 
stoffes der Luft zur Baeterien-Vermehrung hinreichend ist (falls nur 
überhaupt der Sauerstoff hierzu nothwendig ist, was noch keines- 
wegs durch directe Versuche erwiesen wurde), und zweitens daß, 
wenn es bei unmittelbarer mikroskopischen Beobachtung nicht ge- 
lingt eine Vermehrung der Baecterien wahrzunehmen, dieß auf ihre 
Unfähigkeit zur Vermehrung hinweiset. 

Professor Hoffmann sucht die Vermehrungsfähigkeit in den 
Bacterien durch folgende positive Versuche zu beweisen: Vor allem 
theilt er die Bacterien in lebende und todte ein. Die ersteren 
unterscheiden sich von den letzteren durch die Fähigkeit einer soge- 
nannten „selbstständigen, willkürlichen Bewegung“, an den letzteren 
bemerkt man nur die sogenannte „Moleeular-Bewegung“, oder gar 
keine. (Charakteristik der selbstständigen Bewegung siehe Bot. Ztg. 
1863, S. 304; 1869, S. 239—240). Indem er auf diese Weise die 
sogenannte selbständige Bewegung für ein unbedingtes Merkmal der 
Lebendigkeit der Bacterien hält, will er auf dieses Merkmal die 
Beweiskraft seiner Versuche basiren, und trachtet zu beweisen, daß 
die Baeterien fähig sind, den Siedepunkt zu überleben und sich zu 
vermehren. Zu seinen Versuchen nahm Professor Hoffmann in eine 
Reactiv-Röhre etwa 1/; eines Theelöffels voll Jauche (aus Fleisch 


1) Schon Dujardin (l. ce. p. 172—173) bemerkte, daß mit der Entwickelung der 
Vibrionen das bei gegebene Ammoniak aus der Flüssigkeit verschwindet; Pasteur 
(Compt. rend. T. XLVII 1859, p. 1011) hat das Verschwinden des beigegebenen 
Ammoniaks bei Vermehrung der Hefe nachgewiesen. Dasselbe hat auch A. Mayer 
(Unters. üb. alkoh. Gähr. ete. Heidelberg, 1869) bezüglich des Anımoniak, der 


Salze und anderer Stoffe nachgewiesen. 


Über den Ursprung und die Vermehrung der Bacterien. 759 


entstanden), mischte dieselbe mit der doppelten Quantität Brunnen- 
wasser, und verschloß die Röhre mit Watte. Jede von den auf diese 
Weise hergerichteten Röhren wurde verschiedene Zeit lang — von 
1/; Minute bis 3 Stunden — gekocht. Nach dem Sieden wurde die 
Flüssigkeit in den verschiedenen Röhren unter dem Mikroskope zu 
verschiedenen Zeiten der Untersuchung unterzogen. So hat er z. B. 
11 eine Minute lang der Siedehilze ausgesetzt gewesene Röhren 
untersucht, und zwar die erste 20 Minuten nach dem Kochen und 
die übrigen nach 1,2, 3,4,5,6 und 17 Tagen. Hierbei fand er 
lebende Bacterien nur in zwei Röhren, nämlich in den beiden, 
welche am vierten Tage nach dem Kochen untersucht wurden. In 
allen übrigen Röhren war kein einziges lebendes Baeterium zu finden. 
Den Umstand, daß lebende Bacterien erst nach einer bestimmten 
Zeit, und nicht gleich (?) nach dem Kochen zum Vorschein kommen, 
erklärt Hoffmann als „Folge einer vorübergehenden Erstarrung 
durch die Hitze, als eine Art Scheintod oder Wärmestarre, dureh 
vorübergehende Lethargie. ..“ Sobald nun einige Baeterien aus der 
Lethargie erwachen, wozu allerdings Zeit erfordert wird, beginnt 
sie die Nachkommenschaft zu entwickeln. Nach Aufstellung dieser 
Theorie nimmt Hoffmann an, .daß „die große Mehrzahl der wieder- 
gefundenen (nach dem Kochen) lebenden Baecterien als ein neuer 
Stock betrachtet werden muß, als eine Progenies, die von einer 
geringen Zahl solcher Individuen abstammt, welche durch individuelle 
Verhältnisse begünstigt, jene Hitzekatastrophe lebend überstanden 
haben“. (Bot. Ztg. 1863.) 

Bezüglich dieser Versuche möchte ich hier nur das bemer- 
ken, daß mir die Annahme, die Mehrzahl der wiedergefundenen 
lebenden Baeterien müsse für eine neue Generation gehalten wer- 
den, unberechtigt erscheint. Denn gibt man einmal zu, daß eine 
bestimmte Anzahl Bacterien fähig ist vom Scheintod, Lethargie 
u. s. w. sich zu erholen, so muß man ganz mit demselben Rechte 
zugeben, daß zu einer solchen Erholung auch Millionen fähig 
sind, und daß folgerichtig alle wiedergefundenen lebenden Bacterien 
nicht eine neue Generation bilden, sondern allmählig auferstandene 
ältere Individuen sind. Diese Auffassung ist um so berechtigter, als 
es ganz unmöglich ist, morphologiseh die junge Generation der Bac- 
terien von der alten irgendwie zu unterscheiden. Wenn man weiters 
auch zugeben würde, daß diese oder jene Art Bewegung wirklich 


760 Polotebnow 


als Merkmal des Lebens oder des Todes dienen kann, könnten auch 
dann die Versuche Hoffmann’s nur als Beweis dafür dienen, daß 
die Bacterien den Einfluß dieser oder jener Temperatur zu überleben 
im Stande sind; auf keinen Fall können sie aber ihre Vermehrungs- 
fähigkeit beweisen. In der That kann aber weder die eine noch die 
andere Bewegung ein Merkmal des Lebens oder des Todes der Bac- 
terien abgeben. Perty (l. ce.) machte zuerst, so viel ich weiß, auf 
den Umstand aufmerksam, daß zugleich neben den sich bewegenden 
Vibrionen gewöhnlich auch solche ohne alle Bewegung beobachtet 
werden, wobei die Bewegungslosigkeit, nach Perty, keinesweges 
das Absterben anzeigt. Hoffmann selbst hat diese Beobachtungen 
Perty’s vollständig erhärtet. „Die Bacterien kommen sämmtlich“, 
sagt Hoffmann, „in zwei Zuständen vor, nämlich entweder activ 
beweglich, oder ruhend. Der letztere Zustand ist ebenso häufig, wie 
der erstere, und gestattet nicht, ohne weiteres anzu- 
nehmen, daß das Leben aus ihnen entwichen sei. Man 
beobachtet häufig große Colonien in voller Vitalität, in deutlichem 
Zuwachs und Vermehrung begriffen, welche ohne Ausnahme be- 
wegungslos sind“. (Bot. Ztg. 1869, S. 236.) „Die verzweigten Bac- 
terien sind niemals beweglich“ (]. e. S. 256)... „Dieselben Bac- 
terien sind einmal beweglich, einmal ruhend, oder in umgekehrter 
Ordnung, — je nach den Umständen“ (l. ce. S. 322). Es ist also 
ganz klar, daß die Bewegung der Bacterien nicht die geringste Mög- 
lichkeit bietet, um daraus auf die Vermehrung, ja sogar auf das 
Leben derselben einen Schluß ziehen zu können. 

Endlich führt Prof. Hoffmann noch folgenden Versuch an, 
um die Vermehrungsfähigkeit der Bacterien zu beweisen. „Cultivirt 
man Baeterien aus Flüssigkeiten dureh Übertragung auf feuchte 
Substrate, also nicht eigentlich naß, z. B. auf einem ange- 
kochten Kartoffelstüekehen, so tritt die neue Colonie nach einigen 
Tagen bis Wochen in Form eines sehr zähen, mit der Nadel kaum 
zereissenden Gallertschleims auf.... Diese Masse besteht aus 
(überwiegend) isolirten Mikrobaeterien, aus 6—10 gliederigen Bac- 
terienketten und aus Monas Crepusculum. .. Mit dem allmähligen Aus- 
trocknen des Substrates ist die Vegetation dieser Organismen noch 
nieht abgeschlossen. Vielmehr besitzen dieselben auch noch eine 
Luft-Vegetationsform..... Die Oberfläche des Substrates ist 
jetzt mit einem rein weißen, sammetartigen Filz von /; Mm. Höhe 


Über den Ursprung und die Vermehrung der Bacterien. 161 


bedeckt, welcher das Ansehen eines äußerst kurzen Myceliums hat. 
Dieses besteht ganz aus vielgliederigen Ketten von Monas crepus- 
culum, Bacterium termo und Übergangsformen zwischen 
beiden“! (l. e. S. 252—253). Daß es sich in dem angeführten 
Versuche um eine thatsächliche Vermehrung der Bacterien handelt, 
dieß kann nicht dem geringsten Zweifel unterliegen; jedoch kann 
nichts desto weniger dieser Versuch nieht mehr als der vorherge- 
hende (mit dem Kochen), beweisen, daß die neue Generation ihre 
Entstehung eben den Baeterien zu verdanken habe. Im Gegentheil, 
da bei diesen Versuchen die kleinsten Zellen und die sich daraus 
bildenden Ketten (sogenannte Monas cerepusculum) nicht ausge- 
schlossen waren, und da Hoffmann selbst den unmittelbaren Über- 
gang dieser Zellen in Bacterien constatirt, so können diese Versuche 
nur als Bestätigung meiner Beobachtungen dienen, nämlich: daß 
sich Baeterien unmittelbar aus kleinsten (von Penicil- 
lium-Sporen abgeschnürten) Zellen entwickeln (®. o.). 

Zur Lösung der Frage, ob die Bacterien fähig seien Nach- 
kommenschaft zu erzeugen, ist es nothwendig, daß man erstens nur 
mit vollständig entwickelten Baeterien experimentire, ohne die 
geringste Beimischung jener Elemente, aus denen sich jene entwickeln 
(Sporen und die aus ihnen sich entwickelten kleinsten Zellen, sei es 
in Gestalt von freien Zellen oder Ketten), und zweitens, da man 
eine junge Generation Bacterien von der alten weder durch die Art 
der Bewegung, noch durch irgend andere morphologische Kenn- 
zeichen unterscheiden kann; muß man als unzweifelhafte Merkmale 
der Vermehrung nur solche Erscheinungen betrachten, welche sogar 
mit unbewaffnetem Auge constatirt werden können, wie die Bildung 
eines bemerkbaren Niederschlages am Boden der Röhre, und die 
Bildung der Trübung in der Flüssigkeit, in welcher die Vermehrung 
vor sich geht. 

Unter gewöhnlichen Umständen ist es unmöglich, Baeterien 
ohne Beimischung von kleinsten Zellen zu bekommen, aus welchem 
Medium man sie nehmen möge, sei es aus einer Flüssigkeit, oder 
einem festen Substrat (Apfelsine, Citrone u. s. w.) möge das 
letztere in einem nassen oder ganz trockenen Zustande sein. Hin- 
gegen erhält man bei Versuchen mit Erwärmung der Penicillium- 
Sporen, nach Verlauf einer bestimmten Zeit (s. 0.) in der Flüssig- 
keit nur Bacterien ohne die geringste Beimisehung von Elementen, 


762 Polotebnow. 


welche fähig sind in Baeterien überzugehen. Die bei dergleichen 
Fällen vorkommende größere oder geringere Menge von Sporen und 
kleinsten Zellen im Niederschlag gehört zu jenen, welche nicht im 
Stande waren, die Einwirkung der Erwärmung zu überleben, und 
welche demnach allmählig in Moleeulardetritus übergehen. Wenn man 
z.. B., aus einer Flüssigkeit, in welcher Penieillium-Sporen 10 Minuten 
lang bei 80° C. erwärmt wurden, nachdem der Vermehrungs-Proceß 
der Baeterien in derselben schon zu Ende war (d. i. wo die Trübung 
der Flüssigkeit sich bereits zu vermindern begann, und gleichzeitig 
am Boden der Röhre sich ein Niederschlag zu bilden anfing), wenn 
man in dieser Zeit, oder noch später aus der Flüssigkeit 2—3 Tropfen 
nimmt, welche eine zahllose Menge Baeterien enthalten, und dieselben 
einer frischen Past. Flüssigkeit zusetzt (welche früher 5 Minuten 
über der Lampe gekocht und unter Watteverschluß abgekühlt 
wurde) und gleich nach der Zufügung der Bacterien die Röhre mit 
Watte fest verschließt, so ist es unmöglich, in einer solchen Flüssig- 
keit auch nur die mindeste Spur von Baeterien-Vermehrung zu be- 
merken, man möge die Flüssigkeit noch solange beobachten. Dage- 
gen, wenn man denselben Versuch mit zwei Tropfen anstellt, welche 
einer anderen Röhre entnommen sind, die dem Kochen nicht unter- 
worfen war, und worin sich mit Baeterien zugleich aueh eine große 
Menge von kleinsten Zellen befindet, so wird die Flüssigkeit (in 
welche man diese zwei Tropfen hineingegeben hat) nach zwei Tagen 
trübe bis zur Undurchsichtigkeit, bei gleichzeitiger intensiver Ver- 
mehrung der Bacterien. Wenn man nun bei diesem Versuche, nach 
Zusetzung der 2 Tropfen, die Flüssigkeit 1/, Stunde lang bei 70° 
oder 80° C. erwärmt, so erfolgt die Vermehrung am 12. bis 14. Tage 
nach erfolgter Erwärmung. Wenn man dagegen bei dergleichen Ver- 
suchen die Flüssigkeit, nach Zusetzung der Bacterien, über der Lampe 
3—5 Minuten lang kocht, so erfolgt in derselben nicht die geringste 
Vermehrung der Bacterien, ebenso wie beim ersten Versuche. 

Auf diese Weise trat in dem ersten Versuche, bei Vorhandensein 
von Bacterien allein, auch keine Spur von Vermehrung derselben 
ein; dagegen entstand im 2. und 3. Versuche, wo neben Bacterien auch 
kleinste Zellen vorhanden waren, eine ungeheure Vermehrung von 
Bacterien. Es kam nur darauf an (4. Versuch) die kleinsten Zellen 
durch Kochen abzutödten, und die Vermehrung wurde, wie beim 
1. Versuche, unmöglich. 


Über den Ursprung und die Vermehrung der Bacterien. 163 


Aus dem in diesem Capitel :gesagten folgt daher, daß bis jetzt 
keine einzige direete Beobachtung, kein einziger Versuch vorliegt, - 
welche zu der Annahme berechtigen würde: daß die Bacterien einer 
Vermehrung fähig seien. Es nöthigen vielmehr sowohl die directe 
Beobachtung unter dem Mikroskop, als auch die eben angeführten 
Versuche zu der Annahme, daß sowohl die Entstehung als 
auch die Vermehrung der Bacterien nurim Wegeihrer 
unmittelbaren Entwicklung aus den oben näher be- 
schriebenen kleinsten und Myceliumszellen möglich, 
und daß das einmal zur Entwicklung gelangte Bacte- 
rium einer weiteren Vermehrung nicht fähig ist. 


Es erscheinen demnach die Bacterien jene Entwiceklungsformen 
der Penieillium-Sporen (und ähnlicher Sporen) zu sein, durch welehe 
die letzteren unter gewissen äußeren Verhältnissen zu Grunde gehen. 


764 


Ein insulärer Schaltknochen im Seitenwandbein. 


Von dem w. M. Prof. Hyrtl. 


(Mit 1 Tafel.) 


Fontanellen, welehe nieht an den Kreuzungsstellen der Schä- 
delnähte, sondern in der Area der Schädelknochen selbst vorkommen, 
nenne ich insulär. Sie finden sich regelmäßig an hydrocephali- 
schen Kindersehädeln, symmetrisch oder unsymmetrisch, in allen mög- 
lichen Variationen von Größe, Form und Zahl. Auch bei mangel- 
hafter Entwieklung der Schädelknochen, zeigen diese mehr weniger 
umfängliche Lücken, mit dem häutigen Verschluß gewöhnlicher Fon- 
tanellen. An allerlei Schädeln von Monstrositäten habe ich diese 
Löcher, besonders an den Knochen des Schädeldaches und in den 
unteren Gruben des Hinterhauptbeines, angetroffen. An sonst wohl- 
gebildeten Schädeln erwachsener Menschen wurden sie nur an den 
Seitenwandbeinen und an der Schuppe des Hinterhauptbeines (obere 
cerebrale Gruben derselben) gesehen. Man kennt nur wenige Bei- 
spiele dieser Art. Ein sehr merkwürdiger Fall, wo die Löcher am 
Seitenwandbein 8/,. Zoll Querdurchmesser, und ®/,, Zoll Längen- 
durchmesser hatten, während jenes an der Hinterhauptschuppe 
1 Zoll Länge, und etwas mehr als !/, Zoll Breite zeigte, wurde vor 
Kurzem durch W. Turner) bekannt gemacht. Nach meinen Er- 
fahrungen sind die als Foramina parietalia praegrandia erwähn- 
ten, ungewöhnlieh großen Löcher auf einer oder auf beiden Seiten 
des hinteren Drittels der Pfeilnaht, wahre insuläre Fontanellen, und 
keine Abzugscanäle für Santorinische Emissarien 2). Insuläre Fontanel- 
len gehören auch zu den eonstanten Vorkommnissen an den für hydro- 


1) On some congenital deformities of the human cranium, Edinburgh, 1865, pag. 9. 
Fig. 2. 
2) Das größte Foramen parietale — man kann mit dem Finger durch —, befindet 


sich an einem Schädel der anatomischen Sammlung zu Cambridge. 


Ein insulärer Schaltknochen im Seitenwandbein. 765 


cephalisch gehaltenen Schädeln der von den Antillen nach Europa: 
verpflanzten Hunderage (King Charles). An drei solehen Schädeln, 
welche sich in meiner Sammlung befinden, zähle ich deren 8—14. 

Soll es zum knöchernen Verschluß dieser Lücken bei hydroce- 
phalischen Kinderschädeln kommen, so geht derselbe von den Rän- 
dern der insulären Fontanelle aus. Selbstständige Verknöcherungs- 
punkte werden nur selten in ihnen abgelagert, und auch diese ver- 
schmelzen, da sie nicht in der Mitte einer solehen Fontanelle, son- 
dern am Rande derselben niedergelegt werden, sehr bald mit diesem 
Rande. Die dadurch gegebene Verlängerung des Randes, welche, 
wenn zwei oder mehrere Verknöcherungspunkte in derselben Fonta- 
nelle sich einfinden, die rundliche Form derselben in eine mehrfach 
eingebuchtete umwandelt, beschleunigt wesentlich den knöchernen 
Verschluß der Fontanell-Lücke. 

Niemals hat man die Verknöcherungspunkte in insulären Fonta- 
nellen, wie jene in den wahren Fontanellen, sich zu selbstständigen 
überzähligen Schädelknochen entwickeln gesehen. Ich kenne kein 
Beispiel eines insulären Schaltknochens am Schädeldach. 

Deßhalb theile ich den vorliegenden Fall aus meiner Schädel- 
sammlung mit, welcher, wenn er sich auch nicht ganz und gar nach 
den Gesetzen richtet, welche für die an den vier Winkeln des Sei- 
tenwandbeines, oder ım Verlauf einer Sehädelnaht vorkommenden 
echten und wahren Schaltknochen gelten, diesen doch gewiß so 
nahe steht, daß er als ein insulärer Schaltknochen des Schädel- 
daches aufgefaßt werden kann. 

Der Fall betrifft den Schädel eines Baschi-Bozuk aus Turke- 

stan, orthocephalisch (Weleker) und in geringem Grade prognath, 
mit bedeutender Elevation der Pfeilnaht, von welcher die halbmond- 
förmige Schläfelinie nur 3/, Zoll weit entfernt ist. Der Mann war 
'vorgerückten Alters. Pfeil- und Lambdanaht gänzlich, Stirn- und 
Warzennaht bis auf Spuren verstrichen. Schuppennaht und sämmt- 
liche Nähte des großen Keilbeinflügels offen, erstere durch zahl- 
reiche, dreieckige, spitze Fortsätze am Rande der Schuppe, viel- 
zackig. 

Nahe am unteren Rande des rechten Seitenwandbeines, und 
zwar in der Mitte des sagittalen Durchmessers daselbst, liegt eine 
acht Linien lange und dritthalb Linien breite Knocheninsel, mit 


ihrem langen Durchmesser schief nach rück- und aufwärts gerichtet, 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 50 


7166 Hyrtl. 


wie die Zacken am Rande der Schläfeschuppe. Das untere Ende der- 
selben spitzig, das obere abgerundet. Die Entfernung des unteren 
Endes der Insel von der nächsten, ihr zustrebenden Zackenspitze der 
Schläfeschuppe, beträgt nur drei Linien. 

Am oberen abgerundeten Ende der Insel findet sich eine Öf- 
nung vor, groß genug, um eine dünne Sonde in der Richtung nach 
abwärts einführen zu können, und die Gegenwart eines Canals zu 
constatiren, welcher in derselben Richtung die Diplo& des Seiten- 
wandbeines durchsetzt, um an der inneren Oberfläche der Hirn- 
schale, mitten in der Sutura temporo-parietalis auszumünden. Daß 
der Canal ein Gefäßeanal ist, kann nicht bezweifelt werden, denn 
von seiner äußeren Öffnung an, liefen zwei bogenförmig gekrümmte 
Furchen aus, deren vordere, mit der halbmondförmigen Schläfelinie 
parallel, bis in die Kranznaht hineinreichte, während die hintere, 
kürzere, sich am Seitenwäandbein verlor, ohne die Lambdanaht zu 
treffen. Beide Furchen waren verästelt, wie die Sulei arteriosi an 
der inneren. Oberfläche des Seitenwandbeines. Canal und Furchen 
konnten nur einem ansehnlichen Ramus perforans !) der mittleren 
harten Hirnhaut-Arterie zum Verlaufe gedient haben. Doch zurück 
zu unserer Knocheninsel. 

Sie zeigte sich nicht durch zackige Nähte in das Seitenwand- 
bein eingefalzt, sondern stand mit dem Saume der von ihr ausge- 
füllten Lücke durch glatte Ränder in Verbindung. 

Sie federte beim Drucke, und konnte also nicht aus beiden 
Tafeln des Seitenwandbeines bestehen. Da die Knocheninsel am 
oberen abgerundeten Rande mehr federte, als am unteren spitzen 
Ende, vermuthete ich, daß sie vielmehr der Schläfeschuppe als dem 
Seitenwandbeine angehören müsse. Ich meißelte die zwischen der 
Insel und dem Schuppenrande des Schläfebeines befindliche Kno- 
chenbrücke weg, und da zeigte es sich denn, daß die Knocheninsel 
nur das breite spatelförmige Ende eines dünnen Fortsatzes des 
oberen Randes der Schläfeschuppe war, dessen schmaler Stiel durch 
die äußere Knochentafel des Seitenwandbeines brückenförmig über- 
lagert wurde, und dessen breites Ende einer in derselben Tafel be- 


1) Über das normale Vorkommen solcher perforirender Zweige der inneren Schädel- 
arterien, handelt mein Aufsatz: Über die Rami perforantes der Meningea media, 
in der österr. Zeitschrift für prakt. Heilkunde, 1859. Nr. 9. 


Ein insulärer Sehaltknochen im Seitenwandbein. ‘67 


findliehen Substanzlücke zur Ausfüllung diente. Der früher erwähnte 
Knoehencanal zum Durchgang eines Ramus perforans der mittleren 
Hirnhautarterie hatte diesen Fortsatz zu seiner äußeren Wand, — 
die innere war Diploögewebe. 

Bei früherer Gelegenheit habe ich erwähnt, daß, wo die Rän- 
der zweier Schädelknochen sich so übereinander schieben, dal von 
der äußeren Tafel des einen, die innere des anderen überlagert wird, 
die aufliegende Knochentafel ein Loch zeigen könne, welches durch 
eine, auf der unterliegenden Tafel des anderen Knochens auftauchende 
Insel von compaeter Knochensubstanz ausgefüllt wird, und dadurch 
der oberflächlichen Besichtigung ein Bild vorliegt, als habe man es mit 
einem Schaltknochen in der aufliegenden Knochentafel zu thun, auf 
welchen Gedanken man um so leichter verfällt, als diese festsitzenden 
Ausfüllungsinseln, in gewissen Nähten mit Überlagerung der Kno- 
chenränder, z. B. in der Naht zwischen dem Schwertflügel des Keil- 
beines und dem Orbitalstück des Stirnbeines, eine ganz stattliche 
Größe haben können !). Sie stellen dann die höchste Stufe dar, zu 
welcher es die von Schultz?) beschriebenen, sogenannten Stifte, 
mittelst welcher die unterliegende Knochentafel in Löcher der auf- 
liegenden eingreift (Stiftnaht), bringen können. 

Unser insulärer Schaltknochen gehört nun offenbar nicht in die 
Kategorie der falschen Schaltknochen, da eine Verlängerung der 
äußeren Tafel der Schläfesehuppe, in einer Lücke der äußeren 
Tafel des Seitenwandbeines eingerahmt wird. Er kann aber immer- 
hin als ein Fontanellknochen in der äußeren Tafel des Seitenwand- 
beines gelten, da er den partiellen Mangel derselben ausgleicht, und 
der Form nach einem gewöhnlichen Fontanellknochen gleicht. Das 
Sonderbare an ihm ist nur, daß der aufliegende Knochen (Schläfe- 
schuppe) einen Fortsatz,unter die äußere Tafel des angrenzenden 
Knochens einschiebt, und, bis zur Lücke der äußeren Tafel des Sei- 
tenwandbeines hin, in der erwähnten Brücke, zwei äußere Knochen- 
tafeln übereinander zu liegen kommen, welches Verhältniß genü- 
gend zu erklären, es an allen osteogenetischen Anhaltspunkten ge- 
bricht. 


1) Hyrtl, über wahre und falsche Schaltknochen in der Pars orbitäria des Stirnbeins, 
in den Sitzungsberichten der kais. Akad. 1861. 
2) Über den Bau der normalen Menschenschädel. Petersburg, 1852, pag. 9. 


50* 


168 Hyrtl. Ein insulärer Schaltknochen im Seitenwandbein. 


Am linken Seitenwandbein fehlt die Insel. Aber ein nicht ganz 
5/, Zoll langer, zungenförmiger, an der Basis breiter, und spitzig 
zulaufender Fortsatz des Schuppenrandes des Schläfebeines, schiebt 
sich in eine ebenso lange Furche der äußeren Tafel des Seitenwand- 
beines ein, bis in die Nähe des kaum angedeuteten Tuber parietale. 
Er bedeckt ebenfalls eine Gefäßfurche des letzteren Knochens, und 
schließt sie zu einem Canal, von dessen äußerer Endöffnung diesel- 
ben bogenförmig gekrümmten Sulci auslaufen, wie an der rechten 
Seite. 
Ich habe diesen langen, dreieckigen und spitzigen Fortsatz der 
Sehuppe unter 1500 Schädeln meiner Sammlung, nur einmal noch 
wiedergesehen, und zwar linkerseits an dem Schädel eines Hindoo- 
Weibes. Ort seines Vorkommen, Gestalt und Richtung des Fortsatzes, 
sind dieselben, wie an dem beschriebenen Türkenschädel; aber: 
seine Länge hat es nicht so weit gebracht. Sie beträgt nur 5 Linien. 
Über der Spitze des Fortsatzes mündet gleichfalls ein das Seiten- 
wandbein durehsetzender arterieller Gefäßeanal, von dessen Öffnung 
zwei verzweigte Furchen, in entgegengesetzter Richtung, sich über 
das Seitenwandbein ausbreiten. 

Von den beiden Abbildungen zeigt Fig. 1 die rechte, Fig. 2 
die linke Seitenwand des Schädels. In Fig. 1 ist « der insuläre 
Schaltknochen, 5 die schmale Brücke zwischen dem Schalt- 
knochen und dem dreieckigen Fortsatz am oberen Rande der Schläfe- 
beinschuppe, welcher unter die Brücke d sich einschiebt, um mit 
seinem breiter werdenden Ende in« wieder frei zu liegen; — dd die 
Gefäßfurchen für den Ramus perforans der Meningea media. 

In Fig. 2 ist « der spitzig zulaufende Fortsatz der Schläfe- 
schuppe, dessen oberes Ende abgebrochen wurde, um den von ihm 
bedeckten arteriellen Gefäßeanal 5 sichtbar zu machen. 


‚Hyrtl. Ein insulaerer Schaltknochen am Seitenwandbein. 
» IR 


Lıth.v.Dr. U. Hestzmann. A.0.Kk.K,Bol-u. Staatedı 


Sıtzungsbericht d.k.Akad.d.W. math.naturw. CL.LX. Ba. T. Abth.1869, 


SATT nt Sn 


769 


Ein präcorneales Gefäßnetz am Menschenauge. 
Von dem w. M. Prof. Hyrtl. 


(Mit 1 Tafel.) 


Es sind nun bald 40 Jahre, daß ein Wiener Anatom, Anton 
Römer, Professor an der med. chir. Josephs-Akademie, ein voll- 
kommen geschlossenes Capillargefäßnetz der Hornhaut durch Injec- 
tion darstellte, und eine Abbildung des vortreffliehen Präparates 
veröffentlichte !). Die zuführenden Gefäße dieses Netzes stammen 
aus der Arteria lacrymalis, palpebralis superior und inferior, 
so wie aus den Muskel- und Ciliararterien des Auges. Feinste Zweige 
der genannten Schlagadern vereinigen sich am Rande der Hornhaut 
zu einem Kranz, welcher vor dem Cireulus venosus liegt, und aus 
welchem zahlreiche Reiserchen gegen das Centrum der Hornhaut 
abgehen, sich während ihres Laufes dahin zwei- bis dreimal theilen, 
und, bevor sie den eigentlichen Mittelpunkt der Cornea erreichen, 
in die Substanz dieser Membran eindringen. So lauten die Worte 
Römer's. 

Ich habe das Präparat, welches sich in der anatomischen Samm- 
lung des Josephinums befindet, selbst untersucht, und gefunden, daß 
die in dem oben eitirten Aufsatz enthaltene Abbildung (Fig. 9), dem 
Objecte vollkommen entspricht. Das Auge war übrigens vollkommen 
gesund 2), und die Leiche, aus der es genommen wurde, ein zwei- 
monatliches Kind. 


1) Bemerkungen über die arteriellen Gefäße der Bindehaut, in A. v. Ammon’s 
Zeitschrift für Ophthalmologie, V. Bd. 1. Heit. pag. 21. Tab. 1. Fig. 9. u. Fig. 11. 
®) Diese Angabe erlaube ich mir zu bezweifeln. Das Auge kann bei oberflächlicher 
Besichtigung gesund geschienen haben. Das Gefäßnetz trägt aber den Charakter, 


wie er beim Pannus corneae mehrseitig beschrieben und abgebildet wurde. 


770 Hyrtl. 


Wohl haben viele Anatomen, welche sich mit Injeetionen der 
Augengefäße abgaben, ein Vordringen der Gefäße der Conjunetiva in 
den Rand der durchsichtigen Hornhaut hinein beobachtet und be- 
schrieben. Aber bis in die Nähe des Mittelpunktes der Cornea hin 
hat sie noch Niemand gelangen gesehen, und Römer’s Präparat 
steht als das einzige da, welches Kunde gibt von einem bis jetzt 
nicht erreichten Injectionserfolg. 

Man sieht sonst an gut injieirten Augen, die in den Rand der 
durchsichtigen Hornhaut hineinragenden Ausläufer der Bindehaut- 
gefäße wie abgeschnitten aufhören, und gab sich demgemäß der 
Vermuthung hin, daß sie sich in Vasa serosa fortsetzen, deren Fein- 
heit nur dem Blutplasma, nicht aber zugleich den Blutkörperchen 
Eintritt in sie erlaubt. Ich habe selbst mich anfangs dieser Ansicht 
angeschlossen, welche jedoch, da bei den überaus zahlreich gewor- 
denen mikroskopischen Arbeiten über das Gewebe der Hornhaut, 
diese Vasa serosa nie zur Anschauung !) gelangten, nicht mehr 
haltbar ist. Große Meister in der Injeetionskunst, wie Albin, Zinn, 
und Prochaska, haben Vasa serosa der Hornhaut nie zugestanden. 
Nur praktische Augenärzte halten noch auf sie, und, wie mir scheint, 
für die Conjunctiva scleroticae mit gutem Recht, da man bei Ver- 
letzungen der Cornea, bei Reizung derselben durch fremde Körper, 
welehe zwischen Lid und Cornea gelangten, plötzlich eine überra- 
schende Menge von blutführenden Gefäßen um die Hornhaut herum 
zum Vorschein kommen sieht, welche doch unmöglich in einem so 
kurzen, nur einige Minuten umfassenden Zeitraum, neu entstanden 
sein konnten. In die Hornhaut hinein erstrecken sich diese Gefälse 
nicht, während wirklich vorhandene Vasa serosa corneae ebenso 
blutig injieirt sein müßten, wie jene der Selerotica. Wenn man aber 
in kranken Hornhäuten Blutgefäße vorkommen sieht, dann sind diese 
unzweifelbare Neubildung. 

Gerlach hat nun auch gezeigt ?), daß die im Rande der Cor- 
nea sichtbaren, scheinbar blind endigenden Ausläufer injieirter Con- 


1) Nur von Pappenheim (Specielle Geweblehre des Auges, Breslau, 1842, pag. 6) 
wurden sie noch vertheidigt und abgebildet; ebenso von Coceius (Über die Er- 
nährungsweise der Hornhaut, Leipzig, 1852), welcher in Fig. 2, 3 und 4, Capillar- 
gefäßschlingen abbildet, von deren Scheiteln Serum führende Gefäßanfänge aus- 
gehen. 

2) Handbuch der Gewebslehre, pag. 186. 


Ein präcorneales Gefäßßnetz am Menschenauge. 171 


junetivagefäßße, bei glücklichen Injeetionserfolgen, schlingenförmig 
umbeugen, um in Venen überzugehen. Am Thier- und Menschenauge 
hat er diesen Übergang dargestellt, und an den scharfen Contouren 
der Blutgefäßschlingen, jede Spur feinerer, sich noch weiter in die 
Hornhaut hineinerstreckender Äste vermißt. 

Es würde mich viel zu weit führen, Alles zu wiederholen, was 
seit Hovius über die serösen und blutführenden Gefäße der Horn- 
haut gesagt und geglaubt wurde. Solche historische Zusammenstel- 
lungen zu geben verlohnt sich nicht der, Mühe, da mehr Unberufene 
als Berufene in der Sache mitgeredet haben. Auch ist diese Zusam- 
menstellung bereits von Coccius in umfassendster Weise gegeben 
worden. Ich habe hier nur vor, einen Fall von vollständiger Injection 
eines eornealen Gefäßnetzes bekannt zu machen, der einzige, der 
mir in meiner langen anatomischen Praxis vorgekommen, und der dem 
von Römer beschriebenen, hinsichtlich seiner Evidenz vollkommen 
ebenbürtig zur Seite steht, wenn er auch in Reichthum und Habitus 
des Gefäßnetzes mit ihm nicht ganz übereinstimmt. 

Es handelt sich um die beiden Augen eines Kindes, welehes un- 
gefähr acht Tage nach der Geburt an Pneumonie starb. Der Zustand 
der Nabelarterien entsprach diesem Alter. Die Augen schienen mir 
vollkommen gesund zu sein. Die mikroskopische Gefäßinjeetion 
des Kopfes machte an denselben ein vollständig gefülltes, über die 
ganze Hornhaut ausgebreitetes Gefäßnetz sichtbar. Sein Zusammen- 
hang mit den Blutgefäßen der Conjunctiva scleroticae zeigte, daß es 
nur der oberflächlichsten Schichte der Cornea angehören konnte. 
Das Epithel der Hornhaut wurde, unter Anwendung von Ätzkalilauge, 
abgepinselt. Wiederholtes Streifen mit dem Pinsel brachte nun die 
Stämmehen des Netzes etwas in Unordnung, zum Beweise, daß das 
Gefäßnetz nicht in der Substanz der Hornhaut, sondern auf ihr 
gelegen war. | 

Nun wurde die Umschlagsstelle der Augenliderbindehaut auf den 
Bulbus ringsum durchgeschnitten, der Bulbus exstirpirt, seine vordere 
Hälfte abgetragen, Choroidea und Iris aus ihr entfernt, und durch 
Radiärschnitte in die Sclerotica, welche die Conjunctiva scleroticae 
unversehrt ließen, auf einer Glasplatte ausgebreitet, und getrocknet. 

Es zeigte sich deutlich und scharf, daß das präcorneale Gefäßnetz 
sowohl durch die Blutgefäße der Conjunctiva scleroticae, als durch 
feinste Verlängerungen der Arteriae ciliares posticae longae, wel- 


772 Hyrtl. 


che erst am Cornealrande aus der Selerotica auftauchten, gespeist 
wurde. Die Richtung dieser Gefäße blieb bis zum Hornhautrand eine 
radiäre. Kurz vor dem Rande vereinigten sie sieh alle, durch plötzli- 
ches Zerfallen in feinste Reiserchen, zu einem kleinmaschigen Ge- 
flecht, dessen Breite jener des Annulus conjunctivae entsprieht. Aus 
dem Geflechte traten nun wieder Zweigchen hervor, welche sich über 
die Cornea radiär verbreiteten, und durch zahlreiche, unter einander 
anastomosirende Verästlungen ein Netz mit sehr unregelmäßigen, 
eckigen und rundlichen Maschen erzeugten, dessen Charakter sich 
aus der Ansicht der Abbildung besser entnehmen läßt, als er durch 
Worte ausgedrückt werden kann.- 

Das präcorneale Gefäßnetz hing aber nicht blos mit den zufüh- 
renden Arterien, welche der Conjunetiva angehören, zusammen, son- 
dern eommunieirte auch mit einem ableitenden venösen Gefäß, wel- 
ches in Form eines nach oben offenen Kreises, im Annulus conjunc- 
tivae lagerte, und nach unten sich in eine größere Vene fortsetzte, 
die in eine Vene der Conjunetiva einmündete. Dieses venöse Bogen- 
gefäß war von den Arterien aus vollständig gefüllt bis zur Einmün- 
dung in die größere Conjunctivavene, wo die Injeetionsmasse nicht 
mehr weiter vordrang, wohl aber die Füllung der Vene mit dem 
aus dem Corneacapillaren in sie zurückgedrängte Blut, es nicht 
bezweifeln ließ, das eine Vene, nicht eine zuführende Arterie vor- 
liegt. 

Die Ansicht der Abbildung zeigt varieöse Erweiterungen an 
den zuführenden Gefäßen des präcornealen Netzes, und im Netze 
selbst. 

Vergleicht man diese Abbildung mit der von Römer gegebenen, 
so ergibt sich ein doppelter Unterschied beider. In der Römer'schen 
‚Figur verlaufen die sehr zahlreiehen Hornhautgefäße centripetal, und 
die von ihnen gebildeten Netze zeigen, besonders gegen den Mittelpunkt 
der Hornhaut hin, sehr schmale aber lange Maschenräume, welche 
der Richtung der Hornhautradien entsprechen. Im unserem Falle 
dagegen ist die Zahl der eentripetal verlaufenden Hornhautgefäße 
nicht so groß (9), und die Maschen des Netzes zeigen in Größe und 
Form keine gesetzmäßige Anordnung. Zweitens erreichen im Römer'- 
schen Präparate die centripetalen Hornhautgefäße den Mittelpunkt 
der Cornea nicht. Dieser ist gefäßlos, weil, wie Römer angibt, die 
Gefäße schon früher in die Tiefe der Cornea, also in die Substanz 


Ein präcorneales Gefäßnetz am Menschenauge. 113 


derselben eindringen. An unserem Object, dagegen erscheint das Cen- 
trum der Cornea ebenso gefäßreich wie die ganze übrige Fläche 
dieser Membran, ein Eindringen von Ästchen des Netzes in die Tiefe 
der Cornea kommt nirgends vor, und die maschenbildenden Cefäße 
bleiben von Anfang bis zu Ende in derselben oberflächlichen Ebene. 

Daß es sich nun in meinem Falle um wirkliche Blutgefäße der 
Hornhaut handle, dafür spricht der unläugbare Zusammenhang des 
Netzes mit zuführenden Arterien und ableitenden Venen der Conjunc- 
tiva. Die Elemente des Netzes sind zugleich so stark, daß sie als 
Bahnen für rothes Blut, nicht blos für farbloses Plasma funetioniren 
mußten (die feinsten eapillaren Verbindungszweige der einzelnen 
radıären Stämmcehen vielleicht ausgenommen). Daß, vor der Injection, 
die Gegenwart des Netzes unbachtet blieb, erklärt sich wohl aus der 
flüchtigen Besichtigung des Auges, welche auf ein so unerwar- 
tetes Vorkommen nicht in Vorhinein achtet. 

An einen pathologisehen Ursprung des präcornealen Gefäßnetzes 
zu denken, ist unzuläßlich. Blennorrhoe oder Corneageschwür, mit 
welchen die Existenz der Hornhautgefäße, als Neubildung, in Zusam- 
menhang stehen könnte, hätte auch der flüchtigsten Besichtigung des 
Auges vor der Einspritzung nicht entgehen können. Neugebildete 
Gefäße, mit solcher Regelmäßigkeit und Schärfe ihrer netzförmigen 
Anastomosen, überdies noch auf einer hellen, nicht getrübten, oder 
durch Exsudat verdiekten Cornea, hat man noch nie gesehen. Sie 
brauchen auch zu ihrer Entstehung längere Zeit, als acht Lebens- 
tage, und treten, wie ich es gesehen zu haben mich erinnere, nur 
stellenweise als Bündel weniger Stämmchen auf, welche nie auf hellem 
Grunde, sondern immer in getrübten und undurchsichtig gewordenen 
Partien der Hornhaut, gegen das Centrum derselben hinstreben. 
Auch sind sie dann parenchymatös, und nicht praecorneal. 

Um Vasa serosa kann es sich gewiß nicht handeln, da. der 
Durchmesser derselben für solche Deutung viel zu groß ist. Lymph- 
gefäße müssen ebenfalls ausgeschlossen werden, da sie nur am Rande 
der Hornhaut von Arnold und Teichmann angegeben werden. 
Was man aber durch Anstechen der Cornea von der Selerotica her, 
und Injection der Cornea vom Sticheanal 1) aus, für Bilder von Inter- 


1) Mit einer Staarnadel, die zugleich Canüle ist, läßt sich von der Selerotica aus 


ein Weg in die Hornhaut finden, desseu Ende in der Hornhaut, durch hebelartige 


Une Hyrtl. 


lamellarlücken erhält, ist himmelweit verschieden von dem, was hier 
vorliegt. 

Die oberflächliche Lage des Netzes, und sein deutlicher Zusam- 
menhang mit den Blutgefäßen der Conjunctiva, ließen vermuthen, 
daß es sich hier um ein Gebilde handle, dessen Existenz an gewisse 
embryonale Zustände des Auges gebunden ist, und aus diesen sich 
ableiten und erklären läßt. Ich habe Injeetionen sehr junger Schaf- 
und Schweinembryonen vorgenommen, im Beginne der Entstehung 
der Augenlider, also in einer Zeit, wo das Integument die vordere 
Fläche des Augapfels deckt. Das war in der That keine leichte Arbeit. 

Obwohl die Aorta an solehen Embryonen schon so viel Ka- 
liber hat, daß man feine Injeetionsröhrehen in dieses Gefäß ein- 
führen kann, so ist doch die Befestigung solcher Röhren im 
Gefäß eine sehr mißliche Sache. Selbst weiche und aufgedrehte 
Ligaturfäden drücken und quetschen die außerordentlich weiche Ge- 
fäßwand der Art, daß der Injeetionsdruck, selbst bei der größten Vor- 
sicht, die mürbe Wand der Aorta sprengt. Ich habe, bei aller Aceu- 
ratesse des Vorgehens, nichts als Extravasate an der Aortenwurzel 
erhalten, und versuchte defhalb die Injeetion durch die Nabelvene 
mit feinster Äther- und Weingeistmasse. Hier aber stört ein anderer 
Übelstand den gehofften Erfolg. Die Injection treibt die ganze Biut- 
masse der Nabelvene, des Ductus Arantü, der unteren Hohlader, und 
des rechten Atrium vor sich her in’s linke Herz und in die Aorta. 
Gerinnsel dieses Blutes legen sich vor die Öffnungen abgehender 


Bewegung der Nadel, zu einer, der Corneafläche parallelen, oder auf ihr senk- 
rechten Höhle, nach Belieben erweitert, und mit Quecksilber, tropfbarer Injections- 
masse, oder Luft, gefüllt werden kann. Nach Entfernung der Nadelröhre, wird 
der Anfang des Sticheanals in der Selerotica mit einer Klammer geschlossen, und 
auf das mit Injectionsstoff gefüllte Ende des Sticheanales gedrückt. Sehr oft füllt 
sich gar nichts, und nur bei sehr verstärktem Druck, schießt die Injeetionsmasse 
nach einer oder anderer Richtung strahlig aus, und läßt allerdings Gänge und 
Lücken in der Cornea sichtbar werden, von denen man jedoch, bei der sehr 
unzarten Weise solcher Procedur, nicht glauben kann, daß sie einem vor der 
Injection existirenden plasmatischen Canalsystem der Hornhaut angehören, sondern 
vielmehr glauben muß, daß sie einer durch den Injeetionsdruck bewirkten gewalt- 
samen Trennung der Hornhautlamellen, und Vergrößerung ihrer interlamellaren 
Hohlräume ihre Enstehung verdanken. Bowman’s corneal tubes geben ebenfalls 
gegründeten Bedenken Raum, ob man es mit etwas Gegebenem oder künstlich 
Gebildetem zu thun hat. 


Ein präcorneales Gefäßnetz am Menschenauge. 175 


Äste der Aorta, und verstopfen sie theilweise oder ganz. Der Erfolg 
der Injection ist daher immer ein unvollständiger, und ein ganz be- 
friedigendes Resultat nieht zu erwarten. Aber wenn man die Injec- 
tionen oft genug wiederholt, werden auch die besseren Erfolge unter 
den unvollständigen, so viel entnehmen lassen, daß der präcorneale 
Hautüberzug des Auges, wie das übrige Integument, capillare Gefäß- 
maschen besitzt, welche sich zu einem, über die vordere Fläche des 
Augapfels ausgebreiteten Netz verbinden. Zwei oder drei zuführende 
Gefäße dieses Netzes laufen am äußeren und inneren Rande der 
Hornhaut quer gegen diesen hin, und setzen sich über die Cornea 
fort. Füllung mit Masse oder Blut macht ihren Zusammenhang mit 
dem Gefäßnetz auf der Hornhaut ersichtlich. Ein am unteren Rande 
der Cornea, aus dieser hervorkommendes venöses Gefäßchen, verräth 
sich durch seinen blutigen Inhalt als solches. Der Vergleich mehrerer 
Injeetionsresultate besserer Art stellt die Thatsache der Existenz 
eines präcornealen Gefäßnetzes im embryonischen Auge über alle 
Einsprache fest. 

Das Vorhandensein von Blutgefäßen in der Hornhaut des jungen 
embryonischen Auges, haben schon Joh. Müller und Henle erkannt. 
Henle spricht es entschieden aus: die Hornhaut des Embryo 
erhält von der Conjunctiva Gefäße. Gerlach hat in der 
Hornhaut von jungen Hunden, Katzen, und von einem 3 Zoll langen 
Schafembryo, ein großmaschiges Netz durch Injeetion dargestellt, 
und Professor Ibsen zeigte mir bei meinem Besuche des anatomi- 
schen Museums in Kopenhagen, das injieirte Auge eines etwa 4 Zoll 
langen Rindsembryo, an welchem radiäre Fortsetzungen der Con- 
junetivagefäße über die Cornea hin, mit freiem Auge zu sehen waren. 
Das präcorneale Gefäßßnetz des Embryo kann sich also auch auf 
fremde, sehr gewichtige Autoritäten stützen, und ich beanspruche 
für mich blos das Verdienst, nieht mit vereinzelten Erfolgen, sonderu 
mit einer Reihe sprechender Belege, für dasselbe einstehen zu können. 

Wenn nun der Integumentalüberzug des embryonischen Auges 
sich aufzuklären beginnt, und sich über der Cornea entweder bis 
zum Schwinden (wobei nur das Epithel verbleibt) rückbildet. oder 
mit der vorderen strueturlosen (elastischen) Schichte der Hornhaut 
sich identifieirt, kann es wohl vorkommen, daß das Blutgefäßnetz 
auf der Cornea sich abnormer Weise erhält, wie es auch bei der 
Membrana pupillaris geschehen kann und geschehen ist. Trifft man 


7716 Hyrtl. Ein präcorneales Gefäßnetz am Menschenauge. 


ja auch bei neugebornen reifen Kindern, so oft gefäßführende Reste 
der Pupillarmembran an. Die oberflächliche Lage des Netzes unter 
dem Epithel der Hornhaut, sein Zusammenhang mit den Gefäßen der 
Bindehaut, und die Seltenheit seines Vorkommes, wären hiemit besser 
erklärt, als durch die Annahme einer Neubildung, oder einer Bethei- 
ligung von Vasa serosa, welche ich niemals in der Hornhaut gese- 
hen habe. Wenn das Netz, bei normalem Verlauf seiner Rückbildung, 
schwindet, so werden die von der Conjunetiva aus über den Rand 
der Hornhaut 1/, — 1 Linie sich verlängernden Gefäße, als Yasa 
aberrantia den letzten Überrest dieses Netzes darstellen, sei es daß 
sie, wie gewisse Vasa aberrantia der Placenta, wirklich blind endi- 
gen, oder schlingenförmig in Venen umbeugen. Die Verschiedenheit 
der Form des Netzes in unserem und im Römer'schen Falle, läßt 
auf einen verschiedenen Ursprung, und verschiedene Natur derselben 
schließen. Vergleiche ich die Römer’sche Zeichnung, welche ich 
einer Copie (Fig. I) werth halte, mit der Abbildung von Coccius 
(Hornhautgefäße bei Iritis 1), und mit Fig. 49, auf Tab. V des Atlasses 
der pathologischen Histologie des Augapfels von €. Wedl, Leipzig, 
1861, so hatRömer es nicht mit einem embryonalen Gefäßnetz der 
Cornea, sondern mit einem Pannus zu thun gehabt. 

Ich habe noch zu erwähnen, daß die Injection des präcornealen 
Geläßnetzes auf beiden Augen gleich gut gelang, und die beigege- 
bene Abbildung Fig. II. das Netz des rechten Auges darstellt. 


!) Neugebildete, radiäre, sehr feine Hornhautgefäße, welche aber nicht an der 


vorderen, sondern an der hinteren Fläche der Cornea lagern. 


Hyril. Ein praecorneales befässnelz am Menschenauge. 


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Haıtzm 


Sitz undsbericht d.k. Akad. d.W math.naturw. CL.EX.Bd.TAbth.18 69, 


len Ü.K.R,Hol-U.Staatedruckere 


Anthraecit-Läager in Kärnthen. 
Von dem w. M. Dr. F. Unger. 


(Mit 3 Tafeln.) 


Im Laufe des heurigen Sommers (1869) wurden mir von dem 
Vorstande des National-Museums in Klagenfurt, Herrn L. Canaval, 
eine Kiste voll Pflanzenabdrücke mit dem Wunsche zugesendet, 
deren Bestimmung vorzunehmen. Die Abdrücke wurden von Herrn 
Prof. St. Höfer in jenem Gebirgszuge gesammelt, der sich zwischen 
dem Gail- und dem Canal-Thale in Kärnthen erstreckt, und zwar 
in folgenden Localitäten: 1. zwischen der Kron- und Zirkelalpe, 
2. am Vogelbach, 3. im Süden von Naßfeld, 4. im Weißenbach, 
5. in der Ofenalpe nächst der Hütte des Kovatsch, und 6. im Rothen- 
stein, von dessen oberer und unterer Etage die meisten Petrefacte 
herrühren. | 

Das Gestein, in welchem diese Einschlüsse vorkamen, ist ein 
graulichbrauner und ein schwarzgrauer oder blaulichgrauer glimmer- 
reicher sehr feinkörniger thoniger Schiefer. Die Abdrücke sind fast 
durchaus gut erhalten und wenn gleich nieht vollständig, doch in 
Bezug auf ihre kleinsten Theile so ausgezeichnet, daß ihre systema- 
tische Bestimmung keinen großen Schwierigkeiten unterlag. Freilich 
waren im Ganzen nur 74 Stücke übersendet worden, allein diese 
wenigen ließen dennoch ein ziemlich sicheres und charakteristisches 
Bild von der Beschaffenheit der in jenen Schichten begrabenen Flora 
erkennen, wobei mit Zuversicht zu erwarten steht, daß sich bei 
weiterer Ausbeutung noch ein viel bedeutenderer Pflanzenschatz 
ergeben wird. 

Herr Prof. Höfer hat mir überdies in Folge seiner geognosti- 
sehen Forschungen folgendes Schiehtenprofil mitgetheilt. Zu unterst 
befindet sich in dem bezeichneten Terraine der blaue Schiefer mit 
schönen Pflanzenabdrücken, welcher jedoch leieht zerfällt und sich 
daher nicht wohl in großen Stücken aufbewahren läßt. In diesem 


T18S Unger. 


untersten Schiefer kommen schon kleine Anthraeitlager vor. Über 
diesen Schiefer mit dem Einschlusse von Landpflanzen lagert ein 
anderer Schiefer, der nur marine Petrefacte als Productus, Spirifer, 
Trilobiten u. a. enthält. Auf diese beiden Lager kommen wieder 
blaugraue Schiefer mit ähnlichen Pflanzenabdrücken in sehr gutem 
Zustande, gleichfalls durchaus Landpflanzen, in deren Gesellschaft 
sich abermals schöne Anthraeitlager finden. Erst über diese ganze 
Schichtenfolge bemerkt man Lager von Kalk und Schiefer mit Ein- 
schlüssen von Crinoideen, Turbo, Spirifer und Pleurotomarienreste, 
worauf eine Foraminiferenschichte und abermals Kalk mit einge- 
lagerten Anthraeit folgt. Endlich über den ganzen Complex der 
vorgenannten Schichten folgen jene Kalke und Schiefer, welehe man 
füglich der Trias zuschreiben kann. 

Man sieht hieraus, daß man in den Pflanzenpetrefaeten höchst 
- wahrscheinlieh die Flora des Anthraeites, die, wie bekannt, sieh 
durehaus nicht von jener der Steinkohle unterscheidet, finden wird. 
Und in der That haben sich unter den übersendeten Abdrücken nur 
solehe gefunden, die man als jener Formation eigen bereits kennen 
gelernt hatte, mit Ausnahme einiger weniger anderen, welehe bisher 
noch nicht beschrieben sind. 

Im Ganzen zeigten sich 19 verschiedene Pflanzenarten, die zu 
drei oder vier Familien gehören, worunter die Familie der Farn mit 
10 Arten, d. i. mit mehr als der Hälfte der Arten repräsentirt ist. 

Wenn uns daher aus den wenigen vorliegenden Thatsachen 
ein Schluß auf die Bildung und Zusammensetzung der diese 
Petrefaete begleitenden Anthraeite erlaubt ist, so können wir die 
Farn als die wesentlichsten Theilhaber derselben annehmen. Zwar 
finden sich unter den Abdrücken auch Reste von Calamiten, und zwar 
von zwei Arten, deren Stämme sicherlich einigen Umfang gehabt 
haben, doch scheinen eben die hier vorkommenden Farn keineswegs 
zu den krautartigen, sondern ausschließlich zu den baumartigen 
Formen gehört zu haben, wie das namentlich auch durch zweierlei 
Arten von Farnstämmen hervorgeht, die sich selbst in Mehrzahl von 
-Abdrücken unter den übersendeten Petrefacten vorfinden. Übrigens 
ist es höchst auffallend, daß unter den vorliegenden Resten jede Spur 
von der in der Steinkohlenformation so allgemein verbreiteten Stig- 
maria fehlt, ein Verhältniß, das man geneigt ist, mit der geringen 
Mächtigkeit der Anthraeitlager im Allgemeinen in Zusammenhang zu 


Anthracit-Lager in Kärnthen. 7179 


bringen, indem die außerordentliche Häufigkeit dieses Fossiles in 
der Steinkohle, wohl wahrscheinlich zur größeren Mächtigkeit jener 
Lager am meisten beigetragen haben mag. 

Noch sind die Acten über jene merkwürdige in der urweltlichen 
Vegetation eine so bedeutende Rolle spielenden Pflanze keineswegs 
geschlossen, und wenn auch gegenwärtig vielleicht die Mehrzahl der 
Paläontologen der Ansicht huldiget, in ihr nur die Wurzeln der 
Sigillarien zu erkennen, so muß ich aus morphologischen sowohl als 
aus anatomischen Gründen bei meiner früheren Behauptung ver- 
harren, daß nämlich zwischen den genannten Pflanzen keine unmittel- 
bare thatsächliche, sondern nur eine scheinbare Zusammengehörigkeit 
stattfindet 1). 

Was namentlich die Sigillarien betrifft, die hiebei zunächst 
betheiliget sind, so sind die folgenden Untersuchungen, welche über 
die Natur derselben einiges Licht verbreiten, recht wohl geeignet, an 
der monströsen Ansicht, wie sie namentlich in den neuesten Werken 
bildlich dargelegt werden, gegründete Zweifel zu hegen. 

Ist ein Theil der Arten jenes von A. Brongniart fesgestellten 
Geschlechtes bereits als Farnstämme zweifellos anerkannt, go wird 
das hoffentlich mit jenen Arten, die sich durch den Mangel an paral- 
lelen Längsfurchen von den baumartigen Farnstämmen wenig unter- 
scheiden, ebenfalls in kurzer Zeit erfolgen. Einen Beitrag hiefür 
liefern die weiter unten als Semapteris beschriebenen mit den äehten 
Sigillarien gewiß sehr nahe verwandten Fossilien. 

Zur näheren Bekräftigung des dort genauer erörterten möchte 
ich auf die große Übereinstimmung rücksiehtlich der Blattnarben 
derselben mit einem unserer krautartigen Farn, nämlich mit Scolo- 
pendrium offieinale L. hinweisen. 

Die als Semapteris bezeichneten eylindrischen Stämme zeigen 
durch die spiralige Stellung ihrer appendieularen Organe, der Wedel, 
resp. der von ihnen hinterlassenen Narben, eine große Übereinstim- 
mung mit allen krautartigen sowohl als baumartigen Farn. Noch 
mehr tritt aber die Übereinstimmung in der Beschaffenheit der Nar- 
ben selbst hervor. Dieselben zeigen in ihrer Mitte nur drei Gefäß- 
bündel; dasselbe sehen wir auch bei einer nicht geringen Anzahl 
der lebenden Farn und insbesondere ist es Scolopendrium, in deren 


1) Genera et Species plant. foss. p. 226. 


780 Unger. 


Wedelstielen am Grunde drei ganz ähnliche Gefäßbündelnarben auf- 
treten. (Taf. III, Fig. 7.) Offenbar gehört die mittlere derselben jenem 
Gefäßbündel an, der bereits am Grunde des Stieles in die Adventiv- 
wurzeln heraustritt und dieselben versorgt, daher weiter oben im 
Stiele nieht mehr sichtbar ist. Es ist also zwischen den Arten der 
Gattung Semapteris und unseren lebenden Farn auch in dieser Be- 
ziehung kein wesentlicher Unterschied, und ich zweifle nicht, daß 
die Übereinstimmung nach glüeklicher Auffindung von solehen Indi- 
viduen, welche für anatomische Untersuchungen geeignet sind, sich 
bis auf die kleinsten Strueturverhältnisse erstreckt. Ich habe zu dem 
Zwecke einer zukünftigen Vergleichung nicht blos das Rhizom von 
Scolopendrium, Fig. 5, sondern auch den Stammesdurchschnitt, 
Fig. 6, in fünffacher und endlich den Theil eines Gefäßbündelquer- 
schnittes, Fig. 8, in hundertzehnfacher Vergrößerung als Abbildung 
beigegeben. 

Wenn das nun so ist, so kann es keine Frage mehr sein, jene 
Abtheilung der Sigillarien, deren Stämme der parallel laufenden Fur- 
chung entbehren, als exquisite Farnstämme anzusprechen. Anders 
verhälf es sieh mit den übrigen noch zahlreicheren Sigillaria-Arten. 
Hier hat der glückliche Zufall zur Entdeckung des inneren Stamm- 
baues bereits geführt und gezeigt, daß dieselben zwar im Alige- 
meinen einen den Farnstämmen analogen, jedoch in mehreren nicht 
unwesentlichen Punkten differenten Bau besitzen, für welchen es in 
der gegenwärtigen Vegetation keinen Typus mehr gibt. 

Indeß ist die Form der Blattnarben auch an diesen Stämmen 
eongruent mit jenen von Semapteris und anderer unzweifelhafter 
Farn. Wenn nun nach einem allgemein giltigen Gesetze sämmtliche 
Farn durch terminales Wachsthum ausgezeichnet sind, in Folge 
dessen der unterste Theil des Stammes fort und fort abstirbt, und es 
nur Adventivwurzeln sind, die beständig von unten nach aufwärts 
aus dem Stamme hervorbrechen und denselben an den Boden be- 
festigen und ernähren, so kann wohl auch bei den eigentlichen 
Sigillarien weder von einer perennirenden Pfahl- noch Thauwurzel 
die Rede sein. Die Stigmarien also als Wurzeln der Sigillarien anzu- 
sehen, mit denen man sie bisher in Verbindung gefunden haben willt), 


1) Dies wird bis jetzt nur von Sigillaria elongata, Sigillaria alternans und Sigillaria 


reniformis behauptet. 


Anthraeit-Lager in Kärnthen. ‘si 


ist kurz gesagt eine morphologische Unmöglichkeit, abgesehen davon, 
daß die erstere alle Eigenschaften einer selbstständigen Pflanzenform 
an sich trägt. 

Glücklicher Weise gibt uns der innere Bau der Stigmaria hin- 
länglichen Aufsehluß, daß er mit Sigillaria kein zusammenhängendes 
System bilden kann, wie das merkwürdiger Weise selbst von den- 
jenigen behauptet wird, die sich mit der Anatomie der Stigmaria befaßt 
haben. Endlich sind die für Wurzeltasern von eben diesen angese- 
henen Bildungen in der That nur appendieuläre Organe, was ihre 
Form, Struetur und Einlenkung in die dichotomisch verzweigten 
Stammestheile nur zu deutlich beweiset. Noch nie hat man eingelenkte 
Wurzelfasern an irgend einem vegetabilischen Gebilde beobachtet 
und es wäre hier der erste Fall, wo man einer auf unzulänglicher 
Untersuchung ausgesprochenen Theorie zu Liebe eine Abweichung 
von dem allgemeinen Gesetze sich erlaubt. Möchte man bald von 
einem so tief eingewurzelten Wahne zurückkehren, daß in früheren 
Perioden der Schöpfung die Pflanzenbildung nach anderen Maßstaben 
und anderen Gesetzen erfolgte, als wir sie jetzt beobachten. 

Zugegeben, dal die frühere Vorstellung von Habitus dieser 
Pflanze vielleicht eine ganz irrige ist, die neuerliche hat sie indeß 
zu einer förmlichen Mißgeburt gemacht, — „mulier formosa su- 
perne atrum desinens in piscem“. 

Ich füge zum Schlusse hier noch bei, daß unter den Petrefaeten 
von Kärnthen allerdings auch einige wenige Reste von langen, 
schmalen, linienförmigen Blättern vorkommen (von denen auf Taf. II, 
Fig. 4 Grund und Spitzentheile abgebildet sind), die man vielleicht 
geneigt sein dürfte den eigentlichen Sigillarien zuzuschreiben, wie 
das bei Sigillaria lepidodendrifolia angenommen wird. Jedoch ist 
es ja selbst bei der genannten Art die Frage, ob die gedachten 
Blätter nicht Blattstiele von Wedeln sind, und anderseits dürften so 
schmale, linienförmige Organe, wie die abgebildeten, wohl nicht zu den 
breiten Narben der Sigillarien passen, daher wahrscheinlich eher 
den Lepidodendren als diesen angehört haben. 

Vergleicht man nun noch die eben besprochenen Anthraeitlager 
nach ihren organischen Einschlüssen mit jenen der Stangalpe in der 
Steiermark und mit denen der Schweiz und den französischen Alpen, 
so ist ihre Übereinstimmung unter einander nieht zu verkennen, 


Sitzb. d matheın.-naturw. Ci. LX. Bd. I. Abth. 51 


782 Unger. 


obgleich weder die Lager von Kärnthen noch jene der Steiermark 
wissenschaftlicher Seits gehörig ausgebeutet sind. 

Im Ganzen sind es nur die im folgenden namhaft angeführten 
Pflanzen — 8 Arten, welche an allen Punkten der Alpen mit den An- 
thraeitlagern in Verbindung getroffen wurden, sie sind 

Calamites Suckowiti Br. 
» Cistü Br. 
Annularia sphenoplylloides Ung. 
“ longifolia Br. 
Pecopteris arborescens Br. 
5 polymorpha Br. 
ke Miltoni Br. 
Neuropteris flexuosa Br. 


Einer besonderen Erwähnung werth ist das Fehlen der Stig- 
maria und Sigillaria in Kärnthen, während beide Gattungen sowohl 
auf der Stangalpe als in französischen und schweizer Alpen erscheinen. 


ACROBRYA. 
Calamarieae. 
Haplocalamarieae. 
Calamites Suckowii Brong. 


Von diesem Fossile liegen aus Kärnthen zwei Exemplare vor 
nicht als Abdrücke im Schiefer, sondern als Ausfüllungsmassen der 
ursprünglichen Pflanzen ohne Kohlenrinde oder nur mit leisem Anfluge 
derselben. Ihre Bestimmung unterlag meist keinem Zweifel. 

Diese Art gehört zu den über die alte und neue Welt ver- 
breiteten Fossilien und kommt in den Steinkohlenschiehten von 
Deutschland, Frankreich, England und Nordamerika, so wie in den 
Anthraeiten der Schweiz und der Steiermark vor. 


Calamites Cistii Brong. 


In Abdrücken, wie es scheint häufiger als die vorhergehende 
Art, aber überdief aus Ausfüllungsmasse. 


Anthraeit-Lager in Kärnthen. 783 


Auch diese Art hat eine ähnliche Verbreitung und kommt in der 
Steinkohlenformation Sachsens, Schlesiens, Frankreichs, so wie im 
Anthraeite der Schweiz und der Stangalpe vor. 


Asterophylliteae. 


Annularia Sphenophylloides Ung. 
Taf. I, Fig. 8. 


In kleinen Blattquirlen nicht sehr selten, jedoch diese ohne Zu- 
sammenhang unter einander, so daß man die bereits stattgefundene 
Zerstörung der Pflanze vor ihrer Einbettung in den sandigen Schlamm 
voraussetzen muß. 

Da die Spitzen der Blätter meist unvollständig durch den An- 
bruch erscheinen und daher ein abgestutztes, keilfürmiges Ende 
zeigen, so ist diese Pflanze leicht mit Sphenophyllum zu verwechseln. 

Sie gehört zu den gemeinsten der Steinkohle von Europa und 
Nordamerika, aber auch der Anthracite von Savoyen, der Schweiz 
und der Stangalpe. 


Annularia longifolia Brong. 
Taf. 1, Fig. 9. 


Ähnlich der vorhergehenden kommt auch diese Pflanze ge- 
meiniglich in einzelnen Blattquirlen vor, doch sind dieselben auch 
durch einen Stiel mit einander verbunden. 

In der Steinkohle Europas, namentlich Schlesiens, Sachsens, 
Böhmens, Ungarns, und Nordamerikas sehr verbreitet, aber auch 
in den Anthraeiten von Erbignon nicht fehlend. 


Filices 
Neuropterideae. 


Neuropteris flexuosa Brong. 
Taf. II, Fig. 1, 2. 


Das hier abgebildete Exemplar, welches die Spitze einer Fieder 
enthält, stimmt zwar in Größe und Gestalt, so wie in den End- 
blättchen mit der von A. Brongniart in seinem Hist. d. veget. foss. 
Tab. 68 f. 2 gegebenen Abbildung überein, unterscheidet sich aber 
von dieser durch die viel zahlreicheren Secundarnerven der Fieder- 

51* 


754 Unger. 


blättehen, welche kaum zu einem Mittelnerven zusammentreten. Rich- 
tiger gibt W. Schimper (Trait& de Pal&ontologie vegetale I 1869, 
p. 434) dies Verhältniß an, indem er sagt: „nervo primario indistineto, 
e bası soluto, loco ejus suleus plus minus eontinuus; nervis secundarlis 
sub angulo acutissimo ascendentibus, subareuato-divergentibus, 
pluries dichotomis.“ Brongiart hat längliehe Fruehthäufchen (Sori) 
zwischen den Nerven eines Exemplares gefunden und gibt davon auf 
Taf.65, Fig. 3A und B vergrößerte Abbildungen. W. Schimper 
l. e. hält dieselben nicht für Fruchthäufchen, sondern für krankhafte 
Auftreibungen des Blattparenchymes, welches auch lebende Farne 
zuweilen zeigen, dagegen bildet O. Heer (Urwelt der Schweiz) auf 
Taf. 1, Fig. 26 in zwei Reihen erscheinende ellipsoidische Fruchthäuf- 
chen desselben Farnwedels ab. An den zahlreichen mir vorliegenden 
Exemplaren aus-Kärnthen konnte ich Ähnliches nieht wahrnehmen. 


Der Wedel dieses Farns gehört zu den größten, ist viermal 
fiedertheilig und hat eine sehr starke Blattspindel (rachis). Merk- 
würdig ist zugleich auch seine Verbreitung über die alte und neue 
Welt. Gemein in den Steinkohlenlagern Englands, Fraukreichs und 
Deutschlands, kommt sie auch in Portugal vor, und ist in der Schweiz. 
der Tarentaise und auf der Stangalpe mit Anthraeitlagern in Ver- 
bindung. 

Auch im Steinkohlenbecken Nordamerikas gehört sie zu den 


gewöhnlichsten Pflanzenresten. 


Neuropteris aurieulata Brong. 
Taf. II, Fig. 3—6. 


Mit der vorhergehenden Art sehr verwandt ist Neuropteris auri- 
culata. Ihre Wedel sind zwar nur doppelt gefiedert, doch gehören ihre 
Fiederblättehen zu den größten, die man an fossile Farn gesehen hat. 
Wir haben hier nur einzelne lose Fiederblättchen Fig. 4. 5. 6, und ein 
Bruchstück derselben mit der Rachis in Verbindung Fig. 3. Auch 
bei dieser Pflanze sind die diehotomisch verzweigten Nerven der 
Fiedern viel zahlreicher vorhanden als sie von A. Brongnartl. e. 
Taf. 66, Fig. 1, abgebildet werden. Indeß möchte ich bei der Über- 
einstimmung aller übrigen Merkmale kaum glauben, daß die vor- 
liegenden Exemplare von der genannten Pflanze verschieden seien. 
Fig. 6* zeigt in doppelter Vergrößerung eben jene Nervatur. 


Anthraeit-Lager in Kärnthen. 185 


Sicher gehört die einst von dieser Art geschiedene Neuropteris 
Villiersi Brong. hieher, dagegen bleibt es zweifelhaft, ob Cyelop- 
teris obligua Brong. und Neuropteris ingens Leidl. u. Hutt. 
damit zu vereinigen sind, da von denselben nur einzelne Fieder- 
blättchen bekannt sind. 

Vieleicht gehört auch Neuropteris cordata Brong., von der 
man ebenfalls nur einzelne oder zerstörte mit der Rachis in Verbin- 
dung stehende Fieder gefunden hat, zu Neuropteris auriculata. 
Dieser Farn kommt in der Steinkohlenformation von Frankreich, 
England, Deutschland, der Schweiz, Böhmen und Schlesien, so wie 
in Nordamerika vor. Auch in der permischen Formation bei Neu- 
rode hat man ihn gefunden. 


Pecopteris (Cyatheites) pennaeformis Brong. 
Taf. I, Fig. 3. 


Ich glaube die Fig. 3 abgebildeten Reste für diese dreifach ge- 
theilten Wedel ansehen zu müssen, obgleich die Nervatur der Einzel- 
theile so undeutlieh erhalten ist, daß ein Vergleich mit den fran- 
zösischen Exemplaren nicht wohl möglich ist. Brongniart glaubt 
selbst nicht fest an die Selbstständigkeit dieser Species und hält sie 
sehr übereinstimmend mit Pecopteris aequalis, was in der That seine 
Riehtigkeit hat, indem W. Sehimper erstere geradezu für den un- 
teren, letztere für den oberen Theil des Wedels erklärte. 


Bisher nur in der Steinkohlenformation Frankreichs gefunden. 


Pecopteris (Cyatheites) unita Brong. 
Taf. I, Fig. 4, 3. 


Von diesem doppelt gefiederten Wedel liegen hier nur einzelne 
Fieder vor. Sie stimmen sowohl mit der Beschreibung als mit den 
Abbildungen, die man von diesem Farn hat, überein (Brong. Hist. 
dig. foss. t. 116, f. 5), auch fehlen die zweireihigen Fruchthäufehen 
auf den Pinnulen nicht, wie das namentlich in Fig. 4 deutlich er- 
sichtlich ist. Die Ähnliehkeit dieser Art mit der vorhergehenden ist 
so bedeutend, daß W. Sehimper kaum zweifelt, daß beide nur Eine 
Art ausmachen. 

Bisher wurde dieser Farn in den Steinkohlenlagern von Sachsen, 
Rheinpreußen und Frankreich gefunden. 


186 Unger. 


Pecopteris (Cyatheites) arboresceus Brong. 


Bisjetzt wurde von diesem Farn nur ein einziges Exemplar auf 
der Kronalpe im Weißenbach gefunden. Ich gebe hier keine Ab- 
bildung, weil dasselbe zu wenig gut erhalten ist, obgleich mir an der 

sicheren Bestimmung kein Zweifel übrig blieb. 


Diese Art ist ungemein verbreitet sowohl in den mittleren als 
oberen Scehiehten der Steinkohlenformation so wie in den unteren 
Lagen des rothen Sandsteins. Alle Kohlenbassine Europas und Nord- 
Amerikas enthalten sie und durch diesen Fund geht hervor, daß sie 
noch früher, d. i. in den unteren Schichten der Kohlenformation zu 
Hause ist. 


Pecopteris (Cyatheites) Miltoni Brong. 
Taf. I, Fig. 7. 


Allerdings mit der nachfolgenden Art in engen Verwandt- 
schaftsverhältnissen stehend, doch durch die mehr eonvexe Ober- 
fläche der Pinnulen von ihr leicht zu unterscheiden, übrigens aber 
auch durch die Nervatur derselben hinlänglich als eigene Art charak- 
terisirt. Dieser Farn kommt an vielen Orten Frankreichs und Eng- 
lands vor und gehört durch die dreifache Theilung des Wedels eben- 
falls zu den umfangsreicheren Formen. 


Pecopteris (Cyatheites) polymorpha Brong. 
Taf. I, Fig 2. 


Von diesem Farnwedel findet sich in der fossil Flora of great 
Britain Pl. 184 eine Abbildung, die der unserigen vollkommen 
gleicht, und ebenfalls den oberen Theil eines dreifach fiederspaltigen 
Blattes vorstellt. Auch Brongniart bildet l. e. t. 115 als Pecop- 
teris abbreviata mehrere Theile dieses Wedels ab und gibt auch 
vergrößerte Darstellungen einzelner Fieder, 


Dieses Fossil kommt in den Steinkohlenschiehten von Welbateh 
bei Shrewsbury und Bath in England, so wie in jenen von Anzin bei 
Valeneiennes in Frankreich vor. Schon Brongniart bemerkt, daß 
sich die Form der Pinnulen in ein und demselben Wedel sehr 
ändern, was auf einen bedeutenden Umfang desselben schließen läßt. 
W. Schimper zieht Pecopteris abbreviata und Pecopteris poly- 
morpha unter letzterer Bezeichnung zusammen. 


Anthracit-Lager in Kärnthen. 7187 


Pecopteris (Cyatheites) ovata Brong. 
Taf. I, Fig. 1. 


Wir haben hier nur ein kleines Stück einer Fieder vor uns, das 
jedoch so charakteristisch ist, um mit Sicherheit daraus auf die 
Pflanzenart schließen zu können, der sie angehört hat. 

In der Steinkohlenformation Schlesiens, Sachsens und Frark- 
reichs kommt dieser Farn nicht selten vor. 


Pecopteris (Aspidides) nervosa Brong. 
Taf. 1, Fig. 6. 


Unser Exemplar ist nur ein kleiner Theil eines bedeutend 
großen Farnwedels. Brongniart bildet I. ec. Tab. 94 ein zusammen- 
gesetztes Stück der Mitte und Tab. 95, Fig. 1 und 2 Endstücke ab, 
welche mit unseren Abdruck ganz übereinstimmen, auch enthält 
Pl. 94 von Lindley und Huttons Fossil Flora ein vollkommen 
erhaltenes Endstück. 

Ich gebe Fig. 6* die vergrößerte Ansicht eines Fiederstükes, 
aus welcher die Nervenvertheilung deutlich ersichtlich ist, und die 
auch bis auf die Stärke der Nerven (was aber von der Beschaffenheit 
des Abdruckes abhängt) mit. der Brongniart’schen Abbildung 
vollkommen übereinstimmt. Ich bemerke nur noch, daß auch Pecop- 
teris Sillimani Brong., eine große Ähnlichkeit mit obiger Art 
zeigt, jedoch durch die viel kleineren Pinnulen von derselben hin- 
länglich verschieden ist. 

W. Schimper zieht zu Pecopteris nervosa noch Pecopteris 
Sauvenrü Brong. 

Auch dieser Farn mit dreifach theiligen Wedel gehört zu den 
gemeinsten Arten in der Kohlenformation Frankreichs, Belgiens, 
Englands und Schlesiens. 


Pecepteris (Aspidides) Jegeri Göpp. 
Tat. I, Fig. 7. 


Diese Art ist nur in wenigen und überdief nicht sehr gut er- 
haltenen Exemplaren in der Anthraeitformation Kärnthens gefunden 
worden, doch sind die zweireihigen großen runden Fruchthäufchen 
an den eiförmigen Pinnulen zu auffällig, als daß sie nieht das wich- 
tigste Merkmal zur Unterscheidung dieser Art darböten. 


788 Unger 


Man kennt dieses fossile Farnkraut nur aus den Steinkohlen- 
schichten Schlesiens. 


Trunci Filicum. 
Semapteris Ung. 


Trunci arborei cicatricibus foliorum deperditorum notati 
haud suleis longitudinalibus parallelis insigniti. Cicatrices sub- 
rotundae vel rhomoidales transversales haud angulosae disco medio 
cicatrieulis vascularibus ternis, duobus rectis v. semilunaribus 
tertio intermedio punctiformi. 

Ich trenne von der Gattung Sigillaria , von welcher schon vor- 
dem die als Farnstämme erkannten und als Protopteris, Caulopteris 
und Stematopteris bezeichneten Gattungen geschieden wurden, noch 
eine vierte Gattung mit dem Namen Semapteris (76 onux Wappen, 
Siegel und n'rrepv& Flügel) in Berücksichtigung der nahen Ver- 
wandtschaft, weiche dieselbe mit der alten Gattung sSigillaria 
offenbart. 

Dahin gehören nun alle jene Pflanzenreste, deren Stammesober- 
fläche nicht mit Längsfurchen versehen sind, obgleieh ihre Blatt- 
narben viel Gemeinschaitliches mit jenen der übrigen Sigillarien 
haben. Eben dieses Fehlen der Längsfurchen nähert sie ungemein 
den eigentlichen Farnstämmen, wofür auch die etwas von der 
Sigülaria-Form abweichende Gestalt der Blattnarben spricht. 

Leider wissen wir noch sehr Weniges über die appendiculären 
und über die Fructifications-Organe der Sigillarien, dabei ist es höchst 
auffallend, daß die Mehrzahl ihrer Arten sich mit Farnwedeln zu- 
sammen finden, dagegen nur ein kleiner Theil von Sigillarien mit 
linienförmigen Blättern im Zusammenhange steht. Es ist daher sehr 
wahrscheinlich, daß wenigstens diejenige Abtheilung der Sigillarien, 
welche keine mit Längsfurchen versehenen Stämme besitzen, wie 
2. B. Sigillaria Defrancei, obliqua, rhomboidea u. s. w. als Farn 
zu betrachten sind, und daher mit einem neuen Gattungsnamen be- 
zeichnet werden müssen. 


Semapteris carinthiaca Ung. 
Taf. II, Fig. 1. 


S. trunco eylindrico 70 mm. lato, pressione ad 110 mm. 
complanato, inconspicue irregulariterque striato ceterum laevi, 


Anuthraeit-Lager in Kärnthen. 189 


cicatrieibus foliorum delapsorum ordine spirali divergentia 18/47 
obsito, et pulvinis prominulis transverse rhombeis 10 mm. latis 
suffultis, cicatriculis vasorum fascicularum ternis, lateralibus 
reckis infra convergentibus medio punctiformi. 


In formatione lithantracum Carinthiae. 


Dieses schöne, 1/, Fuß lange Petrefact, das nur in der Mitte 
eine unbedeutende Knickung zeigt, sonst aber auf der Vorder- so wie 
auf der Rückseite vollkommen erhalten ist, ist nichts anderes als der 
bis auf 5 Millim. zusammengequetschte Stamm (Fig. 1) eines 
baumartigen Gewächses, dessen Durchmesser ungefähr 21/, Zoll be- 
tragen haben mußte. Da das Innere dieses Stammes gegenwärtig 
mit thonigem Sandstein erfüllt ist, so läßt sieh daraus schließen, daß 
derselbe zur Zeit seiner vollständigen Ausbildung ein hohler Cylinder 
gewesen sein muß Fig. 1*. 


Die Oberfläche ist mit sehr wohlerhaltenen, pyramidal hervor- 
tretenden Blattpolstern der abgefallenen Blätter versehen, deren 
obere Seite die eigentliche Blattnarbe trägt. 


Die sehr zahlreichen Blattnarben sind in einem Abstande von 
15—16 Millim. in mehr oder minder aufsteigenden Spiralen ange- 
ordnet. Der steilen und zwar nach rechts aufsteigenden (links 
windenden) Spiralen sind 11, der minder steilen links aufsteigenden 
(rechts windenden) sind 7, daher die Divergenz mit 18/47 zu be- 
zeichnen ist, d. i. das 47. Blatt senkrecht über dem mit 0 bezeich- 
neten Blatte zu stehen kommt. 


Die eigentliche Blattnarbe ist schief nach aufwärts gekehrt, 
rhombisch , seitlich in spitzen, oben und unten in stumpfen Winkeln 
zulaufend, von denen der obere abgerundet, der untere hingegen 
zugeschärft erscheint. 


Die Mitte dieses rhombischen Feldes läßt mehr oder weniger 
deutlich drei Narben als Reste ihrer Gefäßbündel erkennen. Die 
zwei äußeren, von 2 Millim. Länge, convergiren nach unten und 
schließen in ihrer Mitte eine dritte punktförmige Narbe ein. Fig. 1** 
zeigt eben diese Narben in einer mehr als doppelten Vergrößerung, 
auch gewahrt man erst bei dieser Vergrößerung die Spur einer 
Streifung des Stengels, der sonst glatt zu sein scheint. 

Eine Ähnlichkeit dieses Fossiles mit Sigillaria rhomboidea 


Brong. ist nieht zu verkennen, doch scheiden die erhabenen Blatt- 


790 Unger. 


polster unserer Pflanze sie von jener, deren Blattnarben vielmehr in 
Vertiefungen liegen. 


Semapteris tessellata Ung. 
Taf. III, Fig. 2. 


S. trunco cylindrico 63 mm. lato compressione ad 85 mm. di- 
latato, tenuissime striato, circatricibus foliorum delapsorum dense 
obsessis divergentia 17/45; pulvinis cicatricum parum promi- 
nulis, transverse rhombeis 10 mm. latis, cicatriculis fasciculorum 
vasorum ternis, lateralibus semilunulatis medio punctiformi. 


In formatione lithantracum Carinthiae. 


Noch vollständiger als das vorhergehende Petrefact ist dieses 
erhalten. Der eylindrische Stamm hat nur eine leichtere Quetschung 
erfahren, die seinen kreisrunden Durchschnitt in eine Ellypse ver- 
wandelte (Fig. 2*). Auch hier muß der Holzkörper äußerst dünn ge- 
wesen sein, da er nur eine geringe Kohlenrinde zurückgelassen hat, 
die überdieß an ‘dem vorliegenden Exemplare größtentheils verloren 
gegangen ist. Ebenso istin diesem Petrefact die Ausfüllungsmasse des 
Innern derselbe Sandstein, in dem der Stamm eingebettet war, und 
weiset auf das lockere, leicht zerstörbare Parenchym des Markes hin, 
das in demselben gewesen sein muß. 


Die Oberfläche des fein gestreiften Stammes (Fig. 2) ist hier 
mit eng anschließenden rhomboidalen Blattnarben besetzt, die nach 
rechts und links fast unter gleichem Winkel ansteigende Spiralen 
bilden. Die Zahl der nach rechts laufenden Spiralen ist 24, die Zahl 
der nach links laufenden 21, welches eine Divergenz von 17/45 
gibt. In der Mitte der hügelförmigen, keineswegs scharf begrenzten 
Erhebung der Blattpolster findet sich die Narbe von den Gefäß- 
bündeln des Blattstieles. Es sind drei isolirte Bündel, zwei seitliche 
halbmondförmige und ein mittlerer punktförmiger. Die beigefügte 
doppelte Vergrößerung macht diese Verhältnisse anschaulicher 
(Fig. 2**). 

Die Verwandtschaft dieses Petrefactes mit Sigillaria Brardü 
Brong.. weniger mit Sigillaria Serlii Brong., ist nieht zu über- 
sehen, doch fehlen unserer Pflanze die scharf umschriebene Narben- 
fläche, welche jene beiden besitzen, abgesehen davon, daß auch die 
Gefäßbündelnarben nicht vollkommen unter einander übereinstimmen. 


S) 
Be) 
> 


Anthraeit-Lager in Kärnthen. 


Amphibrya. 


Cordaites borassifolia Strnb. sp. 
Taf. II, Fig. 9. 


Von dieser, ihrer Natur nach bisher sehr zweifelhaften Pflanze 
fanden sich sehr zahlreiche Blattfetzen. Die meisten derselben sind 
in ihrem Zusammenhange wie es scheint durch längeren Aufenthalt 
in Wasser getrennt und zerfasert, nur wenige sind vollkommen er- 
halten und stellen 1—-2 Zoll breite, mit feinen parallelen Streifen 
versehene Blattheile dar. Ein einziges Fragment, Fig. 9, zeigt das 
untere Ende, welches mit einer 1/, Zoll breiten Basis ohne eine 
Scheide zu bilden, am Stamme befestigt war. Daß diese Pflanze zu 
den Cycadeen gehört haben mag, bezweifle ich, näher scheint sie den 
Yuccen verwandt zu sein. Indeß fehlen noch alle Anhaltspunkte, um 
ihre Stellung im Systeme einigermaßen bestimmen zu können. 

Außer der Steinkohlenformation Böhmens kommt sie auch in 
den Anthraeitlagern der Schweiz (Taninge) vor. 


Bockschia flabellata Göpp. 
Taf. II, Fig. 8. 


Mit den Blättern von Cordaites borassifolia Sternbg. kommen 
andere noch viel weniger vollständige Blattreste einer Pflanze vor, 
deren Bestimmung noch größeren Schwierigkeiten unterworfen ist. 
Göppert hat ähnliche Fossilien mit dem Namen Bockschia flabel- 
lata bezeichnet und davon in seinem System. fil. foss. p. 176, t. 1, 2 
eine Beschreibung und Abbildung gegeben. Er hielt sie für Reste 
eines Farnwedels, später änderte er seine Ansicht, indem er sie den 
Calamiteen zuwieß. Von Gliederung ist in unseren Exemplaren keine 
Spur zu finden und so scheinen diese zerfetzten Reste eher Blatt- 
bildungen als Stengeln anzugehören, um so eher, als die Dieke und 
die gegenseitigen Abstände der parallelen Streifen im Verlaufe des 
Organes allmählig abzunehmen scheinen. Eine 28malige Vergröße- 
rung eines kleinen Stückes stellt Fig. 8* dar. 


Bisher nur in der Steinkohlenformation Schlesiens gefunden. 


792 Unger. 


Plantae incertae sedis. 


Rhabdocarpus Candollianus Heer. 
Taf. II, Fie. 3. 


Kleine eiförmige und etwas zusammengedrückte Früchte sind 
nicht selten unter allen den bisher genannten Pflanzenresten der 
Anthraeitformation Kärnthens zu finden. Sie sind 10 Millim. lang und 
6 Millim. breit, zeigen ein Paar kleine, nach der Länge verlaufende 
Eindrücke und sind übrigens von Sandsteinmasse erfüllt, so daß ein 
weiterer Aufschluß über ihre Beschaffenheit unmöglich ist. Mir 
scheinen sie viele Ähnlichkeit mit der Frucht zu besitzen, die Heer 
in seiner „Urwelt der Schweiz“ p. 15 beschreibt und abbildet, nur 
scheint unser Petrefact etwas kleiner zu sein. Ob sie, wie dieser 
Forscher vermuthet, die Frucht oder Same einer Noeggerathia sei, 
muß erst durch die Zukunft sichergestellt werden. 


Bisher ist diese Frucht nur in den Anthraeitscehiehten von 
Taninge in der Schweiz gefunden worden. 


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Unger. Authracit-Lager in Kärnthen. 


nnanyer lırh. Autor del, 


Sitzungsb.d.k.Akad. UW mat mat CL.LX.Bd.1. Abu. 1869, 


AdkkHoku. Kaatsdruckeres 


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A.d.kk.Hof-u. Staatsdruckerei 


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Unger. Anthraeit 


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Sitzungsb.d.k. Akad. d.W.mafh.naturw CL.LX.Ba.T. Abth. 1869. 


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Sitzungsb. d.k. Akad. d.W.mafh.naturw CL.LX.Ba.T. Abth. 1869. 


Anthraeit-Lager in Käruthen. 193 


Erklärung der Tafeln. 


Tafell. 


Fig. 1. Kleines Fiederstück von Pecopteris (Cyatheites) ovata Brong. 


Lo) 


. Theil eines Wedels von Pecopteris (Cyatheites) polymorpha Brong. 

. Theil eines Wedels von Pecopteris (Cyatheites) pennaeformis Brong. 

.= Einige Fiederehen desselben vergrößert. 

u. 5. Fiederstücke des Wedels von Pecopteris (Cyatheites) unita 
Brong. 

. Theil eines Wedels von Pecopteris (Aspidides) nervosa Brong. 


6.* Einige Fiederchen desselben vergrößert. 


Theil eines Wedels von Pecopteris (Aspidides) Jaegeri Göpp., mit 
Früchten. 


8. Einzelne Blattquirle von Annularia sphenophylloides Ung., ohne Ver- 


bindung untereinander durch den Stengel. 


9. Ein theilweise erhaltener Blattquirl von Annularia longifolia Brong. 


Ion 


8 
9 


Tafel II. 


Ende eines Fiederstückes von Neuropteris flexuosa. 


. Ein Paar einzelne größere Fiederchen. 


.*= Ein Fiederchen 2—3mal vergrößert. 

.#% Vorderer Theil eines Fiederchens 6mal vergrößert. 

. Blattspindel von Neuropteris auriculata Brong., mit einem nur zum 
kleinsten Theile erhaltenen Fiederchen 


‚5, 6. Fiederehen desselben Far». 


.= Der Grundtheil eines sochen Fiederchens 2—3mal vergrößert. 

. Einzelne Stücke von Pecopteris (Cyatheites) Milton! Brong., in ihrer 
Vertheilung auf dem Schiefer. a 

.* Fiederchen 2—3mal vergrößert. 

Blattfragmente von Bockschia flabellata Göpp., in ihrer durch die Zer- 

störung herbeigeführten Aneinanderlagerung. 

.* Ein kleines Stück dieses Blattes 28mal vergrößert. 

. Unterer Theil des Blattes von Cordaites borassifolia Stnb. sp. mit 
dem Grunde. Oben ist die Frucht von Rhabdocarpus Candollianus 
Heer, zufällig eingedrückt. 


794 Unger. Anthraeit-Lager iu Kärnthen. 


Tafel III. 


Fig. 1. Stück des Strunkes von Semapteris carinthiaca, breitgedrückt aber 


e2] 


2) 


von beiden Seiten erhalten. Der steileren Spirallinien, in welchen 
die Blattnarben stehen sind 11, der weniger steilen 7. 

1.* Querschnitt die Strunkes von Sandstein erfüllt. 

1.#*%= Zwei Blattnarben stark vergrößert. 

2. Strunk von Semapteris tessellata Ung., die Spiralstellung der Blatt- 
narben in 24 und 21 parallelen Schraubenlinien. 

2.* Querdurchschnitt desselben Strunkes mit Sandstein erfüllt. 

2.%* Ein kleiner Theil der Stammesoberfliche mit 6 Blattnarben stark 
vergrößert. 

3. Frucht von Rhabdocarpus Candollianus Heer. 

4. Problematisches Blatt, vor der Hand als ZLepidophyllum zu bezeichnen. 
Grund und Spitze ist allein etwas besser erhalten. Scheint schmal, 
linienförmig mit wenigen parallen Nerven versehen und eine Länge 
von wenigstens Einen Fuß gehabt zu haben 

5. Rhizom von Scolopendrium offieinale nach sorgfältig entfernten Wedeln, 
die am Grunde abgeschnitten wurden. Dieselben waren zu unterst in 
2/,, in der Mitte zu in %, und zu oberst in 5/5 Stellung angereiht. 

6. Querdurehschnitt des Stammes mit den von denselben abtretenden 
Wedeln. Vergrößerung 5mal. 

7. Querdurchsehnitt der Rachis eines Wedels hart am Grunde. Vergröße- 
rung 5mal. 

8. Stück eines Gefäßbündels in 110maliger Vergrößerung. 

a. Parenehym mit Amylum erfüllt. 
b. Bastzellen zu einer Schicht vereint. 
ce. Treppengefäße von innen nach außen an Größe abnehmend. 


Mikroskopische Untersuchung des Predazzites und Pencatites. 


Von & Hauenschild. 


(Mit 4 Holzschnitten.) 


Die Kalke der Umgebung von Predazzo haben seit Anfang der 
Zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts die Aufmerksamkeit der mei- 
sten Geologen gefesselt, und die gefeiertsten Namen finden wir in 
die wissenschaftliche Diseussion über dieselben verflochten. 


Es war der Neptunist Graf Marzari-Pencati !), welcher 
zuerst darauf aufmerksam machte, dal bei Predazzo der Kalk von 
„Granit“ überlagert sei. 

Dadurch wurde Predazzo mit einem Male ein vielgenannter Ort, 
und in dem heftigen Kampfe, welcher nun zwischen der neptunisti- 
sehen und vulkanistischen Schule entbrannte, waren besonders Leop. 
v. Buch 2), Al. v. Humboldt) und Bou&:) thätig, und erörter- 


ten eingehend die Lagerungsverhältnisse und die Beziehungen des 
Granits zum Kalke. 


Bertrand Geslin 5) fand, dafs der Kalk nur in der Nähe der 
Contactfläche, an den Steinbrüchen von Canzacoli rein weiß und 


deutlich krystallinisch sei, entfernter davon, thalabwärts, jedoch 
stark ins Graue abdunkle und dicht werde. 


1) Cenni geologiei 1819 et journal de phys. et chim. 1]. 94. p. 316. 

2) Über Predazzo. Brief an Brochant de Villiers. Leonh. min. Taschenb. 1824, 
105—107. 

3) Über die Lagerungsverhältnisse des Grauits im Fassathal. Leonh. min. Taschenb. 
1824, II. 98 —105. 

%) Notizen über die Südalpen 1823. 

5) Bull. soc. geol. VII. 8. 


196 6. Hauenschild. 


Reuss !) bestätigte dies, beschrieb die einzelnen Varietäten 
des Kalkes sehr genau und erklärte das bisher Granit genannte Han- 
gende des Kalkes für Syenit. 

Petzholdt 2) ging zuerst auf die chemische Beschaffenheit 
der Canzacoli-Kalke ein und fand aus seinen Analysen, daß die rein 
weiße Varietät ziemlich genau der Formel 


2(Ca0C0,)+Mg0CO,-+H,0 


entspreche. Die mit dieser Formel nicht stimmenden Varietäten be- 
trachtete er als unreine Abänderungen, stellte den weißen krystal- 
linischen Kalk aus den Steinbrüchen von Canzacoli als neue Mineral- 
species auf und nannte diese Predazzit. 


Nach ihm analysirte Damour :) dieselben Gesteine und wies 
nach, daß Petzholdt's Formel zu verbessern sei in 2(Ca0,C0O,) 
—+Mg0,HO. Er hält den Predazzit nieht für eine chemische Verbin- 
dung, sondern blos für ein mechanisches Gemenge aus kohlensaurem 
Kalk und Magnesiahydrat und beweist dies hauptsächlich damit, daß 
er auf das Verhalten des Gesteines unter dem Löthrohr hinweist, 
wobei sich kleine röthlich angehauchte Erhebungen bilden (mame- 
lons), welche von Magnesia herrühren. Er fand auch beim Unter- 
suchen mit der Loupe das ganze Gestein „durchzogen von dünnen 
Blättehen, welche den Glanz von Gyps oder Talkspath haben“. 

Roth*) trat wieder für die specifische Selbstständigkeit des 
Predazzites auf, und war von der Richtigkeit derselben so überzeugt, 
daß er, gestützt auf zahlreiche Analysen, auch die graue gebänderte 
Varietät von der Thalsohle von Predazzo, welche mit der Formel 
Ca0C0O,;+NgOHO stimmt, als neue Mineralspeeies aufstellte. Diese 
nannte er nach Conte Marzari-Pencati: Peneatit. 

Er wies auch zur Sicherung seiner Species auf Analysen eines 
nencatitähnlichen Gesteines aus den sogenannten Auswürflingen des 
Monte Somma am Vesuv hin, unterscehätzte dabei aber keineswegs 
die Argumente Damours; er untersuchte vielmehr das Gestein 


1) Geognost. Beobacht. Leonh. & Bronn. Jahrb. 1840, p. 127 fi. 

2) Beiträge z. Geognosie v. Tirol. 1843. 

3) Bull. soc. geol. B. IV. p. 1050. 1847. 

%) Über d. Kalk von Predazzo. Erdmann Journ. 1851. LIl. u. Bemerkungen über Pre- 


dazzo. Dtsche. geol. Ges. Ill. 140. 


Mikroskopische Untersuchung des Predazzites und Pencatites. 197 


sorgfältig, und das von ihm beobachtete Vorkommen von häufigen 
Brueitblättchen in dem krystallinischen Predazzit bewog ihn zu der 
Bemerkung, dafs die Magnesia, wenn der Predazzit schon ein Ge- 
menge wäre und keine chemische Verbindung, jedenfalls als Brueit, 
also krystallinisch vorhanden sein müsse. 

In der umfangreichen Arbeit Riehthofen’s 1) über Predazzo 
finden wir Alles zusammengefaßt, was über diese Gesteine bekannt 
ist. Er theilte sie nach paragenetischen Grundsätzen in vier Gruppen, 
die er auch petrographisch zu charakterisiren verstand. 

Den Unterschied zwischen Predazzit und Pencatit hält er für 
unwesentlich und durch Übergänge verwischt; dieser rührt nach ihm 
von der petrographischen Verschiedenheit der ursprünglichen Kalke 
her, aus denen sich Predazzit und Pencatit gebildet, nämlich von der 
des hellen Mendola- und des schwarzen plattigen Virgloria-Kalkes. 

Auch er fand unter der Loupe die Gesteine überall durchzogen 
von feinen perlmutterglänzenden Blättchen. Richthofen hält sie 
für Brueit und spricht die Ansicht aus, daß Predazzit und Pencatit 
nicht einfache Mineralien sind, sondern ein rein mechanisches Ge- 
menge von kohlensaurem Kalk und Brueit. 

De Lapparent 2) unterschied das Feldspathgestein, welches 
den Kalk berührt vom Syenit und nannte es Monzonit; in Betreff der 
Zusammensetzung der Kalke theilt er die Ansicht Richthofen’s. 

G. Tschermak 5) führt den Brucit unter den Contaetmine- 
ralien auf, welche an den Berührungszonen des Monzonites und Kalkes 
häufig vorkommen und bezeichnet ebenfalls die bisher Predazzit und 
‚Peneatit genannten Gesteine als ein inniges Gemenge von Caleit und 
Brueit. 

Neben dieser Discussion war fort und fort ein heftiger Streit 
über die Frage geführt worden, ob die Kalke von Predazzo plutoni- 
sches Umwandlungsproduet seien oder nicht. Auf der ersten Seite 
standen nebst den vorhergenannten Plutonisten Fournet:), Cotta5) 
und Richthofen, auf der anderen Roth und G. Bischof °). Die 


1) Geogn. Beschreibung von Predazzo, S. Cassian u. d. Seiser Alpe in Südtirol. 1860. 
?) Sur la constitution geol. du Tyrol merid. Annales de mines (V1.) Bd. VII. p. 245. 
®) Die Porphyrgesteine Österreichs aus der mittleren geol. Epoche. Wien 1869. 

*) Annal. soc. royal. de Lyon IX. 1846 p- 16. 

5) Geologische Briefe aus d. Alpen. Leipzig 1850. 

6) Lehrbuch d. chem. Geologie 1. Aufl. p. 1011 fi. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 52 


198 G. Hauenschil.d. 


Arbeiten von de Lapparent und namentlich von G. Tschermak 
dürften jetzt den Kampf zu Gunsten der chemischen Partei entschie- 
den haben. 


Der Zweck der vorliegenden Arbeit, welche ich auf Anregung 
des Herrn Directors Prof. Tsehermak durchführte, war, über 
die Natur der vielbesprochenen Kalke vollständig ins Klare zu kom- 
men, und die Frage, ob chemisch begründete Mineralspecies oder 
mechanisches Gemenge, endgiltig zu entscheiden. Diese Unter- 
suchung erschien um so wünschenswerther, als die neuesten minera- 
logischen Werke, wie Liebeners Nachtrag zu den „Mineralien 
Tyrols“ vom Jahre 1866 und die letzten Auflagen der Lehrbücher 
von Dana und Naumann vom Jahre 1868 die Gesteine von Pre- 
dazzo wegen ihres homogenen Aussehens noch immer als specifisch 
selbstständige Mineralien anführen. 


Es lagen sechs Handstücke vor, welche ich der Übersicht 
halber mit Nummern bezeichne: 


Nr. 1. Predazzit von Canzacoli, gesammelt 1829. Rein weiß, 
krystallinisch körnig, beim Wenden im Lichte schon für das un- 
bewaffnete Auge überall spiegelnd von perlmutterglänzenden Punkten 
und Schüppchen, die Grundmasse aus krystallinischen farblosen 
Körnehen bestehend. Bruch unregelmäßig-flachmuschelig. 


Das Gestein ist dem Hauptsteinbruche von Canzacoli entnom- 
men und repräsentirt den Normal-Predazzit. 


Nr. 2. Peneatit von Canzacoli bei Predazzo, gesammelt 1829. 
Grünlichgrau mit großen, zerstreuten, ölgrünen bis schwarzen läng- 
liehen Fleeken mit theilweise gelbliehbrauner Zersetzungsrinde. Die 
Flecken laufen parallel, und haben ebenfalls der Längsaxe der Flecken 
parallele feine weiße Linien zwischen den einzelnen Reihen ein- 
geschlossen. Bruch ausgezeichnet groß muschelig, krummlinige 
Plattung. Gefüge höchst feinkörnig, dem kurzsichtigen Auge und 
unter der Loupe glänzende Pünktchen und Schüppehen zeigend. 
Es ist ohne Zweifel die von Reuss beschriebene Varietät unterhalb 
des Steinbruches an der Thalsohle gewonnen. 


Nr. 3. Peneatit vom Fleimserthal. 1860. Dunkelschwarzgrau, 
an der Oberfläche noch dunkler matt grauschwarz, dieht, im Bruche 
äußerst feinkörnig bis dicht, schiehtenweise durchzogen von pech- 
schwarzen Linien, winzige glänzende Schüppchen nur unter der 


Mikroskopische Untersuchung, des Predazzites und Pencaätites. 799 


Loupe bemerkbar. Bruch fast eben, nicht der Sehiehtung folgend. 
Hat an zwei Stellen Schwefelkies aufsitzen. 


Es ist die von Petzholdt unter ö beschriebene und analysirte 
Varietät aus der untersten Thalsohle. 


Nr. 4 und 5. Pencatit von Canzacoli unten, gesammelt von 
Dir. Tsehermak. 


Dunkelgrün mit weißen Punkten und feinen schwarzen Bändern, 
welche theilweise bräunlich geworden sind, daneben aueh deutlich 
feine grüne Gänge zeigend. Oben und unten eine feinblätterige, 
glimmerartig schieferige Schichte von tombakbrauner Färbung. 
Beide Stücke sind petrographisch identisch und zeigen deutliche 
Schüppehen. 

Nr. 6. Pencatit vom Vesuv, sogenannter Auswürfling der 
Somma, gesammelt von Prof. C. Fuchs in Heidelberg. Mattweiß, 
ganz dieht, nur zerstreute spiegelnde Schüppchen aufweisend, unter 
der Loupe theilweise porös erscheinend. Bruch ganz uneben. 


Es handelte sich darum, von diesen Proben möglichst viele 
Dünnsehliffe zur mikroskopischen Untersuchung zu erhalten. Dies 
bot anfangs manche Schwierigkeit; bei größerer Übung und nach 
manchen Erfahrungen gelang es jedoch zwei Dutzend ganz brauch- 
bare Präparate anzufertigen. Die Methode des Schleifens ist dieselbe 
wie bei anderen Gesteinen, nur muß ich bemerken, daß man mit 
dem Dünnschleifen stets die äußerste Grenze zu erreichen suchen 
muß, weil die Gesteine sehr schwer durchsichtig werden. Dies 
würde leichter gelingen, wenn nicht die große Neigung zum Zer- 
bröckeln, welche die Proben besitzen, das letzte Dünnschleifen zu 
einer sehr mühsamen Operation machte. 


Beim Poliren beobachtete ich regelmäßig, daß gewisse, rings 
zerstreute Parlikelchen zuerst spiegelten und der Fläche ein zelliges 
Aussehen gaben, und fand später, daß es für die Untersuchung am 
besten ist, nur so weit zu poliren, bis die kleinen Partikelehen rein 
spiegeln, die Grundmasse aber nur matt glänzt. Beim Poliren der 
ersten Fläche kann man weiter gehen und die ganze Fläche spie- 
gelnd herstellen, was am leichtesten dann gelingt, wenn man als 
Polirmittel weiches, im radiären Längsschnitte glatt gehobeltes Holz, 
am allerbesten Lindenholz, nimmt. 


Beim Peneatit gelingt das Poliren leichter wie beim Predazzit. 
52* 


800 G. Hauenschild. 


Beim Übertragen auf ein reines Objeetglas ist wegen der 
außerordentlichen Dünne und geringen Cohäsion des Präparates noch 
große Vorsicht nöthig. 

Die so gewonnenen Dünnschliffe wurden nun zuerst bei mäßi- 
ger, dann bei etwas stärkerer Vergrößerung (zwischen 60 und 
240 lin.) beobachtet. 

Alle Präparate, ohne Ausnahme, zeigten an allen Stellen auf den 
ersten Blick, daß sich im Gesichtsfelde stets zwei dem Aussehen 
nach entschieden heterogene Mineralien als constituirende Körper 
befinden. Das als Grundmasse erscheinende Mineral ist unrein weiß- 
schmutziggrau, bei etwas dickeren Präparaten bräunlich und nie ganz 
und gar rein durchsichtig; man sieht Tendenz zu krystallinischer 
Bildung, ohne daß irgendwo charakteristische Durchsehnitte aufträten. 
Dafür ist die Masse häufig durchsetzt von Streifensystemen, die sich 
in vielen Fällen kreuzen und dabei stets ein Figur 1. 
Rhombennetz bilden. (Fig. 1.) Es sind dies 
Spaltungsstreifen und Zwillingsstreifen eines 
Rhomboeders, wie man denn auch bei häufigem / 
Durchsehen der Präparate selbst ohne diese Strei- 
fen aus einzelnen Grenzlinien und Winkeln schon 
auf das hexagonale System schließt. 

Bei einem ganz spiegelnd polirten Präparate zeigte sich die 
Masse viel reiner weiß, nicht mehr mit Rauhigkeiten besäet, so daß 
es für das ungeübte Auge schwierig gewesen wäre, aus der Färbung 
zwei verschiedene Constitutionssubstanzen zu unterscheiden. Es 
bleibt daher stets angezeigt, die verschiedene Polirfähigkeit beider 
zu ihrer Diagnose zu benützen und die Politur nicht zu übertreiben. 

Das zweite Mineral erscheint vollkommen pellueid, stets farblos, 
auch bei dickeren Präparaten, auf der Fläche mit wolkigen Zeich- 
nungen, der Form nach rundlich mit deutlich ausgesprochener Ten- 
denz zu hexagonaler Ausbildung. Man findet auch in jedem Präparate 
mehr oder weniger gut ausgebildete Sechsecke, die manchmal eine 
oder mehr Seiten auf Kosten der übrigen stärker ausgebildet haben. 

Es fand sich in einem Präparate von Nr. 4, dem Peneatit von 
Dr. Tsehermak gesammelt, ein Hexagon, von dem mittelst Okular- 
Goniometer ein Winkel gemessen und zu 119° 36” gefunden wurde, 
was deutlich auf die hexagonale basische Fläche hinweist. 


Mikroskopische Untersuchung des Predazzites und Pencatites. 801 


Außer den Seehsecken zeigten sich auch nicht selten Rechtecke, 
welche manchmal eine der Längsaxe parallele Spaltungsstreifung 
zeigen. (Fig. 2.) Es sind dies Durchschnitte senkrecht oder geneigt 
gegen die Basis. 


Sowohl bei den der Basis parallelen als bei den geneigten 
Sehnitten zeigten sich Zwillingsdurehsehnitte verschiedener Art. 
Charakteristisch waren die beistehenden Figuren. (Fig. 3.) Daß 


Fie. 3. 

E> u 
a Den ne 
diese Durehsehnitte alle einem optisch einaxigen, also dem hexagonalen 
Systeme angehören, zeigte evident ihr Verhalten zwischen gekreuzten 
Nicols. Die Sechsecke blieben bei der Drehung stets dunkel, wäh- 
rend die Rechtecke hiebei dunkel oder hell wurden. 

Die Analysen der untersuchten Gesteine weisen eine Zusam- 
mensetzung von kohlensaurem Kalk und Magnesiahydrat nach. 

Eine mikrochemische Untersuchung mußte zur Evidenz zeigen, 
ob beide heterogenen Substanzen im Gesichtsfelde, die eine kohlen- 
saurer Kalk, die andere Magnesiahydrat seien, indem mittelst An- 
säuerung die Entwieklung von Kohlensäure eingeleitet wurde. Es 
wurde bei schwacher Vergrößerung ein unbedeckt gebliebenes Prä- 
parat von Predazzit mit sehr verdünnter Essigsäure behandelt und 
mit einem Deckgläschen lose bedeckt, um den Proceß® so langsam 
als möglich zu machen. Es zeigte sich nun ganz ausgezeichnet 
deutlich, daß die Kohlensäurebläschen nur von der Grundmasse mit 
den rhomboedrischen Spaltungsstreifen ausgehen, während die pellu- 
eiden Sechsecke und Rechtecke sich ganz ruhig verhielten, ja augen- 
blicklich noch reiner durchsichtig wurden. 


802 G. Hauenschild. 


Durch die Kohlensäureentwicklung wurde die Grundmasse 
dunkel, rauh und angefressen. Fast plötzlich änderte sich aber dann 
das Bild. Nun waren die früher so durehsichtigen Blättehen dunkel 
und rauh, ohne dafs sich übrigens eine Kohlensäureentwieklung in 
ihnen zeigte, sie waren für kurze Zeit dunkler als die Kohlensäure 
liefernde Masse. Auf einmal begannen sie wieder licht zu werden, ja 
sie wurden so durchsichtig und ihre Umrisse so scharf, daß sich die 
schönsten Hexagone und Zwillingsbildungen zeigten. Nun wurde 
durch Abspülen mit destillirtem Wasser die chemische Action sistirt, 
und es zeigte sich alsbald, daß die Blättehen alle verschwunden 
waren und das helle Glas sich statt ihnen zeigte, während die übrige 
Masse rauh und fast ganz undurchsichtig blieb. Das Magnesiahydrat 
hatte sich früher gelöst als der kohlensaure Kalk. 

Ein Pencatit-Präparat zeigte dieselben Erscheinungen; nur 
zeigte sich hier, daß der Formel ganz entsprechend verhältnißmäßig 
mehr Magnesiahydrat enthalten sei. 

Überhaupt unterscheiden sich die Pencatit-Präparate sogleich 
dureh die entschieden bedeutend größeren Mengen von pellueiden 
Blättehen, die Grundmasse zwängt sich schmal zwischen sie hinein 
und bildet häufig in den Blättchen körnige Einschlüsse. Außerdem 
sind die Blättehen mehr als die Hälfte kleiner als beim Predazzit, und 
überall! umgeben und theilweise durchsetzt von undurchsichtigen 
Körnern, deren schwarze Farbe und theilweise quadratische bis 
rechteckige Ausbildung conform den Resultaten der Analysen auf 
Magneteisen schließen läßt. 

Der dunkelschwarze Pencatit Nr. 3 enthält nach Petzholdt 
Spuren von Kohle, und wirklich zeigen die Präparate dunkle, amorphe 
Körper, welehe höchst wahrscheinlich organische Substanz sind, 
was ein Versuch mit dem Löthrohr bestätigte, indem der fast ganz 
schwarze Splitter seine Färbung ganz verlor und ein vollkommen 
lichtgebranntes Product ergab. 

Nr. 5 aus der Thalsohle von Canzacoli zeigte in einem Prä- 
parate deutlich ein Band von Serpentin, das sich im gewöhnlichen 
Lichte ven der Umgebung nicht deutlich abhob, sondern blos wie 
ein grünes Pigment darstellte. 

In dem Auswürfling der Somma Nr. 6 zeigte der kohlensaure 
Kalk selbst bei so düunen Präparaten, daß die Blättchen zwisehen 
ihm herausfielen, noch wenig Durehsichtigkeit und Differenzirung 


Mikroskopische Untersuchung des Predazzites und Pencatites. 803 


der diehten Masse, während die Lamellen des Magnesiahydrats groß 
und herrlich pellueid erschienen. 

Diese Nummer und eben so schön der Normal-Predazzit zeigten 
noch eigenthümliche Einschlüsse im durchsichtigen Mineral. 

Es sind dies häufig centrisch ausstrahlende, manchmal ganz 
regellos gehäufte schwarze spitze Nadeln, meist gekrümmt, bei 
starker Vergrößerung Intermittenzen zeigend, wodureh sie perl- 
sechnurförmig aussehen. (Fig. 4.) 

Hält manssich gegen- 
wärtig, daß die Grund- 
masse kohlensaurer Kalk 
ist, daß er rhomboedri- 
sche Spaltbarkeit besitzt,(7 
so kann keinen Augen- 
blick ein Zweifel obwal- 
ten, daß es die Mineral- 
species Caleit ist, welcher 
als constituirende Sub - 


stanz in den untersuchten 
Gesteinen auftritt. Ferner ist erwiesen, daß die hexagonalen Tafeln 
Magnesiahydrat sind, also kann das zweite constituirende Mineral 
nichts anderes sein als die Species Brueit. 

Ich vermuthe, daß die dunklen Nadeln im Brucit im Zusammen- 
hange stehen mit der PO,, welche H. Rose und Roth im Brueit 
fanden, wovon ich mich ebenfalls am Peneatit überzeugte, und zwar 
daß sie ein Eisenphosphat seien. Jedoch läßt sich eben nieht mehr 
als eine Vermuthung aussprechen. Die Untersuchungen haben also 
ergeben: 

1. Predazzit und Peneatit sind nieht einfache Mineralien, son- 
dern ein inniges Gemenge von Caleit und Brueit. 

2. Die versebiedenen Formeln des Predazzites und Peneatites 
erklären sich aus der versehiedenen Häufigkeit des Brueits. 

3. Die dunkle Färbung und Bänderung des Pencatites rührt vor- 
zugsweise von organischer Masse her. 

4. Über die Natur der in den Brueitblättehen eingeschlossenen 
Nadeln läßt sieh gegenwärtig nichts Bestimmtes feststellen. 


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TERENEN On 


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ARRHER MEHR 


SITZUNGSBERICHTE 


KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. 


LX. BAND. 


ERSTE ABTHEILUNG. 


10. 


Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, 


Zoologie, Anatomie, Geologie und Paläontologie. 


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Pi IR 0 Ye 


807 


XXVI. SITZUNG VOM 2. DECEMBER 1869. 


Herr Prof. Dr. V. Ritter v. Zepharovich in Prag übersendet 
die 4. Reihe seiner „Mineralogischen Mittheilungen“. 

Herr Director K. v. Littrow theilt mit, daß Herr W. Tem- 
'pel in Marseille am 28. November abermals einen teleskopischen 
Kometen entdeckt habe und daß dieser an der k. k. Wiener Stern- 
warte durch Herrn Prof. Dr. Edm. Weiß eonstatirt worden sei. 

Herr Prof. Dr. V. v. Lang überreicht eine Abhandlung des 
Herrn Aristides Brezina, betitelt: „Entwiekelung der tetartosym- 
metrischen Abtheilung des hexagonalen Krystallsystems, nebst Be- 
merkungen über das Auftreten der Cireularpolarisation“. 

Herr Prof. Dr. F. Ritter v. Hochstetter übergibt die dritte 
Mittheilung über „die Erdbebenfluth im Paeifischen Ocean vom 13. 
“bis 18. August 1868*. 

Herr Custos Dr. A.Schrauf legt den ersten Theil seiner „Stu- 
dien an der Mineralspecies Labradorit“ vor. 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 

Accademia Gioenia di Seienze naturali di Catania: Atti. Serie IP, 
Tomo I & Ill. Catania, 1868 & 1869; 4%. — Relazione dei 
lavori seientifici. 1866, 1867, 1868. Catania, 1869; 40. — 
Aradas, Andrea, Elogio accademieo del Prof. Cav. Carlo Gem- 
mellaro. Catania, 1869; 4°. 

American Journal of Seienee and Arts. Vol. XLVIil, Nr. 143. 
New Haven, 1869; 80°. 

Astronomische Nachrichten. Nr. 1779—1781. Altona, 1869; 40, 

Ateneo Veneto: Atti. Serie Il., Vol. V.punt. 4°. Venezia, 1869; 80. 

Comptes rendus des seances de l’Academie des Sciences. Tome 
LXIX, Nrs. 19—20. Paris, 1869; 4°. 

Cosmos. XVII Annde. 3° Serie. Tome V, 21°—22° Livraisons. 
Paris, 1869; 80. 

Eichwald, Eduard v., Die Lethaea Rossica und ihre Gegner. |. 
Nachtrag. Moskau, 1868: 80. 

Sitzb. d. ınathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 53 


808 


Gewerbe-Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. XXX. 
Jahrg. Nr. 36— 37. Wien, 1869; 8°. 

Graber, Vitus, Die meteorologischen Verhältnisse von Vinkovei im 
Jahreseyelus vom 1. August 1868 bis 31. Juli 1869. Essek, 
1869; 80. 

Isis: Sitzungsberichte. Jahrgang 1869, Nr. 7—9. Dresden; 8°. 

Istituto, R., Veneto dı Seienze, Lettere ed Arti: Atti. Tomo XIV’, 
Serie IIP, Disp. 10°. Venezia, 1868—69; 80. 

Jahres-Bericht des ersten Wiener Lehrervereines „Die Volks- 
schule®. 1869. Wien; 8°. 

Koristka, Carl, und J. Krejei, Archiv für die naturwissensebaft- 
liche Landesdurchforschung von Böhmen. I. Bd. Prag, 1869; 40. 

Landbote, Der steirische. 2. Jahrgang, Nr. 24. Graz, 1869; 40. 

Moniteur scientifique. Tome XI’, Annee 1869, 310° Livraison. 
Paris; 40. 

Mühry, A., Allgemeines Klima der Schweiz. gr. 8°. 

Nature. Vol. I, Nr. 3—4. London, 1869; 40. 

Peschka, Gustav Ad. V., Dimensionirung von Maschinentheilen, 
welche im Maschinenwesen eine vielseitige Verwendung finden. 
Brünn, 1869; 8°. 

Plantamour, E., Resume meteorologique de l’annee 1868 pour 
Geneve et le Grand Saint-Bernard. Geneve, 1869; 8°. 

Reichsanstalt, k k. geologische: Jahrbuch. Jahrgang 1869, 
XIX. Band, Nr. 3. Wien; 40. — Verhandlungen. Jahrgang 1869, 
Nr. 14—15. Wien; 4°. 

Revue des cours scientifiques et litteraires de la France et de 
l’etranger. VI’ Annee, Nrs. 51—52. Paris & Bruxelles, 1869; 4°. 

Societe botanique de France: Bulletin. Tome XVI°, 1869. Session 
extraordinaire A Pontarlier, Juillet 1869. Paris; 8°. 

Verhandlungen der vom norddeutschen Bundeskanzleramt zusam- 
menberufenen Commission für die Vorberathung der für die 
Beobachtung des Venusdurchgangs von 1874 zu ergreifenden 
Maßregeln. Berlin, 1869; Fol. 

Wiener Landwirthschaftliche Zeitung. XIX. Jahrgang , Nr. 47 
bis 48. Wien, 1869; 4°. 

— Medizin. Wochenschrift. XIX. Jahrgang, Nr. 93—96. Wien, 
1869; 40. 


809 


Mineralogische Mittheilungen. 
IV. 


Von dem e. M. V. Ritter v. Zepharovich. 


(Mit 2 Tafeln.) 


1. Ullmanit und Pyrit aus der Lölling in Kärnten. 


Im Vergleich mit den meisten mineralogisch sehr einfach eon- 
stituirten alpinen Sideritlagerstätten ist jene des Lölling - Hütten- 
berger Erzberges von besonderem Interesse. Eine Abtheilung des- 
selben, das „Wolfsbauer-Lager“, hat bereits eine nieht unansehn- 
liche Reihe von zum Theil seltenen Mineralsubstanzen, die ich in 
einer paragenetischen Studie zu schildern versuchte 1), geliefert.. Es 
gelang mir hier auch Bournonit nachzuweisen, der in einem dunklen 
Hornstein in kleinen Partien eingewachsen, sich von den beiden mit 
vorkommenden metallischen Verbindungen, Mißpickel und Rammels- 
bergit, sogleich durch seine dunkel stahlgraue Farbe, lebhaften Glanz 
und Spaltbarkeitsanzeichen unterscheidet. Auch auf den geognostisch 
gleich situirten und demselben Kalkzuge angehörigen Sideritlager- 
stätten von Weitschach und Olsa (bei Friesach) kommt Bournonit 
vor, in Olsa überdies ein Arsenantimonnickelkies, den ieh Korynit 
genannt 2). 

Eine dem letzteren sehr nahe stehende Verbindung, als Ull- 
mannit, Antimonnickelkies, zu bestimmen, hat sich in jüngster Zeit 
ebenfalls in der Lölling gezeigt, und es ist nun die mineralogische 
Übereinstimmung der beiden Lagerstätten Olsa und Lölling durch 


1) Der Löllingit und seine Begleiter (Verh. d. k. min. Ges. z. Petersburg, 2. Ser. 
3. Bd., 1867). 


2) Bournonit, Malachit u. Korynit v. Olsa (Sitzb. d. k. Akad. d Wiss. 51. Bd., 1865, 
p. 16 d. Sep. Abdr.). 


>>, 


810 v. Zepharovich. 


diesen neuen Fund noch eine vollständigere geworden. Es sind somit 
von Niekel-Mineralen aus Kärnten bereits vier bekannt, nämlich außer 
den genannten Korynit, Ullmannit und Rammelsbergit, auch 
der Chloanthit, dessen Vorkommen in dem Wolfsbauerlager des 
Löllinger Erzberges ich ebenfalls zuerst nachgewiesen hatte 1). 

Der freundlichen Aufmerksamkeit des Herrn Directors Ferd- 
Seeland in Lölling verdanke ich, wie bei früherer Gelegenheit, 
auch diesmal die Kenntniß des neuen Fundes; seiner Mittheilung 
nach wurde in dem heurigen Frühjahre in dem Löllinger Reviere, 
mit dem Verbindungsschlage des Fleischerstollens und des Frieden- 
baues aus dem Kalke in den Hangend-Glimmerschiefer gefahren und 
zeigten sich in letzterem kleine derbe Partien von schaligem Baryt, 
welcher ausgezeichnete Krystalle von Pyrit und eines fraglichen 
Minerales eingewachsen enthielt. Dieses erwies sich als Ullmannit, 
den man in Österreich noch nicht angetroffen hatte2). Aber aueh in 
anderer Beziehung ist das Kärntner Vorkommen von Interesse, indem 
seine Untersuchung für die Charakteristik dieses Minerales mehrere 
neue Ergebnisse lieferte. 

Die tesseralen Krystalle des Ullmannit sind nämlich ge- 
neigtflächig-hemiädrischs) — bisher wurden nur die For- 
men 111, 100 und 110 angegeben — und der Zwillingsbil- 
dung unterworfen, zwei Tetraäder in Gegenstellung durchkreuzen 
sich bei zusammenfallenden rhombischen Axen. 

An den mir vorliegenden licht stahlgrauen, stark glänzenden 
Krystallen ist entweder das Tetraäder oder das Rhombendodekaäder 
vorwaltend, immer aber sind die Anzeichen von Zwillings-Durch- 
kreuzung vorhanden; sie fehlen auch nicht an den, wie einfach aus- 
sehenden Rhombendodekaädern, indem die Flächen derselben parallel 
ihrer Makrodiagonale in zwei Hälften getheilt erscheinen, welche in - 
eine Ebene fallen, wie Taf. I, Fig. 1 in idealer Regelmäßigkeit zeigt, 
oder bei geringer Abweichung von der gesetzmäßigen Stellung der 
beiden Componenten »(111).(110) des Zwillings, unter einer sehr 


1) A. 2.0. p. 21. 

2) Kolenati’s Angabe des U. von Heinzendorf in Mähren unberücksichtigt lassend 
(S. mein mineralog. Lexikon p. 458). 

3) Die Krystalle der analogen Arsenverbindung, des Gersdorffit, so wie jene des 
Kobaltin, gehören bekanntlich der parallelflächig-hemiedrischen Abtheilung des 


Tesseralsystemes an. 


Mineralogische Mittheilungen. 811 


stumpfen Kante gegen einander geneigt sind (ich fand sie in zwei 
Fällen 1782/,; und 178°). Deutlicher erscheinen die Tetraäder- 
flächen in den weiteren Rinnen der Fig. 2, die einem 10 Mm. brei- 
ten, einerseits durch eine hexa@drische Spaltfläche begrenzten Kry- 
stalle nachgebildet ist. Zuweilen sind die beiden sich durehkreuzen- 
den Individuen von ungleicher Größe; Fig. 3 zeigt einen solchen 
Fall, der eine Krystall ragt nur mit seinen trigonalen Rhombendode- 
kaöder-Ecken über den Tetraöderflächen des zweiten größeren 
hervor. 

Außer den Flächen von (0) »(111) = 0/2 und (d) (110) = 
>00 fand ich am Ullmannit aus der Lölling noch untergeordnet auf- 
tretend die Formen 


(0’) z(T11), (m) E11), »(211), (s) »(221), (881). 
(0) 202 202 20 so 


Zt arT 3 9 
2 


p) aimıR AA zn 2 


»(211) stumpft einzelne Kanten an den scheinbar einfachen 
Rhombendodekaädern ab. #(211) wechselt in Treppen mit dem 
(111) und schärft die Kanten desselben zu. x(221) wurde in 
schmalen, stark glänzenden Leisten, parallel der längeren Diagonale 
auf den (110) Flächen beobachtet. x(881) erscheint in gleicher 
Weise und auch in sehr dieht und fein gerieften, schmalen Flächen 
zwischenx(111) und (110). Der berechnete Winkel (881 :110) = 
174° 57, gemessen wurde 174° 50. | 

Die Tetraöder-Flächen sind stark gerieft, gewöhnlich vorwal- 
tend parallel einer Combinationskante mit x(211), zuweilen ist aber 
eine Riefung nach drei Richtungen, nämlich parallel den 3 und 3 
Combinationskanten mit x(211) und »(221) vorhanden; auch die 
#(211) und x(881) sind stark gerieft; relativ am ebensten sind die 
(110)-Flächen. 

Die vollkommen nach (100) spaltbaren Krystalle schließen 
kleine Partien von Baryt ein. Zur Bestimmung des speeifischen Ge- 
wichtes wurden kleine mit der Loupe sortirte Krystall - Fragmente 
verwendet. Zwei Wägungen im Piknometer mit 0:94 und 0-86 Grm. 
von Herrn Dr. Borieky ausgeführt, ergaben 674 und 6-71, eine 
dritte Probe von 0-47 Grm. ergab 6°54 und eine vierte Wägung 
mehrerer Krystalle (0-6 Grm.) mit sichtbaren Baryt-Einschlüssen, 
6-15 als speeifisches Gewicht. Enthielt die dritte Probe, mit ihrem 


812 v. Zepharovich 


von den beiden ersten stärker differirenden Ergebnisse, ebenfalls 
Baryt eingemengt, so wäre 6-72 als specifisches Gewicht des Löl- 
linger Ullmannit anzunehmen, eine Zahl, die — wenn man auch den 
durch die Analyse nachgewiesenen Gehalt an Wismuth in Rechnung 
bringt — von den bisherigen Angaben !) nicht unbedeutend ab- 
weicht. Es wäre demnach möglich, daß die älteren Bestimmungen 
mit nicht ganz reinem Materiale ausgeführt wurden und eine Wie- 
derholung derselben wünschenswerth. 


Ich verdanke Herrn Dr. W. Gintl, Adjuneten am chemischen 
Lahoratorium der Prager Universität, eine Analyse des besproche- 
nen Minerales. Qualitativ wurden darin Antimon, Nickel, Schwefel, 
Arsenik, Wismuth und Blei nachgewiesen und die Abwesenheit von 
Kobalt und Eisen constatirt. R 


0-634 Grm. der bei 110° C. getrockneten Substanz im Chlor- 
gasstrom zerlegt, ergaben die folgenden Mengen der Bestandtheile: 


Schwefel. . . . . . 00965 Grm. 15-22 Pet. 
Antimon . » 2». ..083204 „ 50.53 „ 
Ärsentt:.. a8 wa, 310 „ 
Nickel. . .....01736 „ 27.38 „ 
e er . 00247 , 3:89 „ 
ei BE a cr 


0:6349 Grm. 100-112 


Nickel wurde als Oxydulhydrat abgeschieden und als Oxydul 
gewogen; Antimon als dreifach Schwefelantimon gefällt und dieses 
nach Entfernung des Wassergehaltes und des beigemengten Schwe- 
fels gewogen; Arsenik und Schwefel wurden ersteres als arsen- 
saure Magnesia-Ammoniak, letzterer als schwefelsaurer Baryt ab- 
geschieden und gewogen. Ihrer geringen Menge wegen ließ sich eine 
Trennung von Wismuth und Blei nieht gut ausführen, sie wurden 
daher gemeinsam als Schwefelmetalle gefällt, in denselben der 
Schwefelgehalt bestimmt und nach Abzug desselben das Gewicht 
des Metallgemenges erhalten. 


1) 6°%—6°5 Naumann’s Min.; 6°35—6°5 von Harzgerode, Rammelsberg (Min. 
Chem. S. 63). 


Mineralogische Mittheilungen. 813 


Nach der muthmaßlichen Zusammengehörigkeit der obigen Ele- 
mente würden sich folgende Verbindungen ergeben: 


50-53 Sb, + 12-22 Ni —= 62-75 NiSb, 
3:10A, + 1:22Ni 4-32 NiAs, 
15-12S + 13°94 Ni 29:06 NiS, 
0:.10S + 0:65Pb 0-75 PbS 
3:24 Bi. 


Metallisches Wismuth ist auf der Löllinger Erzlagerstätte keine 
seltene Erscheinung; es ist wohl als solches und acessorisch im Mi- 
nerale anzunehmen, ebenso ist die geringe Menge von Schwefel- 
blei als Beimengung zu betrachten. Bringt man die Mengen von 
beiden letzteren in Abzug, so wäre die procentische Zusammen- 
setzung die folgende: 


Schwetel.. (tm. ro ledig 
Antimon. ar Oral RAR 
ALSEn ER ER ee ee 
Nickel 2 nn nun 02 3800 (28 


d. i. Ullmananit NiSbS, in welchem 1/,. des Antimon durch Arsen 
vertreten erscheint. Die obigen Zahlen geben das Verhältniß der 
Äquivalente von 

Ni:(Sb,As):S = 1°:02:1:1:°04, 


welches dem von der Formel geforderten 1: 1: 1 näher steht, als es 
bei den früheren Analysen analoger Verbindungen der Fall ist t). 
Berechnet man die procentische Zusammensetzung nach der Formel 


9NISbS.NiAsS$ 


so findet man den obigen Daten nahekommend: 


Schweieleim.: UM ln 8 u ulin sii6 
Antımonen en m nm. No! 
AuSensITa anne ar aimestad 19.00 
Nickel”... ; , RZ 


1) Sitzb. d. k. Akad. d. Wiss. 51. Bd, p. 19 des Sep. Abdr. 


814 v. Zepharovich. 


Der Pyrit, gleich dem Ullmannit im Baryt eingewachsen, er- 
scheint in wohlgebildeten Oktaödern, die bis 10 Mm. Höhe erreichen 
002 

2 

binirt sind; das letztere, stets untergeordnet, hat spiegelglatte Flächen, 
während jene des Oktaöder mit einer triangulären Riefung versehen 
sind; die feinen Riefungslinien treten vorzüglich in den Winkeln 
der Oktaöderflächen auf und sind der gegenüberliegenden Kante 
parallel, — sie lassen sich oft bis gegen die Flächenmitte verfolgen, 
die dann von einem glatten Trigon eingenommen wird, welches sich 
in gewendeter Stellung gegen die Oktaäderfläche befindet und von 
dessen Ecken schwach abfallende Linien gegen die Oktaäderkanten 
ziehen. Zuweilen erhebt sich ein deutlicher abgestufter Pyramiden- 
bau über der Oktaöderfläche; die schmalen Randflächen der trigo- 
nalen, wie übereinander geschichteten Lamellen sind ausnahmsweise 
meßsbar und lassen die Ikositetraäder (211) =202, (433) = :/;0%/; 
und (655) = %/,0®%/, als Veranlassung der früher erwähnten triangu- 
lären Riefung erkennen. 


und immer mit dem Pentagon-Dodekaöder x (210) — com- 


Die Angabe der beiden letzteren Formen, welche am Pyrit neu 
wären, beruht auf sehr unsicheren Messungen, da nur auf den leb- 
haften Reflex äußerst schmaler Flächen eingestellt werden konnte; 
das am Pyrit nicht sehr seltene 2302 war hingegen ganz bestimmt 
nachzuweisen (Fig. 4). 


An Krystallen, deren Oktaöderflächen aber in so geringem 
Grade geebnet erscheinen, treten, wie dies auch sonst an unvoll- 
kommenen Krystallen bekannt ist, noch andere untergeordnete 
Flächen auf, die an den vollendeten fehlen; so das Hexa@der (100), 
sehr mangelhaft geebnet, gekerbt, auch in den matten, die Oktaöder- 
kanten abrundenden Flächen in vielen kleinen Stufen glänzend, das 


Dyakisdodekaöder x(421) on (£) und noch ein zweites, in der 
Zone mit z(210) (e) liegend, für welches sich, aus sehr aproxi- 


12/. 0. 
mativen Messungen berechnet, das Zeichen rx(12:6°5) un (=) 


ergab; — auch dieses Dyakisdodekaöder wäre eine am Pyrit noch 
nicht beobachtete Form (s. Fig. 4). 

An einem, dem flächenreichsten Krystalle, mit den eben ge- 
nannten Formen, sieht man mit den glänzenden Oktaöderflächen im 


Mineralogische Mittheilungen. s1 5 


Gleiehgewichte, oder sie selbst an Ausdehnung übertreffend, matte 
Flächen mit kaum merklicher eonvexer Krümmung, die einem Ikosi- 
tetraäder anzugehören scheinen und parallel zur Combinationskante 
mit (114) äußerst fein gerieft sind (Fig. 5). Die Messung seiner 
Kanten führte auf das Zeichen (744) = /,0°/, (y) — doch möchte 
ich diese Flächen nicht als die einer selbstständigen Form ansehen, 
sie scheinen vielmehr aus dem Treppenwechsel mehrerer in der 
Zone (100.111) liegender Flächen hervorgegangen zu sein. 


Von den Messungen am Löllinger Pyrit mögen folgende hier 
angeführt werden: 


Berechnet Gemessen 
5:6:12:124 7°50' 774%’ (2) s.a. 
5-6-12:5:6-12 40-53 — 
112 :111 19:28 19-26 (2) 
RR ulah! 8-3 8:20 (2) =. a. 
556 :111 58 5:25 (3) s.a. 
556 :556 65 151/, — 
AAN 15:483/, 15:38 (1) s.a. 
447 : ATA anal 26-58 (1) s.a. 
AUT :AAT 52-461), 52-45 (1)s.a. 


Die neben den Mittelwerthen der Messungen in Klammern 
stehenden Zahlen geben die Anzahl der gemessenen Kanten an, mit 
s. a. sind die sehr aproximativen Bestimmungen bezeichnet; diese 
letzteren begründen wohl noch nicht genügend die Einstellung der 
n(12-6°5), (433) und (655) in die Reihe der Pyrit-Formen, welche 
nach G. Struever bereits die ansehnliche Zahl von 54 erreicht 
hat ?). 


2. Sphen vom Rothenkopf im Zillerthale. 
Von einem Ausfluge nach Tirol im vorigen Jahre brachte ich 


einige jener prachtvollen Sphen-Krystalle mit, welche man i. J. 1863 
auf der Scehwarzenstein-Alpe am Rothenkopf im Zillerthale ange- 


1) Studi sulla miner. ital. Pirite del Piemonte e dell’Elba (Mem. d. R. Ac. d. sc. d. 
Torino ser. Il, t. XXVI, 1869). 


816 v. Zepharovich. 


troffen hatte. Liebener gab über sie die erste Nachricht !) und 
Fr. Hessenberg, dem wir in seinen mineralogischen Notizen 
bereits so viele werthvolle Studien über den Sphen verdanken, 
widmete dem neuen Vorkommen eine ausführlichere krystallogra- 
phische Mittheilung?). War demnach voraussichtlich kaum mehr 
etwas neues diesen Kıystallen abzugewinnen, so wollte ich doch 
einen derselben, einen Zwilling, der sich durch einen besonderen 
Reichthum an spiegelnden Flächen: auszeichnete, nicht ungemessen 
lassen. Es lohnte sich dies zunächst insoferne, als sich hier mehrere 
seltene und für die Localität charakteristische Sphenformen ver- 
einigt nachweisen und Hessenberg’s Messungen bestätigen 
ließen. Andererseits gelangte ich zur Überzeugung, daß, wenigstens 
für diese Zillerthaler Zwillinge der von Hessenberg angenommene 
Hemimorphismus ihrer Componenten keineswegs stattfinde, — 
indem der herzförmige oder pentagonale Umriß derselben sich als 
eine nothwendige Folge der hemitropen Zwillingsbildung ergibt, — 
und die gewöhnliche Verkürzung der im Zwilling vereinten Indivi- 
duen in der Richtung der Zwillingsaxe (Normale auf 001), so wie 
die häufig eintretende differente Gestaltung der beiden Individuen, 
die von Hessenberg (a. a. O.) dargestellten Fälle vollkommen 
erkläre, daß daher auch eine Nothwendigkeit nicht vorliege, für 
die besprochenen Sphen-Zwillinge das Bildungsgesetz in einer be- 
sonderen Weise — Zwillingsaxe die Klinodiagonale — zu formuliren. 

Die Bemerkungen, welche ich über diesen Gegenstand meinem 
hochgeehrten Freunde mitgetheilt, veranlaßten ihn, seine frühere 
Auffassung bezüglich dieser Zwillingskrystalle aufzugeben; auch ist, 
wie derselbe schreibt, ihm nun ebenfalls der Hemimorphismus der 
einfachen Sphen-Krystalle zweifelhaft geworden. Denn gar nicht 
selten sieht man zwar Zillerthaler Sphene mit herzförmigem Habitus, 
welche sich bei großer Dieke anscheinend durchaus wie einfache 
Krystalle verhalten — allein bei näherer Prüfung bemerkt man, daß 
dem oP der einen Seite ein vielleicht unmeßbar dünnes Plättehen 
auflagert, oft sogar von viel zu geringem Umfange, um vom oP des 
dicken Krystalles mehr als etwa ein Viertheil zu bedecken, doch aber 


1) Nachtrag z. d. Min. Tirol’s, 1866, S. 30. 
2) Nr. Vl, S. 19, Fig. 26—34. Nr. VII, S. 11, Fig. 15, 16 (Abh. d. Senckenb. nat. 
Ges. V. Bd. 1864 u. VII. Bd. 1868). 


Mineralogische Mittheilungen. 817 


immer in Zwillingsstellung zu jenem. Aber freilich kann man fragen, 
warum hat sich nun der große Krystall, trozdem er doch überallhin 
freien Raum hatte, um seine Formen vollständig auszubilden, den- 
noch in so vielen Fällen hälftig beschränkt und wie ein Zwillings- 
Component gestaltet? Dies ist, schließt Hessenberg sein Schrei- 
ben, ein nicht leicht zu lösendes Räthsel, aber zur Stunde kommt es 
mir doch fast so vor, als hinge die Erscheinung eher mit der zwillin- 
gischen Hemitropie zusammen, als daß sie als ein eigenthümlicher 
Hemimorphismus des Individuums zu deuten wäre. 


Auf den von mir näher untersuchten Zwilling bezieht sich die 
Fig. 2, Taf. II, eine’ Projeetion auf die Symmetrie-Ebene in etwa 
6facher Vergrößerung, welche mit den von Hessenberg (a. a. 0.) 
gegebenen Bildern verglichen, eine abweichende Entwicklung der 
Flächen zeigt. Die beiden Componenten der keilförmigen Tafel sind 
ungleich gestaltet, auch ist der flächenreichere nach Höhe und Breite 
mehr ausgedehnt, so daß von seinem unteren oP noch eine schmale 
Leiste sichtbar wird. 


Es sind hier zwölf Formen !) in Combination getreten: 


c(001) . g(010) . y(101) . r(011) . {(121) . w(143) <(121) 
oP PX Foo Po —2P2 —:,P4 2P2 


s(141) . &(181) . (110-3) . »(145) . n(123). 
Pk, 8P8 ,, ),PlO pi 2P2. 


Die am meisten ausgedehnten Flächen (001), so wie die eine 
einspringende Kante von 120° 34° bildenden, langgestreckten (101) 
und die (123) sind starkglänzend, ihrer Unebenheit wegen aber zu 
genauen Messungen nicht geeignet; die ebenfalls breiten (145) sind 
zart parallel ihren Combinationskanten mit (123) und (011) gerieft, 
reflectirten jedoch das Fadenkreuz; die übrigen Flächen sind spiegel- 
glatt. 

Unter den beobachteten Formen sind drei, welche bisher nur 
an Tiroler Sphenen aus dem Zillerthal (Zi.) und Pfitsch (Pf.) durch 
Hessenberg nachgewiesen wurden, nämlich: (110-3) (Zi. 2), 


1) Die Bezeichnung (und Flächensignatur) wie bei Hessenberg im Anschluß an 
Naumann’s Grundform und Stellung. 
2) Min. Not. Nr. VIII, 10. 


818 v. 


(181) (Zi. Pf.!) und (121) (Pf.2); hierzu kommen noch andere 
seltene, wie (145) (Pf. 2) und (143) (Zi. Pf.:). So vereinigen sich 
hier Flächen, die ganz charakteristisch sind für die genannten alpinen 
Localitäten, denen wie aus Hessenberg's Untersuchungen hervor- 
geht (Min. Not. VI. 24), noch eine weitere Reihe von Formen eigen 
thümlich ist. 

Von den Ergebnissen der Messungen an: dem flächenreieheren 
Individuum des besprochenen Zwillings führe ich im folgenden nur 
die verläßlichen an. 


Zepharovieh. 


Berechnet EEE, 
j‘ (121) :w (143) . RN 
w (143) : n (145) 37 54 37 52 
y (101) : e (121) 36 36 36 40 
y (I0I) : s (141) 56 1 56 7 
e (121) : s (141) 19 25 19 27 
Er (VO) 18 36 18 34 
s (141) : q (010) 33 59 33 58 
s (141) : &£ (181) 15 23 15 24 
n (145) : s (141) 42 0 42 11, 
N (141) : w (143) 61 53 62 5 
r (011) : 2(1:10-3) 34 59 35 1 
e(1:10:3): € (181) 14 20 14 24 
ZEKO11) ct) 49 19 49 24 
(e(1:10:3) : g (010) 26 261/), 26 28 
121-103): s (141) 17 37 17 38 


In die sphärische Projeetion Taf.Il, Fig. 1, sind die Projeetionen 
der oben erwähnten, so wie der übrigen am Sphen sicher besimmten 
Flächen eingetragen; sie bringt einen ansehnlich größeren Formen- 
reichthum zur Darstellung als jene Projeetion, die Descloizeaux 
für seine Mineralogie, 1862, entworfen, indem eben in jüngster Zeit 
die Untersuchungen Hessenberg’s (Min. Not. Nr. VI und VII) 


1) A. a. ©. IV. 18; VII, 12. 
2) A. a. 0.1, 18. 
3) A.a. 0. IV, 18; VI, 26. 


Mineralogische Mittheilungen. 819 


viele neue Ergebnisse brachten. Ein Verzeichniß der Formen, welche 
1864 bekannt waren, mit Nachweisen der Beobachter und des Vor- 
kommens gab derselbe in seinen mineralogischen Notizen Nr. VI, 
S. 23: die daselbst als fraglich oder irrthümlich bezeichneten 
älteren Angaben sind in unsere Projeetion nicht aufgenommen 
worden. Dieselbe erhielt eine ansehnliche Bereicherung durch die 
Arbeiten Hessenberg's v. J. 1868 (Min. Not. Nr. VIII), welche 
über neue Beobachtungen von fünf Hemipyramiden, einem Prisma, 
einem Ortho- und einem Klino-Doma berichten. Im Ganzen sind nun 
am Sphen bereits 40 verschiedene Formen goniometrisch bestimmt; 
nur 10 von diesen. — sie wurden in der folgenden Übersicht 1) mit 
einem Sternchen bezeichnet — sind .an Tiroler Krystallen von den 
Fundstellen im Zillerthal, im Pfunders und Pfitsch nieht beob- 
achtet worden. 


D:2) ) 
001 oP hi cp 
010 Po g! q 
-180 ooPs = (8, 13 5) 
130 copy #‘ Mi Me 
110 ooP bi l 
105) 1, Poo — (8, 10) 
*103 1), Poo 01 
102 1, Poo 02 2 
”509° 5/, Poo 03/2 ar(@*) (8; 26) 
101 Po p Yy 
*19-0.12.) 19), ,Poo at, 
101 — oo ai v 
013 1), Poo h: 0 
011 Po m r 
031 3Poo — (8, 13) 


1) S. die Anm. 1) pag. 9. 
2) Flächensignatur bei Deseloizeaux (D) u. Hessenberg (H). 
3) Hessenberg, Min. Not. Nr. VII, S. 13. 


%) Am Greenovit auftretend. 


820 


527 
*218 
436 


35.30.49 


*227 
*113 
112 
223 
119 
123 


*5-10:6 


121 
*132 
145 
141 


2 
*3-16°3 


168 
181 


1:10-3 


112) 
233 
123 
121 
143 


5/,P5/; 
2/,P2 
/;P*); 


Pr) 


2/,;P 
1/;P 
/,P 
2/;P 
"/;P 
2/;P2 
5/;P2 
2P2 
3/,P3 
Pi 
4P4 
YıB?yz 
16/, P16/, 
2P6 
8P8 
10/,P3 
—1/,;P 
— Pr), 
0} ‚2 
—2P2 
— 1, PA 


D 


u 


ds). 
d? 


v. Zepharovich. Mineralogische Mittheilungen. 


ae 
Ss 
A 
Ö 
(6) 
z (8, 7) 
ve) (8 *%) 
in 
u(@) (8, ?2) 
P 
d RN 
ee) 
u) 
T (8, 12) 
re 
y 
e 
w 


v.Zepharovich. Ullmannit w. Pyrit. Tafl. 


K.Vrba del. 


. A.d.kkHof-u.Staatsdruckerer. 
Sitzungsb.der k.Akad.d.W.math.naturw. CL IX. Bd. 1.Abth.4869. 


v.Zepharovich. Sphen. Tarl. 


Q 


— 


Ir} 


v:Zepharovich del. ANdkkHoru.Staatscdruckerer. 


Sitzungsb. d.k. Akad.d.W. math. naturw. CI. LX. Bd.T. Abttı.1869. 


821 


XXVI. SITZUNG VOM 9. DECEMBER 1869. 


Herr Dr. Leopold Jos.Fitzinger übersendet eine Abhandlung: 
„Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere oder Hand- 
flügler (Chiroptera). Familie der Kammnasen (Rhinolophi). I. Ab- 
theilung“. 

Die Direetion des k. k. Unter-Gymnasiums zu Horn dankt, mit 
Zuschrift vom 1. December |. J., für die dieser Lehranstalt zugemit- 
telten Separatabdrücke. 


Herr Direetor Dr. G. Tsehermak überreicht eine Abhand- 
lung: „Über die Form und Zusammensetzung der Feldspathe“. 
Herr Dr. J.Peyritsch legt eine Abhandlung: „Über Bildungs- 


abweichungen bei Umbelliferen“ vor. 


Herr Custos Dr. A. Schrauf übergibt eine Notiz über das 
Vorkommen des Brookit in Eisenglanz von Piz Cavradi, südlich von 
Chiamut im Tavetschthale Graubündens. 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 

Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss., zu Berlin: Monats- 
bericht. September und October 1869. Berlin; 8°. 

Annalen der Chemie und Pharmacie von Wöhler, Liebig & 
Kopp. N.R. VII. Supplementband, Heft 1. Leipzig & Heidelberg, 
1869; 80. 

Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 7. Jahrgang, 
Nr. 23. Wien, 1869; 8°. 

Astronomische Nachrichten. Nr. 1782. Altona, 1869; 4°. 

Bauzeitung, Allgemeine. XXXII. u. XXXIV. Jahrgang. IV. bis 
XII. Heft. Nebst Atlas. Wien, 1868/9; 40. u. Fol. 


Comptes rendus des seances de l’Acad&mie des Sciences. Tome 
LXIX, Nr. 21. Paris, 1869; 40. 


822 


nd) 


Cosmos. XVII Annee. 3° Serie, Tome VI, 23° Livraison. Paris, 
1869; 80. 

Gesellschaft, k. k. geographische, in Wien: Mittheilungen. 
N. F. 3, Nr. 1. Wien, 1870; 80. 

— österr, für Meteorologie: Zeitschrift. IV. Band, Nr. 22—23. 
Wien, 1869; 8°. 

Gewerbe - Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. 
XXX. Jahrg., Nr. 38. Wien, 1869; So. 

Jahrbuch, Neues, für Pharmacie und verwandte Fächer, von Vor- 
werk. Band XXXIL, Heft 4. Speyer, 1869; 8». 

Lotos. XIX. Jahrgang, November 1869. Prag; 8°. 

Mittheilungen aus J.Perthes' geographischer Anstalt. Jahrgang 
1869, X. Heft. Gotha; 40. 

Moniteur seientifique. Tome XT’, Annee 1869, 311° Livraison. 
Paris; 40. 

Nature. Vol. I, Nr. 5. London, 1869; 40, 

Pictet, F. J., Rapport sur l’etat de la question relative aux limites 
de la periode Jurassique et de la periode eretacee. (Archives 
des Seiences de la Biblioth. Univers. Nov. 1869.) 8°. 

Revue des cours seientifiques et litteraires de la France et de’ 
l’etranger. VII Annee, Nr. 1. Paris & Bruxelles, 1869: 4o. 

Societe Imperiale des Naturalistes de Moscou: Bulletin. Annee 
1869, Tome XLII, Nr. 1. Moscou; 8°. 

— des Sciences naturelles de Neuchatel: Bulletin. Tome VII, 
2° cahier. Neuchatel, 1869; 8°. 

— botanique de France: Bulletin. Tome XVI‘, 1869. Revue biblio- 
graphique D. Paris; 8°. 

Society, The Asiatie, of Bengal: Journal 1869. Part I, Nr. 2; 
Part Il, Nrs. 2—3. Caleutta; 80. — Proceedings 1869. Nrs. V 
bis VII. May— July. Caleutta; 80. 

Wiener Landwirthschaftliche Zeitung. XIX. Jahrgang, Nr. 49. 
Wien, 1869; 4°. 

— Medizin. Wochenschrift. XIX. Jahrgang, Nr. 97—98. Wien, 
1869; 40. 

Zeitschrift für Chemie von Beilstein, Fittig & Hübner. 

XII. Jahrgang. N. F. V. Band, 20.--22 Heft. Leipzig, 1869; 8°. 


823 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere oder Hand- 
flügler (Chiroptera). 


Familie der Kammnasen (Rhinolophi.) 
I. Abtheilung. 
Von dem w. M. Dr. Leop. Jos. Fitzinger. 


Die Familie der Kammnasen (Zhinolophi) reiht sich zunächst 
jener der Blattnasen (Phyllostomata) an und nimmt offenbar die 
niederste Stufe in der Ordnung der Flatterthiere oder Handflügler 
(Chiroptera) ein, wie dieß sowohl aus der unvollkommenen Bildung 
des Schädels der ihr angehörigen Formen, als auch zum Theile der 
Hand- und Fußknochen derselben deutlich hervorgeht, 

Sie ist an Arten ziemlich reich, welche seither in sieben 
Gattungen vertheilt worden sind; eine Zahl, die jedoch in der Folge 
bei einer genaueren Kenntniß der einzelnen körperlichen Merkmale 
vieler in dieser Beziehung noch sehr unvollständig bekannter Arten 
wohl vermehrt werden wird. 

Insbesondere sind es die wichtigen Kennzeichen der Art und 
Weise der Anheftung der Flügel an den Beinen und des Einschlusses 
des Schwanzes in die Schenkelflughaut, welche wir bis jetzt nur 
von einer geringen Zahl von Formen kennen. 

AlsGrundtypus der Familie muß die von Geoffroy aufgestellte 
Gattung Kammnase (Ahinolophus) betrachtet werden, welche mit 
der von Bechstein für dieselben Formen errichteten Gattung 
„Noctilio“ — die auch von Kuhl angenommen wurde, — iden- 
tisch ist. 

Später wurde diese Gattung nach der Verschiedenheit in der 
Bildung des häutigen Nasenansatzes, dem Vorhandensein oder dem 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 54 


824 Fitzinger. 


Mangel eines Schwanzes und der Art seiner Einhüllung in die Schenkel- 
flughaut in mehrere zerfällt. 

So trennte Gray unter den geschwänzten Arten die mit einem 
bandartigen Nasenansatze versehenen Formen und errichtete für die- 
selben die Gattung „Aipposideros“ oder Bandkammnase, welche Be- 
nennung Prinz Bonaparte mit dem richtiger gebildeten und auch 
bezeichnenderen „Phyllorrhina, vertauschte; ferner schied er die 
mit einem dreizackigen Nasenansatze und ziemlich weit aus der 
Flughaut hervorragenden Schwanze versehenen Arten aus und er- 
richtete für dieselben die Gattung Zackenkammnase (Asellia), ver- 
einigte die Formen mit kreuzförmigem gelapptem Nasenansatze in 
einer besonderen Gattung, für welche er den Namen Lappenkamm- 
nase (Aguias) in Vorschlag brachte und stellte für die mit einem 
lanzenförmigen Nasenblatte und die Schenkelflughaut ziemlich weit 
überragenden Schwanze versehenen Arten die Gattung Blattkamm- 

nase (Rhinonycteris) .auf, so wie für eine ungeschwänzte Art mit 

lanzenförmigem Nasenblatte die Gattung Grubenkammnase (Ariteus), 
‚ während Blyth für eine ebenfalls ungeschwänzte Art, aber mit band- 
förmigem Nasenansatze, die Gattung Leistenkammnase (Coelops) 
errichtete. 

Ich halte es für nöthig, dem speciellen Theile dieser Abhandlung 
einige Worte über die Beschaffenheit des Knochengerüstes und des 
Zahnbaues der dieser Familie angehörigen Formen vorausgehen zu 
lassen. 

Das Skelet ist im Allgemeinen nach der typischen Form der 
Flughunde (Cynopteri) gebildet, welche allen Gliedern der ganzen 
Ordnung eigen ist und weicht hauptsächlich nur in der Bildung des 
Schädels, der Zahl und Vertheilung der Wirbel, und der Anzahl der 
Phalangen der Finger und Zehen von demselben ab. 

Was den Schädel betrifft, so zeichnet sich derselbe auffallend 
durch. seine Kürze aus und die tiefe Einschnürung in der Gegend 
der Augenhöhlen, welche den Hirntheil von dem Gesichtstheile trennt. 
Die Schnauze und der Oberkiefer sind kurz und stumpf, und bieten 
vor der Einschnürung meistens eine hohe Wölbung dar. Der hoch- 
gewölbte Hirntheil fällt steil am Hinterhaupte ab und ist mit einer 
hohen schneidigen Scheitelleiste versehen, welche durch die rasche 
Vereinigung der Stirnleisten gebildet wird. Der Jochbogen ist stark 
und weit nach auswärts gebogen, das untere Augenhöhlenloch 


Kritische Durchsicht der Ordnung. der Flatterthiere (Chiroptera). 525 


groß. Der Zwischenkiefer wird nur aus einer kleinen, schmalen, bieg- 
samen und beweglichen Lamelle gebildet, die ursprünglich aus. zwei 
Hälften besteht, mit den Seitentheilen des Oberkiefers durchaus in 
keiner Verbindung steht, sich nur an den Gaumentheil desselben an- 
‚heftet und in der Mitte der Nasengrube zungenähnlich vorspringt. Die 
‚Nasengrube ist sehr weit und die Nasenknochen sind außerordentlich 
kurz und endigen nach vorne zu in zwei blasenartige Auftreibungen. 
Die Paukenknochen sind unvollständig, blos auf der Außenseite des 
‚Sehädels vorhanden und lassen die große Schnecke völlig frei und 
‚ zwar noch mehr als dieß bei der Familie der Blattnasen (Phyllosto- 
‘mata) der Fall ist. Der Eckfortsatz des Unterkiefers ist mehr oder 
‚weniger nach ab- und auswärts gerichtet. 


Die Zahl der Wirbel scheint nach unserer bisherigen Kenntniß 
‚des Skeletes bei den geschwänzten Arten der zu dieser Familie ge- 
hörigen Thiere zwischen 36 und 42 zu schwanken, und zwar die 
Zahl der Rückenwirbel zwischen 11 und 12, der Lendenwirbel 
zwischen 6 und 7, der Kreuzwirbel zwischen 2 und 4 und der 
‘Schwanzwirbel zwischen 10 und 13, wie die aus nachstehender 
"Tabelle ersichtlich ist, welehe eine Übersicht der Vertheilung der 
Wirbel bei den bis jetzt nach dieser Riehtung hin untersuchten Arten 
enthält. 


Gesammtz. 
Rücken- Lenden- Kreuz- Schwanz- Enehtuf 
wirbel wirbel wirbel wirbel d.7Halsw. Nach 
a nn a ET En u Eee 
‚Phyllorrhina Gigas. 11 7 3—4 2+ Temminck. 

55 Dittala NN 7 % 13 4% Peters. 

5 gracilis 12 7 3 10 39 Peters. 
‚Asellia tridens...... 11 6 2 10 36 Öuvier. 
‚Rhinolophus uniha- 

SIatUS 222 .2men.- 11 6 2 11 37 Cuvier. 
‚Ahinolophus _biha- 
Stabes Ch 11 6 2 12 38 Wagner. 


Bei manchen Arten der Gattung Bandkammnase (Phyllorrhina) 
and namentlich bei der schlanken Bandkammnase (Pyllorrhina 
‚gracilis), sind der letzte Hals- und die beiden ersten Rückenwirbel 
‚nit dem ersten und zweiten Rippenpaare zu einem Stücke verwachsen. 

Das Brustbein ist mit einer sehr stark entwickelten Leiste ver- 
‚sehen. Das Olecranon ist deutlich vorhanden und auch das kurze, 
am vorderen Ende freie Ellenbogenbein. Die Handwurzel ist aus 

| | 54° 


826 Fitzinger. 


sieben Knochen zusammengesetzt, welche in zwei Reihen vertheilt 
sind. Die Mittelhand besteht aus fünf Knochen, von denen jener für 
den Daumen sehr kurz ist, während die für die übrigen vier Finger 
von sehr beträchtlicher Länge sind. Bei den Gattungen Bandkamm- 
nase (Phyllorrhina) und Zackenkammnase (Asellia), und höchst 
wahrscheinlich auch bei der Gattung Leistenkammnase (Coelops); 
ist der Mittelhandknochen des dritten Fingers länger als jener des 
fünften, bei den Gattungen Kammnase (Rhinolophus), Blattkamm- 
nase (Rhinonycteris) und Lappenkammnase (Aquias), so wie auch 
wahrscheinlich bei der Gattung Grubenkammnase ( Arifeus) kürzer 
als derselbe. Der Zeigefinger besteht bei sämmtlichen dieser Familie 
angehörigen Formen nur aus einem einzigen sehr kurzen knöchernen 
und in einen Sehnenfaden ausgehenden Gliede, die übrigen Finger 
aber nebst dem Daumen aus zwei knöchernen Gliedern. 

Das Wadenbein ist fein und fadenförmig, und scheint keiner 
Gattung zu fehlen, obgleich dasselbe von Temminck der Gattung 
Kammnase (Rhinolophus), bei welcher es außerordentlich zart ist 
und nach oben in eine Spitze ausgeht, irrigerweise abgeläugnet wurde. 
Die Fußwurzel wird aus sieben Knochen gebildet. Das Fersenbein ist 
mit einem spornartigen Fortsatze versehen, der nur der Gattung 
Leistenkammnase (Coelops) fehlt. Bei den Gattungen Bandkammnase 
(Phyllorrhina) und Zackenkammnase (Asellia), so wie auch aller 
Wahrscheinlichkeit nach bei der Gattung Leistenkammnase (Coelops) 
sind die fünf Zehen der Hinterfüße nur aus zwei Phalangen zu- 
sammengesetzt, während bei den Gattungen Kammnase (Zhino- 
lophus), Blattkammnase (Rhinonycteris) und Lappenkammnase 
(Aquias), und wahrscheinlich auch bei der Gattung Grubenkamm- 
nase (Ariteus) nur die Daumen- oder Außenzehe zweigliederig ist, die 
vier übrigen Zehen aber aus drei knöchernen Gliedern bestehen. 

In Ansehung der Zahl und Vertheilung der Zähne findet unter 
den dieser Familie angehörigen Formen eine sehr große Überein- 
stimmung statt. 

Die Zahl der Zähne schwankt zwischen 26 und 32. Im Ober- 
kiefer sind zwei sehr kleine, ein- bis dreizackige Vorderzähne vor- 
handen, welche häufig schon frühzeitig bei zunehmendem Alter 
ausfallen, daher sie sehr oft gänzlich fehlen. Dagegen befinden 
sich im Unterkiefer immer vier Vorderzähne, welche bleibend sind 
und deren Kronenschneide zwei- bis dreizackig ist. Bald sind die- 


Kritiscke Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 82% 


selben symmetrisch gestellt, bald mehr oder weniger auf einander 
gedrängt. 

Sämmtlichen Formen ist in jedem Kiefer zu beiden Seiten ein 
sehr starker Eckzalın eigen, der an seiner Kronenbasis mit einem 
Ansatze versehen ist. 


Von Lückenzähnen ist im Oberkiefer jederseits nur einer vor- 
handen, der sehr oft aber schon in der ersten Jugend ausfällt und 
daher häufig gänzlich fehlt, während sich im Unterkiefer immer zu 
beiden Seiten einer oder zwei Lückenzähne befinden. 


Die Zahl der Backenzähne beträgt in beiden Kiefern jederseits 
vier und alle sind mit einer spitzzackigen Kaufläche versehen. Sie 
bestehen aus zwei dreiseitigen Prismen, deren einzelne Seitenkanten 
in eine scharfe Spitze ausgehen und an dem Punkte, wo sie sich 
gegenseitig berühren mit einander verschmolzen sind, daher ihr 
Durchschnitt fast die Gestalt eines W zeigt und ihre Kaufläche fünf 
Zackenspitzen darbietet. Im Unterkiefer sind die beiden Zacken nach 
Innen, im Oberkiefer nach Außen gerichtet. Jene des Oberkiefers 
bieten auf der Innenseite noch einen besonderen Ansatz dar, der 
niederer als die beiden Prismen ist und durch eine Aushöhlung von 
denselben getrennt wird. Bei der Gattung Bandkammnase (Phyl- 
lorrhina) fehlt dem hintersten Backenzahne des Unterkiefers der 
vierte Theil des vorhergehenden, dem des Oberkiefers aber mehr als 
die Hälfte desselben; bei der Gattung Kammnase (Rhinolophus); 
dagegen ist der hinterste Backenzahn des Unterkiefers dem vorher- 
gehenden völlig gleich, während dem letzten Backenzahne des Ober- 
kiefers das hinterste Zahnviertel fehlt. 


In Ansehung der Weichtheile ist noch Folgendes zu bemerken. 


Die Zunge ist bei sämmtlichen Arten frei, nur wenig aus- 
streckbar, von mäßiger Länge, breit und stumpfspitzig. 

Die Zitzen liegen auf der Brust und ist nur ein einziges Paar 
vorhanden. 

Die Ruthe des Männchens wird durch keinen Knochen unterstüzt. 

Endlich ist noch einer besonderen Eigenthümlichkeit zu er- 
wähnen, welche den Weibchen sehr vieler Arten dieser Familie zu- 
kommt. 

Es sind dieß besondere Anhänge, welche sich dicht vor der 
Geschlechtsöffnung befinden und in zwei kurzen abgeplatteten 


828 Fitzinger. 


walzenförmigen Hervorragungen bestehen, die mit dem Namer 
„falsche Zitzen“ bezeichnet werden. 

Geoffroy wollte in denselben ein zweites Zitzenpaar erkennen, 
welcher Ansicht Kuhl aber mit Entschiedenheit entgegentrat, da er 
bei einjährigen Weibchen niemals dieselben antraf. Temminck 
hielt sie für ein Absonderungsorgan, da eine fette übelrichende 
Flüssigkeit aus denselben ausschwitzt. Wagner, welcher diese An- 
hängsel bei der Hufeisen-Kammnase (Zhinolophus unihastatus) 
genauer untersuchte, wollte gefunden haben, daß dieselben mittelbar 
miteinander zusammenhängen und an dem Bande festsitzen, das 
sich über die Schambeine hinwegzieht, ohne jedoch mit einer Drüse 
in Verbindung zu stehen. Die Lösung dieser Frage ist daher noch 
der Zukunft anheim gestellt. 

Wie im Skelete, so zeigt sich auch in den äußeren körper- 
lichen Merkmalen eine ziemlich große Übereinstimmung unter den 
verschiedenen Formen dieser Familie. 

Der Kopf ist kurz und breit, der Hinterkopf hoch, die Schnauze 
nieder, kurz und stumpf. Die Nase ist bei sämmtlichen Arten mit 
drei häutigen Ansätzen versehen; einem vorderen hufeisenförmigen, 
welcher die beiden Nasenlöcher in sich schließt, einem hinteren blatt- 
förmigen und mehr oder weniger aufrechtstehenden, der jedoch 
nach Verschiedenheit der Arten von mannigfaltiger Gestalt ist, und 
einem mittleren sattelähnlichen, der entweder aus einem auf- 
liegenden bindenartigen Querblatte besteht, wie bei den Gattungen 
Leistenkammnase (Coelops), Bandkammnase (Phillorrhina) und 
Zackenkammnase (Asellia), oder einem aufgerichteten, der Länge 
nach gestellten Blatte, wie bei den Gattungen Grubenkammnase 
(Ariteus), Kammnase (Rhinolophus) und Blattkammnase (Rhino- 
nycteris), oder aus einem Kleeblatt- oder kreuzförmigen drei- oder 
vierlappigen Blatte, wie bei der Gattung Lappenkammnase (Aguias). 
Manche Arten bieten außerdem noch auf der Nase oder an der Stirn- 
wurzel grubenartige Aushöhlungen und an letzterer bisweilen aueh 
kleine Löcher dar. Die Ohren stehen von einander getrennt und sind 
mit keiner Klappe versehen, doch sind dieselben bei vielen Arten 
durch einen mehr oder weniger deutlich hervortretenden einrollbaren 
Lappen verschließbar, der durch einen Ausschnitt ungefähr in der 
Mitte ihres Außenrandes gebildet wird. Die Flügel sind an den 
Leibesseiten angeheftet und reichen entweder nur bis aut das Schien- 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). Ss29 
Er 


bein, oder auch bis an dieFußwurzel, und blos bei der Gattung Lappen- 
kammnase (Aquias) bis an die Zehenwurzel. Nur die Zehen der 
Hinterfüße und der Daumen der Vorderfüße sind bekrallt, die übri- 
gen Zehen der Vorderfüße aber krallenlos. Die Schenkelflughaut 
ist bei den meisten Arten mehr oder weniger breit und nur bei den 
Gattungen Leistenkammnase (Coelops) und Grubenkammnase (Ari- 
teus) schmal. Fast sämmtliche Arten sind auch geschwänzt und der 
mittellange oder kurze Schwanz ist bei den meisten bis an das Ende 
‘von der Schenkelflughaut eingeschlossen, oder ragt blos mit seiner 
äußersten Spitze aus derselben hervor, und nur bei sehr wenigen 
Arten ragt er weiter über dieselbe hinaus, wie diel5 bei den Gattungen 
Zackenkammnase (Asellid) und Blattkammnase (Rhinonycteris) der 
Fall ist, oder fehlt auch gänzlich, wie bei den Gattungen Leisten- 
kammnase (Coelops) und Grubenkammnase (Ariteus). 

Der Verbreitungsbezirk der Kammnasen reicht über einen 
großen Theil von Europa, Asien und Australien, und über ganz Afrika. 

Die größte Verbreitung hat die Gattung Kammnase (Khino- 
lophus), da sie in allen vier genannten Welttheilen angetroffen wird, 
wo sie jedoch nieht über die gemäßigte Zone hinausreicht. 

Die Gattung Bandkammnase (Phyllorrhina) wird nur in Süd- 
Asien, in Afrika und dem nördlichen Theile von Australien ange- 
troffen, die Gattung Zaekenkammnase (Asellia) in Nord-Afrika und 
Süd-Asien, während die Gattungen Leistenkammnase (Coelops) 
Lappenkammnase (Aguias) und wahrscheinlich auch die Gattung 
Grubenkammnase (Ariteus) ausschließlich nur Süd-Asien, die Gat- 
tung Blattkammnase (Rhinonycteris) aber den nördlichen Theil von 
Australien zur Heimath haben. 

Nach diesen allgemeinen Bemerkungen gehe ich sonach auf den 
speciellen Theil meiner Aufgabe über. 


Familie der Kammnasen (Rhinolophi). 


Charakter. Die Nase ist mit einem häutigen Ausatze und bis- 
weilen auch mit Gruben versehen. Die Ohren sind durch keine Klappe 
verschließbar, indem dieselbe gänzlich fehlt. Die Baekenzähne sind 
spitzzackig. Der Daumen der Vorderfüße und sämmtliche Zehen der 
Hinterfüße haben sichelförmige Krallen, die übrigen Zehen der Vor- 


830 Fitzinger. 


derfüsse sind krallenlos. Weder die Vorder- noch die Hinterfüße 
sind mit einem den übrigen Zehen entgegensetzbaren Daumen ver- 
sehen. Vorder- und Hinterfüße sind fünfzehig. 


1. Gatt.: Leistenkammnase (Coelops). 


Der hintere Nasenansatz besteht aus einem kammartigen Blatte 
Der mittlere Nasenansatz ist sattelähnlich und wird durch ein auf- 
liegendes bindenartiges Querblatt gebildet. Die Flügel reichen bis auf 
das Schienbein? Die Schenkelflughaut ist schmal und am Steiße 
nicht unterbrochen. Der Schwanz fehlt. Die Zehen der Hinterfüße 
sind zweigliederig? 

Zahnformel: Unbekannt. 


1. Die schwärzlichgraue Leistenkammnase (Coelops Frithü). 


C. Phyllorrhina caffra paullo major; rostro inter nares fossa 
in lateribus pilosa excavato, naribus limbo membranaceo cinctis, 
prosthemate anteriore lato, posteriore parvo pectiniforme ; fronte 
ad basin penicillo pilorum parvo insiructa ; auriculis magnis latis- 
que tenuibus rotundatis, marginibus integris, lobo ad basin desti- 
tutis ; alis longis subangustis; patagio anali angusto calcaribus 
non suffulto, ad coccygem angustissimo in angulo acuto profunde ex- 
ciso; cauda nulla ; corpore pilis longis tenerrimis mollibus vestito ; 
notaeo nigrescente-cinereo fuscescente- griseo -lavato , gastraeo 
dilutiore cinereo in albidum vergente; patagüs fuscis. 

Coelops Frithü. Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. V. XVII. 
P. I. p. 251. — V. XXI. (1853). p. 361. 
> »  Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 675. 
Nr. 1. 


Diese höchst eigenthümliche Form, welche einige Ähnlichkeit 
mit der Gattung Grubenkammnase (Ariteus) hat und entfernt auch 
an die beiden Gattungen Runzelblattnase (Centurio) aus der Familie 
der Blattnasen (Phyllostomata) und Trutzfledermaus (Mormops) 
aus der Familie der Fledermäuse (Vespertiliones) erinnert, bildet 
den Typus einer besonderen Gattung, die von Blyth aufgestellt 
worden ist. 

Sie gehört zu den kleinsten Formen in dieser Familie, da sie 
nur wenig größer als die Kaffern-Bandkammnase (Phyllorrhina 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 831 


caffra) ist und der vorderindischen (Phyllorrhina dukhunensis), 
spitzohrigen (Phyllorrhina apiculata) , pinselstirnigen (Phyllor- 
rhina penicillata) und Hauben-Bandkammnase (Phyllorrhina 
galerita) an Größe noch etwas zurücksteht. 


Jedes der beiden Nasenlöcher ist von einem Hautsaume um- 
geben und zwischen denselben befindet sich eine grubenartige Aus- 
höhlung, welehe an den Seiten dieht mit Haaren besetzt ist. Der 
vordere hufeisenförmige Nasenansatz, der die ganze Oberlippe deckt, 
ist breit und säumt vorne die Schnauzenhöhlung ein, welche hinten 
von einem kleinen, durch eine erhöhte Mittelleiste getheilten flachen 
Blatte überragt wird. Der hintere Nasenansatz besteht aus einem 
kleinen kammartigen Blatte mit einer plötzlich aufsteigenden, stumpf 
zweitheiligen und nach vorwärts gebogenen Spitze. Hinter demselben 
befindet sich an der Stelle der Stirngrube ein kleiner Haarpinsel. 
Die Ohren sind groß, breit, dünnhäutig und gerundet, und bieten 
weder eine Ausrandung, noch an der Wurzel des Außenrandes auch 
nur eine Spur eines Lappens dar. Die Flügel sind lang und ver- 
hältnißmäßig schmal. Die nicht von Sporen unterstützte Schenkel- 
flughaut ist schmal, insbesondere aber am Steiße, wo sie nur eine 
Breite von drei Linien hat, und tief in einem spitzen Winkel ausge- 
schnitten, dessen Spitze mit den Knieen in einer geraden Linie steht. 
Der Schwanz fehlt gänzlich. Die Körperbehaarung ist lang, sehr fein 
und weich. 

Die Färbung ist auf der Oberseite des Körpers schwärzlich- 
aschgrau und bräunlichgrau überflogen, da die schwärzlich-asch- 
grauen Haare in bräunlichgraue Spitzen ausgehen. ‘Die Unterseite 
desselben ist heller und mehr aschgrau ius Weißliche ziehend. Die 
Flughäute sind braun. 


Körperlänge ungefähr . . 1” 104/,”’. Nach Blyth. 


Länge des Vorderarmes . 1” 9”. 
„ des Kopfes . . . 92: 
„. „den Ohren, 7.2. 1. 6’ oder auch etwas weniger. 


Vaterland. Süd-Asien, Unter-Bengalen, woselbst diese Art in 
den Sunderbunds des Ganges angetroffen wird. 

Blyth ist bis jetzt der einzige Naturforscher, welcher diese 
Art beschrieben hat. 


832 Fitzinger. 


2. Gatt.: Bandkammnase (Phyllorrhina). 


Der hintere Nasenansatz besteht aus einem bandförmigen ganz- 
randigen Querblatte. Der mittlere Nasenansatz ist sattelähnlich und 
wird durch ein aufliegendes, bindenartiges Querblatt gebildet. Die 
Flügel reichen bis auf das Schienbein oder bis an die Fußwurzel. 
Die Schenkelflughaut ist mehr oder weniger breit und am Steiße 
nicht unterbrochen. Der Schwanz ist kurz oder mittellang, und voll- 
ständig von der Schenkelflughaut eingeschlossen, oder nur mit seiner 
äußersten Spitze frei aus derselben hervorragend. Die Zehen der 
Hinterfüße sind zweigliederig. 


Zahnformel:Vorderzähne 2 oder = Eekzähne —. Lücken- 


TE 
zähne = oder — Backenzähne > —= 30, 28 oder 26. 


4 


1. Die grosse Bandkammnase (Phyllorrhina Gigas). 


Ph. Xantharpyiae hottentottae magnitudine ; rostro obtuso, 
prosthemate anteriore mayno in utroque latere plicis trıbus mem- 
branaceis transversalibus praedito, posteriore semiovali; fronte 
ad basin fossa excavata; auriculis longis angustis oblongo-ovatis 
acutis calvis, in inferiore parte tantum versus latera pilis laneis 
leviter obtectis; alis longissimis talum fere attingentibus; supra 
infraque paene calvis solumque versus corporis latera pilosis ; 
patagio anali subangusto; cauda brevi, maximam partem patagio 
inclusa, apice tantum parum prominente libera; corpore pilis 
teneris mollibus vestito; facie verticeque in maribus nigrescente- 
vel umbrino-fuscis, nucha flavescente-fusca, dorso in medio cum 
Prymna fuligineis, fascia longitudinali flavido-fusca limbatis, sca- 
pulis in superiore parte fuligineis, in inferiore albis fascia longi- 
tudinali obscure fusca signatis; gastraeo flavescente-fusco, in 
regionis inguinalis medio obscuriore, versus latera albescente ; 
prosthemate auriculisque externe fuligineis, griseo-albido pilosis, 
interne rufescentibus; patagiis nigrescente-vel umbrino-fuscis; 
notaeo in foeminis vivide rufo, in lateribus vitta longitudinali 
dilutiore signato, capite genisque pallide rufis, jugulo pectoreque 
parum obscurioribus, regione scapulari dilute rufa, fascia longi- 
tudinali obscure fusca notata. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 833 


Rhinolophus Gigas. Wagn. Wiegm. Arch. B. XI. (1845.) Th. I. 
S. 148. — B. XIV. (1848.) Th. 1. S. 180. 

Phyllorrhina vittata? Temminck. Esquiss. zool. sur la eöte de 

Guine. p. 72. 

Rhinolophus Gigas. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V, S. 650. 
Nr.si; 

Phyllorrhina Gigas. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 650. 
Nr. 1. 

Phyllorhina vittata? Giebel. Säugeth. S. 986. Note 1. 


Die größte Art nicht nur dieser Gattung, sondern auch der 
ganzen Familie, da sie mit dem Hottentotten-Schwanzflederhunde 
(Xantharpyia hottentotta) von gleicher Größe ist. 


In ihren körperlichen Merkmalen ist sie zunächst mit der ge- 
streifen Bandkammnase (Phyllorrhina vittata) verwandt, doch 
unterscheidet sie sich von derselben, abgesehen von der merklich 
beträchtlicheren Größe, durch die verhältnißmäßig schmäleren 
Ohren, die Verschiedenheit in der Bildung des vorderen Nasenan- 
satzes und die abweichende Färbung. 


Die Schnauze ist stumpf, der vordere hufeisenförmige Nasen- 
ansatz groß, nach hinten zu von einer Querwulst begrenzt und zu 
beiden Seiten von drei häutigen, blattartigen Querfalten durch- 
zogen, von denen die unterste die kleinste ist. Der hintere Nasenan- 
satz wird durch ein ebenso breites, aufreehtstehendes, halbovales 
Blatt gebildet, hinter welchem die Stirne an ihrer Wurzel durch 
eine Grube ausgehöhlt erscheint. Die Ohren. sind lang, schmal, läng- 
lieh- eiförmig zugespitzt und kahl, und blos an den Seiten ihres 
unteren Theiles mit wolligen Haaren überflogen. Die Flügel sind 
überaus lang und reichen nahe bis an das Fersengelenk, wo sie sich 
mittelst eines schmalen Hautsaumes an dasselbe anschließen. Auf 
ihrer Oberseite sind dieselben beinahe völlig kahl und nur längs des 
Körpers und der Schultern schwach behaart, auf der Unterseite aber 
etwas stärker. Die Schenkelflughaut ist verhältnißmäßig schmal. Der 
Schwanz ist kurz, größtentheils von der Schenkelflughaut einge- 
schlossen und ragt nur mit seiner Spitze über dieselbe hinaus. 

Die Körperbehaarung ist fein und weich, und am Ende des 
Vorderhalses bildet das Haar einen Wirbel. 


Die Färbung ist nach dem Geschlechte verschieden. 


334 Fitzinger. 


Beim Männchen sind das Gesicht und der Scheitel schwärz- 
lich- oder umberbraun. Der Nacken ist gelblichbraun, da die dunkel- 
braunen Haare dieses Körpertheiles in gelblichbraune Spitzen 
endigen. Der obere Theil der Schultern und der mittlere Theil des 
Rückens und des Kreuzes sind einfärbig ruß- oder dunkelbraun und 
von einer breiten gelblichbraunen Längsbinde begrenzt, die sich vom 
Oberarme an den Leibesseiten bis an den Oberschenkel herabzieht. 
Der untere Theil der Schultern ist weiß und mit einer breiten, lebhaft 
dunkelbraunen Längsbinde gezeichnet, die mit dem oberen dunkel- 
braunen Theile derselben zusammenhängt. Die Unterseite des Kör- 
pers ist gelblichgrau, längs der Mitte des Hinterbauches etwas 
dunkler und gegen die Leibesseiten zu weißlich. Die einzelnen Haare 
der Oberseite des Körpers sind in ihrer oberen Hälfte ruß- oder 
dunkelbraun, in der unteren Hälfte schmutzig weißlich, jene der 
Unterseite desselben, so wie auch des Vorderhalses und der Leibes- 
seiten beinahe einfärbig gelblichgrau und nur längs der Mitte des 
Hinterbauches an der Wurzel dunkler grau. Die Flügelhäute sind 
schwärzlich- oder umberbraun und von derselben Färbung ist auch 
die Oberseite der Arme und der Beine. Auf der Unterseite sind die 
Oberarme und die hintere Hälfte der Vorderarme etwas in’s Röth- 
liche ziehend, die Schenkel und die obere Hälfte der Schienbeine 
braunröthlich. Die häutigen Nasenansätze sind ruß- oder dunkelbraun 
und ebenso, aber noch gesättigter ist auch die Außenseite der Ohren, 
während die Innenseite derselben röthlich und die wollige Behaarung 
an den Seiten ihrer unteren Hälfte grauweißlich ist. 

Beim Weibchen ist die Oberseite des Körpers lebhaft roth 
und vom Oberarme erstreckt sich eine etwas lichtere Längsbinde bis 
zum Oberschenkel. Die Schultergegend ist lichtroth mit einer dunkel- 
braunen Längsbinde. Kopf und Wangen sind hellroth, der Vorder- 
hals und die Brust etwas dunkler, der Bauch ist rostroth. 

Korperlanger. 7... 0.0 4’ 11”. Nach Wagner. 
Länge des Schwanzes . . 1 ae Ale 
„ des Vorderarmes . a 
ss der, Ohren 0 44 28, 103% 
Spannweite der Flügel. . 1’ 11”. 
Länge des knöchernen 
Schädels . . rs;;e ya 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 835 


Körperlänge... ... 5. Nach Temminck. 
Länge des Schwanzes . . dY%: 

„ des Vorderarmes . 321.025 

„Anden Ohtento. ya. 8”. 


Spannweite der Flügel . 1’ 11”. 


In der von Temminck angegebenen Länge der Ohren scheint 
ein Irrthum unterlaufen zu sein. 


Vorderzähne sind im Oberkiefer 2, im Unterkiefer 4 vorhanden, 
Lückenzähne im Oberkiefer fehlen, während der Unterkiefer jeder- 
seits nur einen enthält. Backeuzähne sind in beiden Kiefern jeder- 
seits 4 vorhanden. Die oberen Vorderzähne sind sehr klein, die 
unteren etwas größer und dreilappig, und die beiden äußeren stehen 
etwas weiter zurück. Die Eckzähne sind von sehr beträchtlicher 
Stärke und die oberen auf ihrer Innenseite flach mit einem vor- 
springenden Längskiele in der Mitte, auf der Vorderseite von einer 
tiefen Längsfürche durchzogen, auf der Außenseite gewölbt und auf 
der Hinterseite schneidig. 

Vaterland. West-Afrika, woselbst diese Art sowohl in Nieder- - 
Guinea im Staate Benguela vorkommt, von wo Wagner dieselbe 
erhielt, als Ober-Guinea, wo sie an der Goldküste und namentlich in 
der Umgegend des Forts El-mina angetroffen wird, von woher Tem- 
minck seine Exemplare zugesandt bekam. 


Wagner hatte dieselbe zuerst, und zwar nach einem männ- 
lichen Exemplare beschrieben, das sich im königl. zoologischen 
Museum zu München befindet und vom Naturalienhändler Brandt 
bezogen wurde. Später theilte auch Temminck eine Beschreibung 
derselben mit und glaubte in ihr die gestreifte Bandkammnase 
(Phyllorrhina vittata), welche Peters in Mozambique entdeckt, 
erkennen zu sollen. Wagner berichtigte diesen Irrthum und zog 
die von Temminck beschriebene Form mit der von ihm schon 
früher veröffentlichten „Phyllorrhina Gigas“ zusammen. 

Der einzige wesentliche Unterschied, welcher sich zwischen 
den Beschreibungen von Wagner und Temminck ergibt, besteht 
darin, daß letzterer dem hufeisenförmigen Nasenansatze jederseits 
nur zwei Querblättehen zuschreibt, während Wagner drei der- 
selben angibt. Wagner vermuthet, daß Temminck das unterste 
kleinste Blatt bei seiner Beschreibung übersehen habe. 


836 Fitzinger. 


Giebel ist gleichfalls im Zweifel, ob diese Art mit‘der ge- 
streiften Bandkammnase (Phyllorrhina vittata) zu vereinigen sei. 


2. Die gestreifte Bandkammnase (Phyllorrhina vittata). 


Ph. Gigunte distincte minor ; prosthemate anteriore in utro- 
que latere plicis quatuor membranaceis transversalibus praedito, 
posteriore semiovali; fronte ad basin fossa excavata; auriculis 
longis subangustis oblongo-ovatis acuminatis calvis, in inferiore 
parte tantum pilis laneis leviter obtectis; alis longissimis talum 
fere attingentibus; paenecalvis; patagio anali subangusto ;. cauda 
drevi maximam partem patagio inclusa,, apice tantum parum 
prominente libera; corpore pilis teneris mollibus vestito; facie 
sordide alba, vertice, occipite nuchaque flavo-fuseis albo-irroratis ; 
dorso in maribus flavo-fusco, in foeminis in castaneo-fuseum ver- 
gente, vittis duabus obsoletis a nucha in utroque spinae dorsalis 
latere decurrentibus alterisque duabus magis distinetis ab alarum 
insertione excurrentibus in lateribus dorsi; gastraeo grisescente- 
albo limbo flavescente-albo et nucham versus ascendente circum- 
dato; prosthemate, auriculis patagüsque obscure fuscis ; unguicu- 
lis fusco-nigris. 


Phyllorrhina vittata. Peters. Säugeth. v. Mossamb. S. 32. t. 6. 
(Thier). t. 13. f. 7 — 13. (Schädel und 
Fuß). 

Ri “ Temminck. Esquiss. zool. sur la cöte de 

Guine. p. 72. 

Rhinolophus vittatus. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B.V. S. 653. 

Nr. 2. 
Phyllorrhina vittata. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 653. 
Nr. 2. 
Phyllorhina vittata. Giebel. Säugeth. S. 986. 


Offenbar eine der großen Bandkammnase (Phyllorrhina Gigas) 
nahe verwandte, aber sicher von derselben verschiedene Form, 
welche uns erst in neuerer Zeit durch Peters bekannt geworden ist. 


Sie ist merklich kleiner als dieselbe und gehört, so wie diese, 
den größten Arten dieser Gattung an. Die wesentlichsten Unter- 
schiede, welche sie von der genannten Art trennen, sind außer der 
merklich geringeren Größe, die verhältnißmäßig breiteren Ohren, 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 837 


die deutlieh verschiedene Bildung des vorderen Nasenansatzes und 
die Abweichungen in der Färbung. 

Der vordere hufeisenförmige Nasenansatz ist groß, hinten von 
einem wulstigen Querblatte begrenzt und zu beiden Seiten mit vier 
häutigen, blattartigen Querfalten besetzt. Der hintere blattförmige 
Nasenansatz, welcher von derselben Breite wie der vordere ist, ist 
aufrechtstehend und von halbeiförmiger Gestalt. Die Stirne er- 
scheint an ihrer Wurzel von einer grubenartigen Vertiefung ausge- 
höhlt. Die Ohren sind lang, nicht besonders schmal, von länglich- 
eiförmiger Gestalt, zugespitzt und mit Ausnahme ihres unteren 
Theiles, welcher von wolligen Haaren überflogen ist, kahl. Die 
Flügel sind sehr lang, beinahe vollständig kahl, und reichen nahe 
bis an das Fersengelenk herab. Die Schenkelflughaut ist verhältniß- 
mäßig schmal, und der kurze Schwanz wird dem größten Theile 
seiner Länge nach von derselben eingeschlossen und ragt nur mit 
seiner Spitze über dieselbe hinaus. Die Körperbehaarung ist fein 
und weich. 

Das Gesicht ist schmutzig weiß und der Scheitel, der Hinter- 
kopf und Nacken sind gelbbraun und weiß gesprenkelt. Die Grund- 
farbe des Rückens ist beim Männchen gelbbraun, beim Weib- 
chen in's Kastanienbraune ziehend und mit vier gelblichweißen 
Längsbinden gezeichnet, von denen zwei, welche etwas verloschen 
erscheinen, am Nacken entspringen und zu beiden Seiten des Rück- 
graths verlaufen, die beiden anderen, schärfer hervortretenden, aber 
vom Ansatze der Flügel ausgehen und die Seiten des Rückens be- 
grenzen. Die Unterseite des Körpers ist graulichweiß und von 
einem gelblichweißen Saume umgeben, der ober der Einlenkung der 
Flügel gegen den Rücken zu aufsteigt. Die einzelnen Haare des 
Rückens sind theils einfärbig gelbbraun, theils von einem weißen 
Ringe umgeben, jene des Oberkopfes und des Nackens theilweise in 
weiße Spitzen endigend. Die Haare der Unterseite des Körpers sind 
an der Wurzel braun und in ihrem oberen Drittel schmutzig weiß, 
die der Brustseiten einfärbig weiß. Der häutige Nasenansatz und die 
Ohren sind braun, die Flughäute dunkelbraun, die Krallen braun- 
schwarz. 

Körperlänge . . . a zuhers 4" 6”. Nach Peters. 
Länge des Schidhäs EAN 1a Wk 
„ des Vorderarmes . . . a 


838 Fitzinger. 


Länge der. Ohren... 2... ..u:, - 114/32’. 
Spannweite der Flügel . . . 1’11”. 
‚Länge des kuöchernen Schädels EL 


Die Zahl der Vorderzähne beträgt im Oberkiefer 2, im Unter- 
kiefer 4. Lückenzähne im Oberkiefer fehlen und im Unterkiefer ist 
jederseits nur einer vorhanden. Backenzähne befinden sich in beiden 
Kiefern jederseits 4. 


Vaterland. Südost-Afrika, woselbst Peters diese Art auf der 
Querimba-Insel Ibo in der Nähe von Mozambique entdeckte, und 
zwei Exemplare beiderlei Geschlechtes erhielt, von welchen er uns 
eine sehr genaue Beschreibung mittheilte und dieselbe durch Ab- 
bildungen erläuterte. 


Das königl. zoologische Museum zu Berlin ist bis jetzt das 
einzige, welches diese Art besitzt. 


3. Die wollige Bandkammüase (Phyllorrhina Cyclops). 


Ph. Diadematis magnitudine; prosthemate anteriore in utro- 
que latere plicis aliquot membranaceis praedito, posteriore lobis 
duobus lateralibus elatis alioque intermedio angustissimo instructo; 
fronte in maribus fossa magna excavata, in foeminis foramine sim- 
pliei perforata; auriculis longis acutis; alis longissimis, in anti- 
brachiis ad dimidium usque pilis laneis crispis obtectis; patagio 
anali semicirculariter exciso; cauda brevi, maximam partem 
patagio inclusa , apice tantum parum prominente libera; corpore 
pilis laneis crispis vestito ; notaeo nigrescente-fusco flavido-lavato, 
gastraeo nigro-fusco flavescente-lavato. 


Phyllorrhina cyclops. Temminck. Esquiss. zoo]. sur la cöte de 
Guine. p. 75. 
Rhinolophus cyclops. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B.V. S. 654. 
Nr. 3. 
Phyllorrhina cyclops. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B.V. S. 654. 
Nr. 3. 

Wir kennen diese Form bis jetzt nur aus einer Beschreibung 
von Temminck, aus welcher jedoch unzweifelhaft hervorgeht, daß 
sie eine von den übrigen ihr zunächst verwandten Formen durchaus 
verschiedene, selbstständige Art bildet. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 839 


In Ansehung der Größe kommt sie mit der Diadem- (Phyllor- 
rhina Diadema) und Larven-Bandkammnase (Phyllorrhina larvata,) 
überein, daher sie den mittelgroßen Formen dieser Gattung an- 
gehört. 

Der vordere hufeisenförmige Nasenansatz ist ähnlich jenem der 
großen (Phyllorrhina Gigas) und gestreiften Bandkammnase (Phyl- 
lorrhina vittata) gebildet. Der hintere blattförmige Nasenansatz 
besteht aus einem (Querblatte, das mit zwei erhöhten und durch 
einen Einschnitt getrennten Lappen versehen ist, zwischen denen 
sich ein kleines, sehr schmales Blatt befindet. Die Stirne des Männ- 
chens ist mit einer großen Grube versehen, jene des Weibchens 
nur mit einem einfachen Loche, das in keine sackförmige Höhlung 
mündet. Die Ohren sind lang und spitz. Die Flügel sind sehr lang, 
und die Schenkelflughaut ist halbkreisförmig ausgeschnitten. Der 
kurze Schwanz ist größtentheils von derselben eingeschlossen und 
ragt nur mit seiner feinen Spitze frei aus ihr hervor. Die Körper- 
behaarung ist wollig und gekräuselt, und die Vorderarme sind 
nur bis zu ihrer Hälfte von wolligen, gekräuselten Haaren be- 
deckt. 

Beide Geschlechter sind sich in der Färbung gleich. 

Die Oberseite des Körpers ist schwärzlichbraun und gelblich 
überflogen, welche Färbung dadurch bewirkt wird, daß die einzelnen 
schwärzlichbraunen Haare in gelbliche Spitzen endigen. Die Unter- 
seite des Körpers ist schwarzbraun oder bisterbraun mit gelblichem 
Anfluge, da auch hier die Haare in gelbliche Spitzen ausgehen. 

Körperlange: 2 2.2787! Nach Temminck. 
Länge des Schwanzes . 6”. 
„ des Vorderarmes 1” 6”. 
Länge der Ohren . . . AN 
Spannweite der Flügel. 1! 9". 


Vaterland. West-Afrika, Guinea, wo diese Art am Boutry- 
Fluße, nicht ferne von der Meeresküste angetroffen wird. 


4. Die madagaskarische Bandkammnase (Phyllorrhina Commersonü). 


Ph. Cyclope parum minor ; prosthemate anteriore in utroque 
latere plisis aliquot membranaceis praedito, posteriore angusto 


brevi simplici, supra rotundato; naso fisso, valvis duabus trans- 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 55 


8410 Fitzinger. 


versalibus distantibus instructo,; auriculis magnis latisgue amplis 

acuminatis, marginibus integris; patagio anali modice lato in 

angulo exciso ; cauda brevi, fere tota patagio inclusa. 

Chauve-souris du fort Dauphin. Commers. Msept. 

Rhinolophus Commersonü. Geoffr. Ann. du Mus. V. XX. p. 263, 
266. Nr. 6. t. 5. (Kopf). 


SUR E Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. V.XXIX. 
p. 254. Nr. 6. 
MR I Desmar. Mammal. p. 127. Nr. 189. 
R ” Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLV. 
p- 369. 
a n Fisch. Synops. Mammal. p. 137. Nr. 5, 
Hipposideros Commersonii. Gray. Magaz. ol Zool. und Bot. V. 1l. 
p. 493. 
Rhinolophus Commersonü. Temwminck. Monograph. d. Mammal. 
VI. 
3 5 Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. 1. 


S. 424. Note 13. a. 
Phyllorhina diadema? Giebel. Säugeth. S. 988. Note 6. 


Diese bis jetzt nur sehr unvollständig bekannte Art scheint sich 
zunächst an die wollige Bandkammnase (Phyllorrhina Cyclops) an- 
zuschließen. 


Sie ist etwas kleiner als dieselbe und auch als die Diadem- 
(Phyllorrhina Diadema) und Larven-Bandkammnase (Phyllor- 
rhina larvata), mit welchen beiden letzteren sie aber nur entfernt 
verwandt ist, und gehört ‚sonach den kleineren Formen dieser 
Gattung an. 


Der vordere hufeisenförmige Nasenansatz ist an seinen beiden 
Seiten mit einigen häutigen Querfalten besetzt und schließt die ge- 
spaltene Nase ein, welche mit zwei von einander abstehenden, der 
Quere nach gestellten Klappen versehen ist. Der hintere blattförmige 
Nasenansatz ist um "/, schmäler und auch kürzer als bei der Diadem- 
Bandkammnase ( Phyllorrhina Diadema), einfach und oben gerundet. 
Die Ohren sind aufrechtstehend, groß, breit, weit geöffnet, zugespitzt 
und einfach gerandet. Die Schenkelflughaut ist von mäßiger Breite 
und in einem Winkel ausgeschnitten. Der Schwanz ist kurz, um 1/, 
kürzer als bei der Diadem-Bandkammnase (Phyllorrhina Diadema) 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 841 


und um die Hälfte kürzer als das Schienbein, und wird beinahe voll- 
ständig von der Schenkelflughaut eingeschlossen. 

Die Färbung ist nicht bekannt und auch Körpermaaße sind nicht 
angegeben. 

Vaterland. Südost-Afrika, Madagaskar, woselbst diese Art 
von Commerson am Fort Dauphin an der südöstlichen Küste dieser 
Insel entdeckt wurde. 

Wir kennen dieselbe bis jetzt nur nach den wenigen oben 
angeführten Angaben, welche wir Geoffroy zu verdanken haben, 
der dieselben nach einer Zeichnung von Commerson entworfen 
hat, welcher nur eine ganz kurze Bemerkung des Entdeckers bei- 
gefügt war. 

Giebel ist geneigt sie für identisch mit der Diadem-Band- 
kammnase (Phyllorrhina Diadema) zu halten, wogegen aber — 
gänzlich abgesehen von anderen Merkmalen, — schon die völlig ver- 
schiedene Form der Schenkelflughaut spricht. 


5. Die kurzblätterige Bandkammnase ( Phyllorrhina fuliginosa). 


Ph. gracili paullo minor ; prosthemate anteriore parvo supra 
parum dilatato et in utroque latere plicis duabus parvis via discer- 
nendis praedito, posteriore brevi angusto simpliei; auriculis longis 
latis masximam partem calvis, postice ad basin tantum et interne 
ad marginem esxteriorem pilosis; alis longis calvis; patagio anali 
lato calvo; cauda mediocri tota patagio inclusa; corpore pilis 
incumbentibus mollibus vestito; notaeo vivide ferrugineo-rubro, 
capite, jugulo, gastraeo, nec non fascia longitudinali in lateribus 
corporis vivide rufo-auratis; patagüs nigris. 

Phyllorrhina fuliginosa. Temmincek, Esquiss. Zool. sur la eöte de 
Guine. p. 77. 

Rhinolophus fuliginosus. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 654. Nr. 4. 

Phyllorrhina fuliginosa. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 654. Nr. 4. 

Auch die Kenntniß dieser Art haben wir Temminck zu ver- 
danken, der uns eine Beschreibung von derselben mitgetheilt. 

Sie gehört zu den ausgezeichnesten Arten dieser Gattung, die 
mit keiner anderen verwechselt werden kann. In der Größe kommt sie 


55” 


842 Fitzinger. 


nahezu mit der schlanken (Phyllorrhina gracilis) und Hauben- 
Bandkammnase (Phyllorrhina galerita) überein, da sie nur sehr 
wenig kleiner als die erstere und kaum merklich größer als die letz- 
tere ist, wornach sie den kleineren Formen dieser Gattung bei- 
zuzählen ist. 

Der Nasenansatz ist im Verhältnisse zu jenem anderer Arten nur 
sehr wenig entwickelt. Der vordere hufeisenförmige Nasenansatz ist 
klein, gegen die Schnauze etwas breiter werdend und mit zwei 
kleinen, kaum bemerkbaren Falten versehen. Der hintere blatt- 
förmige Nasenansatz besteht nur aus einem einfachen, kurzen schmalen 
Querblatte. Die Ohren sind lang und breit, größtentheils kahl und nur 
hinten an der Wurzel und an ihrem inneren Vorderrande mit Haaren 
besetzt. Die Flügel sind lang und kahl, und die große, breite kahle 
Schenkelflughaut schließt den mittellangen Schwanz vollständig bis 
zu seiner Spitze ein. Die Körperbehaarung ist glatt anliegend und 
weich. 

Die Oberseite des Körpers ist lebhaft rostroth, wobei die ein- 
zelnen Haare an der Wurzel goldroth sind. Der Kopf, der Vorder- 
hals und die Unterseite des Leibes, so wie auch eine Längsbinde an 
den Leibesseiten sind lebhaft goldroth gefärbt. Die Flughäute sind 
schwarz. 

Körperlänge .. . . .  2”1’”. Nach Temminck. 
Länge des Schwanzes . 129%, 

2 Vorderarmes 2’ 
Spannweite der Flügel . 11’ 6”. 

Vaterland. West-Afrika, Guinea. 


Temminck hat diese Art zuerst beschrieben, doch war es nur 
ein einziges Exemplar und zwarein Weibchen, das er kennen zu 
lernen Gelegenheit fand. 


6. Die schlanke Bandkammnase (Phyllorrhina gracilis). 


Ph. fuliginosae fere magnitudine; prosthemate anteriore 
angusto, in utroque latere plicis duabus membranaceis tenuibus 
praedito, posteriore simplice, in medio tantum piloso, supra 
reflexo; fronte ad basin prominentia foramine oblongo transversali 
perforata instructa; auriculis magnis, latis, externe usque versus 
apicem pilosis, in margine exteriore ad basin lobo distincto prae- 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 843 


ditis; corpore artubusque gracilibus; alis modice longis, latis, 

tibüs supra tarsum affiwis, artieulis ultimis digiti tertü et quarti 

bipartitis; patagio anali lato; cauda mediocri, maximam partem 

patagio inclusa, apice tantum parum prominente libera; corpore 

pilis longis teneris mollibus vestito, brachiis femoribusque mazimam 

partem calvis ; notaeo dilute rufescente-fusco, gastraeo rufescente- 

albo, pectore rufescente-fusco-lavato ; patagüs pallide nigrescente- 

vel umbrino-fuscis, unguiculis sordide albis. 

Phyllorrhina gracilis. Peters. Säugeth. v. Mossamb. S. 36. t. 7. 
(Thier), t. 13. f. 14, 15 (Schädel u. Gebiß). 

Rhinolophus gracilis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. Nr. 655- 
Nr. 5. 

Phyllorrhina gracilis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. V. S. 655. 
Nr. 5. 

Phyllorhina gracilis. Giebel. Säugeth. S. 986. 

Unzweifelhaft eine selbstständige Art, deren Kenntnil® wir erst 
in neuerer Zeit durch Peters erhalten haben. 

Sie gehört den kleineren Formen dieser Gattung an, indem sie 
nur wenig kleiner als die weißbauchige (Phyllorrhina speoris) 
und fast von derselben Größe wie die kurzblätterige Bandkammnase 
Phyllorrhina fuliginosa) ist. 

In ihrer Körpergestalt im Allgemeinen hat sie einige Ähnlichkeit 
mit der Kaffern-Bandkammnase (Phyllorrhina caffra), von welcher 
sie jedoch — abgesehen von anderen Merkmalen, — hauptsächlich 
durch die Anheftung der Flügel an den Schienbeinen und die Gestalt 
des hinteren Nasenansatzes verschieden ist. 

Der vordere hufeisenförmige Nasenansatz ist schmal und zu 
beiden Seiten von zwei dünnen Falten umgeben, der hintere blatt- 
förmige einfach, nur in seiner Mitte behaart, am Rande kahl und oben 
umgeschlagen. Hinter demselben befindet sich zu beiden Seiten eine 
drüsenartige Erhöhung und in der Mitte ein längliches, der Quere 
nach gestelltes Loch. 

Die Ohren sind groß und breit, auf der Außenseite bis auf das 
letzte Viertel ihrer Länge behaart und am äußeren Rande an der 
Wurzel mit einem deutlich hervortretenden Lappen versehen. Der 
Körper und die Gliedmaßen sind schlank und zart. Die Flügel sind 
ziemlich lang und reichen nur bis auf das Schienbein etwas oberhalb 


844 Fitzinger. 


der Fußwurzel. Die kleinen Endglieder des dritten und vierten 
Fingers sind wie bei der Kaffern-Bandkammnase (Phyllorrhina 
caffra) in zwei Äste getheilt. Die Schenkelflughaut ist breit und der 
mittellange Schwanz, welcher größtentheils von derselben einge- 
schlossen wird, ragt nur wenig mit seiner Spitze frei aus ihr hervor. 
Die Körperbehaarung ist lang, fein und weich, der größte Theil 
der Oberarme aber und der Schenkel ist kahl. 

Die Färbung der Oberseite des Körpers ist hell röthlieh- oder 
nelkenbraun, wobei die einzelnen Haare an der Wurzel und der 
Spitze licht röthlichbraun, in der Mitte aber dem größten Theile 
ihrer Länge nach weiß sind. Die Unterseite des Körpers ist röthlich- 
weiß und auf der Brust mehr röthlichbraun überflogen, indem die 
Bauchhaare an der Wurzel braun und an der Spitze weißlich gefärbt 
erscheinen. Die Flughäute sind hell schwärzlich- oder umberbraun, 
die Krallen schmutzig weiß. 


Körperlänge, st. nen mal. Nach Peters. 
Länge des Schwanzes RR 

„ des Vorderarmes 1” 81/,'”. 

20 .der Ohren 6". 


Vaterland. Südost-Afrika, Mozambique, woselbst Peters 
diese Art, die er auch zuerst beschrieb und abbildete, bei Tette im 
Inneren des Landes entdeckte. Es gelang ihm indeß nur ein ein- 
ziges Exemplar derselben zu erhalten, das männlichen Geschlechtes 
war. Das Weibchen ist bis jetzt noch nicht bekannt geworden. 


7. Die Kaffern-Bandkammnase (Phyllorrhina caffra). 


Ph. Rhinolophi Euryales magnitudine ; prosthemate anteriore 
angusto, posteriore simplice piloso, supra margine latiore reflexo ; 
fronte ad basin in maribus fossa magna excavata, in foe- 
minis foramine parvo vix discernendo perforata ; auriculis 
magnis, latis, minus elongatis, in margine exteriore ad basin 
lobo distincto praedito; alis sat latis tarso adnatis, articulis 
ultimis digiti tertii et quarti bipartitis; patagio anali lato; 
cauda mediocri maximam partem patagio inclusa, apice tantum 
parum prominente libera; notaeo obscure fusco leviter in ru- 
fescentem vergente, gastraeo rufcscente-griseo ; patagüis nigres- 
cente-fuscis. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). sAı5 


Rhinolophus caffer. Sundev. Oefversigt af kongl. Vetensk. Akad. 
Förhandl. V. II. (1846). p. 118. 
Phyllorrhina patellifera. Peters. 
" caffra. Peters. Säugeth. v. Mossamb. S. 39. t. 8. 
® » Temminck. Esquiss. zool. sur la cöte de 
Guine. p. 78. i 
Rhinolophus caffer. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 655. 
Nr. 6. 
Phyllorrhina caffra. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 655. 
Nr. 6. 
Phyllorhina caffra. Giebel. Säugeth. S. 987. 


Eine der kleinsten Arten dieser Gattung, welche nicht viel 
größer als die Zwerg-Bandkammnase (Phyllorrhixa pygmaea) 
ist, die zweifärbige Bandkammnase (Phyllorrhina bicolor) meistens 
an Größe etwas übertrifft und bezüglich derselben mit der gleich- 
satteligen Kammnase (Rhinolophus Euryale) vollkommen überein- 
kommt. 


In ihren körperlichen Formen erinnert sie im Allgemeinen an 
die schlanke Bandkammnase (Phyllorrhina gracilis), doch sind die 
Flügel nicht so wie bei dieser an das Schienbein angeheftet, sondern 
reichen bis zur Fußwurzel hinab. Auch in Ansehung der Länge der 
Ohren, der Bildung des hinteren Nasenansatzes, der Körpergröße 
und der Färbung bestehen zwischen diesen beiden Arten wesentliche 
Unterschiede. 


Der vordere hufeisenförmige Nasenansatz ist schmal, der 
hintere blattförmige einfach, aber mehr als bei der genannten Art 
behaart und der oben zurückgeschlagene Rand auch breiter als bei 
dieser. Auf der Stirne befindet sich eine Grube, die beim Männchen 
ziemlich groß, beim Weibchen aber außerordentlich klein und 
kaum bemerkbar ist. Die Ohren sind groß und breit, doch verhältniß- 
mäßig etwas kürzer als bei der schlanken Bandkammnase (Phyllor- 
rhina gracilis) und an der Wurzel ihres Außenrandes mit einem 
deutlichen Lappen versehen. Die Flügel sind ziemlich lang und 
reichen bis an die Fußwurzel hinab, und die kleinen Endglieder des 
dritten und vierten Fingers theilen sich wie bei der genannten Art 
in zwei Äste. Die Schenkelflughaut ist breit und der mittellange 
Schwanz wird größtentheils von derselben eingeschlossen und ragt 


846 Fitzinger: 


mit seiner Spitze nur wenig aus derselben frei hervor. Die Körper- 
behaarung ist lang, fein und weich. 


Die Oberseite des Körpers ist dunkelbraun und etwas in’s Röth- 
liche ziehend, wobei die einzelnen Haare an der Wurzel und der 
Spitze dunkelbraun und röthlich überflogen, in der Mitte aber weiß- 
lich sind. Die Unterseite des Körpers ist bräunlichgrau, da die Haare 
hier an der Wurzel dunkelbraun und an der Spitze grau gefärbt er- 
scheinen. Die Flughäute sind schwärzlichbraun. 

Körperlänge . . . . . 178”. Nach Sundevall. 
Länge des Schwanzes . 1”. 
Länge des Vorderarmes 1” 7. 


Im Zahnbaue und der Scehädelbildung kommt diese Art voll- 
ständig mit der schlanken Bandkammnase (Phyllorrhina gracilis) 
überein. 

Vaterland. Süd-Afrika, Port Natal, wo Wahlberg diese 
Art entdeckte, Südost-Afrika, wo sie von Peters auf der Querimba- 
Insel Ibo bei Magadaskar angetroffen wurde, und der mittlere Theil 
von West-Afrika, von wo Temminck dieselbe aus Congo und Ober- 
Guinea zugesendet erhalten hatte. 


Sundevall hat diese Art zuerst beschrieben und mit dem 
Namen „Rhinolophus caffer“ bezeichnet. Peters, welcher ein 
Weibchen derselben Art zu einer Zeit in Südost-Afrika getroffen, wo 
ihm Sundevall's Beschreibung noch nicht bekannt war, legte ihr 
den Namen „Phyllorrhina patellifera“ bei, den er jedoch später in 
„Phyllorrhina caffra“ veränderte, und unter eben diesem Namen 
beschrieb auch Temminck die ihm aus West-Afrika zugekommenen 
Exemplare. Ob diese letzteren aber wirklich mit der von Sunde- 
vall und Peters beschriebenen Form identisch seien, ist zur 
Zeit noch nicht mit Sicherheit zu bestimmen, da nach der von Tem- 
minek gegebenen Beschreibung sich einige nieht unwesentliche 
Abweichungen ergeben. So konnte Temminck bei den weiblichen 
Exemplaren der ihm zugekommenen Form die Stirngrube nicht 
auffinden und gibt derselbe auch die Färbung der Haare der Ober- 
seite des Körpers durchaus verschieden an, indem er ausdrücklich 
bemerkt, daß sie in ihrer ganzen unteren Hälfte bis zur Wurzel 
weiß, in der oberen Hälfte aber kastanienbraun gefärbt sind. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera), 847 


8. Die Edel-Bandkammnase (Phyllorrhina nobilis). 


Ph. Diademate distincte major; capite magno, prosthemate 
anteriore lato simplice, in utroque latere plicis quatuor parvis 
membranaceis praedito, posteriore brevi convexo marginibus in- 
tegris, supra membrana transversali prominula limbato, infra 
reflexo; fronte ad basin fossa parum profunda excavata et in 
utroque ejus latere foraminibus duobus minimis perforata; auriculis 
magnis longis ad basin latissimis acutis, externe in inferiore parte 
pilosis, in superiore calvis, interne marginem anteriorem versus in 
basali parte transversaliter plicatis, lobo indistincto semiüinvoluto 
instructis; alis longis latisque; patagio anali lato; cauda medioert, 
antibrachio dimidio breviore, tota patagio inclusa ; corpore pilis 
longis mollissimis sericeis vestito; capite nuchaque dilute ferrugt- 
neo-flavidis, abdominio et colli lateribus, axillis maculagua infra 
scapulas albescentibus, interdum pure albis ; dorso in medio vivide 
rufo-fusco, in lateribus pallide ex griseo-fuscescente albo; pec- 
tore in lateribus ejusdem coloris, in medio cum abdomine dilute ex 
albescente griseo-fusco,; auriculis patagüsque saturate obscure 
fuseis. 

Ehinolophus nobilis. Horsf. Zool. Research. Nr. VI. p. 3.—Nr. VII. 
c. fig. 
5 »„ Griffith. Anim. Kingd. V.V.p. 222. Nr. 8. 
»  Fiseh. Synops. Mammal. p. 138, 556. Nr. 9. 
Hipposilieros nobilis. Gray. Magaz. of. Zool. und Bot. V. I. 
p. 493. 
Rhinolophus nobilis. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. I. 
p. 10. t. 28. (Thier). t. 29. f. 1. (Kopf). t. 82. 
f. 1—3. (Schädel). 
Rhinolophus nobilis. Horsf. Zool. Javan. e. fig. 
= " S. Müller. Verhandel. V. I. p. 33. 
„ »  Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 418. 
Nr. 1. 
Hipposideros nobilis. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 24. 
Rhinolophus nobilis. Waterh. Ann. of Nat. Hist. V. XIN. (1844.) 

p. 303. 

»  Cantor. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 

V. XV. (1846) p. 182. 


348 « Fitzinger. 
Rhinolophus nobilis. Wagn. Sehreber Säugth. Suppl. B. V. S. 656. 


Nr. 8. 
Phyllorrhina nobilis. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 656. 
Nr. 8. 
Phyllorhina nobilis Giebel. Säugeth. S. 987. 
B » Fitz. Säugeth. d. Novara-Expedit. (Sitzungs- 


ber. d. mathem. naturw. Cl. d. kais. Akad. d. 
Wiss. B. XLII. S. 391). 

3 „  Zelebor. Reise d. Fregatte Novara. Zool. Th. 
B. 1. S. 14. 

Eine der ausgezeichnesten Arten dieser Gattung, selehe zu 
den mittelgroßen Formen derselben gehört, merklich größer als die 
Diadem-Bandkammnase (Phyllorrhina Diadema) ist und in ihrer 
Größe beinahe vollständig mit der gewappneten Bandkammnase (Phyl- 
lorrhina armigera) übereinkommt. 

Offenbar ist sie mit dieser zuletzt genannten Art sehr nahe ver- 
wandt, doch unterscheidet sie sich von derselben auffallend durch 
die völlig verschiedene Färbung. 

Der Kopf ist groß. Der vordere hufeisenförmige Nasenansatz 
ist breit und besteht aus einem einfachen, zu beiden Seiten mit vier 
kleinen blattartigen Hautfalten besetzten Blatte, das über die Nasen- 
löcher hinaufreicht. Zwischen diesem und dem hinteren Nasenansatze 
befindet sich ein dickes, länglich-eiförmiges flach aufliegendes Quer- 
blatt, das in seiner Mitte nach hinten zu in eine kurze Spitze aus- 
läuft. Der hintere blattförmige Nasenansatz ist kurz und bauchig, 
einfach gerandet, oben der Quere nach von einer vorragenden Haut 
begrenzt und unten am Rande umgeschlagen, wodurch eine frei- 
liegende schmale, etwas gebogene einfach gerandete Binde gebildet 
wird, die mit dem vor derselben liegenden Querblatte von vorne her 
betrachtet das Aussehen einer halben ungezackten Krone oder eines 
Diadems erhält. Hinter diesem Blatte und an der Wurzel desselben 
ist der Nasenrücken von vier sehr kleinen und kaum wahrnehmbaren 
Löchern durchbohrt, die sich an den Seiten einer sehr seichten 
grubenartigen Vertiefung befinden, welche die Stirne an ihrer 
Wurzel aushöhlt, aber schwächer als bei der Diadem-Bandkammnase 
(Phyllorrhina Diadema) hervortritt. Die Ohren sind groß, lang, 
aufrechtstehend und spitz, an der Wurzel sehr breit, fast ebenso breit 
als lang, mit einem undeutlich hervortretenden halbeingerollten 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 849 


Lappen versehen, auf der Außenseite in der unteren Hälfte behaart, 
in der oberen aber kahl und auf der Innenseite in ihrer unteren 
Hälfte aı Vorderrande von einigen schmalen Querfalten durchzogen. 
Die Flügel sind lang und breit, und die breite Schenkelflughaut bildet 
einen nach abwärts gerichteten spitzen Winkel. Der Schwanz ist 
mittellang, um die Hälfte kürzer als der Vorderarm, von derselben 
Länge wie die Füße und wird vollständig von der Schenkelflughaut 
eingeschlossen. Die Körperbehaarung ist lang, sehr weich und seiden- 
artig, und an der Wurzel überaus fein und wollig. 


Der Kopf und der Nacken sind licht rostgelblich, die Seiten des 
Halses, und des Bauches, so wie auch die Achseln und ein Flecken 
unter den Schultern weißlich und bisweilen auch rein weiß. Der 
mittlere Theil des Rückens ist lebhaft rothbraun, die Seiten des- 
selben und der Brust sind graubraunlich-weiß, der mittlere Theil 
der Brust und des Bauches licht weißlich graubraun. Die einzel- 
nen Haare sind auf der Oberseite des Körpers an der Wurzel und 
der Spitze rothbraun und in der Mitte weißßlich, doch sind die braunen 
Haarspitzen am Kopfe und am Nacken so kurz, dal diese Körper- 
theile licht rostgelblich gefärbt erscheinen, während sie längs der 
Mitte des Rückens lang sind und hier daher die rothbraune Färbung 
die Oberhand gewinnt. Die Ohren und die Flughäute sind gesättigt 
dunkelbraun. 


Körperlänge . ER 4". Nach Horsfield. 
Spannweite der Flügel . 1’ 7’ 6”. 
Körperlänge . . . . . 378”. Nach Temminck. 
Länge des Schwanzes . 1162. 

„ des Vorderarmes . u. 

„ des Schienbeines . 174, 
Spannweite der Flügel . 177”. 


Im Oberkiefer sind 2, im Unterkiefer 4 Vorderzähne vorhanden 
und jene des Unterkiefers sind zweilappig und aufeinander gedrängt. 
Lückenzähne befinden sich in beiden Kiefern jederseits 1, Backen- 
zähne 4. 


Vaterland. Süd-Asien, wo diese Art sowohl auf den Inseln 
Java, Timor, Amboina, Sumatra und den phillippinischen Inseln, als 
auch auf der Halbinsel Malacca, auf dem Festlande von Ostindien an- 
getroffen wird. Horsfield, der sie zuerst beschrieben, hat dieselbe 


850 Fitzinger. 


auf Java entdeckt, die holländischen Naturforscher haben sie von 
dort sowohl, als auch von den Inseln Timor, Amboina und Sumatra 
gebracht, und Waterh ouse hat sie von den Phillippinen, Cantor 
von Malacca erhalten. 


9. Die gewappnete Bandkammnase (Phyllorrhina armigera). 


Ph. nobilis fere magnitudine; prosthemate anteriore lato 
simpliei, in utroque latere plicis quatuor parvis membranaceis 
praedito, posteriore brevi convexo marginibus integris, supra 
membrana transversali prominula limbato, infra reflexo; fronte ad 
basin fossa parum profunda excavata et in utroque ejus latere 
foraminibus duobus minimis perforata; auriculis magnis longis ad 
basin latissimis, acutis, lobo indistincto semiinvoluto instructis; 
alis longis latisque; patagio anali lato; cauda mediocri, tota pa- 
tagio inclusa; corpore pilis longis mollissimis sericeis vestito,; no- 
faeo gastraeoque unicoloribus dilute fuscis, dorso obscuriore, ab- 
domine dilutiore, awillis, scapulis lateribusque corporis albidis; 
patagiis et auriculis obscure fuscis. 


Rhinolophus armiger. Hodgs. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 


. V. IV. (1835). p. 699.— V. X. p. 908. 
Hipposideros armiger. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II, p. 493. 
n a Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 24. 
n » Bilyth. Ann. of Nat. Hist. V. XV. (1845). 
p. 470. 
& 4 Gray. Hodgs. Catal. p. 3. 
5 8 Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 


V. XXI. (1853) p. 346. 
Hipposideros nobilis. Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 
V. XXI. (1853.) p. 346. 
Rhinolophus armiger. W agn. Schreber Säugth. Snppl. B. V. S. 657. 
Nr. 8.* 
Phyllorrhina armigera. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 657. Nr. 8.* 
Phyllorhina nobilis. Giebel. Säugeth. S. 987. 


Eine jedenfalls der Edel-Bandkammnase (Phyllorrhina nobilis) 
nahe stehende, aber aller Wahrscheinlichkeit nach speeifisch von der- 
selben verschiedene Art, welehe nahezw von gleicher Größe wie die- 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). sl 


selbe ist und daher den mittelgroßen Formen. dieser Gattung ange- 
hört, aber durch die wesentlich verschiedene Färbung sich sehr 
deutlich von derselben unterscheidet. 


Die Nasenansätze und die Aushöhlung an der Wurzel der Stirne 
sind von derselben Bildung wie bei der Edel-Bandkammnase (Phyl- 
lorrhina nobilis) und auch in den übrigen Merkmalen so wie in den 
Verhältnissen ihrer einzelnen Körpertheile kommt diese Form mit der 
genannten Art überein. 


Dagegen ist die Färbung der Ober- wie der Unterseite einfärbig 
lichtbraun, auf der Oberseite dunkler, da die Haare hier in gesättigt 
braune Spitzen endigen, auf der Unterseite heller. Die Achseln, die 
Schultern und die Leibesseiten sind weißlich, die Ohren und die 
Flughäute dunkelbraun. 


Länge des Vorderarmes . . . 3” 71/2". Nach Blyth. 


Vaterland. Süd-Asien, Nepal, wo diese Form in den mitt- 
leren Gegenden dieses Landes angetroffen wird und daselbst von 
Hodgson entdeckt wurde, der uns auch eine Beschreibung von 
derselben mittheilte. Gray erklärt sie für eine selbstständige Art und 
Blyth, welcher früher dieselbe Ansicht theilte, änderte diese An- 
schauung und hält sie jetzt mit der Edel-Bandkammnase (Phyllor- 
rhina nobilis) für identisch, zu welcher er auch die ceylonische 
Bandkammnase (Phyllorrhina lankadiva) zieht. Wagner schließt 
sich der Anschauung Grays, Giebel der neuesten Ansicht 
Blyth's an. 


10. Die ceylonische Bandkammnase (Phyllorrhina lankadiva). 


Ph. nobile distincte major; capite parum elongato, rostro 
brevi,prosthemate Ph.nobilis conformi,fronte ad basin non excava- 
fa, ast tuberculis duobus acutis pilisque rigidis obtectis instructa ; 
auriculis magnis longis latisque acuminatis, in margine esxteriore 
apicem versus emarginatis, interne transversim plicatis calvis et 
in margine interiore tantum pilosis; corpore elongato, pilis longis 
mollibus dense vestito, regione pubis pilosa ; alis longis latis; pata- 
gio anali in angulum acutum excurrente; cauda medioeri, tota 
patagio inclusa; corpore unicolore rufescente-fusco, dorso obscu- 
riore, capite, nucha gastraeoque pallidioribus fuscis. 


852 Fitzinger. 


Hipposideros lankadiva. Kelaart. Catal. of the Mammal of 


Ceylon. 

in R Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Ben- 
gal. V. XX. (1852.) p. 183. 

> = Kelaart. Fauna Ceylon. 


Hipposideros nobilis. Blyth. Journ. of the Asiat. Soe. of Bengal. 
V. XXI. (1853.) p. 346. 
Rhinolophus armiger. W ag. Sehreber Säugth. Suppl. B. V. S. 657. 
Nr. 18.7 
Phyllorrhina armigera. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 657. Nr. 18 * 
Phyllorhina nobilis. Giebel. Säugeth. S. 987. 


Wenn auch die nahe Verwandtschaft dieser Form mit der ge- 
wappneten Bandkammnase (Phyllorrhina armigera) sowohl, als 
auch mit der Edel-Bandkammnase (Phillorrhina nobilis) nicht zu 
verkennen ist, so scheint sich dieselbe doch durch mancherlei 
Merkmale von beiden Arten specifisch zu unterscheiden und insbe- 
sondere durch die Haarbüschel auf der Stirne und den Mangel einer 
Stirngrube, so wie auch durch die Färbung. Beide übertrifft sie auch 
merklich an Größe, daher sie zu den großen Arten in der Gat- 
tung zählt. 


Ihr Kopf ist etwas verlängert, die Schnauze aber kurz und die 
Nasenansätze sind von derselben Bildung wie bei den genannten 
Arten. Die Stirne ist von keiner Grube ausgehöhlt und mit zwei 
spitzen Höckern versehen, welche mit steifen Haaren besetzt sind. 
Die Ohren sind groß, lang, breit und zugespitzt, am Außenrande 
gegen die Spitze mit einer Einkerbung versehen, auf der Innenseite 
der Quere nach gefaltet, kahl und nur am Innenrande behaart. Der 
Leib ist gestreckt und die Flügel sind lang und breit. Die Schenkel- 
flughaut ist breit und bildet einen nach abwärts gerichteten spitzen 
Winkel. Der Schwanz ist mittellang und vollständig von der Schen- 
kelflughaut eingeschlosen. 


Die Körperbehaarung ist dieht, lang und weich, und auch die 
Schamgegend ist behaart. 


Die Färbung ist einfärbig röthlichbraun, auf dem Rücken dunkel, 
auf dem Kopfe, dem Nacken und der Unterseite des Körpers liehter 
braun. Die einzelnen Haare sind an der Wurzel graulich. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 853 


Körperlänge eines erwachsenen Männ- 
chens tee a@ and 1.90 er. 5 AU 322 Nach. Kellaart: 


Länge des; SchwanzesH un... 1.1.1.1.)2”. 
„ödesVorderarmesi u. .Josrtg”. 
„des Schienbeines . . .:....1”7 6”. 
= Söiderhlandiu 33 nel I 
An desiBKußes. iin)... , 4", 
der Ohren in. 10”. 

Breite der Ohren fat . . 2... 10”. 

Entfernung der Ohren von einander . 9, 

Gewichue ea esdenla®.. sie 2 4%, Loth. 


Vaterland. Süd-Asien, Ceylon, woselbst diese Art in und um 
Kandy getroffen wird. Sie wurde daselbst von Kelaart entdeckt und 
von demselben auch zuerst beschrieben. Blyth, der sie Anfangs für 
eine selbstständige Art hielt, zog sie später niit der Edel- Band- 
kammnase (Phyllorrhina nobilis) zusammen, welcher Ansicht sich 
auch Giebel angeschlossen hat. Wagner vereinigte sie mit der 
gewappneten Bandkammnase (Phyllorrhina armigera) in einer Art. 


11. Die Diadem-Bandkammnase (Phyllorrhina Diadema). 


Ph. Cyclopis magnitudine; capite sat parvo, prosthemate 
anteriore in utroque latere plicis aligquot membranaceis praedito, 
posteriore majusculo humili lato, supra rotundato plus minusve 
involuto, marginibus integris; fronte ad basin fossa in maribus 
sat magna excavata; auriculis magnis, longioribus quam latis 
acutis, apicem versus reclinatis, diaphanis calvis, in margine ex- 
teriore levissime emarginatis, ad basin lobo valde prominente in- 
structis; alis modice longis latissimis; patagio anali lato; cauda 
mediocri, antibrachio fere tertia parte breviore, maximam partem 
patagio inclusa, apice tantum parum prominente libera; corpore 
pilis longis teneris mollissimis vestito ; notaeo unicolore rufo-fusco 
vivide rufo-aurato splendente, gastraeo dilutiore in grisescente- 
fuscum vergente, capite fusco-griseo. 


Rhinolophus Diadema. Geoffr. Ann. du Mus. V. XX. p. 268, 266. 
‚Nr. 4. t. 5. (Kopf.) t. 6. (Thier.) 
» R Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. V. XXIX. 
p- 254. Nr. 5. 


854 Fitzinger. 
Rhinolophus Diadema. Desmar. Mammal. p. 126. Nr. 188, 


E u Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLV. p. 368. 
N m Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 219. Nr. 5. 
h Er Fisch. Synops. Mammal. p. 137, 556. Nr. 7. 


s Wagler. Syst. d. Amphib. S. 11. 
ipposidenes diadema. Gray. Magaz. of Zool, and Bot. V. I. 
p- 493. 
Anraoiople Diadema. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. II. 
p. 12. t. 26. (Thier.) t. 27. (Kopf.) t. 32. 
f. 4—6. (Schädel.) 
= A Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. 
S. 419. Nr. 2 
a Horsf. Catal. of the Mammal. of the East- 
Ind. Comp. p. 34. 


a 5 Cantor. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 
V. XV. (1846.) p. 181. 
e 5 Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 657. Nr. 9. 
Phyllorrhina Diadema. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 657. Nr. 9. 


Phyllorhina diadema. Giebel. Säugeth. S. 988. 


Ebenfalls eine ausgezeichnete und sehr leicht zu erkennende 
Art, welche sich durch die ihr eigenthümlichen Merkmale sehr deut- 
lich von allen übrigen ihr zunächst verwandten Arten unterscheidet. 


Bezüglich ihrer Größe kommt sie mit der wolligen (Phyllor- 
rhina Cyplops) und Larven-Bandkammnase (Phyllorrhina larvata) 
vollkommen überein, daher sie den mittelgroßen Formen dieser Gat- 
tung beizuzählen ist. 


Der Kopf ist verhältnißmäßig klein. Der vordere hufeisenför- 
mige Nasenansatz ist an seinen Seitenrändern mit einigen blatt- 
artigen Hautfalten besetzt. Der hintere blattförmige Nasenansatz ist 
ziemlich groß, dreimal breiter als hoch, einfach gerandet, am oberen 
Rande abgerundet und mehr oder weniger eingerollt. Zwischen dem- 
selben und den Nasenlöchern befindet sich ein in der Mitte etwas 
zugespitztes Querblatt, dessen Seitenränder sich mit dem hufeisen- 
förmigen Nasenansatze vereinigen und mit demselben die Nasen- 
löcher ähnlich einer Krone umgeben. Die Stirne ist an ihrer Wurzel 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). s55 


von einer grubenartigen Vertiefung ausgehöhlt, welche beim Männ- 
chen ziemlich groß ist. Die Ohren sind groß, länger als breit und 
spitz, mit der Spitze nach rückwärts gekrümmt, am Außenrande nur 
sehr schwach ausgerandet, an der Wurzel desselben mit einem stark 
hervortretenden Lappen versehen, durchscheinend und kahl. Die 
Flügel sind ziemlich lang und von ansehnlicher Breite, und die breite 
Schenkelflughaut bildet nach abwärts zu einen spitzen Winkel. Der 
mittellange Schwanz, welcher fast um ein Drittel kürzer als der 
Vorderarm und von gleicher Länge wie das Schienbein ist, wird 
beinahe vollständig von der Schenkelflughaut eingeschlossen und 
ragt nur mit seiner äußersten Spitze aus derselben etwas hervor. 
Die Körperbehaarung ist lang, fein und sehr weich. 

Die Oberseite des Körpers ist einfärbig lebhaft goldroth glän- 
zend rothbraun, die Unterseite desselben heller und mehr graulich- 
braun. Der Kopf ist braungrau. Sämmtliche Haare sind an der Wurzel 
weißlich. 


Körperlangerungefähr'  n. .,...., A Nach Geoffroy. 
Körperlänge, .... un... 4 Nach Temminck. 
Länge des Schwanzes \ . .., „u. 02, 2. 

„des Vorderarmesy. D.. m... 1.24.10. 

”„ des Schienbemes . .. 10 3.% 


Spannweite der Flügel . . . ..17 4". 


Im Oberkiefer sind 2, im Unterkiefer 4 Vorderzähne vorhanden, 
und die unteren sind symmetrisch gestellt und dreilappig. Lücken- 
zähne befinden sich in beiden Kiefern jederseits 1, Backenzähne A. 


Vaterland. Süd-Asien, Timor, wo P&eron und Lesueur 
diese Art entdeckten, und die malayische Halbinsel, von wo Cantor 
dieselbe erhielt. 


Geoffroy haben wir die erste Beschreibung und Abbildung 
derselben zu verdanken. 


u) 


12. Die vorderindische Bandkammnase (Phyllorrhina dukhunensis). 


Ph. apiculatae magnitudine; prosthemate anteriore in utroque 
latere plicis tribus membranaceis praedito, posteriore brevi reflexo ; 
auriculis longis acutis, ad basin lobo externe visibili destituto ; 
alis modice longis, antibrachiis corpori longitudine aequalibus ; 
cauda breviuscula, maximam partem patagio iuclusa, apice tan - 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth, 56 


856 Fitzinger. 


tum parum prominente libera; corpore pilis teneris mollibus 
vestito; notaeo colore variabıli, vel fuscescente- aut murino-griseo 
in schistaceum vergente, vel dilute fusco, aut obscure flavescente- 
fusco, et interdum pallide ferrugineo-rufo vel fere rufo-aurato ; 
gastraeo albescente-fusco. 


Rhinolophus dukhunensis. Sykes. Proceed. of the Zool. Soe. \. 1. 
(1830.) p. 99. 


5 x Temminek. Monograph. d. Mammal. 
V. 1. p. 23. 
„ » Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. 1. 


S. 424. Note 13. b. 
Hipposideros speoris. Blyth. Ann. of Nat. Hist. V. XV. (1845.) 
p- 464, 471. 
R R Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 
V. XXI. (1853.) p. 347. 
Rhinolophus dukhunensis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V, 
S. 658. Nr. 12. 
Phyllorrhina dukhunensis. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 658. Nr 12. 
Phyllorhina speoris. Giebel. Säugeth. S. 988. 


Höchst wahrscheinlich eine selbstständige Art, welche den 
kleineren Formen dieser Gattung angehört, mit der spitzohrigen 
(Phyllorrhina apiculata) und pinselstirnigen Bandkammnase 
(Phyllorrhina penicillata) von gleicher Größe ist, sich von 
beiden aber durch die Färbung und von der letzteren Form 
auch noch durch die ihr mangelnden Haarbüschel an der Stirne 
unterscheidet. 


Am vorderen hufeisenförmigen Nasenansatze befinden sich zu 
beiden Seiten drei blattartige Hautfalten; der hintere blattförmige 
Nasenansatz ist kurz und zurückgeschlagen. Die Ohren sind lang, 
länger als der Kopf und spitz, und an der Wurzel ihres Aussen- 
randes ist äusserlich kein Lappen bemerkbar. Die Flügel sind 
nur mäßig lang und der Vorderarm ist von derselben Länge wie 
der Körper. Der Schwanz ist ziemlich kurz, größtentheils von der 
Schenkelflughaut eingeschlossen und nur sein letztes Glied ragt 
frei aus derselben hervor. Die Behaarung des Körpers ist fein und 
weich. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 857 


Die Färbung ist nicht beständig, indem dieselbe auf der Ober-- 
seite des Körpers bald bräunlich- oder mausgrau ins Schieferfarbene 
ziehend, bald lichtbraun, nicht selten aber auch dunkel gelblich- 
oder fahlbraun und selbst hell rostroth oder beinahe goldfarben er- 
scheint. Die Unterseite desselben ist weißlichbraun. 


Körperlänge er me. 2.2. 20 NachaBllyich: 
Länge des Vorderarmes . .. .. 2” 


Spannweite der Flügel. ... . . . 10” Nach Sykes. 


Vaterland. Süd-Asien, Vorder-Indien oder Dekan, woselbst 
Sykes diese Art entdeckte, die er auch zuerst beschrieb, und 
Ceylon, nach einer Angabe von Blyth. 


Blyth betrachtet sie mit der weißbauchigen Bandkammnase 
(Phyllorrhina speoris) für identisch und hält die spitzohrige 
(Phyllorrhina apiculata) für das Männchen, die pinselstirnige 
(Phyllorrhina penicillata) für das Weibchen dieser Art, worin 
ihm auch Giebel beistimmt. Wagner will in den beiden .letzt- 
genannten Arten zwar gleichfalls nur die verschiedenen Geschlech- 
ter der vorderindischen Bandkammnase (Phyllorrhina dukhunensis) 
erblicken, erklärt dieselbe aber von der weißbauchigen Band- 
kammnase (Phyllorrhina speoris) mit Entschiedenheit für speecifisch 
verschieden. 


13. Die spitzehrige Bandkammnase (Phyllorrhina apiculata). 


Ph. dukhunensis magnitudine; prosthemate anteriore in 
utroque latere plieis tribus membranaceis praedito, posteriore 
brevi reflexo ; fronte ad basin fossa magna, orificio contractili in- 
structa, excavata; auriculis longıs acutis, in margine anteriore 
‚pilosis, in posteriore plicatis, lobo externe visibili destitutis ; cauda 
breviuscula mazimam partem patagio inclusa, apice tantum parum 
‚prominente libera; regione pubis in foeminis appendieibus mam- 
maeformibus distinctis praedita; corpore pilis teneris mollibus 
sericeis vestito ; notaeo gastraeoque unicoloribus obscure fuscis. 


'Hipposideros apiculatus. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. 
p. 492. 
Rhinolophus speoris. Elliot. Madras. Journ. V. X. p. 98. 
Hipposideros apiculatus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 23 
56* 


s58 Fitzinger. 


Hipposideros speoris. Mas. Blyth. Ann. of Nat. Hist. V. XV. ". (1845) 
p-. 464, 471. 
Rhinolophus speoris. Cantor. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 
V. XV. (1846.) p. 183. 

Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Ben- 

gal V. XXI. (1853.) p. 374. 

Rhinolophus dukhunensis Mas. Wagn. Schreber Säugth. Supp!. 
B. V. S. 658. Nr. 12. 

Phyllorrhina dukhunensis. Mas. Wagn. Schreber Säugth. Supp!. 
B. V. S. 658. Nr. 12. 

Phyllorhina speoris. Mas. Giebel. Säugeth. S. 988. 


Wenn auch die nahe Verwandtschaft dieser Form mit der 
pinselstirnigen (Phyllorrhina penicillata) sowohl, als auch mit der 
vorderindischen Bandkammnase (Phyllorrhina dukhunensis) nicht 
verkannt werden kann, so scheint sie doch von beiden specifisch 
verschieden zu sein, wie dieß deutlich aus der Beschreibung hervor- 
geht, die wir von derselben besitzen. 


” ” E2 


In der Größe kommt sie zwar mit beiden Formen überein, 
daher sie den kleineren Formen dieser Gattung beizuzählen ist, doch 
unterscheidet sie sich von der ersteren durch die ihr fehlenden Haar- 
büschel an der Stirne, von der letzteren durch die verschiedene 
Färbung. 

Der vordere hufeisenförmige Nasenansatz bietet zu beiden 
Seiten drei blattartige Hautfalten dar, der hintere blattförmige ist 
kurz und zurückgeschlagen. An der Wurzel der Stirne befindet sich 
eine große, mit einer zusammenziehbaren Öffnung versehene Grube. 
Die Ohren sind lang und spitz, am Vorderrande behaart, am Hinter- 
rande gefaltet und an der Wurzel derselben ist kein äußerlich 
bemerkbarer Lappen vorhanden. Der Schwanz ist ziemlich kurz, 
größtentheils von der Schenkelflughaut umschlossen und nur sein 
verlängertes Endglied ragt frei über dieselbe hinaus. Die Scham- 
gegend des Weibchens bietet deutlich falsche Zitzen dar. Die Kör- 
perbehaarung ist fein, weich und seidenartig. 

Die Ober- sowohl als auch die Unterseite des Körpers ist ein- 
färbig dunkelbraun, da die einzelnen Haare ihrer größeren Länge 
nach braun und nur an der Wurzel weißlich sind. 


Körpermaaße fehlen. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 859 


Vaterland. Süd-Asien, Vorder-Indien und insbesondere die 
Präsidentschaft Madras, wo Elliot diese Art entdeckte, die Gray 
zuerst beschrieb. 


Elliot hielt sie mit der weißbauchigen Bandkammnase (Phyl- 
lorrhina speoris) für identisch und eben so auch Cantor. Blyth 
wollte in ihr nur das Männchen der vorderindischen Bandkammnase 
(Phyllorrhina dukhunensis) erkennen, die er offenbar mit Unrecht 
mit der weißbauchigen (Phyllorrhina speoris) zusammenwirft. 
Wagner hält sie gleichfalls nur für das Männchen der vorder- 
indischen Bandkammnase (Phyllorrhina dukhunensis), die er jedoch 
von der weißbauchigen (Phyllorrhina speoris) speeifisch trennt, 
während Giebel ohne Vorbehalt der Ansicht Blyth’s sich an- 
schließt. 


Das brittische Museum in London ist bis jetzt wohl das einzige 
unter den europäischen Museen, das diese Art und zwar in mehr- 
fachen Exemplaren besitzt. 


14. Die pinselstirnige Bandkammnase (Phyllorrhina penieillata). 


Ph. apiculatae magnitudine; prosthemate anteriore in utroque 
latere plicis tribus membranaceis praedito, posteriore brevi reflexo ; 
fronte ad basin profunde excavata, in medio penicillo parvo e 
pilis rigidis formato instructa alliisgue duobus supra oculos sitis; 
auriculis longis acutis, in margine exteriore integris loboque ex- 
terne visibili destitutis; cauda breviuscula mazximam partem 
patagio inelusa, apice tantum parum prominente libera; corpore 
pilis teneris mollibus vestito; notaeo, gastraeo nec non penicillis 
supra oculos et frontem unicoloribus fuscis. 


Hipposideros penicillatus. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. 
' p. 493. 
. e Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 23. 
Hipposideros speoris. Foemina. Blyth. Ann. of Nat. Hist. V. XV. 
(1845.) p. 464, 471. 
N x R Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of 
Bengal. V. XXI. (1853.) p. 374. 
Rhinolophus dukhunensis. Foem. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. 
B. V. S. 658. Nr. 12. 


860 Fitzinger. 


Phyllorrhina dukhunensis. Foem. W agn. Schreber Säugth. Suppl. 
B. V. S. 658. Nr. 12. 
Phyllorhina speoris. Foem. Giebel. Säugeth. S. 988. 


Ebenfalls eine zu den kleineren Formen dieser Gattung gehörige 
Art, welche bezüglich ihrer Größe mit der spitzohrigen (Phyllorrhina 
apiculata) und vorderindischen Bandkammnase (Phyllorrhina duk- 
hunensis) übereinkommt, sich von beiden aber durch die Haar- 
büschel an der Stirne und von der letzteren durch die verschiedene 
Färbung unterscheidet. 

Der vordere hufeisenförmige Nasenansatz ist jederseits mit drei 
blattartigen Hautfalten besetzt, der hintere blattförmige kurz und 
zurückgeschlagen. Die Stirne bietet an ihrer Wurzel eine tiefe Aus- 
höhlung, aber durchaus keine Öffnung dar und an der Stelle der- 
selben befindet sich nur ein kleiner Büschel steifer Haare. Ein ähn- 
licher Haarbüschel befindet sich auch jederseits oberhalb der Augen. 
Die Ohren sind lang und spitz, und am Außenrande weder einge- 
schnitten, noch an der Wurzel desselben mit einem äußerlich be- 
merkbaren Lappen versehen. Der Schwanz ist ziemlich kurz, dem 
größten Theil seiner Läuge nach von der Schenkelflughaut ein- 
geschlossen und ragt nur mit seinem letzten Gliede frei aus def 
selben hervor. Die Körperbehaarung ist fein und weich. 

Die Ober- wie die Unterseite sind einfärbig braun und von der- 
selben Farbe sind auch die Haarbüschel oberhalb der Augen und auf 
der Stirne. 


Körpermaaße sind nieht angegeben. 


Vaterland. Süd-Asien, Ost-Indien, wo diese Art in Vorder- 
Indien in der Präsidentschaft Madras vorkommt und daselbst von 
Elliot entdeckt wurde. Gray, der sie zuerst beschrieben, machte 
uns mit ihr bekannt. 


Blyth erklärt dieselbe für das Weibchen der vorderindischen 
Bandkammnase (Phyllorrhina dukhunensis), welche er aber irriger- 
weise für identisch mit der weißbauchigen Bandkammnase (Phyl- 
lorrhina speoris) hält. Wagner will in dieser Form zwar gleich- 
falls nur das Weibchen der vorderindischen Bandkammnase (Phyl- 
lorrhina dukhunensis) erkennen, betrachtet dieselbe aber von der 
weißbauchigen (Phyllorrhina speoris) für specifisch verschieden. 
Giebel dagegen tritt unbedingt der Ansicht Blyth’s bei. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). Ss6l 


Das britische Museum zu London ist vielleicht das einzige unter 
den Museen in Europa, das ein Exemplar von dieser Art besitzt. 


15. Die weißbauchige Bandkammnase (Phyllorrhina speoris). 


Ph. insigne distincte minor ; prosthemate anteriore in utroque 
latere plicis tribus membranaceis praedito, posteriore simplice, 
supra membrana transversali excavata limbato, infra in acumen 
mediocrem finito; fronte ad basin fossa magna, orificio oblongo 
transversali contractili instructa, excavata foraminibusque latera- 
libus oz ; a: latıs, amplis, acuminato-rotundatis, in 
voluto instructis; alis longis latisgue ; patagio anali modice lato; 
cauda breviuscula, tota patagio inclusa; corpore pilis brevibus 
teneris mollibus vestito; notaeo in maribus fusco, in foeminis 
rufescente-fusco, gastraeo albo, versus alarum insertionem et in 
lateribus rufescente. 

Vespertilio speoris. Schneider. Schreber Säugth. B. I. t. 59. B. 

u » Shaw. Gen. Zool. V.I.P. I. p. 147. 
Rhinolophus marsupialis. Geoffr. Cours publ. de 1805. 
Rhinolophe crumenifere. P&ron, Lesueur. Voy. aux Terres Austral. 

V. I. t. 35. 
Rhinolophus speoris. Geoffr. Ann. du Mus. V. XX. p. 261, 266. 
Nr. 4. t. 5. (Kopf.) 


B A Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. V. XXX. 
p. 253. Nr. 4. 

. »  Desmar. Mammal. p. 126. Nr. 187. 

I „.  Desmar. Diet. des Se. nat. V. XLV. p. 368. 


Rhinolophus Speoris. Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 218. Nr. 4. 
»  Fiseh. Synops. Mammal. p. 139, 556. Nr. 13. 
En olah Tee speoris. W agler. Syst. d. Amphib. S. 11. 


” » Temminek. Monograph. d. Mammal. V. II. 
p. 17. t. 27. (Kopf.) 

a » . Wagner. Schreber Säugth. Suppl. B.1. S. 420. 
Nr. 4. 

2 »  Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 658. 
Neil. 


Phyllorrhina speoris. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 658. 
Nr. 11. 


862 Fitzinger. 


Phyllorhina speoris. Giebel. Säugeth. S. 988. 
5 »  Zelebor. Reise d. Fregatte Novara. Zool. 
Th. B. 1. S. 13. 


... „Diese ausgezeichnete Art, um. welehe sich mehrere andere nahe 
mit ihr verwandte Formen gruppiren, ist merklich kleiner als die 
gewellte Bandkammnase (Phyllorrhina insignis) und gehört den 
kleineren Formen dieser Gattung an. 


In der Größe kommt sie nahezu mit der hellgrauen (Phyllor- 
rhina Templetonii) und der Taiti-Bandkammnase (Phyllorrhina. 
taitiensis) überein, mit denen sie auch am nächsten verwandt ist, 
und unterscheidet. sich von denselben hauptsächlieh durch die 
Färbung. 

Der vordere hufeisenförmige Nasenansatz ist zu beiden Seiten 
mit drei blattartigen Hautfalten besetzt, der hintere blattförmige ist 
einfach, oben von einer ausgehöhlten Querhaut umgeben und geht 
unten in eine mittellange Spitze aus. Hinter diesem Blatte an der 
Stirnwurzel befindet sich wie bei der gewellten (Phyllorrhina in- 
signis) und der spitzohrigen Bandkammnase (Phyllorrhina apieu- 
lata) eine große, mit einer länglichen, der Quere nach gestellten 
zusammenziehbaren Öffnung versehene grubenartige Vertiefung, die 
mit einer sackförmigen Höhlung in Verbindung steht, welche unter 
der Haut gegen die Stirne aufsteigt, doch sind die der erstgenannten 
Art eigenthümlichen kleinen Löcher zu beiden Seiten dieser Grube 
nicht vorhanden. Die Ohren sind. breit, weit geöffnet, stumpfspitzig- 
gerundet, am Außenrande eingeschnitten und an der Wurzel mit 
einem äußerlich nicht bemerkbaren eingerollten Lappen versehen. 
Die Flügel sind lang und breit, die Schenkelflughaut ist aber nur von 
mäßiger Breite und schließt den ziemlich kurzen Schwanz vollständig 
bis zu seiner äußersten Spitze ein. Die Körperbehaarung ist kurz, 
fein und weich. 

Die Färbung ist nach dem Geschlechte etwas verschieden. 


Beim Männchen ist dieselbe auf der Oberseite des Körpers 
braun, beim Weibehen röthliehbraun, da die einzelnen Haare hier 
durchgehends zweifärbig und zwar in der oberen Hälfte braun oder 
röthlichbraun, in der unteren Hälfte weiß sind. Die Unterseite des 
Körpers ist rein weiß und nur an der Einlenkung der Flügel und an 
den Seiten röthlich. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiropterao). 863 


Körperlänge . . » .... 2” 4"—2"” 5". Nach Temminck. 
Länge des Schwanzes . . 1”. 

„ des Vorderarmes . . 1” 8”. 
Spannweite der Flügel . . 10"—!'. 

Die Vorderzähne des Unterkiefers sind mehr oder weniger auf 
einander gedrängt. In beiden Kiefern sind jederseits 1 Lückenzahn 
und 4 Backenzähne vorhanden. 

Vaterland. Süd-Asien, Timor, wo diese Art von Peron und 
Lesueur zuerst angetroffen wurde, und Amboina, von wo sie Tem- 
minck erhielt. 

Schneider war der erste Naturforscher, durch welchen sie 
bekannnt geworden ist, indem er eine Abbildung derselben anfer- 
tigen ließ, die er an Schreber sandte und welche von diesem 
unter dem dieser Art von Schneider gegebenen Namen „Vesper- 
tilio speoris“ veröffentlicht worden ist. Peron und Lesueur, 
welche dieselbe Form von ihrer Reise in das zoologische Museum 
nach Paris brachten, bezeichneten sie mit dem Namen „Rhinolophe 
crumenifere“, unter weleher Benennung sie später dieselbe auch ab- 
gebildet haben, und Geoffroy, der sie zuerst genauer beschrieb, 
legte ihr den Namen „Ahinolophus marsupialis“ bei, den er jedoch 
in der Folge in „Rhinolophus speoris“ veränderte, da er die Iden- 
tität der von ihm beschriebenen Form mit der Schneider'schen 
erkannte. 


16. Die hellgraue Bandkammnase (Phyllorrhina Templetonü). 


Ph. speoris fere magnitudine; prosthemate anteriore in 
utroque latere plicis tribus membranaceis praedito, posteriore 
simplice, supra membrana transversali excavata limbato, infra 
in acumen mediocrem finito ; fronte ad basin fossa magna, orificio 
oblongo transversali contractili instructa, excavata foraminibusque 
lateralibus destituta,; auriculis latis, amplis acuminato - rotun- 
datis, in margine exteriore incisis et ad basin lobo externe non 
visibili involuto instructis; alis longis latisque culvis, et tibiae ante 
ejus finem affiwis; patagio anali modice lato; cauda breviuscula 
mazximam partem patagio inclusa, apice tantum libera; corpore 
pilis brevibus mollibus dense vestito, unicolore dilute griseo, supra 
obscuriore; infra pallidiore; patagüs dilute fuscescente-nigris; 
iride nigra. 


564 Fitzinger 


Hipposideros voulha. Templeton. Mscpt. 
Hipposideros Templetoni. Kelaart. Catal. of the Mammal. of 
Ceylon. 
Hipposideros speoris. Blyth. Journ. of the Asiat. Soc of Bengal. 
V. XX. (1852.) p. 183. 
Hipposideros Templetonii. Kelaart. Fauna Ceylon. 
Phyllorhina speoris. Giebel. Säugeth. S. 988. 
Phyllorhina Templetonü. Fitz. Säugeth. d. Novara-Expedition. 
Sitzungsber. d. math.-naturw. Cl. der 
kais. Akad. d. Wiss. Bd. XLIl. S. 391. 
Phyllorhina speoris. Zelebor. Reise d. Fregatte Novara. Zool. 
Th. Bd. 1. S. 13. 


Eine der weißbauchigen (Phyllorrhina speoris) und Taiti- 
Bandkammnase (Phylorrhina taitiensis) sehr nahe stehende Form 
und mit denselben auch fast von gleicher Größe, daher zu den klei- 
neren Formen dieser Gattung gehörig; von der ersteren Artaber durch 
den mit seiner Spitze frei aus der Schenkelflughaut hervorragenden 
Schwanz, von der letzteren durch die verhältnißmäßig etwas größere 
Länge desselben und von beiden auch durch die Färbung verschieden. 


Der vordere hufeisenförmige Nasenansatz ist zu beiden Seiten 
mit drei häutigen Falten besetzt, der hintere blattförmige einfach, 
oben von einer ausgehöhlten Querhaut begrenzt und unten in eine 
mittellange Spitze ausgehend. Die Stirne ist an der Wurzel von 
einer großen, mit einer länglichen, zusammenziehbaren Queröffnung 
versehenen Grube ausgehöhlt, an deren Seiten sich jedoch keine 
Löcher befinden. Die Ohren sind breit, weit geöffnet und spitz, am 
Außenrande eingeschnitten und an der Wurzel derselben mit einem 
äußerlich nicht bemerkbaren eingerollten Lappen versehen. Die 
Flügel sind lang, breit und kahl, undreichen nicht ganz bis an das Ende 
des Schienbeines. Die Schenkelflughaut ist nur von mäßiger Breite. 
Der Schwanz ist ziemlich kurz, größtentheils von der Schenkelflug- 
haut eingeschlossen, und ragt nur mit seiner Spitze in einer Länge 
von 11/, Linie frei aus derselben hervor. 

Die Körperbehaarung ist dicht, kurz und weich. 

Die Färbung ist einfärbig hellgrau, auf der Oberseite dunkler, 
auf der Unterseite lichter. Die Flughäute sind hell bräunlichsehwarz, 
die Iris ist schwarz. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). Ss65 


Länge des Körpers . . . . 2” 6’. Nach Pelzeln. 


„ des Schwanzes . . . 10”. 
„. des Vorderarmes . . . 17 10. 
4indersOhrenet assnial;: 6”. 


Spannweite der Flügel ungefähr 8’ 6”. 

Vaterland. Süd-Asien, Ceylon, wo diese Art sowohl im Inneren 
des Landes in und um Kandy häufig vorkommt und von Temple- 
ton daselbst entdeckt wurde, als auch an der Küste bei Punta de 
Gale angetroffen wird, von wo sie Frauenfeld gebracht. 


Kelaart hat dieselbe zuerst beschrieben und für eine selbst- 
ständige Art erkannt, während Blyth dieser Ansicht widerspricht 
und sie mit der weißbauchigen Bandkammnase (Phyllorrhina speoris) 
in eine Art vereinigt. Giebel und Zelebor schlossen sich der 
Ansicht Blyth'’s an. 

Die Körpermaaße, so wie auch einige wesentliche Ergänzungen 
der Beschreibung, habe ich der gütigen Mittheilung meines geehr- 
ten Collegen Herrn Custos August v. Pelzeln zu verdanken. 


17. Die Taiti-Bandkammnase (Phillorrhina taitiensis). 


Ph. Templetonü fere magnitudine; prosthemate anteriore in 
utroque latere plicis tribus membranaceis praedito, posteriore 
simplice, supra membrana transversali excavata limbato, infra 
in acumen mediocrem finito; fronte ad basin fossa magna, orificio 
oblongo transversali contractili instructa, excavata foraminibusque 
lateralibus destituta ; auriculis latis, amplis acuminato-rotundatis, 
in margine exteriore incisis et ad basin lobo externe non visibili 
involuto instructis ; alis longis latisque calvis, tibiae ante ejus finem 
affizis; patagio analı modice lato; cauda breviuscula mazimam 
partem patagio inclusa, apice tantum libera ; corpore pilis brevibus 
mollibus dense vestito ; notaeo ex nigresente fusco-griseo, lateribus 
dilutioribus, gastraeo flavido-griseo ; patagüs nigrescente-fuscis. 
Phyllorhina taitiensis. Fitz. Zelebor. Säugethiere d. Novara- 

Exped. Sitzungsber. d. math. - naturw. 
Cl. d. kais. Akademie d. Wiss. Bd. XLII. 
S. 391. 
Phyllorhina speoris. Var. Zelebor. Reise d. Fregatte Novara. 
Zool. Th. Bd. 1. S. 13. 


866 Fitzinger. 


Jedenfalls sehr nahe mit der weißbauchigen (Phyllorrhina 
speoris) und noch mehr mit der hellgrauen Bandkammnase (Phyl- 
lorrhina Templetonii) verwandt, und mit beiden auch beinahe von 
derselben Größe, weßhalb sie der kleineren Form dieser Gattung 
beizuzählen ist. 

Von der ersteren Art unterscheidet sie sich jedoch durch den 
nicht vollständig von der Scheukelflughaut eingeschlossenen. und 
mit seiner Spitze frei aus derselben hervortretenden Schwanz, von 
der letzteren durch die verhältnismäßig geringere Länge desselben 
und von beiden durch die Abweichungen in der Färbung. 

Der vordere hufeisenförmige Nasenansatz ist wie bei diesen, 
jederseits mit drei Hautfalten besetzt, der hintere blattförmige ein- 
fach, oben der Quere nach von einem ausgehöhlten Hautsaume 
begrenzt und geht unten in eine mäßig lange Spitze aus. An der 
Wurzel der Stirne befindet sich eine große grubenartige Vertiefung, 
welche mit einer länglichen, zusammenziehbaren Queröffnung ver- 
sehen ist und an deren Seiten keine Löcher bemerkbar sind. Die 
breiten, weit geöffneten Ohren sind spitz, an ihrem äußeren Rande 
eingeschnitten und bieten an der Wurzel derselben einen einge- 
rollten, äußerlich aber nicht hervortretenden Lappen dar. Die Flügel 
sind lang, nicht ganz bis an das Ende des Schienbeines reichend 
und kahl. Die Schenkelflughaut ist mäßig breit und der ziemlich 
kurze Schwanz wird nicht vollständig von derselben eingeschlossen, 
sondern tritt mit seiner Spitze frei aus derselben hervor. 

Die Behaarung des Körpers ist kurz, dicht und weich. 

Die Färbung der Oberseite des Körpers ist schwärzlich braun- 
grau oder rußfarben und gegen die Leibesseiten zu heller, jene der 
Unterseite des Körpers gelblichgrau. Die Flughäute sind schwärz- 
liehbraun. 

Länge des Körpers . . . . . 2’ 9”. Nach Pelzeln. 


„ des Schwanzes.. . . . 972 
„ des Vorderarmes . . . I", 
„a der’Ohrens’r@, Qua! 6”. 


Spannweite der Flügel nahezu 9”. 
Vaterland. Australien, Gesellschafts-Inseln, Taiti, von wo 
Frauenfeld diese Art gebracht. 
Zelebor will in ihr nur eine Abänderung der weißbauchigen 
Bandkammnase (Phyllorrhina speoris) erkennen. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera) 867 


Auch die Ergänzungen zu der Beschreibnng dieser Art, so wie 
die hier angegebenen Körpermaaße, wurden mir durch die Güte 
meines sehr geehrten Collegen Herrn Custos August von Pelzeln 
mitgetheilt. 


18. Die gewellte Bandkammnase (Phyllorrhina insignis). 


Ph. griseae magnitudine; prosthemate anteriore in utroque 
latere plieis tribus membranaceis praedito, posteriore simplice. 
latiore quam alto, marginibus rotundatis; fronte ad basin fossa 
magna, orificio On transversali contractili instructa, excavata, 
nec non foramine minimo in utroque ejus latere perforata , tribus- 
que penicillis ab üs orientibus; auriculis latis, amplis, acutis, in 
Kae exteriore infra Anieeze nen BROS RN ad RZ 
analı modice lato ; ne Be eviuscula, Yoln lan ne regione 
pubis in foeminis appendieibus mammaeformibus distinctis prae- 
dita; corpore pilis teneris mollibus vestito; capite nuchaque ad 
 humeros usque albis castaneo-fusco-undulatis, dorso castaneo-fusco, 
gastraeo dilute fusco-griseo, ad pectoris latera parum obscurius 
fusco. 


Zhinolophus insignis. Horsf. Zool. Research. Nr. VI. p. 7. 
ss Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 226. Nr. 12. 
imaltinlids Speoris. Fisch. Synops. Mammal. p. 139, 556. Nr. 13. 
ZRhinolophus speoris. Wagler. Syst. d. Amphib. S. 11. 
Vespertilio cyclope. Descehamps. Mscpt. 
Hipposideros insignis. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. p. 492. 
Rhinolophus insignis. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. II. 
p. 14. t. 29. f. 2. (Kopf.) t. 32. f. 7—8. 
(Schädel. ) 
Rhinolophus insignis. Horsf. Zool. Javan. t. 7. (Kopf.) 
Rhinolophus insignis. Mas. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. 
S. 420. Nr. 3. 
» »  Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 657. Nr. 10. 
Phyllorrhina insignis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 657. Nr. 10. 
Phyllorhina insignis. Giebel. Säugeth. S. 988. 


568 Fitzinger. 


Verunstaltetes Exemplar. 
Rhinolophus deformis. Horsf. Zool. Research. Nr. VI. p. 6. 
S u Griffith. Anim, Kingd. V.V. p. 225. Nr. 11. 
N 4 Fisch. Synops. Mammal. p. 138, 556. Nr. 12. 
Hipposideros insignis. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. p. 492. 
Rhinolophus insignis. Exempl. destruct. Temminck. Monograph. 
d. Mammal. V. II. p. 15. 
Rhinolophus deformis. Horsf. Zool. Javan. t. 7. f. 9. (Kopt.) 
Rhinolophus insignis. Exempl. destruct. W agn. Schreber Säugth. 
Suppl..B. I. S. 420. Nr. 3. 
Note 11. 
Rhinolophus insignis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 657. 
Nr. 10. 
Phyllorrhina insignis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 657. Nr. 10. 
Phyllorhina insignis. Giebel. Säugeth. S. 988. 

Diese wohl unterschiedene, zu den kleineren Formen der Gat- 
tung gehörige Art, welehe nur wenig kleiner als die wollige (Phyl- 
lorrhina Cyclops), Diadem- (Phyllorrhina Diadema) und Larven- 
Bandkammnase (Phyllorrhina larvata), aber merklich größer als 
die weißbauchige (Phyllorrhina speoris) , hellgraue ( Phyllorrhina 
Templetonii) und Taiti-Bandkammnase (Phyllorrhina taitiensis) 
und von gleicher Größe wie die graue (Phyllorrhina grisea) ist, 
schließt sich zunächst an die gemeine Bandkammnase (Phyllorrhina 
vulgaris) an, von welcher sie sich durch die weit größere Stirn- 
grube und die zu beiden Seiten derselben befindlichen und so wie 
diese mit einem Haarbüschel besetzten Löcher, so wie zum Theile 
auch durch die etwas abweichende Färbung unterscheidet, während 
sie in Ansehung der Größe vollständig mit derselben übereinkommt. 

Der vordere hufeisenförmige Nasenansatz bietet jederseits drei 
blattartige Hautfalten dar. Der hintere blattförmige Nasenansatz ist 
einfach, breiter als hoch und am Rande abgerundet. Zwischen 
diesem und dem vorderen hufeisenförmigen Nasenansatze befindet 
sich noch ein flach aufliegendes, schmales und ein breiteres behaar- 
tes bandförmiges Blatt. Hinter dem hinteren blattförmigen Nasen- 
ansatze bietet die Stirne an der Wurzel eine große, mit einer läng- 
lichen, der Quere nach gestellten und zusammenziehbaren Öffnung 
versehene Grube dar, welche in eine sackförmige Höhlung mündet, 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flafterthiere (Chiropter). 869 


die unterhalb der Haut gegen die Stirne aufsteigt und zu beiden 
Seiten derselben noch ein sehr kleines Loch, aus welchem, so wie 
auch aus der Stirngrube, ein Haarbüschel entspringt. Die Ohren sind 
breit, weit geöffnet und spitz, am Außenrande unterhalb der Spitze 
schwach ausgeschnitten und an der Wurzel desselben mit einem 
äußerlich nicht bemerkbaren eingerollten Lappen versehen. Die 
Flügel sind lang und breit. Die Schenkelflughaut ist nur von mäßi- 
ger Breite und der ziemlich kurze Schwanz, welcher nur wenig 
länger als die Füße ist, wird vollständig von derselben eingeschlos- 
sen. Die Schamgegend des Weibchens bietet deutlich falsche 
Zitzen dar. Die Körperbehaarung ist fein und weich. 


Der Kopf und der Nacken bis zwischen die Schultern herab 
sind weiß und kastanienbraun gewellt, da die weißen Haare in 
kastanienbraune Spitzen endigen. Der Rücken ist rein kastanien- 
braun, wobei die durchaus zweifärbigen Haare nur an der Wurzel 
weißlich sind. Die Unterseite des Körpers ist licht braungrau und 
nur an den Seiten der Brust etwas dunkler braun. 


Körperlänge... ... 2’ 11’. Nach Temminck. 
Länge des Schwanzes . . En 
„ des Vorderarmes . N 
Spannweite der Flügel. . 1—1’2”. 
: x 2 RN 17—1’1” 6”. Nach Horsfield. 


Die Vorderzähne des Unterkiefers stehen mehr oder weniger 
aufeinander gedrängt. In beiden Kiefern befinden sich jederseits 
1 Lückenzahn und 4 Backenzähne. 


Vaterland. Süd-Asien, und zwar der indische Archipel, wo 
diese Art auf der Insel Java und den umliegenden Eilanden vor- 
kommt und daselbst von Horsfield entdeckt wurde, der sie auch 
zuerst beschrieb. 


Fischer und Wagler hielten sie mit der weißbauchigen 
Bandkammnase (Phyllorrhina speoris) für identisch und Des- 
ehamps bezeichnet sie in seinem Manusceripte mit dem Namen 
„Vespertilio eyclope“. 

Außerdem hat Horsfield diese Form aber auch noch ein 
zweites Mal unter dem Namen „Ahinolophus deformis“ beschrieben, 
und zwar nach einem ausgebalgten, schlecht präparirten und zum 
Theile sogar verstümmelten Exemplare, wie dieß Gray und Tem- 


870 Fitzinger. 


minck, welche Horsfield’s Original-Exemplare zu untersuchen 
Gelegenheit hatten, unwiderlegbar bewiesen. 


Schon Horsfield’s eigene Angabe, daß bei dem Exemplare, 
auf welches er diese Art gegründet, der Hirnschädel und die 
Schnauze verlängert, ersterer zusammengedrückt, letztere aber flach 
waren und die Beschaffenheit des Schwanzes nur undeutlich zu er- 
kennen war, ließ vermuthen, daß man es hier nur mit einem verun- 
stalteten und zum Theile verstümmelten Individuum zu thun habe, 
nieht aber mit einer besonderen Art. 


19. Die gemeine Bandkammnase (Phyllorrhina vulgaris). 


Ph. insignis magnitudine; prosthemate anteriore in utroque 
latere plicis tribus membranaceis praedito, posteriore rotundato, 
supra membrana transversali limbato, infra simplice; fronte ad 
basin foramine minimo perforata; auriculis magnis, amplis, acutis, 
in margine ezxteriore infra apicem parum incisis et ad basin lobo 
externe non visibili involuto villoso instructis; alis longis latissi- 
mis; patagio anali modice lato; cauda breviuscula, tota patagio 
inclusa; corpore pilis teneris mollibus vestito; notaeo unicolore 
fusco in rufescentem vergente, gastraeo albido-griseo. 
Rhinolophus vulgaris. Horsf. Zool. Research. Nr. VI. p. 5. 

5 HN Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 224. Nr. 10. 
4 Y Fisch. Synops. Mammal. p. 138,556. Nr. 11. 
Hipposideros vulgaris. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. 


p- 493. 
khinolophus insignis. Var. Temmincek. Monograph. d. Mammal. 
V. IL p. 15. 


Rhinolophus vulgaris. Horsf. Zuol. Javan. t. 7. f. 3. (Kopf.) 
Rhinolophus insignis. Foem. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. 
S. 420. Nr. 3. 
Hipposideros vulgaris. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 23. 
$ 5 Blyth. Ann. of Nat. Hist. V. XV. (1845.) 

p. 470. 

Rhinolophus vulgaris. Cantor. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 
V. XV. (1846.) p. 183. 

Rhinolophus insignis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 657. 

Nr. 10. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 871 


Phyllorrhina insignis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 657. 
Nr. 10. 
Phyllorhina insignis. Giebel. S. 988. 


Außerordentlich nahe mit der gewellten Bandkammnase (Phyl- 
lorrhina insignis) verwandt und auch von gleicher Größe wie die- 
selbe, daher eine den kleineren Formen der Gattung angehörige Art, 
aber durch die viel kleinere Stirngrube und den Mangel der beiden 
‚seitlichen Löcher und der Haarbüschel an deren Stelle und der 
Stirngrube, so wie auch durch die etwas verschiedene Färbung sehr 
deutlich von derselben geschieden. 

Der vordere hufeisenförmige Nasenansatz ist an den beiden 
Seiten mit drei blattartigen Hautfalten besetzt, der hintere blattartige 
Nasenansatz gerundet, oben der Quere nach von einer Haut begrenzt 
und unten einfach gerandet. Hinter demselben befindet sich eine sehr 
kleine, kaum bemerkbare Öffnung an der Wurzel der Stirne. Die 
Ohren sind groß, weit geöffnet und spitz, am Außenrande unterhalb 
der Spitze nur wenig eingeschnitten und an dessen Wurzel mit 
einem äußerlich nicht bemerkbaren, eingerollten und mit zottigen 
Haaren besetzten Lappen versehen. Die Flügel sind lang und von 
ansehnlicher Breite, und die Schenkelflughaut ist mäßig breit. Der 
ziemlich kurze Schwanz, welcher die Füße nur wenig an Länge 
übertrifft, ist bis an seine äußerste Spitze vollständig von der 
Schenkelflughaut umschlossen. Die Körperbehaarung ist fein und 
weich. 

Die Oberseite des Körpers erscheint einfärbig braun in’s Röth- 
liche ziehend, da die einzelnen Haare dem größten Theile ihrer 
Länge nach von dieser Farbe und nur gegen die Wurzel zu weißlich 
sind. Die Unterseite desselben ist weißlichgrau. 


Spannweite der Flügel. . . . 1’6”. Nach Horsfield. 


Vaterland. Süd-Asien, wo diese Art sowohl auf der Insel Java, 
wo sie Horsfield entdeckte, als auch auf der Insel Pulo Pinang 
und in der Provinz Arakan in Hinter-Indien vorkommt, von wo sie 
Cantor und Blyth erhielten. 


Horsfield hat uns die erste Beschreibung von derselben ge- 
geben und Temminck glaubte in ihr nur eine Varietät der gewell- 
ten Bandkammnase (Phyllorrhina insignis) zu erkennen, während 
Wagner sie geradezu für das Weibchen dieser Art erklärt. Daß 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 57 


872 Fitzinger. 


hier von einer Abänderung nicht die Rede sein könne, ergibt sich 
wohl schon aus den höchst verschiedenen körperlichen Merkmalen 
beider Formen. Eher wäre noch Wagner’s Ansicht möglich, ob- 
gleich auch diese noch sehr der Bestätigung bedarf und wahrschein- 
lich nur auf einer willkürlichen Annahme beruht. Auch Giebel ver- 
einigt sie mit der genannten Art. 


20. Die Larven-Bandkammnase ( Phyllorrhina larvata). 


Ph. Diadematis magnitudine; prosthemate anteriore in utro- 
que latere plicis tribus membranaceis praedito, posteriore rotun- 
dato, supra membrana transversali prominula limbato , infra in 
acumen finito; fronte ad basin foramine minimo perforata; auri- 
culis magnis, ad basin latissimis, acutis, marginibus integris 
loboque externe visibili destitutis; alis modice longis, scelidibus 
longis tenuibus; patagio anali, parum lato; cauda brevi, tota 
patagio inclusa; corpore pilis teneris mollibus vestito ; notaeo plus 
minusve vivide saturate fulvescente-fusco aureo-nitente, prymnam 
versus nbscuriore, gastraeo fulvo splendide grisescente-lavato ; 
patagüs nigrescente-fuscis nitore flavescente. 

Rhinolophus larvatus. Horsf. Zool. Research. Nr. VI. p. 4. e. fig. 


5 3 Griffith. Anim. Kingd. V.V. p. 223. Nr. 9. 
“ 5 Fisch. Synops. Mammal. p. 138, 556. 
Nr. 10. 
Hipposideros larvatus. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. 
p- 493. 
khinolophus larvatus. Temmincek. Monograph. d. Mammal. V. II. 
p- 22. 
2 = Horsf. Zool. Javan. ce. fig. 
= > Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 422. 
Nr. 6. 


Hipposideros larvatus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 23. 

Rhinolophus larvatus. Blyth. Ann. of Nat. Hist. V. XV. (1845.) 
p- 470. 

> > Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 

S. 660. Nr. 15. 

Phyllorrhina larvata. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 

S. 660. Nr. 15. 

Phyllorhina speoris. Var. Giebel, Säugeth. S. 988. Note 8. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 873 


Eine sehr deutlich unterschiedene Art, welche einigermaßen an 
die gewellte (Phyllorrhina insignis) und weißbauchige Bandkamm- 
nase (Phyllorrhina speoris) erinnert, aber von beiden, nebst noch 
anderen Merkmalen, durch die ihr eigenthümliche Färbung ver- 
schieden ist. 

In der Größe kommt dieselbe mit der wolligen (Phyllorrhina 
Cyclops) und Diadem-Bandkammnase (Phyllorrhina Diadema) 
überein, daher sie den mittelgroßen Formen der Gattung beizu- 
zählen ist. 1 

Der vordere hufeisenförmige Nasenansatz ist zu beiden Seiten 
mit drei blattartigen Hautfalten besetzt. Der hintere blattartige 
Nasenansatz ist gerundet, oben der Quere nach von einer vor- 
springenden Haut begrenzt und geht unten in eine kurze Spitze aus. 
Hinter demselben befindet sich eine sehr kleine, kaum bemerkbare 
Öffnung an der Wurzel der Stirne. Die Ohren sind groß, aufrecht- 
stehend und spitz, nicht sehr weit von einander gestellt, an der 
Wurzel sehr breit, einfach gerandet und bieten am Außenrande 
weder einen Einschnitt, noch einen äußerlich sichtbaren Lappen dar. 
Die Flügel sind nur von mäßiger Länge, die Hinterbeine verhältniß- 
mäßig lang und dünn. Die Schenkelflughaut ist nieht sehr breit. Der 
‚Schwanz ist kurz, kürzer als die Füße und wird vollständig von der 
‘Schenkelflughaut eingeschlossen. Die Körperbehaarung ist fein und 
‚weich. 

Die Oberseite des Körpers ist mehr oder weniger lebhaft ge- 
sättigtrothgelblieh-braun mit goldfarbenem Schimmer und nach hinten 
zu dunkler, die Unterseite desselben rothgelb und glänzend graulich 
überflogen, welche Färbung dadurch bewirkt wird, dafs die Haare 
der Oberseite an der Wurzel rothgelb oder goldfarben sind und in 
braune Spitzen ausgehen, während jene der Unterseite lichter gold- 
farben gefärbt erscheinen und gegen die Spitze grau sind. Die Flug- 
häute sind schwärzlichbraun mit gelblichem Schimmer. 

Körperlänge nach der Krümmung . 3”. Nach Horsfield. 


5 in gerader Riehtung . 26’. 
Bängerdes’Schwanzes nv. 
Spannweite der Flügel . . . . . 12”. 
Korper ange Ra 2 192 NDcHiBlych. 
Länge des Sehwanzes . . ... 179” 


„ "des Vorderarmes ı . ...°. RS 


37* 


874 Fitziager. 


Vaterland. Süd-Asien, Java, wo Horsfield diese Art ent- 
deckte, die er auch zuerst beschrieb, und das Festland von Ost- 
Indien, von wo Blyth dieselbe aus der Provinz Arakan ir Hinter- 
Indien erhielt. 

Die in Arakan gesammelten Exemplare sind lebhafter als die 
javanischen gefärbt. 

Der Name, womit die Malayen auf Java diese Art bezeichnen, 
ist „Lowo-sumbo“. 


21. Die gelblichbraune Bandkammnase (Phyllorrhina cervina). 


Ph. galeritae magnitudine ; prosthemate posteriore simplice 
rectilineo; auriculis magnis, in margine exteriore apicem versus 
leviter emarginatis ; alis modice longis calvis; patagio anali lato ; 
cauda mediocri, mazimam partem patagio inclusa, apice tantum 
parum prominente libera; corpore pilis incumbentibus mollibus 
vestito; notaeo pallide flavo-fusco, capite humerisque obscuriori- 
bus, gastraeo dilutiore, abdomine griseo-lavato; patagüis obscure 
fuscis. 

Rhinolophus cervinus. Gould. Mammal. of Austral. Fase. VI. e. fig. 


= 5 Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 661. Nr. 18. 
Phyllorrhina cervina.. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 661. Nr. 18. 


Unter den zahlreichen Arten dieser Gattung eine der ausge- 
zeichnetsten und nicht leicht mit irgend einer anderen zu ver- 
wechseln. 

In der Größe kommt sie mit der Hauben-Bandkammnase 
(Phyllorrhina galerita), der vorderindischen (Phyllorrhina dukhu- 
nensis), spitzohrigen (Phyllorrhina apiculata) und pinselstirnigen 
Bandkammnase (Phyllorrhina penicillata) überein, wornach sie 
den kleineren Formen dieser Gattung beizuzählen ist. 

Der hintere blattförmige Nasenansatz ist einfach und geradlinig 
abgegrenzt. Die Ohren sind groß und bieten an ihrem Außenrande 
gegen die Spitze zu eine schwache Ausrandung dar. Die Flügel sind 
ziemlich lang und kahl. Die Schenkelflughaut ist breit und der mittel- 
lange Schwanz wird dem größten Theile seiner Länge nach von der- 
selben eingeschlossen und ragt nur mit seiner Spitze frei aus ihr 
hervor. Die Körperbehaarung ist glatt anliegend und weich. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 87 


Die Oberseite des Körpers ist licht gelb- oder fahlbraun, am 
Kopfe und auf den Schultern am dunkelsten. Die Unterseite des 
Körpers ist blasser gefärbt und auf dem Bauche grau überflogen. Die 
Flughäute sind dunkelbraun. 


Körperlänge . . . - . 2”. Nach Gould. 
Länge des Shhwähieel RNIT. 

„ des Vorderarmes . 17%”. 

„.. demOhren”: 2 Hua 


Im Ober- sowohl als Unterkiefer befinden sich jederseits ein 
Lückenzahn und vier Backenzähne. 


Vaterland. Australien, Neu-Holland, wo diese Art sowohl am 
Cap York, als auch in den Sandsteinhöhlen der Albany-Insel ange- 
troffen wird. 

Gould hat dieselbe entdeckt und auch zuerst beschrieben und 
abgebildet. Er war indeß im Zweifel, ob er sie der Gattung Kamm- 
nase (Rhinolophus) oder Bandkammnase (Phyllorrhina) einreihen 
soll, obgleich sie — wie schon Wagner sehr riehtig bemerkt — 
entschieden der letzteren Gattung angehört. 


22. Die rußfärbige Bandkammnase (Phyllorrhina murina). 


Ph. dukhunensis circa magnitudine ; prosthemate anteriore 
simplice plicis membranaceis destituto, posteriore parvo margini- 
bus integris; fronte ad basin fossa orificio contractili instructa 
excavata; auriculis latissimis rotundatis, in margine anteriore 
strüs duabus vel tribus angustis e pilis longioribus formatis in- 
structis loboque externe visibili destitutis; patagio anali laio; 
cauda mediocri, maximam partem patagio inclusa, apice tantum 
parum prominente libera; regione pubis in foeminis appendicibus 
mammaeformibus distinctis praedita; corpore pilis teneris mollibus 
vestito; notaeo obscure fusco vel fuligineo grisescente-lavato, 
gastraeo paullo dilutiore albescente-lavato. 

Rhinolophus murinus. Elliot. Madras. Journ. V. X. p. 99. 
Hipposideros murinus. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. 
p- 492. 
- Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 23. 
Aiinolsphits murinus. Blyth. Ann. of Nat. Hist. V. XV. (1845.) 
p- 471. 


876 Fitzinger 


Rhinolophus murinus. Cantor. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 
V. XV. (1846.) p. 183. 


A n Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 
V. XXI. (1853.) p. 347. 
= = Var. B. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. 


B. V. S. 660. Nr. 17. ß. 
Phyllorrhina murina. Var. B. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. 

B. V. S. 660. Nr. 17. ß. 
Phyllorhina fulva? Giebel. Säugeth. S. 989. Note 1. 


Eine durch die eigenthümliche Bildung ihres Nasenansatzes. 
deutlich unterschiedene und sehr leicht zu erkennende Art, um 
welche sich einige andere nahe mit ihr verwandte Formen gruppiren. 


Sie ist ungefähr von derselben Größe wie die vorderindische- 
(Phyllorrhina dukhunensis), spitzohrige (Phyllorrhina apiculata), 
pinselstirnige (Phyllorrhina penicillata) und Hauben-Bandkamm- 
nase (Phyllorrhina galerita), und daher den kleineren Formen 
dieser Gattung beizuzählen. 

Der vordere hufeifenförmige Nasenansatz ist einfach und ohne. 
Blättehen an den Seiten, der hintere blattförmige Nasenansatz ist 
klein und einfach gerandet. An der Wurzel der Stirne befindet sich 
eine ausdehnbare Grube. Die Ohren sind sehr breit und gerundet 
und bieten am vorderen Rande 2—3, aus längeren Haaren gebildete 
schmale Streifen, an der Wurzel aber keinen äußerlich sichtbaren 
Lappen dar. Die Schenkelflughaut ist breit, und der mittellange 
Schwanz wird beinahe vollständig von derselben eingeschlossen und 
ragt nur mit seinem letzten Gliede frei aus derselben hervor. In der 
Schamgegend des Weibchens sind deutlich falsche Zitzen vorhanden. 
Die Körperbehaarung ist fein und weich. 


Die Färbung ist nach dem Geschlechte nicht verschieden. 


Dieselbe ist auf der Oberseite des Körpers dunkelbraun oder 
rußfarbeu und graulich überflogen, indem die einzelnen dunkelbraunen 
und nach oben zu etwas heller gefärbten Haare an der äußersten Spitze 
weißlich sind. Die Unterseite des Körpers ist etwas heller als die 
Oberseite desselben gefärbt und weißlich überflogen. 

Körperlänge nahezu... ., Zu... 12". Nach Blyth. 
Länge des Schwanzes beinahe . . . . 1”. 
5....des: Vorderarmes:.. 0%» rt gan ads 


m 
. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 877 


Vaterland. Süd-Asien, Ost-Indien, wo diese Art sowohl auf 
dem Festlande in Bengalen und zwar in der Provinz Madras ange- 
troffen wird, woselbst sie von Elliot entdeckt wurde, als auch den 
indischen Archipel und insbesondere die Insel Pulo Pinang und die 
Nikobaren bewohnt. 

Elliot hat dieselbe zuerst beschrieben und Gray diese Be- 
schreibung ergänzt. Blyth vereinigt sie mit der schwarzen (Phyl- 
lorrhina atra) und rostrothen Bandkammnase (Phyllorrhina fulva) 
in eine einzige Art, welcher Ansicht auch Wagner unbedingt bei- 
tritt. Giebel hält deren Zusammengehörigkeit zwar für möglich, 
doch spricht er sich nicht mit Bestimmtheit für dieselbe aus. 


23. Die schwarze Bandkammnase (Phyllorrhina atra). 


Ph. murinae similis et ejusdem circa magnitudine; notaeo 
unicolore nigro, gastraeo cinerascente-nigro,; patagiis saturate 
atris. 

Hipposideros ater. Templeton. Msept. 
Hipposideros atratus. Kelaart. Catal. of the Mammal of Ceylon. 
Rhinolophus murinus. Var. Blyth. Ann. of Nat. Hist. V. XV. (1845.) 


p. 471. 

» 5 » Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Ben- 
gal. V. XVII. p. 252. — V. XXI. (1853.) 
.p- 347. 


Hipposideros atratus. Kelaart. Fauna Ceylon. 

Rhinolophus murinus. Var. «. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. 
B. V. S. 660. Nr. 17. «. 

Phyllorrhina murina. Var. «.. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. 
B. V. S. 660. Nr. 17. &. 

Phyllorhina. murina. Giebel. Säugeth. S. 989. Note 1. 

Phyllorhina fulva? Giebel. Säugeth. S. 989. Note 1. 


So unvollständig uns diese Form auch bis jetzt bekannt ist, so 
scheint doch schon aus ihrer eigenthümlichen Färbung hervorzu- 
gehen, daß sie von der ihr verwandten rußfärbigen Bandkammnase 
(Phyliorrhina murina), wit welcher sie auch ungefähr von gleicher 
Größe ist, speeifisch verschieden sei. 

In ihrer Gesammtform sowohl, als auch in der Bildung ihrer 
einzelnen Körpertheile scheint sie, so weit sich diel aus den kurzen 


878 Fitzinger. 


Angaben, die wir über sie besitzen, entnehmen läßt, mit dieser Art 
vollkommen übereinzustimmen und nur durch die Färbung sich von 
derselben zu unterscheiden. Leider entbehren wir aber bis zur 
Stunde noch einer genaueren Beschreibung ihrer einzelnen Merk- 
male, deren Kenntnild® unumgänglich nöthig ist, um eine solche 
Übereinstimmung mit voller Sicherheit ausspreehen zu können. 

Die Oberseite des Körpers ist kohlschwarz, wobei die einzelnen 
Haare größtentheils schwarz und nur gegen die Wurzel hin silber- 
grau gefärbt sind. Die Unterseite des Körpers ist graulichschwarz, 
die Flughäute sind tief schwarz. 

Körpermaaße fehlen. 

Vaterland. Süd-Asien, Ceylon, wo Templeton diese Art 
entdeckte, die Kelaart zuerst beschrieb. Blyth zieht dieselbe mit 
der rußfärbigen Bandkammnase (Phyllorrhina murina) in eine Art 
zusammen, mit welcher er auch die rostrothe Bandkammnase (Phyl- 
lorrhina fulva) vereinigt, und betrachtet sie so wie auch diese, für 
eine eigenthümliche Abänderung derselben. Wagner schließt sich 
dieser Ansicht unbedingt, Giebel aber nur im Zweifel an. 


24. Die rostrothe Bandkammnase (Phyllorrhina fulva). 


Ph. murinae circa magnitudine ; prosthemate anteriore sim- 
plice plicis membranaceis destituto, posteriore parvo marginibus 
integris; fronte ad basin fossa orificio contractili instructa exca- 
vata; auriculis latissimis rotundatis, externe pilis brevibus leviter 
obtectis, in margine anteriore strüs duabus vel tribus angustis e 
pülis longioribus formatis instructis ioboque externe visibili desti- 
. tutis; patagio anali lato; cauda mediocri, maximam partem pa- 
tagio inclusa, apice tantum parum prominente libera; regione 
pubis in foeminis appendicibus mammaeformibus distinctis prae- 
dita; corpore pilis teneris mollibus sericeis nitidis vestito; notaeo 
gastraeogue unicoloribus vivide ac splendide dilute fulvis vel fer- 
rugineis, dorso paullo obscuriore, abdomine pallidiore ; patagüs 
obscure fuscis. 

Rhinolophus fulgens. Elliot. Madras Journ. V. X. p. 99. 
Hipposideros fulvus. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. p. 492. 
» Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 23. 
Rhinolophus fulvus. Blyth. Ann. of Nat. Hist. V. XV. (1845.) 
p. 471. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 879 


Rhinolophus murinus. Var. Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Ben- 
gal. V. XXI. (1853.) p. 347. 
A 5 Var. y. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 660. Nr. 17. 7. 
Phyllorrhina murina. Var. 7. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. 
B. V. S. 660. Nr. 17. 7. 
Phyllorhina fulva. Giebel. Säugeth. S. 989. Note 1. 

Wenn auch die nahe Verwandtschaft dieser Form mit der ruß- 
färbigen Bandkammnase (Phyllorrhina murina) nicht verkannt 
werden kann, so bietet sie durch ihre Färbung einen so auffallenden 
Unterschied von derselben dar, daß eine Vereinigung dieser beiden 
Formen mit einander nur als eine willkürliche betrachtet werden 
kann. 


Ihre Größe ist ungefähr dieselbe, und auch in ihren körperlichen 
Formen scheint sie mit dieser Art im Wesentlichen übereinzukom- 
men, obgleich es uns hierüber an zureichenden näheren Angaben 
gebricht. 


Wie bei der genannten Art, so ist auch bei dieser der vordere 
hufeisenförmige Nasenansatz einfach und Blättchen an den Seiten 
desselben mangeln. Der hintere blattförmige Nasenansatz ist klein 
und seine Ränder sind einfach. Die Stirngrube ist deutlich vorhan- 
den. Die Ohren sind sehr breit und gerundet, auf der Außenseite 
nur spärlich mit kurzen Haaren überflogen und am Vorderrande mit 
2—3 schmalen, aus längeren Haaren gebildeten Streifen besetzt, 
ohne äußerlich sichtbarem Lappen an der Wurzel. Die Schenkel- 
flughaut ist breit und schließt den mittellangen Schwanz, der nur 
mit seinem letzten Gliede frei aus derselben hervorragt, beinahe 
vollständig ein. In der Schamgegend des Weibehens sind deutlich 
falsche Zitzen bemerkbar. Die Behaarung des Körpers ist fein, 
seidenartig glänzend und weich. 


In der Färbung sind sich beide Geschlechter gleich. 

Der ganze Körper ist einfärbig und lebhaft glänzend hell roth- 
gelb oder rostfarben, auf der Oberseite etwas dunkler, auf der Unter- 
seite lichter. Die Flughäute sind dunkelbraun. 

Körpermaaße sind nicht angegeben. 

Vaterland Süd-Asien, Ost-Indien, Bengalen, allwo diese 
Art in der Provinz Madras vorkommt und daselbst von Elliot ent- 


880 Fitzinger. 


deckt wurde, der sie auch zuerst unter dem Namen „Rhinolophus 
fulgens“ kurz beschrieb. Eine etwas genauere Beschreibung hat 
Gray von ihr geliefert und den ihr von Elliot gegebenen Namen 
in „Hipposideros fulvus“ geändert. Blyth, welcher sie früher für 
eine selbstständige Art betrachtete, zog sie später als eine besondere 
Abänderung mit der rußfärbigen Bandkammnase (Phyllorrhina 
murina) zusammen, welcher Ansicht auch Wagner beigetreten ist. 
Giebel ist im Zweifel, ob diese beiden Formen der Art nach mit 
einander identisch sind. 

Bis jetzt dürfte das Britische Museum zu London das einzige 
unter den europäischen Museen sein, welches ein Exemplar dieser 
Form besitzt. 


25. Die zweifärbige Bandkammnase (Phyllorrhina bicolor). 


Ph. pygmaeae, rarius caffrae magnitudine ; prosthemate 
anteriore postice prominentia membrana in utroque margine ex- 
cisa cincta praedito, posteriore parvo transversali simplici; labio 
inferiore antice verruca magna rotundata et in lateribus ejus 
duabus alteris oblongis instructo; aurisulis majusculis, latioribus 
quam longis, supra rotundatis, in margine exteriore non excisis 
et ad basin lobo minimo interne plica transversa signato praeditis; 
alis modice longis; patagio anali lato; cauda mediocri ultra ?/; 
antibrachii longitudine, tota patagio inclusa; corpore pilis longis 
mollibus vestito; notaeo ex albo et castaneo-rubro irrequlariter 
mixto, gastraeo albido castaneo-rubro-lavato. 

Rhinolophus bicolor. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. II. 
p. 18. t. 29. f. 3. (Kopf.) t. 32. f. 9, 10. 
(Scehädel.) 
> A Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S. 422. 
Nr. 7. 
Hipposideros bicolor. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 23. 
Rhinolophus bicolor. W aterh. Ann. of Nat. Hist. V. XII. (1844.) 


p- 303. 

» » Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 660. 
Nr. 16. 

Phyllorrhina bicolor. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 660. 
Nr. 16. 


Phyllorhina bicolor. Giebel. Säugeth. S. 989. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 881 


Diese schon durch ihre eigenthümliche Färbung von allen 
übrigen Arten dieser Gattung deutlich unterschiedene Form gehört 
zu den kleinsten in der Gattung, da sie gewöhnlich nur von der 
Größe der Zwerg-Bandkammnase (Phyllorrhina pygmaea) ist und 
nur selten jene der Kaffern-Bandkammnase (Phyllorrhina caffra) 
erreicht. 

Der vordere hufeisenförmige Nasenansatz bietet hinten eine 
stark hervortretende Erhöhung dar, welche von einer Haut umgeben: 
ist, deren beide Ränder ausgeschnitten sind. Der hintere blattförmige 
Nasenansatz ist klein, einfach und der Quere nach gestellt. Die 
Unterlippe ist vorne in der Mitte mit einer großen rundlichen Warze 
besetzt, an deren beiden Seiten sich eine längliche befindet. Die 
Ohren sind ziemlich groß, breiter als lang, oben abgerundet, an 
ihrem äußeren Rande nicht eingeschnitten und blos am Grunde des- 
selben mit einem sehr kleinen Lappen versehen, der auf der Innen- 
seite von einer Querfalte durchzogen ist. Die Flügel sind ziemlich 
lang. Die Schenkelflughaut ist breit und der mittellange Schwanz, 
dessen Länge mehr als 2/, des Vorderarmes beträgt, wird vollständig 
von derselben eingeschlossen. Die Körperbehaarung ist lang und 
weich. 

Die Oberseite des Körpers ist unregelmäßig aus Weiß und 
Kastanienroth gemischt, da die einzelnen Haare, welche am ganzen 
Körper durchaus zweifärbig sind, hier auf 2/, ihrer Länge weiß, im 
letzten Drittel aber kastanienroth gefärbt erscheinen. Die Unterseite 
ist mehr weißlich, indem an diesem Körpertheile die weißen Haare 
nur in kurze kastanienrothe Spitzen endigen. 

Körperlänge. . . . . .. 1” 5”. Nach Temminck. 
Länge des Schwanzes . . 10”. 

„ des Vorderarmes . 1” 8". 
Spannweite der Flügel . 9’ 6”. 

Sehr große Exemplare erlangen eine Gesammtlänge von 2” 8". 

Vorderzähne sind im Oberkiefer 2, im Unterkiefer 4 vorhanden, 
und die unteren sind dreilappig. Die Zahl der Lückenzähne beträgt 
in beiden Kiefern jederseits 1, jene der Backenzähne 4. 

Vaterland. Süd-Asien, Indischer Archipel, wo diese Art nach 
Temminck auf den Inseln Java, Timor und Amboina vorkommt: 
Waterhouse erhielt sie auch von den Philippinen. 


882 Kiumimigrerr 


26. Die Zwerg-Bandkammnase (Phyllorrhina pygmaea). 


Ph. bicoloris magnitudine; prosthemate posteriore semicircu- 
ları marginem versus incrassato ; labüis verrucis aliquot indistinc- 
tis, mento duabus majoribus praeditis; auriculis mediocribus 
acutis in margine exteriore distincte emarginatis; alis longis; 
corpore pilis longiusculis mollibus vestito ; notaeo unicolore nigres- 
cente-ferrugineo, gastraeo grisescente ; labiis mentoque albis. 


Rhinolophus pygmaeus. Waterh. Ann. of Nat. Hist. V. XII. (1844.) 


p: 303. 

5 = Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 662. 
Nr. 19, 

Phyllorrhina. pygmaea. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B.V. S. 662. 
Nr. 19. 


Phyllorhina bicolor? Giebel. Säugeth. S. 989. Note 9. 


Nebst der zweifärbigen Bandkammnase (Phyllorrhina bicolor) 
die kleinste Art der Gattung und in der Regel mit derselben auch von 
gleicher Größe. 

Obgleich mit dieser Art verwandt, ist sie durch die abweichende 
Bildung des hinteren Nasenansatzes und der Ohren, so wie auch 
durch die Färbung des Körpers sehr deutlich von derselben ver- 
schieden. 

Der hintere blattförmige Nasenansatz ist halbkreisförmig und 
am Rande verdickt. Die Lippen sind mit einigen undeutlichen Warzen 
besetzt und zwei größere Warzen befinden sich am Kinne. Die 
Ohren sind von mäßiger Größe, spitz und an ihrem äußeren Rande 
deutlich ausgerandet. Die Flügel sind verhältnißmäßig etwas kürzer 
als bei der zweifärbigen Bandkammnase ( Phyllorrhina bicolor). 
Die Körperbehaarung ist ziemlich lang und weich. 

Die Oberseite des Körpers ist einfärbig schwärzlich rostfarben, 
wobei die einzelnen schwärzlich rostfarbenen Haare an der Wurzel 
beinahe weiß sind. Die Unterseite desselben ist graulich. Lippen und 
Kinn sind weiß. 


Körperlänge. . . . . . 1” 5”. Nach Waterhouse. 
Länge des Schwanzes . . 101,”. 
»„ des Vorderarmes . Ai". 


„der !Ohren WUARIN INES AM 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 883 


Vaterland. Südost-Asien, Philippinen. 

Waterhouse hat diese Art zuerst beschrieben. Giebel ist 
geneigt, dieselbe für identisch mit der zweifärbigen Bandkammnase 
(Phyllorrhina bicolor) zu halten. 


27. Die graue Bandkammnase (Phyllorrhina grisea). 


Ph. insignis magnitudine; capite magno. crasso, lato, rotun- 
dato, naribus oblique distantibus membrana cinctis; prosthemate 
anteriore magno, supra nares in utroque latere lamina cartilagi- 
nea plana fere trigona praedito, infra et in lateribus plica mem- 
branacea limbato, posteriore transversali elongato ad oculos usque 
protracto angusto. supra in medio emarginato; auriculis maximis, 
latis, acuminatis, plicisque numerosis transversalibus praeditis, 
in margine exteriore supra dimidium leviter emarginatis et ad 
basin plica parva instructis, lobo externe visibili nullo ; alis longis 
latisque tibiis supra tarsum affizis, maximam partem calvis, ad 
brachiorum et femorum latera solum pilosis ; patagio anali lato, fere 
rectilineo; cauda mediocri corporis circa longitudine, maximam 
partem patagio inclusa, apice tantum parum prominente libera; 
corpore piis longis tenerrimis mollibus large et dense vestito, prae- 
cipue in genis ; nofaeo gastraeoque unicolore cinoreo. 


Rhinolophus griseus. Meyen. Nov. Act. Acad. Nat. Curios. V. XVI. 
P. II. p. 608. t. 46 f. A. 


= »„ Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. II. p. 492. 
5 „ Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. S.421. 
Nr. 5. 
>> »  Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V.S. 459. 
Nr. 14. 
Phyllorrhina grisea. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B.V.S.459. 
Nr. 14. 


Phyllorhina speoris? Giebel. Säugeth. S. 988. Note 8. 


Diese überaus ausgezeichnete und mit keiner anderen zu ver- 
wechselnde Art gehört zu den kleineren Formen der Gattung, da sie 
nur von der Größe der gewellten Bandkammnase (Phyllorrhina 
insignis) ist. 

Ihr Kopf ist groß, diek, breit und gerundet. Der vordere huf- 
eisenförmige Nasenansatz, welcher die beiden etwas schief nach 


884 Fitzinger. 


auswärts gerichteten und von einem Hautsaume umgebenen Nasen- 
löcher in sich schließt, ist groß und bietet oberhalb derselben jeder- 
seits eine flache knorpelartige, beinahe dreieckige Platte dar, während 
er unten und an den Seiten von einem häutigen faltenartigen Saume 
umgeben wird. Zwischen den Nasenlöchern befindet sich eine Längs- 
leiste, welehe mit einem großen aufliegenden, erhöhten, länglichen 
und an den Rändern abgerundeten Querblatte in Verbindung steht, 
das sich an den hufeisenförmigen Nasenansatz anschließt und zwi- 
schen diesem und dem hinteren Nasenansatze liegt. Der hintere blatt- 
förmige Nasenansatz ist aufrechtstehend und besteht aus einem schma- 
len, eine langgezogene (Juerbinde bildenden Blatte, welches am oberen 
Rande in der Mitte eingekerbt ist und von einem Auge bis zum ande- 
ren reicht. Die Ohren sind sehr groß, breit und zugespitzt, von 
zahlreichen Querfalten durchzogen, am Außenrande oberhalb der 
Mitte etwas eingebuchtet, an der Wurzel mit einer kleinen Haut- 
falte versehen und ohne äußerlich bemerkbarem Lappen. Die Flügel 
sind lang und breit, und reichen bis etwas oberhalb der Fußwurzel 
herab. Sie sind größtentheils kahl und nur am Oberarme bis über 
das erste Drittel desselben und zu beiden Seiten des Oberschenkels 
fast seiner ganzen Länge nach behaart. Die Schenkelflughaut ist 
hreitund beinahe gerade abgeschnitten, und der mittellange Schwanz, 
welcher nahezu von der Länge des Körpers ist, wird größtentheils 
von derselben eingeschlossen und ragt nur mit seiner äußersten 
Spitze frei über sie hinaus. Die Körperbehaarung ist reichlich, dicht, 
lang, sehr fein und weich, besonders aber an den Wangen, wodurch 
das Gesicht bedeutend an Breite gewinnt. 


Die Färbung ist auf der Ober- sowohl als Unterseite des Kör- 
pers einfärbig aschgrau. 


Gesammtlänge des Körpers vom 
Hinterhaupte bis zur Schwanz- 
spitze. „BD. 804% 4” 8". Nach Meyen. 

Spannweite der Flügel . ... . 14", 


Vaterland: Südost-Asien, Manila, woselbst Meyen diese Art 
in der Höhle von S. Matheo entdeckte. 


Bis jetzt ist dieselbe nur aus der uns von Meyen mitgetheilten 
Beschreibung und der ihr beigegebenen Abbildung bekannt. 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 855 


28. Die Hauben-Bandkammnase (Phyllorrhina galerita). 


Ph. dukhunensis magnitudine; prosthemate anteriore in 
utroque latere plicis duabus membranaceis praedito, posteriore 
mazximo usque ad aures porreclo, in medio excavato; fronte ad 
basin nec excavata nec perforata ; auriculis latioribus guam longis; 
apicem versus angustatis, pyriformibus, fere plane pilis abscon- 
ditis, postice supra dimidium pilosis, in apicali triente et versus 
marginem exteriorem calvis; patagio anali lato; cauda mediocri, 
maximam partem patagio inclusa, apice tantum parum prominente 
libera ; corpore pilis longis mollibus vestito ; notaeo obscure fusco 
leviter rufescente-lavato, gastraeo paullo dilutiore. 


Rhinolophus galeritus. Cantor. Journ. of the Asiat. Soe. V. XV. 
(1846.) p. 183. 
5 5 Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 659. Nr. 13. 
Phyllorrhina galerita. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 659. Nr. 13. 
Rhinolophus affinis Giebel. Säugeth. S. 984. 


Auch diese Art gehört zu den kleineren Formen der Gattung, 
da sie mit der vorderindischen (Phyllorrhina dukhunensis), spitz- 
ohrigen (Phyllorrhina apiculata) und pinselstirnigen Bandkamm- 
nase (Phyllorrhina penicillata) von gleicher Größe ist. 


In ihrer Gestalt im Allgemeinen erinnert sie einigermaßen an 
dieselben, doch unterscheidet sie sich von allen dreien, abgesehen 
von anderen Merkmalen, wesentlich durch den gänzlichen Mangel 
einer Stirngrube. 

Der vordere hufeisenförmige Nasenansatz bietet zwei Blättchen 
an seinen beiden Seiten dar, der hintere blattförmige ist sehr groß, 
einen großen Theil der Schnauze überdeckend, da er bis an die 
Ohren reicht, und in seiner Mitte ausgehöhlt. An der Wurzel der 
Stirne befindet sich keine Grube. Die Ohren sind breiter als lang, 
gegen die Spitze schmäler, von birnförmiger Gestalt und beinahe 
vollständig unter dem Körperhaare versteckt, so daß kaum ihre 
Spitze frei aus demselben hervorragt. Auf der Hinterseite sind die- 
selben über 2), ihrer Länge nach behaart und nur ein schmaler Raum 
längs ihres Außenrandes ist kahl. Die Schenkelflughaut ist breit und 


886 Fitzinger. 


der mittellange Schwanz ragt nur mit seiner Spitze frei aus derselben 
hervor. Die Körperbehaarung ist lang und weich. 

Die Oberseite des Körpers ist dunkelbraun und schwach röth- 
lich überflogen, die Unterseite desselben etwas heller. Die einzelnen 
Haare sind in ihrer oberen Hälfte dunkelbraun und an der Spitze 
röthlich, in ihrer unteren Hälfte auf der Oberseite gelblichbraun oder 
lohgelb, auf der Unterseite weißlich. 


Körperlängeny Siem „ie asue 2”. Nach Cantor. 
Länge des Schwanzes . .. 1". 


Die Lückenzähne im Oberkiefer fehlen und im Unterkiefer ist 
jederseits nur einer vorhanden. Backenzähne befinden sich in beiden 
Kiefern jederseits 4. 


Vaterland. Südost-Asien, woselbst diese Art sowohl auf der 
malayischen Halbinsel, als auch auf der Insel Pulo Pinan vorkommt. 

Wir kennen dieselbe bis jetzt nur aus einer Beschreibung von 
Cantor. Giebel hält sie mit der großlappigen Kammnase (Rhino- 
lophus affenis) für identisch, welche jedoch einer ganz anderen Gat- 
tung angehört. 


3. Gatt. Zackenkammnase (A4sellia). 


Der hintere Nasenansatz besteht aus einem dreizackigen Blatte. 
Der mittlere Nasenansatz ist sattelähnlich und wird durch ein auf- 
liegendes bindenartiges Querblatt gebildet. Die Flügel reichen bis 
auf das Schienbein. Die Schenkelflughaut ist mehr oder weniger 
breit und am Steißde nieht unterbrochen. Der Schwanz ist mittellang, 
und ragt mit seiner Spitze ziemlich weit frei aus der Schenkelflug- 
haut hervor. Die Zehen der Hinterfüße sind zweigliederig. 
1—1 
1—1 


Zahnformel: Vorderzähne I Eekzähne ‚ Lücken- 


R 1—1 k: 4—4 
zähne ar Backenzähne Feuer 30. 


1. Die ägyptische Zackenkammnase (Asellia tridens). 


4. Phyllorrhinae dukhunensis magnitudine; prosthemate 
anteriore latissimo, posteriore parum alto: in lateribus simplice, 
supra tricuspidato ; auriculis mediocribus longis, in margine exte- 
riore ad basin lobo destitutis; genis plieis aliquot longitudinalibus 


Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 887 


praeditis; alis longis subangustis supra infraque calvis, tibüs 
affızis ; patagio analı modice lato calvo ; cauda mediocri maximam 
partem patagio inclusa, apice valde porrecta libera ; regione pubis 
in foeminis appendieibus mammaeformibus destituta; corpore pilis 
brevibus incumbentibus mollibus vestito; inguine femoribusque 
calvis ; notaeo in adultis albido-cinereo pallide fuscescente-flavido- 
/avato, in junioribus cinereo, gastraeo albido flavescente-lavato; 
patagiis obscurioribus flavido-cinereis. 

Rhinolophus tridens. Goffr. Deseript. de l’Egypte. V. Il. p. 130. 

1.2. L. 1. 1.4. f. 2. (Schädel.) 


% z Geoffr. Ann. du Mus. V. XX. p. 260. 265. 
Nr. 3. t. 5. (Kopf.) 

Y = Desmar. Nouv. Diet. d’hist. nat. V. XXIX. 
p. 152. Nr. 3. 

® Mn Desmar. Mammal. p. 126. Nr. 186. 

x x Desmar. Dict. des Se. nat. V. XLV. p. 368. 
e. fig. 

” 5 Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 217. Nr. 3. 

e » . Fisch. Synops. Mammal. p. 136, 556. Nr. 3. 

5 Wagler. Syst. d. Amphib. Ss. 12. 


Hipposideros tr a Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. Il. p. 493. 
Asellia tridens. Gray. Magaz. of Zool. and Bot. V. I. p. 493. 
Rhinolophus tridens. Temminck. Monograph. d. Mammal. V. I. 
p. 19. t. 27. (Kopf u. Schädel.) 
n ) Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B.I. S. 423. 
Nr. 8. 
Asellia tridens. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 24. 
Rhinolophus tridens. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 656. 
Nr. 7. 
Phyllorrhina tridens. W agn. Schreber Säugth. Suppl. B.V. S. 656. 
Nr. 7. 
Phyllorhina tridens Giebel. Säugeth. S. 987. 
Asellia tridens. Fitz. Heug]. Säugeth. Nordost-Afr. S. 12. Nr. 1. 
(Sitzungsber. d. math. naturw. Cl. d. kais. Akad. 
d. Wiss. B. LIV.). 

Diese höchst ausgezeichnete Form, welche den Repräsentanten 
einer besonderen Gattung bildet, gehört zu den kleineren in der 
Familie, indem sie nicht größer als die vorderindische ( Phyllorthina 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 58 


888 Fitzinger. 


dukhunensis), spitzohrige (Phyllorrhina apiculata) und pinselstir- 
nige Bandkammnase (Phyllorrhina penicillata) ist. 

Die einzige mit ihr verwandte Art ist die amboinische Zacken- 
kammnase (Asellia tricuspidata), welche sich jedoch, abgesehen 
von ihrer merklich geringeren Größe, sowohl durch die etwas ver- 
schiedene Bildung des Nasenansatzes, als auch durch die Abweichun- 
gen in der Behaarung und Färbung des Körpers auffallend von ihr 
unterscheidet. 

Der vordere hufeisenförmige Nasenansatz ist sehr breit und 
nimmt fast die ganze Oberseite der Schnauze ein. Der hintere blatt- 
förmige Nasenansatz ist nur von geringer Höhe, aber verhältniß- 
mäßig breit, an den Seitenrändern einfach und bietet am oberen 
Rande drei ziemlich lange, oft verschiedenartig gebogene Zacken 
dar. An der Stirnwurzel befindet sich keine Grube. Die Ohren sind 
von mittlerer Größe, minder breit als lang und an der Wurzel ihres 
Außenrandes mit keinem Lappen versehen. Die Wangen sind von 
einigen Längsfalten durchzogen. Die Flügel sind lang, ziemlich 
schmal, auf der Ober- sowohl als Unterseite kahl und reichen nur 
bis an das Schienbein herab, so daß der untere Theil desselben 
frei bleibt. Die Schenkelflughaut ist nur von mäßiger Breite und 
vollständig kahl, und der mittellange Schwanz, welcher von der- 
selben dem größeren Theile seiner Länge nach eingeschlossen wird, 
ragt mit seinem letzten Drittel in einer Länge von 3” frei aus ihr 
hervor. In der Schamgegend des Weibchens sind keine falschen 
Zitzen vorhanden. Die Körperbehaarung ist kurz, glatt anliegend 
und weich, der Hinterbauch aber und die Schenkel sind kahl. 

Die Färbung ist nach dem Alter etwas verschieden. 

Bei alten Thieren ist die Oberseite des Körpers weißlich- 
asehgrau und licht braungelblich überflogen, da die einzelnen Haare 
an der Wurzel weiß sind. dann in Grau übergehen und in hell braun- 
gelbliche Spitzen endigen. Die Unterseite desselben ist weißlich und 
schwach gelblich überflogen. Die Flughäute sind dunkler gelblichgrau. 


Junge Thiere sind auf der Oberseite aschgrau. 


Körperlänge, „2 un. Bin Nach Geoffroy. 
Länge des Schwanzes . . . 10". 
Breite der Schenkelflughaut . 2". 


Körpelange MAL Io DIRT u 2, Nach Temminck. 


Kritische Durehsieht der Ordnung der Flatterthiere (Chiroptera). 889 


Länge des Schwanzes . . . gun, 
„ des Vorderarmes . . . dis lsnawn 
Boden Ohren m has, zen 
Spannweite der Flügel . . gr gr, 


Vaterland. Nordost-Afrika, Ägypten und Nubien. G eoffro Y 
hat diese Art in Ägypten entdeekt und dieselbe auch zuerst beschrie- 
ben. Gray erhob sie zu einer besonderen Gattung. 


2. Die amboinische Zackenkammnase ( Asellia tricuspidata). 


A. Phyllorrhinae pygmaeae magnitudine; prosthemate ante- 
riore ad marginem rudimento membranaceo circumdato, posteriore 
magno fere quadrangulo in lateribus simplice, supra tricuspidato ; 
auriculis parvis longıs aculis; alis longis; patagio anali lato 
tetragono; cauda medioeri maximam partem patagio inclusa, apice 
valde porrectalibera; corpore pilisbrevibus incumbentibus mollibus 
vestito; motaeo dilute rufescente-fusco, dorso obscuriore, gastraeo 
ejusdem coloris in lateribus et coccygem versus in fuscum transe- 
unte ; patagüs nigrescentibus. 

Rhinolophus trieuspidatus. Temminck. Monograph. d. Mammal, 
V. I. p. 20. t. 29. fig. 4. (Kopf.) t. 32. 
fig. 11—12. (Schädel.) 


» » Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. I. 
S. 424. Nr. 9. 
= 5 Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 


S. 662. Nr. 20. 
Phyllorrhina trieuspidata. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. 
S. 662. Nr. 20. 
Phyllorhina tricuspidata. Giebel. Säugeth. S. 989. 


Die kleinste Art in der ganzen Familie und selbst noch etwas 
kleiner als die Zwerg-Bandkammnase (Phyllorrhina pygmaea) und 
die kastanienrothe Kammnase (Rhinolophus Landeri). 


Von der ägyptischen Zackenkammnase (Asellia tridens). mit 
welcher sie allein nur verglichen werden kann, ist sie außer der 
merklich geringeren Größe, durch die etwas abweichende Bildung 
des Nasenansatzes und die Verschiedenheiten in der Körperbehaarung 
und der Färbung sehr deutlich geschieden. Der vordere hufeisen- 
förmige Nasenansatz ist von einem kleinen Hautrudimente umgeben. 

58* 


890 Fitzin ger. Krit. Durchsicht der Ordn. d. Flatterthiere (Chiroptera). 


Der hintere blattförmige Nasenansatz ist groß, beinahe von vier- 
eckiger Gestalt, an den Seitenrändern einfach und am oberen Rande 
in drei Zacken ausgehend, von denen die mittlere lanzettförmig ist 
und die beiden seitlichen mit ihrer Spitze convergiren. Die Ohren 
sind klein, länger als breit und spitz. Die Flügel sind lang und die 
Schenkelflughaut ist breit und viereckig begrenzt. Der mittellange 
Schwanz ist seiner größten Länge nach von der Schenkelflughaut 
umhüllt und ragt mit seinem letzten Fünftel in einer Länge von 2” 
frei aus derselben hervor. Die Körperbehaarung ist kurz, glatt an- 
liegend und weich. 


Die Oberseite des Körpers ist licht röthlichbraun und auf dem 
Rücken dunkler, da die einzelnen an der Wurzel hellbraunen Haare 
hier nieht in röthliehbraune, sondern in schwärzliehbraune Spitzen 
endigen. Die Unterseite des Körpers ist ebenfalls röthlichbraun, 
welehe Färbung an den Leibesseiten und gegen den Steiß zu in rein 
Braun übergeht. Die Flughäute sind schwärzlich. 


Körperlänge 1. 2. en 1 SAN Nach Remmin eie 
Länge des Schwanzes . . . . 10”. 
s., des Vorderarmes, ... . Ar am 


Spannweite der Flügel . . . . 7%’ 6”. 


Im Oberkiefer sind 2, im Unterkiefer 4 Vorderzähne vorhan- 
den, von denen jene des Unterkiefers dreilappig sind. Im Oberkiefer 
befindet sich jederseits 1 zweilappiger Lückenzahn. 

Vaterland: Süd-Asien, Amboina. 

Wir kennen diese Art bis jetzt nur aus einer Beschreibung von 
Temminck, der jedoch bloß zwei Weibchen zu untersuchen Ge- 
legenheit hatte. 


391 


Entwickelung, der tetartosymmetrischen Abtheilung des hexa- 
gonalen Krystallsystems, nebst Bemerkungen über das Auf- 
treten der Cireularpolarisation. 


Von Aristides Brezina, 


Assistenten am k. k. Hofmineraliencabinet. 
(Mit 1 Tafel.) 


(Vorgelegt in der Sitzung am 2. December 1869.) 


Unter dem Namen rhomboedrische Tetartoedrie hat Naumann 
eine Abtheilung des hexagonalen Systems beschrieben, die allein 
unter allen bisher bekannten Krystallformen in Prof. v. Lang's 
streng systematischer Krystallographie 1) nicht entwickelt wurde. 
Von Lang schreibt darüber anmerkungsweise: 

„Es ist hier noch zu bemerken, daß an einigen rhomboedrischen 
Mineralien, wie Dioptas, Phenakit, Titaneisenerz Rhomboeder an- 
gegeben werden, deren Flächenpole zwischen die Hauptsehnitte 
fallen, und die daher gegen die eigentlichen Rhomboeder eine mehr 
oder weniger gedrehte Stellung haben. 

Solehe Formen würden eigentlich ein System bedingen, in 
welchem der allgemeinste Fall gleichwerthiger Ebenen nur durch 
drei untereinander und zur morphologischen Axe gleich geneigte 
Ebenen gegeben ist, also ein tetartohexagonales System. Ob- 
wohl freilich die physikalischen Eigenschaften der genannten Mine- 
ralien sehr unvollständig untersucht sind, so scheinen doch für 
dieselben die gewöhnlichen Symmetrieverhältnisse rhomboedrischer 
Krystalle zu gelten, so daß jene Rhomboeder, welche meist unter- 
geordnet aufteten, wohl nur als eine Art Meroedrie des Scalenoeders 
aufzufassen sind. Die Flächen eines Sealenoeders, die sich in ab- 
wechselnden Seitenkanten schneiden, bilden natürlich für sich ein 
Rhomboeder von der angegebenen Stellung“. 


. MW. w-Lang Krystallographie, Wien 1866. 


892 Brezina 


Auf Aufforderung des Hrn. Prof. v. Lang gebe ich im nach- 
folgenden die Entwickelung dieser Gestalten als tetartosymmetrischen 
im engsten Anschlusse an das v. Lang’sche System der Krystallo- 
graph ie. s 

Zunächst ein paar Worte über die Berechtigung dieser Auf- 
fassung. v. Lang stellt als zweites Grundgesetz das der Holo- und 
Hemisymmetrie auf; letzteres in der Art, daß die (physikalisch) 
gleichwerthigen Ebenen eines Krystalls nur die Hälfte eines einfachen 
Complexes bilden, der nach den Flächen eines der charakteristischen 
Flächencomplexe des Krystalles ischematisch ist. Diese Hälfte von 
Ebenen des einfachen Complexes muß jedoch so angeordnet sein, 
daß für je solche der Flächen S, die im Falle der Holosymmetrie 
gleichwerthig wären, entweder Symmetrie stattfindet oder dieselbe 
auf gleiche Weise gestört ist. 

Ganz dieselbe Betrachtungsweise läßt sich offenbar auf eine 
Viertheilung der Anzahl gleichwerthiger Ebenen ausdehnen, sofern 
nur die obige Beschränkung auch in diesem Falle berücksiehtiget wird. 

Wenn es also möglich ist, so beschaffene Flächengruppen aus 
den gleiehwerthigen Flächen eines holohexagonalen Complexes 
herauszuheben, so wird eine derartige Gestalt jedenfalls physikalisch 
vorkommen können und ihr wirkliches Auftreten in der Natur zu 
constatiren, wird lediglich eine Sache der Erfahrung sein. 

Das zweite Grundgesetz der Krystallographie pag. 99, wäre 
also derart auszusprechen: „Ein Krystall ist in krystallographischer 
und physikalischer Hinsicht entweder holo- oder hemi- oder tetarto- 
symmetrisch nach allen Flächen eines seiner charakteristischen 
Flächencomplexe. 

Die nunmehrige Erweiterung dieses Satzes ist jedoch, wie die 
Betrachtung der Fig. 97, Tab. Ill, Fig. 173, 200, 210, 218 Tab. V 
l. e. zeigt, ohne modifieirenden Einfluß auf die Entwickelung des 
tesseralen, quadratischen, prismatischen, mono- und triclinen 
Systemes, da in denselben eine Tetartosymmetrie unter der angege- 
benen Bedingung unmöglich ist. Anders im hexagonalen Systeme. 

Betrachten wir nämlich Fig. 1, Tab. I, die uns in sphärischer 
Projeetion die allgemeine Flächenvertheilung im hexagonalen System 
zeigt, so ist unmittelbar klar, daß vom Pole hkZ ausgehend, eine, 
und nur eine tetartosymmetrische Flächenvertheilung bei Berück- 
siehtigung der obengestellten Bedingung möglich ist, 


Entwickl. der tetartosymmetr. Abtheilung d. hexagonalen Krystallsystems. 8393 
Es ist dies die Wahl von drei Polen 
hkl Ihk klh. | 


Vermöge der angenommenen Beschränkung muß ja die Sym- 
metrie bezüglich gleicehwerthiger Symmetrieebenen auf gleiche Weise 
gestört sein. Von hkl ausgehend ergeben sich deßhalb mit Nothwen- 
digkeit die beiden anderen Flächen als gleichwertbig. Wollte man von 
einem anderen Pole als hkl ausgehen, so würde dies selbstverständ- 
lich keine neue Art der Flächencombination liefern. 

Bei dieser, der einzig mögliehen, Tetartosymmetrie ist keiner 
der Hauptsehnitte mehr Symmetrieebene; in Folge dessen werden 
alle Axen trielinische und hören auf, Hauptaxen zu sein. Die Wahl 
von krystallographischen Axen wird eonventionell sein, und haupt- 
sächlieh mit Rücksicht auf Spaltbarkeit oder Analogie mit anderen 
Substanzen zu erfolgen haben. 

Zur Bildung der allgemeinsten hierhergehörigen Form, die wir 
durch ein vorgesetztes r als tetartohexagonal bezeichnen, schließen 
sich den im Schema A angegebenen Flächen die ihnen parallelen an 
und bilden. 

1. Das Tritorhomboeder r {hkl} oder die correlaten r {hikt, 


r fefg, ı jegf} wobei 


e=—h+2k+ 21 
—= 2h— k+2l 
g—_ ah 2K 7. 


Diese vier Gestalten unterscheiden sieh als rechte und linke, 
directe und inverse und geben zusammengenommen (vide Fig. 1) 
den Complex der hexagonalen Dipyramide. Die dem ersten Symbole 
entsprechende Form Fig. 2, ist gebildet von den sechs Flächen 


hkl Ihk klh 
hkl INK Ki. Y. 

Durch Drehung dieser Form um die an die Stelle der morpho- 
logischen Axe tretende Linie geht sie der Reihe nach in die drei 
übrigen über. 

Die sechs Flächen des Tritorhomboeders sind trielinisch und 
haben die Gestalt von Rhomben; ven den acht Ecken sind zweı 
dreiflächig, hemitrigonal, die sechs übrigen dreiflächig trielinisch; 


894 Brezina. 


die zwölf Kanten zerfallen in sechs gleichwerthige Pol-, sechs 
ebensolche Seitenkanten. 

Wird die morphologische Axe in zwei correlaten Tritorhom- 
boedern unendlich lang, d. h. werden die Polkanten parallel, so geht 
die Form über in die nachfolgende speeielle. 

2. Das tetartohexagonale Tritoprisma r {pgr} oder 
riprg wmnp+g+tr=0. 

Die beiden Formen unterscheiden sich als linke und rechte 
und gehen durch Drehung um die morphologische Axe in einander 
über, die dem ersten Symbol entsprechende Form Fig. 3 besteht aus 
den Flächen 


BIT PT TER 
2 a ne oe ragen 

sie ist geometrisch dem holohexagonalen Protoprisma ident, jedoch 
gegen dasselbe unter einem variabeln Winkel um die morphologische 
Axe gedreht. 

Die sechs Flächen dieses Tritoprismas sind trielinisch; die 
sechs Kanten parallel der morphologischen Axe sind je drei und drei 
gleichwerthig, je nachdem sie auf der gleichnamigen Seite eines 
primären oder eines secundären Hauptschnittes liegen. 

Der Querschnitt (eine hemitrigonale Ebene) ist ein symmetri- 
sches Sechseck scheinbar hexagonalen Charakters, da die parallelen 
Seiten gleichwerthig sind. 

3. Das tetartohexagonale Protorhomboeder r {hkk} 
und r Seff}, es entsteht aus der allgemeinen Gestalt, wenn die Nor- 
male von $hkl} in den primären Hauptschnitt P fällt; der Pol von 
{hkl} ist dann ein Punkt des Zonenkreises [01T], daher itk = L; 
die Ebenen A bilden die Gestalt 

hhk khk kkh 
B| hik ik ih 5% 

Die zweite hierhergehörige Form ergibt sich durch Ersatz von 
hkl durch efg; sie ist gegen die erste um 60° gedreht. 

Die Flächen, Kanten und Ecken verhalten sich genau wie die 
des Tritorhomboeders, was sich auch daraus ergibt, daß die Wahl 
dieser Form nur conventionell ist; sie ist physikalisch vollkommen 
ident mit dem Tritorhomboeder. 


Entwickl. dertetartosymmetr. Abtheilung d. hexagonalen Krysialisysteins. 895 


Das gleiche gilt bezüglich des 

4. Deuterorhomboeders : {hil} und  }ihl das dann ent- 
steht, wenn der Pol von |hkf} in den secundären Hauptschnitt @1 
fällt; dann muß ja, da [121] das Symbol dieses Zonenkreises, 


k= sein 


. . © ° . 
wir erhalten ein gegen das Protorhomboeder um 30 gedrehtes mit 
den Flächen 


hil Ihi uch 
hil Thi ih \ 


| 


und die gleichen physikalischen Verhältnisse. Fig. 5. 

5. Das tetartohexagonale Protoprisma {211} tritt 
auf, wenn der Pol Akl in die Hauptzonenkreise P und T fällt. Dies 
gibt die Flächen 


6 (pr 


Fi \ 


33 


physikalisch ist dieses Prisma ident mit dem Tritoprisma; seine 
Flächen sind zu den primären Hauptschnitten senkrecht. 


6. Das tetartohexagonale Deuteroprisma r OR 
Fig. 7. 

Der Pol von AAl liegt in den Zonenkreisen 7 und Q': die zu- 
gehörigen Flächen sind 


101 011 Tio 6 
101 011 110- 

Dem Tritoprisma physikalisch ident, gegen das Protoprisma um 
30° gedreht, seine Flächen sind senkrecht zu den secundären Haupt- 
schnitten. 


1. Das tetartohexagonale Pinakoid r {111}: der Pol von 
hkl fällt in die Hauptzonenkreise P und 0’; die Gestalt besteht aus 
den zwei Flächen 


| 
| 
u! 


111 ı\H 


sie sind hemitrigonal. 


896 Brezina. 


Damit ist die Reihe der einfachen tetartohexagonalen Gestalten 
abgeschlossen, da eine Hemiedrie in dieser Abtheilung nieht mehr 
möglich ist. 

. Ich füge noch hinzu einige tetartohexagonale Combinationen, 
beobachtet am Dioptas, Ilmenit, Phenakit und Dolomit: nämlich 
Fig. 8 Dioptas 

{100% {101% 7211} r{03R. 


T [1 t LC 


Die Streifung auf r (parallel der Combinationskarte mit x) 
so wie die auf « (vertical und parallel der Combinationskarte mit =) 
zeigen den triclinen Charakter der Flächen 
Fig. 9 Ilmenit 


{111} rSATT} 73222 7 612% 
0 I p x 


Fig. 10. Phenakit 
{100% z$101} -$2I1} 7$011} 7/122} {024% {121} 7201} 


r a b e z p w s 


Fig. 10. a. Dolomit 
r{111} 7$101} 75100} 7/302%} 


0 a r Yy 


Bezüglich der Zeiehnungen bemerke ich, daß diejenigen For- 
men, welche geometrisch mitsolchen der v. Lang’schen Taf. IV coin- 
eidiren, vom Original zu Taf. IV eopirt wurden, das mir Herr Prof. 
v. Lang mit der größten Liberalität zur Disposition stellte. 

Hiefür, so wie für seine Unterstützung bei Ausführung dieser 
Arbeit überhaupt, bin ich demselben zum größten Danke verpflichtet; 
ebenso Herrn Director Tschermak, dem ich die Benützung des 
Materiales und der Bibliothek des Hofmineraliencabinets verdanke: 
endlich Herrn Dr. Schrauf für die freundliche Theilnahme, mit der 
er dem Verlaufe dieser Arbeit folgte. 


Entwickl. der tetartosymmetr. Abtheilung d. hexagonalen Krystallsystems. 8917 


Was dasphysikalische Verhalten der Krystalle dieser Abtheilung 
betrifft, wissen wir nur so viel, daß dieselben optisch einaxig ohne 
Cireularpolarisation sind (Phenakit und Dioptas); eine vierte hierher 
gehörige Substanz, Dolomit, dessen tetartosymmetrische Ausbildung 
von mehreren Autoren bestätigt wird t), ist in allen seinen Eigen- 
schaften (auch den sehr wichtigen der Cohäsion, die an den Ätz- 
figuren beobachtet wurde?) dem Caleit vollkommen isomorph; keine 
qualitative Abweichung von der Symmetrie desselben; ebenso 
verhalten sich die, obwohl unvollkommen untersuchten, Ilmenit und 
Hämatit. Nur Dioptas zeigt durch seine eigenthümliche Streifung 
eine weitere Bestätigung der Tetartosymmetrie. 

Bei Phenakit, Ilmenit und Dolomit wäre daher auch der Fall 
möglich (und speeiell Prof. v. Lang ist dieser Ansicht), daß ihre 
tetartosymmetrische Ausbildung nur ein Fall von Meroedrie wäre, 
wie er ja im rhombischen System als typisch monoklinische Aus- 
bildung häufig ist. Die Analogie mit Hämatit, resp. Caleit spricht 
für diese Auslegung, das constante Auftreten, das selbst den Fundort 
zu bestimmen erlaubt, am Phenakit, sowie die constante Streifung 
am Dioptas sprechen dagegen; ein sicherer Schluß wäre ohne Zwei- 
fel aus der Untersuchung der Härte zu ziehen. 


Wir haben des Erfahrungssatzes erwähnt, daß die tetartohexa- 
gonalen Krystalle optisch sich wie holohexagonale, resp. rhomboe- 
drische (hemihexagonale) verhalten. 

Ein abweichendes Verhalten, nämlich Cireularpolarisation, zeigen 
die hemiedrischen, hemihexagonalen Substanzen Quarz und über- 
jodsaures Natron; vom Zinnober ist blos eine einzige Fläche hkl be- 
obachtet 2), es ist daher unentschieden, welcher Abtheilung er an- 
gehört. Damit mag folgendes krystallographisches Faetum in Causal- 
nexus stehen. 


1) Levy. Cölleetion Heuland. Londres 1838. 1. 119. Dana and Brush. Mineralogy. 
5. ed 682. Hoboken, New. Jersey. 

2) v. Kobell. Sitzungsb. d bairischen Akad. d. Wiss. 1862, 1. 

3) Schabus. Wiener Sitzungsberichte Jännerheft 1851. pag. 16: „welche Art von 
Flächenvertheilung bei der ungleichkantigen sechsseitigen Pyramide statt hat, 
konnte ich, da ieh nur eine vollkommen scharf ausgebildete Fläche beobachtete 


nicht ermitteln, und habe sie daher als volllächig angenommen. „ 


898 Brezina. Entwickelung der tetartosymmetrischen Abtheilung etc. 


Verzeichnet man die Flächenpole der allgemeinen Gestalten 
des hemiedrischen- rhomboedrischen, Fig. 11, des hemiedrischen 
gyroidalen, Fig. 12 und des tetartohexagonalen Systems Fig. 13, 
und zwar obere und untere Hälfte, in sphärischen Projectionen, so 
zwar, daß das Auge in beiden Fällen auf der oberen Seite des 
Krystalls gedacht wird, die untere Hälfte also nicht umgeschlagen, 
sondern wie durch die obere Hälfte gesehen erscheint, und deutet 
man dureh Pfeile die Riehtung von den primären (beispielsweise) 
Hauptschnitten gegen den Pol (hkl) ... an, so erhält man in den 
Krystallen ohne Circularpolarisation die oberen und unteren Pfeile 
im selben Sinne gerichtet, während sie bei den Krystallen mit Cir- 
eularpolarisation entgegengesetzt gerichtet sind; es sind also, um 
ein Bild zu gebrauchen, die letzteren Krystalle gewissermaßen tor- 
dirt, während die ersteren nur um ihre morphologische Axe gedreht 
erscheinen; dasselbe ergibt sich, wenn man z. B. von den Flächen 
des Hauptrhomboeders Pfeile zu den anliegenden hemiedrischen Flä- 
chen zieht. 

Ein weiteres Analogon hiermit bieten die Reusch’schen Ver- 
suche über Nachbildung der Cireularpolarisation durch treppen- 
förmige Übereinanderlagerung zweiaxiger Krystallplatten, die ja 
ebenfalls, Fig. 14, obere und untere Hälfte entgegengesetzt ge- 
wunden zeigen. 


Brezina: Entwicklung d.tetartosymmetr. Abtheilung d.hexagonalen Krystallsystems „etc. 
Ey N Re Dioptas 


ee aaerch ‚Promioedrisch. 


es SISFEE 


ABrezina vonstr. J.Werosta lith. i A.d.kk Hof Staatsdruckere 
Sitzumgsbr. derk. Akad.d.W. math.naturw.(l:LX.Bd.T:Abth.1869. 


uk 


Er 
wants ” 


899 


Über Bildungsabweichungen bei Umbelliferen. 
Von Dr. J. Peyritsch. 


(Mit 4 Tafeln.) 


Die Umbelliferen gehören zu denjenigen Familien, bei welchen 
Mißbildungen von Blüthen nicht selten vorkommen. 

Geben einige derselben lehrreiche Aufschlüsse über die morpho- 
logische Deutung des unterständigen Fruchtknotens und der Samen- 
knospe, so sind andere durch eigenthümliche Verbildungen der Staub- 
gefäßße nicht minder merkwürdig. 

Am bekanntesten sind die Vergrünungen und Proliferationen. 
Man findet in solchen Fällen nicht selten statt der beiden Griffel 
zwei vollkommen getrennte Blätter, an deren beiden randständigen 
Nerven eine blattartige Sprossung bisweilen aufsitzt. Der Fruchtknoten 
ist dann entweder unterständig, oder er mangelt vollständig; in ein- 
zelnen Fällen besitzen manche Blüthen selbst einen oberständigen 
Fruchtknoten. Die Zahl der Fruchtknotenfächer steht in der Regel 
mit der Zahl der Griffel in Übereinstimmung, bisweilen ist jedoch 
nur eine einzige Fruchtknotenhöhle vorhanden. 

Häufig kommen Verbildungen der Samenknospen vor. Diese 
können, auch wenn der Fruchtknoten unterständig ist, außerhalb der 
Fruchtknotenhöhle dem Carpellarblatte aufsitzen. Nicht selten ist die 
Anzahl derselben vermehrt und dann findet man zuweilen je eine im 
Fruchtknotenfache eingeschlossene und je eine aufrechte Samen- 
knospe, die an der Grenze zwischen der Höhle des Fruchtknotens 
und des Griffels sich erhebt. Die blattartige Sprossung, welche den 
randständigen Nerven des Carpellarblattes sich inserirt, und als miß- 
bildete Samenknospe gedeutet werden muß, stellt gewöhnlich ein 
längliches Blättehen dar, auf dessen Innenfläche ein kegelförmiges 
Wärzchen, der Nucleus, nicht selten sich vorfindet. Statt der Samen- 
knospe trifft man bisweilen ein Öhrchen an, das durch den eingeschla- 


900 Peyrıtsceh. 


genen Rand des untersten Abschnittes des blattartig verbreiteten 
Griffels gebildet wird. 

Öfters beobachtet man Mißstaltungen der Staubgefäße. Es 
kommen an deren Stelle Gebilde vor, welche mit einer doppelten 
Spreite versehen sind,in anderen Fällen jedoch Griffeln nicht unähn-- 
lich sehen. Nicht selten werden die Staubblätter durch blumenblatt- 
ähnliche oder laubartige Gebilde vertreten. 


An den Blumenblättern beobachtet man Abweichungen vom nor- 
malen Typus in der Gestalt, Textur und Farbe; zuweilen sitzen dem 
verdickten Mittelnerv derselben blattartige Sprossungen auf. In den 
meisten Fällen ist die Spitze, wie bei normalen Blüthen, nach ein- 
wärts geschlagen. | 

Viel seltener, als die vorher erwähnten Gebilde, variırt der 
Keleh; man bemerkt höchstens, daß die Kelehzähne zu borstlichen 
oder sehmalen lanzettlichen Blättern auswachsen. 


Häufig werden Blüthen mit verminderter Zahl der Blüthentheile, 
seltener mit vermehrter Zahl derselben angetroffen; namentlich zeich- 
nen sich Achselsprossungen bisweilen durch verminderte Anzahl der 
Kelchzähne, vollständigen Abgang der Blumenblätter und Staub- 
gefäße aus. 

In der Literatur findet man zahlreiche Abnormitäten der Um- 
belliferen angeführt. 

C. Schimper, Engelmann, Cramer, Fleischer und 
viele andere haben dieselben beschrieben und emige abgebildet. 


Indem ich auf das ausgezeichnete Werk von Cramer !) ver- 
weise, in welehem die Abnormitäten der Inflorescenz und der Blüthen- 
theile nebst dem Hinweise auf die Literatur angeführt werden, werde 
ich nur jene Bildungsabweichungen der Blüthen, die mir weniger 
bekannt zu sein scheinen, oder andere, die ein Interesse bieten und 
nur der Vollständigkeit wegen erwähnt werden, um ein übersichtliches 
Bild des Formenkreises der Bildungsabweichungen einzelner Arten 


zu geben, eingehender besprechen. 


1) C. Cramer, Bildungsabweichungen bei einigen wichtigeren Pflanzenfamilien. 


Zürich 1864. S. 62 — 79. 


Über Bildungsabweichungen hei Umbelliferen. 901 


Carum Oarvi. 


Eine Abnormität einer Pflanze dieser Art fiel von Weitem durch 
gefüllte Blüthen auf. Bei der näheren Untersuchung fand ich die Blatt- 
organe der Blüthen nicht vermehrt, es waren aber die Blumenblätter 
mit blattartigen Sprossungen dicht besetzt, und statt der Staubgefäße 
standen doppelspreitige corollinische Blätter. Die Inflorescenz glich 
der normaler Pflanzen. Obwohl es in einzelnen Fällen den Anschein 
hatte, als sei ein unterständiger Fruchtknoten vorhanden, da sich 
öfter eine starke Ansechwellung unter den Kelehzipfeln vorfand, so 
zeigte sich dieselbe doch immer solid. Nicht selten fehlte jedoch auch 
jede, wenn auch noch so geringe Verdickung des Blüthenstielehens 
an dieser Stelle. 

Die Kelchblätter waren frei, etwas verlängert, schmal, pfriemen- 
förmig. Blumenkrone fünfblättrig, die Blätter im Umfange quadratisch 
zuweilen lappig, am oberen Rande mit einem nach Innen geschlagenen 
Läppchen versehen, von einem stark vorspringenden Mittelnerv, von 
dein einige Seitennerven sich abzweigen, durchzogen. Auf dem Mittel 
nerv und zwar an der Innenfläche des Blattes entspringen zahlreiche 
längliche oder verkehrteiförmige, eoncave, fast nervenlose Blättehen 
deren Flächen, statt nach Oben und Unten, vertieal stehen; die 
Blumenblätter so wie sämmtliche vom Mittelnerv entspringende blatt- 
artige Sprossungen kamen in der Textur und Farbe mit der normalen 
Blumenkrone überein, nur bei einigen war der sehr verdiekte Mittel- 
nerv grün gefärbt. 

Die Blattorgane des dritten Wirtels (Taf. IV, Fig. 1—4), die oft 
außerordentlich, selbst in der nämlichen Blüthe differiren, zeichnen 
sich, wie bereits erwähnt wurde, durch doppelte Spreitenbildung aus. 

An weniger veränderten, Pollen enthaltenden Staubgefäßen ist 
die Antherenwandung mit einzelnen seitlichen Kerben versehen; 
einige besitzen statt der Antheren, aber deren Umriß noch bei- 
behaltend, vier vom Conneetiv auslaufende Lamellen oder Flügel, 
welche sämmtlich verschiedene Lappen und Einschnitte bis zur dop- 
pelten fiederschnittigen Zertheilung haben. Die beiden Lamellen der 
inneren (oberen) Spreite gleichen entweder den äußeren, oder 
erstere erscheinen in allen Dimensionen verkleinert. _Anderseits 
findet ein allmähliges Schwinden der inneren Lamellen zu einem 
schmalen, beiderseits am Rande des Mittelnerv herablaufenden 


902 Peyritsch. 


Saume statt, endlich fehlen beide innere Flügel vollständig. Die Ex- 
treme dieser Formen kann man selbst in einer und derselben Blüthe 
auffinden (Taf. IV, Fig. 2 u. 3) 2). 

An einzelnen Filamenten kommen mit diesen gleichgefärbte, 
längliche, verkehrteiförmige, gelappte, meist nervenlose Anhängsel 
vor, die vom Grunde derselben entspringen (Taf. IV, Fig. 1 u. 4). 

Auch an der Basis des Connectivs sieht man bisweilen eigen- 
thümliche Lappenbildungen. Die Filamente sind von einem cen- 
tralen Gefäßstrange, der sich in das Connectiv fortsetzt, durchzogen; 
dieser sendet Seitenzweige aus, die zur äußeren und inneren La- 
melle abgehen. 

Statt der Griffel waren zwei, getrennte längliche, oft an der 
Spitze gelappte, rinnenförmig gehöhlte, grüne Blätter, die zuweilen 
eine oder mehrere Blüthenknospen einschlossen, vorhanden (Taf. IV, 
Fig. 3). Sproßbildungen aus den Achseln anderer Blüthentheile oder 
Mittelsprossungen habe ich nicht gesehen. 

Fleischer), demein reichliehes Material von ee der 
Kümmelpflanze vorlag, gibt an, daß Blüthenmißbildungen bei dieser 
Art im Allgemeinen selten vorkommen. Solche Formen, wie ich sie 
zuvor beschrieben habe, hatte er nicht beobachtet. Bei den von ihm 
aufgefundenen Verbildungen waren die Kelchzähne meist zu borst- 
liehen oder lanzettförmigen Blättern umgewandelt, und besaßen in 
ihrem oberen Abschnitte zuweilen blumenblattartige Textur; die 
Blumenblätter selbst waren vergrünt, häufig verschmälert; die Staub- 
gefäße normal oder statt derselben blumenblattartige Gebilde vor- 
handen; der Fruchtknoten fehlte entweder gänzlich, wobei die Griffel 
in borstenartige Blätter verwandelt waren und Sprossungen aus der 
Axille der letzteren sich vorfanden, oder das Ovarıum hatte eine 
sehr veränderte Form, die Samenknospen waren blattartig verbildet, 
die Anzahl der Griffel nicht selten vermehrt. Die mißbildeten Pflanzen 
waren in ihrer Tracht, abgesehen selbst von den verbildeten Blü- 
then, durchaus verschieden von jenen, die normale Blüthen oder 
reife Früchte trugen. 


1) Leider konnte die mikroskopische Untersuchung nicht vorgenommen werden, da 
die zu diesem Zwecke aufbewahrten Präparate in Verlust geriethen. 


2) Fleischer, Über Mißbildungen verschiedener Culturpflanzen und einiger anderer 
landwirthsehaftlichen Gewächse. Eßlingen (1862). S. 23—45, Taf. III et IV. 


Über Bildungsabweichungen bei Umbelliferen. 903 


Closı) beobachtete eine Verbildung an Carum Carvi mit proli- 
ferirenden Früchten: er glaubt, daß solche Monstrositäten für die 
Axennatur des unterständigen Fruchtknotens der Umbelliferen be- 
weisend seien. 


Daucus COarota. 
Taf. I, Fig. 1—15; Taf. II, Fig. 1,2; Taf. IV, Fig. 8-14. 


Unter den in Deutschland vorkommenden Umbelliferen dürfte 
diese Species nebst Thorilis Anthriscus diejenige sein, bei welcher am 
häufigsten Abänderungen und Mißbildungen der Blüthen beobachtet 
wurden. Vorzüglich sind es die Staubgefäße und die Carpellarblätter, 
die in mannigfacher Weise vom normalen Typus abweichen. 

Eine Pflanze, die verblüht zu haben schien, fiel mir von Weitem 
durch ihren fremdartigen Habitus auf. Diese war nur wenig verästelt, 
jedoch gerade nicht verkümmert. Die Anordnung der Blüthen (Taf. 1, 
Fig. 1) in Döldehen und letzterer zu einer zusammengesetzten Dolde 
glich der normaler Pflanzen. Hülle und Hüllchen normal. Dolden 
17 —20 strahlig. Döldehen 11—18strahlig. Der Kelch war fünfzähnig, 
normal. Die Blumenkrone fünfblättrig, die Blumenblätter (Taf. 1, 
Fig. 2) viel kleiner als normale, nicht strahlend, verkehrteiförmig. 
kurz zugespitzt, die Spitze meist nicht eingeschlagen, vier- bis mehr- 
zähnig, die Zähne pfriemlich, von einem Mittelnerv, der in der Mitte 
1—2 kurze Seitennerven aussendet, durchzogen. Statt der Staubgefäße 
findet man fünf griffelähnliche Gebilde. Diese sind aufrecht, fast stiel- 
rund, dick, fleischig, solide,an der Basis rundlich eiförmig, in zwei bis 
vier verlängerte Zipfel, deren Spitze kopfförmig verdickt ist und in 
Form und Structur derNarbe gleicht, ausgezogen. Letztere sind über 
der verdickten Basis in 1—2 Reihen angeordnet und oft ungleich; 
jene der äußeren Reihe (1—2) größer als die der inneren. Taf. TI., 
Fig. 3, A; Taf. IV, Fig. 8. Seltener sind die mit einer ver- 
diekten narbenähnlichen Spitze versehenen Gebilde flach, deren 
Rand ähnlich wie bei den Blumenblättern gezähnelt. (Taf. IV, 
Fig. 10.) Diese werden von einem centralen Gefäßstrange, der so viel 
ungetheilte Aste, als Zipfel vorhanden, aussendet, durchzogen. Frucht- 
knoten (Taf. I, Fig. 5, 6) mit borstlichen Haupt- und Nebenriefen, zwei- 
fächrig, mit einer hängenden anatropen Samenknospe in jedem Fache, 


1) Clos, Troisieme faseie. d’observat. terat. in Mem. Ac. Toul. Ser, V. Tom. II, 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. 1. Abth. 9 


904 Peyritseh. 


nach dem Abfallen der Blumenblätter sieh vergrößernd. Griffel 2, mit 
verdickter fleischiger Basis. Narbe kopflörmig. Man vergleiche Taf. I, 
Fig. 1— 6. 

An den Narben bemerkte ich öfter Pollen anhaftend, der von 
den Blüthen anderer Pflanzen stammte. Vollkommen ausgebildete 
Theilfrüchtehen habe ich nicht gesehen, jedoch waren die nicht reifen 
Samen mit reichlichem Endosperm versehen. Blüthen mit normal 
beschaffenen Staubgefäßen trug die Pflanze nicht. 

An diese Form schließt sich eine an (Taf. I, Fig. 7—14) mit 
5 ungleichen, strahlenden, mit eingeschlagenem Endläppchen verse- 
henen Blumenblättern (Taf. I, Fig. 11), deren öfter ungleiche 
Hälften von einem mehrere Seitennerven aussendenden Mittelnerv 
durchzogen sind. Statt der Staubgefäße findet man 5 dreispaltige, 
spitze, blumenblattartige (Taf. 1, Fig. 12) Gebilde mit bisweilen 
fleischig verdickter Basis und nicht selten rinnenförmig ausgehöhlten 
Zipfeln (Taf. I, Fig. 8, 9, Taf. IV, Fig. 11). Die Nervatur wie bei 
den früher beschriebenen Gebilden, welehe mit einer narbenähn- 
. lichen Spitze versehen waren. Der Fruchtknoten normal (Taf. I, 
Fig. 13—14), nach dem Abfallen der Blumenblätter sich ver- 
größernd. Griffel kurz. 

Diese Abnormität beobachtete ieh an einer Pflanze, die keine 
einzige normale Blüthe trug. 

Letztere Form bildet den Übergang zu einer Abnormität (Taf. I, 
Fig. 15), bei welcher kurz gestielte, mit oder ohne eingeschlagenes 
Läppchen versehene, lanzettliche, corollinische Blätter die Stelle der 
Staubgefäße einnehmen (Taf. IV, Fig. 13). Einmal fand ich statt 
eines flachen Blattes ein tutenförmiges Gebilde, oder es zeigte 
das eine oder andere Blatt eine Annäherung zur Form des Staub- 
gefäßes, indem der Blattstiel oder Nagel zum Pilamente sich ver- 
längerte (Taf. IV, Fig. 14), statt der Spreite eine Anthere sich bildete. 
Bisweilen ist auch die Anzahl dieser Blüthentheile vermehrt. Kelch, 
Blumenkrone und Pistill normal. 

Die Pflanze, welche diese gefüllten Blüthen trug und üppig 
aussah, fand ich auf einem sterilen Standorte, 

Verbildungen der Staubgefäße, welche in corollinische Blätter 
umgewandelt waren, hatte schon Engelmannt) bei Daucus Ca- 


1) Engelmann, de Antholysi Prodromus 1832. S. 28. 


' » . . B - 
Uber Bildungsabweichungen bei Umbelliferen. 905 


rota beobachtet. Auch Seemann führt diese Species in dem Ver- 
zeichniß jener Umbelliferen an, an denen man bisher gefüllte Blü- 
{hen angetroffen hat !). 

Zu einem anderen Typus gehören Mißbildungen, die sich dureh 
grünliche Färbung der Blumenblätter und blattartige Verbreiterung 
der Griffel auszeichnen. Dies sind die häufigst vorkommenden Ab- 
normitäten der Daucus Carota und daher zu wiederholten Malen 
schon beschrieben worden 2). 

Der Kelch ist kurz fünfzähnig oder zu borstlichen Blättern aus- 
gewachsen: die Blumenblätter etwas schmäler als normale. mit ein- 
geschlagenem Läppchen versehen, strahlend oder fast gleich, nur an 
den Rändern weiß gefärbt oder ganz vergrünt und krautig und dann 
zugleich persistent. Staubgefäße normal, zuweilen laubartig. Der 
Fruchtknoten häufig verlängert, die Riefen derselben ohne Borsten, 
zuweilen jedoch auch verkürzt oder fehlend. 

Die Griffel blattartig am Grunde nicht verdiekt, daselbst mehr 
minder zusammenhängend, oder frei, aufrecht, oder etwas abste- 
hend, lanzettlich, rinnenförmig oder flach, von zwei dem Rande 
genäherten Gefäßsträngen durchzogen. Diese tragen an der Grenze 
zwischen dem Fruchtknoten und blattartig verbreiterten Griffel je 
eine oder selbst zwei aufrechte und eine hängende Samenknospe, 
(Taf. II. Fig. 1, 2.) 

Erstere bliekt zwischen den Griffeln an deren Basis hervor, 
letztere im Fruchtknotenfache eingeschlossen. Die Samenknospe 


1) B. Seemann; on plants produeing double flowers in Journal of Botany ed. by 
Seemann. Vol. II. (1864). S. 183. 

2) C. Schimper in Fl. 1829 11. S. 425 (Daucus Carota mit hypogynischen Blüthen, 
die Ovarien in 2, 3. 4 lanzettförmige, rippige, geschlitzte Blätter aufgelöst, hie 
und da mit einem Ovulum pendulum). — Engelmann de Antholysi Prodromus 
S. 48 (Sprossungen aus der Axille der Kelchblätter). — Moquin-Tandon Pflanzen- 
teratologie, übers. v. Sekauer S. 189 (die Staubgefäße in Blätter verwandelt). 
— Kirschleger; teratologische Beiträge in FI. 1845, II, S. 529 (Daueus Carota 
mit 5 freien Kelchblättern und 5 mit grünem Mittelfelde versehenen Blumenblättern 
und normalen oder blattartigen Staubgefäßen, 2 freien Carpellarblättern und einer 
Mittelsprossung). — L. Fuckel, Beobachtungen über Wucherungen bei einigen 
Pflanzen in Fl. 1848, II, S. 609. (Das Pericarp in zwei Blätter aufgelöst, Entwick- 
lung von Döldchenstrahlen aus der Axille der Blüthentheile. — Die Pflanze an 
einem trockenen Ackerrande aufgefunden). — C. Cramer, Bildungsabweichungen 
S. 71-79. Taf, VIlL, Fig. S—12, Taf. IX Fig. 1—7, Taf, X Fig. 1—6. 


59* 


906 Peyritsch. 


mehr minder verbildet, das Integument über der Micropyle nicht 
selten kaputzenförmig verlängert. Im Grunde beider Fruchtknoten- 
fächer fand ich nicht selten verbildete Blüthenknospen. Andere 
Achsel- oder Mittelsprossungen, wie sie Cramer beschreibt, habe 
ich nicht gesehen. Narben bei den blattartig verbreiterten Griffeln 
fehlend. 

Die Pflanze, welche verkümmert aussah und deren Hauptstengel 
über der Basis abgefressen war, trug außer den vergrünten auch 
normale Blüthen, die reife Früchte hervorbrachten. Die vergrünten 
Blüthen fanden sich an den untersten Auszweigungen. Die Döldehen- 
strahlen derselben zarter als die übrigen. 


Torilis Anthriscus. 
Taf. II, Fig. 3—8. Taf. IV, Fig. 5, 6. 


An die zuletzt besprochene Mißbildung der Daucus Carota 
müssen die bei Torilis Anthriscus so häufig vorkommenden Abnor- 
mitäten gereiht werden, die durch die grüne Färbung der meisten 
oder sämmtlicher Blüthentheile, die nicht selten vorkommenden Ver- 
bildungen der Staubblätter, die zahlreichen bisweilen an dem näm- 
lichen Döldehen anzutreffenden Übergänge vom unterständigen zum 
oberständigen Fruchtknoten, die blattartige Verbreiterung der Griffel, 
die häufigen Durchwachsungen des Blüthenstielchens bei mangelndem 
Fruchtknoten endlich durch die Entwicklung von Döldehenstrahlen 
oder anderer Achselsprossungen aus den Achseln der Kelch- und 
Carpellarblätter bemerkenswerth sind '). 

Da die zahlreichen Anomalien der einzelnen Blüthentheile, wie 
es scheint, ohne Regel combinirt auftreten, so kann wegen der Man- 
nigfaltigkeit und des Formenreichthums der Bildungen nicht jede 
Bildungsabweichung beschrieben werden, und es sollen daher nur die 
häufiger vorkommenden herausgehoben und besprochen werden. 


1) Man vergleiche Engelmann de Antholysi Prodromus a. a. ©. (S. 34, 39, 41. 42, 
45, 48) Tab. V, Fig 1—13. — Guillard: Ombelliferes teratiques. Bull. Bot. 
Franc. 1858, S. 727, 


Über Bildungsabweichungen bei Umbelliferen. 907 


Es ist schon angedeutet worden, daß Formen, die mit verlänger- 
tem, fast kahlem und unterständigem Fruchtknoten versehen sind, sich 
den bei Daueus Carota beschriebenen anreihen und denselben in fast 
allen Theilen gleichen, daß man ferner Blüthen mit mehr minder un- 
gleichen, nicht immer strahlenden, mit eingeschlagenem Endläppehen 
versehenen, grünen, persistenten Blumenblättern, normalen Staub- 
sefäßen, unterständigem Fruchtknoten, zweien schmalen, lanzettlichen, 
rinnenförmigen, an der Basis verwachsenen oder fast freien Blättern, 
welche die Stelle der Griffel einnehmen, findet. Letztere tragen an 
den randständigen Gefäßsträngen 1—-2 verbildete Samenknospen. 
Diese stellen sehr häufig kurz gestielte, lanzettliche Gebilde dar, 
die an der Basis der Spreite ein zelliges, oft mit einem ringförmigen 
Wulste versehenes Körperchen, den Nucleus, tragen, oder dasselbe 
befindet sich im Winkel zwischen dem randständigen Gefäßstrange 
des Carpellarblattes und dem Stielchen der blattartigen Sprossung. 

Wie bei Daucus Carota fand ich je eine hängende und eine 
aufreehte Samenknospe, von welchen die ersteren in beiden Frucht- 
knotenfächern eingeschlossen, die aufrechten jedoch zwischen beiden 
Griffeln sichtbar waren. 

In vielen Blüthen fehlt der Fruchtknoten vollständig. Statt der 
beiden Griffel findet man dann ziemlich breite, flache, dreinervige, die 
übrigen Blüthentheile überragende, grüne Blätter, an deren randstän- 
digen Nerven blattartige Sprossungen fehlen. 

In den meisten Blüthen bewahren die Staubgefäße ihre charak- 
teristische Gestalt und Struetur, höchstens sind die Filamente be- 
haart; mehrmals sah ich an deren Stelle lang gestielte, grüne, be- 
haarte Blätter mit breiter, rundlicher oder eiförmiger, am oberen 
Rande bisweilen abgestutzter und daselbst gezähnter, fiedernerviger, 
concaver Spreite. Diese trägt an ihrer Innenfläche zwei Wülste 
oder lanzettliche, blattartige Ausbreitungen, welche mit ihrem dem 
Mittelnerv zugekehrten Rande der ganzen Länge oder nur in der 
, unteren Hälfte daselbst angewachsen waren und der Spreite anliegen. 
Diesen doppelspreitigen, krautigen Blättern fehlt eine dem faserigen 
Endotheeium normaler Staubgefäße ähnliche Schichte. (Taf. IV, 
Fig. 5, 6.) 

Der End- und Achselsprossungen (Taf. Il, Fig. 3—6) haben 
wir sehon im Eingange erwähnt. Die an denselben entwickelten 
Blüthen sind wie die grundständigen gebaut, jedoch nicht selten sind 


908 Peyritseh. 


die Kelehzipfel verlängert, an manchen Blüthen erscheint ein Sehwan- 
ken in den Zahlenverhältnissen der Blüthentheile; letztere können 
dann ausnahmsweise bis auf das eine oder andere Blumenblatt 
oder Staubgefäß vollständig fehlen (Taf. II, Fig. 5); sehr häufig 
findet man in denselben einen oberständigen, aus 2—3 Carpellar- 
blättern zusammengesetzten Fruchtknoten (Taf. II, Fig. 6, 7, 8), 
oder letzterer ist unterständig, verlängert, an der Außenseite einzelne 
Braeteolen tragend (Taf. II, Fig. 5). Bisweilen kommen auch ver- 
wachsene Blüthen, oder solche sprossende Blüthen vor, in denen aus 
der Höhle des unterständigen, einfächerigen Fruchtknotens statt der 
Samenknospen eine gestielte oder sitzende, mit unterständigem 
Fruchtknoten versehene Blüthe, welche letztere auf den Fruchtknoten 
allein reducirt sein kann, von der Innenfläche der Wandung des 
Fruchtknotens entspringt. 

Diese Formen ahmen täuschend Durehwachsungen des Blüthen- 
stielchens nach. 

Pflanzen, welche solehe mißbildete Blüthen trugen, habe ich 
auf feuchten schattigen Waldstellen und mehrmals auf troekenem 
sterilen Boden angetroffen. Manche derselben trugen auch einzelne 
anscheinend reife Theilfrüchtchen. 

» 


Peucedanum Chabraei. 
Taf. IM. Fig. 1—11. 


Die bei vielen Pflanzen dieser Art beobachteten Mißbildungen 
unterscheiden sich von den vorher beschriebenen durch die Gestal- 
tung der Blätter, welche die Stelle der Staubgefäße ‚und Griffel ein- 
nehmen, indem laubartige, gelappte oder mehrfach zerschnittene 
Blätter statt derselben sich vorfinden 1). 

Die Anordnung der mißbildeten Blüthen (Taf II, Fig. 6, 7) zu 
Döldehen und dieser zu einer zusammengesetzten Dolde glich der 
normaler Pflanzen. 

Der Kelch war immer unmerklich fünfzähnig; Blumenblätter fünf 
(Taf. II, Fig. 2), nicht selten viel größer als normale, concav 


!) Nach Moquin-Tandon (Pflanzenteratologie übers. v. Schauer S. 189) sind laub- 
artige Verbildungen der Staubgefäße selten. Cramer (Bildungsabweichungen 
S. 65) führt als hierher gehörige, an Umbelliferen vorkommende Fälle nur Torilis 


Anthriseus, Daueus Carota und Heracleum Sphondylium an. 


Über Bildungsabweichungen bei Umbelliferen. 909 


{innen), mit einem eingeschlagenen, roth angelaufenen Läppchen 
versehen, röthlich-grünlich oder an der Basis und in der Mitte gelb- 
lich, der Mittelnerv kielförmig an der Innenfläche hervorragend, 
Seitennerven beiderseits 2—3. 

Statt der Staubgefäße 5, mit den Blumenblättern alternirende, 
kurz gestielte, einfach oder doppelt fiederschnittige oder fiederig ge- 
lappte,an der Basis der Spreite häufig handförmig dreinervige, coneave 
(innen) grüne Blätter, mit an der Spitze roth angelaufenen Zipfeln 
(Taf. III, Fig. 3, Taf. IV, Fig. 7); sämmtliche Blätter. dieses 
Wirtels einander gleich oder mehr minder ungleich, in einzelnen 
Blüthen ist oft noch das eine oder andere Staubgefäß vorhanden. 

Der Fruchtknoten unterständig, zweifächerig, oder auch ein- 
fächerig, in vielen Blüthen ganz fehlend (Taf. Ill, Fig. 5,9, 10). Statt 
der Griffel findet man zwei an der Basis mehr minder verwachsene 
oder freie, lanzettliche, 3—Ö5nervige, grüne Blätter, die häufig 
fiedersehnittig und nieht immer mit zwei Randnerven versehen sind 
(Taf. III, Fig. 4, 6, 8). Die Ränder derselben an der Basis nicht 
selten geöhrt; dasÖhrehen nach einwärts geschlagen, häufig gelappt 
oder fiedersehnittig. Öfters verlaufen die nach einwärts geschlagenen 
und verwachsenen Ränder beider Carpellarblätter an der Innenwan- 
dung der Fruchtknotenhöhle bis zur Basis derselben herab, wo sie 
daselbst bald nach ihrem Eintritte wieder auseinander treten (Taf. UI, 
Fig. 5) ?). 

Samenknospen 1—2 in jedem Fache, häufig fehlend und durch 
jene beschriebenen Öhrchen ersetzt. In vielen Blüthen fand ieh Achsel- 
sprossungen der Carpellarblätter in Form von gestielten unförmlichen 
Blüthenknospen (Taf. II. Fig. 11). 


1) C. Cramer (Bildungsahweichungen, S. 70 und 71, Taf. VIIl Fig. 3 und 7) beob- 
achtete an einer Monstrosität von Thysselinum palustre Hoffmann ein ähnliches 
Verhalten der beiden blattartigen Griffel, indem die Ränder derselben bis zur Basis 
der Fruchtknotenhöhle verliefen, und gegen das Innere derselben vorsprangen und 
in der Mitte sich fast berührten. Nach ihm ist der unterständige Fruchtknoten der 
Umbelliferen keineswegs ein hohlgewordener Blüthenstiel, sondern die innere 
Hälfte besonders die Scheidewand, sei von Oarpellarblättern gebildet zu betrachten. 

Höchstens könnte die untere Hälfte Stengelnatur besitzen, wenn man nicht 
geradezu annnehmen darf, der unterständige Fruchtknoten der Umbelliferen ver- 
dauke seine Entstehung einer gemeinsamen Hebung aller vier Blattkreise der 
Blüthe. 


910 Peyritsch. 


Diese Bildungsabweichung beobachtete ich im Verlaufe mehrerer 
Jahre auf mehreren Standorten in der Umgebung von Wien. 

Es scheint, daß dieselbe sich durch Samen fortzupflanzen im 
Stande ist, da viele Pflanzen, außer im hohen Grade verbildeten, auch 
normale Blüthen und reife Früchte trugen. 

Der Bau jenes einfächerigen unterständigen Fruchtknotens, an 
dessen Innenwandung blattartig verbreiterte, gepaarte Leisten vor- 
springen, scheint für die Ansicht zu sprechen, daß der den Umbel- 
liferen zukommende unterständige Fruchtknoten aus zweien verwach- 
senen Blättern bestehend und nicht als Achsenorgan zu deuten ist, wo- 
für ihn seit Schleiden viele halten. Das Ungewöhnliche dieser Auf- 
fassung besteht in der Annahme, daß in diesen Fällen ein innerer 
Blattwirtel, die Carpellarblätter, die äußeren Wirtel emporhebe, 
während gewöhnlich das Umgekehrte stattfindet, die inneren Wirtel 
von den äußeren gehoben werden, wie zum Beispiel die Blumen- 
krone von der Kelchröhre, die Staubgefäße von der Blumenkrone. 
Unstatthaft wäre es, wenn man die blattartig verbreiterten Leisten 
der Fruchtknotenwandung mit den stengelherablaufenden Blättern 
vergleichen würde, weil, die Achsennatur des Fruchtknotens ange- 
nommen, diese als am Stengel hinauflaufend angesehen werden 
müßten, da der tiefste Punkt der Aushöhlung der organischen Spitze 
der Achse entsprechen würde. Jedoch kann, selbst wenn man die 
Entwicklungsgeschichte der Blüthe nicht berücksichtigt und man 
ferner von den Fällen absieht, wo man die Kelch- und Blu- 
menblätter nebst den Staubgefäßen an einer, unter dem Kelchsaume 
sehr verdickten, im äußeren Ansehen mit einem unterständigen 
Fruchtknoten übereinkommenden, soliden Anschwellung inserirt findet, 
welche Fälle eben darthun, daß eine Torusbildung in der Umbelliferen- 
blüthe thatsächlich vorkommt, ein gewichtiger Einwand gegen die Blatt- 
natur des unterständigen Fruchtkuotens erhoben werden. Hält man 
diesen für ein Achsenorgan, so ist das Stylopodium das Basalstück des 
Carpellarblattes, betrachtet man ihn als aus zwei verwachsenen 
Blättern bestehend, so müßte die Fruchtknotenwandung die ver- 
einigten Basalstücke der Carpellarblätter darstellen, und es stünde 
zu erwarten, daß eine Vermehrung der Griffel im letzteren Falle 
einen Einfluß auf die Gestaltung des Fruchtknotens und die Anzahl 
der Fächer üben müßte. Nun sind aber jene bei Daucus Carota 
beschriebenen Gebilde, welehe den dritten Blattwirtel der Blüthe 


Über Bildungsabweichungen bei Umbelliferen. 91 1 


bilden, offenbar als Styli zu deuten, die fleischigverdiekten Basalstücke 
derselben den Stylopodien analog, und doch weicht der Fruchtknoten 
jener Blüthen nieht im mindesten von dem normaler ab. Es scheint mir, 
daß man in ähnlichen Fällen allzustrenge zwischen Blatt- und Stengel- 
gebilden nach aufgestellten Schemen unterscheidet, und nach Unter- 
schieden forscht, wo keine wahrnehmbar sind, weßhalb es auch 
nicht auffallend ist, daß ein Gebilde von solcher Gestaltung in dem 
einen Falle mit einem Blatte, in einem anderen mit einer Achse die 


Vergle 


Fig. 1 
2 
„3 
DRUM: 
„9 
= 
et, 


14. 


” 15 


ichung zuläßt. 


Erklärung der Abbildungen. 


Tafel I. 
Daucus Carota. 


. Eine Blüthe in deren dritten Blattwirtel griffelähnliche Gebilde stehen. 
Vergr. 16mal. 
. Ein Blumenblatt dieser Blüthe. Vergr. 32mal. 


. Ein dreisehenkeliger Griffel, dessen Zipfel mit Narben bekrönt sind, im 


dritten Blattwirtel stehend. Vergr. 32mal. 
. Querschnitt durch die fleischig verdickte Basis des vorigen. Vergr. 
32mal. 


. Das Pistill. Vergr. 16mal. 


. Quersehnitt durch den Fruchtknoten. Vergr. 16mal. 


. Eine Blüthe mit strahlenden Blumenblättern und dreilappigen, an der 


Stelle der Staubgefäße stehenden Blättern, die an der Basis fleischig 
verdickt sind. Vergr. 16mal. 


. Ein Blatt des dritten Blattwirtels. Vergr. 24mal. 


. Das vorige im Längschnitt. Vergr. 24mal. 

. Eine Blüthe mit strahlenden Blumenblättern und dreilappigen, an der 
Basis nicht verdickten, die Stelle der Staubgefäße einnehmenden Blättern. 
Vergr. 16mal. 

. Ein Blumenblatt mit eingeschlagenem Läppchen. Vergr. 24mal. 

. Ein dreilappiges corollinisches Blatt des dritten Blattwirtels. Vergr. 
24mal. 

. Das Pistill dieser Blüthe. Vergr. 16mal. 

Querschnit durch dasselbe. Vergr. 24mal. 

. Eine gefüllte Blüthe. An der Stelle der Staubgefäße stehen lanzettliche 
Blätter, deren Spitze bei einigen eingeschlagen ist. Vergr. 12ınal. 


912 


Peyritsch. 


Tafel II. 


Daucus Carota. 


Fig. 1—2. 


Fig. 1. Längsschnitt durch das Pistill, dessen hängende Samenknospen entfernt 


wurden. Man sieht zwei aufrechte verbildete Samenknospen; bei der 
einen ist der Saum des Integumentes kaputzenförmig über die Mündung 
geschlagen. Im Grunde der Fruchtknotenhöhle zwei Knospen. Vergr. 
21mal. 


. Längssehnitt durch das Pistill. In jedem Fache ist eine hängende Samen- 


knospe eingeschlossen, drei stehen aufreeht zwischen beiden blatt- 
artigen Griffeln, die vierte aufrechte Samenknospe wurde durch den 
Schnitt entfernt. Im Grunde der beiden Höhlen des Fruchtknotens ist 
eine Blüthenknospe eingeschlossen. Vergr. 21mal. 


Torilis Anthriseus. 
Fig. 3—9. 


. Proliferirende Blüthe mit einer Mittelsprossung und zwei Seitenspros- 


sungen aus der Achsel der Kelelıblätter. Die grundständige Blüthe ohne 
Fruchtknoten, mit 5 linienförmig verlängerten Kelehblättern, 5 ver- 
schmälerten Blumenblättern und nur % Staubgefäßen. Die Mittelspros- 
sung trägt an der Basis des Fruchtknotens 2 ungleich große krautige 
Blätter (vielleicht als Carpellarblätter der grundständigen Blüthe an- 
zusehen), einen oberständigen 5zähnigen Kelchsaum, ungleiche Blumen- 
blätter, 5 Staubgefäße, und zwei mit Narben gekrönte in ihrer unteren 
Hälfte verwachsene Carpellarblätter. Der Fruchtknoten ist zweifächerig. 
Die vornstehende Axillarsprossung ohne unterständigen Fruchtknoten. 
Die rechtsstehende Sprossung hat auf ungleicher Höhe stehende 
Blumenblätter, 3 ungleich lange mit behaarten Filamenten versehene 
Staubgefäße und eine aus dem Centrum der Blüthe sich erhebenden, 
auf den Fruchtknoten und die beiden blattartigen Griffel redueirte 
Blüthe. Vergr. 10mal. 


. Sprossende Blüthe ; sämmtliche Sprossungen ohne Fruchtknoten. Die 


eine Axillarsprossung trägt in der Mitte des Stieles ein mehr- 
blättriges Hüllehen. Ein Staubgefäß der grundständigen Blüthe 
ist durch ein gestieltes Blatt mit röhrenförmiger Spreite ersetzt. Vergr. 
Omal. 


. Proliferirende Blüthe. Die Außenfläcbe des Fruchtknotens der grund- 


ständigen Blüthe ist mit Braeteolen (vielleicht als Kelehblätter 
zu deuten), welche in verschiedener Höhe derselben aufsitzen, be- 
setzt. Der Quersehnitt des Fruebtknotens zeigt 3 Fächer (Fir. 5 a). 
Die Axillarsprossung stellt eine auf das Pistill und ein Staubgefäß redu- 
eirte Blüthe dar. Vergr. 10mal. 


Über Bildungsabweichungen bei Umbelliferen. 913 


Fig. 6. Proliferirende Blüthe mit scheinbarer Mittelsprossung die sich vom 
Grunde des größeren Faches erhebt. Der unterständige Fruchtknoten der 
grundständigen Blüthe ist unvollkommen zweifächerig. Die Sprossung, 
welche mit einer Blüthe endiget, besitzt einen oberständigen Frucht- 
knoten. Vergr. 14mal. 

7. Das Pistill dieser Blüthe Vergr. 28mal. 


8. Querschnitt durch dasselbe Verer. 28mal. 


9 


„ 


Tafel III. 


Peucedanum Chahraei. 


Fig. 1. Eine verlaubte Blüthe. Vergr. Smal. 
» 2. Ein Blumenblatt. Vergr. mal. 
» 3. Ein laubartiges Blatt des dritten Blattwirtels. Vergr. Smal. 
» %. Das Pistill (mit den blattartig verbreiteten gelappten Griffeln). Ver- 


größerung 8mal. 

» 9. DerFruchtknoten imLängssehnitte. Man sieht die auseinander geschla- 
genen in den Rand der blattartig verbreiterten Griffel verlaufenden 
Leisten an der Innenwandung. Vergr. Smal. 

„ 6. Vergrünte Blüthe mit normalen Staubgefäßen und blattartigen 
gelappten Griffeln. Vergr. Smal. 

» 1. Vergrünte Blüthe ohne Fruchtknoten. Vergr. 14mal. 

» 8. Das Pistill einer anderen Blüthe. Vergr. Smal. 

» 9. Querschnitt dureh den unvollkommen 2fächerigen Fruchtknoten derselben. 
Im linken Fache sieht man zwei im rechten ein Öhrchen. Ver- 
größerung 12mal. 

„ 10. Längssehnitt dureh diesen Fruchtknoten. Im Grunde desselben erhebt 
sich auf einem langen Stiele eine Knospe, daneben ein gewundener Stiel 
einer zweiten Knospe. Vergr. 12mal. 

„ 11. Zwei Knospen, nach Wegnahme der sie umgebenden Carpellarblätter. 
Vergr. 18mal. 


Tafel IV. 
Auf dieser Tafel sind fast ausschließlich nur solehe Gebilde dargestellt 
worden, welehe dem dritten Blattwirtel verschiedener Blüthen angehörten. 
Carum Carvi. 
Fig. 1—4. 


Fig. 1. Doppelspreitiges eorollinisches Blatt mit zwei Anhängseln am Grunde 
des Filamentes. Vergr. 16mal. 


0%) 


‚ Der dritte Blattwirtel. Man sieht ein fast normales Staubgefäß, zwei 
doppelspreitige Blätter und zwei fastsitzende fiederig gelappte, eiwas 
grünliche Blätter mit einfacher Spreite. Vergr. 12imal. 


914 Peyritsch. Über Bildungsabweichungen bei Umbelliferen. 


Fig. 3. Eine Blüthe nach Wegnahme der Blumen- und der vorderen Keleh- 
blätter. Vergr. Smal. 
» %. Die Anhängsel am Grunde eines Filamentes. Vergr. 16mal. 


Torilis Anthriseus. 


„ du. 6. Dieke, etwas concave, grüne Blätter mit doppelter Spreite. Ver-_ 
größerung 20mal. 


Peucedanum Chabraei. 
» 7. Laubartiges gelapptes Blatt. Vergr. 8mal. 


Daucus Carota. 


» 8. Griffelähnliches Gebilde mit fleischiger, verdiekter Basis; zwei Zipfel 
mit Narben bekrönt. Vergr. 32mal. 

» 9. u. 10. Corollinische Blätter des dritten Blattwirtels, die Zipfel mit 
Narben bekrönt. Vergr. 32 mal. 

„ 11. Gebilde mit fleischig verdiekter Basis, mit zwei ungleiehen rinnenför- 
migen Zipfeln. Vergr. 24mal. 

„ 412 u. 13. Corollinische Blätter des dritten Blattwirtels. (Fig. 13 Vergr. 
24mal, Fig. 14 Vergr. 18mal). 

„ 1%. stellt eine Mittelform zwischen Staubgefäß und Blumenblatt dar. Die 
Region des Mittelnerves sehr verdickt. Vergr 30mal. 


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Sitzungsb.d.k. Akad. d.W.math.naturw C1.LX.Ba. I. Abth. 1869. 


915 


Über die Form und die Zusammensetzung der Feldspathe. 
Von dem e. M. Gustav Tschermak. 


(Mit 2 Holzschnitten.) 


In meiner Arbeit, welche sich auf denselben Gegenstand be- 
zieht 1), sagte ich nur wenige Worte über die Ähnlichkeit, welche 
die Formen der plagioklastischen Feldspathe zeigen, weil ich glaubte, 
daß die Thatsachen, welche mich bewogen, den geometrischen 
Isomorphismus der Plagioklase anzunehmen, allgemein bekannt seien. 

Schon im Jahre 1823 hat G. Rose die Ähnlichkeit in der Krystalli- 
sation des Albites, des Labradorites und des Anorthites hervorgeho- 
ben2). Mohs gab den Formen des Albites und Anorthites eine paral- 
lele Aufstellung. Miller brachte alle Plagioklase in eine solche Stel- 
lung, daß die Haupt-Spaltflächen gleich liegen. Descloizeaux 
führte die parallele Orientirung der Formen aller bekannten Plagioklase 
durch und besprach ausführlich die Ähnlichkeit der Formen, welche in 
ihren Kantenwinkeln wenig von einander abweichens). Diese Ergeb- 
nisse konnte ich voraussetzen, als ich daran ging, den Isomorphismus 
der plagioklastischen Feldspathe vom chemischen Standpunkte zu er- 
klären. 

In der letzten Zeit hat aber mein hochverehrter Freund G. v. 
Rath seine Zweifel geäußert, ob „überhaupt von einer Beziehung 
der fundamental verschiedenen Systeme des Albites und des Anor- 
thites dieRede sein könne“ %), ferner die Meinung ausgesprochen, es 
sei „überhaupt nicht recht einzusehen, wie man sich eine Vermit- 


1) Sitzb. der k. Akademie Bd. L, pag. 566. 

®) Gilbert’s Annalen Bd. LXXIIT, pag. 208. 

3) Mohs, Mineralogie, Miller Min.., Descloizeaux Min. Bei Miller erscheint 
Jedoch das aufrechte Prisma des Labradorits unrichtig orientirt, indem die Winkel 
bezüglich der Flächen 110 und 110 verwechselt sind. 

%) Poggendorff’s Ann. Bd. CXXXVII, pag. 483. 


916 Tschermak. 


telung der Formen des Anorthites und Albits denken solle“, weil die 
Endflächen 001 beim Albit und Anorthit widersinnig geneigt seien 
u. 8. W. 

Dies beweist, daß es Deseloizeaux nicht gelungen ist, die 
Sache für alle Mineralogen klar zu machen, und ich versuche deshalb 
eine neuerliche Darstellung. 

Die fundamentale Verschiedenheit der Form des Albites und 
der des Anorthites verschwindet sogleich, wenn man die Formen 
nieht in der von Breithaupt angenommenen Stellung läßt, in 
welcher sie widersinnig geneigte 001 Flächen haben, sondern eine 
der beiden um die d-Axe dreht und zwar um 180°. Hierauf haben 
beide Formen ihre 001 Flächen gleichsinnig geneigt. 

Wenn man nun die Formen aller Plagioklase so aufstellt, daß 
die Fläche 001 für den Beobachter oben vorne liegt und nach rechts 
abfällt, also die stumpfe Kante 001:010 (d. i. P:M) oben rechts 
liegt, dann hat man in derselben Weise wie es Deseloizeaux ge- 
than, alle Formen in parallele Stellung gebracht. Die Haupt- 
spaltungsflächen liegen jetzt an allen nahezu parallel. 

Ist dies geschehen so erkennt man leicht die Ähnlichkeit der 
Formen aller Plagioklase durch Vergleichung von fünf Winkeln, welche 
die Gestalt charakterisiren. In dem folgenden sind die Werthe an- 
gegeben, innerhalb welcher sich die gemessenen Winkel der Nor- 
malen bewegen?). 


1) Nach den Angaben von Deseloizeaux. Außer diesen sind auch 6. v. Rath's 


Messungen am Vesuvischen Oligoklas und jene Sehrauf’s am Labrador benützt, 


Über die Form und die Zusammensetzung der Feldspathe. 917 


001:010 001:110 001:110 010:110 010:110 010:201 


Albit sg3°19’  64°55' 69° 9° 60°%a6' 59a  92°1' 
Be DIE: Vemedo re 0orio .. 42 ARE EN 
Oligoklas 593° a’ 65°a0' 68°R8! HE952' 6116’  90°42' 
Vesuv..... ESS BONISNDE GBR 15 3 I IR NAT, 
Be y33r02 00.20. ; 60,0, 59.000: 08.02 uE er 
Oiohlanı, 1..22017 12.2 Rob DM Mel. 3 
a ar nd 2°15'°  89°%40' 

er | a dor A Tao 3nouaa 
. .994°10'" 65°%57' 699 3° ° B75B! 062°26 89°27' 
ER RN u a ES 


Die vielfache zwillingsartige Zusammensetzung bedingt bei 
allen Plagioklasen, mit Ausnahme des Anorthites, ein bedeutendes 
Sehwanken der Winkelwerthe, und es läßt sich für keinen dieser 
Plagioklase ein Krystallsystem mit aller Schärfe berechnen. Deshalb 
darf man bei solehen Vergleichungen auch nicht die berechneten 
Winkel benützen, es sei denn, daß man die Rechnung für jeden Kry- 
stall besonders durehführt. 


Die ausgeführten Messungsresultate zeigen die Ähnlichkeit der 
Formen des Albites und des Anorthites, ferner den Übergang von der 
einen Form zur anderen bei den zwischen beiden stehenden Plagio- 
klasen. 


Die größte Differenz zwischen den Extremen zeigt sich in den 
Winkeln 010:110 und 010:110, sie beträgt im äußersten Falle 
3°48 und 4° und wechselt so, daß dort wo der Albit den stumpferen 
Winkel zeigt, der Anorthit den schärferen hat und umgekehrt. 


Dadurch ist die Meinung meines hoehverehrten Freundes G. v. 
Rath gerechtfertigt, insofern derselbe den Unterschied zwischen 
den Formen jener beiden Plagioklase erheblich findet; auch Des- 
eloizeaux hat bei seiner Vergleichung der Plagioklasformen es 
nicht verschwiegen, daß beim Anorthit und allen seinen Naehbarn die 
rechte Seite der Grundgestalt länger sei als die linke, beim Albit 
aber das umgekehrte stattfinde. 


Trotzdem sieht man auch bezüglich dieser Winkel in den 
Zwischengliedern einen allmähligen Übergang von der einen Form zur 
anderen. Es möchte mir daher scheinen, daß die Natur in dem Unter- 
beiläufig schiede von 3° keine unübersteigliche Grenze findet, um die 
sonst ähnlichen Partikel von Albit und Anorthit zu Einem Baue zu 


918 Tschermak. 


vereinigen, und zweitens erscheint es mir nothwendig, daraufRücksicht 
zu nehmen, daß wir in diesem Falle vor einer Isomorphie im triklinen 
System stehen, in welchem alle krystallegraphischen Elemente va- 
riabel sind und in dem eine geringe Änderung in den Winkeln der 
Krystallaxen eine allgemeine Änderung in den Kantenwinkeln be- 
dingt, weshalb wir die für das rhombische System ete. erhaltenen 
Thatsachen nicht ohne weiteres auf die plagioklastischen Feldspathe 
anwenden dürfen, vielmehr den Versuch machen sollten, durch un- 
befangene Würdigung der hier auftretenden Erscheinungen zu einer 
Einsicht in den Isomorphismus bei trikliner Gestalt zu gelangen. 


Gegen die angeführte parallele Aufstellung der Formen und 
deren Isomorphie könnte jetzt noch der Einwand gemacht werden, 
daß die prismatische Spaltbarkeit der Plagioklase verschieden sei. 


Nach Breithaupt'’s älteren Angaben zeigen Oligoklas und 
Albit eine Spaltbarkeit nach 110, der Labradorit hingegen soll 
eine unvollkommene Spaltung nach 110 besitzen. Diese Angaben be- 
wogen Breithaupt, Naumann und andere Mineralogen, dem La- 
bradorit und Anorthit eine andere Aufstellung zu geben als dem Al- 
bit, indem sie daran fest hielten, daß diejenige Fläche des aufrechten 
Prisma, welche eine Spaltungsfläche ist, immer auf derselben Seite, 
z. B. links liegen sollte. 


Diese Art der Aufstellung hatte zur Folge, daß die vollkom- 
menste Spaltfläche 001 bei den einen Feldspathen gegen den Beob- 
achter links geneigt erschien, bei den anderen Plagioklasen aber 
rechts geneigt und man zwischen links geneigten Plagioklasen (Albit 
und Oligoklas) und rechts geneigten (die übrigen) unterschied. Sind 
nun jene Angaben über die prismatische Spaltbarkeit richtig, dann 
würde der von mir behauptete Isomorphismus einigermaßen er- 
sehüttert, weil, obgleich die Formen bei paralleler Stellung der 
Hauptspaltungsflächen sehr ähnliche sind, doch die untergeordnete 
Spaltbarkeit nicht harmonirt. 

Ich selbst habe mich früher!) zu der Ansicht bekannt, daß iso- 
morphe Körper auch in der Spaltbarkeit übereinkommen müssen, und 
ich bin dieser Anschauung nicht untreu geworden, folglich würde 
mich jener Einwand um so stärker treffen. 


1) Sitzb. d. k. Akad. d. Wiss. Bd. XLV. pag. 603. 


Über die Form und die Zusammensetzung der Feldspathe. 919 


Die Angaben über die prismatische Spaltbarkeit sind jedoch 
nicht vollständig. 

Beim Albit haben sich die früheren Angaben bestätigt. Dieser 
Plagioklas zeigt eine minder vollkommene Spaltbarkeit nach 110. 
Doch erkennt man auch einen geringen Grad von Spaltbarkeit nach 
110 was wohl davon herrühren dürfte, daß die dünnen Zwillings- 
lamellen, welche in der verwendeten Stellung in dem Sammel- 
individuum stecken, ihre 110 Spaltbarkeit zur Geltung bringen, dann 
würde ihre zweite Spaltfläche nicht völlig parallel 110 liegen. 

Für den Oligoklas geben die Beobachter verschiedene prisma- 
tische Spaltrichtungen an. Nach Breithaupt's erster Angabe wäre 
die Spaltbarkeit des Oligoklas dieselbe wie beim Albit, nämlich 110, 
doch minder vollkommen; später wurde indeß 110 angegeben. Nach 
Naumann, Deseloizeaux und anderen Mineralogen ginge die 
Spaltriehtung parallel 110. Der Oligoklas vom Vesuy hat nach 
v. Rath dieselbe Spaltbarkeit. 


Die Verschiedenheit der Angaben veranlaßte mich, die Orien- 
tirung der prismatischen Spaltung an Oligoklas von verschiedenen 
Fundorten zu untersuchen. An dem krystallisirten Oligoklas von 
Arendal fand ich beide Spaltrichtungen. An dem Sonnenstein von 
Tvedestrand spalten viele Partien nach 110, also wie Albit, andere 
Partien spalten aber außerdem ebenso vollkommen nach der an- 
deren Prismenfläche. Beide Spaltflächen sind übrigens intermitti- 
rende. Derber Oligoklas von Yiterby zeigt bloß die Spaltbarkeit nach 
110 deutlich, ebenso ein Oligoklas aus der Gegend von Stockholm. 
Der Oligoklas von Wilmington, Delaware N. A., von dem das Hof- 
Mineraliencabinet ein prächtiges großes Spaltungsstück besitzt, zeigt 
die Spaltbarkeit nach der einen und der anderen Prismenfläche gleich 
deutlich, aber beiderseits ist die Spaltung intermittirend. 


Aus diesen Beobachtungen geht hervor, daß die Sammelindi- 
viduen des Oligoklas, wie wir sie in der Form von Krystallen und 
von derben Stücken finden, eine bestimmt orientirte, prismatische 
Spaltbarkeit nicht besitzen, vielmehr bald nach der einen, bald nach 
der anderen Fläche, bald nach beiden spalten. 

Welche Spaltbarkeit den einfachen Krystallen zukömmt, ist noch 
fraglich, und ich bin mit der Fortführung genauerer Beobachtungen 
beschäftigt. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 60 


920 Tschermak. 


Mit dem Labradorit verhält es sich ebenso, wie mit dem Oli- 
goklas. Hessel gab 110 als Spaltungsriehtung an. Man findet diese 
Spaltbarkeit öfters, und dieselbe wird in den Handbüchern angegeben. 
G. Rose sagt aber von dem Labradorit von Neurode?), daß er die 
Spaltbarkeit parallel 110 zeige und daß der Labradorit von Labrador 
sich ebenso verhalte. Ich fand an dem letzteren Mineral beide Spalt- 
barkeiten, ebenso fand Schrauf an dem Labradorit von Kiew, daß 
derselbe die Spaltbarkeit nach 110 und die nach 110, und zwar die 
letztere etwas vollkommener zeige. 


An dem Anorthit ist bisher keine deutliche prismatische Spalt- 
barkeit beobachtet worden. 


Die Beobachtungen zeigen also, daß die prismatische Spalt- 
barkeit der Plagioklase nicht constant orientirt sei, folglich diese 
keinen Grund für eine verschiedene Aufstellung der Formen, und 
keinen Grund gegen die Betrachtung derselben als eine isomorphe 
Reihe bietet. 


Vielleicht hängt der Wechsel in der prismatischen Spaltbarkeit 
mit der früher besprochenen Winkeldifferenz der aufrechten Prismen 
des Albites und des Anorthites zusammen. 

Ich muß hier noch einige Worte zufügen, welehe die Form des 
Oligoklas vom Vesuv betreffen. Mein hochverehrter Freund G. v. Rath 
hält die Form für so eigenthümlich, daß er geneigt ist, die Ver- 
wandtschaft mit jener des Albits und Anorthites zu läugnen. Ein 
Blick auf die früher angeführten Winkelwerthe wird mich aber recht- 
fertigen, wenn ich mir erlaube zu bemerken, daß in den Winkeln des 
Vesuvischen Oligoklas die einen Werthe denen des Albit, die anderen 
den entsprechenden am „Oligoklas“ nahe kommen, wie dies auch die 
Zusammensetzung des Vesuvischen Minerales rechtfertigt, welches 
nach v. Rath’s Analyse blos 2:88 Perc. Kalkerde enthält. Auch darauf 
ist Rücksicht zu nehmen, daß verhältnißmäßig viel Kali vorhanden 
ist, da 2:66 Perc. angegeben werden. 

Bei der Berechnung und Vergleichung der Analyse zeigt sich 
wieder die Differenz der Anschauungen, da G. v. Rath eine 
Isomorphie der Oxyde Na;0 und CaO für möglich hält und annimmt, 
daß kalkfreier Oligoklas und Andesin in der Natur vorkommen. 


1) Zeitschr. der deut. geolog. Gesellsch. Bd. XIX, pag. 276. 


Über die Form und die Zusammensetzung der Feldspathe. 921 


Die Isomorphie der plagioklastischen Feldspathe und die 
sehwankende Zusammensetzung derselben erklärt sich, wie ich vor 
fünf Jahren zeigte, daraus, daß diese Feldspathe Mischungen aus 
zwei Substanzen sind, welche im Albit und Anorthit fast rein auftreten. 

Für die Richtigkeit dieser Erklärung geben, wie Rammelsberg 
sagt, alle besseren Analysen ebenso viele Bestätigungen. 

Auch jener Plagioklas aus dem Närödal in Norwegen, welcher 
nach G. v. Rath’s Analyse eine Ausnahme zu machen schien, ge- 
'horcht der Regel, wie eine bereits veröffentliche Untersuchung meines 
Freundes Prof. E. Ludwig beweist!). 

Dieser Untersuchung, welche von einem der tüchtigsten Ana- 
Iytiker herrührt, schien jedoch G. v. Rath nicht jenes Gewicht ein- 
zuräumen, indem derselbe?) die Meinung aussprach, die Analyse 
möchte noch nicht genügen, um zu beweisen, daß jener Plagioklas 
‚der Regel folge. 

Eine neue Analyse, welche Herr Prof. E. Ludwig an dem sehr 
‚sorgfältig ausgesuchten Material, das wiederum mikroskopisch ge- 
prüft worden, ausführte, gab jedoch dasselbe Resultat, wie die erste 
‚Untersuchung. 

Unter I ist die erste, unter II die neue Analyse angeführt, unter 
T erscheinen die theoretischen Zahlen. 


I II T 
Kieselsäure . . .. 48-94 49-34 49-40 
Thonerde . . . .....833-26 33:36 32.60 
Kalkerde . . .. .. 15-10 14-85 15:05 
NatwoniilA 55 49%5%. 3:30 336 2-95 
100.60 100:91 100.00 
Volumgewicht . . 2-729 2.123 


In der letzten Zeit hat übrigens, wie ich einer brieflichen Mit- 
theilung meines hochverehrten Freundes v. Rath entnehme, auch 
Rammmelsberg eine Analyse mit demselben Ergebniß wie Lud- 
'wig ausgeführt, nachdem auch er anfangs für Kieselsäure eine zu 
hohe Zahl erhalten hatte. 


1) Sitzb. d. k. Akad. Bd. LX, pag. 145 und Poggendorff's Ann. Bd. CXXXVIII, 
pag. 169. 
2) Ebendas. pag. 171. 
60* 


922 Tschermak. 


Es scheint demnach, dafs der Plagioklas aus dem Närödal keinen 
Ausnahmsfall begründet, und daß dieses Mineral in die Bytownitreihe 
gehört, gleichwie das Anorthit genannte Minera! aus dem Olivin- 
gabbro von Neurode, für welches die Analysen von G. v. Rath?) und 
von Hahn?) angeben: ’ 


v. Rath Hahn 


Kieselsäure. . . . 47-05 48:54 
Thonerde . . . . 30-44 29-74 
Eisenoxyd u 1-56 0-94 
Kalkerder . 19 Nor OR 3 15-14 
Magnesia ! 0:09 0:68 
Kameigert!k, ar 0-78 Al 
Natron 2-10 2-95 
Wasser 1-87 1:02 


100.42 100-38 


Streng hatte übrigens vor fünf Jahren darauf hingewiesen, daß 
dieser Feldspath zwischen dem Labradorit und Anorthit stehe. 


Während die plagioklastischen Feldspathe nach der von mir 
gegebenen Erklärung isomorphe Mischungen aus Albit- und Anor- 
thitsubstanz sind, verhält es sich bei den orthoklastischen Feldspathen 
völlig anders. In ihrer chemischen Zusammensetzung schwanken die 
Orthoklase allerdings zwischen dem Adular und dem Albit, doch sind 
Orthoklase, in welehen die Albitsubstanz bedeutend vorwiegt, wenig 
bekannt, die Reihe der Übergänge ist gegen den Albit zu unvoll- 
ständig. 

Die meisten Orthoklase zeigen bei der mikroskopischen Be- 
trachtung eine eigenthümliche Textur. Sie bestehen aus monoklinen 
Partikeln, die keine feinere Textur haben und für Adular zu halten 
sind, dann aus Theilchen, welche eine vielfache Zwillingszusammen- 
setzung zeigen, mit den vorigen bezüglich des aufrechten Prisma 
parallel liegen und als ein Plagioklas erkannt werden. 


1) Poggend. Ann. XCV, pag. 533. 
*%) Jahrb. f. Mineralogie 1864, pag. 257. 


Über die Form und die Zusammensetzung der Feldspathe. 923 


Viele Beobachtungen, welehe immer diese Textur erkennen 
ließen, führten mich zu der Ansichtt), daß alle Orthoklase solche 
Mischungen von Adular und einem Plagioklas seien, doch seien diese 
Misehungen bald so innige, daß sich der Einfluß der Sammelindi- 
viduen des Plagioklas auf die Winkel der Gestalt geltend mache, 
bald eine weniger innige, in welchem Falle die Zusammensetzung 
aus Adular- und Plagioklaspartikeln deutlich erkennbar sei. Die Or- 
thoklase seien keine isomorphen Mischungen, sondern regelmäßige 
Verwachsungen eines monoklinen und eines triklinen Minerals. Kali 
und Natron seien auch in diesem Falle durchaus nicht isomorph. 


In der letzten Zeit konnte ich wieder einige Beobachtungen an- 
stellen, deren Resultate diesem Gebiete angehören. 


Der Loxoklas bietet eine merkwürdige Erscheinung. Derselbe 
kommt in gelblichen Krystallen im körnigen Kalk vor. Die Krystalle sind 
monoklin und zeigen die Flächen (010) (001) (110) (111) (201) 
(021). Der Winkel 010: 001 ist 90°. Spaltbarkeit vollkommen nach 
001 und 010, unvollkommen nach einer der beiden Flächen 110 
und nach 100. Die Krystalle sind an dem Rande öfters von kleinen 
Plagioklaskörnern begleitet. Im Inneren erscheint ihre Masse auch bei 
der Betrachtung mit der Loupe homogen. Sorgfältig ausgewählte, 
homogen aussehende Splitter gaben bei einer Analyse, welche Herr 
Prof. E. Ludwig vor fünf Jahren ausführte : 


Kieselsäure . . . 2 2 .2....66:28 


Achonerde mes. .0.00,..,0202006 
Kalkerden a. 220. 0:99 
Masnesians nn. 0:22 
Kal nam en 2 4-57 
Natron masse 756 

99-88 


Das Eigengewicht von 2-616 stimmt mit dem theoretischen 
2-611 vollständig. Nach der Ansicht, daß die Orthoklase Gemische 
in dem genannten Sinne seien, enthielte dieser Orthoklas nur 30 Vo- 
lumpercente Adular, das übrige wäre Albit. 


t) Sitzungsb. der k. Wiener Akad. Bd. L, pag. 566. 


924 Tsehermak. 


Die mikroskopische Untersuchung gab hierüber genügenden 
Aufschluß. Bei einer linearen Vergrößerung von 80 erkennt man bei 
der Prüfung von Blättchen, die parallel 001 und von solchen die pa- 
rallel 010 geschnitten sind, sehr deutlich die Zusammensetzung aus 
Adular- und Albitpartikeln, die Blättchen parallel 010 lassen durch 
die Orientirung der optischen Hauptschnitte beide Mineralien sogleich 
erkennen, bei den Blättchen parallel 001 ist die vielfache Zusammen- 
setzung aus Zwillingslamellen das Kennzeichen für den Albit. Auf 
der einen und auf der anderen Fläche ist etwas mehr als die Hälfte 
vom Albit eingenommen, während nach der Rechnung ?/, dem Albit 
zukommen sollen. Es möchte daher die Vermuthung gerechtfertigt 
erscheinen, daß ein kleiner Theil des Albits in sehr feiner Vertheilung 
in der Masse verbreitet sei. 


Recht merkwürdig ist die Erscheinung, daß ein monokliner 
Krystall regelmäßig eingeschaltete Partikel eines triklinen: Minerals 
enthält, die mehr als die Hälfte seines Volumens ausmachen. Die Er- 
klärung, welche ich in meiner eitirten Schrift gabt), erscheint hier 
wohl Anwendung zu finden. 

Das Objeet: der ferneren Untersuchung war der klare und 
durchsichtige Sanidin von Laach, welcher mit blauem Hauyn, 
schwarzem Augit, gelbem Titanit in sogenannten Auswürflingen des 
Laacher Sees vorkömmt und in Drusen freie Krystalle bildet. Diese 
enthalten nach G. v. Rath 4-29 Pere. Natron?), und die Rechnung 
ergibt 65:5 Volumpercente Adularmasse, das übrige wäre plagiokla- 
stischer Feldspath. 


Bei der mikroskopischen Untersuchung boten dünne Blättehen, 
die aus jenen Sanidinkrystallen hergestellt wurden, eine andere Er- 
scheinung als der Loxoklas. Eine große Anzahl der Krystalle er- 
scheint einfach und homogen, die anderen aber sind in der Weise 
zusammengesetzt, wie man dies an dem Feldspath vieler Trachyte 
zu sehen gewohnt ist. Entweder schieben sich einzelne Plagioklas- 
lamellen in den Sanidinkrystall in paralleler Stellung ein, oder es 
ist eine ganze Schaar solcher Lamellen so vertheilt, daß diese 
Schaaren in dem Sanidin getrennte Bündel bilden. 


1) Pag. 574, im Separatabdruck pag. 9. 
2) Pogg. Ann. Bd. CXXXV, pag. 561. 


Über die Form und die Zusammensetzung der Feldspathe. 925 


Die Menge des Plagioklas zu schätzen ist schwer, da derselbe in 
den Krystallen sehr ungleich vertheilt ist, und oft nur feine, einzelne 
Lamellen sichtbar sind. Ich möchte glauben, daß weniger als ein 
Drittel der Krystalle von sichtbarem Plagioklas gebildet wird, also 
ein kleiner Theil des Plagioklas in feinerer Zertheilung darin liegt. 
Dadurch müssen Abweichungen von der Form des reinen Adular ent- 
stehen, wie, ich dies früher entwickelte‘). In der That geben die 
Messungen meines hochverehrten Freundes Zahlen, welche zwischen 
denen für Adular und denen für die Sammelform des Plagioklas be- 
rechneten liegen. 

Demnach erscheint es nicht nothwendig, anzunehmen, daß in 
dem genannten Sanidin die Albitsubstanz isomorph beigemischt sei 
denn diese Annahme würde nur für die kleine Quantität, welche bei 
schwacher Vergrößerung nicht als Plagioklas erkennbar ist, Anwen- 
dung finden, und noch die neue Annahme voraussetzen, daß die Albit- 
substanzauch monoklin krystallisiren könne. Ich werde wohl in kurzer 
Zeit Gelegenheit haben, diese Anschauung nochmals zu besprechen, 
bis die Beobachtungen über den mikroskopischen Bau der Feldspathe 
zu einem Abschluß gebracht sind. 

G. v. Rath hat aus der mangelhaften Übereinstimmung, welche 
die von ihm beobachteten Volumgewichte der Laacher Sanidine mit 
den theoretischen Zahlen zeigen, den Schluß gezogen, daß die Albit- 
substanz isomorph beigemischt sei; doch möchte ich glauben, dals in 
diesem Falle ein Einwand gestattet sei. 

Auch wenn bei der mikroskopischen Untersuchung der Sanidin 
homogen erschienen wäre, auch wenn bestimmt eine isomorphe Mi- 
sehung vorläge, sollte das beobachtete Volumgewicht mit dem nach 
der Mischungsformel berechneten übereinstimmen; denn nur wenn 
eine chemische Verbindung sich vollzieht, muß sich das Volum- 
gewicht ändern, nicht aber bei einer isomorphen Mischung! 

Außerdem dürfte mein hochverehrter Freund die ‚Stelle meines 
Aufsatzes übersehen haben, wo es heißt?): „Ich bemerke zuvor, dab 
wegen der Beimengungen und wegen der ungleichen, oft nicht sorg- 
fältigen Methoden das beobachtete Eigengewicht gegenüber der hier 
gestellten Anforderung ungenau ist, und der Fehler hier besonders 


1) L. c. pag. 574, im Separatabdruck pag. 9. 
2) Pag. 579, im Separatabzuge pag. 14. 


926 Tschermak. Üb. die Form und die Zusammensetzung der Feldspathe. 


auffallen muß, weil die ganze Differenz zwischen den beiden Ex- 
tremen der Reihe nur 0066 beträgt“. 

Diese Stelle führe ich an, um mich zu rechtfertigen; denn wie 
man daraus erkennt, war es mir wohl bekannt, daß manche Beobach- 
tungen von der theoretischen Zahl abweichen. 

In dem vorliegenden Falle ist aber das Zahlenverhältniß fol- 
gendes: G. v. Rath's beobachtetes Volumgewieht minus der theo- 
retischen Zahl gibt in den zwei Fällen beim Laacher Sanidin —0-021. 
Nun beträgt aber die Differenz Volumgewicht eines Minerals !) be- 
stimmt von G. v. Rath minus der von mir erhaltenen Zahl — 0:015. 
Wenn also schon die Differenz zweier Beobachtungen diese Höhe 
erreicht, dann hat die früher angeführte Abweichung nicht die ihr 
zugeschriebene Bedeutung. Außerdem führt G. v. Rath selbst an, 
daß einer dieser Sanidine weiß und zerklüftet gewesen. 

Diese Thatsachen dürften genügen, um zu zeigen, daß die bis- 
herigen Beobachtungen durchaus nicht gegen die Ansicht sprechen, 
welche in den Orthoklasen eine regelmäßige Verwachsung von 
Adular mit einem plagioklastischen Feldspathe sieht. 


1) Der Bytownit a, d. Närödal. 


Anmerkung w. d. Corr. Um anzudeuten, daß die ältere Auffassung der 
plagioklastischen Feldspathe den Thatsachen nicht entspreche, habe 
ich hervorgehoben, „daß es keinen natronfreien Labradorit gebe“, 
d. h. daß kein Plagioklas der das Verhältniß 3SiO, zu Al,O, zeigt, 
natronfrei sein könne. Ich wiederholte dies als G. v. Rath einen fast 
natronfreien Labradorit gefunden zu haben glaubte. Jenen Ausspruch 
scheint mein verehrter Freund Prof. Kenngott nicht in meinem 
Sinne aufgefaßt zu haben, da derselbe (Zeitschr. d. Züricher naturf. 
G. XIV. 353) bemüht ist, hervorzuheben, daß nach seiner Ansicht ein 
Silieat von der von der Zusammensetzung CaAl,Si;0;0 „möglich sei,“ 
das aber „nieht mit Albit isomorph ist, sondern mit dem Petalit 
isomorph sein könnte.“ Dies ist aber eine Behauptung, welehe das von 
mir Gesagte gar nieht berührt. 


927 


XXVIl. SITZUNG VOM 16. DECEMBER 1869. 


——. 


Herrn Prof. Dr. A. E. Reuss übergibt eine Abhandlung: „Bryo- 
zoi fossili italiani“, 3° contribuzione, von Herrn Dr. A. Manzoni. 

Herr Prof. Dr. A. Winckler überreicht eine Abhandlung : „Über 
einige zur Theorie der bestimmten Integrale gehörigen Formeln 
und Methoden“. 

Herr Prof. Dr. Ew. Hering legt eine Abhandlung vor: „Über 
den Einfluß der Athmung auf den Kreislauf. I. Über Athembewegun- 
gen des Gefäßsystems“. 

Herr Director K. v. Littrow übergibt eine für den Anzeiger 
bestimmte Notiz über die Elemente des Kometen III. 1869 von Herrn 
Dr. Tiele in Bonn. 

Herr Dr. Th. Oppolzer überreicht die zweite Abhandlung 
„Über die Bestimmung einer Kometenbahn“. 

Herr Dr. F. Steindachner legt die II. Abtheilung seiner Ab- 
handlung: „Zur Fischfauna des Senegal“ vor. 


An Druckschriften wurden vorgelegt: 


Academie Royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de 
Belgique: M&moires. Tome XXXVII. Bruxelles. 1869 ; 4°.— Bul- 
letin. 37’Annee, 2° Serie, Tomes XXV—XXVI. 1868. Bruxelles ; 8°. 
— Annuaire. XXV° Annee,. 1869. Bruxelles; 80. — Compte- 
rendu de la Commission Royale d’histoire. Tome X°, 2°—5° Bul- 
letins. Bruxelles, 1868; 80. 

American Journal of Science and Arts. Vol. LXVII, Nr. 142. New 
Haven, 1869; 8°, 

Astronomische Nachrichten. Nr. 1783 (Bd. 75, Nr. 7.) Altona, 
1869; 40. 


928 


Comptes rendus des seances de Il’ Acad&mie des Sciences. Tome 
LXIX, Nr. 22. Paris, 1869; 40- 

Cosmos. XVIII® Annee. 3°. Serie, Tome VI, 24°. Livraison. Paris, 
1869; 80. 

Gesellschaft, Königl. bayer. botanische, in Regensburg: Flora. 
XIX.—XXV. Jahrgang. Regensburg, 1861 —1867; 80. — Re- 
pertorium der periodischen Literatur. I.—IIl. Jahrg. 1864 bis 
1866. Regensburg ; 8°. 

Gewerbe-Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. 
XXX. Jahrg. Nr. 39. Wien, 1869; 8°. 

Göttingen, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus 
dem Jahre 1868/9. 4°. u. 8°. 

Landbote, Der steirische. 2. Jahrg., Nr. 25. Graz, 1869; 4°. 

Magazijn voor Landbow en Kruidkunde. N. R. VII. Deel, 5. 
Aflevering. Utrecht, 1868; 8°. 

Mus&e Teyler: Archives. Vol. I, Fase. 4°, 1869; Vol. II, Fase. 
1—2°, 1869. Harlem, Paris, Leipzig; 4°. 

Nature. Vol. I, Nr. 6. London, 1869; 4°, 

Observatoire Royal de Bruxelles: Observations des phenome- 
nes periodiques pendant les anndes 1865 et 1866. 4°. 

Quetelet, Ad., Physique sociale ou essai sur le developpement des 
facultes de ’homme. Tome 1. Bruxelles, Paris, St. Petersbourg, 
1869; 8°. — Taille de l’homme ä Venise pour l’äge de vingt 
ans. 8%. — Progres des travaux statistiques. 8°. 


Revue des cours scientiques et litteraires de la France et de 
l’etranger. VII° Annee, Nr. 2. Paris & Bruxelles, 1869; 4o. 


Societe geologique de France: Bulletin. 2° Serie. Tome XXV, 
Nr. 4. Paris, 1867 a 1868; 80. 

Society, The Royal, of London: Philosophical Transaetions. Vol. 
158, Parts I & II. London, 1868 & 1869; 40. — Proceedings. 
Vol. XVI, Nrs. 101—104; Vol. XVII, Nrs. 105—108. London. 
1869; 80. — Catalogue of Seientifique Papers. (1800—1863.) 
Vol. I. London, 1868; 4%. — The Flora and Fauna of the 
Silurian Period. By John J. Bigsby. London, 1868; 40. — 
Materials for a Fauna and Flora ofSwansea and the Neighbour- 
hood. By L. W. Dillwyn. Swansea, 1848; kl. 40. 


929 


Society, The Asiatie, of Bengal: Journal. Part I, Nr. 1. 1869. 
Caleutta; 80. — Proceedings. 1869, Nr. 4. Caleutta; 8%. — 
Bibliotheca Indica. Old Series. Nrs. 220—221. 1867 & 1868; 
New Series. Nrs. 110—163. 1867 —1869. Caleutta; 40. & 80, 

Wiener Landwirthschaftl. Zeitung. XIX. Jahrgang, Nr. 50. Wien, 
1869; 4°. 

— Medizin. Wochenschrift. XIX. Jahrgang, Nr. 99—100. Wien, 
1869; 8°. 

Würzburg, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus 

den Jahren 1866— 1869. 40 & 80. 


930 


Bryozoi fossili Italiani, 
Terza Contribuzione. 
Per il Dr. A. Manzoni. 


(Con quatro tavole.) 


Continuo con questa mia terza contribuzione la pubblicazione 
dei Bryozoi fossili Italian. — A questo punto posso gia azzar- 
darmi di dar titolo a questi miei seritti di Monografia, in quantoche 
mi trovo possessore di una tal quantita di materiali da poter com- 
pilare un lavoro che meriti un tal nome. Debbo perö fin d’ora limitare 
il campo della mia azione in faceia all’ opera che ben presto il 
chiarissimo Prof. E. Reuss metterä in luce intorno ai Bryozoi del 
Vieentino!). Di questi io non avrd altrimenti ad occuparmi, non 
restandomi altro che prestare omaggio allo splendido e sapiente 
modo con cui la loro storia venne fatta conoscere. — D’altro lato pero 
la liberalita e squisitezza di aleuni Naturalisti Italiani mi mette in 
grado di poter far soggetto di studio e di pubblieazione i Bryozol 
raceolti in altri non meno cospieui ed importanti depositi fossiliferi. 
Cosi e ch’io debbo presentare molti ringraziamenti al Sig. Cav. 
Giovanni Michelotti per aver messa a mia disposizione la sua 
raccolta, rieca e preziosa specialmente di Bryozoi miocenici di Dego, 
delle colline di Torino, di Seravalle, di Stazzano, di localita, cioe, 
che, come ognun vede, rappresentano la maggior e piü considerevole 
parte dei depositi mioceniei (inferiore, medio, superiore) dell’ alta 
Italia. — Quanto ai depositi plioceniei i materiali di pubblicazione 
non mi mancano egualmente: di gia nelle due precedenti memorie 
io ho seritto intorno a eirca 40 specie, provenienti da localita abba- 
stanza numerose, ma pero sempre comprese nell’ Italia settentrionale 


1) A quest’ora giä posso-annunziare l’apparizione della menzionata opera: Paläonto- 
logische Studien über die älteren Tertiärschichten der Alpen: II. Abtheilung. Die 


fossilen Antozoen und Bryozoen der Schichtengruppe von Crosara. 


Bryozoi fossili Italiani. 931 


e centrale, mentre dalla meridionale nulla avevo raccolto, sentendo 
pure il bisogno di rimediare a questa mancanza. Senonche oggi 
appunto io mi rallegro di potere, mediante i preziosi invii fattimi dal 
Dr. N. Tiberi e dal Sig. Marchese Allery di Monterosato, far 
parola dei Bryozoi che popolarono i depositi plioceniei dell’ estrema 
Calabria presso Reggio, e di altri contemporanei dei dintorni di 
Palermo. — Per tal modo io posso gia dirmi a buon punto nella cono- 
scenza dei Bryozoi fossili Italiani. Potrebbe quindi venirmi fatta 
domanda, se questi animali abbondino nei depositi fossiliferi italiani. 
A tal quesito sarebbe arrischiato il rispondere in modo assoluto, 
poiche sia da ritenersi che nel seno della natura non venga mai meno 
il campo a nuove scoperte, e che solo dalle eontinue ricerche 
debba attendersi la risposta al quesito. Frattanto pero io posso, 
senza tema di venir contradetto, affermare, che le mie speranze di 
rinvenire buon numero di questi organismi nelle eollezioni dei Musei 
di Pisa, di Firenze, di Modena sono andate del tutto deluse, dopoche 
presso che infruttuosamente nell’ estate scorsa feci minuziose rieerche 
non solo nelle collezioni esposte, ma piü anche nei cosi detti magazzeni 
per i fossili terziari dei predetti Musei. Questo resultato stabilirebbe 
in genere la scarsezza dei Bryozoi nei depositi fossiliferi speeialmente 
pliocenici delle prineipali localita dell’ Italia sententrioinale e centrale 
se non giovasse qui l’addurre in eonsiderazione, che l'assenza di questi 
nelle collezioni puo esser in parte attribuito al poco 0 nessun proposito 
che si & avuto nel ricerearli, e per l’opposto, in qualche caso, alla 
solleeitudine che si & avuta nello sbarazzarsi di questi corpi, come 
quelli ehe inerustando le conchiglie, ipolipai ece, ne alterano enaseon- 
dono la superfieie. Non ostante perd queste riserve, e non ostante, 
il risultato abbastanza saddisfacente che io ho ottenuto da speciali 
ricerche sui fossili delle eolline di Castell’ Arquato, io sono inclinato 
ad ammettere la relativa defieienza dei Bryozoi nei depositi terziari 
superiori italiani. Se si eccettuino infatti i depositi gia menzionati 
dell’ estrema Calabria, non & da ceredere che in Italia fra i depositi 
fossiliferi gia conosciuti se ne incontri aleuno ehe corrisponda, ad 
esempio, al Crag d’ Inghilterra, ossivero a quello ad accumulazione 
dı valve di Terebratula, di Pecten, dı Ostrea dı Eisenstadt nel 
baeino di Vienna. A questi invero € solamente comparabile la forma- 
zione di Cannitello, Pezzo, Carrubare ed Archi presso Reggio di Cala- 
bria; alla quale fin d’oraposso dare il nome diformazionea Bryozoari, per 


932 Manzoni. 


il sorprendente sviluppo che in essa hanno avute le Eschare, le Rete- 
pore; nelle sinuosita ed intereapedini delle frondi intraleiate e frasta- 
gliate delle quali Je Hippothoe, le Membranipore, le Lepralie hanno 
trovato protezione alla loro delieatezza e convenienza alla loro diffu- 
sione. — Suecessivamente io faro conoscere tutti questi organismi, 
e tanto piü con preeisione e sieurezza, quanto piü lo stato loro di 
perfetta conservazione me lo permetterä. Frattanto perö io ne presento 
le Lepralie; poiche questa memoria voglio escelusivamente dedicare 
a questo genere, di eui inoltre molte specie mioceniche mi ha offerto 
la eollezione del sullodato Cav. G. Michelotti. 

Ammaestrato dall’ esperienza e dal pensiero di migliorare questi 
miei studi, mi sono convinto della necessitä di eseguire di per me i di- 
segni dei Bryozoi; ed i vantaggi che si rieavano da questo metodo 
compensano pienamente del tempo che eosi vien speso. E chiaro 
infatti che per tal modo si riesce ad ottenere una piu esatta, e quel 
che & meglio, una piu intelligente e direi quasi scientifica raffigura- 
zione di questi minuti e complieati organismi. ll Naturalista puo in 
certo qual modo idealizzare il suo disegno, in questo senso, che in 
poche cellule puö raccogliere le differenze, che per ragione di etä e 
di altre cause di variazione, si trovano sparse sopra centinaia d’indi- 
vidui raceolti in una o piü colonie: questo per contraric diffieilmente 
si puö ottenere dal semplice artista disegnatore. Oltre di che sulle 
figure di gia esequite € solo possibile modellare delle descrizioni 
esate e precise. — Ho poi nello stesso tempo ingrandite le figure 
e cosi (senza incorrere per eccessiva amplifieazione nel difetto di 
far venir meno la vista dell’ insieme) ho inteso di render possibile 
la sostituzione al disegno per mezzo di linee, di quello per mezzo di 
chiaro-scuri: giacche & per tal modo solamente che si pud ottenere il 
cosi detto effetto stereoscopico o di plasticita, e l’interpretazione al 
vero di questi organismi. Debbo infine avvertire, che a risparmio di 
fatica ho in aleuni disegni tralasciato di eseguire la sceultura di aleune 
cellule, allorquando sarebbe rieseito una pura ripetizione e quindi 
una superfluitä il farlo. 

Aceingendomi ora alla deserizione e formazione delle specie 
ammonisco me stesso con quelle parole dello Smitt: tota vero quae- 
stio in eo versatur, ut speciei vim juste censeamus. 


Bryozoi fossili Italiani. 933 


Gen. Lepralia. Johnston. 
Sez. 1. Armate — con avieulari o pori vibraeuliferi. 
a4) con spine orali. 


L. seripta, Rss. — Polyp d. Wiener Tertiärbeckens, p. 82, Tav. IX, 
fig. 28. — Zur Fauna d. deutschen Oberoligoeäns, p. 29, 
Tav. XV, fig. 3. — Die Foramin. Anth. und Bryozoen d. 
deutschen Septarienthones, p. 50. 


Zoo@eiis quineuneialiter dispositis, rhombice-ovatis, utrinque 
suleis 7 profundis, porosis, e linea mediana, plus minusve elevata, 
divergentibus ornatis. Apertura semieirculari, superne peristomate 
patulo, spinis 5 armato, inferne poro semilunari eineta. Avieculariis 


magnis, inter zoo@cia raro sparsis. — ÖOo@eiis medio carinatis, 
galeiformibus. 
Tav. I, fig. 1, 2. — Colline di Torino (miocene medio) rara, 


meno rara nei depositi plioceniei di Piacenza, Toscana e Sicilia. 

L’ esame degli esemplari di Eisenstadt, sui quali questa sp. 
venne originariamente proposta, mi fa stabilire l’identitä fra questi 
e la forma miocenica italiana (fig. 1). Da questa senza differenza 
notabile (che tale non deve esser ritenuta una maggior ampiezza delle 
cellule e rilevatezza della linea mediana) si passa alla forma plioce- 
niea (fig. 2) provista di ovicelli a forma d’elmo e carinati in fronte 
e con avieulari interposti alle cellule stesse. — Ho giä accennato 
(vedi p. 8, dellamia prima Contribuzione) come la sp. foss. e vivente 
L. innominata, Couch, solo differisca dalla L. scripta per aver le 
cellule ovali ed a pareti sottili e translucide, per mancar di poro sotto 
buccale ed in quella vece esser munita di due tubercoli. La differenza 
si fa perö maggiore per l’altra sp. vivente Z. annulata, Busk, Cat. 
of Mar. Polyzoa ece p. 76; Heller, die Bryozoen d. Adriat. Meeres 
p. 33, della quale gli Ovicelli sono piccolissimi, e profondamente 
immersi, e di eui le cellule sono irregolarmente disposte fra loro. 


L. pieropora, Rss. Polyp. d. Wiener Tertiärbeekens, p. 81, Tav. IX, 
fig. 26. — Die foss. Anth. und Bryoz. der Schichtengruppe 
von Crosara, p. 45 e 51, Tav. XXX, fig. 4. = L. coccinea, 
Johnst. — Busk, Mar. Polyz. p. 70. Tav. LXXXVIII, fig. 1 


934 Manzoni. 


— 8. — Hell. op. eit. p. 30. — Smitt. Bryozoa Maris bore- 
alis et artiei, p. 457.; Krit. förteekn. öfver Scand. Hafs- 
Bryozoer, p. 27, Tav. XXVIL, fig. 162-176. 


Zoo@eiis quineuneialiter dispositis, erectis, conicis, eleganter 
tota superficie radiatim suleatis. Avieulario per magno, acutissimo, 
subpeduneulato utrinque posito. Apertura terminali, spinis 5—6 
instrueta. — Ooaeiis globosis, reeumbentibus, radiatim sulecatis. 

Tav. I, fig. 3. — Frequente a Pezzo, Carrubare, Cannitello 
presso Reggio di Calabria. 

Conviene porre a confronto le colonie ben conservate di questa 
sp. che trovansi nell’ interno di valve di Terebratula del deposito di 
Eisenstadt, con quelle in equal condizione dei depositi Calabresi, per 
rieonoseere la loro identitä: questa infatti non puOd esser infirmata 
dal vedere nella Z. pteropora di Eisenstadt la superfieie delle cellule 
e degli ovicelli solo leggermente solcata o pressoche liseia. 

Per la sua forma e sceultura, per la presenza di enormi avieulari 
e di spine orali, & la Z. pteropora di sorprendente aspetto, come giä 
notava il Prof. Reuss. — Io ne presento figurate 4 cellule a diversa 
etä, come dalla forma loro, dalla presenza od assenza degli ovicelli e 
degli avieulari e dal differente sviluppo di questi ultimi e delle spine 
orali, si pud giudicare. — Ed in questo proposito mi eonviene notare, 
che lo sviluppo delle spine orali decorre inversamente a quello degli 
aviculari per modo, che la cellula piü giovane porta le spine piü svi- 
luppate e la piü adulta gli aviculari, delle spine a questa non restando 
se non le traccie d’ inserzione !). 


L. linearis, Hassal. (Gen. Herentia Gray) Busk. Cat. of Mar. 
Polyzoa ece. p. 71, Tav. LXXXIX, fig. 1,2,3. — Heller 


1) Giungo in tempo par poter qui aggiungere che, come frutto di recentissime osser- 
vazioni sui Bryzoi viventi del Mediterraneo, posso affermare, che tutte le forme 
foss., dal Prof. Reuss e da me stesso qui sopra riferite alla Z. pteropora, debbono 
senz’altro venir riportate alla Z. coecinea Johnst. Questa ‘sp. allo stato vivente 
riproduce infatti le var. di seultura notate allo stato fossile, quelle, cio@, che s’in- 
contrano ad Eisenstadt, a Crosara, in Val di Lonte (Prof. Reuss) e quelle qui 
figurate dei depositi ealabresi. Debbo equalmente rettificare, che la supposta 
L. mamillata W ood. (vedi la mia 2°Contribuzione, p. 6, Tav. I, fig. 8) non e altro 
se non la Z. coccinea. Cosi questa forma ha percorso inalterata la serie dei terreni 


terziari italiani ed ed & pur vivente nel Mediterraneo. 


Bryozoi fossili Italiani. 935 


die Bryozoen des Adriat. Meeres, p. 29. — Smitt, Kritisk. 
förteckn. öfver Skand. Hafs-Bryozoer, p. 13, Tav. XXIV, 
fig. 68, 73; Tav. XXV, fig. 74A— 77. 


Zooeciis longitudinaliter seriatim dispositis, elongato tetragonis 
depressis, funieulo suturali distinetis. — Apertura subrotunda, in- 
ferne medio sinuata, superne spinis 2 instructa. Aviculariis lateralibus 
mammilliformibus. 

Var. Zooeciis ad lineas limitares eleganter eristatis. 

Tav. I, fig. 4 — Frequente nelle accennate localita presso 
Reggio di Calabria. 

E questa una delle molte varietä a cui questa sp. mostra di 
andar soggetta, specialmente allo stato vivente. Rimanendo infatti 
in alterata la forma delle cellule, lapresenza dell cordoneino suturale, 
delle 2 o 3 spine sopra la bocea e del seno in cui inferiormente 
si prolunga la hocca stessa, cambia invece la scultura delle 
cellule, che ora manca det tutto, ora si fa veseicolosa e punteggiata 
ed ora, come nel caso nostro, si trasforma in una elegante serie di 
creste marginali; egualmente i due avieulari, o meglio i due pori vibra 
euliferi, posti sopra due tubercoli, possono ridursi ad un solo e questo 
divenir centrale. 


L. peregrina, mihi. 


Zooeeiis quincuneialiter imbrieatim dispositis, inferne depressis, 
superne prominulis, tota superficie nodoso-verrucosis, et serie con- 
tinua pororum ad margines praeditis. Apertura magna, subrotunda, 
autice maxime elevata, infra denticulum gerente. Aviculario magno, 
erecto, in uno latere posito. — Oo«ciis? 

Tav. I, fig. 5. — Colline di Torino (miocene medio). 

Col mezzo di un forte ingrandimento si mostra la sorprendente 
struttura e perfetta conservazione di questa n. sp. La superficie delle 
eellule & eopertä da grosse papille o tuberecoli ottusi, separati da 
solehi flessuosi i quali partono dai larghi pori che ne ornano il 
margine. L’apertura € ampia, sinuosa, col margine anteriormente 
trasformato in un dente; sul lato destro s’innalza a eavaliere un 
grande avieulario, e da eiascun lato verso la parte piüu profonda dell’ 
orlo buccale sporge un piecolo tubercolo annulato, il quale forse serviva 
di base ad una spina. Come si ricava dalla figura, le giovani cellule 
mancano di avieulario. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 61 


936 Manzoni. 


L. fulgurans, mihi. 


Zoo@eiis quineuneialiter imbrieatim dispositis, subtetragonis, 
superne prominulis, inferne immersis, suturis obteetis, marginibus 
tantum serie pororum signatis. Apertura magna, subquadrata; peri- 
stomate calloso, prominulo, utrinque punetis 3 vel 4 signato, infra 
denticulum gerente. Aviculario magno utrinque posito. — Ooaciis? 

Tav. I, fig. 6. — Colline di Torino (miocene medio). 

Allorquando il limite delle cellule non & visibile, malamente si 
pud con parole dar ad intendere la forma loro. Supplira a eiö la 
figura, dalla quale si rileva la disposizione embrieata che assumono le 
cellule di questa n. sp. ; per la quale disposizione la base di una cellula 
va deprimendosi a formare il Iimite posteriore ed inferiore della bocca 
della susseguente. Consimilmente & da notare per la L. peregrina e 
per la L. strenuis. La bocea della sp. in esame € orlata da un peri- 
stoma sporgente, che posteriormente si prolunga sulla base della 
cellula anteposta, ed anteriormente si converte in un dente, ed il quale 
sui lati si mostra provvisto di 3 o 4 punti. 


L. strenua, mihi. 


Zoo@eiis quineuneialiter dispositis, rotundato-ovatis marginibus 
serie regulari pororum signatis, poris magnis, canaliculatis sursum 
radiantibus. Apertura magna subrotunda, peristomate calloso, pro- 
minulo eineta. — Aviculario magno utrinque posito. —— Ooeiis? 

Tav. I, fig. 7. — Seravalle, dalle sabbie contenente Bryozoi, 
frammenti di Echinodermi e Conchiglie, le quali formano la parte 
superiore del miocene medio (sec. Michelotti). 

Questo n. sp. € altrettanto rara e singolare quanto le due pre- 
cedenti; ne & ben distinta per la forma delle cellule e per la disposi- 
zione profondamente canaliculata dei grandi pori che ne orlano il 
margine, per la forma regolare della bocca, e per non trovarsi sul 
peristoma ne sinuositä, ne denti o processi apofisari, ne punti. Coll’ 
antecedente e colle susseguente sp. & legata la L. strenuis per una 
egual forma e posizione degli aviculari. 


L. papillifera, mihi. 


Zoo@eiis quineuneialiter dispositis, subovatis, subtetragonis, 
convexis, papillis minimis tota superficie eleganter instruetis, ad 


Bryozoi fossili Italiani. 937 


margines serie discontinua pororum signatis, et suturis profundis 
‚diseretis. Apertura ampla, subrotunda, peristomate calloso eincta. 
‚Avieulario utrinque posito. — Oocciis globosis, erectis, papilliferis. 

Tav. I, fig. 8. — Collina di Torino (miocene medio). 

Questa n. sp. ha di consimile colla precedente la forma della 
bocca, e la posizione degli aviculari; ne differisce perö sostanzial- 
‚mente per la scultura di cui va ornata la superficie delle cellule e 
degli ovicelli, la quale consiste in minute elegantissime papille. 


1. elavula, mihi. 


Zooweiis longitudinaliter seriatim dispositis, elaviformibus, 
‚depressis, papillis minimis tota superfieie eleganter instructis, serie 
‚marginali punctorum et linea elevata abtusa, interposita distinctis. 
‚Apertura ovato-bilobata, medio bidentata. Aviculario magno utrinque 
vel uno latere superne posito. — Ooaciis? 

Tav. II, fig. 9. — Collina di Torino (miocene medio). 

Questa bella e delicata sp. ha come la precedente la superficie 
:scolpita di minute papille; le quali pero sono distribuite in serie quin- 
cunciali, per laqual circostanza questa seulturariesce anche maggior- 
mente elegante. I limiti delle eellule sono notati da una serie regolare 
di fori, mentre fra le due serie delle cellule contigue si interpone un 
:arginello ottuso La bocca € ovata e lateralmente contratta da due 
processi dentari. Gli avieulari si trovano o da ambo i lati o da un 
‚solo della bocca e colla loro punta si avvolgono attorno al sommo di 
‚questa. 


1. tetragona, Rss. Polyp. d. Wiener Tertiärbeckens, p. 78, Tav. IX, 
fig. 19. 


Ritorno sopra questa sp. per mostrarne a Tav. II, fig. 10 una 
varieta proveniente dal miocene medio della collina di Torino. Questa 
varietfa & da attribuirsi prineipalmente alla straordinaria spessezza 
della parete delle sue cellule, e consiste prineipalmente in una 
maggiore profonditä ed ampiezza dei fori, che ordinariamente com- 
pongono la seultura di questa specie, ed inoltre nell’ esser questi 
dispositi lungo dei solchi i quali convergono al di sotto della bocea 
in uno spazio che fa prominenza e che sta a reppresentare il poro 
accessorio e vibraculare delle forme eongeneri viventi o meno anti- 
«camente fossili L. unicornis, Johnst. ed ansata, Johnst. var. tota 

61* 


938 Manzoni. 


superficie perforata, come gia io ho seritto a pag. 7 della mia prima 
Contribuzione. — La L. tetragona Rss., o come si voglia dire la var. 
miocenica, tota superficie perforata, della Z. ansata o della L. uni- 
cornis & assai frequente nel miocene medio della eollina di Torino, 
e nel miocene superiore di Stazzano. 


L. ansata, Johnst. — Busk, — Crag Polyzoa p. 45, Tav. VII, 
fig. 2. — Heller op. eit. p. 29. — Smitt. op. eit. p. 15, 
Tav. XXV, fig. 79—82. 


Zooeciis longitudinaliter seriatim dispositis, oblongo tetragonis, 
ventricosis, umbone centrali, perforato munitis; superficie laevi vel 
foveolata. Apertura semieirculari, infra medio ineisa. Aviculario ante 
ostium prominente, utrinque vel uno latere posito. — Oo«eis ? 

Tav. Il, fig. 11. — Frequente nelle eitate localita presso Reggio 
di Calabria, dove spesso s’incontra disposta a mo di Celleporaria. 

La figura rappresenta la var. laevis, della Z. ansata; & pero 
da notare, che questa condizione si verifica sollo nelle giovani eellule 
e recentemente formatesi delle molte colonie che io ho avuto ad 
osservare; mentre invece le cellule adulte mostrano sempre la 
superficie foveolata, e le ancor piü adulte la superücie perforata 
con sensibile depressione dell’umbone centrale; Ja qual sequela di 
modifieazioni stabilisce una transizione fra queste e le forme alle 
quali si € dato nome di Z. fetragona Rss., serialis Hell., spinifera 
Johnst. ece. 

Nella fig. 12 della Tav. Il vedesi rappresentata una singolare 
deformitä della Z. ansata, come io ho creduto di poter stabilire. 
Questa deformitä consiste specialmente nella straordinaria proeidenza 
ed allungamento dell’umbone sottobuceale, e nella eomparsa di due 
lunghe corna divergenti sulla fronte degli Ovicelli: Della L. ansata 
sarebbero eosi scomparsi gli aviculari, ma rimane intatta la forma della 
bocca colla sua caratteristiea ineisione. Secondo le osservazioni da 
me fatte questa deformitä si produrrebbe ogni quel volta la L. ansata 
si sviluppa nell’ interno di una profonda intereapedine. La confor- 
mazione della L. monoceros, Rss. del Bacino di Vienna & molto pro- 
babilmente da attribuirsi ad una eguale eircostanza. 

Egualmente nella fig. 13, Tav. III presento un altra, a mio 
credere, anomalia dovuta all’ etä senile della Z. ansata; per intendere 


Bryozoi fossili Italiani. 939 


la quale anomalia debbo ammettere, che un processo esagerato di 
caleifieazione abbia otturati gli aviculari, nel posto dei quali si osser- 
vano due prominenze; abbia egualmente otturato "umbone eentrale 
e resa poi stenotica l’apertura, che, come si puö rilevare dal disegno, 
ha assunta una forma non usuale a questo genere di Bryozoi. — 
Queste due anomalie provengono da Cannitello. 


I. eiliata, Pall.e — Busk. Cat. of Marine Polyzoa p. 73, 
Tav. LXXIV, fig. 12, Tav. LXXVII, fig. 3, 5; Crag. Polyzoa 
p. 42, Tav. VII, fig. 6.— Hell. op. eit. p. 31. — Smitt. 
op. eit. p. 6, Tav. XXIV, fig. 15— 17. 
Questa sp. & assai frequente nelle eitate localita presso o Reggio 
di Calabria. Non ne dö la figura in quanto che la reppresentano esat- 
tamente quelle date per la mia sp. Z. utriculus, var. (pag. 7, Tav. I. 
fig. 10 della mia 2* Contribuzione) la quale puö venir assolutamente 
considerata come var. aperltura spinis destituta, della L. ciliata, 
secondoche osservasi in Busk. Cat. of Marine Polyzoa, Tav. LXXIV, 
fig. 1, 2. 
L. eiliata, Pall. — Var. Zoo@ciis superficie laevi; poro vibra- 
eulifero centrali; spinis ad aperturam nullis. 


Tav. II. fig. 14. — Forma assai frequente nelle accennate loca- 
lita presso Reggio di Calabria; dove anche assume spesso la disposi- 
zione di una Celleporaria. 

Per quanto io non conosea ancora allo stato fossile e nelle men- 
zıionata localita li graduali canbiamenti per cui la L. ciliata, dall’ 
aver la superficie delle cellule perforata, l’orlo superiore della bocca 
armato di spine ed ai lati munito di unporo vibraculifero, passia divenir 
del tutto liseia, perdendo inoltre le spine orali ed i pori vibraceuliferi 
laterali, e solo conservando il poro vibraculare centrale, non di meno 
poich® questi eangiamenti si osservano nelle colonie attualmente vi- 
venti di questa specie, io mi decido ad ammetterli e riconoseerli 
nelle forme fossili, ereando di queste delle varieta piuttosto che 
delle n. sp. che malamente reggerebbero alla eritica ed alle ulteriori 
osservazioni. 


b) senza spine orali. 
L. turgidula, mihi. 


Zoo@eiis quineuncialiter dispositis, ovato-ventricosis, subrhom- 
bieis, marginibus serie unica punetorum signatis, poro vibraculifero 


940 Manzoni. 


tubuliformi, centrali instruetis. Apertura magna, eampanulata, inferne- 
dentieulis duobus constrieta, — Oomeiis globosis, erectis, foveolatis.. 

Tav. III, fig. 15. — Collina di Torino (Miocene medio). 

Questa n. sp. & pfincipalmente caratterizzata dalla forma a ferro- 
di cavallo o campanulata della sua boeca, la quale inoltre mostrasi 
inferiormente ristretta da due denti di costante presenza, Le cellule- 
sono ventriecose e nel loro mezzo proviste di un poro vibraeulario: 
assai sporgente, ed ai margini orlate da una serie regolare di grossi 
fori, e nel restante della superficie liseie e splendenti. Gli ovicelli: 
sono globosi ed a superficie porosa 0 foveolata. 


L. elegantula, mihi, 


Zooeeiis elongato rhombieis, depressis, quineuneialiter dispo-- 
sitis, serie marginali, continua punctorum signatis, et linea prominula, 
suturas obtegente, distinctis. Apertura subrotunda, inferne tubereulo- 
perforato, medio interrupta. Ooaeciis globosis, erectis, laevibus. 

Tav. II, fig. 16. — Cannitello, presso Reggio di Calabria. 

Mentre per la loro configurazione appianata le cellule di questa: 
n. sp. mostrerebbero riferirsi al genere Eschara, pure per la disposi- 
zione semplicemente incerustante della colonia io ho ereduto di elassare- 
questa n, sp. fra le Zepralia. Cosi dunque la L. elegantula & earat-. 
terizzata da una regolare conformazione allungato-rhombica delle: 
cellule, dalla presenza di una serie di fori marginali e di una linea 
rilevata che cuopre le suture. La bocca ne & quasi rotonda, interrotta 
in basso da un tubercolo perforato al suo sommo, avente l’importanza. 
di un poro vibraculifero. Gli ovicelli sono globosi e lisei. 


Sez. 2. Inermi — senza aviculari o pori vibraculiferi. 


b) senza spine orali. 
L. delicatula, mihi. 


Zooeeiis quincuneialiter dispositis, turgidulis, elongatis, sub- 
rhombieis, tota superfieie irregulariter porosis. Apertura ampla, 
ferro equino simili, inferne minime constrieta. — Ooeeiis ? 

Tav. III, fig. 17. — Collina di Torino (Miocene medio). 

Questa n. sp. & assai minuta e delieata; non per eio la eonser- 
vazione ne & perfetta, come si pud guidieare dalla figura. L’apertura 
e vasta, a forma di ferro di cavallo, ristretta in basso da due piecoli 


Bryozoi fossili Italiani. 941 


denti o sporgenze del peristoma; i fori, che euoprono irregolarmente 
tutta la superficie assumono un contorno leggermente annulato. 

Qualche cosa di eonsimile a questa sp., ma non ancor deseritto, 
incontrasi fra i Bryozoi del bacino di Vienna. 


L. gibbosula, mihi. 


Zooeeciis quineuneialiter dispositis, ovato-rhombieis, convexis, 
superne prominulis, tota superficie irregulariter perforatis. Apertura 
subtetragona, peristomate exerto infundibulato, subtetragono eineta. 
— Oboeeiis retro positis, subglobosis, striato-porosis 

Tav. III, fig. 18. — Castell’ Arquato (Pliocene medio). 

Il nome che ho dato a questa n. sp. sta ad indieare la configura- 
zione che assumouo le sue celluleper lamolta sporgenza del peristoma, 
e per la presenza sul collo di questo dell’ ovicello. Gli ovicelli nella 
figura si vedono a diverso grado sviluppati e si mostrano perforati, 
come tutta la superficie delle cellule. 


L. annulatopora, mihi. 


Zoo@&eiis irregulariter dispositis, ovato-ventricosis, superne 
erectis, tota superfieie poris magnis, annulosis seriatim perforatis. 
Apertura rotundata, peristomate prominulo, inferne minime dentato, 

— Vveciis? 

Tav. IV, fig. 19. Castell’ Arquato (Pliocene). 

Questa n. sp. & sopratutto notevole per la conformazione netta- 
mente annulata dei larghi pori che ne ornano tutta la superfieie; sono 
questi pori per lo piü disposti in serie verticali, e mostransi profonda- 
mente distinti fra di loro: di questi „physiologiea que sit vis adhuc 
ignotum est“ dirö collo Smitt. Le cellule di questa sp. non assumono 
d’ ordinario la disposizione quineunciale fra di loro, come appunto 
suole osservarsi quante volte le cellule stanno piü o meno erette sul 
piano di diffusione. 


L. lucernula, mihı. 


Zooeeiis quineuneialiter dispositis, ovato-elongatis, ventricosis, 
rhombiecis, tota superfieie porosis, poris subannulatis. Apertura magna 
subrotunda, peristomat+ prominulo, expanso,, inferne minime dendato 
eineta — Ooaeiis? 

Tav. IV, fig. 20. — Collina di Torino (miocene medio). 


942 | Manzoni. 


Esiste molta analogia fra questa e la precedente sp. per ragione 
della struttura della bocca e dei pori che ne ornano la superfieie. 
Per quanto io non eonosca ancora la transizione fra queste due forme, 
provenienti da localita per di piu eronologieamente ben distinte, pure 
posso gia con verosimiglianza prevedere che la L. lZucernula distesa 
sopra una base non piana ma inequale, perda la disposizione 
quineuneiale, mostri le cellule quasi erette, il peristoma calloso ed 
i pori ehiaramente annulati, per divenire cosi identica alla Z. annula- 
topora. Quello infatti che io ho qui supposto per le due sp. foss. 
in esame, & quanto ordinariamente si osserva nelle sp. viventi. 


L. cupuiata, mihi. 


Zoo@eciis quineuncialiter dispositis, ovato-rhombieis, depressis, 
tota superficie perforatis, marginibus seriatim punetatis. Apertura 
campanulata, medio contracta, inferne utrinque callositate magna 
praedita. — Oociis ineonspicuis, profunde immersis. 

Tav. IV, fig. 21. — Collina diTorino (miocene medio), Sassuolo 
presso Modena (Tortoniano), Val d’ Era (Pliocene). 

Questa sp. ineontrasi frequente nei menzionati depositi fossiliferi 
e non varia gran fatto a seconda della diversa anticnita dei medesimi. 
La figura & tratta da una colonia proveniente da Sassuolo, alla quala 
€ perfettamente identica quella pliocenica delle Colline di Val d’ Arno 
inferiore, ricevuta dal Sig. V. Peechioli, e dalla quale le eolonie 
delle colline di Torino differiseono solo per mostrare le cellule legger- 
mente piü piecole e le due eallositä sotto buccali piü sporgenti ed 
estese verso il mezzo della cellula. Gli ovicelli di questa n. sp. non 
sono distinti dal resto della cellula, invece si mostrano a guisa di 
una callositä che sta sopra l’apertura ed a questa impartono un as- 
petto che io ho voluto indieare coll’ epiteto cupulata. Nella figura 
poi si possuno osservare gli ovicelli a diverso grado sviluppati. 


I.. cheilostomata, mihi. 


Zooeeiis quineuneialiter dispositis, ovato-rhombieis, subventrieo- 
sis, tota superfieie porosis. Apertura magna, subrotunda, peristomate 
inerassato, infra medio profunde ineiso eineta. — Oo@eiis depressis, 
transversim elongatis, ad marginem erenulato-annulatis, areolatis 

Tav. IV, fig. 22. — Castell’ Arquato (Pliocene). 


Bryozoi fossili Italiani. 943 


Questa n. sp. & principalmente caratterizzata dalla profonda in- 
eisione che porta nel mezzo dell’orlo buccale inferiore e dalla confi- 
gurazione degli ovicelli, i quali sono trasversalmente allungati, piatti 
e lungo il margine orlati da un rilievo annulare che eirconda la fronte 
depressa dell’ovicello stesso. Questa porzione annulare & erenulata al 
margine, e la restante superficie dell’ ovicello leggermente rugosa. 


L. obeliscus, mihi. 


Zooeeiis irregulariter acervatis, ereetis, conieis, ad basin serie 
punetorum signatis. Apertura ampla, teminali, sursum prospieiente, 
peristomate expanso, infundibuliformi eineta. — Oomeiis globosis, 
infra aperturam postice sitis. 

Tav. IV, fig. 23. — Castell’ Arquato (Pliocene). 

Questa n. sp. fa parte di quel gruppo di Zepralie nelle quali 
ogni regolare e contigua Jdisposizione delle cellule sparisee; a questo 
gruppo appartengono, ad esempio, la L. simplex Johnst., Busk. 
Cat. of Mar. Polyzoa p. 82, Tav. LXXXIV, fig. 1, 2, la L. disjuncta 
Manz. 1° Contribuzione p. 5, Tav. I, fig. 8, ed altre viventi e 
fossili che tralaseio di eitare. Sopra questo carattere della disgiun- 
zione ed irregolare distribuzione delle cellule venne giä proposto dal 
Gray iln. gen. Celleporella, il quale appunto abbraceerebbe i men- 
zionati earatteri: polyzoario composto di un numero limitato di cellule, 
disguinte ed irregolarmente distribuite fra di loro, erette, subeilin- 
driche, con apertura terminale direttamente rivolta in alto; ad esem- 
pio valgı la Celleporella lepralioides, Norman (On rare British 
Polyzoa, in Quart. Journ. of Mier. Se. No. 32, 1868). Prima di ad- 
ottare questo n. gen. voglio coll’osservazione meglio assicurarmi della 
stabilita ed importanza dei caratteri sui quali venne fondato. — La 
L. obeliscus & assai rara; della sua struttura non dirö altro perche 
esattamente indicata nella figura. 


L. scorpioides, mihi. 


Zooeeiis quineuneialiter dispositis, ovato-depressis, marginibus 
profunde sinuato-dentatis, superfieie nodoso-rugosa. Apertura, subo- 
vata, superne aperta. — Oocciis? 

Tav. IV, fig. 24. — Torino (miocene medio). 

E questa una forma per vero dire assai problematica non ostante 
che lo stato di conservazione ne sia perfetto. Le cellule sono presso che 


9A Manzoni. Bryozoi fossili Italiani. 


ovali colla superficie piana e coperta di rugositä irregolarmente distri- 
buite. I margini sono profondamente sinuati e dentati, e fra di loro 
qua e la si connettono col mezzo di qualche dente, come osservasi 
nella figura. Gli interspazi cellulari, che sono vasti e profondi, trovansi 
ripieni da una materia terrosa, dalla quale non mi & stato possibile 
liberarli per riconoscere esettamente la loro disposizione. L' Aper- 
tura € vasta, e non chiusa superiormente. 

La forma inusitata delle cellule di questo Bryozoo mi fa dubiare 
che questo debba varamente chiamarsi una Lepralia; avrei trovato 
piü naturale di ammetterla come un’ Eschara, senonche le colonie 
che ho potuto esaminare sono distribuite in un sol strato e sembrano 
esser distaccata dalla base di inerustazione. 


Le 12 specie da me descritte del Miocene medio della collina 
di Torino sono sopra tutto rimarchevoli per la perfetta loro conser- 
vazione, per la spessezza e sfoggio di scultura del loro guseio e per 
esser in gran parte assolutamente nuove. Presso che egualmente puo 
dirsi delle 4 n. sp. del Pliocene medio di Castell’ Arquato. Le restanti 
provenienti dai depositi a Bryozoi dell’ estrema Calabria corrispondono 
piü spesso a delle specie viventi nei nostri mari, in ragione della 
loro provenienza da depositi meno antichi dei sopra accennati, eide 
a dire del Pliocene superiore. 


Manzoni ‚Briozoi £fossili Jtaliani. laf.T. 


Autor del. stronmayer lith. Litkhu gedr ı.d.k.k Hofu Staatsdrutkerei. 


Oo 


1 Lepralia scripta Rs. ?2.Lepralia ‚scripta, Rjs. 5L.pteropora.Zfs. 
UL linearis, Hassal 5 L: peregrina Manx.6.L.fidgurans , Manz; 


Sitzungsb.dk Akad d.W,math.naturw. (1. LX Bd .IAbth.1869. 


Manzeont Briozoi fossil Jtalianı. Ramalle 


#2. 


ı. L. strenmis, Marz. 8. L papilkfera , Marz. 9 L. davula, Marx. 
10 L.tetragena, Rfs. 1. L ansate, Johnst. 12. L. ansatı Johnst. 


Sitzungsb .d.k. Akad.d.W math.naturw.(1. LX Bd. 1 Abth.1869, 


\ 


Manzoni, Briozoi fossili Jtaliani. Tav. IM. 


‚chontn th 


7,7 Re] 


k Hof-u Statsdruckerei 


ıudedridk 
13 Lansata SJohnst VAL, cıbiata, Pallas BA targedrda ‚Hans. 


Ib Lelegantela ‚Marz. I: 12. delicahıla, Manz. 18 L.gebbosula, Manz. 
Sıtzungsb -d.K.AKad.d.W. math.naturw-CI.LX Bd TAbth 1869. 


Manzoni,Briozoi fossili Jtaliani. 


ALtoN die ‚„Penon jr 


L IrtıGk 


Ih. enpulata, Manz 


‚2. L.obelisrrs, Harz ZN ID: scorproides, Harz 


ji 


13 Lanmulatopora , Manz. 20 Ltlwerrnulea, Manz. 
2 DL. cherlostonme, Merm: 


Sıtzungsb. d.k Akad.dW. math natuew. CELX Bd! Abtlı. 1869. 


Lith.ü .gedı.r dk k Hof u.Staatsdbucker 


Zur Fischfauna des Senegal. 
Von dem ce. M. Dr. Franz Steindachner. 


(Mit 3 Tafeln.) 


Zweite Abtheilung. 


Fam. Gobiidae. 
Gatt. Periophthalmus Bl. Schn. 


*23. Art. Periophthalmus Koelreuteri Pall., Gthr. 
Taf. I. Fig. 2. 
Syn. add. Periophthalmus gabonicus A. Dum., Poiss. de l’Afr. aceid., Arch. 
du Mus., t. x, pag. 250, pl. XXII, Fig. 4, juv. mas. 
Periophthalmus erythronemus Guich., ibid. p. 250, pl. XXI, 
Fig. 5. juv. 

Kommt in Unzahl in den seichten Brackwasser-Ausständen des 
Senegal bei St. Louis zunächst der Vorstadt Sor (am linken Ufer 
des Senegal) vor. Wir sammelten viele Exemplare bis zu 71/3” Länge, 
welche der Var. papilio Bl. Schn. E. V. angehören im Oecto- 
ber 1868. 

Keine der bisher gegebenen Abbildungen dieser schönen Va- 
rietät ist ganz gelungen; die Caudale ist sowohl in Cuv. Valen- 
eiennes', als inBl. Schneider's Abbildung unrichtig dargestellt, 
die zahlreichen zarten Auszackungen der Lippen und die Einbuch- 
tungen der stark überhängenden Oberlippe sind nirgends genau an- 
gedeutet. 

Die Schnauze fällt bei jungen Individuen durehschnittlich viel 
steiler ab, als bei erwachsenen; aus diesem Grunde können P. ery- 
thronemus Guich. und P. gabonicus meines Erachtens nieht von 


P. Koelreuteri Pall. getrennt werden, da andere unterscheidende 
Merkmale fehlen. 


946 Steindachner. 


Prof. Aug. Dumeril hatte die Güte mir von beiden Arten ein 
Exemplar zur Ansicht einzusenden, bei dem als P. gabonicus be- 
zeichneten Exemplare fehlt auch die dunkle Binde im obersten 
Theile der ersten Dorsale nicht, stimmt daher in der Zeichnung voll- 
kommen mit P. Koelreuteri, var. papilio überein. 

Die zweite Nominalart P. erythronemus Guieh. von Goree ist 
auf ein stark beschädigtes Exemplar basirt, welches durch langes Auf- 
bewahren in Weingeist gänzlich entfärbt, einfärbig hellbraun ist. Die 
ursprüngliche Zeichnung des Rumpfes ist erloschen, die Strahlen der 
zweiten Dorsale sind zur Hälfte abgebrochen, die Verbindungshaut 
zwischen den Strahlen der beiden Dorsalen zerrissen, doch aus dem 
Reste der Verbindungshaut zwischen dem letzten Dorsalstachel und 
der Rückenlinie ist deutlich zu entnehmen, daß die für P. Koelreu- 
teri var. papilio fast charakteristische schwarze Binde der ersten 
Dorsale auch dem P. erythronemus nicht fehlte. Nach der Größe 
und Zahl der Schuppen kann weder P. gabonicus noch P. erythro- 
nemus von P. Koelreuteri getrennt werden. 

In der Lebensweise nähert sich Periophthalmus Koelreuteri 
in vieler Beziehung den Wasserfrösehen. Den ganzen Tag über sieht 
man diese im Leben so schön gefärbten Fische sekaarenweise außer 
dem Wasser am schlammigen oder sandigen Ufer oder auf feuchtem 
grasigen Boden herumkriechen, um sieh ihre Nahrung zu suchen, die 
hauptsächlich aus Inseeten und kleinen Krebsen besteht. 

Auch im Wasser sah ich sie nie schwimmen, sondern entweder 
von Strecke zu Strecke hüpfen oder aber die obere Kopfhälfte 
über dem Wasser emporhaltend ruhig auf vorüberfliegende Beute 
lauern. Auf die Caudale gestützt, die zu diesem Zwecke starke, dicke 
und zahlreiche untere Stützstrahlen besitzt, und am unteren Rande 
schief abgestutzt ist, bedienen sie sich der Peetoralen und der Ven- 
tralien, insbesondere aber ersterer, die sie nach vorne und unten 
wenden können, wie vorderer und hinterer Extremitäten sowohl zur 
Vorwärtsbewegung auf dem Lande, als auch zum Emporheben über 
den Wasserspiegel. Im Augenblicke der Gefahr verbergen sie sich 
in den zahlreichen, tiefen Löchern des schlammigen Bodens, aus 
welchen ich sie nur mit großer Mühe herausziehen konnte. 


Zur Fischfauna des Senegal. 947 


Gatt. Bleotris Gron. Cuv. 


24. Art. Eleotris Lebretonis n. sp. 
Th£. I. Fig. 3, 4. 


Char. Körpergestalt schlank, gegen den Schwanz zu stark com- 
pimirt; Kopf mit Ausnahme des vordersten Theiles der Schnauze 
beschuppt; 8S—9 Schuppen zwischen dem Beginne der 
zweitenDorsale und der Anale, 28 --30 zwischen dem hinteren 
Kopfende und der Basis der Caudale. Schuppen der oberen, 
zuweilen auch der unteren Rumpfhälfte mit einem dunkel- 
braunen Fleck im Centrum, mittlere größte Schuppenreihe 
des Rumpfes mit einer Reihe größerer quergestellterFlecken. 
Ein großer, zuweilen verschwommener Fleck über dem oberen 
hinteren Ende des Kiemendeckels. Beide Dorsalen und Cau- 
dale (zuweilen auch die Anale bei Weibehen) mit kleinen 
Flecken in regelmäßigen Reihen. Männchen mit stark ver- 
längerten letzten Strahlen der zweiten Dorsale und der Anale, 
mit einer blaugrauen Längsbinde in der Mitte der zuge- 
spitzten Ventralen, und mit weißer Umrandung der Anale. 


D. 81/8—9; A. 1/9, L. lat. 283—30. 


Diese Art kommt sehr häufig im Senegal bei Dagana zunächst 
dem Ufer und dessen Ausständen vor und scheint nur eine un- 
bedeutende Größe zu erreichen. Ich erlaubte mir, sie meinem hoch- 
verehrten Freunde Dr. Lebreton, der mich während meines Auf- 
enthaltes in Dagana so wesentlich in jeder Beziehung unterstützte, 
als Zeichen meiner Dankbarkeit zu widmen. 


Bei der Mehrzahl der von uns untersuchten Exemplare ist die 
Oberseite des vorne abgestumpften Kopfes querüber nahezu flach, 
und die obere Profillinie des Kopfes steigt fast in gerader Richtung 
allmählig bis zum Beginne der ersten Dorsale an; nur bei zwei Exem- 
plaren, darunter einem Individuum von 22/,” Länge, dem größten 
unserer Sammlung, ist die Kopfoberseite stark gewölbt und die 
obere Profillinie des Kopfes beträchtlich gekrümmt. 

Die Länge des Kopfes ist bei kleinen Individuen etwas mehr als 
viermal, bei größeren von 2’ Länge und darüber durchschnittlich 
4*/,;mal, die Körperhöhe etwas mehr als 5—51/,mal (je nach dem 


948 Steindachner. 


Geschlechte), die abgerundete Caudale 32/; —4mal bei Männchen, 
A—4e/,mal bei Weibchen in der Totallänge enthalten. 

Die Mundspalte ist schief nach oben gerichtet, mit spitzen 
Zähnchen in mehreren Reihen besetzt und ziemlich breit. Der Unter- 
kiefer überragt den Zwischenkiefer nach vorne, doch nur unbe- 
deutend, das hintere Ende des Oberkiefers fällt unter den vorderen 
Augenrand. 

Die Augenlänge steht der Stirnbreite, die mit dem Alter etwas 
zunimmt, nach, gleicht der Sehnauzenlänge und beträgt beiläufig '/, 
der Kopflänge. 

Die Schuppen am Hinterhaupte sind nicht größer als die am 
Kiemendeckel, doch kleiner als die Nackenschuppen. 

Die erste Dorsale enthält acht zarte äußerst biegsame Stacheln, 
von denen die vorderen sechs oder sieben unter sich bei den 
Männchen fast gleich lang sind (der fünfte und sechste ist nur 
wenig länger als die vorangehenden) und zwar etwas länger bei 
Männchen als bei Weibehen. Der obere Rand der ersten Dorsale 
bildet daher bei Männchen eine nahezu wagrechte Linie, bei den 
Weibchen aber sind die vorderen Strahlen länger als die hinteren, 
der obere Flossenrand ist daher bogenförmig gerundet und fällt 
gleichmäßig nach hinten und unten ab. 

Die zweite Dorsale und die Anale sind bei Weibchen hinten ab- 
gerundet, bei Männchen aber zugespitzt; die letzten, nur bei 
Männchen sehr stark verlängerten Strahlen. dieser beiden Flossen 
reichen über die Basis der Caudale hinaus, während sie bei Weibchen 
weit vor dem Beginne letzgenannter Flosse endigen. 

Auch die zugespitzte Ventrale ist bei Männchen etwas länger 
als bei den Weibchen, reichen bei ersteren bis zum Beginne der 
Anale, bei letzteren bis zur Urogenitalpapille. 

Die Pectorale ist bei jungen Individuen und bei Weibchen 
überhaupt etwas kürzer, bei Männchen etwas länger als der Kopf. 

Die Schuppen des Rumpfes sind groß, am hinteren Rande dicht 
und zart gezähnt und nehmen gegen die Mitte der Körperhöhe an 
Umfang zu. ; 

Die Urogenitalpapille ist bei beiden Geschlechtern stark ent- 
wickelt, bei Männchen bildet sie eine schlanke, conische Röhre mit 
einem seitlichen breiten Hautansatze, der etwas nach hinten ein- 
gebogen ist; bei Weibchen ist sie bedeutend breiter, trichter- 


Zur Fischfauna des Senegal. 949 


förmig, kürzer und wie bei den Männchen von vorne nach hinten 
comprimirt. 

Die Grundfarbe des Rumpfes ist hellbraun; die Mehrzahl der 
Rumpfschuppen trägt im Centrum einen bald mehr bald minder scharf 
abgegrenzten, rundlichen Fleck; nur an der Bauchfläche und an dem 
dieser zunächst gelegenen Theile der Rumpfseiten fehlen die Flecken 
durchgängig. Auf jeder Schuppe der Rumpfmitte liegt ein lang- 
gestreckter Querfleck von dunklerer Färbung als die übrigen 
Schuppenfleckchen und an der Basis der Caudale zuweilen ein ziem- 
lich großer, runder Fleck. 


Die Kiemenhaut der Männchen ist grauschwarz gefärbt. Der 
große Fleck über dem hinteren oberen Ende des Kiemendeckels ist 
nicht selten undeutlich abgegrenzt. Vom hinteren Augenrande laufen 
3—4 schmale schwärzliche Binden nach hinten oft bis zur Basis der 
Peetorale und divergiren nach hinten; vom unteren Augenrande ziehen 
strahlenförmig einige kurze Streifen ähnlicher Färbung schief nach 
vorne und unten. Ein schmaler dunkler Streif ziert die Basis der 
Pectorale, welche schmutzig blaßgrau ist. 


Nur bei Männchen nimmt die Mitte der Ventralen eine dunkel 
bläulich graue Binde von geringer Breite ein. Auch die Anale ist 
- schmutzig wässeriggrau, und nur bei Männchen unten hell gesäumt. 
Auf der Caudale liegen kleine dunkle Fleckehen in queren, auf den 
beiden Dorsalen in schiefen Reihen. 


Subg. Culius Blkr. 


(Mit einem abwärts gerichteten, gebogenen Stachel am Vordeckel.) 


25. Art. Rleotris (Culius) senegalensis n. sp. 
Taf. I. Fig. 1—2. 


Char. Kopf breit oval, nach vorne verschmälert, Stirne querüber 
schwach convex; Entfernung der Augen vom Seitenrande 
des Oberkiefers kürzer als ein Augendiameter; Schnauzen- 
länge 51/,—6mal in der Kopflänge enthalten; Mundspalte 
ebenso lang wie breit; 40—45 Schuppen längs der Mitte 
der Rumpfseiten (bis zur Caudale). 


D. 6j1/8; A. 1/7—8. 


950 Steindaehner. 


Die Kopfgestalt ist im Umrisse eiförmig, nach vorne ver- 
schmälert; die Oberseite des Kopfes schwach, die Seiten des Kopfes 
stark gewölbt. 

Die Länge des Kopfes bis zum knöchernen Rande des Kiemen- 
deckels ist 33/, —4'/,mal, die Körperhöhe bald etwas mehr bald un- 
bedeutend weniger als 5mal in der Totallänge, die Kopf breite eirca 
12/,mal in der Kopflänge enthalten. 

Der Augendiameter verhält sich zur Kopflänge wie 1:52/,—-6, 
die Stirnbreite zu letzterer wie 1:33/,—4A, die Schnauzenlänge zur 
Kopflänge endlich wie 1:51/,—6. Wangen, Schnauze und Kiemen- 
deckel sind schuppenlos, nur selten zeigen sich Spuren häutiger 
Schüppcehen im obersten Theile des Kiemendeckels. Die Schuppen 
auf der Oberseite des Kopfes, so wie am Nacken bis zum Beginne 
der ersten Dorsale sind sehr klein und stecken tief in ihren Haut- 
täschchen. 

Der Unterkiefer überragt etwas den Zwischenkiefer nach vorne; 
die Mundspalte ist ebenso lang wie breit, die Schnauze vorne bogen- 
förmig gerundet. Das hintere Ende des Oberkiefers fällt unbedeutend 
vor die Mitte des Auges. Der Stachel des Kiemendeckels ist voll- 
ständig von der Kopfhaut umhüllt, stark zugespitzt. — Eine seichte, 
schwarz gefärbte, schuppenlose Furche, in welche der Hauptast der 
Kopfeanäle eingesenkt ist, zieht vom Auge längs dem Oberrande des 
Kiemendeckels nach hinten. 

Die abgerundete Caudale erreicht die Länge des Kopfes bis 
zum Schnauzenrande (ohne Oberlippe). die Pectorale steht der Cau- 
dale an Länge etwas nach. 

Die Stacheln der ersten Dorsale sind biegsam, eirca halb so 
lang wie der Kopf. Der obere Rand dieser Flosse ist gerundet. Die 
zweite Dorsale und die Anale ist bei Männchen nach hinten stark 
gespitzt, bei Weibchen aber abgerundet. 

Die Strahlen der zweiten Dorsale nehmen bis zum vorletzten an 
Höhe zu und erreichen zurückgelegt bei den Männchen die Basis der 
oberen Stützstrahlen der Caudale. Der vorletzte längste Strahl ist 
ebenso lang wie die zugespitzte Ventrale oder der vorletzte Strahl 
der Anale, und eirca 12/;mal in der Kopflänge enthalten, bei Weib- 
chen aber mehr als 2mal. 

Die Grundfarbe des Kopfes und der Seiten des Rumpfes ist rost- 
braun, eine Reihe großer, sehr stark verschwommener, zuweilen voll- 


Zur Fischfauna des Senegal. 951 


ständig zusammenfließender dunkler Flecken nimmt den unteren 
Theil der oberen Rumpfhälfte ein. 

Die Unterseite des Kopfes und Rumpfes ist bräunlich gelb und 
mit schmutzig violetten Pünktehen dicht übersäet; hie und da tritt 
aber die Grundfarbe in Form kleiner, runder Flecken hervor. 


Die Kieferränder und die Unterseite des Unterkiefers ist dicht 
schwarzviolett und gelbbraun gefleckt. Zuweilen laufen vom unteren 
Augenrande 2—3 schwarzbraune, ziemlich breite Binden strahlen- 
förmig aus. 

Sämmtliche Flossen sind auf gelbbraunem oder rothgelbem 
Grunde dunkelgrau oder braun gefleckt, die Form der Flecken er- 
innert an die des Gobius exanthematosus, Pall. Am basalen Theile 
der Pectorale liegt eine breite schwarzbraune Querbinde, welche sich 
aber zuweilen in zwei Flecken auflöst, indem sie am mittleren Theil 
der Basis vollständig erlöscht. Zuweilen ist der mittlere Theil der 
Caudale schwarzgrau. Über die Höhenmitte der ersten Dorsale läuft 
bei manchen Exemplaren eine scharf abgegrenzte helle Binde. 


Die Schuppen der Rumpfseiten sind am freien Rande deutlich 
gezähnelt, die des Kopfes und Nackens aber ganzrandig. 


15—16 Schuppen liegen zwischen dem Beginne der zweiten 
Dorsale und der Anale. 


Fundort: Senegal bei Dagana. 


26. Art. Eleotris (Culius) daganensis n. sp. 
Taf. I. Fig. 3—)5. 


Diese Art steht der früher beschriebenen in der Färbung und 
Zeichnung sehr nahe, unterscheidet sich aber von letzterer durch 
folgende charakterische Merkmale: 


Die Form des Kopfes ist parabolisch, die Stirne flach und 
schuppenlos, die Schnauze und die stärker aufgebogene Mundspalte 
insbesondere länger. Die Länge der Schnauze ist bei ganz kleinen 
Individuen bis zu 21/,” Länge nahezu bmal, bei größeren von 42/,” 
Länge aber nur 41/,mal, der Augendiameter 5—6mal, die Stirnbreite 
4—41/;mal in der Kopflänge , letztere 31/;mal, bei ganz kleinen In- 
dividuen Amal, die Körperhöhe 53/,—5'/;mal in der Totallänge 
enthalten. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 62 


952 Steindachner. 


Die Mundspalte ist bedeutend länger als breit, der hintere Rand 
des Oberkiefers fällt in senkreehter Richtung unter die Mitte des 
Auges. 

Die Seiten des Kopfes, so wie die Schnauze und Stirne sind 
schuppenlos. 

Die Schuppen am Hinterhaupte, so wie die des Rumpfes sind 
kleiner als bei der früher beschriebenen Art. 

Längs der Mitte der Körperseite liegen 48$—50 zwischen dem 
Beginne der zweiten Dorsale und der Anale 17—19 Schuppen. 


Nur bei ganz kleinen Exemplaren sind die Peetorale und die 
Ventrale ungefleckt. 


D. 611/87; A. 1/79. 


Fam. Mugilidae. 
Gatt. Mugil Art. 
*27. Art. Mugil cephalus Cuv. 


Die Zahl der Schuppen des Rumpfes ist minder constant, als 
man bisher annehmen zu können glaubte. 


So finde ich bei zwei großen Exemplaren auf einer Seite zwi- 
schen dem oberen Ende der Kiemenspalte und der Basis der Caudale 41, 
auf der anderen Körperseite aber nur’3S Schuppen, auf der Caudale 
selbst noch 3 Schuppen; bei zwei kleineren Exemplareu von 8” 
Länge jederseits 38 am Rumpfe und 3—4 auf der Caudale, bei einem 
Individuum 40 Schuppen rechts, links 38, bei zwei Exemplaren von 
43/,’ Länge 39 Schuppen bis zur Caudale und auf letzterer noch 3. 
Querüber aber zähle ich stets 15—16 von der Mittellinie des Rückens 
bis zu der des.Bauches. Der Winkel, unter welchem die beiden 
Unterkieferhälften an der Symphyse zusammentreffen, ist bei sehr 
jungen Individuen etwas kleiner als ein rechter, bei alten dagegen 
stumpf. 


Sehr gemein im Senegal bei St. Louis. 


Zur Fischfauna des Senegal. ' 953 


*28. Art. Mugil ashanteensis Blkr. 
Syn. Mugil ashanteensis Blkr., Mem. sur les poiss. de la cöte de Guinee, 
pag. 91, pl. XIX, Fig. 2. 

Sehr nahe verwandt mit Mugil cephalus Cuv., doch mit neun 
Gliederstrahlen in der Anale; von M. eryptochilus durch das Vor- 
kommen eines Fettlides leicht zu unterscheiden. 

Die Kopflänge ist 43/,- fast 5mal, die Körperhöhe bei einem 
Exemplare von 5 Zoll Länge 52/,;mal, bei einem großen Individuum 
von 10 Zoll Länge nahezu 5mal in der Totallänge, der Augendia- 
meter etwas mehr als 4mal (bei dem kleinen Exemplar) bis 41/,mal, 
die Stirnbreite fast 3- mehr als 22/;mal, die Kopfbreite eirca 13/,mal 
in der Kopflänge enthalten. 


Das Fettlid des Auges ist sehr stark entwickelt; die Entfer- 
nung des Auges vom vorderen Kopfende gleicht der Länge seines 
Diameters bei dem Exemplare von 10 Zoll Länge, steht aber letzte- 
rem bei dem kleineren Individuum etwas nach. 


Die Oberlippe ist dünn, der Rand des Zwischen- und Unter- 
kiefers mit feinen Wimperzähnen dicht besetzt. 


Die beiden Hälften des Unterkiefers stoßen in der Mitte bei dem 
großen Exemplare unter einem rechten, bei dem kleinen unter einem 
etwas spitzen Winkel zusammen. 


Der Gaumen, nicht aber die Zunge, fühlt sich jederseits, hinten 
durch eine große Gruppe sehr feiner Sammtzähne (auf den Flügel- 
beinen) rauh an. 

Der Winkel des Vordeckel springt nach hinten vor. Drei 
Schuppenreihen liegen auf den Wangen, die unterste Reihe fällt 
bereits auf das untere Randstück des Vordeckels. | 

Das lange Präorbitale liegt fast zur Hälfte unter dem Fettlide 
verborgen und ist am ganzen unteren und hinteren Rande dicht be- 
zahnt, doch sind die Zähne des unteren Randes von der Körperhaut 
überdeckt und schwächer als die des hinteren Randes. 

Der Oberkiefer wird bei geschlossenem Munde völlig vom Prä- 
orbitale überdeckt; nur das hinterste Ende des Oberkiefers, welches 
über den hinteren Präorbitalrand hinausragt, ist etwas sichtbar. 


Der Raum zwischen den Rändern der Unterkieferäste an der 


_ Unterseite des Kopfes ist breit lanzettförmig. Der vordere Schnauzen- 
62* 


954 Steindachner. 


rand (Nasalbeine) überragt den obersten Theil der dünnen Ober- 
lippen nur wenig mehr als bei M. cephalus. 


Nur der vordere Schnauzenrand ist schuppenlos, der ganze 
übrige Theil der Kopfoberseite groß beschuppt. Kleine Schüppchen 
liegen am Präorbitale. 


Die erste Dorsale beginnt etwas nach halber Körperlänge und 
ist ein wenig kürzer als die zweite Dorsale, deren längste Strahlen 
jenen der Anale etwas nachstehen. 


Auch die längsten Strahlen der Ventrale sind etwas kürzer als 
die der Anale, welche am hinteren Rande etwas bogenförmig ausge- 
schnitten ist. 


Die hoch eingelenkten Brustflossen reichen bis gegen die eilfte 
Schuppe in der Längsreihe zurück. 


Die gabelige Caudale übertrifft die Kopfläinge um einen Augen- 
diameter. 


Die Spornschuppe über der Basis der ersten Dorsale, der Pec- 
torale, über und zwischen den Ventralen ist groß, mehr oder minder 
stark zugespitzt. Die schmale Spornschuppe der ersten Dorsale über- 
ragt nach hinten das Ende der Flossenbasis. 

Am Innenrande der vorderen Strahlen der zweiten Dorsale und 
der Anale am Außenrande jedes Ventralstrahles (an der Unterseite 
der Flossen) zieht sich eine Reihe von Schuppen hin. Die Caudale 
ist vollständig überschuppt. 

Zwischen dem oberen Ende der Kiemenspalte und der Basis der 
Caudale liegen 41-—42 Schuppen, ferner noch 3-—4 größere auf 
der Caudalbasis; 131/;, Schuppen zähle ich zwischen der Rücken- 
linie unmittelbar vor dem Beginne der ersten Dorsale und der Bauch- 
linie. 

Zahlreiche, äußerst kleine Schüppchen liegen am hintersten 
Theile des freien Randes der Körper- und Caudalschuppen, so wie auf 
den Spornschuppen bei dem größeren Exemplare unserer Sammlung; 
besonders deutlich sieht man sie auf den Schuppen des Rückens, am 
Schwanzstiele, vor den Ventralen und auf den Schuppen des Zwi- 
schendeckels. Nur auf den Schuppen des mittleren Theiles der 
Rumpfseiten scheinen sie zu fehlen. 

Ein blaugrauer Fleck im oberen Theile der Basis der Pectoralen; 
Bauchseite gelblich-weiß; Rückenseite hell graubraun mit dunkleren 


Zur Fischfauna des Senegal. 955 


Streifen längs der Schuppenreihen. Hinterer Rand der Caudale und 
oberer der ersten Dorsale schwärzlich. 


Fundort: Senegal bei St. Louis. 


Dr. Bleeker’s Abbildung dieser Art ist nicht besonders ge- 
lungen, das so stark entwickelte Fettlid z. B. fast gar nicht ange- 
deutet; unbegreiflich ist es, wie der Verfasser bei dem einzigen 
ihm vorliegenden Exemplare die Analflossenformel 3/; vel 3/, geben 
kann. Nach der Abbildung zu schließen, enthält die Anale 9 Glieder- 
strahlen, und diel3 bewog mich, die von mir so eben beschriebenen 
Exemplare des Senegal für identisch mit M. ashanteensis Blkr. zu 
halten. 


D. 4|1/8; A. 3/9; L. lat. 41 —42 (ohne Caudalschuppen). 


*29. Art. Mugil faleipinnis Cuv. Val. 
(Hist, nat. Poiss. t. XI, pag. 105.) 


Diese durch mehrere auffallende Eigenthümlichkeiten ausge- 
zeichnete Art kommt im Senegal bei St. Louis häufiger noch als 
M. cephalus vor, und erreicht eine Länge von 12—14 Zoll. 

Die Kopflänge ist 51/, bis 52/;mal, die Körperhöhe 41/, bis 
4s/,mal und nur bei kleinen Individuen fast 5mal in der Totallänge, 
der Augendiameter 31/, (bei jungen Individuen) bis 41/,mal, die 
Stirnbreite 22/, bis 21/,mal, die Kopfbreite 2mal (bei jungen Indivi- 
duen) bis fast 11/,mal (bei Exemplaren von 124/, Zoll Länge) in der 
Kopflänge enthalten. 


Das Auge ohne Fettlid (d. h. nur schwach am hinteren Augen- 
rande entwickelt) ist bei kleinen Individuen etwas länger als die 
Schnauze, bei alten dagegen ein wenig kürzer als letztere. 


Der untere Rand des Präorbitale ist fast geradlinig und feiner 
als der hintere Rand gezähnt, welcher etwas schief gestellt und 
schwach convex ist. 


Der Oberkiefer ist mit seinem Endstücke einwärts gebogen, im 
übrigen Theile vom Präorbitale überdeckt. Die Äste des Unterkiefers 
stossen unter einem flachen, stark stumpfwinkeligen Bogen an ein- 
ander. Die Mundspalte ist mehr als 1%/;mal so breit wie lang; die 

_Wimperzähne der Oberlippe, welche ziemlich verdiekt ist, sind 
äußerst zart, nur unter der Loupe sichtbar; die schneidige Unter- 


956 Steindachner. 


lippe ist zahnlos. Der Raum zwischen den Unterkieferästen am Kinn 
ist verlängert keilförmig. 

Packete sehr zarter, durch das Gefühl wahrnehmbarer Zähnchen 
auf den Flügelbeinen und auf der Zunge. 

Der Vorderrand der Schnauze ist schwach eoncav, daher die 
Oberlippe auch bei oberer Ansicht des Kopfes bemerkbar. 

Hinterer Rand des Vordeckels schief gestellt, mit vorspringen- 
dem hinteren Winkel, 5 Schuppen zwischen diesem und dem Augen- 
rande; die Zahl der horizontalen Schuppenreihen auf den Wangen 
vermindert sich gegen den hinteren Rand des gleichfalls besehuppten 
Präorbitale. 

Nur der Vorderrand der Schnauze ist schuppenlos. Die Schnau- 
zenschuppen sind sehr bedeutend kleiner als die Schuppen auf der 
Stirne und am Scheitel. 

Die erste Dorsale beginnt bei jungen Individuen hinter der 
Mitte der Körperlänge, — sie ist um eine Schnauzenlänge näher zur 
Basis der Caudale gestellt, als zum vorderen Kopfende, — bei älteren 
aber genau in letzterer; die Höhe des längsten Stachels der ersten 
Dorsale gleicht der Hälfte der Kopflänge bei Exemplaren mittlerer 
Größe, bei alten Individuen ist sie geringer. 

Die größte Länge der Gliederstrahlen der zweiten Dorsale ist 
durchschnittlich 1?/,;mal in der Kopflänge enthalten. 

Die Anale besitzt 11 Gliederstrahlen, von denen die vordersten 
im sichelförmig vorgezogenen Theile der Flosse an Länge der Ent- 
fernung des hinteren Kopfendes von den hinteren weiten Narinen 
gleichen, somit der Kopflänge nur wenig nachstehen. 

Die Anale beginnt übrigens um eirca 4 Schuppenlängen vor der 
zweiten Dorsale. 

Die gabelige Caudale ist bedeutend länger als der Kopf, eirca 
55/, bis 4'1/,mal in der Totallänge enthalten. 

Die Peetorale steht der Kopflänge ein wenig nach und endigt 
an der zwölften Schuppe hinter dem Kiemendeckel. 

Die zugespitzten Ventralen gleichen an Länge nahezu der Ent- 
fernung des hinteren Kopfendes vom vorderen Augenrande. Ihre 
Spitze fällt etwas hinter die Mitte der Kopflänge. R 

Zwischen dem hinteren Rande des Kiemendeckels und der Basis 
der mittleren Caudalstrahlen liegen 383—39 Schuppen, 3—4 auf der 
Caudale in einer Längsreihe, querüber zwischen dem Beginne der 


Zur Fischfauna des Senegal. 957 


zweiten Dorsale und der Anale 12 und zwischen dem Ende der Basis 
der ersten Dorsale und Bauchlinie 13 Schuppen. 


Spornschuppen an der Basis der Pectorale, der ersten Dorsale 
und der Ventrale fehlen auch dieser Art nieht; die der ersten Dor- 
sale reicht mit ihrer Spitze ganz unbedeutend über die Basis des letzten 
Dorsalstachels hinaus (somit nicht ganz bis zum häutigen Basisende 
der ganzen Flosse), ist ein wenig länger und ebenso schmal wie die 
über den Ventralen, und bedeutend länger als die hinten abgestumpfte, 
wenig bewegliche und breitere Spornschuppe der Pectorale, aber 
kürzer als die dreieckige Spornschuppe zwischen den beiden 
Ventralen. 


Der hintere Rand der Leibesschuppen ist der Zahl der Radien 
(am freien Schuppenfelde) entsprechend sehr fein gekerbt. 


Ein blauschwarzer Fleck vor den oberen Pectoralstrahlen, 
Rückenseite graubraun mit dunkleren Streifen längs der Schuppen- 
reihen, Seiten und Bauch goldgelb; zweite Dorsale, Anale und Cau- 
dale gegen die Spitzen der Strahlen zu wässerig schwarz. 

Der Körper ist gegen den Bauch zuundam Schwanzstiele beträcht- 
lich comprimirt. 

D. 41/9; A. 3/11; P. 2/15; L. lat. 38—39 (+ 3—4 aut 
der Caudale). 


Nahe verwandt mit M. falcipinnis ist Mugil Schlegeli. Blkr. 
mit 10 Gliederstrahlen (nach der Abbildung) in der Anale. 


*30. Mugil grandisguamis €. V. 
(Hist. nat. des Poiss. t. XI, pag. 103.) 


Valenciennes’ Eingangsworte zur Beschreibung dieser Art 
„Le premier appartient au groupe de notre cephale, par ses yeuw 
cowverts de peau adipeuse“ passen zwar nicht auf die uns vorliegen- 
den Exemplare, bei welchen das Fettlid nur ein wenig stärker ent- 
wickelt ist als bei M. faleipinnis ©. V., und die somit zweifellos zur 
zweiten Gruppe der Gattung Mugil nach Günther’s Catalog ge- 
. hören; doch, stimmen dieselben bezüglich der Schuppenzahl der 
Zahnlosigkeit der Lippenränder ete. so genau mit Mugil grandi- 
squamis C.V. übererein, daß ich es für zu wenig gerechtfertigt halte, 
eine neue Art aufzustellen. 


958 Steindachner. 


Die Kopflänge steht der Leibeshöhe entschieden nach; erstere 
ist 52/, bis mehr als 51/,mal, letztere 45/, bis 42/,mal in der Total- 
länge, die Stirnbreite 21/, bis 22/;mal, der Augendiameter nahezu 4 
bis etwas mehr als 4'/,mal, die Schnauzenlänge 3:/, bis 33/,mal, die 
Kopfbreite eirca 1:/,mal in der Kopflänge enthalten. 

Nur bei einem Exemplare sehe ich am Oberkiefer zunächst den 
Mundwinkeln unter der Loupe Wimperzähne, am schneidigen Unter- 
kieferrande zeigt sich nicht die geringste Spur von Zähnchen. 

Die Äste des Unterkiefers stoßen unter einem stumpfen Winkel 
zusammen, der mit dem Alter beträchtlich zunimmt. Der Kinnraum 
zwischen den Unterkieferästen ist bald mehr bald minder lang, 
schmal, lanzettförmig. Der vordere Theil der Zunge, die bald in der 
ganzen vorderen Hälfte, bald nur sehr wenig zunächst dem Vorder- 
rande frei ist, fühlt sich rauh an. 

Das hintere Endstück des langen Präorbitale biegt nach unten 
und innen um, wie das freiliegende hintere Ende des Oberkiefers. 

Sowohi der untere als hintere Rand des Präorbitale ist deutlich 
gezähnt, doch letzterer Rand ein wenig stärker als ersterer. 

Sechs Schuppen liegen zwischen dem Auge und der hinteren 
Winkelspitze des Vordeckels. 

Zwei große ovale Packete von Sammtzähnen hinten am Gaumen 
(auf den Flügelbeinen). 

Die breite Stirne ist nahezu flach, die obere Profillinie des 
Kopfes schwach gebogen. 

Große Schuppen (doch kleiner als die Schuppen an den Seiten 
des Rumpfes) liegen auf der Oberseite des Kopfes bis in die nächste 
Nähe des vorderen Schnauzenrandes, welcher in der Mitte einge- 
buchtet ist. Die Oberlippe ist bei sehr alten Individuen ziemlich 
dick. 

Die Dorsale beginnt etwas hinter der Mitte der Körperlänge und 
. ihre asymetrischen Stacheln sind kräftig. Der zweite längste Stachel 
erreicht nahezu 2/, der Kopflänge, während die längsten Glieder- 
strahlen der am hinteren Rande concaven zweiten Dorsale 1:/,mal 
in der Kopflänge enthalten sind. Die längsten Gliederstrahlen der 
zweiten Anale, welche um eirea zwei Schuppenlängen vor der zweiten 
Dorsale eingelenkt ist, gleichen eirea %/, des Kopfes der Länge. 

Siebzehn Schuppen liegen zwischen dem Schnauzenende und 
dem Beginne der ersten Dorsale. 


Zur Fischfauna des Senegal. 959 


Die Caudale ist um mehr als einen Augendiameter länger als 
der Kopf. 

Die Peetorale ist hoch eingelenkt und gleicht an Länge der 
Entfernung des hinteren Kopfendes von den vorderen kleinen Nari- 
nen; ihre Spitze fällt auf die achte Schuppe der mittleren Längsreihe 
des Rumpfes. 

Die Spornschuppe der ersten Dorsale ist so wie jene über der 
Ventralbasis von mäßiger Länge, zugespitzt; erstere reicht ein wenig 
über die Basis des letzen Dorsalstachels hinaus. 

Über der Peetorale ist keine Spornschuppe entwickelt. 


27—30 Schuppen liegen zwischen der Kiemenspalte und der 
Basıs der Caudale, 10 zwischen der Bauch- und Rückenlinie. 


Sämmtliche Schuppen sind am freien Rande sehr fein gezähnelt. 


Ein kleiner blauschwarzer Fleck vor der Basis der zwei ober- 
sten Pectoralstrahlen. Rücken hell graubraun, Seiten goldgelb, mit 
etwas dunkleren Streifen längs der Schuppenreihen. Ränder der 
zweiten Dorsale und der Caudale schwärzlich. Bauchhöhle schwarz 
ausgekleidet. Pseudobranchien stark entwickelt. 


Fundort: Senegal bei St. Louis. Größe der untersuchten Exem- 
plare 12—15 Zoll. 


D. 41/8; A. 3/9; G. 15; L. lat. 27—30 (ohne Caudalschuppen). 


Sehr nahe verwandt mit der hier beschriebenen Art ist Mugil 
Smithü Gthr. = M. macrolepis Smith. 


*31. Art. Mugil Dumerili n. sp. 


Char. Auge ohne Fettlid; Kopflänge — der Kopfhöhe, genau oder 
unbedeutend mehr als 5mal in der Totallänge enthalten; Ober- 
kieferende deutlich sichtbar; 9 Gliederstrahlen in der Anale, 
38 Schuppen zwischen der Kiemenspalte und der Basis der 
mittleren Caudalstrahlen. Kein dunkler Fleck an der Pectoral- 
achsel und keine Spornschuppe über der Peetorale. Bauchseite 
silberfarben mit schwach gelblichem Schimmer. 


D. 41/8; A. 3/9. 
Die Höhe des Körpers gleieht genau der Kopflänge bei den uns 


vorliegenden kleinen Exemplaren von 41/, bis 5>/, Zoll Länge und 
ist genau oder nur unbedeutend mehr als 5mal in der Totallänge 


960 Steindaehner. 


oder circa 4mal in der Körperlänge, der Augendiameter 31/, bis 
31/,mal, die Schnauzenlänge 3?/, bis fast 4mal, die Stirnbreite weni- 
ger als 3 bis 31/;mal in der Kopflänge enthalten. Die Breite des 
Kopfes beträgt eirca die Hälfte seiner Länge. 

Das Präorbitale ist nach rück- und abwärts gebogen und am 
eoncaven unteren sowie an dem hinteren Rande deutlich gezähnt. Das 
Ende des einwärts gebogenen Oberkiefers ist nicht vom Präorbitale 
überdeckt. Der Raum zwischen den Unterkieferästen am Kinne ist 
lanzettförmig. 


Nur am Rande des Zwischenkiefers vermag man unter der 
Loupe Wimperzähnchen deutlich zu unterscheiden. 


Die Äste des Unterkiefers stoßen bei dem kleineren Exemplare 
von 4'/, Zoll Länge unter einem rechten, bei dem größeren aber 
unter einem etwas stumpfen Winkel zusammen. Vier Schuppen zwi- 
schen dem Auge und der hinteren Winkelspitze des Vordeckels; 
unter der Mitte des unteren Augenrandes liegen nur zwei Schuppen- 
reihen bis zum unteren Rande des Vordeckels hinab. 


Der Beginn der ersten Dorsale fällt etwas näher zum hinteren 
Rumpfende als zum vorderen Schnauzenrande, der in der Mitte 
schwach concav ist. 


Die Höhe des zweiten Dorsalstachels ist eirca 13/,—1”/;mal in 
der Kopflänge enthalten. 

Eine lange, zugespitzte Spornschuppe liegt an der Basis der 
ersten Dorsale und reicht mit ihrer Spitze noch ein wenig über das 
hintere Ende dieser Flosse hinaus. 

Die vorderen Gliederstrahlen der Anale sind etwas länger als 
die der zweiten Dorsale und erreichen beiläufig 2/; der Kopflänge. 

Die Caudale ist am hinteren Rande tief eingebuchtet und nur 
um eirea ?/, eines Augendiameters länger als der Kopf. Die Peetorale 
steht der Länge des Kopfes nur wenig nach; ihre Spitze fällt auf die 
13. bis 14. Schuppe hinter dem oberen Ende der Kiemenspalte. 

Über der Pectorale liegt keine Spornsehuppe; die über den Ven- 
tralen ist bald etwas länger und zugespitzt, bald kürzer und ab- 
gestumpft, und stets minder lang als die Spornschuppe an der Basis 
der ersten Dorsale. 

Die Länge der Ventralen übertrifft die Entfernung des hinteren 
Kopfendes vom Centrum des Auges nur sehr wenig. 


Zur Fischfauna des Senegal. 961 


38 Schuppen liegen zwischen dem oberen Ende der Kiemen- 
spalte und der Basis der mittleren Caudalstrahlen, 13 querüber in 
der größten Rumpfhöhe. 

Rücken graubraun, Seiten silberfarben mit schwach gelblichem 
Stiche. Kein dunkler Fleck an der Peetoralbasis. 

Caudale gegen den hinteren Rand zu schwärzlich. 

Fundort: Senegal bei St. Louis. 


Die so eben beschriebenen Mugil-Arten kommen im Senegal 
nur in der Brackwasserregion und zwar in sehr großer Menge vor, 
sind aber verhältnißmäßig viel weniger geschätzt als die in den 
‘* Meeren und Flüssen Europas heimischen Arten. 


Magen und Darmcanal fand ich stets überfüllt mit schwärzlichem 
Schlamme, verwesten Stoffen und Unrath jeder Art, der leider in 
großen Massen an den Ufern des Flusses, insbesondere zunächst den 
Hütten der Eingebornen von St. Louis aufgehäuft wird und die Luft 
verpestet. 


Die Brackwasser-Region des Senegal ist wie bekannt je nach 
der Jahreszeit von größerer oder geringerer Längenausdehnung; zur 
Zeit des tiefsten Wasserstandes in den Wintermonaten reicht sie 
bis in die Nähe von Richardtoll, im Sommer und zu Anfang des 
Herbstes nicht weit über St. Louis (zur Fluthzeit) hinaus. 


Fam. Gerridae. 
Gatt. Gerres Cuv. 


“32. Art. Gerres melanopterus Blkr. (Mem. Poiss. Guinee, pag. 44). 
Taf. II. 


‘Syn. Gerres melanopterus Blkr., Memoire sur les poiss. de la Cöte de 
Guinee, pag. 44, pl. VI, Fig. 1, juv. 
Gerres octactis Blkr. bid. pag. 43, pl. VIII. Fig. 2, adult. 


Die Höhe des Leibes übertrifft ein wenig die Kopflänge und ist 
2%/,—2"/gmal, letztere 31/,—31/,mal in der Körperlänge ohne Cau- 
dale enthalten. 

Der Kopf ist nach vorne stark zugespitzt, die Schnauzenlänge 
steht der Länge des Auges ein wenig nach und ist 3°/,—31/,mal, 
der Augendiameter nahezu 2:/, bis unbedeutend mehr als 3mal, die 
Kopfbreite 21/, bis wenig mehr als 2mal in der Kopflänge enthalten. 


962 Steindachner. 


Der Zwischenkiefer überragt nur sehr wenig den Unterkiefer; 
die Mundspalte bis zu den Mundwinkeln gemessen ist unbedeutend 
breiter wie lang, der Oberkiefer fällt mit seinem hinteren Ende et- 
was hinter den vorderen Augenrand. Die Totallänge des Unterkiefers 
erreicht fast die Hälfte der Kopflänge. 


Die Schnauzengrube ist lang, schmal, und reieht nach hinten 
bis zur Mitte des oberen Augenrandes. 


Der aufsteigende Rand des Vordeckels hat eine verticale Lage. 
Nur die Winkelgegend des Vordeckels ist äußerst schwach ge- 
zähnelt. Der Interoperkelrand ist glatt. 3 Schuppenreihen auf den 
Wangen. 


Die Pectorale ist sehr lang, stark zugespitzt, ein wenig länger 
als der Kopf. 


Die Länge der Ventrale ist circa 13/,;mal in der der Brustflossen 
enthalten. Die Flügelschuppe über der Ventrale ist sehr lang, zu- 
gespitzt und reicht ein wenig über das zweite Drittel der Ventral- 
länge hinaus. 

42 —44 Schuppen liegen längs der Seitenlinie bis zur Caudale, 


auf letztere noch 2 Schuppen, über welche der Seitencanal sich 
fortsetzt. 


Die Schuppenscheide über der Basis der Dorsale und Anale ist 
zunächst den letzten Gliederstrahlen genannter Flossen bedeutend 
höher als sie Dr. Bleeker in seinem Werke über die Fische Gui- 
nea’s abbildet. 


Gerres melanopterus und @. octactis Blkr. gehören meines 
Erachtens einer und derselben Art an, die beiden uns vorliegenden 
Exemplare stimmen in der Zeichnung der Dorsale genau mit Gerres 
melanopterus, in der Größe der Augen, der Länge der Peetoralen 
mit Gerr. octactis, das größere der beiden Individuen in der Zahl 
der Schuppen längs der Seitenlinie mit Gerr. octactis, der kleinere 
mit @. melanopterus überein. 


D. 9/1011; P. 1/13—14; V. 1/5; A. 3/7—8. 


Gerres bilobus EC. V. scheint nach Valeneiennes’ Beschrei- 
bung zu schließen, von Gerres melanopterus Blkr. specifisch ver- 
schieden zu sein. 


Fundort: Senegal bei St. Louis. 


Zur Fischfauna des Senegal. 963 


Fam. Chromides. 


Gatt. Chromis Cuv., J. Müll. 


Syn. Tilapia Smith, A. Dum. 
Haligenes Günther (ol.) Blkr. 
Melanogenes Blkr. 

Sarotherodon Rüpp. 


Das Geschlecht Sarotherodon Rüpp. ist nur auf beschädigte 
Exemplare gegründet, bei welchen die Operkelschuppen zugleich mit 
der dünnen Operkelhaut verloren gegangen waren. 

Daß die Zahl der Schuppenreihen an und für sich allein keinen 
verläßlichen Anhaltspunkt zur Artbestimmung darbiete, ergibt sich 
zweifellos aus der Untersuchung einer größeren Anzahl von Exem- 
plaren desselben Fundortes, denn sie nimmt mit dem Alter in der 
Regel zu. 

Auch die relative Höhe des Körpers, die Länge der Mundspalte 
und die Stirnbreite ist je nach dem Aufenthalte einer und derselben 
Artin süßen, salzigen oder brackischen Gewässern, nach der größeren 
oder geringeren Reichhaltigkeit der Nahrung, nach den Temperatur- 
verhältnissen großen Schwankungen unterworfen und die Leibeshöhe 
bei Weibchen stets bedeutender als bei Männchen. 

Aus diesen Gründen wurde eine große Anzahl nomineller Arten 
nach einzelnen Individuen aufgestellt, deren Sichtung ohne Unter- 
suchung der Originalexemplare, die oft sehr oberflächlich und in ein- 
seitiger Weise beschrieben sind, geradezu unmöglich ist. 

Die im Senegal in sehr großer Individuenzahl vorkommenden 
Chromis-Arten glaube ich höchstens auf zwei Arten redueiren zu 
müssen. | 

Die eine derselben fällt unbedingt mit Chromis niloticus zu- 
sammen, die zweite dürfte kaum von Chromis mossambicus Pet. 
verschieden sein, welche Art später von dem Autor selbst als eine 
Varietät zu Chromis niloticus bezogen wurde. Da ich aber bei Unter- 
suchung von mehr als 300 Exemplaren aus dem See Tiberias, dem 
Nile, Senegal, aus Algier und Tunis nicht ein Stück vorfand, über 
deren Einreihung in eine der beiden genannten Arten Übergänge 
halber der geringste Zweifel obgewaltet hätte, so schließe ich mich 
vorläufig noch Dr. Günther’s Ansicht an und trenne Chr. mossam- 
bicus als eine besondere Art von Chr. niloticus. 


Steindachner. 


33. Art. Chromis nilotieus Hasselg. 
Taf. IV. Fig. 1. 2. 


Syn. Le Bolty, Sonnini, Voy. dans la haute et basse Egypte, pag. 396, 


Char. 


tab. 27, Fig. 1. 
Labrus niloticus, Hasselg. Iter. Palest. pag. 392. 
Chromis nilotieus Cuv. Regn. anim. 2 d. edit. Vol. II. pag. 263. 
= " Gthr., Catal. Fish. Brit. Mus., Vol. IV, pag. 267. 
D ® Peters, Naturh. Reise nach Mossambh., Zool., Flußf. 
pag. 23, exel. var. mossambiea. 

Tilapia Sparmanni A. Smith. Dlust. Zool. South Afr., Pisees, tab. V; 
Gthr., Catal. IV. pag. 269. 

Tilapia pleuromelas A. Dumeril, Rept. ei Poiss. de l’Afrique oceid,, 
Arch. du Museum, t. x, pag. 253. 

Tilapia lateralis A. Dum. ibid. pag. 253. 

Chromis Dumerilii et Güntheri Steind., Ichthyol. Mitth. VII, Verhandl. 
zool. bot. Gesellsch. 1864, pag. 225, 228, Taf. VII et VII. 

Chromis aureus Steind. ibid., pag. 229, Taf. VII, Fig. 1. var. 

Melanogenes microcephalus Blkr., Mem. sur les Poiss. de le Cöte de 
Guinde, pag. 37, tab. VI, Fig. 1. (Fem.) 1). 

Melanogenes macrocephalus Blkr. ibid. pag. 36, tab. VI, Fig. 2 (adult. 
mas.). 

Chromis squamipinnis Gthr. Report on a Colleet. of Rept. and Fish. 
in the Zambesi and Nyassa Reg., Proceed. Zool. Soe. of London. 1864, 
June 28. 

Sarotherodon melanotheron Rupp., Verz. Mus. Senekenperan Fische» 
pag. 21; Gthr. Catal. IV, pag. 273. 

? Chromis Se Gthr., Rep. on a Colleet. of Rept. and Fish. from 
Palestine, Proceed. Zool. Soc. of London, 1864, Nov. 8.2). 


Kopflänge 32/;,—4mal in der Totallänge, Körperhöhe in der 
Regel etwas mehr oder weniger als 2—2!/,mal in der Körper- 
länge (ohne Caudale) enthalten. 2—3 Schuppenreihen auf 
den Wangen. Leiste des Vordeckels schief gestellt, stark 


1) Bleeker gibt für diese Art in der Besehreibung nur 26 Schuppen längs der” 


Seitenlinie an, auf der Abbilduug jedoch zähle ich bis zur Caudale 28 (bis zur 


Basis der Caudale). Ich zähle die Schuppen der Seitenlinie bei allen Arten mit 


unterbrochener Seitenlinie längs der oberen Seitenlinie von dem oberen Ende 


der Kiemenspalte bis zur letzten durchbohrten Schuppe der oberen Seitenlinie, 


dann von der in derselben Verticalreihe liegenden Schuppe der unteren Seiten- 


linie bis zur Basis der Caudale. 
*) Nur die bedeutende Länge der Pectorale veranlaßt mich diese Art zu Chr. nülotieus 


einzureihen, nach der Zahl der Schuppenreihen auf den Wangen könnte sie auch 


mit Ch. mossambiceus vereinigt werden. 


Zur Fischfauna des Senegal. 965 


bogenförmig gekrümmt; Wangenhöhe bei jungen Individuen 
stets bedeutend geringer als die Länge eines Auges, bei 
alten letzterer gleich; Peetorale sehr lang, stark zugespitzt, 
bis oder über den Beginn der Anale reichend. Schuppenloser 
Theil zunächst dem unteren Vordeckelrande breit. 

D. 14—17/9—14; A. 8—4 (2)/8—12; L. lat. 26—32 (+ 2-3 


zn 


aufder Caudale); Lin. transv. 1 
101 


Die so eben gegebene Charakteristik gründet sich auf die 
Untersuchung von 236 Exemplaren aus dem See Tiberias, dem Nile, 
Senegal und aus Algier; constant ist für alle diese Individuen die be- 
deutende Länge der sehr stark zugespitzten Peetorale, welche min- 
destens bis zum Beginne der Anale, in der Regel aber noch weiter 
zurückreicht; ferner die geringe Höhe des mit Schuppen bedeckten 
Wangentheiles, welche nur bei alten Individuen die Länge eines 
Auges erreicht; das Vorkommen von nur 2—3 Reihen 1) großer 
Schuppen auf den Wangen; die stark geneigte Lage der Vordeckel- 
leiste, welche weit bogenförmig gekrümmt ist; endlich die große 
Breite des schuppenlosen Randstückes im unteren Theile des Vor- 
deckels. 

Die Höhe des Körpers ist äußerst variabel, bei Weibchen stets 
ein wenig bedeutender als bei Männchen, bei letzteren in der Regel 
21/, —22/,mal, bei ersteren unbedeutend mehr als zweimal in der 
Körperlänge enthalten. Die Mundspalte ist nur bei Kümmerern lang 
und breit, in der Regel aber zeigt sie nur eine geringe Länge und 
endigt vor dem Beginne des Auges. 

Die Höhe des Präorbitale nimmt mit dem Alter rasch zu. 

Die Zahl der Kieferzähne ist äußerst variabel und gibt keinen 
Anhaltspunkt zur Artbestimmung. Die Zahl der Zahnreihen nimmt 
' mit dem Alter zu. 

Bei gleicher Körperhöhe, Kopflänge, Schuppenzahl schwankt die 
Stirnbreite zwischen 5/,, —'/; der Kopflänge, der Augendiameter ist 


1) Sehr selten setzen sich zunächst den Mundwinkeln noch 2—3 Schuppen, eine 
vierte Reihe bildend, an, so bei einem Exemplare der von mir früher als Chr. 
aureus Steind. 1. c. beschriebenen Art auf der rechten Kopfseite, s. Tat. IV. 
Fig 3 dieser Abhandlung. während links nur 3 Schuppenreihen liegen (Taf. IV, 
Fig. 2). 


966 Steindachner. 


41/,—Bmal, die Schnauzenlänge bei jungen Individuen in der Regel 
mehr als dreimal, bei alten nur 21/;mal in der Kopflänge enthalten. 
Die Zahl der Zahnreihen in den Kiefern beträgt bei alten Exem- 
plaren im Zwischenkiefer zunächst der Mitte, im Unterkiefer zunächst 
den Mundwinkeln in der Regel vier mit Ausschluß der mit größeren 
Zähnen besetzten Außenreihe. 

Die Zahl der Dorsalstacheln schwankt zwischen 14—18, je 
größer die Zahl der Stacheln, desto geringer die Stärke derselben. 

Häufig, insbesondere bei Männchen kommen zahlreiche dunkle 
schmale Querbinden am Rumpfe vor, und reichen bis zur Bauchlinie, 
können aber wie der Fleck am Kiemendeckel, die dunkeln schiefen 
Streifen auf der Dorsale, Caudale und Anale (die sich zuweilen flecken- 
artig an der Basis der Gliederstrahlen der Dorsale und Anale aus- 
breiten, oder auf diesen Flossen netzförmig in einander fließen und 
helle Flecken umschließen) und die zahlreichen dunkeln Pünktehen 
in der Brust- und Bauchgegend ganz oder theilweise fehlen. Ein 
dunkler Fleck liegt an der Basis jeder Rumpfschuppe. 

Die zarten ziemlich großen Schuppen am Kiemendeckel gehen 
zugleich mit der dünnen Haut desselben Knochens leicht verloren, 
im Leben fehlen sie nie. 

Die Bauchwandungen sind tiefschwarz ausgekleidet, auch der 
Darmeanal, der zahlreiche Windungen bildet, zeigt eine ähnliche 
Färbung. 

Das schwarze Pigment dringt bei nicht entweideten, daher in- 
nerlich in Fäulniß übergegangenen Exemplaren nach Außen durch 
und tränkt die äußere Körperhaut und die Schuppentäschehen. Auf 
diese Weise erklärt sich das Vorkommen eines großen verschwom- 
menen Fleckens an dem von den Eingeweiden erfüllten Körpertheilen, 
der irriger Weise zur Aufstellung zweier Arten, Tilapia pleuro- 
melas und T. lateralis A. Dum. Veranlassung gab. 

Auch Bleeker bildet unter dem Namen Melanogenes miero- 
cephalus ein innerlich verfaultes Exemplar des Chromis niloticus 
ab, auch Melanogenes macrocephalus halte ich nur für ein altes 
Männchen derselben Art. 

Da Dr. Prof. Dumeril in der Beschreibung der Chromis- (Tila- 
pia-) Arten der Westküste Afrika’s die Höhenausdehnung des be- 
schuppten Wangentheiles, die Form der Vordeckelleiste, die Länge 
der Peetorale ete. unberüeksichtigt ließ, kann ich nicht mit Sicher- 


Zur Fischfauna des Senegal. 967 


heit eruiren, ob Tilapia Heudelotii, Rangii, affinis, macrocentra zu 
Chromis niloticus oder zu Chr. mossambicus bezogen werden dürfen; 
so viel aber dürfte gewiß sein, daß sämmtliche von Prof. Dumeril 
beschriebene Arten der Gattung Chromis aus dem Senegal und von 
Goree sich auf die zwei letztgenannten Arten zurückgeführt werden 
müssen. 

Die Caudale ist in der vorderen basalen Hälfte, so wie an den 
Randstrablen der ganzen Länge nach beschuppt. 

Chromis niloticus Cuv. kommt in Unzahl sowohl in den mit 
Brackwasser gefüllten Ausständen des Senegal bei St. Louis, so wie im 
Strome selbst bis Backel in Unzahl an seichten Stellen vor und ist sehr 
wohlschmeckend. 

Er erreicht übrigens im Brackwasser und bei St. Louis eine be- 
deutendere Größe als bei Dagana, Matam, Backel ete. 

An letzteren Orten sahen wir stets nur Exemplare bis zu 6 Zoll 
Länge, die sich zugleich durch eine größere Schmächtigkeit und 
Höhe des Leibes und das Vorkommen zahlreicher Querbinden dunkler 
Färbung bemerkbar machten, während in St. Louis Exemplare bis 
zu 12’ Länge (mit breitem Rücken, geringerer Leibeshöhe, größerer 
Kopflänge mit sehr schwach ausgeprägten verschwommenen Leibes- 
binden) nicht selten zu Markte gebracht wurden. 

Unter 165 Exemplaren unserer Sammlung von St. Louis, 
Dagana, Podor, Matam, Backel findet sich nur ein Exemplar mit vier- 
zehn Rückenstacheln und ein kleines Exemplar mit zwei Analstacheln 
vor; alle übrigen besitzen 15 —16 Dorsal- und drei Analstachel. 


34. Art. Chromis mossambicus Pet. Gthr. 
Taf. IV. Fig. 3. 


Syn. Tilapia melanopleura A. Dum. |. e. pag. 252, pl. XXII, Fig. 1, 1a. 
? „ nigripinnis Guich. ibid. pag. 254, pl. XXI, Fig. 2, 2a. 
? Haligenes Tristami Gthr. Proceed. Zool. Society of London p. 471, 
pl. 9, Fig. B. 
? Chromis Tristami Gthr. Cat. IV, p. 269. 
Chromis mossombicus P et., Berlin. Monatsb. 1852, pag. 681. 
B 5 Gthr., Cat. IV, p. 268. 
„  Andreae Gthr. Rept. Fish. from Palest., Proceed. Zool. Soc. 
London 1864, Nov. 
Haligenes guineensis Blkr., ].e. p. 41, tab. VII, mas. 
Chromis ovalis Steind., Ichth. Mitth. IX. Verhandl. zool. bot. Gesellsch, 
XVI. Bd. 1866, pas. 761, Taf. XV, Fig. 3 var. 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 63 


9958 Steindaehner. 


?Coptodon Ziliü Gerv. Bull. Soe. eentr. Agrieult. de l’Herault 1853 
p- 80, pl. 4, Fig. 5—7 (see. Gthr.). 

? Sarotherodon (?) Zilii Gthr. Cat. IV, pag. 274. 

Labrus Desfontainii Lac. = Sparus Desfontainü Gerv. 

Chromis latus Gthr., Cat. IV, pag. 271; Steind. I. e. p. 227, 
Taf. VII, Fig. 1—2. 

Char. 3—4 Schuppenreihen von gleicher Längenausdehnung auf 
den Wangen, letztere schon bei jungen Individuen an Höhe 
eine Augenlänge erreichend oder in der Regel übertreffend. 
Pectorale mäßig lang, hinten oval gerundet, den zurückgelegten 
Beginn der Anale in der Regel nicht erreichend. Schuppen- 
loses Randstück über dem unteren Rande des Vordeckels 
schmal. Obere und untere Vordeckelleiste nach hinten unter 
einem stumpfen Winkel zusammenstoßend, aufsteigender Theil 
der Vordeckelleiste bedeutend weniger schief gestellt als bei 
Chromis niloticus. 

D. 14—15 (17)/12—14; A. 3/8—9; L. lat. 28-30 (+ 2 auf 


21/231, 
der Caudale); L. transv. 1 
10—11 (bis zur Ventrale). 


Sowohl in der Zeichnung des Körpers als auch in der Leibes- 
form zeigt sich kein wesentlicher Unterschied zwischen Chromis 
niloticus und dem Chr. mossambicus, auch die Zahl der Schuppen- 
reihen auf den Wangen bietet keinen absolut verläßlichen -Anhalts- 
punkt zur Trennung beider Arten, da, wenngleich äußerst selten, 
auch bei Chr. niloticus eine rudimentäre vierte Schuppenreihe (bei 
Chr. aureus m. ol auf einer Wangenseite) zunächst hinter den 
Mundwinkeln sich ansetzt. 

Dagegen dürfte die bedeutende Höhe der Wangen, die minder 
stark geneigte Stellung der hinteren Vordeckelleiste, die auffallend 
geringere Länge der Pectoralen, welche nach hinten oval gerundet 
vor dem Beginne der Anale endigen und nur (bei Männchen ?) selten 
genau bis zu derselben reichen, und die viel geringere Breite des 
schuppenlosen Präoperkeltheiles über dem unteren Rande des Vor- 
deckels für Chr. mossambicus vielleicht charakteristisch sein. 

Da bei Chromis Tristami Gth. die hintere Vordeckelleiste eine 
verticale Lage hat und mit der unteren Randleiste fast unter einem 
rechten Winkel zusammentrifft, so wage ich es nicht, diese Art mit 
voller Bestimmtheit unter die Synonyma des Chr. mossambicus zu 


Zur Fischfauna des Senegal. 969 


reihen, obwohl die Zahl der Schuppenreihen an den Wangen und 
die Gestalt der Pecetorale, sowie die geringe Breite des schuppen- 
losen Randstückes des Vordeckels über dem unteren Rande dieses 
Knochens für die Einziehung des Chr. Tristami als besonderer Art 
zu sprechen scheint. 

Da Sarotherodon melanotheron Rüpp. nach Dr. Weinland'’s 
Untersuehung mit Chromis microcephalus Blkr. sp. die größte 
Ähnlichkeit hat und sich nur durch eine geringe Anzahl von Zähnen 
(worauf kein Gewicht gelegt werden kann) von letztgenannter Art, 
die gewiß mit Chr. niloticus zusammenfällt, unterscheidet, so habe 
ich Sarotherodon melanotheron unter die Synonyma von Chr. nilo- 
ficus gebracht und vermuthe, daß die zweite Sarötherodon-Art im 
Cataloge der Fische des britischen Museums Saroth. Zillii Gerv. 
Günth. mit Chr. mossambicus zusammenfallen dürfte, wenigstens 
spricht Dr. Günther’s Beschreibung (nach Valenc.) für meine 
Ansicht. 

Ein von Prof. Gervais mir erst kürzlich als Zabrus Desfon- 
tainüi Lac. von Biskra eingesendetes Exemplar vermag ich gleich- 
falls nicht von Chr. mossambicus zu trennen, zu welcher Art auch 
Labrus melanogaster Bl. nach der Abbildüng zu schließen, gehören 
dürfte. 

In der Breite des Präorbitale, der Länge der Schnauze, der 
Stirnbreite, in der Körperhöhe, in der Zahl der Dorsalstacheln findet 
man bei Chr. mossamdicus ganz ähnliche Schwankungen wie bei 
Chr. niloticus. 

Die Zahl der Zähne zu jeder Seite des Zwischenkiefers in der 
Außenreihe wechselt in der Regel zwischen 12—--20 wie bei Chr. 
niloticus, nur bei Exemplaren mit langer Mundspalte kommen zu- 
weilen jederseits mehr als 20—33 Zähne vor. 

Die Leibeshöhe ist bei Exemplaren aus dem Senegal fast aus- 
nahmslos eirca 2mal in der Körperlänge enthalten. 

Der Rücken schimmert im Leben metallisch hellgelbgrün, die 
Bauchseite und die daranstoßenden Theile der Körperseiten sind 
. silberweiß, zuweilen gelblichweiß. 

Die Querbinden sind, wenn vorhanden, in der Regel minder 
zahlreich, breiter und an den Rändern stärker verschwommen als bei 
Chr. niloticus (aus dem Senegal), und reiehen nur wenig über die 
Mitte der Rumpfhöhe hinab. Die Spitzen der vertiealen Flossen sind 

63* 


970 Steindachner. 


wie bei Chromis niloticus im Leben carminroth, am breitesten auf 
der Caudale. Die Pectorale ist gelblich. 

Ein stark verschwommener, blaß earminrother Fleck hinter dem 
Sehultergürtel unter der Seitenlinie bis zur Höhe der unteren Pecto- 
ralstrahlen. 

Fleck am Kiemendeckel, wenn vorhanden, dunkel smaragdgrün. 

Das Wiener Museum besitzt ein großes Exemplar derselben Art 
aus dem See Tiberias und ein kleines aus Angola, welches ich früher 
als Chromis ovalis beschrieb und dessen Leibeshöhe eirca 22/,mal 
in der Körperlänge enthalten ist, somit gleichsam der gestreckten 
Varietät des Chr. nilotieus entspricht. 


Der große Seitenfleck von Tilapia melanopleura A. Dum. ist 
auf ähnliche Weise entstanden wie der bei 7! pleuromelas und T. 
lateralis (siehe die früher gegebene Beschreibung von Chr. niloficus). 


Tilapia nigripinnis Guich. soll nach der Beschreibung im X. 
Bande des Archives des Pariser Museums nur zwei Schuppenreihen 
an den Wangen tragen, und die Abbildung verfehlt sein, die 4—5 
Reihen zeigt; dürfte aber vielleicht doch richtiger zu Chr. mossam- 
bieus bezogen werden als zu Chr. niloticus, da die hohe Lage des 
Auges auch auf eine beträchtige Höhenausdehnung der Wangen 
schließen läßt, womit auch die Abbildung, falls sie nicht ganz un- 
brauchbar ist, übereinstimmt. 


Fundort: Senegal bei St. Louis. 


Gatt. Hemichromis Pet. 
Syn. Chromichthys Guich., A. Dum. 


35. Art. Hemichromis fasciatus Pet. 


Syn. Hemichromis fasciatus P et., Monatsb. Berl. Acad. 1857, p. 403. 
Br 55 Gthr., Catal. Fish, Brit. Mus. IV, p. 274. 
2 Blkr., Mem. Poiss. de Guinee, p. 38., tab. V. 
Fie. 1. 
Chromiechthys elongatus Guieh., Dum., Arch. du Mus. X. Rept. Peiss. 
de l’Afr. oeeid., pag- 257, pl. XXI, Fig. 3. 


o 
Die Länge des zugespitzten Kopfes ist ein wenig mehr als 23/, 
bis 3mal, die Körperhöhe 32/, bis 2*/,mal in der Körperlänge, der 
Augendiameter etwas mehr als 4 his nahezu 6mal in der Kopflänge 
enthalten. Bei ganz kleinen Individuen erreicht die Länge der 


Zur Fischfauna des Senegal. gr 


Schnauze nur unbedeutend mehr als 11/, Augenläugen, bei älteren 
Exemplaren von 43/, bis 91/, Zoll Länge kommt sie nicht selten zwei 
Augenlängen gleich oder eirca '/;, der Kopflänge; es finden sich da- 
her auch bei dieser wie bei Chr. niloticus und Chr. mossambicus 
lang- und kurzschnauzige Varietäten vor (Macro- und Microcepha- 
len), mit ziemlich kurzer und langer schmaler Mundspalte, von ovaler 
und sehr schlanker Körpergestalt, die durch zahlreiche Übergänge 
vermittelt werden. 

Die Zahl der Schuppenreihen auf den Wangen beträgt 5—7; 
das schuppenlose, untere Randstück des Vordeckels ist schmal, der 
aufsteigende Rand des Vordeckels vertical gestellt. Die Stirnbreite 
verhält sich zur Kopflänge wie 1:4 bis 41/,. 

Das hintere Ende des Oberkiefers fällt stets unter den vorderen 
Augenrand oder ein wenig hinter denselben. Die Mundspalte steigt 
schief nach vorne und oben an, und ist bis zum hinteren Oberkiefer- 
rande gemessen stets länger als die Schnauze. 

Die obere Profillinie des Kopfes ist äußerst schwach concav, 
oder fällt in gerader Riehtung vom vorderen Scheitelende zur Schnau- 
zenspitze ab. Bei sämmtlichen Exemplaren unserer Samınlung liegen 
im Zwischenkiefer zwei Zähnreihen, die durch einen Zwischenraum 
von einander geschieden sind. 

2—4 Hackenzähne in der Mitte des Zwischen- und Unterkiefers, 
bald von größerer, bald von geringerer Länge. Die Hackenzähne im 
Unterkiefer (zunächst der Symphyse) sind nieht selten länger und 
stärker als die gegenüberliegenden im Zwischenkiefer. 

Die Zahl der Dorsalstacheln beträgt 13—15, die der Glieder- 
strahlen 9—13. 

Die Anale wird von 3 Stachel- und 8—10 Gliederstrahlen 
gebildet. 

Die Dorsale beginnt ebenso häufig senkrecht über, als ein wenig 
vor oder hinter der Basis der Pectorale. 

Die Peetorale ist gerundet, stets kürzer als die Ventrale, deren 

Spitze häufig bis zur Analmündung reicht. 
Schuppen zwischen dem Kiemendeckel längs dem oberen Aste 
der Seitenlinie und dann senkrecht unter dessen hinterem Ende bis 
zur Basis der Caudale längs dem unteren Aste der Seitenlinie 30— 31, 
ferner zwei auf der Caudale. Zahl der Schuppen einer einzigen 
Längsreihe in der Rumpfmitte 28 (bis zur Caudalbasis). 


972 Steindaehner. 


21/, bis 31/, Schuppen zwischen dem oberen Aste der Seiten- 
linie und der Basis der mittleren Dorsalstrahlen. 


Ein himmelblau oder silberweiß umrandeter schwarzbrauner 
oder dunkelblauer Ocellfleck liegt am Kiemendeckel. Bei Männchen 
breitet sich nicht selten jede einzelne oder jede zweite Querbinde des 
Rumpfes in der Rumpfmitte fleckenförmig aus. Zuweilen fehlen aber 
die Flecken, sowie die dunkelgrünen Querbinden vollständig, bald 
nur die Querbinden oder die Flecken. 


Die Grundfarbe des Körpers ist dunkelgrau; auf jeder Schuppe 
liegt ein kleiner schwarzgrauer Fleck. Oberer Rand der Dorsale und 
obere Ecke der Caudale rosenroth. Unter diesem Saume sind die 
beiden erwähnten Flossen blaugrau. Die Gliederstrahlen der Dorsale 
sind überdieß hell und dunkel gebändert; zuweilen fließen die dun- 
keln Binden zu einem Netze zusammen und umschließen dann helle 
runde Flecken. 


Bei der von Dr. Bleeker Il. ce. abgebildeten Farbenvarietät 
des Hem. fasciatus kommen schwarze Flecken an den Seiten des 
Kopfes vor. N 

Wir untersuchten 20 Exemplare von 22/, bis 9'/, Zoll Länge, 
aus dem Senegal bei St. Louis. In reinem Süßwasser scheint 
Hemichr. fasciatus zu fehlen. 

21/231], 


L. transv. TUT 
9_—_10 


36. Art. Hemichromis bimaculatus Gill. 
Taf. I, Fig. 5. 
Syn. Hemichromis bimaculatus Gill., Proceed. Acad. nat. Sceiene. Philadel- 
phia, 1862, pag. 137. 
Hemichromis auritus Gill., ibid. pag. 135. 
» guttatus Gthr. Catal. IV, pag. 275. 


Die Höhe des Körpers ist mehr als 22/, bis 22/;mal, die Kopf- 
länge genau oder etwas weniger als 3mal in der Körperlänge, die 
Sehnauzenlänge Amal, der Augendiameter 41/, bis 33/,mal, die Stirn- 
breite durchschnittlich 4mal in der Kopflänge enthalten. 

Die obere Profillinie des Kopfes ist mehr oder minder schwach 
gebogen, die Mundspalte bald etwas breiter als lang, bald ein wenig 
länger als breit; der Unterkiefer springt ein wenig vor. Die mittle- 


Zur Fischfauna des Senegal. 973 


ren Zähne im Zwischenkiefer bedeutend, im Unterkiefer nur wenig | 
länger als die seitlichen. Nur eine Zahnreihe im Zwischenkiefer. 

3—4 Schuppenreihen auf den Wangen, letztere gleichen an 
Höhe der Länge des Auges, 

Der gliederstrahlige Theil der Dorsale und Anale ist nach hinten 
zugespitzt und reicht zurückgelegt über den Beginn der Caudale be- 
trächtlich hinaus. Die Caudale ist am hinteren Rande schwach ab- 
gerundet und länger als die Peetorale, welche in dieser Beziehung 
der Entfernung des hinteren Kopfendes vom vorderen Augenrande 
gleicht. Die Ventrale ist stark zugespitzt und erreicht mit ihrer 
Spitze die Aftermündung oder den Beginn der Anale. 

Die Zahl der Dorsalstacheln beträgt 13—14, sie nehmen nach 
hinten allmählig an Höhe zu, doch beträgt die Höhe des letzten Sta- 
chels kaum die Hälfte einer Kopflänge, während der längste dritt- 
oder viertletzte Gliederstrahl derselben Flosse der Entfernung des. 
hinteren Kopfendes vom vorderen Augenrand gleichkommt oder sie 
noch ein wenig übertrifft. 

Längs der Seitenlinie liegen bis zur Basis der mittleren Caudal- 
strahlen 2°—26 Schuppen und zwei auf der Caudale selbst, zählt 
man aber die Zahl der Schuppen längs einer einzigen horizontalen 
Schuppenreihe zwischen der Spitze des Kiemendeckels und der Basis 
der Caudale, so findet man nur 24 und zwei auf der Caudale. 

Der Hauptunterschied zwischen Hemichr. fasciatus und Hemichr. 
bimaculatus liegt somit hauptsächlich in der Zahl der Schuppen, bei 
ersterer Art beträgt sie nämlich längs der Seitenlinien 30—31 + 2, 
bei letzterer 23>—26. 

21/;, Schuppenreihen liegen über der oberen Seitenlinie bis zur 
Basis der mittleren Dorsalstacheln, unter der oberen Seitenlinie bis 
zur Aftermündung hinab 9 Schuppenreihen. 

In der Färbung und Zeichnung des Körpers stimmt Hemichr. 
bimaculatus fast ganz genau mit H. fasciatus überein. 

Am Rumpfe liegen 5—9 Querbinden und eine zehnte am Hin- 
terhaupte, sie sind bald deutlich ausgeprägt, bald kaum sichtbar; 
‚auf der Querbinde, welche die Mitte der Rumpflänge kreuzt, liegt ein 
großer, intensiv schwarzbrauner ovaler Fleck; etwas kleiner als die- 
ser ist der schwärzliche Kiemendeckellleck, der nach vorne silber- 
weiß eingefaßt ist. Ein dunkler Querstreif am Beginne der Caudale, 
welche in der basalen Hälfte überschuppt ist. 


974 Steindachner. 


Der untere Rand der Anale und der hintere Rand der Caudale 
(mit Ausnahme der Ecken) ist dunkel gesäumt, der obere Rand der 
Dorsale und die obere Ecke der Caudale rosenroth. 

Diese Art erhielt ich in vier Exemplaren aus dem Marigot bei 
Taoue, drei derselben zeigen eine gestreckte Körperform; bei dem 
vierten größten fällt das Kopfprofil bedeutend steiler vom Nacken ab 
und ist der Rumpf stärker erhöht. Das größte Exemplar unserer 
Sammlung mißt nur 2” 7’ in der Länge; höchst wahrscheinlich dürften 
bei älteren Individuen zwei Zahnreihen im Zwischenkiefer vorkommen 
und auch die Zähne zunächst der Symphyse des Unterkiefers stärker 
entwickelt sein. Die Länge dieser Zähne gibt übrigens keinen 
brauchbaren Anhaltspunkt zur Artunterscheidung, da dieselben bei 
einer und derselben Art sehr variabel ist, wie sich aus der Unter- 
suchung zahlreicher Exemplare des Hem. fasciatus ergab. 


Hemichr. auritus Gill. halte ich nur für eine Varietät des A. 
bimaculatus, bei welehem der große Seitenfleck vielleicht nicht 
scharf abgesetzt ist und den Seitenrand der Querbinde, auf welcher 
er liegt, nicht überragt oder auch ganz fehlen mag. Wir besitzen 
ein Exemplar, bei welchem das Vorhandensein dieses Fleckes nur 
durch die viel intensivere Färbung der betreffenden Binde in dem zu- 
nächst unter der oberen Seitenlinie liegenden Theile angedeutet ist. 


D. 13 14/1012; A. 3/89. 


Fam. Labyrinthiei. 
Gatt. Otenopoma Pet. 
37. Art. Ctenopoma Petheriei Gthr. 


Diese nach Dr. Günther im weißen Nile und im Gabon vor- 
kommende schöne Art fehlt auch dem Senegal nicht. Wir sammel- 
ten mehrere Exemplare im genannten Strome bei Dagana und Podor 
und im tiefen Marigot bei Taoue; das größte Exemplar unserer 
Sammlung ist 5 31/,”’ lang bei einer Körperhöhe von 2” 1'”. 


D. 16—18/10—12; A. 9— 10/3. 
Die Körperhöhe ist bei ganz kleinen Individuen von 1'/, bis 2 


Länge 31/, bis etwas mehr als 3mal, bei größeren von 31/5” bis 5" 
4" weniger als 3 bis 2'/,mal, die Kopflänge bei ersteren 3t/, bis 


Zur Fischfauna des Senegal. 975 


fast 31/,mal, bei letzteren 32/; bis nahezu 4mal in der Totallänge; 
die Stirnbreite 31/;mal bei kleinen, 3mal bei alten Individuen in der 
Kopflänge enthalten. 13 Schuppen querüber in der größten Leibes- 
höhe. 

Die obere Häfte der Seitenlinie durchbohrt 14—17, die untere 
oder hintere Hälfte 10—13 Schuppen, von denen die letzten auf der 
Caudale liegen. 

Dorsalstacheln 16—18, Analstachelr 9—10; Gliederstacheln in 
der Dorsale 10—12, in der Anale 11. 

Ein großer schwärzlicher Querfleck vor der Basis der Caudale. 

Die Schnauzenlänge gleicht bei kleinen Individuen bis zu 21,” 
Länge der Augenlänge, übertrifft aber letztere bei großen Exempla- 
ren ein wenig. In der Bezahnungsweise des Kiemendeckels unter- 
scheidet sich Ct. Petheriei Gthr. nicht bedeutend von C£. multispi- 
nis Pet., nur sind die Zähne zunächst über und unter der halbmond- 
förmigen Einbuchtung länger und minder zahlreich. 


Fam. Pleuroeneetidae. 
Gatt. Citharichthys Blkır. 
*37. Art. Citharichthys spilopterus Gthr. 


Bei zwei kleinen Individuen von 3” 7’ und 4” 10’ Länge ist 
die größte Körperhöhe nur 2'/, bis 2‘/;mal, die Kopflänge 31/, bis 
mehr als 32/;mal, die Länge der Caudale 42/, bis mehr als 41/,mal 
in der Körperlänge (ohne Caudale) enthalten. Unterkiefer nahezu 
halb so lang wie der Kopf, bei dem kleinen Exemplare von 3” 7" 
Länge, etwas kürzer bei dem größeren. 

Die Seitenlinie durchbohrt bis zur Basis der mittleren Caudal- 
strahlen 46—48 Schuppen und setzt sich auf der Caudale bis zur 
äußersten Spitze dieser Flosse fort. 

Dorsale, Caudale und Anale braun gesprengelt, größere Fleck- 
chen auf dem basalen Theile der Dorsale und Anale in 1—2 Reihen; 
ein ovaler brauner Fleck vor der Basis der mittleren Caudalstrahlen. 

83—84 Strahlen in der Dorsale, 63 in der Anale; Ventrale 
jederseits mit 6 Strahlen, linke Peetorale mit 10, rechte mit 8 Strah- 
len. Schuppen der Augenseite etenoid, die der reehten Körperseite 
eyeloid. 


976 Steindachner. 


Im Senegal zwischen St. Louis und der Strommündung (im 
Brackwasser)) häufig, zum mindesten im December. 


Gatt. Psettodes Benn. 
*38. Art. Psettodes Belcheri Benn.? an n. sp. (Psett. Bennettii). 


Da mir leider Bennett’s Beschreibung dieser Art (Proc. Comm. 
Zool. Soc. 1831, p. 147) nicht zugänglich ist, welche, wie ich aus 
Dr. Günther’'s Catalog, V. IV., p. 402 vermuthe, an der Westküste 
Afrikas vorkommt und von Dr. Günther nur mit ? unter die Syno- 
nima von Psettodes Erumei gereiht wurde, so vermag ich nicht be- 
stimmt anzugeben, ob das mir vorliegende große und trefflich erhal- 
tene Exemplar mit Psettodes Belcheri Bennet identisch sei, oder 
aber einer eigenen Art angehöre; so viel ist gewiß, daß es zu Psett. 
Erumei Cuv. Gthr. nicht bezogen werden kann, da die Körperform 
viel gestreckter ist. 

Die größte Leibeshöhe ist etwas weniger als 3'/,mal, die Kopf- 
länge unbedeutend mehr als 41/,mal in der Totallänge, die ganze 
Länge des Unterkiefers 11/;mal, die Stirnbreite (zwischen den Augen) 
7°/,mal, der Längendurchmesser des oberen Auges eirca 6°/,mal, der 
des unteren 7*/,mal in der Kopflänge enthalten. 

Das obere Auge ist weiter nach vorne gerückt als das untere, 
etwas größer als letzteres und stößt an den oberen Kopfrand. Die 
auffallend lange Mundspalte trägt zwei Zahnreihen in jedem Kiefer. 
Die Zähne sind sehr lang, an der Spitze nagelförmig verbreitert, 
und nehmen gegen das vordere Mundende an Länge zu; überdieß 
sind die Zähne der inneren Reihe länger als die der Außenreihe, und die 
Zwischenräume zwischen denselben sind mit yiel kleineren Zähnen 
(einreihig) ausgefüllt. Die Stirne ist ein wenig concav. Die beiden 
Narinen liegen zwischen und vor den Augen. 

Die Dorsale beginnt am Nacken, nur die vorderen Dorsal- und 
Analstrahlen sind einfach, die übrigen gespalten; die längsten mittle- 
ren Strahlen beider Flossen übertreffen kaum 1/, der Kopflänge; die 
Länge der Caudale ist circa 1!/,mal in der Kopflänge enthalten. 

Die kurze, gerundete Ventrale wird jederseits von 6 Strahlen 
gebildet. Die Pectorale der augenlosen Seite ist kürzer als die der 
rechten Körperseite, etwas weniger als mal in der Kopflänge ent- 
halten und aus 13 Strahlen zusammengesetzt. Die Pectorale der 


Zur Fischfauna des Senegal. 977 


Augenseite erreicht an Länge nahezu die Hälfte des Kopfes und ent- 
hält gleichfalls 13 Strahlen. 

Der vorderste Theil der Seitenlinie ist sehr schwach gebogen, 
senkt sieh dann allmählig (äußerst schwach) und läuft erst in der 
zweiten Hälfte der Rumpflänge in horizontaler Richtung fort. 

Zwischen dem oberen Ende der Kiemenspalte und der Basis der 
Caudale durehbohrt die Seitenlinie 68 Schuppen und weitere drei 
auf der Caudale. Die Schuppen der Seitenlinie sind etwas kleiner als 
die benachbarten, doch laufen Nebenäste des Haupteanales auch noch 
über die ganze Schuppenreihe über und unter der Seitenlinie, sich 
vielfach verzweigend. 

Die kleinsten Schuppen liegen am Kopfe in der Brustgegend 
und zunächst der Basis der Dorsale und der Anale. Diese Flossen 
sind schuppenlos, die Caudale aber ist vollständig beschuppt. 

Die Schuppen beider Körperseiten sind eycloid. Die Schuppen- 
scheide an der Basis der Dorsale und Anale ist von geringer Höhe. 

Grundfarbe des Körpers schmutzig braunvioleit, hie und da mit 
etwas dunkleren Wolkenflecken. 

Große weißliche Flecken liegen in ziemlich weiter Entfernung 
von einander unregelmäßig am Rumpfe zerstreut, und sind an den 
Rändern stark verwaschen. Sämmtliche Rumpfschuppen sind dunkel 
gestrichelt oder punktirt. Der freie Rand der Dorsale, Caudale und 
der Anale ist weißlich gesäumt. Augenlose Körperseite milchweiß. 

D. 48; A. 36; L. lat. 68 (+ 3 auf der Caudale). 

Ein Exemplar von 19:/,” Länge aus dem Senegal, unterhalb 
St. Louis. 

Diese von uns beschriebene Art ist jedenfalls sehr nahe ver- 
wandt mit Ps. Erumei, bei welcher aber die Körperhöhe nach 
Bleeker’s Abbildung zu schließen, nur 2%/,mal in der Totallänge 
enthalten ist. 


Gatt. Cynoglossus H. Buch. 


*39. Art. Cynoglossus (Arelia) senegalensis Kaup. 
Syn. Arelia senegalensis Kaup, Wiegm. Arch. 1858, pag. 108. 
Cynoglossus senegalensis Gthr., Catal. Fish. Brit. Mus., Vol. IV, p. 502. 
Erreicht eine Länge von 24”, kommt sehr häufig zwischen der 
Senegal-Mündung und St. Louis vor und ist sehr geschätzt. 


978 Sbeiindaichinem. 


Die Körperhöhe ist bei Individuen von 7!/,” Länge mehr als 
6mal (61/,mal) in der Totallänge enthalten und der Kopflänge gleich, 
bei alten Exemplaren von 22—24” Länge aber übertrifft die Leibes- 
höhe die Kopflänge bedeutend und erreicht genau Y, der Totallänge, 
während die Kopflänge nicht ganz 6mal (55/, —58/,) in letzterer ent- 
halten ist. Die Ventrale der Augenseite ist sehr schwach entwickelt 
und enthält nur zwei kurze Strahlen. 

Die mittlere Seitenlinie der Augenseite durchbohrt zwischen 
jener Stelle des Kopfes, an der sie zur oberen Seitenlinie einen Ver- 
tiealast absendet, und der Basis der mittleren Caudalstrahlen 134 bis 
135 Schuppen und ist in der Mitte der Körperseiten durch 16 Schup- 
penreihen von der oberen Seitenlinie getrennt. 

Die Schnauzenlänge erreicht durchschnittlich 1/; der Kopflänge; 
die Länge der Mundspalte ist eirca 41/;mal in der des Kopfes ent- 
halten. Das obere Auge ist ein wenig weiter nach vorne gestellt als 
das untere. 

Die Schuppen der Augenseite sind deutlich gezähnt, die der 
rechten Körperseife aber eycloid. 

Die Schuppen der Augenseite nehmen gegen die Mitte der 
Rumpfhöhe an Größe zu. 


D. 133; A. 106; V. 4 rechts, 2 links; C. 10; L. lat. 134—135 
(ohne Caudalschuppen). 


Im Leben rothbraun, mit einigen braunen Fleckehen auf jeder 
Rumpfschuppe der Augenseite. 


Fam. Siluridae. 
Gatt. Clarias Gron. 
40. Art. Olarias senegalensis Valenc. 


Der Kopf ist 3°/, bis mehr als 3°/, bei Exemplaren mittlerer 
Größe (bis zu 10” Länge), nahezu 4mal bei alten Individuen von 
22” Länge, die Körperhöhe eirca 7'/,mal in der Totallänge enthalten. 
Die Kopfbreite verhält sich zur Kopflänge wie 1:12/,—11J2. 

Die Oberkieferfäden reichen bis zur Mitte der Pectoralen, nur 
bei alten Individuen bis zur Basis derselben, die äußeren Kinnfäden 
bis zum Ende des ersten Viertels, zuweilen selbst bis zur Mitte der 
Pectoralen, bei alten Individuen nur bis zur Kiemenspalte. Die Nasal- 


Zur Fischfauna des Senegal. 979 


barteln reichen bei jüngeren Exemplaren noch über das hintere Ende 
der Stirnfontanelle ziemlich weit hinaus, bei alten dagegen nur über 
die Mitte derselben zurück. 

Die Zahnbinde des Unterkiefers ist etwas kürzer als die des 
Zwischenkiefers, letztere nur wenig breiter als erstere, aber be- 
trächtlich breiter (1:/,mal eirca) als die Zahnbinde des Vomers. 
Kieferzähne bürstenförmig und länger als die gröberen, körnigen 
Zähne des Vomers. Die Binde der Zwischenkiefer und des Vomer ist 
in der Bogenmitte schmäler als in der Mitte der Seitenhälften des 
Bogens. 

Die Oberseite des Kopfes ist bei jungen Individuen glatt, mit 
einer dünnen Haut überzogen, bei älteren Exemplaren mehr oder 
minder grob granulirt. Die Stirnbreite ist 2/,—21/;mal, die Schnau- 
zenlänge 4'/, —A?/,mal in der Kopflänge enthalten. 

Die Länge der vorderen Fontanelle ist viel beträcbtlicher bei 
jungen als bei alten Exemplaren; bei ersteren ist die Länge dieser 
Fontanelle gleich ihrer Entfernung vom hinteren Ende oder der Mitte 
der Hinterhauptsfontanelle, bei einem alten Individuum von 22” Länge 
beträgt die Länge der Stirnfontanelle nur 1” 2”, die Entfernung der- 
selben vom vorderen Ende der Hinterhauptsfontanelle aber 1” 4”. 
Der vordere Schnauzenrand ist bei alten Individuen nur sehr schwach, 
bei jüngeren stärker gebogen. 

Zwei kleine Stämme baumförmiger Nebenkiemen liegen über 
dem zweiten, ein einziger, aber mehr als 6mal stärker entwickelter 
Stamm über dem vierten Kiemenbogen. Stets nur 32—34 zarte 
Kiemenbogenfortsätze am ersten Kiemenbogen (bei Cl. mossambicus 
nach Prof. Peters 65— 70, bei Clar. anguillaris eonstant 20), 
daher nicht dieht an aneinander gedrängt. 

Die Brustflossen reichen bis zum Anfange der Dorsale; der Pee- 
toralstachel ist am Außenrande im mittleren Theile seiner Länge 
grob, im vordersten Drittel feiner gezähnt und von ziemlicher Stärke. 

Die Dorsale hört etwas vor dem Ende der Anale auf; die Cau- 
dale ist bald etwas mehr bald etwas weniger als 2mal in der Kopf- 
länge enthalten. 

Rücken dunkelgrün oder grünlichgrau, untere Körperhälfte 
schmutzigweiß. Dorsale und Caudale gelblichbraun, gegen den freien 
Rand zu etwas mit rothgelb gemischt. Rand der Dorsale schmal, der 
der Anale und Caudale breiter blaß rothgelb gesäumt. 


980 Steindachner. 


Obere größere Hälfte der Körperseiten und zuweilen auch die 
Dorsale schwärzlich marmorirt- Eine schwarzgraue Binde läuft vom 
Mundwinkel nach hinten an Breite zunehmend zur Peetoralbasis, zu- 
weilen zieht sie nach vorne um den ganzen Unterkieferrand herum. 


Der Zwischenraum zwischen dieser schwarzgrauen Binde und 
der Kopfoberseite ist gelblichweiß. 


D. 73—68; A. 53—50; P. 1/10—11. 
Sehr häufig im Senegal von St. Louis bis Bakel. 


Gatt. Heterobranchus Geoft. 


41. Art. Heterobranchus senegalensis Val. 


Syn. Heterobranchus senegalensis C. V., Hist. nat. Poiss. T. XXV, pag. 397. 


Die einzige bisher aus dem Senegal bekannte Heterobranchus- 
Art steht unter den bisher beschriebenen Arten dem Heterobr. biseria- 
lis Geoffr. am nächsten, und trägt wie diese 45—46 Strahlen in 
der ersten Dorsale, welche aber im Gegensatze zu diesem höher ist 
als die zweite Dorsale, in welcher man zahlreiche Faserstrahlen 
deutlich wahrnehmen kann. 

Die Länge des Kopfes bis zur Spitze des Hinterhauptes ge- 
messen verhält sich zur Totallänge wie 1:32/,—3°/,, die größte 
Leibeshöhe zu derselben wie 1:71/,—83/,. 

Die Breite der Stirne zwischen den Augen ist 21/, bis unbe- 
deutend mehr als zweimal, die größte Kopfbreite 11/,mal bei älteren, 
13/,mal bei jüngeren Individuen in der Kopflänge enthalten. 

Die Länge der seitlich liegenden Augen beträgt bei jüngeren 
Exemplaren von eirea 71/,” Länge 1/,, bei älteren von 12—121/,” 
Länge kaum 1/, der Stirnbreite. 

Die Schnauzenlänge erreicht nicht ganz 1/, der Kopflänge. 

Die vordere Narine mündet in eine häutige Röhre, welche im 
hinteren Theile höher als in dem vorderen ist; die hintere länglich 
geschlitzte Narine von bedeutend größerem Umfange mit gelappten 
Rändern ist ebenso weit vom Auge wie von der vorderen Nasen- 
öffnung entfernt. 

Die Sehnauze ist breit, am vorderen Ende bei alten Exemplaren 
stärker abgestumpft als bei jungen, und überragt den Unterkiefer 
ziemlich bedeutend. 


Zur Fischfauna des Senegal. 981 


Die Breite der Mundspalte übertrifft 1/, der Kopflänge. 

Die Zahnbinde des Vomer ist ein wenig breiter als die des 
Zwischenkiefers. Sämmtliche Zähne in den Kiefern und am Vomer 
sind hechel- oder bürstenförmig, die am Vomer kleiner als die Kiefer- 
zähne. 

Sämmtliche Barteln sind dick. Der Bartfaden des Oberkiefers 
reicht bis über die hintere Spitze der Ventralen, der äußere Kinn- 
faden bleibt mit seiner Spitze um 1/,—!/, der Bauchflossenlänge von 
der Einlenkungsstelle der Ventralen entfernt. Der Nasenfaden erreicht 
zuweilen die Spitze, oder doch mindestens die Mitte der Peetorale, 
und der innere Kinnfaden bis zur Längenmitte derselben Flosse oder 
noch etwas darüber. 


Die Oberseite des Kopfes ist granulirt und zwar gröber und in 
weiterem Umfange bei älteren als bei jüngeren Exemplaren. 


Die Stirnfontanelle nimmt mit dem Alter bedeutend an Länge 
ab. Zahl der Kiemenstrahlen 9. 


Prof. Peters Beschreibung des Kiemengerüstes von Het. la- 
ticeps palst vollkommen auf die uns vorliegende Art, nur reichen am 
ersten Kiemenbogen die Kiemenblätter noch über den Winkel 
zwischen dem 2. und 3. Kiemenbogenstück hinaus, und es fehlt zu- 
gleich am ersten Kiemenbogen eine aufrecht stehende, strahlige 
Haut, welche dagegen an dem vorderen Rande des 2. und am 
hinteren Rande des 3. Kiemenbogens am dritten Gliede stark ent- 
wickelt ist. 


Die Kiemenfortsätze oder Rechenzähne auf der inneren Seite 
der Kiemenbögen liegen am ersten und zweiten Kiemenbogen nur in 
einer Reihe, und sind bedeutend länger als die der übrigen Kiemen- 
bögen; ihre Zahl beträgt 22—23. 


Am hinteren Rande der Innenseite der zwei ersten Kiemenbögen 
sind dieRechenzähne nur als Auszackungen der Kiemenbogenhaut an- 
gedeutet. 


Die Rückenflosse beginnt um kaum zwei Augenlängen hinter dem 
Interparietalfortsatz, der bei jungen Individuen schmäler ist und da- 
her verhältnißmäßig länger erscheint als bei älteren Exemplaren. Bei 
letzteren ist der Fortsatz ebenso breit wie lang und hinten stark ab- 
gerundet, bei ersteren fast 1'/,mal so lang wie breit und stärker zu- 
gespitzt. 


082 Steindaehner. 


Die Basislänge der Dorsale ist eireca 21/,— nahezu 2°/,mal in 
der Totallänge enthalten; das vordere Ende der Dorsale ist etwas 
weiter vom hinteren Augenrande entfernt, als das hintere Ende der- 
selben von der Basis der Caudale. 


Die größte Höhe der strahligen Rückenflosse nach der Rich- 
tung der Strahlen gemessen erreicht circa '/, der Körperlänge oder 
ist eirca 26/,—3mal in der Kopflänge enthalten. 


Die Fettflosse beginnt unmittelbar hinter der strahligen Rücken- 
flosse und ist mit dem Ende ihrer Basis dem Anfange des oberen 
Randes der Caudale angewachsen. Sie ist ferner minder hoch als die 
strahlige Dorsale, in dieser Beziehung eireca 4— 42/,mal in der Kopf- 
länge enthalten und läßt in sich eirca 21— 23 Faserstrahlenbündel 
deutlich erkennen. 


Die Brustflossen sind oval und nicht ganz halb so lang wie der 
Kopf. Der Peetoralstachel ist am Aussenrande nicht gezähnt. 


Die abgerundeten Bauchflossen sind vor der Basismitte der 
strahligen Rückenflosse eingelenkt und mehr als 2%/.mal in der Kopf- 
länge enthalten. 


Die Spitze der horizontal zurückgelegten Ventralen reichen ein 
wenig über den Beginn der Anale hinaus, welche etwas vor der Mitte 
der Rumpflänge beginnt. 

Die abgerundete Caudale ist nahezu halb so lang wie der Kopf. 

Die Seitenlinie läuft ein wenig unter der Mitte der Rumpf- 
höhe hin. 

Im Leben grünlichgrau, Bauchseite schmutzig weiß; oberer 
Rand der strahligen Dorsale gelblichgrau. 


D. 42 — 44; A. 54—60;C. 28; P. 1/11. 


Fundort: Senegal bei Podor, Dagana, Bakel. 


Gatt. Malapterurus Lae. 
42. Art. Malapterurus electrieus Lin. 


Während meines Aufenthaltes in Dagana wurde nur einmal ein 
großes Exemplar dieser Art mit dunkeln schwarzen Fleeken mit der 
Angel gefischt uud aus Furcht vor den Schlägen allsogleich in viele 
Stücke zerhauen. In den tiefen Marigots soll nach Aussage der Ein- 
sebornen der Zitterwels häufig vorkommen. 


Zur Fischfauna des Senegal. 983 


Gatt. Schilbe Cuv. 


43. Art. Schilbe senegalensis Val. var. fasciata an nova spee.? 


Taf. VI. Fig. 1. 2. 


Da im Senegal nur eine einzige Art der Gattung Sehilbe vor- 
kommt und Valenciennes in dem XIV. Bande der Hist. nat. des 
Poissons pag. 378 eine Schilbe-Art unter dem Namen Schilbe sene- 
gallus leider nur oberflächlich erwähnt, so dürfte wohl über die 
Richtigkeit der Bestimmung der uns vorliegenden zahlreichen Exem- 
plaren kein gegründeter Zweifel obwalten, wenngleich letztere in der 
Färbung ausnahmslos bedeutend von Sch. senegalensis Val. ab- 
weichen. 

Die Höhe des Leibes unter der Dorsale ist 33/,—4mal, die Kopf- 
länge weniger als 41/, —4'/,mal, die größte Höhe der Dorsale in der 
Regel etwas weniger als 6mal (eirea 5*/,mal), die Länge der Cau- 
dale 43/,—5mal, die der Peetorale genau oder unbedeutend mehr 
als 6mal in der Körperlänge (ohne Caudale) enthalten. 

Der Rumpf ist zusammengedrückt, nur der Bauch ist kugel- 
förmig aufgetrieben. 

Die Kopfbreite gleicht 2/, der Kopflänge, der Augendiameter ist 
A1/,—omal, die Stirnbreite 2mal, die Kopfhöhe eirca 11/;mal in der 
Kopflänge enthalten. 

Die Breite der Mundspalte erreicht beiläufig die Hälfte der 
Kopflänge. 

Die Kiefer sind in den bei weiten meisten Fällen gleichlang, 
selten nur springt der Unterkiefer ein wenig vor oder überragt der 
Zwischenkiefer nur unbedeutend den Unterkiefer. Ich konnte leider nur 
kleine Exemplare bis zu 4’ 6 Linien Länge untersuchen und ver- 
muthe nach diesen, daß bei alten Individuen die Unterkieferspitze 
regelmäßig ein wenig über den Zwischenkiefer vorspringen dürfte. 

Die Binde der Kieferzähne ist viel breiter als die Zahnbinde am 
Gaumen. 

Die Mundspalte erhebt sich schief nach vorne: unmittelbar 
hinter dem Mundwinkel liegt das Auge, dessen Centrum in eine hori- 
zontale Linie mit den Mundwinkeln fällt. 

Der äußere Kinnfaden ist ein wenig länger als der Oberkiefer- 
tentakel, beide reichen ein wenig über die Basis der Pectorale hinaus. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 64 


984 Steindachner. 


Der Nasenfaden erreieht nur den hinteren Rand des Vordeckels. 

Die Dorsale steht mitten über den Einlenkungsstellen der Pec- 
toralen und Ventralen und enthält in der Regel nur fünf, selten sechs 
getheilte Strahlen. Ihre Basis übertrifft an Länge nur wenig !/, der 
Höhe des längsten Strahles. 

Der Stachel der Dorsale ist schwächer als der der Pectorale, an 
der Vorderseite nur im obersten Theile äußerst schwach, am hin- 
teren Rande aber weiter hinab und stärker gezähnt. 

Bedeutend kräftiger ist die Zähnelung am Innenrande des Peeto- 
ralstachels, der auch im hinteren Theile seines äußeren Randes 
sehwach gezähnt ist, und wie der Dorsalstachel mit Einschluß seines 
letzten häutigen Theiles, der sehr leicht verloren geht, der längste 
Strahl der ganzen Flosse ist oder nur sehr wenig kürzer als der dar- 
auffolgende Strahl. 

Die Anale beginnt vor der Mitte der Körperlänge und endigt in 
sehr geringer Entfernung vor der Caudale, welche am hinteren 
Rande sehr tief eingeschnitten ist. 

Die Caudallappen sind in der Regel sehr stark zugespitzt und 
der obere stets ein wenig länger als der untere. 

Die Länge der Ventralen steht der Hälfte der Kopflänge ein 
wenig nach; die Peetorale reicht mit der horizontal zurückgelegten 
Spitze ihrer längsten Strahlen bis zur Einlenkungsstelle der Ventrale. 

Die ganze Oberseite des Kopfes und der Seitenabfall desselben 
ist dieht dunkel schmutzig violett punktirt; ebenso die Innenseite der 
Deckelstücke. 

Am Rumpfe bilden sehr dieht an einander gedrängte, gleichfalls 
violettbraune Punkte drei breite Längsbinden. 

Die oberste Binde nimmt die Rückenseite ein, die mittlere zieht 
über die Mitte der Rumpfseiten hin und ist durch den schmalen sil- 
berhellen Streif der Seitenlinie halbirt; an ihrem vorderen Ende liegt 
ein großer schwarzgrauer Längsfleck. 

Die dritte Binde beginnt an der Pectoralbasis, ist etwas schmäler 
als die beiden oberen und ist zuweilen nur schwach angedeutet. 

Die Räume zwischen den Binden sind silberweiß oder weißlich- 
gelb. | 

Über und längs der Basis der Anale bemerkt man eine sehr 
schmale, nahe dem unteren freien Rande derselben Flosse eine zweite 
viel breitere Längsbinde, welehe minder intensiv gefärbt ist als die 


Zur Fischfauna des Senegal. 985 


Rumpfbinden und von viel kleineren Pünktehen zusammengesetzt ist 
als diese. 


Die Mitte des oberen und unteren Caudallappens durchzieht 
gleichfalls eine dunkle Längsbinde, welche ins schwärzliche über- 
geht und eine Fortsetzung der obersten und untersten Rumpfbinde 
ist. Auch der mittlere Theil der hinteren Caudallappen ist breit 
dunkel punktirt. 


Die Dorsale ist vollständig oder nur in den beiden oberen Höhen- 
dritteln, die Peetorale im äußersten Theile schwärzlich punktirt. 


D. 1/5—6; A. 53—58; V. 6; P. 1/9. 


i Sehr gemein im Senegal bei St. Louis, Dagana, Podor, Bakel, 
Matum. 


Schilbe dispila Gthr. steht dem Schübe senegalensis sehr nahe 
und unterscheidet sich nach Dr. Günther's Beschreibung zu 
schließen von letzterem fast nur durch die etwas geringere Länge des 
Kopfes, vielleicht aueh durch die etwas bedeutendere Höhe der Dor- 
sale und endlich dureh den Mangel von dunkeln Rumpfbinden, die 
übrigens auch Valeneiennes in der Beschreibung des Sch. senega- 
lensis nicht erwähnt, obgleich sie keinem der von uns untersuchten 
61 Exemplaren von 3—41/,” Länge fehlen. 


' Gatt. Butropius, J. Müll. Troseh. 


44. Art. Eutropius Adansonii Val. 
Tat, V. 
Syn. Bagrus Adansonü Val., C. V. Hist. wat. Poiss. Vol. XIV, pag. 391. 


pl. 144. 
Eutropius Adansonü Gthr., Cat. V, p. 54. 


Der Körper ist hinter der Pectorale sehr stark zusammenge- 
drückt, der Kopf in der vorderen Hälfte stark deprimirt. 

Die größte Leibeshöhe ist 33/, bis 32/;mal, die Kopflänge 43/, 
bis 5mal, die Länge der Caudale circa Amal, die Höhe der Dorsale 
nahezu 6 bis etwas mehr als 5mal, die Länge der Peetorale nahezu 
51/, bis 5s/‚mal, die der Ventrale 91/, bis 83/,mal in der Körper- 
länge, der Augendiameter 31/, bis 5%/,mal, die Stirnbreite 2:2/, bis 
21/,mal, die größte Kupfbreite 13/, bis 11/,mal in der Kopflänge 

64* 


986 Steindachner. 


enthalten. Bei ganz kleinen Exemplaren von 2’ 3” Länge ist der 
Augendiameter nur 23/,mal und die Stirnbreite nicht ganz 3mal, die 
Kopfbreite fast 2mal in der Kopflänge enthalten. 


Der Zwischenkiefer ragt über den Unterkiefer vor; die Mund- 
spalte ist breit, nur schwach nach oben und vorne gerichtet, an 
Breite eirca ®/, des Kopfes gleich. Die Binde der hechelförmigen 
Kieferzähne ist etwas schmäler als die des Vomers und der Gaumen- 
beine. 


Die Augen sind nahezu kreisrund, etwas schief gestellt und lie- 
gen in geringer Entfernung hinter den Mundwinkeln, zum größten 
Theile über der Höhe derselben. 


Der Nasenfaden ist etwas kürzer als das Auge, der gleichfalls 
sehr zarte Faden des rudimentären Oberkiefers reicht bis zur Basis 
der Peetorale oder noch über dieselbe zurück. Die feinen vorderen 
Kinnfäden sind ebenso lang wie die der hinteren Narinen; die äußeren 
Kinnfäden stehen an Länge einem Drittel des Kopfes etwas nach; bei 
jungen Individuen erreichen letztere fast ®/, der Kopflänge. Die 
Kiemenhaut trägt 9 Strahlen. 

Die erste Rückenflosse steht vor den Ventralen, und ist oben zuge- 
spitzt. Der schlanke, am hinteren Rande gezähnte Stachelstrahl über- 
ragt mit seinem häutigen Endanhange die übrigen Strahlen. Das 
Basisende der ersten Dorsale fällt genau über die Einlenkungsstelle 
der kurzen Ventralen, der Beginn der Dorsale endlich ist 31/,mal so 
weit von der Basis der Caudale als vom vorderen Kopfende entfernt. 
Bedeutend stärker als der Dorsalstachel ist der Stachel der Peetorale, 
gleichfalls der längste Strahl der ganzen Flosse und am Innenrande 
mit kräftigen Hackenzähnen besetzt. 


Die Spitze der Pectoralen erreicht nicht die Basis der kurzen 
Ventralen. 


Die Anale ist sehr lang, doch in ihrer Längenausdehnung nicht 
constant. Bei manchen Individuen gleicht die Basislänge der Anale 
nur der Hälfte der Entfernung der Caudalbasis vom Augencentrum, 
bei anderen, insbesondere älteren Exemplaren nur der Hälfte der 
Rumpflänge (zwischen dem oberen Ende der Kiemenspalte und der 
Caudalbasis). 

Die längsten vorderen Strahlen kommen der Entfernung des 
vorderen Kopfendes vom hinteren Augenrande an Höhe gleich. Die 


Zur Fischfauna des Senegal. 987 


kleine Fettflosse liegt um mehr als eine Augenlänge vor dem hinteren 
Ende der langen Anale. 


Die Caudallappen sind bald sehr stark, bald nur mäßig zu- 
gespitzt. 

D. 1/5—6;P. 1/9; V. 6; A. 56—58. 

Der mittlere Theil der Anale ist zuweilen, der hintere Rand der 
Caudale stets wasserig schwarzgrau. Schwärzlieh punktirt ist die 
erste Dorsale und die Pectorale. 

Rücken bleifarben, Körperseiten und Bauch silberweiß. Ein 
dunkelgrauer Fleck von bedeutender Länge liegt am Beginne der 
Seitenlinie. 

Das größte Exemplar unserer Sammlung ist 13 Zoll lang. 


Fundort: Senegal bei Dagana und Matam. 


Gatt. Chrysichthys Blkr. Gthr. 


45. Art. Chrysichthys Cranchii Leach. 


Syn. Pimelodus Cranchü Leach. in Tuckey, Narrat. Exped. Zaire, pag. 409 
Griff. An. Kingd. Fish. Suppl. pl. 40 (sec. Günther). 
Chrysichthys Cranchü Gthr., Cat. V, pag. 72. 
Bagrus nigrita C. V. Hist. n. Poiss. XIV, pag. 426, pl. #16. 


Der stark deprimirte, breite Kopf verschmälert sich nur wenig 
nach vorne, ist an der Oberseite querüber nahezu ganz flach; die 
Seiten des Kopfes fallen steil nach unten ab. 


Die größte Leibeshöhe ist etwas mehr oder weniger als mal, 
die Kopflänge bis zur Kiemenspalte dmal in der Körperlänge, die 
Kopfbreite 1'/, bis etwas weniger als 1'/;mal, die Breite der Mund- 
spalte 2mal in der Kopflänge enthalten. 

Das vordere Ende des Kopfes ist bei Exemplaren mittlerer Größe 
bogenförmig gerundet, bei alten Individuen aber zuweilen fast quer 
abgestutzt. 

Das ovale Auge liegt genau in der Mitte des Kopfes zwischen 
der Schnauzenspitze und dem äußersten Ende des Kiemendeckels. 

Die Stirnbreite gleicht der Entfernung des vorderen Augenran- 
des von der Schnauzenspitze. 

Sämmtliche Barteln sind im unteren Theile bandförmig, eom- 
primirt. 


088 Steindacehner. 


Die Oberkieferbarteln reichen bis zur äußersten Spitze der 
Pectoralen zurück, die dünnen Nasenfäden bis zur Mitte des Auges, 
die äußeren Kinnbarteln bis zur Basis der Pectoralen, die inneren 
Kinnbarteln sind eirea ®/;mal so lang wie die äußeren. 

Der Zwischenkiefer überragt den Unterkiefer seiner ganzen Aus- 
dehnung nach. 

Hechelförmige Zähne in den Kiefern, am Vomer und Gaumen. 
Binde der Oberkieferzähne fast doppelt so breit wie die am Vomer 
und Gaumen. Die Vomerbinde besteht aus zwei dureh einen schmalen 
Zwischenraum getrennten Hälften. 

Der Oceipitalfortsatz ist unbedeutend länger als breit, hinten 
gabelförmig gespalten. In den Einschnitt paßt das vordere Ende der 
Nackenplatte, welche nach hinten bügelförmig auseinander weicht 
und die Seiten des Dorsalstachels umschließt. 

Die Rauhigkeiten an der Oberseite des Kopfes reichen bald bis 
zu den hinteren Narinen, bald aber nur bis zur Stirnmitte. 

Die Höhe der strahligen Dorsale ist eirca 41/, (bei alten) — 
8°/,mal (bei jungen Individuen) in der Körperlänge enthalten. 

Die Dorsale ist oben stark oval gerundet, von fächerförmiger 
Gestalt. Der kräftige Dorsalstachel ist am Vorderrande körnig und 
mit Einschluß des aus biegsamen Gliedern bestehenden, zuletzt häu- 
tigen Endtheiles 11/,mal in der Kopflänge enthalten. 

Der zweite gespaltene Dorsalstache! ist der längste der ganzen 
Flosse, deren hinteres Ende vor dem Beginn der Ventralen in senk- 
rechter Richtung fällt. 

Der Pectoralstachel ist plattgedrückt, fast 2mal so breit wie der 
Dorsalstachel, am Innenrande mit zahlreichen, langen Stachelzähnen 
besetzt, deren Spitze nach vorne gekehrt ist, am äußeren Rande fein 
gezähnelt, und endigt in einem häutigen comprimirten Faden wie der 
Dorsalstachel. Mit diesem steht er dem darauffolgenden gespaltenen 
Strahle an Länge kaum nach, oder übertrifft ihn sogar noch, wenn- 
gleich höchst unbedeutend. 

Die Fettflosse umschließt einen dieken breiten Vorstachel, hinter 
welchem man noch 13—14 gespaltene Strahlen in der oberen Hälfte 
der Flosse ganz deutlich unterscheiden kann. 

Der siebente Strahl der Anale ist ebenso lang wie der längste 
mittlere der Ventrale und in dieser Beziehung der Entfernung des 
vorderen Augenrandes von der Schnauzenspitze gleich. Die Basis- 


Zur Fischfauna des Senegal. 989 


länge der Anale beträgt eirea ı/, der Kopflänge, die der Fettflosse steht 
der Basislänge der Anale ein wenig nach. Die Spitzen der umge- 
legten Strahlen der ersten Dorsale reichen genau bis zum Beginne 
der Fetttlosse. 

Die Caudale ist tief eingeschnitten, die Lappen sind bei jungen 
Individuen stärker zugespitzt als bei alten, bei ersteren ebenso lang, 
bei letzteren beträchtlich kürzer als der Kopf. 

Im Leben am Rücken und an den Seiten bleifarben, mit einer 
sehmalen Silberbinde zunächst der Seitenlinie und in dem mittleren 
Theile der Caudale, deren oberer und unterer Rand gleichfalls breit 
hell gefärbt ist. Bauchseite silberweiß. 

D. 1/6; A. 13; P. 1/8—9: V. 6. 

Fundort: Senegal bei Dagana. 


*46. Art, Chrysichthys nigrodigitatus Lacep. 
Taf. VII, Fie. 14. 
Syn. Pimelodus nigrodigitatus Laeep., Poiss. t. V, pag. 103, 108. 
Arius acutivelis V al., Hist. nat. Poiss. t. XV, p. 85. 
Melanodactylus nigrodigitatus Blkr., Nederl. Tijdscehr. voor de Dierk. 
1863, pag. 95. 

Uhrysichthys nigrodigitatus Gthr., Catal. V. pag. 73. 
» acutirostris Gthr. ibid. pag. 431, adult. 

Die Form des Kopfes ist von jener der früher beschriebenen Art 
auffallend verschieden. 

Der Kopf ist von viel geringerer Breite und beträchtlicherer 
Höhe, und verschmälert sich nach vorne schnauzenförmig. Die ganze 
Oberseite der Kopfknochen hinter der Schnauze ist mäßig gekörnt 
und mit einer dieken Haut überzogen, so daß nur bei Exemplaren 
mit eingetrockneter Kopfhaut die Granulirungen äußerlich vortreten. 

Die Sehnauze nimmt mit dem Alter rasch an Länge zu, über- 
ragt bedeutend die Mundspalte, welche fast quergestellt ist, und 
endigt nach vorne bogenförmig. 

Bei kleinen Individuen von 22/,; bis 3'/, Zoll Länge ist die 
Schnauzenlänge der Augenlänge gleich oder noch kürzer als letztere 
(s. Fig. 4 auf Taf. Vil) und 31/, bis etwas mehr als dmal in der 
Kopflänge enthalten. 

Bei Exemplaren von 61/, Zoll Länge übertrifft bereits die Länge 
der Schnauze einen Augendiameter und ist 3mal, letzterer nicht ganz 
Amal in der Kopflänge enthalten. 


990 Steindachner. 


Bei Exemplaren von 101/, bis 141/, Zoll Länge ist der Augen- 
diameter etwas mehr als 4 bis 41/,mal, die Schnauzenlänge nur 23/, 
bis 23/,mal, bei alten Exemplaren von 27/, Zoll Länge ist ersterer 
6mal, letztere 2'/,mal in der Kopflänge enthalten. Mit der Längen- 
zunahme der Schnauze nimmt deren Krümmung nach vorne und ab-- 
wärts in gleichem Maße ab; die Schnauze fällt nämlich bei jungen 
Individuen gleich vor den Augen im Bogen viel steiler ab als die 
obere Kopflinie von der Stirngegend zum Nacken ansteigt, nur bei 
sehr alten Exemplaren erhebt sich die ganze obere Kopflinie vom 
vorderen Kopfende an fast vollkommen gleichförmig und allmählig mit 
äußerst schwacher Bogenkrümmung bis zur Rückenlinie (s. Taf. VII, 
Fig. 3). 

Die Kopflänge ist stets eirca 31/,mal, die Körperhöhe aber je 
nach dem Alter 4'/, bis 5:/„mal, die Stirnbreite 6mal (bei Exem- 
plaren von 2” 6’ bis 2” 8” Länge) bis nur 3mal (bei alten Exem- 
plaren von 20 Zoll Länge und darüber), der Augendiameter wenig 
mehr als 3 bis mehr als 6mal, die Kopfbreite 11/, bis mehr als 13/,mal 
in der Kopflänge (bis zum oberen Ende der Kiemenspalte) euthalten. 

Hechelförmige Zähne an den Kiefern, am Vomer und Gaumen. 
Die Vomerzahnbinde ist durch einen mehr oder minder breiten Zwi- 
schenraum in zwei Hälften getheilt und von sehr variabler Breite. 
Sie stoßt nach hinten mit der schmäleren Gaumenzahnbinde zusam- 
men, die gegen das hintere Ende sich verschmälert. Von stets be- 
deutender Breite ist die Zahnbinde am Zwischenkiefer. 

Der Nasalfaden ist kurz und nimmt gegen die Ursprungsstelle 
rasch an Breite zu; der Bartfaden am Oberkiefer reicht bis zur knö- 
chernen Spitze des Kiemendeckels, häufig nur bis zur Einlenkungs- 
stelle des Peetoralstachels. 

Die äußeren Kinnfäden sind länger als die inneren und erreichen 
eirca die Hälfte der Kopflänge. 

Der Kiemendeckel ist gestreift, die Streifen laufen strahlenför- 
mig vom vorderen oberen Winkel des Operkels aus. 

Die größte Höhe der Dorsale übertrifft bei jungen Individuen 
bis zu 141/, Zoll Länge die Kopflänge, bei großen Exeniplaren gleicht 
sie nur der Entfernung der Schnauzenspitze vom oberen Ende des 
aufsteigenden Vordeckelrandes. Die Basislänge der Dorsale ist ge- 
ring und unbedeutend mehr als 2ınal (bei sehr kleinen Exemplaren) 
bis 2'/,mal in der Kopflänge enthalten. 


Zur Fischfauna des Senegal. 991 


Der Dorsalstachel ist, wenn vollständig erhalten, bei jungen 
Exemplaren an Höhe der Kopflänge gleich, bei Exemplaren mittlerer 
Größe 1'/; bis 1'/;mal, bei alten Individuen von 19:/, Zoll Länge 
und darüber 11/, bis 13/,mal in der Kopflänge enthalten. 

Der obere Rand der Dorsale ist bei jungen Individuen sehr stark 
elliptisch gerundet, bei älteren fast kreisbogenförmig, bei letzteren 
erreichen der zweite und dritte Gliederstrahl, bei ersteren der zweite 
oder erste die bedeutendste Höhe. 

Die Fettflosse steht weit zurück, nicht ganz um eine Kopflänge 
hinter dem Basisende der gliederstrahligen Dorsale. 

Die Pectorale ist 43/, bis 52/smal in der Körperlänge enthalten, 
mäßig zugespitzt; der Stachelstrahl ist sehr stark plattgedrückt, am 
Außenrande grobkörnig, am Innenrande aber mit langen nach vorne 
gewendeten Hackenzähnen bewaffnet. 

Die Ventrale beginnt erst hinter dem Basisende der ersten Dor- 
sale und erreicht mit der Spitze der zurückgelegten Strahlen nicht 
den Beginn der Anale. Diese erreicht die größte Höhe am sechsten 
oder siebenten Strahle, beträgt jedoch sowohl bei alten wie jungen 
Individuen bald 1/, bald nur 1/, der Körperlänge. Zurückgelegt fällt 
die äußerste Strahlenspitze der Anale bis zum Beginn des unteren 
Caudalrandes. Die Basislänge der Anale gleicht durchschnittlich 
jener der strahligen Dorsale. 

Der obere Caudallappen ist bei jungen Individuen und bei 
Exemplaren mittlerer Größe fadenförmig verlängert, viel stärker zu- 
gespitzt und länger als der untere, und circa 1!/, bis 11/,mal so lang 
wie der Kopf; im vorgerückten Alter gleichen sich aber die Längen- 
unterschiede beider Lappen nahezu aus, die Spitze derselben rundet 
sich ab und sie nehmen zugleich an Breite zu, so daß bei Individuen 
von 211/, Zoll Länge beide Caudallappen unter sich gleich lang 
und eirca 1'/,mal in der Kopflänge enthalten sind. 

Der Seitencanal sendet nach abwärts Nebenröhrchen, ein schwa- 
ches Venennetz ist an den Wangen und zum Theile auf den Deckel- 
stücken sichtbar. Die Analgrube nimmt fast genau die Mitte zwischen 
den After- und Bauchflossen ein. 

Die Färbung erscheint am Rücken bis zur Seitenlinie bleigrau, 
weiter hinab silbergrau. Der hintere Rand der Pectoralen und das 
obere Endstück der kleinen Fettflosse, welche an Höhe circa 2/; der 
Ventrallänge gleicht, schwärzlich. 


992 Steindacehner. 


Querüber am ganzen Rumpfe liegen in nahezu gleiehen Entfer- 
nungen 17 Porenreihen, 


D. 1/6; A. 13—15: P. 1/9. 


Sehr gemein im Senegal zwischen der Mündung und St. Louis 
im Brackwasser. 


Die Beschreibung dieser Art ist nach 19 Exemplaren von 2 bis 
21t/, Zoll Länge gegeben. 


*47. Art. Chrysichthys fareatus Gthr. 
Taf. VI. 


Syn. Chrysichthys furcatus Gthr. Catal. V, pag. 430 


Diese Art hält in Form des: Kopfes die Mitte zwischen Chrys. 
Oranchii und Chr. nigrodigitatus, steht aber im Ganzen letztge- 
nannter Species viel näher als ersterer. 


Der Kopf ist breit, an der Oberseite nahezu flach, nach vorne 
mäßig verschmälert mit abgerundetem vorderen Sehnauzenrande. 


Die Granulirungen an der Oberseite des Kopfes sind bei alten 
Individuen sehr schwach hie und da angedeutet: die Kopfhaut ist 
diek und chagrinartig. 

Die Kopflänge ist bei Exemplaren von 17 bis 18 Zoll Länge 
etwas mehr als 31/,mal, die Leibeshöhe mehr als 5mal in der Körper- 
länge, der Augendiameter fast 6mal, die Stirnbreite etwas weniger 
als 3mal, die Schnauzenlänge mehr als 21/;mal, die Breite der Mund- 
spalte unbedeutend mehr als 2mal, die Kopfbreite endlich nicht 
ganz 11/,mal in der Kopflänge enthalten. 


Die Oberkieferbarteln reichen eirca bis zur Mitte des Kiemen- 
deckels, die äußeren Kinnbartfäden sind eirca 11/ymal, die inneren 
kürzeren fast 13/,mal in der Kopflänge enthalten. Das Centrum des 
ovalen Auges fällt fast genau in die Mitte der Kopflänge. 


Die quergestellte breite Mundspalte ist mäßig gebogen, der 
Zwischenkiefer überragt den Unterkiefer; beide sind mit Hechelzäh- 
nen besetzt. 


Die Zahnbinde im Zwischenkiefer ist bedeutend breiter als die 


des Unterkiefers und der hintere Rand derselben bildet eine voll- 
kommen gerade Linie. 


Zur Fischfauna des Senegal. 995 


Bedeutend größer sind die Zähne am Vomer, welche zwei in 
der Mitte von einander getrennte Binden bilden, die mit den langen 
Gaumenbinden zusammenstossen. 

Die Höhe der ersten Dorsale ist weniger als 5mal (bei alten 
Exemplaren) in der Körperlänge enthalten und übertrifft nur wenig 
die Länge der Pectorale. Der Dorsalstachel ist nach hinten nur sehr 
schwach gezähnelt, der viel breitere Peetoralstachel aber am Innen- 
rande stark gezähnt, und nur wenig kürzer als dieser. 

Der längste Analstrahl erreicht nur 1/, der Körperlänge; die Ba- 
sis der Anale ist ebenso lang wie die Basis der strahligen Dorsale, 
die sich nach oben schwach fächerförmig ausbreitet. Der hintere 
Rand der Anale bildet eine nahezu vertical gestellte, äußerst schwach 
gebogene Linie. 

Die Länge der Ventrale übertrifft nur wenig die Hälfte der 
Kopflänge und reicht nieht bis zum Beginne der Anale zurück. 

Der obere Caudallappen ist (bei alten Exemplaren) um mehr 
als die Hälfte einer Augenlänge kürzer als der Kopf, bei jungen In- 
dividuen aber gewild bedeutend länger als dieser und stark zugespitzt. 


D. 1/6; A. (13—) 15; P. 1/9; V. 6. 

Der Seitencanal sendet wie bei der früher beschriebenen Art 
kurze stark verästelte Nebenröhrchen; das Venennetz an den Wan- 
gen ist nur mäßig entwickelt. Porus pectoralis mit schlitzförmiger 
Mündung wie bei Chr. nigrodigitatus La e. 

Im Leben am Rücken blaugrau. 

Kommt im Senegal von St. Louis bis zur Mündung nicht 


selten vor. 
Gatt. Auchenaspis Blkr. 


48. Art. Auchenaspis biseutatus Geoffr. 
Taf. VI. Fig. 3, 4. 
Syn. Pimelodus biscutatus Geoffr., Deseript. Egypt. Zool. Poiss. pl. XIV, 
Fig. 1,2; Cuv. Val. XV, pag. 197. 

Pimelodus occidentalis Cuv. Val. XV, pag. 203. 

Auchenaspis biscutatus Gthr. Catal. V, pag. 13%. 
Wir erhielten leider nur ein kleines Exemplar von 41/, Zoll 
Länge. Die Kopflänge bis zum hinteren, knöchernen Ende des Kie- 
mendeckels gemessen, ist bei demselben nahezu 3mal, die Leibes- 


994 Steindachner. 


höhe mehr als 41/ymal in der Körperlänge; die lange, nach vorne sich 
verschmälernde Schnauze 1*/,mal, die Stirnbreite etwas mehr als 
3amal in der Kopflänge enthalten. 

Die Länge des Oberkiefers erreicht eine Augenlänge. 

Die Unterlippen sind noch stärker als die Oberlippen entwickelt, 
die Bartfäden im Verhältniß zu ihrer Länge dick. Zwei kleine, zun- 
genförmige, nach hinten verschmälerte Zahnpackete im schmalen 
Zwischenkiefer; eine sehr schmale in der Mitte ‘unterbrochene Zahn- 
binde im Unterkiefer. 

Der Dorsalstachel ist am Vorderrande deutlich gezähnelt, doch 
etwas schwächer als der etwas breitere Peetoralstachel am Außen- 
rande. Der Innenrand des letzteren ist mit großen stachelartigen 
Zähnen, welche nach vorne gekehrt sind, bewaffnet. 

Der Peetoralstachel ist nur ganz unbedeutend länger als der 
Dorsalstachel und ebenso lang wie die Schnauze. Mit Einschluß des 
häutigen Endstückes, welches häufig verloren geht, ist der Peetoral- 
stachel der längste Strahl der Peetorale, während die Höhe des Dor- 
salstachels ein wenig von der des darauffolgenden Strahles über- 
troffen wird. 

Die Basislänge der Fettflosse ist eirca 3'1/;mal in der Körper- 
länge enthalten, eirca 23/,mal so lang wie die der strahligen Dorsale; 
die Entfernung beider Dorsalen von einander erreicht nicht ganz eine 
Augenlänge. 

Die Ventrale ist ebenso lang wie die Pectorale und reicht bis 
zum Beginne der Anale zurück, deren kurze Basis jener der strah- 
ligen Dorsale noch etwas nachsteht. 

Der ganze Körper mit Ausnahme der Bauchseite ist mit großen 
runden schwarzen Flecken dicht besetzt, die Flecken auf den beiden 
Dorsalen, auf der Caudale und Anale sind bedeutend kleiner als die 
Rumpfflecken. Die Grundfarbe des Kopfes ist dunkel schwarzgrau, 
an den kKörperseiten gelbbraun. Die Unterseite des Kopfes ist rötlı- 
lichgeib, ebenso die Bauchfläche. 

Fundort: Senegal bei Dagana. 


D. 1/7; A. 10 (12) }). 


1) Die eingeschlossene Zahl von Flossenstrahlen bezieht sich auf die Angaben frühe- 


rer Auloren 


Stemulachner. Fische des Senegal II) Taf. 1. 


A.d.k k Ho£-u. Staatsdruckere 
Sitzung'sbericht d.k Akad d.W math.naturw.C1.LX Bl Abth.1870 


A.d kk Hof-u Staatsdnuckerei 


Sitzung'sbericht d.k Akad.d.W.math.naturw.Cl.LX BdI Abth 1870 


Taf. II. 


Steindachner. Fische des Senegal (I). 


Iıth.u.gedr.ı d.k.k Hof u. Staatsdruckera. 


Sitzungsb. derk. Akad.d.W. math.naturw. 01.1X1.Bd. I, Abth..1870. 


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re 
? FEN Pi 
n Y ®. 


Steindachner. Fische des Senegal «I» 


 Taf.W. 


Lith.v. PA Rmopisoky A.d.kk Hof-u Staatstruckerei 


Sitzung'sbericht d.k Akad d.W.math.naturw.Cl. LXIBAL Abih. 1870 


zuheVA 


Steindachner. Fische des Seregal iD), 


EISEN 


z.k.horu. Staatsdruckere 


Sitzungsb. der k.Alkad.d.W.math. naturw. CL-LX .Bd. L.Abth.1870. 


Steindachner. Fische des Senegal (I). Taf.VI. 


Ba duKronms 


Sitzungsb. der k. Akad.d.W. math.naturw. C1.LX. Bd.1. Abth.1870. 


Steindachner. Fische des 


TEN ET WENN 


A.d.kk Hof-u Staatsdruckerer. 


Sterndachner. Fische des Senegal (1) 


Sitzung'sbericht dk Akad d.W. math.naturw.C1.LX Bd LAbth 1870 


AdkkHofuStaatsdnuckerer 


Taf. NT. 


Steindachner. Fische des Senegal (IM). 


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Tath.u gedr 1.d.kk.Hofu. Staatscdruckera 


Sitzungsb.der k. Akad.d.W. math. naturw. CLLX. Bd.l. Abth.1870. 


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Zur Fischfauna des Senegal. 


Erklärung der Tafeln. 


. Trachinotus Martini Steind. 
. Periophthalmus Koelreuteri var. papilio, Schwanzende. 
. Eleotris Lebretonis Steind. mas. 


5 „ - fem. 
Hemichromis bimaculatus Gill. 


. Eleotris senegalensis Steind. 


Obere Ansicht des Kopfes derselben Art. 


. Eleotris daganensis Steind., obere Ansicht des Kopfes. 


Seitenansieht des Kopfes. 
Kopf von der Unterseite. 


” ” » 
b> b> > 
Gerres melanopterus Blkr. 
2. 3. Chromis nilotieus Hasselgq. 
A mossambicus P et. 
Eutropius Adansoniüi Val. 


. 2. Schübe senegalensis V al. var. 


4. Auchenopsis biscutatus Geoffr. juv. 

Chrysichthys nigrodigitatus Lae. Fig. 1—4. — Fig ?. 
Obere Ansicht des Kopfes eines Exemplares mit ein- 
getrockneter Kopfhaut. 

Chrysichthys furcatus Gthr. 


996 


Studien an der Mineralspeeies: Labradorit. 
Von Dr. Albr. Schrauf. 


(Mit 6 Tafeln.) 


(Vorgelegt in der Sitzung am 9. December 1869.) 


Im Gegensatze zu den amerikanischen Labradoriten, welche 
durch den Reichthum und die Intensität ihres Farbenschillers sich aus- 
zeichnen, scheinen gerade nur die Labradorite russischer Fundorte 
durch eine höhere Symmetrie und durch den regelmäßigen Verlauf 
der schillernden Schichten die Aufmerksamkeit ‘der Mineralogen auf 
sich zu ziehen. Daß auf der schillernden Spaltungsfläche des Labra- 
dorits die farbigen Schiehten ein fast regelmäßiges Sechseck bilden, 
ward, so viel mir bekannt, zuerst von Nils Nordenskiöld beob- 
achtet und eine Beschreibung dieser Erscheinung sowohl, als auch 
der Phänomene des Labradorisirens überhaupt finden sich in Pog- 
gendorff’s Annalen 1850, vol. 19, pag. 179. 

Die von Nordenskiöld beschriebenen Exemplare stammen 
aus einer Eisensteingrube bei Ojamo des Kirchspiel Lajo in Finnland, 
und von denselben scheinen nur sehr wenige Handstücke in den 
Handel gekommen zu sein, indem außer der — wohl nicht ganz ge- 
uügenden Besprechung derselben von Nordenskiöld, keine weitere 
wissenschaftliche Arbeit der Eigenthümlichkeiten derselben näher 
erwähnt. Es war mir daher sehr interessant, als mich Herr Barbot 
de Marny, Professor am Berginstitut in St. Petersburg (während 
seiner, Herbst 1868 erfolgten, Auwesenheit in Wien) auf die jüng- 
sten Funde von Labradorit im Kiew’schen Gouvernement aufmerksam 
machte und ein solches Handstück, dessen Farbenschiller nahe 
ein Sechseck auf der Spaltungsfläche bildete, mir sehen ließ. 
Durch die Güte des genannten Prof. Barbot de Marny, welcher 
mir selbst einige Exemplare zur Darstellung von optischen Prä- 
paraten gab, ferner ein prachtvolles Handstück dieses Fundortes 
dem k. k. Hof-Mineraliencabinet als Geschenk (1868, XXXVI. 1) 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 99% 


überließ , wurde es mir möglich, die Labradorite des Gouverne- 
ment Kiew näher zu untersuchen. Im Verlaufe dieser Studien 
wurde ich zu der Überzeugung geführt, daß trotz der neueren Ar- 
beiten von Reusch und Vogelsang doch noch nicht alle Ver- 
hältnisse und Bedingungen des Farbenschillers am Labradorit genü- 
gend untersucht sind. Ich konnte mich daher mit meinem anfäng- 
lichen Untersuchungsobjeet nicht genügen und zog schließlich auch 
die Labradorite anderer Fundorte in den Bereich meiner Beobach- 
tungen. Nach dem Gange dieser meiner Untersuchungen, beabsich- 
tige ich auch die vorliegenden Seiten zu gliedern. Der erste Theil 
gibt die Beschreibung der Labradorite von Kiew in $. 1, in $. 2 die 
Bestimmung der mikroskopischen Einschlüsse in Labradoriten ver- 
schiedener Fundorte und in $. 3 die Bestimmung der Lage der reflec- 
tirenden Mikrolithe, während der zweite nachfolgende Theil den 
Phänomenen des Farbenschiller selbst gewidmet sein wird. 


Kuren: 
$. 1. Die Labradorite von Kiew. 


a) Die petrographischen Verhältnisse zu Kamennoi Brod und &oroschki. 


Dals im Gouvernement Kiew Labradorit 1) auftritt, ist durch 
die Untersuehung und Analyse Seguet's ?2) bekannt geworden. Der 
Nachrichten über dies Vorkommen sind jedoch so wenige, daß ich 
es für nothwendig halte aus einem an mich gerichteten Schreiben 
des Prof. Barbot (welcher 1868 diese Gegenden bereiste), mit 
dessen Zustimmung das Wichtigste mitzutheilen: 

„Dieser Labrador ist entblößt an den Ufern des Baches By- 
striewka bei Kamennoi Brod im Distriete Rodamysl. Herr Seguet 
hat die Analyse des Minerals ausgeführt (Bullet. seientif. Acad. St. 
Petersb. Tom VII, Nr. 3) und das Gestein für Syenit gehalten.“ 

„Im Jahre 1851 hat Herr Prof. Theophilaktoff in seinem in 
russischer Sprache erschienenen Werke: — Über die krystallini- 
sehen Gesteine der Gouvernemente Kiew, Wolhynien und Podolien, 


1) Vergl. Dana Mineral. 1868, p. XXXIV. Nomenclatur 14. 
®2) Seguet:: Erdmann J. f. pract. Chem. 1840. vol. 20..pag. 258. 


998 Schrauf. 


Kiew 1851, — den Labrador näher beschrieben und das Gestein 
für Hypersthenit genommen. Auf den Seiten 22—23 seines Werkes 
steht Folgendes: „„Der Hypersthenyt stellt nach seinem Gefüge 
zwei Varietäten dar, eine porphyritische (kleinkörnige mit zerstreu- 
ten Labradorkrystallen von der Größe 1'/,--2 Zoll und mehr) und 
eine granitische großkörnige. Die beiden Varietäten bilden nicht 
zwei abgesonderte Etagen, eine obere und eine untere, wie Herr 
Seguet meint, sondern berühren sich in horizontaler Richtung 
und übergehen wahrscheinlich eine in die andere, obgleich das Di- 
luvium nicht erlaubt, dieses Übergehen zu sehen. Die beiden Varie- 
täten sind aus denselben Mineralien gebildet, und die Krystalle und 
Körner des Labradorits stellen immer das vorherrschende Element 
des Gesteines dar. Die Größe der Krystalle variirt von einigen 
Linien bis 5 Zoll nach der Größe der Hauptaxe. Die einfachen Kıy- 
stalle sind klein und selten, die Zwillinge mit den charakteristischen 
Streifen auf der Hauptspaltungsfläche gehören hingegen zu der ge- 
wöhnliehsten Form unseres Labradors. Außer der albitähnlichen 
Verwachsung der Krystalle, kommen noch Verwachsungen nach dem 
Gesetz der Karlsbader Orthoclas-Zwillinge vor. Die Farbe der Kry- 
stalle ist dunkelgrau, beinahe schwarz oder hellgrün; die Farbe der 
Körner ist aber hellgrau und graulichweiß. Die Fläche M') zeigt 
an den Krystallen ein sehr schönes Spiel der grünen, blauen, gelben 
und rothen Farben. Die zwei ersten Farben herrschen vor. Die grüne 
Farbe nimmt hauptsächlich die Mitte der Fläche ein und intermittirt 
mit blauen Streifen. Die gelbe Farbe erscheint hauptsächlich zwi- 
schen den grünen Streifen. Diese Streifen gehen parallel den Seiten 
des Sechseckes, welches durch die Kanten des Durchschnittes der 
Fläche M mit den Flächen des verticalen Prisma und zweien (vordere 
und hintere) schiefen Endflächen gebildet ist. Die Krystalle und 
Körner des Hypersthens kommen in unserem Labrador in sehr klei- 
ner Quantität vor; ihre Farbe ist gewöhnlich dunkelbraun, auf 
ihrer Spaltungsfläche zeigt sich der starke Perlmutterglanz, welcher 
sich dem Metallglanze nähert. Die Hypersthenkrystalle sind oft mit 
Labradorkrystallen in Verwaehsung. Außer diesen Hauptgemeng- 
theilen umschließt der Hypersthenyt noch Apatitkrystalle, braune und 


1) 010, d, Schrauf. 


Studien an der Mineralspeeies: Labradorit. 999 


schwarze Glimmersehuppen, Körner von Titaneisen, Eisenkies und 
Quarzkrystalle.“ * 

„So weit Theophilaktoff. — In den letzten Jahren wurde 
der Labradorit auch westlich von Kamennoi Brod an mehreren Pıunk- 
ten des Distriets Zitomir im Gouvernement Wolhynien entdeckt. Iın 
verflossenen Sommer (1868) habe ich (Barbot) die beiden Fund- 
orte Kamennoi Brod und Goroschki besucht und mich überzeugt, 
daß der Labradorfels ein Theil ist des großen südrussischen Gebietes 
der granitischen Gesteine. In beiden genannten Localitäten habe ich 
niemals die Hypersthen als wesentlichen Gemengtheil des Gesteines 
Sefunden, obgleich ich nicht verneinen kann, daß dieses Mineral zu- 
fällig vorkomme. * 

„Deshalb denke ich, daß man das Gestein nieht Hypersthenyt, 
sondern einfach Labradoryt oder Labradorfeis nennen muß. Von 
accessorischen Mineralien habe ich auch Eisenkies, schwarzen Glim- 
mer und Quarz bemerkt. In Goroschki, wie in Kamennoi Brod ist 
das Labradorgestein von Granitgängen durchsetzt, was für dessen 
großes geognostisches Alter spricht. Die Steinbrüche von Kamennoi 
Brod ı) geben die prachtvollen Labradorsäulen für die Heilandskirche 
in Moskau.“ 

„Das Labradorgestein ist überhaupt keine seltene Erscheinung 
im granitischen Gebiete des südlichen Rußlands, denn ich (Barbot) 
habe es auch bei Novo-Pawlowsk im Gouvernement Kherson 1867 
entdeckt.“ 

Diesen interessanten Bemerkungen des Prof. Barbot de 
Marny vermag ich in Bezug auf die petrographischen Eigenthüm- 
liehkeiten des Gesteins nur weniges beizufügen. Ist es immer schwie- 
rig nach wenigen Handstücken über die Charakter einer ausge- 
breiteten ’Felsart zu urtheilen, so wird es mir hier noch um se 
schwerer, da die mir zu Handen gekommenen Exemplare gerade nur 
mit Rücksicht auf den feldspathigen Gemengtheil geschlagen sind. 
Eine Untersuchung dieser Stücke auf ihre mit freiem Auge sicht- 
baren Gemengtheile (die mikroskopische Untersuchung folgt später) 
ließ auch mich keinen Hypersthen entdecken. Statt dessen finden 


1) Mündlich theilte mir Prof. Barbot mit, daß der Besitzer dieses Steinbruches, 
Sawitzky, bereit und erfreut wäre über die Einleitung von Geschäftsverbindungen. 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 65 


1000 Schrauf. 


sich sehr spärlich verstreut, kleine schwarzgrüne Diallage, die 
vielleicht, so wie es in früheren Zeiten häufig geschehen ist, zur 
Verwechslung mit Hypersthen Veranlassung boten. Ein einzelnes 
kleines Krystallsäulchen gelang es mir frei zu machen, welches mir 
durch sein Gefüge auffiel. Von schwärzlich-grüner Farbe istes schein- 
bar ein Conglomerat von zahllosen parallel dem Prisma liegenden 
feinen Nadeln. Eine obwohl nur mangelhafte Spaltbarkeit von un- 
gefähr 120° läßt mich in ihm ein Exemplar des Rose’schen Uralits 
vermuthen. 

Von Glimmer sehe ich an den vorliegenden Stücken kaum eine 
Spur. 

Der plagioklastische Feldspath, welcher eigentlich die ganzen 
Handstücke bildet, findet sich in theils kleineren theils größeren 
Krystallen, die wirr durch einander verwachsen und in einem feld- 
spathigen, von der Masse der Krystallenicht unterscheidbaren Magma 
liegen. 

Die charakteristische Zwillingsstreifung tritt sehr deutlich her- 
vor und Individuen mit 1/, Zoll breiter Endfläche zeigen auf letzterer 
ganz regelmäßig ihre Zwillingsbildung aus zahlreichen, bis fünfzig 
Lamellen. Ein solcher polysynthetischer Zwilling erschien zur Hälfte 
liehtgrün, zur anderen Hälfte schwarzgrün. Ebenso sind auch andere 
Krystallindividuen je nach ihrer Lage mehr grünlichgrau oder mehr 
sehwarz gefärbt, ohne dal man eine wesentlicheDifferenz der Grund- 
masse wahrnehmen kann. Möglich, daß außer den mikroskopischen 
Einschlüssen auch der Diehroismus der Substanz hierbei eine Rolle 
spielt, was sich jedoch an den erwähnten ganz eingewachsenen In- 
dividuen nieht ermitteln läßt. 

Außer dem schon von Barbot erwähnten Eisenkies sind ein- 
zelne Körnehen Magnetkies , und zahlreichere kleine Octaeder von 
Magneteisen wahrgenommen worden. Den von Barbot angegebenen 
Quarz [nach den Untersuchungen von G. Rose und König t) 
scheinen wohl die meisten plagioklastischen Gesteine freie Kiesel- 
säure zu führen] konnte ich in deutlich sichtbaren Körnern nicht auf- 
finden; hingegen ergab die Untersuchung von minutiösen ein- 
gesprengten weißen Partien, mit Hilfe von Mikroskop und Salzsäure, 
daß dieselben Caleit sind. 


!} König. Zeitsch. deutsch. geol. Geselisch. vol. XX. 366. 1868. 


Studien an der Mineralspeeies: Labradorit. 1001 


An mehreren dunkelgrauschwarzen, zahlreiche, auch mit der 
Lupe deutlich erkennbare Einschlüsse enthaltenden Gesteinsstück- 
chen bestimmte ich die Dichte zu 3-02 und 3-15. 


Diese Dichte stimmt mit den gewöhnlichen Angaben für Gabbro, 
die zwischen 3-10 und 3-22 schwanken. 

Nach dem Gesagten ist die Zurückweisung des von Theophi- 
laktoff gegebenen Namens Hypersthenit berechtigt. Aufschlüsse 
an zahlreicheren Localitäten, so wie die mineralogische Durchsicht 
anderer nicht bloß Feldspath führender Handstücke wird in Zukunft 
entscheiden, ob diese im Süden Rußlands in einer Erstreekung von 
100 Werste auftretenden Gesteine nach dem Vorschlage Barbot's 
als wahrer Labradorfels, oder nur als Bestandtheil eines porphyri- 
tischen Gabbro bezeichnet werden müssen. In letzterer Beziehung 
glaube ich auf die Analogie der petrographischen Verhältnisse Süd- 
rußland und der Labradorküste hinweisen zu sollen, indem nach 
den Bemerkungen Vogelsang’st) über den Labradorit der Labra- 
dorküste auch dort Granit und Gneiß die dominirenden Gesteine 
bilden, zwischen denen Gabbro und als dessen Gemengtheil dann La- 
bradorfels eingeschaltet sei. 


Nach diesen Erörterungen sollte zur Erörterung derjenigen 
prachtvollen Farbenerscheinung übergegangen werden, welche die 
Labradorite dieses Fundortes so sehr auszeichnet. Bereits Th eo- 
philaktoff hat in Kürze den regelmäßigen Verlauf der Erscheinung 
charakterisirt; an dem mir vorliegenden Handstücke (1868, 
XXXVI. 1.), dessen Verhältnisse in natürlicher Größe durch die 
Fig. I, Tat. I, dargestellt sind, ist jedoch eine weitaus complieirtere 
Figur durch den Farbenschiller angedeutet. 


Allein ehe eine krystallographische Deutung dieser Figur möglich 
‚ist, muss noch vorerst mit einigen Worten die in nachfolgenden Zei- 
len angewendete Symbolik besprochen werden. 


d) Ärystallographische Verhältnisse. 


Meinen in der Einleitung zum „Atlas der Krystallformen“ aus- 
gesprochenen Grundsätzen folgend, adoptire ich eine dem Albit 


1) Vogelsang. Arch. Neerderland. Amsterd., vol. II. 1868, p. 3. 
65* 


1002 Schrauf. 


gleiche Flächenbezeichnung für den Labradorit. In Folge dessen 
entsprechen sich die nachstehenden Symbole (Fig. 17) von 


Naumann 1), Hessel 


undiehteu sichern: M T l 
Roses M l fh 
Mille a). on aa rl: m(010) (110) 2(110) r 
Descloizeaux®) ..... g t m o(111) 
Sichrauft. lo a0a 5(010) M(110) m(110) 1% 
Naum., Hess.,, Rsch, P 
Bose an u a P 
Mil rem. Una p(001) y(201) 
Dieisiellorz e at 2 20 p a’ as/z al, 
Sieht aus nn N‘ c(001) z(101) r(403) y(201) 


Die Aufstellung der Figuren habe ich nun analeg den Annah- 
men Miller's und Deseloizeaux durchgeführt, so daß der stumpfe Kör- 
perwinkel ö e (also: Normalwinkel (010) (001) = 86° 40’) auf der 
rechten Seite des Beschauers nach oben zu liegen kommt und daher 
die Kanten der Zone exy von links oben sich nach rechts unten zu 
senken, vergl. Fig. 18, Tafel IV. Bei einer solehen Aufstellung der 
trielinen Feldspathe sind bisher über die Winkeln des trielinen 
Prisma Mm folgende Annahmen gang und gäbe. Der Winkel der 
rechten Prismenfläche M (010) zu dem Pinacoide 5 (010) ist: 

bei Albit 62° 7 Miller bei Anorthit 57° 58’ Miller 

60° 27’ Desel. 58° 4 Desel. 
während der Winkel der vorderen linken Prismenfläche m (110) zu 
der Pinaeoidfläche d (010) ist 

bei Albit 60° 8 Miller Anorthit 62° 32’ Miller 

60° 20’ Desel. 62° 26’ Desel. 


Die aus den Mischungen dieser beiden Feldspathsubstanzen ent- 
standen Plagioklase, also: Labradorit und Oligoclas, haben für diese 


1) Naumann Mineralogie 1828, pag. 408. Hessel Kastners Archiv, Vol. 10, p. 274, 
1827 Nürnberg, Reusch Pogg. Ann. 120. 

®2) G. Rose Gilbert Ann. 1823, Vol. 73, pag. 194. 

3) Miller und Brooke Mineralogy 1852, pag. 374. 


%) Descloizeaux Mineralogie 1862, Vol. 1. pag. 303. 


Studien an der Mineralspeeies: Labradorit. 1003 


Prismenwinkel ebenfalls intermediare Winkel; doch treten hierbei 
schon öfters zweifelhafte Beobachtungen auf. So haben nun auch 
Miller und Descloizeaux entgegengesetzte Angaben über das 
Spaltungsprisma des Labradorits. Beide geben als prismatische 
Spaltungsriehtung das linke vordere Prisma, also m (110) an, der 
Winkel d (010) : m (110) ist aber nach 

Miller 59° 20’, nach Descloizeaux 62° 30. 


Geht man aber auf G. Rose’s für den Feldspath Epoche 
machende Arbeit in Gilberts Annalen zurück, so erkennt man — 
(trotzdem, daß Rose den Anorthit gegen den Albit um eine auf 010 
normale Axe um 180° gedreht hat) recht leieht, daß dessen Spal- 
tungsebenen (Fig. 19a, Tafel IV) am Labrador mit unseren (010) 
(001) (110) zusammenfallen (Fig. 195, Tafel IV), und daß die 
Winkel Deseloizeaux mit jenen Rose’s stimmen., Es ist nach 
Beiden 


(010) (001) = 86/,° (010) (110) = 624/,°. 


Analog den Beobachtungen Rose's hat auch Hessel(l. ce.) die 
Spaltrichtungen am Labradorit gefunden; wie aus seiner gegebenen 
ganz deutlichen Beschreibung der Kantenrichtungen des Spaltungs- 
stückes folgt; nur bezeichnet Hessel diese Spaltungsriehtungen 
nicht mit denselben Buchstaben wie Rose, sondern nennt das Spal- 
tungsprisma /, und hierin folgte ihm dann Naumann (1828). 

Diese Buchstabenverwechslung scheint nun für einige spätere 
Autoren die Ursache mancher Mißverständnisse geworden zu. sein; 
denn wenn auch die Hessel'’schen Angaben (seine Buchstaben bei- 
behalten) 


PM = 85°30 
I ih 
MI — 119 


mit den vonDeseloizeaux annähernd stimmen, so lassen sich hin- 
gegen der Winkel Nordenskiöld's (Pogg. Ann. vol. 19, pag. 181) 
PM = 93°28 
PT = 114 48 
TM = 119 16 


nicht auf gleiche Weise erklären. 


1004 Scehrauf. 


Ebenso sind auch die Angaben von Reusch !) weder mitRose, 
noch mit Hessel selbst im Einklang. Reusch ceitirt nämlich Hes- 
sel mit Transformation der Buchstaben also: 


PM = 94°30' 
PIE 445 
MT = 119 


verkehrt somit wie man leicht einsieht gegenüber der Originalan- 
gabe die Lage der scharfen Kante von MP = bc = (010) (001). 
Aber auch die Originalangaben von Reusch, nämlich 


PM = 93°40 PT = 114°4 MT = 120°43 


entsprechen nicht den früheren Angaben von Rose, Hessel und 
Deseloizeaux, indem sie nieht das linke, sondern das rechte vor- 
dere Prisma als Spaltungsebene andeuten. Alle Angaben von Reusch, 
die auf Indices Bezug haben, sind wahrscheinlich daher aus diesem 
Grunde nicht vollkommen richtig und zum mindesten in dem Winkeln 
der Axe X (100) vertauscht: so daß für die Reusch’schen Zeichen 
h kl vielmehr zu setzen komme h kl. 


Das Resultat dieser Betrachtungen ist, dass die Mehrzahl der 
Autoren das Prisma m (110) als Spaltungsebene betrachten, während 
hingegen Reusch nur das Prisma M (110) hierfür angibt. Letzteres 
glaube ich nach meinen Beobachtungen als unrichtig bezeichnen zu 
sollen; welche zeigten, daß die bessere Spaltbarkeit am Labradorit 
parallel »» (110) verlauft, während parallel 7 (110) eine minder voll- 
kommene Spaltungsfläche herzustellen ist. Diese doppelte Spaltbarkeit 
ist übrigens eine natürliche Folge von der durchgreifenden Zwil- 
lingsbildung am Labradorit, wodurch sich immer der Sinn von rechts 
und links ändert. An größeren Stücken, wo ein oder das andere 
Lamellensystem das Übergewicht hat, wird auch die Spaltungsrich- 
tung für diese Partien ebenflächiger sein, während sonst ein Oseil- 
liren der Fläche von rechts nach links vorherrscht. 

Ein aus dem Labradorit von Kiew hergestelltes Spaltungsprä- 
parat gab mir folgende Resultate. Die Flächen e (001) waren platten- 
förmig vergrößert, gegen '/, Zoll groß, während die durch die Flä- 
ehen 5 (010) hervorgerufene Dieke nur 1 Linie betrug. Auf der 


1) Reusch Pogg. Ann. Vol. 120, pag. 96. 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 1005 


Fläche 5 waren keine Streifungen zu sehen, auf den Flächen c (001) 
verliefen hingegen zahlreiche äußerst feine Riffen parallel der Kante 
b/c. An der hinteren Seite der Präparate gelang es durch Spaltung 
die Flächen m! (110) und M! (110) zu erhalten; einzelne Partien 
von m waren eben, während die ganze Fläche M rauh, uneben und 
in der Zone d M 5 convex war. 

Gemessen wurden die Winkel 


bm! = (010)(110) — 624," 
cm! = (00T)(110) —= 111, 
cM' —= (001)(1T0) = 116 

ch! = (010)(001) = 931/.. 


Diese Messungen stimmen mit denen von Descloizeaux und 
Rose überein und geben zum mindesten für die Lage des ersten 
Spaltungsprisma Aufschluß. Das zweite Spaltungsprisma ist hingegen 
möglicherweise nicht die Prismenfläche M (T10), sondern vielmehr 
die Fläche m’, an Zwillingslamellen, die nach den Albitgesetzen ver- 
wachsen sind. (Vergleiche Figur 19 der Albit in meinem Atlas der 
Krystallformen.) 

Hieraus erhellt schließlich , daß die Winkel-Angaben Descloi- 
zeaux’s in seiner Mineralogie für Labradorit genügende Mittel- 
werthe sind, so daß ich sie in der nachfolgenden Beschreibung bei- 
behalten kann. 


c) Figuren des Farbenschillers. 


Auf dem schon mehrfach erwähnten Handstücke (1868, XXXVII, 
1.), welches auf der Vorderseite und theilweise, bei einer Dieke von 
1—11/, Zoll des Stückes, auch auf der Rückseite angeschliffen ist, 
zeigen sich verschiedene Zeichnungen des Farbenschillers. 

Der Schiller auf der Vorderseite (Tafel I, Fig. 1) besitzt eine 
lasurblaue Grundfarbe, welche zwischen den lichten und dunkelsten 
Nuancen wechselt. Der Rand der Figur wird durch eine Mischung 
dieses Blau mit Lichtgoldgelb kennzeichnet, welche Mischung ein 
metallisch glänzendes Liehtgrün erzeugt. Es tritt dieser lichtgolden- 
grüne Schiller auch bei den Unterbrechungen der Figur durch 
interponirte dunkle, nicht labradorisirende Lamellen auf. Die äußerste 
Umgrenzung der Figur wird gleichsam durch zwei dunkle parallel- 
laufende Streifen gebildet, welehe dureh eine sehr schmale golden- 


10906 Scehrauf. 


schimmernde Leiste getrennt sind. Ebenso sind auch die Contouren 
nach Innen zu an der Grenze zwischen den schillernden und nicht 
schillernden Partien deutlich zu erkennen. In Folge dessen ist es 
möglich, nieht bloß die Umrisse der Figur zu erkennen, sondern auch 
mit ziemlicher Genauigkeit die Richtung der schwarzen Grenzlinien 
zu messen. Durch die Abwechslung der dunklen und hellen Partien 
lassen sich (vergl. Fig. I und la, Tafel I) deutlich drei von einander 
verschiedene Figuren erkennen. 

Geht man in der äußersten Figur von der in der Figur rechts 
und vertieal gezeichneten Linie aus. welche nach oben zu eine Repetition 
bildet, so ergeben sich die Winkel von dieser Linie zu den oberen 
benachbarten wie folgt: 


Be 12807 
ey = 951), 
ym —= 145 

cm = 116. 


Die mittlere Figur folgt den Umrissen der äußeren. 
Die innerste Figur ist einfacher, hat keine Repetitionen an der 
äußeren Figur und enthält auch nicht die Fläche y. Es ist: 


cz —= 130° 
zm' — 120 
cm = 115. 


Diese Messungen genügen vollkommen zur Sicherstellung der 
Flächensymbole und lassen auch erkennen, daß die Schliffebene nahe 
parallel der Fläche 5(010) ist. De 

In der Mitte des Gesichtsfeldes ist gesondert von den übrigen 
Partien der innersten Figur deutlich ein Zwilling (Tafell, Fig. Ia 
bei cc) zu erkennen. Der Zwilling ist nahe parallel der Hauptfigur 
und zeigt deren Flächen e m x mit einer Verlängerung nach c. Auf 
demselben tritt je nach der Lage theils auf dem rechten, theils auf 
dem linken Individuum das Labradorisiren hervor. 

Die krystallographische Construction der Fig. I erinnert an die 
bekannten Zwillinge (Fig. 20a, Tafel IV) nach dem Periclingesetze. 
deren Zwillingsaxe die Axe !) der Zone cxy und deren Zusammen- 


1) Trotz der gegentheiligen Behauptung von Rose (Pogg. Ann. 1866 vol. 129), 


nach welcher die Periklinzwillinge nach dem Gesetze: „daß die Zwillingsaxe 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 1007 


setzungsfläche e ist. Auch in diesen (Fig. 20. 5) erscheint ein gestreif- 
tes mittleres Feld 5 (010) und ganz analog den farbigen Segmenten 
der mittleren Figur von Fig. 1 sind auch hier in Fig. 20 d die geneig- 
ten Felder von m und o(111) vorhanden. Ferner ist auf Taf. I der 
Schiller nicht ganz gleichmäßig über die ganze Oberfläche verbrei- 
tet, auch (analog der Neigung (7° 12/) der Flächen d d des Zwil- 
lings) zeigen sich je nach der Neigung der Oberfläche mehr auf’ der 
rechten oder aber auf der linken Seite die Farben entwickelt. Allein 
da sich keine noch so feine Zwillingsstreifung erkennen läßt, so 
muß man trotzdem die Fig. 1 als den Durchschnitt durch Einen eolos- 
salen Labradorkrystall ansehen. 

Welche Vorstellung man sich auch im Voruherein über die Ur- 
sache des Labradorisirens bilden mag, so viel ist aber aus der Be- 
trachtung der Fig. 1 sicher zu entnehmen, daß dasselbe eine Fune- 
tion der Krystallgestalt sein müsse. Anderseits wird man wieder den 
die genannte Figur bildenden Krystall entstanden denken müssen, 
durch die successive Ablagerung von Schichten grüßerer oder gerin- 
gerer Dicke, von theils labradorisirender, theils nicht labradorisi- 
render Substanz. 

In letzterer Beziehung muß wohl auf die eigenthümliche Bil- 
dung aufmerksam gemacht werden, welche namentlich auf der unte- 
ren Seite der Figur 1 sich durch die wellenförmigen Linien kund- 
gibt. Abweichend von allen bisher von mir gesehenen Exemplaren 
zeigt nämlich dieses Handstück symmetrisch zu den krystallographi- 
schen Richtlinien einen wellenförmigen Verlauf des Farbenschillers, 


die Normale auf der kürzeren Diagonale von Pin ? und die Zwillingsebene demnach 
eine auf jener Normale senkrechte und also auch eine der kürzeren Diagonale 
von P parallele Ebene wäre“ — gebildet sind; adoptire ich noch fortwährend 
das — auch von mir im Atlas der Krystallformen, Artikel Albit angegebene — 
alte Gesetz: „Zwillingsaxe die Axe F.“ Auch ich hatte an den Periklinen schon vor 
der Construction meiner Figuren 28 und 29 das Albit (1863), und vor Gutzeit’s 
Anfrage in seiner „Zwillingsbildung am Stein“ Riga 1865, und vor Rose’s Publi- 
eation 1866 erkannt, daß keine der Zwillingskanten einen vollkommen regelmäbi- 
gen Verlauf habe, wie dies auch aus der theoretischen Durchführung des Zwillings- 
gesefzes (Drehungsaxe Y) folgt; allein die Kleinheit der Figuren in meinem 
Atlas erlaubte nicht mit Deutlichkeit die nur wenige Grade betragende Divergenz 
zweier neben einander laufender Kanten auf dem lithographischen Steine getrennt 
darzustellen. Im Stahlstiche wäre es leichter möglich gewesen, eine größere Fein- 


=) „Hke, . & 
heit der. Linien zu erzielen, 


1008 Schrauf. 


der namentlich parallel y in zahlreichen kleinen Partien recht schön 
und deutlich sichtbar ist. 

Auf der Rückseite des Handstückes bildet sich durch eine regel- 
mässige Vertheilung des Farbenschillers ebenfalls eine bemerkens- 
werthe Figur (Fig. 2, Tafel I). Dieselbe ist kleiner und einfacher 
als Figur 1; und stimmt mit den Angaben Theophilaktoff's (ver- 
gleiche oben) überein. Die Messungen an der Figur 2« ergaben 


cz —= 130° 
cm = 113 
cm = 63 


was die Bedeutung der Richtungslinien sicherstellt. Diese Figur 
wird ebenfalls aus mehreren abwechselnden dunklen und farbigen 
Zonen zusammengesetzt, sowie die Mitte der Figur schillerfrei ist. 


Zu bemerken ist, daß diese auf der Rückseite des Handstückes 
befindliche Figur 2 mit der Figur 1, welche die Vorderseite bildet, 
keine symmetrische Lage besitzt, sondern einem anderen Krystall- 
individuum angehört; ich erwähne dies nur, um auf die dünne plat- 
tenförmige Bildung des größeren Krystalls hinweisen zu können. 


Ähnlich der Figur 1 ist auch die farbenschillernde Figur 
Tafel I, Fig. 3a und 35, welche ein von mir dargestelltes mikrosko- 
pisches Präparat von 1/, Zoll Größe zeigt. Dasselbe besitzt eben- 
falls die charakteristischen schwarzen Begrenzungslinien parallel c 
und m und x, sowie eine Reihenfolge wechselnder Schichten, allein 
die Mitte des Gesichtsfeldes ist hier nicht schwarz wie früher bei I 
und II, sondern schillert in goldgrüner Farbe. 

Das Präparat, ungefähr ‘/, Millimeter dick, zeigt diese Zeich- 
nung gleichmäßig auf der Vorder- (Fig. 3a, c) und Hinterseite 
(Fig. 35). 

Abgesehen von der mikroskopischen Untersuchung erlaubt die- 
ses Präparat auch über die Ursache der schwarzen intermittirenden 
Schichten in’s Klare zu kommen. Im durchfallenden Lichte zeigen 
sich nämlich jene Partien, welche im auffallenden Lichte nicht schil- 
lern, dunkler gefärbt, während die übrige Grundmasse lichtgrau und 
fast durehsichtig ist. Diese schwarzen Intermittenzen entsprechen so- 
mit den schwärzeren, zahlreichere Einschlüsse enthaltende Schichten 
der Grundmassen (Tafel I, Fig. 3d). Von solchen dunklen Schich- 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 1 009 


ten läßt dies Präparat vier erkennen, zwischen denen und ebenso in 
der Mitte des Feldes lichte Grundmasse gelagert ist. 


Auf gleiche Wechsellagerung von (durch Einsehlüsse veränder- 
ter und gefärbter) verschiedener Grundmasse werden auch die dunk- 
len Partien in Fig. 1 und 2 sich zurückführen lassen. 


Die beiden zuletzt besprochenen Figuren kommen jenen gleich 
welche Nordenskiöld (Pogg. Ann. vol. 19) zuerst beschrieben hat. 
In seiner Figur 3 entsprechen die Linien AC und BD der Fläche 
c(001); y(201) ist AB und CD; x (101) = GH und ML; m (110) 
ist FG und KL. 

Bemerkenswerth ist, daß auch Nordenskiöld, gleich mir 
für den Winkel ce y = (001) (201) den Werth 84° erhalten hat, 
während dieser Werth bei Albit und Anorthit zwischen 81 und 82” 
schwankt. Möglicherweise sind etwa die Winkel der großen Kıystalle 
des farbenschillernden Labradorits aus dem Labradorfels in Folge 
einer Variation der chemischen Zusammensetzung mit den Winkeln, 
welche an Krystallen vom Ätna gemessen wurden, nicht vollkommen 
für die Zone p & y ident. 


$. 2. Mikroskopische Untersuchung der Labradorite 
verschiedener Fundorte. 


Obgleich Scheerer und Vogelsang bereits vielfältige Beob- 
achtungen der Einschlüsse in den schillernden Feldspathen ver- 
öffentlicht haben, so halte ich es dennoch nicht für überflüssig, über 
die zahlreichen Messungen, welche ich im Verlaufe des letzten Jahres 
gemacht habe, ausführlicher zu berichten. Meine Messungen ge- 
schahen mittelst eines Wappenhans’schen Mikroskopes, welches 
einen drehbaren Objectträger mit Kreistheilung hat. Der Kreis von 
2 Zoll Durchmesser ist auf 2 Grade getheilt, die Mikrometerschraube 
erlaubt Minuten abzulesen. Zahlreiche Beobachtungen, die ich an 
Objeeten mit genau bekannten Winkeln (z. B. 60°, 90°) angestellt 
habe, überzeugten mich hinlänglich, daß bei sorgfältiger Centrirung 
des Objectträgers und des Objects auf demselben ein verläßlicher 
Beobachter (auch ohne Benützung der Mikrometerschraube) den 
Winkel eines scharf begrenzten Objectes bis auf !/;, Grad genau 


1010 Sehrauf. 


bestimmen kann. Das Mikroskop, welches noch einem älteren Systeme 
angehört, erlaubt 1000fache Vergrößerung anzuwenden. 

Die Erscheinungen, welche die Labrador-Präparate im Gesichts- 
felde des Mikroskopes darbieten, sind für die Exemplare der ver- 
schiedenen Fundorte im wesentlichsten wohl gleich; doch unter- 
scheiden sie sich durch die Zahl, Größe und Ausbildung der in ihren 
vorkommenden Mikrolithe. 


a) Die Labradorite von Kiew. 


Von dem Labradorit des Fundortes Kiew stellte ich zahlreiche 
Präparate dar, welche theils parallel theils geneigt zu den Haupt- 
spaltungsebenen der Feldspathe geschliffen waren. Die Erscheinun- 
gen, welche dieselben darbieten, lassen sich jedoch in zwei Gruppen 
zusammenfassen, als deren Typen die Beobachtungen an Präparaten 
geschliffen parallel oder geneigt zur Pinakoidfläche 5 (010) gelten 
können. Auf die Beschreibung dieser zwei genannten werde ich da- 
her weitläufiger eingehen. 


a) Präparate parallel 5 (010). 


Unter den vorhandenen Präparaten, deren Begrenzungsflächen 
parallel 5 (010) sind, ist jenes, dessen Schillerfigur in Fig. 3 Tafel I 
dargestellt ward, wohl das wichtigste und übersichtlichste. Mit freiem 
Auge, und in einer nicht labradorisirenden Stellung betrachtet, er- 
scheint das Präparat grünlichgrau in’s schwärzliche und mit Aus- 
nahme der schon früher erwähnten dunkleren Sehiehten ziemlich 
homogen. Diese Homogenität der Substanz ist aber nur scheinbar, 
indem eine selbst geringe Vergrößerung hinreicht, um im durch- 
fallenden Lichte die Zusammensetzung der Substanz aus meh- 
reren Bestandtheilen hervortreten zu lassen. Die feldspathige Grund- 
masse ist lichtgrau in's grünliche, durehwegs von einerlei Färbung 
und von zahlreichen Spaltungen feinster Art parallel der Kanten d/a 
und d/e durchzogen. Der Winkel heider Spaltungen wurde an zahl- 
reichen Präparaten gemessen und immer dem Werthe von a:e 
(100): (001) entsprechend zu eirea 115° gefunden. Die feldspathige 
Grundmasse erhält jedoch ihre dunklere Färbung durch eingestreute 
schwarze Krystallnadeln von wechselnder Länge und Dicke. Die 
Messungen ergaben für die Breite dieser Krystallindividuen 0.003 — 
0008 Millim. bei einer Länge von 0-02— 0-1 Millim. Die Lage dieser 


Studien an der Mineralspeeies: Labradorit. 1 0 1 1 


Nadeln ist, wie schon von früheren Autoren hervorgehoben wurde, 
immer parallel) der Combinationskante d/a. 

Die Vertheilung dieser Einschlüsse im Labradorit ist in diesem 
Präparate regelmäßig. Nicht nur ist die ganze Grundmasse gleich- 
mäßig wie mit einem Gewebe dieser feinen Nadeln überzogen, son- 
dern es treten auch, folgend den Krystallumrissen, einzelne Schichten 
auf, in welchen die feinen schwarzen Nadeln noch enger und dichter 
an einander liegen (Fig. 3d, Tafel I) und die Grundmasse zwischen 
ihnen kaum mehr sichtbar wird. Die Distanz der einzelnen Nadeln 
(obwohl in einzelnen Präparaten wechselnd), dürfte an den dich- 
testen Stellen etwa 0005 Millim. betragen. Da diese diehteren 
Partien hier dem Krystallumrisse parallel laufen, die Nadeln in den- 
selben aber nicht den Flächen & und c, sondern immer nur der Kante 
von b/a parallel sind, da ferner die dunkleren Schichten ziemlich 
scharf begrenzt, aber in der Feldspathmasse keine Unterschiede 
siehtbar sind; schließlich zwei aufeinander folgende dunkle Partien 
durch eine hellere getrennt sind, so kann man schwer von einer 
späteren Umwandlung der Feldspathmasse sprechen, sondern muß 
für die Einschlüsse und den Feldspath eine gleichzeitige Entstehung 
annehmen. Man kann also die nachfolgenden Schlüsse machen : 

Die Ablagerung der schwarzen Krystalleinschlüsse erfolgte, 
unabhängig von dem Mehr oder Minder in der Anzahl, immer pa- 
rallel der durch die Kante d/a angedeuteten prismatischen Spal- 
tungsrichtung; zweitens der vorliegende Krystall besteht aus einer 
Reihenfolge von Schichten, welche successive aus verschiedenen 
Mutterlaugen abgesetzt sind. 

Die eingeschlossenen schwarzen Krystallnadeln sind in den sel- 
tensten Fällen so gelagert, daß eine Fläche derselben mit der La- 
bradorfläche d (010) etwa parallel wäre. Man erkennt dies deutlich 
bei seitlich durehfallendem Lichte, wodurch eine Seite der Krystall- 
nadel beleuchtet wird. Diese refleetirende Seite der eingeschlosse- 
nen Kryställehen ist ungefähr 15° gegen 5(010) des Labradorits 
(homolog einer Prismenfläche) geneigt. Die Krystallsäulchen selbst 
scheinen bei dieser Beleuchtung einen sechsseitigen Durchschnitt zu 
besitzen. Selbst aber bei stärkster Vergrößerung ließen sich nicht 


1) Die Combinalionskante b/a V10/100 ist gleichzeitig parallel der vertiealen Krystall- 


axe Z. 


1012 Schrauf. 


in den zahlreiehen Präparaten von Kiew so große Krystallsäulen 
dieser Art finden, daß man deren Krystallenden einer vollkommen 
genauen Messung hätte unterziehen können. 

Außer den bisher besprochenen parallel der Kante b/a gela- 
gerten Kryställchen sind noch eine geringe Anzahl ähnlicher 
sehwarzer Krystalleinschlüsse in den Präparaten sichtbar, welche 
theils der Spaltung parallel der Kante c/b, theils vollkommen unregel- 
mäßig, immer aber ziemlich parallel der Oberfläche 5 (010) liegen. 
Sie scheinen der Mehrzahl nach mit der erst besprochenen einerlei 
Art zu sein. 

Bei mehr als tausendfacher Vergrößerung kann man wohl 
erkennen, dafs einzelne Enden dieser Krystallnadeln durch ein Flä- 
ehenpaar begrenzt werden, während an anderen Individuen die Enden 
hingegen zackig, wie nicht vollkommen ausgebildet und verbrochen 
erscheinen; allein zu scharfen Messungen der Begrenzungsflächen 
sind die Einschlüsse zu klein. 

An einzelnen Krystallenden wurden als ungefähre Bestimmungen 
die Zahlen 0°, 30°, 130°, 180° (Normalwerthe), an anderen die 
Zahlen 0°, 60°, 120°, 180° gefunden, doch Bestimmungen dieses 
eingeschlossenen schwarzen Minerals lassen sich an den Präparaten 
vonKiew’schen Labradorit nicht durchführen, da bei der ausnehmend 
geringen Breite der Krystallsäulehen auch hier die Ausdehnung 
der Combinationskanten zu klein ist, um genaue Messungen zu 
machen. 

Untersuchungen an den Labradoriten anderer Fundorte, welche 
gleiche Einschlüsse, aber von größerem Volumen und in kleiner An- 
zahl besitzen, brachten mieh zur Vermuthung, daß die Bildung des 
Labradorits von Kiew gegenüber der von Exemplaren anderer Fund- 
orte eine wesentlich beschleunigte gewesen ist, in Folge dessen die 
ausgeschiedenen fremdartigen Bestandtheile sich nieht zu größeren 
Partien sammeln, sondern getrennt — durch neu gebildete parallel 
m laufende Lamellen — krystallisiren mussten. 

Während die bisher beschriebenen schwarzen, nadelförmigen 
Mikrolithe in jedem, auch ganz willkürlich gewählten Präparate 
immer siehtbar bleiben und durch ihre regelmäßige Lagerung gleich- 
sam ein mikroskopisches Kennzeichen des Labrador bilden, tritt hin- 
gegen weniger häufig und im durchfallenden Lichte selten sichtbar 
ein zweiter Bestandtheil im Labrador von Kiew hervor. 


Studien an der Mineralspeeies: Labradorit. | 1 0 1 3 


Einzelne Partien der vorher erwähnten Platten parallel 5 (010) 
lassen nämlich im durchfallenden Liehte — nur bei geringer Ver- 
größerung deutlich — der Oberfläche scheinbar parallele, sehr licht 
graubraune, äußerst dünne Platten von meist quadratischem Umrisse 
erkennen, die zur größeren Mehrzahl mit einer Seite zur Kante b/a, sel- 
tener zur Kante b/c parallel liegen. An mehreren ziemlich regelmäßigen 
Quadraten ließen sich Messungen vornehmen, welche für die betref- 
fenden 4 Winkeln Werthe ergaben, die zwischen 891/,° und 901/,° 
schwankten. Diese Quadrate verlängern sich jedoch häufig nach 
einer Richtung zu einem regelmäßigen Parallelogramm, dessen längere 
Seite für eine größere Anzahl derselben parallel den schwarzen 
Mikrolithen, für die andere Hälfte hingegen senkrecht gegen diese 
letztgenannten ist. Die Dieke dieser Plättehen ist, wie man aus der 
Nüance der Färbung erkennen kann, eine ziemlich schwankende, und 
es kommen weit seltener gesättigt graubraune, als vielmehr sehr 
lichtgraue, bis fast farblose, kaum in ihren Umrissen erkennbare 
Plättehen vor. Letztere sind dann von der Grundmasse im durch- 
fallenden Lichte höchst schwierig zu trennen und entziehen sich 
bei Anwendung stärkerer Vergrößerung fast vollkommen der Beob- 
achtung und lassen nur die Grundmasse, wie von einem helleren und 
dunkleren flasrigen Gefüge, erscheinen. Man kann durch dieselben 
hindurch dann die tiefer liegenden Plättchen ganz deutlich erkennen. 

Bei Beobachtung der Platten im polarisirten Lichte erscheinen 
dieselben dunkel, daher man an eine tesserale oder an eine einaxige 
senkrecht gegen die Hauptaxe geschnittene Substanz zu denken 
gezwungen ist. Stellt man diese Beobachtungen an allzu dünnen 
Plättchen an — ieh werde im nachfolgenden zeigen, daß viele dieser 
Umrisse nur Hohlräumen angehören — so ist es erklärlich, daß die 
intensive Farbe der Grundmasse die Abschwächung durch das 
dunkle Plättehen zu überwinden scheint und letzteres der Grund- 
masse ähnlich gefärbt erscheint. 

Deutlichere Beobachtungen dieser plattenförmigen Mikrolithen 
sind im auffallenden Lichte möglich, wo die plattenförmigen 
Mikrolithe in verschiedenen Farben erglänzen. Hier erkennt man 
dann, daß diese eingeschlossenen, rechtwinklichen, langgestreckten 
Parallepipede häufig durch die Spaltungen parallel der Kante db/«a 
oder d/e unterbrochen oder scheinbar abgestumpft werden. Einer 
wirklichen Abstumpfungsfläche scheint nur der Winkel 27° (153°) 


1014 Schrauf. 


anzugehören, welcher häufig als Neigung der Flächen de wiederkehrt 
(Fig. 11, Taf. Il). Zahlreichere Combinationen dieser Mikrolithen 
bieten die Labradorite von der Labradorküste dar. 

Schließlieh muß ich erwähnen, daß die mikroskopische Unter- 
suchung der aus dem Labradoriten von Kiew geschliffenen größeren 
Präparate einige für die Struetur der plagioklastischen 
Feldspathe interessante Beobachtungen ermöglichten. Wohl 
zeigten die Krystallindividuen, die an dem Handstücke wirr dureh- 
einander liegen, schon unter der Lupe einen Aufbau aus zahllosen 
Schichten , allein die Anwendung polarisirten Lichtes im Mikro- 
skope erlaubt den Verlauf der Schiehte viel sicherer zu eonstatiren. 
Zur Orientirung der krystallographischen Symmetrie kann immer die 
Riehtung der eingelagerten, schwarzen, nadelförmigen Mikrolithe 
benützt werden, ‚die immer parallel der Kante d/a (010/010) liegen. 
Geht man von denselben aus, so zeigen die Mehrzahl der Krystall- 
individuen lamellare Zusammensetzung parallel der Basis ce (001); 
oder parallel dem Pinacöide 5 (010). In der Figur 12, Tafel II ist 
hingegen eine Partie aus einem solehen polysinthetischen Durch- 
schnitt dargestellt, die hiervon abweicht. Wie man aus der Figur 
erkennt, ist das ganze Präparat von den schwarzen Mikrolithen durch- 
drungen, die immer parallel der Kante d/a sind. Gegen diese Rich- 
tung um einen Winkel von 75° geneigt, verläuft nun ein System 
großer, farbiger Längsstreifen ; diese letzteren beginnen bei 
zwei an einander liegenden Querstreifen, und setzen sich zum 
größeren Theile ungebrochen fort, theils aber werden sie wieder von 
kleineren Querbalken durchkreuzt. Der Winkel, welchen die beiden 
farbigen Balkensysteme machen, ist 100° eirca; entspricht somit dem 
Winkel der Labradoritflächen ey = (001) (201) = paty,. Aus 
der Lage der Mikrolithe innerhalb dieser Winkel folgt dann, daß die 
3 hier zu unterscheidenden Richtungen bezogen werden können auf 
die Combinationskanten des Pinacoids (010) mit den Flächen 
(100), (201). (001). Die Längsstreifen entspreehen aber nicht, 
wie man anfänglich vermuthen sollte, der Riehtung e (001). sondern 
vielmehr der Richtung y (201); wodurch dieser Fall der polysin- 
thetischen Gruppirung erst seine erhöhte Bedeutsamkeit gewinnt. 
Der Riehtung e (001) sind nur die Querstreifen parallel, welche am 
Anfange des Präparates größere Ausdehnung haben, in Mitte des- 
selben nur mehr eigenthümliche Vierecke bilden. 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 101 5 


Obgleich aber die Hauptausdehnung dieser Lamellen parallel 
erfolgt, so ist doch die ganze Gruppe nur eine polysinthetische 
Wiederholung der Zwillingsbildung nach dem Periclingesetze. Der 
erste Querbalken in Fig. mit cc bezeichnet, bildet die eine Hälfte des 
Zwillings, an welchem mit der Fläche e (001) sich theils in paral- 
leler, theils in Zwillingsstellung die übrigen (nach y verlängerten) 
Krystallindividuen anschliessen. Man erhält durch diesen Fall eine 
Vorstellung von der bei den plagioklastischen Feldspathen beinahe 
unbeschränkten polysinthetischen lamellaren Verwachsung. 


ß) Präparate geneigt zu 5 (010). 


Ganz anderen Charakter, als die parallel 5 (010) geschliffenen 
Präparate haben jeneDünnschliffe, welehe mehr oder minder geneigt 
zu der eben genannten Fläche sind. Unter zahlreichen ähnlichen hebe 
ich zurBeschreibung ein Präparat desKiew’schen Labradorits hervor, 
welches eine Begrenzungsfläche parallel der Fläche e (001) hat. 

Während jedes der früher besprochenen Präparate eine zahllose 
Menge schwarzer, nadelförmiger Mikrolithe zeigte, wird in diesem 
kein einziger Krystalleinschluß deutlich sichtbar und deren Anwesen- 
heit beurkundigt sich nur durch das Auftreten zahlreicher Complexe 
von Rissen und ähnlicher Gebilde, welche an die Zeichnungen der 
Trichyte Zirkels erinnern. Aus der regelmäßigen, der Kante 5/«a 
parallelen Lage der schwarzen Mikrolithe ergibt sich nämlich, daß 
eine Platte parallel ce nur einen schiefen Querschnitt durch dieselben 
liefern könne. Da diese Mikrolithe somit nicht 90°, sondern nur 25° 
gegen die optische Axe des Mikroskops geneigt sind, so ist immer auch 
nur eine geringe Partie dieses Durchschnittes sichtbar, welcher dann 
nach oben und unten zu verschwommen ist. Mit starker Vergrößerung 
und scharfer Aufmerksamkeit gelingt in einzelnen günstigen Fällen zu 
erkennen, daß der Querschnitt der schwarzen Mikrolithe sechsseitig ist. 

Von den plattenförmigen, dünnen, graubraunen Einschlüssen 
konnte in diesem Präparate nichts wahrgenommen werden. Ver- 
muthlich verdecken die zahllosen Streifen und Zwillingslamellen die- 
selben. Auch ist es nicht möglich, unter den vielfachen Strichen, 
welche die Oberfläche des Präparates durchqueren, mit Ausnahme 
der Kante d/c andere bestimmte und constant bleibende Richtungs- 
linien derselben aufzusuchen. Im polarisirten Lichte ließ das Prä- 
parat ebenfalls keine anders gefärbten Einschlüsse hervortreten, 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 66 


1016 Schrauf. 


Schließlich erwähne ich des gegen die krystallographische Sym- 
metrie scheinbar verstoßenden Faetums, daß mehrere der parallel 
b/c laufenden Spaltungslinien bei 1000—1500fache Vergrößerung 
sich nicht mehr als vollkommen gerade Linien darstellten, sondern 
in kleinen Ziekzackkrümmungen verliefen. Im Verlaufe einer anderen 
Spaltungsrichtung befand sich wieder eine Reihe von den bekann- 
ten, Glasporen ähnlichen, Gebilden. 

Zahlreiche andere, von mir aus den Labradoriten von Kiew 
geschliffene Präparate waren mit den bisher beschriebenen in ihren 
wesentlichsten Grundzügen ident. In einigen derselben wurden Durch- 
schnitte von großen Augiten, und von Magneteisen gefunden. 

In allen aber sind die Mikrolithe in unzählbarer Menge und 
ausnehmender Kleinheit vorhanden und lassen wegen letzterer Eigen- 
schaft keine zur Speciesbestimmung hinreichende Messungen zu. 
Nach Scheerer !) sind die Einschlüsse in den Feldspathen meist 
Eisenglanz, nach Kenngott?) Göthit, nach Vogelsang :) hin- 
gegen Diallage. Da also die Untersuchung der Labradorite von Kiew 
mir keine Entscheidung zwischen diesen drei Meinungen ermöglichte, 
so mußte ich an die Herstellung von Präparaten aus dem Labradorit 
von St. Paul, Labradorküste denken, welcher dieselben Mikrolithe, 
aber in kleinerer Anzahl und vom größeren Volumen enthält. 


b) Die Labradorite von der Labradorküste. 


Der schillernde Labradorit von der Labradorküste ist bereits 
durch Vogelsang in Beziehung auf sein geologisches Vorkommen 
und seine Einschlüsse untersucht worden. Wenn gleich manche der 
von Vogelsang zuerst beobachteten Verhältnisse der Mikrolithe 
durch meine Untersuchung für richtig erkannt wurden, so ergaben 
sich doch in einigen gerade nicht unwesentlichen Punkten Abwei- 
chungen und Vervollkommnungen, die mich bestimmen, über meine 
Messungen ausführlicher zu berichten. 


«) Präparate parallel 5 (010). 


An den Labradoriten dieses Fundortes sind wie bei jenen von 
Kiew wieder wesentlich zwei Arten der Mikrolithe zu unterschei- 


1) Scheerer. Pogg. Ann. vol. 64, pag. 162. 
*) Kenngott. Resultat min. Forsch. für 1861, pag. 71. 
3) Vogelsang. Archiv. neerland. 1868, vol. III. 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 101 7 


‘den möglich, solche, welche schwarz, undurchsichtig und nadelförmig 
sind und am deutlichsten im durchfallenden Lichte erscheinen, und 
zweitens andere braune, plattenförmige, durchscheinende Einschlüsse, 
die, obwohl auch im durchfallenden Lichte sichtbar, doch im auffal- 
lenden Lichte weitaus deutlicher hervortreten. 


I. Messungen der schwarzen undurchsichtigen 
Einschlüsse. 


Zur Beobachtung der Mikrolithe ersterer Art benützte ich vor- 
züglich Präparate aus einem in lichtblauer Farbe schillernden Labra- 
dorit, welcher dem k. k. Hof-Mineraliencabinet (1849, XV, 10) 
gehört. Die nadelförmigen Mikrolithe in diesem Stücke, obwohl 
in allen Größenverhältnissen vorkommend, erreichen doch in ein- 
zelnen Individuen eine Breite von fast *#/,oo Mm. und lassen in 
Folge dessen bei 500—1000facher Vergrößerung eine sichere 
Messung der domatischen Abstumpfungskanten zu. 


Bei einer oberflächlichen Betrachtung fühlt man sich anfäng- 
lich wohl der Hypothese geneigt, alle in einem solchen Präparate 
vorkommenden Mikrolithe von einer Mineralspecies abzuleiten. Auch 
Vogelsang huldigt dieser Ansicht. Allein geht man wirklich zur 
exacten Messung der Winkeln über, so läßt sich eine solche Hypo- 
these nicht aufrecht erhalten, und trotz der Schwierigkeit, die sich 
der Deutung mikroskopischer Winkelmessung entgegenstellt, wird 
man zum mindesten das Vorhandensein von drei Mineralien in der 
Form dieser schwarzen Mikrolithe annehmen müssen. Meine Mes- 
sungen und Krystallgestaltbestimmungen erlauben unter diesen drei 
Mineralien 1. Augit, 2, Eisenglanz und 3. Magneteisen (mit Pieotit), 
zu verstehen. 


1. Augit. «) Form. Die größte Mehrzahl jener Mikrolithe, 
welche ich hier zur ersten Gruppe zusammenfasse, haben einen theils 
kurz, theils lang säulenförmigen Habitus und liegen mit einer ihrer 
Prismenflächen auf der Spaltungsfläche des Labradorits. Man erkennt 
bei auffallendem Lichte deutlich den prismatischen Charakter, indem 
dann eine der Flächen beleuchtet, die andere hingegen ins Dunkle 
zurückgetreten ist. 


Bei auffallendem Lichte sieht man, aber nur bei großer Auf- 


merksamkeit und an größeren Individuen, einzelne Pyramiden-Flä- 
66* 


1018 j Schrauf. 


chen an einem Ende der Säule beleuchtet erscheinen. Ich kann aber 
mit Sicherheit angeben, daß ich an allen Kryställchen die Pyramiden 
immer nur an einem Ende, nie in gleicher Stellung an beiden Enden 
gesehen habe, so daß man unwillkürlich an die hemiprismatische 
Ausbildung eines monoclinen Krystalls denken muß. Bemerkenswerth 
ist ferner, daß die Säulenflächen in den größeren Individuen fast nie 
glatt, sondern meist von zahlreichen, parallel der Längsaxe laufen- 
den Streifen durchfurcht sind. 

Im Nachfolgenden will ich nun aus einer Anzahl mehrerer hun- 
derten übereinstimmender Messungen die wichtigeren Fälle der Aus- 
bildung anführen. Die Mehrzahl aller größeren, 1/,oo—*/ıo0o Mm. 
breiten Mikrolithe gleicht der Figur 23, Tafel 5. Die gemessenen 
Werthe der Winkel der Flächennormalen an diesem Exemplare 
sind: 


ab = 34° 
be = 93 
cal —.52 
ad = 50 
de = 80 
ea — . 


Die schmäleren Mikrolithen lassen meist nur ein Ende deutlich 
erkennen, und da geben die Messungen durchschnittlich 


o 


ab = 35 
ca = 50. 


Dieser letztgenannte Winkel ca stimmt auch mit den Messungen 
Vogelsang's, welcher pag. 25 seines Memoires sagt: 


„Les aiguilles affeetent trois direetions differentes, La mieux 
accusee forme avec la face transversale un angle obtus d’environ 
130°; mais on observe aussi des stries fines parellelement A cette 
face transversale.* 


Meine obigen Messungen führen nun zu einer Hypothese über 
die Natur der eingeschlossenen schwarzen Nadeln. Es stimmen näm- 
lich die obigen Winkeln mit den Winkeln der Flächen in der Zone 
(100) (001) des Augits; und identifieirt man die obigen Kanten a, 
b, c, d, e der Reihe nach mit den Combinations-Kanten von 010 zu 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 101 9 


100, 301, 101, 20T, IOT (nach Descloizeaux von’ zu h,, at, 
0’ at/, 0), so wären die analogen Winkel 


(100)801) = 35°31' 
(800)(101) = 94 50 
(101)(100) = 49 39 
(100)@07) = 50 9 
(201107) = 80 11 
(ToT)(100) = 49 39 


und man könnte den Umriß der Figur als zu einer Combination der 
Augitflächen (100), (110), (010), (111), (801), (211), (nach 
Descloizeaux h’mg' d'/, at/, b'/,) gehörend, betrachten. 

An den kleineren nadelförmigen Kryställchen würde man immer 
nur die Combination des einen Endes, nämlich (100), (110), (010), 
(111), @01), (nach Deseloizeaux h/mg’ d'/, a‘/;) wahrnehmen. 

Kehrt man nach dieser Abschweifung zu der Besprechung der 
ebenen Mikrolithwinkel zurück, so kann man den bisher beschrie- 
benen Fällen dieser I Gruppe noch einzelne bemerkenswerthe an- 
reihen. 

Einige Mikrolithe sind plattenförmig, Fig. 24, Taf. 5, im star- 
ken Sonnenlichte schwärzlichgrün durchscheinend, und geben die 
Winkel 

ab = 15 
ca! = 35 


entsprechend der Combination der Augitflächen 010 mit 100, 001, 
301 (g’ mit h’ pas/, Desel.), deren ebene Flächenwinkel 73° 59’ 
und 35° 31’ sind. 

Andere Mikrolithe von kurzsäulenförmiger Gestalt zeigen hin- 
gegen eine reicher entwickelte hemiprismatische Flächencombination. 
Einzelne dieser Art liegen unregelmäßig im Labradorit verstreut, 
ohne der Combinationskante der Spaltungsrichtungen des Feldspa- 
thes parallel zu sein, auch liegen dieselben nicht regelmäßig auf 
ihrer eventuellen Pinacoidfläche. In Folge dessen ist auch der Um- 
riß der Gestalt dieses Mikrolithen unähnlieh den früheren Beobach- 
tungen. 

Zwei durch ihre günstige Lage gegen das einfallende Licht 
deutlich definirbar gewesene Krystalle will ich im nachfolgenden 


1020 Schrauf. 


näher beschreiben. Den ersten derselben stellt die Fig. 25, Taf. V 
vor, seine Länge betrug ?/;oo, seine Breite 2/,oo Mm. Ohne die Be- 
deutung der Flächen (die nicht vollständig scharfen Umrisse sind 
punetirt) vorerst zu wissen, lehrte doch die mikroskopische Beob- 
achtung, daß amm Säulenflächen sind, von denen bei gewissen La- 
gen mi Licht refleetirte, während a und m dunkel blieben. Bei einer 
Drehung erglänzten dann auch scheinbare Pyramidenflächen. 


Die Messungen ergaben 


bd —= 55° eirca 


ble — 60 
bi = 23 eirca 

big = 61 

b!le = 92 


und stimmen, gleich der Figur selbst, mit der Combination des 
Augits 100, 110, 010, 11T, 101 (h’mg’b/,a’ Desel.). Hierbei 
wäre be und dg dem Augitwinkel (010) (011) = 60° 21’ = (ge) 
entsprechend, sowie der Winkel 5c—=92” dem Winkel (010) 
(001) = 90° = (g’p) gleich ist. Da der Krystall wahrscheinlich 
auf einer hinteren Fläche des Prisma m 110 aufliegt, sa erklärt dies 
sowohl das Auftreten der unteren Pyramide als auch die Abwei- 
chungen des Winkels dc von 90 Grade. 

Die Fig. 26, Tafel V stellt ebenfalls einen schwarzen Mikroli- 
then dar, dessen einzelne Flächen bei schiefer Beleuchtung ziemlich 
deutlich sichtbar waren. Die punktirten Linien geben diese inneren, 
zwar nicht meßbaren, aber doch erkennbaren Flächenumrisse an. 
Seine Länge war 5/00 Mm. Seine Breite fast ®/,.0 Mm. 


Gemessen wurde 


bc = 30° 
bd = 59 
ble = 60 
b!f = 40 eirca 
b!n = 60 
bg = 61. 


Diesen Messungen zu Folge kann man entsprechend seiner 
Form den Krystall als die Augiteombination 100, 010, 110, 111, 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 1021 


101 (h’ g’mbt/,a’ Descl,) auffassen. Die Winkel dd—=be= bh — bg 
sind homolog dem Augitwinkel (010) (011) = 60° 21’ = g’e'. 

Schließlich finde ich nur noch erwähnenswerth, daß eine große 
Anzahl dieser schwarzen Mikrolithe, mit einer ebenfalls an Augit er- 
innernden Gestalt und einer sehr geringen, oft kaum !/,oo Mm. er- 
reichenden Breite senkrecht gegen ihre Längsaxe in zahllose kleine 
kaum 2/,oo Mm. Fragmente zerbrochen sind. Diese gleichen dann 
einer in Punkten aufgelösten Linie. Man kann nur vermuthen, daß 
die Krystallisationskraft des Labradorits diese Säulchen, die viel- 
leieht nicht ganz horizontal sich lagerten, zersplitterte. 


b) Regelmäßige Einlagerung. Hervorzuheben ist, daß 
die Lage der Augit-Kryställchen fast durchwegs eine solche ist, daß 
meist eine Fläche des Prisma 110 (m Descl.), hingegen seltener, 
daß 010 (g’ Desel.) nahe horizontal und dem Beschauer zugewen- 
det liegt. 

Die Diallagspaltungsfläche ist meist dem Beschauer abgewendet 
und um einen ziemlich steilen Winkel gegen die horizontale geneigt. 

Vergleicht man diese Beobachtung mit der allgemein consta- 
tirten Thatsache, daß die schwarzen Mikrolithe parallel der Combi- 
nationskante 5b/a (91%/,,0) des Labradorits in letzterem eingelagert 
sind, so kann man noch weiters annehmen, daß diese Einlage- 
rung nicht durch die Orientirung der Combinationskante, sondern 
auch durch die Spaltungsebene des Labradorits selbst bedingt sei. 

«) Ich nehme nun erstens, entsprechend der obigen Beobachtung 
an, daß diese Augitsäulen sich so auf die Fläche des Labradoritprisma 
M. (110) legen, daß die Augitfläche 100 mit letzterer parallel wird. 
Sei (Fig. 21, Taf. IV) d, M,m, die entsprechende Fläche des Labra- 
dorits, a1,a2,mi,m2, jene des Augits, so sind die inneren Flächen- 
winkel folgende 


(010)(110) = DM = baı = 120°53’ 
ler 
Labradorit 
(100)(110) = Mm = am!—= 133 30 
(110)(110) = mm: — 87 5 
(110)(100) — am: = 133 30 
ee TI Trm 
Augit 


hieraus ersieht man, daß die Augit-Säulenfläche m einen Winkel 
12° 37’ mit der Labradorfläche d (010) machen würde und etwa 


1022 Schrauf. 


eine Labradorfläche mit dem Index 180 (genauer 4.31.0) parallel 
liegen würde. 

Doch ist diese Hypothese der Lagerung der einzelnen Mikrolithe 
nicht die einzige unter denselben Voraussetzungen mögliche. Es ist 
nämlich am Labrador, namentlich in Folge seiner Zwillingsbildung 
(vergl. Fig. 21) auch auf das Auftreten einer zweiten prismatischen 
Spaltung nach m110 Rücksicht zu nehmen, deren Combinations- 
kante mit 5 (010) wohl parallel der Combinationskante b/a ist, 
‚ deren Neigung jedoch nicht 120° 53°, sondern nur 117° 30’ be- 
trägt. Setzt man diesen Werth in das obige Schema ein, so würde 
man erhalten 


(010)(110) = bm —= bat — ba? — 117°30' 
eo 
(100)(110) = a:m? = 133 30 
Ta er 


und daraus die Neigung von 16° 0’ für den Winkel, welchen die 
Mikrolithsäulenfläche m2 mit der Labradorfläche 5 (010) bildet. 
Man erkennt hieraus, daß m? nahe horizontal und dem Beobachter 
zugewendet liegt, analog der Lage einer Labradoritprismenfläche 
mit einem zwischen 160 und 170 liegenden Index. 


ß) Die Lagerung der Mikrolithe kann jedoch auch eine andere 
sein, denn die Beobachtung lehrt sehon, vergleiche den obigen 
hervorgehobenen Fall, daß auch die Augitfläche 5 (010) bei ein- 
zelnen Mikrolithen nahe horizontal und dem Beobachter zugewendet 
liegt. 

Auch diese Thatsache läßt sich mit einer regelmäßigen Auf- 
lagerung der Mikrolithe auf die prismatische Labradoritspaltungs- 
fläche erklären. Vergleicht man die Fig. 22, Tat. IV, so bedeuten in 
derselben, wie schon früher #5 Mm die Flächen 010, 110, 110 des 
Labradorits, hingegen die Linien d1m1m: die Flächen 010, 110, 110 
(g’ mm’ Desecl].) des Augits, und die Prismenfläche m? des Augit 
fällt mit der Prismenfläche M oder m des Labradorits zusammen. 

Unter diesen Annahmen berechnete sich für die Lage der Augit- 
fläche 5’ (010) gegen die schillernde Labradoritfläche 5 (010), die 
folgenden Neigungen. 

Für den Fall, daß der Augit auf der Labradoritfläche M(110) 
liegt, ist 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 1023 


(010)(101) = 5M = bm2 = 120°53' 
U m 


Labradorit 
(110)(010) = bim:— 136 27), 
TI Trn T 
Augit 


und hieraus die Neigung von 5t(010) des Augit zu 5 (010) des La- 
bradorits = 15° 341/,. Diese mehrfach genannte Mikrolithfläche 
liegt somit entsprechend der Beobachtung nahe horizontal und pa- 
rallel einer eventuellen Labradoritprismenfläche mit dem Index 
nahe 3. 19.0. 

Für die zweite mögliche Annahme, daß die Mikrolithe parallel 
der zweiten Labradoritprismenfläche m (110) eingelagert sind, deren 
Neigung dann 117° 30’ beträgt, für diesen Fall hat man 


(010)(110) = dm = bm: — 117°30' 
a Te 
Labradorit 
(110)(100) = b!m: = 136 27%), 
N UN Tr 
Augit 


und hieraus für die Neigung der Augitfläche 5:(010) gegen die schil- 
lernde Labradoritfläche eine Werth von 18° 57:/,'. Die Mikrolith- 
fläche hat daher eine Lage, die jener einer eventuellen Labradorit- 
fläche von 3.16.0 ziemlich nahe kommt. 

Aus dem bisher Gesagten kann man entnehmen, daß, ohne ge- 
wagte Hypothesen über die Lage der Mikrolithen zu Hilfe zu nehmen, 
es theilweise gelingt, die Neigung der dem Beobachter entgegen- 
sehauenden Mikrolithfläche (110 oder 010) gegen die schillernde 
Labradoritfläche zu bestimmen. Diese Neigung kann sein: 12° 37'; 
15° 341/,'; 16° 0; 18° 5’, und entspreche der Neigung einer even- 
tuellen Labradoritprismenfläche [4.31.0]; [3.19.0]; [#.26.0]; 
[3.16.0] zu der schillernden Labradoritfläche d (010). 

Ich habe mich hier eingehender mit der eventuellen Lage die- 
ser-Mikrolithen beschäftigt, da dieser Verhältnisse in dem dritten 
Paragraphe erwähnt werden muß‘. 


2. Eisenglanz. Die zweite Gruppe von undurchsichtigen schwar- 
zen Mikrolithen bilden zahlreiche, theils sechseitige, theils schein- 
bar unregelmäßige Mikrolithen von mehr plattenförmiger Gestalt, 
die im ersten Falle leicht, im zweiten hingegen nur durch genaue 


1024 Schrauf. 


Messungen als Eisenglanz erkannt werden können. Die dünneren 
Exemplare dieser Mikrolithe lassen bei starker Beleuchtung ein 
röthliehes Licht durchschimmern. Vollkommen dünne Eisenglanz- 
täfelchen, bekanntlich sind dieselben im durchfallenden Lichte licht- 
gelbbraun bis lichtroth, konnten in allen meinen Präparaten dieses 
Fundortes nur in sehr wenigen Exemplaren aufgefunden werden; 
die diekeren, schon schwarzen, eben erwähnten Kryställchen bilden 
die überwiegende Mehrzahl. 

Die mikroskopisch beobachteten , plattenförmigen Mikrolithe 
von theils vollkommen, theils einseitig verzogener sechsseitiger, oder 
von dreiseitiger Form werden in den meisten Fällen und: wohl mit 
Recht auch von anderen Autoren und in anderen Mineralien als 
Eisenglanz bestimmt. Eine sechsseitige Form liefert jedoch auch 
Augit und Goethit. Ersterer erscheint aber im durchfallenden Lichte 
grünlich gefärbt und kann deßhalb außer Acht gelassen werden. Um so 
wichtiger ist jedoch die Analogie des Goethits mit Eisenglanz, indem 
auch ersterer die gelbröthliche Farbe und überdies einen Domen- 
winkel von 62° 30/, daher eine nahe sechsseitige Form hat. 

Eine oberflächige Beobachtung könnte somit ganz leicht Goe- 
thit mit Eisenglanz verwechseln und käme hierdurch zu einer für 
die Bildung dieser Mineralien ganz falschen Schlußfolgerung. Goe- 
thit ist bekanntlich wasserhaltig, während Eisenglanz wasserfrei ist. 
Dem Anscheine nach sollten nun die aus wässeriger Lösung entstan- 
denen Mineralien auch das Eisenoxydhydrat (Goethit), nicht aber das 
wasserfreie rothe Eisenoxyd bei dessen gleichzeitiger Bildung in sich 
einschließen. Um diese Frage durch Messungen zu entscheiden, 
habe ich die bekannten Einschlüsse nicht bloß des Aventurinfeld- 
spathes, sondern auch des Carnallits gemessen '), und die Existenz 


1) Obgleich eine mikroskopische Untersuchung des Aventurinfeldspathes und des 
Carnallits außer den Rahmen der vorliegenden Studien fällt, so glaube ich dennoch 
einzelne Thatsachen aus derselben hervorheben zu sollen. 

Der Aventurinfeldspath von Twedestrand umschließt eine zahllose 
Menge theils kleinerer, theils größerer selbst mit freiem Auge sichtbarer, röthlich- 
golden glänzender Schüppchen, die schon von Scheerer als Eisenglanz be- 
schrieben sind. Die Winkelmessungen ergaben mir 60° + 20’. Überdies gelang 
es mir in diesem Präparate auch einen Eisenglanzzwilling analog dem bekannten 
Aragonitgesetze zu sehen. In Fig. 13 Taf. IM ist er mit D bezeichnet. Das Auf- 


treten dieses Gesetzes am Eisenglanz ist meines Wissens bisher noch nicht be- 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 1025 


von in situ entstandenen Eisenglanzkrystallen bestätigt gefunden. 
Es habe sich somit in der wässerigen Lösung, aus welcher der Car- 
nallit entstand, sich mit letzterem zugleich Eisenglanz gebildet und 


der wasserhaltige Carnallit (KCI+ MgCI, dot 0) umschließt die 
wasserfreie Eisenverbindung. 


Man wird diese Thatsache mit Nutzen zur Erklärung der Ent- 
stehung des Labradorits verwenden können. 

Neben diesen Tafeln glaube ich zu Eisenglanz noch einige 
schwarze Mikrolithen zählen zu dürfen, die eine rhomboedrische Aus- 
bildung zeigten. Einige derselben von nahe quadratischem Quer- 
schnitte gaben die Winkel ub=85° ba=95°. Da wie bekannt, der 
Winkel zweier Grund-Rhombovederflächen (r Miller) vr’ = 86° 10’ 
rr—=93° 50 ist, so kann die beobachtete Form als aus 3 Grund- 
rhomboederflächen bestehend angenommen werden, von welchen 
eine dem Beobachter zugewendet und nahe horizontal liegt. Ein ande- 
res Exemplar, durch dieselbe Annahme erklärbar, enthielt noch 
2 andere Flächen aus der Zone des Rhomboeder’s, nämlich x (Mil- 
ler) und e (Miller). An der Figur (Fig. 28, Taf. V) ward ge- 
messen: 


obachtet worden. Daß der Mikrolith D wirklich ein Zwilling ist, konnte sowohl 
durch den Parallelismus der Säulenkante beider Individuen, als auch durch die, 
volle Ebenheit der oberen Endfläche genau erwiesen werden. Überdies zeigt die 
ganze Ausbildung des durch diese Figur dargestellten Mikrolith’s diesem Zwillings- 
gesetze entsprechende Ausbuchtungen und Repetitionen. Die Breite des Mikrolith’s 
D war Yıoo Mm. 

An einem anderen kleinen, etwas schief liegenden Eisenglanztäfelchen von 
einseitig verlängerter Gestalt beobachtete ich eine scheinbar prismatische Aus- 
bildung. Derselbe bestand aus den sechs Flächen der 6seitigen ersten Säule a, fer- 
ner aus vier Flächen einer 12seitigen Säule (210 Schrauf; k Miller). Beob- 
achtet war aa, = 60°; ala — 39°; a3 —591,° ; ata5 — 60 An 
a506—591/,°; aba —601/,°; dann a, Al= 181,9; aln—19, ; an! — 20° 
«318°. Vergl. Fig. 27 Taf. \. 

In dem von mir untersuchten Carnallitpräparate waren zahlreiche Eisen- 
glanzschuppen enthalten, deren Seitenlänge zwischen %joo0 und ?>/1000 Mm. wech- 
selte. Sie waren licht gelbliehroth durchscheinend und gaben wegen ihrer Dünn- 
heit schon im refleetirten Lichte die Farben dünner Blättchen. 

Ihre Feinheit, dann der vollkommene Erhaltungszustand ihrer scharfen Con- 
touren bedingt ihre mit Carnallit gleichzeitige Bildung. An einem Sechseck von 
1/,o0 Mm. Seitenlänge ergaben die Messungen 0°, 591/,°, 1191, °, 180°, 2401, , 
300°, 360°. An Goethit ist daher nicht zu denken. Eine Untersuchung auf deren 
Einaxigkeit gab wegen der Kleinheit der Schüppchen keinen Erfolg. 


1026 Schrauf. 


Beobachtet Gerechnet 
r'r' = 86° 86°10’ 
r'n = 28 27 18 

Zn — 6% 66 32 
Tr = 86 86 10 
Tr —= 26 2718 

re —= 46 46 55. 


Auch diese Figur läßt sich, wie die Vergleichung der beobach- 
teten und der gerechneten Werthe ergibt, durch die Annahme von 
Eisenglanz erklären. Ich glaube in Folge dieser letzteren Beobach- 
tungen daher aufmerksam machen zu sollen, daß ein nahezu quadra- 
tischer Querschnitt eines schwarzen undurchsichtigen Mikrolithen, 
wenn derselbe nicht wirklich auf seinen Winkel geprüft ward, keine 
Sicherheit für die Bestimmung gewährt. Die Winkel des Spaltungs- 
rhomboeders am Eisenglanz [86° 10°; 93° 50] erscheinen für eine‘ 
oberflächliche Betrachtung beinahe als rechtwinklig. 

3. Magneteisen und Picotit? Unter den schwarzen Einschlüssen 
im Labradorit findet sich schließlich noch eine dritte Gruppe, näm- 
lich Magneteisen in verschiedener Form und Ausbildung und Lage. 
Von den größeren Gruppen von Magneteisen glaube ich der in Fig. 8, 
Tafel II dargestellten erwähnen zu sollen, da dieselbe mit großer 
Deutlichkeit den schichtenförmigen Aufbau und das Übergehen der 
dickeren hexaedrischen Formen in die lichtgrau gefärbten Lamellen 
erkennen läßt. 

Die Mikrolithe dieses Minerals kommen häufig in kleinen, kaum 
1/ioo Mm. großen, viereckigen Kryställchen, seltener auch in etwas 
größeren, ?/,oo—®/ıoo langen, mehr säulenförmigen Formen vor; 
beide sind größtentheils in der Labradoritmasse mehr oder minder 
unregelmäßig vertheilt. 

Die beobachteten Flächen sind Hexaeder, Octaeder und Dode- 
caeder. Dem Hexaeder gehören die Krystalle an, die einen vollkommen 
quadratischen Durchschnitt besitzen, dessen Winkel 90° gemessen 
wurden. Einer Combination des Hexaeders mit Octaeder und Dode- 
caeder scheint die Fig. 29, Taf. V anzugehören. Die gemessenen Win- 
kel aus der Horizontalzone sind ab—=55 und bde=35°. Ersterer 
entspricht der Neigung einer Octaederfläche (5) zu einer Würfel- 
fläche (a), die bekanntlich 54° 44’ ist, so wie der Winkel ce dem 
Werthe des Winkel von Octaeder zu Dodecaeder (35° 16’) gleich- 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 1027 


kommt. Der Magneteisenkrystall würde unter dieser Voraussetzung 
auf einer Dodecaederfläche liegen und die Octaederzone würde die 
Contouren der Figur bilden. 

Die Fig. 30 Taf.V. stellt hingegen die Combination von Würfel 
und Dodecaeder dar. Der Winkel ab und ab’ ward zu 45° bestimmt. 
Der Kıystall ist aber durch die vorwiegende Ausbildung nach Einer 
Hexaederfläche plattenförmig geworden und erscheint fast halbdurch- 
siehtig, im Dunkeln gelbbraun. 

Schließlich habe ich säulenförmige Kryställchen Fig. 31, Taf. V. 
beobachtet, welche in die Länge gezogene Octaeder waren. Hierfür 
sprieht der gemessene Winkel ad = 55°, ac = 125°, cat — 55°, 
so wie, daß nach oben zu zwei domatisch geneigte Flächen p p, er- 
kennbar sind, die bei wechselnder Beleuchtung dunkel oder hell 
erscheinen. Es läßt sich aber nicht entscheiden, ob diese Octaeder 
dem Magneteisen oder nicht etwa dem Picotit zugezählt werden 
müssen. Überdies bedarf es-einer aufmerksamen Durehmusterung des 
Präparates, um diese letztgenannten verzogenen Octaeder von den 
in der ersten Augitgruppe öfters hervorgehobenen nadelförmigen 
Mikrolithen zu trennen. Auch sind die Winkel beider, hier 55° dort 
50°, nur durch genaue Messungen unterscheidbar. Bei günstiger 
Lage mag auch der starke Metallglanz und das Fehlen einer Streifung 
das Auffinden von zu dieser Art gehörenden Mikrolithen erleichtern. 

Einige dieser Octaeder lagen mit ihrer Längsausdehnung 
parallel mit der Labradoritrichtung m/b. Das dem Beschauer do- 
matisch zugewendete Octaederpaar scheint gegen die Labradorit- 
fläche 010 nach rechts und links gleichmäßig (35°) geneigt zu sein. 
Würden erneute Untersuchungen lehren, daß eine dieser Octaeder- 
flächen nahe parallel der schillernden Labradoritfläche liege, so 
müßte jedenfals die dazugehörige Octaederfläche dann auf die pris- 
matische Spaltungsfläche des Labradorits aufgelagert sein, analog 
wie wir dies bei den Mikrolithen der ersten Art (pag. 1021) ange- 
nommen haben. 

Vergleicht man die Fig. 32, Taf. VI, so bedeutet b M m die 
Spaltungsflächen des Labradorits, während o 0’ die Octaederflächen 
sind. Bekanntlich ist nun 

DM = bo = 120°54’ bm = bo = 117°30 
oo! = 109 28%/, oo! = 109 281/, 
wodurch — 11 561/, oder — mus), 


1028 Sehrauf. 


für die hypothetische Neigung der Octaederfläche gegen die schil- 
lernde Labradoritfläche 5 (010) sich ergebe. Diese Neigung wäre je- 
doch, wieich ausdrücklich betone, nicht in dem analogen Sinne, wie bei 
den Augiteinschlüssen zu verstehen, sondern der Octaeder, welcher 
auf der Labradoritfläche 7 (110) liegt, würde seine obere Fläche 
parallel einer hypothetischen Labradoritfläche 3. 28. 0 [also in der 
Labradoritzone 5 m’ (010: 110)] haben; während andererseits die 
obere Fläche eines verzogenen Octaeders, welcher auf der Labra- 
doritläche m’ (110) läge, nahe parallel einer hypothetischen La- 
bradoritfläche (2. 25. 0) aus der Zone 5 M wäre. 

Hiermit schließe ich die Aufzählung meiner Beobachtungen, 
welche die schwarzen undurehsichtigen Einschlüsse im Labradorit 
betreffen. Ich hoffe die wichtigsten Krystallgestalten hervorgehoben 
zu haben, ohne daß ich jedoch glaube, daß hierdurch der ganze 
Formenreiehthum dieser Mikrolithe erschöpft wäre.‘ 


II. Messungen der durehsichtigen Einschlüsse. 


Außer den bisher beschriebenen Mikrolithen umschließen die 
Silicatgesteine, wie dies Scheerer (Pogg. vol. 64) am Schiller- 
spath. und Vogelsang (l, e.) am Labradorit beschrieben, eine 
zahlreiche Menge von graubraunen, mehr oder minder durehschei- 
nenden Krystallblättchen. Bei der Untersuehung der Labradorite von 
Kiew gelang es (vergl. vorhergeh. Seiten), wegen der geringen 
Größe und Undeutlichkeit des Auftretens mir nicht, aus den erhal- 
tenen Daten einen Schluß auf die Substanz zu ziehen. Weitaus 
häufiger, größer und sichtbarer sind diese Lamellen in manchen 
Handstücken des Labradorits von der Labradorküste, und diese ge- 
statten einige krystallographische Kennzeichen sicher zu stellen. 

Als solehe Einsehlüsse sind namentlich die graubraunen La- 
mellen zu betrachten, denen schon, seit Scheerer auf sie im Hy- 
persthen aufmerksam machte, die allgemeine Aufmerksamkeit ge- 
widmet ist. Alle diese lamellaren Einschlüsse sind aber bisher als 
Eins betrachtet worden. Schließt man aber das diffuse Tageslicht 
bei der mikroskopischen Beobachtung aus, und wendet nur Licht 
von bestimmter Ineidenz an, so erkennt man, daß die Lamellen im 
Labradorit (ganz abgesehen von ihrer Speeiesbestimmung) weder 
einerlei Lage, noch vollkommen einerlei krystallographische Contouren 
haben, und daß die reetangulären Tafeln, welche mit ihrer Längs- 


Studien an der Mineralspeeies: Labradorit. 1 029 


richtung senkrecht gegen die Augitnadeln liegen, von den langen, 
undeutlich krystallisirten Blättehen unterschieden werden können, 
die parallel den Augitkrystallen liegen. Namentlich trennt diese beiden 
Lamellensysteme aber die Untersuchung im refleetirten Lichte. 
Erstere Tafeln 1) {rAa&} nenne ich ihrer Form wegen vorläufig 
Mikroplakite, die zweiten Blättchen hingegen Mikrophyllite. 
Beide Namen sollen für diese mikroskopischen Einschlüsse, für welche 
außer den krystallographischen Messungen nur negative Eigenschaften 
ermittelt sind, vorläufige Bezeichnungen sein. 

Außer diesen Lamellen wurde noch in den Labradoritpräpa- 
raten Feldspath und zwar Sanidin, und ferner Körner von Quarz 
und Caleit aufgefunden. 

I. Nikroplakite.«) Form. Zur Messung dieser Lamellen benützte 
ich Präparate aus einen grün und roth schillernden Labradorit (das 
Handstück trägt die Etiquette 1807. XVI. 24), dessen ganze Masse 
in großer Menge diese Einschlüsse enthielt. 

Letztere wurden schon im Handstücke selbst, durch ihr leb- 
haftes Aventurisiren bemerkbar 2). Im durchfallenden Lichte er- 
scheinen hier, wie bei den Kiew’schen Präparaten, diese vierseitigen 
Blättehen graugelb bis bräunlich; während sie im auffallenden Lichte 
grell röthlichgelb, grün und blau erglänzen. 

Diese Farben sind bekanntlich nur die Farben dünner Blättchen 
und daher weniger von der Substanz als vielmehr von der Platten- 
dieke abhängig und liefern daher keinen Anhaltspunkt für die Be- 
stimmung der Substanz. Hierfür zeigte sich in einem der Präparate 
ein hübsches Beispiel Fig. 10, Taf. I, durch das Übereinandergreifen 
zweier Blättehen von gelber Farbe. Da die Blättehen nämlich auch 
in vertiealer Richtung nur durch eine sehr dünne Labradoritschichte 
von einander getrennt sind, so entsteht dort, wo diese letztgenannte 
mit den beiden Blättchen gleichzeitig wirkt, die grüne Interferenzfarbe. 

Zwischen den gekreuzten Nicols werden diese Lamellen dunkel; 
wobei jedoch manchmal die intensive Färbung der Labradoritmasse 
(ebenfalls Farbe dünner Blättehen) durch manche Lamellen (Hohl- 
räume wahrscheinlich, vgl. pag. 1013) zu leuchten scheint. 


1) Analoge Querlage gegen die Augitnadeln haben die reetangulären Lamellen im 
Hypersthen. Vergl. Fig. 14, a, 5 Taf. III. 

2) Die optischen Verhältnisse, welche dieses Handstück darbot, werden im dritten 
Paragraphe besprochen werden. 


1030 Schrauf., 


Die Lage dieser Mikrolithen schließt sich ebenfalls auf das 
engste an die Spaltungsriehtungen des Labradorits an. 

Die Lamellen quadratischen Durchschnitts liegen mit einer 
ihrer Seiten immer senkrecht zu der Labradoritkante d/a und 
daher auch senkrecht zu den schwarzen Mikrolithen, sie selbst sind 
nur wenig gegen die Spaltungsebene des Labradorits 5 (010) geneigt. 

Oftmalige Messungen ergaben an allen diesen quadratischen 
Blättchen einen mittleren Werth des Winkels von 90°, von welchem 
sich die einzelnen Messungen nie um mehr als 1/,° entfernten. Ein 
zweiter Winkel, welchen eine häufig auftretende seeundäre Fläche 
mit den Quadratseiten bildet, beträgt im Mittel 261/,°—27°, und 
konnte namentlich im reflectirten Lichte mit großer Sicherheit ge- 
messen werden. 

Beide Winkel machen nun für die Bestimmung der Substanz 
die Annahme des Eisenglanzes unmöglich. Der Winkel 90° stimmt 
wohl mit einer Projection des Eisenglanzes auf seine Endfläche, 
allein nieht so der Winkel 27°, welcher dann 30° sein müßte, 
ebenso wäre die absolut quadratische Form mancher Lamellen etwas 
bedenkenerregend; andererseits könnte man in den Contouren dieser 
Lamellen eine Projeetion des Eisenglanzes auf eine seiner Rhom- 
boederflächen annehmen wollen, womit sich der Winkel 27° ver- 
einen ließe, allein dann müßte statt 90° der andere Winkel 94° 
betragen haben. - 

Weiters könnte man diese Lamellen in eine engere Ver- 
bindung mit Feldspath bringen wollen, und theils in ihnen selbst 
Feldspathblättchen, theils Mikrolithe, deren Form nur durch die 
Spaltungsrichtungen m und ce des Labradorits selbst bestimmt sind, 
vermuthen. Namentlich in letzterer Hinsicht muß man sich erinnern, 
daß der Winkel zwischen den Combinationskanten der Labradorit- 
flächen m und c mit der schillernden Fläche 5 (010), ebenfalls nahe 
64° beträgt, somit der Mikrolithwinkel von 36—27° sich genau an 
diesen Spaltungswinkel anschließen würde. In der That tritt nun 
jene secundäre Fläche der Mikrolithe fast meistens einseitig auf 
und stumpft parallel der Labradoritriehtung ce die zwei Ecken der 
braunen Lamellen ab. Ausgezeichnete Beispiele hierfür sind die zwei 
Figuren 33 a) und 5), worin namentlich 6) als der Typus der Mehr- 
zahl dieser Lamellen gelten kann. Trotz dem aber, daß die meisten 
dieser Lamellen eine solche Bildung zeigen, sind sie jedoch nicht 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 103 1 


die einzig möglichen, und neben solehen, durch die Spaltung des 
Labradorits influeneirten Blättchen, finden sich andere, deren qua- 
dratischer Umriß wohl.symmetrisch gegen die Labradoritspaltung m, 
allein nieht mehr parallel der Kante c/b ist. So ist in der nach der 
Natur gezeichneten Fig. 9, Taf. II, der gelbe Mikrolith symmetrisch 
gegen m und c, während hingegen das grüne Blättehen nur mehr sym- 
metrisch gegen die Labradoritspaltung m ist. Ebenso auch Fig. 34, 
85, 36, wie unten folgt. 


Es scheint somit nach dem Angeführten unmöglich, diese Blätt- 
chen auf eine Form des Feldspaths zurückzuführen. 


Würden überdies auch die in der obigen Figur mit mm, m’m’, 
ce und c’c’ bezeichneten Richtungen parallel Feldspathflächen d/a 
und b/c sein, so sind hingegen die gegen a (100) senkrecht lie- 
genden Contouren m’c’ und mc, da der Winkel genau 90° beträgt, 
in der Feldspathzone acxy hingegen kein Winkel von 90° möglich 
ist, krystallographisch nicht mit einer feldspathigen Substanz zu 
vereinen. 

Einige Aufklärung über die Natur dieses Minerals bot also nur 
das Auftreten des Winkels 27° dar. 

Wohl kommt diese Fläche meist nur einseitig (wie oben er- 
wähnt) vor, doch zeigt eine genauere Durchforschung mehrerer Prä- 
parate auch noch complieirtere Formen. 

Fig. 84 zeigt eine Lamelle, deren Contouren a, a, f, f, sym- 
metrisch gegen b/a, hingegen d parallel der Labradoritrichtung c/b 
ist. Die gemessenen Winkel sind dann 


af = fü— üf= fa = W 


äd = 237° 
B= 7 
ab = 63. 


Bei einer anderen Lamelle beobachtete ich vergl. Fig. 35, 
Taf. VI. 


af = 90° f:(b/a)Labr. = 0° 


ad —= 63 
fa _ 27 
ac = 27 


Sitzb. d. mathem.-naturw. C!. LX. Bd. I. Abth, 67 


1032 Schrauf. 


Eine dritte Lamelle, durch ihre Ausbildung bemerkenswerth, 
lieferte die Winkel Fig. 36, Taf. VI. 


f:b/alabr. — 0° 


Auf Grund dieser Angaben gewinnt man einen Einblick in die 
möglichen Symmetrieverhältnisse der Contouren dieser Lamellen. 
Letztere zeigen nämlich, beispielsweise ausgehend von der mit der 
Labradoritkante b/a parallelen Fläche, die Neigungen 27°,63°,90°. 
Eine solche Symmetrie ist nur in einer Zone möglich, dessen Prisma 
einen Winkel 45° bildet, also einer Dodecaederzone oder der des 
pyramidalen Hauptprisma; indem in jeder derselben die seeundäre 
Fläche (Tetrakishexaeder) 210 zweimal auftritt und mit 100 (He- 
xaeder) die Winkel 26° 34 und 63° 26’ macht. 

ß) Diseussion. Mit Rücksicht auf die krystallographische 
Bestimmung und das apolare optische Verhalten der Substanz kann 
man daher wohl mit einiger Sicherheit behaupten, daß diese Mi- 
kroplakite entweder tesseral, parallel der Hexaederfläche, oder pyra- 
midal, parallel der Endfläche entwickelte Kryställchen sind. 

Mit Rücksicht auf die anderen Einschlüsse könnte man bei 
der Speciesbestimmung dieser Lamellen zwischen dem tesseralen 
Magneteisen oder einem pyramidalen Silicate schwanken. Unter den 
Silieaten würde Melilith sowohl wegen seiner basischen Spaltbarkeit, 
und wegen seiner ins grau gelblichen Farbe, als auch wegen der 
mit Labradorit ähnlichen chemischen Zusammensetzung !) Aufmerk- 
samkeit verdienen. 

Beide Annahmen sind jedoch nicht ohne Bedenken. Gegen 
Magneteisen, welches am. besten zu all den positiven Resultaten 
passen würde, spricht die scheinbare Unauflöslichkeit der Mikropla- 
kite in Salzsäure. Präparate, die längere Zeit continuirlich theils in 
kalter theils in warmer Säure gelegen hatten, zeigten noch immer 
die graubraunen Lamellen, während einzelne der schwarzen Mikro- 
lithen gelöst und verschwunden waren. Wollte man auch annehmen, 
daß die Labradoritmasse selbst ihre inneren Einschlüsse hermetisch 
abschließt, so sind doch bei einem größeren Präparate genug nach 


1) Beide enthalten Kalk, Natron, Thonerde, mit Eisen, Magnesia und Kali. 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 1033 


außen hin liegende Lamellen vorhanden, die eine auflösende Wirkung 
der Salzsäure kennbar machen sollten. 

Gegen Melilith, welcher wohl von Salzsäure nieht angegriffen 
wird, sprieht wieder die Thatsache, daß dessen Vorkommen selten 
ist und bisher nur in den Laven des Vesuvs, von Capo di Bove und 
vom Laachersee, in den Schlacken und in neuester Zeit im Basalte 
von Scheibenberg sicher gestellt ist. Zirkel t), welcher diesen 
letztgenannten untersuchte, erwähnt jedoch die, für das Paragenese 
von Melilith und Feldspath wichtige Thatsache: „daß der Basalt, 
welcher mikroskopische Blättchen des Melilith einschließt, keinen 
Feldspath enthält.“ 

Noch schwieriger dürfte es sein, Merkmale aufzufinden, die 
gestatten, diese Lamellen etwa mit anderen Silieaten zu identifieiren. 
Da die Mikroplakite auch im echten Hypersthen in gleicher, gegen 
‚die schwarzen Mikrolithe senkrechter Lage auftreten, so könnte man 
vielleicht in denselben Lamellen von Enstatit oder Hypersthen selbst 
vermuthen. Um aber einen quadratischen Durchschnitt zu erzielen, 
müßte derselbe entweder «) in einer gegen die Hauptspaltungs- 
richtungen senkrechten Ebene erfolgen, ein wegen der Gesetze des 
krystallographischen Gefüges unwahrscheinlicher Fall, oder 5) pa- 
rallel den Hauptspaltungsebenen selbst durch den Krystall des frag- 
lichen Silieats geführt werden. Im letzteren Falle erfordern jedoch, 
wenn der Winkel von 90° der Neigung von Basis zum Pinacoid ent- 
sprechen soll, der Winkel von 27° ein primäres Doma von 45°, 
‚dessen Vorhandensein zu negiren die bisherigen Messungen voll- 
kommen erlauben. Auch wäre bei diesen Silieaten kein apolares 
Verhalten möglich, denn beide sind doppelbrechend, zeigen in dün- 
neren Schliffen deutlich die Färbung. Der graubraune Hypersthen 
zeigt überdies einen merkbaren Dichroismus, selbst in dünneren 
Präparaten. 

Die Figuren 14 a und 14 5 Tafel III stellen einen der Haupt- 
spaltungsebene nahe parallelen Dünnschliff von Hypersthen von der 
Paulsinsel dar, in welchen ebenfalls die apolaren quadratischen 
Tafeln, von rechtwinkeliger Stellung gegen die langen Augitnadeln, 
ganz analog unseren Mikroplakiten vorkommen. Wendet man pola- 
risirtes Licht an, so erkennt man aber mit Deutlichkeit, daß trotz 


0 Zirkel. Pogg. Ann. vol. 136, p. 559. 
67° 


1034  Scehrauf. 


der diehroitischen Färbung der Grundmasse 1) die Mikroplakite in 
ihrer Färbung constant bleiben. 

Wollte man andere Silieate, vielleicht aus der Gruppe des Pe- 
talit's oder Spodumen’s, zur Erklärung herbeiziehen, so kommt man 
ebenfalls zur Differenzen, sowohl der Krystallwinkel, als auch des 
apolaren Verhaltens. Auch die Annahme Scheerer's2), daß Diaspor 
in Spreustein, Eläolith und Feldspath eingelagert ist, dürfte hier 
wegen der Form des Diaspor's und seiner Doppelbrechung keine 
Erklärung bringen. 

Die Annahme von Vogelsang (]. e.), daß alle in Labradorit 
eingelagerten Blättchen Diallage sind, kann ich ebenfalls für die 
Mikroplakite nicht als vollkommen begründet anerkennen. 

Von krystallographischer Seite ist das wichtigste Merkmal dieser 
quadratischen Platten der Winkel von 27°; während ein Winkel von 
46%/, und 431/,° , der der prismatischen Spaltbarkeit des Pyro- 
xens entspricht, nicht beobachtet ward. Auch würden diese Lamellen 
einen Querschnitt durch die Säule erfordern, der genau senkrecht 
gegen diese geführt ist, parallel also einer Richtung, die keiner 
Spaltungsfläche entspricht. Ein Durchschnitt durch die Säule etwa 
parallel der Basis ce (001) würde hingegen eine von 90° verschie- 
dene Projeetion des rechten Winkels hervorrufen. 

Wollte man aber die Mikroplakite als pinacoidische Spaltungs- 
stücke des Diallags ansehen (etwa parallel 100), so würde wohl die 
Projeetion der Kanten 010 und 001 einen reehten Winkel hervor- 
bringen, allein die übrigen Kantenwinkel würden verzerrt, so daß 
beispielsweise der Winkel (001) (122) = pb’ = 22° 17’ in der 
Projection nur als 161/,° (circa gleich dem Winkel (102) (112) 
— bia®) erscheint. Daher ist mir der Satz Vogelsang’s nicht 
deutlich: „Dans les tables reetangulaires doublement tronquees, j ai 


1) Die grüne Färbung Fig. 14a Tafel III entsteht, wenn die Schwingungsebene des 
Lichtes parallel den schwarzen Augitnadeln ist; die braune bei einer hiezu senk- 
rechten Richtung. 

2) Scheerer. Pogg. Ann. 108, p. 431 u. 119, p. 152. In der letzteren Arbeit heißt 
es: In Spreustein, Eläolith und Feldspath (aus dem Norwegischen Zirkonsyenit) 
sind in variabler Menge pulverförmige Substanzen eingemengt und darin unregel- 
mäßig vertheilt. Die fremdartigen Beimengungen des Spreusteines bestehen we- 
sentlich aus Diaspor, die des braunen Eläoliths wahrscheinlich ebenso oder doch 


zum Theile; letzteres dürfte auch vom Feldspathe gelten. 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 1 035 


en outre, mesur& plusieurs fois les angles 157°, 137°, 144°, 156°, 
qui se retrouvent tous dans le zone diagonale de P et du prisme 
prineipal, comme combinaisons de ces faces avec des paires augiti- 
ques ou de ces dernieres entre elles.“ 

Nach allen diesen kommt man zur Überzeugung, daß die 
meisten erkannten Eigenschaften der Mikroplakite nur dem Magnet- 
eisen eigen sind !), und daß nur die scheinbare Unauflöslichkeit 
gegen diese Identifieirung spricht. Da aber wie auf den früheren 
Seiten bemerkt, ohnehin nicht alle Formen der Mikroplakite Fig. 11 
vollkommen mit Substanz ausgefüllt sind, so wäre auch eine bereits 
stattgefundene partielle Änderung der früheren eingeschlossenen 
Masse und daher dann auch dessen Unauflöslichkeit erklärlich. 

Es würden dann diese Beobachtungen zu einem analogen Re- 
sultate führen, wie die Durchsicht des Glimmers von Pennsbury ?. in 
welchen Dana und Brush?) ebenfalls Lamellen von Magneteisen in 
dendritischer Form erkannten. 


2. Mikrophyllite. Außer diesen bisher beschriebenen quadrati- 
schen Lamellen kann man aber im Labradorit eine große Anzahl 
von sehr stark verlängerten oblongen Blättehen wahrnehmen, die 
ebenfalls graubraune Farbe besitzen. Zwischen gekreuzten Nieols 
zeigen.sie ebenfalls Einfachbrechung oder zum mindestens apolares 
Verhalten. Diese Mikrophyllite liegen immer mit ihrer Längsrichtung 
parallel den Augitnadeln, also parallel der Richtung b/a, zeigen 
jedoch keine deutlichen Abstumpfungsflächen, ja selbst der vier- 
seitige Umriß der Lamellen ist meist undeutlich, gekrümmt, scheinbar 
ausgebrochen. Sie sind meist 0-05—0:10 Mm. lang und 0:02 bis 
0:04 Mm. breit. 

Da keine krystallographische Bestimmung dieser Lamellen mög- 
lich, so ist eine Annahme für die Substanz dieser Mikrophyllite um 
so schwieriger. Würden diese oblongen Blättchen nicht apolar sein, 
so wäre es gerechtfertigt, gerade bei diesem Präparate an Diallag 
oder Bronzit zu denken, da auch die Structur derselben etwas flasrig 
erscheint. 

Gleiche Schwierigkeit stellt sich der Annahme von Melilith ent- 
gegen, indem diese oblongen Durchschnitte von krystallographischer 


1) Vergleiche die.Discussion der Fig. 8, Tafel II, auf pag. 31, 
2) Dana Mineralogy 1868, Fig. 150. 


1036 Schrauf. 


Seite doch nur als Durchschnitte parallel der pyramidalen Hauptaxe 
angesehen werden könnten. Allein diese Voraussetzung bedingt 
ebenfalls, daß zwischen den gekreuzten Nicols die Doppelbrechung- 
sich durch Färbung der Lamellen kennzeichnet. 

Leichter würden sich auch diese Mikrophyllite unter der Voraus- - 
setzung, daß sie Magneteisen wären, erklären lassen. Früher ward 
nämlich schon erwähnt, daß langgestreckte Octaeder von Magnet- 
eisen im Labradorit vorkommen. Würden solche Octaeder durch die 
hexaedrische Spaltung plattenförmig, so entstünde aus ihnen dann 
die oblonge Form der Mikrolithe. Allein mit Magneteisen läßt sich 
nicht die beobachtete scheinbare Unauflöslichkeit der Lamellen in. 
Salzsäure vereinen. 

Da durch die bisherigen Untersuchungen!) somit positive Eigen- 
schaften behufs Bestimmung dieser Lamellen nicht erlangt werden 
konnten, so habe ich für dieselben den vorläufigen Namen Mikrophyllite 
beibehalten. Ein Grund für einen besonderen Namen sehe ich auch 
in deren von der Lage der Mikroplakite verschiedenen Einlagerung 
im Labradorit 2). 

3. Feldspath. In zwei parallel & (010) geschnittenen Präparaten 
von Labradorit konnte ich Feldspathe entdecken. Das erste Präparat 
stammt von einem Handstücke (1849. XV. 10), mit lichtblauem 
Farbenschiller und enthielt einen Feldspathzwilling (Albit?); das zweite 
ward dem Handstücke (1807. XVI. 24) mit grünrothem Schiller ent- 
nommen und enthielt Sanidin. 

Den ersteren Fall stellt die Fig. 15, TafelIll dar. Dieser Krystall 
ist ungefähr 0-05 Millim. breit und lang, und seine Contouren entspre- 
chen den Feldspathflächen a (100) ce (001), und y (201), in Combination 
mit der gleichzeitig als Projeetionsebene dienenden Fläche 5 (010). 
Hiermit stimmen die Messungen welche für ace=64° eirea. für ey= 
85° eirea ergaben. Zu bemerken ist, daß die Kante a auch einer 
Kante des Prisma m (110) parallel ist, daher der Krystall als eine 
Combination der so häufigen Feldspathflächen mcey (mp a'/, Des- 
eloizeaux) angesehen werden kann. Die Zwillingsebene läuft parallel 
c (001); und die beiden Hälften rechts und links, kennzeichnen sich 


1) Ich bemerke, daß ich auch nach der Publication dieser Zeilen den besprochenen 
Lamellensystemen fortgesetzte Beobachtungen widmen werde, um, wenn möglich, 
eine positive Charakteristik zu erlangen. 


2) Über die Lage dieser zwei Lamellensysteme. Vergleiche S. 3. 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 1037 


durch ihre verschiedene Farbe im polarisirtem Lichte. Eine solche 
Zwillingsbildung, mit e (001) als Zusammensetzungsfläche ist aber 
für die monoelinen wie trielinen Feldspathe gleichmäßig möglich t), 
und der Durchschnitt parallel # (010) wird in beiden Fällen mit der 
obigen Figur übereinstimmen. Das dominirende Auftreten der Fläche 
y (201), sowie die relativ geringe Ausdehnung der Kante ce (001) 
scheint mir auf einen trielinen Feldspath (Albit?) zu deuten. Hie- 
durch soll jedoch die Möglichkeit, diesen Krystall als Orthoklas zu 
deuten, nicht in Abrede gestellt werden. 

Mit weit größerer Sicherheit als über diesen Fall konnte über 
einen zweiten Feldspatheinschluß, dargestellt durch Fig. 16, Tafel III 
geurtheilt werden. Dieser Einschluß unterscheidet sich im polarisirten 
Lichte von der ihn umgebenden Labradoritmasse, hat man ihn 
einmal erkannt, dann sind auch seine Contouren im gewöhnlichen 
Lichte auffallend deutlich sichtbar, obgleich seine Grundmasse sich 
in Farbe (durchseheinend grauweiß) nur wenig von dem Labradorit 
unterscheidet. Der Einschluß geht übrigens durch die ganze Dicke des 
nicht allzu dünnen Labradoritpräparates hindurch, und läßt sich auf 
beiden Seiten gleich gut beobachten; er muß daher als ein vollkom- 
men ausgebildetes Krystall (0:05 größte Längendimension) be- 
trachtet werden. Die Form des Einschlußes ist, vgl. Fig. 16, ein ver- 
schobenes Viereck, dessen Winkel 51° hd 129° mit einem etwaigen 
Fehler von 1/,° machen. Eine solehe Gestalt ist aber ohne Zweifel 
als eine Combination der Flächen e (001) x (101) [projieirt auf die 
Durehschnittsfläche d (010)] des Sanidin’s anzusehen. Einen tri- 
elinen Feldspath in einer solehen Gestalt zu vermuthen, würde gegen 
alle Beobachtungen auf den verwandten Gebieten verstoßen. Auch 
deutet die Änderung in der Farbe (dünner Blättchen) bei gleich- 
bleibender Dieke auf eine andere Substanz des eingeschlossenen 
(Sanidin) Krystalls, als der Labradorit hat. 

Dieses Sanidinkrystall liegt ziemlich symmetrisch im Labradorit. 
Seine Fläche 5 (010) fällt mit derselben von Labradorit zusammen, 
die Labradoritspaltung ce (001) fällt mit der kleineren Diagonale, die 
Labradoritriehtung d/m hingegen nahezu mit der größeren Dia- 
gonale des Sanidin-Durchschnittes (vgl. Fig. 16) zusammen. 


1) Vergleiche die Zeichnungen 145 und 148 von Descloizeaux Mineral. Atlas, 


vol. I. 


1038 Sehrauf. 


Ich glaube dieser genau eonstatirten Beobachtung eine größere 
Bedeutung beilegen zu sollen, indem hierdurch wieder die Möglich- 
keit des Zugleichvorkommens und lneinanderkrystallisirens von mono- 
elinem und trielinem Feldspath bewiesen wird. Wenn ich auch hinzu- 
füge, daß ich nur diesen einen unzweifelhaften Fall von relativ 
größerer Ausbildung in meinen Präparaten aufgefunden habe, so 
scheint selbst dieser einzige Fall für die Theorie der chemischen 
Constitution des Feldspath von Wichtigkeit zu sein. 


4. Quarz. Caleit. Schließlich muß ich bemerken, daß in einem 
Präparate (aus 1807. XVI. 24.), dessen Grundmasse lichtgraue 
Farbe besitzt, einzelne farblose Einschlüsse von undeutlicher, 
oblonger Form und sehr geringer Größe (0'005 — 0:01 Mil- 
lim.) hervortreten. Da sie farblos sind, erscheinen sie im durch- 
fallenden Lichte wie helle Punkte auf dunklerem Grunde. Im po- 
larisirten Lichte betrachtet, zeigen einzelne eine lebhafte Farben- 
wandlung, andere hingegen nur einen Übergang von Hell in’s Dunkle. 
Diese Einschlüsse scheinen daher Quarz, Caleit, und möglicherweise 
einem Feldspath anzugehören. | 


ß) Präparate geneigt zu 5.(010). 


Die wichtigsten Thaffachen, bezüglich der Einschlüsse im 
Labradorit liefern nur diejenigen Präparate, deren Oberfläche parallel 
der Pinacoidfläche d (010) verlauft. Die Vermuthung, daß zu der 
letztgenannten Fläche senkrechte Schleifriehtungen der Präparate 
zur genaueren Präeisirung der Einschlüsse beitragen können, täuscht 
wegen der Kleinigkeit dieser letztgenannten. Auch die dünnsten 
Schliffe lieferten kein durchsichtiges Bild von den augitischen Ein- 
schlüssen. sondern letztere sind theils volkommen aus dem Präparate 
ausgesprengt und nurderen Hohlräumen sichtbar, oder es sind schiefe, 
verzogene, schwarze, undurchsichtige, vier- und sechseckige Umrisse 
siehtbar. Ebenso geben die Lamellen keinen deutlich erkennbaren 
Querschnitt. Die Präparate liefern meist nur ein wirres Bild, wie 
von zahllosen Fäden und Schliren durehkreuzt, da von der Schliff- 
fläche die Einschlüsse in wechselnden Lagen durchkreuzt werden und 
bei jedem Ruck an der Mikrometerschraube des Mikroskops, sich 
alle diese Risse und dunklen Durchschnitte verschieben und andere 
Gestalten annehmen. 


4 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 1039 


Die Mikrostrucetur, welche der Labradorit von der Labrador- 
küste in so schöner Weise erkennen läßt, zeigen in mehr oder minder 
analoger Weise auch die Labradorite der übrigen Fund- 
orte 1). Und wenn auch bei einzelnen Parthien die Einschlüsse fast 
zu fehlen scheinen, um in anderen desto häufiger hervorzutreten, 
so bilden solehe Variationen keinen wesentlichen Unterschied in Be- 
ziehung auf die gleichartige Bildung sämmtlieher Labradorite. 


$. 3. Über das Aventurisiren des Labradorits und die 
Lage der reflectirenden Lamellen. 


Mehrere Mineralien, worunter ich hier namıentlich die mit dem 
Namen Aventurin ausgezeichneten Varietäten von Quarz und Feld- 
spath hervorheben will, zeigen eine oberflächliche metallisch glän- 
zende Flächenfarbe, die von der wahren Körperfarbe verschieden ist. 
Diese Erscheinung, oft mit dem Namen Metallschiller bezeichnet, tritt 
besonders deutlich und schön an dem Oligoclas von Twedestrand 
hervor, der deshalb auch Sonnenstein oder Aventurin-Feldspath 
genannt wird. Wird ein Spaltungsstück dieses letzteren in richtige 
Stellung zwischen Licht und Auge gebracht, so tritt dem Beschauer 
ein metallisch glänzender Reflex von innen entgegen, dessen Cha- 
rakter sich auch dann nicht verändert, wenn man auch das Prä- 
parat entweder mit polarisirtem oder mit homogenem Lichte be- 
leuchtet. Hiedurch unterscheidet sich diese Erscheinung wesentlich 
von den Phänomenen des orientirten Flächenschillers. 

Die Ursache des Reflexes am Aventurinfeldspath sind, wie man 
sehon mit der Lupe sich überzeugen kann, die zahlreichen im Feid- 
spath eingeschlossenen Lamellen, die das einfallende Lieht in der 
Farbe dünner Blättchen zurückwerfen. Da somit diese Erscheinung 
vollkommen erklärbar ist und sich an andern Mineralien wiederholt, so 
darf dieselbe mit den übrigen Erscheinungen des Farbenschillers 


1) Herr Auerbach, Adjunet am Berginstitute in Petersburg, hat bei seiner Anwesen- 
heit in Wien (Winter 1868/69) mit mir gearbeitet und die Labradorite von 
Ingermannland untersucht. Er fand als genau bestimmbare mikroskopische Ein- 
schlüsse Magneteisen, Eisenglanz und Augit. (vergl. seine in russischer Sprache 
erschienene Arbeit. Petersburg 1869). 


1040 Schrauf. 


nicht verwechselt werden und sie wird von mir im Nachfolgenden 
durch das bezeiehnende Wort „Aventurisiren“ bezeichnet werden 1). 

Einzelne Handstücke des Labradorits sind nun dadurch aus- 
gezeichnet, daß sie neben dem eigentlichen Farbenschiller (dem 
sogenannten Labradorisiren) auch ein deutliches, kräftiges Aven- 
turisiren zeigen. Es werden dann in gewissen Lagen der Oberfläche 
des Präparates selbst schon unter der Lupe kleine Blättchen sichtbar, 
die in Metallfarben erglänzen und das Licht kräftig refleetiren. Dieses 
Aventurisiren des Labradorits tritt theils gesondert von dem labra- 
dorisirenden Farhenschiller auf, theils auch gleichzeitig mit dem- 
selben, so dal man die aventurisirenden Blättchen durch den Schiller 
hindurch sieht 2). Da also schon die Betrachtung mit freiem Auge 
lehrt, daß beide Erscheinungen nicht unzertrennlich verbunden sind, 
so sind auch hier die nachfolgenden Zeilen vorerst der Erscheinung 
des Aventurisirens gewidmet. 

Bei Untersuchung der aventurisirenden Handstücke des Labra- 
dorits drängen sich nun zwei Fragen auf: Welche Einschlüsse 
erzeugen den metallisch glänzenden Reflex. Welche Lage haben 
dieselben innerhalb des Labradorits. 


a) Die aventurisirenden Lamellen. 


Eine Durchsicht des selbst ungeschliffenen Materials läßt 
bald erkennen, daß das Aventurisiren im Labradorit nur auf 
der Pinaeoidfläche (010) 5 deutlich auftritt. Es ist dieselbe 
Fläche, welche auch den Farbenschiller und die zahlreichen 
Einschlüsse zeigt. Man erkennt schon hieraus, daß die re- 
flectirenden Lamellen in einer zu dem Pinacoide 5 (010) gewiß 
nahe parallelen Lage eingeschlossen und in analog geschliffenen 
Präparaten aufzusuchen sind. Die mikroskopische Untersuchung, 
welcher der vorhergehende Paragraph gewidmet war, hat bereits An- 
haltspunkte gegeben, um im aventurisirenden Präparate die verschie- 
denen Riehtungen und Lamellen-Systeme unterscheiden zu können. 


t) In diesem Sinne ist auch die erste Alinea von pag. 139 meiner Physik. Min. 
Vol. Il, Krystallphysik 1868, zu ergänzen, 

2) In den nachfolgenden, dem Farbenschiller gewidmeten Theil, werde ich Gelegenheit 
haben, dieses wechselnde Auftreten durch Figuren nach der Natur zu belegen, 
und über den vermeintlichen Zusammenhang beider Erscheinungen ausführlich 


sprechen. 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 1041 


Bringt man nun ein Präparat unter dem Mikroskope in eine etwa gegen 
die Horizontale um 20—-30° geneigte Lage, so werden im diffusen 
Tageslichte die lamellaren Einschlüsse in metallischen Farben zu 
erglänzen beginnen. Daß diese Farben weniger durch das Wesen 
der Substanz, mehr durch die Plattendicke, wie dies bei allen Farben 
dünner Blättchen der Fall ist, bedingt sind, habe ich bereits früher 
(Seite 1029) erwähnt. Zahlreiche mikroskopische Beobachtungen, 
an den verschiedenartigsten Handstücken zeigten gleichmäßig, daß 
dieses Aventurisiren des Labradorits nur in dem Reflexe der La- 
mellensysteme begründet ist. Im diffusen Lichte reflectiren Mikro- 
plakite und Mikrophyllite fast gleichzeitig; ein solcher Fall!) ist daher 
zum weiteren Studium der Erscheinung zu vermeiden. 

Bei allen meinen nachfolgenden Untersuchungen wurden daher die 
Beobachtungen im diffusen Tageslichte nur zum Zwecke einer vor- 
läufigen Orientirung benützt, definitive Resultate jedoch nur bei An- 
wendung von Licht bestimmter Ineidenz und Einfallsebene zu erzielen 
gesucht. Da die Erscheinung des Aventurisirens kräftig ist, so genügt 
zu dessen Beobachtung auch die Helligkeit des Lichtes jeder größeren 
Lampe mit gut ziehendem Schornstein und ohne matter Glaskugel. 
Operirt man hiermit in verdunkeltem Zimmer, so hat man gleichzeitig 
die Bequemlichkeit, wenn es zum Behufe der Orientirung nöthig wird, 
zum diffusen Lichte überzugehen, ja selbst beide gleichzeitig anwen- 
den zu können. 

Die Durchführung der Beobachtungen erfordert weiters die 
Anwendung eines Objecttisches am Mikroskope, der nicht bloß eine 
horizontale, sondern auch eine vertieale Drehung des Objectes er- 
möglicht. Die Verbindung der Vertical- und Horizontalkreise kann auf 
verschiedene Weise bewerkstelligt werden; doch kommt jede An- 
ordnung nahezu auf diejenige zurück, welche Descloizeaux 
seinem Mikroscope polarisant?) gegeben hat. 

Sind diese beiden Bedingungen erfüllt, dann lassen sich auch 
die im diffusen Tagesliehte gemischt auftretenden Erscheinungen 
deutlich sondern. Ist ein parallel d (010) geschliffenes Präparat an 
der drehbaren Axe des verticalen Kreises befestigt und mit seiner 
Oberfläche d (010) etwa 25° gegen die Horizontale dem einfallenden 


1) Dargestellt von Vogelsang l. c. Taf. 1. 
2) Desel. Min. Vol. I, Taf. ], Fig. 1. 


1042 Schrauf. 


Lichte zugeneigt, so erglänzen in aventurisirenden Farben bei 
zwei von einander ganz verschiedenen Stellungen der Horizontal- 
kreise, gesondert von einander, entweder die Mikroplakite oder die 
Mikrophyllite. 

Diese zwei, von einander bei Vermeidung des diffusen Lichtes 
trennbaren Erscheinungen stellen die Figuren 6 und 7 Taf. II dar. 
Die nach der Natur gefertigten Zeichnungen zeigen, da zu ihrer Beob- 
achtung neben dem direeten Lichte auch schwaches (halb abgeblen- 
detes) diffuses durchfallendes Licht verwendet ward, auch das übrige 
Detail der Struetur, und namentlich das Über- und Untereinander- 
lagern der beiden Lamellensysteme, von dem in Fig. 4 nach der 
Natur dargestellten und krystallographisch orientientirten Präparate. 

Diese Beobachtungen zeigen somit, daß die Annahme fehlerhaft 
wäre, das Aventurisiren am Labradorit, analog dem des Sonnenstein 
von Twedestrand, als eine eindeutige Erscheinung aufzufassen. Wohl 
zeigen die Handstücke des Labradorits in manchen Lagen gegen das 
einfallende Licht den Reflex von’den Mikroplakiten und Mikrophylliten 
gleichzeitig; allein hat man sich eingehender mit solchen aventuri- 
sirenden Präparaten vertraut gemacht, so gelingt es selbst mit freiem 
Auge die Stellungen aufzufinden, wo beide Lamellensysteme gesondert 
von einander erglänzen. 

Bei verschiedenen Lagen des Präparates gegen das einfallende 
Licht sieht man unter dem Mikroskope überdies noch die Seiten- 
flächen der schwarzen Mikrolithprismen spiegeln. Dieser Reflex ist 
jedoch nie gefärbt, mit freiem Auge nicht bemerkbar, und erzeugt 
nie eine deutliche Erscheinung des Aventurisirens. 


b) lage der reflectirenden Rinschlüsse. 


Schon wenige Beobachtungen zeigen, daß die aventurisirenden 
Lamellen des Labradorit in Richtungen eingestreut liegen, die keiner 
der einfachen bekannten Krystallflächen dieses Minerals entsprechen. 
Ihre genaue Lage läßt sich jedoch mit Anwendung des oben be- 
schriebenen Objecttisches aus dem Ineidenz und Reflexionswinkel, zu 
deren Messung der Verticalkreis dient, berechnen. 

Die für diese Rechnungen nothwendigen Gleichungen lassen 
sich aus nachfolgenden Betrachtungen ableiten: 

Stelle in Fig. 37, Taf. VI, ff die Oberfläche des reflectirenden 
Präparates dar, in welchem die Lamellen 22 schief gegen f einge- 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 1043 


lagert sind; sei dann F die Normale der Oberfläche ff, und Z die 
Normale auf die Lamelle Z2. Ist ferner JRb ein Kreis, hingegen aJ, R,b 
eine Ellipse, so kann die Linie JJ’ die Richtung des einfallenden un- 
gebrochenen, J,O die des im Medium gebrochenen Strahles darstel- 
len, sowie 2,0 dieRichtung des von der Lamelle ZL refleetirten Strahls 
darstellt, der bei A, in die Luft austritt und dann in der Richtung A}, R 
gebrochen wird. In B sei das senkrecht nach abwärts sehende Auge 
des Beobachters gedacht. Bezeiehnet man ferner den äußeren Inei- 
denzwinkel J: F mit «a, den inneren J,Or mit ö; ferner den äußeren 
Reflexionswinkel R: F mit ß, den inneren nOR’ mit r, so sind, unter 
der Voraussetzung eines einfachbrechenden Mittels die nachfolgenden 
Gleichungen selbstverständlich aus dem Gesetze der Gleichheit von 
Einfalls- und Refleetionswinkel folgend. 


JOL = LOR! 
\ an Ing, 
hiezu kommt noch 2 2 
sn? = a und snr = Zu 
5 PB 


Da nun F:L die Distanz der Normale von der Oberfläche des 
Präparates zu der Normale der eingeschlossenen Lamelle, beide in 
der Einfallsebene des Lichtes liegend gedacht, bedeutet, so zeigen 
diese Gleichungen, daß aus den Messungen des Einfalls- (<) und 
Brechungswinkel (ß), und der Kenntniß des Brechungsexponen- 
ten u sich die Neigung der aventurisirenden Lamellen gegen eine 
krystallographisch bekannte Oberfläche des Präparates bestimmen 
läßt. Ist der aus der früheren Gleichung folgende Winkel FZ positiv, 
so liegt die Normale der Lamelle außerhalb des Winkels zwischen 
Oberflächennormale und Beobachter; ist hingegen der Winkel LF 
negativ, so ist hingegen die Lamelle so gelagert, daß die Normale 
derselben innerhalb des Winkels zwischen Beobachter und Ober- 
flächennormale fällt. Diese vorhergehende Erörterung basirt jedoch 
auf der Voraussetzung, daß das umschließende Medium ff einfach- 
brechend sei. Dieser Fall trifft wohl bei Labradorit nicht zu, allein 
da die Messungen, welche die Erscheinung des Aventurisirens betref- 
fen, auf mehrere Grade schwankend sind, da nur das Maximum der 
Helligkeit des Phänomens annähernd geschätzt werden kann, so ge- 
nügen die obigen Gleichungen auch für den vorliegenden Fall. Ebenso 


1044 Sehrauf. 


genügt hier die Anwendung eines mittleren Breehungsexponenten. 
4156 für Labradorit. 

Es handelt sich nun nur noch um die Methoden, durch welche 
bei der früher erörterten Anordnung des Objecttisches und seiner 
Kreise die Winkeln & und ß gefunden werden können. Sei wieder 
die Bedeutung der Buchstaben von Fig. 37 dieselbe wie oben, und 
ferner in O senkrecht auf die Zeichnungsebene und gleichzeitig 
senkrecht auf die Einfallsebene des Lichtes die drehbare Axe des 
Verticalkreises, dessen Theilung stabil ist, so ist jede Drehung des 
Präparates in der Ebene a5 durch die Alhidade am Verticalkreise 
ableshar. 

Man stellt nun zuerst das Präparat unter dem Mikroskope sorg- 
fältig horizontal, so daß dessen Normale F mit B zusammenfällt. 
Man dreht nun f dem Lichte etwa um den Winkel d zu, bis von der 
Oberfläche des Präparates das einfallende Licht in das Auge des 
Beschauers refleetirt wird. Dieser Drehungswinkel d= BF muß dann 
auch dem Winkel FJ, das heißt dem Einfallswinkel des Lichts gleich 
sein. Wie man aber aus der Fig. 37, Taf. VI, erkennt, ist der Winkel 
Ja=/y, welchen der einfallende ungebrochene Lichtstrahl JJ’ mit 
der Horizontalen ab macht, gleich Ja—= 90°—2d. Deßhalb wird es 
auch möglich aus der Messung des Winkels d nach der Gleichung 


y— Ja 90°—2d 


die während der Beobachtung constant bleibende Lage des Licht- 
strahls aufzufinden. Bei der nächstfolgenden Beobachtung wird 
eine solche Lage F, der Oberfläche des Präparates aufgesucht, bei 
welcher der aventurisirende Reflex von den inneren Lamellen sicht- 
bar wird. Hierbei fallen dann die Buchstaben R und B der Figur in 
einander und der Drehungswinkel Wiukel B: F, ist gleich ß. 


Da ferner der Winkel y=Ja aus der früheren Beobachtung 
bekannt ist, so bestimmt sich schließlich & aus der Differenz. 


JF = aFs—aJ — 90°’—B—(90°—2d) 
a —= 2d —ß. 


Hierdurch hat man die Daten gewonnen, um mittelst der 


früheren Gleichungen, aus «, ß und u die Neigung der Lamellen zu 
berechnen. 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 1045 


Bei der Bestimmung der Lage der refleetirenden Lamellen im 
Labradorit ist jedoch noch von vorherein die Lage der Haupteinfalls- 
ebene; d. i. die Ebene zwischen der Normale der Oberfläche des 
Präparates, der Normale der Lamellen und der Lichtquelle, unbe- 
kannt und erst durch Beobachtungen am Horizontalkreise zu er- 
mitteln. 

Da diese Bestimmungen die Drehung des Präparates in der 
Horizontalebene erfordern, anderseits die Anordnung des Objecttisches 
eine solche ist, daß bei einer solehen horizontalen Drehung auch die 
Axe des Verticalkreises ihre senkrechte Lage gegen die Ebene des 
einfallenden Lichtstrahls verliert, so ergeben sich leicht die nachfol- 
genden Grundsätze für die Bestimmung der Haupt-Einfallsebene. 

Für jenen Fall, daß die Drehungsaxe des Vertiealkreises, an 
welcher das Präparat befestigt ist, gleichzeitig senkrecht steht auf 
dem einfallendenLiehtstrahl und auf der gesuchten Haupteinfallsebene 
der Lamellen. in diesem Falle wird jedes Lamellensystem nur einen 
einfachen Reflex liefern, der bei einer horizontalen Drehung ver- 
schwindet. 

Anders gestaltet sich die Beobachtung, wenn die Drehungsaxe 
des Verticalkreises schief geneigt zur Haupteinfallsebene, und zum 
einfallenden Lichtstrahle steht. Die am Verticalkreise ablesbare 
Drehung des Präparates entspricht unter solchen Verhältnissen 
nicht mehr einer Drehung in der Haupteinfallsebene, wie dies 
in Fig. 37 angenommen ward, sondern das Präparat und hiermit die 
Lamelle nimmt eine gegen den Lichtstrahl doppelt geneigte Lage 
an. Wie man sich durch einen Versuch mit einer willkürlichen 
refleetirenden (horizontal und vertical bewegbaren) Glasplatte über- 
zeugen kann, kann aber eine solche eben beschriebene schiefe Lage 
der Lamellen bei doppelter Stellung des Präparates erfolgen. In bei- 
den Fällen wird dieselbe Oberfläche dem constant gebliebenen 
Lichtstrahle zugewendet gedacht, und es werden beispielsweise Re- 
fiexe von der Oberfläche auftreten, wenn in der Horizontalebene 
1) die Axe des Verticalkreises 1) aus ihrer ursprünglichen Lage vom 
Lichtstrahle weg, der rechten Hand des Beobachters zu gedreht 
wird; 2) wenn nach einer vollkommenen horizontalen Drehung des 
Präparates um 180° wieder die Axe des Verticalkreises vom Licht- 


1) Unbeschadet von der Drehung des Präparates in der Verticalebene. 


1046 Schrauf. 


strahle weg und der linken Hand des Beobachters zugewendet 
erscheint. 

Betrachtet man nämlich die Figur 38. Taf. IV. in weleher J den 
Lichtstrahl, A die Axe des Verticalkreises bedeutet, und acder einfachen 
wahren Haupteinfallsebene parallel ist, so erhellt, daß bei einer Dre- 
hung der Platte um die Axe A, in eine dem Lichte zugewendeten Lage, 
bei der Stellung I 5 höher als c liegt; während hingegen bei der 
Stellung II «a höher als d liegt. 

Aus diesem Grunde muß bei jeder intermediären Stellung der 
Labradoritpräparate, wenn nicht der Lichtstrahl genau in die 
Haupteinfallsebene fällt, immer das Aventurisiren eines Lamellen- 
systemes inzwei,gegen die wahre Haupteinfallsebene symmetrischen 
Lagen auftreten. 

Schließlieh handelt es sich um die Zählung der Winkel. Zur 
Bestimmung derselben können für die Lage des Nullpunktes folgende 
Annahmen gelten: Der einfallende Lichtstrahl schneidet den Hori- 
zontalkreis in der Linie von-0...180° und es kann 1) 0° dem 
Lichte zugewendet sein, dann ist der Verticalkreis zur rechten Hand 
des Beobachters gedacht und hat seinen Nullpunkt ebenfalls dem 
einfallenden Liehte zugewendet und die Zählung seiner Winkel er- 
folgt dann wie gewöhnlich von links nach reehts; oder 2) nach einer 
horizontalen Drehung des Präparates und des horizontalen Kreises 
um 180°, fällt der Liehtstrahl bei 180° ein, und ist der Grad 180° 
dem Lichte zugewendet und der Verticalkreis zur linken Hand des 
Beobachters, und dessen Nullpunkt dem Lichte ab und dem Beob- 
achter zugewendet. 

Als Kennzeichen für die richtige Einstellung des Präparates auf 
den Nullpunkt kann ein Fadenkreuz im Oculare und die Richtung der 
schwarzen Mikrolithe parallel der Kante d/a, sowie die etwa vor- 
handenen Spaltungsrichtungen parallel ce benützt werden. Diese 
Richtungen, welche dureh ihren Winkel 115° und die eingelagerten 
Lamellen genau unterscheidbar sind, genügen aber noch nicht, um 
zu entscheiden, ob der Durchschnitt durch die Flächen (100) (001) 
oder die Flächen (100) (001) geführt ist. Hierüber kann nur eine 
absolut genaue Bestimmung des Winkels der Oberfläche 5 zu einer 
der parallel ce vorkommenden Spaltungen Aufschluß geben, und 
selbst diesen macht das fast eontinuirliche Auftreten der Zwillings- 
lamellen noch immer zweifelhaft. 


Studien an der Mineralspeeies: Labradorit. 1047 


c) Bestimmung der Indices der aventurisirenden Lamellen. 


Nach den Erörterungen der vorhergehenden Paragraphe gehe ich 
zur Beschreibung jener Messungen über, welche ich gemacht habe, 
und welehe mir nun gestatten, die Indices, welche die Lage der 
Mikroplakite und Mikrophyllite beziehen, auf die Parameter des Lab- 
radorits mit einiger Sicherheit zu bestimmen. 

Die erste Reihe der Beobachtungen umfaßt alle jene Messungen, 
welche gleichzeitig sowohl die Neigung der Lamellen gegen die 
Oberfläche des Präparates, als aueh die Lage der Haupteinfallsebene 
betreffen. Aus der zweiten Reihe, welche die Neigung der Lamellen 
in der Haupteinfallsebene bestimmt, läßt sich dann das krystallo- 
graphische Symbol mit einiger Genauigkeit ableiten. 

I. Reihe. Die nachfolgenden Beobachtungen wurden an Lab- 
radoritpräparaten angestellt, die neben dem Aventurisiren auch noch 
das eigentliche Phänomen des Labradorisirens zeigten 1). Dieselben 
waren möglichst parallel der Fläche 010 geschliffen und erlaubten 
gleichmäßig an Vorder- und Rückseite Beobachtungen. Die Einstel- 
lungen geschahen in der Weise, daß man das Präparat so an 
der drehbaren Axe des Verticalkreises befestigte, daß diese 
Axe mit einer erkennbaren Richtung (Kante d/a = a, und Kante 
b/e = c,) im Präparate zusammenfiel. Der einfallende Lichtstrahl 
bleibt immer constant in einer Richtung, also entweder 0...180° 
oder180°...0° des Horizontalkreises. Zur Charakterisirung der Lage 
des einfallenden Lichtstrahls wird in der ersten Stellung des Präpa- 
rates durch Drehung der Axe des Verticalkreises um den Winkel d 
(vergl. frühere Seite), die Richtung JJ’ und also auch der Winkel 
zwischen Lichtstrahl und der Horizontalebene aufgesucht. Hierauf wird 
das Präparat mittelst der drehbaren Axe des Horizontalkreises nach 
rechts oder links in solche Stellungen a;c,, 3Q3C, AzC;, zasc ge- 
bracht, daß entweder die Mikroplakite (a2cz, za.c) oder die Mikro- 
phyllite (a;c,, a;c;) aventurisiren. DieseDrehungen sind am Horizon- 
talkreise ablesbar und werden im Nachfolgenden dadurch angegeben, 
daß man (vergl. Fig.5, Taf. II) jene Grade aufführt, in welchen die 
krystallographischen Richtungen d/a und d/c den fixen Horizontal- 
kreis in ihrer Verlängerung schneiden würden. 


1) Die Beobachtungen bezüglich des Labradorisirens werden im II. Theile erörtert. 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX. Bd. I. Abth. 68 


1048 Schrauf. 


Schließlich erfordert das Aventurisiren bei den Stellungen «a, 
oder a, neuerdings Drehungen des Präparates um die Axe des Ver- 
ticalkreises, dessen Ablesungen durch den beigesetzten Buchstaben 
V eharakterisirt werden, so wie die Ablesungen am Horizontalkreise 
mit Z7 bezeichnet werden. 

Von den überaus zahlreichen Beobachtungen, welche ich zu die- 
sem Zwecke gemacht habe, hebe ich nur die wichtigsten hervor. 

Wichtige Messungen sind jene, wo die Drehungsaxe des Präpa- 
rates und Verticalkreises senkrecht zur Richtung 5/a oder parallel der 
Richtung b/c steht. Jene Lage, wo die Drehungsaxe senkrecht zur 
Richtung b/c steht, ist fast ident (wegen des Winkel b/a: b/e = 
90 + 25°) mit einer Einstellung parallel der Richtung d/a, und wird 
in der zweiten Reihe erörtert. 

Die intermediären Lagen sind unwichtig und lassen sich auf die 
folgenden im wesentlichsten zurückführen. 


I. Drehungsaxe senkrecht zur Labradoritkante d/a = a, (vergl. 
Fig. 5, Tafel I). 
«) o°H dem Lichte zugewendet. 

a) Erste Lage des Präparates. u, =o'H; co — 65°H 
Oberflächenreflex bei 53° V; hieraus der Drehungs- 
winkeld = 37° undy = Ja = 16° für die Nei- 
gung des einfallenden Lichtstrahls gegen die Horizontal- 
ebene, 

b) Zweite Lage des Präparates bei aventurisirenden Mi- 
kroplakiten. a, — 4A0°H; c, = 105° H. Aventurisirender 
Reflex bei 75° V. 

c) Dritte Lage des Präparates bei aventurisirenden Mi- 
krophylliten. a, = 330°H; c,— 35° H. Aventurisiren- 
der Reflex bei 70° V. 

ß) 180°H dem Liehte zugewendet (horizontale Drehung 
des Präparates und Horizontalkreises um 180°). 

a) Erste Lage des Präparates. ‚a = 180°H; ‚e— 245°. 
Oberflächenreflex bei 53° V, daher y — 16° wie oben. 

b) Zweite Lage des Präparates bei aventurisirenden Mi- 
kroplakiten. „a= 150°H; = 215°H. Reflex bei 
105° V. vo 


Studien an der Mineralspeeies: Labradorit. 1049 


c) Dritte Lage des Präparates bei aventurisirenden Mikro- 
phylliten. ‚„a— 220°H; ‚c=285° H. Reflex bei 110° Y. 


U. Drehungen parallel der Labradoritkante d/e = cı- 
&) 0° H dem Lichte zugewendet. 

a) Erste Lage des Präparates. c, = 90H; u = 335° H. 
Oberflächenreflex bei 53° V, daher y = 16” wie oben. 

b) Zweite Lage des Präparates bei aventurisirenden Mi- 
kroplakiten. ce = 125H; a, —= 10° H. Reflex bei 75° V. 

c) Dritte Lage des Präparates bei aventurisirenden Mikro- 
phylliten. c,— 55H; a, — 300° H. Reflex bei 70° V. 


8) 180° H dem Lichte zugewendet (horizontale Drehung des 
Präparates und Horizontalkreises um 180°). 
a) Erste Lage des Präparates. ‚e — 2704; ‚a —155°H. 
Oberflächenreflex bei 53° V. y — 16°. 
b) Zweite Lage des Präparates bei aventurisirenden Mi- 
kroplakiten. „e—235H; „a—=120° H. Reflex bei 105° V. 
c) Dritte Lage des Präparates bei aventurisirenden Mi- 
krophylliten. ‚c—=305H; ‚a = 190H. Reflex bei 110° V. 


Diese Messungen, denen ich aus meinem Beebachtungsjournal 
noch zahlreiche Reihen, an mehreren Präparaten und bei der ver- 
schiedenartigsten Lage der Präparate gegen das einfallende Licht 
angestellt, anreihen könnte, lassen bereits die wichtigsten Erscheinun- 
gen des Aventurisirens erklären. 


Es folgt aus ihnen: 1. Daß die Horizontaleinstel- 
lungen auf das Aventurisiren der Mikroplakite und 
Mikrophyllite um 180° von einander abweichen, daß 
somit beide Lamellensysteme ein und dieselbe Ein- 
fallsebene haben; 2. daß das Auftreten des Aventuri- 
sirens dieser zwei Lamellensysteme symmetrisch 
rechts und links von der krystallographischen Zone 
ba = (010)(100) des Labradorits erfolgt, daß somit 
diese Zone auch die Haupteinfallsebene sein muß; 
3. daß beieonstanter Liehtquelle aber frei drehbarem 
Präparate, ein und dieselbe Oberfläche vier symme- 
trische Erscheinungen des Aventurisirens, je zwei 
von Einem Lamellensysteme liefert. 

68* 


1050 Schrauf. 


II. Reihe. Durch die Beobachtungen der ersten Reihe ward 
sichergestellt, daß die Mikroplakite und Mikrophyllite in der Lab- 
radoritzone &5M = (010): (110) oder dm (010)(110) liegen und 
gegen die Fläche 5(010) um einen eirca 10—13° betragenden 
Winkel geneigt sind. Hierdurch wird es jetzt möglich mittelst Beob- 
achtungen am Mikroskop, ja selbst an einem einfachen Goniometer 
die Lage der Lamellen durch, auf das System des Labradorits be- 
zogene, Indices zu bestimmen. Die Erfordernisse einer solehen Beob- 
achtungsreihe sind: 1. Der einfallende Lichtstrahl muß genau senk- 
recht gegen die Kantenrichtung d/a = a, sein. 2. Die Drehungsaxe 
des Vertiealkreises und Präparates muß zur genannten Richtung «, 
parallel sein. 3. Durch anderweitige Messungen muß ermittelt wer- 
den, ob die Kantenriehtung b/a dem Prisma M = 110 oder m (110) 
zuzuzählen ist. 

Letztgenannte Bedingung ist am schwierigsten zu erfüllen, da 
wohl au großen complexen Individuen (vergl. Seite 1004) sich die 
Spaltungsriehtungen anschlagen lassen, allein für die mikroskopischen 
Beobachtungen, wo auf die vorkommenden kleinen Zwillingslamellen 
Rücksicht genommen werden soll, liefert dies keine Entscheidung. 
Etwas sicherer, doch wegen der Zwillingsbildung auch nicht absolut, 
läßt sich die Lage der Spaltungsfläche ce gegen die Oberfläche des 
Präparates angeben. Letzteren Fall benützte auch ich, um am Prä- 
parat entscheiden zu können, ob die Kante d/e von der Fläche ce 001, 
oder von © (001) gebildet wird. 

Ich gebe nun in Nachfolgendem das Mittel zahlreicher Beobach- 
tungen an einem Präparate, welches deutlich die durch das Präparat 
vertheilten Absonderungsflächen parallel e erkennen ließ, und woran 
der Winkel der geschliffenen Oberfläche 5(010) zu c(001) zu 87° 
gefunden wurde. 

1 ErsteLage des Präparates. 0° H demLichte zugewendet. 
a =270°H; a =155 °H. Der Winkel der Normale 
auf dieOberfläche 5(010) zu der Normale auf der Fläche 
c(001), die der Lage c, entspricht, ist gleich 87°. Da- 
her entspricht die auf die Kante d/a, senkrechte Zone 
u. zw. die Richtung vom Beobachter zum Lichte der 
Zone von 5(010) zu dem Prisma M(110), hingegen die 
Richtung vom Lichte zum Beobachter der Zone von 
b(010) zu dem Prisma m(110). 


Studien an der Mineralspeeies: Labradorit. 1051 


Aventurisirender Reflex von den Mikrophylliten bei 69° V. 

Aventurisirender Reflex der Mikroplakite bei 15° V. 

Lichtreflex von der Oberfläche bei 45° V, daher ist —(lı 
der einfallende Lichtstrahl horizontal. 

Hieraus folgt FL (vergl. früher) für die Mikrophyllite; 
[also die Neigung derselben gegen 5(010) in einer Zone 
von (010) zu (110)] gleich 11°24‘, hingegen für die 
Mikroplakite deren Neigung gleich —14°21’, (das 
ist: sie liegen in einer Zone von (010) zu eu 

2. Zweite Lage des Präparates; 
gleicher Incidenzwinkel des Lichtstrahls, doch das Prä- 
parat um 180° gedreht, daher 180° dem Lichte zuge- 
wendet. ‚a = 270°H; ‚c = 155°H. In Folge dieser 
Lage ist im Gegensatz zur früheren Beobachtung 
m(110) dem Lichte zugewendet. 

Aventurisirender Reflex der Mikroplakite bei 180° — 74° V. 

Aventurisirender Reflex der Mikrophyllite bei 180° — 20° V. 

Hieraus folgt die Neigung der Mikroplakite gegen die 
Oberfläche 5(010 = — 13°55’ in der Zone 5(010) zu 
m(110); während der Winkel der Mikrophyllite 
gegen die Oberfläche gleich 12°41’ in der Zone (010) 
zu M(110) ist. 

Die Rückseite des Präparates gibt analoge Resultate. 

Nachdem durch diese Beobachtungen sowohl die Zone, in wel- 
cher die Normalpunkte der in dem Labradorit eingelagerten Lamellen 
liegen, als auch ungefähr die Neigung dieser Lamellen selbst gegen 
die Fläche 5(010) bestimmt ist, so wird es möglich die Lage dieser 
eingeschlossenen Lamellen annähernd durch Indices zu bestimmen, 
die auf das Krystallsystem des Labradorits Bezug haben. 

Die Mikrophyllite liegen in der Zone (010)(110) und sind gegen 
(010) im Mittel zahlreicher Beobachtungen um 12—13° geneigt. 

Da nun nach den Erörterungen des ersten Abschnitts 

bM = (010)(110) = 59° 7’ 
ist, so entspricht diesem Winkel der Index 4 31 0 oder nahezu der 
Index 180. 

Die Mikroplakite liegen hingegen in der Zone des Pinacoids zum 

Hauptspaltungsprisma dm = (010)(110), in welcher der Winkel 


1052 Schrauf. 
bm = (010)(110) — 62° 30' 


ist, und da die Neigung der Mikroplakite gegen die Oberfläche des 
Präparates 5 im Mittel vieler Beobachtungen etwa 131/,—141/, 
beträgt, so entspricht derselben etwa ein Index 4, 29, 0 oder annä- 
hernd 170. 

Geht man nun zur Erörterung über, wie es möglich ist, daß 
soleh eomplieirte Indices die Lage der Einschlüsse beherrschen, so 
finde ich es nothwendig darauf aufmerksam zu machen, daß es voll- 
kommen ungerechtfertigt wäre, im Labradorit etwa das Vorkommen 
von den seeundären Prismen 180, 170 annehmen zu wollen. Trotz 
den gegentheiligen Annahmen mancher Gelehrten, existiren weder 
am Labradorit noch am Hypersthen Spaltungsriehtungen ähnlicher Art. 

Diese Lamellen liegen nur auf Absonderungsflächen im Labra- 
dorit, und sind letztere nicht primär. Ich habe nämlich im II. Ab- 
schnitt pag. 1020 gezeigt, daß die Einlagerung der Augitkrystalle auf 
den prismatischen Spaltungsflächen des Labradorits die Indices 180, 
170 für die Lage der Augitsäulen hervorruft. 

Dieselben Indices begegnen uns wieder 1) bei den Mikroplakiten 
und Mikrophylliten. Es ist somit der Labradorit durch die 
eingelagerten Augitsäulen regelmäßig zerklüftet und 
in diese Spaltungen haben sich nun die Lamellen an- 
gesiedelt. Die schwächer gegen 5(010) geneigten Mi- 
krophyllite (Index 180) verlaufen nahe parallel der 
Kante d/a, während hingegen die stärker gegen 5d(010) 
geneigten Mikroplakite (Index 170) eben wegen dieser 
stärkeren Neigung auch ihre Längsriehtung senkrecht 
gegen dieselbe Kante d/a haben. 


Ich muß hier bemerken, daß trotz meiner sorgfältigen Beobach- 
tungen ich dennoch nicht wage, eine gleiche Lage der Mikrophyllite 
und Mikroplakite in jedem Labradorit anzunehmen. 

Einerseits wäre es möglich, daß bei anderen Exemplaren die 
Lage der Lamellen bezüglich der Zonen 5M und 5m (also das Vor- 
zeichen des ersten Index) vertauscht wäre, so daß etwa die Mikro- 
plakite mit einem etwaigen Index 170 in der Zone 5M = (010)(110) 


1) Ich bereite analogische Untersuchungen für die Lage der Einschlüsse in Sennen- 


stein und Hyperstken vor. 


Studien an der Mineralspecies: Labradorit. 1053 


und die Mikrophyllite mit dem Index 180 in der Zone dm = (010) 
(110) lägen. 

Anderseits ist auch möglich, daß die Neigung der Lamellen 
gegen die Oberfläche 5(010) selbst sich in anderen Exemplaren von 
den von mir gefundenen Werthen unterscheiden könnte, genau so wie 
die auf pag. 1020—1021 angeführten Fälle bezüglich der Stellung 
der Augitsäulen im Labradorit eine mehrfache Lage dieser letzteren 
Absonderungsflächen zulassen. 

Durch die Resultate dieses Abschnitts ward somit sichergestellt, 
daß im Labradorit zwei von einander verschieden gelagerte Lamel- 
lensysteme eingeschlossen sind, und dal in dieser verschiedenen 
[durch die Indices (180) für die Mikrophyllite und (4310) für die Mi- 
kroplakite bezeichenbaren, von der Zerklüftung desLabradorits durch 
die Augitsäulen bedingten Lage dieser Lamellen der Grund des dem 
Labradorit eigenthümlichen doppelten Aventurisireus zu suchen ist. 

An diesem Punkte dürfte es nicht überflüssig sein zu erwähnen, 
daß Reusch in seiner Arbeit über das labradorisirende Farben- 
schillern des Labradorits ebenfalls seeundäre Flächen entsprechend 
den Indiees (3.18.2); (2.11.1); (4.31.3); (5.25.3) annimmt. 

Mancher dieser Indices stimmt theilweise mit den von mir ge- 
fundenen Zahlen, was um so unerklärlicher scheint, als Reusch 
den Farbenschiller beobachtet zu haben erklärte, ich hingegen bloß 
das Aventurisiren, beobachtete. Im nachfolgenden Theile, der den 
Erscheinungen des Farbenschillers gewidmet ist, werde ich genü- 
gend Gelegenheit finden, auf diese scheinbare Coineidenz und deren 
Ursachen zurückzukommen. 


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Silzungsb.d.k Akad.d.W.math .naturw. CLLX.Bd.1. Abth..1869. 


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Sitzungsb.dk Akad. d.W.math..naturw. C1.LX.Bd.l. Abth..1869. 


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K.d.kk Hoku Staatsdruckerer. 
Sitzangsb. dk. "kad.d.W.math.naturw. CLLX.Ba.l. Abth.1869. 


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A.d.k.k Hofu. Staatsdruckerer. 
Sitzungsb. d.k.Akad.dW.math. naturw. (L/LX Bd.LAbth. 1869. 


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Taf.VI. 


Schrauf. Labradorit. 


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Fig.55. 


Fig. 36. 


AdkkHofu Staatsdruckerei. 


Sitzungsb.der k.Akad.d.W.math.naturw. (1. LX-Bd.TAbth.1869. 


SITZUNGSBERICHTE 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN, 
MATIEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHB CLASSR. | 


LX. BAND. I. HEFT. 


Jahrgang 1869. — Juni. N 
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ERSTE ABTHEILUNG. 


Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, Zoologie, 
Anatomie, Geologie und Paläontologie. 


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AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI, 


IN COMMISSION BEI KARL GEROLD’S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE 


DER WISSENSCHAFTEN. 


1869. 


SITZUNGSBERICHTE 


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ARADENIE DER WISSENSCHAFTEN. 


1 NATHENATISCH-NATURWISSENSCHARTLICHB LASSE, 
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Jahrgang 1869. — Juli. 
a (Mit 16 Gateln,) 
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ss ERSTE ABTHEILUNG. 


Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, Zoologie, 
Anatomie, Geologie und Paläontologie, 


WIEN. 


AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI. 


IN COMMISSION BEI KARL GEROLD’S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE 
DER WISSENSCHAFTEN. 


1869. 


INHALT. 


XVII. Sitzung vom 1. Juli 1869: Übersicht ......... 


Tschermak , Über einen Feldspath aus dem Närödal und über 
das Mischungsgesetz der plagioklastischen Feldspathe. 


XVIl. Sitzung vom 8. Juli 1869: Übersicht . ....... 


Abich, Die Fulguriten im Andesit des kleinen Ararat, nebst 


Bemerkungen über örtliche Einflüsse bei der Bildung 
elektrischer Gewitter . . . . ...- Ag. 


v. Haidinger , Mittheilungen von Herrn kais. russ. Staatsrath 
Hermann Abjeh in Tiflis „32 0, 9.0. an 


XIX. Sitzung vom 15. Juli 1869: Übersicht ........ 


Schlemmer, Beitrag zur. Kenntniß des feineren Baues der 
Brunner’schen Drüsen. (Mit 1 Tafel.) ....... 
Fitzinger, Revision der zur natürlichen Familie der Katzen 
(Feles) gehörigen Formen, (IV. Abtheilung.) . . - - 

— Die natürliche Familie der Spitzhörncher (Cladobatae). 
Steindachner , Ichthyologische Notizen (IX.) (Mit 8 Tafeln.) 
Friedlowsky, Über die sogenannten aceessorischen Gelenks- 
höcker an der Pars busilaris ossis occipitis und einige 
Formen von ungewöhnlieher Gelenksverbindung zwi- 

schen dem Zahnfortsatz des Epistropheus und dem 
Hinterhauptknochen. (Mit 1 Tafel)... . . SARRUN 
Peyritsch , Über Pelorien bei Labiaten. (Mit 6 Tafeln.). .. . 


Seite 


AABE 


445 
450 


‚153 


162 


166 


169 


173 
263 
290 


31935 
343 


SITZUNGSBERICHTE 


‘DER KAISERLICHEN 


AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN, 


MATHRMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. 


LX. BAND. II. HEFT. 


Jahrgang 1869. — October. 
(Mit 7 Cateln.) 
ERSTE ABTHEILUNG. 


| Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, Zoologie, 
Anatomie, Geologie und Paläontologie. 


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"AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKERER. Da De 


.IN COMMISSION BEI KARL GEROLD’S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE 
DER WISSENSCHAFTEN, 


1870. 


INHALT 


des 3. Heftes (October) des 60. Bandes, I. Abth. der Sitzungsherichte Br 


der mathem.-naturw. Classe. 


xx. Sitzung vom 7. October 1869: Übersicht... .... 
Boue, Über türkische Eisenbahnen und die Geologie der 
Central-Türkei. [Preis: 10 kr. —2 Ngr.] ... . : 

Fitzinger, Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatter- 
thiere oder Handflügler (Ohiroptera). 1. a le 

[Preis 069 dan — aNgr. 123.  e r 


Manzoni, Della Fauna Marina di due lembi Miocenici dell’ alta 


Italia. (3 Tavole.) [Preis: 50 kr. — 10 Ngr.] 
Reuss , Über tertiäre Bryozoen von Kischenew in Bessarabien. 
(Mit 2 lithograpbirten Tafeln.) [Preis: 25 kr. — 5Ngr.] 


XXHI. Sitzung vom 14. October 1869: Übersicht . . . . . . 
Gussenbauer, Über das Gefäßsystem der äußeren weiblichen 
Genitalien. [Preis: 2Okr.—=ANgr.] : ..: .... 

Biezina, Krystallographische Studien über thombisehen" 
Schwefel. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 25 kr. =5Ngr.] . 


XXI. Sitzung vom 21. October 1869: Übersicht... .. . 
Steindachner, Bericht über eine Sammlung von Fischen aus 
Singapore. FPreis:,I5 kr. — #3 Nor. 2... 22... 


sung. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 25 kr. — 5 Ner.] 


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(Preis des ganzen Heftes: 1 fl. 90 kr. — 1 Thlr. 8 Ngr.) 


Bones... 

Friedlowsky , Über Hufeisenniere mit. besonderer Rücksicht SEE 
nahme auf das Zustandekommen der Nierenverwach- 7, 

BR 


SITZUNGSBERICHTE 


DER KAISERLICHEN 


AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


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HATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. 


LX. BAND. IV. HEFT. 


Jahrgang 1869. — November. 


(Mit 18 Cofeln and 6 Yalsıhnitten.) . 


ERSTE ABTHEILUNG. Cie 1 


Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik , Zoologie, 
| Anatomie, Geologie und Paläontologie. 


WIEN. 


AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI. 


IN COMMISSION BEI KARL GEROLD’S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE 
i DER WISSENSCHAFTEN. 


1870. 


INHALT 


des 4. Heftes (November) des 60. Bandes, I. Abth. der Sitzungsberichte 


der mathem.-naturw. Classe. 


XXHE. Sitzung vom 4. November 1869: Übersicht. . . . . » 
Fitzinger, Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere 

oder Handflügler (Chiroptera). II. Abtheilung. [Preis: 

Suckr. u. Novi. ern ee er Ne 

Boue, Einige Beriehtigungen zur Hahn’schen Karte der 
Flußgebiete des Drin und des Vardar in Nord-Albanien 

und Macedonien (1869). (Mit 1 Tafel.) [Preis: 20 kr. 


XXIV. Sitzung vom 11. November 1869: Übersicht . . . . . 
Steindachner, Zur Fischfauna des Senegal. (Mit 12 Tafeln.) 
[Preis: 441.90 kr. -—'4. Th 78: Nery rer 


XXV. Sitzung vom 18. November 1869: Übersicht . . . . . 
Tsehermak , Über den Simonyit, ein neues Salz von Hallstadt. 
(Mit 2 Holzschnitten.) [Preis: 10 kr. = 2Ngr.] . . 
Polotebnow, Über den Ursprung und die Vermehrung der 
Bacterien. [Preis: 25kr. =5Ngr.]. . -».... 2% 

Hyrt!, Ein insulärer Schaltknochen im Seitenwandbein. (Mit 
d Tatels).[ Preis: 20:kr:- — 4 Nor. 2 vn 75 

— Ein präcorneales Gefäßnetz am Menschenauge. (Mit 1 
Tafel?) Preis:20 kr. — ANpr. 1% 2 nenne 

‘ Unger, Anthraeit-Lager in Kärnthen. (Mit 3 Tafeln) [Preis: 
90.&r,— 18.Nor u. 20, ee ee 
Hauenschild, Mikroskopische Untersuchung des Predazzites 
und Pencatites. (Mit 4 Holzsehnitten.) [Preis: 15 kr. 

— 3 Neger]... -. a N A Re 


(Preis des ganzen Heftes: 2 fl. 75 kr. = 1 Thlr. 25 Ner) 


Seite - 


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SITZUNGSBERICHTE 


DER KAISERLICHEN 


AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


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MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHARTLICHE CLASSE. 


LX. BAND. V. HEFT. 


Jahrgang 13869. — De cember. 
(Mit 25 Gateln und 2 Yolzshnitten.) 


ERSTE ABTHEILUNG. 


Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, Zoologie, 
Anatomie, Geologie und Paläontologie. 


WIEN. 


AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI. 


IN COMMISSION BEI KARL GEROLD’S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE 
DER WISSENSCHAFTEN. 


1870. 


INHALT 


. des 5. Heftes (December) des 60. Bandes, I. Abth. der Stunt a 


der mathem. -naturW. N 


XxXXVIE Sitzung vom 2. December 1869: Übersieht . ... . 


v. Zepharovich, Mineralogische Mittheilungen. IV. (Mit 2 2 
Tafeln.) Preis; s0:kr.,=— 6. Nor.]...2 2 2...% .. 


XXVI. Sitzung vom 9. December 1869: Übersicht . . . . . 
Fitzinger, Kritische Durchsicht der Ordnung der Flatterthiere 

oder Handflügler (Chiroptera). Familie der Kammnasen 

(Ehinolopki.) 1. Abtheilung. [Preis: 45 kr. — 9 Negr.] 

Brezina, Entwicklung der tetartosymmetrischen Abtheilung 

des hexagonalen Krystallsystems, nebst Bemerkungen 

über das Auftreten der Cireularpolarisafion. (Mit 1 

Tafel); [Preis 20kr.= A Ner.].. . 000% 

Peyritsch, Über Bildungsabweichungen bei Umbelliferen. (Mit 


4 Tafeln.) [Preis: G0:kr — 2 Nor N 
Tschermak, Über die Form und die Zusammensetzung der ö 
Feldspathe. (Mit 2 Holzsehnitten.) [Preis: 15 kr. —. 


BUN EST N Re RR Ne 
XXVEII. Sitzung vom 16. December 1869: her siche RE 


. Manzoni, Bıyozoi fossili Italiani. (Terza Contribuzione.) (Con 
quatro tavole.) [Preis: 60 kr. — 1? Ngr.]. . . . . 


Steindachner, Zur Fischfauna des Senegal. II. Abtheilung. 
(Mit 8 Tafeln.) [Preis: 11. 50 kr. — 1 Thlr.] - . 
Schrauf, Studien an der Mineralspeeies: 'Labradorit. (Mit 6 
Tafeln.) [Preis: 1 fl. 50 kr. = !ThIr.] ..... 


(Preis des ganzen Heftes: 3 fl. 50 kr. — 2 Thlr. 10 Ngr.) 


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Die jedem Fachmanne bekannten, bei der raschen Ent- 
wickelung der Wissenschaft von Jahr zu Jahr sich steigernden 
Unzukömmlichkeiten, welehe mit der eumulativen Herausgabe 
von Abhandlungen verbunden sind, die sich auf sämmtliche 
naturwissenschaftliche Fächer beziehen, haben die mathema- 
_ tisch-naturwissenschaftliche Classe der kaiserlichen Akademie 
der Wissenschaften bestimmt, ihre Sitzungsberichte in zwei 
gesonderten Abtheilungen erscheinen zu. lassen. 
| Die erste Abtheilung enthält die Abhandlungen aus der 

Mineralogie, Botanik, Zoologie, Anatomie, Geo- | 
logie und Paläontologie; die zweite Abtheilung die 
aus der Mathematik, Physik, Chemie, Physiologie, 
Meteorologie, physischen Geographie und Astro- 
nomie. | 

Von jeder dieser Abtheilungen erscheint jeden Monat mit 
Ausnahme von August und September ein Heft, welches drei 
Sitzungen umfasst. Der Jahrgang enthält somit zehn Hefte. 

Dem Berichte über jede Sitzung geht eine vollständige 
Übersicht aller in derselben vorgelegten Abhandlungen voran, 
selbst wenn diese nicht zur Aufnahme in die Schriften der 
Akademie bestimmt werden. 

Der Preis des Jahrganges beträgt für eine Abtheilung 
12 Gulden ö. W. 

Von allen grösseren Abhandlungen kommen Separat- 
abdrücke in den Buchhandel und sind durch die akademische 
Buchhandlung Karl Gerold’s Sohn zu beziehen. 


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