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Full text of "Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Classe"

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SITZUNGSBERICHTE 


DER 


MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN 
el CLASSE 


DER KAISERLICHEN 


AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


SECHZEHNTER BAND. 
Jaurcang 1855. Herr I on Il. 


(Wit 30 Tafeln.) 


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WIEN. 
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI. 


IN COMMISSION BEI W. BRAUMÜLLER, BUCHHÄNDLER DES K. K. HOFES UND DER 
K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN: 


1855. 


SITZUNGSBERICHTE 


DER KAISERLICHEN 


AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. 


SECHZEHNTER BAND. 


WIEN. 


AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI. 


IN COMMISSION BEI W. BRAUMÜLLER, BUCHHÄNDLER DES K. K. HOFES UND DER 
K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


1855. 


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INHALT. 


Seite 
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Sitzung vom 12. April 1855. 
Rochleder, Über das Trocknen der zu analysirenden Substanzen . 3 
Sandberger, Über Anoplotheca, eine neue Brachiopoden-Gattung.(Mit 1 Tafel, ) 3 
Fialkowski, Construction des Kreises und der Ellipse. (Mit 12 Tafeln.) ah 
Haidinger, Die konische Refraction am Diopsid, nebst Bemerkungen über 
einige Erscheinungen der konischen Refraetion am Aragon 113 
— Die Lichtabsorption des Cadmacetits, der Krystalle des essigsauren 
Cadmiumoxydes 131 
Sitzung vom 19. April 1855. 
Zantedeschi, Della interferenza luminosa, che presenta il filo metallico 
comune a’ due eircuiti chiusi, e dello stato d’ incandescenza delle 
parti del eireuito, che non sono comuni ad ambedue; con alcune 
osservazioni sulla natura dell’ elettrico, calorico e luce e della loro 
reciproca dipendenza 140 
Sitzung vom 26. April 1855. 
Reuss , Paläontologische Miscellen er. 144 
Haidinger, Die Krystalle des essigsauren Manganoxyduls 145 
Kenngott, Mineralogische Notizen, betreffend die bekannten Spaeies- Kar- 
stenit, Dolomit, Millerit, Turmalin, Galaktit, Wasser, Plagionit, 
Diopsid, Zinkit, Caleit und Felsöbänyt, sowie zwei neue: den Enstatit 
im Geschlechte der Augit-Spathe und den Pseudophit im Geschlechte 
der Serpentin-Steatite. (Siebzehnte Folge.) . 2 Hin 
Sedlaczek, Der Copir-Zirkel, eine einfache Einrichtung des Pantographen 180 
Hauer, Über die Cephalopoden aus dem Lias der nordöstlichen Alpen 183 
Stellwag v. Carion, Die Accommodationsfehler des Auges. n 2 az A 
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften - . 282 
Tabellarische Übersicht der Witterung in Österreich im März 1855. 
(Mit 2 Tafeln.) 
Sitzung vom 10. Mai 1855. 
Fitzinger, Bericht über Herrn Vincenz Maria Gredler’s Mollusken-Fauna 
TORE ee N ie RE TREE AAN 287 
Hlasiwetz, Über die Zusammensetzung des Ursons . . x... 295 
Fritsch, Resultate der im Jahre 1854 in Wien und an einigen anderen 
Orten des österreichischen Kaiserstaates angestellten Vegetations- 
heohachiungen, ©. Ya. rel narsasıe Veen e 2947 


VI 


Seite 
nn 

Türck, Beobachtungen über das Leitungsvermögen des menschlichen Rücken- 
markes. (Mit Irmarel) v2. - ee 


Peters, Die Nerineen des oberen Jura in Öster N (Mit A Tafeln.) ee 
Zepharovich, Jaulingit, ein neues fossiles Harz aus der Jauling nächst St. Veit 


a..d. Triesting in Nieder-Österreich . . .. . . „zes 
Wedl, Helminthologische Notizen. (Mit 3 Tafeln.) . . . 2... ae 
— Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen. (Mit 2 Tafeln. B. . 3957 


Sitzung vom 18. Mai 1855. 

Hauer, Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums mit basischen Chlor- 

metallen . . . 5 BIREREES NE < u a 0 ON 
Pick, Über die Sicherheit mn omieirfecher Höhenmessiissn (wit 1 Tafel.) . 415 
Schönbichler, Die Complanation des schiefen Kegels durch Vermittelung 

der Integrale [de sin’ py(1—ksin”’g)” und de cos" po (1—k 

cos? 9)” und Auflösung dieser Integrale in trigonometrische, durch 

einen stäten logarithmischen Caleul berechenbare Faetoren . . . 7 
Stur, Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Dilu- 

vium und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und 

ihrer, Umgebung... .s..0. 0 uch en 
Oeltzen, Eigene Bewegungen von Fixsternen, abgeleitet aus der Ver- 

gleichung der Histoire celeste mit den Ar gelander’schen nörd- 

lichen Zonen . . ... Segen 1 2 er 
Verzeichniss der eingegangenen Peuckscheten En a 
Tabellarische Übersicht der Witterung in Österreich im April 1855. 

(Mit 2 Tafeln.) 


SITZUNGSBERICHTE 


KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


- MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. 


XVI. BAND. I. HEFT. 


JAHRGANG 1855. — APRIL. 


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SITZUNG VOM 12. APRIL 1855. 


Eingesendete Abhandlungen. 


Über das Trocknen der zu analysirenden Substanzen. 
Von dem w. M. Dr. Friedrich Rochleder. 


Ich habe vor einiger Zeit der kaiserl. Akademie eine Untersuchung 
über Saponin und Äseulin vorgelegt, die ich mit HerrnDr. Schwarz 
in Gemeinschaft ausgeführt habe. Beide Substanzen wurden in der 
Zwischenzeit von anderen Chemikern untersucht, das Saponin von 
Overbeck und von Bolley, das Äseulin von Zwenger. Sowohl 
OverbeckalsBolley erhielten bei der Analyse des Saponin andere 
Zahlen als ich und Dr. Schwarz. Die Analyse des gelatinösen 
Körpers, der durch Einwirkung von Säuren in der Wärme aus 
Saponin neben Zucker entsteht, gab Bolley ebenfalls andere Resul- 
tate als wir erhalten hatten, dagegen fand Overbeck für diesen 
Körper dieselbe procentische Zusammensetzung wie wir. Ich setze 
der Übersicht halber die Zusammenstellung der verschiedenen Ana- 
lysen neben einander, wie sie Bolley selbst gegeben hat. 


Saponin aus Gypsophila Struthium. 


Aus Senega. 


Overbeck,. Bolley. Bussy. F.Rochl. u. Schwarz. Bolley. 
46341 — 855 — 510 — 54 — 32:96 
H 751 0 — 67 — TA — 12 — 6:10 
Ben — 16 — A049 — 20-94 
Spaltungsproduct des Saponin, 
Aus Rosskastanien. Senega. Gypsophila. F, Rochl.u.Schwarz. 
Fremy, Bolley. Bolley. Overbeck. bei 120°, 
726° —.. 59:20 —- 60% — 6330 —. 6935 
re 770 — 760° — 576 — 8:57 
03439 — 3310 — 3233. — 279 — 23-08 


1 


A Rochleder.Über das Trocknen der zu analysirenden Substanzen. 


Bolley macht in seiner Abhandlung darauf aufmerksam, dass 
die Differenzen nicht auf das Austreten von mehr oder weniger 
Wasser zurückführbar sind. Bei Gelegenheit einer Untersuchung über 
die Rosskastanien, die bald vollendet sein wird, hatte ich es abermals 
mit einem Stoff zu thun, der Saponin genannt wird. Ich suchte den 
Grund der Differenzen bei dieser Gelegenheit zu ermitteln, und glaube, 
dass es nicht überflüssig ist, darüber ein paar Worte zu sprechen. 

Die Quelle der Differenzen ist das Trocknen der Substanzen. Nicht 
nur das Saponin, sondern viele andere Körper verändern bei dem Trock- 
nen ihre Zusammensetzung, ohne dabei eine sichtbare Veränderung zu 
erleiden. Ich habe mehrere Stoffe, die früher analysirt wurden, in dieser 
Beziehung untersucht und bei denselben bei einem geänderten Verfah- 
ren des Trocknens, eine andere Zusammensetzung als früher gefunden. 

Ich beschreibe hier kurz den Apparat, dessen ich mich gegen- 
wärtig zum Trocknen bediene, weil er leicht zu construiren ist, wenig 
kostet und es möglich macht eine Substanz innerhalb einer Stunde 
vollkommen zu trocknen. 


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Der Hahn H wird bei a auf die Luftpumpe geschraubt, bei 5 ist 
der Apparat mit einem Gefässe, das mit Kohlensäure gefüllt ist, durch 
ein Rohr von vuleanisirtem Kautschuk verbunden. Als Gefäss dient am 
besten ein Sack von Kautschuk. Bei B ist ein Ölbad, dessen Temperatur 
durch ein Thermometer ersichtlich ist, in dem Bade befindet sich ein 
Gefäss von starkem Glas mit weiter Mündung S welches dazu dient 
die zu troeknende Substanz in einem Glasrohr hineinzubringen. Durch 
Pumpen, während derHahn 4 geöffnet ist, wird in S die Luft verdünnt, 
durch Öffnen des Hahnes H’ nachdem H geschlössen wurde, füllt sich 
der Apparat mit Kohlensäure. Durch wiederholtes Auspumpen in dieser 
Weise wird der Apparat gänzlich mit Kohlensäure gefüllt. Man schliesst 
darauf den Hahn 4’ und pumpt aus. Hierauf erhitzt man das Ölbad auf 


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Sandberger. Über Anoplotheca, eine neue Brachiopoden-Gattung. 5 


den beliebigen Temperatursgrad, während von Zeit zu Zeit durch den 
Hahn 7’ Kohlensäure zugelassen wird, die in dem Chlorcaleiumrohr C’ 
getrocknet wird, worauf der Hahn 7 geschlossen, der Hahn H geöffnet 
und die Kohlensäure ausgepumpt wird, die ihre aufgenommene Feuch- 
tigkeit in dem Chlorealeiumrohr € abgibt. 

Im luftleeren Raume erhitzt, geben die Substanzen schnell Wasser 
ab, das durch die trockene Kohlensäure weggeführt wird. Eine Oxyda- 
tion ist dabei unmöglich, das Trocknen ist in kurzer Zeit vollendet. 

Ich führe hier die Analyse des reinen Äseulin an, das auf diese 
Weise getrocknet, von Herrn Kawalier in meinem Laboratorium 
analysirt wurde. 

0:2687 Äseulin geben 0.5135 ee 0:1209 Wasser, oder in 100 Theilen: 
H 499 
210% 42-90 
100-00 | 

Diese Zusammensetzung habe ich und Dr. Schwarz gefunden, 
die Analysen vonZwenger sind daher nicht weiter zu berücksich- 
tigen. Die Formel, welche ich für das Äseulin und Äseuletin aufgestellt 
habe, werden durch die Zusammensetzung eines Körpers bestätigt, 
welcher entsteht, wenn Äseulin mit Barytwasser gekocht wird, so wie 
durch die Zusammensetzung der prachtvollen Farbestoffe, die aus dem 
Äseuletin erzeugt werden können und in einer bestimmten Beziehung 
zum Orcein stehen. Alle diese Producete lassen sich mit der Formel 
des Äsculin von Zwenger nicht in Einklang bringen. 


Über Anoplotheca, eine neue Brachiopoden - Gattung. 
Von Dr. Fridolin Sandberger, . 


Professor der Mineralogie und Geologie am grossh. Polytechnieum zu Karlsruhe ete. 
| (Mit I Tafel.) 

Die genauere Untersuchung der paläozoischen Schichten und 
Versteinerungen des Herzogthums Nassau, welche von meinem Bru- 
der, Dr.G. Sandberger in Wiesbaden und mir während einer Reihe 
von Jahren durchgeführt wurde, führte zu mancherlei neuen und 


unerwarteten Thatsachen, von denen ein Theil dem wissenschaft- 


liehen Publicum in dem von uns veröffentlichten Werke: „Die Ver- 
steinerungen des rheinischen Schichtensystems“, 1.— 8. Lieferung 
mit XLI Tafeln, Wiesbaden 1850—55, bereits vorgelegt wurde. 
Während die Bearbeitung der Crustaceen, Annulaten, Cephalopoden, 


6 Sandberger. 


Gasteropoden, Pteropoden und Pelekypoden bereits geschlossen und 
meist veröffentlicht ist, konnte die der Brachiopoden, Radiaten, 
Polyparien, Bryozoen, Amorphozoen und Pflanzen nicht gleichzeitig 
mit dem Erscheinen der sie enthaltenden Tafeln beendigt werden 
und wird erst in der Schlusslieferung mitgetheilt werden, die gegen 
Sommer erscheinen soll. 

Indessen fand sich trotz der im Ganzen nicht sehr bedeutenden 
Zahl von Brachiopoden, welche nach den von uns befolgten Prinei- 
pien als gute Arten veröffentlicht werden konnten, manches Detail, 
welches die schönen Arbeiten, die in der neuesten Zeit von King, 
Davidson, E. Suess, Deslongehamps u. A. über diese Classe 
gemacht wurden, ergänzen konnte, und selbst eine neue Gattung, 
welche ich im Folgenden näher zu beschreiben gedenke. Sie gehört 
der tiefsten Abtheilung des rheinischen Systems an, dem Spiriferen- 
sandstein, und wurde von Schnur in der Eifel, von uns im nörd- 
lichen Nassau bei Haigerseelbach unweit Dillenburg, dann bei Lahn- 
stein und an verschiedenen anderen Orten der Gegend von Coblenz 
aufgefunden. Ihre äussere Form, welche der Terebratula lepida 
Goldf. ungemein gleicht, liess eine Spiriferiden-Gattung vermuthen, 
indessen sind die inneren Charaktere, die allein entscheidenden, gänz- 
lich von denen der Spiriferiden verschieden. Die wesentlichen Eigen- 
schaften habe ich in der folgenden Definition zusammengefasst: 

Testa ovata, convexo-concava, imperforata, area et deltidio 
carens. Margo cardinalis areuatus, margines interni inerassati. In 
valva ventrali majore, convexa, dentibus satis erassis armata, septum 
parvulum medianum, inferne fissum, usque ad mediam partem lineae 
dimidiantis non produetum, conspieuum. Impressiones musculorum 
cardinalium satis latae ad latera septi, impressio minor ovalis addueto- 
ris ad finem inferum ejusdem sitae. Rami duo impressionum vascula- 
rium primi ordinis in utroque fine supero museulorum eardinalium 
ineipientes angulo obliquo ad marginem profieiseuntur, quem bifidi 
attingent, ramis trifidis lateralibus centrum versus emissis. Valva 
dorsalis paullo concava. Processus cardinalis bipartitus, parvulus 
inter laminas, foveis dentes exeipienlibus excavatas, intermedius. Sub 
his ad utrumque latus septi latioris mediani impressio ovalis ampla, 
bipartita museulorum adduetorum obvia, e qua rami impressionum 
vascularium, quorum alter in fine supero, alter in fine infero impressio- 
nis utraeque adductoris oritur, angulo obliquo ad marginem pro- 


Über Anoplotheea, eine neue Brachiopoden-Gattung. T 


fieiseuntur. Impressio parvula, rotundata, satis concava ignotae originis 
praeterea sub processu cardinali ad finem superum septi mediani exstat. 

Schale von eiförmigem Umrisse, convex-concav, ohne Stiel- 
öffnung, Schlossfeld und Deltidium. Der Schlossrand ist gekrümmt, 
die inneren Ränder etwas aufgeworfen, von Eindrücken der Börstchen 
des Mantels radial gefurcht. Die Bauchklappe ist die grössere. In 
ihr liegen am Schlossrande zwei kräftige Zähne, auf der Mitte zieht 
sich vom Buckel bis zur Hälfte der Länge der Klappe eine schmale 
Wandplatte herab, welche am unteren Ende gespalten ist. Zu beiden 
Seiten derselben bemerkt man die Eindrücke der Schlossmuskeln, am 
unteren Ende den kleinen eiförmigen des Schliessmuskels. Am oberen 
Ende der Schlossmuskeln entspringt jederseits ein Hauptast der 
Gefäss- Eindrücke, welcher in schiefer Richtung nach dem Rande 
verläuft, ehe er diesen erreicht aber einen dreispaltigen seitlichen 
Ast nach der Mitte zu absendet und sich selbst spaltet. Die Rücken- 
klappe ist nicht bedeutend vertieft. Ihr kleiner Schlossfortsatz ist 
gespalten, jederseits begrenzt ihn eine kräftige Lamelle, in welcher 
die tief ausgehöhlten Zahngruben liegen. Unter diesen sieht man auf 
jeder Seite einer diekeren auf der Mitte herabziehenden Wandplatte 
einen breiten ovalen, durch eine schwache, schief stehende Leiste 
getheilten Schliessmuskel-Eindruck, an dessen oberem und unterem 
Rande je ein in schiefer Richtung gegen den Rand laufender Haupt- 
ast von Gefäss-Eindrücken entspringt. Ein kleiner, runder, tiefer 
Eindruck unter dem Schlossfortsatz am oberen Ende der Wandplatte 
ist zur Zeit noch unerklärt. 

Durch den Mangel einer Stielöffnung, der Area und des Deltidiums, 
ihr artieulirtes Schloss und die Verästelung der Gefäss -Eindrücke 
erscheint Anoplotheca zunächst der Gattung Koninckina E. Suess 
(Davidson, Introduction Pl. VII, Fig. 194—198; Woodward, Manual of 
the Mollusca, II, p.231) aus den oberen Triasschichten von St. Cassian 
verwandt, über deren Museulatur zur Zeit nichts Näheres bekannt ist. 
Von Productus und den ihm zunächst verwandten Gattungen ist Ano- 
plotheca schon durch das gänzliche Fehlen der Stacheln verschieden; 
auch die Lage und Gestalt der Muskel-Eindrücke, ‚welche bei den 
Produetiden mit Ausnahme von Chonetes verästelt erscheinen, ist bei 
Anoplotheca wesentlich anders. Vor der Hand wird die neue Gattung 
am besten mit Koninckina zusammengestellt werden, bis etwa neue 
_ Entdeckungen ihre Stellung definitiv entscheiden. 


8. Sandberger. Über Anoplotheca, eine neue Brachiopoden-Gattung. 


Die einzige Art ist Anoplotheca lamellosa, deren Beschreibung 
ich ebenfalls beifüge. 


Anoplotheca lamellosa Sandb. 


Terebratula venusta Schnur in Palaeontographiea; Bd. III, S. 180, Taf. XXIV, 
Fig. 3. — Produetus lamellosus Sandb. Atlas zum Rhein. Schiehtensystem. 
Taf. XXXIV, Fig. 18 bis 18 d. 


Schale von eiförmigem oder quereiförmigem Umrisse, mit brei- 
ten, blätterigen, eoncentrischen Anwachsrippen geziert. Die ziemlich 
convexe Bauchklappe zeigt einen nicht sehr tiefen Sinus, auf dessen 
Seiten sechs Längsfalten hervortreten, welche bei ausgewachsenen 
Exemplaren über der Mitte verschwinden. Die nicht sehr stark ver- 
tiefte Rückenklappe ist in derselben Weise längsgefaltet wie die 
Bauchklappe. 

Anoplotheca lamellosa kommt an den oben angeführten Locali- 
täten stets gesellig vor. 

Bei der grossen Zahl paläozoischer Brachiopoden, deren innere 
Charaktere gegenwärtig noch ganz unbekannt sind, hat auch die 
gegenwärtige kleine Mittheilung vielleicht ein gewisses Interesse, 
indem sie für eine zur Zeit nur in der Triasgruppe bekannte Familie 
einen Repräsentanten in so alten Schichten nachweist. 


Erklärung der Abbildungen. 


Fig. 1. Bauchklappe eines jüngeren Exemplars. Laubachthal bei Coblenz. 

»„ 2. Abdruck der Rückenklappe der schmaleren Form. Haigerhütte bei 
Dillenburg. | 

-» 3. Abdruck der Rückenklappe der breiteren Form. Laubachthal. 

Inneres der Bauchklappe mit den Zähnen d. ” 

Kern derselben mit den Eindrücken der Zähne d, der Schlossmuskeln 

ce und der Schliessmuskeln «. Laubachthal. 

Kern derselben Klappe mit den Eindrücken der Gefässe v. 

» 7. Inneres der Rückenklappe; j Schlossfortsatz, f Zahngruben, s Septum, 
a Schliessmuskel-Eindrücke, x Eindruck unbekannten Ursprungs. Hai- 
gerseelbach bei Dillenburg. 

» 8. Rückenklappe; @ Schliessmuskel-Eindrücke, v Gefäss-Eindrücke. Lau- 
bachthal bei Coblenz. 

» 9. Rückenklappe mit den randlichen Eindrücken horniger in den Mantel 
eingesenkter Börstchen, 


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Fialkowski. Construction des Kreises und der Ellipse. N) 


Vorträge. 


Construction des Kreises_ und der Ellipse. 


Von Nicolaus Fialkowski, 


Architecten und Lehrer der Geometrie und Baukunst an der Communal- Unterrealschule in Gumpendorf 


(Mit XII Tafeln.) 


(Vorgelegt in der Sitzung vom 21. Juli 1853.) 


- Allgemeines Verfahren mittelst zweier Geraden jeden beliebigen Punkt 
einer Kreislinie zu bestimmen, welche einem gegebenen Quadrate ein- 
geschrieben wird. 


Side 


Construetion, 

Es sei (Fig. 1) ABCD das gegebene Quadrat, in welchem eine 
Kreislinie eingeschrieben werden soll. Man halbire jede der vier 
Seiten dieses Quadrates, ziehe in diesem die beiden Halbirungslinien 
EF und GH, so ist bekanntlich M als Mittelpunkt der einzuschreiben- 
den Kreislinie; ferner sind EM = FM = GM = HM als Halbmesser, 
und daA@ = B@ = BF = CF.... gemacht wurde, die Punkte 
E, F, G, Hals Punkte dieser Kreislinie, und zwar als gegeben zu 
_ betrachten. 

Wird nun die Seite BC über ihren Endpunkt B, und der Durch- 
messer EF über F hinaus verlängert, auf den zwei so erhaltenen 
Linien vom Punkte F aus gleich lange Stücke abgeschnitten, also 
FI = FK gemacht, ferner der Punkt / mit H und @ mit K durch 
Gerade verbunden, so ist der Durchschnittspunkt dieser zwei Geraden, 
d. i. der Punkt N ein Punkt derjenigen Kreislinie, welche dem gege- 
benen Quadrate ABCD eingeschrieben werden soll. 

Wie man aus der Construction sieht, wird es sich hier darum 

handeln, zu beweisen, ob der Winkel @NH, welchen wir der Kürze 
wegen mit x bezeichnen wollen, ein rechter ist; weil die zwei Eck- 
punkte G und H des Dreieckes @NH ohnehin Punkte des Kreises sind. 


10 Fialkowski. 


Beweis. 
Betrachtet man zuerst die zwei Dreiecke CHJ und GKM, so 
findet man CJ = MK 
CH — MG nach der Construction, 
und der Winkel p= 19 als Rechte; 
folglich ist das A HCJ » MGK, 
daher der-<[ aß, 
und der X ya 
Da aber GH || CJ ist, 
so ist der <L a=a; 
es ist aber aß 
daher en 
Da nun B+y+p=2Eıwmdp=B ist, 
so folgt B+y=R 
aber ee 
also auch a+y=R 
und da ©-+a+Yy = 2R, so folgt, wenn man diese 
zwei letzten Gleichungen von einander abzieht 
Pr — Ihn: 


Da nun die Punkte @ und 4 Halbirungspunkte der zwei gegen- 
überliegenden Seiten des Quadrates ABCD, in welchem der Kreis 
eingeschrieben werden soll, mithin Punkte dieses Kreises sind, und 
der Winkel z£ = R bewiesen wurde, so muss der Punkt N ein Punkt 
des Kreises sein, w. z. b. w. 

Diese Construction ist ganz allgemein giltig, weil wir, um den 
Punkt N der Kreislinie zu erhalten, den Hilfspunkt J beliebig ange- 
nommen und so den Beweis geführt haben. Was also von diesem 
Punkte gilt, das lässt sich auch von jedem andern Punkte erweisen. 

Ganz auf dieselbe Art ist in derselben Figur auch der Punkt N’ 
construirt worden, wobei aber nur der Durchmesser über dessen 
Endpunkt E hinaus verlängert wurde; es ist daher gleichgiltig, ob 
man den Hilfspunkt J auf der Seite oder auf deren Verlängerung 
annimmt. 

8.2. 
Aus der näheren Betrachtung der Fig. 2 folgt sofort, dass man 
für jeden einzelnen Quadranten von dem einen oder dem andern End- 
punkte desselben angefangen, solche Construction der Punkte ins 
Unendliche fortsetzen kann, und dass, je weiter man sie fortsetzt, 


Construction des Kreises und der Ellipse. 11 


desto näher und näher die so bestimmten Punkte der Kreislinie an 
einander fallen, so zwar, dass die BC und EF ins Unendliche ver- 
längert werden müssten, wenn man nach dieser Construction den 
Punkt @, d. i. den Halbirungspunkt der Seite AB erhalten wollte. 


S.E 


Bestimmung der correspondirenden Punkte. 


Hat man auf die angegebene Weise für den einen oder den andern 
Quadranten mehrere Punkte construirt, so wie in Fig. 2 für den 
Quadranten F@ die Punkte N, N’, N", N",N"'.... und wollte man 
in dem zweiten Quadranten die diesen Punkten gegenüber liegenden 
Punkte auffinden, so werden die in der Halbirungslinie und ihrer Ver- 
längerung, d. i. in der Axe bereits aufgefundenen Punkte benützt, 
wozu man also die Seite BC nach abwärts nicht zu verlängern 
braucht. | 

Ist z.B. der Punkt S (Fig. 2) mittelst der Geraden HP und GL 
aufgefunden worden, und will man den diesem Punkte correspon- 
direnden Punkt bestimmen, so benützt man die zwei in dem Durch- 
messer und dessen Verlängerung liegenden Punkte Z und m, indem 
man Z mit H verbindet und aus @ durch m eine Gerade führt, bis die 
HL iin T geschnitten wird, wodurch man auch das Stück EQ = EP 
erhält. 
| Dass man die correspondirenden Punkte auchmittelst der parallel 
gezogenen Sehnen erhalten kann, ist ohnehin bekannt, allein dies 
ist nur bei der Kreislinie immer der Fall; bei der Ellipse aber 
als dem Bilde der Kreislinie, und besonders in der Perspective ist 
es nicht immer möglich, mittelst der parallelen Sehnen die corre- 
spondirenden Punkte zu bestimmen, wesshalb jedesmal für die eine 
Hälfte der Ellipse die nothwendigsten Punkte eonstruirt werden 
müssen, wozu sich das in Fig. 2 bei der Bestimmung der Punkte $ 
und T angegebene Verfahren besonders eignet. 

S.A4. 

Eine sehr nützliche Anwendung von der in den zwei vorher- 

gehenden $$. angegebenen Construction wird man bei der Construc- 


tion der Ellipse machen können; wir wollen aber zuerst untersuchen, 
_ wie die vorzüglichsten Punkte des Kreises und dann die der Ellipse 


gefunden werden. 
Betrachten wir zu diesem Behufe Fig. 3, wo in dem gegebenen 
Quadrate ABCD der Kreis EGFH eingeschrieben ist. Zieht man in 


12 Fialkowski. 


diesem Quadrate die beiden Diagonalen, so werden sie den Kreis in 
vier Punkten schneiden. Diese vier Punkte des Kreises wollen wir, 
beziehungsweise des dem Kreise umschriebenen Quadrates, weil sie 
zugleich in den Diagonalen liegen, Diagonalpunkte nennen; jene aber, 
welche zugleich in den Seiten des Quadrates sind, wollen wir mit 
dem Namen Seitenpunkte bezeichnen, um uns später desto leichter 
ausdrücken zu können. 

Da nun einem Kreise unzählig viele Quadrate umschrieben 
werden können, so folgt daraus, dass es auch unzählig viele solche 
Diagonal- und Seitenpunkte geben kann. 

Die angeführten acht Punkte sind bei der Construction der 
Ellipse die vorzüglichsten; sie können am leichtesten und am 
schnellsten aufgefunden werden, und sind in den meisten Fällen zur 
Construction dieser Curve für einen geübten Zeichner hinreichend. 

8.5. | 

Bekanntlich können die Seitenpunkte der Ellipse beim per- 
speetivischen Quadrate als gegeben betrachtet werden; es handelt 
sich daher in der Perspective bei den gewöhnlichen Zeichnungen 
meistens nur darum, wie die Diagonalpunkte auf die einfachste Art 
zu bestimmen sind. Hat man nun auch diese aufgefunden, so sind 
dann zur Construction dieser Curve im Ganzen acht Punkte, mittelst 
welchen sie sich in besagten Fällen sehr leicht ausführen lässt. 
Wendet man beim perspectivischen Zeichnen den Grundriss an, so 
lassen sich die Diagonalpunkte sehr leicht bestimmen; dies ist aber 
nicht so leicht der Fall, ohne Benützung des Grundrisses, wenn in 
einem auf eine andere Art bereits gezeichneten perspectivischen 
Quadrate eine Ellipse eingezeichnet werden soll. 

Solche Punkte aufzufinden, haben sich schon die ersten Per- 
spectiv-Zeichner bemüht, und man hat bei gewöhnlichen Zeichnungen 
vor allen andern noch bis heut zu Tage diejenige Methode am meisten 
in Anwendung gebracht, wo die Seite des dem Kreise umschriebenen 
Quadrates in sieben gleiche Theile getheilt wird ; allein diese Methode 
ist nur für Zeichnungen von kleinem Massstabe anwendbar, indem 
sie nur annäherungsweise ist. Man begeht nach diesem Verfahren 
bei Ellipsen von kleineren Durchmessern auch geringe Fehler; je 
grösser aber die Ellipse gezeichnet werden soll, desto grösser wird 
auch der Fehler sein, so zwar, dass bei einer Ellipse, deren grosse 
Axe etwa 6 — 10 Zoll beträgt, diese Methode gar nicht ange- 


s 

n: 
ER. 
{ 


Construction des Kreises und der Ellipse. 13 


wendet werden kann, indem der Fehler handgreiflich gross wird. 
Des Zusammenhanges wegen wollen wir diese Methode näher unter- 
suchen. Theilen wir die Seite AB (Fig. 3) des gegebenen Quadrates 
ABCD in sieben gleiche Theile, so dass BJ = 1/, AB wird, so hat 
man, da B@= '/, AB ist, BJ=®/, BG und GJ = 5/, BG; dasselbe 
gilt auch in Bezug auf die Seite BC. Es ist daher @J = OL und 
KL MO nach der Construction. Sollte nun der Punkt X, welcher 
in der Diagonale liegt, zugleich auch in der Peripherie des Kreises 
sein, so muss: 


OL:+ KL? = OR: 


sein; danun OL—KL - 5/, ist, wenn OK —=1 gesetzt wird, so ist, 
wenn man diese Werthe in die obige Gleichung substituirt: 


Zu ea Eee ie 
49 49 


50 i B 
also müsste em 1 sein, was absurd ist. 


Man sieht also, dass der Punkt X nicht in, sondern ausserhalb 
der Peripherie in der Diagonale liegt, weil das Resultat um !/;, 
grösser ist, als es sein sollte. Es ist daher der Fehler, den man 
nach dieser Construction begeht 1/,, Zoll, Schuh u. s. w., je nach- 
dem man zum Halbmesser des Kreises einen Zoll, Schuh u. s. w. 
annimmt. 

Wie lang sollte nun ie Stück OL—=KL sein, um den Durch- 

- schnittspunkt in der Peripherie und zugleich in der Diagonale zu 
erhalten? Dies lässt sich trigonometrisch sehr leicht finden; denn 
da OK —1, der Winkel KOL = 45° ist, so hat man: 

KL = OK sin 45° 
KL = 1x<sin 45° = sin 45°, 


daher log KL = log sin 45° 

und log sin 45° = 9-8494850 — 10, 
daher log KL = 0:8494850 — 1= log 0:7071068, 
also ist KL = OL = 07071068. 


Liesse sich nun das Stück XL = OL durch eine bequeme Zahl 
ausdrücken, so könnte man daraus auch eine einfache und richtige 
Construction ableiten, allein dies ist nicht der Fall; denn wird der so 


14 Fialkowski. 


gefundene Decimalbruch 07071068 in einen gemeinen, dieser in 
einen Kettenbruch verwandelt, und werden sodann von diesem die 
Näherungsbrüche gesucht, so hat man: 


ee 7071068 1767767 1 
- 40000000 2500000 1 ia 1 


wovon 


die ersten brauchbaren Näherungsbrüche sind. Die Nenner dieser 

Brüche zeigen jedesmal an, in wie viel gleiche Theile die halbe 

Seite oder der Radius getheilt werden soll, und die Zähler, wie viel 

man solche Theile für die Abseisse und Ordinate zu nehmen hat. 
Wird nun die halbe Seite oder der Radius in drei gleiche Theile 

2 
getheilt, und AL=0L= z genommen, so ist der Fehler, da 
2 1 
a + (z) =! sein sollte, zu gross, d.i. ge also erfolgt der 
Durchschnittspunkt innerhalb der Peripherie in der Diagonale. Nimmt 
5 i 5 5 : 
man KL=0OL= —an, so ist, da (-)+ (-)-1 sein sollte, 
FE 7 7 | 
der Fehler — an: also ebenfalls noch zu gross, und der Durch- 
schnittspunkt erfolgt in der Diagonale, jedoch ausserhalb der 
12 

Peripherie. Wird fernee = 0L= 7 gesetzt, so hat man 

as u ee 

Dead 
144 + 144 288 . 

und da az 

| 289 

ferner 1 — 289 gesetzt werden kann, so 


folgt, wenn man diese zwei Brüche von einander abzieht 


289 — 288 ER 
239 289° 


also ist der Fehler - bedeutend kleiner; noch kleiner wird der 
29 
Fehler, wenn man ÄL=0L= u setzt. 


Man kann also mittelst der so aufgefundenen Werthe durch 
Näherungsbrüche dem wahren Werthe so nahe kommen als man 


I 


Construction des Kreises und der Ellipse. 15 


will. Die Construction der Ellipse für die zwei letzten Fälle ist auf 
Taf. I in Fig. 3° und Fig. 3 dargestellt. 
Wird nur die erste Decimalstelle des gefundenen Decimal- 


bruches 0:7071068 genommen, und ÄL=0L= n gesetzt, so muss 


die halbe Seite in 10 gleiche Theile getheilt, und durch den siebenten 
Theilungspunkt eine Parallele gezogen werden, um den Diagonal- 
punkt des Kreises zu erhalten; in welchem Falle man den Fehler 


gleich = begeht, also beinahe so gross als in dem Falle, wenn 


KL= . gesetzt wird. Die Construction der Ellipse für den Fall, 


wenn die Seite in zehn gleiche Theile getheilt wird, ist auf Taf. 1, 
Fig. 37. 

Man sieht also daraus, dass es nicht möglich ist mittelst 
einer ähnlichen Eintheilung die Diagonalpunkte mathematisch richtig 
aufzufinden. Gäbe es nun auch eine Eintheilung dieser Art, vermittelst 
welcher die Construction der Diagonalpunkte des Kreises und folglich 
auch der Ellipse mathematisch richtig ausführbar wäre, so würde es 
doch für die Praxis von keinem besonderen Nutzen sein, indem jede 
Eintheilung unbequem, den Fehlern unterworfen und zeitraubend 
ist, und wie wir in der Folge sehen werden, mehr als jede von uns 
angegebene Verfahrungsart Zeit in Anspruch nimmt. 


8.6. 

In den neueren Werken über die Perspective, vorzüglich in den 
Werken von Thibault, Vergnauld u. m. a. findet man ausser der 
bereits angeführten Methode, mehrere andere, nach welchem man 
einzelne Punkte der Ellipse finden kann. Obschon einige derselben 
mathematisch richtig sind, so kann man sie doch nieht die vorzüg- 
lichsten nennen, weil man auch bei diesen die Eintheilung machen 
muss. 

In den neuesten Werken über die Perspective findet man ein 
mathematisch richtiges Verfahren mittelst der Abseissen und Ordi- 


naten; dieses ist allerdings sehr einfach, wenn mit der ganzen 


Distanz gearbeitet wird. Es muss aber jedesmal, um in der Perspec- 


_ tive schöne Bilder zu erzielen, die Entfernung des Beobachters von 


der Tafel ziemlich gross angenommen werden, so dass der betref- 
fende Distanzpunkt ausserhalb der Zeichenfläche fällt. In diesem 
Falle muss mit der halben Distanz oder mit einem kleineren Theile 


16 Fialkowski. 


derselben, welcher noch auf der Zeichenfläche aufgetragen werden | 
kann, gearbeitet werden. | 

Wird in einem solchen Falle zur Construction der Ellipse das 
Verfahren mittelst Abseissen und Ordinaten angewendet, so muss 
jede der letzteren unvermeidlich in 2, 3 oder » gleiche Theile 
getheilt, und in die Drehungsaxe umgelegt werden, was allerdings 
ebenfalls zu umständlich und zeitraubend ist. 

Wir werden nun in folgenden $$. sehen, auf welch einfache 
Art, ohne Eintheilung und ohne Hilfskreis die Diagonalpunkte so wie 
auch andere beliebige Punkte des Kreises und folglich auch der 
Ellipse bestimmt werden. 

Re; 


Bestimmung der Diagonalpunkte bei einer Kreislinie. 

Soll nach der im $. 1 angegebenen Construction der Diagonal- 
punkt N (in Fig. 4) bestimmt werden, so entsteht die Frage, wie 
lang muss die Seite .5C über B hinaus verlängert werden, um den 
Punkt N der Kreislinie in der Diagonale zu erhalten? 

Es muss die Verlängerung der Seite BC = V2—1 sein; zu 
diesem Behufe muss folgender Satz bewiesen werden: 

Wenn man die eine Halbirungslinie EF des Quadrates ABCD 
über den Endpunkt F hinaus, und die Seite BC über B hinaus ver- 
längert, diese Verlängerungen von F aus mit dem Radius gleich der 
Neunziger-Sehne schneidet, ferner den so erhaltenen Punkt J mit Z 
und X mit @ verbindet, so ist der Durchschnittspunkt dieser zwei 
Geraden ein Diagonalpunkt des Kreises, d. h. er liegt in der Diago- f 
nale, zugleich aber auch in der Peripherie desjenigen Kreises, 
welcher dem Quadrate ABCD eingeschrieben wird. | 


Beweis. 

Wird N mit E, H und F, sodann E mit @, und H mit F ver- 
‚nnden, n a . nn er u nach der Construction, 
und MN = MN, 
folglich ist das A EMN © AHMN, 
daher der ep: 
ebenso ist EG = FH 

GN = FN ) nach der Construction, 
und EN = HN | 


folglich ist das A EGN & FHN, 


Bo 
4 
e. 


Construction des Kreises und der Ellipse. 17% 
und daher der X WR; 
da ferner FN=GN 
FG = FK nach der Construc- 
und der X =ıBFG = = | Ben 
so ist a=-ß=-y=-4, 
daher auch DER 0, 2 
somit ist << HFN=KFN, 
und da HF = KF nach der Construction” 
und | FN=FN 
ist, so folgt A HFN » KFN, 
daher De 2: 
es ist aber w = z nach dem Bewiesenen, 
folglich ist Dr 3 
da nun geer rat =, 
und v=a+P 
ist, so folgt y-ı = — 
Wir haben somit w=2,V0=2,0=V, 
R 

»=-ya-ß-17-5, 

Did e ; 
und da w-c+y+z4+v= 2R R 
und WE — a 
so ist | c+y+?z-+42?2v = 2R, 
also a@4+y+z+R =2R, 
folglich a+y+2z=h, 
oder der <[ ENF=R. 


Da nun E und F Endpunkte des Durchmessers EF also Punkte 
des Kreises sind, und der Winkel ENF ein rechter ist, so liegt der 
Punkt N in der Peripherie des Kreises; er liegt aber zugleich in der 


' Diagonale, folglich ist er ein Diagonalpunkt des Kreises, w. z. b. w. 


Dasselbe gilt auch in Bezug auf das Dreieck @NH; denn: 


da oo e-+-y+z=R 
und w—% 
ist, so hat man z+y+uw=hßh, 
oder es ist der GNH = R,w.z.b.w. 


Was nun von diesem Diagonalpunkte gilt, das lässt sich auch 
von jedem der drei übrigen Punkte auf ähnliche Art erweisen. 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. I. Hft. e 2 


18 Fialkowski 


Ist also in dem Quadrate ABCD die Diagonale BD gezogen, so 
braucht man nur die Halbirungslinie oder den Durchmesser EF 
dieses Quadrates zu verlängern, diese Verlängerung dann aus F 
mit dem Radius gleich der diesem Kreise entsprechenden Neunziger- 
Sehne FG in K zu schneiden, und den so erhaltenen Durehschnitts- 
punkt X mit dem Halbirungspunkte @ der Seite AB zu verbinden, 
wodurch man den Punkt N des Kreises in der Diagonale erhält. Den- 
selben Punkt findet man aber auch dadurch, wenn man, wie Fig. 5, 
Taf. II zeigt, die Verlängerung der Seite BC ebenfalls mit dem- 
selben Radius in J schneidet, und den so erhaltenen Punkt mit dem 
Halbirungspunkte der Seite CD verbindet. 

Um den correspondirenden Punkt für N" Fig. 4 unterhalb der 
EF zu erhalten, muss die zweite Diagonale AC gezogen, und der 
Punkt X mit H verbunden werden, wie es durch Pfeile angezeigt ist. 


SER. 
Construetion der Ellipse mittelst der vier Diagonalpunkte. 


Der im $. 7 aufgestellte und begründete Satz gibt uns ein 
leichtes Mittel an die Hand, auch bei der Ellipse die vier Diagonal- 
punkte zu finden, ohne dass man irgend eine Seite des Rechteckes 


oder Parallelogrammes, worin eine Ellipse eingeschrieben werden 


soll, einzutheilen braucht. Auf Grund des erwähnten Satzes kann 
dies auf zweifache Weise geschehen, wie wir sogleich sehen wer- 
den. Vorerst wollen wir aber eine Betrachtung anstellen, und sehen, 
welche Punkte ungeändert oder fix bleiben, und welche man zur 
Construction der Ellipse mit Vortheil in dem Falle benützt, wenn 
man sich dieselbe durch die Drehung des Kreises um dessen Durch- 
messer entstanden denkt. 

Es sei nun (Fig. 6) ABCD das Quadrat und ZGFH der ihm 
eingeschriebene Kreis gegeben. Zieht man in diesem Quadrate die 
beiden Diagonalen AC und BD, und bestimmt nach dem angeführten 
Verfahren die vier Diagonalpunkte N, P, 0, S des eingeschriebenen 
Kreises, so werden, wenn man sich den Kreis EGFH um dessen 
Durchmesser EF gedreht denkt, und das Auge des Beobachters in 
unendlicher Entfernung annimmt, die Punkte und Linien folgender 
Maassen ihre Lage verändern: 

Kommt bei dieser Drehung der Punkte A nach A’, so bleibt der 
Punkt B nach der Drehung in derjenigen Horizontalen, welche durch 


| 
F' 


Construction des Kreises und der Ellipse. 19 


A' parallel zur Drehungsaxe EF' gezogen wird; mag der Punkt A 
nach der Drehung in der durch denselben gezogenen Verticalen oder 
seitwärts derselben sich befinden. Ist also der Punkt A nach der Dre- 
hung in der Verticalen AD, so muss der Punkt B in der Verticalen 


BC sein, und es wird AB nach der Drehung in die Lage A’B’ kom- 


men; in derselben Entfernung aber von der Drehungsaxe muss ver- 
möge der Voraussetzung der Distanz des Beobachters auch die Seite 
CD bleiben, also in der Lage C’D’. Aus diesem Grunde müssen auch 
die beiden Halbirungspunkte @ und H in der Verticalen @H sich 
befinden; denkt man sich nun die Gerade HJ, in welcher sich der 
Diagonalpunkt N befindet, so fest verbunden, dass, wenn das Quadrat 
ABCD gedreht wird, dieselbe gleichzeitig mitgehen muss, so kommt 
sie nach der Drehung in die Lage H’N', wobei deren Punkt X in der 
Drehungsaxe ungeändert bleibt. 

Da ferner jeder Punkt nach der Drehung in derselben Verticalen 
bleibt, in welcher er sich vor der Drehung befand, so muss der 
Punkt N in derselben Verticalen auch nach der Drehung bleiben, in 


| welcher er vor der Drehung war; da nun der Punkt N in der Ver- 


tiealen NN’ zugleich aber auch in der Geraden H’N’ ist, so muss 
er im Durchschnittspunkte dieser zwei Geraden also in N’ sein. 

Dasselbe geschieht mit allen Diagonalpunkten, wenn die Drehung 
um die Axe EF' gedacht und das Auge des Beobachters in unendlicher 
Entfernung angenommen wird. 

Um aber die drei übrigen Diagonalpunkte der, in dem durch 
die Drehung entstandenen Rechtecke A’B'C'D’, einzuschreibenden 
Ellipse zu erhalten, ziehe man die beiden Diagonalen A’C’ und 
B'D', übertrage den fixen Punkt X auf die entgegengesetzte Seite, 


_ verbinde dann @’ mit K’, und HZ’ mit K und K’ durch gerade Linien, 
‚und verlängere sie bis zu den Diagonalen, welche in den Punkten 


P', 0', S’ geschnitten werden; diese sind alsdann die verlangten 
Diagonalpunkte der zu zeichnenden Ellipse. 
8.9. 
Abgekürztes Verfahren bei der Construction der Diagonalpunkte einer 
Ellipse. 

Da es zu umständlich wäre bei der Construction der Ellipse die 
zwei Hilfsfiguren, d. i. den Kreis und das ihm umschriebene Quadrat 
zu zeichnen, so wird man hierbei viel einfacher auf folgende Art ver- 
fahren müssen : 

2 “ 


20 Fialkowski. 


Es seien zur Construction der Ellipse (Fig. 7) die beiden 
Axen AB und CD ihrer Grösse und Richtung nach gegeben, wess- 
halb auch das Rechteck EFGH als gegeben betrachtet werden 
kann. Wird in diesem Rechtecke die kleine Axe CD nach aufwärts 
und die Seite F@ nach abwärts verlängert, ferner OJ=OB und BK 
gleich der Entfernung BJ gemacht, sodann J mit K und C’mit Z durch 
Gerade verbunden, und letztere bis M verlängert, so ist M ein Ellipsen- 
punkt in der Diagonale des dieser Ellipse umschriebenen Recht- 
eckes, also ein Diagonalpunkt der zu zeichnenden Ellipse. 

Die drei übrigen Diagonalpunkte werden gefunden, indem man 
aus O mit dem Radius gleich der Entfernung OM die Diagonalen 
durchschneidet, wodurch die drei Punkte N, M', N’ als die übrigen 
verlangten Diagonalpunkte erfolgen. 

Man kann sie aber auch dadurch finden, indem man den fixen 
Punkt Z auf die entgegengesetzte Seite des Mittelpunktes O nach Z 
überträgt, sodann aus C durch ZL’ und aus D durch Z und Z bis zu 
den Diagonalen gerade Linien führt. 

Auf ähnliche Art wird man auch (Fig. 8) bei der Construetion 
einer Ellipse verfahren, wenn die zwei conjugirten Axen AB und CD, 
folglich auch das Parallelogramm EF@GH gegeben sind. Man ziehe näm- 
lich durch den Halbirungspunkt O die JK_LAB, und in dem Endpunkte 
B der Axe AB die BL_LAB, mache dann 0J = OK = OB, und BL 
gleich der Entfernung BK, verbinde J mit L, und C mit M durch 
Gerade und verlängere die letztere, d. i. die CM bis N, so ist dieser 
Punkt ein Diagonalpunkt der Ellipse; die anderen drei Punkte werden 
mittelst des übertragenen Punktes M', wie oben erklärt wurde, 
gefunden; oder vermittelst der Parallelen, wie es durch die Pfeile 
angezeigt ist. 

$. 10. 
Ein anderes Verfahren bei der Bestimmung der Diagonalpunkte einer 
Ellipse. - 

Wir haben in $. 8, Fig. 6 gezeigt, dass einer der vier Diagonal- 
punkte eines Kreises dadurch bestimmt wird, indem man die Ver- 
längerung der Seite BC mit dem Radius gleich der Neunziger-Sehne 
FG aus F in J schneidet u. s.w., wodurch man nach weiterer Operation 
den Diagonalpunkt N erhält, Wir haben aber in $.7, Fig. 4 bewiesen, 
dass man denselben Diagonalpunkt auch dadurch erhält, indem man mit 
dem Radius gleich der Neunziger-Sehne aus demselben Punkte die 


Construction des Kreises und der Ellipse. 21 


Verlängerung des Durchmessers EF in K schneidet, und diesen Punkt 
mit dem Punkte @ verbindet. 

Um daraus ein Verfahren für die Construction der Diagonal- 
punkte einer Ellipse abzuleiten, müssen wir den gegebenen Kreis 
sammt den ihm umschriebenen Quadrate drehen und genau betrachten, 
was während der Drehung mit denjenigen Punkten geschieht, welche 
zur Construction der Diagonalpunkte im Kreise erforderlich waren. 

Bei dieser Drehung wollen wir das Auge des Beobachters in 
unendlicher Entfernung, und zwar einmal in der Mitte der zu dre- 
henden Figur, sodann seitwärts derselben rechts oben annehmen. 

Es sei nun (Fig. 9) das Quadrat ABCD und der ihm einge- 
schriebene Kreis EGFH, in welchem der Diagonalpunkt N auf eine 
der zwei letzteren Arten bestimmt wurde, gegeben. Wird bei der 
Drehung die erstere Stellung des Beobachters angenommen, so blei- 
ben die ausserhalb der Axe liegenden Punkte stets in den durch sie 
senkrecht auf dieAxe gezogenen Geraden ; es können demnach jedes- 
mal, sobald die Stellung eines Punktes, z. B. des Punktes A bestimmt 
ist, auch die übrigen Punkte DB, D, @ ete. sehr leicht gefunden wer- 
den, indem das Quadrat ABCD als ein Rechteck erscheint, !B’—=AB, 
A'@= AG wird, während der Punkt X als ein Punkt der Axe unge- 
ändert bleibt. 

Somit wird der Diagonalpunkt N nach der Drehung in der 
Diagonale B’D', zugleich aber auch in der Geraden @’K sich befinden, 
daher im Durchschnittspunkte dieser zwei Geraden also in N’ sein. 

Wird die besagte zweite Stellung des Beobachters angenom- 
men, so können auch in diesem Falle, wenn die Lage eines Punktes 
z. B. des Punktes A bestimmt ist, die übrigen drei Punkte B, D, @ 
sehr leicht ermittelt werden, indem das Quadrat ABCD in ein Paral- 
lelogramm übergeht, da alle ausserhalb der Axe befindlichen Punkte 
in denjenigen Geraden bleiben, welche durch die Fusspunkte der 
betreffenden Normalen parallel zur Seite des Parallelogrammes gezo- 
sen werden, während der Punkt X wie zuvor fix bleibt. 

Da nun der Punkt N nach der Drehung in der Diagonale B’ D”, 
zugleich aber auch in der Geraden @”K liegt, so muss er im Durch- 
- schnittspunkte dieser zwei Geraden also in N” sein w. z. b. w. Das- 
selbe gilt auch von jedem der drei übrigen Diagonalpunkte. 

Aus dieser Betrachtung ergibt sich die nächstfolgende Con- 
struetion der Diagonalpunkte einer Ellipse. 


a2. Fialkowski. 


s. 11. 
Construction der Diagonalpunkte einer Ellipse mittelst der Verlängerung der 
grossen Axe oder des grösseren eonjugirten Durchmessers. 

a) Es sei zur Construction der Ellipse (Fig. 10) AB die grosse 
und CD die kleine Axe gegeben; man zeichne das entsprechende 
Rechteck EFGH, verlängere die grosse Axe, trage auf dieser Ver- 
längerung vom Punkte B aus die entsprechende Neunziger-Sehne auf, 
verbinde den so erhaltenen Punkt X mit C und D, so sind die zwei 
Durchschnittspunkte in den Diagonalen, d. i. die Punkte Z und M 
die verlangten Diagonalpunkte. Die zwei übrigen Diagonalpunkte 
werden mittelst der durch die ersteren zwei Punkte gezogenen Paral- 
lelen gefunden, oder indem man aus O mit OL= OM die Diagonalen 
auf der entgegengesetzten Seite schneidet. 

Was die schnelle Auffindung der entsprechenden Neunziger- 
Sehne betrifft, so kann dies dadurch geschehen, dass man die kleine 
Axe verlängert, selbe aus O mit der halben grossen Axe hier in J 
schneidet, oder dass man, wenn irgend ein rechter Winkel schon 
vorhanden ist, auf dessen Schenkeln vom Scheitelpunkte aus die halbe 
grosse Axe aufträgt, und die so erhaltene Hypotenuse auf die Ver- 
längerung der grossen Axe überträgt. 

6) Sind AB und CD (Fig. 11) die beiden conjugirten Axen, so 
construire man das entsprechende Paralleloegramm EFGH, ziehe in 
diesem die beiden Diagonalen, verlängere den grösseren conjugirten 
Durchmesser AB bis K, so dass BK gleich der entsprechenden 
Neunziger-Sehne wird, und verbinde den hierdurch erhaltenen Punkt 
K mit den Endpunkten des kleinen conjugirten Durchmessers durch 
gerade Linien, welche die Diagonalen in den Punkten M und N 
schneiden, und die verlangten Diagonalpunkte der Ellipse geben. 

Die zwei anderen Diagonalpunkte werden auf die eine oder die 
andere bekannte Art gefunden. 

Um hierbei die entsprechende Neunziger-Sehne zu erhalten, 
wird auf AB in O eine Normale gezogen, diese dann aus demselben 
Punkte mit dem halben grösseren Durchmesser, d. i. mit OB in J 
geschnitten ; oder wenn ein rechter Winkel schon vorhanden ist, nach 
dem bereits Gesagten verfahren. 

Ein geübter Zeichner wird aber weder die grosse Axe zu ver- 
längern, noch irgend eine andere Hilfslinie völlig zu ziehen brauchen, 
und auf folgende Art verfahren können: 


Construction des Kreises und der Ellipse. g 23 


Man beschreibe in der Richtung der kleinen Axe mit dem Radius 
gleich der halben Grossaxe einen kleinen Bogen, lege die Kante des 
Lineals an die kleine Axe an, und ohne deren Verlängerung gänzlich 
zu ziehen, durchschneide man diesen Bogen, wodurch die Entfernung 
BJ als die Neunziger - Sehne erfolgt. Nun wird mit dieser aus B in 
der Richtung der grossen Axe ein kleiner Bogen beschrieben, die 
Kante des Lineals an die grosse Axe angelegt, und der Bogen bei K 
geschnitten; wird endlich an diesen Punkt und an C die Kante des 
Lineals angelegt, und die Diagonale bei M eingeschnitten, so ist 
dieser der verlangte Diagonalpunkt; ebenso findet man auch den Punkt 
N, ohne dass man die Gerade DK zu ziehen braucht. 

&. 12. 


Nähere Betrachtung der Entstehungsart der Parallelogramme und die daraus 
abgeleiteten Constructionsarten der Ellipse. 


Es sei A’B'C’D' (Fig. 12, Taf. III) ein Rechteck; dieses kann 
man sich auf verschiedene Art entstanden denken, unter andern aber 
auch dadurch, indem man das Quadrat ABCD um die Axe EF dreht und 
dabei das Auge des Beobachters in unendlicher Entfernung annimmt. 
Man kann sich aber dasselbe Rechteck auch durch die Drehung des 
Quadrates abed um die Axe @ H' entstanden denken. Im ersten 
‚Falle erhält man das Rechteck A’B'C’D' als das Bild des Quadrates 
ABCD, wenn die Projection von dem Auge des Beobachters in der 
Verlängerung der Geraden @H in unendlicher Entfernung ange- 
nommen wird; im zweiten Falle aber ist dasselbe Rechteck als das 
Bild des kleinen Quadrates adcd, wenn man die Projection von dem 
Auge des Beobachters in der Verlängerung der Geraden EF an- 
nimmt. Um dies mehr anschaulich zu machen, wurden hier die beiden 
Hauptlinien, d. i. die Horizontal- und Vertical-Linie aus der unend- 
lichen Entfernung an die Seiten des Rechteckes A’B’C'D' näher 
gerückt, wobei uns A® die umgelegte Entfernung des Beobachters 
für den ersten, und A® für den zweiten Fall versinnliceht; es bleibt 
also der Distanzpunkt immer in der Verlängerung der Diagonale des 
Rechteckes A’B’C’D'. Somit erscheint dieses Rechteck in Bezug 
auf das Quadrat ABCD so, wie man es sich gewöhnlich vorstellt; 
im zweiten Falle aber erscheint dasselbe Rechteck bezüglich des 
Quadrates abed als ein verzehrtes Bild, welches auch ganz richtig 
ist. Denn wird das Auge des Beobachters in der Verlängerung der 
Diagonale 3’D' in unendlicher Entfernung angenommen, so erscheint 


2A Fialkowski. 


die Gerade A’B’ als das Bild der Geraden A’D’; dasselbe gilt auch 
in Bezug auf die Seite C’D', indem A®’= A'® obgleich in unend- 
licher Entfernung als umgelegte Distanzen einander gleich sein müs- 
sen, wobei A’B’und auch C’ D’als die Trassen der Tafel angenommen 
werden. Wird aber B’C'’ als die Trasse der Tafel gedacht und das 
Auge des Beobachters in A angenommen, so wird B’C’ als das 
Bild der Geraden C’D’ u.s. w. erscheinen. Dasselbe Gesetz findet 
auch in Fig. 13 Statt, und man kann sich eins und dasselbe Paral- 
leloegramm A’B'C’D' durch die Drehung zweier verschiedenen 
Quadrate entstanden denken; jedesmal aber wird die zu je zwei 
parallelen Seiten parallel gezogene Halbirungslinie als die Seite des- 
jenigen Quadrates sein, durch dessen Drehung das Parallelogramm 
entstanden gedacht werden kann. 

Wird also das Quadrat AbCD um die Axe EF gedreht, so kommt 
bei gewisser Stellung des Auges die Seite AB nach A’B', BC nach 
B’C' u. s. w., bei einer andern Stellung des Auges wird die Seite de 
von dem (Quadrate abed nach B’C' und ad nach A’D' kommen 
u. s. w. Es erscheint also von zwei verschieden grossen Quadraten 
dasselbe Parallelogramm, wie aus den beiden Figuren ersichtlich ist. 

&. 13. 

Diese Erscheinung gibt uns ein treffliches Mittel an die Hand, 
manche Aufgaben über die Ellipse und insbesondere die Construction 
der Diagonalpunkte auf eine noch einfachere Art, als wir es in den 
vorhergehenden $$. gezeigt haben, auszuführen. 

' Es sei AB (Fig. 14) die grosse, CD die kleine Axe und EFGH 
das entsprechende Rechteck; verlängert man in diesem die grosse 
Axe AB und macht die Verlängerung gleich der Neunziger-Sehne 
des über der grossen Axe, als Durchmesser angenommen, beschrie- 
benen Kreises, verbindet den Punkt X mit dem Endpunkte C der zwei- 
ten Axe, so ist der Durchschnittspunkt dieser Geraden mit der Dia- 
gonale, d. i. der Punkt N ein Punkt der in diesem Rechtecke einzu- 
schreibenden Ellipse, wie bereits bewiesen wurde. Wir haben aber 
in dem vorhergehenden $. gesehen, wie das Rechteck EFGH durch 
die Drehung des Quadrates efgh, dessen Seite gleich CD gemacht 
wird, entstanden gedacht werden kann. Ist dies nun der Fall, so 
muss, die Neunziger-Sehne des diesem Quadrate eingeschriebenen 
Kreises auf der Verlängerung der kleinen Axe aufgetragen, und der 
so erhaltene Punkt mit dem Halbirungspunkte verbunden, ebenfalls 


Construction des Kreises und der Ellipse. 25 


der Diagonalpunkt der Ellipse erfolgen. Es muss also, wenn OL=0C 

"gemacht, sodann CL von C aus auf der Verlängerung der CD aufge- 
tragen und M mit B verbunden wird, die Diagonale von dieser 
Geraden in einem Punkte geschnitten werden, welcher ein Diagonal- 
punkt der Ellipse ist, also derselbe Punkt wie zuvor. 

Dasselbe ist auch bei dem Parallelogramme, wie Fig. 15 zeigt. 
Auch hier wird, wie bereits bewiesen wurde, der Diagonalpunkt mit- 
telst der Verlängerung des grossen conjugirten Durchmessers erhal- 
ten u. s. w. Da aber das Parallelogramm EF@H auch durch die Dre- 
hung des Quadrates efgh entstanden gedacht werden kann, so ist 
auch hier die Construction des Diagonalpunktes mittelst der Verlän- 
gerung der CD mathematisch richtig. Wird also der kleinere conju- 
girte Durchmesser verlängert, diese Verlängerung gleich der Neun- 
.ziger-Sehne des mit der halben kleinen conjugirten Axe beschrie- 
benen Kreises gemacht, und der so erhaltene Punkt mit dem einen 
oder dem andern Endpunkte der zweiten Axe verbunden, so ist der 
Durchschnittspunkt dieser Geraden mit der entsprechenden Diagonale 
ebenfalls ein Diagonalpunkt der Ellipse. 

Man kann daher bei der Auffindung eines Diagonalpunktes auf 
eine noch einfachere Art verfahren, als es bereits gezeigt wurde, 
und dies wollen wir sogleich sehen. 


$. 14. 


Construction der Diagonalpunkte einer Ellipse, wenn nur die kleine Axe oder 
nur der kleinere conjugirte Durchmesser verlängert werden kann. 

Es sei Fig. 16 AB die grosse und CD die kleine Axe, ferner 
EFGH das diesen Axen entsprechende Rechteck, in welchem die 
Ellipse eingezeichnet werden soll. Man verlängere die kleine Axe 
CD über den Endpunkt C hinaus, mache OJ=0C, CK=(CJ, und ver- 
binde den zuletzt erhaltenen Punkt X mit A und B durch Gerade, 
welche die Diagonalen in M und P schneiden; diese Punkte sind dann 
die verlangten Diagonalpunkte der Ellipse. 

Wollte man auf dieselbe Art auch die zwei anderen Diagonal- 
punkte erhalten, so müsste die Axe CD auch noch unterhalb der Axe 
AB verlängert, im Übrigen aber wie bei den ersten zwei Punkten 
verfahren werden. 

Wie man sieht, ist dieses Verfahren noch viel einfacher und 
genauer, als das in $. 9, Fig. 7, und in $. 11, Fig. 10 angegebene, 


26 Fialkowski. 


weil man darnach viel schneller, schärfer und deutlicher den verlang- 
ten Durchschnittspunkt in der Diagonale erhält, wie uns dies Fig. 14 
zeigt, wo man den Diagonalpunkt N auf zweifache Weise bestimmt 
sehen kann. 

Dasselbe findet auch bei einem Parallelogramme Statt. 

Sind die beiden conjugirten Durchmesser AB, CD (Fig. 17) 
also auch das Parallelogramm EF@H gegeben, und soll in demselben 
eine Ellipse eingezeichnet werden, so ziehe man die beiden Diago- 
nalen, errichte in ihrem Durchschnittspunkte O0 auf dem grösseren 
oder kleineren eonjugirten Durchmesser eine Verticale, hier JO_LAB, 
durchschneide diese Verticale mit dem Radius = OC bei J und die 
OB bei K, verlängere den kleineren conjugirten Durchmesser und trage 


auf dieser Verlängerung von C aus die Entfernung JK auf, so dass 


CL=JKist. Wird dann der so erhaltene Punkt Z mit A und B durch 
Gerade verbunden, so sind die Durchschnittspunkte M und N die 
verlangten Diagonalpunkte der Ellipse. Um die zwei übrigen Diagonal- 


punkte Pund Q zu erhalten, wird die Axe CD auch nach der ent- 
gegengesetzten Seite verlängert, im Übrigen aber wie vorhin ver- 


fahren; oder man mache OP=ON und 00=OM, was bei den 
Parallelogrammen und Rechtecken sehr anwendbar ist. 

Es wird wohljeder Sachkundige zugeben müssen, dass diese Con- 
structionsart so einfach ist, als man sich nur wünschen kann; denn 
man braucht hierbei keine Eintheilung zu machen, keinen zu grossen 
Raum zur Verlängerung der Axen, und erhält die Durchschnittspunkte 
in jedem Rechtecke und Parallelogramme für die Diagonalpunkte sehr 
scharf und deutlich. 

&. 15. 

Hat man die Richtigkeit dieser Constructionen eingesehen und 
sich den Gang der Sache gemerkt, so kann man bei der Construction 
der Diagonalpunkte einer Ellipse die eine oder die andere Verfahrungs- 


art anwenden, je nachdem es auf der Zeichenfläche der Raum gestat- 


tet, die kleine oder die grosse Axe, den kleineren oder den grösseren 
eonjugirten Durchmesser nach der einen oder der andern Richtung 
zu verlängern. 

Zur Controle können beide Axen über einen ihrer Endpunkte 
hinaus verlängert werden; auch ist es selten der Fall, dass man 
mit dem Raume so beschränkt ist, um die beiden Axen nach der einen 
oder der andern Richtung nicht verlängern zu können. 


u er a 


f 
ua ner ee u u a 2 


en 


Construction des Kreises und der Ellipse. . 27 


Wir werden übrigens später sehen, dass man die Diagonalpunkte 
auf eine andere Art auflinden kann, ohne dass man die eine oder die 
andere Axe zu verlängern braucht; vorläufig wollen wir unter- 
suchen, auf welche Art man jeden beliebigen Punkt einer Ellipse mit- 
telst der im $. 2, Fig. 2 angegebenen Construction bestimmen kann. 


..'16; 

Bestimmung eines beliebigen EL der Ellipse mittelst der fixen Punkte 
und der Verlängerung der grossen Axe oder des grösseren conjugirten 
Durchmessers. 

Betrachten wir zu diesem Behufe die Fig. 18, Taf. IV, wo das 
Quadrat ABCD und der ihm eingeschriebene Kreis EF@H gegeben 
ist; verlängern wir die beiden verticalen Seiten AD und BC, wie 
auch den Durchmesser EF, nehmen auf der Verlängerung der Seite BC 
den Punkt J beliebig an, machen FÄ=JF, und ziehen die zwei Gera- 
den JH und @X, so ist nach $. 1 der Durchschnittspunkt dieser zwei 
Geraden, d. i. der Punkt Z in der Peripherie des Kreises, welcher 
dem Quadrate ABCD eingeschrieben ist. Wird nun die Drehung die- 
ses Kreises um den Durchmesser EF als Drehungsaxe vorgenommen, 
so wird, der bereits gemachten Erklärung zu Folge, der Punkt L 
nach der Drehung in der Geraden @’K, zugleich aber auch in der 
durch Z gezogenen Verticalen sein; er liegt aber auch in der Geraden 
JH’, folglich muss er im Durchschnittspunkte dieser drei Geraden, d.i. 
in L' liegen. Da nun der Punkt Z ein Punkt der Peripherie des Krei- 
ses ist, so muss der Punkt Z’ ein Ellipsenpunkt sein; was also von 
diesem Punkte gilt, das lässt sich auch von jedem andern Punkte 
erweisen. 

Man hat daher zur Construction eines beliebigen Punktes der 
Ellipse zwei fixe Punkte, wie hier die Punkte X und » zu bestimmen, 
und solche nach der angegebenen Art gehörig in Anwendung zu brin- 
gen. Diese zwei fixen Punkte werden aber auch zur Bestimmung der 
drei übrigen Punkte, welche mit dem schon aufgefundenen Ellipsen- 
punkte in der horizontalen, vertiealen, wie auch in der diagonalen 
Richtung correspondiren, benützt. 

Man findet nämlich den mit dem Punkte L’ correspondirenden 
Punkt M', indem man X mit H' durch eine Gerade verbindet, und 
aus @’ durch den Punkt » bis zu dieser ebenfalls eine Gerade führt. 

Werden ferner die zwei fixen Punkte auf die entgegengesetzte 
Seite der kleinen Axe übertragen, so findet man auf eben solehe Art 


28 Fialkowski. 


auch die zwei übrigen correspondirenden Punkte, d. i. die Punkte N’ 
und P', wie aus der Figur einleuchtend ist. 


Sa 


Aus der im vorhergehenden $&. angegebenen Construction lässt 
sich mit Hinweglassung der zwei Hilfsfiguren, d.i. des Quadrates und 
des ihm eingeschriebenen Kreises, wie auch mehrerer anderer der 
Erklärung wegen gezogenen Hilfslinien, eine einfache Methode für 
die Construction eines beliebigen Punktes der Ellipse ableiten. 

Betrachten wir zu diesem Behufe nochmals die Fig. 18 so fin- 
den wir, dass die zwei Dreiecke HCJ und @OK congruent sind, und 
da OF || @O, Fn || CH und FO=FC ist, auch FO = Fn sein muss; 
man braucht daher nicht, um den fixen Punkt » zu finden, die Seite 
des Quadrates zu verlängern, in derselben einen Punkt anzunehmen 
und die Hilfslinie 4J zu ziehen, sondern nur irgend ein Stück dieser 
Seite, hier z. B. das Stück FO, in die Axe um den Endpunkt F 
umzulegen. 

Der fixe Punkt K in der Verlängerung der grossen Axe wird 
gefunden, indem man beide Axen verlängert, die Verlängerung der 
kleinen Axe aus dem Mittelpunkte O mit dem Radius gleich der gros- 
sen Halbaxe schneidet, sodann aus diesem Durchschnittspunkte durch 
Q bis zu der Verlängerung der grossen Axe eine Gerade führt, welche 
übrigens gänzlich weggelassen werden kann, da man nur den Punkt 
O und X zu markiren und zu benützen braucht, wie im nächstfolgen- 
den $. gezeigt werden soll. 


Se le: 


Allgemeines Verfahren, jeden beliebigen Punkt einer Ellipse zu finden. 


a) Wenn die grosse und die kleine Axe gegeben sind. 

Sind AB und CD (Fig. 19) die beiden Axen, so verlängere man 
jede über einen ihrer Endpunkte, hier die Ab über B und die CD über 
C hinaus, mache dann OJ=OB, und errichte im Endpunkte B eine 
Verticale, also Bw _ AB in B. Sollte nun irgend ein Ellipsenpunkt 
bestimmt werden, so nehme man in der Verlängerung der grossen 
Axe einen beliebigen Punkt X an, lege an diesen Punkt und an J das 
Lineal an, und schneide die Verticale Bw in m ein; lege dann das 
hierdurch erhaltene Stück Bm um den Punkt B in die Axe AB um 
(indem man aus B mit Bm einen Bogen beschreibt). Wird endlich 
C mit K durch eine Gerade verbunden, ferner aus D durch m’ eine 


Construction des Kreises und der Ellipse. 29 


zweite Gerade so geführt, dass die erste in Z geschnitten wird, so ist 
L ein Ellipsenpunkt. 

Um die drei übrigen Punkte zu erhalten, wird Om” =0Om’ 
gemacht, ferner aus D durch m” die Gerade Dm”N, aus C durch m’ 
die Gerade CM und durch m” die CP gezogen, sodann Mm’ = Nm" 
— Pm" = Lm' gemacht. Die so erhaltenen Punkte M, N, P sind eben- 
falls Ellipsenpunkte. 

Man erhält also vier Punkte und mit Einschluss der vier End- 
punkte der beiden Axen im Ganzen acht Punkte der Ellipse. 

b) Wenn die beiden conjugirten Durchmesser gegeben sind. 

Es sei (Fig. 20) AB der grössere und CD der kleinere conju- 
girte Durchmesser, also beide ihrer Grösse und Richtung nach, gege- 
ben. Man verlängere den grösseren conjugirten Durchmesser AB 
über einen dessen Endpunkte hier über B hinaus, errichte sowohl in 
‚demjenigen Endpunkte, über welchen dieser Durchmesser verlängert 
wurde, als auch in dessen Halbirungspunkte O Normale, also Bu LAB 
in B, und Ou_L AB in O, und schneide von der letzteren aus O das 
Stück OJ=OB ab. Sollte nun irgend ein Punkt der Ellipse bestimmt 
werden, so nehme man in der Verlängerung der AB irgend einen 
Punkt K an, lege an diesen wie auch an den Punkt J die Kante des 
Lineals an, und schneide die Normale Bu in m ein. Wird dann das 
hierdurch abgeschnittene Stück Bm in die Axe AB umgelegt, also 
Bm'=Bm gemacht, der Punkt € mit X durch eine Gerade verbunden 
und aus D durch m’ eine Gerade bis zum Durchschnitte mit der CK 
geführt, so ist Z ein Ellipsenpunkt. 

Die übrigen drei Punkte werden mittelst der paräliel gezogenen 
Sehnen gefunden, oder auch, wenn man den fixen Punkt m’ auf die 
entgegengesetzte Seite überträgt, und auf ähnliche Art, wie bei 
Fig. 19 verfährt. 

c) Wenn nur einer der conjugirten Durchmesser, und eine zum 
_ zweiten derselben parallele Sehne gegeben sind, oder was dasselbe 
ist, wenn in einem perspectivischen Quadrate eine Ellipse einge- 
schrieben werden soll. | 

Es sei (Fig. 21) EF@H das perspectivische Quadrat, in welchem 
die Gerade CD als der eine von den zwei conjugirten Durchmessern, 
und die Gerade AB als die zum zweiten Durchmesser parallele Sehne 
gegeben ist. Man verlängere die Gerade AB über A hinaus, errichte 
im Endpunkte A und im Halbirungspunkte O eine Senkrechte, und 


30 Fialkowski. 


mache von der letzteren das Stück OJ=4A0. Soll nun irgend ein 
Ellipsenpunkt gefunden werden, so nehme man in der Verlängerung 
der AB einen Punkt Kan, lege an diesen und an den Punkt J die 
Kante des Lineals an und schneide die in A errichtete Senkrechte 
in m ein. Wird ferner Am’—= Am gemacht, der Punkt X mit C 
durch eine Gerade verbunden und aus D durch m’ ebenfalls eine 
Gerade so geführt, dass die CK geschnitten wird, so ist der Durch- 
schnittspunkt dieser zwei Geraden, d. i. der Punkt Z, ein Ellipsen- 
punkt. 

Wird ferner der Punkt Dmit Xdurch eine Gerade verbunden, und 
aus C durch m’ eine zweite Gerade geführt, so ist der Durchschnittspunkt 
dieser zwei Geraden, d. i. der Punkt M, ebenfalls ein Ellipsenpunkt. 

Die zwei correspondirenden Punkte N und P werden mittelst 
der zu AB parallel gezogenen Sehnen gefunden, indem man Np—=Lp 
und Pg=Mg macht. 

Da nun der Punkt X in der Verlängerung der Axe beliebig ange- 
nommen wurde, so gilt diese Construction auch von jedem andern 
beliebigen Punkte. 

S. 19. 

Um die Richtigkeit dieser Construction im dritten Falle noch 

besser einzusehen, müssen wir die Fig. 22 näher ins Auge fassen. 


Es sei ABCD das Quadrat und in diesem der Kreis EGFH in der. 


verticalen Ebene gegeben. Wird in @ der Augepunkt und in A der 
Distanzpunkt angenommen, so ist nach der Construction das per- 
spectivische Quadrat A’B’C’D’ —= dem Quadrate ABCD; oder es 
ist das perspectivische Quadrat A’B’C’D' diejenige Figur, welche 


durch die Drehung des geometrischen Quadrates ABCD um die als 


Drehungsaxe angenommene Sehne EF in der perspectivisch horizon- 
talen Ebene entstanden ist. Ist also in dem Quadrate ABCD ein Kreis 
eingezeichnet, so geht er bei der Drehung des Quadrates mit, und 
alle Punkte mit Ausnahme der in der Axe liegenden verändern gesetz- 
mässig ihre ursprüngliche Lage. Man kann daher auch in diesem Falle 
die Bestimmung der Punkte in der Peripherie des Kreises nach der 
Drehung so vornehmen, wie wir es in Fig. 21 angeführt haben; auf 
ähnliche Art wird auch in diesem Falle der Beweis geführt, wie wir 


es bei der Fig. 18 gethan haben, mit dem Unterschiede, dass hier 


die Punkte @ und ZH’ mittelst des Distanzpunktes bestimmt werden, 
wesshalb sie von der Drehungsaxe verschiedene Entfernungen haben. 


ee u 


na 


Construction des Kreises und der Ellipse. 31 


Man nimmt also auch hier in der Seite BC’irgend einen Punkt J 
an, beschreibt aus F mit JF einen Bogen bis X, verbindet @ mit K 
und 4 mit J durch eine Gerade, so ist der Durchschnittspunkt N 
dieser zwei Geraden, nach dem bereits Erwiesenen, ein Punkt des 
Kreises. Da nun das Quadrat A’B'C’D'’ perspectivisch gleich ist dem 
Quadrate ABCD, mithin AB’= AB, C'D’=CD, also auch 4’@ 
—B'’@ =AG, und CH =HD'—= HD u. s. w., so kommt @ nach 
@’ und Hnach ZH’, während X in der Drehungsaxe ungeändert bleibt; 
es wird daher der Punkt N nach der Drehung in der Geraden @'K, 
zugleich aber auch in der Geraden 4’J’, folglich im Durchschnitts- 
punkte dieser zwei Geraden, d.i. in N’ sein. Da also der Punkt 
N ein Punkt der Peripherie des Kreises EGFH ist, und N’ dem Punkte 
N entspricht, so muss N’ nach der besagten Drehung nothwendiger 
Weise ein Punkt der Ellipse sein, indem jede Stellung des Kreises 
nach der Drehung eine Ellipse ist, welche durch die Stellung des 
Beobachters bestimmt wird. 

Was nun von diesen Punkten gilt, das lässt sich auch von jedem 
andern Punkte erweisen, welcher auf ähnliche Art eonstruirt wird. 

Die mit den aufgefundenen Punkten correspondirenden Punkte 
werden auf die bereits angeführte Art erhalten. 

Bei diesem Verfahren ist im Allgemeinen noch das zu bemerken, 
dass, im Falle mehr als acht Punkte zur Construction der Ellipse erfor- 
dert werden, die Drehungsaxe beiderseits verlängert werden muss, 
weil sich sonst auf der einen Seite zu viele Linien anhäufen, und 
dadurch die Construction verwirren. In Fig. 22 sind die zwei fixen 
Punkte X und Z in ungleichen Entfernungen von dem Mittelpunkte O 
angenommen worden. Mittelst eines jeden solchen Punktes sind vier 
Punkte sehr leicht gefunden, und man hat somit im Ganzen, wenn die 
vier Punkte E, @’, F, H' mit eingerechnet werden, zwölf Punkte der 
Ellipse. 

S. 20. 

Aus der näheren Betrachtung der Figuren 19, 20 und 21 sieht 
man sogleich ein, dass das der in Fig. 19 gezeichneten Ellipse um- 
schriebene Rechteck EF@H, ferner das in Fig. 20 umschriebene 
Parallelogramm ZFGH, und das in Fig. 21 umschriebene perspeeti- 
vische Quadrat EFGH für einen geübten Zeichner ganz entbehrlich 
sind. Man wird daher nach der in dem vorhergehenden $. angege- 
benen Art in jedem der drei Fälle beliebig viele Punkte der Ellipse 


32 Fialkowski. 


bestimmen können, ohne dass man, wie es bei der Construction der 
Diagonalpunkte sein muss, das Rechteck, Parallelogramm oder das 
umschriebene perspectivische Quadrat zuerst zu zeichnen braucht, 
wie dies aus Fig. 23—25 erhellet. 

Die drei letzten Figuren wurden absichtlich so klein gewählt, 
um zugleich zu zeigen, wie scharf und deutlich auch in dem kleinen 
Massstabe die Punkte der Ellipse bestimmt werden können. 

In solehen Fällen werden wohl ausser den vier gegebenen 
Punkten nur noch vier andere Punkte erforderlich sein, um ein genaues 
Bild dieser Curve zu erhalten ; sollten aber, was insbesondere bei Krei- 
sen von grösserem Durchmesser geschehen muss, mehrere Punkte 
bestimmt werden, um ein noch genaueres Bild des Kreises zu erhal- 
ten, so werden ebenso für jeden in der Verlängerung des als Drehungs- 
axe angenommenen Durchmessers beliebigen fixen Punkt, ähnlicher 
Weise vier Ellipsenpunkte erfolgen. Immer aber muss man gegen 
die Endpunkte der grossen Axe oder des grösseren conjugirten 
Durchmessers die Punkte gedrängter annehmen, weil die Krümmung 
der besagten Curve um F, so wie um E Fig. 22, am stärksten ist, daher 
auch die Wendung derselben an diesen zwei Stellen am sorgfältig- 
sten bestimmt werden muss. Dies unterliegt nach unserer Art und 
Weise gar keiner Schwierigkeit, wie aus dem bereits Gesagten folgt, 
und was in allen drei Fällen auch graphisch durchgeführt wurde. 


Sl 


Es ist bereits erklärt worden, $. 12, Fig. 12 und 13, dass eine 
und dieselbe Ellipse durch die Drehung verschieden grosser Kreise 
entstanden gedacht werden kann, nämlich durch die Drehung des, 
über der grossen oder kleinen Axe, über dem grösseren oder 
kleineren conjugirten Durchmesser, beschriebenen Kreises. Sie 
kann aber auch durch die Drehung eines Kreises, welcher über was 
immer für einer Sehne beschrieben wird, entstanden gedacht werden; 
welches dann erfolgt, wenn man verschiedene Kreise von zwei ver- 
schiedenen Standpunkten betrachtet, in welchem Falle jedesmal die- 
jenige Gerade als Drehungsaxe anzunehmen ist, über welcher ein 
Kreis beschrieben, und durch dessen Drehung die Ellipse entstanden 
gedacht wird. 

Diese Erscheinungen geben uns Mittel an die Hand, in den drei 
nachfolgenden Fällen eine Ellipse zu construiren. 


Construction des Kreises und der Ellipse. 3 


8.128. 


Construetion der Ellipse, «) wenn nur die kleine Axe, 5) der kleinere eonjugirte 
Durchmesser, oder ce) wenn nur die Sehne verlängert werden kann. 


a) Wenn die beiden Axen gegeben sind, und wenn nur die 


_ kleine Axe verlängert werden soll. 


Es sei (Taf. V, Fig. 26) AB die grosse und CD die kleine Axe 
gegeben; man verlängere die kleine Axe C’Düber deren beide Endpunkte 
hinaus, errichte in diesen zwei Punkten Verticale, also Cu _ CD in C, 
und Do _L CD in D, und mache OC’—= 0C=0OD =der halben klei- 
nen Axe. Sollte nun nach dieser Vorbereitung irgend ein Punkt der 
Ellipse bestimmt werden, so lege man die Kante des Lineals an den 
Punkt C’ und an irgend einen Punkt in der Verlängerung der CD an, 
und schneide die in © oder D errichtete Senkrechte ein. Wird z. B. 
der Punkt E angenommen, an diesen so wie an ©’ die Kante des 
Lineals angelegt, die Verticale Dw in m eingeschnitten, ferner Dm’ 
—= Dm gemacht, sodann A mit E durch eine Gerade verbunden, und aus 
B durch m’ eine zweite Gerade, bis AE geschnitten ist, geführt, so 
ist der Durchschnittspunkt dieser zwei Geraden, d. i. der Punkt M, ein 
Ellipsenpunkt. 

Ebenso wird auch der Punkt N gefunden, indem man den Punkt 
Fin der Verlängerung der CD annimmt, an diesen Punkt so wie an 
C' die Kante des Lineals anlegt, die Vertieale Cu in n einschneidet, 
Cn'=Cn macht, sodann A mit F durch eine Gerade verbindet, und 
aus B durch »' eine zweite Gerade bis AF führt, wodurch der Durch- 
schnittspunkt N als Ellipsenpunkt erfolgt. | 

Für jeden dieser zwei Punkte werden mittelst der zu CD gezo- 
genen Parallelen auch die drei übrigen eorrespondirenden Punkte 
sehr leicht gefunden, somit hat man zur Construction der verlangten 
Ellipse im Ganzen zwölf Punkte. 

b) Wenn die beiden conjugirten Durchmesser gegeben sind, 
und wenn nur der kleinere verlängert werden darf. | 

Es sei (Fig. 27) zur Construetion der Ellipse AB als der grös- 
sere und CD als der kleinere eonjugirte Durchmesser, und zwar beide 
ihrer Grösse und Richtung nach gegeben. Man verlängere die Axe 
CD beiderseits, halbire sie in O, errichte in diesem Halbirungspunkte 
oberhalb und unterhalb der Axe CD Senkrechte, und mache dann 
C'0=D'0= (0=D0 gleich der halben kleinen Axe. Ebenso wer- 
den in den beiden Endpunkten der kleineren Axe CD Normale, jedoch 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. I. Hft. 3 


3A Fialkowski. 


unbestimmt lang und so errichtet, dass sie in die Fläche des von den 
beiden Axen gebildeten stumpfen Winkels fallen. Es wird also 
Cu LCD in C, und Dw _ CD in D gezogen. 

Sollte nun irgend ein Ellipsenpunkt bestimmt werden, so nehme 
man in der Verlängerung der CD z. B. den Punkt E an, verbinde die- 
sen mit C’ (wobei nur der Einschnitt bei m gemacht zu werden 
braucht) und mache dann Dm' = Dm. 

Wird endlich A mit E verbunden, und aus B durch m’ eine 
Gerade bis AE geführt, so ist der Durchschnittspunkt dieser zwei 
Geraden, d. i. der Punkt M, ein Punkt der Ellipse. 

Die drei mit diesem Punkte correspondirenden Punkte M', M”, 
M"' werden mittelst der Parallelen auf bekannte Art gefunden. 

Sollten nun noch vier Punkte der Ellipse erforderlich sein, so 
nehme man auf der entgegengesetzten Seite den Punkt F an, verbinde 
ihn mit D', mache Cn'’= (On, verbinde F mit B durch eine Gerade und 
ziehe aus A durch rn’ ebenfalls eine Gerade, so dass die erste dadurch 
in N geschnitten wird. Die drei correspondirenden Punkte werden 
ebenfalls mittelst der Parallelen gefunden, wie oben. Man erhält somit, 
mit Einschluss der vier Endpunkte der Axen, zwölf Punkte der Ellipse. 

c) Wenn ein conjugirter Durchmesser und eine zum zweiten 
conjugirten Durchmesser parallele Sehne gegeben ist, und wenn nur 
die letztere verlängert werden kann. 

Ist (Fig. 28) AB der grössere eonjugirte Durchmesser und CD 
die zum zweiten Durchmesser parallele Sehne gegeben, so verlängere 
man die Sehne CD beiderseits, lege durch den Halbirungspunkt dieser 
Axe eine Normale, mache dann C'0O=D'0=(CO0=DO, errichte 
in C und D Senkrechte, und verfahre im Übrigen wie in den zwei 
vorhergehenden Fällen. 

Die in den Endpunkten der Axe CD gezogenen Senkrechten müs- 
sen jedesmal auch hier so gezogen werden, dass sie stets in die Fläche 
des von den Axen gebildeten stumpfen Winkels fallen, weil sonst bei 
der Bestimmung mehrerer Punkte in der Zeichenfläche sehr leicht eine 
Verwirrung entsteht. 

8. 23. 

Es ist wohl leicht begreiflich, dass bei jeder Construction der 
Ellipse, also auch bei dieser trotz ihrer Einfachheit sich desto mehr 
Linien anhäufen, je mehr Punkte man für die Ellipse bestimmen will; 
hat man aber die Richtigkeit dieser Construction eingesehen, und sich 


Construction des Kreises und der Ellipse. 35 


den Gang der Sache gemerkt, so kann man bei dieser Methode manche 
Hilfslinien eher weglassen, als bei einer andern Verfahrungsart, so 
dass man für je vier Punkte stets nur eine einzige Gerade zu ziehen 
braucht, wie aus den bereits angeführten Beispielen (Fig. 23—28) 
ersichtlich ist. Was die fixen Punkte betrifft, so braucht für diese 
nur die Axe verlängert zu werden, und es werden für je vier Punkte 
der Ellipse nur zwei fixe Punkte in der Drehungsaxe erforderlich 
sein. 

Es verdient daher diese Methode wegen ihrer Einfachheit und 
Deutlichkeit vor allen andern bisher bekannten Methoden den Vorzug, 
zumal da man hierbei sowohl den Hilfskreis als auch viele andere 
Hilfslinien, wohl auch jede Eintheilung gänzlich entbehren kann. 

Wir haben somit die Construction der Ellipse in ihrer ganzen 
Allgemeinheit durchgeführt, bewiesen und erläutert; werden aber in 
folgenden $&$. auch noch andere daraus abgeleitete Methoden und 
vor Allem ein äusserst interessantes Gesetz über die Construction des 
Kreises kennen lernen. 


$. 24. 


Construction der Ellipse, wenn nur die kleine Axe verlängert und gleich der 
grossen gemacht werden kann. 


Wenn wir die in vorhergehenden $$. gegebenen Erklärungen 
sammt den hierzu gehörigen Figuren näher untersuchen, und die 
gesetzmässigen Veränderungen der ausserhalb der Drehungsaxe lie- 
genden Punkte und Linien gehörig ins Auge fassen, so ergibt sich für 
den Fall, wenn man nur die kleine Axe verlängern kann, eine interes- 
sante Construction, welche besonders dann mit grossem Vortheile 
angewendet wird, falls die Differenz der beiden Axen bedeutend grös- 
ser, also auch zwei, drei oder mehrmal grösser als die kleine Axe ist. 
Dieser Vortheil besteht darin, dass man nach dieser Methode die 
Punkte der Ellipse bedeutend schärfer und deutlicher erhalten kann, 
als nach der bekannten Methode mittelst der beiden Brennpunkte; 
ausserdem hat sie den Vortheil, dass sie mit gleichem Erfolge in allen 
am häufigsten vorkommenden Fällen angewendet werden kann, was 
bei jener nicht der Fall ist, indem wegen der Brennpunkte immer die 
beiden Axen gegeben oder gesucht werden müssen. Sie ist folgende: 

Es seien (Fig. 29) zur Construction der Ellipse die beiden Axen 


AB und CD gegeben; man verlängere die kleine Axe beiderseits, 


= 


36 Fialkowski. 


beschreibe aus dem Mittelpunkte O mit dem Radius gleich der halben 
grossen Axe OB einen Viertelkreis, schneide zugleich auch unter- 
halb der Axe AB das Stück OF = AO = OE ab, trage dann eine 
beliebige Einheit, z. B. Ox auf der grossen Axe von O aus nach den 
beiden Richtungen mehrmals auf (hier beiderseits dreimal), wodurch 
man die Punkte «, ß, y und «', B’, y’ erhält. Nun wird jeder von 
den drei Punkten «, ß, y mit dem Punkte F durch Gerade verbun- 
den, diese dann so weit verlängert, bis der Bogen AF in den Punkten 
m, n und p geschnitten ist, und durch jeden der so auf dem Bogen 
AE erhaltenen Punkte eine Normale auf die Axe AB geführt; diese - 
sind mm’, nn’ und pp’. Werden endlich aus D durch die Durch- 
schnittspunkte «, ß, y Linien bis zu den gezogenen Normalen geführt, 
so erfolgen die u. 1, I, II als die drei er 
Ellipsenpunkte. 

Um die diesen drei Punkten unterhalb der grossen Axe ent- 
sprechenden Ellipsenpunkte zu erhalten, werden aus C durch die 
Punkte «, B, y abermals Linien bis zu den entsprechenden Verlän- 
gerungen der Normalen gezogen, wodurch man die Punkte 7’, IJ', IIT' 
als die verlangten correspondirenden Ellipsenpunkte findet. 

Wegen dieser Punkte müssen die zur Bestimmmung der drei 
ersten Ellipsenpunkte erforderlichen Normalen über die Axe nach 
abwärts gleichzeitig gezogen werden, so dass man auf diesen Ver- 
längerungen noch die Durchschnittspunkte unterhalb der Axe finden 
kann, ohne sie erst verlängern zu müssen. 

Die diesen sechs Punkten rechts der kleinen Axe correspondi- 
renden Punkte werden gefunden, wenn man aus C wie aus D durch 
a', ß', y' Gerade zieht, sodann @«’I"= «al, I" =PL,Y II" =y1J, 
und ebenso a’I"—=a'!', B'II""=P’II" u. s. w. macht. 

Sind nun die Stücke 0x = aß = Py = 0x’ = OB’ = Oy’ange- 
nommen, so wird auch CT’ || DI", CIT' || DIT’, CIII' || DIII’" u. s. w. 
sein, und man braucht nur, wenn aus C und D durch «’, B:4 y’ Linien 
bereits gezogen sind, aus den schon bestimmten Punkten J, II, III 
und aus /’, IT’, III’ durch den Mittelpunkt O bis zu den entsprechen- 
den durch «&’, ß’, y’ gezogenen Geraden ebenfalls gerade Linien zu 
führen, wodurch man die verlangten Punkte erhält. 

Beweis. 

Bevor 'wir diese Construction auch in anderen Fällen graphisch 

darstellen, wollen wir zuerst untersuchen, ob die nach diesem 


Construction des Kreises und der Ellipse. 7 


Verfahren gefundenen Punkte auch wirklich Ellipsenpunkte sind. 
Es lässt sich hierbei der Beweis theils anschaulich, theils rein 
mathematisch führen. 


I. 


Da FO=EO=BO gemacht wurde, so ist Fein Punkt des mit 
dem Halbmesser OB beschriebenen, also desjenigen Kreises, aus 
welchem die Ellipse ABCD durch die Drehung um AB entstanden 
gedacht wird. Ist nun irgend ein Punkt, z. B. m mit F durch eine 
Gerade verbunden, so hat diese Linie, wenn AB als Drehungsaxe an- 
genommen wird, den fixen Punkt &; es wird daher durch diesen 
Punkt die Lage der Linie Fm nach der Drehung bestimmt. Kommt 
z. B. der Punkt F'nach D, so wird die Gerade Fm in die Lage DJ 
gelangen; es ist also der Punkt m in der Geraden DJ, er liegt 
aber auch in der Verticalen mm’, also im Durchschnittspunkte dieser 
zwei Geraden, d. i. in /, folglich ist der Punkt / ein Punkt der Ellipse, 
w. z. b. w. 

Was nun von diesem Punkte gilt, das gilt auch von jedem andern, 
da m willkürlich angenommen wurde; oder: 


I. 
Da mm! || EF ist, so findet man dass das Am’ Ixc»DO«, und 
das Amm «a FOx«; es gelten daher folgende zwei Proportionen: 
1), 7B077 02° — Im "m & 
und 2) FO :0& = mm’: m'«, 
oder wenn der Kürze wegen Oa=wu, m'a=v, ferner bekannter 
Weise 
AO u, BO —5 
und 
Om —e, Im — % 
gesetzt, sodann diese Werthe in die zwei obigen Proportionen sub- 
stituirt werden. 
io) a 
2) m. — mm.) 


oder bruchweise geschrieben: 
- (D 
NEE DÄRERENE RRNOEEETGNN) - 


38 Fialkowski. 


dividiren wir diese zwei Gleichungen Glied für Glied mit einander, 
so erhalten wir 


[44 
6 y A 
a a a a ee N 
es handelt sich nun in dieser Gleichung um die Grösse mm’; denken 
wir uns zu diesem Behufe die Om gezogen, so finden wir, da das 


Dreieck Om’'m rechtwinkelig ist: (Om): = (mm’)® + (Om’)®, also 
mm‘ = Y (Om)? — (Om')®. 
Da aber Om = AO—=a und Om!’ = x gesetzt wurde, so ist: 


mm' —= Vae—e:: man erhält daher durch Substitution in der 
Gleichung (II) | 


nal, Ten ag 

a Var x? a 
quadrirt man diese Gleichung, so folgt 

b? Fe y? 

a ara? 

a? a?r— x 
oder Zaun 
hieraus a? y? = b? (a — a?) 
und aa y? — a? b?—b2 a2, 
folglich b? 22:4, a2 y? = a?.b2, 

2 2 

woraus Er — - = 


also eine bekannte Gleichung der Ellipse folgt. 

Dieselbe Relation muss aber auch bei jedem andern Punkte 

erfolgen, also ist der Punkt I ein Punkt der Ellipse, w. z. b. w. 
&. 25. 

Dass diese Construction in allen Fällen ausführbar ist, wird wohl 
leicht einzusehen sein; allein sie gewährt nur dann einen grossen Vor- 
theil, wenn die Differenz der Axen bedeutend gross ist, wie die graphi- 
sche Darstellung Fig. 30 zeigt. Denn bestimmt man nach der bekannten 
Methode mittelst der zwei Brennpunkte z. B. die vier Punkte x, y, w,z, 
so sieht man, dass sich die Bögen sowohl bei #, y wie auch bei 
w und z schief schneiden, daher auch die Durchschnittspunkte dieser 
Bögen, welche Ellipsenpunkte sein sollen, sehr undeutlich werden. 
Da nun hier sowohl der wahre als auch der wahrscheinliche Punkt in 


Construction des Kreises und der Ellipse. 39 


der Richtung der Gedachten ©y liegen, so ist dabei der geringste 
Fehler sehr empfindlich, was nach der von uns angeführten Methode, 

wie Fig. 30 zeigt, nicht der Fall ist. Im Gegentheile man bekommt die 
als Ellipsenpunkte erhaltenen Durchschnittspunkte sehr scharf und 
deutlich, und je näher man mit der Bestimmung derselben gegen die 
Endpunkte der grossen Axe geht, je deutlicher und schärfer erhält 
man sie auch. 

In dieser Figur wird auch gezeigt, auf welche Art die in $. 25 
angegebene Construction vereinfacht werden kann. Es werden näm- 
lich die zu EF gezogenen Parallelen, d. i. die Verticalen mm’, nn’, pp’ 
nach abwärts verlängert, ferner m’ I = mL," I! = „I, p III = p' III 
und g IV’ = gIV gemacht, sodann die Entfernung der Normalen IT, 
IIIT, IIIIII u. s. w. auf die entgegengesetzte Seite der kleinen 
Axe übertragen, im Übrigen aber wie bei der Bestimmung der 
Punkte 7,7, II, IT, III, III u. s. w. verfahren. 


8.26. 


Construetion der Ellipse, wenn die beiden conjugirten Durchmesser gegeben 
sind, und wenn keiner derselben verlängert wird. 


Die in den zwei vorhergehenden $$. angegebene Methode 
gewährt auch in dem Falle einen grossen Vortheil, wenn nur die 
beiden conjugirten Durchmesser gegeben sind. Es seien (Fig. 31) 
AB und CD solche Durchmesser, welche ihrer Grösse und Richtung 
nach gegeben sind; man nehme den grösseren derselben als den 
Durchmesser desjenigen Kreises an, durch dessen Umdrehung die 
zu zeichnendeEllipse entstanden gedacht wird ; beschreibe mit dessen 
Hälfte aus O einen Viertelkreis, suche auf die bei Fig.30 angegebene 
Weise die fixen Punkte «a, 5, c und m’, x‘, p', ziehe dann durch 
letztere zum kleinen conjugirten Durchmesser Parallele, und durch- 
schneide sie aus den Endpunkten eben dieses Durchmessers durch 
Gerade. Hier sind sie aus D geschnitten und m I, = m’T, nU=nIT, 
pIlI= pIII gemacht. 

Auf ähnliche Art werden auch die Punkte /’I/'IIT', ferner 
I" II" III" gefunden, indem man m’ O= m’O, "O=n"O.... macht, 
und im Übrigen wie vorhin verfährt. 


Beweis. 
Was den Beweis betrifft, so kann dieser wie im $. 24, Fig. 29 
auf zweierlei Art geführt werden, denn es stehen auch hier entweder 


AO Fialkowski. 


die fixen Punkte der Drehungsaxe und die hierdurch bestimmten 
Lagen der Geraden, in welchen sich die Punkte des Kreises nach der 
Drehung befinden, zu Gebote,.oder es werden z. B. für den Punkt J, 
oder I’ die vier Dreiecke DxO, Iam', D'«xO und mam', von denen je 
zwei und zwei mit einander ähnlich sind, benützt, indem man daraus 


die zwei brauchbaren Proportionen aufstellt. 


Es ist nämlich: 


1) 04:0D = am’ : Im 


2) 0a: OD = am : mm'. 


Setzt man hier der Kürze wegen 


0D = 


S 
S 
| 


ferner Om 


0a = 


RD vu 
e:a = v:Yoar-a”? 
oder bruchweise geschrieben | 
UND 
v””, 
Br v 
en Var a, 


Dividirt man diese zwei 
einander, so folgt 


Gleichungen Glied für Glied durch- 


vwVua?r— x? 
m 0) 


Va?r— «'? 


Br 


RL. 0 
Basen. 
woraus man 

a 
v 

erhält. Diese Gleichung beiderseits quadrirt, gibt 
a’? 
woraus ar y? 
und ai? 
daher b?a’2 + a? y? 
x? y* 
und daraus ee 


Y 


/ 


OB = 
OCu—nb, 
x, Im! 
K, am! 
und denkt sich die Gerade Om gezogen, so ist auch mm’ bestimmt, 


indem nm! = V’Om = Om N aBE 7% ‚ welehe Werthe in die 


zwei obigen Proportionen substituirt, gibt sofort: 


’ 


U 


a 


—— 


.v 


Y 


y 


l 


a2 —2'2 

Da 
b’? (a?—.x'?) 
a? b’r—b'? x'?, 
a? b’?, 
1, 


Construction des Kreises und der Ellipse. 41 


also eine Gleichung der Ellipse für das schiefwinkelige Coordinaten- 
System folgt, welches mit unserer Construction nach der gegebenen 
Bedingung vollkommen übereinstimmt; folglich ist der Punkt J ein 
Ellipsenpunkt. 

Auf ähnliche Art lässt sich der Beweis auch für jeden andern 
Punkt führen; es ist daher die angegebene Construction auch in dem 
Falle mathematisch richtig, wenn die beiden conjugirten Axen 
gegeben sind. 

Bei dieser Construction ist nur noch das zu bemerken, dass man 
in zwei Ellipsenquadranten die Durchschnittspunkte, welche Ellipsen- 
punkte sind, sehr scharf und deutlich erhält, hingegen in anderen zwei 
Quadranten fallen dieselben etwas. undeutlich aus, wie aus Fig. 31 
ersichtlich ist. Es müssen demnach im ähnlichen Falle diejenigen 
Punkte der Ellipse bestimmt werden, welche in der Fläche des von 
den beiden Axen gebildeten stumpfen Winkels liegen. 


&n2H. 


Construction der Ellipse nach dieser Art in der Perspeetive. 


Es ist wohl leicht begreiflich, dass sich die Ellipse auf so eben 
angegebene Art auch in einer jeden perspectivischen Ebene con- 
struiren lässt, indem, wie Fig. 31 zeigt, die zu dem kleineren conju- 
girten Durchmesser durch die Fusspunkte der Normalen gezogenen 
parallelen Sehnen, wenn sie gehörig verlängert werden, durch den 
Augepunkt gehen müssen. 

Allein wir finden für überflüssig die graphische Durchführung 
dieses Falles, weil wir dafür eine viel einfachere Construction bereits 
angegeben haben, und in den folgenden $$. u andere einfache 
Constructionen angeben wollen. 

Des Zusammenhanges wegen werden wir hier nur noch das 
Interessante dieser Construction für den Fall hervorheben, wenn der 
Hilfskreis über der kleinen Axe beschrieben wird, wobei gar keine 
Axe verlängert zu werden braucht. 


8.28. 


Construction der Ellipse, wenn der Hilfskreis über der kleinen Axe beschrieben 
wird, und keine von den beiden Axen verlängert werden darf. 


Es sei (Fig. 32) AB die grosse und CD die kleine Axe gegeben; 
man beschreibe über der kleinen Axe CD einen Kreis, nehme in 


A2 Fialkowski. 


der Peripherie desselben den Punkt E beliebig an, fälle aus diesem 
Punkte eine Normale auf diese Axe, also EF LCD, verbinde den 
Punkt Z mit A’ durch eine Gerade, welche die CD in @ schneidet, 
verlängere die Normale EF nach aufwärts und führe aus dem End- 
punkte A der grossen Axe durch den Punkt @ eine Gerade, bis die 
Verlängerung der Normalen hier in #4 geschnitten wird, so ist dieser 
Durchschnittspunkt ein Punkt der Ellipse, deren grosse Axe AB 
und die kleine CD ist. 

Um die mit diesem Punkte correspondirenden Punkte der Ellipse 
zu erhalten, wird durch den gefundenen Punkt 4 die HH’ || AB 
gezogen, sodann FH’ —= FH gemacht, ferner durch H die HH" und 
durch 4’ die HH" || CD geführt u. s. w., wodurch man also vier 
Punkte der Ellipse erhält. - 

Allerdings wäre diese Construction sehr vortheilhaft, wenn der 
Durchschnittspunkt H etwas schärfer zu bestimmen wäre, welcher 
desto undeutlicher wird, je grösser die Differenz der beiden Axen ist. 

Sie kann also nur in dem Falle angewendet werden, wenn die 
Differenz der beiden Axen klein ist. 

Beweis. 

Der Beweis für die Richtigkeit dieser Construction wird auf 
ähnliche Art wie bei der Fig. 29—31 geführt. 

Nehmen wir zu diesem Behufe den Anfangspunkt der Coordi- 
naten in O an, setzen der Kürze wegen: 

40=B0O=a 
c=DO=b 
RO #2, HH 2. | 
bezeichnen ferner GO mit m und FG mit n, so haben wir da das 
AFGEwnAA'GO:-und das A FGHwAGO, folgende zwei brauchbare 
Proportionen: 
1) FG: FE= G0:A0 
2) FG: FH = 60: 40 
und daher wenn man die obigen Werthe substituirt. 
n:FE=m:b 
a 
oder bruchweise geschrieben 


| 
s|S | 


eo 


Construction des Kreises und der Ellipse. A3 


dividirt man diese zwei Gleichungen durch einander, so folgt: 


ET re ee 

FErn 5 'm 

y a 

FE "Er . o . . . . . . («). 


Nun handelt es sich um den Werth von FE; diesen finden wir, 
wenn wir uns die Hilfslinie EO gezogen denken, weil dann: 
| EF = V EO:—FO»; 
da aber EO = CO = b, und FO —= « ist, so hat man sofort 
EF= Ve; 
substituiren wir in die Gleichung («) den Werth für EF, so haben wir: 


4 
Seel 


quadriren wir diese Gleichung beiderseits, so folgt: 


y? a? 
Dart Br. 
und | by? = arb?—uarX?, 
folglich EEE TRÄNEN 


Da wir nun CO mit 5 und BO mit a bezeichnen, so müssen wir 
auch das Stück FO statt « mit y, und FH statt y mit x bezeichnen, 
indem hier die grosse Axe AB nur die scheinbare kleine Axe ist, 
daher, wenn wir in der Gleichung (y) statt a*, b? und statt b2, a? 
setzen, folgt sofort 
x? y° 
Ze 
also eine bekannte Gleichung der Ellipse, somit ist der Punkt HZ ein 
Ellipsenpunkt; es ist daher auch jeder Punkt, welcher nach diesen 
Daten auf ähnliche Art gefunden wird, ein Ellipsenpunkt, w. z. b. w. 


8.29. 


Construction der Ellipse nach dieser Art, wenn die zwei conjugirten 
Axen gegeben sind. 

Es seien AB und CD (Fig. 33) die zwei ihrer Grösse und Rich- 
tung nach gegebenen conjugirten Axen; man beschreibe über der 
kleinen Axe CD einen Kreis, ziehe in diesem die C’D'’ LCDin 0, 
nehme den Punkt E beliebig an, verbinde ihn mit D’ durch eine 
Gerade, welche die CD in @ schneidet; wird nun aus E die EFFLCD 


AA Fialkowski. 


gezogen, durch den Fusspunkt F dieser Normalen die HH’ || AB 
gelegt, und aus A durch den Punkt @ eine Gerade so geführt, dass 
die HH’ in H geschnitten wird, so ist der Durchschnittspunkt H ein 
Ellipsenpunkt. Da auch hier zwei Paar ähnliche Dreiecke gefunden 
werden, so lässt sich hierbei der Beweis so wie in den früheren 
Fällen führen. 

Ist die Differenz der beiden conjugirten Durchmesser nicht gar 
gross, so kann man ohne weiters auch diese Methode mit Vortheil 
anwenden, wobei nur noch das zu bemerken ist, dass bei der Con- 
struction der Ellipsenpunkte nur die durch den Fusspunkt der Nor- 
malen zur grossen Axe geführten Parallelen völlig gezogen zu 
werden brauchen, alle anderen können weggelassen werden, wenn 
die Hilfspunkte markirt sind. 

$. 30. 

Des Zusammenhanges wegen wollen wir hier eine “Atteabe 
anreihen, welche in manchen Fällen auf die gewöhnliche Art nicht so 
leieht ausführbar ist, nämlich: Es soll von einem ausserhalb der 
Ellipse gegebenen Punkte an diese eine Tangente geführt werden, 
wobei weder die Axen noch die Brennpunkte gegeben sind. Ist also 
ABCD (Fig. 34°) die gegebene Ellipse, so ziehe man zwei zu einan- 
- der parallele Sehnen AB || CD, halbire jede derselben, ziehe durch 
die Halbirungspunkte A und A’ eine dritte Sehne und halbire auch 
diese in O, welcher Punkt bekannter Weise der Mittelpunkt der 
gegebenen Ellipse, somit EF die eine und die durch O parallel zu AB 
geführte Gerade @H. die zweite conjugirte Axe sein muss; es wird 
daher der über EF oder @H beschriebene Kreis derjenige sein, durch 
dessen Drehung die gegebene Ellipse entstanden gedacht werden muss. 
Wird alsdann durch den gegebenen Punkt a die am || @H, durch 
m die ma’ || @'H', ferner a mit H verbunden, und aus 7’ durch den 
zuletzt erhaltenen fixen Punkt » eine Gerade bis ma’ gezogen, so ist 
« derjenige Punkt, von welchem aus an den aus O mit dem Radius OE 
beschriebenen Kreis eine Tangente vor der Drehung gezogen wurde. 
Wird dann aus diesem Punkte «a an den Kreis eine Tangente geführt, 
ferner durch den so erhaltenen Berührungspunkt J’ die J’K || @'O 
und die JK || O@ gezogen, so ist J der Berührungspunkt für die aus 
a an die Ellipse zu ziehende Tangente. 

Um die Richtigkeit dieser Construction desto leichter einzusehen, 
wird die gegebene Ellipse durch die Drehung des aus O mit dem 


Construction des Kreises und der Ellipse. ; Ab 


Radius OE beschriebenen Kreises E@'’F'H’ entstanden gedacht, wobei 
alle auf die Drehungsaxe gezogenen Normalen aus bekannten Grün- 
den parallel zu @H bleiben, wesshalb auch die ma’ und J'X parallel 
zu @H gezogen;werden müssen; somit ist der Punkt J der zu suchende 
Berührungspunkt, und aJg die verlangte Tangente. 

Sehon aus der Construction sieht man ein, dass diese Auflösung 
allgemein ist, und es wird daher auch gleichgiltig sein, ob die an den 
Kreis gezogene Tangente die Drehungsaxe schneidet oder nicht. Man 
kann aber die Axe jedesmal so erhalten, dass der Durchschnittspunkt 
derselben mit der Tangente noch auf die Zeichenfläche fällt, was 
lediglich von der Wahl der Richtung der zwei zuerst zu ziehenden 
parallelen Sehnen abhängt. Sind die beiden Axen gegeben, so ist die 
Auflösung dieser Aufgabe viel einfacher, indem man dann viele Linien 
entbehren kann. In diesem Falle wird aber jedesmal eine von den 
zwei möglichen Tangenten die Verlängerung der Axe schneiden, 
wodurch man einen fixen Punkt als Hilfspunkt erhält, wie dies 
Fig. 34® ersichtlich macht. 

$. 31. 
Construetion der Ellipse mittelst der Umlegung der Ordinaten in die 
Drehungsaxe. 

Wenn man Fig. 12 und 13 näher in Betrachtung zieht und 
bedenkt, wie das Bild irgend eines Punktes auf der Tafel bestimmt 
wird, so ergibt sich hieraus ein interessantes Verfahren, in einem 
beliebigen Rechtecke oder Parallelogramme eine Ellipse mittelst 
beliebig vieler Punkte zu construiren. 

Soll nämlich (Taf. VI, Fig. 35) in dem Rechtecke EFGH eine 
Ellipse eingeschrieben werden, so beschreibe man über AB als Durch- 
messer einen Kreis, ziehe in diesem die Ordinaten JJ’, KK , LL’, MM’, 
NN’, PP’, beschreibe mit den Radien gleich diesen Ordinaten aus 
deren Fusspunkten die Halbkreise so, dass der Durchmesser und dessen 
Verlängerung geschnitten wird, oder was dasselbe ist, man lege jede 
Ordinate um deren Fusspunkt beiderseits desselben in die Axe um, und 
ziehe dann durch die so in der Axe erhaltenen Punkte zu der einen 
_ oder der andern Diagonale des Rechteckes EFGH Parallele, bis die 
entsprechenden Ordinaten geschnitten werden. Wird z. B. die Ordi- 
nate MM’ in die Axe umgelegt, so erhält man rechts derselben in der 
Axe den Punkt m, und links den Punkt m’; ebenso erhält man, wenn 
die Ordinate NN’ in die Axe umgelegt wird, einerseits den Punkt z 


A6 i Fialkowski. 


und anderseits den Punkt z’ in derselben u. s. w. Werden alsdann 

aus m nach links oben, und aus m’ nach rechts unten zu der Diagonale 

EG Parallele gezogen, so wird durch die erste die Ordinate MM’ 

in m” und durch die zweite Parallele dieV erlängerung dieser Ordinate 

unterhalb der Axe in »”’ geschnitten; und jeder dieser zwei Punkte 

ist ein Punkt der in das Rechteck EFGH einzuschreibenden Ellipse. 
Beweis. 

Vergleicht man die durch diese Construction entstandenen Drei- 
ecke M'mm", N'nn' u. s. w. mit dem Dreiecke EFG, so findet man, 
dass sie mit einander ähnlich sind, indem die homologen Seiten zu ein- 
ander parallel sind; es ist nämlich EF || M’m, M'm" || FG, mm! I EG 
u. s. w. Man kann daher folgende Proportion aufstellen: 

Mm Mm = N'n" : N n=P 9". Pp—FGr BR. 
und da CD=FG und EF— AB ist, so hat man durch Substitution 
Mm": Mm=Nn": Nn=P'yp":P’'p=CD: AB, also wenn 
man nur die zwei Dreiecke M’mm”' und EF@ mit einander vergleicht: 
M'm’ : Mm=F@G: EF oder 
Mm’:M m=(CD:AB. .„ . . za 
Setzen wir nun der Kürze wegen 
MO=x und Mm —=y, 
ferner AB=?2aund CD=2, 
so brauchen wir nur noch die M’m, welehe nach der Construction 
gleich M'Mist, durch Rechnung zu finden; denken wir uns also zu 
diesem Behufe die MO gezogen, so haben wir: 
MO -MWM +0; 
und da MO = BO, und MM = M'm 
ist, ferner BO =awd MO=x 
gesetzt wurde, so folgt: 
M'M—=V «@— 2:=M'm. 

Substituirt man diese Werthe in die obige Gleichung ©. so 

erhält man: 
Me: Ve —=%b:2a=b:a 
und hieraus ay=b Ve— x, 
welche Gleichung beiderseits quadrirt sofort gibt: 
| a? y?— b? (a?— x?) = a? b?—b? x%, 
daher b? x -+ a? y? = a* b? 


os 


EEE En 


Construction des Kreises und der Ellipse. AY 
und hieraus durch Division mit a? b? 
2 
folgt —_ _ = 


eine bekannte Gleichung der Eilipse; folglich ist der durch diese 
Construction gefundene Punkt m” ein Ellipsenpunkt. 

Was nun von diesem Punkte gilt, das lässt sich auf ähnliche 
Art auch von jedem andern Punkte erweisen, welcher auf ähnliche 
Art gefunden wird. 


&. 32. 
Construction der Ellipse in einem Parallelogramme nach der in $. 31 ange- 
gebenen Art. 

Sind zur Construction einer Ellipse die beiden econjugirten Axen 
sowohl ihrer Grösse als auch ihrer Richtung nach gegeben, so wird 
hierbei auf ähnliche Art wie bei dem Rechtecke verfahren, mit dem 
Unterschiede, dass die Ellipsenpunkte nicht in den Ordinaten, son- 
dern in den durch die Fusspunkte derselben zu der kleinen Axe ge- 
zogenen Parallelen liegen; wesshalb in diesem Falle durch die Fuss- 
punkte der Ordinaten zu der kleinen Axe parallele Gerade gezogen, 
und mittelst der durch die umgelegten Endpunkte der Ordinaten zu 
der Diagonale gezogenen Parallelen geschnitten werden müssen. 

Sollte also für diesen Fall irgend ein Punkt der Ellipse bestimmt 
werden, so beschreibe man Fig. 36 mit dem halben conjugirten 
Durchmesser, also mit BO aus O einen Bogen Bu; nehme auf diesem 
irgend einen Punkt J an, ziehe dann die Ordinate JX, lege sie um den 
Fusspunkt Kin die Axe um, ziehe durch diesen Fusspunkt die NP ]| CD, 
endlich aus M die MN || EG, und aus L die LP ebenfalls parallel 


zu EG, wodurch man die zwei Ellipsenpunkte N und ? erhält. 


Wird ferner LO=KO gemacht, durch den Punkt Z eine Paral- 
lele zu CD gezogen, und LO=LR=KN abgeschnitten, so erfolgen 
die Punkte Q und A als die zwei correspondirenden Punkte für N 
und P, wodurch man also vier Punkte der Ellipse gefunden hat. 


Beweis. 


Der Beweis für die Richtigkeit dieser Construction wird auf 
ähnliche Art wie beim Rechtecke geführt; denn man braucht nur die 
zwei Dreiecke EFG und MNK mit einander zu vergleichen, so findet 
man dass sie einander ähnlich sind, indem je zwei und zwei Seiten 


48 Fialkowski.. 


=> 


nach der Construction zu einander parallel, daher die gleichliegenden 
Seiten gerade proportionirt sind, nämlich: 

KN: KN=F@G:EF=CD: AB. 

Setzt man der Kürze wegen 

| KO=e, KEN =y); 
ferner EG=(CD=%' 
und EF=AB=2a', 
zieht die Hilfslinie 0J, und sucht die JX, welche gleich KM ist, 
(indem KM gleich JK gemacht wurde), so findet man auch hier, 
wenn die entsprechenden Werthe substituirt werden : 

y:Vor— ar =b':ar, 
woraus | er = —= 1, 
also ebenfalls eine bekannte Gleichung der Ellipse erfolgt; es ist 
daher auch für diesen Fall die Richtigkeit der angegebenen Construc- 
tion nachgewiesen. 
$. 38. 

Der dritte Fall dieser Construction tritt dann ein, wenn in einem 
perspectivischen Quadrate eine Ellipse eingeschrieben werden soll. 
Wir unterlassen indessen die graphische Durchführung dieses Falles, 
weil man, wie in $. 6 bereits erwähnt wurde, diese Construetion 
nicht jedesmal mit Vortheil benützen kann. Auch ist diese Construc- 
tion in der Perspective nicht mehr neu, indem man sie in einigen 
neuen Werken über die Perspective findet. 

Der Beweis kann auch in diesem Falle auf ähnliche Art, wie 
beim Parallelogramme geführt werden, indem die d@rch den Fuss-- 
punkt der Ordinaten gezogenen Parallelen nach dem Hauptpunkte, 
jene aber, welche zur Diagonale parallel geführt werden, nach dem 
Distanzpunkte convergiren. 

Wird nun, was in der Perspeetive meistens geschehen muss, um 
ein schönes Bild des Gegenstandes zu erzielen, mit irgend einem 
Theile der Distanz gearbeitet, so muss auch von jeder Ordinate der 
eben so vielte Theil jedesmal abgeschnitten werden, was allerdings 
unbequem und zeitraubend ist. | 

$. 34. 

Bei der in $. 31 gezeigten Construetion ergibt sich noch Fol- 
gendes: Werden, wie Fig. 37 zeigt, die Ordinaten in gleicher Entfer- 
nung von einander und ziemlich gedrängt angenommen, sodann aus den 


Construction des Kreises und der Ellipse. A9 


Fusspunkten dieser Ordinaten mit den Radien gleich diesen Ordinaten 
- Kreise beschrieben, so entsteht dadurch eine Figur, deren Umfang sich 
desto mehr einer Ellipse nähert, je mehr Ordinaten man annimmt, und 
wenn eine von ihnen so gezogen wird, dass sie den Quadranten halbirt. 

Die grösste Entfernung eines Punktes auf der Verlängerung der 
grossen Axe von dem Mittelpunkte ‚derselben, erhält man dann, wenn 
man mit der Ordinate gleich dem Sinus von 45° einen Kreis auf die 
besagte Art beschreibt. In Fig. 38 schneidet ein solcher Kreis die 
Axe XX' in A’, alle anderen Punkte, welehe mittelst der nächst- 
folgenden Ordinaten erhalten werden, rücken wieder zurück, so dass 
der letzte Punkt links in A sein wird. 

Alsdann wird das Verhältniss der beiden Axen dieser Ellipse 
wie V2:1 sein, denn es ist, wenn A’m und Om gezogen werden: 


A’'m = mO 
AO = CO 
und da der <[ A’mO = A00 ist, 
so ist das A A'mO & A0C, 
daher AO—=HAL; 
es ist aber, wenn AO = (O0 =1 gesetzt wird, 
AC—=4A'0—V2 und CD=2; 
folglich ist AB ::CD= 2V2:2 
oder a:db= V2:l. 


Bei dieser Construction kommen noch zwei besondere Eigen- 
schaften zum Vorschein : «) Wird durch die Ordinaten, wie in Fig. 37, 
der Durchmesser AB in eine gewisse Anzahl gleicher Theile getheilt, 
so fallen die Durchschnittspunkte der auf besagte Art beschriebenen 
Kreise in die Ordinaten; 5) wird aber durch die Ordinaten wie 
in Fig. 38 die Peripherie in eine gewisse Anzahl gleicher Theile 
getheilt, so berühren sich die Kreise in der Abseissenaxe. | 

Letzteres folgt desshalb, indem wie Fig. 38° zeigt, wenn der 
Punkt E in der Peripherie des Kreises beliebig angenommen, ferner 
EF_LAO, COiLAB und EG_LCO gezogen, sodann BH=CE 
gemacht, und HJ_LJO geführt wird u. s. w. 

FO=cos a=sin ß= JK 


und JO— cos B=sina=FK 
daher FO+JO=FK-+JK; 
es ist aber FO+JO=FJ, | 

also auch FK+JK=FJ; 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XV. Bd. I. Hft. A 


50 Fialkowski 


folglich berühren sich die aus F und J mit ihren Ordinaten beschrie- 
benen Kreise in K. Dasselbe gilt auch von jedem andern Punkte. 

Man kann für eine solche Ellipse nur mittelst zwei Ordinaten 
mehrere Punkte, so wie auch die zweite Axe bestimmen, und diese 
Curve mit Vortheil aus Kreisbögen zusammensetzen, wie dies Fig. 39 
zeigt. h 


8.35. 


Construction der Ellipse in einem Rechtecke, wenn der Hilfskreis über der 
kleinen Axe beschrieben wird. 

Viel interessanter wird die im $. 31 angegebene Construction, 
wie auch der Beweis, wenn man sich die Ellipse durch die Drehung 
des Kreises, welcher mit der halben kleinen Axe oder mit dem 
halben kleinen eonjugirten Durchmesser über demselben aus dessen 
Halbirungspunkte beschrieben wird, entstanden denkt. 

Wir haben im $. 12 bei der Erklärung der Fig. 12 und 13 
bereits nachgewiesen, dass man sich jedes Rechteck oder Parallelo- 
gramm durch die Drehung zweier verschiedener Quadrate, folglich 
auch die einzuschreibenden Ellipsen durch die Drehung zweier ver- 
schiedener Kreise entstanden denken kann. Für den Fall, wenn die 
Ellipse durch die Drehung eines mit der grossen Halbaxe oder 
mit dem halben grösseren conjugirten Durchmesser beschriebenen 
Kreises entstanden gedacht wird, ist die Construction im $. 31 und 
32 bereits nachgewiesen; wir werden nun auch für den so eben 
erwähnten Fall zuerst die Construction zeigen, sodann dieselbe 
nachweisen. | 

Man beschreibe aus O (Fig. 40) mit dem Radius OB = 04 
einen Kreis, ziehe in diesem die Ordinate JÄ, verlängere sie nach 
ab- und aufwärts, und durchschneide aus X mit JK die AB in L, deren 
Verlängerung aber in M; wird alsdann durch Z zu der Diagonale 
EG eine Parallele gezogen, welche die Verlängerung der Ordinate, 
d. i. die mn in N schneidet, so ist dieser Punkt ein Ellipsenpunkt. 
Wird ferner aus demselben Punkte zu der zweiten Diaganale eben- 
falls eine Parallele, also ZN’ || FH gezogen bis mn geschnitten wird, 
so ist auch dieser Punkt, d. i. N’, ein Ellipsenpunkt, und zwar der- 
jenige, welcher mit dem ersten correspondirt. 

Diese zwei Punkte kann man aber auch dadurch erhalten, indem 
man aus M die MN’ || EG und MN || FH zieht. 


Construction des Kreises und der Ellipse. 51 


Beweis. 

Zum Behufe des Beweises muss man entweder die Axen mit 
einander oder die Abseisse mit der Ordinate verwechseln, was auch 
ganz richtig ist; denn wenn man sich die in das Parallelogramm 
einzuzeichnende Ellipse (Fig. 40) als das Bild des aus O mit OB 
beschriebenen Kreises vorstellt, so ist es nichts anderes, als ein 
verzerrtes Bild, beziehungsweise der kleinen Axe, in welchem Bilde 
die kleine Axe nicht kleiner, sondern grösser erscheint. 

Man muss also dann JK = KN' setzen, welches perspectivisch 
richtig ist, wenn das Auge des Beobachters in unendlicher Entfer- 
nung angenommen wird. 

Man kann aber den Beweis für die Richtigkeit dieser Con- 
struction auch auf folgende Art führen: 

Da das Dreieck ÄLN’ vo HGF ist, so findet folgende Propor- 
tion Statt: 

LK: NK = HG: FG, 


es ist aber HG = AB 
und FG —=CD, 
also BR SN KR ABACDH:: 2 2 rl 


Setzen wir der Kürze wegen: 
HG = AB = 2b 
FG =CD= 20 
und nehmen den Anfangspunkt der Coordinaten im Mittelpunkte O an, 
so wird, wenn man sich durch N’eine Parallele zu AB gezogen denkt, 
das Stück Op = N’K— x abgeschnitten, wo dann N’ p= O0K=y ist. 
Man hat daher durch Substitution dieser Werthe in die Glei- 
chung («) 
i LK: = =2b:2a—=b:a....(P). 
in welcher Proportion nur noch das erste Glied unbekannt ist. 
Denkt man sich nun OJ gezogen, so folgt aus dem recht- 
winkeligen Dreiecke OJK: 


2 


JK = VJ0 OR 


da aber 0J)=0B=b 
und OK =y 

ist, so folgt JK= y b: — y°; 
es ist aber JK = LK 


A* 


52 i Fialkowski. 


nach der Construction, 

also | JK = y b?— y:, 

welcher Werth für LK in die Gleichung (ß) substituirt, gibt 
Ve—-a2:2—=b:a, 

woraus, a vb — y® — HB. 


Diese Gleichung beiderseits quadrirt gibt sofort 
a? (a? — y?) — b? x? 


a? b? a Na — b? x? 
b? 2? + a?y? — a?b? 
und hieraus = a 


also eine bekannte Gleichung der Ellipse folgt. Es muss daher jeder 
auf ähnliche Art bestimmte Punkt ein Ellipsenpunkt sein, w. z. b. w. 

Zu derselben Relation gelangt man auch, wenn man aus dem 
angegebenen Grunde AB —= 2a und CD = 25 setzt und darnach 
auch die Abscissen und Ordinaten bezeichnet. 


8. 36. 


Construction der Ellipse in einem Parallelogramme, wenn der Hilfskreis über 
dem kleinen conjugirten Durchmesser beschrieben wird. 

Auch in diesem Falle ist die Construction der Ellipse ähnlich 
mit der im $. 85 angegebenen. 

Ist (Fig. 41) AB der kleinere und CD der grössere conjugirte 
Durchmesser der Grösse und Richtung nach gegeben, so kann auch 
das der zu zeichenden Ellipse umschriebene Parallelogramm EFGH 
als gegeben betrachtet werden. 

Ist dieses Parallelogramm gezeichnet, und in demselben die 
beiden Diagonalen gezogen, so beschreibe man über dem kleinen con- 


jugirten Durchmesser AB einen Hilfskreis, nehme in der Peripherie 


desselben den Punkt Jan, ziehe die diesem Punkte entsprechende 
Ordinate JK, und lege sie beiderseits in die Axe AB um, wodurch 
man den Punkt L und M erhält. | 

Wird endlich durch den. Fusspunkt dieser Ordinate die Gerade 
mn || OD gezogen, und aus dem Punkte Z die LN || FH geführt, so 
ist der Durchschnittspunkt dieser zwei Geraden, d. i. N ein Punkt 
der zu zeichnenden Ellipse. 


u nn a 


Construction des Kreises und der Ellipse. 53 


Wird ferner aus dem Punkte Z die LN’ || E@ gezogen, so er- 
folgt der Punkt N’ als ein zweiter und zwar als correspondirender 
Punkt des Punktes N derselben Ellipse. 

Man kann aber dieselben Punkte erhalten, wenn man aus dem 
Punkte M zu den entsprechenden Diagonalen Parallelen zieht, wie aus 


der Figur ersichtlich ist. 
Beweis. 


Vergleicht man die in dieser Figur entstandenen Dreiecke mit 
'einander, so findet man bezüglich des Punktes N das ALNK w 
FGH, daher: 

LE: NK = GH: FG; 


es ist aber | GH—=AB= 2), 
und FG = CD = 2a; 
also LK:NK = AB: CD= 2%':2d—=b':a...(«). 


Nimmt man nun die conjugirten Axen als die Coordinaten- 
Axen an, so hat man, wenn die Abseissenaxe mit der Ordinatenaxe 
verwechselt wird, Ok =y und NK=«. 

Denkt man sich ferner auch die Hilfslinie JO gezogen, so folgt 
aus dem rechtwinkeligen Dreiecke JKO: 

U 0 208 


Da nun die Gedachte 0J =O0B=b 


‚und OR —='7j ist, 

so hat man JK—V be—y®; 

es ist aber IK — LK nach der Construction, 
daher LK = Vir—y® 3 


Werden nun diese Werthe in die Gleichung (x) substituirt, 
so folgt: 
Vor ye:e=b:a 
woraus man Pa Y2 — B4, erhält. 
welche Gleichung beiderseits quadrirt sofort gibt: 
7  a?(b?--y?) = br? 
ar br — ury? = br? 
und hieraus — + ie — 
also ebenfalls eine Gleichung der Ellipse. daher ist jeder auf diese 
Art gefundene Punkt ein Ellipsenpunkt. 


BA Fialkowski. 


8. 37. 

Fassen wir die vier Figuren 35, 36, 40, 41 näher ins Auge, 
so folgt daraus, dass im ersten Falle Fig. 35 und 40 die Ordinaten 
nicht verlängert zu werden brauchen , im zweiten Falle aber, sind 
die durch den Fusspunkt der Ordinaten zu der nicht verlängerten Axe 
gezogenen Parallelen ganz entbehrlich, sobald man die beiden mittelst 
des Umlegens der Ordinate in der Axe erhaltenen Punkte benützt. 

So gut man also im ersten Falle die Ordinate nicht zu ver- 
längern und im zweiten Falle durch den Fusspunkt derselben eine 
Hilfslinie nicht zu ziehen braucht, eben so gut braucht man nicht 
alle vier Linien, welche für je zwei Punkte ein Parallelogramm bilden, 
zu ziehen. 

Man wird daher aus jedem der zwei umgelegten Punkte Z und M 
(Fig. 42 und 43) zu der einen der zwei Diagonalen eine entspre- 
chende Parallele ziehen, und diese dann aus denselben Punkten parallel 
zu der zweiten Diagonale einschneiden. Werden überdies die Punkte 
L und M entgegengesetzt übertragen, so können mit einem Schlage 
mittelst der zu den Diagonalen gezogenen Parallelen alle vier Punkte 
bestimmt werden, wobei die meisten Linien, welche hier der Erklä- 
rung wegen gezogen werden mussten, also auch die Hilfskreise weg- 
gelassen werden können, wie dies aus Figur 42 und 43 leicht einzu- 
sehen ist. z 
$. 38. | 
Construction des Kreises mittelst zweier um zwei fixe Punkte drehbaren 

Geraden. 

Wir kommen nun zu einem äusserst interessanten Gesetze über 
die Construction des Kreises, welches sich bei der genaueren Unter- 
suchung des in $. 1 und 2 aufgestellten Satzes näher ergeben hat. 

Es sei (Taf. VII, Fig. 44) ABCD ein Quadrat, in welchem jede 
der vier Seiten halbirt, sodann je zwei gegenüberliegende Halbi- 
rungspunkte mit einander durch Gerade verbunden, und überdies auch 
die Gerade FG gezogen; es ist also MF der Halbmesser desjenigen 
Kreises, welcher dem Quadrate ABCD eingeschrieben wird, FG: die 
_ Diagonale des Viertelquadrates, daher ist sie auch die Sehne des 
Viertelbogens, oder kurzweg Neunziger-Sehne. 

Wird nun die Neunziger -Sehne FG, z. B. in 4, die MF aber 
in Amal so viele gleiche Theile, als in wie viel die F@ getheilt 
wurde, also in 4? gleiche Theile getheilt; wird ferner die durch 


Construction des Kreises und der Ellipse. 55 


die Eintheilung der Neunziger-Sehne erhaltene Einheit F/, auf der 
Verlängerung des Halbmessers EF Amal aufgetragen, so ist, wenn 
der Halbirungspunkt @ mit dem Punkte 7’ auf FU, und der Eckpunkt 
B mit 1 auf MF durch Gerade verbunden werden, der Durchschnitts- 
punkt I" dieser zwei Geraden ein Punkt der Peripherie desjenigen 
Kreises, welcher dem Quadrate ABCD eingeschrieben werden soll. 

Eben so gibt, @ mit II’ auf FU, und B mit 4 oder 2? auf MF ver- 
bunden, den Punkt /J", ferner @ mit IIT' auf FU und B mit 9 oder 3? 
auf MF den Punkt //T', und endlich gibt, @ mit IV’ auf FU und B mit 16 
oder 42 auf MF durch Gerade verbunden, den Punkt /V’’; so also, dass 
alle vier Punkte I", IT", IIT', IV’ in der Peripherie des dem gege- 
benen Quadrate ABCD eingeschriebenen Kreises liegen. 

Fassen wir diese Construction näher ins Auge, so sehen wir, 
dass der Construction eines jeden Kreises durch die Eintheilung des 
Halbmessers und der Neunziger - Sehne zwei verschiedene Einheiten, 
welche von einem und demselben Punkte nach entgegengesetzten 


Richtungen auf einer Geraden aufgetragen werden, zu Grunde liegen. 

Wird demnach die Einheit Fi = . — = des Halbmessers 
MF' von F angefangen auf EF und dann auf deren Verlängerung noch 
weiter, so oft als es auf der Zeichenfläche geht, aufgetragen, die so 
erhaltenen Theilungspunkte von F angefangen mit natürlichen Zahlen 
bezeichnet, und diejenigen Punkte, auf welche bei der Bezeichnung 
die Quadrate der natürlichen Zahlen fallen, deutlicher markirt 1), 
sodann die Einheit der Neunziger - Sehne auf der Verlängerung der 
EF so oft von F aus aufgetragen, als es auf der entgegengesetztien 
Seite Quadratzahlen gibt, so gilt das aufgestellte Gesetz auch dann, 
und es gibt somit, wie Fig. 44 zeigt: 

Die Gerade @J’ mit der Geraden B 1 oder B1? den Punkt I" 

BEENGIl 25%, eur sonBaeı erdi 

% Ur @T\ 25 media Us Saal“ 

» 1 2] VE Bi w Bilßng-IsBAre Pi nl 

5 RHUNG Yin a 5125 za Ba DpmBSR |, yoialg 


" A RA ons anne) Ends 5 N 


1) Wir wollen diejenigen Punkte, auf welche bei der Bezeichnung der Theilungs- 
punkte die Quadrate der natürlichen Zahlen fallen, Quadratpunkte nennen, um 
uns bei der Erklärung desto kürzer und leichter ausdrücken zu können. 


56 Fialkowski. 


und endlich der in unendlicher Entfernung liegende Punkt einer- 
seits mit @, und der diesem Punkte entsprechende Quadratpunkt andern- 
seits mit 5 verbunden, gibt den Halbirungspunkt der Seite AB, so 
also, dass die Gerade @& mit der Geraden Bo >= ©, oder mit 
Bo? auf die obige Art in Verbindung gebracht, den Punkt @ gibt. 

Auf diese Art kann man also für einen jeden Quadranten belie- 
big viele Punkte bestimmen, und solche Construction der Punkte für 
jeden einzelnen Viertelkreis ins Unendliche fortsetzen, indem man 
die zwei senkrecht aufeinander stehenden Durchmesser nach den vier 
Richtungen verlängert, und bei der Bestimmung der Punkte auf eben 
die Weise vorgeht, wie bei dem ersten gezeigt wurde. 


8. 39. 


Bevor wir nun die Richtigkeit dieser Construction nachweisen, 
wollen wir zuerst ebenfalls einen neuen, hierzu erforderlichen Lehr- 
satz für Quadratzahlen aufstellen und begründen, d. h. wir wollen 
zuerst zeigen, auf welche Art man durch geometrische Construction 
die Quadrate der natürlichen Zahlen auf dem Durchmesser für den 
Fall erhält, wenn die Sehne von 90° oder Neunziger-Sehne in eine 
beliebige Anzahl gleicher Theile getheilt wird. 

Es sei nun ACBK (Fig. 45) ein mit einem beliebigen Halb- 
messer beschriebener Kreis; man ziehe in diesem die Neunziger- 
Sehne BC, theile sie in eine beliebige Anzahl gleicher Theile, be- 
schreibe mit dem Radius gleich einem solchen Theile aus dem einen 
Punkte dieser Sehne hier aus B einen Kreis, weleher den ersten in Z, 
den Radius BO in @ und dessen Verlängerung in F schneidet; so 
entstehen, wenn die Geraden AE, EF, EG und BE gezogen werden, 
zwei rechtwinkelige Dreiecke, d.i. das Dreieck AEB und EFG, in 
welchem Falle, wenn von ihrem gemeinschaftlichen Scheitelpunkte E 
die Normale EH gezogen wird, das Stück AH gefunden werden kann. 

Bekanntlich ist die Neunziger-Sehne hier BC = Y 2, wenn der 
Halbmesser BO=r=1 gesetzt wird. Denkt man sich nun 5C etwain 
vier gleiche Theile getheilt, und einem solchen Theil zum Halbmesser 
für den zweiten Kreis @EFK' genommen, so istb@ =BD=BE = 


BF = - V_ 2%; es sei ferner der Kürze wegen EH — h, BH = «, 
GH=ywdBG = BH+GH= sc -+y,wdaB0O=er=1 
ist, so folgt AH =? — eund FH = x + . N 


” 
E 
r 
{ 

3 


Construction des Kreises und der Ellipse. 57 


Nach diesen Voraussetzungen finden folgende zwei Proportionen 
statt: 


Es ist BH:EH = EH: AH 

und da | AH = AB—BH 

ist, sohatman BH:EH= EH:AB—BH..... .(e); 
eben so ist GH: EH = EH: FH 

und da FH = BH-+ BF 

ist, so folgt GH:EH=EH:BH-+-BF .....(B). 


Substituirt man in diesen zwei Proportionen die obangeführten 
Werthe, so hat man: 


EINER MOL) 2.2 NAT 
und y:h=h:(@+ z 9?) UOTE EN 
somit aus («') h? = x (?—e) 
und aus (P’) Ra G + = v2). 
daher © (?2—2) = y (« — nn v2). ER N 
es ist aber a+y= v2 — BG. 
somit — 2 v2—z, 


folglich durch Substitution in (7) 
3 14.2 
x (?—x) = = v2—e) (z v2+®). 


1 EN 
woraus 27°—X? = (= V 2) —ır? 
1 
also | 2 — m 2 | 
und hieraus = ran dh folgt 
; 16 Ar 2 


= wenn der Halbmesser 
des Grundkreises, d..BO=r — 1 gesetzt, die Neunziger-Sehne 
BC in vier gleiche Theile getheilt, und aus 3 mit dem Halbmesser 
gleich einem solchen Theile der Punkt E auf der Peripherie des 


Grundkreises bestimmt wird. Eben so findet man 


Es ist somit das Segment BH = x 


| 


4 | Aen/ 28 4 
für z+y— V2e—- 5-5 
3 yo 3° 9 
Ce Var 4? 16 

Pr) 24 y 7V22 =. 0. | 


58 Fialkowski. 


Um diesen Satz ganz allgemein nachzuweisen, bezeichnen wir 
die Anzahl Theile, in welche die Neunziger-Sehne BC getheilt wird 
mit 2 und die Anzahl derjenigen Theile, welche man zum Radius des 
Hilfskreises nimmt mit p, so ist der Radius für den Hilfskreis (auf 
den Radius r = 1 bezogen) an. v- pr daher nach der 

n 
angeführten Proportion: 
23h =h: Rad): ee 


y:h—h:(e +! Y2) 


somit aus («) h? = x (?—x), 
und aus (ß) h=y & + [ v2). 
daher = 2a) = y(e +5 72): il Az Me 


da nun auch hier 
| BH+6CH=-«+y=!?v2 
ist, so folgt a L 25 
und daher, wenn dieser Werth in die Gleichung (y) substituirt wird 
x (2 —r) = © va — «) (Eva+ ©), 


woraus x (?—) = ee 22, 
somit 27—a? = = Be 
also Ir — 2 ’ 

folglich a 


folgt, w. z. b. w. 

Da nun eine jede Gerade in eine beliebige Anzahl gleicher 
Theile geometrisch theilbar ist, so gilt dies von jedem beliebigen 
Punkte des Quadranten und dessen entsprechender Sehne. 

2 

Löst man die Gleichung x = = in eine Proportion auf, so 

erhält man: 

z:p=p:n, 
d. h. in Worten ausgedrückt: Jedes Stück der Neunziger - Sehne ist 
die mittlere geometrische Proportionale zwischen dem Quadrate 


| 
% 


Construction des Kreises und der Ellipse. 59 


dieser Sehne und demjenigen Segmente des Durchmessers, welches 
zwischen dem einen Endpunkte der Sehne und dem Fusspunkte der- 
jenigen Ordinate liegt, deren Peripheriepunkt mit diesem Sehnen- 
stücke aus demjenigen Endpunkte, dem das Segment anliegt, 
bestimmt wird. | 
Man kann daher mittelst der aus diesem Satze abgeleiteten Con- 
struction für jede beliebige Eintheilung der Neunziger - Sehne auf 
dem Durchmesser die Eintheilungslinien für die Quadrate der natür- 
lichen Zahlen erhalten, ohne den Durchmesser eintheilen zu müssen. 


Wird nun in der Gleichung « = E \ 
N 
n=%&undp = 1, )(woi eine durch die Ein- 


1 

2, theilung der Neunzi- 
— a, ger-Sehne erhaltene 

A Einheit bezeichnet) 


gesetzt, so erhält man: 


4° 1 
für == 1, ee, 
Ze , AR 16 
Br 4 
„p=4,x = — = —, | (vom Halbmesser 
4° 16 \ 
92 9 des Grundkrei- 
” > d, ve — = — F) 
4? 16 
D — A, = — = — 
‚? ‚316 &£16 


Es sind daher die Zähler der so erhaltenen Brüche die Quadrate 
der natürlichen Zahlen, welche nach der angeführten Construction 
dadurch gefunden werden können, wenn man nach und nach mit den 
Radien gleich den Zählern der Brüche: 1%, %/, 3/, und %/, oder 


im Allgemeinen mit Re von der Neunziger-Sehne aus F die Peri- 


pherie des Grundkreises durchschneidet, und von diesen Durch- 
schnittspunkten die Ordinaten zieht. 
Dieser Satz gilt aber auch dann, wenn auf der Verlängerung 


1 
der Neunziger - Sehne = derselben aufgetragen wird, denn es ist 
(Fig. 46), wenn man die Sehne BC = Y2 und ihre Verlängerung 
1 
JO = = v2 setzt, d. h. wenn man » + - soleher Theile zum 


Radius des Hilfskreises nimmt: 


60 Fialkowski. 
ahs=eihr (282) re ae 
ai 17,2 : 
yiR-h:le var va).. So 
‚ daher au (ad) = x (?—r), 
ie 1 Re 
und aus ($) M=y(ae+ve+ „je 
: ur i högaee 
folglich = 2a) =-y(e ++). u Fran 2 ee ee 
es ist aber 
en 1 I 
nu vVaı va DM Ba 
daher 
a 1 
PUR 
folglich den Werth für y in (y) substituirt, gibt ferner: 
a Fe Bi 1 
» 2—a)- vE+ re) VE+—rNHte), 
4 14,53. ei wish 
2) - (Er rer r)t 
A 2 
22 ®- (vet N). 
2 d 
che ion sur 


4 2 


2 1 n”" +2n +1 


2 —1 Eu er Fee 
an n 1: n? 4 Mr 
woraus endlich 
(n + 1)? . 
= nie erhalten wird. 


Da nun die Neunziger - Sehne in » gleiche Theile getheilt und 
n + 1 solehe Theile zum Radius des Hilfskreises genommen wurde, 
so ist auch hier x — dem Quadrate der genommenen Theile divi- 
dirt durch das Quadrat derjenigen Anzahl Theile, in welche die Sehne 
getheilt wurde. | 
Dieser Satz gilt auch dann, wenn auf der Verlängerung der 
5 1 
Neunziger - Sehne der —te Theil derselben 1, 2,3 ... oder m mal 
”R 

aufgetragen wird, denn es ist: 

N ee RE Le 


y:h=-h:(@e+v2+—Y2) Ze net a 


_ Construetion des Kreises und der Ellipse. | 61 
folglich aus (x) h? = x (?— 2), 
und aus (P) 29 («+ v2 + — y2), 


daher 
2 @— 2)=y(e +V2+ — y2) here 
da nun 
© Mm Mi 
Na N 
ist, also 


— m SCH 
so erhält man durch Substitution in die Gleichung (y): 
& m se m. 
x (2—2) = (v3 = Er v2—«) (v2 + er v2 ) ; 
she m, 22 
3a—er — (v2 + —Y2) —ar. 


2 - (v2+ Zr2)=2+2.7 2 


woraus 
2m m? n? +2 mn + m? 
nt 2; Er Zi Se Be MEFTSIERTER 
n n n 
; (n+ m)? 
folglich = ART = 


also ganz allgemeiner Ausdruck erhalten wird, w. z. b. w. 

Je grösser also die Anzahl Theile, in welche die Neunziger- 
Sehne getheilt werden soll, angenommen wird, desto öfter lässt sich 
ein solcher Theil auf einer geringen Ns dieser Sehne, und 


ebenso auch der erste Werth für = — am: dem Durchmesser und 
n? 


dessen Verlängerung auftragen, wodurch man also auch desto mehr 
Punkte nach der besagten Construction erhält. 


8.40. 

Aus der näheren Betrachtung der Fig. 46 sieht man leicht ein, 
dass die Verlängerung der Sehne BC beliebig lang gemacht werden, 
hingegen der Radius für den Hilfskreis bei der jedesmaligen Ein- 
theilung der Sehne das Maximum — 2r des Grundkreises erhalten 
kann; was auch ganz natürlich ist, indem der Grundkreis mit einem 
grösseren Radius als 2r aus dessen einem Peripheriepunkte gar 


62 Fialkowski. 


nicht geschnitten werden kann, und der Punkt A, d. i. der Endpunkt 
des Durchmessers AB, wird der letzte Durchschnittspunkt sein, 
dessen Ordinate gleich Null ist. 

(rn + m)? 


Da also in der Gleichung x = „= sowohl » als m 


bekannt sind, und die Neigung der Neunziger-Sehne, wie auch deren 
Verlängerung dieselbe bleibt, aber auch » constant ist, so folgt 
daraus, dass man für jeden Werth vonp=n-+ m, auch den ent- 
sprechenden Werth für « berechnen kann, wenngleich der Grund- 
kreis mit dem Radius p = n + m nicht geschnitten wird. 

Wird demnach die Neunziger-Sehne in zwei gleiche Theile 


getheilt, so hat man vermöge der Gleichung x = = 
für p = SW? :-(5) =;- 
»-, mel) -, 
„2, 0-6)-: 
» P=2v, :- 65) -7- 
Be F er 3 = 
a Vi ee) m % 


Wird die Sehne in drei gleiche Theile getheilt, so ist: 


wm e-l)-r 

ya Pete b 

‚P= 2 2=-()- 27-1. 
Kun 2 4\2 16 

> By Ak 
De 512 25 

» Dez. he. = ne mug? 

» P=— N, »- (2) = 


Wird die Sehne in vier gleiche Theile getheilt, so folgt: 


rim) 


nn 


Construction des Kreises und der Ellipse. 63 
B “r 212 4 
für p = v2,2=(,) mer 


A MN? m? 
” Dr, V%: == (7) zur, 
und allgemein, wenn die Neunziger-Sehne in z gleiche Theile 
getheilt wird, erhält man im Allgemeinen: 


mp im e-l)-i 
‚= vn 2=-(l)- 5, 
also ganz allgemein 


Aus dieser schematischen Darstellung sieht man, dass, wenn 
m —= nist, 2 = 1 erfolgt, für welchen Fall also x gleich dem 
Radius des Grundkreises ist. Daraus folgt ferner, dass man auf dem 
Radius des Grundkreises so viele x erhalten kann, als in wie viele 
Theile die Neunziger -Sehne getheilt werden soll, und dass man 
desto mehr x und folglich auch desto mehr Punkte des Kreises 
erhält, je grösser die Anzahl ist, in welche die Neunziger-Sehne 
getheilt wird. 

Wird aber nur irgend ein Theil der Neunziger -Sehne genom- 


‘men, so dass man nicht bestimmt weiss, der wie vielte Theil von 


dieser er ist, so kann auch dann, jedoch nur allein durch Construction, 
das entsprechende x gefunden werden. 


64 Fialkowski. 


&. 41. Gen 
Da nun die Neunziger-Sehne BC in eine beliebige Anzahl glei- 
cher Theile getheilt werden kann, so folgt daraus, dass p unzählig 
viele Werthe annehmen kann, es kann daher unter andern 
Va 
—e 
—V 3 
u. s. w. gleich den bekannten Linien gesetzt werden; es wird also 
1 ı2 1 8 
a, = 1.2 (7,) - _ -___ 


dem halben Radius, 


% ANNE 5, 4 2 a 
frp-r—- 22 = (7,) ae Fe 
dem doppelten Radius, 
N au Var 08 16 
ee ae 
dem Radius, 
1 “ 1 > 2 a 1 
- (v2) 2 A 
dem vierten Theil des Radius, 
? er 2y2 64 
fürp 22 2 75 an 


dem doppelten Durchmesser. 

"Bei den zuletzt angeführten Werthen für x muss der Ausdruck 
V 2 beibehalten werden, weil hier den im Zähler substituirten Zahlen 
die Einheit des Grundkreises zu Grunde liegt. 


Anmerkung. Von diesen so eben angeführten und berechneten Werthen 
für © werden wir einige zur Construction der Ellipse benützen. 


8.42. 


Wir werden nun hier das in $. 38 angegebene Gesetz mittelst 
des im $. 39 und 40 entwickelten Satzes zu beweisen suchen. 

Es sei also (Fig. 47) ABCD das gegebene Quadrat, in welchem 
jede der vier Seiten halbirt, und je zwei gegenüber liegende Hal- 
‚birungspunkte durch Gerade mit einander verbunden werden, deren 
Durehsehnittspunkt bekanntlich der Mittelpunkt des diesem Quadrate 
einzuschreibenden Kreises ist, die Linien selbst aber Durchmesser 
dieses Kreises sind. 

Man verlängere nun die Halbirungslinie EF über F' hinaus, 
beschreibe mit einem beliebigen Theile der Neunziger-Sehne F@ aus 


Construction des Kreises und der Ellipse. 65 


deren Endpunkte F einen Kreis, welcher den Grundkreis in N, dessen 
Durchmesser in J und die Verlängerung desselben in X schneidet. 

Wird nun aus dem Durchschnittspunkte N auf EF die Normale 
NP gezogen, der Fusspunkt derselben mit B, der Punkt @ aber mit 
K durch Gerade verbunden, so ist der Durchschnittspunkt dieser 
zwei Geraden, d. i. der Punkt Q, ein Punkt in der Peripherie des 
dem Quadrate ABCD eingeschriebenen Kreises. 

Beweis. 

Um die Richtigkeit dieser Behauptung ganz allgemein durch- 
zuführen, wollen wir die höhere Analysis zu Hilfe nehmen, welche 
uns auf jede gegebene Frage eine auf diese passende Antwort gibt. 

' Nimmt man nun (Fig. 47) den Anfangspunkt der Coordinaten 
im Mittelpunkte des dem Quadrate ABCD eingeschriebenen Kreises, 
also in O an, so hat man hier die Gleichungen für die zwei Geraden @K 
und BP aufzustellen und ihren gemeinschaftlichen Durchschnitispunkt 
zu bestimmen, welches sich sehr leicht bewerkstelligen lässt, indem 
die zwei Punkte B und @ nach der in $.38, Fig. 44 gegebenen Con- 
struction fixe Punkte sind. 


Nach dem ah Bewiesenen ist das Segment der Neunziger- 
Sehne, d. i. FP - wo n. die Anzahl Theile anzeigt, in welche 
die Neunziger-Sehne F @ getheilt wird, und p, wie viel man solche 
Theile zum Radius des Hilfskreises genommmen hat. 


Bekanntlich ist die allgemeine Gleichung irgend einer Geraden 
CR ee ee  SPRERRE 19 
Da nun der Punkt @ fix ist, so hat man 
OG=ereb-—l, 
daher 
y=ar+b =jantr =.ar 41... 4.7. (B). 
Nun ist aber für die Gerade @K die Abseisse 
- Lyrtr=Pys+1 
nach der Construction; daher durch Substitution in (B) 
ya V2+1)+1 u ur ehlind)P 
setzt man nun y=®, so ist 
0=a(f V2+1)+1 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. I. Hft. 5 


66 Fialkowski. 


woraus 
«(FV2+1)=—1, 
u re we 
also 
1a Rand 
n+pV2 
substituirt man diesen Werth in die Gleichung (ß), so hat man sofort 
—_n —NEX 
= + [|———) +5 = — +1, 
9 008 u 
daher 
—nıx' 
'=—— +1... ......0.(D. 
y eyat () 


Dies ist also die Gleichung der Geraden @X, deren Punkt 
G fix ist. 


hat man abermals die allgemeine Gleichung irgend einer Geraden 
y— asısı.b "ee 2 MV 
Nun ergibt sich aus der näheren Betrachtung der Construction, 
dass im Allgemeinen für y=r, auch #==r erfolgt; man hat daher durch 
Substitution in «' 


es ist aber für den Punkt ? der Geraden BP nach der Construction 
die entsprechende Abseisse 


2 2 
= r— 5-1-5 


n? z 


welcher Werth für & in «' substituirt, gibt. 
2 2 
y=alr—-5)+b — ai.) + «Seile 
"Setzt man nun y= 0, so folgt 


= all) +1. 


n?® 


Wird ferner von dieser Gleichung die Gleichung (P’) abgezogen, 


2 
so erhältmn 0O— r—= a (1-5) +1 -- (ar +1) 
r— at A)+1-ar— 1 


= 4 (1%) —ar, 


und wenn r = 1 gesetzt wird, 


Um die Gleichung für die zweite Gerade, d.i. für BP zu finden, 


= ar dar 4 1lıoa, . (BIs 


| 


Construction des Kreises und der Ellipse. 67 


2 
folgt sofort —1 = a(1-%)—a 
ap? a 
und l=-1a—- % —u=— 
2 
also 1 Ebel} 
Rn 


woraus man 
2=— 0p2, solelich: a — = erhält; 
welcher Werth für a in die Gleichung (ß’) substituirt, gibt ferner 
n? 


hieraus 


und durch Substitution dieses Werthes in (Y)) fügt 
n® 1 n? 
ER 
folglich ist 
2 m! 2 
YV-r— at re 
als die Gleichung der zweiten Geraden, d.i. der BP, deren fixer 
Punkt B ist. 
Um nun den Durchschnittspunkt dieser zwei Geraden zu be- 
stimmen, muss man aus diesen zwei gefundenen Gleichungen für 
diese Geraden das «’ und y’ suchen. Zu diesem Behufe zieht man die 


eine Gleichung von der andern ab, hier II von I, und hat somit: 


m pe oe +1) — = +1), 


p p? 
— na na n? 
un —— 1 a SSDIH 1, 
ER h apart p? e= 
na n® x n? 
daher a N pe 
a 0 n + p V? p* p? 3 
. n? f N n? np? — n? (n+pY?) 
nit gt n? np? —n? (n + pV2) 
som N TEST ET re ne 
B- p®(n + p V2) 
folglich he u p® (n + pY?2) 


p? np —n?®(n+pYV?2)' 
welcher Bruch gehörig abgekürzt 

ZRR n(n + a Je 
n(n + pV2) + p? 


gibt. 


68 Fialkowski. 


Folglich ist, gehörig bezeichnet, die gesuchte Abseisse 
wirt _ 
n(n + pV?2)-+p? 
welcher Ausdruck allgemein, also für jeden beliebigen Punkt gilt. 
Um den Werth der entsprechenden Ordinate zu finden, hat man 
den zuletzt gefundenen Werth für @’ in die Gleichung (II) zu substi- 
tuiren, und erhält somit: 


a nA 
P°On(n+pYV2) +p? p 
„ n° (n Eu 18 v2) n? 


Trmarnden m 

welcher Ausdruck auf gleiche Benennung gebracht, gibt sofort: 
Je ld ee at. ee 

pP? pn (atp Ve) +p% | 

IR n: + n3p V2 — n®— np VY2 —n?p? + n?p? + np®V2-+ p% 


N p? in (n+p V2) + p* 
DE EV I TODE FIRE) 
ä pn? +npY%+p?) PP la +npV2-+p?) 
2 + p® V2- 
ei D. a na Ne Ze ; anıit, ‚AsGEN. 
n? + np V2+p? n(n+pY2) + p* 


Somit ist dies der Werth der entsprechenden Ordinate, welcher 
allgemein also für jeden beliebigen Punkt gilt, und zwar aus dem 
Grunde, weil auch auf der Neunziger -Sehne ein beliebiger Punkt 
angenommen wurde. 

Es sind daher: 


+ pV2 nn V% 
BE? DE Dr Ed in. 
n(n+pY2)tp? m+p+npYV2 
a PETE IE TER 


| n(n+pYD)+p mr punpt? = 
die zwei Gleichungen, welche zur Bestimmung des Durchschnitts- 
punktes der zwei fraglichen Geraden erforderlich sind. 

Lassen wir also diese zwei Gleichungen co&xistiren, so muss, 
wenn der Durchschnittspunkt dieser zwei Geraden BP und @KX in der 
Peripherie des aus.O mit OF beschriebenen Kreises erfolgen soll, 


(2)? —: (y")? — r? —= 1 sein. 


Construction des Kreises und der. Ellipse. 69 


Substituirt man hier für ©’ und y” die in Il und IV gefundenen 
Werthe, so muss auch dann 


Burzrn I” ne lan=i 
nn +pYD+p) Inm+tpvY)+p 
erfolgen. 

Werden die zwei vor dem Gleichheitszeichen stehenden Aus- 
drücke quadrirt, wie dies angezeigt ist, so erhält man, indem beide 
Ausdrücke gleiche Nenner haben: 


r (n+pV?) * (p(p+nV?) | „et ar Dora 
en v Hp) In lan+pV2)+pT 
n? (n? +2npV% + 2p?) + p?(p?+?2npV?2 + 2n?) 

[n (n+p Y2) +p°]? * 
oder wenn im letzten Theile des Zählers mit 9° hinein multiplieirt 
wird 


n? (n? +2np V2 + 2p°) + p*+?2np? V2 +2n?p? 
[r (n+p V2 )+p?] 
Hebt man bei den letzten zwei Ausdrücken im Zähler 2 p® als 
Factor heraus, so hat man sofort 


n? (n?+2npV2% +2p)® 4 ?np? (n+pVY2) +p* 
[n (n+p Y&)+p°T° 
und dan? + 2npv2 + 2 p® = (n + p Y?)? ist, so übergeht der 
obige Ausdruck in 
nn? (n+pV2)? + 2np? (n+pVY?2)+pt. 
Ü [n (n+p Y2)+p°]° 
vergleicht man in diesem Bruche den Zähler mit dem Nenner, so sieht 
man sogleich, dass sie einander gleich sind, denn a (2 +pYV?) 
-+ p? aufs Quadrat erhoben, gibt den Zähler. Da also 
[n (n+p Y2) +p?]? = n? (n+pV2 )? + 2np? (n + pVY2%) + p* 
gesetzt werden kann, so ist auch 
[la +pY2)+ PR _ 
Rln+pY2) PT 
Es ist daher der Durchschnittspunkt Q, dessen Abseisse 
5 n (n + pV?) 


a = == 
n(n+pYV%)+p? 


r— 1. 


ra) Fialkowski. 


und dessen Ordinate 


"— ee kp gefunden wurde, 
n(n +pY2)+p* | 
ein Punkt des Kreises w. z. b. w. | 
Was nun von diesem Punkte gilt, das lässt sich auch von jedem 
andern, welcher auf ähnliche Weise construirt wird, auf dieselbe Art 


erweisen. 


$. 48. 


| | 
Da man den — ten Theil der Neunziger- Sehne auf der Ver- 


längerung des Durchmessers EF über F hinaus, ins Unendliche auf- 
tragen kann; da ferner auch auf der enigegengesetzten Seite des 
Punktes F' auf dem Durchmesser, wie auch auf dessen Verlängerung 
ebenfalls so viele Punkte vermittelst des Auftragens des diesem Theile 


1 \ 
entsprechenden Segmentes = —. bestimmt werden können, so folgt 
n 


daraus, dass die angegebene Construction der Punkte der Kreislinie 
ebenfalls ins Unendliche fortgesetzt werden kann, und zwar müssen 
für jeden correspondirenden Quadranten die Hilfslinien insbesondere 
gezogen werden, während die auf dem Durchmesser EF und auf 
dessen beiderseitigen Verlängerungen bereits bestimmten Punkte auch 
für die correspondirenden Quadranten ungeändert bleiben. 

Denkt man sich nun unzählig viele Paare von solchen Linien 
nach dem aufgestellten Gesetze gezogen, deren jedes ihren gemein- 
schaftlichen Durchschnittspunkt in der Peripherie des Grundkreises 
hat, so wird das letzte Paar offenbar in eine Linie zusammenfallen, 
und zwar werden beide Linien auf die Seite AB zu liegen kommen, 
mithin den Punkt @ gemeinschaftlich haben. 

Ob dabei die Linie @X& in die Lage B@ käme, wäre wohl 
gleichgiltig, weil in derselben der fragliche Punkt @ ohnehin liegt, 
indem @K oo eine Stellung der Linie @F oder @K nach der Drehung 
um den Punkt @ ist; und da dieser Punkt mit einem in unendlicher 
Entfernung in der Richtung der Verlängerung des Durchmessers EG 
gedachten Punkte durch eine Gerade verbunden werden soll, so muss 
das Stück B@ als ein Theil solcher Linie, also auch als ein Theil der 
aus dem Punkte @ zu EF gezogenen Parallelen, mithin @X © als die 
Verlängerung der @B angesehen werden. Nun wird aber 5 mit 
einem Punkte verbunden, welcher in einer viel weiteren Entfernung 


Construction des Kreises und der Ellipse. 71 


gedacht wird, nämlich in der Entfernung oo >< oo = 002, also muss 
BF: um so mehr mit EF parallel sein, daher mit AB zusammen- 
fallen, und folglich den Punkt @ in sich enthalten. 
| Es muss also die Gerade @X oo? mit BF oo den Halbirungspunkt 
G der Seite AB geben. 

S. AA. 

Wärden die Linien 51, BA, B9, B16, 525 u. s.w. (Fig. 44) so 
weit verlängert, bis die dem Punkte @ gegenüberliegende Seite CD 
wie auch deren Verlängerung geschnitten ist, so wird auch diese, da 
MF || CD ist, so eingetheilt, dass ihre Theile der Ordnung nach sich 
wie die ungeraden Zahlen, und die hierdurch erhaltenen Abseissen, 
vom Punkte C aus gerechnet, wie die Quadrate der natürlichen Zah- 
len verhalten, deren Linear -Einheit das erste Segment der Seite 
CD, d.i. C1, ist. 

Wir erhalten somit folgende Verhältnisse: 

2.3 61 .:1.:4 : Alias 9lia6l—dtia #5 27 

1.) C1:CA :C9 ,C.10 =1?2:22:52: 4°, 
oder wenn wir der Kürze wegen den ersten Theil Cl=a, den zwei- 
ten 14 = 5, den dritten 49 = c u. s. w. setzen, und die letzte 
entsprechende Zahl mit 22 + 1 bezeichnen, so erhalten wir für (I) 
folgenden allgemeinen Ausdruck: 
a:b:e:d:...#:y:2z=1:3:5:17:9:...:%(n—2)+R 

:2 (n—1) +1}:Q2n +1) 
oder 
Bee eye line TI. (?n — 5): 
(2n — 3) : (2n — 1): N +1). 

Werden ferner auch die Abscissen der Kürze wegen mit x, x’, 
&"' und die letzte Zahl mit n bezeichnet, so erhält man für (II) im 
Allgemeinen: 
elle. u. Sen ei 2 12 9,89 Ar 

(n — 2)? : (n — 1)?:n?. 

Es ist also gleichgiltig, ob man den Radius oder die zu dem- 
selben parallele Seite des Quadrates eintheilt, um die diesen Reihen 
entsprechenden Linien für Segmente und Abseissen, und hierdurch 
aueh die Punkte /’, II’, III’ u. s. w. des Kreises zu erhalten, was 
aus der Ähnlichkeit der Dreiecke BDC und BMF u. s. w. folgt. 


12 Fialkowski. 


Wird übrigens die Seite CD benützt, so wird das Stück 01 
doppelt so gross sein, als das Segment F1 auf dem Radius MF, weil 
MF = /, CD oder 2MF = CD ist. 

Dasselbe gilt auch in Bezug auf die Verlängerung des Durch- 
messers und der besagten Seite. 

Auf ähnliche Art könnte man die Punkte 1", I’, IT’ u. s. w. 
erhalten, wenn man nur die Seite CD, jedoch beiderseits verlängert, 
wobei, wie aus der Construction ersichtlich ist, mn = np = pg 
und doppelt so gross als Fl = 1.2 = 2. 3 u. s. w. sein müssen. 

Wird also die Sehne in 4 gleiche Theile getheilt, so müssen 
auf Cg zwei solche Theile als Einheit von m aus aufgetragen werden; 
wird sie in 5 gleiche Theile getheilt, so müssen ebenfalls 2 solche 
Theile auf mg aufgetragen werden, und allgemein; wird die Sehne 


FG in n gleiche Theile getheilt, so müssen bt von solchen Theilen 


n 
auf mg aufgetragen werden, während man den Halbmesser MF oder 
die Seite CD in n? gleiche Theile theilt. 


$. AB. 


Ehe wir die Anwendung dieser Construction auf die Construc- 
tion der Ellipse zeigen, wollen wir zuerst einige daraus abgeleitete 
Sätze angeben. 

I. Wird in einem Quadrate, aus dessen einer Ecke mit dem 
Radius gleich dessen Seite ein Viertelkreis beschrieben, über die 
zweite nächstanliegende Ecke die eine Seite hinaus verlängert; diese 
Verlängerung mittelst einer aus der dritten Ecke durch den 
Diagonalpunkt gezogenen Geraden abgeschnitten, in eine beliebige 
Anzahl gleicher Theile getheilt, die Theilungspunkte mit der dritten 
Ecke so verbunden, dass der aus der ersten Ecke beschriebene 
Viertelkreis geschnitten wird, und aus der vierten Ecke durch die 
Durchschnittspunkte dieses Bogens bis zu der verlängerten Seite 
Gerade geführt, so verhalten sich die so erhaltenen Stücke der ver- 
längerten Seite wie die ungeraden Zahlen, und die hierdurch be- 
stimmten Abseissen wie die Quadrate der natürlichen Zahlen, deren 
erste Zahl 1 die letzte aber die zweite Potenz derjenigen Zahl ist, 
welche die Anzahl Theile der abgeschnittenen und eingetheilten Ver- 
längerungen anzeigt. 

Ist also (Fig. 48) AD der aus C mit CD beschriebene Viertel- 
bogen, Dp die Verlängerung, Dm = mn = np, und m, n, p mit 


Construction des Kreises und der Ellipse. 13 


A verbunden, die Ba, Bb, Be als die aus B durch die Durchschnitts- 
punkte m‘, n', p' gezogenen Geraden, so verhalten sich die hierdurch 
auf der Seite C D abgeschnittenen Theile gerade so, wie die auf ein- 
ander folgenden ungeraden Zahlen, daher: 
BicbRe erloisınb 
und die Abseissen, wie die Quadrate der natürlichen Zahlen, also: 
Zt ER TE 2 Er IE F 

Dasselbe findet ebenfalls Statt, wenn die abgeschnittene Ver- 
längerung in eine beliebige Anzahl gleicher Theile getheilt wird. 

Man kann daher nach diesem Verfahren jede beliebige Gerade 
in eine beliebige Anzahl Theile theilen, die sich so zu einander ver- 
halten, wie die ungeraden Zahlen, und die Abseissen dieser Geraden, 
wie die Quadrate der natürlichen Zahlen. 

Der Beweis wird hierbei so geführt, wie für die Fig. 44, wess- 
halb noch die Neunziger-Sehne und die Ordinaten für die Punkte 
m’, n', p' gezogen werden müssen. 

$. 46. 

Wird über der Hypotenuse AC (Fig. 49) eines rechtwinkeligen 
Dreieckes ABC ein Kreis beschrieben, in diesem der Durchmesser 
_ EF_L auf die Hypotenuse AC gezogen, die Tangente @C gleich 
der halben Hypotenuse, und die Verlängerung derselben gleich 
der dieser Verlängerung anliegenden Kathete gemacht, sodann aus B 
eine Ordinate gezogen, so schneiden sich die 3 gezogenen Linien 
EJ, H@, FK wie auch die Kreislinie in einem einzigen Punkte. 

Dieser Satz ist, wie in $. 28 nachgewiesen wurde, allgemein 
giltig, nur mit dem Unterschiede, dass dort die Linie FX nicht 
in Betracht gezogen wurde; da aber im $. 1 und 2 bewiesen wurde, 
dass, wenn mit einem beliebigen Radius aus € ein Bogen so beschrie- 

ben wird, dass die in € errichtete Senkrechte und die Verlänge- 
| rung des Durchmessers AC geschnitten wird, die zwei Geraden EJ 
und FK sich in einem Punkte der Peripherie schneiden, und in dem 
‚allgemeinen Beweise $. 28 nachgewiesen wurde, dass HK und EJ 
sich ebenfalls in einem Punkte der Peripherie des Kreises schneiden, 
so müssen sich alle 3 Geraden, EJ, FK, HG und auch die Kreislinie 
in einem einzigen Punkte schneiden. 

| 8. 47. 

Dies Verfahren, wie wir es bei der Construction der Fig. 44 

gesehen haben, mittelst: der Eintheilung einer Seite die Punkte des 


A Fialkowski. 


Kreises zu finden, dient ebenfalls zur Construction der Ellipse, in- 
dem die Punkte, mittelst welchen die Hilfslinien gezogen, und wodurch 
die Punkte der Ellipse aufgefunden werden, immer in der Drehungs- 
axe, somit fix bleiben, wenn man sich die Ellipse durch die 
Drehung eines Kreises um dessen Durchmesser entstanden denkt, 
wie bereits bei der ersten Construction der Ellipse erklärt wurde. 

Soll nun irgend eine Ellipse construirt werden, so muss man 
zuerst die Neunziger-Sehne in eine gewisse Anzahl gleicher Theile 
theilen; am bequemsten und leichtesten ist es dieselbe in 2, A, 8, 
16, 32 ..... gleiche Theile zu theilen, weil diese Eintheilung, wie 
Fig. 50 (a) zeigt, ohne Hilfe eines Zirkels also blos mittelst der 
Reissschiene und des 45° Dreieckes sehr schnell ausgeführt werden 
kann, und zwar auf folgende Art: 

Ist AC = BC, und <[{ ACB = R, also AB die Neunziger-Sehne, 
so führe man 


Cm _ıL4ABwundm 1_14C 
1-2: AB, 9 UI 1540 
H, 304..AB 3 7.8, 1 Jun 
I1,A; 1: AB. 1.0. 1N = AO, 


1 1 
wodurch AA= 16 AB= Ze AB 
und AV = 40 — 7540 erhalten wird. 
Auf diese Art kann man sowohl die Sehne als auch den Halb- 
messer nicht nur in 4, sondern auch in 8, 16, 32, 64 .....,d.i. 


in jede beliebige Potenz von 2 ohne Zirkel eintheilen; allein die 
Eintheilung der Neunziger-Sehne so wie des Halbmessers in 4 oder 
16 gleiche Theile ist für den besagten Zweck hinreichend. 
Des Zusammenhanges wegen wird die Construction der Ellipse 
auch nach dieser Art in den nächstfolgenden $$. angereiht. 
$. A8. 


Construetion der Ellipse mittelst der Eintheilung der Neunziger - Sehne und 
der einen Seite des den Axen entsprechend umschriebenen Rechteckes oder 
Parallelogrammes. 


a) Wenn die beiden Axen gegeben sind und die Ellipse durch die 
Drehung des über der grossen Axe beschriebenen Kreises entstan- 
den gedacht wird. 

Es sei (Fig. 50) AB die grosse und CD die kleine Axe und 
EFGH das diesen Axen entsprechend umschriebene Rechteck der 
zu zeichnenden Ellipse. Man verlängere die grosse und auch die 


Construction des Kreises und der Ellipse. 15 


kleine Axe so, dass man auf der kleinen von O aus das Stück 0J 
— OB abschneiden kann, und verbinde den Punkt J mit B, so ist 
. die Gerade JB die Neunziger-Sehne desjenigen Kreises, durch dessen 
Drehung die in das gegebene Rechteck einzuzeichnende Ellipse ent- 
‚standen gedacht wird. 

Man theile also die Gerade JB in eine beliebige Anzahl gleicher 
Theile (hier des kleinen Mafsstabes wegen in 2), trage dann einen 
solchen Theil von B aus auf der Verlängerung der grossen Axe so 
oftmal auf, als in wie viele Theile die JB getheilt wurde, und ver- 
binde die so erhaltenen Punkte mit dem Endpunkte C’ der kleinen Axe. 

Nun theile man die grosse Halbaxe BO oder die Seite @H in 
n® mal so viele gleiche Theile, als in wie viele die Neunziger-Sehne 
JB: getheilt wurde, also in 2? — 4 gleiche Theile, und verbinde die 
zwei Quadratpunkte 1 und 4 der Seite @H mit dem Endpunkte F 
durch Gerade, so gibt der Durchschnittspunkt der Geraden FA mit 
CIT den Ellipsenpunkt N. Ebenso ist der Durchschnittspunkt P der 
Geraden #1 mit CT ein Ellipsenpunkt. 

Dieselben Punkte der Ellipse wird man erhalten, wenn man, 
wie bereits nachgewiesen wurde, statt @H die halbe Grossaxe OB 
in die entsprechend gleiche Anzahl Theile theilt. 

b) Wenn die beiden conjugirten Durchmesser ihrer Grösse und 
Richtung nach gegeben sind, und wenn die zu zeichnende Ellipse 
durch die Drehung des über dem grösseren eonjugirten Durchmesser 
beschriebenen Kreises entstanden gedacht wird. 

Es sei nun (Fig. 51) AB der grössere und CD der kleinere 
eonjugirte Durchmesser, und EF@H das diesen Durchmessern ent- 

sprechend umschriebene Paralleloegramm der zu zeichenden Ellipse. 
| Man verlängere den grösseren eonjugirten Durchmesser AB 
über B hinaus, errichte in dem Halbirungspunkte O der AB eine 
Senkrechte, schneide auf dieser von O aus das Stück OJ = OB und 
ziehe JB, welche, wie bereits gesagt, die entsprechende Neunziger- 
Sehne des betreffenden Kreises ist. Man theile alsdann die JB in eine 
beliebige Anzahl gleicher Theile (hierin 3), trage dann einen solchen 
Theil auf der Verlängerung der AB von B aus so oftmal auf, als in 
wie viele gleiche Theile die JB getheilt wurde, und verbinde jeden 
so auf der Verlängerung von AB erhaltenen Punkt mit dem Endpunkte 
C des kleinen eonjugirten Durchmessers. Wird endlich die Seite HG 
in n? mal so viele gleiche Theile getheilt, als in wie viele die JB 


76 Fialkowski. 


getheilt wurde (hier in 3? = 9 gleiche Theile), und jeder Quadrat- 
punkt der Seite @H mit dem Eekpunkte F durch Gerade verbunden, 
so sind die Durchschnittspunkte dieser Geraden mit den früher gezo- 
genen, die Punkte der zu zeichnenden Ellipse; hier sind M, N, P die 
verlangten drei Punkte der Ellipse. Die diesen drei Punkten corre- 
- spondirenden Punkte werden auf bereits besagte Art gefunden. 

c) Wenn die beiden Axen gegeben sind und die Ellipse durch 
die Drehung des über der kleinen Axe beschriebenen Kreises ent- 
standen gedacht wird. 

Es sei (Fig. 52) AB die kleine und CD die grosse Axe, und 
EFGH das diesen Axen entsprechend umschriebene Rechteck der 
zu zeichnenden Ellipse. 

Man verlängere die kleine Axe AB über B hinaus, mache 
0C' = OB, so ist, wenn B mit C' verbunden wird, die Gerade BC‘ 
die entsprechende Neunziger-Sehne. Man theile also die BC’ in eine 
beliebige Anzahl gleicher Theile, trage einen solchen Theil auf der 
Verlängerung der AB so oft auf, als in wie viele die BC' getheilt 
wurde; nun theile man die kleinere Seite @H in die entsprechende 
Potenz gleicher Theile, und verfahre im Übrigen, wie vorhin bei 
Fig. 50 und 51 gezeigt wurde. 

d) Wenn die beiden conjugirten Durchmesser gegeben sind, 
und die Ellipse durch die Drehung des über dem kleinen conjugirten 
Durchmesser beschriebenen Kreises entstanden gedacht wird. 

Es sei (Fig. 53) AB der kleinere, CD der grössere con- 
jugirte Durchmesser, und EFGH das diesen beiden Durchmessern 
entsprechend umschriebene Parallelogramm. 

Man verlängere den kleineren conjugirten Durchmesser, errichte 
in dessen Halbirungspunkte O eine Senkrechte und mache sie gleich 
OB, verbinde C’ mit B, so ist BC’ die entsprechende Neunziger- 
Sehne; nun wird die BC’ in eine beliebige Anzahl gleicher Theile 
getheilt, ein soleher Theil auf der Verlängerung der AB aufgetragen, 
ferner auch die @H in die entsprechende Potenz getheilt 2 im 
Übrigen wie bereits gemeldet wurde verfahren. 

8. 49. 

Wie man aus dem Beweise für die Richtigkeit der Construction 
des Kreises in Fig. 44 und aus diesen vier Constructionen der 
Ellipsen sieht, ist der letzte Punkt der Ellipse bei jeder beliebigen 
Eintheilung der Neunziger-Sehne in der Diagonale desjenigen Recht- 


Construction des Kreises und der Ellipse. TI 


eckes oder Parallelogrammes, in welchem die Ellipse eingeschrieben 
werden soll. 

So ist in allen vier letzten Figuren der letzte Punkt für den 
Ellipsenquadranten BC in der Diagonale FH, welches schon in den 
ersten $$. dieser Abhandlung bewiesen wurde. 

- Wollte man aber für denselben Ellipsenquadranten noch mehrere 
Punkte, welche über dem Diagonalpunkte hinaus liegen, auffinden, so 
müsste man auf der Verlängerung der Drehungsaxe die betreffende 
Einheit der entsprechenden Neunziger-Sehne so oftmal auftragen, als 
wie viele weitere Punkte der Ellipse gesucht werden sollen; es müssten 
aber auch ebenso viele Quadratpunkte auf der Verlängerung der Axe 
gesucht, und die entsprechenden Punkte mit Cund F verbunden werden. 
Hierbei ist nur noch das zu bemerken, dass man einige weitere 
Quadratpunkte mittelst der schon aufgefundenen erhalten kann, So 
findet man z. B. den Quadratpunkt 81 (Fig. 52), indem man BO von 
B aus auf B ©© neunmal aufträgt, wesshalb auch 33 auf Bu dreimal 
aufgetragen werden muss, um den zweiten Hilfspunkt zu erhalten. 

"Was nun den Beweis für die Richtigkeit der Construction dieser 
Punkte betrifft, so ist er sehr leicht in jedem der vier angeführten 
Fälle durch die Drehung des betreffenden Grundkreises abzuleiten, 
was übrigens aus den früheren Beweisen ohnehin klar ist. 

Was aber die Anwendung und Brauchbarkeit dieser Construction 
betrifft, so haben die ersten zwei, welche in Fig. 50 und 51 angeführt 
wurden, immer den Vorzug, weil man hierdurch diejenigen Punkte der 
Ellipse, von denen die Wendung dieser Curve am meisten abhängt, 
sehr leicht und zwar deutlich bestimmt, und keine grosse Verlängerung 
der Axe braucht. In den letzten zwei Fällen hingegen werden nur die 
mittleren Punkte deutlich, die ersteren und letzteren aber werden je 
undeutlicher, je weiter man sich dem Punkte B oder C nähert. 

Wir haben also des Zusammenhanges wegen diese Methode 
angeführt, und gehen sogleich zu einer andern über, bei welcher 
man gar keine Eintheilung zu machen braucht. 


&. 50. 

Construetion der Ellipse mittelst der Fusspunkte der Ordinaten und der diesen 
Ordinaten entsprechenden und in die Verlängerung der Drehungsaxe umgelegten 
Sehnen. 

a) Wenn die beiden Axen gegeben sind, und wenn die grosse 
Axe verlängert werden soll. 


| 78 Fialkowski. 


Es sei (Taf. VIII, Fig. 54) AB die grosse und CD die kleine 
Axe, ferner EFGH das den zwei gegebenen Axen entsprechend 
umschriebene Rechteck der zu zeichnenden Ellipse. 

Man beschreibe aus dem Mittelpunkte O mit BO einen Hilfs- 
bogen Bu, nehme auf demselben einen beliebigen Punkt an (hier den 
Punkt J), beschreibe dann aus B mit BJ einen Bogen, bis die. Ver- 
längerung der grossen Axe AB in X geschnitten wird; fälle von dem 
auf dem Hilfsbogen Bu angenommenen Punkte J eine Normale auf 
AB, und verbinde den Fusspunkt Z dieser Normalen mit Fund @ 
durch Gerade; wird endlich der Punkt X mit C und D verbunden, so 
erhält man die zwei Durchschnittspunkte M und N, welche die ver- 
langten Ellipsenpunkte sind. 

Die zwei correspondirenden Punkte werden auf bekannte Art 
gefunden. 

b) Wenn die beiden conjugirten Durchmesser gegeben sind, und 
der grössere verlängert werden soll. 

Es sei (Fig. 55) AB der grössere und CD der kleinere the 
girte Durchmesser, ferner EF@H das diesen Axen entsprechend um- 
schriebene Parallelogramm. Soll nun nach dieser Bedingung eine 
Ellipse construirt werden, so beschreibe man über dem grösseren 
conjugirten Durchmesser mit dem Radius gleich dem halben diesem 
Durchmesser einen Bogen Bu, nehme in demselben einen beliebigen 
Punkt an, fälle auf AB eine Ordinate JL, mache BK=BJ und ver- 
fahre im Übrigen wie im vorhergehenden Falle. 

c) Wenn die beiden Axen gegeben sind, und wenn die kleine 
verlängert werden soll. 

Sind AB und CD (Fig. 56) die beiden Axen, und soll nur die 
kleine Axe verlängert werden, wenn die Ellipse construirt wird, so 
nehme man die kleine Axe als den Durchmesser, zugleich aber 
auch als Drehungsaxe desjenigen Kreises an, durch dessen Umdre- 
hung die zu zeichnende Ellipse entstanden gedacht wird ; beschreibe 
über der kleinen Axe einen Halbkreis oder nur einen Bogen, nehme auf 
demselben einen beliebigen Punkt an, ziehe die Ordinate, z. B. JL und 
verfahre im Übrigen wie in einem der zwei vorhergehenden Fälle. 

d) Wenn die beiden conjugirten Durchmesser gegeben sind, 
und wenn nur der kleinere verlängert werden soll. 

Auch in diesem Falle wird man den kleinen Durchmesser als 
den Durchmesser desjenigen Kreises annehmen, durch dessen 


BER. R > 


Construction des Kreises und der Ellipse. 79 


Drehung die zu zeichnende Ellipse entstanden gedacht wird. Im Übrigen 
wird das Verfahren ganz ähnlich mit den vorhergehenden Fällen, 
welches aus der Fig. 57 deutlich zu ersehen ist. 

e) Construction der Ellipse nach dieser Art in der Perspective. 

Wenn wir alle diese vier Fälle näher ins Auge fassen und 
bedenken, dass die gezogenen Ordinaten in jedem Halbkreise bis zum 
Mittelpunkte zunehmen, und dann wieder abnehmen, so dass z. B. in 
Fig. 56 die Ordinate im Endpunkte A gleich O wird, so ergibt sich 
daraus Folgendes: Da im Punkte A die Ordinate O ist, so wird die 
diesem Punkte entsprechende Sehne gleich dem Durchmesser AB 
sein; der entfernteste Punkt von 3 auf der Verlängerung der Axe 
AB wird der Punkt P sein; und wenn Pmit C, und A mit F durch 
Gerade verbunden wird, so ist Q derjenige Punkt, welcher auf die be- 
sagte Art als der letzte für den Ellipsenquadranten BC gefunden wird. 

Wie man einen Diagonalpunkt bestimmt, ist ohnehin bekannt, 
und man hätte dann im Ganzen zwölf Punkte für die zu zeichnende 
Ellipse, welche in manchen Fällen hinreichend wären. Allein in den 
Fällen, wenn die Zeichnung in grösserem Mafsstabe ausgeführt wird, 
handelt es sich noch insbesondere um die nahe an den Endpunkten 
der Drehungsaxe EF (Fig. 54) herumliegenden Punkte dieser Curve, 
in welchem Falle zwischen dem Diagonalpunkte und dem Berührungs- 
punkte dieser Linie, wenigstens noch ein Punkt gesucht werden muss; 
wesshalb auch eine Ordinate gezogen, oder wenigstens deren Peri- 
pheriepunkt so wie der Fusspunkt bestimmt werden muss. 

Sollte also (Fig. 58) in dem perspectivischen Quadrate ABCD 
eine Ellipse eingeschrieben werden, so zeichne man aus dem Mittel- 
punkte M mit dem Radius MF einen Bogen Fu, nehme auf demselben 
irgend einen Punkt J an, fälle die Ordinate JA, mache FL=FJ, ver- 


- binde den so erhaltenen Punkt Z mit den Punkten @ und F, und den 


Punkt X mit Bund C, so sind die hierdurch entstandenen Durch- 
schnittspunkte J und I’ Ellipsenpunkte. 
Die Diagonalpunkte // und /J’ werden auf die bekannte Art erhal- 


ten, nämlich indem man aus Fmitder entsprechenden Neunziger- Sehne 


die Verlängerung der ZF einschneidet; die Punkte III und IIT werden 
mittelst des Punktes E’ erhalten, indem man die Verlängerung der EF 
mit EF aus Fin E’ schneidet und im Übrigen wie bekannt verfährt. 

Auf diese Art erhält man für die zu zeichnende Ellipse im 
Ganzen 16 Punkte. 


s0 Fialkowski. 


8. 31. 


e 


Construction der Ellipse ohne Hilfskreis und ohne Ordinaten. 


Es soll (Fig. 59) in dem perspectivischen Quadrate ABCD eine 
Ellipse eingeschrieben werden. 

Man ziehe in diesem die beiden Diagonalen AC und BD, (welche 
wir hier die Hauptdiagonalen nennen wollen), ferner die EB und HB 
(welche zum Unterschiede Nebendiagonalen heissen sollen), und führe 
durch J zu EF eine Parallele bis EA in L geschnitten ist, wodurch 
EA in L perspectivisch halbirt wird; ebenso halbirt man die HC in 
N, indem man aus 2 durch den Halbirungspunkt X eine ‘Gerade führt; 
auch dieser Punkt wird mit B verbunden. 

Nach dieser kleinen Vorarbeit wird aus F die Fm unter einem 
Winkel von 45° gegen EF gezogen, in E eine Senkrechte errichtet 
bis die Fm in m geschnitten wird, ferner aus E und M die Ep und 
Ms normal auf Fm geführt. Wird nun aus F mit dem Radius = Fm 
die Verlängerung der Axe EF in m’ geschnitten, so ist, wenn man 
m’ mit @ verbindet, der Punkt / in ZB ein Ellipsenpunkt. Was die 
übrigen Punkte betrifft, so ist der Punkt JI im Durchschnitte der 
Geraden n’@ mit der Nebendiagonale EB; der Punkt III liegt in der 
Hauptdiagonale; der Punkt /V liegt in der Nebendiagonale BH und 
in der Geraden @g'; der Punkt V liegt in der Geraden BN und in 
der @s’; somit sind ohne Hilfskreis und ohne Ordinaten für den 
Ellipsenquadranten F@ fünf Punkte gefunden worden. Da also wie 
bekannt, die unterhalb der Axe mit diesen Punkten correspondirenden 
Punkte mittelst der Punkte m’, n’, p’, q’, s’ und der entsprechenden 
Diagonalen sehr leicht gefunden werden, so haben wir für die halbe 
Ellipse 10, somit für die Ganze 20, und mit Einschluss der vier 
gegebenen Punkte im Ganzen 24 Punkte derEllipse, welches wohl für 
die meisten Fälle hinreichend ist. 

Diese Construction ist nicht nur wegen ihrer Einfachheit, son- 
dern auch desshalb empfehlbar, weil man sie sehr leicht merken 
kann, sobald man weiss, wie die fünf fixen Punkte in der Verlängerung 
des als Drehungsaxe angenommenen Durchmessers, d. i. die Punkte 
m',n',p', q’, s’ auf Ey bestimmt werden. 

Es wird nämlich der erste Punkt s’ aus F mit der halben Neun- 
ziger Sehne bestimmt; der zweite, d. i. g’ mit dem Radius gleich der 
grossen Halbaxe oder gleich dem grösseren halben eonjugirten Durch- 


Construction des Kreises und der Ellipse. 81 


messer; der dritte, d. i. p’ mit der ganzen Sehne; der vierte, d. i. 
n' mit dem doppelten Radius, und der fünfte, d. i. m’ mit der dop- 
pelten Sehne bestimmt. Der erste dieser Punkte entspricht der Gera- 
den LB, der zweite der EB, der dritte der BD, der vierte der DH, 
und der fünfte der Ceraden BN aus den bereits angeführten Gründen. 

Werden zur Construction der Ellipse nur 12 Punkte erfordert, 
so kann man entweder so verfahren, dass man zwei fixe Punkte auf 
der Axe mit der ganzen und halben Neunziger-Sehne, wie Fig. 58 
(a), oder mit der ganzen und halben Axe, wie Fig. 58 (5) zeigt, 
bestimmt. Letzteres Verfahren ist höchst einfach. Hierbei braucht 
man nur noch das zu merken, dass im ersten Falle die Diagonale des 
ganzen und Viertel-Rechteckes, im zweiten Falle aber die Diagonalen 
der halben Rechtecke von dem der Ellipse umschriebenen Rechtecke 
als Hilfslinien gezogen werden. 


$. 52. 
Nähere Untersuchung der in $. 42 Fig. 47, angegebenen Construction der 
Punkte einer Kreislinie. 

Obgleich nach der in den vorhergehenden $$. angegebenen 
Construction der Ellipse der Übelstand vermieden wird, dass man 
keine Eintheilung zu machen braucht, so könnte uns doch mancher 
praktische Zeichner hinsichtlich des Raumes, den man zur Verlän- 
_ gerung der Axe benöthiget, einen Vorwurf machen. Um nun auch die- 
sen Übelstand zu heben, wollen wir nochmals die im $. 42, Fig. 47 
angegebene Construction in Betracht ziehen, und hierbei die analy- 
tische Geometrie nochmals zu Hilfe nehmen. Wir werden also unter- 
suchen, ob es nicht möglich wäre mit Benützung eines kleineren 
Raumes ohne die Axe zu verlängern nach dieser Art beliebig viele 
Punkte der Kreislinie zu finden. Betrachten wir nochmals die Fig. 47, 
Taf. VII, so finden wir, dass aus dem Punkte F mit dem Radius gleich 
FN der Durchmesser EF in J, und dessen Verlängerung in X 
geschnitten wird. 


Da also nach der früheren Erklärung FN = E 2, aber FK 
—=JF=FN ist, so kann man für jede dieser drei Linien den Werth 
v2 setzen; es wird daher auf der Verlängerung der Geraden BP 


auch ein zweiter Punkt des Kreises möglich sein. Um daher auch 
einen zweiten Punkt zu finden, verfahre man folgendermassen: 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVl. Bd. I. H£t. 6 


82 Fialkowski. 


Es sei (Taf. IX, Fig. 60) AB= CD und senkrecht auf einander 
in ihrem Halbirungspunkte, aus welchem Punkte auch der Viertelkreis 
BC beschrieben ist; man errichte im Endpunkte B eine Senkrechte, 
mache deren Stück BE=0C = OB, nehme auf dem Bogen BC irgend | 
einen Punkt an, hier N, fälle von diesem eine Ordinate NP und be- 
schreibe aus B mit BN einen Kreis, so ist hierdurch der Durchmesser 
AB in @ und dessen Verlängerung in F geschnitten. Wird nun aus E 
durch den Fusspunkt der Ordinate eine Gerade geführt, sodann C mit 
F und @ verbunden, und die C@ so weit verlängert, dass die aus E 
durch den Punkt P gezogene Gerade bei S geschnitten wird, so ist 
sowohl der Durchschnittspunkt Q als auch S Punkte in der Peripherie 
des aus O mit OB=0C beschriebenen Kreises, wovon wir uns so- 
gleich überzeugen werden. Die Richtigkeit des Punktes Q ist bereits 
nachgewiesen worden; wir wollen nun hier auch die des zweiten, d. i. 
des Punktes S durch die analytische Geometrie nachweisen. 

Zum Behufe dessen wollen wir diejenige Gleichung, welche für 
die aus dem Eckpunkte durch den Fusspunkt der Nomalen geführte 
Gerade aufgestellt wurde, benützen, indem der fragliche Punkt in der 
Verlängerung dieser Geraden liegen soll. 

Die in 8.42 gefundene BISIRRUnE der Geraden BP, hier der ES ist: 


ve +1 ei), 

Um nun die Gleichung für die Gerade C@S aufzufinden, hat 
man OB — BG — ©; und da OB = r, ud BE = BN—V %, 
also@-r— _V 2 2 ist, so folgt durch Substitution in die gemein 
Gleichung einer Geraden 

y=aua F—7V2) + b, 
und dar=5b= 1 ist nach der Construction, so hat man sofort: 
y=all — ZV2) +1; 

setzt man nun y = 0, S0 ist 


o=al—EV2)+1 


und — 1=a(l— EV»), 
daher 
RG: | —1 —ın 
4, == u, DV Su 


Se 


BREEER 


Construction des Kreises und der Ellipse. 83 


folglich 


—n 
ee 2 
Diesen Werth für « in die allgemeine Gleichung einer Geraden 
substituirt, gibt: 


—NT 
Ina 
Da nun nach der Construction das Stück BE = b für jeden belie- 
bigen Punkt constant bleibt und =r=1 ist, so folgt allgemein 


—ın& ; 
n —-pV% -- 1 . . . . (1 )- 

Vergleicht man diese Gleichung mit der früher gefundenen 
Gleichung (I) so sieht man, dass sie mit jener, das Zeichen im 
Nenner ausgenommen, vollkommen übereinstimmt. 

Um nun das betreffende x und y zu finden, werden wir diese 
zwei Gleichungen, d. i. die früher gefundene Gleichung (II) und die 
hier aufgestellte (II’) von einander abziehen. 

Man erhält also: 


q / ne 
Y — 


n? n? —nd 


a): 
a, — Gr. ae a le 
und o0—= Beat 
somit = — ne + Fee 


hebt man in diesem Ausdrucke «’ als Factor heraus, so folgt: 


n? n? n 
ee = = 4 
p? (= g% n—p v2 ) a: 


woraus 
n? n? n 
ee Tl, 
ar p? e se a) 
n? n®(n—p V2) + np? 
also = —:- a 
p pP" (n—p Y2 ) 
und u, N) 2) 


pn? (n—p VE) +np® 
6* 


SA Fialkowski. 


Zähler und Nenner mit np? dividirt, gibt sofort: 
ROTER v2) 
len v2) Hope 
also gehörig bezeichnet, ist 
R nn—pVY2) mm v2 
a n(n + pV2)+p? e" n—npV?2 + p2 
Substituirt man diesen Werth für x in die Gleichung (I), so hat 
man: 
—n n (n—p V2) 


1 —— . +1, 
J n—p V? n? + p®—np Y3 


2 
SET To En 1, 
n? + p? mV? + 


—n? + n? +p?-npV2 


somit = 


und u IL 
n? + p®—np V2 


also ist, gehörig abgekürzt 
pr—np V2 
n? + p®— np V?2 
Es ist also für den Punkt S die Abseisse 
n—np V2- 


da 


a" — 
n?+p®—npV2 
und die Ordinate 


np V2 
om + p?—np v2 
Lassen wir nun diese zwei Gleichungen co&xistiren, so muss, 
wenn der Punkt S in der Peripherie des Kreises liegen soll 
+ —r-1 
sein, und daher auch, wenn für x” und y” die gefundenen Werthe 
substituirt werden 


—-r—1 


Ca 
n? + pe—np V2 n? + p?—np V2 
erfolgen; da nun in den beiden Ausdrücken die Nenner einander gleich 
sind, so ühergeht der obige Ausdruck in 
(n’—np v2)? + (p®—np Y2)? Ass 
(n? + p®—-np V2 )? 


SUEFZBERR 


Construction des Kreises und der Ellipse. 35 


Quadrirt man also diese Ausdrücke wirklich, so erhält man: 
n®—2ansp V2 —2np? V2 + An?p? 
n?—2ndp V% —2np? V2 + An?p® 

und da Zähler und Nenner einander gleich sind, so folgt 
1=1:; 
es liegt daher der Punkt 5 in der Peripherie des aus O0 mit OB 
beschriebenen, folglich desjenigen Kreises, in dessen Peripherie auch 
der Punkt Q liegt; w. z. b. w. 
Man erhält also stets zwei Punkte in der Peripherie, wenn 


man aus dem Punkte B (Fig. 61) mit dem Radius = 2 v2 einen 


Halbkreis so beschreibt, dass sowohl der Grundkreis, als auch dessen 


Durchmesser und die Verlängerung desselben geschnitten wird u. s. w. 


St 


Es kann wohl sehr leicht die Frage entstehen, warum wir 
gerade die Neunziger-Sehne eingetheilt, und sowohl die Construction 
als auch die Rechnung darauf basirt haben; welche Frage so zu 
sagen gewisser Massen sich von selbst aufdringt. Denn, kann man 
die Neunziger-Sehne eintheilen, warum denn nicht auch eine andere 
Sehne, warum nicht den Halbmesser ? 

Die Antwort darauf wird die sein, dass man dieselbe Operation 
mit jeder andern Sehne, wie auch mit dem Halbmesser vornehmen 
kann; und es wird jedesmal die Construction des Kreises auf die 
angegebene Art möglich sein, obgleich die auf dem als Abscissenaxe 
angenommenen Durchmesser erhaltenen Segmente für jede andere 
Linie ein anderes Gesetz befolgen. Da aber vermittelst der Einthei- 
lung der Neunziger-Sehne das interessanteste Gesetz für die Seg- 
mente des Durchmessers erfolgt, ferner die Eintheilung dieser Sehne 
in der Praxis einen gewissen Vortheil gewährt, so haben wir diese 
Linie allen andern vorgezogen. 

Um also auch der obigen Frage zu genügen, wollen wir auch 
den Halbmesser theilen, und mittelst dieser Theile die Construction 
nach der angegebenen Art vornehmen. Es sei zu diesem Behufe. 
Fig. 62° der Halbmesser BC des gegebenen Kreises in eine belie- 
bige Anzahl gleicher Theile getheilt, sodann aus B mit dem Halb- 
messer gleich einem solchen Theile der Hilfskreis F@JL beschrie- 
ben, welcher den gegebenen Kreis in @, den Halbmesser BC in F 


s6 Fialkowski. 


und dessen Verlängerung in J scheidet; wird nun aus dem Punkte @ 
auf AB eine Normale gezogen, sodann aus E durch den Fusspunkt 
dieser Normalen eine Gerade geführt, ferner der Punkt Jmit D durch 
eine Gerade verbunden, und aus D durch F ebenfalls eine Gerade 
geführt, bis die aus Z durch den Fusspunkt der Normalen geführte 
Gerade geschnitten wird, so sind X und Z Punkte des gegebenen 
Kreises. 

Verbinden wir den Durchschnittspunkt @ mit den Punkten A, F, 
B, J, so entstehen, wie zuvor, zwei rechtwinkelige Dreiecke AGB 
und FGJ, aus welchen folgende zwei Proportionen sich ergeben: 


BH:GH = GH:'AH. le, WIN 
FH: GH = GH HJ... ande 
da nun AH = AB—BH 
und HI = BH-BJ 


ist, so hat man durch Substitution dieser Werthe 
| BH:GH= GH:AB—BH....(V) 
und FH:GH = GH:BH+ BJ... .(M). 
Setzen wir nun der Kürze wegen: 
GH=h,BH—=o.,FH =9, 
ferner BFE=-BJ=@+y=4BO=— 7,50 ist, 
wenn r = 1 gesetzt wird, 
= +y= — und AH = 2; 


daher durch Substitution in die obigen Proportionen 


z:’h =h:. ar)... . Sale 
1 
vh-h:let—) ec. 
somit hat man aus («) h?— 2. (2-2) 
und aus (P) "=y(#-+-): 
1 - 
daher x» (2 —r) = y (x =- ) 00 
Da nun a+y= = gesetzt wird, 
; 1 
so ist Dee te 
1 1 
also x (2—2) = (- — x) (-- ar x) lied Maas 
somit ee 


n? 


Construction des Kreises und der Ellipse. 87 


und a 2 D 
rt 
folglich 2-5: 


Wird ferner für x + y nach und nach = = ; - ... . substi- 


tuirt, so erhält man jedesmal aus den zwei aufgestellten Proportionen 
oder unmittelbar aus der Rn (r') die entsprechenden Werthe 
für x. 

Wird also im Allgemeinen der Halbmesser des Grundkreises 
in n gleiche Theile getheilt, und p solche Theile für den Halbmesser 
des Hilfskreises genommen, so ist dann 


eE 
x SE Yy ur N ’ 

daher —— . —s, 
also nach 7) 2(?—x) = es = «) (# 28 x) 
somit BD ga pe, 

N 
und a 2, 

n 
folglich ist Ki — - „ als eine allgemeine Gleichung für 


die Segmente. 
Lösen wir diese Gleichung in eine Proportion auf, so hohen wir: 
22:p=p:n, 
d. h. in Worten ausgedrückt: Der Halbmesser des Hilfskreises ist die 
mittlere geometrische Proportionale zwischen dem doppelten Seg- 
mente und dem (Quadrate der Anzahl Theile, in welche der Halb- 
messer des Grundkreises getheilt wird. 

Werden mittelst dieser Gleichung die Segmente für die Einthei- 
lung des Halbmessers in 2, 3,4... (n—1), n gleiche Theile 
berechnet, so erhält man Brüche, deren Zähler die Quadrate der 
natürlichen Zahlen sind, deren Nenner aber eine Reihe der 
zweiten Ordnung bilden, nämlich: 

2:22, 2:3%, 2-42, 2:52, 2-62, 2:72, 2:82, 
oder 
8% 1%, 82, 905.872; %98, :128 
deren constante Differenz die Zahl 4 ist. 


38 Fialkowski. 


Für die Eintheilung der Sehne von 120° = y3, wird x = e. 

und die mittelst dieser Gleichung berechneten Segmente geben 

Brüche, deren Zähler eine Reihe der zweiten Ordnung ist, nämlich: 
3,.12727:248..59,38..21.1% 


mit der constanten Differenz 6. Für die Eintheilung der Sehne von 


Ton Kun Dre 
450 — V: N ste — a V2 


Das interessanteste Gesetz ist also nur jenes mittelst der Ein- 
theilung der Neunziger-Sehne, welches wir bereits angegeben haben. 

Wird daher was immer für eine Linie, in wie viel immer gleiche 
Theile getheilt und eine beliebige Anzahl gleicher Theile zum Halb- 
messer des Hilfskreises genommen, so hat man, wenn dieser mit o 
bezeichnet wird, aus den zwei rechtwinkeligen Dreiecken A@B 
und FGJ 
2? — 2)=-p—2)e+®) 

24 


woraus = - 


die allgemeinste Gleichung für die Segmente folgt. 


$.54 


Es frägt sich nun jetzt, ob man mittelst dieser allgemeinen 
Gleichungen für die Segmente nach dem früheren Verfähren die 
Punkte des Kreises bestimmen kann. Wir wollen dies untersuchen, 
und zwar der ganzen Allgemeinheit wegen durch die höhere Analysis. 


Beweis. 


Da hier die Voraussetzung in Betreff der fixen Punkte dieselbe 
ist, und daher die zwei Punkte D und E für jedes Paar von Linien, 
mittelst deren die Kreispunkte bestimmt werden, ungeändert bleiben, 
so haben wir auch hier für jede der zwei Geraden eine Gleichung 
aufzustellen und sodann den Durchschnittspunkt dieser Geraden zu 
bestimmen. 

Ist also der Ursprung der Coordinaten im Mittelpunkte des 
Grundkreises, und die allgemeine Gleichung irgend einer Geraden 
y= ax + b, so haben wir nach unserer Construction für die 
Gerade DJ 

ei 
daher | yaaa AN BE 


Construction des Kreises und der Ellipse. 89 


da ferner nach der Construction für dieselbe Gerade das Stück 
CJ die Abseisse und 
C’=BC+BbBJ=1-+p, 

also = ,17 pist, 

sohat mansofort y=a(1+p) +1; 

setzt mannun y= 0, 


so hat man o=a(ll+p)-+1 


3 
also — re und daher durch Substitution in . («) 
Be . Hannlea Srban.n ur) ra Arne Boat 


als die Gleichung der Geraden DJ, deren fixer Punkt D ist. 
Um die Gleichung für die zweite Gerade aufzufinden, hat man 
abermals 


y=az-+b, | 
und da nach der Construction y = r ist, so hat man 

m aihunnihunae en ea SUR 
Da ferner für die Gerade EH das Stück CH die Abseisse, und 
CH—=BC—BH=-1—%, 
also u ee ist, 
so folgt durch Substitution in die allgemeine Gleichung einer Geraden 

2 — 
y=a (> e“) + 5b; 


setzt man nun auch hier y = 0, so hat man ferner 


a ee: 


zieht man von dieser Gleichung die früher gefundene Gleichung («') 
ab, so erhält man 


o0—r—=da rn, 
also —r=da ae 
und a gesetzt, 
ist ferner 2 (> it 
somit —1-al-1)-.lCH)-—ar 


90 Fialkowski. 


folglich Da 
Pr 

substituirt man diesen Werth für « in die mit («’) bezeichnete Glei- 

chung, so erhält man 


2 
Tr = 53 IF -+ b, 
und für Bel 
2 
folgt = „= an 
woraus b=-1— ze folgt; 


werden endlich die für a und 5 gefundenen Werthe in die allgemeine 


Gleichung einer Geraden substituirt, so erhält man 
2 


U 2 | 
Ye u 1 2er 


als die Gleichung der Geraden ZH, deren fixer Punkt E ist. 


Um nun den Durchschnittspunkt dieser zwei Geraden zu be- 


stimmen, muss man aus den für sie gefundenen Gleichungen das =” 
und y" suchen. Ziehen wir zu diesem Behufe diese zwei Gleichungen 
von einander ab, so erhalten wir 


2 2 a | 
ng gr 4 gr en 
a7 4, u Fun: (1 —D) 
2 zu 2 
dah > en | 
aher 0 Pr a r 
na 1 2 
a tz 
2 2(e +1) + 
folglich MM 
: z +1) 
N A ne Nana 
woraus X SE, D 
p P(p+1) 
de De ag LE 
Te 2ER) re 2er 
es ist also wi eh als der allgemeine Ausdruck 
Pr ep h2 


für die Abseisse. 
Substituiren wir diesen Werth für x’ in die Gleichung (I), 
so folgt 


2 2(e +1) 2 
RE N 1 
2 e me naoy} 2 Rt 
h Aloe +1 2 
a +9 Rn ı 


RR +2P+N) P 


ehe 


Construction des Kreises und der Ellipse. 91 


3 a 
. | p* (0? +?2P +?) 
A A ei 

er p* (pP? +2p + 2) 
welcher Ausdruck im Zähler gehörig reduciri, gibt ferner 
Be en, er. _  rte., 
Br, Plata) Prror? 
folglich ist 


9 


2 
N — Ba > _ als der allgemeine Ausdruck für die Ordinate. 
P+2p+? 
Lassen wir die zwei Gleichungen 
RR Beste, 
Hh ro pP? +%p +2 . . . . . . . u) 
Aa DER (+2) (IV) 


Pot 2 | 
coexistiren, so muss, wenn der Durchschnittspunkt der zwei Geraden 
DJ und EH in der Peripherie des Grundkreises erfolgen soll, 
Hr 
sein, somit auch die dafür substituirten Werthe 
2(e+1) (e@+2) }2 
ee rer Serie 
erfolgen. 
Quadrirt man diesen Ausdruck auch wirklich, so folgt sofort 
2(e+1) 2 Rle+%) 2 400 +2o +1) +p*lo?+4o+4) 
rn er (Pr 
Ap®+8p +4 +0p*+%03+4p? 
: (P? + 2p +9? 
Re N N ae 
HA HE +Ep + 
also ist wirklich der Durchschnittspunkt X in der Peripherie des 
mit BC beschriebenen Kreises. 

Es bleibt uns noch zu untersuchen übrig, ob der Punkt L eben- 
falls in der Peripherie desselben Kreises liegt. 

Um dies zu erweisen, brauchen wir nur noch eine Gleichung für 
die durch den Punkt F geführte Gerade DL aufzustellen, indem die 
Gleichung für die Gerade EL ungeändert bleibt. 

_ Ist also y= ax + db die Gleichung einer Geraden, und die 
Abseisse für die Gerade DL, das Stück 
CF=BC—bBF=r—opo=1-—» 
also ce=1—pP 


9 


92 Fialkowski. 


ferner DI 
shtmn y=all—o)+b=all—p)-+1; 
setzt man y-=0% 
so folgt o=a(ll—p) +1. 
also —1l1=a(l —p) 
Iglich a den, 
folg mern 


substituirt man diesen Werth für « in die allgemeine Gleichung einer 
Geraden, so erhält man 


= —_ 4b- +1 os, (4%) 


als die Gleichung der Geraden DL, deren fixer Punkt D ist. 
| Um nun den Durchschnittspunkt dieser zwei Geraden zu 
bestimmen, müssen wir aus der Gleichung (I) und der früher gefun- 
denen Gleichung (II) das «" und y" suchen. 

Ziehen wir zu diesem Behufe diese zwei Gleichungen von ein- 
ander ab, so folgt 


ee Re en  -- 
reach) ah me 
200. ra a 
See eg 
2 ae 2 
Ta are 
2 2 1 
a 
| a le De? 
WORAUS U = —i ann 
p? elor) 
BUBEN ey ee 
Be eo 
an a De en er) 


Zee 
folgt; also gehörig bezeichnet, ist die gesuchte Abseisse 


NEL Tee (p Fe 1) 2 
E Tina Bl). 
Substituirt man diesen Werth für ©’ in die Gleichung (II), so hat man 
RN 2 = (p aa 1) u. 2 
Mer a 
y" ne Be (o Era 1) 2 


ker er A Pr 


Construction des Kreises und der Ellipse. 93 


ie Irre rt) RE 2p +2) 


Pl —%p +2) 
er ar 2 +2 


N Pe —2p+%) 
EN RE RE ET REN DENE 
ern Az 
ee sesnchte Ordinate g = Ze 9 .,.,..am. 
pP —-2p+2 


Soll nun der Punkt Z in der Peripherie des Kreises liegen, so 
muss (z”)? + (y”’)? = r? = 1 sein, somit auch die dafür substi- 
tuirten Werthe 

r 2 p— 1)? pP (e— 2) = a 
pa —2p +1) pP —2p+2 


erfolgen. 
Werden diese Ausdrücke auch wirklich quadrirt, so folgt sofort 
ee p(p —?) "- ae 
a: Pr +N) (ae 
kp 21) + Ale — +) 
li (Pe —2p +2)? 
ne 
(pP? — 2 p + 2)? 
P—Ap? +80? — Sp +A ü 


$] 


ET 
es ist daher auch der zweite Durchschnittspunkt, d. i. der Punkt Z 
in der Peripherie des Kreises. 


Wirdp = u e gesetzt, also das betreffende Segment 


Rn 


5 | 
eo u so erhält man folgende Gleichungen: 


ee Marne 

für die Gerade DJ y = Sragr u a Ba had aA Ba Ta nd an N) 
; an? 2n? 

Pe EL) ELy = p: Rn aa a LE ae . (ID), 
Sr 

Bayer ten 


und als Bedingungsgleichungen für die Durchschnittspunkte dieser 
Geraden 


f 
eg 
n(n+p) +p? 
2 2 
und y' et a an ARE SEE. ER (IV), 


n(n+p)+p? 


9A Fialkowski. 


oder 
a a) 
L, == nn _p) +p: sd 01 1a, Be, ae (IT) 
„ —2np+ p? / 
Y, — Ba ao . . ®. [ . 0} . . (IV )» 


zn (n —p) + p? 


7 2n(n+p) Z 
‚Tan adnsp. au 

" +?np+p® „ 
Tg ae ar 
Daraus ergibt sich also, dass es gleichgiltig ist, mit welchem 
Radius man den Hilfskreis beschreibt, um die Hilfspunkte in der Axe 
zu erhalten. Der Unterschied besteht nur darin, dass die mittelst der 
gezogenen Normalen erhaltenen Segmente ein verschiedenes Gesetz 


befolgen, je nachdem man diese oder jene Linie eintheilt. 
$. 55. 


Aus dem Vorhergehenden lässt sich folgender Lehrsatz ableiten : 

Wird in einem Kreise durch den Fusspunkt einer Ordinate aus 
der einen Ecke des diesem Kreise umschriebenen Quadrates eine 
Gerade gezogen, und aus dem dieser Ecke zunächst anliegenden 
Halbirungspunkte der Seite dieses Quadrates zwei Gerade so geführt, 
dass die auf dem Durchmesser und dessen Verlängerung erhaltenen 
Durchschnittspunkte von dem zweiten derselben Ecke zunächst anlie- 
genden Halbirungspunkte so weit abstehen, als der Peripheriepunkt 
der Ordinate von dem letzteren Halbirungspunkte, so liegen die zwei 
Durehschnittspunkte der drei Geraden in der Peripherie des Kreises, 
oder wenn wir nur den Durchschnittspunkt des Durchmessers 
berücksichtigen, so hat man folgenden Satz: 

Wird in einem Kreise durch den Fusspunkt der Ordinate aus 
der einen Ecke des diesem Kreise umschriebenen Quadrates eine 
Gerade geführt, und aus dem dieser Ecke zunächst anliegenden 
Berührungspunkte der mit der Ordinate nicht parallelen Seite eine 
zweite Gerade so geführt, dass sie sich in der Peripherie des 
Kreises schneiden, so ist das auf der Abseissen-Axe abgeschnittene 
Stück gleich der dieser Ordinate entsprechenden Sehne, welche der 
benützten Ecke am nächsten anliegt u. s. w. 

Da jeder Ordinate im Halbkreise zwei Sehnen entsprechen, so 
‚kann man bei der Bestimmung der Kreispunkte jede derselben 


Construction des Kreises und der Ellipse. 95 


benützen, wie dies Fig. 61 zeigt, in welchem Falle man doppelt so 
viele Punkte erhält, als es mit Benützung nur der einen Sehne mög- 
lieh ist. Denn wird die Ordinate JP gezogen und aus B mit der 
Sehne BJ der Durchmesser AB in K und dessen Verlängerung in L 
geschnitten und auf die besagte Art verfahren, so erhält man den 
Punkt / und //; wird nun auch aus dem zweiten Endpunkte des Durch- 
messers AB mit der zweiten Sehne, d. i. mit 4J dieser Durchmesser 
in M und dessen Verlängerung in N geschnitten, ferner aus E durch 
den Fusspunkt ? eine Gerade geführt, € mit N und M verbunden und 
die CM verlängert, so erhält man die Punkte //J und IV; und wenn 
die so aufgefundenen fixen Punkte in der Axe, wie auch der untere 
Halbirungspunkt D und die zwei Eckpunkte @ und H benützt werden, 
so erhält man acht Punkte, somit im Ganzen, wenn auch die paralle- 
len Sehnen gezogen werden, 16 Punkte in der Peripherie des Kreises. 

Dieser merkwürdige Satz gibt uns ein Mittel an die Hand die 
Ellipse in allen Fällen mit grossem Vortheile zu construiren, indem 
man zur Bestimmung von 8 Punkten nur einen einzigen Punkt auf dem 
Durchmesser oder dessen Verlängerung zu bestimmen braucht, wie 
wir aus den nächstfolgenden Beispielen sehen werden. 


$. 56. 


Bevor wir dies durch einige Beispiele erläutern, wollen wir 
zuerst über die Construction der Fig. 61 eine genaue Betrachtung 
anstellen, und sehen welchePunkte man in der Peripherie des Grund- 
kreises erhalten kann, wenn wir uns die AF um den Punkt F gedreht 
denken, und B als den Anfangspunkt betrachten. 

Offenbar wird nach dieser Construction, wie man aus Fig. 62 
sieht, der eine letzte Punkt in der Peripherie der Punkt A sein, weil 
nach dem früher erklärten die Normale für A gleich o wird, und daher 
der oberhalb des Durchmessers AB in der Geraden AF liegende 
Punkt V’ der letzte in dem Quadranten BC sein. Wir können daher 
nach dieser Construction allein keine weiteren Punkte bestimmen. 

Wird aber diese Construction mit der in Fig. 44 angegebenen in 
Verbindung gebracht, so erhält man, wie Fig. 63 zeigt, nach den bei- 
den Richtungen auch noch weitere Punkte auf den beiderseitigen 
Verlängerungen des Durchmessers AB, mithin auch noch weitere 
Punkte in der Peripherie des Kreises, so dass wenn die Gerade EZB 
immer weiter und weiter gegen C gerückt wird, auch die hierdurch 


96 Fialkowski. 


bestimmten Punkte der Peripherie näher und näher an den Punkt C 
kommen; wird endlich die aus E gezogene Linie parallel zu AB, so 
fallen beide Punkte zusammen, und zwar im Berührungspunkte € der 
Seite des diesem Kreise umschriebenen Quadrates, oder in dem 
Berührungspunkte der zu AB parallel geführten Tangente. 

Es wird also_die letzte Stellung der um den Punkt E Bed ehten 
Geraden eine Tangente sein. 

/ Man kann daher mittelst der Ordinaten die Punkte in der Peri- 

pherie des Kreises nach den beiden Richtungen nur bis zu der Linie 
AE erhalten; wollte man aber über diese hinaus auch noch weitere 
Punkte in der Peripherie erhalten, so muss man nach der in $. 38 
(Fig. 44) angegebenen Construction verfahren, indem man von B aus 
nach den beiden Richtungen die entsprechenden Einheiten gesetz- 
mässig aufträgt, wie dies aus Fig. 68 ersichtlich ist. 

Hier wurde die Neunziger- Sehne BC in drei gleiche Theile 
getheilt, und ein solcher Theil auf der Axe XY von B aus beiderseits 
aufgetragen, sodann die diesem Theile entsprechenden Quadrat- 
punkte vermittelst der Quadrat-Einheit 3 1 des Halbmessers BO von 
B aus in der Richtung nach links bestimmt. 


Sı5T. 


Wir werden mit Hilfe des im $. 55 angegebenen Satzes Con- 
struction der Ellipse vornehmen, wobei wir zwei Fälle unterscheiden 
wollen: A. wenn eine der zwei gegebenen Axen verlängert wird, und 
B. wenn gar keine verlängert werden darf. 

A. Construction der Ellipse, wenn eine von den zwei Axen verlängert werden 
darf. 

a) Construction der Ellipse, wenn die grosse Axe verlängert 
werden kann. 

Es sei (Fig. 64) AB die grosse, CD die kleine Axe, und EFGH 
das diesen Axen entsprechend umschriebene Rechteck. Man verlän- 
gere die grosse Axe AB über B hinaus, beschreibe über AB aus O 
mit dem Radius gleich OB einen Bogen Bu, nehme auf demselben 
einen beliebigen Punkt X an, fälle aus diesem eine Lothrechte auf 
die grosse Axe, welche in Z geschnitten wird. Nun beschreibe man 
aus B mit dem Radius gleich der Entfernung BK einen Halbkreis, 
der die grosse Axe in M und deren Verlängerung in N schneidet. 
Wird endlich aus E durch den Punkt Z eine Gerade geführt, sodann 


ur Far 


Construction des Kreises und der Ellipse. 97 


C mit M und N verbunden und die CM so verlängert, dass die aus E 
geführte Gerade geschnitten wird, so erhält man P und Q als Ellip- 
senpunkte. | 

Führt man aus F ebenfalls durch Z. eine Gerade und aus D 
durch M und N zwei Geraden, so schneiden sie sieh ebenfalls in zwei 
Punkten, d. i. in ?' und 0‘, welche zu den früheren zwei Punkten 
eorrespondirende Punkte sind. 

Zu diesen vier so gefundenen Punkten werden in der unteren 
Hälfte der Ellipse auch die vier correspondirenden Punkte, wie dies 
durch Pfeile angezeigt ist, gefunden. 

b) Construction der Ellipse, wenn der grössere conjugirte Durch- 
messer verlängert werden kann. 

Sind AB und CD (Fig. 65) die beiden eonjugirten Durchmesser, 
und ZFGH das diesen Axen entsprechende Parallelogramm, so ver- 
längere man die AB über B hinaus, beschreibe aus O mit OB einen 
Bogen Bu, nehme auf demselben einen beliebigen Punkt J an, fälle 
von demselben eine Ordinate JK, lege die gedachte Sehne BJ um den 
Punkt B einmal in die Axe und dann in deren Verlängerung um, wie 
dies mittelst des gezogenen Halbkreises angedeutet ist, und verfahre 
im Übrigen wie im vorhergehenden Falle. 

c) Construction der Ellipse, wenn nur die kleine Axe verlängert 
werden darf. 

Es sei (Fig. 66) AB die kleine und CD die grosse Axe; man 
verlängere die kleine Axe AB über B hinaus, beschreibe über dieser . 
Axe einen Halbkreis oder nur einen Bogen (hier den Halbkreis AC’B), 
nehme auf demselben einen beliebigen Punkt Jan, fälle von demselben 
eine Normale auf AB und mache LB=BM== der Entfernung BJ ; wird 
endlich aus F durch den Fusspunkt X der Ordinate JK eine Gerade 
geführt, sodann C mit M und L verbunden und die CZ bis P verlän- 
gert, so ist N der eine und P der zweite Punkt der Ellipse. Werden 
ferner die Linien @Q, DQ und DM gezogen, so erfolgen abermals 
zwei Punkte der Ellipse. 

Die correspondirenden Punkte werden auf bekannte Art gesucht, 
wie dies aus der Figur ersichtlich ist. 

d) Construction der Ellipse, wenn nur der kleinere conjugirte 
Durchmesser verlängert werden darf. 

Es sei (Fig. 67) AB der kleinere, CD der grössere conjugirte 
Durchmesser, und EF@GH das diesen Durchmessern entsprechend 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. I. Hft. 7 


98 Fialkowski. 


umschriebene Parallelogramm. Soll in diesem nur die AB verlängert 
werden, so wird auch hier so verfahren wie im vorhergehenden 
Falle, wie sich dies aus der Figur ersehen lässt. 

Wie man aus allen diesen Fällen sieht, muss man jedesmal das 
den gegebenen Axen entsprechend umschriebene Rechteck oder 
Parallelogramm oder wenigstens dessen zwei Eckpunkte bestimmen; 
allein da es jedesmal besser ist in jedem der vier Endpunkte der 
gegebenen Axen Tangenten zu ziehen, weil dadurch sehr leicht ver- 
hütet wird, dass die Ellipse über dieselben nicht hinaustritt, so ist 
auch das jedesmal umschriebene Rechteck oder Parallelogramm gar 
nicht überflüssig; von den anderen Linien aber werden diejenigen 
weggelassen werden können, welche zuletzt gezogen werden sollen, 
weil man an den betreffenden Stellen nur einen Einschnitt zu machen 
braucht. Wenn man also dies streng nimmt, so brauchte man hier in 
jedem der vier Fälle nur zwei Hilfslinien zu ziehen, d. i. diejenigen 
nur, welche aus den zwei Eckpunkten durch den Fusspunkt der Ordi- 
naten geführt werden. In der Fig. 64 sind diese EQ und FO’; in 
Fig. 65 sind FR und @®; in Fig. 66 sind F'’P und @0, und in Fig. 67 
sind FR und @P solche Linien, in deren jeder zwei Punkte der Ellipse 
liegen. 


$. 58. 


B. Construetion der Ellipse mit Hilfe des im $.55 angegebenen Satzes, wenn gar 
keine Axe verlängert werden darf. 


Es soll in dem Trapeze EFGH (Fig. 68) als dem perspectivi- 
schen Quadrate, in welchem AB und CD als gegeben betrachtet 
werden können, eine Ellipse construirt werden. 

Betrachtet man die früheren vier Fälle genau, so ergibt sich 
sogleich, dass auch hier die Construction nicht schwer ist; wird also 
AB als der Durchmesser desjenigen Kreises angenommen, durch des- 
sen Umdrehung die einzuschreibende Ellipse entstanden gedacht 
wird, so ist CD als ein zweiter perspectivischer Durchmesser. Wird 
nun aus O mit OB ein Bogen beschrieben, in demselben irgend ein 
Punkt angenommen, von demselben eine Ordinate gefällt, die Ent- 
fernung BJ in die AB um den Punkt B umgelegt, sodann aus C und 
D durch den Punkt Z, und aus F und @ durch den Punkt X Gerade 
geführt, so sind die zwei Durchschnittspunkte dieser vier Geraden, 


Construction des Kreises und der Ellipse. 99 


d. i. Mund N Punkte der in das perspectivische Quadrat EFGH ein- 
zuzeichnenden Ellipse. 

Aufähnliche Art wird man daher in jedem Rechtecke oder Paral- 
lelogramme, ohne dass man die Axen verlängert, Ellipsenpunkte 
bestimmen können, wobei jedesmal nur zwei Punkte erfolgen, wenn 
vier Linien gezogen werden; allein auch hier können zwei wegge- 
lassen werden, indem man in den zwei aus den Eckpunkten geführten 
Geraden Einschnitte macht. 


$. 39. 


Construetion der Diagonalpunkte, ohne dass irgend eine der zwei Axen verlängert 
werden darf. 


Es sei zur Construction der Ellipse das perspectivische Quadrat 
EFGH (Fig. 69), folglich auch die AB und CD gegeben; man ziehe 
die beiden Diagonalen EG, FH, errichte im Mittelpunkte O die 
JO 1 AB, mache JO = BO —= AO, und beschreibe mit dem Radius 
gleich der Entfernung. AJ aus A den Bogen JK, und aus B den 
Bogen JL. Werden endlich aus C und D durch K und Z vier Gerade 
so geführt, dass die Diagonalen geschnitten werden, so sind die da- 
durch erhaltenen vier Durchschnittspunkte, d. i. M, N, P, Q die ver- 
langten Diagonalpunkte der in das perspectivische Quadrat EFGH 
einzuschreibenden Ellipse. 

Wie man aus der Figur sieht, werden in jedem perspectivischen 
Quadrate zwei der vier Punkte viel schärfer und deutlicher erhalten als 
die anderen zwei; man wird sich daher an jene mehr als an diese halten 
müssen. Bei einem Parallelogramme werden je zwei und zwei in der- 
selben Diagonale liegenden Punkte gleich scharf geschnitten, bei 
einem Rechtecke werden alle vier unter einem gleichen, mehr oder 
weniger deutlichen Schnitt erhalten, je nachdem die Differenz der 
beiden Axen mehr oder weniger gering ist. Es ist jedoch diese 
Methode viel einfacher als die in den ersten $$. dieser Abhandlung 
angegebenen, weil man hier weder den Durchmesser zu verlängern 
noch keine Eintheilung zu machen braucht; ja man kann sogar die 
drei Bögen, welche hier zur Bestimmung der zwei fixen Punkte X 
und Z beschrieben worden sind, wie auch die vier Geraden, welche 
durch diese zwei Punkte aus C und D gezogen wurden, weglassen, 
indem man in den Diagonalen nur die Einschnitte macht. 

q* 


100 Fialkowski. 


8. 60. 


Allgemeines Verfahren, beliebig viele Punkte einer Ellipse zu finden, ohne dass 
eine von den zwei Axen oder einer von den zwei eonjugirten Durchmessern ver- 
längert zu werden braucht. 


Es sei (Taf. X, Fig. 70) AB der grössere, CD der kleinere con- 
jugirte Durchmesser, und EFG@H das diesen Durchmessern entspre- 
chend umschriebene Parallelogramm. Man beschreibe aus O mit OB 
den Bogen Bu, nehme auf demselben beliebig viele Punkte an, hier drei, 
d.i. a, b, c, fälle von jedem derselben eine Ordinate auf AB, und ziehe 
aus jedem der zwei Ecken Fund @ durch die Fusspunkte dieser Ordina- 
ten gerade Linien. Werden nun die diesen Ordinaten entsprechenden 
Sehnen Ba, Bb, Be in die AB um den Punkt B umgelegt, und aus C und 
D durch die auf diese Art erhaltenen Punkte m, n, p Gerade geführt, 
bis die ihnen entsprechenden aus den Eckpunkten gezogenen Geraden 
geschnitten sind, so erhält man hier die Punkte I, II, IH und I’, I’, II’. 

Die Richtung der letzteren sechs Linien wurde nur mittelst 
Pfeile bezeichnet. 

Werden zu den so gefundenen sechs Punkten auch die corre- 
spondirenden Punkte gesucht, so erhält man bei Annahme von drei 
Punkten auf dem Hilfsbogen im Ganzen 16 Punkte für die zu zeich- 
nende Ellipse. 

Auf diese Weise kann man für jeden gegebenen Fall beliebig 
viele Punkte finden. 


8. 61. 


Construetion der Polygone in den perspeetivischen Ebenen. 


Mit Hilfe der aufgestellten Sätze von der Construction des Krei- 
ses, kann man jedes Polygon, welches in einer verticalen, horizontalen 
oder in irgend einer gegen die Bildfläche schiefen Ebene, in die per- 
spectivisch horizontale, verticale, oder in irgend eine schiefe Ebene 
bringen, ohne dass man sich des Distanzpunktes bedient, wie dies 
sogleich gezeigt werden soll. 

Es sei (Fig. 71) das sternförmige Polygon acegilin der ver- 
tiealen Ebene gegeben; man soll dies in die perspectivisch-horizon- 
tale Ebene drehen, wenn das Auge in unendlicher Entfernung ange- 
ncmmen wird. Natürlicher Weise muss hier die verkürzte Linie ce‘ 
gegeben sein. Es wird also das dieser Sternfigur umschriebene Qua- 
drat CDEF nach der Drehung in ein Parallelogramm übergehen, 


Construction des Kreises und der Ellipse. 101 


welches alsdann C’D‘E’F' sein wird. Es handelt sich daher hier nur 
um die vier Punkte a, e, g, !, welche vermöge $. 31 (Fig. 33 u. 34) 
auf eine höchst einfache Art gefunden werden. Ist nämlich das Paral- 
lelogramm C'D'E'F' gezeichnet, so ziehe man in diesem eine von den 
zwei möglichen Diagonalen (in deren Verlängerung in unendlicher 
Entfernung der Distanzpunkt sich befinden muss); fälle von den 
Punkten @ und e die al und eg lothrecht auf AB, und führe durch die 
Punkte » und p die a'l‘ wie auch e‘g‘ parallel zu C‘F'. Werden end- 
lich die ap so wie en um ihre Fusspunkte beiderseits in die Axe p 'n' 
umgelegt und durch die so erhaltenen Punkte p‘ und p'' zu der 
gezogenen Diagonale CE‘ Parallele geführt, bis die durch p und » 
parallel zu €’F’ gezogenen Geraden geschnitten werden, so erhält 
man die vier verlangten Punkte, welche hier «', e', g’, !', sind. Diese 
mit einander, wie auch andere schon bestimmten Punkte durch 
Gerade verbunden, geben die verlangte Sternfigur in der Ebene 
C'D'’E'F', wie aus der Figur ersichtlich ist. 

Wären nun die Wege für die drei Punkte a, c, e, d. i. die entspre- 
chenden Ellipsen, welche während der Drehung beschrieben werden, 
gezeichnet, so könnte man mit Leichtigkeit jede beliebige Stellung 
dieses Polygons angeben. 

Auf diese Art kann man jedes beliebige regelmässige wie 
unregelmässige Polygon in einer beliebigen Ebene darstellen. 


8. 62. 


Ist die Entfernung des Beobachters von der Tafel bestimmt, so 
müssen für einen jeden gegebenen Punkt zwei fixe Punkte in der 
Drehungsaxe gesucht werden, mittelst welchen man dann den gege- 
benen Punkt in die perspectivische Ebene bringt. 

Es sei (Fig. 72) der Punkt a in der verticalen Ebene gegeben, 
man soll ihn in die perspeetivisch-horizontale Ebene bringen. 

Bekanntlich wird jeder Punkt aus der verticalen Ebene in die 
perspectivisch-horizontale gebracht, wenn man eine diesem Punkte 
entsprechende Ordinate zieht, durch deren Fusspunkt eine Linie nach 
dem Hauptpunkte führt u. s. w. 

Allein wir wollen in dieser Aufgabe die Bedingung einführen, 
dass durch diesen Punkt die ihm entsprechende Ordinate nicht gezo- 
gen werden darf. Man wird daher in diesem Falle folgendermassen 
verfahren können: Es sei ZZ die Horizontal-Linie, vv’ die Vertiecal- 


102 Fialkowski. 


Linie, deren Durchschnittspunkt @ der Augepunkt, und A der 
Distanzpunkt. Man ziehe also eine beliebige Gerade mn, führe durch 
deren Fusspunkt p eine Linie nach dem Hauptpunkte, mache mp=np, 
und zn'p perspectivisch gleich n'p = mp=np. Wird nun m mit a ver- 
bunden und die ma bis zu der Axe xy verlängert, so ist b der eine fixe 
Punkt; wird ferner 2 mit « verbunden, so ist e der zweite fixe Punkt; da 
also der Punkt m‘ in der perspectivisch-horizontalen Ebene ist, so 
liegt der Punkt « in der Geraden m'b; aber eben aus dem Grunde 
liegt derselbe Punkt auch in der Verlängerung der Geraden n’'c, 
folglich muss er im Durchschnittspunkte dieser zwei Geraden und 
daher in @' sein. 

Sind mehrere Punkte gegeben, so können alle solche mittelst 
der zwei Punkte m‘ und »‘ in der verlangten Ebene entsprechend 


gefunden werden, ohne dass man sich weiters des Distanzpunktes 
bedient. | 


Si 


Construetion eines regelmässigen Fünfeckes in der perspectivisch-horizontalen 
Ebene. 


Es sei (Fig. 73) das regelmässige Fünfeck abede in der verti- 
calen Ebene, welche zugleich parallel zur Bildfläche ist, gegeben. Die- 
ses Fünfeck soll in derjenigen perspectivisch-horizontalen Ebene ge- 
zeichnet werden, welche durch den horizontalen Durchmesser des die- 
sem Polygone umschriebenen Kreises normal auf die Tafel gelegt wird. 
Man ziehe zu diesem Behufe CO und BD _L AB, verbinde die Fuss- 
punkte dieser Senkrechten mit dem Augepunkte durch Gerade, und 
suche auf diesen mittelst des Distanzpunktes die dem Punkte c, € und 
D entsprechenden Punkte e’C’ und D'. Ist dies geschehen, so ver- 
binde man den Punkt ce mit a durch eine Gerade, welche die ABin «a 
schneidet, führe dann aus D durch den Eckpunkt a dieses Fünfeckes 
eine Gerade bis die Axe @y in a” geschnitten wird, und man erhält 
zwei fixe Punkte «’ und a”; wird alsdann D’ mit a” verbunden, und 
aus c’ durch @’ eine Gerade geführt bis die D’«” geschnitten wird, 
so ist der Durchschnittspunkt dieser zwei Geraden, d. i. «'' das Bild 
des Punktes « in der perspectivisch-horizontalen Ebene. 

Wird ferner C mit b verbunden, so ist 6’ der eine fixe Punkt, 
und ch bis zu der Axe verlängert gibtden zweiten fixen Punkt 5’ ; daher 
c' mit 5” verbunden, und aus €’ dureh 5’ eine Gerade geführt, gibt 


Construction des Kreises und der Ellipse. 103 


den gesuchten Punkt 5’ ebenfalls in derselben Ebene. Die anderen 
. zwei Punkte d’ und e’ werden mittelst der durch die gefundenen 
Punkte gezogenen Parallelen bestimmt. 

Streng genommen braucht man für jeden Punkt nur eine Gerade 
zu ziehen, weil die zwei fixen Punkte nur mittelst des Einschneidens 
gefunden werden, wie bereits erklärt wurde. 


$. 64. 


Construetion eines unregelmässigen Polygons in der perspectivisch-horizontalen 
Ebene. 

Die Construetion unregelmässiger Polygone geschieht auf eben 
diese Art, wie die der regelmässigen; mit dem Unterschiede, dass 
dabei mehr fixe Punkte bestimmt werden müssen, weil keine corre- 
'spondirenden Punkte vorhanden sind, oder wenigstens ist es selten der 
Fall, dass es solche gibt. 

Im Allgemeinen muss hierbei über der Axe ein Quadrat verzeich- 
net werden, wie hier (Fig. 74) das Quadrat MNPOQ, dessen zwei 
Eckpunkte M und N so beschaffen sein müssen, dass man von diesen 
aus, durch die Polygonpunkte Gerade geführt, die Schnittpunkte in 
der Axe erhalten kann, d. h. es müssen die Punkte M und N bedeutend 
höher oder niederer als alle Polygonpunkte liegen; wo im letzteren 
Falle die in der Axe liegenden Punkte ausgenommen sind. 

Man verbinde also die Fusspunkte P und Q der Verticalen MP 
und NO mit dem Augepunkte 2, und mache M’P perspectivisch gleich 
MP und ebenso N’Q perspectivisch gleich NO; mittelst dieser zwei 
Punkte werden die gegebenen Polygonpunkte auf folgende Art 
bestimmt: Der Punkt a hat in Bezug auf den Punkt M den fixen 
Punkt in «’ und in Bezug auf den Punkt N, den fixen Punkt @”; es 
liegt somit der fragliche Punkt in der Geraden M’a’ und in der Gera- 
den N’a”, folglich im Durchschnittspunkte dieser zwei Geraden, 
4.1. ma": 

Auf dieselbe Weise werden auch alle übrigen Punkte Sefün den, 
wie die Figur zeigt. f 

Am Schlusse dieser Construction erhält man zuweilen die letzten 
Punkte nur durch die Verlängerung der Seiten. So findet man den 
Punkt f”’ indem man nur in Bezug auf den Punkt M den einen fixen 
Punkt f sucht, fg bis zu der Axe verlängert, M’ mit f’ verbindet und 
aus f”’ durch g'” eine Gerade führt. 


104 Fialkowski. 


S. 65. 
Construction der Ellipse von der Ellipse in den perspectivischen Ebenen. 

Einen viel grösseren Vortheil gewährt die im vorhergehenden. 
angegebene Verfahrungsart bei der Construction einer Ellipse von 
der gegebenen Ellipse. Dieser Fall tritt dann ein, wenn das Bild 
eines Kreises gezeichnet werden soll, dessen Ebene einfach oder 
doppelt schief gegen die Tafel ist, denn wenn man in jedem dieser 
Fälle dem gegebenen Kreise ein Quadrat umschreibt, so ist dessen 
Bild nach der orthogonalen Projection in der horizontalen Ebene für 
den ersten Fall ein Rechteck und für den zweiten Fall ein Parallelo- 
gramm, und daher wird jedesmal das Bild des gegebenen Kreises 
eine Ellipse sein. 

Ist also die horizontale Projeetion eines Kreises gegeben, so 
kann man in dieser Projectionsebene nach der angegebenen Art die 
Hilfspunkte der Drehungsaxe suchen, und solche auch in der per- 
spectivisch-horizontalen Ebene bestimmen. 

Da aber jedesmal das perspeetivische Parallelogramm gezeichnet 
werden muss, und da bekanntlich der Ellipse unzählig viele 
Parallelogramme umschrieben werden können, so folgt daraus, 
dass man auch ein Parallelogramm verzeichnen kann, dessen zwei 
Seiten parallel zur Basis der Tafel sind. 

Ist dies geschehen, so findet man auch sehr leicht den zur 
Basis in der perspectivisch-horizontalen Ebene parallelen Durch- 
messer, mittelst dessen man auch beliebig viele Punkte der Ellipse 
finden kann, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen. 

Wir wollen uns aher hierbei, um die Sache desto deutlicher zu 
geben, des geometrischen Grundrisses bedienen. Nehmen wir also 
zuerst den Fall an, wenn die Ebene des Kreises schief gegen die 
horizontale Projectionsebene ist, und normal auf der Tafel, ohne 
dabei horizontal oder vertical zu sein. 

Es sei also in diesem Falle (Taf. XI, Fig. 75) A’ B’ die grosse 
und €’ D’ die kleine Axe der Ellipse A’C’B'D', welche dem Recht- 
ecke EF'@ H eingeschrieben ist. 

Es sei ferner E’F’ die horizontale und E’ @" die verticale 
Trasse derjenigen Ebene, in welcher der Kreis sich befindet, dessen 
Bild die Ellipse A’ C’B'D’ in der horizontalen Ebene ist. 

Man zeichne also das Rechteck EFGH perspectivisch gleich 
dem Rechtecke EF'@H, ziehe in diesem die beiden Diagonalen, 


Construction des Kreises und der Ellipse. 105 


und durch deren Durchschnittspunkt O die CD || zur Basis der Tafel, 
so ist CD als der Durchmesser desjenigen Kreises anzusehen, durch 
dessen Drehung aus der vertiealen Ebene in die perspectivisch- 
horizontale diejenige Ellipse entstanden gedacht wird, welche in 
das Rechteck EF@H eingeschrieben werden soll. 

Es ist somit dieser Fall auf den im $. 22, Fig. 28 zurückgeführt, 
und hinsichtlich der weiteren Construction als ein solcher behandelt. 
Es wird nämlich, wie in Fig. .28 die CD verlängert, durch O eine 


CD 
Senkrechte geführt, O0" = 0D" = = gemacht, sodann in C nach 


aufwärts und in D nach abwärts Lothrechte gezogen, und mittelst 
dieser wie auch mittelst der zwei Punkte C” und D” auf der Axe 
XX' die fixen Punkte als Hilfspunkte und dann auch die der Ellipse, 
wie in $. 22, Fig. 28, gesucht. 


$. 66. 


Construction der Ellipse von der Ellipse, wenn in der Projec- 
tionsebene keine von den zwei Axen gegeben ist. 

Ist bei der Projection eines Kreises, dessen Ebene doppelt 
schief gegen die Bildfläche also weder die grosse noch die kleine 
Axe der so erhaltenen Ellipse gegeben, oder wenn solche auch 
gegeben wären, keine von denselben parallel zur Basis der Tafel, 
so lässt sich auch dieser Fall auf einen einfachen redueiren. Es 
braucht hierbei nur die Projeetion des Mittelpunktes gegeben zu 
sein, wo dann durch diesen Punkt ein zur Basis paralleler Durch- 
messer gezogen, und mittelst der Tangenten auch ein zweiter als con- 
jugirter Durchmesser aufgefunden werden kann. 

Es sei nun (Fig. 76) die Ellipse A’C’B’D' als die horizontale 
Projection eines Kreises, dessen Ebene doppelt schief gegen die beiden 
Projectionsebenen ist; es sei ferner 0’ der Mittelpunkt dieser Ellipse. 
Man ziehe A’B’ parallel zur Basis der Bildfläche, ferner EF' | @H 
| A’B’, suche die Berührungspunkte C’ und D', verbinde sie mit ein- 
ander durch eine Gerade und ziehe E’H’ || F'@’ || CD’. Man bringe 
ferner AB’ und C’ D’ in die perspectivisch-horizontale Ebene, 
wodurch man in derselben die zwei Geraden AB und CD erhält. Es 
ist also AB als der Durchmesser desjenigen Kreises anzusehen, 
durch dessen Drehung aus der verticalen Ebene um diesen horizon- 
talen Durchmesser in die perspectivisch-horizontale Ebene die zu 
zeichnende Ellipse entstanden gedacht wird. 


106 Fialkowski. 


Wird also AB beiderseits verlängert, ferner Au, pg und Bw 
normal auf AB gezogen, sodann Op = Og gemacht, so kann man im 
Übrigen ganz nach der im &. 22, Fig. 28 angegebenen Weise ver- 
fahren, wie dies aus der Figur zu ersehen ist, wo hier mittelst der 
vier fixen Punkte mnr's' acht Punkte für die zu zeichnende Ellipse 
gefunden wurden. 


8 67. 


Construction der Ellipse von der gegebenen Ellipse, wenn jene 
durch die Drehung um die grosse Axe aus der verticalen Ebene in 
die perspectivisch -horizontale entstanden gedacht wird. Es sei 
(Fig. 77) die Ellipse ACBD in der verticalen Ebene so gegeben, 
dass die grosse Axe AB parallel zur Basis der Tafel ist; es sei 
ferner ZZ die Horizontal-Linie, vv’ die Vertical-Linie, A der 
Distanzpunkt und @ der Augepunkt. Man verlängere die grosse 
Axe AB beiderseits, ziehe zwei Lothrechte in beliebiger Entfer- 
nung von einander, also MPund NB_LAB, mache MP=NB=BP, 
führe dann durch die Fusspunkte dieser zwei Senkrechten, also durch 
P und B gerade Linien nach dem Augepunkte, mache MP = MP 
—D'P= N Bin der durch AB gelegt gedachten perspectivisch- 
horizontalen Ebene. Es entspricht also der Punkt M’ demPunkte M, der 
Punkt N dem Punkte N u. s. w. Nun führe man aus dem Punkte M 
eine Gerade Mm so, dass die gegebene Ellipse in zwei Punkten « und 
b geschnitten wird; da nun die Punkte M’ und m in der perspeecti- 
visch-horizontalen Ebene liegen, und die Gerade M’'m der Mm ent- 
spricht, so müssen in derselben Ebene auch die zwei Punkte « und 
b liegen; wird ferner aus N durch a die Gerade N«, und aus dem- 
selben Punkte durch 5 die Gerade Nß gezogen, so liegen die zwei 
Punkte a und 5 auch in diesen Geraden, welche die zwei fixen Punkte 
n und p haben. Werden endlich aus N’ durch die zwei fixen 
Punkte 2» und p Gerade geführt, d. i. Nn« und Npß’, so sind die 
zwei Durchschnittspunkte dieser zwei Geraden, mit der Geraden 
M'm, d. i. a’ und b’ Punkte der verlangten Ellipse. 

Da ferner die zwei aus N gezogenen Geraden die gegebene 
Ellipse in « und ß schneiden, so benützt man dies, verbindet « und 
B mit M, bestimmt dadurch die zwei fixen Punkte r und g, führt 
dann durch diese aus MW Gerade, wodurch sich « und P’ als die 
zwei anderen Punkte der verlangten Ellipse ergeben. 


Construction des Kreises und der Ellipse. 107 ° 


Werden zu diesen Punkten auch die correspondirenden Punkte 
gesucht, so hat man im Ganzen zwölf Punkte der zu zeichnenden 
Bllipse. 

Um auch hier das Anhäufen von Linien zu vermeiden, verfahre 
man auf die bereits angegebene Weise, und lasse bei der Bestim- 
mung der fixen Punkte die unnöthigen Hilfslinien weg, indem man 
nur die Einschnitte in der Axe macht. 

Wird z.B. der fixe Punkt m bestimmt, « und 5b markirt, so 
braucht man die Gerade Mm nicht zu ziehen, sondern die Kante des. 
Lineals um den fixen Punkt m bis auf M’ zu drehen und nur die M’'m 
zu ziehen u. s. w., was der praktische Zeichner ohnehin leicht ein- 
sehen wird. 

Man braucht also auch hier, um zwei Punkte der Ellipse zu 
bestimmen, nur eine einzige Linie zu ziehen, wenn sonst die Hilfs- 
punkte so wie die fixen Punkte gehörig aufgefunden und kennbar 
bezeichnet werden. 

Wie man aus diesem Beispiele sieht, ist die Construction der 


' Ellipse von der Ellipse höchst einfach; und zwar aus dem Grunde, 


weil jede aus dem einen oder dem andern Hilfspunkte M oder N 
gezogene Gerade die gegebene Ellipse in zwei Punkten schneidet, 
aber nur Einen fixen Punkt hat. 

Auch ist die angeführte Construction allgemein giltig und in den 
meisten Fällen anwendbar, mag die Drehungsaxe durch den Mittel- 
punkt der Ellipse gehen, dieselbe schneiden, berühren, oder ausserhalb 
derselben gegeben sein. 


$. 68. 


Zum Schlusse dieser Abhandlung wollen wir nur noch eine 
Aufgabe anführen, deren einfache aber auch allgemeine Lösung bisher 
nicht bekannt ist, nämlich: Es soll eine Ellipse construirt werden, 
wenn nur eine Axe und eine Tangente gegeben ist. 

Die Anwendung dieser Aufgabe kommt, wie Taf. XII, Fig. 78 
und 79 zeigt, in der Baukunst bei der Construction der Bohlendächer 
vor, wo nämlich die Kanten der Sparen ED und DH Fig. 78 als die 
Tangenten, und die Spannweite AB als die grosse Axe gegeben ist, 
OC aber nicht bekannt ist. 

Hier handelt es sich vorerst um die geometrische Construction 
der Berührungspunkte der gegebenen Tangenten, alsdann aber über- 


108 Fialkowski. 


haupt um die Construction beliebig vieler Punkte für die zu zeich- 
nende Ellipse. 

Bekanntlich sind hierbei zwei Fälle zu unterscheiden, denn ent- 
weder werden sich die zwei gegebenen Geraden, gehörig verlängert, 
noch auf der Zeichenfläche schneiden, oder es ist dies nicht der Fall. 

Die Lösung des ersten Falles findet man wohl in den Lehr- 
büchern der analytischen Geometrie, allein die des zweiten nicht, 
und es dürfte daher die Lösung des zweiten Falles durch die Con- 
struction nicht überflüssig sein; sie ist folgende: 

Es sei (Fig. 80) AB die grosse Axe und fg die Richtung der 
Tangente, welche durch die Ordinaten Am und Bn gegeben ist. Der 
Berührungspunkt dieser Tangente wird gefunden, wenn man Am 
über A nach abwärts verlängert, Ag —= Am macht, g mit n durch 
eine Gerade verbindet, welche die gegebene Axe in O' schneidet, 
und in diesem Durchschnittspunkte eine Senkrechte errichtet, bis die 
gegebene Tangente in E geschnitten wird; so ist Z der gesuchte 
Berührungspunkt. 

Wird ferner Bp = Bn gemacht, und durch p und g eine Gerade 
geführt, so ist diese, d. i. t' g‘, eine zweite Tangente der zu zeich- 
nenden Ellipse. 

Man kann daher, wenn eine Tangente gegeben ist, auch eine 
zweite auf diese Art sehr leicht auffinden, und daher ein Trapez 
hier mnpg construiren, in welchem sich nach bekannten perspectivi- 
schen Grundsätzen eine Ellipse einschreiben lässt, welche dann die 
verlangte Ellipse sein wird. 

Um für diese Ellipse beliebig viele Punkte zu bestimmen, wird 
ferner Fig. 80° aus O' mit dem Radius O'E = O'F der Hilfskreis 
A'’EB'F beschrieben, und nach einer oder der andern von uns an- 
gegebenen Methode vorgegangen, indem man EF als Drehungsaxe 
annimmt und in derselben die erforderlichen fixen Punkte aufsucht. 

Man wird also auch hier am bequemsten zuerst die Diagonal- 
punkte suchen, indem man aus E mit dem Radius gleich AE die 
‘ Verlängerung der Axe FE in @ schneidet, sodann @ mit A und 
B verbindet, wodurch die Diagonalen in H und X geschnitten werden; 
die mit diesen zwei Punkten correspondirenden Punkte werden auf 
bekannte Art gefunden. 

Da hier die Punkte oberhalb der Axe AB verschieden hoch 
liegen, so werden mittelst der zur grossen Axe AB gezogenen 


WERE 


Construction des Kreises und der Ellipse. 109 


Parallelen noch vier Punkte, somit im Ganzen zwölf Punkte für die 
zu zeichnende Ellipse gefunden. 

Man kann aber mittelst der Ordinaten oder nach $. 22, Fig. 28 
auch noch mehr Punkte sehr leicht finden. 

Es erübrigt uns noch bei dieser Aufgabe, die Auffindung der 
kleinen Axe zu bestimmen, deren Richtung ohnehin bekannt ist; denn 
legt man durch den Halbirungspunkt O der grossen Axe die CD loth- 
recht auf AB, so liegt in dieser die kleine Axe. Hat man nun zuerst 
mehrere Punkte der Ellipse aufgefunden und diese gezeichnet, so wird 
dadurch gewissermassen auch die kleine Axe begrenzt. 

Man untersucht also die Richtigkeit der Endpunkte der so er- 
haltenen Axe, z. B. des Punktes C', auf folgende Art: Es wird näm- 
lich der zu untersuchende Punkt C’ mit A durch eine Gerade ver- 
bunden, aus E mit EL ein Halbkreis beschrieben, welcher den aus 
O0‘ beschriebenen Kreis in J schneidet; ferner aus J die JJ‘ normal 
auf EF gezogen, und aus m durch J' eine Gerade geführt, bis sie die 
AC' schneidet; erfolgt nun der Durchschnittspunkt dieser zwei Geraden 
in der Geraden CD, so ist dieser ein Endpunkt der kleinen Axe 1). 


$. 69. 


Um das im letzten Paragraphe angegebene Verfahren gehörig 
zu begründen, wollen wir annehmen, dass sich die zwei gegebenen 
Geraden, d. i. die grosse Axe und die Tangente, wenn sie gehörig 
verlängert werden, noch auf der Zeichenfläche schneiden, wie 
Fig. 81 zeigt. 

Es sei also AB die grosse Axe und m'n‘ die Tangente, welche 
sich in & schneiden, durch welchen Durchschnittspunkt aber auch 
die correspondirende Tangente p‘g' gehen muss. 

Legt man nun durch A und B die Verticalen m‘g' und n'p', so 
entsteht dadurch das Trapez m’ n'p'g‘, in welchem die Diagonalen 
gezogen und bis zu der durch den Punkt @ gezogenen Geraden 
ZZ‘ verlängert, dieselbe in A und A’ schneiden. Es ist daher 2 
der Augepunkt, A, A’ die Distanzpunkte, und 2A =Q& A’ die Ent- 
fernung des Beobachters von der Tafel. Somit ist hier m’n'p'g' das 
perspectivische Quadrat, welches bei dieser Distanz aus dem 
geometrischen Quadrate mpg entstanden ist, und weil die Distanz 


1) Wir behalten uns vor über die Bestimmung der Axen als ein Anhang zu dieser 
Abhandlung vorzulegen. 


110 Fialkowski. 


zu gering ist, als ein verzehrtes Bild dieses Quadrates erscheint. 
Denn wie bekannt, erscheint ein und derselbe Kreis bei verschie- 
denen Distanzen des Beobachters auch verhältnissmässig mehr oder 
weniger gestreckt und gedrückt, jedoch behält er immer die Form 
einer Ellipse. 

Wird die Distanz gleich o, so ist dann die grosse Axe & 
lang, ist hingegen die Distanz oo gross, so wird die grosse Axe = 0 
u. Ss. w., was allerdings auch von anderen Punkten abhängt. 

Ebenso kann man sich diese Ellipse durch die Drehung des aus 
0’ mit O‘F über EF in der verticalen und zur Tafel parallelen Ebene 
beschriebenen Kreises entstanden denken, wobei nach den Grund- 
sätzen der Perspective mg || np als Parallele zur Tafel auch nach 
der Drehung stets parallel bleiben müssen, während mn und pg, 
gehörig verlängert durch den Augepunkt @ gehen müssen, wenn der 
Kreis aus der verticalen und zur Tafel parallelen Ebene in die per- 
spectivisch horizontale und normale auf die Tafel gedreht wird. 
Kommt dann bei der Drehung dieses Kreises der Punkt A nach A‘, 
so muss gleichzeitig B nach B‘ kommen, indem die aus A und A’ 
durch O0’ gezogenen Geraden, die in B errichtete Senkrechte 
in = und p' schneiden u. s. w. Es kommt m nach m’, n nach 
n, p nach p’ und g nach g’, und somit ist m'n'p’g’ das Bild des 
Quadrates mnp g. ü 

Was also von diesem Quadrate gilt, das gilt auch von jedem 
Punkte der Ellipse, indem ein jeder solcher bei der bestimmten 
Distanz verhältnissmässig seine Lage verändern musste. 

Die Richtigkeit der Construction bei der Bestimmung beliebiger 
Anzahl von Punkten für die Ellipse erfolgt aus der früher erklärten 
Verfahrungsart (Fig. 21 — 24). 

Aus der näheren Betrachtung der Fig, 81 folgt ferner, dass man 
auch in dem 1. Falle, wenn die zwei gegebenen Linien sich noch auf 
der Zeichenfläche schneiden, sowohl den Berührungspunkt als auch 
beliebig viele Punkte der Ellipse auf eine höchst einfache Art auf- 
finden kann. Denn man braucht nicht einmal die beiden gegebenen 
Linien bis zu ihrem gemeinschaftlichen Durchschnittspunkte zu ver- 
längern und ebenso auch nicht über der grossen Axe einen Kreis zu 
beschreiben, sobald man die von uns angegebene Verfahrungsart 
kennt, wie in einem geometrischen Trapeze oder perspectivischen 
Quadrate die Ellipsenpunkte gefunden werden. | 


Construction des Kreises und der Ellipse. 111 


8.70. 

_ Wir haben in Fig. 12 und 13 bereits erklärt, dass man sich 
eine und dieselbe Ellipse auf verschiedene Art entstanden denken 
kann. In Fig. 12 und 13 entstehen die Ellipsen durch die Drehung 
zweier verschiedener Kreise, wovon der eine über der grossen und 
der andere über der kleinen Axe beschrieben wird. 

Wird also über der grossen Axe (Fig. 81) ein Quadrat MNPOQ 
verzeichnet, so dass die grosse Axe eine zu den zwei gegenüber- 
liegenden Seiten dieses Quadrates parallele Halbirungslinie bleibt, 
und in diesem Quadrate ein Kreis eingeschrieben, so kann man sich 
die Ellipse AC’BD’ auch durch die Drehung dieses Kreises entstanden 
denken. Diese Entstehungsart kann man aber nur dann benützen, 
wenn die Lage des Punktes C nach der Drehung bestimmt ist, was 
bei der vorgelegten Aufgabe in der Baukunst nie der Fall ist. 

‘Eine nähere Betrachtung der vorgelegten Aufgabe (Fig. 80) 
zeigt uns, dass jedesmal, wenn eine Tangente gegeben ist, stets 
sechs Tangenten als gegeben betrachtet werden können, wovon je 
zwei und zwei correspondirende Tangenten sind. 

In dem angeführten Falle werden zur Construction der Ellipse vier 
Tangenten benützt, d. i. diejenigen zwei, welche die Verlängerung der 
grossen Axe schneiden oder schneiden sollen, und die zwei, welche 
in den Endpunkten der grossen Axe normal auf diese gezogen werden. 
Es entsteht hierdurch das geometrische Trapez, welches in Bezug auf 
den Augepunkt so wie auf den Distanzpunkt nichts anderes als ein 
perspectivisches Quadrat ist, ohne welches man die Lösung der vor- 
gelegten Aufgabe im zweiten Falle nicht im Stande ist auszuführen. 

Sind aber zwei verschiedene Tangenten gegeben, so können 
auch zwei verschiedene Trapeze, deren jedes die Höhe gleich der 
grossen Axe hat, gezeichnet werden, und bei der Bestimmung der 
- Ellipsenpunkte ist es hinreichend die vier Diagonalpunkte zu bestim- 
_ men, indem man mittelst der parallelen Sehnen auch die correspon- 
direnden Punkte sehr leicht auffinden kann, in welchem Falle also 
im Ganzen 24 — 26 Punkte der Ellipse, also mehr als ein geübter 
Zeichner braucht, gefunden werden. 

S. 71. 

Ganz allgemein wird diese Aufgabe gestellt, wenn man die 
Ördinaten, mittelst deren die Tangente bestimmt wird, unter einem 
beliebigen Winkel annimmt, wie Fig. 82 zeigt, wo dann die Axe 


112 Fialkowski. 


AB nur einer von den zwei conjugirten Durchmessern ist, von Se 
zweiten aber nur die Richtung gegeben ist. 

Es ist daher in diesem Falle zur Construction der Ellipse eine 
Tangente {4 und ein conjugirter Durchmesser AB gegeben. 

Die Auflösung dieser Aufgabe ist folgende: 

Da die Richtung des zweiten conjugirten Durchmessers gegeben 
ist,:so ziehe man durch A und B die EF und HG || CD, mache 
AF = AE und BG = BJH, und verbinde @ mit F durch eine Gerade, 
wodurch das geometrische Trapez oder das perspectivische Quadrat 
EF@GH entsteht. Werden in diesem die beiden Diagonalen EG und 
FH gezogen, und durch den Durchschnittspunkt, welcher in der AB 
erfolgen muss, eine Parallele zu CD geführt, so sind Jund X Be- 
rührungspunkte dieser Tangenten an die zu zeichnende Ellipse. Wird 
ferner aus O0’ mit 0'’J = O'K über JK ein Kreis beschrieben, so ist 
er derjenige, durch dessen Drehung aus der vertiealen Ebene in die 
perspeectivisch-horizontale um die Axe JX die zu zeichnende Ellipse 
entstanden gedacht wird. 

Vergleicht man Fig. 81 mit 82, so sieht man, dass die Con- 
struction der letzteren ganz allgemein ist, denn es gibt in der per- 
spectivisch-horizontalen oder verticalen Ebene, welche normal auf 
der Bildfläche ist, jedesmal nur eine einzige Linie, welche geome- 
trisch entweder horizontal oder vertical ist; alle anderen Linien sind 
schief, indem sie nach .dem Hauptpunkte oder nach irgend einem 
andern Verschwindungspunkte convergiren. 

Es sind also Fig. 82 EF und GH, ferner JK und CD, welche zu 
einander parallel gezogen wurden, nichts anderes als die zur Basis der 
Tafel gezogenen Parallelen, wenn man sich die Glastafel oder die 
Bildfläche in EF und in deren Verlängerung aufgestellt denkt. Daher 
ist auch dieser Fall auf den im $. 22, Fig 28 reducirt, wo dann die 
Construetion der Ellipsenpunkte nach dieser oder jener Weise vorge- 
nommen werden kann. Wie man aus Fig. 82 sieht, braucht man 
hierbei nur die vier Diagonalpunkte zu bestimmen, weil man schon 
dadurch, indem sie in verschiedener Höhe sind, im Ganzen 14 Punkte 
für die zu zeichnende Ellipse erhält. 

Es ist daher die Lösung der zuletzt vorgelegten Aufgabe, wie 
wir gesehen haben, selbst dann höchst einfach, wenn man den Durch- 
schnittspunkt der beiden gegebenen Geraden auf der Zeichenfläche 
nicht erhalten kann, und die Richtung der beiden Axen beliebig ist. 


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Haidinger. Die konische Refraetion am Diopsid. 113 


Auf ähnliche Art würde man verfahren, wenn die kleine Axe 
und verschiedene Tangenten gegeben sind, wie dies Fig. 79 zeigt, 
wo zugleich die Anwendung dieser Aufgabe versinnlicht wird. 

Da nun auch in diesem Falle die Construction der Ellipse ganz 
analog mit der im letzteren Falle angegeben ist, so finden wir es 
für überflüssig, selbe hier durchzuführen. 

Dass sich aus den hier aufgestellten und bewiesenen Construc- 
tionen auch noch andere ableiten lassen, ist wohl nicht zu zweifeln, 
welches der Untersuchung der Wissenschaft anheimgestelll bleibt. 


Die konische Refraction am Diopsid, nebst Bemerkungen über 
einige Erscheinungen der konischen Refraction am Aragon. 


Von dem w. M. W. Haidinger. 


1. Als Vorwort zu einer Mittheilung, die sich auf den Diopsid 
bezieht, bitte ich um Erlaubniss, wenn auch nicht für mich selbst, 
eine Reelamation zu erheben, veranlasst durch meine frühere 
Darstellung der Geschichte der Studien in Bezug auf die Lage der 
optischen Axen desselben !). Meinem hochverehrten Freunde Gustav 
Rose verdanke ich nämlich die Kenntniss der Thatsache, dass Herr 
Dr. Julius Wilhelm Ewald in Berlin bereits im Jahre 1837, also 
mehrere Jahre vor Herrn Professor Miller’s Mittheilung in den 


Cambridge Transactions die Verhältnisse der optischen Axen des 


Diopsids mit vollständiger Genauigkeit dargestellt hat. Es geschah 
dies in seiner schönen Inaugural-Dissertation De Crystallis duorum 
axium opticorum dissertatio optica, die nur in lateinischer Sprache 
für sich veröffentlicht wurde, wovon aber leider keine Auszüge in die 
periodische wissenschaftliche Literatur übergingen. 

Aber Herrn Dr. Ewald’s Abhandlung enthält noch eine ee 
die als Berichtigung oder vielmehr als eine Ergänzung zu meiner 
früheren Angabe dienen kann, indem sie eine directe Beobachtung 
an die Stelle einer Schlussfolgerung stellt. Aus den Beobachtungen 
in Fig. 3 und Fig. 4 hatte ich nämlich für die Fig. 2 den Charakter 


1) Pleochroismus einiger Augite und Amphibole. Sitzungsberichte d. kais. Akademie 
d. Wissensch. 1854. Bd. 12, S. 1074. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI, Bd. I. H£t. 8 


114 Haidinger. 


der optischen rothen und blauen Axenkeile combinirt und geschlossen, 
dass für beide Axen die rothen Keile innen, zunächst der Ersten 
Mittellinie oder optischen Elastieitäts-Hauptaxe liegen. Herr Dr. 
Ewald dagegen untersuchte unmittelbar eine senkrecht auf die 
Hauptaxe geschnittene Platte, in welcher sich beide Ringsysteme gut 
vergleichen liessen. Sie waren von gleicher elliptischer Gestalt, aber 
unterschieden sich doch dadurch von einander, dass bei dem einen 
der blaue, bei dem andern der rothe Keil zu innerst lag — ?n altero 
systemate ruber, in altero caeruleus color ad interiorem partem 
versus est. Pag. 25. Welche Lage übrigens diese beiden verschie- 
denen Farbenkeile in Bezug auf die Krystallaxe des Diopsids haben, 
ist hier nicht gesagt, und daher eine wünschenswerthe Aufgabe für 
spätere Untersuchung. Jedenfalls gebührt Herrn Dr. Ewald die 
Anerkennung , dass er es war, der zuerst den oa Charakter 
der Diopsidkrystalle festgestellt hat. 

2. Auch einer früheren Beobachtung derldio staurophanie des 
Diopsids muss ich hier gedenken, nämlich durch Herrn Biot, der 
vor langen Jahren die grünen Axenbüschel auf gelblichem Grunde 
wahrnahm, wie dies Herr v. Senarmont in seiner schönen Arbeit 
über die künstlich gefärbten pleochromatischen Krystalle mittheilt '). 

3. Noch ist die konische Refraction an wenigen Krystallen beob- 
achtet worden. Man kennt sie vorzüglich am Aragon. Die Verhält- 
nisse unter welchen sie erscheinen musste, waren zuerst theoretisch 
entwickelt, und sodann durch Versuche bestätiget worden, beides 
meisterhaft, das erste bekanntlich blos von der Fresnel’schen 
Voraussetzung der dreifachen Elastieität des Lichtäthers in drei 
senkrecht auf einander stehenden Richtungen ausgehend durch Sir 
William R. Hamilton ?), den Entdecker der wahren Gestalt der 
Wellenfläche für die Fortpflanzung des Lichtes in zweiaxigen Kry- 
stallen, und namentlich der Tangentialkreise, welche die Axenpunkte 
umgeben, aus deren Dasein unmittelbar die Nothwendigkeit der 
konischen Refraetion floss, das zweite durch Herrn Professor 


1) M.Biot a bien voulu metire ü ma disposition un echantillon de diopside vert 
ou il les avait reconnues (ces phenomenes) depuis longues annees. Experi- 
ences sur la production artificielle du polychroisme dans les substances eristalli- 
sees ; par M. H. de Senarmont. Annales de Chimie et de Physique, 3. serie, t. XLI. 

2) Third Supplement to an Essay on the Theory of Systems of Rays. Transactions 
of the Royal Irish Academy 1830—1835. Vol. 17, pag. 1. 


EWR 


Zu 


Die konische Refraction am Diopsid. 115 


Humphrey Lloyd !), der durch die feinsten physicalischen Messungen 
die Wahrheit des mathematischen Ausspruches bestätigte. Gegen- 
wärtig erscheint es uns allerdings als nicht möglich, dass die Be- 
stätigung hätte fehlen können, dennoch war man seiner Zeit sehr 
darauf gespannt, und sie hat daher auch vieles Aufsehen erregt, 
billig durch die von allen Seiten entfaltete wissenschaftliche Tiefe 
und Hingebung dem so höchst anregenden Gegenstande, der so 
mächtig unter andern auch den Geist des grossen Physikers 
Plücker erfasste. 

„Kein physiealischer Versuch hat einen solehen Eindruck auf 
„meinen Geist gemacht, wie der der konischen Refraction. Ein 
„einziger Lichtstrahl, der in einen Krystall eindringt und als Licht- 
„kegel wieder heraustritt, das war eine unerhörte Sache, und ohne 
„alle Analogie. Herr Hamilton verkündete sie, von der Gestalt der 
„Welle ausgehend, die durch lange Rechnungen einer abstracten 
„Theorie abgeleitet war. Ich gestehe, ich hätte verzweifelt, ein so 
„ausserordentliches Ergebniss durch die Erfahrung bestätigt zu 


„sehen, welches einzig durch die Theorie vorausgesagt war, die 


„Fresnel’s Genius neuerlich geschaffen hatte. Als aber Herr Lloyd 
„bewiesen hatte, dass die Versuche gänzlich mitHerrn Hamilton's 
„Vorhersagung übereinstimmten, musste jedes Vorurtheil gegen eine 
„so wunderbar gestützte Theorie verschwinden“ ?). 

Die Beobachtungen wurden von Lloyd am Aragon durchge- 
führt. Sie sind leicht bis zu einer gewissen Ausdehnung anzustellen, 
wenn man sich einmal in der Krystallform orientirt hat. Herr Dr. 
Beer gibt ferner noch an: „Ich glaube behaupten zu können, die 


1) On the Phenomena presented by Light in its passage along the Axes of Biaxal 
erystals. Ibidem Vol. 17. I. 45. — Poggend. Annalen 1833. Bd. 37, S. 91 u. 104. 
2) Aucune experience physique n’a fait autant d’impression sur mon esprit que 
la refraction conique. Un rayon de lumiere unique entrant dans un erystal et 
sortant sous l’aspeet d’un eöne lumineux : c’etait une chose inouie et sans ana- 
logie. M. Hamilton Uannongait en partant de la forme de l’onde, qui avait ete 
deduite par de longs caleuls d’une theorie abstraite. J’avoue que j’aurais des- 
espere& de voir confirmer par U’ experience un resultat si extraordinaire, predit 
par la seule theorie que le genie de Fresnel avait nouvellement ereee. Mais M. 
Lloyd ayant demontre que les experiences etaient en parfaite concordance avec 
les predietions de M. Hamilton, tout prejuge contre une theorie, si merveilleuse- 


ment soutenue a dü disparaitre. — Crelle, Journal für reine und angewandte 
Mathematik 19, S. 44. — Moigno, Repertoire d’ optique moderne. T. I, pag. 97. 
g* 


116 | Haidinger. 


„konische Refraetion am Salpeter beobachtet zu haben“ 1). Ferner: 
„Eben so leicht wie beim Aragonit lässt sich die innere konische 
Refraetion in einer Platte von doppeltehromsaurem Kali beobachten, die 
‚derjenigen Spaltungsfläche parallel ist, welehe auf der einen optischen 
Axe ungefähr senkrecht steht“ ?2). Das hohe Interesse, welches die 
erste Bestätigung erregte, ist nun freilich auf dieselbe beschränkt, und 
da sie nun von Herrn Dr. Beer bis zu den anorthischen Krystallen 
ausgedehnt ist, so würde auch der augitische Diopsid, dessen Sym- 
metrie zwischen der des Aragons und des Chromsalzes liegt, kaum 
zu einer eigenen Mittheilung geeignet gehalten worden sein, wenn 
die Erscheinungen der konischen Refraction nicht gleichzeitig mit 
denen des Pleochroismus aufgetreten wären, durch welchen einige 
der Erscheinungen sehr an Deutlichkeit gewinnen, um derentwillen 
man sie vielleicht anziehend finden wird. | 

4. Während ich mit der Untersuchung der pleochromatischen 
Verhältnisse des Diopsids beschäftiget war, fiel mir der grosse 
Unterschied in den Angaben der Werthe für zwei Brechungsexpo- 
nenten in Herrn Dr. Beer’s Zusammenstellung den optischen Con- 
stanten zweiaxiger Krystalle?) auf, nämlich für die mittlere Brechung 
B = 1'680 nach Miller, dagegen u = 1'378 für ein unbestimm- 
tes Brechungsverhältniss nach Jamin aus der Beobachtung des 
Haupteinfallswinkels. Je grösser der Winkel des bei der konischen 
Refraction gebildeten Kegels ist, um desto leichter musste die Beob- 
achtung sein. Beim Aragon beträgt für die innere konische Refraction 
dieser Winkel 10 55’ und doch stehen die Exponenten der stärksten 
und schwächsten Brechung nach Rudberg nur in dem Verhältnisse 


von «= 169084: y—= 1'53264, oder eo 1103. Beim Diopsid - 


musste dieser Winkel viel grösser sein, da schon das Verhältniss des 
angegebenen ß:x = 1:1'2122 ist. An das idiostaurophane Zwil- 
lingskrystall-Stück AB, Fig. 1, von 8°/, LinienLänge zwischen zwei 
parallelen ‚ senkrecht auf die Axe der gewöhnlichen Zwillinge 
geschliffenen Flächen XA und BD, wie es in meiner frühern Mit- 


1) Einleitung in die höhere Optik, S. 369. 

2) Ableitung der Intensitäts- und Polarisations-Verhältnisse des Lichtringes bei der 
inneren konischen Refraction. — Poggendorff’s Annalen 1852. Bd. 85, S. 79. 

3) Einleitung in die höhere Optik, S. 392. 


Die konische Refraction am Diopsid. 117 


theilung 1) beschrieben ist, wurde einfach ein Stück schwarzes 

Fig. 1. Papier CD mit einem feinen Nadelstiche bei E 
aufgeklebt, so dass der durch die kleine Öff- 
nung E in der Richtung der optischen Axe E@ 
hindurchdringende Strahl noch die Fläche AK 
traf. Eine Loupe auf dem Wege @H gehalten 
zeigte deutlich zwei Bilder von E, die mit 
grosser Leichtigkeit zum Zusammenfallen ge- 
bracht werden konnten, wobei sich alsogleich 
der Lichtring mit dem schwarzen Mittelpunkte 
ausbildete. Nach dieser leichten, schon von 
Lloyd angegebenen Methode hatte mir vor 
längerer Zeit Herr Regierungsrath v. Ettings- 
hausen die innere konische Refraction an Aragonkrystallplatten 
gezeigt, namentlich an einer trefflichen zehn Linien dicken, von dem 
Mechaniker Hirsehmann in Berlin gelieferten, zu dem Zwecke 
der Beobachtung in Messing gefassten Platte, die er mir nun zur 
Vergleichung mit den Ergebnissen des Diopsids freundlichst mit- 
theilte. Eine nur wenig dünnere Platte von Aragon hatte Herr Pro- 
fessor v. Nörrenberg während einer Anwesenheit in Wien für 
Herrn v. Ettingshausen eigenhändig geschliffen. 

Auch in der Richtung FE entlang der optischen Axe des durch 
die Zwillingsflächen ZW von dem AD getrennten andern Individuums 
KB des Zwillingskrystalles sah man deutlich den Lichtring, wenn- 
gleich nur der Theil FI der Axe ihn in dieser Richtung besitzt, und 
zwischen J und £ nur ein Compensationsprisma aus dem andern 
Individuum AE bestehend liegt. 

Schon in der schönen Lloyd’schen Abhandlung sind die Er- 
scheinungen der verschiedensten Art beschrieben, namentlich auch 
solche Untersuchungsmethoden gewählt, um die Erscheinungen der 
innern konischen Refraction und die der äussern von einander 
getrennt übersehen zu können, den aus dem Krystall heraustretenden 
eylindrischen Lichtstrom der ersten und den konischen Lichtstrom 
der zweiten. 


1) Pleochroismus einiger Augite und Amphibole. Sitzungsberichte d. kais. Akademie 
d. Wissensch. 1854. Bd.12, S. 1074. 


118 Haidinger. 


Auf einem Schirme aufgefangen, oder auf die Netzhaut projieirt 
ist im vollkommensten Zustande das eine wie das andere ein heller 
Ring oder Kreis. Dem „einfachsten und interessantesten Falle, wo 
eine kreisförmige ebene Welle von geringem Durchmesser auf eine 


dicke Krystallplatte senkrecht, und in der Richtung der optischen 


Axe auffällt“ 1), ist auch für die innere konische Refraction die oben 
angeführte Abhandlung des Herrn Dr. Beer gewidmet. 

Bei dem Diopsid erscheinen die zwei Bilder der Loupe ver- 
schiedenfarbig, das eine gelb das andere grün, in dem Lichtringe 
war der Unterschied der einen Seite von der andern zu sehr ver- 
waschen, um noch deutlich gesehen zu werden, es schien mir 
wünschenswerth zuerst ihre gegenseitige Lage genauer festzuhalten, 
da jede der Farben mit einem bestimmten Polarisationszustande ver- 
bunden ist, und die Kenntniss der Lage der Farben auch einige 
Einsicht in die Kentniss der Lage der Polarisationsrichtungen geben 
konnte. 

Fig. 2. Man sehe immer wie in Fig. 1 
mit der Loupe in 4, nach dem Punkte 
in E hin, und wähle zum Anfange der 
Untersuchung die Lagen in der Ebene 
der Axen, also Fig. 2 von @ gegen 

die Zwillingsfläche Z, und sodann von 
G von der Zwillingsfläche weg gegen 
A fortschreitend. Dort wie hier erhält 
man zwei Bilder der Lichtöffnung 
bei E, aber gegen die Zwillings- 
fläche Z zu ist das von der Axe GE 
entferntere Bild « grün, das nähere © gelb, gegen die Seite A zu ist 
das nähere Bild » grün, das entferntere e ist gelb. Die optische Axe 
zeigt also in Beziehung auf den Endpunkt @ gerade den entgegen- 
gesetzten Charakter nach beiden Seiten zu in der Ebene der beiden 
optischen Axen, je nachdem an diesen Seiten die rechtwinkeligen 
Axen der kleinsten und grössten Elastieität BE und CE liegen, wo 
BE die Hauptaxe oder erste Mittellinie ist, und CE die zweite Mittel- 
linie. Übrigens ist jedes der gelben Bilder senkrecht auf die Ebene 


1) Beer, Poggendorf’s Annalen 1852. Bd. 85, S. 67. 


Die konische Refraction am Diopsid. Zn) 


Fig. 8. - der Axen polarisirt, jedes der grünen in 
5 der Ebene der Axen. Das Grün der letz- 
f Q d tern ist also senkrecht auf die Axe der 
O g O mittlern Geschwindigkeit polarisirt, und 
“ 91,0  - gehört also auch als Farbe zu dieser Axe, 
a9- Oi MrO- O8 und zu dem von Miller angegebenen 
E20) Brechungs-Exponenten 1'680. 
an or Die Lage und Polarisation von a, 2, 
n n n und e, ist auch in Fig. 3 als Grund- 


ansicht gegeben. Von der Axe aus- 
gehend und senkrecht auf die Ebene der Axen untersucht, also in 
den sogenannten Kreisschnitten des Wellen-Ellipsoides sind die 
Bilder ce und / ebensowohl wie die g und p vollkommen gleichfarbig, 
gelblichgrün, sie sind auch wie jede der beiden. verschiedenfarbigen 
Bilderpaare senkrecht auf einander polarisirt, aber die Polarisations- 
richtungen stehen nicht senkrecht oder parallel den Kreisschnitten, 
sondern sie machen mit denselben Winkel von 45°. Dies folgt 
augenscheinlich schon aus dem Umstande, dass die Polarisations-. 
richtung von a beginnend, wo sie in der Ebene der Axen liegt, für 
das äussere Bild, durch 5, c, d herumgeführt in dem Bilde e wieder 
senkrecht auf der Ebene der Axen steht. Das Bild hat in Bezug auf 
den Mittelpunkt M einen Winkel von 180° beschrieben, die Polarisa- 
tion nur einen Winkel von 90°. Bei 90° Drehung des Bildes ist also 
die Polarisationsrichtung nur um 45° gedreht. 


Für diese und die dazwischen lie-) ist die Drehung und die Polarisationsrichtung 
genden Bilder 


a 00 00 
b 450 220 30' 
C 900 450 
d 135° 67° 30 
e 180° 900 


Ganz das Gleiche gilt für den andern äussern Halbkreis, durch 
a, h, g, f nach e; und ebenso für die beiden innern Halbkreise n, o, 
pP, 9, i und n, m, !, k, i. Den Polarisationsrichtungen entsprechend, 
gehen die Farben allmählich den erwähnten Haibkreisen folgend von «a 
| bis e aus Grün in Gelb, von 2 bis 2 vonGelb in Grün über. Man sieht 
leicht, dass die Polarisation dieser nur wenig ausserhalb des Berüh- 


120 Haidinger. 


rungskreises welcher die Axe @E umschliesst, untersuchten Bilder 
vollkommen mit der schönen Darstellung der Polarisation auf der 
Peripherie des Berührungskreises der Wellenfläche, so wie mit der 
Figur übereinstimmt, welche von Beer in Fig. 176, 2 gegeben ist. 

Es ist dies das Gesetz der konischen Polarisation wie 
es Hamilton) für innere und äussere konische Refraction ent- 
wickelt, und auch Lloyd seinerseits wieder durch Versuch gefun- 
den und bestätiget hat. Es zeigt sich hier durch die Austheilung der 
diehromatischen Farbentöne nur noch anschaulicher gemacht. 

5. Die Beobachtung dieser Bilder geschah in der deutlichsten 
Sehweite durch eine Loupe, bei einer Entfernung, in welcher genau 
in der Richtung der Axe die Bilder in den Lichtring zusammenflossen. 
Das Auge und die Loupe näher an den Krystall oder entfernter gehal- 
ten gab keinen Ring, sondern einen hellen inneren Punkt von einem 
dunkeln Ring umgeben, der selbst wieder von einem hellern aber 
etwas weniger lebhaften Streifen umfasst wird. Später verglich ich 
die Erscheinungen mit gleichartigen am Aragon. Manches fiel mir 
auf, über das ich mich gerne belehrt hätte, doch fand ich nicht 
genügende Auskunft. Eine grössere Arbeit über den Gegenstand zu 

Fig. 4. unternehmen, liegt mir auch zu ferne, 

MEN da sie doch mancherlei Hilfsmittel erfor- 
dert, die weder zur Hand noch schnell 
vorzubereiten sind; doch möchte ich 
auch nicht gerade verschweigen, was 
mir merkwürdig schien, um vielleicht 
anderwärts als Anregung zu einer 
Reihe von Forschungen zu wirken, 
die das höchste Interesse ge- 
währten. 

_ Bei der oben angewendeten Art 
der Beobachtung, einfach durch die 
Loupe hat man eigentlich, wenn sich 
der Ring vollständig bildet die äus- 
sere und innere konische Re- 
fraetion zugleich zu einer ein- 
zigen Figur zusammenwirkend. 


1) A. a. 0., 8.138 u. fl. 


Die konische Refraction am Diopsid. 121 


Es sei nämlich in der Fig. 4, auf der Ebene des Kreisschnit- 
tes des Wellen-Ellipsoides verzeichnet, ABCD die senkrecht auf 
die Axe FL (secundäre optische Axe, Cusp ray, Hornstrahl) 
geschnittene Krystallplatte, EF' sei der Weg einer senkrecht gegen 
AB fortschreitenden kreisförmigen ebenen Welle von geringem 
Durchmesser, so besteht gewiss das Ergebniss der innern koni- 
schen Refraction aus den zwei Wegen der in zwei Richtungen 
gebrochenen Welle FG und FH. Wo sie aus der Krystallplatte 
heraustreten beginnt der Lichteylinder @ HIK. Eine ebene kreis- 
förmige Welle, die im Innern des Krystalles den der Axe parallelen 
Weg FL zurücklegt , verlangt zu ihrer Bildung vermöge der 
äussern konischen Refraction eine unendliche Anzahl von Wellen 
im Durchschnitte hier durch MF und NF angedeutet deren Wege 
kegelförmig in F zusammentreffen. Bei L verlassen die Wellen wie- 
der die Krystallplatte, und ihre Wege gehen dem Einfallskegel paral- 
lel weiter fort im Durchschnitte in den Richtungen LO und LP. 
Eine Projection in der Entfernung RS würde den vollen Lichtring 
zeigen. Zwei concentrische Ringe würden sowohl für die Entfer- 
nung R, S,, als auch für die Entfernung R, S, erscheinen. Im Ein- 
zelnen wurden diese beiden Erscheinungen bereits von Lloyd nach- 
gewiesen, die kegelförmige Ausdehnung der äussern, der gleichblei- 
bende Durchmesser des Cylinders der innern konischen Refraction. 
Die Divergenz des äussern Kegels ist sehr unbedeutend (205651), 
ebenso auch die Divergenz des Innern (1955), durch dessen Ein- 
fluss der Cylinder gebildet wird. Schon die Krystalllinse bringt die 
Erscheinungen zur Convergenz und dadurch zur Projection auf der 
Netzhaut. Die erstere wird durch die Loupe vermehrt, und man sieht 
Alles grösser und deutlicher; sehr schöne Bilder sah ich auch durch 
ein Mikroskop bei 56facher Linearvergrösserung. Auch Herr Regie- 
rungsrath v. Ettingshausen hatte die Ringe durch ein Mikroskop 
mit ähnlicher schwacher Vergrösserung untersucht. 

Der Einfachheit wegen bei der Entfernung RS, Fig. 5, begin- 


_ nend, bringt man die Strahlen des Cylinders früher zur Con- 


vergenz nach SK und RI, Fig. 5, während der vorher divergirende 
äussere Kegel zu der späteren Convergenz nach RO und SP kommt. 
Die Lage der Netzhaut in TU empfängt das Bild eines von der 
innern und äussern Refraction gebildeten scharf begrenzten Ringes. 
Bei der Lage 7, U, ist dieinnere helle Scheibe durch die innere, der 


122 Haidinger. 


mehr verwaschene umgebende Ring durch 
die äussere konische Refraction gebildet; 
bei der Lage 7, U, umgekehrt die helle 
Scheibe durch die äussere Refraction, der 


nahme des Bildes durch den Convergenz- 
Apparat, die Loupe, oder das Auge ohne 
Loupe näher und näher an CD, Fig. 4, den 
Austritt der Strahlen aus der Krystallplatte, 
so fasst man auch den Kegel der äussern 
Refraetion immer näher an der Spitze, in- 
dem man sich mehr und mehr dem Punkte 
L nähert. Die Grenze dieser Erscheinungen 
ist, wenn man das Auge unmittelbar an den 
Krystall hält, zu innerst eine der entge- 
genstehenden Öffnung ganz gleiche kleine helle Scheibe, offenbar 
das Ende des Kegels der äussern konischen Refraction selbst, weil 
das Auge unmittelbar an der Spitze desselben sich befindet, und so- 
dann zwei concentrische schwach beleuchtete Kreisflächen, welche 
durch die doppelte Strahlenbrechung nach den sämmtlichen einfallen- 
den Richtungen hervorgebracht werden, welche von dem Winkel der 
Grösse der Pupille abhängen. Es sei in Fig. 6, EF die Projecetion der 
die Ebene der Axen und zur Orientirung AX die Projection der auf 
der Ebene der Axen senkrecht stehenden Ebene durch die Mittel- 
linie, oder die Projeetion der Axe der mittleren Elastieität. Die Figur 
Fig. 6. gibt eine Idee der eben be- 
schriebenen Erscheinung, 
doch nur unvollkommen, 
weil die Beweglichkeit 
der Natur fehlt, durch 
welche bei der geringsten 
Neigung der Krystall- 
platte in der Richtung der 
Ebene der Axen zu beiden 
Seiten der helle Punkt aus 
der Mitte sich nach seitwärts bewegt, und das Ganze das Ansehen 
von zwei mit ihrer Spitze vereinigten Kegeln erhält, deren Basen die 


umgebende mehr verwaschene Ring durch 
die innere. Setzt man den Anfang, die Auf- 


Die konische Refraetion am Diopsid. 123 


Kreise sind, die übrigens bei stärkerer Neigung ebenfalls in andere, 
nämlich in elliptische Formen übergehen. Sieht man genau in der 
Richtung der Mittellinie hin, so gewahrt man zwei deutlich über ein- 
| Fig. 7. ander liegende elliptische Flä- 
| chen Fig. 7, aber keine helle 
. Scheibe mehr. Die letzte fehlt, 
weil kein, aus Wellen von allen 
Seiten zusammengesetzter Licht- 
strom vorhanden ist, wie in der 
Richtung der Axe FL in Fig. A. 
Die Polarisationsriehtung 
der über einander liegenden 
Ellipsenflächen geht der grossen Axe derselben parallel; wo sich die 
Flächen der beiden decken, ist der Lichtstrom in den zwei senkrecht 
auf einander stehenden den ah entsprechenden Richtungen 
polarisirt. 
Beide Erscheinungen, Fig. 6 und 7, erklären sich leicht aus der 
ee des Vorganges im Krystall und im Auge. 
Fig. 8. 


Es sei AB Fig. 8 die Lichtöffnung in der von dem Auge abge- 
wendeten Seite der Krystallplatte, CD die Gesichtsaxe der Krystall- 
linse EF' mit der Pupille @H. Das Bild des Punktes B an der Grenze 
der eintretenden Lichtwelle entsteht jenseits des Durchkreuzungs- 
punktes 0, in dem Punkte 7, durch die Gesammtwirkung der Strah- 
len, welche zwischen @ und H eintraten. Für @ wird der Strahl BK 
beim Austritte aus dem Krystall in die Luft vom Loth abgelenkt nach 
KL, und dann wieder zumLoth gebrochen bei Z. Auf der entgegenge- 
setzten Seite der Pupille ist auf gleiche Weise der Weg der Wellen- 
grenze BMNI. Je grösser der Brechungsexponent des Krystalls 
ist, um desto stärker die Ablenkung bei X und M, desto stärker also 
auch die Divergenz der beiden Linien XZ und MN, und desto grösser 


124 Haidinger. 


auch die Entfernung des Punktes / von der Pupille @H. Aber die 
Netzhaut empfängt die Strahlen schon in der Lage PQ. Statt eines 
Bildes /, dem Rande B der bei AB eintretenden Welle angehörig, 
erhält die Netzhaut den über eine der Gestalt der Pupille entspre- 
chende Scheibe RS verbreiteten Eindruck. 

Dem entgegengesetzten Rande A entspricht der Projection auf 
der Netzhaut ein dem R gegenüber liegender Punkt R,, zwischen 
welchem und 2 auf der Netzhaut eine der Pupille entsprechende 
gleichförmig beleuchtete Scheibe entstehen muss, während jenseits 
R und R, Alles dunkel bleibt. Je grösser der Brechungsexponent, 
desto grösser folglich auch der Durchmesser der beleuchteten 
Scheibe. 

Die zwei concentrischen einander durchkreuzenden Ellipsen, 
Fig. 7, in der Richtung der Mittellinie entstehen durch den Einfluss 
der doppelten Strahlenbrechung. In einem isotropen Mittel wäre 
nämlich z. B. in Luft, das Bild der kleinen Lichtöffnung AB auf der 
Netzhaut die grössere, weniger stark beleuchtete Scheibe RS. 

Längs der Mittellinie der doppeltbrechenden Platte gesehen 
werden die Durchschnitte der Lichtkegel auf der Netzhaut, oder die 
Grenzen der Welle den Hauptschnitten der Wellenfläche entlang 
durch die Maxima der Entfernungen vom Mittelpunkte der Erschei- 
nung und von einander bestimmt, der mehr abgelenkte Strahl bringt 
den Endpunkt der grösseren, der weniger abgelenkte den der kleineren 
Axe jeder der beiden kreuzweise gegen einander liegenden Ellipsen 
hervor. 

Die eine Ellipse wird so durch die innere, die andere durch die 
äussere Schale der Wellenfläche gebildet, die Polarisation jeder 
derselben findetin der Richtung der grossen Diagonalen Statt, wovon 
man sich leicht überzeugt, wenn man eine Turmalinplatte vor die 
Öffnung AB, Fig. 8, in den beiden senkrecht aufeinander stehenden 
Richtungen hält. Die Polarisationsrichtung der einen Ellipse steht 
also senkrecht auf der Polarisationsrichtung der andern. 

Man unterscheidet leicht, dass die Erscheinung der beiden 
Ellipsen, obwohl gleichzeitig auf der Netzhaut, doch eigentlich die 
eine hinter der andern liegt, denn wenn man die Mittellinie einen 
kleinen Winkel mit der Sehrichtung einschliessen lässt, indem man 
die dem Auge zunächst liegende Seite der Krystallplatte ein wenig 
vom Auge wegwendet, so weicht die scheinbar dem Auge nähere 


Die konische Refraction am Diopsid. 125 


Ellipse in eben derselben Richtung vor der entfernteren weg, welche 
ihren Platz behauptet. In der hier betrachteten Lage ist diejenige 
Ellipse, deren grössere Axe in der Ebene der optischen Axen der 
Aragonplatte liegt, die scheinbar entferntere, diejenige, deren 
grössere Axe senkrecht auf der Ebene der optischen Axen steht, die 
scheinbar nähere. Indessen wirken sie doch ungeachtet ihrer kreuz- 
weise gegen einander liegenden Polarisation nicht auslöschend wie 
zwei Turmalinplatten, sondern die der einen angehörigen Schwin- 
gungen gehen ungehindert neben denen der andern in dem dipolari- 
sirten Lichtstrome fort. 

Man kann von dem Punkte der einander deckenden Ellipsen, 
Fig. 7, ausgehend, durch allmähliche Drehung der Krystallplatte in der 
Ebene der Axen, ohne das Auge zu verwenden bis zu der Erscheinung 
Fig. 6, gelangen. Auch hier gibt die flachkegelförmige Vertiefung in 
den Axenpunkten der Wellenfläche die zwei divergirenden auf ein- 
ander folgenden Richtungen der Wellen, von der Axenspitze (cusp) 
beginnend kreisförmig längs der innern und äussern Schale. Die in 
die Krystallplatte eintretende Welle ist kreisrund, der doppelte con- 
centrische Austritt aus derselben ebenfalls, und gleichfalls auch der 
Eintritt der divergirenden Wellen in die Pupille, welche also nach 
_ den zwei Geschwindigkeiten des Lichtes am Rande der Welle auch 
zwei aber concentrische kreisförmige Bilder auf die Netzhaut bringt. 
‚Die Polarisation findet nun nicht mehr in zwei senkrecht auf einander 
stehenden Richtungen Statt, sondern sie stimmt ganz, wie es auch 
nicht anders sein kann mit der Polarisation des Ringes selbst 
überein. 

Man halte von der Mittellinie beginnend eine Turmalinplatte jen- 
seits der kleinen Lichteintrittsöffnung, so dass die Polarisations- 
richtung des durch die Turmalinplatte hindurchgehenden Lichtes in 
der Ebene der zwei optischen Axen der Krystallplatte liegt. Die 
innere Seite der äussern Kreisscheibe, zunächst der Mittellinie, «a; 
wird gänzlich absorbirt, und verschwindet also im Gesichtsfeld, die 
Seite a der äussern Kreisscheibe bleibt hell, auch die obern und 
untern Räume c und c; von der innern Kreisscheibe wird dagegen 
b, dunkel und 5 bleibt hell, eben so wie c, und c, genau wie dies die 
oben bei Fig. 3 erwähnte konische Polarisation Hamilton’s verlangt. 

6. Selbst bei einigen etwas dunkler gelb gefärbten Aragonplatten 
bemerkt man eine, den zwei nicht sehr von einander verschiedenen 


126 | Haidinger. 


Farbentönen der Elastieitätsaxen entsprechende Farbenverschiedenheit 
in den beiden Bildern. Ich versuchte die Liehtströme durch 
kräftigere Farbentöne polarisirten Lichtes bei starker Erhel- 
lung zu färben, was auch in der That sehr leicht gelang, indem ich 
vor die kleine Lichtöffnung eine angemessene Vorrichtung klebte, und 
zwar nahm ich eine Platte von Andalusit mit einer Platte von Cordierit 
dergestalt combinirt, dass die helleren Töne absorbirt waren. Dasnoch 
hindurchfallende tiefe Violett zerfällt in der diehroskopischen Loupe 
in zwei senkrecht auf einander polarisirte Töne, blutroth und berliner- 
blau. Man hatte nun ganz ähnlich der Erscheinung des natürlichen 
pleochromatischen Diopsids, in Fig. 3, aber in viel lebhaftern, 
sehönern Farben, die Gegensätze von Roth und Blau in der Ebene 
der Axen, mit dem Violett des Übergangs in der Ebene senkrecht 
auf dieselbe. Von den zwei Ellipsen in Fig. 6 war die eine roth, die 
andere blau, die Farben der Kreisscheiben in Fig. 7 zeigten sich 
analog den Erscheinungen bei Anwendung des Turmalins, gerade so, 
. wie auch der eigentliche Ring in der günstigsten Beleuchtung doch 
noch die Verschiedenheit der Farbentöne zu beiden Seiten in der 
Ebene der Axen erkennen liess. Alle diese Erscheinungen erforder- 
ten indessen grosse Aufmerksamkeit bei der blosen Anwendung der 
Loupe. Im Mikroskop hat man sie deutlicher und auch mehr in der 
Hand. Aber die stärkere Vergrösserung erfordert tiefere Farbentöne 
der färbenden Platten, und stärkeres Licht, um ihre Wirkung sicht- 
bar zu machen, weil sie dann überhaupt zu viel Licht absorbiren, 
So wurde die Farbe des Cordierits beinahe zu einem milehweissen 
nur wenig blaulichen Tone verdünnt. | 

7. Es lag sehr nahe, die Bilder des Mikroskops durch eine Do p- 
pelspathplatte zu betrachten, namentlich in derjenigen Stellung, 
wo die Polarisation der nun sichtbaren beiden Bilder mit der Ebene 
der Axen, und der auf diese Ebene senkrechten Ebene übereinstimmen. 
Es trennten sich nun sehr schön die beiden nahe mondsichelförmigen. 
Bestandtheile des eigentlichen Ringes zunächst der Mitte, der Ebene 
der Axe angehörig, von den beiden am meisten contrastirenden Far- 
ben durch die gemischte gegen die Spitzen zu in die entigegen- 
gesetzte übergehend. In der Ebene der Axen sind nämlich die Farben 
vollständig getrennt, und ihre Polarisation stimmt, dem Gesetze der 
konischen Polarisation entsprechend mit der Polarisation der beiden 
Doppelspathbilder überein, während in der Ebene senkrecht auf die 


Die konische Refraction am Diopsid. 127 


Ebene der Axen beide Farben gemischt sind, aber auch die zwei vor- 
handenen Polarisationsrichtungen beide Ebenen unter Winkeln von 
.45° schneiden. | 
8. Die bisherigen Wahrnehmungen, obwohl sie bereits die beiden 
senkrecht auf einander stehenden Ströme des polarisirten Lichtes 
in verschiedenen Farbentönen unterscheiden liessen, zeigten diese 
doch gewöhnlich viel matter als man sie erwartet hatte, weil durch 
die Absorption der Platten viel Licht verloren ging, und die Ver- 
grösserung selbst die Töne in ihrer Intensität herabstimmte. Aber 
eine senkrecht auf die Axe geschnittene Quarzplatte, 
unter den analysirenden Kalkspath auf das Mikroskop gelegt, musste 
die sehönsten der Dicke derselben entsprechenden Töne der 
Interferenzringe erzeugen. Der Versuch folgte sogleich dem 
Gedanken; das Bild entsprach der Erwartung. Es verdient durch 
die Pracht seiner Farben in hohem Grade von den Freunden der 
optischen Erscheinungen aufgesucht zu werden. Die Quarzplatte 
deren ich mich bediente, war eine rechtsdrehende, sie polarisirte 
nahezu das Blau des zweiten Ringes bei paralleler Stellung der 
_ Polarisirer; bei der Herumdrehung oben rechts der analysirenden Vor- 
richtung folgten die Farbentöne blau, violett, roth, orange, gelb, 
/ Fig. 9. grün. In den sämmtliche Farben 
gleiehzeitig zeigenden Lichtringen 
folgte von oben gegen Rechts fort- 
schreitend entgegengesetzt blau, 
grün, gelb, orange, roth, violett. In 
den beiden Fig. 9 und 10 stellt EF 
die Ebene der Axen vor, um die 
Lage der Beobachtung der Erschei- 
nungen zu orientiren. Man beginnt 
von der Mittellinie, deren Projeetion 
als Punkt M bezeichnet ist, senk- 
recht auf die Axe der mittlern 
Blastieität AX. In der Fig. 9 sieht 
| man die Lage der Farbentöne, wie 
sie entstehen, wenn man das Bild des Lichtringes durch den in der 
Richtung der Ebene der Axen der Aragonplatte polarisirten Licht- 
strom des Doppelspathes auf der Netzhaut empfängt; Fig. 10 ist das 
Bild durch den senkrecht auf die vorhergehenden ‚„ also auch senk- 


128 R - Haidinger. 


recht auf die Ebene der Axen polarisirten Lichtstrom. Dreht man den 
Doppelspath oben rechts herum, aus der Lage Fig. 9 bis in die Lage 
Fig. 10, also um einen Winkel von 90°, so ist der Farbenton 5, 
Fig. 9, um 180°, also um den doppelten Winkel bis d, Fig. 10 
vorgeschritten. Dieses unmittelbar aus der Lage der konischen Pola- 
risation folgende Verhältniss könnte nicht eintreten, wenn nicht die 
Farbenfolge in dem Lichtringe gerade die entgegengesetzte von der- 
jenigen wäre, welche die Quarzplatte zeigt, wenn sie für sich auf 
ihre Farbenfolge durch Drehung des Analysirers untersucht wird. 
Das Bild in Fig. 9 ist in Bezug auf Farbe das Complement zu dem 
in Fig. 10, aber nur mit demselben Charakter der Drehung, beide 
rechts oder beide links, nicht eine Ergänzung von Links zu Rechts; 
die gleichen Farben erscheinen in dem einen gerade um 180° ent- 
gegengesetzt denselben Farben in den andern. 

Die unmittelbare Erscheinung der verschiedenen Farbentöne bei 
verschiedenen Azimuthal-Lagen der analysirenden Doppelspathplatte 
lässt sich vielleicht am anschaulichsten auf folgende Art bezeichnen: 

Man stelle die analysirende Platte so, dass eine ihrer Polarisa- 
tionsrichtungen mit der Ebene der Axen übereinstimmt, die andere 
senkrecht darauf steht. Durch die erste betrachte man den Punkt des 
Lichtringes zunächst der Mittellinie. Er besitzt einen gewissen 
Farbenton A, sein Complement B erscheint an der entgegengesetzten 
Seite des Lichtringes. Lässt man nun den Doppelspath eine Azinu- 
thal-Drehung um einen Winkel @ machen, so schreitet die Farbe A 
um den doppelten Winkel 2% in der Richtung der Drehung fort, und 
zwar gleichzeitig mit den sämmtlichen anderen Farbentönen, deren 
verhältnissmässige Lage gegen einander unverändert bleibt. Diese 
auf den ersten Augenblick überraschende Schnelligkeit der Bewegung 
ist aber auch erforderlich um bei einer Drehung von 90°, wenn also 
die Polarisationsrichtung des analysirenden Apparates senkrecht auf 
derjenigen steht, welche der Lichtstrom bei der ersten Beobachtung 
- hatte, den um 180° von A entfernten complementären Farbenton B 
auf die Stelle nächst der Mittellinie zu bringen, welche vorher der 
Ton A einnahm. 

9. Mit den gegenwärtigen Bemerkungen sind immer noch nicht 
alle sonderbaren Beziehungen erörtert, die sich mir darboten, und 
welche ich nicht anderwärts bemerkt fand. Möchte sich bald ein 
Freund dieser schönen Erscheinungen finden, der sie weiter untersuchte 


Die konische Refraction am Diopsid. 129 


und mit möglichster Ausführlichkeit darstellte. Zwei Erscheinungen 
sind indessen gar zu auffallend, als dass ihrer hier nicht doch mit 
wenigen Worten gedacht werden sollte, nämlich die so scharf 
ausgesprochenen schwarzen Linien, welche den Lichtring 
radial durchsetzen, auf welche Herr Plateau aufmerksam 
machte, und den dunklen feinen Kreis im Lichtring von 
Herrn Prof. Poggendorfft). Der letztere erscheint wohl vorzüg- 
lich deutlicher diesseits und jenseits der deutlichsten Sehweite des 
Lichtringes und hat, wenn die kleine Lichteinfallsöffnung dem 
Mikroskope genähert wird zu beiden Seiten schwache blaue, wenn 
sie entfernt wird eben so zu beiden Seiten rothe Dispersionssäume, 
während sich die entgegengesetzten rothen und blauen Säume zu 
innerst und zu äusserst der ganzen Erscheinung des dann eigent- 
lich eoncentrischen Doppelringes finden. Übrigens geht, wenn man 
die Loupe nähert oder entfernt, jede der beiden durch den dunkeln 
Streif getrennten krummen Lichtlinien für sich und entgegengesetzt 
der andern in eine Conchoide über, zum Beweise, dass die Axe des 
Cylinders nicht zugleich die Axe des Kegels ist, sondern dass sie 
unter einem, wenn auch ganz kleinen Winkel divergiren, obwohl 
beide Axen in der Ebene der optischen Axen der Platte liegen. Die 


' radialen Streifen hatte auch Herr Regierungsrath v. Ettingshausen 


als einen sehr der Erklärung bedürfenden Gegenstand bezeichnet. 
Ich möchte hier nur beifügen, dass man sie sehr deutlich bei Anwen- 
dung eines Mikroskopes bei 56facher Vergrösserung wahrnimmt, 
sei es in den farblosen Ringen im gewöhnlichen Lichte, sei es in den 
beiden senkrecht auf einander polarisirten Lichtströmen des Dop- 
pelspathes, sei es endlich farbig durch dichromatische Platten vor 
der kleinen Lichtöfifnung, oder durch die gyroidische Polarisation 
der Bergkrystallplatte wie in Fig. 9 und Fig. 10. Nicht nur bei den 
vollkommen gebildeten Lichtringen sieht man sie, sondern sehr deut- 
lich schon an den über einander liegenden Bildern der Lichtöffnung, 
in der Riehtung der Mittellinie oder nahe derselben betrachtet, aber 
etwas ausserhalb der deutlichsten Sehweite. | 

10. Die oben Fig. 7 erwähnten Ellipsen bilden die Grenze einer 
Reihe von Erscheinungen, deren Anfang jenseits des vollkommen 


1) Moigno, Repertoire d’Optique moderne. I, 98. 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. I. H£t. 9 


130 Haidinger. Die konische Refraction am Diopsid. 


deutlich sichtbaren Punktes ein Kreuz von zwei über ein- 
Fig. 11. ander liegenden schma- 
len Bändern, Fig. 11 ist, die 
bereits sehr deutlich die auf den 
längern Seiten senkrecht ste- 
7  henden Streifen zeigen. Aus den 
Liehtbändern bildet sich, wenn 
man den Krystall gegen dieRich- 
tung der optischen Axe fort- 
schreitend mehr und mehr neigt, 
allmählich der Liehtring. Je kleiner die Öffnung, desto mehrkommt auch 
besonders im Mikroskop die Erscheinung von Lichtstreifen. Als Vor- 
bereitung zu einer Erklärung der einen wie der andern möchte ich sie 
mit den Zantedeschi’schen Longitudinalstreifen des Speetrums, 
oder mit den von P&clet beschriebenen Linien 1) in Beziehung stellen. 
11. Man sieht die Longitudinalstreifen sehr schön mit 
freiem Auge durch ein Prisma gegen eine so weit entfernte Ker- 
zenflamme hinblickend, dass sie ebenfalls von dem freien Auge direet 
besehen nur als eine runde Scheibe, der Pupille entsprechend erscheint. 
Die Streifen gehen durch das ganze Spectrum; an der äussersten Kante 
wo man nur mehr das Roth als die am wenigsten abgelenkte Farbe 
sieht, zeigt ein schönes Plössl’sches Prisma von 60° einen mittlern 
hellen, dann zwei dunkle, dann wieder zwei helle Streifen, die 
dunkeln Streifen an den Grenzen hellerer und weniger heller Theile 
des betrachteten hellen Gegenstandes, gerade wie die namentlich 
von Knochenhauer gegebene Erklärung jener Streifen durch ein 
Fernrohr betrachtet. Die feinen Streifen in den Ringen der konischen 
Refraction würden also am Ende durch Dispersionsränder erfolgen, 
ursprünglich veranlasst durch die Begrenzung der kleinen Öffnung, 
durch welche die Lichtwelle in den Krystall tritt. 


5 


N T 
SUSE 


1) Moigno, Repertoire d’Optique moderne. II, 616. 


® 


Haidinger. Die Lichtabsorption des Cadmacetits, u. s. w. 131 


Die Lichtabsorption des Cadmacetits, der Krystalle des 
essigsauren Cadmiumoxydes. 


Von dem w. M. W. Haidinger. 


Welcher Physiker hätte nicht längst als pium desiderium an die 
Möglichkeit eines Krystalles gedacht, der von zwei senkrecht gegen 
einander polarisirten Lichtströmen den einen hindurch liesse, den 
andern vollständig absorbirte, der also ähnlich dem altbekannten 
Turmalin, dem in neuerer Zeit entdeckten Herapathit, abgesehen von 
der Farbe, oder überhaupt einem gleich von der Natur gegebenen 
Nichol’schen Prisma gliche! 

Wenn auch nieht ganz vollständig, doch sehr nahe, näher 
wenigstens als irgend ein anderer bekannter Krystall, unter gewissen 
Verhältnissen in der That selbst ganz vollständig, kommt einem 
solchen Ideal das kürzlich von Herrn Karl Ritter v. Hauer zuerst 
dargestellte essigsaure Cadmium, zusammengesetzt nach der Formel 
C,H, CdO, + 3 Ag; indem es ganz farblos ist, und doch nach den 
drei senkrecht auf einander stehenden Elastieitätsaxen verschiedene 
'Liehtabsorption zeigt, nach einer derselben in bedeutendem Grade. 

Nichts schien auf den ersten Blick bei diesen wohlgeformten 
Sraulichweissen öfters zolllangen und zwei bis drei Linien dicken 
Krystallen auf besonders merkwürdige optische Verhältnisse hinzu- 
deuten. u 

Als ich aber wenigstens vorläufig den Charakier der doppelten 
Strahlenbrechung in zweiBildern, welche durch ein von der Länge der 
Krystalle parallelen Flächen gebildetes brechendes Prisma hervorge- 
bracht werden prüfen wollte, war ich sehr überrascht nur ein einziges 
Bild zu erhalten, welches indessen und zwar nahe in der Richtung 
der Axe der Krystalle vollkommen polarisirt war. Nur in ganz dünnen 
Krystallen zeigte sich das zweite, stärker gebrochene Bild deutlich, 
in den dickeren war es entweder ganz vollständig oder wenigstens 
bis auf eine ganz schwache Spur absorbirt. Und dies alles bei voll- 
kommener Farblosigkeit, die Absorption der zwei senkrecht auf 
einander polarisirten Strahlen verschieden, aber doch durch das 
ganze prismatische Speetrum hindurch gleichförmig stattfindend. 

9% 


132 Haidinger. Die Lichtabsorption des Cadmacetits, 


Nun war es höchst einladend, die weitern Verhältnisse zu ent- 
wickeln. Zuerst für die Orientirung der Lage die regelmässigen Formen. 
Eine spätere genaue Bestimmung den Forschern überlassend, 
welche mit einem Reflexions-Goniometer zu arbeiten gedenken, wandte 
ich die, der hochverehrten Classe von mir am 5. October 1854 vor- 
gelegte graphische Methode der Entwickelung und Messung an. Das 
Ergebniss derselben war so günstig, dass ich wünschen muss, als 
Empfehlung zur Anwendung derselben, den ganzen Vorgang hier 
mitzutheilen. 
Fig. 1. Die Symmetrie der Krystalle zeigte so- 
. gleich den Charakter des augitischen Krystall- 
systems. Man musste aiso die Projection auf 
der Längsfläche zu entwerfen beginnen, um die 
Abweichung der Axe und die Winkel der Hemi- 
domen kennen zu lernen. 

In der Stellung I erhielt ich die Linie CD 
und DI, die verlängert und mit einem Trans- 
porteur gemessen Winkel von 100° und 80° 
einschliessen, daher die Abweichung der Axe 
10° = MAP Fig. 3 beträgt. 

In der Stellung II erschien die Projection 
von 41H als Linie AB, der 
Winkel ABI = 135° 10’; der 
Winkel BAM = 44° 50. 

In der dritten Stellung III 
war GH dieProjection der Com- 
binationskante zwischen der vor- 


dern Fläche von ©© A und der 
rückwärtigen Flächeeines Augi- 
toides. Eine Parallellinie durch 
den Punkt D gezogen traf die 
Axenlinie AA’ in 4’ genau in 
der doppelten Entfernung von. 
AM. Da nun A’F die Lage der 
Combinationskante des Augitoi- 
des hat, welches mit parallelen 
Combinationskanten zwischen 
der Base 0 und oo A liegt, so 


der Krystalle des essigsauren Cadmiumoxydes. 133 


Fig. 3. ist DF die Lage der rückwärtigen 
Axenkante desselben, und das Augitoid 
selbst unmittelbar entwickelt = —A, 
wenn das vordere Hemidom + H ist. 

Eine Stellung IV gab den Win- 
kel von © A gegen die anliegende 
Fläche von oo A = 135° 30". 

Eine Stellung V gab den Winkel 
an der Axenkante von — A, deren 
Projection in Fig. 2 durch DF ausge- 
drückt ist = 60°. 

Da ich die Messungen nur für 
annähernde nahm, so begnügte ich 
mich, in den Ausdrücken für die Axen mit der ersten Decimalstelle, 
Die Abweichung von 10° hätte das Verhältniss von a:d = 5671 
erfordert, wobei ich die logarithmische Entwickelung Kürze halber 
übergehe; dem Verhältniss von a = 57 entspricht ein Winkel der 
Abweichung von 9057. 

Man hat ferner 


b= atang (PAM + MAB) — 1 
—= 57 x tang (957 + 44950) — 1, 


daraus folgt 5 = 8:075 — 1. Nimmt man wieder 5 = 7 ohne Deei- 
_ malstellen, so folgt der Winkel MAB — 44084. 
Zur Bestimmung von c hat man 


| ce = b cos 9 57 x tang 22° 15’; c also — 2'822. 
Ich nahm 2-8 und hatte also 
a:b:c:d—=5171:7:28:1; 


für ce = 2°8 ist aber der Winkel des Querschnittes statt 22015’ nur 
220 6 oder 0A = 135048’, und dessen Supplement = 44° 12. 
Vermittelst der Formel (Handb. d. bestimm. Mineralogie, p. 144) 


Baaeı a2 (b2 02) — ec? (b — d)? 
ey Tate) + ebd} 


fand sich die Axenkante y' = 5903. 


13A Haidinger. Die Lichtabsorption des Cadmacetits, 


Diese Axenkante ist um 0° 21’ kleiner als die Messung. Aber es 
war auch durch die Annahme von e = ?2'8 statt = 2'82, der scharfe 
Winkel des Querschnittes von 00 A statt 44° 30’ nur 44012, also 


ebenfalls schärfer. 

590 39 

.— 
Man braucht also nur in dem Grundverhältnisse wirklich das 

gefundene 2'82 für c setzen, also: 


a:b:c:d = 5'1:7:2:82:1, 
um in dem Kantenwinkel von 60° einen Controlwinkel zu haben, der 


bis auf die Minute übereinstimmt. Es sind nach dem eben entwickel- 
ten Grundverhältnisse: 


Der Ausdruck er x tang gehört aber zu fang 30°. 


die Winkel: gemessen: berechnet: 
0:00H 1000 ar 
+H:H 1350 10' 1350 26° 
scharfen 440 21' 44021 
ten ae (yn0 ag 1350 39' 
— A: — A (Kante y') 60° 0 60° 0 


Gewiss willich nicht dieser grossen Übereinstimmung einen höhe- 
ren Werth beilegen, als sie wirklich besitzt, wenn die ursprüngliche 
Schätzung der Winkel keinen Anspruch auf eine entsprechende 
Genauigkeit machen kann, wie dies auch erst kürzlich Herr Bra- 
vais, aus Veranlassung von Untersuchungen schliesst, deren Zweck 
war zu erforschen, in wie ferne das Auge im Stande sei, den Paral- 
lelismus zweier gerader Linien zu beurtheilen. Auch nach Herrn Elie 
de Beaumont erscheint eine Linie nicht mehr horizontal, wenn sie 
um 0° 10’ von dem wahren Horizont abweicht 1). Dennoch spricht 
sie so sehr für die Anwendbarkeit des graphischen Verfahrens der 
Entwickelung und Messung von Krystallen,, vorzüglich wenn die 
Flächen nicht den höchsten Grad von Vollkommenheit besitzen, 
dass ich gerne der genaueren Darstellung des Verfahrens einige 
Zeilen widmen wollte, als Anregung für jüngere Forscher. 

DieLage der Elastieitätsaxen ist, übereinstimmend mit den zahl- 
reichen von Herrn Professor Miller nachgewiesenen Fällen, in 


1) Bericht von Herrn Elie de Beaumont in der Sitzung der Academie des 
sciences in Paris am 19. März 1855. — Moigno, Cosmos, 4, Annee. 6. Vol. 
pag. 330. 


der Krystalle des essigsauren Cadmiumoxydes. 135 


keiner einfachen Beziehung des Parallelismus zu den Hauptlinien 

der Krystalle, denn nur eine derselben fällt mit der krystallogra- 
phischen Queraxe zusammen. 

Fig. 4. Nach den Elastieitätsaxen sind die 

sa Bilder der dichroskopischen Loupe in 


[I] Fig.4 orientirt, welche die Projeetion des 
Sea Do gewöhnlichen Krystalles auf der Längs- 
an fläche oder der Ebene der Abweichung 
darstellt. Auf Fig. 2 bezogen macht eine 
der Elastieitätsaxen NO mit der krystal- 
c 
bg] 


h lographischen Axe AA’ einen Winkel 
a] oA oA AAO von etwa 12° und zwar in ent- 


IH gegengesetzter Lage des Perpendikels 
AP auf die Base Q, deren Projection 
hier CD ist. 


Die Helligkeit der Töne der Durch- 
sichtigkeit ist nun folgende: 


a mehr absorbirt als d, etwas mehr als c, dunkelster‘ 
b am wenigsten absorbirt, hellster ) Ton. 
c mehr absorbirt als 5, mittlerer 


Man beobachtet die Unterschiede leicht, wenn man die Kry- 
stalle in der, in der Figur angedeuteten Stellung durch die dichro- 
skopische Loupe betrachtet, und ist besonders durch den sehr starken 
Gegensatz der Helligkeit der beiden Bilder « und 5b in einer gegen 
die krystallographische Hauptaxe etwas schiefen Stellung überrascht. 
Bedient man sich statt der dichroskopischen Loupe einfach eines vor 
das Auge gehaltenen Turmalinplättchens, und betrachtet den, in der 
Entfernung des deutlichen Sehens dahinter gestellten Krystall, in den 
beiden durch die Polarisationsriehtung von a und 5 in Fig. 4 ange- 
deuteten senkrecht auf einander stehenden Lagen, so erscheint der 
Krystall in der einen vollkommen durchsichtig, in der anderen aber 
nahe undurchsichtig, und so dunkel grau, dass man an Schwarz 
erinnert wird, wenn auch bei einer Dicke von nahe vier Linien 
diese totale Absorption noch nicht erreicht schien. 

Da aber die Krystalle zum Theil nur von ziemlich unvoll- 
kommenen Flächen begrenzt sind, so stellte ich zur vorläufigen Prü- 
fung der Stärke der Absorption und in Folge derselben, der Reinheit 


136 Haidinger. Die Liehtabsorption des Cadmacetits, 


des polarisirt durchgelassenen Lichtstromes folgenden Versuch an: 
Auf eine der durch © A bezeichneten Krystallflächen klebte ich mit 
Canadabalsam in Äther gelöst, sehr diekflüssig, eine Glasplatte. Auf 
die mit derselben den Winkel von 44° 30’ einschliessenden Fläche 
desselben Prismas, welche also von der vorhergehenden durch die 
Querfläche &© H getrennt ist, klebte ich ein Glasprisma von 45°, so 
dass das Krystallprisma achromatisirt war. | 

In der Richtung des Strahles konnte man beim Hindurchsehen 
durch die nahe parallelen Flächen entfernte Gegenstände vollkommen 
deutlich ausnehmen. Wurde nun eine dichroskopische Loupe in die 
Sehriehtung gebracht, so verschwand das eine senkrecht auf die 
Polarisationsrichtung des Salzes polarisirte Bild derselben vollständig, 
so dass nicht die geringste Spur desselben übrig blieb, gerade als 
ob man die beiden Bilder durch ein Nichol’sches Prisma betrachtet 
hätte. Dennoch hatten nur etwa zwei Linien Dicke des Salzes 
gewirkt, denn die ganze aus dem Krystallprisma und dem Salze 
bestehende Platte war nicht dieker als vier Linien, und zwei 
Linien wurden ungefähr von dem achromatisirenden Glasprisma ein- 
genommen. | 

Ich beschränke mich gegenwärtig auf die vorstehenden Anga- 
ben, welche, so viel mir scheint, dazu ganz geeignet sind, die 
höchste Aufmerksamkeit der Physiker für die in Rede stehenden 
Krystalle des essigsauren Cadmiumoxydes zu erregen. Vieles fehlt 
indessen noch zur genaueren Charakterisirung, auf das ich später 
zurückzukommen hoffe, da Herr v. Hauer bereits eine neue Menge 
des Salzes zur Krystallbildung angesetzt hat. Heute möchte ich nur 
noch für dasselbe, und da ich hoffe, dass es zwar nun zum ersten 
Male, aber später noch sehr oft genannt werden wird, den specifi- 
schen Namen Cadmacetit vorschlagen, der übrigens in etimolo- 
gischer Beziehung für sich selbst spricht. 

Namentlich hoffe ich, dass es möglich sein wird, aus den 
grösseren nun zu erwartenden Krystallen zu Polarisationsversuchen 
taugliche Platten zu erhalten. Einstweilen dient es als Beispiel der 
gleichzeitigen Existenz von dreierlei Graden von Absorption nach 
den drei senkrecht auf einander stehenden Elasticitätsaxen bei voll- 
kommener Farblosigkeit. Es war mir nicht möglich die geringste 
Abweichung von reinem Weiss oder Grau, überhaupt von „Farblos * 
wahrzunehmen. 


der Krystalle des essigsauren Cadmiumoxydes. #37 


Zweierlei Grade von Absorption an einaxigen Krystallen bei 
vollkommener Farblosigkeit, wenn auch von minderer Intensität, hat 
indessen bereits Herr Dr. Beer, und zwar am Kalkspath erwähnt, 
indem er an einer Varietät das ordinäre, in der Richtung der Axe 
polarisirte Bild grau, das extraordinäre, senkrecht auf die Axe pola- 
risirte vollkommen weiss fand t). 

Die folgenden Angaben über die chemischen Verhältnisse des 
Cadmacetits verdanke ich demDarsteller desselben, Herrn k. k. Haupt- 
mann Karl Ritter v. Hauer, dem gegenwärtigen, ausgezeichneten 
Vorstande des chemischen Laboratoriums der k. k. geologischen 
Reichsanstalt. 

Das Metallderivat der Essigsäure mit Cadmiumoxyd bildet nach 
einer Angabe von Stromeyer Krystalle, und zwar kleine, stern- 
förmig zusammengehäufte Nadeln. Nach den Angaben von Meissner 
und John ist es nicht krystallisirbar, sondern bleibt beim Abdampfen 
seiner wässerigen Lösung als eine gallertartige Masse zurück 1). 

Eine neuere Arbeit über dieses hiernach in Frage gebliebene 
Salz existirt nicht. 

Wiederholte Versuche führten mich zu dem Resultate, dass 
beide der obigen Angaben in gewisser Beziehung ihre Richtigkeit 
haben. Denn erstlich gelang es, die zur Bildung des Salzes in kry- 
stallinischer Form günstigen Bedingungen so weit zu erforschen, 
dass das Erhalten schöner Krystalle nicht mehr vom Zufalle abhängig 
erschien, wodurch die Existenz dieses Individuums ausser allen 
Zweifel gestellt ist; andererseits zeigte sich jedoch, dass beim Ab- 
dampfen der wässerigen Lösung desselben in der Wärme, besonders 
wenn keine freie Säure zugegen ist, eine Krystallbildung nicht statt- 
findet. 

Zur Darstellung der Lösung ergab sich als am zweckmässigsten 
die Anwendung von Cadmiumoxyd, erhalten durch Glühen des kohlen- 
sauren Oxydes, welches von der Essigsäure, namentlich in der 
Wärme, leicht aufgesogen wird. Behandelt man unmittelbar kohlen- 
saures Oxyd mit Essigsäure, so geht die Zersetzung auch wenn die 
Säure eoncentrirt ist, sehr flau vor sich; es bildet sich ein volumi- 
nöser, schwer zerstörbarer Schaum, welcher die Anwendung sehr 
grosser Gefässe nothwendig macht, um das Übersteigen zu verhüten 


3) Poggendorff's Annalen, 1851. Bd. 82, S. 429. 


138 Haidinger. Die Liehtabsorption des Cadmacelits, 


und es bedarf bei grösseren Quantitäten tagelanges Digeriren in der 
Wärme, um die Säure annähernd zu sättigen. 

Dampft man die erhaltene Lösung in der Wärme ein, so 
_ bekomint dieselbe nach und nach die Consistenz eines dieken Gummi, 
und trocknet endlich weiter ein, ähnlich der essigsauren Magnesia, 
ohne zu krystallisiren. Lässt man jedoch eine bis zur Syrupdicke 
eingedampfte Lösung möglichst langsam erkalten, und ist die Lösung 
stark sauer, so erhält man stäts Krystalle. Ein eigentliches weiteres 
Aufziehen schon erhaltener Krystalle gelang mir bisher nicht; denn 
legt man solche Krystalle in frische, dem Krystallisationspunkte nahe 
gebrachte Lösungen, so werden sie von neu sich bildenden Indivi- 
duen inkrustirt, ohne weiter anzuwachsen. Es müssen daher grosse 
Krystalle gewissermassen in einem Anschusse erhalten werden. 
Dies wird dadurch ermöglicht, dass die Löslichkeit des Salzes in der 
Hitze eine sehr bedeutend höhere ist, als in der Kälte. Es sind 
sonach drei Hauptbedingungen, welche die Darstellung grosser, gut 
ausgebildeter Krystalle befördern: 

1. Den richtigen Punkt zu treffen, bis zu welchem die freie Säure 
des Salzes eingedampft werden soll. Hat man zu weit ein- 
gedampft, so schiessen beim Erkalten zu viele Krystalle an, 
die Individuen haben keinen Raum zu ihrer Entwickelung und 
bilden eine verworrene Masse. Ist hingegen die Lösung vor 
dem Erkaltenlassen noch zu wenig concentrirt, so bilden. 
sich wohl einige Krystalle, dieselben erreichen aber keine 
ansehnliche Grösse. Im ersteren Falle fügt man daher etwas 
Wasser zu, erwärmt neuerdings bis zur Lösung des Ganzen, 
und lässt erkalten. Im zweiten Falle dampft man etwas weiter 
ein. Diese Operationen lassen sich mit derselben Quantität 
beliebig oft wiederholen, und es gelingt daher stäts schöne 
Krystalle zu erhalten. 

2. Ein möglichst langsames Erkaltenlassen, welches im Verlaufe 
durch Anwendung künstlicher Kältemischungen gesteigert 
werden kann. 

3. Anwendung einer grossen Quantität, denn diese ermöglicht, wie 
überhaupt bei allen Salzen das Erhalten grösserer Krystalle, 
und dann erleichtert es ein langsames Erkaltenlassen. 

Es gelang mir auf diese Art bereits Säulen von der Länge eines 
Zolles zu erhalten, indem ein halbes Pfund des Metalles angewendet 


der Krystalle des essigsauren Cadmiumoxydes. 139 


wurde. Da ich in diesem Augenblicke eine Lösung von mehreren 
Pfunden in Arbeit habe, so wie mit einer künstlichen Färbung der 
Kıystalle beschäftigt bin, so müssen weitere Details einem späteren 
Berichte vorbehalten bleiben. 

Die chemische Zusammensetzung des Salzes ergab sich gleich 
der des essigsauren Zinkoxydes nach der Formel: 


C,H,CdO, —+ 3 Ag. 


für den lufttrockenen Zustand desselben. Da die Essigsäure eine 
einbasische Säure ist, so schien es vor der Hand genügend nur die 
Menge des Oxydes zu bestimmen. 

1'561 Gramm in Wasser gelöst und mit Kalihydrat gefällt, 
gaben 0°699 Gramm —= 4478 Procente Cadmiumoxyd. 

1'458 Gramm gaben 0°659 Gramm — 45:19 Procente Oxyd. 

Dies gibt im Mittel 44-98 Procente Cadmiumoxyd. 


Theorie Versuch 

1 Atom CdO 64 45:07 A498 
1’, 'CH,0, 51 35.91 35:84 
Re = (0) 27 19-01 19-18 
. DIT 142 99-99 100-00 


Beim Trocknen über Schwefelsäure verwittert das Salz, an 
trockener Luft ist es unveränderlich, an feuchter zerfliesslich. 


140 = Zantedeschi. Della interferenza luminosa, 


SITZUNG VOM 19. APRIL 1855. 


Eingesendete Abhandlung. 


Della interferenza luminosa, che presenta il filo metallico 
comune a’ due circuiti chiusi, e dello stato d’ incandescenza 
delle parti del circuito, che non sono comuni ad ambedue; con 
alcune osservazioni sulla natura dell’ elettrico, calorico e luce 


e della loro reciproca dipendenza, 


di Zantedeschi. 

Lo studio dei fenomeni luminosi e calorifici, che presentano i 
eireuiti chiusi metallieamente, e comunicanti fra di loro, riesce della 
piu alta importanza, poiche sembra, « 

N 


che possa spargere qualche luce sulla 
natura di questi agenti e sulla loro 
dipendenza dalla elettricita. 

Il filo, che chiudeva i poli dei 
due elettromotori, & rappresentato da 
CBAG, DBAE. In questi due eir- 
euiti, AC & la parte di filo comune. 
Esso era di platino del diametro di 
mezzo millimetro erescente, AB era 
della lunghezza di sette centimetri, e 
ciascuna delle parti CB, BD, EA, 
@4A di tre centimetri, non compresa 
la porzione immersa nel mercurio in 
@, E,D,C. Gli elettromotori, dei 
quali io feci uso, furono alla Grove e 
alla Bunsen che useirono dalle rino- 
mate uffieine di Duboseq e Ruhmkorff 
di Parigi. L’ elettromotore alla Grove 
era composto di 10 elementi, caricato 
con acido azotico di 45° B. e con 


C 


+ 


che presenta il filo metallico comune a’ due eircuiti chiusi, ecc. 141 


acqua acidulata con acido solforico, che segnava 12° B. Lo zinco con 
nitrato di mercurio era stato perfettamente amalgamato. E la pila 
alla Bunsen era formata di 19 elementi carieati egualmente di ae'do 
azotico e di acqua acidulata con acido solforico al medesimo grado. 

Con eiascuno dei due elettromotori ho successivamente esplorata 
Tazione calorifica e l’incandescenza. 

Chiuso il eircolo in @ e C coll’ elettromotore alla Grove ebbj 
l’incanlescenza di tutto il filo @ABC sino al bianco, comunquesi fosse 
la eorrente diretta da@in ABC, ovvero da C in BAG. Identiei effetti 
io m’ebbi collo stesso elettromotore, eompiendo il eircolo inEeDe 
dirigendo la corrente positiva tanto da Kin ABD, quanto da Din BAE. 

Rinnovati gli stessi identici esperimenti coll’ elettromotore alla 
Bunsen, non ho potuto avere che l’incadescenza della solla parte di AB 
e solo portata al calor rosso. | 

Assicuratomi della costanza di questi effetti, feci trapasso all’ 
esperimenti delle due simultanee opposte correnti, dirigendo quella 
fornita dall’ elettromotore alla Grove da C in BAG, e quella fornita 
dell’ elettromotore alla Bunsen da E in ABD. Compiuto da prima il 
eircolo coll’ apparato alla Grove in @,C colla corrente diretta da C in 
BAG, ed ottenuta l’incandescenca al bianco di tutto il filo, ho chiuso 
il eircolo coll’ elettromotore alla Bunsen, dirigendo la corrente da E 
in ABD. Subito l’ineandescenza di AB diminul, e per gradi in aleuni 
seeondi si ridusse ad una temperatura del calor oseuro , ma perd supe- 
riore ben di molto a quella dell’ aria ambiente, che era eirca di +1°R. 
come lo dimostro il termometro, senza ehe perö abbia potuto determi- 
nare la sua precisa temperatura. E frattanto le parti @4, BC con- 
servarono perfettamente la loro incandescenza at bianco, e rimasero 
tuttavia oscure le parti EA, BD. Tutto il filo adunque, EABD, si 
conservo 0souro in confronto delle porzioni di fill @A, BC, che erano 
incandescenti al bianco. 

Questo fenomeno, che mi ha sorpreso, e che reco meraviglia a’ 
miei uditori, che assistevano alla lezione del 13 Febrajo 1855, mi fece 
ripetere piü volte l’ esperienza, per comprovarne la costanza. Assieu- 
ratomi di questa, per verificare in un modo assoluto, se sul filo AB 
coesistevano le due opposte correnti, ovvero se non ne esisteva alcuna, 
tagliai il flo AB, ed allora si resero incandescenti ancora le parti 
EA, BD. M’ebbi adunque incandescenti al rosso i fili CBD, G@AE. 
Prova evidente, che le correnti eircolavano nei due elettromotori 


142 Zantedeschi. Della interferenza luminosa, 


sommandosi; ma prova ancora evidente che il filo AB non rimane 


estraneo alle due opposte correnti, ossia che il filo AB si presto al 
simultaneo passaggio delle due opposte correnti. Era stato indotto ad 
ammettere questo risultamento da tutti i precedenti miei studii, ed 
ancora dal vedere BD, AE oseuri, mentre erano ineandescenti CB 
ed AG. Non poteva, io. comprendere, che eircolando le due correnti 
per CBD, EAG, lasciato anche parzialmente da parte AB, potes- 
sero conservarsi incandescenti @A, CB; ed oscure le parti BD 
ed AE. Ma l’argumentum erueis si fu quello del taglio del 
filo AB. 

Questoinaspettato fenomeno delle due incadescenze parziali divise 
dal filo oscuro comune alle due opposte correnti mi confermo nelle 
mie dottrine dinamiche, che luce e calorico non sieno, che effetti 


secondarii delle correnti elettriche, che movimenti vibratorii prodotti 


nei sistemi molecolari dei corpi dai ripetuti impulsi delle onde elet- 
triehe. Il earattere delle eorrenti elettriche & vibratorio, come mi sono 
eonvinto da miei esperimenti. Nel carattere adunque vibratorio vi & la 
eausa sufliciente dei ripetuti impulsi, e nei ripetuti impulsi, la cagione 
suflieiente deli’ esaltamento delle vibrazioni de’ gruppi molecolari de 
corpi. Fino a che non sia oltrepassato il limite della elastieitä, i gruppi 
molecolari tolti dalla loro naturale posizione vi saranno richiamati dalla 
forza attrattiva. | 
Ora nella. parte del filo comune alle due correnti, i gruppi. mole- 
colari saranno sottoposti ad impulsi uguali e contrarii, nell’ ipotesi 


che le due sineroniche correnti, sieno di eguale intensitä; e in questo. 


caso non vi sarä n& luce n& calorico sulla porzione di filo comune alle 
due correnti, dovendosi trovare i sistemi molecolari in una condizione 
d’equilibrio. Ma nell’ipotesi che le eorrenti sieno di ineguale intensitä, 
ineguali saranno pure gli impulsi impressi, e pereio i gruppi molecolari 
oseilleranno nella direzione dei prevalenti impulsi ceolla differenza di 
azione di questi sopra di quelli. In questo caso nel file comune alle 
due correnti esisteranno per lo meno vibrazioni cealorifiche osceure; 
dieco per lo meno vibrazioni calorifiche oseure, perche vi potrebbero 
essere ancora, secondo il diverso grado d’ intensitä, delle vibrazioni 
luminose. Nel caso mio non vi ebbero che vibrazioni oscure ealorifiche, 
dimostrate dal termometro; e ai due lati @A, BC l’azione cealorifiea 
era cosi intensa da fondere il eristallo dei recipienti, ripieni di mer- 
eurie, col quale si chiudeva il eircolo. | 


che presenta il filo metallico comune a’ due eircuiti chiusi, ecc. 143 


L’ oseuritä eompleta del filo comune AB, mi fece escludere 
Tipotesi, che le due opposte eorrenti avessero a camminare ai due lati- 
opposti del filo comune, imaginando un piano verticale, che lo avesse 
a dividere in due semicilindri eguali, perche in questa ipotesi le in- 
tensita luminose avrebbero dovuto apparire concentrate & questi due 
lati opposti; rimasi pereioö fermo nell’ idea del prineipio dei piceoli 
moti sovrapposti, come ho seritto nella mia precedente Memoria (Atti 
delle adunanze del Gennajo 1855 dell’ I. R. Istituto 
Veneto) sul sineronismo del passaggio delle due op- 
poste correnti nel eondutiore comune ai due cireuiti 
chiusi ed isolati dalla terra. 

Dopo tutto questo, eredo, che apparisca chiaro il concetto, che 
io mi sono formato della elettrieitä, del ealorico e della luce. L’ elet- 
trico e materia elastica sollecitata da un moto di projezione, dovuto 
all’ esercizio della sua erescente elastieita nella progressiva sua divi- 
sione. Il calorico e la luce non sono che effetti, o moti vibratorii, delle 
ripetute projezioni di materia in condizione elastica, che non ha per 
Inco aequistato quel sommo grado, che & contrasegnato dall’irraggia- 
mento proprio al calorico e alla luce. 

Da eiö si puö dedurre come l’elettrico generi calorico e luce; 
e come luce e calorico possano ancora produrre elettrico. Materia 
elastica in projezione, od onde di correnti elettriche, esaltano il 
moto vibratorio spontaneo dei corpi, o generano calorico e luce od 
esaltate. vibrazioni dei movimenti spontanei oscillatorii dei sistemi 
molecolari, che recano in condizione elastica la materia aggregata. 
L’antegonismo delle due forze attrazione ed elasticitä, e il conse- 
quente moto intestino molecolare de’ corpi pare sia il fondamento 
d’ ogni fenomeno. 

Sostituiti al luogo del filo AB due fili paralleli della stessa natura 
di AB, diametro e lunghezza, e portati ad un apparente conlatto, ho 
veduto che l’intensitä della incandescenza nelle parti attigue era mag- 
giore della intensitä della incandescenza nelle parti esterne anche 
nel ease che le due correnti camminassero in direzione opposta. 
Il che dimostra come questo caso meriti di essere distinto dal primo. 
In altro mio seritto divo’ de’ lavori de’ Fisiei in questo argomento. 


144 Reuss. Paläontologische Miscellen. 


SITZUNG VOM 26. APRIL 1855. 


Ringesendete Abhandlungen. 


Paläontologische Miscellen. 
Von dem w. M., Prof. Dr. Reuss in Prag. 


(Auszug aus einer für die Denkschriften bestimmten Abhandlung.) 


Diese Abhandlung enthält vier von einander unabhängige Auf- 
sätze. Im ersten wird ein im Prager Museum aufgefundener Original- 
rest der Dronte (Didus ineptus) beschrieben, bestehend aus dem 
Oberkiefer, dem Zwischenkiefer, den Nasen- und Gaumenbeinen. Er 
stimmt mit den schon bekannten analogen Theilen des Schädels von 
Oxford und Kopenhagen überein, dürfte aber einem besonders alten 
Individuum angehört haben. ) 

Der zweite Aufsatz behandelt ein im Pläner von Patek in 
Böhmen aufgefundenesBruchstück des Rückenschildes einer Seeschild- 
kröte, welche vollkommen mit der Chelonia Benstedi Ow. aus der 
weissen Kreide Englands übereinkömmt. Es ist dies der erste in 
Böhmen entdeckte Schildkrötenrest. | 

Die dritte Notiz gibt die Beschreibung des Lepidoderma Imhof 
Rss., eines aus dem das Hangende der Steinkohle bei Wilkischen 
ohnweit Pilsen bildenden Schieferthone stammenden Krusters, der 
der aus devonischen und Kohlenkalkschichten -bekannten Gattung 
Eurypterus sehr nahe steht, sich aber durch die feinschuppige Haut 
und das Vorkommen in reinen Süsswasserschichten unterscheidet. 
Das Thier scheint am meisten mit den Phyllopoden übereinzukommen; 
eine sichere Bestimmung seiner Stellung ist wegen des Mangels der 
Füsse, Fühler u. s. w. nicht möglich. 

Im vierten Theile der Abhandlung endlich wird die Aufmeakl 
samkeit auf in der jüngsten Zeit im Pläner des weissen Berges bei 


Haidinger. Die Krystalle des essigsauren Manganoxyduls. 1 45 


Prag gefundene Reste von Zähnen und Knochen gelenkt, welche 
wahrscheinlich einem kolossalen Reptile aus der Familie der Kro- 
kodilier angehören und der ebenfalls der Kreideformation eigen- 
thümlichen Gattung Polyptychodon zunächst stehen dürften. Wegen 
des Mangels der äusseren Schmelzfalten an den grossen konischen 
Zähnen wurde dem fraglichen Thiere der Name Aptychodon_ creta- 
ceus beigelegt. 


Die Krystalle des essigsauren Manganoxyduls. 
Von dem w. M. W. Haidinger. 


Die grossen schönen Krystalle des essigsauren Manganoxyduls 
verdienen wohl eine eigens denselben gewidmete Mittheilung, durch 
die Leichtigkeit, mit der man sie aus verhältnissmässig kleinen Mengen 
von Auflösung gross ziehen kann, durch ihre Beständigkeit an der 
Luft und das schöne Rosenroth ihrer Farbe, am meisten vielleicht 
durch den, wenn auch in nicht sehr dunkeln Tönen so deutlich her- 
vortretenden Trichroismus. 

Ich hatte diesen letzteren bereits vor einiger Zeit wahrgenom- 
men, als mir der k. k. Herr Hauptmann, Karl Ritter von Hauer, die 
ersten von ihm dargestellten Krystalle zur Ansicht überbrachte, aber 
die Farbentöne waren doch noch sehr blass, da die längste Dimension 
der Krystalle nicht mehr als dreiviertel Zoll betrug, und ich bat ihn 
daher recht dringend, Alles anzuwenden, um grössere Krystalle zu 
erhalten, was ihm denn auch vorzüglich gut gelang. 

Man kann nicht Studien über den Trichroismus machen, ohne 
zugleich sich in den regelmässigen Formen zu orientiren. 

Die Hauptform der Fig. 1 war wohl bald nachgewiesen, auch 
ein Paar Winkel graphisch gemessen, aber es erschien auf den 
Flächen p, parallel dem Durchschnitte mit der breiten Fläche der 
Krystalle ein sehr flacher einspringender Winkel. Es standen daher 
mehr zeiterfordernde Arbeiten in Aussicht, als ich gerade zu beginnen 
mir vornehmen konnte, und ich hoffte, einer unserer jüngeren kry- 
stallographischen Freunde würde die Sache bis auf den Grund 
durchnehmen. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. I. Hft. 10 


146 Haidinger. 


Dies ist auch in der That der Fall gewesen und ich verdanke 
Herrn Dr. Hochstetter die im Folgenden enthaltenen Angaben. 
Herr von Hauer selbst stellte dasjenige zusammen, was sich auf die 
chemischen Verhältnisse bezieht, und was hier den ferneren Betrach- 
tungen vorangeschickt werden soll. Auf diese Art hatte sich jedoch 
meine Erwartung, dass sich meine Bemerkungen nur einfach einer 
Mittheilung jener Herren anschliessen würden, nicht erfüllt. Alles 
kam zu mir zurück, und damit auch die Veranlassung zu dem 
gegenwärtigen Berichte. 

„1. Das essigsaure Manganowydul. Von Karl Ritter v. Hauer. 
Nach John liefert die Lösung des kohlensauren Manganoxyduls in 
kochender wässeriger Essigsäure luftbeständige, durchsichtige, blass- 
rothe rhombische Tafeln, die an zwei entgegengesetzten Enden zuge- 
schärft sind. Das Salz enthält seiner Angabe zufolge 30 Procent 
Oxydul, ist in 31/, Theilen Wasser, und auch in Weingeist löslich. 
Klauer gibt an, es bilde büschelförmig vereinigte rhombische 
Säulen, die in 3 Theilen kaltem Wasser löslich sind. Endlich existirt 
noch von Fromherz eine Notiz über dieses Salz, worin er anführt, 
es lasse sich dasselbe auch in farblosen Nadeln erhalten unter übrigens 
nicht näher angegebenen Umständen t). 

Ich habe das Salz durch Auflösen des kohlensauren Oxyduls in 
concentrirter Essigsäure dargestellt. Die Essigsäure wirkt auf diese, 
gleichwie auf viele andere kohlensaure Verbindungen nur langsam 
ein. Die Auflösung erfordert geraume Zeit und Anwendung von 
Wärme; wird diese letztere auch bis zur Siedhitze gesteigert, so 
findet dennoch eine vollständige Sättigung der Säure nicht Statt. 
Übrigens ist dies für die Krystallbildung durchaus nicht störend, 
denn das essigsaure Manganoxydul hat, so wie viele andere essigsaure 
‚Verbindungen die Eigenschaft, aus sauren Lösungen leichter zu 
krystallisiren. Da kohlensaures Manganoxydul fast stäts eine geringe 
Menge Oxyd beigemengt enthält, welches sich bei der Darstellung 
desselben während dem Auswaschen bildet, so erscheint auch die 
Auflösung dann nie farblos, sondern ist bräunlich, im günstigsten Falle 
rosenroth. Auch durch oftmaliges Umkrystallisiren verschwindet die 
Farbe nie ganz. Selbst schon fast vollkommen farblose Lösungen 
setzen noch immer rosenrothe Krystalle ab. Die Krystallisation erfolgt 


1) Gmelin’s Handbuch der organischen Chemie. A. Aufl., I. Th., Seite 639. 


Die Krystalle des essigsauren Manganoxyduls. 147 


leicht beim freiwilligen Verdunsten, wie bei Anwendung gelinder 
Wärme, und es lassen sich die Krystalle, wiewohl langsam, zu bedeu- 
' tender Grösse heranziehen. Es gelang so. rhombische Blätter von 
mehr als einen Zoll in der Länge zu erhalten. 

Es wurde versucht, das Salz unter modifieirten Umständen 
anschiessen zu lassen; aus sauren, wie aus mehr neutralen Lösungen 
unter Anwendung von Wärme, und durch freiwilliges Verdunsten- 
lassen, auch durch Concentriren und Erkaltenlassen. In allen diesen 
Fällen bekam ich stäts Krystalle von der Form, wie sie John beschrieb, 
und es gelang nie, das in farblosen Nadeln auftretende Salz, welches 
Fromherz anführt, zu erhalten. 

Behufs der Analyse genügt es, in Rücksicht, dass die Essigsäure 
eine einbasische Säure ist, die Menge des Oxyduls zu bestimmen. 

1'429 Gramm Substanz hinterliessen nach dem Glühen 0450 Gramm 
Oxydoxydul = 29:29 Procente Oxydul. aY 

1:343 Gramm gaben 0417 Gramm Oxydoxydul = 28°88 Procente 
Oxydul. | 

Daher im Mittel 29.08 Procente Manganoxydul. Dieses Resultat 
führt zu der Formel: 


C,H,MnO, + 4 Ag. 


Theorie: Versuch: 

1 Atom MnO 35:6 29:03 29:08 
17%, '€,H.0;. 51 41 :60 41-65 
Kin hsHO 86 29-36 29-27 
C,H,MnO, +4 Aq. 122-6 99-99 10000 


Für die Analyse war das Salz bei gewöhnlicher Zimmertem- 
peratur getrocknet worden. Durch langes Aufbewahren in trockener 
Luft verliert es einen kleinen Theil seines Wassers, ohne jedoch 
desshalb eine Veränderung im äussern Ansehen zu zeigen. Eine 
Analyse von Krystallen, welche seit einigen Monaten aufbewahrt 
worden waren, ergab 29:67 Procente Manganoxydul, was einem 
Wassergehalte von nur 27:83 Procenten entspricht. Beim Trock- 
nen über Schwefelsäure verwittert es, bei 100° C. verliert es 
sein Krystallwasser fast vollständig, und zwar binnen wenigen 
Stunden.“ 

2. Die Krystallform des essigsauren Manganosxyduls. Von Dr. 
‘Ferdinand Hochstetter. „Zwei- und eingliederig. (Monoklinoe- 
drischh Naumann.) 

10* 


148 Haidinger. 


Die dünntafelförmigen 
Krystalle erscheinen als 
rhombische Prismen (p) 
mit Abstumpfung der schar- 
7, | fen Seitenkanten (B)Schief- 
7 endfläche (c) und hinterem 
Augitpaar (0). | 


Folgende Winkel wurden bestimmt: 


gemessen : berechnet : 
Neigung von pzup = 130° 22 1300 2% 
M Bernlen) = A90 36, 
» a a A 
> SEN 640 35 


5 „db,c= M 0 

5 SL 0 00T N 

0„p' = 136° 18 136° 15 
5 » 0,0 — 1270 4% 

Die Messungen wurden mittelst des Frankenheim'’schen 
Reflexionsgoniometers im k. k. mineralogischen Cabinet ausgeführt, 
und immer das Mittel aus mehreren Messungen aus verschiedenen 
Krystallen genommen. Ausserdem wurden noch nach Haidinger's 
graphischer Methode die Flächenwinkel von ce gemessen und zwar 
«— 124° A0', auffallender Weise aber die Winkel $ und £ nicht 
immer beide gleich, nämlich = 117° 40’ gefunden, sondern bei mehre- 
ren grösser aufgezogenen Krystallen % ungefähr = 116°, ß’ —= 119°, 
als wären die Krystalle ein-und zweigliederig, ein Verhältniss, das aber 
wohl in der unregelmässigen Ausbildung der bei dieser Messung in 
Betracht kommenden Kanten m bei grösseren Krystallen durch Juxta- 


position und Zwillingsbildung seinen Grund haben mag. 
Die Axenzeichen der Flächen sind: 


b= 00a: b: o0c 
0= d b ce 


Aus den gemessenen Winkeln ergibt sich das Verhältniss der 


drei Axen: 
a:b:c = 1: 1'90%: 1'246 


Die Krystalle des essigsauren Manganoxyduls. 149 


Der spitze Neigungswinkel der Hanptaxe (c) zur Klino diagonale 
(Axe a) | 


C= 61 AT, 
oder die Abweichung der Hauptaxe 
RB, 2801 
Bezeichnung der Gestalten: 
nach Mohs: = . P+o . Pr+& P—&, 
0 p b e 
nach Naumann: oP.oP.oPw.-—P. 
p 0 b c 


Rammelsberg beschrieb die Krystalle zuerst als zweiglie- 
derig (Pogg. 90:52), neuerdings als zwei- und eingliederig (Hand- 
buch der krystallographischen Chemie, Seite 289), fasste jedoch die- 
selben dünntafelartigen Krystalle als Combination zweier Augitpaare 
(p und 0) und zweier Hexaidflächen (b undc) auf, von denen die 
letztere c vorherrscht. Die obige Stellung scheint die naturgemässere, 
zumal da unter den von Herrn Karl Ritter von Hauer dargestellten 
Krystallen die Grundform (p, c) als rhombisches Prisma mit Schief- 
endfläche für sich sehr schön vorkommt. 

Bei Weitem die grösste Anzahl der untersuchten Krystalle sind 


aber Zwillinge parallel der Schiefendfläche (c) zusammengesetzt. 
Dadurch muss statt der Kante Ku mit 136° 15’, wenn die Prismen- 
flächen (p, p) unmittelbar zusammenstossen, eine Kante von 129° 
10’ entstehen, die ich jedoch nie beobachten konnte, da die Zwillinge 
immer durch Individuen gebildet sind, an 

hr Beg denen das Augitpaar auftritt. Daher ent- 


ec stehen entspringende Winkel sowohl an der 


| sbL,, 
“ | /p’ vorderen Seite der Krystalle durch Zusam- 
5 P mentreten von p mit p’, als an der hintern 

\ I | 


20, durch Zusammentreten von o und o' wie in 
Fig. 2. Jedoch sind zwei andere Fälle sehr 
häufig. Die Flächen o und o’ sind bei beiden 


5 o Individuen so ausgedehnt, dass p und p’ 
p ganz verschwinden und so durch o und o’ 
} “ „ einerseits ein ein-, anderseits ein aussprin- 


sender Winkel von 143° 20’ gebildet wird. 


"Fig. 38. Fig. 4. 


150 Haidinger., 


Fig. 3. Messungen gaben diesen Winkel in Werthen, die zwischen 
143° und 143° 40’ schwankten. Oder es stossen o des einen Indivi- 
duums und 9 des andern unmittelbar zusammen und bilden dann 
einen sehr stumpfen einspringenden Winkel von 172° 55’ wie in 
Fig. A. 

Solche Zwillingsbildungen scheinen bei grösser aufgezogenen 
Krystallen sich auch mehrmals zu wiederholen. Ausserdem findet 
auch eine blosse Juxtaposition in paralleler Stellung Statt. 

Spaltbar nach der Basisfläche c, tafelförmig, lichtrosenroth, 
durchsichtig.“ 

3. Der Trichroismus der Krystalle. Den Farbentönen entspre- 

Im chend sind die optischen Elasti- 
eitätsaxen in folgender Weise 
orientirt, 

Die eine derselben c steht 
senkrecht auf der Längsfläche 
ooH, und liegt also parallel der längsten Linie in den Krystallen, oder 
der krystallographischen Queraxe, von den andern beiden, welche in 
der Ebene der Abweichung liegen, steht die eine a nahe senkrecht 
auf der Basis o, die andere 5 steht senkrecht auf « und ec. 

Die Krystalle zeigen folgende Farbentöne: 


Axenfarben 


a b e 
Axe Normale Queraxe 
Kleinere, Farblos Weiss, in sehr blas- | Gelblich weiss 
sesViolett geneigt 


3/y' lange 


Hell rosenroth |Tiefrosenroth in das |Gelblich roth zwi- 
Kermesinrothe schen fleischroth 
geneigt und honiggelb II 
Hellster Mittlerer Dunkelster - 
Ton 


‚|| Grössere, 
1/ 
1'/,'' lange 


Krystalle 


Der Farbenton « ist sehr viel heller als 5 und c, die beiden 
letzteren stehen sich an Intensität sehr nahe, doch erhält man deutlich 
die angegebene Verschiedenheit, wenn man ziemlich gleiche Dieke 

von Krystallen vergleicht. 

Im Ganzen erscheinen die Krystalle mehr oder weniger tief 
rosenroth, ganz feine tafelartige Krystalle wohl sehr blass. Sehr nette 


Die Krystalle des essigsauren Manganoxydul. 151 


Krystalle befanden sich auch in der von Herrn Professor Böttger 
der k. k. geologischen Reichsanstalt gesandten Sammlung. 

Zur Untersuchung der Breehungsexponenten bereitete ich drei 
Prismen vor, zwei parallel der Axe « anschliessend, gleichgeneigt an 
die Diagonalen 5 und c, aus welchen augenscheinlich folgte, dass der 
senkrecht auf a polarisirte Strahl, der am wenigsten gebrochene oder 
abgelenkte ist, und eines in horizontaler Lage parallel der krystallo- 
graphischen Queraxe c anschliessend gleichgeneigt an dieDiagonale b, 
woraus sich eben so deutlich der senkrecht auf d polarisirte Strahl 
schwächer gebrochen herausstellte, als der senkrecht auf c polarisirte. 
Senkrecht auf 5 steht also die Ebene der optischen Axen. Die Absorp- 
tion folgt übrigens sehr gut dem Babinet’schen Gesetz, indem mit 
der stärkeren Brechung auch die stärkere Absorption verbunden ist. 

Man wird bemerken, dass in meinen Angaben über den Trichrois- 
mus eine andere krystallographische Methode befolgt ist, als in Herrn 
Dr. Hochstetter’s Darstellung der Formen. Ich glaubte an letzterer 
Nichts ändern, oder sie durch die von mir vorgeschlagenen Elemente 
ersetzen zu sollen. Gewähren lassen dürfte im Einzelnen wohl 
jetzt für Original-Mittheilungen das Einzige sein, wobei man das 
Studium der Natur fördert. Sind ja doch alle Methoden nur Mittel zur 
Verständigung. Dass ich die von mir befolgte nicht aufgebe, oder 
gegen eine andere vertausche, wird aber auch mir wohl Niemand 
verargen. Es wäre mir dann bald selbst unmöglich, aus dem Labyrinthe 
wieder herauszukommen. Als ich vor zehn Jahren das Handbuch der 
bestimmenden Mineralogie an das Licht förderte, konnte ich hoffen, 
dass es mir gelingen würde, durch fortgesetzte mineralogische Lehr- 
curse eine wahre Schule zu gründen, es war also meine Pflicht, in 
allen Abtheilungen der Lehre nach Kräften für Vereinfachung und 
Deutlichkeit zu wirken. Ungeachtet später eingetretener, für diese 
Richtung nachtheiliger Verhältnisse, hat sich doch sehr Vieles von 
dem was ich vorschlug, in weiten Kreisen Bahn gebrochen. Es wäre 
gewiss unbescheiden, zu verlangen, dass Alles angenommen würde, 
wo es doch unvermeidlich bleibt, dass jeder neue Vorschlag doch nur 
immer ein Versuch genannt werden muss. Blieb ich nun fast gänz- 

‚lieh allein für verschiedene Abtheilungen der krystallographischen 
Darstellungen, während ich sehe wie oft man sich mit unvollkomm- 
neren ganz veralteten Weisen begnügt, so will ich um so mehr 
nie den wahren Zweck aus dem Auge verlieren, Klarheit und Ver- 


152 Kenngott. 


ständniss des Gegenstandes. Daher je weniger überhaupt Schlag- 
wörter der Schule, desto besser, dagegen Unterstützung der An- 
' schauung durch Zeichnungen der Krystalle. 


Mineralogische Notizen, betreffend die bekannten Species : 
Karstenit, Dolomit, Milerit, Turmalin, Galaktit, Wasser, 
Plagionit, Diopsid, Zinkit, Caleit und Felsöbanyt, sowie zwei 
neue: den Enstatit im Geschlechte der Augit-Spathe und den 
Pseudophit im Geschlechte der Serpentin-Steatite. 
(Siebzehnte Folge.) 
Von Dr, Adolf Kenngott. 
(Vorgelest in der Sitzung vom 15. März 1855.) 


1. Die rauhenBasisflächen anKrystallen des Kar- 
stenit. An einem schönen Exemplare krystallisirten Karstenits von 
Aussee in Steiermark, welches das k. k. Hof-Mineralien-Cabinet vor 
Kurzem von dem Mineralienhändler Dr. Baader in Wien angekauft 
hatte, und welches deutliche aufgewachsene und verwachsene Kry- 
stalle zeigt, konnte ich mit Bestimmtheit beobachten, wodurch die 
Basisflächen als rauhe erscheinen. — Die blass fleischrothen bis fast 
farblosen, durchscheinenden bis durchsichtigen Krystalle stellen die 
gewöhnliche Combination der orthorhombischen Quer-, Längs- und 
Basisflächen dar, an deren Combinationsecken die Flächen der Grund- 
gestalt (der orthorhombischen Pyramide mit den Endkantenwinkeln 
121°32' und 108° 35’ und den Seitenkantenwinkeln 990 7’) oder 
auch noch mit dieser die Flächen der orthorhombischen Pyramiden 
der Querreihe 2 P3 und 3 P3 auftreten. 

Schon mit freiem Auge konnte man sehen, dass die Coulas 
nationskanten der Basisflächen mit allen rundum liegenden Flächen 
keine horizontalen Kantenlinien darstellen, sondern dass der ganze 
Rand gekerbt erscheint, und dieses mit der Flächenbeschaffenheit 
der Basis zusammenhängt. Unter der Loupe betrachtet, zeigt essich 
nun, dass eigentlich keine Basisflächen vorhanden sind, nicht die 
Spur davon, sondern, dass anstatt derselben zahllose kleine End- 
ecken homolog gruppirter Grundgestalten durch ihre Summe die 


Mineralogische Notizen. 153 


Basisflächen gleichsam dem freien Auge eonstruiren, welches nur den 
Totaleindruek empfängt und eine rauhe Fläche zu sehen glaubt. 

Die Karstenitkrystalle, welche im Grossen die Combinations- 
gestat So PS. P&.0OP.P (mit oder ohne 2 P3 und3 P3) 
zeigen, stellen demnach ein Aggregat homolog gruppirter Kryställ- 
chen der Combinationsgestalt P. oo P& . oo P& (mit oder ohne 
2P2und3P5) dar und durch die Summe aller Endecken von P, 
welche nahezu in einer Ebene liegende Scheitelpunkte darbieten, 
werden die scheinbar rauhen Basisflächen construirt, während die 
Quer- und Längsflächen eben und glatt erscheinen. Oft erscheinen 
auch im Zusammenhange mit dieser homologen Gruppirung die Quer- 
flächen schwach vertical gestreift, welche Sireifung sich auf den 
Pyramidenflächen entsprechend fortsetzt. 

Bisweilen zeigen die Krystalle mangelhafte Ausbildung der 
Theile, Zerklüftungen, wie sie mannigfach an Karstenitkrystallen 
beobachtet werden, und Lücken oder Höhlungen von unregelmässiger 
Gestalt im Innern der Masse. Auch in diesen sieht man an den den 
Basisflächen parallelen Oberflächentheilen der Höhlungen dieselbe 
Ausbildung der Endecken der Grundgestalt, wie aussen. Farblose 
kleine Gypskrystalle sind ziemlich zahlreich auf den Karstenitkry- 
stallen aufgewachsen zu bemerken und orangegelbe Cölestinkrystalle 
erscheinen da und dort ein- und aufgewachsen. 

An und für sich wäre es von keiner besonderen Bedeutung, 
wenn man an Krystallen die Erscheinung rauher Flächen auf gewisse 
‚kleine Krystalltheile zurückführen kann und die kleinen hervorragen- 
den Theile mit den Spaltungsstücken in Zusammenhang gebracht 
werden können, oder wenn man wenigstens sichtlich nachzuweisen 
vermag, dass die kleinen die grossen Krystalle zusammensetzenden 
Kryställchen auch sonst noch so vorkommen und die Übergänge an 
nahe liegenden Stücken sichtbar werden. Hier aber finden diese 
beiden Fälle nicht Statt, indem man die Combinationsgestalt 
P.oP&.cooP& einzeln nicht beobachtete und die Karstenit- 
krystalle keine Spaltungsflächen parallel den Flächen der Grund- 
gestalt bis jetzt haben finden lassen, dieselben auch hier nicht vor- 
handen sind. Man muss vielmehr nach dem ganzen Stücke urtheilen, 
dass die auflösende Einwirkung des Wassers auf den Karstenit, mit 
welcher die Bildung der so häufig und auch hier als Begleiter auf- 
tretenden Gypskrystalle zusammenhängt, an den Karstenitkrystallen 


154 Kenngott. 


die ursprünglichen Basisflächen derartig umgewandelt hat. Da nun 
der Karstenit in absteigendem Grade sehr vollkommen spaltbar 
parallel den Längs-, Quer- und Basisflächen ist, auch Spuren von 
Spaltbarkeit parallel dem Prisma oo P gefunden werden, so ist das 
Heraustreten der Endecken von P anstatt der Basisflächen hier um so 
interessanter, weil die Krystalle sonst keine Einwirkung weiter auf 
den übrigen Flächen zeigen, und sich somit die Basisflächen als die 
für die Erosion empfindlichsten darstellen, was mit der Vertheilung 
der Moleküle im Zusammenhange stehen muss. 

Die Einwirkung des Wassers auf den Karstenit, durch welche 
die kleinsten Theilehen in gewisser Ordnung hinweggenommen wer- 
den, musste dabei eine sehr langsame sein, weil die durch die 
Erosion hervortretenden Theile der die Endecken von P bildenden 


Pyramidenflächen an Stärke des Glanzes den ursprünglieh in der 


Combination auftretenden P-Flächen nicht viel nachstehen und die 
so entstandenen rauhen Basisflächen nach dem Grade des Hervor- 
tretens der Endecken in der Stärke des Glanzes noch zwischen dem 
Matten und dem Wenigglänzend wechseln. | 

Die aufgewachsenen Gypskryställchen, welche eine unzweifel- 
hafte Folge der Auflösung des Karstenit im Wasser sind, zeigen in 
ihrer Lage unter einander und zu den Krystallen des Karstenit keine 
Regelmässigkeit und Harmonie, sie setzten sich an, wo sie gerade 
Platz fanden. Da wo sie häufiger auftreten als hier und die Masse 
des Karstenit mehr zurück tritt, entstehen Gemenge von Gyps- und 
Karstenitkrystallen, gleichsam als wären dieselben gleichzeitig ent- 
standen. 

2. Notiz über eine Krystallgestalt des Dolomit. 

Ein zweites bemerkenswerthes Beispiel rauher Flächen hatte 
ich Gelegenheit an einem Exemplare des sogenannten Miemit von 
Glücksbrunn bei Gotha in Sachsen zu beobachten, welches mir 
durch sein eigenthümliches Aussehen auffiel. Das spargelgrüne 
Mineral bildet einen krystallinischen Überzug, an dessen Oberfläche 


die nahe gruppirten kleinen hervorragenden Krystalle deutlich zu: 


sehen sind. Es trat an dem Stücke das sonst gewöhnliche Gepräge 
rhomboedrischer Krystallbildung gar nicht hervor, wie man es bei 
anderen derartigen Überzügen von Dolomit und ähnlichen sieht und 
ich war desshalb über das Stück selbst bei vorübergehender Betrach- 
tung zweifelhaft. Ich fand jedoch bald die Erklärung in der eigen- 


Mineralogische Notizen. 1 5 5 


thümlichen Bildung der einzelnen Individuen, welche erwähnt zu 
werden verdient. Die Krystalle bilden nämlich die Combination 
2R.R, die Flächen R bilden schmale Abstumpfungsflächen der 
Endkanten an 2 R', fallen aber durch ihren Glanz auf, während die 
Flächen 2R' nur in gewissen Richtungen schimmernd sind. Dies 
liegt nun daran, dass sie als Flächen gar nicht vorhanden sind, 
sondern die scheinbaren Flächen 2 R’' durch homolog gestellte Sei- 
tenecken der Rhomboeder R gebildet werden, welche als sehr kleine 
Partialgestalten die Krystalle zusammensetzen und dadurch scheinbar 
die rauhen Flächen 2 Z’ hervorbringen. Es ist also eigentlich nur die 
Grundgestalt % vorhanden, und die vielen homolog gruppirten Kry- 
ställchen dieser Form erzeugen die Combinationsgestalt 2%. R der 
mit freiem Auge sichtbaren Krystalle, die Flächen R treten durch 
ihren Glanz hervor und das Ganze hat das Aussehen, als wären tafel- 
artige Krystalle vorhanden, welche in das orthorhombische Krystall- 
system gehörten. 

3. Krystallgestalt des Millerit von Saarbrücken. 

An zwei Exemplaren des unter dem Namen Haarkies bekannten 
Millerit von Saarbrücken in Rheinpreussen, welche von HerrnDr. M. 
Bondi in Dresden an das k. k. Hof-Mineralien-Cabinet in Wien ein- 
gesendet wurden, fand ich die bereits schon früher von mir an 
Exemplaren dieser Species von anderen Fundorten bestimmte Com- 
bination des hexagonalen Prisma in normaler, und des in diagonaler 
Stellung. Bei der Zartheit der linearen Kryställchen hatten sich nicht 
alle Flächen gleichmässig entwickelt und es liessen sich nicht alle 
zwölf Flächen auffinden, doch zeigte sich hier in dem Mangel 
einzelner keine bestimmte Tendenz, trigonale Prismen zu bilden, 
indem kein regelmässiger Wechsel der fehlenden (oder der Beobach- 
tung entgehenden) Flächen bemerkt werdenkonnte. An dem einen der 
beiden Exemplare sind Kluftflächen in der Schwarzkohle mit Siderit- 
krystallen besetzt und auf diesen sitzen diehaarförmigen Krystalle des 
Millerit, begleitet von einigen kleinen undeutlichen messinggelben 
Krystallkörnern, welche Chalkopyrit zu sein scheinen. An dem ande- 
ren Stück sind Kluftflächen in Schieferthon mit weissen Caleit- und 
gelben Sideritkrystallen bekleidet und die Kryställchen des Millerit 
sind sehr zart und büschelförmig gruppirt. Der Ausgangspunkt bei 
dieser Gruppirung ist, wie ich es an englischem Millerit von Merthyr 
Tydvil in Wales bemerkte, ein graues metallisches Korn. Chalkopyrit 


156 Kenngott. 


ist auch hier in kleinen Krystallkörnern als Begleiter zu sehen, 
welche einzeln verstreut aufgewachsen und etwas deutlicher als an 
dem vorigen Exemplare sind. 

A. Über eine Krystallverbindung des Turmalin. 

Ein Krystallstück eines dunkelblaugrünen durchsichtigen Tur- 
malin (aus Brasilien), an welchem die beiderseitigen Endflächen 
durch Abbrechen nicht mehr sichtbar, sondern nur die prismatischen 
Flächen zu sehen waren, zeigte einen interessanten Wechsel in der 
successiven Ausbildung. Es hatte sich nämlich um einen bereits aus- 
. gebildeten Krystall durch Ansatz weiterer Turmalinmasse von gleicher 
Beschaffenheit der Krystall vergrössert, eine Erscheinung, welche 
man an anderen Turmalinkrystallen, so wie auch an Krystallen 
anderer Species, wie z. B. bei (Quarz und Fluss nicht selten beobach- 
ten kann, und welche in ihrer Deutlichkeit oft durch einen Wechsel 
der Farbe oder durch andere Verhältnisse unterstützt wird. Hier 
erlaubte das eine abgebrochene Ende die Umwachsung dadurch zu 
erkennen, dass der innere Krystall ein wenig aus der weiteren Um- 
hüllung herausragte. 

Das Interessante bei dieser Weiterbildung des Krystalls besteht 
in dem Wechsel der prismatischen Flächen und derselbe wird aus 
der beifolgenden Figur ersichtlich, 
welche die beiderlei Gestaltungen im 
horizontalen Querdurchschnitte dar- 
‚stellt. Die Wahl der Namen bezüglich 
der Stellung ist eine willkürliche, 
weil keine Endflächen vorhanden sind 
und es könnte eben so gut die Benen- 
nung eine umgekehrte sein, was auf 
die Darstellung keinen Einfluss hat. 

Während der äussere Krystall die Flächen des hexagonalen 
Prisma in diagonaler Stellung oo P2 (d) zeigt, an welchem die 
abwechselnden Kanten durch die Flächen eines trigonalen Prisma in 


normaler Stellung Bi (n) gerade abgestumpft sind, und die Flächen 
des trigonalen Prisma in normaler Stellung Ze nur an zwei Kanten 


in Spuren zu sehen sind, zeigt der innere Keystall die Flächen des 
hexagonalen Prisma in normaler Stellung oo P mit gleichzeitiger Aus- 


bildung der beiden Hälften-Gestalten °- und a (n und =‘) 


Mineralogische Notizen. 157 


und von den Flächen des hexagonalen Prisma in diagonaler Stellung 
sind an dem inneren Krystalle nur schwache Spuren an den Combi- 
nationskanten der beiden trigonalen Prismen zu erkennen. Dabei sind 
die Flächen der Prismen in normaler Stellung glatt, während die des 
Prisma in diagonaler Stellung vertical gestreift sind. Jedenfalls steht 
dieser Wechsel in der Ausbildung der Gestalt mit der oft vorkom- 
menden verschiedenen Ausbildung der Endflächen in Zusammenhang 
und ist auf die verschiedene FL REN Elektrieität des 
Turmalin zurückzuführen. 

5. Nachträgliche Bemerkung über den Galaktit. 

Nachdem ich den Galaktit in der eilften Folge meiner mineralo- 

gischen Notizen (Märzheft des Jahrganges 1854 der Sitzungsberichte 
der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe der kais. Akademie 
der Wissenschaften, Band XII, Seite 290) beschrieben hatte, theilte 
mir Herr Sectionsrath W. Haidinger mit, dass er bei seiner 
Anwesenheit in England in früherer Zeit dem bezüglichen Minerale 
den Namen wegen der weissen Farbe gegeben habe, und dass der 
damals vorliegende Fundort Glenfarg in der Grafschaft Perth in 
Schottland war. 

6. Über einige Erscheinungen beim Krystallisiren 
des Wassers. | 

Die durch mehrere Wochen andauernde niedrige Temperatur 
dieses Winters gestattete mir einen Krystallisationsprocess in seinem 
Verlaufe zu beobachten, auf dessen Beginn ich durch Zufall auf- 
merksam wurde, und welcher eigenthümliche Erscheinungen aufwies. 
In einem zum k. k. Hof-Mineralien-Cabinete gehörigen Souterrain- 
locale wurde ich bei eintretendem Froste auf ein Abblättern eines’ 
Kalkanstriches und Hebung ganzer Lagen aufmerksam und nach 
kurzer Zeit sah ich eine täglich zunehmende Eisbildung folgender 
Art: 

Eine Wand, auf deren Ziegeln eine Lage Mörtel wie gewöhnlich 
als Verputz angeworfen ist, und welcher dann mit einem dünnen Kalk- 
anstrich versehen ist (wie diese Theile die beifolgende Figurangibt, « 
die Ziegeln, 5 den Verputz, c den Anstrich), ist mit hygroskopischem 
Wasser erfüllt und ist so gelegen, dass auf der einen Seite, wo die 
Krystallisation eintrat, eine mindere Temperatur war, als auf der 
anderen. Die Ziegel und der Verputz sind poröser als der Kalk- 
anstrich und dieser bildet eine, wenn auch dünne, doch immerhin 


a 


158 Kenngott. 


cohärente Schicht, welche das Wasser weniger hindurch lässt. Das 
wenige Wasser, welches durch die Ziegel und den Verputz hindurch- 
gedrungen war, und sich innerhalb des möglichen Zwischenraumes 
zwischen Anstrich und Verputz befindet, begann durch die äussere 
Kälte zuerst fest zu werden, zu krystallisiren, wodurch eine Erwei- 
terung des Zwischenraumes zwischen Verputz und Anstrich erzwun- 
gen wurde, welche auf die Entfernung der dünnen Anstrichdecke ein- 
wirkte, so dass dieselbe sich unmerklich erhob. Aus dem Verlaufe 
_ der Beobachtungen zu schliessen, begannen sich durch den Krystal- 
lisationsprocess sehr viele Individuen zu bilden, so viele vielleicht, 
als Poren an der Oberfläche des Verputzes vorhanden waren. 


Der Act der Krystallisation auf der Oberfläche des Verputzes in 
dem Zwischenraume zwischen dem Verputz und dem Anstrich ver- 
grösserte den Zwischenraum momentan und die Krystallisationskraft 
veranlasste das im Verputz befindliche Wasser der nächsten Nach- 
barschaft, sich den beginnenden Krystallen anzuschliessen, sie zog 
die Atome oder Moleküle desselben aus dem Verputze heraus, ver- 
grösserte (verlängerte) die begonnenen Krystalle von der Ansatz- 
fläche aus, drängte die Krystallanfänge vorwärts und erweiterte somit 
noch mehr den Zwischenraum zwischen dem Verputz und Anstrich, 
welcher letztere wieder etwas dadurch gehoben werden musste. Das 
durch die Krystallisationskraft aus dem obersten Theile des Verputzes 
herausgezogene Wasser veranlasste leere Räume und das Wasser der 
anderen Theile der Wand drang hindurch und durch die Porosität, 
respective Capillarität der Masse nach und nun konnte das einmal 


Mineralogische Notizen. 159 


begonnene Wachsen der Krystalle sich fortsetzen , so lange die übri- 
gen Verhältnisse und die Menge des vorhandenen Wassers es 
möglich machten. 

Der Anstrieh wurde immer weiter vom Verputz weggedrängt 
und durch das Eis gehoben, das Eis selbst bildete eine immer dichter 
werdende Schicht d (stellenweise bis einen halben Zoll dick) und 
war in seiner Masse parallel laufend faserig, wie ähnliche Gänge aus- 
füllende Massen von Salz, Gyps oder Caleit, dabei klar und ziemlich 
durchsichtig. Die linearen Krystalloide erhielten ihren eontinuirlichen 
Zuwachs von der Basis aus und wurden so unmerklieh und im engsten 
Anschluss der Massentheilehen vergrössert, dass keine Absätze oder 
Schiehtungen parallel der Wand oder senkrecht auf die Längsaxe 
der Fasern bemerklich wurden. Der Anstrich bröckelte sich an ein- 
zelnen Stellen durch das ungleiche Wachsthum der Individuen zum 
Theil los. | 

An Stellen, wo kein Anstrich vorhanden war oder derselbe 
weniger Cohärenz und Sprünge zeigte, erhoben sich lineare Krystal- 
loide von anscheinend prismatischer Gestalt mit vertical gestreiften 
Flächen und faseriger Bildung im Innern (e in der Figur), die auch 
‚zum Theil als spitze pyramidale Gestalten (f) erschienen (verjüngte 
Krystalle, wie beim Quarz), auf der Oberfläche des Verputzes ver- 
einzelt, haarförmig bis zur Dieke einer Schreibfederspule und dar- 
über. Dieselben wuchsen langsam, aber im Allgemeinen etwas schnel- 
ler als die faserigen Schichten, und krümmten sich zum Theil frei- 
willig in freiem Raume des Locales in der Luft, wie gebogene Gyps- 
krystalle, welche Krümmungen constant den einmal eingeschlagenen 
Weg verfolgten, so dass dergleichen Krystallstengel fortwachsend 
(g in der Figur) mit ihrem Anfange wieder den Verputz berührten 
und in dieser Stellung selbst noch an Länge zunahmen. Ich beobach- 
tete dergleichen Krystalloide bis zur Länge eines Zolles. 

Die faserigen Massen zeigten unter starker Vergrösserung 
parallele röhrenförmige Hohlräume und gereihte Bläschen, welche 
die eng verwachsenen linearen Krystalloide von einander trennten 
und nach unten (gegen den Verputz hin) an Ausdehnung zunahmen, 

Ich entfernte nun an einigen Stellen die Lage des Anstrichs von 
der Oberfläche der faserigen Massen, schnitt dieselben in einem 
Flächenraume von zwei Zoll so zu, dass die Oberfläche möglichst 
glatt und eben war, und erwartete so das weitere Verhalten. Auf 


160 | . Kenngott. 


diesen Flächen erhoben sich nur einzelne, lange, haarförmige Kry- 
stalle von ansehnlicher Länge (2) und faserige Krystallgruppen (k), 
welche sich gewöhnlich an ihren Enden hakenförmig krümmten und 
der Anblick dieser Massen mit ihren emporgesprossenen Krystallen 
und faserigen Gruppen ist aus dem Durchschnitte 2 ersichtlich. (James 
D. Dana beschrieb Seite 188 der vierten Auflage seines System of 
mineralogy ähnliche gekrümmte faserige Gruppen linearer Krystal- 
loide des Eises, welehe sich an Baumstämmen bildeten und ein 
ähnliches Hervorspriessen der Krystalle darstellen.) 

Solche einzelne haarförmige Krystalle und faserige Gruppen 
emporwachsender linearer Kryställchen von ansehnlicher Länge und 
täuschender Gleichheit des Aussehens beobachtete ich an einem 
Stücke vitrioleseirenden Markasits, aus dessen Oberfläche viele Kry- 
stalle eines weissen Vitriolsalzes ebenso emporstiegen. 

71. Nachträgliche Bemerkungen über den Plagionit. 

Als Anhang zu den früher von mir beschriebenen und für Wolfs- 
bergit gehaltenen Krystallen des Plagionit (siehe die sechzehnte 
Folge meiner mineralogischen Notizen in dem Februarhefte des Jahr- 
ganges 1855 der Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Classe der 
kais. Akademie der Wissenschaften), welche sich durch ihre ein- 
fache Krystallgestalt auszeichnen, habe ich eine in kugelig-blätteri- 
gen Partien vorkommende Abänderung des Plagionit zu erwähnen, 
welche gleichfalls für Wolfsbergit ausgegeben wurde. Nachdem sich 
nämlich die früher beschriebenen Krystalle als Plagionit erwiesen 
hatten, übersandte Herr Dr. Bondi in Dresden zwei eigenthümliche 
Druschen an das k. k. Hof-Mineralien-Cabinet, welche ihm gleichfalls 
als Wolfsbergit zugekommen waren und über welche er jetzt gleich- 
falls Zweifel hegte. Er übersandte sie mit dem richtigen Bemerken, | 
dass er etwas Ähnliches von Wolfsberg noch nieht gesehen habe. 

Die angestellte Untersuchung liess mich finden, dass die lamel- 
laren Krystalloide, welche die kugelig-blätterigen Partien zusammen- 
setzen, stark gekrümmt sind, und wo sie deutlicher werden, auch 
die von mir beschriebene einfache Combination des Plagionit erken- 
nen lassen, und dass dazu die eigenthümliche Streifung sehr viel 
beiträgt, wenn man damit die Streifung vergleicht, wie sie von 
G. Rose am Wolfsbergit angegeben wurde. Das Aussehen der kuge- 
ligen Partien erinnert an gewisse Caleitkugeln, die durch Krystalle 
in der Gestalt eines stumpferen Rhomboeders zusammengesetzt 


Mineralogische Notizen. 1 61 


werden und das Analogon derselben würde für sie die allereinfachste 
in der genannten Folge angegebene Combination sein. Dieselbe tritt 
jedoch da, wo die einzelnen Krystalle sich erkennen lassen nicht 
hervor, sondern man beobachtet nur die dem Titanit ähnliche. Die 
Oberfläche der Kugeln ist nicht glatt, sondern der Zusammensetzung 
gemäss gekerbt. Vor dem Löthrohre liessen sich die Bestandtheile 
des Plagionit mit Bestimmtheit nachweisen. Der Fundort ist Wolfs- 
berg am Harz und die Kugeln sind mit Caleit und Quarz verwachsen. 

Ein zur Ansicht beigefügtes Exemplar des echten Wolfsbergit 
zeigte nur dünne tafelartige Krystalle mit starker Streifung der breiten 
Flächen. An den Enden waren sie verbrochen, scheinbar recht- 
winkelig gegen die Hauptaxe parallel dem horizontalen Hauptschnitt, 
woran man die von G. Rose bestimmte undeutliche Spaltungsfläche 
parallel den orthorhombischen Basisflächen erkennen konnte. 

8. Eine dem Serpentin ähnliche Pseudomorphose 
des Diopsid. 

Von dem k. k. Rechnungs-Officialen Herrn L. Kaczvinsky 
erhielt ich zur Bestimmung ein Exemplar eines sogenannten krystallisir- 
ten Serpentin angeblich aus China stammend und einen losen Krystallvon 
gleicher Beschaffenheit. Die Untersuchung ergab, dass diese dem Ser- 
pentin sehr ähnlichen Krystalle umgewandelte Krystalle des Diopsid 
sind, wie derselbe als Abänderung des Augit in blassgrünen am Ende 
auskrystallisirten Krystallen im Alathale in Piemont und an anderen 
Orten vorkommt. Die bezüglichen Krystalle mögen auch, dem Ganzen 
nach zu schliessen, aus dem Piemontesischen, nicht aus dem Chinesi- 
schen stammen. Die Combination ist oo Poo . (oo Poo).coP mit einer 
vorderen und einer hinteren Hemipyramide und anderen Flächen in 
Spuren. Spaltbarkeit ist nicht mehr zu bemerken und der Bruch ist 
uneben. Unrein pistaziengrün und durch eingewachsene fremdartige 
Theile gelblich gefleckt, schwach wachsartig glänzend, trüb durch- 
scheinend. Härte = 2:5 — 3°0. Milde, im Striche grau. Speeifi- 
sches Gewicht — 2°801. Fast fettig anzufühlen. 

An dem Stücke, welches die Krystalle aufgewachsen zeigt, 
bemerkt man auf dem Gemenge von Aktinolith und Caleit, welches 
die gemeinschaftliche Unterlage bildet, noch ein zweites Umwand- 
lungsproduet als neuere Bildung, nämlich als Überzug kleine 
Partien eines stalaktitischen kugelig-nierenförmigen Minerals, wel- 
ches am meisten an den Dermatin erinnert. Es ist licht graulichgelb 

Sitzh. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. I.Hft. 11 


162 Kenngott. 


und gelblichbraun gefärbt, an der Oberfläche wachsartig glänzend, 
durchscheinend und etwas fettig anzufühlen. Die Härte ist — 2:5 und 
es ist gleichfalls milde. i 

9. Über den Enstatit, eine neue Species in dem 
Geschlechte der Augit-Spathe. | 

Gleichzeitig mit der dem Serpentin ähnlichen Pseudomorphose 
des Diopsid, welche oben (unter Nr. 8) beschrieben worden ist, 
erhielt ich von dem k. k. Rechnungs-Offieialen, Herrn L. Kaez- 
vinsky ein kleines Stück zur Bestimmung, welches gleichfalls ein 
körnig-krystallisirter Serpentin in derbem aus China sein sollte. Das 
Aussehen des dichten Minerals, in welchem die Krystalle eingewach- 
sen waren, sprach unzweifelhaft dafür, dass es ein Serpentin sei, 
obgleich es auch nicht der Fall war, wie ich weiter unten besprechen 
werde, sondern eine eigene Species, der Pseudophit. Die in dem 
diehten Minerale aber eingewachsenen Krystalle hatten nicht die 
geringste Ähnlichkeit mit Serpentin, sondern erinnerten im ersten 
Augenblicke an Skapolith, wozu noch die rechtwinkelig vierseitigen, 
scheinbar quadratischen Gestalten des Querbruches der linearen Kry- 
stalle, die Farbe und der Glanz beitrugen. China erschien mir auch 
als problematisches Vaterland, und ich salı desshalb unter den Ska- 
polithen in den Sammlungen des k. k.Hof-Mineralien-Cabinetes nach, 
ob sich nicht ein gleiches Mineral vorfände. Ich war auch bald so 
glücklich, in der Reservesammlung, unter der Etiquette: glasiger 
Skapolith im edlen Serpentin vom Berge Zdjar in Mähren, ein iden- 
tisches Stück zu finden, hörte von dem Mineralienhändler Herrn Dr. 
Bader, dass der Fundort ganz richtig sei, da er selbst früher 
reichliches Material dieses Skapolith im Serpentin gehabt, und fand 
auch in dem Werke des Herrn Professor F. A. Kolenati (die 
Mineralien Mährens und österreichisch Schlesiens , deren Fundorte 
und ökonomisch-technische Verwendung, Brünn 1854), auf Seite 41, 
unter Skapolith, dass Skapolith in gegliederten, discordant gelagerten 
Stangen, eingewachsen im Serpentin vom Berge Zdjar bei Aloysthal 
angegeben war. Zur weiteren Vergleichung und Untersuchung erhielt 
ich auch noch zwei Exemplare aus den Sammlungen der k.k. geolog. 
Reichsanstalt und durch meinen geehrten Freund, den k. k. Militär- 
Verpflegs-Verwalter Herrn Schmidt in Brünn, zwei Exemplare aus 
dortigen Sammlungen zugesendet, so dass mir nun hinreichendes 
Material dieses schönen mährischen Minerals zu Gebote stand. 


er 


Mineralogische Notizen. 163 


Auf den Anschein hin, dass das Mineral Skapolith wäre, wofür 
es seit langer Zeit ausgegebenund in die Sammlungen übergegangen 
war, prüfte ich einen kleinen Splitter vor dem Löthrohre und fand 
zu meiner Überraschung, dass das Mineral fast unschmelzbar war 
und sich bei starkem Feuer an den Kanten nur ein wenig abrundete, 
dass es mit Kobaltsolution befeuchtet und geglüht nicht blau wurde, 
dass es in Salzsäure nicht löslich war und bei Anwendung selbst 
feinen Pulvers und langem Kochen in der Säure keine Spur von 
Kalkerde sich zeigte. Hieraus und weil es scheinbar in Serpentin 
eingewachsen war, schloss ich, dass es vielleicht ein Skapolith sein 
könnte, der anstatt Kalkerde Talkerde enthielte und übergab somit 
dem k. k. Hauptmann Herrn Karl Ritter v. Hauer wohl ausgesuchtes 
Material zur analytischen Bestimmung, so wie auch gleichzeitig von 
dem dichten Minerale, dem scheinbaren Serpentine, dem nunmehri- 
gen Pseudophit, und er übernahm die Untersuchung mit gewohnter 
freundlicher Bereitwilligkeit. 

Inzwischen setzte ich meine Untersuchungen fort und als-ich das 
Resultat der Analysen erfuhr , trafen meine Untersuchungen mit den 
erhaltenen Resultaten zusammen und es zeigte sich, dass das frag- 
liche krystallisirte Mineral kein Skapolith, auch kein talkerdehaltiger 
sei, sondern dass es ein Augit-Spath ist, das Analogon des W ollasto- 
nit, das Bisilikat der Talkerde, 3Mg0.2Si0,, welches somit als 
eigene Species constatirt wurde. Die Eigenschaften dieses von mir 


mit dem Namen Enstatit belegten Minerals sind nun nachfolgende: 


Es findet sich krystallisirt in langen eingewachsenen linearen 
Krystallen, welche so fest eingewachsen sind, dass sie sich äusserst 
schwierig aus der Grundmasse heraus trennen lassen und viel eher 
zerbrechen. Selten gelingt es, ein Krystallstück so herauszulösen, 
dass dessen Flächen ringsum sichtbar sind. Hiermit sind aber nur die 
Flächen in der verticalen Zone gemeint, welche für die eines quadrati- 
schen Prisma gehalten wurden; Endflächen waren an keinem der 
Stücke zu erhalten. Der Grund der schwierigen Trennbarkeit und 
der unvollkommenen Ausbildung äusserer Krystallflächen liegt in dem 
sicher grossen Widerstande, welchen die Krystalle bei ihrer Bildung 
innerhalb der Masse fanden, wie man aus dem Ganzen ersieht. 

Die linearen Krystalle sind nämlich, worauf sich auch der von 
Herrn Professor Kolenati gebrauchte Ausdruck „gegliedert“ 
bezieht, häufig an mehreren Stellen quer durchgebrochen und die 

11* | 


164 u Renhiebikt, 


Bruchstücke etwas verschoben, wodurch ein gewissermassen geglie- 
dertes Aussehen erzeugt wird. Die durch die Verschiebung entstan- 
denen Zwischenräume sind mit der damals noch weichen Grundmasse 
ausgefüllt worden, so dass die Krystalle, da ohnehin noch die nächste 
Umgebung um die ganzen Krystalle in dem Bereiche des Contactes 
etwas dunkler erscheint, und die Krystallstücke wie dunkel umsäumt 
in der lichten grünen Masse liegen. Diese dunklere Umsäumung, eine 
scheinbare, aber doch nicht wirklich verschiedene und von der Grund- 
masse getrennte Hülle der Krystalle ist sehr schmal, und man könnte 
diese durch die Färbung unterschiedene Schicht bei der natürlichen 
Grösse der Krystalle (2 — 6 Millimeter dick und 4 — 6mal so 
lang) etwa mit einem dicken Federstrich vergleichen, den man um 
die Krystalle herumzöge, um sie in ihrem Umrisse zu bezeichnen. 
_ Die durch das Verschieben der Bruchstücke der geknickten Krystalle 
entstandenen und durch die Grundmasse ausgefüllten Zwischenräume 
sind oft über ein Millimeter breit und die Querbrüche bald rechtwin- 
kelig bald schiefwinkelig gegen die Hauptaxe, was vielleicht nur 
von der verschiedenen Ansicht bei verschiedener Lage herrührt. 

Man erinnert sich hierbei an die geknickten Beryll- und Turma- 
linkrystalle und kann sich recht gut vorstellen, dass die Enstatitkry- 
stalle in einer weichen breiartigen Masse sich bildeten und als lange 
lineare Krystalle durch irgend welche Bewegung in der weichen 
Masse geknickt und die Bruchstücke etwas verschoben wurden, dass 
aber die Grundmasse noch immer weich genug war, um die Lücken 
' in continuo auszufüllen. Die dunklere Farbe im Contact ist nicht 
auffallend und man findet sie oft bei Krystallen, welche fest einge- 
sehlossen sind. 

Die Flächen der verticalen Zone entsprechen den Flächen des 
Augitgeschlechtes, als klinorhombische Quer- und Längsflächen, wel- 
che rechtwinkelig gegeneinander stehen und zu der Deutung quadrati- 
scher Prismen Veranlassung gaben. Dass es aber die klinorhombischen 
Quer- und Längsflächen wirklich sind, zeigt ausserdem die Spaltbar- 
keit, indem die Krystalle deutlich spaltbar parallel den Flächen des 
klinorhombischen Prisma von nahezu 87° sind, ausserdem auch noch 
Spaltungsflächen parallel den Quer- und Längsflächen selbst bemerk- 
bar sind. Der Unterschied der Spaltbarkeit ist für die zweierlei Flä- 
chenpaare wenig verschieden, in beiden Fällen aber die Spaltbarkeit 
sehr nachstehend der deutlichen Spaltbarkeit parallel den Prismen- 


Mineralogische Notizen. 165 


flächen. Man kann nur durch jene schwach das Bild eines Kerzen- 
lichtes wahrnehmen, während man auf den Spaltungsflächen parallel 
den Prismenflächen ziemlich deutliche Bilder äusserer Gegenstände 
erhält, die noch deutlicher wären, wenn nicht ein gewisses Zerrissen- 
sein und faseriges Aussehen in der Längsrichtung der Spaltungsflächen, 
wahrscheinlich die Folge der mehrfachen Spaltbarkeit, wie man es bei 
dem Skapolith und Wollastonit auch sieht, die Deutlichkeit hinderte. 

Die Krystalle des Enstatit sind graulichweiss, zum Theil etwas 
gelblich oder grünlich, der glasartige Perlmutterglanz ist auf den 
vollkommenen Spaltungsflächen ziemlich stark, die Krystallflächen 
selbst sind aber matt oder schimmernd, wie man es bei dem festen 
Verwachsensein nicht anders erwarten kann. Halbdurchsichtig bis 
an den Kanten durchscheinend, in kleinen Spaltungsstückchen fast 
durehsichtig und farblos. Strich weiss; spröde. Härte = 5°5. Speci- 
fisches Gewicht = 3:10 — 3:13. 

Vor dem Löthrohre ist das Mineral, wie schon oben angegeben 
wurde, für sich fast unschmelzbar, es wird weiss und undurchsichtig 
und rundet sich an den Kanten etwas ab und erlangt, unter der Loupe 
betrachtet, an diesen Stellen das Aussehen eines weissen emailartigen 

Überzuges. Mit Kobaltsolution geglüht erscheint keine blaue Farbe. 
In Salzsäure ist der Enstatit nicht löslich, auch bei Anwendung des 
Pulvers konnte ich keine Löslichkeit bemerken. 

Wegen der Beharrlichkeit vor dem Löthrohre habe ich den 
Namen Enstatit gewählt, von dem griechischen Worte &vorarns, 
der Gegner, um dadurch auf den wesentlichen Gegensatz in Rücksicht 
auf die anderen Augit-Spathe hinzudeuten und das Merkmal hervorzu- 
heben, durch welches es sich so leicht von dem Skapolith unterschei- 
det, mit dem es verwechselt wurde. 

Herr Karl Ritter v. Hauer fand in 100 Theilen nachfolgende 
Bestandtheile: 


1: 2. 
56-91 57-28 Kieselsäure, 
2:50 | Thonerde, 
Sn 0 Eisenoxydul, 
35 AA 3625 Talkerde, 
0.41 s als Verlust beim Erwärmen bis 100° C. 


i Wasser‘ 


1.51 " als Verlust beim Glühen. 


166 Kenngott, 


Die Zerlegung geschah mittelst kohlensauren Natrons. Nach 
dem Glühen zeigt das gepulverte Mineral eine lichtbraune Färbung. 
Von Kalkerde war keine Spur vorhanden. Die geringe Menge Thon- 
erde und Wasser rührt, wie die unten angegebene Analyse des Pseu- 
dophit zeigt von demselben her, da es nicht möglich war, denselben 
gänzlich davon zu trennen. 

Die Berechnung ergibt nachfolgende Äquivalentverhältnisse:: 


12-563 Kieselsäure, oder 2'000 oder 2 
0'486 Thonerde, 0:077 

0'767 Eisenoxydul, 

17:720 Talkerde, | 18:487 u 3 
1'677 Wasser, 0:269 


woraus die Formel 3MgO . 2Si0, hervorgeht. 

Der in das Geschlecht der Augit-Spathe gehörige Enstatit (dei 
gleiche meine Bearbeitung des Mohs’schen Mineralsystems, Seite 69) 
bildet somit ein neues Glied dieses schönen und in sich so vielfach 
gegliederten Geschlechtes, welches sich durch die allgemeine Formel: 
3RO.2SiO, (den Akmit ausgeschlossen) darstellen lässt und sich 
wesentlich durch die vier Basen: die Kalkerde, die Talkerde, das 
Eisenoxydul und das Manganoxydul in isomorphen einfachen und 
zusammengesetzteren Verbindungen auszeichnet, zu denen sich noch 
selten das Natron und das Zinkoxyd gesellt. 

Durch den Enstatit ist es gestattet, ein übersichtliches Schema 
zusammenzustellen, welches die Verbindung aller Glieder auf das 
Deutlichste darstellt und wo die mineralogische Abgrenzung der ein- 
zelnen Species durch den Wechsel der vikarirenden Stoffe einerseits 
bestimmt, andererseits erschwert wird, wenn drei oder vier, selbst 
fünf Basen zusammentreten. Ich glaube, dass das beigegebene Schema 
dazu dient, zu zeigen, welche Species und wie sie zu unterscheiden 
sind, und dass die Wahl, wohin man einzelne Augit-Spathe zu setzen 
habe, nieht schwierig ist. Um die Übersicht des Schema zu erleich- 
tern, habe ich die Schreibweise der Formeln gewählt, welche den 
Sauerstoff durch Punkte ausdrückt, und das Schema gestaltet sich 
nun folgendermassen ; 


Mineralogische Notizen. 167 


Wollastonit Diopsid Enstatit 
Ben ....., EN SER Mg: Sie 
’ Ca3 2 
lg Si? = 
° Fe3 x 
&- 3 Augit Er 
20a3) &., o Ca® Se, Mg> = 
Sina R Te: j iv} a 
= s # us =“ 
Es Ca: R = 5 
e. Mn3? Si? 
© Fe3 
2 
=. Jeffersonit ; 
N 3 
Base nn | STAR URIRL Ar. BE Res Si? 
e3 


Rhodonit Fowlerit Grunerit 


Vier Species, der Wollastonit .. = 3Ca0 .2Si0, 


s Enstatlt..... —= 3Mg0 ..2Si0, 
„ Grunerit.... = 3FeO .2Si0, 
„ Rhodonit.... = 3MnO .2Si0, 


bilden gleichsam die extremsten Glieder des Geschlechtes und die 
übrigen Species erscheinen als Mischlinge dieser vier Glieder. Durch 
das Auftreten von zwei verschiedenen Basen in der Zusammen- 
setzung lassen sich wieder, so weit es bekannt ist, fünf Haupttypen 
unterscheiden, wobei auf geringe Mengen der anderen vikarirenden 
Bestandtheile nicht Rücksicht genommen wurde und es bilden 


der Diopsid...... — 3Ca, Mg0.2Si0, 
„ Hedenbergit... = 3Ca, Fe0.28Si0, 
"oBustamit”. ..". — 8Ca, MnO. 2Si0, 
„ Hypersthen ... = 3Mg, FeO.2Si0, 
Stkowlerit.o... — 3Fe, MnO.2Si0, 


die entsprechenden Mittelglieder, in denen auch einzelne Vorkomm- 
nisse aufgenommen werden müssen, wo andere Bestandtheile in unter- 
geordneten Mengen eintreten, um nicht ohne Grund die Anzahl der 
Species zu vermehren. Es können hierbei freilich Fälle eintreten, 
wo von den beiden basischen Hauptbestandtheilen der eine bedeutend 


168 Kenngott. 


zurücktritt, diese Übergänge sind dann nothwendigerweise den 
Hauptgliedern einzuverleiben. Zwei derartige Übergänge wurden, 
weil sie als solche eigends getrennt worden sind, beispielweise bei- 
gefügt, der Bronzit und der Pajsbergit, dieselben entfallen aber als 


eigene Species und werden nur denjenigen Species beigesellt, der 


sie entsprechend der Berechnung am nächsten stehen. 

Durch das Zusammentreten von mehr als zwei Basen in entspre- 
chender Menge können nun mehrere Mischlinge hervorgehen und von 
diesen wurden zwei wesentliche hervorgehoben, 


der Augit — 80a, Mg, FeO . 2Si0, 
„ Jeffersonit = 3Ca, Mn, FeO . 2Si0;, 


ohne dass desshalb in jenem das Manganoxydul, in diesem die Talkerde 
ausgeschlossen sind. Die Analysen des Jeffersonit haben auch Zink- 
oxyd ergeben, doch gehören unter diese Gruppe auch andere Augit- 
Spathe, die man nicht Jeffersonit genannt hat, die aber die angeführ- 
ten der Bestandtheile als wesentliche enthalten, und hiernach glaube 
ich, ist die Trennung dieses Gliedes am zweckmässigsten zu 
gestatten. 

Minerale, welche man als Diallag, Diaklasit, Schillerspath, Mala- 
kolith u. s. w. trennte, gehören ihren Bestandtheilen gemäss in eine 
der obigen Gruppen und sind als eigene Species, namentlich, wenn 
eine beginnende Veränderung ihres Zustandes einzelne Eigenschaften 
verschieden erscheinen lässt, nicht zu trennen, den Nephrit hat man 
dann füglich als einen dichten Diopsid oder Augit aufzufassen. Der 
Breislakit scheint sich dem Fowlerit anzuschliessen, da Chapm an 
neben der Gestalt des Augit in dem Silikate als die wesentlichen Basen 
Eisen- und Manganoxydul hervorhebt. | 

Eine eigenthümliche Reihe würde der Aegyrin beginnen, welche 


neben Eisenoxydul noch Natron enthält. Seine Zusammensetzung 


scheint bis jetzt der Formel 3Fe, Na0.2SiO, zu entsprechen und 
seine übrigen Eigenschaften machen es nothwendig, ihn in das 
Geschlecht der Augit-Spathe zu stellen. In Hinblick auf das obige 
Schema eröffnet der Aegyrin eine neue Reihe von Silikaten und es 
dürften sich in dieser oder in einer anderen Richtung noch mehr 
Species auffinden, welche den Umfang des Geschlechtes bezüglich 
der basischen Bestandtheile erweitern. Dem Aegyrin am nächsten 


steht dann der Akmit, dessen chemische Formel aber noch bezüglich 


Mineralogische Notizen. 169 


des Eisenoxyduls bei der Übereinstimmung in den Gestalten 
der Aufklärung bedarf. Dieselbe aber macht es trotzdem möglich, 
ihn, wie es am passendsten erscheint, als Augit-Spath in dem 
Systeme einzureihen. 

Bei den verschiedenen Ansichten über den Begriff der Mineral- 
species dürfte es leicht Mineralogen geben, welche mehr, andere 
welche weniger Species aufstellen möchten, als hier in dem Augitge- 
schlechte aufgestellt worden sind, je nachdem es ihre Ansichten er- 
heischen. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass man da, wo vika- 
rirende Bestandtheile vorhanden sind, mit grosser Vorsicht ein zu viel 
und zu wenig vermeiden muss, um nicht völlig ineonsequent gegen- 
über anderen Species zu werden. Je mehr dergleichen Gruppen eng 
zusammengehörender Species aufgefunden werden, wozu die jährlich 
steigende Anzahl der Species beiträgt, um so richtiger werden wir in 
der Folge beurtheilen können, wie weit der Umfang einer jeden Spe- 
cies grundsätzlich ausgedehnt werden kann und werden dafür allge- 
meine Regeln aufzustellen im Stande sein. Es ist dabei durchaus nicht 
immer nothwendig, dass, wie bei den Alaun-Salzen, den Epidot- und 
Amphibol- Spathen, den Granat- und Spinell-Skleriten und anderen, 
alle derartigen isomorphen Glieder, welche unter dieselbe allgemeine 
chemische Formel fallen, in dasselbe Geschlecht gehören, dessen 
ungeachtet, wird aber die Wahl der Mittelglieder, wie sie oben vor- 
genommen wurde, die zweckmässigste Vertheilung der einzelnen 
Vorkommnisse in besondere Species nach sich ziehen und es wird 
weder genügen, alle unter einer allgemeinen Formel stehende in eine 
Species zu vereinen, noch zweckmässig sein, so viele Species aufzu- 
stellen, als specielle Formeln möglich sind, in denen die Mengen 
der vikarirenden Bestandtheile gegenseitig durch Zahlenverhältnisse 
abgegrenzt werden. 

Zur Vergleichung mit obiger Gruppirung und zum Beweise, wie 
zweckmässig die Wahl der Mittelglieder ist, dient zum Beispiel die 
Reihe rhomboedrisch-krystallisirender Biearbonate, indenen dieselben 
Basen wie oben vorkommen. Sie unterscheiden sich nur dadurch, 
dass sie nicht in ein Geschlecht, ja nicht einmal in eine Ordnung 
gehören. Die bezüglichen Mineral-Species sind folgende: 


170 Kenngott. 


Magnesit Mesitin Siderit Monheimit Smithsonit 
Ne Fe 
Meter... ie | BR Le RER NN u en Zr 
S C Di F & 
= ya ‘e r e == 
Sigg © Nin ( ie 
- Mg = 
j Ankerit 
IESRU NER NEE Mn 
Caleit Rhodochrosit 


10. Über den Pseudophit, eine neue Species in 
dem Geschlechte der Serpentin-Steatite. 

Die so eben beschriebenen Krystalle des Enstatit vom Berge 
Zdjar bei Aloysthal in Mähren sind, wie bereits erwähnt worden 
ist, in einem dichten grünen Minerale eingewachsen, welches dem 
Aussehen nach für Serpentin gehalten wurde und in der That mit 
demselben die überraschendste Ähnlichkeit hat. Der Zufall wollte es, 
dass ich es für gut fand, reines Material desselben auszusuchen, um 
es von Herrn Karl Ritter von Hauer analysiren zu lassen, obgleich 
ich selbst nicht daran dachte, dass es etwas anderes als Serpentin 
sei. Um so mehr überraschte das Resultat der Analyse, weil es eine 
grosse Verschiedenheit von dem Serpentin zeigte. Herr Karl Ritter 
von Hauer nämlich fand in 100 Theilen nachfolgende Bestand- 
theile: 


15 2. 
33.51 3333 Kieselsäure, 
Rfen: Thonerde, 

2.58 1803 isenozydl 
34-41 3367 Talkerde, 

0-46 » Wasser bei 100° C. 
2735 1261, }als EEE! | beim Glühen, 


Die Zerlegung geschah mittelst kohlensauren Natrons. Von 
Kalkerde wurde keine Spur gefunden. 
Die daraus berechneten Äquivalentverhältnisse sind folgende; 


7397 Kieselsäure, 2-466 oder 4'932 oder 5 
3'000 Thonerde, 1 2 2 


0:717 Eisenoxydul, daie) ala 
17-205 Talkerde, bar 22 5974 11 12 


14'166 Wasser, 4122 9-AAA 9 


Mineralogische Notizen. 171 
ie zweckmässigste Art, die erhaltenen 
 42Mg0 9HO 241,0, 380, 
zu verbinden, um eine Formel aufzustellen, ist wohl folgende : 
1(Mg0.HO) 2(HO.AIl,O,) 5(MgO.SiO,), 
wodurch die einfache Formel | 
5[MgO.HO + MgO.Si0,] + 2[MgO.HO + HO.AI,O, | 


hervorgeht. 

Wegen der grossen Ähnlichkeit mit dem Serpentin habe ich 
nun dieses Mineral Pseudophit genannt (Ophit gleichbedeutend 
mit Serpentin), um diese Ähnlichkeit und die Verwechslung mit Ser- 
pentin auszudrücken. Es gehört diese Species in das Geschlecht der 
Serpentin-Steatite (siehe meine Bearbeitung des Mohs’schen Mine- 
ralsystems, Seite 44) und wird seine passendste Stelle neben dem 
Piotin erhalten, welcher sich wie der Saponit durch seinen Thon- 
erdegehalt neben Talkerde, Kieselsäure und Wasser auszeichnet. 

Die übrigen Eigenschaften dieses Minerals sind folgende: 

Das Mineral ist unkrystallinisch und dicht, mit unvollkommen 
muscheligem Bruche im Grossen und splitterigem Bruche im Kleinen, 
die Bruchstücke sind nicht scharfkantig. Hin und wieder sieht man 
unter der Loupe kleine glänzende Schüppchen, welche auf eine sehr 
geringe Beimengung eines glimmerigen Minerals hindeuten, deren 
Menge aber verschwindend ist. 

Die Farbe ist ein grauliches Oliven- bis Pistaziengrün, mehr 
oder weniger dunkel. 

Die Stücke sind an den Kanten, und wenn sie klein sind, ganz 
durchscheinend. 

Glanz ist nicht vorhanden, das Mineral ist matt oder wenig 
schimmernd. Milde, fein anzufühlen, fast etwas fettig; Strich weiss. 
Härte = 2:5. Speeifisches Gewicht = 2:75 — 277. 

Vor dem Löthrohre wird es für sich weiss oder gelb, und ist 
unschmelzbar. Im Glaskolben erhitzt gibt es ziemlich reichlich 
Wasser. In Salzsäure nur unvollkommen löslich, da grössere Stück- 
chen selbst in concentrirter tagelang fast unverändert bleiben und das 
Pulver auch nur langsam zersetzt wird, keine Kieselgallerte bildend, 
‘sondern ein weisses Kieselpulver zurücklassend. 


172 Kenngott. 


11. Über den Isomorphismus des Zinkoxydes (des 
Zinkit) und des Schwefelkadmium (des Grenockit). 
Nachdem dureh die nicht mineralogischen Krystalle des Zink- 
oxydes die krystallographischen Verhältnisse dieser Verbindung, 
welche auch als Mineral vorkommt, richtig erkannt worden waren, so 
liessen sich ihre Gestalten mit denen anderer analoger Verbindungen 
vergleichen, zumal dieselben insofern die Aufmerksamkeit erregen 
mussten, weil sie nicht tessularisch sind. G. Rose machte in seinem 
krystallo-chemischen Mineralsysteme S. 65 darauf aufmerksam, dass 
der Endkantenwinkel einer hexagonalen Pyramide in normaler Stellung 
1270 40—43' beträgt und mit einem analogen Winkel bei dem 
Korund so nahe übereinstimmt, dass der Unterschied nur 20’ beträgt. 
Er hob desshalb diese Übereinstimmung des Zinkoxydes, eines ein- 
atomigen Oxydes, mit dem Korund,einem Sesquioxyde als sehr merk- 
würdig hervor und betrachtete sie als einen derjenigen Fälle, die 
wir nach unseren jetzigen Theorien nicht erklären können und mit 
allen ähnlichen im Auge behalten müssen, um eine Erklärung dafür 
zu finden. 
| So riehtig diese Bemerkung an sich ist, wenn man wegen der 
nahen Übereinstimmung des betreffenden Winkels den Zinkit und 
Korund für isomorph hält, so glaube ich doch, dass man auf diese 
Übereinstimmung, selbst wenn sie noch näher läge, keinen so gros- 
sen Werth zu legen hat, und dass man keinen Fall des wirklichen 
Isomorphismus vor sich hat. Wir finden bisweilen bei verschieden- 
artigen Verbindungen übereinstimmendeKrystallgestalten und können 
dann diese Übereinstimmung wohl kaum höher anschlagen, als wenn 
wir verschiedenartige Verbindungen tessularisch krystallisirt finden. 
Bemerkenswerther scheint mir der Umstand zu sein, dass das Zink- 
oxyd mit seinen hexagonalen Krystallgestalten ein Beweisstück mehr 
für die übereinstimmenden Verhältnisse ist, welche sich bei gewissen 
binären Verbindungen der einfachsten Art zeigen. 

Der Isomorphismus und Dimorphismus (oder allgemeiner der 
Polymorphismus) haben uns schon vielfache Aufklärung gegeben und 
jetzt, wo man die Krystallographie in der Ausdehnung an Krystallen 
überhaupt, mineralischen und nicht mineralischen (den fälschlich 
künstlichen) betreibt, wie es die Wichtigkeit des Gegenstandes 
erfordert, haben wir noch öftere zu erwarten. So zeigt sich auch 
hier, dass das Zinkoxyd mit seinen hexagonalen Gestalten kein ver- 


Mineralogische Notizen. 173 


einzelter Fall ist, sondern dass dasselbe in eine Gruppe gehört, in 
welcher wir schon das richtige Verhältniss ahnen konnten. Wir fin- 
den von den Elementen beginnend in allen Verbindungsstufen krystal- 
lographische Verhältnisse im Einklange mit den chemischen und 
können bereits die Beispiele des Isomorphismus in reichlicher 
Anzahl aufführen, nebenbei aber finden wir auch von den Elementen 
beginnend in allen Verbindungsstufen Beispiele des Dimorphismus, 
seltener des Isodimorphismus, welche aber auch nicht dem blossen 
Zufalle zugerechnet werden können, sondern ihre Begründung finden 
müssen. 

Die binären Verbindungen in dem einfachsten Verhältnisse 
zeichnen sich durch die tessularischen Gestalten aus und der Iso- 
morphismus ist hier durchaus nicht zu verkennen. Es ist schon eine 
grosse Anzahl dieser tessularischen Krystallspeeies bekannt und 
mehrere finden sich als Mineralspecies vor. Ausihrer Zusammen- 
stellung 


KF KCl KBr K) 
NaF NaCl NaBr NaJ 


AmCl AmJ 
LiF LiCl 
CaF 
MsO 
uUcl Uo 
FeCl FeO FeS 
MnS 
NiO 
CdO 
ZoJ ZnS 
PbJ PbO PbS PbSe PbhTe 
AgCl AgBr Ags AgSe 
HgS HgSe 
Cu,Cl Cu,0 Cu,S 


lässt sich wohl der Schluss ziehen, dass alle binären Verbindungen 
der einfachsten Art, welche durch die Elemente Te, Se, S, 0; J, 
Br, Cl, F 

mit den Metallen (und dem gleichgeltenden Ammonium und dem Dop- 
peltkupfer, 

K, Na, Am, Li; Ba, Sr, Ca,Mg; U, Ni, Co, Fe, Mn, Cr; Sn, Cd, 
Zn, Ti; Pb, Ag, Hg, Cu, und anderen 

gebildet werden, tessularisch krystallisiren können und als isomorphe 
Stoffe und Verbindungen, namentlich innerhalb gewisser Gruppen 
auch als vikarirende Bestandtheile zu gelten haben. 


174 


Kenngott. 


Viel seltener treten diese Verbindungen in hexagonalen Krystall- 
gestalten auf, nachweisbar 


NiS, FeS, CdS, ZnO, PbJ, HgS 


und unter diesen sind FeS, CdS, ZnO, welche einen Isomorphismus 
nachweisen und im Vergleiche mit den tessularisch krystallisirenden 
Verbindungen 


FeO, FeS, CdO, ZnS 


den Isodimorphismus, welcher möglicherweise durchgängig bestehen 
kann, deutlich hervortreten lassen. Wenn wir übersichtlich die bis 
jetzt bekannten Krystallgestalten der drei Species: FeS (Pyrrhotin), 
CdS (Grenockit) und ZnO (Zinkit) zusammenstellen, so zeigen sich 
zufolge der bisherigen Bestimmungen nachfolgende Resultate. 


FeS Cds ZnO 
oP beob. beob. beob. 
op ” ” ” 
oP2 a nicht beob. Mn 
P 126° 5% ; 125052’ 1270 26’; 1240 37° 1270 32’ ; 1240 16 
pP nicht beob. nicht beob. 1350 56° ; 97014 
2.24. 44382.36/5 3909071390 394 1872 33) nicht beob. 
=P nicht beob. nicht beob. 1440 54; 740 10' 
ip “ 1550 29’ ; 509 56’ nicht beob. 
ıP 170034, 180 56 nieht beob. * 
ıp nicht beob. N 1230 20’ ; 1430 207 
ıP 121028 ; 1550 48 5 nicht beob. 
P2 1289 40' s 120° 0 » B2) 
parallel oP vollkommen unvollkommen deutlich spaltbar. 
„ Vico 2” weniger deutlich deutlich wen. deutl. „ 


Ausserdem ist es auch bekannt, dass Schwefelkadmium wie 
Schwefeleisen als vikarirende Bestandtheile für Schwefelzink, bei- 
spielsweise in der Species der Blende selbst vorkommen, so wie um- 
gekehrt auch die Oxyde als gegenseitige Stellvertreter beobachtet 
werden. Der Isodimorphismus ist daher gewiss ausser allem Zweifel 
gestellt und es kann bei unserer verhältnissmässigen beschränkten 
Kenntniss der krystallographischen Verhältnisse nicht auffallen, dass 
Schwefelkadmium und Zinkoxyd hexagonal, Kadmiumoxyd und 
Schwefelzink tessularisch krystallisiren, sondern es muss gerade 
dieses wechselweise Vorkommen bei ohnehin übereinstimmenden 
Gestalten und bei dem bekannten Vikariren in anderen Verbindungen 
der Beweis sein, dass Isodimorphismus hier obwaltet. 


Mineralogische Notizen. 175 


Nachträglich ist hier anzuführen, dass Desceloizeaux (Ann. 
d. chim. et d.phys. XL, 85) die Angaben Dufr&noy’s (vergl. meine 
Übersicht der Resultate min. Forsch. 1853, 44) bestätiget hat, dass 
der eitronengelbe Jodit aus Chili hexagonal und isomorph mit 
Greenockit krystallisirt. Proben von Chanareillo in Chili, schwefel- 
gelbe, durchsichtige, im Bruche demantartig glänzende, parallel oP 
sehr leicht spaltbare Krystalle liessen ausser oP und ooP die hexa- 
gonalen Pyramiden 2? = 122° 12’ und 150° 14 
Pi= 1279.36! .,,.,1240%. 0 
pP = 1550 26),..,.,.50022' 
finden. Ausserdem fand J. L. Shmith (Sillim. Amer. Journ. XVII, 
374), dass der Jodit aus Chili = AgJ ist, wonach sich diese 
Species als isomorphe den obigen drei angeführten anreiht. 
12. Notiz über eine Zwillingsbildung des Caleit. 
In einem Stücke dichten grauen Caleits, welcher im wilden 
Anger am Salzberge bei Hall in Tirol in einer Höhe von 6000 Fuss 
vorkommend gefunden wurde, woselbst dieser durch seine eigenthüm- 
liche oolithisch-knollige Bildung im Grossen auffällt und desshalb von 
Escher von der Linth Riesenoolith genannt wurde, finden sich 
kleine unregelmässige Drusenräume, besetzt mit sehrkleinen farblosen 
und durchsichtigen Krystallen von Caleit. Dieselben bieten ein Beispiel 
von Zwillingsbildung dar, wie man es sonst nicht zu sehen gewohnt 
ist, wenn auch das Gesetz der Zwillingsbildung ein bekanntes ist. 
Auf den ersten Blick erscheinen die kleinen aufgewachsenen 
und aufliegenden Krystalle als spitze trigonale Pyramiden, deren 
Endecken durch die Flächen einer sehr stumpfen trigonalen Pyra- 
mide in gleicher Stellung dreiflächig zugespitzt sind, die Flächen der 
letzteren gerade auf die Flächen der ersteren auf- 
gesetzt, wie die beifolgende Figur angibt. 
Genauer betrachtet, namentlich unter der 
Loupe sieht man eine sehr stumpfe Kante in der 
Mitte der Paralleltrapeze, welche die Flächen der 
vorherrschenden Gestalt bilden, wie dieselbe an 
der Figur durch die langgestrichelten Linien an- 
gedeutet ist, so dass die trigonale Pyramide 
zur ditrigonalen Pyramide wird, deren über den 
Flächen der trigonalen liegende Flächenpaare einen sehr stumpfen 
Winkel bilden. 


176 Kenngott. 


Da die ditrigonalen, so wie die trigonalen Pyramiden am Caleit 
nicht vorzukommen pflegen, so würde man sich die Erscheinungs- 
weise dieser Krystalle so erklären müssen, dass Zwillinge der 
bekannten Art (zwei Skalenoeder mit gemeinschaftlicher Hauptaxe 
und Basisfläche, so zur Hälfte in einander verwachsen und das eine 
um 1/, seines Umfanges um das andere herumgedreht, dass drei 
abwechselnde stumpfe vierkantige Ecken und drei abwechselnde ein- 
springende Ecken entstehen) so verwachsen sind, dass von den 
beiden Skalenoedern noch weniger als die Hälften da sind, und somit 
die drei abwechselnden einspringenden Ecken verschwinden, und 
durch drei spitze symmetrische vierkantige Ecken ersetzt werden. 
Auf diese Art werden die rhomboedrischen Zwillinge zu trigonalen 
und die skalenoedrischen Zwillinge zu ditrigonalen Pyramiden. 

Dass nun die oben angegebenen Krystallgestalten wirklich der- 
artige Zwillinge sind, dies zeigt deutlich der eine aufliegende Kry- 
stall, welcher gerade so aufliegt, dass man eine der drei abwechseln- 
den stumpfen symmetrisch-vierkantigen Ecken sehen kann. Man 
bemerkt daselbst, wie auch in der Figur durch die gestrichelten 
Linien es ferner angedeutet ist, eine Fläche, welche an jedem ein- 
zelnen Skalenoeder als die eines sehr spitzen Rhomboeders auftreten 
würde, aufgesetzt auf die stumpfen Endkanten und die Seitenecken 
schief abstumpfend. Ein geringes Hervortreten der besagten Flächen 
unterstüzt durch eine sichtliche Ungleichheit der beiden Individuen 
in der Grösse bringt eine geringe Verschiebung der Theile, ein 
Übereinandergreifen an dieser Ecke hervor und die Combinations- 
kanten des Rhomboeders mit dem Skalenoeder lassen sich unter der 
Loupe als sehr stumpfe, jedoch deutlich erkennen. 

Wäre diese Fläche an allen stumpfen vierkantigen Ecken zu 
sehen, was vielleicht wirklich der Fall ist, durch die Kleinheit und 
Lage der aufgewachsenen Krystalle nicht deutlich wird, so würde 
dieses Rhomboeder im Zwillinge eine stumpfe Zuschärfung der 
stumpfen vierkantigen Ecken hervorbringen, während sie bei dem 
tiefen Eindringen der beiden Skalenoederhälften an den spitzen vier- 
kantigen Ecken gar nicht erscheint. 

Bei der gewöhnlichen Ausbildung derartiger Skalenoeder- 
zwillinge müsste dann eine solche Rhomboederfläche einspringende 
diedrische Winkel an der Stelle der spitzen vierkantigen Ecken 
zeigen. 


Mineralogische Notizen. 177 


Das betreffende Stück hatte der Assistent am k. k. Hof-Minera- 
lien-Cabinete Herr E.Suess, von seiner vorjährigen Untersuchungs- 
reise mitgebracht und mir zur näheren Kenntnissnahme übergeben. 

13. Bemerkungen über ein mit dem Felsöbanyt 
verwechseltes Mineral. | 

Nachdem durch den Herrn Sectionsrath W. Haidinger und 
Herrn Karl Ritter von Hauer festgestellt worden war, dass das von 
W. Haidinger mit dem Namen Felsöbanyt belegte Mineral eine 
eigene Species ist, welche wesentlich Wasser, Thonerde und 
Schwefelsäure in dem Verhältnisse enthält, dass man dafür die For- 


mel 2(3H0.Al,O,)-+4H0.SO, aufstellen kann, erscheint es mir noth- 


wendig, darauf aufmerksam zu machen, dass noch ein anderes 
kugeliges Mineral unter dem Namen Felsöbanyt in den Handel 
gekommen ist, welches jedenfalls von dem echten Felsöbanyt ver- 
schieden zu Verwechselungen Veranlassung geben dürfte. 

Das kugelige Mineral, welches mir von drei verschiedenen Sei- 
ten zur Ansicht zukam, ist von Kapnik, enthält auch Wasser, Thon- 
erde und Schwefelsäure und ist, so viel man ohne Analyse im Ver- 
gleiche mit dem Felsöbanyt Haidinger’s beurtheilen kann, nicht 
dasselbe Mineral. 

Das erste Stück erhielt ich durch den k. k. Finanz-Coneipisten 
in Hermannstadt, Herrn E. A. Bielz zugesendet. Man sieht auf kry- 
stallisirtem Tetraedrit und Quarz aufgewachsene kugelige und 
büschelige Partien nadelförmiger Kryställchen. Die Kugeln sind 
gelblichweiss, an den Kanten durchscheinend, unter der Loupe 
betrachtet an der Oberfläche rauh, durch Krystallenden, welche wie 
es scheint, orthorhombische Domen darstellen. Zerbrochen zeigen 
die Kugeln exeentrisch strahlige Bildung und die einzelnen trennbaren 
Nadeln sind fast durchsichtig und farblos. Der Glanz ist auf den 
Kugeln glasartig, auf den durchgebrochenen Theilen durch die 
strahlige Bildung zwischen Glas- und Perlmutterglanz. Ausser den 


kleinen Kugeln und büscheligen Partien, welche die Kryställchen 


mehr vereinzelt zeigen, sind sämmtliche Tetraedritkrystalle wie 
grau beschlagen, was ebenfalls Krystallanfänge dieses Minerals sind. 
Die Härte ist = 3:5 — 4:0 und dürfte, wenn sie sicher bestimmt 
werden könnte, vielleicht noch höher sein. 
In Salzsäure unlöslich. Die Kugeln zerlegen sich beim Kochen 
nach und nach nur in die einzelnen Nadeln. Im Glasrohre erhitzt gab 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Ba. I. Hft. 12 


178 Kenngott. 


es ziemlich reichlich Wasser unter gleichzeitiger Entwiekelung schwe- 
feliger Säure, welche das Lackmuspapier röthet, so wie auch das 
Wasser sauer reagirt. Die ausgeglühte Kugel war grau, mit Kobalt- 
solution befeuchtet und geglüht, wurde sie schön blau. 

Wegen des Mangels an disponiblen Material konnte ich dem 
k. k. Hauptmann Karl Ritter v. Hauer nur sehr wenig Stoff zur 
qualitativen, wenn möglich zur quantitativen Bestimmung übergeben 
(90 Milligrammen) und er fand 

6°20 Schwefelsäure, 

75-75 Thonerde, 

18°55 Wasser (Verlust) 
mit demBemerken, dass das Resultat wenig Anspruch auf Genauigkeit 
machen könne, sich aber jedenfalls herausstelle, dass die Zusammen- 
setzung keine Ähnlichkeit mit der von ihm bestimmten des Felsö- 
banyts zeige. | 

Bei seiner Anwesenheit in Wien schenkte der Mineralienhändler, 
Herr Dr. A. Krantz in Bonn, ein Exemplar dieses vermeintlichen 
Felsöbanyts von Kapnik an das k. k. Hof-Mineralien-Cabinet, welches 
er in mehreren Exemplaren aquirirt hatte. Es bildet aufgewachsene 
Kugeln von 1—2 Millimeter im Durchmesser auf einem krystallini- 
schen Gemenge von Blende, Pyrit, Bleiglanz und Tetraedrit. Die 
Kugeln sind zusammengesetzt aus radial gestellten linearen Kryställ- 
chen, die Oberfiäche der Kugeln ist auch durch die hervorragenden 
Krystallenden, welche sich hier, wie in dem obigen Stücke durch die 
Beobachtung unter der Loupe als orthorhombische Domen erkennen 
und deuten liessen. Farbe, Glanz, Durchsichtigkeit und alle anderen 
Verhältnisse zeigten sich ebenso, wie in dem zuerst beschriebenen 
Stücke, nur war das hier in Rede stehende von viel frischerem und 
schönerem Aussehen. 

Ein drittes Exemplar desselben Minerals, angeblich zwar von Fel- 
söbänya, richtiger aber auch von Kapnik erhielt ich von Sr. Excellenz 
dem Herrn Grafen von Beroldingen in Wien zur Ansicht und 
Bestimmung, dessen schöne Sammlung noch manches für die 
Wissenschaft wichtige Exemplar zu neuen Beobachtungen liefern 
wird. Auch hier sieht man auf einem krystallinisch - körnigen 
Gemenge von Pyrit, Bleiglanz, Blende und Chalkopyrit aufgewachsene 
aber um vieles grössere Kugeln mit matter oder wenig schimmern- 
der und kaum unebener Oberfläche. Innen sind die Kugeln radial- 


Mineralogische Notizen. 179 


faserig, die oberste Schicht ist fast dicht mit bemerkbarer eon- 
centrisch schaliger Bildung entsprechend der äusseren Kugelform. 
Während der innere krystallinische Theil fast farblos oder gelblich, 
durchsichtig bis halbdurchsichtig, fast seidenglänzend in Perlmutter- 
glanz geneigt ist, -ist die äussere Schicht gelblichweiss und an den 
Kanten durchscheinend, wesshalb die Kugeln durch diese Rinde 
undurchsichtig erscheinen. Im Übrigen gleicht dieses Mineral den 
beiden anderen und die Bestandtheile sind Thonerde, Schwefelsäure 
und Wasser. 

Aus Allem geht hervor, dass hier ein kugeliges Mineral von 
gleichen Bestandtheilen von Kapnik mit dem echten Felsöbanyt 
Haidinger's von Felsöbänya verwechselt wird, wesshalb zu 
wünschen ist, dass durch eine Analyse der Unterschied constatirt 
werde. Die morphologischen und physicalischen Eigenschaften allein 
dürften nicht ausreichend sein, so lange nicht reichlicheres Material 
vorliegt als das mir vorgelegene und die Krystalle beider so mikro- 
skopisch kleine erkennbare Theile zeigen. Die bis jetzt unterscheid- 
baren Eigenschaften sprechen entschieden für eine neue Species. 

14. Caleit, als Einsehluss in Pleonast. 

Einer kurzen Erwähnung verdient der krystallisirte schwarze 
Pleonast, welcher sich am Monzoniberge in Tirol eingewachsen in 
einem grauen, ausBatrachit und Caleit bestehenden Gemenge vorfindet 
und das Oktaeder als Krystallform zeigt. Mehrere der eingewachsenen, 
meist scharf ausgebildeten Krystalle sind durch das Formatisiren 
des Stückes zufällig zerschlagen und von ihnen enthalten einige ein 
unvollkommen ausgebildetes Caleitindividuum als mittleren weissen 
Kern, um welchen die schwarze Pleonastmasse herum ungestört die 
äussere Gestalt ausbildete. Der eingeschlossene Caleit bildet einen 
Krystall, dessen äussere Flächen sich nicht in ihrer Umgrenzung 
darstellen konnten, weil dies die umhüllende Pleonastmasse hinderte, 
man erkennt aber die Anwesenheit nur eines Individuums durch die 
im Durchbruche dargelegte Spaltungsfläche, welche nur eine ist und 
bis an die Pleonastmasse fortläuft.Das Volumen derartiger Caleitkerne 
ist nicht gering und beträgt selbst die Hälfte des ganzen Volumens 
der Pleonastkrystalle. Gleicher blaulichweisser körniger Caleit um- 
schliesst auch an einzelnen Stellen die Pleonastkrystalle oder bildet 
für sich in dem Gemenge des Batrachit und Caleit deutlich ausge- 
schiedene Partien. 

12 * 


180 . Sedlaezek. 


Vorträge. 


Der Copir- Zirkel, eine einfache Einrichtung des Panto- 
graphen. 
Von Josef Sedlaczek , 


Mechaniker des k.k. physicalischen Institutes. 


Das Prineip, welches der Einrichtung meines Pantographen 
zum Grunde liegt, dürfte sich folgender Massen am fasslichsten dar- 


0 


Fig. 1. 


C 


stellen lassen. Es sei eine auf einer Ebene (auf einem Reissbrette) 
vorhandene Zeichnung A, B, C in einem vorgeschriebenen Verhält- 
nisse, z. B. in einem Drittheil ihrer Grösse zu copiren. Man nehme 
in dieser Ebene irgend einen Punkt O, denke sich von demselben zu 
allen Punkten, wie A, B, C u. s. w., der Zeichnung gerade Linien 
0A, OB, OC u. s. w. gezogen und auf jeder derselben von O aus 
gegen A, B, Cu. s. w. hin Stücke Oa, Ob, Oc. u. s. w. abgeschnitten, 
welche im Vergleiche mit den ganzen Linien in dem geforderten 
. Verhältnisse kleiner. sind; also, in dem gewählten Beispiele 0a = 
17,04, 0b =1/,0B, 0c=1/; 0C u. s. w., so stellen die solcher 
Weise bestimmten Punkte a, b, ce u. s. w. offenbar den Umfang einer 
Figur dar, welche dem vorgelegten Originale vollkommen ähnlich 
und bezüglich desselben in dem verlangten Verhältnisse verkleinert 


‚Der Copir-Zirkel, eine einfache Einrichtung des Pantographen. _ 181 


ist. Hätte man nun zwei gewöhnliche Zirkel-Instrumente zur Hand, 
wovon die Schenkel des einen in dem geforderten Verhältnisse kürzer 
wären, als die des andern und denkt man sich, nachdem man mit dem 
grösseren Zirkel nach und nach jeden der von O an das Original 
gehenden Fahrstrahlen OA, OB, OC u. s. w. gefasst hat, dem klei- 
neren Zirkel dieselben Öffnungen gegeben, die dabei der grössere 
erhält, so würde der kleinere Zirkel mit der einen Spitze in dem 
Fixpunkte O eingesetzt, mit der andern Spitze in den entsprechenden 
Linien OA, OB, 0C u. s. w. die Punkte a, db, cu. s. w. markiren; 
- der kleinere Zirkel muss, wie leicht einzusehen ist, von selbst die 
gehörigen Öffnungen annehmen, wenn man den zu O gehenden 
Schenkel mit jenem des grossen Zirkels in eine und dieselbe Rich- 
tung fallen, und die Spitze des andern Schenkels in jeden zu 
verkürzenden Fahrstrahl eingreifen lässt. Letztere Bedingung wird 
mit grösster Leichtigkeit zu erfüllen sein, wenn die Ebene in welcher 
sich der kleinere Zirkel öffnet, mit jener des grösseren überein- 
stimmt; denn dann käme es nur darauf an, dass auch der kürzere 
Schenkel das Reissbrett berührt, sobald der längere an die zu 
copirenden Stellen gebracht wird, wobei es ganz gleichgiltig bleibt, 
welche Lagen bei den verschiedenen Schritten die gemeinschaftliche 
Öffnungsebene der Zirkel annimmt. 

Das von mir construirte Instrument, welches ich hier der hohen 
kaiserl. Akademie vorzuzeigen die Ehre habe, ist die genaue Verwirk- 
lichung des soeben Erklärten. 


- 


7 


Fig. 2. 


18 2 Sedlaczek. Der Copir-Zirkel, eine einfache Einrichtung des Pantographen. 


Wie aus Fig. II ersichtlich ist, bilden die Schenkel de und ef 
den grösseren, dg und gh den kleineren Zirkel, welche beide um die 
Axen g und e in einerlei Ebene beweglich sind, so zwar dass die 
drei Punkte d, h, f in jeder Richtung und Ausdehnung in eine und 
dieselbe Gerade fallen, wobei d eine Stahlspitze, h ein Bleistift und 
f ein Griffel ist, welcher letztere längs dem Originale herum bewegt 
wird. Der Abstand von d bis e ist = ef und beträgt bei vorliegendem 
Instrumente 300 Millimeter. Dadurch dass sich die Axe 9, in der 
Richtung der Stahlspitze d, in einer Nuth verschieben und feststellen 
lässt, und längs dieser eine mit den Punkten de correspondirende 
Scala angebracht ist, wird ermöglicht, jedes beliebige Verhältniss 
dg zu de herzustellen; zu welchem Behufe auch nur eine einzige 
Scala nothwendig ist, indem der kürzere Schenkel gh, welcher 
ebenfalls mit Nuth und Schieber versehen ist, und mit der Axeg 
in Verbindung steht, ganz einfach so gestellt wird, dass, bevor man 
zu zeichnen beginnt, die Bleistiftspitze A, sowie der in einer Hülse 
verschiebbare Griffel f mit der Stahlspitze d, am zusammengelegten 
Instrumente zusammenfallen. | 

Hierdurch wären nun alle Bedingungen erfüllt, welche das 
Gelingen einer richtigen Zeichnung voraussetzt, wenn man noch die 
Vorsicht übt, die Bleistiftspitze, welche sich durch den Gebrauch 
abnützt, wodurch der Zirkelschenkel kürzer wird, von Zeit zu Zeit 
nachzustellen. Sollte das Instrument die Zeichnung auf einmal nicht 
umfassen können, müssen Papier und Original nach Bedarf über- 
einander gelegt, und letzteres partienweise copirt werden. Was 
endlich das Vergrössern einer Zeichnung betrifft, so dürfen nur Blei- 
stift und Griffel verwechselt werden; besondere Genauigkeit ist aber 
hier so wenig wie bei gewöhnlichen Pantographen zu erreichen, da 
sich hierbei die Fehler multiplieiren. 


Hauer. Über die Cephalopoden aus dem Lias der nordöstlichen Alpen. 183 


Über die Cephalopoden aus dem Lias der nordöstlichen 
Alpen. 


Von dem ce. M. Franz Ritter v. Hauer. 
(Auszug aus einer für die Denkschriften bestimmten in der Sitzung am 26. April 1855 
vorgelegten Abhandlung.) 

Lange bekannt ist das Vorkommmen zahlreicher Cephalopoden- 
reste an verschiedenen Fundstellen in den nordöstlichen Alpen, die 
der Liasformation angehören. Abgesehen von älteren Schriftstellern 
geben Partsch, Boue, Münster, Lill, Sedgwick und 
Murchison mehr oder weniger ausführliche Schilderungen solcher 
Localitäten. 

Erst etwas später wurde die Bestimmung einzelner Arten ver- 
sucht: so veröffentlichten Quenstedt, Schafhäutl, Kuder- 
natsch Listen der in Adneth bei Hallein vorkommenden Arten, 
Stur solche der Cephalopoden von Enzesfeld und Hörnstein, Merian 
und Escher aus verschiedenenLocalitäten in Vorarlberg, Emmrich 
von der Kammerkar- und Lofer-Alpe. Ich selbst gab ausgedehntere 
Listen in meiner Abhandlung über die Gliederung der Trias-, Lias- 
und Juragebilde der nordöstlichen Alpen !) und später die vollstän- 
dige Beschreibung der Arten von zwei Familien und zwar der Hetero- 
phylien 2) und Capricornier 3). 

Die vorliegende Abhandlung nun enthält die Fortsetzung dieser 
Arbeit, ausgedehnt auf alle übrigen Cephalopoden welche die hiesigen 
‘Sammlungen, namentlich das Museum der k. k. geologischen Reichs- 
anstalt aus dem Lias der nordöstlichen Alpen enthalten. Vorausge- 
schickt ist eine kurze Übersicht der geologischen Verhältnisse der 
wichtigsten Fundorte, von denen der bei Weitem grösste Theil jener 
Gruppe des oberen Lias der nordöstlichen Alpen angehört, die unter 
dem Namen der Adnether Schichten bekannt ist, und in dem Zuge 
der Kalkalpen zwischen Wien und dem Salzaflusse liegt; abgesehen 
von den durch ihren Reichthum an Cephalopoden längst berühmten 
Marmorbrüchen bei Adneth unweit Hallein in Salzburg, nach welcher 


1) Jahrbuch der k. k, geologischen Reichsanstalt. IV, S. 715. 
?) Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wissenschaften. Bd. XII, S. 861. 
3) Dieselben Bd. XIII, S. 94. 


184 | 1 


Localität diese Gruppe der alpinen Liasformation benannt wurde, und 
den namentlich durch die Untersuchungen von HerrnD. Stur genauer 
bekannt gewordenen Fundstellen bei Enzesfeld und Hörnstein, verdient 
namentlich ein Zug von roth gefärbten Adnether Kalksteinen Beach- 
tung, der von der Westseite des Sparberberges südsüdwestlich von 
St. Wolfgang über die Pockwandalpe, die Hesskaralpe, Altbüchelalpe, 
Schreinbachalpe, Zinkeneckalpe, den: Hintergrund des Königsbach- 
grabens, die Königsbachalpe, den Nordfuss des Gennerhornes, südlich 
an den Tiefenbachalpen vorüber, über den Kropfberg, die Anzenberg- 
alpe, den Spielberg und Hochgrimming bis in das Mertelbachthal 
fort bekannt ist. Die Gesteine dieses Zuges, der in seiner ganzen 
Erstreckung. von mehr als sieben geographischen Meilen von Herrn 
M.V.Lipold verfolgt wurde, bilden eine nur wenig mächtige deut- 
lich geschichtete Lage die allenthalben unmittelbar auf den dunkel 
gefärbten Kössener Schichten aufliegt und von jüngeren jurassischen 
Kalksteinen überdeckt wird. 

Auch die zweite dem oberen alpinen Lias angehörige Gesteins- 
gruppe, die Hierlatzschichten, lieferte beinahe an allen Punkten an 
welchen sie bisher aufgefunden wurde, so namentlich am Hierlatz bei 
Hallstatt, und auf der Gratzalpe südwestlich von Golling zahlreiche 
Cephalopoden. ? 

Weit ärmer dagegen an Überresten aus der genannten Thier- 
elasse ist der untere Lias der nordöstlichen Alpen; aus den Dach- 
steinkalken, den Starhembergschichten und den Grestener Schichten 
kennt man bisher beinahe nur unbestimmbare Bruchstücke, und selbst 
die Kössener Schichten lieferten bisher an einer einzigenLocalität, zu 
Ennzesfeld bei Wien, eine grössere Zahl gut erhaltener Exemplare. 

Die Gesammtzahl der Cephalopodenarten aus dem Lias der nord- 
östlichen Alpen nun, die mir bisher genauer bekannt geworden sind 
beträgt bei 65, nämlich 60 Ammoniten, 4 Nautilen und 1 Orthoceras; 
davon sind 31 bisher nur aus dem Gebiete der Alpen, Karpathen und 
Appenninen bekannt, die übrigen finden sich auch in dem Lias der 
nordeuropäischen Gebiete. | 

Im unteren Lias der nordöstlichen Alpen kenne ich bisher 
12 Arten, von denen 4 auch in den oberen Lias desselben Gebietes 
übergreifen; in dem Letzteren fanden sich daher 57 Arten. 

Die Kössener Schichten, welche jene 12 Arten enthalten, 
haben zwei Arten, den sehr sicher bestimmten A. eylindricus Sow. 


Über die Cephalopoden aus dem Lias der nordöstlichen Alpen. 185 


und das nur unsicher abgegrenzte O. orthoceropsis mit den Adnether 
und mit den Hierlatzschichten gemeinschaftlich, eine Art der A. mima- 
tensis d’Orb. fand sich in den Kössener und Adnether Schichten, 
und eine der A. abnormis Hau. in den Kössener und in den Hierlatz- 
schichten. 

Fünf von den erwähnten 12 Arten der Kössener Schichten finden 
sich auch im nordeuropäischen Lias: drei derselben A. bisulcatus 
Brug., A. kridion Hehl und A. Moreanus d’Orb. gehören daselbst _ 
der tiefsten Liasetage dem Terrain Sinemurien d’Orbigny’s oder 
der Etage & nach Quenstedt an, A. obliquecostatus wird von 
Quenstedtim Lias Ö und A. mimatensis von d’Orbigny im ober- 
sten Lias oder dem Terrain toarcien angegeben. 

Die Adnether Schichten enthalten 45 Arten, von denen 8 
bereits auch in den Hierlatzschichten bekannt geworden sind. Nahe die 
Hälfte dieser Arten, nämlich 23, finden sich auch im nordeuropäischen 
Lias, davon 4 nurim Sinemurien oder tiefsten Lias, 9 im Liasien oder 
mittleren Lias, und 6 in Toareien oder obersten Lias; eine der Nauf. 
intermedius scheint durch alle Liasetagen durchzugehen, zwei der 
Am. tatricus und A. Zignodianus greifen selbst in den Jura über; von 
Naut. Gravesianus d’Orb. sind Lagerstätte und Fundort unbekannt. 

Die Hierlatz- Schichten endlich beherbergen 19 Arten. Von 
diesen kennt man nur 5 im nordeuropäischen Lias, alle gehören 
daselbst der mittleren Gruppe dem Terrain liasien an. 

Keine der Cephalopodenarten der alpinen Triasformation, nament- 
lich der an Geschöpfen dieser Classe so reichen Hallstätter Schichten 
konnte bisher in dem Lias unserer nordöstlichen Alpen mit Sicher- 
heit nachgewiesen werden; zwar wurden bisher keine genügenden 
Merkmale aufgefunden um die von Savi und Meneghini als 
Belemnites orthoceropsis bezeichnete Orthocerenart die weit ver- 
breitet im Lias der Alpen, Appenninen und Karpathen vorkömmt, von 
dem O. alveolare Quenst. aus den Hallstätter Schichten zu unter- 
scheiden, doch liegen von ersterer Art bisher nur unvollständige 
Steinkerne vor, die eine genauere Vergleichung nicht gestatten. Ganz 
_ ähnliche Orthoceren mit randlichem Sipho wurden übrigens selbst 
auch im Jura der Alpen aufgefunden. 

Was die dem südeuropäischen Schichtensysteme bisher eigen- 
thümlichen Cephalopodenarten des Lias betrifft, so haben sie beinahe 
durchgängig den Typus der gewöhnlichen Lias-Cephalopoden, und 


186 Hauer. Über die Cephalopoden aus dem Lias der nordöstlichen Alpen. 


stehen zum Theil schon früher bekannten Arten sehr nahe, Die grosse 
Mehrzahl der Ammoniten schliessen sich genau den Familien der Arie- 
ten, der Faleiferen, der Capricornier, der Fimbriaten und der Hetero- 
phyllen an, also jenen Familien die auch ausser den Alpen besonders 
bezeichnend für die Liasformation sind; sie contrastiren in dieser Be- 
ziehung ungemein auffallend mit den Cephalopoden der zunächst unter 
ihnen folgenden Triasgebilde, die grossentheils ganz eigenthümlichen 
Familien angehörig, nicht einmal durch analoge Formen ausser den 
Alpen vertreten sind. 

Schliesslich sei es erlaubt zu bemerken, dass die hier in Kürze 
angedeuteten Hauptergebnisse der Untersuchung der Lias-Cephalo- 
poden der nordöstlichen Alpen im Allgemeinen sehr gut mit jenen 
übereinstimmen, welche die erst theilweise veröffentlichten ungemein 
genauen Untersuchungen des Herrn E. Suess in Betreff der Brachio- 
poden 1) und des Herrn Dr. M. Hörnes in Betreff der Gasteropoden 
und Acephalen ergaben. 


1) Vergleiche dessen Brachiopoden der Kössener Schichten. Denkschriften d. kaiserl. 
Akademie der Wissenschaften, Bd. VII. 


Stellwag. Die Accommodationsfehler des Auges. 187 


Die Accommodationsfehler des Auges. 


Von Dr, Karl Stellwag von Carion. 


(Mit II Tafeln.) 
(Vorgetragen in der Sitzung vom 12. April 1855.) 


Die Aecommodationsfehler des Auges haben trotz der überaus 
grossen und sich stätig steigernden Häufigkeit ihres Vorkommens 
bisher noch nicht jene Beachtung gefunden, welche sie ihrer hohen 
Wichtigkeit wegen verdienen. Es fehlt noch an einer Bearbeitung 
derselben, welche auch nur einigermassen genügend genannt werden 
könnte. Das Schwankende in den herrschenden Ansichten über den 
Accommodationsvorgang bot einen zu unsicheren Boden für 
physicalische Erörterungen seiner Abweichungen von der Norm und alle 

gemachten diesfälligen Versuche scheiterten an der Unmöglichkeit, die 
_ auf theoretischem Wege gewonnenen Resultate mit den Ergebnissen 
der täglichen Erfahrung in Einklang zu bringen und umgekehrt. 

Erst neuester Zeit ist für derartige Untersuchungen die Bahn 
gebrochen worden durch Cramer’s glänzende Entdeckung (Het 
accommodatievermogen der oogen etc. Haarlem 1853), welche 
Helmholtz (Monatsbericht der k. preuss. Akademie der Wissen- 
schaften 1853, Februar) durch selbstständige Untersuchungen bestä- 
tiget und erweitert hat. Durch diese Entdeckung ist der Accommo- 
dationsvorgang zu einem Gegenstande unmittelbarer Beob- 
achtung gemacht und Einsicht in die wirkenden Factoren eröffnet 
worden. Es dient dieselbe meinen Erörterungen zur Grundlage. 

Die Schwierigkeiten, welche sich einer naturwissenschaftlichen 
Discussion der Aecommodationsfehler entgegenstellen, sind indessen 
noch ausnehmend gross und die grösste derselben liegt wohl in der 
ungenügenden Kenntniss und in den individuellen Schwankungen 
jener Werthe, welche als Constanten oder Variable in die dioptrischen 
Verhältnisse des Auges eingehen. Ich habe die anerkannt besten 
Quellen in dieser Beziehung benützt und aus’ der Vergleichung der- 
selben Mittelwerthe zu erlangen gesucht, welche sich dem wahren 
Mittelwerthe möglichst nähern dürften. Als solche Mittelwerthe habe 
ich folgende gefunden und lege sie meinen Rechnungen zu Grunde. 


188 Stellwag. 


Der Krümmungsradius der vorderen Hornhauffläche. . ..... 3"456 
m N „ hinteren In Blur lg 
= ii „ vorderen Linsenfläche . . . ..... 3"071 
i R „ hinteren EN 2 
„ absolute Brechungsexponent der Cornealsubstanz . . . .„ . 1'339 
" " h, des Humor aqueus. . .... 1337 
NEL N „ Glaskörpers 10. 1'339 

Die Dieke der Cornea im Centrum, „un 2 2 nn 0"4 
„.„Axe des Krystallkörpers .... eu...) a. 2"0 
0 19. Vorderkammerraumes" „u 1. I Ju 2 DL 0"8 


Der Abstand der Netzhaut von der Hinterfläche der Linse . . . . 6'734 

Es wurden die Krümmungsradien durch Redu etion der von Krause ange- 
gebenen Rotationsflächen auf die Kugel gewonnen. Die Brechungsindiees habe 
ich nach Brewster’s und Chossat’s Messungen bestimmt, indem die neuester 
Zeit von W. Krause veröffentlichten Werthe noch der Bestätigung ihrer Rich- 
tigkeit bedürfen. Die Axen der einzelnen dioptrischen Medien sind ebenfalls nach 
Krause gewählt und nur die Kammeraxe um 0"3 verkleinert, indem das Auf- 
liegen des Pupillarrandes auf der Linsenoberfläche derzeit kaum mehr geleugnet 
werden kann, unter dieser Voraussetzung aber das Zenith der Vorderkapsel 
um 02 vor der Ebene der Pupille gelegen sein muss, indem der Abstand 
dieser Ebene von der Cornealhinterfläche i” beträgt. 


Es entgeht mir keinesweges das Ungenügende dieser Werth- 
bestimmungen, doch dürften sich ihnen vor der Hand kaum viel 
bessere substituiren lassen. Übrigens handelt es sich gar nicht um 
die Berechnung mathematisch genauer Zahlenwerthe, 
welche letztere in jedem einzelnen Falle ohnehin andere sein müssen 
wegen den bedeutenden individuellen Schwankungen der einzelnen 
Factoren.. Aufgabe ist es blos, eine Einsicht in die 
Verhältnisse zu gewinnen, welche auf die Licht- 
brechung im Auge Einfluss nehmen und Abweichungen, 
derselben von der Norm begründen können. Dazu aber 
genügen jene Werthe vollkommen. 

Der genannte Zweck macht durchsichtige und möglichst em- 
pfindliche Formeln nothwendig. Ich glaube als solehe die Stam- 
pfer’schen bezeichnen zu dürfen, und bediene mich derselben um 
so lieber, als sie mit Zugrundelegung der oben aufgeführten Werthe 
einerseits zu Resultaten führen, welehe den Ergebnissen der Experi- 
mente sehr nahe kommen; andererseits aber auch Reductionen in 
den erforderlichen Berechnungen leicht möglich machen und so der 
Übersichtlichkeit wesentlich dienen. Die Formeln, welche Listing 
(R. Wagner’s Handwörterbuch der Phys. 4 Bd., S. 504) zu 


Die Accommodationsfehler des Auges. 189 


solchen Zwecken empfohlen hat, stehen sowohl in Bezug auf Mani- 
pulationsleichtigkeit, als auch in Betreff der durch sie gewonnenen 
. Resultate den Stampfer’schen weit nach. Die Wichtigkeit, welche 
man Ersteren neuerer Zeit beigelegt hat, bestimmt mich, näher in 
sie einzugehen, gleich im Vorhinein bemerkend, dass Listing in 
der Bestimmung der Radien der Trennungsflächen und in der Distanz 
der Scheitelpunkte der letzteren etwas gar zu willkürlich vorgegan- 
gen und demnach nicht zu nur einigermassen genügenden Resultaten 
gelangt ist; dass aber eine Substitution annäherungsweise richtiger 
Werthe in seine Gleichungen noch weiter vom Ziele abführt. Worin 
der Grund dessen liegt, ist mir unbekannt, aber Thatsache ist es, die 
Ergebnisse der Listing’schen und der Stampfer’schen Formeln 
sind bei Zugrundelegung derselben Werthe sehr different. 

So zum Beispiele erscheint bei Berechnung der Refraction parallel auf- 
fallender Strahlen in der Cornea nach Stampfer’s Methode die hintere 
Brennweite = 13"75, vom Scheitelpunkte der Cornealvorderfläche an gerechnet, 
während die hintere Brennweite nach Listing —= 14"1035 ist, bezogen auf 
denselben Punkt als Anfangspunkt der Coordinatenaxe. Nimmt man nämlich 
die Dieke der Cornea in ihrem mittleren Theile N— N, —=0"4, den Radius der 
Vorderfliche r—=3"456, den Radius der hinteren Fläche r, =2”772, den 
Brechungsexponenten der Luft n=1, denIndex der Cornealsubstanz 2,1339 
und jenen des Kammerwassers n,—1'337, welcher letztere Unterschied eher 


zu gering, als zu gross ist, und substituirt sie in die Listing’schen Formeln, 
so ergibt sich 


uz— == — 0098, 
T 
N, — N, 
u=— —= 0:0007215, 
u 
N, — N 
t = ——— = 0:02937, 
N! 
ehe zer t — + 0:99707274, 
h= t == t = + 0:02987, 
lat) — + u, + u = — 0°0972806, 
= (u) = fu +1 = + 1:00002155, 
gl — hk —= 0:9999999984. 
Für die Hauptpunkte E und E, wäre die Stellung auf der a Axe: 
E — N = — 0:00022153 


N, — E, = + 0:0402317. 


ur 


Der erste Hauptpunkt läge 0'00022153 vor der vorderen Cornealfläche, 
„ zweite ” „ 0”0402317 „ » hinteren 


das Interstitium beider 2, — E = 0:3597898. 


2] 


190 Stellwag. 


Für die beiden Brennpunkte F und F} ergäbe sich die Lage: 


N — F= + 10'279 
F, — N,= + 1370359 


Der erste Brennpunkt läge 10”279 vor der vorderen Cornealfläche, 


„ zweite R „ 13”70359 hinter der hinteren Fe 
Die beiden Brennweiten f und f, wären 
f = 10279 
fı = 13744 
fı_ "2 _ 4.397. 
f n 
Für die beiden Knotenpunkte D und D, ergäbe sich 
N, —n | 
D-E=D)-E =-—-— — = fh -f=3:464. 
D-—-N = 3'464 — 0:00022153, 
D,— N = 3°464 — 0:040, 
N, — D, = -—- 3°46% + 0:040 = — 3 A424. 


Der erste Knotenpunkt läge nieht ganz 3"464 hinter der vorderen Cornealfläche, 


„ zweite 4 » 342% hinter der hinteren Cornealfläche. 


Das Interstitium beider DD — D=E, — E= 0:36. 

Bei der Reduction auf eine einzige brechende Fläche ergibt sich für den 
mittleren Hauptpunkt die Stellung 0”154 hinter dem Scheitelpunkte der vorderen 
Cornealoberfläehe. Hier muss die imaginäre, redueirte Cornealbrechungsfläche 
die optische Axe schneiden. Als Abstand des mittleren Knotenpunktes von 
diesem mittleren Hauptpunkte, oder was gleichbedeutend ist, als Radius jener 
redueirten Brechungsfläche erscheint der Werth 3”5156. Als vordere Brenn- 
weite f ergibt sich f—=10-433; als hintere Brennweite f,—13"94906 und als 
Probe der Richtigkeit | 


h_® _ 1.337 
in 
1 
In den Stampfer’schen Formeln erscheint dagegen r = ——— ; 
3'456 
1 
u ; N— N =g9=0-4;  —m—0-7468; —— my = 1:002 und 

2.772 N; Ng 


1 1 
als hintere Vereinigungsweiten #*=— und F,—=— der beiden Trennungs- 
1 


flächen der Hornhaut ergeben sich bei einer Objectsdistanz D = mM oo 
(1\—-m)r —-—md=f=0:07325 


BU 1 
— U. 0792 Zn 
1—gf 13.35 


dm) % 


und 


13-35 + — 13"73. 


Die Accommodationsfehler des Auges. | 191 


Am auffälligsten sind die Differenzen zwischen den Ergebnissen der 
Stampfer’schen und Listing’schen Rechnungsoperationen, wenn man die 
Brennweite des gesammtendioptrischen Apparates berechnet. 

Zu diesem Zwecke ist es aber vor Allem nothwendig, sich über die Refrae- 
tion der Liehtstrahlen in dem Krystallkörper einige Einsicht zu verschaffen und 
namentlich die äuserst schwierige und unter den gegenwärtigen Verhältnissen 
kaum mit einiger Genauigkeit ausführbare Bestimmung des Ganges der Licht- 
strahlen im Innern des Krystalles selbst zu umgehen. Dazu führt nur ein Weg, 
nämlich der, die Linse als eine homogene Masse zu betrachten und das 
Brechungsverhältniss zu eruiren, welches die homogen gedachte Linsensubstanz 
haben müsste, um damit der Krystallkörper, bei unveränderter Axenlänge und 
unveränderten Krümmungshalbmessern der beiden Oberflächen, parallel auf die 
Cornea auffallende Strahlen auf der Netzhaut zur Vereinigung bringen könnte, 
wobei natürlich von der chromatischen und sphärischen Aberration ganz 
abgesehen wird. Dieser Zweck lässt sich mittelst der Stampfer’schen Formeln 
leicht realisiren. 

Es ist die innere optische Axe des Auges 9"534 lang. Der Scheitelpunkt 
der Krystallkörpervorderfläche liegt auf der optischen Axe 0"8 von dem Centrum 
der hinteren Cornealoberfläche entfernt. Die Brennweite der Cornea ist 13”35. 
Die Distanz D des scheinbaren Bildes für die Linsenvorderfläche ist demnach 
D=— 12”55 und der reeiproke Werth — d=0"07968. Der Brechungs- 
exponent des Kammerwassers n,—1'337, jener des Krystallkörpers als Ganzes 
genommen ist n,, der des Glaskörpers n,—=1:'339. Der Radius der vorderen 
Linsenfläche A, —=3"071, der Radius der hinteren Linsenfläche R,—?2"?2 und 
die Axenlänge des Krystallkörpers „—=?2”0. Wenn nun sehr weit entfernte 
Objeete auf der Netzhaut noch scharfe und deutliche Bilder erzeugen, so müssen 
fast parallele, oder parallele auf die Cornea auffallende Strablen ihre Vereini- 
gung 6"734 hinter dem Scheitelpunkte der hinteren Linsenfläche finden, denn 
dieses ist der Abstand des Netzhauteentrums von dem Mittelpunkte der Hinter- 
kapsel. Man hat nach Stampfer’s Formeln für die Vereinigungsweite F', der 
parallel auf die Cornea auffallenden Strahlen nach ihrer Brechung in dem Krystall- 
körper F,— — 6'734. Ist nun der relative Breehungsexponent für die vordere 
Linsenfläche M,, jene für die Linsenhinterfläche M, und sind m, und m, ihre 
reciproken Werthe, also 


N, n, 
M, ==; AZ — 
N; N, 
n n 
3 2 
M, ——— ; M,— =— 
N, N, 
1 1 1 N 2 
_ femerr ——r; ——r; — =d; — = fi, so lässt sieh der absolute 
R, R, D KR, 


Brechungsexponent der homogen gedachten Linsenmasse leicht durch Substi- 
tution der genannten Werthe aus den Stampfer’schen Formeln berechnen. Es 
verwandeln sich die beiden folgenden Grundformeln 


l 


(M—-m)n +md=fi 


192 Stellwag. 


und wegen F,—9=D,, also d, = 


(d—m;)r, — Dar rla 
nach ihrem m Übergange i in die folgende 
rn — Mr —r9fı + rm gfı — m; fı 
di 07, 
al 
7, — mr, —1r,9fı + ramgfı —myf, 
wo F, eine essentiell negative Zahl bedeutet, durch Substitution des Werthes 


(1-—-m,)r; + md, für f, und der Werthe 


=='f,, (ader 


—F,, 


en en Be 
für m, und — für m, in die 
N, N; 


7 


nachstehende Gleichung des zweiten Grades: 


, [tn rrngNlt 
n, [ns —n;gr, —Fanzr, + Fanzrır,g + Fer, THU 
—Pırzgdın, — Fırın, + Fand] + 

nz [ag rı a, —n; ga, d)A—Fyr,)]. 
Nennt man den Coöfficienten der n? | A; jenen der n,|B und den der 23 |; 
so ergibt sich, da 

B BE we 

5 AAr 2 A 
Fr n; der Werth 1'418. Dieser Werth in die Stampfer’schen Grundformeln 
substituirt, ergibt 


1, —— 


= 0:09373, 

Rn - 1189; 

F, = — 6'716, 
also nur um 0018 zu klein, womit die Senff’sche Behauptung widerlegt ist, 
als müsse eine statt des Krystalles in die Kapselhöhle substituirte homogene 
Masse einen Brechungsindex von 1'539 haben, um abgesehen von der sphärischen. 
und chromatischen Aberration denselben Effeet hervorzubringen, als die ge- 
schichtete Linse mit ihrem gegen das Centrum wachsenden Index und mit 
abnehmenden Radien der Schichten. 

Benützt man nun diesen für den imaginären Totalindex der Linse gefundenen 
Werth für die Stellung der redueirten Cornealbrechungsfläche zur Berechnung 
der Haupt-, Brenn- und Knotenpunkte nach der Listing’sechen Methode und 
setzt man statt der von Listing angenommenen und allzusehr abweichenden 
Werthe für die Brechungsexponenten 2, 2,, 2,, n, für die Radien vr, r,, r, und 
für die Abstände der Scheitelpunkte der 3 Trennungsflächen N, — N, N,—N, 
die wenigstens der Natur mehr entspechenden folgenden 


n—=1;n, —1°337; n, —1:118;n. —1:-339, 
r=3"316; 7, = 3071; r, — 22, 
N —N =0-8 + 0:246 — 1"046; 
N,—N,=?", 


Die Accommodationsfehler des Auges. | 193 


so ergibt sich mit Berücksichtigung der von Listing gebrauchten Bezeich- 
nungsweisen 


—n 
ER AR un Nena 
r 
ae a 
r 
u 2 2 Qu9a59 
Y, 
a el 0-07823 
= ———=-+ 
1 
wi a Dar 1:410% 
rvnnaiene", | 
2 


BU ar 02) — 0:820359, 
= (tur), PASS, 


k = (ut u,t;U5,) = — 0092601, 
= (tu, t,u,) = 1051272, 
gda—= hk = 0'999998, 


also erst in der sechsten Deeimalstelle um zwei Einheiten zu klein. 
Für die Hauptpunkte E und E, ist dann 


Br N-0:5597 
N, — E,= + 25969. 


Der erste Hauptpunkt liegt 0"5537 vor der redueirten Cornealfläche, 
„ zweite Fr » 2'597 ,„  ,„ hinteren Linsenfläche, 
Se “ » 0449 hinter der redueirten Cornealfläche, 

das Interstitium e = E, — E = 10027. 

Für die beiden Brennpunkte F' und F, ist 

| N —F = 11-353, 
F, — N, = 11862. 


Der erste Brennpunkt liegt 11”353 vor der redueirten Cornealfläche, 


„ zweite Es „» 11°862 hinter der hinteren Linsenfläche. 
n nr 
Die erste Brennweite f = 11'353 — 0554 = — g: — 10'799, 


>. fi = 11-862 4 2:397— -?—14:439, 


ee, an 
f n 
Für die beiden Knotenpunkte D und D, ist 
D—-E=D, —E, — mn -— f= 366, 
D = N — 3° 1063. 
| "N, —-D, = —1:068. 
'Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. I. Hft. 13 


194 Stellwag. 


Der erste Knotenpunkt liegt 3"003 hinter der redueirten Cornealfläche 
„ zweite B „4.068. „ hinteren Linsenfläche, 


” ” ” ” 0 : 06 ” ” ” E] 


Das Interstitium D, — D = 1”003, übereinstimmend mit e. 
Die Reduction ergibt für die beiden Brennweiten f’ und f”’ 


f' = 11'228 
f" =15:0327 

2 N. 

Bi 1339 
N 


Der mittlere Hauptpunkt erscheint nach der Reduction 0”124 vor der 
redueirten Cornealfläche, also 0”03 hinter der vorderen Hornhautoberfläche 
der mittlere Knotenpunkt aber erscheint 3”577 hinter der redueirten und 3"701 
hinter der vorderen Hornhautoberfläche, | 

Der dioptrische Apparat des Auges liesse sich nach dem BER. 
als eine einzige brechende Fläche von 3"701 Radius betrachten, welche Fläche 
0”03 hinter der vorderen Cornealoberfläche die optische Axe des Auges 
schneidet, vorne von Luft, hinten von einem Medium mit dem Breehungsexpo- 
nenten = 1"339 umgeben ist und eine vordere Brennweite von 11"228, eine 


ur 


hintere Brennweite von 150327 hat. In dieser Distanz von 15”0327 müsste die 
Netzhaut vor der imaginären Trennungsfläche ausgespannt, der Bulbus in der 
Richtung der optischen Axe, also um ein Namhaftes verlängert gedacht werden. 


Ein so bedeutendes Abweichen der Rechnungsresultate von den 
in der Natur gegebenen Verhältnissen, welches übrigens schon 
Donders (Nederlandsch Lancet 1852, 1. Jahrg., S.529) gerügt hat, 
drückt nothwendig der Werth des Listing’schen Verfahrens sehr 
herab, um so mehr, als eben Schemata für die Strahlenbrechung im 
Auge vor Allem nur Anwendung finden, wenn es sich handelt, gewisse 
Probleme, z. B. die Grösse der Netzhautbilder, Sehwinkel, die 
Stellung der Bilder auf der Netzhaut u. s. w. auf bequemere Weise 
zu lösen, ein namhaftes Hinausrücken der Netzhaut aber auf die 
Richtigkeit der gewonnenen Resultate sehr missliebig influenziren 
muss. Es bleibt also nichts übrig, als vor der Hand von den 
Haupt-, Brenn- und Knotenpunkten Listing’s, sowie von den 
darauf basirten Folgerungen anderer Autoren, namentlich Vollk- 
manns (R. Wagner’s Handwörterb. der Phys., Bd. 3, .1. Abth. 
Art. „Sehen“) abzusehen, und, vertrauensvoll auf jenen Forscher 
hinblickend, zu hoffen, er werde in der nächsten Zukunft seine 
schönen mathematischen Deduetionen für an richtige 
Gr undgrössen einrichten. 


Die Accommodationsfehler des Auges. 195 


Mittlerweile kommt man, glaube ich, besser zum Ziele, wenn 
es sich um eine bequeme Formel für ein redueirtes Auge 
handelt, wenn man sich die sämmtlichen Refractionen der Strahlen 
im Bulbus auf die Vorderfläche der Cornea, als der einzigen Tren- 
nungsfläche zweier verschiedener Medien, vereinigt denkt, und deren 


_ Abstand von dem Centrum der Netzhaut in der Richtung der opti- 


schen Axe mit Krause = 9"934 denkt, ihr den natürlichen 
Radius 2 —= 3"456 belässt und nun frägt, was muss ein den gesamm- 
ten Bulbusraum erfüllendes homogenes Medium für einen Brechungs- 
exponenten haben, um damit bei 2? = 3"456 und beliebiger Distanz D 
des Objectes das Bild auf der Netzhaut, also 9"934 = F hinter der 
Cornealoberfläche zu Stande komme? 


Setzt man zu diesem Ende den Index der Luft =1, so ergibt sich aus der 


Stampfer’schen Grundformel 
(1—m)r-md=f 
für unendliche D 


(1 — m) r= f, also ee kon 
F 
M= —— = 1'533. 
F—R 


Für endliche D erscheint die Stampfer’sche Grundformel nach und nach 


in den Gestalten 


1 1 
nn er 
(i—m)r — md f 

1% 
—F=o 
1 1 1 
R MR MD 
R? M?D 
—F=o0 
M?RD—- RMD- MR? 
| F(D+R) 
DR P) 


wo F und R constant, D eine willkürliche Grösse ist. Für D=100" wäre 
dann M—=1:586. 

Nach diesen Voraussetzungen ist es nun möglich, näher in das 
Thema meiner Arbeit einzugehen. 

Die conjugirten Vereinigungsweiten der im dioptrischen Appa- 
rate des Auges zur Brechung kommenden Lichtstrahlen stehen in 
einem bestimmten gegenseitigen Verhältnisse. Es wächst die hintere 
Vereinigungsweite mit der Abnahme der vorderen und zwar um so 

13” 


196 Stellwag. 


rascher, je näher das Gesichtsohjeet der Hornhaut rückt. Der Coefhi- 
eient dieses Verhältnisses ist aber ein anderer, als der für einfache 
Linsen geltende, da sich im dioptrischen Apparate des Auges eine 
ganze Reihe von Trennungsflächen eombinirt. Dadurch geschieht es, 
dass die absoluten Werthe der hinteren Vereinigungsweiten inner- 
halb sehr enger Grenzen variiren, nur um relativ wenige Linien 
verschieden sind, es möge das Objeet in unendlicher Ferne oder in 
der vorderen Brennweite der Hornhaut stehen. 


Bei völliger Unveränderlichkeit des Accommodations-Apparates würden sich 
nach den angegebenen Mittelwerthen parallel auf die Cornea auflallende Strahlen 
6'734 hinter dem Centrum der hinteren Kapselhälfte vereinigen; Strahlen, welehe 
aus einem 100" von der Cornea entfernten Punkte divergiren, aber 7"374 
hinter jenem Kapselcentrum zur Vereinigung kommen, was eine Differenz von 
0"64 ergibt. Die vordere Brennweite der Cornea findet man, wenn man mit 
Zugrundelegung der angeführten Werthe 

dm), -md=fi 
m; fı 
(im), + — = fp—0 
IR | 
setzt und nun d, sucht. Es ist, wenn (1 — m,)rı; =a, (1 - m,)r,—=b gesetzt 
wird 
% m, (a — m, d 
b+ LIE NUN —= 0 und 
m, mı — by m 
D- a A NEN 10-298. 
b—byga-+-m,a 

Objeete, welehe nahe 10”3 vor der Cornea liegen , senden also parallele 
Strahlen auf die Linsenvorderfläche. Der absolute Brechungsexponent der auf 
homogene Masse reducirten Linse ist nun 1'418, also m; —=0 943; m,—=1'134, 


also: 


(1 m,)r,— fs = 0-0185649 
Mm 
ee, 
F, m 25" 66. 


Strahlen, welehe von Objeeten kommen, die 10” 3 vor der Hornhaut liegen, 
vereinigen sich also 25”66 hinter dem Mittelpunkte der hinteren Kapselober- 
fläche und während einer Differenz der vorderen eonjugirten Vereinigungsweiten 
von o bis 100" nur eine Differenz der hinteren Vereinigungsweiten von 0"64 
entspricht ; wächst die Differenz der letzteren auf 18'286, wenn das Object von 
100” Distanz auf 10"3 hereinrückt. 


Wären die lichtempfindenden Elemente der Netzhaut körper- 
lose mathematische Punkte, so würde jede, selbst die geringste 
Verschiebung des Gesichtsobjeetes nach vorwärts oder rückwärts 


Die Accommodationsfehler des Auges. 197 


eine entsprechende Veränderung in dem dioptrischen Apparate des 
Sehorganes nothwendig machen, widrigenfalls nicht ein scharfes und 
möglichst lichtstarkes Bild des Gegenstandes, sondern nur Zerstreu- 
ungskreise zur Wahrnehmung kommen könnten. Die Körperlichkeit 
und namentlich die Axenrichtung der stab- und zapfenförmigeu 
Körper, welche neuerer Zeit als die eigentlichen lichtempfindenden 
Elemente der Netzhaut erkannt worden sind, machen die Sache aber 
anders. Bei der elementaren Einfachheit dieser Gebilde muss in 
Bezug auf den, zum Gehirne fortgepflanzten, sinnlichen Eindruck 
es völlig gleichgiltig sein, welcher Punkt ihres Körpers von dem 
Scheitel eines Lichtkegels getroffen wird. In so ferne erscheint 
die räumliche Ausdehnung der zapfen-und stabför- 
migen Netzhautkörper als ein Moment, welches die 
Nothwendigkeit accommodativer Veränderungen im 
dioptrischen Apparate des Auges beschränkt und 
insbesondere bei grösseren Objectsdistanzen als ein 
gewichtiger Factor in die Schale fällt, um so mehr 
aber an Einfluss verliert, je näher der Gegenstand 
dem Auge rückt. 

Die Länge der Netzhautzapfen beträgt nach Kölliker (Mikrosk. Anatom. 
2. Bd., 2. Hälfte, S. 64 9) im Grunde des Auges 0”036. Nehmen wir an, die 
Vereinigung parallel auf die Cornea auffallender Strahlen fiele gerade auf das 
vordere Ende dieser Zapfen und die Vereinigungsweite, vom Centrum der 
hinteren Kapsel gerechnet, sei 6"734. Um den Einfluss der Zapfenlänge zu 
erörtern, darf man nur F, =6'1734 + 0:036 = 677 setzen und bei übrigens 


unveränderten Werthen rückwärts rechnen. Es ist f, = 0°1477; m, = 0'9443; 
m; —=1:061 etc. und 


| m; fs 


1—m,;)r NE LS LE = + 0:0788 
ee 1+9f; f: 
fr | 
1: ae == == 0.0747 
( M;)Tr, + eg fı Ir 
(1 — u Searkn „2 n unoan 
i+qfi 


D = 103093 = 7'16. 

Es kann das Auge demnach eigentlich nie für 
einen einzigen Punkt aecommodirt sein, sondern 
immer nur für eine ganzeReihe stätig hinter einander 
gelegener Punkte, für eine Linie, deren Länge mit der 


198 Stellwag. 


deutlichen Sehweite zunimmt, und welche von dem Punkte, für 
welchen der Accommodationsapparat optisch eingerichtet ist, nicht 
halbirt, sondern in zwei ungleiche Theile getheilt wird, deren vor- 
derer den hinteren an Längenausdehnung mehr weniger übertrifft. 

Nur ausserhalb dieser Linie, dies- und jenseits ihrer 
Endpunkte, gelegene Objecte werden undeutlich gese- 
hen und die Undeutlichkeit ist Folge der Nichtisolation der sinn- 
lichen Eindrücke, sie ist darin begründet, dass die von je einer 
Masseinheit der Objeetoberfläche ausgehenden Strahlenkegel nicht 
in je Einem stab- oder zapfenförmigen Netzhautkörper zur Vereini- 
gung kommen, sondern in Form von Zerstreuungskreisen auf die 
Stabschichte der Retina gelangen, in Form von Zerstreuungskreisen, 
deren jeder im Verhältnisse zu seiner Grösse eine grössere oder 
| geringere Zahl neben einander stehender Stäbe und Zapfen gleich- 
zeitig und gleichmässig aflieirt, während umgekehrt wieder jeder 
einzelne Zapfen und Netzhautstab von einer grösseren oder geringe- 
ren Zahl von Zerstreuungskreisen sinnlich angeregt wird. 

Insoferne aber die Grösse dieser Zerstreuungskreise nicht allein 
abhängt von der Differenz zwischen der Entfernung des Objectes und 
zwischen dem Abstande des Einen entsprechenden Endpunktes jener 
Linie, sondern in sehr hohem Grade beeinflusset wird von der Grösse 
der Pupille, so kann auch die Undeutlichkeit der optischen Wahr- 
nehmung nicht blos eine Funetion sein von der Distanz des Objectes 
und der Accommodationsweite, sondern sie muss gleichzeitig auch in 
Verbindung mit dem Pupillendurchmesser gedacht werden. Es 
liegt in dem Spiele der Pupille, so wie in der Anwen- 
dung künstlicher Diaphragmen und in der Ver 
engerung der Lichtspalte ein die Deutlichkeit opti- 


scher Wahrnehmungen erhöhender Factor. 

Es sei Fig. 1 L die hintere Kapsel und a sowie g seien die Austrittspunkte 
für die äussersten Strahlen der beiden Kegel «eg und ac,9g, deren Basis ag 
offenbar von der Grösse der Pupille abhängt. N sei die Netzhaut und diese 
werde von den Zertreuungskreisen dd, und nn, getroffen, deren ersterer dem 
Strahlenkegel acg, der zweite dem Strahlenkegel «c}9 angehört. Es ist nun 
der Flächeninhalt A des Zerstreuungskreises dd,, A=de*r und der Flächen- 
inhalt B von nn, ist B=ne?r; de=cetang aundne= c,etang ß. Es sind 
aber ce und c,e die Differenzen zwischen der hinteren Vereinigungsweite der 
im dioptrischen Apparate gebrochenen Strahlen und dem Abstande der Netzhaut 
vom optischen Centrum des Refraetionsapparates, fang a und tang f aber sind. 
Functionen von ab. 


Die Accommodationsfehler des Auges. 199 


J. Czermak in Prag (Sitzungsberichte der kais. Akad. der 
Wissensch. zu Wien, 12. Bd., S. 322) gebührt das Verdienst, auf 
die angeführten Verhältnisse zuerst aufmerksam gemacht und sie auf 
experimentellem Wege als thatsächlich gegeben nachgewiesen zu 
haben. Er nennt ganz treffend jene Linien, für welche der dioptrische 
Apparat jeweilig eingerichtet ist, Accommodationslinien und 
unterscheidet sie solcher Gestalt von dem Accommodations- 
punkte, d. i. von jenem Punkte, für dessen Entfernung das Auge 
eigentlich optisch eingestellt ist. 

Ganz übereinstimmend mit jenen theoretischen Deduetionen 
ergeben seine Versuche, dass die Accommodationslinie mit der Ent- 
fernung des Accommodationspunktes von dem Auge wachse; dass 
der letztere nicht die Accommodationslinie halbire, sondern deren 
dem Auge zugekehrten Ende näher liege; dass das allmähliche Un- 
deutlichwerden der diesseits und jenseits der Accommodationslinie 
gelegenen Objecte an dem, dem Auge zugekehrten Ende weit rascher 
als an dem anderen Ende zunehme, und dass endlich die Accommo- 
dationslinie um so schärfer begrenzt sei, dass ihr vorderes und 
hinteres Ende sich um so schärfer abmarke, je näher dem Auge der 
Aceommodationspunkt liegt, in Bezug auf welches letztere Verhält- 
niss die gewöhnliche Verengerung der Pupille beim Nahesehen von 
hauptsächlichem Einflusse ist. 

Die Veränderungen, welche im dioptrischen Apparate eingeleitet 
werden müssen, um denselben für gewisse Objeetsdistanzen einzu- 
stellen, sind in Bezug auf Quantität und Qualität nicht allein von der 
Objeetsdistanz als solcher abhängig, sondern auch und zwar vor- 
wiegend von der Lage und Länge der natürlichen Sehlinie 
des Auges. 

Als solche bezeichne ich jene Accommodationslinie, für welche 
das Auge bei völliger Unthätigkeit des Accommodationsmuskels ein- 
gestellt ist. Ihr jenseitiger Endpunkt ist immer zugleich der Fern- 
punkt des Auges: indem der Druck des Aecommodationsmuskels 
nur eine Verkürzung der deutlichen Sehweite zu bewerkstelligen im 
Stande ist. Jön | 

Diese natürliche Sehlinie variirt nun je nach den Individuen 
ausnehmend in Lage und Länge, denn sie ist Function einer langen 
Reihe von Factoren, deren jeder individuellen Schwankungen unter- 
worfen ist. 


200 Stellwag. 


Vorerst sind es die Krümmungsvarianten der Cornealvorder- 
fläche, welche, obschon innerhalb enger Grenzen eingeschlossen, 
dennoch sehr namhafte Differenzen in den Ablenkungen der auffallen- 
den Strahlen bewirken. Weiters sind es Abweichungen in der 
Wölbung der hinteren Cornealoberfläche, die wahrscheinlich 
gegebenen Verschiedenheiten in dem Brechungsindex der Hornhaut- 
substanz , die eclatanten Differenzen in der Kammeraxe, weiters 
höchst bedeutende, bald angeborne, bald acquirirte Abweichungen 
der Krümmungsradien der Linsenblattlagen und die handgreifliche, 
mit dem Alter des Individuums stetig zunehmende Dichtigkeit des 
Krystalls. Kaum geringer anzuschlagen als diese Momente sind aber 
die Formvarianten des Augapfels als Ganzes und damit die Differen- 
zen in der Länge der optischen Axe, denn davon hängt die Distanz 
der Netzhautstab-Schichte vom optischen Mittelpunkte des Licht- 
brechungsapparates und sofort die zum Deutlich- und Scharfsehen 
erforderliche Länge der hinteren conjugirten Vereinigungsweite der 
das Auge treffenden Strahlen ab. 

Diese Verhältnisse machen, dass eine ganz gleiche Accommo- 
dationsbestrebung, ja ein ganz gleiches Mass ausgeübten Accommo- 
dationsdruckes, in verschiedenen Individuen eine sehr ungleiche 
Verschiebung der Accommodationslinie zur Folge hat; umgekehrt 
aber, dass die Einstellung des dioptrischen Apparates für eine 
bestimmte Objeetsdistanz in verschiedenen Augen ein sehr verschie- 
denes Mass von Kraftanstrengung des Accommodationsmuskels 
erfordert, unter gewissen Umständen sogar eine ganz entgegen- 
gesetzte Richtung der Accommodationsthätigkeit nothwendig erschei- 
nen lässt. 

Die natürliche Sehlinie des Auges bestimmt solchermassen den 
Fernpunkt und das Mass des Accommodationsdruckes, welches wirken 
muss, um den dioptrischen Apparat des Auges für jede beliebige, 
diesseits des Fernpunktes gelegene Distanz optisch einzustellen. 
Insoferne das Mass des möglicher Weise auszuübenden Accommoda- 
tionsdruckes in jedem Falle ein gegebenes, beschränktes ist, wird 
die natürliche Sehlinie auch in Bezug auf die Lage des Nahe- 
punktes, d.i. des diesseitigen Endpunktes der kür- 
zesten Accommodationslinie, bestimmend. 

Dieses Mass der aufwendbaren und als Druck wirkenden Kraft 
des Aeecommodationsmuskels einerseits, und die natürliche Sehlinie 


Die Accommodationsfehler des Auges. 201 


anderseits sind also die Factoren, welche die absolute Seh- 
weite des Auges, die Länge der den Fern- und Nahepunkt ver- 
bindenden Linie, so wie deren Lage auf der verlängerten optischen 
Axe, bestimmen. Die Länge und Lage dieser Linie ist nun aber der 
Massstab, nach welchem allein die Norm und der Grad sich beur- 
theilen lassen, in welchem der dioptrische Theil der Sehfunetion von 
den als Norm geltenden Verhältnissen abweicht. Es liegt daher auf 
der Hand, dass die Acecommodationsfehler des Auges vom wissen- 
schaftliehen Standpunkte aus nur eingetheilt werden können in 
solche, welche ihren Grund finden in anatomischen Missverhältnissen 
des gesammten Augapfels oder der einzelnen lichtbrechenden Medien, 
weiters in solche, welche durch Functionsbeschränkung des Accom- 
modationsmuskels bedingt sind und drittens in solche, welche beide 
Momente als Ursache erkennen lassen. 

Eine solche Eintheilung erschwert jedoch die Darstellung und 
tritt der Übersichtlichkeit des zu Erörternden in den Weg, indem 
sie, wie das Folgende herausstellen wird, vielseitig Wiederholungen 
nothwendig macht. In Anbetracht dessen ziehe ich es daher vor, 
nach althergebrachter Sitte den dioptrischen Effect jener Abweichun- 
gen in dem Baue der lichtbrechenden Medien und des Auges als 
Ganzes, sowie in der Funetion des Aecommodationsmuskels, der Ein- 
theilung zu Grunde zu legen, die letzterwähnten Verhältnisse aber 
blos zur Untersuchung ätiologisch differenter Unterarten der einzel- 
nen Accommodationsfehler zu benützen. Ich spreche demnach vorerst 
von der Kurzsichtigkeit, sodann von der Weitsichtigkeit und von der 
Übersichtigkeit inderen Verbindung mit der Asthenopie und dem gänz- 
lichen Mangel des Accommodationsvermögens, so wie mit dem Ver- 
zerrtsehen. 


Die Kurzsichtigkeit oder Myopie. 


Der jenseitige Endpunkt der natürlichen Sehlinie normalsich- 
tiger Augen kann nicht wohl anders, als in unendlicher Ferne gele- 
gen gedacht werden, und die Beschränkung, welche sich bezüglich 
der Tragweite des Gesichtssinnes geltend macht, kann nicht sowohl 
auf dem Unvermögen beruhen, den dioptrischen Apparat des Auges 
für grosse endliche und selbst für unendliche Entfernungen einzu- 
stellen; sondern muss auf anderen Gründen beruhen. Es wäre sonst 
nämlich ganz unerklärbar, wie es möglich ist, den Mond und die 


202 Stellwag. 


Schatten seiner Unebenheiten in scharf contourirten Bildern wahrzu- 
nehmen. | 

Ein solches Moment, welches die Tragweite des Gesichtssinnes 
beschränkt, liegt nun bestimmt in der Abnahme der Netzhautbild- 
grösse. Die letztere, d. i. die Grösse der Netzhautbilder, steht näm- 
lich in geradem Verhältnisse zu der Grösse des Objeetes und zur 
Länge der hinteren conjugirten Vereinigungsweite der Strahlen ; im 
umgekehrten Verhältnisse aber zur Entfernung des Objeetes und zu 
dem jeweiligen Grade des Refractionszustandes des dioptrischen 
Apparates. 


Ist D der Abstand des Objeetes und F die eonjugirte Vereinigungsweite, 
1 der Brechungsexponent der Luft und M jener des auf die vordere Corneal- 
oberfläche redueirten dioptrischen Apparates, so ist der Vergrösserungs- 
Coeffieient m | 


für D= & wird das Netzhautbild also unendlich klein und es bedarf unend- 
licher Grössen des Objeetes, um damit sein Netzhautbild ein oder das andere 
liehtempfindende Element der Retina decken und sofort eine unvermischte 
Wahrnehmung vermitteln könne. 


Die Objectsdistanz, als der numerisch stärkste Faetor ist aber 
hier hauptsächlich massgebend und bewirkt, dass die von noch so 
grossen Masseinheiten der leuchtenden Oberflächen ausgehenden 
Strahlenkegel endlich nicht mehr auf einzelnen Zapfen oder Stäben 
der Netzhaut isolirt werden können, sondern Strahlenkegel von einer 
grösseren oder geringeren Zahl von Objecten oder Objecttheilen auf 
einem und demselben jener Netzhautelemente zur Vereinigung kommen, 
und sofort nur gemischte Eindrücke sich zum Gehirne fortpflanzen 
können. 

Immerhin jedoch ist das erwähnte Verhältniss nieht im Stande 
das Netzhautbild irgend eines fernen Objectes zum Verschwinden zu 
bringen, es kann dasselbe nur auf die Grösse eines Punktes redueiren, 
und gemischte Eindrücke setzen eine Mannigfaltigkeit von Objeeten 
in gewissen Aichungen des Gesichtsfeldes voraus. Das Unsichtbar- 
werden ferner Objeete kann daher nicht allein auf die Abnahme der 
Netzhautbildgrösse. gesetzt werden, es fordert noch ein anderes 
Moment zu seiner Erklärung und das ist einerseits das Beugungs- 
speetrum, andererseits aber die Schwächung des Lichtes im geo- 


Die Accommodationsfehler des Auges. 203 


metrischen Verhältnisse, wenn die Dieke der Durchgangsmedien im 
arithmetischen wächst. 

Insoferne wird der Pupillendurchmesser und der wirkliche Glanz 
der Gesichtsobjecte von höchstem Belange. Letzterer ist es auch, 
welcher die Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit der Sterne bestimmt, 
und im Vereine mit dem Beugungsspectrum, durch die, in Proportion 
zur Intensität des auf die Netzhaut ausgeübten Reizes, sich steigernde 
Irradiation auch die scheinbare Grösse der Sterne beeinflusset. Alle 
Sterne sollten als leuchtende Punkte erscheinen, und ist der dioptrische 
Apparat für einen derselben eingestellt, so muss er es auch für die 
anderen sein. Was aber von den Sternen gilt, das hat auch in Bezug 
auf terrestrische Objecte seine Geltung. 

Die Myopie kann daher nicht schlechtweg als das Unvermögen 
eines Auges erklärt werden, ferne Objecte in scharfen und deutlichen 
Bildern zur Wahrnehmung zu bringen; sondern nur als das Unver- 
mögen, scharfe und deutliche Wahrnehmungen von 
solehen fernen Objecten zu vermitteln, welche ihrer 
Grösse und ihrem wirklichen Glanze nach, bei rich- 
tiger Einstellung des dioptrischen Apparates und bei 
Integrität der lichtempfindenden Theile, in scharfen 
und deutlichenBildern zur Anschauung kommen müssten. 

Mit Festhaltung dieses Begriffes ergibt sich als die optische 
Wesenheit der Myopie die Vereinigung der von fernen Objecten 
ausgehenden Strahlenkegel vor der Netzhautstabschichte. Das Ver- 
schwommensein der Contouren in den von fernen Objecten zur Wahr- 
nehmung kommenden Bildern findet demnach seinen Grund darin, 
dass die Strahlenkegel, welche von je einer der Distanz des Objectes 
entsprechenden Masseinheit seiner Oberfläche ausgehen, nicht mehr 
in je einem Zapfen oder Stabe der Netzhaut zur Vereinigung kommen; 
sondern dass jeder dieser Strahlenkegel in Form eines Zerstreuungs- 
kreises eine bald grössere bald kleinere Anzahl von Stäben und Zapfen 
gleichzeitig und gleichmässig affieirt, umgekehrt aber jeder einzelne 
‚dieser Zapfen und Stäbe von einer mit ihrer Grösse zunehmenden 
Zahl von Zerstreuungskreisen getroffen wird, der auf das Sensorium 
commune fortgepflanzte Lichtreiz demnach ein gemischter sein muss. 
Die Undeutlichkeit, die Liehtschwäche in den, scharfer Contouren 
entbehrenden Netzhautbildern ferner Objecte ist aber eine Folge der 
Abnahme des scheinbaren Glanzes, der Abnahme der Erleuchtungs- 


20A Stellwag. 


Intensität einer gewissen Masseinheit der Retina, welche Abnahme 
mit der Grösse der Zerstreuungskreise im geraden Verhältnisse steht 
und in Verbindung mit der beschränkten Reizempfängliehkeit der 
Netzhaut die Wahrnehmung jener Zerstreuungskreise endlich unmög- 
lich macht. 

Die Grösse der die Netzhaut treffenden Zerstreuungskreise 
bestimmt das Mass der Undeutlichkeit und des Mangels an scharfer 
Begrenzung in den zur Wahrnehmung kommenden Bildern ferner 
Objeete. Sie ist nicht allein Function der Differenz zwischen der 
Vereinigungsweite und dem Abstande der Netzhaut vom optischen 
Centrum des dioptrischen Apparates, sondern auch Funetion der 
Öffnung des liehtbrechenden Apparates. 

Kraft des letzterwähnten Verhältnisses finden myopische Augen 
in der unwillkürlichen Verengerung des Sehloches bei Einwirkung 
höherer Lichtgrade, und in der willkürlichen Verengerung der Lid- 
spalte das Mittel, die Schärfe ihrer, ferne Objecte betreffenden, Wahr- 
nehmungen auf Kosten der Lichtstärke zu vermehren. Dem entspre- 
chend blinzeln (pösıv) denn auch myopische Augen beim Besehen 
ferner Objecte im hellen Raume so gewöhnlich, dass man den wissen- 
schaftlichen Namen des fraglichen Gesichtsfehlers davon hergeleitet hat. 

In Anbetracht des ersterwähnten Verhältnisses ist es klar, dass 
abgesehen von der Grösse und dem wirklichen Glanze des Objeetes 
die Schärfe und Lichtstärke seines Netzhautbildes mit der Annäherung 
an die Cornea zunehmen müsse, indem damit die hintere conjugirte 
Vereinigungsweite wächst und sofort die Grösse der die Netzhaut 
treffenden Zerstreuungskreise abnimmt. Da nun aber, um die hintere 
conjugirte Vereinigungsweite um ein Merkbares zu verlängern, rela- 
tiv um so grössere Verschiebungen des Objeetes in der Richtung 
gegen das Auge erfordert werden, je ferner das Object vom Auge 
absteht; so ergibt es sich, dass die Schärfe der Begrenzung und die 
Lichtstärke der Netzhautbilder bei übrigens entsprechender Grösse 
und entsprechendem wirklichen Glanze des Objectes nur dann merk- 
lich erhöht werden könne, wenn die Hereinrückung des fernen Objec- 
tes eine sehr namhafte ist, und dass die Kurzsichtigkeit über- 
haupt sich nicht wohl anders als durch mangelnde 
Schärfe und Undeutlichkeit der Netzhautbilder von 
solchen Objecten charakterisiren könne, die dem 
Auge relativ schon nahe stehen, höchstens einige 


Die Aceommodationsfehler des Auges. 205 


Schuhe oder selbst Zolle entfernt sind. Denn fallen die 
Scheitel von Strahlenkegeln in die Netzhautstabschichte, welche 
Strahlenkegel aus Punkten von mehreren Fussen Entfernung diver- 
giren, so ist der Durchmesser der Zerstreuungskreise von Strahlen, 
welche parallel auf die Cornea auffallen, schon ausserordentlich klein, 
von dem Querdurchmesser der Stäbe und Zapfen nur wenig verschieden 
und sofort die Isolation der Eindrücke noch möglich. Es liegt dem- 
nach schon in dem optischen Charakter der Kurzsichtigkeit, dass die 
_ absolute Sehweite auf einen Spielraum von nur wenigen Fussen oder 
Zollen bei relativ geringem Abstande des Nahepunktes beschränkt sei. 

Der Abstand des Nahepunktes ist nun bei Gegeben- 
sein einer bestimmten natürlichen Sehlinie allein mehr abhängig 
vondem Grade desnoch bestehenden Aecommodations- 
vermögens. Es darf dieses nicht fehlen, ja der active Theil des 
Adaptionsapparates muss eine der Norm nahezu gleichkommende Kraft 
zu entwickeln im Stande sein, widrigenfalls man es nicht sowohl mit 
Kurzsichtigkeit, als vielmehr mit Asthenopie oder mit völligem Mangel 
des Aecommodationsvermögens, also mit zwei von Myopie sehr diffe- 
renten Gesichtsfehlern zu thun hat. 

Als fixes Grössenmass des, einem Auge zukom- 
menden Accommodationsvermögens kann man nun die 
Differenz betrachten zwisehen dem Netzhautabstande 
und zwischen der kürzesten oder längsten, durch 
Aceommodationsthätigkeit noch eorreetionsfähigen, 
hinteren Vereinigungsweite des im normalen Refrac- 
tionszustande verharrenden Lichtbreehungsappara- 
tes. Insoferne die hinteren Vereinigungsweiten relativ sehr rasch 
wachsen, wenn das ohnehin nahe Objeet noch näher dem Auge 
gerückt wird; so ist es von selbst verständlich, dass demselben 
Grössenmasse des Accommodationsvermögens sehr differente abso- 
lute Sehweiten entsprechen werden, je nachdem das Auge normalsich- 
tig oder myopisch ist, und dass die absolute Sehweite des kurzsich- 
tigen Auges bei normaler Grösse der Adaptionsfähigkeit eine um so 
kürzere werden müsse, je kürzer eben die natürliche Sehlinie ist, je 
näher also der Fernpunkt der Cornea liegt. So kömmt es, dass in den 
höchsten Graden der Myopie die absolute Sehweite endlich auf weni- 
ger als einen Zoll herabsinkt und sofort eine fast verschwindende 
wird, wenn man sie mit der absoluten Sehweite von Augen vergleicht, 


206 Stellwag. 


welche bei völligem Mangel des Accommodationsvermögens eine län- 
gere natürliche Sehlinie haben. Es simulirt solehermassen ein im 
hohen Grade kurzsichtiges Auge den Mangel der Accommodations- 
fähigkeit, welche factisch besteht, während Augen mit langer natür- 
licher Sehlinie den Bestand des thatsächlich abgehenden Adaptions- 
vermögens nachahmen können. 

Es geht daraus hervor, dass man die Grösse des in Rede stehen- 
den Gesichtsfehlers nicht allein aus der Lage des Nahepunktes 
bestimmen könne, indem eben ein kräftiges Accommodationsvermögen 
den Nahepunkt stark hereinrückt, derselbe aber bei gleicher natür- 
licher Sehlinie, aber vermindertem Aeccommodationsvermögen, hin- 
ausrückt, und sich dem Fernpunkte nähert. Es geht daraus aber 
auch hervor, dass der Fernpunkt bei dieser Grössenbestimmung 
nicht zureiche, indem eine solche Grössenbestimmung eben der so 
überaus wichtigen Accommodationsfähigkeit keine Rechnung trägt 
und so zu falschen Resultaten führt. Nahepunkt und Fernpunkt, ihre 
gegenseitige Lage und ihre Lage zum Auge, diese Momente zusam- 
mengenommen, können allein nur die Beurtheilung der Grösse des 
in Rede stehenden Gesichtsfehlers auf sichere Grundpfeiler stützen. 

Insoferne erscheinen denn auch die verschiedenen Optometer 
im engeren Wortsinne als ganz unzuverlässliche Mittel, wenn es sich 
darum handelt, den Grad der Kurzsichtigkeit, d. i. die Länge und 
Lage der absoluten Sehweite zu bestimmen. Die Accommedations- 
linien treten hier störend in den Weg. Dass dem so sei, ergibt 
sich schon daraus, dass ein Verfahren Czermak’s, die Accommoda- 
tionslinien zur äusseren Wahrnehmung zu bringen, eben nur die An- 
wendung eines nach Young'’s Prineip construirten Optometers ist. 
Aus dem über die Accommodationslinien Gesagten ergibt es sich klar, 
dass die Schwierigkeiten insbesondere die Bestimmung des Fernpunktes 
treffen und um so grösser sein werden, je weniger nahe derselbe 
dem Auge gerückt ist; dass aber die mit der Verkürzung zunehmende 
Schärfe der Accommodationslinie die Absteckung des Nahepunktes 
wesentlich erleichtern müsse, vorausgesetzt, dass der zu Unter- 
suchende das Spiel seines Aecommodationsmuskels vollkommen in 
der Gewalt hat. Darin liegt aber die zweite, subjeetive und jene ob- 
jectiven weit überragende Schwierigkeit. Um sie zu überwinden, 
bedarf selbst der Eingeweihte eine nicht geringe Übung; Laien 
begreiflich zu machen, was gewünscht wird, ist aber fast unmöglich. 


Die Accommodationsfehler des Auges. 207 


Sie stellen den dioptrischen Apparat fast jedesmal anders ein, daher 
denn auch die Resultate, welche der Optometer gibt, in verschiedenen 
Versuchen etwas variiren. Sie würden mehr differiren bei Gegeben- 
sein grösserer absoluter Sehweiten, wenn man es dahin bringen 
könnte, dass die zu Untersuchenden bei Anwendung des Optometers 
nicht immer den Accommodationsmuskel in die grösstmöglichsten 
Spannungsgrade versetzten; allein dieses zu verhüten, ist fast un- 
möglich, sie verkürzen die Accommodationsweite immer so viel es nur 
geht, und daher geschieht es denn auch, dass die nach dem Optome- 
ter gewählten Brillen der Regel nach im Gebrauche sich als zu scharf 
erweisen, und es ist dabei natürlich gleichgiltig, ob das Optometer 
nach Young's oder Scheiner's Prineip construirt ist. Es liefert 
also eigentlich nur Punkte in der absoluten Sehweite, 
keinesweges die Länge und Lage der letzteren. Es lässt 
sich aus mehreren solchen Punkten wohl ein Schluss ziehen auf das 
Vorhandensein einer Myopie, Presbyopie oder eines normalen Seh- 
vermögens, allein das Mass jener Abweichungen lässt sich 
daraus nicht leicht mit Bestimmtheit ermitteln. 

Wenn es aber blos die Aufgabe ist, einzelne Punkte der abso- 
luten Sehweite zu ermitteln, bedarf es nicht der eigens construirten 
Optometer, jedes Fernrohr ersetzt das letztgenannte Instrument, 
indem es durch die zum Deutlichsehen erforderlichen Verlängerungen 
und Verkürzungen des Abstandes zwischen Objeetiv und Oecular 
Punkte in der absoluten Sehweite bestimmen lässt. Als Gesichtsobjeet 
von fixer Distanz und fixem wirklichen Glanze eignen sich am besten 
bestimmte Sterne. 

Auch der Augenspiegel wird insoferne zu einem Optometer. 
Auch er gibt Punkte der absoluten Sehweite an, vorausgesetzt, dass 
der Untersuchende die Fertigkeit besitzt, sein Accommodationsver- 
mögen beliebig zu intendiren und bei jeder Untersuchung mit Bestimmt- 
heit die Distanz anzugeben, für welche der dioptrische Apparat wäh- 
rend der Untersuchung eingestellt war (Stellwag, Theorie der 
Augenspiegel, Wien 1854, III und IV). Dieses ist aber ausserordent- 
lich schwierig und es resultirt daraus ein Grad der Unzuverlässigkeit 
in den Forschungsergebnissen, wie er nicht aufgewogen werden 
kann von dem Umstande, dass mit der nothwendigen Erweiterung 
der Pupille auch die Accommodationsthätigkeit des untersuchten Auges 
vernichtet wird, und sofort die Einstellung des dioptrischen Apparates 


208 Stellwag. 


im Auge des Beobachteten als eine fixe zu betrachten ist, wenn man 
davon absieht, dass der Mydriase in ihren verschiedenen Graden nicht 
ganz gleiche Accommodationszustände entsprechen. | 

In Anbetracht aller dieser Unzukömmlichkeiten darf man also 
wohl behaupten, dass die Bemessung der absoluten Sehweite durch 
Bestimmung des Nahe- und des Fernpunktes aus der Tragweite 
des freien Auges an Verlässlichkeit den Ergebnissen der Anwen- 
dung von jenen Optometern nicht nachstehe. Im Gegentheile erwächst 
der fraglichen Untersuchungsmethode ein gewichtiger Vorzug daraus, 
dass sie es weit leichter macht, den Kranken zu willkürlichem Wech- 
sel seines Aceommodationszustandes zu bestimmen und zwar zum 
Wechsel innerhalb der immer nur möglichen Grenzen. 

Es ist aus der Einleitung klar, dass bei dieser Bestimmung nicht 
allein die Distanz, sondern auch die davon abhängige Bildgrösse 
des Objeetes und dessen wirklicher Glanz zu berücksichtigen 
kömmt. Der wirkliche Glanz des Objectes ist nämlich ein Factor 
des scheinbaren Glanzes und dieser bestimmt die Intensität des 
auf die Netzhaut ausgeübten Reizes. Die Bildgrösse aber bestimmt die 
Zahl der getroffenen lichtempfindenden Netzhautelemente und sofort 
den Grad der Genauigkeit, in welcher das Detail des Gegenstandes 
zur sinnlichen Wahrnehmung kömmt.- 

Insoferne nun aber der scheinbare Glanz der Netzhautbilder auch 
Funetion des Pupillendurchmessers ist, wird es wohl kaum möglich 
sein, Varianten des ersteren und die daraus resultirenden Beobach- 
tungsfehler gänzlich zu umgehen, selbst wenn man es in der Gewalt 
hätte, den wirklichen Glanz des Objeetes willkürlich und der Entfer- 
nung entsprechend wachsen und fallen zu lassen. Doch dürften die 
solchermassen bedingten Fehler auf ein Minimum redueirt werden, 
und schadlos zu vernachlässigen sein, wenn man als Probeobject ein, 
mit sehr tief schwarzen Figuren bemaltes hellweisses Blatt Papier 
derart in einem Zimmer befestiget, dass das helle Tageslicht seitlich 
und in einer bestimmten, nahe constanten Richtung darauf fällt. 

Es reicht die Breite eines mässig grossen Zimmers zu dem frag- 
lichen Versuche aus, da wegen der grossen Länge der ferneren 
Accommodationslinien Augen, welche auf 15—20 Fuss Entfernung 
deutlich und scharf sehen, in den allermeisten Fällen auch für unend- 
liche Distanzen sich einzustellen fähig sein werden, daher man es 
auch nicht nothwendig hat, zur Vermeidung der aus der wechselnden 


Die Accommodationsfehler des Auges. 209 


Bildgrösse entspringenden Fehler eine unendliche Reihe von Objeeten 
in den, allen Distanzen entsprechenden Dimensionen zur Anwendung 
zu bringen und zwar um so weniger, als bei sehr grossen Entfernun- 
gen das Beugungsspectrum und die Irradiation ohnehin das Endresul- 
tat, die Bestimmung des Fernpunktes, sehr stark trüben. Aufgabe ist 
es, die Bildgrösse zu einer constanten zu machen und sie so klein zu 
wählen, dass jede Verminderung derselben einer Erkenntniss des 
Objectes in seiner Detailzeichnung unmöglich machen müsste. 
Ein sehr gutes Auge ist noch im Stande, auf hellweissem Grunde 
schwarze Buchstaben von 0”2 Höhe, und entsprechender Dicke in 
72” Abstand scharf und deutlich zu sehen, und das ist wohl in Bezug 
auf das gewählte Gesichtsobjeet nahezu die innere Grenze der Mög- 
‚liehkeit. Es entspricht diesen Dimensionen eine Netzhautbildgrösse 
von 00172. Ein 15 Fuss abstehendes Objeet muss demnach 5"7, ein 
12 Linien entfernter Gegenstand aber 0"061 Höhe haben, um ein 
gleich grosses Bild auf der Netzhaut zu entwerfen. 

Der Übersichtlichkeit halber benütze ich zu diesen Berechnungen das auf 
die vordere Cornealoberfläche, als einzige Trennungsfläche, reducirte Auge. Es ' 
ist für dasselbe der Radius % der Trennungsfläche R = 3'456, die Axe oder 
bezüglich der zu lösenden Aufgaben der Abstand der Netzhaut und der absolute 
Breehungsexponent M des homogen gedachten Inhaltes 

F(D+R) 
RE » 
wo D den Abstand des Gesichtsobjeetes bedeutet. Der Vergrösserungsco£ffieient 
m ist 
F 
Anm 

Wenn A die Höhe des Objeetes und a die Höhe des Netzhautbildes aus- 

drückt, so erscheint 
| AF A(R—R 
a=Am= — —— = ——, 
\ MD D+R 

Für A=0"2 und D=72" ergibt sich a—= 0"0172, was dem Breiten- 
durehmesser von 7°8 unmittelbar an einander stehender Zapfen, deren jeder im 


Mittel nach Kölliker 0"0022 misst, entspricht. Damit nun a eine Constante 
bleibe, muss für D= 2160" —=15’ das A= 5"7 werden; für D—=20" aber 
das A= 0'061 sein, wie sich ergibt aus den Gleichungen 


A(R-F) a(D+R) 
= ——— und A=———. 
DR R-F 
Als Probeobject dürfte demnach eine Reihe von Buchstaben, 
mit schwarzer Farbe auf weissem Papiere gezeichnet, deren Höhe 
von 5°”7 bis 0"061 allmählich abnimmt, am besten entsprechen, 


Sitzb. d. ınathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. I. Hft. 14 


210 Stellwag. 


weil es nur der Nennung ihres Namens von Seite des Untersuchten 
bedarf, um den Untersuchenden zu vergewissern, jener habe sie wirk- 
lich in ihrer wahren Gestalt erkannt, was bei anderen Objeeten nicht 
so leicht ist. Bei einer Reihe von Strichen z. B., die in ihren Dimen- 
sionen allmählich abnehmen, täuscht sich der Untersuchte oft selbst über 
die Zahl der scharf und deutlich gesehenen, da man Objeete, die 
man voraus kennt, auch in undeutlichen Bildern unterscheidet und 
das Urtheil von Laien über Schärfe der Bilder ein sehr schwankendes 
ist. Wollte man aber beliebige andere Figuren als Gesichtsobjeete 
wählen, so würde oft die mangelhafte Beschreibung des Gesehenen 
das Urtheil trüben. Weil es nun aber auch nicht schwer ist, einzelne 
Buchstaben in unscharfen Bildern zu unterscheiden, und sofort leicht 
Fehler resultiren, erscheint es im Interesse der Verlässlichkeit noth- 
wendig, nicht eine einfache Zeile von allmählich an Grösse abnehmen- 
den Buchstaben als Gesichtsobjeet zu wählen, sondern eine Reihe von 
Zeilen, deren jede Buchstaben von bestimmter Höhe im Worte ohne 
Zusammenhang vereinigt enthält. Ich sage „Worte ohne Zusammen- 
hang“, da in Sätzen leicht einzelne Worte aus dem Contexte erra- 
then werden, ohne dass scharfe und deutliche Bilder der sie compo- 
nirenden Buchstaben auf der Netzhaut zu Stande kommen. Tafel I 
ist eine solche Scala, A deutet die Buchstabenhöhe, D die zugehörige 
_ Distanz an. 
| Selbstverständlich ist, dass jede dieser allenfalls unter einander 
gestellten Zeilen immer senkrecht auf der verlängerten 
optischen Axe des Auges stehen müsse, daher ihr Träger, 
jenes Blatt Papier, in gleicher Höhe mit dem zu untersuchenden Auge 
und vertical zu fixiren ist, weil mit der Neigung die Projeetion eine 
andere wird. 

Ist Fig. I, AB das geneigte und durch die verlängerte optische Axe des 
Auges 00’ halbirte Gesichtsobjeet, so ist der halbe Gesichtswinkel o und die 
Grösse des Netzhautbildes 2«e ist Function der Projeetion AC=AB.sin a, 


wo sin a<1 und zwar um so kleiner ist, je mehr AB zu 00’ geneigt ist. Es wird 
AC= 0, wenn sin a==0 ist, wenn demnach AB parallel zu 00’ wird. 


Kann man nun, was einigermassen willkürlich angenommen 
wurde, die Netzhautbildgrösse von 0"0172 wirklich als die innere 
Grenze ansehen, unter welche ein Sinken nicht mehr stattfinden darf 
sollen noch die Buchstaben in scharfen und deutlichen Bildern zur 
Wahrnehmung kommen und sofort in ihrer Detailzeichnung erkannt 


Die Accommodationsfehler des Auges. 211 


werden: so gibt die erwähnte Scala ein ziemlich sicheres Mittel an 
die Hand, den eigentlichen dioptrischen Fernpunkt sowohl, als den 
Nahepunkt, sofort die absolute Sehweite zu bestimmen. Die Art und 
Weise dieser Bestimmung liegt auf der Hand. Zu bemerken ist nur, 
dass es nicht gleichgiltig sei, welche Zeile der zu Untersuchende bei 
einem bestimmten Abstande fertig zu lesen im Stande ist, sondern 
dass bei jeder Distanz immer die ganze Reihe von Zeilen, von der 
grössten bis zu jener, deren Buchstabenhöhe gerade der Netzhaut- 
bildgrösse von 0”0172 entspricht, in scharfen und deutlichen Bil- 
dern wahrgenommen werden muss. Ohne Berücksichtigung dessen 
wird man leicht Fehlschlüsse machen, da mit der Annäherung des 
Objectes die relative Netzhautbildgrösse wächst und damit auch die 
Möglichkeit, die Bilder selbst in Zerstreuungskreisen zu unterscheiden. 

Nach diesen Vorausschickungen ist es nun auch möglich, von 
dem Einflusse von Brillengläsern auf myopische Augen zu spre- 
chen und ich gehe um so lieber in eine genauere Erörterung ihrer 
dioptrischen Wirkungen ein, als in ihnen das Mittel zur Correetion 
des fraglichen Gesichtsfehlers gegeben ist, und sie insoferne von der 
höchsten praktischen Wichtigkeit erscheinen. 

Sammellinsen vermindern die Divergenz auffallender Strah- 
len. Vor das myopische Auge gehalten, verkürzen sie also die ohnehin 
zu kurze hintere Vereinigungsweite noch mehr, vergrössern sofort 
den Durchmesser der die Netzhaut treffenden Zerstreuungskreise und 
vermindern sofort die Schärfe und Deutlichkeit der Netzhautbilder 
noch weiter, indem sie eben den Fernpunkt scheinbar hereinrücken 
und sohin die Differenz zwischen dessen Abstand und den Abstand 
des Objeetes um ein Namhaftes vermehren. Zerstreuungsgläser 
im Gegentheile vermehren die Divergenz auffallender Strahlen. Vor 
das myopische Auge gehalten, und so mit dessen dioptrischem Apparat 
_ eombinirt, verlängern sie die hintere conjugirte Vereinigungsweite, in- 
dem sie scheinbar die vordere verkürzen. Ihre Wirkung ist daher 
Verkleinerung und selbst gänzliche Aufhebung der Differenz zwischen 
dem Abstande des Objectes und jenem des Fernpunktes, und sofortige 
Steigerung der "Sehärfe und Deutlichkeit jener Bilder, welche von 
jenseits des Fernpunktes gelegenen Objeeten auf der Netzhaut des 
kurzsichtigen Auges entworfen werden. 

Ist n der Brechungsexponent der Luft, n, jener des homogen gedachten 
Inhaltes eines auf die vordere Cornealoberfläche redueirten Auges, p die vordere, 
14* 


212 Stellwag. 


?, die hintere eonjugirteVereinigungsweite und sind f und f, die beiden Brenn- 
weiten, sowie r der Radius der Trennungsfläche, so ist 
INTER 7, 


— ——. En. 


n 
. [) 1 . 
erscheint p, zuklein, also — zu gross. Insoferne es sich um den Fernpunkt 


i Pı 
handelt, muss n, bereits den kleinstmöglichsten Werth erreieht haben und sofort 
als Constante fungiren. Ebenso ist wegen der Unveränderlichkeit von r die 
n,r 
hintere Brennweite f} =—— —— dann eine Constante und es kann p, nur da- 
n,—n 


y 
durch vergrössert und folgerecht — verkleinert werden, dass der Werth p ver- 
P1 


I 
mindert wird, der Werth von — also steigt, aber negativ bleibt. Sammellinsen 


können vor das Auge gestellt diesem Bedürfnisse, Verkleinerung von p, nicht 
genügen. Ist nämlich 5 ihre Brennweite, » die Objeetsdistanz und v, die der 
letzteren conjugirte Vereinigungsweite, so erscheint in Bezug auf die Brille 

1 1 1 


wo ©, =p+e ist, und ce den Abstand der Brille von der Vorderfläche der 
Cornea bedeutet, welehen man hier als Constante aufzufassen hat. Ist » >b, steht 
das Object ausser der Brennweite vor der Linse, so erscheint v, positiv und 


n 
sofort p und — in (1) negativ. Der Ausdruck (1) geht also über in 
p 


nn mn 


——— — + — 
Pa ER 

» \ ar 
was eine Zunahme von — und wegen der Constanz von », eine Abnahme von 


Pi | 
p, also gerade das Gegentheil von dem in sich schliesst, was bezweckt wird. 
Wird »=b und sofort v, = ®, so ist auhp= & und p, =f1 d.h. die 
Strahlen vereinigen sich in der hinteren Brennweite, also in dem kürzesten Abstande 
hinter der Trennungsfläche des redueirten Auges. Wird aber v< b, so wird 
wohl v, negativ und der Ausdruck (1) hat seine Giltigkeit, da p essentiel positiv 
wird, allein es ist dann — <” — und v,>», es ist p grösser statt kleiner 
v, 0) 
geworden. 


Für Zerstreuungslinsen hingegen ist 


1 zud 1 
———-(2+-).... De e) 
v b v 

So lange » positiv ist, der Gegenstand also vor der Linse liegt, muss 
1 . 
— > — und sofort v,< v sein, v, weiters negativ und p positiv bleiben, was 
eben der Zweck ist. 


Die Accommodationsfehler des Auges. 2153 


Der Myops findet daher in einer vor das Auge gestellten Zerstreu- 
ungslinse das Mittel, seinen Fernpunkt hinauszurücken, und zwar wird 
eine um so schärfere Zerstreuungslinse erforderlich sein, um den jen- 
seitigen Endpunkt der natürlichen Sehlinie auf eine gewisse Distanz 
hinauszuschieben, je grösser eben diese Distanz und je grösser +die 
Differenz zwischen der hinteren Brennweite des dioptrischen Appara- 
tes und zwischen dem Abstand der Netzhautstabschichte vom optischen 
Centrum der lichtbrechenden Medien ist, mit anderen Worten, ein je 
höherer Grad von Kurzsichtigkeit vorliegt. 


Wegen der Unveränderlichkeit von n, n, und f, muss in der Formel (1) 


n Ni b i . 
— wachsen, und sofort p abnehmen, wenn — zunimmt und sohin f, abnimmt. 


1 
. Es muss also die Brille eine um so kürzere negative Brennweite haben, weil 


eben in (2) v, + e=p ist und 5 abnimmt, wenn v, verkleinert wird. 


Es scheint nach diesem, als müsste die Brennweite der Linse bei 
Gegebensein eines bestimmten Grades von Kurzsichtigkeit in einem 
stätigen Verhältnisse zu- und abnehmen, wenn die Distanz des Objectes 
steigt oder fällt. Doch dem ist nicht ganz so, die Nothwendigkeit 
der Zu- und Abnahme der Brennweite wird durch das Verhältniss, in 
welchem die beiden conjugirten Vereinigungsweiten der Zerstreu- 
ungslinse zu einander stehen, so wie durch das Adaptionsvermögen 
des myopischen Auges und sofort durch dessen absolute Sehweite in 
relativ enge Grenzen eingeschlossen. Um die Sehweite des 
myopischen Auges in das Unendliche zu verlängern, 
genügt’ eine Zerstreuungslinse, deren um ihren Ab- 
stand vom Auge verminderte Brennweite mit dem 
jenseitigen Endpunkte der natürlichen Sehlinie zu- 
sammenfällt. Mit Hilfe derselben Linse werden aber auch noch 
scharfe und deutliche Bilder auf der Netzhaut zu Stande zu bringen 
sein von Punkten, deren Abstand von der Linse der, um 
die Entfernung der Linse vom Auge verminderten 
Distanz des Nahepunktes des dioptrischen Apparates 
eonjugirt ist. Eine Abnahme der negativen Linsenbrennweite 
wird erst erforderlich, wenn es sich um Punkte handelt, deren Ent- 
fernung vom Auge geringer ist, als die dem Nahepunkte des Auges 
conjugirte Vereinigungsweite der Linse. Es muss die Brennweite 
der Nulle gleich werden, wenn das Objeet im Nahepunkte selbst steht, 
wobei der Abstand der Linse vom Auge vernachlässigt wird. Es muss 


214 Stellwag. 


jene positiv sein, es ist eine Sammellinse nothwendig, wenn der’ 
‚Gegenstand noch näher dem Auge rückt. 

Wäre der Quotient jener Verhältnisse ein gleicher, in welchem 
die beiden conjugirten Vereinigungsweiten der Zerstreuungslinse so- 
wohl als des dioptrischen Apparates je zu einander stehen, so läge in 
der richtigen Wahl der Zersteuungslinse ein Mittel: innerhalb der 
oben angegebenen Grenzen die Lichtbrechung des myopischen Auges 
jener im normalen Auge nahezu identisch zu machen, denn dann 
müsste jeder Verrückung des Accommodationspunktes durch dieLinse 
eine der Norm entsprechende Verlängerung der Accommodationslinie 
parallel gehen; es müsste die jeweilig gegebene Accommodationslinie 
des myopischen Auges durch die Brille in jene des normalen Auges 
bei gleicher Adaptionsanstrengung verwandelt werden. 


Es wäre dann bei Zugrundelegung der obigen Werthe und bei Vernach- 
lässigung des Abstandes der Linse vom Auge, wenn &, y die Unbekannten sind, 


ur 


P:m +06 =p+=:p 

pt m:p=vHty:v 

7:9 +06 —=v+y:v 
Es weichen aber diese Verhältnisse von einander ab, und daher 
kann auch bei gleicher Adaptionsbestrebung die Aecommodationslinie 
des, mit einer entsprechenden Zerstreuungslinse bewaffneten, myopi- 
schen Auges niemals mit jener des normalen Auges zusammenfallen, 
die Accommodationslinien desmyopischen Auges werden durch dieLinse 
in einem anderen Verhältnisse variirt, als im normalen Auge ohne 
Linse ; es entsprechen unter den genannten Umständen 
inden beiden AugengleichenAccommodationspunkten 

verschiedene Aecommodationslinien. 

Immerhin jedoch dürften diese Differenzen relativ nur geringe 
sein innerhalb der durch die absolute Sehweite des Auges und die 
Brennweite der passenden Linse gesteckten Grenzen. Der mathe- 
matische Beweis dafür ist wohl nicht herzustellen, da der Quotient 
jenes Verhältnisses zur Zeit noch nicht erörtert werden konnte, in 
welchem die beiden eonjugirten Vereinigungsweiten des dioptrischen 
Apparates zu einander stehen. Doch spricht dafür die grosse Über- 
einstimmung, welche sich ergibt aus der Vergleichung des Verhält- 
nisses, in welchem die beiden conjugirten Vereinigungsweiten der 
Linse zu einander stehen, mit den Ergebnissen der Czermak’schen 


Die Accommodationsfehler des Auges. 21 5 


Experimente bezüglich des Wechsels der Lage undLänge der Accom- 
modationslinien. Es sind diese um so länger, je weiter der Accommo- 
dationspunkt vom Auge absteht, und die hintere conjugirte Vereini- 
gungsweite des dioptrischen Apparates fängt erst dann an, rasch zu 
wachsen und sofort die Aeeommodationslinie auffallend zu verkürzen, 
wenn der Accommodationspunkt bereits sehr nahe dem Auge gerückt 
ist; sei es in Folge intensiver Adaptionsanstrengung oder abnormer 
Verkürzung des Abstandes des Fernpunktes. Etwas ganz Analoges 


zeigt sich nun auch in Bezug auf die Lichtbrechung in Zerstreuungs- 
linsen. | 


Ist v ein Punkt vor der Linse, v»+n ein zweiter weiter gelegener, b die 
Brennweite der Linse, so sind die conjugirten Vereinigungsweiten v, und ®, 


| vb (+n)b 
nb? 

Ve rare 

Die Differenz der hinteren Vereinigungsweiten wird eine um so 
kleinere bei gleichen Abständen zweier Punkte, je kleiner die Brenn- 
weite der Linse ist; bei gleicher Brennweite der Linse aber, je näher 
die beiden Objeete hereinrücken. Im Allgemeinen kann man also 
sagen, die Differenz der hinteren Vereinigungsweiten wird eine um so 
kleinere, je schärfer die Brille und je kleiner die Abstände der beiden 
Objeete, von der Linse gerechnet, werden. Insoferne nun die Brenn- 
weite der Linse, soll sie den dioptrischen Fernpunkt in unendliche 
Ferne verlegen, eben von dem Abstande des Fernpunktes bestimmt 
wird und nur um den Abstand der Linse vom Auge verschieden ist; 
kann man auch sagen, die Differenz der hinteren Vereinigungsweiten 
der Zerstreuungslinse werde um so kleiner, je höher der Grad der 
Kurzsichtigkeit ist und je mehr die beiden Objeete an das mit der 
Brille bewaffnete Auge heranrücken. In Anbetracht dieser Überein- 
stimmung wird man daher auch nicht sehr fehlen, wenn man sagt, die 
Differenzen der hinteren Vereinigungsweilen der richtig gewählten 
Zerstreuungslinse fallen, wenn die Abstände der Objecte den norma- 
len Accommodationslinien gleich gewählt wurden, zum grossen Theile 
mit den Accommodationslinien des ‚entsprechenden myopischen Auges 


216 Stellwag. 


zusammen; diese letzteren werden durch die passende Linse in sol- 
che verwandelt, welche von denen des normalsichtigen Auges nicht 
sehr verschieden sind. Ist dieses aber richtig, und Experimente 
lassen darüber keinen Zweifel, so muss auch ein myopisches Auge, 
welches mit Hilfe einer entsprechenden Brille auf 15 Fuss Entfernung 
scharfe und deutliche optische Wahrnehmungen vermitteln kann, auch 
von unendlich fernen Objeeten scharfe und deutliche Netzhautbilder 
erzeugen können, soweit nämlich die Irradiation, dieLiehtabnahme und 
das Beugungsspecetrum nicht hinderlich in den Weg treten. Daher 
lässt sich auch eine Scala, wie die oben beschriebene zu den Experi- 
menten mit Brillen vortheilhaft als Object benützen. wi 
Es ist nun aber selbstverständlich, dass in jedem einzelnen Falle 
mehrere Linsen von verschiedener Brennweite scharfe und deutliche 
scheinbare Bilder von Objecten, deren Distanz von Unendlich bis 
15 Fuss variüirt, in der absoluten Sehweite des myopischen Auges zu 
erzeugen vermögen und dass die mögliche Differenz dieser noch ent- 
sprechenden Linsenbrennweiten gerade in der Länge der absoluten 
Sehweite des Auges das Mass finde, welches sie nach keiner Rich- 
tung hin überschreiten darf. Es scheint also für den ersten 
Augenblick, als ob einem und demselben Auge meh- 
rere Zerstreuungslinsen von verschiedener Brenn- 
weite entsprechen könnten, und die geringe Sorgfalt, wel- 
che Laien und Ärzte bei der Wahl der Brillen anwenden, lässt sich 
gleichsam als ein empirisches Beweismittel für die Richtigkeit einer 
solchen Ansicht verwerthen. Einige Überlegung führt jedoch zu einer 
ganz anderen Auffassung der Dinge. 
| Die Differenz zwischen der kürzesten und längsten unter den 
hinteren Vereinigungsweiten des dioptrischen Apparates, welche 
durch die Einrichtungsfähigkeit des Auges noch auf die Stabschichte 
der Netzhaut geleitet werden können, ist eine von der Organisation 
des letzteren und von der Functionskraft des Aecommodationsmuskels 
abhängige, in jedem einzelnen Auge constante Grösse, also sind es 
auch die ihr conjugirten Abstände des Nahe- und Fernpunktes, die 
absolute Sehweite des Auges. Brillen verrücken nur scheinbar 
das Gesichtsobject, ändern die relative Lage desselben zum Auge, 
ohne jedoch jene Differenz und sofort auch die ihr conjugirte abso- 
lute Sehweite irgendwie modifieiren zu können, ihre Wirkung 
beschränkt sich darauf, ausserhalb der absoluten Sehweite gelegene 


Die Accommodationsfehler des Auges. 2| 7 


Gesichtsobjeete in dieselbe hereinzurücken. Daher ist denn auch 
ihre diesfällige Leistungsfähigkeit durch die Länge der absoluten 
Sehweite des Auges strenge begrenzt, mit anderen Worten, die 
Zerstreuungslinse vermittelt im myopischen Auge 
nur scharfe und deutliche Wahrnehmungen von Ob- | 
jeeten, deren Distanzen, bezüglich der Lichtbre- 
ehung in der Brille, Punkten in der absoluten Seh- 
weite des Auges conjugirt sind. 

Es ist sofort klar, dass aus allen jenen Zerstreuungslinsen, 
welche von unendlich entfernten Objecten scharfe und deutliche 
Bilder in der absoluten Sehweite des Auges erzeugen, jene das 
Maximum der Leistungsfähigkeit erreicht, deren in 
den Nahepunkt des Auges fallende hintere Vereini- 
gungsweite der kürzesten Objectdistanz conjugirt 
ist, deren Brennweite also die grösste Länge inner- 
halb der Grenze hat, welche eben durch den Fern- 
punktabstand gesteckt ist, mitanderen Worten, deren 
Brennweite der um den Abstand der Linse vom Auge 
verminderten Distanz des Fernpunktes gleichkömmt. 
Je schärfer die Linse wird, desto mehr rückt der Nahepunkt des mit 
der Linse combinirten dioptrischen Apparates hinaus, desto ver- 
schwommener und undeutlicher müssen die Bilder werden , welche 
von näher gelegenen Objecten auf der Netzhaut erzeugt werden, und 
desto mehr erweitern sich die Grenzen, innerhalb welchen. das bril- 
lenbewaffnete Auge scharfe und deutliche Wahrnehmungen zu ver- 
mitteln ausser Stande ist. 


’ 1 1 1 ‘ ö vb 
Aus der Grundformel — + — = — — ergibt sieh nämlich v, = 
b v+b 


wo vd, den um den Abstand e der Linse vom Auge verminderten Abstand des 


Nahepunktes bezeichnet. 


Immerhin jedoch werden die aus diesen Verhältnissen resulti- 
renden Fehler nie ganz zu vermeiden sein. Aus der Grundformel der 
Liehtbrechung in Zerstreuungslinsen ergibt sich nämlich auch, dass 
so lange die von einem Objeete auf die Linse fallenden Strahlen 
divergent sind, die hintere Vereinigungsweite stäts kleiner als die 
vordere conjugirte ist; dass Zerstreuungslinsen sofort in ihrer Com- 
bination mit dem dioptrischen Apparate des Auges den Nahepunkt 


218 Stellwag. 


hinausrücken, auch wenn sie das Maximum der Leistungsfähigkeit 
bezüglich des betreffenden Auges erreichen. 

Damit im innigsten ursächliehen Zusammenhange steht die all- 
bekannte Thatsache, dass Myopen, welche sich zum Fernsehen der 
Zerstreuungsgläser bedienen, bei Besichtigung von Objecten, die 
ihrer Kleinheit wegen dem Auge sehr nahe gehalten werden müssen, 
die Brillen abzulegen sich gezwungen fühlen, ja selbst beim Lesen, 
Sehreiben und ähnlichen Beschäftigungen in der Brille, auch wenn 
sie richtig gewählt ist, ein wesentliches Hinderniss des scharfen und 
deutlichen Sehens finden und dieses zwar auch für den Fall, als die 
hintere Vereinigungsweite der Brille noch jenseits des Nahepunktes 
reicht. 

Abgesehen von der Hinausrückung des Fernpunktes kömmtbetreffs 
dessen nämlich noch ein anderer Umstand in Betracht. Die natür- 
liche Sehlinie des Auges ist eine unveränderliche Grösse, welche von 
der Brennweite des dioptrischen Apparates bei völliger Ruhe des 
Accommodationsmuskels bestimmt wird. Jede Verkürzung der 
Objectsdistanz innerhalb des Fernpunktes macht eine verhältniss- 
mässige Anstrengung des Accommodationsmuskels erforderlich; es 
wird diese Anstrengung um so grösser, je näher das Object rückt, 
und sie erreicht ihr Maximum, wenn das Gesichtsobjeet in dem Nahe- 
punkte selbst angelangt ist. Nun ist die hintere Vereinigungsweite 
der Zerstreuungslinsen immer kleiner als die vordere, so lange die 
Lichtstrahlen divergent auf die Linsen fallen und diese Differenz ist 
um so grösser, je schärfer die Brille ist. Sobald also ein Object in 
der absoluten Sehweite des Auges gelegen ist, wird die Brille 
zum scharfen, deutlichen Sehen des Gegenstandes 
eine, relativ zum freien Auge, um so stärkere Anstren- 
gungdesAccommodationsmuskelserforderlichmachen, 
je näher sie das scheinbare Bild dem Nahepunkte ent- 
wirft, und überschreitet dieses scheinbare Bild endlich den Nahe- 
punkt, so wird auch das Maximum der Anstrengung zur Vermittlung 
entsprechender Wahrnehmungen nicht mehr ausreichen. Und etwas 
ähnliches gilt auch von Objecten, welche jenseits des Fernpunktes 
gelegen sind. Bei gleichen Abständen des Gegenstandes werden 
Brillen, welche noch scheinbare Bilder in der absoluten Sehweite 
des Auges entwerfen, eine um so intensivere Kraftentwickelung des 
Accommodationsmuskels zum Zwecke des scharfen und deutlichen 


Die Accommodationsfehler des Auges. - 219 


Sehens erforderlich machen, je näher dem Nahepunkte sie die Licht- 
strahlen zur Vereinigung bringen, je schärfer sie sind. 

Diese unverhältnissmässige Anstrengung des Accommodations- 
muskels ist es nun, welche sich beim Gebrauche vonBrillen 
unzweckmässig kurzer Brennweite alsbald unzwei- 
deutig indem Hervortreten von Reizerscheinungen 
im Auge kund gibt. Vorerst sind es die sensitiven Nerven- 
zweige des Accommodationsmuskels, welche dessen übergrosse 
Intention durch schmerzhafte Erregung und gesteigerte Erregbarkeit 
verrathen. Das jedem Muskel eigenthümliche Gefühl von Angestrengt- 
sein, die Empfindung einer gewissen Völle im Auge, selbst wahrer 
intensiver Schmerz, Empfindlichkeit gegen jeden leichten das Auge 
treffenden Reiz beurkunden das Gegebensein eines hyperästhetischen 
Zustandes und steigern sich in dem Masse, als die Anstrengung des 
Auges fortdauert. Das Gefässsystem bleibt nicht lange hinter den 
Nerven zurück und Injeetion der Episcleralgefässe deutet hin auf 
Congestionszustände im Bereiche des ciliaren Kreislaufes. Unter fort- 
gesetzter Anstrengung des Accommodationsmuskels endlich irradiirt 
sich die Hyperästhesie des Ciliarnervensystems bald auf die übrigen 
Zweige des Quintus und auf die Netzhaut, ja auf das Gehirn, wovon 
flüchtige Stiche im Ausstrahlungsbezirke des Augenastes, Gefühl von 
lästigem Drucke in der Stirn- und Schläfengegend, mehr weniger 
heftige Kopfschmerzen und das Gefühl der Blendung, die Empfind- 
lichkeit des Auges gegen selbst mässiges Licht Zeugniss ablegen. 
Sogar die Erregung von Entzündungen im Augapfel liegt diesen Ver- 
hältnissen nicht allzufern, und Hyperästhesien im: Bereiche irgend 
‚eines Gehirnnerven finden darin erhebliche Anregungsmomente für 
Paroxysmen. | 

Es sind dieses, ganz übereinstimmend mit der aufgestellten 
Behauptung, dieselben Erscheinungen, welche sich im normal- und 
 weitsichtigen Auge geltend machen, wenn es längere Zeit für sehr 
nahe Objecte intendirt wird beim Mikroskopiren, beim Lesen sehr 
kleiner Schrift, überhaupt bei längerer Betrachtung von Objecten, 
die ihrer Kleinheit halber dem Auge sehr nahe gehalten werden. 
Dass kurzsichtige Augen ohne Anwendung von Brillen unter solchen 
Verhältnissen weit länger aushalten, ja tagelang ohne alle Anstren- 
gung sich solchermassen beschäftigen können, rührt nicht etwa 
davon her, dass der kurzen Objectsdistanz halber die Netzhautbilder 


220 | Stellwag. 


grösser werden und sofort leichter in ihrer Detailzeichnung wahr- 
genommen und erkannt werden. Der Vergrösserungscoöfficient ist bei 
gleichen Abständen und Augenaxen im kurz- und normalsichtigen 
Auge ein gleicher, im umgekehrten Verhältnisse zur Objeetsdistanz 
‚stehender. Der Grund davon liegt einzig und allein darin, dass bei 
gleich kurzem Abstande des Objectes dieses um so weiter hinter dem 
Nahepunkte gelegen ist, und sofort seine scharfe und deutliche Abbil- 
dung auf der Netzhaut eine um so geringere Intention des Accommo- 
dationsmuskels erforderlich macht, je kurzsichtiger das Auge ist, 
wobei :natürlich immer vorausgesetzt wird, dass das Objeet noch 
innerhalb der absoluten Sehweite des normalsichtigen und myopischen 
Auges stehe. Wohlaber ist in diesem letzterwähnten Verhältnisse 
und gleichzeitig in der Zunahme der Netzhautbildgrösse bei Annähe- 
rung des Objectes der Umstand begründet, dass Myopen gewöhnlich 
eine sehr kleine Handschrift schreiben und sich vorzüglich zu 
Geschäften eignen, die : der Kleinheit ihrer Objeete wegen ein 
genaues und anhaltendes Sehen in sehr kurzen Distanzen mit sich 
bringen. 

Abgesehen von der Relation der conjugirten Vereinigungsweiten 
der Zerstreuungslinse und deren Beziehung zur absoluten Sehweite 
des Auges kömmt betreffs der Leistungsfähigkeit einer 
Brille noch die Grösse des durch die Linse erzeug- 
ten Bildes in Betracht. Aufgabe der Brille ist es nämlich nicht 
nur scharfe und deutliche Bilder in der absoluten Sehweite zu 
erzeugen, sondern auch die Grösse des Bildes in ein solches Ver- 
hältniss zu dessen Abstand vom Auge zu bringen, dass die Dimensio- 
nen des Netzhautbildes jenen gleich oder doch sehr nahe kommen, 
welche das Netzhautbild im normalen unbewaffneten Auge bei 
gleichem Abstande des Objectes Zeigt. Es ist nämlich die Netzhaut- 
bildgrösse ein Factor von hoher Wichtigkeit, indem er einerseits im 
engsten Bezuge steht zur Möglichkeit, die Objeete in ihrer Detail- 
zeichnung zu erkennen; andererseits aber nebst der Convergenz- 
stellung der Augenaxen, welche durch die Bewaffnung des Auges 
mit Brillen nicht modifieirt wird, den hauptsächlichsten Anhaltspunkt 
bei der Beurtheilung der Grösse und Entfernung des beschauten 
Objectes abgibt. 

Die Grösse des Netzhautbildes im unbewaffneten Auge steht nun 
bei constanten Dimensionen des Objectes und richtiger Accommo- 


ae 
‘ = 
a 


Die Accommodationsfehler des Auges. >21 


dation des dioptrischen Apparates im umgekehrten Verhältnisse zur 
Distanz des Gegenstandes und zur Ablenkung des Lichtes in den 
brechenden Medien, zur Stärke des Refractionszustandes des Auges; 
im geraden Verhältnisse aber zur Länge des Netzhautabstandes, 


' weleher Werth jedoch für jedes einzelne Auge eine Constante ist. 


Sieht man von dem Abstande der Brille vom Auge ab, so ergibt sich 
für die Grösse des Netzhautbildes in dem mit einer Zerstreuungslinse 
bewaffneten Auge ein ganz gleiches Verhältniss. 


_ Heisst nämlich A dieHöhe des Objeetes, A, jene des von der Linse erzeugten 
scheinbaren Bildes und a die des Netzhautbildes, so ist 


Av, Ab 


Für das freie Auge ist 


Für das mit der Brille bewaffnete Auge aber erscheint 


”r _ Any % 
EEE rn . 
n,(vı + ©) nv vy +e 


a=A 


’ 


wov=»— c und ce den Abstand der Linse vom Auge bezeichnet, seiner 
relativ zu p sehr geringen Grösse wegen aber ohne sonderlichen Nachtheil ver- 
nachlässigt werden kann, so dass man die letzte Formel schreiben kann 


Anp, Y 


a= . F 
np vı +e 


Doch hat hier der quasi Refraetionsco&fficient des Auges einen 
anderen Werth, er ist grösser ; denn entweder ist das Auge kurz- 
siehtig, und Verstärkung der Lichtablenkung ist eben das Wesen der 
Myopie; oder aber das Auge ist normalsichtig und dann macht die 
Zerstreuungslinse eine grössere Anstrengung des Accommodations- 
muskels erforderlich,. um ein scharfes und deutliches Bild auf der 
Netzhaut zu Stande zu bringen, indem eben die Zerstreuungslinse 
den Abstand des Gesichtsobjectes scheinbar verkürzt oder vielmehr, 
weil das näher stehende scheinbare Bild der Linsenbrechung als 
Gesichtsobjeet fungirt. | | 

Es ist sofort klar, dass bei gleicher Grösse und Distanz des 
Objeetes dessen Netzhautbild in einem mit Brillen negativer Brenn- 
weite bewaffneten Auge jederzeit kleiner sein müsse, als in dem 
gleichfalls richtig accommodirten freien Auge. Es können demnach 


222 | Stellwag. 


Zerstreuungslinsen den angestrebten Zweck niemals vollkommen 
erreichen, immer verkleinern sie das Netzhautbild und zwar relativ 
zu dem richtig adaptirten freien Auge um so mehr, je weiter sie das 
scheinbare Bild des Objectes in die absolute Sehweite hereinrücken 
und sofort die Grösse der erforderlichen Adaptionsanstrengung 
steigern, je schärfer sie relativ zu dem gegebenen Grade von Kurz- 
sichtigkeit sind. 

Insoferne geht die Netzhautbildgrösse bei der Wahl der ent- 
sprechenden Brillen bestimmend in die Verhältnisse ein. Es kann nur 
jene Brille als die dem gegebenen Grade von Kurzsichtigkeit ent- 
sprechende anerkannt werden, welche den aus der Verkleinerung des 
Netzhautbildes resultirenden Fehler möglichst geringe macht. Dieses 
ist aber jene Brille, welche bei einem gegebenen Objectsabstande die 
Accommodationsanstrengung des myopischen Auges jener des nor- 
malen freien Auges gleich macht, welche sofort ferne Gegenstände 
unter völliger Ruhe des Accommodationsapparates in scharfen und 
deutlichen Bildern auf der Netzhaut abgezeichnet erscheinen lässt, 
mit anderen Worten, welche von fernen Gegenständen scheinbare 
Bilder in dem Fernpunktabstande des Auges entwirft oder deren 
negative Brennweite dem, um den Abstand der Linse vom Auge ver- 
minderten Fernpunktabstande gleichkömmt. | 

Also nicht nur die gegebene Lage und Länge der absoluten 
Sehweite, sondern auch die Netzhautbildgrösse beeinflussen die 
Leistungsfähigkeit der Brille und in der That macht sich der letzt- 
genannte Factor so auffällig geltend, dass Verkleinerung der Objecte 
schon längst als Zeichen einer zu scharf gewählten Zerstreuungslinse 
empirisch anerkannt worden ist. Überdies erweiset sich ferner auch 
noch der bereits mehrmals erwähnte Abstand der Linse vom 
Auge als ein Moment von namhafter Wichtigkeit. 

Da der Abstand des Fernpunktes sowohl als jener des Nahe- 
punktes für jedes Auge gegebene, jeweilig unveränderliche, Grössen 
sind, beeinflusset der genannte Factor vorerst schon in einem überaus 
hohen Verhältnisse die absolute Sehweite des brillenbewaffneten 
Auges. Um das scheinbare Bild eines unendlich weit entfernten 
Gegenstandes in dem Fernpunktabstande des myopischen Auges zu 
Stande zu bringen, bedarf es einer Brille von um so kleinerer 
Brennweite, je weiter die Brille von dem Auge absteht; wenn aber 
das Zerstreuungsglas an Brennweite abnimmt, so rückt in einem sehr 


A 
© 


Die Accommodationsfehler des Auges. 323 


raschen Verhältnisse der Nahepunkt des damit bewaffneten Auges 
hinaus. Ist die Linse aber eine gegebene und dem Fernpunktabstande 
des freien Auges entsprechend gewählte, so wird durch Entfernung 


‚der Linse vom Auge nieht nur der Fernpunkt des mit der Brille com- 


binirten dioptrischen Apparates in einem sehr rasch wachsenden 
Verhältnisse hereingeschoben, sondern auch der Nahepunkt hinaus- 
gerückt, der Fern- und Nahepunkt sofort einander genähert, die 
absolute Sehweite verkürzt. 

Diese Momente influenziren aber weiters schon an und für sich 
den Werth des Verkleinerungsco@ffieienten des Netzhautbildes, in- 
dem sie für jeden einzelnen Objeetsabstand den erforderlichen Re- 
fractionszustand des dioptrischen Apparates um ein bedeutendes ver- 


‚stärken und bedingen insoferne nahmhafte Differenzen zwischen den 


optischen Wahrnehmungen des normalen freien und des brillen- 
bewaffneten myopischen Auges. Überdies geht der Abstand der 


. Brille vom Auge noch direct in den Nenner der Netzhautbildgrösse 


ein und verursacht sehr bedeutende Abnahmen der letzteren, indem 
eben die hintere Vereinigungsweite der Brille eine kurze ist und der 
Abstand der Brille sofort einen grossen Einfluss ausübt. 

Möglichste Verkürzung und völlige Unveränder- 
lichkeit des Linsenabstandes sind daher dringendes 
Gebot bei dem Gebrauche der Zerstreuungslinsen und 
die Nichtbeachtung dessen bedingt um so grössere Fehler in den 
optischen Wahrnehmungen, je schärfer eben die Brillen sind. 

Die Mannigfaltigkeit und Unvermeidlichkeit der aus dem Brillen- 
abstande resultirenden Fehler macht denn auch Schlüsse aus der 


Leistung einer gegebenen Brille auf die Länge und Lage der absolu- 


ten Sehweite des freien Auges sehr schwierig. Wissenschaftlich 
genaue Daten lassen sich kaum auf solehem Wege gewinnen, indem 
zu viele Factoren eingehen, deren strenge Bestimmung mannigfaltigen 
Schwierigkeiten unterliegt , daher ist denn auch die Scala, wie sie 
oben beschrieben wurde, für ein brillenbewaffnetes Auge 
nicht ausreichend, sie macht wenigstens längere Berechnungen noth- 
wendig, und ist nur bequem, wenn es sich um allgemeine Resultate 
handelt. Dann ist aber wohl zu beachten, dass die Brille unter allen 
Verhältnissen das Netzhautbild verkleinert, und dass sofort für jeden 
gegebenen Abstand die Grenzgrösse des Objectes jene des normalen 
und freien Auges um Etwas übersteigt. 


Hu 


aA Stellwag. 


Die nosologisehen Momente der Kurzsichtigkeit, 
sofort auch die ätiologischen und pathogenetischen, 
sind überaus mannigfaltig und in jedem einzelnen Auge so verschie- 
dener Combinationen fähig, dass eine übersichtliche Darstellung der- 
selben nach ihrem absoluten und relativen Einflusse auf die dioptri- 
sehen Verhältnisse des Auges zu den schwierigsten und derzeit kaum 
lösbaren Problemen der pathologischen Optik gehört. Darum halte 
ich im Interesse der Deutlichkeit eine Reduction des Auges auf eine 
einzige Trennungsfläche mit Belassung seiner natürlichen Form und 
Substitution eines homogenen Inhaltes von wandelbaren Brechungs- 
exponenten für die erspriesslichste Grundlage der nachstehenden Erör- 
terungen. In der That erscheinen in dem Grundgesetze der Licht- 
brechung eines solchermassen reducirten Auges nur drei Factoren, 
welche die dioptrischen Verhältnisse desselben beeinflussen. Der eine 
dieser Factoren ist die Länge der optischen Axe des Auges, vom 
Centrum der Cornealvorderfläche bis zur Stabschiehte der Netzhaut 
gerechnet. Der andere Factor ist der für jedes Auge jeweilig eonstante 
Krümmungsradius der Trennungsfläche und der dritte Factor ist der 
jeweilige Refraetionszustand des Auges. Im letzteren vereinigen sich 
gleichsam alle übrigen, aus dem anatomischen Baue der dioptrischen 
Medien und aus der Thätigkeit des Accommodationsmuskels resultiren- 
den Variationen der Lichtbrechung zu einem Ganzen, diese finden in 
dem absoluten Brechungsexponenten des homogenen Füllungsmediums 
des reducirten Auges ihren optischen Ausdruck. 


Es ist das Grundgesetz der Liehtbrechung 


ss 
a üng L und ne (---) 
1 ee RT nn > Alp 


wo fı und f, die beiden eonjugirten Brennweiten des redueirten Auges, Fune- 
tionen von n, darstellen. 

Die optische Axe in der vorhin fixirten Bedeutung ist dem 
Abstande der Netzhautstabschichte, also der zum scharfen und deut- 
lichen Sehen erforderlichen hinteren Vereinigungsweite des dioptri- 
schen Apparates äquivalent und bestimmt sofort bei Constanz des 
Krümmungsradius der Trennungsfläche und unveränderlich gedachtem 
Refraetionszustande der lichtbrechenden Medien die Lage und Länge 
der natürlichen Sehlinie, also auch den Abstand des Fernpunktes und 
damit das Abhandensein und Gegebensein der Myopie, sowie den Grad 
derselben. 


Die Accommodationsfehler des Auges. 225 


Sie schwankt schon in der Norm innerhalb ganz ansehnlich wei- 
ter Grenzen, ohne sich durch Beschränkung der absoluten Sehweite 
zu offenbaren, indem der zweite und dritte Factor durch seine mög- 
lichen Veränderungen das Mittel zur Fehlercorrection abgibt. Doch 
haben diese Variationen des Refractionszustandes des Auges ihre 
Grenzen und diese bestimmen denn auch den Übergangspunkt der 
normalen in die abnorme Axenlänge des Auges. 

Es ist diese Axenverlängerung des Bulbus in sehr 
vielen Fällen begründet durch Krümmungsanomalien der 
Sklera. 

Diese finden ihren nächsten Grund wieder sehr häufig in mecha- 
nischen Ausdehnungen des krankhaft affıeirten Gefüges der Albuginea 
und kommen dann unter der Form der sogenannten Skleralstaphy- 
lome zur Wahrnehmung. In ihnen erreicht die krankhafte Verlän- 
gerung der optischen Axe das Maximum. Doch lässt sich von den- 
selben als nosologischen Momenten einer wahren Kurzsichtigkeit 
nicht sprechen, da sie eben pathologischen Processen auf Rechnung 
gehören, welche die Funetionstüchtigkeit der Netzhaut immer im 
hohen Grade beeinträchtigen oder ganz aufheben. Und es gilt dieses 
sowohl von den Ausdehnungen der hinteren als der vorderen Hälfte 
der Sklera, sowie von dem sogenannten totalen Skleralstaphylome. 
Bei den Ektasien der vorderen Skleralhälfte kömmt noch die gleich- 
zeitige Vergrösserung der Skleralöffnung mit davon abhängiger Ver- 
dünnung und Krümmungsveränderung der Cornea in Betracht. 

Nosologische Momente der Kurzsichtigkeit sind demnach nur 
Krümmungsabweichungen der Sklera, welche, eine Verlängerung der 
optischen Axe begründend, die Energien des lichtempfindenden Appa- 
rates in keiner Weise benachtheiligen. Sie kommen als ange- 
borne Formfehler des Auges vor. In niederen Graden sind 
sie nur an der Leiche durch directe Messungen zu eruiren. In höhe- 
ren Graden aber machen sie sich am Cadaver schon dem ungeübten 
Auge durch sehr auffälliges Überwiegen des longitudinalen über den 
äquatorialen Durchmesser bemerkbar, der Bulbus nähert sich einiger- 
massen der Cylinderform. Ja schon im Lebenden beurkunden sich 
diese Anomalien, wenn sie höhere Grade erreicht haben, durch unge- 
wöhnliches Vorspringen des Bulbus und sofortige starke Wölbung 
der Lider. Stark prominirende, glotzende Augen, deren äquatoria- 
ler Durchmesser nicht proportional vergrössert erscheint, sind sehr 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. I. Hft. 15 


226 Stellwag. 


häufig in hohem Grade myopisch. Sie sind es nicht immer, weil in 
reichlicher Entwickelung des Fettpolsters der Orbita ein Moment 
gegeben ist, welches normal gebildete Augen ebenfalls vorspringen 
macht und noch manches andere Bildungsverhältniss auf diese Erschei- 
nung Einfluss nehmen kann, so zwar, dass das Glotzen geradezu mit 
dem. entgegengesetzten Zustande, mit Presbyopie, sich zu paaren 
vermag. 

Der Einfluss der Axenlänge p, des Auges auf die Lage des Fernpunktes 
p ergibt sich am besten aus der Substitution n—=1, n, =1'533. Für das 
normale Auge ist fi = p, = 9"934, da p = & ist. Für p, = 10"6, also eine 
Verlängerung der optischen Axe um 0”666 ergibt sich p =8"6; für p, =11", 
d. i. eine Verlängerung um 1”066 aber wird p = 5'58. 

Selbstverständlich ist die Myopie dieser Art immer angeboren 
und kann wohl auch erblich werden. Sie macht sich alsbald geltend, 
sobald das Kind mit Objeeten der Aussenwelt sich zu beschäftigen 
anfängt und steigert sich von da an ganz gewöhnlich bis zur Grenze 
des Mannesalters, indem der fehlerhatten Bildungsanlage eonform der 
Bulbus fortfährt, sich vorwaltend nach der Längendimension zu ver- 
grössern, ohne dass damit eine verhältnissmässige Änderung des 
Refractionszustandes in dem dioptrischen Apparate parallel gienge. 

Es ist dieses jene Form der Myopie, welche man seit der Zeit, 
als die Schieloperation die Gemüther aller Oculisten aufregte, als 
mechanische oder musculare Kurzsichtigkeit zu be- 
schreiben pflegt. Man glaubt nämlich einen eausalen Zusammenhang 
supponiren zu dürfen zwischen der Verlängerung des Augapfels und 
der Thätigkeit seiner Muskeln. Doch haben die Untersuchungen der 
Neuzeit diesen Nexus als nicht gegeben herausgestellt, indem sie dar- 
thun, dass, falls die Augenmuskeln in der That Gestaltveränderungen 
des normalen Bulbus zu begründen stark genug wären, die Zugwir- 
kung derselben den Druck überbieten müsste und sodann in dem 
Widerstande der Orbitalgebilde einerseits und in dem Widerstande, 
welchen der Lidschliessmuskel und dieZugwirkung der geraden Augen- 
muskeln jener der beiden schiefen entgegensetzen, anderseits eher 
die Bedingungen für eine Axenverkürzung gegeben sein müssten. 
Die angeblichen Heilungen der Myopie durch Myotomie finden darin 
den Massstab ihres Werthes und es bedarf gar nicht weiter der Hin- 
weisung auf den Umstand, dass verschiedene Operateure die Heilung 
durch Trennung sehr verschiedener Augenmuskeln, bald der geraden, 


Die Accommodationsfehler des Auges. 227 


bald der schiefen, erzielt zu haben behaupten; während wieder die 
Durchschneidung eines und desselben, geraden oder schiefen, Mus- 
kels verschiedenen Berichterstattern zufolge ganz entgegengesetzte 
- Resultate gehabt haben soll. 

Ruete (Lehrb. der Ophth. 1853, S. 227) hat bereits die Un- 
richtigkeit jener Behauptungen erkannt und den Zusammenhang einer 
abnormen Thätigkeit der geraden Augenmuskeln mit Myopie theore- 
- tisch und praktisch in die richtigen Grenzen eingeengt. Er fand, dass 
in gewissen Fällen die Convergenz der Augenaxen ständig eine zu 
_ grosse sei und dem zufolge die Kranken nach und nach gewöhnt wer- 
den, nur nahe Gegenstände zu betrachten, worin eben ein ätiolo- 
gisches Moment der Kurzsichtigkeit gelegen ist, wie das später Mit-, 
zutheilende lehrt. Dass unter solchen Verhältnissen, und nur unter 
diesen, eine Myotomie von günstiger Wirkung sein könne, ist klar und 
wird auch durch die Erfahrung bestätiget. 

Häufiger noch, als in Krümmungsveränderungen der Sklerotika, 
finden Axenverlängerungen des Auges ihren nächsten 
Grund in einem normwidrigen Hervortreten des Cen- 
trums der Cornealvorderfläche. Insoferne nun Funetions- 
tüchtigkeit der Netzhaut zum Begriffe der Myopie als eines rein 
dioptrischen Fehlers gehört, sofort Ausdehnungen der vordern Skle- 
ralhälfte und damit auch Vergrösserungen der Hornhautöffnung aus- 
geschlossen sind: kann es sich hier nur um ein normwidriges Her- 
vortreten der Cornealmitte als Folge vermehrter Krümmung der 
Hornhaut, als Folge einer Verkürzung des Krümmungsradius, handeln. 
Der Radius der Cornealvorderfläche geht aber in die Brennweite des 
dioptrischen Apparates ein. 

Es ist für das redueirte Auge 


I u tere 

 Vortreibungen der Cornealmitte beeinflussen daher auf eine 
zweifache Weise die Länge und Lage der natürlichen Sehlinie mit 
demFernpunkte und verkürzen die Werthe derselben in einem, wahr- 
haft staunenerregenden hohen Grade ; denn es genügt z. B. ein Her- 
vorrücken des Cornealcentrums um 0184 mit sofortiger Verkür- 
zung des Krümmungshalbmessers der vorderen Hornhautoberfläche 
15* 


228 Stellwag. 


um 0"456, auf dass unter übrigens normalen Verhältnissen m Fern- 
punkt des Auges auf 3” heranrücke. 


Es sei Fig. II, 00! die verlängerte optische Axe des Auges, CC die 


Cornea, deren Öffnung ad—d=2%"25 angenommen wird. Der Radius der 
vorderen Cornealoberfläche sei be=ac=a=3"456, und nehme durch 
Hervortreten des Centrums 5 auf 5, um 0"456 ab, so dass b,c, =a, =a,—=3" 
wird. Es ist nun 

d 3 d 

a a—=0:651; — = sin = 0'175 


a4 


r—=1°58; siny= 00-1386 


be, =a — c=2816;b,b=a, — be, = 0184. 
In der Grundformel 


— a ek, 
Pı p fı 
erscheint daher 
Pı =9'934 + b,5—=10"118 und 


n,r e 1) 
m —8.6, wo r=3,: 
Es ist also 
n 
_Rr Ah _grg_ghr 
n Mm—fı 


So geringe Differenzen in dem Halbmesser der Hornhautkrüm- 
mung sind aber in der That dem freien Auge ganz unkenntlich, sie 
können nur durch die sorgfältigsten parallaktischen Messungen am 
Lebenden mit Sicherheit constatirt werden. Stampfer’s diesfäl- 
lige Untersuchungen haben nun zwar seinen mündlichen Mittheilungen 
zufolge eine Abhängigkeit der Myopie von solchen Krümmungsano- 
malien der Cornea bis jetzt noch in keinem Falle dargethan; doch 
zweifle ich nicht, dass die Kurzsichtigkeit bisweilen bei scheinbar 
normal gebildeten Augen allein auf Krümmungsabweichungen der 
Cornea beruhen möge; wobei ich indessen nicht umhin kann, noch- 
mals zu bemerken, dass es sich hier um ausnehmend kleine, dem 
freien Auge unmerkbare Differenzen handle, der von vielen Autoren 
behauptete Zusammenhang von Myopie mit sichtlich vergrösserter 
Vorderkammer, als mit einer Folge stärkerer Cornealwölbung, sofort 
nur ein eingebildeter und in ganz anderen Verhältnissen begrün- 
deter sei. | 


Die Aceommodationsfehler des Auges. 229 


Dem freien Auge merkbare Krümmungsanomalien involviren dem 
Gesagten zufolge schon Grade der Kurzsichtigkeit, welehe durch Con- 
cavbrillen, vermöge deren nothwendigen Abstand von der Cornea, 
bereits unverbesserlich sind und daher auch meisthin als amblyo- 
pische Schwäche des lichtempfindenden Apparates betrachtet und 
beschrieben werden. 

Sie kommen häufig vor, indem sie ebensowohl, wie die Abplat- 
tungen der Cornea, sehr günstige Chancen ihres Zustandekommens in 
Verletzungen und Geschwüren der Hornhaut mit nachfolgender An- 
bildung schrumpfender Narbensubstanz finden, Sie sind 
es, welche den Erfolg künstlicher Pupillenbildungen unge- 
mein oft völlig zu nichte machen, insbesondere aber excentrische 
Pupillen sehr stark in Misseredit gebracht haben. Excentrische Pupil- 
len werden eben nur angelegt, wo das Hornhautcentrum durch krank- 
hafte Processe getrübt ist, sofort die Bedingungen zur Abweichung 
der Krümmung gegeben sind; während centrale Pupillen in den aller- 
meisten Fällen nur bei völliger Integrität der Cornea, also bei nor- 
maler Krümmung ihrer Oberflächen, künstlich eröffnet werden können. 
Nur die völlige Vernachlässigung physicalischer Untersuchungen 
erklärt es, wie ein auf Prognose und Therapie so stark influenzirendes 
Moment gänzlich übersehen werden konnte, und unter den Indicatio- 
nen der Pupillenbildung bisher noch keine Stelle gefunden hat. Man 
zog es gründlichen Untersuchungen vor, einfach eine Amblyopie zu 
supponiren, wo künstliche Pupillen bei genügender Öffnung dennoch 
kein Sehen vermittelten und war sofort auch gezwungen, eine eigene 
Art von Amblyopie zu creiren, bei der der Kranke das Licht und wohl 
gar einzelne Abstufungen der Farbe zu unterscheiden vermag, durch 
die künstliche Pupille aber deutliche Wahrnehmungen nicht gewinnt. 

Es ist nach dem Gesagten an und für sich klar, dass Krümmungs- 
abweichungen höherer Grade, wie sie im durchsichtigen Corneal- 
staphylom mit Narbeneinlagerungen zur Beobachtung kommen, die 
Projection selbst verschwommener Bilder auf der Netzhaut und sofort 
auch die Wahrnehmung äusserer Objeete durch den Gesichtssinn 
völlig unmöglich machen und dieses um so mehr, als nicht einmal 
eine Correction durch geeignete Gläser denkbar erscheint. 

Hier nämlich, wie in dem vorigen Falle, geht nicht nur die 
Axenverlängerung des Auges und die Verkürzung des Krümmungshalb- 
messers der Cornea in die Verhältnisse ein, sondern auch eine Unre- 


230 Stellwag. 


gelmässigkeit der Krümmung, ein Heraustreten der Wölbung 
aus der Form einer Rotationsfläche und eine Schiefstellung ihrer Axe 
zur optischen Augenaxe. Das nothwendige' Resultat soleher Ano- 
malien sind natürlich Verzerrungen der auf der Netzhaut zu Stande 
kommenden Lichtbilder, indem die Liehtkegel, deren Durchschnitte 
jene Lichtbilder sind, selbst unregelmässig geformte werden. 

Bei höhergradigen Krümmungsabweichungen treten diese Ver- 
zerrungen nun wohl nicht leicht als solche in die Wahrnehmung, da 
die die Netzhaut treffenden Zerstreuungskreise zu gross sind, und in 
zu grosser Anzahl sich gegenseitig decken, als dass die Netzhaut die 
Form der einzelnen zu sondern im Stande wäre. Wohl aber machen 
sich diese Verzerrungen sehr bemerklich, wenn die nebenhergehende 
Axenverlängerung des Auges und die Verkürzung des Krümmungs- 
halbmessers der Hornhaut keine so bedeutende ist, dass der dritte 
Factor der Liehtbrechungsverhältnisse im dioptrischen Apparate nicht 
mehr ausreichen würde, um das Auge wenigstens für gewisse Objeets- 
distanzen zu accommodiren. Es paart sich dann die Myopie mit 
dem sogenannten Visus incorrectus oder Astigmatismus, 
d.i. Gegenstände, welche in die der deutlichen Sehweite des Auges 
stehen, oder mittelst Brillen .in die deutliche Sehweite scheinbar ver- 
setzt werden, erscheinen, der Krümmungsirregularität der Hornhaut 
entsprechend, nach dieser oder jener Richtung hin verlängert, 
verkürzt, gekrümmt, geknickt u. s. w. 

Leider gehen, obwohl Fälle von ausgesprochenem Kate 
nicht gar seltene Vorkommnisse sind, direete Messungen solcher Cor- 
nealverkrümmungen zur Zeit noch völlig ab, und es fehlen daher auch 
die nothwendigen Anhaltspunkte für eine wissenschaftliche Begrün- 
dung des Gesagten. Ein tieferes Eingehen in die Verhältnisse würde 
wahrscheinlich auf Irrwege führen, wesshalb ich mich darauf be- 
schränke, Cornealverkrümmungen als den häufigsten Grund des Astig- 
matismus anzudeuten. Es dünkt mir dieses mehr als wahrscheinlich 
in Anbetracht des überwiegenden Einflusses, welchen die Cornealvor- 
derfläche auf die Lichtbrechungsverhältnisse des Auges ausübt, und 
weiters in Anbetracht. einiger beobachteter Fälle, in welchen dem 
freien Auge sichtbare Unregelmässigkeiten der Cornealvorderfläche 
und der von ihr refleetirten Spiegelbilder mit formell ganz ent- 
sprechenden Verkrümmungen der Netzhautbilder erwiesen werden 
konnten. | 


Die Accommodationsfehler des Auges. 231 


So stark aber auch Axenverlängerungen des Auges und Krüm- 
mungsdifferenzen der Cornea die Länge und Lage der absoluten Seh- 
weite beeinflussen, so lässt sich dennoch die überwiegende 
Wichtigkeit des drittgenannten Factors keinen Augen- 
bliek übersehen. Nicht sowohl die Grösse seiner möglichen Schwan- 
kungen, als vielmehr die Häufigkeit seiner Abweichungen von der 
Norm sind es, welche ihn zu der ergiebigsten Quelle von dioptrischen 
Gesichtsfehlern, zur häufigsten Ursache der Kurzsichtigkeit machen. 
Er ist Function mehrerer veränderlicher Grössen, er wächst und fällt 
mit diesen in geraden, aber sehr verschiedenen Verhältnissen, daher 
denn auch Abweichungen dieser Grössen von der Norm die Licht- 
brechungsverhältnisse des dioptrischen Apparates mittelbar durch die 
Variationen des genannten Factors in sehr differenten Graden modifi- 
eiren und einer speciellen Erörterung nothwendig bedürfen. Die 
richtige Beurtheilung der einzelnen Grössen je nach ihrem Einflusse 
auf den Refractionszustand des Auges führt dann unmittelbar zur Ein- 
sicht in jene Abweichungen, welche Combinationen solcher Fehler in 
den optischen Wahrnehmungen nothwendig bedingen müssen. 

Der anatomischen Ordnung folgend, drängt sich dem Forscher 
zuerst das Gefüge der Hornhaut auf, welches durch seinen 
Brechungsexponenten die Refractionszustände des Auges 
influenzirt. Leider ist nicht einmal der normale Werth desselben 
mit der wünschenswerthen Genauigkeit eruirt, viel weniger sind es 
daher die Grenzen, innerhalb welchen derselbe ohne Beeinträchti- 
gung der normalen Structurverhältnisse und der optischen Gleich- 
artigkeit zu schwanken fähig ist. Man kann demnach Differenzen des 
Cornealbreehungsexponenten bisher nur als mögliche Quellen dioptri- 
scher Gesichtsfehler ansehen, ohne irgend eine Basis zu haben, auf 
welche sich Vermuthungen über die Häufigkeit und Grösse dieser 
Abweichungen bauen liessen. 


Eine Erhöhung des Brechungsexponenten von 1°339 auf 1°4 und eine 


sofortige Substitution m; — und m; =1'4 in die Formeln ergibt 


d = — 0"0329, also D—= — 3039, ein Hereinrücken des Fernpunktes auf 30"39. 


Der Parallelismus der beiden Oberflächen der Descemeti 
und die jedenfalls geringe Differenz zwischen dem Brechungsexponen- 
ten der Cornealsubstanz und des Humor aqueus, die Kleinheit des 
relativen Brechungsexponenten für die Lichtrefraction an der Hinter- 


232 Stellwag. 


fläche der Cornea macht, dass Krümmungsanomalien dieser letzt- 
genannten Trennungsfläche unter allen Verhältnissen nur sehr 
geringfügige Änderungen in der Länge der hinteren Vereinigungs- 
weite der Lichtstrahlen begründen können, Änderungen, welche 
nahezu verschwindend genannt werden dürften, da eben namhafte 
Krümmungsabweichungen der: hinteren Cornealfläche ohne solche der 
vorderen kaum denkbar erscheinen und der dioptrische Effeet der 
letzteren dann nothwendig unverhältnissmässig vorschlagen muss. 

Der vorgenannte Grund macht denn auch Abweichungen des 
Humor aquweus bezüglich seiner Dichtigkeit, so weit dieses ohne 
Verlust der optischen Gleichartigkeit möglich ist, unfähig, als selbst- 
ständige Quelle merkbarer dioptrischer Gesichtsfehler aufzutreten. 
Wohl aber sind Verminderungen seiner Masse durch 
Verkürzung der Kammeraxe und sofort durch Vergrösserung 
des Netzhautabstandes vom optischen Centrum des dioptrischen 
. Apparates fähig, vorübergehend und selbst dauernd Myopie zu 
erzeugen, wobei es natürlich sich von selbst versteht, dass es sich 
hier nur um ganz bedeutende Differenzen in der Kammeraxenlänge 
handeln könne. 

Es liegt auf der Hand und bedarf keines näheren Beweises, dass 
Diehtigkeitszunahme desKrystallkörpers den Ablenkungs- 
winkel der passirenden Lichtstrahlen vergrössern und sofort in der 
mit dem Lebensalter allmählich fortschreitenden Entwickelung der 
Krystalllinse ein Moment gegeben sein müsse, welches auf die Lage 
des Fernpunktes bestimmend mitwirkt, denselben hereinrückt. Und 
doch lehrt die tägliche Erfahrung das Gegentheil, sie stellt es 
ausser Zweifel, dass der Regel nach die Überschreitung des vierzig- 
sten Lebensjahres bei unveränderter Lage des Fernpunktes den 
Nahepunkt in einem namhaften Grade hinausschiebe, dass die Periode 
des höheren Mannesalters sich meisthin mit Weitsichtigkeit- paare, 
wenn früher das Auge ein normalsichtiges gewesen war. 

Es ist dieses ein scheinbarer Widerspruch, welcher sich jedoch 
sehr leicht löst, wenn man in Betracht zieht, dass die relativen 
Brechungsverhältnisse der Linse, welche hier massgebend sind, mit 
der Zunahme des absoluten Brechungsexponenten nicht in gleichem 
Verhältnisse wachsen und abnehmen, sondern in einem viel geringe- 
ren; dass sofort ihre möglichen Variationen, vermöge der Engheit 
ihrer Grenzen, rücksichtlich des Einflusses auf die Ablenkung der 


Die Accommodationsfehler des Auges. 233 


Lichtstrahlen zurückbleiben hinter dem Effecte, welchen die bedeu- 
tenden Differenzen, deren die Krümmungshalbmesser der vielen 
Trennungsflächen der Linse in der Norm fähig sind, unzweifelhaft 
erkennen lassen, indem eben die Accommodation des Auges für die 
- Nähe erwiesener Massen nur das Resultat einer Verkürzung der 
Krümmungsradien sämmtlicher Trennungsflächen des Krystalles dar- 
stellt. Diese Verkürzung des Krümmungsradius der einzelnen Tren- 
nungsflächen setzt nun eine gewisse Biegsamkeit der den Krystall 
zusammensetzenden Schichten voraus; mit der Verdichtung der 
Linsenelemente wächst aber der Widerstand, welcher dem Accom- 
modationsmuskel entgegengesetzt wird, und sofort verengern sich 
auch die Grenzen, innerhalb welchen der Krystall seine Krümmungs- 
halbmesser zu wechseln im Stande ist, der Nahepunkt rückt hinaus 
und das ist es eben, was man im Allgemeinen als Weitsichtigkeit 
betrachtet. 

So wichtig also auch die Dichtigkeitsverhältnisse des Krystalles 
in Bezug auf die Dioptrik des Auges seien, so können sie doch nur 
als untergeordnete Momente angesehen werden; die Form des 
Krystalles überwiegt sie offenbar um ein Bedeutendes, nicht nur 
bezüglich ihres Einflusses auf die Lichtablenkung, sondern auch in 
Bezug auf die Häufigkeit der Fälle, in welcher sie dioptrische 
Gesichtsfehler bedingt. Es unterliegt dieses nach den Resultaten, 
welche die Untersuchungen myopischer Augen mittelst des Cramer'- 
schen Ophthalmoskopes geliefert haben, keinem Zweifel (Het Accom- 
modatievermogen ete., pag. 146), denn die Stellung der Linsen- 
spiegelbilder ist jener gleich, welche in normalsichtigen Augen 
während deren Accommodation für die Nähe beobachtet wird; das 
Spiegelbild der vorderen Linsenfläche erscheint kleiner und von 
jenem der hinteren Fläche um ein Namhaftes entfernt, ein Verhält- 
niss, welches nur allein aus einer Convexitätsvermehrung der beiden 
Kapselhälften erklärbar ist und eine Verkürzung der Krümmungs- 
radien der einzelnen Trennungsflächen des Krystalles nothwendig in 
sich schliesst. Leider fehlen noch Messungen dieser zu beobachten- 
den Formveränderungen des Krystalles und damit auch die Anhalts- 
punkte für Schlüsse auf die Grösse jener Abweichungen, welche 
bestimmten Graden der Kurzsichtigkeit entsprechen. 

In der Verbindung des Ophthalmoskopes mit zweckdienlichen 
Messapparaten eröffnet sich der physiologischen und pathologischen 


2A Stellwag. 


Optik ein weites Feld künftiger Forschungen, welchen nicht nur 
diese Lücke auszufüllen vorbehalten ist, sondern welche auch 
‘bestimmt sind, zur richtigen Einsicht in jene Verhältnisse zu führen, 
in welchen die beobachteten Krünmungsdifferenzen der Trennungs- 
flächen des Krystalles zu anderen, dioptrische Gesichtsfehler 
begründenden, Momenten steht; denn es lässt sich nach dem vorhin 
Gesagten nicht übersehen, dass die Convexitätsvermehrung der 
Krystallschiehten in manchen Fällen als nöthiges Correetionsmittel 
von Anomalien anderer Bestandtheile des dioptrischen Apparates zu 
fungiren berufen sein könne. 

Krümmungsabweichungen des Krystalles sind bisweilen ange- 
boren. Die Möglichkeit des Vorkommens einer in Formfehlern 
der Linse begründeten Myopia eongenita erscheint sofort 
unleugbar. Den bisherigen Beobachtungen zufolge dürfte sie öfter 
mit Visus incorrectus gepaart sein, da eben dem freien Auge erkenn- 
bare Krümmungsanomalien bisher immer mit auffälliger Unregel- 
mässigkeit der Wölbung verbunden gesehen wurden, 

Ähnliche Irregularitäten hängen jenen Krümmungsabweichun- 
gen des Krystalles an, welche in manchen seltenen Fällen in Folge 
gestörter Vegetationsverhältnisse der Linse, partieller staariger Zer- 
fällniss und Aufsaugung, erworben werden und sofort auch einer mit 
Astigmatismus combinirten Myopia acquisita zu Grunde liegen 
können. | 

Jedenfalls verschwinden diese Fälle ihrer Zahl nach gegen jene, 
in welchen die der Myopie zu Grunde liegenden Con- 
vexitätsvermehrungen des Krystalles in Folge über- 
mässiger und anhaltender Anstrengung des Accom- 
modationsmuskels erworben und frei von Irregulari- 
täten sind, indem eben der Accommodationsmuskel mittelbar 
durch das Petit'sche Wasser auf die Peripherie der Linse und zwar 
auf alle Punkte derselben gleichmässig wirkt, Verkrümmungen der 
Oberflächen und damit auch alle übrigen Trennungsflächen sofort 
ausschliesst. Das Zusammenhalten der Resultate, welche das Cra- 
mer’sche Ophthalmoskop liefert, mit den Ergebnissen statistischer 
Forschungen über das Vorkommen und den möglichen ätiologischen 
Grund der Myopie lassen darüber keinen Zweifel. 

Es stellen die letzteren nämlich mit Bestimmtheit heraus, dass 
die Erwerbung der Myopie in den allermeisten Fällen in die 


Die Accommodationsfehler des Auges. 235 


Periode zwischen dem achten und sechzehnten Lebensjahre falle, und 
dass damit nicht etwa Evolutionsverhältnisse im nächsten Zusammen- 
hange stehen, sondern nur allein die Anstrengungen, welche der 
Aceommodationsapparat in dieser Lernepoche behufs der Erwer- 
bung von Kenntnissen oder gewisser manueller Fertigkeiten zu 
. machen gezwungen wird; denn ein bedeutendes procentarisches 
‘ Verhältniss der Myopen zu Normal- und Weitsichtigen findet sich 
nur dort, wo eben diese Bedingungen gegeben sind: bei Jünglingen, 
welche sich den ernsteren Studien widmen, oder aber ihr Fort- 
kommen in Geschäften suchen, die ein anhaltendes Sehen in die 
nächste Nähe erfordern, endlich bei Mädchen jener Bürgerclassen, 
welche ihre Lebenszeit nicht im Nichtsthun vergeuden können, 
sondern angewiesen sind, sich in feineren weiblichen Arbeiten eine 
Quelle redlichen Erwerbes zu eröffnen. 

Eine gewisse, in den Organisationsverhältnissen des Auges 
begründete Anlage zur Myopie lässt sich nun freilich nicht abstreiten, 
weil eben die Zahl der die Kurzsichtigkeit acquirirenden Individuen 
der genannten Kategorien nur eine procentarische, wenn auch hohe 
ist. Ja die Existenz einer solchen Disposition lässt sich sogar durch 
Thatsachen begründen. 

Blastieität ist nämlich als Attribut des normalen Krystalles nach- 
gewiesen. Sie gibt das Moment ab, welches den Krystallkörper zur 
früheren Form zurückführt, wenn er unter dem Drucke des Accom- 
modationsmuskels seine Krümmungshalbmesser verkürzt hatte und 
der Contraetionsnisus dieses Muskels verringert wird. Doch ist diese 
Blastieität keine absolute. Cramer (l. ce. p. 144) hat dieses schon 
durch die Beobachtung nachgewiesen, dass an den ausgeschnittenen 
Augen frisch getödteter Seehunde der Krystall die Fähigkeit verliere, 
in seine normale Form zurückzukehren, wenn er längere Zeit hin- 
durch in Folge eines heftigen, auf den Accommodationsmuskel ein- 
wirkenden, elektrischen Stromes gedrückt und in der das Nahesehen 
vermittelnden Gestalt erhalten worden war. Ein ganz gleiches Ver- 
hältniss offenbart sich am lebenden Menschen. Anhaltendes, ange- 
strengtes Sehen in die nächste Nähe, anhaltende Arbeiten am 
Mikroskope oder'Fernrohre u. s. w. machen das Auge vorübergehend 
kurzsichtig und diese Kurzsichtigkeit ist eben nichts als der Ausdruck 
für eine, nach Aufhören des Accommodationsdruckes andauernde 
Convexitätsvermehrung der Linse, also für eine zeitweilige Unfähigkeit 


286 Stellwag. 


des Krystallkörpers, unter allmählicher Vergrösserung des Fernpunkt- 
abstandes in seine frühere Form zurückzukehren, für die, durch 
anhaltende Spannung herbeigeführte Schwächung, Verminderung 
seiner Elastieität. | 

Das Mass der Adaptionsanstrengungen, welches in jedem ein- 
zelnen Falle erfordert wird, um die Elastieität des Krystalles vor- 
übergehend in einem gewissen Grade zu schwächen, sowie die Zeit, 
innerhalb welcher die Linse unter solchen Verhältnissen in ihre 
frühere Form zurückgeht und sofort das für die nächste Nähe adap- 
tirte Auge wieder für‘die natürliche Sehlinie einrichtet, ist nun eine 
nach den Individuen variable. Manche Augen vertragen sehr anhal- 
tende und sehr intensive Anstrengungen des Accommodationsappara- 
tes, ohne dass die darauf sich einstellende Myopie hohe Grade 
erreicht und länger als einige Minuten andauert. Andere Augen hin- 
gegen offenbaren schon nach relativ kurzen Intentionen für sehr 
grosse Nähe ihre Affecetion durch hochgradige und viele Stunden 
andauernde Myopie. In diesen Verhältnissen spricht sich klar eine 
individuelle Verschiedenheit der dem Krystallkörper zukommenden 
Rlastieitätsgrade aus und geringe Grade von Elastieität sind eben das, 
was man als disponirendes Moment der Myopie bezeichnen kann. 

Die Elastieität lässt sich nämlich gewissermassen als der Aus- 
druck des Widerstandes betrachten, welchen die Theilchen einer 
gegenseitigen Verschiebung, nicht Trennung, von Seite einer 
äussern Kraft entgegensetzen. Je geringer die Elastieität, je geringer 
der Widerstand der Theilchen ist, um so früher und leichter können 
sie in ihrer gegenseitigen Verschiebung wieder ins Gleichgewicht 
treten, d. h. die Fähigkeit verlieren, in ihre frühere gegenseitige 
Lage zurückzukehren. Die Anwendung dessen auf den Krystallkörper 
als den dioptrischen Theil des Accommodationsapparates macht jede 
weitere Erörterung über den Zusammenhang anhaltender Adaptions- 
bestrebungen für die Nähe mit ständigen Convexitätsvermehrungen 
der Linse, wie sie sich objeetiv durch die Stellung und Grösse der 
Spiegelbilder, subjeetiv durch Kurzsichtigkeit offenbaren, über- 
flüssig; ja selbst das schnellere und langsamere Zustandekommen 
höherer und niederer Grade der Myopie findet darin eine genügende 
Erklärung. 

Ist Verlust der Elastieität sofort gleichbedeutend mit Herstellung 
des Gleichgewichtszustandes in den Attractionskräften der aus ihrer 


Die Accommodationsfehler des Auges. 237 


normalen Stellung verschobenen Theilchen, so ist es klar, dass der 
Grad einer solchermassen erworbenen Myopie im Verhältnisse stehen 
müsse zur Grösse des bedingenden Acecommodationsdruckes; dass 
um so höhere Grade der Myopie in dem genannten ätiologischen 
‘Momente ihren Entstehungsgrund finden, je stärkere Intentionen 
des Accommodationsmuskels eine bestimmte anhaltende Beschäftigung 
erheischt; dass Graveure, Uhrmacher u. dgl. sohin leicht höhere 
Grade der Kurzsichtigkeit acquiriren, als Schreiber u. s. w., dass 
endlich die üble Gewohnheit mancher Kinder, zu betrachtende 
Objecte über Bedarf dem Auge zu nähern, die Myopie verhältniss- 
mässig zu steigern fähig sei. 

Es ist aber auch klar, dass auf solche Weise der Fernpunkt des 
Auges niemals über das jenseitige Ende jener Linie hereingerückt 
werden könne, für welche der dioptrische Apparat während der die 
Myopie begründenden Beschäftigungen eingerichtet ist, dass sofort 
der Grad der Myopie in dem zur Arbeit erforderlichen Aecommo- 
dationszustande seine obere Grenze finde, welche er nie übersteigen 
kann, ja weithin in den meisten Fällen nicht einmal erreicht, indem 
eben die Elastieität des Krystalles immerhin eine sehr bedeutende ist 
und ein völliger Verlust derselben bezüglich der spannenden Kräfte 
nicht leicht eintreten kann. Es handelt sich daher, wie auch die 
Erfahrung bestätiget, meisthin nur um eine Verminderung der 
Elastieität; die Theilchen streben mit dem Nachlassen des 
 Aecommodationsdruckes noch immer in ihre frühere Lage zurück- 
zukehren, sie kommen aber früher ins Gleichgewicht, als sie diese 
erreicht und daher die verkürzten Krümmungsradien ihre normale 
Länge wieder erlangt haben. 

Es liegt daher auf der Hand, dass diese ätiologische Form der 
Myopie so wenig wie die übrigen Formen, bei welchen der Accom- 
modationsapparat ganz unberührt bleiben kann, die Adaptionsfähig- 
keit des Auges nothwendig aufhebe, indem eben die Funetionstüchtig- 
keit des Accommodationsmuskels und der Rest der Linsenelastieität 
einen Gestaltwechsel des Krystalles fürder noch ermöglichen ; die 
ständig gewordene Verkürzung der Krümmungshalbmesser schliesst 
nur eine Verkürzung der absoluten Sehweite durch Hereinrückung des 
Fernpunktes in sich, die Lage des Nahepunktes wird nur mittelbar 
von ihr beeinflusset, betreffs deren ist nur die fortan noch wirksame 
Grösse des Accommodationsdruckes bestimmend. 


238 Stellwag. 


Wie jeder andere Muskel ist nun auch der die Accommodation 
für die Nähe vermittelnde der Übung fähig. Die tägliche 
"Erfahrung lehrt es, dass namhaftere Anstrengungen des Accommo- 
dationsapparates, z. B. beim Mikroskopiren, anfänglich leicht Gefühle 
des Missbehagens, selbst Schmerzen im Auge u. s. w. hervorrufen, 
späterhin aber leicht ohne alle lästigen Empfindungen durch Stunden 
fortgesetzt werden können und dieses nicht nur dort, wo der Accom- 
modationsmuskel durch ständige Convexitätsvermehrung des Krystalles 
grösserer Mühewaltungen überhoben worden ist, sondern auch in 
jenen Fällen, wo bei Integrität der Linsenelastieität der Aceommo- 
dationsmuskel nach wie vor einen gleichen Widerstand zu über- 
winden hat. Es spricht sich hierin eine Erstarkung des fraglichen 
Muskels aus und darf ich auf einige diesfällige Untersuchungen 
Schlüsse bauen, so muss ich die erwähnte Erstarkung einer Massen- 
zunahme, einer Vermehrung der componirenden Muskelfibrillen, auf 
Rechnung setzen. 

Bei der in Rede stehenden ätiologischen Form der Myopie sind 
die Theilchen der Linse nur für den, einem gewissen Accommo- 
dationsdrucke entsprechenden Grad gegenseitiger Verschiebung ins 
Gleichgewicht getreten. Für jede grössere Verschiebung von 
Seite des auf sie wirkenden Aceommodationsdruckes besteht ein 
solches Gleichgewicht noch nicht. In der Erstarkung des 
Accommodationsmuskels liegt nun das Moment, welches 
den Accommodationsdruck über das normale Maximum zu erheben 
und sofort Krümmungsvermehrungen der Linse zu vermitteln im 
Stande ist, wie sie in dem normalen Auge nicht ermöglicht 
sind. Es ist sofort die Möglichkeit gegeben, dass die Herein- 
rückung des Fernpunktes, welche durch die Convexitätsvermehrung 
der Linse gesetzt wird, in Folge der Erstarkung des Accommo- 
dationsmuskels durch Annäherung des Nahepunktes an das Auge 
gleichsam recompensirt werde und in der That lehren Unter- 
suchungen kurzsichtiger Augen hinsichtlich der Länge und Lage 
der absoluten Sehweite, dass ihr Nahepunkt sehr oft die dem 
‚normalen Auge vorgezeichnete Grenze gegen die Hornhaut hin über- 
schreite, dass kurzsichtige Augen noch scharfe und deutliche Wahr- 
nehmungen von Objecten vermitteln könnnen, welche ihrer allzu- 
grossen Nähe wegen von Normalsichtigen nur in Zerstreuungskreisen 
gesehen werden. 


Die Accommodationsfehler des Auges. 239 


Doch hat natürlicher Weise die Erstarkung des Accommo- 
dationsmuskels und sofort auch die Verkürzung des Nahepunktabstan- 
des ihre Grenze; anderseits aber liegt in der, die Kraftzunahme des 
Muskels begründenden Übung des Accommodationsapparates für die 
Nähe gerade das Moment, welches bei gegebener Disposition, bei 
vorhandenem Elastieitätsmangel des Krystalles, dessen Krümmungs- 
halbmesser und damit auch den Fernpunktabstand fort und fort zu 
verkürzen im Stande ist. 

Daraus ergibt sich klar der Erfolg überspannter Anstrengungen 
des Accommodationsapparates zum Zwecke des Nahesehens, wie sie 
namentlich häufig durch den Gebrauch zu scharfer Brillengläser 
bedingt werden, welche schon, wie gesagt, die Bilder unendlich 
ferner Objeete diesseits des Fernpunktes des damit bewaffneten 
Auges entwerfen und sofort den Accommodationsapparat. gar nie zur 
Ruhe kommen lassen, sondern einen um so grösseren Accommo- 
dationsdruck auf die Linse erforderlich machen, je schärfer sie sind 
und je geringer die Distanzen der Objecte sind, mit welchen sich 
das Auge anhaltend zu beschäftigen gezwungen wird. Anfänglich 
stränbt sich das Auge gegen den fortgesetzten Gebrauch der unpas- 
senden Brille und beurkundet das Übermass seiner Belastung durch 
reactive Erscheinungen im Gefäss- und Nervensysteme. Doch bald 
gewöhnt es sich und zwar um so früher, je geringer eben die 
Elastieität des Krystalles, je grösser die Disposition zur Myopie 
ist. Wenige Tage reichen oft aus, also ein Zeitraum, innerhalb wel- 
chem eine entsprechende Erstarkung des Muskels nicht wahrschein- 
lich ist, daher eine Verminderung des dem Accommodationsdrucke 
entgegentretenden Widerstandes nothwendig angenommen werden 
muss. Diese Verminderung des Widerstandes involvirt aber den 
Gleichgewichtszustand in den Attraetionskräften der aus ihrer frü- 
heren gegenseitigen Lage verschobenen Theilchen, sofort eine ent- 
sprechende Vermehrung der Linsenconvexität, womit denn auch der 
dioptrische Apparat für kürzere Distanzen eingestellt und sofort der 
Accommodationsapparat seiner Arbeit enthoben wird, so lange es 
sich um Objecte einer gewissen Entfernung handelt, einer Ent- 
fernung nämlich, welcher in Bezug auf die Lichtbrechung in der 
Brille der um den Abstand der Brille vom Auge verminderte 
Abstand des nunmehrigen Fernpunktes des freien Auges conju- 
girt ist. 


240 Ä Stellwag. 


Würde das mit der fraglichen Brille bewaffnete Auge sich fortan 
nur mit sehr entfernten Gegenständen beschäftigen, so wäre in der 
ununterbrochenen Ruhe des Accommodationsmuskels eine Stabilität 
der diesweiligen natürlichen Sehlinie begründet. Brillenbewaffnete 
Augen beschäftigen sich aber, wie wohl Niemand zweifeln wird, 
abwechselnd mit Objecten sehr verschiedener Distanzen und bethäti- 
gen sofort den Accommodationsmuskel bald mehr, bald weniger. In 
dieser Bethätigung liegt eben das Moment für die Convexitätsver- 
mehrung der Linse und damit für eine weitere Hereinrückung des 
Fernpunktes. Wenn also auch zu scharfe Brillen eine Zeit lang, nach 
entsprechender Convexitätsverstärkung der Linse, passend werden 
können, so liegt in ihrem Gebrauche doch schon der Keim ihres 
endlichen Nichtzureichens, sie müssen, um die Tragweite des Auges 
ins Unendliche auszudehnen, um so rascher mit noch schärferen ver- 
wechselt werden, je weiter ihre Brennweite in die absolute Sehweite 
des Auges hineinfällt, weil damit im Verhältnisse die Grösse des für 
eine jede Objectsdistanz erforderlichen Accommodationsdruckes 
wächst. 

Es ergibt sich aus allem dem sogar klar, dass selbst in der eben 
fixirten Bedeutung passende Brillen endlich für grössere Distanzen 
unzureichend werden und einen Tausch mit schärferen Gläsern noth- 
wendig machen können, ja dass der brillentragende Myops sogar 
der Regel nach von Zeit zu Zeit zur Wahl von Brillen mit kürzerer 
Brennweite sich gezwungen fühlen werde, weil er es eben kaum ver-. 
meiden kann, durch Betrachtung näher gelegener Objeete und sofor- 
tige Intention des Aecommodationsmuskels die en für weitere 
Vermehrung der Linsenconvexität zu setzen. 

Immerhin jedoch sind die Chancen für Verstärkung der Kurzsich- 
tigkeit bei dem Gebrauche passender Brillen nur gering zu nennen 
und sie können auf das Minimum gebracht werden durch zweckdien- 
liche, d. i. ausschliessliche Benützung der Gläser zum Sehen in Fer- 
nen, in welche das freie Auge nicht trägt. In der Nichtbeachtung 
dieser Regel, in der gleichmässigen Benützung der Concavgläser zum 
Sehen in die Ferne und in die nächste Nähe liegt der Grund dessen, 
dass brillentragende Myopen häufig ihre Brillen wechseln und rasch 
zu schärferen und schärferen Zerstreuungslinsen übergehen müssen. 
Und doch ist die in dieser Regel gesetzte Beschränkung nichts weni- 
ger als sehr empfindlich, wie sich leicht einsehen lässt, wenn man 


Die Accommodationsfehler des Auges. 241 


ins Gedächtniss zurückruft, was ich über die Länge der äusseren 
Acceommodationslinien eines brillenbewaffneten Auges gesagt habe. 
Die hohe Bedeutung einer richtigen Wahl der Brille tritt hier 
‚ abermals in die Anschauung. Sie drängt sich noch mehr in den Vor- 
dergrund, wenn man berücksichtigt, dass die Concavlinse nicht nur 
den Fernpunkt, sondern auch den Nahepunkt hinausrückt, die absolute 
Sehweite des brillenbewaffneten Auges sofort relativ zu jener des 
normalsichtigen freien Auges verkürzt werden müsse, wenn der 
_ Convexitätszunahme der myopischen Linse nicht eine entsprechende 
Erstarkung des Accommodationsmuskels parallel geht; dass diese 
Erstarkung aber einerseits ihre Grenze habe und keinesweges in 
jedem Falle gegeben sei, ‚vielmehr in sehr vielen Fällen hinter dem 
erforderlichen Masse zurückbleibe, häufig sogar vollkommen Null sei. 
Die allmähliche Zunahme der Myopie führt am Ende also jeden- 
falls zur Verkürzuug der absoluten Sehweite, sie paart sich mit 
Schwäche des Accommodationsvermögens. Kommen die 
Elementartheilchen der Linse zuletzt sogar in jener Lage ins Gleich- 
gewicht, in welcher sie durch den grössten Kraftaufwand des 
Accommodationsmuskels versetzt werden konnten; hat sohin der 
Krystall für das Maximum des Aceommodationsdruckes seine Rlasti- 
eität verloren und erstarkt fortan der Muskel nicht weiter: so ist 
die Accommodation für verschiedene Entfernungen 
_ aufgehoben, das Auge hat nur mehr eine einzige Accommodations- 
linie und das ist die natürliche Sehlinie, welche um so kürzer 
ist, je höhere Grade die Myopie erreicht hat, so zwar dass endlich 
Nahe- und Fernpunkt nahezu zusammenfallen. | 
Alle ausserhalb der natürlichen Sehlinie, bei blosser Schwäche 
des Accommodationsvermögens alle ausserhalb der verkürzten ab- 
soluten Sehweite, gelegenen Objeete können nur in Zerstreuungs- 
kreisen gesehen werden und da Coneavgläser nur in der Erzeugung 
scheinbarer Bilder innerhalb der absoluten Sehweite des myopi- 
schen Auges ihre Nutzanwendung finden, können sie nur scharfe 
und deutliche Wahrnehmungen von Objeeten vermitteln. helfen, 
deren Distanz einem Punkte in der absoluten Sehweite des Auges 
conjugirt ist. . Verschiedene Objectsdistanzen erfordern einsicht- 
licher Weise dann Brillen differenter Brennweiten, sollen scharfe 
und deutliche Bilder des Gegenstandes auf der Netzhaut erzeugt 
werden und umgekehrt ist die Leistungsfähigkeit jeder einzelnen, 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. I. Hft, 16 


‚2u2 .  Stellwag. 


übrigens entsprechenden Brille eine um so geringere, je geringer 
eben der Rest des Accommodationsvermögens ist. 

Die Schwächung des Accommodationsmuskels ist unter den 
genannten Umständen eine relative. Der Accommodationsmuskel kann 
seine normale Kraft behalten haben oder wohl gar erstarkt sein, aber 
sein Einfluss auf die Gestalt der Linse ist geschwächt oder aufgeho- 
ben, da eben deren Theilchen in der, dem Maximum des Accommo- 
dationsdruckes nahezu oder völlig entsprechenden, gegenseitigen 
Lagerung bereits ins Gleichgewicht getreten sind. Es liegt am Tage, 
dass Vermehrung des Widerstandes von Seite des 
Krystalles bei unveränderter Druckkraft des Muskels zu ähnlichen 
Resultaten führen müsse. In der mit dem Lebensalter all- 
mählich fortschreitenden Verdichtung des Krystalles 
sind nun die Bedingungen für eine derartige Resi- 
stenzzunahme desselben gegeben und dass sich diese Ver- 
diehtung der Linse in der That geltend mache, lehren die Verände- 
rungen, welche das Accommodationsvermögen kurzsichtiger Augen 
in den späteren Lebensjahren der Regel nach eingeht. Die Überein- 
stimmung dessen, was die tägliche Erfahrung auf dem Wege genaue- 
rer Untersuchungen herausstellt, mit den Folgen, welche sich aus 
einer Verdichtung des Krystalles theoretisch ableiten lassen, ist eine 
zu grosse, als dass man an dem innigen Causalnexus zwischen jenen 
Veränderungen in der absoluten Sehweite des Myops und der Ver- 
dichtung der Linse einen Augenblick zweifeln könnte. 

Die Resistenzzunahme der Linse involvirt nach 
dem Vorhergehenden die Schwierigkeit einer Con- 
vexitätsvermehrung in den Trennungsflächen des 
Krystalles. Dem ganz entsprechend gehört denn auch eine weitere 
Verkürzung des Fernpunktabstandes im myopischen Auge während 
der zweiten Hälfte des Lebensalters zu den Seltenheiten. Die Erwer- 
bung sowohl als dieallmähliche Zunahme der Kurzsichtigkeit sind Prä- 
rogative der Jugend, während welcher der Krystall weich und bieg- 
sam ist. Das reifere Alter müsste die Acquisition und die Vergrös- 
serung eines vorhandenen Grades von Myopie ausschliessen, wenn 
dafür in Axenverlängerungen des Bulbus und in Krümmungsvermeh- 
rungen der Cornea nicht weit wirksamere Ursachen gegeben wären. 

Anderseits stimmt damit ganz gut die allbekannte Thatsache 
überein, dass die Myopie in den höheren Mannesjahren sich scheinbar 


Die Accommodationsfehler des Auges. 243 


etwas vermindere, indem der Kurzsichtige die Fähigkeit verloren 
hat, Objeete in so grosser Nähe scharf und deutlich zu sehen, wie 
früher und auch in der Leistungsfähigkeit seiner bisher gebrauchten 
Brille eine Abnahme verspürt, da dieselbe mit einem Zerstreuungs-. 
glase von längerer Brennweite vertauscht werden muss, wenn es sich 
um Objectsdistanzen handelt, welche vordem noch in der absoluten 
Sehweite des mit der gewohnten Brille bewaffneten Auges lagen und 
zwar nahe dem Nahepunkte desselben, aber bereits jenseits des Fern- 
punktes des freien Auges. Die behauptete Übereinstimmung springt 
klar hervor, wenn man bedenkt, dass in diesen Verhältnissen sich ja 
eben die, durch den erschwerten Gestaltwechsel des Krystalles 
begründete Hinausschiebung des Nahepunktes im freien und brillen- 
bewaffneten Auge ausspreche. | 

Die vermeintliche Abnahme der Myopie erweist sich sohin nur 
als eine scheinbare, sie ist eigentlich eine Verkürzung der 
absoluten Sehweite, bedingt durch Schwächung oder 
Aufhebung der Druckwirkung des Accommodations- 
muskels, sie ist eine Annäherung des Nahepunktes an den Fern- 
punkt, welcher letztere der Regel nach unverrückt seine Stellung zum 
Auge bewahrt, wie sich eines Theils theoretisch aus dem relativen 
Verluste der Linsenelasticität, anderseits thatsächlich aus directen 
Untersuchungen und aus der unveränderten Leistungsfähigkeit der 
gewohnten Brille bezüglich ferner Öbjecte ergibt. 

Dabei darf jedoch der Umstand nicht vergessen werden, dass die 
Verdichtung der Linse mit Abnahme ihrer Pellueidität einhergehe 
und diese Verminderung der Durchsichtigkeit bei Betrachtung ferner 
Objecte leicht die Lichtabsorption von Seite der Luft fühlbar machen 
könne; daher Versuche mit schwächeren Brillen zur Constatirung der 


"Unveränderlichkeit des Fernpunktes unerlässlich sind. Diese werden 


der Regel nach ein negatives Resultat ergeben, aber nicht constant, 
weil eben in der möglichen Axenverkürzung des Auges und Krüm- 
mungsverminderung der Cornea Momente liegen, welche unabhängig 
von der Linsengestalt die Lage des Fernpunktes verrücken. 

Aber auch abgesehen von diesen letztgenannten Momenten lässt 
sich die Behauptung mancher Autoren, mit zunehmendem Le- 
bensalter eine Vergrösserung des Fernpunktabstan- 
des und sofort die Nothwendigkeit eines Überganges 
zu schwächeren Concavgläsern beobachtet zu haben, nicht 

16* 


AAA Stellwag. 


unbedingt Lügen strafen. Der letztere Theil dieser Behauptung lässt 
sich aus der Erfahrung thatsächlich beweisen; nur der daraus gezo- 
gene Schluss auf eine zu Grunde liegende Vergrösserung des Fern- 
punktabstandes ist unrichtig, wie sich leicht ergibt, wenn man in 
Rechnung bringt, dass der Gebrauch von Concavbrillen bei Nichtbe- 
dürftigen heutzutage ein sehr häufiger und gleichsam Mode geworden 
ist, dass sogar die Weiber den Geruch der Gelehrtheit jenem einer 
guten Hausfrau vorziehen und sich denselben zu erwerben suchen 
durch den Gebrauch von Zerstreuungsgläsern in den verschiedensten 
Fassungen. In der Jugend fügt sich allenfalls der Aecommodations- 
apparat der aufgebürdeten Last. Doch mit der allmählichen Dichtig- 
keitszunahme der Linse wächst die Schwierigkeit, falls es nicht wirk- 
lich gelungen ist, in der Krystalllinse eine entsprechende Convexitäts- 
vermehrung zu Wege zu bringen und endlich wird es zur Unmög- 
lichkeit, den von der Brille gesetzten Bedarf an Muskeldruck aufzu- 
bringen; der quasi Myops ist gezwungen, seiner Eitelkeit ein 
Opfer zu bringen und zu schwächeren Brillen überzugehen oder sie 
ganz zu meiden, selbst wenn nicht, wie dieses häufig geschieht, die 
übermässige Anstrengung des Auges und der darin begründete Reiz 
des Gefäss- und Nervensystems schwerere Folgen androht. Wer nur 
einige Untersuchungen über den fraglichen Gegenstand gemacht hat, 
wird hoffentlich dieRichtigkeit dieser Erklärungsweise bald bestätiget 
finden und einsehen, dass in der Nothwendigkeit, zu schwächeren 
Brillen überzugehen, ja selbst die concaven mit convexen zu vertau- 
schen, nicht eine wirkliche Vergrösserung des Fernpunktabstandes, 
sondern nur die Verminderung des möglichen Accommodationsdruckes 
zur Äusserung komme. 

Eine solche Verminderung des Accommodations- 
druckes findet ihre Erklärung aber nicht allein in der bis- 
her betrachteten relativen, sondern auch in der absoluten Kraft- 
abnahme des Accommodationsmuskels, welche letztere 
begründet wird in dem der Involutionsperiode eigenthümlichen und 
vornehmlich in dem Muskelsysteme eclatant hervortretenden Atrophi- 
sirungsprocesse, weiters in krankhaften Alterationen des Aecommoda- 
tionsmuskels, in Leitungshemmungen seiner Nerven, in mechanischen 
Behinderungen seiner Kraftentwickelung durch Verwachsungen, 
Zusammenhangstrennungen u. s. w., überhaupt also in Zuständen, 
welche gewöhnlich der Weitsichtigkeit zu Grunde liegen und dort ihre 


Die Accommodationsfehler des Auges. 245 


specielle Erörterung finden. Wo immer bei Gegebensein einer 
Myopie das eine oder das andere der genannten Verhältnisse ins 
Leben tritt, macht es sich auch alsbald geltend durch mehr weniger 
rasche, unter gewissen von selbst verständlichen Umständen selbst 
plötzliche und grösstmöglichste Annäherung des Nahepunktes an den 
Fernpunkt. 

Ist das Moment der Kraftabnahme nur einer allmähliehen Steige- 
rung fähig, so kann die Verkürzung der absoluten Sehweite auch nur 
langsam fortschreiten, bis endlich der Nahepunkt an der diesweiligen 
inneren Grenze der natürlichen Sehlinie angelangt ist und sofort 
Accommodationsveränderungen des dioptrischen Apparates unmöglich 
geworden sind. Die auf genauere Forschungen basirte Erfahrung 
gibt dafür die nothwendigen Belege an die Hand, sie lässt nicht nur 
die allmähliche Vergrösserung des Nahepunktabstandes deutlich nach- 
weisen; sondern spiegelt in den Ergebnissen der sie begründenden 
Untersuchungen auch das allmähliche Nachlassen der Aceommodations- 
kraft durch die Erscheinungen der sogenannten Asthenopie oder 
Kopiopie ab. 

Diese ist eben nichts als der symptomatische Ausdruck einer 
momentanen Functionsuntüchtigkeit des Accommodationsmuskels als 
Folge der Ermüdung durch vorausgegangene Adaptionsanstrengungen 
und findet in dem Widerstande anderer ermüdeter Muskeln gegen 
weitere Intentionen ihre vollständigste Analogie. Nur unrichtiger 
Weise hat man selbe alsPrärogativ des presbyopischen Auges erklärt, 
da sie meinen und Anderer Erfahrungen gemäss auch neben Myopie 
zur Beobachtung kömmt. Hier wie dort äussert sie sich, wenn der 
Accommodationsapparat längere Zeit hindurch zu intensiveren Anstren- 
gungen gezwungen wurde, um das freie oder brillenbewaffnete Auge 
für Objeetsdistanzen einzurichten, welche mit dem Abstande des 
Nahepunktes nahezu zusammenfallen. Während dieser Anstrengungen 
fangen dann die bisher in scharfen und deutlichen Bildern wahr- 
genommenen Objecte an, vor dem Auge zu verschwimmen und der 
Kranke fühlt das Bedürfniss, ihren Abstand allmählich zu vergrössern 
und dieses zwar bei förtgesetzter Intention des Auges immer mehr, bis 
endlich der Gegenstand in die natürliche Sehlinie hinausgerückt ist. 
Reicht die Objectgrösse nicht mehr aus, um damit auf der Netzhaut 
im Detail wahrnehmbare Bilder produeirt werden können, so genügt 
aller Kraftaufwand nicht mehr, um selbe zur Anschauung zu bringen 


2A6 Stellwag. 


und der Versuch, sie gewaltsam zu fixiren, bedingt Reizerscheinungen, 
wie selbe bereits oben geschildert wurden. Das Auge bedarf minuten- 
langer Ruhe, worauf die Accommodation für die erforderliche Nähe 
wieder in demselben Masse, wie vordem ermöglicht ist, um nach 
einiger Anstrengung abermals unter allmählicher Entfernung des Nahe- 
punktes mit völligem Unvermögen zur Adaption zu wechseln. Immer 
kürzer und kürzer werden bei fortgesetzter Intention des Aecommoda- 
tionsapparates die Fristen, innerhalb welehen die Einrichtung für die 
kürzeren Accommodationslinien ermöglicht ist, während die Dauer 
der zur Wiederherstellung des Adaptionsvermögens erforderlichen 
Ruhezeiten wächst und der Nahepunktabstand zunimmt, bis dieser 
eben das, von der natürlichen Sehlinie des Auges gesetzte, Maximum 
erreicht hat und die Asthenopie endlich in den ständigen Man- 
gel des Accommodationsvermögens übergegangen ist. 
Dem Wesen der Myopie entsprechend sind natürlieh diese Orts- 
veränderungen des Nahepunktabstandes, wie sie durch das Nachlassen 
des Accommodationsdruckes bedingt werden, absolut sehr geringe 
und zwar um so geringere, je kurzsichtiger das betreffende Auge ist. 
Auch kann ein völliges Verschwimmen der Objeetbilder bis zur 
Undeutlichkeit nur bei gewissen Objeeten gegeben sein, welche ihrer 
Kleinheit halber diesseits der natürlichen Sehlinie gerückt werden 
müssen, um im Detail wahrgenommen zu werden; denn bei grösseren 
Objeeten kömmt die Netzhautbildgrösse nicht mehr in Betracht und 
ihre Hinausschiebung in die natürliche Sehlinie muss jedenfalls hin- 
reichen, um sie auch bei völliger Unthätigkeit des Accommodations- 
apparates in scharfen und deutlichen Bildern auf der Netzhaut zu 
projieiren. Nur die durch vorausgängige intensivere Anstrengungen 
allenfalls hervorgerufenen Reizungen des Gefäss- und Nervensystems 
im Auge können ihrer weiteren Betrachtung Hindernisse in den Weg 
legen. Das Terrain der Asthenopie ist im myopischen Auge nach allem 
dem also bestimmt ein sehr beschränktes, und die Erscheinungen, 
durch welche sie sich kund gibt, lassen sich sehr leicht übersehen, 
worin denn auch der Grund liegt, dass man selbe als mit Myopie unver- 
einbar erklärt, und lieber auf Funetionsschwäche des lichtempfindenden 
Apparates bezogen, als Dysopie oder Amblyopie beschrieben hat. 
‚In der That trifft die Asthenopie und um so mehr der Mangel des 
Accommodationsvermögens den Myops in vielen Fällen kaum viel 
weniger hart, als ein geringer Grad von Amblyopie; in allen jenen 


Die Accommodationsfehler des Auges. 2AT 


Fällen nämlich, in welchen die Kleinheit der, den Kurzsichtigen dau- 
ernd beschäftigenden Objecte deren grosse Annäherung an das Auge 
erforderlich macht, und dadurch eben den Grund der Myopie, weiters 
aber der Asthenopie und endlich des völligen Verlustes des Accom- 
modationsvermögens gelegt hat. Die Fortsetzung dieser Beschäfti- 
gung, z. B. des Lesens kleinen Druckes, kleiner Schriften u. s. w., 
wird nachgerade unmöglich, weil eben die dazu erforderliche 
_ Hinausschiebung des Gesichtsobjeetes in die natürliche Sehlinie der 
gemachten Voraussetzung nach die Netzhautbildgrösse unter das ent- 
sprechende Mass herabdrückt und die Benützung von Concavgläsern 
diesen Fehler nach dem Vorhergehenden nur vergrössern kann. Es 
scheint nun freilich, als ob Convexgläser als Loupen angewendet, 
durch scheinbare Vergrösserung des Objectes dem Auge einigermas- 
sen behilflich werden könnten. Allein die Kürze des Fernpunktab- 
standes macht namhaftere Vergrösserungen nur bei sehr starker An- 
näherung des Gegenstandes an die Glaslinse und sofort auch an das 
Auge möglich und tritt sofort einem Gebrauche solcher Loupen bei 
den meisten Beschäftigungen entgegen. 


Um eine Vergrösserung zu erzielen, muss nämlich v»>2b sein. Der Ver- 
v 
” Bere ie . . . 1 
grösserungscoöffieient der Brechung in der Convexlinse ist aber —, wo », 
® 


durch den Fernpunktabstand bestimmt wird und insoferne eine kleine Zahl ist, 
während » den Abstand des Objertes von dem Glase bedeutet. 

In Anbetracht dessen lässt sich nun wohl die Verwechselung 
des so eben geschilderten Zustandes mit dem, was man unter dem 
nichtssagenden Worte „Dysopie“ versteht oder zu verstehen vorgibt, 
so wie mit der Amblyopie entschuldigen und zwar um so mehr, als 
neben der Myopie thatsächlich nicht ganz selten Amblyopie einher- 
geht, und als weiters, abgesehen von zufälligen Leitungshemmungen 
im lichtempfindenden Apparate, sogar bisweilen einiger Causalzusam- 
menhang zwischen beiden Krankheitsformen besteht. 

In einer gewissen Anzahl von einschlägigen Fällen lässt sich 
nämlich die complieirende Amblyopie einzig und allein nur beziehen 
auf organische Folgen der, in intensiven und anhaltenden Accommo- 
dationsanstrengungen begründeten Reizzustände des eiliaren Gefäss- 
und Nervensystems; denn diese pflanzen sich gerne auf den licht- 
empfindenden Apparat und selbst bis auf das Gehirn fort, wie das sie 
charakterisirende Krankheitsbild deutlich erkennen lässt. Insoferne 


2AS Stellwag. 


nun solche anhaltende Intentionen des Auges für grosse Nähen die 
gewöhnlichste Ursache der Kurzsichtigkeit abgeben, fliessen unter 
gewissen Verhältnissen die Myopie und Amblyopie aus einer und 
derselben Quelle, sie gehen nur scheinbar neben einander her, indem 
sie gegenseitig im innigen Zusammenhange stehen. Das Warum der 
Niehteonstanz ihrer gegenseitigen Verbindung ist zur Zeit ein unge- 
löstes Problem, denn mit dem Worte „Disposition“ oder „disponi- 
rende Augenschwäche“ ist wenig gesagt, obwohl die Objeetivität 
derselben kaum in Zweifel gesetzt werden kann. Es steht nämlich fest, 
dass manche Augen von der ersten Kindheit an jeder nur einiger- 
massen bedeutenderen und anhaltenderen Anstrengung für die Nähe 
durch rasches Auftreten schwer zu besänftigender Reizphänomene ent- 
gegentreten und das sind eben die sogenannten schwachen Augen, 
welche man von Alters her als unbrauchbar zu gewissen, das Nahese- 
hen erfordernden Geschäften erklärt hat, indem man fand, dass sie 
leichter als andere hochgradige Myopie und Amblyopie erwerben. 

In gewissen Fällen der fraglichen Art geht aber die Kurz- 
siehtigkeit direct ein in die Pathogenie der sie später eomplieiren- 
den Amblyopie. Es kömmt nämlich ziemlich häufig vor, dass die 
Myopie in dem einen Auge rascher entwickelt wird, als in dem 
anderen, alsbald auch höhere Grade erreicht, ja sogar zur Asthe- 
nopie und zum völligen Mangel des Accommodationsvermögens, also 
zu ganz denselben Folgen führt, wie selbe bei Bestand der Myopie 
bisweilen durch mechanische Hindernisse des Acecommodationsdruckes, 
durch Verwachsungen der Iris, Verletzungen u. dgl., begründet wer- 
den. Für die meisten Objeetsdistanzen ermangeln dann die Netz- 
hautbilder der nöthigen Schärfe und Deutlichkeit, ja bei grossen Dif- 
ferenzen in den hinteren conjugirten Vereinigungsweiten der beiden 
Augen trüben die auf der Netzhaut des einen derselben erzeugten 
Zerstreuungskreise die Wahrnehmungen des anderen, entsprechend 
adaptirten, was die Kranken durch den Ausdruck: das kranke Auge 
blende das relativ gesunde, zu versinnlichen trachten. Die Störung 
ist bisweilen eine so bedeutende, dass der Kranke das eine Auge 
beim genaueren Besehen von Objecten verdecken muss, und es durch 
Übung selbst dahin bringt, das kränkere Auge etwas seitwärts zu 
stellen, um die Netzhautbilder der betrachteten Objeete auf die 
weniger empfindlichen Seitentheile der Netzhaut zu leiten. Jeden- 
falls unterstützt das minder funetionstüchtige Auge das bessere nur 


en 


Die Accommodationsfehler des Auges. 249 


wenig oder gar nicht, und wenn auch der Kranke nicht so häufig den 
Strabismus erwirbt, so gewöhnt er sich doch nach und nach, seine 
Aufmerksamkeit vornehmlich und endlich ausschliesslich den Ein- 
drücken des tüchtigeren Auges zuzuwenden, während er das andere 
vernachlässigt. Anhaltende Funetionsunthätigkeit führt im licht- 
empfindenden Apparate aber gerade so wie in anderen Körpertheilen 
zur Functionsuntüchtigkeit, ja selbst zur Atrophie, und Functions- 
untüchtigkeit des lichtempfindenden Apparates ist eben das, was man 
Amblyopie oder Amaurose nennt. 

Trotz dieser innigen Verwiekelung der Myopie mit der Amblyo- 
pie ist nichts destoweniger die Diagnose der letzteren keine sehr 
schwere. Versuche mit jener Scala, welche ich zur Bestimmung des 
Nahe- und Fernpunktes vorgeschlagen habe, leiten schon darauf, in- 
dem sie herausstellen, dass die einer jeden Objeetsdistanz als innere 


- Grenze entsprechende Grösse des Gegenstandes nicht mehr zureicht, 


um deutliche Wahrnehmungen zu vermitteln, sondern dass in dieser 
Beziehung das kurzsichtige und zugleich amblyopische Auge weit 
hinter dem einfach myopischen, ja selbst hinter dem asthenopischen 
und der Accommodation verlustigen Auge zurückbleibt; dass sofort die 


' Grösse der Gesichtsobjeete, welche der Kranke in einem bestimm- 


ten Abstande deutlich und scharf wahrnimmt, relativ zur Norm weit 
grösseren Distanzen entspricht. Die Verkleinerung der Gesichts- 
objeete durch Concavbrillen macht sich natürlich in gleicher Weise 
fühlbar und ist- gewöhnlich die Ursache, dass dem amblyopischen 
Myops gar keine Brillen für irgend eine Distanz sonderliche Unter- 
stützung gewähren, dass höchstens Loupen unter den obigen Beschrän- 
kungen einige Verbesserung des Sehvermögens erzielen; während 
doch bei völligem Verluste des Accommodationsvermögens Brillen 
verschiedener Brennweite das Auge noch für die differentesten 
Objectsdistanzen einrichten. Dazu kömmt noch die ganz bedeutende 
Abnahme des Gesichtes, wenn der Contrast der Färbung in den 
Objeeten etwas zurücktritt, oder aber die Beleuchtungsintensität 
des Gesichtsfeldes nur einigermassen, z. B. durch die Dämmerung, 
vermindert wird. 

Dieser Bedarf an starken Farbeneontrasten und grosser Beleuch- 
tungsintensität sticht als Symptom der die Myopie complieirenden 
Amblyopie um so schärfer hervor, als sie eben der allbekannten 
Thatsache geradezu entgegenläuft, dass Kurzsichtige noch bei einer 


250 Stellwase. 


Erleuchtungsintensität feine Arbeiten verrichten, lesen, schreiben ete. 
können, welche normalsichtigen und weitsichtigen Augen die Detail- 
erkenntniss selbst grösserer Objecte schon einigermassen schwierig 
macht. | 
Es rührt diese scheinbare Schärfe des myopischen Auges gewiss 
nicht von einer gesteigerten Empfindlichkeit der Netzhaut her, denn 
diese müsste sich auch im hellen Raume zeigen. Der Grund dessen 
ist ein rein physicalischer und beruht darauf, dass der scheinbare 
Glanz der Netzhautbilder, die Erleuchtungsintensität einer Massein- 
heit der Retina, hauptsächlich abhängt von der Erleuchtungsintensität 
des Objectes und von dem Durchmesser der Pupille. Die dem Myops 
ermöglichte starke Annäherung des Objeetes kommt hier nur inso- 
ferne in Betracht, als sie die Schwächung des Lichtes beim Durch- 
gange durch die absorbirende Luft vermindert. 

Bei gleicher Erleuchtung des Objeetes steht der scheinbare 
Glanz der Netzhautbilder im geraden Verhältnisse zur Grösse der 
Pupille. Der Refractionszustand des myopischen Auges macht nun 
aber den Bedarfan accommodativer Druckkraft zum Zwecke des Nahe- 
sehens sehr gering, jader Nulle gleich. Der Sphineter pupillae braucht 
demnach nicht als starker Widerhalt gegen die, den Accommoda- 
tionsdruck vermittelnden Längsfasern zu funetioniren und kann ganz 
dem Impulse der exeitomotorischen Nervenzweige folgen, unter den 
genannten Umständen sich also relaxiren; während er im normal- 
siehtigen und weitsichtigen Auge alle Kraft aufbieten muss, um dem 
zur Accommodation für grössere Nähe erforderlichen Contractions- 
nisus der Längsfasern das Gleichgewicht zu halten, und sofort auch 
sewöhnlich während der Accommodation des Auges für die Nähe eine 
namhaftere Verengerung der Pupille begründet, als dieses bei Myopen 
der Fall ist, die bekanntlich sehr häufig schon bei mässiger Beleuch- 
tung sehr weite Pupillen haben. 


Die Weitsichtigkeit oder Presbyopie. 


Im Gegensatze zur Myopie charakterisirt sieh dieser 
Gesichtsfehler durch abnorme Vergösserung des 
Nahepunktabstandes und darin begründetes Unvermögen des 
Auges, scharfe und deutliche Wahrnehmungen von Objeeten zu ver- 
mitteln, welche, vom Auge wenig abstehend, noch in der absoluten 
Sehweite eines normalen Gesichtsorganes gelegen sind und ihrer 


Die Accommodationsfehler des Auges. \ 251 


Grösse, so wie ihrem wirklichen Glanze nach bei richtiger Ein- 
stellung des dioptrischen Apparates und bei Integrität der licht- 
empfindenden Theile in scharfen und deutlichen Bildern zur Anschau- 
ung kommen müssten. 

Die optische Wesenheit der Presbyopie ist demnach 
Vereinigung der aus nahen Objeeten divergirenden Lichtstrahlen 
hinter der Netzhautstabschichte und sofortige Projeetion von Zer- 
streuungskreisen auf der Retina. Die Grösse dieser Zerstreuungs- 
kreise bedingt das Mass der Undeutlichkeit und mangelnden Schärfe 
in den optischen Wahrnehmungen und bestimmt zum Theile den 
Grad der Weitsichtigkeit, indem sie nicht allein Function der 
Pupillenweite, sondern auch der Differenz ist zwischen der, dem 
Objeetsabstande conjugirten hinteren Vereinigungsweite des diop- 
trischen Apparates und dem Abstande der Netzhautstabschichte vom 
optischen Centrum des combinirten Linsensystems des Auges. 

Der Begriff der Weitsichtigkeit schliesst es schon in sich, dass 
die natürliche Sehlinie des presbyopischen Auges einem 
objeetiv fernen Accommodationspunkte entsprechen, dass der 
Fernpunktabstand demnach ein grosser, meisthin sogar ein unendlich 
grosser sein müsse und dann die Tragweite des Auges nur in der 
Lichtabnahme durch Absorption, so wie in dem Beugungsspeetrum 
des Pupillarrandes ihre äussere Grenze finden könne. Anderseits 
involvirt das Verhältniss, in welchem die hinteren conjugirten Ver- 
einigungsweiten des dioptrischen Apparates zu den vorderen stehen, 
und die Länge der stab- und zapfenförmigen: Netzhautkörper einen 
relativ sehr kurzen, wenige Fusse betragenden Abstand der natür- 
lichen Sehlinie des presbyopischen Auges. Insoferne aber die Pres- 
byopie einen gewissen Grad von Accommodationsvermögen voraus- 
setzt, da dieser die Weitsichtigkeit eben von dem Mangel des 
Accommodationsvermögens unterscheidet: so ist es klar, dass bei 
Gegebensein einer einfachen Weitsichtigkeit die Mangelhaftigkeit der 
optischen Wahrnehmungen sich nur auf Objecte beziehen 
könne, welche dem Auge absolut nahe stehen, von 
demselben nur eine grössere Anzahl von Zollen entfernt sind. 

Die absolute Sehweite des fernsichtigen Auges erscheint 
sofort als eine sehr grosse, ja unendlich grosse, nach aussen meist 
unbegrenzte; nur der Abstand des Nahepunktes unter- 
scheidet die Weitsichtigkeit von der Normalsichtig- 


252 Stellwaeg. 


keit, ohne dass sich jedoch zwischen beiden eine bestimmte Grenze 
ziehen liesse. Die Bestimmung des Nahepunktabstandes erweist sich 
sohin als besonders wichtig, und dieses zwar um so mehr, als nach 
dem Mitgetheilten die Fernsichtigkeit eben nur als eine Schwächung 
des Accommodationsvermögens aufgefasst werden kann und sich 
gerade in der Distanz des Nahepunktes das Maximum des noch 
möglichen Accommodationsdruckes ausspricht, womit denn auch 
eine Art Gradbestimmung der Presbyopie ermöglichet wird. 

Betreffs der Erforschung des Nahepunktabstandes gilt nun das- 
selbe, was ich bei Gelegenheit der Myopie mitgetheilt habe. Das 
Schwankende in den Resultaten, welche Versuche mit den ver- 
schiedenen Optometern ergeben, lässt ‚den Forscher zu keinem 
bestimmten Schlusse kommen, und der Augenspiegel führt gar nur 
zur Erkenntniss, dass das Auge im Momente der. Untersuchung für 
Entfernungen eingerichtet sei, die den Abstand des beobachtenden 
Auges übertreffen, ohne ein sicheres Urtheil über die Lage des 
Nahepunktes zu gestatten. Daher erscheint denn auch wieder 
die Benützung jener Scala, wie ich sie oben beschrieben habe, 
empfehlungswerth. 

Das Maximum des Aecommodationsdruckes reicht in fernsichti- 
sen Augen nicht zu, um dem Netzhautabstande kleine Objeets- 
distanzen zu conjugiren, mit anderen Worten, die Ablenkung der 
Lichtstrahlen im dioptrischen Apparate des fernsichtigen Auges ist 
eine zu geringe, als dass Lichtstrahlen von grösserer Divergenz auf 
der Netzhautstabschiehte zur Vereinigung gebracht werden könnten. 
Desswegen und weil der Abstand des Objectes in jedem Falle positiv 
bleiben, das Gesichtsobjeet vor dem Auge stehen muss, sind Zer- 
streuungslinsen ausgeschlossen, sobald es sich um Correetion 
des fraglichen Gesichtsfehlers handelt. Nur Sammel- 
linsen können einem solchen Zwecke förderlich sein und sie sind es 
unter der gemachten Voraussetzung einer positiven Objectsdistanz 
in der That, der Gegenstand möge nun innerhalb, in oder ausserhalb 
der Linsenbrennweite gelegen sein; sie vermindern die Diver- 
senz der das Auge treffenden Strahlen bei positiver 
Objeetsdistanz, ihre Brennweite sei,welche sie wolle. 

Correetion ist jedoch mit Aufhebung des fraglichen Gesichtsfeh- 
lers nicht gleichbedeutend, die Leistungsfähigkeit convexer 
Glaslinsen ist im Gegentheile unter allen Verhältnissen 


Die Accommodationsfehler des Auges. i 253 


durch die jeweilig unveränderliche Länge und Lage 
der absoluten Sehweite des betreffenden fernsich- 
tigen Auges bedingt und begrenzt; es können Sammel- 
linsen nur dann scharfe und deutliche Wahrnehmungen von äusseren 
Objeeten vermitteln helfen, wenn die von ihnen erzeugten schein- 
baren Bilder zwischen den Nahe- und Fernpunkt des hinter ihnen 
gelagerten Auges fallen. 

Es ist dieses eine Beschränkung, die durch das Verhältniss, in 
welchem die conjugirten Vereinigungsweiten einer Sammellinse zu 
einander stehen, ausserordentlich fühlbar wird, trotz der meistens 
‚unendlichen Länge der absoluten Sehweite. Kraft der Licht- 
brechungsgesetze für Sammellinsen kann nämlich bei der Nothwen- 
digkeit eines positiven Öbjectsabstandes eine jede einzelne, vor 
das fernsichtige Auge gehaltene Convexlinse nur von solchen 
Objeeten scheinbare Bilder in der absoluten Seh- 
weite zu Stande bringen, deren Distanz kleiner, als 
die Brennweite der Linse ist. Gegenstände, welche ausser- 
halb der Brennweite der benützten Sammellinse stehen, erfordern 
einen negativen Fernpunktabstand und eine Objectsdistanz, welche 
die doppelte Brennweite der Linse erreicht, setzt bereits einen 
numerisch gleichen, negativen Werth des jenseitigen Endes der 
natürlichen Sehlinie voraus, sollen noch innerhalb der absoluten 
Sehweite des fernsichtigen Auges scheinbare Bilder erzeugt werden. 
Also nur für Objeetsdistanzen, welche kürzer sind, 
als die Brennweite der betreffenden Sammellinse,' 
findet das eigentlich fernsichtige Auge in dieser 
einen optischen Behelf und der Presbyops ist daher gezwun- 
gen, die Brille abzulegen, sobald es sich darum handelt, Gegenstände 
in scharfen und deutlichen Bildern wahrzunehmen, welche ausser- 
halb der Linsenbrennweite gelegen sind. 

Die absolute Sehweite des mit einer Sammellinse 
bewaffneten, fernsichtigen Auges findet also in 
deren Brennweite ihre äussere Grenze und ist demnach 
eine um so kürzere, je kürzer eben die Brennweite des angewandten 
' Convexglases ist. Mit der Verkürzung der Linsenbrennweite nimmt 
aber auch der Abstand des Nahepunktes eines, hinter dem Sammel- 
glase befindlichen, fernsichtigen Auges zu und rückt sohin die innere 
Grenze der absoluten Sehweite an die äussere heran. 


254 Stellwag. 


Sind v, und v, die hinteren negativen Vereinigungsweiten für die Abstände 
v und v— r in Bezug auf eine Sammellinse mit der Brennweite 5 und nimmt 
man 9%, — v%, =m, wo m die absolute Sehweite eines hinter der Linse befind- 
lichen fernsichtigen Auges bedeutet, so ergibt sich aus der Gleiehung 


r b? 


 @—bP® +r(w— 5)’ 


vu, —-Lb= 


dass je kleiner b wird, die Differenz v—b abnehmen müsse, weil m = v, — v, 
eine Constante ist. 


Insoferne nun möglichst grosse absolute Sehweite 
bei der Correetion der Presbyopie durch Sammellinsen offenbar von 
grösster Wichtigkeit ist, erscheint die Wahl von Convexbrillen mit 
möglichst langer Brennweite nothwendig, soll die 
Leistungsfähigkeit des angewandten Hilfsmittels 
ihrem Maximum sich nähern. Es würde hieraus einsichtlicher 
Weise die Zweckdienlichkeit von Sammellinsen unendlicher Brenn- 
weite, d.h. die Zweckwidrigkeit von Convexgläsern überhaupt 
folgen, wenn grösste Länge der absoluten Sehweite das einzig 
Bestimmende in dieser Beziehung wäre. Allein Hauptzweck ist, Ob- 
jecte, welche innerhalb des Nahepunktabstandes eines 
presbyopischen Auges gelegen sind, in dessen absoluter Seh- 
weite scheinbar abzubilden. Mit der Verlängerung der Linsenbrenn- 
weite vermindert sich aber die Differenz der beiden conjugirten Ver- 
einigungsweiten der Convexlinse, wie dieses die Formel zeigt 


Re | 1 


— —m— 


Es muss daher die Linsenbrennweite dem entsprechend eine um 
so kleinere sein, je kleiner die Objeetsdistanz und je grösser der 
Fernpunktabstand ist. Aufgabe ist es also, jene Sammel- 
linse zu suchen, welehe der absoluten Sehweite 
eines gegebenen fernsichtigen Auges die grösste 
Differenz der innerhalb des Nahepunktabstandes 
gelegenen Objeetsdistanzen conjugirt. Eine einfache 
Betrachtung führt darauf, dass diesem Zwecke eine Sammel- 
linse entspreche, deren Brennweite der, um den Ab- 
stand der Brille vom Auge verminderten Distanz des 
Nahepunktes gleicht, sie involvirt eine absolute Sehweite von 
der Länge der halben Linsenbrennweite. 


Die Accommodationsfehler des Auges. 255 


A 


Aus Be + — geht hervor, dass, um einen innerhalb des Nahe- 
v v 


punktes v , diesem aber unendlich nahe gelegenen Gegenstande mittelst einer 
Sammellinse von grösstmöglichster Brennweite in der absoluten Sehweite des 
Auges abzubilden, v,— ®, also b= v sein müsse. Dieses ist die eine Grenze, 
denn sobald v> p, wird v, positiv und fällt angenommener Massen ausserhalb 
die absolute Sehweite. Es soll nun aber eine Objeetsdistanz v — m dem 
kürzesten v,, also einem v, von der Grösse des Nahepunktabstandes, eonjugirt 
sein, also 
1 1 ER vb 


v-m b v vo, +b 


vb (le 


u„+b y+b 


v— (—m)=m=b— 


Die absolute Sehweite des mit einer Sammellinse bewaffneten Auges wächst 
daher wie schon erwähnt, mit b. Das 5 darf aber den Nahepunktabstand, der 
nun v, heisst, nicht übersteigen, höchstens kann 5=v, werden und dann ist 


In Bezug auf den Effect von Brillengläsern kommen 
aber auch noch andere Verhältnisse in Betracht und auch diese 
müssen berücksichtiget werden, soll die Wahl einer bestimmten 
Sammellinse gerechtfertiget erscheinen. 

Die Einrichtung des Auges für die kürzeste Adaptionslinie, 
deren innere Grenze eben der Nahepunkt ist, setzt als Bedingung 
den grösstmöglichsten Kraftaufwand von Seite des Accommodations- 
muskels voraus. Da nun die Differenz der beiden conjugirten Ver- 
einigungsweiten einer Sammellinse um so kleiner wird, je grösser 


‚die Brennweite des Convexglases ist, liegt es klar am Tage, dass 


bei gegebener Objectsdistanz die erforderliche Adaptionsanstrengung 
des brillenbewaffneten Auges eine um so grössere sein müsse, je 
schwächer die Brille, je geringer in ihr die Ablenkung der 
Liehtstrahlen ist. Sammellinsen von unverhältnissmässig langer 
Brennweite unterstützen sofort das presbyopische Auge beim Nahe- 
sehen nur sehr wenig und daher kömmt es, dass bei ihrem Gebrauche, 
so wie bei der Intention des freien Auges, gerne Reizzustände im 
Bereiche des Ciliarsystems auftreten, wie ich sie als Folge der An- 
wendung zu scharfer Concavgläser bei myopischen Augen geschildert 
habe, und dass diese Reizerscheinungen sich um so früher geltend 


256 Stellwag. 


machen und um so höhere Grade erreichen, für je kürzere Distanzen 
das presbyopische Auge sich einzustellen bemüssigt ist und je länger 
diese Anstrengung dauert. Der Fernsichtige ist gezwungen, den 
Gegenstand so weit zu entfernen, als die Abnahme der Netzhautbild- 
grösse nur immer erlaubt und darin liegt eben ein Kriterium für die 
unzweckmässig grosse Länge der Brennweite einer Sammellinse. 

Aber auch Brillen von unverhältnissmässig kurzer 
Brennweite haben solche Reizungen im Bereiche des Ciliarsystems. 
im Gefolge, ja diese treten noch früher und in namhafterem Grade in 
die Beobachtung, als bei dem Gebrauche zu schwacher Convex- 
gläser und doch ist bei solchen Linsen die Differenz der eonjugirten 
Vereinigungsweiten eine sehr bedeutende, das scheinbare Bild selbst 
sehr nahe gelegener Objeete kömmt weit entfernt vom Nahepunkte 
des presbyopischen Auges zu Stande und überhebt sofort den Accom- 
modationsmuskel der Nothwendigkeit bedeutenderen Kraftaufwandes. 
Allein hier wirkt, wenn ich mich nicht täusche, ein anderes Moment 
und das ist die übermässige Verkürzung der, der absoluten Sehweite 
. des freien Auges eonjugirten Differenz der Objectsdistanzen. Diese 
schliesst eine ausserordentliche Kürze der Acecommodationslinien des 
brillenbewaffneten Auges in sich und bedingt sofort die Nothwendig- 
keit eines beständigen Wechsels in dem Accommodationszustande, da 
es kaum möglich ist, die Objeetsdistanz völlig unabänderlich zu 
erhalten und schon die Abstandsdifferenzen, welche aus dem Zittern 
der Hand und leichten Bewegungen des Kopfes resultiren, von sehr 
bedeutendem Einflusse auf die Stellung des scheinbaren Bildes werden. 

Es wirken hier meiner Meinung nach also dieselben Verhält- 
nisse, welche das Lesen in einem bewegten Wagen so anstrengend 
und ermüdend machen. Sie wirken in einem um so höheren Grade, 
je thätiger noch der Accommodationsmuskel ist,' je mehr sieh dieser 
bestrebt, den beständigen Wechsel in den optischen Wahrnehmungen 
zu eorrigiren, je geringer also der Grad der Fernsichtigkeit ist. 
Diese ist ihrer Wesenheit nach ja eben in Schwächung des Accom- 
- modationsvermögens begründet und erscheint als eine um so bedeu- 
tendere, je grösser diese Schwächung ist. Daher vertragen im 
hohen Grade presbyopische Augen scharfe Gläser auch leichter, als 
fernsichtige geringerer Grade. In jenen ist das Muskelspiel ein sehr 
geringes, die Anstrengung, welche den: fortwährenden Wechsel:in 
der Accommodation bedingt, also eine kleinere. 


Die Accommodationsfehler des Auges. 2537 


Endlich ist noch der Netzhautbildgrösse des brillen- 
bewaffneten Auges zu gedenken. Sie ist ein wichtiges Moment, da 
eben Gleichheit der optischen Wahrnehmungen mit 
jenen des freien normalen Auges den Grad der Leistungsfähigkeit 
einer Sammellinse mitbestimmt. . Betreffs dessen ergeben sich nun 
ganz andere Verhältnisse, als bei dem Gebrauche von Zerstreuungs- 
linsen von Seite Myopischer. 

Ist « die Netzhautbildgrösse, A die Objeetsgrösse und A, die Grösse des 


von der Sammellinse erzeugten scheinbaren Bildes, so erscheint 
für das freie normale Auge 


n 
EA jet 
; Zu 
Für das brillenbewaffnete Auge 
Av, np, Av, n 9 _Anp ®% 
a late) meta er 


% 


weil A, = ist. In Anbetracht der Grösse von ®, verschwindet wohl 


—1 wird. 


meisthin ec, so dass nahezu 
[D) 
1 


Eine einfache Betrachtung ergibt, dass die Netzhautbildgrösse 
des mit einer Sammellinse bewaffneten Auges, ausser von der 
Objectsgrösse, fast ausschliesslich von dem Refractionszustande des 
Auges und von dem Abstande des Gegenstandes von der Brille 
abhänge und im umgekehrten Verhältnisse zu diesen Grössen wachse 
und abnehme. Sie lehrt, dass Sammellinsen unter allen 
Umständen eine Vergrösserung des Netzhautbildes 
bewirken, da der gemachten Voraussetzung nach nur innerhalb 
ihrer Brennweite gelegene Objecte in der absoluten Sehweite schein- 
bar abgebildet werden und der Abstand dieses scheinbaren Bildes 
immer die Objeetsdistanz übertrifft. Sie lehrt, dass die Vergrösserung 
um so bedeutender sei, je grösser eben die Differenz der conjugirten 
Linsenvereinigungsweiten ist, je kürzer also die Brennweite der 
Linse wird. Sie lehrt aber auch, dass diese Vergrösserung, welche 
aus dem Nachlassen des Accommodationsdruckes und der sofortigen 
Verminderung des Refractionszustandes des Auges resultirt, weithin 
zurücksteht gegen jene, welche eine Folge der, mit der Verkürzung 
der Brennweite nöthig werdenden Annäherung des Objectes an die 
Linse ist. Die Verkürzung des Nahe- und Fernpunktabstandes durch 
Sammellinsen ist der Hauptfactor des Vergrösserungseo£fficienten, 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI, Bd. 1. Hft. 17 


258 Stellwag. 


wie sich leicht ergibt, wenn man die geringen Schwankungen 
des Refractionszustandes des Auges mit den halben Werthen der 
möglichen Linsenbrennweiten vergleicht. Daher ist auch die 
Nothwendigkeit, Objecte allzusehr dem brillen- 
bewaffneten Auge zu nähern und namhafte Vergrös- 
serung der Objecte schon längst als empirisches 
Zeichen einer unzweckmässig scharfen Sammellinse 
anerkannt. 

Jene Betrachtung lehrt weiters, dass der Abstand der 
Brille vom Auge nur bei sehr kleinen Differenzen der conjugirten 
Vereinigungsweiten der Sammellinse, also bei sehr schwachen Brillen, 
verkleinernd auf die Grösse des Netzhautbildes einwirke, in ihrer 
Wirkung aber durch die vorerwähnten Verhältnisse jedenfalls mehr 
als aufgehoben werde. Sie lehrt, dass bei grösseren Differenzen der 
conjugirten Vereinigungsweiten der Einfluss des Brillenabstandes 
vom Auge verschwinde und nur durch Verkürzung der Entfernung 
des Objeetes von der Linse wirksam werde. Daher sieht man denn 
auch presbyopische Greise es mit der Stellung ihrer Brillen nicht 
genau nehmen, ja man findet, dass selbe eben so gut durch Hand- 
gläser als durch Brillen im engeren Wortsinne lesen. 

Auf die nosologischen Momente der Presbyopie 
eingehend, stösst man, wie bei der Myopie, auf eine lange Reihe 
von Verhältnissen, welche einem Hinausrücken des Nahepunktabstan- 
des zu Grunde liegen können und, nach Reduction des dioptrischen 
Apparates auf eine einzige Trennungsfläche in der angeführten 
Weise, sich leicht in drei Hauptkategorien übersichtlich ordnen 
lassen. 

Vorerst sindes Krümmungsabweichungen der Skle- 
rotika mit davon abhängiger Verkürzung der opti- 
schen Augenaxe bei Integrität der lichtempfindenden Theile, 
wie sie bisweilen als angeborne Bildungsfehler des Auges 
vorkommen mögen und weiters Verflachungen der Hornhaut, 
sie mögen nun angeboren oder durch theilweise Substanzverluste 
und Ersatz durch Narbengefüge veranlasst sein. Doch fällt es auf 
den ersten Blick auf, dass eine Weitsichtigkeit im engeren Wort- 
sinne, soll sie auf solche Weise begründet werden, nothwendig eine 
Verstärkung des dritten Factors voraussetzt. Ohne diesem ist 
nämlich eine Hinausrückung des Fernpunktes über die positive 


Die Accommodationsfehler des Auges. 259 


Unendlichkeit, ein sofortiges, theilweises Negativwerden der absoluten 
Sehweite unvermeidlich und berücksichtigt man das, was ich über 
den Einfluss der genannten Verhältnisse auf die Licehtbrechung im 
Auge gesagt habe, so kommt man leicht zur Einsicht, dass unter 
solchen Verhältnissen auch die Vergrösserung des Nahepunktabstan- 
des eine überaus grosse, ja dass in den meisten Fällen die absolute 
Sehweite ihrer ganzen Länge nach eine negative werden müsse. 
Fernsichtigkeit im engeren Wortsinne ist also nur mit verhältniss- 
mässig sehr geringen Verkürzungen der optischen Augenaxe und 
sehr schwachen Verflachungen der Hornhaut vereinbar und setzt 
dann überdies noch eine namhafte Verstärkung des Refractions- 
zustandes der dioptrischen Medien voraus. 

Nach dem, was ich bisher beobachtet habe, ist es mir sehr 
wahrscheinlich, dass eine nicht ganz geringe Anzahl jugendlicher 
Presbyopen ursprünglich eine negative Sehweite besitzen und 
erst nach der Hand weitsichtig im engeren Wortsinne werden, 
indem die Linse unter. dem fortwährend erforderlichen, namhaften 
Accommodationsdrucke ihre Krümmungen verstärkt, so dass also die 
Hyperpresbyopie durch jene Verhältnisse, welche normal- 
siehtige Augen myopisch machen, zur Fernsichtigkeit 
umgestaltet wird. Das Cramer’sche Ophthalmoskop wird hoffent- 
lich nicht lange säumen, Licht über diese noch sehr dunklen Probleme 
zu verbreiten und durch den Nachweis einer Stellung der Spiegel- 
bilder, wie sie dem Myops zukommt, bei Fernsichtigen die Frage 
erledigen. 

Vorkommnisse dieser Art sind indessen jedenfalls selten. Die 
Fernsichtigkeit geht in den bei Weitern meisten Fällen der Regel 
nach aus der Normalsichtigkeit hervor und dieses zwar unter 
Umständen, welche auch nicht den geringsten Anhaltspunkt bieten, 
um Verkürzungen der optischen Axe oder aber Verlängerungen 
des Krümmungsradius wahrscheinlich zu machen, daher schon von 
vornherein die Vermuthung viel für sich hat, die nächste Ursache 
liege in Werthabnahme des Refractionszustandes des Auges. 

Gegen Verlängerung der Kammeraxe als Grund der Presbyopie 
spricht der Augenschein. Es bleibt daher nichts übrig, als das 
ätiologische Moment in dem Aecommodationsapparate des 
Auges zu suchen und dieses zwar um so mehr, als die Presbyopie 
sich eben bei genauerer Untersuchung als das Unvermögen 

17% 


260 Stellwag. 


beurkundet, den dioptrischen Apparat für nahe Objecte einzu- 
stellen der Fernpunktabstand jenem der Norm aber ent- 
spricht, ein sehr grosser, unendlicher, aber positiver ist; denn 
wenn auch Fernsichtige Objecte , welche um ein Kleines jenseits der 
Brennweite einer Convexbrille gelegen sind, zu unterscheiden ver- 
mögen, so ist dieses eine einfache Folge des Verhältnisses, in 
welchem die eonjugirten Vereinigungsweiten der Linse und des 
dioptrischen Apparates zu einander stehen, und welches eine ausser- 
ordentliche Kleinheit der die Netzhautstäbe treffenden Zerstreuungs- 
kreise involvirt. | 

In der That hat Cramer in fernsichtigen Augen die Stellung 
der Spiegelbilder der beiden Krystalloberflächen als wenig 
variabel oder ganz unveränderlich und jener entsprechend gefunden, 
wie sie in normalsichtigen Augen während deren Einrichtung für 
grosse Distanzen beobachtet wird. Er hat damit den Gestalt- 
wechsel des Krystallkörpers bei der Presbyopie als 
sehr beschränkt oder ganz aufgehoben nachgewiesen 
und sohin in Anbetracht der dioptrischen Wirkungen, welche aus dem 
Gestaltwechsel der Linse resultiren, den Schleier gelüftet, welcher 
bisher über den nächsten Grund der Fernsichtigkeit im engeren 
Wortsinne ausgebreitet war. | 

Es liegt auf der Hand, dass eine solche Beschränkung des 
Gestaltwechsels des Krystallkörpers nur das Resultat zweier Momente 
sein könne: entweder einer Vermehrung des Widerstandes, 
welche die Linse dem Accommodationsdrucke entgegensetzt, oder 
einer Schwächung der wirkenden Kraft, also einer Verminde- 
rung des Druckes, mit welchem der Accommodationsmuskel auf 
den Krystallkörper einwirkt. 

Für eine Widerstandsvermehrung des Krystallkör- 
pers finden sich nun genügende Gründe in der, mit dem Lebens- 
alter fortschreitenden, Entwickelung und damit gesetzten allmählichen, 
anatomisch nachweisbaren, namhaften Verdichtung des Lin- 
senkernes. Diese schliesst jene als nothwendige Folge in sich, da 
Krümmungsveränderungen der oberflächlichen, stäts weich und bieg- 
sam bleibenden Linsenschichten ohne jene der Kernlagen undenkbar 
sind, sollen nicht leere Räume zwischen den einzelnen Schichten 
entstehen. Geht einer solchen Vermehrung der Resistenz eine 
Erstarkung des Accommodationsmuskels und sofort eine Vergrösserung 


Die Accommodationsfehler des Auges. 261 


des Adaptionsdruckes nicht parallel, so kann der Fernpunktabstand des 
Auges sich wohl nicht ändern, die Distanz des Nahepunktes muss 
aber nothwendig eine grössere werden und dieses selbst, wenn eine 
Convexitätsvermehrung der oberflächlichen Linsenschichten unab- 
hängig von jenen der Kernlagen möglich wäre, weil eben die äusse- 
ren Strata des Krystalles auf die Ablenkung des Lichtes nur einen 
sehr geringen Einfluss habe. Für eine solche Erstarkung des Accom- 
modationsmuskels während der physiologisch gesetzlichen Verdich- 
tung der Linse lassen sich aber weder im Leben noch im Cadaver 
nur einigermassen plausible Gründe auffinden, Alles spricht vielmehr 
für das Gegentheil. Der Schluss auf einen Causalnexus zwischen der 
Presbyopie im engeren Wortsinne und zwischen der dem höheren 
Lebensalter zukommenden Verdichtung des Krystalles ist sofort ein 
gerechtfertigter, ja nothwendiger. | 

Die Entwickelung der Fernsichtigkeit in früher normalsichtigen 
Augen während der zweiten Lebenshälfte ist dem ganz entsprechend 
eine nahezu constante Erscheinung, so zwar, dass man von zp£aoßus, 
Greis, den Namen des fraglichen Gesichtsfehlers abzuleiten für gut 
befunden hat. 

Die Übereinstimmung geht aber noch weiter und erstreckt sich 
selbst auf die feineren Züge in dem Bilde der Presbyopie, Bekannter- 
massen sucht der Fernsichtige das Licht, um kleinere und darum nur 
‚in der nächsten Nähe wahrnehmbare Objecte in klaren und deutlichen 
Bildern zur Anschauung zu bringen; um bei künstlicher Beleuchtung 
mit freien Augen zu lesen, ist er gezwungen, die lichtspendende 
Flamme zwischen Objeetund das Auge zu stellen. Man ist allgemein sehr 
geneigt, als Grund dessen eine Abnahme der Energie in der Netzhaut 
und deren sofortigen Bedarf an stärkeren Reizeinwirkungen zu sup- 
poniren. Es wird dabei übersehen, dass der Presbyops selbst wenig 
erleuchtete Objeete in grossen Distanzen eben so leicht wie das 
normalsichtige Auge unterscheidet und dass der scheinbare Glanz der 
Objecte, die Erleuchtung einer Masseinheit ihres Netzhautbildes, 
wesentlich Funetion der Pupillenweite sei, diese aber mit der Er- 
leuchtungsintensität des Gesichtsfeldes im umgekehrten Verhältnisse 
stehe; man vergisst weiter, dass mit der Position einer Lampe zwi- 
schen Object und Auge ein wichtiger Behelf des deutlichen Sehens 
wegfalle, die Vermehrung der Contrastwirkung in der Erleuchtung 
der Netzhautbilder, Es sind dieses Momente, welche der Annahme 


262 Stellwag. 


einer Verminderung der Netzhautenergie geradezu entgegentreten. 
Fasst man aber die Resistenzvermehrung des Krystalles ins Auge, 
so gewinnt der factische Bedarf fernsichtiger Augen an stärkerer 
Erleuchtung des Gesichtsfeldes eine ganz andere Bedeutung und 
erscheint als ein wesentliches Attribut der Weitsichtigkeit im Greisen- 
auge. Vergrösserung der Erleuchtungsintensität des Gesichtsfeldes 
ist nämlich dasMittel, um den Sphincter pupillae zu möglichst kräf- 
tigen und anhaltenden Contractionen zu bestimmen. Diese sind aber 
Bedingung für die Ausübung eines Accommodationsdruckes, wie er bei 
Resistenzzunahme des Krystalles zur Einrichtung des Auges für nahe 
Distanzen erfordert wird. 

Doch reicht die Resistenzvermehrung des Krystalles nicht hin, 
um in allen Fällen die Presbyopie pathogenetisch zu erklären, ja 
eine derartige Begründung der Fernsichtigkeit wird bisweilen gera- 
dezu unwahrscheinlich und dennoch lehrt die Stellung der Linsen- 
spiegelbilder im Auge, dass das Unvermögen, die Convexitäten des 
Krystallkörpers genügend zu verstärken, das wesentlichste ursäch- 
liche Moment abgebe. Es bleibt daher nichts übrig, als eine 
Schwächung des Accommodationsdruckes zu subsumiren, 
wofür sich zwar nicht jederzeit positive Belege auffinden lassen, 
wohl aber Inductionsschlüsse, hergenommen aus der hochgradigen 
Übereinstimmung, welche zwischen den äusseren Erscheinungen, dem 
Vorkommen, der Entwickelung der Fernsichtigkeit und zwischen 
einer Schwäche des Accommodationsmuskels als supponirtem Causal- 
momente besteht. 

Ohne Übung erlahmt jeder Muskel und es liegt kein Grund vor, 
in dem Accommodationsmuskel eine Ausnahme von der Regel zu ver- 
muthen. Ist dieses richtig, so muss die Fernsichtigkeit bei Land- 
leuten, Jägern u. s. w., überhaupt bei Individuen und ganzen Völker- 
schaften, deren Beschäftigung eine dauernde Betrachtung sehr kleiner 
Objecte nicht mit sich bringt, häufiger vorkommen und frühzeitiger 
auftreten, als unter entgegengesetzten Verhältnissen. In dem anhal- 
tenden Gebrauche zu scharfer Convexbrillen aber muss in Anbetracht 
der optischen Wirkung von Sammellinsen ein Moment liegen, 
welches einen gegebenen Grad von Presbyopie zu erhöhen im Stande 
ist, Dass in der That dem so sei, lehrt die tägliche Erfahrung. 

Was hier Vermuthung ist, eine Schwäche des Accommoda- 
tionsmuskels, wird in anderen, sehr häufigen Fällen im hohen Grade 


Die Accommodationsfehler des Auges. 263 


wahrscheinlich und findet in dem Involutionsprocesse des 
greisen Körpers, namentlich in jenem des Muskelsystems älterer 
Individuen, sein genetisches Moment. Eine Vergleichung des Ciliar- 
muskels bei jugendlichen und alternden Individuen führt nämlich der 
Regel nach auf ansehnliche Differenzen in der Massenhaftigkeit zum 
Vortheile der ersteren und darf ich mich auf einige, freilich nicht 
sehr zahlreiche, mikroskopische Untersuchungen stützen, so muss ich 
Fettbildung mit nachfolgender Resorption der Muskelmasse als den 
nächsten Grund bezeichnen, also einen Process, welcher auch in den 
übrigen Muskeln des Greises, neuerer Zeit speciell in den Hilfs- 
muskeln des Auges, nachgewiesen worden ist. 

Es sind also eigentlich zwei Momente, welche in der Genese 
der Fernsichtigkeit bei Greisen concurriren und, selbst physio- 
logisch, die Presbyopie der späteren Altersperioden zu 
einem normalen Zustand stempeln. Und wahrlich, es 
bedarf beider Momente, soll die Zurückführung der Fernsichtigkeit 
auf Resistenzvermehrung des Krystalles in weiten Grenzen zulässig 
erscheinen. 

Einerseits nämlich würde derselben eine nicht kleine Zahl von 
Fällen entgegentreten, in welchen die Fernsichtigkeit den äusseren 
Erscheinungen nach sehr rasch zur Entwickelung gekommen ist 
und namhafte Grade erreicht hat, wie dieses an Individuen jenseits 
der ersten Lebenshälfte thatsächlich gar nicht selten beobachtet wird, 
nach schweren Krankheiten, nach länger dauernden stark deprimi- 
renden Gemüthsaffeetionen und unter ähnlichen Verhältnissen. Die 
Langsamkeit, mit welcher Verdichtung des Krystalles einhergeht, 
schliesst letztere als alleinige Ursache der Presbyopie aus und 
es wird die Resistenzvermehrung der Linse hier nur insoferne von 
grosser Wichtigkeit, als sie blos ganz geringe Grade von Muskel- 
schwächung in ihren Folgen viel auffälliger hervortreten macht. 
Vermehrung des Widerstandes, wenn er nicht ein sehr namhafter 
ist, schliesst nämlich die Möglichkeit der Überwindung von Seite 
eines normalen Accommodationsmuskels nicht aus. Wenn dieser 
aber geschwächt wird, wie es unter den genannten Umständen per 
'analogiam wahrscheinlich wird, muss die Einrichtung des Auges 
für die Nähe eine weit schwierigere, als bei jugendlichen Augen, 
wenn nicht unmögliche werden und das ist eben Presbyopie im 
engeren Wortsinne. 


264 Stellwag. 


Anderseits aber spricht sich das allmählige Nachlassen des Aecom- 
modationsmuskels in der Involutionsperiode und während der Ent- 
wickelung der Presbyopie zu deutlich symptomatisch aus, als dassman 
auch nur einen Augenblick an der Betheiligung des genannten Organes 
bei der Erzeugung der Fernsichtigkeit im Greisenauge zweifeln 
dürfte. Es geht nämlich in den meisten Fällen die Normalsichtigkeit 
unter den Erscheinungen der Asthenopie in die Presbyopie 
über, ja die Kopiopie tritt nirgends so eclatant in die Wahrnehmung, 
als in dem Auge älterer Individuen. Sie gehört ganz vornehmlich 
der späteren Lebensperiode an, und wenn sie bisweilen in der 
Jugend als Vorläufer der Presbyopie beobachtet wird, so sind die 
begleitenden Umstände der Regel nach von der Art, dass ein der 
Involution analoger Zustand des Muskels in hohem Grade wahr- 
scheinlich wird, denn es findet sich dann der fragliche Gesichtsfehler 
entweder in Individuen, welche durch Krankheiten oder andere Verhält- 
nisse körperlich stark herabgekommen sind, oder neben geringeren Gra- 
den von Irisatrophie oder endlich neben Paresen der betreffenden Nerven 
und neben Strabismus mit davon ahhängiger Inanition des Auges. 

Auch hier, wie bei der Kurzsichtigkeit, äussert sich die 
Asthenopie durch das Unvermögen, Objecte von einer gewissen 
kurzen Distanz längere Zeit zu fixiren, beim Schreiben , Lesen 
u. s. w. auszudauern, namentlich bei künstlicher Beleuchtung, 
die ihrer geringeren Intensität halber eine verhältnissmässig 
stärkere Annäherung der Objecte voraussetzt, sofort grössere 
Anstrengungen des Accommodationsmuskels nothwendig macht und 
daher auch schon bei einfacher Fernsichtigkeit sich oft durch 
den Bedarf an schärferen Sammellinsen zur Geltung bringt. 
Der Asthenopische findet nach einiger Zeit, dass die Objecte minder 
klar und deutlich zur Anschauung kommen. Umsonst wischt und 
drückt er die Augen, nur allmähliche Vergrösserung der Objects- 
distanz führt zu einiger Verbesserung des Gesichtes. Immer weiter 
und weiter rückt er den Gegenstand vom Auge, bis endlich die Grösse 
des Netzhautbildes nicht mehr zureicht, um Detailwahrnehmungen 
zu vermitteln, oder aber bis die Abnahme der Erleuchtungsintensität 
des Objectes störend in den Weg tritt. Vergebens strengt er das 
Auge an, um für die erforderliche Nähe den dioptrischen Apparat ein- 
zurichten, die Objeete verschwimmen vor den Augen und bald macht 
sich das Gefühl der Reizung, des Druckes, der Völle im Auge 


Die Accommodationsfehler des Auges. 265 


bemerkbar, um sich bei fortgesetzter Intention zu wahren Schmerzen 
zu steigern und selbst durch erhöhte Wärme und Injection der Ciliar- 
gefässe objectiv zu offenbaren. Einige Ruhe, Fernsehen ohne Fixation 
bestimmter Gegenstände retablirt wieder den Zustand, welcher vor 
Beginn der anstrengenden Beschäftigung gegeben war, der Kranke 
kann diese wieder ungehindert aufnehmen. : Doch schon nach kürze- 
rer Zeit treten die vorgenannten Erscheinungen auf und die Dauer 
der erforderlichen Ruhe wächst. Immer kürzer werden die Fristen 
für das Nahesehen und länger die zur Erholung nöthigen Pausen, 
bis endlich bei fortgesetzter Intention des Accommodationsmuskels 
die Reizung des eiliaren Gefäss- und Nervensystemes jeden weiteren 
Versuch, zu dem Geschäfte zurückzukehren, unmöglich macht. Es 
bedarf des Schlafes, ja selbst einiger Tage Ruhe, um das Auge 
wieder völlig zu retabliren. | 

Es ist klar, dass Foreirungen, wie sie bisweilen durch die 
Lebensverhältnisse der betreffenden Individuen nothwendig gemacht 
werden, zu Hyperaemien und in Folge deren selbst zu krankhaften 
Processen im Auge führen können, welche Functionsuntüchtigkeit der 
licehtempfindenden Theile nothwendig im Gefolge haben. Die Erfahrung 
lässt hierüber keinen Zweifel und in Anbetracht dessen haben sich auch 
viele hochgeachtete Oculisten bewogen gefunden, die Asthenopie als 
ein Übergangsstadium zur Amblyopie zu bezeichnen, ja selbe gera- 
dezu als eine Amblyopie zu erklären und als Amblyopia ex pres- 
byopia, als Hebetudo visus, als Amblyopia muscula- 
ris u. s. w. zu beschreiben. Sie stützten sich nebstbei noch auf 
den Umstand, dass der Asthenopische während des Anfalles durch 
enge Kartenlöcher nahe Gegenstände nicht deutlicher wahrzunehmen 
im Stande sei; bedachten dabei aber den Reizzustand des Auges nicht 
und übersahen, dass der Kranke ferne Gegenstände deutlich sehe, sie 
aber schwer fixire und dass das Sehen durch ein Kartenloch eben ein 
Fixiren voraussetze. 

Überdies ist der Übergang der Asthenopia presbyopica in Am- 
blyopie keineswegs Regel, im Gegentheile Ausnahme. Der besorgte 
Kranke findet, nach Mitteln suchend, in Sammellinsen bald den 
gewünschten Behelf und überhebt so seinen Accommodationsmuskel 
der übermässigen Anstrengung, womit denn auch die Gelegenheit zum 
Hervortreten der Asthenopie beseitigt ist. Der gewöhnliche Ausgang 
der Asthenopie ist dann auch die Fernsichtigkeit im engeren Wort- 


266 Stellwae. 


sinne. Eigentlich lässt sich die Asthenopie unter den genannten Um- 
ständen nur als eine Äusserung der Presbyopie betrachten. 

Einsichtlicher Weise ist die Fernsiehtigkeit mit Ausnahme 
weniger Fälle, in welchen das ursächliche Moment derselben besei- 
tiget werden kann, einer Gradverminderung oder gar einer Heilung 
unfähig. Im Gegentheile, es liegen in der physiologischen Verdich- 
tung der Linse und fortschreitenden Involution des Accommodations- 
muskels genügende Gründe, um an eine stätige Zunahme derselben zu 
glauben, wofür denn auch der Umstand spricht, dass Presbyopische 
von Zeit zu Zeit gezwungen sind, die Brennweite ihrer Brille zu ver- 
kürzen. Zunahme der Fernsichtigkeit ist aber mit Abnahme des 
Accommodationsvermögens gleichbedeutend. Es scheint daher, als 
ob die ursächlichen Verhältnisse der Presbyopie einen endlichen 
Übergang derselben in völligen Mangel des Aecommoda- 
tionsvermögens nothwendig mit sich brächten. 

Es ist jedoch nicht dem so. Einen gewissen Grad von Aceom- 
modationsvermögen behält das Auge der Regel nach bis in das 
höchste Alter, es wäre denn, dass die allmähliche Verdichtung der 
Linse Grade erreicht, welche bereits das Gegebensein eines Kern- 
staares begründen, oder aber dass Verhältnisse zufällig eintreten, 
welche auch im jugendlichen Alter eine Presbyopie mit völ- 
ligem Mangel des Accommodationsvermögens herbei- 
zuführen im Stande sind. 

Als solche Verhältnisse müssen bezeichnet werden: Lähmungen 
des Muskels als Folge von Leitungshemmungen in den betreffenden 
Nerven, diese seien in was immer für Ursachen begründet; weiters 
Lähmungen des Muskels durch Inanition in Folge dauernder Ver- 
nachlässigung desselben, wie dieses besonders oft bei Strabismus 
vorkömmt; weiters Lähmungen des Muskels, wie selbe gar häufig 
durch krankhafte Vegetationsprocesse, namentlich durch Entzündung 
und Produetbildung im Innern des Muskels und durch sofortige Atro- 
phie seiner Fasern, gesetzt werden; Lageveränderungen der Iris 
durch Synechien und dadurch bedingte Unmöglichkeit, einen Druck 
auf die Ciliarfortsätze auszuüben; Verletzungen des Sphineters mit 
davon abhängiger Unfähigkeit desselben, dem Zuge der Längsfasern 
als Widerhalt zu dienen, vornehmlich Verletzungen, wie sie die Bil- 
dung einer künstlichen Pupille bei Integrität der Linse mit sich 
bringt; Mydriasis und Irideremie; Anheftung des Pupillartheiles der 


Die Accommodationsfehler des Auges. 267 


Iris an die vordere Kapsel u. s. w., also eine lange Reihe von 
Zuständen, die übrigens noch nicht ersehöpft ist und wahrscheinlich 
nicht so bald erschöpft werden wird, da mir einige Fälle von völligem 
Accommodationsmangel eines Auges bei jugendlichen Individuen vor- 
gekommen sind, bei denen sich auch nicht die mindeste Andeutung 
‘des ursächlichen Momentes erörtern liess. 

Es sollte unter diesen Umständen die absolute Sehweite des 
Auges eine nach aussen unbegrenzte, unendliche sein. Doch findet 
sich hier eine unendliche absolute Sehweite sehr selten, 
denn einerseits ist der Gesichtsfehler sehr gewöhnlich auf Ein Auge 
beschränkt und dieses wird vernachlässigt, worauf auch die Energie 
der Netzhaut bald abnimmt; andererseits ist die Abnahme des Lich- 
tes durch Absorption und insbesondere häufig die mechanische 
Verengerung der Pupille mit dem darin begründeten Hervortreten 
des Beugungsspeetrums dem Fernsehen entgegen. Endlich ist der 
dioptrische Fernpunkt des Auges nicht in allen Fällen ein unendlich 
weit abstehender und der Verlust des Accommodationsvermögens 
reducirt die absolute Sehweite eben nur auf die natürliche Sehlinie. 
Diese variirt aber bei verschiedenen Individuen mannigfaltig. Ver- 
suche mit solehen Augen angestellt, werden daher sehr differente 
Resultate bezüglich ihrer Tragweite geben und der Regel nach mit 
verschiedenen Brillen Objecte verschiedener Distanzen zur Wahr- 
nehmung bringen. 


Die Übersichtigkeit oder Hyperpresbyopie. 


Sie schliesst sich unmittelbar an den vorhergehenden Gesichts- 
fehler an und stellt gleichsam nur einen höheren Grad des- 
selben vor. Zahlreiche Übergänge verbinden beide mit einander, 
so dass es ganz unmöglich ist, eine andere als künstliche 
Trennung derselben vorzunehmen. Es erscheint in der Hyper- 
presbyopie der Fernpunkt des Auges über die positive 
Unendlichkeithinausgerückt. Insofern die der absoluten Seh- 
weite des accommodationstüchtigen Auges conjugirte Differenz der 
hinteren Vereinigungsweiten des dioptrischen Apparates stäts nur 
innerhalb sehr geringer Grenzen schwankt, muss auch der Nahe- 
punktabstand des übersichtigen Auges ein grösserer, als jener des 
Presbyops sein. Das übersichtige Auge bedarf daher schon bei der 


268 Stellwag. 


Betrachtung ferner Objecte einer gewissen Adaptionsanstrengung. 
In höheren Graden der Hyperpresbyopie aber reicht schon das Maxi- 
mum des Accommodationsdruckes nicht mehr zu, um den dioptrischen 
Apparat selbst für unendlich ferne Gegenstände einzustellen. Die 
absolute Sehweite erscheint hier sofort bald als eine 
discontinuirliche, zum Theile positive, zum Theile 
negative, der Fernpunkt liegt hinter, der Nahepunkt 
vor dem Auge; bald aber, und das sind die ausgesprochensten 
Fälle von Übersichtigkeit, ist die absolute Sehweite ihrer 
Sanzen Länge nach eine negative, bald längere, bald 
kürzere, je nach dem Grade des noch bestehenden Accommoda- 
tionsvermögens und je nach der grösseren oder geringeren Annähe- 
rung des negativen Fernpunktabstandes. 

Die optische Wesenheit der Übersichtigkeit liegt demnach 
darin, dass die Brennweite des dioptrischen Apparates bei völliger 
Ruhe des Accommodationsmuskels eine grössere ist, als der Abstand 


der Netzhautstabschichte von dem optischen Centrum der liehtbrechen- 


den Medien ; dass daher selbst nahezu parallel einfallende Strahlen 
nur unter Voraussetzung accommodativer Vermehrung des Refractions- 
. zustandes, oder unter gar keiner Bedingung, auf der Netzhautstab- 
schichte zur Vereinigung gebracht werden können und sich hinter 
diesem Stratum zu Objectbildern concentriren; dass aber der 
dioptrische Apparat wohl für convergent auffallende 
Strahlen eingerichtet ist und sofort Gesichtsobjecte 
negativer Distanz zur Anschauung zu bringen vermöge. 

Die Hyperpresbyopie niederen Grades charakteri- 
sirt sich demnach durch das Unvermögen des freien Auges, Objecte 
von mehreren Fussen Distanz klar und deutlich wahrzunehmen und 
durch den Bedarf accommodativer Thätigkeit, sobald es sich um 
scharfe Netzhautbilder weit entfernter Gegenstände handelt. Der 
Hyperpresbyops höheren Grades aber sieht nahe und ferne 
Objeete nur in Zerstreuungskreisen und keine Anstrengung des 
Accommodationsmuskels vermag den Durchmesser der die Netzhaut 
treffenden Zerstreuungskreise auf Null zu reduciren. 

Die Grösse der Zerstreuungskreise bestimmt aber 
das Mass der mangelnden Schärfe und zum Theile auch der Deutlich- 
keit in den optischen Wahrnehmungen, wie ich dieses bereits 
erwähnt habe. Der Übersichtige muss daher, wenn er optischer 


Die Accommodationsfehler des Auges. 269 


Hilfsmittel entblösst ist, in jeder möglichen Weise die Grösse der 
Zerstreuungskreise zu verkleinern suchen, um die Fehlerhaftigkeit 
seiner optischen Wahrnehmungen auf ein Kleinstes zu bringen und 
in der Wahl dieser seiner Behelfe liegen bereits Momente, welche die 
Diagnose des fraglichen Gesichtsfehlers zu leiten ver- 
mögen. 

Die Zerstreuungskreise wachsen mit der Differenz zwischen der 
hinteren Vereinigungsweite der Strahlen und dem Abstande der 
Netzhautstabschichte vom optischen Centrum des dioptrischen Appa- 
rates. Doch ist dieses Wachsthum bei Integrität des Krystallkörpers in 
sehr enge Grenzen eingeschränkt, weil dann jene Differenz selbst 
nur innerhalb weniger Linien variabel ist und noch durch die Aecom- 
modation des Auges wesentlich verkleinert werden kann. Der Einfluss 
dieser Differenz aufdie Grösse der die Netzhaut treffenden Zerstreu- 
ungskreise wird daher weithin überboten von jenem, welchen die 
Öffnung des dioptrischen Apparates ausübt. Der Über- 
sichtige blinzelt desshalb beim Besehen näherer Objeete noch mehr, 
als der Myops und Verengerung der Pupille ist sein Hauptbestreben 
um so mehr, als eben kräftige Contraction des Iriskreismuskels 
Bedingung für ein Maximum des Accommodationsdruckes ist. Der 
Hyperpresbyops bedarf daher einer sehr starken Erleuchtung des 
Gesichtsfeldes, was ihn wesentlich von dem Kurzsiehtigen unter- 
scheidet. Die Erleuchtung des Gesichtsfeldes genügt jedoch nicht, 
auch das Objeet muss möglichst stark erleuchtet sein, um einerseits 
die Contrastwirkung zu erhöhen, anderseits aber, um den Ausfall in 
dem scheinbaren Glanz der Netzhautbilder, welcher aus der Ver- 
kleinerung der Öffuung des dioptrischen Apparates resultirt, zu 
decken. Der Übersichtige nähert daher die Objeete dem Auge sehr 
bedeutend, stellt sie in möglichst günstige Richtung zur Lichtquelle 
und wo es thunlich ist, auch senkrecht auf die optische Axe des 
Auges. In Anbetracht dessen findet man denn auch die Hyperpres- 
byopie in den Lehrbüchern, in welchen Praxis und Ungenauigkeit 
gleichbedeutend sind, mit der Myopie zusammengeworfen und als 
die höchsten Grade der Kurzsichtigkeit beschrieben, 
bei welchen Zerstreuungslinsen nichts mehr wirken. 

Die natürliche Sehlinie des übersichtigen Auges 
ist eine negative und nimmt in Anbetracht des Verhältnisses, in wel- 
chem die conjugirten Vereinigungsweiten des dioptrischen Apparates 


270 Stellwag. 


als eines Systems von Sammellinsen, zu einander stehen, um so 
rascher an Länge ab, je näher ihr dem Auge zugewandtes 
Ende, der Fernpunkt, der Netzhautstabschichte rückt. 
Sie ist der eine Factor, das Maximum des durch die Aecommodations- 
thätigkeit variablen Refractionszustandes des Auges aber der andere 
Factor, welcher die Grösse der Differenz bestimmt, innerhalb | 
welcher die hinteren Vereinigungsweiten des dioptrischen Apparates 
' schwanken dürfen, soll ihre Zurückführung auf die Länge des Netz- 
hautabstandes noch möglich sein. Dieser Differenz ist aber die 
absolute Sehweite des Auges conjugirt. Es wird letztere 
also eine um so grössere sein bei gleichem Fernpunktabstande, je 
grösser das Accommodationsvermögen ist, und bei gleicher Adaptions- 
fähigkeit des Auges, je weiter der Fernpunkt vom Auge absteht; 
Verhältnisse, welche sehr leicht einzusehen sind, wenn man sich das 
Auge als eine in ihren Krümmungsradien veränderliche Concavlinse 
vorstellt und sich die Objecte hinter der Netzhaut gelegen denkt. 

Aus den Combinationen verschiedener Werthe für die Grösse 
des natürlichen Refractionszustandes und des Accommodationsver- 
mögens ergeben sich begreiflicher Weise sehr differente Lagen und 
Längen der absoluten Sehweite und es sind diese Unterschiede gross 
genug, um die Aufstellung einer negativen Myopie und Pres- 
byopie in reiner Form sowohl, als in Vergesellschaftung mit 
Schwäche und völligem Mangel der Einrichtungsfähigkeit zu recht- 
fertigen. Damit ist aber auch schon die Bestimmung des Nahe- 
und Fernpunktes als Bedürfniss ausgesprochen. 

Einer solchen Bestimmung genügen jedoch offenbar Augen- 
spiegel nicht, da sie höchstens das Überwiegen der Brennweite 
des dioptrischen Apparates über die Länge des Netzhautabstandes 
herausstellen. Unter den Optometern kann höchstens der 
Stampfer’sche zuResultaten führen, da bei den übrigen die Objects- 
distanz eine positive und kleine ist. Aus demselben Grunde erscheint 
aber auch die von mir vorgeschlagene Scala unbrauchbar. Sie 
könnte höchstens zur Bestimmung des Nahepunktabstandes. dienen, 
wird aber auch da nur sehr schwankende Resultate geben, da dieser 
Abstand im hyperpresbyopischen Auge, wenn er überhaupt ein posi- 
tiver ist, jederzeit einen namhaften Werth besitzt, einen Werth, 
welcher schon sehr grosser Differenzen fähig ist, ohne in der Länge 
der hinteren conjugirten Vereinigungsweiten fühlbar zu werden und 


Die Accommodationsfehler des Auges. 271 


damit auch so kleine Unterschiede in der Grösse der die Netzhaut- 
stabschichte treffenden Zerstreuungskreise bedingt, dass dieselben 
gleichsam verschwinden, insbesondere, da die Diekendurchmesser 
der Stäbe und Zapfen in Betracht kommen ; daher es denn auch 
geschehen kann, dass eine z. B. 15 Fuss entfernte Schrift von ent- 
 sprechender Grösse noch ziemlich deutlich und scharf gesehen wird, 
obwohl der Nahepunktabstand des Auges ein negativer, aber sehr 
grosser ist. 

In Anbetracht dieser Umstände erlangen die Ergebnisse, welche 
Versuche mit Brillengläsern liefern, einen hohen Werth 
und dieses zwar trotz der ihnen anklebenden Mängel. 

Das Maximum des Aeccommodationsdruckes reicht in übersichtigen 
Augen nicht zu, um nur einigermassen divergirende Strahlen auf der 
Netzhautstabschichte zur Vereinigung zu bringen, ja in den meisten 
Fällen ist schon die Einrichtung für parallel einfallende Strahlen 
unmöglich, das Maximum der Refraetion im dioptrischen Apparate 
genügt nur für gewisse negative Distanzen. Insoferne aber die, 
grossen positiven und grossen negativen Distanzen conjugirten, 
hinteren Vereinigungsweiten des dioptrischen Apparates nahezu 
zusammenfallen, wird es im Interesse der Verständlichkeit und 
leichteren Übersicht erlaubt sein, den Betrachtungen über die 
Leistungsfähigkeit von Brillen bei Hyperpresbyopie eine rein negative 
Sehweite zu Grunde zu legen. 

Da die Objectsdistanz unter allen Verhältnissen eine positive 
bleiben muss, ist es von selbst verständlich, dass Zerstreuungslinsen 
ausgeschlossen seien, sobald es sich um Correction einer Übersichtig- 
keit handelt, dass nur Sammellinsen diesem Zwecke ent- 
sprechen können, indem nur diese bei positiver Ob- 
jeetsdistanz scheinbare Bilder in der absoluten Seh- 
weite des hyperpresbyopischen Auges zu erzeugen 
vermögen. Es ist aber auch klar, dass Sammellinsen nur von 
solehen Objecten scharfe und deutliche Wahrnehmungen 
vermitteln können, deren Abstand von der Linse ein 
grösserer oder aber, bei diseontinuirlicher absoluter Sehweite, 
ein nur um sehr wenig kleinerer ist, als die Linsen- 
brennweite. 

Schon hierin liegt eine sehr bedeutende Beschränkung bezüg- 
lich der Wahl einer passenden Linse. Da nun aber die Aufgabe einer 


212 | Stellwag. 


Brille ist, eine mögliehst lange absolute Sehweite des 
brillenbewaffneten Auges zu erzielen, liegt es klar am Tage, 
dass nur eine Sammellinse als passend bezeichnet werden könne und 
dass dieses jene sei, welche der gegebenen, negativen absoluten Seh- 
weite die grösstenDistanzunterschiedeeonjugirt. Esist 
aber auchklar, dass diehinterenVereinigungsweitendieser 
gefundenen Brille die Länge und Lage der absoluten 
Sehweite bezeichnen. 

Wäre die negative absolute Sehweite des übersichtigen Auges 
der Lage und Länge nach gleich der positiven absoluten Sehweite 
des normalen Auges, d. h. stünde der Fernpunkt des übersichtigen 
Auges in der Distanz des normalen Nahepunktes hinter dem opti- 
schen Centrum desLichtbrechungsapparates und wäre der Nahepunkt 
des Hyperpresbyops ein negativ unendlicher, so wäre die gesuchte 
Verwandlung der negativen Sehweite in die normale positive durch 
eine Sammellinse zu bewerkstelligen, deren Brennweite gleich ist 
dem normalen Nahepunktabstande. Nur die Unmöglichkeit, die Brille 
unmittelbar an die Hornhaut heranzurücken, würde dann als ein, die 
absolute Sehweite verkürzendes Moment funetioniren. Jede schwä- 
chere Brille würde den positiven Nahepunktabstand des brillenbe- 
waffneten Auges vergrössern, jede schärfere den Fernpunkt herein- 
rücken und sofort um so grössere Ausfälle in der Länge der absolu- 
ten Sehweite erzeugen, je grösser der Unterschied in der Brenn- 
weite ist. 

So kleine Abstände des negativen Fernpunktes kommen jedoch 
im übersichtigen Auge nicht immer vor, und wenn sie gegeben sind, 
setzen sie ein, dem normalen völlig gleich kommendes, also sehr 
bedeutendes Accommodationsvermögen voraus, soll der 
negative Nahepunktabstand ein unendlich grosser werden. Dieser 
Bedingung ist in der Natur aber nur sehr selten entsprochen, es paart 
sich meisthin Kürze des negativen Fernpunktabstandes mit Kürze der 
negativen Nahepunktdistanz (negative Kurzsichtigkeit) und 
wo der Nahepunktabstand ein sehr grosser unendlicher ist, dort 
erscheint auch der Fernpunkt gewöhnlich weit hinausgeschoben 
(negative Fernsichtigkeit); während auch an Fällen kein 
Mangel ist, in welchen die relativ kurze, negative absolute Sehweite 
gleichsam die Mitte hält zwischen den erwähnten beiden Extremen 
und sofort einen Zustand charakterisirt, der wegen Abgang eines 


Die Accommodationsfehler des Auges. 273 


besseren Namens einstweilen negative Mittelsichtigkeit 


heissen möge. 


Die Bestimmung der absoluten Sehweite und sofort 
auch die Unterscheidung dieser drei künstlich getrennten und ohne 
deutliche Grenze in einander übergehenden Grade der Übersichtigkeit 
unterliegt keinen Schwierigkeiten. Die um den Abstand der Brille 
vom Auge verminderte Brennweite der schärfsten Sammellinse, mit’ 
welcher der Hyperpresbyopische noch sehr ferne Gegenstände von 
hinlänglichem wirklichen Glanze, am besten Himmelskörper, in klaren 
und deutlichen Bildern wahrzunehmen fähig ist, gibt die Lage des 
Fernpunktes. Die kürzeste Distanz aber, in welcher das betreffende 
Auge mit derselben Sammellinse Objecte von entsprechender Grösse 
und Erleuchtung in scharfen und deutlichen Bildern zur Anschauung 
zu bringen vermag, ist dem, um den Brillenabstand vermehrten 
Abstande des Nahepunktes conjugirt. 

Ich sage „Objecte von entsprechender Grösse“ und beziehe 
mich damit auf das, was ich bei Gelegenheit der Myopie in Betreff 
der Bestimmung des Nahe- und Fernpunktes gesagt habe, erinnernd, 
dass übermässige Kleinheit des Netzhautbildes Detailwahrnehmungen 
unmöglich macht, auch wenn das Netzhautbild ein völlig scharfes und 
hinlänglich lichtstarkes wäre; dass aber grosse Netzhautbilder selbst 
bei ziemlich verschwommenen Umrissen noch die Unterscheidung des 
Details gestatten und sofort ein Erkennen des Objectes möglich 
machen. Eine Art Massstab, welchem die optischen Wahrnehmungen 
des normalen freien Auges zu Grunde liegen, erscheint sofort bei der 
Beurtheilung des übersichtigen Auges nach seiner Tragweite von 
Wichtigkeit. Einen solchen Massstab liefert eben die oben beschrie- 
bene Scala. Das Verhältniss, in welchem die conjugirten Vereini- 
gungsweiten der Brille zu einander und zu der Accomodationslinie des 
Auges stehen, macht sie verwendbar sowohl zur Bestimmung des Nahe- 
als des Fernpunktes, wenigstens so weit es sich nicht um mathema- 
tisch genaue, sondern nur praktisch brauchbare Resultate handelt. 

Die unvermeidliche Vergrösserung der Netzhautbildgrösse durch 
die Sammellinse macht jedoch bei Bestimmung der Grenzgrösse eine 
Correctur nothwendig, welche zur Zeit aber nur annähernd und 
schätzungsweise möglich ist, indem der Vergrösserungscoöfficient 
von mehreren, in den einzelnen Fällen zum Theile noch unbestimm- 
baren, Werthen abhängig ist und mit diesen sehr stark variirt. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. 1. Hft. 18 


27A Stellwag. 


n pı 


Für das freie, normale Auge ist wieder «—Ä. und wenn »v den 


Abstand des Objectes von der Vorderfläche einer ee und c deren Ab- 

' stand vom Auge bedeutet, ist in Übereinstimmung mit den früher angewandten 

Formeln 
ee 

n@+e) 

Für das brillenbewafinete Auge aber erscheint 


aA 


n 
a—=A, Bi ‚Alu, ME, 
n,p n, (81 — €) 
und weil 
Av, b 
A — 
® v—b 
ist, ergibt sich 
a Eee 
vn, (u —e) y —e nv 


Am kleinsten ist diese Abweichung der Netzhautbildgrösse bei 
der negativen Fernsichtigkeit, wenn es sich um grössere Objeets- 
distanzen handelt. Selbst bedeutendere Abstände der Brille vom Auge 
werden dann in ihrem Einflusse wenig merklich und der Refractions- 
zustand des Auges kömmt jenem der Norm sehr nahe. 

Grösser ist der Einfluss des Brillenabstandes bei negativer Fern- 
sichtigkeit, wenn nahe Objecte zur Wahrnehmung gebracht werden 
sollen und bei negativer Kurzsichtigkeit, wo er mit der Annäherung 
des Objectes steigt und nur durch möglichste Verringerung der Ent- 
fernung der Brille vom Auge. einigermassen geschwächt werden 
kann. | 

Im Allgemeinen kann man also wohl sagen, dass die Abwei- 
chung der Netzhautbildgrösse von der Norm steige, 
‚wenn die Brennweite der vor das Auge aufgepflanzten Sammellinse 
abnimmt. Es verdient dieselbe die grösste Beachtung, indem die 
Brennweite der in jedem Falle erforderlichen Brille nicht allein ab- 
hängig ist von dem Refractionszustande des Auges und sofort als 
eine jeweilig unveränderliche erscheint; sondern in Anbetracht des 
gewöhnlich verminderten Accommodationsvermögens auch von der 
Distanz des Objeetes beeinflusset wird und zwar so bedeutend, dass 
Übersichtige der Regel nach mit keiner Brille für alle Distanzen aus- 
reichen, sondern deren zwei oder selbst mehrere benöthigen, soll 
das Auge sowohl für die Ferne ‘als Nähe accommodationsfähig 
. werden. | 


- will. 


Die Accommodationsfehler des Auges. 275 


Es wird dieses Jedermann einleuchten, wenn er in Erwägung 
zieht, was ich von der Lage und Länge der absoluten Sehweite der 
Übersichtigen mitgetheilt habe und wenn er damit das Verhältniss 
der conjugirten Vereinigungsweiten in Sammellinsen in Vergleich 
bringt. Es kann ihm dann nicht entgehen, was auch Versuche am 
Hyperpresbyops herausstellen, dass zum Nahesehen bei einer und 
der anderen Art der Übersichtigkeit eine schärfere Sammellinse, als 
die vorhin diseutirte erfordert werde, und zwar eine, verhältniss- 
mässig zu dieser letzteren um so schärfere, je nähere Objecte der 
Hyperpresbyops zur klaren und deutlichen Wahrnehmung bringen 


Die nosologischen Momente der Übersichtigkeit 
sind ganz geeignet, diese Verhältnisse in noch helleres Licht zu stel- 
len. Sie lassen sich wieder leicht nach jenen drei Factoren, welche 
die Grösse der Ablenkung einfallender Lichtstrahlen im reducirten 
Auge bestimmen, gruppiren und so im Interesse eines leichten Über- 
blickes behandeln. | 

Die natürliche Sehlinie ist die, dem Abstand und der Dicke der 
Netzhautstabschichte conjugirte Differenz der vorderen Vereinigungs- 
weiten des dioptrischen Apparates bei völliger Ruhe des Accommo- 
dationsmuskels. Vergrösserung jenes Abstandes bringt unter übri- 
gens normalen Verhältnissen die Kurzsichtigkeit zu Stande, Ver- 
kürzung desselben aber kann bei gleichen Voraussetzungen nur 
‘zur Übersichtigkeit führen, nicht aber zur Weitsichtigkeit, da 
bei dieser die natürliche Sehlinie mit jener der Norm überein- 
kömmt. 

Eine Verkürzung der optischen Augenaxe bei völ- 
liger Integrität der das Licht brechenden und empfindenden Theile 
kann nach meinen so zahlreichen anatomisch-pathologischen Unter- 
suchungen kaum durch krankhafte Processe im Bulbus bedingt wer- 
den, es erscheint ein solcher Vorgang mindestens sehr unwahrschein- 
lich, und es dürfte jene sofort kaum anderswo, als in abnormer Ent- 
wickelung des Auges ihre Begründung finden. Leider fehlen bezüg- 
liche Messungen noch ganz, nur Vermuthungen lassen sich über die 
Beziehung vorkommender Fälle von Übersichtigkeit zu normwidriger 
Axenlänge des Auges aufstellen. Doch entbehren diese Vermuthun- 
gen nicht jeder erfahrungsmässigen Basis;in einer nicht ganz bedeu- 
tungslosen Zahl der von mir untersuchten Fälle glaube ich eine auf- 


276 Stellwag. 


fallende Kleinheit und besonders ein Tiefliegen der Augen in ursäch- 
lichen Zusammenhang mit der vorhandenen Hyperpresbyopie stellen 
zu dürfen, um so mehr, als sich sonst keine Spur einer Abweichung 
fand, und nebstbei auch ein ganz ausgezeichnetes Accommodations- 
vermögen des mit der passenden Brille bewaffneten Auges nachwei- 
sen liess, was einigermassen Bürge für die Normalität des dioptrischen 
und accommodativen Apparates ist. Dass scheinbare Kleinheit des 
Auges und ein Tiefliegen desselben nicht stets mit Übersichtigkeit 
gepaart sind, kann begreiflicher Weise nicht als Gegengrund gelten, 
eben so wenig als der Umstand, dass die Hyperpresbyopie auch in 
scheinbar normal gebildeten, ja selbst in grossen und vorspringenden 
Augen getroffen werde. Denn einerseits liegen in den Schwankungen 
der beiden anderen in Rede stehenden Factoren Momente der 
Correetion, anderseits aber Momente einer selbstständigen Ent- . 
wickelung der Übersichtigkeit bei Normalität der Axenlänge des 
Auges. | Ä 
Besonders mächtig bezüglich des Einflusses auf die Lichtbre- 
chung im Auge erweisen sich Verlängerungen des Horn- 
hautradius, Abflachungen der Hornhaut, wie selbe so überaus 
häufig im Gefolge von Narbeneinlagerungen in das Cornealgewebe 
getroffen, noch häufiger aber wegen ihrer geringen Auffälligkeit für 
das freie Auge übersehen und bisher noch völlig missachtet worden 
sind. Die vorausgeschickte Erörterung des Causalzusammenhanges 
zwischen Krümmungsvermehrungen und den höchstgradigen, nahezu 
correetionsunfähigen Myopien überhebt mich der Nothwendigkeit, in 
eine specielle Betrachtung der optischen Folgen einer Hornhautver- 
flachung einzugehen. Diese ergeben sich aus jener. Sie sind um so 
bedeutender, als der Krümmungsabweichung der Cornea eine Verkür- 
zung der optischen Axe parallel geht, weiters aber die, der Nar- 
benbildung vorausgehenden und sie bedingenden Substanzverluste 
der Hornhaut sehr oft mit Entleerung des Krystallkörpers gepaart 
sind oder späterhin die Entfernung der getrübten Linse aus der Seh- 
axe nothwendig machen; überdies endlich meisthin Einlöthung von 
Iristheilen in die Cornealnarbe. gesetzt und sofort die Möglichkeit 
einer Correetion des Gesichtsfehlers durch accommodative Thätig- 
keit aufgehoben wird. 

Die Entfernung desKrystallkörpers aus der Seh- 
axe präsentirt gleichsam den dritten unter den die Hyperpresbyopie 


Die Accommodationsfehler des Auges. 277 


begründenden Factoren. Alle übrigen auf den Refractionscoeffieien- 
ten des redueirten Auges influenzirenden Verhältnisse verschwinden 
beinahe gegenüber dem Mangel der Linse. Nur bedeutendere Abfla- 
chungen dieses Organes, wie selbe bisweilen in Folge partieller staa- 
riger Zerfällniss mit sofortiger Aufsaugung des Magma’s und Zurück- 
lassung durchsichtiger Krystallschichten gesetzt werden, treten mit 
ihnen in gleiche Rangordnung, während sie überdies, gleich den Cor- 
nealverkrümmungen ein nosologisches Moment des sogenannten Visus 
incorrectus abgeben können. 

Die Häufigkeit des grauen Staares und seiner Operationen, sowie 
künstlicher Pupillenbildungen mit Zerstörung des Krystalles machen 
das in Rede stehende Moment zur ergiebigsten Quelle der Hyperpres- 
byopie. Nicht Weitsichtigkeit, wie man glaubt, sondern Übersich- 
tigkeit und zwar hochgradige Übersichtigkeit ist 
das Ergebniss künstlicher oder durch krankhafte 
Processe bedingter Entfernungen des Krystalles aus 
der Sehaxe des Auges. Es ist den betreffenden Kranken ein 
scharfes und deutliches Sehen in keine positive Entfernung ermög- 
lichet, ihre absolute Sehweite ist der ganzen Länge nach eine nega- 
tive. Eine Betrachtung der Lichtbreehungsverhältnisse in solchen 
Augen stellt dieses klar heraus. Sie ergibt aber auch die Unwahr- 
scheinlichkeit einer genügenden Correctur durch Änderung der ande- 
ren, die Refraction im Auge beeinflussenden Factoren. 


Es ist nämlich die Brennweite der Cornea 13”35 und die hintere Ver- 
einigungsweite derselben für einen Objeetsabstand von 100" beträgt 14"93. 
Dass eine Axenverlängerung des Auges durch Ausdehnung der Sklera unter 
solchen Umständen selbst, wenn sie ohne gleichzeitige Abflachung der Cornea 
möglich wäre, ungenügend ist, bedarf wohl keines Beweises. Dass aber krank- 
hafte Veränderungen der Hornhautkrümmung den Verlust der Linse aufwiegen, 
ja weit überbieten können bezüglich des Einflusses auf die Strahlenbrechung, 
versteht sich von selbst. Schon eine Verkürzung des Hornhautradius um 0881 
würde hinreichen, um im linsenlosen Auge unendlich ferne Objeete in scharfen 
und deutlichen Bildern auf der Netzhaut abzuspiegeln, wenn auch eine solche 
Ausdehnung eine Axenverlängerung des Auges nicht voraussetzen würde. 
Der Brechungsindex M des redueirten Auges für D=», F=13'35 und 
R=3'455 erscheint nämlich 


F 
M=——- —1°35. 
R 


278 Stellwag. 
Aus der Formel (1 —m)r —md=f ergibt sich aber, wenn F—= 9"934, 


1 
M=1'35 und D=» gesetzt wird, wo F = 7 die Axenlänge des Auges ist, 


A 1 1 ; 
und M=—, D=—, R= — gesetzt wird 
m d r 


Eine solehe Verkürzung des Hornhautradius bringt aber ein Hervortreten 
des Cornealeentrums und sofort eine Axenverlängerung des Auges um nahezu 
0”5 mit sich, wie sich leicht durch Substitution des Werthes 2575 in die 
Formeln der Note (S.228) berechnen lässt. Es bedarf also einer viel geringeren 
Verkürzung des Hornhautradius, um den Verlust des Krystalles optisch zu 
neutralisiren, die negative natürliche Sehlinie sofort in eine positive zu ver- 
wandeln und der Möglichkeit eines solchen Vorkommnisses steht nichts mehr 
im Wege. Allein ein Accommodationsvermögen zu begründen, ist eine solche 
Ausdehnung der Cornea unfähig und es fällt sofort dieses Moment gerade dort 
als Erklärungsgrund weg, wo es die scheinbar sehr bedeutende Länge der 
absoluten Sehweite am nothwendigsten macht. Überdies findet eine solche 
Ausdehnung ihre Bedingungen nur in krankhaften Verhältnissen, in Verminderung 
der Resistenz des Cornealgefüges mit sofortiger relativer Verstärkung des auf 
die Hornhauthinterwand wirkenden hydrostatischen Druckes. Ihr Mass liegt 
daher nicht in der Willkür des übersichtig Gewordenen und es ist daher un- 
wahrscheinlich, dass sie sich, auch nur in wenigen Fällen, gerade auf den, 
durch die Lichtbrechungsverhältnisse des Auges begründeten Bedarf be- 
schränken werde, dass sie also hier überhaupt von sonderlichem Belang sei. 
Auch die Vorwölbung der Hinterkapsel mit dem Glaskörper, wie ich sie als 
nach Staarextraetionen vorkommend nachgewiesen habe, reicht nicht aus, um 
eine besonders merkliche Verkleinerung der die Netzhaut treffenden Zerstreu- 
ungskreise zu ermöglichen. Nimmt man nämlich den Abstand g des Centrums 
von der Hinterfläche der Hornhaut 9—=1 und den Krümmungsradius R der 
vorgewölbten Vorderfläche des Glaskörpers R=2", was wohl die Grenze der 
Möglichkeit erreicht, so ergibt sich mit Berücksichtigung des relativen 


1'339 1'337 1 Earl 
wegen Dan — 13°35 


Brechungsexponenten M —= —— und m — 
1337 1'339 


(dA —m)r + md—= f= 0:0765 und F= 13"07. 


Es ist zwar wahr, dass Fälle zur Beobachtung kommen, in wel- 
chen trotz dem Abhandensein der Krystallinse noch ziemlich deut- 
liche Wahrnehmungen ferner oder naher Objecte, ja selbst ein Sehen 
in sehr verschiedenen Distanzen und sogar das Lesen von kleinerer 
Druckschrift ermöglicht ist. Allein das sind ausserordentlich seltene 
Fälle, und sie wurden viel zu wenig genau bisher untersucht, als 
‚dass man sie als Beweise für das Zustandekommen scharfer Bilder 


Die Accommodationsfehler des Auges. 279 


auf der Netzhaut verwenden könnte. Es bleibt der Zukunft vor- 
behalten, dureh Gewinnung von Zahlenwerthen eine Basis für 
wahre naturwissenschaftliche Erörterungen zu gewinnen. Mittler- 
weile bleibt blos Vermuthungen ein Spielraum, und darf man Analogien 
trauen, so ist hier, wie bei den übrigen ätiologischen Formen der 
Übersichtigkeit, das Spiel der Pupille und deren Einfluss auf 
die Grösse der Zerstreuungskreise der gesuchte Behelf. In der That 
erscheint völlige Freiheit der Pupillenbewegungen als dieBedingung, 
unter welcher sich nach Verlust der Linse ein relativ so vortreff- 
liches Sehvermögen zu retabliren vermag. 

Es ist einleuchtend, dass Axenverkürzungen des Auges, sowie 
Abflachungen der Hornhaut, wenn sie nicht mit Anomalien im Kry- 
stalle oder in dem Accommodationsmuskel combinirt sind, der Adap- 
tionsthätigkeit des Auges keinerlei Hindernisse in den Weg legen 
können. Wirklich beurkundet sich auch der Bestand 
eines Accommodationsvermögens sehr oft unter solchen 
Umständen, wenn das Auge mit einer passenden Sam- 
mellinse bewaffnet ist. Er beurkundet sich durch die Länge 
der absoluten Sehweite, respective durch das Vermögen, scharfe und 
deutliche Wahrnehmungen von Objecten zu vermitteln, die vermöge 
ihres Distanzunterschiedes und ihrer Lage kaum in eine und dieselbe 
Accommodationslinie fallen können. 

Immerhin ist jedoch unter diesen Verhältnissen der Bestand 
eines, dem normalen gleichkommenden Accommodations- 
vermögens ein mehr als seltener Befund, in den allermeisten Fällen 
spricht sich eine Schwäche der Adaptionsfähigkeit, ja 
selbst ein völliger Mangel des Einrichtungsvermögens klar aus, 
wie schon die in der Natur begründete Eintheilung der Übersichtig- 
keit in eine negative Kurz- und Weitsichtigkeit, sowie in eine nega- 
tive Mittelsichtigkeit klar darthut. 

Als die pathogenetischen Momente einer solchen 
Schwächung oder Aufhebung der Einrichtungsfähigkeit fungiren 
natürlich dieselben Verhältnisse, welche ich bei Gelegenheit der 
Myopie und Presbyopie namhaft gemacht habe. Aber auch der Ver- 
lust des Krystalles ist ein solches Moment. Die Linse ist ja eben der 
Träger des Accommodationsvorganges und es mangeln dem Auge 
weitere Behelfe, um seine Sehlinie der Lage und Länge nach merk- 
lich zu ändern. Versuche mit Staaroperirten, wenn ihr Auge mit 


280 Stellwag. 


der entsprechenden Brille bewaffnet ist, weisen dieses unzweifelhaft 
nach, vorausgesetzt natürlich, dass dabei die Länge und Lage der 
Acecommodationslinie berücksichtiget wird. Und wo ein solches Ver- 
mögen zu bestehen scheint, dort dürfte wohl wieder nichts anderes, 
als die Verkleinerung der Öffnung des dioptrischen Apparates und 
sofort auch der die Netzhaut treffenden Zerstreuungskreise den 
Erklärungsgrund abgeben. 


Es ergibt sich dieses aus nachstehender Betrachtung. Es sei ein redueirt 
gedachtes Auge durch eine Sammellinse von 36’ Brennweite, bei einem Abstand 
ce=6'' derselben von der Trennungsfläche, für unendlieh entfernte Gegenstände 
adaptirt. Weil R=3"456, F= 9"934, — D=30"" ist, erscheint sofort der 
Brechungsindex M des homogen gedachten dioptrischen Mittels im redu- 
eirten Auge 


F(R—D) 
= ——— 1'356. 
D(kR—F) 
Ra ; uk 
Aus der Formel — — — — 7, lässt sich durch Substitution M—n,, D=p 
Ppı P 1 


und F=p, 


en I Ea 
ee 
finden und durch Addition der Netzhaut-Zapfenläinge =0"036 zu p, auch die 
betreffende Aeeommodationslinie berechnen. Für P1=9'934 + 0.036 = 9"97 
und f}, =13°11 ergibt sich nämlich 


a 


nm -—f) 
In Bezug auf die Brille und deren Abstand von der Trennungsfläche des 
redueirten Auges ergibt sich nun v, — 36°69 und wegen b—36 ist 
v b m f 
u Da 


Vi: 


Die natürliche Sehlinie des brillenbewaffneten Auges würde unter solchen 
Verhältnissen also von © bis 13'3 reichen. 

Um das mit der genannten Brille bewaffnete Auge für Objeete von 120’ 
Distanz. zu accommodiren, müsste eine willkürliche und ohne alle Abflachung 
der Hornhaut vor sich gehende Verlängerung der Augenaxe von 0"876 ermög- 
lieht sein, denn für »=1%0"' und 5= 36" erscheint 


vb 
N .— 51"u3 - 
v—b 


und 
yt=—p—=45"43; 


Stellwag v.Carion. Die Acceommodationsfehler des Auges. bass 


Aus d.k. k. Hof-u. Staatsdruckerei. 


Sitzungsb. d.k. Akad. d.W. math. naturw. (1. XVIBd. 1 Heft. 1855. 


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Stellwag v. Carion. 


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Sitzungsb. d.k.Akad. d.W. math. naturw. CI.XVT. Bd. (Heft. 1855. 


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Die Accommodationsfehler des Auges. 281 


| N ! nen, wm, 
wesen n,—1'356 und f—13'11 erscheint demnach —— — —=— und 
Be SEN le 
= Bu — 410"81 
n,p+nfi 


10:81 — 9:934 = 0876. 


Eine relativ so bedeutende Verlängerung der optischen Axe liegt aber 
ausser den Grenzen der Möglichkeit. Verkürzungen des Halbmessers der Horn- 
hautkrümmung würden nun wohl freilich zureichen, um eine Accommodation für 
jede beliebige Distanz zu ermöglichen. Allein wo liegen die mechanischen 
Momente für einen willkürlichen Gestaltwechsel der Cornea ? 

Eine einfache Betrachtung der anatomischen Verhältnisse des Auges lässt 
. schon die Unmöglichkeit eines solehen Vorganges erkennen und der factische 
Nachweis der jeweiligen Unveränderlichkeit der Cornealkrümmung durch parall- 
aktische Messungen schliesst die Hornhaut als Accommodationsapparat 
völlig aus. | 

Es bleibt daher nichts, als etwaige Krümmungsveränderungen in der Wöl- 
bung der vorgebauchten Vorderfläche des Glaskörpers übrig, um eine Accom- 
modation im krystallberaubten Auge zu erklären. Die Beziehungen des Acecom- 
modationsmuskels und der Ciliarfortsätze zu dem Umfang der Glaskörper-Vor- 
derfläche machen in der That eine Adaption des Auges auf diese Weise denkbar. 
Es frägt sieh nur, ob solehe Gestaltwechsel zureichend seien oder nicht; und 
eine Berechnung ergibt als Resultat das Letztere. Ist nämlich das virtuelle Bild 
der Sammellinse 45’’ hinter der Vorderfläche der Cornea gelegen, so ergeben 
die Stampfer’schen Formeln für die Vereinigungsweite der Cornea 11”69. 
Nimmt man nun den Abstand des Centrums der Glaskörper-Vorderfläche von der 
Hinterfläche der Cornea einer Linie gleich, so dass die Distanz F der Netzhaut 
F—=8"53 und der Abstand D des virtuellen Bildes von der brechenden Fläche 
des Glaskörpers — D=10"69 wird, so ergibt sich wegen M—,, — 1:0015 
aus 

Ai—-m)r+md=f 


Duenm) 


— 0"0128, 
MD—F 


was wohl jeden weiteren Beweis für die Unzulänglichkeit der Glaskörperwölbung 
bezüglich des Aecommodationsvorganges unnöthig macht. 


18 et 


2 8 2 Verzeichniss der 


VERZEICHNISS 


DER 


EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN. 
(APRIL.) 


Akademie, k. preuss. d. Wissenschaften, Monatsbericht, 1855, 
März. 

Bell, Thomas, Address, read at the anniversary meeting of the Linnean 
Society. 1854; London 1854; 8°. 

Bertelli, Timoteo e Palagi, Alessandro, Esperienze sulla distribu- 
zione delle correnti elettriche nei conduttori. Bologna 1855; 8°. 

Cimento, il nuovo, Giornale di fisiea ete. Nr. 3. 

Caffi, Francesco, tre novelle inedite (ed. da Andrea Tessier). 
Venezia 1855; 8°, 

Cicogna, Em. Lettera del preteso sepolero in Venezia di Francesco 
Carmagnola, al Cav. Prof. P. A. Paravia. (s. 1. et d.) 

Cornalia, Em. L’eria o il bruco del rieino (Saturnia eynthia Dr.) 
ne suoi rapporti seient. ed industriali. Milano 1855; 4°. 

— Monografia del Bombice del gelso. Milano 1854; 40. 

Cosmos. 14 — 16. 

Effemeridi astronomiche dı Milano. 1855; 8°. 

Frisiani, Paolo, Ricerche sopra aleune serie astronomiche. Milano 
1854; 40, 

Faraday, On some points of magnetic philosephy. (Philos. Magazine 
1855. Febr.) 

Förftemann, E., Altdeutfhes namenbuch. Bd. I, Lief. 4 und 5. 

Gesellschaft, k. k., der Ärzte zu Wien, Zeitschrift der, Jahrg. X, 
Nr. 12 und Jahrg. XI, Nr. 1 —4. 


eingegangenen Druckschriften. 283 


Gesellsehaft, k. k., der Ärzte zu Wien. Wochenblatt der Zeit- 
schrift, Nr. 1 — 16. 

Heyfelder, J. F. Über Resectionen und Amputationen. Breslau 
1854; 4°. 

Hye, Anton v., Das öfterreichifche Strafgefeb über Verbrechen ze. Bd. |, 
tief. 9. 

Nachrichten, astronomische. 954 — 957. 

Observations made atthe magnetical and meteorolog. Observatory 
of the Cape of good Hope. Vol. I, London 1851; 4°. 

Observations made at the magnet. and meteor. Observatory of 
Toronto. 2 Vol,, London 1853; 4°. 

Observations made at the magnet. and meteor. Ohsertatery at 
Hobarton. 3 Vol. London, 1850; 4°. 

Observations on days of unusual magnetic disturbance made at 
the British Colonial magnetie observatories. Vol. I, London 
1851; 4°, 

Observations made at the magnet. and meteor. Observatory at 
St. Helena. Vol. I, London 1847; 4°. 

Palomba, Luigi, Le uve si possono salvare dal Funghetto parassito. 
Napoli 1855; 8°. 

Pamätky archaeologiek& a mistopisne a. t.d. Dil I., sesitek 5., 6. 

Pollidori, Filippo Luigi, Lettera intorno a 3 racconti sincroni 
della presa di Negroponte fatto dai Turchi nel 1170 al Cav. 
Cicogna etc. (Archivio stor. Ital. T. IX. Append.) 

Quenstedt, Fr. Aug., Lepidotus im Lias E. Württembergs. Tü- 
bingen 1847; 4°. | 

Quenftedt, Fr. Aug., Beiträge zur rechnenden Kryftallographie. 
Tübingen 1848 ; 4°. 

— Ueber Pterodactylus suevicus im lithograph. Schiefer Würtem- 
berg’3. Tübingen 1855; 4°, 

Sabine, Edw., On some of the results obtained at the british eolo- 
nial Magnetie observatories (s. 1. et d.). 

Santini, M. E., Annotazioni intorno alla cometa periodica di Biela 
ed alla 3 eometa del 1854. Venezia 1855; 8°. 

Schott, H., Uraceen Betreffendes. Heft 1, 2. Wien 1854; 8°. 

Schott, H. Aroideae. Nr. 2 

Societe geologique de France. Bulletin, 1854. T. XI, Feuill. 1—7. 

Society, Asiatic, of Bengal. Journal, 1854. Nr. 6. 


2854 | Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. 


Society, Linnean of London. Proceedings. Nr. 1 — 58. 

Society, Linnean Transactions. Vol. 1 — 21. 

Society, Royal of London, Philosophical Transaetions, 22. Vol. 

London 1850—1852; 4°. 

Society, Abstracts ete. Vol. 1—5. 

Stur, Dionys, die geolog. Beschaffenheit der Centralalpen zwischen 
dem Hoch-Golling und dem Venediger. (Jahrbuch der geolog. 
Reichsanstalt 1855; 4.) 

Tijdschrift, Natuurkundig voor Nederlandsch Indie. Deel. IV, 
Aflev. 3, 4. | 

Toldy, Ferenez, Emlekbeszed Gröf Teleky Jözsef M. Academiai 
elnök felett. Pesth 1855; 8°. 

Verein, hiftor,, von und für Oberbayern, Archiv, Band 14, Heft 3. 

ek »  Sahresbericht für 1853. 

Zantedeschi, Franz, Memoria sul simultaneo passagio delle cor- 
renti elettriche opposte ai eircuiti metallici chiusi ed isolati 
della terra ete. (Atti del Istituto Veneto. Serielll, T.1, punt. 5.) 


SITZUNGSBERICHTE 


DER 


KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. 


AVL BAND. II. HERT. 


JAHRGANG 1855. — MAL. 


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Anm Ku .aaR, Mk 


287 


SITZUNG VOM 10. MAI 1855. 


Bericht 


über Herrn Vincenz Maria @redler’s Mollusken- Fauna 
von Tirol. 
Von dem w. M. Dr. 1. Fitzinger. 


‘Herr Vincenz Maria Gredler, Professor der Naturgeschichte 
- am Gymnasium zu Bozen, hat der mathematisch-naturwissenschaft- 
lichen Classe der kais. Akademie der Wissenschaften eine hand- 
schriftliche Abhandlung eingesendet, welche die Land- und Süss- 
wasser-Conchylien der Grafschaft Tirol zum Gegenstande hat und 
das Ansuchen gestellt, dieselben entweder im Ganzen in die Druck- 
sehriften der kais. Akademie aufnehmen, oder theilweise in den 
Sitzungsberichten derselben erscheinen lassen zu wollen. 

Da nach dem $. 32 der Geschäftsordnung der kais. Akademie, 
jede für die Denkschriften oder Sitzungsberichte bestimmte Abhand- 
lung in einer Classen-Sitzung ganz oder im Auszuge entweder zu 
lesen oder frei vorzutragen ist, der Herr Verfasser aber, welcher 
fern von Wien lebt, dieser Vorschrift nicht entsprechen kann, so 
habe ich es mit Vergnügen übernommen, aus dieser Abhandlung, 
welche gerade eines jener Fächer betrifft, welche ich bei der kais. 
' Akademie zur Zeit zu vertreten die Ehre habe, einen kurzen Auszug 
zu verfassen, und denselben der geehrten Classe im Namen des 
Herrn Verfassers vorzutragen. 

Das vorgelegte Manuscript, welches 231/, Bogen ausmacht und 
welchem zwei Tabellen und eine in Federzeichnung ausgeführte 
Tafel mit vier Figuren beigefügt sind, bildet den ersten und zwar 
bei weitem grösseren Theil der ganzen Arbeit und umfasst sämmt- 
liche, bisher in Tirol beobachtete Land-Schnecken, mit Ausnahme 

19* 


2 88 Fitzinger. Bericht über Herrn Vincenz Maria 


der noch zu unvollständig bekannten und auch in allen zoologischen 
Werken nur höchst stiefmütterlich behandelten Familie der Nackt- 
schnecken, welche der Herr Verfasser eben aus diesem Grunde 
gänzlich zu übergehen für gut befunden hat. | 

In einer Vorrede, welche er seiner auf mehrjährige Forschung 
gegründeten Arbeit voranschickt, gibt er Rechenschaft über die 
Hilfsmittel, welche ihm hierüber zu Gebote standen, und über die 
Quellen aus denen er geschöpft. Auch zählt er hierin nicht nur jene 
Schriften auf, welche denselben Gegenstand berühren und macht 
die Männer namhaft, welche sich um die Kenntniss der Mollusken- 
Fauna von Tirol verdient gemacht haben, sondern gibt auch genau 
die Bezirke an, welche von jedem einzelnen derselben durchforscht 
wurden und knüpft endlich hieran auch eine Übersicht seiner eigenen 
Bereisungen, jenes in naturwissenschaftlicher Beziehung so reiche 
Abwechslung darbietenden Landes. 

Das Gebiet, welches seine Mollusken-Fauna umfasst, ist streng 
durch die geographischen Begrenzungen des Landes abgeschlossen 
und reicht nirgends über dieselben hinaus, daher auch in derselben 
keine einzige Art aufgeführt erscheint, welche nicht innerhalb dieser 
Landesgrenzen vorgefunden wurde. 

Nach einer kurzen Zusammenstellung der in seinem. Werke 
gebrauchten Abkürzungen, folgt in systematischer Reihenfolge die ' 
Aufzählung sämmtlicher seither in Tirol beobachteter, mit Gehäusen 
versehener Land-Schnecken. 

Das System, welches der Herr Verfasser hierbei beobachtet 
hat, ist dasselbe, welches von den allermeisten Bearbeitern von 
Local-Faunen in Anwendung gebracht wurde. Es gründet sich in 
seinen grösseren Abtheilungen auf das Ferussac'sche System und 
folgt in Bezug auf die Umgrenzungen der Gattungen den Ansichten 
von Lamark, Draparnaud, Rossmaessler und den meisten 
neueren Naturforschern, welche es vorgezogen haben umfangreichere 
Gattungen anzunehmen und eine Zersplitterung derselben sorgfältig 
zu vermeiden suchen. 

Nach demselben Grundsatze sind auch die einzelnen Arten 
begrenzt und minder erhebliche Formunterschiede nur als Varietäten 
aufgeführt. | 

Jeder Gattung ist der sie unterscheidende Charakter beigefügt 
und ein daran gereihtes Schema, nach analytisch-dichotomischer 


Gredler’s Mollusken-Fauna von Tirol. 289 


Methode, enthält die auffallendsten und selbst dem Laien am deut- 
lichsten in die Augen springenden Unterscheidungsmerkmale sämmt- 
licher, jeder einzelnen Gattung angehöriger Arten. 

Hierauf folgen gattungsweise und nach der Verwandtschaft ihrer 
äusseren Formen an einander gereiht, die verschiedenen selbst- 
ständigen Arten, unter Anführung der das Gebiet von Tirol berühren- 
den Faunen und hie und da auch der nöthigsten Synonyme anderer 
Autoren. Jede Art ist durch eine möglichst kurz gehaltene, genaue 
Beschreibung scharf und deutlich abgegrenzt und vollständig kennt- 
lich gemacht, so wie auch von den verschiedenen Abänderungen, 
welchen sie unterliegen, von denen jedoch nur jene aufgenommen 
wurden, die seither in Tirol beobachtet worden sind, eine kurze 
Charakteristik beigefügt ist. Durch dieses Verfahren, welches ins- 
besondere bei Local-Faunen nothwendig, ja selbst von höchster 
Wichtigkeit ist, um jeden Zweifel über die Richtigkeit in der Bestim- 
mung zu beseitigen, setzt der Herr Verfasser alle Jene, die sich mit 
diesem Zweige der Wissenschaft zu befassen wünschen, in die Lage, 
die aufgefundenen Arten sowohl als Abarten, ohne hierzu weiterer 
Hilfsmittel zu benöthigen, richtig zu erkennen und leitet sie mittelst 
der vielen beigefügten kritischen Bemerkungen durch das Labyrinth 
der in der Conchiologie so häufig vorkommenden Nominal-Arten. 

An diese kurzen und charakteristischen Beschreibungen der 
einzelnen Arten endlich, reihet sich die Angabe ihres Aufenthaltes im 
Allgemeinen, oder ihre Verbreitung je nach den Verhältnissen des 
Bodens und der Vegetation, worauf eine umfassende Übersicht 
ihrer topographischen Verbreitung folgt, welche durch eine voll- 
ständige Aufzählung sämmtlicher seither bekannt gewordener Fund- 
orte in Tirol, unter Angabe der Gewährmänner erläutert ist. 

Am Schlusse sind zwei Tabellen beigefügt, von denen die erste 
eine Zusammenstellung sämmtlicher in den Gebieten von Innsbruck 
und Bozen vorkommender. Arten von Land-Schnecken enthält und 
zugleich als Anhaltspunkt zu einer vergleichenden Übersicht über die 
Vorkommnisse in Nord- und Süd-Tirol oder dies- und jenseits der 
Central-Alpen dienen kann. In dieser Zusammenstellung ist ersicht- 
lich gemacht, welche Arten jedem der beiden Bezirke eigenthümlich 
sind und welche sie mit einander gemein haben. Es ergibt sich hier- 
aus, dass dem Bezirke von Innsbruck 7, dem Bezirke von Bozen 
30 Arten eigenthümlich sind, während 45 Arten in beiden Bezirken 


290 Fitzinger. Bericht über Herrn Vincenz Maria 


zugleich vorkommen. Da sonach dem Gebiete von Innsbruck nur 
52 Arten zukommen, dem Bezirke von Bozen hingegen 75, mithin 
um 23 Arten mehr, so stellt sich für Süd-Tirol, welches durch das 
Bozener Gebiet vertreten wird, im Vergleiche zu Nord-Tirol, das 
in dem Innsbrucker Gebiete einen Repräsentanten findet, ein über- 
wiegender Reichthum an Arten heraus. Der Herr Verfasser glaubt 
diesen grösseren Reichthum von Süd-Tirol vorzüglich durch das 
tiefere Herabsteigen des Landes bei übrigens gleicher Erhebung mit 
Nord-Tirol erklären zu können, indem sich sowohl das Gebiet von 
Innsbruck als von Bozen bis zu einer Höhe von beiläufig 5000 Fuss 
über dem Meeresspiegel erhebt, während jenes von Innsbruck sich 
nur auf 1760 Fuss, das von Bozen hingegen selbst bis auf 650 Fuss 
herabsenkt. | 

Die zweite Tabelle endlich enthält eine Übersicht der in eben 
diesen beiden Gebieten vorkommenden Arten von Land-Schnecken 
nach ihrem gemeinschaftlichen Auftreten oder ihrem gesellschaftlichen 
Vorkommen. ; A 

Im Ganzen führt der Herr Verfasser 115 Arten tirolischer 

Land-Schnecken auf und zwar von der Gattung Succeinea 4, Vitrina 3, 
Helix 50, Achatina 4, Bulimus 3, Pupa 19, Vertigo 9, Balea 1, 
Clausilia 15, Carychium 1, Cyelostoma 1, Pomatias 2 und 
Acicula 3. 
Hierunter befinden sich 4 neue, vom Herrn Verfasser aufge- 
stellte Arten und zwar eine Art der Gattung Pupa und 3 Arten der 
Gattung Vertigo, die auch auf der beigefügten Tafel abgebildet sind. 
Es sind dies seine Pupa striata, Vertigo Genesiti, sulcata und 
Leontina. 

Die Arbeit des Herrn Gredler über die Mollusken-Fauna von 
Tirol, welche mir zur Berichterstattung zugewiesen worden ist und 
worüber ich der geehrten Classe einen kurzen Auszug ihres Inhaltes 
vorzutragen die Ehre hatte, ist das Resultat mehrjähriger, mit Liebe, 
Fleiss und Ausdauer unternommener Forschungen und beurkundet 
die vollkommene Sachkenntniss des Herrn Verfassers in diesem 
Zweige der Wissenschaft. 

Es ist dies die erste umfassende Arbeit, welche über die Mollus- 
ken-Fauna von Tirol zu Stande kam; denn Alles, was bisher hierüber 
bekannt ist, beschränkt sich auf die wenigen vorausgegangenen Arbeiten 
von Strobelund Betta, welche nur einzelne kleinere Gebiete jenes 


Gredler’s Mollusken-Fauna von Tirol. 291 


Landes berühren. Jedenfalls gebührt Herrn Gredler das Verdienst, 
sehr viel zur genaueren Kenntniss über das Vorkommen und die 
Verbreitung der Mollusken in Tirol beigetragen zu haben und seine 
Arbeit reiht sich nicht nur in würdiger Weise jener von Schmidt 
über die Mollusken von Krain und der von Gallenstein über die 
Mollusken Kärntens an, sondern füllt auch eine höchst fühibar gewesene 
Lücke aus, indem sie die Mollusken-Fauna der österreichischen 
Monarchie mit den Vorkommnissen eines in dieser Beziehung noch 
sehr wenig bekannt gewesenen, ziemlich ausgedehnten Landes 
bereichert. 

Der Gewinn, welcher hieraus für die Wissenschaft erwächst, 
kann nicht zweifelhaft sein und ist jedenfalls ebenso gross wie jener, 
welchen die Bearbeitung der Fauna irgend eines Landes der 
Wissenschaft überhaupt zu bieten vermag. 

Ich kann es nicht verhehlen, dass, bevor ich diese Asheif einer 
genaueren Durchsicht unterzog, mir dieselbe beinahe zu umfangreich 
für die akademischen Schriften geschienen habe. Nach sorgfältiger 
Prüfung habe ich jedoch die Überzeugung gewonnen, dass nichts in 
derselben enthalten sei, was überflüssig wäre, oder ohne eine wesent- 
liche Beeinträchtigung des Ganzen weggelassen werden könnte. 
| Wenn auch beinahe sämmtliche, in dieser Fauna vorkommende 
* Arten bereits bekannte und beschriebene sind, so ist es doch nicht 
thunlich, die ihnen beigefügten Beschreibungen hinwegzulassen und 
sie für überflüssig oder entbehrlich zu betrachten, da es gerade bei 
Local-Faunen von höchster Wichtigkeit ist, über die Richtigkeit in 
- der Deutung und Bestimmung der Arten ausser allem Zweifel zu sein. 
Insbesondere tritt die Wichtigkeit dieses Erfordernisses aber bei 
einer Bearbeitung der Mollusken ein, indem die allermeisten Arten in 
so mannigfaltigen Formen erscheinen, dass es ohne eine sehr genaue 
und scharfe Angabe ihrer Kennzeichen geradezu unmöglich ist, mit 
Sicherheit zu erkennen, welche Art oder Form unter dem angeführten 
Namen verstanden sei. Die Richtigkeit dieser Behauptung erprobt 
sich nur zu sehr in den Schriften selbst der ausgezeichnetsten Auto- 
ren in diesem Fache, welche unter einem und demselben Namen 
häufig ganz verschiedene Arten beschrieben und selbst abgebildet 
haben. Der Name allein genügt nur in verhältnissmässig seltenen 
Fällen und die Hinweglassung der Charaktere, welche allein nur 
über die Richtigkeit in der Bestimmung der Arten entscheiden, hat 


292; Fitzinger. Bericht über Herrn V. M. Gredler’s Mollusken-Fauna von Tirol. 


nichtnur oft schon zu namenlosen Verwirrungen Veranlassung gegeben, 
sondern häufig auch der Wissenschaft mehr zum Schaden als zum 
Nutzen gereicht. Übrigens hat Herr Gredler seine Beschreibungen, 
wenn man sie ihrer Gedrängtheit wegen überhaupt so nennen darf, 
so kurz gefasst, dass selbst ihre Hinweglassung nur ein sehr kleines 
Ersparniss von höchstens zwei Druckbogen erzielen könnte. 

Eine Zurückweisung dieser wirklich gediegenen Arbeit, blos _ 
auf den Grund hin, dass sie einen Umfang von 9—10 Druckbogen in 
Anspruch nehmen wird, schiene mir ungerecht und der Aufgabe und 
Stellung der kais. Akademie nicht würdig. Auch glaube ich hervor- 
heben: zu sollen, dass diese Arbeit von einem Manne rührt, der sich 
bisher noch keinen Namen in der Wissenschaft zu machen Gelegen- 
heit hatte, und für welchen daher wohl kaum irgend eine Aussicht 
vorhanden ist, sein mühevolles Werk im Wege des Buchhandels zur 
Veröffentlichung bringen zu können. 

Die Verwirklichung des Wunsches, seine Arbeit durch die 
kaiserliche Akademie oder mit Hilfe ihrer Unterstützung veröffentlicht 
zu sehen, würde nicht nur höchst ermunternd auf ihn einwirken, 
sondern ihn sicher auch bestimmen, die Erforschung der natur- 
historischen Verhältnisse seines Vaterlandes auch auf andere Zweige 
auszudehnen. | 

Einen bestimmten Antrag hierüber zu stellen, behalte ich mir 
für unsere vertrauliche Sitzung vor. | 


Hlasiwetz. Über die Zusammensetzung des Ursons. 2953 


Ringesendete Abhandlung. 


Über die Zusammensetzung des ÜUrsons. 


Von Prof, Dr. Hlasiwetz in Innsbruck. 


Eine Probe dieses, vor Kurzem von H. Trommsdorff in dem 
ätherischen Auszug der Blätter von Arbufus uva ursi aufgefundenen 
Stoffes 1), die mir vom Entdecker freundlichst überlassen worden 
war, gab bei 100° getrocknet und analysirt, folgende Zahlen: 


I. 0:3070 Grm. Substanz gaben 0'882 Grm. CO, und 0:309 Grm. HO 
II. 0.2628 „ R TR N tn AT ae 
In 100 Theilen: 


% I. 
— 18:35 — 7845 


Ü 
H = 11:18 — 11:15 
0 = 1047 — 10:40 


100:00 — 100:00 

Die einfachste, diesen Zahlen entsprechende Formel ist 
C,H,,0,. Sie verlangt: C=78-43, H—= 11-11, O0 = 10°46. 

Diese Zusammensetzung und die, schon in Trommsdorff's 
Bericht angegebenen Eigenschaften stellen den Körper in die Reihe 
der krystallisirten indifferenten Harze. Er schmilzt bei 198—200°C. 
und erstarrt krystallinisch. Über seinen Schmelzpunkt erhitzt, bleibt 
er amorph und wird rissig. 

In den meisten seiner Eigenschaften, und der Zusammensetzung 
nach vollständig kommt er mit dem Hartin C,.H;,0, überein, dem 
krystallisirten Harze, welches Schrötter aus der Braunkohle von 
Hart dargestellt und beschrieben hat ?). 


Anmerkung.’ Das Aretuvin, welches aus dem Zerfallen des Arbutin hervorgeht, 
ist nach der Untersuchung von A.Kawalier der Formel C,,H, 00, 
entsprechend zusammengesetzt. Denken wir uns den Sauerstoff 
durch Wasserstoff ersetzt, so entsteht die Verbindung C,,H;, die 
durch einen Mindergehalt von 20, von dem Urson sich unter- 
scheidet. Dr. Rochleder. 


1) Archiv der Pharmacie, Bd. LXXX, S. 274, 
2) Poggendorfi’s Annalen, Bd. 59, S. 46, 


294 7 Fritsch. Resultate der im Jahre 1854 


Vorträge. 


Resultate der im Jahre 1854 in Wien und an einigen anderen 
Orten des österreichischen Kaiserstaates a Vegeta- 
tionsbeobachtungen. 


Von dem ce. M. Karl Fritseh. 


So wie im vorigen Jahre, erlaube ich mir auch in diesem, eine 
gedrängte Übersicht der Vegetationsbeobachtungen vorzulegen, welche 
in dem abgeflossenen Jahre 1854 in Wien und an mehreren anderen 
Orten des österreichischen Kaiserstaates ausgeführt worden sind. 

Ich bezwecke mit dieser Vorlage, die Theilnehmer an den Beob- 
achtungen möglichst schnell in die Kenntniss zu setzen, einerseits 
von den hauptsächlichen Ergebnissen ihrer Beobachtungen, anderer- 
seits sie in reger Theilnahme an denselben zu erhalten; denn nur von 
einer, nach einem bestimmten Plane mehrere Jahre hindurch eon- 
sequent fortgesetzten Theilnahme ist die Ernte jener Früchte zu hoffen, 

welche durch die Beobachtungen in Aussicht gestellt sind. 
| Die Beobachtungen, deren Ergebnisse in den beigeschlossenen 
Tabellen eingetragen sind, beziehen sich nur auf jene Pflanzen und 
Phasen der Entwiekelung, welche in der von der k. k. Central- 
Anstalt für Meteorologie ausgegangenen Instruction enthalten sind t). 
Sie umfassen: 

1. für die wiehtigsten Bäume und Sträucher die Zeit der Belau- 
bung und Entlaubung; 

2. für diese sowohl als für einige interessante krautartige 
Pflanzen, welche perennirend sind, die Zeit der Blüthe; 

3. für mehrere in national-ökonomischer Men ar 
Pflanzen die Zeit der Fruchtreife; 

4. für mehrere in derselben Hinsicht berücksichtigungswerthe 
Pflanzen die Zeit der Saat, des Keimens, Blühens und Fruchtreifens. 
Wie aus folgender Tabelle zu entnehmen ist, welche die Namen der 
Orte, an welchen die Beobachtungen angestellt worden sind, mit ihrer 


1) Die Beobachtungen über andere Pflanzen und Phasen der Entwickelung erscheinen mit 
den hier zusammengestellten vereint, im Anhange zu den Jahrbüchern der meteoro- 
logischen k. k. Central-Anstalt. 


angestellten Vegetationsbeobachtungen. 29 5 


geographischen Lage und Seehöhe, dann den Namen der Beobachter 
enthält, ist die Zahl der Beobachtungsorte auf 28 gestiegen, welche so 
ziemlich sich auf alle Länder des Kaiserreiches vertheilen, indem davon 
entfallen, auf Böhmen 8, Mähren 1, Oberösterreich mit Salzburg 3, 
Niederösterreich 2, Galizien mit der Bukowina 4, Siebenbürgen 3, 
Ungarn 1, Kärnten und Krain 3, Tirol 2, Dalmatien 1. 

Stationen in Österreich, 


von welchen Vegetationsbeobachtungen vorliegen , die im Jahre 1854 angestellt 
worden sind. 


Länge Seehöhe | 
Name des Ortes von Breite in Name des Beobachters 
Toisen | 


Ferro 


46°52'| 756 |Herr Gemeinde-Vorsteher Franz 
Tabernigg. 
IBAN, 49 11 106 Med. Dr. Olexick. 
Dzaslau. u u... 49 57 126 Dechant Pecenka. 
Czernowitz . . - 48 17 114 Seminar-Spiritual 
Blaeziewiez. 
Deutschbrod . . 206 Prof. P. Norbert 
Syehrawa. 
Gastein (Wildbad) 1050 Med. Dr. Prühl. 
Hermannstadt . . 223 Prof. Reissenberger. 
Kahlenberg . . . 220 Hermann Bilhuber. 
Klagenfurt . . . 225 Director Joh. Prettner. 
Krakau 108 Felix Berdau, k.k. Ad- 
junet der Botanik. 
Kremsmünster. . 197 Sternwarte - Director P. 
August Res’!huber. 
Kronstadt. . . . 4 311 Prof. Eduard Lurtz. 
Baibach 2. . 152 Prof. Peter Petruzzi. 
Leutschau . . . 291 Med. Dr. Hlavaczek. 
323 Apotheker Keil. 
122 Prof. Dr. Columbus. 

93 Fräulein Wilhelmine Fritsch. 
nf 158 |Herr Forstmeister Gintl. 
Saybusch. . . . 177 Med. Dr. Krziz. 

Schössl SICH | 175 Direetor Bayer. 
Senftenberg. . . 216 Astronom Theod.Brorsen. 
Schüttenhofen. . 225 Med. Dr. Stropnicki. 
Stanislau. . ... 112 KreisphysieusDr.Rohrer. 
Strakonitz . . . Med.Dr. Stropnicki!) 
Tröpelach . . Pfarrer David Pacher. 
Wallendorf . . . Pfarrer Klops. 
Wien (a) botan. 

Garten. ; - 24 Adjunet Fritsch. 
Wien (db) imFreien — Her ren Löw und Röll. 

2 ?) |Herr Hauptmann Karl Lainer. 


1) Übersiedelte im September 1854 nach Schüttenhofen. 
2) Am Meeresgestade. 


296 Fritsch. Resultate der im Jahre 1854 


Diese Beobachtungen bezwecken seiner Zeit die Untersuchung, 
wie und nach welchen Gesetzen sich die Zeiten gleichnamiger 
Enntwickelungsstufen der Pflanzen mit der geographischen und physica- 
lischen Lage der Orte ändern, während als weiter aussehender Zweck 
der Entwurf eines genauen Kalenders der Flora eines jeden Ortes 
angesehen werden kann, welcher ein Verzeichniss aller wichtigeren 
Erscheinungen in der Pflanzenwelt enthält, welche im Laufe des 
Jahres von Tag zu Tage sich ereignen. Der innige Zusammenhang mit 
den meteorologischen Erscheinungen, welche in ähnlichen Perioden 
vor sich gehen, unterliegt keinem Zweifel, wenn man die letzteren 
auf ähnliche Weise zusammenstellt und vergleicht. 

Während es in letzterer Hinsicht genügt, an einem oder einigen 
wenigen Orten, um eine Controle der Ergebnisse zu erhalten, genaue 
Beobachtungen, aber an möglichst vielen und verschiedenartigen 
Pflanzen und Phasen ihrer Entwickelung anzustellen, ist es in ersterer 
Beziehung, wenn es sich nämlich um die Abhängigkeit der periodi- 
schen Erscheinungen im Pflanzenreiche von der geographischen Lage 
und Seehöhe der Orte handelt, wünschenswerth, die Beobachtungs- | 
stationen wo möglich zu vervielfältigen und gleichmässig in dem 
Lande zu vertheilen, für welches die Vegetations-Verhältnisse ermittelt 
werden sollen, wogegen es genügt, die Beobachtungen an u 
aber besonders charakteristischen Pflanzen anzustellen. 

Es ist aber noch überdies nothwendig, von Zeit zu Zeit, am besten 
von Jahr zu Jahr die an den verschiedenen Orten angestellten Beob- 
achtungen zu vergleichen und sich zu versichern, dass überall dieselbe 
Methode der Beobachtung eingehalten und den Beobachtungen selbst 
die gewünschte Sorgfalt gewidmet werde. Lässt man diese Arbeit 
anstehen, bis eine hinreichende Anzahl von Beobachtungen vorliegt, um 
die normalen, d. h. dem Durchschnitte mehrjähriger Beobachtungen 
entsprechenden Verhältnisse abzuleiten, so läuft man Gefahr, dass 
sich in die Reihe der Beobachtungen Fehler einschleichen, welche sich 
im mehrjährigen Mittel nicht gegenseitig tilgen, sondern erhalten und 
das Resultat um eine constante Grösse, deren eigentliche Ursache sich 
oft nicht mehr vermitteln lässt, verkleinern oder vergrössern, und kann 
demnach mit Recht besorgen, für die verschiedenen Stationen nicht 
solche Daten zu erhalten, welche unter sich strenge vergleichbar sind. 

Die Jahresberichte der schlesischen Gesellschaft für vaterländi- 
sche Cultur in Breslau enthalten solche Berichte über die Vegetations- 


angestellten Vegetationsbeobachtungen. 29% 


beobachtungen, welche alljährlich in Preussisch- Schlesien und den 
angrenzenden Ländern angestellt werden, von Herrn Dr. Cohn. 

Schon einige Blicke in diese vortrefflichen Berichte genügen, um 
sich von ihrer Nothwendigkeit für den beabsichtigten Zweck zu über- 
zeugen. 

Ähnliche Berichte sollen nun mit Genehmigung der mathem.- 
naturw. Classe der hohen Akademie der Wissenschaften in ihren 
Sitzungsberichten von Jahr zu Jahr erscheinen. 

Zu solchen Prüfungen und Vergleichungen eignen sich am besten 
Bäume und Sträucher, indem sie einerseits von den Verrichtungen 
der Landwirthschaft unberührt ihren Entwickelungsgang vollenden 
können, andererseits fast ganz unabhängig sind von dem Standorte, in 
welchem sie wurzeln, in so ferne derselbe beschattet oder sonnig und 
gegen diese oder jene Weltgegend geneigt sein kann. Sie ragen ohne 
Rücksicht auf den Standort, mit ihren Wipfeln frei in die Luft empor 
und empfangen an demselben Orte überall eine nahezu gleiche Menge 
Wärme, Licht und Feuchtigkeit, in so weit ihnen dieselbe durch die 
oberirdischen Organe zugeführt wird. Die krautartigen Pflanzen wer- 
den hingegen durch den localen Standort so sehr in ihrer Entwickelung 
beeinträchtigt, dass sie nach Verschiedenheit desselben beträchtlich 
früher oder später blühen und die Früchte zur Reife bringen können. 
Im botanischen Garten zu Wien blüht z.B. ein Exemplar von Aconi- 
cum lycoctonum, W olfs-Eisenhut, das sich in dem Kernschatten einer 
Baumgruppe entwickelt, um sechs Wochen später als ein anderes, 
welches der freien Einwirkung der Insolation ausgesetzt ist. Aus 
ähnlichen Gründen sehen wir nicht selten auf hoch gelegenen Orten, 
‚deren Mitteltemperatur bedeutend tiefer als in der Ebene ist, Pflanzen 
beträchtlich früher als hier blühen. 

Die Pflanzenphysiologie weiss diese Erscheinung zu erklären; 
sie soll uns hier nur als Thatsache dienen, welche die Wahl der 
Pflanzen rechfertiget, die in der Instruction den Beobachtern anem- 
pfohlen worden sind, indem sie der Mehrzahl nach den Holzgewächsen 
angehören. Würden sie mit den periodischen Erscheinungen, welche 
im Laufe des Jahres auf einander folgen, nicht fast ausschliessend der 
vegetativen Sphäre angehören, welche sich auf die Erhaltung und 
Kräftigung der Pflanze beschränkt, während die reproductive Sphäre 
durch weniger augenfällige und nur kurz dauernde Erscheinungen 
(Blüthe und Fruchtreife) charakterisirt ist, so wäre man weniger 


298 Fritsch. Resultate der im Jahre 1854 


genöthiget, aus den krautartigen Pflanzen Repräsentanten für eine 
Kategorie von Erscheinungen in der Pflanzenwelt zu wählen, welche 
die anziehendsten und zugleich am fähigsten sind, der Zeit nach 
scharf bestimmt zu werden. 

In der That zweifelt kaum ein Beobachter, wann er bei Pflanzen, 
deren Blüthenorgane deutlich entwickelt sind, den Tag der Blüthe 
anzusetzen habe; mit weit geringerer Sicherheit aber wird er den 
Zeitpunkt der Belaubung auffassen, insoferne sie nicht eine bestimmte 
augenfällige Erscheinung, sondern eine Reihe successiver Erschei- 
nungen bildet, welche nur selten hervorstechende und daher scharf 
aufzufassende Momente darbietet. Es dürfte daher nicht überflüssig 
sein, dieselbe hier etwas näher zu betrachten. 


Belaubung, 


„wenn wenigstens an einem Baume von einem Laubblatte die Oberfläche sichtbar wird“. 


Die Blattknospe ist mit wenigen Ausnahmen mit einer Hülle 
umgeben, welche aus einer bald grösseren, bald kleineren Anzahl von 
Theilen besteht, die man Schuppen, wohl auch Niederblätter nennt. 
Sie unterscheiden sich von den eigentlichen Laubblättern, deren 
Entwiekelungszeit allein nur aufzuzeichnen ist, durch die dunklere, 
gewöhnlich braune Färbung, durch den Mangel an Rippen und Nerven, 
dann auch durch ihre grosse Hinfälligkeit, da sie, wenn die ersten 
Laubblätter ganz entwickelt sind, gewöhnlich schon entfärbt werden 
und abfallen. Die erste Erscheinung, welche sich beim Erwachen der 
Vegetation aus dem Winterschlafe zeigt, ist das sogenannte Schwellen 
der Knospen, welches an den hellen Zonen erkannt wird, die sich 
dadurch an der Blatthülle bilden, dass Theile derselben, welche frü- 
her von anderen bedeckt waren, in Folge des sich vergrössernden 
Umfanges der Knospe zum Vorschein kommen. Dauert das Schwellen 
fort, so öffnet sich die Hülle und es dringen die Laubblattspitzen 
hervor; dies ist der Moment, mit welehem die Aufmerksamkeit des 
Beobachters zu beginnen hat. Gewöhnlich ist das Laubblatt, dessen 
- Spitze sichtbar wird, noch zugefaltet oder gewickelt und es ist nur die 
Unterfläche, welche die Oberfläche des Blattkegels bildet, sichtbar. 
So wie sich aber dieser aufrollt oder entfaltet und dieOberfläche 
des Laubblattes sichtbar zu werden anfängt, tritt der 
Moment ein, den der Beobachter aufzufassen und in die Tabelle ein- 
zutragen hat. Dies hat dann zu geschehen, wenn sich die Erscheinung 


angestellten Vegetationsbeobachtungen. 299 


erst an einem oder einigen wenigen Knospen eines einzelnen frei- 
stehenden Baumes oder Strauches zeigt. Versäumt der Beobachter 
diesen Moment, so wird er bei der Bestimmung des Zeitpunktes der 
Belaubung einen bald grösseren, bald kleineren Fehler begehen und 
im Allgemeinen einen zu späten Zeitpunkt annehmen. 

In der Voraussetzung, dass die Belaubung in diesem Sinne von 
allen Beobachtern aufgefasst worden ist, will ich nun die für die Zeit 
der Belaubung an den verschiedenen Stationen gesammelten Daten 
bei einigen Baumgattungen vergleichen. 

Aesculus Hippocastanum, unsere Rosskastanie, belaubte sich 

am 93. April in Prag 

» 8 „  „ Laibach und Wien, 
mat... v,„ Klagenfürt, 
„16. ,„ , Strakonitz und Kremsmünster, 
Bere... Dienz m Tirol, 
„18. „» „ Schössl und Krakau, 
RN Tinz, 
28: 5, Pürglitz, 
„2% 5»  „ Hermannstadt, 

=. 9.Maı „ Kronstadt, 
» #&  „  „ Deutschbrod, Senftenberg. 

Die Zeiten der Belaubung dieses Baumes schwanken also in Öster- 
reich nach Verschiedenheit der Stationen bis um vier Wochen, und doch 
sind sehr wahrscheinlich bei weitem noch nicht die extremsten Stand- 
orte des Kastanienbaumes in vorstehender Tabelle repräsentirt. 

Für die Weiss-Birke (Betula alba) ergeben sich folgende Daten: 

7. April in Wien, 
12.797. Prag: 
14. „ .„ Kremsmünster, 
15. „ , Klagenfurt, 
1%. „ „ Strakonitz, 
al SS PUROIIZ, 
21. „st Krakau, 
22. 8 NEeNOrzaslau. 
1. Mai „ Senftenberg, 
5. „ „ Kronstadt und Saybusch 

Also eine ähnliche Reihenfolge und Verschiedenheit in den 

Zeiten der Belaubung. | 


300 Fritsch. Resultate der im Jahre 1854 


Diese beiden Beispiele dürften zur Nachweisung genügen, dass die 
Beobachtungen Spielraum genug bieten, um seiner Zeit, wenn nämlich 
von mehreren Stationen als bisher, mehrjährige Beobachtungen vor- 
liegen werden, die Abhängigkeit der Zeit des Belaubens von der 
geographischen Lage und Seehöhe, und das Gesetz, nach welchem 
sich dieselben richtet, mit hinreichender Schärfe zu ermitteln und selbst 
dieBehauptung zu rechtfertigen; dass die Pflanzen empfindlicher sind 
für klimatische Unterschiede, als unsere meteorologischen Instrumente, 
wenn die Beobachtungen mit hinreichender Sorgfalt angestellt werden. 

In letzterer Hinsicht sind die Beobachtungen des Herrn Theodor 
Brorsen in Senftenberg ausgezeichnet, ich will sie daher mit jenen 
von Wien in der Absicht vergleichen, um zu zeigen, dass die Unter- 
schiede in den Zeiten der Belaubung einerseits von der Pflanzenart, _ 
andererseits auch noch von der Jahreszeit abhängig sind, in welchen 
die Belaubung stattfindet und im Allgemeinen abnehmen, wenn die 
Epoche der Belaubung in eine spätere Jahreszeit fällt. 

Der Reihenfolge in der Zeit nach belauben sich z. B. 


Senftenberg | ws 


Ribes Grossulara . .. 2... 10. März 11. April | 32. Tage 
Daphne Mezereum . . ..... Bahn 18.1, 21.05 
Philadelphus eoronarius . . .. . Beh 2b... 0 3 ,„ 
Kanus Laryax 5... „u ana la BD. Ba. 0, DI 
kubustldaeus!U. 717, En 292%, Ba, DENN 5 
Syringa vulgaris .. . . . EURRTERR ac: DR RER ee 1.10% 
Berberis vulgaris...» .. 4. April 3. Mai 29. 75 
Eorylus’ Avellana. NUR. 290, AU 21. April 17:95 
Viburnum ‚Opulus). | 12... #9.41.04,% 6.108 3. Mai ZUSRES 
Sorbus Aueuparia ». » ..... (DENE: ROSE: 23.25 
Alnus elutmosa u... 0. 00a He, hr 24. April 17.7, 
betulayalbarks Wie Sr Re, 1. Mai RN 
kosa,eanınal.. une ee Mn, 28. April 21. 0% 
Aeseulus Hippocastanum . . . . a, % 4. Mai 20.75 
Prunus’avıuım 2 SHE en de 3 RR Sn 26: .% 
Carpinus Betulus . ..: . . RE Det DB 
Allıarerandtola, .. . . .munman 10: ',; DEN, abe 
Ulmas/eampestris 1... I. Veran inr10.. 7, TR 237 0 
Prunussdomestiea. 3. 2... nen. HL. 5 40. 0. 29.255 
Populus pyramidalis. ... . WaRI@ıl. 5 2 30.7 
Pyzus communis Y2....0.., 5 Spele: an a0 28.088 
Hapusısilvakica ..../.....2%. ME N I Be SITE ER 14... 
Prunusspmosa. . .... RANEK20, 10% 10.0 20. 
Diliarparmıfaolal. go >, 4.8 a fayeıe: BU. te 23 
Quereus pedunculata . ER nr ARE: 4.1.24 20:5 
Robinia Pseudoacaeia . . . .. » 22 Tal, ZINN, 


“ ” 
Eraxinusexelsior Wo... ae 2. Mai 1 RER N 


angestellten Vegetationsbeobachtungen. 301 
Hieraus ergeben sich folgende mittlere Unterschiede: 


Zahl 


| 
| Unter- det 


Periode 


| schied | pflanzen 


1.—10. März . 
20.—30. „ . 
1.— 9. April . 


Die Abnahme des Unterschiedes in den Zeiten der Belaubung 
zwischen Senftenberg und Wien zeigt sich demnach im Allgemeinen 
mit der Jahreszeit fortschreitend, wenngleich manche Baumgattungen, 
die sich an einem der beiden Orte gleichzeitig belauben, an dem 
anderen zu verschiedenen Zeiten das Laub entwickeln. Das auffal- 
lendste Beispiel in obiger Zusammenstellung bietet die Ulme ( Ulmus 
campestris), welche sich in Wien gleichzeitig mit der Sommerlinde 
(Tilia grandifolia) und der Hainbuche (Carpinus Betulus) belaubte, 


nämlich am 10. April, während sie in Senftenberg um 12 Tage später 


das Laub entwickelt als die beiden anderen Bäume. 

Diese Anomalie kann indess auch in der Individualität des Bau- 
mes den Grund haben. Im botanischen Garten in Wien wurde die 
Zeit der Belaubung von fünf verschiedenen Bäumen besonders aufge- 
zeichnet. Im Durchschnitte aus drei Jahren fand man für die einzelnen 
fünfIndividuen von Ulmus u folgende Zeiten der Belaubung: 

a) 1%. April, 
b) 11. Mai, 
c) 29. April, 
d) 6. Mai, 
e) 5. Mai. 

Also an demselben Beobachtungsorte nach Verschiedenheit 
des Individuums derselben Baumart die Zeit der Belaubung um 
19 Tage schwankend, während die Blüthezeiten nahezu überein- 
stimmen. Sie waren nämlich bei 


a) 7. April, 
b)6. , 
A 
d)5. » 
EEG 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. II. Hft. 20 


302 Fritsch. Resultate der im Jahre 1854 


In dieser Beziehung erscheint es wünschenswerth, die Zeiten der 
Erscheinung immer nach dem mittleren Verhalten mehrerer Indivi- 
duen zu bestimmen, für die Ulme wäre z.B. die Zeit der Belaubung im 
Mittel von a) bis e) der 2. Mai. Glücklicher Weise ist das angeführte 
Beispiel nur ein excessiver Fall, da fast bei allen übrigen Baumarten 
die einzelnen Individuen nahezu gleichzeitig sich belauben, wie drei- 
jährige im botanischen Garten zu Wien angestellte Beobachtungen 
gelehrt haben. 
Blüthe 
„Wenn wenigstens Eine an einer Pflanze ganz entwickelt ist.“ 

Während die Verhältnisse der Belaubung, von welchen hier 
beispielsweise einige angedeutet worden sind, sich aus dem Grade 
und Gange der Temperatur und Feuchtigkeit genügend erklären lassen, 
kommt bei den krautartigen Pflanzen noch ein dritter Factor in Be- 
tracht, der nicht minder mächtig einwirkt, besonders auf die Zeit der 
Blüthe, es ist die Insolation oder Sonnenstrahlung, welche bei gleicher 
Lufttemperatur die Zeit der Blüthe desto mehr beschleuniget, je inten- 
siver sie ist. Es kommt daher sehr viel auf die Weltgegend an, gegen 


'weleke der Standort der Pflanze abgedacht ist; da die Wirkung der 


Insolation nach einem bestimmten Gesetze mit dem Höhenwinkel der 
Sonne steigt oder fällt und eben desshalb auf eine analogeWeise wie 
dieser vom Winter zum Sommer zunimmt. Ein nach Süden geneigter 
Standort erhöht diese Wirkung, indem sich der Neigungswinkel des 
selben mit dem Höhenwinkel der Sonne summirt, so lange der 
Neigungswinkel den Winkel der Zeitdistanz der Sonne nicht über- 
schreitet. Bei einem nach Norden abfallenden Standorte wird der 


 Höhenwinkel der Sonne um den Neigungswinkel des Standortes ver- 


mindert, bis derselbe dem Höhenwinkel der Sonne gleich wird, bei 
fernerer Zunahme hört die Insolation für die Pflanze ganz auf. 

Strenge vergleichbar sind daher nur jene Beobachtungen ver- 
schiedener Stationen, an welehen die Pflanzen an gleichnamigen 
Standorten beobachtet worden sind. Diese Gleichnamigkeit bezieht 
sich nicht allein auf die Neigung und Lage des Bodens in Bezug auf 
die Weltgegend, sondern auch noch auf die Bedingung, dass die 
Dauer der Beschattung und Insolation der Pflanze nahezu gleich sei 
und in dieselben Tagestunden falle, eine Bedingung, welcher immer 
genügt werden kann, wenn Pflanzen mit Standorten gewählt werden, 
die möglichst der freien Luft exponirt sind. 


angestellten Vegetationsbeobachtungen. 303 


Aus diesen und ähnlichen Gründen erklären sich z. B. die 
folgenden Verhältnisse der Blüthezeit. 


Colehieum autumnale . ... . 7. Sept. | 14. August 
Convallaria majalis . ..... 4. Mai 10. Mai 
Rraoasia yesea |: ala." „iso 19. April 4.5 
Galanthus nıvalis . . - . ..... 11. März 12. März 
Hepakıea illoba . .. 2 2.0... Tat Beh 
Iahum eandidum . ao. 0 +..% 25. . Juni 2. Juli 
Daseissus poclieus '. ..... 0.» 1. Mai 22. April 
Faeomaomieımnalıs © .» » . ! =. 1,7 mad. 11. Mai 
Niolanederata . .. Yan Hsın. 29. März | 20. März 


Es ist den Beobachtern’ in der Instruction aufgegeben worden, 
die Zeiten der Erscheinungen dann einzutragen, wenn eine Erscheinung 
zuerst bemerkt worden ist. An allen Orten, wo südliche Standorte 
vorkommen, werden daher die angeführten Zeiten der Blüthe als für 
die letzteren geltend angenommen werden können, besonders wenn 
sich bei der Vergleichung der Beobachtungen verschiedener Orte 
zeigen sollte, dass an einem, der in Bezeichnung auf Temperatur- 
Verhältnisse einem andern nachsteht, wie z. B. Kremsmünster gegen 
Wien, die Blüthezeiten früher eintreten, als in dem anderen. 

So wird z. B. die Leberblume ( Hepatica triloba) in Kremsmünster 
schon am 2. März als blühend angeführt, während sie in Wien erst 
am 14. März ihre Blüthen öffnete. Die Dichter-Narzisse ( Narcissus 
poeticus) blühte in Kremsmünster bereits am 22. April, in Wien am 
1. Mai; die Pfingstrose ( Paeonia officinalis) dort am 11. Mai, hier am 
17. Mai; das Veilchen (Viola odorata) am 20 März, in Wien hingegen 
erst am 29, März. Hepatica triloba und Viola odorata befinden sich 
im botanischen Garten in Wien, wo die Beobachtungen angestellt 
worden sind, wie fast alle Pflanzen auf einem gegen Norden abge- 
dachten Standorte, entsprechend der Lage des ganzen Gartens. Nar- 
cissus poeticus, Paeonia officialis in Beziehung auf Insolation eher 
auf einem weniger, als mehr begünstigten. 

Das Maiglöckchen (Convallaria majalis), das Schneeglöckehen 
(Galanthus nivalis) und die weisse Lilie ( Lilium candidum), welche 
auf einem horizontalen sonnigen Standorte wachsen, blühen in Wien 
auch richtig um einige Tage früher als in Kremsmünster. 


20% 


304 Fritsch. Resultate der im Jahre 1854 


Es ist daher wünschenswerth, den Standort der Pflanzen, von 
welchen die Daten mitgetheilt werden, näher zu bezeichnen, wozu 
einige wenige Zeichen genügen. Man kann z. B. die Abdachung nach 
der Weltgegend mit N= Norden, O—= Osten, S—= Süden, W— Westen, 
eine sonnige Lage mit + = plus, eine schattige mit — = minus 
bezeichnen, wonach sich die Bedeutung der Combinationen dieser 
Zeichen von selbst ergibt. Es wäre z. B. S+ ein gegen Süden abge- 
dachter sonniger, N+ ein gegen Norden abfallender, weder zu 
sonniger, noch zu schattiger Standort u. s. w. Diese Zeichen könnten 
dem Namen der Pflanze beigefügt werden. z. B. Convallaria majalis 
S +, Hepatica triloba +. Die Bezeichnung der Abdachung fällt bei 
horizontalem Standorte natürlich hinweg; die des Insolationsgrades 
wäre auch in dem Falle beizufügen, wenn der Standort nicht über- 
. wiegend sonnig oder schattig ist, so wie wir es an dem oben ange- 
führten Beispiele bei Hepatica triloba sehen. 

Bei Bäumen und Sträuchern ist die nähere Bezeichnung des 
Standortes aus den bereits angeführten Gründen zwar weniger noth- 
wendig, aber immerhin wünschenswerth. 

Obgleich in der Instruetion in dieser Beziehung keine Anord- 
nung getroffen worden ist, so dürften die an verschiedenen Orten 
gefundenen Daten dennoch vergleichbarer sein, als es auf den ersten 
Blick scheint; indem den Beobachtern, wie bereits erwähnt, aufge- 
geben worden ist, immer das früheste Datum einer jeden Erscheinung 
anzumerken, welches in der Regel von einem Standorte mit südlicher 
Abdachung und sonniger Lage erhalten wird. Die Aufzeichnungen 
dürften daher unter sich vergleichbarer sein, als mit Wien, wo die 
Beobachtungen im botanischen Garten angestellt wurden, dessen 
Terrain nach Norden abfällt. Doch senkt sich auch hier der Boden 
nicht ununterbrochen gegen Norden, sondern wechselt mit Terrassen 
von horizontaler Lage. Pflanzen, welche in diesen Theilen des Gartens 
beobachtet worden sind, werden sich so gut zu Vergleichungen 
eignen, wie Aufzeichnungen von anderen Orten. | 

Beispielsweise mögen hier die Blüthezeiten der weissen Lilie 
(Lilium candidum) angeführt sein, welche im botanischen Garten zu 
Wien auf einem sonnigen horizontalen Standorte eultivirt wird. Die 
Blüthezeiten waren: 

IN) ZALa 1... Mey an 2 ann, 
en. sl ur 2 


angestellten Vegetationsbeobachtungen. 305 


rar... '. am 80. Juni, 
„Kremsmünster . „ 2. Juli, 
msi"... „ 12." 
Pestrakonitz . . ,„ 10. „ 


Diese Beobachtungen stimmen ziemlich gut mit der geographischen 
Lage der Beobachtungsorte überein. Für das Maiglöckchen (Conval- 
laria majalıs) ergeben sich folgende Blüthezeiten: 


men. %.. ... am..4. Mai, 
LE N 


ze ei. a N, 
Kremsmünster. .. . „ 10. „ 
2 IE A In OR 
sitakonllz . 3... m. 1Dnnoz 
stamslau..!. wo ... gg & 


Hier zeigt sich nur in Prag eine etwas auffallende Verzögerung. Als 
ein drittes Beispiel möge Narcissus poeticus, die Narzisse der Dichter 
gelten. Sie blühte: 
in Deutschhrod . . am 16. April, 
„Kremsmünster. . „ 22. „ 


„ Wien . ET UR 1. Mai, 
en el re gap 
5 IE De 
m rakoniiz “5 Da 


Die bedeutend frühere Blüthezeit in Kremsmünster, noch mehr aber 
in Deutschbrod ist sehr auffallend, während an den übrigen Orten 
die Zeiten Ziemlich gut stimmen. Ob nicht eine Verwechslung mit 
der gelben Narzisse (Narcissus Pseudonarcissus) stattfand? welche 
bedeutend früher als die Diehter-Narzisse blüht. 

Die Beobachtungen über die Blüthe eignen sich, weil sie einer 
grösseren Genauigkeit als jene über die anderen Stadien des Pflan- 
zenlebens fähig sind, am besten zur Entscheidung der Frage, 
ob die Vegetations-Verhältnisse eines Jahres an irgend einer Station 
normal oder anomal waren, d. h. ob die Blüthe der Pflanzen zur 
gewöhnlichen oder ungewöhnlichen Zeit eintrat oder nicht, voraus- 
gesetzt, dass die normale Blüthezeit nach mehrjährigen Beobach- 
tungen bekannt ist, 


306 


Dies ist in Prag der Fall, 


Fritsch. Resultate der im Jahre 1854 


Unterschiede Anomalie nennen. 


1) M.s. Kalender der Flora des Horizontes von Prag. Anhang zum Jännerhefte 1852 
der Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Cl. d. kais. Akad. d. Wissensch. 


Aesculus Hippocastanum blühte 4. 


Berberis vulgaris 
Betula alba ... . 
Convallaria majalis 
Cornus mascula . . . 
Corylus Avellana 
Cytisus Laburnum . . . 
Fragaria vesca 
Fritillaria imperialis 
Galanthus nivalis 
Hepatica triloba. . ... 
Juglans regia .». .... 
Nareissus poetieus .. . 
Nymphaea alba... . 
Paeonia offieinalis. . . 
Philadelphus coronarius 
Populus pyramidalis . . 
Prunus avium ; 
„  domestica . . . 
Pyrus communis. . . 
u IMS AN ee. 
Ouercus pedunculata 


Ribes Grossularia . . . 


Robinia Pseudoacacia 
Rosa canina . .... 
in eentöfolio: uch 
Rubus Idaeus . . 
Sambucus nigra . . . . 
Sorbus Aucuparia . . . 
Syringa vulgaris 
Ulmus campestris . . - 
Viburnum Opulus . . - 
Viola odorata. . . . . 


” 


wo die Blüthezeiten vieler Pflanzen 
aus mehrjährigen Beobachtungen berechnet werden konnten 1). Wir 
wollen nun dieselben mit den im Jahre 1854 ausgemittelten, verglei- 
chen und die Unterschiede mit + (plus) bezeichnen, wenn die Pflanze 
im Jahre 1854 früher blühte, im Gegenfalle mit — as und die 


Anomalie in 
Tagen 


Mai + 
” ir 


. April + 
. Mai — 
. April + 
. März + 
. Mai — 


3 


. April + 


” 


. April 
. Maı 
. April 


3 
Ba ee le ea 


3 


ja 
sS So co- dw» X 


” 
[I 


ST eoaok m Qo uHMoaosam om mo © 


angestellten Vegetationsbeobachtungen. 307 


Geht man von der Voraussetzung aus, dass die Witterung auf 
alle Pflanzen in demselben Sinne einwirkt, so sollte sich, wenn sich in 
einer Jahreszeit bei einer oder der anderen Pflanze die Blüthezeit 
verzögert oder beschleuniget hatte, eine ähnliche Wirkung auch bei 
den übrigen gleichzeitig blühenden Pflanzen herausstellen. Wir wol- 
len daher die Anomalien nach den Blüthezeiten zusammenstellen und 
sehen, ob die in dieselbe Periode fallenden Anomalien in Beziehung 
auf Grösse und Zeichen übereinstimmen. Zahlreich genug zu Ver- 
gleichungen sind nur jene Anomalien, welche Blüthezeiten angehören, 
die in folgende Dekaden fallen. | 


io 32 er 5 2,50 
Bro — dl Fr 
en 1348. 40 '30,062641 325 
Bei ra 

Be, 10H ES 110 a 


Die zusammengehörigen Anomalien bewegen sich mit wenigen 
Ausnahmen innerhalb der Fehlergrenzen der Beobachtungen und nor- 
malen Blüthezeiten, da auch die letzteren noch bis auf ein paar Tage 
unsicher sind und beide Reihen nicht von demselben Beobachter 
herrühren. | 

Lässt man die mit einem Fragezeichen markirten Grössen unbe- 
rücksichtiget und berechnet für alle Dekaden den Durchschnitt der 
zusammengehörigen Grössen, so erhält man folgende 


mittlere 
Anomalie 


1. bis 10. April —1 
ie 0 43 
14%. .10,.Mai —1 
Ara 20, +1 
21.h% ollı +6 


Die Vegetations-Verhältnisse waren demnach im Jahre 1854 
in Prag nahezu normal, d. h. die Pflanzen blühten fast zur gewöhn- 
lichen Zeit, nur in den Perioden vom 11. bis 20. April, dann 21. bis 
31. Mai zeigt sich eine Beschleunigung der Entwickelung um wenige 
Tage, 


308 Fritsch. Resultate der im Jahre 1854 


Fruchtreife. 
„Wenn wenigstens eine Frucht an einer Pflanze ganz reif ist.“ 

In Betreff der Fruchtreife wird es genügen, wenn die Herren 
Beobachter die Zeiten derselben für jene Pflanzen angeben, welche 
in national-ökonomischer Hinsicht von Wichtigkeit sind, dafür aber bei 
der Bestimmung des Zeitpunktes der Fruchtreife mit um so grösserer 
Sorgfalt vorzugehen. 

Wir wollen von den verschiedenen Orten die Zeiten derFruchtreife 
unserer Erdbeere (Fragaria vesca) vergleichen. Die Früchte reiften: 


in Linz -............  'am.020%. Mas, 
SO NLIEN. N 
„ Strakonitz . „. 42 Jun, 
„ Senftenberg a Ve 
eStanıslau® 2 .; 6 ve 
„Kremsmünster . „ 18 „ 
3 BEN DES WE N RR a Ne Ba I 
„ Hermannstadt: . -.. :, 720." , 
I, EI NE A eg Male 
»SavBusch,.. ... 8 1. Juli. 


Auffallend früh ist die Fruchtreife in Linz, auffallend spät in 
Zara. In Linz findet man im Journale die Bemerkung: „Reife Erd- 
beeren auf dem Markte“; es wäre also möglich, dass sie von einem 
anderen Orte stammen oder künstlich zur Reife gebracht worden sind. 
In Zara scheint die Monatszahl des Mai (5) mit jener des Juni (6) 
verwechselt worden zu sein. 

Als zweites Beispiel möge die Vogelkirsche (Prunus avium) 
dienen. Die Früchte reiften : 


in Zara... am “PO Man, 
„Hermannstadt . , 6. Juni, 
„Kremsmünster . „ 10. „ 
»Rronstadt. nv... .0,r Klon, 
KilDale SEE ale Sn EDEN, 
VOSTakau te. 2 
41. Stanislau‘. Bw. 0 
„Klawenftit nen, 1. Juli, 
‚Ozaslau 4.8 07, Garn 
4uSitrakonitz ol, Ban 


„senftenbere, 10.1. 


angestellten Vegetationsbeobachtungen. 309 


Diese Daten dürften der geographischen Lage und Seehöhe der 
Orte so ziemlich entsprechen, nur in Kremsmünster erscheint die 
Fruchtreife auffallend frühzeitig. 

Die Pflaumen (Prunus domestica) reiften: 


Ba. .,2% am August, 
aa un. 20... , 

2, E12 12 Dear AurERD En 7 EEE 
Kallermannstädt 1, male, 
Bzaslaus.. 2.2, 9. September, 
„Kremsmünster . „ 10. 
Beetanıslau 1.1, 1, 718, 
„Kahlenberg . . „ 20. 
„ Deutschbrod . . „ 26. M 


DieBirnen (Pyrus communis) und Äpfel (Pyrus malus,) reiften: 


P. communis P. malus 
a banz....." am. 5% Juli, 
Baukragsilnina „ıi, > PDERER 22. August, 
en 3ellaaı 93.1 
akonilz 1... 80... 5. 2 
„ Kremsmünster „ 5. August, 


osStanislau  '. , k 2 
BeRrakau ... „26. A DA. 2 
Bei dieser Frucht kommt zu viel auf die Sorte an, als dass man 
die an verschiedenen Orten gemachten Aufzeichnungen als strenge 
vergleichbar betrachten könnte. Auch ist die Fruchtreife dieser 
Obstgattungen mit viel zu wenig augenfälligen und schnell vorüber- 
gehenden Erscheinungen verbunden, als dass sich die Zeit derselben 
genau bestimmen liesse. Es ist daher wünschenswerth die Frucht- 
sorte entweder näher zu bezeichnen oder die Beobachtunger an wil- 
den Exemplaren anzustellen. 
Die Fruchtreife des Weinstockes ist viel zu wichtig, als dass 
wir uns versagen könnten, die wenigen vorliegenden Daten verglei-. 
chend zusammenzustellen. 


Fruchtreife von Vitis vinifera : 


m Zara 12. ...am 19. -Ausust, 
ran. 2 7. September, 
„ Wien . IRTUE EINE O. 5 
„ Kremsmünster . „ 20. & 


„ Hermannstadt . . „ 8. 


RL) 


310 Fritsch. Resultate der im Jahre 1854 


Beim Weinstock kommt viel darauf an, ob er im Freien steht 
oder an einem Spalier gezogen wird, sowie auch die Tageszeit, zu 
welcher der Stock von der Sonne beschienen wird. Die Herrn Beob- 
achter werden daher ersucht, diese Verhältnisse bei den Beobach- 
tungs-Daten zu bemerken. 


Einjährige Pflanzen. 


Die Zeiten der Blüthe und Fruchtreife einjähriger Pflanzen sind 
nur dann von Werth, wenn zugleich die Saat- und Keimzeit ange- 
geben wird, denn in der Regel blüht eine Pflanze und reifen ihre 
Früchte desto später, je später sie gesäet wird, vorausgesetzt, dass 
die Bedingungen des Keimes in beiden Fällen in gleichem Grade vor- 
handen waren. Dies lässt sich nach der Zeit des Keimens beurtheilen, 
es ist daher wünschenswerth, auch diese beizufügen. Abgesehen 
davon, dass gerade die in national-ökonomischer Hinsicht wichtigsten 
Pflanzen, wie z. B. unsere Getreidearten, die Hülsenfrüchte, der Lein, 
Tabak, die Kartoffel u. s. w. einjährige, d. h. solche Pflanzen sind, 
' welche in demselben Jahre, in welchem sie gesäet wurden, Früchte 
tragen, sind sie auch noch in rein wissenschaftlicher Hinsicht, vor den 
übrigen, den Beobachtern in dem Falle anzuempfehlen, wenn es sich 
um die Beantwortung der bisher immer nur mehr oder weniger an- 
nähernd, und daher nicht genau genug gelösten Frage handelt, wel- 
cher Quantität von Wärme, Feuchtigkeit u. s. w. eine Pflanze bedarf, 
um einen lohnenden Erfolg des Anbaues zu versprechen. 

Die Beantwortung dieser Frage setzt die Kenntniss des Zeit- 
punktes voraus, von welchem man bei der Summirung der Wärme- 
grade u. s. w. auszugehen habe, wofür im Allgemeinen jener ange- 
nommen wird, zu welchen die Pflanzen aus dem Winterschlafe er- 
wachen, welchen Zeitpunkt man der Saatzeit der einjährigen Pflanzen 
als adäquat annehmen kann. Bei letzteren ist also dieser Zeitpunkt 
genau bestimmt, bei weitem weniger oder gar nicht hingegen bei den 
perennirenden Pflanzen, weil bei den wenigsten derselben augen- 
fällige Anzeichen des Erwachens vorkommen und wenn dies auch 
nicht der Fall wäre, viel davon abhängt, bis zu welchem Grade der 
Entwickelung die Keime im verflossenen Herbste gelangt sind. 

Aus dem Vorangeschickten folgt von selbst, dass man die Zeiten 
der Blüthe und Fruchtreife von verschiedenen Orten nicht unmittelbar 
unter sich vergleichen kann, sondern nur die Unterschiede zwischen 


angestellten Vegetationsbeobachtungen. tl 


' gleichnamigen Phasen der Entwickelung, z. B. den Unterschied 
in den Zeiten des Keimens und der Blüthe, der letzteren und der 
Fruchtreife u. s. f., obgleich auch dann nur ein annähernd richtiges 
Resultat erhalten wird, weil selbst an demselben Orte viel auf die 
Jahreszeit ankömmt, in welcher die Entwickelung stattfand, da die 
Pflanze z. B. in einer wärmeren Jahreszeit, vorausgesetzt, dass es zu- 
gleich an hinreichender Feuchtigkeit nicht mangle, weniger Zeit 
benöthigen wird, um von der Blüthe zur Fruchtreife zu gelangen, als 
in der kälteren und dieVerhältnisse durch Temperatursummen u. s. w., 
daher genauer dargestellt werden könnten. 

Dass die Zeit der Saat nicht immer die Bedingung des Keimen 
in sich schliesst, erkennt man am besten aus den sehr ungleichen 
Unterschieden der Zeiten des Säens und Keimens. 

Beim Haber (Avena sativa) z. B. vergingen: 


Ins Alles; „0.00 5,010 


„ Kremsmünster . 18 
„. Sirakomilz .. .. ..:.80 
Er Mien. a 


Tage, bevor die keimende Pflanze an der Erdoberfläche erschien. 

Als zweites Beispiel möge die Kartoffel (‚Solanum tuberosum) 
dienen, derenKnollen beträchtlich später gesteckt zu werden pflegen, 
als die Saat des Sommergetreides vorgenommen wird. Es WereuEEN 
bis zum Hervorspriessen der keimenden Pflanze Tage: 


InBAlkUss nt) ai 
„ Kremsmünster . 24 
„ Strakonitz . . 44 
» Deöpelaeh  '.. . 16 


In Alkus und Kremsmünster wurden die Knollen an demselben 
Tage, nämlich am 15. April gesteckt, und dennoch erschien die Pflanze 
hier bereits am 9. Mai, dort erst am 22. Mai an der Erdoberfläche. 
In Tröpelach, wo die Pflanzung erst am 12. Mai vorgenommen 
worden ist, gingen die Kartoffel um 6 Tage später auf, als in Alkus 
und 11 Tage später als in Strakonitz, wo die Knollen bereits am 
8. April dem Schoosse der Erde anvertraut worden sind. 

Diese Beispiele genügen zu zeigen, dass es zweekmässiger ist, 
die Blüthezeit mit der Keimzeit zu vergleichen, als mit dem Datum 
der Saat. Es vergingen zwischen beiden Tagen, und zwar: 


12 Fritsch. Resultate der im Jahre 1854 


Zeitdauer vom Keimen bis zur Blüthe. 


Krems- 
münster 


Avena sativa (Haber) 
Cannabis sativa (Hanf) 


[ep] 
& 


Hordeum vulgare (Gerste) 

Linum usitatissimum (Lein) 

Pisum sativum (Erbsen). . 
Polygonum Fagopyrum (Heidekorn) 
Solanum tuberosum (Kartoffel) 

Zea Mays (Mais) 


Wichtiger wohl ist die Vergleichung der Erntezeit mit der Zeit 
des Keimens, welche sich mit Hilfe der vorstehenden und nachfolgenden 
Tafel leicht bewerkstelligen lässt, denn um die Zeitdauer vom Keimen 
der Pflanze bis zur Fruchternte zu finden, braucht man nur die ent- 
sprechenden Zahlen beider Tafeln zu summiren. 


Zeitdauer von der Blüthe bis zur Ernte. 


Avena sativa (Haber) 
Cannabis sativa (Hanf) 


Hordeum vulgare (Gerste) 

Linum usitatissimum (Lein) 

Pisum sativum (Erbsen) 

Polygonum Fagopyrum (Heidekorn) . . 
Solanum tuberosum (Kartoffel) 

Zea Mays (Mais) 


Es scheint, dass die Fruchtreife verschieden aufgefasst wird, 
indem einige Beobachter den Anfang, andere das Ende derselben 
notiren, welches durch die Ernte bezeichnet ist. Da aber der Tag 
der Ernte nicht selten ein willkürlicher ist, so wäre es vortheilhafter 
den Anfang der Fruchtreife anzumerken, wie es auch in der Instruc- 
tion angeordnet worden ist. Jedenfalls wird eine grössere Vergleich- 
barkeit der Beobachtungen erzielt. In Wien, wo nur der Zeitpunkt 
des Beginnens der Fruchtreife angemerkt worden ist, ist das Intervall 
zwischen Blüthe und Fruchtreife kürzer, als an den meisten übrigen 


angestellten Vegetationsbeobachtungen. 313 


Orten. Die Zeit der Fruchtreife stimmt dann auch besser zur Zeit 
der Blüthe, welche ebenfalls dann angemerkt wird, wenn eine oder 
einige wenige Blüthen im Allgemeinen, nicht an allen einzelnen Pflan- 
zen, ganz entwickelt sind. Man merkt z. B. die Blüthe des Roggens 
(Secale cereale) dann an, wenn an einer oder einigen wenigen Ähren 
im ganzen Beobachtungsbezirke die Staubfäden erscheinen, daher 
auch die Samenreife, wenn an einer oder einigen wenigen Ähren 
die Körner die Keimfähigkeit erlangt haben. Das Intervall zwischen 
Blüthezeit und Samenreife wird nahezu dem mittleren Verhalten 
aller Pflanzen der beobachteten Art entsprechend sein. 


Laubfall. 
„Wenn alle Laubblätter wenigstens an einem Baume abgefallen sind.“ 

Der Laubfall im Herbste, welcher an Holzgewächsen zu beob- 
achten ist, geht selten regelmässig und allmählich vor sich, son- 
dern erleidet gewöhnlich Störungen, welche bewirken, dass er bald 
früher, bald später sein Ende erreicht. Eine anhaltend niedrige 
Temperatur bei ruhiger Luft verzögert ihn in demselben Grade, 
als ihn eine ungewöhnlich hohe Temperatur bei bewegter 
Atmosphäre beschleuniget. 

Solche Ursachen stören nur dann die Verhältnisse, welche sich 
herausstellen, wenn man die Daten verschiedener Orte vergleicht, 
wenn sie nur local auftreten und nicht allgemein verbreitet sind. Ist 
in den normalen klimatischen Verhältnissen eines Ortes ein Grund 
vorhanden, dass hier bei einer Baumgattung die Entlaubung früher 
stattfinde, als an einem anderen, so wird dies auch geschehen, wenn 
an beiden Orten übereinstimmende ausserordentliche Verhältnisse 
stattfinden, z. B. eine anhaltende kühle oder warme Temperatur. 

Die Hauptquelle der Störungen sind vielmehr ausserordentliche 
Erscheinungen, welche nur local auftreten und schnell vorübergehen, 
z. B. einzelne Stürme, Fröste u. s.w. Ein einziges Ereigniss dieser 
Art reicht oft hin, um die meisten Bäume binnen kurzer Zeit ihres 
Laubschmuckes ganz zu berauben, während sie denselben an anderen 
Orten, welche von dem Ereignisse verschont blieben, noch mehr oder 
‚weniger lange Zeit behalten. 

Wir wollen nun einige Vergleichungen der Zeiten anstellen, zu 
welchen an verschiedenen Stationen die vollständige Entlaubung statt- 
gefunden hat. 


314 


Fritsch. Resultate der im Jahre 1854 


Entlaubung der Rosskastanie (Aesculus Hippocastanum) : 


Hermannstadt 


am 16. October, 


Kronstadien. Jona. »aolg 
Kremsmünster . . „ 
Senftenberg . . . , 
Stanislawiiäliselgd wen % 
Krakanitın al Jen & 
ANien dulh) „oda and 
Bragı m. day una. 


BI. 
are N 
BSR N 
Bin 
or 
Hailiy 


4. November. 


Entlaubung der Buche (Fagus silvatica) : 


Kronstadt . . ..o.,am 
Burchezi sa Ei a 
Senftenberg . . . „ 
Kremsmünster . . „ 


Wien eo [ . . U EL} 


20. October, 


24. 5 
28. ke 
31. A 


12. November. 


Entlaubung der Pappel (Populus pyramidalis): 


Hermannstadt . . am 
Scehüttenhofen . . ,„ 
Stanislauıs leere 


Kremsmünster . . „. 


LEE 
LE SEI Ms a 
Kronstadt, Wien . „ 


20. October, 


23° u 
28. % 
31. 2 
4. November, 
12. 2 
13. P 


Entlaubung der Sommerlinde (Tilia grandifolie) : 


Kronstadt 403, ./,am 
Schüttenhofen . . ,„ 
Brae una iin 
WIEN, (Den unsern 
Kremsmünster . . 
Hermannstadt . . „ 
Senftenberg... ., » 


22. October, 


24. P 
25. A 
26. ” 
26. e 
DIN via 


1. November. 


Es stellt sich heraus, dass die Entlaubung an den verschie- 
denen Orten auf einen viel engeren Zeitraum beschränkt ist, als 
andere Stadien des Pflanzenlebens, wie die Belaubung, Blüthe und 
Fruchtreife, ein Beweis, dass sie nicht weniger durch andere Fac- 
toren, als durch klimatische Verhältnisse bestimmt wird. 


315 


angestellten Vegetationsbeobachtungen. 


zur] 


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Fritsch. Resultate der im Jahre 1854 


316 


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Fritsch. Resultate der im Jahre 1854 


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328 Fritsch. Resultate der im Jahre 1854 angestellten Vegetationsbeobachtungen. 


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Türek. Beobacht. über das Leitungsvermögen d. menschl Rückenmarkes. 329 


Beobachtungen über das Leitungsvermögen des menschlichen 
hückenmarkes. 


Von Med. Dr. Ludwig Türck. 


(Mit I Tafel.) 


Die Experimente, welche am lebenden Thiere angestellt wurden, 
um die Leitungsvorgänge im Rückenmarke zu ermitteln, können 
beim Menschen zum Theil durch die klinische Beobachtung solcher 
Fälle ersetzt werden, in welchen Segmente des Rückenmarkes patho- 
logisch-anatomische Veränderungen eingegangen sind. 

Hierbei tritt an die Stelle der partiellen künstlichen Trennungen 
am Thiere die Erkrankung einzelner Stellen des menschlichen 
Rückenmarkes; in beiden Fällen hat man zu untersuchen, wie sich 
Sensibilität und Motilität in den unterhalb gelegenen Theilen ver- 
halten. | 

Wenn aber ein Krankheitsfall in der angedeuteten Richtung 
brauchbar sein soll, so sind meiner Meinung nach hierzu folgende 
Bedingungen erforderlich: 

1. Muss in einem durch den Krankheitsherd geführten Quer- 
schnitt der absolute Mangel der leitenden Elemente, d. i. der Nerven- 
röhren und in der grauen Substanz, auf welche sich jedoch meine 


‚ Beobachtungen nicht erstreeken, auch der Nervenzellen constatirt 


sein; denn nur dadurch weiss man, dass das erkrankte Rücken- 
markssegment leitungsunfähig geworden ist, und lässt sich auf das 
Leitungsvermögen der unversehrt gebliebenen Theile ein Schluss 
ziehen 1). Es kommen häufig alte intensive partielle Erkrankungen 


1) Fälle, in denen ich die Nervenröhren nur bis zu einem Minimum vermindert fand, 
wurden daher unter die nachfolgenden Beobachtungen nicht aufgenommen. Ganz 
ungenügend ist der von Dr. Marcel in Nr. 52 des Jahrganges 1854 der Gazette 
medicale de Paris mitgetheilte Fall einer sogenannten weissen Rückenmarkserwei- 
chung für die daraus auf Leitung der Sensibilität durch die Hinterstränge gezogenen 
Schlüsse, indem hier die mikroskopische Untersuchung gänzlich fehlt, und es 
nieht unwahrscheinlich ist, dass neben einem gewiss vorhanden gewesenen, 
Jedoch wohl nur bei genauerer Untersuchung zu ermitteln gewesenen Rückenmarks- 
leiden die sogenannte weisse Rückenmarkserweichung, wie dies so oft geschieht, 
künstlich bei der Herausnahme des Rückenmarkes erzeugt wurde. 


330 Türek. Beobachtungen über das 


des Rückenmarkes vor, die so genannten Schwielen, welche mitunter 
durch ihre graulich röthliche Farbe schon für das unbewaffnete 
Auge in auffallender Weise von der Umgebung abstechen, und 
dennoch weist das Mikroskop nicht selten eine beträchtliche Anzahl 
von Nervenröhren in ihnen nach. Es ist demnach die mikroskopische 
Untersuchung bei jeder noch so intensiven und noch so alten 
Erkrankung unerlässlich, und zwar muss sie sich stäts über den 
ganzen Querschnitt erstrecken, da das Verhalten der Nervenröhren 
an verschiedenen Stellen eines solchen ein verschiedenes sein kann. 

Da insbesondere in älteren derleiSchwielen öfter ein feinfaseriges 
Gewebe vorkommt, welches die Nervenröhren zum Theil verbirgt, 
so wird dadurch eine zweite Untersuchung nothwendig, in welcher 
man die mittelst einer feinen nach der Fläche gekrümmten Scheere 
abgehobenen Stückehen mit Kalilösung befeuchtet, um jenes Faser- 
gewebe aufzulösen, oder durchsichtig zu machen. 


Erst wenn dadurch keine Nervenröhren zum Vorschein kommen, 


darf man sich des Fehlens derselben versichert halten. 

2. Muss der Kranke kürzere Zeit vor dem Tode auf das Verhal- 
“ ten der Sensibilität und Motilität untersucht worden sein. 

3. Der Krankheitsprocess muss ein alter sein. Dadurch wird der 
Übelstand aufgewogen, dass man fast nie in die Lage kommt, genaue 


Beobachtungen in den allerletzten Tagen oder Stunden der Krankheit 


anzustellen. Bei einer alten Rückenmarkskrankheit, deren Erscheinun- 


gen seit Monaten stationär bleiben, und wo der Tod nicht etwa durch 


ein Weiterschreiten des Rückenmarksleidens, sondern durch andere 
Krankheiten als z.B. hypostatische Pneumonie, Resorption aus jauchen- 
dem Deeubitus, Durchfall erfolgt, lässtsich nicht annehmen, dassin den 
letzten Lebenstagen bis dahin erhaltene Nervenröhren untergegangen 
sein sollten. Bei frischeren Fällen darf man dies wohl voraussetzen; 


solche habe ich daher auch bei der vorliegenden Mittheilung ausge- 


schlossen. Man kann aber endlich sicher sein, dass die Nervenröhren 
in den Schwielen nicht etwa erst nach dem Tode zu Grunde gehen; 
denn sie erhalten sich daselbst, wie man sich durch längere Auf- 
bewahrung überzeugen kann, noch mehrere Tage nach dem Tode 
eben so gut, als anderwärts. 

Nachdem ich in den letzteren Jahren bemüht war, die auf 
meiner Abtheilung des k. k. allgemeinen Krankenhauses vorgekom- 
menen Fälle in der angegebenen Weise zu benützen, erlaube ich mir 


| 


nn 


Leitungsvermögen des menschlichen Rückenmarkes. 331 


die geringe Zahl der den aufgestellten Bedingungen entsprechenden 
Beobaehtungen im Nachfolgenden mitzutheilen : 

Der erste später noch einmal anzuführende Fall betraf einen im 
October 1850 verstorbenen 35jährigen Mann (Josef Weinberger), 
welcher mehrere alte Schwielen im Rückenmarke darbot, deren eine 
an der rechten Seite des Halstheiles unterhalb der Insertion des 
A. Halsnerven beginnend bis unterhalb jene des 6. Halsnerven reichte. 
Sie war von schmutzig-röthlich-graulicher Farbe, in dünnen Schich- 
ten schwach durchscheinend, von derber Consistenz, gegen die 
Umgebung grösstentheils scharf abgegrenzt. Unter dem Mikroskope 
bot sich ein feinfaseriges Gewebe dar. In einem durch sie zwischen 
der 5. und 6. Halsnerveninsertion geführten Querschnitte zeigte sich 
im ganzen rechten Hinterstrang auch nach Behandlung mit Kalilösung 


keine Spur von Nervenröhren. 


Der Kranke gab in den letzteren Monaten seines Lebens am 
rechten Unterschenkel ein vermindertes Perceptionsvermögen gegen 
Kälte an, welches ohne Zweifel einer ähnlichen an den Insertions- 
stellen der obersten Lendennerven vorgefundenen Erkrankung zuge- 
sehrieben werden muss; abgesehen davon, bot er bei wiederholter, 
das letzte Mal 18 Tage vor dem Tode gepflogener Untersuchung, 
vielleicht mit Ausnahme einzelner Stellen der nicht ganz genau unter- 
suchten Hände und Finger nirgends Anästhesie dar. Er starb wahr- 
scheinlich in Folge von Eiterresorption. 

Ein zweiter Fall betrifft einen im Juli 1854 verstorbenen 
20jährigen Tischlergesellen (Eduard Scheiner), bei welchem sich 
nebst ähnlichen und auch jüngeren Processen an anderenStellen eine 
ältere röthlich-grauliche Schwiele an den inneren Segmenten der 
- Hinterstränge des Halsmarkes befand, welche von der Insertionsstelle 
des 5. bis über jene des 6. Halsnerven reichte. Auf einem zwischen 
diesen beiden Insertionen geführten Querschnitte fehlten die Nerven- 
röhren aueh nach Behandlung mit Kali gänzlich (s. Fig. 1), während 
sie an der Insertion des 6. Halsnerven in geringer Zahl vorhanden 
waren. 

18 Tage vor dem Tode war die Sensibilität gegen Berührung 
im Verbreitungsbezirke des 5. und 6. Halsnerven der einen Seite nor- 
mal, während sich die Anästhesie der unterhalb gelegenen Theile, 
so wie aueh der zweiten oberen Extremität aus anderen jüngeren 
Krankheitsherden erklärte. | 


332 Türck. Beobachtungen über das 


In diesen beiden Fällen hatte also dasFehlenderNervenröh- 
ren durch die ganze Dicke eines oder an den inneren 
Abschnitten beider Hinterstränge keine Anästhesie 
unterhalb zur Folge gehabt; womit die von mir an Kaninchen 
gemachte Beobachtung übereinstimmt, dass nach gänzlieher Trennung 
der Hinterstränge keine merkbare Anästhesie in den hinter der 
Trennung gelegenen Theilen eintritt. 

(S. Ergebnisse physiologischer Untersuchungen über die 
einzelnen Stränge des Rückenmarkes im Aprilhefte des Jahr- 
ganges 1851 der Sitzungsberichte.) | 

Die nachfolgenden Beobachtungen werden darthun, dass 
durch den vollkommenenMangel der Nervenröhren in 
einem sehr beträchtlichen Theileines Seitenstranges 
und in den Vordersträngen keine Anästhesie unter- 
halb gelegener Theile gesetzt wird. 

Die bezüglichen Fälle sind der bereits angeführte des Joseph 
Weinberger, in welchem eine in der Gegend der Insertion des 
2. Halsnerven auf den hinteren Abschnitt des rechten Seitenstranges 
treffende alte Schwiele im Querschnitt nach Behandlung mit Kali 
keine Nervenröhren darbot. (S. Fig. 2.) 

Der Verbreitungsbezirk des 2. Halsnerven war nicht auf seine 
Sensibilität untersucht worden, es fand sich aber 18 Tage vor dem 
Tode keine Anästhesie der tiefer unterhalb gelegenen Theile vor, 
abgesehen von einer geringen, wie bereits erwähnt, in einem an- 
deren Krankheitsherde gegründeten Anästhesie des rechten Unter- 
schenkels. 

In einem anderen Falle (Theresia Grubinger, gestorben im 
November 1851) von alten, graulich-röthlichen Schwielen an mehre- 
ren Stellen des Rückenmarkes und Gehirnes fehlten im Querschnitte 
durch eine derselben zwischen der Insertion des 7. und 8. Brustner- 
ven die Nervenröhren auch nach Behandlung mit Kali gänzlich, und 
zwar im grössten Theil des rechten Seitenstranges, in beiden Vor- 
dersträngen und im vordersten Abschnitte des linken Seitenstranges 
(s. Fig. 3). Auch hier war bei wiederholter und noch 7 Tage vor 
dem Tode vorgenommener Untersuchung keine Anästhesie tiefer 
gelegener Theile zu ermitteln. 

Diese Fälle stehen mit Experimenten an Thieren im Ein- 
klange. Nach meinen Versuchen bewirkt die theilweise Trennung 


Leitungsvermögen des menschlichen Rückenmarkes. 21345, 


des einen Seitenstranges, — und nur sie allein — Anästhesie auf 
der entgegengesetzten Seite unterhalb der Trennung, jedoch nicht 
constant, und meist binnen 24 Stunden wieder vorübergehend, und 
die Trennung der Vorderstränge ist, wie bekannt, ohne allen Einfluss 
auf die Sensibilität. (S. Sitzungsberichte l. c.) 

Bezüglich der Leitung des motorischen Impulses durch das 
Rückenmark kann ich nur den schon früher benützten Fall der 
Theresia Grubinger anführen, in welchem am Ursprunge des 
Plexus brachialis und zwar oberhalb der Insertion der überwiegen- 
den Mehrzahl seiner motorischen Fasern an beträchtlichen 
Abschnitten der Seitenstränge die Nervenröhren 
gänzlich in alten Schwielen untergegangen waren, 
ohne dass in der letzten Zeit des Lebens Motilitäts- 
störungen an den oberen Extremitäten zugegen gewesen wären. 
Auch hier wurde die Abwesenheit der Nervenröhren nach Anwendung 
einer Kalilösung constatirt. (S. Fig. 4, 5, 6.) 

In meinen angeführten Versuchen an Kaninchen trat selbst nach 
vollkommener Trennung eines Seitenstranges stäts nur eine unvoll- 
kommene, bei unvollständiger Trennung mitunter binnen 24 Stunden 
verschwindende Lähmung der oberen oder beider gleichnamigen 
Extremitäten ein. (]. c.) 

Wenn nun aus den vorliegenden Beobachtungen ersichtlich ist, 
wie durch ausgebreiteten Mangel der Nervenröhren in verschiedenen 
Bezirken der Marksubstanz noch keine merkbaren Störungen der 
Sensibilität und Motilität bedingt werden, so steht damit nicht im 
Widerspruche, dass anderseits Krankheitsherde des Rückenmarkes, 
in denen die Nervenröhren nicht untergegangen sind, und zwar ins- 
besondere in ihren früheren Stadien , intensive, ausgebreitete 
Störungen der Sensibilität und Motilität zu setzen vermögen, oder 
dass in Fällen, wo auch einzelne Spinal-Nervenursprünge in den 
Krankheitsherd hineingezogen wurden, im Gebiete dieser 
Nerven Anästhesie oder Lähmung auftritt, während für die unter- 
halb gelegenen Körpertheile die Leitung der Sensibilität und 
Motilität ebenso wenig eine Unterbrechung leidet, als in den obigen 
Fällen. 

Anhangsweise erlaube ich mir noch dasNachfolgende — obwohl 
in einem wesentlichen Punkte mangelhafte aus dem Befunde des 
Joseph Weinberger anzuführen: 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. II. Hft. 22 


334 Türck. Beobachtungen über das 


An jeder Seite des Halsmarkes fand sich eine grosse alte 
Schwiele von der oben angegebenen Beschaffenheit; die der rechten 
Seite begann zwischen der Insertion des 4. und 5. Halsnerven, und 
reichte bis zwischen jene des 6. und 7.; die linksseitige begann an 
der Insertion des 6. und endete unter jener des 8. Halsnerven. 
(S. Fig. 7.) 

In einem zwischen der Insertion des 5. und 6. Halsnerven geführ- 
ten Querschnitte nahm die obere Schwiele mehr als die rechte Hälfte 
des Rückenmarkes in ihrer ganzen Dicke (s. Fig. 8) und in einem 
zwischen der Insertion des 6. und 7. Halsnerven geführten Quer- 
schnitte die untere Schwiele mehr als die ganze linke Hälfte ein. _ 
(S. Fig. 9.) Leider fand ich in meinen Aufzeichnungen über den 
mikroskopischen Befund dieser Schwielen nur die im Obigen benützte 
Bemerkung, dass bei gänzlichem Fehlen der Nervenröhren im ganzen 
rechten Hinterstrange der oberen Schwiele dennoch keine merkbare, 
davon abhängige Anästhesie zugegen war. 

Über das Verhalten der Nervenröhren an dem übrigen Theile 
dieses Querschnittes fand ich nichts mehr vor; es ist jedoch wahr- 
scheinlich, dass sie daselbst so wie auch in der zweiten nach dem 
Krankheitsverlaufe älteren Schwiele beträchtlich vermindert waren, 
und dennoch fand bei der Gegenwart so ausgebreiteter und so nahe 
an einander gerückter Krankheitsherde nach Ablauf der früheren 
Periode keine namhafte Anästhesie der unterhalb gelegenen Theile 
und eine nur unvollkommene Lähmung der oberen Extremitäten Statt. 
Abgesehen von einer Lähmung der Streckmuskeln der rechten oberen 
Extremität, vollführte der Kranke alle Bewegungen beider oberen 
Extremitäten rasch in grossen Exeursionen; nur bei kleineren combi- 
nirten Bewegungen zitterte er bedeutend, und vermochte desswegen 
z. B. keinen vollen Löffel zum Mund zu bringen; die vordere Brust- 
wand wurde bei der Inspiration vollkommen gut gehoben. Die 
Lähmung der unteren Extremitäten war in Erkrankung der unteren 
Abschnitte des Rückenmarkes gegründet. | 


Türck. Leitungsvermögen des menschl. Rückenmarkes. 


Aus d. k.k. Hof-u. Staatsdruckerei. 
Sitzungsb. d.k. Akad. d.W. math. naturw. Cl. XVIBd.2 Heft. 1855. 


- Leitungsvermögen des menschlichen Rückenmarkes. 335 


Erklärung der Abbildungen. 


In den ersten sechs Querschnitten entspricht der rechte Rand der Figur 
der rechten, der linke Rand der Figur der linken Seitenfläche des Rückenmarkes, 
hh den hinteren, »v den vorderen Nervenwurzeln. 

Die 3.—6. Figur wurden ganz genau nach den Präparaten abgemessen. 

Auf der 1.—6. Figur entsprechen die geschwärzten Stellen den Durch- 
schnitten durch die Schwielen. Im ganzen Umfange dieser Stellen war mit Aus- 
nahme von 5b der 5. Figur zugleich ein gänzliches Fehlen der Nervenröhren 
nachgewiesen worden. Auf der 7.—9. Figur bezeichnen die geschwärzten Stel- 
len nur den Umfang der Schwielen. 

Die der Mitte einer Nerveninsertionsstelle näher gelegenen Querschnitte 
wurden als durch die Insertionsstellen geführte, die entfernter gelegenen als 
zwischen zwei Insertionsstellen geführte angegeben. 


Figur 1. Durchschnitt zwischen der Insertion des 5. und 6. Halsnerven. (Eduard 
Scheiner.) 

» *%. Querschnitt durch die Insertionsstelle des zweiten Halsnerven. (Joseph 
Weinberger.) 

» 3. Querschnitt zwischen der Insertion des 7.und 8.Brustnerven. (Theresia 
Grubinger.) 

» %. Querschnitt durch die Insertionsstelle des 5. Halsnerven. (Theresia 
Grubinger.) 

» 5. Querschnitt zwischen der Insertion des 5. und 6. Halsnerven. (Theresia 
Grubinger.) In der Schwiele « fehlten die Nervenröhren gänzlich, 
in der Schwiele 5 waren sie bis zu einem Minimum vermindert. 

» 6. Querschnitt zwischen der Insertion des 7. und 8. Halsnerven. (Theresia 
Grubinger.) 

» 1. Ansicht der Vorderfliäche des Halsmarkes des Joseph Wein or erger. 
Die Ziffern bezeichnen die entsprechenden Halsnervenpaare. 

Die beiden folgenden Abbildungen, welche Durchschnitte durch die zwei 
Schwielen dieses Halsmarkes darstellen, sind zur leichteren Vergleiehung mit 
der 7. Figur in einer von jener der früheren Querschnitte verschiedenen Stellung 
entworfen worden, so dass der obere Rand der Figur der Vorderfläche, der 
untere Rand der Hinterfläche des Rückenmarkes entspricht, der rechte Rand der 
Figur die linke Seitenfläche, und der linke Rand der Figur die rechte Seiten- 
fläche des Rückenmarkes bezeichnet. 

Die 8. Figur stellt einen Querschnitt zwischen der Insertion Bel 5. und 6, 


Halsnerven, die 9. einen solehen zwischen der Insertion des 6. und 7. Hals- 
nerven dar. 


22 * 


336 Pre, t#enrrsi 


Die Nerineen des oberen ae in Österreich. 
Von Dr. Karl F. Peters. | 
(Mit IV Tafeln.) 


(Vorgelegt in der Sitzung vom 26. April 1855.) 


Das Studium der oberen Juraschichten in den nordöstlichen 
Alpen hat mit der von Jahr zu Jahr erfreulicher fortgeschrittenen 
Erforschung der älteren Gebilde nicht ganz gleichen Sehritt 
gehalten. In Anbetracht der Vereinzelung der Ablagerungen, des im 
Allgemeinen diseordanten Verhältnisses zu ihrer, den verschiedensten 
Formationsgliedern angehörigen Unterlage, der Störungen, welche 
sie mit diesen und mit den ihnen sehr innig verbundenen Neocomien- 
schichten . gemeinschaftlich erfahren haben, und durch welche sie 
theils in Thäler versenkt, theils als schroffe Gipfel isolirt wurden, 
in Anbetracht endlich ihrer Armuth an Versteinerungen wird jeder 
Kenner unserer Alpen diesen Mangel mit Nachsicht beurtheilen. 

Bei den Aufnahmsarbeiten der k. k. geologischen Reichsanstalt 

‚konnte an eine, in der ganzen nordöstlichen Alpenkette streng 
durehzuführende Sonderung der einzelnen Glieder des Schichten- 
complexes, welchen wir als oberen Jura zusammenzufassen Grund 
hatten, nicht gedacht werden. Sie ist selbstverständlich Gegenstand 
von Speeialuntersuchungen, deren Resultate der vorgenannten Schwie- 
rigkeiten wegen nur langsam reifen können. 
Wie wenig Material zur Kenntniss dieser Schiehten noch vor 
Kurzem zu Tage gefördert war, zeigt v. Hauer’s Abhandlung 
„Über die Gliederung der Trias-, Lias- und Juragebilde in den nord- 
östlichen Alpen“ im Jahrbuche der k. k. geolog. Reichsanstalt 1853, 
IV. Heft, Seite 715. (Vergl. Seite 761 u. ff.) 

Im westlichen Theile des bisher untersuchten Terrains, in den 
Salzburger Alpen, herrscht eine ziemliche Einförmigkeit der oberen 
Juraschichten. Der rothe hornsteinreiche Kalk, welcher in der näch- 
sten Nachbarschaft auf baierischem Gebiete (bei Ruhpolding) Ammo- 
nites biplex Sow., A. bifurcatus Quenst., Aptychus latus nebst 


no 


„inIpin 


Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 331 


einem imbrieaten Aptychus führt 1) und wahrscheinlich zwei zu 
trennende Schichten umfasst, setzt im Salzburgischen nicht über die 
Saale fort; graue Kieselkalke und Kalkschiefer mit denselben Aptychen, 
weleheLipold in mehreren Aufsätzen ?) unter dem Namen „Aptychen- 
kalk des Jura“ oder „Schichten von Oberalm“ beschrieben hat, und 
welche wir als ein Äquivalent des weissen Jura von Schwaben und 
Franken ansehen, vertreten an der Salzach allein den oberen Jura. 

In Ober- und Niederösterreich zeigte sich schon einige Mannig- 
faltigkeit in diesen Schichten, welche uns vermuthen liess, dass hier 
ausser der noch nicht genau bestimmten Etage, welcher der Kalk 
zwischen St. Veit, Lainz und Hietzing bei Wien mit Aptychus latus 
Voltz, Aptychus profundus Voltz, Aptychus depressus \ oltz, 
und mehrere einzelne Partien am Nordabhange der niederöster- 
reichischen Alpen angehören, noch andere Glieder des oberen Jura 
vertreten sind ?). 

Vor Allem erregte der Nerineenkalk, welcher denPlassen- 
berg bei Hallstatt bildet, und auch am Sandling bei Aussee 
von Simony und von Lipold gefunden wurde, unsere Aufmerk- 
samkeit, und damit auf dem für die Geologie der Alpen classischen 
Boden eine Schicht nicht länger ganz unbekannt bleibe, unternahm 
ich die Untersuchung ihrer Versteinerungen, eine, der mechanischen 
Schwierigkeiten wegen ziemlich mühevolle Arbeit. 

Im Verlaufe derselben veranlasste mich die Identität mehrerer 
Arten, insbesondere der Nerineen, mit den von Zeuschner 
beschriebenen Versteinerungen des Kalkes von Inwald, südwestlich 
vonKrakau und mit den nächst Stramberg beiNeutitschein 
in Mähren vorkommenden, die merkwürdige Reihe von Kalkfelsen, 
die sich von Niederösterreich aus am Nordrande der Karpathen weit - 
nach Galizien hinein verfolgen lässt, einigermassen mit in den Kreis 
meiner Betrachtung zu ziehen. 


1) Emmrich, im Jahrbuche d.k. k. geol. Reichsanstalt. 1853, II, S. 387. 

2) Neuerlich imJahrbuche d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1854, III, S. 590, vgl. S. 594. 

3) Behufs der Unterscheidung dieser Etage von dem unteren Neocomien, der in 
der Regel auch nur. Aptychen führt, habe ich im vorigen Jahre eine Reihe von 
Aptychenformen, welche sich durch ihr Vorkommen mit Aptychus Didayi Coqd. 
als Neocomien - Versteinerungen erwiesen, in einer Notiz festgestellt (Jahrb. d. 
k. k. geol. Reichsanstalt. 1854, II, S. 439), woraus sich auch ergab, dass die in 
der älteren Abtheilung des „Wiener Sandsteins“ lagerweise vorkommenden Kalk- 
schiefer, nicht mit dem Kalke von St. Veit in Verbindung gebracht werden dürfen, 
sondern wirklich Neocomien sind, 


338 Peters. 


Über den Plassenkalk gibt es, unbestimmte Vermuthungen 
abgerechnet, keine Literatur. Was ich über Lagerungsverhält- 
nisse mittheilen werde, verdanke ich nebst eigener flüchtiger 
Anschauung mündlichen Mittheilungen der Herrn Fr. v. Hauer und 
E.Suess und der von Herrn Lipold ausgeführten Kartenaufnahme. 

Über die mährisch-galizischen Kalke dagegen haben 
mehrere Geologen, namentlich die Herren Boue&, Beyrich, 
Glocker, Hohenegger, Pusch und Zeuscehner ihre Ansich- 
'ten ausgesprochen. | 

Mich fast ausschliesslich auf die Untersuchung der 
Nerineen beschränkend, von welchen mir überdies aus Mähren 
und Galizien kein sehr reiches Material za Gebote stand, kann ich 
für die geologische Bestimmung dieser verschiedentlich gedeuteten 
Schichten nur ein geringes Gewicht in die Wagschale legen. 

Überhaupt gebot die geringe Zahl der identifieirbaren Arten die 
grösste Vorsicht in Parallelisirungsversuchen. 

Der Plassen bei Hallstatt. Nordwestlich von Hallstatt 
erhebt sich über der Stufe des Salzberges, wo der berühmte Cepha- 
lopodenkalk des Sommerau- und Steinbergkogels das Salzgebirge 
überlagert, ein schroffer Kalkgipfel, der 6174 Fuss hohe Plassen 
oder Blossenstein, welcher schon von Weitem durch seine lichte _ 
Farbe von den benachbarten Gebirgen sich auszeichnet. 

Von den Berghäusern, 1299:36 Meter Meereshöhe nach L. v. 
Buch, 3996 Fuss nach Weidmann, am Steinbergkogel vorbei, 
das anfangs wenig steile östliche Gehänge des Berges ersteigend 
trifft man bald zahlreiche Blöcke seines Gesteines, welche reich an 
Petrefacten sind. Aus ihnen stammt auch der grösste Theil des von 
mir benutzten Materiales. 

Höher findet man den Kalk anstehend doch nicht deutlich 
geschichtet, ebensowenig an der nördlichen und südlichen Seite, wo 
man den Gipfel umgehend ins Gosauthal gelangen kann. Auf dem 
Wege nördlich vom Salzberge haben die Herren v. Hauer und 
Suess die bunten Schiefer (Werfener Schichten) anstehend 
beobachtet, und auf der Klausalpe, wo man sich bereits gegen die 
Gosau wendet, über jenen den rothen Crinoidenkalk, der unter dem 
Namen „Klausschichten* — nach der Klausalpe im Echernthale 
südlich von Hallstatt so genannt — beschrieben und als ein Äqui- 
valent des braunen Juras gedeutet wurde. Diesen, nur in geringer 


Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 339 


Verbreitung erhaltenen Schichten ist der Plassenkalk, wahrscheinlich 
unmittelbar, aufgelagert. Im übrigen Nordumfange mag er theils 
auf dem Cephalopodenkalk, theils auf dem Salzgebirge ruhen, 
an der ' westlichen Seite aber hat Herr Lipold nur den „Dach- 
steinkalk“ (unteren Lias) als Liegendes- gefunden. 

Das Gestein ist zum Theil ein blendend weisser breecien- 
artiger, zum Theil ein gelblicher oder bräunlicher dichter Kalk. 
Der erstere besteht ganz und gar aus Rollstücken von dichtem 
weissen oder gelblichen Kalk und von organischen Resten, welche 
durch die späthige Beschaffenheit des Versteinerungsmittels selbst an 
frischen Bruchflächen wahrnehmbar sind. Das Cement ist ein meist 
sehr feinkörniger, nur in den Hohlräumen der Versteinerungen 
gröber ausgebildeter Kalk. Eine oolithische Structur kommt an 
diesem Gestein nicht vor, wenngleich die dichtgedrängten Rollstücke, 
welche in ihrer Grösse von der eines Mohnkornes bis zu 1!/, Zoll im 
Durchmesser wechseln, den feiner zusammengesetzten Partien ein 
oolithähnliches Ansehen verleihen. 

Der dichte Kalkstein enthält Kalkspath nur in den Schalenresten 
welche mitunter ziemlich häufig, doch nie so dieht gedrängt, auch 
nie so stark abgerollt sind, wie in dem breecienartigen Kalk. Nichts 
destoweniger sind sie aus letzterem viel leichter auszubringen. 

Diese Gesteine haben die grösste Ähnlichkeit mit dem Kalk von 


Inwald 1), nur ist das Kalksteinconglomerat von da minder fest, 


die Gewinnung der Petrefacten, welche darin nicht besser erhalten 
sind als am Plassen, demnach minder schwierig. Über ihre Ver- 
theilung in dem nahezu 1500 Fuss mächtigen Schichteneomplex des 
Plassen habe ich nichts verlässliches erfahren können, doch vermuthe 
ich, dass der breeeienartige Kalk ähnlich wie bei Inwald unter- 
geordnet in dem Dichten vorkommt. 

Am Sandling bei Aussee liegen nach der Angabe Lipold's 
die oberen Juragebilde durchwegs auf Liaskalken. Die Nerineen- 
schiehten scheinen hier nicht die einzig vorkommenden zu sein, viel- 
mehr geht aus Lipold’s Beobachtung hervor, dass Kalke, welche 


1) Geognostische Beschreibung des Nerineenkalkes von Inwald und Roezyny 
‘ von Zeuschner. Naturwissenschaftliche Abhandlungen, herausgegeben von Hai- 
dinger. 1850, III. Bd., 1. Abtheilung, S. 133, vgl. S. 136. 


340 Peters. 


den Aptychenschichten entsprechen dürften, doch nicht hinrei- 
chend durch Petrefacte charakterisirt sind, die Hauptmasse aus- 
machen. | 

Östlich von diesen beiden Gipfeln hat man in den Alpen wohl 
an vielen Stellen die Aptychenkalke angetroffen, doch den, schon 
petrographisch kenntlichen Nerineenkalk weisen unsere Sammlungen 
von daher nicht auf. / 

Erst ausserhalb der Alpen, im nordöstlichen Theil von Nieder- 
österreich und im südlichen Mähren, treten die ihm entspre- 
chenden Schichten des oberen Jura als Inselberge, einzeln und 
reihenweise aus den tertiären Ablagerungen hervor. Graf Rasou- 
mowsky gab schon im Jahre 1830 (Isis, Seite 143—162, und 
Jahrbuch für Mineralogie ete., 1831, Seite 212) einige Notizen über 
den Kalk von Ernstbrunn und die darin vorkommende Diceras. Auch 
in den Schriften von Bou& und Partsch wird derselbe besprochen 
und in neuerer Zeit hat Dr. Ferstl von Förstenau 1) eine ausführ- 


lichere Beschreibung des niederösterreichisch-mährischen Jurakalk- 


zuges sammt einer Liste der daraus bekannten Versteinerungen 
gegeben, durch welche diese Schichten dem Coral-rag parallelisirt 


werden ?). Die Nerineen sind schlecht, in der Regel nur als Stein- 


kerne erhalten, so dass ich von Ernstbrunn (Semmelberg) nur 
eine Art nachweisen konnte. Bessere Stücke kenne ich von Nikols- 
burg. 

Absehend von den im Innern von Mähren in der Umgegend von 
Brünn vorkommenden oberen Juraschichten, aus deren ziemlich 
reicher Fauna mir bisher keine Nerineen bekannt wurden, wende ich 
mich zudem östlichen Zuge am Nordrande der Karpathen, aus welchem 
mich insbesondere zwei Localitäten interessiren, Stramberg bei 
Neutitschein in Mähren und Inwald südwestlich von Krakau. 

Zwei, um die Geologie der nordöstlichen Länder Österreichs 
hochverdiente Gelehrte, Hohe negger in Teschen undL. Zeusch- 
ner in Krakau, haben umfassende Arbeiten über diese Gebilde 


1) Geognostische Betrachtungen der Nikolsburger Berge. Inaugural-Dissertation, 
Wien 1845 — und Berichte der Freunde der Naturwissenschaften, I. Bd., S. 89. 


2) Ein umfassendes Literatur - Verzeichniss über die mährischen Vorkommnisse gibt 


Freiherr v. Hingenau. Übersicht d. geol. Verhältnisse von Mähren und Österrei- 
chisch-Schlesien. Wien 1852, S. 48—50. 


Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 341 


geliefert, welche lange vorher die Aufmerksamkeit vieler reisenden 
Geologen auf sich gezogen hatten. 

Bekanntlich tritt der Jurakalk in der ganzen Kette, theils nörd- 
lich vor den an ihm abstossenden Teschener Schiefern als schroffe 
Felsmasse auf (so bei Inwald), theils ist er durch Abstürze unter 
denselben entblösst oder taucht kuppenförmig aus ihnen empor (wie 
in der Neutitscheiner und Teschener Gegend), stäts von discordanten 
Schichten überlagert. Die Teschener Schiefer, welche Zeuschner 
einst irrthümlich für Pläner nahm (Berichte der Freunde der Natur- 
wissenschaften, 2.Bd., Seite 479, im Juli 1847), wurden insbeson- 
dere durch die Untersuchungen Hohenegger’s als Neocomien 
erwiesen. Den Jurakalk hat Zeuschner zu wiederholtenmalen als 
Coral-rag angesprochen (ebenda, und in seiner oben cit. Abhandlung) 
und später im Einverständniss mit Hohenegger mehrere Nerinea- 
arten von Inwald und Stramberg als identisch erkannt. (Hoheneg- 
- ger, in den Berichten der Freunde der Naturwiss., 6.Bd,, S. 106 — 
111.) In derselben Notiz spricht Hohenegger die volle Über- 
zeugung aus, dass der Kalk von Stramberg , Kozobenz, Wischlitz 
u. a. O. älter ist als die Teschener Schiefer und Sandsteine und 
erläutert (Seite 112) ihr gegenseitiges Lagerungsverhältniss durch - 
ein sehr instructives Profi. In der neuesten Zeit aber erklärt Hohen- 
egger in seiner „Geognostischen Skizze der Nordkarpathen“ 
(Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt 1852, 3, Seite 135), wie 
er schon in einer früheren Notiz angedeutet hat (Ber. d. Freunde 
d. Naturw., 5. Bd., S. 124, Jänner 1849), den Stramberger Kalk für 
Neocomien, indem er einigen, nebst echten Juraversteinerungen bei 
Stramberg vorkommenden Neocomienspecies eine hohe Geltung 
beimisst und die, auf die Anwesenheit der Rhynchonella lacunosa 
und anderer Brachiopoden gestützten Aussprüche von Bou& (Journalde 
Geologie II, Seite 280), Beyrich (Karsten’s Archiv XVII, S. 67 
und II, S. 574), Glocker (Acta academ. Leopoldin. XIX, Suppl. II, 
pag. 283) undanderen Gelehrten für nicht hinreichend begründet hält. 

Demgemäss müssten innerhalb der Periode des Neocomien 
bedeutende Schichtenstörungen eingetreten sein, welche die oben 
erwähnten Lagerungsverhältnisse hervorgebracht hätten. Obgleich 
dies nicht eben wahrscheinlich ist und abgesehen von unseren Alpen 
(in welchen wie gesagt, auch die oberen Jura-Aptychenschichten 
den Neocomiengebilden conform gelagert sind), die Thatsachen in. 


342 Peters 


anderen Ländern keinesweges dafür sprechen, dürfen wir die Ansicht 
Hohenegger's doch nicht ohne Weiteres beseitigen. 

So behauptet er unter anderm, den Ammonites Grasianus d’Orb., 
eine bisher nicht angezweifelte Neocomienspecies, in dem Stram- 
berger Kalke selbst gefunden zu haben. 

Weniger anstössig scheint mir das Vorkommen angeblicher 
Caprotinen, hinsichtlich welcher Hohenegger im Jänner 1849 
(Ber. d. Freunde d. Naturwiss.) noch im Zweifel war, ob er nicht 
dennoch Diceras vor sich habe. Unter dem Materiale unserer Samm- 
lungen konnte ich keine Caprotina oder Requienia erkennen, doch 
muss Hohenegger’s ausgezeichnete Sammlung mehr vollkommene 
oder täuschende Exemplare enthalten, welche ihm sogar die Art- 
bestimmung (Caprotina Lonsdalü d’Orb.) möglich machten. Da- 
gegen ist das überaus häufige Vorkommen der beiden Dicerasarten 
des Corallien (D. arietina Lam., und D. Luci Defr.) im Stram- 
berger Kalke durch sehr genaue Untersuchungen des Schlosses und 
die Identität der Exemplare mit denen von St. Mihiel im Dep. der 
Maas ausser Zweifel gestellt. 

Die Nerineen von Stramberg anbelangend habe ich mich ver- 
* geblich bemüht, Kreidespecies nachzuweisen; nur eine Art, die 
unten besprochene N. castor d’Orb., ist einer Neocomienspecies, 
der N. Renauxiana d’Orb., nahe verwandt. 

Die Petrographie des Stramberger Kalkes lässt noch manches 
zu wünschen übrig. Ich weiss darüber nur, dass die ganze Ent- 
blössung eine deutliche Schichtung nicht aufweist und dass, im 
Gegensatze zu den alpinenLocalitäten und zu demFelsen bei Inwald, 
das herrschende Gestein ein viel weniger reiner, ziemlich stark 
mergeliger Kalk, ohne breceien- oder conglomeratartige Structur ist. 

Es wäre demnach sehr erfreulich, wenn Herr Hohenegger 
die Versteinerungen des Stramberger Kalkes (unter die etwa Exem- 
plare aus den benachbarten Schiefern sich einschlichen), nochmals 
prüfend, die Wissenschaft durch eine Monographie dieses interes- 
santen Gebildes bereichern würde. 

Den Kalk von Inwald hat Zeuschner (l. ce.) so vortreff- 
lich beschrieben, dass in petrographischer Beziehung darüber kaum 
mehr etwas zu sagen blieb. Gegen die Parallelisirung desselben mit 
dem Oalcaire a Nerinees, Thirria, in Thurmann’s Essai sur les 
soulevemens jurassiques du Porrentruy lässt sich vom damaligen 


Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 343 


Standpunkte nicht viel einwenden. Da jedoch von den wenigen Ver- 


steinerungen, welehe Thurmann in dem genannten Werke aus dem, 
Nerineenkalk von Porrentruy anführt, nur eine Art, seine Nerinea 
Bruntrutana, bei Inwald vorkommt, welche nach Quenstedt in 
der ganzen Etage e des oberen Jura von Schwaben häufig ist, und von 
d’Orbigny ausschliesslich den Portlandsehichten zugeschrieben wird, 
muss ich die darauf begründete Schichtenparallele für etwas zu enge 
gefasst erklären, um so mehr als unter den von Zeuschner nebst 
neuen Arten und unbestimmbaren Resten aufgezählten Species nur 
eine, Nerita costellata Münster, der zum Theil gleichzeitigen, zum 
Theil nächst älteren Etage corallien eigen ist, während Astrocoenia 
pentagonalis d’Orb. (Astraea pentagonalis Münster, vorkommend 
bei Nattheim und Hadenheim in Würtemberg) und Cryptocoenia 
limbata d’Orb. (Astraea limbata Goldf., von Gingen in Würtem- 
berg) dem Terrain Oxfordien angehören. Hinsichtlich der Astarte 
elegans Sow., einer Bajocienspecies, dürfte wohl eine Täuschung 
in der Bestimmung obwalten. 

Kürzlich ist eine neue Localität bekannt geworden, von der die 
k. k. geologische Reichsanstalt eine Menge schöner Versteinerungen 
erhielt, welehe mit denen von Inwald vollkommen übereinstimmen. 
Sie wurden nächst dem Dorfe Richalitz, etwa 3 Meilen nordöstlich 
‘von Neutitschein aus einer (gegenwärtig ganz aufgearbeiteten) losen 
Kalksteinmasse gewonnen, welche vermuthlich — wie dies an meh- 
reren Orten in Galizien und Schlesien der Fall war — in den 
Teschener Schiefern auf secundärer Lagerstätte sich befand. 

Zeuschner's verdienstliche Bearbeitung der Inwalder Ver- 


| steinerungen, welche Herrn d’Orbigny wahrscheinlich zu spät 


bekannt geworden ist, als dass er sie in der Pal&ontologie francaise 
hätte berücksichtigen können, bildet die Grundlage meiner Unter- 
suchung, welche, insoferne sie eine Kritik des gegenwärtig Bekannten 
enthält, manchen Irrthümern über die Nerineen des oberen Jura in 
Österreich vorbeugen möchte. | 

Das gegenwärtig an Arten schon so reiche Geschlecht 


Nerinea, Defrance, 


erhielt dadurch abermals einen Beitrag an neuen Formen, welche 
ich, die Faltenbildung im Innern der Schale wie die äussere Sculp- 
tur und die Verhältnisse der Spirale gleichmässig würdigend, als 


3AA Piieitse.m.s 


Species aufzustellen Grund habe. Ein grosser Theil derselben ist 
mir nur an Bruchstücken ersichtlich geworden, die ich ohne alle 
Zuthat abbilde. Exemplare, an welchen bei eigenthümlicher Falten- 
bildung die äusseren Schalentheile nicht deutlich genug waren, habe 
ich im Vorhinein ausgeschieden. Dagegen konnte eine fast identische 
Faltenbildung jener Formen, deren Äusseres wesentliche Unter- 
schiede zeigte, mich nicht abhalten, letztere als Speciescharaktere 
zu erachten. 

Aus den viel umfassenden Abhandlungen und Werken von 
Bronn und Voltz, von Goldfuss, d’Orbigny und Agassiz, 
so wie aus den mich hier zunächst angehenden Arbeiten über die 
Versteinerungen des oberen Jura und meiner eigenen Beobachtung 
glaube ich in dem Geschlechte Nerinea allerdings gewisse Arten- 
gruppen zu erkennen, deren Typen durch mehrere Formationsglieder 
fortsezten, jedoch eine Trennung desselben in mehrere Genera 
scheint immer weniger statthaft, je mehr die Zahl der Arten 
anwächst. Dem Versuch einer dergleichen künstlichen Trennung von 
Sharpe dürften wenige Paläontologen zu folgen geneigt sein, am 
allerwenigsten wären wohl die Verhältnisse des Nabels und des 
Spindelcanales zu Gattungscharakteren geeignet, indem man oft Mühe 
hat, sie als Charaktere der Arten fest zu halten. 


N. Bruntrutana Thurm. 


Taf. 1, Fig. 13. 
1830. Nerinea Bruntrutana Thurman. Mem. de Strasbourg I, pag. 17. 


1835/37. _, RN Bronn. Lethaea S. 399, Taf. 21, Fig. 13. 

1836. 5 5 Bronn. Im Jahrbuch S. 556, Taf. VI, Fig. 13. 
1836. ’ % Voltz. Im Jahrbuch S. 542. 

1841/44. „ EAN Goldf. Petref. Germ. 3. S. 40, T. 175, Fig. 5. 
1850. 5 5 Zeuschner. InHaidinger’s Abhandlungen 3.Bd., 


1. Abth., S. 137, Taf. 16, Fig. 5—8. 
1850. N Mandelslohi Bronn. Bei Zeuschner a.a.0., S. 137, Taf.16, 
; Fig. 9—12. 
1850. = Bruntrutana d’Orbigny. Prodröme de paleon, stratigr. 2, 
pag. 58. Etage Portlandien (16). | 
1851. Es ” Bronn. Lethaea 3. Aufl, 3. Lieferung, S. 299. 
1853. 5 “ d’Orbigny. Paleont. france. Terr. jur. pag. 154, 
Pl. 283, Fig. —5. 


In der Darstellung, welche Bronn von dieser Nerinea gibt, lässt 
er es unentschieden ob sie genabelt ist, doch in derLethza (1. Aufl.) 


Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 3A5 


‚bildet er einen Durchschnitt ab, der einen regelmässigen und ziem- 
lich weiten Spindelcanal zeigt und genau dem Durchschnitte ent- 
spricht, welchen Goldfuss (Fig.5, 5) zeichnet. Die N. Bruntrutana 
bei Zeuschner ist ohne Zweifel nach Br o nn’s Abbildung bestimmt 
worden und die von ihm dargestellten Exemplare sowie eine grosse 
Anzahl der mir vorliegenden, lassen sich mit den Darstellungen von 
Bronn und Goldfuss, von denen man voraussetzen darf, dass 
ihnen die wahre N. Bruntrutana zu Grunde lag, ungezwungen in 
. Verbindung bringen. 

D’Orbigny hat in der Paleontologie francaise, diese Art in 
zwei getheilt und beschreibt die ungenabelten Formen als die eigent- 
liche N. Bruntrutana, die genabelten aber, welche sich sowohl in der 
Form der Falten als durch völlig ebene Umgänge auszeichnen sollen, 
als N. Elea d’Orb., worunter auch der von Bronn im Jahrbuche 
1836, Taf. VI, Fig. 18 abgebildete Steinkern mitbegriffen ist. Ob 
d’Orbigny an der nabellosen Nerinea mit stark ausgeschweiften 
Umgängen einen Spindelcanal, der vielleicht gegen das Ende der Axe 
obliterirt, erkannte, lässt er unberührt. Man darf dies jedoch voraus- 
setzen, da mit Ausnahme der genannten Fig. 18 im Jahrbuche keine 
der älteren Abbildungen auf N. Elea d’Orb., sondern alle auf N. Brun- 
trutana Thurm. bezogen werden. Das prachtvolle Exemplar, wel- 
ches d’Orbigny abbildet, zeigt allerdings keine Spur von einem 
Nabel, doch an dem von N. Elea (Pl. 285, Fig. 2) ist er eben so 
wenig ersichtlich. 

Mir ist an meinem hierher bezüglichen Materiale kein unge- 
nabeltesExemplar vorgekommen, dagegen einige mit wohl erhaltenem 
durehbohrtem Spindelende, welche im Übrigen mit der N. Bruntru- 
tana, auch wie sie d’Orbigny darstellt, so sehr übereinstimmen, dass 
sie, weit entfernt eine Beziehung auf N. Elea zu gestatten, von jener 
- in der Diagnose lediglich durch das Wort (non umbilicata) unter- 
schieden werden könnten. Ich habe mich demnach zur Aufstellung 
einer neuen Art nicht verstehen können. 

Um jeden Irrthum zu vermeiden, bilde ich eines der grössten 
Exemplare, welches ich aus dem Plassenkalk erhielt und eines von 
gewöhnlicher Grösse ab (Taf. I, Fig. 1, 2, 3), ersteres vorzüglich 
desshalb, weil es äusserlich gut erhalten, mit der Abbildung von 
d’Orbigny mehr übereinstimmt als irgend eines der älteren 
Darstellungen. 


346 S ee 


Sehr häufig bei Inwald, ziemlich häufig im Plassenkalk, bei 
Nikolsburg und bei Riehalitz. Im Stramberger Kalke scheint sie sehr 
selten vorzukommen. | 

Die Einziehung der N. Mandelslohi Bronn bei Zeusch- 
ner zu rechtfertigen, erlaube ich mir folgende Darlegung. Zeusch- 
ner, welcher hinsichtlich der genannten Art mehr Gewicht auf 
Goldfuss (l. e. 8.39, Taf. 175, Fig. 4) legte als auf die Darstel- 
lung Bronn’s (l. e. S. 553, Taf. 6, Fig. 26), die mit der von d’Or- 
bigny (Terr. jur. pag. 105, Pl. 260) so wie mit den mir vorliegen- 
den Exemplaren von Nattheim vollkommen übereinstimmt, hat gewisse 
Exemplare von Inwald als N. Mandelslohi Bronn angesprochen. 
Goldfuss beschreibt sie folgendermassen: „langkegelförmig, gena- 
belt mit ebenen, glatten, dicht an einander schliessenden Umgängen, 
die jedoch an den Näthen einen flach erhabenen Wulst 
und auf der Zwischenfläche eine schwache Vertiefung bilden“. In der 
Diagnose gebraucht er dagegen die Worte: „Anfractibus converius- 
culis laevibus,“ die Abbildung entspricht dem Wortlaut der Beschrei- 
bung nur hinsichtlich der letzteren Umgänge, während an den alten 
Umgängen die Vertiefung nieht mehr in der Mitte sondern an der 
Nath erscheint. Die Vermittlung stellt ein ganz ebenflächiger Um- 
gang her. Da nun die wahre N. Mandelslohi leicht convexe Umgänge 
mit vertieften Näthen hat, ein im Geschlechte Nerinea seltener Fall—, 
muss ich annehmen, dass Goldfuss (Münster) entweder in der 
Auffassung des offenbar nicht gut erhaltenen Exemplares der N. Man- 
delslohi ivrte, oder dass seiner Darstellung eine stark abgeriebene 
N. Bruntrutana Thurm. zu Grunde lag. . 

Zeuschner gibt den Text von Goldfuss mit anderen mehr 
prägnanten Worten wieder, der Art, dass dessen Irrthum sich nur 
vergrössert und eine Form als N. Mandelslohi angesprochen wird, 
welche der wahren ganz entgegengesetzt ist. Die Abbildungen, 
welche Zeuschner davon gibt (Fig. 9—11), vermag ich nicht von 
denen der N. Bruntrutana (Fig. 6 und 8) zu unterscheiden. Ist gleich _ 
bei der ersten (Fig. 12) der Hohlraum der Umgänge mehr von oben 
nach abwärts zusammengedrückt als bei der letzteren (Fig. 7), so 
gibt es doch eine Menge von Mittelformen und liegt darin keineswegs 
der Charakter der N. Mandelslohi. Dieselbe kommt demnach bei 
Inwald nicht vor, ebensowenig als am Plassen oder an einer andern 
mir bekannten österreichischen Localität. 


Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 347 


N, Carpathica Zeuschner. 
Taf. I, Fig. 4—6. 


GeognostischeBeschreibung des Nerineenkalkes von Inwald u. s. w. Abhandlun- 
gen, gesammelt von Haidinger. Wien 1850, III. Bd., I. Abth., S. 137, 
Taf. XVII, Fig. 1—4. 


N. testa conica, umbilicata, spira angulo 26— 31°; anfractibus 
fere planis, inferne') limbatis, gradatis; apertura qua- 
drangulari, plicis: labro 2, columella 3, complicatis. 

Der Spiralwinkel hat eine Öffnung von 26 bis 31 Graden und 
scheint sogar noch grösseren Schwankungen zu unterliegen (vergl. 
bei Zeuschner Fig. 2); dieLänge des Gehäuses ist demnach sehr 
verschieden, 60 bis über 80 Millim. 

Das Gehäuse ist kegelförmig, in den Varietäten mit grösserem 
Spiralwinkel kurz (Taf. 1, Fig. 4, 5), in der Regel weit genabelt. Die 
mittleren Umgänge sind eben, schwach quergestreift (d. i. senkrecht 
auf die Axe der Spirale), am unteren Rande mit einem wulstig aufge- 
worfenen Saum versehen, welcher allmählich in die Fläche des nächst- 
folgenden Umganges übergeht. Hierdurch erhält das Gehäuse einen 
treppenförmigen Bau, dessen Verhältniss zu den einzelnen Umgängen 
durch die unterhalb des Saumes deutlich ausgeprägte Nathlinie schon 
aussen ersichtlich wird. An den ältesten Umgängen ändert sich das 
insoferne, als der Saum sowohl nach abwärts als nach aufwärts abfällt 
und die Umgänge dadurch inmitten etwas concav werden. An den 
Jüngsten Umgängen drängt sich dagegen der mittlere, sonstebene Theil, 
welcher hier überdies mit starken callösen Zuwachsstreifen verse- 
hen ist, weiter als der Limbus heraus (Fig. 4). Bei den schlankeren 
. Exemplaren gewahrt man feinere Zuwachsstreifen noch an den mitt- 
leren Umgängen (Fig. 6). Der Mundrand ist an keinem der Exem- 
plare erhalten, doch sieht man dass die Mundöffnung an den kurz 
kegelförmigen.Gehäusen eine beinahe quadratische, bei der mehr 
gestreckten eine länglich viereckige Form haben müsse. 

In der Faltenbildung stimmt diese Art mit der N. Bruntrutana 
Thurm., mit der N. Mandelslohi Bronn u. A. sonahe überein, dass 
sich die aus der Betrachtung einer grossen Anzahl von Durchschnit- 
ten ergebenden Unterschiede im einzelnen Falle kaum wahrnehmen 


1) Inferne-superne: nach der bei den Wiener Paläontologen gebräuchlichen Stellung ; 
ebenso : longitudinaliter = der Axe parallel, transversim = senkrecht auf die Axe. 


348 ? Prestreir 8; 


lassen. Als solche sind zu nennen: die grössere Länge der beiden 
oberen Spindelfalten und die stärkere Abschnürung des zweitheiligen 
Endes der unteren. Nach den Abbildungen, welche Zeuschner 
von dieser Nerinea gibt und welche den in seinem Texte richtig ange- 
wendeten Ausdrucke „treppenförmig“ nicht ganz rechtfertigen, hielt 
ich die N. Carpathica für keine selbstständige Species, sondern 
glaubte sie mit der N. Bruntrutana vereinigen zu müssen, von der 
Zeuschner kleinere und abgeriebene Exemplare der ersteren gewiss 
selbst nicht zu unterscheiden vermochte. Das (Taf, I, Fig. 4, 5) abge- 
bildete Exemplar von Nikolsburg in Mähren, welches sich im k. k. Hof- 
Mineralien-Cabinete befindet, hätte demnach auch zur Aufstellung 
einer neuen Species veranlasst, wenn nicht der k. k. geolog. Reichs- 
anstalt eine Sendung von ausgezeichneten Petrefacten aus Richa- 
litz, wo die N. Carpathica eben so häufig ist wie bei Inwald, 
aber viel besser erhalten, zugekommen wäre, aus welcher mir die 
Eigenthümlichkeiten dieser Nerinea vollkommen klar wurden. 

N. gradata d’Orb. (Terr. jur. S. 132, Taf. 272, Fig. 5—7) ist 
ihr verwandt. 

Nikolsburg, Richalitz, Inwald. Ihr Vorkommen am Plassen und 
bei Stramberg ist zweifelhaft. 


N. Haueri Peters. 
Taf. U, Fig. 1-3. 
N. testa elongata, conica, umbilicata; spira angulo 16—19°, 
anfractibus excavatis laevigatis, superne tuberculatis; 
plicis: labro 2, columella 3, complicatis. 


Der Spiralwinkel beträgt 16—19 Grad, dem; zufolge die Länge 
auf 60—66 Millim. veranschlagt werden darf. | 

Das Gehäuse ist verlängert konisch, im Verhältniss zu de 
starken Spindelcanal schwach genabelt. Die in der Mitte vertieften 
Windungen erheben sich nach aufwärts zu einem starken grob- 
höckerigen Wulst, oberhalb welcher die Nath verläuft. Die Mundform 
ist nicht bekannt. In der Faltenbildung stimmt diese Art mit der 
Vorbeschriebenen sehr nahe überein. | 

Bemerkenswerth ist in dieser Beziehung, dass die Spindelfalten 
derselben in einzelnen mittleren Umgängen mehr complicirt sind, als 
dies bei N. Bruntrutana, Carpathica u. A. vorkommt, während der 
jüngste Umgang blos einfache Falten enthält, welche in ihren gegen- 


Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 349 


seitigen Verhältnissen denen der N. Mandelslohi Bronn. mehr glei- 
chen als denen der N. Bruntrutana. | 

Von den Arten mit gleicher Faltenbildung unterscheidet sich die 
eben beschriebene durch den starken Wulst und dessen Höcker, die 
selbst an abgeriebenen Exemplaren noch kenntlich sind. 

Selten im Plassenkalk. 

Eine sehr kleine kegelförmige Nerinea, aus dem Plassenkalk, 
welche die Faltenbildung der bisher genannten Arten hat, sich jedoch 
durch eine besonders starke Streckung der Umgänge in der Richtung 
der Axe von ihnen unterscheidet, gehört vermuthlich einer neuen 
Species an, welche ich jedoch bei völliger Unbekanntschaft mit dem 
Äusseren des Gehäuses nicht zu charakterisiren vermag 1). 


N. Suessii Peters. 
Taf. I, Fig. A—5. 
N. testa elongata, imperforata; spira angulo (circa) 10—12°; 
anfractibus excavatis laevigatis (?); plicis: labro 1 perob- 
tusa, columella 3 convergentibus, simplicibus. 


Der Spiralwinkel dieser Nerinea, welche ich nur aus Bruch- 


'stücken kenne, scheint die Öffnung von 12 Grad nicht zu über- 


schreiten, die Länge des Gehäuses würde dem zufolge über 150 Millim. 
ausmachen. 

Das Gehäuse ist lang kegelförmig, ungenabelt. Das, wie es 
scheint, durchaus regelmässige Gewinde besteht aus ziemlich hohen, 
in der Mitte ausgehöhlten Umgängen, welche, so viel man an den ziem- 
lieh stark abgeriebenen Exemplaren entnehmen kann, eine glatte 
Oberfläche haben. Der stark vortretende Wulst auf welchem die 
Nath verläuft, gehört zum grösseren Theil dem oberen (rückwärti- 
gen) Rand des Umganges an. Die Faltenbildung ist charakteristisch. 
Von der Seitenwand ragt, wo sie aussen am meisten vertieft ist, eine 
sehr stumpfe Falte nach einwärts; vor der Spindel entspringen in 
nahezu gleich grossen Abständen drei einfache, nach aussen conver- 
girende Falten, welche in der Nähe des (nicht erhaltenen) Mund- 
randes eben so scharf ausgedrückt sind als im drittletzten Umgange. 


1) Es verdient bemerkt zu werden, dass alle der bisher beschriebenen Artengruppe 
angehörigen Nerineen des Plassenkalkes sich von den gleichartigen der nordöstlichen 
Loealitäten durch eine Verlängerung des Hohlraumes der Windungen in der Rich- 
tung der Axe auszeichnen. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. II. H£ft. 23 


350 Peters 


Diese Faltenbildung, durch welche unsere Art sich der vorher 
betrachteten Gruppe anreiht, ist eine sehr seltene; nur N. Clio 
d’Orb. (Terr. jur., S. 139, Taf. 275) aus dem Coral-rag hat eine 
ähnliche. Eine viel entferntere Ähnlichkeit zeigen N. funiculosa 
Voltz (Terr. jur., S. 85, Taf. 252, Fig. ”—10) aus dem Bathonien 
und N. nodosa Voltz (l. e. S. 95, T. 254) aus dem oberen Oxford. 

Kommt vor im Plassenkalk. 


N. conulus Peters. 
Taf. II, Fig 10—11. 


N. testa conica, umbilicata, spira brevi, angulo 45°; anfractibus 
laevigatis excavatis; apertura depressa triangulari; plicis 
simplieibus: labro 1, columella 3 media brevissima. 

Die Öffnung des Spiralwinkels beträgt A5 Grad, die ganze 
Länge 00145. i 

Das Gehäuse ist kurz kegelförmig, genabelt. Das regelmäs- 
sige Gewinde besteht aus niedrigen, in der Mitte etwas ausgehöhlten, 
übrigens glatten Umgängen, deren Seitenwände mit einer kurzen, 
nach abwärts gerichteten Falte versehen sind, während die Spindel 
eine lange sehr dünne Falte trägt, welche oben entspringt und nach 
auswärts gekrümmt ist, nebst zwei von Innen entspringenden Falten 
von ungleicher Grösse. Die oberste dieser (sämmtlich einfachen) 
Falten setzt an der ziemlich glatten unteren Fläche des letzten 
Umganges eine Strecke weit über die zusammengedrückt dreieckige 
Mündung hinaus fort. 

Selten im Plassenkalk. 


N, Staszyeii sp. Zeuschner. 
Taf. II, Fig. 6—9. 
Actaeon Staszyeii Zeuschner (l. ec. S. 139, Taf. XVII, Fig. 16—19). 


N. testa ovata imperforata, spira brevi; anfractibus laevigatis, 
pro parte se invicem amplectentibus ; apertura compressa ; 
plieis: columella 3 complicatis, labro 2. 
Länge = 0:011—.0:035. 
Zeuschner liess sich durch die puppenartige Form dieser 
Schnecke bestimmen, sie in das Geschlecht Actaeon zu stellen, mit 
der Bemerkung, dass sie etwa ein neues, Actaeon und Nerinea 


Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 351 


vermittelndes Geschlecht begründen dürfte. Man kennt nun bereits 
mehrere dergleichen Arten mit kurzer Spindel, deren Umgänge stark 
umfassend sind und deren Näthe nicht auf den Erhöhungen, sondern 
in den Rinnen verlaufen, und welche nichtsdestoweniger von Nerinea 
nicht getrennt werden können, da die Anwesenheit eines Canales 
an der Mündung und das eigenthümliche Zurückbleiben der Lippe am 
oberen Rande, welches sich zum mindesten in der Richtung der Zuwachs- 
streifen ausspricht, bei einer Schnecke mit innen gefalteten Umgän- 
gen über das Geschlecht vollgiltig entscheiden. An den Exemplaren, 
welche Zeuschner beobachtet hat, waren weder Mündung noch 
Zuwachsstreifen erhalten. Viel günstiger sind der Auffassung des 
Geschlechtes die Exemplare von Stramberg, von denen ich zwei 
abbilde (Fig. 6, 7 und 8). 

Diese Art ist ausserordentlichen Schwankungen hinsichtlich 
der äusseren Gestalt und der Faltung unterworfen. Nicht nur dass 
es sehr stark bauchige neben ziemlich schlanken Formen gibt, auch 
der Grad des Umfassens und die Weite des Spindelcanales ist sehr 
verschieden. 

Bei Richalitz kommen Exemplare vor, deren Canal innerhalb der 
jüngsten Umgänge 4 Millim. weit ist (Fig. 9), bei Stramberg nebst 
eben solchen wieder Exemplare, an welchen er so enge ist, dass er 
durch senkrechte Schnitte gar nicht dargestellt werden kann. Einen 
deutlichen Nabel habe ich an keinem Stücke wahrgenommen. 
Die obere Lippenfalte ist an den Jüngsten Umgängen kaum ange- 
' deutet, bei den sehr plumpen Exemplaren von Richalitz (Fig. 9) 
erscheint sie auch an der älteren nur wenig ausgedrückt. Bei den letz- 
teren werden die Zuwachsstreifen in dem Grade callös, dass sie den 
jüngsten Umgängen ein höckeriges Ansehen geben, was bei abgerie- 
benen Exemplaren leicht für eine wirklich höckerige Seulptur gehal- 
ten werden könnte. 

Sie ist häufig bei Inwald und Stramberg, und kommt ferner bei 
Richalitz, am Plassen und am Sandling bei Aussee vor. 


N. Moreana d’Orbigny. 
Taf. III, Fig. sr. 
D’Orbigny. Paldont. franc., Terrains jurass. S. 100, Taf. 257. 
A. Buvignier. Statistique geologique ete. du departement de la Meuse. Paris 


1852, S. 35, Taf. XXIV, Fig. 10—12 (in den Abbildungen als N. tornatella 
Buvign.). 


23* 


352 Peters. 


Diese ausgezeichnete Corallienspecies scheint im oberen - Jura 
von’ Österreich nicht selten vorzukommen, wenigstens haben die bei- 
den von mir am meisten beachteten Localitäten, der Plassen bei 
Hallstatt und der Kalkfelsen bei Stramberg, ziemlich viele, mitunter 
gut erhaltene Exemplare geliefert. 

An einem Bruchstücke vom Plassen, welches den jüngsten Um- 
gang der Schnecke enthält, fand ich den, an Nerinea so selten unver- 
letzten Mundrand. Indem ich ihn hier abbilde (Fig. 5), vermag 
ich die trefflichen Darstellungen zu ergänzen, welche d’Orbigny 
und Buvignier von dieser Art gaben. Die Ausrandung (echan- 
crure) die eine beträchtliche Tiefe erreicht, befindet sich nicht am 
oberen Ende, sondern in der unteren Hälfte der Lippe, bevor diese 
sich umfassend dem Umgange anlegt. Da jedoch der obere Theil 
etwas verbrochen ist, wäre es immerhin möglich, dass auch an der 
gewöhnlichen Stelle eine dergleichen, wenn auch weit geringere Aus- 
randung vorkäme. Die Exemplare vom Plassen stimmen durch 
ihren gedrungenen Bau und die Schroffheit der Absätze an den älteren 
Umgängen mehr mit den Abbildungen von Buvignier als mit denen 
von d’Orbigny überein (vergl. Fig. 6 und 7). Bei Stramberg 
gibt es beiderlei Formen. 

In der Nikolsburger Gegend kommen Steinkerne, mitunter von 
kolossalen Dimensionen vor, welche dieser Art angehören. 


N. Partschii Peters. 
Taf. II, Fig. 1214. 


N. testa subceylindrica, non umbilicata, spira angulo 12°; anfrac- 
tibus laevigatis, inferne excavatis; plicis: labro 1, colu- 
mella 3, inaequalibus simplicibus. 

Der Spiralwinkel hat eine Öffnung von nur 12 Grad; der letzte 
Umgang ist unbekannt. a 

Das sehr lange, beinahe eylindrische ungenabelte Gehäuse baut 
sich schraubenförmig aus ziemlich niedrigen, nicht steil gewundenen 
Umgängen auf, welche bei einzelnen Exemplaren (Fig. 11, 12) bei- 
nahe dutenförmig an einander gereiht und im letzteren Falle unten 
(vorne) stark rinnenartig vertieft sind. 

Doch gibt es auch Exemplare, an deren Umgängen die Aus- 
höhlung etwas höher rückt und demgemäss die Rinne verstreicht 


Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 353 


(Fig. 13). Die Nath verläuft oberhalb des mehr oder weniger schar- 
fen oberen Randes. 

Die Faltung ist eigenthümlich: Ausser der vielen Arten eigenen 
Seitenwandfalte gibt es drei einfache Spindelfalten, deren mittlere 
sehr kurz ist. Hierdurch unterscheidet sie sich von allen Arten, 
welche ihr dureh einen schraubenförmigen Bau ähnlich sind. 

Diese Art ist bisher nur bei Stramberg beobachtet worden. 


N. Orbignyana Zeuschner. 


Taf..IIl, Fig. 13—14. 
Zeuschner (l. e. S. 138, Tab. XVII, Fig. 10—11). 

N. testa brevi conica umbilicata ; spira angulo 25° ; anfractibus 
excavatis, superne tuberculatis, in medio cingulo granuloso 
instructis ; plicis: labro 1, columella 3, simplicibus. 

Einige instructive Exemplare setzen mich in die Lage die von 
Zeuschner gegebene Beschreibung dieser Art zu ergänzen. 

Obgleich nur mit einem sehr schmalen Spindelcanal versehen, 
ist das Gehäuse doch genabelt. 

Durch die Stellung und Form der drei Spindelfalten, welchen 
nur eine Seitenwandfalte entgegensteht, hat der innere Bau dieser 
Nerinea viele Ähnlichkeit mit den vorbeschriebenen Arten, 

Kommt vor am Plassen und bei Inwald. 


N, Hörnesi Peters. 
Taf. II, Fig. 15—16. 
N. testa elongata, conica, umbilicata (?), spira angulo 22°; 
anfractıbus quidpiamexcavatis, superne nodosis, ceterum 
laevibus; plicis: labro nulla, columella 3, simplicibus. 


Der Spiralwinkel beträgt 22 Grad, der Suturalwinkel 70 Grad. 

Das Gehäuse ist lang kegelförmig, wahrscheinlich genabelt, 
wenigstens mit einem verhältnissmässig weiten Spindelcanal versehen. 
Die Umgänge sind inmitten etwas vertieft, dabei glatt, nur am oberen 
Rande mit rundlichen Knoten besetzt. 

Das Innere ist durch den Mangel von Seitenwandfalten und drei 
ziemlich gleichlange convergirende Spindelfalten ausgezeichnet. 

Die Art, welche bisher nur durch Fragmente bekannt, doch hin- 
reichend charakterisirt ist,. kommt (selten) im Plassenkalk vor. 


354 { Peters 


N. Zeuschneri Peters. 
N. Voltzü Zeuschner (I, e. S. 138, Taf. XVI, Fig. 13 —1#). 
N. testa elongata, conica, imperforata; spira angulo 18 — 20°; 
anfractibus excavatis, superne et inferne tuberculatis; 
plicis: labro 1, columella 2. 


Der Spiralwinkel beträgt 18 — 20 Grad. Die Grösse ist unge- 
mein veränderlich; es gibt Exemplare, welche am letzten und vor- 
letzten Umgange 55 Millim. breit sind, und andere welche : an der ent- 
sprechenden Stelle nicht über 28 Millim. messen. 

Der Beschreibung welche Zeuschner von dieser Art gibt, 
kann ich nur beistimmen, den Namen musste ich verändern, da er 
bereits doppelt vergriffen war als Zeuschner die Versteinerungen 
von Inwald und Rosezyny bearbeitete; durch Desiongehamps 
1843 (Mem. de la soc. linn. de Normandie, pag. 7, pl. 8, Fig. 84) und 
durch d’Archiac im selben Jahre. 

N. Voltzii Deslongceh. hat zufällig in der Faltenbildung mit 
N. Voltzii Zeuschner Ähnlichkeit (vergl. d’Orbigny terr. jur. 
pag. 83, T. 252, Fig. 1, 2); die von d’Archiaec aufgestellte Art 
beschreibt d’Orbigny unter dem Namen N. azxonensis d’Orb. 
Beide gehören dem Bathonien an. 

Durch die Faltenbildung sind der besprochenen Art ähnlich: 


N. pseudocylindriea d’Orb. (Terr. jur. pag. 86, Pl. 252) aus dem Bathonien. 
. scalaris d’Orb. (a. a. O., pag. 87, Pl. 253). i 
. Defrancei Desh. (d’Orb. a. a. O., pag. 108, Pl. 262) aus dem Corallien. 
. Castor d’Orb. (a. a. O., pag. 109, Pl. 262). 
. Nantuacensis d’Orb. (a. a. O., pag. 110, Pl. 263). 
. Bernardiana d’Orb. (a. a. O., pag. 112, Pl. 264). 
. canalicuta d’Orb. (a. a. O., pag. 113, Pl. 264). 
. Visurgis Roemer (Oolith, S. 148, Taf. 11, Fig. 26— 28). 
* > (Goldfuss, Petref. germ.). 
> ss (d’Orb., Terr. jur. pag. 122, Pl. 268). 
subtriceineta d’Orb. (a. a. O., pag. 130, Pl. 271). 
Calliope d’Orb. (a. a. O., pag. 133, Pl. 273). 
Mariae d’Orb. (a. a. O., pag. 138, Pl. 275). 
N. Clio d’Orb. (a. a. O., pag. 139, Pl. 275). 
N. Turritella d’Orb. (a. a. O., pag. 143, Pl. 277). 
N. Gaudryana d’Orb. (a. a. O., pag. 144, Pl. 277). 


2222222 


Die grosse Mehrzahl derselben gehört demnach dem französi- 
schen Corallien an. 


Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 355 


Von allen diesen hat nur die N. Gaudryana mit der N. Zeusch- 
neri auch in der Tracht und in der Oberflächenbeschaffenheit Ähn- 
lichkeit, doch ist erstere, abgesehen von dem viel steileren Gewinde 
durch den Mangel von Höckern am oberen Rande unterschieden. Von 
Nerineen aus der Portland-Etage sind: 

N. trinodosa V oltz (bei d’Orb.a. a. O., pag. 153, Pl. 283); 
N. Erato d’Orb. (a. a. O., pag. 151, Pl. 282); 
N. Santonensis d’Orb. (a. a. O., pag. 156, Pl. 284) ; 
N. suprajurensis V oltz zum Thl. (neues Jahrb. 1836,S. 540 und 551, Taf. VI, 
Fig. 1 und 2); 
aus der Kreide: 
N. gigantea d’Hombre Firmas (d’Orb. terr. eretac. pag. 77, Pl. 158) 


durch die Faltenbildung und zum Theile durch die Tracht mit 
unserer Art verwandt. | 

> Mit N. suprajurensis V oltz ist die Ähnlichkeit im Bau so gross, 
dass abgeriebene Exemplare beider Arten nicht von einander unter- 
schieden werden können, und ich desshalb noch in Zweifel bin, ob die 
N. suprajurensis V oltz nicht wirklich nebst der N. Zeuschneri bei 
Stramberg vorkömmt. 

Zeuschner gibt ganz richtig an, dass letztere keinen Nabel 
hat, nichtsdestoweniger habe ich an kleineren Exemplaren aus dem 
Plassenkalk einen Spindelcanal beobachtet, welcher dem der N. Man- 
delslohi Bronn, N. gradata d’ Orb. u. m. A. ganz analog ist, durch 
mehrere Umgänge fortsetzt und innerhalb des jüngsten Umganges 
blind endigt.- 

Diese Art kommt vor beiInwald, Stramberg und häufig am Plassen. 


N. Castor d’Orbigny. 
Taf. II, Fig. 17. 
N. eastor d’Orb. (Terr. jur. pag. 109, Pl. 262, Fig. 3—4). 
N. suprajurensis Voltz zum Thl. (neues Jahrb. 1836,S. 540 und 551; Taf. VI, 
Fig. 3, a). 
> bei Goldf. (Petref. germ. 3. Taf. 175, Fig. 10). 

D’Orbigny hat eine Nerinea aus dem Coral-rag von Frankreich 
und Belgien, welche mit der N. suprajurensis Voltz in allem 
Wesentlichen übereinstimmt, den Spiralwinkelausgenommen, N. Castor 
genannt, wodurch die von V oltz aufgestellte, drei Etagen des oberen 
Jura durchgreifende Art, in zwei Arten zerlegt wird. Der ältere Name 
bleibt den im Kimmeridgien und Portlandien vorkommenden Formen 


356 Peters. 


Im Kalke von Stramberg kommt eine hierher gehörige Nerinea 
vor, welche einen Spiralwinkel von 24° hat, somit innerhalb die von 
d’Orbigny angegebenen Grenzen von 21 — 25° fällt. Auch in 
der Faltung und durch die Concavität inmitten der Umgänge stimmt 
sie mit der N. Castor mehr überein als mit den mir vorliegenden 
spitzigeren Exemplaren (von N. suprajurensis) aus dem Kimmeridgien 
von Doubs, Porrentruy u. a. 0. Ich nehme sonach nicht Anstand 
die Aufstellung der N. Castor gut zu heissen und die Nerinea von 
Stramberg als solche anzusprechen. | 

In Hinsicht auf die Ansicht Hohenegger's über den Kalk von 
Stramberg darf ich nicht unerwähnt lassen, dass eine Neocomien- 
species, Nerinea Renauzxiana d’Orb. (Terr. eret. pag.76, Pl. 157), 
durch ihre Faltenbildung mit der besprochenen in der That viele 
Ähnlichkeit hat, woraus nun freilich nichts Weiteres folgt, als dass 
gewisse Typen in der Formationsreihe vom Grande Oolithe bis in die 
oberen Neocomienschiehten durch eine grosse Anzahl von Arten 
repräsentirt sind. 

Die N. Castor d’Orb. kenne ich bisher blos aus dem Kalke von 
Stramberg. 


N. Strambergensis Peters. 
Taf. III, Fig. 3, 4 


N. testa brevi, conica, non umbilicata, spira angulo 27°; an- 
fractibus parum excavatis, laevigatis, superne nodosis; 
plicis labro 1, columella 2, simplicibus. 


Der Spiralwinkel umfasst 27 Grad; der letzte Umgang ist nicht 
bekannt. 

Das Gehäuse ist kurz kegelförmig, allem Anscheine nach 
ungenabelt. Die in der Mitte ein wenig vertieften Umgänge sind glatt 
und tragen nur am oberen (hinteren) Rande Knötchen, wodurch das 
Gehäuse einen beinahe treppenförmigen Bau erhält. Die Falten sind 
im Wesentlichen den vorgenannten Arten gleich, nur ist der Hohl- 
raum in der Richtung der Axe zusammengedrückt, so dass die Seiten- 
wandfalte der unteren Spindelfalte gerade gegenüber steht. 

Abgesehen davon ist diese Art durch die Grösse des Spiral- 
winkels und ihre ganze Tracht von den Arten mit ähnlicher Falten- 
bildung unterschieden. Ich nenne von letzteren hier besonders N. 
canaliculata d’Orb. und N. dilatata d’Orb. aus dem Corallien und 


Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 357 


N. nodulosa Desh. (Expedition de Moree t. III, ii 4, pag. 185, 
Molluse. pl. IV, Fig. 6, 8.) 
Bei Stramberg und am Plassen. 


"N. Haidingeri Peters. 
; Taf. IV, Fig. 4, 5. 
N. testa elongata, conica, imperforata; spira angulo 30°; an- 
fractibus excavatis, costatis, superne et inferne nodosis ; 
plieis: labro 1, columella 2, simplieibus. 


Der Spiralwinkel beträgt 30 Grad; der letzte Umgang ist nicht 
bekannt. 

Das lang kegelförmige Gehäuse ist in Ermanglung eines Spindel- 
canales wahrscheinlich ungenabelt. Das Gewinde besteht aus ziemlich 
niedrigen, in der Mitte vertieften Umgängen, welche am oberen und 
unteren Rande Knoten tragen, die unter einander durch wenig vor- 
springende, ziemlich breite Rippen verbunden sind. Durch diese 
Sculptur unterscheidet sich die Art von N. Zeuschnert, mit der sie 
in der Faltenbildung vollkommen übereinstimmt. Die einzige Seiten- 
wandfalte ist gerade nach einwärts gerichtet, von den beiden Spindel- 
falten läuft die oben und innen entspringende nach ab- und auswärts, 
die untere steht beinahe horizontal. 

Von N. Zeuschneri und mehreren derselben verwandten Arten 
unterscheidet sie sich noch durch die Grösse ihres Spiralwinkels. 

Sie ist nicht selten im Plassenkalk und in den Polauer Bergen 
bei Nikolsburg. 


N. Hoheneggeri Peters. 
Taf. II, Fig. 1, 2. 


N. testa elongata, imperforata; spira angulo 13—15°; anfrac- 
tibus complanatis, inferne nodosis, cingulis quinqgue granu- 
losis, quorum quartus prominet, instructis,; apertura sub- 
triangulari triplicata; plicis: labro 1, columella 2, sim- 
plieibus, quarum inferior valde obtusa. 


Der Spiralwinkel hat eine Eröffnung von 13—15 Grad, der 
Suturalwinkel 70 Grad. Die Länge dürfte über 0'100 betragen. 

Das Gehäuse ist sehr verlängert, beinahe eylindrisch, ziemlich 
diekschalig, ungenabelt, die Umgänge sind im Ganzen -genommen 
eben bis an die Ränder, welche sich gleichmässig erheben, und deren 
unterer mit kleinen perlartigen Halbknoten versehen ist. 


358 Peters. 


Unmittelbar über demselben folgen’ drei, mit länglichen Körnern 
besetzte Gürtel und darauf ein vierter, dessen Körner grösser sind 
und welcher ein Weniges über der Mitte des Umganges sich befindet. 
Zwischen demselben und dem oberen glatten Randwulst ist ein 
fünfter gekörnter Gürtel angebracht, der am wenigsten ausgeprägt 
ist und beinahe verdeckt wird von den schief über den Umgang 
herabziehenden Zuwachsstreifen. 

Die Mundöffnung ist unregelmässig dreieckig, die Lippe oben 
seicht ausgerandet und mit einer Falte, die Spindel mit zwei Falten 
versehen. Schon am Durchschnitte des ersten Umganges, in noch 
höherem Grade in den älteren Umgängen, zeigen sich beide Spindel- 
falten sehr von einander verschieden. Die untere ist überaus stumpf 
und massig, die obere scharf und rinnenartig nach aufwärts 
gekrümmt. Die Seitenwandfalte ist mässig scharf und ohne merkliche 
Krümmung nach aufwärts gerichtet. 

Diese Art ist mit mehreren Arten des Coral-rag von Frankreich 
sowohl durch ihre Tracht als ihre Faltenbildung nahe verwandt; so 
mit N. Mariae d’Orb., mit N. Bernardiana d’Orb. u. A., welche 
viel spitziger sind, während andere verwandte Corallien-Arten, wie 
N. Sequana Thirria und N. Visurgis Roemer, welche weit über . 
Frankreich und Norddeutschland verbreitet sind, einen viel grösseren 
Spiralwinkel haben. Unter allen diesen gibt es jedoch keine, welche, 
abgesehen von kleinen Abweichungen in der Form und Stellung der 
Falten, ihr in der äusseren Sculptur gleich kämen. Mit der N. 
Roemeri Philippi (Philippi, im neuen Jahrb. 1837, Seite 294, 
T. IN, Fig. 2; — Roemer, Norddeutsch. Oolith als N. fasciata 
Voltz;— Goldfuss, Petref. germ. 3. Seite 43, T. 176, Fig. 5) 
aus dem Coral-rag des Lindenerberges in Hannover hat sie eine ent- 
ferntere Ähnlichkeit. 

Diese Art kommt vor im Plassenkalk, bei Stramberg und bei 
Inwald. Sehr schöne Exemplare hat man bei Richalitz gefunden. Die 
Inwalder (Hohenegger’s Sammlung) sind klein und sehr gut 
erhalten. | 


| N. Santonensis d’Orbigny. 
D’Orbigny. Terr. jur. pag. 156, Pl. 284. 


Diese den Portlandschichten zugeschriebene Art erkenne ich an 
Steinkörnern aus dem Stramberger Kalk. Sie unterscheiden sieh 


Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 359 


- durch den kleinen Spiralwinkel verbunden mit einer ausnehmend 
scharfen unteren Spindelfalte von den mehrmal genannten ähnlichen 
Arten, insbesondere von N. Hoheneggeri Peters. Auch bei Nikols- 
burg und den Polauer Bergen scheint sie vorzukommen. 

Eine ziemlich kurz konische Nerinea von Stramberg, welche 
gleichfalls die bei den Portland-Arten herrschende Faltenbildung 
zeigt, unterscheidet sich von den Bekannten wesentlich durch ihre 
Tracht. In jener Beziehung steht sie der N. trinodosa V oltz, durch 
ihren konischen Bau der N. salinensis d’Orb. nahe, ist aber viel 
kleiner als diese. Leider ist die äussere Sculptur, welche eine ziem- 
lich einfache zu sein scheint, nicht genügend erhalten. 


N. erispa Zeuschner. 
Zeuschner, in Haidinger’s Abhandlungen 3. Bd., 1. Abth., S. 138, Taf. XVII, 
Fig. 12—15. 
Selten bei Inwald. — Am Plassen (?). Abgeriebene Exemplare, 
können mit einer folgenden Art, N. plassenensis Peters leicht ver- 
wechselt werden. 


N. conoidea Peters. 
Taf. III, Fig. 8 und 9. 


. N. testa brevi, conoidea, imperforata; anfractıbus excavatıs, 
superne tuberculatis, ceterum laevigatis; plicis : labro 
nulla, columella inaequalibus, simplicibus. 


Das Gehäuse dieser ziemlich kurzen, eine Länge von 30 Millim. 
in der Regel nicht überschreitenden Art ist konoidisch, ziemlich steil 
gewunden, ungenabelt. Die in der Mitte vertieften Umgänge tragen am 
oberen Rande perlenartige Knoten und sind übrigens glatt, nur hie und 
da bemerkt man eine schwache Andeutung von Längsrippen, welche 
von den Knoten herablaufen. Die längliche und zusammengedrückte 
Mündung hat zwei der Spindel angehörige Falten, deren untere 
kurz und stumpf ist bis zum völligen Verschwinden, während die 
obere lang und schmal nach unten und aussen vorspringt. 

Diese Art ist der N. cripsa Zeuschner sehr nahe verwandt, 
in der Faltenbildung stimmen beide genau überein, so dass ich 
anfangs glaubte, der Darstellung Zeuscehner’s hätten unvollkom- 
mene Exemplare zu Grunde gelegen und beide seien wirklich 
identisch. Indess wurde ich durch Exemplare aus der Hohenegger- 


360 r Pedale: 


schen Sammlung belehrt, dass dies nicht der Fall ist. N. erispa ist 
ziemlich lang kegelförmig, hat einen Spiralwinkel von 20 Grad, und auf 
ihrem schief abgeschnürten Wulste nie deutlich entwickelte Knoten. 
Abgeriebene Exemplare lassen sich von der folgenden Art nicht 
unterscheiden, mit der sie im Plassenkalk vorkommt. 
Bei Inwald ist sie minder selten als N. crispa. Von anderen 
Loealitäten kennen wir sie noch nicht 1). 


N. Plassenensis Peters. 
Tab. III, Fig. 1012. 

N. testa brevi, imperforata; anfractibus complanatis, superne 
nodosis, in medio stria granulosa cinctis; apertura com- 
pressa biplicata; plicis: labro nulla, columella duabus 
inaequalibus, simplicibus. 

Der Spiralwinkel des aus der konischen in die konoidische Form 
übergehenden Gehäuses lässt sich nicht mit Sicherheit abnehmen. 
An den jüngsten Umgängen schön entwickelter Exemplare ist er 
recht klein (12—15 Grad) an den älteren Umgängen öffnet er 
sich bis zu 20, ja 25 Grad. Die Länge beträgt 20—34 Millim. Das 
Gehäuse ist ungenabelt, viel weniger steil gewunden als bei der 
vorhergehenden Art. Die ziemlich ebenen Umgänge schwellen am 
oberen Rande zu einem Wulste an, der mit (10) Perlknötchen 
besetzt ist. | 

In der Mitte tragen sie einen schmalen gekörnten Gürtel, dessen 
wenig vorspringende Körner jenen Knötchen correspondiren. Die 
Mundöffnung ist zusammengedrückt, beinahe halbmondförmig mit 
zwei Spindelfalten, welche denen der N. crispa in jeder Beziehung 
gleichen. 

Von Verwandtschaften dieser drei Arten kann wenig die Rede 
sein; in der äusseren Sculptur kommen ihnen mehrere Arten nahe, 
so z. B. der N. Plassenensis die N. nodosa Voltz (d’Orb. Terr. 
jur. pag. 95, Pl. 254), ihre Faltenbildung aber ist ganz eigen- 
thümlich. | 

Ich habe dieser Nerinea den Namen Plassenensis gegeben, weil 
sie die bei Weitem vorherrschende Art des Plassenkalkes ist, 


1) Ein Exemplar in der Hohenegger’schen Sammlung ist 40 Millim. lang und aus- 
gezeichnet konoidisch. 


Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 361 


manche Gesteinspartien sind ganz und gar davon erfüllt, und weil 
ich sie bisher nur von dieser Localität kenne. 


N. pyramidalis Münster. 

| Taf. IV, Fig. 1—3. 
1841-—44. Münster in Goldfuss: Petref. germ. 3. S. 45, Taf. 176, Fig. 11. 
1850. N. depressa Voltz bei Zeuschner (Haidinger’s Abhandlung. 3. Bd., 

I. Abth., S. 137, Taf. XVI, Fig. 1—4). 

Indem ich voraussehe, dass die Paläontologen mit Erstaunen 
diesem Namen in einer Beschreibung von jurassischen Nerineen 
begegnen werden, will ich gleich die Gründe angeben, welche mich 
zu dessen Hervorziehung bewogen haben. 

Wer meine Abbildungen mit der aus dem Goldfuss’schen 
Werk eitirten aufmerksam vergleicht, insbesondere meine Fig. 1, 
wird kaum bezweifeln, dass beide Exemplare derselben Art zu 
Grunde liegen. Ich kann hinzu fügen, dass die äusseren Formen 
meiner am Plassen bei Hallstatt vorkommenden Exemplare, welche 
durch Glätte der etwas vertieften Umgänge und die Weise, nach der 
sie an den Rändern anschwellen, mit der Münster’schen Species 
aufs Genaueste übereinstimmen, vollkommen gut erhalten sind. N. 
pyramidalis wird als eine aus der Gosau stammende und desshalb 
von Münster in die Gosauformation versetzte Art beschrieben. 
Der Plassenberg aber fällt steil gegen das Gosauthal ab, und es 
können Geschiebe und Petrefacten von seiner Höhe recht wohl in 
die auf Gosaugebilden ruhenden recenten Gehänge-Ablagerungen 
gelangen. 

Das Gestein des Plassen ist in seiner dichten bräunlichen 
Varietät den Nerineen führenden Kalkschichten der oberen Kreide 
des Gosauthales nicht so auffallend unähnlich, dass Graf Münster 
an der Ausfüllungsmasse dieser. Nerineen hätte Anstoss nehmen 
müssen. Da jedoch Petrefacten der Gosauformation von mehreren 
Sammlern aufgespeichert werden, welche auch den Hallstätter Salz- 
berg und seine Umgebungen besuchen, kann es wohl sein, dass die 
fragliche Nerinee erst unter ihren Händen in Suiten von Gosauver- 
steinerungen und so in Münster’s Besitz gerathen ist. — Wäre 
N. pyramidalis Münster wirklich eine Versteinerung der Gosau- 
ablagerungen, so müsste sie wohl durch die in neuerer Zeit im 
grossartigsten Massstabe betriebenen Aufsammlungen wieder zum 


362 Peters. 


Vorschein gekommen sein, was nicht der Fall ist. Unsere überaus 
reichen Suiten enthalten davon keine Spur. 

Zu der von Münster gegebenen Beschreibung und Diagnose 
habe ich nicht nöthig etwas beizufügen als etwa die Angabe des 
Spiralwinkels, welcher an den Exemplaren vom Plassen zwischen 
32 und 35° sehwankt, an denen von Stramberg und wie ich aus 
Zeuschner’s Abbildung entnehme auch an denen von Inwald nicht 
ganz 30° beträgt. 

Fig. 1 stellt den Durchschnitt eines sehr grossen Exemplares, 
Fig. 2 die untere Fläche des letzten Umganges eines kleineren, beide 
vom Plassen dar, durch Fig. 3 ist ein an der äusseren Fläche etwas 
abgeriebenes, im letzten Umgange aber vortrefflich erhaltenes Exem- 
plar aus dem Stramberger Kalke abgebildet. 

Nerinea depressa NV oltz, im Jahrb. 1836, Seite 540 und 
549, T. VI, Fig. 17. (von Zeuschner, |. c. Seite 137, Taf. XVI, 
Fig. 1—4), welche nach Gressly im Schildkrötenkalk — einer 
Portlandschichte — bei Solothurn, nachBuvignier im Coral-rag an 
der Maas vorkommt, hat bei einer mit der N. pyramidalis wesentlich 
übereinstimmenden Faltenbildung „ganz ebene, glatte Umgänge“, 
einen Spiralwinkel, welcher dem der Stramberger Exemplare nicht 
gleich kommt. ER 

Überdies sind die innen und aussen von der Falte an der 
oberen Wand der Umgänge befindlichen Räume auffallend verschie- 
den, was weder an der Nerinea vom Plassen noch an den von 
Zeuschner beschriebenen Exemplaren beobachtet wird. . 

Zeuschner’s Nerinea depressa unterscheidet sich von der 
wahren auch durch den äusseren Bau der Umgänge. „Drei Viertheile 
des oberen (nach unserer Aufstellung: unteren) Theiles sind ring- 
förmig angeschwollen, das untere Viertheil ist glatt und vertieft. Bei 
abgeriebenen Exemplaren sind die Umgänge glatt und eben.“ Doch 
möchte ieh nicht annehmen, dass Voltz und Bronn die Charaktere 
eben und glatt einer Art beigelegt hätten, von der sie nur abgerie- 
bene Exemplare besassen. Dass übrigens die Convexität des Umgan- 
ges nicht durchgehends 3/, desselben ausmache, zeigt Zeusch.ner’s 
Fig. 4, bei deren Vergleichung mit meinen Abbildungen die Identität 
beider schwer zu verkennen sein wird. | 

Die Nerinea depressa Voltz bei d’Orbigny (Terr. jur. 
p- 104, Pl.259, — auf der Tafel und im Prodröme als N. umbilicata 


Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 363 


Voltz —) welche er als eine charakteristische Corallienspecies 
erklärt, lässt sich nicht minder schwer mit der Darstellung von Bronn 
vereinbaren und es zeigen die völlig unzweideutigen Abbildungen von 
Zeuschner und von d’Orbigny wie sehr verschiedene Formen 
auf eine Art bezogen werden können, welche nicht hinreichend deut- 
lich dargestellt ist oder dafür gehalten wird. In der N. depressa bei 
d’Orbigny sind die Näthe das einzig Vertiefte, die Umgänge leicht 
convex. 

Es scheint mir, dass der berühmte Paläontolog als er die 
Beschreibung dieser Nerinea mit den Worten schloss: „Cette espece 
ne peut etre confondue avec aucune autre par son large ombilic 
et par son pli unique sur la columelle“, augenblicklich zu wenig 
Werth legte auf die, anderweitig von ihm so sehr gewürdigten äus- 
seren Formen der Nerineen, wenn sie nicht mit auffallenden Verschie- 
denheiten des Gewindes und der Faltung verbunden sind, und es 
wäre besser gewesen, wenn er den Namen N. umbilicata Voltz der 
„charakteristischen“ Species aus dem Corallien von Saint Mihiel, 
Oyonnai (Ain) u. a. ©. belassen hätte. 

Eine andere den hier besprochenen Nerineen ähnliche Art ist. 
N. subpyramidalis Münster (Goldf. petr. germ. 3, Seite 40, 
T. 175, Fig. 7) von Kehlheim an der Donau. Hinsichtlich dieser 
muss ich bemerken, dass es mich Wunder nimmt, wie dOrbigny 
die überaus weit genabelte, concav konische Nerinee aus dem P ort- 
landien von Aigle-Pierre, Salins im Jura u.a. O., welche 
er in der Paleontologie frangaise (Terr. jur. pag. 148, Pl. 279) 
beschreibt, mit ihr identifieiren konnte. Denn abgesehen davon 
dass die Falte weder in der Richtung noch in der Stellung der 
genannten Art genau entspricht, gibt es auch bedeutende Ver- 
schiedenheiten im Bau und im Spiralwinkel, welche mir diese Iden- 
tifieation gewagt erscheinen lassen. Da die mehrfaltigen Nerineen 
nach gleichwerthen Unterschieden in Arten zertheilt werden, dürfte 
man wohl auch für die einfaltigen Formen das gleiche Verfahren 
beanspruchen. 

Der Faltenbildung nach ist der N. pyramidalis Münster auch 
noch verwandt N. annulata Sharpe (Quarterly Journ. Novemb. 
1849, Vol. 6, 1.Theil, Seite 101, T. XII, Fig. 16), durch ihre ring- 
förmigen Umgänge aber leicht von ihr und jeder der vorgenannten 
Arten zu unterscheiden. 


364 Peters. 


An die Betrachtung der Nerineen schliesse ich noch einige am 
Plassen vorkommende Versteinerungen an, da ich unser Material von 
dort — mit Ausnahme der Polyparien — gerne vollständig abhandeln 
möchte. 


CERITHIUM. 


C. nodoso-striatum Peters. 
Taf. IV, Fig. 6, 7. 
€. testa turrita, angulo 27 — 30°; anfractibus gradatis, trans- 
versim (2—3) striatis, superne nodosis, ultimo anfractu 
inferne multistriato; apertura trapezoidali. 

Der Spiralwinkel hat die Öffnung von 27—30 Grad, die Länge 
beträgt 45—100 Millim., die grösste Breite 22—32 Millim. 

Das starkwandige, thurmförmige Gehäuse ist treppenförmig auf- 
gebaut aus niedrigen, unten mit zwei bis drei vorragenden Linien, 
oben mit starken, glatten Knoten versehenen Umgängen. 

Die Basis ist ganz mit feinen Transversalstreifen bedeckt, die 
Mündung trapezoidal mit Abrundung der inneren Seite. Der Mund- 
saum ist an keinem Exemplare erhalten. 

Dieses ausgezeichnete Cerithium kommt vor im Plassenkalk 
(Fig. 6) und bei Stramberg (Fig. 7), an letzterer Localität ziemlich 
häufig, an der ersteren in besonders grossen Exemplaren. 


NATICA. 


N. Inwaldiana Zeuschner. 
Taf. IV, Fig. 8. 
Zeuschner (l. e. S.139, Taf. XV, Fig. 23, 24). 

Ich bilde diese Natica nach Exemplaren aus dem Plassenkalk 
hier nochmals ab, weil der charakteristische, überaus dieke Mundsaum, 
welchen Zeuschner vollkommen richtig beschreibt, auf seiner 
Abbildung gar nicht hervortritt. 

Von Stramberg kenne ich diese Art nicht, dagegen kommt hier, 
'so wie auch bei Nikolsburg 

N. Dejanira d’Orbigny (Terr. jur., pag. 209, T. 296) in 
ausgezeichneten Exemplaren vor. 1 

Von niedrig gewundenen trochusartigen Schnecken fand ich im 
Plassenkalk nur unbestimmbare Reste. 


K.Peters. Nerineen d. ob. Jura. Tall 


Pig.1 


Steohmayer lit. Aus d.k.k 


Fig. 1-3. Nerinea Bruntrutanae Thurm . 


Wo, „ Carpathiea- X euschner. 


Sitzungsb. d.k. Akad d.W. math. naturw. E1.XVIBd. 2 Heft. 1855. 


K. Peters. 


Fig 1. 


Nerineen d. ob. Jura. 


Tat 1. 


Steohmayer lith. | Aus dk. k. Hof-u. Staatsdruckerei 
F19 1-3. N Harteri Peters. Fig. 1.14. N conulus Peters. 
„43 N Suessi Peters, „ #2J4 N. Partschü Peters. 
„ 6-3. N. Staszyeil sp. Zeuschnen: „ I3.46 N. Hornesi Peters. 


Fig. IL N Castor d’ Orb. 
Sitzungsb. k. Akad. d.W math. naturw. C1.XVIBd. 2 Heft. 1855. 


K. Peters. Nerineen d. ob. Jura. _ - lat. Ill. 


Fig.10 


Stwohmayer Tith. 


Aus d.k.k.Hof-w. Staatsdruckerei. 


Frg 1. 2. Nerinea Hoheneggeri Feters. Fig. BI Ierinen eonoidea- Peters. 
„ 34: u Strambergensis l’eters. ee INOHE: 0 Plassenensis P’elers. 


U 


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Sitz u) d. k.Akad.d.W math. natur CI.XVIBd.2 Het. 1655. 


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K. Peters. Nerineen d. ob. Jura. | : af. IV. 


Fig.3 


Strokmayer lith. : Aus d.k.k, Hof-v. Staatsdruckerer. 
F1g 13. Nerinea pyramıdalıs MUNSE: Fig 6% (erithium nodoso - streeatunm Peters. 
Dr Hacdingeri: Peters. Z 3 Jatiea Inmeldina Zeuschner: 


Sitzungsb. d.k.Akad.d.W. math. naturw. CI.XVTBd. %Heft. 1855. 


Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 


365 


h Von Zweischalern nur Diceras arietina Lam. in colossalen 
| Fragmenten. Von dem Vorkommen Jieser Art und der D. Lucii Defr. 
an den mährischen Localitäten war schon Eingangs die Rede. Nach 
_ einemvonHerrn Prof. Zeuschner uns freundlich mitgetheilten Exem- 
plare mit präparirtem Schlosse kommt letztere auch bei Inwald vor. 
Nachstehende Tabelle t) diene zur Übersicht der 


von folgenden Localitäten Schichten, in 
welchen sie 


Versteinerungen ausserÖsterreich 


Plassen 
bei 
Hallstatt 


vorkommen 


Nerinea BruntrutanaTh. 
N. Carpathiea Zeuschner 
N. Haueri Peters 
N. Suessti Peters 
N. conulus Peters . 
N. Staszyeiisp.Zeuschner 
N. Moreana d’Orb. 
N. Partschiüt Peters 
N. Orbignyana Zeuschner 
N. Hörnesi Peters 
N. Zeuschneri Peters . 
a N. castor d’Orb. . . . 
; N. StrambergensisPeters 
i N. Haidingeri Peters. . 
i N. Hoheneggeri Peters 
4 N. Santonensis d’Orb. 
N. erispa Zeuschner 
N. conoidea Peters . 
N. Plassenensis Peters . 


> In den Portland- 
schichten von 
Frankreich und 

Schweiz. 


X 


£ nach Quenst. 


Corallien. 


Corallien. 


|+X+ IX++ IX +++ + 


Portland. 


N. pyramidalis Münster 
Cerithium nodoso - stria- 
tum Peters 


Früher irrthümlich 
für eineKreide- 
species gehal- 


Re EEX.XAeR 


\ D ten. 

R Natica inwaldiana Zeu. 

3 N. Dejanira d’Orb. Corallien. 

2 Diceras arietina Lam. ?) | Corallien. 

“ D. Lueii Defr. . + | Corallien. 

‚ Daraus glaube ich folgern zu dürfen: 

£ 1) Dass die am Plassen bei Hallstatt und am Sandling bei 
\ Aussee befindlichen Nerineenkalke, deren geologische Stellung bisher 


unbekannt war, mit den im nordöstlichen Theile von Niederösterreich, 
in Mähren und weiter entlang dem Nordrand der Karpathen auftau- 
chenden Jurakalkgebilden (den sogenannten Klippenkalken) identisch 


4 sind; 


1) -+ bedeutet das nicht häufige, >< das häufige, ><>< das sehr häufige Vorkommen, 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVT. Bd. IT. Hft. 24 


a ee en Zn en en a6 


366 Zepharovich. 


2) dass dieselben (von vielen charakteristischen Coral-rag-Ver- 
steinerungen aus anderen Thiergruppen, wie Diceras arietina Lam., 
Diceras Lucü Defr., Cardium corallinum Leym. u. a. m.) zwei 
Nerineenspecies mit dem Coral-rag, eben so viele aber mit den Port- 
landschichten des westlichen Europa’s gemein haben, dass sie demnach 
keiner dieser Schichten ausschliesslich parallelisirt werden dürfen, 
sondern wahrscheinlich beide der Art umfassen, dass eine Trennung 
nicht ausführbar sein wird. Arten, welche die Kimmeridge-Schich- 
‚ten ausdrücklich bezeichnen würden, sind bisher nicht bekannt; 

3) dass endlich die grosse Zahl neuer Nerineen - Arten in dem 
österreichischen oberen Jura eine von dem der westlichen Länder 
überhaupt mehrfach abweichende Fauna voraussetzen lässt. 

Eine weitere Ausführung und Prüfung dieser Folgerungen ist 
von den bereits vorbereiteten Untersuchungen über die zahlreichen 
übrigen Thierreste des oberen Jura in Mähren zu erwarten. 


Jaulingil, ein neues fossiles Harz aus der Jauling nächst 
St. Veit a. d. Triesting in Nieder-Österreich. 
Von Vietor Ritter v. Zepharovich. 
(Vorgelegt in der Sitzung vom 26. April 1855.) 


Der gewerkschaftliche Braunkohlen-Bergbau in der sogenannten 
grossen Jauling, südlich bei St. Veit a. d. Triesting, bietet nun 
schon zum zweiten Male Gelegenheit über ein bemerkenswerthes 
Vorkommen zu berichten. Die erste Mittheilung 1!) bezog sich auf 
zwei grosse Stosszähne von Mastodon angustidens, welche man 
nebst Backenzahn- und Schädelknochen-Fragmenten vor zwei Jahren 
daselbst beim Stollentrieb im Liegend-Tegel des Haupt-Lignit- 
Flötzes angefahren hatte; einleitend wurde damals auch eine kurze 
Skizze der geognostischen Verhältnisse des Jaulinger Süsswasser- 
Beckens gegeben. Das neue Harz aus dem Lignit selbst ist ein 
Vorkommen des verflossenen Jahres, von welchem mir, wie früher 
durch meinen Freund, den dortigen Montan-Beamten, Herrn J.B. 
Engelmann, die erste Nachricht zugekommen war, welcher auch 


1) Die Fossilreste von Mastodon angustidens aus der Jauling. Von V.R.v. Zepharo- 
vich. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, Bd. IV, 1853, S. 711. 


Jaulingit, ein neues fossiles Harz aus der Jauling. 367 


‚bald die versprochene Sendung nachfolgte, hinreichend Material 


enthaltend, um ‚die wünschenswerthen Untersuchungen damit vor- 
nehmen zu können. 

Dieses Harz, für welches ich mir den Namen Jaulingit, von dem 
Fundorte entlehnt, vorzuschlagen erlaube, hat in seinen dunkleren 
Partien Ähnlichkeit mit Haidinger’s Ixolyt von Oberhart bei 


 Gloggnitz, in den lichteren mit manchem Suceinit. Es kommt in den, 


dem 2 Schuh mächtigen Hauptflötze eingelagerten Lignit-Stämmen, 
nach Dr. C. v. Ettingshausen’s Untersuchung einer Abies - Art 
angehörig, ziemlich selten, und wie es scheint analog wie an unseren 
jetzigen Coniferen, vorzüglich an verwundeten Stellen derselben vor. 
Diese Stämme liegen plattgedrückt, an ihrer Basis 2 — 3 Fuss 
messend, in einer Länge von mehreren Klaftern, vorzüglich hart 
am Hangenden des Hauptflötzes, welches durch eine 18—20 zöllige 
Tegel-Schichte, von dem oberen nur 3— 4 Zoll mächtigen Lignit- 
Flötze getrennt wird, welches letztere sehr häufig auch derartige 
gedrückte Stämme enthält. Stellenweise liegen die grossen Stämme 
von den fest in einander verwachsenen Wurzelstöcken getrennt, 
zuweilen jedoch sind sie mit ihnen noch im Zusammenhange, 
erscheinen aber dann meist wie umgeknickt. 

Das zur Untersuchung eingesandte Harz, stammte aus einer 
nachweisbaren äusseren Verletzung eines Lignit- Stammes von der 
grössten Dimension, nahe an seinem unteren Ende. An ähnlichen 
Orten äusserlich, und im Innern der Stämme, wo diese unter den 
mannigfaltigen Einwirkungen von aussen her, noch bevor sie hinweg 
gerissen und zur Ablagerung gelangten, am weitesten zerbersteten, 
sind die ergiebigsten Fundstellen des Harzes ; es bildet hier, reich- 
licher ausgeflossen, grössere unregelmässige, meist knollige Massen, 
während es sonst schmälere Längsspaltungen und Querklüfte im 
Holze erfüllend in Gestalt dünner Platten, bis zu dem zartesten sich 
abschuppenden Anfluge herab, erscheint. 

Der Jaulingit hat eine lebhaft hyazinthrothe Farbe in den 
frischen amorphen Partien, mit ausgezeichnet fettglänzenden, flach 
muscheligen Bruchflächen, kleine Splitter, sind stark durchscheinend 
bei gewisser Dünne selbst durchsichtig; das feinste Pulver ist 
isabellgelb, gröberes ochergelb, beide letzteren Farben ebenfalls an 
dem Harze zu beobachten, wo es als staubartiger Anflug oder in 
stark rissigen und beschädigten Partien erscheint. 

2% ” 


368 Zepharovich. 


Er ist sehr spröde, leicht zersprengbar, lässt sich leicht 
zwischen den Fingern zu Staub zerreiben, wobei man einen 
schwachen harzigen Geruch, ähnlich jenem des Kolophoniumharzes 
bemerkt. Der Härte-Grad fällt zwischen Kalk und Gyps, das speci- 
fische Gewicht, anscheinend reiner Stücke wechselt zwischen 1:098 
und 1111, im Mittel 1'104. 

An einer Kerzenflamme, schmilzt das Harz zuerst unter ruhiger 
Blasen-Entwickelung, entzündet sich dann. und brennt ruhig mit 
leuchtender, rothgelber stark rauchender Flamme, je nach seiner 
Reinheit von beigeimengten Lignit-Theilchen ist der hierbei währzu- 
nehmende Geruch mehr oder weniger brenzlich, und wird auch eine 
grössere oder geringere Menge einer schwarzen schlackigen Kohle 
erhalten. Im Glaskolben erhitzt, schmilzt es leicht. sich zer- 
setzend, indem ein Theil in den Hals des Kölbehens überdestillirt, 
unter lebhaftem Aufschäumen, Entwickelung lichtgrauer Dämpfe und 
eines unangenehmen brenzlichen Geruches zu einer klaren gelben 
Flüssigkeit, welche beim Erkalten zu einer schwarzbraunen Masse 
erstarrt, während das in den Hals Überdestillirte als ein gelbbraunes 
Öl mit stark brenzlichem Geruche sich zeigt. 

Die Zusammensetzung des Harzes zu ermitteln, hatte Herr 
Professor Dr. Fr. Ragski auf mein Ansuchen freundlichst über- 
nommen und theilte hierüber das Folgende mit: „Das in Unter- 
suchung genommene Harz besteht aus zwei Harzen, dem Alpha- und 
Beta-Harze, fast zu gleichen Theilen. | 

Das Alpha-Harz durch Schwefelkohlenstoff ausgezogen ist 
braungelb, in der Kälte spröde, bei 50°C. wird es weich und klebrig, 
bei 70° C. zäheflüssig. Es löset sich leicht in Alkohol und Äther, 
dagegen nicht, selbst im Kochen, in kohlensaurem Kali. Mit Ätzkali 
gekocht, werden nur Spuren gelöset. Durch concentrirte Schwefel- 
säure wird es bald verkohlt. Erwärmt riecht es aromatisch, an 
Cedernholz erinnernd. Mit chromsaurem Bleioxyd verbrannt lieferte 
es folgende Resultate: 


1) 0:2027 Gramm. gaben 0:5801 CO, 
02027 N »„ 0.1862 HO 


2) 02014  ,».08785.00, 
02144 „01842 HO. 


Jauling, ein neues fossiles Harz aus der Jauling. 369 


Dieses entspricht auf 100 Theile berechnet einem Gehalte von: 


1. 2. 
Kohlenstoff . . . . . 7804 :— 77% 
Wasserstoff . . . .1016 — 1012 
Sauerstoff . . . . .1180 — 1198. 


Das Beta-Harz lässt sich aus dem Rückstande von der Lösung 
in Schwefelkohlenstoff durch Äther ausziehen. Dasselbe ist braun- 
gelb, spröde, erweicht bei 135° C. und wird erst bei 160°C. zähe- 
flüssig. Es löset sich leicht in Alkohol und Äther, nicht in Schwefel- 
alkohol und kochendem kohlensaurem Kali. Von Ätzkali wird es in 
der Wärme leicht aufgelöset. Aus der dunkelbraunen Lösung wird 
das Harz durch Übersättigung mit Essigsäure als Gallerte gefällt. 
Nach der Analyse ergaben: 


1) 0:2485 Gramm. 0:6467 CO, 
024855 „01773 HO 
2) 02364 „ 06142 CO, 


0.2364 „» ..‚#7069200, 


woraus die Zusammensetzung auf 100 Theile folgt: 


1. 2: 
Kohlenstoff . . . . . 7094 — 7085 
Aasserstolt . . IS 195 
Sauerstoff .:. . Tara’ "2720. 


Beide Harze enthielten in gereinigtem Zustande keine Asche. 
Für das Alpha-Harz gibt die Analyse im Mittel: 


Anzahl der Äquivalente. 


Kohlenstoff . . . 7797 — 12997 = 13 
Wasserstoff . . . 1014 — 10140 = 10 
Sauerstoff . . .1189 — 1486 = 1:5, 
_ welches entspricht der empyrischen Formel 
C; H;o 0; 
mit einer procentischen Zusammensetzung von: 
Kohlenstoff . . . 78:00 


Wasserstoff . . . 10:00 
Sauerstoff . . . . 12:00 


310 Zepharovich. Jaulingit, ein neues fossiles Harz aus der Jauling. 


Für das Beta-Harz gibt die Analyse im Mittel : 


Anzahl der Äquivalente. 


Kohlenstoff . . 70895 — 11816. — 9.076 
Wasserstoff . . 7935 — 79355 — 6103 
Sauerstoff. . . 21170 — 2:646 — 2:035 


entsprechend der empyrischen Formel: 


C,H, 0; oder 
Cs H,, Ö, 


mit einer procentischen Zusammensetzung von: 


Kohlenstoff . . . 71:05 
Wasserstoff . . . 789 
Sauerstoff . . . . 21:06. 


Vergleicht man die beiden Formeln für das 


Alpha-Harz = (,,; Hz O0; 
Beta-Harz — Cis H,;. Ö, 


so könnte man annehmen, es sei das letztere aus dem ersteren durch 
Oxydation entstanden, indem 1 Äquivalent Sauerstoff aufgenommen 


wurde, dagegen je 8 Äquivalente vom Kohlenstoff und Wasserstoff 
aus der Mischung sich entfernten. 


W edl. Helminthologische Notizen. 371 


Helminthologische Notizen. 
| ” 
„Von dem C. M. Prof. Dr. RK. Wedl. 
(Mit TIL Tafeln.) 


(Vorgetragen in der Sitzung vom 15. Februar 1855.) 


In den vorliegenden Blättern sollen grösstentheils neue Formen 
von Helminthen besprochen, theils von bekannten Ergänzungen ihrer 
Charakteristik gegeben werden. Hinsichtlich der Zeit und des Ortes 
der Beobachtungen habe ich blos zu bemerken, dass die Mehr- 
zahl derselben während eines fünfwöchentlichen Aufenthaltes zu 
Triest gegen Ende August und im Monat September, der Rest der 
Beobachtungen im ‚Verlaufe des verflossenen Sommers gemacht 
wurde. | 


I. CESTODEN. 


1. In dem Darme eines Lophius piscatorius wurde zweimal ein 
geschlechtlich nicht entwickelter Cestode gefunden, der an seinem 
Kopfende etwas dicker als an dem Hintertheile,, im gestreckten Zu- 
stande zu einer Länge von 8 Millimeter anwächst und zu einer Breite 
von 1/, Millimeter sich nach rückwärts zuschmälert (s. 1 B). Der Kopf 
hat eine sphärische, nach vorne abgestutzte Gestalt, ist 0-13 Millimeter 
breit und geht unmittelbar nach einer seichten Abschnürung in den 
Körper über; er hat einen häutigen Überzug mit einer nach vorne 
gerichteten Öffnung (s. 1A a). In dieser Hülle liegt ein schüsselför- 
mig ausgehöhlter, mit seiner Lichtung nach vorne gerichteter Körper 


(14 ce), an dessen Vordertheile sich ein Zug radiärer Fasern (Schliess- 


muskel, 1A 5) befindet. Die von diesem Körper eingeschlossene 
Höhlung ist nach hinten abgerundet. Entsprechend der halsartigen 
Abschnürung trifft man eine querüber gehende Lage freien rothen 
Pigmentes (1A c). Der hufeisenförmige Körper steht nach rückwärts 
mit einem Muskelapparate, der aus vier, unterhalb der äusseren Decke 
gelegenen, länglichen, lappenförmigen, im frischen Zustande con- 
traetionsfähigen Theilen besteht (1A d). Das Thier besitzt eine 


372 | Wedi, 


grosse Agilität, die Streckungen und Zusammenziehungen folgen 
rasch auf einander. Die das Parenchym des übrigen Körpers bil- 
dende Substanz ist eine homologe, und von irgend welchen Organen 
keine Spur. 

Dieser Scolex ist höchst wahrscheinlich die unentwickelte 
Form von Bothriocephalus Lophü (Rud.), den Diesing unter die 
Bothriocephalidea genere dubia gestellt hat. | 

2. Eingebettet in dem reichlichen Schleime der Spiralklappe 
des Darms von Trygon pastinaca, fand ich einen bewaffneten Cesto- 
den, der sich von denvonRudolphi aufgezählten Species von Oncho- 
bothrium, Acanthobothrium (van Beneden), Bothrio cephales armes 
(Dujardin) durch folgende Merkmale unterscheidet. Hinsichtlich 
der Grössenverhältnisse des Thieres ist zu bemerken: Länge dessel- 
ben = 25 Millimeter; Breite des bewaffneten Kopfes = 5/, Millime- 
ter; schmälster Durchmesser des Halses — 1, Millimeter; grösster 
Längendurchmesser eines Gliedes — 3/, Millimeter, grösste Breite 
eines solehen = ®/, Millimeter. Der verhältnissmässig grosse Kopf 
besitzt vier halbkugelige, gegenständige Erhabenheiten, von denen je 
eine zwei Paaren von Haken zum Ansatze dient. Letztere haben einen 
Stiel, der sich gabelförmig theilt, was eben das Genus Acanthobo- 
thrium (van Beneden) charakterisirt (s. 2B). Die Fortsätze der 
Haken sind gekrümmt und verhalten sich hinsichtlich ihrer Grösse fol- 
gendermassen: von b—c oder Längendurchmesser des Hakens = 0-13 
Millimeter; breitester Durchmesser von d querüber = 0:048 Milli- 
meter. Auch ist hervorzuheben, dass von der Abgangsstelle der beiden 
Fortsätze ein seitlicher viereckiger Ansatz (a) sich befindet, der die 
Haken von jenen anderer Species unterscheidet. 

Der Kopf schnürt sich gegen den Hals hin etwas ab (s. 2A a); 
‚letzterer ist nach vorne beträchtlich dieker (2A 5) und schmälert 
sich nach rückwärts allmählich zu, wobei er als erste Andeutung der 
Glieder eine quere Streifung erhält (s. 2A c). Von dem Kopfe ab- 
wärts verlaufen bei auffallendem Lichte helle, bei durchgehendem 
dunkle Streifen (Riffe), welche, hinter den halbkugeligen Erhaben- 
heiten bogenförmige Umbeugungen bildend, gegen das hintere Ende 
des Halses spurlos verschwinden. Von geschlechtlicher Entwickelung 
konnte selbst in den hintersten, mehr oblongen Gliedern nichts beob- 
achtet werden. Die Form der Haken, die Längsriffe am Halse, 
die Dicke des letzteren unterscheiden das beschriebene Acantho- 


Helminthologische Notizen. 378 


bothrium (van Beneden) von anderen, und ich erlaube mir für 
selbes den Namen Acanthobothrium crassicolle vorzuschlagen, ob- 
wohl mir freilich erst eine Strobila im Sinne van Beneden’s zu 
Gesichte kam. 

3. Das zuerst von van Beneden alıfkeställte Genus Phyllobo- 
thrium hat auch bei Torpedo marmorata einen Repräsentanten, 
vielleicht dem von Rudolphi als Cephalocotyleum Torpedinis 
bezeichneten entsprechend. Ich habe im Darmschleime von genannter 
Roche mehrere Strobilen und sehr zahlreiche Proglottiden eines 
Phyllobothrium gefunden, für das man den Beinamen gracile wählen 
könnte. Der Kopf besteht aus vier gegenständigen, contraetilen Blät- 
tern, zwischen welche eine Fortsetzung des fleischigen, eonsistenteren 
Halses eingreift (s. 34), und so dem mit den vier dünnen Lappen 
versehenen Kopfe Haltbarkeit verleihet. Van Beneden hat bei 
Phyllobothrium thridax (Me&moires de l’Acad. roy. de Belgique, 
tome XXV, s. 122) die mannigfaltigen Formveränderungen der 


von ihm benannten Bothridien (Blätter) des Kopfes hervorgeho- 


ben, was auch auf jene unseres Phyllobothrium vollkommene Anwen- 
dung findet. Die Blätter, die aus einem zarten Fasernetze bestehen, 
krausen sich bei der Contraction, so dass ihre Ränder gekerbt 
erscheinen; dabei stellen sich letztere nicht selten derartig auf und 
rollen sich etwas um, so dass eine rinnenartige Höhlung gebildet wird. 
Sind die Blätter des Kopfes durch den Druck eines Deckglases aus- 
gebreitet, so wächst der Querdurchmesser von dem Saume des einen 
Blattes bis zu jenem des entgegengesetzten bis zu 3 Millimeter. In 
dem sehr contractilen Halse befindet sich an jeder Seite ein Paar 
starker Wassergefässe, die sich in die Kopflappen fortsetzen. Der 
kurze, kaum einige Millimeter lange, 2/;—1 Millimeter breite Hals geht 
in kurze, an den Rändern gekerbte Glieder über. 

Die männlichen Geschlechtstheile liegen nach rückwärts je eines 
bis zu einem bestimmten Grade entwickelten Gliedes und alterniren 
auf der einen und anderen Seite. Der Penis liegt in der Substanz 
versteckt, krümmt sich bei seinem Hervortritte S-förmig, mit seinem 
freien Ende nach rückwärts gekehrt (s. 3B p); seine Scheide ist 
mit kurzen feinen Stacheln besetzt (s. 3D); seine Substanz ist con- 
traetil und zeigt sich an den Rändern schwach gekerbt. Gegen die 
breitere Wurzel des Penis ist eine doppelte Muskelfaserschichte vor- 
handen, eine nach innen gelagerte Längsfaser- und eine noch stärker 


BYE? Wed. 


markirte äussere Querfaserschichte. Die in der Nähe der Penis- 
wurzel gelegene Samenblase geht in ein ziemlich langes Vas deferens 
über, das, sich nach rückwärts wendend, als schlangenförmig gewun- 
dener Schlauch den Hoden vorstellt. 

In den Proglottiden wird man symmetrisch vertheilte, lichte 
Räume gewahr, den Eiergruppen entsprechend, welche bei einer 
leichten Quetschung als heller Mitteltheil der Proglottis erscheinen 
und eine gekerbte Begrenzung zeigen (s. 3B a). Der Uterusstamm 
(3B b) verläuft central, kreuzt sich mit dem Penis nach rückwärts 
und geht in die Vagina über, die in einer durchbohrten Papille gerade 
hinter der Austrittsstelle des Penis sich mündet. Nebst den oblongen 
Proglottiden von der Form 3 Ca kommen jedoch auch kleinere, nach 
dem Zustande der Contraetion verschiedenartige Formen vor, welche, 
bis zu einem Längendurchmesser von *%, Millimeter herabsinkend 
(wie 3C ec), in ihrem Innern wohl die den Biergruppen entsprechen- 
den hellen Stellen, allein von einem Penis auch keine Spur mehr 
zeigen. Es ist somit nur anzunehmen, dass sich eine Proglottis 
durch energische Contraction abschnüre, und wahr- 
scheinlich stellt 30 5 eine solche im getheilten Zustande vor. Derlei 
Proglottisreste findet man, sich lebhaft ceontrahirend, in zahl- 
reicher Menge an manchen Orten in dem sehr zähen Darmschleime 
eingebettet, aus dem sie durch Abspülen mittelst Seewasser (das 
Quellwasser bringt eine zu baldige Zersetzung der zarten orga- 
nischen Substanz der Helminthen hervor) leicht isolirt darzustellen _ 
sind. 

4. Über die anatomischen Verhältnisse eines Scolex von Rhyn- 
chobothrium (Siebold) = Tetrarhynchus (Rudolphi) — Tetra- 
bothriorhynchus (Diesing) hatte ich Gelegenheit, ergänzende Beob- 
achtungen anzustellen. — An dem Peritonealüberzuge des Magens 
von Uranoscopus scaber hing ein etwa 1 Millimeter im Durchmesser 
haltendes Bläschen, das ein geschlechtlich nicht entwickeltes Ento- 
zoon beherbergte (s. 4). An demselben ist der gelappte Kopftheil 
mit den vier eingezogenen Rüsseln und der mit zahlreichen Kalkkörper- 
chen versehene Hintertheil alsogleich zu unterscheiden. Das aus der 
Cyste befreite Thier bewegt sich einige Zeit sehr lebhaft, streckt den 
einen oder anderen mit Häkchen besetzten Rüssel hervor und klam- 
mert sich an das nebenliegende Gewebe an. Der sehr bewegliche 
Rüssel wird zeitweise zurückgezogen und sehr behendig wieder vor- 


Helminthologische Notizen. 375 


wärts geschnellt. Die Form der Häkchen, ihre Stellung, ihr Verhalten 
während des Vorwärtsschnellens desRüssels und während des Rück- 
zuges lässt sich erst bei stärkeren Vergrösserungen eruiren. Die 
Häkchen sind mit ihrer sichelförmig gekrümmten Spitze nach rück- 
wärts gekehrt (s. 6) und in schief absteigenden Reihen gelagert. 
Der Rüssel ist hohl und mit Längsmuskelfasern in 
seinem Innern ausgekleidet (s. 6aa), nach vorne ein- 
stülpbar, so zwar, dass bei dem Einziehen des Rüssels die an der 
Aussenwand befindlichen Häkchen eingeschlagen werden und an der 
innern Oberfläche des eingestülpten Rüsseltheiles zum Vorschein 
kommen. Die eingerollten Häkchen erscheinen sodann in der Mitte 
des Rüssels zusammengedrängt als abgerundete Körner (s. 7a). Es 
ist somit ersichtlich, dass der Rüssel nicht totus quantus zurückgezo- 
gen und hervorgeschoben wird, sondern dass er blindsackähnlich 
sich einstülpt und herausschlägt. Ein ganz ähnliches Verhalten findet 
auch bei dem Rüssel der Echinorhynchi Statt. 

Der Kopf besteht bekanntlich aus vier Lappen (Bothria, Bothri- 
dien), welche bei ihren verschiedenartigen Contractionen sehr mannig- 
faltige Formen annehmen. Je einem dieser vier gegenständigen Kopf- 
lappen entspricht ein Rüssel, welche gegen ihre Basis hin von einem 
Bündel Längsmuskelfasern umfasst werden (s. 5a a). Die kolben- 
förmigen Enden (s. 56 5) der Rüssel sind leicht in ihrer Continui- 
tät mit dem Hakenrüssel und dessen dünnem hohlen Stiele hervorzu- 
ziehen, sind ellipsoidisch und besitzen gegen ihre Mitte eine Raphe; an 
ihrer Oberfläche zeigen sie eine gleichförmig vertheilte Menge von 
kleinen spaltförmigen Lücken, welche dem Gewebe das Ansehen eines 
fein durchwirkten Netzes verleihen. Die Bedeutung dieser anschei- 
nend elastischen Gebilde ist noch dunkel. 

Das Thier ist einer bedeutenden Streekung fähig, wobei es eine 
Länge von 1/, Millimeter erreichen kann. Am Hintertheile befinden 
sich zwei deutlich abgegrenzte, eine transparete körnige Masse ent- 
haltende Organe (s. 5 c c), zudem sind zwei Zn lappige 
Anhängsel bei günstiger Lage zu sehen. 

Einen ganz ähnlichen Sceolex von Rhynchobothrium in der 
Länge = 1/, Millimeter, in der Breite = /, Millimeter habe ich 
in der Bauchmuseulatur von Zophius piscatorius gesehen, dessen 
Hakenrüssel im zurückgezogenen Zustande als dunkle Streifen erschei- 
. nen (s. 85 5b). Die zwei Paare Spalten (s. 8a a) entsprechen den 


3716 Wed. 


Durchtrittsstellen der Rüssel. In den Peritonealplatten nahe dem 
Magen kamen ebenfalls bei Lophius piscatorius auch verkalkte Scoli- 
ces vor, welche als weisse, kreideartige, in einer Kapsel eingeschlos- 
sene Körperchen nach Behandlung mit Essigsäure aufbrausten, sich 
aufhellten und hierdurch die Contouren des Wurmes noch erkennen 
liessen. 

5. An der Valvula spiralis des Darmes von Mustelus vulgaris 
sah ich mehrere Exemplare von Tetrachynchus longicollis (van 
Beneden) im Sinne Rudolphi’s zum Genus Rhynchobothrium 
gehörig. Ich erlaube mir nur hier einige Ergänzungen zu den Beobach- 
tungen van Beneden’s hinzuzufügen. Die Länge der sich nach Art 
von Hörnern biegenden, vorgestreckten Rüssel (s. 9 «) ist beträcht- 
‚licher, als sie von van Beneden angegeben wurde (zu 0-18 Milli- 
meter); sie beträgt etwas über 2 Millimeter. Die Breite der Rüssel 
an ihrer Austrittsstelle = 0-15 Millimeter, an ihrem abgerundeten 
Ende = 0:08 Millimeter. Die Länge des Halses von der Stelle hin- 
ter den Kopflappen (s. 95) bis zur knotenartigen Anschwellung 
(d) = 11°/, Millimeter; Breite des Halses in ce = ?/, Millimeter, 
in d = 1 Millimeter, in d’ = 1/, Millimeter. Hinter d’ fällt der 
Querdurchmesser wieder bis auf 0-8 Millimeter herab. Die Zahl der 
Glieder ist verschieden, die Länge des Gliederstückes oft kürzer, oft 
länger als das Halsstück, das an seinem knopfartig geschwellten 
Theile (9 4’) gewöhnlich einen Saum von kirschroth tingirtem, fein- 
körnigem, freiem Pigment zeigt. 

Van Beneden hat schon (l. e. S. 156) darauf aufmerksam 
gemacht, dass die Rüsselscheide (in 9 d) mit parallelen, unter einem 
rechten Winkel sich schief durchkreuzenden Streifen bedeckt sei. 
Ich fand die Structur folgendermassen beschaffen: Es verlaufen 
0.002 Millimeter dicke Fasern zickzackförmig und zu 0:012 Milli- 
meter breiten Bündeln angeordnet. Indem diese Bündel (s. a’ b’in g) 
unter einem rechten Winkel sich kreuzen, entstehen gleichmässige 
Quadrate; da ferner die die Bündel eonstituirenden Fasern sich gleich- 
falls unter einem rechten Winkel kreuzen, so entsteht in jedem Qua- 
drat ein feines Netz von gleichfalls rechtwinkelig sich durchkreuzen- 
den Streifen. Das Bild hat einige Ähnlichkeit mit quergestreiftem 
Muskelgewebe im Zustande der Contraction; die Natur dieser Hohl- 
gebilde (s. 9 d), welche offenbar jenen in 5 55 (des Scolex von 
Rhynchobothrium) entsprechen, ist wohl noch zweifelhaft. 


Helminthologische Notizen. 377 


Die Geschlechtsöffnungen befinden sich am Seitenrande je eines 
Gliedes, etwas hinter der Mitte und wechseln auf der einen und andern 
Seite ab. Der Penis ist gekrümmt (s. 9A) und mit einer feinstache- 
ligen Scheide versehen. Die weibliche Geschlechtsöffnung ist gleich 
hinter der männlichen; die Eier sind rund, 0036 — 0 042 Millime- 
ter im Durchmesser, und stehen gruppenweise beisammen. Es kamen 
in demselben Darmstücke sehr platte, transparente Proglottides bis 
zu einem Längendurchmesser von 1 Centimeter vor, welche bei der 
Lebhaftigkeit ihrer Contractionen und der Transparenz hinsichtlich 
der Beweglichkeit ihrer Organe sich zur Untersuchung eigneten. Der 
Penis wurde nämlich eine beträchtliche Strecke weit bald vor-, bald 
rückwärts geschoben. Die Wassergefässe, welche durch seitliche 
zarte fadenartige Fortsätze mit dem Nebengewebe zusammenhängen, 
wurden in ihrer selbstständigen Contraction beobachtet, wobei sie 
sich nach Art der Blutgefässe der Insecten stellenweise abschnürten 
und so eine Locomotion der transparenten Flüssigkeit bewerkstelligten. 

6. Gleich unterhalb des mit Speiseresten erfüllten Magens von 
Myliobatis aquila wurde im Darmschleime eingebettet ein Bhyn- 
chobothrium (Rudolphi) gefunden, das sich alsogleich durch 
einen zarteren Habitus von dem vorhergehenden unterschied. Das 
Thier hat eine Länge von 6 Centimeter. Die Länge der vorgestreck- 
ten Rüssel — 1 Millimeter, die Breite derselben =0'036 Milli- 
meter; die Länge des Halses = 3 Millimeter, die Breite desselben 
—= 0:75 Millimeter (s. 104). Die Anzahl der Kopflappen schien 
mir 4 zu betragen ; ihrer Zartheit halber konnte ich nämlich zu keinem 
sicheren Resultate gelangen. Die Häkchen der Rüssel sind mit ihrer 
Spitze nach rückwärts gekehrt und in schief absteigenden parallelen 
Linien gelagert (s. 10.5). Die vier kolbenförmigen, verhältnissmässig 
kurzen Enden der Rüsselscheiden befinden sich vor einer knotenarti- 
gen Anschwellung des Halses. Die hinter letzterer folgenden kurzen 
Glieder zeigen in ihrer Continuität einen sägeförmigen Rand und in 
ihrer Mitte bei durchgehendem Lichte einen hellen breiten Streifen 
(s. 100); die weiter rückwärts gelagerten Glieder sind von der 
unterhalb der Hautbedeckung gelagerten Muskelschichte längsgestreift 
(s. 10 D). Die Geschlechtsöffnung befindet sich am Seitenrande der 
Glieder im hinteren Drittheile, abwechselnd auf der einen oder ande- 
ren Seite, oder wohl auch in 2, 3 oder mehreren auf einander folgen- 
den Gliedern auf derselben Seite. Nach angewendetem Drucke gleitet 


378 Wedıl. 


ein glatter, gerader 0:08 Millimeter breiter Penis hervor, der von 
einer ampullenartigen Wurzel entspringt. Die hintersten Glieder sind . 
dunkel marmorirt und strotzen von Eiern, letztere haben eine runde 
Form (s. 10 E), ihre Dotterblase ist mit einer gruppirten dunkel- 
körnigen Dottermasse erfüllt, hat einen Durchmesser von 0024 bis 
0:0283 Miliimeter und lässt bei geeigneter Lage ein wandständiges 
Keimbläschen mit dem Keimflecke gewahr werden. Zwischen der 
Dotterblase und der sehr zarten Eihülle befindet sich eine transparente 
Eiweiss-Schichte. Die weitere Entwickelung der Eier und des Embryo 
konnte nicht verfolgt werden. | 

An einem grösseren Exemplare von Myliobatis aquila konnten 
bezüglich des beschriebenen Rhynchobothrium noch einige ergän- 
zende Beobachtungen gemacht werden. Es lag unterhalb der Schleim- 
haut des Darmes ein ohngefähr erbsengrosser Knoten, dessen Höhlung 
mit jener des Darmes durch eine mit einer weissen, amorphen Masse 
verlegte Öffnung eommunieirte. Neben dieser weichen, mit Schleim 
und Kalksalzen durchsetzten Masse kamen abgerissene länglich-vier- 
eckige, zum Theile in fettiger und kalkiger Degeneration begriffene 
Cestodenglieder und ein Kopfstück des beschriebenen Rhynchobo- 
thrium vor. Die bewaffneten Rüssel stehen mit den langen Scheiden 
in unmittelbarem Zusammenhange und lassen sich mit denselben leicht 
herausziehen; an der Übergangsstelle findet sich eine halsähnliche 
Abschnürung. Die Scheiden sind diekhäutig, winden sich schlangen- 
förmig, besitzen eine sehr feinstreifige, leicht zu übersehende Muskel- 
lage, und nach rückwärts, wo sie in die kolben- oder hülsenähnli- 
chen Anhänge übergehen, gleichfalls eine halsähnliche Abschnürung. 
Die Struetur dieser Anhänge ist wesentlich so, wie die der grösseren 
von Rhynchobothrium longicolle (vergl. 9 g), nur sind die von den 
Faserbündeln gebildeten Quadrate kleiner und die sich kreuzenden 
Fasern zarter. Zudem besitzen die Anhänge eine dünne Hülle und nach 
rückwärts einen bandartigen Fortsatz. 

Die Bezeichnung dieser Species als Ihynchobothrium tenue 
dürfte insoferne gerechtfertigt sein, als auch die hinteren Glieder 
verhältnissmässig schmal sind. 


I. TREMATODEN. 


1. An den abgeplatteten Zähnen der Kiemenbögen eines grossen 
Exemplares von Thynnus vulgaris beobachtete ich einige ovale, im 


Helminthologische Notizen, 379 


Längendurchmesser etwa 3—4 Millimeter haltende, fest adhärirende 
grauröthliche, ziemlich resistente, bindegewebige, vollkommen abge- 
schlossene Cysten, welche meist ein, zuweilen zwei Exemplare eines 
sonderbar gestalteten Monostoma beherbergten. Das Thier besteht 
wesentlich aus einem birnförmigen Kopftheile und einem nierenförmi- 
gen Bauchtheile, welche beide durch einen verhältnissmässig langen 
strangartigen Fortsatz in Verbindung treten (s. 11 und 12). Die 
Grössenverhältnisse sind folgendermassen beschaffen: Längendia- 
meter des Kopfstückes von einem geschlechtlich entwickelten Thiere 
— 1:4 Millimeter, Breite desselben 2/, Millimeter; Durchmesser des 
runden Saugnapfes —= 04 Millimeter; Längendiameter des Bauch- 
theiles = 2 Millimeter; Länge des Verbindungsstranges beinahe — 
2 Millimeter; Querdurchmesser desselben = 0:18 Millimeter, Die 
geschlechtlich nicht vollkommen entwickelten Thiere sind insbeson- 
dere in ihrem Bauchtheile beträchtlich kleiner (vergl. 12 mit 11). 

Der Saugnapf (s. 11 a) ist in schiefer Richtung von einer trich- 
terförmigen Höhlung durchbohrt, deren grössere Mündung nach unten 
und vorne, die kleinere nach rückwärts gelagert ist. Das Parenchym 
des Saugnapfes wird von einer beträchtlichen Lage von Ringsmuskel- 
fasern gebildet, welche gegen die hintere, kleinere Mündung des 
Triehters von einem schwachen Bündel von Muskelfasern umgriffen 
werden, das sich mit den Ringsfasern kreuzt. Hinter dem Saugnapf 
mündet sich der von gelbbraunen Eiern tingirte Uterus (s. 115), 
und verläuft, beinahe die ganze Breite des Verbindungsstranges ein- 
nehmend (s. 11c), nach rückwärts in den Bauchtheil, der von den 
gelbbraun tingirten Eierschläuchen vollgepfropft ist (s. 11ee). 
Ausser letzteren trifft man noch dünnere graue, darmähnlich gewun- 
dene Schläuche (s. ild d), welche, mehr gegen die Oberfläche des 
Bauchtheiles gelagert, den Eierkeimstock vorstellen. Die zahllosen 
Eier haben eine gelbe Färbung und sind die Ursache des gelbbraunen 
Colorits der Eierschläuche; sie besitzen eine nierenförmige Gestalt, 
einen Längendurchmesser von 0026 Millimeter, einen Breitedurch- 
messer von 0:015 Millimeter. 

Die Einbiegungsstelle zeigt sich bei der Seitenlage des Eies 
(s. 13 a); von vorne betrachtet, erscheint letzteres schmäler (s. 135, 
mit dem contrahirten Embryo). Durch Druck lässt sich der mit 
einer Einkerbung versehene Emhryo (s. 13 c, mit den noch daran 
hängenden Eihäuten) isoliren. 


380 Wedil. 


Weitere Forschungen über diesen Trematoden, für den ich den 
Namen Monostoma bipartitum vorschlage, anzustellen, war ich nicht 
in der Lage, da die Thunfische bekanntlich ausgeweidet zu Markte 
gebracht werden, und es mir während meines Aufenthaltes in. Triest 
nur einmal gelingen wollte, die Eingeweide eines Thunfisches zu 
erhalten. | | 

2. Eingeschlechtlich nicht entwiekeltesMonostoma 
habe ich zugleich als Eeto- und Entoparasit bei Rhombus 
laevis gesehen; es waren nämlich an den Strahlen der Flossen dunkle, 
punktförmige, sehr fest adhärirende, resistente Knötchen bemerkbar, 
die nebst der bindegewebigen ziemlich dieken Hülle einen mehr 
weniger von ihr abstehenden structurlosen Balg von einer Dicke von 
0:0096 Millimeter in sich fassten, welch letzterer beinahe ganz von 
einem sich herumrollenden Trematoden ausgefüllt war. Präparirt man 
letzteren heraus, so ercheint das Monostom wie 14, dessen Länge 
3/, Millimeter, dessen Breite beinahe 1/, Millimeter beträgt, wenn 
sich der Wurm zusammengezogen hat. Der Durchmesser des Mund- 
napfes mit seiner kleinen Öffnung (s. 14a) ist 0:076 Millimeter; 
von ihm weg verläuft der Ösophagus mit seiner Anschwellung (b). 
Der Dauungsschlauch theilt sich sodann gabelig (in c); die beiden 
Äste verlaufen bogenförmig nach rückwärts, um an dem hinteren 
Körperabschnitte jeder für sich blind zu endigen (s. 14e). Am 
Hintertheile des Körpers ist noch ein, bei durchgehendem Lichte 
dunkles, sich gabelig in zwei Horizontaläste spaltendes Organ erwäh- 
nenswerth (s. 14 d), aus welchem sehr leicht eine dunkelkörnige Masse 
hervorquillt (f), die, stärker vergrössert, aus einem Aggregat von 
fettkugelähnlichen Körpern besteht (g). Dieses dunkle Organ ist von 
v. Siebold.(s. dessen vergleich. Anatomie der wirbellosen Thiere, 
S. 138) als Absonderungs-Organ erklärt worden. Die Oberfläche des 
Thieres hatte ein chagrinirtes Ansehen. Schliesslich bleibt nur noch 
hinzuzufügen, dass dieselben eingekapselten Monostomen unter der 
Schleimhaut des Darmes angetroffen wurden. | 

3. Ich will hier auf die anatomischen Verhältnisse von Mono- 
stoma foliaceum (Rudolphi) aus der Bauchhöhle von Acipenser 
Sturio näher eingehen, um so mehr, als Dujardin in seiner histovre 
naturelle des helminthes (S. 364) den Zweifel ausgesprochen hat, 
dass es kein wahres Monostom, sondern seiner Meinung nach vielmehr 
ein den Cestoden angehörender Organismus sei. Der sehr kleine Saug- 


Helminthologische Notizen. 381 


napf, dessen Öffnung bei einem 22 Millimeter langen, 7 Millimeter 
breiten Exemplare kaum noch mittelst des freien Auges gesehen werden 
kann (s. 15«), besitzt eine trichterförmige Höhlung und führt zu 
einer etwas gewunden nach rückwärts verlaufenden Speiseröhre (5), 
- die in ce bulbusartig anschwillt. Von diesem Orte weg konnte ich den 
Nahrungsschlauch nur eine kleine Strecke weiter verfolgen; an trans- 
parenteren kleineren Thieren, die mir nicht zu Gebote standen, wird 
sich der weitere Verlauf gewiss eruiren lassen. Von dem Mundsaug- 
napf weg verläuft beiderseits an dem Rande des Thieres ein dunkler 
Streifen (d), der sich ungefähr in der Höhe des Pharynx gabelig 
theilt (s. d'’); die beiden Zweige verlaufen in parallelen Zügen nach 
rückwärts, um blind an dem Hintertheile zu endigen. An der rechten 
Seite des Thieres bei dessen Bauchlage sieht man einen bei durch- 
gehendem Lichte dunklen, bei auffallendem hellen Streifen schief nach 
vorwärts verlaufen und an dem Seitenrande endigen (s. 15f). In 
diesem Organe, das ohne Zweifel den Penis repräsentirt, zeigt sich 
in der Mitte eine consistente hellere Masse, welche sich leicht mit 
der Nadel ablösen lässt. An seiner Wurzel steht der Penis mit einer 
ampullenartigen Anschwellung in Verbindung, hinter welcher eine 
graue abgegrenzte Masse (Samenbläschen?) sich befindet. In der 
Nähe der letzteren (g) endigt der mit braungelben Eiern gefüllte 
Schlauch (Uterus), (e), der an der einen Seite des Thieres nach rück- 
wärts verlaufend sich etwas zuschmälert und sich umbeugend nach 
vorwärts zieht. Nebst einem ähnlichen braungelb tingirten Canale der 
andern Seite erscheinen auch noch einige in querliegenden Bögen. 
Bei refleetirtem Lichte erscheint die Oberfläche des Thieres aus 
4— eckigen Fachwerken (von Diesing]|s. dessen Syst. helm.1, 319] 
in der Diagnose hervorgehoben), zusammengesetzt, von welchen jedes 
in der Mitte eine Vertiefung besitzt, so dass hieraus ein honigwaben- 
artiges Ansehen erwächst. Diese Loculamente der Oberhaut stehen in 
Querreihen, die Ränder des Thieres sind gekerbt; bei der Streckung 
dehnen sich die ersteren aus. Das Thier kann den Vordertheil sehr 
zuspitzen, und es ist ihm- hierdurch ermöglicht, sich zwischen die 
Gewebe des Wohnthieres einzudrängen. So fand ich ein Monostoma 
mit seinem Kopfe in die Haut der Schwimmblase eingedrungen, so 
dass in letzterer eine Öffnung zu erblicken war, welche von dem Vor- 
dertheile des Monostoma ausgefüllt war; so lag ein anderes Mono- 
 stoma unter dem Peritonealüberzuge neben der Wirbelsäule. 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. II. Hft.- 25 


382 Wedt 


Bei einem anderen Acipenser Sturio wurde die retrograde 
(fettige) Metamorphose der Monostomen in folgender Weise ver- 
folgt. Dieselben werden beträchtlich dicker, so dass das Epitheton: 
foliaceum insoferne nicht mehr in der Ausdehnung passte, da sich die 
Ränder nicht mehr leicht umschlagen, und die Oberfläche des Rückens 
viel convexer erscheint, auch nimmt in dem Grade des Dickerwerdens 
die Transparenz bedeutend ab, und es ist erst nach vorgenommenem 
stärkeren Drucke mittelst eines dieken Glases möglich, die nur mehr 
sehr spärlich vorhandenen gelbbraun tingirten Eierschläuche zu unter- 
scheiden. Der schief nach vorne gerichtete Penis ist undeutlich. Im 
Uterus-Canaleund selbst in den Eiern sind grössere Fetttropfen ange- 
sammelt, und ersterer hie und da mitbraungelber Molecularmasse ange- 
pfropft. Manche der tingirten Eier erscheinen um ein Beträchtliches 
kleiner, kaum ein Drittel der ursprünglichen Grösse messend, also 
offenbar einem Verschrumpfungsprocesse entgegen gehend; dabei sind 
sie häufig in die Länge gezogen oder weichen auf verschiedene Weise 
von ihrer ursprünglichen Gestalt ab. Es ist somit klar, dass Mono- 
stoma foliaceum in der Peritonealhöhle des Störes hinsichtlich seines 
geschlechtlichen Apparates sich unter Umständen zurückbilde, wobei 
eine Fettzunahme im Körper des Thieres eintritt. 

4. In dem relaxirten Zellgewebe ausserhalb des Herzbeutels 
und um den Bulbus arteriosus von Belone vulgaris kommt sehr 
häufig ein eingekapseltes bisher nicht bekanntes Distoma vor. Die 
gefüllte Kapsel ist oval, im längeren Durchmesser 1 Millim. lang, bei 
refleetirtem Lichte weiss, glatt, lose dem Zellgewebe angeheftet, 
sehr consistent und dabei ungemein elastisch. 

Obwohlman die Bewegungen des Wurmes bei der nicht gequetsch- 
ten Kapsel wahrnehmen kann, so wird doch das Thier, welches den 
ganzen Raum ausfüllt, in seinen Umrissen erst bei der Quetschung 
klar. Wird letztere so stark vorgenommen, dass die Kapsel berstet, 
so zerquetscht man stäts den Wurm; präparirt man denselben heraus 
so erscheint ein Distoma, dessen Mundnapf im erschlafften Zustande 
ı/, Millim., dessen Ösophagus -Anschwellung 0-14 Millim. und 
dessen Bauchnapf ungefähr um ein Drittel kleiner als der Mundnapf 
ist. Der sich gabelig theilende Darmcanal ist weit. Zwei Hodenbläs- 
chen (?) sind gegen den Hintertheil des Thieres gerückt, an den 
Seiten des letzteren liegen zwei ellipsoidische, mit einer transparen- 
ten, feinkörnigen Masse gefüllte Organe (Eierkeimstöcke?). Die 


Helminthologische Notizen. 383 


Wassergefässe bilden ein feines Netz. Gegen den Mundnapf wird 
man an der Decke 0:0048 Millim. lange, spitze Stacheln gewahr, 
welche gegen den nackten Hintertheil an Grösse abnehmen. 

Die Kapsel ist structurlos und besteht aus einem äusseren dicke- 
ren und inneren dünneren Blatte; bei einer Dicke von 0017 bis 
0025 Millim. leistet sie einer concentrirten kohlensauren Natron- 
lösung Widerstand und es ist erst einige Zeit nach der Einwirkung 
der letzteren möglich, mittelst eines geringen Druckes die Kapsel 
zum Bersten zu bringen. 

Ich habe bei mehreren Exemplaren von Belone vulgaris nach 
geschlechtlich vollkommen entwickelten Distomen fruchtlos gesucht 
und glaube daher die Species-Bezeichnung des beschriebenen 
Distoms noch nicht machen zu dürfen. 

5. InBezug auf Distoma megastoma (Rudolphi), das ich gegen 
den unteren Theil des Magens von Scyllium Catulus fand, habe ich 
zu den Beobachtungen Rudolphi's undKuhn’s einige Ergänzungen 
hinzuzufügen. Die Thiere sind mit ihrem vorderen Saugnapfe fest 
in die Schleimhaut eingekeilt, so dass nur das Acetabulum mit dem 
Hintertheile frei liegt. Der Mundnapf hat eine abgerundet dreieckige 
Gestalt mit einer quergestellten einiger Massen herzförmigen Öffnung 
(s. 16). Die Radialfasern sind nach dem hinteren Abschnitte des 
Napfes bedeutend länger als im vorderen, und kreuzen sich mit einem 
sehwachen Bündel von Circularfasern. Die Querdurchmesser des 
Mundnapfes, Bauchnapfes und der Ösophagus- Anschwellung ver- 
halten sich im erschlafften Zustande wie 1-33 :1-17 :1 Millim. 
Die Geschlechtsöffnung liegt vor dem Bauchnapf an der linken Seite 
der Ösophagus - Anschwellung; der an jener befindliche Penis 


besitzt eine knopfförmige, gegen 1 Millim. grosse Anschwellung, seine 


Grundsubstanz ist ein festes Fasernetz. Der Hodenbläschen sind drei. 
Die braungelb tingirten Eier sind oval, besitzen einen Längendiameter 
von 0038 Millim., einen Breitendiameter von 0-026 Millim. Ausser 
diesen gefärbten Eiern gibt es auch noch an dem hinteren Abschnitte 


hinter dem Acetabulum befindliche um ein Viertel grössere, mit einem ...g] 


deutlichen Opereulum an dem einen Ende versehene Eier. Die Decke 
‚des Thieres ist glatt, an den Rändern gefaltet. 

6. Distoma polymorphum (Rudolphi), habe ich nur einmal im 
Darme von Muraena Anguilla gesehen und zur besseren Übersicht 


der anatomischen Verhältnisse eine Abbildung beigegeben (s. 17). 


25* 


384 Wed 


Der Bauchnapf ist nicht ganz dreimal so gross als der Mundnapf, und 
hat jener vor sich den S-förmig gekrümmten, glatten Penis (P), 
hinter sich den spiralig gedrehten Uterus (U), der mit den braun- 
gelben, elliptischen Eiern erfüllt ist (s. dieselben rückwärts in dem 
folgenden Aufsatze 7). Der Eierkeimstock (s. 17 O0) ist traubenförmig 
und an den Seitentheilen des Thieres gelagert. Der Hode (77) 
zeigt eine lappige Form. 


III. NEMATODEN. 


Es leben sehr häufig in den Fischen theils eingekapselte, theils 
freie Nematoden, welche sich durch den Mangel eines geschlechtlichen 
Apparates auszeichnen; solchen Individuen fehlt daher ein wesent- 
liches Merkmal zur Charakteristik, und man ist desswegen strenge 
genommen nicht berechtigt, einen systematischen Namen einem Thiere 
zu geben, von dem man die Entwickelungsstufen noch nicht kennt; 
wählt man aber der kürzeren Bezeichnung halber eine Benennung, so 
kann dieselbe nur als eine provisorische figuriren. In diesen Zeilen 
geht meine Absicht nur dahin, verschiedene Formen vorzuführen und 
namentlich auf die verschiedenartige Bewaffnung hinzuweisen, welche 
theils an dem Vorder-, theils an dem Hintertheile der Thiere sich 
vorfindet. 

1. Aus den Appendices pyloricae des Magens von einem klei- | 
nen Lophius piscatorius wurde mit dem Schleime ein sehr dünner, 
kaum mittelst des freien Auges sichtbarer Nematode ausgequetscht, 
der sich durch seine mehr pendel- als schlangenförmigen Bewegungen 
auszeichnete. Seine Länge beträgt 6‘/, Millim., seine Breite an der 
dieksten Stelle 1/,, Millim., nach vorne '/,; Millim., nach rückwärts 
vor dem kolbenförmig abgerundeten Ende !/,, Millim. Das Kopfende 
ist schief abgestumpft und besitzt zwei abgerundete Lippen (s. 180), 
zwischen welchen zwei zurückziehbare, im ausgestreckten Zustande 
wie zu einem verschmolzene Stachel sich befinden. Dieselben sind 
nur, wenn sie vorgestreckt, gut zu beobachten (s. 19), im zurückge- 
 zogenen Zustande (s. 20) kaum als vorragende kleine Spitzen bemerk- 
bar; ihre Länge beträgt beinahe 0:1 Millim.; sie können ungefähr 
zur Hälfte vorgeschoben werden; ihre Ränder erscheinen gekerbt, 
an ihrer Basis gehen sie in eine Scheide (s. 19«) über. Der Dau- 
ungscanal beginnt zwischen den Lippen und geht in den schmalen 
ziemlich langen Ösophagus über (s. 18 5). Der Darmcanal zieht 


Helminthologische Notizen. 3855 


von vorne gerade nach rückwärts und ist nur in seinem vorderen 
Viertheile mit einer bräunlich-gelben Molecularmasse erfüllt (s. 18c), 
er endigt vor dem kolbenförmigen Hinterende (s. 18 d). Das letz- 
tere zeigt zwei schief aufsteigende Streifen (s. 18 ee), den beiden 
seitlichen kappenförmigen Decken entsprechend; auch bemerkt man 
daselbst vier hellere Punkte unentschiedener Bedeutung. Von Ge- 
schlechtstheilen konnte auch nicht die Spur entdeckt werden. An der 
Körperoberfläche bemerkt man nach vorne zu eine mittlere Raphe; 
etwas weiter nach rückwärts erscheinen noch seitliche Raphen, die 
Querringelung ist sehr zart. Trotz mehrfältiger Versuche, bei Zophius 
pisc. diesen Nematoden, der dem Genus Agamonema (Dies.) dem 
Fundorte nach nicht entspricht, wieder zu finden, wollte es mir nicht 
gelingen, und ich will daher nur von diesem geschlechtslosen Rund- 
wurme den langen Stachel des zweilippigen Kopfes und das kolben- 
föormig abgerundete Hinterende hervorgehoben wissen. Den Gattungs- 
namen könnte man einstweilen mit Dikentrocephalus (crinalis) (haar- 
ähnlichen Zweistachelkopf) bezeichnen. 

2. Einen zum Genus Agamonema (Dies.) gehörigen unge- 
sehlechtlichen Rundwurm fand ich an der Peritonealoberfläche des 
Magens von einem kleinen Lophius piscatorius. Es waren vier 
einge kapselte Exemplare vorhanden, zwei grössere und zwei kleinere 


_ die ersteren 1 Centim. lang, t/, Millim. dick, die letzteren 6 Millim. 


lang, 1/, Millim. diek. Sie sind schwer von dem sie umhüllenden 
Zellgewebe zu trennen, ihre Bewegungen träge. Von ihrer Hülle 
befreit winden sie sich knäuelartig zusammen. Der Kopf ist mit 3(?) 
abgeplatteten Papillen (s. 21) versehen und zeigt am Rande kurze 
warzige Hervorragungen (s. 21 aa) und einen sehr kurzen Zahn 
(s. 21 6), welcher seitlich zu stehen kommt. Bevor der weite lange 
'Schlundkopf (c) in den bei den grösseren Exemplaren dunkelgrau, 
bei den kleineren rostbraun gefärbten Darm übergeht, bildet er einen 
blinddarmähnlichen Anhang, der bei den kleineren beiden Nemato- 


‚den 5/, Millim. lang, 005 Millim. breit befunden wurde. Der weite 


Darmeanal besitzt an seiner Afteröffnung (s. 22a) eine wulstige 
Erhabenheit. Der Hintertheil ist schief abgestutzt und an seinem 
Ende mit 4—5 Gruppen kurzer konischer Stacheln besetzt (s. 225). 
Nebst dem weiten Darm werden an dessen Seite, insbesondere gegen 
den Mitteltheil des Thieres, gewundene, granulirte Schläuche wahr- 
genommen, welche sich nirgends an der quergeringelten Körperober- 


386 ERRSCHIN 


fläche zu münden scheinen. Die Scheide des Thieres besteht aus 
einer sehr dichten, anscheinend structurlosen, röhrenartig gestalteten 
000% Millim. dieken Membran. 

Diese eingekapselten Würmer können, wie ich mich bei einem 
grossen Lophius pisc. überzeugte, kleine Blutextraversate erzeugen, 
ihre zellgewebige Scheide enthält Reihen von Pigmentzellen, ja sie 
können auch verkalken, wobei sie als lichte Streifen am Peritoneum 
erscheinen. Dieselben enthalten nebst den noch erkenntlichen Con- 
touren des Wurmes (Querringelung ete.) Fett, Kalkkrümeln und 
pigmentirte braungelbe Massen. 

3. Unter der Schleimhaut des vorderen Darmstückes von Belone 
vulgaris sah ich einmal 1/, Millim. im Durehmesser haltende, ziemlich 
consistente, isolirt stehende Kapseln, von welchen je eine einen ein- 
gerollten, 5/, Millim. langen, 0036 Millim. an seiner dieksten Stelle 
hinter dem Kopfe breiten Nematoden enthielt; derselbe ist an seinem 
Kopfende mit einem kurzen, vor- und zurückschiebbaren Zahne 
bewaffnet (s. 23Aa). Dessgleichen findet sich an diesem Hinterende 
ein etwas grösserer, hakenförmig gekrümmter Stachel (s. 23 B). 
Ausser dem geraden, von vorne nach rückwärts verlaufenden 
Darm, der vor einer flachen, wulstigen Erhabenheit am Hinterende 
ausmündet (s. 23B 5), lassen sich keine anderen Organe im Innern 
unterscheiden. Trifft man den Wurm-noch lebend, so kann man 
dessen freie, lebhafte, schlangenförmige Bewegungen durch längere 
Zeit beobachten. | 

A. Ein Scomber scombrus enthielt in seiner Bauchhöhle eine 
erstaunliche Menge von jenen unentwickelten Nematoden, welche 
Diesing als Agamonema Capsularia bezeichnet hat. Dieselben 
kamen nicht blos zwischen den Lappen der Leber, zwischen Nieren 
und Gedärme zu Hunderten vor, so zwar, dass daselbst Alles wim- 
melte, sondern auch unterhalb des Peritonealsackes. Sie warenin einem 

zellgewebigen Netze so verfilzt, dass sie schwer davon losgetrennt 
_ werden konnten. Die zellgewebigen Scheiden sind mitunter mit zahl- 
reichen Gefässen versehen. 

Die näheren anatomischen Verhältnisse sind folgende: Das Kopf- 
ende ist aus drei abgeflachten Papillen zusammengesetzt; zwischen 
denselben erscheint ein vorschiebbarer Zahn (s. 24a), (wie dies 
namentlich bei reflectirtem Licht am aufgespiessten Kopfe klar wird), 
der in eine Scheide (s. 245) zurückgezogen werden kann. DerZahn 


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Helminthologische Notizen. 387 


erhält häufig eine schiefe seitliche Lage je nach der Drehung des 
Kopfes. Der Darmcanal ist weit, gerade und mit einer dunkelkörnigen 
Masse erfüllt. Am gewöhnlich gekrümmten Hinterende liegt der seit- 
liehe After (s. 25 a) und der kurze Stachel. An den gewöhnlich 
2 Centim. langen Würmern findet man ungefähr 2 Millim. hinter dem 
Kopfende ein bei auffallendem Lichte weisses, bei durchgehendem 
dunkles, 5/, Millim. langes, scharf abgegrenztes Organ, das mit dem 
Ösophagus leicht hervorgezogen werden kann. Dasselbe besitzt 
eine zarte Hülle, welche leicht berstet und den Inhalt, eine feinkörnige 
Masse, hervorquellen lässt. Dieses Organ, das mit dem Ösophagus 
im Zusammenhange steht, dürfte wohl dem Secretionsorgane der 
Nematoden von v. Siebold entsprechen. Ausser dem Darmcanale 
konnten keine anderen Organe in der Leibeshöhle ausfindig gemacht 
werden. Zwei(?)starke Muskelstrata, Längs- und Quermuskelbündel 
vollführen die sehr lebhaften Bewegungen des Thieres. Die Körper- 
decke ist quergeringelt. 

Rudolphi hat es schon hervorgehoben, dass dieser von ihm 
Filaria Capsularis genannte Wurm auch ausserhalb des ihn bewir- 


' thenden Organismus fortleben könne; er erhielt ihn acht Tage in. 


frischem Wasser und sah ihn in eingefrornen Häringen nach Zugabe 
von frischem Wasser wieder aufleben. Die Lebenszähigkeit des 
Thieres offenbart sich auch dadurch, dass der abgerissene Kopf 
sich längere Zeit sehr lebhaft hin und her bewegt. 

Ich beobachtete nach achtzehn Tagen, nachdem die Würmer aus 
der Leibeshöhle des Fisches herausgenommen und in Brunnenwasser, 
das nicht erneuert wurde, gelegt waren, lebende Exemplare, und deren 
Umrisse zeigten sich ganz wohl erhalten. 

5. Einen ähnlich beschaffenen, geschlechtlich unentwickelten 
Nematoden (Agamonema Dies.) fand ich bei mehreren Individuen 
von Mullus barbatus und einmal bei Zeus faber in mehreren Exem- 
plaren vertreten. Die Länge des Wurmes schwankte zwischen 12 bis 
20 Millim., die Breite vorne, mitten und rückwärts verhielt sich wie 
1/12 : Yu : 1, Millim. Von den anatomischen Verhältnissen will ich 
nur hervorheben, dass die verhältnissmässig lange Schlundröhre bei 
ihrem Übertritte in den pigmentirten Darm einen hellen, blinddarm- 
ähnlichen Fortsatz abgibt (s. 26 aa); ausserdem ist noch ein nach 
vorne gerichtetes Divertikel (s. 26 5) an der benannten Übertritts- 
stelle zu beobachten, auf welche beide Fortsätze schon Dujardin 


388 Wedı 


(histoire natur. des helm. S. 60) aufmerksam gemacht hat. Neben 
dem geraden Darme verläuft ein mehr gewundener Canal, der in 
der Mitte des Thieres seine grösste Breite erreicht und eine fein- 
moleculäre Masse enthält. Von der Mitte abwärts zeigt derselbe eine 
Lichtung in seinem Centrum und kleine kernhaltige Zellen. Von 
einer weiteren Entwickelung derselben konnte in mindestens einem 
Dutzende von solchen untersuchten Helminthen nichts wahrgenommen 
werden. Die Hülle besteht aus in einander geschobenen bandartigen 
Längsstreifen (s. 27). 

6. Dujardin (l. e. S. 105) hat in den Magenhäuten einer Raja 
clavata einen röthlichen Rundwurm, 1-8 Millim. lang, 0-7 Millim. 
breit gefunden, dessen Kopf ähnlich jener Spiroptera des Maulwurfs-, 
und Igels sein soll; dessen Geschlechtsorgane jedoch nicht ent- 
wickelt waren. | 

Ich habe zwei solcher Spiropteren (?) im Magen von Raja cla- 
vata gesehen. Der Kopf hat auf der Rückenseite drei hervorragende 
Läppchen (s. 28a). Gegen den Untertheil hin ragt jederseits eine 
kurze Papille hervor (s. 28 5 5); überdies findet man in der Mitte 
des Vordertheils eine Erhabenheit mit drei Einkerbungen (s. 284) 
und zwei seitliche Erhabenheiten mit einer Einkerbung (s. 28 ce). 
Am Kopfende ist ein deutliches netzförmiges Wassergefäss-System 
vorhanden. Neben demVerdauungscanale liegen gSewundene Schläuche, 
die wie mit einem zarten Epitel ausgekleidet sind (s. 28 e) und dessen 
Zellen beträchtlich kleiner als jene an den Seitentheilen des Körpers 
befindlichen sind (s. 28f). Die äussere Decke ist quer geringelt. 
Die Länge der von mir im Magen von kaja clavata gefundenen Rund- 
würmer betrug 8—9 Millim., die Breite '/, Millim. 

7. In dem pylorischen Theile des Magens, in der Chymusmasse 
eingebettet und wohl auch in dem zunächstliegenden Darmstück von 
Scyllium Catulus habe ich zweimal eine Ascaris gefunden, deren 
Repräsentanten in der Länge von 16 Millim. — 6 Centim., in der 
Dieke von %, — 1!/, Millim. differirten. Nach vorne und rück- 
wärts ist eine Zuschmälerung bemerkbar. Der Kopf ist abge- 
rundet, der Hintertheil konisch; ersterer besteht aus drei in einander 
greifenden stumpfen Wülsten, von denen jeder mit einem Paare zwei- 
zackiger Zähne bewaffnet ist (s. 29 a aa). Der Darmeanal verläuft 
gerade; der After befindet sich seitlich neben einer höckerigen 
Erhabenheit vor dem konischen Ende. Etwas vor derMitte des Thieres 


RER EN 


Helminthologische Notizen. 389 


wird die Geschlechtsöffnung deutlich. Die Hautdecke ist aus ungemein 
zarten Querstreifen zusammengesetzt. Von derselben nach einwärts 
liegen an beiden Seiten des Thieres in gleichmässigen Distanzen sehr 
zahlreiche Knoten, von welchen 3-—A, 0:0036 Millim. dieke Stränge 
büschelförmig gegen die mittlere Oberfläche des Körpers ausstrahlen 
und daselbst verschwinden. Dass diese allenthalben gleichmässig 
vertheilten Knoten und die davon ausstrahlenden Stränge dem Nerven- 
systeme angehören, soll weiter unten erörtert werden. In der Leibes- 
höhle, wo der Darmeanal gelagert ist, wird ein transparenter nur 
durch sparsame Moleküle getrübter Saft zeitweilig auf und abwärts 
getrieben; auch liegt daselbst ein schlauchartig gewundenes, wie von 
einem Epitel ausgekleidetes Organ (s. 30), das, gegen die seitliche 
Geschlechtsöffnung hin breiter werdend, in den Wandungen des 


 Schlauches eine quere Streifung zeigt. Mit Dotter oder einer Ei- 


Membran umhüllte Eier sind in den kleinen, unentwickelten Ascari- 
den nicht zu finden ; es ist daher blos ein Eierkeimstock vorhanden. 
Mehr gegen die Oberfläche des Thieres kommen jedoch noch 
andere in Längsreihen angeordnete Organe vor, die in ihrem Centrum 
ovale, mit einem Haufen Körner in ihrer Mitte versehene Körper 
beherbergen (s.31). Letztere sind auch kleiner, sodann in Doppel- 
reihen gelagert und enthalten nur wenige Körner. Nebst diesen Zel- 
lenreihen, welche in keiner direeten Verbindung mit den oben beschrie- 
benen büschelförmigen Quersträngen stehen, sieht man noch solche, 
welche vollkommen den bi- und multipolaren Ganglienzellen gleichen, 
und von welchen theils nach der Längenaxe zwei Fortsätze oder nach 
der Queraxe des Thieres mehrere Fortsätze ausstrahlen. Ich zweifle 
nicht, dass jene ganglienzellenartigen Körper mit ihren Fortsätzen 
das Nervensystem vorstellen, da auch G. Meissner bei den Mermi- 
then dasselbe auf eine ähnliche Weise nachgewiesen hat. 

Die grösseren Ascariden haben schon ausgebildete Eier aufzu- 
weisen, deren rundliche Dotterblase von einem Durchmesser von 
0:052 Millim. das Keimbläschen einschliesst (s. 32). Die Dotterblase 
ist von einer mehr weniger pentagonalen oder hexagonalen, wellen- 
förmig gestreiften Eihülle umgeben. 

Von diesem bewaffneten Ascariden, für den ich wegen der zwei- 
zackigen Zähne den Namen Ascaris bieuspis vorschlagen möchte, 
konnte ich nur Weibchen entdecken. 


390 | Wedi. 


8. In Bezug auf Ascaris rigida aus dem Magen von Lophius 
piscatorius kann ich die Angabe Dujardin’s (l. ec. S. 184) gegen 
Rudolphi, der dem Männchen nur ein einfaches Spieulum zuschrieb, 
bestätigen. Es sind zwei gekrümmte Spicula von beträchtlicher Länge 
vorhanden; vor denselben erscheinen 10—12 Reihen von Saugwarzen 
an der nach innen gekehrten Oberfläche des Thieres, die ohne Zwei- 
fel bei dem Begattungsacte zur festeren Adhäsion mitwirken. Das 
männliche Geschlechtsorgan (Hode) besteht aus einem 6 Millim. lan- 
gen, bis 0:41 Millim. breiten, transparenten Theile, grosse, gross- 
kernige, feingranulirte Zellen enthaltend, die in einem grossmaschigen 
Fasernetze eingeschlossen sind. 

Die weibliche Geschlechtsöffnung liegt gegen das Ende des vor- 
deren Drittheils an der Bauchseite. Die Eier sind rund, die Dotter- 
blase 0034 Millim. im Durchmesser, dunkelkörnig, die Eihülle 
häufig gefaltet, leicht berstend. Die Dottermasse zeigte noch keine 
Furchung. 

9. Der Sonderbarkeit des Fundortes halber will ich hier anfüh- 
ren, dass ich beim Einschneiden in die bekanntlich vom Darmeanale 
durchsetzte Leber eines 12 Centim. im Längendurchmesser haltenden 
Pecten Jacobaeus einen 31/, Centim. langen, in der Mitte bei 1/, Millim. 
breiten Nematoden hervorzog, der dem von Diesing, benannten 
Genus Agamonema angehört und nach vorne und rückwärts zuge- 
schmälert ist. Das Kopfende ist stumpf, das Hinterende spitz, sichel- 
förmig gekrümmt, der Körper quergeringelt, der Darmcanal weit, 
braungelb colorirt, gerade von vor- nach rückwärts verlaufend und 
kurz vor dem sichelförmigen Hintertheile endigend. Entlang dem 
Darmeanale verläuft ein schmäleres gewundenes Organ, analog jenem 
schon mehrmals bei den geschlechtslosen Nematoden beschriebenen. 
In der Gegend des Schlundkopfes befindet sich ein bei refleetirtem 
Lichte weisses, bei durchgehendem dunkles Organ, das für das freie 
Auge als eben wahrnehmbares Pünktchen erscheint. Die Bewegun- 
gen des Thieres sind ungemein’lebhaft, bald sich zu einem Knäuel 
zusammenwindend, baldsich wieder entwirrend und weitausgreifende 
Ortsbewegungen vollführend. 

10. In unserer Gegend kommt bei Tropidonotus natrix in dem 
vorderen Theile des Lungensackes sehr häufig ein Rundwürmehen 
vor, von dem ich (trotzdem ich einige Hunderte untersuchte) nur 
Weibchen zu Gesicht bekam. Die gegebene Charakteristik von 


2 ae BITTER 


Helminthologische Notizen. 391 


Strongylus denudatus (Rudolphi) ist zu unvollkommen, um mit 
Bestimmtheit sagen zu können, dass dieser Helminth identisch sei mit 
dem von mir gefundenen, der bei einer Länge von —5 Millim, und 
einer Breite von 1/, Millim. durch seinen zarten Bau sich auszeichnet. 
Viel besser stimmt Creplin’s Beschreibung seines Nematoideum 
Natricis (Wiegm. Archiv, 1844, 1, S. 121), so zwar, dass ich keinen 
Zweifel habe, dass er denselben Wurm vor sich hatte. Auch er fand 
nur Weibchen und hat sich daher einer näheren Bezeichnung dieses 
Nematoden enthalten. | 

An dem Kopfe unterscheidet man eine Ober- und Unterlippe, 
zwischen welchen man zu einer ziemlich weiten, nackten Mundhöhle 
gelangt (s. 33a); diese führt in den schmalen Gang des fleischigen 
Schlundkopfes, der, wie gewöhnlich, aus einer Lage quergelagerter 
Muskelfasern besteht. | 

Der gerade nach rückwärts verlaufende Darm besitzt ein aus 
platten, polygonalen, gekernten Zellen zusammengesetztes Epitel 
(s. 335) und endigt seitlich vor dem konischen Hinterende. Gerade 
vor der Ausmündungsstelle des Darmes befindet sich eine aus zwei 
Lappen einer hellen Membran bestehende Klappe. Das Thier ver- 
schlingt rothe ovale Blutkörperchen, die in dem Darme ganz gut noch 
zu erkennen sind, und demselben bei stärkerer Anhäufung ein schmutzig 
gelbbräunliches Colorit verleihen. An der Aussenseite des vordersten 
Darmstückes konnte ich einen fettkugelähnlichen Beleg unterscheiden, 
den Creplin ebenfalls gesehen zu haben scheint, In der Leibeshöhle 
zunächst der vordersten Abtheilung des Darmes liegt ein scharf abge- 
grenztes, kolbenförmig endigendes Organ, das mit einer feingranulären 
Masse erfüllt nach vorne verläuft, sich dabei zuschmälert und ungefähr 
in der Mitte des Schlundkopfes endigt (s. 33 cc); ob es daselbst 
nach aussen mündet, konnte mit Bestimmtheit nicht ermittelt werden, 
ohne Zweifel ist es, obwohl unpaarig, das von v. Siebold (s. dessen 
vergleich. Anatomie der wirbellosen Thiere, Nr. 139) bezeichnete 
Seeretionsorgan. 

Die Vulva befindet sich seitlich ungefähr in der Mitte des Thieres 
und führt zu einem aus Quer- und Längsfasern bestehenden Uterus, 
dessen Hörner sich auf- und abwärts erstrecken und in dem blind- 
sackigen Eierkeimstock endigen (vergleiche die folgende Abhand- 
lung). Der zugespitzte Hintertheil des Weibchens, der keinerlei 
Waffen zeigt, stellt sich nicht selten gegen die Körperaxe derartig, 


392 Wedı 


dass er mit dieser einen stumpfen Winkel bildet. Die äussere 
Bedeckung bilden Hornringe, die unter Einwirkung von Wasser 
bedeutend anschwellen. 

11. Bellingham hat in der Harnblase der wilden Katze ein 
Trichosoma gefunden, das der näheren Charakteristik entbehrt. Ich 
habe einmal ein Weibchen von Trichosoma in der Harnblase 
der Hauskatze gesehen. Der Wurm ist fadenförmig und von so 
zartem Kaliber, dass er an der gefalteten Schleimhautoberfläche der 
Blase erst unter der Loupe entdeckt wurde. Er rollt sich häufig spiralig 
auf, und verbleibt auch im todten Zustande so, dass seine Länge nur 
annäherungsweise auf 14—16 Millimeter geschätzt werden kann. 
Das Kopfende ist der schmalste Theil, denn es misst im Querdurch- 
messer nur 0:0096 Millimeter; der Mund wird von zwei vorstehen- 
den Lippen begrenzt. Gegen rückwärts nimmt die Körperdicke all- 
mählich zu und schmälert sich kurz vor dem Hinterende etwas zu; letz- 
teres ist schief abgestutzt, abgerundet und am hintersten Abschnitte 
nur 0036 Millimeter breit. Der Darmeanal ist nach vorne sehr schmal, 
wird nach rückwärts dicker und endigt mit einer seichten Binkerbung 
an der hinteren abgestutzten Fläche. Das Thier besitzt eine solche 
Transparenz, dass das Vor- und Rückwärtsrollen der Eier leicht 
beobachtet werden kann. Die Formen der letzteren sind mannigfaltig, 
rund, konisch, an beiden Enden etwas zugeschmälert oder oval, im 
letzteren Falle unterscheidet man eine dünne Ei-Membran mit einer 
sparsamen Lage von transparentem Eiweiss an dem oberen und unteren 
Einde und die Durchmesser verhalten sich sodann wie 0061 :0:032 
Millimeter. Den Standort der Vulva war mir an dem einen Exemplare 
nicht möglich zu entdecken. Die Hautdecke ist glatt, der darunter lie- 
gende Muskel in Form von Längsstreifen stark entwickelt. 


Erklärung der Tafeln Ta, IIa, IM. (I. Reihe.) 


1. Scolex eines Bothriocephalus (?) aus demDarme von Lophius piscatorius: 
A vordere Hälfte (vergrössert) ; Aa Öffnung an dem Vordertheile; Ab, Schliess- 
muskel des mit der Lichtung nach vorne gerichteten, schüsselförmig ausgehöhlten ' 
Körpers Ace; Ad unter der äusseren Decke gelegene, eontraetionsfähige, 
lappenförmige Theile; Ae, Ae rothes körniges Pigment. 3 in natürl. Grösse. 

2. Acanthobothrium erassicolle (nova sp.) aus dem Darme von Trygon 
pastinaca: A etwas vergrössert, 2 Aa Abschnürungsstelle an dem gerifften 


Helminthologische Notizen. 393 


Halse b; e vorderste, kurze Glieder. B Haken eines Kopflappens; a seitlicher 
viereckiger Ansatz; b Handhabe, ce und d die zwei etwas gekrümmten Fortsätze 
(stark vergrössert). 

3. Phyllobothrium gracile (nov. sp.) aus dem Darme von Torpedo mar- 
morata: 3 A Kopf mit dem dünnen Halse; 3 B Proglottis; « heller Mitteltheil, 
mit Eiern erfüllt; b Uterus-Hauptstamm, sich mit der Wurzel des Penis e kreu- 
zend und sich gleich hinter dem hervorgestülpten Penis p in v» mündend; 3 C 
a,b, c eontractile Proglottidenreste mit reifen Eiern, ohne nachweisbarem Penis 
(schwach vergrössert); 3 D feinstachelige Penisscheide (stark vergrössert). 

4. Seolex von Ahynchobothrium in einer Cyste eingeschlossen von dem 
Peritonealüberzuge des Magens eines Uranoscopus scaber (schwach vergr.). 

5. Derselbe Sceolex mit zum Theile vorgestreekten Rüsseln: «a Zurück- 
zieher der Rüssel; 55 kolben- oder besser schotenförmige Enden der Rüssel; 
ec ellipsoidische Organe, eine transparente, körnige Masse enthaltend. 


6. Ein Hakenrüssel mit der Stellung der Haken im vorgestreckten Zustande: 
aa Längsmuskelfasern an der Innenseite des hohlen Rüssels (stark vergrössert). 

7. Zum Theile eingestülpter Hakenrüssel, wobei die Haken an der Innen- 
seite des Rüssels in a zum Vorschein kommen (stark vergrössert). 


8. Scolex eines Rhynchobothrium aus den Muskeln eines Lophius pisca- 
torius: aa Öffnungen für die ausstülpbaren Hakenrüssel, die in 5b im eingezo- 
genen Zustande sich befinden (vergrössert). 


9. Rhynchobothrium longicolle=Tetrarhynchus longicollis (van Bene- 
den) aus dem Darme von Mustelus vulgaris: a die 4 langen Rüssel; d die 
Kopflappen; ce die langen Rüsselscheiden des Halses; d die langen röhrenför- 
migen Hohlgebilde am Halse; d’ Pigment an der Halsanschwellung; e geglie- 
derter Hinterleib (etwas vergrössert); f ein Haken des Rüssels (stark vergrös- 
sert); 9 Anordnung der ziekzackförmig verlaufenden und sich rechtwinkelig 
durehkreuzenden Fasern a’ b’, wodurch ein gegittertes Ansehen erwächst (stark 
vergrössert); % gekrümmter Penis. 

10. Rhynehobothrium tenue (mov. sp.) aus dem Darme von Myliobatis 
agula: A Kopf mit dem Halse; B Stellung der feinen Haken des Rüssels 
(stark vergrössert); C vordere kurze Glieder hinter der Halsanschwellung; 
D hintere gestreekte Glieder mit dem glatten, geraden, wechselständigen Penis; 
E Ei (stark vergrössert). 

11. Monostoma bipartitum (nov. sp.) von den Zähnen der Kiemenbögen 
eines Thynnus vulgaris: a Saugnapf; b Uterusstamm am Vordertheile des 
Thieres; e derselbe an dem strangartigen Halse; dd grau tingirter Eierkeim- 
stock; ee darmähnlich gewundene, gelbbraun tingirte Eiersehläuche (schwach 
vergrössert). | 

12. Jüngeres, im Verhältniss zu dem vorigen viel kleineres, geschlechtlich 
nicht so entwickeltes Exemplar von Monostoma bipartitum (schwach vergr.). 

13. Eier von Monostoma bipartitum (stark vergrössert): a von der Seite; 
d von vorne mit dem darin gelagerten Embryo; ce hervorgequetschter Embryo 
mit daran hängender Eihülle. 


394 Wedl. Helminthologische Notizen. 


14. Geschlechtlich nieht entwiekeltes Monostoma zugleich als Ekto- und 
Entoparasit bei einem Rhombus laevis: a Saugnapf; b Ösophagusanschwel- 
lung; ce gabelige Theilung des Darmeanales: d gabelig getheiltes Absonderungs- 
organ am Hintertheile des Körpers; e, dem blinden Ende des einen Darmastes 
entsprechend; f, leicht austretende dem Absonderungsorgane angehörige, kör- 
nige Masse, die in g stark vergrössert dargestellt ist. 

15. Monostoma foliaceum (Rudolphi) aus der Bauchhöhle von Aeipen- 
ser Sturio: a kleiner Saugnapf; db Speiseröhre; e deren Anschwellung, von 
wo aus der Darm nur mehr eine kleine Strecke weiter verfolgt werden konnte; 
d dunkler Streifen, der sich in d gabelig theilt; e Uterusstamm; f Penis; 
g Samenbläschen ? 

16. Mundsaugnapf von Distoma megastoma (Rudolphi) aus dem Magen 
von Seyllium Catulus. 

17. Distoma polymorphum aus dem Darme von Muraena Anguilla: P 
Penis; Uspiralig gewundener Uterus; TT gelappter Hode; © Eierkeimstock. 

18. Dikentrocephalus erinalis (nov. gen.) aus den Appendices pylo- 
ricae eines Lophius piscatorius: a zweilippiger Mund; 5 Speiseröhre; e vor- 
derer pigmentirter Theil des Darmes; d After; ee schief aufsteigende Streifen 
an dem kolbenförmigen Hinterende. 

19. Kopf mit den vorgestreckten beiden Stacheln, die in die Scheiden « 
zurückgezogen werden können; von Dikentrocephalus erinalis (stark vergr.). 

20. Kopf desselben Helminthen mit eingezogenen Stacheln, so zwar, dass 
nur deren Spitzen etwas hervorragen (stark vergrössert). 


21. Kopf eines zur Gattung Agamonema (Diesing) gehörigen Nematoden 
von der Peritonealoberfläche des Magens eines Lophius piscatorius: aa seit- 
liche, warzige Hervorragungen; 5 kurzer Zahn; c Pharynx (stark vergrössert). 

22. Hintertheil desselben Agamonema: a dem After entsprechend; 
b Gruppen kurzer, konischer Stachel (stark vergrössert). 

23. A Vordertheil eines unter der Schleimhaut des vorderen Darmstückes 
von Belone vulg. eingekapselten kleinen Nematoden mit einem kurzen Stachel 
in a; B Hintertheil mit dem After in 5 und einem etwas gekrümmten Stachel 
(stark vergrössert). : 

24. Kopf von Agamonema Capsularia (Diesing) aus der Bauchhöhle von 
Scomber scombrus: a vorschiebbarer Zahn, der in die Scheide 5 zurückgezogen 
werden kann (stark vergrössert). 

25. Hintertheil desselben Agamonema mit dem seitlichen After in « (stark 
vergrössert). 

26. Vordere Hälfte eines Ayamonema, (Diesing) aus der Bauchhöhle von 
Mullus barbatus und Zeus faber: aa heller blinddarmähnlicher Fortsatz bei 
dem Übertritte der Schlundröhre in den Darm; 5 nach vorne gerichtetes Diver- 
tikel des pigmentirten Darmes c. 

27. Ineinander geschobene, bandartige Längsstreifen der Hülle des vorigen 
Agamonema (stark vergrössert). 

23. Spiroptera (?) aus dem Magen von Raja clavata; am Rücken des 
Kopfes drei hervorragende Läppchen a; bb seitlich stehende; ce, d mit Einker- 


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Wedl. Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen. 395 


bungen versehene Hervorragungen; e ausserhalb des Darmeanales liegende, mit 
einem Epitel ausgekleidete Schläuche; f Zellen an den Seitentheilen des Kör- 
pers (stark vergrössert). 

29. Kopf von Ascaris bieuspis (nov. sp.) aus dem Magen und Darme von 
Seyllium Catulus mit Zähnen a aa an jedem der drei stumpfen Wülste (stark 
vergrössert). 

30. Schlauchartig gewundenes Organ ausserhalb des Darmeanales, von plat- 
ten Zellen ausgekleidet (stark vergrössert). 

31. Mehr gegen die Oberfläche des Thieres gelagerte Organe mit einem 
Haufen Körner in ihrer Mitte beherbergenden Körpern (stark vergrössert). 

32. Ausgebildetes Ei derselben Ascaris. 

33. Vordertheil von Nematoideum natrieis (Creplin) aus dem Lungen- 
sacke von Tropidonotus natrix: a nackte Mundhöhle; 5 Darmeanal mit seinem 
Epitel; e kolbenförmig endigendes Secretionsorgan, sich wahrscheinlich an der 
_ Oberfläche des Körpers mündend (stark vergrössert). 


Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen. 


‚Von dem e. M., Prof. Dr. K. Wedl. 
(Mit Il Tafeln.) 
T. 

Von den neueren Helminthologen haben insbesondere C. Th. v. 
Siebold und Dujardin dem Studium der Helminthen-Eier eine 
grössere Aufmerksamkeit gewidmet, und es hat letzterer der beiden 
genannten Autoren die Form und Grösse der Eier meist in die Dia- 
gnose der Helminthen aufgenommen. Sehr schätzenswerthe Beiträge 
zur näheren Kenntniss der Eier haben Kölliker, Bagge, 
Mayer, Creplin u. m. A. geliefert. — Vorliegende Arbeit 
beruht darauf, neue Daten über die Conformation mehrerer Eier und 
Embryonen von Helminthen nach selbstständigen Untersuchungen 
aus deren verschiedenen Ordnungen zusammengestellt zu geben, und 
obwohl jene nur Bruchstücke sind, so hoffe ich doch, dass ihre Ver- 
öffentlichung gerechtfertigt ist. 

Van Beneden statuirte im Jahre 1849 (Bullet. de U’ Acad. de 
Bruzelles, Tom. XVI, pag. 182) ein neues Cestoden-Genus Namens 
Echinobothrium, und fand bis jetzt erst eine hierher gehörige 
Species E. typus, welche er unter der 2. Section der Cestoden: 
Diphylles anführt (s. Memoires de U’ Academie royale de Belgique, 
tome XXV, pag. 158). Dieser kleine Helminth wurde von Blan- 
chard dem Genus Triaenophorus (Rud.) angereiht (siehe Annal. 


396 Wedi. 


des sciences natur., 3. Serie, tome XI, p. 126); auch Diesing 
(Über eine naturgemässe Vertheilung der Cephalocotyleen in den 
Sitzungsb. der kais. Akad. der Wissenschaften zu Wien, Bd. XIII, 
2. Heft, S. 579) wies ihm diesen Platz an. Ich fand den kleinen 
Cestoden nur einmal an der Spiralklappe des hinteren Darmstückes 
von Raja clavata in reichlichem Schleime eingebettet in mehreren 
Exemplaren, also in derselben Roche, in der ihn auch van Beneden 
angetroffen hat. Ich beschränke mich hier blos auf die Entwickelung 
der Eier und des Embryo dieses interessanten kleinen Helminthen, 
welche bei den zahlreichen Proglottiden leicht verfolgt werden 
konnten. 

Die Eier hängen in ihren niederen Entwickelungsstufen aus dem 
Bierkeimstock zu dreien zusammen und enthalten bald nebst einer 
fein moleculären Masse zerstreute, das Licht wie Fett brechende 
Kugeln (s. 1A), oder die zarten Moleküle reihen sich so an einander, 
dass polygonale helle Zwischenräume übrig bleiben (s. 12). In 
ihrer weiteren Entwickelung reihen sich die Eier kettenförmig an 
einander, in ihrer äusseren sehr zarten Hülle (s. Cec) eingeschlossen 
und mit einander durch vier dünne, kurze, stäbchenartige Fortsätze 
(s. 1 Caa) zusammenhängend. 

Von Interesse sind die von der Ei-Membran auswachsenden, mit 
einem Fortsatze der äusseren, sehr zarten Hülle umkleideten, 
peitschenförmigen Anhänge (1Cbb), welche, in eine feine 

Spitze auslaufend, seitlich herabhängen. Diese Anhänge, auf welche 
_ auch schon v. Siehold bei ‚mehreren Helminthen -Eiern aufmerk- 
sam machte, werden länger (s. 1D, 1E. 1Fbbb), scheinen jedoch 
in den entwickeltsten Formen nicht mehr vorhanden zu sein und mit 
der Entwickelung des Embryo in Verbindung zu stehen. 

Der Inhalt der Eier unterliegt sehr vielen Verschiedenheiten. 
Die Dottermasse erscheint bald in zwei grössere oder drei kleinere 
Kugeln zerklüftet (s. 1C), bald aufgehellt; die Moleküle sind so- 
dann in symmetrischen Reihen derartig gruppirt, dass grössere (1 D) 
oder kleinere polygonale, helle Zwischenräume gebildet werden 
(Bildung des Chorion) (1 E). Im weiteren Verfolge bildet sich in 
dem Ei ein rundlicher, deutlich abgegrenzter Körper (s. 1 Fa) aus, 
der als eine verschwommene graue Masse, excentrisch gelagert, den 
Embryo vorstellt. In anderen Eiern, von denen es zweifelhaft ist, ob 
sie einem späteren Datum angehören, ist das von den Molekülen 


EN N u 
’ ’ ‚ . 


ERREDEREERHE 


us 


me 


Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen. 397 


gebildete polygonale Maschennetz (s. 1 E) ganz verschwunden, und 
es wird im Innern ein rundlicher,' mit mehreren kernähnliehen Gebil- 
den (Embryonalzellenkerne, Kölliker) versehener Körper (1 @«) 
sichtbar; derselbe ist in 1 H mit einer körnigen Dottermasse 
belegt. — Der entwickelte Embryo ist mit sechs Häkchen in ganz ähn- 
licher Weise versehen (s. 11a), wie dies v. Siebold zuerst an 
Tänien-Embryonen nachgewiesen hat, und ist in einer transparenten 
abgesaekten Schichte (1/5) eingeschlossen; seine Gestalt erscheint 
nach seinem auf mechanischem Wege bewerkstelligten Austritte etwas 
abgeplattet (1 X). — Alle diese verschiedenartigen Eier (1 C—1 K) 
sind in einer sehr zarten, transparenten, jedwedes Ei abschnüren- 
den Hülle (s. 1C cc) kettenförmig an einander gereiht. 


2. 


In dem Darmschleime einer Torpedo marmorata wurde von mir 
einPhyllobothrium (vanBeneden), von Diesing als dritte Subgen. 
von Tetrabothrium aufgezählt, gefunden. Die Species scheint mir 
neu zu sein, und ich habe in meinen helminthologischen Notizen (3) 
ausführlich darüber berichtet und die Bezeichnung Ph. gracile 
gewählt; hier soll blos der Eier Erwähnung geschehen. Dieselben 
sind, wenn sie ihre Reife erlangt haben, gross, besitzen einen 
Längendurchmesser von 0:06 Millim., eine Breite von 0:048 Millim. ; 
befinden sie sich in einer günstigen Lage, so zeigen sie nach oben 
und unten eine kleine, knopfförmige Anschwellung (s. 2aa); in 
der Dotterblase erscheinen gruppirte Körner und transparente Dotter- 
kugeln. Das Ei ist in einer sehr zarten, nach der Längenaxe des- 
selben in zwei entgegengesetzte, sehr feine Fäden auslaufenden 
Hülle eingeschlossen. Die unreifen kleineren Eier enthalten eine 
dunkelkörnige Dottermasse. 

Die Entwickelung des Embryo konnte nicht verfolgt werden, 
indem sich überhaupt nur wenige reife Eier vorfanden: 


3. 


Die Eier eines Zcheneibothrium (van Beneden), das in dem 
Darmschleime der Spiralklappe bei Myliobatis aquila gefunden 
wurde, sind rund, 0-027 Millim. im Durchmesser und zeigen, wenn 
sie zu einer bestimmten Reife gelangt sind, einen beiläufig viermal 
den Eidurchmesser übersteigenden peitschenförmigen . Anhang an 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. II. Hit. 26 


398 Wedl. 


einer Seite (s. 365), der sich zu einem sehr feinen Faden auszieht, 
und andererseits mit der Eihülle, als deren Fortsatz er zu betrachten 
ist, in einem innigen Zusammenhange steht. Die Dotterblase bildet 
an der Insertionsstelle des peitschenförmigen Anhanges eine Quer- 
scheidewand (s. 3aa). Die Dotterblase ist mit einer transparenten 
Masse, in welcher zerstreute Dotterkügelchen suspendirt sind, 
gefüllt. 
A. 

Die Eier eines Echeneibothrium minimum (van Beneden), bei 
Trygon pastinaca gefunden, sind meist zu dreien, manchmal deren 
vier von einer sehr zarten, structurlosen Membran umgeben (s. 4 a), 
oval, in ihrem längeren Durchmesser 0-03 Millim. messend. Den 
Inhalt der Eier bildet eine feinkörnige, gruppenweise zerstreute, 
durch hyaline Zwischenräume getrennte Dottermasse. An manchen 
Eiern, welche eine günstige Lage haben, lässt sich das Keimbläschen 
und der Keimfleck gewahr werden (s. 4a’). In weiter entwickelten 
Eiern zeigt sich eine Theilung des Dotters in mehrere Portionen. 
Die Bildung des Embryo konnte weder an dieser Species von Eche- 
neibothrium noch an der vorigen verfolgt werden. Die Eier von 
Echeneibothrium minimum, welche van Beneden nicht beobachtet 
zu haben scheint, haben viele Ähnlichkeit mit den von ihm auf 
Taf. III, Fig. 15 seiner eitirten Abhandlung abgebildeten Eiern von 
Echeneibothrium variabile. 


5. 


Dujardin hat (Hist. natur. des helminthes, pag.581) die Eier 
von Taenia perfoliata des Pferdes aus drei Hüllen besiehend ange- 
geben, einer äusseren oblongen und dreieckigen Hülle mit acht Falten. 
oder Longitudinalfurchen auf jeder der dreiFlächen, einer mittleren, 
nur nach angewendeter Compression wahrnehmbaren, und einer inne- 
ren kugeligen. ! | 

Auf Taf. 11,@ 4—7 des Atlas gibt er die entsprechenden Abbil- 
dungen. Mir ist es wahrscheinlich, dass die von Dujardin ange- 
gebenen Furchen der äusseren Hülle ein artifieielles Product seien, 
durch Schrumpfung hervorgebracht; ich war nämlich nicht im 
Stande, an frischen Eiern von jenen etwas zu bemerken. Dieselben 
sind glatt (s. 5 f), die structurlose Eihaut faltet sich, nachdem der 
Inhalt ausgequetscht ist (s.5h). Der Embryo ist etwas abgeplattet und 


Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen. 399 


zeigt an seinem vorderen abgerundeten Theile den zurückgezogenen 
mit drei Paaren von Häkchen bewaffneten Kopf; der zugeschmälerte 
Hintertheil endigt in zwei kurze, stumpfe Zacken (s. 5 9). Von der 
schmalen Seite besehen erscheint nur eine Zacke (s.5 fc’). Dujar- 
din bildet eine ähnliche Figur, jedoch ohne Zacken am Hintertheile 
ab (Taf. 11, @ 7), sieht jedoch den inneren kugeligen, mit Häkchen 
bewaffneten Kopftheil als ganzen Embryo an, der mit einer inneren 
und accessorischen Hülle noch umgeben sei. 

Die Eier von Taenia perfoliata sind in ihrer ersten Ent- 
wickelung kleine granulirte Bläschen (s. 5«@). Werden dieselben 
etwas grösser, so erscheint in ihrem Innern eine sich von der Um- 
hüllungsmembran abtrennende, feingranuläre Kugel (5 5), die sich in 
zwei kleinere theilt (5 c). Wird im weiteren Verlaufe die Eiblase 
grösser, so werden in ihr 5—4 (ob mehrere?) zartgranulirte Kugeln 
und in der transparenten Zwischensubstanz oberflächlich gelagerte, 
zerstreut liegende, das Licht wie Fett brechende Moleküle sichtbar 
(5 d). Die Fettmoleküle nehmen an Umfang um das 6—Sfache zu, 
und im Innern der Eiblase ist statt der mehrfachen granulirten 
Kugeln nur mehr eine zu erblicken, der künftige Embryo (5 e). 


6. 


Die ausgebildeten Eier von Monostoma foliaceum (Rud.) aus der 
Bauchhöhle von Acipenser Sturio sind oval, haben einen Längendurch- 
messer von 0:079 Millim., einen Querdurchmesser von 0'043 Millim., 
besitzen ein etwas spitzeres und ein stumpferes Ende; bei der Dre- 
hung zeigt sich die eine Fläche etwas convexer, die andere flacher. Die 
Eischale ist dick und mit einer dunkelkörnigen Dottermasse erfüllt, 
welche, wie in dem Ei (6 a), in 12 Kugeln zerklüftet ist. Von dem 
einen Ende des Eies her fängt bei der weiteren Entwickelung die 
dunkelkörnige Dottermasse sich aufzuhellen an und macht einer trans- 
parenten Molecularmasse Platz (s. 6 c). Zugleich kommt in dieser 
Bildungsperiode, wie es scheint, an dem einen Ende des Eies zuerst 
ein knopfförmiger Fortsatz zum Vorschein, der zu einem Stiele (6 d) 
anwächst und bald an der, der fetten Molecularmasse entsprechenden 
Seite, bald an der entgegengesetzten sich befindet. Die weitere 
Metamorphose des Fortsatzes und des Eierinhaltes war mir an den 
vorgefundenen Exemplaren dieses Monostoma nicht gestattet zu 
verfolgen; hingegen habe ich die retrograde Metamorphose der Eier 

26 * 


400 re 


bei einem andern Acipenser sturio, der eine grössere Anzahl von 
solehen Monostomen enthielt, genauer eruirt, ein Gegenstand, den 
ich in den helminthologischen Notizen zur Sprache gebracht habe. 


4; 


Der Uterus von Distoma polymorphum (Rud.) aus dem Darme 
von Muraena anguilla macht sich schon für das freie Auge als gelb- 
licher Punkt erkenntlich, dessen auch Rudolphi in seiner Hist. 
nat. entozoorum, 1, 1, pag. 363 erwähnt. Es heisst daselbst: 
Collum vase fusco dupliei insigne, corpus ovulis ellipticis utrinque 
obscuris repletum. Man gewahrt nämlich gleich hinter dem Bauch- 
napfe ein, drei spiralige Drehungen zeigendes, bräunlichgelb tingirtes 
Gefäss, das mit ähnlich gefärbten, elliptischen Eiern erfüllt ist. Der 
Längendurchmesser derselben beträgt 0:052 Millim., der quereDurch- 
messer 0-024Millim. Als eine ihrer Eigenthümlichkeiten muss hervor- 
gehoben werden, dass sie einen 1/, Millim. langen, runden, steifen 
(ohne wellenförmige Biegungen) Fortsatz besitzen, der eine Conti- 
nuität mit der Eihülle bildet, an seinem Ansatzpunkte an dem einen 
Ende desEies breiter ist und, sich allmählich zuschmälernd, in eine 
feine Spitze ausläuft (s. 7 aa). Diese Fortsätze legen sich derartig 
bündelförmig an einander, dass sie an der einen Seite des Uterus, 
der nur eine Reihe von Eiern zeigt, als Fadenbüschel erscheinen 
(s. 7 c). Die Dottermasse ist gleichfalls gelblich tingirt und in den 
Eiern (75 5) in zahlreiche feinmoleceuläre Kugeln zerklüftet. Die 
unreifen Eier von grauer Färbung und kleinerem Umfange haben 
auch selbst nicht die Andeutung eines Fortsatzes aufzuweisen; sie 
sind allenthalben gegen den Rand des Thieres angehäuft. 


8. 


Die sparsamen ‚Eier von Distoma signatum (Duj.) aus dem 
unteren Theile des Ösophagus von Tropidonotus natrix sind: ver- 
hältnissmässig gross (von Dujardin offenbar zu klein angegeben), 
-0:084 Millim. in ihrem Längendurchmesser bei einer Breite von 
0:048 Millim., und zeigen an dem einen etwas spitzeren Ende einen 
Hohlraum (s. 8a’ a’), der von einigen Pigmentmolekülen unvoll- 
kommen erfüllt wird und derjenigen Stelle entspricht, wo der präsum- 
tive Kopf des Embryo sich befindet. Letzterer ist von oblonger Form 
und allenthalben an seiner Oberfläche mit ziemlich langen, in einer 


ee 


Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen. A01 


schwach undulirenden Bewegung sich befindenden Cilien besetzt. 
Befindet er sich im eontrahirten Zustande, wie in 8a, so erscheinen 
an seiner Oberfläche Hervorragungen und Vertiefungen; im nicht 
eontrahirten Zustande hingegen (85) ist er glatt, nur an seinem 
einen Ende (Kopfende ?) erscheint ein kuppenförmiger Ansatz. Die 
Contraetionen des Embyro sind träge; sie erfolgen langsam, und es 
dauert 1/, Stunde und länger, bis wieder eine vor sich geht, wobei 
sich einige zarte Längsfalten an der Oberfläche des Embyro bilden, 
Im Innern zeigt letzterer solitäre, scharf umrandete, das durch- 
gehende Licht stark brechende Moleküle verschiedenen Diameters, 
und hat er eine günstige Lage, so lässt sich auch gegen seine Mitte 
hin eine Flimmerung unterscheiden, offenbar einem gebildeten Flim- 
merläppehen v. Siebold’'s entsprechend. Letztere können selbst 
sehon beobachtet werden an solchen Eiern, wo der Embryo noch 
nicht entwickelt ist, wie in 8d, etwas von dem Centrum gegen das 
stumpfe Ende des Eies. Die Fettkörner sind daselbst schon mehr 
gegen eine Seite des Eies hingedrängt, während sie in dem Ei8c 
noch gruppenweise allenthalben vertheilt sind; in beiden Eiern jedoch 
mehr gegen die Oberfläche der Embryonalzellen gelagert. Die 
gequetschten Eier bersten meist in der Richtung ihres Längsdurch- 
messers, was wahrscheinlich mit ihrer anatomischen Struetur im 
Zusammenhange steht. Diejenigen Eier, in welchen die Furchungs- 
kugeln schon transparenter geworden sind oder der Embyro schon 
entwickelt ist, scheinen einen grösseren Widerstand dem angewen- 
deten Drucke zu leisten. Die Eihülle besteht aus einer glashellen, 
strueturlosen Membran, die sich leicht in Fälten legt. 


9. 


Die den Embryo einschliessenden Eier von Distoma mentulatum 
(Rud.) aus der Cloake von Tropidonotus natrix sind gelbbräunlich 
gefärbt, 0'036 Millim. lang, 0:019 Millim. breit. Der oblonge Embryo 
zeigt einen Kopf mit einer halsähnlichen Abschnürung, und ist der- 
selbe mit einer Mittel- und zwei seitlichen Furchen bezeichnet, auch 
der Vordertheil durch eine schärfere Zeichnung vor dem schwach 
eontourirten und oft ganz verschwommenen Hintertheile ausgezeich- 
net (s. 9 a). Von Bewegungen konnte ich nie etwas beobachten. 
An dem dem Kopfe entgegengesetzten Ende des Eies sind einige 
pigmentirte Moleküle angehäuft, während der Kopf selbst, der offenbar 


402 h Wedi. 


zuerst gebildete Theil, sich auf eine Querscheidewand stützt, 
welche die Eispitze abtheilt. Es finden sich übrigens die pigmentir- 
ten Moleküle auch an beiden Enden der gelbbräunlich tingirten Eier. 
Die eines solchen Colorits entbehrenden grauen Eier fassen eine 
hellere verschwommene und eine mit glänzenden gruppirten Kugeln 
versehene Masse, von denen erstere häufig die Gestalt einer Kugel 
mit einem 0:002 Millim. grossen Körperchen in ihrem Innern 
annimmt; von letzterem trifft man wohl auch deren 2 — 3. 

Die Grösse der grauen Eier kommt jenen gelbbräunlichen 
gleich; zuweilen, wenn sie in ihrer Entwickelung noch nicht so weit 
vorwärts geschritten sind, stehen sie den colorirten um etwa ein 
Viertel an Umfang nach (s. 95). Die granulirten Kugeln des Eier- 
keimstockes, der an den vorderen Seitentheilen des Thieres sich 
befindet, schwanken zwischen 0:0072 — 0012 Millim.; die Körner 
verdecken einen blassen Kern mit einem Kernkörperchen. 

Zuweilen trifft man in den, ausgebildete Eier führenden Canälen 
(Uterus) braungelbe Klümpchen von rundlicher Cireumferenz und 
Körner von kohlensaurem Kalk, welche hin und her gerollt werden. 

Die Ausbildung der Eier erfolgt später als jene 
der männlichen Geschlechtsorgane, denn man trifft 
kleinere jüngere Exemplare von Distoma mentul., in denen die 
Samenblase ein manifestes Spermatozoidengewimmel zeigt, während 
noch kein einziges ausgebildetes Ei wahrzunehmen ist. 


10. 


In dem Darme von Belone vulgaris fand ich einige Male Echino- 
rhynchi, welche bis auf die Grösse mit Echinorh. Pristis (Rud.) 
übereinstimmten. Dasjenige Exemplar, welches Rudolphi bei 
Belone vulgaris (Esox belone L.) zu Greifswalde fand, hatte eine 
Länge von 18 Millim., während die grösseren Weibchen des von mir 
gefundenen Echin. Pristis nur 4 — 6 lang und 4, Millim. breit 
waren. Der Eierkeimkörper befindet sich an den vorderen Seiten- 
theilen des Thieres neben der Rüsselseheide und besteht aus fein- 
granulirten, gelbbraun gefärbten, rundlichen Körpern, neben welchen 
die entwickelten Eier anscheinend frei liegen. Letztere lassen sich 
in zwei Kategorien abtheilen, in solehe mit einer starken Eihülle 
(s. 104) und jene ohne einer solehen (105, e, d, e). Ihr Längen- 
durchmesser verhält sich zum Breitedurchmesser meist wie 


Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen. A033 


0-045 Millim. : 0-012 Millim,; sie sind daher beinahe viermal so lang, 
als breit. Die Eier ohne starker äusserer Hülle sind bald mit einer 
zartgranulären Masse ziemlich erfüllt, oder letztere ist in 2—3—4 
Portionen abgetheilt, welche sich nach dem Längendurchmesser des 
Eies an einander reihen (s. 10 dB, c, d, e). Die mit einer stärkeren 
Hülle versehenen Eier zeigen wieder eine oblonge Dotterblase, in 
deren Mitte eine dunklere granulirte Kugel ersichtlich wird 
(10 a,«). | 

Da es durchaus nicht wahrscheinlich ist, dass bei der einfachen 
Aufschlitzung der Körperhöhle die starken Hüllen von so vielen 
Eiern bersten sollten, und auf diese Weise die Formen 5, c, d, e zu 
Stande kämen, so müssen dieselben als Bildungsstufen der Eier 
angesehen werden , wobei freilich der sonderbare, jedoch keines- 
wegs unerhörte Fall einträte, dass die schon in mehrfache Portionen 
getheilte Dottermasse wieder in eine granuläre Masse zusammen- 
schmilzt. Es genügt hierbei, an die von Prof. Bischoff zu Giessen 
angestellten interessanten Beobachtungen des Reh-Eies zu erinnern. 

Die ausgebildeten Eier von Echinorhynchus Pumilio aus dem 
Darme von Lophius piscatorius besitzen eine doppelte Hülle, von 
denen die äussere an ihrem oberen und unteren Endtheile falten- 
ähnliche Streifen zeigt (s.11 a, a’ «'); ob dieselben als der Ausdruck 
eines Hohlraumes anzusehen sind, mag dahingestellt bleiben. In der 
inneren Eihülle ist die oblonge Dotterblase eingeschlossen, welche 
eine granulirte Kugel (Keimbläschen, s. 11a”) in ihrem Innern 
beherbergt. Die doppelte Eihülle fehlt in anderen, wie 11 5, ja es 
kommen nicht selten nackte, oblonge Dotterblasen (11.d) vor, oder an 
dem einen Ende derselben ist eine gelblich tingirte derbere Substanz 
wie aufgeklebt (s. 11 c c’), und ist dieselbe als die erste Bildung der 
inneren Eihülle anzusehen. 


11. 


Eine interessante Bildung beobachtet man an den Eihüllen von 
Hedruris androphora (Nitzsch) aus dem Magen von Triton igneus 
und cristatus. Die ovalen Eier, von einem Längendurchmesser von 
0:043 Millim. und einem queren von 0-019 Millim., zeigen an beiden 
Enden des letzteren zuweilen knopfförmige Ansätze (s. 12a a’), 
welche jedoch nur in einer bestimmten Entwiekelungsperiode der 
Bier anzutreffen sind, und bei der weiter fortschreitenden Entwieke- 


A0A Wedl 


lung wieder verschwinden. Minder grosse, jedoch nach der Bildung 
der Eihülle’eonstante knopfartige Anschwellungen kommen an dem 
oberen und unteren Ende der Eier vor. Die Schale derselben ist so 
consistent, dass .eine Berstung, die nach der Ei-Länge erfolgt, 
schwierig zu bewerkstelligen ist. An Eiern mit einer helleren 
Dottermasse wird eine Längsraphe an der Oberfläche der Schale 
sichtbar (s. 125). Ist der Inhalt des Eies sehr transparent, so 
gewahrt man einen oblongen, meist gekrümmten Körper mit einem 
dickeren und etwas zugeschmälerten Endtheile (s. 12a), der in 
Eiern mit einer hellgrauen , aus Kügelehen zusammengesetzten 
Dottermasse fehlt (s. 125). Wenn letztere aus gelblich tingirten 
Körnern besteht, so ist sie entweder zu einer Kugel zusammen- 
geballt (12c) oder in Gestalt einer fettkörnigen Masse vertreten, 
der die Eihöhle beinahe erfüllt, wobei der Raum für das transparente 


Eiweiss kleiner und kleiner wird (s. 12d). Der eingerollte Embryo 
erscheint in den Eiern e und f. 


12. 


Ich erlaube mir hier die erste Bildung der Eier von dem oben 
beschriebenen Nematoideum (Creplin) aus dem Lungensacke von 
Tropidonotus natrix näher zur Sprache zu bringen. 

Der blindsackigen Eierstocksenden sind vier an der Zahl, und 
messen dieselben in ihrem Querdurehmesser blos 0012 Millim. In 
ihrem Inhalte werden zuerst sehr kleine, kaum 0:0005 Millim. grosse, 
in bestimmte Entfernungen von einander gerückte Körner (Keim- 
flecke) sichtbar; sie sind von einer transparenten Masse umgeben, 
welche eine Begrenzung: nach aussenhin zeigt, und verhalten sich zu 
dieser so wie das Kernkörperchen zum Kerne (s. 13). Die Keim- 
flecke werden grösser, je mehr man in der Röhre des Ovarium fort- 
schreitet; während dieselben bei einer Breite der letzteren von 
0024 Millim. einen Durchmesser von kaum 0'001 Millim. besitzen, so 
sind sie bei einer Breite der Röhre von 0:036 Millim. schon nun mehr 
als das Doppelte gewachsen und erreichen sofort bald einen Diameter 
von 0:007 Millim. Die die Keimflecke umgebende Partie wächst nicht 
in demselben Masse. Es ist begreiflich, dass bei einer Massen- 
zunahme des Keimbläschens die Keimfleeke weiter von einander zu 
stehen kommen. Die Bläschen sind bei einer Breite der Bierstock- 
röhre von 0:043 Millim. bis 0:012 Millim.'gewachsen. Im weiteren 


Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen. 05 


Verlaufe lagert sich um dieselben eine dunkle, feinkörnige Dotter- 
masse, welche, wenn sie einen bestimmten Umfang erreicht hat, mit 
einer Membran (Dotterhaut) umgeben wird. 

Es ergibt sich somit, dass zuerst der Keimfleck, sodann das 
Keimbläschen und zuletzt die Dottermasse mit ihrer Membran ihre 
betreffende Ausbildung erlangen, ob jedoch der Keimfleck das 
ursprünglich gebildete sei, kann noch nieht wegen der Kleinheit des 
Beobachtungsgegenstandes behauptet werden. 

Ich übergehe hier die weitere Ausbildung der Eier und des 
Embryo, indem ich nur wesentlich eine Bestätigung dessen geben 
könnte, was Bagge in seiner bekannten Dissertation de evolutione 
Strongyli auricularis et Ascaridis acuminatae 1841 und Kölliker 
(s. Müllers Archiv, J. 1843) hierüber schon angeführt haben. 
Nur muss ich bemerken, dass es mir nicht gelingen wollte, den Kern 
in den von Kölliker genannten Embryonalzellen zu finden. 

Je mehr der Embryo zum Ausschlüpfen aus der Eihülle heran- 
gereift ist, um so lebhafter werden seine Bewegungen, ohne dass 
jedoch eine Formveränderung an der Oberfläche der Hülle bemerkbar 
ist. Die Berstung der letzteren erfolgt sehr rasch, und der geborne 
Embryo bewegt sich alsogleich sehr lebhaft in Schlangenwindungen, 
rollt sich um seine Axe und schlägt mit dem Kopf- und Hintertheil 
hin und her. Die geborstene Eihülle erweist sich als eine sehr zarte, 
glashelle, sich in Falten legende Membran, die nicht selten für eine 
‘kurze Zeit an dem Hintertheile des ausgeschlüpften Embryo haften 

bleibt. 
| An letzterem lassen sich nun folgende anatomische Verhältnisse 
unterscheiden. Der Kopf ist etwas zugeschmälert und zeigt eine 
deutliche mit Lippen versehene Mundöffnung, die zu einer ziemlich 
langen, mit einer bulbusartigen Anschwellung endigenden Speise- 
röhre führt (s. 14). An dieser erweiterten Stelle (Pharynx) beob- 
achtet man häufig lebhafte zuckende Bewegungen; von ihr geht 
der gerade verlaufende Darmcanal nach rückwärts, um eine 
beträchtliche Strecke vor dem Schwanzende aufzuhören. Der 
gewundene Saum (s. 14a, a) entspricht der Lichtung des Darm- 
canales. Der Hintertheil besitzt einen biegsamen Stachel, den das 
junge Thier als Adhäsionsmittel benützt. Verweilen diese Jungen 
einige Zeit im Wasser, so schwillt nicht selten die Liehtung des 
Darmeanales beträchtlich auf. Von Geschlechtstheilen ist noch keine 


A06 Wedi 


Spur zu entdeeken, und es füllt blos eine feine Molecularmasse den 
Rest der Körperhöhle aus. 

Von hohem Interesse ist die Thatsache, dass diese jungen 
unentwickelten Thiere längere Zeit ausserhalb des sie 
bewirthenden Organismus zu leben und selbst an 
Körperumfang etwas zuzunehmen vermögen. Ich fand 
nämlich in der Chymusmasse des Magens eines Tropidonotus natrix, 
das übrigens im Lungensacke weibliche Nematoidea (Crep1.) beher- 
bergte, sehr zahlreiche Junge desselben Helminthen, welche mit der 
befeuchteten Chymusmasse in einem zugestöpselten Glase aufbewahrt 
wurden. Nach 48 Stunden befanden sie sich noch in sehr lebhafter 
Bewegung, insbesondere waren die schnellen Zuekungen am Pharynx 
auffällig. DieLänge von vielen Thieren hatte zugenommen, denn wäh- 
rend die eben ausgekrochenen kaum 0:30 Millim. lang sind, hatten 
die grösseren Exemplare nach der Fütterung schon eine Länge von 
0:37 Millim. erreieht, somit um etwas mehr als ein Fünftel die 
Länge überschritten. Nach 72 Stunden waren wohl die meisten todt, 
es wurden jedoch nach 96, ja selbst nach 120 Stunden, also fünfTage 
nach der Entfernung aus dem Magen der Natter, lebende Exemplare 
mit grosser Agilität angetroffen, ja eines hatte an Umfang um das 
Doppelte zugenommen und es war längs des Darmes eine granuläre, 
gelbbräunliche Masse auffällig, die man an eben ausgekrochenen 
Individuen nicht beobachtet. Nach 144 Stunden (nach dem abge- 
laufenen sechsten Tage) war kein lebender Wurm mehr zu sehen. ° 


13. 


Ein ähnliches Experiment habe ich mit den Jungen der lebendig 
gebärenden Ascaris nigrovenosa aus dem Lungensacke von Bufo 
cinereus vorgenommen. Die Länge des aus der Eihülle hervor- 
geschlüpften Embryo beträgt 024 Millim., die grösste Breite 
0:025 Millim. Nach 72 Stunden wurden noch einige der in einem 
zugestöpselten Probirgläschen mit Algenresten aufbewahrten jungen 
. Ascariden sieh munter bewegend angetroffen, die Mehrzahl derselben 
war abgestorben. Nach sieben Tagen, also nach 168 Stunden, bewegten 
sich noch zwei Junge, zugleich hatten dieselben so wie die meisten 
abgestorbenen Exemplare an Volumen zugenommen, ihre Länge 
betrug meist 0‘53 Millim., die Breite 0:033 Millim. Auch wurde die 
auffallende Beobachtung gemacht, dass, nachdem diese kleinen 


Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen. A0Y 


Rundwürmer etwa ‘/, Stunde der frischen Luft ausgesetzt waren, da 
sie, wie erwähnt, in einem zugestöpselten Probirgläschen sich 
befanden, eine grössere Menge aus dem starren Zu- 
stande sich erholt hatte und zuerst mit dem Köpf-, 
ehen, endlieh mit dem ganzen Leibe sich hin- und her- 
bewegte. Nach etwa 1/, Stunde wurden die Bewegungen viel leb- 
hafter, und es schlugen mehrere Dutzende der kleinen Würmer hin 
und her. Selbst nach zehn vollen Tagen wurden noch einige sich sehr 
lebhaft bewegende Exemplare gefunden. 


Erklärung der Tafeln Ib, IIb. (Il. Reihe.) 


1. Entwiekelungsformen der Eier von Echinobothrium typus (van Bene- 
den) aus dem Darme von Raja elavata: 1 A drei zusammenhängende Eier aus 
dem Eierkeimstocke mit grösseren Dotterkugeln; 1 B drei zusammenhängende 
Eier, worin zarte Moleküle zu einem Netze angereihet sind; 1 C kettenförmig 
an einander gereihte Eier von einer späteren Entwickelungsstufe; aa stäbehen- 
artige Verbindungsglieder der Eier; 55 peitschenförmige Anhänge; e mit 
Dotterkügelehen versehene Kugeln, isolirt in der Eihöhle gelagert; 1 D an der 
inneren Oberfläche des Eies beginnen die Moleküle sich symmetrisch anzureihen 
(Bildung des Chorion); dieselben bilden ein Netz in 1 E; 1 F zeigt den Embryo 
‘in a als zarte, verschwommene graue Masse; 1 @ enthält im Innern den mit 
Embryonalzellenkernen versehenen Körper a; 1 H, der sich bildende Embryo ist 
mit einer fein körnigen Dottermasse belegt; 1 / zeigt den mit sechs Häkchen 
bewaffneten Embryo « in einer transparenten, abgesackten Schichte einge- 
schlossen 5; 1 K der hervortretende Embryo. 

2. Ei von Phyllobothrium gracile (nov. sp.) aus dem Darme von Torpedo 
marmorata mit knopfförmigen Anschwellungen in aa. 

3. Eier eines Echeneibothrium (van Beneden) aus dem Darme von 
Myliobatis aquila: aa Querscheidewand; 55 peitschenförmiger Anhang. 

4. Eier von Echeneibothrium minimum (van Beneden) aus dem Darme 
von Trygon pastinaca: a drei in einer Hülle eingeschlossene Eier zeigend, in 
@' Keimbläschen mit Keimfleck; 5b Ei mit vier Dotterkugeln. 

5. Eier von Taenia perfoliata des Pferdes, die Entwickelungsstufen zeigend: 
a granulirte Kugel; 5 dieselbe mit einer Umhüllungsmembran; e zwei, d drei 
granulirte Kugeln enthaltend; e lässt die Anlage des künftigen Embryo gewahr 
werden; f mit der grobkörnigen Dottermasse in a’, einer transparenten abge- 
sackten Flüssigkeit in 5’ und dem Embryo in ce’; g ausgetretener Embryo mit 
dem rundlichen bewaffneten Kopftheile in g’; A strueturlose Eihaut. 

6. Eier von Monostoma foliaceeum aus der Bauchhöhle von Aecipenser 
Sturio: a grobkörnige Dotterkugeln; im Ei 5 sind dieselben in ce einer trans- 


ADS Wedl. Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen. 


parenten Moleeularmasse gewichen; auch ist in diesem Ei ein stielartiger Fort- 
satz d. 

7. Eier von Distoma polymorphum aus dem Darme von Muraena anguilla: 
aa langer Fortsatz der Eihülle; bb gefurchte Dottermasse; ce Segment des 
spiralig gedrehten Uterus (letzteres schwächer vergrössert). 

8. Eier von Distoma signatum (Dujardin) aus dem Ösophagus von Tro- 
pidonotus notriw: a den contrahirten mit Cilien besetzten Embryo fassend; 
derselbe ist in 5b im expandirten Zustande; in dem spitzen Eitheile ein mit Pig- 
mentmolekülen unvollkommen erfüllter Hohlraum «’a’; in e ist nebst den trans- 
parenten Kugeln (Embryonalzellen) eine in kleinen Gruppen vertheilte Dotter- 
masse; letztere in d mehr gegen eine Seite gedrängt. 

9. Eier von Distoma mentulatum aus der Cloake von Tropidonotus 
natrix: a gelbbräunliches mit dem Embryo; b graue Eier kleineren Diameters. 

10. Eier von Echinorhynehus Pristis (Rud.) aus dem Darme von Belone 
vulg.: a mit einer starken Eihülle und einer dunkelgranulirten centralen Kugel 
in a; bede frühere Bildungsstufen mit gefurchtem Dotter. 

11. Eier von Echinorhynchus Pumilio aus dem Darme von Lophius pis- 
catorius: a zeigt an seinen beiden Endtheilen faltenähnliche Streifen «a , im 
Innern eine granulirte Kugel; a’ (Keimbläschen); bed frühere Entwiekelungs- 
stufen; e’ in e erste Anlage der inneren Eihülle. | 

12. Eier von Hedruris androphora (Nitzsch) aus dem Magen von Triton 
igneus und ceristatus: a mit knopfförmigen Ansätzen a’; b mit einer Längs- 
raphe; c eine grosse grobkörnige Dotterkugel im Innern; in d ist die Dotter- 
masse allenthalben vertheilt; e und f fasst den eingerollten Embr yon 

13. Blindes Eierstoekende von Nematoideum natrieis (Creplin) aus dem 
Lungensacke von Tropidonotus natrix. 

14. Ausgeschlüpfter Embryo von ı Nematoideum natrieis (Creplin) mit 
der Lichtung des Darmeanales in aa. 

Anmerkung. Sämmtliche Figuren sind, mit Ausnahme von 7. e, bei starker 
Vergrösserung gezeichnet. 


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Wedl. Helminthologische Notizen. 


Aus ck Hofar Sraatsdnuckerei. 
Situngsb.d.k.Akad.d.N. math.natun. (U.XVIBd2 Heß: 1855, 


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Aus L.k.k.Hokı.Staatsdricckerg. 


Sitzungsb.d k.Akad.d NW math.naturw. CLXVT.Bd2.Heft.1855. 


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Hauer. Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums mit basischen Chlormetallen. A409 


SITZUNG VOM 18. MAI 1855. 


Eingesendete Abhandlungen. 


Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums mit basischen 
Chlormetallen. 


Von Karl Ritter von Hauer. 
(Vorgelegt in der Sitzung vom 10. Mai 1855.) 


1. 

Wir kennen eine grosse Reihe von Chloriden der schweren 
Metalle, welche mit den Chlorverbindungen von Ammonium und 
Kalium Doppelsalze bilden. Beschränkter ist die Anzahl derjenigen, 
welche noch eine Verbindung mit Chlornatrium eingehen. 

Eine kleine Anzahl ist endlich bekannt, welche mit Chlorbaryum 
und den weiteren Chlorverbindungen der elektropositiven Reihe Dop- 
pelsalze geben. Diese Chloride, so wie ihre näher untersuchten 
Doppelverbindungen mit Chlor-Baryum, Strontium, Caleium, Magnium 
sind folgende: 


Antimon. 2 BaCl + SbC, + 5HO 
Sb, (ähnliche Verbindungen lassen sich nach Pog- 
giale mit Stronfium, Calcium, Magnium 
| darstellen) 
Zion. BaCl + SnCl + 4HO 
SnCl BaCl + SnCl, + 5HO 
SnCl, SrCl + SnCl + 4HO 


SrCl + SnCl, + 5HO 
MgCl + SnCl, + 5HO 


Quecksilber. BaCl + 2HsCl+ 2HO 
u Ga 
HgCl Chlorquecksilberstrontium (Bonsdorff). 


410 Hauer. Über neue Verbindungen 


CaCl + 2HgCl + 6HO 
CaCl + 5HgCl + 8HO 
MeCl -t HgCi + 6HO 
MgCl + 3HgCl + 5HO 


Gold. Dreifach Chlorgoldbaryum (Bonsdorff). 
Au], DreifachChlorgoldstrontium , 


CaCl + AuCl, + 6HO 
MeCI + AuCl, + 12HO 


Sn BaCl + PtCl, + 4HO 
PtCl, SrCI + PtCl,; + 8HO 


CaCl + PiCl, + 8HO 
MegCl -+ PtCl, + 6HO 


Palladium. Einfach-Chlorpalladbaryum 
Einfach-Chlorpalladealeium 
Einfach-Chlorpalladmagnium (Bonsdorff). 


Auf die von Bequerel auf galvanischem Wege dargestellten 
Verbindungen ist hier keine Rücksicht genommen, weil sie nicht 
näher bekannt sind, und jedenfalls einen andern Charakter haben 
dürften, als die angeführten Salze. 

Aus dieser übersichtlichen Darstellung geht hervor, dass alle 
angeführten Chloride die Fähigkeit besitzen, ausser dem Baryum- 
doppelsalze auch noch weitere Doppelverbindungen einzugehen. Es 
scheint also das Baryumsalz eine gewisse Grenze zu bilden. Ist 
dieses nicht darstellbar, so sind mit dem betreffenden Chloride auch 
keine weiteren Doppelverbindungen, ausser jenen mit den Chlormetallen 
der Alkalien zu erhalten. Geht hingegen das Chlorid eines Metalles 
die Doppelverbindung mit Chlorbaryum ein, so vermag es wirklich 
die Rolle einer Säure zu spielen, und bildet dann natürlich noch 
weitere Doppelsalze mit ähnlichen Chlormetallen. Dass nicht blos 
die höheren Chlorstufen der Metalle diese Fähigkeit besitzen, beweist 
das Zinn, dessen Chlorür solche Verbindungen bildet. Auch die 
Verbindungen des Palladiums scheinen ähnlicher Natur zu sein. 

Da ich nun vor einiger Zeit eine Doppelverbindung des Chlor- 
cadmiums mit Chlorbaryum dargestellt habe !), ein Salz welches 


1) Siehe Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften. Band XV, Seite 36. 


des Chlorcadmiums mit basischen Chlormetallen. 411 


sich durch hohe Krystallisationsfähigkeit auszeichnet, so war es 
interessant zu versuchen, ob Cadmium nicht analog den angeführten 
Metallen gleichfalls weitere Doppelverbindungen mit basischen Chlor- 
metallen zu bilden fähig sei. 

In der That rechtfertigte der Erfolg der angestellten Versuche 
die ausgesprochene Voraussetzung. Es gelang zahlreiche Doppel- 
salze des Chlorcadmiums mit den Chlorverbindungen von Strontium, 
Calcium, Magnium, Mangan etc. darzustellen. 

Da das Einfach-Chloreadmium bis jetzt die einzige bekannte 
Chlorstufe dieses Metalles ist, so sind diese Salze vor der Hand 
jenen anzureihen, welche sich in Verbindung mit Zinnchlorür bilden. 
Doch ist es sehr wahrscheinlich, dass ein Cadmiumchlorür (Halb- 
chlorcadmium) darstellbar ist, und das jetzige Einfach-Chlorcadmium 
ähnlich dem Einfach-Chlorquecksilber bereits eine höhere Chlorver- 
bindung repräsentirt. Denn aus der Eingangs gegebenen Zusammen- 
stellung geht hervor, dass das Zinnchlorür die einzige niedrige 
Chlorverbindung ist, welche derlei Doppelsalze bildet. Es gewinnt 
dies um so mehr an Wahrscheinlichkeit, da ein Cadmiumoxydul 
(Suboxyd Cd,O) existirt, welches Marchand !) durch Glühen des 
oxalsauren Oxydes, unter Abhaltung des Zutrittes der atmosphäri- 
schen Luft, erhalten hat. 

Für die neuerlichst dargestellten Doppelverbindungen des Chlor- 
eadmiums, so wie eine Anzahl schon früher von mir beschriebener 
. Verbindungen mit den Chlormetallen der Alkalien 2), erscheint im 
Allgemeinen der Name Chlorcadmiate passend. Denn eben die 
Existenz dieser beträchtlichen Menge von Salzen beweist, dass das 
Chlorcadmium vorwiegend den Charakter eines elektronegativen 
Bestandtheiles repräsentire. - 

Ihrer chemischen Zusammensetzung nach lassen sich diese 
Salze in drei wohl unterscheidbare Gruppen sondern, indem das 
Chloreadmium basische, neutrale und saure, oder halb-, einfach- 
und zweifachsaure Salze bildet. 


1) Poggendorfi’s Annalen, 38. Band, Seite 145. 


2) Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften, Band XII, Seite 50 und 
Band XV, Seite 32. 


A 1 2 Hauer. Über neue Verbindungen 


Für diese drei Gruppen ergeben sich demnach die Bezeichnungen: 


I. Chlor-Hemieadmiate, 
II. Chlor-Monocadmiate, 
II. Chlor-Bieadmiate. 


Die Chlor-Hemicadmiate, in welchen 2 Atome des basi- 
sehen Chlormetalles mit einem Atom Chlorcadmium verbunden sind, 
entsprechen der allgemeinen Formel: 


2RCI 4- CdCl + xHO 


in welcher R = Ammonium, Kalium ete. ist. 

Diese Salze sind zumeist nicht darstellbar durch Verdunsten 
einer Lösung, welche die beiden Verbindungen in einem der Formel 
entsprechenden Mischungsverhältnisse, enthält. Sie erfordern zu 
ihrer Bildung in der Regel einen grossen Überschuss des basischen 
Chlormetalles. 

Von den bereits früher von mir beschriebenen Salzen gehören 
in diese Gruppe die beiden wasserfreien Verbindungen von Ammo- 
nium und Kalium, welche nach den Formeln: 


2H,NCI + CdCl und 
2KaCl + Cacl 


zusammengesetzt gefunden wurden. Werden die Salze dieser Gruppe 
in Wasser gelöst, so lassen sie sich meistens nieht umkrystallisiren, 
sondern werden zersetzt. Es schiesst nämlich zuerst ein Bicadmiat 
an, und erst nach Entfernung dieses, gibt die Mutterlauge beim 
weiteren Verdunsten wieder eine kleine Menge des Hemicadmiates. 
Die Salze dieser Abtheilung treten meistens in grossen Kıy- 
stallen auf, 

Die Chlor-Monocadmiate in welchen die beiden Chlor- 
metalle einatomig zusammentreten, sind nach der allgemeinen 
Formel: 


RCI + CdCI + xHO 


zusammengesetzt. 
Die Salze, die in diese Gruppe gehören sind nur in geringer 
Anzahl darstellbar. Von den in der oben eitirten Abhandlung 


des Chlorcadmiums mit basischen Chlormetallen. A13 


beschriebenen Salzen gehören hierher, die beiden Verbindungen mit 
Natrium und Baryum, deren Zusammensetzung den Formeln: 


NaCl + CdCI -- 3HO und 
BaCl -- CdCl + 4HO 


gemäss, war gefunden worden. Die Seltenheit der in diese Gruppe 
gehörigen Salze machte es anfänglich etwas schwierig, die weiter zu 
beschreibenden Salze zu finden. Es mussten vielerlei Combinationen- 
der Mischungsverhältnisse versucht werden, bis es gelang die mög- 
lichen Verbindungen aufzufinden. 

Die Chlor-Bieadmiate endlich, in welehen zwei Atome 
des elektronegativen Bestandtheiles sich mit einem Atome der Basis 
vereinigen, entsprechen der allgemeinen Formel 


RCI + 2CdCl + xHO. 


Zahlreich sind die Salze, welche in diese Gruppe gehören. 
Einige derselben krystallisiren fast bei jedem beliebigen Mischungs- 
verhältnisse, der beiden dasselbe zusammensetzenden Chlorverbin- 
dungen. Stellt man z. B. bei solchen das Mischungsverhältniss eines 
Monocadmiates dar, so entsteht fast immer durch freiwilliges Ver- 
dunstenlassen anfangs ein Bicadmiat, und nach Entfernung dieses 
gibt die Mutterlauge dann häufig ein Hemicadmiat. Doch verlangen 
aber wieder mehrere Salze dieser Gruppe die Gegenwart eines 
grossen Überschusses von Chlorcadmium in der Lösung, um ein 
Bicadmiat zu bilden. Es sind dies zumeist die Combinationen von 
Chlormetallen mit Chlorcadmium, welche auch ein Monocadmiat zu 
bilden fähig sind. Es krystallisirt nämlich bei diesen anfangs hart- 
näckig das Monocadmiat, und erst bei Gegenwart von sehr über- 
schüssigem Chlorcadmium ist das Bicadmiat im Stande anzuschiessen. 
Die Salze dieser Gruppe lassen sich, mit Ausnahme der eben ange- 
führten, ohne Zersetzung umkrystallisiren. 

Von den früher von mir beschriebenen Salzen gehören in diese 
Gruppe die beiden folgenden Verbindungen von Ammonium und 
Kalium: 


H,NCI + 2CdCl + HO und 
KaCl -+ 2CdCl + HO 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. II, Hft. 27 


41% Hauer. Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums mit basischen Chlormetallen. 


Die Reihe der Chlorcadmiate zeichnet sich im Allgemeinen 
dadurch aus, dass mit wenigen Ausnahmen alle hierher gehörigen 
Salze eine bedeutende Krystallisationsfähigkeit haben, insoferne 
sich die meisten derselben zu Krystallen von ansehnlicher Grösse 
leicht aufziehen lassen. .Es ist dies ein Charakter, welcher sich in 
den Cadmiumsalzen überhaupt vorwiegend ausspricht. Die Verbindun- 
gen dieses Metalls gehören zu den schönsten Individuen, die auf 
künstlichem Wege darstellbar sind. 

Die erwähnten Salze sind zumeist farblos und durchsichtig mit 
lebhaft glänzenden Krystallflächen. Ist das basische Chlormetall 
gefärbt, so zeigen sie demnach die Farbe von diesem. Mit Ausnahme 
der Caleiumsalze, welche zerfliesslich sind, verhalten sieh die 
meisten als ziemlich luftbeständig. Nur einige wenige verwittern 
in trockener Luft. 

Indem ich mir nun hier erlaubt habe nur die allgemeineren Eigen- 
schaften dieser Verbindungen hervorzuheben, werde ich in einer 
späteren Sitzung die Ehre haben die Analysen nachzutragen. Die 
Beschreibung der Krystallgestalten hat mein Freund, Herr Dr. 
Joseph Grailich übernommen. 


Pick. Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. 415 


Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. 
Von Adolf Jos. Pick, 


Assistent der k. k. Sternwarte zu Wien. 


(Mit I lith. Tafel.) 


Die Höhe eines Punktes der Erdoberfläche über dem Spiegel 
des Meeres ist ein so wichtiges Element der physicalischen Geogra- 
phie, die Kenntniss der absoluten und relativen Höhe der Bergkämme 
und Berggipfel von so bedeutendem Einflusse selbst auf das prak- 
tische Leben, auf Staats- und Volksökonomie, dass ein einfaches 
Mittel zur Erlangung recht vieler Daten dieser Art äusserst wün- 
schenswerth ist. Es ist also nicht zu verwundern, dass man bald nach 
Toricelli's glücklicher Entdeckung das Barometer wegen seiner so 
- ausserordentlichen Einfachheit als Höhenmessinstrument im Gebrauche 
findet. In der That haben die bedeutendsten Männer dieser Aufgabe 
ihre Aufmerksamkeit zugewendet und man kann, was die Theorie 
anbelangt, seit Laplace auf den Einfluss der geographischen Breite 
und Entfernung vom Erdmittelpunkte, und endlich Bessel auf die 
Variation des Dunstdruckes der Atmosphäre Rücksicht nahm, das 
Problem im Allgemeinen als gelöst betrachten. Nichts desto weniger 
ist es bekannt, dass barometrische Höhenmessungen lange nicht so 
genaue Resultate geben, als man nach der so vervollkommten. Theorie 
und den engen Grenzen der Beohbachtungsfehler zu erwarten berech- 
tiget ist. Allerdings ist für die meisten Fragen der physicalischen 
Geographie und Meteorologie eine sehr genaue Höhenangabe nicht 
erforderlich; aber sollen Messungen, welcher Art sie immer sein 
_ mögen, eigentlichen Werth haben, so muss man jedenfalls die Grenzen 
ihrer Genauigkeit kennen. Es wird uns nicht schwer werden nach- 
zuweisen, dass man dies bei barometrischen Höhenmessungen nach 
dem gegenwärtigen Standpunkte durchaus nicht im Stande ist, und 
dass man bei praktischer Ausführung Varianten findet, die selbst ein 
Misstrauen in die Theorie zu rechtfertigen geeignet sind. Bei der 
Häufigkeit mit der jetzt namentlich in gebirgigen Gegenden zur 
Bestimmung der Meereshöhe Barometerbeobachtungen gemacht 

re 


416 Pick 


werden, dürfte demnach eine Untersuchung über die Genauigkeit 
barometrischer Höhenmessungen nicht ohne Nutzen sein, um so mehr, 
als der Meteorolog auch sonst nicht selten sich der Höhenformel 
bedient, um durch Rückschluss den Gang des Luftdruckes unter 
verschiedenen Witterungseinflüssen zu finden, wie dies namentlich 
Kämtz bei der Untersuchung über den Einfluss des in auf den 
Luftdruck und in ähnlichen Fällen that. 

Es ist klar, dass diese Untersuchung über den Grad der Genauig- 
keit barometrischer Höhenbestimmungen einzig und allein in einer 
Prüfung und Vergleichung der Resultate von Beobachtungen, 
d. i. ihrer praktischen nicht theoretischen Seite bestehen kann, seien 
es nun solche die zu diesem Behufe eigends angestellt wurden, oder 
solche, die sich hierzu als geeignet herausstellen. 

Die Niehtübereinstimmung der Resultate verschiedener barome- 
trischer Höhenbestimmungen unter einander und mit guten trigono- 
metrischen Messungen, die man als genau ansehen darf, kann in 
Folgendem ihren Grund haben: 

1. In der Verschiedenheit der den barometrischen Formeln zu 

Grunde gelegten Constanten. 

2. In den Vernachlässigungen, die man sich erlaubt, um die 
Tafeln und die Rechnung einfacher zu machen. 

3. In Beobachtungsfehlern. 5 

%. Darin, dass die Verhältnisse der Atmosphäre keinen so regel- 
mässigen Gang haben, wie bei der Ableitung der Höhenfor- 
meln vorausgesetzt wird. 

3. Endlich darin, dass es noch Elemente geben mag die auf den 
Stand der bei den Beobachtungen benützten meteorologischen 
Instrumente einen Einfluss üben, der entweder gänzlich unbe- 
kannt, oder wenigstens nicht so genau bestimmt ist, um der 
Rechnung unterzogen werden zu können. 

Wir wollen nun zunächst zeigen, dass die ersten drei ange- 
führten Punkte die grossen Differenzen nicht erklären, welche sich 
bei barometrischen Höhenmessungen zeigen. 

Was den zweiten Punkt, die Vernachlässigungen zu Cündten 
einer bequemeren Rechnung anbelangt, so versteht sich von selbst, 
dass bei der Construction einer Tafel nur solche Grössen vernach- 
lässiget werden dürfen, die auf das Resultat innerhalb der Rechnungs- 
grenzen nicht influiren, und es geben auch in der That alle jetzt 


Über die Sicherheit barometrischer Höhenme ssungen. A417 


gebräuchlichen hypsometrischen Tafeln die Resultate genau so, wie 
die diesen Tafeln zu Grunde gelegten Formeln. 

Einigen Einfluss hingegen kann der erste Punkt, die Verschie- 
denheit der numerischen Coöffieienten auf das Resultat ausüben ; aber 
auch er ist seit Ramond (und ältere Bestimmungen werden nicht zu 
Grunde gelegt) verschwindend klein; wie denn in der That bei der 
Zugrundelegung derselben Daten, die Gauss’schen, Bessel’schen 
(die Rechnung für mittleren Luftdruck geführt), Carlini’schen, 
Littrow’schen und Wiemann’schen Tafeln (letztere nach Olt- 
manns eingerichtet), nahezu identische Resultate geben. So erhält 
man z. B. bei Berechnung der von d’Aubisson auf dem Monte 
Gregorio und einem 128°3 über dem Meere liegenden Punkte en 
stellten Beobachtungen folgende Resultate 1): 


Deäuhbisson findet... '. ©. 8797 
Bessel’s Tafeln (für mittleren Henektiekeifiirnt ink 
Gay-Lussac’s Coöffieienten) geben . . . . . ... 8798 


Beten geben 7 „u... m! em 79,072 879,7 
Garlints , REhE Ewa. ERNEUERT nn Ta Oman 
SRıltrows „ Re BERTIRERTGE 
Wiemann’s Tafeln Bet NIEiCAmeN % a ae LATE 


Wie wenig die Verschiedenheit der Co£ffieienten dabei influirt, 
ersieht man daraus, dass den Littrow’'schen Tafeln die Constante 
der Logarithmendifferenz 9436.966, den Wiemann’schen dagegen 
9407‘9 zu Grunde liegt, während die Constante der Lufttemperatur 
in beiden Tafeln dieselbe ist, und dies doch bei einer Höhendifferenz 
von 880 Toisen nur 0:1 oder weniger als einen Fuss beträgt, wie 
denn überhaupt die grössten Differenzen obiger Zahlen unter einer 
halben Toise liegen. 

In der That erhält man, wenn man die Gleichung 


| h=k.log -, 
nach A und % differenzirt: 
dh = (logb—log b').. dk. 


1) Die Daten dieser Beobachtungen sind: 
Monte Gregorio: Barometerstand 268"215; Quecks.-T. 1095 C.; Luft.-T. 9°9 C. 
128!3 ü. d, Meere © 329 013; 8 19-85 „19-95 C. 


418 Pick. 


Humboldt beobachtete auf dem Chimborazo db’ = 166"93, am 
Meere 5 = 336"404, beide Stände bereits auf 0° redueirt; man findet 
also für diesen Fall: 


dh = (log 336"404 — log 166"93) dk 
oder dh = 030433 . dk. 


Nun ist die angegebene Differenz von nahe 30 Toisen in der 
Constante k die grösste bei den jetzt gebräuchlichen Tafeln, und 
ihr Einfluss auf die wohl grösste Höhendifferenz die man mit einem 
Barometer zu bestimmen wünschen mag nur 9 Toisen. 

Für den Einfluss eines Fehlers (einer Variante) in der Constante 
der Lufttemperatnr m findet man aus 


= k.log =, f +n()) 


dk log. .dm =. (17) dm. 
Die Constante m wird in jenen Formeln, welche auf den Dunst- 
gehalt der Atmosphäre nicht besonders Rücksicht nehmen auf0-00400 
für Thermometer Celsius nach Ramond’s und Laplace’s Vor- 
gange angesetzt, was unter Voraussetzung eines mittleren Dunst- 
gehaltes der Gay-Lussac’schen Constante 0-00375 für Therm. C. 
entspricht. Nach Rudberg ist dieser Coöfficient = 0:003648. 
Demnach varürt die Constante m um dm = 0:000102. Also ist: 


dh = 0:000102 ) h. 


Für das oben angeführte Beispiel der Messung D’Aubisson’s 
beträgt dies nur 1‘2. Man sieht dass dieser Fehler auch dadurch 
compensirt wird, dass wenn h sehr gross wird, + kleiner werden 
muss, weil die Temperatur mit der Höhe abnimmt. In der oben erwähn- 
ten Messung des Chimborazo war +1’ = 25°3 +(— 1°6)—=23°7, 
woraus sich die Unsicherheit dieser Messung in Folge der verschie- 
denen Constanten der Lufttemperatur ergibt dh = 3:6. 

Dass die übrigen Constanten von keinerlei Einfluss sein können, 
ergibt sich schon aus der Kleinheit der übrigen Correetionen, mit 
Ausnahme der Reduction der Barometerstände auf 0°, die aber auch 
ohne Einfluss bleibt, weil allen Formeln derselbe Ausdehnungseco&ffi- 
cient des Quecksilbers zu Grunde gelegt wird. 


Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. A19 


Was nun drittens die Beobachtungsfehler anbelangt, so versteht 
es sich aus dem eben erwähnten Grunde, dass die Correetionen 
wegen der geographischen Breite und Entfernung vom Erdmittel- 
punkte in dieser Hinsicht gar nicht zu berücksichtigen sind, und es 
erhält demnach die Höhenformel die einfachere Form: 
t+t' b i—nT) 
Bi. 42) en) > 

wo k und m die schon erwähnten Constanten, rn die Constante der 
Quecksilbertemperatur bedeutet, und d, db’, t, Ü, T, T' die Beob- 
achtungsdaten sind, deren Einfluss eben zu untersuchen steht. 
Differenzirt man diese Gleichung nach A und den Beobachtungsdaten, 
so erfährt man den Einfluss der Beobachtungsfehler auf die Höhe. 

Da wir gesehen haben, dass alle Tafeln so gut eingerichtet 
sind, dass ihre Angaben unter sich und mit den Formeln überein- 
stimmen, so wollen wir der besseren Übersicht wegen die Betrachtung 
statt an die Gleichung in obiger Form, sogleich an die Gauss’schen 
Tafeln, die sich durch ihre Bequemlichkeit so sehr empfehlen, und 
nebst den ebenfalls sehr bequemen Wiemann’schen (Oltmanns'- 
schen) in Folgendem überall benützt worden sind, anknüpfen. 

Bei Nichtbeachtung der Correctionen wegen der Höhe und 
geographischen Breite findet man nach den Gauss’schen Tafeln 


logh = logu+4, 
wo u = (log b—10T) — (log b — 10T"). 


10 T und 10 7’ sind die Reductionen der abgelesenen Barometer- 
stände auf 0°, wobei ein achtzigtheiliges Thermometer vorausgesetzt 
wird und die Producte 10 7 und 10 T’ als Einheiten der fünften 
Decimale zu gelten haben. Man kann den Fehler der Ablesung eines 
Thermometers nicht höher als auf 0°2 zugeben; indess ist hier abge- 
sehen von Fehlern der Instrumente, die jeder Beobachter zu berück- 
sichtigen hat, ein anderer weit bedeutenderer Fehler möglich, der 
nämlich, dass das Thermometer nicht die Temperatur des Queck- 
silbers angibt. Bei sorgfältiger Beobachtung jedoch, wenn man 
abwartet, bis das Thermometer am Barometer einen stationären Stand 
annimmt, kann wohl auch dieser Fehler nicht mehr als 0°5 betragen. 
Nehmen wir jedoch für beide Fehlerquellen zusammen an jedem 
Thermometer 1°0 R. an. Wir finden, wenn wir u in Bezug auf 7 und 
T' differenziren 


420 Pick 
du = — 10(dT—dT'); 
also im ungünstigsten Falle du = + 20 Einheiten der fünften 


Decimale. | 
In Bezug auf 5 und Ö’ findet man 


wo u den Modulus der Brigg’schen Logarithmen bezeichnet. Als 
Grenze des Beobachtungsfehlers beim Barometer nimmt d’Aubisson 
0"09, Kämtz 0"10 an. Nehmen wir also 0”1 als Grenze, so hat 
man im ungünstigsten Falle 
1 1 1 1 
d=-+p0 r n 5 — +.0-04343 +5 
wobei d und Ö’ in Linien ausgedrückt sind. 
Die Grösse « ist demnach im ungünstigsten Falle falsch um 


du — +(0:04343 r . n +0:00020). 


‚Zu dieser Grösse u ist nun der Logarithmus aufzuschlagen, 
wobei 5stellige Tafeln eingerichtet wie die Lalande’schen voraus- 
gesetzt werden. Ist A die betreffende Differenz zweier nächster Loga- 
rithmen, so findet man 


u 
d (log u) — + (0:04343 E Si m -+ 0:00020).. 
Nun ist 
logh=logu + A 
also d(logh) =d(logu) — dA. 


Dieses A ist die mit der Constante der Logarithmendifferenz 
der Höhenformel vereinigte Correction wegen der Lufttemperatur, 
d. i. f (£-+t‘); sie ändert sich in den Gauss’schen Tafeln höchstens 
um 110 Einheiten der 5. Decimale, wenn {+ ? um 1°R. sich ändert. 

Nimmt man als Fehlergrenze der Lufttemperatur an jeder 
Station 10R. an, so ist im ungünstigsten Falle 


dA = + 0:00220, 


woraus der Totaleinfluss aller Beobachtungsfehler auf den Logarithmus 
der Höhendifferenz zweier Orte, berechnet nach den Gauss’schen 
Tafeln im ungünstigsten Falle folgt: 


Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. A221. 
i 1 1 
d(logh)— + [(0-04343 +! + 0:09020)4 + 0-00220] 
h RR 
und dh=+ -[(0:04343 It 10 00020) A + 0.00220] 1) 


1 1 
oder dh=+H [(o1 2 = . 0:0004605) A-+ 0:005066]| h. 
b db’) 
Die Gleichung lehrt, dass die Einflüsse der möglichen Beob- 
achtungsfehler um so grösser werden: 
1. je grösser 1 die PR beider Orte ist, 


2. je grösser u Eee d. h. je kleiner beide Barometerstände, 

mithin je höher "die Orte an sich liegen. 

Um die Grösse dieses Einflusses an numerischen Daten zu 
zeigen, folgen hier drei Beispiele, die beiden oben schon benutzten 
für eine sehr grosse und eine mittlere, und ein drittes für eine kleine 
Höhendifferenz, wozu die Daten aus „Wiemann’s Anleitung zum 
Höhenmessen mit dem Barometer,“ S. 70 entnommen sind. Man hat 
für die Höhe des Chimborazo 


dh — + 3017] (0- or — I+ 0. Pe 5 + 0:005066] 


d. i. dh = 21'43 = 0:0071 h etwas mehr als —— . der Höhe. 


Für Monte Gregorio hat man 


dh = + 880 (0 N or u 0004605) 5:0 + 0: 005066] 
di. N h nahe 700 „ der Höhe 


1) Für sehr geringe Höhendifferenzen wird die logarithmische Höhenformel und mithin 
b 
die Tafeln unbrauchbar; man muss dann log pr in einer Reihe ausdrücken , wo 
man hat: 


b W—b’ +5 Det 
Rh % lg — klog 1-—-| — 


en 


wobei es immer genügt zu setzen: 
h= k BIN 


und die Rücksicht auf Lufttemperatur u. s. w. wegfällt, weil der Einfluss aller 
Correetionen verschwindend klein wird. Es versteht sich natürlich, dass 5 und 
b‘ auf 0° redueirte Stände bedeuten. Alle in «dieser Arbeit vorkommenden Rech- 
nungen gestatten noch den Gebrauch der Tafeln. 


422 Pick. 
Wiemann gibt S. 70 folgende Daten: 


Elbstolln Mundloch bei Priesnitz 332"36 B auf 0° + 2-8C. Lufttemp. 
Dresden 7°3 Tois. über der Elbe 331-77 „ „ „+35, a 


woraus Dresden höher als Elbstolln 7'3. Man findet den Einfluss der 
Beobachtungsfehler 


1 N N De 
dh= +73 [(0 nr Ha -+ 00004605) 360 ++ 0-005066] 


dei. dh 2498 12.0:600% ale + Shih 


Aus dem Gesagten ergibt sich, dass mit Ausnahme jener Fälle, 
wo die Höhendifferenzen sehr klein sind, die Beobachtungsfehler der 
Brauchbarkeit des Barometers als Höhenmessinstrument keinen Ein- 
trag thun würden, dass sie also nicht hinreichen, um die in Wirk- 


lichkeit stattfindenden Verschiedenheiten der Resultate zu erklären. 


Dass diese Verschiedenheiten in der That so gross sind, dass 
man sich veranlasst finden muss, barometrisch bestimmte Höhen als 
ganz unzuverlässig anzusehen, wollen wir durch Anführung einiger 
Daten, die wir beliebig vermehren könnten, darthun. In den „Höhen- 
bestimmungen von Tirol und Vorarlberg, gesammelt durch Joseph 
Trinker, Inspruck 1852“, finden sich unter anderen folgende 
Daten: N) 

Afingen, Berggemeinde zwischen Bozen und Sarnthal, 3262 W.F. 
(Dr. Oettl), 2718 W. F. (Nab); 

Ala Stadt, 497 W.F. (Trinker und Feil), 3648 W.F. (Lunelli). 


St. Anton im Stanzenthal, Posthaus-Flur 4234  W.F. (Kreil.) 
» Boden 4074 » (‚Werdmüller.) 
” ” ” * > 481491 > (Gf. Reisach.) 


„ Er) % £)) 3987 S Er) (Sander.) 
AIRBRE i te OT 


Die Angaben für die Höhe von Bozen variiren zwischen 77567 
und 119407 W.F.; 

Hinterkaiser im Unterinthale, höchster Punkt der Molasse 2227 
und 3368 W.F., beide Daten von demselben Beobachter (Lipold) 1). 


1) Ganz ausserordentlich werden die Incongruenzen bei bedeutend hohenBergen, so z.B. 
Ortelspitze 14691°5 und 12352; Hinterkirchen S. Plateykogel 10,666 und 8090 W.F., 
also mehr als dritthalb tausend Fuss Differenz. (Jahrb. d.k.k. geol. Reichsanst. 1851, 
II. 1, S. 68, wo man noch zahlreich ähnliche Differenzen von 1000— 2000’ finden 


Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. 423 


Bei einigen der angeführten Daten, wenn auch jedenfalls 
nicht bei der letztangeführten , die eine Differenz von mehr als 
1100 W. F. zeigt, könnten Zweifel entstehen, ob sie sich auf 
dieselben Punkte beziehen; wir führen also noch ein Paar andere 
an, bei denen dieser Zweifel wegfällt. Man findet in den „Höhen- 
messungen in den norischen und rhätischen Alpen, von Ph. Otto 
Werdmüller von Elgg, Wien 1849,“ einem anerkannt sehr 
sorgfältigen Beobachter: 


Nr. 2. Dreistätten, 1350, 1399, 1243, 1359, 1383, 1327 W.F. 

„ 10. Kirchberg am Wechsei, 1782, 1744, 1689 W.F. 

„ 41. Bruck an der Mur, 1588, 1555, 1515, 1544, 1559, 
1424 W. F. 


wobei die zwei letzten Daten mit + bezeichnet sind, d. h. ein 
- grösseres Gewicht haben, weil sie mit zwei Fundamentalstationen 
verglichen sind. 

Nr. 73. Hofgastein. Unter den zwanzig Daten ist das Maximum 2854, 
das Minimum 2589 W. F., und zwar stehen diese Daten nicht als 
Ausnahme da, da neben ihnen die Zahlen 2828 und 2594 aufgeführt 
sind. Es wäre unnöthig diese Beispiele zu vernehmen; selbst eine 
flüchtige Durchsicht der genannten, so wie ähnlicher Schriften genügt 
um zu beweisen, dass bei mässigen Höhen, Varianten von mehr als 
100 Fuss zur Regel, bei grösseren Höhen Varianten von 1000 und 
mehr Fuss nicht zu ausserordentlichen Ausnahmen gehören. 

Da weder die verschiedenen der Rechnung zu Grunde gelegten 
Formeln und Tafeln, noch die Beobachtungsfehler die grossen Vari- 
anten zu erklären vermögen, so müssen sie in dem oben angeführten 
vierten oder fünften Punkte ihren Grund haben. Es sind also entweder 
die Verhältnisse der Atmosphäre im allgemeinen nicht der Art, wie 
sie bei Ableitung der Formeln vorausgesetzt werden, oder es wirken 
noch andere Elemente, die bis jetzt nicht in Rechnung gezogen worden 
sind, auf die Resultate ein. Die barometrische Höhenformel setzt nun 


kann.) Man halte dagegen z. B. die Seehöhe Krakau’s aus den russischen von der 
Ostsee und den österreichischen vom adriatischen Meere ausgehenden Nivellements, 
deren Resultate bis auf 1’76 Toisen stimmen, wenngleich jederseits mit Einschluss 
der Umwege eine Linie von nahe 200 deutschen Meilen Länge zu durchlaufen war. 
(K.v. Littrow, Bericht über die österreichisch-russische Verbindungs-Triangu- 
lation. Denksch. d. kais. Akad. d. Wiss. zu Wien. Bd. V.) 


AA Pick: 


zunächst voraus, dass die Erde von einer hohlen Luftkugel umgeben 
sei, welche inFolge des Mariotte’schen Gesetzes zu allen Zeiten und 
in allen Punkten gleicher Entfernung vom Mittelpunkte der Erde 
gleiche Dichte habe. Obzwar nun dies nie und nirgends der Fall ist, 
so lässt sich doch nicht in Abrede stellen, dass diese Voraussetzung 
auf einem richtigen Gesetze heruhe, und dass alle Einflüsse, welche 
die einem Orte entsprechende Quecksilberhöhe des Barometers modi- 
fieiren, gleichsam als Störungen des normalen Zustandes des Gleich- 
gewichtes zu betrachten sind. 

Es lassen sich zwei Wege denken, dem Einflusse dieser 
' Störungen zu begegnen. Entweder man sucht durch hinreichend lang 
fortgesetzte Beobachtungen und mit Hilfe der Theorie den Werth 
des jedem der beiden Orte zukommenden normalen Barometerstandes, 
der dann zur Berechnung der Höhendifferenzen zu dienen hätte, oder 
man sucht blos, weil ja das Mariotte’sche Gesetz für jeden Zu- 
stand der Atmosphäre seine Giltigkeit behält, den Einfluss, welcher 
durch die Ungleichheit dieser Zustände an beiden Stationen und den 
sie umgebenden und zwischen ihnen gelegenen Orten ausgeübt wird, 
zu bestimmen, woraus natürlich folgt, dass die Beobachtungen gleich- 
zeitig sein müssen. Da der erste Weg sich vorläufig nicht einschlagen 
lässt, weil man die Grösse des normalen (nicht mittleren) Luft- 
druckes ohne Kenntniss der Höhe nicht zu bestimmen vermag (obwohl 
das Berechnen der Höhendifferenzen mit Hilfe der mittleren Barome- 
terstände, namentlich der Jahresmittel, sich dieser Methode nähert), 
so erübriget nichts, als die Höhendifferenz mit Berücksichtigung der 
Störungen zu bestimmen. 

Die Ursachen dieser Störungen können, so weit man bis jetzt 
darüber zu urtheilen vermag, füglich nur in der Veränderlichkeit 
der Temperatur, in der Veränderlichkeit des Dunstgehaltes, in d@n 
Bewegungen der Atmosphäre und etwa noch in einer durch locale 
Einflüsse bewirkten Veränderung der Schwerkraft zu suchen sein. 
In so weit diese verschiedenen Momente schon in der genauen Höhen- 
formel berücksichtigt sind, entfallen sie aus unserer Untersuchung, 
ebenso wie der Einfluss des Dunstgehaltes der Atmosphäre, der nach 
den Bessel’schen Tafeln in Rechnung gezogen werden kann, und 
überdies gegen die grossen Varianten ebenfalls unerheblich erscheint. 
Was die durch locale Verhältnisse veränderte Schwerkraft anbelangt, 
so hat Dr. Wilhelm Fuchs (Über den Einfluss des Terrains auf die 


Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. A25 


Resultate barometrischer und trigonometrischer Höhenmessungen, 
Wien 1843) zu zeigen gesucht, dass grosse Landeserhebungen und 
massenhafte Berge einen bedeutenden Einfluss auf die Resultate baro- 
metrischer Höhenmessungen ausüben und Differenzen mit trigonome- 
trischen Messungen verursachen; wie es denn auch unleugbar ist, 
dass bedeutende Berge auch in anderer Beziehung hier Einfluss üben 
müssen. Sei dem jedoch wie ihm wolle, so würde das doch nur 
die Incongruenz barometrischer Messungen mit trigonometrischen 
erklären, keinesweges aber die der barometrischen unter einander 
bei Vergleichung derselben zwei Orte, Incongruenzen, die wie die 
obigen Beispiele zeigen, von weit grösserem Belange sind, da man 
unter den verschiedenen barometrischen Höhenangaben auch auf 
Zahlen stösst, die mit trigonometrischen Messungen ganz gut stimmen. 
Es bleiben demnach nur folgende Fragen zu erörtern: 

1. liegt der Grund der Incongruenzen in einer Unkenntniss des 
Ganges der Temperatur zwischen beiden Stationen ? 

2. liegt er in der Richtung und Stärke des Windes? 

Hierzu kommt noch: 
3. können die Ineongruenzen durch die Verschiedenheit der 
_ Tageszeiten erklärt werden, zu denen die Beobachtungen 
angestellt werden, und endlich: 

4. gewähren die Mittel, namentlich die Jahresmittel, die ja den 
Kreislauf aller meteorischen Elemente (sehr nahe) umfassen, 
hinreichende Sicherheit? 

Zur Beantwortung der ersten Frage, ob nämlich aus der Un- 
kenntniss der Function der Wärme zwischen beiden Stationen die 
Varianten zu erklären seien, mussten Orte der Untersuchung unter- 
zogen werden, in denen der Gang der Temperaturen möglichst 
gleichmässig ist, und wo man die Versicherung hatte, dass auch die 
Temperatur der zwischen ihnen gelegenen und sie zunächst umge- 
-_ benden Orte nicht schr differirt. Die Beobachtungen der hiesigen 
Sternwarte und der meteorologischen Centralanstalt entsprachen 
vollkommen diesen Bedingungen. Vergleicht man die gleichzeitigen 
Beobachtungen beider Orte, so findet man, dass die Temperaturen 
‚meist nur wenige Zehntel, höchst selten um einen ganzen Grad diffe- 
riren. Die beiden Stationen liegen nur etwa 1000 Toisen aus- 
einander, kein Berg oder was sonst einen unregelmässigen Gang der 
Wärme bewirken könnte steht dazwischen, und überdies ist der 


426 P.i.0k- 


ganze Einfluss der Function von (£ +) wegen der geringen Höhen- 
differenz sehr unbedeutend. Eine genaue Vergleichung der Beobach- 
tungen selbst gibt für ihre Verlässlichkeit das beste Zeugniss. Nur 
wäre eine etwas grössere Höhendifferenz vorzuziehen gewesen, um 
den Einfluss der etwaigen Beobachtungsfehler zu verringern. 

Berechnet man nämlich den Einfluss des möglichen Beobach- 
tungsfehlers im ungünstigsten Falle, so stellt sich das Resultat aller- 
dings günstiger heraus als in dem oben angeführten Beispiele Dresden- 
Elbstollen, weil ja bei fortlaufenden meteorologischen Beobachtungen, 
wie das hier der Fall ist, Vorkehrungen zur Erzielung genauer Daten 
leichter getroffen werden können und getroffen werden, was für uns 
vorzüglich in Bezug auf die Bestimmung der Quecksilbertemperatur 
von Wichtigkeit ist, indem dieser Fehler bis auf den blossen 
Ablesungsfehler des Thermometers wegfällt ; es bleibt jedoch immerhin 
die Möglichkeit, dass in Folge der Beobachtungsfehler im ungünstig- 
sten Falle die Höhendifferenz auf ?2/,;, — 1/, ihres Werthes falsch wird. 
Es ist die Wahrscheinlichkeit für das Eintreffen dieses Maximums 
des Beobachtungsfehlers allerdings eine so ausserordentlich geringe, 
dass man berechtigt ist anzunehmen er werde sich auch in einer 
sehr langen Reihe von Beobachtungen kaum einmal finden, indess 
erschwert jedenfalls der verhältnissmässig grosse Einfluss der Beob- 
achtungsfehler bei einer so kleinen Höhendifferenz den Überblick. 
Zwar bedarf es nur der Berechnung weniger Beobachtungen um zu 
der vollen Überzeugung zu gelangen, dass die Incongruenz der 
Resultate sich nicht aus den Beobachtungsfehlern erklären lasse, wir 
haben es jedoch vorgezogen, statt der einzelnen Beobachtungen die aus 
ihnen abgeleiteten Monatmittel der Rechnung zu unterziehen. Es ist 
klar, dass in einem Monatmittel die Beobachtungsfehler schon Zen 
merklichen Einfluss über können. 

Es wurden also aus den Monat- und Jahresmitteln aller an der 
hiesigen Sternwarte und an ‘der meteorologischen Centralanstalt 
gleichzeitig angestellten Beobachtungen die Höhendifferenzen gerechnet 
und sind nebst den nöthigen meteorologischen Elementen in den 
folgenden Tafeln zusammengestellt. 

Diese Tafeln, deren Einrichtung sich aus den Überschriften der 
Columnen von selbst erklärt, geben zur besseren Übersicht auch die 
Differenzen der gleichartigen meteorologischen Elemente beider 
Stationen, und ähnlich wie die Horner’s in der Abhandlung „Über 


Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. A2% 


den Einfluss der Tageszeiten auf die barometrischen Höhenbestim- 
mungen“ indenletzten drei Columnen die Höhendifferenz ohne Tempe- 
ratur-Correetion, die Correction wegen der Temperatur und die 
gefolgerte Höhendifferenz. Übrigens enthält Tafel I die um 6 Uhr 
Morgens, Tafel II die um 2 Uhr Nachmittags, Tafel III endlich die 
um 10 Uhr Abends angestellten Beobachtungen. 


Tafel I. 


185 


2 6° Morgens 


Luftdruck bei 0V in 
Par. Lin. 


Dunstdruck Höhenunterschied 
Par. Lin. in Toisen. 


Temperatur Reaum. 


St. | Cent. |Dif, St. Cent. Die. | St. | Cent. ee 3 
Corr.| Temp. bess 
300" +1300" + BR 
Sept. -51]-+10-65 110: 16 10- 49) 3-94| 4-06] 6-37 +.0:3416°72 
Oct, 0-55I+ 5-16+ 4951 +0°21| 2:94] 2:58] 6:87) +0°1817°01 
Nov. 0:64 + 46814 4:65| 40:03] 270) 2:60] 7:94 +018/8-15]|. 
Dee. 0-56 -+ 1:88. + 1:91—0:03| 2-11| 2-04] 6:89 +0:07,6°96 
18 
Jänn. |30:1229.56 0-56|+ 042] + 0'20/+0'22| 1:83| 1-80] 6-96, -+0°01|6°97 
Feb. 1261712555 0:62|— 1114— 1:08 —0:06| 1:71 1:61| 7:83|—0:05.7:78 
März 29:2928°74,0:55 — 0:97 — 1:00| +0:03 1-72| 1:60) 6-87) —0:03/6°84 
April |28-85 28:29,0.56|4+ 3:16|+ 3:29) —0.13| 2:11! 2:20] 6:95) + 0:09)7:04 
Mai 129-50/28:88 0:62!+ 9:33)+ 923 4010| 3-41) 3:52) 7:67) +0: 35.8-02 
Juni [28792831048] +1276| 41283 —0:07) 4:73| 471| 5-95 +0'38|6-33 
Juli 130-89 30-38,0:51]+1429| +1429 0:00| 5:29 5:15] 629) + 0-45, 674 
Aug. |30:46 39.95,0:511+13-26|-+12-92| 0:34) 4:68) 4:69) 6:28 +0-41,669 
Sept. [30:55 30.06 0:49) + 9'63|+ 9:27|-+0-36| 3:84, 3-70) 6:10) +0:29,6.39 
Oct. |30:23129:67 0-56)+ 692) + 673) 40-19) 3:33) 3:14) 6-92 -+0- 247.16 
Nov. [32-28 31-72 05614 1.59|+ 1-74/—0'15| 2-14) 2:05) 6:90, +0: 06, 6:96 
Dee, |30:74 30:06,0:68 — #22) — 4.06 —017| 1-35| 1:30) 8:48 —0: 18, 8:30 
Jahr |29:82 29-26 .0:56|-+ 5-42|-+ 5-36 +0:06, 3:01 2:96, 6°91| 0° 19, ‚7-10 


1854 


Jän. 13026 3005 0' 1:66| 1:60) 2:60 
Feb. 30:65 29:99 0 1:65 1°51| 8:17 
März |33°40,32:91 1:87, 177) 6:03 
April |31'49 30-99 |0- 2:06 1883| 618 
Mai 29 17|28-68 0- 3:66) 3:55] 6:10 
Juni 129-65.29.17/0° 4'45| 4:38| 5:97 
Juli |30:3629-83 4:86, 4:87| 657 
Aug. |30:98,30-48|0-50 4:62 4:61| 619 
Sept. |32:64 32:17|0° 3:37 3:17] 579 
Oct. [31:0630-.53 2-93| 2:89| 6°56 
Nov. 128:43|27-80|0' 2:03] 1:79) 790 
Dee. [29:21/28:61|0- 1°91| 1:79) 7-47 
Jahr |30:61 | i 2:92| 2:82! 6:32 


a 


428 Pick 
Tafel II. 


1852. 2 Uhr Nachmittag 


Dunstdruck 
Par. Lin. 


Luftdruck bei 00 R. 
in Par. Lin, 


Höhenunterschied 
in Toisen 


Monat Temperatur Reaum. 


Corr. 
wegen 
Temp. 


ohne 
Cent. |Temp. 
Corr. ! 


ver- 


St. Cent. |Dif. St. 


bess. 


300” + 300" Tale, | 
Sept. | 30 67| 30-19)0-48| 14-99) +15-27| 0-28! 2’ö8| #°51| 5-84 -0-39/6-43 
Oct. | 30:38] 29-940-44]4+ 9-19|+ 9-40 —0:21| 3-01| 2-86] 3-52 1.0-25|5-77 
Nov. |29:22] 28:63/0-59\+ 7-181+ 7-48 —0-30| 2-96| 2:87| 7-40 -1.0-27|7-67 
Dec. |31-18| 30:66,0-52|+ 3:86,+ 4.04—0.18| 2-27) 2:17| 6: 38|+013/6:51 


Jänner| 30-12 


0:54 1:87\6°70| +0:06/6°76 
Febr. | 26°06 0:59 -1:76|7°4&| +0°04|7°48 
März |29-28 0:54 1791671] +0:1016°81 
April |28:87 0:51 217/638] +0:2416°62 
Mai |29:26 0:51 3:57\6°30]-+0°47|6°77 
Juni |283-56 0-45 4'83| 5.62] +0°49/6:11 
Juli 30:65 0.37 5.30| 455 +0'4414:99 
Aug. |30-13 0:36 4:78) 4 50] +042]4:92 
Sept. | 30:34 0-40 3:90] 4:91/+0°40)5°31 
Oet. | 30:06 0:39 3:40) 4:85| +0'2715°12 
Nov. 13215 0.42 2:05| 5:15! + 0°0815°23 
Dee. | 3043 0:37 1:29) 4°6 
Jahr [29:65 0.44 3:07| 5:56 


Jänner! 30-50| 30-1310-37)+ 0-20 + 0-21) —0-01 4170| 4-5 14-59 
Febr. | 30:29| 29-88/0-44\-+ 1-45) + 1-51)—-0-06 1-62) 5-0 3515-13 
März |33-25| 32-94|0-311-- #841 3-02] —0-18 1:83| 3-8 93-90 
April |31-14| 30-77/0-37|410:66 -+11-06|—0-40 175] 45 54-83 
Mai [28-92] 28-60.0-32|415-73|-116-41|-— 0-68 3:57| 3-9 2/4-30 
Juni |29-27| 28-89/0-38|416-19)-+16-69|— 0-50 4-64] 47 
Juli | 30-12) 29-68/0,44| 118-491 1419-04! 0-55 4-82] 5-4 

Aus. |30-94| 30-33|0-41|-+16:49|116-86|—0-37 4-69| 3:07|40-4215-49 
Sept. |32:31| 32-13,0-38| 414.90) +15:54—0:64 3:30| 4-69 +-0:355-04 
Oct. |30-9&! 30:52/0-42|- 10-12) +411-01|— 0-89 3-14| 3-18 4.0:28|5-46 
Nov. |28-22) 27:78 0.444 3-03|+ 3-18|—0-15 1-85| 5-50/+0:08 5-58). 
Dee. |29-16| 28-70 0-46 + 3-30 + 3:52 0-22) 2-07| 1-85] 5721 +0-10)5-82 
Jahr |30-43| 30:05 0-38|+ 9-62 +10-01\— 0:39) 3:13| 2-90 4-60!-+0-22|4-82 


Tafel II. 


1852. 10 Uhr Abends 


Luftdruck bei 00R. R£ Dunstdruck Höhenunterschied 
in Par. Lin. Temperatur Reaum, Par. Lin. in Toisen 


ohne | Corr. | yer- 


St. Cent. Diff. St. | Cent. |Temp.| wegen 
Corr. | Temp- 


bess, 


300”+]3007+ 


Sept. 30-83|30-37| 0:46 ROM, 49 +0: 5ı| #-18| #°29| 5-67 +0'33)6:00 
Oct. |30'52|30-02) 0-50 |+ 6°57/-+ 6'22!+0:35| 2:88| 2:78] 6-16|+-0-19/6-35 
Nov. [29-42/29:09| 0-33 |+ 5-49) + 503/046] 2:83| 2:80] 4+-13|+0-11|4-24 
Dec. !31-43j30:99, 0.44 |+ 2:63|+ 2°60|+0.03| 2:19| 2-12] 5-45]-+0:08/5°53 


Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. 


429 


1853. IL UEr Abends 


Luftdruck bei 00 R. 


Monat in Par. Lin. 


St. Cent. | Dif. 


Jänner|30-31/29:79| 0-52 
Febr. 126-35[25-75| 0-60 
März |29-59/29-08) 0-51 
April |28-96128-49| 0-47 
Mai [29-3428-88) 0-46 
Juni [28-85|28-38| 0-47 
Juli 130:67[30-29) 0-38 
Aug. |30-35/29-92| 0-43 
Sept. 130-59 30-12] 0-47 
Oct. |30-34.29-83| 0-51 
Nov. |32.54'31-99| 0-55 
Dee. |30:77/30-21| 0:56 
Jahr |29-89 29-39| 0-50 


Temperatur Reaum. 


St. Cent. Dif. 


+++ 
ART 
++1+ 


+10-91| +10-66| 0-23 
1413-86| +13-37|+0:29 
1415-74 115-22| + 0-52 
145:04| +1470|+0.34 
+41-32| 4411-11] 40-4 


5/+0.24 
017 
0-17 
+045 


Höhenunterschied 
in Toisen 


Dunstdruck 
Par. Lin. 
Corr. 
wegen 
Temp: 


ohne 
Cent. |Temp. 
Corr. 


St. 


a dl 
DI Beam 9 Inn ID 
m ee DO ID DO DOM MW 


SH OO 


Jänner|30'96130-44 

Feb. 130:79|30-28 

März |33-4433-05 

April |31-45130-96 

Mai  [29-11128-73 

Juni 1|29-57/29-13 

Juli 130-34129-90! 0-44 

Aug. 131-06/30-60! 0:46 

Sept. |32-62|32-27| 0-35 

Oet. |31-06 30-67! 0-39 

Nov. [28-36 27-91) 0-45 

Dee. 29-35 28-95 0-40 
30:68 30-24 0-44 


Jahr 


SSR SAHSIsgS 
SADSKWVRrHSum 
De SE TEN ET SED Pe 
SOSE Jost JAH 
ASAGBGEFOSTTOARTSD 


a ee a er er 


Die Zahlen der vorangehenden Tafeln sprechen ganz klar. Man 


ersieht aus ihnen: 


1. Die Varianten, 


welche sich bei 


Berechnung der Höhen- 


differenz aus Barometerbeobachtungen selbst einer und derselben 
‚Stunde ergeben, sind viel zu gross, als dass sie der Unkenntniss des 
Ganges der Temperatur zwischen beiden Stationen könnten zuge- 
schrieben werden. Beträgt doch die Correetion wegen der Temperatur 
nie mehr als 0-5, während die Varianten der Höhe, selbst wenn man 
die äussersten Extreme etwa als unerklärte Ausnahmfälle unberück- 
siehtigt lässt, über 2 Toisen betragen. Der Verschiedenheit des 
Dunstdruckes (die Berücksichtigung nach den Bessel’schen Tafeln 
. gäbe 0:00) kann man ssie ebensowenig als den übrigen meteorologischen 
Elementen zuschreiben, die an beiden Stationen so gleichmässig sind, 


Sitzb. d. mathem.-paturw. Cl. XVI. Bd. II. Hft. 


28 


430 Pick. 


dass man ohne Fehler die Daten der einen für die der anderen nehmen 
"kann. Sie Beobachtungsfehlern zuschreiben zu wollen, hiesse Fehler 
von ausserordentlicher Grösse als möglich annehmen, da ja die aus 
den Jahresmitteln abgeleiteten Höhen der Stunde 2 noch um 1 Toise 
differiren. Nimmt man diesen Fehler als zu gleichen Theilen von 
den vier Barometerständen veranlasst an, so entspräche dies ungefähr 
einem Fehler von 0"25, einem Fehler, den man kaum einem einzelnen 
Barometerstande zuschreiben kann, geschweige einem Mittel von 
365 Daten. — Allerdings sollte man eigentlich die Höhendifferenz 
aus jeder einzelnen Beobachtung ableiten und das Mittel dieser Höhen 
als die von den Beobachtungsfehlern befreite bessere Höhe ansehen, 
statt dass man dieselben wie hier aus den Mitteln der Barometer- 
stände ableitet; dies ist jedoch eine blosse Abkürzung der Rechnung. 
und man kann sich leicht überzeugen, dass die Resultate beider 
Rechnungen bis auf zu vernachlässigende Grössen stimmen. — Alle 
Momente denen man bis jetzt die Incongruenzen baro- 
metrischer Höhenbestimmungen zuschrieb, reichen 
nicht aus zu ihrer Erklärung. 

2. Wir haben zwar die Berechnung den Höhendifferenz der 
Centralanstalt und der Sternwarte vorzüglich zu dem Behufe gewählt 
um zu zeigen, das auch eine genaue Kenntniss des Ganges der 
Wärme zwischen beiden Stationen die Incongruenzen nicht aufheben 
würden, es erlauben aber die Resultate noch einige andere Schlüsse. 
Dass die Grösse der gefundenen Höhendifferenz von der Tageszeit 
abhängig ist, hat schon Ramond bemerkt. Um diesen Einfluss der 
Tageszeiten zu bestimmen, veranlasste J. C. Horner eine Reihe von 
Beobachtungen auf dem Rigieulm im Januar und Juni 1827. Er findet 
(s. die oben genannte Schrift), dass die Höhendifferenz vom Morgen 
bis um die Mittagszeit wächst und hierauf abnimmt. Das Maximum 
fällt im Januar auf 1 Uhr N. M. im Juni auf 11 Uhr V. M. Ganz 
ähnliche Resultate findet E. Plantamour bei Ableitung der Höhen- 
differenz von Genf und dem St. Bernhard (Resume des observations 
thermometriques et barometriques. Geneve 1851), die auch darin 
mit den Horner’schen stimmen, dass die Höhendifferenzen im 
Sommer grösser als im Winter ausfallen. (Plantamour benützt die 
Monate Juni und December.) Beide Umstände leiten darauf hin, den 
Grund hievon in dem Gange der Temperatur zu suchen, da bei Ver- 
gleichung der stündlichen Beobachtungen eines Tages die Zunahme 


Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. A3 1 


der Höhendifferenz mit der Zunahme der Wärme ziemlich gleichen 
Schritt hält. Dem scheinen unsere Daten zu widersprechen, indem 
gerade die 2 Uhr N. M. Beobachtung in der Regel die kleinste 
Höhendifferenz gibt, und die Beobachtungen des Sommers ebenfalls 
geringere Höhendifferenzen geben, als die der Wintermonate. Dieser 
Widerspruch ist jedoch nur scheinbar. Vergleicht man die noch 
wegen der Temperatur der Luft nicht eorrigirten Höhendifferenzen 
Horner’s mit den ähnlichen obiger Tafeln, so zeigen sie einen ganz 
übereinstimmenden Gang; sowohl in Bezug auf Tages- als Jahreszeit 
in so weit sich überhaupt aus den wenigen Daten schliessen lässt. 
Erst durch das Anbringen der Temperatur-Correction kehrt sich die 
Sache gleichsam um. Da nun diese in unserem Falle einen sehr 
geringen Einfluss übt, so wird durch sie die Abnahme der Höhen- 
differenz zu Mittag blos vermindert ohne jedoch in eine Zunahme 
umschlagen zu können. Es bestätigen diese Zahlen überdies nur um 
so mehr Horner’s Ausspruch, dass die relativen Stände der 
beiden Barometer nicht von dem Einflusse der Luftwärme allein 
abhängig sind. | 

3) Was die Übereinstimmung der barometrischen mit der wah- 
ren Höhendifferenz Sternwarte-Centralanstalt betrifft, so ist die erstere 
zu gross. Das Mittel der Höhendifferenz aus der zweijährigen Beob- 
achtungsreihe beträgt nämlich +6‘21, ist aber wegen des constanten 
Unterschiedes der Barometer, vermöge dessen alle Barometerstände 
der Sternwarte um 0”08 zu vermindern sind, um — 1:03 zu corrigiren, 
so dass man als barometrische Höhendifferenz im Mittel zweier Jahre 
findet 5°18, während sie nach einem von der meteorologischen Cen- 
tralanstalt zu Grunde gelegten Nivellement 426 beträgt. 

4) Als einen der bedeutendsten Factoren, welche Fehler in dem 
Höhenunterschiede veranlassen, sah man es an, dass die Formel strenge 
genommen, nur für Orte wahr sei, die in derselben Verticallinie liegen. 
Daraus ergab sich die Einschränkung, nur die Höhendifferenz nahe 
gelegener Orte barometrisch zu bestimmen. Bessel gibt in den astro- 
nomischen Nachrichten Nr. 279 (Bd. XII, pag. 242), eine Methode 
an, wie man bei grösseren barometrischen Vermessungen, die ein 
ganzes Land zu umfassen haben, diesem Übelstande abhelfen könne, 
indem man im Umkreise, und wo der Grösse wegen nöthig, auch im 
Innern des Landes für die Vermessungszeit stabile Barometer aufstellt 
auf Punkten, deren Höhe und gegenseitige Lage bekannt ist. Sind 

28” 


432 Pick, 


diese in nöthiger Zahl vorhanden, so lässt sich aus ihnen durch Inter- 
polation der Barometerstand irgend anderer Punkte im Innern finden. 
Auf diese Weise bekommt man den Barometerstand eines Punktes 
bestimmter Höhe in derselben Verticallinie, wodurch die Wirkung 
der Störung des Gleichgewichtes aufgehoben wird. Wie nothwendig 
eine solche Verfahrungsweise, die leider noch nie in Anwendung 
gebracht worden, bei barometrischen Nivellements sei, ersieht man 
daraus, dass man hier bei zwei Orten von so günstiger Lage aus 
Jahresmitteln bei dreimal täglich angestellten Beobachtungen noch 
Differenzen von } bei 5 Toisen Höhendifferenz gewärtigen muss. Bei 
Berechnung jeder einzelnen Beobachtung, welcheich für die 4 Monate 
September, October, November, December 1852 durchgeführt habe, 
sind die Varianten so bedeutend, dass eine nur aus einer oder wenigen 
im Laufe einiger Stunden angestellten Beobachtungen erschlossene 
Höhendifferenz als gänzlich werthlos erscheint. 

Zur Beurtheilung folgen hier die Resultate für den ersten dieser 
Monate. 


Tafel IV, 


September 1852 


Datum ass! am. |a00a. en ts,u.| zen. | 10° A. 


1 6:33 | 5°89 | 5:48 16 6:79 | 5°45 6'832 
2 6:31 | 599 | 5°34 17 709 | 6:49 659 
3 6:30 | 5:66 | 7:52 18 667 | 6:38 | —1:05? 
4 7.:78,.\.207...6357 19 7:95 | 7.02 550 
5 6:93 | 6°96 | 6°45 20 7'02 | 5789 3:33 
6 746 | 6:31 | 5.71 21 7:01 | 5-58 9-31 
7 6:57 | 6°05 | 5°63 22 642 | 5-27 5.61 
8 645 | 5°89 | 4:99 23 5:79 | 5-50 | 112 
) 6:82 | 6:17 | 642 24 6°30 | 7:39 689 
10 6:65 | 7:09 | 6-76 25 6:66 | 4:32 7.61 
11 5:95 | 6°63 | 6:85 26 6:57 | 493 2.83 
12 763 , 6°71 | 6:59 27 8'40 | 6°45 466 
13 7:01..6»77 | 5784 28 6:50 , 9-10 7:50 
14 7:22 | 8-17 | 427 29 4:37 \ 7:53 3:90 
15 5:76 | 8:02 | 6:53 30 1:38 | 6°45 655 


Zur Anstellung von Beobachtungen, die man unmittelbar zur 
Untersuchung des Ganges der Höhendifferenzen benützen könnte, 
dürfte nicht leicht ein Ort geeigneter sein als der Stefansthurm. Eine 
Reihe von Beobachtungen auf dem Stefansthurme angestellt und mit 
gleichzeitigen Beobachtungen der Sternwarte und der meteorologischen 


: 


EB 


; 
4 
& 
RN 
\ 
H 


Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. A33 


Centralanstalt verglichen, dürfte manche Aufschlüsse über barometri- 
sche Höhenmessung gewähren und in mancher Beziehung Beobach- 
tungen auf dem Gipfel eines hohes Berges und an dessen Fusse 
vorzuziehen sein. 

‚Zur Untersuchung, in wie weit die Jahresmittel zur Bestim- 
mung der Höhendifferenz verlässlich sind, schienen dieBeobachtungen 
der Sternwarten zu Wien, Kremsmünster, Krakau und Prag sehr 
geeignet. Obzwar die Distanzen etwas gross sind, würde doch Niemand 
einen Anstand nehmen, die Höhendifferenzen dieser Orte aus den 
Jahresmitteln der Barometer abzuleiten, da sie alle denn doch ein 
gemeinsames Klima haben. Eine Vergleichung dieser Orte war um 
so geeigneter als die Meereshöhe von Wien, Kremsmünster und Krakau 
sehr genau bekannt ist, und also nicht nur eine Vergleichung der 
barometrischen Resultate unter sich, sondern auch mit so viel als abso- 
lut richtigen Bestimmungen gestattete; nur von Prag liess sich trotz 
der Bemühungen des Herrn Direetors v. Littrow keine hinreichend 
sichere Höhenbestimmung auffinden, die einzelnen Angaben stimmten 
zu wenig mit einander und bezogen sich auf andere Punkte der Stadt, 
als den Ort des Barometers. 

Eine Höhenangabe dieses Ortes findet sich in: „Kreil’s magne- 
tische und meteorologische Beobachtungen von Prag, Bd. I“, ist aber 
nur aus gleichzeitigen Barometerbeobachtungen mit Ritzebüttel abge- 
leitet und wohl viel zu klein (546' P. M. = 91 Tois.) ?). 

Um also annähernd eine Meereshöhe Prag’s zu erhalten, wurde 
diese aus den mehrjährigen Barometermitteln Prag’s, Wien’s, Krems- 
münster’s und Krakau’s abgeleitet. Es ergab sich: 


a) Prag-Wien aus 29jährigen Mitteln von 1823—1851. 
Wien. . . Barom. 330"28 auf 0 Temp. 7°92 R. 
mer. . ENa2d To MD TAU 
Prag höher als Wien 7:05, woraus Meereshöhe von Prag 102°46. 
b) Prag-Kremsmünster aus 30jährigen Mitteln 1822 — 1851. 
"Prag . . . Barom. 329"765 Temp. 7-45 
Kremsmünster ea er NG 2 
Prag tiefer als Kremsmünster 93:06, woraus Höhe von 
Prag 10370. 


1) Die „Jahrbücher der k. k. Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus“ 
geben die Seehöhe Prag’s auf S. 7 und 214, Bd. I, zu 93 Toisen, ohne Angabe der 
Quelle. 


434 Pick. 
c) Prag-Krakau aus den 26jährigen Mitteln 1826—1851. 


Prag . . Barom. 329"73 Temp. 7-39 

Krakau . ES „6.55 
Prag tiefer als Krakau . . . . 820 
woraus. Hohe von brap 7... en ee 102-45 


Höhe von Prag über dem adriatischen Meere im Mittel 102‘9. 


Hierbei ist die Meereshöhe von Kremsmünster 19676 Toisen 
(Reslihuber, Constanten von Kremsmünster, pag. 12), jene von 
Krakau 110:65 Toisen (K. v. Littrow, Bericht über die öster- 
reichisch-russische Verbindungs - Triangulation, Denkschrieften der 
kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu Wien, Band V), jene 
von Wien endlich 98:05 W.K. — 95°41 Toisen (Annalen der Wiener 
Sternwarte, Band XXI) angenommen. 

Die Daten der Station Kremsmünster sind der Abhandlung des 
Herrn Directors P. Augustin Reslhuber „Constanten von Krems- 
münster“ entnommen und reichen von 1822-—-1852; jene der Station 
Krakau aus „Allgemeine Übersicht der an der k. k. Krakauer Stern- 
warte vom Jahre 1826 — 1852 gemachten meteorologischen Beob- 
achtungen zusammengestellt von Dr. Max Weisse, Director dersel- 
ben,“ wozu Herr Director Weisse noch brieflich die Beobachtungen 
des Jahres 1853 und die mit diesem Jahre sich ergebenden Mittel 
gütigst mittheilte; endlich die der Station Prag den „Grundzügen 
einer Meteorologie für den Horizont von Prag ete. von K. Fritsch“, 
wo die Beobachtungen von 1800—1846 reichen, und bis 1851 nach 
den Jahrbüchern der Centralanstalt ergänzt wurden. BeiZusammenstel- 
lung der Wiener Barometer-Mittel fanden sich einige nicht unbedeu- 
tende Varianten zwischen den Barometer-Mitteln, welche periodisch 
die Sternwarte und jenen, welche die Centralanstalt für Meteorologie 
und Erdmagnetismus in ihren Jahrbüchern veröffentlicht hatte, und 
deren Einsicht Herr Direetor Kreil noch vor beendetem Drucke 
gefälligst gestattete. Überall, wo dies der Fall wär, wurde das Jahres- 
mittel der Barometer aus den Originalbeobachtungen sorgfältig noch- 
mals gerechnet, und es sind demnach die zu Grunde gelegten Daten, 
wo sie von früheren Mittheilungen abweichen, als revidirt anzusehen. 

Diese Daten (Jahresmittel der Barometer) sind so wie die mitt- 
lere Jahrestemperatur und der Dunstdruck in folgender Tafel zusam- 
mengestellt. 


Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. A35 


Tafel V. 


| Kremsmünster | Krakau | Prag 


Jahresmittel 


Jahr 


Luftdr. | Tem.| Dstd.|Luftdr.| Tem.|Dstd.| Luftdr. 


Dstd.|Luftar. 


300” + 300’ + 3007 + 300" 
1823| 29”"99l8°25) — 122" 42]7’51| — | — — |29”6017°89| — 
24| 29-9619-13] — |22-0916-:80| — | — 328-691 — 
25| 30-6118-72| — 123-32)6-94] — | — | — | — |30-2148-53| — 
26) 30-5818:28| — |23-1416-34] — | 29"89 3918-17) — 
27 30-97/8-54| — |22-7916-58| — | 28:8218-20| — [2960774 — 
28| 31-3318-38] — |23-16|6-78! — | 29-3217-24] — |29- 947-701 — 
29| 30-9416-09| — |22-61|4:861 — | 29-09)5-47| — |29-5615-63| — 
30| 30-5017-5813"72123-125-83| — | 29-6317:30| — |28-80)7:26| — 
31| 30-07/8-2113-46|23-3416:56| — | 29-4617-58| — [29.557581 — 
32] 31-117-8013-22|24-1916-41| — | 30:33|6-66| — |30:78|7-42| — 
33| 30-14/8:30/3:29)22-9616:09|2”40| 29:09|7:97| — |29-56|7:81| — 
34| 31-35|9-59| — |24-55[7-1812-55| 30-00|8-93] — |30-8618-88| — 
35| 30-2618-16| — 124:025-6112:41| 29-30|7:38| — |30-4117:58| — 
36| 29-1718:52! — 23-04 :64| 28-25|7-75|2”91129-5217:79] — 
37| 30-4217-0313- 3423-21 -53| 28-90 2-8429-9516-62! — 
38| 29-9816-643-17|22-66 :53| 28-63 23-73129-7215-68| — 
39| 29-718-093:-39|22-69 -65| 28:88 3-13|29:7617:58| — 
40| 30:31|6-872-98/23-17 :82] 29-29 2-80130-1715-43|3" 04 
44| 29-97|8-5313-5223-37 -13| 28-78 3-09129-19|7-70|3-31 
42| 30-857-3413-16|23-18 -81| 29:33 23-77|30:22)6:90/2-76 
43| 30-028-15|3- 20|23- 57 -00| 28:68 3-04129- 447-7113:00 
AA 29-86 7-57|3-2022-34 -O1| 28-78 2-93\29-33\6-7612-87 
45| 29-93|7-67|3-21122-33 -13| 28-56|5-723-12]29- 336: 8712-88 
9 3 
7 3 
7 3 
7 2 
7 2 
7 3 
8 3 
7 3 


Tem. 


Tem.|Dstd. 


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46| 29-9819 -12 A245 "32| 28:73 :18129:2218:2613 24 
A7| 30-5817°00 2288 :09| 29-21 -02130:1616 7412-98 
48| 30-247 78 2249 19] 28:60 -18/29:30]7-50/2-94 
49| 30-427 27 22:72 -01| 28:96 
50| 30-387 52 2282 :01| 28:75 
51| 30.651735 23:00 :90| 29:07 
52| 30:31|8 14 2264 :05| 28°97 
53| 29:78|7 05 — — 1! 28:67 


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Rechnet man mit diesen Daten die Höhendifferenzen von Wien- 
Kremsmünster, Wien -Krakau und Wien-Prag, so erhält man die in 
Tafel VI zusammengestellten Resultate. In dieser Tafel sind sowohl 
die barometrischen Höhendifferenzen je zweier Stationen, als auch ihr 
"Unterschied von den als richtig angenommenen Höhendifferenzen 
gegeben, so zwar,dass dieser Unterschied mit seinem Zeichen zu der 
oben angesetzten Höhendifferenz gelegt, die barometrische gibt. Wien 
ist übrigens die untere Station; nur aus zwei Jahresmitteln folgt Prag 
tiefer als Wien, was durch das Zeichen — angezeigt ist. 


A436 Pick. 
Tafel VI. 


Höhenbestimmung 
Krakau - Wien 


Differ. von 
trigon. 152 


Prag - Wien 


Diff. v. oben 
ermitt. 7:5 


Jahr Kremsmünster - Wien 


Barom. Barom. 


1823 ae ar en He 3: 
24 | 1028 | +15 Ir 2 s3 |+08 
25 95-1 | — 62 & a 24 54 
26 968 -| — 45 90 | — 612 25 | 50 
27 | 1064 | +31 | 3977 | 212-5 | 17.7 | 410-2 
233 | 1061 | #428 | 25-8 .| 410-6 | 17-9 | 110-4 
29 | 1073 | +60| 236 | +84 | 176 | 110-4 
30 95-3: 609) 0214-0. Un ee 89 | 2 4-4 
31 87.5 | —13-8 8-0 \ulır.7-2 67 0-8 
32 ss. | Zalesileıı.2 de aD 25 | — 3-0 
33 Re N Er EIER 77 )+02 
34 89.1 | —122 | 17-7 2:51:66 |— 0-9 
35 s07 | 20-6) Aa I 22. | - are 
36 79-7 | 21-6 | 14-9 0. 3-30 | 2 2 
37 9356 : 17.5777, 2r4De 7 £ Is um-E 66 1-09 
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39 91:45]. 21020 ae 0-8. SSR 
IM) 92-2 | -91| 132 | — 2-0 2:0 |—55 
A 99.4. |; 4:9:|. 16-5 1 20-37 |7 1080 Wan 
12 99-207) 2279u 4: 75219: 83 | +08 
13 71 |l a2 | 175 |) 223 77 .|+02 
AA en a 71 | 0-4 
15 9803: :|.2243:00| a19.3 1 aA 74 \-04 
46 98:6: | 12-7, [316-5 2.10 +.4-3212-410-7 Pro 
47 94 | —19 | 173 | +24 en 
#8 |: 100-6 | —0-7:| 21-0 | + 5-8 7 42-2 1 26 
49 99-5: |. 1480| 218-4 2.|, 23-2.) 20-8 es 
50 97-7:| 3-6:.1°:20-7. | 25-5 | 10 ma 
31 98-9 1 — 2424| 203 | 2357| 424 124-6 
52 97 | —16| 173 | +21 er Br 
53 ei ei 1k-Ah | — 0-8 u En 


Überbliekt man diese Reihe, so wird man sogleich auf die Jahre 
1827, 1828 und 1829 aufmerksam, welche mit allen drei Stationen 
ein zu grosses Resultat geben und zwar für jede Station für alle 
drei Jahre um eine nahezu constante Grösse. Die Sache ist zu auf- 
fallend, als dass man nicht auf die Vermuthung käme, im Wiener 
Barometer dieser Jahre müsse irgend ein constanter Fehler stecken. 
Hierin wird man noch bestärkt, wenn man die Reihe der Differenzen 
näher betrachtet, welche die Jahresmittel des Barometers mit dem 
allgemeinen Mittel Triesnecker’s und der meteorologischen Cen- 
tralanstalt geben. Die Barometer -Mittel sind in den genannten drei 
Jahren sämmtlich um ein Bedeutendes grösser als das Allgemeine. 


Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. 437 


Der Fall, dass die Mittel mehrerer auf einander folgender Jahre grös- 
ser als das allgemeine wären, kommt in der ganzen Reihe nicht vor, 
wie er denn überhaupt nur selten stattfindet (ausser jenen drei Jahren 
nämlich nur noch 1832, 1834 und 1842). 

Diese Ansicht verliert vollends jeden Zweifel, wenn man findet, 
dass genau in diesen Jahren die Beobachtungen an einem Barometer 
gemacht wurden, das um 18:0 W.F. höher hing, als das in den übri- 
sen Jahren gebrauchte. Freilich sollte dies gerade ein entgegen- 
gesetztes Resultat geben, überdies sind die Barometerstände schon 
wegen dieser veränderten Höhe corrigirt, es fragt sich jedoch, ob 
dieses Barometer nicht ein anderes gewesen. 

Wie aus der in den meteorologischen Tägebüchern angegebenen 
Höhefolgt, hing dieses Barometer im nördlichen Observationslocale, wo 
der Meridiankreis aufgestellt ist. Dort aber musste sich, wie noch jetzt, 
ein Barometer zum Ablesen während der Beobachtungen am Meridian- 
kreise, auch damals befinden, als die laufenden meteorologischen 
Beobachtungen, wie noch heute, an dem Barometer im Rechenzimmer 
angestellt wurden. Es unterliegt keinem Zweifel, dass an diesem von 
früher im nördlichen Observationslocale befindlichen Instrumente die 
laufenden meteorologischen Beobachtungen der Jahre 1827, 1828 und 
1829 gemacht wurden, da ein etwaiges Übertragen des Instrumentes 
aus dem Rechenzimmer zum Meridiankreise wohl ausdrücklich erwähnt 
worden wäre, während die spärlichen und unvollständigen Noten 
der Tagebücher nur kurz die Höhe des Instrumentes angeben. Volle 
Bestätigung hievon gibt eine gefällige Auskunft des Herrn L.Mayer, 
Director der k. k. Sternwarte zu Ofen, welche derselbe in Folge einer 
Anfrage des Herrn Directors K. v. Littrow in einem Schreiben vom 
28. October 1854 gibt, worin es unter andern heisst: er erinnere sich, 
dass nach dem Umbaue der Sternwarte das Barometer im damaligen 
Rechnungszimmer, der jetzigen Bibliothek, wieder placirt war, bis der 
Auftrag ertheilt wurde, zu den meteorologischen Beobachtungen sich 
des Barometers beim Meridiankreise zu bedienen. — Da nun eine 
Vergleichung dieser beiden Instrumente nicht vorliegt, nehme ich 
keinen Anstand, dieses Barometer als mit einem constanten Fehler 
behaftet anzusehen und zu corrigiren. Um die Grösse zu finden, um 
welche das Wiener Barometer dieser Jahre zu corrigiren sei, benützte 
ich die Umkehrung der barometrischen Höhenformel. Ihre Unzu- 
verlässigkeit thut hierbei weniger Eintrag, weil man hier von einer 


438 rdsetacike: 


bedeutenden Grösse auf eine kleine schliesst und also der Fehlerein- 
fluss sehr gering wird. 
Sieht man den Barometerstand der oberen Station 5’ als richtig 
an, so folgt aus 
Se 
ee 
also 


dh udb 
te 
b(logb — log b') 


woraus 

b (log b — log b' 

an (log 96) 
ph 


Berechnet man nach dieser Formel den Fehler dd des Wiener 
Barometers dieser Jahre, so ergibt sich dieser mit Hilfe 


nl 


dh kai 


von Kremsmünster. . . . .. 4 0°34 
2 Krakau 202. 2 Nm. Nr RI] 
D Drags en ee er EINE 


Diese Zahlen stimmen zu wenig, um einiges Vertrauen zu ver- 
dienen, indess konnte dies wohl nicht anders erwartet werden, da bei 
Krakau dh etwa ?/,; von h, bei Prag sogar 5/, beträgt, also nieht mehr 
als Differenzial angesehen werden kann. Man muss daher nur den mit 
Hilfe von Kremsmünster gefundenen Werth von db zur Correetion 
benützen, welcher aber, da Kremsmünster im Allgemeinen die Höhen- 
differenzen zu klein gibt (worauf wir später zurückkommen), wohl 
auch zu klein ist. Um doch einen ungefähren Werth dieser Correction 
zu finden, lege ich den drei gefundenen Werthen Gewichte bei nach 


Verhältniss der Grösse _ So ergibt sich 


db — 0"AN. 


Um diese Zahl sind also die Barometerstände der genannten 
drei Jahre zu verkleinern, so dass man hat: 


Barometer-Mittel 1827 .330"50 statt 330” 97 
N 5 IR OR 81:33 
Em > 829 aA En 30:94. 
Es wurden übrigens diese drei Jahre nicht weiter berücksichtigt. 
Die Daten der Tafel VI zeigen, dass selbst Jahresmittel der Baro- 
meter noch keine verlässliche Bestimmung der Höhendifferenz gewähren. 


Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. A39 


Schliessen wir auch die drei Jahre 1827, 28, 29 gänzlich von unserer 
Betrachtung aus, ja lassen wir auch noch die beiden J. 1835 und 1836 
'unberücksichtigt, weil da Wien mit allen drei Stationen so bedeutende 
Ineongruenzen in demselben Sinne gibt, obzwar eine Durchsicht 
der Beobachtungen keinerlei Fehler in Wien, wo dies doch sein 
müsste, vermuthen lässt, so finden wir noch immer bei der Höhen- 
differenz Wien-Kremsmünster das Maximum (102:8 im Jahre 1824) 
von dem Minimum (87:5 im Jahre 1831) um 153, d. i. nahe 3/,, der 
Höhendifferenz verschieden. Für Wien-Krakau findet man 1831 die 
Höhendifferenz 8:0 und 1850 20:7, also mehr als 21/,mal so gross. 
Der Unterschied des Maximums und Minimums beträgt 12!7. Wien- 
Prag endlieh gibt im Jahre 1839 für Prag und Wien nahe gleiche 
Meereshöhe (Prag höher als Wien um 0'8), während nach dem 
Barometermittel des Jahres 1848 Prag um 12:2 höher liegt als Wien, 
also das Maximum um 11‘4 grösser als das Minimum. 

Ein Gesetz lässt sich aus den hier zu Gebote stehenden Daten nicht 
ableiten, nur ist zu. bemerken, dass die Differenzen der gefundenen 
und wahren Höhenunterschiede nicht den Gang zufälliger Beobach- 
tungsfehler zeigen, namentlich spricht sich die Abweichung in dem- 
selben Sinne durch mehrere auf einander folgende Jahre deutlich aus, 
so dass man möglicher Weise aus 3—4jährigen Mitteln noch immer 
keine verlässlichere Höhendifferenz erhält. Man sollte meinen, dass 
eine Berechnung der Höhendifferenz von Kremsmünster-Krakau, 
Kremsmünster-Prag u. s. w., kurz eine Berechnung aller möglichen 
Combinationen der drei Stationen einigen Aufschluss über die Ursachen 
dieser Abweichung gewähren könnte, man findet jedoch, dass bis auf 
ganz geringe Unterschiede die mit Hilfe der Barometermittel unmittel- 
bar gefundenen Daten mit jenen stimmen, welche man mittelbar mit 
Hilfe einer dritten Station ableitet. So z. B. hat man aus obiger Tafel 
(VI) für das Jahr 1826 Kremsmünster höher als Wien 968 

Krakau Mi LAnE I 9-0 
also Kremsmünster höher als Krakau 87.8 
und aus dem Barometerstande direet 88:0. Auf ähnliche Weise findet 
man für dasselbe Jahr die Höhendifferenz Kremsmünster-Prag 94:2, 
während aus den Daten der obigen Tafel 94-3 folgt. Kurz es ist 
(bei den drei Stationen Wien, Kremsmünster, Krakau) gleichgiltig, ob 
man die Höhendifferenz zweier derselben aus ihren Barometerstän- 
den unmittelbar ableitet, oder die Höhendifferenz derselben mit der 


AAO Pick. 


dritten zunächst bestimmt, und daraus mittelbar die gewünschte 
Höhendifferenz der ersten Orte rechnet. Dass dieses Gesetz nicht für 
beliebige drei Orte gelten kann, ist klar, und es wäre interessant zur 
Untersuchung desselben Barometerbeobachtungen auf dem Kamme, 
und den entgegengesetzten Abdachungen eines bedeutenderen Berges 
anzustellen. 

Wenn man die in Tafel V ausser den Barometermitteln noch 
gegebenen meteorologischen Elemente betrachtet und ihren so gerin- 
gen Einfluss auf die Höhendifferenz berücksichtigt, gelangt man zu 
der Überzeugung, dass weder die Unsicherheit in der Wärmefunetion 
noch die Variation des Dunstdruckes zur Erklärung der so bedeutenden 
Differenzen ausreichen. In der That um eine Variation von 10 Toisen 
zu erklären, müsste bei der Höhendifferenz Wien-Kremsmünster, wo 
noch die f. (£-+t') den meisten Einfluss übt, in dieser Function 
ein Fehler von nahe 60° vorausgesetzt werden. 

Als einzige Ursache blieben also nur die Luftströmungen, die 
Riehtung und Stärke des Windes. Wir wollen, so weit es angeht, 
auch diesen Einfluss einer näheren Untersuchung unterziehen. Kämtz 
gibt in seinen „Vorlesungen über Meteorologie“ (Seite 334) hierüber 
einige Aufschlüsse. Er findet, dass die aus gleichzeitigen Barometer- 
beobachtungen, welche er in Halle, und Mädler in Berlin angestellt, | 
abgeleiteten Höhendifferenzen beider Orte .nur dann mit den absoluten 
stimmen, wenn die mittlere Windesrichtung beider Orte, das ist die 
Resultirende der gleichzeitig in Berlin und Halle herrschenden Winde, 
mit der Verbindungslinie dieser Orte zusammenfällt, d. h. wenn der 
Wind aus NNO. oder SSO. kommt. Hat hingegen diese Resultirende 
eine andere Richtung, so findet man die Differenz zu gross, wenn 
der Wind aus der ostsüdöstlichen Hälfte des Horizontes weht, und zu 
klein im entgegengesetzten Falle. Je grösser der Winkel ist, den die 
Richtung des Windes mit der Halle und Berlin verbindenden Linie 
bildet, desto grösser wird der Unterschied der absoluten und baro- 
metrischen Höhendifferenz, und kann bis auf + 6 Toisen wachsen, 
so dass die beiden Extreme um 12 Toisen aus einander stehen, was 
einer Linie Luftdruck entspricht. Eine Verschiedenheit der mittleren 
Windesrichtung der einzelnen Jahre könnte demnach allerdings den 
grössten Theil der Incongruenz erklären, — wenn sie stattfände. 

Dies ist jedoch durchaus nicht der Fall. Es ist nämlich die mitt- 
lere Jahresriehtung des Windes einer Station und somit auch das Mittel 


Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. AA 


(die Resultirende) zweier derselben eine nahezu constante Grösse, 
wenigstens liegt sie immer auf derselben Seite der Verbindungslinie 
der zwei betrachteten Orte. Wenn also überhaupt, so muss die 
Höhendifferenz durch den Einfluss des Windes auf das Barometer 
jedes Jahr nur durch eine nahe gleiche, constante Grösse modifieirt 
erscheinen. 

Um dieses nachzuweisen, wurde mit Hilfe der von der meteoro- 
logischen Centralanstalt in ihren Jahrbüchern veröffentlichten Tafeln 
der jährlichen Vertheilung der Windesrichtung (für Wien, Jahrbuch 
der k. k. Centralanstalt, I. Bd. pag, 70; für Kremsmünster pag. 182 
und 183; für Prag 145, und für Krakau Il. Bd. pag. 195), die mittlere 
Windesrichtung und Stärke für jede Station mit Hilfe der von Kämtz 
(Lehrbuch der Meteorol. Bd. I, pag. 165) gegebenen Formeln berech- 
net. Man findet sie in folgender Tafel VII zusammengestellt, wobei 
die Windesrichtungen, so wie Kämtz Il. c. vorschlägt, ausgedrückt 
sind, und man, da eine grössere Genauigkeit unnöthig und illusorisch 
wäre, nur bis auf ganze Grade die Rechnung durchgeführt ?). 


Tafel VI. 


Mittlere Richtungen der Winde mit den Daten der Jahrbücher für Meteorologie etc. nach 
Kämtz's Formeln gerechnet. Kämtz, Lehrb. I, S. 165. 


Wien Kremsmünster Krakau Prag 


Richtung| Stärke | Richtung| Stärke | Richtung) Stärke |Richtung| Stärke 


1) Die in dem meteorologischen Jahrbuche der Centralanstalt gegebenen Jahresmittel 
der Windstärke konnten nicht benutzt werden, da es sich-hier um die Stärke des 
resultirenden Windes handelt und nicht um das allgemeine Mittel der Stärke 
aller Winde, 


Kremsmünster Krakau Prag 


Richtung| Stärke |Richtung) Stärke |Richtung| Stärke Richtung] Stärke 


S84W 
N87W 
N83W 
NAIW 
NA49W 
S87W 
N83W 
S8AW 
S785W 
S81W 
S87W 

W 
S83W 
N71W 


(re eilt Bar rt in iehr Fr I TITTRESF EBEN ERFURT GEEEEIEEE EERE 
| Mittel |n 59 w| 27-78 |n 73 w| 25-00| u s# w| 20-10 |s 72 w| 18-68 
Bezeichnet nun w und w’ den Winkel, den der Wind mit der 
Nordseite der Mittagslinie bildet (so dass z. B. $ 88 W —= 92°), an 
zwei Stationen und a und a’ die bezügliche Stärke dieser Winde, so 
findet man den Winkel W des daraus resultirenden mittleren Windes 
beider Stationen mit dem Nordende der Mittagslinie mit Hilfe der 


bekannten Formel: 
a sin w-+ a sin w' 
ucosw + a cos w 


gW = 


Hat man nun überdies die Richtung der Verbindungslinie 
dieser Stationen entweder mit Hilfe eines sphärischsn Dreieckes, 
dessen Eeken diese Stationen und der Erdpol bilden, berechnet, 
oder auch, was vollkommen genügt, mit Hilfe eines Transporteurs 
von einer Landkarte abgenommen, so findet man durch einfache 
Subtraetion den Winkel, unter welchem der Wind auf diese Ver- 
bindungslinie auffällt. Die folgende Tafel gibt nun sowohl die 
mittlere Windesrichtung je zweier Stationen, als auch diesen eben 
genannten Winkel an. Bei der Berechnung der allgemeinen Mittel 
wurden nicht die Mittel aus den betreffenden Jahren, sondern 
die in den Jahrbüchern der Centralanstalt gegebenen, welche aus 
allen Beobachtungs-Jahren abgeleitet sind, benützt. Daraus er- 
gab sich der scheinbare Widerspruch bei der Station Prag, als 


Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. AAZ 


ob die allgemeine mittlere Windesrichtung ausserhalb der Extreme 
der Jahresmittel fiele. Sucht man, um diesem Widerspruch aus- 
zuweichen, die mittlere Windesrichtung Wien’s und Prag’s der 
Jahre 1822 — 1829 und hieraus die mittlere Windesrichtung 
‚beider Stationen, so erhält man S 84 W statt wie in der Tafel 
N %8 W und als Winkel mit der Verbindungslinie der Stationen 
620 statt 44°, 


Tafel VIN. 


Wien - Krakau 


; Winkel mit 
Windes- Verbindungs- 
richtung Be 


Wien - Kremsmünster Wien - Prag 
Jahr ; Winkel mit 

Windes- Verbindungs- 

richtung ne 


Winkel mit 
Verbindungs- 


linie 


Windes- 


riehtung 


1822 


3 |ne8ew| 3 w 
3a | w| 8 S83 W 
3 |New| A Ss 62 W 
6 |NuwW| 3» 2 |ss®w 
27 |N8s9 W 7 63 |sSsW 
23 |N6wW| 3» ss | seo w 
293 |\nssw| 23 61 |S87W 
oo |ıısw 2 ss |S8siW 
3 |ne6w| 30 so |sssw 
2 |naw| 3 4 |Ss7reW 
3 |now % ss |S69 w 
3 |nzw| » 97 |ss7 w 
35 |nzsw| 18 1..|Ss6 W 
36 |N8s7 w 9 2» |S73W 
37 |nerw| 3 20 |\Ns5 w 
33 |ss5 w Dı|INSE Wi Aa. S88 W 
rw New 22" soo w 
oo \nsw 2 |ıswı 2 ER 

4 \nesw| 02 |\nsew| 4 a 

2» |\ı8ew| 4 mw 3 AS 

3» |naw| vw Insw| 8 Br 
ee w| a8 |InTe w| 5% ee! 
Eine w| ı Inte w|l a 

16 |NowWw| 235 |new| 3 ® 
Bw N wo er 

is |nN2w| u Ri 

9 |nesw| >28 FR 

so Inerw| 8 = 

Mittel. | Ne6wW| 30 |nvow| 6 NT W| 


Richtung| W.-Kremsmst. S84W| W.-Krakau N 50 O W.-Prag N 34 W 


Zur besseren Versinnlichung ist hier eine Zeichnung beigefügt, 
welche die Lage der drei verglichenen Barometerstationen und die 
Windesrichtungen angibt in der Weise, dass nicht nur durch die 


AAA De re a 


dickere Linie die mittlere Windesrichtung repräsentirt wird, sondern 
auch die beiden Extreme durch dünnere Linien dargestellt werden. 
Die Linien, welche diese Windesrichtungen bezeichnen, sind durch 
Pfeile an ihren Enden kenntlich gemacht. 

Ein flüchtiger Blick auf diese Zeichnung zeigt, dass bei keiner 
der Stationen die mittlere Jahresrichtung des Windes auf die ent- 
gegengesetzte Seite des Horizonts umschlägt. Es müssten also nach 
der von Kämtz für Halle-Berlin (l. e.) durchgeführten Unter- 
suchung die Höhendifferenzen entweder immer zu gross oder 
immer zu klein ausfallen (letzteres entschieden bei Wien- 
Kremsmünster und Wien-Krakau ; ersteres wahrscheinlich bei 
Wien-Prag, da sich wegen der eigenthümlichen Lage dieser Orte 
aus der von Halle-Berlin nicht mit Gewissheit ein Schluss ziehen 
lässt). Da nun die Höhendifferenzen in Wirklichkeit bald zu gross, 
bald zu klein ausfallen, so lassen sich diese Incongruenzen aus den 
herrschenden Windesrichtungen nach Kämtz nicht erklären ?). 

Vergleicht man nun noch die gefundenen Höhendifferenzen mit 
den trigonometrischen, so fällt zunächst auf, dass bei Wien-Krems- 
münster mit Ausnahme der beanständeten drei Jahre 1827,1828, 1829 
nur noch dasJahr 1824 eine Höhendifferenz gibt, die grösser ist, als 
die trigonometrisch gefundene, sonst aber sämmtliche Höhendifferen- 
zen Wien-Kremsmünster zu klein ausfallen, natürlich ist eben so die 
aus dem ein und dreissigjährigen Mittel (1822—1852) abgeleitete 
Höhendifferenz derselben Orte u. z. um nahe 5 Toisen zu klein. 

Da die Vergleichung des Wiener Barometers mit dem Krakauer 
einen constanten Unterschied nicht anzeigt, so muss derselbe nur im 
Barometer von Kremsmünster liegen. 

Um dieses um so sicherer zu erweisen, ie die Höhen- 
differenz Kremsmünster-Krakau mit Hilfe des 25jährigen Mittels 
(1826—1852) gesucht und 79:05 Toisen (Kremsmünster höher als 
Krakau) gefunden, während nach andern Bestimmungen 86:11 Toisen 
folgt; es gibt also auch hier das Kremsmünsterer Barometer die 
Höhendifferenz zu gering u. z. um 7 Toisen. Daraus folgt, dass das 


1) Und aus demselben Grunde auch nicht nach der Brande s’schen Hypothese, ob- 
zwar sie der Kämtz’schen widerspricht. (Beiträge z. Witterungsk. Leipzig 1820, 
S. 217 ff.) 


Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. AA5 


Barometer in Kremsmünster um etwa 0”42 zu hohe Stände zeigt. 
Man kann offenbar einen so hohen econstanten Fehler des Baro- 
meters nicht annehmen; man ist vielmehr zu der Annahme genöthigt 
dass der Luftdruck in Kremsmünster in der That etwas grösser sei, 
als er vermöge der Höhendifferenzen Wien-Kremsmünster, Krakau- 
Kremsmünster sein sollte, was genau mit der Eingangs erwähnten 
Hypothese des Hrn. Dr. Fuchs übereinstimmt. 

Fassen wir die aus den vorhergegangenen Betrachtungen sich 
ergebenden Resultate kurz zusammen, so können wir sagen: 

1. Höhendifferenzen aus einzelnen Barometer - Beobachtungen 
abgeleitet, sind durchaus unzuverlässig, und alle Vorsichtsmass- 
regeln reichen nicht aus, um auch nur die Grenzen der Ver- 
lässlichkeit angeben zu können. 

2. Nimmt man statt einzelner Beobachtungen Mittel, so werden 
die Grenzen der Unsicherheit allerdings im Allgemeinen enger, 
jedoch ohne dass mit einer Verlängerung der Beobachtungs- 
periode auch eine Verbesserung der Höhendifferenz erfolgen 
müsste, und selbst Jahresmittel, ja Mittel mehrerer auf einan- 
der folgender Jahre gewähren noch lange nicht die Sicherheit 
trigonometrischer Messungen. 

3. Die Ursachen der grossen Varianten liegen nicht, oder doch 
nur theilweise in der Unkenntniss des Ganges der Temperatur, 
nicht in dem Dunstgehalte der Atmosphäre, nicht in dem Gange 

der Winde in den unteren Schichten der Luft, wenigstens 

nicht nach der Kämtz’schen und Brandes’schen Hypothese, 

selbst die allerdings unzweifelhaft erwiesene Abhängigkeit von 

den Tages- und Jahreszeiten reicht zu ihrer Erklärung lange 

nieht aus; — kurz man kennt die hier wirkenden Momente nicht, 

und es müssten grössere Reihen eigens hiezu angestellter Beob- 

achtungen einer Untersuchung unterzogen werden um hierüber 

weitere Aufschlüsse zu geben, wobei man so weit es möglich 

aufdie verschiedene Richtung des Windes in den verschie- 

denen über einander liegenden Schichten der Atmosphäre 
besonders Rücksicht zu nehmen hätte. 

Wir-müssen uns begnügen blos auf die grosse Unzuverlässigkeit 

-  barometrischer Höhenmessungen aufmerksam gemacht zu haben. 
Zum Schlusse erlauben wir uns noch eine Bemerkung über das 
allgemeine Barometermittel Wiens. Bei der Vergleichung dieses 
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. II. Hft. 29 


Pd 


AA 6 Pick. Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. 


allgemeinen Mittels des Luftdruckes, das man nach Triesnecker 
auf 27'552 — 330"624 Par. M. anzusetzen pflegt mit den Jahres- 
mitteln der Jahre 1823 — 1853 schien es wahrscheinlich , dass 
dieses Mittel zu gross angenommen sei. Als bald darauf die meteoro- 
logische Centralanstalt das sehr verdienstliche Werk der Sichtung 
und Veröffentlichung der meteorologischen Beobachtungen verschie- 
dener Orte Österreichs unternahm , fand sie aus der ganzen Reihe 
der Beobachtungen vom J. 1775 angefangen den mittleren Barometer- 
stand 27'556 — 630"672 Par. M., also nahezu genau überein- 
stimmend mit Triesnecker. Nichts desto weniger war gerade 
die so übersichtliche Art der Zusammenstellung der Daten nur 
geeignet mich in der früheren Ansicht zu bestärken. Auf S. 40, Bd. I 
der Jahrbücher der meteorologischen Centralanstalt findet man näm- 
lieh die Jahresmittel in der letzten Columne durch ihre Differenz mit 
dem allgemeinen Mittel dargestellt, und es muss sogleich auffallen, 
dass vom Jahre 1823 an diese Differenzen fast durchwegs negativ 
sind. Welche Vorstellung man nun auch mit dem allgemeinen Mittel 
verbinden mag — immer bleibt es sehr schwer anzunehmen, dass 
in einer Periode von 31 Jahren, selbst wenn man die Correetion der 
beanständeten drei Jahre nicht gelten lassen wollte, die Jahresmittel 
des Barometers nur sechsmal über, sonst fortwährend unter dem 
allgemeinen Mittel stehen sollten. Man kapn nur annehmen, dass das 
allgemeine Mittel keine constante Grösse u. z. gegenwärtig in Wien 
im Abnehmen begriffen, oder, dass das gewöhnlich als richtig 
angenommene Mittel nicht genau sei. Die erst berührte Annahme 
einer Variation des allgemeinen Mittels, welche auch Humboldt 
nach den Carlini’schen Beobachtungen für nicht unwahrscheinlich 
hält (Ansichten der Natur. Bd. Il, Note 14 zu „Ideen zu einer 
Physiognomik der Gewächse“) ist eine Hypothese die nur aus voll- 
kommen zuverlässigen Beobachtungen erschlossen werden darf. Nun 
ist allerdings das allgemeine Barometer-Mittel Wien’s aus. einer 
langen Reihe von Beobachtungen abgeleitet, aber bis in den Septem- 
ber 1822 waren jene Beobachtungen an Instrumenten angestellt, die 
wenig Anspruch auf Genauigkeit machen konnten; ja es wurde viele 
Jahre hindurch nicht einmal ein inneres Thermometer abgelesen. 
Die von der meteorologischen Centralanstalt veröffentlichten Mittel 
sind zwar so gut es anging mit Hilfe jener Jahre, in denen ein 
inneres Thermometer abgelesen wurde, corrigirt, 'esist jedoch klar, 


Piek. Ueber die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. 


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Aus d. k.k. Hof-u. Staatsdruckerei, 


Sitzungsb. d. k. Akad. d.W. math. naturw. C1.XVT.Bd. 2.Heft. 1855. 


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“ 


Schönbichler. Die Complanation des schiefen Kegels etc. AAT 


dass eine solche Correetion nicht genau sein kann, auch abgesehen 
davon, dass die damaligen Localitäten der Sternwarte’ eine oftmalige 
Änderung des Ortes des Barometers sehr wahrscheinlich machen. Es 


scheint mir also gerathener das allgemeine Mittel aus den Jahres- 


mitteln der letzten 31 Jahre allein abzuleiten. 
Aus diesen 31 Jahren (1823—1853) findet man den mittleren 


* Barometerstand Wien’s in der Meereshöhe von 95-41 Teisen 


(101-7 W. Fuss über dem mittleren Spiegel der Donau) gleich 
330"290 —= 27'524 Par. M., wenn die oft genannten vier Jahre 
eorrigirt, oder 330"335 — 27'528 Par. M., wenn man jene 
Correction nicht gelten lassen will; also im ersten Falle 0"38 im 


- letzten 0"34 kleiner als die dafür gewöhnlich angenommene Zahl. 


Die Complanation des schiefen Kegels durch Vermittelung der 
Integrale [dy sin" o (1—k sin’p)” und [de cos"o(1—k.cos’ 9)” 
und Auflösung dieser Integrale in trigonometrische, durch 
einen stäten logarithmischen Calcul berechenbare Factoren. 
Von Karl Schönbichler. 
(Vorgelegt in der Sitzung vom 26. April 1855.) 


Ih 
Es sei ABC (Fig. 1) der Durchschnitt eines schiefen Kegels, 


durch seine Spitze, den Mittelpunkt seiner Grundfläche und senkrecht 
auf diese gedacht. 
Der Halbmesser 
seiner Grundfläche 
(eines Kreises) sei 
AM=MT= a, seine 
Höhe CE=h und die 
Entfernung des Mittel- 
punktes M von der Pro- 
jeetion Z der Spitze, 
ME=e; ferner sei 
TMA ein veränder- 
licher Winkel = 9; so 
ist das unendlich kleine 
Dreieck, dass seine Grundlinie an der Peripherie in 7 und seine 


Spitze in Chat = — do Vh:+ (a-+e.cos p)*. 


29° 


(1) 


-AAS Schönbichler. 


Denn, ist TD eine Tangente zu dem Punkte 7 und DE senk- 
recht auf diese in der Ebene der Grundfläche, so ist DE=a--e.cos 9, 
mithin die Höhe des unendlich kleinen Dreiecks 


DC=Vh?:-+(a-+e.cos 9)? 


und die halbe Grundlinie bei T= — 


Werden dagegen, die Winkel von der kleinsten Seite BC des 
Kegels angefangen, gemessen und heisst BMT'=op, so ist der 
Flächeninhalt des unendlich kleinen Dreieckes an der Grundlinie 7’ 


— ar Vh:+ (a— e.cos @)*. 


Die Oberfläche eines jeden Mantelstückes, an der grössten 
sowohl als an der kleinsten Seite des schiefen Kegels, wie z. B, das 
Stück ATC ist daher durch das Integral | 


fd V + (a+te cos p)* 
dargestellt. 


Will man nun dieses Integral, so wie es ist, durch den binomi- 
schen oder polinomischen Lehrsatz in eine Reihe verwandeln und 
diese, entweder nach den Potenzen von cos @ oder auch nach den 
Sinusen der Vieifachen von @ ordnen, so wird diese Reihe nicht nur 
ein sehr unklares Fortgangsgesetz enthalten, sondern der Beweis 
ihrer Convergenz wird sehr schwierig, wo nicht gar unmöglich. 

Um ein klares Fortgangsgesetz und eine vollständig convergi- 
rende Reihe zu erhalten, setze man 


(2) SV + (a-+ e cosp)* = do V n°+ (« + e (1—2 sin? >)) 


und 


6) dp \/ 1° + (a— e cos 9)? = fagV 14 (a—e & cos? Ei. 


(4) 


Aus der Formel 2 erhält man fir ®—=h?+(a- e)*; 
2 mar 
a-+e 


far) 1—i Ak’ sin? — El —k' sin? —). 


k? — 


Die Complanation des schiefen Kegels etc. AA9 


Aus der Formel 3 dagegen für dieselben Werthe von s, % und k 


s [ar 1—k2 Ak’ cos: — (1—# cos? —)- 


Der Kürze wegen nenne man noch, sowohl AK sin? T (1X 


sin? —) als auch 4%’ cos? 2. — (1% cos? —) durch den Ausdruck fo, 


so hat man allgemein 


fa ir+ta + 00sp)* - s/ag\/ 1 —k?fo. 


In dieser Wurzel Vi—k:fp ist k? ein echter con- 
stanter, und fo ein echter veränderlicher, positiver 


Bruch. 
er a ee)? 
Dis ? = SR Er BEST + (key 
positiver Bruch ist, hedarf keines Beweises. Dass aber, sowohl 
fo = 4k sin (18 sin F)alsauchfg —Ak' cos-*(1 — k'cos = 


ein echter positiver Bruch sein muss, lässt sich folgender- 


ein echter, constanter, 


weise zeigen: Weil ge —k' ein echter positiver Bruch ist, so 
a e 


ist auch sowohl k’ sin? — als auch X’ cos? = jeder ein echter positiver 


2 


Bruch, und es ist erlaubt k’ sin? — sin oder auch # cos = 


—— sim zu setzen, dadurch wird 

°Y "y U. 
— Asi — (1 } —) = Asin —00s —; 
fe sin sin 7 ; a 
. . 9) . v v . l . [2 
es ist aber allgemein 2 sin ale SU mithin 


N p 
fo = sind = Ak’ sin — (1 —.k' sin? >) 
oder auch 
BI I. o 
fe — sin? d Ak' cos? — — (1 k’ cos? =). 


Aber sin? ist in jedem Falle ein echter positiver Bruch, wenn 
auch für irgend einen Werth von p die Function sin ein negativer 
Bruch sein sollte, 


(8) 


(6) 


() 


(8) 


(9) 


(10) 


(1 


(12) 


A50 Schönbichler. 
ll. 

Wenn fo für jeden Werth von 9 ein echter posi- 
tiverBruch bleibt, so lässt sich das Integral (deV 1—k?fo 
immer durch eine convergirende Reihe berechnen 
sobald auch k ein echter Bruch und /dy(fp)" ein an- 


gebliches Integral ist. 
Denn es ist: 


VIzRßp=1— fg (fg)e— Shs(fp Mi 
also auch 
1 11 
füeb my a delta) 
1. De 
ale aa. EL) 


wo sämmtliche Integrale für g=0 verschwinden sollen. Was nun 
auch das Integral [dp (fp)” sein mag, so lässt es sich als eine 
Summe unendlich kleiner Elemente, immer durch die Reihe aus- 
drücken: 


Sartre” = ae)" + dee)" + delt3 Dr... 
ee | 
in welcher 9’ die beständige unendlich kleine Zunahme von » bedeutet 
und r unendlich gross werden kann, so dass ro’ =. wird. Man 
multiplieire do (fro')” mit (fro') und entwickle aus dem allge- 


meinen Glied do(frgo')"(frgo') indem man statt r die natürlichen 
Zahlen einführt die Reihe 


do (fe )” (fe) +delf2e)" (f2E)+ dp (FEE)"(FEpy)+ - -- - 
= de (PH HÄElF2PIT HAe (FEp "+. - 


/ap (Fe); 


Ich behaupte dass die Summe der Reihe 12 nämlich /do (fe)”*' 
kleiner sein wird als die Summe der Reihe 11 des Integrals 
dep (fp)”. Denn, wenn was immer für positiver Werth de (fp)” 
mit einem echten positiven Bruch [was (fe) für jeden Werth von 
o sein soll] multiplieirt wird, so wird das Produet do (fp)”"" positiv 
aber kleiner sein als do (fp)” war, es ist daher 


RE 


Die Complanation des schiefen Kegels ete. As 


do(f P" >de (pP) 
do (f2p)" >dp(f2p)"* 
dp (f3g)" >de (EP "" 
de (fre)" >dp (frp)"* 
_ mithin ist auch, da alle diese Ausdrücke positiv sind, die Summe 
aller linksstehenden grösser als die Summe aller rechtsstehenden 
Glieder, d. i. (dp (fp)” > fdp (fp)”"*' und dieses gilt für jeden 


ganzen positiven Werth von m, auch für m= 0, so dass (dp = Y 


grösser ist als jedes Integral [do (fo) ; [de (fp)*; [de (fo)? u. s. w- 
Es sind also die Ausdrücke 


Saer9, Sarıro?. ILEICDN Sdetfpr 
: : a TO een 
lauter echte positive Brüche und weil die Zähler dieser Brüche fort 
und fort abnehmen , so sind sie überdies abnehmende (kleiner 
werdende) echte positive Brüche, da nun 


er 1.1.3 
1 ar u el Te ae ie 6 
h 2.4 2.4.6 


ganz gewiss für jeden echten Bruch A eine convergirende Reihe ist, 
die sich immer mehr ihrem rechten Werth % 1 — %k? nähert, so wird 
um so mehr die in 10 ersichtliche Reihe 


2 
el! A, far 14, [drtto? Re 
2 © 2.4 ) 


AA... mo al 
2.4.6. .. .2m o 


‚eine Reihe sein, die gegen ihren rechten Werth fie V1—r fe noch 


schneller eonvergirt als die Reihe 13 gegen V 1 -— k2. 
Es erhellet hieraus, dass @ der grössere und oVi — k? der 
kleinereunter zweien Grenzwerthen sind, zwischen welchen der rechte 


? 
Werth des Integrals fiev 1 — k?fo liegen muss. 


Setzt man in der Reihe 14 statt fyp die Werthe aus den Formeln 
8 und 9, die beide echte Brüche sind, so wird jede der zwei folgenden 
Reihen 


(13) 


(14) 


A452 Schönbichler. 


(15) e|! — ze fapsint (1 — Kein) — 
. a -[de sin?” -(1-# sin») ] 
(16) e|1 38 fapoos£ (1 — ko —) — me 
En —— ® —füg cos?" z (1 —k' cos? -)] 


eine vollständig convergirende. 

Nach 1 und 6 gibt daher die Reihe 15 wenn sie noch mit — 
multiplieirt wird, stäts einen berechenbaren Werth für die Ober- 
fläche eines schiefen Kegelstückes an seiner grössten Seite (wie 
ATC, Fig.1), und eben so gibt die Reihe 16 einen solchen für die 
Oberfläche eines Stückes an der kleinsten Seite des schiefen Kegels 
(wie BT'C, Fig. 1). 

Bevor ich zu einer Entwickelungs - Methode der Integrale 


far sin?” —(1 Se sin? 2) und /do cos?" —(1 RN cos 2)" 


schreite, will ich noch zwei ziemlich nahe liegende Grenzwerthe der 
Reihen 15 und 16 angeben. 
Es ist nämlich, für = 1, bezüglich der Reihe 15 


ae — k?fp = füg 
Jap —o= de(1 — 2 k sin® >) 


also auch, nach 10 


(11) fip—2# füpsin — (ap —faglh) — 5 [de Pe)- 


_ hieraus folgt: 


2% [dpsin =; defe+ 3, fde1e)° In de (fg)+. . 


k? 
Man multiplieire die ganze Gleichung mit = so bleibt 


2 k'k? F 1.388 31.17 
? -füg sin: 5 17 safe +54 /dr era 


(18) 
+ für + 


/ / p 
1—h2AK sine —(1 — k' sin? —) 


Die Complanation des schiefen Kegels ete. A53 


1.1%? 
wenn man aber das zweite Glied der Reihe, nämlich —- de(fe)*? 


noch mit k?, das dritte mit k*, das vierte mit k® u. s. w. multiplieirt, 
so wird, wenn Ak? ein echter positiver sein sollte aus der Reihe 18 


2 fdosin® > z— fa defp +3, [dr (re) + En 
%; r nn 
A: — fg (re): ai 


Man führe in das erste Glied der rechtsstehenden Reihe der 
Hormel 19, statt fü seinen Werth =4K' sin? — 5 — (1 — k' sin? —) ein, 
so wird dieses: 


N I ER? AT 
So flrfo=, Zr dpsim (1 —k sin? —) 


ha In oa A (20) 
— 2 —fäg sin? 5 dp sin’ —. 


Es ist also der erste Theil des ersten Gliedes der Reihe 19 
grösser als die ganze Reihe zusammengenommen. 

Da nun beide Theile des ersten Gliedes zusammen , oder das 
ganze erste Glied (20) offenbar kleiner als die ganze, lauter positive 
Glieder enthaltende, Reihe ist: so sind durch das erste Glied allein 
zwei Grenzen des rechten Werthes a Reihe 19 geboten. 


Es ist daher auch gs|1 BL _k = fägsin — [der kleinere und 


Fe fen (1 — k' sin? —)] 


der grössere Werth, zwischen welchen beiden der rechte des Integrals 


fagV h>+ (a-+ ecosg)* liegt, denn die eben betrachtete Reihe 
der Formel 19 ist dieselbe wie die in 15. Ebenso findet man dass 


k' o- 
ps|1 — 212 [dpeos%| 
der kleinere, und 
k' 
ps fapcos» (1—# cos: —)] | 
der grössere Grenzwerth ist, zwischen welchen der rechte Werth des 
Integrals 
ar ae We 
far i —k?Ak cos (1 — k c0s°-..) — 


Steyr + (a — a cos 9): 


fallen muss. 


45A Schönbichler. 


Diese Grenzwerthe fallen um so näher zusammen, je kleiner 


der Bruch X —— wird, also je kleiner die Excentrieität des Kegelsist. 
ae 


MI. 


Bei näherer Entwickelung des allgemeinen Gliedes der Reihen 
15 und 16 leistet, was Zeit- und Müh-Ersparniss im numerischen 
Caleul betrifft, eine Zerfällung der Hilfsintegrale fdg sin”” o und 
Sdo cos”" in Factoren, die sich einer stäten logarithmischen 
Behandlung unterwerfen lassen, vorzügliche Dienste. Man setze 
zu diesem Ende 


fdg sin" = 9-F).L@)-f@)-- - FE) FE+1)-: fan), 
und betrachte dieses Integral als ein Product aus dem Factor 
y, und m anderer Factoren, welche Functionen ihres Indexes und 
von @ sein werden. Ist unter diesen Factoren der r‘* gefunden, so 
findet man den (r+1)‘” durch folgenden Satz. 

Wenn /dpsin”"9=g.f1).f2)-f@)- -Fe)-fer+N- fm) 
unter der Bedingung ist, dass für jeden ganzen posi- 
tiven Werth von r der zwischen O0 und m liegt (dp sin?” 
—=f(r) fdg sin"? g, und bei jedem bestimmten Werth der 
Me o innerhalb des ersten Quadranten 


in) 


eh gesetzt werden kann, so ist 


2 
=. 
2r + 


nz 


Denn, nach dem Fundamental - Integral (day — xy a faye 
findet man (dp sin” p — [dp sin p .sin’"'y 


2r 
_—_ sin? o tang? )- 


— — cos p sin"! + (?r— 1) (do sin”? p cos? p. 

= — cos p np + (2r—1) (dp sin" pl —sin?p) 
und hieraus, wenn man die Glieder nach den gleichen Exponenten 
ordnet 


- 2r —1 \ 1 1 
fie sin 0 B "fie sin"? — EB cos o sin”! o, 


welches sich auch schreiben lässt 


%Yy—1 1 cosp . sin?r—1lo DR, 
1) ıL sing — a ne — he sin, 


en l do sin?r—o 


Die Complanation des ats Kegels ete. A55 
Es soll aber (nach der Bedingung des Satzes) auch sein 
ap sin? pP = f(r) fdp sin" o 2) | 
mithin aus 21 und 22 | 


2r—1 1 . sin?r—i f 
f(r) [de sin" o = = ei Da) et fdg sin”? 9 (23) 
ur f do sin— o. 


und 


2r —1 1 cososin?r—-1g 
ee 


ler, Sag sin?r—? @ 
Man setze in diese Formel (r +1) statt r so wird 


?2r +1 1 cos 9 . sin?r+1 o 
en (  9r +1 h 
dw sin?r o 


und wenn man statt (dp sin’”g den Werth f(r) Jap sin’? 9 aus 
der Gleichung 22 in die Gleichung 25 bringt 


(25) 


2r +1 1 cos p sin?r+1o 
er er er 
f(r) Sag sin?r—2 o 
(26) 
2r +1 1 sing cospsin?r—1o 
2r +? ?2r +1 f(r) Fr en \ 


—1 
Nun setze man es sei f(r) = cos? und bringe diesen 


Werth in die Gleichung 26, so Re 


er 


2r +1 2r sin? 10) 1... c0sQ . sin? —1 7 
2r +2 2r +l1ecoy ?2r—1 fag into ( ) 


und wenn man denselben Werth für f(r) in die Gleichung 24 setzt 


2A 2r—1/ 1 cos o sin?—1o 
ee 
an Win Sag sin?r—? 9 
mithin 
1 cosepsinar—ilo 
cfd—=1— —— 98 
Dt Y do sin?r—? (3) 
und 
i 1 cos o sin?r—1 
sind = ak es (29) 


nz Sdg sin?r— 9 


(30) 


[c1) 


A56 SChimparhiee 


welcher letzte Ausdruck in die Gleichung 27 gesetzt, ergibt: 
Ä DR 2r+1 2r sin? sin“ op 
u pr +2 (! an Ir+1 Cosa) sin2g) 


2r+1 ie 
ln 2r +2 


= 10 tan? 
RT sinio tang $) 


2 

was immer stattfinden wird, sobald es erlaubt ist f(r) = 5 % ; cos? 
Zu 

zu setzen. Das ist aber erlaubt bei jedem Werthe von 9 innerhalb 

des ersten Quadrates. Denn jedes Integral fd sin’”"g und auch 

[do sin?” "og ist für jeden Werth @ positiv, wenn r einen ganzen 

positiven Werth hat; es ist also in der Gleichung 22 jedes Glied 


mithin auch f(r) positiv; mithin ist auch die es 24 aus 


2: 5 ar 
lauter positiven Gliedern: denn es ist in ihr 


für jeden ganzen 


Werth von r positiv, also ist auch der andere Factor 
n 1 cos o sinr—1 ) 
Zu: Sag sin?r—? o 


positiv; wenn aber das der Fall ist, so muss 


cos o sin2r—1o 
a f do sin?r—? 

entweder negativ, oder es muss positiv und kleiner als 1 sein. 
Negativ kann aber dieser Ausdruck nicht sein, weil jeder Factor 
desselben positiv wird, sobald © < 90° und r positiv und eine ganze 
Zahl ist, so zwar dass (2r—1), dann cos po, dann sin””—!o und 
eben so dp sin’”””g jedes für sich positiv wird. Es ist also 

1 _ cos o sin?r—1o 
a Jap sin?r— 29 
positiv und muss dabei kleiner als 1 sein. Es ist also 


unter den bedingten Werthen von r und & immer 

1 cos g sin’r ig 
Ze f do sinr—:o 
ein echter positiver Bruch und kann = sin?! gesetzt werden, wobei 


sich jederzeit ein Bogen d denken oder finden lässt, welcher der 
1 cos @ sin? 


r—1 

< Genige leistet. Sonach ist 
2r —1 R 
Sag sin?t—?9 


1 cos p sint—1o 
lets ag sin?r—2o 
Gleichung 24) 


Gleichung sın?d — 


aber 1 — 


— cos? /Ö und (man siehe die 


—1 
cos? V. 


fOd=- 


Die Complanation des schiefen Kegels etc. A457 
Weil daher zum Bestand der Factorenreihe 


füg-sin 9 —=o.fl) Ff@)-fE)---fr)-fr +2----- f(m) 


für jeden ganzen positiven Werth von r zwischen o und m immer 
Sao sin? g = f(r) [dp sin?" "9, und bei jedem bestimmten Winkel 


EEE EEE WERT 2ER 


2r —1 
o innerhalb des ersten Quadranten f(r) = —— 0082 d wirklich 


gesetzt werden kann, so ist auch erwiesen: 


fr +D)= - sin? fang? )) : (32) 


2r +1 ( 2 

2r +2 Ir + 

sin? in? e 
5 -) und > ® sowohl eine 


1 
Wei fd sing — = ei -— 
Function von 2@ als auch für jeden Werth & innerhalb des ersten 


. er ; sin? 
Quadranten ein echter positiver Bruch ist, so setze man 5 Ze 


— sin? (29), also 1— = cos? (29), und L yany — 


1 
ev (1 — ) == 9. .cos?(2 9), so wird das Symbol (2); 
einerseits einen Winkel IR natürlichen Kreisbogen vorstellen, der 
eine Function von 2 ist, andererseits aber wird es in dem rechts 
angehängten Stellenzeiger 2 den Exponenten desjenigen Integrals 
anfweisen, als dessen letzter veränderlicher Factor cos?(2 9), zu 
betrachten ist. Consequent erscheint im Integral mit dem Exponenten 
2r, nämlich in /dosin”o, der Factor cos?(2@)” als der letzte 
veränderliche, sobald (in der Bedingungsgleichung 31) cos? (2 o),, 
2r —1 —_ 
statt cos?J also f(r) = : med — —— 0082 (2 P).r gesetzt, 
und durch Einführung der natürlichen Zahlen 1, 2, 3, 4, 5.... für r 


die Funetionen f(1), f(2), f(3) --.. entwickelt werden; denn 
sonach wird 


fügsin” 8 = 9-FW-F@-T@).--- 16) 
= 9... 008° (29), — co? (2 Yo) - > a a) ee 
> lie 


| Weil aber aus der Glichng = 
statt r auch fliesst f(r +1) = 


en: 


sin? op 


ah (29)..für(r+1) 
1 
Ze 5 608? 2 Y)er +2 und nach der 


A58 Schönbichler. 


isch 


Formel 32, f(r+1) = FE} 
al ie 


2r er ah 
— 775m” p tang $) 
also auch 


2 
cos?(2 @)2,+2 = m a sin? ptang* (2 Y),, ist, so kann man 


jederzeit 
! 1 3 
fir sin” o = p 608° 2). 608?(2 O)ukianr 
2 1 2m —1 
(23) tl I cos? (2 P)er + 3 ne bie cos?(2 O)2m 
unter der Bedingung setzen dass, sobald 
sin ? o 
2 ah ad 
(34) c08 @oy,i = 
besteht, auch immer 
(35) 08 (2y)r +2. = 1— Aare; ; sin ptang? (2 y)- 


bestehen wird, und zwar für alle ganzen positiven Werther von r=1 
his’ — m. | 
Aus der Formel 35 findet man frr =i1,r=2,r=35 


cos eo) — 1 - sin?o tang? (29); 
cos?(2p); = 1 —: sin? o tang? (29): 


0. 
c08? (29); = 1— sin? tang? (29), 
u. Ss. w. 
Es erhellet hieraus deutlich, dass, wenn m und » positive ganze 


aber ungleich grosse Zahlen wären, die ersten r veränderlichen Fae- 
toren des Integrals 


1 3 2r—1 
fir sin?" = 9.5 008? (2p), - ; cos" (2y)r- --- — 


am — 
2 1 0082(2p)em 
den ersten r veränderlichen Faetoren des Integrals (dp sin?" p nicht 
nur der Form nach, sondern bei gleich gross bestimmten 9 auch dem 
Werthe nach vollkommen gleich sein werden. Ist nuın m = r = p 


undda=1r-+ g, so ist Jdpsin” 9 


c08? (DO). - 


Die Complanation des schiefen Kegels ete. 459 


2r 2r 
Basmetrgo — (- ie „608° Sy Bw „608° (2o)er+3- (36) 
2r + 2p — 


re cos? ed fdg sin” 9. 
und dp sin” @ 


2 
do sin? +?4 -(— it, 


cos? (2p)ar +2: re cos? (2p)yr +1.» (37) 
Paper nn cos? en Sdg sin” @. 
und je zwei und zwei gleichlautende Factoren der Formeln 36 und 37_ 
sind einander auch dem Werthe nach vollkommen gleich, sobald in 
beiden Formeln sowohl r und r als auch y und & einander gleich 
genommen werden. 
Auch /do . cos?" lässt sich in eine ähnliche Factorenreihe 
wie Form 33 zerlegen. Zu diesem Ende leite man aus 
fdg cos g. cos”"—'p und [dp cos”p —= f(r) [dp cos”? 9 
die mit den Formeln 21 bis 27 analogen Gleichungen ab, setze 


2r —1 ar —1 4 cos?r —1o sin 
r 


2r a costr— 2 

also 
1 cos?r—1o sin 
tang? v — 5 1 ET ER USE, 

os f do cos?r—: 9 

so erhält man 
?2r +1 2r 
Tr — (1 ——— (08? sin? )- 
naeh wa 


Wenn daher do cos®"9 — 9.f(1).f(2)---- Fr) f(r-H1) 
.f(m) unter der Bedingung gilt, dass für jeden 
ganzen positiven Werth r der zwischen o und m liegt 
IL cos” po — f(r) [do cos®-:o und bei jedem bestimm- 
ten Werth der Veränderlichen @ innerhalb des ersten 


Quadranten f(r) = 


r 

. sec: db gesetzt werden kann, 
?2r +1 
+2 


so ist frr+1) = 


Setzt man ferner 
| 1 $ 3 2r —1# 
fdg cos" 9 = p.5 8ec!(?2p) z se (2p)a- -- - s sec? (20). 
r 


am —1 (38) 
5 sec? (2P)zm» 


2r ee 
( + N sin? $). 


(39) 


(40) 


(41) 


(42) 


A60 Keeiscchhiön biehileinr! 


so wird diese Factorenreihe wieder unter der Bedingung gelten, dass 


sobald sec?(?2y), = 1+ Si 
2 


sec (2p)arıı = 1+ 
gesetzt werden kann. 
Aus 39 fliessen sofort die Werthe firr =1,r = 2.... 


sec?:(2p), = 1 +3 cos?o sin? (20), 


gesetzt wird, jedesmal auch 


ar 
" 2 n?(?2 
rl (29). 


ser(?2o) =1+ - cos? o sin? (2Y)ı 
| u. Ss. W. 
Auch gilt von den Integralen (dp cos®"+ rg und (dp cos?" +?9y 
dasselbe analog, was unter 36 und 37 bemerkt wurde. 
IV. 
In solche Faetorenreihen wie 33 und 38 lassen sich alle Inte- 


grale von der Form [dp sin?” vo und [do cos?"=yg auflösen, so- 


bald v eine ganze oder gebrochene positive Zahl und vo ein Winkel 
innerhalb des ersten Quadranten ist. Denn, weil allgemein 


9 1..f° 
[% sin” vo = en do sin’"o 


und 


? 12/8 
[4 COSTVO. 5 do cos?" 


o {0} 


ist, so setze man, es sei 


fs sin?mrYp oder [dp cos"o = F(p), 


vo vo 
IK sin?"o oder [de cos®"p = F(vp). 
also (aus 40 und 41) ; 


B 9 1 
f% sin?" yo oder [dp cos" vo — Si Fo). 


o 


so wird 


Nun ist für f "do sinm 


1 3 2 1 
F(o) —_ 5 cos? (20). z cos? (?y)r- .. nr - 2 cos? (2o)2r+2 nahe 


2m—1 


cos? (29) Da 


Die Complanation des schiefen Kegels ete. A61 


daher (nach 42) 


? 
IK; Ey — er . = cos? (2vP)2 2 008? (2vgp)i--- (43) 


am — 


1 
cos? (2v@)am 


— 5 008° (0); : 7 €08? 
am — 


! 088 (2vo)am 


und diese Reihe gilt wieder unter der Bedingung dass, sobald 


sin? vo 
c0s? (2vp), — 1 TEE Bugs (44) 
auch immer 
2 
co (Wo) +2 = 1— 3 ä N sin?vo tang? (2vY)r (45) 


sein wird. 


Aus der Formel 43 ergibt sich für v = : 


rs. 1 3 5 
f% sin?" > = 9.5008? (P)2 7 608° (P): 5 c08:(p) - -- - (46) 
0 2m —1 
Nu c0s?(O)zm 
und zur Berechnung dieser Factoren, aus 44 und 45 für r= 1, 
M—2...: 
ee © 
2 
cos?(y), =1— 3 sin» & 2,sang) (2): (48) 
cos? (a = 1— 3 sin» ? tang? (p): (49) 
u. S. w. 


Für * de cos?mS erhält man analog mit 46 die Reihe 
' 1 ; 3 5 
= p38ec? (2): ‚7 sec? (po) - 6 sec? (2%: - 
sodann aus 39 und analog mit 47, 48, 49 


2m —1 | 
an ee (2)em (60) 


sing 


sec?(p), =1-+ — | (51) 

se (go), =1+ ve! ; sin?(p), (52) 

se (g) =1-+ 5 = cos2$ sin? (p); (53) 
U. S.W. 


Siitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. II. Hft. 30 


(34) 


(35) 


A62 Schönbichler. 


Weil nun diese Formeln (von 40 bis 53) so lange Giltigkeit 
haben als vo den ersten Quadranten nicht überschreitet, und hier 


vo = > ist, so kann auch @ = 180° angenommen und sonach 


bis zu den Integralen 


IK sin? > und fr cos?" 


mit diesen Formeln ausgereicht werden. Für o = z wird aber (47 
sin sin Te : R 

und len ze 0, also sowohl cos? (@),;, = 1 (in 47) als 
auch sec? (o). — 1 (in 51), mithin wird auch 

c0s”(o), — 1, c0s:(o) =1 ... cos? (o)m — 1 
und eben so 

sec?” (2), — 1, ser (Ye — 1 --: seo). 

Es ist daher 


7 . = 2 1:3 ar 
d sin m —— do cos mt I N Sn 
nn “ 2 2.4.6...2m 


weil sämmitliche veränderliche Factoren in 46 und 50 in diesem Falle 
— 1 werden, mit Ausnahme des Factors @, welcher in beiden For- 
mein = z wird. Dass für  —= 0 diese Integrale verschwinden, 
leuchtet schon aus dem Umstande ein, dass von den Factor enreihen 
46 und 50 jede auch den Factor @ aufweiset. 

Die Integrale 


Te . © T ug 
/% sin” und fs sin". 


sind es eben, welche numerisch angegeben werden müssen, wenn 
die ganze Oberfläche (oder eine seiner gleichen Hälften) des schie- 
fen Kegels nach der Formel 15 oder 16 berechnet werden soll. 

In der Reihe 15 ist das erste Glied für = n 


je sin? (1 — k' sin? 2) 
— hd s /*% sin? Z __—k 3 [dp sin: 2 


mithin nach 54 für m—=1 undm — 2 das erste Glied in 15 


— 16 [jr 22 2] = (2) ar ft 


und eben dasselbe gibt auch für = r das erste Glied in 16. 


Die Complanation des schiefen Kegels etc. A63 
Das zweite Glied der Reihe 15 ist fig = z 


1. 1 ,,4?K? nen = 
— k* = de sin (1 — #sin:2); (56) 


{0} 


und weil 
9, 


T 2 TC TE 
Süs sin (1 —K sin: 5) — [ dgsin? 2 | dpsing 4 


We de sins!. = en uklar an ln 
2 2.4 2.4.6 2.4.6.8 


o 


so ist (naeh 56) das zweite Glied: 


14.1.3 ni DEE 
ie 1-7: erzake] — (57) 


Ri Ze) 1.08 
- >) hskeke[1 ——.—k (1 — —.—#®)] 
und eben so ist das zweite Glied in 16. | 


Das dritte Glied der Reihe 15 für — ist 
1.41. 3, „ER? : Per ON ; 
SE: Fl a sin _ \1—k sin®*.) ; (58) 


und wenn man (1 — K sin? =) zur dritten Potenz wirklich erhebt, 
und so wie in 56 vorgeht, das dritte Glied: 

1 11.3.512 a DM 1% 
erden) &9 
und eben dasselbe gibt das dritte Glied in 16. 

Es ist mithin die ganze Oberfläche des schiefen Kegels 


(durch die ersten drei in 55, 57 und 59 ersichtlichen Glieder) 
annäherungsweise complanirt durch die Reihe: 


ars 1 = („rar 1 - — Co) Per: x (60) 


rer nl-aeee 
Br 2 063, 
1 —-7.2% (1 — = — (1-7; 5% )) — ER = 


rg fer =: far Vr+ +(a+e cos p)*. 


30* 


A6A Schönbichler. 


Diese Reihe ist in ihren ersten drei Gliedern, hier derart völlig 
bestimmt, dass nur mehr die numerisch anzugebenden Werthe für 


2 
®—=h?+(a+e); fü = 2 S 2 
eingesetzt zu werden brauchen, um sie selbst in ihrem gesammten 


numerischen Werthe zu finden. Das allgemeine Glied der Reihe 
60 ist seiner Forın nach schon aus dem Fortgangsgesetz dieser 


e . . 
und für / = ——- in sie 
a-+e 


_ ersten drei Glieder ersichtlich; doch soll es für jeden Werth von 


(61) 


(62) 


(63) 


(64) 


(also für jedes Kegelmantelstück) im nächsten Abschnitt dieser 
Abhandlung entwickelt werden, zu dessen Einleitung noch Folgendes 
hier Platz finden mag: 
9 9 
Man kann die Integrale [dp sin’” vo und [do cos’* vo oder 


0 0 


p 

überhaupt auch das Integral fie sin?” «b wo d was immer für eine 
0 

Function von o, also auch ) = vo und d=90°— vo, sein kann, 

unter folgende allgemeine Auflösungsformel bringen, in welcher (o) 

einen allgemeinen Factor vorstellen soll der eine Function von o ist 


o 1 2 3 4 r m 
flesin "9-9: 9- 9-9 
0 
und eben so, für m —=n-+ r (man sehe 36 und 37) 
10) a +1 a+2 n+3 n+r RR. 5 
do sint 9 = (9).(9).(9)---- (9): fapsine 9. 
0 
Für d=vo ist sonach dieser allgemeine Factor 
(£) = 


und für d) = 90° — vo (in u er [dp sin?" — [dp cos’" vo 
wird) ist 


Er c0s? (2 YQ)sr 


2 2r—1 
(9) = — se (?pW)ar. 


V. 

Entwickelt man (1—k'sin?d)” durch den binomischen Lehr- 

satz in eine Reihe und multiplieirt jedes Glied mit sin?” J, so erhält 
man sin?" (1 —k' sin? d))” = sin?" d . k'sin’"T?d. 

m m—1i m 


Sa 
+- ur  Yesintig Tea —— k'3 sin’"+ed+...— 


Die Complanation des schiefen Kegels ete. A65 


also auch 


A sin d (1 — K sin? d)" (65) 


fü do sin?” —— rd dp sind"? d ai - Am ke fig sin?®t+ d— 
o 0 . S 


o 


m—1 U EN 
.. +... + r ! ee . 


Nun ist (nach 62) 
p f ER 
ir sin"t?d—= (op) [| do sin?" d 


+1 ER 
u dp sininttg — (p) (9) [ dp sind 


i 10) dal +1 2. u ; 
a dp sing (LA): -- fie sing. 
Setzt man nun diese Factorenausdrücke statt ihrer gleichen 


unentwickelten Integrale: in die Reihe 65, so wird man sogleich 


9 
bemerken, dass das erste Glied MR do sin?" d allen übrigen Gliedern 


(0) 


n+1 
als ein Factor gemein ist; der Factor (9) und —K allen Gliedern 


n—+2 e- 
vom zweiten angefangen; der Factor (9) und , IX allen Gliedern 


M—Tr-+ 


n+r 
vom dritten angefangen u. s. f., der Factor (9) und 1% allen 


Tr 
Gliedern, von dem r'" angefangen, gemein ist. Man nehme 


9 

daher : do sin?" d) aus der ganzen Reihe heraus und schreibe es 
; . | 5 n+1 m 

ausserhalb einer Hauptklammer; den Factor () nebst — vor 

= 


S ; are m 
eine zweite Klammer; (@) nebst 5 


n+3 
k' vor eine dritte; (@) nebst 


M— 


2, rd. Dit a — 
ME k' vor eine vierte und überhaupt (@) nebst "—+1y ls einen 


Factor vor eine (r+1)' Klammer derart, dass immer die r»* über 
die (r+1)“ Klammer greift, nach dem Beispiel der Formeln 57 
und 59. Auf diese Weise erhält man aus 65 


A66 Schönbichler. 
9 
de dp sin?" d (1 — K sin2 5)= 
(66) n+1 Be n+2 Y Be n+3 
-h—"% ) (1-78 (9) (1 "8 (9) (— 
A, n+r KM n+r+1 
at KO e 
r Tr 


Le] [ie sg 


0 


Die rechts stehende grosse Klammer soll hier, mit dem darauf 
gestellten m anzeigen, dass an dieser Stelle eigentlich m über- 
einander greifende Klammern stehen sollen. Das Fortgangsgesetz 
dieser Reihe ist, eben durch diese Klammermethode (Einschachtlung) 
so klar, dass ich wohl nicht nöthig habe, es in Worten deutlicher 
zu machen, ihre praktische Anwendung aber so dehnsam als es das 
Integral selbst ist, welches sie entwickeln soll. 

Man setze in ihr d = v g, so erhält man (nach Rn 


pr do sin” vp (1—Kv.sin? go)” 


(67) Auf Shui ——— (08? ER: Ke Bi cos? (V@)antı k 


1 "2n+2 2 2n+% 
m—r+1 2n+?2r—1 2% N 
gg 52 RU Paz 
m g 
1 2n + 2m — do sin?” .v 
1m 208: (VP)rurtm k] m a 
1 LI} . . . 
ED — = und » = m gibt aber diese Reihe wieder 


! 0,9 LEN 
(68) /% sin? u -— sin?) 


ö m m+1 mA 2m+3 
— |1 — —.—— (008? k (1 — —. 
| 1 "2m +2 0 (O)2m+2 > ae (P)2zm+4 K' 
m—r+1 2m+?2r —1 ; 
.. (1 — I . Omar cos? (P)zmt2r k (1 —— re ee 
| "Tl 2 ee 
1 I suirze 008°(unk’| / de sin’ > 


und macht sogleich das entwickelte allgemeine Glied der 


o 
Reihe 15 ersichtlich, wozu nur mehr für fe do sine die Factoren- 


Die Complanation des schiefen Kegels etc. A6% 


reihe aus 46 eingeführt und für jede Zahl 2m + 2r die veränder- 
lichen Factoren aus der Formel 45 für v =; abgeschrieben zu 


werden brauchen. Vertauscht man dagegen in 68 das Integral 


9 ? 
fü osin?” z ausser der Hauptklammer mit dem Integral [dp cos" 


0 


und eben so die veränderlichen Factoren 

08? (P)zm+2 mit sec? (P)am+2 

c08? (P)zmti » Sec! (P)zm+s 

c08?(P)zmt?r » CC? (P)zm+t2r>» 
so gibt die so umgestaltete Reihe sogleieh das entwickelte all- 
gemeine Wlied der Reihe 16, und dieses wird völlig entwickelt, 


9 
durch Einführung der Factorenreihe 50 statt f* cos" und durch 


Abschreibunz der Werthe für sec? (P)2m-t2r von den Formeln 51 bis 53 
oder der allgemeineren Formel 


se? (P)a+z = 14, »7 


(nach 39). Tür cos? (@)am+2 — 1 und überhaupt cos? (@)m+2r — 1 
verschwinden aus der Reihe 68 alle veränderlichen Faetoren; das 
Integral ausser der Klammer wird 


| Bing 1.3.5... 2m 
f do sin" eg nie 


cos? = sin? (O)»r 


a a Im 


und die Reihe 68 selbst stellt sonach das allgemeine Glied der 
Reihe 0 für die Complanation des ganzen schiefen Kegels vor. 

Füm=i,m=2,m = 3... gibt die Reihe 68 die ersten 
Glieder der Reihe 15 entwickelt und zwar mit denselben constanten 
Coöffieenten wie die Formeln 55. 57, 59 sieaufweisen, nur dass neben 
- diesen Co£fficienten noch die veränderlichen Factoren cos? (@),; 
cos?(g1.; c0s?(@)s. . . . Platz nehmen werden. 

Inden bisherigen Beispielen der Reihen 66 und 67 war m eine 
ganze positive Zahl, diese Reihen gelten aber auch für jedes 
andere m, das ein echter positiver oder negativer Bruch sein 
kann. Von den vielen praktischen Anwendungen der Reihe 67 will 
ich nw noch ein einziges Beispiel aufführen: Man setze (in 67) 
a—bv=1,m=:!ud‘k=%, so wird aus 67, wenn man 
noch de ganze Gleichung mit as multiplieirt 


(69) 


A68 Schönbichler. 


« [dp Vı RR sing — asp .|1— k2 cos? (29), (1+ 
! | 


1.3 3.5 
As k? cos? (29), ( 1: 6.6 k2 cos?(29)s ( +... 


bo 
1 + en k? cos? (?y)r (1 + sh A |! 


j 
Diese ins Unendliche fortlaufende Reihe würde man auch aus 


15 und 16 erhalten, wenn man dort k —=1 setzt, weil ‘in diesem 


B m 9 | m 
Fall sinm ? (1 — sin?) —4 m? (1-_ cos? 
alle 1 / dp sin 5 (1 sin 2) [de cos A cos 2) 


| 
| 


— di de sin” o wird; nur müsste man noch die Fastorenreihen 
0 
(nach 33) statt der Integrale (do sin?" o einführen und die gleichen 
Factoren ausserhalb von Klammern bringen. — Für s=1 lässt die 
Reihe 69 den Bogen einer Ellipse berechnen, deren grisse Halbaxe 
— a, und kleine Halbaxe — aV1 — k? ist, und der Winkel @ 
den einen Schenkel in der kleinen Axe hat. Stellt dagegen s die 
Seite eines schiefen Cylinders vor, dessen Grüundflä:hen - Halb- 
messer — a ist, so kann durch diese Reihe die krumme Querfläche 
eines prismatischen Stückes des schiefen Cylinders gefunden werden, 
wenn dieses Stückes gleiche Grundflächen einen Winkel AUT= go 
(siehe Fig. 2) innerhalb des ersten Quadranten haben, sodaın seine 


FREENET N 
r a N Se 


Die Complanation des schiefen Kegels etc. A69 


23 
Excentricität ME = e, seine Seite MNN=DC=s und —— 

° Ss 
gesetzt wird. Weil im letzteren Falle für k? — = ‚ auch gefunden wird 


ee ME? PA? cRco®MAP a®—a?sinMAP a: — MP: 

a 0 Se To wen 
so erhellet auch aus diesen gleichen Ausdrücken für die Elliptieität 
des Cylinders, dass: wenn von einem schiefen Cylinder seine 
Seite oder Axe MN = AB = s, sein Halbmesser AM = a 
und -der Winkel PAM gegeben ist, den in der durch die Mittel- 
punkte seiner beiden Grundflächen auf sie senkrecht geführten 
Ebene die Seite mit dem Durchmesser macht; oder statt die- 
ses Winkels auch die kleine Halbaxe MP = b der Ellipse, 
welche die Seiten des Cylinders senkrecht schneidet; in beiden 
Fällen sämmtliche Stücke zu seiner Complanationsreihe (69) 
vorhanden sind. Denn, wenn der Winkel MAP gegeben ist, so ist 
k®2 = cos: MAP, und wenn MP=b (die kleine Halbaxe) gegeben 
a? — MP* a? — b? 


ist, soit ® = und es ermangelt in keinem 


a? 
Falle eine weitere Bedingung als die Grösse des Winkels 9 zu 


kennen 1). Wäre = - so wird cos? (2 9), =1, cos? (?y)—=1, 


und überhaupt cos? (2 @)2, = 1 (siehe die Formeln 34, 35), man 


erhält sonach den Inhalt eines Cylindermantelstückes, dessen Grund- 
fläche ein Quadrant wie AMO ist, für 0) -— aus der Reihe 69 
durch die einfachere Reihe 


oo 
Te 1.1 1.3 3.5 
sa- 1 -;e®(1+ -e(1+e(t+....] 
2 2.2 T AA da 6.6 u ö 
und den ganzen Cylindermantel durch das Vierfache dieses Wer- 
thes. Die vier Cylinderstücke, deren Grundflächen die Quadranten 
AMOQ, QMD, DMR und RMA sind, haben nämlich vollkommen 
gleiche Oberflächen, wenn gleich die Stücke von den entgegengesetz- 
ten Quadranten, wie AMQ und DMR, wie sie auch immer umge- 
+e? AB 
Se = —— — eos? CAE (siehe Fig.1), d.h. 
8? AO: 
% (in den Formeln A bis 9) ist der Cosinus des Winkels, der in der Ebene der 
kürzesten und längsten Seite die längste Seite mit dem Durchmesser macht. Die 
Bezeichnung der Module mit dem Buchstaben % ist also (für Deutsche wenigstens) 


in mehr als einer Hinsicht passend, denn k bezeichnet nicht nur immer eine Con- 
stante, sondern in den meisten Fällen auch den Cosinus eines augenfäligen Winkels. 


9) Auch im sehiefen Kegel ist k? — 


AO | S echo. ie hilrere. 


wendet werden, sich nicht decken mögen. Aueh zwei Cylinder- 
mantelstücke, deren Grundflächen, wie AMT und DMS, gleiche 
Winkel haben, sind einander gleich: sobald diese Mantelstücke an 
jenen Seiten AB und CD des Cylinders liegen, die durch die Pole 
der kleinen Axe jeder Ellipse gehen, welche senkrecht alle Seiten 
des Cylinders durchschneidet. Denn in solchen Lagen ist der ellip- 
tische Bogen auf dem einen Mantelstück dem elliptischen Bogen auf 
dem andern gleich; der Inhalt dieser Mantelstücke ist aber eben 
nichts anders als das Produet ihres elliptischen Bogens in irgend eine 
ihrer gleichen Seiten. 


. 

Bei der Auflösung der Integrale (do sin" vo und fdy cos?" vo 
in die veränderlichen Factoren von der allgemeinen Form cos? (vo), 
und sec? (vp)s, hatte ich die Absicht, den numerischen Calcul zu 
den Integralen 
[ag sin" vp (L—K' sin? vg)" und fdy cos?"vg (1—K' cos? vo)" 
mit Hilfe der allerleichtesten Rechnungsoperationen — der Addition 
und Subtraetion — zu bewerkstelligen. Ich erreiche diese Absicht 
in der That durch die zugänglichsten tabellarischen Hilfsmittel der 
Mathematik, nämlich einfach durch die Logarithmen der Sinus und 
Tangenten, die in allen, auch in den wohlfeilsten logarithmischen 
Tafeln anzutreffen sind. Einige Beispiele dieses Caleuls an den ent- 
wiekelten Reihen 68 und 69 werden geeigneter sein, ihn kennen zu 
lernen, als eine ganz allgemeine Darstellung desselben. 

Es sei (in der Reihe 69) der Modul k? so klein, dass man das 
Glied mit der Potenz 8, also das vierte Glied, schon vernachlässi- 
gen und demnach setzen kann 


2 
ar do Vı r kaisin? 06 


$ 1.1 1.3 3.5 

” 1; he 008°(29), (1+,.%2008°(2p)ı(1 + ,%°008°(20)))], 
3.5 

so kann zunächst Er k2 cos®(29);, da es für jedes » positiv ist, 

dem Quadrat einer Tangente gleich gesetzt werden, und man wird 


3.5 BE 
schreiben können Be k? cos? (20)& = tang? «,, mithin 
1 


2 ) 
C0S° Gy 


3.5 
a (?y) = 1 + tung? a = sea, — 


Die Complanation des schiefen Kegels ete. AT1 


und die Formel 70 redueirt sich auf den kürzeren Ausdruck 


1.1 1.3 ; c0s? (?2), 1 
o [ an k? cos? (2Y), (1 -H Er k ee ) (1) 
1:3 h cos? (2 


1: 6 EI n 2), ie ._ 
Weil nun wieder Ei k 7 für jeden Werth von @ posi 


tiv bleibt, so setze man es —= tang? «&, also 


1:3 _, cos? (2o), 
1+ — ® — —— —=1 au ee 
üg 4.4 cos? a, ae C0S? Qy 


und die ganze Formel 7i kommt wieder auf den kürzeren Ausdruck 


1.1 __ cos? (29), 
9 [' BR 3 cos? a, | “u 


Da aber das ganze Integral as Vi: sine o, also auch 


der Ausdruck 72 nur positiv sein kann, sobald @ positiv ist, so muss 


1.1 2 (2 
auch der umklammerte Ausdruck E rg k? ee in 72 für 
1.1 ,, 08? (2p), 


.2 cos? dy 

jeden Werth von @ positiv sein, mithin muss -— k ein 
2.2 cos? Ag 

echter positiver Bruch sein, weil es für jedes 9 nur positiv aber 


niemals grösser als 1 werden kann; denn, würde es grösser als 1 
1.1 cos? (2y 

werden, so wäre 1 — — k? en 
2.2 cos? Ay 


druck 72 negativ, was unmöglich ist. Man setze daher 


negativ, also auch der Aus- 


1.1 cos? (2 N BR 1.1 cos? (2 
k? ee) — sin? &,, mithin 1 — an k? we 


— — (08° &; 
2.2 cos? A, .2 COS? @, i 


so wird der gesammte Werth von 72 durch den noch kürzeren Aus- 
druck ©. cos? a, dargestellt, es ist also annäherungsweise 


fie vi — k? sin?o = @ c08? Q;. (73) 


Gesetzt nun, es wären die Logarithmen der Functionen 
cos? (20); cos? (29).; cos? (29), schon bekannt und man setzte: 
| ln 
log cos (29); = X; und der Kürze wegen log ve 


TEE le; 
anreos (2o), =: A lag = 


zu — | 
3.9 ah 
log eos (?2yk =h; » „ » dog ve 


412 Ss ha en 


so wird der numerische Caleul zur Erlangung von cos? a, auf fol- 
gende Art geführt werden können. Es ist: 


3.5 
log .tang a, = y: k2 cos (29), =logk +1; +) 


nach der eben erklärten Bedeutung von /, und %,. Man addire nun 
diese drei Logarithmen, bringe ihre Summe auf die negative Cha- 
rakteristik 10, betrachte den sogestalteten Logarithmus als einen 
Tangenten-Logarithmus, suche in einer Tafel der Logarithmen den 
Sinus und Tangenten, den gleichgrossen Logarithmus unter den Tan- 
genten und schreibe endlich den auf derselben Zeile befindlichen 
Logarithmus des Cosinus heraus: dieser, weniger Charakteristik 10, 
ist der Logarithmus von cos <ı. 


Nachdem nun log. cos &, bekannt ist, so erhält man 


1.3 (2 
log .tang &, = Yu k? logk + 1, + %3— log cos aı. 


4.% cos? a, 


Man addire nun wieder diese vier Logarithmen, bringe ihre 
Summe auf die negative Charakteristik 10, betrachte den sogestal- 
teten Logarithmus wieder als einen Tangenten-Logarithmus, suche 
in der Tafel der Tangenten - Logarithmen den gleichgrossen und 
schreibe wieder den auf derselben Zeile stehenden Logarithmus 
des Cosinus (weniger Charakteristik 10) heraus, welcher sonach 
— log.cos a, ist. 


Nachdem log cos &, bekannt ist, so erhält man 


2 
log sin &; = Ä ee <Igk+l, +4 — log C08 2; 
und nun addire man wieder diese vier Logarithmen, bringe ihre 
Summe auf die negative Charakteristik 10, betrachte den sogestal- 
teten Logarithmus aber als einen Sinus-Logarithmus. Nachdem man 
in der Tafel der Sinus-Logarithmen einen gleichgrossen aufgesucht 
und den auf derselben Zeile stehenden Cosinus-Logarithmus (weni- 
ger Charakt. 10) = log cos &; herausgeschrieben hat, multiplieire 
man diesen mit 2 und bringe ihn auf seine natürliche Charakteristik, 


so hat man 


2 log .cos & —= log.cos?a,, also (man sehe 73) 
log.» .cos?a; = log g + 2 log. cos &;, 


zo 2 FE 


Die Complanation des schiefen Kegels etc. 473 


und nach Addition dieser beiden Logarithmen den Zahlenwerth der 
gegebenen dreigliedrigen Reihe 70, durch Hilfe jeder Tafel der vul- 
gären Zahlen-Logarithmen !). 

Dieser Caleul setzt voraus, dass die Logarithmen der 
Wurzeln der Functionen cos? (29),, cos? (2%),, cos? (29) 
bekannt seien, aber gerade diese Bedingung ist am leichtesten 
zu erfüllen. Denn, es sei log cos (29), ; log cos (29).; log cos (29); 
zu berechnen. Nach den aus 35 abgeleiteten Formeln ist 
sin 2p 

2 


cos? (29), = 1 — —= 1 — sin? (29); 


2 

c08? (2yo), =1 — ri sin? p tang? (29)2 = 1 — sin? (?y)ı 
4 

co? (20), =1 — 77 sin? 9 tang?: (?2y), = 1 — sin? (?y) 


2 4 6 
man setze log \ = L; log V: = L,; log V: — L;U.s.Ww., 


die man sich ohnedem, wenn dergleichen Rechnungen öfter zu machen 
1.1 1.3 
en Na 
l, u. 8. w. im Vorhinein berechnen und in eine Tafel (vielleicht bis 
L;o und /,,) eintragen wird. Nun findet man aus 74 


sind, gleich wie die obigen Logarithmen /, = V 


log sin (2p), — - (log . sin 29 — log . 29), 
mit diesem Logarithmus gehe man in die Tafel der Sinus-Logarith- 
men, suche den gleichgrossen dort auf, schreibe den Logarithmus 
des Cosinus auf derselben Zeile des Buches (von demselben Winkel) 
als den Werth des gesuchten log . cos (2%); = A, heraus, und 
addire sogleich den auf derselben Zeile stehenden Logarithmus der 
Tangente zu L, + log . sin p, so erhält man nach 75 


1) Die Functionen cos (2%)z ; cos (2y), .-. tang a, ;tangaz... sind hier trigono- 
metrische Linien eines Kreises vom Halbmesser —1. Man betrachte daher die 
Logarithmen der Sinus und Tangenten in unseren üblichen Tafeln gerade so, als ob 
sie für den Halbmesser 1 eingerichtet wären, dass mithin jeder solche Logarithmus 
ausser seiner sichtbaren positiven Charakteristik noch eine (aber nicht beige- 
setzte) negative Charakteristik =10 habe. — In der That! wollte man eine 
Logarithmentafel der Sinus und Tangenten für den Halbmesser 1 einrichten, welche 
andere gleiche negative Charakteristik als 10 könnte man geben? Da aber 
heutzutage von allen Analysten, mit ganzem Recht, die trigonometrischen Formeln 
für den Halbmesser 1 eingerichtet werden, so erscheint die Zeile auf den Titel- 
blättern „für den sin tot = 10000000000“ als ein Zopf in Nullen. 


(74) 
(73) 
(76) 


AT Scehönbichler. 


rt Tee 
Lı + log sin g + log tang (29). = log Yo sin otang? ya = 
log sin (?o)r. 


Mit diesem Logarithmus gehe man wieder (nach gehöriger 
Reduction seiner Charakteristik) in die Tafel, suche unter den Sinus- 
Logarithmen den gleichgrossen, schreibe den Logarithmus des 
Cosinus, der auf derselben Zeile steht, heraus, so ist dieser wieder 
log . cos (2p), = ,; den Logarithmus der Tangente, der auf der- 
selben Zeile steht, addire man aber sofort zu L, + log sin 9, so ist 


| ne) 
L, + log sin © + log tang (29), = log v: sin? 9 tang? 9 (?p). — 


log sin (2%), U. S. w., U. Ss. w. 


Auf ganz ähnlichen Weg, jedoch für andere Winkel (20); ; 
Bolsa. erhält man nach 39 die Functionen sec (2P).; 
SEEN). . nn - durch log sec (29), = 10 — log cos (2%), 
log sec (29), = 10 — log cos (2p), u. s. f. 


Noch nützlicher scheint die Anwendung dieses stäten logarith- 
mischen Calceuls bei der numerischen Berechnung der Reihen 67 
und 68, wenn m eine ganze positive Zahl ist. Es sei z. B. das dritte 
Glied der Reihe 15, welches durch 68 für m = 3 näher entwickelt 
wird, nämlich 


N 
1:44:88 43 K 3 
ke für a Lara 
1 71.3.5122 
(77) en = — - -). „5 A3 3 cos? (2): cos? are c0s? (2); x 


es c08:(9)s(1— 5 ,k 008° (2)yol 1— - — c0s(P)1e))] 
mit Hilfe sehon bekannter Logarithmen für cos (9); cos (0) - ang 
bis cos (@)ı2 zu berechnen. — Man setze, weil = k' cos? (P)ı2 
augenscheinlich ein echter positiver Bruch ist, diesen — sin? a, , so 


2 Ma 61 
ist 1 — SE k' cos? (P)ız = cos? «, und 


29 karl Sir, 
ET: k' c0s?(@)ıo De er k' cos? (Pr) ur k' cos? (@)ıo COS? a;. 


Die Complanation des schiefen Kegels etc. AT5 


Da nun dieser Ausdruck wieder ein echter positiver Bruch ist, 
ö . 9 I . . D 
so sei * 08? (P)ıo C0s? &, = sin? @,, und es reducirt sich der 


ganze umklammerte Ausdruck in 77 auf den einfacheren 


EN 
1 Rn k' cos? (9); cos? | 
und dieser Ausdruck muss nothwendig positiv sein, weil die ganze 


Formel 77 positiv sein soll, vor der Klammer aber, in dem Produet 
4. 71.3.5\2 
Fr ee, ks A3 k'3 cos? (2): cos? (2): cos? (P)s 


kein negativer Factor erscheint. Wenn aber die Formel 78 positiv 
ist, und auch in — k' cos? (9); cos? &, kein negativer Factor er- 
scheint, so ist dieses Product gleichfalls ein echter positiver Bruch. 
Man setze daher _ k' cos? (9); cos? &, —= sin? a,, so wird aus 


77 der kürzere Ausdruck 


1 en 


22 
Er k° k 543 cos? (9), cos? (9), cos? (pP); cos? a; = A und 


5 


logA=2 (log .08 (9), + log.cos(9), + log. cos (9); + log cos %s) 
1.3.5 


+ log - (I) ve ws), 


2.4 


Die Logarithmen für cos &,; cos &,; cos &, werden in den Ta- 
feln der Sinus-Logarithmen, nach vorher berechneten sin 45 sın &; 
sin &;, noch weit leichter gefunden, als die gleichbenannten Func- 
‚tionen in 71, 72, 73 nach vorberechneten fang «,, fang &,, tang &; 
gefunden werden, da unsere üblichen Tafeln so eingerichtet sind, 
dass gleich neben dem Logarithmus des Sinus der Logarithmus 
des Cosinus von gleichem Winkel steht. Ausserdem wird hier der 
Logarithmus von cos &, 608 &,.... zu einer Summe von Logarith- 
men blos addirt, während er dort (in 71—73) subtrahirt, oder 
doch seine dekadische Ergänzung gesucht und addirt werden muss. 
Diese Vortheile mögen klein sein, aber sie wachsen mit der Glieder- 
anzahl. | 

So wie das dritte Glied der Reihe 15 hier berechnet wurde, 
lassen sich, wie leicht ersichtlich, das erste und zweite Glied dieser 
Reihe gleichfalls behandeln. Ob aber auch die numerische Berech- 
nung des vierten, fünften, sechsten und überhaupt des mten Gliedes 


(78) 


(19) 


AT6 Schönbichler. Die Complanation des schiefen Kegels etc. 


der Reihen 15 und 16 dieser ununterbrochenen Reduction auf Sinus- 
Logarithmen sich unterwerfen lässt? das muss erwiesen werden. 
Vielleicht- komme ich in die Lage, in einer andern Abhandlung zu 
erweisen, dass sich dieser Caleul, den ich den „stätigen“ nennen 
möchte, wirklich auf diese und noch weit mehr Fälle anwenden lässt, 
welche sämmtlich in der Reihe 66 einen allgemeinen Ausdruck finden. 
Es lässt sich mit aller Evidenz zeigen, dass die Form folgender 
Gleichungen (der einzelnen Glieder der Reihe 66) erlaubt und statt- 
haft ist, sobald m eine ganze positive Zahl und A ein echter posi- 


tiver Bruch ist: 
nm 
nk (2) = sin? «,, mithin Ve k' (e) = cos? a, 
2. Hm 2 2 2 oh 2 2 
= 4K (9) cos? a, = sin? a,, mithin 1 N) fe) 608? &ı = (08? 
und allgemein 


ag ae } 
Ek (2) 6052 0, „ — sm: 


Die Giltigkeit dieser allgemeinen Gleichung ist, was ihre Form 
betrifft, wie gross auch immer m werden möge, vollständig erweislich. 


Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen u. Pliocen), Diluvium ete. A477 


Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), 
Diluvium und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen 
Alpen und ihrer ‚Umgebung. 

Von D! Stur. 

(Vorgelegt in der Sitzung vom 26. April 1855.) 
EINLEITUNG. 

In der kurzen Zeit seit dem Erscheinen der geologischen Über- 
sichts-Karte A. v. Morlot’s und der geologischen Karte der Umge- 
- bungen Wien’s von J. CZjäek sind viele Beobachtungen, insbesondere 
über das Vorkommen der jüngeren Ablagerungen im Gebiete der 
nordöstlichen Alpen gemacht worden. Namentlich durch die Arbeiten 
der k. k. geologischen Reichsanstalt werden Daten aus allen Gegen- 
den der nordöstlichen Alpen über das Vorhandensein, über die Lage- 
rung der tertiären Diluvial- und Alluvial- Ablagerungen zusammen- 
getragen; man hat ihre Verbreitung durch Österreich, Salzburg, 
Kärnten und Tirol nachgewiesen. Auf diese Weise hat man eine 
Masse von Beobachtungen aufgehäuft, die nun zu ordnen und in ein 
leicht zu übersehendes Ganze zusammenzufassen eine zeitgemässe 
Aufgabe geworden ist. 

Es schien vor Allem nothwendig, alle bisher gemachten Beob- 
achtungen über die tertiären und jüngeren Gebilde auf eine Karte 
aufzutragen, und so ein Bild der Verbreitung derselben zu entwerfen. 
Dann wurde es eben so nothwendig, die constanten und sich überall 
wiederholenden Verhältnisse, unter welchen diese Ablagerungen vor- 
kommen, besonders ins Auge zu fassen, die vielen Widersprüche 
hervorzuheben und dieselben, so weit es die vielen in dieser Hinsicht 
gemachten Beobachtungen erlauben, zu erklären. Mithin einen Stand- 
punkt zu erreichen, von dem man einen klareren Blick, auf die noch 
der Aufnahme harrenden Gegenden zu werfen, in den Stand gesetzt 
wird. 

Auch v. Morlot suchte während seines Wirkens in Wien und 
Gratz dieses Ziel zu erreichen. Aber wegen Mangel an umfassenden 
Beobachtungen war er, weil voreilig, gezwungen manche Fehlschlüsse 

“ Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. II. Hft. 31 


ATS Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


zu thun, die er später hier in seiner Weise zu begründen und zu 
beweisen anstrebend sich in eine Theorie verwickelte, welcher zu 
lieb er an Thatsachen und Beobachtungen, die vor und nach ihm für 

wahr und richtig anerkannt worden sind zu zweifeln, und . 

Wahrheit umzustürzen sich nicht scheute. 

Um eine kurze Übersicht der Arbeiten A. Morlots zu a 
und zugleich seiner Theorie, die von der meinigen ganz verschieden 
ist mit einigen Worten zu erwähnen, muss ich einige Citationen 
folgen lassen. 

Über seine ersten Studien der tertiären und Diluvial-Ablagerun- 
gen bei der Begehung der nordöstlichen Alpen und der Umgebungen 
von Judenburg und Knittelfeld möge man in seinen Erläuterungen 
zur geologisch bearbeiteten Section VII der Generalstabskarte von 
Steiermark und Illyrien im Frühjahre 1848, S. 35 nachlesen. 

Über eine von A. v. Morlot im Jänner 1849 vorgelegte Karte 
der nordöstlichen Alpen, auf welcher er die Vertheilung von Land 
(weiss gelassen) und Wasser (blau gefärbt) in ihrem Gebiete zur 
Miocenperiode darstellte, lese man in Haidinger’s Berichten, 
Band V, Seite 98; wo auch das Niveau des tertiären Meeres auf 
3000’ über dem jetzigen angegeben wird. 

Das, am dritten August 1849 ausgesprochene Gesetz der 
Niveauverhältnisse der tertiären Formation ist in Haidingers 
Berichten VI, Seite 72, und im Jahrbuche der k. k. geologischen 
Reichsanstalt, Bd. I, Seite 104, Anmerkung 2, entwickelt. Es wird 
daselbst bewiesen dass die ungleiche Höhe der Miocen-Ablagerungen 
nicht von ungleichen im Ostalpen - Gebiete stattgehabten Hebungen 
herrührt, sondern dass die miocenen Ablagerungen alle unter einem 
und demselben Wasserspiegel gebildet wurden. 

In einer im Jahrbuche der geologischen Reichsanstalt, Band I, 
Seite 104 gedruckten Abhandlung besprieht A. v. Morlot die 
Niveau-Verhältnisse der Miocen-Ablagerungen im Gebiete der Mürz 
und glaubt daraus schliessen zu können, dass das Miocen -Meer 
über den Semmering wegging, und die Parschluger KoNlEnköuneaie 
eine marine Bildung sei. 

Über die Hydrographische Karte A. v. Morlot's lese man im 
Jahrbuche der geologischen Reichsanstalt, Band I, Seile 369, 
vom 2. April 1850, und in den Sitzungsberichten der kaiserlichen 
Akademie der Wissenschaften, mathem. - naturw. Classe IV, 1850. 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 479 


Seite 369, vom 11. April 1850; wo derselbe auch das Niveau 
des tertiären Meeres auf 3500’ über dem jetzigen Meere feststellt. 

In brieflichen Mittheilungen an W. Haidinger vom 14. und 
19. Juni 1850, Jahrb. der k.k. geol. Reichsanstalt, Bd. I, Seite 347, 
sucht endlich A. v. Morlot zu beweisen, dass der Leithakalk 
eocen sei. 

Dr. Bou& widerlegt die Morlot’sche Theorie in den. 
Sitzungsberichten der kais. Akademie der Wissenschaften, mathem.- 
naturw. Classe, Bd. IV, 1850, Seite 385, und gibt dort zugleich die 
Grundlage an, auf welcher eine, die merkwürdigen Niveau-Verhält- 
nisse der Neogen-Formation erklärende Theorie gebaut werden 
müsse. 

In der That müsste Morlot nach den vorhandenen Messungen 
über die absoluten Höhen der Schotter-Ablagerungen in Steiermark, 
Salzburg, Kärnten und Tirol sein miocenes Meeres-Niveau bis auf 
6200' feststellen. 

Der Zweck dieser Arbeit ist eine Theorie aufzustellen, welche 
die Art und Weise, wie die Bildung der tertiären und jüngeren 
Ablagerungen vor sich gegangen war, erklärt. Um aber dieser Arbeit 
einen praktischen Werth zu sichern, habe ich mich bemüht, die 
Mittheilung aller bis jetzt gemachten wichtigeren Beobachtungen, so 
weit es anging, ohne allen theoretischen Betrachtungen voraus- 
zuschieken, um auf diese Weise eine möglichst kurze Zusammen- 
stellung des bis jetzt, über die jüngeren — tertiären und auf- 
wärts — Gebilde im Gebiete der nordöstlichen Alpen Bekannten 
zu machen, als auch die Mittel zugleich an die Hand zu geben, um 
zu beurtheilen, wie weit meine Theorie als geltend angenommen 
werden könne. Daraus folgt die Theilung meiner Arbeit in zwei 
Abschnitte. 

Die Ablagerungen im Innern der Alpen werden besonders 
berücksichtigt, und eine Parallelisirung derselben mit den ausserhalb 
der Alpen befindlichen Ablagerungen angestrebt. Die Ablagerungen 
der älteren, eocenen Epoche der tertiären Formation werden dagegen 
gar nicht berücksichtigt. Daher ist im Verlaufe der Abhandlung 
immer nur von der jüngeren, neogenen (miocen und pliocen) 
Epoche die Rede. 


31* 


AS0 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


| I. BEOBACHTETES. 
A. Gesteinsbeschaffenheit und Versteinerungen der neogenen Ablagerungen. 
a) Offenes Meer. : 


1. Allgemein verbreitete Gebilde. 


Das Wiener Becken. Die Tegelbildung mit untergeordneten 
Sand- und Geröll-Lagen nimmt im Wiener Becken eine Mächtigkeit 
ein, die bisher noch auf keinem Punkte gänzlich erforscht wurde. 
Hier lese man nach in J. Czjzek's Erläuterungen zur geognostischen 
Karte der Umgebung von Wien, Seite 41 und folgende. Im Anhange 
Seite 45. Man kann annehmen, dass diese Tegelbildung mehr 
als 1000’ Mächtigkeit besitze. 

Die Fossilreste, welche die erbohrten Schichten liefern (J. Czj- 
‚ Zek, Jahrb. der k.k. geol. Reichsanstalt, Band II, Heft 6, Seite 82), 
zeigen, dass in der Tiefe eine Meeresbildung vorherrsche, die nach 
oben allmählich in Absätze aus brakischen und zum Theile süssen 
Wässern übergeht. Eine wellenförmige Lagerung der Tegelschichten 
im Wiener Becken ist überall bemerkbar. 

Dr. Moritz Hörnes hat eine Abhandlung über das Vorkommen 
der fossilen Mollusken des Tertiär-Beckens von Wien geschrieben. 
(Jahrbuch der k.k. geolog. Reichsanstalt, Bd.II, Heft 4, Seite 93 und 


folgende.) | 
Nach den neuesten Arbeiten hat Dr. Hörnes !) die unter dem 


Schotter und Sand gelagerten Schichten der Tegelbildung in fol- 
sende Unterabtheilungen gebracht. Erstens theilt er den Tegel im 
Allgemeinen in den oberen Süsswasser-Tegel, und in den aus dem 
rein salzigen tertiären Meere abgelagerten unteren Tegel. Als die 
Grenze zwischen diesen beiden Tegel- Ablagerungen betrachtet 
Dr. Hörnes die weit verbreiteten, in ihrer Zusammensetzung sehr 
eonstanten, und mithin einen sehr sicheren Horizont bildenden Ceri- 
thien-Schichten. 

Den unteren Tegel theiltDr. Hörnesin eine obere Sand- und 
eine untere Tegelablagerung. Dort wo diese beiden Unterabtheilun- 
gen an einander grenzen, besteht ein Complex von Tegel- und Sand- 


1) Dr. Hörnes, schriftliche Mittheilungen, 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 481 


- Scehiehten, die mit einander wechsellagern. Nach diesen Vorbemer- 
kungen lässt sich folgende schematische Darstellung _ tertiären 
Schichten des Wiener Beckens verfassen. 


Schotter 
Sand . Wien 
Tegel 

Oberer Tegel. - . . . . Brunn 


Cerithien-Schiehten . . . Gaunersdorf 
Unterer Tegel | 
Pötzleinsdorf 
Niederkreutzstätten 
Gauderndorf 
Grund 
Nikolsburg 
Steinabrunn 
Sand und Tegel  . . . . (Nussdorf 
' Grinzing 
Enzersfeld 
Gainfahren 
Vöslau 
Möllersdorf 
Baden. 


Sand . 


Tegel 


Der Schotter besteht aus zugerundeten meist länglichen 
Geschieben von verschiedener oft bedeutender Grösse, darunter sind 
Quarzgeschiebe am häufigsten, man trifft aber auch solche von Granit, 
Gneiss, Glimmerschiefer, zuweilen auch von Syenit, Porphyr und 
rothem Sandstein. Eine Schichtung ist nicht bemerkbar. Der 
Schotter überlagert die Hügel des Wiener Beckens mantelförmig ?). 

. Der, die Tegelbildung allgemein überlagernde und seinerseits 
eben so allgemein vom Schotter bedeckte Sand ist weiss, weisslich 
oder gelblich grau, gröber oder feiner und besteht aus wenig scharf- 
kantigen Quarzkörnern, denen feine Glimmerblättehen untermengt 
sind. In den untersten Lagen dieses Sandes, dort wo er bereits auf 
dem Tegel aufliegt, werden Knochenreste, einzelne Zähne und ganze 
Kiefer ausgegraben von: 


1) J. CZjZek, Erläut. z. g. Karte von Wien, S. 19. 


AS2 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


Mastodon angustidens Cuv. 
Dinotherium giganteum Kaup. 
Acerotherium incisivum Kaup. 
Sus palaeochoerus Kaup. 
Hippotherium gracile Kaup. 
Cervus haplodon HA. v. Meyer. 
Das weitere über den Sand lieferte J. Czjzek, Jahrbuch der 
k. k. geolog. Reichsanstalt, Band II, Heft 6, Seite 83. 
Über den oberen Tegel ist eine Abhandlung von J. Cäjzek 
im Jahrbuche der geolog. Reichsanstalt Bd. II, Heft 2, S. 80 und 
82 erschienen, wo namentlich über die wellenförmige Lagerung der 
oberen Tegelschichten am Wiener und Laaer Berge gesprochen 
wird. Mit den südlichen und nördlichen Abhängen parallel, heben 
und senken sich die Schichten, werden gegen die Mitte etwas 
mächtiger, an den Rändern der Abhänge dagegen werden sie 
schwächer, und manche keilen sich gänzlich aus. 
Für den oberen Tegel sind charakteristisch: 
Neritina fluviatilis Lam. - 
Melanopsis Bouei Fer. 
£ pygmaea Partsch. 
Congeria subglobosa Partsch. 
ie spathulata Partsch. 
“ triangularıs Partsch. 
In einer Sandleiste in den Ziegeleien bei Inzersdorf wurde 
ferner noch gefunden: 
Acerotherium incisivum Kaup. 
Hippotherium gracile Kaup. 
Cybium Partschü Münster. 
Bei Hernals findet man im oberen Tegel 1): 
Phoca sp. 
Delphinus sp. 
Trionyx vindobonensis Peters. 
Caranx Carangopsis Heckel. 
Die Cerithien-Schichten und die Schichten des un- 
teren Tegels beschreibt J. Czjzek ?2) und Dr. Hörnes >) 


1) Dr. Peters, mündliche Mittheilung. 
2) J. CzjZek, Erläut. S. 33. 
3) Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt. Band II, Heft A, Seite 104—118. 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 453 


ausführlich; da sie uns hier weniger berühren und ohnehin eine 
ausführlichere Abhandlung über die Schichten des tertiären Wiener 
Beckens von Dr. Hörnes zu erwarten ist, so müssen wir uns mit 
dem Gesagten begnügen. 

Die Bucht von Untersteier. In dieser Bucht des weiten 
ungarischen Tertiär-Beckens scheinen dieselben Verhältnisse obzu- 
walten, die im Wiener Becken als herrschend betrachtet worden 
sind. Tegel bildet den Untergrund, darauf lagert der Sand und 
dieser bedeckt in ungeheueren nur durch die Rinnsale der Bäche 
unterbrochenen Flächen der Schotter. Die Cerithien - Schichten 
treten hier ebenfalls auf. | 

Das Becken des Lavantthalest). Das Lavantthal, eines 
der schönsten und fruchtbarsten Thäler Kärntens, wird im Osten 
durch den Gebirgsrücken der Kor-Alpe und im Westen durch jenen 
der Sau-Alpe begrenzt, lauft wie die Gebirgsrücken, von Norden 
nach Süden, und wird durch die zwischen Gröbern und Theisenegg 
sich berührenden Ausläufer der Kor-Alpe und der Sau-Alpe in zwei 
ungleiche Theile in das obere und das untere Layvantthal geschieden. 
Der beim Taxwirth aus Steiermark nach Kärnten eintretende Lavant- 
fluss durchzieht von Norden nach Süden zunächst das kaum 1/, Meile 
breite obere Lavantthal, zwängt sich sodann durch eine Gebirgs- 
spalte, den schroffen Twimberg-Graben, in vielfachen Krümmungen 
zwischen den Ausläufern der Kor- und Sau-Alpe hindurch, und betritt 
oberhalb Wolfsberg das stellenweise eine Meile breite untere Lavant- 
thal, welches er nach seiner ganzen, bei drei Meilen langen Erstreckung 
bis Lavamünd bewässert, wo er sich in den Draufluss ergiesst. 

Sowohl im unteren als auch im oberen Lavantthale findet man 
Schichten der Tertiärformation, denen die Thalsohlen ihre Fruchtbar- 
keit verdanken. Die tertiären Schichten des oberen Lavantthales 
stehen jedoch in keinem unmittelbaren Zusammenhange mit jenen des 
unteren Lavantthales, wohl aber treten sie beim Taxwirth nach Steier- 
mark über und bilden dort das Tertiär-Becken von Obdach. Indessen 
sind Anzeichen vorhanden, dass eine Verbindung des tertiären Meeres, 
des oberen mit dem des unteren Lavantthales über den niederen 
Gebirgssattel bei Pröbel und durch das Auenthal stattgefunden habe, 
keineswegs aber nach dem jetzigen Laufe des Lavantthal-Flusses, der 


- 4) M.V.Lipold, Wiener Zeitung, 15. Dec. 1854. 


ASA Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


sich seine Bahn nach der Gebirgsspalte des Twimberg-Grabens erst 
später durchgebrochen hatte. 

Die tertiären Ablagerungen des Lavantthales bestehen aus vier 
verschiedenen Gebirgsarten. Die untersten, unmittelbar den älteren 
krystallinischen und Übergangsschiefern, aufgelagerten Schichten 
sind aus grösstentheils blaugrauen Mergeln und Tegeln (Thonen) 
zusammengesetzt. Sie kommen häufiger im oberen als im unteren 
Lavantthale zu Tage, und zwar im letzteren hauptsächlich am Dach- 
berge bei Jakling. Man findet in ihnen nicht nur Pflanzenreste, gröss- 
tentheils Dieotyledonen-Blätter, besonders bei Wiesenau und Schlott 
im oberen Lavantthale, sondern auch Thierreste. Am Gemersdorfer 
Bache zwischen Mühldorf und Maria Rojach fanden sich im Tegel vor: 

Arca diluvü Lam. 

Pecten cristatus Bronn. 
Capulus hungaricus Brocce. 
Voluta rarıspina Lam. 
Terebra fuscata Brocec. 
Columbella nassoides Bell. 
Rostellaria pes pelicani Lam. 
Pleurotoma asperulata Lam. 

Y spinescens Partsch. 
Conus Dujardini Desh. 
Turritella turris Bast. 
Dentalium Bouei Desh. 

2 elephantinum Broce. 

Lauter Species, welche nach Herrn Dr. Hörnes, welcher die- 
selben bestimmte, der Fauna von Baden im Wiener Becken eutspre- 
chen und somit die neogentertiäre Formation der Tegelschichten 
darthun. Diese Schichten führen auch vorzugsweise Braunkohlen, 
welche bisher bei Wiesenau und Reichenfels im oberen, und bei Pail- 
dorf und Andersdorf im unteren Lavantthale bergmännisch aufgedeckt 
wurden. Die Braunkohlen besitzen häufig eine lignitische Structur 
und eine geringe Reinheit. Ihre Mächtigkeit ist bis zu drei Klaftern 
bekannt geworden. Der Tegel von Dachberg bei Jakling wird als 
ein ausgezeichneter Töpferthon benützt. 

Die nächst höheren Schichten der Tertiär-Formation im Lavant- 
thale bilden Sande und glimmerige Sandsteine, letztere blau- 
grau oder bräunlich. Sie erscheinen bei Schiefling im oberen und bei 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 485 


Hattendorf, Wolkersdorf, Biechling u. m. a. ©. im unteren Lavantthale 
und führen, wie der Tegel, sowohl Pflanzenreste — bei Wiesenau, 
Hattendorf — als auch Thierreste, unter denen vom Fundorte nächst 
‚dem Fröhlichbauer am linken Lavantufer ob Lavamünd: 

Buccinum mutabile Lin. 

Natica millepunctata Lam. 

»  glaueina Lam. 

Pleurotoma Jouanetti Desm. 

Turritella sp? 

Cerithium pictum Bast. 

Lucina scopulorum Brogn. 
ebenfalls charakteristische Formen der jüngeren Tertiär-Formation 
bestimmt worden sind. 

Über den Sanden und Sandsteinen als drittes höheres Glied der 
Tertiär-Schichten des Lavantthales erscheinen gelbe, sandige 
Lehme. Diese besitzen die grösste Verbreitung, besonders im unteren 
Lavantthale und auch die grösste Mächtigkeit. Ihr tertiäres Alter 
wird durch Pflanzenreste, welche man in ihnen hauptsächlich im 
‚Granitzthale vorfindet, erwiesen. Sie bilden theils terrassenförmige 
schroffe Abhänge an der Lavant, z. B. bei St. Andree, theils verlaufen 
sie sanft und flach gegen die Lavant. 

Durch allmähliche Aufnahme von Gesteinsgeschieben gehen die 
sandigen Lehme endlich in Schotter und Conglomerate über, welche 
die vierte und höchste Abtheilung der Tertiär-Schichten des Lavant- 
thales bilden. Sie treten nur im unteren Lavantthale auf, u. z. am 
Fusse der Kor-Alpe und an dem Gebirgsrücken zwischen dem Granitz- 
Thale und der Griffner Ebene, wo sie sich durch Geschiebe von Gestei- 
nen, die daselbst nicht anstehend sind, kund geben. Die Conglomerate 
sind von den Diluvial-Conglomeraten der Drauebene verschieden durch 
das sandig lehmige Cement, das sie enthalten. 

Die Schichtenfolge der tertiären Formation im Lavantthale ist 
daher: 

Schotter und Conglomerat. 

Sandiger Lehm. 

Sande und Sandsteine mit Versteinerungen. 
Blaugraue Mergel mit Badner Versteinerungen. 

Die Mächtigkeit der Tertiär-Schichten des Lavantthales, welche 
nur kleine Vorberge an den Ausläufern der Kor- und Sau-Alpe bilden, 


AS6 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


} 


kann man kaum auf 500’ schätzen. Die geschichteten Ablagerungen 
derselben lassen ein durchschnittliches Streichen von Nord-West 
nach Süd-Ost, welches auch das Streichen der krystallinischen Schiefer 
dieser Gegend ist, und ein Einfallen nach Süd-West mit 15—400 
beobachten. 

Die neogenen Ablagerungen besitzen im oberen Lavantthale eine 
Seehöhe zwischen 2—3000 Klafter, wogegen sie im unteren Lavantthale 
nicht über 1800’ sich erheben. Der Land- und Getreidebau im Lavant- 
thale wird bis zur Meereshöhe von 4000’ betrieben ; über 5000’ sind 
geschlossene Waldungen nicht mehr zu finden. 

Das obere Donau-Becken. Die Ablagerungen des Tull- 
ner Beckens und nördlich von der Donau in der Umgebung von 
Meissau und Ober-Hollabrunn bestehen ebenfalls aus Schotter, Sand 
und Tegel. Die Cerithien-Schichten kommen hier vor 1), der Tegel 
mit Congerien fehlt; dagegen tritt hier in der Umgebung von Meissau 
ein dem oberen Donau-Becken eigenthümliches Gebilde, der Menilit- 
schiefer auf, in dem sich die Meletta sardinites Heckel vorfindet. 
(Hier lese man nach: J. Czjzek, Erläuterungen zur geogn. Karte 
von Krems, Seite 13 und-folgende. Dann Seite 22, dann J. C2jzek, 
Jahrb. der k. k. geolog. Reichsanstalt, Bd.IV, Seite 282). Im Becken 
von Linz bestehen die tertiären Ablagerungen aus Schotter, Sand 
und Mergel. Die Versteinerungen des Mergels entsprechen im Allge- 
meinen dem unteren Tegel, die des Sandes den Cerithien-Schichten 
und dem Sande des unteren Tegels. Der obere Tegel fehlt auch 
hier. In den oberen Schichten des Mergels sind zwischen Stanersdorf 
und Salau östlich von Markersdorf dünne Schiefer bemerkbar, die 
in den oberen zerstörte Pflanzentheile, und darunter Fischschuppen 
der Meletta sardinites Heckel ähnlich, führen. Auch bei Haaslach 
stehen diese Schiefer an. 


2. Locale Bildungen des offenen Meeres. 
Der Leithakalk ist eine Korallenbildung des tertiären Meeres, 
die sich, wie noch gegenwärtig alle Korallenbänke, an den Untiefen 
der Meeresküsten ansetzte; er ragt über die andern tertiären Gebilde 


weit empor, ist nur am Rande der Becken und an Inselbergen zu fin- 
den, wo seichter Meeresgrund war. Die Korallenbänke des Leitha- 


1) J. Czjzek, Jahrb. der k.k. geol. Reichsanstalt. Band IV, Seite 275. 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. A8Y 


kalkes erreichen eine Mächtigkeit, die stellenweise nach Czjzek !) 
900’ überschreitet. 

Eine lange Zeitperiode erforderte es, bis sich diese grossen 
Massen von Korallen an den Rändern der Becken anhäuften, während 


in der Tiefe sich die Tegel- und Sandschichten absetzten, d. i. der 
Leithakalk ist zum Theile eine gleichzeitige Bildung mit dem Tegel, 


beide haben äquivalente Schichten, obwohl sie nicht in gleichem 
Niveau stehen. 

Die zufällig in die Korallenmasse eingeschlossenen Reste von 
Meeres- und Landthieren zeigen in einigen Schichten ein höheres 


"Alter, dagegen ein jüngeres in Anderen. An einigen Stellen überlagert 


derLeithakalk den Badner Tegel und führt Versteinerungen, dieihn den 
oberen Schichten des unteren Tegels gleich stellen. An anderen Stellen 
dagegen findet man im Leithakalke: 

Acerotherium incisivum Kaup. 

Mastodon angustidens Cuv. 

Dinotherium giganteum Kaup. 

Palaeotherium aurelianense Kaup. 

Cervus haplodon H. v. Mey. 

| Triony& Partschü Fitzinger (Loretto) 2). 
Eine sehr ausführliche Abhandlung von Bergrath Czjzek über 

denLeithakalk am Leithagebirge findet man im III. Jahrgang des Jahr- 
buches der geologischen Reichsanstalt, Heft 4, Seite 45, worauf ich 
hinweisen muss. 


b) Randbildungen. 


Bei denjenigen Ablagerungen des tertiären Meeres, die sich am 
Rande desselben abgelagert haben, lässt sich der Einfluss, den das 
angrenzende Land und die süssen Wässer derselben auf ihre Beschaf- 
fenheit ausgeübt haben, nicht verkennen. Hierher gehören die Conglo- 
merate und die Braunkohlen; beide verdanken das Material, aus dem 
sie bestehen, den angrenzenden steilen oder flachen, sumpfigen Ufern 
und deren Gewässern. Auch der sie begleitende Sand und Tegel ist 
häufig von dem des offenen Meeres ganz verschieden; der Schotter 
(im Inneren der Alpen wegen seinem Vorkommen hoch auf den 


1) Im Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt. Band III, S. 46. 
2) Dr. Peters, mündliche Mittheilungen. 


ASS Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


Abhängen der Berge, von Dr. Peters Hochschotter genannt), besteht 
ebenfalls meist auch nur aus den Gebirgsarten, über und an welchen 
er abgelagert wurde. 

Diese Randesbildungen werden aber vorzüglich durch das Auf- 
treten der Braunkohlen in denselben charakterisirt. Man findet zwar 
auch häufig vom Rande des ehemaligen Meeres bedeutend entfernt 
Braunkohlen-Lager an solchen Stellen, wo man ein offenes Meer 
vermuthen sollte. Diese Stellen sind aber gewiss Untiefen und ruhigere 
Stellen des Meeres gewesen, an denen die Treibhölzer, die eben auch 
vom Lande kommen mussten, sich ablagern konnten. Die Braunkohlen 
sind es aber auch, deren Lagerungsverhältnisse durch die vielen 
darauf betriebenen Bergbaue besser aufgeschlossen sind, die das Stu- 
dium der Randesbildungen ermöglichen; sie sollen auf einige Augen- 
blicke unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. 

Je kleiner aber ein Becken ist, desto mehr Ränder besitzt das- 
selbe, und seine Ablagerungen sind blos Randesbildungen; daher sollen 
die im Innern der Alpen eingeschlossenen kleineren Becken ebenfalls 
in diesem Abschnitte behandelt werden. 


1. Allgemein verbreitete Gebilde. 
Wiener Becken. 
Bei Leobersdorf, ganz in der Ebene kommt ein Flötz von 
Lignit vor; es lagert im Sande auf Tegel). 
Der Lignit der Jaulingwiese. Ein dem östlichen Rande 
dieser Mulde nahe gelegener Braunkohlen-Bergbau gibt über die 
Gebilde, welche den Kessel erfüllen, Aufschluss. Folgende Schichten- 
reihe von oben nach unten liess sich ermitteln: 
Conglomerat | 
Sandstein 
Tegel 
I. Lignitflötz 3 — 4" 

Tegel 20" 

I. Lignitflötz 1’ 
Tegel 4" 

II. Lignitflötz 1’ 
Lichtgrauer Tegel mit Knochen 5—9' 
Grundgebirge Dolomit. 


im Mittel 17 Klafter. 


1) J. CäjZek, mündliche Mittheilungen. 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 489 


Im Hangend und Liegend-Tegel des ersten Flötzes kommen vor: 
Helix argillacea FEr., Neritina virginea Linn., „Melanopsis 
Dufourüi Fe&r., Clausilia, Unio Ravellianus. Sie sind nicht an eine 
einzelne Schichte gebunden und charakterisiren diese Ablagerung 
als eine Süsswasserbildung. Im Liegendtegel, kaum einen Fuss 
über dem Dolomit, wurden fossile Reste von Mastodon angu- 
stidens Cuv. aufgefunden. 

Sämmtliche Schichten erlitten mehrere parallele Verwerfungen ; 
die Verwurfsflächen streichen von Nord nach Süd mit 500 — 60° 
Neigung. 

Das Weitere darüber schreibt Zephar ovich im Jahrbuche der 
geologischen Reichsanstalt, Band II, Seite 711. 

Unter ganz analogen Verhältnissen kommen die Lignite bei 
Kleinfeld am Grillenberg vor. | 

Die isolirte Mulde von Pernitz t) führt in den tieferen unter 
den Conglomeraten liegenden Mergelschichten etwas Lignit. 

Lignit bei Gloggnitz. Bei Ober -Hart steht im Tegel der 
Rest eines bedeutenden Lignitflötzes in aufrechter Stellung, eine 
abgestumpfte etwas schief stehende Pyramide bildend, deren Basis 
ein viel grösseres Parallelogramm als die zu Tage ausgehende Spitze 
ist. Die Schächte in der Kohle sind über 40 Klafter abgeteuft ohne 
die Sohle noch erreicht zu haben. In dieser Stellung konnte der Lignit 
nicht abgelagert worden sein und die schief abgeschnittenen Seiten 
zeigen, dass noch Theile des Flötzes fehlen, welche die weiteren 
Schürfungen hier nicht entdeckten. Der Rest des hier übrig 
gebliebenenFlötzesistin einetiefeSchlucht zwischen 
den Grauwacken - Schiefern eingesunken; denn kaum 
60 Schritte vom Flötz nördlich stehen die letzteren an. Der 
Lignit ist fest, braun mit deutlicher Holztextur, enthält Reste von 
Acerotherium incisivum Kaup., Mastodon angustidens Cuv. und 
Hippotherium gracile Kaup., und führt hin und wieder in kleineren 
Räumen Hartit. Die Mergel äm Flötze sind ohne Schich- 
tung. Das Weitere darüber: J. Czjzek, Jahrbuch der k. k. geolog. 
Reichsanstalt, Band V, Seite 520. 

Östlich von Leiding ziehen sich die tertiären Schichten in 
das Walpersbacher Thal hinab ; sie bestehen bei Leiding aus Geröllen 


1) J. CzjZek, Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt Bd. IV, S. 180. 


A9V Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


und Conglomeraten und bei Walpersbach aus Sand- und Mergel-Lagen, 
die mit einander wechsellagern und ein Kohlenflötz einschliessen. 
Die schieferigen Mergel sind in der Nähe derKohlen dunkelgrau und 
voll zerstörter und zerdrückter Muschelfragmente, worunter ein 
Planorbis noch am deutlichsten und häufigsten hervortritt; sie sind 
‘also eine Süsswasserbildung. Die Kohle ist schwarz und 
glänzend mit muscheligem Bruch. In derselben fand man: 
Dorcatherium vindobonense Mey. 
Palaeomeryx medius Mey. 
Rhinoceros Schleiermacheri Mey. 
einen Krokodil-Zahn und auch Schildkrötenreste.Das Nähere darüber: 
J. Czjzek, Jahrbuch der k.k. geologischen Reichsanstalt, Band V, 
Seite 525. 

Schauerleithen und Klingenfurth. An beiden Orten ist 
die schwarze Braunkohle fast unmittelbar auf dem Grundgebirge 
selbst gelagert und von Sand mit wenig Tegel bedeckt. Bei Schauer- 
leithen fanden sich in der Kohle Reste von 

Dorcatherium vindobonense Mey. 
Im Hangenden der Kohle im Mergel von grauer Farbe kommen vor: 
Cassia ambigua Ung. und 
Widdringtonites Ungeri Endl.t). 
Die Lignit-Ablagerungen von Zillingsdorf und 
Neufeld. 
Die tertiären Ablagerungen dieser Gegend bestehen: 
Oben: aus tertiären Schotter, darunter: 
Sand mit Lignitflötzen 
(das Canalflötz, Pötschingerflötz, Zillingthaler-, Zillingdorfer- und 
Neufelder-Flötz) 
Tegel mit Congeria subglobosa und spathulata. 
Tegel mit Sandlagen, in den lezteren Cerithien. 
An zwei Stellen fand man Knochenreste von 
Acerotherium ineisivum Kaup. 

Die Kohlenflötze hängen unter einander nur wenig zusammen aber 
ihre Unterlage, ihre Bildung und ihre Bedeckung ist ganz gleich. Die 
Kohle ist Lignit. Den grössten Theil der Kohlenflötze bildet eine 
Masse von durcheinander geworfenen Holzstücken mit andern unkennt- 


1) Näheres: J. C2jZek, Jahrb. d.k.k. geol. Reichsanstalt. Bd. V, S. 525. 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. A491 


lichen vermoderten Pflanzentheilen. Die Wurzelstücke und Holzstücke, 
theilsabgestossen und den Treibbölzern ganzähnlich, 
liegen ohne Ordnung durcheinander. Es ist daher wahrscheinlich 
anzunehmen, dass gegen das Ende der tertiären Formation in den 
tertiären Meeren diese Hölzer und Vegetabilien als Treibhölzer 
Seschwommen sind und sich an gewissen Stellen, wo sie die Strömung 
nicht fortriss, gesammelt haben. Die Zwischenlagen von einem blauen 
Tegel zeigen Unterbrechungen der Kohlen-Ablagerungen an. 

Steierische Bucht des ungarischen Beckens. 

Von Forchtenau t) östlich kommen in den tertiären aus Schotter, 
Sand und Tegel bestehenden Ablagerungen, bei Brennberg und im 
Zerreichenwald schwarze Braunkohlen, bei Ritzing und 
im Thiergarten Lignite vor. 

Bei Sieggraben ist ein nicht abbauwürdiges Flötz von einer 
schwarzen Braunkohle aufgedeckt. 

Im Weingraben östlich von Plamau dann bei Karl östlich 
vonKirchschlag kommen schwarzeBraunkohlen, bei Pilgers- 
dorfund Bubendorf dagegen Lignite vor. 

Zwischen Bernstein und Pinkafeld kommen bei Schrei- 
bersdorf und östlich von Pinkafeld schwarze Braunkohlen vor. 

In dem tertiären Süsswasserbecken von Fladnitz kommt eine 
Kalkbreecie (Conglomerat) vor, in deren Nähe bei Passail auch wenig 
mächtige Kohlen-Anhäufungen vorkommen. (Das weitere darüber: 
Dr. Andrae dritter Bericht des geognost. - montanist. Vereines für 
Steiermark. Seite 10.) 

In der Hügelreihe zwischen der Raab und der Ilz scheint die 
Kohlenbildung eine grosse Ausdehnung aber gewöhnlich geringe 
Mächtigkeit zu haben. Bei Ilz südlich sind Lignite bis 3’ mächtig. 
Bei Kl-Semmering unweit Weiz kommen im Hangenden der bis 
% mächtigen Kohle: 

Glyptostrobus Oeningensis Ung. und 
Comptonia dryandroides Ung. vor. 
(Näheres darüber: Dr. Andrae dritter Bericht des geognost.-mon- 
tanist. Vereines für Steiermark. Seite 8.) 
Becken von Rein. Die oberste Schiehte der Süsswasser- 


bildung besteht aus einem zerreiblichen, weissen oder gelblichen 


1) J. Czjzek, schriftliche Mittheilungen. 


A92 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


stellenweise kieseligen Kalk mit Planorbis, Helix, Clausilia und 
Achatina. Die Mächtigkeit dieses Kalkes wechselt zwischen 6’ und 30’. 
Unter dem Kalke folgen mergelige Schichten mit Süsswasser- und 
Landschnecken. In diesen Mergeln sind vier Kohlenflötze enthalten. 
Die Kohle ist Lignit. Zu unterst istSand. Das Grundgebirge ist Über- 
gangskalk. Auch ein Conglomerat kommt nördlich von Rein in diesem 
Becken vor, ganz analog wie auf der Jaulingwiese. Das paläonto- 
logische sehe man nach in: „J. Gobanz: Fossile Land- und Süss- 
‚wasser - Mollusken des Beckens von Rein“ in den Sitzungsberichten 
der kaiserl. Akademie der Wissenschaften, mathem.-naturw. Classe, 
Band XI, Seite 180. | 

Bei Voitsberg liegt Steiermarks reichhaltigste Kohlennieder- 
lage; grauer und blauer Lehm (Tegel), Sand und Schotter begleiten 
die Kohlen. Blattreste sollen nur im Kohlenbaue bei Köflach vor- 
kommen. Das Liegende der Kohlenbildung ist das Grundgebirge. 

Das ganze Flötz gehört der jüngsten Braunkohlenbildung an, 
besteht grösstentheils aus bituminösem Holze und auch in den 
Schichten, wo die Holztextur verschwindet, ist die Kohle ohne Glanz 
und braun. Die Hauptverunreinigung ist Sand und Letten, wodurch 
die Kohlen mitunter völlig unbrauchbar werden. Reiner sind in 
der Regel die oberen Schichten und die Beschaffenheit 
der Kohle ist im ganzen Flötz ungleich. Die Neigung des Flötzes 
steigt oft bis 60 Klafter. 

In diesen Ablagerungen herrschen Land- und 
Sumpfschalthiere. Das weitere in: Tunner’s Jahrbuch für 
den Berg- und Hüttenmann 1841, I, Seite 81. 

Bei Lanach und St. Florian kommen in den rein marinen 
Bildungen dieser Gegenden kaum paar Zoll starke Kohlenschnürchen 
vor!). 

Eibiswald. Diese Partie der Süsswasser-Gebilde zieht sich 
in Süden hin und reicht von Schwanberg über Wies und Eibiswald 
bis Grossklein; die Kohlenlager von Limberg, Steieregg, 
Scehönegg, Tagernigg und Eibiswald, mit ihren ausge- 
zeichneten und meist geschätzten Glanzkohlen gehören ihr an. 

Die Schichtenfolge wie sie sich zu Steieregg darstellt, ist 
folgende: (von oben nach unten). 


1) Dr. Rolle, mündliche Mittheilungen. 


ee 
ze: 


und: Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 4953 


Schieferthon (sandiger Mergel) mit Sphaerosideritnieren und 
Pflanzenabdrücken. 

Kohlen, 3—4, glänzend schwarz. 

Feinkörniger Sandstein. 

Kohlen, 1’. 

Feinkörniger Sandstein. 

Grobes Conglomerat aus Glimmerschiefer - Beicksrcken, 

Glimmerschiefer. 

Gefunden wurden hier !): 

Dorcatherium Nau Mey. 
Cervus sp. 

Trionyz stiriacus Peters ?). 
Chelydra sp. 

Crocodilus Ungeri Fitzinger. 

Damit zugleich erscheinen viele zerstreute Fischfragmente, 
Unionen und andere Flussschalthiere (so bei Gr. Klein - Melania) 
ferner kleine Cyprisschalen und mitunter wohlerhaltene Blattabdrücke. 

Inden Eibiswalder Ablagerungen herrschenFluss- 
wasserbewohner. (Näheres darüber: Dr. Rolle vierter Bericht 
des geogn.-mont. Vereins für Steiermark, S. 24, Sprung, Tunner's 
Jahrbuch 1841, I, Seite 60.) 

Im Wechsel-Gebirge: 

Das tertiäre Becken von Ratten?) südlich von Mürzzuschlag 
liegt in einem ziemlich tief eingeschnittenen Thale, an dessen Rändern 
ringsum krystaliinisches Gebirge ansteht. 

Die kohlenführenden Schichten nördlich von Grubbauen sind von 
oben nach unten: 

Schotter, bestehend aus Quarz, Glimmerschiefer und 
Gneissgeröllen. Quarzgerölle herrschen vor. 

Lehm, 2—4 Klafter mächtig mit häufigen Glimmerblätt- 
chen und Geröllstücken, endlich 

Kohle, schwarze Braunkohle. 

Das Liegende ist nicht bekannt. 


1) Dr. Peters, mündliche Mittheilungen. 

2) Dr. Peters, Schildkrötenreste aus den tertiären Ablagerungen Österreichs. Denk- 
schriften der k. Akademie der Wissenschaften, IX Band. 

3) v. Lidl, schriftliche Mittheilungen. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. Il. Hft. 32 


A9A Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


Der südliche Theil der Mulde ist mit Schotter angefüllt, dessen 
einzelne Gerölle oft 1/,’ im Durchmesser erreichen. 

Über die Lagerungsverhältnisse der Tertiär-Mulden von Krum- 
bach, die aus ähnlichen Schichten wie die vonLeiding besteht, sehe 
man: Czjzek, Jahrb. der k.k. geolog. Reichsanstalt, Band V, S. 526. 
Die Kohle lagert auf dem Grundgebirge mit dessen Bruchstücken sie 
gemengt ist. 

Von der Höhe der Wasserscheide über welche die Tertiär-Mulde 
reicht, zweigt sich ein Ausläufer nördlich in die Tonn südlich von 
Thomasberg ab. Hier sind Baue auf eine schwarze Braunkohle, 
die in einem etwas verborgenen 4’ mächtigen Flötze vorkommt. Dieses 
ist zwischen grauen, sandigen und glimmerigen weichen Schiefern 
eingelagert, welche deutliche Blattabdrücke führen. | 

Oberes Donau-Becken. 

Thallern. Die Lagerungsverhältnisse der Kohlenflötze von 
Thallern sind angegeben: J. Czjzek, Erläuterungen zur geogn.Karte 
von Krems, Seite 36. | 

Der Tegel, in dem dieKohlenflötze von Thallern eingelagert sind, 
führt in einer Ziegelei, westlich von Hollenburg, Mergelkugeln, darin 
sind zu finden 


Venericardia Partschü Goldfuss. 
Venericardia scalarıs So w. 
Cardium conjungens Partsch. 
Pectunculus pulvinatus Brogn. 
Lucina sp. 


Folglich die Versteinerungen wie im Wiener Becken bei Gain- 
fahren und Enzersfeld. Daher gehören auch die Braunkohlen von 
Thallern einer tieferen Schichte an, als die Lignitflötze von Zillings- 
dorf und Neufeld, und scheinen mit den Kohlen von Schauerleithen 
äquivalent zu sein, denen sie auch sehr ähnlich sind. 

Bei Obritzberg ist eine reine aber etwas mürbe, jetzt schon 
zwar ausgebeutete Kohle im Tegel gelagert, welcher von Sandstein und 
Conglomeraten bedeckt ist. | 

Bei Zelking südlich von Mölk ist ein bis 5’ mächtiges Lignit- 
flötz in weissen Sande eingelagert, dessen Mächtigkeit mit einem 
Bohrloche von 30° noch nicht durchgesunken wurde. In diesem Sande 
wurde ein Cerithium lignitarum Eichw. gefunden. 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. A95 


Die Braunkohlen-Lager östlich und südöstlich von Ried in der 
Umgebung von Haag sind dem Tegel oder dem Sande diesser Gegend 
aufgelagert, und sind von Conglomeraten und Schotter bedeckt. Die 
Braunkohlen-Ablagerung ist in dieser Gegend von ausserordentlicher 
Ausdehnung. 

Die Lignitflötze bei Wildshut sind im Tegel eingelagert, über 
dem Hangend-Tegel folgt nach oben Sand mit Tegel-Lagen und 
endlich Conglomerat. Aus den im Hangenden der Kohle vorkommenden 
Kohlenschiefern ist Taxodites Oeningensis En dl. bekannt geworden. 
AuchPlanorbis soll daselbst vorkommen. (Ausführlicheres: M. V. Li- 
pold, Jahrb. der k. k. geolog. Reichsanstalt, Band I, Seite 599.) 

Die Einsenkung der Mur und Mürz. 

Über Obdach’s schwarze Braunkohle schreibt A. v. Morlot 
in seinen Erläuterungen zur VII. Sect., Seite 35. 

Über dieschwarze Braunkohle desFeberg-Grabens westlich 
von Weisskirchen im Judenburger Becken ist daselbst nachzulesen. 

Im Becken von Judenburg befindet sich das reichhaltigste Braun- 
kohlenlager bei Fohnsdorf. Auf dem Glimmerschiefer ist daselbst 
eine etwa 10’ mächtige Lage von einem ungeschichteten Conglo- 
merat aus ziemlich eckigen Brocken des darunter anstehenden Glim- 
merschiefers gelagert. Dann kommt schwarze Braunkohle 12—15' 
mächtig. Auf ihr liegen 2—4' mächtige Schichten, die bald mehr 
kalkig, bald mehr mergelig, bald mehr sandig sind und nach Kuder- 
natsch eine ungeheuere Menge von Paludinen- und Congerien- 
Schalen enthalten. i | 

Nach neueren Bestimmungen des Dr. Hörnes sind es 
Schalen von Congeria triangularıs Partsch t). 

Dann folgen Molassen-Sandsteine und besonders sandige Mergel 
und Schieferthone, deren Neigung, je weiter hinaus gegen 
den oberen Theildes Thales, geringer wird. Am Gebirge 
fallen die Schichten unter 30° von demselben weg. (Das Weitere: 
Kudernatsch in Haidinger’s Berichte, Band I, Seite 85 ete. 
Morlot, Erläuterungen zur VII. Sect., Seite 31.) 

‚Über Dietersdorf daselbst. Die Kohle selbst zeigt bisweilen 
ausgezeichnet die Holzstructur. 

Auch über Schönberg ist daselbst nachzusehen. 


1) Dr. Hörnes, schriftliche Mittheilungen. 


32* 


AOQG Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


Das Becken von Sekkau besteht hauptsächlich aus Mergeln 
und aus Sand, welcher letztere nur selten in Sandstein zusammenge- 
backen ist, in denen bei Kobenz, St. Marein und im Schwaig- 
Graben westlich von Sekkau Braunkohlen - Lagen vorkommen. In 
den über der Kohle liegenden Schieferthonen findet man gewöhnlich 
Blattabdrücke, bei Kobenz auch Süsswassermuscheln. Die Kohle im 
Schwaig-Graben ist nicht schwarz, sondern braun mit gut erhaltener 
Holztextur. Die Mergel sind, besonders bei Kobenz und bei Feistritz 
mit dem charakteristischen Tertiärgerölle bedeckt. 

Die untersten Schichten des kleinen Beckens von Trofajach 
bestehen aus Tegel, der stellenweise sehr mächtig ist und mit Schie- 
ferthon wechsellagert. Darüber folgt Sandstein, welcher an vielen 
Orten von Geröllen überlagert ist. 

In den obersten Schichten des Tegels ist bei Trofajach selbst 
ein 1 — 3’ mächtiges Kohlenflötz eingeschlossen, in dessen Hangen- 
dem Pilanzenreste vorkommen. Zu den vorherrschenden Arten gehören 
nach Dr. v. Ettingshausen: 

Glyptostrobus Oeningenis A. Braun. 
Daphnogene polymorpha Ett. 
Juglans Bilinica Ung. 

(Das weitere: im Jahrbuche der k. k. geolog. Reichsanstalt, 
Band IV, Seite 425.) 

Über die Leobner TEEN) schwarze Braunkohle ist noch zu 
lesen: in Tunner’s Jahrb. IV, 1854, S.155; Jahrb. der k. k. geolog. 
Reichsanstalt, IV, Seite 186; Haidinger’s Ber. VII, Seite 204; 
Morlot’s Erläut. zur VII. Sect., Seite 25 und Tunner’s Jahrb. 
1841, I, Seite 87. 

Das Flötz liegt unmittelbar auf dem, zunächst demselben stark 
aufgelösten Grauwackenschiefer. 

Die Reihenfolge der Schichten zu Leoben ist: 

Conglomerat 

Sandstein 180 Klafter. 
Schieferthon 20 Klafter 

Kohle 8 Klafter. 

Grauwacke. 

Das Fallen des Flötzes ist in Süd und übersteigt an einzelnen 
Stellen in der Höhe des ausgehenden selbst 70°. Dieser Fallwinkel 
nimmt jedoch gegen die Teufe anfänglich rascher, später jedoch mehr 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 49% 


allmählich bis auf 15° ab, und behält dieses Verflächen bis auf nahe 
600° weitere Teufe bei und stösst sich hier an einem schmalen Zuge 
des emporragenden Grundgebirges ab, welches den Tertiärstreifen 
von den Alluvionen des Murthales trennt. 

Im Dolling-Graben t), über der Leobner Kohlenmulde 
bedeutend höher stehend, ist ebenfalls eine Ablagerung von Braun- 
kohlen. Nach Seeland ist es unzweifelhaft, dass die obere Mulde nur 
ein Theil der Leobner Mulde ist, der durch gewaltige Störungen in 
diese höhere Lage gebracht wurde. 

Die Kohle im Urgenthale westlich von Bruck, die der 
Leobnerkohle ganz ähnlich ist, lagert, unter 32° nach Süden fallend, 
wie folgt: 

Grauer sandiger Thon mit Pflanzenresten. 
Kohle, muscheliger starkglänzender Bruch, mit Holztextur. 
Grober grauer Letten aus Gneiss und Glimmerschiefer. 

(Das Nähere: Haidinger’s Berichte, Band VII, Seite 204.) 

Das Becken im Winkel ?) westlich von Kapfenberg ist 
ringsum von körnigen Kalken eingeschlossen. Vierzehn Braunkohlen- 
Flötze wovon aber keines mehr als 6° mächtig ist, kommen in dem- 
selben eingelagert vor. Das unmittelbare Tiegende der Kohle sind 
Mergel und Schieferthone mit Blattabdrücken, unter diesen liegt eine 
Ablagerung von festem grobkörnigem Sandstein. Im Hangenden des 
aus Kohlenflötzen und Zwischenmitteln bestehenden Schichten-Com- 
plexes kommen Sandsteine vor. Die Kohle ist schwarz, glänzend, mit 
muscheligem Bruch, ohne Holztextur, mit einem unbedeutenden 
‚Aschegehalt. 

Im Becken von Aflenz bei Göriach 3) nördlich von Turnau 
kommt unter Conglomeraten im Molassen-Sandstein ein Braunkohlen- 
flötz vor. 

Über die Lagerungsverhältnisse der Parschluger Kohle sind 
die elassischen Arbeiten von Prof. Dr. Unger nachzusehen *); ich 
will hier die Angaben von v. Würth 5) und v. Lidl 6) :neben ein- 
ander folgen lassen. 

1) Seeland, Haidinger’s Berichte, VII, 204. 

2) v. Lidl, schriftliche Mittheilungen. 

32) A.v.Morlot, Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanstalt, Bd. I, S. 107. 

4) Die fossile Flora von Parschlug, steierm. Zeitschr., neue Folge, IX, I. Heft. 


5) Haiding er, Berichte I, S. 152. 
6) v. Lidl, schriftliche Mittheilungen., 


A9S Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


v. Würth. v. Lidl. 
Gerölle von Kalk und Glimmerschiefer . Gerölle 
i ' h Blauer Letten 
Lehm, der in Schieferthon übergeht . . Mergel mit Blattabdr. 
Weisser Thon "Wr ETRPIT+T Wälkererae 
Alaunschiefer 
Kohle 
Schieferthon 
Mergelschiefer 
Feinkörniger Glimmer- 
Sandstein. 

Bei einem zu Parschlug geschlagenen Bohrloche wurden unter 

dem Liegendsandstein noch durchgesenkt: 
Kalkgeschiebe, einen Fuss mächtig, 
Schieferthon und wieder 
Kalkgeschiebe. 

Das am südlichen Gehänge der Mulde im Abbau stehende Koh- 
lenflötz streicht gegen Nord und verflächt gegen Osten unter etwa 
40°. In der Tiefe zeigen die Kohlen immer ein mehr schwebendes 
Verflächen. 

Die Kohle ist rein pechglänzend ohne Holztextur 1). Man trifft 
in der Parschluger Kohlenmulde häufig Planorbis. 

Für die Kohlen - Vorkommnisse im Mürzthale am Kindberg auf- 
wärts bei Wartberg, Krieglach und Langenwang gibt 
Fr. Foetterle ?) folgende Lagerungsverhältnisse an. Auf dem 
Grundgebirge lagert die Kohle; diese wird von blauen Letten oder 
Schieferthonen, in welchen letzteren Blattabdrücke vorkommen, 
bedeckt. Über diese folgen dann nach oben Sand, Conglomerat und 
Schotter. | 
Eine nicht ünansehnliche Tertiärbildung wird zwischen der 
Probstei Zeyring :) und dem Flecken St. Oswald durch die 
annagende Pöls entblösst. Es sind Schichten von lockerem Sand und 
eben so lockerem Thonmergel. Braunkohlen kommen darin in 
mächtigen Mugeln oder Putzen vor, doch ohne alles Anhalten. 


Braunkohle 


1) Tunner’s Jahrbuch 1841, I, S. 44. 
2) Fr. Foetterle, mündliche Mittheilungen. 
3) Dr. Rolle, dritter Ber. d. g. m. Vereins f. Steiermark, S. 24. 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 499 


Eine ziemlich ansehnliche Tertiärablagerung befindet sich an 
denGehängen des merkwürdigen Rottenmanner Querthales, nördlich 
von Ranten!t!). Es sind rauhe, fast ganz ungeschichtete Conglo- 
meratmassen, stellenweise vielfach durchzogen von unregelmässigen 
Trümmern und Schnüren von Kohle. 

Bei Judendorf?) unweit Neumarkt ist mittelst einer Bohr- 
arbeit eine geringe Partie Braunkohle nachgewiesen worden. 

Das tertiäre Becken von Lungau. Nördlich von Tamsweg 
bei Wolfing und St. Andree kommen in sandigen Mergeln 
unregelmässige Trümmer und Schnüre von sehr geringmächtiger 
sehwarzer Braunkohle vor. Bei Wolfing fand ich in Schiefer- 
thonen Blätterabdrücke in grosser Menge. 

Unter den sandigen Mergelschichten findet sich auf der Haide 
nordöstlich von Tamsweg der Tegel abgelagert, in dem man durch 
Bohrung Spuren von Braunkohle auffand. 

Die sandigen Mergelschichten werden von Conglomerat- 
massen überlagert, deren Mächtigkeit im Seebach-Graben 20 Klafter 
übersteigt; in ihrer unteren Partie wechseln die Conglomerate mit 
grobkörnigen Sandsteinen in denen ebenfalls, bei Sauerfeld östlich 
von Tamsweg, Blattabdrücke aber selten gut erhalten und kleine 
Kohlenstückchen vorkommen. 

Die Conglomerate werden von losem a überlagert. 

Auf dem Thörl in Bundschuh in Lungau kommen ebenfalls 
geringmächtige Ablagerungen von Braunkohlen vor. 

Die Einsenkung der Enns und Salza. 

Bei Ober-Lengdorf nordöstlich von Gröbming im Ennsthale 
und weiter westlich davon bei Hoffmann ist tertiärer Sand und Tegel 
abgelagert. Man findet in demselben eine auf dem Kopfe stehende 
2 — 3’ mächtige Schichte von schwarzer glänzender Braunkohle, 
deren Streichen Stunde 6 ist. 

Diese Braunkohlen -Ablagerung wird von Conglomeraten über- 
lagert, die mehr horizontal liegen und endlich folgen Gerölle. 

Nördlich von Steinach stehen grobe Sändsteine, nach 


‚Stunde 9 in SW. unter steilen Winkeln einfallend, mit Mergelschie- 


fern wechsellagernd, an. Ich fand in denselben folgende die neogenen 


1) Dr. Rolle, dritter Ber. d. g. m. Vereins f. Steiermark, S. 25. 
2) Dr. Rolle, dritter Ber. d. g. m. Vereins f. Steiermark, S. 25. 


500 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


Ablagerungen charakterisirende Pflanzenreste, von einzelnen Kohlen- 
stückchen begleitet: 

Quercus Drymeja Ung. 

Betula prisca Ett. 

Daphnogene polymorpha Ett. 

Giyptostrobus Oeningensis A. Br. 

Die tertiäre Ablagerung bei Wagrein) im Salzachthale 
besteht aus Conglomerat und Sandstein, die mehrere Male mit 
einander wechsellagern. Diese Schichten, die steil gegen die Central- 
kette einfallen, enthalten mehr als acht Braunkohlenflötze, welche 


jedoch nur sehr gering mächtig sind. Die darin vorkommenden 


Pflanzenreste sind entschieden neogene Formen. 

Das Becken von Klagenfurt. 

Zwischen St. Ilgen und Keutschach?) kommen im unge- 
schichteten Tegel und Lehm (mit Planorbis) zwei Lignitflötze vor, 
deren Mächtigkeit ?’—8' erreicht. Das Liegende dieser Formation ist 
das Grundgebirge; das Hängende bildet ein vorherrschend aus Alpen- 
kalk-Geschieben bestehendes Conglomerat. Die Verbreitung derLignit 
führenden Lehm-Ablagerung ist eine geringere und anders begrenzte 
als die der Conglomerate, welche am Gehänge des Drauthales bei 
Wiktring und anderwärts dem Grundgebirge unmittelbar aufliegt. 

Bei Latschach südlich,und bei Feistritz im Gailthale kommt 


unter ganz ähnlichen Verhältnissen nur partienweise Lignit vor. 


2. Locale Bildungen. 

Der Süsswasserkalk ist ein grauer oder gelblicher Kalkstein 
von geringer Härte und erdigem Bruche, der viel'Thonerde und etwas 
Eisen in seinen Geinengtheilen enthält. Häufig ist er aber auch von 
. .Kieselerde durchdrungen und dann sehr zähe, hart und von gelbgrauer 
Farbe. Man findet in dem Süsswasser Kalke nach Czjzek >): 

Helix nemoralis Drap. 

„  agricola Bronn. 
Planorbis subcarinatus Charyp. 
Melania Hollandri Fer. 
Melanopsis Bouedi Fer. 


1) Nach einem nur im Manuseripte vorhandenen Durchschnitte des Dr. Peters. 
?2) Dr.Peters, mündliche Mittheilungen. 
3) Erläuterungen zur Karte von Wien, S. 17. 


er 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 501 


Paludina sepuleralis Partsch. 
& lenta Desh. 
Valvata piscinalis Lam. 
Nach neueren Untersuchungen von J. Gobanz ist in diesem 
Verzeichnisse folgendes nachzutragen 1): 
Helix nemoralis Drap. ist eine recente Species, also kaum 
in einer tertiären Schichte vorhanden. 
Planorbis subcarinatus Charp. soll heissen Pl. appla- 
natus Thomae. 
Melania Hollandri Fer. ? vielleicht wurde eine häufig 
vorkommende Paludina dafür gehalten. 
Valvata piscinalis Lam. ist eine recente Species. 


B. Verbreitung der neogenen Gebilde. 


a) Des offenen Meeres. 


Die tiefsten Stellen der Becken nimmt die Tegelbildung ein. 
Im Wiener Becken ist die Ablagerung des unteren Tegels 


_ eine allgemein verbreitete. Nicht so ist es mit dem oberen Tegel; 


dieser scheint sich nur stellenweise abgelagert zu haben. So ist 
dieser Tegel bei Brunn, bei Hernals, bei Inzersdorf und von da öst- 
lich bis nach Bruck am Leithagebirge bekannt ?). Eben hat man 
südlich am Leithagebirge Tegel mit Congerien-Schichten erbohrt. 

Die Cerithien-Schichten 3) treten an vielen Punkten des 
Wiener Beckens zu Tage und wurden auch durch Bohrungen nach- 
gewiesen. 

In der steierischen Bucht des ungrischen Beckens liegt die 
Tegelbildung ebenfalls zu unterst. Von Congerien ist daselbst nichts 
bekannt geworden ; dagegen sind die Cerithien-Schichten aut 
mehreren Stellen nachgewiesen worden *), so in der Umgebung von 
Hartberg, östlich von Gleisdorf und in der Umgebung von Gleichen- 
berg. Der Tegel wird grösstentheils durch Mergel ersetzt, die 
besonders mächtig in dem Windisch-Büchel nördlich von Marburg 
auftreten. 


1) J. Gobanz, schriftliche Mittheilungen. 

2) J. CzjZek, Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt, II, 2, 86. 

3) Dr. Hörnes, Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt, II, 4, 116. 

*) Dr. Andrae, dritter Bericht des geogn.-mont. Vereins für Steiermark, S. 9. 


502 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


Im Becken des Lavantthales nehmen die Sande, Sand- 
steine und Mergel die tiefsten Stellen der Mulden ein, während die 
sandigen Lehme mehr an den Rändern abgelagert worden sind. Die 
Cerithien-Schichten sind hier bis jetzt nicht aufgefunden worden. 

Im oberen Donau - Becken sind die Congerien- 
Schichten (oberer Tegel) bis jetzt nicht nachgewiesen wor- 
den. Die Cerithien-Schichten scheinen dagegen allgemein verbreitet 
zu sein. Im Tullner Becken wird die untere Tegelbildung durch 
Tegel, der vom Sande überlagert ist, repräsentirt. Im Linzer 
Becken wird zwischen Mölk und Wels der Tegel durch sandige 
Mergel ersetzt; von Wels westlich treten wieder die Tegel auf. 

So wie die Tegelgebilde gewöhnlich die unteren Stellen der 
Becken ausfüllen, bedeckt der Sand in verschiedener Mächtigkeit 
den Tegel. Sowohl im Wiener Becken und in der Bucht von Unter- 
steier, als auch im oberen Donau-becken ist seine Verbreitung ganz 
allgemein; in dem Lavantthaler Becken ist er bis jetzt nicht nach- 
gewiesen worden und dürfte durch die Conglomerate repräsentirt 
sein. 


Ebenso allgemein ist die Verbreitung des Schotters inden 


genanntenBecken. Der Schotter füllt häufig die vor seiner Ablagerung 
entstandenen Vertiefungen des Sandes aus, oder umgibt mantel- 
förmig die aus seinem Niveau emporragenden Hügel t). 

An jenen Stellen nur trifft man den Schotter und Sand nicht, 
wo sie entweder von jüngeren Ablagerungen bedeckt oder nach ihrer 
Bildung durch Bäche und Flüsse oder Meeresströmungen wegge- 
schwemmt worden sind. 

Der Leithakalk fehlt dem oberen Donau-Becken ganz. Um 
so häufiger tritt aber der Leithakalk im Wiener Becken und in der 
steierischen Bucht auf. So bei Nussdorf, zwischen Mödling und Baden 
auf mehreren Stellen, bei Wöllersdorf nordwestlich von Wiener-Neu- 
stadt. Ferner in bedeutenden Partien in der Umgebung von Wildon, 
Leibnitz, Ehrenhausen und Mureck. Das von krystallinischen Schiefern 
gebildete in SO. von Wien liegende Leithagebirge, welches zur 
neogenen Zeit wahrscheinlich eine Insel bildete, ist rund herum von 
ungeheueren Massen des Leithakalkes. den tertiären Korallenriffen, 
eingefasst. 


1) J. Czjzek , Erläuterungen zur geogn. Karte von Wien, S. 19. 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 503 


b) Verbreitung der Randgebilde. 
1. Am Rande der Alpen. 

Die Vorkommnisse der Braunkohlen des Wiener Beckens werden 
durch Schotter, Sand, Lehm und Tegel, hauptsächlich aber durch 
Conglomerate mit einander verbunden. Die Conglomerate, 
welche hier gewöhnlich aus Kalkgeröllen bestehen, treten nördlich 
von Mödling auf und ziehen von da am Rande des Wiener Beckens 


“nach SW. über Baden, Neunkirchen bis Gloggnitz beinahe ununter- 


brochen fort. Westlich von Mödling ziehen sie sich weit ins Gebirge 
hinein, wo sie besonders in der Umgebung von Heiligenkreuz theilweise 
von Schotter bedeckt auftreten. Südlich von Baden breiten sich die 
Conglomerate zwischen Vöslau, Pottenstein und Wöllersdorf in unge- 
heueren Massen aus und bedecken hier die Vorkommnisse der Braun- 
kohle bei Grillenberg, Kleinfeld und die der Jaulingwiese. 

Eben so mächtig treten sie in der Bucht von Gloggnitz auf. Die 
Braunkohlen von Leiding und Schauerleiten bei Pitten werden von 
losem, dem nahen krystallinischen Gebirge angehörigen Schotter 
bedeckt, der amGebirge in der Umgebung von Thernberg hoch hin- 
auf reicht. 

Die Lignit-Ablagerungen von Neufeld und Zillingdorf sind vom 
Schotter bedeckt, und dieser reicht an dem Rande des ungrischen 
Beckens über Forchtenau bis nach Bernstein, Friedberg und Hart- 
berg und verbindet die Braunkohlen-Vorkommnisse dieses Striches 
unter einander. 

Zwischen Hartberg und Gratz sind die Braunkohlen-Schichten 
ebenfalls vom Schotter bedeckt. 

In der Bucht von Voitsberg 1) zwischen Gratz, Voitsberg und 
Mooskirchen, tragen die die Braunkohlen begleitenden Ablagerungen 
den Charakter der Süsswasser-Gebilde an sich. Zwischen Moos- 
kirchen und Landberg reichen die Meeres-Ablagerungen bis an den 
Rand des Gebirges, dagegen findet man in der Bucht von Eibiswald 
Ablagerungen, die den süssen Wässern ihre Entstehung verdanken. 

Im oberen Donau-Becken sind die Conglomerate besonders mäch- 
tig entwickelt. Im Tullner Becken nördlich von der Donau treten 
sie seltener auf und sind hier häufig von Löss bedeckt; südlich von 


9) Dr. Rolle, vierter Bericht des geogn.-mont. Vereins für Steiermark, S. 21. 


50% Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


der Donau sind sie besonders südlich von Hollenburg weit ausge- 
dehnt. Eine ausserordentliche Verbreitung besitzen die Conglomerate 
südlich von Linz. Die ganze Strecke zwischen der Enns und der 
Traun ist bedeckt von mitunter sehr mächtigen Conglomeratmassen, 
unter welchen man nur an einigen wenigen tiefer eingeschnittenen 
Stellen die sandigen Mergel hervortreten sieht. Von Gmunden nach 
West über Vöklabruck bis nach Laufen zieht sich eine mächtige 


Ablagerung von Schotter und Conglomeraten fort, die die Lignit- 


Vorkommnisse von Haag und Wildshut bedeckt. 


Alle diese Gebilde sowohl des unteren als auch des oberen. 


Donau-Beckens übersteigen die Meereshöhe von 1600’ nicht. 


2. Im Innern der Alpen. 


Im Becken des unteren Lavantthales sind Schotter und Conglo- 
merate am östlichen Rande desselben am Fusse der Koralpe mächti- 
ger entwickelt. Den Schotter fand man auch im südlichen Theile des 
Beckens im Gebiete des Granitzbaches, wo derselbe die Meereshöhe 
von 2149 erreicht. 

Die älteren tertiären Schichten des Lavantthales, die Sandsteine 
und Mergel nämlich, erheben sich nicht über 1800’, sie liegen aber 
doch wenigstens um 1000’ höher als die beiläufig 700’ Meereshöhe 
besitzenden Badner Schichten, welchen sie gleich sind. 

Höher hinauf (über 2149') fand man zwar keine Gerölle, wohl 
aber aufgelöstes Gebirge; nach der oberen Grenze des Getreide- 
baues lässt sich schliessen, dass dieselben sowohl im oberen als im 
unteren Lavantthale bis zur Meereshöhe von 4000’ hinaufreiche. 

Im Becken des oberen Lavantthales sind keine Ablagerungen 
von Schotter und Conglomeraten beobachtet worden. Die tieferen 
Schichten, Lehme, Sandsteine und Mergel, erreichen (bei Probel) 
die Meereshöhe von 2800’. Über den 3061’ hohen Sattel zwischen 
dem oberen Lavantthale und dem Wassergebiet der Mur ziehen sich 
die Gebilde des Lavantthales hinüber in das Becken von Judenburg 
und Knittelfeld. 

Das Becken von: Judenburg ist in der Tiefe mit den sandigen 
Mergelschichten ausgefüllt. Die Meereshöhe dieser Gebilde übersteigt 
kaum 2800’; sie sind theilweise,, wie bei Schönberg, von Geröllen 
überlagert. Das Gerölle steigt seinerseits auf mehreren Stellen, nament- 
lich in der Gegend von Weisskirchen, bis zu 3100’ Meereshöhe. 


a 


= ET 


> ee 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. AO 


Im Becken von Leoben findet man die Sandsteine und Schiefer- 
thone in den tiefsten Stellen der Mulde abgelagert. Sie sind von 
Schotter und Conglomeraten bedeckt und die letzteren reichen 
wieder auf den Abhängen des Gebirges im Dollinggraben bis zu einer 
Meereshöhe von 3060. 

Wie in diesen beiden Becken verhalten sich auch in den übri- 
gen Mulden der Mur und des Mürzthales ganz auf dieselbe Weise die 
besprochenen Schichten. Die mehr sandigen und mergeligen Schich- 
ten findet man unten in der (ehemaligen) Tiefe der Mulden von 
Schotter- und Conglomerat-Ablagerungen hedeckt, welche letztere 
sich aber bedeutend höher auf den Abhängen der die Becken ein- 
schliessenden Gebirge hinaufziehen und stäts ein höheres Niveau 
einhalten. 

Im Becken von Krumbach liegen die Sande und Tegel zu 
unterst und stehen nur selten zu Tage an; sie sind von Geröllen der 
rundherum anstehenden Gebirgsgesteine bedeckt. Diese Gerölle 
bedecken den Sattel zwischen Krumbach und Edlitz, ziehen sich auf 
den Abhängen der Gebirge hoch hinauf und erreichen hier eine Höhe 
von beiläufig 3000’. Ebenso findet man im Becken von Ratten die 
Schiehten mit Kohlen die tieferen Stellen ausfüllen, während das 
Gerölle überlagernd auftritt und eine. Höhe erreicht, die 3000’ 


_ übersteigt. 


So beobachtete ferner A. v. Morlot Conglomerate bei Alten- 
berg bei 3070’ M. H., zwischen Ramsau und Radmer bei 3360’ M.H., 
bei Maria- Zell bei 2823’, im Fallensteiner Graben bei 2970, bei 
Golrad bei 3130’, in der Umgebung von Annaberg bis 2765’ M. H. 
abgelagert. 

Im Westen des Judenburger Beckens findet man bei Ober- 
Zeyring die Thonmergel abgelagert, die sie überlagernden Gerölle 
ziehen sich in das Thal von Brettstein hoch hinauf, reichen im Thale 
von St. Johann hinauf bis auf den Sattel von Hohentauern, der in 
das Ennsthal hinüber führt. 

Bei Neumarkt sind auf der Wasserscheide zwischen der Drau 
und Mur Braunkohlen-Gebilde abgelagert, der Schotter überdeckt hier 
bedeutende Flächen, und zieht sich auf den Abhängen der Kuhalpe 
hoch hinauf. Ebenso liegen die Braunkohlen führenden Conglomerate 
bei Ranten bedeutend niederer als die Geröllschichten, die man in den 
weiter nördlich davon gelegenen Thälern findet. 


506 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


Im Becken von Lungau bei Wolfing und St. Andree nördlich 
von Tamsweg nehmen die Mergelschichten mit Braunkohle die tiefsten 
Stellen ein. Die Conglomerate im Seethale reichen bis 3400". Die 
Schotter-Schichten füllen alle höher gelegenen Partien des Beckens. 
So reichen sie in der Tauern-Ache bis nach Tweng (3598), im 
Zederhaus-Winkel bis zum Fettel, bis nahe auf den Katschberg-Pass, 
den Übergang nach Kärnten (5029), hinauf, und auf das Thörl, 
wo unter denselben auch noch eine kleine Partie Braunkohlen 
gefunden wurde. 

Das Ennsthal ist mit dem eben abgehandelten Murthale durch 
drei Sättel verbunden, über welche drei gut erhaltene Strassen aus 
dem Murthale in dasselbe führen: der Pass zwischen Wald und 
Mautern, der Pass Hohentauern und der Radstädter Tauern-Pass. Die 
zweiersteren sind mit bedeutenden Schotter-Ablagerungen bedeckt, am 
Radstädter Tauern sind sie wegen bedeutenderen Alluvial-Ablage- 
rungen nicht mit Sicherheit nachzuweisen. Im Ennsthale nun sind 
auch die Tegel mit Braunkohlen und Mergelschiefern mit Sandsteinen 
mehr in der Tiefe des Thales, beiläufig in 2000’ M. H., zu finden. 
Die Conglomerate am Grimming steigen um 500’ höher, die Gerölle 
endlich kann man bis zu einer Höhe von 3500 — 3600’ verfolgen, 
indem sie sowohl den Übergang nach St. Gallen, als auch den Pass 
Pyrhn bedecken und auf der Strasse nach Aussee bis in die Gegend 
von Mitterndorf reichen. 

Eine Ausnahme scheinen die Ablagerungen bei Wagrein zu 
bilden; man findet hier nach Dr. Peters Mittheilungen zu unterst 
Lagen von Conglomeraten mit Sandsteinen wechsellagernd und diese 
Schichten von Sandsteinen mit schwachen Braunkohlenflötzen bedeckt. 
Im Salza-Thale sind die Geröllschichten nur auf sehr wenigen 
Punkten beobachtet worden, man möge aber daraus keinen Schluss 
ziehen, dass sie auch nieht vorhanden wären, um so mehr als sie am 
Sattel, der aus dem Salza-Thale bei Kriml nach Tirol führt und an 
anderen hoch gelegenen Punkten beobachtet wurden. | 

Die Ablagerungen des Enns- und Salza-Thales hängen mit ee im 
nördlichen Kalkalpen-Zuge vorkommenden tertiären Ablagerungen zu- 
sammen 1), die hin und wieder theils durch grössere Festigkeit, theils 
durch eine geschützte Lage den Zerstörungen einer späteren Zeit 


1) Kudernatsch, Jahrb. der k. k. geolog. Reichsanstalt, III, b, 86. 


ie ee 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 07 


entgangen sind. Tertiäre Ablagerungen nehmen die Wasserscheide 
zwischen der Enns und Ibbs an zwei Punkten ein, zwischen W eyer und 
Hollenstein, und dann bei Lassing, wo man auch einen blaulichen 
Tegel anstehen sieht, der zahlreiche Paludinen führt. Bei Oppenitz 
in einem mehr abgeschlossenen Becken erscheinen auch tertiäre 
Schotter-Conglomerat- und Tegelmassen; die letzteren führen Süss- 
wasser-Conchylien. Das Becken von Windischgarsten ist an seinem 
südlichen Rande mit tertiärem Schotter erfüllt. Eben so hängen die 
tertiären Schottermassen längs des Saalflusses einerseits mit der 
Einsenkung der Enns und Salza, andererseits mit dem oberen Donau- 
Becken zusammen. 

Das Becken des unteren Lavantthales istüber den Sattel südwestlich 
von St. Paul mit dem Becken von Klagenfurt in Verbindung. In diesem 
letzteren wurden bis jetzt keine marinen Schichten aufgefunden, wohl 
aber Schichten mit Braunkohlen, wie bei Loibach, bei St. Ilgen, 
Latschach und bei Feistritz im Gailthale. Doch ist hier nirgends etwas 
Zusammenhängendes zufinden; das was zur Zeit der Tertiär-Periode 
abgelagert worden war, mag zum Theil von den Diluvial-Ablagerungen 
bedeckt, zum Theil aber durch die Fluthen der Diluvial-Zeit zerstört 
worden sein. 

Die Braunkohlen-Ablagerungen des Klagenfurter Beckens liegen 
weniger hoch über der jetzigen Meeresfläche erhoben als die tertiären 
Ablagerungen des Lavantthales und halten das Mittel zwischen der 
Erhebung desLavantthalesund der des Wiener Beckens. Die Schotter- 
Ablagerungen jenes Beckens aber erreichen eine Höhe, die man in den 
zwei andern zuletzt genannten Becken noch nirgends beobachtet hatte. 
Während die Braunkohlen-Ablagerung bei Feistritz im Gailthale kaum 
1800’ erreicht, steigen die Geröll-Ablagerungen bei Hermagor etwas 
über 2000, bei Kötschach und Mauthen findet man sie zwischen 
3000’ — 4000’ M. H. anstehend, bei M. Lukkau in 4116, bei Tilliach 
in 4837, und auf der Wasserscheide zwischen dem Gailthale und 
der Drau westlich von Tilliach in 4974’ M. H. Während die Schichten 
mit Braunkohlen bei Latschach und St. Ilgen kaum 1600’ übersteigen, 
erreichen die Schottermassen im Drauthale bei Spittal 1800’, gegen- 
über .von Paternion 2000’, nördlich von Millstadt und Radenthein 
2800’; im Liserthale bei Gmünd 3000’, bei Rennweg 4000’ und am 
Katschberge 5029' M. H. Ebenso steigt das Niveau der Schotter- 

Ablagerungen im Möllthale. Sie wurden daselbst beobachtet bei 


508 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


Ober-Vellach in 2085’, bei Stall in 2659, in Winklern bei 3011’, auf 
der Wasserscheide des Iselberges 3684, bei Mörtschach in 3014, 
in der vorderen Asten bei 3975‘, in der hinteren Asten in 5288’, hei 
Heiligenblut in 4016’, bei der Maria-Hilf-Capelle am Heiligenbluter 
Tauern in 5047’ M.H. 

Im oberen Drauthale herrschen dieselben Niveauverhältnisse der 
Schotter- Ablagerungen. Zwischen Sachsenburg und Ober Drauburg 
übersteigen die Schotter-Ablagerungen kaum die Höhe von 3000’. Bei 
Lienz sind sie am Iselberge in 3684, beim Ranacher 3784, beim 
Plautsch in 4146’; im Pusterthale auf dem Pannberge in 4161’, bei 
St. Virgein in 4334’ und weiter nördlich im Burgerthale bei 5145’, bei 
Abfaltern in 3618‘, am Tessenberge in A277’, und bei Hollbrucken in 
4401’ M. H. gefunden worden. 

Das Iselthal ist in dieser Hinsicht eben so interessant. Während 
die Schotter-Ablagerungen beim Gwabl nur 3144’ erreichen, steigen 
sie bei Leibnig auf 3866’, im Tefferecker Thale bei Hopfgarten auf 
3499‘, bei St. Jakob auf 4388’, am Staller Bache auf 4962’ M. H., 
und liegen beim oberen See im Stalleralpen-Thale auf.der Wasser- 
scheide von Tefferecken in das Pusterthal in 6485’. Im Kalserthale 
übersteigen sie nicht 5000’ M. H. Bei Windisch-Matrey sind charak- 
teristische tertiäre Conglomerate am Calvarienberge in 3370‘ abge- 
lagert. Die Schotter-Ablagerungen findet man bei Proseck in 3450, 
bei Virgen in 3685’, bei Pregatten in 4099, beim Islitzer westlich 
von Pregatten in 4137 M.H. 

Ganz dieselben Niveauverhältnisse des Schotters kann man auch 
in den Gegenden nördlich von Klagenfurt beobachten. Auf der 
Gerlitzen-Alpe in der Umgebung des Ossiacher Sees 1) erreicht der 
Schotter 4500’ M. H., im oberen Gurkthale 4700’, nördlich von Feld- 
kirchen 3000’, bei Sörg am Schneebauer Berge 3000’, südlich von 
Strassburg bei Gunzenberg 2200’ — 2300’, im unteren Gurkthale 
bei Glödnitz 3800’, im Thale von Metnitz 4200’ M. H. Am Ulrichs- 
berge unterhalb des Gipfels kommt zerstreuter Schotter in 3000’ M.H. 
vor. 

Je weiter man in das Innere dieser Thäler des Gail-, Drau-, 
Möll-, Gurk- und Metnitz-Thales dringt, desto geringer ist die Mäch- 
tigkeit der tertiären Ablagerungen und desto höher das Niveau, 


1) Dr. Peters, mündliche Mittheilungen. 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 509 


unter welchem sie vorkommen. Die Tegel- und Sand-Ablagerungen 
findet man im Innern dieser Thäler sehr selten. So ist bei Nieder- 
Gail im Gailthale eine Tegel-Ablagerung von sehr geringer Ausbrei- 
tung beobachtet worden; eben eine solche aber von grösserer Aus- 
dehnung findet man bei St. Virgen im Pusterthale, und unter dem 
Calvarienberge von Windisch-Matrey. Die übrigen besprochenen 
Ablagerungen bestehen blos aus Schotter-Anhäufungen, die gewöhn- 
lich um so weniger mächtig sind, je tiefer sie sich im Innern der 
Thäler befinden und je enger das Thal ist, in dem sie abgelagert 
wurden. 

Süsswasserkalk. Die Verbreitung des Süsswasserkalkes 
ist weit geringer, als die des Leithakalkes. Derselbe kommt im 
betrachteten Gebiete vor bei Gross-Weikersdorf im Tullner Becken, 
am Aichkogel bei Gumpoldskirchen, bei Baden, und bei St. Veit im 
Wiener Becken. Mächtig entwickelt ist der Süsswasserkalk im 
Becken von Rein!) bei Strassgang und am westlichen Rande des 
Plawutsch-Gebirges ?). 


2 Schichten-Störungen. 


a) In den Gebilden des offenen Meeres. 


Die tertiären Schichten des Wiener Beckens liegen alle so, dass 
man gezwungen wird anzunehmen, sie seien seit der Epoche ihrer 
Ablagerung in ihrer Lage nicht gestört worden. Eben so findet man 
zum grössten Theile diese Schichten auch im oberen Donau -Becken 
ganz horizontal gelagert. Vom grössten Theile der steierischen Bucht 
des ungrischen Beckens lässt sich dasselbe sagen ; nur in jenen Gegen- 
den die zwischen Marburg, Arnfels und Leibnitz 3) zu liegen kommen, 
lassen sich ganz deutliche Schichten -Störungen der echt marinen 
Gebilde wahrnehmen, da hier zum grössten Theile die Schichten nach 
Nord oder Ost einfallen. Die Schichten -Störungen im Becken des 
Lavantthales wurden weiter oben angegeben. 


b) Inden Rand-Gebilden. 
Schon lange ist das merkwürdige Vorkommen der Braun- 
kohle von Gloggnitz bekannt *). Die Eibiswalder Braunkohlen- 


1) Siehe (3) auf Seite 484. 

2) Dr.Rolle, mündliche Mittheilungen 

3) Dr. Rolle, mündliche Mittheilungen. 

#) Siehe oben Seite 499. 

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd.Il . Hft. 33 


\ 


510 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluyium 


Ablagerungen sind in ihrer Lagerung ebenfalls gestört; die Schichten 
derselben fallen alle nach Nord und unterteufen scheinbar die Ablage- 
rungen des offenen Meeres. Ich fand auch im Ennsthale die Sand- 
steine und Mergelschichten mit Pflanzenresten bei Steinach nach 
Stunde 9 streichen, miteinem Einfallen nach Südwest unter 60°, und die 
Braunkohlen bei Ober -Lengsdorf auf dem Kopfe stehend mit einem 
Streichen nach Stunde 6. Eben sosind die Mergelschichten nördlich von 
Tamsweg im Becken von Lungau gestört, sie fallen ziemlich steil mit 
40° Neigung nach Süd. Die Conglomerate westlich davon im Seethal 
liegen aber beinahe ganz horizontal. Die Schichten der Sandsteine und 
Conglomerate bei Wagrein fallen ebenfalls nach Süd, obwohl sie sich 
am südlichen Abhange des Sabrathales befinden. Nach den verschie- 
denen Mittheilungen über die Braunkohlen-Vorkommnisse im Mur- und 
Mürzthale, scheint die Lagerung dieser Gebilde da auch nicht normal 
zu sein, wie man dies anzunehmen pflegte. So fällt bei Parschlug die 
Kohle unter 40° nach Ost; im Urgenthale westlich bei Bruck fällt 
sie nach Süd unter 32%. Die Leobner Kohlenflötze fallen nach Süd 
unter 15° in der Teufe, am ausgehenden aber übersteigt das Fallen 
70°. Nach Seeland 1) bildete die Kohlenmulde des Dalling-Grabens 
bei der ursprünglichen Flötzbildung mit der jetzt tiefer liegenden 
Leobner Mulde ein einziges zusammenhängendes Lager; die Trennung 
derselben erfolgt erst nach ihrer Ablagerung. Eben so muss man bei 
der Lagerung der Fohnsdorfer Braunkohlen-TLager eine Hebung vor- 
aussetzen, welcher die Schichten ihre Neigung verdanken. Für die 
Kohlenlager von Leiding und Schauerleithen nimmt Bergrath Czjzek?) 
seit jeher eine Hebung an. 

Im Schotter der Alpen, der auch manchmal gut geschichtet er- 
scheint, habe ich noch nicht Gelegenheit gehabt, Schiehten-Störungen 
zu beobachten. 


D. Gesteinsbeschaffenheit und Verbreitung des Diluviums. 


a) Terrassen-Diluvium. Grosse Massen von Geröllen in der 
Form von Terrassen abgelagert, bilden das Terrassen-Diluvium. Die 
Schiehtung ist gewöhnlich nicht ganz deutlich. Die grösseren Gerölle 


1) Seeland. Bericht Haidinger’s, VII, 204. 
2) J. C2jZek, Erläuterungen zur geogn, Karte v. Wien. S. 59 und 60. 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 5 11 


sind immer mit feinerem Sande untermengt und nur selten trifft man 
grössere Lagen von Sand darin. Die Gerölle lassen viele vom Sande 
oder kleinen Geröllen nicht ausgefüllte Zwischenräume sehen, was 
bei tertiären Ablagerungen nicht der Fall ist. Sie treten immer und 
an allen Orten ebene Flächen bildend auf und nehmen an Stellen, wo 
sie durch spätere Auswaschungen ausgefurcht werden, die Gestalt von 
Terrassen an. Durch diese Eigenschaften charakterisiren sie sich als 
rasche Ablagerungen wilder Wasserströme. 

Das Material, aus dem diese Ablagerungen bestehen, rührt aus 
dem Gebiete der sie ablagernden Gewässer her und ist daher in ver- 
schiedenen Gegenden und oft auch in einer und derselben Diluvial- 
Ablagerung verschieden. 

Das Terrassen-Diluvium istim Gebiete der nordöstlichen Alpen sehr 
verbreitet. Am ausgedehntesten tritt es in der Neustädter Ebene auf, 
wo es:eine Einsenkung des Wiener Beckens, die als die Fortsetzung 
der Einsenkung der Mur und Mürz betrachtet werden muss, ausfüllt. 
Eine beinahe eben so grosse Ausdehnung besitzt die Diluvial-Ablage- 
rung längs dem Traunflusse auf der Welser Haide. Beinahe ebenso 
ausgedehnt sind diese Ablagerungen längs der Mur, dem Inn, der 
Enns, des Ips und der Drau. 

Innerhalb der Alpen ist die Verbreitung des Terrassen-Diluviums 
eben so bedeutend. Die tiefsten Stellen des Beckens von Klagenfurt 
und des Judenburger Beckens, sind von sehr mächtigen Diluvial- 
Geröllmassen erfüllt. Längst der Mur kann man das Terrassen-Diluvium 
über Murau und Predlitz bis nach Gamingstein verfolgen, bis an die 
Spalte südlich von Tamsweg. Aus dem Klagenfurter Becken steigt 
das Diluvium mit der Thalsohle der Drau über Spittal bis nach Möll- 
brücken; mit der Gurk bis über Weitensfeld; von Feldkirchen über 
die Höhe nördlich ins obere Gurkthal. Man findet das Diluvium 
auch im Lavantthale. In den nördlichen Kalkalpen sind bedeutende 
Schottermassen in der Form von Terrassen, längs der ganzen Enns 
vom Gesäuse angefangen nach abwärts; längs der Steyer; in der 
Umgebung von Mitterndorf, Aussee und Ischel. Längs der Salza unter- 
halb Rheinbach, und der Saale unterhalb dem Zeller-See. 

Das Terrassen-Diluium kommt nicht vor: im Ennsthale 
oberhalb des Gesäuses, im Paltenthale, im Salzathale oberhalb Rhein- 
bach, inLungau oberhalb der Spalte bei Tamsweg, im oberen Theile 
des Möllthales, im Thale der Isel, im Puster- und Gailthale. 

33* 


512 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


b) Löss. Ein lichtgelber 1), selten grauer, etwas sandiger 
Lehm mit kaum bemerkbaren kleinen Glimmerschuppen, von geringer 
Diehtigkeit, und stäts ohne Schiehtung; entweder schildförmig an 
Hügeln angelagert und dann bis 20° mächtig, oder grössere Flächen 
in grösserer oder geringerer Mächtigkeit überdeckend. Selten findet 
man darin grössere abgerundete Geschiebe. Knochen grosser Land- 
Säugethiere von: 

Elephas primigenius Blum. 

khinoceros tichorrhinus Cuv. 

Eguus caballus Lin. 

Bos priscus Bojan. 

Cervus eurycerus Aldrov. 
und Landschnecken, die letzteren in unglaublicher Menge, überall in 
demselben auftretend: 

Helix montana Stud. 

Succinea oblonga Drap. 

Pupa marginata Drap. 
sind darin zu finden. 

Ein Blick auf eine geologische Karte der nordöstlichen Alpen 
zeigt schon, dass die Verbreitung dieses Gebildes auf das obere Donau- 
Becken und das Wiener Becken beschränkt ist. Im Innern der Alpen 
kommt der Löss nirgends vor. 

c) Erratische Blöcke sind ohızeln ?) an der Oberfläche 
liegende grosse Stücke eines Gesteines, das in der Nähe nicht an- 
steht. Die fremdartigen, mehr oder minder umfangreichen Blöcke sind 
von entfernteren Gebirgs-Zügen hergetragen, bestehen aus Granit, 
Gneiss, Glimmerschiefer und aus anderen älteren Gesteinen und sind 
nicht abgerollt, sondern scharfkantig, manchmal einzelne Schliffflächen 
zeigend. Sie werden an folgenden Orten im Gebilde der nordöstlichen 
Alpen als vorkommend angegeben : 

bei Seefeld 

„ Mitterwald 

» Walgau und 

„ Innsbruck 

„ Kitzbüchel 


| nördlich von Innsbruck 


1) J. CäjZek, Erläuterungen zur geogn. Karte v. Wien, S. 12. 
2) J. CZjZzek,, Erläuterungen zur geogn. Karte v. Wien, S. 9. 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 513 


bei Wald und Umgebung, nördlich von Kriml 

nördlich von Mittersill 

östlich bei Zell am See 

bei St. Georg 

„» Tann und 
Cschenau 

im Gasteiner Thale 

bei Pitten im Wiener Becken 

südlich von Königstetten und 

am Waschberge n. v. Stockerau 

Doch muss ich erwähnen dass man diese Angaben mit Vorsicht 
aufnehmen möge, indem es mir scheint, dass auf mehreren Stellen 
die Ablagerungen des rohen Schotters der Alpen für erratische Blöcke 
angesehen worden sind. 

d) Alte Moränen sind die letzten zurückgebliebenen Spuren 
der ehemaligen weit grösseren Ausdehnung der Gletscher. Es sind 
dies unregelmässige, bald der Richtung des Thales folgende, bald die 
Thäler quer absperrende Haufen von grösseren und kleineren Blöcken. 
von Gesteinen, die den Thälergebieten aus denen die Gletscher 
kamen, angehören. 

Das Sengsen-Gebirge nördlich von Windisch-Garsten, das 
Ausseer Gebirge, der Gebirgsstock des Dachsteins und des Hoch- 
Gollings beherbergten die Gletscher, welche die in diesem Gebiete vor- 
kommenden Moränen erzeugt haben, und jetzt bis auf das Karls-Eis- 
feld des Dachsteins ganz verschwunden sind. Die im Möllthale und 
im Malnitzer Thale am südlichen Abhange der Centralkette vorkom- 
menden Moränen verdanken den ehemals viel mehr ausgebreiteten 
Gletschern des Gr.-Glockners, des Hohen-Narr und des Ankogls ihre 
Entstehung. 


im Gebiete 


der Salza 
Umgebung von Taxenbach we 


im Tullner Becken. 


E.e. Alluvium 


‘Hierher gehören die Ablagerungen und Anschwemmungen der 
jetzigen Gewässer in der gegenwärtigen Zeit. 

Die Donau nimmt bei der Bildung dieser Ablagerungen den 
ersten Rang ein. Auf die Engen des Strombettes folgen grössere 
Erweiterungen desselben, in welchen sich die Donau mehr ausbreiten 
kann, und diese letzteren sind es, in denen diese Ablagerungen vor - 
sich gehen. So das Marchfeld, das Tullnerfeld, die Alluvionen bei 


591% Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


Enns und Efferding. Die Senn! der Donau bestehhk aus 
Schotter, Sand und Lehm. 

So wie dieDonau haben auch die anderen Flüsse und Bäche ihre 
Alluvionen; an solehen Stellen wo der Lauf ihrer Gewässer ein 
geringerer ist, lagern sie den Schutt und Schlamm, den sie mit sich 
führen, ab. Auf ihre Bildung haben periodische Anschwellungen der 
Flüsse und Bäche und locale Witterungsverhältnisse einen gleich 
grossen Einfluss. | 

Besonders hervorzuheben sind jene Alluvial-Ablagerungen, die . 
nur den furchtbaren plötzlichen Regengüssen der Gewitter der 
Alpen ihre Entstehung zu verdanken haben. Ihre Verwüstungen, die 
grossartig sind, treten auch periodisch auf und sind um so mehr zu 
fürchten. 

Bei Windisch-Mätrey in Tirol habe ich Gelegenheit gehabt. die 
Entstehung dieser Art Alluvionen des Bretterbaches zu studiren. 
Der Bretterbach entspringt an den steilen Kalkglimmerschiefer- 
Wänden der Bretterwand, nimmt anfangs von da seinen Lauf nach 
"Süd und wendet dann plötzlich nach West, um bei Windisch-Matrey 
in die Isel einzumünden. Die Länge des Bretterbaches beträgt kaum 
mehr als 4500 Klafter. Die Bretterwand hat eine Meereshöhe von 
9053’ und Windisch-Matrey liegt 3027 hoch über dem Meere. Folg- 
lich beträgt der Fall des Bretterbaches 1 Klafter auf 4 Klafter Länge, 
Der Fall dieses Baches ist aber nicht gleichmässig vertheilt; in dem 
von Ost nach West laufenden Theile besitzt der Bach eine viel 
geringere Neigung, als in dem oberen nach Süd herablaufenden 
Theile. Die Breiterwand besteht aus Platten von Kalkglimmerschiefer, 
die nach Süd fallen und unter 60 — 70° geneigt sind. Über diese 
Platten fallen die vielen abgelösten Stücke der Kalkglimmerschiefer- 
Wand in Folge der Zeit an ihren Fuss und häufen sich dort in 
bedeutender Menge an. Kommt nun ein starkes Gewitter mit einem 
Regengusse (was eben nicht häufig ist, indem in dieser Gegend 
anstatt Regen gewöhnlich Schnee fällt) über die Bretterwand, so 
hält diesen keine Vegetation, die hier gänzlich mangelt, auf, das 
Gestein saugt auch nur sehr wenig oder gar kein Wasser auf. Das in 
Menge herabfallende Regenwasser fliesst daher über die stark ge- 
neigten Kalkglimmerschiefer-Platten mit ausserordentlicher Schnellig- 
keit herab an den Fuss der Wand, wühlt die daselbst angehäuften 
Blöcke auf und reisst sie weiter dem Thale nach abwärts. Hier nimmt 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 15 


die Schnelligkeit, mit der das Gerölle transportirt wird, in etwas ab 
und lässt den nachfolgenden Partien Zeit genug, um die vorangehenden 
einzuholen und zu erreichen und sich mit denselben zu einer Masse zu 
vereinigen. Und so sammelt sich eine immer grösser werdende, aus 
Wasser md Gebirgsschutt bestehende, dieke Masse an und wälzt sich 
einem Lavastrome gleich langsam thalabwärts. Je tiefer herab, desto 
mehr verergt sich das Thal und dieBewegung des Schuttstromes wird 
dadurch abermals unterstützt. Endlich erreicht die unheilbringende 
Masse, oft erst in einer halben Stunde nach dem Ablauf des Gewitters, 
die Mündung des Bretterthales in das breitere Iselthal. Wie aus einem 
Sacke herausgeschüttet, häuft sich das Gerölle an der Mündung an 
und wird in der Form eines halben sehr flachen Kegels abgelagert, 
alles was in seinem Laufe liegt bedeckend und zerstörend. Nicht nur 
die Felder und Gärten, auch die Wohnungen der dortigen Bewohner 
werden zum Theil bedeckt oder ganz überschüttet. Aber nicht 
Unheil genug ist es, dass der Schuttkegel das ihm im Wege liegende 
zerstört und die Gegend an der Mündung des Thales verwüstet, die 
häufig bis auf das entgegengesetzte Ufer der Isel vorgeschobenen 
Schutimassen versperren dem Iselflusse seinen Abfluss und dieser 
breitet sich oberhalb dieser Stelle in einen See aus und verschlingt die 
_ fruchtbaren Felder und grünenden Wiesen unter seinen Wellen, sie 

mit dem Schlamme der Gletscher überdeckend, Elend und Noth 
verbreitend. 

Je weiter weg von der Mündung des Bretterbaches, desto mehr 
nähert sich die Ablagerungsfläche des Schuttkegels der Horizontale. 
Der nach Herstellung der Ruhe sehr kleine unbedeutende Bach 
sucht dann in die Ablagerungsfläche des Schuttkegels sein Bett zu 
vertiefen und wenn ihm hierzu genug Zeit gelassen wurde, so vertieft 
er sich so weit, dass endlich an seinen Rändern zwei Terrassen als 
Ufer entstehen. 

Ganz in dieser Weise wütheten und verheerten in den letzten fünf 
Jahren die Bäche der Seitenthäler des Drauthales zwischen Ober- 
Drauburg und Sachsenburg, der Bach Sagans zwischen Fragant und 
Stall im Möllthale und die Bäche im Gailthale. 

Diese Verheerungen fanden auch in älterer historischer Zeit 
Statt und waren gewiss noch furchtbarer. Hiervon zeugt der unge- 
heuere Schuttkegel vor Lienz, auf dem sich die Ortschaften Ober- 
Lienz, Ober-Drum, Grafendorf, Patriarchsdorf und Nussdorf befinden. 


] 
l 


516 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluviun 


Der tiefste Theil dieses Schuttkegels liegt bei Lienz 2057‘, die Spitze 
desselben im Helenenthale hat 4183’ M. H.; folglich beträgt seine 
absolute Höhe 2126‘. Die Länge mag beiläufig eben so viele Klafter 
betragen. Unter diesem Schuttkegel soll das alte Leontium begraben 
sein. Eben so grossartig ist der Schuttkegel im oberen Möllthale bei 
Sagritz, im Tefferecker Thale bei St. Leonhardt und endlich im Gail- 
thale bei Tilliach. 


F. Jüngste Spaltenbildung im Gebiete. 


Es sind dies Spalten, die, obwohl sie tief unter derg Niveau der 
tertiären Ablagerungen liegen, von diesen doch nicht ausgefüllt 
worden sind und daher jüngerer Entstehung sein müssen. 

Die merkwürdigsten dieser Spalten sind jedenfalls die, welche 
die Donau auf ihrem Wege aus Baiern von Passau abwärts durch- 
fliessen muss, bevor sie sich bei Pressburg in der ungrischen Ebene 
ausbreiten kann. Fünf Spalten sind es: von Passau bis Efferding und 
bei Linz; zwischen Wallsee und Ibbs, von Schönbüchel abwärts bis 
Spitz, die breite Spalte bei Klosterneuburg und die noch breitere 
Theben-Pressburger Spalte. Bei den beiden letzteren Spalten sind 
nur die untersten Theile hier verstanden, welche von der Donau 
bespült werden, indem an beiden Orten schon vor der tertiären 
Zeit Öffnungen vorhanden waren, durch welche die tertiären Meere 
‘des oberen Donau-Beckens, des Wiener und ungrischen Beckens 
mit einander in Verbindung standen. Bergrath Czjzek hat schon 
nachgewiesen, dass die Spalte zwischen Schönbüchel und Spitz nicht 
durch Erosion entstanden ist. „Die Donau 1) hat bei Krems eine See- 
höhe von 595°90', bei Mölk von 64996‘, folglich im Durchsehnitte 
auf ihrem Laufe von 43/, Meilen einen Fall von 11'38’ per Meile. 
Beobachtet man ihren Lauf von Krems bis Wien, meist über tertiäre 
Gebilde, so beträgt ihr Fall per Meile 112 Fuss. Dieses Verhältniss 
zeigt, dass der Lauf des Stromes zwischen dem Gebirge nur ganz 
unbedeutend schneller ist, von Wasserfällen und einem gewaltsamen 
Durchbruche nichts wahrnehmen lässt, welcher Umstand ebenfalls 
für eine Gebirgs-Spaltung spricht.“ Und wäre die Donau gezwungen 
gewesen, durch direete Erosion oder durch das von rückwärts 
schreitende Unterwühlen vermittest Wasserfällen sich das Bett zu 


1) J. Cäjzek, Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt, IV. 264. 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 517 


graben, so hätte sie gewiss, theils wegen der weicheren Gesteins- 
beschaffenheit, theils wegen der viel niedrigeren Lage, die tertiären 
Gebilde durchgefressen und ihren Lauf in der Richtung gegen 
St. Pölten genommen. Was hier speciell von der Entstehung der 
Spitz-Schönbüchler-Mölker Spalte gesagt wurde, gilt zugleich für jede 
dieser genannten Spalten. 

Nebst der Entstehung dieser Spalten ist das Streichen derselben, 
welches unsere Aufmerksamkeit verdient. Die Passauer Spalte 
streicht im Allgemeinen nach N. 45° in W. Ihr unterer Theil bildet 
ein Ziekzack, das aus den Streichungslinien N. W. und N. 45° in O. 
zusammengesetzt ist. Die Ihbser Spalte streicht im Allgemeinen 
nach W., ist aber aus den Streichungsrichtungen W. und N. zusammen- 
gesetzt. Die Mölker Spalte streicht nach N. 45° in O. und ist aus 
den Streichungslinien N. und N. 45° in O. zusammengesetzt. Die 
Klosterneuburger streicht beinahe, und die Theben-Press- 
burger Spalte ganz parallel mit der Passauer Spalte. 

Die Richtung der Spalten der Donau entlang, d. i. in der von 
Ost nach West laufenden grossen Einsenkung der oberen Donau, 
streichen daher vorzugsweise nach W., N. 45° in W., N. und N. 450 
in Ost. 

Die nächste, an die grosse Einsenkung der Donau sich südlich 
anreihende Einsenkung der Enns und Salza läuft ebenfalls von Ost 
nach West. In ihrem Gebiete sind zwei Spalten bekannt geworden, 
die am Grimming und die „das Gesäuse“ genannt. Die Spalte des 
Grimmings streicht nach Nord, das Gesäuse aber nach West. Gegen 
die Annahme, dass diese beide Spalten durch Erosion entstanden 
wären, spricht ihre Umgebung. Der Grimming bildete zur tertiären 
Periode mit der Kammspitze einen und denselben 6000’ über der 
Thalsohle des Ennsthales aufsteigenden Kamm des Dachsteingebirges. 
‚Die Wässer, die sich in der Mulde von Mitterndorf ansammelten, konn- 
ten sehr gut auf dem schon vor der Kreide-Periode offenen Wege 
über Klachau und Pürg ablaufen und es ist unmöglich, der Erosionskraft 
dieser Wässer den Durchbruch einer 4000' (über dem Boden von 
Klachau) hohen und eben so breiten Kalkmauer zuschreiben zu wollen. 
Das Gesäuse verdankt eben so wenig seine Entstehung der Erosion. 
Das Ennsthal war östlich von Admont und Krumau durch die Dach- 
steinkalk-Massen des Buchsteins und des Kaiblings abgesperrt. Diese 
Kalkmauer konnten die Gewässer des jetzigen Ennsthales nie über- 


518 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


steigen. Und wenn dies auch je der Fall war, so waren ja viel niederere 
Sättel vorhanden, über welche die Gewässer ihren Ausweg gefunden 
haben würden. Die Erosionskraft des verheerenden, durch seine Über- 
schwemmungen bekannten Ennsflusses ist so gering, dass er nicht im 
Stande ist die herabgefallenen Kalkmassen, die ihm den ersten Ein- 
gang in das Gesäuse absperren, wegzuräumen und man genöthigt 
ist, ihm mit Sprengungen durch Pulver nachzuhelfen. 

In der nächst südlicheren Einsenkung der Mur und Mürz sind 
zwei derartige Spalten entstanden, die südlich bei Bruck und die 
südlich von Tamsweg. Die Brucker Spalte streicht nach N. 45° W. und 
ist der Passauer und der Klosterneuburger Spalte parallel. Die Tams- 
weger Spalte streicht nach N. und ist so zu sagen die Fortsetzung 
der Grimming-Spalte. 

In der südlichsten von Ost nach West laufenden Einsenkung der 
Drau sind vier Spalten bekannt geworden, die jünger sind, als die 
tertiären Ablagerungen dieser Gegend. Die bei Gmünd streicht im 
Allgemeinen nach N. 45° O., und ist aus Streichungslinien N. und N. 
45° O. zusammengesetzt, ganz wie wir dies bei der Mölker Spalte 
gesehen haben. Mit dieser parallel ist die Spalte, die das obere und 
untere Gurkthal mit einander verbindet. Die Spalte, die das obere 
und untere Lavantthal verbindet, steht auf den ersten beiden beinahe 
senkrecht und ist mit der Brucker und Klosterneuburger Spalte 
nahezu parallel. Endlich läuft die Mahrenberger Spalte westlich von 
Marburg nach W., nahezu parallel mit dem Gesäuse und der Spalte 
bei Ibbs. Dass sie alle zusammen dieselbe Entstehung haben, wie die 
der Donau, habe ich kaum nöthig zu erwähnen. 

Diese Spalten, sowohl die der Donau als die im Innern der 
Alpen sind, wie schon gesagt wurde, von tertiären Geröllen nicht 
bedeckt; man findet in derselben nur die jüngeren Gebilde: Terrassen- 
Diluvium, Löss und Alluvium. Dort wo die Spalten in älteren Gesteinen 
entstanden sind, fallen sie jedenfalls mehr auf, als im Gebiete der 
tertiären Ablagerungen. Aber wie im älteren Gebirge, charakterisiren 
sie sich auch im tertiären Gebiet durch ihre Streichungsrichtungen 
und durch ihre Ausfüllung. Wenn man z. B. die Welser Haide durch- 
wandelt, so sieht man ganz deutlich, wie die tertiären Hügelreihen 
sowohl in NW. als in SO. derselben 200’ hohe Dämme bilden, die 
die Ablagerung des Terrassen-Diluviums auf den Raum der Welser 
Haide beschränkt und eingeengt haben. Ganz dasselbe sieht man am 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 519 


Almflusse, südlich von Wimsbach, am Ennsflusse, an der unteren Salza 
und am Inn, ferner auf der Neustädter Haide, und der Mur entlang 
unterhalb Gratz. Ferner ist die Längenerstreckung der Diluvial-Terras- 
senan dem Flusse zwischen Braunau und Passau, auf der Welser Haide, 
an der Enns, am Ibbsflusse, auf der Neustädter Haide nahezu parallel 
der Mölker Spalte; dagegen haben die Diluvial-Ablagerungen an der 
unteren Salza und an der unteren Mur mehr die Richtung der Passauer 
Spalte, und es lassen sich da die vier Richtungen WN. 45° in W., 
NN. 45° in O., alle nachweisen, eine Analogie, die jedenfalls für die 
Gleichartigkeit dieser Spalten mit denen in den festen Gebirgsarten 
spricht. 

Merkwürdig ist in der That zu sehen, dass die Spalten, während 
sie die Alpen in den angegebenen Richtungen durchkreuzen, in die 
krystallinischen Gebirge nördlich der Donau nicht tiefer hineinreichen, 
sondern sich an diesem Gebirge entweder abstossen, wie die Kloster- 
neuburger Spalte, oder nur an dem Rande derselben entstanden sind, 
und demselben, so zu sagen ausweichen, wie die Passauer, Ibbser und 
Mölker Spalte. 


6. Spaltenbildung, Schichtenstörung und Erhebung. 


Die Spaltenbildung scheint mit den beobachteten Schichten- 
störungen im innigsten Zusammenhange zu stehen. Das grossartigste 
Beispiel dieser Art ist jedenfalls das in vieler Hinsicht interessante 
Lavantthal. Die Schichten der tertiären Gebilde des Lavantthales 
streichen, wie wir es gesehen haben, von NW. nach SO. in derselben 
Richtung, welche die grosse, das untere mit dem oberen Lavant-' 
thale verbindende Spalte hat. Wir haben aber auch gesehen, dass 
hier die Schiehten um 1000’ höher liegen, als die gleichartigen 
bei Baden. Auch an der Mahrenberger Spalte sind dieselben Verhält- 
nisse von Dr. Rolle beobachtet worden. Die Schichten der Eibis- 
walder Braunkohlenlager fallen nach Nord. Die marinen Schotter- 
Ablagerungen steigen im Gebirge nördlich von der Mahrenberger 
Spalte um 1000’ höher, als sie in der Ebene zu finden sind t). 

Die Unregelmässigkeit des Streichens und Fallens der Schichten 
zwischen Marburg, Arnfels und Leibnitz findet eben darin ihre Erklä- 
rung, dass die Richtungen der Spalten von Mahrenberg, der von 


1) Dr. Rolle, mündliche Mittheilungen. 


520 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


Gratz und Strass, Strass und Radkersburg, sich in dieser Gegend 
begegneten. Etwas Abnormes scheinen die Schichtenstörungen im 
Becken von Lungau, nördlich von Tamsweg und im Ennsthale bei 
Ober-Lengsdorf zu bieten. An beiden genannten Stellen sieht man, 
dass das Streichen der gestörten Schichten gerade senkrecht steht 
auf der Streichungslinie der benachbarten Spalten. Wenn man sich 
aber etwas weiter umsieht, so gewahrt man, dass in der Fortsetzung 
dieser Richtung im Ennsthale das Gesäuse zu liegen kommt und in 
der ganzen Einsenkung der Mur und Mürz, in deren Verlängerung 
die Wiener-Neustädter Haide sich befindet, alle Braunkohlen-Sehich- 
ten nach Süd fallen. Auch das merkwürdige Vorkommen der Braun- 
kohle von Gloggnitz liegt gerade in dieser Einsenkung. 


II. THEORIE. 


A, Altersbestimmung, 
a) Gebilde des offenen Meeres. 


Dass die Tegel-, Sand- und Schotter-Ablagerungen des Wiener 
und der angrenzenden Becken wirklich tertiär sind und der jüngeren 
Epoche dieser Formation angehören, ist eine schon längst erwiesene 
Thatsache. | 

Der untere Tegel bildet die tiefste älteste Lage dieser Gebilde; 
der obere Tegel ist jünger. Noch jünger ist der Sand, in dessen unter- 
sten Lagen man noch dieselben Knochenreste findet, die für den oberen 
Tegel charakteristisch sind. Als die jüngste tertiäre allgemein ver- 
"breitete Schichte gilt der Schotter. 

Der Leithakalk entspricht !) an einzelnen Punkten (Nussdorf) 
dem oberen Theile des unteren Tegels, an andern aber (Bruck a. d.L.) 
dem oberen Tegel. 


b) Randgebilde. 


Bei den Randgebilden kommt es darauf an, die in denselben 
vorkommenden Braunkohlenlager ihrem Alter nach zu bestimmen. 

Es ist freilich schwer, nach den bisherigen mangelhaften Unter- 
suchungen und wegen der Seltenheit oder gänzlichen Abwesenheit 
von charakteristischen Versteinerungen das Alter der verschiedenen 


1) Siehe oben S. 496. 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 921 


Braunkohlen-Ablagerungen zu bestimmen 1); es kommt aber auch nur 
darauf an, beiläufig zu zeigen, mit welchen Ablagerungen des offenen 
Meeres diese verschiedenen Braunkohlenlager ausser und in den 
Alpen zu parallelisiren sind, um so ihr gegenseitiges Alter und ihr 
Alter im Allgemeinen zu bestimmen. 

Nach den Beobachtungen von M. V. Lipold kommen Braun- 
 kohlenlager im Lavantthale in den untersten dortigen tertiären 
Gebilden vor, die, wie wir gesehen haben, mit dem Tegel bei Baden 
von gleichem Alter sind. Nach den Mittheilungen von Bergrath 
Czjzek kommen die Braunkohlen von Thallern in einem Tegel vor, 
den man, nach den darin vorgefundenen Versteinerungen, den 
Schichten von Gainfahren und Enzersfeld gleichstellen muss. Die 
Braunkohlenlager bei Fohnsdorf im Judenburger Becken liegen 
unter einer Muschelschichte, die nur aus Schalen von der Congeria 
triangularis Partsch besteht. Aber diese Congeria kommt nach 
den freundlichen Mittheilungen von Dr. Hörnes immer nur in den 
sogenanntenCongerien-Schichten vor; ihre Verbreitung ist über 
Österreich, Mähren, Ungern, Bosnien und Albanien bekannt und sie 
kann daher als eine sichere Leitmuschel bei der Erkennung der Con- 
gerien-Schichten angenommen werden. Die Lignite bei Göding 
in Mähren liegen nach Fr. Foetterle auf einem Tegel mit Congerien 
im Sande, in welchem man ebenfalls die Congerien findet. 

Das Gleiche scheint bei Zillingsdorf und Neufeld zu sein, indem 
man auch dort in dem Tegel, der unter den Kohlen liegt, Congerien 
erbohrt hatte. 

Diese Beispiele beweisen, dass die Braunkohlenlager durchaus 
nicht einem und demselben Zeitabschnitte angehören, und dass die 
Bildung der Braunkohlen durch die ganze Dauer der jüngeren Tertiär- 
Epoche fortdauerte. Zugleich geht aus diesen Beispielen hervor, dass 
die Lignite der oberen, die schwarzen eigentlichen Braunkohlen der 
unteren Tegelbildung angehören. Wie aber zur Zeit der Ablagerung 
der unteren Tegelbildung Ruhe geherrscht zu haben scheint, während 
bei der oberen Tegelbildung aber lebhaftere Strömungen wegen 
der deutlich ausgesprochenen wellenförmigen Ablagerung der 
Sehichten 2) angenommen werden müssen, so scheint auch die Bildung 


1) Siehe oben S. 497—509. 
2) J. CzjZek, Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt II, b, 81 und 82. 


522 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


der eigentlichen Braunkohlen und der Lignite eine verschiedene zu 
sein. Bergrath Czjzek hat für die Zillingsdorfer und Neufelder 
Lignite 1) nachgewiesen, dass sie aus zusammengeschwemmten, 
Treibhölzern entstanden sind. M. V. Lipold erwähnt bei der Be- 
schreibung der Wildshuther Lignite ?), dass man in dem Mittelflötze 
häufig ganze Baumstämme mit Wurzelstöcken daselbst findet, oft 
bei 6‘ lang und 3‘ im Durchmesser, gewöhnlich mehrere beisammen. 
Die Stämme sind umgestürzt, die Wurzeln nach oben gekehrt und 
immer mit einer Neigung nach NO., wodurch die Richtung der 
Strömung, die sie abgelagert, angezeigt wird. Auf der Jaulingwiese °) 
ist im quer durch denLignit führenden Tegel eine bei 24 breite Sand- 
mulde beobachtet worden, bei deren genauer Untersuchung man fand, 
dass dieselbe einem ehemaligen Bache ihre Entstehung verdanke. 

Dagegen zeigen die eigentlichen Braunkohlen nur sehr selten 
die Holztextur, und dürfen wahrscheinlich aus ruhigen Torfmooren 
erstanden sein. Auch die Versteinerungen, meist Knochenreste, die 
man in den Kohlen findet, sind aus diesen zwei Abtheilungen zum 
grössten Theile von einander ganz verschieden. 

Für den Lignit sind charakteristisch: 


Mastodon angustidens Cuv. 
Acerotherium incisivum Kaup. 
Hippotherium gracıle Kaup. 


Knochenreste, die man auch im oberen Sande, im oberen Tegel und 
im jüngeren Leithakalk aufgefunden. 
Dagegen kommen in den schwarzen Braunkohlen vor: 


Rhinoceros Scheiermacheri H. v. Meyer. 
Dorcatherium Naui H. v. Meyer. 


a vindobonense H. v. Meyer. 
Palaeomery& medius HA. v. Meyer. 
Cervus Sp. 


Chalicomys Jaegeri? *) 
Triony& stiriacus Peters. 
Chelydra sp. 
Emys Turnoviensis H. v. Meyer. 
Nachdem nun dies vorangeschickt worden, möge ein Verzeichniss 


derin 2 Abtheilungen aufgezählten Braunkohlen-Vorkommnisse folgen. 


1) J. Czjzek, Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt, III, 47. 

2) M.v.Lip old, Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanstalt, I, 601. 

3) Zepharovich, Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt, IV, 743. 
4) Prof. Unger, fossile Flora von Parschlug, S. 22. 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 523 


Braunkohlen 
des unteren Tegels: des oberen Tegels: 


Ober-Lengsdorf, 
Wagrein. 


 Leiding, Leobersdorf, 
Scehauerleithen, Jaulingwiese, 
Klingenfurt, Kleinfeld, 
Brennberg, Grillenberg, 
Zerreichenwald, Pernitz, 
Sieggraben, Gloggnitz, 
Weingraben, Zillingsdorf und Neufeld, 
Karl, Ritzing, 
Schreibersdorf, Thiergarten, 
Pinkafeld östlich, Pilgersdorf, 
Eibiswald, Bubendorf, 
Thallern, Fladnitz, 
Obritzberg, Klein-Semmering, 
Lavantthal, Rein, 
Obdach, Voitsberg, 
Feberg-Graben, Zelking, 
Fohnsdorf, Haag, 
Dietersdorf, Wildshut, 
Schönberg, Schwaig-Graben bei Sekkau, 
Trofajach, St. Ilgen, 
Leoben, Keutschach, 
Dolling-Graben, Feistritz im Gailthale. 
Urgenthal, 
Winkl, 
Göriach, 
Parschlug, 
Wartberg, 
Krieglach, 
Langenwang, 
Ratten, 
Krumbach, 
Zeyring, 
Ranten, 
Lungau, 


524 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


Die Conglomerate im Wiener Becken bedecken die Lignit- 
Ablagerungen der Jaulingwiese !) und in der Umgebung und sind 
daher jünger als die Lignite und dürften gleichzeitig sein mit dem 
oberen Sande. Den Conglomeraten des Wiener Beckens entsprechen 
die des Lavantthales, des Ennsthales und die im Becken von Lungau. 

Der Schotter des offenen Meeres und der der Randgebilde in 
und um die Alpen sind gleichzeitig. 

Der Süsswasserkalk ist das jüngste Glied der Tertiär-Formation. 


B. Niveauverhältnisse des neogenen Meeres. 


Auffallend ist die Aufeinanderfolge der Ablagerungen des offenen 
Meeres, dass zu unterst die Tegelbildung, darauf Sand und zuletzt 
die Schotterbildung folgte. Im Tegel sind Schotter- und Sand-Ablage- 
rungen nur selten, und dies gewöhnlich in einer untergeordneten 
Weise vorhanden. Eben so herrscht der Sand in der Sandbildung 
vor und im Schotter trifft man nur selten dünne Lagen von grobem 
Sande. Die Ursache dieser Erscheinung kann man nur in den Meeren 
suchen, aus denen sie abgelagert wurden. In der gegenwärtigen 
Periode bildet sich unter unseren Augen an ruhigen und an sumpfigen 
Stellen Schlamm; bewegteres Wasser ist im Stande gröbere Theile 
mit sich fortzuführen; zur Bildung von gröberem Gerölle ist eine 
Bewegung nothwendig und nur starke Strömungen können das 
Gerölle fortbewegen und horizontal ablagern. Eine mächtige Schichte 
von Schlamnı erfordert eine lange Zeit der Ruhe an dem Orte, an _ 
welchem sie sich ablagerte; eine mächtige Schichte von ausschliess- 
lich vorherrschendem Sande erfordert eine gleichmässige andauernde 
Bewegung des Wassers, aus dem sie sich absetzte; eine mächtige 
Schichte von groben Geröllen erfordert eine gleichmässig andauernde 
starke Strömung. Da aber diese Schichten von Tegel, Sand und 
Schotter in dem ganzen Gebiete der tertiären Ablagerung allgemein 
verbreitet sind, so erfordern sie auch, dass die sie bedingenden 
Verhältnisse an allen Orten des tertiären Meeres geherrscht haben; 
folglich haben wir in den tertiären Meeren eine Epoche der 
Ruhe, eine der Bewegung und eine der Strömung. 

In den Alpen, z.B. im Becken von Lungau, nehmen die sandigen 
Mergel und Tegel nur die tiefsten Stellen des Beckens ein und ihre 


1) Zepharovich, Jahrb. der k.k. geolog. Reichsanstalt, IV, 712. 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 525 


- horizontale Verbreitung ist auch nur sehr gering. Mehr verbreitet 
sind die Conglomerat- und Sandstein-Schichten, sie nehmen etwas 
höhere Partien des Beckens ein und man findet häufig die Conglo- 
merate unmittelbar am Gneissgebirge ohne Zwischenlage von Mergel 
oder Tegel aufgelagert. Endlich findet man den Schotter, der 
die Conglomerate, Tegel und Mergel gemeinschaftlich überlagert, 
auch dem krystallinischen Gebirge unmittelbar aufgelagert. Seine 
Verbreitung ist ausserordentlich und bedeutend grösser als die 
der Conglomerate, Mergel und Tegel, und die Höhe bis zu welcher 
er sich hinauf zieht, übersteigt das Nivean der Mergel und Conglo- 
merate um 1000". 

Ganz dasselbe sieht man im Becken des Ennsthales. Die Mergel 
und Sandsteine, ferner die Tegel mit Braunkohlen nehmen nur die 
tiefsten Stellen des Beckens ein, die Conglomerate am Grimming 
steigen um 500’ höher, und den Schotter findet man bis zu einer 
Meereshöhe von 3600’. Es folgt daraus, dass der Schotter unter 
einem viel höheren Niveau des Wassers abgelagert werden musste, 
als die Conglomerat-Mergel und Tegel. Denn nähme man einen 
gleich hohen Wasserstand für die Bildung der Tegel, Mergel und 
Schotter an, so müsste man die Mergel gleichmässig, wie im Wiener 
Becken es der Fall ist, überall und allgemein verbreitet finden, an 
allen Stellen, wo der Schotter abgelagert, was aber nicht der Fall 
ist. Daher haben wir für die drei Bildungen des neogenen Meeres 
drei verschiedene Wasserstände anzunehmen. Combinirt 
man diese Folgerungen mit den vorangehenden, so hat man zu 
Anfang der neogenen Ablagerungen ein ruhiges nicht sehr 
tiefes Meer, späterhin einbewegtes Meer mit einem höheren 
Wasserstande, und endlich ein stürmisches, strömendes 
Meer, mit dem höchsten Wasserstande. 

Wir haben ferner gesehen, dass die Korallenbänke des tertiären 
Meeres, der Leithakalk nämlich, 900’ an Mächtigkeit besitzen. Dies 
eben gibt den Fingerzeig, da die Korallen in einer Tiefe von 900’ 
unter der Meeres-Oberfläche nicht leben können, dass entweder 
allmähliche oder von Zeit zu Zeit auf einander folgende Senkungen des 
Bodens im tertiären Meere stattfinden mussten. Folglich ist es wahr- 
scheinlich, dass die drei im obigen nachgewiesenen auf einander 
folgenden Wasserstände als Folge von drei auf einander folgenden 
Senkungen des Bodens zu betrachten sind. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl, XVI. Bd. II. Hft. 34 


526 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


Die Leithakalke entsprechen als Äquivalente nur der Tegel- 
bildung, sowohl der unteren als der oberen. Es lässt sich daher 
vermittelst des Leithakalkes das Sinken des Bodens nur während der 
Tegelbildung nachweisen. Man weis aber dass die Conglomerate 
zwischen Vöslau, Pottenstein und Wöllersdorf die Lignitablagerun- 
gen dieser Gegend bedecken. Der Tegel mit den Ligniten lagert 
aber unmittelbar auf dem Dolomit und nicht auf Conglomeraten einer 
vorangehenden Bildung, so folgt daraus, dass nach der Abla- 
gerung der Lignite erst und nicht früher ein höheres 
Niveau des Meeres zu herrschen anfing, welches an den Kalkwänden 
dieser Gegenden anprallen, sie zum Theile zerstören und das Con- 
glomerat bilden konnte. Dass aber das Niveau der Conglomerate mit 
dem des Schotters in den Alpen nicht gleich war, lässt sich dadurch 
nachweisen, dass, da der Schotter viel höher steigt als die Conglome- 
rate, auch der ihm entsprechende Wasserspiegel höher stehen musste, 
mithin wären alle die Wände, die das Material zur Conglomerat- 
bildung lieferten, tief unter die Grenze der Ebbe und Fluth zu liegen _ 
gekommen oder die Bildung der Conglomerate wäre eine unmögliche 
gewesen. 

Die verschiedene Mächtigkeit der drei verschiedenen Ab- 
lagerungen der Neogen-Formation spricht dafür, dass die Zeiten 
der Dauer der drei verschiedenen auf einander folgenden Niveaus 
verschieden waren. Die kürzeste Epoche war die des letzten höchsten 
Wasserstandes, in welcher sich der Schotter ausserhalb und in den 
Alpen bilden konnte. Eben so lange oder länger dauerte die Epoche 
der Sand- und Conglomerat-Bildung; die längste war die Epoche der 
Tegelbildung. | | 

Auffallend ist der Unterschied zwischen der oberen und unteren 
Tegelbildung, in dem die letztere eine rein marine Bildung ist, - 
während der obere Tegel mehr brakischen und süssen Gewässern 
seine Entstehung verdankt. Gewiss ist es, dass der obere Süsswasser- 
Tegel mit einer marinen Bildung, dem jüngeren Leithakalk, in einem 
und demselben Becken gleichzeitig gebildet ist. Folglich lässt sich 
nieht annehmen, dass das Wasser des tertiären Meeres zur Zeit der 
Ablagerung des oberen Tegels in allen seinen Theilen brakisch oder 
gar süss war, es ist vielmehr wahrscheinlich, dass sich grössere 
Süsswasser-Ströme in das Meer des oberen Tegels ergossen, und 
den marinen Charakter desselben stellenweise zum Theil oder ganz 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 92% 


verändert haben. Für die Annahme von Süsswasser- Strömen zur 
wesentlichen Veränderung des Charakters der oberen Tegelbildung 
spricht insbesondere die Ablagerung des Lignits. 

Auffallend ist jedenfalls der Mangel an Congerien-Schichten und 
Leithakalken im oberen Donau-Becken und dieser Umstand, wenn er 
richtig zu deuten ist, kann zur Erklärung der Süsswasser - Epoche 
in der Tegelbildung dienen. Der Mangel an Leithakalk an Korallen- 
bänken im tertiären Meere des oberen Donau-Beckens lässt sich nur 
dadurch erklären, dass hier die nothwendige Bedingniss, das Sinken 
des Bodens nicht stattfand ; die Strömungen des offenen salzigen 
Meeres und steile Küsten waren während der unteren Tegelbildung 
gewiss vorhanden. 

Dadurch nun, dass der Boden des oberen Donau-Beckens dem 
Einsinken nicht unterworfen war, wurde dieses Becken bis zu einer 
gewissen Höhe mit den Ablagerungen des unteren Tegels ausgefüllt. 
Das immer und immer weniger werdende Meereswasser wurde end- 
lich durch die vielen kleinen Zuflüsse aus den umgehenden Gebirgen 
sanz süss. Das nunmehr süsse Wasser des oberen Donau-Beckens 
musste bei dem langsamen Sinken des Wiener Beckens in dieses 
letztere abfliessen. Dieses und das vom offenen Meere gleichzeitig 
zufliessende Salzwasser mögen den Zustand der Dinge hervor- 
gebracht haben, der zur Ablagerung des oberen Tegels und sei- 
nes Äquivalentes, des jüngeren Leithakalkes, nothwendig war. Für 
diese Erklärung spricht das häufige Auftreten der Congerien-Schich- 
ten zwischen Wien, Brunn und Bruck am Leithagebirge, gerade der 
Einsenkung zwischen dem Kahlenberge und Bisamberge gegenüber, wo 
die Communication zwischen dem Wiener Becken und dem oberen 
Donau-Becken schon zu dieser Zeit gewiss hergestellt war. Ganz 
analog ist das Vorkommen der Congerien bei Gaja, nördlich bei 
Göding, in Verbindung mit den Leithakalken, bei Nikolisburg und süd- 
lich. Nimmt man alle diese Thatsachen über das Auftreten des Con- 
gerien-Tegels zusammen, so muss man es eingestehen, dass sie zur 
Erklärung dieser Erscheinung nicht hinreichen und die Beantwortung 
dieser Frage daher noch fernerhin oflen bleiben muss. 


C, Niveau-Verhältnisse der Alpen zur Neogen-Zeit. 


Wir haben gesehen, dass die unteren Schichten im Becken des 
Lavantthales um 1000’ höher liegen, als die gleichzeitigen bei Baden. 
| 34* 


528 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


Es lässt sich kaum annehmen, dass sie beide in ihrer jetzigen Lage 
zur Zeit ihrer Ablagerungen sich befunden haben; denn der ihnen 
gemeinschaftliche Wasserspiegel müsste wenigstens 1200’ über den 
Schichten bei Baden und 1000’ über den Leithakalken gestanden 
haben. Daraus folgt, dass die Ablagerungen des Lavantthales gehoben 
worden, d. h. die Terrainsverhältnisse der Alpen der Jetztzeit sind 
ganz verschieden von denen der tertiären Periode. Es haben, wie wir 
schon Thatsachen mitzutheilen Gelegenheit hatten, seit der tertiären 
Periode bedeutende Hebungen in den Alpen stattgefunden. 

Wir müssen daher von den nach -tertiären Hebungen abstra- 
-hiren und denken uns das Becken des Lavantthales gleich hoch mit 
dem Wiener Becken und der steierischen Bucht gestellt; theils 
über Marburg, St. Lorenzen und Hohenmauthen (südlich an der 
Makenberger Spalte), theils über Windischgratz und Lavamünd mit 
dem offenen Meere des ungrischen Beckens in Verbindung. Die 
Höhen Glockner und Venediger mögen 10.000’ über der damaligen 
Meeresfläche sich erhoben haben. 

Es fragt sich nun, wie weit reichte das Meer der Tegelbildung 
in die Alpen? 

Da wir im Becken des Lavantthales mitten in den Alpen wirkliche 
Meeres-Versteinerungen finden, so ist es einerseits gewiss, dass hier 
ein salziges Meer herrschen musste; anderseits beweist dieser Um- 
stand, da sich an anderen Stellen der Alpen bis jetzt keine marinen 
Versteinerungen vorfanden, wo sie sich eben so gut wie im Lavant- 
thale entwickeln konnten, dass das salzige tertiäre Meer der Tegel- 
bildung in die übrigen Theile der Alpen nicht hineinreichte. Was 
daher mit dieser Bildung des unteren Tegels in den übrigen Theilen 
der Alpen gleichzeitig abgelagert worden war, verdankt seine Ent- 
stehung nur süssen Gewässern einzelner nicht zusammenhängender 
Becken. Für diese Annahme spricht auch die Lagerung der einzelnen 
Braunkohlen - Mulden im Gebiete der nordöstlichen Alpen, da sich 
keine gemeinschaftliche Reihenfolge der Schichten für alle zusammen 
aufsteilen lässt, und es scheint, dass sich die Schichten in jeder ein- 
zelnen Mulde ganz unabhängig von den andern abgelagert haben. 

Das Einsinken des Bodens im Wiener Becken pflanzte sich 
durch die Einsenkung der Mur und Mürz bis in das Judenburger 
Becken fort, so dass endlich das salzige Wasser des Lavantthales 
das Torflager von Fohnsdorf überschwemmen und mit neueren dem 


> 5 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 529 


oberen Tegel parallelen Ablagerungen überdecken und die zur 
Existenz der Congerien nothwendigen Bedingnisse herzustellen ver- 
mochte. In diese Zeit sind die Lignit-Ablagerungen wie auch wahr- 
scheinlich die erste Überschwemmung des Beckens von Klagenfurt 
zu versetzen. 

Zur Zeit des höheren Niveaus des Meeres, unter welchem in 
offenem Meere die Ablagerung des Sandes erfolgte, mussten sich die 
Alpen im betrachteten Gebiete um ein beträchtliches senken; 
dadurch war dasMeer gezwungen, sich in das Innere der Alpenthäler 
tiefer hinein zu ziehen, als dies bis dahin der Fall war, dieselben 
auszufüllen und darin die Ablagerungen der Conglomerate und grober 
Sandsteine, wie im Ennsthale, bei Leoben, Judenburg, Ob-Wölz, in 
Lungau und südlich von Klagenfurt, abzulagern. Zu dieser Zeit 
möge der Glockner und Venediger 8— 9000’ über der damaligen 
Meeresfläche sich erhoben haben. 

Nach der Ablagerung des Sandes folgte eine abermalige Sen- 
kung der nordöstlichen Alpen. 

Es war dem Meere gestattet, in alle einzelnen Thäler der Alpen 
vorzudringen und in den jetzigen Alpengegenden eine Inselwelt zu 
bilden, die nur mit dem jetzigen Norwegen eine Ähnlichkeit besitzt. 
Die Höhen Glockner und Venediger mochten 6000 — 6500’ Meeres- 
höhe besitzen. Diesem Niveau des tertiären Meeres haben die Schot- 
ter-Ablagerungen , deren Verbreitung !) wir bis in die innersten 
Thäler der Alpen verfolgten, ihre Entstehung zu verdanken. 

Dass der Schotter nicht aus grossen Flüssen abgelagert wurde, 
lässt sieh mit Sicherheit nachweisen. Vor Allem müssen hier die Vor- 
kommnisse des Schotters auf Wasserscheiden hervorgehoben werden. 
Auf dem Iselberge, der Wasserscheide zwischen der Drau und Möll 
östlich von Lienz, ist der Schotter in 3684 Meereshöhe abgelagert. 
Lienz liegt 2057 hoch im Drauthale, und die Möllbrücke nördlich 
von Lainach 2466’ hoch über dem Meere. Folglich musste der Fluss, 
welcher den Schotter des Iselsberges abgelagert hatte, im Drauthale 
wenigstens 1627 und im Möllthale wenigstens 1218 tief gewesen 
sein, wenn man die später erfolgte Ausfüllung des Thales gar nicht 
in Rechnung zieht. Lässt man dieses noch als möglich zu, so wird 
man einsehen, dass der 1218 tiefe Möllfluss auch zur Zeit der 


1) Seite 516, 517, 518. 


530 Stu r. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


Schotter-Ablagerung nur aus dem jetzigen Wassergebiete des oberen 
Möllthales sein Wasser besitzen konnte, und es lässt sich kaum 
annehmen, dass zu dieser Zeit dieselbe Gegend 1000mal mehr 
Wasser liefern konnte, als sie es jetzt im Stande ist. Dass hier 
nirgends Thalsperren zur Bildung von einzelnen Seen Gelegenheit 
geben konnten, ist klar, indem man im ganzen Verlaufe der Drau 2B 
von Silian bis Klagenfurt keine Spur von einer solchen findet. Und 
dort wo sie wirklich vorhanden waren, wie zum Beispiel in Lungau, 
an der Stelle der Spalte südlich von Tamsweg, liegen die Schotter 
hoch oben über der Thalsperre und überschreiten dieselbe. Ganz das 
letztere ist der Fall an der Drau zwischen Lavamünd und Marburg. 

Und wenn man diese Beobachtungen alle als zu wenig Geltung 
besitzend verwerfen würde, so sind doch noch wichtigere vorhan- 
den, deren Beiseitelegung wohl nicht angeht. Das Wasser des Möll- 
flusses musste mit dem des Drauflusses zur Zeit der Schotter- 
Ablagerung in Communication stehen, weil nicht nur die Wasser- 
scheide selbst, sondern auch höher gelegene Punkte am Iselberge 
mit demselben Schotter bedeckt sind. Eben so musste der grosse 
tertiäre Fluss des Gailthales mit dem des oberen Drauthales ecommu- 
nieiren, weil man auf der Wasserscheide zwischen dem Gailthale und 
der Drau westlich von Tilliach 142’ hoch über dem tiefsten Punkte 
der Wasserscheide noch die Schotter-Ablagerungen findet. Ebenso 
musste der Fluss des Tefferecken-Thales mit dem Fluss von Artholz, 
der Salza-Fluss mit dem im Zillerthale und dem im Ennsthale, der 
des Ennsthales mit dem des Windisch-Garstner Thales und mit dem 
des Murthales, der Mur-Fluss mit dem Drauflusse, und dieser mit 
dem offenen Meere, zur Zeit der Ablagerung des Schotters im 
Zusammenhange gewesen sein, indem man in allen diesen Gegenden 
gerade auf den Wasserscheiden die Schotter-Ablagerungen findet. 
Aber ein solches Flusssystem, wo die Spiegel aller Flüsse einen und 
denselben Spiegel bilden, kann nur ein allgemein verbreiteter See 
gewesen sein. 

Nach kurzer Dauer der Ablagerung des Schotters aus diesem 
Meere folgte endlich die letzte Hebung der Alpen und des sie um- 
gebenden Continentes, nach welcher die Alpen ihre jetzige Höhe 
und Gestalt erhielten. 

Die Grösse der Senkungen und der letzten Hebung der Alpen 
und des sie umgebenden Continentes zu berechnen ist eine Unmög- 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 31 


lichkeit. Hätte man es blos mit einer Continental-Hebung und Sen- 
kung zu thun, so wäre die Aufgabe möglich. Wir haben aber gezeigt, 
dass während das Klagenfurter Becken, das blos mit den jüngeren 
Ablagerungen ausgefüllt ist, nahezu gleich hoch liegt mit dem 
Wiener Becken: das dazwischen gelegene mit dem Wiener Becken 
gleich alte Becken des Lavantthales über beiden nahezu um 1000 
Fuss höher gehoben ist. Das Becken des oberen Lavantthales, 
in welchem man dieselben Ablagerungen findet, wie im unteren, 
liegt um 5—600’ höher über dem letzteren. Das heisst: die Grösse 
der letzten Hebung der Alpen ist an verschiedenen Orten eine 
verschiedene. 
Wenn man die Vorkommnisse der Schotter-Ablagerungen im 
Innern der Alpen in Bezug auf ihre jetzige Meereshöhe mit ein- 
ander vergleicht, so gelangt man zu demselben Resultate. Fasst man 
‚aber insbesondere nur solehe Punkte ins Auge, die in den verschiede- 
nen Gegenden die höchsten Vorkommnisse des Schotters darstellen, 
so gewinnt man die Überzeugung, dass die Grösse der Hebung der 
Alpen in dem Verhältnisse wächst, als man sie von den Rändern der 
Alpen in das Innere derselben, und von Ost gegen West verfolgt. 
Um einen beiläufigen Werth für die Senkungen und die Hebung 
angeben zu können, glaube ich die Verhältnisse im Ennsthale als nor- 
mal annehmen zu können; indem hier die Verschiedenheiten in der 
Grösse der letzten Hebung nur sehr gering zu sein scheinen. Darnach 
würde die Grösse der ersten Senkung (nach der Ablagerung des 
Tegels) 500’ und die der zweiten Senkung (nach der Ablagerung 
des Sandes, der Sandsteine und Conglomerate) 1000’ und die der 
letzten Hebung der Alpen (nach der Ablagerung des Schotters in und 
um die Alpen) 3600’ betragen. Mit Bestimmtheit lässt sich sagen, 
dass der Glockner zur Zeit der Ablagerung des Schotters bis zu der 
jetzigen Meereshöhe von 5300—5400’ vom Merre bedeckt war, 
also 6500’ Meereshöhe besass; was als beiläufiger Massstab für die 
Beurtheilung der Höhen des übrigen festen Landes dieser Epoche 
dienen mag. | 


- D. Die Folgen der zwei Senkungen und der letzten Hebung. 


Schon in der ersten Epoche der neogenen Formation zur Zeit 
der Tegel-Ablagerung scheint das langsame Sinken des Bodens end- 
lich die gänzliche Veränderung der Fauna hervorgerufen zu haben. Eine 


532 Stur. Über die Ablagerungen desNeogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


Senkung deren Werth wir auf 500’ angegeben haben, musste jeden- 
falls noch grössere Veränderungen hervorbringen. Man findet in der 
That in dem oberen Sande keine Spur mehr von den vielen Meeres- 
thieren, die dietertiären Becken zur Zeit der Tegel-Ablagerung bewohn- 
ten; man-findet nur in den untersten Schichten desselben Überreste 
von Säugethieren, die ihren Untergang eben dem plötzlich veränder- 
ten Meeres-Niveau zu verdanken haben. Die durch die plötzliche 
Einsenkung des Bodens der Alpen entstandene Tiefe musste vom Meere 
_ ausgefüllt werden und es mussten Bewegungen des Meeres entstehen, 
die aus der Ferne den feineren Sand mitführen und ihn nach ent- 
standenemGleichgewichte ablagern konnten. Die lebhaftere Bewegung 
des Meeres und das erhöhte Niveau desselben konnten leicht die 
Ablagerung der Conglomerate ausserhalb und innerhalb der Alpen 
bewirken. Auch die üppigeFloraan den Rändern desMeeres wurde bis 
zu eine Höhe, wohin das Meer reichen konnte, zerstört und wir finden 
in den groben Sandsteinen der Conglomerate im Ennsthale und im 
Becken von Lungau die Blattabdrücke und verkohlte Stücke derselben. 
Die zweiteEinsenkung, deren Grösse wir muthmasslich auf 1000’ 
angegeben haben, musste noch viel schrecklichere Folgen nach sich 
ziehen. Man kann sich leicht vorstellen, mit welcher Gewalt die Was- 
sermassen des tertiären Meeres in die entstandenen 1000’ messende 
Vertiefung hinein stürzten und dass sie die Thäler der Alpen in ihre 
innersten Winkelausfüllten. Auf diesem Wege wühlten sie die tertiären 
Ablagerungen insbesondere den Sand auf, und bildeten in den Alpen 
den ersten Anfang zur Schotter-Ablagerung. Um das Gleichgewicht 
herzustellen, entstanden starke Strömungen in allen benachbarten und 
entfernteren tertiären Meeren. Diese Strömungen wälzten Massen 
von abgelösten Gebirgsgesteinen ihrer Gegenden mit sich, rollten 
dieselben ab und führten sie, die Fremdlinge ?), in das betrachtete 
Gebiet, füllten damit alle entstandenen Vertiefungen aus und lagerten 
dieselben, gleich einer, die älteren neogenen Ablagerungen überla- 
gernden Decke, ohne aller Schichtung ab. Alle die üppige Vegetation, 
dessen Überreste Professor Unger in der Parschluger Ablagerung 
aufbewahrt fand, musste zu Grunde gehen, und es konnten sich nur 
Pflanzen, die in dem unbedeckten Theile des Glockners und des übri- 
gen Festlandes sich aufhielten, erhalten haben. 


1) J. Czjzek, Erläut. der k. k. geol. Reichsanstalt von Wien. Seite 18. 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 533 


Endlich kam die letzte Hebung, sie befreite die Alpen von dem 
sie umgebenden Wassermantel; die Spaltenbildung ist mit ihr Hand 
in Hand gegangen. Mit eben der Raschheit mussten die Gewässer 
abziehen, mit welcher sie in die Alpen eindrangen. Sie wühlten den 
Boden besonders an den Stellen, wo auch die tertiären Ablagerungen 
durch die Spaltenbildung aufgelockert waren, auf, und führten das 
Material mit sich, um es in anderen Gegenden als Diluvial-Schotter 
und Lehm abzulagern. Nun folgten aber auch die Entleerungen der 
Wassermassen, diein den verschiedenen Alpenthälern zurückgeblieben 
und mitgehoben worden waren. Aus einigen Becken, wo nämlich der . 
Ausgang durch die ungleichen Hebungen nicht versperrt worden war, 
konnten die Wassermassen zugleich mit dem grossen allgemeinen 
Zurückweichen des Meeres sich entleeren. Aus anderen Becken konnte 
dies langsamer nur durch die entstandenen Spalten erfolgen. Noch 
andere Becken mussten sich durch Erosion Bahn brechen !). Diese 
entweichenden Gewässer der alpinen Becken führten theils das auf- 
gewühlte Gerölle der Becken, theils die Bruchstücke, die durch Spren- 
gung der Spalten entstanden waren, lagerten sie, den jetzigen Wild- 
strömen gleich, in der Form von ausserordentlich niederen und ver- 
längerten, folglich horizontale Flächen bildenden Schuttkegeln”) in 
den durch das Entweichen der Gewässer des offenen Meeres entstan- 
denen und gewöhnlich an den Spalten einmündenden tieferen Rissen 
ganz eben ab. Nachdem die erste Wuth dieser Gewässer nachgelas- 
sen, konnte sich das nachfliessende Wasser in die Ablagerungsfläche 
der eben erst gebildeten Diluvial-Schuttkegel tiefer einfressen, das 
aufgewühlte Material des Schuttkegels weiter abwärts führen und so 
die Terrassenform dieser Ablagerung erzeugen. Durch manche Spalte 
und längs manchem Thale suchten die Gewässer mehrerer durch- 
gebrochenen Seen hinter einander ihren Ausweg und konnten ganz auf 
dieselbe Weise mehrere unter einander folgende Terrassen erzeugen. 

Der grossen Hebung der Alpen folgte die langsame Hebung des 
Sanzen Continentes. Während dieser Zeit mussten die Ablagerungen 
des Löss, der erratischen Blöcke und der Moränen erfolgen, in deren 
. nähere Auseinandersetzung hier nicht eingegangen werden kann, 
indem diese Gebilde über die ganzen Alpen verbreitet, im betrachteten 


1) Dr. Stur. Jahrb. d. k.k.geolog. Reichsanstalt, V, 851, Taf. VI, 
2) S. Seite 521—524. 


53% Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


Gebiete aber jedenfalls zu wenig entwickelt sind, als dass man die 
Erklärung nicht erst von einer allgemeinen, ihre ganze Verbreitung 
betrachtenden Arbeit erwarten sollte. 


E. Die alten Spaltenrichtungen. 


Wir haben im Früheren 1) über die nach-tertiären Spalten gespro- 
chen, deren Entstehung ausser Zweifel in die Zeit der letzten Hebung 
der Alpen zu versetzen ist. Die Richtungen, nach welchen sie vor- 
zugsweise entstanden sind, haben wir ebenfalls angegeben, als: 
W., N. 45° in W., und N. 45° in O. 

Aus der Stellung der Mergelschichten bei Tamsweg und im 
Ennsthale, gerade senkrecht auf die dortigen Spalten, liesse sich 
annehmen, dass die nach N. gerichteten Spalten zuerst entstanden 
waren und die Bildung der nach W. streichenden unmittelbar folgte. 

Diese Richtungen walten aber auch bei allen älteren Spalten 
der Alpen vor; nach ihnen haben einzig und allein die Formationen 
ihre Be&renzungen angenommen. So finden wir in der Einsenkung 
der Mur und Mürz die tertiären Gebilde abgelagert. Von West nach 
Ost läuft die Grenze zwischen den tertiären Ablagerungen und dem 
Wiener Sandstein im oberen Donäu-Becken. Gerade in W. schneidet 
der Wiener Sandstein am Alpenkalk ab; die Grenze zwischen dem 
Alpenkalk und der Grauwacke hat im Allgemeinen dieselbe Richtung 
und ist aus den Richtungen N. 45° in W, und N. 45° in O. zusammen- 
gesetzt. Dieselbe Beschaffenheit zeigt die Grenze zwischen der Grau- 
wacke und dem krystallinischen Gebirge. Ja die Längenaxen der 
Centralgneiss-Massen liegen ebenfalls in den Richtungen N. 45° W., 
und N. 45° in O. 

Fasst man alles dies zusammen, so scheint die ursprüngliche 
Kruste der Erde im Gebiete der Alpen schon nach den Richtungen 
W.,N. 45° in W., N,, N. 45° in O., in unregelmässige, aber nach 
diesen Richtungen begrenzte, tafelförmige Stücke zersprungen zu 
sein, und obwohl diese Sprünge immer wieder frisch ausgefüllt und 
ausgeglichen wurden, so hat sich doch jede folgende Erschütterung, 
Senkung oder Hebung der Alpen immer wieder an diesen Stellen 
und in diesen Richtungen am stärksten kundgegeben und bemerklich 
gemacht. Und nur in dieser Art sind auch die jüngsten Spalten der 
Alpen aufzufassen. 


1) $, Seite 527. 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 535 


"In Bezug auf das Alter der Entstehung der vielen tiefen Seen, 
die man in den Kalkalpen antrifft, kann ich nichts als einige Fragen 
aufstellen und die Beantwortung derselben sowohl als die Re 
dieser Erscheinung offen lassen. 

Ist die Entstehung dieser Seen gleichzeitig oder jünger als die 
der nach-tertiären Spalten der Alpen? 

Wenn ihre Bildung gleichzeitig ist, warum ist der Traunsee 
nicht von dem Diluvium, welches aus den Gegenden von Hallstatt, 
Aussee, Gosau und Ischl gerade die Richtung über den Traunsee 
einschlagen musste, um auf die Welser Haide zu gelangen, warum 


. frage ich, ist der Traunsee von demselben nicht ausgefüllt worden? 


Oder ist der Traunsee als die Mündung eines unterirdischen 
Canals zu betrachten, durch welchen sich die Gewässer benach- 
barter abgesperrter, tertiärer Wasserbecken entleerten, die Ausfüllung 
des Sees verhinderten und die Beförderung des Materials zur Bildung 
von Diluvial-Ablagerungen der Welser Haide vermittelten ? 


F, Die Entwiekelungsgeschichte der betrachteten Gebilde im ‚Gebiete 
der niederösterreichischen Alpen. 


Nachdem eine mechanisch zerstörende Kraft von ungeheuerer 
Wirkung nach der Ablagerung der Kreide und der eocenen Gebilde ?) 
die bisher nur wenig gestörte Ordnung der Dinge, die regelmässige 
Übereinanderfolge der älteren Formationen durch einander geworfen, 
das Jüngste unter das Älteste gelagert, kurz, die ‚fächerförmige 
Stellung der Schichten und die Querthäler der Alpen erzeugt hatte 
— nach dieser grossartigen Umwälzung — folgte die Ablagerung der 
tertiären Gebilde in und um die Alpen. 

Dieübereinander geworfenen und hoch emporgeschobenen Massen 
der so gänzlich veränderten Alpen fingen an langsam zu versinken. 
Ein subtropisches Klima gestattete einer üppigen Vegetation ein 
schnelles Gedeihen. In den abgesperrten Vertiefungen in den Alpen 
sammelten sich die süssen Gewässer der Umgegend und gaben Gele- 
genheit zur Bildung von Ablagerungen, die, die untersten Schichten 
ausgenommen, einen ganz ruhigen Charakter an sich tragen. Es lager- 
ten sich mergelige, lehmige und sandige Schichten ab, wurden in 
ihrer Bildung durch das Auftreten und schnelle Gedeihen der Torf- 


1) Dr. Stur, Jahrb. d. k.k. geolog. Reichsanstalt, V, 851, Taf. VI, 


536 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


pflanzen auf kurze Zeit aufgehalten, oder ersetzte auch die Torfbil- 
dung der Ablagerung anderer Schichten ganz. Die abgefallenen Blätter 
und Früchte der am Rande dieser Süsswasser-Seen lebenden Pflanzen 
und die Thiere sowohl des süssen Wassers, als auch der Umgegend 
wurden durch Winde und angeschwollene Bäche in das Gebiet der 
Süsswasser - Becken gebracht und in ihre Ablagerungen begraben. 
Während dieser Zeit waren die Alpen an ihren Rändern von salzigen 
Gewässern des neogenen Meeres umgeben. Nur in das Lavantthal 
konnte das Meer tiefer in die Alpen hineinreichen, und dort wie auch 
um die Alpen herum seine Ablagerungen bilden. Es erfolgte die Abla- 
gerung des unteren Tegels ganz ruhig. Hin und wieder an den Rän- 
dern und unruhigeren Stellen wurde der Tegel durch Sand ersetzt; 
doch waltete immer wieder die Bildung des Tegels vor. Bald traten 
die Korallen an den vom offenen Meere umgebenen Rändern des 
Wiener Beckens und der steierischen Bucht auf und bauten die Bänke 

des Leithakalkes. Schon während den ersten Ablagerungen des Tegels 
fanden Braunkohlen-Ablagerungen im Lavantthale Statt, und späterhin 
bei Thallern, so wie auch die seichten Ränder des Meeres, wo die 
einmündenden Flüsse den salzigen Charakter leicht mindern oder 
auch gänzlich aufheben konnten, zur Bildung der Torflager, wie bei 
Leiding, Schauerleithen, Eibiswald u.s. w., geeignet waren. Endlich 
war die Ausfüllung der Becken so weit gediehen, dass nur mehr ein 
seichtes Meer herrschte und durch den Zufluss aus den benach- 
barten Ländern beinahe ganz süss geworden war. Die fortwährend 
langsame Senkung des ungrischen und Wiener Beckens machte 
einerseits das Eindringen des süssen Wasserstromes aus dem oberen 
Donau- und angrenzenden Becken einerseits, als auch das Eintreten 
des salzigen Wassers des offenen Meeres in diese beiden Becken 
möglich und verursachte auf diese Weise einen Zustand, der für die Ent- 
wickelung der Congerien nothwendig war. Die dadurch verursachte 
Strömung konnte das Treibholz mit sich führen und an ruhigeren 
Stellen zusammenschwemmen, während die Bäche und Flüsse das 
Treibholz entweder den Strömungen zur weiteren Beförderung lie- 
ferten, oder dasselbe an seichten Rändern oder in einzelnen kleinen 
abgeschlossenen Becken ablagerten. So wie die Flüsse wieder an- 
schwellen konnten, lieferten sie abermals Treibholz und förderten die 
schiehtenweise auf einander folgende Ablagerung des Materials zur 
Bildung der Lignitflötze. Dort wo die Strömmungen stärker waren, 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 37 


wurden die Lignite in einem dem Congerien-Tegel gleich alten Sande 
abgelagert. Durch die immerwährende Einsenkung des Bodens des 
Wiener Beckens begünstigt, bauten auch während der Ablagerung 
des oberen Tegels die Korallen ihre Bänke fort. Die langsame Sen- 
kung des Wiener Beckens setzte sich durch die Einsenkung der Mur . 
und Mürz bis in das Judenburger Becken fort, so dass dieses auch, in 
welchem bis jetzt vorzugsweise eine ausgedehnte Torf-Ablagerung 
herrschte, von dem Meere des oberen Tegels überschwemmt werden 
konnte. In dieser Zeit scheint auch das Klagenfurter Becken zuerst 
überschwemmt worden zu sein, so dass hier die Ablagerung der Lignite 
beginnen konnte. In den übrigen abgesperrten Seen wurden mergelige 
und lehmige Schichten aus rein süssen Wässern abgelagert. 

Nun erfolgte eine Senkung der Alpen und der sie umgebenden 
Länder; ihre Grösse mag beiläufig 500’, an vielen Stellen besonders 
im Innern der Alpen aber bedeutend mehr betragen haben. Im offe- 
nen Meere erfolgte die Ablagerung von vorherrschendem Sand, an 
den Rändern des Meeres von Conglomeraten; im Innern der Alpen 
wechselte die Bildung von Sand- und Conglomerat-Schichten ab. Die 
vielen Meeres- und Süsswasser-Bewohner starben unter dem hohen 
Niveau des neuen Meeres ab. Die Korallen mussten ebenfalls abster- 
ben. Die in die plötzlich ansteigenden Fluthen gerathenen Landes- 
bewohner mussten ebenfalls ihre Existenz einbüssen und wir finden 
in den untersten Schichten des Sandes ihre Überreste. 

Und kaum dass die Zeichen dieser ersten Verwüstung verwischt 
waren, erfolgte abermals eine weit mächtigere Senkung der Alpen und 
ihrer Umgebung. Mit grosser Wuth stürzten die angrenzenden Fluthen 
in dasInnere der Alpen und füllten die einzelnen Thäler aus. Eben so 
eilten in starken Strömungen die Gewässer der angrenzenden Meere 
herbei, das Gleichgewicht herzustellen. Diesen ausserordentlichen 
Bewegungen des Meeres verdankt der Schotter des offenen Meeres 
sein Material, welches meist aus entfernteren Gegenden herzurühren 
scheint, wie auch die Schotter -Ablagerungen im Innern der Alpen 
diesem ersten Eindringen der Fluthen hauptsächlich ihre Entstehung 
verdanken. Die ganze üppige Vegetation der unteren subtropischen 
Region wurde vernichtet, und nur die in den höheren temperirten Regio- 
nen herrschende, unserer jetzigen Ebenen-Flora — wahrscheinlich — 
gleichende, konnte auf dem Festlande dieser Epoche erhalten bleiben. 
Eben so gingen auch die Landthiere der tertiären Periode zu Grunde, 


538 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium 


Endlich wollten die Alpen wieder in ihrer Pracht erscheinen ; 
eine, die letzte, Hebung der Alpen erfolgte, gab ihnen ihre jetzige 
Form und befreite sie von dem sie bedeckenden Wassermantel. 
Schnell, wie es gekommen war, entfernte sich das Meer von den Alpen; 
. die im Innern der Alpen befindlichen Becken entleeren sich ihrer 
Wassermassen, theils durch schon längst offene, theils durch eben erst 
gesprengte Öffnungen und erzeugten die Diluvial-Terrassen, die sich 
in den eben — theils durch die Erschütterung der Alpen, theils durch 
die Auswaschungen der abziehenden Meere — entstandenen Vertie- 
fungen ablagern konnten. 

Hierauf erfolgte die Ablagerung des Löss, der erratischen Blöcke 
und Moränen. Die üppige Vegetation war gänzlich vernichtet, und 
es fehlte auch das warme Klima, um die Entwickelung derselben zu- 
zulassen. Diejenige Vegetation, die von dem Niveau des Meeres der 
Schotter-Ablagerung nicht erreicht und zerstört worden war, die also 
einer höheren Region entsprach, als die eben zu Grunde gerichtete 
üppige subtropische konnte nur der jetzigen Vegetation unserer 
Länder entsprechen. Schnell verbreitete sich dieselbe von der Höhe, 
in welche sie durch die letzte Hebung der Alpen gebracht wurde, 
nach abwärts, so wie siean den Stellen, wo sie früher gedieh, jetzt in 
weit höhere Regionen gebracht und von dem rauhen, der Gletscher- 
bildung huldigenden Klima daran gehindert, in ihrer früheren Üppig- 
keit nicht fortkommen konnte, langsam verkrüppelte und so unsere 
jetzige Alpen-Flora schuf. Endlich wichen auch die Gletscher zurück 
und die Alpen und ihre Umgebung nahmen ihre jetzige Gestaltung 
an, um den Menschen aufzunehmen. 

Von der ältesten Periode bis zur erfolgten Ablagerung der eoce- 
nen Gebilde herab, fand in den Alpen und ihrer Umgebung ein Wach- 
sen des Continentes Statt. Dieses Wachsthum hatte eben durch die 
mechanisch zerstörende Kraft ihr Maximum an Höhe und Ausdehnung 
erreicht. Nun folgte während der neogenen Formation ein theils 
beständiges, theils rückweises Sinken und Verschwinden des Conti- 
nentes unter den Meeres-Fluthen, bis zur Ablagerung des Schotters. 
Dann folgte wieder das Entgegengesetzte: die letzte plötzliche 
Hebung der Alpen, begleitet von einer langsamen Erhebung und 
Erscheinung des Continentes während der Diluvial-Periode. Endlich 
kam der Mensch, um die letzten Spuren dieser langsamen Hebung 
zu beobachten. 


und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 539 


Diese Bewegungen des Continentes der Alpen liessen sich fol- 


gendermassen graphisch darstellen : 


so 


ID m 


1 | 234567 8 


. Wachsthum des Continentes von den ältesten Perioden bis zur 


Ablagerung des Eocen. 


. DieErhebung der Alpen durch die mechanisch zerstörende Kraft, 


dem Anfange der neogenen Ablagerungen. 


. Langsames Sinken der Alpen während der Ablagerung des 


Tegels. 


. Plötzliche Senkung vor der Ablagerung des Sandes. 

. Plötzliche Senkung vor der Ablagerung des Schotters. 

. Letzte Hebung der Alpen nach der Ablagerung des Schotters. 

. und 8. Langsames Wachsthum des Continentes während des 


Diluviums und der Jetztzeit. 


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540 | Oeltzen. 


Vortrag. 


Eigene Bewegungen von Fixsternen, abgeleitet aus der Ver- 
gleichung der Histoire celeste mit den Argelander’schen 
nördlichen Zonen. 

Von Wilhelm Oeltzen, 

Assistenten der k. k. Sternwarte zu Wien. 

Die bis jetzt bekannten eigenen Bewegungen der Fixsterne sind 
entweder zufällig aufgefunden, wenn Sternörter verschiedener Epo- 
chen behufs anderer Untersuchungen auf ein und dieselbe Lage der 
Fundamentalebenen zurückgeführt wurden, oder durch eine absicht- 
lich zu diesem Zwecke unternommene Vergleichung eines Fixstern- 
kataloges mit einem andern von entlegener Epoche. Vornehmlich 
sind dazu diejenigen Kataloge benützt, in denen jede einzelne Posi- 
tion das Resultat wiederholter Messungen ist, die daher im Allge- 
meinen eine grössere Genauigkeit darbieten, als die aus Zonen- 
Beobachtungen abgeleiteten, meist nur einmalige Bestimmungen ent- 
haltenden Kataloge. Dennoch ist zu erwarten, dass auch die Ver- 
gleichung zweier solcher Beobachtungsreihen die Liste der beweg- 
lichen Sterne vergrössern wird. In diesem Sinne habe ich versucht, 
die Beobachtungen der Histoire celeste frangaise mit den nördlichen 
Zonen-Beobachtungen von Argeland er zuvergleichen und zunächst 
alle diejenigen Sterne ausgewählt, welche sich ausserdem nicht weiter 
beobachtet finden. 

Die Reduction von 1800 auf 1842 ist nach den Formeln 

En + nn sin a tg © für Reetascension 
und 42n cos « für Deelination berechnet, wo «und ö für die Mitte der 
beiden Epochen gilt, und 
SR 20 894,19 2 —1:74943, Ig 42 — 2-92583 ist. 

Das nachfolgende Verzeichniss von etwa 1700 Sternen enthält 
die Grösse nach Argelander’s Angabe, dann die mit.den obigen 
Formeln auf 1842-0 redueirten Lala nde’schen Sternörter. Ferner 
die Differenzen, welche hervorgehen, wenn diese redueirten Örter 
von den Angaben des Argelander’schen Zonen-Kataloges subtrahirt 


. Sur 2 [8] 
Eigene Bewegungen von Fixsternen. 5Al 


werden und endlich die Numer des Lalande’schen Kataloges. Bei 
mehrfachen Beobachtungen desselben Sternes ist das Mittel aus 
allen genommen. 

Die als Unterschiede der beiden Kataloge zum Vorschein kom- 
menden Werthe sind als eigene Bewegung in dem Zeitraume von 
etwa +4 50 Jahren anzusehen, insofern man die Beobachtungen selbst 
und die Präcessionsconstanten als fehlerfrei voraussetzt. In den 
meisten Fällen grösserer Unterschiede wird es einer neueren Bestim- 
mung bedürfen, um das Vorhandensein einer Bewegung oder eines 
Fehlers zu constatiren. Einige der grösseren Bewegungen haben 
sich durch Bestimmungen am hiesigen Meridiankreise vollkommen 
bestätigt. 

Was die kleineren Unterschiede betrifft, so habe ich eine Anzahl 
von Declinationsdifferenzen mit Weglassung aller 10'0 übersteigen- 
den, als nur von den unvermeidlichen Beobachtungsfehlern herrührend, 
behandelt und aus der Summe der Quadrate die wahrscheinliche Dif- 
ferenz zwischen einer Lalande’schen und Argelander’schen 
Declination gefunden: 


aus 150 Sternen von 0" 0” bis 1? 19” = 0:6749 -_— — 2'468, 


a, re — 0119 />> — 2'591, 


a 1 „1 1Br = 06749 7° — 278398 

aus allen 450 Sternen = 2'657. | 

Der wahrscheinliche Unterschied ergibt sich aber auch aus der 
Combination der den beiden Beobachtungsreihen zugehörenden wahr- 
scheinlichen Fehler. 

Der wahrscheinliche Fehler einer Lalande’schen Deeclination 
ist von Lindhagen (Astron. Nachr., Bd. 28, S. 136) — 2'017 
gefunden, wobei 15'0 als Grenze genommen war, von Fedorenko 
(Positions moyennes etc. pag. XXIIL) mit der Grenze von 10'0 = 
1'917. Argelander gibt den wahrscheinlichen Fehler einer Decli- 
nation — 1'030 an. Mit dem Werthe 1'917 findet sich nun der 
wahrscheinliche Fehler eines Unterschiedes zwischen einerLalande’- 
schen und Argelander’schen Deelinatiion = V 1: 917: —+ 1:030? 
— 2'176, also entschieden kleiner, als die oben gefundenen Werthe, 
so dass diesen noch andere Ursachen zu Grunde liegen müssen als 
die reinen Beobachtungsfehler, 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. II. H£t. 35 


542 | Oeltzen. 


Gr. Lal. AR. 1842. Lal. Decl. 1842. A,a A& Lal. N0: 
ee Va en al —— ft m mt ee a 
770.08 502 45° 48' 49'2 + 0:87 a re 
8 0 1371 49 21 59-8 + 045 —...3»0, 47928 
9 1 30-49 61 A2 25-3 — 0:08 — 05 47367 
8 1 40-10 50 32 36-9 + 0:74 + 0:6 47370 
ri 2 13-99 N a + 0:77 2 
81 2 34-89 5017 587 + 0:26 ah 15 
74 2% 36-99 56 5 35-9 + 0:98 zuries 18 
7 3 29-16 56 23 33-3 — 0:54 — le 45 
71 4 27-1% 56 20 51-3 + 0:47 + a1 80 
7a 4 A486 67 17 39-8 ON) = ars 93 
71 4 49-35 614 9 450 + 1:05 — 0% 97 
8 5 8-54 67 10 49-7 — 0.45 + 2-8 112 
8 5 45-18 59 50 29-7 + 0:23 — 06 136 
8 6 4534 59 53 576 + 0:67 en 173 
7 7 3014 oO 7 20-0 + 0-61 + 01 199 
8 8 41-59 56 1 579 + 0-13 er) 233 
8 8 53-47 34 6 89 + 0411 +.,2%-7 239 
7 9 49-69 5 20: 11-7 + 0:52 + 0% 273 
8 9 50-25 531 32 18-5 + 0:43 —.68 2374 
71 9 59-48 61 19 31-9 — 0:07 —_ 2.085 277 
8 10 10-76 67 37 16-0 — 0:38 eo 284 
71 10 13-66 52.2 590 + 0:72 a aß 287 
8 10 18:90 67 32 39-9 — 0:80 N 289 
8 10 33-85 51 17 49-2 — 0:09 no) 302 
7 10 A404 58 49 44:6 + 0:34 en 307 
81 11 26-20 49 523 24-8 + 0:89 NN. 326 
7 11 36-99 67 353 112 — 019 — 44 3323 
9 11 53-85 49 AT 377 + 11% + 0:8 384 
7 12 33-55 415 36 31°6 0 + 00 370 
9 12 37-49 43 38 50-6 — 0:05 er 371 
81 13 1071 415 26 39-3 + 044 ce 394 
8 13 19-52 57 5 33-5 + 0:86 — 6:9 398 
61 14 45-18 59 21 33-5 2:82 00.58 806 422 
7 15 19-20 oO 5 242 0:84 I 437 
81 15 22-58 69 5 39-9 022 — 09 438 
7 15 38-83 59 34 35-7 ln ne bir 450 
7 15 42:65 52 56 56-9 + 1:05 — he 456 
81 17 2114 438 46 A8-4 + 0:20 + ..3-3 511 
7 17 31-68 54 36 52-2 + 0:65 LEADER 517 
81 17 AA BA 48 30 52-0 + 0:26 RT | 528 
8 18 27-43 59 47 321 + 0:85 1 550 
8 19 28-39 534 22 15-6 + 0:26 SUNNER 586 
8 20 0:52 416 531 86 + 0:55 RN | 607 
9 20 59-19 532 °9 49-7 le) — 21:3 7,2608 
71 21 7-38 66 9 2364:  —06 — 55 640 
81 21 41-08 25 A 43-8 + 0:07 ul mi 659 
7 21 51:76 68 5 15 12-04 — 1909 660 
71 2 19 56 11 4-8 RT — 49 667 
8 22 13:74 46 39 31-8 + 0-06 +06 678 
8 22 21-45 56 29 31-1 — 0:34 ne 684 
71 23 18-80 a7 + 0-10 a 726 
81 25 54-95 50 34 44-6 + 0:94 + 1-6 823 ° 
81 25 58-58 68 31 54-5 + 0:46 de 818 
8i 26 23-62 55 412 492-3 + 2-36 nahe) 832 
7a al 50 58 25-8 + 1:06 le 834? 


Gr. Lal. AR. 1842. 
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Lal. Deel. 1842. 
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Eigene Bewegungen von Fixsternen. 


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Gr. Lal. AR. 1842. Lal. Deel. 1842. 


Aa A6 Lal. N% 
De eV oh | — u nt N nt 
za 00 23:85 63° 19' 53°8 + 1:12 + :10°2 1996 
9 0 3990 510110238 + 0:97 — 1% 2010 
7 1.1570 50 10 10°A + 048 — 1% 2042 
8 1 20.25 48 26 25°7 + 1:04 + 25 2048 
8 1 22:84 b5 55 55°8 — 016 — 11 2045 
) 1 32.99 46 31 3% + 0:31 — 36 2055 
7 2 246 45 20 32°8 + 073 — 31 2072 
a 2 23:25 48 A6 56-0 + 0-48 — 24 2079 
Si 2 3414 61 2 35-8 + 0:28 + 08 2081 
9 2 37'02 60 56 66 + 0:70 — 60 2083 
ri 3..9:8 60 51 47-9 +10°57 + 6% 2110 
8 3.3354 56 44 543 — 015 — 31 2125 
8 4 A601 60 6 10-3 + 1:08 — 50 2155 
7 6 244 61 4A 220 — 0:83 — 1:7 2194 
81 6 19-21 46 17 30-2 + 0:79 + 15 2206 
8 6 39-52 54 26 25-4 — 0:30 + 49 2212 
74 769 AT 14 476 + 0: Be 2230 
9 39299 46 43 549 + 0:74 — 5:5 2252 
74 8 015 60 52 544 — 0:04 + 36 2260 
71. 8 15:76 64 46 14-3 — 0:03 + 01 2264 
74 8 12.62 78 ll: 88-1 + 3:39 + 38 22332 
9 8 19-88 61 3 — 0:79 2272 
81 8 22:24 48 55 80 + 0:56 + 12 2279 
7 8 2462 56 58 74 + 0:04 — 93.8 2277 
8 8 39:69 46 50 Abi + 074 0:0 2288 
9 9 9:40 60 51 39-1 — 0:42 + 11 2302 
9 9 31:34 60 44 45:6 + 0:60 + 0:8 2310 
9 10 4:78 68 11 0:5 — 0-11 + 8:3 2323 
LE: 10 19-24 64 14 58°2 + 0:14 re 2337 
84 10 31-04 67 14 11:9. — 0:0 + 70 2341 
8, 11 0-50 55.22 372 0:00 — 0% 2357 
7 11 22-67 53 47 52:2 + 0:53 + 02 2381 
81 11 29-10 46 13 49-3 — 0:05 — 6:7 2386 
81 11 39-82 67 44 81 + 0:43 + 30 2380 
81 12 10°96 ar a 5) + 0:42 — 45 2402 
81 14 5°84 46 3 533 + 0:78 — 32 2454 
8 14 21-15 4 32 590 + 0.31 — 39 2464 
81 14 4775 41 27 41°2 + 0:82 — 5:2 24718 
81 15 32-50 47T 29 26°4 + 0:72 — 660 2502 
9 15 56°06 66 55 37°5 — 0.07 — 174 2503 
7 16 17-07 46 17 35°2 + 0:37 — 27 2550 
81 16 24°97 48 24 25°2 + 0:55 — 33 2533 
&1 1743708 41 9 132 + 0:28 + 4% 2573 
8 17'249 59 27 414 — 0:86 — 25 2566 
8 17 30-16 44 51 11°3 + 0:02 + 1:3 2586 
81 18 22:37 3104185 — 0:17 — 22 2601 
8 18 3883 46 55 54.0 + 0:35 — 43 2609? 
64 18 59-64 64 20 545 + 0:62 + 5.0 2613 
9 19 54 51 3 41-6 — 1:52 + 67 2630 
9 19 28:56 65 25 17.0 + 0:89 — 38 2633 
64 19 53°69 65 16 43-3 + 0.9 + 2:2 2651? 
- 20 . 3464 46 9 15-1 + 0:44 a 2680 
8 21° 5°95 60 44 1:6 + 0:55 + 38 2693 
8 21 22-96 60 33 36-8 + 0°96 — 0% 2704 
8 21 25°07 60 42 22-0 + 0:90 + 08 2707 


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3:03 
49-00 
48:81 
21:94 


Lal. Deel. 1842. 
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54 15 39- 
67 0 AR: 
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45 32 545 
45 26 22-3 
534 48 23-2 
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54 56 29-0 
63 57 09 
45 22 4-8 
68 48 57-3 
68 10 56-8 
67 50 34-1 
45 35 11:6 
51. 4159-2 
15 A8 48-3 
56 32 53-44 
418 23 44-3 
16 6 86 
416 11 52-4 
46 1722-4 
50 34 9-0 
64 16 48-4 
56 16 12-6 
56 20 53-7 
50 20 310 
58 6 36-2 
56 16 55-1 
56 14 18-2 
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47 50 58-7 
50 18 16-3 
46 35 172 
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65 34 34-2. 
57 59 55-7 
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66 32 30-9 
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8 15 53-98 58 23 361 + 1:40 ee le 
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8 20 47-6 60 A4 39-2 + 0:30 + 5:5 4566 
7 20 59-52 45 41 18-8 + 071 +.09 4589 
y 1 25% 54 45 13-41 + 1:06 + 41-8 4580 
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7 21 35-29 45 52 49-7 + 0-33 A 
9 231 50-32 534 37 2541 + 0-05 4:7 4603 
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8 233 15-19 62 32 34-7 — 0:36 + 1-3 4648 
8 23 56-95 68 21 42-8 + 0:33 — 09 4656 
8 24 13-11 2 a8 15 + 0:20 + 09 4678 
81 24 13-68 62 25 34-0 — 0:35 Ben No 
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9 24 55-78 64 38 39-5 0-08 + 49 4699 
81 25 10-42 64 37 38-0 0. 2.1002 2705 
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7 26 40:79 61 354 3-3 03-78 + 14 4356 
81 26 49-27 614 5353 00 — 0-20 ze ss 
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Eigene Bewegungen von Fixsternen. 549 


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ala 17° 55:15 537° .4" 30°0 a 
81 48 30:47 54 23 44 + 0-24 ma 502 
8 49 5029 47 27 36-8 +.0-35 — 13-8 1° 5467 
8 49 52-73 Fr A u + 0:49 — 0:7 5469 
9 50 2:78 58 59 43-9 + 0:47 an! 25462 
8 50 55-24 53 413 54-6 +. 0-33 Pos-3: 3495 
7 N) ne + 5-48 834) 34902 
7 52 8-10 16 29 62 + 0:59 sur 5528 
Bl) 5922-80 62 24 18.9 : + 0-42 nr 55a 
9 52 38-62 56 57 53-4 — 0:02 30:2) 554 
7 3348-70 a7 13 2241 + 0:72 — 0.9 55632 
9 53 35-55 62.414: 23.2 — 0:03 ea Sa 
# 53 A455 32 026-0 + 0:95 2.79.91 5582 
7 54 10-05 63 26 10-2 + 0:26 A 
81 54 21:03 56 53 14-4 + 0-21 + 0:4 5589 
8 54 27-97 2» 5 80 + 0:78 — 4.90 5597 
84 54 32-58 69 9 24-3 + 0:8 a ar: 
9 54 43-95 Bl 9 + 0:36 2.08.25 5600 
7 56 4-30 64 46 69 20: 2.8.31 5010 
m 56 6-45 6 4r, 19-7 + 0:42 2-8 5641 
74 56 40-99 57 44 11-6 + 0:83 — 6.1 5666 
64 56 59-69 46 4 32-3 + 0:59 0:7 5690 
74 57 91 38.8 39-7 4.0.72 1:0: 35685 
7 57 36-43 6er mE 20:4 = 441-0. 5689 
8 58 23-92 60 20 48-2 + 0-42 2.0.00 5a 
7 58 37-05 64 28 38-3 — 0:9 N 
Ze 58 57-56 60 1 442 + 0-43 aa re 
ge 59 18-22 57 17 3-1 + 0:74 + 25 5740 
7 59 19-68 67.55 26-5 2200-82 2a 5729 
8 59 33-06 52 32 19-9 + 0-34 240-9 5755 
7 59 39-29 45 19 52-8 + 0-43 10:30 5769 
81 2 59 40-53 57 34 28-4 1:04 en. 
a3 39-52 55 32 49-4 + 0:50 pe 3786 
8 1 13-00 52 16 47-9 + 1:10 a 1”. 
7 1 14-19 45 31 30-0 + 0-35 3:2 5816 
9 1 36-50 68 Ak 85 + 0:40 — 46 579 
7 4439-37 58 57 47-8 + 1:06 — 09 5814 
8 1 44:99 64 6 546 —_ le, Rd 5815 
81 2 1521 64 18 53-3 + 0:29 Zar 5838 
8 2 28-4 St-014- 13-3 + 0-50 ea 585 
8 2 42-64 68 51 54-6 + 0.4 03-01 5842 
7 2 50:96 46 12 A41 + 0-30 1.02:M:, 5876 
81 3 38-96 64 31 32-1 — 0:24 + 47 5878 
si 3 58-45 46 33 36-1 + 1-08 2 „0-92 5980 
g, re 64 19 42-3 + 0-01 3.2. 3838 
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74 6 46-35 46 21 37-4 + 1:30 2.ndaar 2992 
8 T 2-85 46 18 16-3 + 1-86 MAD. 6022 
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7a 8 18-86 61 24 39-7 — 0-04 + 28:6 6024 
81 8 26-32 64 414 46 + 0-16 + 70 6024 
8 8 28-48 54 57 12-0 + 0-17 + 7-1. 60342 
8 9° 0-43 5: 2: 22-8 — 0:49 — 3-7 6054 
9 9. 2:89 64 37 17-4 — 0-3 4.4.4) 6039 
8 9 21:04 46 11 59-8 + 0:70 14.3, 6078 


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Lal. Decl. 1842. Aa 
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535 0 280 — 0:08 
7188 18-3 0 DR 
52:2 495 0179 
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55 34 25-8 + 0.21 
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50 50 58-7 — 0:75 
44 44 10°6 + 0:33 
67 052 act 
46 23 8-0 + 1-18 
4 43 51 — 0:73 
65 0 188 + 1:06 
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5 0 550 + 0-38 
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BT 543.0277 + 1-67 
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68 18 30-4 — 0-8 
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iur 081 + 0-05 
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45 35 36-9 + 0-62 


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9 33 43-91 61 58 17-5 20-87 
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8 37 29-79 Ba 8 #2 
Bun) 37 ‘35-49 46 11 21:9 + 1:05 
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8 38 43-64 64 51 25-0 — 0:21 
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81 43 52-44 62 18 11-4 00 
7A 43 55:69 48 34 06 + 0:49 
81 Ak 7-89 65 6 35-2 + 0:83 
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81 46 2413 53 36 37-5 + 0-44 
7 46 27-82 53 31 31-3 + 0:09 
8 7° 1-38 2 + 0:42 
9 47 21-47 63 26 22-7 — 0-61 
9 47 23:85 62 10 49-5 — 0:03 
“8 47 52-09 48 18 4-3 + 0:4 
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74 48 497% 55 34 58-5 + 0:04 
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8 53 32-03 52 38 0-3 0:92 
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8 53 59-55 61 53 30-3 0:00 


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534 33 20° 
56 50 7 
15 54 21: 
56 46 29- 
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60 5 36 
52 44 11: 
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64 29 38- 
67.20 13: 
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68 49 35- 
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Eigene Bewegungen von Fixsternen. 553 


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27 33-83 57 33 30-3 — 0:9 a9 336 8628 

1 27 33-38 52 29 42-5 + 1:07 + 6-4 8672 
27 50:24 57 35 3141 + 0-18 8.29 8635 

27 55-39 3 8 299 — 0-13 31 8653 

1 29 29-71 53 16 21°8 Sa re 8695 
1 29 49-60 5653 72 — 0-35 ne 8700 
31 883 62 57 19:3 +04 =, 8731 

31 A548 9 34 14 + 0:26 + 05 8756 

1 31 39-58 41 52 52-2 + 0-10 gel 8774 
1 32 10-10 67 238 49 + 0-3 En.348 8751 
32 35-47 a 52 19-8 + 0:27 + 0-8 8796 

1 ‚3% 43-85 56 53 36-4 + 0:02 —40-1 8787 
33 28-33 52 28 47-6 + 1-07 — 11:8 8811 

1 33 46-98 47 10 31:6 — 015 —ı6 26 8825? 
1 34 47-72 59. 12 19-0 + 0:4 er 8841? 
1 38 46-10 I) + 0:57 8953 
3% 1.778 54 37 37-0 + 0:24 EA ASE 8967 

39 12:70 61 10 35-9 Bes + 8-0 8956 

1 39 20:09 67 16 29-6 540° 2 a 8945 
39 27-88 61 12 21-9 — 1:35 26 (3:3 8964 

1 40 10:63 534 45 572 — 0:76 24,987 9006 
42 10:20 65 0 3 0-7 0,42 9033 

1 42 25-06 67” 9 37-9 + 0:2 Re 9035 
43 28-72 58 51 30:0 + 0-50 BRUT. 9085 

43 52-34 531 49 56-6 21.12 + 10-9 9113 

45 16:62 Aust 8-2 0-80. , u 0883 9160 

45 52-38 56 20 34-8 + 0-21 Elch 9163 

1 46 49-03 52 14. 28-6 + 0:83 u? 9205 
i 47 16-77 534 12 48 + 0:35 16.046 9218 
i 48 2547 56 53 19-3 + 3-28 — 9242 
48 42-86 55 19 50-5 + 0-40 Bun r2 9251 

49 4-87 5 0 31-8 + 0-42 He 9275 

49 34-21 48 34 42-9 — 0:45 en de9 9288 

4 49 27-66 #5 12 690 + 0:29 + 0:9 9306 
49 35-54 51 25 33-6 + 0:58 + 13-0 9302 

50 21:50 54 A0 54-8 + 0:81 —2.4»6 9314 

1 51 14:69 54 37 50-1 + 0.4 22,908 9344 
51 45-25 534 45 151 + 0:10 ae) 9361 

1 53 32-74 54 10 36-7 1:0-.36. —:.0%7 9423 
& 54 9-47 48 25 53-2 + 0-12 + 78 9464 
9 54 23-57 #8 20 3-4 — 0.58 10T 9456 
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Eigene Bewegungen von Fixsternen. 557 


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9 2 20:66 51 18 39-4 + 0:04 2.74 15953 
ii 4 53-56 41,16 413 + 0-11 — 47 16055 
81 8 11:85 5726 26-7 — 0:36 + 24 16143 
8 8 12:86 51 46 26-8 — 00 3,400 16150 
81 9 41-12 57.19 48°0 + 2:16 u: 24,0 16201 
9 10 13-66 50 50 576 —01 2.0 3:8 16230 
8 10 30-60 62 47 43°6 — 0:15 + 19 16219 
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9 15 A842 5026 5°4 Inu — 6:8 16435 
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81 19 10:35 50 48 A4A + 0:75 „m. 4:04. .169%2 
74 19 34-28 47 16 10-3 — 0-35 4310355 205398 
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54 20 8-51 51 13 574 + 0-19 — 0:9 16606 
74 20 22-51 51 9 36-6 — 0.24 — 14:8 16616 
9 21:12:43 sin 172 17.4 — 0.10 — 1:3 16646 
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7 23 20:99 479.40. 21-4 + 0-48 3:9. 16730 
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7 40 33-06 46 31 6-8 + 0:01 unse 10% 
8 41 14-56 5 31 45-2 + 0:29 + 30-1 17350 
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2 215820379: 62. 33 11-4 — 0:38 = n.4:6:, 11256% 
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8 57 59-32 49 55 A6-1 + 0:05 — 7,410; 17931 
8 8 59 10-67 AT 38 Au + 0:06 — 14 17974 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. II. Hft. 36 


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18053 
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18195 
18291 
18474 
18554 
18691 
18687 
18716 
18722 
18801 
18844 
18878 
18916 
19030 
19094 
19111 
19139 
19315 
193€8 
19562? 
19569? 
19627 
19653 
19692 
19725 
19915 
19964 
19954 
19970 
20258 
20300? 
20433? 
20590 
20922 
21055 
21065 
21076 
21087 
21153 


21213 


21347 
21340 
21355 
21379 
21391 
21402 
21415 
21529 
21549 
21572 
21502 


Eigene Bewegungen von Fixsternen. 559 


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8 6 22.62 66 59 16°8 — 0:21 + 1:8 22942? 
74 6 27-18 47 55 AS’ — 0°'04 — 5:0 22946 
74 6 43:09 47 53 40-6 + 0:75 — 5'2 22949 
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6 9 40-02 54 4 194 + 043 — 3:4 23026 
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8 12 1,142 48140 57-3 + 0°47 — 4.5 23105 
6 14 9-78 a3 3 43°3 + 019 — 6:9 23159 
8 21 10-68 65 20 56°4 — 0:52 — 6:2 23350 
& 25 32-29 A612  28°% — 0:06 +.73 23474 
64 26 28-92 AT 37 24°6 — 0°'27 — .6:3 23506 
7 212.7-87 uU 52 55°2 + 0:06 — 9:9 23528 
7 28 18-44 46 39 3-8 + 0:01 + 0:4 23569? 
84 29 10-69 46 23 20-5 — 0:69 + 6:0 23594 
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1: 31 3-43 46 5 193 — 1°25 — 1:3 23640 
74 39 15-24 418..414 18-3 + 0:38 — 41 23842 
8 40 10-24 53 43: 33-1 — 1:62 —..,0°:7 23876 
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7 47 13-11 41 385 20-3 + 0:37 — 10:2 24063 
84 49 30:42 46 238 40 + 0:07 + 4:8 24132 
7 12 55 34-65 46 14 28 — 0.02 + 2:3 24296 
3 13 52165 63 59 17-3 + 1-26 — 3:9 24562 
64 14. 17-95 As.6 "774 + 0:77 — 10:7 24797 
7 15 55-17 64 A6 A478 + 0°25 — 6:6 24839 
6 16 18-21 AT AI Ab-7 + 0:52 — 31 W482. 
81 19 33-72 63 56 52-2 + 0:56 — 2:4 24916 
81 20 35:96 45. 31 28-2 + 1:50 + 5:3 24935 
8 21 19-01 63 49 54-8 + 111 — 2:3 24966 
8 22 57:88 53 59 43-3 — 0:03 — 0:2 25003 
8 27 8-10 46 24 39-7 + 1:43 — 2:1 25124 
8 29 17-76 45 49 + 0:09 25174 
7 33 42-17 4b 47T 25°6 + 0:79 — 45 25278 


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25526 
25954 
25981 
26126 


26170 


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26712 
26751 
26831 
26881 
26891 
27111 
27128 
27136 
27173 
27232 
27332 
271357 
27416 
27627 
27651 
27712 
27886 
27983 
28071 
28074 
28176 
28269 
28358 
28559 
28602 
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28374 
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28941 
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29197 
29181 
29324 
29329 
29560 
29430 
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6: 
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13° 
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51 
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51 
10 
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26 
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14 
85 
66 
89 
"82 
79 
"27 
08 
"29 


Eigene Bewegungen von Fixsternen. 


Lal. Deel. 1842, 
| 


57° 
48 
52 
48 
49 
67 
52 
52 
65 
67 
37 
49 
57 
67 
34 
67 
49 
48 
58 
58 
65 
65 
38 
58 
31 
48 
52 
67 
46 
31 
50 
57 
51 
46 
61 


17 
28 
32 
10 
52 
46 
22 
25 
27 
38 
18 
25 
57 
37 
45 
38 
2 
52 
35 
35 
7 
11 
10 
6 
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19 
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11 
32 
19 
36 
24 
31 
40 
51 
13 
37 


54° 


10 
14 

8 
56 
15 
49 
10 


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13° 
59- 
34° 
40° 
25 

8° 
18° 
40° 
35° 
12° 
38° 
52° 

0° 
15° 
30° 
15° 
16° 
46° 
12° 
10° 
36° 
33° 

5° 
56° 

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52° 
13° 
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561 


Lal. N%- 
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29620 
29629 
29634 
29636 
29676 
29723 
29730 
29756 
29841 
29849 
29833 
29873 
29892 
29917 
29914 
29965 
30043 
30056 
30116 
30159 
30237 
30253 
30242 
30252 
30282 
30306 
30382 
30413 
30404 
30440? 
30540 
30569 
30626? 
30624 
30669 
30699 
30702 
30757? 
30797 
30798 
30775 


30791 


30806 
30842 
30895 
30915 
30922 
30966 
30981 
30952 
30984? 
31013 
31132 
31136 
31139 


562 Oeltzen. 


Gr. Lal. AR. 1842. Lal. Deel. 1842. Ac A Lal. N%- 
De u m — ———t m— tr u 
9 A658 "28°4 68° 56' 9'6 + 0°4 4" 31185 
8 1659 57:03 68 54 29-0 + 0'2 0-1 31233 
176 19 416 A5 22-4 + 0-61 2-1 31353 
8 7 19-43 48 58 24-3 + 0:42 Bu.) 31385 
m 8 51-56 45 33 30-4 + 0:63 + 3-3 31425 
r 9 19-83 3 9 84 + 1:04 Ba. 31460 
81 9 52-13 415 22 10-6 + 0-77 HI BEN 31459 
81 10 1:33 52 29 13-0 — 0:38 + 06 31472 
81 10 17-78 67 0 26-3 +03 082 31519 
8 10 4-85 66 26 39-6 + 07 — 06 315262 
81 10 39-70 58 42 25-6 + 0:54 a) 31521 
9 11 35-43 A 56 7-7 + 0:72 0-0 31522 
8 12 46-06 50 46 22-5 + 0°94 +1 96 31573 
8 12 57-21 67 48 53 + 07 Un BER 31615 
81 13 34-79 69 29 37-7 — 05 — 414-3 31655 
8 15 517 66 49 43-5 + 0-3 + 08 31691 
81 15 A454 66 AT A8-A — 0-4 + 2-9 31717 
81 16 13-21 53232 37-4 —029 — 14 316982 
81 16 46-76 46 18 23-4 0-74 + 17 31710 
74 17 237-531 62 42 32-9 0-1 — 041 31757 
gi 18 18:29 62 46 36-2 — 0.4 — 6-2 31778 
8 19 28-93 64 52 21-0 — 0-7 — 59 31828 
8 19 52-12 I 2 0% + 04 u 31861 
8 20 17-42 65.47 26-3 + 0:3 + 04 31864 
si 20 35-57 64 AA 10-8 — 0-9 — 9-3 31870 
q 20 52-82 66 42 32:2 1017 + 2:2 31884 
8 21 9-8 7 18 13-2 — 1:9 zuge 31928 
8 21 53-9 49 AT. 3-8 + 0:07 + 7-8 31871 
7 21 55:70 52 56 1-6 —.0-74 — yo 31889 
81 21 56-94 63 35 17-6 — 0-5 — 5.2 31915 
81 22 51-96 63 27 A5-A — 0:8 — 4-6 31945 
81 23. 25-33 32.01. 19-3 — 0'237 —ı u 31935? 
gi 23 48-24 46 11 39-5 — 0:4 2 ae 31946 
9 24 23-13 323 8 5315 + 0:28 — 1-3 31971 
a 25 11-18 50 12 50-3 + 0:48 u 31993 
8 25 49-82 57 14 12-3 + 015 + 43 32027? 
9 27 9-67 65 13 11-4 + 0:3 + 1:4 32090 
m 27 AAAT 50 47 50:6 + 0:47 — 08 32079 
64 233 11-59 57 59 39-6 + 0:25 + 0-9 32109 
7 238 14:04 54 28 16-3 + 0:26 a 32103 
81 28 35-15 54 28 38-4 + 0:20 + 3-6 32117 
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9 28 43-09 52 42 29-1 Id er 32118 
9 28 56-78 52 12 24-8 — 0:68 —- m 29 22722 
9 23 58:64 68 37 14-5 + 0% et 32181 
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81 29 25-29 6 0 31-5 — 05 — 32189 
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8 29 57-86 6N.2L2,. 07.7 + 0:9 08-2 32193 
9 30 35-55 68 54 32-7 02 I LK 32239 
81 30 49-48 65 27 42 0-0 + 03 32234 
8 31 26-24 68 51 4-4 — 0:3 — 56 32270 
2 32.842 60 11 58-3 — 0:40 | 32268 
7 32 16:92 49 32 46-6 + 0:55 2 Wi DD 
9 3 1:9 717 1a. 50°2 + 16 EL | 32409 


Eigene Bewegungen von Fixsternen. 


ISO RDEORN 


Gr. Lal. AR. 1842. Lal. Deel. 1842. Aa 
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Bern 1:95 65° 21! 37a. — 0:4 
74 34).,18532 55 49 56-3 +.0:99 
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9 38 30-18 al, 3861 + 17 
8 38 38-41 a POLE se + 014 
81 39 41-57 64 37° 69 — 08 
9 39 3-22 564, 9: 61 + 0:91 
7& 39 15-46 73.9 47-0 003 
8 39 49-67 535 42 12-3 — 2-52 
9 40 0-95 69 16 29-2 7 
S 40 20:78 Ha, 5).35+5 IR 
9 40 38:45 51.51 20-7 + 0-12 
7 40 40-82 53,52 16-1 + 0:73 
8 44 17:04 56 15 45-3 + 0:66 
7 41 22-13 13 71 + 11 
9 41 35:09 51s,,51 2193 — 0:43 
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81 42 36-61 60 38 20-2 + 4.64 
81 42 51:80 62 91 — 12 
8 213 10-56 58 2 0-71 
8 43 13-25 1a 2. 68 + 03 
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9 43 51:04 56 11 47-8 + 0:4 
9 44 49:29 48 A6 52-6 — 0:04 
7 44 51:78 39 18 12-9 — 0:89 
8 45 4:23 9 8 88 — 0:4 
9 45 18-49 67 27 43-2 + 01 
81 46 36-00 67 AO AT-A + 0'2 
7 46 52-71 56 52 21-4 — 11 
71 46 55-56 sind 550 + 0:42 
64 47 51-40 62 50 21-4 —,0:5 
81 41 54:89 53.,9 197 + 0:08 
71 47 56:24 59 4 55-3 — 0:20 
48 3:65 64 48 38-9 — 0:3 
48 39-94 69 AT 43:0 —.1'3 
48 AU:3A 38 355 — 1:3 
48 56-88 56 38 34-4 + 0:60 
49 A754 68 22 59-2 + 0:6 
a 49 56-17 5225 48 — 0:34 
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1 50 24-05 68 43 25-7 — 0.2 
8 50 42-29 72 4 13-9 + 14 
8 5127.32 63 10 25-1 — 0% 
8 52 16-01 63 5 56-8 — 14 
5 52 29-55 55 59 17-8 +.0:85 
8 52 54-10 66 26 47-5 + 05 
91 53. 1:95 56 2 56-8 + 0-80 
81 53 29-80 64 6 2% 7 + 0° 


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32374 
32391 
32447 
32488. 
32590 
32489° 
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32512 
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32563 
32566 
32593 
32635 
32597 ° 
32637 
32663 
32676 
32672 
32733 
32719 
32698 
32713 
32738 
32783 
32786 
32842 
32814 
32805? 
32871? 
32853? 
32863? 
32883” 
32926 
32953 
32899 
32955? 
32924? 
33030 
32987? 
33024 
33011 
33046 
33032 
33083 
33057 
33099 


564 


Gr. Lal. AR. 1842. 
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63 
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65 


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17° 
23° 
55° 
25° 
32° 
52- 


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37: 
15° 
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Oeltzen. 


Lal. Deel. 1842, 
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72° 30' 56°'6 


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63 
59 
63 
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65 
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51 
63 
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33248 
33224 
33230 


33265 


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33315 
33331 
33369 
33326 
33354 
33409 
33399 
33486 
33445 
33389 
33398 
33420 
33464 
33442 
33593 
33485 
33471 
33582 
33479 
33487 
33527 
33551 
33553 
33587 
33586 
33630 
33619 
33625 
33698 
33722 


33711 


33750 
33764 
33768 
33791 
33774 
33773 
33826 
33811 
33930 
33882 
33900*? 


. . » 
Eigene Bewegungen von Fixsternen. 565 


Gr. Lal. AR. 1842. Lal. Deel. 1842. Aa A Bals NY 
m u —/ I mm ——— 
sı 18:13” 46°81 66° 25° 61 0°0 + 3'6 33922 
81 14 39-37 A055 174 + 47 — 1:0 34056 
9 15 21:76 64 0 347 + 01 + 2-0 33980 
7 15 48-51 52 35 84 — 0:06  — 0:4 33969 
84 15 49-84 64 28 25-7 — 04 + 2:3 34008 
9 16 10-84 66 59 12-9 + 1:0 — 0:3 34032 
7 16 15-13 70 46 40-7 — 1:3 — 5:0  34050° 
9 18 174 59 57 46:6 +08 — 3:1° 34091 
8 18 21-17 58 135 4:9 +04 + 5:7 34109 
8 19 23-86 69 56 35-4 0.0 — 11:2 34194 
8 19 29-23 64 7 357 — 14 — 2:3 34166 
81 19 50-30 65 14 37-2 — 0:3 +: 0:1  . 34187 
81 19 50-67 66 42 29-2 + 041 + 3:6 34198 
81 20 3-25 51.133 27-9 +00 + 63 34161? 
8 21 40-84 58 43 20-6 —051 +45 34246 
8 22 21-02 69.159 35:9 + 0:3 — 11:0 34314 
9 23 49-87 79 20 58-0 — 1:0 + 4:6 34470 
7 24 10-19 46 19 23-3 +02 — 57. 34321 
a 24 31-40 64 AA 35-3 — 0:8 — 10:1 34377 
8 25 33-26 73.187 29-6 — 07 — 23 3471 
7 25 34-25 03, 159. 7-8 + 0:6 — 0:3. 34539 
9 26 33-01 98: 153- ,3.7 + 87 — 3:4 34567 
8 29 14-76 52 16 27-2 +01 + 47 0 3454 
81 29 30-57 Te. — 0:8 + 2:9 34611 
81 30 18-03 52 13 52-5 +)0-82 = | 0.2 ) 24579) 
74 31 47:94 7727 9-4 + 0:9 — 1:8 34738 
9 31 155.76 23 039. 16-5 — 02 — 1:2 34702 
81 32 26-73 48 43 20-4 — 0:07 + 2:5 34649 
8 32 35-23 79 3 50-3 +10°4 — 4A 34806 
9 32 54-04 18 55 3-7 +06 + 0:5 34662 
7 33 46-42 66 13 41-5 — 0:2 + 0:3 34732 
7 34 1:50 531 48 32-6 —0.20 — 12 34708 
=, 34 16-07 172 57 16-4 + 41 — 2:1 34802 
81 34 26-66 Er 0-0 — 2:4 34850 
9 45 544 146 5 40-9 +1410 + 14% 34744 
8 35 27:76 76 6 140 + 09 —:6°5 ı) 134886 
8 35 55-89 45 57 041 +08 — 2:8 34783 
7 36 23-11 66 46 36-1 + 0-5 — 0:6 34856 
9 36 45-67 Da ee We | + 13 + 1:3 34972 
74 37 0-99 79 30 18-6 — 1:2 + 47 35017 
81 3704 45 40 18-0 +135 — 3-3, 34827 
8 3764 415 46 25 + 140 — 3:0 34829 
9 37 40-50 72 23 494 + 2:2 + 1:7. 34954? 
74 37 42:84 70 19 40-0 + 0:5 — 8:7 34937 
8 38 0:08 Tal T 565-9 — 1.0 + 6:5 34973 
9 38 35-50 039 56-3 + 11 + 3:0 35082 
8 38 48-16 49 17 15-6 — 4241 + 9:4 34913 
9 39 39-97 72.0.6. 59-1 + 14 + 76 3504 
a: 44 25:09 20:24 13-3 — 0411 — 6:8 3523 
9 44 38-07 71 29 17-4 + 0-5 + 1:3 35246 
7 45 2:09 77 31 40:0 + 1:3 + 3:0 35323? 
8 BO EaE-08 ENT 372 + 2:9 + 5:5 35357 
8i 48 18-56 70 12 33-5 + 0:2 — 5:4 35399 
8 51 2-88 5E..6 © 6:5 +047 + 5:2 354424 
8 en +204 + %2 35466 


566 


Gr. Lal. AR. 1842. 
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Lal. Deel. 1842. 
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13° 
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37° 
47° 
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51° 
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35695 
35723 
35869 
35751 


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35905 
3395 
35930 
36042 
33982 
35987 
36012 
36058 
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36078 
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36354 
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36408 
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36534 
36608 
36571 
36851 
36822 
37035 
56988 
37063 
37005 
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37032 
37072 
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37260 
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37286 
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37288 
37293 
37309 
37454 
37332 
37418 
37389 
37429 
37400 
37528 


Eigene Bewegungen von Fixsternen. 567 


Gr. Lal. AR. 1842. . Lal. Deel. 1842. Aa A Lal. NO- 
a N —— ne N ae —— 
wen) is 76. He +73, 37669 
7 3618238 4 57 347 0 +040 + 01. 37554 
9 37 254 7 kA 42 +46 — %1 37708 
Ber 3650 113 5 +0 — 35, 376108 
u 38 23 A652 123 +008 — 41 37628 
8 4 1668 mM AR +33 + 1:4 37806 
8 42 1116 49 36 566 +04 +331 37777 
9 2502 6 9A — 27  — 0:7 0 37818 
u mr 33032 +12 + 01 37827 
9 aM 5239198, +0419 — 8:0. 37886 
ee 2039 387: #0  — 580 37898 
6 ae 46,37 8520400: — 2-1. 37957 
8 a1 1221 50 14 594 0—054 + 1:4 37964 
een 12,56 129, +22 +00. 8804 
8 a a0 506 21 —03 + 1% 37976 
8 49.11.00 4752 4-0, +00 -+ 18. 38058 
8 Bas. 4535 4-9. 4.029 4.65: 38068 
9 493 751 45353286 +03 + 40 38070 
7 3560 Ba —01 — 15, 38125 
Bee 60 2A +0 0:55. 38133 
8 Bar 66,17 33:6 .: +04 470: 88201 
9 m Burn ie 2, 38 
9 BB 2897 66:13 371 #0 mr, Bere 
7 Ba 66419 205.5 — 02 +04. 38306 
U 54 450 50 13 568 —040 + %2 38300 
arte 58307 127. +02 — 81... 38421 
8 58 23:36 46 33 32-1 +03 — 0:7 38448 
8 58 47.02 50 4 AT +009 +. 54 38469 
8 59 1835 5 4552576 0 +04 — 3:0 38492 
7 59 1420 463 26 + 045 6-2 38519 
6 59 41422 AT 46 589 0 +060 — 1:5 385258 
8 1959 540 4A 34 462 +02 — 1:5 38524 
am 5 5 E77 +0 + 2:6 38562 
8 003054 4613 19-3 5, 40:65 + 22 38563 
8: 03104 7 0573 +16 — 1% 38662 
74 DE A 6 0 27 38578 
8 2 298 AM 56 +06 — 1:2 38645 
8 2 230 45 32239 +050 — 2% 38658 
9 > 965 5116 183° —0U + 49 38709 
9 Be 50 Ar 0 ee az 
81 5 4044 65 50530 ° —0A + 17 38832 
9 5 437 505336 +00 + .08 38793 
6 5b A646 AT A 59 50 +04 — 2:9 38790 
8 Ba u 2, 00 8 388 
8 ae 12 Mar. 50:00 1241... ’38867 
81 wa. aaa, = — 0-65: 389508 
8 9 2045 50 45 30 —0410 + %5 389648 
84 9 2916 47 13 468 +04 — 1:0 38976 
12 1368 A556 AM 7 +03 — 3-1 39105 
8 130 4.23 50.39 Ma4 : +04I6 — 0:2. 39124 
GG 3 Ba 70 59 58 +00 — 64 3949 
9 13 5217 31227 +08 + 33 39158 
3 0 414 3665 51.28 594 +07%6 +06 39184 | 
si 015 1338 A 56 322 +056 + 5:8 39206 | 
64 356 —185 — 0:5 39260 | 


16 20-47 53 5 


568 


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Lal. AR. 1842. 
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22 
24 
25 
26 
28 
28 
29 
31 
31 
32 
33 
34 
34 
35 
38 
40 
41 
41 
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43 
43 
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51:98 
19-44 
4460 
50:57 
59:73 
18-44 

223 

552 
2428 
5744 
38:40 

842 
56-31 

9.71 
3363 
30:13 
58:72 
59-04 
54-41 
46-15 
37:06 
56.84 
49-57 

0-40 
14-58 
13-36 
2076 
20:03 

0:01 
12-18 
37:02 
21:65 
43:30 
14-78 
16:00 
36-06 
4157 
52:80 
39:69 
18:67 
36-78 
56:35 
32-49 
15:02 
13:55 
29:98 
36:88 
48:67 

583 
41:00 
2664 
18:40 


Veltzen. 


Lal. Decl. 1842. 


m mn 
Ta Bu 54'5 
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50 17 109 
75 18 34-5 
48 10 53-41 
415 4 84 
A727 413-0 
Mrd 28-70 
50 35 22-8 
„7 24 418-7 
52 16 50°4 
52 30 25-5 
49 56 86 
52 50 24-7 
49 0 33-41 
49 18 13-6 
49 34 45-7 
52.73 .39-9 
49 21 40-8 
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16 20 46 
31 49 23-2 
ra ee 
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76 53 17-8 
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47 4 Ay 
6 15 55-5 
47 41 29-1 
73 18 37-3 
a 
49 24 53-7 
47 39 0-6 
531 39 56-4 
47 26 15-5 
471 6 53-8 
a 49 59-6 
16 8 34% 
49 6 21-3 
49 5 40-0 
49 41 4-8 
ss 39 1-8 
45 56 23-8 
435 54 81 
45 51 32-2 
531 31 9-8 
AT 24 33-0 
531 57 20-8 
Hall var 9n-5 
1738 17:5 
529 26-0 
48 36 46-7 
509 33-5 
7a AT 24-5 
47 24 51-4 


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39369 
39455 
39396 
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39439 
39535 
39490 
39487 
39503 
39528 
39592 
39623 
39698 
39749 
39768 
39818 
39919 
40004 
39952 
39984* 
40084 
40021 
40116 
40108 
40178 
40304? 
40226 
40301 
40291 
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40317 
40378 
40384 
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40486 
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40436 
40439 
40470 
40694 


40648 


40656 
40676 
40820 
40857 
40868 
40870 
40976 
40893 
40919 
40947 
41040 
40997 


Eigene Bewegungen von Fixsternen. 569 


Gr. Lal. AR. 1842. Lal. Decl. 1842. Aa A Lal. NO 
m Do I—_ Dom u u Sal 
Srar 17:20:37 33 23°0 — 0°62 34 41022 
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7 576 A, 2.57.30 +.0'23 — 041 41178 
9 5 40-46 we39.: 9:7 +11°3 + 10-5 41314 
8 7 22:38 48 AO A8-3 + 04 + 18 41280 
8 2439-37 51 10 41-6 + 0:89 +..1°4 41292 
7 9 54:61 50 A5 20-6 + 0°83 — 17 41374 
Y; 9 59-26 504,38:; 5-7 40:08 — 30°2 41377 
8 10 59-23 Aa 84 197 + 0:28 + 10 41413 
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AR. 12 23-53 46 11 42-8 + 0:34 — 1% 41465 
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84 14 24-00 7A 8 30-8 — 0°3 + 1.0 41602 
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5 15 A3-A8 2an 54- 38:4 — 04 + 241 41660 
81 15 48-12 46 21 252 + 0:19 + 28 41597 
8 15 53-42 AT 29 42-9 + 0:04 0:0 41600 
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9 16 17-37 46 13 19-3 + 0:02 — 6:2 41623 
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9 18 49-60 51 46 12:0 +4 116 + 6:0 41730 
er 19. 9-07 A6 35 53-3 + 0:28 —ı 4:7 41733 
6 19 30-72 A6. 1 54-7 + 0-71 — 0.7 41746 
9 19 52-62 51 47 41-0 + 0:38 ee) 41754 
9 20 16-34 A466 4 21-8 +. 1248 — des 41763 
6 21 14-51 AS: 8. 57-4 + 0:93 + 0-8 41797 
ö 23 A656 45 44 10:6 + 0:54 — 3.0 41897 
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74 26 35-23 AT AA 53-3 — 0.21 + 06 42024 
% 27 26:60 AT 36 21-4 + 0:18 — 441 42050 
81 29 26-19 51 35 56-5 + 0:78 0-1 42132 
81 30 10:56 12 57 A8-A + 09 — 42 42208 
4 30 33-91 49 AT 42-3 + 0:91 + 04 42174 
32.730 3-4 7336 394 u aslan. aa ae 
8 30 39-33 59557 54-7 + 0:65 + 261 42177? 
8 32 43-29 As 0: 11:8 —. 0:01 u) 42252 
8 33 16-33 45 27 471 +4 0:20 35 42264 
3 33 43.07 46 29 104 4 0360, 0 22300 
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T 35 15-94 46 A9 457 + 0:34 —..5'2 42349 f 
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7 36 643 Ab, 2 52-7 0:00 + 12 42376? 
9 36 56-11 74 30 251 — 0°9 — 190 A2AAG 
‘9 38 3-88 46 6 38-5 + 0:04 — 28 42438 
8 93090 8 2 144 +02 +.09 424897 
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9 A, 10.04 An 5 30T 0a a2. 2oyrg 
81 42 52-22 46 10 13:0 + 0:20 — 1:7 42599 
81 43 31:25 "52 40 19-9 + 0:90 — 1'3 42620 
9 AA 25:24 73459 18:2 + 0'2 + 19 42682 
8 Ak 37:76 13050. 53:7 + 0:3 -— 46 42695 


570 Dee 


Gr. Lal. AR. 1842. Lal. Decl. 1842. Aa A Lal. NO- 
I N II Dee I ERFRT 
8 2lr4sm 37:91 45° 27' 33°6 +05 00 ner 
7 46 47-30 77 29 55-2 2:4 + 06 42764? 
8 48 10'88 46 15 34-2 0.39 az a 
8 48 29-85 46 24 26-0 + 060 + 37 42769 
it 48 46-79 47 27 18-7 2019. SEN ar 
8 48 51-76 48 48 30-5 +07 BE Er 
7 51 0-60 7 55 70 —0:06 . BUBEN A2aer 
88 55 20-53 47 323 18-0 20.28 SE ze 
81 56 42-01 46 46 50-6 0.43 ang ae 
8 57 48-07 47 55 20-2 080 EN ee 
8 57 47-92 531 57 34-0 +16 169 0) 23087 
9 57 53-69 52 56 53-7 +08 +08  43095° 
9 2159 25-76 52 44 39-6 +06 046 4 Bl 
720 95 52 51 25-7 +ıa Zee 
9 0 16-54 73 6 2362 +419% + 33 43216 
71 0 32.50 at 21T 0:32. Zeiten 
9 0 45-27 48 30 14 Een), 
8 0 50-30 45 36 1-8 +06. 203 228 
81 0 55-55 a vg: zei 047 0 Sa ar 
8 2 47-06 47 AA 32-9 + 007, ee 
81 3 80 16 8 5341 03 Imker 
8 4 12-77 46 21 39-6 +04 ZU 2600 
74 5 1-33 416 22 19-4 zo 09 ZINN ar 
7 5 40-52 46 19 234 2046 I90-30 Ba 
81 8 56-33 50 22 86 085 Zee RB 
81 13 4:79 73 31 194 — 0:89 4-5 43646 
81 13 20-67 72 48 507 4046 +. a0 Ba 
8 13 38-42 52 521-5 + 0-11 0-3 43637 
9 13 51-80 52 4 48-9 +02: Ze 
9 10 182 73 18 49-8 2075 061° 23685 
72 ):,42 17-38 48 24 47-8 — 0.09 + 3-3 43657 
8 15 33-87 48 3 11:0 +05 Eee ze 
8 15 53-54 #8 2% 13-3 4,099, Zr 
9 16 33-26 45 54 15-9 204 Sri 
81 17 1:99 45 41 37-7 20 EI re 
9 17 21.91 47 50 52-4 0402 Ep ae 
8 17 4745 48 1 18-6 079 ae 
81 18 42:02 oe ar, 20) I 
81 19 27-72 51 38 15-2 + 0:28 411 43857 
8 19 51-54 45 45 240 — 0:57 + 94 43863? 
8 20 16-52 531 33 24-5 + 0:40 2:2 43883 
8 20 23-87 44 59 14-2 05 0-3) Assas 
81 21 58:73 AT ah 8-5 + 005 EIER 2a 
9 Bar 72 AT 26 ATS — 0.58 — 15-4 43952 
8 22 13-78 Da 31a 2.0852 . #430 a 
81 22 51-52 531 57 39-2 + 060 + 438 43990 
N 416 57 256 0901 Zei ar 
6 233 38-16 48 3% 359-8 2.094. Zu. Be 
8 26 20-00 48 34 33-9 712 2 M20l 2 
8 26 36-75 5'148 10.5 1092 Er 
8 238 049 47 56 34-3 +04 . 20 B.8Xl Aiiee 
81 233 1:00 16 42 19-4 +08 + 20 4465 
9 29 17:33 73 15 32-7 2007: 2050 er 
81 30 69 41'383 375 0A ee 
9 32 16-90 18 16 34-4 2.020. EB 7 Ba 


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23 


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36 
37 
38 
38 
39 


22 


43° 
52° 
33° 
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59° 
20 


1 


43° 
13° 
20° 
14° 
58 
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5° 
20 
12° 
20° 
22° 

A: 
36° 
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51° 
22° 
48° 
52° 
52° 
53° 
59. 
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57° 
22° 
25° 


21 
25 


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18 
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10 


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22 
57 
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22 
16 
22 
66 
98 
20 
63 
59 
50 
81 
08 
88 
72 


17° 


48 


23 
57° 


23 


Eigene Bewegungen von Fixsternen. 


Lal. Deel. 1842. 
N m 


46° 414" 


49 
46 
48 
47 
52 
52 
52 
51 
48 
48 
51 
47 
49 
51 
47 
47 
51 
52 
46 
45 
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47 
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45 
47 
46 
47 
51 
48 
45 
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46 
46 
49 
49 
51 
52 
46 
46 
48 
73 
73 
73 
12 
48 
51 
45 
51 
48 
48 
52 
46 
47 
13 


16 
35 
34 
20 
32 

3 
33 

8 
45 
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12 
47 


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44750 
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45187 
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45236 
45267 
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45820 
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45864 
45887 
45891? 
45915 
45976 
46044 


572 0 eltız en. 


Gr. Lal. AR. 1842. Lal. Decl. 1842. Aa A Lal. N®- 
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84 22 2673 73025. 0:2 + 0°29 — 2:1 46050 
7 27 4385 49 26 16°9 + 1:20 + 4:5 46234? 
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81 29 2557 45 24 552 + 0'235 —.76 46278 
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he) 35 28:88 46 9 225 + 0:68 + 1:2 46488 
8 35 31°33 51 22 19-5 + 026 — 32 46491 
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Ro) 39 6:50 47 54 571 — 0:24 + 31:8 46598 
8 39 8:65 530 594 1079 1 0357 + 4:0 46602 
8 39 9-00 0 alu 2927 + 0:99 — 2:0 46600° 
6 39 20:28 56 34 314 — 0:03 — 4:0 46607 
8 39 A207 48 24 492 — 0:33 + 10:6 46617 
8 40 46:83 54 A6 18°5 + 0:02 + 0:2 46649 
Ro) 41 4198 54 A6 450 + 0.14 + 7:5 46677. 
9 41 50:08 52 26 13°9 + 0:60 — 3-1 46679 
) 43 1823 51 12 53°3 + 0:07 — 25 46728 
8 44 13-31 49 14 11°9 +03 — 44 46757 
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81 45 32:25 52 14 49.0 —,0,31 + 1:6 46819 
81 45 45:86 55 56 267 — 0:49 + 0:3 46825 
7 46 9-61 55 36 38°6 + 0:22 + 0:3 46839 
81 46 27:96 48, 8 01 — a9 + 3-1 46853 
81 46 2742 46 5 16°8 0-18 — 0:5 46852 
8 46 3035 A 45 98 — 0:20 — 1:8 46856 
7 41 39-85 45 28 58°5 + 0:62 — 10:8 46900 
81 49 340% 47.11. 29-1 — 0:47 + 1:2 46957 
4 51 283°46 56 AT 325 + 0:12 + 1:4 47035 
6) 53 15°56 45 51 113 + 044 — 5-7 471097 
61 53 17:04 96 7A — 0:06 + 3-1 47099 
() 54 770 46 41 544 + 0:88 — 2:2 41127 
84 54 31:27 54 41 362 + 0:27 + 38 A7144 
8 54 3495 50 35 38:5 + 0:94 — 27 47146 
8 54 4565 46 22 21-3 + 14 — 0:6 4755 
8 55 22:34 54 40 124 -—+0°01 +65 417 
51 57 23:35 45 Ab 55°8 12.0278 — 43 47237 
81 58. 5.86 750% 29.187 — 0°96 — 11 47255 


Eigene Bewegungen von Fixsternen. 573 


Bemerkungen. 
Lal. Nr. 


3987. Die Unterschiede sind ohne Zweifel Folge der eigenen Bewegung. 
Es folgt nämlich 
der Ort1800 aus Lalande . ..... 1" 59" 33:46 + 66° 44’ 39'4 
DUSSMOEL... . 00.08 hm 59 37.81 248 
auseiner Wien. M.B.v. 1853 59 38:43 
4655. Eine Wiener M. B. von 1853 gibt die Reetascension 1842 — 2"23” 14°12, 
der Stern scheint danach eigene Bewegung zu haben. 
5490. Neuere Beobachtungen bestätigen die bedeutende eigene Bewegung. 
Es ist nämlich 


der Ort 1842 aus Lalande . . . .. .2" 51" 11:50 + 61° 7 0:6 
aus Argel. 3363 . . .. . 51 16-98 627-2 
aus zwei Wien. M.B. v.1853 9 51 18-05 6°20:6 


6024. Der grosse Unterschied der Declination scheint von einem Fehler 
von 30° bei Lalande herzurühren, da eine Wiener M. B. von1853 die 
Declination 1'5 grösser als Argel. gibt. 

6110. Eine Wiener M. B. von 1853 gibt für 142 3" 11" 15:57 + 60° 58’ 3'7. 

6787. Der starke Unterschied in Deelination seheint von einem Fehler von 30! . 
bei Lalande herzurühren, da eine Wiener M. B. von 1853 die Deelination 
1'6 kleiner gibt als Argelander. 

7036. Dieser Stern scheint eine eigene Bewegung zu haben. Es folgt nämlich 


der Ort 1800 aus Lalande . . . . ... 3 377 56:50 + 60° 3# 3'0 
aus Argel. 4215 u. 4216 . 37 59-53 33 54-0 
auseiner Wien.M.B.v.1855 37 59:91 33 51-7 


8953. Die Declination bei Lalande ist fehlerhaft. 
9242. Der mittlere Ort 1800 folgt 


a tn. A AA® 54:91 + 56°48' 54°6 
a ueL,5349.. . u... . 44 57:79 48-518 
aus einer Wiener M.B. v. 1853 . . Ak 57-98 48-51°4 


12381.) Der starke Unterschied der Declinationen hat seinen Grund in einem 

En Fehler in der Reduetionstafel zuH. C. p. 366, 12. August. Die Z.D. des 
letzten Sternes dieser Zone, der als einziger Fundamentalstern benutzt 
ist, ist nämlich fehlerhaft, wahrscheinlich um 30". 

13427. Der Stern scheint eine beträchtliche eigene Bewegung zu haben, da 
die Unterschiede in beiden Coordinaten erheblich sind. 

17350. Eine Wiener M. B. von 1853 gibt die Deelination 2'2 grösser als 

ER Argelander. | 

48111. Über diesen Stern mit bedeutender Eigenbewegung siehe Astronom. 
Nachrichten Nr. 880. 

18722. Eine Wiener M. B. gibt die Deelination 1'3 grösser als Argelander. 

19627. Der bedeutende Unterschied, der sowohl in Reetascension als Decli- 

nation stattfindet, scheint eine eigene Bewegung anzudeuten. 

21076. Lalande ist wohl um 30’ falsch. Eine Wiener M. B. von 1853 gibt den 
mittleren Ort 1842 = 10' 50" 32:44 + 44° 39’ 340. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. II, Hft. 37 


574 een 


Lal. Nr. 

21379. Eine Wiener M.B. von 1853 gibt die Declination 1'2 kleiner als 
Argelander. 

22196. Eine Wiener M. B. von 1853 gibt die Deelination 2"2 grösser als Arge- 
lander, so dass Lalande wohl um 30” falsch ist. 

22845. Die Zeit bei Lalande scheint fehlerhaft. Eine Wiener M.B. von 1853 
gibt 0°21 mehr als Argel. 

29892. Die Deelination bei Lalande ist fehlerhaft, da eine Wiener M. B. von 
1853 1'0 mehr als Argel. gibt. 

30699. Die Unterschiede rühren wohl von einer eigenen Bewegung her, da 
zwei Wiener M. B. von 1853, 5 als mittleren Ort 1842 ergeben 
16" 42” 59:49 + 68° 22’ 31'8. 

30966. Aus einer Wiener M. B. von 1853 folgt die Deelination 2'’6 grösser als 
aus Argel. 

32512. Die Declination bei Lalande scheint fehlerhaft zu sein, da eine Wiener 
M. B. von 1853 0'8 mehr gibt als Argel. 

32663. Die Zeit bei Argel. scheint fehlerhaft, da eine Wiener M. B. von 1853 
als mittleren Ort 1842 ergibt 17" 42” 35:38 + 60° 38’ 19'2. 

33698. Die Lalande’sche Deelination ist wohl um 30! fehlerhaft. 

34246. Die Lalande’sche Deelination ist fehlerhaft. 

34913. Die Zeit bei Lalande scheint 5° zu gross zu sein; eine Wiener M.B. 
von 1853 gibt 0°14 weniger als Argelander. 

37777. Eine Wiener M.B. von 1853 gibt 2:9 weniger als Argelander, danach 
scheint Lalande um 30" falsch zu sein. 

41377. Die Deelination bei Lalande ist wahrscheinlich um 30" falsch. 

42177. Eine Wiener M. B. gibt die Deelination 0!2 südlicher als Argelander, so 
dass Lalande wohl um 30" falsch ist. 

42764.) Die Zeit ist nur von Nr. 42774 genommen, da die erstere Numer 

Bra! beträchtlich abweicht. 

43376. Die P. D. von Nr. 43377 weicht 15'4 ab von Nr. 43376 und ist wohl um 
15! falsch, da nur Nr. 43376 mit Argel. übereinstimmt. 

44114.) Die P. D. ist nur von Nr.44114 genommen, indem die von Nr. 44145 

44115. } wahrscheinlich um 30" zu klein ist. 

45784. Die Zeit bei Lalande ist fehlerhaft. 

In Betreff der grösseren bei Lalande und Argelander aufgefun- 
denen Fehler muss ich auf das Maiheft 1854 dieser Sitzungsberichte 
und auf die Annalen der Wiener Sternwarte verweisen; in dem ersteren 
dieser Verzeichnisse sind noch folgende Beriehtigungen vorzunehmen. 

1727. In der letzten Zeile dieser Bemerkung ist zu lesen: 49m 58° 02 statt 
58° 92. 

2972 muss heissen: 26° 50' und nicht 40' 

9696. Die Bemerkung ist irrthümlich. Die Präcession im Kataloge muss aber 
heissen: 4°,672 statt 4°.747. 

14612 muss heissen: 40° 54°’ und nicht 44°. 

17743 muss heissen: 36° 7' und nicht 35° 57°. 

19139. DieBemerkung ist irrthümlich. Die Reetascensionen stimmen bis auf 0:8. 


De u er a ee a u eu ae u er N Sin re ee 


Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. 5 


VERZEICHNISS 


DER 


EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN. 
(MAI.) 


Annalen der k. Sternwarte bei München. Bd. VII. 

Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. 1855. Nr. 4, 5. 

Bizio, Giov., Scoperta dell’ Arsenico nell’ acqua ferruginosa di 
Civillina, detta Acqua Catulliana. Venezia 1855; 8°. 

Cosmos, 17 21. 

D’Elvert, Chrift., Die Culturfortfchritte Mährend u. Dejterr.-Schlefteng, 
befonders im Landbaue und in der Induftrie, während der Ießten 100 
Sahre. Brünn 1854; 8°. 

Genootschap, Bataviaasch, van Kunsten en Wetenschappen, Ver- 
handelingen. Deel 24, 25. 

Heim, 3. B., Beiträge zur Balliftik, in befonderer Beziehung auf die 
Umdrehung der Artillerie-Gefchoffe. Ulm 1848; 4°. 

Heim, Beitrag zur Theorie der Bewegung der Räderfuhrwerke, ins- 
besondere der Dampfwagen. Cannstadt 1855; 4°, 

Heymann, S. L., Versuch einer pathol.-therap. Darstellung der 
Krankheiten in den Tropenländern. Würzburg 1854; 8°. 


Jahrbuch des naturhist. Landesmuseums von Kärnten. Herausg. 


v. Canaval. Jahrg. 3. 
Jahresbericht d. k. Sternwarte bei München. J. 1854. 
Mittheilungen a. d. Gebiete der Statistik. Jahrg. III, Heft 7. 
Namur, Anton. De lacrymatoriis sive de lagenulis laerymarum pro- 
pinquor. colligendis apud romanos aptatis. Lueiliburg. 1855; 8°. 
Organismus des germanischen Nationalmuseums zu Nürnberg, 
1855; 8. | 
Parrat, H., Les tons ehinois sont semetiques. Porentruy 1854; 8°, 
(4 Exempl.) 


37° 


576 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. 


Parrat. Les 36.000 ans de Mandthon, suivis d’un '"Tableau des 
eoneordances synchroniques. Porentruy, 1855. 8% (A Exempl.) 

— Novum speeimen quo probatur iterum linguarum indo - euro- 
p&arum origo semetica. Mulhouse 1855; 8°. (4 Exempl.) 

Quaranta,Rennardo, !’Orologiv. a sole di Beroso, scoperto in Pompei 
addı 23. Settembre 1854. Napoli 1854. Fol. | 

Reumont, Alfredo, Dei soci esteri della Accademia della Crusea, 
Firenze 1855; 8°. | 

— Del gruppo di Cristo con S. Tommaso, lavoro di Andrea del 

Verrochio. Roma 1855; 8°. 

Romanin, S,, Storia documentata di Venezia. T. II, p. 2. 

Societe imper. des Naturalistes de Moscou, Bulletin 1854. Nr. 4. 

Society Royal of Edinburgh, Transactions, Vol. XVI, p. 1. — Pro- 
ceedings, Vol. II, Nr. 44. | 

Tijdsehrift voor indische Taal-, Land- en Volkenkunde. Jahrg. I. 
Aflev. 1—12. | 

Tinfhaunfer, ©. Topograph. ftatift. Befchreibung der Divcefe 
Briren 2. 1. Bd. Briren 1855; 8°. | 

Wolf, Rudolf. Gedächtnissrede auf Jakob Bernoulli. Bern 1855; 8°. 

Zambra,Bernardino, I prineipj e glielementi della fisiea. Fase. 7, 8. 


Beobachtungsolerkungen. 


Ragusa!) . 
Curzola . 
Zara?) . 
Triest W218, 
Menedig®). . . 
Fearma. ... 
Semlin . . . . 
Mailand . . . 
Szegedin ; 
Fünfkirchen . . 
Meran. . 

ent ar 
Kronstadt®) . 
Debreezin . . . 
Gran . . 
Wallendorf 5) 
Zayale . . . . 
Baibach . . ... 
Pressburg . . . 
Wiens... . 
Heiz ... r 
Adelsberg . . 
Bregenz. ’ 
Innsbruck . . . 
Tirnau 
Jolsva: . . . 
sePaul: . . . 
Korneuburg . . 
Dnz 2 ..% 
Czernowitz 9) 
Kremsmünster 2) 
Althofen 
Brunn... ., 


Reichenau . 
Benz)... .. 
Weissbriach . . 
Klagenfurt DR 
Olmütz . . 
Rzeszow !0 


Valona (in Albanie 
gel. 


- «stürmisch a. NO., am 31. Schnee 


chnee, am 31. 14"Ab. stürmisch. 


5t beobachtet wurde auch —1°0. 


> W, am 26. Orkan a. S. 
ner. 


m 19. u. 23. Sturm. 
irme a. S. u.SW. 


| 

15. Sturm a. NW. 

en in NO. 

u.Bora. 


eefälle. 
“hr stark am 14. [am22.a. SW. 


- rinder Nähe. Stürme am21.a.SO. 
. “am 27.Hochwasser. 


0. (Gewitter in Ungarn, vergl. 
4m 31. a. NO. [Pesth ete. 


ker a. W., ara 31. Sturma.O. 


"8. Hagel, am 24.Ab.BlitzeinSW. 


. 


.). u. 28. stürmisch a. NW. 


. weimal Gewitter. 


Jaslo (in Galizien))). u.S., am 24. Ab. Blitze gegen S. 


1) Ragusa. Am 


2) Zara. Am 2. 
Windes nach 
3) Venedig. A 


tet, wo aber bei der Drehung des 


grossen Temperaturveränderungen, 


welche in der 


4) Kronstadt. 
5) Wallendorf. 


r. 


6) Czernowitz. 


7) Kremsmünst 


8) Lienz. Am 9. 


9) Klagenfurt. 


ufgelöst , Schneegrenze an südlichen 


Abhängen bis 
10) Rzeszow. Anm Donner. 


11) Jaslo. Am 6. 
7 Herr Colla, D 


in diese Übersichten 


berechn eten Temper 
Sitzb. d. math 


Bi einzusenden und ihre Aufnahme 
® Ab. angestellten Beobachtungen 
ainem Haarhygrometer beobachtet. 


ei R 


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[6] 
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31 


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32: 


letzter 


3193 


Entworfen von A. U. Burkhardt, Assistenten an der k. k. Central-Anstalt. 


Nuttlexe Maximum Minimum |Mittlerer| Maxi ini \i 
eshoehrungeee En u Aut Maximum Minimum abe ne ern Re 

Reaumur | Tag | Temp. | Tag | Temp. en Tag | Luftdr.| Tag | Luftdr. |Par. Lin.| Par. Lin. wine REANIEEN® 
Valona (in Albanien) | +10°45| 25:9 | +19°5| 17.3 |+ #0) — — — —_ — | 4°15 | 45”49) SO. |Am 10. Regen mit Hagel 
Ragusa!) ... . » . |+40:08] 6-6 | +14-1|12- |+ 4:91334”12| 30-9 |338"27| 13-6 |325"74| 3-43 | 86-6 5 Run oneeahe 
naeh ee ae ee 
Zara”) . er in Ber I + 2:2|334-95| 30-9 |339-26| 13-6 |326:29| 7 — 33.12) — 
riesen + 6° "6 | +12:8 "3 |+ 0-2|334-36| 31-6 |338-61| 13-6 |326°73| — 30:50| ONO. |Am9.13.u.31.Regenmi h ürmi 
Venedig®). - + 6:40| 26-6 | +11-6| 12-3 |+ 0:21334-20| 30-9 1339-25 | 13-6 |327:29| 3:06 | 49-17) SS: |Am 10. u. 11. ee N) 
+Parma. . 2... + 6-35] 19: | +14:2| 12- |— 1:0/330-80| 31: |335°56) 22: |324:19| 84 31:56] NW. 
Senlin .... » . I+ 5-90| 27-3 | +15-8| 13-3 |— 0-3|333:02| 31:9 |337°36| 143 |325-54| — 16-00| — |Am1. —0:3. 
Mailand. » : » . .. [+ 5-66) 20° | +14-3| 11: |— 1:3|328-65| 31:4 |333-62| 22: |321°20 2"53 | 59-78) NO. |Am 3. Schnee. 
Szegedin .... + 4-95| 28-6 | +16-0| 13-3 |— 2-4[331-75| 31-9 |338-83| 13-6 |325:76| — 23-93) S.N. |Am 27. wenig Hagel. 
Fünfkirchen . . + 4"85| 27-6 | +13-4| 12-* |— 1-0|328-60| 31:9 |335-34) 13-6 |322-40| — 28-50) SW. |*Am 41. wo aber um 10% erst beobachtet wurde auch —1°0. 
Merane ne ee + 4:82| 26-6 | +12-7| 12-3 |— 3-0|322-53| 31:3 )327-22| 13° 131665) — 43-60) S. |Am5. +13°3. 
UN 0-80 5 0 un + 4-27| 23-6 | +12-6| 15-3 |— 3-3)325-22| 31-3 \331-86| 22-9 |318:84| 2-36 | 3372| SW. 
Kronstadt#) . . . . |+ 4:02] 26-5 | +16-4| 1:9 |— 5-2|312-58| 31-9 1319-27 12-5 |305:72| — 35-62] — |Am 23. u. 24. Sturm a. SW., am 26. Orkan a. S. 
Debreezin . . . » +4:00| 28-6 | +13-2| ‚1: |— 2-4|329-84| 31-9 |336:69| 243 323-322] — 45°28|N. u. S.)Am 24. Ab. Blitz und Donner. 
Gran» 2» 2... 0. 0)+ 3:89| 28:6 | +13-3|) 1:3 |— 5°4 18-80) SW. |Am 24. Ab. Gewitter. 
Wallendorf®) . . . |+ 3:82) 28:6 | +14-4| 1° |— 6:3|320-22| 31:9 327-08| 12-9 |313-65| 2:33 | 32:92) W. |Am 23. u. 27. Gewitter, am 19. u. 23. Sturm. 
Zavalje » = 2» 2. |+ 3°70| 26°6 | +11°2| 11-3 7:0 — _ — _ N. |Am A. 5. 22. 23. u. 25. Stürme a. S. u. SW. 
Tarbachnerr + 3-67) 23:6 | +11-6| 15-3 |— 3-8/323-35) 31-9 |929-33| 13-6 |316-33| 2:35 | 85.62) NW. 
Pressburg - » » - - + 3-58| 23-6 | +13-6| 12-3 |— 4:0|328-97| 31-9 |336-34| 13-3 [323-147 | — — NW. |Vom 9. auf 10. u. 14. auf 15. Sturm a. NW. 
Wong sooo van + 3-51] 23- | +16-0| 12- |— 6:0|326-92| 31-9 |334-42| 23-1 |318-79| 1-98 5-11] NW. |Am 23. Ab. Wetterleuchten in NO. 
ale 0 00 + 3:40| 23-6 | +15-5| 12:3 | 57) — —_ —_ _ — — —_ N. u.Bora. 
Adelsberg . . . » - + 3-26| 28-6 | +12-1| 15-3 |— 4:4|313:29) 31:9 |318-10| 13-6 306.61) — — —  |Am22.Sturma.NO., am 9. stürmisch a.NO., am 31. Schnee 
Bregenz. . ».. - + 3-25| 25-5 | +11-6| 141-4 |— 3:2/318-76) 30-7 |323-99| 12-7 |311-90| — 43-93| S. |Vom 8. bis 10. starke Schneefälle. 
Innsbruck . . . - . + 3-23| 23-6 | +10-6| 12-3 |— 4-4 3141-68] 30-6 |316-36| 13-3 305.54] — 30:7%2| — |Am 8.—9. Schneefälle, sehr stark am 14. [am22.a. SW. 
lien au + 3-47| 23-6 | +13-2| 12:4 |— 4-4|328-77| 31-9 1335-90] 13-4 |322-68| 2:33 | 14:26|N. NW. Am 24.um&"30’Ab.Gewitterin der Nähe. Stürme am21.a.S0. 
Jolsvar Re: + 2:99) 28-6 | +14-0| 13-3 |— 9:0) — _ — _ — _ — N. |Am?23.GewitiermitHagel, am 27. Hochwasser. 
Sn alla 9 0 0 wc + 2-89| 23-6 |+11-8| 11-3 |— 5-3/317-51| 31-9 |323-71| 13-6 |311-82| 2-00 | 14:72) SW. 
Korneuburg . . . . |+ 2:78| 25-6 | +13-0| 12-3 7-0 = —_ _ 7:63| W. |Am 24. Ab. Blitze gegen SO. (Gewitter in Ungarn, vergl. 
Tinzerer + 2-66| 22-6 | +13-2| 12-3 |— 5:4|324-12| 31-3 |330-59| 23-6 |310-67| — 16-43) W. |Am 21. stürmisch a. 0, am 31. a. NO. [Pesth ete. 
Czernowitz ®) . |-+ 2-35| 28-6 | +14-5| 2:3°| —12-6|324:80)| 31-9 |332°59| 13-3 |317-56| — 24-30) N |*Am 4%. hier nur —2°5. 
Kremsmünster?) . . |+ 2-30| 22-7 |+11-8| 12-3 | — 6-6|319-68| 31% 325-90| 22-7 |310-68| 2-12 | 28-401 SW. |Am23. um 6:30’Ab. Gewittera. W., ar 31. Sturma. 0. 
Althofen . »..» ı 2-27| 20-6 |+ 9-7) 12:3 |— 8-7|306-55| 31-9 |312-90| 13-6 |300-81| 1-70 16-90) NO. 
Brünn... ..... + 2-27 25- |+13-8| 11: |— 9-2|326-47| 31-9 |333-52| 22:9 |318-1%| 2-01 2352| N. 
Leutschau. . .. . + 2-03| 28-6 | +10-6) 13-6 |— 7:9|321:70| 31-9 1328-88 24-3 315-72| — 15-21| SO. |Am14.20.30.Stürme, am 28. Hagel, am 24.Ab. Blitze inSW. 
Pilsen. ... . + 2:03| 25-6 | +10-5) 12-3 |— 7:7|322-06| 31-6 |329-06| 22:9 |313:20| — 8-35| W. |Am 23. stürmisch. 
Reichenau... ..... |+ 1:97| 27:6 | +10-3| 12-3 |— 9-0309-73| 31-3.|316°34| 22-9 |303-32| — 9:72) W 
PıenzE) ar. + 1:89| 29-6 + 9-0| 412-3°|— 8-41308-72| 31-6 |313-90| 13-6 |302:76| 1-81 | 46:95) W =Um 7° —9°0. Am 14. 15. u. 28. stürmisch a. NW. 
Weissbriach . . . |+ 1:88) 26-6 | + 8-0] 12:3 |— 8:0| — — — — —_ = == — 
Klagenfurt®). . . . |+ 1:80] 20- |+13-0| 11: |— 8:8|316-99| 31-9 |322-84 13-6 |310-76| 1-97 | 33-46) W. 
Olmütz 2 0: + 1:74| 23-6 | +14-:8| 41-3 |— 7:6 |326-31| 31:9 33361 23-9 318-435) — _ NW e h 
Rzeszow 0)... . + 1:74| 28:6 | +13-0) 1-3°|—10-0|327-47| 31:9 |33500| 23-4 131925) — 26-13) W. |*Am 31. —5°8. Am 28. zweimal Gewitter. 
Jaslo (in Galizien)11) |+ 1-67| 28:6 | +12-6| 4-3 |—10-0|325-66| 31:9 [3342-18 93.3 [318-88| 2-01 | 30-32] W. |Am1.3.u.22. Stürmea. SO.u.S., am24.Ab. Blitze gegen S.| 


10) 
11) 


-+ Herr Colla, Director des astronomischen und meteorologischen Observatoriums in Parma hatte die Güte uns die täglich angestellten Witterungsbeobachtung 
in diese Übersichten zu gestatten, wodurch das Beobachtungsnetz in Italien auf eine erfreuliche Weise vervollst 
berechn eten Temperaturmittel wurden mittelst der Mailänder Beobachtungen auf die Stunden 6" Morg., 2" und 1 


Ragusa. Am 13. Sturm a. SO. bis 12%, dann aus S. und zuletzt aus SO., nach 10. Ab. Hagel 


Zara. Am 25. stürmischer Südwind, der am 26. Morg. in NW. umschlägt, worauf Aufheiterung erfolgte. 
Windes nach NW. Regen erfolgte. rg R 5 t er 

Venedig. Am 23. Tags über stürmisch aus NO., öfters Regen, Blitze, Donner. Am 28. Gewitter bei starkem Südwind. Am 29. Ab. Gewitter und Hagel. Die grossen Temperatnrveränderungen, 
welche in der zweiten März-Hälfte in dem continentalen Europa sich zeigten, waren in den Seestationen viel weniger excessiv. 

Kronstadt. Der Orkan vom 26. dauerte von 12% Mittags bis nach Sonnenuntergang. Am 12, fielen 1012 Zoll Schnee, welche 926 Wasser gaben. f 

Wallendorf. Der Sturm am 19. um 6b Abends war von kurzer Dauer. Am 23. Gewitler gegen S., von 3—4& Sturm a. SW. Am 27. um 9h 20/ Ab. heftiges Gewitter. 

Czernowitz. Am 5. Eisgang am Pruth, am 23. Sturm, am 28. Wetterleuchten. . 

Kremsmünster. Am 4. März ist die Schneedecke bis auf die Schneewehen, am 21. vollkommen aufgelöst. 

Lienz. Am 9. die sonnigen Bergabhänge schneefrei. Am 31. noch 3 Zoll tiefer Lagerschnee in der Ebene. 

Klagenfurt. Der Lagerschnee schwindet am 11. an sonnigen Anhöhen, am 19. auch in der Ebene vollkommen. 
Abhängen bis 4000", . R ß a E A r en 

Rzeszow. Am 28. um 3h 55’ Ab. Gewitter in N. (Donner hörbar) zog gegen NO., dann um 6h 50° bis 84 15’ in SO. mit schnell sich folgenden Blitzen und hörbarem Donner. 

Jaslo. Am 6. Eisgang und im letzten Monatsdrittel vom 22.27. Thaufluth. 


In Wien wurde gleichzeitig dieselbe Windrichtung beobachtet, wo aber bei der Drehung des 


Am 25. ist die Eisdecke am Klagenfurter See aufgelöst, Schneegrenze an südlichen 


sen einzusenden und ihre Aufnahme 
ändigt ward. Die aus den um 9" Morg., 3? und 9° Ab. angestellten Beobachtungen 
0" Ab. zurückgeführt. Die Feuchtigkeit wird in einem Haarhygrometer beobachtet. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. I. Hit. a 


| 


"721 — | 1388| 8. |Am 22. 10* 30° Ab. Blitze gegen NO., am 3. Seiroceo. 
»A41| 199 8731| w. Am 23. von 4—6° Ab. stürmisch a. W. 
En 19-61) W.NW.|Am 23. Ab. Blitze. 
3>:60| 1:94 | 65-54| W. |Am 13. hier nur —3°4, am 31. —A°5. 
2521 1-94 | 33:78) -W Vom 19. auf 20. $turm a. NW., am 23. Ab. Blitze in NW. 
73| 2:02 | 82 41| SW 
»-410| 1-91 | 12-73) W. 0. |Am 3.:-+8°2, am 19. stürmisch a.NW. 
1.27) — 15:08) NW. 
‚70 39-41| SW. |Am 24. um 7° Ab. Gewitter. 
BAT 175 38:24 NW 
87 2-00 | 19-81) SW 
2.451 1:79.) 39-90| SW. |Am 16. —7°4. 
1-41! 1:79 | 45-811 W. |Am 23. um 7° Ab. Blitz ohne Donner. 
3:50| 1 -73 |105°05| SO. ‚Am 23.u.24. um 2* Ab. Donner. 
3-17| 175 | 8:29| SW 
3:32| 1:76 9-83| N. | 
wi — 16:40| NW. | Am 16. —10°2. 
)-20| — 28-44) WW. 
_ — | 25:03 W. |Am 23. um 845’ Ab. Gewitter gegen N. 
& — 140.10) W. 
3-38| 1:83 | 3665| NNO. Am 23. Wetterleuchten, am 27. Blitz u. Donner. 
2-:39| 1:50 | 2796| SO. \Sehr stürmisch, besonders am 24. a. NW. 
Ben > — — Sehr stürmisch, besonders am 9.10. 11. 15. 24. 25. 27. 30. 
2 = 16-70| N. S. |Am 9. heftiger Sturm a. NW., am 22. Sturm a. W. 
1:81 — 5640| ©. 
a EL 2 0. 
9-08) — [121-42| ©. |Am3.u.13. Sturm, am 12. 22. 23. Schneesturm. 
ungen. 


Men früheren Monaten. 


WW wouvuo 


m Dunst- |Nieder-| yerr- 
druck | schlag | schender Anmerkungen. 
ftdr.| Par. Lin. | Par. Lin. Ya 


04 EN, I NW. | Für die Jahres-Übersicht wurde durch nahegelegene Stationen interpolirt, da die Beob- 
a ah NW. Inekunsen ch a en 
EN a. NW. |Am 1. Nachm. Orkan. 

ll — — NW. |Am 15. heftiger Sturm a. NW. [geht, dabeiEisregen. 
:08| 140 | — W.N. |Am 3. starker Wind a. N., der u. 9 Ab. in $turm a. S. über- 
001 — | 24-61) NW. |Vom 1.—3. stürmisch a. SW. u. NW. 

418) — 18-92) SW. |*Am 3:3 —16°3, am 16. stürmisch a. NW, 

-86| 8 28-10| NO. | 

17| 9 3547| NW. 


ı Tagen des Decembers 1854. 


zur Hälfte; 1200‘ höher liegt er noch ununterbrochen. Am 23. 8h 19' öfters Wetterleuchten im N. 


le März waren hier die Sehneemassen 6—7 Fuss hoch. 


| 


Il 


unterworfen waren, und diese sich besonders in demjenigen Theile Österreichs zeigten, 


auffallend und beschränkten sich mehr auf Orte von bedeutender Seehöhe, wie St. Maria. 
den höheren Stationen eine grössere Abweichung einzelner Tage vom Monatmittel der 


sletzteren oft anjenen Tag, wo die grösste Menge vom atmosphärischen Niederschlag stattfand. 


Üzermoviitz 
324.80 


liemberg 


324.27 


Pürslitz 


32/.26 


Klagenfurt 
376.39 


(ll 
325% 


Yalanı 


(in Albanien 


: \ ittleren Be iR Dunst- |Nieder-| yerr- 
ar Maximum Minimum ee Maximum Minimum nn lee url Aumerkünsen | 
; F - K. : : n | 
Beobachtungsort. peratur Tag | Temp: | Tag | en Tag Luttar. Tag | Luftdr. Par. Lin. | Par. Lin. | 
m weg|s " = 2 ; 22. 10" 30° Ab. Blitze gegen NO., am 3, Seir 
Bad Gastein . . . . |+ 1?611 24:6 |410°5) 11:4 |— 7°71202°23| 31-3 |298°73| 2371 Sn An ae En 
Kahlenberg + 1:61] 23-6 | +41:6| 11-3 | — 5°6|316-92| 31-9 |323°69| 22° Bo | 19:61 lwnw.lam 23, Ab. Blitze. 
a Su nvalsonan 31.9 Seren ats Ele 102 68:54] W. Am 1. hier nur —8°2, am 31. 495, 
Deubarsn) + 1:35] 28:6 Be m % ws 326-51| 31:9 1335-01) 23:3 |318-52| 1-94 | 33-78) W. |Vom 19. auf 20. Sturm a. NW., am 23. Ab. Blitze in NW. 
St He al es K an 23.6 7-41 42-3 |— 5-7'302-11| 31-9 \307-02| 13-3 |295°73| 2-02 82:41) SW. ee 
ee Y 1.92| 25:6. 9-4 12-3 | 8-01321-26| 31-5 1320-20] 23-3 |318-10| 1-91 | 1273| W. 0. |Am 3. +8:2, „NW. 
I . h 3 | = = Er 
Steinbüchel + 1:20| 23:6 | + 7°8| 12:3 |- 6:6) — mE ln: 25: : NW 
; 2: 135 . - -69) 23-3 1321-27) — | 15:08 5 j 
Bodenbach. . ..... |+.1:19| 23:6 |+ 8-1| 12:3 |— 5-2|329-17| 31:9 |336-69| 23-3 1321727) — ae 
eg Eee Fe 
bervellacl 1:11| 28-6 |+ 7:8) 12-3 |—10:6|308-! : : Pant: | 
re RE 4 1-01) 25-6 | + 9-7) 12:3 |— 8:5|324-23| 31:9 |331-49| 22-9 |315°87 en en 3 Am 16. —7°4 
St. Jakob... . . + 0:98 24:6 |+ 5:6 I = 2. en I Sn 1 u ne 45-81 Ww. Am 23. um 7% Ab. Blitz ohne Donner. 
Alt Bam. 0-86| 23:6 |+ 9-1| 11-8 |— 8: : "6 1303° a f Dune r "Ab, ; 
en 0.69 20:6 |4 7.8) 12:3 |—11-4[311-63) 31:9 1316-99) 13-6 [308:30| 1-73 |105:05| SO. [Am 23. u.24. um 2° Ab. Donner 
On + 0-62| 20-6.) +13-0 463 | — 60 — | — | — | | — = | 
Schössl#) ieh Eh + Dan 24-6 | + 7:6| 12-3 | — 6:1/321-85| 31-9 |328-87| 23-3 |313-17| 1:75 | 8:29| SW. 
St. Jakob (bei Gurk). |+ 0:49 26-6 |+ 7:7)12:3 | 90) — | — | — | — 
; 3.6 . 6 -9 [332- -3 1315-32) 1-76 | 9:83| N. 
ee. + 0-37| 25:6 | + 7-4| 12-3.) 6:0|324-41| 31:9 |332-00| 23-3 EN 
el a walsıreen| se [socren PEe  2 won 
Drantenau a + 0.24) 24.6 | + 6*2| 12:38 | — 9° B 5 ; $ — 2. N "451 Ab, . SEARENE 
Oderberg . . 2... + 0:45] 23-6 | +12-3| 13-3 Rt — | a u Am 23. um 8"45' Ab. Gewitter gegen 
Sumutzaee + 0:13) 26:6 |+ 681 12:31-12:83 — | — | — | — | — == r : : i 
Senftenberg) . . . 1 0:03 23: |+10:6| 1- |—11-71317-64| 31:9 1325-23] 23-3 1309-38| 1-83 | 36-65 Are: Se 2u, We) Lerleuchten Ran BIN Lunge 
St. Peter... . . — 0-42 26-6 |+ 6-0) 12:3 | —12-8|287-60| 31:9 |291-97| 23-3 |282-39| 1-50 | 27-96 h u stürmisch, 5 2 
Alkus (bei Lienz) 6) 0-22) 26:6 |+ 8:0| 11:3 14-0 Ei ee = = — — Sehr stürmisch, besonders am 9.10. 11. 15. 24. 25.237. 30. 
1 . ker 74) & 12° a a == ot 7 
Kesmark ..... | 4.08) 28-6 | +10-1| 13-3 —13-6|309-87| 31-9 |315-28| 23-3 1303-64| — | 1670| N. S. |Am 9, heftiger Sturm a. NW., am 22. Sturm a. W. 
Heiligenblut . ı— 1:61) 20-6 | + 5-7) 12:3 )— 9:9|284-50| 30- \288-02| 13-6 1279-01) — i= _ 
Plan) 2... . 1— 2:82 19-6 |+ 4:0] 11-3 |-—18-0|273-83| 31-9 1277-40 13-3 1267.88) — | 56:40, 0. 
Stilfserjoch a | Be een ee | | — — = 0. 
Obi. 2.22. | —24926-6) 460)13-3 | 945 | 02 er a Ei = — —_ — 
S. Maria®). 2.2.2. |— 8:99] 22-6 |+ 2-8) 11-3 |—23-6|244-80 31-3 j247-85| 13:3 239:08| — 1121-42] 0. |Am3. u.13. Sturm, am 12. 22. 23. Schneesturm, 
| Magnetische Störungen. 
Am 10., 12. 
Nachträge und Verbesserungen zu den früheren Monaten. i - 
Pressburg Sept. 1854] +12:23| 17:8 | +22-0] 27-3 |— 4:21333-72! 3-3 |336-78| 22-3 1330-04) — — | NW. ln eh ann ar na Denon 
Dee. 1854| + 2-15/ 16:6 |+ 7-5| 30-3 |— 3-0[330-63 29-9 1336-92 | 23-3 1325-08) — — NW. interpolirten ist gering und bei den Jahresmitteln unmerklich, 
Jänn. 1855| — 2-41) 1-6 |+ 7-3] 29-3 |—13-7|332:80| 7-3 |338-86| 1-9 [325-000 — — | NW. [Am 1. Nachm. Orkan. ERS 
Vehr. 1855| — 2:79| 27: -0| 3-3 | —12:0|329- ö 5-51] 14:9 [320-341| — — | NW. |Am 15. heftiger Sturm a. NW. geht, dabeiEisregen. 
Febr. 1855 2:79) 27:6 | + 7:0| 3:3 |—12:0/329-59| 3-3 335-5 \ Abi S. über 
Kahlenberg Febr. 1855 | — 3:93 2%: |+ 5°2| 20-3 1 —13-8|317-20) 2:9 )322-19| 14-9 |308-08| 1-40 = W.N. |Am3. starker Wind a. N., der u. 9*Ab. in Sturm a. S.über- 
Rzeszow Jinn. 1855| — 3:65) 8:5 |+ 2-6] 31-3 |—18-0|329-44| 7:6 |335-37) 2-6 1318-001 — | 24-61) NW. |Vom 1.—3. stürmisch a. SW. u. NW. 
Febr. 1855| — 3538| 14:6 | + 4-0| 22:3°| —16-4|317-21| 2-6 |332-14| 15-3 [318-48| — | 18-92! SW. |*Am 3-3 —16-3, am 16. stürmisch a. NW, 
Parına Jänn. 1855| — 0-66) 2: |+410-8| 22: | 9-61334-57| 7- |341-06| 2- 1327-86] st | 28-10| NO. 
Febr. 1855 [+ 0:58 28- |+ 9-2] 21° |— 5:2]331-49| 3- |336-50)14- 1323-17) 95 | 35-47| NW. 


1) Lemberg. Der Lagerschnee am 27. bis auf 

2) Krakau. Am 20. um 8% Ab. Mondsäulen. 

3) Czaslau. Am 19. der Lagerschnee verschwindet von den Feldern, 

4) Schössl. Am 23. völliges Thauen des Lagerschnees in der Ebene, . £ n n A . 

3 Senftenberg. Am 23. der Lagerschnee bee von den Feldern zu schwinden und zwar am 2%. bis zur Hälfte; 1—200/ höher liegt er noch ununterbrochen. Am 23. 8h 19' öfters Wetterleuchten im N. 
Am 27. um 9b 221 Ab. ein einzelner Blitz und prasselnder Donner. £ 

6) Alkus. Am 10. ist die Umgebuung zwar schneefrei bis 4600’, am 30. fiel wieder Schnee, N 

7) Plan. Der ganze Winter zeichnete sich mehr durch grosse Schneemassen als durch Kälte aus, zu Ende März waren hier die Sehneemassen 6-7 Fuss hoch. 

8) S. Maria. Am 11- März war die tiefste Temperatur in diesem Winter. 


Während in den Monaten Jünner und Februar Temperatur und Luftdruck grossen Störungen unterworfen waren, und diese sich besonders in demjenigen Theile ÜMNPERSITIS EIER: 
welcher dem Continental-Klima Europa’s nahe liegt, waren im März diese Störungen viel weniger auffallend und beschränkten sich mehr auf Orte von bedeutender Seehöhe, wie Si 5 Wr 
Die graphischen Darstellungen des Ganges der Wärme und des Luftdruckes zeigen daher im März an den höheren Stationen eine grössere Abweichung einzelner Tage vom Monatmitte 
Temperatur und des Luftdruckes als die tiefer gelegenen Orte. TEA Ks 2 hlag stattfand 

Bei der Darstellung des Ganges derFeuchtigkeitund des Ozongehaltes der Lufttrifft dasMaximum des letzteren oft an jenen Tag, wo die grösste Menge vom atmosphärischen Niederschlagsta ’ 


23 


ie Schneewehen geschmolzen; er dauerte seit den letzten Tagen des Decembers 1854. 


Gang der Wärme und des Luftdruckes im März 1855. 
’ : Die punctirten Linien stellen die Wärme, die ausgezogenen den Luftdruek dar. 
Die beigeschriebenen ‚Zahlen sind Monatmittel, denen die stärkeren Horizontallinien entsprechen. 
Ein Netztheil entspricht bei der Wärme einem Grad R&aumur, beim Luftdrucke einer Pariser Linie; 


LEERE NEE EEE ED EI FE EZ BANG! IR ESIEEEI NER EAN ABER. 


Kronstadi 
312.58 


Wallendorf 
320.22 


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2202 


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326.94 


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"| Herr- 


schender ; Anmerkungen. 
Wind 


sv. Am 1. u.8. stürm., am 1. Gewitter und Hagel im NW. 
NW. |Am 24. +0°5 


NW. Ar 10. stürmisch a. NW. 

NW. [Am 14. Ab. Gewitter. 

N. |Am 15. öfters Donner und OT 
% |Am 1. u.10. stürmisch. 


= 


W. |Am 1. $turm a. O., vom 8.—9. a. NW., am 22. a.W. 
| SO. |*jAm 23. —0'’4. Am 3. Nebenmond. Am 10. Ab. Blitze. 


BI oW. | [Am 28. Hochwasser. 

{| NW. |Am 12., 18., 26., 27. Stürme a.N., NW. u.NO. am 26. sehr 
0. |Am 13. 5" Ab. Nebensonne. [stark. 
N. 


N. |Am 10. um #4" 49 Ab. Sturm a. W. mit Gewitter u. Hagel. 
NW. |Am 8., 14., 20. Ab. Wetterleuchten. 


so : 

%,, |Am1.von3"M. bis 141" Ab. Sturm a. SO., dann ©. 14—15. 

w Noch oft Schnee, besonders vom 22.—27. 

NO. |Am 11. Gewitter. *Vom 16.—19. mangeln die Berichte. 
Am 1. u. 2. Sturm a. SO. Am 10. von 1—2" Ab. Schnee- 

N. [sturm a.W. 

« N Am 8. Sturm a. WSW., am 10. a.WNW. mit Hagel. Am] 

ei [3. Nebenmonde. 

NO 

W. ‚*Um 54/," M. -—-12°0. Am 8. Erdbeben. Am 9. sehr stürm. 

NO. 


N. *Den ganzen Tag. Am 5. und 26. Stürme. 


| NW. |*Das Min. zu Anfang des Monates war am 1. mit — 12° 8. 


es irrthümlich 6" Morg., 10" Ab. 


um 45 40° ausbrach, am Kahlenberge nicht beobachtet worden. Am 30. von 
ien Regen), Nachts stürmisch. 


erhob sich der Sturm am 10. kurz vor 3" Ab. sebr plötzlich aus NW. zu W., 


uerten 2—3'; das Getöse war wie wenn ein schwerer Wagen auf der Strasse. 
inde, aus allen Richtungen wechselnd; am 28. Ab. starkes Schneegestöber. 
Ab. —: mit Schneefall, 

Ile und Mittags eine Temperatur von +2 bis 2-80; Morgens fiel die Temperatur 


Beobachtungsort. 


Pilsenwmen 
Lemberg 
Obervellach 
Czaslau . . . - 
Bodenbach. . 


Kahlenberg 1) . Kr 


Pürglitz . . 
Schemnitz . 
Althofen 
Krakau . 

St. Paul. . 
Jaslo . 
Rzeszow. e 
Tröpelach . . 
Leutschau . 
Oderberg . . 
Weissbriach . 
Gastein?) .. . . 
St. Jakob. . . 
Reichenau®). . . 
Trautenau. . . 
Steinbüchel 

St. Magdalena . 
Deutschbrod . . 
Kesmark » 


St. Jakob (bei Gurk). 


Senftenberg*) . . 
Saifnitz . . . - 
Obir I. . . 

Obir III. 

Malnitz . . . » 
Heiligenblut . 

St. Peter . . 
Plan?) . 
Stilfserjoch ®) 
S. Maria ”). . 


Ozernowitz Februar 


In Czaslau werden die Ozonometer-Beobaehtungen um 6" Morg. und 6" Ab. gemacht, in der Jahresübersicht heisst es irethümlich 6" Morg., 10" Ab. 


Mittlere 
Tem- 


peratur 
Reaumur 


+5°31 
+5° 
+5: 
-99 


30 
23 


Dunst- |Nieder- 
druck | schlag 
Par. Lin. | Par. Lin. 
— 6"60 
2"35 | 29-41 
1:77 | 29-13 
2:53 |° 6:74 
— 17:33 
2-27 | 11:48 
2-68 8:93 
—_ 8-76 
1-89 | 35:50 
2-34 | 11-02 
2-27 | 2558 
2:29 | 39-57 
— 19:27 
2:00 | 28:20 
— 4:66 
— 7.4 
— 14:65 
2-01 | 29:30 
— 13-88 
—_ 20:34 
1:94 | 17:63 
— 15:78 
_— 4:09 
2:20 | 19-71 
— 14:90 
1:85 — 
— 63:01 


Herr- 


Wind 


Maximum Minimum ne Maximum Minimum 
druck. 
Tag | Temp. | Tag | Temp. |par. Lin.| Tag | Luftdr.| Tag | Luftur. 
20-6 | +15°5| 28-3 |— 0°2|325”01| 23-9 |329”08| 10-6 |315”80 
17:6 |+14:0| 1:3°|— 3:3/325-48| 1:6 |333-49| 10:9 |316-60 
20:6 | +16°0| 25-3 |— 1:0/312:05| 17° [315-611 — —— 
20-6 | +17°0| 23:3 |— 2:0/327:00| 22:9 |330-98| 10:6 [316-99 
20:6 | +16'2) 23-3 |— 1'2|332-30| 1:3 |336-38| 10:6 |322-19 
17:6 | +13-8| 23-3 |— 0:6/319-61| 1:3 |323-48| 10-6 |311-12 
14:6 | +15°2| 23-3 |— 2:7|324°79| 23-3 |329-17| 10-6 [31482 
17:6 +13:6|) 23- |— 1:0313-45| 1° |318-15| 10-8 |306-36 
18-6 | +17-3| 24-3 |— 2-1/309-22) 17:3 |312:91| — n— 
20 +16-5| 25° — 1:7/328:98| 1:5 |335-40| 10:7 |318-49 
15-6 | +16-1| 24-3 |— 2-61319-33| 17-3 |323-37| — — 
17:6 | +15-0| 1:3*| — 4:6|327:96| 1:6 |334-71| 10-6 1319-28 
23:5 | +15-4| 1:3 |— 5:8/328-85| 1:5 1335-88| 10-3 1319-22 
20:6 | +15:6| 24:3 |— 3:3|313-85 17° 1317-51) — —_ 
15:6 | +13-9| 1-6 — 2:8/323-91| 1:6 |329-70| 10-9 |315:82 
20-6  +15.3| 2531 — 17 — —_ — — _ 
20° +14:5| 24: |— 3-6 — — 
17:6 | +16°4| 24-4 |— 2:5,296-92| 16:6 |300-86| 10-4 1290-56 
20° +10-2| 24- |— 1:4/300-.83| 17: |304-43| — — 
20-6 | +11-0) 28-3 |— 1:-01313-80| 22:9 1317:29| 10-6 130481 
20-5 1+12-8| 9-4 — 1:11320:37| 16:8 |324-12| 10-5 1310-60 
ilaa +11°8| 24-9 |— 2:8) — = — — — 
15:6°| +15-8| 23-3 — 2°4|304:04| 22:9 |307-15) 10:9 |297-82 
20:6 |+15:3| 23:3 |— 24 — == _ —_ — 
20:6 |) +13-3| 1:3 |— 4-41312:70| 1:3 |318-08| 10-9 |303:82 
15° | +14 :1| 24 |— 3.0) — = — —_ — 
20° |+16-1| 23: |— 4:2|320-42| 1-1 |325-15| 10-6 1310-00 
20° +12:6| 24° 44 — 
15° |+16.0| 25: |— 55 — 
20° + 8:5) 24° |'—11:0| — — u = 
15° +13.5| 24. |—- 4:5 —_ = - — = 
15: |+10-5| 24: |— 4-41287-40| 1? |290-88)| — = 
20° +12°5| 24° |— 5:0/290°35)| 16:3 |293-90| — — 
17-6 |+ 9:1 24:3* — 9-2276-70| 16:6 |280-4&| 11:3 |269-19 
18:81 + 9-0] 24:9 |—10-0 
17:6 \+ 2-8| 23-3 —15:5|247:28| 16-* 1251-65 11-3 [24184 
Magnetische Störungen. 
Am 3., 11., 13., 16., 24. 
Naehträge und Verbesserungen zu den früheren Monaten. 
2| 223° -14:21325-03 20-6 330:43] 15:6 |316°52 


| 4:13 | 27:6 |+ 5 


Gastein. 
Reichenau. 


Senftenberg. Der Sturm am 8. ( 


Bis zum 27. noch öflers Schneefälle. 


Kahlenberg. AmS. von 5-6 Ab. Gewiltersturm (in Wien nicht auffallend); dagegen ist der Sturm am 10., der in Wien um 
3—4l Ap. ferner Donner und einzelne Windstösse (in Wien nicht). Am 26. während des Tages öflers Schneegeslöber (in Wien R 
Am 1. ist der Lagerschnee im Thale weggeschmolzen. 
Am 14. u. 15. Ab. starkes Blitzen; am 15. Hagel, oft noch Schnee, besonders am 27. mit Frost. 
aus SW, zu S.) brach um Al 28' plötzlich aus, ihm folgte ein starker Gussregen. 


um 6h Ah. folgte starker Hagelschauer, welcher um 8t noclı den Boden wie mit einer Schneedecke überlägerte 


8. Maria. 


Stilfserjoch. Auch hier vom 15.— 
Vom 16.—20., wo an den meisten. Orten die grösste April-Wärme slattf; 


auch an diesen Tagen noch unter 0. 


Plan. Am8. um 4 571%' Ab. wurde hier ein bedeutendes Erdbeben verspürt. Die Slösse waren in verticaler Richtung und dauerten 

schnell vorbeiführe; es wurde noch in einer Entfernung von 4—5 Stunden, aber schwächer verspürl- 
20. schöne ruhige Witterung. Am 29. starker Weltersiurz um 9’); Morg. -+2:5%, um 3 Ab. — 
und, herrschte hier Heiterkeit und Windstille und N 


Am 9. wehten heftige Winde, 


— | 18:27 | NW. |"Das Min. zu Anfang des Monafes war am 1. mit — 12°8. 


Ebenso erhob sich der Sturm am 10. kurz vor 3" 


schender 


Anmerkungen. 


Am 1. u. 8. stürm,, am 1. Gewitter und Hagel im NW. 
Am 24. +05. 


Am 10. stürmisch a. NW. 

Am 14. Ab. Gewitter. 

Am 15. öfters Donner und Gewitterregen. 
Am 1. u. 10. stürmisch. k 


Am 1. Sturm a 0., vom 8.—9. a. NW., am 22. a.W. 
ne 23- —0 4. Am 3. Nebenmond. Am 10. Ab. Blitze. 

[Am 28. Hochwasser. 
Am 12., 18., 26., 27. Stürme a. N., NW. u. NO. am 26. sehr 
Am 13. 5" Ab. Nebensonne. [stark. 


Am 10. um 4" 49’ Ab. Sturm a. W. mit Gewitter u. Hagel. 
Am 8., 14., 20. Ab. Wetterleuchten. 


Am 1. von 3" M. bis 11" Ab. Sturm a. SO., dann 0. 14—15. 
Noch oft Schnee, besonders vom 223,—27. 


Am 11. Gewitter. ”Vom 16.—19. mangeln die Berichte. 
Am 1. u. 2. Sturm a. SO. Am 10. von 1—2" Ab. Schnee- 
[sturm a. W. 


Am 8. Sturm a. WSW., am 10. a. WNW. mit Hagel. Am 
[3. Nebenmonde. 


>Um 5," M. —12°0. Am 8. Erdbeben. Am 9. sehr stürm. 


Den ganzen Tag. Am 5. und 26. Stürme. 


44.40‘ ausbrach, am Kahlenberge nicht beobachtet worden. 
egen), Nachts stürmisch, 


93%; das Gelöse war wie wenn ei 
aus allen Richtungen wechselnd; am 
40 mit Schneefall. £ 

Tittags eine Temperatur von +2 bis 


Am 30. von 


Ab. sehr plötzlich aus NW. zu W., 


n schwerer Wagen auf der Strasse 
28. Ab, starken Schneegeslöber. 


2:80; Morgens fiel die Temperalur 


). 
Anstalt. 


Beoba,,, 


d 


Anmerkungen. 


Curzolar 


Ragusa?, |Yom 19.23. häufige Erdstösse. 

Valona 

Udine., |Am 11. um 12* Gewitter. 

Zara?) 

Parma ® 

Mailand | 

Venedig, |Am 8. v. 648’ — 10: Ab, Gewitter, Sturm u. Hagel. _ 

Meran. , |4m28. Sturm, am 15. warmer Westw., am 8.Wetterleuchten. 

Szegediı 

Semlin 

DENT. Am 15. Gewitter in SW., Ab. Wetterleuchten in SO. 

sva. 

Gran . 

ne _|*In der Nacht vom 23. auf 24. —2°7 und Eis. 
etz 

Pressbur 

Tirnau ; |Am 15. Gewitter a. NW., am 25. Sturm a. N. 

a . |Am 4.u.10. stürm., am 22. Schneesturm, am 14. Ab. Gew. 

Wien‘), |Am10.um #40’ kurzer Sturm a. W., am 5. u. 22. Donner, 

rAgordo [am 15. Ab. Wetterleuchten. 

Laibach [Am 11. um 3° Morg. Gewitter mit Schneefall, 

Cilli ©) , [Am 23. starker Reif und Frost, am 15. Gewitter. 

Olmütz 

Innsbrue! : 

Adelsber | Am 1. stürmisch a. NO. 

Linz °) 

Debreeziı 

Czernowi |#Am 1. u. 24. 0°0. 

Brünn. . 

Korneubti |Am15.@ewitter in NW., am 22. Morg. —2°0, am 25.—2°5. 

Bregenz J Am 10. u. 11. Sturm a.S., am 8. Hagel (Graupen?), am 15. u. 20. Gew., am 

nad [1*. Wetterleuchten. 
LonstaT |Am 18. 5h Ab. Gew. a. W., am 26. um 2" 30‘ Ab. a. SW., am 16. Wetterl. 

Lienz *!) |Am8.u. 15. Sturm, am 7. Blitze in NO. 

Prag Am 10. stürmisch und Gewitter in S. 

Zavalje Am 18. Ab. Wetterleuchten, am 10. Sturm a. S. 

Klagenfuü | Am 10. Sturm a. SW. 

Kremsmü |Am 1.stürm. a. O., am10. a. SW. Am 8. Ab. imW. u. NW. heft. Blitzen. 
1) Cuı 


?) Ragıon 2/ Morg. wellenförmig durch 8, dann St Ab.; am 24. um 1h 55° 
ZW, jener am 20. um 24 8 Morg. der stärkste war. 


3) Zar 


Am 10. u. 26. Morg. auch +8°0°, am 11. stürmisch a.N. 


4) Zeh 28. Regen mit Hasch 


6) Sclhegetation. Ba 
) ciınde horizontale Nebensonnen in dem gewöhnlichen Abstande von 220, 
11. 


9) LiMnner und Hagel. Am 22. stürmisch mit Schnee und Hagel (Graupen?). 
10) a mit langem glänzenden Schweife im Sternbilde des kleinen Hundes 
u 


11) Lie, Schattenseite bis 2600° weggeschmolzen. Vom 13.—20. milde Tage 
vo 

12) KroY: Gewitter a..W. Am 20. um 5b 30‘ Gewitter im SW. Vom 22.—26. 
wi 


In Agor®P, Fuss, an densüdlichen Ausläufern der Alpen am Cardevale. 


Sit 


Kremsmünster. 


a 


322.91 


Die am Rande reehts stehenden Zahlen bezeichnen die grösste Menge des Niederschlages an einem Tage. 


ui | u. | 
2 Übersicht der Witterung in Österreich im April 1855. 


Entworfen von A. U. Burkhardt, Assistenten an der k. k. Central-Anstalt. 


en Maximum Minimum a Maximum Minimum | Dunst- |Nieder-| ner 
htungsort. A —_—_—— —  ———  ——  — | druck | schlag |schender Anmerkungen. 
Bonbas 8 Wr Temp. on Tag | Luftdr. Luftdr.| Par. Lin.|Par. Lin.) Wied 5 
zolal)..... +12°04| 17:6 |+18°0| 24:9 | 480 | — | — — | — | — | 5”20 | 15”02 | NW. |Am 10. u. 26. Morg. auch +8-0°, am 11. stürmi 
ep 0 22 [441-911 19:6|418-0| 8:3 | 47-2 [334°78| 48:3 |337”81| 11-6 |927°87| 3-25 | 5-08 | NO. |Vom 19.23. hüußge Erästüsse, en 
Valonnwese Fer +11:-83) 17:6 |+18-0| 25:3 | +6°0| — u — ni 4-57 | 44:07 | NW. 
Udine- >: 2... .1+40-62) 48:6 | +18-2| 24:3 | 4304| — — — — = = = W. |Am 11. um 12" Gewitter, 
Zara®) » » . .- - )+10:35| 18-6 | +16-2| 24°3 | +46 336-46| 16:6 |339-68| 10-9 1331-43, 3-92 | 10-60 | SW. 
Parma®) . 2... |+10-20| 21:°°|+19-5) 1° | +12 1332-75 16° 1336-29) 10- |325-14| 74- — d. 
Mailand . . . + 9-89) 16° |+19-6| 23° +0:8 |330-72| 23-5 |334-63| 10-5 |323-65| 3-08 | 56:55 | NO. 
Venedig. . » + 9:83) 47:8 |+16-2) 1:3 | +4°0 |336-20| 16-6 1339-82] 11-3 )328:43| 3-35 | 22:48 | SO. |Am8. v. 645’ — 10° Ab. Gewitter, Sturm u. Hagel 
Meran. . + 9-26) 13:5 1 +49-6| 24-3 | +21 |324-62| 17:3 |328-26| 11-3 [318-57| — |11:21 | NW. Am 28. Sturm, am 15. warmer Westw., am8.Wetterleuchten 
Szegedin + 8-18| 20-6 | +17-4| 23-3 | +0-5 1333-33] 1-9 |338-69| 11-6 |326-54| — |17:10| W. i 
Semlin . . - + 8-17|(2)23:6| +18-2|(9)233| +22 |332-94| 1:3 |338-55) 11-3 [325.64] °— 7.50 | Sy 
Fünfkirehen . + 8-05| 17:6 | +18-2| 24-3 | +2-1 1333-73) 1-3 |334-82| 11-3 1324-33) — 9:82 | NW. |Am 15. Gewitter in SW., Ab. Wetterleuchten in SO. 
Jolsva. . . + 7:392| 15:5 | +21:02) 24-3 | —20| — = _ _ — —_ —_ N. 
Gran on... + 7:20| 17-6 | +17:0| 25-3 | —03| — — 9:84 | NW. 
Wallendorf°) + 7.23| 17-6 | +415-5| 1:3°| +11. 1321-46) 1:9 |328-62| 12-3 1314-96) 2:65 | 770 W. |*In der Nacht vom 23. auf 24. —2°7 und Eis, 
Retz . un + 7.10) 20:6 |+17°2| 1:3 | +1°9| — — — 
Pressburg . . + 7-05| 16-6 |+14°5| „2:3 | +0:5 1331-43) 1:3 1336-39 11-3 1323-79) — — — 
EU AN + 6-95| 17:6 | +#7:0| 22:2 | +10 |331-26) 14 33650) 10-6 |323-13| 2-75 | 10-09 N. [Am 15. Gewitter a. NW., am 25. Sturm a.N. 
Schössl®) . . . + 6:92) 20-6 | +15:9| 23-3 | —2:0 |324-75| 23-3 328.96) 10-6 |315-04| 2-24 | 12-93 | NW. |Am 1.u. 10. stürm., am 22. Schneesturm, am 14. Ab. Gew. 
Wien) az + 6:61| 20-6 | +19-0) 25-3 | —1:8 |329-65| 1-4 |334:27| 10-7 |320-60| 2:26 | 11:99 | NW. |Am 10. um 440’ kurzer Sturm a. W., am 5. u. 22. Donner, 
-+Agordo + 6-60) 20-6 | +16-5 | 23-3 | —2°0 1312-84| 17-3 |316-67| 11-3 |305-43| — 0:32 | SO. [am 15. Ab. Wetterleuchten. 
Laibach . . . . ı 6-60| 15-6 | +16-4) 12-3 | —5:0 [325-52| 22°9 |329-30| 10-9 |318:29| 2-60 | 73:20 | SO. |Am 11. um 3" Morg. Gewitter mit Schneefill. 
(MS) ra + 6:37) 15-6 |+17:0| 25:3 | —1:7 |327:56| 22°9 1331-64] 10-6 |321-29) 2-44 | 37:30 | NO, |Am 23. starker Reif und Frost, am 15. Gewitter. 
Dlmnuzemeee er + 6-35| 16-6 | +18:0| 25-3 | —0:6 |328:75| 1°3 |333-74| 10-6 1319-99) — —_ zo 
Innsbruck . . . - + 6:33| 20-6 | +17°4| 11-3 | +1°2 |314.27| 23:3 |317:67| 10-9 1305:98| — 9.697 | — = 
Adelsberg . . ı 6-18| 15:6 |+18°3| 1-3 | —0-8 |315-36| 16°6 |318-73| 10:9 )308:98| — — — ıAm41. stürmisch a. NO. 
Binz)ew.. 2. + 6:16) 20:6 | +16-0| 24-3 | —0-4 |326-87| 22-9 |331-03| 10-6 318.52) — 127.08) W. ; 
Debreezin . + 6-44] 17:6 \+14°6) 23:3 | +0°2 |331:63| 1-6 |337-31| 10:9 |322:99| — |141226| N. 
Czernowitz + 6-12) 21-6 | +15-5| 3-3*) —1:0 |326-49| 1-6 |334-60| 10-9 |319-22| — |36-141 | NW. |*Am 1. u. 24. 0°0. 
Brüm..... + 6:09| 33: |+16:6| 24: | —4:0 |328:88| 1-5 |333-26| 10-6 |319-85| 2-33 | 6-64 | NW. 
Korneuburg . . + 6-02) 16° |+16-6) 25-3 | —1:0 13-06 | NW. |Am15. Gewitter inNW., am 22. More. —2°0, an25.—2°5, 
Bregenz e + 5-90 20-6 | +17:2| 24-4 0-0 1321-37 | 22-4 |325-49\ 10-6 \317-04 > 25-51 S. Am 10. u. 11. Sturm a.S., am 8. Hagel (Graupen?), ai 15. u. 20. Gew., am 
Kronstadt 2) Ar 5-77 75 + 12-2 1-3 | —0-A |313:76 1-9 [321-00| 12-3 1306-97 — 39:89 = Am 18. 5h Ab. Gew. a. W., am 26. um 2h 30’Ab.a. | 
Lienz 2). + 5-75| 15°6 | +16°0| 24:3 | —3:2 [1311-16 17-3 |315-00| 11-3 1303-96) 2-03 | 23-32 | NW. |Am 8. u. 15. Sturm, am 7. Blitze in NO. 
Hm + 5:69 20° |+17:4| 23: | —0:7 |328:92| 22: 1333-40) 10- |318-92| 2-37 | 6-67 | W. |Am10. stürmisch und Gewitter in S. 
Zavalje - - + 5.66| 21:6 | +16-4| 24-3 | —2 2 | — — —_ — —_ — _ N. |Am 18. Ab. Wetterleuchten, am 10. Sturm a. S. 
Klagenfurt. . . |+ 5-54| 15° | +20-7| 24° | —4:6 |318-62| 17-3 |322-84| — —_ 2-47 | 31:26 | SO. |Am 10. Sturm a. SW. 
Kremsmünster 2). . |+ 5-37| 20-7 | +16-4| 24:2 | —1:0 |322-91| 22-3 |326-51| 10-7 |313-69| 2:53 | 37:30 | 2. |Am1.stürm. a. O., am10. a. SW. Am 8. Ab. imW. u. NW. heft. Blitzen. 


12) 


Curzola. Am 2$. fiel auf dem nahen Berge Vipera Schnee, sehr selten im April. 
Ragusa, Schwache Erdstösse waren am 19. um 9 Ab., am 20. um 2: 3’ Morg. und 21 45', dann 8" 50‘ und 8% 55‘, dann am 23. um 10h 2' Morg. wellenförmig durch 8', dann St Ab.; am 24. um Il 55° 
zwei schnell auf einander folgende. Auch andererseits in dem 7 Meilen entfernten Ragusavecchia wurden die Erdstösse verspürt, wo jener am 20. um 2h 8' Morg. der stärkste war. 

Am 16. April um 8: 30° Ab. wurde ein Lichtmeteor beobachtet, welches sehr hell und bei 3’ unbeweglich erschien. 


Zara. 
Vom 8.—9., 11.—12. und 21.—22,. Blitze. Vom 10.—11. sehr stürmisch, am 26, u. 28. Regen mit Hagel. 


Parma Am 1. häufiger Regen mit Schnee vermischt. 

Wallendorf. Stürme waren am 1. a.0., am 2. a. SW., am 13. a. W., am 17., 19., 25., 27. a. NO 

Schössl. Sehr oft Schneefälle, besonders am 1., 3., 8., 9, 12., 21., 22., 23., 24., 25., 26.; öftere Fröste, daher wenig und späte Vegetation. 

Wien. Am 9. von 8115'—-8h45'Morg. nebensonnenartiger verticaler Lichtstreifen (verticale Nebensonne); am 15. Ab. 6% zwei slänzende horizontale Nebensonnen in dem gewöhnlichen Abstande von 220 

Cilli. Bei dem Gewitter am 15. gegen 5h Ab. zündete der Blitz !/; Stunde von Cilli westlich. 

Linz. Am 10. um 2h 55‘ Ap. heftiger Sturm a. SW., welcher Bäume entwurzelte, dabei Donner. Am 11. um 2430‘ Sturm a. SW. mit Donner und Hagel. Am 22. stürmisch mit Schnee und Hagel (Graupen?). 

Kronstadt. Am 10. u. 13. Stürme a. N., am 20. Reif und Eis. Amil. um 8450’ Ab. wurde eine sehr intensiv leuchtende Feuerkugel mit langem glänzenden Schweife im Sternbilde des kleinen Hundes 
durch 3—4’' gesehen. 

Lienz. Am 10. allgemeines Schneeschmelzen im Thale. Am 30. war der Schnee an den Bergen auf der Sonnenseite 5400', auf der Schaltenseite bis 2600‘ weggeschmolzen. Vom 13.20. milde Tage 
vom 21.—27. täglich von 8: Morg. bis 8: Ab. stürmisch a. NW. 

Kremsmünster. Am 13. Ab. bei Sonnenuntergang prächtiges Alpenglühn. 
wie an vielen Stationen Frost und Schnee. 


Am 14. 8: Ab. häufiges Blitzen im W. Am 15. um 7 30' Gewitter a. W. Am 20. um 5l 30' Gewitter im SW. Vom 22.26. 


-+HIn Agordo bei Belluno beobachtet Hr.Dr. Rigoni-Stern. Agordoliegt unterm 46° 16" n. B.und 29° 13" ö.L., Seehöhe 1932 P. Fuss, an densüdlichen Ausläufern der Alpen am Cardeyale. 


Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVI. Bd. H. Hft. 


Gang der Wärme und des Luftdruckes im April 1855. 


Die punetirten Linien stellen die Wärme, die ausgezogenen den Luftdraek dar. 
Die beigeschriebenen Zahlen .sind Monatmittel, denen die stärkeren Horizontallinien entsprechen. 
Ein Netztheil entspricht bei der Wärme einem Grad Reaumur, beim Luftdrucke einer Pariser Linie. 


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Gang der Feuchtigkeit und des Ozongehaltes der Luft im April 18 55. 


Die punktirten Linien stellen die eg die ausgezegenen den Ozongehalt dar. 

Die am Rande befindlichen Zahlen sind die Monatmittel der Feuchtigkeit, jene zwischen 
den Curven die Monatmittel des Ozongehaltes. - 

Den Monatmitteln entsprechen die stärkeren Horizontallinien. 


Ein Netztheil beträgt für die Feuchtigkeit 5 Procente, für den Ozongehalt einen Theil der Far, 
benscala, welche vom völligen Weis bis zum tiefsten Blau zehn Abtheilungen enthält. 


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Die am Rande reehts stehenden Zahlen bezeichnen die grösste Menge des Niederschlages an einem Tage. 


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Aus d k x. Hof-u. Staatsdruckerei. 


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