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SITZUTSTGSBERICHTE
DER KAISERLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
PHILOSOPfflSCH-HISTORISCHE CLASSE.
fOnfundneunzigster band.
WIEN, 1880.
IN COMMI88ION BEI CARL GEROLD'S SOHN
BDCHHÄNDLBK DER KAIS. AKADRMIR DKK WI88BN8CHAPTEK.
SITZUNGSBERICHTE
fHILOSOPHISCH-HISTORlSCHEN CLASSE
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
F0NFUNDNEUNZIQ8TER BAND.
JAHRGANG 1879. — HEFT I— IV.
WIEN, 1880.
IN COHHI88IOK BEI CARL OEROLD'8 SOHN
;
DrticV von Adolf Holzhaasen in Wien,
k. k. Hof- und UDireraitMtfBoohdruckar.
INHALT.
Seite
SYl. Sitiung vom 2. Juli 1879 3
Mayr: Voltaire-Studien 5
Krall: Die Coinpositiou und die Scliicksalc des'Manetho-
nischen GeBchichtswerkes • . 128
XTO. Hltxuiig vom 9. Juli 1879 227
Hof 1er: Abbandlungon aus dem Gebiete der slaviscbeu Ge-
schichte. 1 229
XrilJL Hitsung vom 16. Juli 1879 246
Pfizmaier: Begebenheiten neuerer Zeit in Japan .... 249
Dadfk: Historische Forschungen in der kaiserlichen öffent-
lichen Bibliothek zu St. Petersburg 329
Pellner: Zur Geschichte der attischen Finanzverwaltung im
fünften und vierten Jahrhunderte 383
Knöll: Das HandschriftenverliKltniss der Vita S. Severini des
Eugippius 445
:. Sitsmig vom 8. October 1879 501
:. Sitenng vom 15. October 1879 503
Oebauer: Nominale Formen des altböhniischen Comparativs 505
H ö f 1 e r : Abhandlungen auH dem Gebiete der alten Geschichte.VII. 521
Sitsaug vom 22. October 1879 566
Hitiung vom 5. November 1879 571
3) Horawitz: firasmiana. II 575
XXni« mtcung vom 12. November 1879 611
Math: Heinrich von Veldeke und die Genesis der romantischen
and heroischen Epik um 1190 613
Rzach: Stadien zur Technik des nach homerischen heroischen
Verses 681
XXIY. 8it2ling vom 19. November 1879 873
Höfler: Abhandlungen aus dem Gebiete der slavischen Ge-
schichte. H. und III 875
XXY« 8itsaBg vom 3. Decerober 1S79 915
XXYI. Sitzung vom 10. December 1879 917
Pfizmaier: Die Sammelhäuser der Lehenkönige Chiua's . . 919
XXVII. Sitzung vom 17. December 1879 977
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SITZUNGSBERICHTE
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DER KAISERLICHEM
\K4DEMi DER WISSENSCHAFTEN.
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PHILOSOPHISCH-HISTORISOHP] CI.ASSE.
XCV. BAND. HEFT I.
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JAHRGANG 1879.
JULI.
-• WIEN, 1879.
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IN COMMIS8ION BEI CARL GEROLD'S SOHN
nUCHHANDLKR DER KAIS. AKADKMIK DKK WISSKNSCIIAFTKN.
INHALT.
Seite
XVI. Sitzung vom 2. Juli 1879 3
Mayr: Voltaire-Studien 5
Krall: Die Composition und die Schicksale des ManethO'nischen
Gescbicbtswerkes 123
XVII. Sitzung vom 9. Juli 1879 227
Höfler: Abhandlungen aus dem Gebiete der sla vischen Ge-
schichte 229
XVIIL Sitzung vom 16. Juli 1879 246
Pfizmaier: Begebenheiten neuerer Zeit in Japan .... 249
Dudik: Historische Forschungen in der kaiserlichen öffent-
lichen Bibliothek zu St. Petersburg 329
Fe 11 n er: Zur Geschichte der attischen Finanzverwaltung im
fünften und vierten Jahrhunderte 383
KnöU: Das HandschriftenverhKltniss der Vita S. Severini des
Eugippius 445
SITZUNGSBERICHTE
DBB
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE CLA8SE.
XCV. BAND. I. HEFT.
JAHRGANG 1879. — JULI.
SitnnpUr. d. phil.-hUt. Cl. XCV. Bd. I. Bft.
Ausgegeben am 20. Docember 1879.
XVI. SITZUNG VOM 2. JULI 1879.
Der Verein böhmischer Aerzte in Prag ladet zu der in
Gemeinschaft mit der König;grätzer Stadtvertretung am 3. August
d. J. zu begehenden Feier der Einsetzung einer Gedenktafel
an dem Geburtshause Rokitansky's ein.
Das w. M. Herr Hofrath Alfred Ritter von Krem er über-
mittelt einen Betrag von fünfhundert Gulden zum Zwecke der
Unterstützung einer herzustellenden Textausgabe der , Geogra-
phischen Beschreibung Arabiens' von Hamdäny.
Herr Siegfried Mekler^ Supplent an dem k. k. akademi-
schen Gymnasium^ legt eine Abhandlung: ^Ueber einige lücken-
kfte Stellen des Euripides-Textes' mit dem Ersuchen um ihre
Veröffentlichung in den Sitzungsberichten vor.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Acad^mie des Inscriptious et Belles-Lettres : Comptes rendus. IV^ S^rie.
Tome VII. BuUetiu de Janvier-Fevrier-Mars. Paris, 1879; 8".
— royale des Sciences, des Lettres et des Beaiix- Arts de Bcl^que. Bulletin.
48« Ann^e, 2« S^rie, Tome 47. Nr. 5. Bruxelles, 1878 ; 8«.
Accademia, reale della Crusca: Atti. Firenze, 1879; S^.
Akademie der WissenschafteD, königl. preussische, zu Berlin: Monatsbericht.
April 1879. Berlin; S^
1*
AmbroBi, Francesco: Profili di una storia degli Scrittori e Artisti Trentini.
Borgo, 1879; 80.
Central-Commission, k. k. statistische: Statistisches Jahrbuch für das
Jahr 1876. VII. Heft. Wien, 1879; 8«. Für das Jahr 1877. IX. Heft
Wien, 1879; 8«.
Christiania, Universität: Aarsberetning for Aaret 1876 og 1877 med Bi-
läge. Christiania, 1877 og 1878; 8'^ — Universitets- og Skole-
Annaler. Tredie Racke. 3. og 4. Hefte. Juli 1877. Christiania, 1877; 8».
Tredie Racke. XV. 1. og 2. Hefte. Juli 1878. Christiania; 80. 3. Hefte.
Februar 1879. Christiania; 80.
— Widenskabs-Selskabet: Forhandlinger. Aar 1876. Christiania, 1877; S^.
Aar 1877 og 1878. Christiania, 1878/79; 8«. — Register 1868—1877. Chri-
stiania, 1879; 8^ — Fortegnelse over Separat-Aftryk. Christiania, 1878; 8^.
— Norske Rigsregistranter Tildeeis i Uddrag. 6. Binds, 2. Hefte. 1631—1634
ved Otto Gr. Lundh. Christiania, 1877; S^. 7. Binds, I.Hefte. 1635—
1637 ved Otto Gr. Lundh. Christiania, 1877; 8^.
— Heilagra Manna Sögnr: af Dr. C. R. Unger. II. Christiania, 1877; 8".
Altitalische Studien von Sophus Bugge. Christiania, 1878; 8^.
— Beretning om Bodsfaengslets Virksomhed i Aaret 1876 og 1877. Chri-
stiania, 1877/78; 80.
— Festskrift til det kgl. Universitet i Upsala ved dets Jubilaeum i September
1877. Christiania, 1877; 40.
Greifswald, Universität: Akademische Schriften pro 1878. 37 Stück
40 und 80.
Mittheilungen aus Justus Perthes^ geographischer Anstalt von Dr. A.
Petermanu. XXV. Band, 1879. VI. Gotha; 40.
^Revue politique et litt^raire* et ,Revue scientifique de la France et de
TEtranger*. VIII« Ann^e, 2« SMe. Nr. 51 et 62. Paris, 1879; 40.
Society, the American geographical: Bulletin. 1879. Nr. 2. New York; 8^.
Ungarischer Karpathen- Verein : Jahrbuch. VI. Jahrgang. 1879. K^sm^rk; S^.
Verein, croatisch-archäologischer: Viestnik. Godiua I. — Br. 3. U Zagrebu,
1879; 80.
— für Landeskunde von Niederösterreich: Blätter. Nene Folge. XII. Jahr-
gang. Nr. 1 — 12. Wien, 1878; 80. — Topographie von Niederösterreich.
IL Band. 4. und 5. Heft. Wien, 1879; 40.
— militär-wissenschaftlicher, in Wien: Organ. XVUI. Band. 4. und ö. Heft.
Wien, 1879; 80.
Xajrr. Volteire-Stvdien.
Voltaire-Studien.
Von
Br. Biohard Mayr.
Voltaire's königliche Stellung in der Literatur haben
Freund und Feind anerkannt. Seinen thatsächlichen Einfluss
hat noch Niemand bestritten. Aber diese Taxation seiner histo-
rischen Bedeutung und die Würdigung des relativen oder
absoluten Werthes seiner Leistungen auf den mannigfaltigen
Gebieten des Schriftthums sind zweierlei Dinge. In letzterer
Beziehung ist das Urtheil noch keineswegs zur Ruhe gekommen.
Die nachfolgenden Studien bezwecken, zur Klärung des Urtheils
beizutragen. Sie erstrecken sich über ein Gebiet, auf welchem
Voltaire geradezu Epoche macht ; sie betreffen seine histo-
Kschen und geschichtsphilosophischen Werke.
Im Jahre 1731 debutirte er mit seinem Karl XIL Zwischen
dem Erscheinen dieses seines Jugend werkes und der welt-
berühmten universalhistorischen Arbeiten liegt eine Frist von
zwei Decennien. Poetische und naturphilosophische Schriften
schienen seine Thätigkeit vollständig zu absorbiren. Allein
seine englischen Briefe und andere mehr vereinzelte Aeusse-
rangen beweisen uns, dass der geschichtliche Mensch auch zu
dieser Zeit in die Sphäre seiner Studien einbezogen blieb. Zu-
dem wissen wir aus seinen Briefen und aus seiner Biographie^
dass er um 1740 sich mit einer Lebhaftigkeit und Ausdauer
der Geschichte zuwandte, wie dies nur seinem unvergleich-
lichen Naturell möglich war. ConceptC; die er damals zu
Papier brachte, circulirten lange, bevor seine gereiften Ar-
beiten im Drucke erschienen, unter Freunden und Anhängern.
6 Mayr.
1744 wurde er zum Ilistoriographen von Prankreich ernannt,
was ihn bewog, die Geschichte Ludwig XIV. zu fördern und
auch die des regierenden Königs ia Angriff zu nehmen. Um
das Jahr 17.50 begann endlich die lange zurückgedämmte Fluth
historischer, politischer, philosophischer Schriften sich über die
gebildete Welt zu ergiessen, welche längst gewohnt war, auf
ihn als ihr Orakel zu lauschen. Die Liste aller diesbezüglichen
Werke, Abhandlungen, Gelegenheitsschriften, Artikel würde
allzuviel Raum einnehmen ; bis in seine Romane und Poeme
können wir die Gedanken verfolgen, welche der Auffassung
geschichtlicher Dinge bei ihm zu Grunde liegen.
Yoltaire's Yerhältniss zu seinen Vorgängern auf dem
Gebiete der Geschichtschreibnng.
Den letzten entscheidenden Anstoss zu umfassenderen
historischen Studien gab Voltaircn seine berühmte Freundin,
die Marquise du Chätelet. Voltaire selbst spricht davon zu
wiederholten Malen. Nachdem die merkwürdige Frau Mathe-
matik, Newton's Physik und Leibnizens Philosophie bewältigt
hatte, warf sie sich mit unersättlichem Wissenstriebe auch auf
Geschichte ; davor hatte ihr bisher stets gegraut. ^ ,Diese
philosophische Dame', sagt Voltaire, ,fuhlte sich vornehmlich
durch zwei Dinge zurückgestossen : durch die langweiligen
Details und die haarsträubenden Lügen, wie sie den grössten
Theil unserer historischen Compilationen erfüllten ; sie wollte
Geschichte lesen und fand nichts als ein Chaos, eine An-
häufung nutzloser Facten ; sie verzichtete also auf ein eben so
trostloses, wie grenzenloses Studium, das den Geist zu Boden
drückt, ohne ihn aufzuklären.' Da entwickelte ihr Voltaire
* Vgl. Memoire» pour servir k la vie de Voltaire Berits par lui-m^me,
compoB^s 1759. — A M . . . profess. en bist., 1753. — Pr^face zur Aus-
gabe des Essai von 1754. — Remarques ponr servir de suppl. k l'E^ai;
1763, I. — Fragments sur l'bist g6n6r., 1773, L
Voltaire-Stadien. 7
seine Vorstellungen von einer geistvolleren Art Geschichte zu
betreiben, und siehe da, beide warfen sich nun mit Eifer auf
ein Studium, dessen schwierigere Hälfte, nämlich die Arbeit,
auf Voltaire fiel. ,Ich war anfangs überrascht, wie wenig
Unterstützung ich in den zahllosen Büchern fand. Das einzige
was mich bei diesen so undankbaren Studien aufrecht erhielt,
war der Umstand, dass wir ab und zu etwas über Künste und
Wissenschaften vorfanden. Darauf richteten wir unser Haupt-
augenmerk . . . Sie (die Marquise nämlich) wollte das Genie,
den Charakter, die Gesetze, Vorurtheile, Culte, Künste der
Völker kennen lernen', während sie in den alten Büchern nur
fand, ,da88 im Jahre der Schöpfung 3200 oder 3900, gleich-
riel, ein unbekannter König einen noch unbekannteren in der
Nähe einer Stadt, deren Lage vollständig unbekannt war, in
die Flucht geschlagen habe.'
Aus diesen Aeusserungen geht zur Genüge hervor, dass
dasjenige, was Voltaire zum Studium der Geschichte führte,
eigentlich der klägliche Durchschnittszustand dieser Wissen-
schaft und das Bedürfniss der Zeit nach einer höheren Art von
Historiographie war, welches Bedürfniss wir uns in der ,gött-
lichen Emilie' so zu sagen verkörpert denken können. Voltaire
arbeitet im stillen Auftrage der Gebildeten, der ,honnetes gens'
seiner Zeit, welchen das Alte nicht mehr genügte und welche
die Welt, wie die Wissenschaft nach ihrer Fagon geformt wissen
wollten. Voltaire ist der Qeschichtschreiber oder besser der
Geschichtsphilosoph dieser neuen Welt, mehr noch als ihr
Denker oder Dichter. Was aber fand er vor?
Die ältere Geschichtschreibung, die Voltaire in Bausch
und Bogen verurtheilte, zeigte denn doch Eigenschaften und
Leistungen, welche ihn selbst veranlassten, sein Verdict im
Einzelnen zu mildern. Zudem boten Andere, die wir als
seine Vorläufer betrachten können, Anknüpfungspunkte in
Menge, Uebergänge, welche die historische Continuität zwischen
dem Zeitalter Ludwig XIV. und dem Zeitalter Voltaire's her-
stellen. Werfen wir also auf die verschiedenen Richtungen
der vor-Voltaire*schen Geschichtschreibung einen orientirenden
Blick; Voltaire^s Verhältniss zu seinen Vorgängern soll uns in
das VerständnisB seiner historiographischen Leistungen ein-
fiihren.
8 M»yr.
Voltaire macht in dem alphabetischen Schriftsteller -Ver-
zeichniss, das er seinem Si^cle de Louis XIV voranschickt, bei-
läufig hundert Historiker; d. i. dreissig Procent der verzeichneten
Schriftsteller, namhaft. Man kann daher mit Recht von einem
schwunghaften Betriebe dieses Literaturzweiges sprechen, um so
mehr, wenn man bedenkt, dass es auch den Deutschen, Ita-
lienern, Engländern, Nordländern nicht an Historikern fehlte. ^
Eines hatte der Gelehrte jener Tage überdies noch vor dem der
unserigen voraus, das geographisch minder eingeschränkte Publi-
cum, woferne er lateinisch oder französisch schrieb. Freilich
erwuchs demselben daraus eine Mehrbelastung mit Lecture,
weshalb denn auch die Majorität im Lesen und Compiliren auf-
ging. Doch würde man irren zu glauben, es habe der vor-
Voltaire'schen Zeit ganz an lebendigen Motiven oder tieferen
Auffassungen des Geschichtsstudiums gefehlt. Die Renaissance
und in gewisser Hinsicht auch die Reformation hatten die
geistige Thätigkeit der abendländischen Welt höher gestimmt;
das verlor sich nicht gänzlich, als die religiösen Kämpfe die
Culturentwicklung Europas zum Stillstande brachten; ja die
reactionären Strömungen des siebzehnten Jahrhunderts waren
nicht so unfruchtbar, als man nur allzugerne annimmt. Was
Frankreich im Besonderen betrifft, so waren es weniger die
humanistischen und religiösen Interessen, die zur Geschichte
führten, wie in Italien und Deutschland der Fall war, sondern
die politischen. ^ Reale Politik und rationale Politik (im Sinne
1 In Le Long's Bibliotheque sind, wie Voltaire angibt, 17.487 bloss anf die
Geschichte Frankreichs bezügliche Werke verzeichnet, darunter Werke
Ton mehr als hundert Bänden. (Lc Liong*s Bibliotheque war 1719 in erster
Auflage erschienen.) ,Zudi Glück ist die Mehrzahl dieser Bücher das
Lesen nicht werth*, setzt Voltaire hinzu. (Remarques de PEssai 1763,
Nr. 20.) Die auf fünf Folianten vermehrte Ausgabe von 1768-1778 ent-
hält bereits mehr als 42.000 Nummern. — ,11 faudrait vivre cent ans, pour
lire seulement tons les histoires depuis Franfois I.* (A Belle-Isle, 4. Ang'.
1752.) — Voltaire konnte in Betreff seiner Zeit sagen: ,L*histoire est la
partie des bcUes-lettres qui a le plus de partisans dans tons les pays*.
(A Cidevillo, 9. Juli 1754.)
^ Vgl. Monod in der Revue historique I. Du progrös des 6tudes historiqnes
en France depuis le XVI* siecle. — Buckle, Geschichte der Civilisation,
13. Cap. — Flint, Philosophy of history, p. 76 ff. — Wachler, iGcechichte
der historischen Forschung und Kunst. — La Harpe, Lyc^e, T. X, C 2.
Voltairo-Stuilicn. 9
der politischen Theorie) kreuz{en sich zu p]nde des sechzehnten
Jahrhunderts in den Erscheinungen der historischen Literatur.
£6 ist die Zeit Bodin's^ Popelini^re's^ Hotman's u. A. Aber
dieser freien ^ theoretisirenden; dabei nicht allzu kritischen
Qeschichtschreibung machten die ungünstigen Verhältnisse ein
Ende; das siegreiche Eönigthum Hess dann nichts Wider-
strebendes mehr aufkommen. Auch die Philosophie erweckte
zunächst kein höheres Interesse für die Geschichte. Vom
Schokisticismus ganz zu schweigen, so standen sowohl Cartesius
wie Malebranche der historischen Welt vollkommen fremd, ja
ahnungslos gegenüber. Sie Hess sich nicht construiren und in
die Formeln des Calculs zwängen ; sie war ihnen kein Gegen-
stand des Nachdenkens, sie galt als Zeitverlust. *
Wenn aber auch das Eönigthum alle spontanen Regungen
anterdrückte, so war es doch aus Gründen der Selbsterhaltung
getrieben, seinen Gedankeninhalt und sein Interesse voll und
Dach allen Seiten zu entfalten, das voll und imposant Entfaltete
aber den Geistern mit allen Mitteln, von der einschmeichelnden
Ceberredung angefangen bis zur Dragonadenwirthschaft, aufzu-
Döthigen. Der Ruhm der Vergangenheit, die Einsicht in die
historische Nothwendigkeit, die Reflexion auf den Zusammen-
hang des irdischen mit dem überirdischen Eönigthume sollte den
Lustre der Monarchie vermehren helfen. Sie bedurfte einer
historischen Rechtfertigung; das ihr entsprechende Gedanken-
sjstem wäre unvollständig gewesen ohne die Heranziehung der
Geschichte. Ja, in dem Maasse als infolge des Systemes geistige
Kraft überschüssig wurde, musste dafür gesorgt werden, dass
diese nicht in feindliche Spannung gerathe. Jedes Machtsystem
sucht die Geister zu binden, und bevor nicht die constitutionellen,
demokratischen oder socialistischen Systeme darauf feierlichst
Verzicht leisten, dürfen sie es, mindestens dem Principe nach, den
theokratischen, monarchischen oder oligarchischen Herrschaft-
Vereinigungen nicht übel nehmen. Eine besondere, ausnahms-
weise Schurkerei oder Servilität war es daher von den Zeit-
^nossen Ludwig XIV. nicht, wenn sie die Geschichte dem
* Vgl H. Taine, Entstehung des modernen Frankreichs (übersetzt von
Katscher) I« p. 188. — Und wenn es erlaubt ist, sich selbst zu citiren,
meine ,Ge8chicht8aafFassang der Neuzeit' 6. Cap.
10 Mayr.
herrschenden Systeme anzupassen suchten; desgleichen war es
keine exceptionelle Schandthat der Regierung, dass sie die ihr
günstige Historie sich gefallen Hess und protegirte. Gleich-
wohl bietet ein derartiges Verhältniss zwischen den herrschenden
Gewalten und der Wissenschaft ein beinahe untrügliches In-
diciuni; dass die letztere den ersteren sich und die Wahr-
heit zum Opfer bringt. Zwar überreden sich die Menschen
gerne, dass dies nicht der Fall sei; häufig verstehen sie
auch das Verlangen nach Wahrheit gar nicht: Wahrheit und
Interesse decken sich für die im Weltleben befangenen Geister
bis zur UnUnterscheidbarkeit. Es ist nur den auserwählten
Geistern auserwählter Zeiten vorbehalten, über den Bann-
kreis der Interessen hinauszublicken und damit den Math
zu verbinden, das, was sie gesehen, auch zu bekennen. Eine
solche auserlesene Zeit war das Jahrhundert Ludwig XIV.
keineswegs, wenngleich es innerhalb seiner Grenzen voll Pathos
und ethischen Schwunges war. Das erhebende Schauspiel
einer nur dem Gebote des Wahren und Guten hingegebenen
Wissenschaft wurde den Menschen erst im Zeitalter der
Aufklärung zu Theil. Hoffen wir, dass es sich nie wieder
vergisst.
Unter Ludwig XIV. waren natürlich die Geistlichen, als
die Vermittler beider Welten, diejenigen, welche das dem
Ganzen entsprechende Geschichtssystem in Pflege und Aus-
bildung nahmen. Die ludovicianische Hof- und Staats-Geschicht-
Schreibung ist durchaus hoch gestimmt, loyal, christlich, wohl-
redend, vornehm. Wir finden einen Universalhistoriker, wie
Bossuet, dessen Discours das grösste Meisterwerk classicistischer
Prosa und in vieler Hinsicht das Vorbild Montesquieu's, Vol-
taire's u. A. darstellt. Besonders enthält der dritte Abschnitt
geistvolle Analysen und Reflexionen, die unübertroffen da-
stehen. ^ Wir finden einen Nationalhistoriker, wie den Jesuiten
Daniel, einen namentlich von Voltaire viel geschmähten Mann,
von dessen französischer Geschichte heute, im Zeitalter der
Republik, in der wissenschaftlichsten historischen Zeitschrift des
Landes gesagt wird, dass sie nicht nur alle Vorgängerinnen,
sondern auch die meisten ihrer« Nachfolgerinnen weit über-
1 Lobrede bei Nisard, Histoire de 1& litt^ratare fran^aise III, 294 ff.
Yoltoire-Sindira. 1 1
treffe. ' Da schreibt der Abb6 Fleury eine Kirchengeschichte,
welche selbst Voltaire Worte der Achtung abnöthigt. Und
80 fort. Eines aber fehlte dieser Gruppe von Hofscribenten^
ein Ding, das freilich für einen Historiker so wichtig ist; wie für
eine Frau der Ruf der Keuschheit, nämlich aller und jeder
kritische Sinn. Unter den geistreichsten Reflexionen tummeln
sich im Schmucke pompösester Diction die abgeschmacktesten
Fabeln, Anekdoten, Erdichtungen. Im Ganzen betrachtet fehlt
allerdings dem Zeitalter die Kritik nicht; aber es ist schade,
dass die Historiker keine Kritiker waren, und die Kritiker
keine Historiker. Für sich betrachtet sind die Kritiker des ludo-
vicianischen Zeitalters von höchster Achtbarkeit; sie machen
in vieler Beziehung Epoche. Da ist es nun eigenthümlich zu
beobachten, dass es wiederum die Geistlichen sind, welche diese
kritische Richtung vertreten. Noch eigenthümlicher aber ge-'
staltet sich das Verhältniss der verschiedenen Orden zu ihrem
kritischen Geschäft. Die Weltgeistlichen spielen als Kritiker
keine hervorragende Rolle. Die Jesuiten sind in allen Sätteln
fest; sie produciren reine Hofhistoriographen, die, wenn es
sich gerade schickt, nebst dem König auch den Zwecken ihres
Ordens dienen, wie z. B. Daniel; wir finden unter ihnen Sammler,
Kritiker, Editoren wie Sirmond, Labbä, BoUand; einen Chrono-
logen ersten Ranges und zugleich Universalhistoriker im alten,
nicht gallicanisirten Stile, wie Petau ; Fabulisten mindester
Qualität und einen fast wahnwitzigen Skeptiker, wie Hardouin,
welcher den Quintilian und den Gregor von Tours zu Schrift-
stellern des vierzehnten Jahrhunderts p. Chr. n. macht, den
Karl Mailell für ein Hirngespinst erklärt und nur den Münzen
unbedingten Glauben schenkt.''
Dagegen treten die Benedictiner als eine geschlossene,
einheitlich arbeitende, wohl disciplinirte Corporation auf, deren
kritische Leistungen wahrhaft epochal genannt zu werden ver-
dienen. Die Namen Mabillon, Montfaucon ehren ihren Orden,
' Revue hiatorique I, p. 18. — Uebrigens besitzen wir eine nocb unmittel-
barer mit dem Hofe zusammenhängende Geschichte Frankreichs, nfimlich
aus der Feder des Dauphin, welcher sie unter der Leitung Bossnct*i
schrieb.
* Wttttke, Ueber die Gewissheit der Geschichte (Festschrift zu Wachs-
muth's 101. Docenten Semester, Leipzig 1865) p. 6 ff.
12 Mayr.
ihre Wissenschaft, ihr Vaterland. Ausser den Benedictinern
glänzten noch die Oratorianer: ein Lelong, Ijecointe^ Richard
Simon. Was diese mehr minder erbgesessenen Corporationen
betrifft, so hatten sie ausser dem wissenschaftlichen noch ein
anderes Motiv, das sie in einer gewissen Opposition gegen
das System Ludwig XIV. hielt Bewahrten die Jesuiten ihre
vollständige Ungebundenheit, so wollten die Benedictiner das
Ihrige vor einer Gewalt schützen, die ihrer Natur nach über-
greifend, nur zu häufig die Tendenz zeigte, mit alten Institu-
tionen wenig Federlesens zu machen. Als nun insbesondere die
Jesuiten auf die Schwäche der pergamentnen Rechtstitel dieses
besitzfrohen Ordens hinwiesen, da musste er daran denken,
durch sorgfältige Untersuchungen über die Haltbarkeit seiner
Besitzthümer ins Klare zu kommen. Wir sehen somit, dass
selbst das dominirende und die Geister zwingende System des
grossen Königs in den ihm zunächst stehenden Gesellschafts«
kreisen selbständige Strebungen nicht unmöglich machen konnte,
wie viel weniger in abliegenden Kreisen.
Ueber die Jansenisten, die allerdings einen namhaften
Historiker zu den ihren zählten, Tillemont, wäre nicht viel zu
sagen.' Dagegen blitzte bald da, bald dort ein oppositioneller
Gedanke auf; man versuchte anders zu empfinden, zu urtheilen,
zu wollen und auch die Geschichte zu betrachten, als es der
Hof gerade vorschrieb. Zumal als das Königthum von seiner
Culmination rasch abwärts glitt, da mehrten sich die Kritiker,
die Zweifler, die Warner, die Zukunftsmenschen. Alle Zukunfts-
menschen haben aber auch ein nach rückwärts gewandtes
Antlitz, und wo sich die Zukunftsmenschen mehren, da gibt es
1 Dem tiefsten Gehalte seiner Partei hat Pascal Ausdruck gegeben, übrigens
ein Mann von der ansserordentlichsten Originalität. Seine Pens^es ent-
Iialten manchen auch für den Qeschichtsphilosophen interessanten Licht-
blick. Besondere Cclcbrität genlesst sein Apercu über den Fortschritt
der neueren Jahrhunderte, die eigentlich die Siteren heisscn sollten,
während das sogenannte Alterthum der Jugend des Geschlechtes näher
stünde. Ein Gedanke, den schon Otto von Freising im zwölften Jahr-
hundert ausgesprochen hatte.
Ueber Tillemont Sussert sich Voltaire folgcndermaassen : Son faistoire
des empires et ses seize volumes de Vhistoire eccl^siastique sout Berits
avec autant de vdrite que peuvent l'etre des compilations d^anciens hi-
storiens. (Sifecle de Louis XIV. Catal. des 6criv. s. v. Lenain.)
Yoltaire*Stiidieii. 13
auch immer geschichtliche und geschichtsphilosophische Arbeit.
Die zerstreuten und versprengten Fractiönchen sammeln sich,
mischen sich und siehe da, neue Gebilde treten an den Tag.
Wer wollte und könnte die Mannigfaltigkeit der Uebergangs-
l^fitaltungen kennzeichnen ? Eine Richtung nur zeigt eine
gewisse Continuität; man kann sie als die Vorstufe der Auf-
klärung bezeichnen; nämlich die Skepsis, deren Vertreter Mon-
taignC; Charron, de la Mothe le Vayer, Bayle progressiv im
Sinne des achtzehnten Jahrhunderts wirken, wo hingegen Er-
scheinungen, wie die Skepsis Huet's, auch PascaFs, dieses Ver-
dienst nicht haben.
Fontenelle's ,histoire des oracles' und St. Evremont's
historische Schriften gehören dann schon ganz der neuen Welt
aD, wiewohl sie durch kräftigere Emanationen in den Schatten
gestellt wurden. Insbesondere leitet St. Evremont direct auf
Montesquieu und Voltah*e, schon als Kenner Englands, des
eigentlichen Mutterlandes der Aufklärung. Dahin wenden wir
UD8 auf einige Augenblicke.
In England stand es das siebenzehnte Jahrhundert hin-
durch mit den historischen Studien übel. Zunächst wird sich
der Exeget dieser Erscheinung an die politischen Zustände
des Königreichs erinnern müssen. Er wird jedoch auch be-
merken, dass das Interesse bereits in Anspruch genommen
war. Denn die Wissenschaften treiben es, wie die realen Wesen
dieser Welt oder die Vorstellungen in unserer Seele ; eine sucht
die andere zu verdrängen, und wenn eine im Blickpunkte der
allgemeinen Aufmerksamkeit ist, so übernimmt sie auch die
Sorge dafür, dass keine zweite über den Horizont emportauche.
WeU die Naturwissenschaften gross und erfolgreich dastanden,
so lagen die Geisteswissenschaften unterhalb der Schwelle des
A%emeinbe¥niS8tseins. Auch die Philosophie Englands war
der Historie wenig günstig, wenig die Philosophie Bacon's und
Hobbes', etwas mehr die Locke's. Doch kehrte sie der Be-
trachtung des socialen und politischen Menschen wenigstens
nicht den Rücken, wie der Cartesianismus. Einen entschiedenen
Impuls empfing das geschichtliche Studium an der Wende des
siebenzehnten und achtzehnten Jahrhunderts von Seiten der
Theologie ; die kritische Thätigkeit der Deisten, der free-
tfainkers, die Controversen, welche sich entspannen, eröffneten
14 Mayr.
der Forschung bisher verschlossene Gebiete. Bolingbroke ver-
einigte dann die geistige Aufklärung mit der Erfahrung und
Gesinnung des Weltmannes und Politikers. Seine Briefe über
das Studium der Geschichte bezeichnen auf historischem Ge*
biete den Beginn eines neuen Zeitalters. Bei ihm sind sie alle
in die Schule gegangen; Engländer wie Franzosen. Daneben
vertieften sich die Engländer mit der ihnen eigenen Akribie
in das Studium der Alterthümer; welches seinen ursprünglichen
Charakter des Dilettantismus und der Curiosität immer mehr
abstreifte, um methodischer und philosophischer zu werden.
Die englische Historiographie um die Mitte des achtzehnten
Jahrhunderts steht dann schon unter dem Einflüsse der Fran-
zoseU; hauptsächlich Voltaire's.
Hören wir nun, wie sich Voltaire über seine näheren
und entfernteren Vorgänger auf historiographischem Gebiete
äussert. ,Cette nouvelle passion des archives n*a peut-^tre pas
6000 ans d'antiquit^.' So lange die Menschen tief in ihren
eigenen Sorgen stecken, fragen sie nicht um die ihrer Vor-
fahren. Die ,passion de Thistoire' ist ein Kind der Müsse. *
Erst nach vielen Anläufen gelingt es den in ihrer Entwickelung
fortgeschritteneren Völkern Materialien zu sammeln, zu formen,
zu verbinden, endlich Geschichte zu schreiben. Aber die alten
Zeiten sind in solchen Geschichten durch blosse Fabeln re-
präsentirt; die jüngeren durch ein Gemisch von Fabel und
fragmentarischer Ueberlieferung, wie wir aus Herodot und
Fabius Pictor ersehen können. Dieses ungünstige Verhältniss
zeigt sich bei den geistig erwecktesten aller Völker; wie viel
ungünstiger müssen die Dinge anderwärts stehen.^ Insoweit
die Geschichte ein Kind der blossen Neugier ist und auf
einem abergläubischen Respect vor der Vergangenheit beruht,
ist sie fiir Voltaire ein überflüssiger und tadelnswerther Zeit-
vertreib. Die Geschichte muss infolge tieferer Antriebe und
gleichwohl im Geiste der Nüchternheit geschrieben werden.
Das älteste Beispiel einer besonnenen Geschichtschreibung
liefern ihm die Chinesen. Ihre Annalen basiren auf einer
richtigen Zeitrechnung; sie enthalten genaue zeitgenössische
1 Fragment faistorique snr Vlnde, c. 31.
2 Phil, de rhiut. LH.
yolUire-Stndi«B. 15
Daten über Mrirkliche Ereignisse und keinerlei Beimischung
von Fabeln oder Mythen. * Von der historischen Ueberlieferung
der übrigen orientalischen Völker hält er nicht viel ; alle Völker
wollen sich alt und ehrwürdig machen; alle geben Dichtung
für Wahrheit aus. Dabei zweifelt er nicht an der Echtheit
und dem hohen Alter Sanchoniathon's. ^
Bemerkenswerther; als dies, ist Voltaire's kritische^ freie
Haltung gegen die Historiker des classischen Alterthums. Noch
war Alles was mit der Schule zusammenhing in kritikloser
Bewunderung erstorben. ^ Noch galt allgemein das blosse Er-
heben der Frage über den Vorzug der Neueren vor den Alten
fär eine Ketzerei. Man hätte sicherlich die Heterodoxen auf
den Scheiterhaufen geschickt, wenn sich ein Kaiser Sigismund
dazu gefunden hätte. Voltaire jedoch vermochte nicht einzu-
sehen, warum man die Alten nicht eben denselben Regeln der
Beurtheilung unterwerfen sollte, wie alle Anderen. Der ,respect
superstitieux' für jederlei Alterthum war ihm ein Gräuel. Die
sichere griechische Geschichte beginnt für ihn mit Xerxes und
die Qeschichtschreibung mit Thukydides. '^ Herodot ist das
Muster des Fabulisten, des Märchenerzählers. ^ Xenophon und
Polybius rühmt er ihrer genauen Sachkenntniss halber.^ Was
Herodot für die Griechen ist Livius für das römische Alter-
thum. ^ Den Tacitus nennt er einen geistvollen Satiriker, der
1 Phil de rhist XVIII und LH. Les ChinoiB ^crivireat leur histoire la
plume et TaBtrolabe k la main, avec une simplicit^ dont on ae trouve
point d^exemple dans le raste de TAsie. (Ibid. XVIII.)
2 PhU. de l'hist. XXIX. Dien et les hommes (1769), c. 9. — D^f. de m.
onde (1767) 21.
' Buckle (übersetsst von Bitter) III, 144.
* Art. Diodore et H^rodote. L^histoire honnete de Thucjdide et, qui a
quelques lueurs de v^rit^, commence k Xerxus ; mais avant cette ^poque,
que de temps perdu! — Pyrrhonisme de Tfaistoire (1768), c. 6.
^ Presque toat ce qn*il raconte sur la foi des ^trangers est fabuleux, mais
tnut ce qa'il a vu est vrai . . son livre n^est plus qu'un roman . . Art.
Diodore et Herodote: Diodor, sagt er, sei, obwohl er siebenhundert Jahre
nach Herodot lebte, kein Haar besser, als dieser. Vgl. Pyrrhonisme de
rhistoire, c. 6—7.
* Art. Xenophon. — Art. Histoire, 8ect. IV.
^ Od sait assez que la m^thode et le style de Tite-Live, sa gravit^ son ^lo-
quence sage conviennent k la majest^ de la r^publique romaine. (Ibid.)
16 M»yr.
mehr die Kritik^ als die Geschichte seines T^andes geschrieben
habe und unserer Bewunderung würdig wäre^ wenn er sich
unparteiisch gezeigt hätte ; er imputire den Fürsten immer
heimliche Verbrechen. Die Germanen lobpreise er mehr aus
pädagogischen Gründen. ^ Den Sueton tadelt er, weil er sich
zur Posaune der pöbelhaftesten Gerüchte hergebe. ^ Dio Cassius
schilt er einen Schmeichler, Verleumder, Zeitungsschreiber,
einen trockenen und verschwommenen Schriftsteller. ^ Plutarch'B
Biographien nennt er ,un recueil d'anecdotes plus agröables
que certains^^ In Voltaire's [Jrtheilen liegt keine Selbstüber-
hebung, es spricht aus ihnen vielmehr ein erhöhtes Pflicht-
gefühl. ,Wenn man auch die Alten', sagt er, ^ , vielfach als
Vorbilder betrachten kann, so hat man doch heutzutage eine un-
gleich schwerere Last, als die ihre war, auf sich zu nehmen. Man
verlangt von einem modernen Historiker mehr Details, besser
festgestellte Thatsachen, genaue Daten und Belege, mehr Acht-
samkeit auf die Gewohnheiten, Gesetze, Sitten, den Handel,
die Finanzen, den Ackerbau, die Bevölkerung. Es verhält sich
mit der Geschichte, wie mit der Mathematik und Physik; das
Ziel ist erstaunlich weiter gesteckt.'
Zwischen dem Alterthum und der Neuzeit liegt das finstere
Mittelalter; seine Geschichtschreiber sind seiner würdig. Vol-
taire's Grauen vor den rohen, dumpfen, mönchischen Historikern
scheint so gross gewesen zu sein, dass er eigentlich keinen kennen
zu lernen verlangte. Sicherlich schöpfte er sein Eenntniss des
Mittelalters aus neueren Forschungen. Es ist das Recht des
Universalhistorikers. Detailforschungen sollen die sonst unleist-
bare Arbeit erleichtern, nicht vermehren und erschweren. ^ Nur
1 Esaai, Avant - propos ; Phil, de Thist., c. 14. Pyrrhouisme de Thist.,
c. 12. — A M. Du Deffand (30. JuH 1768).
3 Art. extr. de la gaz. litt^raire (1764), Nr. VII.
3 Art. CuiBflage.
« Si^cle de Louis XIV., c. 25. — Ueber Ammian MarcelL Brief an Fr. II.,
29. Jäuner 1776.
5 Art. Histoire, 8. IV.
• Pour p^n^trer dans le labjrinthe t^n^breux du mojen äge, ü faut le
secours dos archives . . Ce n'est pas \k un recueil ou Ton puiflse
s'^clairer sur Thistoire politique . . Vorzug Englands und der Bymer'schen
Födera. (Pyrrhouisme de Phist., c. 11.)
über Gregor von Tours und Fredegar äussert sich Voltaire in
einer Weise, dass man vermuthen darf, er kenne sie aus eigener
Anschauung.^ Er erhärtet an ihnen einen seiner kritischen Haupt-
grundsätze, dass nur Hauptzüge und Hauptbegebenheiten der
Geschichte sich feststellen Hessen, alles Detail aber schwankend
und ungewiss sei.
Eine neue Aera vertrauenswürdiger und ihrem Stoffe an-
gemessener Oeschichtschreibung beginnt für ihn mit Guicciar-
dini. ^ ,Italien', sagt er, ,besitzt in Guicciardini seinen Thuky-
dides oder besser Xenophon; denn er befehligte zuweilen in
den Kriegen, welche er beschrieb.' ^ Auch Machiavelli nennt
er einen ausgezeichneten Historiker, De Thou den besten
Geschichtschreiber seiner Nation. * Bei aller Achtung vor den
Humanisten erklärt er dessenungeachtet, die beschichte habe
wie die Physik erst um das Ende des sechzehnten Jahrhunderts
herum sich zu entwirren begonnen. ^ Der Anfang eines Zeit-
alters der Kritik fällt ihm so ziemlich mit dem Jahrhunderte
Ludwig XIV. zusammen.
Geschmackvoll, wie das Jahrhundert im Allgemeinen, die
Franzosen und Voltaire im Besonderen waren, legten sie einen
uns Deutschen des neunzehnten Jahrhunderts kaum fasslichen
Nachdruck auf die Reinheit und Vollendung der Form. Hierin
gestanden sie den Alten gerne den Preis zu. Allerdings Hess
* Phil, de rhist., c. 62: Ordgoire de Tours est notre H^rodote, k cela prfes
qne le Tonrangeaa est moins amuBant, moins ^l^gant qne le Grec .
Enfin tons les details de ce temps^Iä sont autant de fables et, qai pis
est, de fables ennnjeases. — Er nennt die mittelalterlichen Chronisten
f^crivains pen instmits qui ont donnc des chroniqnes informes de ces
texnps xnalhenreux. (Pyrrhonisme de Thist., c. 11 und 18.)
^ On peut dire quo jusqu^ä Oaichardin et Machiavelli nous n^avons pas
eu ane histoire bien faite. (Essai, c. 10.) Henri Estienne ne se servit
d*H^rodot qne pour nons rendre execrables et ridicules. Nous avons un
dessein tout oontraire; nous pr^tendons montrer que les histoires mo-
dernes de nos bons auteurs, depuis Guichardin, sont en gen^ral anssi
sages, anssi vraies que Celles de Diodore et d^H^rodoto sont folles et
fabulenses. (Art. Diodore.)
3 Essai, c. 121.
* Le President de Thou justifi^ contre les accusations de M. de Buri (1766).
— A DamUaviUe, 21. Kai 1766.
* Essai, c. 8.
Sitsnagabtr. d. pUK-hist. Ci. XCV. Bd. I. Hfl. 2
18 Mayr.
Bich Voltaire durch die Form nicht bestochen. Er schied
wohl zwischen ästhetischer und sachlicher Kritik. Als Kunst-
liebhaber pries er Niemanden mehr denn Bossuet. Noch heute
schwelgten die Franzosen in dem Wohllaute^ dem edlen Pathos
seines Discours. Neben ihm fanden als Stilkünstler noch
St. Real, der glückliche Nachahmer Sallust's, Fontenelle u. A.
allgemeine Anerkennung. Nie wird der Tadel Voltaire's spitzer
und kleinlicher, möchte man sagen, als wenn es sich um Stil-
fragen handelt. '
Was das Sachliche betrifft, so war Voltaire natürlich ein
principieller Widfersacher der ludovicianischen Hofhistorio-
graphie. Vor allem verdient sein Verhältniss zu Bossuet bemerkt
zu werden. Als Voltaire mit der Marquise du Chatelet sich
auf Universalhistorio warf, knüpfte er unmittelbar an das Werk
des Bischofs von Meaux an. 2 Die ausführliche und zusammen-
hängende Erzählung seines Essai beginnt dort, wo Bossuet
geendigt hatte, nämlich bei Karl dem Grossen. Nebenbei ver-
breitete er sich — in mehr zusammenfassender und reflec-
tirender Weise — besonders über jene Partien, die Bossuet ver-
nachlässigt hatte oder wo ihre Ansichten sich diametral entgegen
standen : über Inder, Chinesen, Hebräer, Araber, das Christen-
thum. Griechische und römische Geschichte Hess er fast gänz-
liche ausser Acht, wenn wir von seinen kritischen Bedenken
absehen, hauptsächlich weil ihn die Leistungen seiner Vorgänger,
speciell Bossuet^s bef riedigten. '"^ Gleichwie Jedermann noch heute
* .Ic ne connaiR, apres lui (Bossuet), aucan historien oü je trouve du
sublime, quo la Conjuration de St.- Real. La Franco fonrmUle d'histo-
rlcns ot inaiique dV'crivains. (A d*OHvet, 6. Jänner 173G.) — Je dis qirun
liommc qui ecrit bien une fable en ^crira bcaiicoiip mioux Thistoire. .Te
snia persTiadu quo Fonelon aurait su rendre Thistoire de Franco inter-
essante. (A Marmontel, 11. April 1772.)
' Vgl, Meinoircs de 1758 (1784). — ,Comme Thistoirc du respcctable
Bossuet iinissait h Charlemap^nc, M. du Chütelet nous pria de nous in-
struire en g^ncral avec eile de co qu^ätait alors lo roste du raondo et dp
oe qu*il a oti^ jusqu^ä nos jours'. (Fragments sur rhistoire gt^noralo von
1773, Art. I.) Hanptstellcn über Bossuet: Avant-propos des Kssai s. 1.
m. ; Remarques pour serv'ir de Supplement k rEsnai I; Siocle de Louts XIV,
c. 32; Pyrrbonisme de l'hist., 0. 2. — A Burigny, 12. Sept. 1761.
3 L'illustre Bossuet, qui dans son discours sur une partie de Thistoire
universelle en a saisi le v^ritable esprit, au moins dans ce qu^il dit de
Vempirc romain .... (Avant-propos des Essai.)
VoUaire-SUiien. 19
urtheilen würde, tadelt Voltaire an Bossuet's Universalgeschichte,
sie enthalte nur die Geschichte von vier bis fünf Völkern,
insbesondere der kleinen jüdischen Nation, dieses der ganzen
übrigen Welt unbekannten oder mit Fug und Recht miss-
liebigen Volkes, auf welches Bossuet trotzdem alle Ereignissö
beziehe. ,Der berühmte Bossuet', sagt er, , scheint nur darum
geschrieben zu haben, damit er uns glauben mache, alles
in der Welt sei um der jüdischen Nation willen geschehen.
Das ist möglich; aber die Grösse des Cyrus oder des Römer-
yolkes hatte denn doch noch andere Ursachen, die Bossuet
selbst nicht unberücksichtigt Hess, wo er auf den Geist der
Nationen (i. e. im dritten Theil) zu sprechen kam. Es wäre
zu wünschen gewesen, dass er sich auch der alten Völker des
Orients, der Inder und Chinesen zum Beispiel, ein wenig erinnert
hätte/ 1 Bezeichnend ist das Ui-theil, welches er der Chätelet
vindicirt: ,elle admira son (i. e. Bossuet's) pinceau et trouva
son tableau tres-infidele'. ^ Doch ist er bei allem Gegensatze
nicht blind für die Vorzüge des Discours. .Bossuet's Discours
BOT rhistoire universelle*, sagt er, ,hat weder ein Vorbild gehabt,
noch Nachahmer gefunden. Wenn das System, welches er an-
wendet, um die jüdische Zeitrechnung mit jener der übrigen
Völker zu versöhnen, unter den Gelehrten Widerspruch ge-
fanden hat, so hat sein Stil nur Bewunderer gefunden. Man
war verblüfft von der majestätischen Gewalt, mit welcher er
die Sitten, die Regierung, den Wachsthum und Verfall der
grossen Reiche darstellt ; von diesen raschen Zügen voll Ener-
gie und Wahrheit, mit denen er die Nationen schildert und
' Avant -propos des Essai. ,0n iie parle point d'euz (Arabes) dans nos
histoires aniverselles fabriqu^es dans notre Occident; je le orois bien:
ils n'ont aucnn . rapport avec la petite nation juive, qni est devenu Tobjet
et le fondement de nos histoires pr^tendues universelles, dans
lesqoeUes an certain ^enre d^auteurs, se copiant les uns les autres oublie
les trois qnarts de la terre, (Phil, de Thistoire, XV.) Ueber den Titel
histoire universelle moquirt sich Voltaire im Art. gloire, S. III. — Vgl.
A Henanlt, 28. Sept. 1768.
' Remarques etc. I. — Bossuet avait de la science et du g^nie; il ^tait
le Premier des d^clamateurs, mais le dernier des philosophes, et je puis
▼ous asBurer qii*il n*6tait pas de bonne foi. (A M* le duc de Bouillon,
23. Dec 1767.)
20 M»yT.
beurtheilt/ * So stellt er auch in der Vorrede zu seinem Essai
dem Bischöfe das Zeugniss aus, dass er in der von ihm be-
handelten Partie der Universalgeschichte deren wahrhaften
Geist erfasst habe, mindestens dort^ wo er vom Romerreiche
%preche.2
Nächst Bossuet achtet er am meisten Fleury, den Kirchen-
historiker. Seine Einleitung könnte man für das Werk eines
Philosophen halten, seine eigentliche Geschichte allerdings
nicht, obwohl sie die beste sei, die jemals geschrieben worden.^
Von Daniel dagegen, dem Jesuiten und Historiographen Frank-
reichs, weiss er fast gar nichts Gutes zu sagen. ,Man wirft
ihm vor', sagt er, ,dass seine Diction nicht immer rein, sein
Stil allzu kraftlos sei, dass er nicht zu interessiren, nicht
darzustellen wisse, dass er die Gebräuche, Sitten, Gesetze
nicht ausreichend kennen lehre; dass seine Geschichte nur
Details über kriegerische Operationen enthalte, bezüglich deren
ein Historiker seines Standes fast immer irre . . . Graf
Boulainvilliers sagt, man könne Daniel zehntausend Irr-
thümer nachrechnen; das ist viel; jedoch hat es mit diesen
Irrthümern glücklicher Weise eben so wenig auf sich, als mit
den Wahrheiten, die er hätte an deren Stelle setzen können . .
Sein Hauptfehler ist, dass er von den Rechten der Nation nichts
gewusst oder über dieselben absichtlich geschwiegen hat. So
hat er die berühmten Reichsstände von 1355 völlig bei
Seite gelassen. Von den Päpsten, und zumal dem grossen und
guten König Heinrich IV., redet er nur als Jesuit;** er besitzt
» Sifecle de Louis XIV, c. 32.
3 Seine Kritiklosig^keit wirft Voltaire dem Bischöfe oftmals vor, z. B. :
Defense de mon oncle, c. 9; aber eben nur hinsichtlich des Einzelnen.
Eine schwerere Anklage findet sich in einem Briefe an d'Olivet : ,en
France on ne peut pas la (la verit^) dire. Bossnet a menti avec une
^legance et nne force admirables. (6. Jänner 1736.)
' Siide de Louis XIV. Liste raisonn^e s. v. Fleury. — Pyrrhonisme de
Thist., c. 3.
* Un homme qui ne saurait pas que Daniel est un j^suite, le prendrait ponr
un sergent de bataillc. Cet homme ne vous parle jamai que d*aile droite et
d^aile gauche. On retrouve onfin le j^suite quant il est k Henri IV- et
c^est encore bien pis. (A Formont, 19. Juni 1755.) La marquise cherchait
dans Daniel Thistoire du grand Henri IV et eile y tronvait celle du j^snite
Coton. (Remarques I.) — Vgl. Lettre h M. Du Deffand, 18. Aug. 1761.
YolUlre-Sindien. 21
keine Kenntniss der Finanzen, der inneren Zustände des Reiches
und der Sitten' J
lieber die Gescbichtscbreiber vom Durchschnitte, die
Schlachtenerzähler, Anekdoten- und Fabeljäger äussert sich
Voltaire stets in verächtlichen Ausdrücken; er ist sich seines
höheren Zieles bewusst. Da gebe es eine erstaunliche Anzahl
von chronologischen Systemen der alten Welt; aber sie diffe-
rirten um beiläufig zwei Jahrtausende. Da gebe es unzählige
Beschreibungen von Bataillon ; aber nur selten verrathe eine
Verständniss des Kriegswesens. Da gebe es beständig Wunder-
erzählungen; von der Natur aber wisse man nichts. Jeder
Autor betrachte seine Secte als die allein Avahre und schmähe
alle übrigen. 2 ,Wozu air die Details von kleinlichen Inter-
essen, die heute nicht mehr bestehen, von ausgestorbenen Fa*
mihen, die sich um Provinzen stritten, die ein grösseres Reich
dann verschluckt hat?'
Fast jede Stadt habe heute ihre wahre oder falsche,
jedenfalls ihre detaillirtere Historie ,als weiland Alexander
der Grosse'. Die blossen Annalen eines Mönchordens seien
voluminöser, als die des römischen Reiches. ^ Wollen wir
zusammenfassen, was Voltaire hundert und hundert Male den
landesüblichen Geschichtschreibern vorwirft, so ist es Folgendes:
erstlich, ihre Kritiklosigkeit und Leichtgläubigkeit; dann, ihre
ungezügelte Sammelwuth und sinnlose Hochachtung vor allem.
^ Siiclo de Louis XIV. Catalogue 8. v. Daniel. — Mezeray et Daniel
m^enuuient; c'est qu'ils ne savcut ni peindro ni remuer les passions. 11
faut daiiB une hiatoire comme dans une piece de tli(5ätre, expoaition, noeud
et denoüment On n^a fait qae rhistoire des rois, mais on n^a point fait
ceUe de la nation. (A d^Argenson, 26. JSnner 1740.)
^ Remarques I. — ,C'est lä (in der Qeschichte) que chaque äcrivain eüt
dfi dire: Homo sum, mais la plupart des historiens ont d^crit des
bttaUles.' (Essai, c. 84.) Introduction von 1753 : II semble en lisant les
histoires, que la terre n'ait it6 faite que pour quelques souverains et
pour ceux qui ont servi leurs passions; tout le reste est niglig^. —
Cf. Lettre k Vernet, 1. Juni 1744.
^ Essai, Avant- propos. — Vgl. auch Histoire de la Bussie sous Pierre le
Grand, Pr^face §§. 4 und o. — Je ne crois quHl y a homme sur terre
qai m^rite qu*on fasse sur lui deux volumes in-4<' . . . car tout ce qui
a et^ fait ne m^rite pas d^etre ecrit. (A Formont, 25. Juni 1735. —
A RicheHeu, 13. Juni 1768.)
22 M.yr.
was alt ist ; ferner ihre Verranntbeit in unentacheidbare Fragen
und interesselose Details ; ihre Unfähigkeit Wichtiges von Un-
wichtigem, Bleibendes von Vorübergehendem, der Mittheilung
Würdiges von puren Niaiserien zu unterscheiden ; ^ ihre Igno-
ranz in Dingen, von denen sie handeln, besonders im Kriegs-
und Staatswesen ; ^ ihre Gedankenlosigkeit bezugs Aufgabe und
Zweckes der Geschichtschreibung; daher ihre Nichtbeachtung
der wichtigsten Materien der Forschung : wie der Sitten, des
Rechtes,^ des Volksgeistcs, der Künste, der Wissenschaften;
ihre religiöse, nationale, politische, sociale Befangenheit. Auf
die Einzelheiten der Voltaire'schen Vorwürfe einzugehen, würde
sich um so weniger lohnen, als die Leute, gegen welche sie
gerichtet waren, heutzutage kein erhebliches Interesse, nicht
einmal literarhistorischer Art, err^en.
Nicht allein die künstlerische, geistreiche Darstellung,
auch die ernste, schwer geladene Erudition achtet er, soferne
sie nicht der Kritik ermangelt. Er rühmt die Benedictiner,
die Gründlichkeit und Neuheit ihrer Untersuchungen; gerade
in Frankreich hätten sie sich hervorgethan. ^ Er preist den
Abbate Muratori als weisen und gelehrten Kritiker. ^ Gegen die
Bollandisten aber, ja gegen Dom Ruinart, welche, wie er meinte,
die Zuverlässigkeit und Wahrhaftigkeit ihrer Acta martyrum
und Vitae sanctorum überschätzten^ schleudert er die heftigsten
Invectiven.6 Als dann die Academie des belles-lettres der
^ Toutes les histoires modernes nous donnent presque toajours de fausses
notions parce qu'on a rarement distingu^ les temps et les personnes, les
abus et les lois, les eveiiements passagers et les usages. (Essai, c. 93.)
^ Doch auch in der Naturlehrc %. B. Ann. de rcmpire a. a. 1283.
3 Les bistoriens, qni ne sont pour la plupart que de froids compilateurs
de gazettes, ne savent pas un mot des lois des pays dont ils parlent.
(A Servan, 13. Jfinner 1768.)
^ Si^cle de Louis XIV. Catalogue s. v. Rninart. — Vgl. Balnze, Calmet,
Duchesne, Ducange (,de pareils hommes m^ritent notre ctemelle recon-
naissancc, apres ceux qui ont fait servir leur g^nie k nos plaisirs*),
Labbe, Lacroze, Lelong, Petau, Simon, Sirmond.
^ Ann. de Tempire a. a. 997.
^ Essai, c. 9. Fragments sur Thistoire generale, VI.' Art. Martyrs. Auch
die Ohronologen, die sich mit Bestimmungen iictiver Daten abplagen,
behandelt er mit Hohn und Abscheu: z. B. Art Chine, Sect. IL Phil,
de Thist., c. 24. — Art. Chronologie. — Uebcr die Chronologie Newton*s
vgl. Lettres philos. (1734), Nr. 17.
Voltoin-Studien. 23
Historie ihre Aufmerksamkeit zugewendet hatte^ so rühmte ihr
Voltaire, allerdings mit einiger Uebertreibung, nach, sie habe
für die Geschichte nahezu dasselbe geleistet, wie die Acadömie
des scienccs für die Naturwissenschaften : ,elle dissipa des
erreura^ *
Das Zeitalter Ludwig XIV. macht nach seiner Ansicht
auch in Sachen der historischen Kritik und Darstellung Epoche.
Seitdem gewinne der kritische Geist immer mehr Raum, während
man zuvor der Vergangenheit kaum mehr, als Irrthümer ent-
lehnt habe. Je näher die Historiker seiner Gesinnung stehen,
desto mehr drückt sich in seinen Aeusserungen über sie das
Gefühl der Wahlverwandtschaft aus. St. ReaFs ,Conjuration
de Venise' nennt er ein Meisterwerk, eine glückliche Nach-
bildung des Sallust, welche ihr Vorbild vielleicht übertroffen
habe. ^ Rapin de Thoiras' englische Geschichte gilt ihm für die "
beste Bearbeitung des Stoffes vor Hume. ^ St. Evremont, den
Verfasser der ,Discours sur les Romains', rühmt er nur als an-
genehmen, geistreichen Schriftsteller, der indessen keiner
gelehrten Untersuchung fähig gewesen wäre. * Bernard de
Fontenelle ist ihm als Verfasser der , Relation de Tile de Bor-
neo' und als Bundesgenosse in der Streitfrage über die Alten
und Modernen höchst sympathisch. Von dessen berühmter
jHistoire des oracles' weiss er nicht viel mehr zu sagen, als
dass sie ein ungemein verständiger und gemässigter Auszug
aus der gi^ossen und gelehrten Geschichte der Orakel des Hol-
landers Van Dale sei.^ Unter den älteren skeptischen Schriften
betraf die Abhandlung des La Mothe-le-Vayer ,Traite de la
vertu des paiens^ einen viel verhandelten Gegenstand. Auf
seiner Seite stand auch Voltaire gegen die Jansenisten, welche
^ Siecle de Louis XIV, c. 31.
2 Siecle de Loui» XIV. Catal. s. v. St. R^al uud c. 32. Doch gibt er
ZQ, dass sich darin ^quelques embellissements de roman' finden. (Essai,
c. 186.) Vgl. den Brief an Grosley, 22. Jänner 1758.
' Siecle de Louis XIV. Catal. s. v. Eapin de Thoiras und Articles extraits
de la gazette litt^raire (1764), Nr. VII.
* Lettre sur les Fran(;ais. (Nr. 7 der Lettres ä Mgr. le Prince de Brun-
swick von 1767.) — A DamilaviUe, 6. Dec. 1763.
^ Catal. s. V, Fontenelle und I^ettre sur les Franvais. — Art. Oracles, S. I.
24 M»yr.
mit Äugustin die Tugenden der Heiden für glänzende Laster
erklärten. ^
So nahe Bayle seiner Richtung sonst stand, so nennt er
ihn doch ^souvent röpr^hensible et petit quand il traite des
points d'histoire et des affaires du monde*^.^ Seines Verhält*
nisses zu Montesquieu, St. Pierre und anderen berühmten
Geschichtsphilosophen der Zeit werden wir noch bei passender
Gelegenheit besonders gedenken.^
Lettre s. v. Fran^ais.
Essai, c. 174. Lettre sur les Fran9ai8. De Bayle. — Art Ath^isme IV.;
David; Philosophe I. — A d'Argensoii, 21. Juni 1739. — A Vemes,
2. Jänner 1763. — Catalo^e b. v. Bayle.
Unter den Geschichtschreibern zweiten Ranges hebt Voltaire im Schrift-
stellercataloge des Si^cle de Louis XIV besonders hervor: Amelot de la
HouBsaie, den Geschichtschreiber Venedigs und Commentator Machia-
vell's (Preface de TAntimach., 1740) — Avrigny, den Verfasser der ver-
lässlichen Annales 1601 — 1715 ,auteur d'une nouvelle mani^re d'^rire
Thistoire* — Basnage — Beaumont de Per^fixe, Geschichtschreiber Hein-
rich IV. ,P. Erneut tont cueur uä sensible et fait adorer la memoire de
ce prince* — Beausobre, dessen Geschichte der Manichäer er ,an des
livres les plus profouds, les plus curieux et les mieuz faits* nennt —
Bergier's Histoire de grands chemius de rEmpire romain — Cordemoy,
den tüchtigen Forscher über ältere französische Geschichte — d'Olivet,
den Historiographen der Akademie, mit welchem Voltaire in Brief-
wechsel stand — d'Orlcans S. J. ,Ie prcmier qui ait choisi dans Thistoire
les r^volutions pour son seul objet^ — Dubos, den berühmten Aesthetiker,
dessen Geschichte der Ligue von Cambray Voltaire als Muster ihrer
Gattung preist — Duhalde, den Sinologen — Dupleix ,le premier historien
qui ait cit^ au marge ses autorites' — Dupuy (Histoire des Templiers) —
F^libien (Entretiens sur la vie des peiutres) — Fl^chier, den berühmten
Redner, Verfasser einer Geschichte des Theodosius — II6nault*s Abr^gö —
Huet, den Skeptiker ,de tous ses livres le Commerce et la Navigation
des anciens et TOrigine des Romans sout le plus d'usag«' — Lenfant
(Histoire du concile de Constance) — M^zeray, wenn wir diesen Mann
zu den Historikern zweiten Ranges zählen dürfen — Pellisson (Histoire
de TAcad^mie; Histoire de la conqucte de la Franchc - Comt^) — P6ti8
de la Croix pfere (Histoire de Gengis-kan et de Tamerlan) — Quincy
(Histoire militaire de Louis XIV) — Rollin, dessen beredte und gewandte
Compilationen Voltaire ihrer Kritiklosigkeit halber oftmals tadelte (z. B.
Phil, de Thist., Defense de mon oncle, c. 9; Pyrrhonisme de Thistoire,
c. 6) — Adr. de Valois, Geschichtschreiber Frankreichs — Vertot,
jhistorien agreable et elegant' — Velly et Villaret (Histoire de France)
vgl. Art. extraits de la Gazette littdraire, Nr. 21; Remarques de TEssai
Yoltaire-Stadien. 25
Gleichwie Voltaire die Engländer im Allgemeinen be-
wunderte und sich als Schüler Locke's und Newton's den Car-
tesianern entgegenstellte^ so gehörte er auch zu den Lob-
rednem ihrer historiographischen Leistungen. Er rühmt ihre
Eenntniss des classischen Alterthums; besonders erwähnt er die
Forschungen Marsham's über das alte AegypteB; Hyde's über
die Perser und die Religion Zoroasters, Sale's über den Moha-
medanismus. ^ Ungemischtes Lob spendet er der englischen
Geschichte des als Historiker und Philosophen gleichberühmten
Hume. ,Nie'^ sagt er^ ,hat das Publicum besser gefiihlt, dass
es nur den Philosophen zukomme, Geschichte zu schreiben . .
Harne scheint in seiner Geschichte weder der parlamen-
tarischen noch der royalistischen Partei anzugehören; weder
Anglikaner, noch Presbyterianer zu sein; man findet in ihm
nichtS; als den billig denkenden Mann; er steht über seinem
Stoffe und spricht von den Schwächen, Irrthümern, Barbareien der
Menschen, wie ein Arzt von den epidemischen Krankheiten.'^
(1763), c. 3 — LSveoque de Pouilly (h Damilaville, 23. April 1764) —
Mignot, Histoire de Ferdinand et dlsabelle (k Florian, 22. Jänner 1766) —
Gaillard, Verfasser einer Geschichte Franz I. {k Gaillard, 2. Nov. 1768,
28. AprU 1769, 26. Nov. 1770, 4. Febr. 1771) — Mille's Histoire de
Bourgogne (13. Sept. 1771) — Mallet du Pan (24. April 1772) — d^Es-
pagnac^s Histoire de Maurice comte de Saxe (15. Sept 1773, 10. Jänner
1774, 1. Febr. 1775, 10. Mfirz d. J.) — Raynal (26. Nov. 1775) —
BaUly's Histoire de Tastronomie ancienne (15. Dec. 1775, 9. Febr.
1776) — Mennier, Esprit des usages (24. Juli 1776) — Delisles de Sales
(7. März 1777).
1 Si^le de Louis XIV, c. 34. Seines Verhältnisses zu den Deisten —
Tindal, Collins, Bolingbroke, VVarburton — werden wir später ausführ-
licher gedenken. Sarkasmen über die grosse englische Welthistorie siehe
Fragment von 1773, Art. I. — Ueber H. Walpole*s Geschichte Richard lU.
siehe Lettre k H. Walpole, 15. Juli 1768.
' Articles eztraits de la Gazette litt^raire, 1764, Nr. VU. — Hingegen
wirft er Bumet, Clarendon u. A. ihre Parteilichkeit vor (Art. Histoire,
ß. III, im Dict. phil.) und meint überhaupt: ,Mais un Anglais veut qu^on
soit toujours partial, ou tout whig, ou tout tory, et la raison, qui est
impartiale, ne Taccommode pas^ (A Fr6deric U, 1751, Nr. 1752 der
Hachette'schen Edition.) — Pyrrhonisme de Vhist., c. 18. — Ueber Hume
sagt er an einer anderen Stelle: ,La seule m^thode, qui puisse convenir
k nne histoire g^n^rale, a iÜ aussitot adopt^e par le philosophe qui
^crit rhistoire particuli6re d'Angleterre'. (Remarques de TEssai, 1763.) —
,Nos malheoreux Welches n'^criront jamais Thistoire comme lui (Hume);
26 M»yr.
Wie HumO; so überhäuft er auch Robertson ^^ mit Lob-
sprüchen.
Nach Allem lässt sich wohl sagen, dass Voltaire seine
Vorgänger und Zeitgenossen erstlich gekannt und zweitens
nicht getadelt habe, wofern sie es nicht reichlich verdienten ;
gelobt hat er sie just auch nicht im Uebermaass. Man wird
überhaupt diesem beweglichen und durchdringenden Geiste nie
seine Zustimmung und Bewunderung versagen können, wenn
man nicht an Einzelnhciten kleben bleibt.
n.
Yoltaire's Geschicbtsphilosophie.
A. Voltaire's Histörik.
Die kritischen Aeusserungen Voltaire's über seine Vor-
gänger deuten überall auf seine positiven Ansichten; sie sind
voll des Geistes, in dem er selbst gedacht und gewirkt hat.
Schon die Titel seiner universalhistorischen Hauptschriften
offenbaren uns seinen Sinn und enthüllen uns seine Stellung
innerhalb des Entwicklungsganges der Wissenschaft : , Philo-
sophie de Phistoire' und , Essai sur les moeurs et Tesprit des
nations^^
Den Terminus ,philosophic de Thistoire' hat er erfunden,
Herder nach Deutschland verpflanzt. ^ Die Sache selbst hatte
ils sont continuellemeiit genes et g^arrottes par trois sortes de chaiues:
Celles de la conr, Celles de rE^lisc, et Celles de tribunaux appeles parle-
ments . . J*aime bien autant encore la philosophie de M. Harne, que ses
ouvrages historiqnes. (A M. Du Defiand, 20. Juni, 1764.)
1 A M. Du Deffand, 28. Jänner 1770. — A Robertson, 26. Febr. 1770.
3 Die Schrift, welche seit 1769 den definitiven Titel ,Es8ai sur les moears
et Tesprit des nations* trägt, erschien zuerst (1754 — 1758) unter dem
Titel jEssai sur Thistoire universelle*. 1765 erschien die , Philosophie de
ThistoireS welche seit 1769, mit dem Essai verbunden, als ,IntrodacUon'
oder ,Discours pr^liminaire' desselben 6gurirt Davon zu unterscheiden
ist der ,Avant-proposS welcher dem ersten Capitel des eigentlichen Essai
voranläuft.
3 In seiner Schrift ,Auch eine Philosophie der Qeschichte zur Bildung der
Menschheit' (1774). Uebrigens hatte schon 1768 ein J. J. Härder Vol-
taire's Philosophie de Thistoire übersetzt*
YoUaire^todion. 27
längst vor ihm existirt. Aber die Geschichte der Wissen-
schaften zeigt, wie viel auf eine glückliche Namenschöpfung
ankömmt. Der pure Terminus ^Philosophie der Geschichte'
macht sich als eine fortzeugende Kraft bemerkbar und beein-
fluBst den Gang der Philosophie, wie der Geschichte. Er besagt,
dass es eine besondere Disciplin der Philosophie gebe, Namens
Ge&chichtsphiloBophie, etwa wie eine Naturphilosophie existirt;
er macht zu wissen, dass es neben der gewöhnlichen Art der
Geschichtschreibung auch eine höhere Betrachtung historischer
Dinge gebe. Er enthält eine Aussage über das Zusammen-
bestehen beider Wissenschaften. Wie weit nun die Wechsel-
beziehungen beider reichen, sagt er nicht. Es geht uns hier
auch nichts an. Wir haben uns zuvörderst nur darum zu
kümmern, wie Voltaire selbst seinen Begriff einer ,philosophie
de rhistoire' definirt und verwirklicht.
Wir wären heutzutage am wenigsten geneigt, der Geschichts-
philosophie zu vindiciren, was Voltaire gerade als eine ihrer
Hauptaufgaben betrachtet : die Kritik der Ueberlieferungen, der
Data und Facta. ,Bei allen Nationen', sagt er, ,wird die Ge-
Bchichte durch Fabeleien entstellt, bis endlich die Philosophie
die Menschen aufzuklären beginnt^^ Der ganze Zustand der
Historiographie, den er vorfand, lehrte ihn, dass dieser Wissens-
zweig der Philosophie bedürfe. ^ So rechnete er es denn auch
zu den grossen Ergebnissen seines Zeitalters, dass es den Geist
des Zweifels über die fälschlicher Weise Geschichte genannten
Fabeln des Alterthums verbreitet habe.^ Kein Historiker wird
heutzutage so leicht zugeben, dass zur Kritik gerade Philo-
sophie nöthig sei. Jedenfalls kann er zugeben, dass man zu .
Voltaire's Zeiten deren bedurfte, wenn auch heute die Um-
stände gewechselt haben, und wenn wir auch gewohnt sind.
* Essai, c. 197. — Unter den mancherlei Bedeutungen, welche Vol-
taire dem ,esprit philosophique* beilegt, erscheint auch diese ,resprit qui
distingue le faox du vrai, Tincroyahle du vraisemblable et qui sacrifie
rinntile*. (Siicie de Louis XIV. Liste rais. s. v. Rollin.)
' Histoire de la Russie, Pr^face, §. 7.
3 Pr^cis du Stiele de Louis XV, e. 43. — Die sonst nicht näher bezeich-
neten Citate dieser Studie sind dem Art. Histoire des Dict. philos. ept-
nommen. Ueber genannten Artikel vgl. den Brief an d^Alembert vom
9. Oetober 1756.
28 Mayr.
gewisse ÄDsicbten, welche einst die Philosophie in hartem
Streite errungen hat, für selbstveratändlich zu halten.
Die Geschichte hat für Voltaire nicht die Sicherheit der
Mathematik oder Naturwissenschaft. Jedes historische Datum
besitzt nur einen mehr oder minder hohen Grad von Wahr-
scheinlichkeit. Einer, der die Schlacht von Philippi mitgemacht
hat, weiss davon allerdings kraft Anschauung oder Empfindung.
Das Hörensagen hingegen kann nie die gleiche Gewissheit
verleihen. Wenn einer die Sache auch von zwölftausend Augen-
zeugen gehört hätte, besässe er doch nur eine annähernde, keine
volle Gewissheit. Die Angabe einzelner Zeugen ist zweifelhaft,
und von Generation zu Generation nimmt die Wahrscheinlich-
keit immer mehr ab, bis sie gleich Null wird. Indess ist der
Mensch darauf angewiesen, sich mit dergleichen Wahrscheinlich-
keiten nach bestem Vermögen zu behelfen. ^
Als Richtschnur möge Folgendes dienen : Nichts, was dem
regelmässigen Laufe der Natur widerstreitet, darf geglaubt
werden ; was schlechthin unmöglich ist, ist auch nicht wirklich.
Nur das, was durch zuverlässige Zeugnisse erhärtet werden
kann, verdient Glauben; insonderheit wenn die Zeugen das
stärkste Interesse gegen die mitgetheilte Thatsache haben. ^
Ausgeschlossen sind: alle Daten, die überhaupt auf keinerlei
Beobachtung beruhen können; Angaben über Zeitalter, bezugs
deren keine Zeugnisse vorliegen können; ferner Erzählungen
unglaubwürdiger Berichterstatter. Mit der äussorsten Behutsam-
keit muss alles aufgenommen werden, was dem gesunden Sinne
widerstreitet, dem natürlichen Verstände ins Gesicht schlägt,
. das Wunderliche, Monströse, Exceptionelle. ^
J Art. V^ritÄ. — Art. Histoire, S. III. — Art. Certitude — J'ai senti
combien il ^tait di£6cile d*^crire uue histoiro coutemporaine (Charles XII).
Tous ceux qui ont vu les meines 6veneinents les ont vos avec des yeux
dififöreuts; les t^moins se contredisent. (A Fr^deric, Mai 1737.) — Pour
rhistoirc, ce n'est, aprös tout, qu^uue gazette; la plus vraie est rempUe
de faosset^s et eile ne peut avoir de mdrite que celui de style. (A Fre-
d^ric II, 6. Jänner 1778.)
2 Tout ce qui n'est pas demontr^ aux yeux, ou reconnu poar vrai par
les parties ^videmment int<^'ress6es k le nier, n^est tout au plus que pro-
. bable. (Essai sur les probabilit^s, 1772, Eingang.)
' L*incr^dulite est le fondement de toute sagesse, selou Aristote. Cette maxime
est fort bonne pour qui lit Thistoire et surtout Thistoire ancienne. Que
Vo1teir«-Stndien. 29
Theilt man nach den Berichten, welche uns vorliegen,
die Zeiten in historische und fabelhafte, so fallen diese ganz,
jene, sofern sie vor der Kritik nicht bestehen, aus der Geschichte
hinaos. ^ ' Grundsätze dieser Art sind auch zu Voltaire's Zeiten
nicht neu oder unbekannt gewesen. Was aber Voltaire aus-
zeichnet ist seine enorme Kraft, sie anzuwenden; denn ein-
gesehen wird auf der Welt sehr viel, aber angewandt nicht,
aas Mangel an Urtheilskraft, als der Fähigkeit, das Einzelne,
de faits absurdes, qnel amas de fables qni choqiient le sens commiin.
(Histoire de Charles XII, Pr^face 1748.) — ,Son grand but 6tait de juger
parle sens com man les fables de Tantiquite*, sagt er von sich. (Ddfense
de mon oncle, 1767. Exorde.)
' J«a fable est la scenr aint^'o de Thistoire*, ist einer seiner Lieblings-
sprflche. — Aprös les temps fabnlenx viennent les temps historiques; et
cet historiqne est encore partout mele de fables. (Fragments historiques sur
rinde, c. 31.) — Je n*approuye point dans Tite-Live ce qne j'aime dans
rUom^re. (A Colini, 21. Oct. 1767.) Kritische Erörterungen finden sich
aller Orten in seinen historischen und philosophischen Haupt- und
Nebenwerken. Die ausführlicliste kritische Untersuchung aus seiner Feder
betrifft das Testament Richelieu^s, worüber viel gestritten worden. Die
Zahl angeblicher Ooschichten, welche er ins Fabelbuch verweist, ist
Legion. Ich nenne nur beispielshalber: die französischen Königsmirakel
(Rheimser Fluschen etc.), Essai c. 42; das Histörchen von Eginhard und
Emma (,digne de Tarcheveque Turpin^ Ann. de Tempire a. a. 794); den
MKusethurm (a. a. 969); Heinrich II. Jungfräulichkeit (a. a. 1024); den
Antheil Kaiser Friedrich II. an dem Pamphlete ,De tribus impostoribus^
(a. a. 1239); die TeUsage (,Fable danoise', Essai, c. 67 und Ann. a. a.
1307). Wie genau er es mitunter nahm, dafür ein Beispiel statt hundert
anderer. Er las von einer angeblich aus dem Jahre 1301 stammenden
Kanone, die sich noch in Amberg befinden sollte. Das frühe Datum
machte ihn stutzen. Er veranlasste also den Grafen Holnstein, sich an
Ort und Stelle um die Sache zu bekümmern. Die Kanone existirte nicht.
Dagegen fand man auf dem Grabsteine eines Ingenieurs Abbildungen
von Kanonen und im Epitaph die Jahreszahl 1501. Offenbar hatte man
aus der abgebildeten eine veritable Kanone, und aus der Fünf eine Drei
gemacht. ,Si on approfondisait ainsi toutes les antiquit^s, ou plutdt tous
les contes dont on nous berce, on trouverait plus d^une vieille erreur k
rectifier.* (Remarques 1768, Nr. VIII.)
Voltaire war weder der Erste, der obige Fabeln bezweifelte, noch
gab er sich dafür aus. Aber er hatte für das, was bezweifelt zu werden
verdiente, einen lebendigen Instinct. Er verbreitete den kritischen Sinn
fiber alle Welt und machte mehr, als irgend ein Andrer, die kritiklose
Erudition und den spielenden bel-esprit in der Geschichtschreibung nn-
mogUch.
30 Mayr.
Concrete richtig zu subsumiren, und aus Mangel an Muth. So
schleppte man denn getrost alle Märchen der altorientalischen,
der griechischen, römischen und mittelalterlichen Historie durch
die Bücher. Man hielt es fiir das erste Erfordemiss eines
Geschehnisses, durch Wunderlichkeit zu amüsiren. Noch zehrte
das Publicum an Bächern, wie denen Rollin's, der den ganzen
livianischen und herodotischen Fabelkram kritiklos wiederkäute.
Sicherlich hat der in mancher Hinsicht vorzügliche Mann recht
wohl jene Grundsätze gekannt, welche Voltaire bewogen, die
ersten fünfhundert Jahre der römischen Geschichte ins Fabel-
buch zu verweisen. Aber angewendet hat er sie nicht. Vol-
taire aber machte geltend, dass über die besagten Zeiten keine
Nachrichten vorliegen könnten, weil der Bildungszustand der
alten Römer historische Aufzeichnungen nicht erlaubt hätte;
weil etwaige Documente im Laufe der Zeit, sicherlich beim
gallischen Brande, zu Grunde gegangen wären ; endlich vreil
die Daten selbst das Gepräge des Unwahrscheinlichen, Fabel-
haften, Erfundenen an sich trügen. Das Verdienst Voltaire's
bleibt ungeschmälert, wenn man auch unserer Zeit das ihrige
zuerkennt, nämlich nach verschiedenen Principien und mit ver-
schiedenem Erfolge brauchbare Bausteine zum Aufbaue der
älteren römischen Geschichte aus dem Wüste der Ueber-
lieferüngen ausgesondert zu haben. ^ Noch eclatanter springt
Voltaire's historisches Verdienst in die Augen, wenn wir sehen,
wie er die nämlichen Grundsätze der Kritik in Anwendung
brachte, wo immer es sich um die Ueberlieferungen der alt-
jüdischen und altchristlichen Geschichte handelt. Man mag an
seinen Spöttereien Aergerniss nehmen — sie gehören zur blossen
Einkleidung — und sich einer genaueren, umfassenderen Kennt-
niss der Dinge rühmen; das schmälert nicht Voltaire's Ver-
dienst, welches man auch dann schwerlich aus der Welt schaäPen
wird, wenn man nachweist, dass er in dieser Beziehung den
englischen Deisten viel zu verdanken habe.
* Buckle, Geschichte der Civilisation III, 140 (Ritter* sehe Uebersetzung). —
Interessant ist in diesem Jahrhundert der Anklagen und Rettungen der
Versuch Voltaire^s, Calligula, Nero etc. von den Verleumdungen Sueton's
und Tacitus* rein zu waschen. (Pyrrhonisme de Thist., c. 12 — 13.) Vgl.
Commentaire sur Tesprit des lois (1777), 45.
Voltaire-Stndipti. 31
So wenig, lehrt ferner Voltaire, als die pure Möglichkeit
oder Wahrscheinlichkeit die Wirklichkeit eines Factums er-
härteti so wenig reicht der Schein der Unwahrscheinlichkeit in
allen Fällen zu, eine Ueberlieferung zweifelhaft zu machen.
Auch das wahrscheinliche, an sich mögliche, widerspruchs-
freie Factum bedarf des guten, gewichtigen Zeugnisses, um
Glauben zu verdienen. Andrerseits vermögen gute Zeugnisse
Nachrichten, die auf den ersten Anblick Verdacht erregen und
eine grosse Familienähnlichkeit mit den landläufigen Fabeln
haben, plausibel zu machen. * Unter den Ueberresten der Ver-
gangenheit sind vornehmlich die Monumente schätzenswerth.
Jedoch beweist ein Monument als solches noch nicht die Wahr-
heit eines hiedurch verewigten Factums; es beweist nur, dass
diejenigen, welche es errichtet, an das betreffende Factum
glaubten. ,Wie hätte ein Philosoph im Tempel des Jupiter
Stator die Menge überreden können, dass Jupiter nicht vom
Himmel herabgestiegen sei, um der Flucht der Römer Einhalt
zu gebieten? . . . Die Priester würden ihm geantwortet haben:
Uoglaubiger Verbrecher! Ihr müsst zugeben, wenn ihr die
Rostra sehet, dass wir eine Seeschlacht gewonnen haben, von
der diese Säule das Wahrzeichen ist: so gebt auch zu, dass
die Oötter auf die Erde herabgestiegen sind, uns zu vertheidigen,
und lästert nicht unsere Mirakel angesichts der Monumente,
welche sie bezeugen.' So wenig als Monumente gewähren
Medaillen, Feste, Ceremonien eine hinreichende Bürgschaft für
die Thatsache, von der sie Zeugniss geben sollen.^ Was die
^ Ce qni n'est vraisemblable ne doit pent-etre cru, h moins qne plusieurs
contemporaiuB dignes de foi ne d^ponent UDanimoment (Siecle de Lonis XIV^
c. 25, vgl. Essai, c. 197.) Dass das scheinbare Natnnvidrig-e doch mitunter
wirklich ist, beweist die religiöse Prostitntion in Babylon. (Defense de mon
oncle, 1767, 2.) Voltaire bekämpft das hcrodoteische Zeugniss mit dem
Satze: ,Ce qui n^est pas dans la nature n^est jamais vrai^ Freilich sind
es analoge FSlle, die hier und oftmals dem nicht nnbczweifelbaren Zeug-
nisse Eur Stütze dienen. Von der Analogie macht er selbst oft Gebrauch,
^n serait encore difficile de concilier les id^es sublimes que les bramines
conservent de r£tre sublirae, avec leurs superstitions et leur mythologie
fabolense, si Thistoire ne nous montrait pas de pareilles contra-
dictions che» les Grecs et les Romains. (Essai, c. 3.)
' Phil, de rhist., 24: Par quel excös de ddmence, par quelle opini&tret^
Absurde, tant des compilateurs ont-ils voulu prouvor dans tant de volnmes
32 M»yr.
Autoren betrifft, so hat man sich erstlich um die Glaubwürdig-
keit derselben zu kümmern, dann die Uebereinstimmun^en und
Abweichungen der glaubwürdigeren zu beachten. Was durch
die öffentlichen Register, die Uebereinstimmung zeitgenössischer,
aufgeklärter, unter öffentlicher Controle schreibender Historiker
verbürgt ist, verdient Glauben. * ,Wenn Zeitgenossen, wie
der Cardinal von Retz und der Herzog von Larochefoucauld,
wechselseitige Feinde, das nämliche Factum in ihren Memoiren
erzählen, so ist dieses Factum unbezweifelbar; widersprechen
sie sich, so tritt der Zweifel in sein Recht.' ^ Zeitgenössische
Memoiren sind stets der Parteilichkeit verdächtig; da gilt es
denn, der satirischen Absicht, der Frivolität, der Uebertreibung
die Spitze abzubrechen. Gar keinen Werth besitzt, was von
obscuren Leuten in einem obscuren Winkel ohne alles historische
Gefühl in die Geschichte eingeschwärzt wird. In rohen Zeiten
sind Bildungslosigkeit und Einbildung, in aufgeklärter Partei-
lichkeit und Schurkerei die Feinde historischer Wahrheit.^
Zu den ,hi8torischen Lügen' rechnet Voltaire nicht allein
die Wundergeschichten und Fabeln, sondern auch die Anekdoten,
die ,Portraits' und ,Harangues'; ihnen allen gereicht das Moment
der Absichtlichkeit zum Verderben. Rohe und barbarische Zeiten
sind lügenhafter, als helle aufgeklärte. Je höher die geistige
Cultur eines Schriftstellers steht, desto höher steht er in der
Scala der Glaubwürdigkeit. Niedere Gesinnung, Unwissenheit
und Lügenhaftigkeit gehen Hand in Hand. Nur aufgeklärte
Zeiten bringen wahrhaftige Historiker hervor, woferne nicht
rednerisches Pathos, Affect oder Parteileidenschaft den Vorzug
der Aufklärung wieder zu nichte machen.^ Indess sind nicht
Enormes, qu^nne fote publique etablie en memoire d^un ^v^nement ^tait
nne demonstration de la v^rite de cet ^v^uement?
1 Essai, c. 197.
^ Siöcle de Louis XIV, c. 25. So dieot ihm der Qegensatz Sarpi*8 und
Pallayicini^s zur Controle ihrer Glaubwürdigkeit. (Essai, c. 172.)
3 Ces fables ne sont-elles pas invent^es par Toisivet^, la superstition et
rint^ret? (Remarques 1763, Nr. 21.)
* D'ordinaire les histoires sont des satires on des apologies, et Tauteur,
ma1gr6 qu^il en ait, regarde le heros de son histoire comme nn predi-
cateur regarde le saint de son sermon . . (Lettre k Canmont, 15. Sept
1733.) — Un historien a bien des devoirs . . celui de ne point calomnier
Voltftire-Studidn. ^3
alle historlBchen Daten, welche verworfen werden müssen,
quaiificii*te Lügen; es gibt auch historische Irrthümcr sehr
verzeihlicher Natur. ^ Man kann irren aus Unachtsamkeit; man
kann irren in seinen Schlussfolgerungen, was nur allzu häufig
vorkömmt. Im Ganzen überwiegt die Lüge den Irrthum. So
berechtigt diese Erwägimgen Voltaire's sein mögen, so sind sie
doch zu allgemein hingestellt. Er kennt nicht den Unterschied
von Mythen, Sagen, Legenden und Tendenzmärchen. Wie sein
ganzes Jahrhundert gewährt er der bewussten Erfindung, der
eigentlichen Lüge, dem qualificirten Betrüge einen allzu weiten
Spielraum. Er bedenkt auch nicht, dass selbst Uass, Leiden-
schaft, Servilismus selten absichtlich die Unwahrheit sagen;
sie umdunkeln vielmehr von vorneherein den Intellect und
heben dessen Freiheit auf.
Dass Voltaire die Anekdoten, die Volksreden im Stile
des Thukydides oder Livius, die Charakterschilderungen (por-
traits^) üblicher Art bekämpft, liegt im rationalistischen
Znge seiner Natur und seiner Zeit, in der bei ihm zum Durch-
bruch gelangenden Abneigung des wissenschaftlichen Geistes
gegen die classicistische Tradition, welche darin einen un-
entbehrlichen Schmuck der historischen Diction erblickte.
Insbesondere sieht Voltaire jeder Anekdote ^ scharf ins Gesicht;
ihre pöbelhafte Physiognomie hat etwas Empörendes für den
Mann, der mit den Grossen dieser Welt auf vertrautem Fusse
zu leben gewohnt war. Anekdoten reproducirt er niemals gerne,
auch wenn sie wohl verbürgt und glaubhaft sind. Erstlich
widerstrebt es ihm, wie oft geschieht, Anekdoten zu erzählen
and auf sie den Ursprung grosser Ereignisse zurückzufuhren,
statt sich der Mühe einer Untersuchung ihrer verwickelten
et oelni de ne point ennnjer. (A Nordberg, 1742, Nr. 1271 der Ha-
chette*8ehen Edition.)
^ Hifltoire de ki Bussie, Pr^face §. 7.
^ Les portraits des hommes sout presqne tous faits de fantaisie . . . les
hommes publica des temps passes ne peuvent etre caracterises que par
let faits. Vgl. Connaissance de la po^sie et de Teloquence (1749). Carac-
t^res et portraits.
* VgL den Art. Ana, Anecdotea im Dict. phil. — Histolre de la Russie
soos Pierre le Grand, Pr^face §. 4—7. — Si^cle de Louis XIV, c. 25. —
A M . . sur les anecdotea (1775).
Sitaufaber. d. p]iü.-kiBt. CL XCY. Bd. 1. Uft. 3
34 Mayr.
Bedingungen zu unterziehen J Zweitens lenken sie nach seiner
Meinung von dem eigentlich Historischen ab, zeiTen das oft
bedeutungslose Privatleben vor die Oeifentlichkeit und geben
der Gemeinheit, Bosheit, Niederträchtigkeit einen willkommenen
Anlass, das Erhabene auf ihr Niveau herabzuziehen. ,AUe
diese kleinen Qeschichtchen, mit welchen man die Historie
aufputzen will, entstellen sie; unglücklicher Weise bestehen
fast alle alten Geschichten bloss aus derartigen Histörchen.
Malebranche hatte in dieser Hinsicht Recht, wenn er sagte,
er mache sich aus der Geschichte nicht mehr, als aus dem
Klatsche seines Viertels.' Es ist begreiflich, dass Voltaire
einem Zeitalter, dessen Interesse an der Oeffentlichkeit sich
lediglich um die chronique scandaleuse drehte, unaufhörlich
würdigere und zutreffendere Ansichten beizubringen bestrebt
war. Wenn Cicero sagt, der Geschichtschreiber dürfe keine
Wahrheit verheimlichen, so entgegnet Voltaire: , Angenommen,
Ihr seid Zeuge einer Schwachheit gewesen, die ohne Einfluss
auf die öffentlichen Angelegenheiten geblieben ist, seid Ihr
vei-pflichtet, sie zu enthüllen ? In diesem Falle würde die
Geschichte zur Satire werden/ Voltaire hasste die Anekdoten
so zu sagen persönlich; denn einen seiner Helden hatte man über
seinen Maitressen,^ einen andern über seinen Schnapsräuschen
beinahe vergessen. Auch hierin ist Voltaire ein populärer
Schriftsteller, der das Publicum zu sich emporzieht, während
Andere dessen ordinären Gelüsten nachgeben und das Edlere
ausser Cours bringen.
Voltaire rechnet nicht bloss die Anekdoten zum Ballast
der Historie; vielmehr sind seine Ansichten über das Unnütze,
das der philosophische Geist ausser Acht lassen dürfe^ ziemlich
radicaler Natur. Man müsse die Dinge im Ganzen und Grossen
betrachten, sagt er; man müsse sich an die Gemälde der Jahr-
hunderte halten ; der menschliche Geist sei von Natur schwach
und erliege unter der Last minutiöser Details. Details, die
* Die verborgenen, rein persönUchcn Triebfedern der menschlichen Hand-
lung;en Rind tiberbnapt kein Oegeniitand für den Historiker. «La cause
premi^re n*est gn^re faite ponr le physicien, et les premiers ressortft des
intrigues ne sont gu^re faits ponr Thistorien. (20. Mai 1738, an den Prinzen
Friedrich.)
2 Eigentlich ausser Ludwig XIV. auch Heinrich IV. (Vgl. Essai, c. 174.)
Volltire-Slndien. 35
uns nichts lehren^ seien dasselbe^ was die Bagag^e bei einem
Heere ist: ^impedimenta'J Man habe sich nicht um die Samm-
lung einer enormen Masse von Thatsachen zu bemühen, die
sich wechselseitig verwischen, vielmehr nur um die hauptsäch-
lichsten und best beglaubigten zu bekümmern.^ Man erforsche
mit aller Sorgfalt den Tag einer Schlacht, den Pomp einer
Ceremonie bis auf den letzten Lackei herab — gut. Aber
wenn man tausende von Schlachtbeschreibungen und hunderte
von Friedensschlüssen gelesen, habe man nichts weiter gelernt,
als Thatsachen, Ereignisse. Man vernachlässige um dieser
Dinge willen Kenntnisse von einer mehr ftihlbaren und an-
dauernden Nützlichkeit.^ Aus der ungeheuren Fülle der That-
sachen müsse man hervorheben, was gekannt zu werden ver-
diene: den Geist, die Sitten, die Gewohnheiten, Vorurtheile,
Culte, Gesetze^ Künste, Wissenschaften der Völker, gestützt
auf die zum Verständniss unentbehrlichen politischen Ereignisse.
Nicht der gekrönte Pöbel, sondern nur die Könige, deren
Orassthaten ihre Völker beglückt haben, seien der historischen
Erinnerung werth.* Die Ereignisse, Parteiungen, Revolutionen
* Pi^face Ton 1754. — On noiu accable d'histoires anciennes, saus choix et
saus jugement; on les lit k pea pres avec le meme esprit qu^elles ont ^t^
iaites et on ne se met dans la tete que des errenrs. (Phil, de Thist., XIV.)
' Remarques (1763) III. — Von« pensez aussi qu'il ne faut jaraais s'ap-
pesantir snr les petits detail« qni ötent aux grands ^v^nements tont ce
qn^ils ont dMmportant et d*augnste . . Les memoires, les dupliques et
les r^pliqnes, sont de nionnments k conserver dans des archivcs ou dans
les reeneils des Lambert!, des Dnmont, on meme de Ronssel; mais rien
n*est plns insipide dans une histoire. (A Schowalow, 14. Nov. 1761.) —
De qnels fatts pent-on etre nn pen instmits dans Thistoire de ce monde ?
des grands ^venements publics que personnc n*a jaroais contestes . . mais
qni pent p^netrer les d^tails? On aper^oit de loin la couleur domi-
nante; les nnances ^chappent nucessairement. (AM., snr les anecdotes
1775.) Le fond de son histoire (Cjrus) est tr^s yrai; les äpisodes sont
fabalenx: il en est ainsi de tonte histoire. (Phil, de Thist., XI.) — Er
meint, dass man die kritisch sicheren Details znm Behnfe der eigent-
Ueben Historiographen annalistisch oder lexikalisch ssusammenstellen solle.
(Priface von 1754.) Des d^tails qne je hais . . Malheur aux gros livres!
je m*occnpe k rendre celui-ci (Si6cle de Louis XIV.) plus petit et
meillenr. (A Richelieu, 16. Dec. 1762.)
' fKonvelles consid^rations sur Thistoire*. Vorwort zum Charles XII.
* L'bistoire des dates, des g^n^alogies, des villes prises et reprises, a son
m^rite; mais l'histoire des moeurs vaut raieux, a mon gr^. (A Bnrigny,
und Verbrechen solle man nicht um ihrer selbst willen der
Beachtung würdigen; sondern nur insoferne sie uns helfen,
die Geschichte der menschlichen Meinungen, des menschlichen
Geistes überhaupt verstehen zu lernen.* Weil die Geschichte
sich selbst unzählige Male wiederhole, genüge es die bezeich-
nendsten Momente hervorzuheben. Freilich, die Principien,
nach denen Voltaire die Auswahl und Anordnung der histori-
sehen Geschehnisse vornahm und vorgenommen wissen wollte,
werden uns erst ganz klar werden, wenn wir den Umkreis seiner
historisch-philosophischen Ansichten werden durchmessen haben.
Welchen Nutzen verspricht sich nun Voltaire von seiner
kritisch gesichteten Historie? Was er selbst darüber sagt, das
übersteigt in der Regel nicht das Durchschnittsmaass skizzen-
hafter Banalität; wir wollen dessen daher nur im Vorbeigehen
erwähnen; charakteristisch ist es immerhin, namentlich im Ver-
gleich mit der theologischen und höfischen Auffassung Bossuet's.
Die Geschichte, meint er, liefere dem Staatsmanne, wie dem
Bürger das Material zu Vergleichungen der actuellen Zustände
seines Landes mit denen fremder Zeiten und Völker; dadurch
errege sie den Wetteifer der Nationen. Als Fehler- und Bei-
spielsammlung übe sie eine heilsame Wirkung, zumal auf die
leitenden Persönlichkeiten, aus. Sie sei eine Schide der Politik;
so lehre sie das Gleichgewichtssystem erkennen, dem Europa
verdanke, dass es nicht einer einzelnen Macht unterworfen
sei.2 In Zeiten geschichtlicher Unwissenheit treffe man keine
10. Mai 1757.) Vgl. den Avant-propos des Easai. — Autant il faut con*
naitre les grandes actions des souverains . . qoi ont renda leurs peuples
meilleurs et pIns heureuz; antant on doit ignorer le vulgaire des rois
qoi ne servirait qvCk charger la mdmoire. (Introduction von 1753.)
* Remarques (17G3) IL — Tont ce qui s'est fait -ne merite pas d'etre 6crit.
On ne s'attacliera, dans cette histoire, qu*& ce qoi m^rlte rattentioii de
tous Ics temps, & ce qui pent peindre le g^nie et les majurs des homiues,
k ce qui peut servir dUnstruction et conseiUer Tamour de la vertu, des
arts et de la patrio. (Si6cle de Louis XIY. —> Introduction.) Mon but
n'est pas d*ecrire tout ce qui s*est fait, mais seulement ce qui on a fatt
de grand, d*utilc et d'agr^able. C^est le progr&s des arts et de Tesprit
humain que je veux faire voir et non Thistoire des intrigues de cour et
des m^chancet^s des hommes. (A Berger, April 1739.)
2 ,Ces d^tails', sagt er gelegentlich, ,pourraient fournir des exemples,
s^il y avait des cas pareils; mais il ne 8*en trouve jamais, ni dans les
VoltoiTC-Siiidien. 37
Vorsichtsmaassregelii und öffne so allen Calamitäten Thür und
Thor. ;Aneantis8ez F^tude de rhistoire, vous verrez peut-etre
des ät.-Barth6Iemy on France et des Cromwell en Angleterre.'
Das ist doch der ganze Voltaire! der Geist des achtzehnten
Jahrhunderts, welches glaubt, die Erkenntniss sei im Stande,
das Unheil, das aus den vernunftlosen Leidenschaften der
Völker entspringt, för ewige Zeiten zu bannen ! ^
Wegen ihres Nutzens, aber auch ihrer höheren Zuver-
lässigkeit halber, bevorzugt Voltaire entschieden die neuere
Geschichte. In dieser Beziehung ist er mit Bolingbroke einver-
standen; einige seiner Aeusserungen scheinen unter dem directen
Eindrucke der , Letters on the study of history' geschrieben zu
sein. ,Ich wollte', sagt er, ,das8 man ein ernsthaftes Geschichts-
Studium erst mit jener Zeit beginne, wo sie für uns interessant
zu werden anfängt: das ist, wie mir scheint, gegen Ende des
fünfzehnten Jahrhunderts. Alte Geschichte treiben heisst einige
Wahrheiten unter tausend Lügen zusammenstoppeln. Alte
Geschichte ist nur insoweit von Nutzen, als es die Fabel ist,
nämlich durch ihre grossen Ereignisse, die den stets wieder-
affaires ni dans lä guerre. Les ressemblances sont tonjonrs imparfaites,
les difflSrences toujoura graudes.* (Siede de Louis XIV. Catalog^e 8. v.
Qaincy.)
,Ceax qni diraient ä an historien: Ne parlez pas de no0 extravägances
pass^es, ressembleraient aux enfants des pestifer^s, qui ne voudraient pas,
qu'on dSt qne lenrs p^res ont eu le charbon. Les papiers publlcs . .
effrayent le crime, ils arreteut la main prete k le commettre. Pins d'un
potentat a craint qnelquefois de faire une mauvaisc action qui serait en-
registree sur le champ dans toutes les archives de Tesprit humain^ (Re-
marques de TEssai, 1763, Nr. VII, vgl. Nr. XV.) — ,8i les princes et
les particuliers n'avaient pas quelque int^ret k s*instruire des revo-
lutions de tant des barbarcs gonvemements, on ne ponrrait plus mal
employer son temps qu'en lisant Thistoire.* (Essai, c. 94.) — ,Le juge-
fflent de la post^rit^ est le seul rempart qu*on ait contre la tyranuie
heureuse.' (Essai, c. 166.) — ,La consolation du genre humain est d*avoir
des annale« fid^les qui, en exposant les crimes, excitent a la vertu.'
(Annales de Teropire. Lettre k Madame la Ducbesse de Saxe-Qotha,
H, MSrz 1754.) — Tous les faits principaux de Thistoire doivent etre
appliqu^s 4 la morale et k T^tude du monde; sans cela la lecture est
iootile. (Pens^es, remarques et observations de Voltaire.) Enfin les
bommes s*^clairent un peu par ce tableau de leurs malheurs et de leurs
sottises. (Remarques. 1763.)
38 Mayr.
kehrenden Gegenstand neuer Gemälde^ Dichtungen, Gespräche,
moralischer Erörterungen bilden. Die alte Geschichte verhfilt
sich, wie mir scheint, zur neueren, gleichwie die alten Medaillen
zu den in Curs befindlichen Münzen: die ersteren bleiben in
den Cabineten, die letzteren circuliren zum Behuf des Uandels-
yerkehrs in der ganzen Welt/ ' Nützlich zu sein, d. h. min-
destens die Einsicht zu erweitern, was die Anhäufung falscher
oder auch wahrer Details niemals vermag, rechnet Voltaire
zu den wesentlichen Pflichten des philosophischen Geschicht-
schreibers. ^ Letzterer aber setzt den philosophischen Leser
voraus. ^
Dem Staatsmann, dem Philosophen kommt es nach Vol-
taire's Ansicht zu, Geschichte zu schreiben; schriftstellerische
Talente sind ihm gleichfalls unentbehrlich.* Der Geschicht-
schreiber muss die Menschen kennen, damit er sie schildern
kann. ^Begnügen wir uns', sagt er mit Montaigne, ,wenn wir ein-
fache Historiker haben, welche mit Sorgfalt und Fleiss anhäufen,
was ihnen zur Kenntniss kommt, die alles redlich, ohne daran
^ Siehe ^Remarques' und, Nouvelles consid^rations' vor dem Charles XIL —
yCVst dans Thistoire de nos propres folies qit'oii apprend k etre sage et
non dans les discussions t^n^breuses d*une vaine antiquitd.* (Couclusion
von 1763, Nr. IV.) Vgl. Conseils »ur l'histoire (1737). — Laissons donc
Ik toute la pr^tendue histoire ancienne, et, k T^gard de la moderne, que
chacun cherche k s'instruire par les fautes de son pays et par celles de
ses voisins, la le^on sera longue. (L' A, B, C ; 6"*" entretien.)
2 Vous voudriez que des philosophes eussent ecrit Thistoire ancienne . .
Vous ne cherchez que de v^rites utiles . . Tachons des nous ^clairer
ensemble. (Phil, de Thist. I.)
3 Si \e9 homines ^taient raisounables, ils ne voudraient d^histoires qu«
Celles qui mcttraient les droits des peuples sous leurs yeux . . mais cett«
maniere d'ecrire l'histoire est aussi difficile que dangereuse. Ce serait
unc 6tnde pour le lectetir et non uu d^lassoment. Le public aime mieux
les fahles: on lui en donne. (Pyrrhonisme de Thist., c. 16.)
* Habile historleu, c^ost-ä-dire Thistorien qui a pulse dans les bonnes
sources, qui a compare les relatious, qui en juge saiuemeut, en un mot
qui a'est donne beaucoup de peine. S'il a encore le don de narrer avec
Teloquence convenable, il est plus qu'habile, il est grund historleu, comme
Tite-Live, de Thou . . (Art, Habile.) — Enfin le grand art est d ar-
ranger et de prdsenter les ovenements d^une maniere interessante; c'est
un art tr6s-difficile, et qu'aucun AUemand n*a connu. (A Schowalow,
14. Nov. 1761.)
Yoltaire-Stttdien. 39
viel herarnzuklaubeo; eiaregistriren^ indem sie unser Urtheil
bczugs der Erkenntniss des Wahren freilassen/ ^Äber^, setzt er
hinzu, ,wir wollen sie mit philosophischem Geiste lesen.^ ' Der
schalen Reflexion, des aufdringlichen und schiefen Urtheiles
müde, äussert sich Voltaire oft so, als ob es dem Geschicht-
schreiber nur zukäme, die nackten Thatsachen für sich selbst
sprechen zu lassen. Ihn beseelte zeitlebens ein reger Sinn für
alles Factische. Jedoch was er den Pedanten, den Fanatikern
verwehrt wissen wollte, dem auch für seine Person zu entsagen,
kam ihm gar nicht in den Sinn. Ihm waren seine Reflexionen,
seine Urtheile über Menschen und Ereignisse, die Wirkung auf
die Gesinnungen seiner Zeitgenossen Haupt- und Endzweck der
historischen Darstellung.^
B. Gott und Mensch in der Geschichte. ^
Wie wir bisher gesehen haben, rechnet Voltaire zu den
Aufgaben einer philosophischen, über den gewöhnlichen geist-
losen Betrieb erhabenen Geschichtschreibung: erstens, eine scharfe,
rücksichtslose Kritik der Ueberlieferungen ; zweitens, eine vei*-
I Articles extraits de la Gazette litt^raire (1764), Nr. 24.
3 Je pense qu^il faut ^crire rhistoire en philosophe; mais qa*]l ne faut pas
r^crire en pr^cepteor, et qu*an historien doit instruire le ^nre humain
aans faire le pedagogue. (A Thieriot, 31. Oct 1738.) — ,J'ai fait tout
ce que j*ai pu ponr contribuer k ^tendre cet esprit de philosophie et de
tolerance qui semble aujourd'hui caracteriser le si^cleS schreibt er über
seinen Essai an Thieriot (26. März 1757). — Je crois qne la meilleure
mani^re de tomber snr Tinfäme est de paraitre n*avoir nulle envie de Tat-
taquer, de d^brouiller un pen le chaos de Tantiquit^ . . de repandre
qnelque agrement sur Thistoire ancienne, de faire voir combien on nous a
tromp^s en tont, combien ce qu^on nous a donn^ pour respectable est
ridicule, de laisser le lecteur tirer lui meme les consequences. (A Dami-
laville, 13. Juli 1764.) Vgl. den Briefwechsel über die Philosophie de
Thistoire, MiErz bis JuU 1765.
^ Die besten mir bekannten Darstellungen der Voltaire'schen Philosophie,
ansser der Monographie Bersot's (La philosophie de Voltaire, 1848) sind :
D. Fr. Strauss: Voltaire, ö. Vortrag (vgl. K. Fischer'« Francis Bacon,
2. Aufl., p. 678—682) — II. Hettner, (»eschichte der frauzöaischen Lite-
ratur (1872, 3. Aufl.), p. 178—226 — Windelband, Geschichte der
neueren Philosophie (1878), p. 367—375 — Flint, Philosophy of history,
p. 116—124.
40 M»yf,
ständige Auswahl der wichtigen, inhaltsvollen, erspriesslichen
Daten aus dem Chaos der Einzelheiten, wobei er das Haupt-
gewicht nicht auf die Kriegs- oder Staatengeschichte, sondern
auf das, was wir unter Culturgeschichte begreifen, legt. Wir
haben nun mit ihm zu erforschen, welche die in der Geschichte
wirksamen Kräfte sind; welche Triebfedern die menschlichen
Handlungen bewegen ; wie weit sich das Reich der Nothwendig-
keit und das Reich der Freiheit erstrecken. Erst müssen wir
den natürlichen Verlauf der Begebenheiten kennen, das Was
und Wie des historischen Geschehens : dann können wir die
Frage nach dem Wozu, dem Ziel und Ende der menschlichen
Bestrebungen aufwerfon, um daran den Werth derselben zu
messen. Kraft dieser Beurtheilung, über deren Art und Weise
wir hier keine allgemein giltige Norm aufzustellen gedenken,
bemächtigt sich die Philosophie eigentlich erst des empirischen
Stoffes. Doch hat sie zur gemeinen und wissenschaftlichen
Erfahrung noch ein anderes Verhältniss: sie kritisirt auch die
Zulänglichkeit der empirischen Erklärungsweisen. Gewöhnlich
gibt sie sich mit denselben nicht zufrieden, sondern sucht eine
Ergänzung zu den leicht fassbaren Factoren, mit welchen die
Empirie zu rechnen gewohnt ist. Sie stellt der Physik eine
Metaphysik zur Seite und unterwirft nun das ganze Gebiet
natürlicher, wie geschichtlicher Erfahrungen der metaphysischen
Betrachtung. Zu den metaphysischen Kräften, welche man zur
Natur und zur Geschichte in Beziehung bringt, zählt auch die
Gottheit.
Namentlich in der jüdischen und der christlichen Religion
hatte man den Wechsel und Wandel des historischen, socialen,
moralischen Lebens der Menschen auf das engste mit dem
Willen der Gottheit, ihren Plänen, ihren mannigfaltig bedingten
Actionen verknüpft. Voltaire fand das bezügliche Geschichts-
system noch in voller Herrschaft. Doch hatte das philosophi-
sche Bewiisstsein der neueren Jahrhunderte gegen dasselbe
schon wiederholt revoltirt.
Mitten in die Bestrebungen, die auf eine gänzliche Eli-
mination der metaphysischen Potenzen aus dem Reiche der
Erfahrung zielten, fiel Voltaire*s Leben. Er hält auch hier eine
mittlere Richtung ein ; ihm widerstreben alle Excesse der
Meinung; er gehört zur Partei des ,juste railieu' und des ,bon
VolUire-StQdien. 41
sens'. * Nicht gegen die Existenz und die Wirksamkeit Gottes
im Allgemeinen wendet er sich ; er bekämpft nur die anthropo-
morphistischen Vorstellungen^ welche er in der christlichen Auf-
fassung vorzufinden meint. Nicht das universelle Princip der
Tfaätigkeit stellt er in Abrede^ wohl aber die Möglichkeit, die
Wirksamkeit Gottes in ihrem Wesen, ihrem Grunde und ihrem
Endziele zu erkennen. Nicht die Abhängigkeit des Univorsums
von ihrem Schöpfer und Lenker leugnet er, wohl aber die
Annahme, dass imser kleiner Planet oder wohl gar das Geschick
eines bedeutungslosen Völkleins der Punkt sei, auf welchem
sich das Wirken Gottes concentrire. Er verdammt das ,a8ylum
ignorantiae^ und die ,ignava ratio'; er protestirt, dass man Alles,
was man nicht erklären könne, der Gottheit zuschiebe; er will
nicht, dass die Menschen in feiges Gewährenlassen und fata-
listisches Zusehen versänken; er will ihnen vielmehr die Pflicht
des Selbsthandelns und die Selbstverantwortlichkeit zu Gemüthe
führen. ^
Der Qott Voltaire*s ist der Gott des Deismus, des Vernunft-
glaubens, nicht der Gott des Dogmas und der Mystik. Unter
den Beweisen für seine Existenz bevorzugt er den physico-
theologischen und den moralischen (ethico-theologischen) ; auch
den kosmologischen wendet er an.^ Ist der Gott des Dogmas, so
zu sagen, historischer Abkunft und historischen Charakters, so ist
der Gott Voltaire's, wie der der neueren Philosophie überhaupt,
physischer Herkunft, ein Naturgott, zu dessen entlegensten
* II a fallu dire ce qne je pense, et le dire d^une mani^re qui ne rdvolt&t
ni lefl esprits trop phüosophes ni les esprits trop crddules. J'ai vu la
nicesaite de bien faire connaitre ina fa9on de penser qui n^est ni d'an
superatitieux, ni dun athde; et j^ose croire que toud les honnetes
gens seront de mon avis. (A Cideville, 12. April 1756.)
' Die wichtigsten Stellen über Gott sind in folgenden Schriften enthalten:
Tratte de Metaphjsiqne (1734). 2 c. — Elements de la pbilosophie de
Newton, I part, 1 — 3 c. — Sophronime et Addlos (1768) — Le philo-
Bophe Ignorant (1766) — Hom^lie sur Tath^isme (1767) — Tont en
Dien, Commentaire snr Malebranche (1769) — Dien et los hommes
(1769) — Lettres de Memmius k Clodron (Traite de Memmins) I— XIII
(1771) — II fallt preudre un parti (1772) — Dialogues d*£vhdmere
(1777). — Femer diverse Artikel des philosophischen Wörterbnches, wie
Art. Athee; Ath^isme; Dien; Religion.
' Eettner, Französische Literatnr, p. 184 ff.
42 H»,r.
Actionsgebieten nebstbei die historische Welt gehört. Der in
der Natur Yorherrachende Typus des Wirkens prädominirt in
dieser Gottesvorstellung^ während die Merkmale des seelischen
LebenS; Liebe und Hass, von ihr geradezu ausgeschlossen werden.
Vernunft zwar^ wie sie sich im Mechanismus der Natur zu offen-
baren scheint; hat dieser physikalische Gott; aber menschlich
verständliche Absichten nicht. Wie die Welt der Empfindung
und des Begehrens nur ein Nebeneffect der ewig waltenden,
indifferenten Natur ist, so erscheint auch in der metaphysischen
Projection derselben der Charakter des Mechanischen^ Gleich-
gütigen. Unwandelbaren vorwaltend. Kein seelischer Contact
herrscht zwischen Gott und Menschenwelt; nur ein mechanisches
Verhältniss obwaltet zwischen Gott und Natur. ^ £r iat der
yöternel gdom&tre' des Universums; er ist der ,maitre de la
nature^ ,Nature' und ,Dieu^ werden als Synonyma gebraucht,
ähnlich wie Spinoza ,Deus sive Natura' sagt.^ Gott ist die
ewige Macht, welche die von ihm ersonnene mechanische Thä-
tigkeit der Natur in ihrem bewundemngswürdigen, gesetzlichen
Ablauf erhält.
Die Unbegreiflichkeit des Natm'lebens ist auch für Vol-
taire der Grund, ein, trotz aller Reserve, doch nach mensch-
licher Analogie iingirtes Wesen anzunehmen. Weil alles sich
bewegt und lebt — Himmel, Erde, Wasser, Organismus und
Leichnam — so muss es auch ein besonderes Princip dieser
universellen Thätigkeit geben; die Welt bedarf eines belebenden
Principes, eines Motors. ^ Die constante Uniformität der Natur-
gesetze im Laufe der Gestirne, wie im Leben jeder Thiergattung
beweist die Einheit dieses Principes. Der Beweger des Alls
1 Le vulgaire imagine Dien corome an roi qtii tient son lit de jnstice dans
sa cour. Les coaiirs tendres se le repr^sentent comme un pere qui a soin
de ses enfants. Le sage nc lui attribue aucnne affection humaine. (De
TÄme, 1774.) — Les physiciens sont devenus les h^rauta de la Provi-
dence: un cat^cbiste aunonce Dieu k des enfants et un Newton le d6-
montre aux sagos. (Art Theisme.) — cf. Art. Ath6e, S. II.
2 Le fabricateur ^ternel. (Sophronime et Ad^los, 1766.) — L'6ternel machi-
niste. (Trait^ de mdtaphysique, c. 8.) — L'architecte de runivors, Tarran-
geur, formateur, conservateur, destructeur et reproducteur u. s. w.
3 Eine der wicbtigsten Schriften Voltaire's ist überschrieben: II faut prendre
un parti ou le principe d'action (1772). Es ist der treffendste Aus-
druck seiner Meinung.
Yolttire-Stndlen. 43
]0t %Ar xDÖchtig^ nicht aHmächtig, ^ sehr intelligent, sehr weise,
unveränderlich^ ewig, wie das Universum. Identisch mit dem
letzteren ist er nicht: er ist nur dort, wo schon etwas ist. Er
ist der Arrangeur der Weltbestandtheile, der weise Urheber
der allwaltenden Gesetze. Wie Alles, so ist auch der Mensch
ein Geschöpf Gottes. Gott gab ihm seinen Leib und pflanzte
der Materie die Fähigkeit zu denken ein. Durch die Organi-
sation, die er ihm gab; ward er zugleich der Urheber des ge-
selligen Lebens^ der Urheber des Sittengesetzes. Von einem Fol
zum andern ist der Urgrund der Menschennatur gleich; allein
das allen Gemeinsame ist der Abstufung, der Entwicklung^ der
Vervollkommnung fähig. Das ist der Punkt, wo die Geschichte
an die Stelle der Naturgeschichte eintritt. So weit bedarf Vol-
taire Gottes ; so weit reicht das Unbegreifliche, zu dessen Auf-
hellung ihm der Gottesbegriff verhilft: von da ab beginnt das
Reich des Menschlichen, deshalb Verständlichen.
Die ursprüngliche Anordnung der Weltbestandtheile durch
eine höchste Intelligenz vorausgesetzt, vollzieht sich der Ablauf
der Ereignisse nach unwandelbaren Gesetzen; für besondere,
80 oder so motivirte Eingriffe Gottes ist innerhalb dieses Systems
weder Bedürfniss, noch Möglichkeit vorhanden. Die Ereignisse
folgen sich nach dem Principe von Ursache und Wirkung. Alles
ist Rad, Rolle, Strick, Triebfeder in der ungeheuren Maschine.
Kein Geschöpf ist von diesen ewigen Gesetzen eximirt, mag es
empfindungslos sein oder Empfindung haben. Jedes Geschöpf
folgt den eigenen Gesetzen seiner Natur^ ist aber in das grosse
Ganze hineinverwebt. Man missverstohe aber diese Lehre nicht.
Wohl ist jedes Ereigniss die Wirkung vorangehender Ursachen.
Aber nicht jedes Ereigniss wird selbst wieder Ursache. Wenn
die Vergangenheit die Mutter der Gegenwart ist, so geht auch
die Gegenwart mit der Zukunft schwanger: jedoch nicht jeder-
mann ist Vater, wie er Kind ist. Es verhält sich damit wie
* n est T^ritableinoDt le seul pnisBant, puiflque c^est Itti qni a tout fonii^;
maifl il n^est pas extravag^mment puissant . . Chaque etre est circon-
scrit dans sa nature; et j'ose croire que r£tre sapreme est circonscrit
dans la sienne. (Dialogues d^ilvh^m^re, 2.) — II est esciave de sa voloot^,
de sa sagesse, des propres lois qnMl a faites, de sa nature n^cessaire.
II ne peut les enfreindre, parce qa'il ne peut etre faible, inconstant,
Tola^ comme nous. (Les oreilles du Corate de Cbesterfield, c. 4, 1775.)
44 M»7r.
mit den Stammbäumen: alle Häuser geben bis auf Adam zurück,
aber es gibt in jeder Familie Leute genug, die keine Nach>
kommenschaft hinterlassen. * ^Wenn man nicht den Kaiser-
schnitt an Cäsar's Mutter vorgenommen hätte, so würde Cäsar
die Republik nicht zerstört haben. Maximilian heirathete die
Erbin Burgunds und der Niederlande, welche Heirath die Ursache
zweihundertjähriger Kämpfe wurde. Aber ob Cäsar rechts oder
links gespuckt, ob die Erbin von Burgund ihre Coiffure so oder
so geordnet hat, das war sicherlich fiir das System der Dinge
gleichgiltig. Es gibt eben Ereignisse, die Wirkungen hervor-
bringen, und andere, bei denen dies nicht der Fall ist.^^
Von dieser Lehre macht *er denn auch als Geschichts-
Philosoph uneingeschränkten Gebrauch. So sagt er einmal in
Bezug auf den Islam : ^ ,Diese für uns so gewaltige Um-
wälzung ist in Wahrheit nur gleich einem Atom, das in der
Unendlichkeit der Dinge seinen Platz gewechselt hat; . . aber
mindestens ist es ein Ereigniss, welches man als ein Rad in
der Maschine des Weltalls und als eine nothwendige Wirkung
der ewigen, unveränderlichen Gesetze betrachten muss: denn
kann sich irgend etwas ereignen, was nicht von dem Meister
aller Dinge wäre vorausbestimmt worden? Nichts ist anders,
als es sein muss . . Wie könnte in dem Werke des ewigen
Geometers, der die Welt hervorgebracht hat, nur ein einziger
Punkt sich ausserhalb der Stelle befinden, die ihm der oberste
Künstler angewiesen hat? Man kann Worte, welche dieser
Wahrheit widersprechen, vorbringen; aber eine entgegenge-
setzte Meinung kann kein Mensch haben, wofern er nachdenkt.
Der Graf Boulainvilliers behauptet, Gott habe den Mohamet
erweckt, um die orientalischen Christen zu strafen . . . Allein
dies heisst ihm parteiische und particuläre Absichten unter-
legen. Es ist doch wunderlich, sich einzubilden, das ewige
und wandellose Wesen verändere seine allgemeinen Gesetze,
würdige sich zu kleinlichen Absichten herab . . . opfere durch
einen speciellen Eingriff die von seinem Sohne verkündete
« Art jEnchainement* nnd »Deatin*. — Vgl. die Anmerkung zum 75. Vers
des Porm« ,8ur le desastre de Lisbonne^ — II faut prendre un parti
(c. 6 — 8.) — Elements de la philosophie de Newton, I, 3.
2 Note zum ,Poeme sur le desastre de Lisbonne' (17ö5).
3 Remarques de TEsiiai (1763), IX.
Voltatre-Studii'n. 45
Religion einer falschen auf. Entweder hat er seine Gesetze
verändert^ was doch ein unbegreiflicher Wankelmuth bei einem
höchsten Wesen wäre; oder die Vernichtung des Christenthums
in diesen Himmelsstrichen war eine unfehlbare Folge der uni-
versellen Gesetze^
Unter den so verpönten particulären (den gesetzmässigen
Ablauf der Dinge unterbrechenden) Wirkungen Gottes nimmt
in Glauben und Geschichte das Wunder den ersten Platz ein.
Die Bekämpfung des Wunderglaubens bildete ein Lieblings-
thema der Aufklärer. Voltaire hatte hierin berühmte Vorgänger,
wie Woolston, Bolingbroke, und einen noch berühmteren Mit-
kämpfer: D. Hume.^ So oft Voltaire auf die Wunderfrage zu
sprechen kommt, lässt er alle Künste seiner corrosiven Beredt-
samkeit spielen. Meistens ironisirt er, selten bricht er in Hohn
oder Entrüstung aus. In seinen verhältnissmässig jüngeren
Jahren -r- er wurde sehr alt und blieb sehr lange jung —
bevorzugt er die leichteren Formen des Witzes; je älter er
wird, desto knirschender wird sein Ton. Man focht eben da-
mals nicht mit Schulklingen, sondern mit blanker, nicht selten
vergifteter Waffe,
Auf dem Standpunkte Voltaire's gibt es kein Wunder;
fiber Wunder findet von Rechtswegen weder ein Wissen, noch
ein Meinen oder Glauben statt. Wohl aber gibt es einen
Wunderglauben als historische Thatsache, als historisch machte
vollen Wahn, der es seiner thatsächlichen, actuellen Bedeutung
halber verdient, auf seinen Ursprung, seine Motive, Ziele,
kurzweg Erscheinungsformen geprüft zu werden. Unter den
historischen Wundern sind wiederum die biblischen für uns
die wichtigsten, nicht weil sie realer wären, als die Wunder
der heidnischen Welt^ sondern weil sie den stärksten Einfiuss
auf die Schicksale der Menschen ausgeübt haben. Wenn sich
' Ueber Woolston'a Schrift (Disconraea on the miracles of oor aaviour)
erzählt Voltaire : ,11 en fit en deux ans depuia 1727 k 1729 trois öditious
de vin^ mille exemplairea chacnne; il est difficile aujoard'hni d*ea
troaver chez lea librairesS (Art. Miracles, Sect. IV.) — Er selbst bekämpft
das Wander nnd die Wunder, man kann sagen, in jeder seiner philo-
sophischen oder historischen Abhandlungen. Insbesondere vgl. Questions
snr les miraclea (1765). — Art Miracles (nach Beuchot nur zum TheUe
Ton Voltaire herrührend).
4G tfayr.
die Wundergläubigen darauf berufen, dass Gott nur zu Ounsten
seiner Auserwählten Wunder verrichte, so entgegnet ihnen der
Philosoph, dass alle Völker sich für auserwählt hielten und die
Geschichte aller von Wundern wimmle, die man einem irgendwie
benannten Gotte zuschreibe. Entweder — oder! Entweder
gesteht die Göttlichkeit all diese Wunder zu, oder unter-
werft auch eure eigenen Wundergeschichten der historischen
und philosophischen Kritik.^ Die erstere beobachtet, dass
Wunder zu allen Zeiten an guter historischer Beglaubigung
Mangel leiden; dass sie sich in dem Maasse mehren, als die
Zeiten dunkler, barbarischer, unwissender werden; dass sie in
dem Maasse verschwinden, als Vernunft und Aufklärung zu-
nehmen. ^ Die historische Kritik lehrt überdies, daas mit
den Mächten des Wahnes auch die Absicht zu täuschen, der
Betrug, Hand in Hand geht. Wunder finden sich überall
dort, wo es theokratische Ansprüche gibt; sie sind Stützen
und Mittel der Herrschaft über die rohe Menge. Der Wunder-
glaube vergeht mit dem anbrechenden Lichte der Vernunft.
Das Wunder ist dem Philosophen ein Unding, weil es eine Ver-
letzung der mathematischen, unabänderlichen, göttlichen Gesetze
des Weltalls behauptet; weil es auf eine ebenso widerspruchs-
volle, als niedrige Vorstellung vom Wesen Gottes basirt ist; weil
es auf einem barbarischen Wahne von der Wichtigkeit unseres
winzigen Planeten und unserer erbärmlichen Querellen beruht.^
* Quoi? vons ne croyez paa anx miracles rapportes dans les Herodote et
les Tite-Live par cent anteurs respect^s des nations; et youb croyez k
des aventnres de la Palestine racontes, dit-on, par Jean et par Marc,
dans des livres ignor^s etc. (Cat^chisme de rhonnete homme, 1763.) —
jChaqae peupleS spottet er in der Phil, de Thist, c. 39, ,a ses prodigea ;
mais tont est prodige chez le penple juif ; et on peut dire que oela devait
etre ainsi, pnisqu^il ^tait condnit par Diea möme. II est clair que
rhistoire de Dieu ne doit pas ressembler k. celle des hommes/
3 Ponrquoi a-t-il (Dien) fait nne foule de miracles incompr^hensible en
faveur de cette ch^tive nation avant les temps qn*on nomme historiquea?
Ponrquoi n'en fait-il plus depuis quelques siecles? (Qnestions de Zapata
III, 1767.) — ' Depuis les temps historiques, c'est-^-dire depuis lea con-
qiietcs d^Alezandre, vous ne royez plus de miracles ches les Juifs. (Art.
Miracles, S. III.) ^- Plus les soci^t^s perfectionnent les connaissances,
moins il 7 a de prodif^es. (Ibid.)
' Eine reizende Persi6age des geocentriscfaen Grössenwahnes enthfilt der
Roman Mikromegas.
Voltaire-Stnaien. 47
Den Wunderglauben finden wir häufig mit dem Aus-
erwäUungsglauben verbunden. Auch dieser widerspricht allen
besseren Vorstellungen über Gott und Weltlauf; er ist eine
blosse Ausgeburt des nationalen Dünkels, insbesondere bei
den Juden und Christen. ,Das ist doch der Gipfelpunkt des
Schreckens und der Lächerlichkeit, Gott als einen unsinnigen
and barbarischen Despoten aufzufassen, der heimlich einigen
seiner Günstlinge ein unverständliches Gesetz verkündet und
die übrigen Völker hin würgt, weil sie von diesem Gesetze
nichts wissen.' ^ Ebenso widrig dünkt unserem Philosophen
eine andere Grundvorstellung der christlichen Geschichts-
Philosophie, die Lehre von der Gnadenwahl sammt allem, was
daran hängt, der civitas dei und diaboli. In einem seiner
frühesten Gedichte^ schon sagt Voltaire:
Je yenz aimer co Dien, je cherche en lai mon p^re:
On me montre nn tjran qne noiis devons hair.
Ce Dien poursuit encore, aveugle en m col^re,
Snr ses demiers enfants Terreur d^un premier p^re;
II en demande compte k cent peuples divers
Assis dans la nnit da nlensonge;
II punit au fond de Tenfers
L*ignorance invincible oii lai-mdme il les plonge,
Lni qui veat Sclairer et sauver runivors!
Am^>rique, vastes contr^es,
Penples qne Dien fit naitre aus portes da soleil,
Vous, nations hyperborSeS)
Qae Terrenr entretient dans un si long sommeil,
Serez-vous poar jamais k sa fareur livrdes
Poar n^avoir pas sa, qu^aatrefois,
Dans an aatre hdmisph^re, aa fond de 1a Syrie,
Le fils d*an char])entier, enfant^ par Marie,
Reni^ par C^phas, expira snr la croix?
Später freilich bekämpfte er den nach seiner Meinung
tyrannischen und ungerechten Gott der jüdisch-christlichen
Geschichtsphilosophie nicht mehr vom Standpunkte einer ge-
fiihlvoUeren, humaneren Auffassung. Er sah in ihm das Wider-
spiel seines Gottes, seines ,ma!tre de la nature^ mit ihrer ewigen,
^ Dien et les hommes (1769), Axiomes. — Vgl. über diesen Gegenstand
den folgenden Abschnitt vorliegender Abhandlang.
' Le poar et le contre (1722).
48 M»yt.
undurchbrechbaren Qesetzlichkeit. Er sah in der jüdisch-
christlichen Religion nur ein Exemplar jener positiven Reli-
gionen, in denen der Abei^glaube der Massen und der Betrug
der Priester Verkörperung gefunden haben. Wenn Einem
Manne, so ist ihm die Vernichtung des bis dahin herrschenden,
noch von Bossuet voi^etragenen Geschichtssystems zu danken.
Gerade dass er hundertmal und tausendmal die nämlichen
Themen variirt, dass er kein Capitel vorübergehen lässt, in
dem er seinen Gegnern nicht einen Hieb versetzt : gerade dies
macht das Geheimniss eines literarischen Erfolges aus. Trotz
der ernstlichst gemeinten Wiederbelebungsversuche gelang es
nicht wieder, die entschlafenen Meinungen zu erwecken. Mag
einer über die Beziehungen der überirdischen zur irdischen
Welt so oder anders denken, in der Geschichte, als Wissen-
schaft, darf er weder Wunder- noch Auserwählungsglauben
zum Vorschein kommen lassen; als Mitwisser der göttlichen
Absichten darf er sich nicht geriren: das einmüthige Verdict
der Wissenschaft würde ihn widrigenfalls in seine Schranken
weisen. Unser historisches Jahrhundert, das über das ,un-
historische' achtzehnte so gerne die Achseln zuckt, steht doch
auch in historischen Dingen auf dessen Schultern.
Ist Gott der weise Schöpfer, Ordner, Erhalter des Welt-
alls, so entsteht die Frage, erstlich wie es sich mit dem in
der Welt vorhandenen Uebel verhält, zweitens wie er sich
dazu verhält.
Für Voltaire gibt es nichts Lächerlicheres und Beklagens-
wertheres als den Versuch, das Uebel zu leugnen oder hinweg
zu disputiren, als die Theodicee Shaftebury's, Pope*8, Leib-
nizens, als den Satz: ,Tout est bicn^^ In seinen historischen
und philosophischen Schriften, wie in seinen Romanen und
^ Ceux qui ont cn6 quo tont est bien Bont des charlatans. (II fattt prendro
tili parti, 15.) — Avouez que le mal oxiste, ot n^ajoutez pas k tant de
iiiis6res ot d'horrenr« la fureur absurde de los nier. (Ibid.) — L*auteur
s'elöve eontre les abus qu'on peut faire de cet ancien axiome: ,Tout
est bien^ II adopte cette triste et plus ancienne verit^ reconnne do toas
les hotnmes, qtt'il y a dn mal sur la terre . . ainsi qne du bienj
il avoue qu*aucuu philosophe ii^a pu Jamals expliqoer Torigine da mal
moral et du mal physique. (Pr^face zum Gedichte ,Sur le disastre de
Lisbonne* 1756.)
Voltaire-Siadicn. 49
Gedichten — zumal im Candide und im Poeme sur le d^sastre
de Lisbonne^ — gibt er in uneingeschränktestem Maasse die
Thatsache des Uebels zu; er macht auch keinen ernsthaften
Versuch, durch ätiologische oder teleologische Wendungen uns
mit derselben zu versöhnen. Seine Schilderungen des physi-
sehen, intellectuellen und moralischen Elendes der Menschen
stehen an Drastik hinter denen Schopenhauer's kaum zurück,
der Voltaire auch mit Vorliebe citirt. Durch die ganze Natur
hin, sagt Voltaire, walten Kampf und Schmerz. Ein unwider-
stehlicher Hang treibt Thier gegen Thier, und eines lebt vom
Morde des anderen. Mensch und Vieh leiden fast ohne Unter-
lass, ja jenem ist gerade seine höhere Entwicklung eine Quelle
vermehrten Leides.^ Wie zeigt uns erst die Geschichte so
recht das Elend des menschlichen Daseins! Man werfe nur
einen Blick auf die Schicksale der Gesellschaft etwa von den
Proscriptionen Sullas bis zu den irländischen Massenmorden!
)Un esprit juste', sagt er, ,en lisant Thistoire n'est presque
oecup^ qu'k la refuter.' Er nennt die Geschichte ,un tableau
de cruaut^s et de malheurs des hommes, une suite presque
continue des crimes et des d^sastres^^ Er spricht von der
ybizzarerie des öv^nements^, von der Herrschaft des Wider-
spruches, des Unwahrscheinlichen, des Unberechenbaren, des
Dämmen und Schlechten.^ Er schwankt zwischen dem Tone
' Vgl. die Briefe vom 28. November 1755 bifl beiläufig Kum Jänner 1756
über daa Erdbeben selbst und die Briefe vom MSrz 1756 bis in den
Mai d. J. Ober das Poem. Hiezu das Sendschreiben Rousseau's vom
18. Ang. 1756. — lieber den Werth des Lebens im AUgemeinen spricht
■ich Voltaire vornehmlich in seinem Briefwechsel mit der Du Defiand auB.
^ II faut prendre un parti, 15 — 25.
' Je Tous avone qne je souhaiterais, pour Tedification du genre humain,
qa*on jet4t dans le feu toute Thistoire civile et ecclesiastique : je u'y
voifl gn^re que des annales des crimes . . puisque la papautä a subsist^
an milien d*an debordement si long et si vaste de tous les crimes,
paiaqne les archives de ces horreurs n^ont corrig6 personne, je conclus
qae Thistoire n'est bonne k rien*. (L'A, B, C ; 12""* entretien.)
* n ue faut pas croire qu^il y alt aucnne v^rit^ fondamentale dans la
science de Thistoire comme il en est dans les mathematiqnes. (Annales
de l'empire a. a. 919 — 920.) — La bizzarerie des ^v^nements qui met
taut des contradictions dans la politiquc humaine. (Essai, c. 140.) —
(Test le sort du genre humain que la vdrit^ soit pers^cnt^e d^s qu*ellc
oommence k paraitre. (Ibid. 121.) — La dostin^o se joue de Tunivers.
9Hang«b«r. d. phiL-bist. Gl. CX?. Bd. I. Hft. 4
50 Miyr.
des Absehens und der Entrüstung. jDiese Gescliiclite^ — so
sehliesst er seine ^Annales de TEmpire' — ,ist doch beinahe
nur ein ungeheures Schauspiel menschlicher Schwächen, Fehler,
Verbrechen, Unglücksßille, worunter man einige Tugenden und
Erfolge gewahrt; ebenso verhält es sich mit allen übrigen Ge-
schichten/ Fast mit den nämlichen Worten drückt er sich
im Schlusscapitel seines Essai aus: ,Man muss gestehen, dass
diese ganze Geschichte eine Anhäufung von Verbrechen, Thor-
heiten und Unglücksfällen ist, worunter sich einiges Gute und
einige glückliche Zeiten befinden, so wie man etwa in wilden
Wüsteneien da und dort verstreute Wohnsitze antrifft.' ,Es
scheint', sagt er im zehnten Capitel des Ing^nu, ,da88 die Ge-
schichte missfallt und langweilt, wie die Tragödie, wenn sie
nicht durch Leidenschaften, Unthaten und grosse Unfälle be-
lebt ist.'
So crass diese Aeusserungen klingen mögen, vor einer
totalen Weltvernoinung haben unsem Philosophen doch stets
Naturell, bon sens und ideale Gesinnung bewahrt. Den Ex-
tremen abhold hat er eine mittlere Stellung gesucht. Im Baboue
heisst es: ,Si tout n'est pas bien, tout est passable'. Dieselbe
Ansicht bekennt er auch noch Jahrzehnte später.* Weder die
positive Natur des Vergnügens, noch die Hoheit der mensch-
lichen Vernunft, noch das Vorhandensein der Tugend hat
Voltaire jemals bezweifelt. Der geschichtliche Fortschritt ge-
(Remarqties, X, 1768.) — Si vons aimez tut tablean trcB fidMe de ce
vilain monde, vons en trouverez un qoelque jour dans ^rhistoire g<^n^rale*
des fiottises du genre humain. (A M. Du Deffand, 13. Oct. 1759.) — Ce
qui. nVflt j^a» vraisemblable est arrivd ; et c'est qu*on a vu cent fois dans
cette vaste Iiistoire ou los grands ^v^nements ont presqne tonjonrs tromp^
les hommes. (Conclusion von 1763.) — La t«rre entiere est gouvern^e
par des contradictions. (Fragments historiques snr Tlnde, c. 7.) —
O triste muse de l^histoirc
Ne grave plus h la memoire
Ce qui doive p^rir k jamais;
Tu n*a vu qu'horrour et d^Ure,
Les annales de chaque empire
Sont lc8 archives des forfaits.
(Ode Rur le pass6 et le präsent, 1776.)
L'A,B,C; 3"' entretien (1769). — Dialognes d'Evb^mtre (1777), 2. —
Histoire de .Jenny (1775), 9.
Voltaire-dtadien. 51
hört zn den Fundamentalsätzen seines Bekenntnisses. Allein
sein klarer Kopf vermochte nie einzusehen, dass die That-
sächlichkeit und Fühlbarkeit des Uebels aus der Welt geschafFt
oder nur irgendwie gemildert werde durch die Einsicht in die
Nothwendigkeit ^ oder durch leere Speculationen über die Zweck-
mässigkeit des Widrigen und Verwerflichen oder gar durch die
Berufung auf die unerkennbaren Eigenschaften Gottes. Aller
Theodicee war er feind.
Schon im grauen Alterthume versuchten die Inder das
physische und moralische Uebel zu erklären und zu recht-
fertigen. Sie erfanden den vielfach nachgeahmten Roman vom
Falle der Geister, ihrer Busse und Erlösung; das Uebel galt
ihnen als gerechte Strafe des Bösen, als Mittel zur Reinigung.
Allein eine noch so schöne Fiction vermag unseren Verstand
nicht zu beschwatzen. Es kamen die Perser und trennten das
gnte Princip vom Bösen; sie zerrissen die Einheit des welt-
bewegenden Principes. Polytheisten, Monotheisten, Philosophen
aller Schulen versuchten sich in der Rechtfertigung des Uebels.^
Voltaire, der das Uebel einräumt und sich nicht durch Re-
flexionen auf den Zusammenhang des Weltalls irre machen lässt,
empfindet eben gar kein Bedürfniss, seinen Gott von der Schuld
oder Mitschuld am Uebel zu reinigen. Sein Gott ist zwar
mächtig, aber nicht allmächtig im überschwenglichen Sinne
der Theologie; er ist auch weise und gut; jedoch erzeigen wir
ihm keinen Dienst, wenn wir nach dem Wenigen, was wir
' D serait bien plns important de trouver an rem^de k nos maux, mala
il n'y en a point, et nouB sommes r^dnits k rechercher tristement lenr
origin e. (Art. Bien.) V^l. die drastische Schildemng einer Steinoperation
im Art Tont est bien. ,Je menrs dans des tourments aflfreux: tont cela
est bien, tont cela est la suite Evidente des principes physiqnes inalt^rables.*
' II fant prendre nn parti, 17 — 25. — Ueber Leibniz vgl. Philosopbe
Ignorant, 26. — Art. Tont est bien, — Gegen ihn, Pope und Shaftes-
bory kjlmpft er vornehmlich für die Ansicht, dass alle Rechtfertigung
des Uebels verlorene Mühe sei; erstlich, weil die hiezn verwendeten
Gedankengfinge die Grenzen nnserer Erkenntniss überschritten ; zweitens,
weil das Uebel nicht aufhöre Uebel zu bleiben, wenn wir noch so sehr
eingesehen haben, dass es nothwendig und gut sei; drittens, weil der
Widerspruch zwischen der Annahme eines allervollkoromensten Wesens
und der Thatsache des Uebels bestehen bleibe, mögen wir die Sache
wenden, wie wir wollen.
4*
52 Mayr.
von der Welt und ihrem Zusammenbange wissen^ oder wenn
wir nach unseren beschränkten, augenblicklichen Zwecken (k la
Pangloss) die Vorsehung, ihre Weisheit und Güte rechtfertigen
wollen. Mit unserer Vernunft und Einsicht können wir der
allgemeinen Vernunft, deren Emanationen sie sind, schwerlich
zu Hilfe kommen.^ Sicher ist nur dies, dass Gott wirklich
der Urheber der Gesetze ist, denen zufolge das Uebel eintritt,
dass Gott die Welt nicht anders machen konnte, als sie ist,
eben die Welt mit all ihrem Jammer und Verderben. ,Ich
werde stets über den Ursprung des Uebels ein wenig in Ver-
legenheit bleiben, aber auch vermuthen, dass der gute Oromase
(Ahura - mazda), der Alles gemacht hat, es nicht hat besser
machen können. Unmöglich liegt eine Beleidigung für ihn
darin, wenn ich sage: Du hast Alles gethan, was ein mächtiges,
weises und gutes Wesen vermag. Es ist dein Fehler nicht,
wenn deine Werke nicht eben so gut, eben so vollkommen
sein können, wie du selbst . . Du hast keine Götter machen
können, es war nothwendig, dass die Menschen bei all ihrer
Vernunft auch Narrheit besässen, so wie Reibungen bei joder
Maschine unvermeidlich sind . . Für meine Person, so unvoll-
kommen ich bin, danke ich dir doch, dass du mir für einige
Zeit das Dasein geschenkt und mich insbesondere nicht zum
Theolügieprofessor geschaffen hast.' ^ Die ewige Weltordnung
und deren intelligentes Princip ist eben zu erhaben, als dass
wir auch nur das Recht hätten, es mit unseren Schmerzen und
Klagen in Verbindung zu bringen. Die Uebel und Leiden der
Menschen afficiren Gott nicht. Wir haben eine der mensch-
lichen Kraft angemessene Leidensfähigkeit; unsere mensch-
lichen Schmerzen und Unvollkommenheiten erregen weder das
1 Tout en Diea (1769), Bösnltat. — Art Bien.
' II fant prcndro iin jmrti, 24. — II y a certainement des choses qne la
fluprümc intcUigcnce iie peat empecher . . La liste de ces impossibilites
serait tr&s longuc; il est donc tros vraisemblable que Dien n*a pu em-
pecher le mal. (Lettrea de Memmins h Ciceron. Trait«^ de Memmios,
VIII.) - Tons CC8 caracteres, qui nie paraissent essentiels k Dien, ne
me disent pas qu*il ait fait Timpossible . . J1 etait probablement contra-
dictoire que le mal n^entrAt pas dans le monde. (Dialogues d^Evh^-
m^re, 2.) — Tout en Dien, Resultat. — II y a dans la nature nne
intelligence; et, par les imperfections et les niis^res de cette natnre, il
me parait que cette intelligence est born/^e. (A Dalembert, 27. Nov. 1771.)
Yoltaira-Sindien. 53
Hideidy noch den Zorn Gottes, dass dieser sich etwa veranlasst
fiihlen könnte, die einmal festgestellte Ordnung zu alteriren.
Unser Elend bleibt Elend, woferne wir nicht selbst die göttliche
Gabe der Vernunft zu dessen Linderung verwenden. Nur darin
liegt Trost; die Einsicht, dass es so sein müsse, oder die Fiction,
dass es so sein solle, gewährt keinen.
Alles Wehe beschränkt sich schliesslich auf die empfin-
denden Wesen. Physisches und moralisches Elend kennt nur
der Mensch. Es ist mit dem innersten Kerne seines Wesens
anzertrennlich verknüpft, Auf den Menschen, den eigentlichen
Träger der Geschichte, d. h. des vielen, vielen Leides und
des wenigen Guten, das ihm zu Theil geworden, müssen wir
nan unseren Blick wenden.
Der innerste Kern der Menschennatur ist überall der
nämliche.' Wie könnte es auch in dieser gleichförmigen Welt
anders sein? Natura est semper sibi consona. Im sogenannten
Physischen tritt dies aufs deutlichste hervor. Alle Verrich-
tungen der gleichartigen Organe, alle damit verbundenen Ge-
ixihle und Begierden sind überall gleich. Demzufolge sind
aach die Grundrichtungen des geselligen Lebens, soferne sie
auf der Natur des Menschen beruhen, bei allem Wechsel der
Formen, ein und dieselben. Das Gebiet des Veränderlichen
zeigt sich durchweg eingeschränkt. Der Mensch ist seiner Cor-
porisation nach eines der schwächsten, das waffenloseste unter
den Landsäugethieren. Die Männchen sind stärker als die
Weibchen.2 Den Bedürfnissen des Körpers entsprechen die
primitiven Verrichtungen, von denen keiner eximirt ist und
in denen das Leben aller Menschen, wenige ausgenommen,
ohne Rest aufgeht. Ein Stück Brod, eine Hütte und ein Ge-
wand: ,Voilä rhomme tel qu'il est en gön^ral d'un beut de
l'univers ä Tautre^*'^ Auf diesen unabänderlichen Bedürfnissen,
auf der Arbeit, sie zu gewinnen und zu erhalten, ruhen Ge-
sellschaft und Geschichte. ,Le physique gouvcrno toujours
le moraL'**
I Essai, 197; ibid. 142.
^ Art Femme. — L'homme a beaucoup de superiorite par celle du corps
et m^me de Tesprit.
' Art. Homme. — Art. Instinct.
* Art. Femme. (Physique et morale.)
54 Mayr.
Doch sind die MenBchen weder im PhyBiachen, noch Mora-
lischen vollkommen gleich. Es gibt auch Unterschiede. Die
verschiedenen Racen z. B. zeigen eine nicht unerhebliche Diver-
sität der äusseren Erscheinung und der geistigen Begabung.^
^Gleichwie Birnbäume, Tannen, Eichen nicht von demselben
Baume abstammen, so kommen auch die bärtigen Weissen, die
wollhaarigen Neger, die schlichthaarigen Gelben nicht von dem
nämlichen Menschen her. ^ Dieselbe Vorsehung, die den Ele-
phanteu geschaffen hat, hat auch in einer andern Welt Menschen
von einem Charakter entstehen lassen, welcher nicht der unserige
ist.'^ Voltaire ist demnach ein Anhänger der Lehre von der
Unveränderlichkeit der Arten, und weil er die Menschenracen
für ,bona8 species^ hält, so kann er nicht umhin, sie mit all
ihren charakteristischen Merkmalen direct aus der Hand des
Schöpfers hervorgehen zu lassen.^
Wie hinsichtlich des Körperlichen und Physischen, so ist
auch hinsichtlich des Psychischen und Moralischen die Natur
des Menschen nur eine ; aber der Spielraum des Veränderlichen
erweitert sich. Was die intellectuelle Seite des Menschen betrifft,
so legt Voltaire auf sie einen grossen Nachdruck, wie es sich
für einen Schüler Locke's ziemt. ^
Es gibt keine angeborenen Ideen (im Sinne des Cartesius),
welche der Schöpfer in den Menschen gepflanzt haben soll.
Alles muss sich der Mensch erwerben. Er tritt in die Welt
hinein und empfangt von ihr mittels der Sinne diverse Eindrücke;
daraus schafft er seine mehr oder minder compHcirten Ideen. ^
Sowie das Kind bildet sich auch der historische Mensch erst
1 Art. Homme. (Diff. r&ces.) — Essai, c. 146 : On peat r^dnire, si Ton vent,
sous une seule espece tous les hommes, parce qu'ils ont tous les memes
organes de la vie, des sens et du mouvement Mais cette esp&ce parat evi-
demment divis^e en plusiears autres dans lephysiqueetdanslemoral.
a Traitö de M^taphysique (1734), I.
3 Phil, de l'hist., 8.
* Si Oll ne s^ötonne pas qu*il y ait des mouches en Amerique, c'est une
stupidit^ de s'^tonner quUl y ait des hommea . . Le maitre de la nature
a peuple et vari^ le globe. (Essai, c. 146.) Vgl. Phil, de Thist, 8.
^ Tant de raisonneurs ayaiit fait le roman de Tarne, un sage est venu,
qui en a fait modestement Thistoire. (Lettres philosophiqiies, 13.)
6 Trait6 de Mctaphysique, c. 3. — La nature 6tant par tout la meme, les hoinmes
out du adopter les memes v^rites et les memes erreurs. (Phil, de Thist., 6.)
Voltaire-Stadien, 55
allfliälig im Laufe der Zeit seine Vorstellungen über Gott, Seele
und Welt.* Jedoch wird der Mensch, wenn er die untersten
Stufen überschritten hat, in eine schon vorhandene Welt von
Ideen und Meinungen hineingeboren. Wie diese überhaupt die
Welt regieren, so bemächtigen sie sich des Einzelnen und lassen
ihm nur einen geringen Spielraum.^ Die Freiheit gewinnt der
Mensch nur durch die höchste Entwicklung seiner intellec-
tuellen Anlagen. Irrthum und Wahn machen den Menschen un-
glücklich und böse; nur die Aufklärug der Vernunft vermag
um gut und glücklich zu machen.^
Jedenfalls gestaltete sich, wie man daraus vorläufig ersehen
kann, auf dem Locke -Voltaire'schen Standpunkte die Geschichte
weit interessanter, als auf dem Bossuet^schen oder Cartesia-
nischen. Von dem Principe der Wunder-, Eingriffs- und Aus-
erwählungstheorie ganz abzusehen, so hemmte das geschichts-
widrige System der eingebornen Ideen, weil es aus historischer
Ignoranz stammte, das Verständniss der Geschichte. Aus dem
Locke'schen Princip ergab sich dagegen die fruchtbare Auf-
^ Yomehmlich Phil, de Thist., c. 4—6. Tout a sa source daus la natnre
de Teaprit Iiumain. (Ibid. 48.)
^ Ueber die Macht der ,opuiiou' vgl. die Remarques de TEssai (1763).
L^opinion, cette reine inconataute du nionde. (Art. Climat.) — Die
Leiatuugeu des Menschen auf wissenschaftlichem, überhaupt geistigem
Gebiete gelten ihm als die höchsten.
,£t le plus digne objet des regards etemels
Le plus brillant spectacle, est T&me du vrai sage
Instruisant les mortels.*
(Ode k 1£M. de TAcad^mie des Sciences.) L^opinion gouverne le monde,
mais ce sont les sages qui k la longue dirigent cette opiuion. (Conformez
vous aux temps, 1764.)
' La seule maniere d'empecher les hommes d^etre absurdes et mechauts, c'est
de les dclairer. (Remarques, c. XV.) — Pourqnoi le plus superstitieux
est-il le plus mechant? (Dlalogues d'Kvh^mere, I.) — Vgl. vornohmlich
«Eloge historique de la raison* (1774). — II est ridicule k penser
qu une nation eclairde ne soit pas plus heureuse, qu^une untion iguorante.
(Reflexions pour les sots, 1760.) — Les hommes, etaut plus 6claires, en
sont devenns plus sages et moins malheureux. (Cri des nations, 1769.)
La vertu, quand eile est eclairee, change eu paradis Teufer de cc mondc.
(A M. le Chevalier de Richelieu, 20. Sept. 1760.) — N^est-ce donc rien
d*etre gueri des malheureux prcjuges qui mettent u la chaiue la plupart
des hommes et surtout des femmes? (A M. Du DelTand, 4. Juui 1764.)
56 U»fr.
fassimg; dass die Geschichte das Reich der sinnvollen, geistig
belebten Veränderung und Fortschreitung sei; dass es gelte,
den Spuren des Geistes nachzugehen und sich über den jeweilig
erreichten Höhegrad ein Urtheil zu bilden.
Voltaire, der Erfahrungs- und Geschichtsphilosoph, liebt
nicht, den Menschen als isolirtes Wesen zu betrachten. So oft
er auf ihn zu sprechen kommt, denkt er sich ihn als Mensch
unter Menschen, als ,bete sociale^ In der gesammten Thier-
weit, lehrt er, manifestirt sich die Unveränderlichkeit der In-
stincte. Der Vogel baut sein Nest, wie die Gestirne ihre Bahn
einhalten. Wäre der Mensch zu einem solitären Leben bestimmt
gewesen, wäre er dann wohl, dem Naturgesetze zuwider, ein
geselliges Wesen geworden? Der Mensch muss von Anbeginn
kraft Naturgebotes, nicht infolge naturwidriger Entwicklung in
He erden gelebt haben. Freilich hat er nicht immer ,schöne
Städte, Vierundzwanzigpfünder, komische Opern und Nonnen-
klöster gehabt; aber von jeher hat ihn der Instinct beseelt,
sich in seiner eigenen Person, in der Gefährtin seiner Lust,
in seinen Kindern, seinen Enkeln, den Werken seiner Hand
zu liebend * Weil der Grund zur Gesellschaft stets vorhanden
war^ so hat es auch stets eine gegeben. So roh wir uns den
Menschen auch denken mögen, wie die Dachse oder Hasen
hat er nie gelebt.
Den stärksten Antrieb zur Geselligkeit bildet die sexuelle
Begierde. Auf ihr und dem instinctiven Wohlwollen fiir die
Gattung ruht die älteste, einfachste Grundform der Gesellschaft :
die Familie, 2 ,Jede8 Thier wird durch einen unbezwinglichen
Instinct zu allem getrieben, was seiner Erhaltung dienen kann ;
es gibt aber Momente, in denen es durch einen fast ebenso
starken Instinct zur Paarung und Fortpflanzung angetrieben
wird, ohne dass wir jemals sagen könnten, wie dies alles vor
sich geht.* ^ Wie bei anderen Thiercn, so erstreckt sich auch
» Phil, de rhiflt., 7.
3 Art. Amour. — LMiomme n^est pas comme les autres animaux, qui n^ont
qiie rinatinct de Tamour - propre et celui de Tacconplement; uon seale-
inent il a cet amour- propre necessaire pour sa conservation, mais il a
aussi, pour son espece, une bienveillance naturelle. (Trait^ de M^ta-
phyßique, 8.)
3 Phil, de rhist, 7.
Voltafar^StQditn. 57
beim Menschen die Gesellung über die Qeburt des Jungen
hinaus. Auf dieser Stufe entwickelt sich bereits der mecha-
nische Instinct, mit welchem der Mensch lange versehen ist,
ehe er die Gesetze der Mechanik aufzufassen vermag. Der
Keim einer Sprache entsteht, der freilich erst später zur Ent-
faltung kommt. Ohne Nachahmungstrieb keine Sprache. ,Man
wird zweifeUos mit Ausrufungen zur Bezeichnung der ersten
Bedürfnisse angefangen haben; hierauf werden die begabteren
Individuen, welche mit den biegsamsten Organen geboren waren,
einige Articulationen versucht haben, die ihre Kinder wieder-
holten.^ Die ersten Sprachen dürften monosyllabisch gewesen
sein. Nun ging es mit der Gesellschaftsbildung rascher von
Statten. Aber zur Entstehung von Reichen, wie sie der alte
Orient aufweist, bedurfte es ungezählter Jahrtausende, sowie
des Zusammentreffens vieler begünstigender Umstände. ^ Dieser
.concours de circonstances favorables' ist die Formel, durch
welche die mechanische Weltanschauung ihre Entwicklungs-
lehre von den entsprechenden Doctrinen der teleologischen
Systeme unterscheidet.^
Für die Entwicklung des Menschen, welchen wir bisher
nach seiner physischen und intellectuellen Seite gekennzeichnet
haben, kommt vor allem sein moralischer Charakter in Betracht.^
Voltaire's gemässigter Ansicht standen hier zwei diametral ent-
gegengesetzte outrirte Meinungen gegenüber. Nach der einen
ist der Mensch in Folge des Sündenfalls corrumpirt, mit der
' Phil, de rhist., 3. — II est certain qa^l y a, dans tontes les langues
dn monde, nne logiqne secr&te qui conduit les idSes des hommes sans
qTi'ils s'en aper^oiyent, comme il 7 a one g^omitrie cacb4e dans tous
le« arts de la main, sans que le plus grand nombre des artistes s*en
doute. (A Beaugee, 14. Jänner 1768.) Les philosophes n*ont point £ut
l«fl langlies et voilk pourqnoi elles sont tontes imparfaites. (Ibid.)
3 n a falln partont, non senlement nn espace de temps prodigienx,
mais des circonstances henreuses, poor que rhonune s^^leTftt aa-
dessas de la vie animale. (Ayant-propos de TEssai.)
' Tous ces penples ne neos ressemblent qne par les passions et par
la raison nniverselle qui contrebalance les passions . . Ce sont ]k
9
les deux caractires que la nature empreint dans tant des races d'hommes
diff^rentes. (Essai, 143.) — La nature a donn^ k rhomme la disposition
ä la pitid et le pouvoir de comprendre la v^rit^. Ces deux pr^sents de
Dieu sont le fondement de la soci^t^ civile. (Art. Conscience.)
58 Majr.
Erbsünde behaftet, ohne göttliche Hilfe zeitlichem und ewigem
Elende verfallen. Nach der anderen ist der Mensch von Natur
gut und glücklich; aber durch die Cultur verderbt, entartet;
unglücklich gemacht. Die eine ist die Doctrin der Kirche, die
andere die Lehre Rousseau's. Mit jener ist auch das Axiom
Hobbes' verwandt, aus welchem er seine Staatslehre ableitet.
Voltaire hält die Lehre von der absoluten Bosheit und Corrup-
tion der Menschennatur für einen schlimmen Wahn, der von
eigensüchtigen Priestern genährt werde, um die Menschen in
Abhängigkeit zu erhalten. ^ Qegen die Lehre Rousseau's empört
sich sein historischer Sinn. Seine wissenschaftliche Ueberzeugung
geht dahin, dass der anfanglich wilde, barbarische, vernunft-
lose Mensch nur mittelst der Cultur schrittweise besser, gebil-
deter und auch glücklicher geworden sei.^ Nach Voltaire's
Ansicht ist die menschliche Natur nicht böse; sie ist ein Gemisch
von Gut und Böse, Tugend und Laster. Wäre der Teufel
wirklich der Herr dieser Welt, sagt er, so gäbe es längst
keinen Menschen mehr. ^
In seinen jüngeren Jahren waren Voltaire's Ansichten leicht-
blütiger, milder, optimistischer; in seinen späteren wurde er
strenger, herber, unzufriedener mit Welt und Weltlauf. Eine
principielle Wandlung seiner Ansichten hat er nicht durch-
gemacht. Er hebt später nur das Widrige, Böse, Sinnlose stärker
hervor und legt minderes Gewicht auf Gedankengänge, die uns,
wenn nicht ganz, so doch einigermaassen mit dem Laufe der
1 Art Homme. (Uhomme est-il ii^ mdchant?) — L'A, B, C; 3"><> entretien. —
Art Original. (P6chä.)
3 Art. Homme. (De Thomme dans T^tat de pure natare.)
3 1728 schreibt er gegen Pascal: ,J*ose prendre la partie de Thumaniti
contre ce misauthrope sublime; j'ose assurer que nous ne sommes ui si
mechants, ni si malheureux qu*il le dit. (Premiers remarques s. Pascal.)
— L^ homme est m6l6 de mal et de bien, de plaisir et de peine. — Si le
crime est sur la terre, la vertu j est aussi. (Histoire de Jenni, 9.) — II
y a des aspects sous lesquels la nature humaine est la nature infer-
nale. (A Pinto, 21. Juli 1762.) — N*admirez-voas pas comme cette vie
est mcMe de haut et de bas, de blanc et de noir? (9. Febr. 1767, h
Damilaville.) — Vous avez grande raison, monsieur, de dire qu*on a sou-
vent exager^ la m^chancete de la nature humaine,* mais il est bon de
faire des caricatures des mechantes gens, et de leur pri^senter des ml-
roirs qui les enlaidissent (A Condorcet, 1. Febr. 1772.)
Toltaire-Btndien. 59
Dinge versöhnen können. Eine Apologie der Selbstliebe und der
Leidenschaften, wie sie das achte Capitel des Trait^ de metaphy-
sique enthält; eine Verherrlichung der Sinnenlust und des raffi-
nirten Genusses, wie im Mondain, hätte er später nicht wieder ge-
schrieben, obgleich er weder die Selbstliebe, noch die Begierden,
noch die Freuden des Daseins als solche jemals missbilligte. Zur
Fahne der Asketen hat er niemals geschworen. > In den eben
erwähnten Schriften seines Jugend- und Mannesalters (vor 1750)
legt er vornehmlich auf den Qedanken Nachdruck, dass Wohl-
wollen, Mitleid, Sympathie von geringerem socialem oder histori-
schem Werthe seien, als die von den Moralisten geschmähten
Laster und Leidenschaften der Menschen, wie Selbstsucht, Hoch-
math, Herrschbegier u. s. f. Diese Erörterungen deuten auf
den EinfluBs Mandeville's. Jedoch gedenkt Voltaire seiner mit
keinem Worte.
Vielleicht lagen die Ideen in der Luft, wie man sich aus-
drückt. Vielleicht inspirirte sie ihm der Widerspruch gegen die
weltflüchtige Tendenz PascaPs und anderer christlicher Sitten-
lehrer. Sicher ist, dass Voltaire in seinen späteren Jahren die
Uebertreibung derselben durch Helvetius und die Materialisten
perhorrescirte. Auf diese späteren Jahre aber kommt es bei
Voltaire an. Nahezu alle seine historischen und philosophischen
Schriften stammen aus denselben: der Dichter und Natur-
kundige von ehemals war Denker und Qeschichtsphilosoph
geworden.
Voltaire verkündet oft und mit grossem Nachdrucke seine
Absicht, die Menschen lieber schildern, als richten zu wollen.
Er lehnt es ab, die Gemeinplätze moralischer Art immer wieder
^ Oft nimmt er sich der natürlichen Neigungen gegen ihre Verleumder an.
XiCS malheureux harangueurs parlent sans cesae contre Tamour qui est
U seole consolation du genre humain.' (Art Guerre). Desgleichen ist er
ein Feind der Quieiisten. (Siicle de Louis XIV, 38.) Voltaire hätte
kein Franzose sein müssen, wenn ihm nicht Leichtsinn, Lebensfreudig-
keit, Fröhlichkeit, Geselligkeit über Alles gegangen wären. ,Tout ce que
je crains c*est qu*un esprit de pr^sbyt^rianisme ne s'empare de la tete
de< Fran9ais et alors la nation est perdue. Douze pariements jansenistes
Boot capables de faire des Fran^ais un peuple d*atrabiliaires. II n'y a
phs de gaietä qu'a TOp^ra Coraique. Tous les livres ecrits depuis
qoelque temps respirent je ne sais quoi de sombre et de pedantcsque.'
[i Damilavüle, 30. Jänner 1764.)
60 Mtyr.
aufzutischen J Allein, er lässt es bei dem g^ten Willen be-
wenden. Des Urtheils entscblägt er sich meistens nur dann,
wenn er zwischen zwei feindlichen Richtungen, die er ftir gleich
absurd oder verwerflich hält, entscheiden soll.^ Sonst aber ist
er keineswegs enthaltsam. Was er für edel oder gemein, för
gut oder schlecht, heilsam oder verderblich, weise oder un-
sinnig erachtet, das gibt er auf das unzweideutigste kund. In
richtiger Selbsterkenntniss gesteht er, in seinem Essai nur die
Absicht verfolgt zu haben, dass der Tugend und dem Laster
ihr Recht werde. ^
Die natürlichen Regungen an sich hält er fiir moralisch
indifferent, aber social bedeutsam. Er leugnet dabei nicht,
dass sie in jeder Beziehung verderblich werden können. Von
den physischen Principien des ,Hunger8 und der Liebe' war
schon die Rede. Unter den Antrieben moralischer Natur ist
die Selbstliebe der wichtigste.^ Die Selbstliebe dient dem In-
dividuum zur Selbsterhaltung. Sie ist ihm und mittelbar der
Gesellschaft von Nutzen, wofernc sie gezügelt wird. Desgleichen
haben die Begierden, sowie die aus ihrer Befriedigung er-
wachsende Lust nichts Verwerfliches an sich. Gleichwie Sorge
und Schmerz, wenn sie ein gewisses Maass nicht überschreiten,
das Leben nicht verbittern, sondern anregen, so dienen auch
> Notre objet est de peindre les hommes plutöt que de les jo^r. (Essai,
c. 8.) — Je voudrais ddcouvrir quelle etait alors la societö des hommes
plutot que de r^p^ter . . les lieux commiins de la mdchancete bumaine.
(Ibid. c 81.) Vgl. p. 34.
^ Qael iusens^ voudrait que j*easse fait le controversiste au lieu d'^crire
en historien. Je me sola horni aux faits. (Annales de TEmpire. Brief sn
die Herzogin von €k)tha.)
3 A Albergaü-Gaparelli, 23. Dec. 1760. — Ueber die zweite Anflage seiner
Uistoire g^ndrale im Verhältniss zur ersten schreibt er: ,0n n'ayait donn6
que quelques soufiflets an genre humain dans ces arcbives de nos sot-
tises ; nons y ajouterons forts coups de pied dans le derri^re. (A Verne«,
25. Aug. 1761.)
* La faim et ramour, principe pbysique pour tous les animaux : amonr-
propre et bienveillance, principe moral pour les hommes. Les premieres
roues fönt mouvoir toutes les autres et toute la machine du monde est
gouvern^e par eile. (Pens^es, remarques et observations de Voltaire.) —
Art. Amour- propre. — II me parait que tout ce qui nous fait plaisir
sans faire tort & personne est tres-bon et tr^s-juste. (Entretien d'un sau-
vagC) 1761, I.)
VolUtre-Stadien. 61
Begierden und Leidenschaften, die Thätigkeit des Menschen
anzustacheln^ ihn mit Seinesgleichen in Verbindung zu bringen
und zu beglücken.^ Um ihres blossen Vorhandenseins willen
wäre die Welt weder elend, noch schlecht. Nun aber zeigt
ans die geschichtliche Erfahmng ein Uebermaass von Leiden,
Absurditäten und Verbrechen. Dies muss wohl daher rühren^
dass den natürlichen Regungen kein Zügel angelegt wird, dass
in den leidenschaftlichen Bestrebungen der Menschen kein
Maass waltet, dass Vernunft und Wohlwollen kein ausreichen-
des Gegengewicht zu bilden vermögen.
Die Selbstliebe verwandelt sich in die interessirte Selbst-
sacht. Ihr muss Alles weichen. Sie dictirt Gesetze und Sitten.^
Sie nimmt den Schein des Wohlwollens, der Belehrung, der
Beglückung an, um so sicherer ihr Ziel zu erreichen. Mit der
Selbstsucht ist der Hochmuth verwandt, die Begierde, Andere
anter sich zu sehen, die Wonne, Andere zu beherrschen. Die
grauenhafteste Form hochmüthiger Herrschgier findet sich bei
Priesterschaften; sie entwickelt sich daselbst zum Fanatismus,
wohl der ärgsten Geissei, die je das Menschengeschlecht be-
troffen hat
* N*a-t-il pas donn4 aax hommes Tamour- propre pour veiller k leur
eonservatioii; U bienveillance, la bienfaisance, la vertu, pour veiller
sar Vamonr • propre ; les besoins mutuels pour former la soci^t^; le
plalsir pour en jouir ; la douleur qui avertit de jouir avec modcration;
les passions qui uous portent anx grandes choses et la sagesse qui
met un frein k ces passions? (Questions de Zapata, Nr. 66, a. 1767.) —
n fallait que les d^sirs s'allumassent dans les org^anes de tous les
aoimaux qui ne ponvaient chercher leur bien-etre sans le d^sirer; ces
affections ue pouvaient §tre vives sans etre violentes, et par cons^quent
saus ezciter ces fortes passions qui produisent les querelles, les ^erres,
lea menrtres, les fraudes et le brigandage. (Dialognes d'l^vh^m^re, 2.)
Dieu prit piti^ du genre humain
II le cr^ frivole et vain
Pour le rendre moins miserable.
(Ode flor ranniversaire de St-Barthälemy.) — Dieu vous a donn^ des
passions avec lesquelles on pent faire du bien et du mal. (Histoire de
Jenni, c 10.)
' Cette prodigieuse vari6t6 des moeurs qui ont tout le meme principe: Tin-
t^rit (Essai, 194.) -> Art. Int^rSt: Avez vous connaissance de qaelque
roi on de quelque r^publique qui ait fait la guerre ou la paiz . • par
vsa autre motif que celui de Tint^rSt?
62 UfLjf.
Der Hochinnth, der intolerant macht \ ist nicht die einzige
Menschheitsgeissel. Zu ihm gesellt sich die Habgier, die Sacht,
Andere niederzuzwingen, und fiir seinen Vortheil auszubeuten.^
Rachsucht und Neid sind die Laster der Unterdrückten oder
von der Natur minder Bevorzugten. Höherer Art sind Ehrgeiz
und Ruhmsucht. Sie spielen in der Geschichte eine grosse
Rolle. Ruhm wird jenen zu Theil, deren Thaten durch ihre
Grossartigkeit imponiren."^ Die Eroberer, welche so viel Unheil
über die Völker bringen, müssen wir trotzdem bewundem.*
Ueberhaupt ist es umsonst zu hoffen, man könne die Menschen
von dem sie entzückenden Laster der Ehrbegierde heilen.
Jeder Mensch will, dass seiner Ambition gehuldigt werde. ^
Hinter allen erdenklichen Vorwänden versteckt sich das näm-
liche verderbliche Laster.^ Vornehmlich bedient es sich der
Lüge, des Betruges, der Ränke, um zu seinem Ziele zu kommen.
Man nennt dies Politik.'' Häufig greift es zur ultima ratio,
der Gewalt. Unter allen Uebeln das schrecklichste ist der
Krieg, und alle Laster sind insofeme fürchterlich, als sie zu
Krieg und Gewaltthat führen können. Der Krieg ist das
traurige Erbtheil unseres Geschlechtes seit Anbeginn der Ge-
schichte. Um der nichtigsten Vorwände willen fallen die
Menschen in Massen über einander her. Ja, die Religion (die
,religion artificielle', nicht die ,religion naturelle^ gibt ihren
1 C'est Torgneil seul qni est intolerant. (Id^ee r^pnblicaines, 1762, 64.)
Bezugs der geistlichen Herrschsucht vgl. man die AusftUirangen im Essai
über Savonarola, Luther, Calvin u. s. f. — Art Jesuites on rorgneil.
^ II n'y a pas d^antre sujet de giierre chez les hommes; chacün d^fend son
bien autant qn*il le pent (Petit commentaire sur T^loge de Dauphin, 1764.)
' Art Gloire.
* Conseils k un Journal. (1734) sur Thistoire. — 'Art. Alexandre. — Dialognes
d'Evhemire, I (1776). — La Bible cnfin expliqu^e (1776). Les MachaWes.
' Hom^lie sur la superstition (1767).
^ La religion et le pretexte d^epurer la loi re^ue, ces deux grands instru'
ments de Tambition. (Essai, 118.)
"^ Le mensongo a M utile pour asservir les peuples. (Essai, 8.) — Dans
le voi h main arm^e, c'est le plus fort qui Temporte : dans les acqui-
sitions convenues, c'est le plus habile. (Les droits des hommes, 1769, L) —
Le grand art de surprendre, tuer et voler. (L'A, B, C; 5"** entretien.) —
Je voudrais saroir pourquoi ce qni est un forfait abominable dans un
particnlier serait innocent dans trois cents s^nateurs. (L'A, B, C; 12*** en-
tretien. Code de la perfidie.)
VolUiro-dtndi«n. 63
Segen daznJ und doch wie wenig bedeuten alle im Feld
erreichbaren Vortheile gegen das Unheil einer einzigen Cam-
pa^e. Das Schrecklichste von Allem bleibt, dass der Krieg eine
unvermeidliche Geissei ist, die schliesslich kein Raisonnement
aus der Welt schaffen wird. Kriege erzeugen sich durch ZuföUig-
keiten, Intriguen, Begierden, Eifersüchteleien, Hoffnungen und
vergehen damit, bis wieder neue entstehen.
Die wilden Leidenschaften (passions feroces) sind demnach
die Motoren des fürchterlichen Schauspiels der Geschichte.^
Eroberung, Krieg, Politik, sie alle wurzeln in den verbrecheri-
schen Neigungen der Einzelnen, ohne dass die Menschen
darüber zur Besinnung kämen, weil sie betrogen sein wollen
and dem Erfolge zujubeln.^
Wie kommt es, dass bei alledem doch das Menschen-
geschlecht noch existirt, dass in der Geschichte sich mancherlei
Gates vorfindet, ja dass eine allgemeine Tendenz des Fort-
schrittes, der Vervollkommnung nicht abgeleugnet werden
kann? Dieselbe Natur (oder auch dieselbe Gottheit), die uns
das Verlangen, die Selbstliebe, die Leidenschaft eingepflanzt
hat, hat uns auch einen Hang zum Wohlwollen für unseres
Gleichen mitgetheilt. Es gibt ein Moralgesetz, das zugleich
Naturgesetz ist, das man das einzige Fundamentalgesetz der
sittlichen Welt nennen kann, das von einem Weltende zum
andern herrscht und eben darum nicht menschlichen, sondern
göttlichen Ursprunges ist.^ Dieses Moralgesetz, das, in allen
^ Art. Oaerre. — L'A, B, C; 11™* entretien : Les pretres ont toajonrs
prech6 le camage.
' Toot 86 fait, comme partout alUears, par les passions hnmaines. (La
Bible enfin expliqn^e. Reis II.)
' Leg hoinmea veulent Stre amns^s et tromp^s. (Essai, 104.) — La post^rite,
eblonie par T^clat de sa gloire, semble avoir oubUe cette injastice
(Annales de rEmpire, 772), sagt Voltaire über Karl den Grossen. Man
▼gl Essai, c. 15: C'est Taction d'an brigand, qae dUllastre sncc&s et
des qnalites brillantes ont d^ailleurs fait grand homme. — Les hommes
ne jngent qne par les sncc^. L^envie est confondne. On n*a rien k
r^ndre k xme bataille gagn^e! (A Catherine, 17. Oct. 17G9.)
^ n est donc prouvä qae la natare senle nons inspire des id^es ntiles qni
pr^c^cnt tontes nos r^flexions. II en est de m^me dans la morale.
Moas aTona tons denx sentiments qni sont le fondement de la soci^t^:
li Gommis^ration et la justice . . Dieu nons a donn^ un principe de
64 Mayr.
Herzen wirksam, der Selbstsucht und der Leidenschaft ent<
gegenstrebt, haben die Weisen und Lehrer aller Zeiten —
Confucius, Zoroaster, Jesus u. s. w. — in klaren Worten der
Welt verkündet. Mögen die Meinungen, die Gebräuche, die
Handlungen der Menschen noch so sehr divergiren, das Eine
Moralprincip findet bei allen die gleiche Anerkennung, wenn-
gleich nicht Befolgung. In den Gewissensbissen kündigt es
sich an und als ,rai8on universelle^ zügelt es die verderblichen
Triebe. Beglückung und Besserung der Welt gehen von ihm
aus. Die Anerkennung und Befolgung dieses Gesetzes ist der
einzige wahre Dienst Gottes, dessen Existenz es verbürgt.
Darin besteht die natürliche Religion.
Je ne puis ignorer ce qa*ordonna mon maitre
II m*& donnS sa loi, paiBqa'il m^a donne TStre.
Sans donte il a parld; mais c'est k Toniverfl:
II n*a point de TJ^gypte habit^ les d^serts;
Delphes, D^los, Ammon ne sont paa ses afliles;
II ne se cacha point aox antres des Sibylles.
La morale uniforme en tont temps, en tont lieu
A des si^cles sans fin parle au nom de ce Dieu.
raison universelle, comme il a donn^ des plumes auz oiseauz. (Phil, de
rhist., 7.) — Au milien de ces sacca^ments et de ces destructions
nous voyons un amour de Tordre qni anime en secret le g^nre humain
et qui a pr^venu sa ruine totale. (Essali 197.) — II y a une loi natu-
relle, et eile ne consiste ni h faire le mal d'autrui ni k s'en r^jouir.
(L'Ay B, C; 4™" entretien.) — Plus j*ai tu les hommes diff^rents . . et
plus j'ai remarqu6 qu*ils ont tous le mdme fond de morale . . II m^a
donc paru que cette id^e du juste et de Tinjuste leur ^tait n^cessaire,
puisque tous s'accordaient en ce point . . Du moins il n*y aurait eu an-
cune soci^t^i si les hommes n'avaient con^u l'id^e de qnelque justice . .
Comment Tauraient-ils eu les mSmes notions fondamentales du juste et
de rinjuste si Dieu n'avait donn^ de tout temps k Tun et k Tautre cette
raison . . La notion de quelque chose de juste me semble si naturelle,
qu'elle est ind^pendante de toute loi, de tout pacte, de tonte relig^on . .
Gleich der Gravitation ,1a loi fondamentale de la morale agit ^galement
sur toutes les nations bien connues . . depnis Zoroastre jusqu'ii Shaftes-
bury, je vois tous les philosophes enseigner la mSme morale. (Philosophe
ignorant, 31 — 38.) — Lettres de Memmius k Ciceron, 19 — 20. — Art.
Juste. — Art Loi naturelle (mit dem 4. Dialogue zum A, B, C von 1769
nahebei identisch). — Natürlich schliesst dieses Naturgesetz, das nur ein
Gegengewicht gegen das Gesetz des Stärkeren darstellt (Remarques de
FEssai, 15), weder Irrthum, noch Missbrauch aus.
Voltaire Stadien. 65
C*eat Is loi de Trajan, de Socrate, et la vötre,
De ce culte 6ternel dont la natnre est Tapdtre.
(Poeme snr la loi naturelle.)
Knüpfen wir hier wieder an das zu Beginn dieses Capitels
Gesagte an. Voltaire's Gott, sagten wir da, sei der Gott des
physico-theologischen und moralischen Beweises. In dem oben
bezeichneten Sinne denkt sich Voltaire Gott als Urheber und
Herrn der sittlichen Weltordnung. Gott stattet den Menschen
mit seinen physischen, intellectuellen und moralischen Anlagen
aus und stellt ihn in den Zusammenhang der Dinge hinein.
Weder menschliche Bosheit, noch Heiligkeit veranlassen Gott
irgendwie, in den natürlichen Ablauf der Dinge einzugreifen,
und wäre es auch, um zu strafen oder zu lohnen. Dessen-
ungeachtet und trotz seines Kampfes gegen die dogmatische
Annahme eines, vom Leibe abtrennbaren, unsterblichen Seelen-
wesens will Voltaire den Glauben an eine Vergeltung nicht
fahren lassen.^ Das Böse straft sich eben, da besondere Ein-
griffe, Himmel und Hölle ausgeschlossen sind, nach göttlicher
Anordnung von selbst: es erhebt sich die Stimme des Gewissens.'^
Wäre die Welt nicht so böse, so wäre sie nicht so unglücklich. ^
^ 11 fant reconnaitre nn Dien r^mun^ratenr et vengeur, on n^en point
recoimattre do tout . . On il rCy a point de Dien, ou Dieu est juste.
(Hom^lie sur Tath^isme, 1767.) — Tont le monde rit aujourd^hni de votre
enfer . . mais personne ne rirait d*un Dieu r6mun4rateur et vengenr . .
en Ignorant Tespece des ch&timents et des rScompenses, mais en 6tant
persuade qa*il y en anra, parce que Dien est juste. (Diner de Oorate
de Boulainvilliers, 3*>« entretien.)
' Sophronisme et Adelos (1766). — Art. Conscience. — Tout ce que je
puls Tons dirO) c^est que, si vous avez commis des crlmes en abusant de
▼otre liberte, 11 vous est impossible de prouver que Dieu seit incapable
de vous en punir. (Hlstoire de Jenni, c. 10.) — lieber die Fortdauer
nach dem Tode, die Art und Weise derselben lässt sich nach Voltaire^s
Ansicht nichts ausmachen. Jedenfalls ist es, wie die Geschichte zeigt,
eine praktische Annahme von grossem Werthe, an eine Belohnung und
Bestrafung über das Diesseits hinaus zu glauben. Vgl. Strauss, Voltaire.
(O. W. XI, 167 ff.) Das letzte Wort behSlt denn auch bei Voltaire die
,pcakti8cfae Vernunft*. Man könnte auch sagen, Voltaire bestand auf der
Möglichkeit einer Vergeltung in einem möglichen Jenseits, gerade weil
er in der Unsterblichkeitsfrage Skeptiker blieb.
' Je Toudrais qn*on examinftt quel si^cle a M le plus fScond en crimes et
par cons^qnent en malheurs. (Derniers remarques sur Pascal, 99.)
SltrangBber. d. phiL-hist. Ol. XCY. Bd. I. Hft. 5
66 Majr.
Jedoch ist nicht jedes Unglück eine Folge der eigenen Schlech-
tigkeit. Die Menschen sind den Natnrkräften und der Bosheit
ihrer Mitmenschen preisgegeben. Wie in Allem, so zeigt sich
auch hierin die Welt als Gemische von Gut und Schlecht, als
das aus unvollkommenen Bestand theilen zusammengesetzte Werk
des relativ höchsten Wesens. Das Princip der Vei-geltung ist
vorhanden, aber es wird durchkreuzt und paralysirt, wie das
Sittengesetz von den schlimmen Neigungen, die Vernunft von
den willkürlichen Absurditäten überwuchert wird.
Kann nach dem Angeführten noch die Rede sein von
einer Freiheit des Willen? Nein, oder nur in einem sehr ein-
geschränkten Sinne. , Wahrhaft frei sein, heisst können. Wenn
ich thun kann, was ich will, so besteht darin meine Freiheit;
aber ich will nothwendig, was ich will; sonst würde ich ohne
Grund, ohne Ursache wollen, was unmöglich ist . . . Meine
Freiheit besteht darin, eine schlechte Handlung nicht zu be-
gehen, wenn mein Geist sich dieselbe als nothwendig schlecht
vorstellt; eine Leidenschaft zu imterdrücken, wenn ich ihre
Gefährlichkeit erkenne und der Schauder vor einer solchen
Handlung mein Verlangen kräftig niederkämpft . . Es ist
wunderlich, dass die Menschen mit diesem Maasse von Frei-
heit nicht zufrieden sind, d. h. mit dem Vermögen, das ihnen
die Natur verliehen hat, in einigen Fällen zu machen, was sie
wollen' * . . . Jedes Wesen ist eben an die Schranken seiner
Natur gebunden, selbst Gott. Nur sind dem Menschen keine
so engen Schranken gezogen, wie dem Himmelskörper oder
dem Thiere.^ Zu den Gesetzen seiner Natur zählt auch das
Sittengesetz, zu seinen Fähigkeiten die Vernunft.
Eben deshalb dürfen sich die Menschen wegen des mora-
lischen Uebels nicht auf Gott ausreden. Sie machen einen
> Philoflophe ignorant, 13. — De la mort de Louis XV (1774). — Art.
DeBtin; Libert6. — Vgl. Straus«, Voltaire (G. W. XI, 170-172). —
Trait^ de M^taphysique (1734), 7. Cap. — 8ur rhomme. (Poöme.) Brief
an den Prinzen Friedrich vom Oct. 1737 nebst einigen weiteren über den
Gegenstand gewechselten Briefen. (A M. Dn Deifand, 24. Mai 1764.)
^ Chacun ob^it k son instinct . . Ainsi personne change son caractere.
Tout suit les lois 6ternelles de la nature. Nous avons perfectionn^ la
socidt^ ; oui, mais nous y ^tions destin6s, et il a fallu la combinaison de
tous les ^v^nements pour qu*un mattre k danser montrftt k faire la r^v^
rence. (Pens^es, remarques et obserrations.)
VolUire-Stodira. 67
verabscheuungswürdigen Gebrauch von der Freiheit, welche das
erhabene Wesen ihnen gegeben hat und geben musste, nämlich
von der Macht ihren Willen auszuführen, ohne welche sie blosse
Maschinen wären, geformt von einem bösen Wesen, um von
ihm wieder zertrümmert zu werden. ,Ihr werdet mir zugeben,
dass Qott die Welt mittels allgemeiner Gesetze regiert. Zufolge
dieser Gesetze beschloss Crom well, dieses Ungeheuer von Fanatis-
mus und Heuchelei, um seines Interesses willen den Tod Carl I.
Nach den von Gott festgestellten Gesetzen der Bewegung schlug
der Henker diesem Könige den Kopf ab ; aber sicherlich tödtete
Gott Carl I. nicht durch einen besonderen Act seines Willens.
Gott war weder Cromwell, noch Jeffreys, noch Ravaillac. Gott
verübt, befiehlt, gestattet nicht das Verbrechen ^ aber er hat den
Menschen, sowie die Bewegungsgesetze gemacht; diese ewigen
Gesetze werden gleichermaassen von dem Barmherzigen, der dem
Armen zu Hilfe kommt, wie von dem Bösewichte, der seinen
Bruder erwürgt, ausgeführt.' *
Wenngleich die Menschennatur nur Eine ist, so bringen
doch verschiedene Umstände Mannigfaltigkeit und Wechsel in
die Geschichte.2 Die Menschen diverser Orte und Zeiten ähneln
sieb, sind aber nicht vollkommen gleich. Wenn Alles schliess-
lich vom Geiste des Menschen, der Höhe seiner Ausbildung
abhängig ist, so müssen wir untersuchen, von welchen Factoren
er hinwiederum beeinflusst wird, ,Drei Dinge üben ohne Unter-
lass Einfluss auf den menschlichen Geist: das Klima, die Re-
gierung und die Religion.'^ Indem wir Religion und Staats-
wesen auf die nächstfolgenden Abschnitte versparen, fügen wir
hier noch die Erörterung der Art und Weise bei, wie sich
Klima und Menschengeschichte zu einander verhalten.
* Histoire de Jenni, c. 9. — Tout le physique d*une mauvaise action est
Teffet des lois gen^ralea imprim^s par la main de Dieti h la matiöre:
toat le mal moral de Taction crimiaelle est Teffet de la libert^ dont
Thomme abnse. (Ibid.)
' 11 r^snlte de ce tableau qne tont ce qai tient intim ement k la natnre
hnmaine se ressemble d'nn bont de Tunivers k Tantre; que tont ce qui
peat d^pendre de la coutnme est different . . L'empire de la coutnme
est bien plus vaste qne celui de la natnre . . 11 r^pand la Tariet^ sur
la sc^ne de TuniTers, la natnre y r^pand Tnnit^. (Essai, 197.)
' Essai, 197.
b*
G8 Mayr.
Wir berühren damit ein Thema, welches zu Voltaire^s
Tagen den Reiz der Neuheit besass. Wie weit Montesquieu,
der es in Schwung brachte, hiebei seinen Vorgängern ver-
pflichtet war, ist denn doch am Ende eine sehr untergeordnete
Frage. Das wussten schon die Gelehrten des achtzehnten Jahr-
hunderts, welche Wichtigkeit das Alterthum den Einwirkungen
des Klimas beigelegt hat; auch das Andenken des halb ver-
schollenen Bodin wurde bei der Gelegenheit wieder aufgefrischt.'
Thatsache ist, dass erst seit Montesquieu besagtes Thema in
der Socialwissenschaft dauernde Pflege gefunden h^t. An Montes-
quieu knüpfen auch die Erörterungen Voltaire's unmittelbar
an. Wie immer, tritt er allen Extravaganzen und Paradoxien
entgegen.
Ohne Zweifel hat nach Voltaire's Ansicht das Klima Ein-
fluBs auf Geist und Sitten der Menschen, aber einen vielmal
geringeren, als Staat und Religion. Läge Alles am Klima, wie
wäre es dann möglich, dass die Aegypter, von deren kriege-
rischem Wesen die Geschichte erzählt, heute weichlich und feige
geworden sind? Warum gibt es dann in Hellas keinen Ana^
krieon, Aristoteles oder Zeuxis mehr? Warum hat Rom statt
seiner Ciceros und Gates heute nur mehr mundtodte Bürger
und verthierte Bettler, deren höchstes Glück darin besteht, Pro-
cessionen anzugaffen? Der Himmel Londons ist so neblig, wie
zu Cäsars Zeiten, und doch welcher Unterschied der Verhält-
nisse ! Das Klima beeinflusst ohne Zweifel die Religionen, was
die Ceremonien und Gebräuche anbelangt: das Dogma, der
Glaube, überhaupt das Geistige an den Religionen ist vom
Klima unabhängig. Die Veränderungen, die da stattfinden,
werden von anderen Ursachen hervorgerufen, von der Erziehung^
vom Wechsel der Meinungen, der Regierungsformen u. s. w.^
Es gibt auch kein Land der Erde, wo Vermögen und Rechte
der Bürger von Wärme oder Kälte abhängig wären. Das Klima
^ L'auteiir de reaprit des lois, eans citer personne, ponssa cette id^e plns
loin que Dubos, Chardin et Bodin (auch Fontenelle und Diodor von
Sicilien nennt er früher). Une certaine partie de la nation Ten crot
Tinventeur et hii en fait nn crime. (Art. Climat.)
' Art. Climat. — Commentaire sur Tesprit des lois (1777). Da climat. —
üeber die wechselseitige Angemessenheit Ton KiimSi Flora, Fauna und
Bevölkerung vgl. Histoire de Jenni, c. 9.
Yoltaira-StadiM. 69
erstreckt seine Macht auf GrÖBse und Schönheit des Körpers,
auf die Anlagen, auf die Neigungen. ,Wir haben nie von einer
samojedischen oder äthiopischen Phryne, von einem laplän-
dischen Herkules, von einem ^Newton topinambou' sprechen
hören; dagegen hat Montesquieu schwerlich Recht, wenn er
behauptet, die Völker des Nordens hätten stets denen des Südens
obsiegt/ Gegeninstanzen: die Araber und Römer.
Auch die Erde, welche wir bewohnen, ihre Oberfläche
and ihre klimatischen Verhältnisse waren im Laufe der Zeit
Veränderungen unterworfen. * Vielleicht hat unser Planet so
viele Revolutionen durchgemacht, als unsere Staaten; sie er-
strecken sich bis in die historischen Zeiten. Vielleicht auch
sind ganze Menschengeschlechter verschwunden, bevor eines
der ältesten Reiche, von denen wir Kunde haben, entstand.
So naturkundig Voltaire auch war, auf die Bedeutung
dieser natürlichen Factoren oder Vorgänge legte er kein be-
sonderes Gewicht. Ungleich wichtiger nahm diese Dinge erst
Herder. Voltaire meinte eben, das Räthsel der Geschichte müsse
sich aus sich selbst lösen lassen. Er räumte dem Schöpfer und
£rhalter die gebührende Ehre ein, läugnete auch nicht die
Influenz der äusseren Natur, dämmte jedoch die Bedeutung
beider so weit ein, dass er sich im Ganzen nur mit den rein
menschlichen Factoren des historischen Lebens befassen zu
mÜBsen glaubte. In der Darstellung, Erklärung und Beurthei-
lung der Geschichte hielt er sich innerhalb der Grenzen des
Menschlichen. In allem historischen Dasein, in allen Formen
der Thätigkeit — Religion, Staat, Cultur — fühlte er den Puls-
schlag menschlichen Wollens, spürte er das Weben des mensch-
lichen Gedankens.
C. Voltaire's Philosophie der Beligionsgeschichte.
Wenn wir im vorangehenden Abschnitte betrachtet haben,
wie sich bei Voltaire Gott zum Menschen verhält, so obliegt es
uns nunmehr, auf das Verhältniss des geschichtlichen Menschen
' Phil de rhiat, 1. — Dissertation sur les changeraents arriv^s daos
notre globe (1746). — Art. ChangementB. — Defense de mon oncle
(1767), c. 19. — Lefl colima^ons (1768).
70 Mftyr.
ZU Gott, mit anderen Worten auf Voltaire's Philosophie der
Religionsgeschichte überzugehen.^ Was immer man von dem
Werthe seiner Auffassung göttlicher und menschlicher Dinge
denken mag, das Verdienst der Klarheit, Nüchternheit und
Consequenz wird man seinen Ansichten kaum absprechen
dürfen. Gerade in seiner Philosophie der Religionsgeschichte,
dem historisch bedeutsamsten Abschnitte seiner Thätigkeit,
treten diese nicht hochklingenden, aber seltenen Eigenschaften
in ungewöhnlichem Maasse hervor.
Jeder Mann der Wissenschaft ist schliesslich von dem
ihm zugänglichen empirischen Materiale abhängig; die Nach-
welt hat es leicht, die vorangehenden Generationen an Fülle
des Stoffes, an Verallgemeinerungen und Schlussfolgerungen,
welche die ausgedehntere Erfahrung an die Hand gibt, zn
überbieten. Die heutige Welt wird über die Dürftigkeit des
Materiales, das unserem Philosophen zu Gebote stand, lächeln;
sie darf es: denn mit eisernem Fleisse hat sie Unbekanntes
aufgespürt, Thatsache auf Thatsache gehäuft und auch nicht
verabsäumt, zu inductiven Verallgemeinerungen zu gelangen.
Allein, einen eigentlichen Vorwurf kann sie weder dem Jahr-
hunderte noch dem grossen Schriftsteller, von dem wir sprechen,
aus dem Umstände machen, dass diese nicht verwerthet haben,
was sie nicht gewusst haben. Ferner folgt aus dem berührten
Verhältnisse noch lange nicht Recht oder Pflicht, die Leistungen
des abgelaufenen Jahrhunderts als irrelevant anzusehen. Ein
Jahrhundert, das in der denkenden Betrachtung, in der kriti-
schen Beurtheilung seine Stärke hatte, kann und darf für die
Wissenschaft nie umsonst gearbeitet haben.
Voltaire kannte die Religionen Vorderasiens und Aegyptens
nur aus den griechischen und hebräischen Berichten; die Monu-
mente dieser Völker traf damals noch kein forschender Blick.-
Besser kannte er die Religion Zoroaster's — schon hatten
Hyde und Anquetil - Duperron begonnen, das Geheimniss der-
selben zu enthüllen — besser auch die Religion Altindiens;
* Zu diesem Abschnitte vgl. besonders: Philosophie de Thistoire (1765) —
Dien et les hommes (1769) — Art. Religion.
2 II faat d^sesperer d^avoir jamais rien des Egyptieus; leurs livres sont
perdus, leur religion s'est an6auti. (Phil, de Tbist., 17.)
ToIteürt^tadieD. 71
doch lag das Sanskritstudium noch in den Windeln.^ China
uod die Lehre des Confucius war ihm durch die Schriften
jesuitischer Missionäre bekannt geworden. Er hatte den Koran,
das Alte und das Neue Testament, natürlich auch die antike
Mythologie studirt. Mit der Kirchengeschichte aller Zeitalter
war er wohlvertraut. Rechnen wir noch dazu, was er aus
Reisebeschreibungen von den religiösen Vorstellungen halb oder
i^nz uncivilisirter Völker wusste, so haben wir den Umkreis
seines Wissens, überhaupt des zu seiner Zeit Wissbaren durch*
messen.
Die erste Frage für einen Philosophen der Religions-
geschichte ist wohl die nach dem Ursprung der Religionen.
Voltaire fand noch eine Beantwortung der Frage vor, die fast
canonisches Ansehen genoss: man führte nämlich die Ent-
stehung der Religionen auf eine ursprüngliche göttliche Offen-
barung und auf eine Corruption derselben durch den Einfluss
kakodämonischer Mächte zurück; man brandmarkte die heid-
nischen Religionen als Teufels trug und Götzendienst; man be*
trachtete die heidnischen Götter als böse Geister, die Orakel
und Prodigien als Wirkungen derselben; dem Reiche des Teufels
setzte man dann das durch besondere Offenbarungen ausgezeich-
nete, in Judenthum und Christenthum zum Vorschein kommende
Reich Gottes entgegen.^ Allein das Studium der Alten hatte
^ Id die veddische Religion gewährten ihm ,le Shasta et rEzoonreidam'
Einblick. Holwell und Dow macht er als seine Autoritäten namhaft.
(S. Art Ezoorveidam nnd PhiL de Thist, 17.) Voltaire rühmt sich, allein
nnter seinen Landslenten die Forschungen der Engländer verwerthet zu
haben; zugleich wirft er den Franzosen vor, sie hätten während des
fünfzigjährigen Bestandes der ostindischen Compagnie verabsäumt, sich
mit Land und Leuten bekannt zu machen. (Lettres chinoises, indiennes
«t tartares, Nr. X.) — Vgl. Lettre k Capperonnier, 13. Juli 1761 — &
Vernes, 1. Oct. 1761, woraus hervorgeht, dass Voltaire jenen Veda-
Conunentar von einem seiner Bekannten, Maudave, zum Geschenk erhielt
Qfld der königlichen Bibliothek übermittelte, ,et on Vy regarde comme
le monument le plus pr^cieux, qu*elle possede^ — A Peacock, 8. Dec.
1767. — A Chabanon, 25, Dec. 1767. — A Bailly, 27. Febr. 1777.
^ Bientdt les peres de TEglise attribu^rent au diable toutes les religions,
qui partageaient la terre, tous les grands ^vdnements (Art. Oracles) —
lies monuments les plus irr^fragables . . n*ont pas empech^ nos dispu-
tatears de TOccident de donner k des gouvemements si sages le nom
ndicale d'idolatres. (Fragments historiques sur Tlnde, 22.) — Cf. Art.
72 Mtjr.
mit anderen Beantwortungen der Frage vertraut gemacht, und
die neuere Philosophie fugte auch ihrerseits selbstständige
Lösungsversuche hinzu. Im Ganzen kamen die Philosophen
auf das alte ^primos in orbe fecit deos timor' zurück. Sie be-
mühten sich jedenfalls; das Problem aus den Höhen der Meta-
physik auf den festeren Boden der Empirie und Psychologie
zu verpflanzen. So sagt auch Voltaire: ^Pour savoir, comment
tous ces cultes ou ces superstitions s'ötablirent| il me semble
qu^il faut suivre la marche de Tesprit humain abandonne a
lui-meme'.* Jedoch der psychologische Weg hat seine Gefahren.
Fast unmerklich schiebt der Forscher den Seelen primitiver,
überhaupt fremdartiger Menschen Ideen, Gefühle, Begehrungen
unter, die ihnen ebenso ferne liegen, als sie ihm selbst ge-
läufig sind. Voltaire's heller Geist war sich der Gefahr wohl
bewusst; seine ausgebreiteten Kenntnisse bewahrten ihn vor
einem Abwege, den jemand leichter geht, welcher aus Un-
wissenheit seine Umgebung mit all ihren specifischen Merkmalen
für die Menschheit schlechthin nimmt.'^ Es ist nun überaus
merkwürdig, dass Voltaire den Urmenschen sich, ganz in mo-
derner Weise, nach Analogie des Wilden und des Kindes
construirt; selbst der ihm aus unmittelbarer Anschauung be-
kannte französische Bauer muss ihm zum Verständnisse des
Urmenschen herhalten. ^ Die Geistes- und Gemüthszustände,
Idole. — Gegon den Vorwurf der Teafelsanbetung: ,Ce8 reproches absurdes
Bont intoUrables . . II est temps que noas quittions Tiiidi^e usage de
calomnier toutes les sectes et d'insulter toutes les nations. (Essai, c. 4.)
« Phil, de l'hist., V.
3 So sagt Voltaire z. B. er halte Sonne und Mond nicht für die ursprüng-
lichen Gottheiten. Culturlose Menschen ^ne sont frapp^s ni de la beaut^
ni de Tutilit^ de Tastre qui anime la nature . . ils n^j pensent pas, ils
y sont trop accoutum^s. On n^adore, on n^invoque, on ne peut apaiser
que CO qu*on craint; tous les enfants voient le ciel avec indiff^rence;
mais que le tonnerre gronde, ils tremblent*. (Art. Religion, S. III.) —
Dass die Verehrung des Lingam bei den Indem nicht auf wollüstige
Ueppigkeit deute, erörtert er Essai, 143; Fragments historlques sur Tlnde,
29. — Les oreilles du Comte de Chesterfield (1775), c. 6.
3 Tous les peuples furent pendant des si^cles ce que sont aujourd'hui les
habitauts des plusieurs cotes m6ridionales de TAfrique. (Phil, de Thist.,
V.) — Examinons ce qui se passe dans les enfants . . Les premiers
hommes ont sans doute agi de meme. (Art Religion, S. III.) — Cf. Phil,
de l'hist., VII, XX.
YoIUire-Sindien. 73
aas denen bei dem Wilden^ dem Einde^ dem Bauern religiöse
Vorstellungen hervorgehen, sind also nach seiner Ansicht die
Dämlichen, aus denen die primitiven Religionen überhaupt
hervorgegangen sind. Ist einmal der göttliche sowohl, als der
teuflische Ursprung der Religionen abgelehnt und der mensch-
liche acceptirt, so ergibt sich auch für die Werthbeurtheilung
derselben ein anderer Standpunkt. Was involvirt doch die
bekannte Herleitung der Religion aus dem Affecte der Furcht?
Doch dies, dass die Religion selbst dahinfallt, wenn sich zeigen
sollte, dass die Furcht eine leere ist, oder wenn die Furcht
der inneren Missbilligung unterliegt und einer tapferen, edlen
Seele unwürdig erscheint. Jedoch, Voltaire's Theorie fällt mit
der eben besprochenen nicht gänzlich zusammen.
Den religionsbildenden Urmenschen dürfen wir uns nach
Voltaire nicht völlig roh und thierisch vorstellen, sondern in
geselligem Vereine lebend, etwa in einer Dorfschaft ,dans une
bourgade d'hommes presque sauvages'. ^ Vor der Urgesellung
liegt eine Periode absoluter Gottlosigkeit. So lange sich der
Mensch ausschliesslich mit der Sorge um die Fristung des
Daseins befasst, ist er der Conception eines übernatürlichen
Wesens unfähig. ^ Voltaire beruft sich auf die thatsächliche
Existenz atheistischer Völker, die man jedoch nicht im ge-
wöhnlichen Sinne atheistisch nennen dürfe, indem sie Qott
nicht läugnen, sondern einfach nicht kennen. Nehmen wir
also an, einige nahezu wilde Menschen hätten sich zu einer
Dorfschaft vereinigt. Sie sehen ihre Nährfrüchte zu Grunde
gehen, eine Ueberschwemmung zerstört ihre Hütten, Blitz und
Donner erschrecken sie; kurz sie fragen, wer ihnen all das
angethan habe. Es muss eine geheimnissvolle Macht sein, die
sie misshandelt hat; es gilt, dieselbe zu versöhnen, indem man
» PhU. de rhiBt., V.
' Art Ath^isme: Ponr les peuples entierement sanvages on a d^j& dit
qn'on ne peat les compter ni parmi les ath^es, ni parmi les th^istes . .
ils ne flont pas plas ath^es, qne p^ripat^ticiens. — Ausser der Entwick-
lung der Gottesidee behandelt Voltaire auch die Entstehung des Glaubens
an eine Seele, den Ursprung der Riten, Orakel, Prodigien etc. gemäss
dem im vorangehenden Capitel erörterten Grundsatze: La nature 6tant
partout la meme, les hommes ont du n^cessairement adopter les memes
T^rit^s et les memes erreurs. (Phil, de Thist., VI.)
74 M^yr.
ihr in klug berechnender Absicht Geschenke darbringt and
£hrerbietigung erweist. * So weit geht Voltaire mit der
Schreckenstheorie; wie sie leitet er die primitive Gottes Vor-
stellung aus der psychischen Reaction gegen die Wahrnehmung
des Weltelendes ab. Jedoch nur die primitive Religion ruht
auf so schwankem Fundamente.
Wird dann die Einbildungskraft weiter angeregt, fahrt
Voltaire fort, so bevölkert sich bald die ganze Erde mit gött-
lichen Wesen; die Dörfer bekommen Kenntniss von den Göttern
ihrer Nachbarn und nehmen dieselben unter Umständen an.
Dies ist der Ursprung des Polytheismus , der Religion der
Masse, deren Gottes Vorstellung immer und überall auf niedrigen,
unedlen Motiven beruht.^ Jedoch sondert sich bei zunehmender
Cultur aus der Menge ein Häuflein Weiser ab, welche zu der
erhabenen und giltigen Idee eines Schöpfers, Ordners, Er-
halters der sichtbaren Welt und zugleich Vergelters von Gut
und Böse vordringen. ^ Wäre die Religion bloss auf die Motive
der Massen gebaut, so wäre sie der Beachtung nicht werth;
die Religion der Weisen aber (oder die Philosophie) macht
die Religionsgeschichte zu einem würdigen Objecto der Be-
trachtung.
Hiemit sind wir an der Schwelle der eigentlichen Historie,
an der Schwelle der Ueberlieferung, bei den Religionen der
alten Culturvölker angelangt; Inder, Chinesen, Chaldäer sind
die ältesten derselben, jünger sind die Aegypter, Phönizier,
Juden, Griechen und Römer. Sie alle haben so ziemlich die-
> Phil, de rhiflt., V. — D*oii est donc d^riv^e cette id4e? du senUment
et de cette logiqne naturelle qai se d^veloppe avec Tage dans les hommes
les plus grossiera. On a vu des effets ätonnants de la natura, des moisBons
et des st^rilites, des bienfaits et des fl^aux, et on a senti un maitre. (Art
Dieu I.) — Aber auch die moralische Naturaulage des Menschen bezeichnet
Voltaire als religiös. ,11 faut donc, avant tous les eultes, une religion
naturelle, qui trouble le coBur de Thomme, quand il eut . . commis une
actlon inhumaine.' (Art. Expiation.)
3 Der Polytheismus folgt dem Ur-Monotheismus zeitlich nach. ,J*08e croire
qu'on a commenc^ d'abord par reconnaitre un seul Dieu, et qu'ensuite la
faiblesse humaine en a adopte plusieurs.^ (Art. Religion, III, 2.)
3 Cependant il faut bien que la raison se perfectionue . . Tous ces philo-
sophes babyloniens, persans etc. admettent nu Dieu supreme r^munera-
teur et vengeur. (Art. Religion, ibid.)
Yoltaire-StQdien. 75
Beiben Phasen der Entwicklung durchgemacht. Eine Ausnahme
bildet China. Es stellt nicht den durchschnittlichen; sondern
den idealen Typus dar; es ist das Musterland, welches von
Anbeginn in einem Zustande religiöser Verfassung lebt^ den die
anderen Länder selten erreicht haben. Voltaire hat die Chinesen
in der Weltgeschichte eingebürgert; den Essai eröffnet er mit
ihnen, ein Brauch, der bis auf den heutigen Tag in den soge-
nannten Weltgeschichten fortdauert. Leider sind die idealen
Chinesen Voltaire's nicht die Chinesen der Wirklichkeit, der
Geschichte und Ethnologie.*
Nach Voltaire's Schilderung zeichnet sich die Religion der
Chinesen durch ihre Einfachheit und Erhabenheit aus. Sie ist
frei von allem Dogmatismus und Aberglauben ; deshalb gibt es
in ihr keinen Streit, keine Intoleranz, keinen Fanatismus.^ Sie
besteht aus blosser Moral; wie sie die Weisen aller Zeiten und
Völker gelehrt haben. Sie verehrt nur Ein höchstes Wesen, den
Herrn der physischen und moralischen Welt.^ Ihrer sittlichen
Auffassung des Familienlebens entspringt ein pietätvoller Cultus
der Ahnen. Der Lehrer, eigentlich Wiederhersteller, dieser Reli-
gion, die zugleich Staatsreligion ist, war Confucius, ein Mann,
der weder den Inspirirten, noch den Propheten spielte, keinerlei
iljsterium, nicht einmal die Fortdauer nach dem Tode, sondern
blosse Sittenlehre verkündigte. Duldsam wie sie war, wehrte
die Religion des Confucius nicht dem Eindringen des Foismus
und des Bonzenthums. Dem neuen Glauben, dem Buddhismus,
einem Gemisch von Aberglauben und Unsinn, fiel der Pöbel an-
heim, den die Bonzen für ihre Zwecke ausbeuteten; der alten
Religion blieben die herrschenden und gelehrten Classen treu.
^ lieber die chmesische Religion siehe Phil, de Thist., 18 — Essai, 1 — 2 —
Art Chine, Catechisme cbinois — Entretiens chinois (1768) — Frag-
ments sor Thistoire generale (1773) — Lettres chinoises (1776) — ferner
Siecle de Louis XIV, c. 39, and Essai, c. 195, sowie die Relation du
bannissement des Jesuites de la Chine (1768).
' II 07 a en qa*ane senle religion dans le monde qui n'ait pas et^ souilUe par
le fanatisme, c'est celle des lettres de la Chine. (Art. Fanatisme, S. II.)
' II est constant que tous les penples polices en adorant un seul Dien
Tenercrent des dieux secondaires. Exceptons-en les seuls Chinois, qni,
dones d*iine sagesse superieure, ne firent jamais partager a personne la
moindre ecoulement de l^ Dlvinite. (Canonisation de St-Cucufin, 1767
(1769?).
1& M.yr.
Letztere beschränkten sich darauf, Pöbel und Pfaffen in Zaum
zu halten, weshalb dem Lande die Geissei der Religionskriege und
der Kampf zwischen sacerdotium und imperium erspart blieb.*
Auch als die Missionäre christlicher Herkunft den Fanatismus
zu schüren suchten, vermochte es den Frieden zu bewahren.
Infolge seiner religiösen Zustände war und ist China, ungeachtet
seiner Mediocrität in den Wissenschaften und seines Hanges
zur Stabilität, das bestgesittete Land der Erde.^
E& finden sich hier alle wesentlichen Stücke der Voltaire-
schen Religionsphilosophie beisammen : sein Abscheu gegen das
Dogma; 3 sein Hass gegen die Organisation des Aberglaubens;^
sein Kampf gegen eine Priesterreligion, die sich über den Staat
erhebt und dem Fanatismus Halt gewährt; seine Identification
von Religion und Moral; seine Lehre von der Uebereinstinmiung
aller echten Religion an allen Orten und zu allen Zeiten;^
seine Unterscheidung zwischen der Religion der Gebildeten und
dem Wahne des Haufens, gegen welchen, soferne er gewisse
Schranken überschreitet, der Höherstehende principiell keinerlei
* fCrois ce qni tu voudras, m&is fais ce que je t*ordonne.' Dieses Princip
des Friedericianischen Absolutismus hält Voltaire auch für das der chi-
nesischen Regierung. (Dieu et les hommes, c. 4.)
2 Siicle de Louis XIV, 39.
' La th^ologie n^a jamais servi qu*4 renverser les cervelles et quelquefois
les Etats. (L*A, B, G ; 10°>* Entretien.) — Culte, n^cessaire ; Tertu, indispen-
sable; crainte de Tavenir, utile; dogme, impertinent; dispute sur le dogme,
dangereuse; pers^cution, abominable; martyr, fou. (Pens^es, remarques,
observations.)
* Jamais la nature humaine n'est si avilie que quand Tignorance super*
stitieuse est arm^e de pouyoir. (Essai, c 140.)
^ La relig^on enseigne la m^me morale k tous les peuples eans aucune
exception : les c^r^monies asiatlqnes sont bizarres, les croyances ab-
surdes, mais les pr^ceptes justes . . il nVst pas possible quHl y ait
jamais une soci^t^ religieuse institu^e ponr inviter au crime. (Essai,
c. 197.) — Die Moral aller Religionen ist vortrefflich, nur ihre Meta-
physik absurd und ihr Geremonienwesen lächerlich. (Dieu et les hommes,
c. 9.) — Toutes les sectes sont differentes parce qu'elles viennent
des hommes; la morale est partout la meme parce qu^elle Tient de
Dieu. (Art Theisme.) — On a dit souvent que la morale qui vient de
Dieu r^unit tous les esprits, et que le dogme qui vient des hommes les
divise. (Instruction pour le prince royale de . . ., c. 3, 1762 oder 1767.)
— Vgl. Art Dogmes.
Yolteire-Stnaien. 77
Duldung üben soll. > Zwischen den Zeilen lesen wir den Tadel
gegen das positive Christenthum, das Widerspiel des geschilderten
Idealsznstandes. Das Christenthum ist dogmatisch^ proselytisch,
fanatisch; es ist eine Volksreligion, die auch die Aristokratie
des Geistes knechten will; es ist theokratisch organisirt und stellt
sich nicht selten dem Staate entgegen; es hat seit anderthalb
Jahrtausenden Streit und Verderben über die Völker gebracht;
es vernachlässigt zu Gunsten des Dogmas die Moral, ja stellt die
fragwürdigsten Exempel der Sittlichkeit zur Nachahmung auf.
Die religiöse Entwicklung Indiens weicht von der Chinas
ab, nähert sich dagegen dem mittleren Durchschnitte. In Indien
haben wir den Ursprung der Theologie zu suchen ; hier lebten
die Erfinder und Lehrer der ältesten, späterhin verbreitetsten
Dogmen und Mythologeme. So lange Priesterthum und Eönig-
thuffl noch nicht getrennt waren, konnte die Religion auf blosse
Vernunft (raison universelle) gegründet werden, wie bei den
Chinesen ; als aber das Priesterthum sich ablöste und zur Kaste
versteinerte, trat auch der Verfall der ursprünglichen Religion
zu Tage. ^ Die Brahmanen bewahrten stets eine edlere Glaubens-
ansieht, als der Haufe. Sie verehrten einen einzigen höchsten
Gott, obwohl sie Untergötter anerkannten; sie lehrten die Welt-
Bchöpfung aus dem Nichts, führten das Uebel der Welt auf den
1 La canaiUe cr^ la superstition, les honnetes gens la d^traisent. (Diner
du Comte de Bonlaiovilliers, Pens^es de St -Pierre.) — «Chez presque
tontes les nations nommdes idolätres il y avait la thSologie sacr^e et
Terrenr popnlaire, le calte secret et les c^r^moniea pabliques, la religion
des sages et celle de vnlg^ire. (Art. Idole.)
* lieber die Eeligion der Inder siehe Phil, de Thist., 17 — Essai, 3 — 4 —
Defense de mon onde, 1767, c. 13 — Precis du Si6cle de Louis XV,
c. 29 — Art. Brachmanes; ilzourveidam — Fragments historiqiies snr
quelques revolutions daus Tlnde (1773) — Lettres chinoises, indiennes
et tartares (1776) — Vgl. den Roman: Les lettres d'Amabed (1769) —
Les Indiens de qni toute esp^ce de th^ologie nons est venue (Phil, de
Thist., 48) — Les Brachmanes furent les inventenrs de Tastronomie et
de U mjthologie (Un Chr^tien c. siz Juifs, II, 1776) — C'est des Indiens
que nouB viennent ces prodigieuses austerit^s . . L'Europe en ce ne fnt
que Timitatrice de Tlnde (Essai, 139) — II m a pamt Evident que notre
sainte religion chretienne est uniqnement fondde sur Tantique religion de
Brahma . . une miserable et froide copie de Tancienne theologie indienne
(A Pr^d^ric II, 21. Dec 1775) — Vgl. 29. JÄnner 1776, 14. Juni 1776
k La Gentile.
78 Mayr.
Abfall himmlischer Geister zurUck, lehrten aber auch die Er-
lösung^ der Verdammten durch stufenweise Rückkehr zu Gott,
An diese Lehre knüpfte der Seelenwanderungsglaube an, welcher
hinwiederum zur Begründung des Kastenwesens verwendet wurde.'
Mit der fortschreitenden Degeneration und Herrschsucht der
Brahminen griffen auch Ceremonienwesen und Aberglauben
um sich. Das indische Rituale erregt unser Lachen; freilich
revanchirt sich der Gangesanwohner, indem er über das Treiben
der Leute am Tiber lächelt; der Philosoph lacht über den einen,
wie über den anderen, sowie er ihnen auch, wo sie es verdienen,
Anerkennung zollt. Der Philosoph findet, dass, so lächerlich
das Rituale der Brahmanen auch sein möge, ihre erhabene
Moral nur Bewunderung erregen könne.^ Gegenwärtig habe sich
die indische Religion nur mehr bei wenigen Philosophen in
ihrer alten Reinheit erhalten; diese gäben sich keine Mühe,
einem entarteten und verweichlichten Volke bessere Vorstel-
lungen beizubringen: sie würden die anderen Brahmanen, die
Weiber, den Pöbel gegen sich aufreizen. In neuerer Zeit, er-
zählt er, hat der Muhamedanismus Fortschritte gemacht, das
Christenthum hingegen trotz seiner Evidenz, seiner Heiligkeit
und seiner Missionäre keine. Wie könne man auch eioem
Volke zumuthen, den Glauben von Menschen anzunehmen, die
gleich Räubern über ferne Länder herfallen und den religiösen
Hader ihrer Heimat an fremde Gestade tragen.
Die (beschichte der indischen Religion gibt Voltaire auch
über die Wechselwirkung von Klima, Religion und Gesellschaft
zu denken.^ Die frappirende Aehnlichkeit zwischen indischen
^ Ce farent les premiers Brachmanes qui invent^rent le roman th^olog^qne
de la chnte de rhomme, ou pIntot des ang^es : et cette cosmogonie, aussi
ing^niease que fabnleuse, a ete la source de toutes les fables s&crees
qui ont Inonde la terre. (Demi^res remarques sur Pascal, Nr. 112, 1777.) —
Cf. Art. Ange.
' Aach traurige Verirrungen, wie die Witwenverbrenming, bespricht er.
Ueber die Bussgebräuche sagt er: ,Dus qu*il y eut des religions etablies,
11 y eut des expiations ; les ceremouies furent ridicules : car quel rapport
entre Teau du Gange et un meurtre . . Nous avons d^j4 reraarque cet
exc&s de d^meoce et d*absurditS, d^avoir imagine que ce qoi lave le
Corps lave Pftme.* (Art. Expiation — Bapteme.)
' Si Jamals le climat a influe sur les hommes c*est assurement dons
rinde . . Leurs superstitions sont les m^mes que de temps d* Alexandre.
Voltaire-Stodien. 79
und jüdisch-christlichen Lehren leitet ihn auf den Gedanken
einer Uebertragung mittels der Chaldäer und Aegypter. Jeden-
falls hat Voltaire mit seiner Polemik gegen die schulgerechte
Lehre der Zeit Recht, der zufolge eine Uebertragung in um-
gekehrter Ordnung, von der Bibel zu den Indem, stattgefunden
hätte. Aus mehr als einem Grunde setzt er die indische gegen
die chinesische Religion zurück: er macht ihr die kastenmässige
Abscheidung von König- und Priesterthum, die Ausspinnung
simpler und natürlicher Einsichten zu phantastischen Mytholo-
gemen, die Verhüllung des besseren Kernes durch ein obligates
Ceremoniell, die Erweckung abergläubischer und fanatischer Re-
gungen, den verweichlichenden Einfluss zum Vorwurfe. Während
in China alle theokratischen Gelüste niedergehalten wurden,
haben sich in Indien, und später allüberall, die Priester zu
einer dominirenden Classe aufgeworfen. Sie haben Gesetze
gegeben und ihnen einen direct göttlichen Ursprung angedichtet.
Das angebliche Herabsteigen der Götter ist ein sicheres Indi-
cium der Theokratie.' ,Der erste Unverschämte', sagt Voltaire,^
.welcher wagte, Gott sprechen zu lassen, war ein Gemisch von
Schurkerei und Fanatismus.' Traumgesichte brachten ihm wohl
selbst die Ueberzeugung seiner höheren Mission bei. ,Das Hand-
werk lässt sich gut an; mein Charlatan bildet Schüler, die alle
mit ihm das nämliche Interesse theilen. Ihre Autorität wächst
mit ihrer Anzahl. Gott offenbart ihnen, dass die schönsten
Rinds- und Hammelsstücke, das fetteste Geflügel, der erlesenste
Wein ihnen zukomme. Der König des Landes schliesst hierauf
einen Handel mit ihnen, um besseren Gehorsam beim Volke
zu finden; aber bald ist der Herrscher der Narr bei dem
Gfeschäfte . . Samuel entthront den Saul und Gregor VII. den
Kaiser Heinrich IV. . . . Dieses diabolico-theokratische System
(ÜMaif c. 194.) — La physique de Tlnde, diff^rant en tant de choses
du ndtre, il iaUait bien que le moral differdt aussi. (Essai, c. 3.) — La
moUesse inspir^e par l» cUmat ne se corrige jamais. (Ibid.) Lenr climat
est si donx . . qne tont y invite au repos et ce repos k la m^ditation.
(8iir Tüme, 1774.)
' PhiL de Thist, 9. — Art. Th^ocratie.
* L'A.B, C; 5«* Entretien (1769). — Depnis Calchas jusqu'i Gn'goire VII
et Sixte V . . la puissance sacerdotale a 6t^ fatale au monde. (Art,
Prttres.)
RO Mayr.
dauert fort, bis sich hinlänglich unterrichtete Fürsten finden,
welche Geist und Muth genug besitzen^ einem Samuel oder
Gregor die Klauen zu stutzen. Das ist; wie mir scheint, die
Geschichte der Menschheit . . Das Volk ist immer bereit sich
um die Franciskaner und Kapuziner zu schaaren . . Die Mönche
bleiben mächtig, bis eine Umwälzung sie hinwegspült/
Hnmani generis mores tibi nosse volenti
Snfficit nna domas.
(Jnv. Sat, XIII, Vb. 159.)
Nächst den Veden und den Kings gilt der Zend-Avesta
für das älteste Buch der Erde. Zoroaster's Sittenlehre ist vor-
trefflich J Dagegen macht er einen vergeblichen Versuch, das
Uebel in der Welt zu erklären und zu rechtfertigen, indem er
den Gegensatz von Gut und Böse auf zwei ursprüngliche Prin-
cipien zurückfährt, wodurch das gute Princip von dem Vorwurfe,
der es in monotheistischen Religionen trifft, entlastet wird.
Die Lehre von Himmel, Hölle und Teufel machte dann ihren
Weg über die Welt;^ zur Zeit der Hasmonäer wurde sie von
den Juden adoptirt. Der Glaube an das Jenseits hat sich als
wirksamer Zügel der Massen erwiesen. Die Dc^pmen und
Riten dieser Religion sind ihm selbstverständlich ein Gräuel.
üeber die Religionen der Chaldäer, Syrer, Phönicier eilt
Voltaire ziemlich flüchtig hinweg; das Interessanteste daran
sind ihm die Namen, Lehren und Gebräuche, welche die Juden
diesen ihren Nachbarn oder Herren entlehnt haben. ^ Die
Religion der Chaldäer nennt er einen Sabismus, der aus der
Anbetung eines höchsten Wesens und der secundären Ver-
^ ,Je me coufirme dans Tidee qiie plus Zoroastre ^tablit dea saperatitions
ridiculea en fait de culte, plus la puret6 de sa morale fait voir, qu*il
n*^tait paa en lui de la corrompre.* (Philoaophe ignorant, 39, 1766.) —
Je Toudrais que, pour notre plaisir et pour notre instraction, tons ces
granda prophötes de rantiquit^, ies Zoroaatrea etc. revinaaent aujourd'hai
aur la terre, et qu^ila conversaaaent avec Locke, Newton etc. que dis-je?
avec lea philosophea Ies moins aaranta dea noa jonra, qui ne aont pafl
lea moiua aenaea. J^en demande pardon k Vantiquit^, maia je crois
qu^ila feraient une triste figure. H^laa I lea pauvres charlatana I ils ne
vendraient paa leura droguea aur le Pont*neuf. (Art. Zoroaatre.)
2 Art. Bekker. — II faut prendre un parti (1772), c. 20.
» Phil, de rhiat, 10—13.
VolUire-StttdiPii. 81
ehrang von Astralgeistern bestünde. ^ An der syrischen Reli-
gion findet er die Ceremonie der Selbstverstümmelung be-
achtenswerth. Die rationalistische Deutung, als sei es der
Uebervölkerung wegen Brauch gewesen, die Priester zu ca-
striren, genügt ihm nicht. Er meint, dass wir es hier mit der
alten Sitte zu thun hätten, den Göttern das Liebste zu opfern,
was man habe; hiezu komme die Scheu sich ihnen, behaftet
mit dem, was für unrein gilt, zu nahen. ^ Die phönizische
Religion ist durch ihre Eosmogonie ausgezeichnet; ihr ent-
lehnten die Juden die Namen ihres Gottes. Was die Aegypter
bctriflFt,* so hält er sie für jünger, als die genannten Völker,
wodurch die Prätensionen ihrer Lehrlinge, der Juden — die
Prätension das älteste Culturvolk zu sein, die Lehren und
Gebräuche aller anderen Nationen beeinflusst zu haben — in
Nichts zerfallen. Von dem ägyptischen Thiercultus, der Volks-
religion, ist die reinere Lehre der Mystagogen zu unterscheiden.^
Uebrigens lastet auf den Aegyptern der schwere Vorwurf der
Intoleranz, des Fanatismus.'* ^Von den Aegyptern', sagt er,
,gilt die Bemerkung, die auch von den übrigen Völkern gilt,
dass sie niemals constante Meinungen besessen haben . . Nur
die Geometrie ist unveränderlich; alles ist sonst in unaufhör-
lichem Wechsel begriffen . . Die Gelehrten streiten und werden
streiten . . Sie haben alle Recht, wenn man Zeit und Menschen,
die gewechselt haben, unterscheidet^*^
Wir kommen nun zur Hauptarbeit von Voltaire's Leben:
zu seinem Kampfe gegen die weltbeherrschende I^hre des
Christenthums. Sein Interesse für das Judenthum und das
* Art. BabeL
3 PbiL de Tbist., 12. Vgl. Art. Circoncision, CUmat. (Inflaence de climat)
» Pha de rhiat, 19—23.
* n eflt Ji croire quo les fanatiques voyaient an lai (Apis) un diea, lea
tages an aimple symbolei et quo le sot peuple adorait le boeuf. (Art.
Apis.)
^ In dem Scbriftcben ,De la paix perpetnelle* (1769), c. 6 besebnldigt er
die AegTpter, sie seien die ersten gewesen ,qai ont donn^ Tid^e de
VintoUrance; tont ^tranger 6tait impur chez eux . . le miserable peuple
a pay6 bien cber son intol^rantisme et est devenu le plus m^prisö de
toos les penples apris les Jnifs. — Dien et les hommesi c. 10. — De-
fense de mon oncle, 21, S^* diatribe. — A Mairan, 9. Aug. 1760.
* Phü. de rhist., 22.
»tnngiter. d. phil.-hiit. Cl. XCV. Bd. I. Hft. 6
82 M»yr.
Alte Testament wurzelt in dem actuelieren Interesse für die
christliche Religion. ^ Voltaire's Stellung in dem langen Kampfe
zwischen Philosophie und Glauben ist durch den Oebrauch
gekennzeichnet, welchen er von den WaiFen der historischen und
philosophischen Kritik gegen den Glauben macht. Seit der
Reformation war der Katholicismus bemüht, die Angriffe der
historischen, theologischen und philosophischen Kritik von sich
abzuwehren; der historischen Kritik gewährte er nur zu den
äussersten Vorwerken Zugang; die theologische Kritik blieb
eine rein interne, den Laien verschlossene Angelegenheit; mit
der Philosophie wussten sich namentlich die Jesuiten geschickt
abzufinden. Innerhalb des Protestantismus war immer eine
fortdrängende Richtung vorhanden, welche jederlei Kritik die
weitesten Concessionen machte, aber doch im Sinne der Er-
haltung und des Glaubens. Erst die neuere Philosophie, indem
sie sich über den Gegensatz der Confessionen erhob, procla-
mirte auch das Recht der Vernunft, das Christenthum, die
Religion selbst, in Frage zu stellen. Die avancirtesten Vor-
kämpfer des Deismus in England gingen von der protestanti-
schen Verneinung der Tradition zur Bekämpfung der Bibel
über, lösten den Zusammenhang derselben mit der überirdischen
Welt auf und setzten den nunmehr als menschlich betrachteten
Lehren die Satzungen eines blossen Vemunftglaubens entgegen.
Voltaire ging im Principe nicht über die Deisten hinaus; ab-
gesehen von seinen schriftstellerischen Gaben übertraf er sie
jedoch an historischer Gelehrsamkeit. In der Beurtheilung der
Quellen, der Kritik einzelner Daten, in der Erklärung der
religiösen Erscheinungen aus dem Geiste, dem Gemüthszustand,
den Geschicken der Zeitalter, bewies er eine bis dahin einzige
Meisterschaft. Sollen wir noch den Unterschied zwischen der
englisch-französischen Religionsphilosophie und der deutschen
^ Ce penple doit nous interesser puisque nous tenons d*eux notre religion . .
noas IIB sommes au fond que de Jnifs avec an prepuce. (Essai, 103.) —
Les Chr^tiens, qui ne farent pendant cent ans, qne des demi-jaifs (L*A,
B, C; 3™" Entretien) — nous qui devons notre religion k \\n petit peuple
abominable, rogneur d'especes et marchand des vieilles cnlottes. (16. Au^.
1761 a Mairan.) — II y a plus d*absurdit6 encore k iroaginer qu'ane
secte n^e dans le sein de ce fanatisme juif est la loi de Dien et 1a
verit^ m^me. (A d*Argence, 11. Oct 1763.)
Voltain-Stodien. 83
bezeichnen, so ist er gleich dem Unterschiede von Empirie
und Specalation: die mit Lessing anhebende speculative Theo-
logie sucht die von der Realphilosophie zersetzten Dogmen zu
sablimiren und zugleich den höheren geistigen Forderungen
der Zeit anzupassen.
Die Darstellung Voltaire's, über welche ein Wort gestattet
sein möge, ist bald mehr ironisch gehalten, bald ergeht sie
sich in den unzweideutigsten Invectiven. Besonders wenn er
die Maske des Engländers vornimmt, wird seine Ausdrucks-
weise heftig, extrem. Kein Terminus scheint mir weniger be-
rechtigt, als das Wort ,frivol', womit man Voltaire's Art zu
kennzeichnen liebt. ^ Ihm war es mit der Sache wahrlich bittrer
Ernst. Nur die Schwerfölligkeit oder der böse Wille können
sich durch seine Witze und Spöttereien veranlasst fühlen, ihm
Mangel an Ernst vorzuwerfen. Voltaire repräsentirt das äusserste
(}egentheil des Indifferentismus. Die Aufklärung über die
höchsten Fragen des Daseins ist seine vornehmste Leidenschaft.
Sie ist der innerste Beweggrund seiner heftigen Angriffe auf
diejenigen Mächte, welche ihrer ungehemmten Entfaltung feind-
lich entgegen treten. Ihm standen Pathos und Cynismus gleich
sehr zur Verfügung. Er wollte gar nicht schonen, er wollte
verletzen, weil ihm die Dinge so sehr am Herzen lagen. Wenn
er die Linien des ästhetisch Erlaubten vielleicht überschritt,
80 möge man dies ästhetisch tadeln. Wer möchte aber Je-
mandem Vorwürfe machen, dass er im Eifer des Kampfes die
Regeln übertritt, welche auf dem akademischen Fechtboden
ihre Berechtigung allenfalls haben?
Das Reich der Wirklichkeit, zu dem doch hoffentlich der
Kampf um die höchsten Qüter des Geistes gehört, unterliegt
anderen Gesetzen, als das Reich des schönen Scheines. Allein
auch der ästhetische Tadel ist übel angebracht^ da Voltaire, trotz
der Energie und Leidenschaftlichkeit seiner Empfindung, sich
fast immer innerhalb der Grenzen des Anmuthigen hält; er ist
der liebenswürdigste Spötter, den es je gegeben hat. Er hat die
künstlerische Transfiguration der Unflätherei und Zote zu Wege
gebracht Es liegt etwas wie Bonhomie über einem grossen
^ Was es flberhanpt mit dem Vorwurfe der Frivolität aaf sich habe, ex-
ponirt D. Fr. Stranss in seinem Vottaire. (O. W. XI, 152.)
6*
84 M»yr.
Theil seiner Schriften; ein ;bon homme' ist er freilich nicht,
aber gut und gross ist der innerste Kern seines Wesens.
Böse und klein sehen wir ihn nur im Hader mit der bösen
und kleinen Welt, in der er so lange lebte. Als Greis hat er
dann für die Sünden des Jünglings und Mannes ausreichende
Oenugthuung geleistet.
^Vojons-donc, si le judalisme est Touvrage de Dien.'
Die Ansprüche des Judenthums ruhten auf dem Glauben an
die Inspiration der biblischen Schriften, dem Glauben an die
Auserwählung vor allen Völkern der Erde, dem Glauben an
eine specielle, so zu sagen, ordentliche und ausserordentliche
Lenkung seiner Schicksale. Wir wissen aus dem vorangehen-
den Abschnitte, wie sehr diese Auffassung den Vorstellungen
widerstrebte, die sich das Auf klärungszeitalter von der Gottheit
zu machen pflegte.
Der Inspirations- und Offenbarungsglaube, obwohl den
Juden nicht fremd, bekam doch erat in der christlichen Welt
seine dauernde Form. « Nachdem durch eine merkwürdige
Verkettung der Umstände das kleine, verachtete Judenvolk
auf die religiöse Umwälzung des orbis romanus Einfiuss ge-
nommen hatte, setzte sich der Glaube an die Inspiration des
Alten Testamentes durch den Geist Gottes auch bei den
Christen fest; der paulinische Gedanke einer religiösen Stufen-
folge, einer Erziehung der Menschheit (xaiSoYcoY'o^ ^U Xpcorsv;
Gal. III, 24) schlug Wurzel. Dieser Gedanke leistete auch
der Hermeneutik grosse Dienste, indem sie die Inconvenienzen
und Widersprüche, welche der fromme und unfromme Scharf-'
sinn aufstöberte, mit der Wendung löste, Gott habe sich der
Capacität des jeweiligen Zöglings accommodiren wollen. Solche
abgenützte exegetische Kunstgriffe gaben Voltaire reichlichen
Stoff zum Spotte. Während er vorschützt, an der Göttlichkeit
der heiligen Schrift nicht zu zweifeln und den Auslegungen
* Xotre sainte Egflise qai a les Jaifs en horreur, nous apprend que les livres
jnifs ODt ^t& dict^B par ie Dien cr^ateur et p^re de tous les hommeB . .
II eat vrai qae notre faible entendement ne peut concevoir dans Dien
une antre sagease, une aatre justice, une autre bont^, qae celle, dont
nous avons Tid^e; mais enfin il a fait ce qu*il a voulu; ce u^est pas k
nous de le juger, je m*en tiens toujours au simple historique. (Phil, de
rhist., 36.) — Pjrrrhonisme de rhistoire, c. 4.
yoIUir»-8iiidien. 85
0
der Kirchenväter Folge zu leisten, bittet er um die Erlaubniss,
als Historiker, Philosoph und Mensch sein uninaassgebliches
Urtheil abgeben zu dürfen. ^ Oleich den Pentateuch kann er
nicht für das Werk Mosis halten; das Buch dürfte schwerlich
vor dem Zeitalter der babylonischen Gefangenschaft, genauer des
Esdras, niedergeschrieben worden sein.^ Wenn man die Bibel
unbefangenen Sinnes lese, so sei Moses ein blosser Zauberer
nnd Wunderthäter, ein unfähiger und grausamer VolksfÜhrer,
ein Fanatiker, dessen Qebahren der Idee einer göttlichen Sen-
dung auf das äusserste widerspreche. In Wahrheit sei er das
Erzeugniss einer althebräischen Umbildung der über die halbe
Welt verbreiteten Bacchussage. Diese fabelhafte Persönlichkeit
sei mit dem Gesetzgeber confundirt worden, der die Juden auf
ihrer Wanderung von den Grenzen Aegyptens nach Palästina
gefuhrt haben mag^ ohne dass irgend ein glaubhaftes Detail
darüber bekannt wäre.^
Der Glaube an die Inspiration heiliger Bücher und an
eine besondere Offenbarung ist keine Eigenthümlichkeit der
Juden; sie theilen denselben mit den meisten Völkern der
alten Welt. Aber wie können wir diesen Glauben mit ihnen
theilen? Soll Gott wirklich die handgreiflichsten Märchen für
geschichtliche Thatsachen ausgegeben haben? ^ Soll Gott die
I Hom^lie rar rinterpretation de rAncien Testament (1765): Xons savons
que Dieu daig^ se proportionner k lenr intelligence encore grossiire . .
TEsprit Saint a tooIu nons faire voir combien nne fausse seienoe est
dangereuse . . ii fant sonmettre sa raison orgneillense soit qa'on lise
eette histoire comme v^ridiqne, soit qn*on la regarde comme nn em-
bl^me . . Edifions-nons de ce qui fait le scandal des antres. Vgl. Art.
Figore; Embleme. — Phil, de Thist., 47.
- Art Mo'ise, 9. III. — G^nöse. — Examen important de M. Bolingbroke
(1767), c. 4. — Phil, de Thist, 40.
' Ils prirent nne partie de la fable de Tancien Back ou Bacchus, dont ils
firent leur Moise. (Examen important de M. Bolingbroke, c. 5.) — Vossins
est, je pense, le premier qni ait ^tendn ce parallele. (Art. Bacchus.) —
Cf. Phil, de Thist, c. 28 und 40. — Art. Moise. — Voltaire polemisirt
in der Phil, de Thist. (c. 25 nnd 28) gegen Huet, der Moses mit Minos,
Osirifl, Typhon, Zoroaster, Aescnlap, Homnlus, Adonis, Priapus n. s. f.
identifieirte. lieber einen Fabeldeuter ähnlichen Kalibers siehe Art. ex-
traits du Journal de politique (1777), IV.
* Notre Onlliver a de pareilles fahles, mais non de telles contradiction«.
(Examen important de M. Bolingbroke, c. 8.) — Ces prodiges de Gar-
86 Mayr.
Aufbewahrung dieser absurden, geschmacklosen; schmutzigen
Erzählungen angeordnet haben ?^ Soll Oott gesagt haben, dass
die Massenschlächter, Betrüger, Wollüstlinge der Bibel nach
seinem Herzen seien? ^ Sollen von Gott die Bitten um Ver-
nichtung aller Völker und alleinige Erhebung des Judenvolkes
eingegeben sein?^ Soll Gott die barbarischen Gesetze, die
bizarren Ceremonien, die abgeschmackten Vorstellungen dieser
Nation ersonnen haben? ^ Ist Gott für die evidenten Wider-
sprüche, die chronologischen, geographischen, naturwissen-
schaftlichen Schnitzer der Bibel verantwortlich zu machen?'
Unermüdlich, wie den Inspirationsglauben, bekämpft Vol-
taire auch den Auserwählungswahn der Juden. Sie selbst
halten sich fUr die Günstlinge Gottes, für den providentiellen
Mittelpunkt der Weltgeschichte.® Noch Bossuet, der letzte
Kirchenvater, hatte diese Prätension anerkannt. Freilich mit
der Menschwerdung Jesu ändert sich, nach christlicher Auf-
fassung, das alte Yerhältniss; die Christen halten sich für be-
gantoa. (L*A, B, C; 17"« entretien.) — Art. Gargau toa. — Relises les
miile et nne nuits et tont TExode. (Instructioii k Fr. Pedicoloso,
1768, XL)
> Ces iivres sana raison et sans pndeur. (Examen important de M. Boling-
broke, c. 9.) Monuments de la folie la plus outr^e et de la plas inföme
d^bauche. (Ibid.) Cette chetive nation serait digne de nos regards ponr
avoir conservi quelques fables ridiciiles et atroces, quelques contes ab-
surdes infiniment au-dessous des fables indiennes et persanes. (Demi^res
remarques sur Pascal, Xr. 114.) Von den Invectiven gegen die cano-
nischen Bficher nimmt er den Hiob aus, welcher arabischen Ursprungs'
sei. (Art. lob — Arabes.)
3 David Thomme selon le coeur de Dieu . . II faut arouer que nos vclenrs
de grand chemin ont et^ moins coupables aux yeux des hommes; mais
les voies du Dieu de Juifs ne sont pas les n6tres. (Examen important
de M. Bolingbroke, c. 8.). — Art David. Ein Thema, das bereits Bayle
abgehandelt hat. — La Bible enfin expliqu^e. Bois II.
» PhU. de rhist., 44.
* Si leur loi n*etait pas divine, eile paraitrait une loi de sauvages. (Art
Juifs, 8. U.) — Cf. Art. Lois. (8. IL)
' Vgl. vornehmlich : La Bible enfin expliqu^e par plnsieurs aumöniers (1776).
^ L*orgueil de chaqne Juif est Interesse k croire que ce n*est point sa
d^testable politiqne, son ignorance des arts, sa grossi^rete qui Ta perdn;
mais que c'est la col^re de Dieu qui le punit (Remarques sur les pens^es
de Pascal, c. 9, 1728.)
YolUirD-atsdieii. 87
rechtig^ die nachchristlichen Juden zu verachten^ zu schmähen,
za tödtenJ Voltaire weiss recht wohl^ dass die Juden mit
ihrem Auserwählungsglauben sich in zahlreicher Gesellschaft
befinden; nationaler Dünkel ist etwas^ das er geleg^entlich auch
an seinen lieben Franzosen missbilligt. ^ So weiss er ebenfalls
recht wohl, dass die Ceremonien, Lehren, Gesetze der Juden
nicht als exceptionelle Monstrositäten angesehen werden dürfen.
Es empört ihn nur, dass man die ungleich höher stehenden
Nationen und Religionen des Alterthums — die chinesische,
indische, persische, griechische, römische — gegeii die jüdische
zurücksetzt. Die Ungerechtigkeit, die darin liegt, bildet das
Leitmotiv seiner ,Philosophie de Thistoire^ Was ihn zu den
heftigsten Invectiven anstachelt ist die Zumuthung, welche
doch in keinem anderen Falle gestellt wird, die natürlichen
Lebensäusserungen eines kleinen Winkelvolkes auf den unter-
sten Stufen seiner Entwicklung für providentiell und muster-
g:ültig ansehen zu sollen. Gott, der Herr und Schöpfer der
Welten, der Unerfassliche, der gerechte Vergelter soll sich
darauf capricirt haben, eine winzige, unwissende, abscheuliche
Horde zu bevorzugen, und wir sollen dies glauben, weil es
die Juden sagen! Derselbe Gott soll der Lenker einer Ge-
schichte sein, die von Gräueln und Schandthaten trieft, wie
keine andere, vorausgesetzt dass wir glauben, was die Juden
von sich selbst erzählen! £r soll die grossen, edlen, policirten
Nationen des Ostens und Westens nur zu dem einen Zwecke
in Contribution gesetzt haben, damit sie den jüdischen National-
zwecken dienen! Er soll eine Geschichte inscenirt haben, die
nichts als ein beständiges Fiasco der ihm untergeschobenen
Absichten wäre!^
' Noufl detestons le jadaisme, il n'y a pas quinze ans qa*on brülait encore
les jaifa ... et nous nous assemblons tous les dimanches pour paal-
modier des cantiques juifs. (Art. Contradictions.) — Sermon da Babbln
Akib, 1761.
2 DUcoun anx Welcbes (1764).
^ Poniquoi Dien, qa'on ne peut sans blasph&me regarder comme injoste,
a-t-U pu abandonner la terre entiire ponr la petite borde juive et en-
mite abandonner sa petite borde pour une antre? (Questions de Zapata,
2, 1767.) Grand Dien! an reste d'Arabes voleors, aan^inaires, super-
■titiettz et osariers serait le dcpositaire de tes secrets ! (Derni^res remarques
88 Mayr.
Wie ist denn die angebliche Lieblingsnation, wie ihre
Religion, ihre Geschichte beschaffen? Voltaire's höchst un-
günstiges Urtheil über die Juden ist aufrichtig und ernstlich
gemeint, allerdings im Eifer der Polemik ins Carrikirte ge-
zogen. Jedenfalls hat das Jahrhundert, dessen Principien ihnen
die Emancipation brachte, sie herzlich missachtet Indess der
Judenhass jener Zeit brach sich an der zunehmenden Huma-
nität; wilder, thatkräftiger Eruptionen war die Gesellschaft, in
der die neuen Ideen gepflegt wurden, nicht fähig. In der
kirchlich gesinnten Welt des Mittelalters, welche den Juden
einen hohen, wenngleich veralteten Vorzug einräumte, waren
sie den rohesten Ausbrüchen der Volks wuth preisgegeben; in
der Welt der Aufklärung, die ihre Prätensionen unbedingt
missbilligte, haben sie Schutz und Gleichberechtigung erlangt.^
snr Pascal, 115.) La suite de ThLstoire juive n*est qu'un tissa de for-
faits consacr^s. (Examen important de M. Bolinj^broke, c. 8.) Si malheu-
reasement nne seale des aventnres de ce peuple 6tait vraie, tontes les
nations se seraient reunies pour Texterminer; si elles sont £ausses, on ne
peut mentir plus sottement. (Ibid. 7.) II est fort difficile & gonverner
les hommes. Les Jnifs eurent pour maitre Dieu meme; voyez ce qui leur
en est arrive : ils ont ^t^ presque toujours battus et esclaves. (Art. Demo-
cratie.)
Je vous aime tant, que je voudrais que tous fussiez tons dans Hersha-
laim (Art. Juifs, Q'^^ lettre). Voltaire gibt auch gelegentlich seinen Ge-
sinnungen den Ausdruck des Mitleids: ,Vou8 devez savoir que je n^ai jamais
hai votre nation . . Lioin de vous baiVi je vous ai toujours plaint. (Art
Juifs, S. IV.) — Je n*accnmule pas tontes ces v^rit^s pour offenser la
nation juive, mais pour la plaindre. (Un Chr^tien contre six Juifs, 1776, II.)
DasB übrigens Voltaire nicht bloss die alten Hebräer, sondern auch, wie
Villemain sich ausdrückt, ,par contrecoup leur descendants* — die mo-
dernen Juden — treifen wollte, davon zeugen hunderte von Aeusserungen.
,Vous ne trouvez en eux qu^un peuple Ignorant et barbare, qui Joint
depuis long^emps la plus sordide avarice k la plus d^testable snper-
stition et k la plus invincible haine pour tous les peuples qui les tol^-
rent et qui les enrichissent . . ,11 ne faut pourtant les brüler.* (Art
Jnifs, I.) — Dieses letztang^führte Wort möge uns erinnern, dass Voltaire
die Grundsätze der Toleranz auch über die Juden erstreckt wissen wollte.
Wie weit hierin die französische Aufklärung ging, darüber möge man
den Sermon du Rabbin Akib II (1761) vergleichen. Von einer juden-
freundlichen Gesinnung des achtzehnten Jahrhunderts lässt sich jedoch
nur mit grosser Einschränkung sprechen, sowie auch die Freiheiten,
welche der bevormundende Despotismus den Juden einräumte, sehr knapp
Voltaiie-Stndieii. 89
Voltaire schildert uns den jüdischen Charakter, wie er
ans in der drei Jahrtausende alten Geschichte des Volkes, in
dem Ideale seines Denkens und Wollens entgegentritt. Er
nennt die Juden fleischlich und wollüstig, blutdürstig und
grausam/ fanatisch und exclusiv.^ Kraft ihres erstarrten Ge-
setzes sind sie die Erzfeinde des Menschengeschlechtes. Kein
bemessen waren. Vollkommen falsch ist das Aphorisma Hemers, der
Jndenbaas beginne erst mit der romantischen Schule. Die stärksten
Anslalle derselben sind matt gegen den Ton, in dem die Matadoren der
AnfklKrnng das Jndenthum zu behandeln pflegen. Von den englischen
Deisten ganz zu schweigen, so gehört nnser Reimarus zu den inten-
sivsten Judenfeinden der Zeit. ,Die besondere Abneigung gegen die
jüdische Nation theilt Reimarus so vollkommen mit ihnen (den Deisten),
dass man oft nicht weiss, sind ihm die neuen Hebräer um der alten
oder die alten um der neuen willen so zuwider.* (Fr. D. Strauss, G.
W. V, 259.) Kant wollte von Lessing's Nathan nichts wissen, weil die
Juden darin zu gut wegkämen. (Jul. Schmidt, Geschichte des geistigen
Lebens in Deutschland von Leibniz bis Lessing, 11. p. 736. Leipzig,
1864.) Ueber Kant*s Beurtheilung des Judenthums vgl. die ,Religion
innerhalb der Grenzen der blossen Vernunft.* (G. W. ed. Hartenstein,
VI, 224 ff.)
1 Si Ton peut conjecturer le caract^re d^une nation par les priores qu'elle
fait k Dien, on s'apercevra ais^ment que les Juifs ^taient un peuple
chamel et sauguinaire (Phil, de Thist., 44) — porc, aniraal moins impur
que cette nation mSme. (Examen important de M. Bolingbroke, c. 8.)
' Wenn auch die Juden aus Politik, Hochmuth und selbst Fanatismus
Strome von Mejischenblut vergossen haben, so sind sie doch nie so tief
gesunken, wie die Christen, Kriege rein um der Religion willen zu
fähren. ,Le6 H^breux, voisins des Egyptiens, . . imit^rent leur intoU-
nmce, et la surpass6rent; cependant il n*est point dit dans leurs histoires
que Jamals le petit pays de Samarie ait fait la guerre au petit pays
de Jerusalem uniquement par principe de religion.* (De la paix
perpetuelle, c. 7, 1769.) — Art. Tol^rance, S. II: Le peuple jnif etait
an peuple bien barbare. II ^gorgeait sans piti^ tous les habitants d^un
malheurenx petit pays, sur lequel il n^avait pas plus de droit qu^il n*en
a sur Paris et sur Londres . . Les Juifs adoraient leur Dieu; mais ils
n*^taient jamais ^tonn^s que chaque peuple eüt le sien . . Voili. des
exemples de tol^rance chez le peuple le plus intolerant et le plus cruel
de tonte rantiqnit^: nous Tavons imit^ dans ses fureurs absurdes, et non
dans son indnlgence^ Vgl. Trait^ sur la tol^rance (1763), c. 12—13. —
A Dalembert, 13. Febr. 1764. — Ueber Menschenopfer bei den Israeliten
▼gl. Art. Jepht^ I: Voilä donc les sacrifices de sang humain clairement
^tablis; il n'y a aucun point d^histoire mienx constat^; on ne peut juger
d'une nation que par ses archives, et par ce qu^ello rapporte d'elle-meme.
!K) Mayr.
menschlicher, kein edler Zag erhellt ihre düstere Geschichte.
Sie kennen keine Gastlichkeit, Freigebigkeit und Milde. Sie
sind aller Cultur baar; Wissenschaft und Kunst sind ihnen
fremd. 1 Nur Selbst- und Gewinnsucht hat seit jeher ihr Herz
erfüllt. Wenn sie die Sieger sind, so kennen sie kein Er-
barmen; unterliegen sie, so scheuen sie keine Erniedrigung.
,Toujours superstitieuse, toujours avide du bien d'autrui, tou-
jours barbare, rampante dans le malheur et insolente dans la
prosperit^' nennt er die Nation.^ Keine hat so viel Unglück
erlitten, keine so viel verdient. Die Völker aller Zeiten und
Zonen stimmen in dem Abscheu vor den Hebräern überein.
Ihr Gesetz schreibt ihnen die Absonderung und den Hass vor;
sie dürfen sich nicht wundern, wenn sie mit gleicher Münze
bezahlt werden. Aus fanatischem Abscheu und schnöder Geld-
gier machen sie den Wucher zu ihrer heiligsten Mission. Un-
ablässig flehen sie, dass Gott ihnen ihre Feinde, d. i. die
Welt, in die Hände gebe.^ Das sind, das waren die Juden.
Und die gläubigen Christen sehen in ihnen ihre Vorläufer,
,les h^rauts de la ProvidenceM
Hat Gott diesen ,peuple chetif wirklich vor allen anderen
Völkern auserkoren, so muss sich dies, sollte man glauben,
in seiner Geschichte zeigen. Allein die jüdische Geschichte
erweist sich als das Werk einer politisch und moralisch
gleich missbegabten Nation ; sie ist so natürlich, wie nur ii^end
1 Nulle politesse, nulle science, nul art perfectioune dans aucun temps
chez cette nation atroce. (Esaaii 6.)
3 Pbil. de rhiflt, 42.
3 Essai, c. 103. — Remarques sur Pascal (1728), 31. — La l^pre, ainBi
que le fanatisme et Tusure, avait 6t& le caract^re distinctif des Juifs.
(Art. L^pre.) La löpre, qui appartenait de droit au peuple juif, peuple
le plus infecte en tout genre qui ait jamais ^t^ sur notre malheureux
globe. (A Faulet, 22. April 1768.) — Cette nation est, k bien des ^gards,
la plus d^testable qui ait jamais souill^ la terre. (Art. ToUrance, T.) —
Le pour et le contre (Poeme, 1722):
II est un peuple obscur, imb^rile, volage,
Amateur insens^ des superstitions,
Vaincu par ses voisins, rampant dans Tesclavage,
Kt IVtomel mcpris des aiUre» nation^.
VolUire-StQdien. 91
eincJ Die Juden haben es nie zu einem achtbaren Staatswesen
gebracht, kaum zu einer rechtschaffenen Theokratie, geschweige
denn daas ihre Hohenpriester unter der verfassungsmässigen
Lenkung Jehovas gestanden wären.^ ,0 mein Gott!' ruft er
aus, yWenn Du in eigener Person auf die Erde herabstiegest
und mir beföhlest, an dieses Gewebe von Mordthaten, Räu-
bereien, Meuchelei en, Schändlichkeiten, begangen in Deinem
Namen und auf Deinen Befehl, zu glauben, ich würde sagen:
Nein, Du willst mich ohne Zweifel nur versuchen. Wie könnte
man auch an diese gräuliche Geschichte auf so elende Zeugnisse
hin glauben!' 3 Rein historisch betrachtet, ohne theologische
Voreingenommenheit und ohne Concession an den jüdischen
Hochmuth,^ sind die Hebräer ein kleiner nomadischer Stamm,
welcher sich, nachdem er längere Zeit unter ägyptischem Cultur-
einflusse gestanden, eines syrischen Landstrichs von elender
Beschaffenheit bemächtigte,^ dann nach Wechsel vollen Schick-
salen unter selbstständigen Königen lebte '' und seinen phönici-
sehen Nachbarn das wenige Gute, das ihre Einrichtungen
hatten, entlehnte. Kurz nach seiner höchsten Blüthe spaltete
»ich das Reich und gerieth unter die Herrschaft der vorder-
asiatischen Grossstaaten.
Seit dieser Zeit verwarfen sich die Hebräer auf das
Mäkler-, Wechsler- und Trödlergeschäft, namentlich in dem
' Ponrqüoi ces Joifs fnrent-iU presque tonjours dans Tesclavage? . . le
Dien des armces 4tait toujours ä leur tete . . N*est-il pas dair, qne si
les Jnifs, qoi esp^raient la conquSte da monde, ont iti presqtte toajours
asserris, ee fnt lenr fante. (Phil, de Thist., 41.)
^ Art Th^ocratie.
^ Sermon des Cinquante (1752), 2™* point. — Dialogae du douteur et de
radorateur (1763): Je ne crois pas ces horreurs impertinentes . . Diese
Ansicht hüngt damit zusammen, dass er den Geschichtsbüchern des Alten
Testaments (wie des Neuen Testaments) nur einen höchst geringen
QaeUenwerth beimisst. Die Einzelheiten derselben würdigt er keines
Olanbens; wenn er sie kritisirt, so kritisirt er sie aus philosophischen
Gesichtspunkten, um auch ihren intellectuellen and moralischen Werth
heimbsosetsen.
^ Noos ezaminons cette histoire comme nous ferions celle de Tite-Live
oa d*Herodote. (Dieu et les hommes, c. 14.) — Les livres juifs ne sont
point juges cn leur propre cause. (Ibid.)
- Ueber das »gelobte Land* vgl Art Judee — Juifs (6"»« lettre).
^ Voltaire nennt sie selten anders, als ,le8 roitelets juifs*.
92 Mayr.
neugegründeten Alexandria, wo auch die griechische Cultur
auf sie zu wirken begann.^ Sobald das Volk nur einen Schatten
von Freiheit genoss, wüthete es gegen sein eigen Fleisch und
Blut. Die Zeiten seiner Sklaverei waren die Zeiten seines
Glückes. Sein meuterischer Geist beschwor endlich die Straf-
gerichte der Kömer herauf , die Jerusalem zerstörten; doch
war es bereits vor dieser Katastrophe über alle Welt ver-
streut. ^ Die Juden haben sich bis auf die Gegenwart erhalten,
was nichts Besonderes ist, da es noch mehrere solcher ver-
sprengter, heimatloser Stämme in der Welt gibt.^ Durch ihren
Glauben, der sie in dem Wahne verhärtet, die übrige Welt
sei nur um ihretwillen vorhanden, sowie durch ihre Achtung
vor Geld und Kindersegen gedeihen sie fort und fort. ,Le8
Juifs ont regardd comme leurs deux grands devoirs, des enfants
et de Targent.'*
Natürlich betrachtet, zeigt sich auch die jüdische Religions-
geschichte in einem anderen Lichte, als sie gemeinhin dar-
gestellt wird. Der Mosa'ismus ist weder göttlichen Ursprungs,
noch schlechthin originell; er ist einfach zusammengestohlen.^
Was man aufgenommen, wurde dann dem Volksgeiste angepasst,
d. h. vergröbert und mit einer Masse theils abergläubischer,
theils fanatischer Bräuche versetzt.^ £r8t in der Zeit des
^ La Bible enfin expliquee, Machabc'es.
2 Plaisante politiqae que celle d'un malheureux pcuple qui fut sang^naire
Sans @trc guerrier, iisurier sans etre commer^ant, brigand sana pouvoir
conserver ses rapiiies, presque toujoars esclave et presqae toujours
revolt^i vendu aa march^ par Titas et Adrien, comme on vend Tani-
mal que ces Juifs appellent immonde et qui etait plus utile qu'eux.
(L*A, B,C; 6"» ontretien.) — Phil, de Phist., 38—50.
3 Guebem, Banianen, Zigeuner. (Art. Juifs.)
^ Ueber die Lage der Juden im Mittelalter vgl. Essai, 103.
^ Ramas confus et contradictoire des rites de leurs voisins. (Dieu et les
hommes, XVII.)
* C'est la nation faible et gfrossi^re qui se conforme grossi^rement am
usages de 1a grande nation . . Leurs rapsodies demontrent qn'ils ont
pill^s toutes leurs idi^es ches les Ph^.niciens, les Chald^.ens, les Egyptiens,
comme ils ont pill^ leurs biens quand ils ont pu. (Examen important de
M. Bolingbroke, c. ö — 6.) — Histoire de r^tablissement du Christ., 5. —
Le miserable peuple jiiif prit toutes les snperstitions de sc« voisins, et,
dans Texces de sa brutale ignorance, i! y ajoute des superstitions nou-
Voltairft-Stadien. 93
fisdras kam die Entwicklung zur Ruhe. Ijange vor den Juden
g^ab es Monotheisten.^ Zudem haben sie nie an der Existenz
and der Macht anderer Götter gezweifelt; denen sie, zum
Aei^r der Jehovapriester , gelegentlich huldigten. Auf die
£DtIehnung Jehovas deutet der blosse Name; auch die übrigen
Namen Gottes sind phönikisch.^ Wie jederlei Philosophie ihrem
harten Sinne fern blieb; so hat auch die Unsterblichkeitslehre
erst spät; infolge des Contactes mit Persern und Griechen
bei einzelnen Secten Eingang gefunden. Das mosaische Gesetz
kennt nur die Aussicht auf Oel, Wein und Krätzen.^ ^Kannte
Moses die Unsterblichkeitslehre nicht; so war er unwürdig
eine Nation zu leiten ; kannte und verheimlichte er sie^ so war
er dessen um so unwürdiger.'^ Der Mangel einer edleren
vellea. Loraqae cette petite horde fut esclave k Babylone eile y apprit
le nom du diable . . (L'A, B, C; 3"* entretien.) — Y a-t-ilun aeul
ev^oement dans TAncieii et le Nouvean Testament qui n^ait ^t^ copi^
des anciennes mythologies? . . Comparez et jugez. (Epttre aaz Romains,
3, 1768.) — Ces malheureux Jnifs sont si nouveanx, qnUls n'avaient pas
meme en leur lan^e de nom ponr signifier Dien. Ils forent Obligos
d empronter le nom d'Adonai des Sidoniens, le nom de Jehova ou Jao
des Syriens. Lear opinifttretö, leurs superstitlons, leur usure consacr^e
sont les seules choses qui leur appartiennent en propre. Et 11 y a toute
apparence que ces poUssons, chez qui les noms de geom^trie et d'astro-
nomie fnrent toujours absolument inconnns, n^apprirent enfin k lire et k
ecrire que quand ils furent esclaves k Babylone. On a d^j& prouv6 que
c^st ]k quHls. connurent les noms des anges, et meme le nom d'Israel,
comme ce tronsfuge juif Flavius Josephe Tavoue lui-mdme. (L^A, B, C;
l?»» entretien.) — Art. Juifs, 4«» et 5»« lettre. — Phil, de Thist., 48—49.
' Mon Beul but est de faire voir que tous les grands peuples civilis^s et
meme les petita ont reconnu un Dien supreme de temps imm^morial.
(Dien et les hommes, c 10.)
2 Dieu et les hommes, c. 16. — Phil, de Thist. 48—49. — Art. J6ova.
3 Htstoire de Tetablissement du Christ., 22.
* Phit de rhist, 25. — A d'Argence, 11. Oct. 1763. — Warburton hatte
in einem zweibändigen Werke bewiesen, dass die Juden nicht an die
Unsterblichkeit der Seele glaubten, daraus aber gefolgert, die jüdische
Beligion müsse göttUchen Ursprungs sein, sonst hätte sie sich nicht
erhalten können. Der Deist Morgan folgerte natürlich das Gregentheil.
(Lettre k d'Argenee, 1. Oct 1769. — A Warburton, 1767. — Art Arne;
£nfer, — Defense de mon oncle, 15 — 17.) Vgl. über dieses Thema:
Lessing's Erziehung des Mg., §§. 22 — 26. — 4. Fragment des Wolfen-
batteler Unbekannten. Neuestens: Spiess, Entwicklungsgeschichte der
Vorsiellnugeu vum Zustande nach dem Tode, 16. Capitel. (Jena, 1877.)
94 M»yr.
Vorstellung von Lohn und Strafe hängt zusammen mit dem
Mangel besserer MoraibegrifFe.
So steht denn, können wir schliessen, dieses auserwählte
Volk gegen alle Nationen der Erde zurück; es hat weder
Cultur, noch Geschichte, noch Freiheit, Macht, Religion, Philo-
sophie oder Moral besessen, welche sich denen anderer Völker
an die Seite stellen Hessen. Trotzdem verdient es unsere Be-
achtung, weil nämlich die jüdische Religion die Mutter des
Christenthums und des Islam geworden ist.^
Das Samenkorn des Christenthums wuchs im Römerreiche
zum Baume heran, der die helleno-romanische Welt überschattete.
Es ist auffallig, wie selten Voltaire von den Griechen und
selbst den Römern spricht. Er macht ihnen seine schuldige
Reverenz; jedoch sein Herz schlägt nur für die moderne Welt
Gerade in religiöser Beziehung hatten Hellas und Rom keine
Bedeutung. Griechenland, das Land der Fabeln, Orakel und
Tempel, bot nur vermöge seiner Mysterien und Philosophen,
für welche die Lossagung vom Pöbel wahn charakteristisch
erscheint, Interesse.^ Die Fabeln Griechenlands haben jedoch
vor denen der übrigen Welt den Vorzug, schön und geistreich
zu sein; um ihretwillen schlug man sich auch nicht todt.^
Weder den Amphiktyoncnkrieg, noch die Hinrichtung des
Sokrates will Voltaire als Proben von Fanatismus gelten
lassen; es seien Parteistreitigkeiten gewesen.* Was die Römer
^ Tont Buperstitieux, . . tout malheareux quMls ont ete et quUU sont
encore, ils sont ponrtjtnt lea pires des deux religionsi qui partagent an-
jonrd'hui le monde. (La ßible eufin expliqnce, Machabees.)
2 Phü. de rhiat, 24—37. — Depui« Orphi^e et Homire juaqu'i Virgile il n>
a pas nn senl pochte, an senl philosophe qui ait admis plasieara dieux
sapr^mes . . II fant convenir que les aiiciens avaient plus de ven^nttion
ponr leurs dieux secondaires que nous. (Canonisation de St-Cucufin.)
3 Histoire de r^tablissement du Christ., o. 26. — £ine Apologie gegen
jansenistische Eiferer: ,Beancoup de fahles sont plus philosophiques que
ces messienrs ne sont philosophes . . Les helles fahles ont encore ce
grand avantage sur Thistoire qu^elles presentent une morale sensible . .
Pour qui ne regarde quVix övcnements, Thistoire semble accnser la
Providence, et les helles fahles morales la justifient. (Art. Fahle.) —
Hiezu das Poeme: Apologie de la fahle. — Sitele de Louis XIV, Catal.
s. y. G^doin.
♦ lieber Sokrates vgl. Art. Socrate — Art. Tol^rance, 1 ~ Prix de la
justice, XI, 1777 — auch den Art. Amour socratique.
Voltalr«*-8tndien. 95
betrifft, deren Riten und Satzungen aus Tuscien und Griechen-
land stammten, so zeichneten sie sich durch ihre extreme
Toleranz ^ — sie hatten keine Dogmen, daher keine Religions-
kriege, wohl aber Denkfreiheit — sowie durch die öffentliche
Anerkennung eines einigen höchsten Gottes, ,Deus optimus
maximus'^ aus. Freilich verbanden sie damit eine Masse aber-
gläubiger Vorstellungen.^ ,Die Scipio, Paulus Aemilius, Cicero,
Cato, Cäsar hatten andere Dinge zu verrichten, als den Aber-
glauben der Masse zu bekämpfen. Wenn sich ein alter Irr-
thnm festgesetzt hat, so bedient sich die Politik seiner als
eines Gebisses, das sich der Haufe selbst angelegt hat, bis
ein anderer Wahn den früheren verdrängt, in welchem Falle
die Politik aus dem neuen Irrthume Nutzen zieht, gleichwie
aus dem alten.^^
Den Sturz der antiken Götter führte das Christenthum
herbei, zu dem wir nunmehr übergehen. Dass die Geschichte
Jesu von einer Kritik der neutestamentarischen Schriften ab-
hangig sei, war ein von der Wissenschaft jener Zeit längst
angenommener Lehrsatz.^ Voltaire schlug den Werth dieser
Quellen äusserst gering an. Wer und was Jesus gewesen,
meinte er, lasse sich kaum mehr erkennen. In den ersten
christlichen Gemeinden sei Evangelium auf Evangelium ent-
standen; jede habe das ihrige gehabt, je nach Geschmack und
Bedürfniss; an Mirakeln und Abstrusitäten überbiete eines
das andere. Vor Irenäus finde sich kein Citat, das auf eines
der vier canonischen Evangelien hinweise. Wie so aber gerade
' A H^nault, 26. Febr. 1768.
^ Art Augure, Atheisme I, Idole II, Oracles II. — Qa*on me montre dans
tonte« lenrs (Romains et Grecs) histoires un senl fait, et dans tons leurs
liyres nn senl mot, dont on puisse inferer qn'ils avaient pinsienrs dieux
sninrömes. (Art. Polytb^iame.) — Ou devait disting^er les Metamorphoses
d^Onde de la religion des anciens Romains. (Art. Atheisme.)
» Phil, de Fhist., ÖO.
* Seine Vorgänger zählt er auf: Dien et^ les hommes, 23, 31. — Ueber
das Verhältniss Voltaire^s zn den ihm voranlaufenden bibelkritischen
Leistungen vgl. Strauss: Voltaire (G. W. XI, 176 ff.) und Reimarus (V,
255). Es berührt eigenthümlich, dass z. B. Hase in seiner Geschichte
Jesn, ailwo die obscurste Emanation des namenlosesten Pastors gewissen-
hafte Beracksichtigung gefunden hat, die Engländer und Franzosen des
siebenzehnten und achtzehnten Jahrhunderts mit keinem Worte erw&hnt.
96 Mayr.
diese dazugekommen wären, vor ihren Mitgenossen bevorzugt
zu werden, sei purer Zufall.^
Jesum hält Voltaire für einen guten, wohlwollenden
Menschen aus dem Volke, wie Fox; an all dem, was ihm
später zugeschrieben worden, sei er vermuthlich unschuldig.
Der Christus des Glaubens sei, wie das Christenthum selbst,
das Werk Jahrhunderte langer Entwicklung; Christus habe
nicht an die Neugründung einer Religion gedacht.^ Er blieb
1 Chacün de ces petita troapeaax voalait faire Bon Evangile . . tous se
contredisent . . toas lui (J^sus- Christ) attri1>aent autaut de prodigea
qiiMl 7 eo a dans les Metamorphoses d'Ovide. Presqae toas ces Evan-
g^les ont ^t^ visiblement forges apr^s la prise de Jerusalem . . Un
fauflsaire se d^couvre toujoars par quelque endroit . . ces fadaises et les
Evang^les leur (Qrecs et Romains) etaient entiirement inconnus; on pon-
vait roentir impanement . . rEvangile attribne k Matthiea n^a ^t^ ^crit
que tr^-longtemps apr^s lui par quelque malheureux demi-juif demi-
chretien helleniste . . Enfiu on ehoisit quatre Evangiles; et la g^nde
raison, au rapport de saint Ironie, c'ent qu^il n'y a que quatre vents cardi-
naux . . Mais avant qu'on oüt donne quelque pr^fcrence k ces quatre
Evangiles, les p^res des deux premiers si^cles ne citaient presque jamais
que les Evangiles nomm^s anjonrd'hui apocrjphes . . Mais qui a fabri-
qu^ ces quatre Evangiles? n^est-il pas träs - probable que ce sont des
chretiens hellcnistes? . . Quelle foule des contrarietes et d^impostures
est restee dans ces quatre Evangiles! N^y en eüt-il qu*nne senle, eile
suffirait pour demontrer que c^est un ouvrage des tenebres . . Au-
tant des mots autant d'erreurs dans les Evangiles. Et c*est ainsi qn'on
r^ussit avec le peuple. (Examen important de M. Bolingbroke, c. 13.) —
Avonons-le hardiment, nous qui ne sommes point prStres et qui ne les
» ■
craignons pas, le berceau de TEglise naissante ii^est entonre que
d'impostnres. C^est une succession non interrompue de livres absurdes
sous des noms supposds . . C^est un tissu de miracles extravagants . .
Tons ces contes furent dcrits dans des gaUtas et enti^rement ignor^s de
Tempire romain. (Histoire de Totablissement du Christ., c. 12.) —
Art. Apocryphes; Christianisme, S. II; Evangile. — Sermon des Cinquante,
3»« point, 1752. — Homelie (1765), 4. — Collection d'anciens Evangiles
(1769). — La Bible enfin expliqu6e. (Sommaire historique des quatre l^van-
giles.) 1776.
2 Die Ursache, warum das Leben Jesu bei Voltaire so wenig Raum ein*
nimmt und sich auf so wenige, oft wiederholte Punkte beschrKnkt, liegt
wohl darin, dass er den Evangelien einen ungleich geringeren Quellen-
werth beimisst, als irgend ein maassgebender Kritiker des neunzehnten
Jahrhunderts; ferner darin, dass er die Ltlcken des historischen Wissens
nicht mit allerlei Speculationen überspinnt, wie dies wohl üblich ist,
weil er das Seelenleben Jesu und des Volkes, dem er angehört, nicht
Yoltaire-Stndien. 97
ein Jade, und auch die Urchristen bildeten eine blosse jüdische
SectO; wie die.Essener^ Therapeuten u. s. f. In allen Haupt-
orten entstanden wieder besondere Spielarten. Insbesondere
erzeugte sich in Alexandria unter Einwirkung des Piatonismus
die Logoslehre. Wie andere Secten, lebte auch die christliche,
80 lange sie schwach, unbekannt und auf Duldung angewiesen
war, friedsam nach aussen und innen. ^ Doch manifestirte sich
schon in Paulus der Geist des Fanatismus. ,Sein Charakter
war leidenschaftlich, hochfahrend, fanatisch und grausam. £r
übertrug die Heftigkeit seines Wesens auf die neue Secte, in
welche er eintrat.' Voltaire wird nicht fertig, ihn anzuklagen.^
Dass Petrus nie in Rom gewesen, erklärt er für eine aus-
gemachte Thatsache;^ die Martyrien der älteren Zeit hält er
för baare Erfindungen: denn nur der Duldsamkeit des Römer-
reiches verdanke das Christenthum sein Dasein.^ ,Als die
ersten Galiläer sich unter die griechische und römische Volks-
hoeh anschlugt Die HauptsteUen über Jesus Christas finden sich: Ser-
mon des GinqüAnte, S"*" point (1762) — Trait^ sur la tol^rance, c. 14
(1763) » Cat^chisme de Thonndte homme (1763) — Dialogue du dou-
teur et de Tadorateur (1763) — Questions sur les miracles, vorzügUch
1.— 3. Brief (1765) — Examen important de M. Bolingbroke, c. 10—11
(1767) — Hom^lie sur Tinterpr^tation du Nouveau Testament (1767) —
Diner du Comte de BoulainvilUers, 2°»« entretien (1767) — ConseUs rai-
sonnables k M. Bngier (1768) — Profession de foi des th^istes (de la
doctrine), 1768 — De la paix perp^tueUe (1769), c. 15—18 — Dieu et
les hommes (1769) — La Bible enfin ezpliquee (Sommaire bistorique des
quatre ^vangiles), 1776 — Histoire de r^tablissement du Christ (1777),
c. 6—7 — Art Christianisme; Divinit^ de J^sus; G^n^alogie; Messie
(▼gl. k Dalembert, 12. Oct 1764; k Damilaville, Nr. 4232 der l^dition
Hachette; k H^nault, 20. Oct 1764); Art. Religion; Tol^rance, S. III.
1 Art l^lise; Ess^niens. — II est reconnu par les fanatiques, mdme les
plus entdtds, que les premiers chr^tiens emploj&rent les fraudes les plus
honteuses pour soutenir leur secte nalssante. Tont le monde avoue qu^ils
forg^ent de fausses prMictions, de fausses hlstoires, de faux miracles.
(Dialogne du douteur et de Tadorateur, 1763.) — Sermon des Cinquante,
3« point
> Histoire de T^tablissement du Christ, c. 8. — Examen important de
11 Bolingbroke, c. 12. — Art. Apötres; Paul. •— Epitre aux Romains
(1768). — Dialogue du douteur et de Tadorateur (1763).
' Essai, 6. — Examen important de M. Bolingbroke, c. 20. — Art
Voyage de saint Pierre. — Pierre.
« Trait^ sur la toUrance (1763). c. 9. — Phil, de Tbist, 50.
«tx«opb«r. d. phil.-hist Cl. XCV. Bd. i. Uffc. 7
98 Hftyr.
meDge mischten, fanden sie letztere mit allen erdenklichen
abgeschmackten Ueberlieferungen inficirt . . Die Obrigkeiten,
die besseren Bürger hielten sich von diesen Ausschreitungen
ferne, die Masse aber nährte sich davon: ,et c'ötait la Canaille
juive qui parlait k la Canaille paYenne/ > Stets behandelt
Voltaire die ersten Christen en Canaille; wenn irgendwo, so
zeigt sich hier seine Differenz von der protestantischen An-
schauung. Als Ursachen des allmäligen Wachsthums und end-
lichen Erfolges der christlichen Secte gibt er folgende^ an:
Die Sectenftahrer schmeichelten ihrer Horde mit der Idee der
natürlichen Freiheit, die gerade auf den Pöbel eine berückende
Kraft ausübt; es bildete sich ein Staat im Staate, eine Rotte
von Rebellen, so dass es kein Wunder ist, wenn das Gemein-
wesen dagegen Maassregeln ergriff. Ferner waren die Christen,
ursprünglich ein Häuflein Juden unter Juden, dem Wucher-
gewerbe ergeben, wodurch sie zu Geld und Macht gelangten;
Constantin Chlorus z. B. kam durch ihre Vorschüsse auf den
Thron. Die Christen genossen dabei einer nahezu ununter-
brochenen Religionsfreiheit, was sich erst änderte, als sie
anfingen, staatsgefahrlich zu werden und gegen die heid-
nische Religion aggressiv vorzugehen. ^ Einer der stärksten
Gründe des Fortschrittes lag in der Ausbildung eines umfassen-
den Systemes von Dogmen; die alten Religionen hatten nichts
dem Aehnliches. Aus platonischer Metaphysik und christlichen
Mysterien ^ entstand eine Lehre, welche alle erdenklichen Fragen
über Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft beantwortete.
Jedoch blieben die Christen nicht bei dem einmal Errun-
genen stehen, sondern die Geister wurden in steter Erregung
1 Examen important de M. Bolingbroke, c. 12. — Une canaille abjectc
8*adre88ait k une populace non moins m^prisablo (c. 14) — la canaiile
6tant d'nne ndcessitä absolue poar <^tablir toute nouvelle secte. (Histoire
de rdtablissement du Christ , c. 10.) — Derni^res paroles d'Epictete
(1763), wo er die Entstehung des Ghristenthums mit den Augen eines
gebildeten zeitgenössischen Griechen ansieht.
> Histoire de T^tablissement du Christ., c. 13. — Epitre aux Romains
(1768), 7.
' De la paix perpetuelle (1769), c. 9 — 14. — Art. Diocletien, Art. Martyrs.
* On voit que la pliilosophie de Piaton fit le Chris tianisme. (Histoire de
Tetablissement du Christ., c. 9.) — De la paix perp^tuelle, 17 (1769).
VolUiiv-Stiidien. 99
erhalten J Zu den Lockmitteln des Christenthums zählt Voltaire
auch die Abschaffang der unappetitlichen Schlachtopfer und die
Einführung humanerer Ceremonien. ,Le8 Chr^tiens, dans leur
premier institut, faisaient ensemble un hon souper k portes
ferm^es. Ensuite ils chang^rent ce souper en un ddjeüner,
oii il n'y avait que du pain et du vin.'^
Auf solche Weise gelangte das Christenthum zur Herr-
schaft im Römerreiche. Kaiser Constantin, welcher die Wen-
dung der Dinge besiegelte^ wird von Voltaire kaum besser
behandelt; als St. Paul.^ Dagegen gesellt er sich zu den
Apo](^eten des Kaisers Julian.^ Sobald das Christenthum
befestig^ war, nahm es eine, nach seiner Ueberzeugung, für
das Wohl der Menschen verderbliche Entwicklung. Zunächst
untergrub es den Bestand des Reiches. ;Le christianisme
ouvndt le ciel, mais il perdait Tempire.'^ Die alte Religion,
unter deren Banner die Römer von Triumph zu Triumph
geschritten waren, wurde ausgerottet. Der Sectengeist decimirte
die Christenheit selbst.
Während die Barbaren an den Grundvesten des Reiches
rüttelten, versammelten die Kaiser Concilien und verliehen
den lächerlichsten Streitigkeiten das Gewicht ihrer Autorität.^
In dieser Zeit befestigte der Fanatismus seine Herrschaft;
die Aera der Glaubensverfolgung um des Glaubens willen
brach an. Die neuen, unerhörten Gräuel des Fanatismus und
das Mitleid mit der davon betroffenen Menschheit bilden die
Beweggründe des Hasses, den Voltaire gegen das Christen-
' Ge qui contribaa le plus k raccroissement de la religion nonvelle, ce
fdt Tidee qui se r^pandit alors que le temps de la fin du monde appro-
chait. (Ibid. 10.) — Art. Fin du monde.
^ Histoire de r^tablissement du Christ., c. 13. Art. Autels; Baiser.
* Etsai, 10—11. — Histoire de retablissement du Christ., c. 16—22. —
Art Constantin; Vision de Constantin. — Fragments sur Thistoire g^n^-
rale (1773), VII.
* Art. Apostat; Julien. — Discours de Tempereur Julien (1769). Portrait
und Supplement rühren von Voltaire her ; die Uebersetzung des Urtextes
hat d^Argeoce geliefert.
» Essai, 11.
* Art Anthropomorphites; Antitrinitaires; Arianisme; Conciles; H^r^sie;
ImtiaÜon; Originel; Trinite; Z^le.
7»
100 Majr.
thum hegt.^ Wenn er die übrigen Volksreligionen mehr aus
Gründen der Vernunft, des beleidigen bon Bens missbilligt, so
verabscheut er das Christenthum insbesondere, weil es die In-
toleranz zum Systeme und den Aberglauben zu einer Staat wie
Gesellschaft dominirenden Macht erhoben habe. Das Christen-
thum habe den altjüdischen Fanatismus noch weit überboten.
Demgemäss sei die Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit,
bis auf den Beginn des Auf klär ungsalters, ja im abgeschwächten
Maasse bis heute, nur ein ungeheueres Register der Plagen,
welche Aberglaube und Verfolgungssucht über die Welt ge-
bracht haben. In erster Linie komme die historische Ausbildung
der Hierarchie in Betracht. Die rein geschichtliche Betrachtung
der geschichtlich gewordenen Dinge ist der Triumph des
Aufklärungszeitalters über die vorangehenden Perioden des
Dogmatismus. Der schon im Zeitalter der Renaissance wieder
^ Pourqaoi le monatre de rintol^rantisme habita-t-il dans la fange des ca-
vemes habit^es par les premiers chr^tiens? Pourqaoi, de ces doaqaefl, o&
il 8e noarriflsait, paasa-t-il dans les ^coles d'Alezandrie, oü ces demi-chre-
tiens demi-juifs enseign&rent? poarqnoi s'^tablit-il bientdt dans les ehaires
^piscopales et si^ga-t-il enfin sar le trdne k c6t6 des rois? . . Avant
qne ce monstre naqutt, jamais il n'y avait ea de gnerres religieoses
sor la terre; jamais aucune qnerelle sar le culte. (De la paix per-
petuelle [1769], 5.) — Kesprit de contention, dMrr^soIation, de divi-
sion, de querelle avait pr^sid^ au berceau de TEglise. (Ibid. 19.) — II
est Evident, que la religion chretienne est un filet dans lequel les fri-
pons ont enveloppe les sots pendaut plus de diz-sept si&cles, et an
poignard dont les fanatiques ont ^gorg^ leurs fr^res pendant plus de
quatorze. (Ibid. 31.) — La notre (sc. religion) est sans contredit la plus
ridicule, la plus absurde et la plus sanguinaire, qui ait Jamals infecte le
monde. (A Fr^d^ric 11, 5. Jänner 1767.) — Traite sur la toUrance
(1763), 14. — Prix de la justice (1777), 8. — Cette religion chretienne, qui
a 6t4 la source de tant de divisions, de guerres civiles et de crimes, qoi
a fait couler tant de sang et qui est partag^e en tant de sectes ennemies
dans les coins de la terre oü eile r6gne. (Sermon des Cinquante, 3*°° point)
— Dans tous les temps on se bat, s'^gorge, on s^assassine. A chaque
dispute, les rois, les princes sont massacr^s. Tel est le fruit de Tarbre
de la croix, de la potence qu^on a divinis^e. (Ibid.) — Plus ma vleil-
lesse et la faiblesse de mon temp^rament m^approchent du terme, plus
j'ai cru de mon devoir de savoir si tant de gens c^lebres, d^puis J^röme
et Augustin jusqa*^ Pascal, ne pourraient avoir quelque raison. J*ai vu
clairement quMls n'en avaient aucune et qu^ils n'^taient que des advo-
cats Bubtils et v^h^ments de la plus mauvaise de toutes les causes. (AM.
Du Deffand, Märss 1765.)
Voltaire-Studien. 101
erwachte historische Sinn, der während des Kampfes der Con-
fessionen zurückgedrängt worden war, gewann einen neuen
Impuls, indem kein Gebiet des Daseins ihm ferner verschlossen
blieb. Im Sinne des herrschenden Empirismus, von metaphy-
sischen Voreingenommenheiten und wirren Oeschichtsdoctrinen
unbeirrt, zeigte Voltaire Alles in seinem natürlichen Werden,
Wachsen, Vergehen und ermuthigte den Geist des Fortschrittes,
den auch die fatalistische und quietistische Reaction nicht
wieder aus der Welt zu schaffen vermochte. Ideal in seiner
Gesinnung, massig in seinen Erwartungen, nüchtern in seinen
Erkenntnissen, wies er den Geist der abgelaufenen Jahrhunderte
von sich; deren Denken, Wollen, Handeln erschien ihm als
ein Fremdes und Verwerfliches; weit davon entfernt, sie auch
nur als Uebergangsstufen in relativem Sinne gelten zu lassen,
verfiel er in den Fehler, das Mittelalter an sich zu beurtheilen,
wie dessen in die moderne Welt hereinragenden Ueberreste,
uud zugleich die Widerstandskraft der letzteren zu unter-
schätzen. Aber auch die bessere Einsicht in die Gewalt der
historischen Realität hätte ihn nie von der inneren Verpflichtung
absolviren können, das Richtigere und Bessere, wenigstens
nach seiner Einsicht Bessere, zu verfechten, vor dem Wahne,
der Verblendung und dem bösen Willen zu schützen.
Wie erwähnt, das wichtigste Moment der Geschichte des
Christenthums war nach Voltaire die Entstehung der Hierarchie.
Aus dem Wesen und der Geschichte der Hierarchie folgte
ihr Kampf mit der Staatsgewalt. > Auf dem Gipfel seiner
Macht nahm dann das Sacerdotium sogar den Kampf mit der
concurrirenden Weltreligion, dem Muhamedanismus, auf seine
Schultern.
Es sei hier gestattet, Voltaire's Ansicht des Islam ein-
zoschalten. ^ Der Islam entspringt, im Unterschiede vom
Christenthume, nahezu vollendet dem Haupte seines Stifters.
* Ueber die Beziehungen zwischen Kirche nnd Staat, vgl. den nächst-
folgenden politischen Abschnitt
' Essai, 6 — 7. — Art. Alcoran; Arot et Marot; Mahometans. — Lettre
dvile (1760). — lian vgl. die Tragödie Mahomet (Goethe's Bearbeitung
im 35. Bande der Cotta^schen Ausgabe). — Remarques de l^Essai, 1763,
IX— X. — A Frederic, Dec. 1740.
102 M»yr.
Vor Allem gibt es keinen alten Gesetzgeber oder Eroberer,
dessen Geschichte uns zuverlässiger bekannt wäre, als die
Mahomets. Der Koran enthält dessen authentische Lehre; er
ist kein Machwerk späterer Zeiten. Mahomet ist das Modell,
nach welchem sich Voltaire alle Religionsstifter, mehr oder
minder, gebildet denkt, ^ so dass es einmal möglich ist, den Ur-
sprung einer Religion im Detail zu erfassen. Mahomets Vor-
gang hatte etwas Absichtliches, Ueberleg^es. Nach langem
Studium des Charakters seiner Mitbürger, reif an Jahren,
proclamirte er sich selbst als Propheten Gottes, als Wieder-
hersteller der von Juden und Christen entstellten Lehre
Abrahams. Er war nicht unwissend und besass poetische
Anlagen. Von seinen Ideen lebhaft ergriffen, versank er wohl
selbst in Träumereien und endigte mit Selbstbetrug, ja dem
Betrüge Anderer. Dass er verfolgt wurde, war ihm von Nutzen;
einmal siegreich, verbreitete er, ein Unicum unter den Religions-
stiftem, seine Lehre mit dem Schwert in der Hand.^ Jedoch
unterschied sich die ungleich edlere Nation der Araber von
den einst ebenfalls erobernden Juden durch das Vermögen,
ihre Eroberungen zu behaupten und zu assimiliren.^ Ueber-
redung und Belehrung vollendeten das Werk der kriegerischen
Unterjochung. Leicht fand der Koran Eingang, da er, ausser
dem Prophetenthume Mohamets, keine neue Lehre enthielt.^
Späterhin war dem Islam nichts so heilsam, als die Vereinigung
von staatlicher und geistlicher Macht in den Händen der ersten
Chalifen.^ Natürlich verdammt Voltaire die Absurditäten des
^ ,Mai8 d^toumons les yeux | de cet impur amas d*impo8tenrs odienx*
sagt Voltaire im PoSme snr U loi naturelle I, und nimmt in der An-
merkung blo8 Confutse aus. — ,Il8 <^taient tout au plus de tr^-prudents
menteurs', sagt er von den Religionsatiftem im Gegensatze zu den Philo-
sophen. (Art Philosophe, I.)
3 Mahomet, imposteur, brigand, mais le seul des l^g^lateurs r^lig^eux qoi
ait eu du courage et qui ait fond6 un grand empire. (Art. Contradictions.)
^ Pourquoi Mahomet et ses successeurs, qui commenc&rent leurs conquetes
pr^cis^ment comme les Juifs, firent-ils de si grandes choses, et les Jnifs
de si petites? (Essai, 6.)
^ Art. Alcoran.
^ L^opinion et la guerre firent la grandeur des califes; Topiniou et Tha-
bilite firent la grandeur des papes. (Remarques, c. X, 1763.)
VolUire-Stadien. 103
Korans und die furchtbaren Mittel seiner Verbreitung, wogegen
er ihn wider die unberechtigten Angriffe christlicher Eiferer
in Schutz nimmt. ^ Im Allgemeinen rechnet er auch den Islam,
wie den Judaismus und das Christenthum, zu den Calamitäten
der Menschheit^
Ohne uns in die Einzelheiten seiner Darstellung der
Religions* und Kirchengeschichte des Mittelalters einzulassen,
wollen wir nur auf den Refrain lauschen, in welchen er jedes
Capitel derselben ausklingen lässt. An der unsäglichen Barbarei,
Unwissenheit, Verwilderung dieser Jahrhunderte ist vor Allem
die Religion schuld. Sie hat die Menschen nicht besser ge-
macht, sondern ihren Leidenschaften noch den Fanatismus,
den Glaubenshass, die Verfolgungswuth hinzugefügt. Träger
dieses Geistes sind die Priester, welche sich auf die thierischen,
fanatisirten Massen stützen und auch deren Führer mit sich
ziehen. Sie ersinnen neue Geissein (Mönchswesen, Inquisition)
für die ohnehin schon hinlänglich geplagte Menschheit, erregen
Kampf und Krieg, ja sie wagen sich an die nothwendig exi-
stirende Staatsgewalt. Solchermaassen basirt das Mittelalter
auf einem Gemisch von Unwissenheit, Betrug, Frechheit, Selbst-
sucht der Herrscher, Dummheit und Schwäche der Beherrschten.
Jeder Uchtblitz erstickt in der allgemeinen Finsterniss; nicht
einmal eine ordentliche Häresie kann um sich greifen.«''
* LeB moyens sont affreux; c'est la fonrberie et le menrtre . . (Alcoran.)
' Der Islam hat wohl mit dem Schwerte bekehrt; aber Je ne connais pas
nne seale gnerre civile entre les Tnrcs ponr la religion^ (Homdlie aar
ia raperstition, 1767.) — Essais 7.
' CTest ainsi qne vons verrez dans ce vaste tableau des d^mences hu-
maines, les sentiments des th^ologiens, les superstitions des peuples, le
fiuiatisme, vari^s saus cesse, mais tonjonrs constants k plonger la terre
dans Tabnitissemeiit et la calamit^ . . . (Essai, 62.) G*est de ce fanatisme
qae sortirent les croisades, qui d^peupl&rent TEorope pour aller im-
moler en Syrie des Arabes et des Tarcs k J^sus- Christ (Profession de
foi des theistes, c. 4.) — Les Chretiens n*ont cess6 de s'^gorger en
Afriqne et en Asie quo qaand les musnlmans, lenrs vainqueurs, les ont
desarm^ et ont arrctd lenrs farenrs. Mais k Constantinople et dans le
reste des l^tats chretiens, Tancienne rage prit de nouvelles forces. (De la
paix perp^tnelle, 24.)
Les papes ont voulu abmtir Tesprit des hommes. (Art. Lois, S. 3.)
Rome donnait tonjonrs le monvement k tontes les affaires de TEurope.
104 Mayr.
Wenn Voltaire das Mittelalter aus diesen und ähnlichen
Gründen verurtheilte; wie verhielt er sich dann zur Reformation?
In keiner Hinsicht tritt der Gegensatz zwischen dem abgelaufenen
Jahrhundert und dem Durchschnittsbewusstsein des laufenden
schroffer hervor, als bezüglich des Urtheils über die Reformation.
Eine Verurtheilung der Reformation wird heute wohl nur mehr
von der streng katholischen Welt erwartet Alles, was nur im
Entferntesten mit freisinnigeren Richtungen zusammenhängt, er-
geht sich in Hymnen auf die Kirchenverbesserung, und doch
sind es dieselben Principien der Aufklärung, denen zufolge
Voltaire über das Mittelalter und die Reformation den Stab
bricht. Seine Beurtheilung ist im höchsten Grade der Auf-
merksamkeit werth.
Für Voltaire schiebt sich zwischen Mittelalter und Re-
formation das denkwürdige Vorspiel der Aufklärung: die
Renaissance, das Zeitalter Leo X.^ Den Lobrednem der Re-
formation würde er heute antworten: Was wollt ihr mit euerer
Reformation, welche im Wesentlichen dieselben Lehren ver-
kündete, auf dieselben Bücher schwor, wie die römische Kirche^
höchstens dass sie an die Stelle schon vorhandener Absurdi-
(Eflsai, c 49.) — G*e8t pendant ces siteles d'ignorance, de supentition,
de fraude et de barbarie, qne TEglise, qai savait lire et 6crire, dicta des
loifl k tonte TEnrope, qui ne savait qne boire, combattre et se confesser
k des moiiies. (Prix de justice, VIII, 1777.) — L*empire et le sacerdoce
avaient d^soU Tltalie, TAUemagne et presqoe tons les autrea Etats.
(Essai, 127.) — Lear gprande politique consistait k exciter des gaeires
civil es. (Ibid. 52.)
Ce fat Saint Basile qni le premier imagina ces vgbox, ce serment
de Tesclavage. II introdnit an noaveaa fl^aa sar la terre et U tooma en
poison ce qoi avait ^t6 invente comme remede. (Art Ess^niens.) —
Essai, c. 139. — Remarques de l'Essai (1763), XI. — L'inqoisition est
comme on sait ane invention admirable et tont k üsit chrötienne pour
rendre le pape et les meines plus puissants et poar rendre an royaame
bjpocrite (Art. Inqoisition). — LHnqaisition, ce noaveaa fl^o, inconna
anparavant chez toates les religioDS da monde . . C'est donc ainsi qae
rinqnisition commen^ en Earope: eile ne m^ritait pas an aatre ber-
ceao. Voas sentez assez qae c^est le dernier degr^ d*ane barbarie brutale
et absurde de maintenir, par des ddlateurs et des bourreaux, la religioo
d*an Dien qae des bourreaox firent p6rir. (Essai, 62.)
Kssai, 121. — Siecle de Louis XIV. Introduction.
VolUire-Stndieu. 105
täten andere neue setzte?^ Was soll uns der starrsinnige
Luther, der fanatische Calvin zu einer Zeit, die freieren An-
schaanngen und leichteren Lebensformen zustrebte?^ Seht ihr
nicht, wie hinter dem Verwände der Religion sich egoistische,
ehrgeizige, habgierige Tendenzen verhalten 7^ Haben denn
Vernunft, Aufklärung, Fortschritt in dem Protestantismus ihre
Wurzeln, oder mussten sie nicht erst, nachdem die Welt des
Haders und Blutvergiessens müde geworden war, im Gegen-
satze zu Katholicismus und Protestantismus durchdringen?^
Hat nicht die Reformation die Geister, welche schon auf die
Stimme der Philosophie zu horchen begannen, auf das Feld
der religiösen Querellen abgeleitet und den Fanatismus, die
Glaubenswuth von neuem entzündet?^ Beiläufig dies würde
Soavenes vons des temps de ces ^nerg^m&nes, nomm^s papistes et cal-
▼inistes, qai prechaient le fond des mdmes dogmes et qni se poarsnivi-
rent . . poar quelques mots diff^remment interpr^t^s. (Demi^res remarques
snr les pens^es de Pascal, Nr. 123.) — Art Eucharistie. — Vos refor^
mateurs ii*ont renversd Tautorit^ du pape que pour se mettre sur son
tröne. Aux d^cisions des conciles voos avez fi^rement Substitut Celles
de vos synodes, et Bameweldt a p^ri comme J. Hus. (A Bertram,
26. Dec., 1763.) — Hom^lie sur la communion (1769).
,La religion n^avait rien d'austöre', sagt er von der Zeit Leo X., ,elle
s*attirait le respect par des c^r^monies pompeuses . . ce qui pouvait
offenser la relig^on n'^tait pas aper^u dans une cour occup^e d'intrigues
et de plaisirs.' (Essai, c. 127.) — Luther und Calvin öfiheten die Klöster
,ponr changer en couveuts la soci^t^ humaine'. (Essai, c. 183.)
Essai, c. 118 und 138.
Les disputes de religion retard&rent les progris de la raison au
lien de les hXter . . ces querelies ne furent qu*une maladie de plus
dans Tesprit humain. (Essai, c. 121.) — Depuis Charles V jusqn'& la
paix de Westphalie les qnerelles th^ologiques ont fait couler le sang . .
La seole arme contre ce monstre est la raison. (Remarques de FEssai,
1763, c. XV.)
Le laste de la cour voluptneuse de L6on X pouvait blesser les yeux;
fflais anssi on devait voir que cette cour meme polissait VEurope . . La
religion, depuis la pers^cution contre les hussites, ne causait plus aucun
troable dans le monde. (Essai, 127.) — Eloge historique de la raison
(1775). — La fnreur dogmatique a bouleversä plus d*un Etat, depuis les
massacres des Albigeois ju8qu*& la petite guerre des C^vennes au com-
mencement du diz-huititoe si^cle. Le sang a coul4 dans les campagnes et
rar les ^cbafauds, pour des arguments de th^olog^e, tantot dans un pays,
106 Utkjr.
Voltaire den modernen Apologeten erwidern, vorausgesetzt,
dass er sich bei ihren Phrasen auch immer etwas denken
könqte.
Dass die Kirche einer Verbesserung bedürftig war, gibt
Voltaire natürlich zu. Ein System, welches den Kampf zwischen
Staat und Kirche perpetuirte, die Gemüther ihrem Vaterlande
entfremdete, in jedem Staate ein stehendes Heer unterhielt
und aller Welt Geldbeutel in Anspruch nahm, schien auch ihm
der Erhaltung nicht werth. ^) Allein bei der Abstellung dieser
Missbräuche blieb die Reformation nicht stehen.
Zu Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts hoffte man von
der Beilegung des Schismas eine für das ganze kirchliche
System wohlthätige Wirkung ; dann setzte man seine Hoffnungen
auf die Concilien: indess Concilien vergehen, während die
Päpste bestehen.^) Es kamen Wicleff, Huss, Savonarola, drei
erpichte Dogmatiker, letzterer ein herrschsüchtiger Rede-
künstler, welcher für die Empörung, die er predigte, mit Fug
und Recht bestraft wurde. 3) Nach ihnen trat Luther auf, ein
kühner, eigensinniger Mann. Weil die Augustiner den Domini-
kanern die Ablasssporteln missgönnten, so hiessen sie ihn gegen
den Ablass predigen. *) Die Nation folgte dem Anstosse —
aus Armuth. ,0n vendait trop eher les indulgences et la deli-
vrance du purgatoire k des ämes, dont les corps avaient alors
trfes-peu d'argent . . On prit une religion k meilleur march6.'^)
Der Schauplatz des neuen Glaubens war der Norden Europas,
der Schauplatz des heissesten Kampfes Deutschland und die
tantot dans an aatre, pendant cinq cents anndes presque sans iuterniptioii-,
et ce fl^u n*a darö si loDg^temps quo parce qu*on a toujoars n^gligi^ la
morale pour le dogme. (Essai, c. 197.) Faut-il qa'on ait ^prouve plus
de deax cents ans de fr^n^sie pour arriver k des jours de repos? (Essai,
c. 134.)
1 La forme du gouvernement la plus absurde. Cette absurdit^ consistait
k d^pendre chez soi d*un ^traoger. (Essai, c 65.) Vgl. Essai, 127: II y
avait des abus violents, il j en avait de ridicules. — Trait^ sur la tole-
rance, 3.
3 Essai, 71.
' Ibid. 108.
♦ Ibid. 127.
» Art. Climat.
Yolteli^Btadien. 107
Schweiz; die Bewohner dieser Länder galten nicht fUr be-
sonders aufgeweckt. ^ Das geistreiche, lebenstreudige, in In-
trigaen verwickelte Volk Italiens blieb dagegen diesen Wirren
fern ; es belustigte sich, wie früher, an dem kirchlichen Schau-
gepränge und beutete den Aberglauben der übrigen Welt zu
seinem Vortheile aus. ^ In ganz Europa erregte die Kirchen-
trennung politische Verwicklungen. Die deutschen Fürsten be-
nutzten die Gelegenheit zur Einziehung der Kirchengüter, zur
Aufrichtung von Landeskirchen und zum Widerstand gegen
die Reichsgewalt. ^ Das hatten also die Geistlichen von ihrer
theologischen Zänkerei, dass sie laut Commandos des Landes-
herm auf schmalen Sold gesetzt wurden.^ Welches Unheil
hatte nicht die religiös-politische Parteiwuth über Voltaire's
Vaterland gebracht! Dem Sänger der Henriade war klar, was
er von den Segnungen der Reformation zu halten habe. Eng-
land hatte die nämlichen Schicksale erlitten und auf seinem
Boden die paradoxesten Secten erwachsen sehen.^ Am meisten
hasste Voltaire doch jenen Calvin, der so lange nach Duldung
schrie, bis er selber mächtig wurde und Servet verbrannte.
In Calvin hasste er den incarnirten Culturfeind, den Gegner
aller Lebensfreudigkeit, der Wissenschaften, der schönen Künste,
der Schauspiele. ^ ,Man muss gestehen^, sagt Voltaire, ,dass die
ki, 128.
' nrid. — Les Italiens s'enrichissaient du moins de Pavenglement des
antares penples ; mais aillenrs on embrassait la snperstition par elle-mdme.
(Essai, 82.) — Art D^mocratie.
' Les anciens dogmes embrass^s par les Vaudois etc., renonvel^s et difiF<Srem-
ment ezpliqn^s par Lntber et Zwingle, forent re^as avec aviditd dans
rAllemagne, comme an pr^tezte ponr s'emparer de tant des terres dont
les ^vdqiies et les abb^s 8*6taient mis en possession, et ponr r^sister aus
empereors, qni alors marchaient k grands pas au pouvoir despotique.
(Louis XIV, c. 36.)
* Essai, 134.
^ Essai, 135—137; Lettres anglaises (1734), c. 1—8.
* Essai, 133—134. Ueber Luther und Calvin : Tons deox laborieux et
aust^res, mais dnrs et empörtes; tous denx brülant de Tardeur de signa-
ler et d*obtenir cette domination sur les esprits . . . ils avaient des
mceurs faroucbes: leors discours respiraient le fiel (133). In verschie-
denen Briefen machte er den Genfern Elogen, dass sie ihm erlaubten, sein
103
Hayr.
Missbräucbe der alten Kirche kein hinreichender Grand waren,
80 viele Bürgerkriege zu autorisiren^ und dass es nicht noth-
wendig gewesen wäre^ andere Menschen zu tödten^ ,parce que
quelques prilats faisaient des enfants, et que des cur^s achetaient
avec un öcu le droit d'en faire*. *
Die Deutschen, von dem besten Willen beseelt, fremde
Art zu begreifen, pflegen doch über derlei Bonmots zu straucheln.
Hätte Jemand die ernsthaftesten Dinge vorgebracht, es würde
ihm nichts nützen; bei den strengen Merkem hätte er ver-
sungen und verthan. Gilt es nun gar, wie im vorliegenden
Falle, die Reformation, welche man wohl als die tiefste und
energischeste Regung des deutschen Geistes zu feiern liebt, so
ist Jedermann nur um so mehr geneigt, die Frivolität und In-
competenz des Wälschen und Ungläubigen mit harten Worten
zu geissein. Es hat sich eine Reformationsmythologie heraus-
gebildet, welche respectirt sein will, und derjenige, welcher als
Historiker oder Philosoph daran rührt^ wird beschuldigt, er
beleidige das religiöse und nationale Gefühl. Die Wissen-
schaft ist aber nicht dazu da, Gefühle zu cultiviren oder auch
nur zu schonen. Wer dergleichen von ihr verlangt, will das
Unmögliche von ihr. Die Wissenschaft ist gefühlloser, als die
Politik, ja als die Furie des Krieges; diese rechnen immerhin
mit den menschlichen, heiligen Gefühlen: die Wissenschaft
gedeiht erst recht auf der Schädelstätte der Gefühle. Sie
kann und darf nicht fragen : Ist es erfreulicher, beglückender,
erhebender, moralischer, die Reformation als Mutter des mo-
dernen Fortschrittes, als die fruchtbarste, ruhmreichste That
der deutschen Geschichte zu lobpreisen? Sie kann und darf
nur der Frage nachgehen: Ist es richtig oder unrichtig, dies
anzunehmen? Und sollte die Welt darüber zu Grunde gehen,
die Wissenschaft müsste achselzuckend bei ihrem Verdicte
bleiben ; das ist ihr Pathos, ihre Würde ! In dem reinen Aether
der Wahrheit gibt die Rücksicht auf die Nützlichkeit oder
Erquicklichkeit einer Meinung den Ausschlag nicht. Selbst
wenn die Wahrheit unter allen Umständen schädlicher wäre,
abf&lliges Urtheil über Calvin in Genf zn drucken; z. B. & P. Rousseau,
24. Febr. 1767. — Vgl. ferner k Henault, 26. Febr. 1768.
1 Essai, c. 127.
Voltilire-SiQdieD. 109
als der Irrthum, die Wissenschaft müsste doch ihrem innersten
Impulse folgen. Die Fälle der Praxis aber, wo in der That
der Irrthom heilsamer ist, als die Wahrheit, kann sie getrost
auf sich beruhen lassen. Früher oder später kommt die Praxis,
der Buhlschaft mit dem Irrthume müde, doch wieder ge-
schlichen, an den Pforten der Wahrheit zu pochen; sie kehrt
zurück und zwar um so sicherer, je weiter vorgerückt der
Zeiger der Weltenuhr ist. Voltaire selbst warf wohl gelegent-
lich die Aeusserung hin: ,Die Philosophie ist nicht geeignet
die Welt zu regieren ; sie erhebt sich zu hoch über den grossen
Haufen; sie redet eine Sprache, die er nicht verstehen kann^^
Allein gegen die absichtliche Täuschung der Menge hat er
stets seine Stimme erhoben, und als Schriftsteller, als Gelehrter
nie eine Zeile geschrieben, in welcher er die unpraktische Wahr-
heit dem praktischen Irrthume geopfert hätte. Die Ansicht
Voltaire's über die Reformation wird man also, trotz ihrer
Unerquicklichkeit, gar wohl der wissenschaftlichen Meditation
unterziehen können; man wird ihr wenigstens ein Plätzchen
zugestehen dürfen neben den herrschenden Ansichten, deren
ebe die Reformation als Urquell des modernen Culturlebens
glorificirt, während eine andere die Reformation als Theil-
erscheinung der Renaissance^ als Ergebniss der gleichen Kräfte
und als Ursache gleicher Wirkungen verherrlicht.
Allem Erwähnten zufolge war Voltaire über den Gegen-
satz von Katholicismus und Protestantismus so weit hinaus,
dasB er die beiden Confessionen für Erscheinungsformen ein
und des nämlichen Geistes nahm.^ Die Vernunft schien ihm
* Art Priores.
' pApistea, luth^riens, calvinistes, ce sont autant de factions sangoinaires.
(Axiomes im Anhängte zur Abhandlnng ,Dieu et les bommes'.) — Quel-
ques protestants ont rcprochä k Tanteur de TEssai snr les masars
de )es avoir souvent condamn^a; et quelques catholiques ont charg^
Fanteiir d*avoir montr^ trop de compassion pour les protestants. Ces
pUintes pronvent qu*il a gard^ ce juste milieu qui ne satisfait que les
esprits mod^res. (Remarques de TEssai, 1763, XVI.) Ausnahmsweise
gesteht er den Protestanten auch einen Vorsng zu: Si les protestants se
trompent comme les antres dans le principe, ils ont moins d*erreurs dans
les ooas^quences. (Cat^chisme de ThonnSte bomme.) Ce n'est pas que
les hngoenots ne soieut aussi fous que les sorboniqueurs; mais, pour
110 M.yr.
bei den Kämpfen, die theils wirklieb, theils angeblicb über |
religiöse Querellen entbrannt waren, nichts gewonnen zu haben.
Ob man den Menschen die katholische, die lutherische oder
calvinische Lehre aufrede, galt ihm gleich viel. Alle drei waren
für ihn Töchter der Theologie, der Superstition, des Fanatismas.
Wie absonderlich musste doch dem Champion der Aufklärung
zu Muthe werden, wenn er mitten in seinem hellen Zeitalter
die öffentliche Aufmerksamkeit von dem Gezanke der Janse-
nist en und ihrer Gegner in Anspruch genommen sah, einem
Gezanke, das nun schon über Ein Jahrhundert währte J Zu
seiner Genugthuung vermochte der Jansenismus dem Staate
nicht mehr ge&hrlich zu werden ; aber diese Secte beeinträch-
tigte das philosophische Interesse und erschien als eine blosse
Missgeburt des theologischen Geistes. Man argumentirte über
unentscheidbare, wahnschaffene Fragen mit Stellen der Schrift
und der Kirchenväter in den Terminis der Scholastik. Voltaire
empfand es als eine Schande seines erleuchteten Jahrhunderts,
dass man über Chimären stritt, wie z. B. welche Bewandtniss
es mit der ,gratia sufficiens, efficax und concomitans' habe, ob
Angustin oder Pelagius im Rechte sei, ob die Welt janse-
nistisch oder molinistisch denken solle ! ^ Man wird den Wider-
etre fon k lier, on n*en est pas moins citojen; et rien ne serait assore-
ment plus sage qae de pennettre k tont le monde d*Stre fon k aa zoa-
niire. (A Marmontel, 2. Dec. 1767.)
^ SiMe de Lonia XIV, c. 37. C'est rendre service au genre homain que
donner k cet dangerenses fadaises le ridieide qn^elles m^tent (A de
Faulte, 4. März 1768) schreibt er über das bezügliche Capitel der
Qeschichte Ludwig XIV. — Pr^cis du Siicle de Louis XV, c 36, 38. —
Histoire du parlement de Paris, 64—66. — Art Conyulsions. — Gali-
matias dramatique (1767). — Balance ^gale (1762). — D'un £ait sin-
gulier concemant la litt^rature (1763). — Commentaire sur Tesprit de
lois (1777). Avant-propos. — Derniöres remarques sur les pensöea du
Pascal (1777). Avertissement
3 Les sottises molinistes et jans^nistes iront toujonrs leur tsain . . II est
honteux pour rhumanlt^ que dans nn siecle aussi ^lair^ que le notre,
ces impertineutes disputes soient enoore k la mode; mais le Tulgaire se
ressemble dans tons les temps. (A Caumont, 19. April 1736.) — 11 n*y
a plus gu&re de querelles fanatiques qu'en France . . Le prinee n*a qu*li
8*en moquer et les peuples en riront; mais les princes qni ont des con-
fessenrs sont rarement des rois pbilosophes. (A Fr^^ric II, Not. 1742.)
yoll«ir«-8ttidieii. 111
willen Voltaire's. gegen den Jansenismus begreifen. In ihm
bekämpfte er den verhassten Dogmenstreit, die Sectirerei, den
Geist der Askese. So weit er Historiker Ludwig XIV. und
Ludwig XV. war, musste freilich auch er den verabscheuten
Zänkereien seine Aufmerksamkeit widmen. Jedoch nahm er
nicht Air die Jansenisten Partei; ihm, dem philosophischen
Historiker, galten Jesuiten und Jansenisten gleich wenig, eher
die Jesuiten noch mehr, als die Jansenisten.^ Der eigentliche
Ml 7 a tonjonn dans la nation nn peuple qui n*a nul commerce avec les
honnetes gens, qui n^est pas da si^cle^ qui est inaccessible aux progrös
de la raison et aar qui Tatrocit^ du fanatisme conserve son empire,
comme certaines maladies qui n*attaqaent qne la plus yile populace . .
II serait tr^- utile k ceux qui sont entetea de toutes ces disputes, de
jeter les yeux sur ThiBtoire g^n^rale du monde; car on voit le peu de
figure que fönt sur la terre uu moliniste et un jans^niste. On rougit
alors de sa fr^n^sie pour un parti qui se perd dans Timmensit^ de choses.
(Siide de Louis XIV, 37.) — Cette dispute ne prodnisit en France qne
dea mandements, des bnlles, des lettres de cachet et des brochures, parce
qa^il y avait alors des querelles plus importantes. (Ibid., 37.) —
Dans des temps moins ^clair^s, ces pu^rilit^s anraient pu subvertir la
Fnmce . . mais le mepris qne tous les bonnetes gens araient pour
le fond de ces disputes saura la France. (Histoire du parlement de
Paris, 65.)
Ce qu*on appelle nn janseniste est r^ellement nn fou, un mau-
Tais citoyen, et un rebelle . . Les molinistes sont des fous plus doux.
n ne faut etre ni k Apollos ni k C^phas, mais k Dien et au roi. II est
certain qne plus il j aura de pbilosopbes, plus les fous seront k port^e
d^etre gu^ris. (Voix du sage, 1750.) On a ri & la mort du janseniste et
du moliniste, et de la gr&ce concomitante, et de la medecinale, et de la
süffisante, et de Tefficace. Quelle lumiere s*est lev^e sur TEurope de-
pnis quelques ann^es. (Demiires remarques sur les pens^es de Pascal.
Avertissement.) — Les jans^nistes ont servi k V^loquence et non k la
pbilosopbie. (Pens^es, remarques et observations.) — Kurz nach dem
Attentate Damiens* schreibt er: Je n^avais cru les jans^nistes et les
moUmstes que rldicules, et les yoilk sanguinaires, les voili parricidesi
(A Thiercot, 13. Jfinner 1757.) — L^esprit convulsionnaire a pdn^«
tr6 dans TAme de cet execrable coquin . . Si Louis XIV n'avait pas
donn4 trop de poids k un plat livre de Quesnel et trop de confiance
anx foreurs du fripon Le Tellier, son confesseur, Jamals Louis XV n^eüt
re^Q de coup de canif. (A Cideville, 16. Jänner 1757.) — Aehnlioh in
den Briefen des Jahres 1757 Monat Jfinner, Februar, Mfirz. — Les
monstres, nomm^s jans^nistes et molinistes, apris s*dtre mordus, aboient
ensemble contre les pauvres partisans de la raison et de Thumanite.
112 Mayr.
Todfeind der Jesuiten war überhaupt night er, sondern
Dalembert.
Wo bleibt^ nach so viel Negation, die Position? Was
hat uns Voltaire für die Verneinung der positiven Religion und
der Geschichte zu bieten? Was dürfen wir femer glauben,
hoffeU; lieben, heilig halten? Voltaire setzte den religiösen
Systemen der Geschichte seine Vernunftreligion, sein philo-
sophisches Bekenntniss, seinen ^Theismus' entgegen, die zwei
Sätzchen: Verehre Gott und befolge das Sittengesetz. ^ Alle
anderen Fragen wies er als unvernünftig oder unbeantwortbar
zurück. Der Theismus war, nach seiner Meinung, nichts
Neues. Er hielt ihn für die Religion der Vernünftigen und
Guten seit Beginn der Civilisation, während der dumme, ver-
derbte Haufe dem Aberglauben anhinge.^ In dem Bemühen,
(A PaliMot, ? Mfin ? 1757.) — Voltaire*s Grimm erreichte seinen Hobe-
pnnkt, als ,le8 serpents appel^s j^snites et les tigres appel^s convolsion-
naires' {k M. d'J^pinay, 25. April 1760) sich mit Erfolg gegen die Ency-
klopMdisten alliirten. Die Jesuiten nannte er wohl auch Fttchse, die
Jausenisten Wölfe. (A ChaloUis, 3. Nov. 1762.) — ,0n se plaignait
autrefois des j^nites; mais saint M^dard devient plns k craindre qne
Saint Ignace. 81 on ne pent ätrangler le dernier moliniste avec
les boyaux dn dernier janseniste, rendons ces pertnbateors da
repos public ridicnles aux yeux des honnetes gens.* (A Dalembert,
8. Mai 1761.) — A d*Argeuce, 26. Oct 1761. — A d*Argental, 26. Jünner
1762. — A DamilaTille, 30. JKnner 1762. — A d*Argental, 19. Nov.
1763. — A Damilaville, 30. J&nner 1764. — A Dalembert, 26. Dec.
1764. — Au mSme 7. Aug. 1766. — A Marmontel, 7. Aug. 1767. —
A Dalembert, 26. Dec. 1767. — A De Fanlös, 4. Mfirs 1768. — A Dalem-
bert, 1. Mai 1768. — A d*Argental, 6. Mai 1768.
1 Essai, 136 und 182. — Art. Th^isme; Th6iste; Athie; Ath^iame. —
Elements de la philosophie de Newton, 5. — Examen important de
M. Bolingbroke, Conclusion. — Id6es de la M. le Vayer (1761). —
Defense de M. Bolingbroke (1752). — Entretiens chlnois (1768). —
Epttre ^crite de Constantinople (1768). -~ Profession de foi des th^istes
(1768). — Hlstoire de T^tablissement du Christ, c. 26.
2 Notre religion est sans donte divine, puisqu'elle a ^t^ grav4e dana nos
cosurs par Dieu meme, par ce maitre de la raison universelle, qui a dit
au Chinois, k Tlndien, au Tartare et k nous: ,Adore-moi et sois juste*.
Notre religion est anssl ancienne que le monde, puisque les premiers
hommes n*en pouvaient avoir d*autre. (Profession de foi des thdistea.) —
Qu*on me montre dans Thistoire du monde entier une seule quereile sur
cette profession de foi: ,Jadore Dien et je dois dtre bienfaiaant* . .
Volteiro-Stndien. 113
historische Celebritäten zu baren Theisten in seinem Sinne
omsuprägen, ging Voltaire offenbar zu weit. Dagegen hatte
er nicht Unrecht, wenn er behauptete, der Theismus habe in
Yoilii C6 (radoration d*an Dien et raccomplissement de nos devoirs) qni
est n^ceBsaire en tont lien et en tont temps. II y a donc Tinfini entre
le dogme et la Tertn. (De la paix perpetnelle, c. 28.) — J'ose croire
nne chosei c*eBt que de tontes les religions le th^isme est la plas r^-
pandae dant ronirers: eile est la religion dominante k la Chine; c^est
la secte des sages ches les mahom^tans ; et de dix philosophes clir^tiens
U 7 en a hnit de cette opinion . . c*est nne esp^ce de secte, sans asso-
ciationi sans cnlte, sans c^r^monies, sans dispute et sans z^le, r^pandne
dans rnnivers sans avoir it& prdch^e. Le th^isme se rencontre an
milieu de tontes les religions conune le jndaisme; ce quMl y a de sin-
gnUer, e*est qne Tnn ^tant le comble de la superstition, abborr^ des
penples et m^pris^ des sages, est tol^rä partout k prix dWgent; et
Tantre ^tant Toppose de la superstition, inconnn an penple, et embrass^
par les seuls philosophes, n*a d^exercice pubUc qu*& la Chine . . Ge
sont, k Tegard de la religiou chr^tienne, des ennemis pacifiqnes qn*elle
porte dans son sein, et qni renoncent k eile sans songer k la ddtrnire . .
On n*a jamais vu de tb^istes qni aient cabal^ dans aucun Etat. (Art
Athee, 8. II.) Distingne toujours les honndtes gens qni pensent de la
popnlace qni n*est pas falte ponr penser. Si Tusage t*oblige k faire nne
oir^monie ridicnle en favenr de cette Canaille, et si en chemin tu ren-
eontres quelques gens d'esprit, avertis-les par un signe de tdte, par une
coup d*<BU que tu penses comme enx, mais qu*il ne faut pas rire. (Art.
Bl£.) — La plupart des bonnStes gens sont instmits . . mais la popn-
lace n^est-elle pas ce qn*elle ^tait du temps de Henri III et de Henri IV?
D*e8i-eUe pas toujours gouvem^e par des moines? n*est-elle pas trois
oentfl Ibis au moins plus nombreuse que ceux qui ont re^u une ^du-
cation honndte ? (Le cri des nations, 1769.) — Le petit nombre qui pense
condnit le grand nombre avec le temps. L*idole tombe et la tol^rance
nnirerseUe s'^l^ve chaque jour sur ses d^bris. (De la paix perp^tuelle,
1769, e. 32.) — Le monde s'am^liore un peu; oui, le monde pensant,
mais le monde brüte sera longtemps un compos^ d^ours et de singes;
et la Canaille sera toujours cent contre un. C*est pour eile que tant
dliommes qni la d^daignent composent lenr maintien et se d^guisent;
c^est k eUe qu*on veut plaire, qu*on veut arracher des cris de Tivat;
c^est ponr eile qu*on ^tale des c^r^raonies pompeuses; c*eBt pour eile
leide enfin qu'on fait du supplice d*un malbenreux un grand et süperbe
spectacle. (Prix de la justice, 1777, 8.) — C*est la fatale philosopbie des
Anglais qni a conmienc^ tont le mal . . Cette contagxon s^est r^pandue
partout. Le dogme fatal de la toUrance infecte anjourd*hui tons les
esprits; les trois quarts de la France au moins commencent k demander
U libert^ de conscience. (A HeWMicus, 25. Ang. 1763.)
Sitiupb«r. d. pbil.-bi<it. Cl. XCV. Bd. 1. Hft. 8
114 Mayr.
den letzten hundert Jahren Einfluss und Terrain gewonnen.
Namentlich blühe er in England. Mitten unter den streit-
süchtigen Secten habe er sich befestigt^ ohne selbst eine Kirche
oder Clique zu bilden.^ Nicht im Dogma, in der Moral sucht
Voltaire das Heil der Welt. Sein Essai predigt unablässig die
grosse Lehre, dass vor Allem durch die (positive) Religion,
den Aberglauben, den Fanatismus, das Dogma — oder wie
sonst er ein und denselben Erscheinungscomplex benennen
mag — die Geschichte der Menschen eine Geschichte ihrer
Leiden geworden sei ; ^ nur die Gewissensfreiheit, die Toleranz^
die Humanität, die Moral, die Philosophie, unterstützt von einer
weisen und starken Politik, vermöchten die Welt zu erlösen.
An einer Stelle berechnet Voltaire die Anzahl der seit Con-
stantin durch Religionskriege, Verfolgungen/ Ketzergerichte
u. s. w. ums Leben gekommenen Menschen auf 9,468.800.^ An
einer anderen Stelle sagt er : ,La religion chrötienne a coüt6 ä
rhumanitä plus de dix-sept millions d'hommes*.^ Die Philo-
sophie i. e. die Vernunft allein, habe diesen Zuständen ein
Ende gemacht. Um den Fanatismus dauernd zu bewältigen,
müsse man sich an die denk fähigen Leute wenden, überhaupt
das Volk aufklären und nicht im Aberglauben erhalten. ,Die
Aufgeklärten (honnetcs gens) lesen die Geschichte der Reli-
gionskriege mit Schaudern; sie lachen über die theologischen
Dispute, wie über die italienische Posse. I^sst uns eine Reli-
gion bekennen, die weder schauern noch lachen macht.^^
^ Unter den bestehenden Secten waren zwei, mit denen Voltaire, der
Einfachheit ihres Bekenntnisses halber, sympathisirte : die Socinianer nnd
Qoäker.
^ L'histoire du monde est celle du fanatisme. (Hom^lie sur la supersUtion,
1767.) Tantum relligio potuit suadere malomm (Lncret. I, 102) ist
eines seiner Lieblingscitate.
3 Dien et les hommes, 42.
< Art. Ath^isme, S. U.
^ Diner du comte de Boulainyilliers. Pens^es de Bt-Pierre. — L'esprit
de Philosophie a enfin emooss^ les glaires. (Essai, 134.) — La raison,
en se perfectionnant, d^trnit les germes de gnerres de religion. C^est
Tesprit philosophique qui a banni cette peste du monde. (La voix dn
sage et du peuple 1750.) — Si la religion n'enfante pas plus de gaerres
civiles, c*e8t k la philosophie seule qu*on en est redevable. (Art. Diea.) —
L^esprit philosophique, qui n'est d'autre chose que la raison^ est devenu
Yolteire-Stndien. 115
Voltaire's Theismus ist keine leere Zukunftshoffnung,
sondern bat eine Vergangenheit nnd eine respectable Gegen-
wart. In seinem Sinne sollen die höheren Classen, insbesondere
die Regierungen, denken und handeln. Den positiven Religionen
soll nicht durch aggressive Gewaltmaassregeln Abbruch gethan
werden ; auch die Cabalenmacherei verschmäht Voltaire's edler
Sinn: die unbehinderte Wirkung auf die Geister allein be-
hält er dem Äufklärungsbekenntnisse vorJ Die Staatsgewalt
cbez tous les honnetes gens le senl antidote daus ces maladies 6pi-
d^iqnes. (Art. Confession.) — La saperstitdon excita les orages et la
Philosophie les apaise. (L'A, B, C; 16"® entretien.) — L*intol Trance
chr^tienne a senle cans^ ces horribles d^sastres; il faut donc qae la
tol^rance les r^pare. (Paix perpetnelle, c. 4.) — II n'est d^atttre rem^de
k cette maladie ^pid^mique qne Vesprit philosophiqne . . Les lois et la
relig^on ne saffisent pas contre la peste des ämes. (Art. ^anatisme,
S. n.) — II me semble qii'enx seuls (les philosophes) ont uu peu adonci
les moenrs des hommes, et qne sans eux nous aurions deux on trois
SaiDt-Barth^lemy de siecle en si^cle. (A Dalembert, 9. Nov. 1764.)
^ Adorer Dien ; laisser k chacnn la libert^ de le servir selon ses id^s ;
aiiner ses semblables, les ^clairer s^il on peut, les plaindre s4ls sont
dans Terrenr : . . voilii ma religion qni vant mieux qne tons vos systömes
et tons vos symboles. (A M., 5. Jänner 1759.) — lieber die AnfklSnmg
der Blassen vgl. Jnsqn*Ä quel point on doit tromper le penple (1756). —
Fragment d^nne lettre de Bolingbroke (1761?): L^honn^te homme sera
v^ritablement religienx en derasant la superstition. Son exemple inflnera
snr la populace. — Nons ne prdtendons pas ddpouiller les prdtres . i
mais nous vondrions qne ces pretres . . se joignissent k nons pour
pr&cher la vdritd. (Sermon des Cinqnante, 3™* point.) — Traitd snr la
tol&ance, c. 20. — Wie sieb Voltaire zur Action der Aufklärungspartei
verhält, geht vornehmlich aus seinem Briefwechsel mit Dalembert hervor.
Voltaire war kein Gegner der Volksanfklämng, wie ans seinen Schriften
klirlichst hervorgeht Mit einzelnen Briefstellen, die er gelegentlich im
Zorne niederschrieb, wird man dem nicht widersprechen können. So
schreibt er einmal an Friedrich II.: ,La Canaille, qui n'est pas digne
d*etre ^laird et k laquelle tous les jongs sont propres^ Voltaire reflec-
tirt denn da doch nur auf den thatsächlichen Zustand der Canaille, ohne
die Pflicht der Volksaufklärung in Abrede zu stellen. Für die Dinge,
wie sie lagen, war die Wirkung auf die Massen zu weit aussehend, zu
problematisch in ihren Erfolgen. Er betrachtete die Organisation der
erfahrenen Philosophenpartei und die Aufklärung der ,honn6te8 gens' als
die zunächst erforderlichen Leistungen, damit sie der Menge als Stütze
nnd Leitung dienen könnten. Jedenfalls würde man g^t thun, sich
seinen Voltaire immer genau anzusehen. So wandert z. B. der Satz:
8*
116 M»yr.
solle nur die Störung des öffentlichen Friedens hintanhalten,
jeden Ausbruch des Fanatismus niederwerfen und die reli-
giösen Angelegenheiten im Sinne der Toleranz verwalten. , Voulez
vous donc empScher qu'une seete ne bouleverse FEtat, asez
de tol^rance/^
Ein Gemeinwesen ohne Religion schien Voltaire undenk-
bar. Zeit seines Lebens bekämpfte er den Atheismus, als die
schlimmste Form der Religionslosigkeit. ^ Wenige Jahre vor
seinem Tode warf er noch dem , Systeme de la nature' deo
Fehdehandschuh zu. Als Philosoph machte er gegen den
fQaand U popal&ce se m61e de raisonner, tont est perdu* durch eine
Reihe von Schriften zum Beweise, dass der Philosoph ein incamiter
Feind der VolksaufklSrung gewesen. Der Satz stammt aus einem Briefe
an Di^ilaviUe (1. April 1766). Liest man ihn im ZusammenhangOi bo
bekömmt er einen ganz anderen Sinn; Voltaire spricht nfimlich darin
ein verwerfendes Urtheil über die dogmatischen Zwistigkeiten der byzan-
tinischen Kaiserzeit und der Reformationsperiode aus, welche deshalb
so schrecklich wurden, weil das unwissende, nicht aufgeklärte Volk
sich an ihnen betheiligte. Wie sich Voltaire das Verhfiltniss der Auf-
gekl&rteu zum niederen Volk dachte, mögen folgende Briefstellen er-
läutern : ,Le bas peuple en vaudra certainement mieux, quand les prin-
cipaux citoyens cultireront la sagesse et la vertu: il sera contenu par
Texemple, qui est la plus belle et la plus forte des le^ns . . c*est la
seule mani^re dMnstruire Tignorauce des villageois. Ce sont donc les
principaux citoyens qu*il faut d*abord eclairer^ (A Damilaville, 13. April
1766.) ,Non monsieur', schreibt er an Linguet, ,tout n^est pas perdn
quand on met le peuple en etat de s*apercevoir qu*il a un esprit Tout
est perdu au contraire quand on le traite comme une troupe des tau-
reaux; car, tot ou tard, ils vous frapperont de leurs cornes. (15. März
1767.) — On n*a jamais prdtendu ^clairer les cordonniers et les ser-
vantes; c*est le partage des apötres. (A Dalembert, 2. Sept. 1768.)
Commentaire sur la loi des d^Iits et des peines (1766), IV. — Dass es
in Wirklichkeit nicht so friedlich hergehen könne, musste er freilich
einem Friedrich IT., einer Katharina II. zugeben.
Art Ath^e; Ath^isme; Dieu. — Histoire de Jenni (1775, 8—11) in
welchem Romane Birton gegen Freind die Sache des Atheismus führt,
zum Schlüsse aber vor diesem Deisten die Segel streicht. — Trait^ de
m^taphysique (1734), 2. — Dialogue entre Lucröce et Posidonius (1758).
— Hom^lie prononc^e k Londres, I. Sur Tath^isme (1767). — Lettres
de Memmius k Ciceron ; Traite III— VI. — Dialogue d*Evh^m^re (1777),
2—4. — A Villevieille, 26. Aug. 1768. — Vgl. den Briefwechsel des
Jahres 1770.
VoUaire-ätndiea. 117
Atheismos die früher erwähnten Beweisgänge geltend. Nament-
lich liess er es sich angelegen sein, die Argumente, welche
der Atheismus aus der Thatsache des Weltübels schöpfte, zu
entkräften. Doch hatte er gegen diese Doctrin noch weitere
Qründe ins Treffen zu führen. Er berief sich auf die ge-
achichtliche Erfahrung. Italien war z. B. im fiinfzehnten Jahr-
bondert voll Atheisten. Was ergab sich daraus? Dass es so
gebräuchlich wurde, Gift wie Nachtessen zu verabreichen, Dolch-
stosse wie Umarmungen auszutheilen. Die Zeit des Atheismus
ist durch Namen wie Sixtus IV., Alexander VI, Cäsar Borgia
gekennzeichnet und gerichtet. < Voltaire gibt zwar zu, dass
gebildete Leute von guter Lebensstellung und sanftem Cha-
rakter sich ohne Schaden für die Gesellschaft werden zum
Atheismus bekennen dürfen« Allein man denke sich die Armen,
die Ungebildeten ohne den Zügel der Religion, ohne die Furcht
Gottes.^ Oder man denke sich einen atheistischen Herrscher
ohne das Geftihl der Verantwortlichkeit. ,Un roi ath^e est
plus dangereux qu'un Ravaillac fanatique.^ ^ Gerade auf das
Praktische, die sittliche Wirkung legt Voltaire hier das Haupt-
gewicht. Nur diejenigen Theisten, sagt er, welche glauben,
dass Gott den Menschen ein natürliches Gesetz gegeben habe,
besitzen eine Religion, wenn sie auch keinen Cultus äusserlich
mitmachen.^ Eine solche praktische Religion darf um der
öffentlichen Moralität willen niemals von der Philosophie be-
seitigt werden. Der Staat hat ein Interesse an der Existenz
der Religion.*^ Besser eine schlechte Religion, als gar keine.
' Histoire de Jenni, 11. — Essai, 136.
^ On demande enauite, si an peuple d^ath^es pent subsister; U me semble
qa'il £aiit distingaer entre le penple proprement dit, et une sociit^ de
philosophes aa-dessus du penple. II est tr^-vrai que par tont pays la
popnlace a besoin de plus g^rand frein, et qne si Bayle avait eu seule-
ment cinq k six Cents paysans k gouyerner, il n*anrait pas manqne de
lenr annoncer nn Dien r^mun^rateur et veng^nr. (Art. Ath^isme, I.)
' Qne Tath^isme est nn monstre tr^-pemicienz dans cenz qui gouvernent;
qn'ü Test aossi dans les gens de cabinet. (Ath^isme, IV.) — Hom^lie sar
rath^isme (1767).
« Art. Ath^e II.
I
' n est donc absolnment n^cessaire ponr les princes et ponr les penples,
qne Tid^e d'un £tre snpreme cr^tenr, gonverneur, r^mnn^ratenr et ven-
118 Majr.
vorauBgesetzt dass dem Fanatismas kein Spielraum gewährt
werde J Denn unter den beiden Uebeln, Fanatismus oder
Atheismus, ist das erstere das schlimmere. Gerade aus den
Wirren des religiösen Meinungskampfes entstand ehedem der
Atheismus. Die wahre Philosophie, die Moral, das Interesse
der Gesellschaft haben ihn wieder yerschwinden lassen.^
Voltaire yertheidigt demnach die Religion gegen den
religionslosen Atheismus, sowie er seine natürliche Religion
gegen die künstlichen (,artificielle^), die positiven oder hi-
storischen Religionen zeitlebens verfochten hat. Eine Religion
in seinem Sinne, eine Religion, die minder schlecht wäre,
als alle bestehenden, müsste auf folgende Punkte Gewicht
legen: sie müsste die Anbetung eines einigen, höchsten Wesens,
Schöpfers und Erhalters, Vergelters und Rächers lehren; an
die Stelle aller bestreitbaren Dogmen die unbestreitbare Mond
setzen; sich alles eitlen Ceremoniells entschlagen; die Nächsten-
liebe um Gottes willen und die echte Toleranz zum Grundsatz
erheben; daneben könnte sie erhabene Ceremonien ausüben,
welche die Masse frappiren, ohne die Weisen und Ungläubigen
zu irritiren, sowie auch ihren Dienern einen ausreichenden
Unterhalt sichern, ohne sie dem Wohlleben oder Müssiggange
anheimzugeben. 3 Gegen eine solche Religion hatte Voltaire
geuT, soit profondement grav6e dAns les eaprits (Ath^isme, IV). Philosophez
tant qu'il voub plaira entre vous . . Si vous avez une bourgade k gou-
vemer, il faut qu^elle ait ane religion. (Art Religion, I.)
1 II est indubitable que, dans iine ville poUcee, il est infiniment plus utile
d^avoir une religion, memo mauiraise, que de n*en avoir point du tont.
(Art. Athöisme, S. IV.)
2 Essai, 136.
3 Art. Religion, I und III, 5™^ question: Apres notre sainte religion, qui
Sans doute est la seule bonne, quelle serait la moins mauvaise? Ne
serait-ce pas la plus simple? ne serait- ce pas celle qui enseignerait
beaucoup de morale et tr^s-peu de dogmes? celle qui tendrait k rendre
les hommes justes, sans les rendre absurdes? . . Ne serait-ce point celle
qui ne soutiendrait pas sa creance par des bourreanx, et qui n'inonderait
pas la terre de sang pour des sophismes inintelligibles? celle dans la-
quelle une ^quivoque, un jeu des mots et deux ou trois ehartes suppos^es
ne feraient pas un souverain et un dieu d*un pretre souvent incestuenz,
homicide et empoisonneur? celle qui ne sonxnettrait pas les rois k ce
Voltaire-Stodiea. 119
nichts einzuwenden^ so wenig als gegen eine Staatsreligion,
welche mit Berücksichtigung des Bestehenden die Priester und
Kirchen in ihre Obhut nimmt, woferne sie nicht die Grenzen
der Gesetze überschreiten und dem Gemeinwesen schädlich sind.
Diese Religion, meint Voltaire, wurzle theilweise schon in den
Herzen mancher Fürsten, aber zur Herrschaft würde sie erst
kommen, sobald die Artikel des ewigen Friedens, den der Abb^
St-Pierre in Vorschlag gebracht hat, von allen Potentaten sig^
nirt sein würden.^ Voltaire pflegt eben allen überschweng-
lichen Erwartungen einen Dämpfer aufzusetzen.
Voltaire nennt zwar seinen Theismus eine philosophische
Lehre; ^ aber die Gebiete der Philosophie und Religion fallen
far ihn nicht vollkommen über einander, ob er sie nun in
ihrem historischen Begriffe nimmt, oder ob er sich ihr Ideal
construirt. Für den Philosophen in Voltaire's Sinne gibt es
noch ein besonderes, selbstständiges, unterscheidbares Gebiet
der Religion. Sondern wir alle jene Vorschläge, die auf die
bestehenden Verhältnisse Bezug haben, alle jene Mittel- oder
Compromissformen ab, welche von dem bestehenden auf idealere
Zustände überleiten sollen, so bleibt noch eine rein philo-
sophische Religionslehre übrig, die zur eigentlichen Philosophie
ergänzend hinzutritt. Die Religion ist nicht blosses Surro-
gat der Philosophie; sie ist auch nicht durch die letztere
pretre? celle qui n^easeignerait que Tadoration d^un Dieu, la justice, la
tol^rance et rhamanitä?
* Art. Reli^on, I. Wie gemäsaigt Voltaire^s Ansichten überhaupt waren,
sofeme sie ins Praktische einschlugen, möge eine Stelle aus dem ver-
tranlichsten Briefwechsel beweisen: ,Je sais bien, qu*on ne d^truira pas
la hi^rarchie Stabile, puisqu'il en faut une an peuple; on n^abolira pas
la secte dominante, mais certainement on la rendra moins dominante et
moins dangereuse. Le christianisme deviendra plus raiacnnable et par
coDsäquent moins pers^cuteur. On traitera la religion en France comme
en Angleterre et en Holland, oü eile fait le moins de mal qu*il soit
poBsible. (A Helv^tius, 26. Juni 1765.)
^ Cest que le th^isme doit encore moins s^appeler une religion qu'un
fjst^e de Philosophie. (Art. Ath^e, II.) — On demande pourquoi, de
cinq ou siz cents sectes, il n'y en a gu^re eu qui n'aient fait r^pandre
<hi sang, et que les theistes, qui sont partout si nombreux, n^ont Jamals
cause le moindre tumulte? c/est que ce sont des philosophes. (Art.
Tbdisme.)
120 M»yr.
überflüssig gemacht; sie ist nicht blosses Zähmungsmittel ku
Nutz und Frommen des Staates: sie hat ihre Berechtigung in
sich. Die Philosophie nämlich anerkennt die Thatsache und
die Giltigkeit des Sittengesetzes ; aber dass es göttlichen
Ursprunges und dass Gott der Hort desselben ist, vermag sie
nicht zu erweisen, kann es höchstens plausibel machen. Noch
weniger ist die Philosophie im Stande, etwas über die Ver-
geltung im Jenseits und die Unsterblichkeit der sogenannten
Seele auszumachen. Im Gegentheil, derartigen Annahmen
stehen die gewichtigsten Bedenken entgegen. Die Philosophie
lässt uns da vollkommen im Stiche; Vergeltung und sittliche
Weltordnung bedürfen daher der Stütze des Glaubens. Um
der Sittlichkeit willen muss der Einzelne, muss das Gemein-
wesen an der Belohnung des Guten und Bestrafung des Bösen
durch Gott festhalten. Der Theismus Voltaire's verlangt dea
unbedingten Glauben an Gott den Vergelter; seine Philosophie,
die auch die Frage der Unsterblichkeit dahin gestellt sein
lässt, kann zwar die Existenz Gottes, des Schöpfers und Er-
halters der Welt, beweisen, aber den göttlichen Ursprung des
Sittengesetzes bloss wahrscheinlich machen und uns überreden,
dass die sittliche Weltordnung nicht vei*neint werden müsse.
Religion ist demnach gleich der Entscheidung für die mora-
lisch und social werth volle Annahme, dass sich Gott für das
sittliche Leben interessire, was philosophisch nicht strenge er-
wiesen werden kann.^
Der reine Kant, wird man sagen. In Frankreich hegte
man die Meinung, Kant habe nur in schwer verständlicher,
schulgerechter Sprache gesagt, was vor ihm die Aufklärer,
Voltaire obenan, in graciöser, populärer Ausdrucksweise zum
1 Le syst&me des ath^es m*a tonjours parn tr^s-extravagant. Spinosa lui-
meme admettait une Intelligence nniTerselle. II ne 8*agit plus qae de
savoir si cette Intellig^nce a de la justice. Or, il xne parait impertinent
d*admettre an Dien injaste. (A Fr^d^ric-Goillaume, 11. Jlinner 1771.) —
II 7 a deuz sortes de th^istes: cenz qni pensent que Dien a fait le
monde sans donner k Thomme des r^gles da bien et da mal; il est
clair qae ceaz-I& ne doivent avoir qae le nom de philo-
sophes. Ilya ceaz qai croient qae Diea a donn^ k Thomme ane loi
natarelle (natürliches Sitteng^esetz), et il est certain qae ceaz-l& ont
ane religion, qooiqn^ils n*aient pas de colte ezt^rieur. (Art. Ath6e, II.)
Volftaire-Sftiidi«ii. 121
Gemeingut der Lese weit gemacht hätten.* Aber nicht bloss
hinsichtlich der Terminologie und des Vortrags unterscheiden
sich Kant und Voltaire. Der Letztere glaubt das Dasein Gottes
erweisen zu können^ er ist hierin Dogmatist: Kant's Kritik des
ErkenntnisBvermögens betrachtet die Idee Gottes nur als Po-
stulat der praktischen Vernunft. Voltaire schliesst aus der
empirischen Thatsache der Giltigkeit eines allen Völkern und
Zeiten gemeinsamen Sittengesetzes auf den göttlichen Ursprung
desselben: Kant baut auf die unbedingte Giltigkeit des Sitten-
gesetzes, für welches alle empirische Bestätigung iiTclevant
ist, den moralischen Glauben an Gott, Freiheit und Unsterb-
lichkeit. Der Gott Voltaire's ist in erster Linie Schöpfer und
Erhalter der natürlichen Welt und nach Analogie dieses Ver-
hältnisses auch Organisator und Hort der*von der natürlichen
nicht abtrennbaren sittlichen Welt: der Gott Kant's ist der
Harmonisator der natürlichen und sittlichen Weltordnung, jenes
höchste Wesen, das der Würdigkeit glücklich zu sein die
Glückseligkeit verbürgt. Voltaire legt auf den Nutzen des
Vergeltungsglaubens, dass der Einzelne einen Zaum fühle und
die Gesellschaft keinen Schaden erleide, Nachdruck: Kant
nicht; ihm ist der Glaube ein Bedürfniss der Vernunft an und
fiir sich. Voltaire unterscheidet nicht strenge zwischen Glauben
und Wissen; auch wird er seinen Skepticismus nie voll-
kommen los: nach Kant ist der moralische Glaube nothwendig
und allgemein giltig, indess nicht Wissen, sondern eben Glaube.
Die beiden Hauptsätze des Voltaire'schen Theismus sind ein-
ander coordinirt: Verehre Gott und sei gerecht. Kant sub-
ordinirt den Glauben an Gott und Unsterblichkeit der Moral.
Voltaire's Mensch ist seiner Anlage nach ein Gemisch von Gut
and Böse: Kant, der diesen Synkretismus verschmäht, bekennt
sich zur Lehre von dem radical Bösen der Menschennatur.
Darauf ruht seine Heils- und Erlösungslehre, deren es bei
Voltaire gar nicht bedarf. Kant knüpft an das Christenthum,
insbesondere den Protestantismus an; er denkt sich seine Lehre
als den geistigen Inhalt einer die historische Continuität wahren-
den Kirche und gibt sich unsägliche Mühe, den überlieferten
' Lftnfrey: L'^lise et les pbilosophes au dix-huitiime si^cle (2* ^d. Paris
1867), ptig. 343 ff.
122 Mayr. Voltoix«-8tadieii.
Mysterien einen fasslicben Sinn onterztdegen. Voltaire löst
mit Bewusstsein seinen Theismus von allem Zusammenluuige
mit Christenthum und Kirche ab, legt der kirchlichen Organi-
sation keinen Werth bei, verhöhnt und verwirft alle Dogmatik,
geht überhaupt in seiner Verneinung der Oeschichte weiter,
als Kant mit seiner Verneinung der statutarischen Religionen,
seiner Beschränkung des historischen Glaubens und seiner
Verdammung des Afterdienstes. Wir wollen der Parallele, die
sich ins Endlose fortspinnen liesse, ein Ende machen.
Krall. ManeihoniBches Geschichtswerlc. 123
Die Composition und die Schicksale des Mane-
thonischen Geschichtswerkes.
Von
Dr. Jacob Krall.
Mit besonderer Vorliebe hat sich in unserem Jahrhun-
derte die Forschung auf dem Gebiete altorientalischer Oe-
schichte dem Manethonischen Geschichtswerke zugewendet,
ich nenne nur die Namen von Boeckh, Bunsen, Lepsius,
firugsch, Lauth, Lieblein, Unger, v. Pessl. Sie alle haben
sich der mühevollen Aufgabe unterzogen, theils die erhaltenen
Listen zu ordnen, theils sie mit den Denkmälern zu ver-
gleichen, um dadurch möglichst sichere Grundlagen für die
ägyptische Chronographie zu gewinnen. Dagegen wurde eine
Reihe von Fragen, die direct diesem Zwecke nicht zu dienen
schienen, entweder als a priori ausgemacht angesehen oder
aber überhaupt gar nicht, in anderen Fällen wenigstens nicht
genügend in Betracht gezogen. In welchem Verhältnisse stehen
die Listen, die Josephus uns gibt zu den t6{i.oi, und wie haben
wir uns seine Zahlenangaben zu erklären — decken sich die
^'t^ hinsichtlich ihres Umfanges und ihrer Anlage mit den
Manethonischen ßißXoi — gehen sie auf eine von Manetho
seinem Werke beigefugte chronographische Uebersichtstafel
zurück, oder hat eine solche überhaupt niemals bestanden —
und wenn dies Letztere der Fall ist, wer sind dann die Ver-
gaser der T6|jL0t — woher kommen die bedeutenden Abwei-
chungen der uns vorliegenden ixSöast;, die doch alle von den
A'-p-Tioxa ausgehen — woher kommen die bedeutenden Ab-
weichungen in der Zählung und Benennung der Dynastien
(Potestates) des Barbarus, während die iytZoaev; des Africanus
und £a8ebius das Bestreben zeigen, hier gleichmässig vorzu-
124 Krall.
gehen — schlieBsIich, was haben wir von den Dynastien und
ihrer Zählung zu halten?
Aus mehreren Stellen in ^Manetho und die Hundsstern-
periode' kann man entnehmen , dass Boeckh mitten in seiner
Arbeit der Tragweite dieser Fragen , wenn auch leider nur
vorübergehend y sich bewusst ward. So schreibt er p. 498:
yuur wissen wir nicht, ob die vorhandenen Auszüge, nament-
lich des Africanus und Eusebius aus der Urschrift geflossen;
oder selber nur früheren Auszügen entlehnt sind', oder p. 499 :
,Josephu8 gibt einige Auszüge, und zwar etwas ausführlichere,
die sich nur auf etliche Dynastien beziehen; wobei es sehr
unwesentlich ist, dass er die Dynastien nicht unterscheidet;
die beiden anderen liefern ein ganzes System von Dynastien,
wobei es wieder sehr gleichgiltig, ob Manetho selbst oder ein
anderer auf ihn bauend die Abtheilungen gemacht habe', end-
lich p. 502: ,Nach Ueberlegung alles Angeführten dürfte sicli
kaum ein anderer Ausweg finden lassen als anzu-
nehmen, das Manethonische Werk, dem die Auszüge entlehnt
sind, habe den Anfertigern der letztern in einer Gestalt oder
in Gestalten vorgelegen, vermöge deren das Verschiedenste
daraus entnommen werden konnte'.
Diese Fragen weiter zu verfolgen ward Boeckh durch die
Anlage seiner gesammten Untersuchungen über Manetho ge-
hindert. Auf Grundlage der von den erwähnten Forschern
gemachten Beobachtungen wollen wir den Versuch einer Lö-
sung der aufgeworfenen Fragen wagen. Es kommen uns hiebei
zu Statten die gewaltigen Fortschritte, die die Erforschung der
Denkmäler Aegyptens und Assyriens in den letzten Decen-
nien gemacht, und die unsere Auffassung nicht nur der
orientalischen sondern überhaupt der ganzen alten Geschichte
wesentlich umgestaltet hat. Die bewunderungswürdige Geistes-
that Champollion's hat uns über dreissig Jahrhunderte mensch-
licher Entwickelung wiedererobert und uns gezeigt, wie all-
mälig der menschliche Geist zu der Höhe aufgestiegen ist,
auf der er früher unvermittelt im hellenischen Alterthume dem
staunenden Beobachter entgegentrat.
Wir haben früher einige Stellen aus dem Manetho von
Boeckh angeführt, um die Berechtigung^ der Fragen, zu deren
Lösung wir einige Bausteine zu liefern hoffen, darzuthun, wir
Mandthoniaehtts Oeiohiohtiwerk. 125
wollen noch ein Wort Boeckh's dahersetzen, welches zu unserer
Rechtfertigung dienen soll, wenn uns nicht immer gelungen
»ein sollte, die Wahrheit zu finden, (p. 394): ,Die Natur ist
frei von Irrthum und Lüge; die Erscheinungen, welche sie
offenbart, sind immer wahr: fehlt der Naturforscher, so liegt
die Schuld an ihm, an seiner unrichtigen Beobachtung oder
an unrichtigen Urtheilen und Schlüssen. Weit schlimmer steht
es mit dem geschichtlichen Versuch; die Ue herlief erungen, die
seine Grundlagen sind, hat Zufall, Nachlässigkeit, Lüge und
Betrag entstellt, und namentlich ist mir niemals ein verwirrterer
Gegenstand der Betrachtung als dieser Manetho vorgekommen^
Einleitung.
Die Vertreibung der Hyksos bezeichnet den Beginn einer
neuen glänzenden Periode der ägyptischen Geschichte; Hand
in Hand mit dem gewaltigen politischen Aufschwünge des
ägyptischen Volkes, der in der Begründung eines eigentlichen
Weltreiches gipfelt, geht ein neues Aufblühen der Wissen-
schaften und Künste. Mit besonderer Vorliebe wandte man
«ich der Erhaltung und Sammlung der vorhandenen schrift-
lichen Ueberreste der verflossenen Epoche zu, wie dies die in
dieser Zeit angefertigten zahlreichen Abschriften von uralten
Papyrus hinreichend beweisen. In dieser Zeit ist zugleich,
unserer jetzigen Kunde der Denkmäler zufolge, überhaupt das
Bestreben bei den ägyptischen Priestern erwacht, die ver-
gaDgenen Perioden ihrer Geschichte zu durchforschen und
chronologisch festzustellen. Aus der Zeit der Thutmosiden
und Ramessiden stammen die Wandgemälde von Karnak,
Abydos und Saqqarah, welche uns eine Auswahl der Könige
seit den frühesten Zeiten der ägyptischen Geschichte vor-
fahren, sowie der leider heutzutage nur in Trümmern vorlie*
^nde Turiner Papyrus, der eine nach Gruppen geordnete
Reihenfolge der ägyptischen Herrscher bis auf A^roes I. mit
ihren R^erungszahlen und ihrer Lebensdauer enthielt^
* Du Original des Toriner Papyms rührt aus der Zeit A^mes I. her, die
nns erhaltene Absclirift dagegen wnrde, da der Rflckentext hän6g das
126 Krall.
Es drängt sich uns nun unmittelbar die Frage auf, wie
weit waren die Aegypter in dieser Zeit in der Lage, das Älter
ihrer Cultur und den Anfang ihres Königthums chronologisch
festzustellen 7 umsomehr als von der richtigen Beantwortung
dieser Frage auch die richtige Auffassung der uns erhaltenen
Fragmente des Manethonischen Gescbichtswerkes abhängt,
welches nach des Verfassers ausdrücklicher Erklärung^ nichts
anderes als die einheimischen Urkunden den Griechen zu ver-
dolmetschen beabsichtigte.
In der Zeit der Thutmosiden besassen die Aegypter, wie
es nach den epochemachenden Forschungen von Riel^ fest-
steht, bereits ein festes Sonnenjahr mit vierjähriger Schaltang,
welches mit der jährlich constant um dieselbe Zeit eintretenden
Nilschwelle begann, dessen sich jedoch die Priester nur fiir
die Regelung der Feste bedienten, während für den bürger-
lichen Kalender das Wandeljahr in Verwendung blieb. Nach
je 120 Jahren verschob sich nun das Wandeljahr gegen das
feste Jahr um einen Monat, derart, dass wenn bei der Ein-
richtung des festen Jahres, dessen erster Monat der Thot, mit
dem ,Thot des Wandeljahres sich deckte, nach 120 Jahren
derselbe mit dem Paophi des Wandeljahres zusammenfiel. Für
diese Periode von 120 Jahren besassen die Aegypter die sowohl
im Todtenbuche als auch im Turiner Königspapyrus häufig
vorkomnxende Gruppe x v2 A Ai^ä Han-ti;^ für die Periode
^ A AAAA/V\ VN U U O
Namensschild des Königs Ramses III. enthält, unter den Bamessiden an-
gefertigt Lauth, Manetho nnd der Tnriner EÖnigspapyms 75.
> Josephus Contra Apionem I. 14, 1 ed. Müller: y^p«?£ yip 'EXX«8i ^wvt;
TT]v ::aTpiov larop^av, Ex te tojv Upcov, fo; ^Tjaiv auTO^, (iiETa^paaa; cf. I. 26, 1.
2 Karl Riel, Das Sonnen- und Siriusjahr der Bamessiden mit dem Qe-
heimniss der Schaltung und das Jahr des Julius Cäsar, Lei^izig 1875. —
Der Doppelkalender des Papyrus Ebers , verglichen mit dem Fest- nnd
Stemkalender von Dendera, 1876. — Der Thierkreis und das feste Jahr
von Dendera, 1878.
3 Auf Grund der Gleichstellung des Turiner Papyrus (ed. Lauth II, 7),
,19 Hanti 2280 (— 19 X 120) Jahre* ist schon von Hiuck« (in Wil-
kinson: The hier. pap. of Turin 55) ausgesprochen worden, dass man io
der Gruppe, die wir nach der Darlegung von Lauth (Manetho 72) dem
hieroglyphischen m gleichzusetzen und Hanti zu lesen haben, die Be-
zeichnung einer Periode von 120 Jahren vorliege. Cf. Lauth, Aegyptisclie
Chronologie p. 8.
Manethonisehei Oeeehiehtswerk. 127
voD 1460 jul. Jahren, nach deren Verlauf das feste und das
Wandeljahr sich wieder vollkommen deckten, hatten sie da-
gegen in der Zeit der Thutmosiden und Ramessiden wenigstens
gar keine Bezeichnung.
Diese Verschiebung des Wandeljahres gegen das feste
Jahr bot eine sichere Handhabe für die Chronologie dar. Man
brauchte nur festzustellen unter welchen Königen das feste
und das Wandeljahr mit einander coincidirt hatten — was
wohl keinen besonderen Schwierigkeiten unterlag, da die Priester
denen die Obsoi^e der Zeitrechnung anvertraut war, über die
Verschiebung der beiden Jahre genaue Aufzeichnungen be-
sitzen mussten — und hatte damit die Grundlagen gewonnen
um auf denselben das System der ägyptischen Chronologie
aufbauen zu können.
In welche Zeit &llt aber die Einrichtung des festen
Jahres? Nach Riel gehört sie in die Mitte des 18. Jahr-
hunderts, 1 in die Zeit sonach der Erhebung des nationalen
Königthums gegen die fremden Hyksos. ^ Wir werden jedoch
durch den Umstand, dass 1766/2 der erste Thot des festen
Jahres nicht mit dem ersten Thot, sondern mit dem ersten
Pachons des Wandeljahrs sich deckte, auf die Tetraeteris
2726/2 hingewiesen, und es ist die Möglichkeit nicht auszu-
schliessen, dass schon damals den Priestern die Bildung eines
festen Jahres gelungen sei , mit dem die Verschiebung des
damals gleichgesetzten festen und Wandeljahres ihren Anfang
glommen hätte, um so mehr, als auch die Inschrift des ^ap-
zefa,' die wohl unter den Sebekboteps entstanden ist, gewiss
aber der Zeit vor dem Einfalle der Hyksos angehört, das
grosse Nilfeat, das Uaga, ebenso wie die Festkalender der
Ramessidenzeit auf den 16 — 17 Thot verlegt. Darnach würde sich
zu diesem festen Jahre von 2726/2 das Jahr von 1766/2 ebenso
verhalten, wie sich zu dem letzteren das Jahr von Canopus
verhält, wiewohl nicht zu läugnen ist, dass die Reorganisation
des Kalenders unter dem Könige Set-äa-nub-pebti eine viel durch-
greifendere gewesen sein muss, als die unter Ptolemäus Euergetes.
> Biel, Sonnen- and Sirinsjahr p. 865.
* L L p. 107.
^ lieber die leider noch nicht bearbeitete, in jeder Beziehung sehr wichtige
Inschrift, cf. Bmgsch, Recueil I, p. 21, nnd Geschichte Aegyptens p. 185y
128 Krall.
Auf die Tetraeteris 2726/22 weist uns ferner hin der lange
bis auf Riel ' unerklärliche Bericht Herodot's , wonach ,die
Sonne viermals ihren Ort gewechselt hätte, wo sie jetzt auf-
gehe^ sei sie zweimal untergegangen, und wo sie jetzt unter-
gehe, sei sie zweimal aufgegangen, ohne dass sich irgend etwas
in der Natur ihres Landes oder Flusses geändert habe^^ Die
ägyptischen Priester hatten die Tetraeteriden 2726/22, 1986/2,
1266/2 und 526/2 im Auge; im Laufe dieser Zeit war die
Sonne zweimal im Sommerpunkte des Himmels, dem Morgen-
punkte der Normalsphäre, und zweimal im Winterpunkte, dem
normalen Abendpunkte, aufgegangen, sie hatte sonach viermal
ihren Ort am Himmel verändert, ebenso wie auch die Gestirne
ihren Lauf inzwischen viermal vertauscht hatten. Sei es nun^
dass die Priester die Tetraeteris bloss durch Rückrechnung ge-
wonnen hatten, sei es, dass damals thatsächlich die Aegypter
schon im Besitze eines festen Jahres waren, so viel ist aus
der angeführten Stelle Herodot*s sicher, dass die ägyptischen
Chronologen ihre auf astronomischer Grundlage basirten Auf-
stellungen über das 28. Jahrhundert vor Christi nicht gefuhrt
haben, in welcher Zeit sie, wie wir im Verlaufe unserer Unter-
suchung sehen werden, die Regierungen der Amenemhä und
Usertesen verlegten.
Die sichere Grundlage der Verschiebung des Wandel-
jahres und festen Jahres verliess die Aegypter fiär die Zeiten,
die vor dem Beginne der Herrschaft der Amenemhä und
Usurtesen lagen, in denen man ein Jahr von 365 V4 Tagen noch
nicht kannte — denn die Annahme, dass die Aegypter schon
von den frühesten Zeiten ihrer Cultur an, ein festes Jahr ge-
habt hätten, erscheint ganz unztdässig und wird durch die an-
geführte Stelle Herodot's widerlegt. Für diese Periode ihrer
Geschichte mussten sie auf andere Hilfsmittel bedacht sein.
Es lässt sich nicht läugnen, dass bei der frühen Ausbildung
der Hieroglyphenschrift, die schon auf den ältesten Denk-
mälern vollkommen ausgebildet uns entgegentritt und beim
sowie Mariette, Monuments divers p1. 64 — 68, wo sieh ein vortrefflicher
Abdruck der Inschrift findet und Brugsch, Mat^rianx p. 101.
« 1. 1. p. 184 f.
a Herodot II, 142.
ManethonischM Oeschichtawerk. 139
ausgesprochenen Sinne der Aegypter für die Erhaltung histo-
rischer Ueberlieferungen ^auf dass lebe ihr Name auf £rd6n
ewiglich^ schon aus früher Zeit Aufzeichnungen historischer
Art vorgelegen haben. Ausserdem umfasste die Geschichte der
ältesten Zeit eine Reihe von Regierungen von Snefru bis auf
die Königin Nitokris — darunter die Pyramidenerbauer —
über deren Reihenfolge und Oesammtdauer man nicht im
Zweifel sein konnte. Anders stand es mit den Regierungen
nach Nitokris und vor Snefru. Dort klafifte eine gewaltige Lücke,
die bezeichnet ist durch die Herrschaft fremder Stämme über
Aegypten, die einen gänzlichen Verfall in der Entwickelung
Aegyptens herbeigeführt haben, ^ mit dem sich der durch die
Hyksos bewirkte gar nicht vergleichen lässt, und wenn nicht
alles trügt, so haben die Gelehrten der Thutmosidenzeit über diese
denkmallose Periode keine genauen chronographischen Angaben
gehabt. Mit den Vorgängern Snefrus stehen wir ganz auf
mythischem Boden, nicht mit Unrecht beginnt die Tafel von
Eamak mit ihm die Reihe der ägyptischen historischen Könige.
Man braucht nur die Anmerkungen zu den ersten Dynastien
der TCjAoi des Africanus oder Eusebius zu lesen, um sich hievon
zu überzeugen. Da hören wir, dass unter dem Könige Boethos
f'n, 1) in Bubastus ,der Erde Schlund sich aufgethan und
mancher fuhr lebendig in die Hölle', ^ dass unter Nefercheres
(II, 7) jdes heiligen Stromes Wasser eilf Tage lang des
Honigs Wohlgeschmack annahm' und dass die Libyer durch
das plötzliche ,rie8ige Anwachsen des Mondes geschreckt, von
Xecherophes (III, 1) bezwungen wurden', wir erfahren, dass
Sesochris (II, 8) fünf Ellen lang gewesen sei, dass unter Se-
mempses (I, 8) eine Pest und unter Unnepher (I, 4) eine
Hungersnoth ausgebrochen seien ,trotz aller Noth und Pein
gefiers dem letztern auf der Stätte von Kakami (Schwarzstier)
durch Pyramidenbauten seine Leute zu beschäftigen'. ^ Auch
die Nachrichten, dass Binothris (II, 3) die weibliche Erbfolge
eingeführt, dass Kaiechos (II, 2) den Dienst des Apis, Mnevis
* Vergl. meinen Aufsatz ,Die Vorläufer der Hyksos*, in der Aeg. Z. 1879,
p. 34 f.
* Ich folge der Uebersetzung von Brugsch, die uns den Geist dieser uralten
Nachrichten recht gut wiedergibt (Geschichte Aegyptens p. 61 f.).
^ Vcrgl. hiezu Herodot I, 94.
Sttzwigiber. d. pbil.-hiBt Cl. XCV. Bd. 1. Hrt. 9
130 Krall.
und des heiligen Widders eingesetzt habe oder, dass Tosorthros
(III, 2) einer der Begründer der Arzneikunde, der ägyptische
Asklepios gewesen sei und die Kunst mit behauenen Steinen
Gebäude aufzuführen, erfunden habe, ^ können keinen höheren
Anspruch auf Geschichtlichkeit erheben als die Tradition, dass
das Fetialencollegium unter Numa Pompilius eingesetzt worden
sei 2 oder dass Jubal der Begründer der Musik und Thabal
Kain der der Metallarbeit gewesen sei. ^
Ueberdies sind wir sogar in der Lage die Entstehung
dieser Notizen bei den Aegyptern nachweisen zu können. Eine
Reihe von Capitelu; Formeln, die als besonders wirksam hin-
gestellt werden sollten, wurde von den Aegyptern auf die Zeit
ihrer ältesten Könige zurückgeführt. So heisst es z. B. im
Todtenbuche von c. 130, es sei gefunden worden unter dem
Könige ( — «— j IJusapti, also dem Usaphaides (I, 5)
dör TC(jLoi oder von c. 64 es stamme aus der Zeit des Königs
f Q .umij, JJ j Menkaura, Mykerinos, her, ferner lesen wir im
werthvollen medicinischen Papyrus Ebers von einer Haarsalbe
die schon von Seh der Mutter des Königs roo(| j Teta, also
allem Anscheine nach, dem Athotis (I, 2) der Listen bereitet
wurde. "^ Dass wir es bei diesen Angaben nicht mit echten
Ueberlieferungen zu thuu haben, ersehen wir einfach daraas,
dass dasselbe Capitel (das 64.) welches nach dem Turiner
Exemplar des Todtenbuches unter Menkaura aufgekommen
sein sollte, nach einer Reihe anderer Texte dem ( J Qu-
sap-ti zugeschrieben wurde. Derartige theils falsche theils
richtige Anmerkungen und Anspielungen, die in bedeutender
^ Trotzdem Iieisst es schon vom Nachfolg^er des Mena, Athotis ,6 rot v*
3 Dion. 2, 72. Plut. Numa 12, Camillus 18, Livius I, 32 schreibt sie da-
gegen dem Ancns Marcius; Cicero, de rep. 2, 17, dem Tallns Hostilius su.
3 Genesis 4, 22 ,die Zilla aber gebar auch, nämlich den Thabal Rain, den
Meister in allerlei Erz und Eisenwerke Cf. Delitzsch, Die Qenesis I,
p. 207. Knobel, Die Genesis p. 65.
* R. Lepsius, Ueber den Kalender des Papyrus Ebers und die Geschicht-
lichkeit der ältesten Nachrichten Aeg. Z. 1875 p. 145 gelangt zu einem
abweichenden Ergebnisse.
Muttthoniscbes Gaechichtinrerlr. lol
Anzahl selbst in den wenigen uns erhaltenen Resten der alt-
ägyptischen Literatur vorkommen , kamen den Priestern der
Thatmosidenzeity die daran gingen einen Canon ihrer ältesten
Oeschiohte zusammenzustellen, zur Ausfüllung desselben sehr
wohl zu Statten. Auch falsche Etymologien haben dazu her-
halten müssen, das dürre Verzeichniss von alten Eönigs-
namen zu beleben. Der vierte König der Tafel von Saqqarah
[\\ -^"^^^l Qa-qö'i ,Stier der Stiere', wird einfach wegen
dieses seines Namens in den t6|xoi als derjenige bezeichnet
M£v3i^uto<; 'zpdt^o^ evo{JL{oOir)aav eTvai Oeo»!.
Erweisen sich sonach die Anmerkungen zu den einzelnen
Königen vor Snefru als von sehr zweifelhaftem Werthe, so
steigert sich unser Misstrauen, wenn wir die Reihenfolge der-
selben sowie ihre Namen überhaupt ins Auge fassen. Die auf
uns gekommenen Königstafeln zeigen sowohl unter sich, als
auch mit Manetho und dem Turiner Papyrus verglichen^
eine Reihe von Abweichungen. Zuerst zeigt sich ein ver-
schiedener Voi^ang in der Auswahl der überlieferten Königs-
namen, d. h. derjenigen Namen, welche die Priester der Thut-
mosiden auf den ihnen vorliegenden Denkmälern überhaupt
erwähnt gefunden haben. So fehlen der grossen Königstafel
von Abydos bis auf Snefru drei oder vier Könige; die auf der
Tafel von Saqqarah stehen, dagegen hat diese sieben oder
acht Könige, die nicht auf der Tafel von Abydos vorkommen,
und merkwürdig, sie beginnt, ebensowenig als «die Tafel von
Kaniak aus der Zeit Thutmes lU., nicht mit Mena sondern
erst mit dem sechsten Könige der Tafel von Abydos — sollten
ihrem Verfasser t=^ vS M (, Tu(nu)ri, > in dem wir den
ältesten bisher uns namentlich bekannten historischen Kritiker
zu erkennen haben, über die Echtheit der ersten fünf Könige
Zweifel aufgestiegen sein?
Trotz der Sorgfalt mit der die Priester vorgegangen sind
und des ungemein reichhaltigen Materials das ihnen vorlag.
* S=3 Y^ (I [1 ta(nii)ri copÜBoh acoop fortem, potentem esse.
9»
132 Krall.
sind wir doch im Stande , da uns die Gräber von Gizeh und
Abydos, eine für die Aegypter verschlossene GeBchichtsquelle,
zur Verfügung stehen, einige Namen nachzutragen , die den
Forschern der Thutmosidenzeit entgangen sind ; wir finden auf
dem Steine von Palermo einen König [ (| ß j A^tes sowie
in dem Grabe des Senofemhet einen ( ^. (1 tj ^ J Aqau^or,
welche der sogenannten V. Dynastie des Africanus angehören
müssen, die jedoch auf den uns vorliegenden Listen gar nicht
vorkommen. ^
War sonach die Zahl der Vorgänger Snefru's steten
Schwankungen ausgesetzt, so war man ebenso vielfach im Un-
klaren über die Reihenfolge der einzelnen Fürsten. Da wir
hier keine eingehende Vergleichung der Eönigstafeln mit Ma-
netho und dem Turiner Papyrus geben können, so genügt es
auf einige typische Fälle hinzuweisen, die das von uns Gesagte
hinreichend erhärten werden. Vorerst erhebt sich hiebei die
Frage : wenn die Priester, wie wir darzuthun versuchten, keine
alten Verzeichnisse der Könige vor Snefru besassen, sondern
darauf beschränkt waren die einzelnen Namen erst zu sammeln,
wie war es für sie möglich eine geordnete Reihenfolge zu
geben? Hiezu waren ihnen zuerst dienlich die in der ihnen
vorliegenden Literatur wohl häufig vorkommenden Angaben
über Könige, die nacheinander regiert haben, durch deren
Verbindung man einige feste Punkte zu gewinnen im Stande
war. Der Papyrus Prisse gibt uns ein gutes Beispiel der-
artiger Angaben; ,da starb', berichtet er uns, ,seine Majestät
der König 5uni; siehe es folgte seine Majestät der König
Snefru als guter König über das ganze Land* — dadurch war
für die ägyptischen Forscher die Reihenfolge ^uni, Snefru ge-
sichert. Wie unzuverlässig jedoch dieses Material ist und wie
leicht dadurch die Priester zu falschen Aufstellungen verleitet
werden konnten, bezeugt uns eine Stelle des Berliner medi-
cinischen Papyrus. ,Aufgefunden wurde', heisst es in demselben,
,dies Capitel unterhalb der Füsse des göttlichen Anubis in der
Stadt Sochem (Letopolis) zur Zeit als Sapti König war. Nach
^ Cf. Ronge, Recherclies sur les monuments qu'on peut attribuer aux six
premieres dynasties p. 84, 88.
ManethoniscbM Geachichtswerlc.
133
dessen Tode ward die Schrift gebracht zu seiner Majestät dem
Könige Senta'. ^ Die natürlichste Deutung dieser Stelle —
und man hat auch vor Auffindung der Königstafeln von Abydos
und Saqqarah an derselben festgehalten^ — ist, dass König
Senta der Nachfolger Husapti's gewesen sei. Bei der Betrach-
timg der Königstafeln zeigt sich jedoch , dass beide Könige
durch sieben, beziehungsweise sechs Regierungen von einander
getrennt sind, dass die Priester sonach in der Lage gewesen
sind, durch anderweitige Hilfsmittel und Combinationen den
Zwischenraum auszufüllen. Dieses Beispiel ist ganz geeignet
uns zu zeigen, dass man bei Benützung ähnlicher Angaben
mit äusserster Vorsicht zu Werke gehen muss, und es würde
uns daher gar nicht überraschen, wenn irgend ein neuer Fund
darthun möchte, Snefru sei nicht der unmittelbare Nachfolger
Qttni's gewesen.
Die Vergleichung der beiden Königstafeln, zu der wir
nun übergehen, wird uns zeigen, dass auch die Priester der
Thutmosidenzeit über die Stellung einer Reihe von Königen
in ihrem Canon zweifelhafter Meinung gewesen sind.
AbydoB
8) Qebubu
WD
9) Bufau
10) Qaqeu
11) Ba-n-nuter
12) Utnas
c
Saqqarah
2) Qebubu
3) Ba(u)nuter
AfricanuB
I, 8 Bieneches
II, 1 Boethos
]
www I
4) Qaqeu
5) Ba-nuter
6) Utnas
II, 2 Kaiechos
II, 3 Binothris
II, 4 Tlas
' Clial>as, Melanges I. Bnigsch, Becueil de Monuments Egyptieus II. p. 113,
pLXV.
^ Cf. Laatb, Manetho p. 120.
134
Erall.
Wir sehen, dass an der Stelle, wo wir in der Tafel von
Saqqarah einen Bafau erwarten mfissen, da Vorgänger und
Nachfolger identisch sind, ein Ba(u)nQter steht Man pflegt
gewöhnlich anzunehmen, < dass wir es hier mit zwei Namen
f&r einen und denselben König zu thun haben, ein Blick auf
die t6(i.oi belehrt uns jedoch, dass Butau = Boethos und
Ba(u)nuter ^ Binothris ist Nach der Tafel von Abydos, und
mit ihr steht hier in vollkommener Uebereinstimmung Hanetho,
war Ba-n-nuter (Binothris) der Nachfolger Qaqeu's (Kaiechos) —
was bew(^ den Verfasser der Tafel von Saqqarah hieven ab-
zuweichen? Ein genaueres Eingehen auf seine Reihenfolge
zeigt uns, dass auch er auf Qa-qeu einen Ba-nuter folgen
liess; der Vorgänger und Nachfolger des Qaqeu sind sonach,
einige orthographische Kleinigkeiten abgerechnet, auf seiner
Tafel vollkommen identisch. Die Erklärung dieser so wunder-
lich scheinenden Thatsache ist nach dem Gesagten sehr
einfach. Der Verfasser der Tafel von Saqqarah fand in dem
hergebrachten Königscanon, der uns in der Tafel von AbydoB
und in den t6|xo( vorliegt einen Ba(u)nuter als Nachfolger des
Qaqeu, seine eigenen Forschungen wiesen ihn jedoch darauf
hin — und wer wollte ihre Berechtigung läugnen — dass ein
Ba(u)nuter der Vorgänger Qaqeu's gewesen sei; es blieb ihm
sonach nur übrig, entweder anzunehmen, dass es derselbe
König sei, und einzugestehen, dass man seine genaue Stellung
gar nicht fixiren könne oder aber zwei Ba(u)nuter aufzustellen.
Er wählte das letztere, um sowohl seinen eigenen Forschungen
als auch dem Canon gerecht zu werden.
Die Reihenfolge der Könige stellt sich nach dem Gesagten
folgendermassen :
Saqqarah
Abydos
8) Qebubu
9) Bufau
10) Qaqeu
11) Ba-n-nuter
12) ütnas
2) Qebubu
3) Ba(u)nuter
4) Qaqeu
5) Ba-nuter
6) Ufnas
AfricanuB
I, 8 Bieneches
II, 1 Boethos
II, 2 Kaiechos
II, 3 Binothris
II, 4 Tlas
1 Rongij Recherches p. 23.
ManethoBtfchM Geschlcbtswerlc. 135
Noch gröBser als bei Baunater ist das Schwanken der
ägyptischen Chronographen in Bezug auf die richtige Ein-
reihung eines anderen Königs des (olfjl Noferqarä. Nach
der Tafel von Abydos war er der unmittelbare Vorgänger des
Snefru, nach der Tafel von Saqqarah^ die hi^r mit dem t6(xoc
übereinstimmt; folgte er dagegen auf Senda ; Senda und Snefru
sind nun etwa durch über zehn Regierungen von einander ge-
trennt. Dasselbe können wir bei dem Könige ( O^^^::::^!!!
Nebqarä der Tafel von Saqqarah, der sich deckt mit dem
f^37[jl J Nebqa der Tafel von Abydos, sowie bei fS ^^ J
Hufefa beobachten. Eine vergleichende Zusammenstellung der
beiden Tafeln wird dies hinreichend darthun.
Abydos Saqqarfth
13) Senda 7) Senda
'8) Noferqarä
9) Noferqasokar
40) # f #
14) T'afai /^ 11) T'atai
15) Nebqa>
16) Sar "\<r'y^ ^2) Sar
17) Teta ^...-"'"O^ ^3) Sarteta
18) Sefes-
19) Noferqarä-'
14) Nebqarä
15) Huni
20) Snefru 16) Snefru
Als Nachfolger des Mena bezeichnet die Tafel von Abydos
eine Reihe von ,Niederwerfern' es sind (1 Teta, (jofl AteO,
Ata. Die T6(jLot kennen dagegen nur einen Athotis,
dafür nennen sie uns als zweiten Nachfolger des Mena
den König Kenkenes, welcher deutlich auf das ägyptische
Qenqen ,Gewalt' hinweist. Haben wir es hier
mit denselben Persönlichkeiten zu thun, führte der ,Nieder-
werfer^ noch den Beinamen der ,Gewaltsame', oder liegen uns
136 Krall.
hier Erscheinungen vor, wie wir schon mehrere bei den
Eönigstafeln beobachtet haben?
Wir kommen nun zu einem weiteren Hilfsmittel, dessen
sich die Priester bedient haben, um die überlieferten Königs-
namen in eine feste Reihenfolge zu bringen, nämlich zu dem
der freien Combination. Hier ist es vorerst nothwendig auf
die Bedeutung der Namen selbst einzugehen. ^
Mena (1 der Muthige,
AA/VS/>A I
Teta [1 der Niederwerfer,
AteO (1^1 der Schläger,
Ata 1J'=^^<^ der Verderbende,
Eenkenes der Gewaltsame,
A/WWA /WNA/NA
^usap-ti ^™ der Doppelgau,
SS
w
Meribapu xya der des Metall(baus) Beflissene.^
Semempses (^S^ j dss Bild des Ptah, ^
Qebubu ^ J § ^ ß der Opferer,
Bufau Ji ^y der Mastbaum, ^
Uf" -TjQ
^^=71) der Stier der Stiere,
1 Cf. Lanth, Manetho p. 87 f., der für den grössten Theil der Namen
dieser Könige ganz abscbUessend die Bedeutung festgesteUt hat.
'1(1 Ba auf dem der Sonnengott einherfährt (Todtenbuch ^Aelteste
Textes pl. 33, 59) ist entweder ein harter Stein (Brugsch) oder ein Metali
(Deveria, Chabas); 1 (] "^St, J O Ba ,Mine oder Steinbrnch*
(BrugBch). In der Bedeutung ^Wunder* Ifisst sich xy so viel uns bekannt
ist, nicht nachweisen; wir glauben daher an unserer Uebersetzung fest-
halten zu können.
' Lieblein, Recherches snr la Chronologie ^gjptienne p. 13, erinnert mit
Recht .up^^°j8em-a-ptab.
* Cf. Todtenbuch ed. Lepsius c. 99, 13.
Manethonisches Getchicbtowerk. 137
Ba-D-nuter ^^5J ]^'^^^ ^iö Seele des Gottes,
Uatnas ]| /wvsaa I der mit blühender Rede Begabte,
Senda I |l der Ehrwürdige.
Hutefa 1^^ ?
ratai H ® (1 ö der Kopf ,der Verständige^
Noferqarä olfj ^ gab die Güte (Schönheit),
Noferqasokar <r:>T[t Sokar gab die Güte (Schönheit),
Nobqara © ^^r:^ [_j Rä gab Gold,
Sar der Organisator,
Sarteta (1 der Organisator und Niederwerfer,
Huni 8 ^ vv der Drescher,
Snefrn PI*=>% der Wohlthätige.
Diese Reihenfolge gibt uns ein recht anschauliches Bild
Ton der Art und Weise ^ wie sich die Priester der Thutmo-
sidenzeit den Verlauf ihrer ältesten Geschichte vorgestellt haben.
Aus kriegerischen, anarchischen Zuständen Hessen sie das
Eönigthum hervorgehen und stellten an die Spitze ihrer Reiche
den ,Muthigen', den ,Niederwerfer', den ,Schläger', den , Ver-
derbenden', den ,Gewaltsamen', sonach diejenigen der über-
lieferten Königsnamen, welche ihnen auf eine eminent unruhige
Zeit hinzuweisen schienen. Dieser Vorgang wird uns gar nicht
auffaUend erscheinen, wenn wir die Zeit berücksichtigen in
der diese Tafeln entstanden sind — hatten die Aegypter nicht
während der Hyksoszeit das Königthum aus dem Chaos der
Verwirrung bei den fremden Eindringlingen hervorgehen ge-
sehen? ,Lange Jahre der Verwüstung und des Elends waren
über Aegjpten dahingegangen, endlich erhoben die Hyksos einen
König', so berichtet uns ja Josephus aus Manetho. Auf diese
Gruppe folgen Könige, die uns das Anbrechen einer neuen
besseren Zeit darlegen sollen, wie etwa auf Romulus und Tullus
138 Krall.
HoBtiliuB in der römischen Königsreihe Numa Pompilius und
Ancus Martins folgen. Die beiden Vertreter des Krieges in
der römischen Liste haben jedoch in der Sage ihren Platz ge-
hörig ausgefüllt — fortwährend waren sie mit kriegerischen
Unternehmungen beschäftigt — Athotis, ,der Niederwerfer' da-
gegen baute die Königsburg von Memphis und schrieb anato-
mische Werke, ,denn er war ein Arzt', — gewiss eine merk-
würdige Verbindung von zwei von einander ganz unabhängigen
Mythonströmungen. Mit ^usapti sehen wir den ägyptischen
Staat aus dem Chaos erstehen, es wird uns die Grundlage des
politischen ägyptischen Lebens ,der Doppelgau' (von Ober- und
Unterägypten), und im Anschlüsse daran die Erfindung der
Behandlung der Metalle vorgeführt — Meribipen ist der ägyp-
tische Thubal Kain. Sodann tritt uns die religiöse Seite des
ägyptischen Volkes (,da8 Bild des Ptah' und der ,Opferer',
endlich die Entwickelung des Handels und Verkehrs (das
Schiff, ,der Mastbaum') entgegen. Soweit das Leben im All-
gemeinen; mit Qaqeu betreten wir ein engeres Gebiet, es
werden uns die Menschen, die sich auf der Grundlage des nun
geordneten Staates erheben, nach ihren verschiedenen Eigen-
schaften hin, angeführt. Wie der Staat von kriegerischen An-
fängen ausging, so beginnt auch diese Reihe der Muthige (der
Stier der Stiere, der Krieger) hierauf folgt die ,Seele des
Gottes', die uns auf die priesterliche Thätigkeit hinweist, und
daran sich anschliessend der mit blühender Rede Begabte und
der ,Ehrwürdige' und der ,Verständige', die sich in demselben
Anschauungskreise bewegen. Den Beschluss bilden die mit
Götternamen gebildeten Königsringe — eine allem Anscheine
nach, in den ältesten Zeiten sehr seltene Art der Namen-
gebung — über deren Einfügung in die künstliche Reihenfolge
man, bezeichnend genug, wie wir gesehen haben, verschiedener
Meinung war.
Mit dem Könige Sar beginnt der Turiner Papyrus eine
neue Gruppe von Königen — er ist der Ordner, der Organi-
sator, in seinem Nachfolger Sarteta sehen wir die verflossene
Periode mit der neu angebrochenen vereinigt, er ist der Orga-
nisator und Niederwerfer. Noch einmal sehen wir das Spiel
sich wiederholen auf den ,Drescher', ,Schläger', Huni' folgt der
Uanathoniichee Geieliiclitsw«rk. 139
wohlthätige ^Snefru^^ mit dem wir in die monumental gesicherte
(xeschicfate Aegyptens eintreten.
Aus dem bisherigen Gange unserer Untersuchungen , die
weiter auszuführen unsere Aufgabe nicht gestattet , ergibt sich
etwa Folgendes: Die Priester der Thutmosidenzeit konnten ihre
chronologischen Untersuchungen auf astronomischen Grund-
lagen basirend, bis auf die Zeiten der Amenemhas und Usur-
teaen führen; fiir die vorhergehenden Perioden waren sie
einerseits auf die Sammlung aller vorhandenen Nachrichten,
andererseits auf freie Combination angewiesen. Besondere
Schwierigkeiten boten ihnen zwei Zeiträume ihrer ältesten
Geschichte dar; der eine, der charakterisirt ist durch den Ein-
fall fremder Völker in Aegjpten, der andere der die Snefru
vorangehenden Regierungen bis auf die Begründung des König-
thnms hin umfasste. Wie sie mit dem ersteren fertig wurden
lässt sich mit unseren jetzigen Mitteln nicht sagen, dagegen
li^ zur Beurtheilung ihrer Anordnung des letzteren ein reiches
Material vor. Wir haben die Entstehung der Nachrichten, die
sich an die einzelnen Könige knüpfen, verfolgt und gesehen,
dass sie entweder aus Etymologien, die keinen Werth fiir uns
beanspruchen können, oder aber durch Rückschlüsse aus
grossentheils unrichtigen Angaben gewonnen sind; wir haben
femer gesehen, dass über Auswahl und Reihenfolge der Kö-
nige Zweifel und oft sehr bedeutende Zweifel bestanden und
schliesslich, dass die überlieferten Namen in ein System ge-
bracht wurden, welches den Mangel an Nachrichten über die
Succession einer Reihe dieser uralten Könige ersetzen sollte.
Mit unseren jetzigen Mitteln sind wir gar nicht im Stande
Historisches und Unhistorisches in der uns vorliegenden Liste
zu scheiden; wir können nur sagen, dass keiner der Könige
vor Sar — etwa Senda ausgenommen ^ — durch gleichzeitige
Denkmäler uns bezeugt ist, ja was noch mehr sagen will, dass auf
den Denkmälern der Nachfolger Snefrus keinerlei Erwähnungen
dieser früheren Herrscher sich vorfinden, ^ während wir doch
in denselben häufig Priestern verstorbener Könige begegnen.
* Lanib, Manetho p. 123.
' Eben so wenig finden nch Erwähnungen nach der Art der des Königs
Ha-n-nsor (Y. Dynastie) auf einer Statuette des Königs Usurtesen. Rongd,
140 Krall.
Nicht plötzlich treten wir sonach aus dem unbekannten
Nichts mit Mena in das helle Licht der Geschichte, sondern
wir sehen vielmehr in der ersten Königsreihe des Turiner
Papyrus Fabel und Geschichte innig mit einander verflochten,
und wir können daher wohl die Behauptung wagen, dass die-
selbe mit der Liste der Patriarchen, zehn vor der Fluth, eben-
soviele nach derselben, zu vergleichen ist, ohne jedoch einen
Schluss auf gegenseitige Abhängigkeit der letzteren von der
ägyptischen, ziehen zu wollen.
Leider fehlt uns jegliche monumentale Nachricht darüber
wie gross die Aegypter den Zeitraum von Mena bis auf den
Beginn der Verschiebung des festen und des Wandeljahres an-
genommen haben; denn die Bruchstücke des Turiner Papyros
sind gar zu lückenhaft, als dass selbst eine Vermuthung in
dieser Hinsicht gestattet wäre. Da jedoch, wie wir bei Be-
trachtung der t6[jlo( des Eusebius beobachten werden, die Re-
gierung Mena's von dem Anfange der wirklichen Verschiebung
des festen und des Wandeljahres durch 1461 Jahre getrennt
gedacht wurde, so müssen wir annehmen, dass die Zeiten von
Menes bis auf Amenemha in Ermangelung anderer besserer
Hilfsmittel cyclisch zugeschnitten worden sei.
Unsere bisherigen Untersuchungen, die den hie und da
auftretenden Glauben einer bis auf Jahr und Tag möglichen
Bestimmung des Regierungsantrittes Mena's zu erschüttern und
eine richtigere Auffassung der Bedeutung der ältesten Periode
der ägyptischen Oeschichte zu begründen bemüht waren, zeigen
uns, dass das Werk, welches die Priester in der Zeit der
Thutmosiden und Ramessiden vollbracht haben, auf derselben
Höhe steht wie die Systeme der babylonischen, jüdischen,
griechischen und römischen Chronographen. Wie die jüdischen
Chronographen von dem Tempelbaue, so sind die römischen
von dem einzigen festen Datum ihrer alten Geschichte aus-
gegangen, dem der Einnahme Roms durch die Gallier Ol. 98/1
= 388/7 vor Christi, * und haben den Zeitraum der von der
Vertreibung der Könige bis auf die Alliaschlacht vei*flo88en
Recherches p. 89. Erst am Ende der &g}']>ti8chen Geschichte begegnen
wir einem Priester des Mena. Rouge 1. 1. 30, 31.
1 Mommsen, Römische Geschichte, I^ p. 331.
Han«thoiiiicb«B GeHchichtswerk. 141
war auf zwei SoBsosperioden =: 120 Jahre fixirt. Dadurch
kamen sie in das Jahr 508/7 vor Christi, von wo sie vier
Sossosperioden = 240 Jahre bis auf die Erbauung der Stadt
= 748/7 rechneten. * Der Gründungstag von Rom, der 21. April
747 fiel auf diese Weise, was den römischen Chronologen nur
erwünscht sein konnte, nahezu mit dem Beginne der Aera des
Nabonassar, 27. Februar 747; zusammen.^
Zum Schlüsse müssen wir daran erinnern, dass der An-
satz Amenemhä I. = 28. Jahrhundert v. Chr. nur gilt, wenn die
Annahme wahr ist, dass es den Aegyptern schon unter der Re-
gierung der Amemhä's gelungen sei, ein festes Jahr zu gründen,
gegen welches im 18. Jahrhunderte, wo sie nachweislich ein
solches besassen, das Wandeljahr um acht Monate verschoben
war. Sollten dagegen weitere Untersuchungen darthun, dass diese
Annahme unzulässig sei, dass die Aegypter erst im 18. Jahr-
hunderte ein festes Jahr gebildet haben, so müssten wir unsere
Folgerungen noch weiterfuhren ; wir müssten dann sagen, dass
die Priester ausgehend von dem sichern Punkte der Einrich-
tung des festen Jahres, der daran sich schliessenden Ver-
treibung der Hyksos und der Erhebung der Thutmosiden auf
die Zeit zurückrechneten, wo das feste und das Wandeljahr
sich deckten, und in dieselbe die Regierungen der Amenemhä,
der mächtigsten Herrscher der Vorzeit, verlegten. Noch eine
Epoche vorher fiel ihnen dann der Beginn des Eönigthums in
Aegypten, der Regierungsantritt Mena's.
Wir wenden uns nun zu den Götterregierungen. Nach
der ägyptischen Mythologie gingen den menschlichen Regie-
rungen die der Götter, Halbgötter und Manen voraus, für
welche unsere vorzüglichste Quelle ein Bruchstück des Turiner
Papyrus ist. Dasselbe gibt uns freilich nur über den ersten
Götterkreis Auskunft, indem es folgende Namen umfasst:
* Es eind dies die Ansätze des Fabins Pictor. In Uebereinstimmung mit
ihm yerlegt Poljbias III, 22 den Anfang der Republik in das Jahr 508/7.
et Mommsen, Römische Geschichte, I^ p. 460 A, 463 A; p. 204 macht
er darauf aufmerksam, dass die Theilung des Ganzen in 12 Einheiten
nationalitalisch sei; wodurch sich die Zahlen 120, 240 ganz ungezwungen
erklären.
' Bfidinger in Bnrsian's Jahresbericht über die Fortschritte der classischen
Alterthnmswissenschaft. 1873, II. B., p. 1182 A.
142 Krall.
Fr. 40 Ptab
Fr. 141 Rä
Seb
Osiris [Isis]
Sutech
Horus 300 J.
Thot 226 J.
MÄt (200) J.
Hör . . .
Rubrik.
Leider sind uns im Papyrus die Regierungen von nur drei
Gottheiten erhalten ; wir sind jedoch aus einem anderen Monu-
mente im Stande uns zu vergegenwärtigen, in welcher Weise die
Aegypter bei der Bildung dieser Zahlen vorgegangen sind. Aus
den werthvollen von Naville herausgegebenen, von Brugsch
übersetzten Inschriften, ^ über den Kampf des Horus und Sutech
erfahren wir, dass «Slmv^nn"?" ^(^^]f^'^
Anfange der Tetra@teris^ 363 des Rä Qarmachis' das Ringen
der beiden gewaltigen Oegner begonnen habe. Die Aegypter
haben sonach die Ereignisse, welche sich nach ihrer Mythologie
im Laufe eines Jahres vollzogen, auf eine grosse Periode von
365 X 4 Jahren, deren einzelne Tetraäteriden den Tagen des
gemeinen Jahres entsprachen, übertragen. Wie in dem letz-
teren Osiris, während der fünfzig Tage des Jahres, während
welcher der Samum über Aegypten weht, der Machtwaltung
des Sutech weichen muss , bis er in seinem • Sohne Horus zu
neuer Kraft wiedererwacht, den Kampf mit Sutech während
der Epagomenen (361. — 365. Tag) aufnimmt und seinen Gegner
veraichtet, so beginnt in der grossen Periode von 365 X ^
Jahren, von der 363. Tetraeteris ab, gegen Sutech der Kampf.
Wir werden diesen Angaben bei Besprechung der Oötterreihe
der Excerpta Barbari begegnen.
Wichtiger als das besprochene Fragment ist für unseren
Zweck Fragment 1, auf dem wir eine Zusammenfassung der
1 Navüle, Textes relatifs an mythe d*Honu. Bragsch, Abhandlungen der 6e-
Bellflchaft der Wissenschaften zu Göttingen, XIV, 173.
' Cf. Laath, Chronologie p. 29.
ManethonischM Qeschichtswerk. 143
Götterregierungen vor ans haben ; < die ersten Zeilen desselben
sind sehr lückenhaft, aus der zehnten Zeile jedoch ersehen
wir, dasB bis auf Mena 23.300 -f- ^ Jahre verflossen sind.
Nach dem Zeichen für 300 bricht das Fragment ab, es kann
jedoch kein Zweifel darüber sein, dass wir 23.376 Jahre zu
lesen haben, d. h. sechzehn Perioden zu 1461 Jahren. Die
Götterzeit ist im Turiner Papyrus cyclisch zugeschnitten; vor
Menes endete daher eine Periode von 1461 Jahren, mit der
Tetraeteris 2726/2 begann eine neue, die Zeit von Menes bis
aaf die Tetraeteris 2726/2 musste sonach entweder eine oder
mehrere Perioden zu 1461 Jahren umfassen (vgl. p. 140).
Also gestaltete sich das allgemeine Gerüste der ägyptischen
Chronographie in der Zeit da sich in ihrem Lande alles con-
ceDtrirte, was der menschliche Qeist überhaupt geleistet hatte
und wo zugleich die Völker des damals bekannten Erdkreises
den Herrschergeboten der Pharaonen sich fügten. Aus dieser
Zeit stammt das stolze Wort Thutmes III. : ,Siehe ewig wird
Theben bestehen, immerdar Amon herrschen, ich aber werde
erhalten bleiben in der Sage der spätesten Zeit'.^ Es kam
aber anders — die Macht Aegyptens zerfiel rasch um sich
nimmer zu erheben, der Cult des Amon wich anderen reli-
giösen Vorstellungen, und an die Stelle der Aegypter selbst
traten ganz andere Völker mit neuen Anlagen und Hervor-
bringungen. Wenn auch anfangs nur zögernd, haben die
Aegypter sich doch genöthigt gesehen, die Vorherrschaft der-
selben zuzugestehen, und da sie nicht mehr als die Herren
derselben gelten konnten, haben sie sich als ihre Lehrer und
Erzieher betrachtet.
So trat an die Aegypter die Nothwendigkeit heran, ein-
heimische und fremde historische Ueberlieferungen in Ueber-
einstimmung zu bringen, was nach beiden Seiten hin auf man-
nigfache Schwierigkeiten stiess. Einerseits fanden die Priester
in ihren Aufzeichnungen nichts Bestimmtes über die Oriechen
und Juden, deren Ueberlieferungen dennoch vielfach auf
Aegypten hinwiesen — ebenso mochte es dem griechischen
* Bong^, Recherches p. 162 f. gibt 22.300 Jahre, es ist jedoch mit Lauth
Chronologie p. 71 za lesen , Jahre 23.300* . . .
^ Hariette, Kamak XVI, 28—30.
144 Krall.
Forscher etwa des zweiten oder ersten Jahrhunderts ei^ehen,
der Nachrichten über das Erscheinen der römischen Gesandt-
schaft in Athen während des glänzenden perikleischen Zeit-
alters sich Raths erholen wollte * — andererseits fanden die
hohen Ansätze der Aegypter weder bei Griechen noch Juden
rechten Glauben. Schon der erste wissenschaftlich gebildete
Grieche, der Aegypten bereiste, Hekataios, kam mit den Angaben
der Priester in Conflict — er wusste ja, dass sein Stamm im
sechzehnten Gliede auf einen Gott zurückging, wie konnte er
es daher für möglich halten, trotz des Hinweises der Priester
auf die gewaltigen Kolosse der Piromis, d. h. der Menschen,^
dass 345 aufeinanderfolgende Generationen vor ihm in Aegypten
gelebt hätten, von denen keine an einen Gott oder einen Heros
anknüpfte. ^ Das Ergebniss der Thätigkeit auf dem Gebiete
der Verschmelzung der Ueberlieferungen — besonders der
chronographischen — der alten Völker, die in Aegypten seit den
Saiten sich zu vollziehen begann, und durch die Ptolemäer
neue Anregungen erhielt, waren einerseits die ideoxÖTü)^ {jlu8>
XoYOU{X6va,^ wie sie Josephus richtig bezeichnet, die Sagen,
aus denen sich fast alles zusammensetzte, was von den GriecheD
uns als ägyptische Geschichte überliefert worden ist, anderer-
seits die Reductionen der jüdischen und später der christlichen
Forscher.
Auf Aegypten wiesen hin, von griechischer Seite, die
Sagen von der lo, von Danaus dem Bruder des Aegyptos, die
auch schon von Amasis officiell anerkannt worden war, ^ und
dessen Nachkommen Perseus, sowie von dem Aufenthalte des
Menelaus in Aegypten ^' und hieran sich anschliessend die Frage
nach dem in Homer genannten Polybus, ^ der natürlich ein
^ Livius III, 31. Dionysius X, öl, 62, 54, 66.
2 Das Wort ^NT ' **°"*" ,Meu8chen* mit dem Artikel Pi-romu ist
im Hieroglyphischen selten, desto h&nfiger aber im Demotisehen und
Koptischen nachzuweisen, v. Birch in Wilkinson, Manners and Castoms.
1878, I, p. 12 A.
> Herodot II, 143.
^ Contra Apionem I, 16, 3.
6 Herodot II, 182.
« Herodot 11, 112 f. Homer Od. IV. 351 -352.
7 Odyssee IV, 126.
]fanethoDi«chet< Geschichtiiwerk. 145
König sein musste, sowie von Heracles und dem grausamen
Busiris ; * von jüdischer dagegen die Geschichten Abrahams,
Josephs, des Auszugs und besonders die Zeitrechnung der Er-
schaffung der Welt, der Sündfluth und der Völkerzerstreuung,
die sich bei den ursprünglich niederen Zahlen der heiligen
Bücher, mit den hohen Ansätzen der Aegypter nicht verein-
baren liessen.
Wiewohl ich in anderen Untersuchungen, auf den Ein-
flass, welchen die ägyptischen chronographischen Systeme auf
die der Griechen und Juden geübt haben, zurückzukommen
gedenke, so muss ich doch auch in diesem Zusammenhange
auf einen Punkt eingehen , der für unsere Ueberlieferung der
Hanethonischen t6{aoi von der höchsten Bedeutung gewesen ist
— ich meine die erhöhten Zahlen der Septuaginta. Im 3. und
2. Jahrhunderte vor Christi ist diese griechische Uebersetzung
des alten Testaments entstanden, *^ in einer Zeit sonach, welche
wie wir gesehen haben, die Traditionen der östlichen Völker
in Einklang zu setzen bemüht war. Sollte dieses Streben an
der in Aegypten und wohl in Alexandrien entstandenen Septua-
ginta spurlos vorübergegangen sein? Ein Blick auf eine ver-
gleichende Zusammenstellung der Zahlen für die Patriarchen
vor und nach der Fluth in dem hebräischen Urtexte und in
der Septuaginta^ wird uns leicht vom Gegentheile überzeugen.
Den Zeitraum von Adam bis zur Fluth hat die griechische
Uebersetzung um 606, den bedeutend kürzeren von der Fluth
bis auf die Einwanderung Abrahams gar um 650 Jahre ver-
längert, und dies alles nur vom Bestreben geleitet, den Anfang
der Menschengeschichte im Anschluss an die ägyptischen Ueber-
' Lepsins, Chronologie der Aegypter 273 f.
' De Wette-Scfarader, Einleitang in das alte Testament, p. 92 f.
3 Ich verweise auf die Tabellen bei Delitzsch Genesis I, 429« 430. Von
Adam verflossen bis znr Fluth nach dem hebräischen Texte 1656 Jahre
(130 + 105 4-90 + 70 + 65 + 162 -f- 65 + 187 + 182 + 500 + 100)
nach der Septuaginta dagegen 2262 Jahre (230 + 205 + 190 + 170
+ 166 + 162 + 187 + 188 + 600 + 100). Von der Fluth oder genauer
von der Geburt Arpachsad's bis auf Abrahams Einwanderung Hess
der hebräische Text 365 Jahre (100 + 35 + 30 4-34 + 30 + 32 + 30
+ 29 + 70 + 75), die Septuaginta hingegen 1015 Jahre (100 + 135
+ (130) + 130 + 134 + 130 + 132 + 130 + 79 + 70 + 75) verstreichen,
flitnngsber. d. phil.-hiit. Cl. XCV. Bd. I. Hft. 10
146 Krftll.
lieferungen möglichst hoch hinaufzurücken. Ohne an der über-
lieferten Lebensdauer der Patriarchen ^ im Allgemeinen zu
rütteln, haben die Urheber der Septuaginta dies dadurch er-
reicht, dass sie das Alter, welches die Urväter bei der (Geburt
ihres Erstgebornen hatten, fast durchgehends um 100 Jahre e^
höhten. Auch f&r die Zeit von Abrahams Einwanderung bis zum
Tempelbau^ weicht der griechische Text von dem hebräischen,
wenn auch nicht mehr so bedeutend, ab; so waren, von dem
Aufenthalte der Juden in Aegypten abgesehen — nach der
Septuaginta verstrichen von der Einwanderung Abrahams bis
zum Auszuge 430 Jahre, von denen die Hälfte auf den Auf-
enthalt der Juden in Aegypten entfielen — zwischen dem Aus-
züge und dem Tempelbau nach dem hebräischen Texte 480,
dagegen nach der Septuaginta nur 440 Jahre verflossen. Die
Zeit des Tempelbaus lässt sich freilich nicht bestimmt fest-
stellen, ^ wir können jedoch, da es für unseren Zweck auf eine
genaue Angabe gar nicht ankommt, für denselben die Mitte
des 10. Jahrhunderts vor Christi annehmen.
Tempelbau c. 950 a. Ch.
Vom Auszuge bis auf denselben 440 J.
Wanderschaft in Canaan und Aegypten 430 „
Von der Fluth bis auf Abrahams Einwanderung 1015 „
c. 2835 a. Ch.
Nach den Zahlen der Septuaginta fällt daher die Oeburt
ArpachSad's etwa 2835 vor Christi, und da er 135 Jahre alt
bei der Geburt Selah's war, so fällt seine Generation etwa
in die Jahre 2835—2700 vor Christi. Arpachfiad ist nun der
Sohn Sems, dessen jüngerer ^ Bruder Ham in der Genesis als
der Vater Mizraims bezeichnet wird, des ersten Aegypters nach
der Bibel, des Begründers des ägyptischen Staates überhaupt,
wie er ja auch in der That in den unter dem Einflüsse der
> Oppert, La Chronologie de la Gen&ae, p. 5 f. Berthenu im JahreaberichtP
der deutschen morgenländischen Gesellschaft. 1845, p. 40 f. Lepsius,
Chronologie der Aegypter p. 394 f. Prenss, die Zeitrechnung der Septua-
ginta p. 30 f.
' Unger, Chronologie p. 232.
3 Delitzsch, die Genesis I, p. 272.
]
HanethonischeB 0«8chich«8w«rk. 147
heiligen Schrift entstandenen Königslisten ^ an der Spitze der
menschlichen Könige erscheint. ArpachSad und Mizraim sind
sonach Vettern und Zeitgenossen, und es gehört auch des letz-
teren Generation etwa in die Jahre 2835 — 2700 vor Christi,
d. h. die Tetraeteris 2726/2, der Beginn der festen ägyptischen
Zeitrechnung und daher der sicher beglaubigten Geschichte,
fallt in die Generation Mizraims, und wir erhalten aus den
Zahlen der Septuaginta, die unter der Einwirkung der ägyp-
tischen Zeitrechnung zugeschnitten sind, einen neuen Beleg
für die Richtigkeit unserer bisherigen Ausführungen. Als unter
den Chronographen die Anschauung sich geltend machte, dass
anter Phalek die Völkerzerstreuung eingetreten sei, da sehen
wir, dass Africanus dessen Generation in die Jahre 2841 — 2712
setzte, derart, dass die Tetraöteris 2726/2, mit der die feste
ägyptische Zeitrechnung und auch der zweite t6[ijq^ begann, in
die Zeiten Phaleks fiel, vor dem ja an den Anfang von Staaten
nicht recht zu denken war. Wenn ferner das chronographische
System des Eusebius mannigfaltige Uebereinstimmungen mit
dem ägyptischen zeigt, ^ so wird uns dies, nachdem wir ge-
sehen haben, dass die Zahlen der Septuaginta selbst von der
Gleichung Mizraim = Anfang der sichern ägyptischen Ge-
schichte beeinflusst sind, gar nicht auffallend erscheinen, und
wir werden daher unsere Zuflucht zu der sehr unwahrschein-
lichen Annahme nicht zu nehmen brauchen, dass Eusebius sein
chronographisches System nach den ihm vorliegenden T6[jLot
bearbeitet hat, denen er in seinem Canon gar nicht gefolgt
ist, wie dies die Vergleichung der Ansätze {fiv die letzten
Dynastien deutlich zeigt. "^
* So beginnt der Canon des Syukellos mit ME(rrpa\[x 6 xat Myjvt);.
' V. Petsl, Das chronologische System Manetho*8. 1878, p. 101 f.
>Ttf(totde8 Ensebins XXIX. Dynastie: Nepherite annis VI, Akhöris
annis XIIL Phsammnthes anno I Mathesanno I, Nepherites mensibns IV
Canon des Eusebins Ephirites a. 6, Achoris a. 12, Psamathes a. 1,
Hephirites a. 18.
T^)ioi XXX Dynastie: Nectanebis annis X, Teos annis II, Nectanebns
annis YIII, Canon Teos a. 2. Nectanebns (alter, adhnc?) a. 18 (19 Z).
10*
148 Krall.
Dem neuen Culturvolke, den Griechen, welches unter der
Herrschaft der Ptolemäer alle Schichten des ägyptischen Volkes
zu durchdringen begann, fehlte zu einer richtigen Darstellung
ägyptischer Geschichte die genaue Kenntniss der Sprache, sowie
überhaupt das tiefere Eingehen auf die Eigenart des ägyptischen
Volkes; zugleich war ihnen wohl auch die Einsicht der in den
Tempelarchiven aufbewahrten heiligen Schriften, ohne welche
an eine richtige Darstellung ägyptischer Geschichte gar nicht
zu denken war, verwehrt. Da unternahm es im 3. Jahrhun-
derte vor Christi ein ägyptischer Priester selbst, der ganz mit
griechischer Bildung erfällt war, * Manetho aus Sebennytos,
den Griechen die Geschichte seines Volkes quellenmässig zu
erzählen, lieber Manetho's Leben sind wir fast gar nicht
unterrichtet, wir wissen nur^ dass er in den letzten Lebens-
jahren Ptolemäus I. schon die priesterliche Laufbahn beschritten
hatte^^ und dass sonach unter dessen Nachfolger Ptolemäus
Philadelphus der Höhepunkt seines Wirkens fiÜIt. ^ Alle an-
deren Angaben, die sich beim Synkellos finden, haben nur
einen problematischen Werth, da sie auf die Widmung der
unechten ßißXog xi^q SojOecog zurückgehen.^ Eine Reihe von
Schriften wird auf ihn zurückgeführt, von allen sind jedoch
nur spärliche Fragmente auf uns gekommen. Gewiss gehen
auf Manetho folgende Werke zurück:*^
1 Josephus C. A. I 14, 1 t^; 'KXXvjvtxijf [iETEa)rf)xoi>( :cai$E{ac.
2 Vgl. meine Schrift »Tacitus und der Orient* (Wien 1879, bei Konegen), I.
3 Da die Angabe zn dem vierten Könige der XII. Dynastie der tö^loi*
AayapT); o( lov ev ''ApaivofrT) XaßupivOov iauTco ra^ov xaiEoxEuaae doch wohl,
wie Unger , Chron. 2, annimmt, von Manetlio herrührt, so haben wir
neben der Angabe Plntarch*8, einen weiteren festen Anhaltspunkt sor
Bestimmung der Lebenszeit Manetho^s, sowie hauptsächlich der Abfaasungs-
zeit der A?YU7CTiaxa gewonnen. Die Stelle muss einige Zeit nach der
Vermlihlung der Arsinoe mit Ptolemäus II. geschrieben sein, da er ja zu
Ehren seiner Schwester und Gemahlin der Stadt Krokodilopolia den
Namen Arsinoe gab. Die Heirat fand nach Unger (1. 1. p. 2) im Jahre
277 statt. Droysen (Geschichte der Epigonen I, 268 A) verlegt sie da-
gegen ziemlich dicht vor das Jahr 266. In unseren Untersuchungen
,Tacitus und der Orient', haben wir uns dem Ansätze Ungera ange-
schlossen.
* Synkellos p. 40 A. Günstiger urtheilt über dieselben Lepsius, Chrono-
logie, p. 406.
* Müller, F. H. Gr. II, 511 f. Parthey, Ueber Isis und Osiris p. 180 f.
MaaethoiiischM Oetchichtswerk. 149
1) Ai-fiwrrtaxi
2) 'lepi ß{ßXo<;
3) 4>WlXü>V eXtTOfAI^
4) Il€pl ^Optbiv
5) Ilspt dpxaVa[Aou xae euaeߣ((Z^
6) Ilepl xaiaaxeut]; xu9{(ov.
Ob die vier letztgenannten Schriften nur Theile der
\i^x ßißXo<;, was uns mit Fruin * das Wahrscheinlichste scheint,
oder ob sie selbstständig erschienen sind, lässt sich mit Sicher-
heit nicht erkennen.
Von den angeführten Werken wird uns fortan nur das
erstgenannte, die Al-^u^JTzioaui zu beschäftigen haben, von dem
zum Glücke uns zahlreiche Fragmente^ erhalten sind. Unter
diesen kommen für unsere Untersuchungen diejenigen in erster
Linie in Betracht, welche Josephus in seiner Streitschrift
gegen Apion^ uns gibt; einerseits weil Josephus nach seiner
eigenen Versicherung wenigstens^ seinen Gewährsmann grossen-
theils wörtlich wiedergibt, andererseits weil er unter den
Quellen, auf die wir bei der Untersuchung der Fragmente
Manetho's angewiesen sind, Manetho der Zeit nach am näch-
sten steht, was bei einem Autor, der wie wir noch sehen
werden, im Laufe der Zeit so mannigfaltige Umgestaltungen
erfahren hat, sehr viel zu bedeuten hat. Jede Untersuchung
der Manethonischen Fragmente hat sonach von der primären
Quelle, von des Josephus Schrift Contra Apionem auszugehen
und vorerst an der Hand derselben eine möglichst deutliche
Vorstellung von der Anlage der AtYiwrcioxct zu gewinnen, die
noch immer trotz der fortschreitenden Erforschung der Denk-
mäler unsere Hauptquelle für die ägyptische Geschichte bilden
müssen. In zweiter Linie kommen dann für unsere Untersuchung
1 Hanetho p. LXXVI.
^ Ich bediene mich für den Africanus der Ansg^be von Unger in seiner
Chronologie des Manetho.
' Der eigentliche Titel dieser erst nach dem Jahre 101 verfassten Schrift
ist ixp\ Tcov ^louBa{(ov ap)^at^T7)T0(. Bei Hieronymns finden wir sie dagegen
Qnter dem jetzt allgemein fiblichen aber wenig passenden Namen auf-
geführt: xai 6uo ap^ratoTT^To; xata ^Ati^cdvo^ Ypa(A[iaTixou 'AX€^av8p^(i){. Cf.
J. G. Müller, Des Josephns Schrift gegen den Apion p. 17 f«
^ Wir kommen hierauf p. 152 zurück.
150 Kr*ll.
in Betracht die t6[aoc des Julius Africanus und Eusebius ^ sowie
die Excerpta latina Barbari. ^ Während uns Josephus Bruch-
stücke aus den ßCßXot der A^Yurnonca bringt, haben wir es hier
zu thun mit üebersichtstafeln ' zu chronologischen Zwecken,
die aus den ßCßXot gezogen worden sind, etwa in der Weise
wie Mark Aurel sich ausdrückt : feci excerpta ex libris 60 in
5 tomis.^ Während uns in den ß(ßXot die ernste und gedrun-
gene Darstellungsweise Manetho's entgegentritt^ werden uns in den
t6{jloi dürre Namen- und Zahlenverzeichnisse geboten, die hie
und da von kurzen Notizen und Synchronismen ans griechischer
und jüdischer Geschichte unterbrochen werden und in den
t6(xoi des Barbarus sogar gänzlich fehlen. Noch trüber fliessen
die Quellen, die uns in dem Vetus Chronicon und in den
Bruchstücken aus dem Sothisbuche beim Synkellos erhalten
sind. Ihre Verfasser haben kein Interesse mehr für Personen
und Ereignisse, sondern nur für Zahlen, ihre Quellen sind die
t6{xoi und die heilige Schrift, Quellen sonach, die auch uns zur
Verfügung stehen — für unsere Untersuchungen haben sie
daher keine Bedeutung, sie können uns höchstens zeigen, bis
zu welchem Grade die Verstümmelung der ursprünglichen
Manethonischen Angaben gediehen ist.
Schon Boeckh^ hat dargethan, dass das alte Chronicon
ein Machwerk späterer Zeit sei, welches zum Behufe der
Rechtfertigung der biblischen Zeitrechnung gegenüber der
ägyptischen angefertigt wurde. Es umfasste 36.525 Jahre,
d. h. 25 Cyclen von je 1461 Jahren, die auf 30 Dynastien und
113 Geschlechter, die in Auriten, Mesträer und Aegyptier zer-
fielen, vertheilt waren. Das Chronicon begann mit den Oötter-
regierungen und endigte mit Nectanebus, mit der Eroberung
Aegyptens durch Ochus sonach, mit welcher der Verfasser eine
Sothisperiode eintreten liess. Nach den Darlegungen von Boeckh^
^ A. Schöne, Eusebi Chronlcomm llbri dno, I, 131 f.
» Schöne L 1. I, 177 f.
' Das Wort t^(jio( als Synonym mit unserem Worte Tafel, findet sich an
verschiedenen Stellen, wir erinnern an das 6 tou noi9)(a 'z6\lo^ des Anian
beim Synkellos. Unger, Chronologie p. 9 f.
* Bei Fronto II 13, Unger, Chronologie p. 10.
» Manetho p. 424 f.
> Manetho 1. 1.
HluiothoDisclMf GeBchichtiw«rk. 151
Laath ^ und Unger, ^ auf die wir^ sowie wir das Sothisbuch
berOhren, verweisen, ist die Bedeutung des Vetus Chronicon
^^ S®1^> ^^ wissen nun, dass seine Quelle die t6{xoi des
EosebiuB waren ; und dass es allem Anscheine nach in der
zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts entstanden ist.
Auch die Unechtheit des Sothisbuches ist von Boeckh^
mit durchschlagenden Gründen dargethan worden, v. Gutschmid ^
and im Anschlüsse an ihn, Lauth^ haben die Werthlosigkeit
der von dem Sothisbuche als manethonisch gegebenen Zahl
3555 zur Gewissheit erhoben ; Lepsius ^ und Unger ^ verdanken
wir den Nachweis, dass es jünger als das Vetus Chronicon
ist, dem es nach Zweck und Werth vollkommen gleichsteht.
Zur Ausfüllung der Dynastien, die in den t6(jloi ohne nament-
liche Angabe der einzelnen Könige aufgeführt erscheinen, hat
der Verfasser des Sothisbuches die willkürlichsten Namen er-
fanden — so die ganze Reihe von Ramesses, Ramessomenes,
Ramesseseos, Ramessomeno, Ramesse Jubasse, Ramesse Uaphru,
die wie Lepshis und Lauth^ dargethan haben, die XVI. Dy-
nastie der TÖjiboe darstellen sollen.
Ebenso wenig als das Vetus Chronicon und das So-
thisbuch, werden wir bei unseren Untersuchungen ein drittes
Machwerk in Betracht ziehen, nämlich die angebliche erato-
sthenische Liste, die uns Sjnkellos theil weise erhalten hat.
Schon Rask hat darauf hingewiesen, dass die fUnfzehn ersten
Könige dieser Liste gerade wie die fünfzehn Geschlechter des
Chronicon 443 Jahre umfassen, in neuester Zeit hat H. Diels
den Beweis erbracht, dass die Liste ein Machwerk der nach-
christlichen Zeit sei. ^
Nachdem wir uns also den Weg frei gemacht haben,
wenden wir uns zur Betrachtung der Manethonischen Frag-
Manetho p. 14 f.
Chronologie des Manetho p. 20 f.
Manetho p. 396 f.
Bettrige rar Geschiclite des alten Orients p. 8.
Manetho p. 17.
Chronologie p. 413 f.
Chronologie Manetho^s p. 29 f.
Manetho p. 22.
Chronologische Untersnchangen über ApoUodor^s Chronica (Rheinisches
Museum 31 Bd., p. 1 f.).
152 Krall.
mente, wie sie uns bei Josephus vorli^en; ihn müssen wir
nach den Grundsätzen der historischen Kritik, da Manetho's
Werk verloren gegangen ist, als den ältesten Zeugen über
dasselbe vernehmen.
I. Capitel.
Die Fragmente des Josephus.
Die Manethonischen Fragmente bei Josephus behandeln
den Einfall der HyksoS; ihre Herrschaft über Aegypten, sowie
ihre Vertreibung durch das nationale Königthum, ferner die
Geschichte des Sethotis und Armais, in welche getrübte Er-
innerungen an den Kampf zwischen Sutech (Seth) und Har-
machis hineinspielen, endlich den Auszug der Juden, bei dem
Josephus näher verweilt. Zur Ausfüllung der Zeit, welche
zwischen diesen Ereignissen verflossen ist, dienen verschiedene
Königslisten, die von Synchronismen aus assyrischer und
griechischer Geschichte begleitet werden.
So wenig umfangreich und zusammenhängend diese Frag-
mente auch sind, so geben sie uns doch ein ganz genügendes
Bild von der knappen und ernsten Darstellung Manetho's, die
uns von Josephus theils wörtlich, theils auszugsweise wieder-
gegeben wird. Hier ist es vor allem für uns wichtig festzu-
stellen, mit welchem Grade von Genauigkeit Josephus bei der
wörtlichen Wiedergabe Manetho's vorgegangen ist, wobei uns
wohl zu Statten kommt, dass Josephus sich bei der Wider-
legung der Darstellung Manetho's über den Auszug der Juden,
veranlasst sieht, dieselbe noch einmal vorzuführen. Die Ver-
gleichung dieser beiden Reproductionen des Manethonischen
Textes ^ zeigt uns , dass wir bei Josephus auch in den wört-
^ I 26, 11: ^AvaXaßtjjv te t^v te ''Aniv xai Ta SXka xa sxEtai (JLETaTKfi^O^vTa
Isp« ^(ua, e06u( e2( A?6to3c{av aviJyOr] wird I 28, 10 wiedergegpebei/ \K\U'
v(i)9iv il^ T^v Ai6ioic(av sOBu; ovoBpavai, tov 61 ^Aniv xa{ nva rtov oXXtov
Up(uv ^(u(ov napaTE6Eix^vai Tot; UpEuai SiocouXaTTEaOai xsXEuaovTa oder 1 26,
13: Ol ok MoXu^rrai . . . xai Oiia^ xai a^ayEt? toutwv (sc. Tt5v Uptuv ?^cou>v)
UpEt; xoci Tzpo^if^XA^ i^vo^xal^oy ■>(if*zfj^on verwandelt sich I 28, 11 in tou;
'l£poooXu|Ji{Ta( . . . xai tov>; hpia^ otTEoa^dttTEiv. Ferner I 28, 5 (iia o^^eoov
ManethoniscliM GMchichtswerk. 153
liehen Fragmenten keine vollkommen genaue Wiedergabe seiner
Vorlage zu suchen haben, sondern, dass er im Gegentheile
sich zahlreiche Ungenauigkeiten und Versehen hat zu Schulden
konmien lassen, wie er denn auch I 26, 11 Kamses, den Sohn
des Amenophis, als Treviasii^^ uns vorführt, während er ihn
I 33, 6 dagegen veavtai; nennt ; ja nach I 29, 5 soll er zu der-
selben Zeit, also als ein (unijähriger Knabe, ein Heer gegen
die eingefallenen 7cot(i^ei; geführt haben.
StoBsen wir demnach schon hier auf eine Trübung des
Manethonischen Berichtes, wie er dem Josephus vorlag, so er-
öfihet sich uns keine erfreuliche Aussicht, wenn wir die Frage
aufwerfen, welche Veränderungen das ursprüngliche Manetho-
nische Qeschichtswerk bis auf die Zeit, wo Josephus sein
Bach Contra Apionem schrieb, erfahren hat, d. h. während
eines Zeitraumes von ungefähr drei und ein halb Jahrhun-
derten. Allem Anscheine nach lagen Josephus zwei verschie-
dene Handschriften der AiYurnoxa vor, aus denen er uns zwei
ganz abweichende Erklärungen des Namens der Hyksos gibt. ^
Die eine derselben, die mit den Denkmälern vollkommen
übereinstimmt, gehört wohl Manetho an, während die andere,
welche eine geringe Eenntniss der ägyptischen Sprache vor-
aussetzt, uns an die schönen Erklärungen in der Königsliste,
die dem Eratosthenes zugeschrieben wird, erinnert; sie findet
jedoch die Billigung des Josephus, da sie den Vorzug hat, mit
der jüdischen Tradition besser in Einklang zu stehen, wodurch
sie sich freilich in unseren Augen als ein später Zusatz irgend
eines jüdischen Gelehrten documentirt. Zu den Ungenauig-
keiten, die sich Josephus bei der Wiedergabe seiner Quelle
hat zu Schulden kommen lassen, treten sonach die Verände-
rungen hinzu, die jüdische und griechische Gelehrte, die gleich-
massig durch ihre Ueberlieferungen auf die ägyptische Chro-
nologie und Geschichte gewiesen waren, am Manethonischen
Texte vorgenommen haben, und deren Tragweite wir leider
fl^pq. auXXsyiivai wovon I 26, 6, wo der Bericht Manetho's wörtlich
wiedergegeben wird, nichta steht Ebenso I 27, 1: IvJxijaov (sc. Tob;
j»t{xba( xai TOU( p.tapou{) xai icoXXou; ob:oxT£(vavTE( ISfco^av auTou; Syijpt tcov
op(<i>v TfJ; IiMpiai dagegen ausföhrlicher I 29, 7 : 6 8k {i^XP^ '^^ Supfa;
svaiptuv, ^i)9iv, auTOu^ i^xoXouOtjoe $ia t^c (|;a[jL[jLou X7\^ avuopou.
' C. A. I 14, 16.
154 Krall.
ZU ermessen gar nicht in der Lage sind. Erwägt man ferner,
dass auch unser Text des Josephus viel zu wünschen übrig
lässty ^ so wird man zugeben müssen , dass wir selbst bei den
Fragmenten die uns Josephus bringt^ uns auf keinem sicheren
Boden bewegen.
Wir wenden uns nach diesen einleitenden Betrachtungen
zu den Königslisten und den chronologischen Angaben, die
uns Josephus mittheilt, da dieselben für unsere Untersuchung^
welche die Fragmente Manetho's nicht nach ihrer sachlichen,
sondern ihrer chronologischen Seite hin, zu prüfen hat, haupt-
sächlich in Betracht kommen. Werthvoll ist fiir uns hiebei
eine Bemerkung von Josephus, aus der wir erfahren, dass Ma-
netho jedem Könige auch die Zeit seiner Regierungsdauer sorg-
fältig beigefügt bat. ^ Bevor wir die Königsreihen näher ins Auge
fassen, müssen wir zweierlei uns ins Gedächtniss zurückrufen,
einmal die Flüchtigkeit, mit der Josephus arbeitet, und die
besonders in chronographischen Dingen sich leicht rächt, sodann,
dass wir es mit den Fragmenten eines Autors zu thun haben,
dessen Genauigkeit, selbst für die ältesten Zeiten, die Tafeln
von Saqqarah und Abydos auf das glänzendste bestätigt haben.
Wir gehen daher von der Ansicht aus, die wohl bei Niemanden
Anstoss erregen wird, dass grobe Verstösse in einer an Monu-
menten so reichen Zeit, wie die der Thutmosiden und Rames-
siden es ist, bei Manetho nicht vorauszusetzen sind.
Josephus gibt uns drei Königsreihen. Die erste I 14, 8
enthält die Hyksoskönige, die zweite I 15, 2 deckt sich grossen-
theils mit der XVIII. Dynastie des Africanus und Eusebius,
die letzte I 26, 4 mit der XIX. Dynastie.
Die Reihe in I 15, 2 lautet:
Thutmosis regiert nach der Vertreibung der
Hyksos 25 Jahre 4 Monate
Chebron, sein Sohn 13 „
Amenophis 20 „ 7 „
Amessis, seine Schwester 21 „ 9 „
Mephres 12 „ 9 „
1 y. Gutochmid, Beiträf^ 16.
3 C. A. 1 26, 3.
Manethonischea OMchichUwerk. lof)
MephramuthosiB 25 Jahre 10 Monate
ThmosiB . . / 9 „ 8 „
Amenophis 30 „ 10 „
Gros 36 „ 5 ^
AkenchriB, seine Tochter 12 „ 1 „
Rathotisy ihr Bmder 9 ;,
Akencheres 12 „ 5 „
Akencheres 12 „ 3 „
Annais 4 „ 1 „
Ramesses 1 „ 4 „
Armesses Miamun 66 „ 2 „
Amenophis 19 „ 6 „
Die Reihe wird von einem Könige eröffnet^ der von Jo-
sephas beharrlich Thutmosis genannt wird; es kann jedoch
kein Zweifel darüber bestehen, dass wir es hier mit dem Ver-
treiber der Hyksos, A^mes zu thun haben. Weiter unten
werden wir zu untersuchen haben, wie denn Josephus zu seiner
abweichenden Namensform gekommen ist , ^ hier genügt es
darauf hinzuweisen, dass die 25 Jahre, die diesem Könige
beigelegt werden, vortrefflich mit den monumentalen Angaben
stimmen, die das 22. Jahr des Abmes verzeichnen.^
Als dessen Nachfolger bezeichnet Josephus dessen Sohn
Chebron und dann Amenophis ; nach den Denkmälern dagegen
folgte auf Abmes vorerst sein Sohn Amenbotep I. und dann
Thutmes I. mit dem Beinamen O fl ^ [ ] Chep(er)-Rä-qa-ää,
in welchem wir das griechische X^ßpcov erkennen. Wir haben
es sonach mit denselben Königen zu thun, nur mit dem Unter-
schiede, dass in der Reihe des Josephus ihre Folge ver-
tauscht ist.
* Der annenische EiuebinB hat für ThutmosiB die ursprüngliche Form
Sethmosis und wir glauben, dass Josephus den König Set-nub-ti-Sä-pet^ti,
auf den wir in unserem Excurse zurückkommen, mit Al^mes entweder
verwechselt oder verschmolzen hat.
^ Rmgsch, Geschichte Aegyptens 258 f. Cf. überhaupt die vollstfindige Zu-
sammenstellung unserer Nachrichten über die XVIII. Dynastie des Afri-
eanus and Eusebius von Dr. Wiedemann in der Zeitschrift der morgen-
lindischen Gesellschaft Bd. 31 und 32, und Pleyte, ^Königin Makara*
(Aeg. Z. 1874, p. 43 f.).
156 Krall.
Als Nachfolgerin des Amenophis bezeichnet Josephus
dessen Schwester Amessis. Die Denkmäler wissen dagegen
Folgendes zu berichten : Thutmosis I. hinterliess drei Kinder,
eine Tochter Haiop und zwei Söhne, die späteren Thutmosis IL
und III. ^ von denen der letztere noch unmündig war. Auf
den Vater folgte Thutmosis IL, der nach ägyptischer Sitte mit
seiner Schwester Ha§op sich vermählte, die nach dem bald
eingetretenen Tode ihres Gemahls und Bruders die Regierung
für ihren Bruder Thutmes IIL führte. ^ Zu wiederholten Malen
finden wir Hasop neben ihrem königlichen Qemahl Thutmes 11.
als ü ^^ Amon-sat bezeichnet, d.h. Amensis oder Amessis.^
Die Liste des Josephus ignorirt die Regierung Thutmes II.
gänzlich, verzeichnet dagegen die seiner Mitregentin und
Schwester Amessis ; während hinwiederum die officiellen ägyp-
tischen Königsverzeichnisse nichts von Amessis-Hafiop wissen
und blos die Regierung von Thutmes IL und III. kennen.
Einundzwanzig Jahre sagt uns Josephus hat Amessis-HaSop
regiert. In denselben müssen zuerst die Jahre der Regierung
Thutmosis IL und dann auch die Jahre eingerechnet sein, in
denen Hai&op für ihren jüngeren Bruder Thutmosis III. die
Herrschaft führte. Die Denkmäler zeigen uns dagegen, dass
der grosse Eroberer die Mitherrschafb seiner Schwester über-
ging, und die Jahre deraelben sich allein zuzählte, wie er denn
! auch den Namen seiner Schwester auf den Inschriften aus-
I meisseln Hess. Leider verweigern die Denkmäler eine genaue
Auskunft darüber, wie lange HaSop mit Thutmes III. zusammen
regiert hat; wir wissen nur, dass das Jahr 16 des Thutmes
das letzte ist, in dem er mit seiner Schwester gemeinsam herr-
schend auftritt,^ und wir werden daher nicht viel von der
Wahrheit abweichen, wenn wir annehmen, dass seit seinem
16. Regierungsjahre, Thutmes allein die Herrschaft gefUhrt hat.
Von den 21 Jahren der Regierung der Amessis würden sonach
etwa 5 auf ihre Herrschaft mit Thutmes IL und 16 auf die mit
Thutmes IH. entfallen.
^ Bnig^ch, Geschichte Aegyptens, p. 276 f.
2 Pleyte 1. 1. p. 44.
3 Bnigsch 1. 1. p. 291.
ManethonisGhee Geechichtawerk. 157
Aof Amessis folgten nach der Liste des Josephus^ Mephres ^
mit 12 Jahren 9 Monaten^ Mephramuthosis mit 25 Jahren 10 Mo-
naten; aus den Denkmälern ist uns dagegen bekannt^ dass
Thutmes UI. genau 53 Jahre 11 Monate und 4 Tage^^ also
mnd 54 Jahre, regiert hat. Von denselben würden nach dem
Gesagten etwa 38 Jahre auf die Alleinherrschaft, 16 auf die
gemeinsame Regierung mit Ha§op fallen. Wir haben gesehen,
dass die Liste des Josephus die 16 Jahre in der Regierung
der Amessis untergebracht Iiat ; addiren wir nun die Regierungs-
dauer ihrer beiden Nachfolger, so erhalten wir die gesuchten
38 Jahre (und dazu 7 Monate), d. h. Mephres und Mephramu-
thosis) sind nicht zwei Könige sondern nur einer; ihre Re-
gierungen geben uns zusammengezählt die Zeit der AUein-
r^emng Thutmes IQ., wie denn der zweite Name nichts ist
als der, durch Thutmosis vermehrte, erste.
Wir erhalten sonach folgende Tafel der Regierungen der
Nachfolger des Ahmes:
1 Af^mes [Amasis] 25 Jahre 5 Monate
3 Amenl^otep [Amenophis] . 20 „ 7 „
2 Thutmes I. [ChebronJ ... 13 „
4 Amunsat-Ha&op [Amessis] .15 „ +Ji Thutmes II.
(16 ,. "I* ^1 KomAinsam mit ThntmM III.
5 Mephres ggj 12 J. 9 M. | 54 J. Thutmes III.
6 Mephramuthosis ... ( 25 „ 10 „ ]
Der B^nn der Herrschaft des Mesphramuthosis fällt
mit dem 30. Regierungsjahre Thutmes III. zusammen, wie aus
der vorstehenden Tabelle ersichtlich ist, also mit dem Jahre,
welches als Abschluss einer Triakontaeteride in der Regierung
jedes Königs vom ganzen Lande festlich begangen wurde.
Auf die Könige Mephres und Mephramuthosis folgen bei
Josephus Thmosis (9 Jahre 8 Monate), Amenophis (30 Jahre
10 Monate) und Orus (36 Jahre 5 Monate); die Denkmäler
dagegen geben uns die Reihe Amen^^otep IL, Thutmes IV. und
1 MVjtpp); ist wie das folgende tou zei^t, ein Mann und keine FraUi wozu
ihn einige Forscher gern machen möchten.
^ Bmgsch, J)er Tag der Thronbesteigung des dritten Thutmes' (Aeg. Z.
1874, p. 133 f.).
158 Krall.
Amenhotep III., sodann den König Amenhotep IV., Achn-n-aten,^
dessen Namen den Amonspriestem ein Gräuel war, hierauf
eine Reihe von Eleinkönigen , endlich Hor(-m-hib). In der
Liste ist sonach der Nachfolger Thutmes III., der zweite Amen-
t^otep, der nur kurze Zeit regiert haben kann — seine höchste
Regierungszahl, 3 Jahre, findet sich auf der Stele von Amada
— ausgelassen; hingegen sind dessen Nachfolger Thutmes m.
und Amenhotep III. an ihre richtige Stelle gesetzt Mit Honis
(Orus, Qor-m-t^ib) begegnet sich die Liste des Josephus mit
den Monumenten wieder. Achu-n-aten und seine unbedeutenden
Nachfolger sind bei Josephus verschoben, sie wurden hinter Onis
aufgeführt (cf. p. 185 und 187). Als seine Nachfolger werden uns
nämlich Akenchris, die als seine Tochter, und Rathotis, der als
ihr Bruder erscheint, und zwei Akencheres bezeichnet. Leider
werfen auch die Denkmäler kein genügendes Licht auf diese
Periode ägyptischer Geschichte; wir befinden uns daher bei
der Vergleichung mit denselben in keiner günstigen Lage.
Amenbotep IV. nahm, in ausgesprochenem Gegensatze zu den
Amonspriestem in Theben, bald nach seinem Regierungs-
antritte den Namen Achu-n-aten, Achu der Sonnenscheibe, an :
setzen wir hiefür Achu-n-rä, Achu der Sonne — der ägyp-
tischen Priesterschaft musste ja alles daran liegen jegliche
Erinnerung an den Cult des Aten zu vernichten — so er-
halten wir die ägyptische Form des griechischen Akencheres
oder nach der richtigeren Form bei Africanus und Euse-
bius Acherres. Josephus, in dessen Liste er als letzter der
nachgetragenen, als legitim von den Aegyptern nie anerkannten
Könige erscheint, gibt ihm 12 Jahre 3 Monate, womit die Denk-
mäler vollkommen übereinstimmen.^ Amenhotep IV., Achu-n-aten
starb ohne männliche Nachkommen zu hinterlassen. Eine seiner
Töchter Mer-aten war mit O [1 ^ — c m i Seää-next ver-
mählt; eine andere Anch-nes-pa-aten , die später den Namen
Änch-res-Amon annehmen musste , hatte n o^^-V- f ijl 1
* Ueber denselben vgl. Reinischf Ursprang und Entwickelnngflgeschichte de»
ägyptischen PrieBterthmns, Wien, 1877. Ueber den Namen Acha-n*aten
cf. meine oben (p. 148) angeführte Schrift ^Tacitos und der Orient' I, c. 2.
3 Ueber die ganze Zeit: Bmgsch 1. 1. p. 433^439, sowie Lepsins, Königs-
bnch Nr. 387—410.
XfanethonifchM 0«flchie1itsw«rk. 159
Amon-tut-änch Hiq-an-res zum Manne. Beide sowohl Seää-necht
als auch Tut-änch-Amon finden wir als Nachfolger Achu-n-aten's
erwähnt, ausserdem noch den ^heiligen Vater' M Qö H H ^^ ^®^
sich O m ^ ' -<^=*" Cheperu-rä-ar-mat nannte. Die Bemer-
kungen bei Akenchris und Rathotis ,seine Tochter', ,ihr Bruder'
geben uns keinen Sinn, wenn wir nicht den König Akencheres,
in welchem wir schon Achu-n-aten erkannt haben, zwischen sie
undOrus einschieben. Dann ist in der That Akenchris (Acherres
Africanus) — aus Anch-nes-pa-aten und dieses wie Achu-n-rä aus
Achu-n-aten so seinerseits aus Anch-nes-rä entstanden — seine
(nämlich des Achu-n-aten) Tochter und auch Rathotis (Rathos
Africanus) konnte als ihr Gemahl, nach ägyptischer Sitte als
Bruder gelten. In Rathotis haben wir nach dem Gesagten
den Amon-tut-änch zu erkennen; wie seine Gemahlin ihren
frühem Kamen Anch-nes-pa-aten in Anch-nes-amon verwandeln
musste, 80 mag auch er früher den Namen Aten-tut-änch geführt
liaben, welcher von Manetho durch R&-tut*änch wiedergegeben
wurde. Das ursprüngliche Aten der Denkmäler wird sonach
von Manetho durchgehends durch Rä ersetzt — in dieser ein-
fachen Thatsache liegt die Erklärung dieser sonst unlösbaren
Namen. Noch bleibt ein Name zu erwägen; es ist der zweite
Akencheres bei Josephus — wohl eine Verschreibung veranlasst
durch den gleichlautenden folgenden König — für den Afri-
canus die richtige Form Chebres gibt, worin wir unschwer
den Beinamen des heiligen Vaters Ai ,Chep(eru)-rft' wieder-
erkennen.
Seäft-necht, dessen Name das einzige ist, was die Denkmäler
von ihm bisher gemeldet haben, wurde von der Liste des Jo-
sephus mit Stillschweigen übergangen, die andern Herrscher
seit Amenl^otep III. finden sich dagegen alle in derselben, und
es stellt sich sonach die Reihe bei Josephus seit Thatmes III.,
mit den Denkmälern verglichen, folgendermassen :
[Amenbotep II. fehlt]
7 Thmosis fThutmes IV.J 9 J. 8 M.
8 Amenophis [Amenbotep ULJ 30 „ 10 „
13 Akencheres (Acherres) [Achu-n-aten] 12 „ 3 „
rS
10 Akenchris, seine Tochter [Anch-nes-pa-atenJ . 12 „ 1 „
160 Krall.
1 1 Rathotis; ihr Bruder [Äten-tut-änchJ 9 J. — M.
12 Akencberes (Chebres) [Chep(eru)-rä Ai] . . . . 12 „ 5 ^
9 Oros [Hor-m-hib] 36 „ 5 ^
Mit Horus lassen die Denkmäler ein Königsgeschlecht
ausgehen und ein neues, das der Ramessiden, an seine Stelle
treten. Der erste dieses Hauses war Ramessu I., ihm folgten
Mineptah Seti I. und Miamun Ramessu IL, von welchem
letztem wir das 67. Jahr auf den Denkmälern erwähnt finden ^
— es war sein letztes und gehörte ihm nicht ganz zu. Aof
Ramessu 11. folgten den monumentalen Nachrichten zufolge
Mineptah IL Qotept^iermä und hierauf Seti Mineptah III. Die
Liste des Josephus macht bei Orus (9. König) beziehungs-
weise Akencberes (13. König) keinen Abschnitt, sie setzt sich
fort mit Armais, Ramesses, Armesses Miamun (66 Jahre
2 Monate), und Amenophis (19 Jahre 6 Monate), mit dem das
Verzeichniss abbricht. Wir erhalten in den nächsten Para-
graphen die Geschichte des Verrathes, den Armais gegen seinen
Bruder den König Sethosis, der auch Ramesses hiess, begehen
wollte, der jedoch mit der Vertreibung des Armais endete,
welcher nun den Beinamen Danaus erhielt, während sein Bruder
den von Aegyptos bekam. Wie wir aus I 26, 4 ersehen, herrschte
Sethosis-Aegyptus nach diesen Ereignissen noch 59 Jahre, und
es folgte auf ihn sein Sohn Rampses, der 66 Jahre regierte.
Wenn, wie es in der That, nach der jetzigen Fassung der
Worte des Josephus den Anschein hat, der Sethosis-Ramesses
in I 15, 3, auf den Amenophis folgte, der die lange Königs-
reihe in 1 15, 2 abschloss, dann hätten wir folgende Reihenfolge:
Armais 4 Jahre 1 Monat
Ramesses 1 „ 4 „
Armesses Miamun 66 „ 2 „
Amenophis 19 „ 6 „
Hermaios und Sethosis
Sethosis [= Ramesses] ... 59 „
Rampses 66 „
» Pierret, Friere de Ramses IV & Osiri« (Revue Arch. XIX. p. 273),
Bnigsch 1. 1. 5Gt.
Man«tboBi8c)iM Geiichichtswerk. 161
Ganz abgesehen davon, dass eine solche Reihenfolge
monumental ganz undenkbar ist, zeigt eine ganz einfache Be-
trachtung derselben, dass hier nicht eine sondern die zwei
folgenden Reihen vorliegen*, die parallel mit einander laufen.
DenkmlÜer: I, 16, 2: I, 26, 4:
Armaiii 4J. IM. Hermaios [= Danaus]
SethoB L Ramenses .... 1.4. Sethosis 1 . 1 69J.
L= AegyptoBj
EamesaralLMeiamon Armesses Miamun 66 „ 2 „ Rampses 66 „
Meneptah II. Amenophis.
Der König Sethosis in I, 15, 3 folgte sonach nicht, wie
man nach dem Wortlaute der freilich verderbten Stelle, die
schon im Alterthume Anlass zu verschiedenen Conjecturen ge-
geben hat, 1 annehmen müsste, auf Amenophis , sondern im
Gegentheile war das Verhältniss folgendes: Josephus gibt in
I, 15, 2 die gesammte Reihenfolge der Könige seit Al^mes, dem
Vertreiber der Hyksos an, d. h. der Zeit, in welche er den
Äoszug der Juden setzte bis einschliesslich Amenophis (einem
der Könige der XIX. Dynastie des Africanus und Eusebius),
also dem Zeitpunkte, in welchem Manetho den Auszug statt-
finden Hess; er will uns hiedurch den Abstand zeigen, der
zwischen den beiden Ansätzen bestand, und damit einerseits
die Ansicht Manetho's widerlegen, andererseits uns das hohe
Alter des jüdischen Volkes vorführen. Zu diesem Zwecke
nimmt er auch I, 15, 3 die Geschichte von Sethosis und Armais
auf, die sonst für den Zusammenhang seiner Darstellung ganz
überflüssig ist, indem ihm die Identificirung des ersteren mit
Aegyptus, des letztern mit Danaus willkommenen Anlass gibt, zu
constatiren, dass 393 Jahre vor der Ankunft des Danaus in
* Bnnaen (Urknndenbuch p. 46) bemerkt zu der Stelle: Ipsa autem sen-
tentia vetereii jam exercnit (frammaticos e qnibnii invita Minerva aliquis
baec adflcripsit, qnae in marine Codd. Bi^. et Hafn. apposita legantar :
iiiperat Iv hipta ovrifpa^u o&tü>(*p.E6^ ov S^6ü>ai( xat *Pa{jL^aa7)( Suo aBeX^of,
0 (UV vouTix^v l)^oi>v Buva^iLiv TOU( xaTa OdIXaaaav obcavTcuvra^ SiE^cipouvTO
3a>Xtopx(üv * (UT^ ou izokh hl Tov 'Pa[ic9<T7)v aveXcov ^Apfiaiv &XXov auTou aSeX^bv
&:{Tpo:nv TTJ; A^Y^TTTou xacT^aiT]9Ev. Der Satz womit I, 15, 3 anbebt knüpft
nicht an den letzten König Amenophis, sondern an den drittletzten
König an, es moss daher heissen : *0 ti Si6ü>9tc xai 'Pa[i./90T];, licnixfjv
»R vauitx^v l^taw 8uva[i.iv, t6v «SeX^bv "Apfiaiv kKlxpono'i Tijc A^y^tctou xai^-
OTn«ev X. T. X.
ir. d. phii.-hiit. Ol. XCY. Bd. I. Hft 11
I
162 Krall.
Argos und nahezu tausend Jahre v o r dem trojanischen Kriege seine
Vorfahren aus Aegypten ausgewandert seien. Durch unsere An-
nahme, dass die Königsreihe in I, 26, 4 schon in der von 1, 15, 2
enthalten sei, lösen sich sofort die Schwierigkeiten der An-
knüpfung der beiden Listen, die schon in den Königslisten bei
Eusebius, wie wir noch sehen werden Spuren hinterlassen haben,
und wir gewinnen zugleich die erwünschteste Uebereinstim-
mung mit den Denkmälern. Nur eine Schwierigkeit scheint
sich unserer Auffassung entgegen zu stellen; in I, 15, 2 werden
dem Könige Ramesses 1 Jahr 4 Monate gegeben, während der,
nach unserer Annahme, mit ihm identische König Sethosis-
Aegyptos-Ramesses über 59 Jahre regierte. Diese scheinbare
Schwierigkeit bietet im Oegentheile einen weitem Beleg fär
die Richtigkeit unserer Ansicht. Aus der langen Inschrift von
Abydos ersehen wir nämlich, dass Seti I. [SethosisJ seinen Sohn
Ramessu II. sehr frühzeitig zum Mitregenten ernannt hat, und
zwar that er dies nicht aus Altersschwäche — Ramessu war
ja bei seiner Erhebung erst ein ,lockiger Knabe' [Inschrift
von Kuban] ^ — sondern aus politischen Gründen; durch die
Erhebung seines ältesten Sohnes, zugleich des Sohnes der
rechtmässigen Erbin des früheren Königshauses, konnte er nur
seine Stellung befestigen und vergessen machen, dass er nicht
aus einer königlichen Familie entsprossen sei. Wie lange Se-
thosis gemeinsam mit seinem Sohne die Regierung gefuhrt
hat, sagen uns die Denkmäler nicht, wir können mit Brugsch
nur sagen, dass mehr als die Hälfte der 66jährigen Re-
gierung Ramessu IL auf sein gemeinschaftliches Königthum
mit dem Vater zu rechnen sein dürfte. 2 Halten wir nun die
Angaben der beiden Listen in I, 15, 2 und I, 26, 4 gegen-
einander, so sehen wir, dass die erstere uns die Zeit der Allein-
herrschaft Sethosis L gibt, während die andere die seiner Ge-
sammtregierung über Aegypten uns vorfuhrt.
Nicht unerwähnt dürfen wir lassen, dass Josephus auch
hier flüchtig vorgegangen ist. Aus I, 26, 4 erfahren wir gar
nicht, wie lange die gemeinsame Regierung des Armais und
Sethosis gedauert hat, sondern es wird uns nur gesagt, dass
* Reinisch, Chrestomathie I, 10.
2 Brugsch 1. 1. p. 470—477.
Manethooisches Oeiichichtswerk. 163
Sethosis nach der Vertreibung seines Bruders aus Aegypten
noch 59 Jahre regiert hat; die Summe 518 in I, 26, 3 setzt
dagegen voraus, dass die 59 Jahre auch die gemeinsame Re-
gierung der Brüder umfassen, da sie aus den Posten 393 (Re-
gierungen bis auf die Brüder Sethosis und Ärmais) 59 (also
Sethosis und Ärmais) und 66 (Ramessu II.) gebildet ist. Ent-
scheiden zu wollen, welche dieser beiden Angaben die ohne-
dies nur um 4 Jahre (denn so lange dauerte nach I, 15, 2 die
gemeinsame Regierung der beiden Brüder) abweichen, die
richtigere sei, erscheint mir unthunlich.
Es ist ein buntes Wirrwar von genauen Angaben und
von Irrthümem, welches die beiden Listen des Josephus dar-
bieten; sie verschieben, wie wir gesehen haben, die Könige
Thutmes I. (Chebron) und Amentjiotep, sie übergehen mit Still-
schweigen die Könige Thutmes II. und Amentotep IL , sowie
den Fürsten Seäänecht, sie zerreissen die chronologische Reihen-
folge seit Amenopfais (Amenhotep III. = 8. König der Reihe) ;
ja noch mehr, sie machen aus dem einen Könige Thutmes III.
gar zwei, Mephres und Mephramuthosis; sie haben kein festes
Princip in der Auswahl der Könige. Während sie die Nach-
folger Amenhoteps III. als illegitim aus der officiellen Reihen-
folge ausscheiden und erst nach Horus nachtragen, geben sie
der Amessis 21 Jahre mit Ueberspringung ihres Oemahls
Thutmes IL, wiewohl ihre Regierung schon von ihrem Nach-
folger Thutmes III. als illegitim angesehen worden ist — mit
einem Worte die Listen sind entweder von Josephus selbst
oder von einem vor ihm lebenden Chronographen verfertigt
worden — denn dass sie unmöglich von Manetho herrühren
können, erscheint mir nach den bisherigien Darlegungen als
ausgemacht.
Wenn wir die Listen des Josephus mit denen des Euse-
bius vergleichen, so tritt uns die merkwürdige Erscheinung
entgegen, dass der Verfasser der letztern in den Fehler verfallen
ist, die Reihe I, 26, 4 an die von I, 15, 2 anzuschliessen ohne
zu bemerken, dass die letztere in der erstem schon ganz ent-
halten war. Dieser Fehler setzt die Kenntniss der Listen des
Josephus voraus, denn er ist nur aus ihnen zu erklären, und
wir müssen, da der durch denselben erwachsende Zuschuss
von Jahren durch die Anlage der Eusebischen t6{j.oi, wie wir
11»
164 Krall.
noch sehen werden, gefordert wird, annehmen^ dass der Ver-
fasser derselben den Josephus schon vor sich gehabt hat and
nicht etwa der Fehler von einem Spätem aus dem Josephus
in die t6{jlo'. hineingetragen worden ist. Auch die t6|jloi des
Africanus in ihrer jetzigen Gestalt tragen die Spuren der
Beeinflussung durch die Liste des Josephus deutlich an sich.
Dieselbe ist jedoch, wie die folgende Vergleichung zeigen wird,
nur etwas Aeusserliches, welches in die t6(i.oi von einem Manne
hineingetragen worden ist, der dieselben mit dem ihm eben-
falls vorliegenden Josephus zu vereinbaren bemüht war.
JosephnB : A fric&niu :
Akencheres .... 12 J. 1 M. XVIII. Acherres
Rathotis 9 „ Rathos .
Akencheres .... 12 ^ 5 „ Chebres
32 J.
6„
12 „
1 .
Akencheres .... 12 „ 3 „ Acherres . .
Armais 4 „ 1 „ Armessis . .
Ramesses 1 ,, 4 ,, Ramessis . .
Armesses Miamun 66 „ 2 „
Amenophis .... 19 ,, 6 „ Amenophut. . . 19 „
Die t6(j.c( des Africanus haben die XVIII. Dynastie um
drei Könige, die der XIX. Dynastie angehören bereichert;
wir können den Grund dieser Einfügung der drei Könige Ar-
messis, Ramessis und Amenophut leicht nachweisen. Sie geht
auf die zuerst von Josephus aufgebrachte Gleichsetzung der
Hyksos mit den Juden, nach der der Auszug unter dem Könige
Abmes I. stattgefunden hat, zurück. Diesem kommt nach den
Listen eine 25jährige Regierung zu, welche, da der Pharao
des Auszugs bei der Verfolgung, nach der heiligen Schrift,
seinen Tod fand, vor die Vertreibung der Hyksos fallen musste.
Auch Africanus hat, wie wir aus seiner Anmerkung zum Kö-
nige Amosis ersehen, der Ansicht des Josephus sich ange-
schlossen, und wir können daher vorläufig (cf. p. 217) an-
nehmen, Africanus selbst habe die Veränderungen an den
t6[jloi vorgenommen. In der That weisen seine t6|jloi für die
Hyksosdynastie statt der überlieferten 259 Jahre : 284 (259 + 25)
auf. Dafür hat Africanus die 25 Jahre des Ahmes ausgelassen,
da dieselben in der Zeit der Herrschaft der Hyksos einbe-
griffen waren, indem ja sein letztes Regierungsjahr sich mit
HanethoBiflches OMcbicbtswerk. 165
dem Jahre der Vertreibung der Fremden, also nach Josephus
und AfricamiB der £xodus, deckte — so erklärt sich die Ab-
wesenheit jeglicher Angabe der Regierungsdauer bei Abmes,
die schon dem Synkellos ^ aufgefallen war. Um den Ausfall
der 25 Jahre des Ahmes bei der XVIII. Dynastie zu decken,
nahm Africanus, oder wer immer die Veränderungen vorge-
nommen hat, aus der ihm bei Josephus vorliegenden Liste die
genannten drei Könige auf, deren Regierungszeit genau 25 Jahre
aasmachte. So glaubte er der heiligen Schrift, den ihm vor-
liegenden t6|mc und der so stark von denselben abweichenden
Liste des Josephus gerecht zu werden ; wie wenig ihm freilich
dies gelungen ist, werden wir später beobachten können. Halten
wir dies fest, so ist die Herstellung der ursprünglichen Fassung
der Td{JLS( sehr leicht, man braucht nur die Hyksosdynastie von
den 25 eingeschobenen Jahren zu befreien, Ahmes mit 25 Jahren
an die Spitze der XVHI. Dynastie zu setzen, und die letzten
drei Könige derselben zu streichen (cf. p. 173).
Wenn wir nun die von allen fremden Einflüssen gerei-
nigte Liste des Africanus mit der des Josephus vergleichen,
so finden wir, dass abgesehen von einigen wenigen Abwei-
chungen in den Regierungszahlen und Namensformen, die wir
dem schlechten Zustande unserer handschriftlichen Ueber-
lieferung zuzuschreiben haben, beide mit einander identisch
sind. Qanz dasselbe Verfahren in der Anordnung der Könige,
ganz dieselben Wunderlichkeiten und Versehen, die wir schon
oben näher ins Auge gefasst haben, und die uns bei den an-
deren Dynastien wiederholt begegnen werden, treten uns nicht
nur in der ursprünglichen, von den Veränderungen, die ein
später Chronograph vorgenommen hat, gereinigten Fassung
der XVin. Dynastie, sondern, wie wir vorgreifend bemerken
wollen, in allen übrigen Dynastien der t6[xo( entgegen und
^ ist daher der Schluss unabweisbar, dass Josephus seine
Listen nicht selbst gemacht, sondern dass er sie einer chrono-
logischen Tafel entnommen hat, die seinem Manetho-Exem-
plare beigefügt war, und die er natürlich als ein echt
Manethonisches Product ansah. Daraus erklärt es sich, dass
Josephus für Sethosis, den Bruder des Armais, zwei so ver-
* SjukeUoB 70, B : tou yap 'AfjL(i>; o\it* okta^ cTtiev Iit).
166 Krall.
Bchiedene Angaben uns mittheilt , die eine entnahm er den
Manethonischen ß(ßXct; die andere seiner chronologiBchen Tafel.
Er nimmt zu der letztern seine Zuflucht, wenn er dem Leser
T^v Twv xP^wv Ta^tv vorfuhren will (I, 15, 1), und es ist die
Möglichkeit vorhanden, dass wir in diesen Worten die Reste
des Namens der Tafel selbst zu suchen haben.
lieber die Anlage dieser Uebersichtstafel gibt uns die
Betrachtung zweier Stellen hinreichende Auskunft, von denen
wir die eine, 518, schon kennen (p. 163), und deren andere 393
den Erklärern sehr viele Schwierigkeiten gemacht hat. Seit Thut-
mosis, dem Vertreiber der Hyksos, waren bis auf die Brüder
Hermaios-Danaus und Sethosis-Aegyptus, nach der Angabe des
Josephus, 393 Jahre verflossen. Rechnet man jedoch die Re-
gierungszahlen der gesammten Reihe der Könige in I, 15, 2 zu-
sammen, so erhält man erst 333 Jahre, und da es leider nicht
einmal gestattet war, an das beliebte Auskunftsmittel einer Ver-
schreibung zu denken, da Josephus die Zahl zweimal gibt und
weil überdies die zweite Zahl 518 die erstere voraussetzt, ^ so
blieb scheinbar nichts anderes übrig als anzunehmen, Josephus
habe zweierlei Redactionen dieser Listen vor sich gehabt'
Nach unserer Auffassung der Liste stellt sich die Sache
dagegen einfach so : Wenn die 393 Jahre nur bis zu den Brü-
dern Hermaios und Sethosis gingen, so müssen wir die Re-
gierungen von Armais (4 Jahre 1 Monat), Ramesses (1 Jahr 4 Mo-
nate), Armesses (66 Jahre 2 Monate) und Amenophis (19 Jahre
6 Monate), also zusammen 91 Jahre 1 Monat, von der Qesammt-
summe 333 abziehen, wodurch wir 242 Jahre erhalten. Ziehen
wir 242 von 393 ab, so verbleiben uns 151 Jahre, die wir
irgendwie unterbringen müssen. Hier setzt eine Angabe des
Africanus ein, die er bei der XVII. Dynastie, die vor Thut-
mosis-Ahmes regiert hat, anführt : 6(j.ou ol xoi{i.evs(;, xal ol Btjßaic:
£ßa9(XsuaaveTY2pva'[151]. Ahmes begründete kein neues Geschlecht;
er ist ja, wie wir aus Josephus wissen, der Sohn des Mephra-
muthosis; seine Vorfahren hatten sich, wie wir aus Africanus
1 C. A. I, 26, 4; 16, 1; 26, 3; 31, 2.
2 MüUer F. H. Gr. II, 574 . . . miraris sane licet Josepham exputare annos
393. Non enixn librarii error subesse videtur, quam eondem nitmerum
denno memoret in sequentibus. Hand dubie aliena miscuit Josephas, qnem
8cimu8 diversas MaDethoniani operis recensiones ante ocuIob habnisse.
Manethouiscbes OMchicbtswerk. 167
ersehen, lange vorher gegen die Hyksos erhoben und gegen
sie einen 151jährigen Krieg geführt. Hiemit haben wir die
Erklärung der wunderlichen Zahl 393 gewonnen, sie gibt uns
die Qesammtregierung der thebanischen Fürsten seit dem
Ausgange des letzten legitimen Hyksos, über den, wie wir
noch sehen werden, bei dem Verfasser der TCfMi Zweifel be-
standen. Josephus fand die Zahl in seiner Tafel, wohl am
Ausgange des Geschlechtes vor dem Emporkommen der Brüder
Danaus und Aegyptus, verzeichnet und glaubte sie auf die Re-
gierungsdauer der thebanischen Fürsten seit A^mes beziehen
za müssen, während sie im Gegentheile auch noch alle seine
königlichen Vorfahren umfasste.
Ans dem Gesagten ergibt sich, dass die Zahl 393 nicht
von Josephus gemacht sein kann, wie etwa die Zahl 518,
welche er durch Summirung der Posten 393 -f- 59 + 66 ge-
wann, wobei ihm das Versehen unterlief, die Jahre der gemein-
samen Regierung des Sethosis und Ramesses Miamun doppelt
zu zählen. Wir ersehen ferner, dass die Tafel, die dem Jo-
sephus vorlag, die XVII. und XVIII. Dynastie des Africanus
nicht getrennt vorführte, sondern noch als ein Ganzes rechnete,
was auch ganz natürlich war, da der letzte König der XVII.
Dynastie der Vater des ersten der XVIII. Dynastie war, und
das Ereigniss der Vertreibung der Hyksos gar nicht so ein-
schneidend war; denn schon in dem Momente, da in Theben
sich einheimische Fürsten erhoben, hörte in den Augen der
Aegypter die Hyksosdynastie auf, legitim zu sein. Dagegen
ist bei Horus der Abschnitt gerechtfertigt, denn mit seinen
Nachfolgern Ramessu I. und Seti I. betritt ein neues Herrscher-
geschlecht den ägyptischen Thron, es ist das der Ramessiden.
Allem Anscheine nach hat der Verfasser der chronographischen
Uebersichtstafel, von der uns Bruchstücke in den Listen des
Josephus erhalten sind, die Königsgruppen nach Familien ge-
schieden, wahrscheinlich nach dem Vorgange von Manetho
selbst So erklärt sich, dass Königsgruppen so oft mit Frauen
ausgehen, es sind eben die letzten Sprossen von Königsfamilien,
mit deren Hand auch die Herrschaft an fremde Königshäuser
überging. *
' Cf. aach Lauih, Manetho p. 116, der freilich dieses Qesetz auch auf die
soi^nannte XVIll. Dynastie erstreckt, wo es keine Giltigkeit hat, denn
168 Krall.
Findeo wir nun einerseits, dass die ursprünglich eine
Gruppe bildenden thebanischen Fürsten in zwei Dynastien ge-
spalten wurden, so muss uns andererseits auffallend erscheinen,
dass Josephus den Einschnitt bei Hermaios und Sethosis, mit
denen ja eine neue Gruppe begann, gar nicht betont; es kann
daher auch seine Vorlage denselben nicht zu markant be-
zeichnet haben. Wenn Josephus ferner mit Amenophis die
Reihe in I, 15, 2 abbricht, so geschieht diess nicht etwa, weil
dieser König den Abschluss einer neuen Gruppe bildete, son-
dern einfach aus dem Grunde, weil Josephus dem Leser nur
die Könige bis zum Auszuge vorführen wollte. Amenophis
schloss ja kein Geschlecht ab , wie uns die Darstellung des
Auszuges bei Josephus selbst I, 26 bezeugt, und es lag für den
Verfasser der Listen des Josephus daher kein Grund vor, nach
Amenophis einen Abschnitt zu machen.
Zu diesen Beobachtungen tritt eine neue, ergänzende hinzu.
Das Wort, welches in den angeblichen Manethonischen Frag-
menten bei Africanus so häufig vorkommt, und in unserer
Vorstellung als untrennbar von den AiYux7tax.3( selbst erscheint,
SuvaoT£{a ist in den echten Fragmenten xcrra X^|(v bei Josephus
gar nicht nachzuweisen. In den auszugsweise wiedergegebenen
Fragmenten kommt es wohl einmal vor I, 14, 15: <poßou{Aivou; o^
T^v !A.aaupia>v Suva9Te(av ; wir müssen uns jedoch vorerst daran
erinnern, dass man auf den Wortlaut in den auszugsweise
gegebenen Stellen bei Josephus nicht viel bauen kann ; es zeigt
sich sodann, dass die betrachtete Stelle nichts anderes ist, als
die Paraphrase von I, 14, 6: rpoop(ö|xevo(; 'Aaoupiwv i6xe \kiZw
ioxü6vT(i)V 6(joiJLivTf)v l7ctÖü|xia vq^ auTTj? ßocriXeiaj; l^oSov, worin sich
nichts von ^uvaareC« findet. Während wir sonach in den echten
Fragmenten Manetho's bei Josephus das Wort Suvoorsta als
technischen Ausdruck gar nicht finden, tritt uns dagegen das
Wort ßaffiXfita in zwei Stellen xaT« X^$iv I, 14, 6, I, 15, 6 und in
I, 26, 3 entgegen ^ sowie auf den bilinguen Inschriften der Pto-
HaSop beendete kein Geschlecht, ihr Nachfolger war ja ihr Bruder
Thutmes III.
^ C. A. I, 14, 6 Eao^i^vTiv e7:i0up.{a ttJ; au-rij; ßaaiXEJa; ^f oSov. I, 26, 3 xsi 012
TouTo ^p^vov ouTOu -»]( ßaaUE^af 6p{aat {x^ ToXp.iJaac. I, 15, 6 xai ExpflCT7]cr£
Hanetbonisches 0«schicbtBirwk. 169
lemäerzeit ^ und dem entsprechend heisst es zur ersten Dynastie
bei AfricanuB (JieTdc vex6a^ xal tou«; ^{AtOeou^ Tup^nQ ßaaiXsCa xaiäc-
piOjAsiTat — es ist dies ein spärlicher üeberrest der alten Be-
zeichnung. Seiner etymologischen Bildung nach entspricht der
Name vollkommen dem technischen ägyptischen Ausdrucke
l(l[|oj|i von I j| ,König'; wie ßaciXeia von ^ocaCkedq, Der
Untersuchung der beiden 6x.36as((; des Africanus und Eusebius
moss es vorbehalten bleiben, diese Beobachtungen aufzunehi^en
und weiter auszuführen; erst aus der Vergleichung derselben
wird sich herausstellen; was es für eine Bewandtniss hat mit
den Suvoareiai, die — schon nach dem Gesagten zu schliessen —
Manetho ganz fremd gewesen zu sein scheinen.
Während wir aus den t6{jloi des Africanus und Eusebius ge-
wohnt sind; bei Manetho ein festes, in allen Einzelnheiten aus-
gebautes chronographisches System zu suchen , finden wir in
den echten Fragmenten Manetho's bei Josephus das Gegentheil
bezeugt ; selbst wo wir Zahlenangaben wünschen möchten, gibt
sie uns Manetho nicht. Wir vermissen bei ihm eine genaue
Angabe darüber, wann die Hyksos sich entschlossen haben,
einen König zu erheben, Manetho sagt nur Tzipaq (I, 14, 5);
ebenso wenig wird uns mitgetheilt, wie lange der x6XetjL0^ (AeY^q
ir. zcXuxp6vto? (I, 14, 13) gedauert habe. Wir können diesen
Mangel nicht der Fahrlässigkeit des Josephus zur Last legen;
denn es ist gar nicht wahrscheinlich, er habe anstatt der ge-
nauen Zahlenangabe des Manetho ein xepa^ oder ein 'jz6\s,\iaq
^sA'jXpdvto; gesetzt. Zur Gewissheit wird sich der Mangel eines
ausgebildeten chronographischen Systems erheben, wenn wir
an der Hand der exSoaei; des Africanus und Eusebius werden
beobachtet haben, wie die Verfasser derselben sich bemüht
haben, aus den Ai^uTmoexik ein System zu zimmern, und zu
welchen sonderbaren Auskünften sie manchmal ihre Zuflucht
haben nehmen müssen, um dem Mangel bestimmter Zahlen
abzuhelfen.
■y
I '^ I ol TEpoTcpov ßeßaaiXeuxoiec Stele von Tanis 8/lö.
170
Krall.
n. C a p i t e 1.
Die x6|JLoi.
§. 1, Der zweite TOfJLOi;.
Die Grundlage ftir die Betrachtung der TÖpiot des Afri-
canus und Eusebius müssen uns die Fragmente Manetho's bei
Josephus bilden; ausgehend von dem, was uns diese be-
riq}iten, haben wir zu untersuchen, wie sich dasselbe in den
t6{jlo( wiederspiegelt. Da uns bei Josephus nur Fragmente er-
halten sind, welche Ereignisse behandeln, die innerhalb des
zweiten Töfjio^ fallen, müssen wir daher mit demselben beginnen.
Schon eine oberflächliche Vergleichung der Topic'. des
Africanus und Eusebius zeigt, dass dieselben trotz bedeutender
Abweichungen, in einem Abhängigkeitsverhältnisse zu ein-
ander stehen; die TCfiict des Eusebius setzen die des Africanus
voraus. Der grösste Theil der Notizen, die sich bei Africanus
finden, kehrt auch bei Eusebius wieder. Dies könnte freilich
auch durch die Annahme einer gemeinsamen Quelle erklärt
werden ; entscheidend ist jedoch die Stelle, die auch nach einer
anderen Seite hin für die t6(i.oi des Africanus sehr wichtig ist
und sich beim Könige Chufu findet (IV, 2): 03to? hk xat ksf-
CTO)? 61? Oeou? e^evero xal xyjv tepav auv6Ypa<^£ ßCßXov, i^^ <**? P'-^T^
XpijjAa 6V Ai^uxTü) Y£v6iJL6VO? £XTYjffa[jLY)v. Bci Eusebius wird
diese Angabe, die natürlich in dieser Form nur für den Verfasser
der T6|A0t des Africanus richtig war, also verändert: qui et
superbus in deos inventus est, usquedum eum poenituit, et Volu-
mina sacra conscripsit; quos velut magnas opes habebant
Egiptii. Die Vergleichung dieser Stellen zeigt uns hinreichend
das Abhängigkeitsverhältniss , in welchem die T6{Jiot des Euse-
bius zu denen des Africanus standen. Woher kommen denn
dann die grossen Abweichungen zwischen den beiden £x369£t;
— auf diese Frage zu antworten ist die Aufgabe der folgenden
Untersuchungen. Für den zweiten tcjjlc? geben uns die exBwfii;
des Africanus und Eusebius, sowie die Excerpta Barbarorum
folgende Angaben :
Africanus :
XII. Dynastie 7 Thebaner . mit 160 Jahren
Xin. „ 60 Thebaner . „ 453 „
Manethonisches Qeflchichtswerk. 171
XIV. Dynastie 76 ChoiteD . . mit 184 Jahren
XV. „ 6 Hyksos . . ^ 284 ^
XVI. „ 32 Hyksos . . „ 518 „
XVn. „ — Thebaner . „ 151 (+ 43) Jahren
XVIII. „ 16 Thebaner . „ 263 Jahren
XIX. „ 6 Thebaner , ^ 209 „
Ensebias:
XII. Dynastie 7 Thebaner. . mit 245 Jahren
XIII. „ 60 Thebaner. . „ 453 „
XrV. „ 76 Choiten . . . „ 484 „
XV. „ — Thebaner. . „ 250 „
XVI. „ 5 Thebaner. . „ 190 „
XVII. „ 4 Hyksos. . . „ 103 „
XVIII. „ 14 Thebaner. . „ 348 „
XIX. „ 5 Thebaner. . „ 194 „
Excerpta Barbari:
X. Potestas Diospolitanorum .... an. 160
XI. „ Bubastanorum „ 153
Xn. „ Tanitorum „ 184
Xni. „ Sebennitorum „ 224
XrV. „ Memphitorum „ 318
XV. „ Iliopolitoram „ 221
XVI. „ Ermapolitorum „ 260
Die Abweichungen unserer Listen sind sehr bedeutend;
am grössten sind sie, sowohl was die Reihenfolge der Dyna-
stien ab auch die Zahl ihrer Regierungsjahre anbelangt, bei
denjenigen Dynastien, deren Herrschaft zwischen den Einfall
und die Vertreibung der Hyksos fällt. Nur folgende spärliche
Angaben erhalten wir, aus den echten Fragmenten Manetho's
bei Josephus, über diese unruhige Zeit :
I 14, 2 die Hyksos fallen in Aegypten ein, als daselbst der
König (Amun?)-Timaios regierte und bleiben eine Zeit-
lang hindurch ohne Könige.
1 14, 5 n^oq erheben sie Salatis zum Könige.
I 14, 12 MeTÄ Toöra erheben sich in Aegypten einheimische
Forsten, die nach einem langwierigen Kampfe die Hyksos
vertreiben. [Aus der Darstellung des Josephus ist es nicht
klar ersichtlich, worauf sich das {xe^a lauia bezieht, ob
172 Krall.
auf die Reihe der Hyksos, die mit ABsis abschloss, oder
überhaupt erst auf die 511 Jahre; wahrscheinlicher ist
jedoch das erstere.]
I 14; 8 erhalten wir die Reihenfolge und Regierungsdauer der
von den Aegyptern selbst anerkannten Hyksos,
I 14, 11 erfahren wir, dass diese sowie ihre Nachfolger 511
Jahre über Aegypten regiert haben.
Diese letzteren Angaben sind allem Anscheine nach Ma-
netho und nicht der uns bekannten Tafel entnommen. Den
Angaben Manetho's treten die Denkmäler ergänzend, berich-
tigend und bestätigend zur Seite. So spärlich auch die monu-
mentalen Nachrichten über den Beginn der Hyksoszeit sein
mögen, so viel steht doch fest, dass unmittelbar nach der
Königin Skemiophris, die in unseren Listen die XII. Dynastie
abschliesst, die Hyksos in Aegypten nicht eingefallen sein
können ; dass vielmehr die ^Nachfolger derselben, die Sebekt^o-
teps, und zwar nicht bloss die ersten unter ihnen, noch immer
als uneingeschränkte Herren von ganz Aegypten erscheinen,
wie uns denn auch Monumente derselben in allen Theilen des
Landes, ja selbst hart an der Ostgrenze des Delta in Tanis
erhalten sind. ^ Der Turiner Papyrus lässt auf die Amenemha's
etwa 140 Könige folgen, von denen der grössere Theil der
Zeit des Einfalls und des siegreichen Vordringens der Hyksos
angehören mag, wie denn in der That die niederen Regierunge-
zahlen, die selten 3 — 4 Jahre überschreiten, die stürmische Zeit
hinreichend bezeichnen, ^ ohne dass jedoch uns irgend ein
Mittel an die Hand gegeben würde, diesen Zeiti*aum näher za
bestimmen. 3 Der Turiner Papyrus bezeugt uns ferner, dass
^ Bmgsch 1. 1. p. 175. Cf. übri^ns Lieblein, Recherches p. 92 f.
3 Lauth, Manetho p. 236 f.
3 Wahrscheinlich werden uns die Keilinschriften noch früher als die ein-
heimischen Denkmäler Auskunft über diese dunkle Periode ägyptischer
Geschichte geben. Babylonische Inschriften berichten , dass der alte
König Sarrukin von Agani und sein Nachfolger Naram-sin in kriegerisclie
Beziehungen zu dem Lande Mftgan getreten seien. Dass Mftgan, schon
in dieser frühen Zeit, Aegypten bezeichnete wird von Schrader (Keil-
iuschriften und Geschichtsforschung p. 297) bezweifelt; Masporo erinnert
jedoch mit Recht an Josephus 0. A. I, 14, 6, 15 sowie daran, dass die
Eroberung von PalSstina-Phönicieu durch Sarrukin inschriftlich feststeht
(Revue critique 1879).
Hanethoniflche« Gescbichtawerk. 173
die Aegypter der Thutmosidenzeit eine Reibe von Hyksos als
legitim in ihre Königsverzeichnisse aufgenommen haben ^ und
es sind uns in der That durch andere Denkmäler zwei Hyksos-
Damen — Salatis und Apophis — erhalten. Aus dem Papyrus
Sallier n. I ersehen wir, dass unter dem letztgenannten Könige
Apophis sieh ein Haq in Oberägypten, Namens Raseqenen, er-
hoben hat, dessen Nachfolger A^mes I. es endlich gelungen
ist, die Hyksos aus Aegypten zu vertreiben. Andere Denk-
mäler zeigen uns, dass Abmes I. eine Reihe von Raseqenen
vorausgegangen ist, dass sonach die oberägyptischen Fürsten
eine Zeitlang als Vasallen der Hyksos regiert haben müssen,
bevor sie den Kampf gegen dieselben aufnahmen. ^
Wir haben nun zu untersuchen, wie sich die Zahlen der
TC{jio( zu den bei Josephus erhaltenen Manethonischen sowie zu
den monumentalen Angaben stellen. Zuerst müssen wir ims jedoch
daran erinnern, dass, 'nachdem Josephus die Gleichsetzung der
Juden mit den Hyksos aufgebracht hatte, die Einwirkungen
der jüdischen und christlichen Chronographen bei keinem
anderen Theile der T6(jLot so stark gewesen sind als gerade
bei diesem ; wir müssen es daher versuchen, so schwierig es auch
sein mag, die Zahlen der T6{j.ot von diesen Einflüssen zu be-
freien. Zu diesem Behufe gehen wir von der Hyksosdynastie,
die uns in drei Redactionen erhalten ist, aus.
Josephus I 14, 8:
Africanus:
Eusebius [Arm] :
Salatis 19 J.
Saites 19 J.
Saites 19 J.
Beon 44 „
Bnon 44 „
Bnon 40 ^
Apaduuis 36 „ 7 M.
Pachnan 61 (36 + 25) J.
Apophis 61 „
^^Staan 50 J.
Annas 50 „ r^x;^
Archles 49 „
Archles 30 „
Assis 49 „ 2 ^^
\JLpbobi8 61 „
Aphobis 14 „
259 J. 284 (259 + 25) J. 103 J.
Wir haben schön (p. 164) ausgeführt, dass die T6|xot des Afri-
canus die Regierungsdauer der XV. Dynastie um 25 Jahre er-
höhen; aus dem vorstehenden Schema ergibt sich, wie dies,
durchsichtig genug, dadurch erreicht wurde, dass man dem dritten
Könige Apachnas statt der überlieferten 36 Jahre, 61 (36 + 25)
gab. Wir haben femer gesehen, dass unter derselben Einwirkung
^ Zuerst ward hierauf Lauth anfmerksam, Manetho 247 f.
^ Kaspero, Histoire ancienne p. 175.
174 . Kmll.
die 25 Jahre des Amasis bei Africanus auBgelassen wurden, da
sie als gleichzeitig mit den letzten Jahren der Hyksos angesehen
wurden. Das folgende Schema wird uns dies hinlänglich er-
läutern :
Hyksos 259 J. y Thebaner 194 J.
25 „ J ' Amasis 25 ^
Wenn man consequent verfahren wollte, so musste man
auch die Gesammtdauer der Herrschaft der Hyksos über
Aegypten, die von Josephus auf 511, von Africanus, wir werden
noch (p. 178) sehen warum, auf 618 Jahre angesetzt wurde, um
25 Jahre erhöhen. Und in der That gehen sowohl die T6)jL0t des
Eusebius als auch die Excerpta Barbari von der Voraussetzung
aus , dass die Hyksos 518 + 25 = 543 Jahre über Aegypten
regiert haben; wenn wir die Dynastien bei Eusebius ins Auge
fassen, die die Hyksoszeit repräsentiren,' nämlich die
XV. Dynastie 250 J. \
XVL „ 190 „
XVII. „ 103 „
\ 543 J.,
so finden wir, dass sie genau 543 Jahre geherrscht haben. Die
t6{xoi des Eusebius sind sonach in ihrer jetzigen Gestalt durch
die von Josephus aufgebrachte Identificirung der Juden mit den
Hyksos beeinflusst, ebenso wie die Excerpta Barbari, welche
den beiden auf die XIV. Dynastie der TÖpiot folgenden Potestates
der XIII. und XIV., 224 + 318 = 542 Jahre zuweisen.
Indem wir uns diese Einwirkungen stets gegenwärtig
halten, die in den t6ijlo( des Africanus etwas ganz äusserliches
sind, während sie in den x6[koi des Eusebius und den Excerpta
Barbari viel nachhaltigere Spuren hinterlassen haben und uns
stets von denselben frei zu erhalten bemühen, wenden wir uns
zur Betrachtung der einzelnen Dynastiezahlen.
Wir haben schon eine Differenz zwischen der Hyksos-
reihe bei Josephus und Africanus kennen gelernt; viel wich-
tiger ist für unsern Zweck eine andere. Während sich in
beiden Listen die Regierungszahlen der Könige und die Namen
derselben, von einigen Verschreibungen abgesehen, vollkommen
decken, besteht in der Reihenfolge der Könige ein auffallender
Unterschied : nach Josephus ist Apophis der vierte, nach Afri*
Manethonischea Geschichtswork. 175
canus der letzte — sechste — König der Reihe. Die Erklä-
rung dieser Thatsache haben wir bei Eusebius zu suchen.
Dieser hat nur vier Hyksos und gibt dem letzten derselben^
Apophis, anstatt der 61 Jahre, die wir bei Josephus und Afri-
canns finden, nur 14 Jahre, d. h. er lässt in dessen 14. Re-
§^erungsjahre die Erhebung des nationalen Königthums gegen
die Hyksosherrschaft stattfinden, welche in der That, wie wir
aus dem Papyrus Sallier wissen, unter Apophis eingetreten ist.
In dem Momente, als in Oberägjpten sich eine einheimische
Dynastie erhob, hörten die Hyksos in den Augen des Ver-
fassers der t6(jlo( des Eusebius ^ auf, als legitim zu gelten, er
Bchloss daher seine Hyksosdynastie mit dem 14. Regierungs-
jahre des Apophis ab. Eine Anmerkung eines Scholiasten des
Piaton, die in der Anfuhrung der Namen und Zahleri fiir die
Hjksos mit Eusebius vollkommen übereinstimmt, zeigt, dass
Eusebius, nicht der Urheber dieser von Africanus abweichenden
Anordnung ist, sondern, dass er sie den ihm vorliegenden t6{jl9i
entnahm; denn die Annahme die Anmerkung des Scholiasten sei
von Eusebius abhängig, ist schon deshalb unzulässig weil der
erstere einen Satz bringt, den der letztere gar nicht hat: 6 ^k
Ishft^ 'jrpoaeOiQxe tw [at^vI üypaq tß', w? eTvat T^iJLspwv X', xat tw Ivioüto)
i^vtspo; 5' (e') xal ye^ovs T^ptspöv T§e'. Wir ersehen aus dieser Notiz,
dass die Hyksos unter dem Einflüsse des ägyptischen Kalenders
ihr Mondjahr zu einem Sonnenjahre umgestaltet haben.
Die x6iLoi des Eusebius und die Notiz des Scholiasten
zeigen uns, dass Manetho, in Uebereinstimmung mit den
Monumenten, in die Mitte der Regierung des Apophis den An-
fang der Erhebung der Thebaner gesetzt hat; denn hätte er es
nicht gethan , wie wären dann die Verfasser der tojaoi auf das
Richtige gekommen?
Aber eben darin lag die besondere Schwierigkeit für den
Verfasser der x6\mi des Africanus — einerseits fand er eine
Reihe von sechs anerkannten Hyksos bei Manetho aufgezählt,
anderseits jedoch die Bemerkung, dass schon unter dem
vierten derselben, einheimische Fürsten sich erhoben hätten.
Wen sollte er als legitimen Herrn von Aegypten in seinen
'iiAoc verzeichnen ? Diesen Schwierigkeiten, denen der Verfasser
* ▼. Bndinger, zar ägyptischen Forschung Herodot^s p. 25.
176 KralL
der '?6[jLot des Easebius durch Abbrechen der Reihe mit Äpophis
entging, glaubte er am besten dadurch auszuweichen, dass er
den König Apophis an das Ende der Reihe versetzte. Mit einem
Schlage fällt nun klares Licht auf die XVII. Dynastie des
Africanus. Aus der Anmerkung zu derselben — ?vot{jive; akhi
ßaaiXeX; [xf' (sc. Ityj) xal örjßoToi AtociroXTTai [xy' (sc. Itij), ojjloO :t
icotfJL^veq xai ol BYjßaioi eßactXeuaav STr, pva' — die von den Ab-
schreibern gar nicht verstanden wurde und daher in einer
verderbten Gestalt uns zugekommen ist, ersehen wir, dass der
Gewährsmann des Africanus, die Zeit der gleichzeitigen Re-
gierungen der Hyksos und der thebanischen Dynastien in zwei
ungleiche Theile schied, von denen die erste 43, die zweite
151 Jahre umfasste. ^
Nach den bisherigen Erörterungen müssen sich die 43 Jahre
auf die gemeinsame Regierung des Apophis mit den gegen ihn
aufgestandenen thebanischen Fürsten beziehen. Mit dem Tode
des Apophis endet die legitime Hyksosreihe — daher der Ab-
schnitt. Die folgenden 151 Jahre repräsentiren uns den wei-
teren Verlauf des %6'ke[Loq fx^ya^ xal 7:oXuxp6vto^. Bei EusebiuB
finden wir, wie wir noch oft werden beobachten können, nahezu
durchgehends die überlieferten Zahlen verkürzt; auch die
Hyksosreihe bietet uns hievon einige Beispiele, dem Bnon gibt
er 40 statt 44, dem Arcbles 30 statt 36 Jahre, kein Wunder
daher, dass er die Erhebung gegen Apophis in dessen 14. statt
wie Africanus in dessen 18. Kegierungsjahre eintreten lässt.
Die gleichzeitige Regierung der Hyksos und der einhei-
mischen Dynasten dauerte nach Africanus im Ganzen 43 -|- 151
= 194 Jahre; aus diesen 194 Jahren hat der Verfasser der
t6(xoi des Eusebius seine XVI. Dynastie gebildet, die sich so-
nach vollkommen deckt mit der XVII. des Africanus. wenn wir
davon absehen, dass die letztere eigentlich zwei parallele Dy-
nastien umfasste. Von dem Ueberarbeiter der tö[jloi des Euse-
bius, der wie wir (p. 174) gesehen haben, von der Ansicht aus-
ging, die Hyksos hätten 543 Jahre über Aegypten geherrscht,
wurden die 194 Jahre zu 190 abgerundet. Wir fassen die
bisherigen Ergebnisse, der leichteren Uebersicht halber, auf dem
folgenden Schema zusammen:
1 Cf. Lieblein, Chronologie p. 68 and Recherches p. 124.
Manethonischefl Oesctaiehtswerk. 177
AfricanuB. Eusebius.
XV. Dynastie 259 J.: XVII. Dyn. 103 J.:
Saites 19 J. Saites 19 J.
Bnon 44 „ Bnon 40 „
Pachnan 36 „
Staan 50 „
Archles 49 „ Archles 30 „
Apophis Aphobis 14 „(statt 18 J.)
allein 18 J.l
)61
}
XVII. Dyn. m. d. Theb. 43 jJ j " XVn. Dyn. XVI. Dynastie
il94J. Thebaner 5 Thebaner
Andere Hyksos 151 „ ) (43 + löi)
= 194 J. 190 J.
Wenn auch von denselben Angaben ausgeheqd, weichen
die beiden sviBöaetq bedeutend von einander ab ; nach der lx.So(7i^
des AfricanuB, wie sie jetzt sich uns darstellt, sind von Saites
bis auf die Vertreibung der Hyksos 259 + 151 = 410, nach
der des Eusebius dagegen nur 103 -|- 190 = 293 Jahre ver-
strichen. Werden wir der sxBocji? des Eusebius oder der des
Africanus den Vorzug geben ? Bei dem jetzigen Stande unserer
Kenntniss dieser Periode, sind wir gar nicht in der Lage diese
Frage zu beantworten; so viel dürfte uns jedoch schon jetzt
klar geworden sein, dass auch Manetho's Angaben für dieselbe
nicht so ganz abschliessend gewesen sein können; denn wie
hätten sonst die Verfasser der t6{jloi in redlichster Benützung
des ihnen gebotenen Zahlenmaterials zu zwei so verschiedenen
Systemen kommen können?
Wir wenden uns nun zur Betrachtung der anderen Dynar
stien der Hyksoszeit. Hier fesseln zuerst die zwei Riesendyna-
stien des Africanus, die XVI. mit 518 und die XIII. mit
453 Jahren unsere Aufmerksamkeit. Die Gesammtdauer der
Herrschaft der Fremden über Aegypten betrug nach Josephus
511 Jahre, wovon 259 auf die legitime Hyksosdynastie und
252 (511—259) auf die Nachfolger derselben entfallen sollten.
Allem Anscheine nach hat jedoch Josephus, was bei ihm gar
nicht auffallen kann, seine Quelle flüchtig gelesen oder miss-
▼erstanden, und es umfassen die 511 Jahre die Gesammt-
dauer der Herrschaft der Hyksos über Aegypten, somit auch
die Zeit, während der sie keine Könige gehabt haben.
Sitnnfsbar. d. phil.-Unt. CI. XCT. Bd. I. Hft. 12
178 Krall.
Wie dem auch sei, so viel ist sicher, dass in den 511 Jahren
die 259 Jahre der legitimen Hyksos enthalten waren; die xijjiK
des Africanus dagegen haben, sowohl eine Dynastie zu 518, als
auch eine zu 259 Jahren. Wie für uns, so erhob sich auch
für die Verfasser der t6|jloi die wichtige Frage, wie denn die
511, beziehungsweise 518 Jahre zu vertheilen seien. Waren
denn die 151 Jahre, während welcher die Hyksos nach dem
Tode ihres letzten legitimen Königs, des Apophis, in fortwäh-
rendem Kampfe gegen die Thebaner, bis zu ihrer schliess-
liehen Vertreibung aus Aegypten, sich behauptet hatten, in die
Zeit der Gesammtherrschaft einbegriffen? Der Verfasser der
T9(jLoc des Africanus hat sich dagegen erklärt; die eigentliche
Herrschaft der Hyksos brach fUr ihn mit dem Tode des Apo-
phis ab. Ohnedies stand sein System nach diesem Ereignisse
ganz fest, der Best von 518—259 Jahren musste sonach vor
Saites untergebracht werden.
Aus demselben eine Hyksosdynastie zu bilden war un-
möglich; denn nach Manetho's bestimmter Angabe war Saites
der erste König, den die Hyksos erhoben haben. * Wir wissen
jedoch, dass die Hyksos langsam und in stetem Kampfe gegen
die einheimischen Fürsten vorgerückt, und zur Herrschaft über
Aegypten gekommen sind, und dass der Turiner Papyrus die
langen Reihen der einheimischen Fürsten dieser Zeit enthielt
— ähnliche Erwägungen haben die Verfasser der tijxot veran-
lasst, den Rest von 518 (oder 511) — 259 Jahren für eine
thebanische Dynastie in Anspruch zu nehmen. Es ist dies die
XV. Dynastie des Eusebius mit den hübsch abgerundeten 250
Jahren. Der Verfasser der t6{jioi des Africanus hat diese erste
thebanische Dynastie mit 259 Jahren mit der zweiten, die wir
schon ins Auge gefasst haben (die XVH.), mit 194 Jahren zu
seiner XIII. Riesendynastie mit 453 (259 + 194) Jahren zu-
sauimengefasst , ohne zu berücksichtigen, dass sie durch die
legitime Hyksosreihe von einander getrennt waren.
Wir haben bei unserer bisherigen Untersuchung nicht in
Betracht gezogen, was den Verfasser der t6jx5i des Africanus
bewogen hat, die von Josephus aus Manetho uns überlieferten
511 Jahre auf 518 zu präcisiren. Durch diese Erhöhung der
1 Josephufl C. A. I, 14, 5.
ManetboniflchM Geschicbtswerk. 179
überlieferten Zahl erreichte er, dass die Gesammtdauer der
Uyksosherrschaft in zwei Hälften zu je 259 Jahren zerfiel, von
denen die erste der königlosen Zeit, die wie wir gesehen haben
als thebanische Dynastie in den t6[ao( erschien, die zweite da-
gegen den sechs legitimen Hyksos angehörte. Unser Autor hat
sonach, allem Anscheine nach, dieselben kritischen Grundsätze
gehabt, wie die Urheber der Septuaginta, welche die 430 Jahre
seit der Einwanderung Abrahams bis auf den Auszug auch in
zwei Hälften zu je 215 Jahren theilten, von denen die erstere
auf den Aufenthalt in Kanaan, die zweite auf den in Aegypten
entfiel (vgl. oben 8. 146).
Während die t6{jioi des Africanus und Eusebius trotz be-
deutender Abweichungen in der Zählung der XV., XVI. und
XVII. Dynastie sich mit der XVIII. wieder begegnen und be-
züglich der Herkunft der einzelnen sich entsprechenden Dyna-
stien mit einander vollkommen übereinstimmen, finden wir in
den Excerpta Barbari gerade das Entgegengesetzte. Wiewohl
kein Zweifel darüber bestehen kann, dass die Potestas Dios-
politanorum mit der XII. Dynastie des Africanus und Eusebius
identisch sei, so finden wir sie als X. Potestas bezeichnet;
ebenso erscheint die XIV. Dynastie als XII. und die XVIII.
als XVI. Potestas. Die XIV. Dynastie wird bei Africanus und
Eusebius als ,choitische', die XVIII. als ,thebanische' bezeichnet,
die ihnen entsprechenden Potestates dagegen als tanitische und
hermopolitische. Selbst in der Abtheilung der t6{jloi weichen
die Excerpta von den bisher betrachteten zwei h.b6(jeiq ab;
während diese erst mit der XIX. Dynastie ihren zweiten
Ti|ts^ schliessen, enden jene denselben mit der XVI. Potestas
'= XVIIL Dynastie). Die Abweichungen der Excerpta von
den exBo^seq gehen nicht auf Verschreibungen zurück, wir können
an einem Beispiele vielmehr beobachten, dass dieselben wohl-
begründet sind und die Eenntniss des Manethonischen Werkes
verrathen. Die Excerpta bezeichnen die XVI. Potestas als
eine hermopolitische, während die ihr entsprechende XVIH. Dy-
nastie von Africanus und Eusebius übereinstimmend als ein
thebanisches Fürstenhaus bezeichnet wird. Wir wissen nun
aas den Denkmälern, dass Al^mes I. , der die sogenannte
XVIII. Dynastie beginnt, nicht thebanischer Abstammung war,
Bein Name^ so wie der in seiner Familie so häufig vorkom-
12»
180 Kr»Il.
mende von ,Thutme8% weisen uns vielmehr auf Hermopolis
hin; 1 die Hauptcultstätte deb Mondgottes Thut, der von den
Griechen ihrem Hermes gleichgesetzt wurde — mit vollem
Rechte konnten daher die Excerpta die XVI. Potestas als eine
hermopolitische bezeichnen.
Wir haben schon (S. 174) die Summe der Regierungszeiten
der XIII. und XIV. Potestas, die die Hyksosherrscbaft in den
Excerpta uns darstellen, ins Auge gefasst, es erübrigt uns noch
die Posten einzeln zu prüfen und dann den Anschluss der-
selben an die Regierungen der X. Potestas (XII. Dynastie)
festzustellen. Nach Josephus, beziehungsweise Manetho, resi-
dirten die Hyksos in Memphis, als Memphiten werden im Vetas
Chronicon die vier legitimen Hyksos bezeichnet, in der XIV. Po-
testas Memphitorum müssen wir sonach eine Reihe von Hyksos
erwarten. In der That stimmen auch die derselben beigege-
benen 318 Jahre vollkommen mit den Ansätzen des Eusebios
überein. Nach demselben regierten die Hyksos.
XVII. Dynastie 103 J.
XVI. „ (gleichzeitig mit den Thebanern) 190 „
Dazu die Jahre des Abmes . . 25 „
318 J.
Auch hier zeigen sich die Excerpta von der durch Jo-
sephus aufgebrachten Identificirung der Hyksos und Juden
beeinflusst, und zwar innerlich, nicht bloss äusserlich, wie wir
dies bei den TC{jLOt des Africanus beobachtet haben. Die XIII.
Potestas Sebennitorum mit 224 Jahren ist durch Subtraction
(542, Gesammtdauer der Hyksosherrscbaft, — 318, XIV. Po-
testas Memphitorum) entstanden, ein Vorgang, der uns nach
den bisherigen Darlegungen nicht mehr auffallend erscheinen
kann. Ob sich der Verfasser der Excerpta die XIII. Potestas
als eine fremde oder einheimische Herrscherreihe gedacht hat,
können wir nicht sagen ; wenn wir uns jedoch daran erinnern,
dass ihr Sitz nach Sebennytos, der Heimatsstadt Manetho*s,
verlegt wird, so liegt die Vermuthung nahe, dass wir es
hier wahrscheinlich auch, wie bei der XVI. hermopolitischen
Potestas, mit einer echt Manethonischen Angabe zu thun haben,
1 BrogBcb 1. I. 254.
Manethonisoliea Geacbiehtswerk. 181
die wohl in diesem Falle auf den Localpatriotismos ihres Ur-
hebers zurückzuführen sein dürfte. Manetho brauchte nur
anzü^ben, dass beim Einfalle der Hyksos eine einheimische
Dynastie sich längere Zeit in Sebennytos zu behaupten ver-
stand' — die Verfasser der t6[tJ0i berechneten nach der uns
wohlbekannten Weise die genaue Regierungsdauer leicht heraus.
Zwischen der XIV. Potestas, die^ wie wir gesehen haben^
von den Hyksos eingenommen wurde, und der XVI., die dem
Abmes und seinen Nachfolgern angehört, finden wir die XV. Po-
testus Heliopolitorum verzeichnet. Es lässt sich bei dem
jetzigen Stande unserer Kenntnisse nicht sagen, ob wir es hier
mit der XVI. Dynastie des Eusebius (190 -f- 25 J.) oder aber
mit einer parallel laufenden zu thun haben , denn wir wissen
aus Josephus, dass gleichzeitig in verschiedenen Theilen Aegyp-
tens nationale Könige gegen die Fremdherrschaft sich erhoben
haben 2 — immerhin mag nicht unerwähnt bleiben, dass die
Namen der Rftseqenen uns nicht nach Theben, die Hauptcult-
Btatte des Amon, sondern eher auf Heliopolis, die heilige
Stadt des Rft, hinweisen.
Den von uns bisher betrachteten Hyksosdynastien gingen
nach den ixSöaeu; des Africanus und Eusebius die XIV., welche
sie als choitische bezeichnen, voraus. In dieser nämlich, nicht
in der XIII., wie man bisher angenommen hat, haben wir die
Nachfolger der Skemiophris zu suchen. Abgesehen davon,
dass wir nun wissen, was es fiir eine Bewandtniss hat mit der
XIII. Dynastie, müssen wir uns erinnern, dass dieselbe als
eine thebanische Herrscherreihe hingestellt wird, während wir
dagegen wissen, dass die Nachfolger der Skemiophris keine
Förderer des Amoncultes in Theben gewesen sind, ja dass sie
sich im Oegentheile in directem Gegensatz zu demselben ge-
^ Ea ist dies ja die Zeit, die in der grossen Meneptal^-Inschrift also ge-
schildert wird : ,die Könige UnterKgyptens befanden sich innerhalb ihrer
StSdte, Qmschlossen von Erdschanzen, abgesperrt durch Kriegsvolk, denn
sie hatten keine Söldner, am jenen zu antworten' (1. 9); »damals als Unter-
Igypten in der Gewalt der Fremden war, indem sich diese fest behaup-
teten, and die Könige von OberSgypten [nicht eingreifen konnten]* (1. 39)
— fUr die Uebersetzung cf. Brugsch, Geschichte Aegyptens Ö57 f. Chabas,
Recherches p. 84 f.
» C. A. I, 14, 12.
182 Krall.
stellt haben, durch die besondere Pflege des krokodilköpfigen
Sebeky der den frommen Aegyptern als Sjmbol des bösen
Sutech galt. ^
Genauer sind die Angaben der Excerpta ; nach denselben
regierten nach der X. Potestas (XII. Dynastie) bis auf die
Hyksoszeit zwei Potestates, die erste in Bubastus mit 153, die
zweite in Tanis mit 184 Jahren. Die letztere ist identisch mit
der XIV. Dynastie der ivZoczi^, wenn auch die Angaben hin-
sichtlich des Sitzes der Regierung von einander abweichen.
Regierten die beiden Potestates gleichzeitig, folgten sie auf-
einander? Es ist schlechterdings unmöglich auf diese Fragen
antworten zu wollen ; es lässt sich nur sagen, dass die Residenzen
Tanis, Bubastus und Chois uns auf Unterägypten in vollkom-
mener Debereinstimmung mit den Denkmälern hinweisen, die
uns bestätigen, dass die Nachfolger der Skemiophris mit Vor-
liebe in Tanis und Bubastus sich aufhielten — wir erinnern
nur an die gewaltigen Statuen des Königs Mermefia in Tanis. ^
Africanus legt seiner XIII. Dynastie 184 Jahre bei, Euse-
bius dagegen in der zuverlässigeren armenischen Uebersetzung
484. Wir haben es bei dem letzteren mit einer Summe zu
thun, die sich analog der von 453 Jahren bei der XIII. Dynastie
verhält; wie diese die Regierungen der thebanischen Fürsten
während der Hyksoszeit zusammenfasst, so repräsentirt uns
die Zahl 484 die Regierungssummen der nichtthebanischen
Fürsten von der XII. bis zur XVIII. Dynastie, nämlich die
choitische Dynastie mit 184 Jahren, die XVI. legitime Hyksos-
reihe mit 106 Jahren und ihre Nachfolger, die mit den The-
banern gemeinsam 194 Jahre regierten. Dass wir es hier mit
den nicht reducirten Zahlen zu thun haben — die Reduction
derselben entsprang, wie wir gesehen haben, dem Bestreben,
die 543 der Hyksosherrschaft über Aegypten zu erzielen —
beweist, dass die Reduction nichts Ursprüngliches in den tc|X5'.
ist, sondern erst von einem spätem Chronographen, der von
Josephus Schrift, Contra Apionem beeinflusst war, vorge-
nommen worden ist.
Zur leichtern Uebersicht der von uns bisher gewonnenen
Ergebnisse, geben wir eine Zusammenstellung der drei Haupt-
» Bnigsch 1. L p. 176.
2 Brugsch 1. I. p. 181.
Hufltbonisehes OMchiebtewerk. 183
qaellen für die Erkenntniss der Manethonischen Chronographie,
die uns deutlich zeigt, dass die t6(jlo( ursprünglich tabellarisch
zusammengestellt waren, und erst später die Gestalt erhalten
haben, in der sie uns vorliegen.
Äfricanua:
XII. Djnastie Thebaner 160 J.
XIV. Dynastie Choiten 184 J.
»
o
o
a
X
Thebaner 259 J.
HD
QO
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X VII. Dynastie Thebaner ^
eemeinBanimitApophis 43J.i
194 J.
Hyksos ohne Konige
259 J.
XV. Dyn. 6 Hyksos 259 J.
Saites 19
Bnon 44
Pachnan 36
Staan 50
Archles 49
Apophis
allein 18 Jo,,.
!\ mUdenThebaneni4d J
19* • Hyksos 151
XVIII. und XIX. Dynastie Thebaner 472 J.
Ende des IL t6|jlO(;.
* h94J.
n I
u
o
Eusebius:
XII. Dynastie Thebaner 245 J.
Choiten 184 J.
XV. Dyn. Thebaner 250
(st. 259 oder 252) J.
XVII. Dyn. Hyksos 103
^A (8t. 106) J.
c 2
X
XVI. Dyn. Thebaner 190 Andere Hyksos 190
(st 194) J. (8t. 191) J.
g^meinaam mit Apophis
seit seinem 14. (8t«18«) J.
und dessen Nachfolgern.
XVIII. Dynastie Thebaner 348 J.
XIX. Dynastie Thebaner 194 J.
Ende des IL x6\Loq,
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X
184 Krall.
Excerpta Barbari:
X. Potestas Diospolitanorum 160 J.
XI. Potestas Bubastanorum 153 J.
XII. Potestas Tanitorum 184 J.
XIII. Potestas Sebennitorum
224 J.
XIV. Potestas Memphitorum
XV. Potestas HeliopoHto- 318 J. (= 103 + 190 + 25.)
rum 221 J.
XVI. Potestas Hermapolitorum 260 J.
Ende des II. 'z6\ioq.
§. 2. Der dritte t6[xo?.
Es kann hier unsere Aufgabe nicht sein, eine Vergleichung
der Könige der einzelnen Dynastien mit den überlieferten Gar-
touchen zu geben, da wir es nicht mit ägyptischer Chrono-
graphie überhaupt zu thun haben, sondern bloss mit der Unter-
suchung der aus den AiYu^rrioyic geschöpften exBcasti;, um an der
Hand derselben einen Einblick in die Anlage der TopLot and
ihr Verhältniss zu den ßtßXci zu gewinnen. Hierauf werden
wir uns beschränken und die Denkmäler wie bisher nur soweit
heranziehen als für unsere Zwecke uns unumgänglich noth-
wendig erscheint.
Dynastie XIX. und XX. Die Differenzen, welche fiir
diese Dynastien in unseren ^x.86(7e((; bestehen, sind ziemlich be-
deutend. Wir fassen zuerst die XIX. näher ins Auge.
Afric.
Euseb. [Arm.]
Monumente.
Sethos 51 J.
55 J.
Seti I.
Rapsakes 66 „
66 „
Ramessu II. Meiamun
Amenephtes 20 „
8 „
Meneptah II.
Rauiesses 60 „
fehlt bei Euseb.
Amenemnes 5 „
26 J.
Thuoris 7 „
7 .
Ueber die Gleichsetzung der drei ersten Herrscher mit
den monumentalen Königen Seti I., Ramessu II. und Meneptah
kann kein Zweifel bestehen ; schwieriger steht es dagegen mit
Manethonische« Oeachichtswerk. 185
den drei, beziehungsweise zwei folgenden, da Eusebius den
König Ramesses mit 60 Jahren nicht kennt.
Die Denkmäler bezeichnen als den Nachfolger des Ame-
nephtes seinen Sohn Seti IL, dem Setinacht-Merer-Miamun II.
folgte. Beide Könige hatten fortwährend mit Gegenkönigen
zu kämpfen; gegen Seti II. erhob sich Amonmessu, gegen
Seti-nacht der Gemahl der Ta-user, Mineptah Siptah. Die
höchste Regierangszahl, die von irgend einem dieser Könige
gefunden worden ist, ist das dritte Jahr des Siptah — es hat
sonach keiner dieser Könige lange regiert. Unter Seti-nacht
brachen fremde Völker in Aegypten ein; es ist die Zeit in
die uns das von Josephus erhaltene Manethonische Fragment
über die £xodus versetzt. Nach demselben haben die fremden
Eindringlinge dreizehn Jahre über Aegypten geherrscht, nach
deren Verlauf es Seti-nacht — warum er bei Josephus Amenophis
genannt wird, werden wir an einem anderen Orte zu unter-
suchen haben — unter Beistand seines Sohnes Ramessu gelang,
die Feinde aus Aegypten zu vertreiben. Ramessu selbst
gibt uns in dem für unsere Wissenschaft so werthvollen Pa-
pyrus Harris ^ die officiellen Belege für den Manethonischen
Bericht. Weder Seti II. und Seti-nacht noch ihre Gegenkönige
Amonmessu und Siptah können nach dem Gesagten mit dem
Ramesses des Africanus verglichen werden, dem volle 60 Jahre
beigelegt werden. Anders steht die Sache bei Seti-nacht's
Sohne, dem erwähnten Ramessu ; ganz abgesehen von der voll-
kommenen Uebereinstimmung der Namen, ist f\ir denselben
ein hohes Regierungsjahr — 32 — durch den schon ange-
führten Papyrus Harris, das sein letztes auch nicht gewesen
ist, wohl bezeugt. Die beiden folgenden Könige sind monu-
mental leicht erkennbar; Amenemnes ist der Gegenkönig Amon-
messu und Thuoris ist die Gemahlin Siptah's, die gewaltige
Tauser. Die z6\»ai huldigen sonach auch hier denselben Grund-
sätzen wie bei der XVIII. Dynastie, wo auch die legitimen
Könige bis auf Horus vorgeführt werden und erst dann die
Kebenkönige nachfolgen (p. 158 u. 187). Nach dem Gesagten
lösen sich die Abweichungen in den Regierungsjahren bei
' Edd. Birch und Eisenlohr, vgl. Eisenlohr's Vortrag über den Papyms
Harris, Chabas, Recberches 23—27, Brugsch l 1. 589.
186 Kr»ll.
Africanus und Eusebius von selbst. Meneptah hat nach Eose-
bius acht, nach Africanus zwanzig Jahre regiert, der letz-
tere fasst sonach, wie wir dies schon so oft beobachtet haben,
die Regierungen von Meneptah (8 J.), Amenemnes (5 J.)
und Thuoris (7 J.) zusammen. Anderseits hat Eusebius für
Amenemnes 26 Jahre, d. h. Amenemnes (5 J.), Thuoris (7 J.)
und die dreizehn Jahre der Herrschaft der Fremden; die nicht
legitimen Regierungen werden uns in ihrer Gesammtheit vor-
geführt. Die dreizehn Jahre der Anarchie werden von Afri-
canus in die Regierung des Königs Ramesses (47 -|- 13 = 60 J.)
einbegriffen, etwa wie die Regierungen der nicht legitimen
Amenemnes und Thuoris in der des Meneptah enthalten sind.
Wo hat aber der Verfasser der T6{Aot des Eusebius die Regierung
Ramessu III. untergebracht ? Die dreizehn Jahre, die in dessen
sechzigjähriger Regierung enthalten sind, figuriren bei Eusebius
in den 26 Jahren des Amenemnes — aber die übrigen 47 Jahre?
Hier tritt uns die überraschende Thatsache entgegen, dass die
nächste Dynastie bei Eusebius * 43 Jahre mehr hat als bei
Africanus, d. h. Ramessu III. ist nach dem erstem das Haupt
der XX. Dynastie, während er bei dem letzteren in der XIX.
vorkommt. Trotzdem, dass mit der XX. Dynastie ein neuer
t6[jlo^ beginnt, ist die Scheidung zwischen derselben und der
ihr vorangehenden keineswegs sehr scharf; sie hängen viel-
mehr auf das innigste zusammen, wie es uns auch die Denk-
mäler darthun. Es ist hier nicht unsere Aufgabe zu prüfen,
was die Trennung veranlasst hat ; wir bemerken nur, dass wir
ähnlichen Erscheinungen schon begegnet sind bei der XVIL
und XVIII. Dynastie des Africanus, und dass uns dasselbe bei
der XI. und XII. Dynastie, somit an dem Uebergange des
ersten auf den zweiten t6|jio<;, entgegentreten wird. Dieselben
60 Jahre, welche bei Africanus dem Ramesses beigelegt werden;
sind bei Eusebius, nicht bloss auf verschiedene Könige, sondern
auf zwei Dynastien, ja auf zwei T5|jiot vertheilt.
Zum Schlüsse stellen wir die gewonnenen Ergebnisse
tabellarisch zusammen:
^ Der griechische Text gibt der XX. Dynastie 178, die armenische Uebcr-
setsung 172 (182?) Jahre. Wie nahezu durchgehends bei Eusebius Bind
die Zahlen auch hier verkürzt.
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B
Hanethonisches G«8cbichtinr«rk. 187
Afr. Enseb. [Arm.]
XIX. Dynastie 209 J. 194 J.
SethoB 51 „ 55
RapaakeB 66 „
Amenephtes 8 \
Amenemnes 5 > 20 „
Thuoris 7 j
Herrschaft der Fremden
13 J.
III. t6jjio4
XX. Dynastie
Ramesses 47 J. Bamesses 47 J.
III. TÖjjioc. XX. Dynastie 182 J.
12 Fürsten 135 J. 12 andere Fürsten 135 „ .
Wir haben schoD bei der Betrachtung der XVIII. Dy-
nastie beobachten können ^ dass die illegitimen Nachfolger
Amenhoteps III.^ das Geschlecht des Achu-n-aten^ erst nach
Horus nachgetragen wird; dieselbe Erscheinung können wir
auch bei der XIX. Dynastie verfolgen. Amenemnes und Thuoris,
welche, wie wir eben gesehen haben, vor Ramses III. (Ramessu)
friert haben, folgen in den t6)ji.oi auf denselben. Unsere bis-
herigen Untersuchungen geben uns zugleich die Mittel an die
Hand, den Grund dieser Erscheinung festzustellen. Wir haben
gesehen , dass die t6(jloi ursprünglich eine tabellarische Form
hatten, und dass sie erst später in die uns vorliegende Form
gebracht worden sind; wir haben ferner gesehen, dass für die
Zeit der Hyksosherrschaft zwei Rubriken vorhanden waren,
dasselbe müssen wir auch für die XVIII. und XIX. Dynastie
aonehmen. Auf der einen Seite standen die legitimen, auf der
andern die illegitimen Könige — als man die tabellarische
Form der icpict aufhob, liess man die illegitimen Könige,
ohne sie an ihre richtige Stelle zu setzen, ohne Weiteres
auf die legitimen folgen; so kommt es, dass in den t6[jloi auf
Ramesses seine Vorgänger Amenemnes und Thuoris folgen oder
dass dem Geschlechte Achu-n-atcn's, Horus vorangeht.
Gewaltsam hat man, wie wir gesehen haben, die XIX.
von der XX., sowie, worauf wir noch zurückkommen, die XI.
von der XII. Dynastie durch den Tdfxo^-Einschnitt auseinander
188 Krall.
gerissen — was berechtigte die Verfasser der lipios zu einem
so gewaltsamen Vorgange? Um diese Frage beantworten za
können, müssen wir den zeitlichen Gesammtumfang des ganz
in sich abgerundeten zweiten t6(jlo^ bestimmen. Hier wo es sich
um eine stricte Reihenfolge, nicht um die Gesammtsumme der
Regierungen handelt, müssen wir diejenigen Dynastien, die
wir als Nebendynastien oder als Zusammenfassungen anderer
noch besonders aufgezählter Dynastien festgestellt haben, aus-
scheiden.
Africanus: XH. Dynastie 160 J.
XIV. \ 184 „
XVI. „ 518 „
XVII. „ 151 „
XVIII. u. XIX. Dynastie 447 „
Summe 1460 J.
Eusebius: Amenemes 4 J.
XII. Dynastie 182 „
XIV. , 184 „
XV. „ 250 „
XVI. „ 190 „
XVII. „ 103 „
XVIII. u. XIX. Dynastie 542 „
Summe 1455 J.
Die Summirung der Posten der einzelnen aufeinander
folgenden Dynastien ergibt sonach, nach beiden exSd^si;, die
Periode von Jahren, nach deren Verlauf sich Wandeljahr und
festes Jahr vollkommen wieder decken. Der t6{jio^ und mit
ihm die Periode endeten mit Ramses III. — also in der Zeit,
wo nach den Forschungen von Riel, ' von denen wir in unserer
Einleitung ausgegangen sind, der Thot des Wandeljahres mit
dem Thot des festen Jahres sich deckten. 1460 julianische
Jahre vorher war dies Ereigniss schon einmal eingetreten , und
in diese Zeit &llt nach dem übereinstimmenden Ansätze der
TOfJLoe des Africanus, des Eusebius und der Excerpta Barbari,
die Regierung des Hauptes der XII. Dynastie, des Amenemes.
* Riel, Sonnen- und Siriuajahr p. 180 — 183.
ManeihoDiächeB Oeichicbtowerk. 189
Ueberall bieten uns die t6{jloi Abweichungen dar^ nur in diesem
Cardinalpunkte stimmen sie miteinander vollkommen überein
— der beste Beweis , dass wir es hier mit einer echt Mane-
thonischen Angabe zu thun haben. Ist aber dieser Ansatz von
Hanethoy dann ist auch unsere, schon oben (p. 128) ausgespro-
chene Annahme; dass die ägyptischen Priester in ihren heiligen
Schriften^ deren Dolmetsch Manetho nur sein wollte; den Be-
ginn der Verschiebung der beiden festen Jahre in die Zeit
der Amenemha's gesetzt haben, vollkommen gerechtfertigt
Es scheint nun nahe zu liegen, und in der That ist dies
auch die allgemeine Meinung der Forscher, dass die ßißXoc des
Manetho den einzelnen t6{aoi entsprechen. Dagegen spricht
jedoch die Nachricht des Josephus, * dass Manetho den Einfall
der Hyksos in seinem ersten Buche behandelt hat, während
uns dagegen derselbe erst in dem zweiten t6[jio; entgegentritt
— die t5(aoi laufen demnach nicht parallel mit den ßißXoi. In
der That wird uns dies nach unseren bisherigen Ausführungen
^ nicht auffallend erscheinen ; Manetho's Schrift ist ein histo-
risches, die TÖfAoi sind dagegen ein chronographisches Werk;
Manetho theilt nach historischen Gesichtspunkten sein Werk
ab, die Verfasser der t6[jioi hielten sich dagegen an die Periode
der Verschiebung des Wandeljahres gegen das feste Jahr;
deren Epochen ihnen von Manetho gegeben waren.
Die XIX. Dynastie bietet uns einen Synchronismus mit
l^riechischer Geschichte ; unter ihrem Könige Thuoris soll näm-
lich Troja eingenommen worden sein. Ueber die Zeit, in welche
dieses bedeutendste Factum ihrer Vorgeschichte anzusetzen
sei, waren die Griechen selbst abweichender Meinung. Nach
Herodot fiel die Einnahme von Troja etwa in das Jahr 1270
T. Chr.; nach Thukydides dagegen in das Jahr 1209 v. Chr.
Ephoros setzte die Eroberung in das Jahr 1156, Timaios gar
in das Jahr 1349 v. Chr. Mit Zuhilfenahme der assyrischen
Zeitrechnung fixirte Ktesias dieses Ereigniss auf das Jahr 1183
V. Chr., ein Ansatz, der später von Eratosthenes und ApoUodor
> Die YerlisBliche armenische Venion des Eosebiiu hat: et hie sane Ma-
nethd« in primo (Hbro) rerom egiptiacanim hac ratione de nobis scribit.
Den Listen dea Africanns und Ensebitu za Liebe wurde das ursprüng-
liche ev Tj nptazr^ verwandelt iv t^ Seui/poe.
190 Kr»ll.
acceptirt wurde und allgemeine Anerkennung fand; ^ Welchem
dieser Ansätze hat Manetho bei dem Synchronismus des Thuoris
— falls derselbe, was gar nicht mit Gewissheit auszumachen
ist, von Manetho selbst herrührt — sich angeschlossen? Dass
er sich an den Ansatz von 1183 v. Chr. nicht gehalten hat,
ist von Lepsius dargethan worden; unsere Untersuchungen
führen zu dem Ergebnisse, dass, da Thuoris in der ursprüng-
lichen Anlage der t6[xoi als Vorgänger Ramses III. verzeichnet
war, die Zerstörung von Troja nach den T^piot vor 1266
V. Chr. fallen müsste, und es steht sonach der Annahme
von Lepsius ^ nichts im Wege , dass Manetho den Ansatz
Herodots acceptirt habe — einen sichern Anhaltspunkt bietet
uns jedoch dieser Synchronismus aus griechischer Geschichte
ganz und gar nicht.
Dynastie XXI — XXVL Birch hat zuerst ^ darauf aufmerk-
sam gemacht, dass die Namen der Könige der XXII. Dynastie der
TCfjLoe kein ägyptisches, sondern vielmehr ein assjnrisches und
aramäisches Gepräge tragen; er setzte Osorchon Sargon, Ta-
kelat Tiglat und Namurot Nimrod gleich und schloss hieraus
auf eine enge politische Verbindung zwischen Aegypten und
Assyrien, sowie auf Verheirathungen zwischen den beiden
Königsfamilien. ^ Im Anschlüsse an Birch, aber in einer Reihe
von Punkten wesentlich von ihm abweichend, legte Lepsius^
zuerst dar, dass die Bevölkerung des Delta und namentlich
seines östlichen an Asien grenzenden Theiles sehr gemischt
war, und führte hierauf aus, dass Sedonk I. als das Haupt einer
ursprünglich asiatischen, wahrscheinlich semitischen, in Bu-
bastus eingebürgerten, Familie anzusehen sei. Die Ansicht
von Lepsius hat unter den Forschern allgemeine Geltung er-
langt, da sie in der That an Klarheit und Einfachheit nichts
^ J. Brandis, Comm. de temp. graecomm antiquissimorum ratione, Bonn 1857.
^ Königcsbucli p. 137.
' Transact. of the R. S. of Lit Second Ser. III, p. 165 f.
* ,1 have entered into this philological detail becanse I think it demon-
strates, by a new route, an alliance between tbe Assyrian and Egyptinn
conrts, and shows that at the period connections of blood mnst bave
exiflted between the two royal houaes.'
^ Ueber die XXII. ägyptische Königsdynastie, PhiL-hist. Abh. der Berliner
Akademie, 1856, p. 285 f.
Hanethonisehes OeBChichtswerk. 191
ZU wünschen übrig lässt, und eine Reihe von schwierigen
Fragen glücklich löst. Da überraschte Brugsch die gelehrte
Welt mit der Entdeckung, ^dass die ägyptischen Denkmäler
von dem Jahre 1000 v. Chr. an^ uns zum ersten Male die
Kenntniss assyrischer Königsnamen in ägyptischer Schreibung
gewähren, und die Qegenwart assyrischer Satrapen im Nilthale
bezeugen. Pallascharnes, Seäonk, Nimrod, Tiglat, Sargon und
andere mehr, sind echt assyrische Gestalten, welche fortan mit
der Geschichte Aegyptens im engsten Zusammenhange stehen
werden'. '
Ausgehend von der Stele des Peson^or ^ und einer grossen,
wenn auch nur zum Theil erhaltenen Inschrift, auf der Vorder-
seite eines Granitblockes in Abydos, legt uns Brugsch dar,
dass das aussterbende von Herhor und seinen Nachfolgern be-
drängte Geschlecht der Ramessiden Verbindungen mit den
Assyriern angeknüpft habe; ein Urenkel des von Herhor ge-
stürzten Ramessu XIII. hätte sich mit der ungenannten Tochter
eines Grosskönigs, dessen Namen Pallascharnes an Ninip-pal-
lasar und Tiglath-phalasar erinnerte, vermählt, was den König
der Assyrer Naromath (= Nimrod) nach Aegypten zu ziehen
und seinen Sohn Schaschanq zum König von Aegypten ein-
zusetzen, veranlast hätte.' ^
Die hohe Bedeutung der Darlegungen von Brugsch für
die ägyptische Chronographie, und daher für die Anordnung
der spärlich auf uns gekommenen Manethonischen Fragmente
leachtet sofort ein; wir hätten ganz abgesehen von der Glei-
chung SeSonk = 5. Jahr des Rehoboam,'* noch eine andere
mit der assyrischen Königreihe gewonnen ; es ist daher am
Platze dieselbe näher zu untersuchen, und mit den bisher
bekannten Thatsachen aus dieser Zeit zusammenzustellen.
Fassen wir vorerst die damalige Lage der grossen Reiche
im Oriente näher ins Auge. Als bequemer Anhaltspunkt bietet
^ Bnigsch 1. L Einleitung p. X.
' Mariette, Athen. Fran^. 1855. Bull. Arch. p. 95. Lepsins 1. 1. p. 264 f.
> BragBch 1. 1. p. 643 f.
* 1 Konig^e 14, 25. Zam Andenken an den Feldzng Hess Sesonk im
21. Jahre seiner Regierung eine Säulenhalle des Amonstempel errichten,
in der wir ein langes Verzeichniss von eroberten Stfidten wiederfinden.
Cf. Brugsch 1. 1. p. 660 f.
192 Krall.
sich uns der Synchronismus Scheschonks Zug gegen Judäa
= 5. Jahr des Reboboam dar. Die Reihe der Vorgänger Sche-
schonks, Nimrod, Scheschonk^ Pithut, Nebonescha, Mausan, die
wir nach Brugsch als assyrische Könige anzusehen hätten/
weist uns sonach in die Zeit, wo das Reich der Hebräer in
Folge günstiger Verhältnisse unter den Vorgängern Rehoboams^
Saul, David und Salomon im westlichen Asien eine bedeu-
tende Stellung einnahm. Syrien ist von der Natur selbst darauf
gewiesen, in der Geschichte keine selbstständige Rolle zu
spielen, es war immer der Zankapfel zwischen den Monarchien,
die entweder im Nilthale oder am Euphrat und Tigris sich er-
hoben hatten — nur vorübergehend, wenn dieselben zerfielen,
hat es eigene Bedeutung erlangt. Die ägyptische Monarchie
war unter den letzten Ramessiden, in steten inneren Kämpfen
begriffen, gar nicht in der Lage, ihr Ansehen nach Aussen
geltend zu machen; die assyrische war nach der Niederlage
Tiglatb-pilesar I. durch die Babylonier bei Hekali, und nach
der unglücklichen Schlacht seines dritten Nachfolgers Assur-
rab-amar unweit Karchemisch, die die voiiibergehende Unab-
hängigkeit Syriens begründete, ganz zerfallen.^ Die nachfol-
genden Könige verloren allmälig alle ihre Eroberungen und
sahen sich bald auf ein kleines Gebiet in der unmittelbaren
Nähe ihrer Hauptstadt beschränkt, ^ bis endlich mit Tiglath-
adar am Anfange des neunten Jahrhunderts eine neue Er-
hebung Assyriens begann. In dieser Zeit des Verfalls der ägyp-
tischen und assyrischen Monarchien erhob sich gewaltig das
Reich der Hebräer, unter David und Salomon reichte es von
der ägyptischen Grenze bis zum Euphrat und rothen Meere;
1 Brugsch theilt dieselben wohl in assyrische Könige und Fürsten (auf
seiner Stammtafel der königlichen Familien der Dynastien XX — XXVI).
Der Unterschied ist jedoch keineswegs stichhaltig, da auf der Inschrift
des Pesonhor von Nimrod aufwfirts alle Vorgänger Scheschonks als
y I I , als mit derselben Würde bekleidet, bezeichnet werden [Lepsius
1. 1. p. 288 A]. Es waren sonach Nimrod und seine Vorgänger, Boiouana
ausgenommen, insgesammt assyrische Könige oder es war es deren keiner.
2 M6nant, Annales p. 53 — ö6.
3 Rawlinson, The five great Monarchies II. 80—83. Oppert, Histoire den
empires de Chald^e et d'Assyrie p. Gl — 69. M^nant, Annales p. 59— (>K
Maspero, Histoire ancienne p. 342 — 543.
Manethonifcbee Oescbichtswerk. 193
in dem Momente wo sich einerseits das ägyptische Reich unter
Scheschonky andererseits das assyrische unter Tiglath-adar und
seinen Nachfolgern erhob , waren ihm die Grundlagen seiner
Existenz — die Schwäche seiner Nachbarn — entzogen und
es trat sein Verfall ein.
Diese Betrachtung über die Statik der Reiche im west-
lichen Asien war nothwendig, um festzustellen^ dass die An-
nahme eines Zuges eines assyrischen Königs nach Aegypten,
die nur zu einer Zeit der höchsten Blüthe des assyrischen
Reichs und der völligen Unterwerfung Syriens, wie sie in den
spätem Perioden eintrat, überhaupt denkbar ist, für die Zeiten
Salomons ganz unzulässig ist. Aber noch mehr; so spärlich
auch unsere Nachrichten über die assyrische Geschichte dieser
Zeit fiiessen mögen, so ist uns doch der grösste Theil der
Konigsnamen erhalten; keiner derselben lässt sich auch nur
im Geringsten mit den Namen der Stele des Pison^^or iden-
tificiren. Es müsste denn doch ein sehr eigenthümlicher Zufall
gewaltet haben, wenn gerade die Namen dieser ganz geschlosse-
nen assyrischen Königsreihe, die wir im Gegensatze zu allen
Nachrichten als ungemein mächtig ansehen müssten, da sie zu
Zeiten Davids mit Aegypten in Verkehr getreten waren, und
nnter Salomon Aegypten zu einer Provinz ihres Reiches machen
konnten, gänzlich verloren gegangen wären, ja dass selbst die
historischen Bücher der Juden, die bei diesen Dingen in erster
Linie interessirt waren, gar keine Nachricht hierüber uns er-
halten haben. Musste ja doch die gewaltige Ausdehnung des
assyrischen Reiches, wie sie eben in der Eroberung Aegyptens
gipfelte, weithin ihre Wirkungen äussern, wovon während
der ganzen friedlichen Regierung Salomons gar keine Spuren
vorliegen.
Wenn aber Nimrod und seine Vorgänger keine assyrischen
Könige waren, was waren sie denn dann ? Ihre Namen ^ weisen
ans darauf hin, dass sie assyrischen Stammes waren, wie kamen
sie aber nach Aegypten? Um diese Frage zu beantworten,
müssen wir die Nachrichten, die wir über diese Vorgänger
Scheschonks haben, näher ins Auge fassen. Wir finden bei
* Der Scblusfl ist freilich nicht ganz zwingend, denn wir finden z. B. bei
den Griechen den Namen Psametik seit der Sai'tenzeit häafig angewendet.
Sitzugsb«r. d. phiL-bift. Gl. XCY. Bd. I. Hft. 13
A/VWNA
194 Krall.
Lepsius ' die Legende: 1 '^'^^ Hl |' aA / i
Ramses, der Befehlshaber aller Truppen (Namens) Nimrod, seine
Mutter (war) die Tochter des grossen Fürsten von | (Mäti),
Panure§nes (mit Namen)/ Es ist von Brugsch ^ mit Recht darauf
aufmerksam gemacht worden, dass unser Nimrod der Brader
der auf einer anderen Stele genannten [Zadj Qoraufänch und
[Zad] Annubasänch ^ sei, die nachweislich Zeitgenossen SeSonks I.
gewesen sind. Wer ist aber dann Panuresnes, ist es die Mutter
Nimrods, ist es der Name des Fürsten von 1 ? Brugsch
entscheidet sich für das Letztere, ^ da ihn der Name an Ninip-
pallasar erinnert. Dem gegenüber müssen wir jedoch bemerken,
dass einerseits der Name PanureSnes sich gut ägyptisch er-
klären lässt, ,unsere Freude- über sie^, ^ anderseits dass, da
wir in der Reihenfolge der nj A der ,assyrischen Könige' nach
der Annahme von Brugsch auf der Stele des Pisonhor kein
PanureSnes vorkommt, wir zur Aufstellung eines zweiten wohl
einem anderen Geschlechte angehörigen assyrischen Königs zur
Zeit der Vorgänger Scheschonks — also eines Gegenköoigs —
genöthigt wären. Ohne uns weiter in diese Hypothese hinein
zu verstricken, geben wir die Stammtafel Nimrods, daran fest-
haltend, dass Panuresnes die Mutter Nimrods war.
Ich mU88 zudem daran erinnern, dass das Wort, welches dem Namen
Bniuuaua vorangeht, Thehen (p. 74, A 2) möglicherweise auch ,Lib)rer'
bedeuten kann (Dümichen, Recaeil II, p. 58 n. passim).
1 Königsbuch Nr. 784 und 785 (Nachtrag).
2 Ramses und Scheschonk (Aeg. Z. 1875 p. 163 f.).
Berten Abdruck der Inschrift des Sohnes des Ramses, Nimrod, gibt v. Berg-
mann in seinen ,Hierogljphischen Inschriften' p. 4 — 6 und pl. III. o. IV.
* 1. 1. 644.
^0', rep, Freude, p&^c gaudium. Ich erinnere nur an BentreS
,die Tochter der Freude', die Gemahlin eines Ramessiden, von der uns
die bekannte Stele berichtet. Reiuisch, Ghrest. I. pl. 12. Mit Recht
schreibt daher Lepsius (1. 1.) ,8eine Mutter Panurettues*.
HanethonUelies Geschichte werk. 195
grosser Fürst von ]
o W
Ramessu XVI. (?) PanureSnes
[Zad] ^oraaßlnch [Zad] Annubasänch Nemrud
Wir sehen aus dieser Stammtafel ^ wie innig die Bezie-
bangen zwischen den ^grossen Fürsten' von 1 . und den ägyp-
tischen Fürsten gewesen sein müssen ; die Tochter des Assyrers
fuhrt einen ägyptischen, der Sohn des ägyptischen Königs einen
assyrischen Namen, so war es möglich, dass die Herrschaft
von den Kamessiden leicht auf die Gross-Fürsten von ]
übergehen konnte. Die Mutter Scheschonks Thentsepeh war
allem Anscheine nach eine Verwandte des letzten Ramessiden,
seine Gemahlin vielleicht dessen Schwester, mit ihrer Hand
gewann er auch das Recht der Nachfolge in Aegypten. Diese
Angaben der ägyptischen Inschriften reichen nicht aus, um die
wahre Bedeutung der ,grossen Fürsten von oder der ]
Mäti' festzustellen; wir müssen die Keilinschriften zu Bathe
ziehen. Auf einer Inschrift des Königs Tiglath-pilesar II.
(745 — 727), ' finden wir einen Grenzwächter, einen assyrischen
Markgrafen erwähnt, ,den Itibill setzte ich zum Grenzwächter
ein für das Land Mu^ri^ Tiglath-Pilesar ist nicht erobernd
nach Aegypten gezogen, er fand es jedoch angemessen über
die an Aegypten grenzenden Gebiete einen ,nigab% einen
Wächter, aufzustellen. Steigen wir nun von Scheschonk, dem
altem Zeitgenossen Rehoboams, der also etwa der zweiten
Hälfte des zehnten Jahrhunderts angehört, sechs Generationen
aufwärts — so viele zählt nämlich die Stele des Pesonbor als
Vorgänger Scheschonks auf — so kommen wir in den Aus-
gang des zwölften Jahrhunderts, d. h. in die Zeit Tiglath-
pilesars I., des gewaltigsten Könige der ersten Periode assy-
rischer Geschichte, der nachweislich bis Arados vorgedrungen
ist, welches ihm seine Thore öffnete.^ So gross war sein Ansehen,
* £. Schrader, Keiliaschriften und Geschichtsforschnn^ p. 262 und A; die
Inschrift findet sich bei Lajard 66 und II, B. 67 und III, R. 10 Nr. 2.
^ Maspero, Histoire ancienne p. 282.
13*
196 Kr»n.
dass selbst der König von Aegypten sich beeilte, ihm eine
Reihe von Geschenken zu senden. ^ Halten wir dies alles zu-
sammen; so kommen wir zu dem Ergebnisse, dass Buiu-uaua,-
der Ahnherr der Familie Scheschonks, zum assyrischen
Markgrafen gegen Aegypten von Tiglath-pilesar I. eingesetzt
worden sei.
Mit Tiglath-pilesar I. Niederlage bei Hekali, zerfiel die
assyrische Machjt; den assyrischen Grenzgrafen gelang es, allem
Anscheine nach, Dank der Waffenmacht, die ihnen Tiglath-
pilesar I. mitgegeben hatte, sich an der Grenze Aegyptens zn
behaupten. Nunmehr unabhängig von Assyrien, welches nur
mit Mühe sich der Angriffe der benachbarten Völker erwehren
konnte, traten Buiu-uaua und seine Nachfolger in Verbindung^
mit den Ramessiden, denen ihre Unterstützimg im Kampfe gegen
die Priester und Könige von Theben nur erwünscht sein konnte.^
em
^ Auf dem zerbrochenen Jagdobelisken von Nimmd, welcher von Äsur-
nasirbabal herrührt, wird von Geschenken des Königs von Mn^ri
gesprochen und unter denselben ,ein Namsuh (Krokodil) ein ... des
Flusses, und Thiere des grossen Meeres* (Mittelländisches Meer) erwähnt
Schrader, K. u. G. p. 264 f.
' Er fuhrt auf der Inschrift den Titel II v /w^w TTIT Theljeu , dessen Be-
deutung wir jedoch festzustellen nicht in der Lage sind. Immerhin erinnern
wir an Ä X T&^no detinere, prohibere. Dass \ x AAA^AA ^TTTj' in
der That ein Titel und kein Bestandtheil des Namens ist, zeigt die Stele
des Pesonfaor, welche vor jedem Namen entweder einen Titel oder
in y I I gibt. Lepsius 1. 1. p. 288 A, vgl. jedoch oben p. 193 A 1.
3 Scheschonks gleichnamiger Grossvater war mit der ägyptischen Prinzessin
Mehet>n-Usech, dessen Sohn Nimrod mit Thentsepeh verm&hlt.
* Den Titel, den diese assjrrischen Markgrafen führen rn ]( ^aa/^ |
igrosser Fürst von oder der MSti^, finde ich vollständig ausgeschrieben
bei Tiglath II., der vor seiner Thronbesteigung r^ A aaaa/v\ .i^^ f ^ I
,gro8ser Fürst der Mät' war [vide Lepsius, Königsbnch Nr. 600], Tiglath
war zugleich »grosser Fürst der Maschuascha' (Maxjer). Es ist daher der
Titel fgrosser Fürst von Mäti* nicht wie Brugsch (1. 1. p. 644) annimmt,
die Benennung eines assyrischen Grossher m, sondern vielmehr die eines
Anführers, eines in ägyptischem Solde stehenden Volkstheiles — nach
unseren Ansfiihrnngen , die uns zur Annahme von Birch und Lepsin«,
Manethoniscbes GeBchichtewerk. 197
Wir wenden uns nun zur Betrachtung der xcfjLot, Die
beiden exB&cjs«; stimmen hinsichtlich der XXI. Dynastie voll-
kommen übereiu; mit der einzigen Ausnahme, dass bei Euse-
bius dem letzten Könige der Reihe, Psusennes, 35 Jahre ge-
geben werden, statt der 14 des Africanus. Der vorhergehende
König Psinaches regierte 9 Jahre, es beläuft sich sonach die
Regierungszeit der beiden letzten Könige der Dynastie in der
exdsdt; des Eusebius auf 44 Jahre.
In dieser Zahl liegt die Erklärung der Abweichungen
der beiden ex8cast<; für die XXII. bis XXVI. Dynastie.
Afr. Eus. Arm.
XXII. Dynastie Bubastiden 120 J. 49 J.
XXIII. „ Taniten 89 „ 44 „
XXIV. „ Saiten 6 „ 44 „
XXV. „ Aethiopen 40 „ 44 „
XXVI. „ Saiten 150 „ 6 M. 167 „
Der Verfasser der TÖfzoi, wie sie uns gegenwärtig bei
Eusebius vorliegen, kannte die t6{jloi des Africanus , auch seine
XXII.' Dynastie ist hiefiir ein neuer Beleg, sie umfasst etwa
70 Jahre weniger als bei Africanus, indem sie die sechs unge-
nannten Könige desselben einfach streicht. Was bewog unseren
Anonymus die grossen Aenderungen an den überlieferten
Zahlen vorzunehmen? Aus Herodot und Diodor war ihm be-
kannt, dass vor der] Erhebung Psametiks in Aegypten, die so-
genannte Dodekarchie bestanden hatte — die neuen Ent-
deckungen, die Pianchistele sowie die assyrischen Inschriften
bezeugen uns das Vorkommen von Theilkönigen im Delta — er
glaubte in seinen x6\t.Gi dieselbe zur Anschauung bringen zu
müssen. Jetzt wird es uns klar, warum bei der XXI. Dynastie
die Regierungszahl des letzten Königs auf 35 Jahre erhöht
wurde — nach der Auffassung unseres Autors haben die letzten
Könige derselben (9 + 35 = 44 J.), gleichzeitig mit der XXII.
bis XXV. Dynastie regiert. Dieselbe Erscheinung können wir
bei den Anfängen der XXVI. Dynastie beobachten. Hier
finden wir zuerst den Aethiopen Ameres (das Haupt einer
wenn aach mit einigen Modificatlonen zurückfahren, werden wir in den
Miti in der Tbat assyrische Söldner zu erkennen haben.
198 Krtll.
libyschen Ednigsfamilie !) mit 18 Jahren^ dann den StepbiDateB
mit Ty den Nekepsos mit 6 und Nekao mit 8 Jahren, es sind
sonach seit der Erhebung der Dynastie bis auf Psametik
39 Jahre verflossen. Psametik selbst regierte nach Eosebins
44, nach Africanus 54 Jahre, d. h. der letztere gibt uns dessen
gesammte Regierungszeit, der erstere nur die Zeit der Allein-
herrschaft. Zählen wir die 10 Jahre, während welcher Psa-
metik mit den übrigen Theilf&rsten zusammen regierte, den
39 Jahren seiner Vorgänger hinzu, so erhalten wir 49 Jahre,
d. h. so viele Jahre, wie bei der XXII. Dynastie. Eb stellt
sich sonach das Schema bei Eusebius folgendermassen :
Taniten Bubastiden Taniten
XXI. Dyn. XXII. Dyn. XXIII. Dyn.
44 J. 49 J. 44 J.
Psinaches 9 J.i
Psusennes 35 „/
Saiten Aethiopen Saiten
XXIV. Dyn. XXV. Dyn. XXVI. Dyn.
( Ameris 18
Stephinates 7
Nekepso 6
Nekao 8
Psametik 10
44 J. 44 J. 49 J.
IUI
44/
54
Dadurch ward das Bild, wenn auch nicht einer Dodek-
archie, wozu die Namen bei Manetho gar nicht ausreichten,
so doch einer Hexarchie erreicht — freilich mit Vergewaltigung
der Manethonischen Angaben. Die Continuität, die der Ver-
fasser der T6{jL0t des Africanus, seit dem Ende seines zweiten
x6[koq wohl oder übel einzuhalten bemüht war, war zerrissen;
zwischen dem Ende der XX. Dynastie und dem Beginne der
XXI. Dynastie, deren Ausläufer in die Zeit der Dodekarchie
fallen sollten, klaffte eine zweihundertjährige Lücke. Aus dem
Gesagten wird zugleich hinreichend klar geworden sein, warum
der Verfasser der t6{aoi des Eusebius den Synchronismus bei
Petubastis nicht aufgenommen hat. Africanus sagt von diesem
ersten Könige der XXIII. Dynastie, e^* ou 'GXufjLTCia*; tJx^ icp^'n;,
nach den t6|ji,o( des Eusebius ist er dagegen ein Zeitgenosse der
Maaethonisches Oeschichtswerk. 199
Aethiopen, einer der TheilförBten zur Zeit der Erhebung Psa^-
metiks, es fiel sonach sein Regierangsantritt lange nach der
ersten Olympiade.
Dynastien XXVII — XXXL Die beiden exoöcei^ weichen
hinsichtlich der Regierungsdauer des Kambyses, und demzu»
folge auch der Zeit der Eroberung Aegyptens durch die Perser
von einander ab. Eusebius gibt dem Kambyses 18 Jahre,
wovon 15 Jahre vor und 3 Jahre nach der Eroberung Aegyp-
tens fallen. Die T6(ioe des Eusebius zeigen sich vielfach beein-
flusst durch die Angaben griechischer Autoren, auch hier können
wir dies beobachten. Die 18 Jahre sind dem Ktesias ^ —
vielleicht aber auch einer Quelle, die dem Ktesias folgte,
dann wahrscheinlich Diodor — entnommen. Wahrscheinlich
sind die 18 Jahre des Ktesias von der Einnahme Babylons ab
gezählt, derart etwa, dass Cyrus gleich nach der Eroberung
Babylons den Kambyses daselbst zum Nebenkönige eingesetzt
hätte. 2
Bei der XXVIII. Dynastie haben die Neueren Schwierig-
keiten gefunden, die gar nicht existiren, sie haben annehmen
zu müssen geglaubt, dass der Amyrtaios, der dieselbe ausmacht,
ein Enkel des aus Herodot und Thukydides uns wohlbekannten
unteragyptischen Verbündeten der Athener, während des grossen
Aufstandes Aegyptens gegen Artaxerxes I., gewesen sei. Der
einzige Grund, den man hiefür vorgebracht hat, ist wenig
stichhaltig ; zwischen dem Ausgange der XXVII. Dynastie und
dem Beginne der XXIX., ist in den i;6{aoi eine Lücke von
einigen Jahren, die man durch die XXVIII. Dynastie (6 J.)
aosiiillen zu können meinte. Bei der Betrachtung der t6(jici sind
uns jedoch ganz andere Lücken ^ und Unebenheiten entgegen-
getreten; dies wäre sonach fiir uns kein zwingender Grund,
einen zweiten Amyrtaios zu erfinden. Dazu kommt noch ein
weiteres entscheidendes Moment : Aegypten hat sich nicht erst
' Cteaiae fragmenta ed. Müller p. 48.
' Damit scheinen anch die Inschriften zu stimmen, die das eilfte Jahr des
Kambjses als Königs von Babylon vorführen. Cf. Schrader, Aeg. Z. 1879,
p. 39 f.
3 Auch für diese Zeit bieten uns die Topi Lücken ; so fehlt in denselben
der König Psammetichos, der vom Scholiasten zu Aristophanes Wespen,
718 ans Philochoros erwähnt wird.
200 Krall.
nach dem Tode Dariua II., sondern viel früher erhoben. Denn
ausdrücklich versichert uns Diodor ^ zum Jahre 41 1 , dass
Aegypten einen eigenen König gehabt habe, der im Bunde mit
dem Könige der Araber sogar einen Angriff auf Phönicien
plante; ferner ersehen wir aus Thukydides, ^ dass Athen, der
Feind des persischen Reiches, von Aegypten, Getreidesendungen
empfing, denen von den Lakedämoniern, den Verbündeten der
Perser, nachgestellt wurde. Es lässt diese Stelle uns eindo
Bund zwischen Athen und den gegen die Perser aufgestandenen
Aegyptem vermuthen — also eine Wiederholung dessen, was
zu Zeiten des Jnarus und Amyrtaeos eingetreten war. Nur ein
Moment schien diesen Ausfuhrungen entgegenzutreten — die
Aegypter im Heere Artaxerxes II. Wir wissen jetzt jedoch,
dass dieselben Nachkommen der von Amasis gesandten Hilfs-
truppen im Heere des Krösus gewesen sind, denen Cyrus als
Anerkennung ihrer Tapferkeit im inneren Asien Städte ein-
geräumt hatte, die noch zu Xenophons Zeiten Aegypterstädte
hiessen.^ Erinnern wir uns nun zum Schlüsse, dass Synkellos
den Aufstand Aegyptens im zweiten Regierungsjahre des Danas
Nothus eintreten lässt, ^ so werden wir zugeben müssen, dass
Aegypten nicht erst mit dem Ausgange der XXVII. Dynastie
aufgestanden sein kann, sondern schon viel früher sich erhoben
haben muss. Zur Ausfüllung der Lücke, die dadurch entsteht,
reichen die sechs Jahre des Amyrtaios bei Weitem nicht aus.
Anderseits finden wir bei Diodor^ zum Jahre 400/399 einen
König Psametik verzeichnet, der in den Listen gar nicht vor-
kommt; wir werden uns daher bescheiden müssen, die Lücke
einfach zu verzeichnen und uns hüten, die XXVHI. Dynastie
von ihrer Stelle neben Artaxerxes L wegzurücken.
Hinsichtlich der XXIX. Dynastie stimmen die beiden
e)c36aei(; überein, wenn wir von dem Könige Muthes (1 Monat)
absehen, den Eusebius mehr hat. Bei der folgenden XXX. Dy-
nastie werden im Gegensatze zu Africanus, die Regierungsjahre
^ XIII, 46: nuvOavtfp.Evo{ tov te 'Ap^cuv ßavtX^a xai tov At^uTurfcov Iki^uX^ueiv
Tot( TCEf i <[>oiv{xY)V 3:por]f[jLa9tv, wahrscheinlich aufl Ephoros.
2 VIII, 35.
' Büdinger, Krösus^ Sturz p. 24.
« p. 256 D. Cf. übrigens Unger, Chronologie p. 294—296.
* XIV, 35.
MaBethoniscben Geschichtswerk. 201
der einzelnen Herrscher abgekürzt, um die Eroberung Aegyp-
tene durch Ochus in dasselbe Jahr wie Diodor anzusetzen, wie
dies Boeckh schon mit entscheidenden Qründen dargethan hat. *
§. 3. Der erste t6|ji.o^.
DyncLstien VI — XII. Wir haben in denselben ein Stück
vor uns, analog den Dynastien der Hyksoszeit, nur dass wir
hier des sicheren Leitfadens der Fragmente Manetho's, sowie
überhaupt aller Monumente gänzlich entbehren.^
Africanus.
VI.Dyn. 6Memphiten 203 J.
VIT. „ 70 „ 70 T.
VIII. „ 27 „ 142 J.
Eusebius.
Memphiten
203 J.
5
75 „
5
100 „
4 Uerakleopoliten
100 „
19
185 „
16 Diospoliten
43„
Auienemes
16 „
IX. „ 19 Herakleopoliten 409 „
X. „ 19 „ 185 „
XI. „ 16 Diospoliten 43 „
Amenemes 16 ,,
Wie uns bei Africanus in der XVI. Dynastie mit 518 Jahren
die Gesammtsumme der Regierungen der Hyksos, die schon
in anderen Dynastien enthalten waren, entgegen getreten ist,
so können wir dasselbe bei seiner IX. Dynastie mit 409 Jahren
beobachten. Sie stellt sich dar als Summe der VI., VII., VIII.
und XL Dynastie, sowie der um vier Jahre erhöhten Regierung
des Amenemes, wie denn in der That auch der Turiner Pa-
pyrus demselben über 19 Jahre gibt. ^ Die X. herakleopoli-
tische Dynastie erweist sich anderseits als gleichzeitig mit
der VIII. und XI. Dynastie, da sie 185 Jahre umfasst, also
gerade so viel als die beiden letzteren zusammen (142 + 43
= 185 Jahre). Es stellt sich sonach das ganz durchsichtige
Schema des Verfassers der Tcpiot des Africanus folgender-
inassen:
' Mftnetho p. 509 f. Für diese letzten Dynastien verweisen wir auf Unger,
Chronologie, wo die meisten Fragen abschliessend behandelt sind, sowie
auf SchSfer^s Demosthenes und seine Zeit, I. Bd., p. 15, 23, 54, 142, 102,
329 f., 412 f., 426 f., 442, endlich auf die Zeittafel.
* Kran, Die Vorläufer der Hyksos, Aeg. Z. 1879, p. 34.
^ Lanth, Manetho p. 223.
202 Krall
EinheimiBche Fürsten. Herakleopoliten.
VI. Dynastie 203 J.
VII. „ 1 , I o
VTIT 14.9 »
Y^' " Iq "1 X. Dyn. 185 (142 + 43) J. |
Ammenemes (16 + 4) 20 „
Q
Anders steht es dagegen mit dem Schema des Easebiiu,
auch hier tritt uns die schon häufig bei ihm beobachtete Vor-
liebe für runde Zahlen entgegen. Wir finden zwei Dynastien
mit je hundert Jahren, was natürlich nicht geeignet ist, unser
Vertrauen in seine Angaben zu erhöhen. Für diese Periode
ägyptischer Geschichte fehlen uns die Hilfsmittel gänzlicli,
durch deren Vergleichung uns die Reconstruction des Schema
für die Dynastien der Hyksoszeit gelungen ist — nämlicli
Bruchstücke aus den Manethonischen ß{ßXoi und monumentale
Angaben. Wir können daher auf unsere bisherigen Beobach-
tungen uns stützend, nur vermuthen, dass die VIII. und IX.
Dynastie zu je hundert Jahren in dem Schema des Verfassers
der t6{xoi des Eusebius als gleichzeitig herrschende Dynastien
verzeichnet waren, und, da es feststeht, dass die Herakleopoliten
eine Reihe von nicht ägyptischen Herrschern vorstellen, wir
es hier mit einem genauen Seitenstücke zu den Dynastien der
Hyksoszeit zu thun haben. Danach würde sich das Schema
also gestalten:
Einheimische Fürsten. Herakleopoliten.
VII. Dyn. 75 J.| IX. Dyn. 100 J.l ^. ,
VHI. „ 100 J 218 J. X. „ 185 „1 ^
XL „ 43 „^
Wie für die Zeit der Hyksosherrschaft zwei Rubriken
nöthig waren, auf deren einer die Hyksos, auf deren anderer
die einheimischen Dynastien standen, finden wir auch in dem
Schema des Africanus und Eusebius eine analoge Gegenüber-
stellung der Herakleopoliten und nationalen Fürsten.
Wir kommen nun zur XII. Dynastie, bei welcher die
Angaben unserer beiden ex8o5cj? bedeutende Abweichungen
zeigen. Africanus gibt 7 Könige mit 160 Jahren, Eusebius
dagegen wohl auch 7 Könige aber mit 245 beziehungsweise
ManethonischeB G«Bchichtawerk. 203
182 Jahren. Addirt man nämlich die den einzelnen Königen
beigefiigten Posten^ so erhält man 182 Jahre , Easebius selbst
gibt dagegen als Summe 245 Jahre. Darin scheint in der
That eine bedeutende Schwierigkeit zu liegen, und man nimmt
gerne, um ihr zu entgehen, seine Zuflucht zu Verschreibungen
oder man ignorirt sie einfach. Vor der XII. Dynastie regierte
die XL ebenfalls thebanische Dynastie, über deren Zusammen-
hang mit den Amememha's kein Zweifel besteht; ihre Regie-
rungsdauer betrug nach den tibereinstimmenden Angaben der
TC|wt 43 + 20 Jahre — wir haben schon bemerkt, dass vier
Jahre des Amenemes ausgefallen sind, und dass er daher nicht
16 sondern über 19, also rund 20 Jahre geherrscht hat. Nehmen
wir zu diesen 63 Jahren die 182 hinzu, welche die Regierungs-
posten (46 4- 38 + 48 + 8 + 42) der XII. Dynastie bei Euse-
biuB betragen, so bekommen wir genau 245 Jahre. Es geht
sonach die Summe bei Eusebius über den T6(A0(;-Einschnitt hin-
weg und umfasst die XI. und XII. Dynastie, die ja so innig
mit einander zusammenhängen, dass der erste König der XII.
Dynastie der Sohn des letzten Königs des I. t6(xo^ war. Der
^^{ic^-EinBchnitt hat sonach wie die XIX. von der XX., so auch
die XI. von der XII. Dynastie, die ursprünglich eine Einheit
bildeten, gewaltsam auseinander gerissen, ohne dass jedoch,
wie wir beobachtet haben, alle Spuren der ursprünglichen Zu-
sammengehörigkeit verwischt worden wären.
Dynastien I — V. Nach den Arbeiten von Rougä und
Laath können wir uns für diese Dynastien auf das Nothwen-
digste beschränken. Für die drei ersten Dynastien weichen
unsere eitBdaetc;, mit Ausnahme einer Differenz, auf die wir bald
surückkommen werden, nicht bedeutend ab; wir bemerken
nur, dass Eusebius wie gewöhnlich verkürzte Summen uns
darbietet :
Afric. Easebius [Arm.].
I. Dynastie Thiniten 253 J. 252 J.
n. „ Thiniten 302 „ 297 „
IIL „ Memphiten 214 „ 197 „
Bedeutender sind dagegen die Abweichungen bei der IV.
und V. Dynastie. Nach Africanus 8 Könige mit 284 und
^ Könige mit 248 Jahren, nach Eusebius, der nur seiner
204 KrtU.
IV. Dynastie die Anzahl der Könige und ihre Regierungsdauer
beifügt, 17 Könige mit 448 Jahren, d. h. bei Eusebius sind
die zwei Dynastien des Africanus in eine zusammengefasst
(17 Könige =8 + 9; die Regierungssumme ist bedeutend ab-
gekürzt). Es ist dies ein Vorgang, den wir schon zu wieder-
holten Malen beobachtet haben, und der richtig aufgefasBt,
sich also stellt Sowie die zwei ei*sten Dynastien, die Thiniten,
nach dem Zeugnisse des Turiner Papyrus nur eine Gruppe
eigentlich bildeten, so hingen auch die IV. und V. Dynastie
des Africanus ursprünglich zusammen, was uns auch vom
Turiner Papyrus bestätigt wird, der mit Onnos (V, 9) einen
Abschnitt macht. Dieser ursprüngliche Bestand der memphi-
tischen Geschlechter wird uns von dem Verfasser der t5ijl9'.
des Eusebius wiedergegeben; der Gewährsmann des Africanus
hat dagegen, wie die thinitischen Geschlechter, so auch die mem-
phitischen Geschlechter in je zwei Gruppen zerschlagen, und
zwar aus rein praktischen Gründen; um zwei Riesendynastien
von je 17 Königen auszuweichen, hat er diese auf vier Dyna-
stien vertheilt, von denen die einen 9, die anderen 8 Könige um-
fassten. Wir haben schon bei der Erhöhung der Zahl 511 auf
518 für die Hyksosherrschaft gesehen, dass der Verfasser der
TOfjLot des Africanus ein grosser Freund der Symmetrie ge-
wesen ist.
Während sonach die Topioi des Africanus bis auf Onnos
ftinf Dynastien ergaben, hatten die des Eusebius bis dahin nur
vier; zu einer von seiner Vorlage abweichenden Zählung, wie
sie die Excerpta Barbari uns darbieten, konnte der Ueber-
arbeiter (p. 216) der t6(ji.oc des Eusebius sich nicht entschliessen,
und so blieb ihm nichts anderes übrig, als die VI. Dynastie des
Africanus in zwei Dynastien zu zerlegen, in die V. und VI.
Die 31 Könige, die der fünften Dynastie des Eusebius beigelegt
werden, geben uns eine Zusammenfassung der Könige der V.
und VI. Dynastie (die denselben entsprechende VI. des Afri-
canus hatte 6 Könige), sowie der VIII. und XI., d. h. derjenigen
Dynastien, die wir als legitim bei Eusebius erkannt haben.
Für die Dynastien IV — XII ergibt sich nach den bis-
herigen Untersuchungen folgendes Schema:
H&nethonuches Oeflcliiehtswerk.
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206 KralL
Die III. memphitische Dynastie scheiden wir nach dem
Vorgange von Rougä ^ als eine Nebendynastie aus.
Die Götterdynastien, Africanus hat es verschmäht, die-
selben aus den ihm vorliegenden TOfjiot mitzutheilen , wir sind
daher in erster Linie auf Eusebius und die Excerpta ange-
wiesen. Eusebius theilt uns über die Götterdynastien etwa
Folgendes mit. ^ Zuerst regierten über Aegypten Vulcanus, Sol,
Satumus, Osiris, Typhon, endlich Horus, denen eine Reibe
ungenannter Herrscher folgte, die mit Bytes endete. Die erste
Götterreihe regierte 13.900 Jahre, ihr folgten die Heroen and
Manen
post deos regnavere heroes annis 1255
rursusque alii reges dominati sunt annis 1817
tum alii triginta reges Memphitae annis 1790
deinde alii Thinitae decem reges annis 350
Secuta est manium heroumque dominatio annis . . . 5813
Die Gesammtdauer der Götterherrschaft betrug nach Euse-
bius 24.900 Jahre. Es ist schon oft darauf hingewiesen worden,
dass die Aufzählung des Eusebius an Klarheit viel zu wünschen
übrig lässt, und es sind mannigfache Versuche gemacht worden
die Angaben des Eusebius zu combiniren; für unseren Zweck
werden etwa folgende Andeutungen genügen.
Die Excerpta Barbari geben für die Götterregierungen
folgende Zahlen:
Hephaistos 680 J.
Sol 77 „
Sosinosiris (Isis et Osiris) 320 „
Orus 28 „
Typhon 45 „
Summe 1150 J.
Die Excerpta geben uns als Summe 1550, wir können
uns jedoch an dieselbe nicht halten, da ihre Summen ganz
werthlos sind. Als Anzahl der Jahre der Götterregierungen
erweist sich die Summe 1150 als viel zu klein , wir haben es
' Roug^, RechercheB p. 25.
2 LepsiuSf Chronologie p. 462 f. Lauth, Manetho p. 30 f. y. Pessl, System
Manetbo^s p. 121.
Muetbonische« OMChichtswerk. 207
daher mit einer Reduction zu thun. Wenn wir nach Diodor I, 26
unsere reducirte Zahl 1150 mit 12 multipliciren, erhalten wir
13.800 Jahre, d. h. nur um 100 Jahre weniger, als die Dauer
der Regierungen des ersten Götterkreises nach Eusebius be-
trog. Wir können sonach die Zahl 13.900, die uns als Abrun-
duug von 9V2 Perioden zu 1461 Jahren, d. h. 13.879 entgegen
tritt, als ziemlich gesichert betrachten. Auch nach einer an-
deren Seite sind die Zahlen der Excerpta für uns wichtig
— die Regierungen des Osiris und Typhon betragen nach
denselben 365, d. h. nicht reducirt 365 X ^^ Jahre.
Diese Angabe bestätigt unsere Ausführung, dass wir in den
Zahlen für die Regierung des Osiris, die üebertragung des
jährlich im Laufe von 365 Tagen sich vollziehenden Kampfes
des Osiris und Sutech auf eine Periode von 365, respective
365 X ^ od^i* 36^ X 1^2 Jahren zu erkennen haben. Die Zahlen
für die Halbgötter sind in den Excerpta zu verstümmelt, bei
Eusebius dagegen ist ihre Einfügung in das gesammte Schema
der Götterzeit zu zweifelhaft, als dass wir es wagen könnten,
etwas Sicheres hierüber zu sagen — so viel ist jedoch klar,
dass die Oesammtsumme von 24.900 Jahren, an die, von den
Priestern für die Götter zeit gewonnene, Periode von 23.376
Jahren lebhaft erinnert. Die Manen und Heroen regierten
nach Eusebius 5813 Jahre, d. h. 5844 Jahre (= 4 Perioden
zu 1461 Jahren) weniger 31 Jahre. Die fehlenden 31 Jahre
sind an einer Stelle nachzuweisen, wo man sie nicht suchen
möchte. Der erste König der I. Dynastie^ Mena, hat in der
armenischen Version des Eusebius 30 Jahre, d. h. 30 oder
32 Jahre weniger als gewöhnlich. Die Regierung des Menes
wurde, nach dem Calcul des Verfassers der t6{ao( des Eusebius,
durch die Periode von 1461 Jahren ebenso zerschnitten wie
die des Königs Amenemes. Wie bei diesem 4 Jahre durch
Schuld der Abschreiber verloren gingen, so geschah es auch
bei Menes. Das Schema für den ersten t6{xo^ stellt sich sonach
nach Ausscheidung der Nebendynastien, zu denen auch die III.
gehörte, nach Eusebius folgendermassen :
Halbgötter und Manen .... 5813 J.
I- Dynastie Menes vor der \ 4 Perioden 5844 J.
Epoche 31 „
208 Krall.
Menes und seine Nachfolger
nach der Epoche 228 J.
II. Dynastie 297
IV. „ 448
V. „ 203
IX. und X, Dynastie 285
n
\ 1. Periode 1461 J.
in. Capitel.
Geschichte der xöixol.
Die At-fUTTTioxi waren bestimmt, in knapper Form dem neuen
Culturvolke^ das in Aegypten herrschend auftrat, den Griechen,
die wesentlichsten Momente der ägyptischen Geschichte vorzu-
führen. Sie wollten dagegen, und konnten es wohl auch nicht, ein
in allen Einzelnheiten ausgebautes System geben ; ebenso wenig
war es die Absicht Manetho's, den hellenischen Leser, für den
ja sein Werk berechnet war, durch lange Verzeichnisse von
Königsnamen zu ermüden. * Manetho war ja ein Historiker und
kein Chronograph. Die zwei festen Anhaltspunkte, mit deren
Hilfe die Priester des 18. Jahrhunderts, ihre Systeme aufgebaut
hatten, glaubte er jedoch geben zu müssen, den einen wonach
die Verschiebung des Wandeljahres gegen das feste Jahr unter
Amenemha I. begonnen (vgl. oben S. 189), den anderen wonach
unter den Ramessiden dieselbe ihren ersten Kreislauf vollendet
hatte — aber selbst in dieser astronomisch gesicherten Periode
klaffte eine gewaltige Lücke, die Zeit der Hyksosherrschaft. Wir
haben hinreichend beobachten können, wie spärlich und un-
sicher die Manethonischen Angaben über diese Zeit gewesen
sein müssen, ebenso wie über die Zeit der Herrschaft der
Herakleopoliten über Aegypten, die der Erhebung der XI. the-
banischen Dynastie vorausgingen. Mit grosser Vorliebe hat
sich Manetho, seiner Aufgabe entsprechend, bei den Berührungs-
- ■**
1 Es waren ihm ja die Worte Herodots bekannt II, 101, und 102: tuv oe
aXXtüv ßaaiX^cov, ou yap ^eyov ou$£(ji{av ^pycov abro$£$iv, xai* ouBkv cTv&i Xsa-
3:poT7]TO(, nXyjv Ivo; . . . };apa(xei^d(i.£vo( «Lv toutou(.
Hanethonisches Goschiehttiwerk. 209
punkten ägyptischer und griechischer Cultur aufgehalten ; wenn
er hier in der Betonung ägyptischer Einflüsse auf Griechen-
land zu weit gegangen ist, so werden wir es ihm, dem Aegypter,
nicht BO sehr zur Last legen, wenn wir bedenken, dass selbst
der Qrieche Herodot, überwältigt von den Eindrücken ägyp-
tischer Cultur, die in den nach seiner ägyptischen Reise ge-
schriebenen XoYct, so mächtige Spuren hinterlassen' hat, in den-
selben Fehler verfallen ist. ^
Die spärlichen chronographischen Angaben genügten den
Späteren nicht — sie brauchten ein System der ägyptischen
Chronographie, um an demselben die Systeme der anderen
Völker zu messen, und da sie keines bei Manetho fanden, so
zimmerten sie aus den AiY^irciayi ein solches zusammen. Wie
man in der alexandrinischen Zeit, die in den Werken des
Herodot und Thukydides zerstreuten Zeitangaben sammelte,
combinirte und mit denselben hübsche chronographische Karten-
häuser auiTuhrte, so that man es auch mit Manetho. Wo be-
stimmte Angaben in seinem Werke fehlten, da half man mit
eigener Ei*flndung nach. So entstanden die Tdtxoe, deren erste
Spuren wir in den Bruchstücken einer chronographischen Ueber-
sichtstafel bei Josephus erkannt haben. Sie zeigt uns die
früheste Stufe der Entwickelung der Tspiot, sie kennt keinen
Abschnitt zwischen Af^mes und seinem Vorgänger Misphragmu-
tosis, sondern fasst die Regierungen der thcbanischen Fürsten
seit dem Tode des letzten legitimen Hyksos, des Apophis, zu-
sammen, sie betont die Dynastieabtheilungen gar nicht, ja sie
scheint den Namen Suvacrsta ebenso wenig als die echten Mane-
thottischen Fragmente bei Josephus zu kennen.
Diese Uebersichtstafel, von der uns Josephus nur so weit
er es fiir seine Zwecke braucht, Bruchstücke mittheilt, liegt
uns vollständig in der ursprünglichen Fassung der tsijiot des
Africanus vor. Denn die Unterschiede zwischen beiden ver-
schwinden den Uebereinstimmungen gegenüber — wir erinnern
einfach an die wunderliche Liste der Nachfolger des Alt^mes
— und wir werden dadurch auf eine Gemeinsamkeit des Ur-
sprungs der Tafel des Josephus und der t6{jlo' des Africanus
(in ihrer ursprünglichen Gestalt) gewiesen. Die t6[ji.oi sind durch
* Bauer, Entstehung des Herodotischen GeBchichtswerkes p. 27 f.
»tmgtber. d. phlL-hist. Cl. CXV. Bd. I. Hft. U
210 Kr»n.
viele Hände gegang^en und haben mancherlei Umgestaltungen
erfahren, ehe sie die Form erhalten haben, in der sie uns nun
vorliegen. Eine derselben haben wir schon hinreichend be-
sprochen und gesehen , dass sie erst spät in die TffAOt Auf-
nahme fand, nämlich die Erhöhung der Regierungsseit der
Hyksos um 25 Jahre. Auf eine andere, bedeutend wichtigere,
werden wir noch zurückkommen.
Es ist hier am Platze, einen Blick auf den Verfasser der
TÖfAOi des Africanus zu werfen, da uns ja in seinem Werke
allem Anscheine nach das älteste aus den Manethonischen An-
gaben gezimmerte chronographische System vorliegt, welches
für alle späteren bis auf unsere Tage massgebend gewesen ist
Für die Gestaltung der ägyptischen Chronographie hat es daher
grössere Wichtigkeit als Manetho's Werk selbst gehabt, und
wir hofifen, dass unsere Untersuchung dargethan hat, dass die
Systeme, welche die Neueren auf Grundlage der xöpiot auf-
gebaut haben, im besten Falle nicht das System Afanetho's,
sondern das dieses unseres ersten Anonymus (Anonymus A)
wiedergegeben haben. Näheres erfahren wir über denselben
aus seinem Werke selbst, den t6jjlo(. Hier wird uns zunächst
erzählt, dass König Souphis, also Cheops, eine Upa ß{ßXo^ ge-
schrieben habe, und es findet sich hiezu die für uns wichtige
Notiz: :^v ü^ [Lt-^a XP^H**^ ^^ Ai^uttco) y^^^I^vo^ €XTV]9i{i.Y]y. Es wird
allgemein zugestanden, dass diese Notiz von Manetho nicht
herstammen könne; es bleibt sonach nur die Mc^lichkeit
übrig, dass dieselbe von Africanus oder einem Manne her-
rührt, der vor ihm und nach Manetho gelebt hat Erwägen
wir jedoch, dass der Verfasser an dieser Stelle sich selbst als
einen Aegypter bezeichnet, was Africanus nicht war, ferner,
dass die Schrift des Chufu nach Art des c. 64 des Todten-
buchs, auf jeden Fall aber in ägyptischer Sprache abgefasst
war, deren Kenntniss wir bei Africanus nicht anzunehmen
geneigt sein werden, schliesslich, dass unmöglich der Kirchen-
schriftstelier Africanus die Schrift des heidnischen Königs
Chufu, die für ihn nur sinnlose Formeln enthielt, als ein {xs^x
Xpi}pE.a bezeichnen konnte, so werden wir zugeben müssen, dass
wir in diesem Zusätze eine Bemerkung des Verfassers der
T6{jL0t selbst vor uns haben. Derselbe war sonach ein Aegypter
von Geburt und wohl auch der ägyptischen Schrift und Sprache
IfuethonischM OMchiehtmverk. 211
mächtige und för die Erhaltung der Ueberreste des sich auf-
lösenden altägyptischen Wesens besorgt. Die Vorliebe für
Mittheilung von Dingen rein antiquarischen Interesses, die
Hand in Hand geht mit einer Hinneigung zum Wunderlichen ,
wird ans daher in seinem Werke, den t6{jlo(, * nicht überraschen.
Sie zeigen uns ein Gemisch genauer und ungenauer Angaben,
die bunt durcheinander gewürfelt sind, und die ganz von ein-
ander zu scheiden, bei dem jetzigen Stande unserer Kenntniss
der Denkmäler, nicht möglich ist.
Seine t6iaoc waren ganz tabellarisch eingerichtet ; die gleich-
zeitig herrschenden Eönigsgruppen waren einander gegenüber-
gestellt — so waren für die Zeiten der Hyksosherrschaft zwei
Rubriken nöthig, auf der einen Seite standen die Hyksos, auf
der anderen die thebanischen Fürsten — ebenso waren die
legitimen von den nicht legitimen Königen geschieden, wie wir
dies für Achu-n-aten und seine Nachfolger, sowie für Ame-
nemes und Thuoris beobachtet haben. Nach Ablauf von Zeit-
räumen, die als ein Ganzes hingestellt werden sollten — Hyksos-
zeit — oder nach Königsreihen, die wenn nicht den Familien,
80 doch der Residenz nach als zusammengehörig betrachtet
werden konnten — Thebaner, Herakleopoliten — pflegt unser
Anonymus gewisse zusammenfassende Zahlen zu geben. Dort
wo bestimmte Angaben bei Manetho fehlten, schreckte unser
Gewährsmann, wie wir bei der Zahl 518 dargethan haben, vor
willkürlichen Combinationen nicht zurück.
Seine Abtheilung der x6[kOi hat er nicht im Anschlüsse an
dieManethonischen ßißXo( gemacht, sondern sich der von Manetho
(vgl. oben S. 189) angegebenen Coincidenzpunkte des festen und
des Wandeljahres bedient. Dadurch wurden Königsreihen, die,
wie wir noch ganz deutlich erkennen können, bei Manetho ein
Ganzes bildeten, gewaltsam auseinander gerissen. So wurden
die thebanischen Amenemhä's auf den ersten und zweiten, die
Bamessiden auf den zweiten und dritten x6\koq vertheilt.
Entsprechend der Aufgabe der t6[jlo(, eine Grundlage fiir
die Vergleichung der ägyptischen und fremden Chronographie
* n, 2: 69* o5 o\ ß<j£5 *Aäi; 6v IVHp^ei xai Mveut; ev 'HXiouTurfXsi xai 6 M£vSi{aio;
Tpd(yo( lvo{ibOT}7av eTvci 6eoC 111,2: xat t^v Bia l^sarcov XiOcuv oIxo6o(jL(av Euparo.
XXV, 1 : i6* ou opvtov i^O^Y^aio.
14*
212 Krau.
abzugeben, finden wir in denselben eine Reihe von Synchro-
nismen aus anderen Geschichten herangezogen. Die Betrach-
tung derselben zeigt uns, dass unser Autor die ägyptische
Chronographie nicht nach einer fremden umgemodelt hat, son-
dern vielmehr den Manethonischen Angaben genau gefolgt ist.
Wir haben schon festgestellt, dass die scheinbare üeberein-
stimmung der t6ijloc des Africanus mit den Angaben des Jose-
phus über den Auszug der Hyksos, das Werk eines Spätern^
vielleicht des Africanus selbst, ist; es erübrigt uns noch
darzuthun, wie die Anmerkung des Africanus zu dem ersten
Könige seiner XVIII. Dynastie zu verstehen sei : if ' ou M(i>üar^
dcvo^xil^^i, stI toutou tov Mitmia ou)iLßa{vei vdov ^Tt eTvat. Nach
Africanus fand der Auszug unter Amosis statt, Manetho hatte
dagegen denselben unter einem Könige Amenophis angesetzt
— wir werden an einer anderen Steile ^ auf diese Frage
zurückkommen — und so fand auch Africanus in den x6fMt den
Auszug unter dem längere Zeit nach Amosis lebenden Könige
Amenophis verzeichnet und konnte daher mit Recht sagen,
Moses sei den ihm vorliegenden TCfjLOi zufolge zu der Zeit, da
er (sc. Africanus) den Auszug ansetzte, noch ein Knabe gewesen.
Diese Unabhängigkeit unseres Anonymus von der grie-
chischen, und besonders der jüdischen Chronographie würde
uns, auch wenn wir es nicht aus seinem eigenen Munde wüssten^
ein deutlicher Beweis dafür sein, dass er ein Aegypter gewesen
ist. Leider lässt sich die Zeit, in der er geschrieben hat, nicht
näher fixiren; wir können nur sagen, dass er älter als Jose-
phus ist, da demselben, wie wir gesehen haben, die T6{A0t schon
vorlagen. Wäre die Vermuthung Letronne's [La statue vocale
de Memnon] richtig, dass die Anmerkung der x6\ioi zum Könige
Amenophis (XVIII, 8) c3t6^ doriv 5 MifAvuv elvot v9[jLC^6{A£yo; xoa
^OsffofjLSvo? XiOoi; erst nach dem im Jahre 27 v. Chr. einge-
tretenen Erdbeben geschrieben sein könne, so hätten wir einen
weiteren Anhaltspunkt für das Zeitalter unseres Anonymus ge-
wonnen — er müsste unter einem Kaiser der julisch-claudischen
Dynastie geschrieben haben. Unger^ hat jedoch dargethan,
1 jTacitns nnd der Orients H. Wien bei Konegen.
' Chronologie p. 190.
Uanetbonischea Geschiohtinrerk. 213
dtLAs die Argumentation von Letronne nicht zwingend sei^ und
68 entfUlt daher dieser terminus a quo.
Es ifit kein erfreuliches Bild, welches uns die Betrach-
tang der t6{jlo( unseres Anonymus darbietet; dennoch bleiben
eie wegen ihrer Ursprünglichkeit und Treue für uns von be-
deutendem Werthe. Ganz anders steht es mit den t6[jlo(, die
ans bei Eusebius erhalten sind. Auf Schritt und Tritt zeigen
ans dieselben ihre Abhängigkeit von dem Werke unseres Ano-
nymus. Eines der merkwürdigsten Beispiele bieten uns die
Sammen am Schlüsse der t6(jio( des Eusebius; wiewohl die
hioGiq des Eusebius im Einzelnen wiederholt andere Zahlen
aufweist als die des Africanus, und man sonach auch eine
Abweichung in den Summen erwarten müsste, finden wir, dass
der Verfasser der töjaoi des Eusebius die Summe unseres Ano-
nymus einfach herübernimmt. Aber nicht bloss von unserem
Anonymus A zeigt sich der Verfasser der toijloi des Eusebius
abhängig, sein Werk trägt vielmehr auch mannigfache Spuren
der Benützung des Josephus, Herodot, Diodor (Ktesias) an
ßich. Abgesehen davon, dass er bei der XXII.— XXV. Dy-
nastie ganz willkürlich vorgehend, die überlieferten Zahlen
der Dodekarchie zu Ijiebe zurechtgeschnitten hat, finden wir,
dass er bei der Wiedergabe der Nachfolger des Albernes in
einen groben Irrthum, der nur aus der ungenauen Ausdrucks-
weise des Josephus sich erklären lässt, verfallen ist. Und doch
hätte ein einfacher Einblick in das Manethonische Geschichts-
werk den Verfasser der löpioi des Eusebius leicht von der Un-
richtigkeit seines Beginnens überzeugen können, ein Einblick
in das Werk, dessen genaue Kenntniss durch eine Reihe von
Angaben der Töpicc des Eusebius, wie wir gesehen haben, vor-
ausgesetzt ist. Das Räthsel, vor welchem wir zu stehen scheinen,
löftt sich jedoch ganz einfach. In den t6{ao( des Eusebius haben
wir das Werk zweier Chronographen vor uns. Der eine der-
selben, den wir den Anonymus B nennen wollen, hat mit ge-
nauer Kenntniss der AVfjimoyA seine t6(aoi verfertigt und eine
Reihe werthvoUer Manethonischer Angaben in seinem Werke
uns erhalten. Er gibt uns die IV. und V. Dynastie noch als
ein Ganzes, wie sie uns ja auch im Turiner Papyrus entgegen-
tritt; ebenso fasst er die XI. und XII. Dynastie zusammen.
Er kennt ferner die richtige Reihenfolge der Hyksos, das Jahr
214 Krall.
der Erhebung der einheiniiBchen Fürsten g«gen die Fremd-
herrschaft; mit welchem er die legitime Hyksosreihe unter-
bricht — lauter Angaben , die auch der Anonymus A nicht
kennt, und die sonach auf Manetho direct zurückgehen müssen.
Soweit wir beurtheilen können, war das Bestreben des Ano-
nymus B auch darauf gerichtet, eine möglichst stricte Auf-
einanderfolge der Herrschergeschlechter zu geben, er vermied
es daher Zusammenfassungen und Nebendynastien, wenn sie
ihm nicht unumgänglich noth wendig erschienen, zu geben.
Es ist sehr schwer über sein Verhältniss zu dem Anonymus
A ein abschliessendes Urtheil abzugeben, da wir nicht im
Stande sind, aus den uns vorliegenden Toptoc des Eusebius das
ursprüngliche Werk ganz herauszuschälen. Wenn die XIII.
Dynastie mit 453 Jahren — die die Erhöhung der Zahl 511
auf 518 voraussetzt; und daher nur auf den Anonymus A
zurückgehen kann — schon in den t6ijloi des Anonymus B ent-
halten war, so wäre die gegenseitige Abhängigkeit dieser wich-
tigsten Quellen für die ägyptische Chronographie nicht zu
läugnen; es ist jedoch nicht unmöglich, dass die 453 Jahre,
wie nachweislich so viele andere Angaben aus dem Werke
des Anonymus A erst von dem Chronographen, der den TOjAOt
des Anonymus B die Gestalt gegeben hat, in der sie uns bei
Eusebius vorliegen, herübergenommen worden sind. Wie
dem auch sei, so viel ist jedoch sicher, dass die Ueber-
einstimmung des A und B so lange anhält, als die Darstellung
Manetho's ruhig hinfliesst; sobald sie sich verwickelt oder un-
deutlich wird, sobald seine Angaben Lücken zeigen, wie etwa
für die Herakleopoliten und Hyksos, stellen sich sofort Ab-
weichungen ein.
So standen die Dinge, als ein dritter Chronograph, den
wir den Anonymus C nennen wollen, daran ging, die TOjxot des
B mit Verwerthung der ihm vorliegenden tofAO» des A, sowie
der gesammten übrigen griechischen Literatur über ägyptische
Geschichte, zu einem neuen Werke umzugiessen, welches uns
bei Eusebius erhalten ist. Der Anonymus C kennt, wie wir
gesehen haben, Manetho nicht — er ist also fUr uns eine
secundäre, keine primäre Quelle — er hat aber auch kein
grosses Vertrauen auf die ihm vorliegenden tojxoi. Wenn es ihm
nur möglich ist, nimmt er zu anderen Hilfsmitteln seine
lUneihonlschM Oeschichtswerk. 215
Zttflacht, um mit ihnen, wie er glaubt, die TOfAot zu ergänzen und
zu verbessern; so zieht er sogar die von Josephus wieder-
gegebenen Manethonischen Fragmente den t6[ji.oi vor, wobei er
freilich in einen gewaltigen Irrthum verfiel — ein Vorgang,
der uns an den des Synkellos erinnert, der die Fragmente
Masetho's bei Josephus dem ihm ' vorliegenden Sothisbuche
vorzog. Unter dem Eindrucke der von Josephus aufgebrachten
Gleichsetzung der Hyksos mit den Juden, hat der Anonymus
C bedeutende Veränderungen, besonders Reductionen der Zahlen
der t6{ac( des B vorgenommen, die, wie wir gesehen haben (S. 182),
noch nachzuweisen sind. Den griechischen Autoren, besonders
dem Herodot und Diodor, hat er eine Reihe von Zahlen für
seine letzten Dynastien, sowie den Gedanken entnommen, in
seinen t6[jioi die Dodekarchie zu reproduciren, was ihm freilich
nur theilweise gelungen ist.
Aber noch mehr ; hatte der Verfasser der Topioi des Africa-
Dus die Abtheilung der ägyptischen Geschichte auf Grund der ihm
von Manetho überlieferten Coincidenzen des festen und Wandel-
jahres vorgenommen, so glaubte der Anonymus C es besser
machen zu können. Inzwischen hatte nämlich die Siriusperiode,
die zuerst von Geminus im ersten Jahrhunderte erwähnt wird,
allgemeine Geltung erlangt. ^ Am Beginne des zweiten Jahr-
hunderts wird sie von Tacitus angeführt, bei Clemens Alexan-
drinus heisst sie zum ersten Male ZcoOiox^ %epi6ioq und erst bei
dem Mathematiker Theon, am Ausgange des vierten Jahr-
hunderts, wird der Aera dbcb Mevo^pscix; gedacht Der Ausgangs-
punkt der Siriusperiode, deren Entstehung wir sonach nicht
über den Beginn unserer Zeitrechnung hinaufrücken können,
war jedoch nicht das Jahr 1266, sondern das Jahr 1322 v. Chr.
Dies veranlasste den Verfasser der t6[aoi des Eusebius — wie
es der Anonymus B gehalten hat, wissen wir nicht — den
xciAc;-Elinschnitt fi-üher anzusetzen, d. h. er versetzte den König
Ramesses, der in seiner Vorlage den zweiten t6(j.o; abschloss,
an den Anfang des dritten toijlo«;. So schloss in der That sein
zweiter x6|jlc^ mit dem legitimen Könige Amenephtes ab, welcher
* Lepsin«, Chronologie p. 167 f. Cf. Riel, Sonnen- und SiriuBJahr 160 f.
IL {NUMim.
216 Krall.
Name su Menophres verstümmelt , den AnlasB zur Aera «;s
Mev6^peci>(; doch wohl erst gegeben hat.
Wir haben hiemit die Thätigkeit unseres Anonymus C
noch bei weitem nicht ganz kennen gelernt. Er war es, der
wenn nicht alles trügt, den Anstoss zur Aufstellung und Zäh-
lung von Dynastien gegeben hat. Die ursprüngliche tabellarische
Form der x6\tat mit den vielfachen Rubriken, musste sich bald
als unbequem erweisen; um dem zu entgehen, verwandelte der
Anonymus C dieselbe in eine einfache Aufeinanderfolge der
einzelnen Gruppen; zusammengehörige Glieder wurden hiebei
von einander gerissen, nicht zusammengehörige mit einander
verbunden; manche wurden mehrmals aufgezählt, wieder an-
dere ganz ausgelassen. So ist es gekommen, dass, um nur
an einige Beispiele zu erinnern, die XVII. (bei Eusebius XVI.)
Dynastie des Africanus von der XVIII. gerissen wurde, oder
dass die XVII. und XV. Dynastie des Africanus besonders
aufgezählt wurden, während sie schon in der XIII., beziehungs-
weise XVI. Dynastie enthalten waren. Ebenso wurde die
XVII. Dynastie mit einer Gruppe, die in den vorliegenden
T6fA0'. des Africanus ausgefallen ist, zur XIII. Dynastie ver-
bunden, wiewohl sie beide durch 259 Jahre in den TOfMt des
Anonymus A von einander getrennt waren. Die einzelnen auf-
einander folgenden Gruppen wurden des leichteren Gebrauchs
halber numerirt und als Suva^Tetai bezeichnet, ein Ausdruck^
der, wie wir gesehen haben, Manetho und vielleicht auch dem
Anonymus A und B fremd gewesen ist. Die Zählung der ein-
zelnen Dynastien zeigt uns deutlich das Bestreben unseres
Anonymus, eine Uebereinstimmung der ihm vorliegenden t6[jlo'.
zu erzielen. Trotz der bedeutenden Abweichungen zwischen
denselben, hat er es verstanden, 30 Dynastien aus den beiden
ihm vorliegenden tabellarischen Uebersichten herauszuschlagen,
und mit wenigen Ausnahmen ist es ihm auch gelungen, die
sich entsprechenden Dynastien mit einer gleichen Nummer zu
versehen. Um dies zu erreichen, hat er freilich zu recht
eigenthümlichen Hilfsmitteln seine Zuflucht nehmen müssen.
Der Anonymus B fasste, wie wir wissen, nach Manethonischem
Vorgange, die sogenannte IV. und V. Dynastie des Africanus
zu einer Gruppe zusammen, die als die IV. Dynastie be-
zeichnet werden musste. In Folge dieses Ausfalles hätte die
Manethonischee Goschichtswerk. 217
VI. Dynastie des Africanus in den i6{aoi des Eusebius als
die V. verzeichnet werden müssen, wodurch die Gleichmässig-
keit der 2iählung empfindlich gestört worden wäre. Um dem
Uebelstande auszuweichen, machte der Anonymus C aus der
Gruppe, die bei Africanus die VI. Dynastie bildet, zwei Dy-
nastien, die V. und VI.
Africaniu : EusebioB :
IV. Dynastie j j^ ^^^^^^
VI. Dynastie I ^j'
l Vi. ,}
Sehen wir sonach unseren Autor von dem Bestreben ge-
leitet, eine gleichmässige Zählung der von ihm aus den tabel-
larischen Tdjjioi des Anonymus A und B gezogenen Dynastien,
die er, wie wir gesehen haben, ohne jedes Verständniss des
inneren Zusammenhanges aus den einzelnen Gruppen ausschied,
herbeizuflihren, und hiedurch die TöfAOt des A und B wohl oder
übel in einen anscheinenden Zusammenhang zu bringen, so
werden wir nicht zweifeln können, dass er es gewesen ist, der
in seine z6\>jo\ aus den xöiJLOt des Anonymus A die in denselben
enthaltenen Notizen, sowie die Tdfxo^-Summen, die ja zu seinem,
dem B entnommenen, Systeme gar nicht passten, herübernahm.
Sein Werk sollte Alles umfassen, was auf dem Gebiete Mane-
thonischer Forschung bis auf seine Zeit geleistet worden war,
es sollte alle seine Vorgänger überflüssig machen.
Den Beweis dafür, dass die Zählung der Dynastien und die
Notizen in den T6{Jiot, wie sie uns bei Africanus und Eusebius
vorliegen, das Werk eines Mannes, also gleichsam eine T6(Jiot-
Harmonie sind, liefern uns die Topioc des Barbarus, die eine von
der allgemein üblichen, abweichende Zählung der Dynastien
ans zeigen. Die TiiJLoi des Barbarus weisen uns wie die des
Eosebius auf das Werk zweier Chronographen hin, von denen
der erste (Anonymus D) eine zwischen den z6[fjoi des A und
B m der Mitte stehende chronographische Tafel aus Manetho
zog — ihr erster Theil deckte sich mehr mit dem Werke
des A, ihr zweiter mehr mit dem des B — die dann von einem
zweiten, der nach Josephus lebte, überarbeitet und, dem allge-
meinen Zuge der Zeit entsprechend, in eine Aufeinanderfolge
218 KralL
von XVI Potestates, hierin ganz unabhängig vom Anonymus C,
verwandelt wurde.
Wir stehen am Schlüsse unserer Untersuchungen. Drei
chronographische Systeme, deren gegenseitige Abhängigkeit
sich direct nicht nachweisen lässt, haben wir aus dem Hane-
thonischen Werke erstehen gesehen ; wir haben ferner erkamit,
wie das Erscheinen der Schrift des Josephus ^Contra Apionem'
und die in derselben aufgestellte Identification der Juden mit
den HyksoS; sowie der Beginn des Kampfes des Christenthums
gegen das Heidenthum, eine gewaltige Einwirkung auf die
T^fjLoe der vorchristlichen Zeit geübt haben. Ueber die ursprüng-
liche Schichte legte sich eine zweite, die überall von diesen
neuen Momenten beeinflusst ist — es ist die Form, in der wir
die t6|jioi bei Africanus, Eusebius und dem Barbarus vor un8
sehen. Weiter zu gehen und die folgenden Schichtungen zu
verfolgen, erscheint uns für die uns gestellte Au%abe, wie wir
einleitungsweise bemerkten, ganz zwecklos. Schon in der
zweiten Schichte haben wir keine Spur auch nur der gering-
sten Einsichtnahme in die Werke Manetho's beobachten können;
mit dem Momente, wo die Totxot zu entstehen begannen, hörte
ja, wie wir gesehen haben, das Interesse för die At^uimaxi auf.
Der leichteren Uebersicht halber, stellen wir die über
die fünf Anonymi gewonnenen Ergebnisse kurz zusammen.
1. Anonymus A. Er verfasste die TSiJLoi, die uns bei Jo-
sephus theilweise, und, wenn auch überarbeitet, ganz bei Afri-
canus vorliegen. Er kennt keine Zählung der Dynastien, er
gibt nur tabellarisch geordnete Gruppen von Königen. Die
Form, in der die T6(xot des Africanus uns jetzt vorliegen, haben
dieselben erst durch den Anonymus C, der die Gruppen zer-
schlug und aus ihnen dreissig Dynastien bildete und ausserdem^
falls diese Aenderung nicht auf Africanus selbst zurückgeht,
an den Dynastien der Hyksoszeit, von Josephus beeinflusst^
verschiedene leicht auszuscheidende Veränderungen vornahm,
erhalten.
2. Anonymus B. Er verfasste, vielleicht ganz unab-
hängig vom Anonymus A, die Grundlage der xojjLot des Eusebius.
3. Anonymus C. Er überarbeitete die t6|aoi des B und
gab ihnen die Gestalt, in der sie uns bei Eusebius vorliegen.
Er ist ganz abhängig von Josephus und den griechischen
UaaethonischM Oesckichlswerk. 219
Autoren und wendet die Siriusperiode in seinen t6(ii.o( an. Er
macht die Dynastien und f&lirt eine gleichmässige Zählung
derselben ein. Den t6(jloi des Anonymus A entoimmt er die
Notizen bei den einzelnen Königen.
4. Anonymus D. Der Verfasser der 'zd^Miy die uns über-
arbeitet in den Excerpta Barbari vorliegen.
5. Anonymus E. Der üeberarbeiter der t6|aoi des D.
Er lebt nach Josephus und nimmt eine vom Anonymus C ganz
unabhängige Gliederung seiner Vorlage vor.
Wenn wir die Gesammtheit unserer Ausfuhrungen über-
schauen, so drängt sich uns unwillkürlich die Frage auf:
können wir denn noch weiter an der Fiction der ägyptischen
Dynastien und ihrer Zählung, wie man sie in gutem Glauben
an die toixoe bei Africanus und Eusebius angenommen hat, fest-
halten? Können wir, nachdem wir seinem Ursprünge nachge-
gangen sind, dieses Machwerk eines Chronographen des zweiten
Jahrhunderts nach Christo auch fernerhin als Manethonisch
ausgeben? Nur so lange man die chronographischen Ueber-
sichtstafeln, wie sie sich aus den lY.l6aEn; des Africanus, Euse-
bius und des Barbarus ergeben haben, mit ihren Rubriken und
Zusammenfassungen vor Augen hat, haben die Gruppen, deren
willkürliche Entstehung wir für die dunkeln Epochen ägyp-
tischer Geschichte beobachten konnten, überhaupt einen rechten
Sinn, ohne dieselben sind die ts{jloi in der Gestalt, die sie durch
den Anonymus C erhalten haben, ganz werthlos.
Leider liegen uns keine Nachrichten vor, über die Gesammt-
heit der officiellen einheimischen Gruppirung der ägyptischen
Könige — denn dass eine solche bestand, zeigt uns der Turiner
Papyrus hinreichend. Wir werden uns daher, um nicht in den
Bahnen des Anonymus C weiter zu wandeln, am besten damit
behelfen, nach dem jeweiligen Stande unserer Kenntnisse
ägyptischer Geschichte, die zu einer Familie gehörigen Könige
unter dem Namen zusammen zu fassen, der in derselben am
häufigsten vorkommt — der ja gewöhnlich den Namen des
Gottes in sich schliesst, dem das Geschlecht besondere Ver-
ehrung gezollt hat — und wo dies nicht angeht, was besonders
för die ersten Zeiten der ägyptischen Geschichte gilt, uns
^ die Residenzen zu halten. Danach würde sich die ägyp*
220 Kr»n.
tische Qeschichte — bis auf die ThatmosidenKeit kommt uns
der Turiner Papyrus wohl su Statten — also gliedern:
1. Die Thiniten. In den t6ijlo( sind sie auf die I. und
II. Dynastie vertheilt.
2. Die Memphiten. Beim Anonymus B bildeten rie
noch eine Gruppe; der Anonymus A hat aus ihnen zwei
Ghiippen gemacht, die wir in der IV. und V. Dynastie wieder
finden. Nach den Pyramiden^ den gewaltigsten Ueberresten
dieser Herrscher ^ .kann man sie auch die Pyramidener-
bauer nennen.
Nach dem Vorgange von Rougä scheiden wir die IIL Dy-
nastie aus.
3. Die Könige von Abydos. Wir fassen unter diesem
Namen die Könige der VI. Dynastie des Africanus (V. und
VI. des Eusebius), sowie die Nachfolger der Nitokris zusammen.
Mit Nitokris macht bekanntlich der Turiner Papyrus keinen
Abschnitt; wir sind jedoch gar nicht in der Lage aus den
Fragmenten, die der Zeit seit Nitokris bis auf die Erhebung
Amenemha I. angehören müssen, ein auch nur annähernd rich-
tiges Bild zu gewinnen. Mit Hilfe anderer Nachrichten können
wir jedoch sagen , dass bald nach der sogenannten VI. Dy-
nastie fremde Völker in Aegypten erobernd vordrangen, deren
Könige wir, nach dem Vorgange von Lepsius, bezeichnen
können als
4. Die Herakleopoliten. In den zS^tai sind sie durch
die IX. und X. Dynastie vertreten.
5. Die Amenemha umfassen die XI. und XII. Dynastie;
in ihrem Namen ist zugleich der Gott erhalten, dem das Ge-
schlecht besonders gehuldigt hat. Dasselbe ist der Fall bei
der folgenden Gruppe.
6. Die Sebekbotep entsprechen allem Anscheine nach
der XIV. Dynastie der x6[loi (p. 181).
7. Die HyksoB.
8. Die Thutmosiden umfassen die XVII. und XVIII.
Dynastie bei Africanus, die ursprünglich, wie bemerkt, auch
in den TÖjAot ein Ganzes bildeten.
9. Die Ramessiden, d. h. die Könige der XIX. und
XX. Dynastie, die ja fast alle den Namen Ramessu fuhren.
ManelhonischM Geschichte werk. 221
10. Qerhor und seine Nachfolger oder die Könige
and Propheten des Amon.
11. Scheschonk und seine Nachfolger.
12. Die Aethiopen. Ihnen entspricht in den T6|JLot die
XXV. Dynastie mit 3 Königen; während uns inschriftlich be-
deutend mehr Könige bekannt sind.
13. Die Theilkönige. Unter diese Bezeichnung fassen
wir die Qesammtheit der Fürsten zusammen, die theils unter
assyrischer, theils unter äthiopischer Oberhoheit, theils auch
selbstständig in Aegypten, besonders in Delta herrschten.
Hieher gehört die XXIIJ. und XXIV. Dynastie.
14. Die Saiten umfassen die Fürsten der XXVI. Dynastie.
15. Die Perser und die Zeiten der Empörung unter
Amyrtäos, also die XXVII., XXVIII. und XXXI. Dynastie.
16. Die letzten nationalen Könige, d. h. die XXIX.
and XXX. Dynastie.
In diese sechzehn Qruppen zerfallt die ägyptische Qe-
schichte; die Bezeichnungen derselben, die ohnedies sich ein-
zabürgem beginnen, machen uns die Dynastieeintheilung ganz
entbehrlich, und es ist kein Zweifel vorhanden, dass bei dem
raschen Fortgange der ägyptischen Studien und bei dem Um-
stände, dass wir bisher nur einen kleinen Theil der Hinter-
lassenschaft der Aegypter uns zu Eigen gemacht haben, es
alhnälig gelingen wird, die Qruppen schärfer zu präcisiren
and zu vervollständigen.
222 Krall.
E X 0 u r s.
Der BegiernngSBiitrftt Ahmes I.
In unseren UnterBuchungen sind wir zu wesentlich n^*
tiven Ergebnissen f&r die ägyptische Chronologie gelangt, wir
wollen es im Folgenden versuchen, von einer Stelle des Tacitus
ausgehend, ein positives Datum festzustellen.
Anknüpfend an das Erscheinen eines neuen Phönix in
Aegypten, gibt uns Tacitus, Ab excessu VI, 28 eine Darstellung
der Phönizsage, aus welcher folgende Angaben über die Dauer
der Phönixperiode für uns grosse Wichtigkeit haben: de nu*
mero annorum varia traduntur, maxime vulgatum quingentorum
spatium, sunt qui adseverent mille quadringentos sexi^nto
unum interici, prioresque alios tres Sesoside primum, post
Amaside dominantibus, dein Ptolemaeo, qui ex Macedonibus
tertius regnavit, in civitatem cui Heliopolis nomen advolavisse
multo ceterarum volucrum comitatu, novam faciem mirantiom,
sed antiquitas quidem obscura: inter Ptolemaeum et Tiberiom
minus ducenti quinquaginta anni fuerunt, unde non nulli fal-
sum hunc phoenicem neque Arabum e terris credidere, nihil-
que usurpavisse ex iis, quae vetus memoria firmavit.
Wenn wir die Angaben des Tacitus näher ins Auge fassen,
ohne uns vorerst zu kümmern, wie sich das Resultat zu der
ägyptischen Chronographie stellen wird, müssen wir sagen, dass
die ungezwungenste Erklärung derselben ist, die Königsreihe
auf die Periode von 1461 Jahren zu beziehen, denn sonst
müsste dieselbe vor den Worten sunt qui adseverent stehen,
falls wir nicht annehmen wollten, Tacitus habe in einer so
wichtigen Angabe aus Nachlässigkeit oder aus Absicht sich
undeutlich ausgedrückt.
Der letzte König der Reihe, Ptolemaeus qui ex Macedo-
nibus tertius regnavit [ebenso Historien IV, 84 regnante Ptole-
maeus quem tertia aetas tulit] ist, da Tacitus Ptolemäas
Soter und nicht Alexander den Grossen als den bezeichnet,
Manothonisches Gttchichtswerk. 223
qui Macedonum primus Aegypti opes firmavit [Hist. IV^ 83J,
kein anderer als Ptolemäus III. Euergetes^ der 247 zur Re-
gierung gekommen ist, womit auch vortrefflich die Bemerkung
stimmt: inter Ptolemaeum ac Tiberium minus ducenti quinqua-
ginta anni fuerunt. ^ In dem zweiten Könige der Reihe Amasis,
sehen die Erklärer, nach dem Vorgange von Lepsius und
Bansen,^ den vorletzten König der sogenannten XXVI. Dy-
nastie, den uns aus Herodot wohlbekannten Amasis. Wie, war
denn die Zeit des berühmten Königs Amasis so entlegen, dass
Tacitus nicht wissen konnte, es könne unmöglich zwischen
demselben und Ptolemäus Euergetes eine Periode von 500,
geschweige denn von 1460 Jahren verflossen sein! Gibt er
denn nicht, wenige Zeilen darauf mit den Worten ,inter Pto-
lemaeum ac Tiberium minus ducenti quinquaginta anni fuerunt'
einen Beweis, dass er doch etwas von diesen Dingen verstand !
Hit Recht hat daher schon Unger^ betont — es scheinen je-
doch seine Worte ungehört verhallt zu sein — dass der Amasis
des Tacitus nicht der Saite dieses Namens, sondern A^mes I.,
der Vertreiber der Hyksos, gewesen sein müsse. Nach der
Reihe bei Tacitus fallt sonach A];imes I. Regierung 1460 Jahre
vor Ptolemäus Euergetes, d. h. etwa 1700 v. Chr., womit wir
ans in vollständiger Uebereinstimmung befinden mit dem von
Brugsch, aus den Genealogien der hohen ägyptischen Qe-
schlechter, gewonnenen Ansätze. ^ Der erste König der Reihe
weist uns endlich in die Zeit des Beginns der Verschiebung
der beiden ägyptischen Jahresformen hin, in dieselbe Zeit, in
welche uns die Scheidung des ersten und zweiten x^ixo;, sowie
die schon oft erwähnte Notiz Herodots versetzt haben^ in die
Zeit der Amenembä: Der König Sesosis bei Tacitus ist der
Sesostris (XII. Dynastie) des Africanus und Eusebius. ^
' Nipperdey in seiner Tacitosansgabe zu ab excessu, VI, 28. Anderer An-
sieht war dagegen Lepsius — Chronologie, 189 — und nach ihm Stein
m Herodot II, 73.
' Chronologie der Aegypter p. 188 f. Aegyptens Stellung in der Welt-
geschichte IV, 86 f.
' Chronologie des Manetho 123.
* Geschichte Aegyptens 253, 768.
* Es ist hier nicht unsere Aufgabe auf die astronomischen Grundlagen der
Phonixperiode einzugehen, es genüge darauf hinzuweisen, dass die Liste
bei Tacitus unn an wichtige Epochen in der Geschichte des festen Jahres
224 Krall.
Setzt^ wie wir gesehen haben, die Liste bei Tacitus die
Regierung des Abmes ungefähr 1700 v. Chr. , so werden wir
in dieselbe Zeit durch eine andere ebenso werthvoUe Nach-
richt bei Africanus gewiesen. Wir finden nämlich bei seiner
XXIV. Dynastie folgende Bemerkung: Boyyjiipi^ Sat-nfj? In; c',
6(p' ou apvtov 6<pe^Y$aT0 • hr^, C^q' (990). Zählen wir von 720 v. Chr.
— um welche Zeit die Regierung des Königs Bocchoris fallen
muss, da sie unmittelbar der des Aethiopen Seve voranging —
990 Jahre aufwärts, so kommen wir in das Jahr 1710 v. Chr.,
d, h. in dieselbe Zeit, in welche uns die Liste bei Tacitus
mit ihrem Könige Abmes L versetzt. Aus Diodor (I, 69) er-
sehen wir ferner, welche hohe Bedeutung die Aegypter darauf
legten, dass ihr Land 4700 Jahre von einheimischen Herrschern
regiert worden war, wir sehen ausserdem aus seiner Tafel (1, 44),
wie scharf zwischen einheimischen und fremden Herrschern
selbst bei chronologischen Uebersichten geschieden wurde —
Grund genug daher, bei Bocchoris die Regierungen seit der
Vertreibung der Hyksos zusammen zu fassen und dem Leser
vorzuführen, dass 990 Jahre nationaler Herrschaften verstrichen
waren, als Bocchoris dem fremden Eroberer erlag.
Gewinnt sonach das Jahr 1700, als ungefährer Beginn
der Regierung A^mes I. auch von dieser Seite seine Bestä-
tigung, so erhebt sich nun die Frage, wie verhält sich dieses
Ergebniss zu der merkwürdigen Inschrift von Tanis, * deren
eigentliche Bedeutung Riel zuerst schlagend dargethan hat.
Ihre bis auf ihn räthselhafte Datirung ,Jahr 400 des Königs
Set-nubti-ää-pet^ti', hat er auf die Einrichtung des festen Jahres
in der Tetraöteride 1766 — 62 v. Chr. bezogen, und somit für
in Aegypten erinnert. Die Regierung des Königs Sesosis, de« ersten der
Reihe, knüpft an an den Beginn der Verschiebung des Wandeljahres gegea
das feste Jahr, der zweite König Amosis, versetzt uns in die Zeit der
Errichtung des festen Jahres 1766—62, indem dieselbe lieber an ihn als
an den obscuren Set-nubti-ää-pehti angeschlossen wurde ; die Regierung des
letzten Königs endlich, Ptolemäus Euergetes, wird bezeichnet durch die
Einrichtung des sogenannten festen Jahres von Kanopns, über welche
uns eine andere Stele von Tanis hinreichende Kunde bringt.
1 Roug6, Revue arch^ologique 1864, und Mariette 1. l. 1865. Lauth, tfa-
netho p. 251. Ebers, Aegypten und die fünf Bücher Mosers, p. -09.
Brugsch, Geschichte Aegyptens 546, Riel 1. 1. 177 £•
Mftnethonlscbes Geschichtswerk. 225
die ägyptische Chronologie zwei feste Daten gewonnen. Es
fragt sich nun, wer ist der erwähnte König Set-nubti-äS,-pehti ?
Die Inschrift selbst gibt uns hierüber Auskunft: |^|l[ dl
C Jl AA/NA/SA
AAAAAA ^' ^
AAV^AA
Qj||j m ZJ"^
aufstellen eine grosse Stele aus Syenit für den grossen Namen
seiner Väter, mit dem Wunsche zu erhalten den Namen des
Vaters seiner Väter [und] des Königs Seti 1/ Der Vater
seiner Väter kann kein anderer sein^ als der am Anfange der
Inschrift genannte Set-nubti-ää-pe^ti, zu dessen Verherrlichung
ja die Angabe diente, der Stein sei gesetzt im Jahre 400 der
von ihm begründeten Aera. Es liegt kein Grund vor, in dem
Namen des Königs Set-nubti-ää-pe^ti einen Hyksos zu erkennen,
wie dies verschiedene Forscher gethan haben ^ — mit Recht
ist daher Chabas^ dieser unwahrscheinlichen Annahme ent-
gegen getreten. Set und Sutech sind urägyptische Gottheiten,
wie wir dies anderwärts dargethan haben, ^ und wir werden
sonach sagen müssen zu den Vorfahren des Königs Ramses
gehörte ein König Set-nubti-ää-pe^ti, und wir glauben uns nicht
zu täuschen, wenn wir annehmen , dass er sich von der Stadt
Ombos aus, erhoben hat gegen die Hyksosherrschaft. Für
das letztere bürgt Manetho, der uns (Josephus, C. A. III, 14, 12)
mittheilt [isxst xoDta 3s xwv h. vfiq ÖTißafSo^ %a\ t^^ aXXtjq A'.yutc-
isj ßz7!X€a>v vsviaOat ^r^atv cid toü^ TCotjjLdva^ CTCOvaaraciv , für das
erstere der Name des Königs selbst. In Ombos, welches sich
ganz ketzerischen Culten schon von Alters her ergeben hat,
— wir finden hier auch den Sebek besonders verehrt —
ward nämlich dem 'Vi Sutech gehuldigt. Wohl wegen des
' Besonders Roag^ and Mariette v. Anm. 1 auf S. 224.
' Chabas in der Aeg. Z., 1865, p. 29 f. Les Ramses sont-ils de la race des
Pastenrs? ^tudes sur la stele de Tan 400.
3 Ae^. Z. 1879, p. 66.
Sitnmgsber. d. phiK-tÜHt. Gl. XCV. Bd. I. Hft. 15
226 Krall. UanethoniicheB Oeschichtswerk.
Namens fwl u M ,Nubi', ,die Goldstadt', ' den in den Hiero-
glyphen Ombos führt, hat Set-nubti-ää-pe^ti den Beinamen
rwl erhalten. Die Inschrift von Tanis bezeugt uns, dass
im Jahre 1766 die Erhebung gegen die Hyksos in vollem Gange
war ; wir werden daher auch von den monumentalen Angaben
selbst auf das Jahr 1700 v. Chr. als auf das Jahr der Er-
hebung Abmes I. hingewiesen.
* Gold galt ja bei den Aegyptcm als typhonisch; Bnig-sch, Geschichte
Aegyptens p. 199 erinnert daran, dass beim Opferfeste des Helios, nach
Plntarch de Is. ac Osir. c. 30, die Priester ermahnt wurden, kein Gold
am Leibe zu tragen.
XVIL SITZUNG VOM 9. JULI 1879.
Das w. M. Herr Hofrath Ritter v. Höfler in Prag über-
sendet für die Sitzungsberichte die erste der ,Abhandlungen
aus dem Gebiete der slavischen Geschichte' unter dem Titel:
;Die Waiachen als Begründer des zweiten bulgarischen Reiches
der Asaniden 1186—1257'.
Von Herrn Dr. Thomas Fellner in Wien wird eine Ab-
handlung: ,Zur Geschichte der attischen Finanz Verwaltung im
fünften und vierten Jahrhundert', mit dem Ersuchen um ihre
Aufnahme in die Sitzungsberichte, vorgelegt.
Herr Dr. B. Münz in Wien überreicht eine Abhandlung
unter dem Titel: ^Die Philosophie des Protagoras und die Aus-
legung und Kritik, welche dieselbe erfahren', mit dem Ersuchen
um ihre VeröflFentlichung in den Sitzungsberichten.
Das w. M. Herr Professor Dr. Hartel übergibt eine Ab-
handlung des Herrn Professor Pius Knöll, welche betitelt ist:
,Das Handschriftenverhältniss der Vita S. Severini des Eugippius'
mit dem Ersuchen des Verfassers, dieselbe in die Sitzungs-
berichte aufzunehmen.
15
r„*
228
An Druoksohriften wurden vorgelegt:
Be rlin, Friedrich-Wilhelms-Üniversität: Druckschriften pro 1878/79. 9 Stack 4«.
Gesellschaft, k. k. geographische, in Wien: Mittheilungen. Band XXII.
(N. F. XII.) Nr. 6, 7, 8 und 9. Wien, 1879; 4«.
Müller, Max: The sacred books of the Bast. I., IL, III. Volume. Oxford,
1879; 8.
(Revue politique et litt^raire* et ,Reyue scientiüque de la France et de
l'Etranger*. IX« Ann6e, 2« S^rie. Nr. 1. Paris, 1879; 40.
Sociedad cientifica argentina: Anales. Mayo de 1879. — Entrega V.
Tomo VII. Buenos-Aires, 1879; 8».
Tübingen, Universität: Akademische Schriften pro 1876/77. 21 Stucke.
40 und 80.
— Universität: Akademische Schriften pro 1878. 21 Stück 4« und H^.
Verein, militär-wissenschaftlicher: Organ. XVJII. Band. Separatbeiluge zum
4. und 6. Heft. 1879. Wien; 80.
Höfler. AbhandlnDgen aas dem Gebiete der slaTuchen Geschichte I. 229
Abhandlungen aus dem Gebiete der slavischen
Geschichte.
Von
Gonstantin B. von Hof 1er,
wirkl. Hitgliede der kaii». Akademie der Wisfeaschaften.
I.
Die Walachen als BegrBiider des zweiten bulgarischen
Beiches, der Asaniden, 1186—1257.
jjer Untergang des Bulgarenreiches durch Kaiser Basilios
den Bulgarentödter, 1018; gehört zu den wichtigsten und mass-
gebendsten Thatsachen des eilften Jahrhunderts, ja des Mittel-
alters überhaupt. Das römische (romäische) Reich war wieder
aufgerichtet und reichte vom adriatischen zum schwarzen MeerC;
von der Donau bis zur Südspitze des Peloponnesos. Im Innern
war die Fremdherrschaft gebrochen, der Traum eines bulgarisch-
römischen Eaiserthums verflogen, der Kern des bulgarischen
Volkes auf den Schlachtfeldern geblieben, die Kiesenknochen
der Bulgaren bleichten auf dem Schlachtfelde am Spercheios,
verödet waren die Ebenen um NiS, Sophia und am Ovöepolje,
die uneinnehmbaren Bergfesten, die Kaiserpaläste von Trnowo
und Kastoria in den Händen der Romäer ; die Zwietracht und
der Verrath der Mitglieder des Sidmaniden-Hauses hatten den
Untergang des Reiches beschleunigt, dieser selbst musste die
Verschmelzung der Bulgaren mit den Slaven und die Slavisirung
der ersteren erleichtern, ja vollenden. So schwer es aber für
die Romäer gewesen, den Untergang des Reiches herbeizuführen,
das ihnen selbst so oft verderblich gewesen, so schwer war es,
die Lücke auszufüllen, die der Sturz der heimischen Dynastie
und der politische Untergang des Volkes erzeugt hatte. Schon
230 Höfler.
in ihrem eigenen Interesse waren die Bulgaren Donauwächter
gewesen; ihre theuersten .historischen Erinnerungen beziehen
sich auf die Zurückweisung des Russen Svjatoslav, dessen
Einbruch 969 zuletzt den Untergang des Buigarenreiches von
Pfeslav und die Einverleibung desselben in das romäische unter
Johann Zimisches 971 herbeigeführt hatte. Darauf erst, auf
den Untergang des östlichen Reiches , erfolgte der Streit nm
V
das Erbe der vier Söhne Si^mans, der sich 963 von dem Haupt-
reiche und dessen Czaren Peter losgesagt und das Reich von
Prespa (Ochrida, Eastoria) gegründet hatte. Der Zwiespalt
zwischen beiden Reichen, an welchem vielleicht das Ueber
wiegen der slavischen Bevölkerung um Ochrida wesentlichen
Antheil genommen, erleichterte den Romäern den Sieg. Der
vierzigjährige Vernichtungskampf unter Basilios hatte aber nicht
blos die Besiegten entsetzlich heimgesucht; auch der Sieger
hatte ungeheure Verluste erlitten. Als Bulgarien schon unter-
worfen war, ging ein griechisches Heer im Kampfe mit Stefan
Vojslav, Herrn von Zeta und Travunia, 1040 unter ; neue Ver-
luste brachte die bulgarische Erhebung unter Peter Deljan, angeb-
lichem Sohne des Czaren Gabriel hervor, bis dieser durch
einen andern SiSmaniden, Alusian, Sohn des Czaren Wladislav,
unschädlich gemacht wurde. Dann aber wurde erst noch ein
grosses romäisches Heer in den Engen am See von Skutari
aufgerieben. Diese entsetzlichen Zustände beschleunigten den
Einbruch der Polovcer (Petschenegen) in das alte Thracien
und Macedonien. Was der Bulgarenkrieg verschont hatte, ging
jetzt zu Grunde (1048 — 1051), und als die Petschenegen end-
lich, nachdem sie dreimal die romäischen Heeresabtheilnngen
vernichtet, über die Donau zurückgewichen waren, kamen erst
seit 1065 die mörderischen Rumänen, verbanden sich dann mit
den Petschenegen und raubten, mordeten und plünderten die
Donauländer bis tief in das zwölfte Jahrhundert. Als es
1122 gelang die Petschenegen tüchtig zu schlagen, traten die
Rumänen an ihre Stelle und versinken Land und Bewohner
in den Zustand gränzenloser Barbarei, Thracien gehörte wlachi-
schen Hirten, romanischen Nomaden an. Eine allgemeine Anar-
chie war eingetreten. Basilios hatte die dreissig bulgarischen
Bisthümer belassen, in Ochrida einen vom Patriarchen von
Constantinopel abhängigen griechischen Erzbischof eingesetzt;
Abhandlnogen aus dem Gebiet« der slaTiBchen Geschichte I. 231
er mochte hoffen, durch die Bischöfe auf die Bewohner des
nuterworfenen Landes einzuwirken. Allein die Militärherrschaft
unter Strategen und der romäische Steuerdruck, der die Pro-
vinzen dem Reiche entfremdete, lasteten schwer auf der wieder
gewonnenen Herrschaft ; der griechische Clerus konnte sich mit
dem bulgarischen Volke, ,diesen schmutzigen, übelriechenden
Barbaren' nicht befreunden. Es war, wie der griechische Erz-
bischof von Ochrida, Theophilaktos, schrieb, nur an Bosheit
reich, auf das Aeusserste herabgekommen, kleidete sich in
stinkende Felle und verleidete dem gebildeten Griechen den
Aufenthalt. Dazu kam, dass ,die Serben, die auch Kroaten
heissen', von der Katastrophe der Bulgaren für sich Gebrauch
machten, das Reich von Ochrida sich zu unterwerfen trachteten,
die Kirchen verbrannten, Alles mit Feuer und Schwert ver-
wüsteten, so dass der Erzbischof 1073 schrieb, nicht Ein Dia-
con, nicht Ein Priester sei mehr in der einst so herrlichen
Kirche Bulgariens vorhanden. Die Auflösung machte sich nach
allen Seiten geltend. Theophylakt erwähnt eines Apostaten/
welcher Mokoi einen Theil von Ochrida beunruhige. Es war
dies zweifelsohne ein Bogomile. Nicht minder auch Dobromio,
der 1078 in Mesembria einen starken Heerhaufen sammelte.
Ein anderer behauptete sich in Beljatowo, heiratete eine kuma-
Dische Fürstentochter und hauste nach Willkür in Thracien.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass dieses bewaffnete Auftreten
der Bogomilen wieder den Anschluss der Kroaten an Rom er-
leichterte, wie dann andererseits die Ertheilung der Königskrone
an Zwonimir durch Papst Gregor VII. zu einem ähnlichen Be-
gehren des Serbenfürsten Michael führte, eines Sohnes jenes
Stefan Vojslav, der sich gegen die Romäer erhielt und 1053
den Titel eines Protospatharios erlangte. Michael erscheint
zwar in dem Schreiben des Papstes als Slavenkönig, rex Sla-
vorum, aber mehr als factischer König anerkannt denn als
legitimer. Er befand sich in Zerwürfnissen mit dem Erzbischof
von Spalato, dem entgegen er den Bischof von Ragusa be-
gllnstigte. Der letztere sollte wohl das Pallium erhalten, das
^ ft servo et apostata. £p. LXIV. Die lateinische Uebersetztmg der Briefe
Tbeophylakts bei Baronias nach einem vaticanischen Codex stimmt aber
nicht mit den in der besonderen Ausgabe dieser Briefe veröffentlichten
äberein.
232 HftfUr.
Michael für einen Erzbischof begehrte, er selbst aber verlangte
eine Fahne zum Geschenke, mit welcher der neue König
Kroatiens päpstlicher Seits ausgerüstet worden war. Die Dinge
geriethen aber in der nächsten Zeit ins Schwanken, da der
Einbruch des päpstlichen Vasallenherzogs Robert Guiscard in
das romäische Reich erfolgte, das Königreich Kroatien mit der
Krone von Ungarn vereinigt wurde, endlich die siegreiche Aus-
breitung der romäischen Hen*schaft unter Manuel dem Komnenen
1143 — 1181 bis an die Adria erfolgte, Ungarn eine Zeit lang
mit dem romäischen Reiche vereinigt zu werden schien und
selbst der König fon ,Tschechi8'/ Wladislaus von Böhmen, Vasall
des romäischen Kaisers wurde, der die Vereinigung der beiden
Kaiserthümer, des deutschen und romäischen, im Streite Papst
Alexanders mit Friedrich I. durchzusetzen hoffte.
Da erscheint plötzlich eine Nationalität, die bisher nur
bestimmt gewesen zu sein scheint, von Slaven, Bulgaren, Ko-
mäern, Potschenegen, Kumanen überritten zu werden, an der
Spitze neuer Ereignisse.
Die südslavische Welt hatte damals ihren Mittelpunkt
nicht mehr an der Donau, sondern in Ochrida und dem serbi-
schen Dioclea, für welches das Erzbisthum von Antivari
begründet wurde, das selbst der serbische Primatialsitz wurde.
Lateinische Bisthümer, die nachher verschwanden, ^ entsprachen
der lateinischen (römischen) Bevölkerung der Küste. Im
Innern des Landes aber treten die Nachkommen römischer
Provincialen als Wlachen auf, die mitten unter den Bulgaren
sitzen, so dass die Städte Ochrida, Prespal, Perlepe, Belgrad
in Ober-Macedonien als walachisch- bulgarisch erscheinen.-
Noch im vierzehnten Jahrhundert wohnten in Cattaro, Anti-
vari, Dulcigno, Svac, Scutari, Drivasto Lateiner, im zwölften
Jahrhundert aber sprachen nach Wilhelm von Tyrus (f 1188)
wohl die Einwohner des inneren Dalmatiens slavisch, aber
nicht die der Küstenstädte. Es gab Wlachen vor Allem in
Thessalien, das als Gross -Wlachien, {xs^aAiQ EXa^ia^^ bezeichnet
^ Wie Kynamos schreibt.
^ EpiBcopatns Swarinensis, Polatinensis » Arvastinensis, Svacinensis, Dulci-
nensis, Sarcanensis. Theiner, Vet. monnm. I, n. XIV.
3 Hopf, Griechenland S. 333.
* Hopf S. 328—336.
Abhandlang«B aas dem Gebiete der sUTisclieii Oeechiehte I. 233
wurde; ein Klein -Wlachien auf der anderen Seite des Pindos,
ein Weiss- Wlachien in Mösien, dem sich ein Schwarz -Wlachien
in der Moldau gegenüberstellt; ^ in der Khodope; in der Do-
brudza, bei Anchialis und Bizje. ^ Ansbert, der kenntnissreiche
Verfasser der Geschichte des Kreuzzuges Kaiser Friedrichs I.,
kennt in der Nähe von Thessalonika ein fruchtbares Land,
Fiachiam ^ genannt. Noch mehr. Er, der den Grossherzog von
Serbien und Rascien (Crassiae), den grossen Nemanja nennt,
sehr wohl Bulgaren, Serben und Wlachen unterscheidet, nennt
auch geradezu die Gründer des zweiten Bulgaren reiches,
das unter dem Namen der Asanidenherrschaft hervortritt,
Blachen; Peter, der auch Kalopeter heisst, ist Herr der Wlachen
idofflinus blachorum). Ihre Macht, die auf der Vereinigung der
Wlachen und Kumanen beruhte, war 1190 so gross, dass sie
Kaiser Friedrich I. die namhaftesten Anerbietungen im Kampfe
mit den Romäern machten ; ein serbisches Heer sollte sich an-
schiiessen imd Constantinopel erobern helfen, Petrus aber, der
sich bereits den goldenen Reif aufgesetzt, als er die Bulgaren
für sich gewann, durch den deutschen (alemannischen) Kaiser
Beherrscher von Constantinopel werden. Rösler hat in seinen
romanischen Studien ganz recht, ^ wenn er auf den Entschluss,
welchen damals Kaiser Friedrich fasste, als auf einen ungemein
folgereichen hinwies, da das romanische Volk, welches das
Innere aller Provinzen Thraciens, Macedoniens, Thessaliens,
Mösiens erfüllte, ,an Zahl und physischer Kraft das grie-
chische übertraf. Nur, hätte er hinzufügen sollen^ war es
nicht organisirt, fehlten vor Allem städtische Mittelpunkte, es
war weder politisch, noch kirchlich, noch territorial geeinigt,
es war überall und doch nirgends und erlangte einen festen
Kern zuletzt doch nur durch die in Städten lebenden Bulgaren.
Dass aber die Bewegung, die seit 1186 zur Aufrichtung eines
grossen Wlachenreiches führte, von Wlachen und begreiflich
M. c p. 61.
' Jirecek S. 218. Das Despotat von Epiros nannten die Serben das Wla-
chiotenland. Rösler, die Wohnsitze der Romanen im Mittelalter, S. 105 ff.
^ Ansdrfieklich sagt Niketas, dass die Wlachen über den Istros gingen and
sich mit den benachbarten Skythen verbanden, tov ''laipov §ia7cX(oV9a(ievoi
ToT; £x YsiTOvcuv SxuOaif 7;poa^(ii^av, p. 487.
* 8. Uö.
234
Höfler.
nicht von Bulgaren ausging, sehr uneigentlich also als bulga-
risch bezeichnet wird^ spricht nicht blos Ansbertus aus, dem
man als Fremden, wenn auch seine Beobi^chtungsgabe sehr
treffend war, möglicher Weise irrige Auffassung nationaler
Verhältnisse zuschreiben könnte. Aber in ganz entschiedener
Weise stimmt einer der besten Zeugen jener Tage, der Choniate
Kiketas,* mit dem deutschen Verfasser der Kreuzzüge Kaiser
Friedrichs überein. Er bezeichnet die wlachischen Brüder als
jene, die das ganze Volk der Wlachen, zu dem sie gehörten,
aufregten,^ die Asaniden als Wlachen, nicht als Bulgaren.
Es ist nun vor Allem nothwendig den Bericht des Cho-
niaten näher in das Auge zu fassen, da er Zeitgenosse des
wlachischen Aufstandes war und als vorzüglicher Kenner der
Ereignisse seiner Zeit ^ auch besondere Anerkennung ver-
langen kann.
Er kennt ihre Wohnsitze, bezeichnet sie als ehemalige Myser,
Mösier, die Brüder Peter und Asan stets als Wlachen,* erwähnt
die Gründe des Aufstandes, unterscheidet Bulgaren und Blachen
die die Brüder zu gemeinsamem Aufstande bewegen und zwar
mit der Absicht der Vertilgung der Romäer,* die Selbstkrönung
Peters in der Stadt Pristhlaba, den ersten Blachenkrieg und
wie in diesem Peter und Asan mit den Ihrigen über den Istros
getrieben wurden und nun sich mit den benachbarten Skythen
(den Kumanen) vermengten,'^ so dass also ein dritter Völker-
bcstandtheil mit dieser Erhebung hervortrat: Blachen, Bulgaren,
Kumanen. Die Blachen unterwarfen sich zum Scheine dem
Kaiser Isaak Angelos, der es versäumte den Aufstand völlig
niederzuschmettern und dadurch den Blachen die Möglichkeit
gewährte sich zu sammeln und aufs Neue loszubrechen. Auf
i 'Icrrop(a. Ed. Bekker» Bonnae.
^ TO €6^05 oXov avaas{aavT£5 , IHTpo; T15 xai 'Aaav ojjloyevcTs xai Taurda::opoi.
p. 482.
3 ouvei;:opL7]v yap xai aurb; ßaacXsT (Isaak Angelos ini zweiten Wlachen-
kriege) u}:oYpa[i[xaTEua)v, p. 518.
* p. 482. 485.
* Tous hi yg auXXa{jißavo{jL^vou5 xara ::oX€[jlov jjltj ^wv-perv, iXX' aROffOOTTEiv xx.
xatoTEivfiiv avT]XEto(, p. 486.
6 Auch noch später zogen Kumanen mit den Wlachen über den Istros nach
Thracien, was doch wohl beweisen dürfte, dass Wlachen und Komaueo
auf dem rechten Douiiuufer zusummiiiwolmteu. Niketas p. 063.
Abhandlnngen aas dem Gebiete der slarischen GescUicfate I. 235
dieses kehrte Asan mit gewaltiger Unterstützung der Rumänen
zuriick und nun trachtete er darnach, aus Blachen und Bulgaren
Ein Reich zu machen/ wie es früher gewesen war. Dies war
somit das zweite Stadium der Erhebung. Im nächsten Kampfe
erbeuteten Peter und Asan das kaiserliche Banner und die
kaiserlichen Gewänder und schmückten sich damit.^ Dann er-
folgte der neue Blachenkrieg,^ der Kampf des Kaisers mit den
Blachen und Rumänen bei Berrhoea, die Gefangennahme der
Gemahlin des Asan und die Auslieferung seines Bruders
Johannes als Geisel; der Krieg wurde schlecht geführt. Als
der Feldherr Constantinos Aspietes dem Kaiser Isaak bemerkte,
das Heer könne nicht zugleich gegen die Blachen und den
Hunger kämpfen, liess ihm der Raiser die Augen ausstechen.
Die Blachen hatten ihre Burgen uneinnehmbar gemacht, ver-
heerten mit den Rumänen die römischen Provinzen, der Raiser
verlor (1190) Heer und Hauptschmuck (xaatv).* Die Beschrei-
bung, die Niketas von dem Treiben des Raisers Isaak Angelos
macht, bestätigt vollkommen, was er berichtet, dass die wlachi-
schen Brüder nichts so sehnlich gewünscht als Erhaltung dieses
Kaisers,^ dessen Unfähigkeit den Wlachen und ihren skythi-
schen Freunden den Sieg ihrer Waffen verbürgte. Rennten
denn doch ihre Schaaren mit den Waffen ausgerüstet werden,
die die flüchtigen Romäer in den Engpässen verloren, die ihre
^\e die Ziegen kletternden Leute ihnen abgenommen.^ Sie
sind es^ Wlachen und Rumänen, die fortwährend mit Isaak
Angeles Heeren kämpfen," die Blachen sind es, welche siegen. ^
* Die Stelle ist sehr merkwürdig: i^v t(üv MuatüV xai twv Bou).Yapwv 8uva-
r.iin 6?s ?v <juva?{<ouaiv w; KdtXai tcotI 9[v, p. 489.
^ TJt Xp-jvoUsf] j^ou)ra xou xalaoLpo^ — xai ta oXa^xouXo, p. 490.
^ orjTc'pav xar« t<ov BX«)(^ü>v e^op[j.Y]9iv, p. 516.
* p. 569.
^ ^ oEUToJv ßaaiXEudvTtov (die Angeli) hi xai eti xa twv BXa^cov j:poaeÄi8tüaoua(
TS ja\ (jL£YE6ov8i{aETai, p. 572. 573.
'^ Aber nicht Balgaren, sondern Wlachen und Kumanen.
' Niketas lU, 8.
* L e. p. 5d9, 600. 612. Niketas weiss selbst, dass 'Ißayxb; (Ivanko) der
wlaehische Name für Johannes war. Es war dies der Mörder des Johannes
Asan 1196. — p. 624. 643. 691, wobei immer Wlachen und Kumanen
▼ereinigt gegen die BomSer kämpfen und endlich auch die Russen gegen
»ich haben. BAa^aoi xal üxuOixof, p. 824. 837. «52.
236 HOfler.
Sie machen Thracien zur Wüste, zerstören die Städte, ermorden
die Einwohner oder verkaufen sie in weite Ferne in die Skla-
verei, Feld, Wald und Weinberg, aller Anbau geht zu Grunde
und die einzige Frucht der Erhebung des neuen Reiches von
Trnowo ist Vernichtung der romäischen Cultur und soweit
Wlachen und Skythen, Rumänen, können, des romäisclieD
Volksstammes. Thracien sollte nur für wilde Thiere Wohn-
stätte sein.^ Ein nicht unbedeutender Fingerzeig in Betreff
der Wlachen, die jetzt die gi*OBse Rolle spielen und nicht blos
auf dem rechten Donauufer Niederlassungen haben, ist der.
dass bei der Auflösung des romäischen Reiches der Angeles
und der Begründung eines lateinischen nicht blos in Nicäa,
Herakleia, Sinope und Trapezunt neue griechische Staaten ent-
stehen, sondern auch Sguros Leon einen in Korinth und Nau-
plion gründet,^ Chamaretos Leon in Sparta, Michael aus dem
Geschlechte der Sebastokrators Joannes in Nikopolis und Du-
razzo (Epidamnos), der lateinische Markgraf Bonifacius in
Thessalonike und Kieder-Thessalien, in Ober-Thessalien aber,
das jetzt Gross-Blachien genannt wird, ein anderer Fürst sich
aufwarf, den Niketas nicht namentlich anführte. Aber auch
der Franke Robert von Clary, der in französischer Sprache
den Kampf der Lateiner mit den Grien, den Griechen, und die
Eroberung von Constantinopel 1204 beschreibt, kennt den Tod-
feind der Lateiner und Romäer, Johannes nicht anders denn
als Johans li Blaks^ und ebenso seinen Neffen und Nachfolget;
nachdem der heil. Demetrius den ersteren im October 1207 bei
nächtlicher Weile erschlagen. Es waren Könige von Wlachien,
rois de Blakie. In gleicher Weise drückt sich Geoffroi de
Villeharduin aus: Johannis li rois de Blakie; nur gebraucht
er auch den Ausdruck le roy de Blakie et de Bougrie.* Der
neu französische Uebersetzer aber nahm sich die
unhistorische Freiheit, daraus le Bulgare oder
roy de Bulgarie zu machen, was nachher in unsere
1 NikeUs III, 14. 15.
2 p. 841.
3 Hopf, Chroniques greco-romaines p. 83.
^ 1. c. p. 80, aber gleich darAuf wieder le rois de Blaquie. Veigl. p. 84.
87. 88. 91. 95. 99. 100.
AbbandlnDg«n aas d«m Gebiete der Blaviachen Geschichte I. 237
Geschichtsbücher überging. * Selbst wo GeoflFroy ausdrücklich
roi de Blakie hat, setzt der Uebersetzer roi des Bul-
gare s.^ GeoflFroy redet nicht wie Niketas von den Skythen,
sondern von Rumänen und Wlachen. ^ Die gefangenen Ein-
wohner romäischer Städte werden auf Befehl des Königs
Johannes nach Blaquie in den Kerker geschleppt.^ Ällmälig
(seit 1206) hört man auch von einem Czaren von Wlachen und
Balgaren/ sogleich aber wieder von einem kumanischen.
Auch Heinrich von Valenciennes , der Nachfolger
GeoflTroy's von Villeharduin, spricht regelmässig von Blas et
Comains;^ er erwähnt, dass Esclas, Vetter des Beherrschers
der Blas und Comains, Burille^ für Blaquie la Grant Lehens-
mann Kaiser Heinrichs wurde.
Diese Thatsachen dürften denn doch schon an und für
sich genügen, um zu beweisen, dass das neue bulgarische Reich
der Asaniden vor Allem ein wlachisches, somit romanisches
war und vorherrschend diesen Charakter an sich trug. Doch
scheint noch immer dieser Anschauung entgegenzustehen, dass
dasselbe von Peter und Asan in Tmowo, der altbulgarischen
Hauptstadt, begründet wurde, und zweitens tritt der Aner-
kennung der Asaniden als Wlachen selbst scheinbar ihre directe
Behauptung entgegen, sie seien aus dem Stamm der altbulga-
rischen Czaren hervorgegangen, somit das Reich und sein
Fürstenhaus acht bulgarisch und nicht wlachisch. Wir werden
diesen Einwurf genau erörtern müssen.
* Michaud et Ponjoulat, nonv. Collection I. So p. 88. 89. Auf dem Wege
nach Salonichi kam der Markgraf Bonifacio in eine ^ville: la Blache*
(woU die Ton Ansbert bezeichnete Gegend Blachia), p. 65.
^ p. 78. 79. Wo Geoffroy Johanni le roi de Blakie et de Bougrie hat, p. 89,
heisst es: roy de Balgarie. Auch p. 92. Statt Johannis p. 90 setzt er:
le roy de Balgarie.
^ li Comains, p. 81. li Gomains et li Blac et li Grien, p. 82. 90. 91. Uebri-
gens lernen wir aach ans Geoffroy, dass die Poplicane (Manicheans) sich
dem Wlachenkönige ergeben hatten, p. 90.
* p. 93. 94. Das bezeichnet endlich die französische Uebersetsnng als
Valaehie.
^ p. 102.
^ Micband I, p. 121. Die französische ITebersetznng hat wieder: les Balgares
et les Comains.
238 HöfUr.
Das erstere wird Niemand läugnen, und wenn die beiden
wlachischen Brüder das wichtige Trnowo und das Volk der
Bulgaren zur gemeinsamen Erhebung gegen die Romäer ge-
winnen wollten, so mussten sie sich nach der alten Cz&ren-
Stadt wenden und diese zum Ausgangspunkte ihres Aufstandes
machen, das bulgarische Volk in die Revolution yerwickeln^
die ja die Vertilgung der Romäer zum Zwecke hatte. Nichts
begriffen die Bulgaren leichter, als dass auf einen romäischen
Bulgarentödter aus Constantinopel ein Romäertödter aus Trnowo
folgen werde.
Was nun den Ursprung der bulgarischen Erhebung be-
trifft, so ist sicher, dass dieselbe gar nicht von Bulgaren aas-
ging, sondern von den beiden wlachischen Brüdern, welche,
wie man später ersehen wird, sich selbst als Romanen, Römer,
aber nicht Romäer oder Lateiner bezeichneten. Das Begehren,
welches Peter und Asan an Kaiser Isaak Angelos richteten,
und dessen Ungestüm dem Asan auf Befehl des Sebastokrators
Johannes einen Backenstreich in das Gesicht eintrug, der nach-
her mit so vielem romäischen Blute vergolten wurde, bezog
sich auch nicht auf Bulgaren, sondern auf den Eintritt von
Wlachen in romäische Kriegsdienste, und erst als das Gesuch
in der kränkendsten Weise zurückgewiesen worden war, ent-
schlossen sich die beiden unternehmenden Brüder den Versuch
zu machen, auch die Bulgaren aufzuwiegeln, sich an deren
Spitze zu erschwingen und wie Nemanja unter den Serben die
Losreissung von der romäischen Herrschaft erstrebt, so Gleiches
gegen die schwankende Regierung des Hauses Angelos zu unter-
nehmen.
Wären nun Petrus und Johannes Asan, wie neuerdings
behauptet worden. Nachkommen der alten Bulgarenczaren ge-
wesen, so hätte sich ihre Erhebung sehr einfach gestaltet. Sie
brauchten nur in Trnowo sich darauf zu berufen und die Bul-
garen, welche so oft schon den Versuch angestellt, das Joch der
Romäer abzuschütteln, so bald nur einer der wahren oder falschen
Abkömmlinge der alten Czaren das Banner der Unabhängig-
keit aufgepflanzt, schaarten sich mit Enthusiasmus um sie.'
Niketas p. 485.
AblLandluDgen aus dem Oebiete der slavischen Geschichte I. 239
Allein davon geschah nichts. Die beiden Wlachen bedurften erst
der Unterstützung einer Art von Prophetinen und Propheten,
die es als Gottes Wille ausgaben, dass die Wlachen und Bul-
garen sich erhöben. Merkwürdiger Weise musste auch der
heil. Demetrios intervenireU; der sich in Patras wie in Salonichi
als der grösste Gegner der Slaven erwiesen und unter dessen
Anrufung, wie die Czechen unter Anrufung des heil. Wenzel
gegen die Deutschen, so die Romäer zum Kampfe gegen die
Slaven auszuziehen pflegten. Jetzt hatte aber der Heilige nach
der Verwüstung von Salonichi durch die Normanen sein Heilig-
tham in der Griechenstadt verlassen, um das in Trnowo, das
zwar nicht von Bulgaren, aber von dem Wlachen Peter erbaut
worden war, au&usuchen. Nährte aber Kalopeter den Ge-
danken, auch auf die mit der Herrschaft der Angeloi unzu-
friedene griechische Bevölkerung einzuwirken, erstere zu
stürzen und Kaiser der Romäer zu werden, so gab es kein
besseres Mittel als den heil. Demetrios in das Spiel zu ziehen,
den Schutzpatron der Griechen, der wie einst St. Veit von den
Sachsen zu den Böhmen, jetzt von Salonichi nach Trnowo
gewandert war. Allein die Sache ging trotzdem nicht so leicht
vor sich. Bulgaren und Wlachen mussten sich noch auf die
Kamanen stützen, unter denen zweifelsohne auf dem linken
Donauufer W^lachen sassen. Die Begründung des Serben-
reiches unter dem grossen Nemanja, wie Ansbert sich aus-
drückte, bereitete den Romäem, die wiederholt die Bulgaren
geschlagen hatten, neue Verlegenheiten. Die Verbindung der
wlachischen Czaren Bulgariens mit den Kumanen war aber so
innig geworden, dass Kalopeter dem deutschen Kaiser in
seinen Streitigkeiten mit dem byzantinischen ein Hül&heer
von 40.000 Bulgaren und Kumanen anbot, wolle er ihn als
romaischen Kaiser anerkennen. Friedrich I. hatte die An-
erbietungen der Serben von Dioclea verworfen, er ging auf die
des Wlachen- und Bulgaren fürsten auch nicht ein, sondern zog
anaufhaltsam gen Jerusalem. Statt an den Jordan kam er aber
nur an den Saleph, die Leiche wurde im befreiten Antiochia
bestattet. Mit Mühe rettete damals 1190 Kaiser Isaak im
Kampfe bei Berrhoea mit den Bulgaren sein Leben; als diese
Nia und Sophia eroberten, führten sie von da die Reliquien
des ächten Patrons der Bulgaren mit sich nach Trnowo. Der
240 H6f1«r.
heil. Johannes von Ryl verdrängte bei den Balgaren den
romäisirenden heil. Demetrios. Er konnte übrigens Johann
Asan I. nicht vor Verrath und Ermordung schützen. Der
jüngere Bruder wurde 1196, der ältere Kalopeter im Jahre
1197; beide von Bulgaren ermordet. Der dritte Bruder wurde
von einem Rumänen 1207 erstochen. ^ Nach der Legende fiel
er jedoch unter der Hand des heil. Demetrios von Salonichi^
unbeschützt von Johannes von Ryl, dem Patron der Bulgaren.
Es ist nun von Wichtigkeit zu erfahren, wie die Glieder
des neuen wlachischen Czarenhauses ihre Abkunft selbst be-
zeichneten. Diese Frage scheint durch einen Brief Papst Inno-
cenz III. an seinen Legaten in Antwort auf die Klagen des
Ungarnkönigs vom Jahre 1204 erledigt zu sein, in welchem
es ausdrücklich heisst, dass Peter und Johannicius, welche von
dem Blute der früheren Könige abstammten, nicht sowohl das
Land ihrer Väter zu gewinnen, als wieder zu erlangen streb-
ten.^ Hiemit scheint eine Stelle in dem Briefe des Johannicins
(Kalojohannes), Kaisers (imperator Bulgarorum et Blachomm),
übereinzustimmen, in welchem es heisst: Gott blickte unsere
Demuth an und brachte uns das Blut und das Vaterland in
Erinnerung) von welchem wir abstammen (das heisst aber: vom
Vaterlande).^ Diesem Briefe, der sich bei näherer Betrachtung sehr
vorsichtig ausdrückt und von dem Papste eine Krone begehrte
(1202), wie sie Petrus und Samuel hatten, die durchaus nicht
als Vorfahren (progenitores) bezeichnet wurden, steht nun ein
Brief Basils des Erzbischofs von Zagora an denselben Papst
zur Seite, in welchem dieser als Grund der Würdigkeit einer
Kaiserkrone des Kalojohannes wie des ganzen Kaiserreichs Hin-
neigung zur römischen Kirche bezeichnet, und zweitens dessen
Abstammung von römischem Blute (1202)!^ In einem früheren
Briefe aber, den Kalojohannes an Papst Innocenz schrieb und
aus welchem dieser eine Stelle citirt, sagte der Beherrscher der
^ Acropolita p. 236.
2 duo fratres — de prioram regnm prosapia descendentea temm patruro
snoram non tarn occupare quam recuperare ceperant. Theiner, Vet mon.
Slav. merid. I, p. 36.
3 redaxit nos ad memoriam sangainis et patrie nostre a qua deseendimas.
Theiner, 1. c. p. 16.
* tanqnam heredes descendentea a sangaine Romano. Theiner, l. e. p- 27.
Abhaadlttugen aiu dem Gebiete der aUTutcUen Qeüchichte 1. 241
Bulgaren und Wlachen (Bulgarorutn et Wlachorum) geradezu,
dasB seine Vorfahren aus Rom stammten^ (1199?),
somit nicht Bulgaren waren.
Wohl ist es die römische Kanzlei, welche die
früheren ächtbulgarischen Czaren als progenitores des Johanni-
cius statt als praedecessores bezeichnet, wodurch dann der
Irrthum entsteht, als hätte der Wlache, der Romane, der sich
ächtrömischer Abkunft rühmt, nicht sowohl Bulgaren zu Vor-
fahren, als zu Ahnen gehabt! Innocenz erwähnt der Bitte des
Kalojohannes um eine römische Krone, wie sie Peter, Samuel
und anderen Vorfahren des Kalojohannes zu Theil geworden,
und ordnet an, dass der nach Bulgarien bestimmte Legat sorg-
fältige Nachforschungen über die dessen Vorfahren von der
römischen . Kirche gewährte Krone pflege. ^ Johannicius möge
vorderhand dafür Sorge tragen, dass die von dem Legaten ge-
brachten Statuten von der ganzen Kirche der Bulgaren und
Wlachen angenommen und beobachtet würden. Einen gleichen
Ausdruck für das Doppelreich gebrauchte Innocenz auch in
der Antwort auf das Schreiben des Erzbischofs von Zagora
(27. Nov. 1202).^ Kalojohannes aber nannte sich auf diess Im-
perator Bulgai'orum und versicherte den Papst, dass die
Griechen ihm durch den Patriarchen Anerbietungen gemacht
hätten, ihn zum Kaiser krönen zu wollen, ihm auch einen
Patriarchen zu geben, weil ohne diesen ein Kaiserthum nicht
denkbar sei."» Er wolle aber Diener des heil. Petrus und Seiner
Heiligkeit sein. Auf dieses entschloss sich Innocenz, ,den
Herrn der Bulgaren', wie er noch am 10. September 1203 Kalo-
Johannes nannte, am 25. Februar 1204 als König der Bul-
garen und Blachen anzuerkennen,'* ihm eine Krone und
ein Scepter zu übersenden, ihn zum Könige krönen zu lassen,
den Erzbischof von Trnowo zum Primas (nicht Patriarchen)
' qnod de nobili Urbis Romae prosapia progenitores tui originem traxerint.
l c p. 11.
^ Schreiben vom 27. Nov. 1202: et aliis progenitoribuB tnis in librifi tnis
legitor conceBsissc. 1. c. p. 16 (p. 21).
M. c p. 17.
* n. XXIX.
'" qaia Imperium Atne Patriarcha non starct. 1. c. p. 21.
• L c. n. XLI.
SilMigiker. d. pbil.-hi8i Ol. XCV. Bd. I. Hft. 16
242 HAfler.
dc8 Königreiches der Bulgaren und Wlachen zu er-
heben, diesem das Recht zu eriheilen die Könige der Wlacken
und Bulgaren zu krönen, das Chrisma in jeder Kirche Bul-
gariens und Wlachiens zu weihen, worauf die entscheidende
Erklärung des neuen ^Kaisers' von ganz Bulgarien und Wlachien
erfolgte.*
In dem Schreiben, durch welches Kalojohannes als Im-
perator von ganz Bulgarien und Wlachien sein Reich dem
römischen Stuhle übergab, sprach er wiederholt von dem
früheren Kaisem Bulgariens : Simeon, Petrus und Samuel.*
Es ist nun bezeichnend, dass er selbst da, wo es in seinem
Interesse lag, sie als seine Ahnen zu bezeichnen, nur den
Ausdruck Vorgänger (praedecessores) gebrauchte, während er
sie Kaiser nennt, sich selbst ebenso bezeichnet und daneben
vom Kaiserthume Bulgariens und Wlachiens spricht. Erst als
er direct von Papst Innocenz begehrte, es solle der neue Erz-
bischof von Trnowo und Primas von ganz Bulgarien und Wla-
chien zum Patriarchen erhoben, ein immerwährendes Patriarchat
in seinem Reiche eingesetzt, er selbst gekrönt werden,^ spricht
er von den Kaisern Simeon, Petrus und Samuel nicht blos als
seinen Vorgängern, sondern auch als seinen Vorfahren. Inno-
cenz hütet sich ihn als Kaiser anzuerkennen, heisst ihn blos
rex, spricht aber auch von ihm als res Bulgarorum et Vlacho-
rum qui imperat;'^ er erwähnt, dass Bulgaren und Wlachen
von römischem Blute abstammten, ^ was jedenfalls nur von
letzteren gelten konnte. Jetzt erst am 15. Sept. 1204 bezeichnet
der Papst in dem Schreiben an den König von Ungarn die
Brüder Peter und Johannicius als Abkömmlinge vom alten
(bulgarischen) KönigsstiEimme, ^ was als historische Thatsache
nicht mehr Werth besitzt als die vorausgehende Erwähnung,
dass Bulgaren und Wlachen von römischer Abkunft seien.
^ me dominum et imperatorem totius Bulgariae et Vlachiae. 1. c. n. XLIII.
2 n. XLin.
3 n. XLVI, praedecessorum meorum Imperatomm Bnlgarornm et BUchornm
— Sjmeonis Petri et Samuelis prog^nitorum meormn. 1. c. p. 29.
^ Archiepiscopifl Belesbudensi et ProstlavenBi, n. XLVII.
^ Bulgarorum et Blachorum populis — descenderunt etiam ex sanguine
Romanorum, n. XLVIII.
» 1. c. p. 36.
Abhandln ng«n aas dem Gebiet« der elavischen Geschichte I. 243
Ealojohannes hatte aber erreicht was er wollte. Er wollte
Kaiser werden wie die früheren Czaren, konnte es nur wer*
den, wenn er sich auf diese stützte , und so wurden aus den
Vorgängern Ahnen; der Papst stimmte in Letzterem bei, um
dem Könige von Ungarn zu beweisen, dass die neue Erhebung
keine eigentliche Neuerung sei, nicht auf Kosten oder zum
Schaden von Ungarn geschehe, sondern die Brüder siegreich
nur das Ihrige zurückverlangten. Nur in dem Einen entsprach
der Papst nicht den Wünschen des Kalojohannes. Er nannte
ihn nie direct Imperator, den Primas nie Patriarchen, und als
jetzt Balduin Graf von Flandern (lateinischer) Kaiser von
Constantinopel wurde, so genügte selbst die Krönung, die
Uebersendung von Scepter, Krone und Banner (vexillum)
nicht; unmittelbar mit dem Siege der Lateiner tritt bei dem
neuen Könige eine Verdriesslichkeit hervor, die sich schon in
dem Schreiben über die vollzogene Krönung kundgibt. Kalo-
jobannes nennt sich hiebei König von ganz Bulgarien und
Wlachien ' und seine Herrschaft regnum, was übrigens ßaatXsu;
und ßoffiXsto, den griechischen Ausdruck für Kaiserthum, nicht
auBschliesst. Hingegen spricht der Erzbischof Primas von er-
folgter Kaiserkrönung am 8. November 1204 bulgarischen Styls.^
Die Theilong des Kaiserthums Romänien ist erfolgt, Balduin
von Flandern Kaiser des nur mehr aus einem Viertheile be-
stehenden Reiches und der Kampf zwischen ihm und dem
bttlgarisch-wlachischen Kaiser-König bricht los. Bald hat der
Reichsverweser (moderator) Graf Heinrich, Balduins Bruder,
von dem üblen Ausgange der Schlacht von Adrianopel am
15. April 1205, von der Gefangenschaft Balduins in dem
Kerker des Johannicius, des Herrn der Wlachen^ zu melden,
der jenen mit einer unzähligen Menge von Wlachen und Ku-
manen angegriffen. Heinrich übersandte dem Papste die Be-
weise, dass der Wlache sich auch mit den Türken vei'bunden,
nicht blos mit den Kumanen, die ja mit den Wlachen fast zu
einem Volke sich vereinen. Innocenz III. sah sich genöthigt,
an einem Frieden zwischen Bulgaren -Wlachen und Lateinern
» n. LXL
» n. LXII.
' ft Jobannicio Blachonim domino, n. LXllI.
16*
244 UöfUr.
zu arbeiten ; es gelang ihm nicht einmal die Befreiung- Bal-
duins zu erwirken, dessen Haft wohl etwas erträglicher wurde
— er war anfänglich bis zum Halse mit Ketten beladen —
der aber zuletzt mit abgehauenen Armen und Beinen in einen
Abgrund geworfen wurde, in welchem er kläglich unterging.
Stadt für Stadt auf lateinisch-griechischem Boden wurde jetzt
ausgeplündert, ausgemordet; das neue Reich war wenigsteas
insoferne ein bulgarisches, dass es wie dieses in den Tagen
Krumbs das herrlichste Land zur Wüste machte, nur wilde
Thiere, aber kein Komäer oder Lateiner sollte es bewohnen.
Der heil. Dcmetrios selbst musste endlich kommen und den
Komüoktonos bgi nächtlicher Weile ermorden. Johannicias
hatte sich mit dem Anführer der Bulgaren entzweit und dieser
zog vor, anstatt ermordet zu werden, den Kaiser-König selbst
zu ermorden (1207).
Daraus dürfte denn doch eine Reihe von Thatsachen als
sicher hervorgehen.
L Bulgarisches Reich im wahren Sinne des Wortes war
nur das ältere, welches durch die blutige Regierung des Basi-
Hos Bulgaroktonos und die romäische Herrschaft von der
Asanidenherrschaft getrennt ist.
2. Die Gründer des erneuten Bulgarenreiches waren
Wlachen und nicht Bulgaren, von romanischer Abkunft and
das neue Reich vom Jahre 1186 ein wlachisch-bulgarisches.
3. Die Erhebung des Jahres 1186 ging von Wlachen
aus, stützte sich vorzüglich auf die Kumanen, riss die Bul-
garen mit sich fort, und so unterscheidet sich dieses bulgarisch-
wlachische Reich wesentlich von dem ersten; es ist ein vor-
zugsweise wlachisches Reich, das sich bulgarisch nennt, weil
es den wlachischen Brüdern gelang, sich auch zu Herrschern
von Bulgarien zu erschwingen.
4. 'Erst nachdem dieses geschehen war, erfolgte auch die
Bemühung, das neue wlachische Herrschergeschlecht mit dem
alten bulgarischen in geschichtliche und verwandtschaftliche
Beziehungen zu bringen, was rein willkürlich und irrthüm-
lich war.
5. Das ganze Verhältniss der Wlachen zu den Bulgaren
und Kumanen hat man sich somit anders als bisher zu denken.
Welche Folgerungen aber hieraus für die Geschichte der
AbhandloDfl^on aoi dorn Gebiete der slaviBchen Geschichte I. 345
Rumänen zu ziehen sind^ ist nicht mehr Gegenstand dieser
Erörterungen.
6. Ist es denn doch wohl unstatthaft, von dem Reiche
der Asaniden als einem bulgarischen zu sprechen. Man be-
ginge sonst denselben Fehler, in welchen, wie ich nach-
gewiesen, der französische Uebersetzer Villeharduin's verfiel,
als er willkürlich Blaquie in Bulgarie verwandelte und gerade
den charakteristischen Unterschied des Äsanidenreiches von
dem früheren bulgarischen verwischte. Geht dadurch auch ein
Stück rein slavischer Geschichte verloren, so hat damit die ge-
schichtliche Wahrheit nur gewonnen. Das Reich war wlachisch-
bulgarisch-cumanisch, die Dynastie aber wlachisch.
XVIIL SITZUNG VOM 16. JULI 1879.
Für die akademische Bibliothek wurden mit Zuschrift
eiDgesendet:
von Sr. Excellenz dem Herrn Ackerbauminister Graf von
Mannsfeld die von dem k. k. Ackerbau-Ministerium heraas-
gegebenen ,Pläne landwirthschaftlicher Bauten des Elebgrond-
besitzes in Oesterreich' ;
von der Centraldirection des kais. deutschen archäolo-
gischen Institutes in Berlin die von de Rossi herausgegebenen
mittelalterlichen Stadtpläne von Rom;
von dem historischen Vereine zu Freiburg i. B. die bis
jetzt erschienenen Bände seiner Zeitschrift;
von dem Herrn Präsidenten in Catanzaro, Herrn Giuseppe
Collucci sein Werk: ,1 cosi della guerra per T indipendenza
d' America' 3 vol.
Von dem mit Unterstützung der kais. Akademie er-
schienenen Werke: ,Die Gredner Mundart' von Gärtner
werden die Pflichtexemplare vorgelegt.
Von dem w. M. Herrn Dr. Pfizmaier wird eine für die
Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung: ^Begebenheiten neuerer
Zeit in Japan' vorgelegt.
247
Herr Graf Julian Pejacsevich legt mit dem Ersuchen
um ihre Veröffentlichung in den akademischen Schriften eine
Abhandlung vor, welche betitelt ist: ,Peter Freiherr von Par-
cbevich, Erzbischof von Martianopel, apostolischer Vicar und
Administrator der Moldau, bulgarischer Internuntius am kaiser-
lichen Hofe und kaiserlicher Gesandter bei dem Eosakenhet-
mann Bogdan Chmelnicky (1612 — 1674)'.
Von Herrn Professor Dr. Johann Gebauer in Prag wird
eine Abhandlung über ^Nominale Formen des altböhmischen
Comparativs' mit dem Ersuchen um ihre Veröffentlichung in
den Sitzungsberichten eingesendet.
Herr Professor Dr. Richard von Muth hält einen Vortrag
über ^Heinrich von Veldeke und die Genesis der romantischen
and heroischen Epik um 1190' und ersucht um die Veröffent-
lichung des Manuscriptes in den Sitzungsberichten.
An DraokBOhriften wurden vorgelegt:
Accademia di Sctenze, Lettere ed Arti in Modena. Tomo XVIII. Modena,
1878; gr. 4«.
— reale delle Scienze di Torino: Atti. Vol. XIV. Disp. 4^ (Marao 1879). 8».
Ackerban-MiDiBteriam, k. k., in Wien: Pläne landwirthschaftlicher
Bauten des Kleingnmdbeaitzes in Oesterreich und Text explicatif. Wien,
1873; FoUo.
Akademija, Jngoslavenska znanosti i umietnosti : Rad. Knjiga XLVII. UZa-
grebn, 1879; 8^. — Jugoslavenski Imenik Bilja. Sastavio Dr. Bogoslav
lulek. V Zagrebu, 1879; 8«.
Bern, Hocbschule: Akademiscbe Schriften pro 1878. 65 Stück 4^ und S^
Budapest, königl. UniyersitSt: Akademische Schriften pro 1876—1878.
9 Stfiek 80 ond 49.
Central-Commission, k. k. statistische: Statistisches Jahrbuch für das
Jahr 1876. 2. Heft. Wien, 1879; 8©. Für das Jahr 1877. 8. Heft. 1879; 8«.
Colncei, Ginseppe: I casi della guerra per V indipendenza d* America. Vol. I.
Parte 1 e 2 e Vol. 11. Genova, 1879; 8«. Vol. II. Genova, 1879; 8«.
Ecoles fran<^ises d' Äthanes et de Borne: Biblioth^ue. Fascicules 3*— 7*,-
Paris, 1879; 8».
248
Geflollschaft, könig^l. böhmische, der Wissenschaften in Prag: Sitzanga-
borichte. Jahrgang 1878; 8^ Jahresbericht vom 9. Mai 1877 und
10. Mai 1878. Prag, 1877/78; 8«. — Abhandlungen. V. Folge 15. Band.
Prag, 1866- 187Ö; 4©. — VI. Folge 9. Band. Prag, 1878; 4^.
— für Geschichtskiinde zii Freiburg i. Br. : Zeitschrift. I. Band (1867—1869).
Freiburg i. Br., 1869; 8«. II. Band (1870-1872). Freibnrg i. Br., 1872;
80. ni. Band. 1.-3. Heft. Freiburg i. Br., 1873/74; 8«. IV. Band.
1.— 3. Heft. Freiburg i. Br. 1876, 1877/78; 80.
Institut, kais. archäologisches deutsches, in Berlin: Plante icnografiche e
prospettiche di Roma anteriori al secolo XVI raccolte e dichiarate dt
Giov. Battista de Rossi. Borna, 1879; Folio.
Numismatische Blfitter: Organ für Numismatik und Alterthumskunde.
I. Jahrgang. Nr. 1, 2, 3, 4 und 6. Wien, 1879; 40.
jRevue politique et litt^raire* et ,Revue scientifique de lä France et de
ritranger'. IX« Ann^e, 2* Serie. Nr. 2. Paris, 1879; 4^.
Society, the royal geographical : Proceedlngs and monthly record of Geo-
graphj. Vol. I. Nr. 7. July 1879. London; 80.
Verein für hessische Geschichte und Landeskunde: Mittheilungen. Jahr-
gang 1877. III. Vierteljahresheft. Oassel, 1878; 12. Jahrgang 1878.
I. und III. Vierteljahresheft. Cassel, 1878; 12. 1879. I. Vierteljahresheft.
Cassel; 12. — Zeitschrift. Neue Folge. VIII. Band. Heft 1 und 2. Cassel,
1879; 8*^. — Bericht über die heidnischen Alterthümer der ehemals kürhessi-
schen Provinzen Fulda, Oberhessen, Niederhessen, Herrschaft Schmalkalden
und Grafschaft Schauenburg, von Dr. Eduard Finder. Cassel, 1878; ■l^
Pfizmaier. Begebenheiten neuerer Zeit in Japan. 240
Begebenheiten neuerer Zeit in Japan.
Von
Dr. A. Fflzmaier,
wirkl. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften.
Die hier gebrachten Erzählungen neuerer Begebenheiten
in Japan wurden den ersten drei Bänden eines im zweiten
Jahre des Zeitraumes Kuan-yen (1749 n. Chr.) in zwölf Bänden
erschienenen Werkes: ^ ^ ^ ^ sin-tno-mon siü ,Samm-
lung des neu zu Ohren Gekommenen' entnommen. Die in den
zwölf Bänden in sehr bedeutender Anzahl verzeichneten Be-
gebenheiten fallen grösstentheils in das siebzehnte^ einige auch
in das sechzehnte Jahrhundert unserer Zeitrechnung.
Das genannte Werk, welches seitdem nicht wieder auf-
gelegt worden zu sein scheint, ist nichts weniger als leicht,
da nebst den Eigenthümlichkeiten des Stjles, wobei der Zu-
sammenhang zumeist errathen werden muss, viele Zeichen der
Thsaoschrift von den jetzt in Japan gebräuchlichen verschieden
und nur theilweise mit der Aussprache versehen sind, welche
letztere gerade dort, wo deren Setzung am nothwendigsten
gewesen wäre, fehlt.
Uebrigens stammt in diesem Werke die Aussprache der
chinesischen Zeichen, wo sie überhaupt angegeben wird, offen-
bar nicht von dem Verfasser, sondern von den Herausgebern,
wesshalb sie mit der Schreibweise des Textes, namentlich was
die Verwechslung von teo und o, je und e betrifft, häufig im
Widerspruche stehen. Diese anscheinend dialectischen Ab-
weichungen, deren Ursprung auf frühere Zeiten zurückzuführen
ist, wurden in der Wiedergabe des Textes nicht besonders
berücksichtigt.
250 Pfiinftisr.
Dieses und mehrere andere Werke, deren Auffindung
der Güte zweier in Je-do lebenden hochgestellten Japanern
zu verdanken ist, wurden dem Verfasser dieser Abhandlung
durch Herrn W. Vissering in Orayenhage, Verfasser des
von ungewöhnlicher Eenntniss des Chinesischen zeugenden
Werkes: fin Chinese Currency^ j zugesendet, nachdem eine
holländische Buchhandlung auf eine in Jokohama gemachte
Anfrage die Antwort erhalten hatte, dass diese Bücher nicht
zu haben seien.
J^ g (Tdü^tsin) f^ ^ (tekkua) ^ t^ (sih^Udüy
wo jakazv.
Dem redlichen Diener verbrennt ein glühendes
Eisen nicht die Handfläche.
V^ ^ (Mei'tsi) 0 iS] (fi-uga)-no -^ kamt ^ (dwio)'m
kubi sarasare-si-wo nanumonthjaran nusumi'si sono ^ ^ (sm-
gi) fana-fadasi'kari'si toki *^ ^ (j^-na) ^ jj^ (t-WKinJ-to
iü jÖ A (rb-nin) tasika-ni mi-jari-si koto ari-te fruga-no kam
tono-no ^ g (rihsin) ^ ^ (sai-tS) p^ ^ ^ *wa-
suke-ga fjft iS (sio-i) nari-to uttaje'si-ka'ba.
Das zur Schau ausgestellte Haupt Mei-tsi's, des Herrn
Statthalters von Fi-uga, stahl irgend ein Mensch. Als die Unter-
suchung desswegen äusserst streng betrieben wurde, machte ein
beschäftigungsloser Krieger Namens Je-na I-man die Anzeige,
dass, wie man es ganz gewiss gesehen, ein alter Diener des
Herrn Statthalters von Fi-uga, ein 'gewisser Sai-to, Gehilfe der
Kammer, dieses gethan habe.
Jaga-te kura-svke-wo mesi-idasare tadzune-tamh-ni kura-sttks
& 'MI (^^90'^^ ^^^^i ^f^tte-no fokorno ke^siki-wo nasL Sari-
to-mo j^ "^ tsikurzen-no kamt torKhiii-toa ni-awazaru 6se nari.
"tr ^ (B6'kun) fon-uwo tfissezu-aite kaku nari-fcUe-n sono
sirusi nare-ba iku-tosi-tvo-mo sarasi-tooki ^ J[^ (sio-sij^no te-
motO'to-mo nasu-beki-ni soregasi nusumi-kakusi^te nani-no ^^
(jekiyga aran-to i-i-si-ka-ba.
Der Gehilfe der Kammer wurde sogleich vorgeladen, und
man befragte ihn. Der Gehilfe der Kammer machte sich auf
eine würdevolle Weise zurecht und nahm eine ungewöhnliche
Beg«b«iilieilea nentrer Zeit in Jaitan. 251
Miene an. Er sprach: Bei alledem hat der Herr Statthalter
von Tsiku-zen unpassende Worte. Dass der todte Gebieter
seinen Willen nicht kundgegeben und so geendet hat^ ist be-
wiesen. Während er so viele Jahre zur Schau ausgestellt
blieb und es sämmtlichen Kriegsmännern vor der Hand liegen
konnte, welchen Nutzen sollte ioh haben, ihn zu stehlen und zu
verbergen?
Tsiku-zen-no kami tono-ni'-mo si-goku-no koUMii mesiridasare
kono uj&Mfa tote kura'8uke''to i-man-to-ni ^ jjj^ (ten-sin)^no
maje-nite j^ ^ (tekkua)'WO nigirase-si-ni i-man-toa tatsi-
matti jake-tatare-si-ni kura-stike-wa nani-no kawari-si koto-mo
na-kari-kere-ha tsui-ni ||| (nanj-wo nogare-si-to nari.
Von dem Herrn Statthalter von Tsiku-zen in der äusser-
sten Sache vorgeladen, Hess man überdiess den Gehilfen
der Kammer und I-man vor den Göttern des Himmels ein
glühendes Eisen erfassen. I-man verbrannte sich auf der Stelle
und wurde von den Göttern gestraft. Bei dem Gehilfen de^*
Kammer fiel gar keine Veränderung vor, und er entkam so-
gleich dem Unglüpk.
Kib-dai iisuwari-te ^ 5^^ ^ ^ (ki-ri^ai-tanj-ni kudaru.
Zwei Brüder reisen zum Scheine zu den Christen.
1^ Jß (Js-do)-nite am rib-nin kib-dai-nte oja~tco ^ ^
fko-hoyae-gi-ni moto-jari su-beki waza na-kere-ba tada ^ ^
{kon-kiü)-no koto nomi-wo nageki-kurase-si ai'U toki anUga iwaku
rnidzukara-tco ki-ri-n-tan nari-to ^ ^ (8(hnin)'8ite gO'fd-
hi'too 1^ -^ (fai-reo)-8i oja-wo ^ ^ (an-rctkuj-niarase^jo-to.
Zwei in Je-do lebende beschäftigungslose Krieger, welche
Brüder waren, behandelten ihren Vater mit Kindlichkeit. Da
fiie ursprünglich kein Geschäft hatten, das sie betreiben konnten,
verbrachten sie die Tage bloss in Beseufzung ihres Elends.
Zu einer Zeit sagte der ältere Bruder: Zeige mich an, dass
ich ein Christ bin, nimm die Belohnung in Empfang und be-
wirke, dass der Vater Gemächlichkeit und Freude hat.
Sikiri-ni i-i-si-ka-ba wototo makoto-ui kono ife (gi) aikaru-
hesi. Sikasi-nagara ani-wo utiajen-kotO'Wa ten-no osore-mo am-
4e«. Tada negatoakii-wa soregan^wo uttaje-tamaje-jo-to fita-sura^
252 rfizniaior.
ni nageki'Si'ka'ba oja-no tame^ni suten inotn wosimu-btld hofo-
ka-toa tO'tno kaku-mo jo tote.
Er sagte dieses fortwährend. Der jüngere Bruder er-
wiederte: Diese Sache ist in der That angemessen. Jedoch
wenn man den älteren Bruder anzeigen wollte^ müsste mau
Furcht vor dem Himmel haben. Um was ich bitte, ist, daes
du mich anzeigest.
Dabei klagte er ungemein. Jener sagte: Sollte um des
Vaters willen das Opfer des Lebens zu bedauern sein? Wie
immer es auch sei, es ist das Beste.
Oja-ni-tca fukaku kakusi ki-n-si-tan ^^ ^ (bu-gib) nari-
81 Jt J^ (wi-no vje) tsiku-go-no kamt tono-je uitoje^si-rU som
mi-mo ki-ri-si'tan nari-si-ka-do ^fk K (so-ninj-no koto nare-
ba sirO'kane fiaku-mai fo-bi-tamawari kano mono-wa sunatcaUl
^ ^ (kin-gokuj-serare-si.
Es vor dem Vater streng geheim haltend, machte er bei
dem Herrn Wi-no uje, Statthalter von Tsiku-go, welcher Ober-
aufseher der Christen gewesen, die Anzeige. Derselbe war
zwar selbst ein Christ gewesen, doch da es eine Anzeige war,
gab er eine Belohnung von hundert Silberstäcken und schloss
dann jenen Menschen in das Gefängniss.
Sikaim-ni ki-n-si-tan kasira-jon kono tabi-no mofiio-wa kono
fo-no ^ ^ (siij-to)-7iife-wa fanberazu-to uttaje-si-ka'ba köre-
wa ibukasi'ki koto tote ^B Ht (80'f6)'fco mesi aefi-gi ari-si-ni
sare-ba ware-ra-ga ^ f^ (stü-monj-ni-fva sadamari-taru tonaje-
kofo^no sbrb'Wo kono mono-wa knt^n-te sirazu. Mata ika-naru
te-BUzi-jori narern-zo-to kiki-si-ni faidka'-narU'm sfio-ko-mo arazu-
to kuwasi-kn i-i-si-ba.
Indessen wurde von Seite des Hauptes der Christen aus-
führlich gesagt: Man zeigte an, dass der Mensch, um den es
sich diessmal handelt, kein Anhänger der Secte dieser Gegend
sei. Dieses für sonderbar haltend, Hess ich beide Tfaeile holen.
Es fand eine Untersuchung statt, doch die von unserer Secte
bestimmten Gebete kannte dieser Mensch durchaus nicht. Ich
hörte auch^ dass er von irgend einer Abzweigung sei, doch
ich habe keinen Beweis, dass es gewiss ist.
Kono koto sa-mo aru-beki tote kano mono-too seme-iamai-ai-
ni kono uje-wn tautmimu-beki-yii arazu-to aika-aika^no ^
Begebenheiten neuerer Zeit in Japan. 253
(bd-keij'tDO motte go- ^ ^k (ko-gij-wo kaa^ume-tate-matsuru toga
yiogare-gatasi. Ögi^ntgawaku-wa ^S^ J^ (ainkihywo on-tamke
ari-te sortgasi-ga fitori-wa nani-bun-ni ^J S- (kei-bas) si-
famaware-to | kasira-wo tataki jfif (tsi)'ni na-i-te nageki^si-ka-ba
jaga-te "^ ffl (kb'bun)'ni i^ (tas) si "& ^[ (kd'db)-no
mar6-naru mono nari-to^ö matsi-tosi-jorti-no Ä (zonj-ja w^ (fudzi)
^ P^ (^'^^f^'^^^)'^^^ fidzuke ari'te sono notH inotsi-wo tasuke-
iose tamb.
In der Meinung, dass diese Sache so sein könne, ver-
hörte er jenen Menschen. Derselbe konnte darüber nichts
verbergen. Er sagte: Der Schuld, durch solche Anschläge das
Oeffentliche beraubt zu haben, kann ich unmöglich entkommen.
Um was ich flehentlich bitte, ist, dass man meinen älteren
Bruder rette. Ueber mich allein möge man, auf welche Weise
es sei, Strafe verhängen. — Indem er hiermit das Haupt
an den Boden schlug und bei dem Blute weinte, klagte er.
Man brachte es sogleich nach oben zu Ohren und sagte,
es sei ein seltener Mensch des Weges der Kindlichkeit. Man
übertrug es Fudzi-e-mon, dem Vorangehenden der bejahrten
Männer der Strasse, und bewirkte hierauf, dass man ihm das
Leben schenkte.
Tsikv^go-no kamt tono-jori ^ ^ (kin-su) -p p^ ziü-
rib matsi-bu-gib kaka- J^ (tsuifie) ^ >& (bu-jeij-no M (fu)
tono-jori kane itsi-mai kago-bu-gib ^ pj (isi-de) tate-waki-jori
faine ^ ^ (san-rib) ftidzi-ta-ro-jori kane san-rib -^ jj
kb-rioku ari-si-to nari. Kono koto "JH^ (jo)-ni kakure-nc^kari-si-
ka-ba kano kib-dai-wo ^ ^j- (fo-sina) fi-go-no kamt tono-je mesi-
idasare-si-to iian.
Von dem Herrn Statthalter von Tslku-go wurden zehn
Tael in Goldstücken, von dem Strassenoberaufseher Herrn Kaka-
tsume, Stützenden der kriegerischen Leibwache, ein Stück Gold,
von dem Sänften ob eraufseher Isi-de Tate-waki drei Tael Goldes,
von Fudzi-ta-ro drei Tael Goldes zum Geschenke gemacht.
Da diese Sache in der Welt nicht unverborgen blieb,
berief man jene zwei Brüder zu dem Herrn F6-sina, Statt-
halter von Fi-go.
254 Pfixmftier.
Ä Ä ffl ^ fPitn-fta mofi-guai).
Man lässt die Sänfte vor dem Thore.
^ $k C*^^'^^) Jt 1^ (uje-no) 8uke tono kago-m nori-
nagara J^ :;^ (^j^-^ugi) ^ j£ (ian-nb) tono ja-tiki-no vra-
P^ (mon)'jori kakt-irerare-si'-wo fj^ ^ (saka-ta) 3l >& R
go-e-mon-to iü mono momo-datn takaku tori-U faairi-^ide kago-
wo osaje köre ufe-no tono ika-ni tan-sib-no JP ^ (zippu)-fu
Site otoasi-mase-ba tote uje-sugi-no ije-wa koto-kata-Uhwa kawareri
Kakaru furumai-wa kono ije^no kizu-ni nari-ahrh mama surntjaka-
ni kaki-modod katd-nite irase-tamaje-to manako-wo iraragete i'-i-
8i-ka-ba ge-ni-mo ajamari-tari tote katsi-nite iri-tamai-gi-to nari,
Herr Uje-no Suke von Je-ro, in einer Sänfte sitzend,
liess sich durch das innere Thor des Hauses des Herrn Uje-
sugi Tan-siö hereintragen. Ein Mann Namens Saka-ta Qo-e-mon,
die Beinkleider hoch umschlagend, lief hinaus, hielt die Sänfie
nieder und sprach : Herr Uje-no ! Möget ihr irgendwie der
wirkliche Vater Tan-sio's sein, das Haus Uje-sugi's wird mit
einer verschiedenen Seite vertauscht. Ein solches Benehmen
wird ein Flecken dieses Hauses. Lasset euch eilig zurück-
tragen und tretet zu Fusse ein! — Sein Blick zeigte dabei
Aufregung.
Jener sprach: Ich habe mich in der That geirrt —
Hiermit trat er zu Fusse ein.
i A (Si^zin)-wo jg ^ (tmi'hoydte H ^ i^'
jake)'8ima'ni itaru.
Den Gebieter noch liebend, gelangt man zu der
Insel Mi-jake.
Jedo ^ ^ (gin-za) ^ ^ (fira-no) igl (1fet>«-rö-
wa ke-rai-no aku-zi-ni jotte i-dzu ^ Ä (mi-jakeysma'ni
BE iMS (fai-ruj'serare-si'ni niesi-tsukai-no ^ ^ iSJ (if^'
ian-finyto iü mono db ^ (8iü'Zin)'no wakare-wo kanasi-mi
ika-nz-mo site ima itsi-do ai^moriraaen-to kosi'kata kokoro-too
hudaki,
Fira-no Ki-si-rö aus dem Silbermünzhause zu Je-do wurde,
der Uebelthaten seiner Hausgenossen wegen, nach der zu I-dsu
RegtfbenbeitOB nemver Zeit in Japan. 255
gehörenden Insel Mi-jake verbannt. Der ihm dienende Ija-
san-fin war wegen der Trennung von dem Gebieter betrübt.
Er quälte sich seitdem mit dem Gedanken, wie er auf ii^nd
eine Weise jetzt einmal mit ihm zasammentreffen könne.
(An)-wo megurasi fune-wo kogi-narai kauzoku-gata
/h 5£ JK (ko-gasa-wara) ^ ßko-dai-fu tono-no kumi-no
ka-ko-ni idete mi-jake-no lajori-no fune-wo mat^i-te |j^ j^
(to-kaiyn ^ ^ (nen-rai) K ^ (jd-ij-se-si tcokuri-mono
amata tVo^e ||j|^ ^ (su-nenj-no j& ^ (i-guanj-no toge-fanheri-
ii sono notsi ten-wa aan-nen ki-si-rh sta-men-tco kbmuri j^ BB
(ki'koku)'8e'n toki ija-san-ßn mi-no ari-kiri-no ffl* 8f (saufd)-
iro motte siü-zin-wo tasuke ito-nengoro-ni fo-kd-ae-si-to nari.
Fort und fort sinnend, lernte er rudern und trat in der
Gegend der Seeräuber, in Ko-gasa-wara, unter die Schiffsleute
des Herrn Fiko-dai-fu. Er wartete auf das Schiff, welches
Nachricht von Mi-jake brachte, und übersetzte das Meer. Die
vielen durch Jahre bereit gehaltenen Geschenke hereinnehmend,
erreichte er seinen mehrjährigen Wunsch. Als später, im dritten
Jahre des Zeitraumes Ten-wa (1683 n. Chr.), Ki-si-r6 Ver-
zeihung erhielt und in das Reich zurückkehrte, half Ija-san-fin
durch die in seinem Besitze befindlichen Güter und Kostbar-
keiten dem Gebieter und diente ihm sehr eifrig.
W iät. (Fiaku'8e6) igf ^ (zin-suke) ^ |^ (k6-teiyni
nie ije tomu.
Das Haus Zin-suke's, eines Menschen des Volkes,
wird durch Kindlichkeit und Bruderliebe reich.
BittsM-no kuni |^ p] (asa-gutsi) kowori ^ "^ (siba-
ki) mura^no ßaku-aed ^ (ko) mi-tari-ni ^ j/f^ (den-dziywo
m-tsu-ni toakete judzuruai-ni ani futari-wa ^j^ ^ (kb-aaku)
okotari^gatn-ni nie ^ ^ (nen-tfen) ^ j|| (mi-«tnj-5e-«-
ha-do noototo-no !j^ ^ (zin'$uke)''wa kata-no gotoku ^ (sei)^
idoü'ti juje 4^ j|| (mi-sin) nado-mo naku-te faw€h7no kore-ga
hUormte kokoro'jokti jasinai jome-ga ^ ^ (k6-k6) matatfigui"
na-feofi-«.
25(3 Ffismaiet.
Ein Mann des Volkes in dem zu dem Kreise Asa-gatsi,
Reich Bittsiü, gehörenden Dorfe Siba-ki vererbte seinen drei
Söhnen die Grundstücke^ die er in drei Theile theilte. Die
zwei älteren Brüder^ da sie hauptsächlich den Ackerbau ver-
nachlässigten, waren Jahr für Jahr mit den Abgaben im Rück-
stande. Jedoch der jüngere Bruder Zin-suke, weil er nach der
Vorschrift sich Mühe gab, war in keinem Rückstande. Aach
seine Mutter ernährte er seinerseits mit Freuden, und die
Schwiegertochter hatte in kindlichem Wandel nicht ihres
Gleichen.
Aru toki futari-no ani-ga iwaku oja-nagara A^ tt Qt-
ko) avi nandzi-ni-wa joki den-dzi-wo judzuri ware-ware-nt-wa m-
kl tokorO'WO atoje-ai juje itsu-mo mi-sin-to nareii nandd-m
fyf ^^ (sio-redyto kaje-toran-to are'ba makoto-ni woae^io gotoku-
nite tsune'dzune seo-si-ni omoi-si mama naru-fodo sa-jb-ni meaaru-
besi'to ije-ba ija tatoi nandzi-ga Ä ^ (i'90 ci^^^^o-mo toradt-
wa woku-heki-ka tote.
Einmal sagten die zwei älteren Brüder: Ist es auch der
Vater, so war er doch parteilich. Er vererbte dir die guten
Grundstücke. Weil er uns die schlechten Orte gab, kam es
dahin, dass wir immer mit den Abgaben im Rückstande
blieben. Wenn wir deinen Antheil von Land in Tausch nähmen;
wäre es wirklich seinem Worte gemäss und auf das beständige
Leid Bedacht genommen. Also, es soll so geschehen.
Sie setzten hinzu: Ei, gesetzt du mögest anderer Mei-
nung sein, sollen wir, ohne es zu nehmen, es dabei bewenden
lassen?
Wosi'te tmi'-kajesi'ka'domo sukosi-mo u$*ainuf*u kokoro-nakn
kano aai-kl ta-wo tsukuri-te nawo vii-sin-sui-u koto-mo nakari-si
ani'Wa tsugi-no tosi-ni mi-sin masari-te J^ (sedyja-jori todome-
ni ai'Si-wo zin-suke nageki-te wabt-goto-si woi-mono nado jhjaku-
ni t8tigunoi'jari-8t-wo jj (sed)-ja'mo >p ^ (fu-binyno koto-
ni omoi ani-domo'wo jurusi-keri.
Obgleich sie es mit* Gewalt im Tausche wegnahmen,
hatte er nicht den geringsten Groll im Herzen. Er bebaute
jene schlechten Felder und blieb nicht mehr mit den Abgaben
im Rückstande. Die älteren Brüder blieben im nächsten Jahre
mit den Abgaben noch mehr im Rückstande und gerietheu
Begebenheiten neuerer Zeit in Japan. 257
von Seite des Aeltesten des Dorfes in den Verhaft. Zin-suke
klagte darüber und flehte. Er bezahlte und schickte nach und
nach, was sie schuldeten. Der Aelteste des Dorfes empfand
Mitleid und liess die älteren Brüder frei.
Arn togi-no aki ^ ^ (rin'u)'8ite ^ JjJC (ko-zui) ari
ien-dzi o^ku nagarete mura-mura o-oki-ni nageku tokoro-ni zin-
suke-ga fit /^ (sio-hunj-wa sukosi-mo itamu koto-mo naku fo-
nanu itsU'fno-jori'fnojoku tatsi-si-ka-ha ^ 1^ (dai-kuan) ^ jj^
(naka-mura) ^ (taira) ^ ^ (san-fin) ^ /^ (ken-bun)
ari'U köre tada-koio-ni arazu tote B| ^ (koku'si)-je uttaje-
tamai-n-ni me-tsuke gin-mi-no uje-nite makoto-ni imizi-ki koto
nari isogi zin-svke-wo jobi-jose-jo-to aH-si-ni,
In dem Herbste eines Jahres war langwieriger Regen
und entstand grosses Wasser. Viele Grundstücke wurden fort-
geschwemmt, und in den Dörfern beklagte man sich sehr.
Indessen hatte der Antheil Zin-suke's nicht im Geringsten zu
leiden und die Saaten standen trefflicher als gewöhnlich.
Die stellvertretende Obrigkeit Taira-san-fin von Naka-
mura besichtigte es, und in der Meinung; dass dieses keine
gewöhnliche Sache sei, zeigte er es dem Rcichsvorsteher an.
Nach der Untersuchung der Aufpasser war es wirklich eine
äusserst merkwürdige Sache. Es hiess: Man rufe eilig Zin-
soke her.
Sono jj^ (jo) zin-mke-ga jume-ni Mj ^ (siUkke) si-go-
nin tsuki'WO wogami-trare-si aono usiro-ni fakama-ki-taru fito
amaia otcasi-te WL |ft (kiö-w6)'no |^ (tei)-ni mye-si joku-
teo fawa-ni-mo tsikaki mano-ni-mo kakaru jume mi-fanberi-ai-to
iaiari-ajeru tokoro-je woka-jama kowori-no bu-gib-jori isogi kitare-
to ari-ri-ka-ba jaga-te ide-juki-si-ni fatoa-mo ibukad-ku omoi ato-
jari ani'WO mi-mai-ni tsukatoasi-keru.
In dieser Nacht träumte Zin-suke, dass vier oder fünf
Bonzen den Mond verehrten. Hinter ihnen befanden sich viele
mit Beinkleidern bekleidete Menschen, und es hatte den An-
schein, als ob es eine Bewirthung gäbe. Am nächsten Morgen
erzählte er der Mutter und den ihm nahestehenden Menschen,
dass er einen solchen Traum gehabt habe. Er hatte dieses
kaam gethan, als ihm von Seite des Oberaufsehers des Kreises
Woka-jama aufgetragen wurde, er solle eilig kommen. Er
r. d. pbil..kirt. Ol. XCY. Bd. I. Hft. 17
258 Pfisniftier.
ging sogleich fort. Die Mutter, darüber verwundert, schickte
ihm zur Erkundigung die älteren Brüder nach.
Sono fi-wa ^ flj (koku-si) ^ j^ (sib-zinj-bi-mte
H ^ ^ (hoku-sih-zi)-no jj^ (sd) ai-go-nin kitareru-ni
meäzuraka-ni ^t j(^ (ko-sinj-no mono ari mi-tamaje tote tono-
ni'fno fakama-wo tsifiku-si-tamai ^ ;^ (ka-rb)'no men-men-
mo 7^ ^ (reUU'Zaysi suje-no ma-je zin-suke-wo johase-Umb,
IKf 1$ (sen'ja)-no jume-ni sukosi-mo tagawazn.
An diesem Tage war der Reinheitstag des Reichsvor-
stehers und vier bis fünf Bonzen des Klosters Koku-si6 waren
gekommen. Er sagte: Es gibt einen Menschen von einem
wunderbar kindlichen Herzen. Sehet ihn! — Er zog in dem
Palaste die Beinkleider an, die Alten des Hauses sassen alle
in Reihen. Er Hess Zin-suke in das letzte Zimmer rufen. Es
war von dem Traume der vorigen Nacht nicht im Geringsten
verschieden.
Säte nandzi ijasi-ki mi-to site iE. ^ (nen-rai) fatoa ani-
ni ^t ^ (kd-tei)-wo tsukuse-si koto makoto-ni y^ (tenj-no
S^ Jffi (niib'Zio)'ni aikanajeri» Fo-bi-to Ute nagaku ta-fata-wo
tamawari-si "^ (monj-ni iwaku.
— Dass du, niedrig wie du bist, Jahre hindurch der
Mutter und den älteren Brüdern gegenüber Kindlichkeit und
Bruderliebe erschöpft hast, hierin konntest du in Wirklichkeit
der dunklen Hilfe des Himmels zu Theil werden.
In der Schrift, in welcher er ihm zum Lohne für immer
die Felder verlieh, hiess es:
Ftttstü asa-gfitsi kowori wowo-sinia siba-ki-mura t^ ^
(kakaje-bun) ta-gata ^ ^ (aan-dan) fata-gata ^ W (san-
dan) ^ ^ (tsu'kh) -i ^ (roku-dan) ^^ jjj^ (kotei)-
no ^ (kö)-wo aru-no Ä (kan)'Zm*u-ni jotte J^ ^ (jei-
tai) kore-wo ath. Moto-jorl jÄ j/^ (feki-t8i)-no tami ^ |^
(ko-teiyno wonje-aru koto-wo sirazu-to ije^domo makoto-ni ^ ^
(ten'zit8u)-no ^^ j^ (rei-mib) narn kana. ^ |il (Gun-tnü)
mina sono ^^ (bi)-u>o ^|k| (sedJ'Stiru-ni itaru köre mata ^
(ten)'no ^ (rei) narL Karu-ga juje-m ^ jA (ten-rokuj-wo
motte kore-wo ^ (sibj-suru mono narL
Begebenheiten neuerer Zeit in Japan. 2ö9
;3t i^ ^J C'Saka-'niaaa fan).
Sc Jfi (Seo-wd) san-nen ziü-itsi-guatsu ziü-san-niUL
Siba-ki-mura zin-suke.
In dem Dorfe Wowo-sima Siba-ki, Kreis Asa-gutsi in
Fittsiü, umschlossene niedere Felder drei Stück, Bergfelder
drei Stück, zusammen sechs Stück, in Betracht, dass man von
dem Wandel der Kindlichkeit und Bruderliebe eingenommen
ist, für ewige Zeiten verschenkt man sie. Obgleich ursprüng-
lich das Volk der abgelegenen Erde die Lehre der Kindlich-
keit nicht kennt, ist es wirklich das geistige Wunderbare der
Wesenheit des Himmels! In dem Kreise sind Alle dahin
gelangt, die Trefflichkeit zu preisen. Dieses ist ebenfalls die
Qeistigkeit des Himmels. Desswegen belohnt man ihn mit
dem Segen des Himmels.
Das Siegel Mitsu-masa's.
Dreizehnter Tag des eilften Monats des dritten Jahres
des Zeitraumes Seo-wö (1654 n. Chr.).
An Zi-suke aus dem Dorfe Siba-ki.
Kaku-no gotoki & ~)J^ (kub'dai)'no go- JH ^ (won-
sibj'tco 1^ (fatJ-se-H-ka-do tada dauzi nasi-to hakari i-i-te sa-
nomi tsune-no ke-siki-ni kawaru koto nasL Wori-kami-wo kitanaki
fvikuriMn ire-n-wo kowori-bu-gib mi-tamai-te fako-tvo sasase toraaen
tote fito-fi iome-wokare'si.
Obgleich er eine so grosse Gnade und Belohnung empfangen,
sagte er bloss, es sei von keiner Bedeutung und zeigte in
seiner Miene keine Veränderung. Er legte das gefaltete Papier
in einen schmutzigen Sack. Der Oberaufseher des Kreises
sah dieses und sagte, er werde ein Kästchen machen lassen
and es ihm geben. Eines Tages blieb es darin niedergelegt.
Mala joko-me jama-da-no fara SJ (röj-to-ro-m wowose-
Uuke fawa-ga jd-su-wo mise-tamh-ni tosi-wa /^ ^ (fatsi-ziün)-
to ije^domo fana-fada wakaku mije-si :^ -^ (k6-8i)'WO mote^
ba nani-goto-nw kokoro-ni kakaru koto na-kere-ba ika-naru y^ ^
(dai-mib) J^ ^ (kh'ke)'WO-mo nrajaraasl-ku-wa omoi-fanberazu-
io fcma-ga i-i-si-mo makoto-ni saru koto^nite fanberi-si.
Derselbe gab femer dem Späher K5-ta-ro von Jama-
dapoo fara einen Auftrag und sah den Zustand der Mutter.
Obgleich sie achtzig Jahre zählte, schien sie überaus jung zu
17*
260 Pfizmftier.
sein. Sic sagte: Da ich einen kindlichen Sohn habe und
nichts ist; das mir Sorge machte so denke ich selbst an irgend-
welche Fürsten und hohe Häuser nicht mit Neid. — Dieses
ist wirklich der Fall gewesen.
Ä "^ (Zon'bo)'ni'Wa (^) kd-wo tsukusi "|]j ^ ßo-
fu)-n{-wa fodokosi'WO okonb.
Gegen die lebende Mutter erschöpft man die
Kindlichkeit y dem verstorbenen Vater erweist
man Wohlthaten.
Bittsiü wa-ke kowori sofvrkd mura-ni ^ -|- ^ (H-
ziil'rh)-io iü mono ari ßtori-no fawa-ni ^t ^T (kd-db) tagui
nad. Kare-ga ane ni-nin ari kore-wa ije nado-mo tomi jutaka
nari aare-domo fawa sore-ga kata^je-wa jukazu fnadztui-ki Ja-
ziü-rb-ni jasinaware-si.
In dem Dorfe Sofu-k6; Kreis Wa-ke in Bittsiü^ lebte ein
Mensch Namens Ki-ziü-r6. Dessen Weg der Kindlichkeit
gegen eine Mutter war ohne Gleichen. Er hatte zwei ältere
Schwestern, deren Häuser reich und voll Ueberfluss waren.
Indessen ging die Mutter nicht zu ihnen und wurde von dem
armen Ki-ziü-rö ernährt.
Sikaru-ni jorne-ga kokoro-zasi utoki tote -^ (ko) mi-tari
ari'si-wo |M| J||j (ri-hes) su, Murano mono-domo wctbi-koto-se-
»i-ka-do ija-to-jo fawa-ni >K ^ä (fu-köj^no mono ika-de wohu-
beki'ka koto-ni kare mi-me-mo ßto-nami-ni-wa sugi-tari. Ima
wakaki aida-ni idzutsi-je-mo juki-taru koso sono mi-no tame-mo
katsura-me tote do-sin-sezari-gi.
Da jedoch die Vorsätze der Schwiegertochter entfremdet
waren, Hess er sich von ihr, welche drei Söhne hatte, scheiden.
Die Leute des Dorfes legten zwar Fürbitte ein, doch er sagte:
Nicht doch! Eine gegen die Mutter unkindliche Frau, wie
soll ich sie hinstellen können? Sie ist besonders durch ihr
Angesicht vor den gewöhnlichen Menschen ausgezeichnet. Jetzt,
während sie jung ist, ist sie irgendwohin gegangen, ihretwegen
auch als Brautführer in. — Er war mit ihnen nicht einver-
standen.
B«g«beDheit6ii nenerar Zeit in Japan. 261
Ki-ziü-rb mai''nit9i nha-wo kari ^ f«m>^-nf ncui^te faiva-
ICO jcumb. Tntn-ga ^ Q (mei'nitsiyni'Wa nha-wo tera-ni
motsi-juki kado-ni sute-woi-te kajeri-si-wo ^ ^ (dziü-dzi)
mite mata ki-ziü-rlhga ^ ^ (gio-i) narurhesi tote jjj^ (rei)-
wo ije^ha ware-wa Hrazu^to iü, Onazi-mura-no mono nado kono
aida-wa taki-gi-ni koto-kaku-to ije-ha aono mama siba-wo motsi-
jvki sute-woku ^^ (reij-no koto-to omoi jM (reij-wo ije-ba jume-
jume sirazu tote kawo-wo akame-si.
Ki-ziü-r6 schnitt jeden Tag Reisholz, machte es zu Geld
und ernährte die Matter. An dem Todestage seines Vaters
trug er Reisholz zu dem Tempel, legte es an dem Thore nieder
and kehrte heim. Der Vorsteher des Tempels sah dieses und
sagte: Dieses wird ebenfalls das Werk Ei-ziü-r6's sein, doch
was die Beziehung zu den Gebräuchen betrifft, so weiss ich
es nicht.
Die Leute seines Dorfes meinten, man habe während
dieser Zeit Mangel an Brennholz, und er trage unterdessen
Reisholz herbei und lege es nieder, es sei eine gewöhnliche
Sache. Was die Beziehung zu den Gebräuchen betrifft, so
wussten sie dieses nicht im Geringsten und stieg ihnen darob
die Röthe in das Angesicht.
Mata ini'Si'Je'toa den-dzi-mo firoku motsi'si-ka-'do uri-fanatsi-
kere-ba bu-giö-mo ftMn-ni omoi kajeru jb-ni rite torasen-to are-
ha uri-ri toki-toa uresi-gari-ri-wo ima fito-no te-ni iri-ri-wo kajeri"
mbsu koto omoumo jorazu tote kajette wabi-goto^too ae-ri kakai'u
iE Ä (silhziki) "z^ ^ (k8'd^)'naru koto B| fjj (kokn-
*V l)t Jl^ 4^ (mitsu-maaa'kSJ-ni-mo kikori-meri-te J\ ^
^fatri-hokuj'too tamawari-ri nawo kasanete den-dzi-too tamawaran-
to-no koto-to-ka-ja.
Auch besass er ehemals Grundstücke in grosser Aus-
dehnung, doch er verkaufte sie. Der Oberaufseher empfand
Mitleid und wollte sie, als ob sie zurückfielen, ihm geben.
Doch Jener hatte zur Zeit des Verkaufes Freude, und er
dachte nicht daran, dass man dasjenige, was in die Hände
der Menschen gekommen, zurückstelle. Er verlegte sich im
Gegentheil auf Bitten. Die Sache eines so richtigen und
geraden Weges der Kindlichkeit kam dem Reichsvorsteher,
262 Pfismaier.
Fürsten Mitsu-Masa; za Ohren und er verlieh ihm Reis. Er
wird ihm vielleicht noch wiederholt die Grundstücke ver-
leihen.
j^ (Sei-nü) kame-jama-nite ^ ^ (fu'kei)'no katoki-
ICO utsu.
Auf dem Schildkrötenberge in Sei-siü tödtet
man den Feind des Vaters und des älteren Bruders.
Awo-jama ina-ba-no Jcami tono toowo-zaka go- iff^ 4^ (nb-
dai)'8i'tamb foki ^ |ll (ka-tsiUJ-ni ^ ^ (isi-i) ^ (u)
yb P^ (-e-monj-to lü mono-wa tosi-goro i-ao-zi hakari-nite mono-
koto ai'kokorchje fito-nami imizi-ki fuimmai nare-ha -Ä |if
(fd'hai) naka made-mo ujamai-keri.
Zur Zeit, als Awo-jama, der Herr Statthalter von Ina-ba,
Stellvertreter in der Feste von Wowo-zaka war, verstand in
dessen Hause ein Mensch Namens Isi-I U-e-mon in einem
Alter von fünfzig Jahren alle Sachen. Da er ein Mann von
ausgezeichnetem Benehmen war, wurde er selbst von seinen
Oenossen geehrt.
Silmru-m ^ B| (sai^kokuj-gata-nt aka-fori gen- 3l (9^)'
e-mon-to ij&i*u JÖ ^ (r^i-nin) tosi ni-ziü-sai amari-ni nte fi-
goro ari'tauhi'wo kcLsege-domo wom6 sina-mo na-karirsi. Sano siru
fito-no nanigasi-ni mono-si nam-to-zo sono fo S, |^ (nn-rrd)-
no u-e-mon tono-wo tajoii-to site awo-jama tono-no go- Sj^ lil
(ka't9iü)-ka mafa-wa ^ B| ^k (to-goku-fenj-no ni-awasi-ki
koto-mo kana-to stkiri-ni tanomi-kere-ba iza-jo tote jfi J^
(aeb'Soku) ai-aoje u^e-mon kata-je kosi-kerL
Indessen bemühte sich ein über zwanzig Jahre alter
beschäftigungsloser Krieger Namens Gen-go-e-mon aus dem zu
der Gegend der westlichen Kreise gehörenden Aka-fori lange
Zeit hindurch um eine Anstellung im Dienste, doch es waren
keine Umstände, wie er sie sich dachte. £r wandte sich an
einen seiner Bekannten und sagte: O wenn ich doch irgend-
wie mit Hilfe eures Verwandten, des Herrn ü-e-mon einen
Dienst in dem Hause des Herrn Awo-jama oder etwas Passendes
an den Gränzen der östlichen Reiche erhalten könnte! — Da
er fortwährend bat, sagte Jener: Wohlan! — Er gab ihm ein
Schreiben mit und schickte ihn zu U-e-mon,
Beg«beDh«iton nemrer Zeit in Japui. 363
U-e-mon koto-no Jori-too kiki-todoks saburai^wa tagai-no hoto
nare-ba to-kaku ß^ ^(^ (if^'j^^) ^ |^ (zi-setsu) aran-ni
madsBU segare ^ J^ |||[ (san'si'natooj-gata'ni >^ ^|^ (kiü-
ioku)'8i tare^tare-to-mo |S jiP (kaku-i) arase-na tote mi-utsi
dd-zen -4^ |^ (ktn-föyserare-keri.
U-e-mon, als ihm der Qrund der Sache zu Ohren kam^
sagte : Da es bei dem Kriegsmann eine gegenseitige Sache ist,
80 wird jedenfalls die Zeit der geheimen Beziehung sein. Zuerst
ruhe ich bei meinem Sohne San-si-nawo aus, es soll, wer es
auch sei, keinen Zwiespalt geben. — Er wurde von seinen An-
gehörigen so wie früher gepflegt.
Oen-go-e-mon i-nazimi ^ d| (ka-taiHJ-no wakaki ^ tb
fgiü^dziü)-to ide-ai jari-no ^j0 (sij-to nasi koko-kasiko mote-
/ajasare^si-ni aru toki u-e-mon ßsoka-ni gen-go-s-mon-wo maneki
nardgasi-mo wakaki toki-jori j|^ Wk (bu-gei)-ni tchja kaku-to
kokoro'VDO tmkusi SL (mibj-ga-ni ai-kanai tono-ni-mo jari-no
go- :|§ ^ (si-iianJ'WO mbsi ^ d| (ka-tsiüyno tare-kare-
mo jjä -5^ (de-8i)'nite ari-gi-ga sono fo-no jari kano goro mono-
kage^ori ukagal-mi-si-ni ika-ni-mo 4^ % (mi-ziiiku)'ni'ZO mije-
n-ga fiiosi-toa JJ ^ (kö-naj-naru mono mi-togamen-mo kokoro-
U'kere-ba jafne-tamaje-to aH-si-ka-ha,
Gen-go-e-mon, an seinen Wohnort gewöhnt, ging mit den
in dem Hause befindlichen jungen Herren gemeinschaftlich
hinaus, machte den Meister der Lanze und wurde hier und dort
berühmt.
Einmal winkte U-e-mon heimlich Qen-go-e-mon zu sich
und sagte : Ich erschöpfte seit meiner Jugend auf jede Weise
meine Oedanken bei den schönen Künsten des Krieges, im
Stande, der dunklen Hilfe theilhaftig zu werden, unterrichtete
ich auch den Herrn in dem Gebrauche der Lanze, und Manche
in dem Hause waren meine Schüler. Ich habe eure Lanze um
diese Zeit aus einem Verstecke beobachtet. Wie immer auch
sie dem Unerfahrenen erscheinen mag, der erfahrene Mensch
wird sie vielleicht vorwurfsvoll ansehen, und da er im Herzen
betrübt ist, so lasset davon ab.
KotoborfU-wa j^ j^l (siö-inj-site sara-ni jamazari-si-wo
mata-no toki samurai — • ^ (itn-dzuj-no kasegi-wa 9awari
264 Pfisnaier.
'^^ j$ ^ (ftii-^eO-no koto-wa uje-naki mono nare-ba kajdte
fiUhno j^ ^ (f6-fen)'mo nado-to koto-no wake-wo tötete ^ J^
(i-kenj-se-si-ni sikara-ha ^r ^ (ki-denj-no go-si-nan-ni oi-
toii tofe j^ "j^ (kei'ko)'jari'WO tori-idasi ^ ^ (sunno)-
site-gere-ba ija ^ ^ (mu-jdj-no koto nari tare-no makete-m
sina an-si-to |^ (ziysi-si-ka-do tsurete^no koi-nite awase-se-d-
ni ja-a-to iü ko-e^no siia^ni mune sitataka taukare-kere-ha ima
fito-awaae-to ari-si-wo — • |^ QUo-rnukiJ-ni oH-tome-n-^i h-
siki kawatte nozorni-si-wo inami-gataku-te mata awasi-ni 9ono
mama naga-je^wo fumi-otosarete keri.
Diesen Worten zwar beiBtimmend, Hess er dorchans
nicht ab.
Ein anderes Mal sagte er: Bei dem einzigen Streben
des Eriegsmannes ist kein Hindemiss. Da die schönen Künste
des Krieges eine Sache sind, über welche nichts geht, so ist
im Gegentheil auch Lobpreisung und Herabsetzung der Men-
schen. — Hiermit die Bedeutung der Sache hinstellend, war
er verschiedener Ansicht.
Jener sagte: Also will ich mich eurem Unterrichte an-
schliessen. — Er nahm eine Uebungslanze hervor und ging
auf sein Ziel los.
— Nein, es ist eine unbrauchbare Sache. Mag Jemand
auch besiegt werden, die Art ist schlecht.
Er weigerte sich, doch auf wiederholtes Bitten traf er
mit ihm zusammen. Indem er einen Ruf des Erstaunens aus-
stiesB, wurde er stark in die Brust gestossen.
Jener sagte: Jetzt ein Zusammentreffen. — Der Andere
hörte mit einem Male auf. Seine Miene veränderte sich, es
war unmöglich, das Gewünschte auszuschlagen und auch bei
dem Zusammentreffen war der lange Schaft niedergetreten
worden.
Oen-go-e-mon ika-hakari kutsi-on-ki koto-ni omoi kono
]& ^^ (i'siü) farasan-to fima-wo ukagoi^ari-si-ni jagate-no
Ä (j^) inu-no koku-bakari-ni u-e-mon 8%r(hjori kajeri-n wori-
si-mo faru'Same-si ama-gu totonoje nani kokoro-naku kajeri-si-
tok^O'WO gen go-e-mon-wa ko-jabu-no kage-jori tonde ide jaii-no
i'siii obojeta-ka tote ko-jari-nite dd-fara-wo tsuki-towose-ha u-e-mon
katana nuki-ai-ka^o ^ R (boku-ri) kuzikete titd-tawore-d'^i
Begebenheiten neuerer Zeit in Jepnn. 265
^ (boku)-wa osorost'ki Jcoto-ni onuri aono mama ^ (taku)'je
kake-modasi ka-jh-ka-jb-no koto-to tsuge-kere^ba saiust-nawchwo
fazhne ke-rai nokorazu kake-tmke jb-jaku'ni tnsukete kajeri-si-
ka-do toowo-kizu nare-ba je-mo tamarazu.
Gren-go-e-mon, an eine so bedauerliche Sache denkend,
lauerte auf eine Gelegenheit, seinen Hass zu befriedigen. In
einer sogleich darauffolgenden Nacht, um die Stunde Inu,
kehrte U-e-mon aus der Feste zurück. Um diese Zeit fiel ein
Frühlingsregen. Während er, mit den Geräthen gegen den
Regen sich versehend, unbesorgt heimkehrte, flog Gen-go-e-
mon aus dem Verstecke eines kleinen Dickichts hervor und
durchstiess ihm mit dem Rufe: Hast du die Feindschaft
der Lanze gemerkt? mit einer kleinen Lanze die Seite des
Rumpfes. U-e-mon zog zwar das Schwert, doch in seinen Holz-
schuhen strauchelnd, stürzte er zu Boden.
Der Knecht, bei dem Gedanken an die schreckliche
Begebenheit, lief unterdessen in das Wohnhaus zurück und
meldete alles, wie es geschehen. Von San-si-nawo angefangen
liefen die Hausgenossen insgesammt herbei, halfen allmälig
und kehrten nach Hause. Doch da es eine grosse Wunde
war, konnte er es nicht überstehen.
^ ^ (Zi-nan) ^ |^ (naka-kuraj-toa go-sai ^ J||
(ian-nan) "^ |^ (moto-kiuraywa ni-sai tomo-m ijfj 5f^ (jh-
in) nare-ba fatoa zui-bun-ni ^ "§ (jo-ikuyse-jo ani san-si-
nawo-wa ziH-fatatrsai-no koto nare-ba ude-ni W (ndJ-Tno iri-si
mama tsitsi-ga kataki-wo utte ^S jl|' (bühzen)'ni aonaje-jo-to
ijertHüo ]^ ^ (aai-goj'tio koto-to alte aono notai tau-i-ni muncui-
ku nari-nu.
— Der nächste Sohn Naka-kura ist fünf Jahre alt. Der
dritte Sohn Moto-kura ist zwei Jahre alt. Da Beide unmündig
sind, möge sie die Mutter sorgfaltig aufziehen. Da der ältere
Bruder San-si-nawo achtzehn Jahre alt ist, möge er, indess in
seinen Arm Tüchtigkeit kommt, den Feind des Vaters tödten
und vor dem Ahnentempel das Opfer reichen.
Dies waren seine letzten Worte. Später war er alsbald
verschieden.
San-ai-nawo-wa "j^ ^ ^ (u-aan-teo) fono-je 'S Jj^ (j^*"
zth)-n fi ^i: yj^ (mfin-kio-ffibj-wo itadnki toai-bai-no waka-th
266 PfiBDftier.
itn-nin mesi-taure idzuku-to-mo naku idete ni-Etä-nirsai-nö /oru
mcule t8'8ei nan-boku-no kunüguni jama-wo koje umi-wo toatm-U
tadzune-si'ka'do kataki sara-ni sirezari-si.
San-si-nawo brachte die Meldung dem Herrn U-san-tO)
nahm, einen Erlaubnissschein aaf dem Haupte tragend, einen
Begleiter von gleichem Alter mit sich, zog, ohne ein be-
stimmtes Ziel zu haben, aus und überschritt bis zu dem Früh-
linge des zwei und zwanzigsten Jahres die Berge der östlichen,
westlichen, südlichen und nördlichen Reiche, übersetzte das
Meer und suchte. Allein von dem Feinde hatte er durchaus
keine Kunde.
Amari-no kot(hni omoi genrgo-e-mon jtR ^ (ket-fu) aha-
fori ^ ^ (jü'SaiJ'to iü ^ ^ (i-8ia) ^ "^ (woioo-isu)-
ni wi'kere^ba kono mono- wo utte "^ "jjd^ (kd'SatsuJ^ioo taU
toga-naki jü-sai-wo utn-si mono-wa isi-i san-si-nawo nari wojor
no kataki'Wo toran-to omowa-ba mi-no-no kuni nani-mura-no naiu-
P^(zi)'ga ije-je kitare aka-fori gen-go-e-mon-je ma-iru-to kaki-taru
Er machte sich im Uebermasse Oedanken. Da der Stief-
vater Gen-go-e-mon's, ein Arzt Namens Aka-fori Jü-sai, sich in
Wowo-tsu befand, tödtete er diesen Menschen und stellte eine
hohe Schrifttafel hin, auf welche geschrieben war: Derjenige,
der den schuldlosen Jü-sai getödtet hat, ist Isi-i San-si-nawo.
Wenn du den Feind des Vaters zu fangen begehrst, so komm in
das Reich Mi-no, in das und das Dorf, in das Haus des und
des Geschlechtes. Ich gehe zu Qen-go-e-mon in die Qesellschaft.
8ate natsu-ni-mo nari-si-ka-ba san-si-nawo mi-no-no nani-
zi-ga firo-niwa^niU ^ 'jjt (gib-zuij-si'kere-ba TO 3L ^T (^^
gO'tedj^mo tsudzuki-si takaki jnbu-no utsi-jori gen-go-e-num kake-
idete woja-no kataki wobojefa-ka tote kata-saki^jori kiri-keri
San-si-nawo fi-goro matsi-uke-si koto nare-ba kokoro-je-tari tote
kosi-moto-ni motase-si waki-zasi^nite nuki-tUsi-ni'Si-kere'ba gen-
go-e-mon-ga senaka-to oboje-si tokoro-wo farai-kiri-ni-site-geri,
San-si-nawo wowo-kizu nare-ba famarade M ^ (8oku-za)-ni
^^ (siysi'keH,
Da es auch im Sommer war, badete sich San-si-nawo in
dem weiten Vorhofe des und des Geschlechtes von Mi-no.
Aus einem in einer Ausdehnung von vier bis fünf Strassen-
längen sich fortsetzenden hohen Dickichte stürzte Gen-go-e-mon
Begebenheit«!! neuerer Zeit in Japan. 267
hervor und hieb mit den Worten: Hast du dir den Feind des
Vaters gemerkt? von der Vorderseite auf ihn ein. San-si-nawo^
da er durch lang;e Zeit auf ihn gewartet hatte, zog mit den
Worten : Ich habe es verstanden ! das an der Hüfte getragene
kurze Schwert und hieb damit ein. Er führte im Schwünge
eben Hieb gegen die Stelle, wo er bemerkte, dass es der Rücken
6en-gQ*e-mon'8 sei. San-si-nawo, da er eine grosse Wunde hatte,
überstand es nicht und war auf der Stelle todt.
Tsuki-soi-ai toaka-tb nan-bS kutsi-osi-ki koto-ni omoje-domo
gen-go^e-mon juki-kata-wo mi-uHnai-si koto nare-ha ze-ß'-naku
^ H (/<w-Soiu)-ye taUi'kajeH ^ ^ (zi^nan) ^ ^ (sari"
tton^-n/ koUhno danrdan-wo i-i'/ukume-si.
Der hinzugegebene Begleiter hielt es zwar fiir eine be-
dauernewerthe Sache, doch da er die Gegend, wohin Qen-
go-e-mon ging, aus dem Qesichte verloren hatte, kehrte er,
ohne anders zu können, in sein Reich zurück und erzählte dem
nächsten Sohne und dem dritten Sohne die Umstände der Sache.
Riö-nin-mo jb-jaku ^ ^ (aei-zin) site ^ Q (no-koku)-
wo kake'VKMwari'kerU'ga motthtcura ni-ziü-san-sai-no toki sukoH
koio-no fosi-VDO ktki-si jvje Wj^ >W (sei-siü) kame-jama-no siro-ni
üa-kura ^ ^ (stt-fSJ-no kami tono ka-tdü ni-fiaku-go-ztü-jj^
(seki) toii-si fata-dai-sib aita-rmtra ^ (magoj'e-mon-je j& ^
(mori'feiyto na-too aratame zo-ri-tori-ni suje mi-too tsukusi föne-
wo kudaki'te tsttkaje-n juje siü-zin-mo ^ ^ (ta-zij-naku fu-
hin^ari'H onazi ka-tsiü-no tare^tare-ni-mo mi-sirarezi, Naka-ni-
mo aka-fari ^ (miäzuj-e-mon tote fiaku-go-zvA-j^ (seki) tori-ri
motuHio kata-ni fnori-fei-ga ke-rai-no mono-iüo wcika-tö fS-kS-ni
mvuue'ai aida ßto-aitoo nengoro-mo ide-irt-se-si.
Die beiden Menschen waren, indem sie allmälig auf-
wuchsen, in allen Reichen umhergesprengt. Zur Zeit als Meto-
kura drei und zwanzig Jahre alt war, hörte er ein wenig von
einem Theile der Sache. Die Ursache war: Der in dem Hause
Ita-kura's, des Vorgesetzten der Feste des Schildkrötenberges
in Sei-siü, des Herrn Statthalters von Su-fo, befindliche groses
Heerf&hrer der Fahnen, welcher zweihundert fiinfzig Scheffel
einnahm, gab Sita-mura Mago-e-mon den neuen Namen Mori-fei
und setzte ihn zum Strohschuhehalter ein. Weil dieser sein
Aeosserstes that und seinen Dienst mit Mühe verrichtete,
268 Pfiinaier.
hatte auch der Gebieter, ohne eine andere Sache, Mitleid mit
ihm und war keinem der in dem Hause befindlichen Menschen
von Angesicht bekannt. Unter diesen befand sich auch ein
Mann Namens Aka-fori Midzu-e*-mon. Während man ihn von
Seite eines Menschen, welcher einhundert fUnfzig Scheffel ein-
nahm, zum Hausgenossen Mori-fei's mit dem Dienste eines Be-
gleiters machte, trat er immer freundlicher aus und ein.
Gen-roku ziü-san-nenr-no natsu-no koto-nite ari-si-ga mago-
e-mon-jori nudzu-e-man kcUa-je ffl (j&)-fio koto artete mori-fü-voo
Uukauxue-n midzu-e-mm ff ;JC (gib-zmj-site-geri. Fi-gm
'^ ^ (zen-nunj-^o huwaje-ri mori-fei nare^ba jobirjo96 sendka-
wo nagaatue-ai-ni senakorjori kosi-ni itari motte-no foka-no kizur
ato ari.
Es war im Sommer des dreizehnten Jahres des Zeit-
raumes Gen-roku (1700 n. Chr.), als von Seite Mago-e-mon's
für Midzu-e*mon etwas zu thun war und man Mori-fei ab-
sandte. Midzu-e-mon badete sich eben. Da es Mori-fei war,
der seit Tagen ihm Mitleid zugewandt hatte, rief er ihn herbei
und Hess den Rücken auf dem Wasser schwimmen. Von dem
Rücken bis zu den Hüften zeigte sich ein ungewöhnliches
Wundmal.
Mori-fei-ga iwdku kore-wa ikarjh-no kizur-nite owase-si-to
are-ha aare-ba sano fo-wa if^ J||J (kaku-betsuyno mono nari
kataran. 8oi*ega8i toakaki toki ka-fi-ka-ß^-no koto-nite isi-i u-e-
mon'to iü mono-wo utsi^si aono segare sansi-natoo-to iü mono
soregasi'WO ßJci-idasan tame-ni saregasi-ga woja jü-sai-wo utte--
kere-ba mi-no-no kuni nanigaai-no tcowo-jabur-no utsi-ni si-go-ziu
nitn ukagai-kakure san-H-nawo ^ ^ (gib'ZU%)^^8i tokoro-wo
tobi-kakari tasika-ni wowo- ^S ^ (ge-saj-ni utai-si-ga saau-ga-
no mono nare-ba koal-moto-ni waki'Zaai'WO motaaete aoragasi
nigurii tokoro-wo farai-ai aono kizu nari.
Mori-fei sprach : Was für eine Wunde ist dieses gewesen?
— Dieses ist eine eigenthümliche Sache, ich werde es
erzählen. In meiner Jugend hatte ich in einer solchen und
solchen Sache einen Mann Namens Isi-i U-e-mon getödtet.
Dessen Sohn, ein Mensch Namens San-si-nawo, tödtete, um
mich hervorzulocken, meinen Vater Jü-sai. In dem grossen
Dickichte des und des Geschlechtes in dem Reiche Mino
B6geb«Dheiten neuerer Zeit in Japan. 269
spähte ich verborgen durch vierzehn bis fünfzehn Tage. Als
San-si-nawo sich badete, flog ich herbei und stach ihn zuver-
lässig in die grosse Schärpe. Da es ein solcher Mensch war,
trug er an den Lenden ein kurzes Schwert und schwang es
gegen mich, als ich entfloh. Daher ist diese Wunde.
Sore-ga tcototo rib-nin ari-si-ga sugo-sai-no miäzurko-no
koto nare-ba iki-tarn-mo sini-taru-mo sirazu, Tatoi ikt-ie irttr
to-mo fni-sirazare-ba ima-sara utan-to ori-ni koto-wa kanawazu
Sikare-domo nanigeutUTno kataki aru mi nare-ba ika-bakan mi-
fDO dai'zi-ni onio. Mala tono-ni-mo kano koto-wo airi-tanib juje
zui'bun kakoi'tamawaru. Kono koto kamajete fito-ni katai^u-na-to
netigor(hni {^ (aetj-ai-rare-su
Er hatte zwei jüngere Brüder. Da dieselben kleine Kinder
von vier bis fünf Jahren waren, so weiss ich nicht, ob sie leben
oder gestorben sind. Gesetzt auch, sie sind am Leben, so
ist, da sie mich nicht kennen, zu der Zeit, wo sie mich jetzt
endlich tödten wollen, die Sache nicht passend. Da aber auch
ich einen Feind habe, wie sehr halte ich meinen Leib für
eine wichtige Sache! Ferner bin ich von dem Herrn, weil er
diese Sache weiss, ziemlich umhegt. Verschliesse diese Sache
und erzähle sie nicht den Menschen. — Hiermit wurde freund-
lich ein Verbot gemacht.
Mari-fei kokoro-no utsi-ni-wa kore-zo kami-fotoke-no ßki-
awase'to omaje-domo tsuju-mo ka-nari-ni-wa idasazu mi-goto-ni
ai'SOisi-te sarv-nu. Koko-ni oi-te mori-fei i-aai-ni fumi sitatame
jt'dfMii ari'H ani naka-kura tono-je i-i-tsukawasi nani-to-zo die
hmofd ^f^ Üi (zih-tsiü)'je kitari-tamaje-to i-i'kosi'kere'ba naka-
kura-fiio koko-kasiko kiki-tate ^ ^ (su-wb) tono fu-Ui-nin
UutsumuuUi natsume /^ (fatsi) ^ ^ (san-fin) kata-je "^ ^
(kitn-suke)'to na-wo aratame ari-tsuki kame-jama-je tomo-site
kitari'SU
Mori-fei dachte sich im Herzen : Dieses ist die Zusammen-
iugnng des göttlichen Buddha. Doch er sprach es nicht im
Geringsten aus, dass es sein könne. Er grüsste artig und
giag fort.
Demgemäss schrieb Mori-fei ausführlich einen Brief und
schickte dem in Je-do sich aufhaltenden älteren Bruder, dem
Herrn Naka-kura das Wort: Wie es auch sei, kommet in die
270 Pfismftier.
Fettte. — Nachdem er dieses Wort hinübergeschickt hatte, zog
auch, Naka-kura hier und dort Erkundigungen ein. Einem
unterstützten Menschen des Palastes von Su-wd, dem Tronunler
Natsume Fatsi-san-fin veränderte er den Namen zu Eatsi-suke.
Derselbe trat in seine Dienste und war, ihn begleitend, za
dem Schildkrötenberge gekommen.
Joku-nen san^gucUsu-no de-kawari-ni tatte itoma-wo tori
mori-fei kutsi-iri-nite sitsi-ziü seki tori-si ^ ^ >^ (kin-ziu-
jaku) suzu-ki ^ (nbaye-mon kata-je fd-kS-si kore-jari ^ ^
(setsU'Setsu) mori-fev-to midzu-e-mon-kata-no waka-tb-to ^ ßö^
(san-gin) ide^i nani-to-zo tono-no je-do ^ |^ (san-ktrij-m
maje-ni fon-i-wo togu-beki tote ft ^H^ (nai-dan) kiwame-keru
Bei dem Dienstaustritte des dritten Monates des nächsten
Jahres erhob er sich, nahm Abschied und diente auf Em-
pfehlung Mori-fei's dem den Dienst eines Nahen und Ver-
trauten versehenden Suzu-ki Siba-e-mon, welcher siebzig Scheffel
einnahm. Seitdem traf er fleissig mit Mori-fei und dem Be-
gleiter Midzu-e-mon's in dreifacher Untersuchung zusammen.
Er sagte: O wenn ich doch vor dem Herrn, dem in Je-do
zum Besuche erschienenen Fürsten, meine Absicht erreichen
könnte! — Sie trieben die heimlichen Gespräche auf das
Aeusserste.
Midzu-e-Tnon-ga waka-tb mbsi-se-si-wa soregaM woja-wa
Afi -^ (tsiaku'si) san-n-nawo tono-ni tauki-^oi-n-kordo fon-i-wo
togezu'site munasi-ku kuni-moto-nite mi-makan-gi toki sono fb-wa
fS ^ (ftt-rfaij-no mono nare-ha nanuto-zo gite zi-nan san-nan-wo
wo-mi'tate-mbsi woja animo kataki-wo utc^e-mbsi kano i-siü-wo
farcLse-jo. Ware-wa tada kono koto nomi kusa^ha-no kage-made-
mo womo-zo ai-kamajete munasi-ku ruMu-na-to jS '^ O'^i-gon)-
aite owari-nu. Negawaku-wa ^ p^ ]^ (go-rib-sioyno mtke-
datsi jwusase'tamaje-to.
Der Begleiter Midzu-e-mon's sprach: Mein Vater war
dem erstgeborneu Sohne, dem Herrn San-si-nawo zugesellt^
doch er erreichte seine Absicht nicht, und zur Zeit als er
vergebens in seinem Reiche starb, sagte er: Da du die Oe-
schlechtsalter hindurch zu dem Hause gehörst, so sieh auf
den nächsten Sohn und auf den dritten Sohn, lasse sie den
Feind des Vaters und des Bruders tödten und diesen Haas
Begebenheiton neuerer Zeit in Japan. 27 1
löschen. Ich habe nur an diese Sache sogar in dem Schatten
der Blätter der Pflanzen gedacht. Bringe es in Ordnung und
handle nicht vergebens. — Nachdem er mir diese Worte
hinterlassen, starb er. Ich bitte, dass ihr mir erlaubet, euch
Beiden das helfende Schwert zu sein.
Kuri-kajesi i-i-si-ka-ba p^ ^ (rib-ninj-no iwaku ija huni-
mato-ni ^^ ■& (rb-bo) ari iaogi kttdari kano josi-wo mbsi ^
(tsüyzerjo y^ — • (ban-itsi) ^ ;|B (susonj-zi-tara-ba rib-nir>ni
nari-kawari fatDa-too jb-iku-itase. Mosi somuku-ni oi-te-wa
J\^ A (8it8i'8ib)'7nade'no ^ ^ (kan-d^yto ari-kere-ba stkara-
ha kono uje-toa tsikara nasi aa-ara-ba kono tokoro-jori — — J^
(iigi-ri) bakari-no sono tokoro-wa matsu woi-sigeri kage araware-
gataki koio nare-ba soregasi kate-wo motsi-juki ai-matan-ni fon-
i-no uje-nite sen sono tokoro-je kitari-tamaje kanarazu-kanarazu-
to ari-kere-ba kono koto sikaru-besi tote ^ ^ (siü-zin) midzu-
e-mon kata-wo — • p^ 0 (itsi-rtb-nif^yno fima-wo koi-te ide-
jukx'keri.
So drehte er die Sache mit Worten herum. Die beiden
Menschen sprachen: Nein! In dem Reiche haben wir eine
alte Mutter. Reise eilig hinab, melde diesen Umstand und
theile es mit. Wenn wir, zehntausend gegen eins, zu Schaden
gekommen sind, so vertritt die Stelle von uns Beiden und
ernähre die Mutter. Wenn du diesem zuwider handelst, hast
du bis zu dem siebenten Leben den älterlichen Zorn.
— Wenn es so ist, so geht darüber keine Stärke. Also
an einem Orte, der von diesem Orte eine Weglänge entfernt
ist, wachsen Fichten dicht und in Menge. Da ein Schatten
sich nicht zeigen darf, nehme ich Lebensmittel mit und warte
auf euch, es wird mehr als euer ursprünglicher Wille sein.
Kommet zu diesem Orte.
— Gewiss, gewiss.
— Diese Sache wird angemessen sein. — Er bat den
Voi^esetzten Midzu-e-mon um einen oder zwei Tage Urlaub
und ging fort.
Kiisi'Suke'Wa si-guatsu-no kokono-ka-no J^ äB (8b'te6)'-ni
«Ä-2m siba-e-mon-je p^ Jj^ (aaku-ban) negai-mbsi-g^rb towori
^ Wi 0^^'^) itstt-tsu toki-ni kuni-kator-no mono kono BB
(jekij-wo towori^si niama sibasi-no itoma tamaware tote ide-si-too
272 Pfisnftier.
idü'Zin mada wosoku-mo arazi ^ ^ 4^ (kami'Saka'jaJdywo
rite juke-to ije-ha üsu-mo-no gotoku sore-aore-wo totonoje anm-ti
koto sfikori-mo iro-ni idasazu. Ai-tsutomete sore-jori siro-no wa-
fori-no fata matsu-no ko-kage-ni ^ (konj-no fitcje-mofUHii
tDOwo-waki-z<uunite sinobi-i miäzu-e^mon towotH-ri tokoro-wo oiotir
to matri-uke-tari.
Kitsi-Buke sprach am frühen Morgen des neunten Tages
des vierten Monats zu dem Vorgesetzten ^Siba-e-mon: Um was
ich gestern Abends gebeten habe : Heute Morgen um die fünfte
Stunde, während ein Mensch von Seite des Reiches durch
diese Post gegangen, gewähret mir fiir eine Weile freie Zeit, —
Hiermit trat er hinaus.
Der Vorgesetzte sprach: £s ist noch nicht spät. Mache
mir den Mondausschnitt des Haupthaares und gehe dann fort.
Jener brachte alles in Ordnung wie gewöhnlich imd Hess
das, was er dachte, nicht im Geringsten durch die Miene
kund werden.
Nachdem er den Dienst verrichtet, blieb er in dem Schatten
der an dem Rande des äusseren Grabens der Feste befind-
lichen Fichten, in einem blauen einfachen Kleide und mit
einem grossen kurzen Schwerte, verborgen. Er wartete mit
Ungeduld, bis Midzu-e-mon hindurchgegangen sein würde.
Mari'fei'Wa riü-zin-jori waka-tb-ni su-beki josi-wo Jt ^
(aai-san) iware-ai-ka-do katau-te vkezari'ri-ga nani-to amoukerw
ni-ja kono aida^wa kata-zi-ke-naki josi-wo mbse-ba aiü'zin''jori
katana tamawan na-too ^^ (tsu)'e'mon-to arat-amu. Kono koto
wodzi-ni kikaae-ri-ni ika-bakari jorokobi ^J 4^ (dziü-daij-no
fttO'koai'WO kure-ai-wo aiü-zin-je miae-kere-ba BB (aeki) idzumi
kami-no ZL /}. fw***Miifctt^ ^ tJ* (aan-aunyno kowori-no gotoku-
nite kimo-wo fijaai-faheri-ai,
Mori-fei, obgleich ihm von Seite des Vorgesetzten zwei-
bis dreimal gesagt wurde, dass er den Begleiter machen solle,
nahm es niemals an. Was mochte er sich gedacht haben?
Da er unterdessen etwas Verbindliches sagte, erhielt er von
dem Vorgesetzten ein Schwert zum Geschenke und man ver-
änderte seinen Namen zu Tsu-e-mon. Er brachte die Sache
dem Oheim zu Ohren. Dieser freute sich ungemein und gab
ihm ein durch mehrfache Geschlechtsalter vererbtes Schwert.
Begebenheiten neuerer Zeit in Japan. 273
Als Mori-fei es dem Gebieter zeigte, war es gleich dem zwei
Schuh drei Zoll messenden Eisen Seki's, Statthalters von IdzumO;
und erkältete das Herz.
Säte ja-ka- ni midzu - e - mon - kata -no "JC "^ (ge - dzio) - ni
giroki nta-wohi futa-suzi-no fasi-nui-too tanomi kokono-ka-no
sb-teo nü-zin-no kia-ra-no ahura moto-jui nado totoncjen tote ide-
si-ni ]^ IQ (fu'to) tcowo-te-nite midzu-e'mon'ni ai-si kore-wa
f'tsu-ni kawari j\\ HJ 9} (ko-ja-rb) itsi-nin-nite wo-sagaH ika-
ga kokaro-moto-nasi-to i-i-si-ka-ba rmdzu-e-mon-ga itoaku sare-ba
^ Wi (kon-teo) koto-no foka gS ^J& (dzy^tsitj-se-si juje itau^
tsu-no ^^ (ban)-kawari-wo matsi-kane ^ ^ (dö-jakuj-ni
koUnt>arU'Wo täte ja-rh-ga kusuH motsi'kita'ii'si'WO saiwai-no koto-
ni omoi kajeru-to are-ba.
Am achten Tage des Monats begehrte er von der Magd
Midzu-e-mon's einen weissen unteren Gürtel mit einer Rand-
naht von zwei Fäden. Am frühen Morgen des neunten Tages
des Monats sagte er, dass er für den Vorgesetzten Calambacöl,
Haarschopfbänder und Anderes herschaffen werde und ging
hinaus. An der Vorderseite der Feste begegnete ihm un-
verhofft Midzu-e-mon.
— Dieses ist anders als gewöhnlich. Ihr kommt mit
einem kleinen Burschen herab. Wie könnt ihr ängstlich sein?
Auf diese Worte erwiederte Midzu-e-mon : Weil ich diesen
Morgen einen ungewöhnlichen Kopfschmerz hatte, konnte ich
den Wechsel der fünften Nachtwache nicht erwarten. Ich ent-
schuldigte mich gegen meine Dienstgenossen. Dass der Bursche
mit Arzneien gekommen war, hielt ich für einen glücklichen
Umstand und kehrte heim.
Sikara-ba nanigasi "j^ ^ (an-ma) itasi ^fö ^^ (red-dzi)
md-irasen nado tawamure-to-mo ae-n-ni midzu-e-mon-no iwaku
9ono fh kutsi'ire-no siba-e-mon ke-rai-no kitn-svke-wa nanv-to-mo
ga-tenrno jukanu manako-zasi nari kasanete Ä ^U (rio-guai)
ara'bauttesuten'toare-batau'e'fno itoaku'^ ^ (ge-gej-wa tare-si-
mo onazi'koto nari tada wowo-me-ni mi-tamaje-to.
— Ich werde also das Kneten vornehmen und die Hei-
lung bewerkstelligen.
Er machte noch andere Scherze, doch Midzu-e-mon sprach:
Ber von euch empfohlene Kitsi-suke, der Hausgenosse Siba-e-
Sitmgtber. d. phiL-hiit. Cl. XCY. Bd. I. Hfl. 18
274 Pfiim»i«r.
mon's, wirft Blicke, die ich gar nicht verstehe. Wenn er
wieder unartig ist, werde ich ihn niederhauen.
Tsu-e-mon sprach : Unter den Niederen findet bei Jemandem
dieselbe Sache statt Sehet ihn nur mit grossen Augen an.
lü tokoro'je hUsi-svke matsu-kage-jori tobi-idete isi-t ih*
mon-ga segare naka-kura nari woja narabi-ni ani-no kataki
obajeta-ka-to iü mama-ni kasira-jori fana-no sita-Je fan-hun-n
kitte otosu, Wonazi-ku wototo gen-kura nari tote kata-saki-jm
wowo-ge-sa-ni kiri-fanasu, Soregcui kib-dai 8an'ziü'9an'8€Ü''to son-
ziü-sai'to kono fi-ni atari-te i£ ^ (nen-ratj-no ^ jSf (1io-»j-«»
^ (tos) seri köre fito-je-ni ^ ^fjjf (butsu-zinj-no on-megumi
mata-wa "^ ^ (bö-fu) i^ ^ (bb'kib)'no kusa-ma-no ^ jjj
(nen-^riki) nari tote te-wo awase TO "jtf (si-fSJ-ioo fai-si. Säte
kaki'woki-si — • ^A (ipptl) midzu-e-vion-ga fakama-no kosi-ni
jui-tsuke kib'dai moro-tomo-ni asi-bajaku ij^ ^ (ztö-guai) »asi-te
ide-keri.
Indem er dieses sagte, stürzte Kitsi-suke aus dem Schatten
der Fichten hervor und sprach: Es ist Naka-kura, der Sohn
Isi-I U-e-mon's. Feind des Vaters und zugleich des älteren
Bruders, hast du es gemerkt? — Mit diesen Worten hieb er ihn
von dem Haupte bis unter die Nase entzwei und streckte ihn
nieder.
Er sagte : Es ist ebenso der jüngere Bruder Gen-kura. — '
Mit diesen Worten hieb er ihn von dem Vordertheile der
Schulter bis zu der grossen Schärpe entzwei.
— Wir Brüder haben nach drei und dreissig Jahren und
dreissig Jahren diesen Tag erlebt und haben den jahrelangen
Willen durchgesetzt. Dieses ist einzig die Gnade des Buddha-
geistes und die Entschlossenheit des verstorbenen Vaters, des
verstorbenen älteren Bruders zwischen den Pflanzen.
Dieses si^nd, legten sie die Hände zusammen und
verbeugten sich nach den vier Gegenden. Nachdem sie ein
zurückgelassenes versiegeltes Schreiben an den Lendentheil
der Beinkleider Midzu-e-mon's gebunden, gingen die Brüder
gemeinschaftlich in der Richtung ausserhalb der Feste hinaus.
Ko'ja-rb'toa kore-ni odoroki kakoi-no fori-je otn^si-ka-do
jb'jaku fai-agari koto-no ^ j|^ (8i'Ziü)-wo mi-taii-Bi aassoku
tono-je gon-zib-si kudanno — • ^ (ippüj-wo firake-ha wowo-
Begebenheiten neuerer Zeit in Japan. 275
zaka i-rai-no dan-dan-wo kaki-tsukusi jä /^ (zi-hunyzi-bun
j^ ^ (ke-mib) tf ^^ (ziUn-mibJ^wa mbrn-ni ojobazu katana
v>aki'zasi-no ^ (mei) made kuwasirku sirusi-t^geH.
Der kleine Bursche^ darüber erschreckend; fiel in den
Graben der Umschliessung, doch er kroch allmälig empor und
hatte den Anfang und das Ende der Sache gesehen. Er mel-
dete es unverzüglich dem Herrn. Als man den erwähnten
Brief öffnete^ waren seit Wowo-saka die Umstände vollständig
Diedei^eschrieben; und man hatte aus eigenem Antriebe den
falschen Namen^ den wirklichen Namen und, was anzugeben
nicht nöthig ist, selbst die Inschriften des Schwertes und des
kurzen Schwertes ausfuhrlich bekannt gemacht«
Wotte-ni'Wa tare-ka kare-ka-to futa-toki bakäri ^ (anj-zu
tamai'te jlhjaku todse-idarare-st-to nari makoto-ni fukaki go^
Ä Ä (»i'rio)'ja'to mina-ßto kan-zi-ajeri, Rib-nin-^no mano-wa
kanete i-i-awase-si matsu-jama-no ut^i-ni san-si-nitsi tamerai-i-te
^ j§ (tob'kuan)'no ftto-no utvasa kUd-todoke mo-faja wotte-no
kirtsttkai rmsi tote waka-Üb-wo fon-koku-je kajesi.
Unter den Verfolgern betrieben diese und jene durch
zwei Stunden die Untersuchung, und endlich wurde das Wort
herausgegeben. Sagend, es sei wirklich eine tiefe Ueberlegung,
waren alle Menschen in Gemeinschaft gerührt.
Die beiden Menschen hatten sich im Voraus verabredet.
Sie weilten in dem Gebirge der Fichten drei bis vier Tage
unschlüssig und hörten das Gerede der hingehenden und
zurückkehrenden Menschen. Sie sagten: Von den Verfolgern
ist bereits nichts zu besorgen. — Dabei schickten sie den
Gefährten in das Reich zurück.
Rib-nin-wa madzu uje-kata-no gch |l^ p^ (tsib'-menywo
kesan tote juki-si-ga saka-no sita-no ^8 (jefti)-ni go^roku-fiaku-
Hki-mo toran-to ohori-ki bu-ai-no "*K |n) (ge-ko^seru-wo mi-kake
^^n ^ 4JJJ^ (mU'8in)'no koto ari. Ka-jb-ka-jb-no ^ ^t
(fi-nüj'nite tada-ima tatsi-sari-d kono aida ^ ^ (san-ja)
inadoroniazu koto-no foka tsukare-si mama sibasi on-kakoi ari-te
j(uum(uete gusi-to ije-ba.
Die beiden Menschen, sagend, dass sie vorerst das hohe
Register löschen werden, gingen fort. An der Post unter der
B^^eppe zog ein Kriegsmann, von dem man glaubte, dass
18*
276 rfismaier.
er fünfhundert Scheffel einnehmen werde, abwarte. Als sie
dieses sahen, war bei ihnen ein wenig Widerstreben. Mit
solchen Absichten eben jetzt fortgegangen, hatten sie unter-
dessen durch drei Nächte nicht geschlummert. Während sie
ungemein ermüdet waren, trafen sie nach einer Weile auf eine
Einschliessung. Sie sagten: Möchte man uns doch ausruhen
lassen !
Sahurai'toa tagai-no koto nari tote j^ (tsiaj'ja-no tDoku-no
ma-ni fan-nitsi hakari ne-scise mo'faja JJ^ (ban)'m ojabi-ai mafM
jukase-jo tote 3(^ ^ (reo-ri) tmsunie ^ ^ (kin)-su -|- ^
(ziü-rib) tori-idasi ikagasi-ku sbrajedotno tada >p Q ^ (/«-
z%'jü)'tDO tasi-tamaje-jo-to are-ba tsika-goro won-kokoro-zasi-wa
wasure-gatasi. Kono fo-ni-mo taknwaje-'mono se-si tote ^ ^
(fiaku-rih) bakari tori^dtuimisure-ba tanomosi-ki won- ^ (nj-kata
nari iza aara-ba-sara-ba-to tagai-ni jjjtt ä^ (rei'gi)-foo noht
Ä ^[i (nan-boku)'je wakarete-gerL
Der Kriegsmann sprach: Es ist eine gegenseitige Sache.
Schlafet in dem inneren Zimmer eines Theehauses den halben
Tag. Da es schon gegen den Abend ist, gehet hin. — Hier-
mit trug er ihnen gekochte Speise an, nahm zehn Tael in
Goldstücken hervor und sagte: Ich bin zwar in Ungewissheit,
doch helfet damit nur bei Ungelegenheit aus.
— Eure eben kundgegebene Absicht ist unvergesslich.
Auch bei uns hat man einen Vorrath angeschafft.
Hiermit nahmen sie hundert Tael hervor und zeigten
sie ihm.
— Es ist eine verlässliche Handlungsweise. Also lebet
wohl, lebet wohl!
Sie bezeigten sich gegenseitig ihre Achtung und trennten
sich nach Süden und Norden.
Säte awO'jama ina-ba-no kami toiw go- -^ Ö (si-soku)
simo-tsuke-no kami tono-wa jÄ j^ (jen-siü) ^ ;[^ (fama-
maisuyno airo-ni ima-zo kajen-kere-ba rib-san-nin tatsi-kajeri-
si'WO tagui-mkunaki mono-domo tote ika-bakari itoawase-tamai
ani naka-kura-ni woja-no jfc jA (fon-tsi) ni-ßaku-go-ziü-aeki
wototo moto-kura-ni ^Üf j|h (sin-tn) ni-ßaku-seki tamawari ja-siki
sabisi'ku kakoi ^||: ^ (ban-nin) sore-sore-ni wose-tBukerare-si-to
nari, Makoto-ni ^ '^ ^ (mi'80'%i,)'no koto tote tsutaje-si
B«g^henh6ii«n n«tt«rer Zeit in Japan. 277
fito-bito J^ (kan)'Zezai*U'tDa na-kan-si. jj^ (JoJ-ni gen-roku
i^ ^ (^^'9^) ^** mote-fajase'Si'mo ito imizi-ki ^ (setsu) nari.
Als der Herr Statthalter von Simo-tsuke, der Sohn Awo-
jama's, des Herrn Statthalters von Ina-ba, zu der Feste Fama-
matsu in Jen-siü jetzt zurückgekehrt war, kehrten die zwei
oder drei Menschen heim. Er sagte, es seien Menschen, der-
gleichen es wenige gebe und Hess ihnen in grossem Masse Glück
wünschen. Dem älteren Bruder Naka-kura wurden zweihundert
fünfzig Scheffel als das ursprüngliche Lehen des Vaters^ dem
jüngeren Bruder Moto-kura zweihundert Scheffel als neues Lehen
verliehen. Der Grund war einsam und wurden Wächter der
Umschliessung jedem Einzelnen hinzugegeben. Man sagte, es
sei eine Sache, welche in Wirklichkeit noch nicht vorgekommen,
and überlieferte es. Unter den Menschen war keiner, der es
nicht bewundert hätte. In der Welt sagte man : das Geschlecht
So-ga des Zeitraumes Gen-roku, und indem man es rühmte,
waren es aasgezeichnete Reden.
-f^ fli (WowO'Zaka) ^ £^ (sed-nen) ^ («Ä)-m sitai
Ein Jüngling von Wowo-zaka, nach dem Vor-
gesetzten sich sehnend, tödtet sich selbst.
WotDO'Zaka ^ J^ (a-tsutstj-matai-no ^ ^ (je-ra)
^ ^ ^ {ßko'San-finJ ko j^ (fikoj-ta-^b aan^sai-no toki
/J\ ^ (ko-nKmoj'ni ^ (kanj-ta-rb tote ziü-issai naru-wo wokir
91 -ga SB Ä (ted'hd) nare-ntasi-mi-keru-ga, Fiko-ta-rb foBsai"
no toki fu-to wadznrai'tsvki-te ^ ^ (zi-scnj-ni taTionU-naku
nari'te kan-ta-rb-too taikadznkete woja-tatsi ^ -ffl: (niü-boj-ni
saki'datgu koto ze^fi-mo nasi-to omoje'domo tada nandzi-nt wakaren
koto-no kanasi'Sa'jO'to ije-ba kan-ta-rb-ga iwaku moai jfc (f^^)'
buku-mo owasezU'Wa S^ ^ (mei-do) ^ ^ (kub-senj-no tomo-
n-nan on-kokoro jasu-kart^to fukakn i-i'kaioase'si'ni fodo-naku
'rai'-fit fakanaku nain-si.
Als Fiko-ta-r6, der Sohn Je-ra Fiko-san-fin's von der Strasse
A-tsutsi in Wowo-zaka drei Jahre alt war, bestellte man zum
dienenden Knaben einen Menschen Namens Ean-ta-r6, welcher
278 PfiimaUr.
eilf Jahre alt war. Derselbe war am Morgen und Abend ver-
traut und freundschaftlich. Als Fiko-ta-r6 acht Jahre alt wv,
befiel ihn unvermuthet ein Unwohlsein, und sein Zustand wurde
im nächsten Jahre hoffnungslos. Er zog Kan-ta-r6 nahe zu
sich und sagte: Ich glaube, es ist keine Frage, dass ich den
Aeltern und der Amme im Tode vorangehe, doch welch' eine
Betrübniss, dass ich von dir getrennt sein werde!
Kan-ta-r6 sprach: Wenn deine Wiederherstellung nicht
erfolgt, so werde ich dir auf dem finsteren Wege, an den
gelben Quellen Gesellschaft leisten. Sei im Herzen beruhigt —
Er gab ihm ein feierliches Versprechen. Nicht lange Zeit darauf
verschied Jener.
Kan-ta-rb^wa ^ ^ (nü-zinyno — ^ tt| (ikka-tsiü)
kujami-^'i ariki-te naka-itri-nitn tooki-te ^ B8^ (nükaij-ni agari
wosi'fada-nugi ßdari-no waki-ni waki-ztui-wo tstM-tatete migiri-
no toaki-je ßki-mawasi jA JS (km-hij-jori foB<Mio sita-madt
-l- ^ ^ (ziü'tnon'zij'ni kiri-te fuje-wo kaki^si-ni fone-mo
kirete usiro-no ^ (kawa) sukosi kakart-si sono wakt^zcui-rco
tsuje-ni tsuki kahe-ni motarete ^ (sij-su. Waki-zcLsi-no kissdid
si-gO'bu bakain wore-tari-si.
Ean-ta-r6 ging umher, indem er in dem ganzen Hause des
Vorgesetzten sein Leid klagte. Nachdem er einen Tag dazwischen
gelassen, stieg er in das zweite Stockwerk. Schnell den Oberleib
entblössend, in die linke Seite das kurze Schwert stossend, drehte
er dieses zu der linken Seite, machte von der Herzgrube bis
unter den Nabel einen Durchschnitt und zerkratzte dann die
Kehle. Indem auch der Knochen durchschnitten war, hing
rückwärts die Haut ein wenig herab. Auf das kurze Schwert
wie auf einen Stab sich stützend, lehnte er sich an die Mauer
und starb. Die Spitze des kurzen Schwertes war vier bis
fünf Linien weit gebrochen.
^ ^ (Ka-nai) odoroki ^ ^IL (kd-gij-je tUtoje-ri-ka-ba
4^ ^ f X;en-n) kitari-te ware-ra iku-tahi-ka ^ ^ (zt-gtUJ^e-
si-^oo mi-si-rd kakaru kenage-naru furumai kiki-mo ojobcau-to
^ (kanj'zi'keru. ^fß j^ (Wa-siUJ-ni oja-no an-si-ga kono tet-
wo mite fi-goro-no on-nengoro-ni kakaru kokoro-baae nasi-ie-ioa-to
iaagijoku mbse-si.
B«geb«nlieiten neuerer Zeit in Japan. 279
In dem Hause war man erschrocken und meldete es der
Obrigkeit. Der untersuchende Abgesandte kam und sagte voll
Bewunderung: Wir haben wohl mehrmals gesehen, dass man
einen Selbstmord beging, allein ein so kühnes Vorgehen ist
uns nicht zu Ohren gekommen.
In Wa-siü befand sich der Vater Kan-ta-r6's. Diesen
Zustand sehend, meldete er aufrichtig: Er hat in seiner lang-
jährigen Freundlichkeit einen solchen Entschluss gefasst.
Katawara-ni — - ^ (ittsüj-no kaki tooki-ari-si-ga go-bu-
S^ 15 ^ (tw-warw) ;g ^ (iwa-mi) tono ^ ^ (fi-ken)-8i-
tamb-ni ^ ffl (bun-teij^mo oU/na-si-ha sin-zin-no S^ ^ (mei-
do)'no tomO'Seru jasi-no ^ (bun) nari-kere-ba tono-mo namida-
ni mute-tamai-te ana fu-bin-ja ima-doki-wa byrsi-ni-mo kakaru
mono-wa mare-naru^zo-ja mamrte matsindo-no ge-ge-to i-i ^ fe
(ziaku-nenj-nite san-to-wa ^ ^ (ki'taij-no mono kana. Ato-
jori toburai-te torase-jo-to wdserare-si sunawaUi ^^ ^ (d6-tan)-
fori ^ P (sen-nitsiydera-ni ^ :^ (8iil'zijü)-no ist- ^ (tb)
— • fif (is^toj-^i tatsi'Si'tO'ZO, Kono koto jen-fo go-nsn si-guatau
ni'ZÜi-jokka'nite ari-ai.
Zur Seite war eine Schrift zurückgelassen worden. Als
die Oberaufseher, die Herren Isi-maru und Iwa-mi sie öffneten
und durchsahen, waren die Schriftzüge männlich, es war eine
Schrift, welche besagte, dass er der Begleiter des Vorgesetzten
aaf dem finsteren Wege gewesen. Auch der Herr schluchzte
unter Thränen und sagte : Ach wie bedauerlich ! In der gegen-
wärtigen Zeit ist selbst unter den Kriegsmännern ein solcher
Mensch selten. Um so mehr ein Jüngling, welcher einer der
Niedrigen der Menschen der Strasse genannt wird, er ist somit
ein Mensch der seltenen Zeitalter. Nachher lasset ihn den
Besuch des Grabes annehmen.
Man errichtete dann an dem Graben D6-ton, in dem
Kloster der tausend Tage, zugleich die steinerne Pagode des
Gebieters und Dieners.
Dieses ereignete sich am vierzehnten Tage des vierten
Monates des fünften Jahres des Zeitraumes Jen-fd (1677 n. Chr.).
280 Pfiimaier.
FaiDOrioo isame mideu-ni iru.
Der Mutter Vorstellungen machend, stürzt man
sich in das Wasser.
Je-do ko-ami matsi-no fotori-ni am mono-no 1^ ^ (ko-
sitsu) toai san-ziil-sitsi-fatsi bakan narirn-ga asa^na jü-be-m 1f^
(funJ'WO nuri bem-wo iroje ^ ^ (i-sibj-ni itam-made ima-
jb-no fü-riü'WO Uukusi arui-toa siba-i ^ i^ (ken-butm) arui-
wa kami'jasiro-mbde tera-ma-iri nado-io mai-nitsi idzuru koto
^ ^ (nen-getsu) kasanari-kei-e-ba "jy^ (jo)'no sonri fito-no
azakeri kiki-nikuki koto^domo-nite ari-sL
In Je-do, in der Nähe der Strasse Ko-ami, war die zweite
Gattin eines Mannes sieben bis acht und dreissig Jahre all
Dieselbe legte am Morgen und am Abend weisse Schminke
auf; färbte sich mit Roth und selbst in ihren Kleidern erschöpfte
sie die Zierlichkeit der gegenwärtigen Tracht. Bisweilen sah
sie das Schauspiel, bisweilen ging sie zu dem göttlichen Altäre,
besuchte den Tempel und andere Orte. Da ihre täglichen Aus-
gänge durch die Monate des Jahres sich wiederholten, tadelte
die Welt, die Menschen spotteten, und es gab zugleich Dinge,
welche abscheulich zu hören waren.
Ni'Ziü-sai bakari naru J| -^ (nan-si) ari-si-ga kono koUh
wo fukaku Hoi-kanasi-mite sasu-ga-ni woja-ko-no naka i-i-gataku-
te fito-wo tanomute sama-zama-ni isamure-domo sara-ni & ^|
(sib-inj-mo sezan-kere-ba sen-kata-naku-ja omoi-ken kaki-woki
nengoro-ni totonoje ^ B| (rib-kokuj-fasi-no uje-jori mi-wo
"^ ^ (sen-ninj-no ^ J[j^ (aui-teij-ni nage-si-ga nani-to-ka
gi'tsuran sidzumi-jedo kawa-no uje-ni nagare-juku, ffi^ ^ ^
(Koma'gata-dbyno fotori-nite ßto-bito fiki-age-si-ni sini-mo jarade
woja-moto-ni oknri-kei^e-ba fatoa toaga ajamatsi juje kaku koso
are-to futsu-ni "jg^ (jo)'WO nnki-mono-ni site kami-tvo kiri sama-wo
kaje ^^ j^ (go-se) ^ ÖJ (san-maij-no ßto-to iiari-faberi-hi.
Sie hatte einen Sohn, der zwanzig Jahre alt war. Der-
selbe empfand über diese Sache tiefen Verdruss und Traurigkeit.
Da es indessen zwischen Aeltern und Kind unmöglich war, es
zu sagen, bat er darum einen Menschen und machte ihr durch
diesen auf allerlei Weise Vorstellungen, doch sie stimmte
durchaus nicht bei.
Begebenheit«)!! neuerer Zeit in Japftn. 281
Wohl in der MeinuDg, dass sich nichts thun lasse; ver-
fertigte er eine zu hinterlassende freundschaftliche Schrift und
stürzte sich von der Brücke Ri6-koku in die tausend Halb-
klafter messende Wassertiefe. Was er auch gethan haben wird?
Er konnte nicht untersinken und schwamm auf dem Strome
fort. Bei der Halle Koma-gata zogen ihn Menschen herauf.
Er war nicht todt, und man schickte ihn zu den Aeltern.
Die Mutter sprach: Es wird meiner Fehler wegen so
geschehen. — Indem sie entschieden die Welt fUr nichts hielt;
schnitt sie das Haupthaar ab, veränderte ihr Wesen und wurde
ein im Guten beharrlicher Mensch des späteren Zeitalters.
Goku-rin-no ^^ (sin) toki-wo matsi QJ (sai^wo jfe|^ (ken)'Zu.
Ein überaus geiziger Diener wartet auf die
Zeit und macht die Qüter zum Geschenke.
ij^ ^ (MatsU'fira) Bogami-no kamt tono ^ ^ (nai-sed)
7 ilU ji^ (fu-nio-ij-ni tsuM anbete ^ pb (ka-tsiü) mbsi-awaae
531 fy (tsi-ge6) "J^ (taka)-ni ]g (woj-site ^ -^ (kin-au)
fore-sare-ni scm-age-n-ni 4^ ;fcj* (take-mura) i^ (zin) go-e-mon tote
ni'fiaku'Seki tamatoaru Kiwamete ijasi-ki fito-nite dH ^ (ted-
itki) kuro-gome-mesi-ni jaki-siwo-no foka nuka-mi-so-no azi-wo-mo
nrazari-ai fodo-nite fito maziwaii'mo ikko-ni na-kari-sUga.
Matsu-fira, der Herr Statthalter von Sagami, erfuhr in
Sachen des Inneren Unannehmlichkeiten. In seinem Hause
reichte er, dem übereinstimmend angegebenen Ertrage des Lehens
entsprechend, einem Jeden Geld. «
Ein Mann Namens Zin-go-e-mon aus Take-mura erhielt
zweihundert Scheffel Gehalt Da er als ein äusserst gemeiner
Mensch am Morgen und am Abend bei seinem Mahle von
schwarzem Reis ausser gebranntem Salze nicht einmal den
Qeschmack der Brühe aus Reiskleie kannte, hatte er auch
dorchaoB keinen Umgang mit Menschen.
JTono tahi uttoje-si-wa sore-gasi-ga jA (roku) -p ^
(ziü-nen) fai-nd itasazu sono aida ® ij^ (gun-jaku) mata-toa
% ^ ^ (sio-bu-td) koto-gotoku ai-tsutome koto-ni ^ ^
(faku-gin) san-ziü-kuan-me sad-agertai-to fito-je-ni negai'H-ka^ba
282 Pfismaier.
Umo-wo fazime gun-ain mina Ican-zi tamajeri, Sikare-d<mio kwioRr
no negai-wa ^ ^f; (sio-sij-no ^ (rei)'ni more-keru UAt tike-
taTnawazari-n-to nari.
Dieses Mal zeigte er an: Ich habe den Gehalt durch
zehn Jahre nicht in Empfang genommen. Ich habe unterdessen
bei den Obliegenheiten des Heeres^ ferner bei den Kriegs-
männem alle Dienste geleistet. Ich möchte insonderheit dreissig
Schnüre Silber darreichen. — Hiermit bat er flehentlich. Von
dem Herrn angefangen bis zu den Dienern waren alle von
Bewunderung erfüllt. Was jedoch die erwähnte Bitte betraf,
so sagte man, es sei durch die Gewohnheiten der Kriegs-
männer w^gefallen; und man nahm es nicht an.
^ ^ (Siaku-sonJ-ni "^ ^ -^ (bd-fu-boytii manäjen
koto-wo 0f ^ (kt-güj'su.
Man erbittet von Buddha, dass man die ver-
storbenen Aeltern sehe.
Je-do ^ ^ (j(ht8U jaj'ni :j||| pj (woai-da) jj (aed)-»-
mon tote ^ ^ (go-zibj-no go-fd-kd-nin ari i^ ^ (jS-nenJ-ino
toki ^ -j^ (fu-bo)'ni okure ^jj^ A (gan-siokuj-wo toobcjezaru
koto-^ßo fukaku nageki-si-ni.
In Jo-tsu ja in Je-do war ein Mann Namens Wosi-da
Se6-e-mon ein Dienender in der hohen Feste. In den Jahren
der Kindheit von seinen Aeltern zurückgelassen, beklagte er
tief, dass deren Züge ihm nicht im Gedächtnisse waren.
Gen-roku san-ziü-nen-no natsu ^ ^ (raJcu-zai) |^ ||^
(sa-gaj-no siaku-son ^ B| ^ (go-koku'zij-nite fatsi^ziü^nitsi'
no PI ^||^. (kai'tsib) ari-gi-ni mai-nitsi ^ ^ (8an-r8)'no negat-
wo wokosi naJci fu-bo-ni fito-tabi awase gan-sioku mi-ma-tras«
kotoba-tDokawasase-tamaje-jo^to — • ^ (iBsin)'ni ^ ^ (nm-gu)-
se'si'-ka-'ba.
Im Sommer des dreizehnten Jahres des Zeitraumes Gen-
roku (1700 n. Chr.) war im Westen der Hauptstadt, in dem
das Reich schützenden Kloster des Buddha von Sa-ga die
achtzigtägige Eröffnung des Vorhangs. Er brachte jeden Tag
bei dem Besuche die Bitte vor: Lasse mich ein einziges Mal
Begebenheiten neuerer Zeit in Japan. 283
mit den verstorbenen Aeltern zusammentreffen, ihre Züge
sehen und Worte wechseln. — Er betete so mit ganzem Herzen.
Go-nitsi-ni ataru jfi^ Q'oJ-no jume-ni siaku-son-no on-maje-ni
W ^1 (kiesen) amata ari-si naka-ni -|-^ ^ffi[ (zittoku) ki-taru
jjy P^ (zen-^monj-wa usircMvo mi-matoiisi ware-wa nandzi-ga
tiitsi nari ^ (joku) koso mai-nitsi ^ ^ (san-keij-se-si-to
iasika-nt kotoba-wo kawaae^ai tsitsi-jori ija- ^^ 1^ (sin-sin) isami-
te inori'kererha san-ziü-nitsi-ni ataru jfi^ (jo)-no jume-ni ma-no
atari fatoa-ni mamije'faberi'Si sono tdtosa mi-ni simi-te itsi-ri
amari fedate-si tokoro-je tsu-gb san-fiaku-do san-kei-si-tari-si.
In der Nacht des fünften Tages träumte ihm, dass vor
Buddha viele Vornehme und Geringe sich befanden. Unter
ihnen sah sich ein in ein langes Kleid gekleideter Bonze nach
rückwärts um und sagte: Ich bin dein Vater. Du hast gut
gethan, dass du jeden Tag den Tempel besucht hast. — Durch
den Vater, der sicherlich Worte gewechselt hatte, fasste er in
dem gläubigen Herzen immer mehr Muth und betete.
In der Nacht des dreissigsten Tages ti*äumte ihm, dass
er die vor seinen Augen befindliche Mutter besuchte. Diese
Ehre machte auf ihn tiefen Eindruck, und er erschien an dem
durch einen Zwischenraum von mehr als einem Ri getrennten
Orte im Ganzen dreihundertmal zum Besuche in dem Tempel.
jj^ fS {KiH-minywo nigiivasi-sukui ^M (sibj-niö.
Indem man das erschöpfte Volk unterstützt
und rettet, erhält man Lohn.
Bittsiü-no kuni ^ ßj (ja-taymura ^ 'jjc (kS-zmJ-site
ia-fata koto-goioku ^ "j^ (son-böj-se-si-ka-ha "g" jj^ (ßaku-aed)
«ttde-nt ^ ^ (ga-stj-ni ojohi-^u, jj ^ (Sed-ja) miru-ni
taje-gaiaku omoute -^ ^ (bei^kokuj-mo aru kagiri-too tori-
idasi wofKhwono-ni kasi-ataje mala wara anuUa tarasete zb-ri
vara-zi nado tsukurasete nigitDase-si-ka-ba fito-hito jorokobi-ajeru
koto kagiri-nasi.
In dem Dorfe Ja-ta, Reich Bittsiü, war grosses Wasser,
^ die Felder wurden sämmtlich beschädigt und zu Grunde
gerichtet. Die Menschen des Volkes waren dahin gelangt,
2H4 Pfritmaler.
Hungers zu sterbeD. Der DorfUlteste, der dieses sah, hielt es
für unerträglich, er nahm das Aeusserste des vorhandeoen
Reises und Getreides hervor und lieh oder schenkte es jedem
Einzelnen. Ferner Hess er vieles Stroh nehmen, Grasschuhe
und Strohschuhe verfertigen und damit betheilen. Die gemein-
schaftliche Freude der Menschen hatte keine Gränzen.
Kono goro g fj (koku-sij-jori ^ ^ (jf^asa) ß %
(min-buJ'WO ^ ^ (bu-gibj-to site ^ ^ (siO'sioJ-no ^ ^
(kon-kiü)'WO tculzune-tamai-si-ni mura-mura-jori f^ JE (9^'^V
tasuke-no :H^ J3p (fu'tsi)'WO koi-si koto kazu-wo sirazu.
Um diese Zeit machte der Keichsvorsteher seinerseits
Ju-asa, einen Angestellten von der Abtheilung des Volkes,
zum Oberaufseher. Derselbe suchte an allen Orten die Er-
müdeten und Erschöpften auf. Die Zahl der Bitten von Seite
der Dörfer um Unterstützung zur Rettung der Verhungernden
war unbekannt.
Sono naka-ni midau-ni tsujoku aterare-si ja-ta-murorjori-wa
nani-no negoi-mo sezare-ba sed-ja-no fakarai-to süe ko-fiakursei-
wa nni'Si'dai'to omoukeru-ni-ja fu-todoki-no koto nari-to tote
imizi-ku sen-gi'si'tamai'kere'ba tada-ima koto mbau-beki'toa fon-
i-ni-mo arazu mata kakusu-beki'ni'nu) fabet'azare-ba tote ari-no
mama-ni i-i-si-ka-ba bu-gtb te-wo utsi odoroki ka-bakari ^ ^
(ki-dokuj-no koto koao are-to sumyaka-ni ^ ^ (iai'ziüyje
uttoje-tamai-suni J^ l(^ (kan-sin) naname-narazu owaai-te J\, >|C
(fat8%'boku)'WO tamawari-si-to nari.
Darunter war von Seite des von dem Wasser stark be-
troffenen Dorfes Ja-ta irgend eine Bitte nicht gestellt worden.
Man sagte: Ist es eine Berechnung des Dorfältesten und hat
er vielleicht gedacht, es sei für die kleinen Menschen des
Volkes in der Ordnung, dass sie sterben? Es ist eine Frech-
heit! — Als man genau nachgeforscht hatte, hiess es, dass
man es eben jetzt melden solle, ist nicht die ursprüngliche
Absicht, man kann es auch nicht verheimlichen. Man sagte
es, wie die Sache sich verhielt.
Der Oberaufseher schlug in die Hände und rief erstaunt:
Eine so wundervolle Sache sollte es geben! Er meldete es
schleunig dem Statthalter. Die Bewunderung in dessen Herzen
war keine geringe, und er machte ein Geschenk von Reis.
Begebenheiten nunerer Zeit in Japan. 280
^ ÜSk (^^*-J^0 ^ (heo)-wo san-ziü-san J^ (sio)'ni inoru.
Man betet wegen der Krankheit eines Nicht-
verwandten an drei und dreissig Orten.
Wotoo-zaka naga-fori naka-fast-no zb^-uri ^^ (ninj-be-e-
ga tana-ni ^ ^. (an-giaj-no ^ (ad) ko8i-kake ^ (tsia)-
vx> koware-si'ka-ba mi-gurusi-ku-wa nije-domo kore-je irase-jo
tote tna-wan aratame-susume-keri.
In der Bude des Strohschuhverkäufers Nin-be-e an der
mittleren Brücke des langen Grabens zu Wowo-zaka setzte
sich ein wandernder Bonze nieder und bat um Thee. Nin-be-e
sagte: Wenn sie garstig ist^ so schenket ihn, obgleich er ge-
sotten isty in diese. — Hiermit reichte er ihm eine neue
Theeschale.
Ntn-be-e-ga ani nari-si ^fj (itsij'be-e'to iü mono i-awasete
hm-nitn-wa kokoro-zasi-no fi-nite arL Madzusi-ki soregasi nare-
domo 0^ ifQ (so'sbj-naru ^ ^ (fi'^0 ma-iraae-tasi-to ije-ba
^ Ä (ki-dokuj-no koto an, Jitki-te toben tote tomonai-juki-H
jj^ (sdj-no iwaku iäC ^ (td-siiiywa manako-no asi-ki-ni-ja
iare-ba kono ß^ Säg (gan-beo) juje itodo ^ |bk (sin-tai) Bemarir
taruni mata-mo su-beki jb nasi-to nageJä-kere-ba,
Ein Mensch Namens Itsi-be-e, welcher der ältere Bruder
Nin-be-e's war, hatte sich hinzugesellt und sagte: Heute ist
der Tag des Vorsatzes. Obgleich ich, der Arme es bin, möchte
ich ein grobes Nachmittagsmahl darreichen.
Es war eine wundervolle Sache. Er sagte: Wir werden
fortgehen und speisen. — Er bogleitete ihn und ging fort.
Der Bonze sagte: Sind denn die Augen des Wirthes schlecht?
Wegen dieser Augenkrankheit wurde der Körper mehr und
mehr bedrängt. Es gibt auch nichts, was man thun kann. —
Dabei klagte er.
SiScara-ba san-ziü^san-rio-no )|B ifi (ziitn-reij-wo se-jo-to
sugume'tafnat-si'ka'do j^ ^jt (ro-senj-fno nasi W^ ^ (sai^si)-
nojasinai'fno naku tada JS (guan) bakari-nite omoi'tatsi'gatasi''
io are-ba sate-n-mo ^/k \\r (seo-aiyno koto-wo kiku mono kana.
Mi-dzukara mosi inotsi ara-ba rai-nen nandzi-no tame-ni ziün-
rei'W'hesi'to iware-si-ka-do masasi-karazaru koto-ni omoi-ai-ni.
286 rfismaier.
— Indessen rieth man mir, dass ich, an dreiunddreissig
Orten umherziehend, die Andacht verrichte. Doch ich habe
kein Reisegeld, Gattin und Kinder sind auch ohne Nahnmg,
es ist unmöglich, den blossen Gedanken an das Gelübde auf-
kommen zu lassen.
— Also höre ich den Gegenstand des Leides! Ich selbst
werde, wenn, ich das Leben habe, im künftigen Jahre fbr dich
umherziehend die Andacht verrichten.
Jener, obgleich ihm dieses gesagt wurde, hielt es for
eine Sache, die nicht wahr ist.
Mib-nen san-guafsu-ni kitari jaku-soku-no ziün-rei-st fabm-
nan-to are-ba itsi-he-e utsi-odoroki makoto saru koto-nite ari-n-
ka-jo-to ttfr Ä (kuan'ki)'no namida-wo nagasi ito ari-gataku-
wa oboje-si-ka-do moto-jwi madztisi-ki wäre nai^e-ba su-beki jb-mo
fabercLZU köre nan wcja-jori tsutawari-si mamori jßj^ ajb g[
(dz%^z6'8on)'nite owase-si semete-no koto-ni fodokosi'ma'iraBen'to
are-ba jagate eri-ni kake nengoro-ni itoma-koi-si idete jukt-tamai-si»
Im dritten Monate des nächsten Jahres kam der Bonze
wieder und sagte: Ich werde die versprochene Andacht im
Umherziehen verrichten.
Itsi-be-e, sehr überrascht, rief: Ist es in Wahrheit eine
solche Sache gewesen? — Er vergoss Freudenthränen und
sagte: Ich fiihle mich sehr zu Dank verpflichtet, doch da ich
ursprünglich arm bin, kann ich auf keine Weise etwas thun.
Dieses von dem Vater vererbte Zaubergehänge ist der Geehrte
der Erdkammer. Ich werde es zum Wenigsten als ein Geschenk
reichen. — Jener hängte es sogleich an den Kragen, nahm
freundlich Abschied und ging, indem er hinaustrat, fort.
Fodo-naku roku-guatsu ni'Ziü-itsi-niisi'ni "TJ |^ (s^^)
ari'te 807'e-no me 96 (dziyd-gataku-wa vii-dzukara me^d-i-te
nandziiiokokorO'jO'karan jb-ni'io H[ (guan)-tate'9Uka*do ^ j^
(butsu-rikij-ni-mo kanawade-ja kono uje-wa (rniov-akiramurhesi,
Kaku sin-tai-mo ijo-ijo otoroje ^ -^ (sai-sij-mo ri-beasi iooMo-
ga ^ 1^ (kai-fö)'ni awan-mo ito kokoro-u-karvrbeH. Ware-wa
'jßS ^ [U (kh-ja-san) ^ ^ (sai-koku) ^ || (ren-gey^
(inj-no S j§ (in'kio)-nite fabeH nandzi ßtoi-i-no ari-te-mo sa-
nomi nan-gi-ni-mo faberazi iza ko-jo tote.
Begebenheiten neuerer Zeit in Japan. 287
Nach nicht langer Zeit, am ein und zwanzigsten Tage
des sechsten Monats, kam er zurück und sagte: Wenn diese
Augen nicht zu heilen sind, so war ich selbst blind, und ob-
gleich du auf eine wohl freudige Weise das Gelübde gethan
hast, so war es vielleicht der Kraft Buddha's nicht angemessen.
Darüber kann ich dich aufklären. Wenn so dein Leib
immer mehr abnimmt, deine Gattin und deine Kinder sich
trennen und du der Pflege des jüngeren Bruders überlassen
bleibst, wirst du im Herzen sehr traurig sein. Ich bin ein in
Verboi^enheit Wohnender des Gebäudes Ren-ge in dem west-
lichen Thale des Berges K5-ja. Bist du auch ein einzelner
Mensch, du wirst nur so nicht im Unglück sein. Also komm!
Akuru ß PI ^r (do-döysite ^ |_L| (t6'8an)''si'tainai'8i.
Gen-roku san-nen-no koto nari. Mizu sirazu-no ßto-wo ka-hakari
itawari'tamai'si-tDa makoto-ni totoki fiziri-nite owoM-mcuu-to fito*
hito J^ ]|p| (kan-ruiyae-d.
Am nächsten Morgen reiste er mit ihm gemeinschaftlich
und erstieg den Berg. Dies ereignete sich im dritten Jahre
des Zeitraumes Gen-roku (1690 n. Chr.). Derjenige, der für
einen Menschen, den er nicht gesehen hatte und nicht kannte,
auf eine solche Weise Sorge getragen, ist wirklich ein vor-
nehmer heiliger Mann. Dieses sagend, bewunderten und weinten
die Menschen.
•^ (Jen-si) woja-wo «^ (r%b)'dte ^ f(^ (zin-sin)-
ico JH $^ (kan-fas) su.
Der junge Affe heilt den Vater und erweckt
in dem Herzen des Menschen Rührung.
Sin-Hü Hmo'i-na kowori ^ ^ ^Qt (iini-iw-ja) mura-no
wono fvjU'HO fi kari-ni tde >|^ j^ (fu'8t)-awa8e'nite kajeru
mitsi-no wowo-ki-ni tcowo-zaru-no i-tari-si-wo köre kukkib-no koto
«an tote utsi-tori ^ (jo)-ni tri jado-ni tsukl mih-nitsi kawa-wo
ffigi'TMH kori'terwa fagi-gatasi tote i-ro-ri-no uje-ni tauri-oki-nu.
In dem Kreise Simo-i-na in Sin-siü ging ein Mensch des
Dorfes Iru-no-ja an einem Wintertage auf die Jagd. Als er
kein Glück hatte und heimkehrte, sass auf einem grossen
2H8 Pfizmaiar.
Baume des Weges ein grosser AfFe. In der Meinung, d&ss
dieses eine vortreffliche Sache sei, erlegte er ihn und nahm
ihn mit. Es wurde Nacht^ er erreichte sein Nachtkger und
sagte: Ich werde morgen die Haut abziehen. Wenn sie gefriert,
kann man sie unmöglich abziehen. — Hiermit befestigte er
ihn an einen Haken über dem Ofen.
•Ä W (Sin'ko)'ni me-wo samasi mire-ba tkete oki-si ß-
kage mije-tsu kakure-tsu sum-wo ibukasi-ku onioi fi^ ^ (no-
n6) ukagat' mire-ba ko-saru woja-no waki-no sita-ni tori-tnüd-i-
keru-ga — • pC (ippiki)-dzut8U kawaru-gawaru ori-te ^ Cfi)-nite
•^ (teJ'WO aburi woja-saru-no teppo-kizu-wo atatnme'Si'Wo mim-
jofi atcare-sa kagiri-nahi-te wäre ika-nare-ba mi-ßto^tsu taten
tote kakaru nasake-naJci koto-wo nasi-tau-to 4q ^ (aen-fij-wo
kui'te akuru ß jagate nio-bd-ni itoma torasete kanra-wo 9m
jO'WO nogare — ' K^ ^ fjü (^***"* fv-ranjno ^ ^ ^
(nen'biUsU'zia)'to nari ^ ^ (siokoku) ^ Jfj^ (tvi-giaj-ni
ide-gi-to van.
Als er um die Zeit der tiefen Nachtwache sich ermun-
terte und hinsah; war der Schein des Feuers, das er angefacht
und hingestellt hatte, bald zu sehen, bald war er verdunkelt.
Darüber verwundert, blickte er spähend hin. Junge Affen
hatten sich unter der Achsel des Vaters festgehalten. Sie stiegen
einer um den anderen abwechselnd herab, wärmten an dem
Feuer die Hände und wärmten die durch einen Flintenschuss
beigebrachte Wunde des alten Affen.
Als jener Mann dieses sah, hatte sein Mitleid keine
Gränzen. Er sagte: Wie kommt es, dass ich, um mich allein
aufzurichten, eine so grausame Handlung beging? — Das
frühere Unrecht bereuend, gab er am nächsten Morgen sogleich
seinem Weibe den Abschied, schor das Haupt, vermied die
Welt und wurde ein mit ganzem Herzen, durch nichts gestörter,
den Namen Buddha's Betender. Er zog aus, um alle Reiche zu
Fusse zu durchwandern.
Be^benheiten neuerer Ztit in Japan. 289
^ f^ (Yü-men) ^ ^ (zan-sia) -^ f^ (sen-ßj-wo
^ 'jfl (k6'kuai)'SU.
Ein begnadigter Verleumder bereut das frühere
unrecht.
J^ J\\ (To-katva) fi-go-no kamt tono ke-rai i^ jjj (sugi-
jama) ^^ (sigej-e-man-to iü mono siü-ssin'no dkurzi ziü-san-ka-
^ (deo) ^ ^S^ 0^^'S^)'j^ vttaje-si-ka-domo makoto-^iaki koto-
uite fu'todoki mbn-taru tote sunawatsi sige-e-man-too siü-zin-ni
kudatare'tari. Ka-rh-no men-men ai-gi-süe kubi-too fanen-to iü,
Siü-zin ki'ki-tamai'te ija aore^ni cjohazi tote juru$i'tamai'8i''ka''ha
ka-tM-no monO'domo woku-ha-wo kamute ikari-wo oaaje-tari.
Ein Hausgenosse To-kawa's; des Herrn Statthalters von
Fi-go, ein Mensch Namens Sugi-jama Sige-e-mon zeigte dreizehn
Schlechtigkeiten seines Vorgesetzten bei dem Hofe an. Man
^^^ jedoch, es seien unwahre Dinge und er habe auf freche
Weise die Meldung gemacht. Hierauf überliess man Sige-e-mon
dem Vorgesetzten. Die Aeltesten des Hauses gingen einzeln
unter sich zu Rathe und sagten, man werde ihm das Haupt
abschlagen. Der Vorgesetzte hörte dieses und sagte : Nein, so
weit darf es sich nicht erstrecken. — Hiermit begnadigte er
ihn. Die I^eute im Hause bissen die Zähne zusammen und
unterdräckten ihren Zorn.
Sono notsi ike-da ^ Bb (ku-nai) tono-je ^ ibk (stn-dai)
swumi-te kuni-tsukaini sige-e-mon kitari-si-ni nikvki -^ ^
(nei-zin) ko90 kitareri-to mina fito nirami-fn-ni fi-go-no kami-dono
wno mono kore-je tote johi-idasi nandzi-ni fisasi-ku awazu sin-
dai ari-tmkeru jo-na ku^nai-dono-ni ai-na-ba tori-awase iü-^beki-
zo-to ari'si'ka-ba sige-e-mon sikiri-ni A ]X| (kan^ruij-ni muaebi
m-gataki on-kokoro kana waga ajamari si-goku tsukamatsurt-nu.
^ V (Seß-se6) j^ v^ (jo-jo) wamre-gataki go- g Jg (k6-
^m) nnri tote jovokoln-si-to narL Kwe-too i-zeu-ni korotd-na-ba
nani'tote kaku-bakari waga ajamart-to-wa omd-beki-jn-fo tono-
fii-mo mata-niata jorokobi'tamajeri'tO'ka'ja,
Später trat er vor Herrn Ike-da, den Inneren des Pa-
lAstes, und als Abgesandter des Reiches kam Sige-e-mon.
Alle Menschen blickten finster und sagten: Der abscheuliche
Schmeichler ist gekommen. — Der Herr Statthalter von Fi-go
8«li«Bgt^«r. a. phil.-hiat CL XCT. Bd. I. Rft. 19
290 PfiimaiiT.
sagte: Jener Mensch hierher! und rief ihn hervor. Er sas^te:
Ich bin mit dir lange Zeit nicht zusammengetroffen. Wenn
ich mit dem Herrn, dem Inneren des Palastes, welcher, wie es
scheint, dich angestellt hat, zusammentreffe, so werde ich alles,
unter einander gemengt, ihm sagen.
Sige-e-mon, fortwährend zu Thränen gerührt und schluch-
zend, sagte : Wie schätzbar ist euer Herz ! Mein Fehler hat
die äusserste Gipfelung erreicht. Weil durch alles Leben,
alle Zeitalter hindurch eure hohe Gnade unvergesslich ist,
habe ich mich gefreut. Wenn man mich früher tödtet, wie
könnte ich in einem solchen Masse an meine Fehler denken?
Ist es bei dem Herrn auch der Fall, dass er immer wieder
sich freut?
|S 4J^ (Ven-konJ '|^ (kuaij-wo nasu.
Der Hass des Affen bewirkt Seltsamkeiten.
Kiisi-ge-ffono kita-jama wowo-fara-no ^9J >^ Wf (tsi-gih-
sibj-rtite teppo-fco motsi wowo-zant-no mije-si-wo nerai-tamb. Saru
onore-ga fara-wo icosijete te-wo awase-tari-st-wo vtsi-kwosare-si.
Sonn fi-jnri kokotsi asi-ki lote mijako-ni kajeri-famh. Tswif-ni
kiiareru ^ ^jß (i-siyno mije-n fodo-ni jagate ^( (miaku)'ti^o
mise-tamaje-ha kore-wa tsune-no jamai-ni-wn kaicaren. Mamtigi-
wo motsi'-i'tnmatra-ba tatn-dokoro-ni sirusi ari-nan. Sara-ba sore-
tco motome-jO'to,
Der Herr Kusi-ge ergriff auf seinem Lehen Wowo-fara
in Rita-jama eine Flinte und zielte auf einen grossen Affen,
welcher sich zeigte. Der Affe, der, seinen eigenen Bauch in
Acht nehmend, die Hände zusammengelegt hatte, wurde ge-
tödtet.
Seit diesem Tage sagte Kusi-ge, dass er sich schlecht
fühle und kehrte nach Mijako zurück. Als ein gewöhnlich
kommender Arzt erschien, Hess er ihn sogleich den Puls fühlen.
Der Arzt sprach : Dieses hat sich aus einer gewöhnlichen
Krankheit verändert. Wenn ihr eine Natter verwendet, so
wird es auf der Stelle ein Kennzeichen geben.
— Also verschaffe sie.
Begebenheiten neuerer Zeit in Japan. 291
M tokoro-je wmco-^kcara-no Ü^ ^^ (seS-ja) kifari-si-ka-hn
tada-ma nnndzi-ga kafa-nite mamtisi'too tori-te ma-irase-jo-to
tsukai-wo tmkawasu tokoro nari. Sed-ja-ga iwaku saiwai fito-ni
tanamarete mamusi-too mofsi kitarishrh kiü-naru on-koto-ni sh-
ravca-ha madzu kore-wo tafe-matsuru-hesi tote tori-idasi-kefu-wo
jaffafe i-si-no tcogije-st mama-ni totanojete ma-irase-keru-ni ^ä^
(neisii) fanafada sakan-ni natte tawa-koto-wo i-i osorosi-kari-
kere-bn woi-woi i-si-no moto-ni fito-wo jari-keru-ni ,
Indem er dieses sagte, war der Dorßllteste von Wowo-
fara gekommen.
— Es werde ein Bote geschickt, welcher in deiner Gegend
eine Natter fangen und herbringen lässt.
Der Dorfalteste sprach: Glücklicher Weise wurde ich
von einem Menschen darum gebeten und habe eine Natter
sjebracht. Wenn es bei euch eine dringende Sache ist, so kann
ich sie euch früher darbieten. — Hiermit nahm er sie hervor.
Man bereitete sie sogleich nach der Vorschrift des Arztes
und reichte sie. Das Fieber wurde sehr heftig, er redete irre
nnd war furchtsam. Man schickte eilig zu dem Ärzte.
Jb-jaku i-si-mo kitari-si-ni mamtm-wo ma-irasete-jori kaku
ko8o owasure-io kataru. Ist odoroki soregasi-wa kono goro gd-
siü-ni makari iada-ima kajerirsi tokoro-ni tsvkai tabi-tabt-ni ojobi"
sfi'to nke-tamawari-te ma-iri'sbrh'to wS Ä- (sekkaku) kore-too
kiJd fu-si-gi-no koto nari ika-ni-mo juje aru-besi tote wowo-fara-
fti fito t^ikawasi'te towase-keru-ni seß-ja kono aida-wa O £R
ikihtoyni ide-sbrawazu-to iü.
Endlich kam auch der Arzt. Man erzählte ihm, dass,
nachdem man die Natter gereicht, der Kranke sich so befinde.
Der Arzt war erstaunt und sagte : Ich war um diese Zeit nach
Gö-siü verreist und als ich eben jetzt zurückkehrte, vernahm
ich, dass ein Bote mehrmals angelangt sei. Kaum dass ich
hereinkomme, höre ich dieses. Es ist eine wunderbare Sache.
Es muss irgendwie eine Ursache haben.
Man schickte nach Wowo-fara einen Menschen und liess
fragen. Man sagte, der Dorfalteste sei während dieser Zeit
nicht in die Hauptstadt gekommen.
Kote t4ida-kofo-ni arazu tote kusi-ge^dono-no ^ jj^ (ren-
fiij'mtt owafii-keru 4^ ^ -^ (waka-wh-n) ^ jjj^ (s6-zih)-to
19*
292 Pfi«inai«r.
y>^ ^ (rokkaku-no) j£ f||j ^ (sed-sen-in) jf^ j£ («6-zftj-
#0 ai'tomo-ni flj (dan)-too kazari-te inorase-tamtMii dan-no ujt-
ni wowO'Zaru ßto-tsu araware-si-wo so-zib jagate fiki-kumi dan-
jori sita-ni korobi wotsi-saru-wo osajen-to aerare-d-ni saru-voa
nigete M ^A (mon-gucdynite juki-gata-naku nari-ai-ka-ba «o-
zib-mo sate-wa kono inori kanawazu tote dan-wo jaburar&-9i kmo
toki-ni ^ ^ (biö'zia) iki-toje-keru-to-kti-ja.
In der Meinung, dass dieses keine gewöhnliche Sache Bei,
schmückten der Richtige der Bonzen bei dem jungen Königs-
söhne und der Richtige der Bonzen von dem sechseckigen
richtigen Gebäude der Unsterblichen, Menschen, welche die
Brüder des Herrn Kusi-gc waren, einen Erdaltar und beteten.
Auf dem Erdaltare zeigte sich ein grosser Affe. Die Richtigen
der Bonzen umklammerten ihn sogleich und rollten ihn von
dem Erdaltar herab. Sie wollten den gefallenen Affen nieder-
drücken. Der Affe entfloh, und da vor dem Thore der Ort,
wohin er gegangen, nicht zu sehen war, sagten auch die Rich-
tigen der Bonzen : Also ist dieses Gebet unmöglich ! — Sie
zerstörten den Erdaltar, und um diese Zeit gab der Kranke
den Geist auf.
jW^ äfi (Sef8H'gat)-no jjj^ (so) -^ (koj-fo natfe ije-ico
forobosfi.
Ein gemordeter Bonze wird der Sohn und
vernichtet das Haus.
Je-do-nite aru ka-tsiü-no ^ ^R (iwa-ma) fgf (kan)'Za-
je-mon-to iü mono-no ^ (ko) ^ -j-* ]^ (fatsi-ziü-rh) cnazi
-^ "H läS (roku-ziü-rb) -Ä ^ (bakti-jekij'ni fokareri, Jo
ftikete-tca Wt (saij-mu^ime nado-mo idete ^ tt^ (*^'fö) "*'"
gurusi'ki kikoje ari-si-ka-ba tooja-wa ^ ^ (seppvku) -^
(ko) futari'Wa -^ ^ (8en'8iil)-nite kuln^wo fanerare-n,
Fatsi-ziü-rö und Roku-ziü-rö, die Söhne eines in Je-do
lebenden Hausgenossen Namens Iwa-ma Kan-za-je-mon, waren
dem Spiele ergeben. Wenn es tief in der Nacht war, gingen
seine Gattin und seine Töchter aus, und von ihrer Aufführung
verlauteten hässliche Dinge. Der Vater schnitt sich den Bauch
auf, die zwei Söhne wurden in Sen-siü enthauptet.
Begebenheiton neaerer Zeit in Japsa. !^93
Oja-seppvku-^o toki jA ^R (ken'sij-ni mukai siharaku
matst'tamaje mbsi-oki-taki koto arL Ware niaku-nen-no koro
akinai'ßziri fi-goro i-i-kawase-si koUhno ari-te neii-goro asa-ka-
razu wori-ni-toa waga fe-ja-ni kitari tomari-in aru toki kin-su
san-ßaki^rib amari motsi-kttari kon-do-wa si-awase joku-te j|^ Q
{kin-zitmt) mijako-je agaru tote sono ^ (jo)'mo onazi-toko-ni
ne-tari'si-ga tsuku-dzuku-to omoi-kerurwa kono fito-wo korosi karte-
wo fori omo mama-ni tsukai-fabera-ba kokoro-jokaran-to ^ ^
(aku-nen) okori-si'wo Hj ^ (aiükkej'to i-i aitaai-ki tomo-to i-i
iobwrai-no ni-awazaru koto ika-de aru-beki-to mi-wo kajeri-mite
nere-ba sara-ni ne-gataku-te tsui-ni ake-gata-ni 8<Mi-koro8i ai-gai-
wo fukaku kakusi kudan-no kane-wo taukb-ni motio-koto >|^ J^
(fvrsoku) na-kari-si-ka-ba notsi-ni-wa imizi-ku-mo si-tari-to OTiun-
$i koto-mo faberi'si.
Zur Zeit als der Vater sich den Bauch aufschnitt, sagte
er zu dem untersuchenden Abgesandten: ; Wartet eine Weile!
Ich habe etwas, das ich aussagen möchte. Als ich ein Jüng-
ling war, geschah es, dass ein mit Handel sich befassender
heiliger Mann gewöhnlich mit mir Worte wechselte, und seine
Freundlichkeit war keine geringe. Zuweilen kam er in mein
Zimmer und kehrte bei mir ein. Zu einer Zeit brachte er
über dreihundert Tael Goldes. Er sagte : Diessmal ist die Ge-
legenheit gut, ich werde nächster Tage nach Mijako reisen. —
Diese Nacht schliefen wir in einem und demselben Bette. Ich
dachte ernstlich: Wenn ich diesen Menschen tödte, das Geld
nehme und es nach Gutdünken verwende, so werde ich in
Gemächlichkeit leben. Indem ich diesen bösen Gedanken
fasste, nahm ich auf mich Rücksicht und dachte: Es ist ein
Bonze, es ist ein nahestehender Geführte. Wie könnte eine
für einen Kriegsmann unpassende Sache stattfinden? Es war
mir unmöglich, zu schlafen, es wurde endlich Tagesanbruch,
und ich erstach ihn. Ich versteckte den Leichnam gut, nahm
das erwähnte Geld und verwendete es. In meinen Sachen war
nichts Unzureichendes, und später glaubte ich, dass ich etwas
Vortreffliches gethan habe^
Sono notn 3E (sai)'WO mukajete fatM-ziü-rb umare-d-ja
im-ja ubu'ja-no utsi-ni kakajete miru-ni kano fiziri-ni sukosi-mo
iagawazu. Amari fu'si'gi'Sa-ni fiziri-no kosi-sita-ni-wa fokuro
ari-»i kore-ni-wa naki-ka-to mire-ba azajaka-ni ari, Sate-wa
294 Pfiimaier.
fizin-no waga ko-ni wumare-tai^u-jo-to wosorosi-ku omoi-d-ga
itsu'si-ka ßto-to nari-nu, Ima kakaru uki-me-ni ai -^ -^ {hu-
siyno Tnitsi-ni arazai^u wowaH-tvo tori-si koto mattaku fatsi-ziü-
rb-ga toga-ni arazu waga ^^ ^ (seki-aku) ima koko-ni mu-
kui kitareri. Kore-wo «N^ »Mj (zan-geysi ^ J^ (go-secym
tasukaru tojan-m-mo nare-kasi-to fadzi-wo-mo kajeri-mizti-dtt
mbse-si nari. Ono-ono — ^ (ippen)'no [g] |^ (j^-kb) ta-
rnuke-sase-tamaje. Wakaki kata-gata-wa kore-wo mi-oki-tamaje
kanarazu johonmanaru koto si-tamb-na, Inia kore-made nari
tote aeppuku-se-si-to nari.
Später nahm ich eine Gattin, und Fatsi-ziü-rö wurde
geboren, vielleicht auch nicht. Als ich ihn in dem Wochen-
zimmer in die Arme nahm und anblickte, war er von jenem
heiligen Manne nicht im Geringsten verschieden. Zum Ueber-
flusse des Wunderbaren hatte der heilige Mann unter der
Hüfte ein Mal. Als ich nachsah, ob dieses nicht vorhanden
sei, war es deutlich vorhanden. Ich dachte entsetzt: Also
wurde der heilige Mann als mein Sohn geboren! — Zu einer
Zeit war er erwachsen. Dass ich jetzt in solche Mühseligkeit
gerathen bin und ein Ende nehme, welches nicht der Weg
des Kriegsmannes ist, dieses ist nicht gänzlich die Schuld
Fatsi-ziü-rö's. Für mein aufgehäuftes Böse ist jetzt hier die
Vergeltung gekommen. Indem ich dieses bekenne, möchte es
ein Mittel zur Rettung des künftigen Lebens sein, und auf
die Schande nicht Rücksicht nehmend, sagte ich es. Möge
ein Jeder als Handopfer die Gebete hinlegen. Junge Herren,
sehet dieses! Hütet euch, unrechte Dinge zu thun. Jetzt ist
es so weit gekommen. — Dieses sagend, schnitt er sich den
Bauch auf.
^ ^ (Won-nen) tatsi-matsi ^ ^ (bu-zio)-ni tsukete
kataki'ioo ^ (gai-su).
Man heftet die Rachsucht plötzlich an eine
Beschwörerin und tödtet den Feind.
Je-do ^|) ^ (go-tsiaj-no miäzu-no jama^gtitsi ^ (ija)
go-za-je-mon dono ke-rai-wo ^ ^^ (ß-db)'ni korosare-si ^t i^
(rei'kon) sm-zin-ni tsuki aranu koto kutd-basiri-si-ka-ha mi-ko-
Begebenheiten neuerer Zeit in Japan. !^9ö
ivo maneki jari-wo tatasase inori-kerurni jjj^ ^J^ Hj (ki-nen-
sioj-ni müci-mi'Wo tate-oki-taiu-ni sono katana-wo ottori ija go-
za-je-man-wo tada fito-tttsi-ni kiri-korod-tarp, aida sunawatsi
mi'ko ^^ ^^ Ör (feO'zib'sioJ'ni fiki-idasi aen-gi »Msi-masi-
keru-ni mi-ko-ga iwaku aara-ni oboje-faberazu wäre wonna-no
mi-nite nani-no jS 4J^ (i-konj-mo imki-ni ajawe-vibsan-ja-to
i-i-si-wo sa-mo ari-nu-beki koto-to kiki-todoke-tamai mi-ko-wa tt|
man)' wo nogare-ni'keri.
In Je-do, an dem Bergausgange des Wassers Go-tsia,
hatte der Herr Ija Go-za-je-mon einen Hausgenossen wider-
rechtlich getödtet. Der Geist des Getödteten heftete sich
an den Vorgesetzten und sprach durch dessen Mund unbe-
gründete Dii^e. Man berief eine Beschwörerin und liess sie
ein Bannseil aufrichten. Während sie betete, hatte man an
dem Orte des Gebetes eine blosse Schwertklinge hingestellt.
Sie ergri£f dieses Schwert und tödtete Ija Go-za-je-mon mit
einem einzigen Hiebe.
Unterdessen führte man die Beschwörerin in das Gerichts-
haus. Als man Nachforschungen machte, sagte die Beschwö-
rerin: Ich erinnere mich durchaus nicht. Da ich als ein Weib
^egen ihn keinen Groll emptinde, warum sollte ich ihn tödten?
— Man nahm an, dass es so gewesen sein könne^ und die
Beschwörerin entkam dem Unglück.
-^ (Kt'H'sO'WO karo8i'fe notai ^J ^ (kd-riku)-
Nachdem man einen Mann der Bestätigung
getödtet, wird man mit dem Tode bestraft.
Mijako fatsi-man-no fo^i moto-ni kbzi-ja Sl (joj-za-je-
mon-to iü mono-too ^^ ^ (dzib'8iiiku)'7ii ai-keru jama-bim aru
toki kitari'te katari-tn-wa tosi-ßsdsi-ku kitari-d-lca-domo aa-nomi-
no koto-mo na-kari-ai-nt kon-do mitai-mitsi-na jgff j^ (ki-td)-
iro t^momare fu-ae-ni gin-au ni-mai uke-ai aono iwai-ni aake ma-
irasen-to ari-kere-ba aore-wa ^ J^ (tain-teöj-no koto iiari
icurt-mo ajakaran tote aakaiia-wo fotonoje tagai-ni nomi-keri,
Jamorbuai joi-id-aite ne-tara tok&ro-wo scm-koroal-te-gerL
296 Pfismaier.
Ein wahrsagender Bonze, der seine Einkehr bei einem
an der Brücke Fatsi-man in Mijako wohnenden Hefenverkäafer
Namens Jo-za-je-mon nahm, kam su einer Zeit und sagte im
Gespräche: Ich bin schon lange Jahre gekommeni doch eine
solche Sache ist noch nicht gewesen. Diessmal wurde ich auf
den Wegen um Gebet ersucht und erhielt als Almosen zwei
Stück Silber. Zur Feier dessen werde ich Wein darbieten. —
Der Andere sagte: Dieses ist eine kostbare Sache. Auch ich
werde etwas Aehnliches thun.
Er schaffte Fisch her, und sie tranken mit einander.
Als der wahrsagende Bonze in der Trunkenheit eingeschlafen
war, erstach ihn Jener.
Sono goro niijako-ni fd^ko-saae-heru musume hiiari-üe hono
ari'sama-wo mite oja-nagara-mo osorosi-ki koto suru mono-ktuia-
to mamori'ukeru-ga. Jagate ^jj^ /(^ (ran-sinj-site kuUi-iiuin
nasake-na-ja wadzvka-no kane-ni ware-wo korosu ktmo urami
8uko8t-karazu mi-jo-mi-jo nandzi ^jr JS (an'On)-ni'ica kJcu-
nuisi'ki'Zo ara kutsi-wosi-ja-to nonosiri-sakebu fodo-ni woja-no
ktisira-ni ^lawa-too tsuku-beki mono nari tote kore-mo sasi-ko-
rosi kaica-ni nagasi^keri»
Um diese Zeit war seine Tochter, welche er in Mijako
dienen Hess, gekommen. Indem sie diesen Umstand sah, dachte
sie sich: Obgleich es der Vater ist, verübt er schreckliche
Dinge! — Sie war auf ihrer Hut. Sogleich wurde sie im
Herzen verwirrt und sprach mit dem Munde des Todten:
Unbarmherzig! Wegen einer Kleinigkeit Geldes tödtet man
mich. Dieser Hass ist kein geringer. Siehe, siehe! Du lebst
in Ruhe wohlauf, wie bedauerlich!
Als sie so schmähte und schrie, sagte er: Sie ist eine,
die an den Hals des Vaters den Strick legen kann. — Er
erstach auch sie und warf sie in den Fluss.
Tsuma-ga iioaku musume-ga nuno-ko-wa fagi-ie nagasi-
kerurka-to fje-ba joku i-i-tari-to farvka-ni nagare-si si-gal-wo
wokkake fadakani ncmi-ie jari-kerL Kaku-balcari y^ |g ^
(dat-akti-nin) jiije wokkake nusu-bito-no jado-wo st-si toga-nitt
fari-tsuke-ni kakareri, Kono toki nani-to omoi-kaje-keru-ni-ja
dan-dan-no aku-zi-wo f^ jj^ (zan-gej-site-geri.
Die Mutter fragte: Hast du das Tuchkleid der Tochter
ausgezogen und sie dann in das Wasser geworfen?
Begebenheiten nenerer Zeit in Japan. 297
— Es ist gut gesagt.
Er lief dem Leichnam der weit weggeschwommenen
Tochter nach, zog sie nackt aus und trieb sie fort.
Wegen eines so grossen Bösewichts machte man sich
auf die Verfolgung, und er wurde wegen des Verbrechens,
Räuber beherbergt zu haben, an das Kreuz gehängt. Wie
mochte er um diese Zeit anders gedacht haben! Er gestand
seine nach und nach verübten bösen Thaten.
Woi'WO korosi'te ami-ioo jdku.
Man tödtet den Neffen und man verbrennt
das Netz.
Sb'siü jjj Q (fon'meJ'Ura-ni -^ 32 (dai-ku) fatai-ro-
hih-je-to iü mono-no woi-ni ^S ^ (dku-nin) atte mote-atsukai-
si-ga tsui-ni karamete umi-ni sidzunie korosi-kem-wa jen-fo sttsi-
nen-no natau-no koto ari-si, Joku-nen-no natsu W^ (aai) ^ -^
(nan-nj-wo umu. Tari-agete mire-ba ßtauni tsuno ari J^ "K
(zih-geyno 'jK (fa) kui-tsigai sono womote-buri woi-ni ni-tart-
ü-wo osorosi tote j^ 32 (sai-ku)-no db-gu-bako-wo tye-ni woki-
te woai-korosi-keru-ni.
An der Bucht Fon-me in Sö-siü hatte ein Zimmermann
Namens Fatsi-ro-biö-je zum Neffen einen bösen Menschen und
verhandelte mit ihm. Zuletzt band er ihn und versenkte ihn
in das Meer. Dieses geschah im Sommer des siebenten Jahres
des Zeitraumes Jen-fö (1679 n. Chr.).
Im Sommer des nächsten Jahres gebar die Gattin einen
Knaben. Als er ihn emporhob und anblickte, befand sich auf
dessen Stirn ein Hörn, die oberen und unteren Zähne standen
einander ungleich gegenüber und dessen Gesichtszüge hatten
Aeimlichkeit mit denjenigen des Neffen. In der Meinung, dass
dieses fürchterlich sei, stellte er über ihn die das Handwerks-
zeug enthaltende Eiste und erdrückte ihn.
Sibarakurwa mukvHnuku-to motsi-age'si'tO'ka-ja aore-vx) mi-
hcno adzuaa-ni kakete kiki-keru-ni ware-wo umi-ni aidzume-ai
urami fuJcaku-te -^ (koj-to umare ata-wo naaan-to ae-ai-ka-do
Tnaia korGaare-nure-ba taikara naai. Kono uje-toa 4^ ||| (kiAa-
^98 Pfizmaier.
nan)'ni awasu-besi-to i-i-si-ka-ba sono notsi fodo-naku ura-m
monO'to issio-ni ami-wo fost-oJci'»i'ni fatsi'rO'bib'je-ga ami ncm
mwaka-ni nioje-agan-te jake'fabtri-si'tO'ka-ja.
Nach einer Weile war es^ als ob es in windender Be-
wegung die Kiste erhöbe^ und man sagte : Ich habe dieses an
den Hartriegel der Beschwörerin gehängt und es gehört. Der
Hass darüber, dass man mich in das Meer versenkte, war tief,
und ich wurde als Sohn geboren, wollte als Feind auftreten,
doch da man mich wieder tödtete, habe ich keine Kraft.
Ueberdiess werde ich Feuerschaden erleiden lassen.
Später, nicht lange nachher, legten die Menschen der
Bucht gemeinschaftlich ihre Netze zum Trocknen nieder. Das
Netz Fatsi-ro-bi6-je's allein loderte plötzlich auf und verbrannte.
^ 3S r^*^!)-^^* jatsnko'ico korosi JH -^ (ni-si) :JJ ^
(kühbiöJ'SU.
Man tödtet ohne Recht Sclaven und zwei
Söhne werden wahnsinnig.
Bi-siü totüO'jania j^ "pf (ka-monj-io iü fito mcu-nen ke-
rai'tvo te-ntsi-nt jrf?' Wj^ (sei-bai)'Serararu koto sono kadzu-wo
sirazu. Ka-mon futari-no ko ari ani-wo I^ ^ Hj| (zin-no
suke) wototO'Wo J^^ ^ Hj| (miima-no 8iiJce)'to iü. 7bwo-»i
fHi K^ (ran'»in)'»ite-geri.
Die Zahl der Hausgenossen eines Menschen Namens
Ka^mon aus Towo-jama in Bi-siü, welche alljährlich von ihm
durch Erschlagen gestraft wurden, kennt man nicht. Ka-mon
hatte zwei Söhne. Der ältere hiess Zin-no suke, der jüngere
hiess Muma-no suke. Sie wurden zugleich geisteszerrüttet.
Sono woko7*u toki'Wa 'IfS "ö (dokit-gortyni ware^-wa nani
je-mon nani za-je-mon nani suka hani kura-nite shrb'ZO ware-
warcwa »ukosi-no toga-nite fabei-u-ni inotsi-no in (gi) a-jurtud
o-tasuke-tamoware-ja-to tsubttjaki-te-wa mata nianako-xoo ikarakasi
asi'ki jatsuko kana sore-dzure-no koto iü-ni-ja nan-deo onore-wo
tasuken-to i-i-te-wa ftdto tat^i-te fasira-nite kasira-wo utsi-tsuke-
utsi-tsuke utsi-jaburi i& ^jß (zessiJ'Si-keru-wo sono mama-ni
sute-oke-ba mala jorni-kajeri-te j£ ^ (sib-ki)'ni nari mi-no
uje-wo kanasi'i'iuigeku koto kib-dai tomo^ni onazi-kari'si-fo'fuzn.
Begebenheiten nenarer Zeit in Japan. 399
Äla ihr Wahnsinn ausbrach; sprachen sie mit sich selbst
und flüsterten: Ich bin der und der Je-mon, der und der Za-
je-mon, der und der Suke, der und der Kura. Wir haben eine
geringe Schuld. Wird die Sache des Lebens von euch zuge-
standen, von euch gerettet? — Femer blickten sie zornig mit
den Augen und sagten: Welch' ein schlechter Sclave! Eine
solche Sache sagst du? Wie werde ich dich retten?
Plötzlich erhoben sie sich und die Häupter immer an
einen Pfeiler stossend, zerbrachen sie ihn. Sie waren gänzlich
todt, und als man sie so Hess, wurden sie wieder lebendig und
waren bei Sinnen. In der Traurigkeit und der Beklagung ihrer
selbst blieben die Brüder einander gleich.
Muma-wo tf^uwari-te ^[J ^ (kub-siysu.
Man sagt bei dem Pferde Lügen und stirbt im
Wahnsinn.
;|^ 2p (Matsu-fira) a-wa-no kamt dono muma-wo seme-
sarnn tote kai-wo si-iaru-ja-to tadzune-famai-si-ni sukosi kai-tsure-
domo kuriufi-karazi-to oniol imada kai-faherazu-to mosi-tari-si-kd-
basono munia-too seme-tamb. Sikari-si-jori boiio muma toadzurai-te
tmi-ni ^ (tti)-si-keru
Matsu-fira; der Herr Statthalter von A-wa, wollte ein
Pferd abrichten und fragte: Ist es gefüttert? — Man erwiederte:
Ich habe es ein wenig gefüttert, doch ich glaube, es kann nicht
mühsam sein. Ich futtere noch nicht. — Jener richtete dieses
Pferd ab. Weil es so geschehen, wurde das Pferd krank und
Btarb zuletzt.
iSono notsi muma-ja-no mono i^ ^ (kib-kij-site kutsi-basii'u
phtoa tono-no o-ose-numo kai-wo sezu-wa norazi-fo koso faberi-
n-ni onore itsiiware-si juje kaku jamai-dzuki ^ (sij-tare-ba
kono urami naiidzi-ni an-to i-Ute tsui-ni kurui-sini-ket^i.
Hierauf wurde der Mensch des Pferdestalles wahnsinnig
und sprach mit dem Munde des todten Pferdes: In dem Be-
fehle des Herrn hiess es: Wenn man nicht gefüttert hat, so
besteigt man es nicht. Weil du gelogen hast, wurde ich so von
300 PfismaUr.
Krankheit befallen, und ich bin gestorben. Dieser Hass fallt
auf dich. — Alsbald starb er im Wahnsinn.
38K ^ (Nvrfi)'wo ^ ^ (kin-goku)'8i ^ (ziaj-ni ^
(fenJ'Site inotsi-wo ubb.
Eine Magd, in das Gefängnis» gesetzt, ver-
wandelt sich in eine Schlange und raubt das
Leben.
Je-do ßsa-je-man matsi-ni ^ B (kon-ja) 4^ (saj-ta-rb-to
iü mono ari. Am jo nusu-bito-ni ai ka-nai-no sen-scJcu ivwd-
kari'si-ni "^ -^ (ge-zioj-ga mippu sono jo küari-si-wo siru-
be-ni bu-gib-sio-ni uttaje-n-ka-ba toi-zth-ni kakaru, Kono tcotoko-
^^ ^^E ^K fSi (sorku-mayteö ^ "J" (san-teSyme ^ f-^^nj"
bib-je-to iü mono nari kore-ga aiü-zin kono motio-wa sa-aru kot4)
8w*u mono-ni-wa arazu-to kataku mbsi-tatete adzukari-nu.
Zu Je-do, in der Strasse Fisa-je-mon lebte ein Färber
Namens Sa-ta-ro. Derselbe traf in einer Nacht einen Räuber.
Indem er die Untersuchung in dem Hause sorgfältig betrieb,
erfuhr er, dass der Buhle der Magd in jener Nacht gekommen
war. Als er dieses dem Amte des Oberaufsehers anzeigte, sehritt
man zur Befragung. Dieser Mann war ein Mensch Namens Kin-
bio-je aus dem dritten Hause der Strasse Sa-ku-ma. Dessen
Vorgesetzter behauptete fest; dass dieser Mensch kein Mensch
sei, der eine solche That begeht, und erklärte sich für verant-
wortlich.
Kudan-no wonna nomi 1^ M (go-monyni kakari tsuraki
seme iabi-tabi-ni kcuanari wadzurai-si-wo siü-zin-ni ^ 9ä| (kan-
bib)'»U'b€8i-to no-tamai-si'ka-do sa-ta-rb-ga Wt (sai) motte-no
foka-ni ikari-nonosiri nttsu-bito-ni woi-to-wa kono koto nari sina-
ba sine-to tori-awazari-suni tsut-ni komori- ^ (fAysi-tari-si-wo
si-gai'WO tori-oku-bed-ja-to o-oserare-si-ka-do natoo-mo sono koto
ima-imasi tote mimt^ni-mo kiki-irezari-si-ka-ba ß^ ^ f^ (siü-
gokvrsiyjori tera-ni wokuri-sL
Man schritt bloss zum Verhöre des erwähnten Weibes.
Da harte Peinigung sich mehrmals wiederholte, wurde sie
krank. Man sagte ihrem Herrn, dass er sie in der Krankheit
R4>g«lNinlint«n naiierer Zeit in Japan. 301
pflegen möge. Die Gattin Sa-ta-ro's zürnte und schmähte
jedoch^ indem sie sagte: Für den Dieb eine Dareingabe ist
diese Sache. Wenn sie stirbt, so sterbe sie. — Sie kümmerte
sich nichty und die Magd starb bald in dem Gefangnisse. Man
befahl, dass sie den Leichnam wegnehme; doch es war ihr
noch immer unangenehm, und sie hörte es nicht an. Der
Vorsteher des Gefängnisses schaffte hierauf den Leichnam in
den Tempel.
Sotio goro aa-ta-rb-ga W^ (sai) itawari'si-ga jo-na-jo-na
an-do-no uje-ni fehi wadakamari'si aono toki'Xoa koto-ni kurtm-
mi-keri. Febi'WO korosi-te sutsure-domo mata tsiigi-no jo-wa kitari-
ini-nari sti-beki koto-nalcu mote-atsukai-si-ga tsui-ni mi'fnakai'isi,
Si-gm-wo moku-joku-scLse-keru-m kubi-ni fehi-no Tncdoutari-n-wo
wotto miru'jori mi-no ke jodatsi'te uki koto-ni omoi tje-ico ide
^ Aj) (fossin) j& ^ (siti-gihj-no mi-to nari-nu.
Jetzt empfand die Gattin Sa-ta-rö's Mitleid. Allnächtlich
krümmte sich über der Laterne eine Schlange, und um diese
Zeit war sie besonders leidend. Sie tödtete die Schlange und
warf sie weg, doch diese kam die nächste Nacht wieder und
verblieb. Ohne etwas thun zu können, befasste sie sich damit
and alsbald verschied sie. Als man den Leichnam waschen
Hess, hatte sich um ihren Hals eine Schlange gewunden. So-
bald ihr Mann dieses sah, standen ihm die Haare zu Berge
und dieses für eine traurige Sache haltend^ trat er aus dem
Hause, bekehrte sich und wurde ein den Wandel Uebender.
Muma-no suzi-fone-wo itameie |jA "Aw (fsin'zen)-ni (fit
ffn)'Wo miru.
Man verletzt Sehnen und Knochen des Pferdes
and sieht vor dem Gotte Blut.
Musasi-no ^ ^ -5^ (fatsi-wb-si) seii-nin-siü kasira
^ ^ (fara-fanysa-je-mon dono tsune-ni muma-no wo-suzi
naje^stizi-too kiri jakugane-wo atsnru koto-wo konomare-si, Aru
ton-no guan-nitgi-ni gi-soku ij^ (gonj-ziü-rb udzi-gami-je jjtt ^
(M-9an)'8en tote tori-t-uo maje-made jukare-si-ga ana kitana-no
mnmn-no jfe (tsiyja ko-wanani-to iü koto-zo |j^ "jj (sin-zenj-made
U ^ (man^manj'fxxrisan'kei-wanaru'be'karazu, Tomo-no saburai-
domo ika-naru kofo no^tamb-m-ja tsi-toa katsu-te mije-faberazu'to.
302 Pfizmaier.
Der Herr Fara-fan-sa-je-mon, das Haupt der Men^ der
tausend Menschen der acht Köni^ssöhne von Masasi, liebte
es gewöhnh'ch, die Schweifsehnen und vorderen Sehnen des
Pferdes zu durchschneiden und ein glühendes Eisen darüber
zu halten.
An dem ersten Tage eines Jahres wollte sein Sohn 6on-
ziü-r6 den Altar des Oottes der Geschlechtsnamen besuchen
und war bis zu dem Vogelsitze gegangen, als er ausrief: Sehr
schmutziges Pferdeblut! Was bedeutet dieses? Es hat sich bis
zu der Vorderseite des Gottes verbreitet. Der Besuch de?
Tempels kann nicht stattfinden.
Die ihn begleitenden Kriegsmänner sprachen: Was für
eine Sache sprechet ihr? Blut ist durchaus nicht zu sehen.
Lje-domo mi-dzukara-ga me-ni-wa mina tsi-ntte fnmu fokoro
nasi tote tori-i-no foka-nite nnkadzuki kajeri-keni-jori tccufzurfii'
dzuki mvma-no inanahi ma-ne-wo si nanu-ka-ni atari-siß J^ ^
(sxb-kiyni naii-te iwaku mu-npri-ja woja-no jo-karanu koto-tco mft
muma-wo kurusime-tamb 5p [^ (zai-sib) tcare-nt mukui t^fihi-
sib-db-ni ^ (das) sunt koto-no kanafd-sa-jo tote ^|^ 4fi (ko-
knai)-serare sono M^ (jo) mimast-kn narare-ki.
Er aber sagte : Vor meinen eigenen Augen ist alles Blut.
Es ist kein Ort, auf den ich treten könnte. — Er schlug ausser-
halb des Vogelsitzes das Haupt an den Boden. Sobald er
heimgekehrt war, wurde ihm unwohl. Er ahmte das Wiehern
des Pferdes nach. An dem Tage, an welchem es sieben Tage
waren, kam er zu Sinnen und sagte: O Leid! Der Vater thut
Dinge, welche nicht gut sind, und quält Pferde. Das hindernde
Verbrechen wird an mir vergolten. O die Traurigkeit, dass
ich dem Wege der Thiere verfalle! — Reue bezeigend, starb
er in derselben Nacht.
"TC lllfe (Dai-zia)'%co Wt S& (setsv-gai)-site notsi onazi-hi-ni
^ (/n)-sn.
Man zerhaut eine grosse Schlange und stirbt
später an dem nämlichen Tage.
To'db idzumi-no kami dono vtsi. ^^ SS (waka-wara)
Ä Jj^ (^'jo)-to in ßto-no ke-rai löj ^ (zin-feij-to itt memo
Bei^benhpit4*ii neuerer Zeit in Japan. 303
{'fte-no ^@ ffl (gn-ma)'WO fnne-nite toworu toki itoa-ni ataini-to
omoi-Hi-ni tcohifatasi-ku ßbiki-fe ^ jj|^ (dai-zia) ugokf-ide-tari.
Als Zin-fei, der Hausgenosse eines in dem Inneren T6-
Ah\ des Herrn Statthalters von Idzumi, befindlichen Menschen
Namens Waka-wara I-jo, durch Qa-ma in I-se zu Schiffe reiste,
g^laubte er, dass man an einen Felsen stosse. Es wiederhallte
gewaltig, und eine grosse Schlange hatte sich herausbewegt.
Zin-fei sukosi-mo sawagazu katana-wo nuki -^ jj|^ (dai-
naj-wo kasiva-wo ntsi-otose-si sono take ziüsan-ken ari-si, Kakaru
monO'Wa aio-ni intari-wo nasu-io lü M^ Bf (ko-zitsu) ari tote
do-wo mi-tsn-ni kiri kubi-to issio-ni fSmuri-te toburausi-ni ziü-
san-nen-me-no ^ ^ (do-gnatsu) ^ Q (do-zitsu) ^ ^j
(do-kokuyni widzu-wo nomu tote mutende sini-keri. Ika-naru
koUhno ajcLsi-ki koto-no ari-kei'U'ni'ja sadamete jj|^ (zia)'no juje
nant'besi'to ßfo-bito mbsi-ajeri-kL
Zin-fei, nicht im Geringsten bestürzt, zog das Schwert
and hieb das Haupt der grossen Schlange ab. Die Länge
derselben betrug dreizehn Ken. Meinend, es sei ein altes
Gesetz, dass solche Wesen in der Folge Heimsuchung bewirken,
zerhieb er den Rumpf in drei Theile, vergrub diese zugleich
mit dem Haupte und beging die Trauer.
Im dreizehnten Jahre, in demselben Monate, an demselben
Tage und in derselben Viertelstunde, indem er Wasser trank,
schluchzte er und starb. Welche Seltsamkeit irgend einer
Sache geschehen sein mochte ? Die Menschen sagten unter
einander, dass es wahrscheinlich wegen der Schlange sein
werde.
Kome-wo ubai momo-wo kiri J^ W^ (sitsi-dai) asi-wo jamu.
Man raubt Reis, haut den Schenkel ab, und
sieben Geschlechtsalter haben kranke Füsse.
Seküga-wara ^ (dzin)-m ^ J|| (mi-ma) yj" (saij-san-
r^hfo iü fito jama husi-no ^ ffi (bei-noywo motsi-te towoH-keru-
^* "Ä ^ (^/J^ro^-Mo fame-ni tote jama-bust-no migiri-no taka-
momo'Vco kiri^te otosi kome-wo ubai'fori'kere'ba jama-btisi wowoi-ni
^ri'te fiiiai-'dai-wa urami-wo nasan-to omeki sini-keri.
304 PfiimRifer.
Id dein Kriegslager von 8eki-ga-fara hieb ein Mensch
Namens Mi - ma Sai san - rb, als ein wahrsagender Bonze mit
einem Sacke Reis hindurchging, unter der Angabe, es sei
wegen der Mundvorräthe der Krieger, den rechten Ober-
schenkel des wahrsagenden Bonzen ab und raubte den Reis.
Der wahrsagende Bonze, in grossem Zorne, schrie : Ich werde
sieben Geschlechtsalter hindurch Rache üben! und starb.
Sore-juje-ni-Ja sai-san-rb migiri^jw kata nage-cui-ni nari
^ J§ (In-kioJ-site ^ ^ (ka^tokuj-wo watase-lßa an na-
wori-te ka-toku-no ko mala nage-asi-ni naru koto ima-ni iiari-U
onazi. Maki-no suru-ga-no kami dono ^tt "^ (ka-rb)'io nan
mbsi- tsuiaje-au
Desswegen wohl wurde Sai-san-rö auf dem rechten Fasse
lahm. Als er sich zurückzog und seinen ältesten Sohn brachte^
heilte sein Fuss, und der Fuss des Sohnes des ältesten Sohnes
wurde wieder lahm. Bis jetzt geht es so fort. Der Haus-
älteste Maki-no's, des Herrn Statthalters von Suru-ga hat es
überliefert.
Tora-no kawa vsi-wo matoi tisi-no naki-wo nasi-te ^
(8i)-8U.
Mit einer Tigerhaut das Rind umwickelnd,
ahmt man die Stimme des Rindes nach und stirbt.
Je-do wO'Wari Wj (ted) itsi-teo-nie-no bgi-ja usi-no ko-wo
motome womote-jori asi-made tora-no kawa-nite nm-fukufin sakai-
BIJ* (teo)'no siha-Uni idasi dai-btin-no atai-wo fori-si sika-mo
nako^ezi tote kutsi-wo nui-kome-si juje-ni ^^ jttj (sioku-moimi)-
wo tatte roku-sitsi-nitsi sugttre-ba sini-keni-wo tori-kaje-tori-kaje
go-roku' p[C (ßki)-ni ojoberi. Sono goro-jon kano mono kokoro-
oM'ku'te najami'si notsi-ni-wa fitamra-ni vst-no naku ma-ne-tco
site 8tni'8i'to nan.
Zu Je-do, in dem ersten Hause der Strasse Wo-warij
suchte ein Fächermacher ein Kalb, nähte es vom Gesichte bis
zu den Füssen in eine Tigerhaut, führte es dann zu dem
Schauspielhause der Gränzstrasse hinaus und nahm dafür einen
übermässigen Preis. Jedoch, damit es nicht blöke, hatte er
ihm den Mund zugenäht. Desswegen hatte es kein Futter,
und nach Verlauf von sechs bis sieben Tagen starb es. £r
BegeVenheiten neuerer Zeit in Japan. 305
nahm immer wieder andere und gelangte bis zu fünf oder
sechs Thieren. Seit dieser Zeit war jenem Menschen im
Herzen übel, und er kränkte sieh. Später ahmte er ernstlich
die Stimme des Rindes nach und starb.
Nezumi jubi-wo kurai itumu.
Der Schmerz von dem Bisse einer Ratte in
den Finger.
Je-do ko-isi-gawa Ä ^ fö (den-dzü-inj-ni ^ ^
(n-satsu)-to iü JÖj' >^ (sio-ke) ari. Kono ^ (8&) ziaku-
nen-no toki aru-fi-no sariirno koku-bakari-ni nezumi-wo torajen
tote woi-mawasi migiri-no te-nite mgiri korosare-si-ni nezumi ka-
ftira-wo furi'kajesi jubi-wo kurai-te sini-keru ^ ^ (Tb-
hun)'ni sukosi itami-d-ka-do sctssoku kokoro-joku nari-faberi-si'
ga sono notsi fi-goto-ni JJ^ (ban) nana-tsu koro-ni-wa kudan^no
jubi sücu'siku'to itami-te — • ^^ (isseSJ-ga aida onazi-koto nari,
Kano nezumi ikareru ^ ^ (8ai'go)-no — • ^ (itsi'nenyni'ja
mnkoto-ni osorosi-ki äj 1^ (si^'sin) nari-to tsune-ni kata-
rare-si.
Zu Je - do, in dem Gebäude Den - dzu von Ko - isi - gawa,
befand sich ein Novize Namens Ri-satsu. Dieser Bonze wollte
in seiner frühen Jugend, an einem Tage um das Viertel der
Stunde Saru eine Ratte fangen. Indem er sie herumtrieb,
erfasste er sie mit der rechten Hand. Während sie getödtet
wurde, drehte die Ratte schnell das Haupt zurück, biss ihn in
den Finger und starb. Obgleich es ihn im Augenblicke ein
wenig schmerzte, war er sogleich guter Dinge. Später schmerzte
ihn jeden Tag am Abend um die siebente Stunde in geringem
Grade dieser Finger, und es blieb sich dieses gleich, so lange
er lebte. Man sprach gewöhnlich: Diese Ratte war zornig,
sie war wohl in dem einzigen Gedanken der letzten Stunde.
Es ist in der That eine schreckliche Ergreifung des Herzens.
Sittnngeber. d. phü.-hist. Ol. XCV. Bd. I. Uft. 20
306 Pfixmaier.
yj (Ka-sai) ^ -^ (fteo-zio) mi-dzukara ij^
(8eO'SP.t8u)'to -S (f/hysii.
Ein durch die Qabe des Liedes ausgezeich-
netes junges Mädchen nennt sich Fich tenschnee.
I'Se-no kuni nanigasi-no musvvue-yu A\^ (inu)-fo ijeru mono
fl''^'« 2fC |m (Fon-sev) jasasi-kti-te 5(5D Wi (toa-kaj-wo kam-
meri, Notsi-no a^ita-no koi-to ijeim ^S (dai)-siU
Kinu-ginu-no wakare-no fodo-no womoi-dete ima dam tsv-
raki tori-no ko-e kana.
In dem Reiche I-se war ein Mädchen Namens Inu. Ihre
Gemüthsart war freundlich^ und sie liebte das japanische Lied.
Sie dichtete auf den Gegenstand: ,Die Liebe des späteren
Morgens' die Verse:
Der Seidenzeuge | Trennung, ihre Zeit | wenn in die
Gedanken kommt, { ist jetzt nur die schmerzliche | Stimme
des Vogels!
-p ^^ ^^ (Ziu'Saii'SaiJ-no jowai-ni gen-roku ziu-mn
sib-gtmtsu-ni. mi-makari-keru-ga ifo-joku j^ "rap (gO'8e)-no ito-
nami-wo-mo saiori-te nru fg (sö)-wo maneki waga rmki-na-wo
i^ ^^ (sed-8efsv)-to tamaware sari-si koro matsu-no jvJci-f^
ijeru SS (dai)-nife ufa jorni-fanberi-keru tote
Saza-nami-ja ^k ^[ (si-gaj'no fama-matsu itsti-jori-mo
ima fitO'sitco-no jnki-no ake-bono.
]^ iÜ i& (Si-de-dziyno j|g (kateyni -|- ^ (ziü-
nenj'-wo sadzuke-je-sase-tamaje tote nen-goro-ni ^ '^ (neu-
bus) 81.
Moro-tomo-ni kutsi-na-ba kufsi-jo nagarajete nokoru-mo tsu-
rasi adasi uki- ^^ (naj-no
to jomi-te owari-to nari.
In dem Alter von dreizehn Jahren, im ersten Monate des
zehnten Jahres des Zeitraumes Gen-roku (1698 n. Chr.), starb
sie. Sehr gut den Aufbau der späteren Welt erkennend, rief
sie einen Bonzen zu sich und sprach : Verleihet mir nach
meinem Tode den Namen Seö-setsu ,Fichten8chnee^ Um die
Zeit meines Scheiden» habe ich unter der Aufschrift «der
Fichtenschnee' ein Gedicht verfasst:
Begebenheiten neuerer Zeit in Japan. 30^
Die krausen Wellen ! | Die üferfichte von Si - ga, | seit
wann auch | ist sie jetzt immer noch | der Tagesanbruch des
Schnees ?
Lasset mich auf dem Wege des Todeshimmels als Mund-
vorrath die zehn Gebete gereicht erhalten! — So sagend;
betete sie eifrig zu Buddha.
Wenn Alle zugleich | verfaulen, mögen sie verfaulen! |
Im Fortleben | übrig bleibend, leidvoll ist | ein anderer eitler
Name.
Nachdem sie diese Verse gesagt, verschied sie.
Fodo'fete iioUi kono musume-no kakaru 96 yj^ 0*«**"
saij-no ari-si koto ika-nai^u tajori ari-te-ka "tC % (dai-ri)-
ni kikosi-mesare anata-no ^( (jei)'no naka-ni 5Bl "^ (go-siü)
^ (onJ'tome-scise-keru-fO'jn ^ (jo)'no ZL "^ (ni'siüj-tca
morasi-tAu, Matsu-no juki-to ijeru dai-wo ^t (anj-zi-tvadzurai"
te ^ (sij-seru ßto-no futa-tahi kitareru ija-to fifo-bito i-i-ajeri.
Nach einiger Zeit hörte man, da wohl irgend eine Nach-
richt zugekommen, in dem grossen Inneren, dass dieses Mädchen
von so schöner Begabung gewesen, und man behielt unter jenen
Gesängen etwa fünf Stücke zurück. Die übrigen zwei Stücke
gingen verloren. Das Gedicht ,der Fichtenschnee' beurtheilte
man mühsam, und die Menschen fragten in Gemeinschaft, ob
die Verstorbene noch einmal gekommen sei oder nicht.
T ^ Ä? Ä r^*^'^^^ zen-ni) omote-wo jai-te ^
I fb)-wo motomu.
Die Nonne Ri6-nen verbrennt ihr Angesicht
und sucht die Vorschrift.
T ^ 'iPI Ä (Jii^''^^^ zev'm)'wa ^ (mijako)'no
fito-nife -^ Bb (o'O-ufM)'m fjfuknje-faheri'si'ga fj^ ^ (kon-
in)-i}o koto fito-no naka-datn-si-keru-ni \ ^ (ko) ^ y^ ^
(8an'Si'7iin)-mo umi-na-ha itoma tainaware-to sS ^»J (kei-
jaku-site ^ (kaj-si juki-keri. ^ "f" ^ ^ (San-ziü-
jo-sai)^no toki made J| ^ (nan-nio) ^ ^ (aan-nin)
20*
308 Pfismaier.
mhke wofto-ni sika-sika-no koio-wo i-i fsyi-ni kami-wo sori ko-
romO'WO some ^ ^ (rin-sai) ^ f^ (wh'b€Jcu)'no ^
JjS| tt (siO'Zen'rin)'nt vi ^ ^T (san-dh) fima-naku tm-
tofne-keri.
Die Nonne Riö-nen stammte aus Mijako und diente in dem
grossen Inneren. Ein Mensch machte fiir ihre Vermälung den
Vermittler. Indem sie sich bedung, dass man^ wenn sie drei
bis vier Kinder geboren haben würde, ihr die Entlassung gebe,
vermalte sie sich und ging weg. Bis zu ihrem dreissigsten
Jahre erhielt sie Söhne und Töchter im Ganzen drei. Sie
sagte dem Manne das Bewusste, schor hierauf das Haupthaar,
färbte die Kleider und in den Priesterwald der die Vollendung
überwachenden gelben Flügelfrucht tretend, befleissigte sie sich
unablässig des Besuches des Weges.
Ten.u>a guan-nen-no fuju ^ 0. (fm-mn)-no tame-ni
tote ]jf]2 ^ (je-do)-m kudari ^ J^ (i-no uje) jamato-no
kamt tono-no jasiki-ni ari-si ^ ^ (faku-wo) tvo-sib-ni ma
mije ^^ (fo)'too uken-to koi-si-ka-do kawo-katat^i uruwast-kl-
ni'Wa ^^ pj (nin-ko) osare ari-to nO'tamai'si'ka'ba jogate tafsi-
kajeri fi-kaki-too jaki fitai-jori j^ (rihyno kawo-ni itai^u madt
jaki-tadarasi wo-sib-m mn-iri-ai-ka-ba sono ^^ ^ (kon-sihtDO
fukakti J^ (kan)-zi ^ j^ (tai-fo) nokori-naku [^ ^ (fv-
ziii) ari'Si toki ^ ^ (si'ka)'Xco ^ (fu)'Site ^ (fcij-
si'keri.
Im Winter des ersten Jahres des Zeitraumes Ten-wa
(1681 n. Chr.) reiste sie, wie sie sagte, um überall die Tempel
zu besuchen, nach Je-do herab, erschien bei dem in dem
Hause I-no uje's, des Herrn Statthalters von Jamato, befind-
lichen Bonzen Faku-w6 und bat, die Vorschrift in Empfang
nehmen zu dürfen. Doch dieser sagte ihr, dass bei der
Schönheit ihrer Gesichtszüge die Reden der Menschen zu
furchten seien.
Sie ging sogleich nach Hause, glühte ein Schüreisen
und brannte sich von der Stirne bis über beide Wangen.
Als sie sich hierauf zu dem Bonzen begab, war dieser von
ihrem ernsten Vorsatze tief ergriffen und überlieferte ihr
vollständig die grosse Vorschrift. Er dichtete dann ein chine-
Begebenheiten seaerer Zeit in Jspftn. 309
sisches Gedicht und ein japanisches Lied und machte es da-
durch bekannt.
Mitkasi ^ ^ (kiü-rij-ni asohi B|| Jfi (raTi-ztaytoo
takn I inia |jp j^ (zen-rinj-ni Ute ^ ^ (men-fiywo jaku.
Einst wandelte sie zu dem Inneren des Tempels, brannte
Luftblumen und Moschus. Jetzt tritt sie in den Priesterwald
uud verbrennt die Haut des Angesichts.
PH ^ (Si-zioyno jj/j^ ^ (riü^kd) sara-ni ato-nasi \
tare-ka köre ^S iff (ko-tsinj-ni utsuru koto-wo sirazu.
Der Lauf der vier Ordnungen ist wieder ohne Spuren.
Man weiss nichts dass Jemand in die Zahl übergegangen.
Ikeru, "jH^ (jo)'ni sutete taku ^ (mi)-ja u-karamcuii jMl
(tsui)'no taki-'gi'to omowazari-se-ba.
In der lebendigen Welt | der Leib wohl, den man ver-
wirft und brennt, | wird elend sein, | als Brennholz des
Endes | wenn man ihn nicht betrachtet.
Tadare-taru kizu jagate ijete suko^i-mo ato tsukcunari-ai-mo
nuifa ^ iäp (ki'doku)-no koto nari. Je^do-tsikaki wotsi-jai-to
iü tokoro-ni mi-dzukara 4^ -^ (sed-zia)'Wo ^& ^UL f^^**"
riujsi — • ^ ^ (itsi-zeO'inJ'to -S* (yo^si ama-mt-tJüp atsume
j^ (f6)-tco toki'si-to tiarL
Die Brandwunden heilten sogleich und Hessen nicht im
Geringsten Narben zurück, was ebenfalls ein Wunder ist. An
einem nahe bei Je-do gelegenen Orte Namens Wotsi-jai er-
richtete sie ein geistiges Haus. Indem sie dieses das Oebäude
der einzigen Ueberwindung nannte, versammelte sie die Nonnen
und erklärte die Vorschrift.
Ip Ä (Zen-ni) womote-wo jaki ^ ^ (ßi-ka) ^
(fo^wo vkii.
Eine Nonne verbrennt ihr Angesicht, singt
ein japanisches Lied und nimmt die Vorschrift in
Empfang.
Mukcui ^ ^ (ko'siü) aiwo-jama-ni ^ ^ (fo-sin)
uJ0-«e6 tote Tß^ ^ (ko-söj-no imoto nari-d zen-ni owim^keru^
310 Pfixmaier.
ni yj^ j^ (sai'tsi) ßto-ni koje ffi i^ (sessoj-ni tagui-na-
kari-si-ka-do hi-rei-no kikoje an-te "W (jo)-no sosiri saJce-ga-
tasi'to 010 (8i)'no no-tamai-si koto-wo kiki-tamai-te ^1^ ^
(tekkuaj-wo womote-ni ate 5(«D ^ (wa-kaj-wo ^ (jeij-nie
Waga woniote urami-te jaku-zo nwo-no jama ff^ J^
(ama)'no faku «f^ (fi)-^ fito-ja miru-ran.
Einst befand sich auf dem Salzberge in Ko-siü eine
Nonne, welche die jüngere Schwester eines hohen Bonzen, des
Bonzen F6-sin war. Dieselbe überragte die Menschen in Be-
gabung und Verstand, ihr Festhalten an der Tugend war ohne
Gleichen. Da sie jedoch in dem Kufe der Schönheit stand
und gehört hatte, dass der Meister sagte, es sei ihr unmöglich,
den Tadel der Welt zu vermeiden, legte sie ein glühendes
Eisen auf ihr Angesicht und sang das japanische Lied:
Mein Angesicht, | im Hasse verbrenn* ich es. | Auf dem
Salzberge | als Feuer, welches die Seelischer brennen, | werden
es die Menschen seh'n.
Kaku-te 0j0 (si)-no moto-je itari-tamaje-ba jagate Ä I»
(b-giywo katabuke-tsukusi'te sadzuke-tamai-fn-to nari.
Als sie so zu dem Meister kam, neigte dieser sogleich
die tiefen Bedeutungen gänzlich seitwärts und übei^ab sie ihr.
(# ^ fJ5an-z«tj ^ |iä^ (wo -810) ^ ^ (zia-sinj-ico
>^ (ked-ke)'8u.
Der Bonze Ban-zui belehrt und umgestaltet
die unrechte Secte.
jl j^ (Kia-siv) ^^^^ (ki-n.»i.tan)-no ^ R
(siü-mon) ^f |ä (fakkhysUe jGj^ ^^ (sei-dbj-no samadake-to
naru kofo fanafadasi'kari'kera'ba ^j^ » (sio-ymi) ^ ^
(bup-pd)-wo motte Vg (dzi )-itezun-ba uam-mazi-ki koto-to ohoH-
mesi'te 1% J^ ^ (zo-zib-zij-no ^ 0jj (koku-stj-t^) go-
Bb Wf^ (nai'dan) an-te ojoso kono koto ^^ ^ (si-togej-nan-
wa ^ ^ (sio'siiij-no tiaka-ni jf^ ^ (ban-zutj-ni sngi-iani-
wa arazt tote.
Begebenheiten neuerer Zeit in Japan. 311
Als in Eiü-siü die Secte der Christen entstand und in
hohem Masse ein Hinderniss des Weges der Lenkung wurde,
glaubte der Heerführer, dass man nicht anders als durch die
Vorschrift Buddha's sie zurecht bringen könne. Indem er mit
dem Reichslehrmeister des Klosters Sö-zi6 eine geheime Unter-
redung hatte, sagte er: Wenn man diese Sache zu Stande
bringen will, so ist unter sämmtlichen Secten Niemand, welcher
Ban-zui übertroffen hat.
Jl fiP (Zih'siywo motte on-tanomi ari-si-ni vxhsih kataku
^ (zi) sei'are'si'ka-domo J^ ^^ (zib-si) san-do-ni ojobi mosi
kono ^& ^ (aku'db) y6 ^^ (tai'dzi)'si-tamaica-ha ika-naru
koto nari'to^mo nozomi-ni makasu-hesi-to ari-kere-ha kono nje-wa
^ "jk, (ze-ßj-ni ojobazu sa-ara-ha^T^ |3) (ge-kbj'si-nan kasiko-
ni kari-no ^ (doj-wo tsukttrase-tamaje-to ari-kere-ba sunawcdsi
0 (Sj fß'Uga)'no kuni-ni oi-te — • ^^ (itsi'u)'W0 ^^ jj^
[zö-rin) ari-keri wia-no ^ ^^ ^ (faku-db-zi) köre narL
Er bat diesen dui'ch einen oberen Abgesandten. Der
Bonze weigerte sich zwar beharrlich, doch der obere Ab-
gesandte sagte, als es das dritte Mal war: Wenn ihr diese
schlechten Genossen zurückwerfet und zurecht bringet, so wird
oian, was für eine Sache es auch sei, sie eurem Wunsche über^
lassen.
Jener konnte dagegen nichts einwenden, und er sprach :
Ich werde also hinabreisen. Lasset dort eine vorläufige Halle
erbauen. — Man Hess hierauf in dem Reiche Fi-uga ein Vor-
dach errichten. Dieses ist das gegenwärtige Kloster des weissen
Weges.
Sore-jori onio tokoro are-ba tote i-se |^ ^ (kuma-naj-je
rnbden tote madzu ""ij^ J^ ^ {tai-zin-güj-wo inori-tate-matsuran-
'^* |1| B9 (J^^i<i'da)'7ii itari-tamb sono ^ (jo)-no jume-ni
kata-zi-ke-naku-mo ^^ ]|jA (son-sin) makura-ni tatase kono tabi-
no "^ (5j (ge-kb) mottomo jA ffi^ (siüseo) nari ware-mo
inkara-wo sojen-to-no tsuge ari-si-ka-ba koto-ni tbtoku omoi sono
M ^ (joku-ted) "^ j^ (but8U'z6)'W0 nri-mono kitarerü
Hierauf, indem er sagte, was er im Sinne habe, wollte
er sich nach Kumo-no in I-se begeben und gelangte früher,
um in dem Palaste des grossen Gottes zu beten, nach Jama-
da. In dieser Nacht träumte ihm, dass dankbar der geehrte
312 Pfismftier.
Gott an dem Polster stand und ihm sagte : Dieses Mal ist die
Reise hinab sehr vortrefflich. Ich werde auch meine Kraft
hinzugeben. — Er hielt dieses für besonders ehrenvoll. Am
nächsten Morgen war der Verkäufer eines Buddhabildnisses
gekommen.
Iza tote wogamase-tamb^i aono totosa itirmo sara-nari-kere-
ba masasi'ku mL Hup (son-sinj'no tsikara awasase-tamh sirm
naran tote |^ ^. (kuan-kihsi jagate ^ (»edj-si tamai-keru.
Saru fodo-ni nandzi idzuku-no fito-zo-to are-ba sadaka-ni iwaz»
ato-wo sitbte mi-tamh-ni ]f/jf ^ ^| (sin-ro-sanj-ni iru-to ßtosi-
ku juku'kata sirazu nari-ni-d.
Er verehrte es somit und dessen Schätzbarkeit war durch
Worte nicht auszudrücken. Glaubend, dieses werde richtig ein
Zeichen sein, dass der geehrte Gott mit ihm die Kraft vereint,
freute er sich und erbat es sogleich. Er fragte : Also, woher bist
du? — Jener sagte es nicht bestimmt. Der Bonze blickte ihm
verlangend nach. Jener trat in das Gebirge des göttlichen
Weges, und zur selben Zeit wusste man nicht, wohin er ge-
gangen.
Sore-jari kuma-no-wa kajeru-sa-ni se-baja-to ß-uga-no kuni-
ni kudari'tsuki'te Jj^ |^ (sib-boyioo toki-nobe 3J|J |^ (2*0-/0;-
wo sirizoke-kudaki'tamai'kere'ba kano ^ ^ (zionto) mina-
mina aratame-kui S^ 4^ (ki-fukuj-site &t ^ f^ (zth-do-
monj-ni iru mono iku -^ ^ (8en-man)-nin'to iü koto-tco
gircizu. Sono naka-ni ^ -^ (san-senj-jo-nin-wa sib-bo-ni ajeru
ureai'Sa-no amari tote tatst-dokoro-fii ^{^ ^ (sia-sinj-si-keru'
tO'ka-ja.
Hierauf, in der Absicht, dass er es in Kuma-no bei der
Rückkehr thun werde, reiste er zu dem Reiche Fi-uga hinab
und erklärte und verbreitete bei der Ankunft die richtige
Vorschrift, warf zurück und zertrümmerte die unrechte Vor-
schrift. Alle unrechten Genossen besserten sich und bereuten,
diejenigen, welche, sich zuwendend und sich unterwerfend, in
das Thor der reinen Erde traten, man weiss nicht, wie viele
Tausende und Zehntausende es waren. Unter ihnen mochten
über dreitausend Menschen gewesen sein, welche in dem lieber-
masse der Freude darüber, dass sie die richtige Vorschrift
getroffen, auf der Stelle der Welt entsagten.
B«gebenheiton n«iieT«r Zeit in Japan. ol3
Wo-stb amoi-no mama-ni ^ j|J 5(H) ^^ (gu-dzü-ri-jaku)-
aite kano £ ^ [rei'ZoJ'WO'ha ^ ^ ^ (faku-db-ziyno
i Ä (fon-zonyto agame-iate-matsuri mata kuma-no-je womo-
nuld'tamai'te sunawatsi ^ Q (nana-ka) komori-te j^ jj^
(fd-seysi'tamai'kerU'ni dai-nana-ka ^ (mei) owari-tatnai-si-wo
^ >^ (zui-sO-no ± M^ tS6 (^^"^ /«-«^ ^'C f$
'kua'sdj'tii nasi-keru-ga fone-wa sukost-mo naku-te ^^ t^
ffti-zei) fjlf ^ (8io-dzi)'no ^ ^ (nen-ziü) »^ ^ ßuan-
i'auß'to teri'kagajakei-u, ^ 5^^) (Sia-riJ-to nari-te tsunagi-
nagara-ni *^ ftl (kua't^ü)'joH ide-kere-ba kore-voo JX. ^
(je-do)'je mori'tate-matsuri'te ima M^ |^ ^ (han-zui-inj-no
fi SP (dziü'fd)'?iite-zü ari-kerL
Der Booze; der nach seinem Wunsche den grossen durch-
o:ängigen Nutzen geschafft^ verehrte jenes heilige Bildniss als
den vorzüglichsten Geehrten des Klosters des weissen Weges.
Indem er ferner nach Kuma-no eilte, schloss er sich durch
sieben Tage ein und befasste sich mit der Vorschrift. Am
siebenten Tage war sein Leben zu Ende.
Der folgende und aufwartende Bonze des grossen Durch-
wepjes war bei der Feuerbestattung thätig. Es waren nicht im
Geringsten Gebeine vorhanden, und der Rosenkranz, den er
durch sein ganzes Leben in den Händen gehalten, erglänzte
hell. Er wurde das Ueberbleibsel und als er zusammen-
gebunden aus dem Feuer herausgekommen war, bewahrte man
ihn fiir Je-do. Er war die wichtige Kostbarkeit des jetzigen
Gebäudes Ban-zui.
JC i^ (In-sei) wO'Sib kane-wo sute j^ (kiö)-wo wosamu.
Der Bonze In-sei verschmäht das Gold und
ordnet die mustergiltigen Bücher.
Ig Jl ^ (Zo'zib-ziJ'no ^ jg^ (in-sei) ico-aib-to ijeru
jU(hje ^ ^ ^ (gaku^mm-reo) tote ^ ^ (kin-su) H "0 j^
(wn-fiaku-rib) ßto-no je-sase-tate-matsinu-wo wäre negai ari tote
zo-zih'Zt'iio — • -^ j^ (issai-kibj^o mu^-ni jj^ (sonj-si-tfum-
wo nra-utsi-si ^ ^^ (san-zas) site mi-tvake-gataki-wo koto-
g*Aoku tcoginai-aratame jen-fo sl-nen-jon onazi fatsi-nen-ni itarn
314 PfiiBAier.
made^ni jb-jaku negai mitst-nu, Onazi ktk-nen i-se-no B| fi|
(ren-geydani-ni fiki-komon JS |B (in-toiij-serare-si uxhdb-UHi
^ (tora)'no tori tora-no isuki tora-no fi tara-no toki^ni umare-
tamaje-ba osatiaki-joH kono na-wo tsuke-tamb-to iiari.
Einem Menschen, welcher der Bonze In -sei von dem
Kloster Zö-zi6 hiess, Hessen die Menschen für die Leitimg
des Lernens dreihundert Tael Goldes zukommen. Er sagte:
Ich habe einen Wunsch. — Hierauf verklebte er sämmtliche
mustergiltigen Bücher des Klosters Zo-zib, welche wurmstichig
waren, inwendig mit Papier und besserte alles, was zerstreut,
vermischt und nicht zu erkennen war, von Neuem aus. Vom
vierten Jahre des Zeitraumes Jen-fo (1676 n. Chr.) angefangen
bis zu dem achten Jahre desselben Zeitraumes (1680 n. Chr.i
hatte er endlich seinen Wunsch erfüllt. Im neunten Jahre
desselben Zeitraumes (1681 n. Chr.) verbarg er sich in dem
Thale der Lotosblumen in I-se und lebte abgeschieden.
Dieser Bonze war in dem Jahre Tora,* in dem Monate
Tora, dem Tage Tora und in der Stunde Tora geboren. Man
legte ihm daher seit seiner frühen Jugend diesen Namen bei.
^ (Zen-tei) fo-si ^ (jei)-wo ktrai-te ^ ^
(kotsU'zihi)-8U.
Der Bonze Zen-tei verabscheut den Ruhm
und bettelt.
^ ^ (Zen-tei) fo-ai-wa kama-kura -^ V^ ^ (kub-
mib'zi)'no j^ ^Q (gaku-rio) nari-si-ni noisi-ni ^ j& (raku-
j^) ^ J@l ^ (tsi'Won-inyni ^ J§ (gu-kioj'serare'si nttgure-
tarvrwo netamu "jH^ (jo)-no narai nare-ba mutsu-kasi-ki koto-
domo O'O'kari-ai'WO vki koto-ni omojeru koro ijj i (san-Hüj-jori
tera tamawan-io ari-ai-ka-ba kaku uto-masi-ki ^j^ (jo)-ni nani-
ka sen fajaku d^ 5^ (mib-riJ-'WO suten-ni-wa »ikazi-to omot-
sadamete ^ f^ (jo-zai)-wo stite-tcoki tada A^ ^ ^ (kin-
* Ein Jahr, für dessen Zählung das cycliscbe Zeichen J? (in oder tor<i,
gebraucht wird.
Begebenheiten neuerer Zeit in Japtn. 315
san-rthJ'WO motsi kore-wa ^fi^ ^ fseki-nen) -jori negai ari-fe i-se
"jj^ JJ9 ^ (tai-Bin~gü)'ni fo-no-si.
Der Bonze Zen-tei wurde ein Lerngenosse des Klosters
des glänzenden Lichtes in Kama-kura. Später wurde ihm der
Wohnsitz in dem Gebäude der Gnade des Verstandes in Raku-
j6 zugewiesen. Da es die Gewohnheit der das Ausgezeichnete
beneidenden Welt ist, waren die verdriessHchen Dinge eine
grosse Menge. Während er in Traurigkeit nachdachte, sagte
man, dass man ihm von Seite des Vorgesetzten des Berges
ein Kloster verleihen werde. Was sollte er in einer so ent-
fremdeten Welt thun ? Indem er in Gedanken beschloss, dass
das Beste sei, auf Kamen und Vortheil schnell zu verzichten,
Hess er das übrige Gut liegen und nahm bloss drei Tael Goldes.
Er bot dieses, da er seit früheren Jahren den Wunsch hatte,
dem Palaste des grossen Gottes von I-se dar.
Sore-jori ^ j^ (sin-siü) ^ -^ ^ (zen-kuö'zi)^i
stwirai'juki'te kotsU'ziIci-serare'si'WO tokoro-no fito-hito nasake-
fukaku maziwan-te ^ (toki) nado ma-irase ^ |^ (fu-se)-
monO'WO sonbre-domo fu-tsu-ni uke-je-iamawazan-si ^K ^j^ (toki-
niaje) tote ma-irasure-ba itsi'do-no K (j6) fodo nokosi-te foka-
ica kotsu-ziki-ni toraserare-nu, Sono sama ycm-karanu fito nari-to
ito VDosimi-te ^S (an) -wo musuhi-ma-irase-si^
Hierauf wanderte er zu dem Kloster des Glanzes des
Guten in Sin-siü aus und bettelte. Die Menschen des Ortes,
za ihm innige Neigung fassend, verkehrten mit ihm und
reichten ihm Mahlzeiten, boten Almosen, doch er nahm es
nicht ganz an. Wenn man den gespendeten Reis darreichte,
Hess er so viel als für einen einmaligen Gebrauch nöthig war,
übrig und gab das Andere den Bettlern. Man bedauerte sehr,
dass er ein Mensch von nicht gemeiner Erscheinung war,
baute eine Strohhütte und bot sie ihm dar.
^ H (^^'^^^^) mafsu-motO'jori ^ ^ (kiü-jüj-no to-
am >^fl (so) kitari toi-faheri-si-ni katari-te iwaku mukasi wäre-
tco netami'Si ßto-ja ari-gataki ^ ^ ^ (zen-tsi-sikij-nite
(mcae-fd sono fito na-kari-se-ba kaku bakari jH^ (joj-wa sute-mazi-
to namida-ico nogoie jorokobare-si-to navL Jen-fd {Sl. m (neti"
tiinj-no koto-nite ari-sL
316 Pfismaier.
AuB Matsu-moto in demselben Reiche kam ein Bonze^
welcher zu ihm ein alter Freund war, und befragte ihn. Jener
sagte im Gespräche: Dank den Menschen, welche mich einst
beneideten, bin ich ein gut Wissender und Erkennender ge-
wesen. Wenn diese Menschen nicht wären, würde ich in einem
solchen Masse der Welt nicht entsagen. — Er trocknete die
Thränen und freute sich. Dieses ereignete sich in den Jahren
des Zeitraumes Jen-fo (1673 bis 1680 n. Chr.).
^ S (Zifln-sei) mi-wo seme Ä ^ (ko-jen) fotoJce-
wo J^ (geil)- zu.
Ziün-sei, sich selbst quälend, macht in dem
wohlriechenden Rauche Buddha erscheinen.
^ j^ (Zib-siü) }Z P (ß-do)-8akl i^C ± ^ C^«'-
nen-ziyno tsikaki tokoro-ni sumi-si ^ ^ (ziün-seij-to ijem
fo-si'Wa umare-tsuki kitvamete j^ [§] (sib'zUciyiiaru mono-
nite K 4S (nin'Zib)'ico kazari-si koto tote-wa tsuju-hakari-mo
na-karisi ^ ^ (fei-zei) ^ (nsi) ^ {fora)'no ^J (kohi)
bakari-ni icoki-te nen-buUsu-tvo S ^^ (jü-mio)-ni tsutome-si
Mosi wokfzaru maje-ni karasu-no naki-watare-ba mi-<lzukara
mi-wo seniete iwaku sia-mon-no mi-to site kaku-made inete tai-
setsu-no |H| ^ (gon-ginj-ico wokotari-si koto-no fu-todoki-jo
kore-ni jotte keo-wa ^ ^ (»ioku-zi)-wo ^S j^ (ted-zi)-sen
tote joku'Zitsu made fö|f ^ (dan-zikiJ-si-kerL
Der an einem dem Kloster des grossen Betens von Je-
do-saki in Zi6-siü nahen Orte wohnhafte Bonze Namens Ziün-
sei hatte als ein von Gemüthsart äusserst richtiger und gerader
Mann nicht das Geringste, wodurch er die Eigenschaften der
Menschen verschönert hätte. Sein ganzes Leben hindurch
um die Stunde Usi oder Tora aufstehend, befleissigte er
sich muthig und stark des Gebetes zu Buddha. Wenn, ehe
er aufstand, Raben krächzend vorüberzogen, quälte er sich
selbst und sagte: Dass ich als ein Bonze in einem solchen
Masse geschlafen und den wichtigen emsigen Wandel vernach-
lässigt habe, ist ungebührlich! Desswegen werde ich heute
Begebenheiten neuerer Zeit in Japan. 317
mit dem Essen innehalten. — Hiermit fastete er bis zum
nächsten Tage.
^ 0 (Ka-zitsu) ^ij^ Hj (ia-8iiktsfii)'7io toki-wa kanarazu
M ^ (sen-sti) ni'fon .rotsi-si ippon-ica ^ ^ J^ (sib-zib-
sen) tote iS ^j^ (rei-butstij-iio toki narade-wa motsi-i-zu. Mata
ika-hakari-no ^ ^f (u-setsuj-no toki-ni-mo mino kasa naku-te
ariki'si fiio ibugari-te toje-ba sare-ha koso ^ (ten)'jori nurasi-
ie jo'kere-ba koso ^ ^ (u-setsu)-wo furase-tamh. Terasi-te
ja-kere-ha koso fare-sase-tamh. Sikaru-wo wataktm-no "T "ffi
(nh-ken)-wo motte mino kasa-wo kite josi-to iü koto-wa o-oki-
naru fi-ga koto-nüe faberi-si tote fito-sibon-ni nari-te ^fl^ ^
I wo-raij'se-si, Roku-guatsu-no 4/S ^ (jen-te?i)-m'mo tsui-ni
kasa kizari'Si-mo onazi-kotoioavi naH.
In den Tagen des Sommers, wenn Andere ausgingen, trug
er sicher zwei Fächer. Den einen, welcher der klare und reine
Fächer hiess^ gebrauchte er nicht, wenn nicht die Zeit der Ver-
ehrung Buddha's war. Auch zur Zeit von irgend vielem Regen
und Schnee wandelte er ohne Mantel und Hut. Als die Menschen
sich darüber verwunderten und ihn fragten, sagte er: Also wenn
von Seite des Himmels das Benetzen gut ist, so lässt er regnen
und schneien. Wenn das Erleuchten gut ist, so lässt er es heiter
werden. Wenn ich jedoch nach der eigenen Meinung mich mit
Mantel und Hut bedecke, so ist die Sache, welche man gut
nennt, ein grosses Unrecht gewesen. — Nachdem es zu einem
einmaligen Auswinden gekommen, ging er auf und ab. Dass er
bei dem heissen Wetter des sechsten Monats sich sofort nicht
mit Mantel und Hut bedeckte, geschah aus dem nämlichen
Grunde.
jÄ Ü (Jen-Ä»nj-7?o ^ ^ (sio'nin)-xco sustvmete ^ -^
(dzÜMroku)'no mi-d-a-son-wo j^ jj^ (zo-riHJ-site ^ Ä (zib-
kh)'W0 taki-keni-^i sono soba-nam j® "T* (sib'zij-ni itsu-to naku
^ ffl i^^'j^^) kawori-kakan-te si-zen-no mi-da-son ^^ (jei)
de-ki-sase-tamb. Mata fodo-tsikaki ^ ^ J^ (hcma-i-doyto
«ö murorno fiaku-seö-no ije-ni itari jo-mo-sugara nen-busse-si-m
fusuma-stb-züni katsu-zen-to ^ -^ (zib-roku^no 'j^ ^ (son-
j^J araware-scLse-tambte ima-ni ari. Aru toki ziün-sei-ga mimt
nitcaha-^n mimt-si-i'-te jaja ari-te sikiri-ni nari-si tote tatdki-
kere-ba nani jaran mono-mo id^-tari-si^wo mi-si-ni tsi-iaaki ^ ^j^
318 Pfiimaier.
(kna'keiyno j^ ^^ (bntsu-zoj-ni ni-taru ^ 5^ (da-riynite
owasi-ki.
Er forderte alle in der Nähe und Ferne betindlichen Menschen
auf; einen die Knie zusammenlegenden Amida-Buddha zu ver-
fertigen. Als man den gewöhnlichen Weihrauch brannte^ hängte
sich an den zur Seite stehenden Schirm nach und nach wohl-
riechender Rauch; und das Bild Amida-Buddha's kam von selbst
hervor.
Ferner kam er in das Haus eines Menschen des Volkes
in dem nahen Dorfe Kana-i-do und betete die ganze Nacht zu
Buddha. Auf dem Schirme des Schubfensters zeigte sich plötz-
lich das Bild des die Knie zusammenlegenden Amida-Buddha
und ist heute vorhanden.
Einmal waren die Ohren Ziun-sei's plötzlich taub. Nach
einer ziemlichen Weile sagte er, dass es fortwährend klinge.
Er schlug hiu; und irgend ein Gegenstand kam heraus. Als
man hinsah; war es ein heiliges Bein, welches einem kleinen
in liegender Qestalt verfertigten Buddhabildnisse glich.
^ 1^ (San-kai) J[^ A (stb-nin) ame-too inori ^
(rai)'ico ^M, (tainyau.
Der Bonze San-kai erbittet den Regen und
unterdrückt den Donner.
Stmbsa ^ ^ (motO'kuriyfasi ^ ^ (gtb'nenyzi-no
ffi M| (kai'San) ^ j^ (san-kai) sib-nin-wa "^ ^ (mohh
zikiynite 4^ jäf^ (tsiku-rinyno naka-ni san-nen-ga aida ^ ^
(ki'vi'ßyno ^ (gihywo tmtome ^ |^ [Jj (ju-dono-sanym tmi
mbde-site imizi-ki ^ Ä (kh-tokuynite owasi-ki.
Der den Berg eröffnende Bonze San-kai aus dem das Gebet
ausübenden Kloster an der Brücke von Moto-kuri in Simisa
befleissigte sich, Baumfrucht verzehrend, mitten in dem Bambus-
walde drei Jahre hindurch des Wandels der Erhebung. Indem
er den Berg Ju-dono jährlich besuchte, war er ein Mann von
sehr hoher Tugend.
Simotsuke-no -^ A^ (mi-huyno fen san-nen utm-tsudziiki
ßderi-site sato-hito fanafada kurusimi-si am toki stb-mn-wo
Begebenheiten neaerer Zeit in Japan. 319
maneki ame-no inori-wo km-keru-m wäre inorn nara-ba ika-nmn
^ JjWj (kan-batsu) naH-to-mo ame-furazu-to lü koto iiasi-io
no-tamai'Si-ioo netamasi-ku omojei^k ^ (ad) wowo-kan-si. Sib-
nin nana-ka fi|f ^ (dan-zikij-si ^ /(^ (tan-mij-wo nukinde
tamb-m dai^siUt'niUi'ni ojobi-'si-'ka'do nani-no rirtisi-mo mijezari-
ii-ka-ba kano 'ffj^ jj^ (to-8d)'domo kara-kasa-wo aast >^ ^
fboku'ri)'WO faki isami kitari-te sama-zama-ni V^ ^P (ted-
roy^i-keru-ni fitsuzi-no koku-bakari-ni J^ ^ (sei-ten) nitoaka-
ni knrchkumo okori ame ]^ M (sia-zikuj-ioo nagcm-ker^ba
kano so'domo omote-buse-nite kajeri-keru.
Seitwärts von Mi-bu in Simotsuke war durch drei Jahre
fortwährend Dürre, und die Menschen der Dörfer hatten überaus
zu leiden. Einst luden sie den Bonzen ein und baten ihn um
das Gebet um Regen. Er sprach : Wenn ich bete, mag es was
fiir eine Dürre immer sein, es ist nicht der Fall, dass es nicht
regnet.
Der neidisch gesinnten Bonzen waren viele. Der Bonze
fastete durch sieben Tage, hob sein aufrichtiges Herz hervor.
Obgleich es der siebente Tag war, war irgend ein Zeichen nicht
zu sehen. Jene neidischen Bonzen spannten die Sonnenschirme
auf, zogen Holzschuhe an, und indem sie kühn herbeikamen,
verspotteten sie ihn auf allerlei Weise. Um die Stunde Fitsuzi
erhoben sich bei heiterem Himmel plötzlich schwarze Wolken,
der Himmel goss Wagenachsen herab, und jene Bonzen kehrten
beschämt nach Hause.
Mata Ä .^ (saftej-no ^ (eki)'ni juje ari-te ^ JJA
frai'8{n)'W0 ^^ (tsinj-si-tamai jasiro-wo j(^ ^ (zo-jei) arare-
n kono mitsi'Suzt fazimp'Wa faba firo-kain-si-wo jj j^ (sed-ja)-
jori nen^nen-ni nusumt'maioasi-kere'ba sib-nin kiki-tamm-te ika-
de kaku'Wa se-si^zo jßj^ (dzi)-wo kajesu-besi, Most sa-naku-wa
^ (rmj-no t<Uari-ni awasen-to stmesare-si-ka-do sukosi-fho
osoruni ke-siki-mo na-karisi-ka-ba nandzi-ni omoi-sirasen tote
inorare-ai-ni tatgi-matsi ^ ^St (rat -den) sed-ja-ga ije-ni otsi
nari-fatameku koto nana-ka nana-jo nari, Sed-ja -^ "fe
fsen'kata)'naku'te mi-wo kudaki nageki-kanasimi-te fita-sura-ni
fanomi 4q ^ (sen-ßj-wo kui-si-ka-ba kono uje-wa tote inori-
kajesare-si-to nari.
320 Pfiimiier.
Ferner unterdrückte er an der Post Satte aus einer Ursache
den Donnergott und erbaute einen Altar. Diese Abzweigung
des Weges war anfänglich breit. Von Seite des Dorfvorstebers
raubte man alljährlich einen Theil in der Runde umher. Der
Bonze hörte dieses und sagte: Er hat es irgendwie so gethan,
er muss den Boden zurückgeben. Widrigenfalls werde ich ihn
die Heimsuchung des Donners erfahren lassen. — Ungeachtet
dieser Erklärung zeigte Jener nicht im Geringsten in seiner
Miene Furcht. Der Bonze sagte: Ich werde dich es erkennen
lassen. — Dabei betete er. Plötzlich fuhren Donner und Blitz
auf das Haus des Dorfältesten herab, der Donner rollte durch
sieben Tage und sieben Nächte. Der Dorfälteste^ rathlos und
gebrochen, trauerte in Leid, bat inständig und bereute das
frühere Unrecht. Jener nahm in Betreff dessen das Gebet
zurück.
lÄ ^ (^"-/*0 it (seij-wo womomu.
Ein Kriegsmann schätzt den Geschlechts-
n a m e n hoc h.
;^ p (Mi-to)-no ^ g (ka-sin) f\t [^ (naka-
jama) hi-zen kami-no 4^ ^ (ziti-siaj-m J^ ^&. {^^'9^
jatsu) J\ (fatsi)'be-e-'io ijeru art\ Sono ßfr IjA (sfO'zi)'no
katana-wo i A (siii-zin) "J^ |B (fn-to) me-ni tomari-U
anagafsi-ni nozomare-si koto san-si-do-ni oJobi'Si-ka-do j& S|
(se6-in)''8ezari'8i-ka-ba ö ^^ (zi-bunj-no katana-wo famaicari
kane ziü-rih äS jttl (rei-motsit) moiio-sen tote ari-si-ka-do tatoi
inotsi-wa usinh-to-mo juruaase'tamaje'fo ||4 (ziysi-si-ka-do m-
zin j^ H^ (rippukii) fanafadan-ku-te ^ W (fei -nun})-
saserare-si-ni.
Unter den Hausdienern des Geschlechtes Mi-to war eio
Mann, der als Begleiter Naka-jaraa's, Statthalters von Bi-zen^
den Namen Ogi-ga jatsu Fatsi-be-e führte. Es geschah drei
bis viermal, dass das in seinem Besitze befindliche Schwert
der Vorgesetzte, zufällig darauf mit den Blicken verweilend,
hartnäckig begehrte, doch er willigte nicht ein. Jener sagte:
Ich werde dir mein eigenes Schwert schenken und dir zehn
Begebenheiten neneTer Zeit in Japan. 321
Tael Goldes als Erkenntlichkeit geben. — Doch er weigerte
sich, Adern er sagte : Sollte ich auch das Leben verlieren, ent-
schuldiget! — Der Vorgesetzte wurde überaus zornig und liess
ihn das Thor verschliessen. ^
Kokoro-jasu-ki 'fife J^ (fd-bai) toburai-te ka-fodo made-
no aramasi-wa ikorsama juje aran-to kotoba-wo tsikai-te tadzune-
kere-ba sa-ara-ba kataran mi-dzukara-wa J^ "j^ (^j^-^ugi)
M ^ (nori-masaj-no jj^ ^ (tsiahi'8on)'ni site kono katana-
Moa P^ ^ (si-dai) motn-tsutaje'si hgi-^a jatsvrno jj^ ■&
(sei-gbj'toa kama-kura-ni kari-zumai-se-si ^ ^ (zairmib)
nari'to kuwctsi-ku i-i-si, Kono koto (8iü'zin)'fno fisoka^i kiki-
tüTnai-te fatsi-be-e-ioo jobi-idasi koto-no ai-sni-wo toi-tamaje-domo
karira-too sage irajezu.
Ein gegen ihn freundlicher Qefährte besuchte ihn und
sagte : Eine so weit gehende Schroffheit wird auf irgendwelche
Weise eine Ursache haben. — Bei diesen Worten schwörend,
fragte er nach. Jener erwiederte : Ich werde also sprechen. Ich
bin der rechtmässige Enkel Uje-sugi Nori-masa's, und auf diesem
Schwerte ist der Name des Geschlechtes Ogi-ga jatsu, welches
es vier Zeitalter hindurch besessen und vererbt, als es in Kama-
kora vorläufig seinen Wohnsitz hatte, eingegraben. — Er sagte
dieses in seinen Einzelnheiten.
Der Vorgesetzte, welcher diese Sache im Geheimen hörte,
rief Fatsi-be-e heraus und fragte nach den Umständen der Sache,
doch Jener senkte das Haupt und willigte nicht ein.
Sono omomuki ^ jjjQ ^ (sai-siö-kd) kikosi-mesi-ie fatd-
be-e-wo "^C ^ (ge'Za)-ni woki-keru-ja J^ ^ (ziö-zo^-m
mukaje toje-jo-to wdserare-si sono omornuki-ni mote-nasi-kere-ba
fatsi'be-e nani-no ^ j|^ (zi-taQ-mo nakti J^ ^ (zib-zaj-ni
nawm i-sai-ni mbsi'faberi-si'to nan.
Als diesen Gegenstand der Fürst, der Vorgesetzte und
Reichsgehilfe hörte, sagte er: Hat man Fatsi-be-e auf den unteren
Sitz gesetzt? Man empfange ihn auf dem oberen Sitze und
frage ihn. — Auf diese Weise behandelte er ihn. Fatsi-be-e
ging, ohne irgendwie sich zu weigern, wieder auf den oberen
Sitz und meldete die Sache ausführlich.
^ £r gab ihm Hanabaft.
Sitiugeber. d. phiL-biat. Ol. XCY. Bd. I. Hft. 21
322 Pfixmai«r.
Sai'sih'ko-mo ^ ^ (fai-za)'nite on- J^ (m) aii-U
g<h |R (kan)-no ico8e'domO''7nte waga ^ jf^ (reö-tsO-m
utsi-ni 3te ^ (zcd-taku) nrare-jo tote go- ^ "K (zi^hka)
tsikaki tokoro-nite m-fiaku- j^ (sekt) tamatoart-si-to nan.
Der Fürst, der Vorgesetzte und Reichsgehilfe, auf dem
gegenüber befindlichen Sitze das Zusammentreffen habend, sprach
mit freundlichen Worten: Wohnet in einem Hause innerhalb
meines Lehens. — £r verlieh ihm an einem der Stadt seiner
Feste nahe gelegenen Orte zweihundert Scheffel Gehalt
^ $ C^^^j^) fnatmi'WO uje kawadzu-no kamabütm-ht
nakvrwo W (8iü)'9u,
Teo-jo, Fichten pflanzend, beschwört das
laute Geschrei der Frösche.
WowO'Saka j&i (tarnj-matgi-suzi /^ Wj* (fats%'te6)'me
IPJ i^ (gxMnrseoyzi ^ ;^ (teö-joj-wa ztä-bun-no nen-^uttu-
iio j^ 010 (dh'Si) nari-si, Kono tera moto-toa ^ & (ftö-
an)'nife wadzuka-ni ^ ^ (mn-ken) DW ffi (si-menj-nn
wara-buki-no —^ ^^ (itsi-u) hakari nari-si-too ima-wa ^k ^
(hutsu'den) Ht a^ (fd-dzih) jK ^B| (kti-ri) mnde kofo-gotohi
J^ ^ (zib'beji)'8ite kerL
Teö-jo aus dem Kloster des Entstehens der Bitte an der
achten Strassenvereinigung des Pfades der Thalstrasse in Wowo-
saka war ein leitender Lehrmeister des fleissigen Betons zu
Buddha. Dieses Kloster, ursprünglich eine Grashütte, war bloss
ein einziges mit Stroh gedecktes Vordach von kaum drei Schritten
Höhe mit vier Seiten. Jetzt hatte er die Vorhalle Buddhas^
das Kloster, selbst die Küche sämmtlich vollendet und unter-
schieden.
Kono ^^ ^ (siiljei)^no fazime-ni ne-naki matsu-wo
futa-kuki f^ J^ (mon-kw)'m uJe viosi ^ W (zi-mon)
^ ^ (fan-jd)'8e'ba kono matm ^ ^ (8ei-t9ib)'su-
besi-to mi'dzukara j|JJ (8iakn)'8erare'8i'ni fata^i-t« Ä ^
(ut8u-mo)'8ife ima o-oki-nara ki-to nareri.
Beg^benbeiteH nenerar Zeit in Japan. 323
Im Anfange der Anordnung dieses Baues pflanzte er die
Stämme zweier wurzellosen Fichten an der Gränze des Thores,
Er betete dabei : Wenn das Thor des Klosters vielfachen Glanz
erhält, so werden diese Fichten vollkommen aufwachsen. — In
der That sind dieselben, dunkel und in Fülle, jetzt grosse Bäume
geworden.
M(xta gitoo-matsi-ni P||| J^ (kan'kio)-no j^ (an) -wo
ime-tamm^si'ni niwa-no ike-no naka-ni kawadzu mure-nai-te
kamabUusi-kari'kere'ba -|- ^ (ziü^ietij-wo sadzukete jS ||^
(te6-zi)'8erare'8i'ni ^ Ä| (8ed-gai)'no utsi-wa katsute naka-
zari'»i.
Als er femer in der Salzstrasse eine Hütte des ruhigen
Wohnens in Besitz genommen hatte, schrien und lärmten in
dem Teiche des Vorhofes die Frösche in Schaaren. Indem er
ihnen die zehn Gebete übergab, brachte er sie zum Innehalten,
and sie schrien niemals mehr, so lange er lebte.
Oen^roku kiü-nen fatsi^guaUu ztü-sitsi-nüsi sttn-ziü'-nisai'
näe arakazüne j|^ ^ (metsu - go) - no ^ ^j^ (86'8iki)'W0
itmami maje ztü-itsi-nitsi-jori ^ ^ (an'j6)'no ^ ^
(sei'8iii)'no S^ (sü)-ni iii-si koto-wo obojete tattoku nen-bussife
Kowari-nu.
Am siebzehnten Tage des achten Monats des neunten
Jahres des Zeitraumes Gen-roku (1696 n. Chr.), in seinem zwei-
nndsiebzigsten Lebensjahre, bestimmte er im Voraus die nach
seinem Tode zu beobachtenden Gebräuche der Bestattung. Indem
er schon früher, seit dem eilften Tage, bemerkt hatte, dass er
in die Zahl der Heiligen des Paradieses eingetreten, betete er
vornehm zu Buddha und verschied.
A'ki j^ J\, (i'fatsi) wo-sib.
Der Bonze I-fatsi von A-ki.
^ j^ (Od'M) mija'zima ^ VJ^ ^ (kub-miö-in)-
"® H UJ (ka^'san) J^ /V O'f^^) wo-sih-wa ^ j^
(m-M) iwa-hi-no fito vari. Sono fawa ^ (ko)'^io naki koto-
ICO urfjeie ^ ^ ^ ^ (ben-8ai'ten'nio)'ni f^ ^ (ki-
324 Pfizmmipr.
8ei)'site woke-ni midzu-tro trete hasira-ni itaddki arirwo Uuma-
datete tsuki-kafje-wo uts^isi-jadosi arafa-ni -^ ^ (ki'Zu{)-wo
jete ^ ^ (tan'Ze6)'8i-favih, Notsi-ni sHikke-sitamai-te ^ fj
(tokkb) nozokari-keri.
Der Bonze I-fatsi, Qründer des Gebäudes des glänzenden
Lichtes zu Mija-zima in Gei-siü, stammte aus Iwa-ki in Wo-
siü. Seine Mutter, betrübt, dass sie keine Kinder hatte, betete
zu der Göttin Ben-sai-ten. Nachdem sie in einen Zuber
Wasser gegossen, trug sie es auf dem Haupte, stellte sich auf
die Zehen und Hess das Mondlicht darin sich abspiegeln und
einkehren. Sie erhielt von Neuem ein wunderbares Glucks-
zeichen, und er wurde geboreu. Später entsagte er der Welt
und trachtete nach dem Wandel der Tugend.
Jim ^ (Ka-t6) ^ ^ in HÜ (»iki-bu tai-fu) Um-
wa ^ ^ (fu'8in)-btto nari-kere-ha iza 8<nio jjj^ (so) -wo
kokoro-min tote "Jj^ ^ (feo-zed) ari-fe ^ (tokij-wo mbkek
^ "^Ik, f^^'^'^J ni-nin ;jlQ ^ft. (sh-hanyni ttite sono kib-tco-ni
koto-gotoku ^ ,|^ (giO'teo)-tvo ^ 3g (reo-riysi §g -^
(Jen-siokuJ-arii ^ ^ (nio'»i) go-roku-nin tada fitoje-naru
uau-mono-wo kisete j^ ^^ (kiu-zi)-ni idcisi mono-tio ßwa-jori
ukagai-mi'tamb'ni too-sio Ö ^B* (zi-ziakuj^-to süe sÜHiraku
manakO'Wo todzi-tumih-ni Ä* ^| (red-ri)'Seru 'ffi J^ (gio-
fed)-tca tattd-matsi-ni tobi-^dori kid-zi-seru nio-si-wa misu-misn
"^ *^ (gai-kot9u)'io nari-nu, Tai-fu-dono wowoi-ni odoroki-osort
HP ^ (Boku'Za)'ni ^ i|f| (kai-ge) ^ f^ (fossinysi-taniaje-ba
mina moto-no gotoktt-ni nari-si.
Der Herr Ka-to, grosser Stützender von der Äbtheilung
der Muster, war ein ungläubiger Mensch. Er sagte: Wohlan!
Ich werde diesen Bonzen auf die Probe stellen. — Er bat ihn
zu sich, richtete eine Mahlzeit her und indem er ihm zwei
Alte des Hauses zu Geföhrten gab, Hess er für die Bewirthung
lauter Fische und Vögel zubereiten, Hess fünf bis sechs Mädchen
von zierlichem Aussehen bloss in einfachen Flor sich kleiden
und schickte sie zur Bedienung heraus. Dabei blickte er
spähend durch den Zwischenraum eines Gegenstandes. Der
Bonze benahm sich so wie früher und schloss eine Weile die
Augen. Die zubereiteten B^ische und Vögel flogen plötEÜch in
Begebenheit«!! neuerer Zeit in Japan. 325
die Höhe; die Mädchen, welche bedienten, wurden zusehends
Todtenknochen. Der Herr grosse Stützende war in grossem
Masse von Schrecken und Furcht erfüllt. Er besserte sich,
bereute und bekehrte sich auf der Stelle. Alles wurde hierauf
wie es ursprünglich gewesen.
Wo-giö fät -flj (ked-ge) nen-goro-ni si-tamai-te sore-jori
a-ki-no kuni-ni iri-tamai-te naja^zima-ni ^ J§ (ziü-kio)-wo
$imeraru. Tsune-ni bi-rei-naru wonna ziü-jo-nin |^ ^^ (zui-si)'
n-kere-ba ^ ^ (ß'fd)-wo nasi-keru-wo kiki-tamai-te j^ ^
(fö-dan)'no ÖJ (seki^je jobi-idaai nandsd-ra juje sa-ni sosiri-no
tsumi'WO ruMiuifnuru koto mata waga kamzsi-mi nari, Isogi kono
tokoro-too taUfi-noku-besi'to ari-si-ka-ba f^ J^ (kai-ztö) ntwaka-
ni ^ Jj^ (fa-rh) okori-te ^ ^ (bd-fü) susamasi-kari-
kere-ba S§ |^ (te6'mon)-no ßto-bito kimo-wo fijasu tokoro-ni
^(igi-mo 2^ ]§§ (j^'j^f^) nari'si sugata tatsi-matsi ^ ^
fzia-gtöj'to nari-te kuro-kumo-to ßtosi-ku j^ J[j^ (kai'tei)'ni
ire-ba makoto-ni ^ -^ (ten-nioyno -J-» 3l ßi^-go) ^ -^
fdo^ihwo isukatcasi-te j^ ^^ (kiü-zi)'8e8i7ne-tamb koto kono toki
fazimete sirisi-to-ka-ja.
Der Bonze betrieb eifrig Belehrung und Umgestaltung
und trat hierauf in das Reich A-ki, wo er in Mija-zima den
Wohnsitz aufschlug. Da ihm gewöhnlich zehn schöne und
zierliche Mädchen folgten, redete man ihm Uebles nach. Als
er dieses hörte, rief er sie zu dem Teppiche der Besprechung
der Vorschrift und sagte : Dass ich euretwegen auf diese Weise
das Verbrechen der üblen Nachrede begehen lasse, dieses ist
auch mein Kummer. Ihr könnet euch eilig von diesem Orte
zurückziehen. — In diesem Augenblicke erhoben sich auf der
Meeresfläche plötzlich Wellen und der Sturmwind war fürchter-
lich. Während die Zuhörer sich entsetzten, wurden selbst die
so zierlich gewesenen Gestalten plötzlich Schlangengestalten
und traten, mit den schwarzen Wolken gleich, in den Boden
des Meeres. Dass er wirklich fünfzehn Knaben, welche Himmels-
mädchen waren, verwendete und sich von ihnen bedienen Hess,
erfuhr man um diese Zeit wohl zum ersten Male.
Sono noid — -^ Q (issen-nitsiyno J||j ^ (betzu-zi)-
nm-butm-wo ^ (ziü)-si-famb. /V ^ B (FatM-fiaku-nifai)'
326 Pficmaier.
mo sugi-nuru horo it^uktirsima-no jj(J ^ (sta-nin) tare-kare
su-nin itsi-jb-ni jume-no Uuge ari-te nokoru tohoro-no ni-ßakur
nit»i-wa jjt( ^ (sia-naiynüe tmitomti-heki josi jjjjsT 3^ (^'
gen) arata-ni rib-do made-ni ojabi-n-ka-ha kono uje-^oa toH
kano betsu-zi-nen-butsu-wo sia-nai-ni ntsusi-te tautomeraru. Maia
fiaku-go-zvA-nitsi fodo-fete wo-aih tattoki S^ ^S^ (rei-rnnj-no
ari-te wäre kofio |g| |^ (je-l^J-no ß-ni atari ^^ ^ (w5-«to^-
su'to no'tamai'si'ka-ba jtt j|^ (jenrkin)'ni kikoje ^^ ^ (dh-
zoku) iku- -^ 'J^ (sen-man) aUumari-si.
Später übte er das eintausend Tage währende, sn ver-
schiedenen Zeiten stattfindende Qebet ssu Buddha. Zur Zeit
als achthundert Tage vergangen waren, hatten hier und dort
einige Altarmenschen von Itsuku-siroa ^ auf die nämliche Weise
einen Traum zu melden, und eine Offenbarung, dass man sich
in den noch übrigen zweihundert Tagen in dem Inneren des
Ältares befleissigen solle, war von Neuem selbst zweimal er-
folgt. In Bezug auf dieses verlegte er jenes zu verschiedenen
Zeiten stattfindende Gebet zu Buddha nach dem Inneren des
Altares und befleissigte sich.
Als ferner hundertfunfzig Tage vergangen waren, hatte
der Bonze einen vornehmen reingeistigen Traum und sagte:
Ich mache an einem Tage dieses wiederholten Gebetes den
Gang zu dem neuen Leben. — In der Nähe und Ferne ver-
lautete dieses, und Männer des Weges und Laien V3rsammelten
sich in einer Anzahl von mehreren Tausenden und Zehn-
tausenden.
Sono fi-no fi-naka-ni ^^ d^ (gun'Zii)L)'no mono-ni taka^'aka-
ni -j-* ^4^ (ziü-nen) sadzukete "^^ iä^ ^b (tai-^b-zibJ-tDO toge-
tamai'si, ^ ^ (Si-vn) g§ Ht (sai-fdyjon tanabiki ^ 0
(ten-kua) j^ ^ (m^-kh) Ijjf^ j^ (bi-mibj-naru hoto-dom
nari. yj^^H^ (Rb-sed) |S Ä (zui-kij-no namida fosi-ajezu
gO' *^ (kotsiiJ'Wo firoi'tori'te jK j(||^ (hitsi-jen)-sen-to maisi'
kake-faru-ni mwaka-ni usiwo minagiri-käe — • 9^ (itten)'no
^ (jo'kuai)-mo naku mina j^ dl (kai-tsittyni nagare-
^ Itsaka-sima ist so viel als Mija-zima.
BegelMDbeitea neuerer Zeit in Japan. 327
iri-^to nan. Makoto-ni |^ jfi^ (riü-zinj-no ^ ^ (^^'j^)'
se-si koto-jo-to obojete iiawo totosi.
Am Mittage dieses Tages theilte er den Versammelten mit
lauter Stimme die zehn Gebete mit und erreichte den grossen
Gang zu dem neuen Leben. Eine purpurne Wolke neigte sich
aus der westlichen Gegend herab^ es waren die unschein-
baren wundervollen Dinge des wundervollen Wohlgeruchs der
Himmelsblüthen.
Kaum dass Alte und Junge die Freudenthränen getrocknet^
erwartete man, dass man die Gebeine auflesen und das Ver-
hältniss zu Buddha knüpfen werde. Plötzlich kam die Meer-
fluth überschwellend heran und ohne dass ein Punkt übriger
Asche gewesen wäre, wurde alles in das Meer geschwemmt.
Indem man erkannte, dass der Drachengott ihm das Opfer
gebracht habe, war er noch mehr geehrt.
De-wa kiri'jamn & f^ (gan-tsiü) ^ Jfj^ (dai-zia).
Die grosseSchlange in dem Felsen desNebel-
berges in De-wa.
De-wa-no kuni kiri-jama-no siro-wa -^ J||^ (dai-zia)
makiri'te ^3^ ^& (siü-^oyse-si-to mukcm-jori i-t'tsutaje-si. Sare-
ha ^ ^ (ko-ganj-no man-naka-ni fast nagaku tatete TO tJ"
(n-mn) hakari wareAant tokoro ari sono maje-ni kaki-wo jui
fime-^wo ßki-tari. Sono ware-me-jori utsi-wo ukagaje-ba ki-iro-
nite isi-datami-no gotoku nnru uroko-no faje-taru jj|^ (zia)
teune-ni fima-nakii meguri-keri. Kubi-to wo-to^wo mi-si fito-
tm nan.
Von der Feste des Nebelberges in dem Reiche De-wa
wurde von Alters her tiberliefert, dass eine grosse Schlange,
welche zusammengerollt war, sie beschütze. Indessen stellte
man gerade in der Mitte des grossen Felsens eine lange Brücke
auf, welche eine gespaltene Stelle von vier Zoll hatte. Vor
ihr errichtete man eine Mauer und zog ein BannseiL Wenn
man von dieser Spalte in das Innere spähte, wand sich ge-
wöhnlich eine Schlange, auf welcher gelbe, steinernen Stufen
ähnliche Schuppen wuchsen, ohne einen Stillstand zu machen,
328 Pfitmaier. Begebenbeiten nenerer Zeit im Japftn.
umher. Es war kein Mensch, der ihr Haupt und ihren Schweif
gesehen hätte.
*1^ ^ (T<?d-t) "j^ ^ {zaM^yno mke tono kano tokoro
4S Mb (rib'tsi)'si'tamai-9i toki ^ |£ (ka-dn) "jj^ ^
(taka-tsu) ku-rb-be-e-to iü fito 3j^ S|: (zaibanj-ni kose-si toki
tahi'tahi mi-kajeri-nu-to katcLrare-sL
Zur Zeit als Teo-i, der Herr Gehilfe der Mutterstadt zur
Linken, jenen Ort zu seinem Gebiete machte, erzählte sein
Hausdiener, ein Mensch Namens Taka-tsu Ku-r6-be-e, daes
er, wenn er auf der Wache hinüberschritt, mehrmals sie er-
blickt habe.
Dndik. Bistorische Fonchangen in der Bibliothek za St. Petenborg. 329
Historische Forschungen in der kaiserlichen öffent-
Uchen Bibliothek zu St. Petersburg.
Von
Dr. B. Dudik 0. S. B.
Die Geschichte der kaiserlichen öffentlichen Bibliothek
in St. Petersburg liegt in ihrer Zusammensetzung. Sie ist nicht
genetisch geworden^ auch wurzelt sie nicht in der Vergangen-
heit des russischen Staates, sie ist vielmehr ein. Conglomerat
neueren Datums ; entstanden in der jetzigen Form um 1810
aus verschiedenen Sammlungen; die längst schon^ bevor sie in
den grossen Complez, der jetzt ,die kaiserliche öffentliche
Bibliothek' heisst^ aufgenommen wurden , ihre eigenen Ge^
schichten hatten^ die man kennen muss, um sich mit Nutzen
in den weiten Räumen der am Katharinenplatze stehenden
kaiserlichen Bibliothek^ und in ihren breitangelegten Catalogen
auszukennen.
Als Grundlage der jetzigen Bibliothek; welche nahezu
anderthalb Millionen gedruckter Werke und an 40.000 Hand-
schriften zählt; dient die bis zum Jahre 1795 in Warschau
bestandene; und; in Folge der dritten Theilung PolenS; durch
die Kaiserin Katharina II. nach Petersburg geschaffte soge-
nannteZaluskische Bibliothek; mit der wir uns ihrer reichen
historischen Quellen wegen, welche allerdings unmittelbar die
Geschichte PolenS; mittelbar jedoch auch die der österreichisch-
ungarischen Monarchie beleuchten; eingehender beschäftigen
wollen.
Den Namen führte diese ihrer Zeit berühmte Bücher-
ond Handschriften-Sammlung von ihren Begründern; den Brü-
dern Andreas Stanislaus Kostka und Josef Andreas Grafen
Zalnski in Zaluskie. Söhne des Wojwoden von Rawa, gehören
sie einem alten polnischen GeschlechtC; welches sich in der
330 Dndfk.
Staats- und Literaturgeschichte Polens, einen ehrenvollen Platz
errungen hatte. Der ältere Bruder, Andreas, machte in seiner
Jugend grosse Reisen, studierte in Korn, wo er die Doctor-
würde nahm und widmete sich dem geistlichen Stande. Noch
sehr jung, erhielt er am 18. Dezember 1722 den bischöf-
lichen Sitz zu Plock, den er bis 1737 inne hatte, er wurde
dann unter dem Könige Friedrich August II. 1735 zum Gross-
kanzler des Reichs befördert, welches Amt er zehn Jahre lang
verwaltete, darauf 1737 nach Luck, am 15. Juli 1739 nach
Kulm, und endlich am 2. Mai 1746 nach Krakau versetzt, wo
er den IG. Dezember 1758 in dem Rufe eines gelehrten und
biederen Mannes und Bischofs starb. Seine reiche Bücher-
sammlung vermachte er seinem jüngeren Bruder Josef.
Josef Andreas Zahiski, geboren 1701, ist der eigent-
liche Qründer der nach ihm* benannten Bibliothek. Durch
Reisen in Deutschland, Holland, Frankreich und Italien ge-
bildet, trat er frühzeitig mit den gelehrtesten Männern seiner
Zeit in literarischen Verkehr, und fasste den Entschluss, sein
bedeutendes Vermögen dadurch zum Wohle seines Vaterlandes
zu verwenden, dass er eine öffentliche Bibliothek in Polens
Hauptstadt, Warschau, zu begründen sich vornahm, eine Bi-
bliothek, die in erster Linie alles vereinigen sollte, was die
polnische Literatur je zu Tage förderte. Die Verhältnisse
waren diesem seinen Unternehmen günstig. Es mag auffallen,
dass wir diese Behauptung aufstellen, denn Zaluski's Jugend
&llt in die Parteiungen hinein, welche in Folge des nordischen
Krieges in dem Wahlstaate Polen zu Tage traten. Dem recht-
mässigen Könige, Friedrich August, wurde nämlich 1704 durcli
den Einfluss des Königs von Schweden, Karl XII., der Woj-
wode von Posen, Stanislaus Leszinski, als Gegenkönig auf-
gestellt. Allerdings gewann 1709 Friedrich August wieder die
Oberhand ; aber das Land blieb nichts destoweniger gespalten,
bis erst 1733 mit der Wahl Friedrich August IL eine etwas
festere Ordnung in das unglückliche Polen gelangte. Josef
Zaiuski zählte damals das 22. Lebensjahr, und seine Bibliothek
bereits 4000 Bände und mehrere hunderte von kostbaren, die
politische und Rechtsgeschichte Polens beleuchtenden Hand-
schriften. Er erwarb sie bei den allgemeinen politischen
Wirren um billige Summen, und da er sich ontschloss, dem
HistoritelM Fonchangen in der Bibliothek xn St. Peteruburg. 331
Gegeilkönige Stanislaus ine Ausland zu folgen und in Lothringen
reiche Benefizien anzunehmen, fand er neben Beinern Vermögen
die hinreichenden Mittel, seine Bibliothek nach Wunsch zu
vermehren; darum sagten wir, dass gerade die politischen
Wirren dem strebsamen Manne günstig waren ^ um seiner
Bücherliebhaberei nachgehen zu können.
Als die Zustände Polens um das Jahr 1733 durch die
Wahl des sächsischen Kurfürsten Friedrich August II. (III.)
zum Könige sich zu regeln anfingen, kehrte Graf Josef in die
Heimat zurück, wählte Warschau zu seinem gewöhnlichen
Sitze, und hier war es, wo er 1747 seine und die seines
Bruders Andreas, Bischofs von Krakau, bereits catalogisirte
Bibliothek mit grosser Feierlichkeit dem Publikum ö£fiiete,
selbe, sammt dem Palais worin sie stand, und das im Werden
begriffene Museum, dem Vaterlande für immerwährende Zeiten
durch eine eigene Schrift, welche zugleich die Bestimmungen
des Donators über die Verwaltung und Benützung der Bibliothek
enthält, zu Eigen gab mit der Motivirung : ,ut exstet perpetuum
quoddam quasi monumentum meae erga sedcjn apostolicam de-
votionis, cum qua (bibliotheca) cupio huiusmodi legato con-
Bcientiam meam exonerara, si quos fructus ex reditibus meis
ecclesiasticis , dum vixi, male forsan, perceperim^ ^ Wir be-
sitzen diese Bestimmungen und eine gleichzeitige, kostbare Re-
lation über diesen am 3. August 1747 stattgefundenen Akt,
von dem wir hier Einiges dem freundlichen Ijoser mittheilen.
Josef Zahiski sagt in dieser Schrift, dass seit 46 Jahren
an der Bibliothek gesammelt wurde. Da nun, wie wii* wissen,
Graf Josef 1701 geboren war, so ist klar, dass hier auch von
den Büchern seines viel älteren Bruders Andreas, die Rede ist,
welcher damals, als die Inauguration stattfand, Bischof von
Krakau war. Leider wurde nach seinem, wie oben gesagt,
am 16. Dezember 1758 erfolgten Tode diese bischöfliche Schen-
kung wegen gewissen Formenfehlern seines Testaments revo-
cirt, so dass blos ein Kapital von 46.000 Qulden polnisch und
von den Büchern 2500 Bände für die Warschauer Bibliothek
übrig blieben ; doch dies störte den Gründungseifer des Grafen
^ Catalo^ne des pnblieationR de la hibliotbeqne imperiale publique de
Saint^Petersbourg; depnis sa fondatiou jasqu' en 18C1 etc. 4^, und darin
paf^. X RitOB Inauguration 19) worin pag. XVI die obige Stelle vorkommt
332 DudiiL
Josef keineswegs, höchstexis, dass von nun an Josef allein als
der eigentliche Stifter galt.
Als Bibliothekare amtirten noch zu Ijebzeiten des Kra-
kauer Bischofs Andreas, der in der literarischen polnischen
Welt bekannte Canonicus, Johann Daniel Janocki, und etwas
später, doch mit ihm zugleich, der Jesuit Albertrandi und
Kantzier. Vom Janocki stammen die ersten Cataloge der
Zaiuskischen Bibliothek; der Handschriftencatalog führt den
Titel : ,Specimen Catalogi codicum manuscriptorum bibliothecae
21a}uscianae exhibitum iussu et sumptu optimi et munificentis-
simi principis epbcopi Cracoviensis' etc. 1752, 4^ 175 pp. und
über die seltenen polnischen Drucke: ,Nachricht von denen in
der hochgräflichen Zahiskischen Bibliothek sich befindenden
raren polnischen Büchern^ Dresden. Walther 1747 — 1753.
FtLnf Partien in 2 Bänden. 8^. Beide diese Cataloge ver-
schafften der ZiJuskischen Bibliothek in Warschau den euro-
päischen Ruf, dessen sie sich mit Recht erfreut hatte, und wer
noch heut zu Tage die Zaluskische Bibliothek kennen lernen
will, muss zu diesen beiden Arbeiten des Bibliothekar Janocki
seine Zuflucht nehmen.
Minder glücklich angelegt und durchgeführt ist von
Janocki folgender Catalog': ,Bibliograph]a Zalusciana, exhibens
ill. excell. atque reverendissimi D. D. los. Andr. Comitis in
Zaluskie Zaiuski, Kioviensis atque Czernichoviensis episcopi,
heroici ordinis aquilae albae equitis, tam edita quam edenda
scripta, inspersis plurimis notis atque observationibus Ute-
rariis ex eiusdem illustrissimi praesulis scrinio desumtis.
Opus literariae historiae Poloniae amatoribus iocundum ac
perutile, partim Berdiczoviae in typog^apheo Mariano, par-
tim Varsaviae Mizlerianis, coUegiique Societatis lesu typis
Impressum annis 1763, 1764, 1765 et 1766. Fol. Man sieht
es diesem Werke an, dass damit nicht so sehr der Wissen-
schaft, als vielmehr der Eitelkeit des alternden Fundators
gedient werden sollte, denn selbst die unbedeutendsten An-
spielungen auf den Qrafen, die in welcher Literatur immer
gefunden wurden, stehen hier als Bibliographia Z^skiana ver-
zeichnet, des mittlerweile 1759 zum Bischöfe von Kijew-
2itomirz ernannten Grafen Zaluski, dessen Leben am besten
beschrieben erscheint in ,Frie8e, Vitae episcoporura Kiowien-
Historische Forschungen in der Bibliothek zn St. Petersburg. 333
sium et Czernichoviensium.' Varsoviae 1761. Das Petersburger
Exemplar ist voll von Anmerkungen und Zusätzen, die von
der Hand des Bischofs stammen. Man siebt daraus, dass sich
der Bischof gerne in Berdiczow in der Ukraine aufhielt, und
das ist der Grund, warum Janocki einen Theil der Bibliographia
Zidaskiana in Berdiczow drucken Hess, und warum die Fort-
setzung des Werkes in Warschau geschah, wird erklärlich,
wenn man in der oberwähnten Bischofsgeschichte liest, dass
Oraf Josef als polnischer Senator nach dem Tode des Königs
August II. nach Warschau eUen musste, um 1764 dem neuen
Herrscher, Stanislaus August Poniatowski, die Stimme zu geben.
Als er jedoch auf dem Reichstage 1766 gegen die von den
Russen beschützten Dissidenten heftig auftrat, ward er auf
Veranlassung des russischen Gesandten, Repnin, nach Kaluga
verwiesen, und daselbst bis 1773 festgehalten. Aus dieser Zeit
stammt ein höchst rares Werkchen: ^Mensonges imprimäs du
äujet de Joseph comte de Zaluski^ etc., s. 1. und ,Przypadki
uiektöre J. W. J. 1. J6zefa Zaluskiego^ ktöre mu si^ w niewoli
Hoskiewskej 6-letniej trafyli'. (s. 1.) 1773. 8^ Kaum frei ge-
worden, starb dieser polnische Patriot am 9. Januar 1774.
Obwohl die nach Josef Zaluski genannte Bibliothek kraft
seines Testamentes der polnischen Nation gehörte, bestimmte er,
dass die Jesuiten die Verwalter derselben blieben ; die Jesuiten
aber worden schon 1773 aufgehoben, und so ging die Bibliothek
in die Verwaltung des Staates über, und wurde zwanzig Jahre
hindurch von der Warschauer Erziehungscommission verwaltet
wiewohl die Verwandtschaft der Gründer Einsprache dagegen
erhoben hatte. Der Process dauerte noch fort, als die dritte
Theilung Polens 1795 erfolgte, und 1795 die Kaiserin Katha*
rina IL den Befehl ertbeilte , die Zaluskische Bibliothek als
Staatsgut nach St. Petersburg zu überführen. Sie zählte damals
weit über 200.000 Bände, und bildete die Grundlage der jetzigen
kaiserlichen öffentlichen Bibliothek, die dann später zwischen
den Jahren 1831 und 1834 noch durch eine Auswahl seltener
Schriften aus Plotzk vermehrt wurde, die ehedem im Besitze
der Jesuiten waren, weiter durch die ausgezeichnete Bibliothek
der Fürsten Czartoriski, die in Pulawi stand, sowie durch die
der Sapieha und Bzewucki, und endlich durch 150.000 Bände,
welche der Gesellschaft der Literaturfreunde in Warschau
334 Dndik.
gehörten, worunter sich mehrere Tausende der seltensten £rst-
lingßdrucke aus dem 15. und IG. Jahrhunderte, und viele gute
Handschriften (im Cataloge mit O bezeichnet) befinden, welche
die Gesellschaft in Folge der Jahre zumeist aus den polnischen
Klöstern, wo sie verbeißen lagen, gesammelt hatte. Man kann
daher mit voller Berechtigung sagen, dass die heutige kaiser-
liche öffentliche Bibliothek in St. Petersburg, in ihrer grossen
Mehrzahl aus Büchern und Handschriften besteht, die vor den
polnischen Revolutionen im Königreiche Polen lagen, und nur
als Siegesbeute nach St. Peterburg wanderten.
Allerdings bewahrt die kaiserliche öffentliche Bibliothek
auch noch andere Aquisitionen, zu denen wir in erster Linie
die Manuscripten - Sammlung des russischen Kirchensängers
und nachmaligen russischen Oesandtschaftsbeamten in Paria,
Peter Dubrawski, zählen. Augenzeuge der französischen Re-
volution von 1789 und der Plünderung der Abtei von St. Germain
und anderer französischen Bibliotheken und Archive, wusste
Dubrawski eine Menge werthvoller Handschriften, die von der
rohen Masse zum Thoile auf die Strasse geworfen wurden, um
ein geringes zu erwerben, und so zu rotten. Dubrawski schenkte
in späteren Jahren, nachdem er zum Legationsrathe vorgerückt
war, seine ganze Sammlung dem Kaiser Alexander I., der ihn
dafür zum Conservator des Handschriften - Departements der
Bibliothek mit reichlichem lebenslänglichen Gehalte ernannte.
Auch die 27.000 Bände reiche Sammlung des als russischen
Gesandten in Stockholm 1836 verstorbenen Grafen Suchtelen
bildet einen Bestandtheil der jetzigen kaiserlichen öffentlichen
Bibliothek. Sie wurde um 100.000 Rubel angekauft, und so
könnten wir noch eine ganze Reihe von Acquisitionen anfahren^
um die anderthalb Millionen Bände, welche die weiten Säle
der kaiserlichen Petersburger Bibliothek fassen, begreiflich zu
machen, wenn es uns um eine Geschichte der erwähnten
Bibliothek ginge; dies ist nicht unser Zweck. Unser Zweck
lag, als wir unsere historischen Studien in St. Petersburg eb-
leiteten, die Handschriften der ehemals Zaluskischen Bibliothek
durchzugehen, um ihren Werth für die österreichisch- ungarische
Staatengeschichte zu constatiren.
Allerdings sind jetzt die Zaiuskiana unter die anderen
vorhandenen Handschriften eingereiht, und bilden somit keine
Hutorische Foracbangen in der Bibliothek in St. Petersburg. 3*35
selbstständige Abtheilung, und .es wäre eine fast vei^gebliche
Mühe gewesen ; sie herauszufinden', wenn die Verfasser der
Cataloge nicht zu jeder Handschriften-Nummer die Provenienz
angemerkt hätten. Sie thaten dies aber mit grosser Gewissen*
haftigkeit, und ermöglichten uns unsere Studien, die durch die
ungemein wohlthuende Zuvorkommenheit des Bibliotheks-
Directors, des Staatsrathes Deljanow, und durch die unver-
drossene Gefälligkeit der beiden Oberbibliothekare , MinzlofF
und Byschkof, zur angenehmen Beschäftigung wurden. Ich
sage hier den erwähnten Herren öffentlich meinen Dank. Nicht
nur, dass mir die Cataloge ohne Ausnahme zur Durchsicht
überlassen wurden, ich erhielt auch sonst noch Zugeständnisse,
die mir die Arbeit sehr erleichterten und ich meine Zeit gut
ausnützen konnte, denn nur dadurch wurde es möglich, dass
ich vom 14. August bis 13. September, nahezu an hundert
Handschriften prüfen und einen Theil der Handschriftencataloge
durchgehen konnte.
Die Handschriftencataloge der kaiserlichen öffentlichen
Bibliothek — und nur mit diesen haben wir es zu thun —
richten sich nach der Aufstellung der Manuscripte. Der Hauptr
eintheilungsgrund derselben bildet die Sprache, weiter die
Materie und endlich das Format. Unsere Aufgabe war blos
die lateinisch und polnisch geschriebenen Manuscripte durch-
zugehen; in böhmischer Sprache abgefasste besitzt die Bi-
bliothek nicht. Für die lateinischen Handschriften besteht der
Catalog aus drei, und für die polnischen aus einem Bande.
Der erste Band der lateinischen Handschriften enthält die
Äbtheilungen (oddleni) : I. Theologia, der zweite Band : II. luris-
pradentia, III. Philosophia, IV. Historia, V. Historia naturalis,
M. Medicina, VII. Physica, VIII. Chymia, IX. Mathesis,
X. Artes mechanicae, XI. Artes liberales, XH. Musica, XIU. Ars
delineandi, und der dritte Band: XIV. Poesis, XV. Lingui-
rtica, XVI. Eloquentia, XVII. Polygraphia und XVHI. Historia
literaria.
Nach diesen Abtheilungen, in der Bibliothek Od^leni ge-
nannt, zerfallen also die Handschriften in XVHI. Gruppen.
Man muss dies wissen, weil man sonst die Handschrift nicht
auffinden könnte, denn die Signatur einer jeden Handschrift
iftt: die erste, die Angabe der Sprache, die zweite, ob die Hand-
336 Dndik.
Schrift auf Papier oder Pergament geschrieben, die dritte, die
Abtheilung, die vierte, das Format und endlich die fünfte, die
laufende Nummer des Formats und der Abtheilung, deren jede
mit Nummer eins beginnt, und zwar separirt ftir Charta und
Membrana, und separat nach dem Format; Folio, Quart oder
Octav. Zu jeder Nummer ist im Cataloge mit einem Buch-
staben die Provenienz derselben angegeben, z. B. Z. Zahiski,
D. Dubrovski, G. Gesellschaft der Literaturfreunde in War-
schau, W. Warschau etc. Es ist dies allerdings ein viel zu
komplicirter Apparat der Aufstellung, besonders, als das Ein-
reihen der einzelnen Handschriften nach Materien in gar vielen
Fällen fast zur Unmöglichkeit wird. Indess da der Stock der
Bibliothek, die Zaluskiana, diese Bezeichnung schon mitbrachte,
beliess man sie auch für die später acquirirten Manuscripte.
Man muss daher, um in der St. Petersburger Bibliothek eioe
Handschrift regelrecht zu verlangen, also die Signatur angeben:
Lat. Chart. I. fol. Nr. 185.
Wir wollen jetzt nach den Abtheilungen, die von mir
benutzten oder blos eingesehenen Handschriften, wobei ich
abermals erinnere, dass ich mich fast ausschliesslich nur mit
Zatuskischen Manuscripten beschäftigte, anführen, und zu jedem
flir spätere Forscher die Signatur beisetzen.
I. Abtheilung. Theologia.
In folio membr. et eharta.
1. Legendae Sanctorum. Seculi XIV. membr. Sig. 124.
Im Catalog steht die Bemerkung, dass von diesem Werke zwei
Volumina vorhanden seien. Ich sah nur einen Band mit schönen
Initialen. Im vorliegenden Bande ist das Leben der heiligen
Elisabeth, der Landgräfin von Thüringen, in der Recension, in
welcher sie in der Legenda aurea lacobi a Voragine vorkommt.
Das Leben der böhmischen Landespatrone: Ludmilla und
Wenzeslaus fehlt in diesem Bande. Auch unter der Sig. 426
kommt ein Legendarium vor, in welchem unter anderen schon
das Leben des heiligen Stanislaus, aber noch nicht das der
heiligen Clara und der heiligen Hedwig vorkommt, ein Beweis,
Uifiiohiche Fonchongen in der Bibliothek txt St. Petenbarg. 3<)7
dass dieser Codex aus einem viel älteren Exemplare abge-
schrieben wurde; da Clara 1255 und Hedwig 1267, Stanislaus
aber bereits 1253 heilig gesprochen wurden. Vitae Sanctorum
Seculi XV. liegen femer unter der Sig. 515, und eine Vita
sanctae Elisabethae und St Hedwigis de anno 1472 unter der
Sig. 333.
2. Bartholomaei, Ord. Praedicatorum, Summa de casibus
coDScientiae de anno 1347. Von Fol. 1 bis 217. Darauf von
2ir bis 218: De casibus reservatis. Folio 218' bis 22a leer.
Von Fol. 221 bis 237 Statuta Amesti Archiepiscopi Pragensis.
Eigentlich sind es auf Orund der Arnestinischen Provinzial-
Statuten vom November 1349, niedergeschriebene Informationen
für den Seelsorg-Clerus und für die Beichtväter der Prager
Eirchenprovinz. So ist gleich der Anfang der Statuten ge*
Dommen aus Cap. 45 (Editio, Dudik, Brunn 1872, pag. 54),
and lautet: Statuta domini Amesti Archiepiscopi sie dicunt:
Nullus presbyter parochianum alterius sine proprii licentia
sacerdotis, non in articulo mortis constitutum, ad confessionem
recipiat, cum cum absolvere nequeat vel ligare, neque ei mini-
stret quodcumque aliud sacramentum ecclesiasticum. Quaestio:
utnim nos religiosi, et non curam populi habentes, possimus
procurare omnibus sacramentis parochianos aliorum, ut merca-
tores, viatores et peregrinantes, si venerint ad nos et inciderint
iD infirmitates, ut timeatur periculum mortis, quod forte non
habent licentiam, nee cogitaverunt petere ? Kesponsio : Si veri-
similiter timetur mortis periculum, et de facili licentia a pro-
prio presbytero haberi non potest, potest, cum necessitas legem
non habeat; alias non est tutum etc. Peregrinos autem et
sanoB, si peram et baculum a propriis presbyteris susceperunt,
Tel ab aliis de licentia propriorum, vel cum iam iter arripue-
nmt, absolvere potest etc. Und in dieser Form geht es weiter.
Stets eine Frage, und darauf eine Antwort. Die Fragen nach
alphabetischer Ordnung gestellt, z. B. Absolutio criminum inter
religiöses, (tder Aqua beuedicta, oder Anni pubertatis qui sunt?
Sehr umständlich: de usura et de restitutione. Werth copirt
ZQ werden. Fol. 235' Sequuntur Rationes magistri Drusonis.
Alles, wie sich der Beichtvater bei den angeführten Facten
verhalten solle. Ein Index von drei Seiten endet das Ganze,
welches eine eigene Folirung hatte mit den Toih geschriebenen
KtnagrWr. d. plia.-hi8t. Cl. XCV. Bd. I. Uft. 22
338 Dudik.
Worten: ,Kxpliciunt Statuta domini Arnesti Archiepisoopi Pra-
^nsis^ Darauf ,de ornatu mulierum', eine cultorgeschichtliche
Predigt etc. Cod. chart. fol. See. XIV. Folia 242. Sig. 7.
3. Eusebii Historia per Rufinum. Die Chronik schlecht
und fehlerhaft geschrieben. Zwei Citationes Olomacensis Epi-
scopi in membr. Sind zwei Vorsatzblätter ohne Bedeutong
See. XVI. Darauf Quaestiones decisae in Rota audientiae do-
mini pape de diversis materiis. Schluss: CoUationes episto-
larum dorainicalium editae a fr. Nicoiao de Interamnis, Ord.
fr. Minor. Cod. Chart. See. XV. Sig. 11.
4. Fr. Conradi Pragensis Postilla, mit der Schlossbe-
merkung: ,Hunc librum dominus Michael, praepositus Miecho-
vien, comparavit Pragae in studio existens, pro LX. sexagenas*.
Cod. See. XV. Sig. 27.
5. Mathäus de Cracovia, Tractatus de conscientia et ra-
tione, elucrubratus Präge 1390. Cod. See. XIV. Sig. 39.
6. Postilla Studentium Prägen universitatis. Circa annuni
1393. Cod. See. XIV. Sig. 39.
7. Postilla Studentium Pragensium a. D. Conrado Wal-
thusen compikta 1427. Cod. See. XV. Sig. 185.
8. Mathfti de Legnitz Postilla per manus Simonis de
Auspitz. See. XV. Sig. 53.
9. Homiliae per Quadragesimam scriptae a. D. 1414. Ge-
hörten im erwähnten Jahre dem Nicolaus de Hustoped, nunc
plebani in Erasa. Cod. See. XV. Sig. 132.
10. lacobi a Voragine, Legenda aurea de anno 1423.
Cod. See. XV. Sig. 167. Ein zweites Exemplar Sex. XV. hat
die Sig. 191. Darin : ,Vita quinque fratrum in Polonia'. Leider
nur ein Blatt und unvollständig, eine Vita, welche sonst in der
Legenda aurea nicht vorzukommen pflegt. Auch ist hier die
Vita anders als im Benedictiner Brevier.
11. Liber poenitentiarius per Petrum, Cracoviensem epi-
scopum, in synodo Wislicensi anno 1396 promulgatus. Cod.
See. XV. Sig. 187. Es ist da die Rede von dem Krakauer
Bischöfe Petrus Wisz Radolinski^ welcher 1392 das Bisthum
erhielt und 1412 nach Posen versetzt wurde. Er stai'b 1414.
Obwohl einer späteren Zeit entsprossen, ist dieser , Liber poe-
nitentiarius' schon darum höchst merkwürdig; weil er noch
Busscanonen enthält, die in Folge des Entwickelungsganges,
Historische Forvehungeu in der Bibliothek cn St. Pett<nbvrg. 339
welcheu die Bussdisciplin genommen hatte, in den Bussord-
nangen des westlichen Europas nicht mehr vorkamen.
12. Rabrica missamm secundom consuetudinem ecclesie
Olomacen et Cracovien, scripta circa annum 1396. Cod. See.
XIV. ad finem. Sig. 43. Ein viel versprechender Titel! Leider
besteht die Rubrica missarum nur aus vier Blatt. Jncipit de
prima Dominica Adventus et'finit in die Parasceve^, die wei-
teren Theile des Jahres fehlen; doch immerhin wichtig, weil
der Rest die Uebereinstimmung des kirchlichen Directoriums
der beiden aneinander grenzenden Diöcesen darthut, und daher
den Schiuss erlaubt, dass beide Diöcesen einen und denselben
Ursprung hatten, und dass demnach die Tradition, die Slaven-
apostel, Kyrill und Method, seien auch ihre Begründer gewesen,
doch irgend einen Grund haben müsse. Was nach der ,Ru-
brica' im Codex noch folgt, ist ein Liber poenitentiarius, dann
Canonen und verschiedene Predigten.
13. Apologia Theutonicorum contra Bohemos per mona-
chum Cisterciensem. Cod. See. XVI. Sig. 44. Bios auf sechs
Seiten ohne Werth ; es sind theologische Argumente wider den
Husitismus. Voran gehen theologische Abbandlungen und Aus-
züge aus Thomas von Aquino.
14. Revelationes S. Brigidae. Beginnen : Epistola solitarii
ad reges. Liber coelestium imperatorum, revelatus s. Brigidae.
Geschrieben um das Jahr 1430. Cod. See. XV. Folia 348.
Sig. 195. Ein anderer Codex Revelationum s. Brigidae ist
vom J. 1448. Sig. 233.
15. Literae pro canonisatione S. Brigidae et S. Cathe-
rinae Suecae de anno 1480 usque ad an. 1500. Bekanntlich
ist Catharina die Tochter der heiligen Birgitta. Cod. See. XVI.
Folia 22. Sig. 376. In der Zahiskischen Bibliothek signirt
mit Z. 155.
16. lohannis de Capistrano praedicatio Cracoviae circa
1453. Cod. See. XVI. Sig. 207. Der Codex selbst enthält
Predigten und darunter Fol. 394 ist Capistrans Rede.
17. Liber de viris illustribus Ord. Cistercien de anno
1435. Folia 256. Cod. See. XV. Sig. 208, und Sig. 223 ist eine
ähnliche, wenn auch nicht gleiche Schrift unter dem Titel:
Anonymus Clarevallensis monasterii, de viris illustribus Ord.
Cistercien. Liber scriptus 1444 pro monasterio Eoprivnicensi.
22*
340 Ondik.
18. lacobos de Paradiso, abbas Mogiiensis s. Glarae
Tumbae, Sermones et alia opuscula inedita. Scripta circa an.
1439. Cod. See. XV. Sig. 223.
19. GalluSy abbas Aulae regiae in Bohemia, Malogranatam
i. e. Liber de triplici statu religiosorum. Compillatam 1342
(ob es nicht 1372 lauten soll?). Cod. See. XV. Folia 222.
Sig. 311. Der Scl)luss fehlt und viele Blätter sind zerrissen.
Der Abt Gallus lebte um das Jahr 1370; der Codex kann
also nicht, wie der Catalog sagt, 1468 geschrieben worden sein.
20. Gesta Concilii Constantienis. Cod. See. XVI. Folia
480. Sig. 321. Ist unvollständig und ungenau.
21. Registrum lectoris et subprioris ab anno 1436 et alia
vetusta scituque digna usque ad 1511. Cod. See. XVI. Sig. 212.
DasB diese hier niedergelegten Annotata einem Breslauer Kloster
gehören, ersieht man aus folgender Anmerkung: ,Sub anno
1436 die 17. Aprilis ego Fr. Michael Kerer, lector et supprior
conventuB Wratislavien, etiam praesens registrum concepi con-
scribere cum diligentia, qua potui res et utensilia conventus
praedicti'. Was war das für ein Convent?
22. Annales conventus Cisterciensis ac res gestae in regno
Poloniae succincte ab anno 1684 connotati. Cod. See. XVIL
Folia 478. Sig. 569 e bibl. Europatkiana.
23. Leopoliensis archiepiscopatus historia ab anno 1624 V
per lohannem Thomam losephovicz, Leopolien Canonicum, ex
actis authenticis et historicis per annotationes annorum collecta
ad annum 1700. Cod. See. XVIII. Folia 482. Sig. 585. Bei
Zatuski 322, Janocki, specimen catalogi etc. pag. 30. LXXXL
I. Theologia in i^ in membrana.
24. Beda venerabilis, historia ecclesiastica Angloinim.
See. VIII. (Autograph?) . Sig. 18 (D. 143). Cod. membr.
Fol. 161.
25. Ordo scrutinii catechumcnorum. See. IX. Cod. Cor-
beien. Fol. 88. Sig. 34 (D. 234).
26. Calendarium de anno 1228 usque ad 1234 ad usum
fratrum Ordinis Theutonici. So im Catalog. Wir bezweifeln,
dass es ein Calendarium ordinis Theutonici sei. £s enthält
sechzehn Blätter. Nach dem Calendarium kommt ein lateinisches
Hiatorieeho Fonehnngeii in der Bibliothek zn St Petenbvg. 341
Lied de B. M« V. mit Noten und darauf Peregrinus de Sanctis.
Cod. memb. See. XIII. Sig. 69, bei Dubrowaki 295.
27. ConBtitutiones Cracoviensis ecclesiae dto. Cracoviae
1326 NoniB Octobris. Die Statuten sind sieben Blatt stark.
Darauf kommt, wie in der vorigen Nummer, Peregrinus de
Sanctis. Fol. 85 ' liest man roth : Explicit Peregrinus de
sanctis et Evangelia dominicalia scripta per manus Petri de
Zjtauia. Ist das der Abt von Eönigssaal, der Geschichts-
schreiber? Darauf kommt: Summa poenitentiae. Der Codex,
Anfangs See. XIV ist am Schlüsse unvollständig, die Holzdeckel
gebrochen. Cod. Memb. Fol. 128. Sig. 105 (G. 535).
28. Historia passionis et ascensionis Domini cum narra-
tione de losepho Arimatheo. Cod. memb. See. XV. Fol. 10.
Sig. 187 (D. 349).
I. Theologia in iP in eharta.
29. Breviarium ad usum ecclesiae Moraviae.
Diese Aufschrift gab dem Büchelchen Zaluski und mit
Recht Es enthält nämlich einen Theil des ,Proprium Moraviae
Sanctorum^ Nach einigen Stylübungen eines böhmisch ge-
schriebenen Briefes, beginnt Fol. 1' Historia corporis Christi,
ad primam Anthiph. Super psalmos ant. Sacerdos in etemum
Christus Dominus secundum ordinem melchisedech etc. —
Fol. 5'. Marie Nivis. Ad primam vesperam antiphona etc. —
Fol. 6. Sancte Anne. — Fol. T. Sancti Victorini. — Fol. 9.
Istoria sanctorum Cirilli et metudii confessorum.
In I. Vesperis.
Adest dies gloriosa pontificum beatorum ciruUi et metudii
^rmanorum de alexandria grecie genitorum. Psalmi feriales.
Capitulum, Plures facti sunt sacerdotes secundum legem,
idcirco quod morte prohibentur permanere. Deo gi'acias.
Respcnsorium : Gaude Welgrad et tota gens Bohelnorum
de adventu istorum presulum, beatorum cirillo et me-
tudio, adeo tibi concessis de alexandria grece (sie) pro-
genitis, laudaque Deum in excelsis.
VernctUus, Nee sileat vox in imnis, cantent et laudes in
eorum laude provincia lauda.
342 Dndik.
YmpniM: Sanctorom meritis indyta gaudia^ etc. nt in
plurimorum martyrum.
Oratio. OmnipoteiiB, piissime Deus, qui nos per beatos
pontifices ac confesBoreB tuoa noBtroBque apostolos et
patronos, metudium et cirillam, ad credulitatem fidei
cristiane vocare dignatus es, presta, ut qui eorom festi-
vitate in presenti gloriamor, eorum eüam gloriam sem-
piternam consequi mereamur. P. D. N. — Alia omnia
secundum carsum temporis.
Ad matutinas.
Livitatorium, Sonora voce et mentis iubilo iubilemus altissimo
in sanctoram Cirilli et metadii, noBtroram patronoram^
natalicio.
Psfdmua: Venite exultemus etc.
Ymnus: Eterna chriBti munera etc. (Plurimorum mar-
tyrum).
In primo nocturno.
1, Antif.: Papa Nicolaus corpus allatum sancti clementis rome
in ecclesiam intulit, dudum in honore ipsiuB constrac-
tarn, et honorifice sepeliuit.
Pgalmxis: Beatus vir (ut in feste Plur. martyr.).
2. Antif.: Ibique beatus cirillus, archiepiscopatui cedens, mo-
nachum se fieri obtinuit, et in eodem loco, darifi
miraculis fulgens, vitam finiuit.
Psalmus: Quare fremuerunt gentes etc.
d. Antif,: Qui frater buus, sanctus metudius, in sedem vele-
grad substituitur remuneratusque a papa multis gratüs^
ad sedem predictam remittitur.
Paalmua: Cum invocarem etc.
Versus: Letamini in Domino et exultate iusti.
Besp,: Et gloriamini omnes recti corde.
Lectiones.
i. Lectio. Quemadmodum ex historiis plurimorum Banctornm
et ex cronicis diversis colligitur, beatus Cirillos et
metudius, fratres germani de alexandria grecie et sla-
wonice ligwe (sie), venerunt ad terram morauie, Domino
ffigtoriseho Foneliaiigen in der BibUotliek zu St. Petnsbug. 343
Deo concedente, ad salatem gentis illiuB in forma pere-
grinorum ac sacerdotali gradu, sine titolo insigniti.
Quibus rex Swatopluk terre moravie, paganicb ritu
dedituB; cum gente Bua occorrit et reverenter eo8 sus-
cepit. Qui tandem, gracia Dei largiente, ipsum cum
tota gente sua ad fidem cristi conuerterunt et ad bap-
tismi gratiam perduxerunt. Qui Swatopluk rex pro-
curavit pro augmento fidei cristiane; quod sedes archie-
piscopaÜB in welgrad ecclesia, quam romane fidei
ordinaverat; et ubi sedes regni sui erat, et Septem
episcopi sufraganei sub ipsa sede ordinati in polonia
et in uogaria fuere^ sanctum quoque Cirillum in archi-
presulem obtinuit ordinari. Cui magnifice beatus Ci-
riiluB presidens, multos in fide Christi roborauit, et per
eiuB sanctam doctrinam multorum anime ad celos
transierunt.
iZesp.: Cum beatus Cirillus pape et cardinalibus esset
delatus; quod in slawonica ligwa (sie) missas et divina
officia decantaret, multum de hoc est per eos repre»
hensus, sed ille dauidicis et apostolicis auctoritatibus
se digne excusauit.
Versiculus: Multuro de hoc est per eos reprehensus etc.
2. Leetio. Cum beatus Cirillus missas et divina officia in sla-
wonico decantaret; et romam causa orationis venisset,
delatus fuit summo pontifici et dominis cardinalibus^
quod in ligwa (sie) prohibita hec faceret contra san-
Ctorum patioim instituta. Propter quod vocatus fuit ad
domnum papam, qui yeniens suo se conspectui presen-
tavit; causam sue vocationis requirens. Quem domnus
papa cum indignacione magna reprehendit, cur in
ligwa (sie) vetita missas et diyina officia presnmeret
celebrare? lUo humiliter satis faciente, et eos volens
mitigare, arrepto psalterio versum psalmographi in eo
recitauity videlicet: Omnis spiritus landet dominum^ et
ait: Cor presbyteri ellecti prohibetis missarum solempnia
decantare in ligwa (sie) mea slavonica, et verba greca
seu latina transferre in slawonicum? Nam nisi hec
facerem^ nullo modo possem genti, per me converse^
Bubvenire, quia gens dure ceruicis est et ydyota et
344 Dndik.
ignara viarum dei, solum salutare eis reperi deo inspi-
rante, per quod multos Uli aqnisioi, quapropter ignoscite
mihi patres et domini mei.
Resp. : CuiuB rationibus papa cum collegio cardinalium
sibi aBsistencium aquieuit , Et ut in slawonico in par*
tibuB suis misse et divina officia cantaret institaii
Versiculus: Quod quidem in partibus slawonicis ad hec
tempora observatur.
3. Lectio. Item quidem et beatus paulus apostolus inquit: loqai
diversis ligwis (sie), nolite prohibere. At Uli hec
audientes et admirantes tantam viri dei fidem et meri-
tum, auetoritate sua statuunt et confirmant slawonica
ligwa (sie) in paii;ibu8 Ulis missarum solempnia ceteras-
que horas canonicas ympnizare. Demum sanctus Ci-
rillus ad partes suas rediens, spiritu sancto edoctos ad
oysonam (das Wort corrigirt; kann auch ozjson&m,
chersonam gelesen werden), insulam marinam properat,
et mari siccato, diuinitus ecclesiam dudum per angeloe
ibi constructam, ingreditur, et corpus sancti clementis
pape et martyris cum anchora invenit, quod multa tem-
pora fuerat ibi proiectum. Quod reuerenter recepit, et
illud ad ecclesiam suam Welgrad deportauit et ibidem
multo tempore retinuit. Sed in spiritu preuidens terre
moravie destruccionem futuram, suscepto corpore sancti
clementis, Romam illud detulit, et domno pape nicolao
nunciauit, quod tantum thezaurum romam deferret.
Resp.: Omnesque qui aduenerant, sunt admirati sancti
Spiritus doni tanti ei donati ; quod tot et tantis auctori-
tatibus eos superasset.
Versic,: Qui perenni victi (sie) aquierunt, quod tot et
tantis etc.
In secundo nocturno.
4. Antif, : Beatus Metudius de roma remeans, a rege Swatopluk
et sua gente gratanter suscipitur et eis leticia magna
ex aduentu suo cumulatur.
Psalmus: Verba mea.
Hiitoriflehe Fonehnnfren in der Bibliotbek n 8i. Petersburg. 345
5, Aniif. : Iste beatus dncem Borzy woj bohemorum in quodam
convivio regis Swatopluk convertit^ et cum eo triginta
sttOB baptizauit et de fide caiholica edocuit.
Psalmus: Domine Dominus noster.
6. Antif.: Sacerdotesque eis adiunxit, qui gentem suam in
bohemia regnantem^ ad fidem cristi conuerterunt et ad
baptismi gratiam perduxerunt.
Psalmus: Domine, quis habitabit etc.
Vers.: Exultent iusti in conspectu Dei.
Resp.: £t delectentur in letitia.
Lectiones.
4. Leetio. Dominus papa cum clero et toto populo romano cum
ingenti gaudio ei occurrit, et illud corpus in ecclesia
sancti clementis, que ante multa tempora fuit fabricata,
sepeliuity et ibi sanctus Cirilus episcopatui renuncians,
monachum se fieri obtinuit, et ibi miraculis coruscans,
in domino quieuit; et per domnum papam honorifice
in eadem ecclesia tumulatur. Qui fratrem suum, san-
ctum Metudium, substituit in locum archipresulatum,
quem multis gratiis remunerans, ad ecclesiam suam in
Welgrad remittit, qui benedictione papali recepta, ro-
gat, ut fraternum corpus secum possit deferre pro
augenda deuotione gentis morauice et fidei cristiane
per eos suscepte confirmacione. Cuius peticioni papa
noluit annuere. Sanctus tamen metudius clam pro
tempore stetit rome et tandem nocturno tempore in-
grediens ecclesiam sancti clementis, corpus sancti cirilli
oculte recepit, et secum illud versus moraviam depor-
tavity et cum aliquod dietas cum eo fecisset, tandem
in loco ameno cum eo requieuit, et cum ab illo loco
illud vellet deferre , nulla ope seu racione hoc facere
potuit. Nam adeo se graue illud corpus exhibuit, quod
nulla arte abinde potuit remoueri.
Rssp.: Letare felix Girille, qui meruisti conuertere regem
Swatopluk morauie cum gente sua incredula, Et ad
fidem Christi perducere.
Vers.: De fideque Christi cum tu edocuisti. Et ad
fidem etc.
346 Dodik.
5. Lectio, Tandem cum orationibus, vigiliis ac ieioniis aanctiu
metudius insisteret, petens sibi divinitus revellari, ntram
vellet moraviam, vel denuo romam deferri, qui manu
dextra ellevata ostendit multis videntibus, quod romam
deberet reportari. £t cum illud reportaretur, papehoc
nunciatur, qui cum clero et populo romano ei occarrit,
et illo recepto ad ecclesiam sancti clementiB illud de-
fert, et honorifice in eodeni tumulo^ in quo prius iacne-
rat, recondit Post hec veniente sancto metudio ad
suam ecclesiam in welgrad^ rex Swatopluk cum gente
8ua ei ocurrit et usque ad suam ecclesiam conduxit
Resp.: Glorioses principes nostros, cirillum cum metudio,
honore veneremur, qui sub se septem presules ha-
buerunt, Et Welgradensis eoclesie reg^ni moravie archi-
presules fuerunt.
Vers,: Nam et apostoli gentis illius exstiterunt. — Et
welgradensis etc.
6. LecHo, Qui in fide Christi subditos suos informans, eccle-
siamque suam in omni sanctitate gubemans, tandem in
quodam conuinio, facto per regem Swatopluk principi-
buB plurimis, ducem borzywoy bohemorum, qui sub
mensa regis in detestationem sue perfidie locatus in
conyivio fuerat; convertit, predicens ei ore prophetico,
quod si baptizaretur, quod ipse et sui successores prin>
cipes et reges^ maiores umnibus principibus et regibus
ligwe (sie) slawonice fierent, quod verifice est imple-
tum usque in hodiernum diem. Cuius verbis dux bor-
zywoy consentiensy se post refectionem petit babtizari
cum suis Omnibus, numero triginta, qui tunc ibi secum
aderant, et eis babtizatis et de fide Christi edoctis et
sacerdotibus secum receptis, libris et aliis omamen-
tum (sie) ad propria revertitur, et uxorem suam sanctam
Ludmillam cum tota gente bohemorum procurat babti-
zari. Qui in fide Christi viventes, post multa tempora
animas Christo reddiderunt et sancta exempla post se
relinquentes suis posteris usque in hodiernum diem ad
laudem et gloriam Deo omnipotenti, cui laus est et
gloria per infinita secula secnlorum amen.
Hintoriiohe Fonchnngen in der Bibliothek su St. Petersburg. 347
Rup.: Magnificemus Dominum, salvatorem omnium, qui
meritis presulum beatorum Cirilli et metudii convertit
ad fidem gentem Bohemorum.
Vers. : Dignasque laudes eis soluere nostra studeat mens.
Et convertit ad fidem etc.
In tertio nocturno.
7. Antif.: Sanctus metudius predixit ore duci borzywoyo pro-
phetico, quod si fidem Christi assumeret, maior ipse et
sui posteri ligwe Slawonice fieret.
Psalmus: Conserva Domine.
8, Antif, : Quod ab illo tempore est verificatum, et usque hodie
impletam, quia principes et reges bohemie maiores sunt
totius ligwe Slawonice.
Psalmus: Dominum cantate.
^. Antif,: Hoc testantur sacre historie et multorum sapientum
dictate cronice.
Psalmua: Beati quorum.
Vers.: lusti autem in perpetuum vivent.
Resp.: Et apud Dominum est merces eorum.
Lectiones.
Omslia: Sint iumbi vestri precincti (de communi Confessoris
non pontificis).
7. Besp.: Ad laudem digna preconia nostra resultent cantica
Deoque cum omnium gaudio nostra psallat devocio oris
et mentis iubilo in sanctorum Cirilli et metudii na-
talicio.
Vers.: Ut eorum suffragio sociemur sanctorum consorcio
— In sanctorum etc.
S. Resp,: Accidit stupendum miraculum, cum beatus metudius
corpus sancti Cirilli defert moraviam ad suam eccle-
siam, adeo grave et inportabile se reddidit, quod romam
illud deferri oportuit
Vers: Quod sanctus Cirillus fraternis victus precibus,
ostendit omnibus per sue vicinis manus errectionem
versus romam indicacionem. Quod romam illud etc. —
Das Weitere fehlt. Mit rother Tinte steht bemerkt:
348 Dadfk.
Residuum vero quere in fine libri in secundo folio f
tale Signum. Dort die Fortsetzung:
9, Resp.: Quod dum miraculum narratur, statim processio ad
occurrendum ei paratur, cui papa cum clero et popolo
toto romano reverenter occurrit et in waluis suis eum
suscepit.
Vers : In ecclesiaque sancti clementis eum sepelioit et
indulgentias largas omnibus, qui aderant^ donauit Et
in waluis suis eum excepit etc.
Ad Landes Antifonae.
1. Magnificemus Dominum de tantis personis nobis donatis et
propter eorum merita salutis fructibus condonatis.
2. In dignaque memoria eos habeamus, et ut propicii nobis
esse debeant^ ipsos devote imploramus.
3. Gestaque et actus eorum imitemur, ut ipsorum precibus ad
gloriam etemam perducamur.
4. Nee eis immemores et ingrati esse debemus de tot et tantis
beneficiis ab ipsis nobis coUatis.
5. Cum quevis gens et nacio suos apostolos condigno laudum
veneretur preconio.
Capitulum. Flures facti sunt sacerdotes (ut in vesperis).
Hymnus (deest).
Versiculus (deest).
Ad Benedictus Antifona : Festa veneranda^ ad hec tempora per
nos neglecta, digne solempnisemus officio Cirilli et
metudii beatorumque nostrorum apostolorum, qui gen-
tem boemorum de statu dampnatorum suis dignis operi-
bus angelorum agminibus sociare meruerunt, nunc
quoque consortes fac et nos eorum patrociniis.
Oratio: Omnipotens, piissime Dens (ut in uesperis).
Ad Boras, ut in Communi plurimorum martyrum, ex-
ceptis capitulis.
Capitulum ad Sextam: lesus autem cum manet in eter-
num, sempitemum habet sacerdotium, unde et salusre
in perpetuum potest.
Capitulum ad Nonam: Tales enim decebat, ut nobis
essent pontifices sancti, inocenteS; inpoluti; segregati a
peccatoribus et excelsiores celo.
Hiiloritche Forsehant^n in der BiblioChek za Bt. Peterabarg. 349
In secundis Vesperis.
Totum ut in communi plurimorum martyram exceptis:
Anüf(mat ut in laudibus.
Capitvivm: Qui non habet cottidie necessitatem quemad-
modum sacerdotes prias pro suis delictis hostiam offerre,
dein de (sie) populo hec cum facit semel se offerendo
Dominus lesus Christus.
i?«4p. : Quod dum miraculum (ut in responsorio nono).
Hymnus ut hie adiungitur (deest).
Vera.: Exultabunt etc.
Ai Magnißcat. AnUfana : Glorioses principes et patronos nostros
digno honore prosequamur beatos Cirillura et metudium,
qui sub se Septem sufraganeos episcopos habuerunt,
sedemque suam in morauia welgrad salubriter oraauerunt
apostolique et conversores gentis illius et nostri fuerunt.
Oratio ut supra.
Ad Missam: Sacerdotes Dei benedicite.
Oratio: Ipsorum — alia temporis.
Epiiftola: Flures facti sunt sacerdotes.
Graduale: Exultabunt sancti in gloria.
Trachis: Qui seminat in lacrymis.
EwangtUum: Sint lumbi vestri praecincti.
Offertorium : Anima nostra.
Communioi Ego vos.
Wir halten dieses Officium divinum der mährischen Apostel
Kyrill undMethud für dasjenige^ welches durch ein Diöcesanstatut
vom Jahre 1380 in den Mährischen Earchen zum ersten Male
eingeführt wurde. (Man vergleiche Cod. Dipl. Mor. VII pag. 696
iDe festivatione Cyrilli et Metudii^, wo statt 1349 zu lesen ist
1380). Darauf scheint die Antifona ad Benedictus: ^Festa
veneranda, ad hec tempora per nos neglecta, digne solemnise-
mus oiScio Cirilli et Metudü^ beatorumque nostrorum Aposto-
lorum' etc. anzuspielen. Wenngleich bei der Olmützer Käthe-
dralkirche in einer Grabeskapelle des Canonicus Telchontius^
bereits 1310 ein Altar der heiligen Kyrill und Methud dotirt
und weiter 1330 und 1360 bereits bestiftet wurde; so musste
dennoch ein eigenes Diöcesan-Statut provocirt werden^ um das
Andenken an die Wirksamkeit der beiden Apostel wachzurufen
3o() Dudik.
und au ihren Sitz Welehrad zu erinnern. In der, dem Officium
einverleibten Legende sind allerdings Facta beigemischt; die
sich mit der strengen Geschichte nicht vertragen, wie z. B.
die Ernennung des heiligen Cyrill zum Erzbischofe von Wele-
4irad. Dass aber diese Ansicht im 14. Jahrhunderte in Mähren
festgewurzelt war, zeigt die Gewohnheit der Olmützer Metro-
politankirche, die Series Episcoporum Olomucensium mit Kjrill
und Method zu beginnen, und Welehrad als den ersten ers-
bischöflichen Sitz hinzustellen. Die Erinnerung an diesen
Sitz erhielt sich, wie das Officium deutlich zeigt, auch dann
noch, als weder von den Reliquien der beiden Heiligen, noch
auch von ihrer kirchlichen Verehrung mehr die Rede war.
Ihr ämtliches Andenken wurde vielleicht absichtlich zurück-
gedrängt, der Ort jedoch ihrer Wirksamkeit, Welehrad bei
Hradisch, blieb lebendig in der Erinnerung des dankbaren
Volkes, welches wohl Ideen, nie aber die Wirklichkeit zn ver-
gessen pflegt.
Nach diesem Officium folgt:
Fol. 10. Historia sancti Castuli. Ist wieder das ganze
Officium.
Fol. 13. Historia sancte Marie Egyptiace.
Fol. 14'. De lancea Domini — Officium.
Fol. 18. S. Longini martyris. Hoc festum celebratm* quarto
die post Gregorii.
Fol. 20'. Decem millia militum. Nur ein Theil des
Officiums.
Fol. 21. Item de s. Sigismundo. Antiphonen und Hymnus.
Fol. 22. Paraphrasirtes Pater noster. Nach: libera nos a
malo presenti, preterito et futuro steht: Pomni na mne, mily
Bo2e, kdy2 jinak b^ti nemo2e, vysvobodf mne z täte nflze, od
nepi'itel mj^ch velikj^ch, kaci^&v zloi^eden^ch, mili panno Marie,
ra6 byti za to orodovnice. Darauf kommt
Fol. 22' ein paraphrasirtes Ave, und nun in zwei Co-
lumnen, im Ganzen vier Columnen, chronologische Noten aus
der böhmischen Geschichte. Sie beginnen: Anno Domini
M^*. CCC^. X coronatus est rex lohannes, pater Elaroli impera-
toris, et vixit annos XXXVI. Eodem anno Relicta regis lo-
hannis et filia Wenceslai secundi, ultima heres regni bohemie,
Hintoriaehe Forachnngen in der Bibliothek sn St. Teteraburg. 851
copulata fuit lohanni filio Henrici septimi imperatoris . . .
Addo D. M. CCC^. XVIIP aatuB est secundus filius, nomine
pFziemifll. Anno D. M. CCC®. XXII^ natus est lohannes, pater
marchionum Moravie. Anno D. M. CCCXXIII^. nate sunt
due gemelle, Anna et Elisabeth in Bavaria . . . Anno D.
M. CCC.XLVII. Studium Pragense fuit confirmatum . . . Anno
D. M. CCC. XLIX. advenerunt flagellarii in regnum Bohemie . .
A. D. M. CCC. LL instituti fuerunt canonici reguläres ad s.
Karolum . . . A. D. M. CCC. LXI. natus est Wenceslaus^ filius
Karoli, in civitate Nurenburgensi^ et ibidem fuit baptizatus . . .
A. D. M. CCC. LXV. allatum fuit corpus sancti Sigismundi
versus Pragam in vigilia s. Wenceslai de civitate Augnesii • . •
Anno D. H. CCC. LXXX®. fuit pestilentia magna in Bohemia,
qne vignit a festo sti Sigismundi usque ad wenceslaum . . •
A. D. M. CCC. XCnn^. rex Wenceslaus fuit captivatus in
Verona a marchione Moravie et a Baronibus in die sancti Sta-
nislaiy et post quindecim septimanas fuit liberatus per fratrem
suum^ ducem lohannem Gorlicensem. Schluss: Anno Domini
M'. CCC«. XCIX (1399) in die sancti Nicolai combustum fuit
pretorinm cum multis aiinis in maiori civitate pragensi.
Fol. 24. De sancto Joanne baptista. Bios Lectiones.
Fol. 25 und 26. Arithmetische Zifferreihe von 1 bis 538.
Darauf Fol. 26 der Schluss des Officiums der heiligen Cirill
und Method; und Fol. 27 zum Theil abgerissen, Daten aus der
Weltchronologie, und da steht: Ab origine mundi usque ad
nativitatem Christi V. M. C. XXIX. anni (5129 Jahr). Ob XX
es ist, ist nicht klar, abgerissen. — Geheftet im Papierumschlag.
Cod. Chart See. XV. Fol. 27, Sig. 4 (Z. 1759).
30. Breviarium monasticum 1264 — 1313 adiunctis notis
ploribus a recentioribus manibus a. 1580 et 1642. Fol. 427.
Sig. 2 (G. 198).
31. Petrus de Rosen heim O. S. B. monasterii Medlicen.
V. hi N. Testamentum , versiculis mnemonicis expressum an.
1348. Fol. 37, Sig. 3 (D. 427).
32. Amandus Fr. Ord. Praedicatoruro, üorologium divi-
nae sapientiae. 2. Visiones s. Brigidae etc. de anno 1411. Fol.
339, Sig. 24 (G. 468).
33. Novum testamentum praemissa tabula lectionum etc.
Inter alia: Fol. 216 ^ Epistola ad Hussonem, haereticum, a
352 Dudik.
papa damnatam cum suis sequacibus. — 205^. Explicit opus-
culum epistolaruni a M. Mareil contra haereticum Hubb etc. &.
D. 1422. Sig. 33. Fol. 109 . M. Mareil, Exhortatio ad Boke-
mom huBsam, haercBi infectum. Ibid. (G. 184). Sehr zerriBBener
und boBchädigter Codex.
34. TractatuB contra IV. articulos Bohemorum etc. See. XY.
Fol. 242. Sig. 38 (G. 361).
35. Articuli oblati Concilio ex parte regni Bohemiae et
marchionatuB Moraviae. an. 1433. Fol. 38, Sig. 49 (Z. 1752).
36. De fide catbolica etc. Darunter Fol. 162 ^ Constitii-
tioneB Alberti. epiBcopi CracovienBis sub anno 1420. Explicit.
Fol. 185, Sig. 50.
37. HieronymuB de Praga, Linea BalutiB heremitarum etc.
per Nicolaum Ord. S. B. monaBterii b. CruciB Calvimontis
1434 etc. Sig. 51 (G. 469). Etiam Sig. 67.
38. AlanuB, AuctoritatCB Sanctorum, BcriptuB 1437. Decem
praecepta etc. Schulhefte, worunter auch Mauritii ad lohannem
Hub epiBtola und dann zwei Pergamentblätter mit der rothen
AufBchrift: ,De Btudentibus ad generalia studia mittendis'. Es
iBt dies ein Fragment aus der Bulla BenedictB Xu. dto. Ave-
nione XII. Kai. lulii (20. luni). Pontif. an. secundo. Der Codex
gehörte dem Benedictiner-KIoBter Stae CruciB in monte calvo
(lisa g6ra), ist stark ruinirt. Cod. See. XV. Fol. 335. Sig. 63
(G. 691).
39. HermannuB de Lonsbach, Historia de asBumtione B.
M. V. Deventriae 1457 scripta. Dann : Petrus de Rosenheim,
O. S. B. Versus biblici und Chronica Kadluben, et Chronica
temporum. Fol. 264 et Petrus Fol. 383. Cod. See. XV. Sig.
90 et 91.
40. Historia trium regum, et alia de anno 1458. Sig. 94
(G. 528).
41. Vita de sancta Barbara. Cod. See. XV. Sig. 127.
42. Alanus et alia theologica, worunter ein Auszug *aus
Beda's Chronik, die Jahre 966 bis 1170 betreffend, und dann
aus der Papstchronik die Jahre 1284 — 1464. Cod. See. XV.
Sig. 132 (G. 876).
43. ConraduB de ^oltkov in Studio Prägen, Glossa supra
sacram constitutionem de fide catholica. Cod. See. XV. Sig.
149 (G. 708).
Historiache Forschungen in der Bibliothek zu 8i Petersbarg. 353
44. Henricus, Prägen Magister, Vita Salvatoris. Fol. 277
Cod. See. XVI. Sig. 168 (ö. 895).
45. HieronymuB de Praga^ Sermo coram Concilio Con-
stantien in Octava Paschae 1413, et Matheus de Cracovia de
7. mortalibus peccatis. Cod. See. XV. Sig. 177 (Z. 818).
46. lohannes Hus, Super quatuor libros sententiarum.
Beginnt: praemisso registro V] Si quis vestrum indiget sa-
pientia^ postulet a Deo etc. Der Codex datirt : ,Anno D. 1411
currente interdicto Archiepiscopi per Pragam^ Im Catalog die
Bemerkung ^autographum^ Keineswegs, scheint aber im Husens
Besitze gewesen zu sein. Cod. See. XV pag. 361, Sig. 180.
47. lohannis Hus et lohannis de Praga Positiones. P.
quia heu rectoratus fungor officio etc. pag. 14. cum identitas
sit mater fastidiorum etc. Scripta 1471. Cod. See. XV. Fol. 50.
Sig. 182. Z.
48. lohannis Hus, Sermones 1^. Dixit Martha etc. pag. 33.
In missa universitatis ad S. lacobum a. D. 1410. Mgr. loh.
Hus praedicator fecit sermonem infra scriptum: Et fui in
coelo etc. pag. 37. Sig. 183 (Z. 1814).
49. lohannes de Verona, quondam abbas in Aula regia,
Malogranatum de an. 1428 und dann Schluss pag. 258^: Epi-
stola episcopi Olomucen in böhmischer Sprache, eine Privat-
angelegenheit betreffend. Cod. See. XV. Sig. 189.
50. Stephanus Palecz, Sermo contra Mgr. Hus. ,Gaude
Maria Virgo, cunctas haereses sola interemisti in universo
mundo^ Pars tantum maioris Voluminis. S. XV. Fol. 25.
Sig. 210. Z.
51. Evangelium Nicodemi de passione Christi. Cod. See.
XVI. Sig. 219 (G. 455).
52. Thomas a Kempis: ,Incipit über interne consola-
tionis' etc. Cod. See. XV vel XVI. Fol. 187. Sig. 283. Z.
Ein Exemplar in 8^ chart. Sig. 30. Gehört zu den besseren
Handschriften mit dem Namen des Verfassers.
53. lohannes de Capistrano , poenitentiarius publicus.
Einige Briefe von ihm pag. 206^ im Cod. See. XVI. Sig. 296 Z.
54. Martinus, Prior Calvimontis O. S. B. Sermones de
Sanctisy scripti 1560. Beigebunden ist das Leben der heiligen
Dorothea in memb. See. XIV. Der Codex selbst See. XVI.
Sig. 31 1 (G. 348). Das Leben der heiligen Dorothea gab nach
MteiBgihtr. d. phil.-hirt. Cl. XCV. Bd. I. Hft. 23
854 Dndik.
dieser Haadschrift Minzloff heraus unter dem Titel: Beschrei-
bung einiger Prussica der kaiserlichen öffentlichen Bibliothek
zu St. Petersburg, 1858. S. 14 in 8«.
55. Petri Illicini^ I. U. Dr. et canonici Olomucen, opuß-
cala. Olim inscripta catalogo domus Cracovien S. I. ad S.
Barbaram. Darunter: Epistola ad Moravos contra Novatores
de unitate fidei cum episcopo servanda — ad Transilvaniae
Vojvodam de pellendis haereticis — ad Transilvanos, qui de-
fecerunt^ reprehensio; — ad Polonos de novis Babellianis pel-
lendis — ad Saxoniae ducem de falsa Wittenbergensium reli-
gione. — Epistola ad Wittembergenses. Cod. pag. 620. Sig.
339 (Z. 1244).
56. Relatio de vitae sanctitate^ miraculis et processibus
beati Stanislai Kostka S. I. facta a. D. 1616 Romae a N.
Lanuco (sie!). Cod. pag. 23. Sig. 376. Z.
57. Meditationes et exhortationes a P. Druczbicki S. I.
1639 etc. Cod. See. XVII. Sig. 419, 420 etc.
58. Catalogus monasteriorum regni Poloniae ab anno
1154—1278 etc. Cod. See. XVI. Sig. 550. Z.
59. Historia provinciae Croaticae Ord. frat. Eremitarum
S. Pauli ab anno 1721—1723 a losepho Bedekovich. Fol. 16.
Cod. See. XVIII. Sig. 1298 (Z. 3792).
60. Bonaventura Makowski, Fr. 0. Minor. Convent* War-
saviae^ 1764 in novum exeroplar redegit Chronicam Ord. frat
Minor, conventus St. Francisci provinciae Poloniae, auctore
fratre lohanne Fürstenhaino, eiusdem Provinciae, ad mandatum
Stephan! de Bruna, Generalis vicarii et Commissarii, Brunae
1503 die 4. Maii. Ms. in archivio Cracoviensi olim asservatum.
Chronica transscripta a Didaco Stanislao Meiler, insertis frag*
mentis variis, historiam et Status eiusdem provinciae coneer-
nentibus. Mortuus est praefatus Melier in Conventu Posna-
niensi die 28. JuUi 1661. Pag. 351. Sig. 1322.
61. Compendium historicum S. S. Polonorum r^ni Patro-
norum O. S. Francisci Conventualium mar^rrum et confessorum
utriusque sexus personarum, a Martine Baronio, laroslaviense
clerico, congestum — ex veteri exemplari transscriptum Oa-
coviae per Fr. Ludovicum Starcovicz ex mandato Fr. Marcin-
kovski, Ouardiani Cracov. 1640. Cod. See. XVI. Sig. 1322.
Hifltoriiche Fonchunn^n in der Bibliothek zn St. Petersburg. 355
1. Theologia in H^ niembrana.
62. Psalterium germanicum. Cod. memb. de anno 1253.
See. XIII, pag. 279. Sig. 26 (Z. 663).
63. Breviarium iuxta Ord. Cistercien post an. 1267. Cod.
memb. pag. 277. Sig. 30 (G. 116).
64. Processionale ad usum fratrum Praedicatorum in Po-
lonia circa 1450. Cod. memb. See. XV. Sig. 114. Z.
65. Breviarium Benedictinum ad UBum Poloniae circa
1476. Cod. memb. Fol. 97. Sig. 122 (Z. 1212).
66. Regula sti Benedicti, scripta 1466. Was diesen Codex
wichtig macht, ist der Anhang: De imitatione Christi libri
quatuor, mit der ausdrücklichen Bemerkung, dass der Verfasser
Johann Gersen heisse. Cod. memb. See. XV, pag. 284. Sig. 121,
bei Dubrowski 84. Wir haben Nr. 52 den Verfasser Thomas
a Eempis genannt. Wer ist demnach der Verfasser des gol-
denen Büchleins ,De imitatione Christi?' Nach dem literarischen
Handweiser^ Jahr 1878 Nr. 13, war der erste, welcher dem
Thomas von Kempen (Regularcanoniker vom heiligen Augustin)
die Autorschaft des oberwähnten Büchleins absprach, ein
Spanier in einer anonymen Schrift des Jahres 1604; dieselbe
fuhrt den Titel : ,Apparejos para administrar el sacramento de
la Penitenzia'. Der Jesuit, Petrus Manriquez, soll der Ver-
fasser derselben sein. Petrus meinte, das Buch werde schon
vom heiligen Bonaventura erwähnt, was sich jedoch bald als
unwahr erwies. Mittlerweile aber hatte sich der Benediktiner-
abt, Cajetan von St. Barontius, in Rom des Fundes bemächtigt,
da ihm zu gleicher Zeit eine Handschrift der Imitatio zuge-
stellt wurde, von der er glaubte, sie stamme aus dem 13. Jahr-
hunderte; dieselbe hatte am Ende des vierten Buches die
Notiz: ,explicit liber quartus el; ultimus abbatis lohannis Gersen'.
Darauf unternahm Cajetan eine wissenschaftliche Reise durch
Italien, um die verschiedenen Handschriften der Imitation in
den einzelnen Bibliotheken zu untersuchen, und als er nun zu
Polirona bei Mantua einen zweiten Codex entdeckte, welcher
dem Abte Gersen die Autorschaft des Buches zuschrieb, trug
er kein Bedenken mehr, dasselbe dem Thomas von Kempen
abzusprechen, und für Abt Gersen, den er ohne Beweis zum
Beuediktinerabte macht, zu reclamiren. Seine Ausgabe erschien
28*
356 Dadilc.
ZU Rom unter dem Namen des genannten Abtes G^ereen 1616,
prachtvoll ausgestattet. Das ist der Ursprung des berüchtigten
Federkriegs über den Verfasser der Nachfolge Christi. Der
älteste bis jetzt bekannte , noch vorhandene Codex mit dem
Namen Johannes Gersen, ist ein Salzburger vom Jahre 1463
bei St. Peter. An diesen würde sich nun der Petersbiii|;er
von 1466 anreihen, während die kaiserliche Bibliothek in Wien
Handschriften aus dem 14. Jahrhunderte besitzt, welche den
Namen Thomas a Kempis tragen. In der deutschen Sprache
verfasst, ist dieses Werk See. XV, 8^ in der erwähnten Hof-
bibliothek unter Nr. 3003. Es erscheint uns demnach die
Frage über den Autor des asketischen Tractates bereits als
abgethan, und für Thomas von Kempen entschieden.
I. Theologia in 8« Charta.
67. loh. Wikleff, de compositione hominis. Cod. See.
XVI. Fol. 27. Sig. 58 (D. 468).
68. lohannis de Capistrano Literae und dabei: Ex anna-
libus Polonorum ab anno 550 usque ad an. 1484. Cod. See.
XVI. Sig. 242.
69. Orationes XL S. Brigittae de passione Domini. Vil-
nae typis academicis S. I. 1699. Sig. 547.
70. Spicilegium, sive coUectio veterum aliquot scriptoruiD,
qui in Poloniae bibliothecis delituerant, in ordine ad conficien-
dam historiam generalem monasteriorum ord. S. Benedict!, in
eodem regno existentium. Opera et studio D. Gerardi Lefe-
bure O. S. B. Datum in monasterio S. Crucis in calvo monte
die 2. Aprilis 1702 (sie!), Sig. 577 5 in mehreren (7) Bänden.
Cod. See. XVIIII. Auch im Catalog noch an zwei Stellen
verzeichnet, nach Nr. 564 und nach Nr. 576. Gehörte dem
Josef Zaluski. Die Jahreszahl im Cataloge 1702 ist unrichtig.
Es soll 1802 stehen. Damals verliess Dom. Gerard Lefebure,
welcher in der Provinz Artois in einer kleinen Feste, Bapaume,
den 28. April 1764 geboren wurde, und im Jahre 1784 in dem
Benediktinerkloster Stae Rictrudis, Diöccse Arras, die Profess
ablegte, das Kloster Lisa göra, und ging nach Raigern in
Mähren. Zu dieser Auswanderung zwang ihn die französische
Revolution^ nachdem 1790 sein Kloster secularisirt wurde. Er
Hutorische Forschongen in der Bibliothek zu St. Petersburg. 357
ging zuerst nach Brüssel, dann in das Stift Weiblingen; weiter
nach Lisa göra (mens calvus ad stam Crucem)], Tyniec bei
Erakau und 1802 nach Raigern. Mit den Franzosen kehrte
er 1805 in sein Vaterland wieder zurück — ein sehr fleissiger,
aber wenig productiver Mann , der sich mit dem Ordnen der
Archive und mit dem Copieren von Urkunden und Annalen
gerne befasst hatte. Sein Spicilegium hat fiir die Geschichte
des Benediktinerordens in Polen darum einen hohen Werth,
weil die Originalien, aus denen er schöpfte, nicht mehr vor-
banden sind.
71. Constitutiones S. M* Brigittae de humilitate, castitate
et paupertate. Datum Bononiae 1379 etc. Fol. 45. Sig. 779 (Z).
See. XVn. Ziemlich selten.
Im Qanzen sind in der Abtheilung I. Theologia im Catalog
verzeichnet :
in Folio • . . 132 Nummern in Memb. und 677 in Charta
in 4» .... 225 „ „ „ „ 403 „ „
in 8" . ... 187 „ „ „ „ 865 „ „
Summa: Theologia 544 Nummern in Memb. und 1945 in Charta.
II. Abtheilung. lurisprudentia.
In Folio. Chart.
72. Zaiuski (J. A.). Notata e libro, qui vocatur Thea-
trum politicum^ quibus adsuta sunt: 1. Specimen historiae po-
lonicae criticae eiusdem Zaluski^ et 2. alia varia notata.
Sig. 7. Z.
73. Sczerbie (Pauli) Fromptuarium legum Poloniae. Sig. 9.
Z. Etiam Sig. 30 et Sig. 193. Z.
74. Instructio Cracoviensis canonisationis B. lohannis
Kantii. Folia 36. sine anno. See. XVm. Sig. 14. W.
75. Liber definitionum Capituli generalis Ord. S. Cist.
de anno 1605. Sig. 15.
76. Formularium literarum polonicarum. Folia 435. Sig. 18.
W. — Aliud Sig. 20. Z. sub Joh. Casimire.
3Ö8 Dndik.
77. Codex Diplomatum regni Boh. Fol. 183. Big. 25. W.
Immerhin werth fiir Karl IV. durchgegangen zu werden, wenn
gleich Baibin und Goldast benützt sind. Ohne Schluss.
78. Enchiridion iuris Hungar. consuetudinarii de anno
1720. Sig. 26. Z.
79. Bogoria (laroslai de — archiepis. Qnesnen) Consti-
tutiones ecclesiarum Poloniae anno 1357 sancitae^ insertis ve-
terrimis praedecessorum statutis. Sig. 31. Z. pag. 9. Cod. auto-
grafus Augusti II. temporibus Upsaliam devectus, ibique anno
1741 a losefo Andrea Zaluskio recuperatus.
80. Concilium Basiliense ^LtVI. sessionibus absolutum,
scriptum 1521. Sig. 32. W.
81. Acta varia, quae monasterii Scirzicensis Ord. Cister.
bona spectant^ ab anno 1382 usque 1738. E biblioth. Kurs-
patkiana. Sig. 36. W.
82. Decisiones sacrae Rotae Romanae de anno 1376.
Sig. 43. W.
83. Acta congregationis Benedictinae in Polonia et Magno-
Ducatu Lituaniae una manu exaratus Codex per secretarium
Congregationis. pag. 196. Sig. 51. W. Beendet 1711, ange-
fangen 1653.
84. Acta publica dictalia Pozonii a 14. Mai 1741 usque
ad 27. October. Sig. 52. W.
85. Extractus e Republica Boema a Paulo Stranskj^.
Sig. 74. Z.
86. Bremond (Antonini) Magistri generalis Ord. Prae-
dicat. Dissertatio de diplomatibus Pontificiis. Beurtheilung ihrer
Echtheit und Unechtheit, Styl, Schrift etc. Wichtig. Sig. 78. Z.
87. Inventarium omnium et singulorum pririlegiorum,
literarum etc., que in arce Cracoviensi asservabantur anno
1682. Sig. 79. Z. Fol. 13. — Etiam de anno 1613. Sig. 198. Z.
Kommt häufiger vor.
88. Acta legationis Cardinalis Bernardi Macziejovski ad
Sigismundum III. regem Poloniae in causa eins matrimonü
cum filia archiducis Caroli, Constantia, de anno 1605. Sig. 81.
W. (Janocki^ specimen catalogi etc. pag. 40. CII.)
89. Zahiski Pauli notata iuridica e Mss. losefi Andreae
Z^ski. Sig. 84. Z.
Hiitoriadie Fonehaog«n in d«r Bibliothek su St. Patersborg. 3ö9
90. Statuta synodalia EpiBcopatus Plocensis de anno 1398.
Sig. 123. Z.
91. Kostka Pauli leges. Cod. Ser. XV. Sig. 124. Z.
Am SchluBse dieses in zwei Columnen geschriebenen Codex
liest man: ^Expliciunt libri I^um Theutonicalium^ Iuris Magde-
borgensis et feodalis, nee non Statuta zkazimiri (sie) in terra
Cracoviensiy et Statuta zlaciciensis (sie) terre^ et statuta dacum
et dominorum terrigenarum terre Masoviensis per manus Pauli
Eosthka^ civis de Woynycz. Finiti et finita sunt feria quinta
precise in Oetava Nativitatis B. M. V. Anno Domini Millesimo
CCCC*". sexagesimo tertio. Et sie laus et decus Deo patri,
filio et spiritui sancto per infinita secula seculorum. Amen^
Diese Worte geben auch den Inhalt an. Nach einem sehr
umständlichen Idex mit Capitelanzeige folgt von Fol. V das
Magdeburger Recht, getheilt in drei Bücher: lus municipale,
Iu8 provinciale et ius feodale, und endet Fol. 86\ (Die Fol. 57
und 72^ sind zur Hälfte weggerissen.) Darauf: ,Hic incipiunt
constituta Poloniealis iuris castri Cracoviensis perpetue con-
servata'. Es sind dies die Statuta des Königs Kazimir. Leider
sind nach Folio 86 etwa zwölf Blätter ausgeschnitten, so dass
nach dem Anfange des Caput II ,Nemo ex parte consanquinei
860 familiaris ad iudicium veniat', der Schluss des Cap. LVI
(Fol 87) folgt. Mit dem Cap. CVIII ,De invento occiso per
ministerialem' hören die Iura regis Casimiri auf, und es be-
ginnt Fol. 96 Incipit forma de processu iudicii spiritualis se-
cundum formam iuris. ,Antequam de processu iudicii dicatur,
notandum est, quid sit iudicium, et que sint partes iudicii et
quo sint persone, que debent consistere in iudicio. Iudicium
est actus trium personarum, scilicet : iudicis, actoris et rei etc.'
Diese Abhandlung endet Fol. 109. Darauf: ,Notantur Con-
stitutiones et iura terre laciciensis, per omnes terrigenas maiores
facte et ab antiquo observate^ Anfang: ,Quum Emetho ali-
qaem nobilem vulnerat seu interficit, quocunque iure residet,
seu manet, iure theutonico, seu quovis alio se defensare non
potest; sed iure Polonico respondere tenebitur, et hoc servatur
in Omnibus terris regni polonie^ — Der letzte Artikel lautet
Fol. 144: Statuta ducum et dominorum terrigenarum terre
Maszowiensis et principaliter de milite vulnerato per Kme-
thonem. Anfang: Sub anno Domini 1421 feria quinta post
360 Duafk.
festum S. Kiliani martyriB gloriosi nos Domini de consilio
nostro principalem articulum statuimus pro nobilibas et kme-
thonibuB etc. Schluss : Jdem ius inter nostros militeB et dorn-
num Archiepiscopum observetur*. — Expliciunt etc. wie oben.
— Ein zum Vergleich, wie das Magdeburger Recht in Polen
Anwendung fand, und wie es in das polnische Recht über-
ging, recht brauchbarer Codex im alten weissen Ledereinbande
mit Messingbeschlägen.
92. Novum opus tripartitum (Hungar. consuetud.) de
anno 1719.
93. Proventus Tinecensis monasterii. O. S. B. Fol. 47.
Sig. 132. Z.
94. Pensiones in Zuppis Wieliciensibus, Bochnensibus et
Cameris Mazoviae ordinatae de anno 1685. Sig. 136. Z.
95. Zaiuski Josef, referendarii Reg. Norma interr^m
Polonici de anno 1733. Sig. 140. Z. et 141. Z.
96. Rolandini Magistri Summa artis notariae. See. XV—
XVI. Sig. 156. Z.
97. Formulare de modo iuridico. See. XV. Sig. 162. W.
98. Cromerii Martini, Formularium Cancellariae regni
Pol. Anno 1536—1549. Sig. 172. Z.
99. Tractatus inter regem et episcopos Norvegiae. See
XVI. Sig. 188. Z.
100. Speculum Saxonicum, seu ius theuton. Magdeb.
scriptum 1499. Sig. 191. Z.
101. Statuta episcopi Cracovien. Scripta 1470. Sig. 202. W.
102. Acta Concilii Basilienis de anno 1433 (lohannes
de Regusio, Rokyezan, Hieronym. de Praga etc.). Fol. 363.
Sig. 219. W.
In 4<* membrana.
103. Statuta regni Poloniae See. XIV. Sig. 4. W. Fol. 30.
Cod. Ms. memb.
104. Res ecclesie. Beginnt roth: Quid sint res ecclesie?
Res ecclesiae, sicut a sanctis patribus traditur, et in superiori-
bus capitulis continetur, vota sunt iidelium etc. Der nächste
Aufsatz: Ut canonici cuculas monachorum non induant. Es
sind nach gewissen Rubriken Kirchencanonen, oder ein Liber
Hiatoiuche Forechnngen in der Bibliothek zu 8t. Petersburg. 361
poenitentiarius aus Isidor^ unterschiedlichen Conciiien, Kirchen-
vätern etc. Fol. 53'. Ex Ordine Romano pro monasterio Cor-
bejenßi. Scheint diesem Kloster gehört zu haben, als Peter
Dubrowsky den Codex in Paris aquiriii; hatte. Cod. memb.
Secul. IX. 40. Fol. 56. Sig. IL 4». Nr. 5 (Dubrovsk^).
105. Statuta Ord. Cistercien de anno 1366. Sig. 6. W.
Cod. memb.
106. S. Benedicti Regula. Cod. memb. Fol. 95. Sig. 7. W.
See. XV.
107. Regulae SS. Augustini, Benedicti, Francisci, lero-
nimi ad virgines. Cod. memb. See. XV. Sig. 9. W.
108. Lex Salica seculi IX. Folia 40. Sig. 11. D. Cod.
memb.
In i^ in Charta.
109. Mycielski Christof; Processus iudiciarius regni Polen.
1642. Sig. 22. Z. Cod. Chart.
110. Zamoyski lohannes. Liber legationum aliorumque
negotiorum externorum, anno D. 1582 et 1583(84?) lohanne
de Zamoyski in Cancellaria regni tractatorum expeditorumque.
Sig. 135. Z. Folia 576. (Janocki, specimen etc. p. 40, C I.)
111. Processus iudicarius Bohemiae, et 2. formae iura-
mentorum bohemice. — Die Handschrift beginnt mit einer
Inhaltsanzeige : Pro debito maiori trina citatio. Pro debito
fideiuBSorio maiori, trina citatio etc.
Da diese Processordnung , wie sie in Mähren unter den
Markgrafen Prokop und Jodok gesetzlich war, im Jahre 1870
dem Herrn Hermenegild Jireöek zur Benützung eingeschickt
wurde, glauben wir von einem Eingehen in die Handschrift
absehen zu dürfen. Ihre vollständige Abschrift liegt in Jireöeks
Händen. Der Codex ist unvollständig. Es fehlen am Schlüsse
einige Blätter. Am letzten Blatt oben in margine steht die
Bemerkung: ,manus bergow filii^ Jireöek gibt hiezu folgende
Bemerkung: ,Otto starSi z Bergova na Bölinö byl purkrabim
praisk^m 1388 — 1392, pak na krdtce 1402 podkomofim; vidy
vsak protivnikem Väcslava IV. Otto mladäi z Bergova prichAzi
mezi rokera 1399 a 1415'. — Sig. 142. Z. Fol. 37. Codex
See. XV.
362 DndiL
112. OrichoviuB (Orzechowski Stanisl.) Facies perturbatae
et afflictae reipublicae eiusque restaurandae ratio, per visionem
in Pathmo cuidam revelata. Sig. 146. Z. (Janocki specimen
62. CLXXXIIL? de ao. 1566?)
113. Caramuel, Lobkovetzii loh. Disputatio politica de
Bupremo impeiii tribanali. Sig. 147. Z. Folia 28.
114. Leges Magdeburgicae See. XV. Fol. 123.
115. Lascharii Andreae Qoslawicki, episcopi electi Pos-
nanen (f 25. August 1426), regis Poloniae legati, oratio pare-
netica in Concilio Constantiensi 1414 mense lanuarii ad lo-
hannem XXIII. Cod. Fol. 19. Ex antiquissimo Ms. Caes. Vidob.
Parte IV. Acta Concil. Constant post medium Fol. 149. Sig.
158. W.
116. Canones Apostolorum, Conciliorum etc. See. XIV—
XV. Sig. 204. Z.
117. Constitutiones Patrum Marianorum Ord. imac. B.
M. V. congregationis Polonicae. Sig. 231. Z. Folia 63.
118. Statuta Ord. Praemonstrat. reformata anno 1618 et
1619 in capitulo generali. Cod. Folia 44. Sig. 264. W.
119. Statuta ducis Massoviae de anno 1473. 2. Iura Theu-
tonicalia. See. XV. Sig. 277. Z.
120. Functiones sacerdotum congregationis Missionis.
Sig. 280. Z.
121. Catalogus (sie) omnium transactionum, erectionum in
Archive Universitatis Cracovien existentium. Cod. Folia 14
Sig. 330. Z.
122. Modus gubemandi Eremorum famUias et manutenendi
disciplinam Ord. Camaldulensis. Sig. 398. Z.
123. Alberti Episc. Cracovien Constitutiones 1420. Sig.
399. Z.
124. Forma processus fori spiritualis in regno Hungariae.
Sig. 397. W. Folia 177.
125. Statuta ecclesiae Cracovienis ab anno 1028^1523.
Ms. Folia 96. Sig. 427. Z.
126. Blonie Kicolaide Sacramentale (mit lateinischen
Versen) de anno 1472. Sig. 437. W.
127. Statuta incliti ac heroici ordinis Equitum immacu-
latae B. M. V. Sig. 449. W.
Hiatorische Forscliiingeii in der Bibliothek zu St. Peteriburg. 363
128. Dunin Petri Spoth, Comitis de Skrzynno etc. De-
claratio, quali Polonia indigeat rege? Pragae excudebat Geor-
gias Nigrinus 1590. Ms. Folia 45 apographom libri impressi.
Sig. 450. Z.
In 8^ in Charta.
129. Constitutiones monachorum congregationis S. Mauri
0. S. B. conscriptae anno 1795 in monasterio S. Crucis montis
Calvi. Cod. Fol. 212. Sig. 21. W.
130. Constitutiones fratrum Carmelitarum Congregationis
S. Elisabeth discalceatornm 1623. Sig. 50. Z.
131. Summa de poenitentiariis D. Archiep. Hostiensis,
Leonis etc. Ms. Fol. 404. See. XV. Sig. 84. Z.
Im Ganzen sind in der Abtheilung II. lurisprudentia im
Cataloge verzeichnet : in Folio 252, in 4» 466 und in 8^ 87 Kum-
mern. Der grössere Theil ist von Josef Andreas Zahiski (die
mit W. bemerkten aus Warschau) , und betrifft das Studium
des römischen und Kirchenrechtes im Allgemeinen , und das
von Polen in Specie. Die Zaluskischen Manuscripte dieser
Abtheilung gehören dem 17. und 18. Jahrhunderte an.
III. Abtheilung. Fhilosophia.
In Folio Charta.
132. Ferdinandi Rom. regis et aliorum principum ei coe-
Toram horoscopus factus circa an. 1550 et a coSva manu
scriptus. (Ex bibl.Mich. Walckeri sen.). Cod. Folia 8. Sig. 35. Z.
In 40 in Charta.
133. Hugonis Mag. Prioris Sti Laurentii, De avium mo-
rali et mystica significatione. Cod. Folia 54 cum figuris et ima-
ginibos avium. Sig. 1. D.
134. Tractatus Anonymi: An ludaei humano sanguine
atantur, et quaenam sunt, praecipua ludaeorum de re medica
et secretiori Philosophia volumina. Cod. Folia 63. Sig. 26. Z.
364 Dttdik.
135. Leibnitz (Friedrich) unterschiedliche Reden. Cod.
Folia 66. Sig. 48. Z.
136. Abnanzoris opera eabalistica eiasdemque iudicia ad
magnuni regem Saracenorum. Cod. Folia 138. See. XYl.
Sig. 262. D.
137. Terbalissi, Ästronomi Ärabi, geomantia, neomantia
et alia magica. See. XV. Cod. Folia 27. Sig. 454. D.
138. Comenii loh. Arnos, Typographeum vivum, h. e. ars
compendiose, et tarnen copiose ac eleganter sapientiam noo
chartis, sed ingeniis imprimendi.
Der Zweck dieser Schrift ist, zu zeigen, wie gute Schuleo
eingerichtet werden sollen: Multos equidem esse nostro aevo,
qui rei literariae et scholarum emendationem Optant, quaemnt
moliuntur, verum est, sed quo adhuc profectu ? Conienius nimmt
zum Thema dieser Abhandlung den Satz: Filii huius seculi
prudentiores sunt filiis lucis in generatione sua (Lue. 16. 18\
und beginnt mit der Frage die Untersuchung: De filiorum lucis
prudentia a filiis seculi mutanda, hoc est: quomodo artium
mechanicarum exemplis Ars artium, hominum ingenia ingenuose
tractandi, ad summam certitudinem ac evidentiam dcduci possit?
rationabilis disquisitio. Es ist dies eine halb mystisch gehal-
tene Abhandlung mit häufiger Bezugnahme auf seine Didactica.
Man lernt aus derselben das ganze Verfahren einer Buch-
druckerei und alle dabei gebrauchten technischen Ausdrücke.
Das Werkchen beginnt: Domini nostri lesu Christi effatum
est: Filii huius seculi prudentiores sunt filiis lucis in genera-
tione sua (Luc. 16. 18), quod non, ut suos imprudentiam do-
ceret, sed ut, si eam committunt, exprobraret, dixit : male dos
circa minora solertiores, circa maiora negligentiores esse . . .
Quinam enim sunt filii seculi? etc. . . Schluss: Sed et sanc-
tissimus Dens, quod alias quoque ultimis se facturum promisit
diebus, ut indat legem suam menti nostrae, cordibusque nostri^
inscribat eam. lerem. Cap. XXXI. v. 33, Amen. Gehörte dem
Grafen Zahiski. Hie und da sind Correcturen von fremder
Hand. — Cod. Fol. 19. Sig. 480. Z. Kommt unter den Schriften
des Amos Eomenius nie vor.
Die Abtheilung HI. Philosophia, zählt etwa 643 Nummer
in 4^ und 115 in 8^ und stammt grossentheils von Zahiski^
Historische ForBclrangren in der Bibliothek an St. Petersburg. 365
hat jedoch einen sehr untergeordneten Werth. Es sind Schul-
hefte und Compendien über die mannigfachsten philosophischen
Studien^ worunter Astrologie, Chemie, Chyromantie etc. gezählt
worden.
IV. Abtheilung. Historia.
In Folio Memb.
139. lohannis Petri Caballi de Terronibus (?), Descriptio
urbis Romae veteris et novae. Codex Descriptus 1387. Sig. 1.
140. Compendium historiarum, a mundo condito usque
ad tempuB christianum. £ museo Dubrowski. Sig. 7.
141. Ademari chronicon de origine et gestis Francorum.
E museo Dubrowski. Sig. 1. 97.
142. Codex chronicarum Franciae, vita Caroli M. Ade-
mari Engolismen. Sig. 1. 168.
In Folio Chart.
143. Kronica Dzirswy s Annotatami, kronica Kadlubka,
Bogufala a Archidiacona Gnieznienskeho. Sig. 19 et 31. Weiter
sind hier vorzüglich in mehreren Handschriften : Dlugossi Lon-
gini historia, seu Annales et Chronica regni Poloniae vertreten.
See. XVI et XVII. Ebenso Chronika Kadlubka und Bogu-
fala. — Ueber die hier und überhaupt in den Petersburger
Bibliotheken aufbewahrten Handschriften des Chronisten Dlugosz
schrieb Antoni Bialecki, R§kopisma Dlugosza w Petersburg-
skich bibliotekach pod wzgl§dem paleograficznym i bibliogra-
äczDjm, S. 32 litografowanimi podobiznami. Petersburg, dru-
kiem Jozafata Ohryzki 1860. SS. X. 126. Es sind hier be-
schrieben: in der kaiserlichen öffentlichen Bibliothek von der
ganzen Chronik 37 Mss. und von der abgekürzten 5 Mss.
Ueber Vincentius Kadlubek, Bischof von Krakau (1208 — 1218
t 1223) und seine Chronik Polens schrieb Heinrich Zeissberg,
im Archiv der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften,
Bd. 42, Wien 1870, wo auch S. 188 die Petersburger Hand-
schriften erwähnt und beschrieben wurden.
366 Dndtk.
144. Kaiserling (Com) Comitia sub Piastis regibus Polo-
niae habita a Piasto 842 usque ad Interregnum post obitum
Ludovici regis 1385; imo ad an. 1456. Sig. 26.
145. Hessii (Gregor) rerum in Prossia geBtarum Libri V.
opus postbumum studio Tbomae, Hessii iilii, reipubl. Elbingen
Proconsulis anno 1649. Sig. 28.
146. Bogufali Chronica magna Lechitarum et Polonorum.
Gutes Exemplar von Zaluski benutzt Sig. 31.
147. Orzelsky. Interregni Poloniae libri VIII a Suentoslao
Orzelsky, Radeoviensi Capitaneo, editi a. S. 1576. Sig. 36.
(Janockiy specimen etc. p. 38, XCVIII.)
148. Chronologiae universae a creatione mundi usque ad
an. 1640 a J. A. Zaluski. Sig. 44.
149. Manuscriptum itineris Pauli Knibby I. U. Dr. Vene-
tiis per Italiam anno 1574. Sig. 61.
150. Diplomata Poloniae et Prussiae. Scripta 1430. Sig. 68.
151. Swirsky Nicolaus, Annales Poloniae ab anno 1657—
1666. Sig. 83. (Janocki, specimen etc. p. 88, CCCII.)
152. Brevis et accurata regiminis ac stoliorum Zupparum
Vieliciensis et Bochnensium anno 1518 Descriptio. Sig. 85.
153. Orzelscii Suentoslavi . . . historia Polonica ad suam
avunculum Czazukovium, Castellanum Poznanien, res post obi-
tum Sigismundi Augusti gestas ab anno 1572 ad anno 1576
complectens libros VIII. Sig. 94 (v. supra Nr. 147).
154. Gesta Sigismundi I ab anno 1508 — 1544. Sig. 101.
155. Historia Husitarum (Janocki specimen 1. c. 116.
CCCLXXXIV. 2. Vol.). - Ohne einen eigentlichen Titel beginnt
der aus mehreren Theilen bestehende Codex, die jedoch alle einen
und denselben Zweck verfolgen: darzustellen die Ungiltigkeit
der Wahl des Königs Georg Podöbrad, mit einem sehr reich-
haltigen Index einer Abhandlung, die sich die Frage vorlegt:
ob man im Gewissen verpflichtet ist, einem häretischen Könige
zu gehorchen? Diese Frage wird negativ beantwortet, und so-
mit dargelegt, dass, da Geoi^ von Pod^brad häretisch ist, man
an ihn nicht gebunden sei. Nicht er, sondern König Ladislaus
sei der rechtmässige König von Böhmen, Markgraf von Mähren
und Fürst von Schlesien. Um dies zu beweisen, wird die Ge-
schichte zu Hilfe genommen, und dieser Umstand macht den
gutgeschriebenen Codex zu einem werthvoUen.
HiBtorMche Forschungen in der Bibliothek sn St. Petersburg. 367
Die Abhandlung beginnt Fol. 19, nachdem von Fol. 1
bis 8' von einer andern Hand ,de Thaboritarum origine in
Bohemia et quibusdam Wiclefitarum actibus' geschrieben ist.
Dieser Aufsatz beginnt: ,Wenczeslaus rex Bohemie, volens
obstare principüS; quesivit iam, licet sero, consilia varia, qui-
bus iam conspirationem viperinam capitibns diversis^ sed caudis
ad invicem colligatis, possit dissplvere etc. Schluss Fol. 1':
Post dies octO; a feste s. Marie Magdalene computando; Magister
civium etc. sunt sine misericordia interfecti. — Adhuc de
eodem. Fol. 1'. Quidam loannes apostata de Ordine Cister-
densi, qui postmodum anno Dom. 1422 feria 11. post Remini-
scere in die sanctorum Cyrilli et Methudii in pretorio maioris
civitatis pragensis hora prandii per Consules secte Wiclefistice
extitit decolatus etc. Darauf: Fol. 2. De morte regis Wences-
lai et eins sepultura. Qualiter corpus eius exhumatum fuit et
conbustum^ et de tyranide Husitarum. Hier wird unter anderen
erzählt von der Trommel, die 2i2ka aus seiner Haut zu machen
anbefahl. ,Hic (2i2ka) dum morti proximus esset consulerent-
qae Taborite, quem post se principem designarent: Postquam
animus, inquit, a me fugerit, excoriate corpus meum, et carnes
date volucribusy ex coreo vero tympanum facite, atque hoc in
prelio ducem habete. Nam quocies locorum Theutones sonum
eius audierint, mox terga dabunt, ^iikam in tympano formi-
dantes etc. Hie Zischka (geschrieben Zischa) sabbato ipso,
die Laurentii per Wyclefistas corpus Wenceslai regis Bohemie
fecit exhumari et ossa eius in ecclesia dispergi et monasterium
incinerari. Die Erzählung geht bis zur Wahl Georgs von
Pod^brad 1458 und endet mit dem abgebrochenen Satze : Anno
Domini 1460 confederati sunt Bohemi et Poloni in na Blogonia
maiori. — Fol. 9—18' Inhaltsanzeige. — Fol. 19—140 die
Abhandlung: Utrum salva conscientia in regno Bohemie^ heresi
et schismate infecto, dari potest obedientia regi, eiusdem con-
ditionis electo? Diese Abhandlung schrieb, wie es scheint^
irgend ein Jurist in Breslau unter Papst Pius IL, und zwar
auf Antrag des damaligen Fürstbischofs von Breslau. Am
Schluss steht roth geschrieben: Compilata est huius questionis
determinatio anno D. 1463. Das Ganze per extensum ge-
schrieben.
888 Dndik.
Der zweite Theil der Handschrift, von einer andern, aber
gleichzeitigen Hand, ist in zwei Columnen abgefasst, und
behandelt dasselbe Thema: juridisch und historisch die Un-
gültigkeit der Wahl des Königs Qeorg darzulegen nnd za
zeigen , dass Niemand im Gewissen verpflichtet sei , ihm zu
gehorchen. Beginnt: ,Ordo nature et rationis exig^t, quod, ubi
magna eminent pericula, cautele adhibende sunt habundantiores.
Sed postquam hec alma Slesie provincia illustrata est spiritu
sancto inspirante fide catholica' — daher darf sie sich den
Geoi^ Podebrad, wie die Böhmen wollen, nicht als König auf-
dringen lassen. Die Abhandlung endet Fol. 154. — Fol. 154'
beginnen unterschiedliche Bullen und Breven in Georgs An-
gelegenheiten von verschiedenen Händen. Die erste ist ,Bulla
Pii IL ad Bohemos ddo. Senis XIX. April, Pontf. anno primo.
Der grössere Theil bezieht sich auf Breslau. Merkwürdig ist
ein Brief Georgs an Pius 11, ddo. Pragae die XXVII. Octobr.
anno 1462. — Fol. 157 folgt : Kesponsio domini nostri 'sanetis-
simi Pii Papae II. data Oratoribus Boheme rum regis, die ul-
tima mensis Martii anno 1462 in publice Consistorio Romae.
Endet 159'. — Fol. 160 abermals päpstliche Briefe, darunter
Episcopo Olomucensi, Aufmunterung und Ermahnung im katho-
lischen Glauben in diesen Tagen der Häresien fest auszuhalten
und das Volk vor Irrthümern zu bewahren. ,Hec scribimus,
sagt der Papst, non quod diffidamus de tua bona uoluntate,
sed ut zeluni et favorem, quem te habere credimus, patemis
monitionibuB magis iucendamus, iterum atque itcrum hortantes
tuam fraternitatem, ut predicta omnia diligenter atque soUicite
exequaris, unde premium a Deo consequaris et apud nos com-
mendationem.' Das Breve an Capitulo Olomucensi ist ddo.
Thuderti sub annulo piscatoris die tertia Decembris. Anno D.
1462. Pontif. nostri anno X. — Fol. 161 ist abermals eine
juridisch-canonische Abhandlung über Georgs Rechtmässigkeit
Endet 171'. — Fol. 173. Zwei Bullen Pius IL ddo. Romae
apud st. Pctrum 1463. IV. Kai. Apr. Pontf. n. an. 5 ad uni-
versos Christi fideles, und die zweite ddo. Romae 1463, Kai.
April. Pontf. a. V., die dritte mit einer andern Hand an den
Klerus, Hauptmann, die Consules und die Gemeinde von Breslau
ddo. Romae sub annulo piscat. 1463 1. April. — Fol. 175' ,Rex
Bohemiae ad Dominum apostolicum Anno 1463, 3. Martii^, mit
Hisftomcbe Fonohanfon in der BibliotlMk zu St. Potersbary. 369
Interlinear-Glossen. Pragae die tertia Martii, regni nosti-i anno
quinto. — Fol. 181 bis zum Schluss des Codex 263' folgt ein
reiches Material zur Geschichte König Ludwigs und Georgs.
Fol. 181. Dominus Petrus , Wratislaviensis Orator ad sedem
apostolicam. ^Exegit angustiarum pressura' etc. — Fol. 184.
Legatio administratorum ad ducatus Sweytnitz ac lawren per
magistrum lohannem Crusfen (sie?). Abgesandt waren: Nico-
Uus Tempilfeld, Lehrer der heiligen Schrift und Andreas Scoda,
Domherr von Breslau. Endet Fol. 185% ist in deutscher
Sprache. — Fol. 186. Epistola Domno Georgio, regi Bohemiae,
a Domno leronymo^ Archiepiscopo Cretensi, ac Vicecammerario
sedis apostol. missa, ist unvollendet. Nach 193 sind vier Blätter
ausgeschnitten. Darauf von 197 an abermals Briefe. — Fol. 197.
£ine Relation über König Ladislaus Tod und des Wiener
Bürgermeisters Holzers Gefangennehmung und Tod. Beginnt:
Qaum illustrissimus atque nobilissimus ille princeps Ladislaus . . .
coronatus in regem Bohemie etc. Schluss Fol. 199': Diem
suum taliter qualiter^ prout Dens novit, ut fertui*, violenter
clansit extremum, Cuius anima fruatur reqnie sempiterna. Amen^
Drei Blätter leer. — Fol. 203. Decretum sacri concilii Basi-
liensis in 30. Sessione etc. Briefe des Papstes an König Georg
bis 210 inclus. — Fol. 211 — ^226. Dialogus contra Bohemos et
Taboritas de sacra communione sub una specie. (Confer Aen.
Sflvii opera. Basileae 1571 typis edita Epistel. C. XXX. Fol.
660 fg.) Die rothe Aufschrift lautet: Ad Cardinalem sancti
Angeli de disputatione contra Bohemos per modum Dialogi. —
Fol. 226' — 232. Hie notande sunt interrogationes , cum quibus
interrogantur WiclefistC; et contra ipsorum responsiones statim
allegantur scripture, contra quas rationabiliter nesciunt os ape-
rire, et sunt multum utiles iste interrogationes. Es sind vier-
zehn Fragen und Antworten theologischen Inhalts. — Fol. 232 —
246. Francisci de Toledo contra lohannem de Rokyczan Dispu-
tatio de Communione utriusqne specie abusuque Bohemorum.
Beginnt : Franciscus de Toletho lohanni de Rokyczana Salutem.
In ipso articulo recessus ab ista civitate nostra etc. Schluss:
Deo gratias. — Fol. 246—254. Hi sunt excessus circa vene-
rabile Sakramentum Ewkaristie commissi, et circa missam et
occasione utriusque speciei perpetrati in Katholicis post edita
compactata et nonuUa post mandata novissime regio nomine
8iUmiiftbtr. d. phil.-hiit. Gl. XCY. Bd. I. Hfl. 24
370 Ündik.
facta. £& Würden siebzig Errores angeführt. Schluss: ^Hec pauca
ex multis et infinitis scripta et collecta sufficiont. Datum Präge
Anno D. 1455 per venerabiles et egregios Domnom Wencses-
laum de Crumpnaw decretorum doctorem, Decaniun et admi-
nistratorem in spiritualibus sede vacante ecclesie PragenBis, nee
non per Magistrum Prokopiuni; Baccalaoreum in theologia for-
matum pragensem^ qui domni Rokyczani omnem neqoitiam et
occultissimos articulos hereticales funditus sciunt et ipsis mani-
fest! extant, sed Präge manifestare non presumont, ne forte
tumultus fieret in populo^ — Fol. 254 — 263. Seqauntur articoli
et errores lohannis Rokyczani, quos contra sanctam eoclesiam
Romanam . . profert, tenet, dogmatizat, multiplicat, augmentat,
qui ex sermonibus et operibus et factis suis et suorum eliciti
sunt non putativi sed veridici. Primo circa cultum adorationis
lesu Christi. — Fol. 263. Sequuntur Statuta, que fecerat (Ro-
kyczana), cum Pragam advenerat et obtinebat post traditionem
domini Sigisnmndi Polonorum, ex quibus cognoscitur fides iilios
et religio ad ecclesiam Romanam. Schluss: Fol. 263' Sabatho
post . . . A. D. 1461. Präge coUectum. Sit laus Deo. Im
weissen Ijcder gebunden. Cod. chart. Fol. See. XV. Sig. 102.
156. Radzi villi (Alberti Stanislai ducis), De rebus gestis
Sigismundi III., Wladislai IV. et Casimiri. Sig. 109. (Janocki
1. c. 88. CCXCVIII.?)
157. Pistorii loh. Chronica Polonorum et ducatuum Sile-
siae. Sig. 111.
158. Vitae archiepiscoporum Gnezdensium loh. Longini V
Fol. 560. Sig. 112 (Janocki, 1. c. 30. LXXIX.?)
159. Pastorii ab Hirtenberg, Pacificationis Olivensis Dia-
rium. Fol. 127. Sig. 115. (Autograph, Janocki 1. c. p. 42. CIX.)
160. Zadzik lacobus, Acta publica ad Ducatum Prussiae
spectantia. Fol. 148. Sig. 117.
161. Wonceslaus Comes a Lessno, Annales rerum Polo-
nicarum ab cxordio gentis usque ad Sigismundum III. Conti-
nuatio ab anonyme. Fol. 103. Sig. 121.
162. Sumaryusz transakczi spisanj^ch in Archive Castrensi
Opocznensi de domu Zaluskich referujczich. Fol. 30. Sig. 122.
163. Liber legationum aliorumque negotiorum extemoriun
anno D. 1582 und 1583 (1584?) a lohanne Zamoiski in Can-
Uistoiisclie Forschmigen in der Bibliothek xn Si. Petenbnrf. 371
cellaria regni tractatorum expeditorumqae. Fol. 192. Sig. 124.
(Janocki 1. c. p. 46. CL?)
164. Rudkowski, Historiarum Poloniae ab excessu Wla-
diski IV. Tomi primi libri IX. auctore Laurentio lohanne
Radkowski, Cathedralis ecclesie Olomucenis Canonico^ Sacrae
Caes. Maiestatis ac Serenissimi Leopoldi Goilielmi, Archiducis
Austriae^ Consiliario. — Das gut geschriebene und durchgesehene
Werk, welches von Zaluski als Rudkowski's Exemplar (Opus
authographum) bezeichnet wird/ beginnt mit einer Epistola dedi-
catoria an Kaiser Leopold I., worauf 3^^^^^^^ lectori author
Salutem' folgen lässt. Das Letztere ist datirt : Viennae Austriae
die 20. Sept. 1660. Jedem Buche geht eine Inhaltsanzeige voran.
Die Geschichte geht bis zum Frieden von Oliva 1660. Ge-
druckt wurde dasselbe in Warschau und Leipzig 1755. Ueber
Rudkowski: Encyklopedia powszechna. Warschau 1866. Die
Herausgabe der Encyklopedie besorgte Orgelbrand. Auf dem
braunen Ledereinbande ist ein Wappen: Kreuz, ein Halbmond
und ein Stern übereinander. Cod. chart Fol. See. XVII.
Fol. 972. Sig. 129 (Janocki, p. 41. CVIL).
16Ö. Starowolsci Simeonis, Rerum memorabilium libri
tree. Sig. 142.
166. Görski Stanislaus, Epistolarum, legationum etc. sub
lohanne, Alberto, Alexandre, Sigismundo, Regibus emissarum.
Stanislaus Görski, Canonicus Cracovien. et Plocen., Vicecan-
celiarius Petri Tomicii Episc. Sig. 145. — In neunzehn Folianten.
Ein zweites Exemplar Sig. 146 (Janocki, p. 35. XCII. Ge-
druckt Acta Tomiciana etc.).
167. Epistolarum reg. Sigismundi patris et Sigismundi
filii per Stanisl. Hosium et Martinum Cromerum secretarios
conscriptarum. Tomi duo. Sig. 150.
168. Zamoiski, Commentarium literarum, regum etc. in
rebus Status tenente sceptrum in Polonia Stephane Bithori.
Sig. 155 (Janocki etc. p. 40. GL).
In 4'' in Charta.
169. Chronicon Polonorum auctore Vincentio E^adlubek.
Sig. 2. Z. E bibl. Stanisl. Augusti ; aliud Exempl. Sig. 6. Z.
(bei Zeisberg pag. 188 und 189).
24*
372 Dadik.
170. Zaluski; Qenealogia comitum Zahiskionun Jonossi-
tarum, descripta a losefo Andrea Zabiski. Sig. 3. Z. Item 48.
Z. Item 91. Z.
171. Chrepinski Valentin , Diarium reverend« D. losefi
Andreae Zaluski 1763, 1764, 1765 et 1766. Sig. 13 und U.Z.
172. 8temmata regni Poloniae, alphabetico ordine digesta,
adiuDctis unique stemmati observationibus. Big. 21. Z. Ms. Fol.
87. Auch Sig. 41. Z. 42. Z.
173. Zaluski los. Andr., Excerpta ex actis Capituii Cra-
covien ab anno 1464—1547. Sig. 22. Z.
174. Martini Poioni, Chronica Martiniana, continuata ad
an. 1320. Ms. Fol. 195. Sig. 25. Z. Auch 30. D. See. XV.
175. Zimorowicz, Leopolis, Russiae metropolis, a Turcis,
Tartaris, Cosacis, Moidavis anno 1672 hostiliter obsessa, a Deo
mirifice liberata, per Bartholomaeum Zimoro\vicz Consulem
ibidem. Sig. 27. Z. Folia 54.
176. Grabiecki Martini, Diarius circa gesta huius tem-
poris 1663—1680. Autog. Sig. 45. Z.
177. Memoriale rerum gestarum in Polonia a morte Sigis-
mundi III. inchoatum et continuatum ab anno 1632 — 1654 a
me Alb. Stanisl. Radziwil. Pag. 1136. Sig. 56. Z. (Janocki, I.
c. 88. CCXCVUI.)
178. Percepta et distributa pecnniarum privatorum pro-
ventuum rogis Sigismundi Augusti a 1. lanuario 1560 usque ad
diem ultimum Decembr. 1568. Sig. 59. Z.
179. £uropae descriptio geografica, Fol. 14. Authogr.
regis Sobieski. Sig. 63. Z.
180. Origines stemmatum Poloniae cum annexis Symbolis^
auctore Theophilo Rutka. Fol. 368. Sig. 71. Z. Zd. 79. Z.
181. Posselius loachim. Compendium historiae Posselianae
ab an. 1387—1623.
182. Konarski, Qenealogia domus Potockiorum . . prin-
cipi Theodore Potocki, Archiep. Gnesnensi dedicata a Stanislao
a S. Laurentio, alias Konarski, schol. piar. et iussu los. Sjaluski
ex autografo descripta. Fol. 38. Sig. 83. Z.
183. Diarium rerum gestarum ab anno 1644 usque
an. 1655. Sig. 97. Z.
HlBtoriieh« Fomchnngen in der Bibliothek zu Si Peteriburg. 373
184. Chronic« Polonicaüs, conscripta a Vincentio Eadlu-
bonis (sie) Episc. Cracovien. (Unwichtig, ist die Chronik von
Dzirswa). Sig. 98. Z.
185. Chronica de gestis principum Poloniae auctore Ma-
thaeo, Cracov. Episc. Ms. Fol. 277. Codex elegantiseime exa-
ratus. Sig. 105.
186. Dusburgi Petri anno 1326 historici. Res Prnthenicae
in compendinm redactae studio Ootofr. Fr. T. Zamelii, Cons.
Elbib. 1668 (Zamelsche Chronik) pag. 32. Sig. 100.
187. Swirski Nicol. Episcopi Suffragan. Chelmensis, An-
nales Poloniae ab anno 1657 usque ad anno 1666. Fol. 170.
Sig. 124. Z. (Janocki 1. c. p. 88. CCCIL)
188. lUustrissiffli principis D. D. Guilielmi Egonis, Land-
gravii Fürstenbergii iniusta dedentio. Fol. 35. Sig. 126. Z.
189. De ordine Hospitalariorum, seu de Cruciferis Prus-
siacy fragmentum de anno 1453. Sig. 129. Z.
190. Insignia gentilitia Episcoporum Smogroviensium et
Wratislaviensium in Silesia ab anno 969 ad 1600, variis colo-
ribus depicta et descripta. Fol. 45. Sig. 137. Z.
191. Radzivila (Albert. Stanisl.) historia gestarum in Po-
lonia sub tribus regibas, Sigismundo III.; Wladislao IV. et
Johanne Eazimiro, Ms. Fol. 214. Sig. 143. Z. (Janocki 1. c. p. 88.
ccxcvni.)
192. Tomicki Petri, Codex epistolarum etc. Sigismundi I.
regia anno 1531. Ms. pag. 700. Sig. 154. Z. (Janocki 1. c. 36.
xcm.?)
193. RungiuB (C), Notitia scriptorum historiae Silesiacae.
Mb. Fol. 356. Sig. 155. Z.
194. Disceptatio de antiquis mensuris, monetis et ponde-
riboB • . . cum eorum reductione ad mensuras, monetas et
pondera nostri temporis anno 1673. Exemplar zum Drucke be-
stimmt. Ms. Fol. 23. Sig. 158. Z.
195. De primis Polonorum nummis argenteiS; sive grossis
Pragensibus exercitatio (descripta ex impresso libro cum qui-
bosdam additamentis). Ms^ Fol. 5. Sig. 159. Z.
196. Respublica, sive Status regni Poloniae^ Lituaniae,
Prassiae, Livoniae etc. diversorum auctorum, nempe Stanislai
Krzistanowicz, Martini Poloni^ Chodkiewicz etc. Ms. p. 871.
Oekaaft am 30. Juni 1844 a Mss. Conservatore.
374 Dndik.
197. Zahiski (J. A.), Emditiones de stemmatibus gentOiciis
Polonorum ordine alphabetico (A — T.) etc. Ms. Fol 36. Sig.
189. Z.
198. Hankius Mart. CoUegimn de rebus Silesiacis habi-
tum 1692. Ms. p. 120. Big. 204. Z.
199. Apographa publicarum literarum, brevium Pontifica-
lium et aliorum actoruniy quae historiam Poloniae spectani
Darunter: 1. Regni Hungariae politica descriptio (pag. 46 —
Fol. 24). 2. Epistola Andreae^ Comitis de Lesno et Archiep.
Gnesnenei, de proelio ad Warsaviam commisso (F. 4). 3. Frag-
mentum historiae Principum domus Saxoniae (F. 24). 4. Annales
1657. Fragmentum chronici Poloniae Nicolai Swirski. 5. Facies
Europae exeunte anno 1667 breviter delineata. 6. Narratio de
confoederatione violenta statuum Poloniae, vulgo Rokosz, contra
regem Ludovicum Hungarorum ad Gliniany coactamm etc.
manu Zaluskii. Ms. Fol. 136. Sig. 213.
In 8^ in Charta.
200. Nicolaus frater, Peregrinatio terrae sanctae ^Fecimus
compositiones de Bursa nostra per 2. Florenos ad comparan-
dum necessaria^ etc. de anno 1461. Ms. Fol. 106. Sig. 2. D.
521. — Descriptio Palestinae de anno 1522. Sig. 3. D. 490.
201. Mirabilia Romae. Videtur Ms. editum 1475. p. 10 in 4^.
202. Calendarium Gregorianum et chronica tempomm cum
aliis miscellaneis per fratrem Stanislaum Glitowski, Priorem
S. Crucis, Praep. Wawelno 1621, pag. 217. Sig. 15. Z.
203. lacobi Sobieski, principis, regis Poloniae Diarium
obsidionis Viennae 1683, cui cum Patre suo, rege lohanne,
adfuit. — Beginnt: Ingruente turbida omnibus Germaniae po-
pulis, maximeque capitali eins, urbi Viennae, tempestate, eadem-
que nobis magnam minante perniciem etc. Schluss 15. (Octobris)
mane D. P. Voliniae mortuus. Sr. rex ad Starj Sanec ad Sr.
reginam venit. Werth, copirt zu werden. Cod. FoL 25. Sig. 33. Z.
204. Flosculi omnium fere materiarum ex libris historia-
rum collecti. Opera Fr. Antonii Leparski Ord. Praed. Varsa-
viae an. D. 1705. Sig. 40.
205. Duces et reges Bohemiae. Eine jesuitische Arbeit
ohne Werth unter Karl VI. Ms. pag. 64. Sig. 89.
Hietoriflche ForBchnngen in der Bibliothek sn St. Petersburg. 375
Die AbtheiluDg IV. Historia^ ist unter den Zaluskiana
die WerthyoUste, sie enthält in Fol. 4 Mss. in memb. und 178
in Charta, in 4*^ 6 in memb. und 221 in Charta, und in 8^
ö memb. und 90 in Charta.
V. Abtheilung. Historia naturalis. VI. Medicina, VII. Phy-
aica. VIII. Chymia. IX. Mathesis. X. Artes mechanicae. XI.
Artes liberales. XII. Musica. XIII. Ars delineandi. XIV. PoSsis.
XV. Linguistica. XVT. Eloquentia. XVII. Polygraphia und
XVIII. Historia literaria. Daraus wurden angemerkt:
XIV. AbtheUunff. Poösis.
206. Liber comoediarum et actionum, quae sunt habitae
Monachii ab anno D. 1595 usque ad finem anni 1661. De-
ecriptae ab Agricola Soc. lesu. Cod. chart. Folia 434. Sig. 1. Z.
207. Cod. memb. 8«. See. XIV. Folia 42. Sig. Cod. lat.
memb. XIV. 8. Nr. 6. Dubr.
Titel: Historia, sive Chronica imperatorum Romano-Ger*
manicorum. Beginnt: Die erste Zeile unleserlich etwa: Sit hie
liber . . Chronica nuntiata | In qua materia diversa sit asso-
ciata I Clarius ut varios valeas agnoscere libros | Cronica sub-
scriptus liber est idcirco vocatus | Tempora Francorum quia
describit tunc regum | Qualiter imperium rome sit eis socia-
tum etc. Erster rother Absatz : De regno Romanorum quoad
reges, consules, imperatores. Zweiter Absatz : De re^o Fran-
corum. Weiter: De diversis nominibus huius terre. — Fol. 10
über Karls des Grossen Begräbniss in Achen : Nam fit aquis-
grani positus cum sede sepulcri | Sedes ex auro fuit hec sibi
factaque claro | Hinc ewangelium datur ex auro sibi scrip-
tum I Sed manni dextre, sceptrum regale sinistre | Aurea clara
bona capiti datur inde Corona | Ex auro puro scuto sibi con-
Bociata | Olim romani sibi quod dederant veterani. | Taliter ad
tumolum positus fiiit hie preciosum etc. — Fol. 23 rothe Auf-
schrift: De Karolo rege hoc nomine quarto. ,Rursum materiam
regum tractabo relictam | Annos ante duos Ludovicus quum
moriatur | Clemens papa petit rex alter quod statuatur | Scri-
bens pi*incipibu8, quod ad hoc sit quisque paratus | Tunc Tre-
376 Dndik.
vereDsis Coloniensis Rexque bohemus | Et dux Saxonie senior,
qui tunc fuerit ille | Et Maguntinus presul qaidam iavenilisl
Nam banno dedituB presul fuit ipse senilis | Constituunt Garo*
lum subito pro rege bohemum |^ etc. Fol. 28 beginnt die Ge-
schichte der Flagellanten : Jsta procul dubio noscas^ qae tunc
tibi Bcribo | Multa flagellando se plebs terras peragrabat | Ver-
beribus diris que se dire crueiabat | Cum diris nodis quos
adiunxere flagellis | Nam triplum nodum carpebat quodque
flagellum | Est cruce signatus, quisquis fuit hiis sociatus | Nam
vult scriptura nato de virgine pura | Quod cruce signatus dig-
nus fiat quoque gratus | Suntque cruces bine mantellis associate |
Pilleus atque cruces debebat carpere binas | Est frater qnivis
indutus vestibus istis | Extra^ sed vestes fert infra non cruce
tactas I Pilleus induitur quum cibus hiis adhibetur | Cumque
flagellatur quis, pilleus associatur | Vt semper tenuis assit crux
atque flagellum | etc. etc. — Fol. 29. ,Nocte semel, bis quaqae
die se verbere diro | Torquebant populis cernentibus ordine
miro I Ymnos cantabant, per circuitum meabant | In formam-
que crucis prosternere seque parabant | Et senis vicibus hec
quaque die faciebant | Usque pater noster dico quisquis perfi-
ciebat | Post hec surgebant, ymnos iterumque canebant | Se
tedendo nimis prius ut fecere flagellis | (In margine) Cum pe-
dibus nudis incedebant tectis pudibundis. Pannus ad umbelicum
sociatus erat quia a talo | Sursum sunt membra preter caput
omnia nuda | Nocte semel quivis torquebat seque flagellis | Us-
que pater noster septem dixit properanter^ Und so wird der
Ritus und . die Lebensweise der Flagellanten weiter umständ-
lich von Fol. 28—30' beschrieben. — Fol. 30. ,Nulliu8que de
mum quisquam tenebat adire | Sin prius hospes eum faceret
sua tecta subire | Emere ut vellet sibi quod prodesse putaretj
Quod si non fieret, in campis tunc remaneret | Inque viis sta-
bant hoc donec quisque vocabat | Escas ut caperent, vel secom
nocte manerent. | Unum vel binos semper tenuere Magistrosj
Ad quorum visum complent sua singula facta | Portant vexilla,
crucibus sociantur et illa | Incedunt bini, pueri quasi sint
Uterini | Ymnos et tales cantant ut quique seculares |: Quam
flagellari cupiuntque locis sociari | Cum sunt intrantes, cam-
pane sunt resonantes | Ipsos ut turbe cernent in qualibet urbe |,
Ipsorum dira cernerent quecunque vulnera miraj ' etc. etc. —
ffistoriiohe Fonehnogen in der Bibliothek sn St. Petersburg. 377
Fol. 3(X — 36', also fünf und ein halbes Blatt, enthalten die Lieder
der Flagellanten in deutscher Sprache, und zwar mit Neumen
und mit Noten auf vier Linien.
Fol. 30' roth. Quum intrabant aliqua loca cantabant can-
tica subscripta: ,Nu ist ein betfart, so here Crist rait selber
gen ierusalem, Er f&rt an crutz an siner haut. Nu helf uns der
hailant. — Nu ist di^ betfart so g&t, hilf uns herre durch din
hailigs blftt, daz du an dem crucz vergossen hast, vnd uns
von dem töd erlöset hast etc., im Ganzen fünf Strophen. —
Fol. 31. Älia cantio (roth). Maria m&ter rainü m4it, erbarm
dich über die cristenhait, Erbarm dich über dinü kint, div noch
in disem ellind sint. | Maria m&ter gnade vol. Du kanst vnd
machst uns ghelfen wol, verlih uns aim gnedigen dot etc. —
Fol. 32. Maria vnser frowe Kyrieleyson, Was in göüicher
schowe aleluja, globen sis du maria | Z&z ir wart ain engel
gsant kyrieleyson | d' waz Gabriel genant. Alleluja u. s. w.
Das ganze Leben Mariens wird so abwechselnd mit Kyrieleyson
and Alleluja durchgegangen. Schluss Fol. 34': Der diz gdiht
loblich singet, Kyrieleyson | Grossen Ion es im bringet. Alle-
loja I Maria wil sin pflegen Kyrieleyson | Vnd ir kind fr&de
geben Alleluja. Darunter roth: Anno Domini M'^ CCC. XLIX^
(1349) in augusto scripta est hec cantio. — Dum flagellatores
volebant se flagellare, ut erant exuti usque ad camisias, ab
ambelico deorsum pendentes, incipiebant cantare predictos rit-
moB sub melodia prefata, et duo precentores semper cantabant
dimidium ritmum, quem tunc ceteri omnes repetebant. Die
Ritmen lauten : ,Nu tret her zu der bösen welle , fliehen wir
die haissun helle. Lucifer ist bös geselle etc. — Sub priori
melodia cantantur ritmi sequentes: ,Der unsere b&zze welle
pflegen, der sol gelten vnd wider geben | Er biht und lass die
Sünde uam, so wil sich got vbr in erbarn etc. Mit Neumen.
Schluss: ,Da vorheh6t uns herre got, dez bit wir durch dinen
tod'. — Ein weiteres Lied Fol. 35 mit Noten auf vier Linien
beginnt: , Jesus wart gelabt mit gallen. Des suln wir an ain
crucze uallen | Nu hebent uf die hend, da got daz grozze
sterben wend | Nu reggen vf die vrown arm, um daz sich got
vber uns erbarm. — Ad secundam genuflectionem : ,Maria stund
in grossen nötten, Do si ir liebes kint sach tötten. An Swert
ir durch die seile snäit | Sünder daz las dir wesen lait etc. —
378 Dndfk.
Fol. 36'. Postea non flageiabunt se ulterius sed cantant can-
cionem : ^Nu ist die betfart so her et cetera, ut sunt in sexto
folio et circumeunt ut prius (Dort [in folio sexto] steht das Lied :
Jesus ward gelabt etc.). Deinde vadunt ad crucem, et flexis
genuis contant illam cantilenam, que ibidem reqoitnr: Maria
m&ter raine mäit etc. usque ad finem. Postea flectunt iteram
genua et magister eorum dicit: Ave Maria. Jesu m&ter Maria
erbarme dich über di armen ellinder cristenhait. Et ipsi dicunt
hoc idem. Iterum dicitur Ave Maria, et tunc omnes cadunt
in formam crucis, et magister eorum adhortatur eos ad pas-
sionem Christi recolendam, et incipit Ave Maria, ipsi etiam
erigunt se, et dicunt cum eo: Trösterin alier Sünder, erbanne
dich über alle Todsünder und über alle Todsünderin. Itemm
incipit Ave Maria et ipsi cadunt in formam crucis. Tertio
dicitur: Ave Maria, Rose im Himmelreich, erbarme dich über
uns vnd über alle glöbig sela, vnd über alles daz wandelbar
ist in der haiigen cristenhait amen. Als gleichzeitige Anmer-
kung ist nach dem Texte Fol. 36' in margine die Note: Ul-
timo Magister subiunxit: Lieben kinder bietet got, daz wir
unser liden vnd unsere wallefart also gelaisten, daz uns got
vor dem ewigen ualle behüte, unt daz die armen glöbigen sola
gelöst werden von ir arbaiten, vnd daz wir vnd alle sonder
gottes huld erwerben, vnd daz alle guten Leuten in gnaden
Sterken welle. Amen. — Fol. 37 ist die Fortsetzung der Reim-
chronik, aber schon aus der biblischen Geschichte mit späteren
Anmerkungen. Neuerer Einband in rother Leinwand. Wacker-
nagels deutsches Kirchenlied kennt die hier citirten Lieder^
doch mit vielen Abweichungen.
208. Poema de contemptu mundi: ,Peniten8 cito, pecca-
tor, cum sit miserator Index, et sint hec quinque tenenda
tibi etc. de anno 1344. Sig. 4 (D. 46) 8o.
209. Miseria clericorum. 2. Documenta philosophorum in
metro. 3. historia Romanensis prosaica. In Bohemia scripta
sunt haec XV. See. — Fol. 19*^. Panno milA Maria, bud milo-
stiv4, a qvodam Romanae curiae inimico. — Fol. 14^. Curia
Romana non querit ovem sine lana. Sig. 11. D. 8^
HiBtorisehe Fonehnngen in der Bibliothek tu St. Petersbvrg. 379
XV. Abtheilung. Lingtustica.
210. Caroli Aloisii Ramsay Tacheografia seu ars breviter
et compendiose scribendi etc. Frankf. et Lipsiae apud lohannem
Bielkiam bibl. a. 1684. Ms. Folia 11. Sig. 29 in 8o.
XVI. AbtheiluDg. Eloquentia.
211. Chrzastowski , de stemmatibus familiarum nobilium
Poloniae. Folia 319. Sig. 4«. 23. Z.
212. Christinae, reginae Sueciae, Epistolae ad Georgium
electoreVn Saxoniae et huius ad eandem tres. Folia 14. Sig.
4«. 74. Z.
213. Johann Arnos Comenius. Panegyricus Carole Gustavo,
magno Suecorum, Gothorum Vandalorumque regi, incruento
Sarmaciae victori et quaque venit, liberatori pio, felici; augusto
heroi; afflictis in solatia, regibus in exemplum dato 1655.
Folia 12. Sig. 4^. 77. Z. Eine überschwengliche Lobrede des
annen^ damals sehr gehetzten Exulanten.
XVII. Abtheilung. Folygrafla.
214. loh. Amonis Comenii^ Ars didactica etc. Sig. Fol. 54. Z.
215. Emerici Hungari, monachi Ord. S. Pauli eremitae^
Chronicorum sui temporis fragmentum ab anno 1506 usque ad
annum 1530. Sig. Fol. 55. Z.
XVnL Abtheilung. Historia literaria.
216. Index manuscriptorum incliti monasterii Coprivniensis
S. Ord. Cisterc. variis disquisitionibus et historicis notis illu-
stratus; opera et studio D. Gerardi Lefebure 0. S. B. 1802.
Folia 325. Sig. Fol. 2.
217. Catalogus librorum ex Bibliotheca R. Praelati Cano-
niconun Regul. Later. Casimiriae ad Cracoviam. Renovatus
1711. Sig. Fol. 10.
380 Dndfk.
218. Index archivii Universitatis Cracoviensis in Collegio
Maicke ad S. Annam. Sig. Fol. 14.
219. CataloguB librorum Bibliothecae Domini Petri Da-
browsky. Folia 15. Sig. Fol. 48.
Classic! latini in membr.
220. losefi ludaei historici antiquitatum ludaicariun libri
XX. memb. See. XV. Sig. Fol. 6. W.
221. losefi Flava historiographi Antiquitatum libri XIX.
Fol. 253. See. XV. Sig. Fol. 14. D. memb. et Sig. Fol. 13. Z.
in Charta.
222. Eutropius. memb. in 4». See. VIII. Sig. 9. D. Fol. 22.
223. Sallustius, Bellum Catilinarium. Cod. chart. Fol. 46.
See. XrV. Fol. Sig. 16. Z.
Auch BoctiuB, SolinuS; MartianuS; selbst Cicero ad Heren-
nium sind hier aus dem 8. und 9. Jahrhunderte vertreten
Sig. 7, 8, 9 und 10.
Hitioriaclie ForsclmngftB in der Bibliothek xn St. Petertburg. 381
Auszflge aus dem Cataloge der polnisch geschrie-
benen Handschriften.
Theologia:
224. Obiewienia Swi^tey Brigitty (Revelationes) niegdy
od Cardinala Turrecremati przeyrzane y od consulasa Duranta
a S. Angelo notami albo znakami ozdobione. Cod. Fol. 161
iiteris iDitialibuB et rubricis minio scriptis. Sig. 13. Z.
225. Jozafata (Ziwot S.) Kuncewicza, archiepiscopa niekdy
Polockiego etc. Beatificationsprocess. Cod. Fol. 146. Sig. 15. Z.
lurispradentia :
226. Artikuly priva Magdebursk^ho de anno 1500. Cod.
Fol. 40. Sig. Fol. 35. Z.
227. Statut WolyAski i wielkego X§stwa Litevskego.
Cod. Folia 168 cum picturis et rubricis initialibus minio scriptis.
Fol 36. Z.
228. Inventarz ksi^g etc. i. e. Synopsis, sive connotatio
varioram librorum, vulgo Metrica regni dictorum, decreta, in-
scriptiones, privilegia, legationes, lustrationes in se continen-
tiom auctore Hankievicz. Von den Schweden weggeführt; kam
dieser Codex durch den Frieden von Oliva wieder nach Polen
zurück. Fol. 48. Sig. Fol. 61. Z. Auch 76. Z.
229. Papiery tycz^ce sie Reformy £yd6w. Ein ganz gutes
Material zur Geschichte der polnischen Juden. Sig. Fol. 70.
(CzÄrtorisky's Bibl.).
230. Compendium s^dow krola J. M. pravem koronnem
na dwie czeä6i rozdielone. R§kopis oiiarowany krölovi pol-
skiemu Zigmuntovi. Sig. Fol. 84.
231. Regula sv. Benedicta in 4". Sig. 4. 5. 6. Z.
232. 2^kony Sioström reguly s. Augustyna na kazimierzu
przy Krakowie kosciola S. Katerzyny. Przez X§dza Symona,
cloktora pisma w Krakowie. 1600. Sig. 23. Z.
382 Dndik. Hktorische Foraehoagta in der Bibliothek n Bt l>et«rabiirg
Hlstoria :
233. Gol^biowskiy Panowanie Wladyslawa Jagieliy przez
Lukasza Gol^biowskego. pagin. 276. Sig. 6. Fol. V.
234. Czeikowski; Badanie historicziia o Skitöw etc. Fol. 60.
Sig. 8. Fol. V.
235. Sobieski (Jakub) , Dyaryu8z Campagniey (1686),
pisany wlasn^ rek^ Sobieskego. Mss. Folia 26. Sig. Fol. 13. Z.
236. Zycia Sapiehöw mit Correspondenzen etc. pag. ISO.
Sig. Fol. 16. V.
237. Paprocki; herby lyterstwa polskego. Abgeschrieben
vom gedruckten Exemplar. Krakau 1584, und mit neuen
Wappen 1635 vermehrt durch Stanisl. Baranowski, pag. 888.
Sig. Fol. 20. Z.
238. Herbarz litewski przez Kojatowicza. Sig. 28. Fol. Z.
239. Anecdota, czyli inedita Naruszewicza, drei starke
Fascikel. Sig. 243. Z. Bibliotheky Sierakowskiego. Auch
Sig. 246.
I. 0. G. D.
Fellner. AtÜKche Finanz verwmHiiDg im f&nften and vierten Jalirhundeite. 383
Zur Geschichte der attischen Finanzverwaltung
im fünften und vierten Jahrhunderte.
Von
Dr. Thomas Fellner.
Uie Untersuchungen von MüUer-Strübing haben Veran-
lassung gegeben^ dass streitige Punkte auf dem Gebiete der
attischen Staatsverwaltung einer erneuerten und eingehenderen
Besprechung unterzogen worden sind. Besonders lebhaft wurden
die Fragen in Betreff des attischen Staatsschatzmeisters — Tapiia^
:i;; xotv^; icpoa6Sou — erörtert. Bekanntlich geht die Meinung von
vielen Gelehrten dahin, Aristides sei der erste Staatsschatzmeister
gewesen. Andere, und ich kann wohl sagen eine grössere Zahl,
halten die Ansicht U. Köhlers für die richtige, welcher das
Schatzmeisteramt für nacheuklidisch erklärt. * Meiner Meinung
nach haben die jüngst erschienenen Abhandlungen in ent-
scheidender Weise die Unmöglichkeit der Existenz eines Vor-
Btandes der Verwaltung vor Euklid dargethan. Wir finden
nirgends Anhaltspunkte, welche erlaubten, sichere Schlüsse in
dieser Richtung zu ziehen. Man sollte also den ganzen Gegen-
stand einfach bei Seite legen.
Von Interesse dürfte es aber doch sein nachzuspüren,
durch welche Umstände man sich bestimmen liess, einem ein-
zigen Mann in einer überaus entwickelten Republik, wie es
die athenische war, eine so bedeutende Gewalt zuzuschreiben.
Den Anfang hierin hat Böckh^ gemacht, welcher auf Grund
der Nachrichten, die wir über den Eteobutaden Lykurg haben,
^ Köhler: Urk. u. Untersuch, z. Gesch. d. attisch-delischen Bundes p. 151
(AbhandL der Berl. Akad. 1869).
^ Vgl. dazu Böckh : Staatshaush. d. Ath. I, 222 ff, u. 569 ff. d. 2. Ausg.
384 Fellnor.
richtig erkannte, dass damals ein Amt bestand, dessen Trager
den Tilel: 5 Tafito^ 'nj; %om^q rpoaöSou führte, die übrige reforma-
torische Thätigkeit Lykurgs aber auf den verschiedensten Ge-
bieten davon nicht genau unterschied und denselben zu einem
gewaltigen Finanzminister machte. Zu verwundern ist es daher
nicht, dass man, nachdem einmal Lykurg als solcher Finanz-
minister erkannt war, auch nach anderen in früheren Perioden
suchte. Es war nicht schwer, Personen ausfindig zu machen,
welche dieses Amt etwa hätten bekleidet haben können.
Wer erinnert aus früherer Zeit mehr an Lykurg als
gerade Perikles? Auch dieser war in den verschiedensten
Richtungen thätig. Er führte als Feldherr grosse Kriege, baute
den Parthenon, die Propyläen, das Odeon, führte die Feier von
Musikspielen am Feste der Panathenäen ein — und wurde
gerade so wie Lykurg von seinen Feinden zu Rechnungsab-
lagen gezwungen. Wenn wir im zweiten Buche des Thukydidee
(2, 13) lesen, wie genau Perikles den Stand des ßaarvermögens
auf der Burg und den Vorrath an ungemünztem Gold und
Silber, den Werth der Weihgeschenke und der heiligen Qeräth-
schaften anzugeben weiss und die Worte bei Diodor (XII, 38 1 :
('A8rjVÄWj) |j^Ti^veYxav €t? to^ 'AWjva? %ai TCapd$(i)xav ^uXoTresv Uefwlsl
— den Schatz von Dolos — [wxa Be xtva /pövov ayr|X<i)Xb>; ax'
fltuTwv i5(a xXyjOo; txovbv xpTifxarwv, xai Xo^ov dratTOUjjLevo?, et; opptosTtav
svereaev Btirrep lUptxXfj; i^'fyiei 5t' ou Tpdwo'J tob? 'Aör,-
va{oü<; BüvatT* äv qxßaXetv et; [xi^av •j:6X£[xov in Erwägung ziehen und
dann noch beachten, in welch einer gewaltigen Stellung dieser
Staatsmann von den alten Schriftstellern überhaupt geschildert wird,
so müssen wir es geradezu sehr erklärlich finden, wenn man Irr-
thümer in der Auffassung seiner Stellung beging und ihn zu einem
attischen Staatsschatzmeister machte. Denn wenn man einmal zu-
gab, dass Perikles dieses Amt inne gehabt hatte, so lag es nahe,
auch noch andere Männer mit dieser Machtfiillo auszustatten.
Böckh (a. a. O. 1. 222) hatte schon geltend gemacht,
dass Aristides Ta[x{a^ tt]^ xotvt]^ trpodoSou war, andere suchten
dasselbe von Kleon zu erweisen. Da man directe Anhaltspunkte
nicht hatte, so mussten selbst Stellen aus der Komödie, welche
sehr allgemeine Deutungen zulassen, wie:
/Äi vuv dhcoSo? Tbv SontTuXtov, ui^ oüx Iti
e|jioi Ta[jLt£'jaei;. — Befehl des Demos — ,
Attifche FinanzTenraltiiDg im fünften and Tierton Jmhrhnudert«. 385
worauf Kleon erwidert:
lyt ToaouTov V 106' Srt
et |xr| (jl' eacec^ snixporceuetv, sTEpoc; au
6[jLoO luavoupfOTepi? it? ava^avT^aeTat.
(Aristoph. Ritter 947 ff.) —
als Nothbehelf dienen. Ohne den Worten Gewalt anthua zu
wollen, scheinen sie nur zu besagen: Verstoss mich nicht,
Heber Herr Demos; wenn ich mein Ansehen einbüsse — als
leitender Demagoge icpooi;orcY]^ xou Si^(jiou — so tritt dann ein
anderer vielleicht noch viel verschmitzterer an meine Stelle.^
Unberücksichtigt hatte man bei all diesen Folgerungen den
attischen Verwaltungsapparat dieser Zeit gelassen. Die Schrift
vom Staate der Athener liefert ein klares Bild von Tpöm^ der
athenischen xoXttsdz. Es geht daraus deutlich hervor, dass in
Athen zu jener Zeit die reinste Volksherrschaft bestand. Ueberall
werden die schlechten^ armen und zum Demos gehörigen Leute
vor den guten begünstigt. Der Demos will eben frei sein und
das Regiment führen. Alle ohne Unterschied reden daher in
den politischen Versammlungen, nicht allein die tüchtigsten und
besten Männer. ^ In diesem Sinne den Charakter der xoXixeCa
aafgefasst, lernen wir bald begreifen, warum in Athen damals
kein gesetzlich iixirtes Amt bestehen konnte, welches eine
solche Summe von Gewalten in die Hände eines Einzelnen legte.
Wir finden coUegialische Aemter mit beschränkten Wirkungs-
kreisen. Auch Perikles vollbrachte seine grossartigen Leistungen
nicht als Beamter des athenischen Staates, sondern durch einen
nicht näher zu definirenden Einfluss, den er auf alle Schichten
der Bevölkerung durch die Kraft seiner Rede ausübte. Sicherlich
würde Thukydides bei Schilderung der Macht des Perikles
nicht übersehen haben, uns darauf aufmerksam zu machen, dass
derselbe im Wesentlichen alles vermöge einer umfassenden amt-
' V^l. darüber Keck: Quaestiones Aristophaneae historicae p. 25 ff., and
Gilbert: Beitrige zur innerD Oeiicb. Athens im Zeitalter des Pelop. Krieges
p. 91, welche anch die ganze Literatur bringen.
^ &utta Bk 0 fviot Oau|jid^ouaiv oti navTdc)r^ou nX^ov v^[jLOuai rot; novTjpoi; xai %i>n\QK
xal $i2|M-nxoi!; ^ lot^ ^pijaxoT^, iv auro) toutco ^avoOvrat xjjv 8T)[jLOxpaT{otv Staaco-
^ovTtf I 4; und Emoi V Sv ti;, cu; ixP^jv auTOu; [jltj iav X^yeiv icovra^ l^fj;
^rjSi ßouXeueiv, ocXXa iou( 8Eii(oTdcTou( xat' av$pa; apCoiouc * ot Bk xat ev toutcu
apioiB ßouXe^ovraiy ec5vi£( xa\ tou( Tcowjpou; X^yeiv. I 6.
SttUBfib«. d. pUl.-hiit Ol. XCV. Bd. I. Hfk. 25
38^ Pellner.
liehen Stellung — als Tajxia^ t^; xoiv^c irpocroBou — vollbrachte,
wenn er eine solche wirklich besessen hätte. Wozu wäre es
dann sonst nöthig gewesen zu erklären, dass Perikles an An-
sehen und Einsicht hervorragend, wie kein anderer, die Menge
durch den Einfluss lenkte, den er in der Volksversammlung aus-
übte, so dass es zwar dem Namen nach eine Volksherrschaüt
gab, in der That aber die Herrschaft von dem ersten Manne
ausging (Thuk. 2, 65). Wenn wir die Abschnitte, welche bei
Thukydides über Perikles handeln und die Biographie, welche
Plutarch ausgearbeitet hat, durchlesen, so bekommen wir überall
den Eindruck, dass Perikles seiner ausserordentlichen persön-
lichen Stellung die grossen Erfolge verdankte.
Auch die speciellen Stellen, welche noch angeführt werden
könnten, um unsere Ansicht über das Schatzmeisteramt im
fünften Jahrhundert zu erschüttern, zeigen, auf ihr richtiges
Maass zurückgeführt, wie wenig haltbar diese vielfach be-
stechende Hypothese ist. Wenn das 13. Capitel des zweiten
Buches von Thukydides deswegen angezogen wird, weil dort
von Perikles die laufenden Einnahmen — ta xpoofovra — und
die Reservefonds im Grossen und Ganzen angegeben werden,^
so ist darin kein Beweis fiir einen alles controlirenden und über-
sehenden Finanzbeamten enthalten, wenn wir berücksichtigen,
dass die Schatzmeister der Athena und der andern Götter in
jedem Jahre Rechnung legen mussten von den vorhandenen,
den hinzugekommenen und verausgabten Werthgegenständen
und diese Rechnungen noch dazu in Steinurkunden auf der
Burg aufgestellt wurden. Weiter ist bekannt, dass die Hellene-
tamien die Tribute der Bundesgenossen alljährlich bei den
Schatzmeistern der Athena deponirten^ und über die Ver-
gütung, welche der Staat dafür an die Göttin zahlte, in Ge-
meinschaft mit den Logisten öffentlich Urkunden aufstellten
(Tributlisten). Jeder Athener war dadurch in die Möglichkeit
gesetzt, genau die eingegangenen Tributsummen zu bestimmen.
Da bei Thukydides keine anderen Summen als die jährlichen
Tributgelder und die Reservefonds auf der Burg namhaft
^ Baehr nnd Stark in ihrer Ausgabe von G. F. Hennann'ii Staats-Altertbamern
folgern so 159, 8.
' [ix 5e Tüiv 9^p(o]v xoraTiB^vai 5c[aTflt ibjv Iviaoiov t« Ixetforon yeWjJ^w nap
To]r? Tajiiaai Tüiv [t^{ 'AÖjTjvaCa? too; 'FIXXijvo [Ta|jL{a(]. C. I. A. I. 82 B. 19— 2(.».
Attische Fmansverwaltiing im fftniten nnd vierten Jahrhunderte. 387
gemacht sind; so dürfte es dem Perikles nicht schwerer ge-
fallen sein^ als anderen, die betreffenden Posten von den
öffentlichen Urkunden abzulesen.* Dass Perikles Gelder zu
verrechnen hatte, wird gewiss Jedermann gerne zugeben, nur
darf nicht übersehen werden, dass er dadurch nicht einem
speciellen Finanzamte vorstand, sondern dass dies in verschie-
denen Stellungen geschah. Wenn Plutarch §. 23 erzählt, dass
derselbe Iv tw vfi<; mpocxti^aq aTcoXoYifffAo) zehn Talente unter dem
Titel: Noth wendige Ausgabe ansetzte, so legte er diese Rechnung
bei der Rechenschaftsablage über die ihm vermöge seines Feld-
faermamtes anvertrauten Qelder. Anders ist der Volksbeschluss
des Drakontides zu fassen, dass Perikles die Rechnung der
Staatsausgaben bei den Prytanen einzureichen habe.^ Man hat
im Auge zu behalten, unter welchen Umständen dies vor sich
ging. £b war die Zeit, in welcher die Anklagen gegen Phidias,
Anaxagoras und Aspasia geschleudert wurden. Perikles' Stellung
war damals eine erschütterte zu nennen. Die Bauten auf der
Burg hatten sehr grosse Summen gekostet. Das Verhältniss, in
welchem der leitende Staatsmann zu Anaxagoras und Aspasia
stand, hatte Missfallen erweckt. Das Volk war mit ihm un-
zufrieden. Alle möglichen Hebel wurden in Bewegung gesetzt^
am den so hoch gestiegenen Mann die Macht des Demos
einmal recht fiihlen zu lassen. Was war natürlicher, als dass
man seine Freunde angriff und auch ihn dazu zwang, noch
einmal ausnahmsweise, wie aus der besonders feierlichen Form
der Abstimmung geschlossen werden kann, eine vollständige
' VgL XU den obigen Bemerkungen: Th. 2, 13. Oapaetv tk ix^euE npoauJvKov
{i£v iSaxoj{(üv laXd^vtcov a)( ln\ xo JCoXl» ^dpou xai^ iviatuibv oazo tcuv ^ujjLfjLaycov
ifj Kokii av£u Tvj^ SXkrfi TcpoffdSou, incopy^dvrtov B^ iv irj axpoicoXei rri x6xe
xppipfov S3ci9i{{Aou £ifluit(yiX{(i)v raXavTCüv , X^P^^^ ^^ Yjp^ioioM
a9i({A0u xat apYup{ou h xt avaOi{{AaJtv Ihloi^ xat Bt)[jio9{oi; xat 09a Upa oxeOt]
X£p{ TE Ta( im[tJUi^ xai tou; ayrova^ xai oxuXa .VlvjBixa xat e*i tt totouTOTponov,
oü/ iXaaoovo^ 7| nEvtoxoattov tocXavtcov. eti os xai la ix tcuv oXXtov Upcov npov-
ixibti )(_pr)[AaTa oux dX{Ya, oT; -/jsiJaEoOai auiou^, xai 9Jv icavu s^ECpYcovTai ndcvTCüv,
xat aut^( T^^ Osou tou; 7CCpiX£i(Jt^voi( )rpua{ot( * on^^atvE $^e/ov xo ayaXjJA xtoaa-
pozovta toXavTa oraSfiLOv y^uatou on^f Oou xai REptatpEtbv s?vai &cav. /j37)9a-
fiivou^ TE &9it 9(i)iif]p{a ?^7] yi^privott, [x^ iXä^aco avTixaiaorfJaat ttoXiv. —
3 hiyo^^fOM $£ Tou $i^[xou — Antrag des Diopeithes, — xai 3cpo9iE[ji^vou xa^
oia^Xa;, outcü; j[g7] JriJ^iafxa xupouTai, Apaxovxidou ypa^avro^, onco^ ol Xdyoi
*'^ /^(Aoituv uicb ÜEpixX^ou^ £(( tou; TcpuTötvEi; obcoT^OEtEVf ol 8e Bucaarat ttjv
'iff(^ abn tou ß<i>[Aou (fiporzi^ ev tij TcdXsi xpivoiEV — Plut. vitt. 32.
26»
H^9> Ppllner.
Abrechnung, hauptsächlich über die Gebäude auf der Burg,
vorzulegen, die ja vorzüglich unter seiner Leitung entstanden
zu sein scheinen, da er gewöhnlich Obmann und entscheidender
Stimmführer der Baucommission gewesen ist. * Was endlich
von der Angabe des Diodor zu halten ist, dass die Athener
den von Dolos in ihre Stadt gebrachten Schatz dem Perikleg
zur Bewachung übergaben und dass dieser dann den groBsen
Krieg heraufbeschwor, weil er eine Rechnungsablage über
den auf eigene Faust gebrauchten Staatsschatz vermeiden
wollte, ergibt sich nach dem Gesagten von selbst. Die so
allgemein und unbestimmt gehaltenen Worte des oft unklaren
Schriftstellers lassen keine genaue Auslegung zu.
Mehr Schwierigkeiten machte denen, welche von einem
tafAia^ T^^ >wtvT3; rpoadBou vor Euklid nichts wissen wollen,
die richtige Deutung der plutarchischen Stelle über Aristides:
Twv 5t3plo(7((i)v (Böckh xotvwv) ?rpo<76$u)v alpeOst; STJtfjLeAYj'nj? . . (Arist c.4).
Manche meinen, dass die anekdotenhafte Form der Angabe des
Idomeneus bei Plutarch schliessen lasse, dass das Ganze eine
Erfindung aus späterer Zeit sei (Gilbert a. a. 0. p. 90), wieder
andere wollen die Worte damit erklären, dass Aristides unter
den ersten Hellenotamien gewesen sei (Keck a. a. 0. p. 30).
Sehr viel Wahrscheinlichkeit gestehe ich besonders dem letzten
Erklärungsversuche nicht zu. Aber auch die Angabe des Ido-
meneus für eine leere Erfindung zu halten, scheint mir nicht
räthlich zu sein. Ich möchte betonen, dass unter Aristides
der neue Seebund ins Leben trat, und dass er es war.
welcher die finanziellen Angelegenheiten des Bundes ordnete.
Es lässt sich annehmen, dass, da dieses Ereigniss ein ausser*
gewöhnliches war, auch der Mann, welcher das Ganze schlichtete,
mit einer ausserordentlichen aber vorübergehenden Gewalt —
iriixiXsta — ausgestattet wurde. Der Titel dafür war InixcAr^rr;:
Tcov Sr3|i.ü)c(ü)v (?) i:po(765tov. Die Worte des Idomeneus twv — 7rpw:Bo)v
alpeOel^ iTuiixsXrjiY}^ können somit als glaubwürdig angesehen
werden. Der Zusammenhang aber, in welchem sie stehen.
dürfte auf einer unrichtigen Auffassung des Schriftstellers be-
ruhen, der hier gerade auf die Ehrlichkeit des Aristides eine
* Michaelis: Parthenon p. 11 und C. Wachsmuth: Die Stadt Athen im Alter-
thnm p. 524.
▲ttische Finuiifenraltuog im Anfteii and Tierten Jahrh änderte. 389
Ijobrede hält und die verschiedenen Aeniter^ welche dieser
bekleidete, vermengt, wie daraus zu ersehen ist^ dass STCt|JLeXY)Tr|<;
:uv ST;(Aoatu>v ^pCdcScüv mit äpyjui^i ItA tt;v outtjv Bio(xr|aiv und einfach
mit ip/m wechselt. ^
Wie also auch aus diesen Erörterungen hervorgeht, hat man
mit Recht die von Müller-Strübing wieder aufgenommene Hypo-
these über einen voreuklidischen Staatsschatzmeister zurück-
gewiesen; aber gerade in Folge dieser Zurückweisung drohen
andere irrige Auffassungen in die attische Geschichte des fünften
Jahrhunderts sich einzuschleichen. Man neigt jetzt sehr dahin,
die Feldherrngewalt, besonders wie Perikles sie gehabt hat,
häufig mit ausserordentlichen Machtbefugnissen sich ausgestattet
zu denken. Was die Stellung der Strategen anbelangt, so wird
jeder gern zugeben, dass sie das angesehenste Amt in Athen
versahen. Man ist aber nicht zu dem Schlüsse berechtigt, der
auch gezogen wurde: summa denique totius reipublicae potestas
ante Euclidis annum penes präetorum consilium fuisse videtur/^
Wir haben ja Beamte vor uns, die sich in den Kahmen der
athenischen Verfassung fUgen mussten, in welchem Bule und
Ekklesia die beiden treibenden Factoren bildeten. Dem steht
nicht entgegen, dass Feldherren in gewissen Fällen mit einer
ausserordentlichen Gewalt in militärischer und finanzieller
Hinsicht ausgestattet wurden. Nicht mit Unrecht werden wir
UDQ den Kimon auf seinen verschiedenen Expeditionen an der
hellespontischen, thrakischen, jonischen, karischen und pam-
phylischen Küste in einer so bevorzugten Stellung denken.
Ueber eine ähnliche Macht dürfte Perikles in dem so kritischen
Zeitpunkte verfügt haben, als Euböa und Megara abfielen und
die Peloponnesier in Attika einbrachen. Thukydides spricht da
immer nur von dem einen Feldherm Perikles. ^ Derselbe setzt
nach Euböa über, geht auf die Kunde vom Abfall Megaras und dem
bevorstehenden Einbruch der Peloponnesier nach Attika zurück
* Es mag gleich hier erwfihnt werden, dass es nicht mehr angehen dürfte:
i:n{jL£Xr|T7j( Tüiv [xoivwv] :cpoao$a)v mit den Titulaturen: 6 sjci t^ $ioixij9£i
nnd Taip.fa( ttJ; xoivtj; Tcpovddou zu identificiren.
^ Arnold. De ... . praetoribns. Leipzig. Diss. 1873.
^ Daas Perikles damals über eine bedeutende Gasse verfügt habe, geht
aus der Verwendung der ,10 Talente* hervor.
390 Fellner.
and wendet sich gegen den heranziehenden König PleistoaDax.
Nachdem es ihm gelungen ist, die Spartaner zam Rücksng zu
bewegen ; betreibt er neuerdings die Unterjochung Enböas
(1. 114).
Man darf aber in der Annahme von solch' ausserordentlicheD
Gewalten nicht zu weit gehen. Ob z. B. die Worte bei Thukj-
dides : IlepixX^ou; Bexätou owtoO arparrj-f oOvto; £vau|jwt)rrjffav zpo^ Tp r;ü
TTJ vT(5«o (samischer Krieg, 1. 116.) und FleptxXtj; 6 SavOi^rccj 7Tp2iT,f::
ü^v 'AOv;vai(dy Bexoto^ auTo; (Ausbruch des pel. Krieges, 2. 13) so
zu deuten seien,, dass Perikles damals eine autokratore Stellung
hatte, ähnlich wie die nach Sicilien abgehenden Feldherren^
Alkibiades, Nikias und Lamachos, von welchen es Thukydides
ausdrücklich besagt (6. 8), dürfte bezweifelt werden können.
£& wäre sonderbar, warum der Schriftsteller gerade diesen
Ausdruck von den drei Feldherren, welche nach Sicilien ge-
schickt wurden, gebrauchte und nicht von Perikles, wenn er
damals oTpaTv]Yo; altioxf orcop . gewesen wäre. Der Ausdruck
auTCxpaTcop hat, wenn wir uns die Worte bei Thukydides ver-
gegenwärtigen, den Sinn, dass die betreffenden Feldherren eine
absonderliche, eine Ausnahmsstellung bekamen, wohl in Rück-
sicht darauf, dass sie mit einer so grossen Macht auf ganz
ungewisse Zeit in entfernte Gegenden geschickt wurden.
Die andere Ausdrucksweise und die Fassung, in der sie
gebraucht wird, lässt auf eine autokratore Stellung in diesem
Sinne nicht schliessen. Wenn Gilbert (a. a. 0. p. 43.) be-
hauptet, dass die Worte : eaipan^Y^^ ^^ Nix(a^ 6 Ntxr^pirou xpCio^ x^ts;
(Thuk. 4, 42) zu erklären sind: ,Nikias nahm unter den drei
die Expedition gegen das korinthische Gebiet commandir enden
Strategen die Stelle des Oberbefehlshabers ein^, so werden wir
ihm für die gewiss richtige Erklärung dieser Worte sehr dankbar
sein, wenn er aber dann weiter geht und bemerkt, dass Perikles
als (TtpoTYjYb; hhjaxoq omo^ der oberste unter den zehn FeldheiTen
und daher (npavri'^h^ auToxpoercop war, so wird das nicht zugestanden
werden können. Der Schriftsteller will damit nur ausdrücken,
dass in diesem Feldzug alle zehn Strategen verwendet wurden
und Perikles derjenige war, welcher das Obercommando führte.
Es ist ja auch sehr natürlich, dass, als nach Auflösung
des diplomatischen Verkehrs zwischen Athen und Sparta die
athenische Land- und Seemacht auf den Kriegsfuss gesetzt
▲ttuch« FinMUTenraltanff in fftBften und Tierten Jahrhundert. 391
wurde, alle zehn Strategen unter der Oberleitung des Perikles
in Thätigkeit kamen. Das Gleiche gilt, wenn erzählt wird,
dass Perikles die Athener in der Seeschlacht bei der Insel
Tragia als Bixaioq rspocxTt^oq führte. Es wird damit ausgedrückt,
dass die Athener, als der Aufstand in Samos eine gefahr-
liche Gestalt angenommen hatte, sich genöthigt sahen, ihre
gesammte Flotte zu mobilisiren und dem Perikles darüber
den Oberbefehl zu ertheilen. Alle zehn Feldherren waren da-
durch in Thätigkeit gebracht. Ein Theil von ihnen ging gleich
mit einer starken Flottenabtheilung ab und kämpfte unter
Perikles' Führung bei Tragia, andere führten dann die Ver-
stärkungen nach: ,'AOT)vaToi Be . . . . '^wXeuaavre^ vKUdiv i^i^^xovTa iizi
lipisu TaT^ [x^v exy.aiBsxa twv vswv oux exp/j^ovio (Itj^ov ^ip a\ [jlsv ItA
Rxpia^ I; 7cp5cxoxrjV twv <I>ctvwcü>v veujv clyrdpievat, al 5' iiri Xioj
X21 Adffßo'J ^spuf f£AAouffat ßsr^SeTv), Tsacapdxovra oe vauci xal Teo^apfft
(hptxXlou^ osxaTOu «ütoO ^xpaTr^vouvco^ svaüfJLaxTG^ÄV Tcpb^ Tpa^ia
T^ »njüco 'jcTTspov 8e auTOi? sßot^Orjcav ix twv 'AOtqvwv '/t)£?
TSTcapixovTa xal Xi(i)v xal Ae^ßicov TcevTc xac eixcat
(UptxXi]«; Bs Xaßfa>v E^ixovia vau(; . . . (px^TO xaia Taxo<; Itci Kauvcu
xal Kapta^' — es war nämlich eine phönizische Flotte signalisirt
worden. — Von dort kehrte Perikles wieder nach Samos zurück
und bekam neue Verstärkungen, da während seiner Abwesen-
heit die aufständischen Samier gewaltige Vortheile errungen
hatten: ,xat ex tü)v 'A6t]V(i>v Oercepov Tcpoaeßoi^Ovjaav leaaapixovxa [asv al
lUTa BcuxuSiSou xai "Ay^ta^o^ yuxi <^9p{x{(l)V9^ vv]£^, eixoci 3s al (xsTa TXiqxo-
*A£|ji5u xal AvTixXiou^, ix $iX{cu xscl AicTßou TpiaxovTa' (Thuk. 1. 116 und
117). Ueberall tritt somit derselbe als Oberadmiral auf. Damit
war aber keine extraordinäre Gewalt verbunden. Wir müssen
eben strenge scheiden zwischen a^parqyh^ auroxpaKop und crpan^Y^;
Ihtanoq oder xpiTO^.
Nach den gepflogenen Frörterungon könnte es schon als
ausgemachte Thatsache gelten, dass im fünften Jahrhundert
in Athen kein Beamter fungirte, welcher die Stelle eines
Oberaufsehers über das ganze Finanzwesen einnahm. Ich
habe mich bisher den Betrachtungen angeschlossen, welche
von den Gelehrten, die sich mit diesem Gegenstande beschäf-
tigten, gemacht worden sind, und dieselben entweder einfach
aogefiihrt oder mit kleinen Veränderungen in meine Darstellung
des Sachverhaltes verarbeitet. Obwohl ich mich im Folgenden
392 Fellnar
mit verschiedenen Finanzämtern, wie sie vor Euklid bestanden,
beschäftigen werde, so bietet doch gerade die Inschrift (C. I.
A. I. 32), welche ich diesen Auseinandersetzungen zu Grunde lege,
auch die Hauptbeweisstelle dafür, was in den vielen Abhand-
lungen über diesen Gegenstand nicht geltend gemacht worden
ist, dass von einem lotida^ t^<; xotv^^ ?cpo96Sou vor Euklid nicht
die Rede sein kann. Hätte ein Staatsschatzmeister zu jener
Zeit amtirt, so hätte er in dieser Urkunde erwähnt werden
müssen. Dieselbe gibt über die finanzielle Gebahrung, wie sie
damals in Athen herrschend war, den entscheidendsten and
sichersten Aufschluss. Wir lernen aus ihr, dieser Satz kann
nie genug betont werden, dass die Gesammtheit des Rathes
im Verein mit den Prytanen die oberste Finanzbehörde
im athenischen Gemeinwesen vorstellt. Die Bule ist es, welche
während ihres Amtsjahres über alle athenischen Schatzbeamten
Controle übt. Derselben Bule werden Vollmachten ertheilt,
Finanzbeamte in ausserordentlicher Weise zu versammeln, um
mit ihnen nothwendige Berechnungen anzustellen. Die Prytanen,
der im Amt befindliche Ausschuss, der Bule bekommen im
Verein mit dem ganzen Rathe den Auftrag die Summen,
die der Staat den andern Göttern schuldete, zurückzuerstatten.
In Gegenwart des gesammten Rathes werden den neu ein-
gesetzten Schatzmeistern der andern Götter die Gelder dieser
Götter von den Schatzmeistern, Vorstehern und Opferherren
der einzelnen Tempel, welche sie bisher gesondert verwaltet
hatten, zugewogen und zugezählt. Im griechischen Texte lauten
diese entscheidenden Stellen : Xo^i^ocoOtov Ik [o\ XjoYtotat o\ Tpiixcvra
okep vuv Tflc bftik6\LVfOL Tot? Oeöi; ötx.p[tßw]<;. auvorfWY^? Se TwXXovtfftwv
ii ßoüXr, a'JTOxcaxwp * fotw. ätcoBovtwv [hk t]« ^pT^ixai« oi «purovei^ |Jir:i
Tijq ßoüXYJ? xat e^aXei^ovTwv .... und weiter unten Trapa Ik wv
vuv TajJLiüiv xai twv eTCtffraTwv xai twv Ispoicoiöv twv ev loT^ *.spoi^, o? vyv
Biax£iptl^ou[(7t]v, d7:apiö|jLr^(7a(76ü)v y.ai d^roarrjOaoSwv la yjp-fi[k(x:za evavTisv
Tij?' ßouX[t5]; l|xic6Xei. (C. I. A. I 32 A. 8—10 und 18-21).^
1 In den Snpplem. zum C. I. A. I findet sich in nr. 22 a auch die Formel
in ähnlicher Fassung. Frg. d e vs. 17 [']r\ ßou[XTJ t^; ^JuXa«^« • twv 5j
4o^9[ia[jLaia)v] vel ^^^[iffO^vKov].
vs. 18 av i;:iT[d^rc7]]Tai, ii ßouX?) auToxpaT[(üp — —
3 Diese Inschrift besprechen besonders Böckh im Staatsh. 2. 50 ff., and
Kirchhoff: Bemerk, zu den Urk. der Schatzmeister der anderen Götter
Attische FinanzTerwaltttog im ffkofteu und vierten Jahrhunderte. 393
Auch in anderer Hinsicht ist diese Inschrift noch von grossem
Interesse.
Wir erfahren hier, dass von nun an für die Ver-
waltung der Tempelschätze, welche in der Nachzelle des
Parthenon aufzubewahren sind, zwei Schatzmeistercollegien
bestehen sollen, das eine ist das schon seit Alters wirkende,
der Schatzmeister der Athena, das andere ist das der anderen
Götter, welches jetzt durch diesen Volksbeschluss ins Leben
tritt. Weiter wird dann in einem zweiten Theile der Inschrift
(Rückseite) angeordnet, oder nach Eirchhoff besser ausgedrückt:
eingeschärft, dass die Hellenotamien die bei ihnen jährlich
einlaufenden Gelder bei den Schatzmeistern der Athena de-
poniren sollen. * Daraus geht deutlich hervor, dass in der Nach-
zelle des Parthenon dreierlei Schätze aufbewahrt werden. Auf
der linken Seite befinden sich, wie die Inschrift zeigt, die
Werthgegenstände der anderen Götter, rechts die Gelder der
Athena und mithin auch die Staatseinkünfte. Festzuhalten ist
aber dabei, dass man streng unterscheiden muss zwischen den
Schätzen der Tempel, welche Eigenthum derselben und in Ver-
waltung der Schatzmeister der Athena und der anderen Götter
sind, und dem Staatsschatze von Athen, welcher Eigenthum des
Staates ist und von den zehn Hellenotamien verwaltet wird.^
Ueber letzteren konnte der Demos unbeschränkt disponiren.
Die Tempelgelder durften aber zum Schutze des Staates nur
in ,der allerdings wesentlich fictiven Form von verzinslichen
und zurückzahlbaren Anleihen verwendet werden' (vgl. Abhandl.
p. 9 ff. Abhandl. der Berl. Akad. 1864, uud derselbe : zur Geschichte des
athenischen Staatsschatzes im fünften Jahrhundert p. 33 und 44 ff.
Abhandl. der Berl. Akad. 1876.
< Kirchhoff, Abhandl. a. a. O. Köhler (Abhandl. d. Berl. Akad. 1869,
p. 104) hält mit Unrecht dafür, dass nnr die verbleibenden Ueberschüsse
deponirt wurden. Vgl. Lösch ke, Bonner Dissert. 1876 p. 5.
2 Vgl. Abhandl. d. Berl. Akad. 1876, 32 ff. Es wird hier mit Grund Staats-
schatz und nicht Tributgelder gesagt, weil überhaupt auf der Burg die
UeberschÜMe der Einnahmen, welche wohl vorzüglich aus den Tribut-
geldem bestanden, aufbewahrt wurden. Schon die Alten hatten die gleiche
Meinung. Die Lexikographen sprechen von Ispoc xai ^[Loata ypi^^jiaTa auf
der Burg, vgl. den Artikel tajxfat bei Harpokration, Photios und Siiidas
and die Worte des Hesjchios: oZ to Stj^xo^iov apy^piov an^xsito [xcpb^ to)
394 Fellner.
d. Berl. Akad. 1876, p. 58). Die Competenz der beiden Sch&te-
behörden, welche die Tempelgelder verwalteten, ist mit Leich-
tigkeit aus den angezogenen Steinurkunden und den gleichfalls
im C. I. A. I. gebrachten Uebergabsurkunden und Jahres-
rechnungen dieser Schatzmeister festzustellen. Schwieriger ist
es zu einem richtigen Verständnisse der Befugnisse der Helleno-
tamien zu gelangen. Thukydides sagt von ihnen: xal £X).i]voTa)i{a'.
T5TS TTpwTOv WOiQvaioj? y.xr^^TTr; apx^ ®^ kii'/p'no tov ^opcv 1. 96, ,und
das (als Thukydides dies schrieb, noch bestehende) Helleno-
tamien genannte Amt wird damals zuerst (allgemein, in jener
früheren Zeit) bei den Athenern eingerichtet, welche den Tribut
zu vereinnehmen hatten^ ' Die Hellenotamien erscheinen wohl
schon hier als eine Behörde, welche mit dem Einnehmen der
Tribute zu thun hatte. Dasselbe bezeugen die oben besprochene
Worte der Steininschrift, aus denen auch hervorgeht, dass die
Hellenotamien die bei ihnen einlaufenden Tribute im Tempel
der Göttin auf der Burg niederlegten. Von weiterem Belang
ist, dass aus derselben Urkunde zu folgern ist, dass der ge-
sammte jährlich eingehende Tribut deponirt wird. Wir sehen
somit, der athenische Staat deckte seine laufenden Ausgaben,
über deren Höhe wohl zu Anfang des Jahres ein Ueberschlag
gemacht worden sein düi*fte, nicht aus den Tributgeldern,
sondern, wie vor der Ueberführung des Bundesvermögens, aus
seinen eigenen £innahmsquellen. In Bezug auf die amtliche
Stellung der Hellenotamien ergibt sich ferner als Frage von
grosser Wichtigkeit: in welchem Verhältnisse standen dann
eigentlich diese Beamten zu dem Staatsschatze? Deponirten sie
bloss die eingelaufenen Summen oder waren sie auch die Ver-
wahrer und Verwalter des Staatsschatzes. Dass sie nicht lediglich
als Deponenten, sondern als Verwalter anzusehen sind, hat
Eirchhoff überzeugend dargethan (vgl. Abhandl. d. Berl. Akad.
1876, p. 33 ff.). Ob sie auch an der Verwahrung des Schatzes
Antheil hatten, scheut sich wohl derselbe Gelehrte bestimmt aus-
zusprechen, wenn er sagt: ,0b sie (die Hellenotamien) im Besitze
eines besonderen Schlüssels zu dem gemeinschaftlichen Gassen-
local, dem Opisthodom, des Parthenon waren und, wie die
1 Rirchhoff: Der deliache Bund im ersten Decennium seines Bestehens.
Hermes XI, p. 33.
Atüsche FinADZTenraltong im f&nfken und TierioB Jahrhiuid«rte. 395
Schaiameister der Athena und der anderen Götter^ bei der
gemeinschaftlichen Oeffnong, Schliessung und Versieglung des
Locales sich betheiligten^ ist nicht überliefert; jedenfalls ver-
ßigte der Rath der Fünfhundert über einen Schlüssel, der sich
in der Verwahrung des jedesmaligen Epistaten der Prytanen
befand und von diesem im Falle des Bedarfes entnommen
werden konnte, und die Zahlungen aus dem Depositum er-
folgten durch die Hellenotamien und nicht die Schatzbehörd'e
des Tempels, die sie diesen nur auszufolgen hatten (a. a. O.) ^
Als Belegstellen werden angeführt: Eusthatios zur Odyssee,
p. 1827. ^'/e'xoii Yap, (pr|Otv (Telephos von Pergamos), sTctcraTri?
WÖnjVKjgiv sx Twv 7:puTiv£ü)v sT^, oq ewoTOTsT vuxta xat T^jAspor/ [jliV;,
7.a' zXstct) yupi'K'i ou*/. I^ecrciv ouSe 3t(; tov aurbv YSveoOai, TOtq t£ -aXcT^,
£V ot^ Ta }^pii^pLO(Ta 51(71, ^uXaTTe: xal ta ^pd^ij^cna tij? toXsü); xal
TTjV 3r|(Aoa{av a^paYiSa. Suidas 1, 458. xa>v xpuTav£(i>v v.q 6 Xo^^wv äTci-
yiÄTTi^ eXe^fifO- St^ Bs tbv autbv i'KKJzavfpai oux i^^v. ^uXacrffst Se tou
lepcD xa? xXs;?, ev ta xa SyjfJiocia j^pr^fjiaxa, £xt |jly;v xal xyjv 8r^[jioaiav
J^poriftoa. Etymolog. M. p. 364. ei«(jxaxai ouo ^aav 'AOn^vifjaiv, wv 6
•A£v Ix. 7puxav£ü)v £xXiQpouxo — f üXdacfii §£ Tou Upou xas; xX£i?5
£v a> xa 3r^[A6cia xp-^iiKOLza, sxi jjlyjv xal xtjv iri[ioa(fpxfZ(X. Pollux 8, 96.
entoxirrij; o' iaxh eiq xwv icpuxovswv, 6 xXi^pü> Xaxc«)v. Slq 8' oux i^toxi
vcVfisOa». xbv «uxbv £ictoxaxY;v. fi^et Be oSxoq xwv Upöv xa(; xX£i(;,
£v ol^ xa xp^ii^^*^^ **^ '^ YpafjipLaxa. Ueberzeugend glaube ich
können die obigen Auseinandersetzungen .Eirchhoffs sammt
den Belegstellen nicht wirken, derselbe scheint überhaupt das
Richtige nicht getroffen zu haben. Vor allem muss doch die
Inschrift Nr. 32 selbst in Betrachtung gezogen werden. In
dieser steht nun ausdrücklich : xal cuvavoiYovxwv xai aüY>tXY)6v-
Twv — xayLlai xwv d(XXa>v öeöv — xa; %poLq xoö 5xtff6o86|JLOu xal ouaoYj-
iiaiviaöwv xotq xuiv xiji; 'A^^vata; xa|jL(at; (Z. 16 — 18). Diese Worte
sagen, dass die Schatzmeister der Göttin früher allein die
Thüren der Nachzelle öffneten, verschlossen und versiegelten,
und dass nach Errichtung der neuen Schatzbehörde die Schatz-
meister der andern Götter dieses Geschäft im Verein mit
den Schatzmeistern der Athena zu verrichten hatten. Es ist
dies ein Reglement für die Oeffnung und Schliessung des
Schalzhauses. Von den Hellenotamien und dem Epistates der
Prytanen ist dabei mit keinem Worte die Rede. Weder dieser
noch jene können daher nach dem feststehenden Wortlaute
396 Fellner.
der Urkunde betheiligt gewesen sein. Gewiss hätte letzterer
Umstand in einem Volksbeschluss, der die Competenz einer
neuen Behörde festsetzte und der überhaupt das Cassenwesen
auf der Burg regelte und ordnete, besonders erwähnt werden
müssen. Dass also die Hellenotamien einen Schlüssel zum
Opisthodom nicht besassen, ist mithin zu folgern. Es war
auph nicht notwendig. Dieselben hinterlegten ja bei den
Schatzmeistern der Athena die eingelaufenen Summen. Diese
nahmen sie in Gewahrsam und händigten sie den Helleno-
tamien, welche allein die Verwaltung und Verrechnung darüber
zu führen hatten, im Bedarfsfalle wieder aus. Deshalb zahlte
der Staat dafür die oxap/y^. Die Staatsgelder waren dadurch
in den Schutz der Göttin übergegangen und wurden von den
der Göttin und den Göttern gestellten Schatzbeamten unter
Schloss und Riegel gehalten. Auch der Epistat der Piytanen
kann somit bei der Oeffnung, Schliessung und Versiegelang
nicht zugegen gewesen sein. Was sollen aber die Worte:
welche wir bei den Lexikographen in grösseren oder geringeren
Variationen lesen, besagen? Streng genommen ist in ihnen
nur enthalten, dass der jeweilige Vorstand der Prytanen, der
Epistat, die Schlüssel der Nachzelle in Aufbewahrung hatte.
Und so haben wir wohl die Worte zu fassen. Der Möglichkeit
dieser Erklärung steht nicht nur nichts im Wege, es stimmen
vielmehr andere Beobachtungen, die wir gemacht haben, voll-
kommen damit überein. Es ist bereits darauf hingewiesen
worden, dass der Rath mit den Prytanen über den heiligen und
profanen Schatz auf der Burg die oberste Controle übte. Anderer-
seits wissen wir, dass es unter den Beamtenkategorien in Athen
nur eine gab, welche beständig einen Ausschuss in Amtsthätig-
keit hatte. Es ist dies wieder die Bule, von der abwechselnd
fünfzig Mitglieder (Prytanen) in einem eigenen Amtslocale,
der Tholos, sich aufhielten. Was ist natürlicher, als dass der
Epistat derselben die Schlüssel zum Opisthodom, wenn sie von
den Schatzmeistern nicht gebraucht wurden, in seinem Bureau der
grösseren Sicherheit wegen Tag und Nacht in Verwahrung hatte.
Wenden wir uns nach dieser kurzen Digression, die aber
doch zur Sache gehört, wieder zu den Hellenotamien zuriic^k.
Es wäre nämlich noch zu bemerken, dass wir aus Inschriften
Atiiiclie FinanxTerwaltiinfr im fftnfteti and Tierten Jahrhaii'^erte. 397
einigen Einblick in das Verliältniss bekommen; in welchem
die Verwalter des Staatsschatzes zu den Schatzmeistern der
Athena und der anderen Götter standen. Bekanntlich zog es das
athenische Volk vor, auch wenn es über sehr bedeutende eigene
Gelder zu verfugen hatte, Ausgaben, welche aus den laufenden
Einnahmen nicht bestritten werden konnten, durch Anleihen,
welche bei den Tempelschätzen gemacht wurden, zu decken
(a. a. O. p. 46). Noch mehr wurden letztere in Mitleidenschaft
gezogen, wenn der Staatsschatz erschöpft war. Abgesehen von
anderen Modalitäten, welche beobachtet werden mussten, wenn
Gelder oder Werthgegenstände, die den Göttern gehörten, zu
Staatszwecken verwendet wurden, wollen wir hier blos darauf
Rücksicht nehmen, in welcher Art und Weise die Uebergabe
dieser Gelder oder Werthgegenstände an den Staat erfolgte.
Zahlreiche Inschriften gewähren darüber Auskunft. Unter
den vielen wähle ich folgende aus: [A6Y)vaTot avi^Xcoaov bd 'Avrt-
^VTC? i^jiYZoq %ai i%i TYJq ßoüXtjq, ^ xpÖTO(; IyP^M-M"
T6ÜS . i;]a[[JL]tat | [lepwv xP^P^öctwv vr^q 'AOrjvata;, nu663(i)po<; 'AXateu;
xa» flTüvdp/ovTSc, oiq (^op{At(l)v 'AptTCiwvo; Ku]Baöevat€|[ü? i-^pa[i.\kdizDe^
TJxpBococi 'EXXtjvcTaiJLiai^, "EpYoxXsi 'ApicisCSou Br^aatet xal ^ujvipyouat,
ifjxi xape^pot^, | ['IspoxXsi 'Ap^earpaTOu 'AöfACvet y,at ouvap/ouc«, ixi ttj«;
- - iloq - - ? xpüTa]vsuo'j(n;? xat t^JA^P« 5eüT|[^a xal etxoort) rfiq
'pAactzioL^ . . . oüTOi Ik ISoaav tci^ ItA tou; oxXtTotYWYJou; toT^ jxeta
AsjjLco^^voüi;. E'[- - - - - dbco§oOva]i tou<; 'EXXTjvOTapita; xal [T|01>?
"opdBpoik; toi? TafjLiai? T>jc] Oeou nu8[oS(i)p<i) *AXai€T x.al §uvap/owiv,
•/.xl Tou; Tajxjta? t^c Oecö xaXtv wapaBou[v|ai to i? 'EXXyjvoTapiCaK; xjai
'ov; i:ap63[poi?. ouToi 81 ISoffov Gxpavfi'^oiq hd 0]paxTf)(;, E'j6uB^[jki)
'Eu3^<|xou. I (Z. 1—9. nr. 180— 183. C. I. A. I.)
Der Sinn dieser Urkunde nach Kirchhoffs eigenen Worten
ist: Demosthenes quominus statim proficisceretur quum mora
esset objecta, jussisse populum pecuniam Hellenotamiis nume-
ratam, ut traderetur Demostheni, reddi Deae quaestoribus;
mox bis esse imperatum, ut eandem pecuniam rursus tra-
derent Hellenotamiis, qui dandam curarent Euthjdemo eiusque
coUegiis (a. a. O.). Wir haben uns also den Vorgang so vor-
zustellen, dasB die Schatzmeister die vom Volke ausgeliehenen
Sommen den Hellenotamien übergaben. Letztere übermittelten
dieselben den bestimmten Cassen oder Personen. Die Formel
dafiir ist, wie die gleich im corpus folgenden Inschriften
39S FellEüT.
zeigen: Ta(i.tat TrapeSoaov 'EXXrjvoTapLtai; oder 'E)^»Y;vcTa|*.{r.;
rapeSoöt).
Man findet aber auch, dass in diesen Rechnungsablagen
der Schatsmeister die Formeln vorkommen: crcpomriYoT; xopeBf^j,
aOXoOexat^ zap£860v), lepoxoioi^ 7cape§66T), Tpttjpixci) .... -irttp&^i^j
(C. I. A. I. 188, 189.) £s fragt sich; wie wir diese Aob-
drücke deuten sollen. Man könnte meinen, dass sie dasselbe,
wie die früher in ihrem vollen Wortlaute erwähnten besagen.
£s liesse sich annehmen, dass die Worte icopa xm ^EkXrjycxiiLm
zu substituiren seien. Dem widerspricht aber die ganze Fassung
dieser Steinurkunden, wie unter anderm zeigt: &k\ ty); 'Avnc/jBo:
brfi6rq^ 'j7puTaveuo69Y]^ SeuTi[pa i^fJL^poc rf^q xpirca]ve£a[;] ^EXXYjvorapia tr.
icizpdBpii), <^iXopLi^[Xci) M] ' apa6(i)v{ci), %a\ cTpomQycp dv T(j> BepfAatb) x^X*?]»
...... (C. I. A. I. 182, 183. d. Z. 17—19! p. 82).
Man muss gerade auf Grund dieser letzteren Worte
schliessen, dass die Tempelschätze in doppelter Weise von den
Schatzmeistern der Oöttin verausgabt wurden, erstens durch
die Vermittlung der Hellenotamien, dann direct an bestimmte
Personen und Behörden selbst. Ersterer Fall war der regel-
mässige und gewöhnliche. Letzterer dürfte nur auf specielle
Anordnung der Volksversammlung, in welcher die Anleihe be-
schlossen wurde, eingetreten sein.
Obwohl bisher nur die Rede war von Anleihen, welche
bei dem Schatze der Athena gemacht wurden, so ist doch eben-
so festzuhalten, dass auch bei den Schatzmeistern der anderen
Götter geborgt wurde, wie aus nr. 273 p. 148 hervorgeht.
Die Gelder, von denen wii- gesprochen haben, sind solche,
welche das Volk bei den Schatzmeistern der Göttin oder der
anderen Götter auslieh. Es wurde aber auch, wie aus Thuky-
dides deutlich genug hervorgeht, der grosse Staatsschatz,
welchen die Hellenotamien zu verwalten hatten, während des
peloponnesischen Krieges vollständig aufgebraucht. Da derselbe
mit den Schätzen der Athena verwahrt wurde, so mussten
die Schatzmeister dieser Göttin bei der Auslieferung von Staats-
geldern betheiligt gewesen sein, wohl nur in der Art und
Weise, dass sie die Nachzelle des Parthenon öffneten und die
Summen den Hellenotamien ausfolgten, welche deren Ver-
rechnung allein zu besorgen hatten. Leider sind von Seite der
Hellenotamien keine Rechnungsablagen vorhanden. Ich bin
Aitiflche Finanz T«TwaUnnsr im fftnfUn uod vierton Jahrhundert«. 399
aber überzeugt, dass in denselben nicht gestanden haben kann,
dass die Schatzmeister der Göttin den Hellenotamien Gelder
überliefert haben, weil ja sonst leicht eine Verwechslung mit den
Recbnungsablagen dieser Schatzmeister selbst möglich gewesen
wäre. Topiiai -rij? 'A0»;vata? dürften hier gar nicht erwähnt worden
sein, sondern es wird geheissen haben: die Hellenotamien
übergaben diesen oder jenen Behörden folgende Gelder.
Es sind überhaupt gar wenig Inschriften vorhanden, in
welchen die Hellenotamien als selbständige Behörde genannt
werden. Dazu gehören die Baurechnungen, aus denen mit Evidenz
geschlossen werden kann, dass die beiden Behörden der Tapiiai
and der IXXaQvoraiJLiai streng zu scheiden sind. Wir lesen in ein
nnd derselben Inschrift, dass Gelder zu einem Bau gegeben
wurden von den Schatzmeistern und von den Hellenotamien —
Xi^ifAfLoca Tcapi TaiAUov und Xi^pLp.aETa ?cap3c IXXyjvotoijk^ov — (C. I. A. I.
304, 309, 310, 312, 315, 316). Ferner ist überliefert, dass die
Hellenotamien zuweilen durch VolksbescUuss angewiesen wurden,
Gelder zur Errichtung von Inschriften oder für Kränze herzu-
geben, wie die Worte darthun: [t^v Je gtJtt^Xyjv aico[Jiia6a>aavTa)[v ot
-wXt^rat iy vf^ ßoujXtj * tovx; Be *EXXTjvoTajji[{a(; Souvat to dp^üptov.]
(C. I. A. I. 59, Z. 34—36.) * Die Kolakreten, welche den dafür
bestimmten Fond in Verwaltung gehabt zu haben scheinen,
werden damals nicht in der Lage gewesen sein, die nöthigen
Smnmen auszuzahlen. In Folge dessen wurde durch Volks-
beschluss ^das Geld direct aus dem Staatsschatz genommen
und die Hellenotamien als die Verwalter desselben angewiesen
es auszufolgen.
Um die Frage über die Competenz der Hellenotamien als
erledigt betrachten zu können, muss noch eine Stelle aus der In-
schrift nr. 32 angeführt werden, in welcher angegeben wird, in
welcher Weise Gelder, die der Staat bei den Tempeln der Götter
schuldete, zurückgezahlt werden sollen. Der Text lautet: oxo-
5t[5]ävai li dncb töv xpiQlJ^öcTwv, ä e? azcSociv scrtv toi? öeoi^ £ijflr,9toix[s]va,
•i Tc Trapa tot^ 'EXXiQVOTaixfat? ovt« vuv xat xoXXa, a wit toütwv
[twv] xpv;|jLiTbw, xal Ta ex t^? 8exöCTrj(;5 exeiSav xpaOt). Z. 4 — 7. Was
soll man nach unsern Ausfährungen zur Erklärung dieser Worte
^ Vgl noch C. I. A. I. 61 und vielleicht Supplement, dazu nr. 71, p. 20. Hier
mag femer noch die Inschrift a. a. O. 116 e, p. 24, genannt sein, in welcher
die Hellenotamien als selbständig auszahlende Behörde aufautreten scheinen.
400 Fellner.
sagen? Mit diesem Geldposten kann doch unmöglich der Staats-
schatz gemeint sein^ welchen die Hellenotamien verwalteten. Es
sind; wie es scheint; Gelder darunter zu verstehen, welche wirklicli
noch in den Händen der Hellenotamien und noch nicht in das
Depositum auf der Burg übergegangen waren. Wir wissen, dass
es öfter vorkam, dass Bundesgenossen den Zahlungstermin an
den grossen Dionysien nicht einhielten. * Solche gerade bei den
Hellenotamien nachgezahlte Gelder kann der VolksbeschluBS im
Auge haben. Andererseits ist es möglich, dass ein Theil des
Phoros, welcher an den Dion jsien einlief, sogleich zur Zahlung
der Schulden an die Götter verwendet wurde. Diese Summen
hatten auch momentan die Hellenotamien bei sich.
Endlich wären noch zwei Finanzämter, die der Apodekten
und Kolakreten, zu besprechen, über welche auch die Inschriften
aufschlussreich sind. Was die Apodekten anbelangt, so hätte
ich nur ganz Weniges zu- Böckhs Auseinandersetzungen hinzu-
zufügen. Daran muss festgehalten werden, dass sie die General-
einnehmer aller Staatsgelder waren; sie hatten keine eigene
Cassa, sondern führten die eingegangenen Summen an die vom
Volke bestimmten Gassen ab. All diese Gelder können sie nur
im Buleuterion in Empfang genommen haben, wie schon Böckh
(Staatsh. 1, p. 245) bemerkt hat und wie indirect aus den Ur-
kunden über das attische Seewesen hervorgeht. Man vergleiche:
'ATO^jjLtov 4>Xueb^ P, vecopfcov iT:ijjL£Xir;T[">};] ItA KaXXt]ji.i^Sou(; apxov»<;, xal
iTcpov, 5 dq ßouXeun^piov y.oreßaXev, 'd co^Xsv ex vq^ ^icttiraiio^ fy
SicSixaaaTo zpbq 9sc<pavir;v ... (X d 95 ff., p. 384). Da die meisten
dieser Inschriften besagen, dass die Aufseher der Werfte den
Apodekten das eingegangene Geld übergaben und man hier
von einer Ablieferung in das Buleuterion liest, so kann bereits
daraus der Schluss gezogen werden, dass die Apodekten im
Buleuterion die Gelder eingehändigt bekamen. Ueber diese
Beamten haben wir vor Euklid keine urkundlichen Belege
erhalten. Sehr häufig aber werden dieselben in den nach-
euklidischen Inschriften, besonders in den Seeurkunden, er-
wähnt (vgl. a. a. O. p. 57). Da ihre Thätigkeit vor und nach
Ol. 94, 2 im Wesentlichen dieselbe geblieben ist, so werden wir
gleich das aus späteren Inschriften Bemerkenswerthe in den
> Vgl. C. I. A. I 38 und 40.
Attisehe FinanxTenraltitnf im fftnftan und Tierten Jahrhiuiderte. 401
Kreis unserer Betrachtung ziehen. Eines der meist besprochenen
Denkmäler in dieser Hinsicht ist die jetzt im C. I. A. II.
nr. 38 verzeichnete Inschrift, welche schon Böckh verwerthet
hat (Staatsh. 1, p. 215). Von Wichtigkeit sind die Zeilen:
{upirat Se TO apY^iov to etpv](jiivov tou^ dnrodexTai; ex Tb)y xoraßaXXo-
jxfivwv xptjpi.d'Rov, dweiSav ta ex twv vifxwv (jt.ep{ffii>ariv Z. 18 ff. Die-
selben im Sinne Böckhs aufgefasst, sind zu deuten, ,da8s die
Apodekten zu bestimmter Zeit aus den eingezahlten Geldern die
Austheilong der gesetzlich zu bestimmten Zwecken angewiesenen
Summen machend In jüngster Zeit wurde von W. HarteP
folgende Erklärung vorgeschlagen: ^Vielmehr werden hier die
Apodekten angewiesen, die Zahlung, nachdem oder für den
F&U, dass sie die gesetzlich bewilligten Summen aufgebracht
haben, ex x(ov xotaßaXXopieviov xpif][AiTü>v zu leisten. Das waren
aber jene Gelder, zu welchen man, wie wir aus Demosthenes,
Rede gegen Timokrates 96. S. 730, 23 wissen, im Falle der Noth
seine Zuflucht nahm: lotiv u(j.Tv x6p(0(; v6(jlo(;, heisst es dort, zohq
•r/cno^ Tot ö' ispa xal Ta Scta XP^H'^'^^ xataßöcXXeiv siq to
^cjAs^TTjpiov. 8ia totvüv TOü vöfjLOü TouTOü 3totx€iTai Toc xotvd • T« Y*P s!q
:i; hxkTida^ xat t«? öucia? xal tyjv ßouX^v xai tou^ hcKiaq xal xlXXa
XfT,{jiaT' avaXiax6[Aev' out6(; teö' 6 vöjao? 6 'iroiwv TcpoaemcopetoOat. oi) y<*P
cTTwv ncovwv Twv Ix Töv TeXb)v xp'>Q{^(«>v t^ Siotxi^aei, xa TCpoaxaTaßXT^lxar'
:vcjiaIJ6jx£va 8ta tbv toü vofAOu to6toü (p6ßov xaTaßfltXXeTai.'
Zum letzteren Punkte der Erklärung Harteis möchte ich im
Vorhinein bemerken, dass es nicht nothwendig ist, unter den Ix
:wv xoToßaXXoiAivcdv xpiQ{AiTu>v der Inschrift unbedingt Gelder zu ver-
stehen, welche im Falle der Noth aufgebracht wurden. Aus
ioBchriftlichen Zeugnissen erhellt, dass der Ausdruck xp^l^aTa xora-
^iXXeiv die gewöhnliche Formel fär das Abliefern der Gelder ist,
wie die Worte touro xorreßotXofjLev diroSIxTai? oder toOto xoreßXT^Oiij
koJ^xTÄK; beweisen (vgl. u. a. Seeurkd. XI b, 15 flF., p. 402 und
XIII d, 170 ff., p. 450). Ferner ist zu berücksichtigen, dass die
Apodekten nicht allein zu Anfang des Jahres Gelder in Empfang
nahmen, sondern dass dies, da die Einkünfte des attischen
Staates so verschiedenartig waren, auch während des Jahres
^schah. Man lese z. B. die Urkunde XIV c, 110 ff., p. 485:
^ Studien über attisches Staatsrecht und Urkunden wesen von W. Hartel,
1878, p. 134, oder Sitzungsberichte der Wiener Akad. d. W., XCI. Bd.
9itnuKBb«r. d. phiL-hist. Cl. XCV. Bd. I. Hfl. 26
402 Pellner.
^ 5vo|xa AeX^i;, 'Eic'y^vou^ Ipyov. oü[to](; xarißaXev eT:i t^^ Se-jt^i;
rpuTOveia; 7:pb<; dn:oSexTa<; Touq ex' *AvtixX^oü^ XP* xat hspo; i[v]
TYj^ xiiATTTT,*; xpüT(xveia(;. Ebenso scheinen die Aufseher der Werfte,
da sie keine eigene Gasse hatten und doch zu verschiedeneD
Zeiten Gelder eingezahlt erhielten, dieselben unmittelbar den
Generaleinnehmern übergeben zu haben (a. a. O. p. 57 and
p. 484 und 485).
Auf alle Fälle ist damit vollkommen sicher gestellt^ dass
die in Inschrift nr. 38 genannten xaiaßaXX^fjisva xpi^piarra nicht
gerade solche gewesen sein müssen, zu denen der Staat im
Falle der Noth seine Zuflucht nahm, sondern es können auch
andere Gelder darunter gedacht werden, die im Laufe des
Jahres eingegangen sind. Und ich glaube, dass wir das wirklich
hier nach dem Inhalt der Inschrift anzimehmen haben. Dem
Phanokritos aus Parion am Hellespont wird eine bereits von den
Feldherren ausgesetzte Belohnung an Geld auch von der Volks-
versammlung zugesprochen, weil, wenn man dessen Aussagen
befolgt hätte,* ein feindliches Geschwader abgefangen worden
wäre. Mit der Auszahlung dieser Summe wird man in Athen
sich nicht beeilt haben. Phanokritos konnte warten, bis wieder
Gelder eingingen, auch wenn dies erst zu Anfang des Jahres
geschehen wäre. So viel über den zweiten Punkt der Erörterungen
von W. Hartel.
In Betreff der Auffassung des citirten Textes scheint
mir die Deutung des letzteren Gelehrten im Ganzen der von
Böckh vorzuziehen zu sein. Der Aorist ixspfeüxjiv ist gewiss
mit dem Perfect zu geben. Nur halte ich dafür, dass der Satz
exeiBav Ta ex twv vöjjlwv (xep{a(i)aty in das Deutsche zu übertragen
wäre: sobald sie die gesetzlich bewilligten Summen
aufgebracht haben, wenn man die von mir gebrachte Er-
klärung der Inschrift acceptirt.
In neuester Zeit ist noch eine weitere Inschrift gefunden
worden, welche in die Competenz der Apodekten einen lehr-
reichen Einblick gewährt. Es ist dies das Ehrendecret
der Söhne des bosporanischen Fürsten Leukon, enthalten ini
» Vgl. Kirchhoff, Abhandl. d. Berl. Akad. 1861, p. 601 ff. nnd SchSfer im
Philolo^s XVII. 1860. 8. 160.
Attiwlie FinsnzTenraUiiiig im finflen and viertAn Jahrhandert«. 403
A^vatov VI. 152. * Hinsichtlich der Geldbeschaffung der da-
selbst decretirten Kränze wird verfugt, Z. 39: rb ^k ap^^ptov SiBovai
Tci; dOXcOirat^ et^ Tob? ore^dvoü^ tbv toO 8i^[jioü TafJiiav ^x twv elq t« xaxa
•ini;9tc{jt^xa Ti7) Si^pui) (jLepiJ^ofjievcuv ' tb 8^ vuv sTvai xapadouvac Touq dcicoB^xia^
TÖ £tc Tou^ ore^dvoix; ix tcüv orpaT'.coTtxcSv ^pYjfjiaTcov. Mit Recht hat
Hartel (a. a. O. p. 134) darauf aufmerksam gemacht, dass wir
es mit einem Borggeschäft zu thun haben. In der Regel
mochte das Geld fiir solche Kränze der TOLiKiaq tou 8i^ijlou aus
dem ihm vom Volke im Anfang des Jahres zugewiesenen Geldern
zahlen. Dafür scheint der Infinitiv des Präsens 3(B6voei zu sprechen,
der Wiederholungen dieses Vorganges bezeugt. Jetzt war aber
die betreffende Casse vollständig erschöpft, es wurde daher den
Apodekten der Auftrag gegeben für den Augenblick die Summe
vorzustrecken — TcapaSouvai einmaliger Act — aus den atpoTcdTtxoe
'f^tlLoeza, Das stimmt mit anderen Ueberlieferungen. Diese cxpa-
TiwTtxa xp^iiLora wurden aus dem Ueberschuss der Verwaltungs-
gelder gebildet. Diese Ueberschüsse wurden aber, wie wir aus
der Zeit von Eubulos' Finanzverwaltung wissen, sehr gern zu
andern Zwecken verwendet. Nur erscheint es merkwürdig, dass
nicht der xa[d(xq tü^v orpoTuoTixiov, der doch die Kriegsgelder über
sich hat, diese Gelder vorstreckt.
Dartiber nun werden wir später eine Aufklärung erhalten.
Das Eine können wir aber doch hier schon festsetzen, dass die
Apodekten erst kurze Zeit früher diese Gelder übernommen
haben werden. Ein ganz ähnlicher Vorgang liegt einer Urkunde
zu Grunde, welche Böckh im dritten Bande der Staatshaushai tung
der Athener erläutert hat. Man hatte in Athen Ol. 113,4 = 325/24
den Beschluss gefasst, die Gründung einer Colonie nahe dem
Ausgang des adriatischen Meeres zu unternehmen. Die Aus-
rüstung der Schiffe wurde sehr beschleunigt. Den Trierarchen,
welche ihre Schiffe zuerst segelfertig gemacht haben, werden
werthvoUe Kränze als Belohnung ausgesetzt. Man liest dann: %a\
r/r;:pei>ai[Tii) 6 xTJJpü^ x^^ ßouXijq [6]ap[-pQXiwv] tw d^Y^vt Tolx; cTe[9avoü;] '
*:^: Ik flhcoS^xa; [Soüva]t Tb dp"(Tjptov xb [et? tou]<; cT5(pavou;. ^ Also
auch hier wurde die Casse des xafAiac; toü Si^|xou, vielleicht bloss
um sie zu schonen, nicht in Anspruch genommen. Die Apo-
» V^L Schfifer, Kh. M. f. Ph. N. F. XXXIH, p. 416 ff.
3 Seearkd. XlVa. 200 ff. p. 464, and Schäfer: Demosth. 3a. p. 272.
26*
404 FttUner.
dekteii; bei denen Geld eingegangen war, massten zahlen. Am
den angeführten Belegen kann weiter gefolgert werden^ daaa es
nicht thunlich ist, die Stellung der Oeneraleinnehmer so aofn-
fassen, als ob dieselben niemals Staatsgelder, selbst nicht einig«
Tage in Verwahrung gehabt hätten. Regel war wohl, dass sie die
Gelder sogleich in Empfang nahmen und nur den einzelnen Gassen
überschrieben. Dabei ist aber anzunehmen, dass bei den Apo-
dekten, oder besser gesagt im Buleuterion Gelder liegen geblieben
sein müssen, für welche im Augenblick noch keine Verwendung
bestimmt war, wie die während des Jahres eingegangenen
Summen. ' Schliesslich hätte ich noch eine Inschrift (C. I. A.
II. 115 b), zu nennen, welche eine nicht zu unterschätzende
Aufhellung über die Stellung der Apodekten gibt. Dem Delier
Peisitheides wird eine Unterstützung gewährt. Das Volk be-
schliesst in Bezug auf die Auszahlung Z. 36 ff. : tbv Ta{&m ir^
$i{(ji^u [ibv aet T]a{Ji[iJe6ovTa 3tS6vai n£tff[(6e{3Y)] SpoxP^V '^i^ "hv^?^ ^
Tu>[v xata i|/T]9t]?fjLaTa avaXioxojJLevcüv [to) Si^i^ü)] * ev B^ tsX^ y5{jis6sT2i[;!
x[ouq xpo^3p]oüq ol Stv icpoeBpeOwotv [xal tov l]7:[tff]TaTr|V zpoovo|Ao6£TT;[w.
TÖ dtpYjupiov t[o]Oto [xepC^eiv t[ou? axo8]^XTas tw TajJtia tsj
Si^{x[ou xaT^t Tb]v evtauTbv SxaaTOv, 6 de T[a[kiaiq on:]oB6TO) ne'.[ci]6E{Sr.
xora [ty;v xpüTja[v£]iav xtX. Wir sehen daraus, dass die Apodekten,
den einzelnen Behörden, welche Cassen haben, hier dem ir^'iz:
TOü Si^fxou, die vom Volke votirten Gelder zu theilen, und weiter,
dass dieses mit Beginn des Jahres geschieht. Dann liefert
diese Inschrift noch einen schönen Beleg dafür, was wobi
schon längst erkannt wurde, dass die Apodekten keine Cassa
zu verwalten hatten.
Ueber das zweite Amt, welches noch zu erörtern ist,
habe ich nur Geringfügiges zu sagen. Abgesehen davon, dass
die Kolakreten den Richtersold auszahlten, erfahren wir aus
den Inschriften, dass sie das Geld für die Aufstellung der
Steinurkunden, welche von Staatswegen erfolgte, herzugeben
hatten: avaypitj^ai Ik to ^,(Piff[jLa ToBe xal töv 5pxov h «m^Xt) XidCvTj xa-
ffT^jcai £|jLTc6Xei tbv Ypa|JLiJLaT^a ':^<; ßoüXt)<; * ol ^k xwATjxal arofAtffÖwffovruv •
ol 81 xa>Xay.p^Tat 86vt(i)v to (ipYuptov.2 Dann wäre die Inschrift
1 Böckh: Staatflh. 1, p. 216. Vgl. dazu C. I. A. II. 181. Frg. b, Z. 6 ff.
3 Vgl. C. I. A. I. nr. 20 und Index dazn, ferner Supplem. nr. 27. p. 9,
yielleicht nr. 71 p. 20, 116 b p. 23 und 116 e p. 24.
Attische FioftnzrerwaltQDg im fftaften and Tiert«n Jahrhunderte. 405
nr. 285 zu nennen^ in welcher von einem opus publicum, un-
bekannt welchem, die Rede ist. Sicher kann ergänzt werden:
erirracrat . . . i:apa xwXoxpeTÖv. Die Casse der Eolakreten wurde
somit vor Euklid in dreifacher Weise gebraucht. Erstens
wurde aus ihr der Sold für die Richter bezahlt. Das war die
grösste Auslage. In zweiter Linie hatten diese Beamten das
Geld für die Aufstellung von gewissen Steininschriften her-
zugeben. Dadurch dürfte die Cassa nicht stark in Mitleiden*
^chaft gezogen worden sein, da nur wenige Urkunden in Stein
aufgestellt wurden, während die Mehrzahl der Volksbeschlüsse
im Metroon, welches als Staatsarchiv diente, aufbewahrt wurde.
Zudem waren auch die Preise, die man den Steinmetzen zahlte,
gering (Hartel a. a. O. p. 141). In welcher Höhe die Gelder,
welche die Kolakreten zu verausgaben hatten, für die Er-
richtung von öffentlichen Bauten verwendet wurden,
kann gar nicht festgestellt werden.
Um nicht das Wenige, was wir von ihnen aus den Zeiten
nach Euklid wissen, später nicht ganz ohne Zusammenhang an-
führen zu müssen, sei h\er kurz bemerkt, dass wir keine Nach-
richten darüber haben, ob aus ihrer Casse weiter der Richtersold
gezahlt wurde und Gelder zu Bauzwecken ausgefolgt wurden.
Nur auf zwei nacheuklidischen Inschriften findet sich die
Formel erhalten: ot 8e zwXiQtai a^rofjLicOwcavtwv • ol B4 xo)Xay.p6Tat
ccvTwv fo dpvupiov. Später besorgt dies der TafJLia^ tou St^ixoü. Der
Kolakreten wird mit keiner Silbe mehr gedacht. Es ist sehr
wahrscheinlich, dass das Amt abgeschafiFt wurde und dessen
Geschäfte von anderen Behörden besorgt wurden.
406 Fellner.
Die vor dem peloponnesischen Kriege sehr günstige finan-
zielle Lage des athenischen Gemeinwesens verschlechterte sich
während des Krieges sehr. Bald war der ganze Baarvorrath.
der auf der Burg niedergelegt war, aufgebraucht. Schon in den
ersten Jahren des Krieges musste den Bürgern eine ciofopä auf-
erlegt werden. Ja man sah sich genöthigt die Tribute der Bundes-
genossen zu verdoppeln. Wohl trat nach dem Frieden des
Nikias eine Wendung zum Besseren ein. Der sicilische Krieg
verschlang aber die frisch gesammelten Schätze neuerdings.
Eine solche Geldklemme entstand, dass man sich beim Aus-
bruch des Krieges in lonien veranlasst fand, den Reservefond
von tausend Talenten, der nur im äussersten Nothfalle ange-
griffen werden sollte, herzunehmen. Jetzt ging es rasch thalab
mit dem attischen Gemeinwesen. In der Stadt selbst fand
eine Verfassungsumwälzung statt, welche zu allem Unglück noch
die oligarchische Partei ans Ruder brachte. Obwohl dieselbe
nur kurze Zeit herrschte, richtete sie viel Unheil an. Die
inneren Wirren der Hauptstadt übten natürlich einen nach-
theiligen Einfluss auf die Flottenmannschaften aus. Der Krieg
der sich sehr in die Länge zog, wurde in leichtsinniger Weis«
gefuhrt, bis endlich die Katastrophe über Athen hereiobrach.
Ungeheure Summen kostete die Erhaltung einer so be
deutenden Kriegsflotte durch so viele Jahre hindurch. Die Pelo-
ponnesier konnten das leicht ertragen, da ihre Flottensoldateo
mit persischem Gold ausgezahlt wurden. In Athen wurde aber
besonders der Krieg zur See der finanzielle Ruin des Staates.
Es half nichts, als man auf kurze Zeit anstatt der von den
Bundesgenossen bezahlten Tribute den Zwanzigstel (sixotty;) vod
der Ausfuhr und Einfuhr zur See in den unterwürfigen Staaten
erhob. Man musste doch schliesslich zu den Maassregeln greifen,
welche schon Perikles als möglich besprochen hatte. Die Aus-
rüstung der Flotte, welche in der Schlacht bei den Arginusen
(Ol. 93. 3 = 406/5 a. Ch.) kämpfte, erforderte solche Summen,
AitiMhe FiB»nsT«rw»]tiin(f im Anften nnd Tierten Jahrhoadsrte. 407
dass man die Werihgegenstände des Pronaos und wahrschein-
lich des Hekatompedon und des Parthenon in die Münze
schicken musste (C I, A. I. 140). *
Athen war zu Ende des Krieges in jeglicher Beziehung
zu Grunde gerichtet. Politisch wurde es von Sparta abhängig,
in Bezug auf die Finanzen lag es ohnehin schon vollkommen
brach. Wie elend es um die Athener damals stehen musste,
gebt daraus hervor, dass ihnen die Lacedämonier, wegen rück-
ständiger 100 Talente, mit Gewalt drohten ; ja es war so weit
gekommen, dass sie nicht einmal zwei Talente, welche ihnen
die Böoter geliehen, zurückerstatten konnten. Sehr richtig ist das
Wort des Lysias, dass die Athener damals von dem kleinsten Staate
isicb nicht unterschieden (pro Agor. §. 47. üxrce (jLiQBev Sia^epeiv
TT,? eXx/iimj^ TcoAEd)^ ttjv ir6Xtv). Unter solchen Verhältnissen wurde
die alte Verfassung wieder ins Leben gerufen. Leider haben
wir über die so merkwürdigen Vorgänge, welche damit ver-
bunden waren, nur unvollständige Nachrichten. Xenophon,
welcher diese Dinge beschrieben, unterlässt es uns darüber
aufzuklären. Er sagt nur am Schlüsse des zweiten Buches:
,äie wählten nun die Behörden und liessen die alte Verfassung
wieder in Kraft treten'.^ Die Redner, welche in dieser Zeit
lebten, wie Andokides und Lysias, geben bloss über gewisse
Veränderungen Auskunft, wie über Gesetzesrevisionen, welche
beantragt wurden. Dass nicht die alte Verfassung in ihrer
Tutalität, wie sie war, mit ihrem Beamtenstatus einfach wieder
hergestellt werden konnte, liegt auf der Hand. Besonders in
Bezug auf die Finanzverfassung müssen jedenfalls Aenderungen
vorgekommen sein. Böckh hat mit Recht betont: ,Die Finanz-
verfassung ist unter Euklid, als die Umstände sich gänzlich
verändert hatten, ganz anders eingerichtet worden^^ Da keine
directe Nachrichten darüber vorliegen, so wollen wir wenigstens
versuchen, durch Combination, wenn möglich, diese Verände-
rungen festzustellen. Vorerst haben wir im Auge zu behalten,
dass der Staatsschatz vollkommen leer und dass der Parthenon
Beiner Werthgegenstände beraubt war, ja dass der Staat sogar
1 Abhandl. der Berl. Akad. 1864, p. 54, und 1876, p. 38.
* XX'. TOie |A£v ofX^^ xaTa9TiJaa[X£vot enoXiTEuovro. |I. 4. 43.
' Boekb, Abhandl. d. Berl. Akad. 1846, p. 366, und Droysen im Hermes IX, 11.
408 PelUer.
Schulden hatte. Weiter haben wir uns zu vergeg^enwärtigen, da&s
die attische Sjmmachie aufgehört hat, dass Athen selbst eine Stadt
geworden war, welche unter der Botmässigkeit Spartas stand.
Tribute wurden nicht mehr eingezahlt. Es war mithin keine Be-
hörde mehr nothwendig, welche dieselben und den Staatsschatz za
verwalten hatte. Die Hellenotamien verschwinden. Sehr wahr-
scheinlich ist es dann, dass im Jahre des Euklid eine Ver-
änderung der Schatzbehörden eingetreten ist, welche die Tempel*
schätze zu verwahren hatten. War doch das Amt der Schatzmeister
der anderen Götter zu einer Zeit gescha£fen worden, als Athen
in finanzieller Hinsicht auf dem Gipfelpunkt seiner Entwicklung
stand. Wozu sollte man jetzt zwei Schatzbehörden im Amte
haben, da die Einkünfte der Götter aufgebraucht waren und
man nur im Pronaos einen Kranz liegen hatte.
Ebenso sonderbar wäre es anzunehmen, dass etwa unter
dem Archontat des Euklides der Vorsteher des Staatsschatzes
— TajjLia^ xriq xotvi)^ wpoaoBou — eingesetzt wurde. Dessen
Wirksamkeit wäre jetzt einfach illusorisch gewesen. Nicht
minder unhaltbar dürfte die Ansicht sein, dass in demselben
Jahre zwei neue Behörden, nämlich die Theoriken Vorsteher
und der Kriegszahlmeister creirt wurden. * Ich kann mir
nicht vorstellen, dass unter solchen Verhältnissen gleich eine
Cassa für Volksvei^ügungen gebildet wurde, oder dass man
schon Ueberschüsse der Verwaltung hatte, um eine Kri^s-
cassa zu errichten. Es ist vielmehr festzuhalten, dass die Athener
unter Euklid diejenigen Stellen abschafften, welche überflüssig
geworden waren und jetzt, wo sie auf ihre Einkünfte allein
angewiesen waren, ernstlich sich bestrebten, den Staatshaushalt
ins Gleichgewicht zu bringen. Man wird daher neue Aemter
erst dann errichtet haben, als der Staat zu prosperiren anfing
und das Volksbewusstsein wieder mächtig wurde.
Zum Lobe des Volkes muss gesagt werden, dass die ge-
drückte Stimmung bald überwunden wurde und dass in kurzer
Zeit ein staunenswerther Aufschwung eintrat. Gross waren eben,
wenn sie weise ausgenützt wurden, die Hilfsquellen in diesem
1 ,Wir sind berechtigt anzunehmen, d&ss durch die euklidische Verfassung
an die Stelle der Hellenotamien zwei neue Stellen, das KriegSBahlmeister-
amt und die Theorikenbehörde, gesetzt wurden^ Böckh Staatsh. 1, p. 246.
Attiicbe Pinanzvenraltang im fflnften und Tiert«n Jahrhnndert«. 409
kleinen Winkel griechischer Erde. Ein schönes Zeugniss
fiir den wieder erwachenden Sinn der Athener liefert der
Umstand, dass man kaum von dem drückenden Elend befreit,
den Qlanz der Feste zu heben beschloss. Es wurde bestimmt,
dass denen, die sich dabei persönlich verdient machten, ehrende
Inschriften gesetzt werden sollten (C. I. Q-. I. nr. 213). Ein
Beweis für den beginnenden Wohlstand ist, dass bereits Ol. 96, 2
unter dem Archon Diophantos die Restauration des Erechtheion,
welches durch Brand Schaden gelitten, beschlossen und aus-
geführt wurde.* Nicht minder spricht dafür, dass man rasch
daran ging, werthvolle Weihgeschenke als Ersatz für die ein-
geschmolzenen im Parthenon aufzustellen.
Sichere Belege darüber liefern die Inschriften. Ich führe
die Präscripte einer solchen mit den Ergänzungen Böckhs an:
TaB& o\ Ta[JL{[a]i tcov iepa)v xp[^l^^^^ "^i^ AOvjva] | iaq xal tojv oXXcov Becov
5t h:\ [Aa)rY3T0(; oipr/p'n]\oq MeiJwv EüwvujjLeu^ 8. Z. oi;
B£pT!/voJ|xo<;9 OhiixXoq £Ypa{A{JLi[T£U£, Tuopaos^aiJLevoi 7;a]|pa Tb>[i. xpoT^pcov
Ta|ji[iü)v Tü)v ItA Hsvaiv^Tou op] | xovto(; . . (Staatsh. d. Ath. 2 b,
XIV. 11). Wenn zwar auf den ersten Anschein hin der Haupt-
sache nach nur Ergänzungen vorkommen, so wird Jedermann,
der sich die von Böckh im Vorbeigehenden näher besprochenen
Inschriften besieht, gern zugeben, dass diese Ergänzungen
sachlich richtig sind. Der Archon Laches ist durch eine frühere
Urkunde bezeugt; [^apaSe^aixevoi izapa tu>v Tupoxepcojv xa{jLi(t>v tu>v
iz\ Ai[x]r|To^ (a. a. O. XFV, 7). Wir können somit schliessen,
dass Ol. 95. 1 oder Ol. 94. 4 werthvolle Weihgeschenke im
Tempel der Göttin auf der Burg sich befanden.
Unter denselben figuriren in der That Ol. 95. 1 = 400/399
in dem Theile des Tempels, welcher Parthenon genannt wurde,
Halsbänder, Kränze, Ohrgehänge, ölzweigähnliche goldene Blätter,
Siegel, Trinkgefässe und Ketten. Merkwürdig ist, dass der Pronaos
nicht mehr als Aufbewahrungsort genannt wird. Hingegen barg
der Hekatompedos bald viel mehr und viel werthvollere Gegen-
Btände, als selbst der Parthenon. Schon Ol. 95. 3 befand sich
dort eine goldene Nike, welche ein Gewicht von beinahe zwei
Talenten hatte. Weihgeschenke, von Athenern und Fremden
gespendet, werden schon in der ersten Zeit nach dem pelo-
^ C. Waehtmuth : Gesch. d. St. Athen p. 678, und Köhler, Hermes II, p. 21.
410 FoUner.
ponnesischen Kriege aufgezählt. Nicht ungesagt mag bleiben,
dass auch der bekannte spartanische Feldherr Lysander der
Göttin einen Kranss spendete.* Beachtenswerthe Aufschlüsse gibt
eine von Kirchho£f (Abhandl. d. Berl. Akad. 1867) edirte lieber*
gabsurkunde der Schatzmeister der Athena vom Jahre Ol. 109.
1 = 344/3 : Volk und Rath werden mit Kränzen von Auswärts
beehrt^ welche sie im Parthenon niederlegen. Aus Samos, auB
dem ChersoneS; Samothrake . . . werden von befreundeten oder
kleruchischen Gemeinden oder von attischen Soldtruppen Kränze
geschickt. Diese verschiedenen Belege zeigen deutlich, dass
man in Athen, kaum dass der unglückliche Krieg vorüber
war, eifrigst Werthgegenstände für die Götter zu sammeln
begann, die bald zu einer ansehnlichen Höhe anwuchsen.
Man wird nicht fehlgehen, wenn man aus den Inschriften
schliesst, dass sehr viele von diesen Gegenständen von reichen
Privaten und von auswärtigen Freunden gespendet wurden; viele
wurden ausserdem aus dem eingezogenen Vermögen der Dreissig
hergestellt, wie Philochoros bei Harpokration unter ^ropL-rräia be-
richtet: TcoiJLTreiotq 8e -reporspov £/po)VT3 ot 'AOyjvoioi toi? ex vfiq cua'a; twv
Tpiaxovia yjxTaaxeuaaOeioiv. Das Wenigste scheint der Staat zur Aus-
schmückung der Heiligthümer beigetragen zu haben. In den ersten
Jahren nach Euklid stellte er, wie die Ueberlieferung lehrt, nur
einmal ein Weihgeschenk auf und auch das unter eigenthümlichen
Umständen : oreq^avo^ öaXXou yjp'JGOüq^ 8v iq Tzok\^ aveOtjxe, xa vtxt;Ti;:ia
Tou xiOapwSou. 2 W^ie dem auch sei, die Thatsache ist vorhanden,
dass sich ziemlich rasch in den heiligen Gelassen des Tempels
der jungfräulichen Göttin Schätze ansammelten.
Diejenigen Weihgegenstände nun, welche im Pronaos,
Hekatompedos und Parthenon waren, und den Metallschatz
der Athena im Opisthodom verwalteten vor Euklid die Schatz-
meister der Göttin; die Schatzmeister der anderen
Götter hatten gleichfalls einen Theil der Nachzelle zu ihrer Ver-
fügung, wo sie die Gelder dieser Götter und gewisse Werth-
gegenstände, wie (piaXai und aiJ^popYj; aufbewahrten. ^ Es entsteht
« Vgl. über das Gesagte: Michaelis: Parthenon p. 291» 296 ff. und Böckh
a. a. O. bes. XII a, (C. I. Gr. nr. 150). Z. lö ff. und Z. 30—32.
2 Böckh a. a. O. XII a, Z. 35, 36.
3 C. I. A. I. Frg. c, 196, 197. Frg. h, 2U6, 207. Frg. i, 208, 209.
Attische FiDJUDXfonraltanflf im fflnftan und Tierten Jahrhunderte. 411
jetzt die Frage, ob die Verwaltung dieser Schätze nach Ruklid
in derselben Weise fortgeführt wurde. In erster Linie ist
aufTillig; dass nach Euklid keine Spur mehr von vierjährigen
Cyklen (al iiv:oLpe<; ap^at) vorkommt, und dass die beiden
Schatzmeisterbehörden vereinigt, wenigstens Ol. 94. 4 — 95. 4
= 401 — 396 als TafJLiai twv lepwv y^pr^ifjhui'f -rij; 'AOYjvaia^ xal twv
aXXu>v Beöiv auftreten. ' Daraus kann fuglich mit einiger Sicherheit
geschlossen werden, dass unter Euklid diese Veränderungen
getroffen wurden. Wie die Hellenotamien aufhöi-ten, weil sie
äberflüssig geworden waren, so wurden auch die SchatzcoUegien
verringert. Man konnte annehmen, dass eines allein die Ver-
waltung zu versehen im Stande wäre, da zwei Collegien, wie
oben angedeutet, der Staat erst benöthigt hatte, als er auf einer
hohen Stufe von Wohlstand sich befand, und da ferner im
Momente die Anzahl der Weihgegenstände im Parthenon sehr
gering gewesen sein wird.
Diese und ähnliche Umstände dürften entscheidend dafür
gewesen sein, dass man an die Stelle von zwei Schatzbehörden,
eine setzte, welche sowohl die Gelder und Werthgegenstände
der Qöttin wie die der anderen Götter in Hinkunft zu verwalten
hatte. Wenn dann später der volle Titel nicht mehr vor-
kommt, sondern die Schatzmeister nur Ta[jLiac tv); OeoO oder -zolilIoh
Tcdv vfi^ 6sou, selbst auf Rechnungsablagen genannt werden, so
können wir daraus nicht schliessen, wie es von Michaelis
(a. a. O.) geschieht, dass die vereinigte Behörde nur eine kurze
Zeit bestanden habe und vielleicht schon seit Ol. 98. 4 = 385/4
wieder die zwei Collegien nebeneinander existirt haben, sondern
es geht daraus hervor, dass man der Bequemlichkeit wegen
zur einfacheren Titulatur zurückkehrte, zumal da die Verwal-
tung der Schätze der Athena die Hauptsache war. Umgekehrt
darf man aus den Beschlüssen, welche zu Gunsten der von
Lysander vertriebenen samischen Volkspartei nach Köhler
Ol. 94. 2 == 403/2 gefasst wurden — und in denen es heisst:
:i 31 Ta[i.{ai Sovrwv tb ap-yupiov oder ol Ss Ta^xiai aapaoxövTwv (C. I.
A. II. 1 b. Z. 24 und Z. 31) — nicht folgern, dass damals die
vereinigte Behörde noch nicht eingeführt war, sondern wir
' Vgl. Böckh: Staatsh. 2. b. XII, XIV, und Michaelis a. a. O. p. 291, der
auch andere inschriftliche Belege bringt.
412 Fallner.
haben vielmehr unter den erwähnten Schatzmeistern die ts|jl{zi
Toiv lepcüv xpv]{jiaTb>v vf^q 'A^vaio^ xat Tciiv oXXcov 6eo»v zu yerstehen,
die, da hier keine officielle Rechnungsablage vorliegt und ein
Missversiändniss unmöglich war, einfach lapitai genannt werden.
Der Gründe, welche dazu drängen, auch fUr später an einem
Colleg festzuhalten, sind mehrere. Es werden die verschie-
densten Werthgegenstände selbst aus späteren Jahren erwähnt;^
welche der Artemis von Brauron gehören und vorzüglich im
Hekatompedos niedergelegt waren. Noch Ol. 106. 4 =: 3d3/'2
kommt zu den Schätzen der Artemis im Tempel der Athena
neuerdings ein Zuwachs. xiS' ex tou Afr/aiou veib zape$[u)]x£v t;
Up€i[a] TOt[q] £wtffTaxa[i?j to|T; ejirl 0o[üSJi5[ji.]ou dUpjrovTO^ [tlq] ibv
na[p6£vu>]va . . . .^ Wenn dann goldene Schalen der anderen
Oötter in der Uebergabsurkunde des Parthenon von Ol. 109. 1
genannt werden: n) Z. 58 — 60. [»liXat . . .]i x[p]'J^« "töv dtA>uüv
Oewv, I [«Youaat otoÖjjlov, c iTZf^t>(]p<xTnon ixi xat^ ft[a]Xa? ![•••] ^^^
o) Z. 60 — 61. [^tiXr) xP'jJo^ töv aXXuiv Oewv (KirchhoflF a. a. 0.),
und Inschriften von Weihgegenständen der Demeter und
Aphrodite auf der Burg reden , •* so geht aus all dem zur
Genüge hervor, dass nicht allein in den ersten Jahren
nach Euklid, sondern viel später die Schätze der verschiedenen
anderen Götter nicht von einem eigenen Colleg verwaltet
wurden, sondern vielmehr von den Schatzmeistern der Athens,
weil diese Werthgegenstände sonst nicht im Hekatompedos
oder Parthenon sich hätten befinden können.
Wir haben ausserdem aus der Ijkurgischen Zeit eine
Urkunde erhalten, in welcher die lafAtai t(ov ifXXcov Oeäv sicher
genannt worden sein müssten, wenn sie in der damaligen
Zeit vorhanden gewesen wären. Es ist die Inschrift C. I. A. II.
nr. 163, in welcher Bestimmungen über die feierlichen Ab-
haltungen der jährlichen Panathenäen getroffen werden. Man
liest Z. 7 ff.: ejtJ/v^^ioOai tu Sv^txci), xa {xev oXXa xa6a{[?:ep vfi ßouXfi«
Ö]u6{v 8e Tolx; lepoxotou(; xa? jjlsv 8uo | [Ouata«; -njv ts tjj] *AOr,va Tji
TYtsia xat ttjv ev tw ap [ ;x6vyjv xa6a?;ep ^pcrspsv
x«l veijjLavT , [a^ idiq wpüTfllvJsutv x^vts jjiepiSa? xal toi§ svvea d^ -
1 Vgl. Michaelis a. a. O. p. 307 ff.
3 Ich gebe den Text nach Michaelifl a. a. O. p, 309, der die Sammelwerke
anfahrt.
3 Vgl. Michaelis a. a. O. p. 369 und Ephem. 4040.
Attisch« FiDaazrtnraUnng im f&afton und vierton Jahrhundert«. 413
[xoufftv ] xal ta^Llonq xf^ Oeou fiCov xal toi^ l£p{[oicotoi^ [Jiiav]
xat Töiq ot[pGfr]T;7oTq xat tot? Ta5iapxi[®^ **' "^J^^? TrojAic[€ua]iv
T9i; 'AOYjvaiotq xat Ta,[T^ xavr^^öpoc]^ yiaxä (t3c) eifa>[66xaj, la 8^ diXXa
xpia *AOiQva(o|[i(; {ji.epiXetv '. Bei der Aufzählung der Würdenträger^
welche Theile vom Opferfleisch bekommen, konnten unmöglich
die Schatzmeister der anderen Götter, welche an Rang den
Schatzmeistern der Göttin gleich waren, ungenannt bleiben.
Es ist diese Inschrift mithin als ein Beweis anzusehen, dass
es TaiAiat toSv (£XXtt>v Oeoiv nach Euklid nicht gab. Zuletzt haben
wir noch die Inschrift C. I. Ä. II. nr. 162 zu besprechen,
welche, wie sie ergänzt worden ist, gegen die obige Auffassung
zeugen könnte. Die 23. Zeile derselben (Frg. c) ist überliefert:
1 C . STQNeEQNTOAPrrPION »
Köhler liest:
xoü^ Ta[JL{a^ "cjopj]? twv 6eöv? Tb dpY'>^ptov.
Zu beachten ist, dass dem bedeutenden Epigraphiker seine
Ergänzung selbst nicht recht zuverlässig erscheint. Ferner
muBB bemerkt werden, dass der Sinn des Fragmentes, von
welchem man nur im Allgemeinen annehmen kann, dass es
über die Regelung der Feste und Opfer handelt, nicht noth-
wendig auf die Ergänzung — Ta^xtai t^? Oeou — hinführt. Wir
müssen uns bescheiden, diese Worte der sehr corrupten In-
schrift nicht einmal annähernd klar stellen zu können. Die-
selben werden daher nicht unter den Beweisen fungiren können,
dass zu Lykurgs Zeit zoLidai tü)v Oeu)v bestanden haben.
In Betreff der Competenz der Schatzmeister nach Euklid
bleibt schliesslich noch Einiges zu erörtern. Dass sie eben-
falls, wie die voreuklidischen Beamten, die heiligen Schätze
zu verwalten und darüber Rechenschaft abzulegen gehabt, geht
aus den Uebergabsurkunden, welche überliefert sind, hervor. Nur
das bleibt auffallig, dass in allen diesen Inschriften lediglich
von der Uebergabe von Werthgegenständen der Athena oder der
anderen Götter die Rede ist und sich keine Rechnungsablagen
vorfinden über Summen, welche dem Demos von Seite der
Schatzmeister geliehen wurden. Denn wenn auch das Tempel-
vermögen im peloponnesischen Kriege vollkommen zu Grunde
' Leider war es nicht möglich die Buchstahen in der Form wiederzugeben,
wie sie im corpus I. A. stehen.
414 Fellner.
gegangen war, so steht doch fest, dass sich wieder ein neues
ansammelte, denn nach wie vor fielen dem Herkommen gemäss
gewisse Bussgelder den Göttern anheim. So bekam der Schatz
der Polias ein Zehntel der confiscirten Güter, an ihn oder an den
der Nike kam der Zehnte der Kriegsbeute und in den Schatz
der Artemis Agrotera floss die Bsxott] dvSponc6§a>v. Dann hatten die
Tempel Ländereien, welche verpachtet waren. Die Pachtgelder
wurden in die betreffenden Tempelcassen abgeliefert. Daraus
ergibt sich, dass sich allmälig im vierten Jahrhundert wieder ein
Tempelschatz gebildet haben dürfte. Stark kann derselbe zwar
nicht angewachsen sein. Der Zehnte der Kriegsbeute und die
SeKixT) ocvSpoTCoBcov werden keine erheblichen Summen abgeworfen
haben, ebenso können wir annehmen, dass gar keine oder wenig
Gelder aus den Pachterträgnissen der auswärtigen Besitzungen
eingingen. ^ Ausserdem werden die Götterfeste, deren frühere
Pracht hergestellt wurde, sicherlich einen grossen Theil der
Tempeleinnahmen verschlungen haben. Es Hesse sich mithin
gerade verständlich machen, warum wir nicht zahlreiche Ur-
kunden aus dieser Zeit haben können, in welchen die von den
Göttern dem Staate geliehenen Gelder verzeichnet sind. Ein
Erklärungsgrund für das einstweilige gänzliche Fehlen der-
selben kann aber doch nur darin liegen, dass noch nicht alle
inschriftlichen Denkmäler aufgefunden sind.
Wenn auch derlei Inschriften nicht vorhanden sind, so
können wir doch andere anführen, die über die singulären Leih-
geschäfte, welche zwischen dem Staate und den Schatzmeistern
der Göttin abgeschlossen wurden, Aufschluss geben. Gleich aus
dem oben angeführten Decret zu Gunsten der von Lysander
vertriebenen Samier erfahren wir, dass die vereinigte Schatz-
behörde der Göttin und der Götter eine Ehrengabe von
500 Drachmen auszahlt und das Geld für die Anschaffung
eines Kranzes und die Aufstellung der Beschlüsse hergibt.
Leicht zu begreifen ist, dass damals der Staat nicht in der
Lage war, das Geld aus seinem eigenen Säckel zu geben.
Deshalb können in dieser Inschrift nicht die Kolakreten als
zahlende Behörde genannt sein. Die Schatzmeister werden
schon wieder einiges Geld gehabt haben und streckten nun
1 Kirchhoff, Abhandl. d. Berl. Akad. 1876 p. 28 und 52.
Attische FinaaiTerwaltnnflf im fBnft«n und rierten Jahrhunderte. 415
dasselbe dem Staate vor. Wir haben also hier entschieden an
ein Leihgeschäft zu denken. * Immerhin bleibt es merkwürdige
dass in dieser unglückseligen Zeit vom Volke aus Liberalität
so bedeutende Summen gespendet wurden, die mit dem sonstigen
Elend gar seltsam contrastiren. Eine zweite Inschrift, nr. 37,
welche bereits nach dem Jahre 378 fällt und die nach Köhlers
sicherer Ergänzung die Worte bringt: ib ^k ap-^pwv Bövrwv ol
Toiiiai Twv TTJq 6£oü sww« Bpoxi^^ möchte ich ähnlich auffassen.^
Dann haben wir noch weitere Inschriften (nr. 17, 44, 84, 86),
in welchen auch gesagt wird, dass die Schatzmeister der Göttin
Geld hergeben, aber mit dem Zusätze : ex tcov Sixa TaXavTcov. Die
bekannteste darunter ist die Bundesurkunde aus dem Archontat
des Nausinikos.
Die einschlägige Stelle lautet (nr. 17, Z. 66 ff.): xb U ap[YOjpiov
ccav« £t? TYjv dvoYpaptjv ttj«; (ru[i^Xt;]<; ^^^xovra ^payj^f; ^it twv M%a
TaA[iv]'cii)v Touq Ta[jL(fl^ ttj«; Oeou. Die anderen drei Inschriften ent-
halten Proxeniedecrete mit derselben Formel. Es drängt sich
zuerst die Frage auf, ob die betreffenden Worte den Sinn
haben, dass aus dem Schatze der Göttin geborgt wurde, wie
wir es bei Besprechung der früheren Decrete angenommen
haben. Der Ausdruck ex xtov B6ca TaXdvrcov scheint mir dagegen
zu sprechen. Von demselben ist anzunehmen, dass er auf einen
bestimmten Budgettitel hinweist. Eine schöne Vermuthung
Harteis (a. a. O.), der ich vollkommen beistimme, ist, dass
die zehn Talente einen durch die ei(jq;opat der Metöken Jahr für
Jahr zusammengebrachten Einnahmeposten bildeten.
Wenn derselbe Gelehrte aber dann ausführt, dass die
Ta^isi Ttaiv TTJ^ Oftou hier nicht sowohl zu zahlen, als zu borgen
hatten, weil die dem TafjLia^ tou 3i^|aou ausgeworfenen Gelder —
dieser bestritt sonst die in diesen Inschriften angegebenen Aus-
lagen — aufgebraucht waren, und dass wir es also mit Anlehen
im Kleinen nach dem Muster jener grossen Anlehen des fünften
Jahrhunderts zu thun haben, so kann ich nicht vollkommen bei-
stimmen. Eine Stelle, welche von Hartel mit Recht angeführt
wird, um den Beweis zu verstärken, dass wir unter den ,B£x<z
■:f/.x/ra' eine 6ta<popa der Metöken zu verstehen haben, scheint
> Vgl. Hartel a. a. O. p. 131 ff.
* Eben«) C. I. A. II. nr. 43 und nr. 114 B. Z, 7—9.
416 P«Iln«r.
g^egen obbesagte Auffassung zu sprechen: {ji^Totxo; 8i sottv, bünxf
Tt(; 6lt:o ^evrj«; eXOcov evotxij tyj «ÄÖXet, x^Xo; teXöv et? a^oxeTaYH^sva;
Tivi<; xpet«<; "f^? w6Xew; (Aristoph. Byz. bei Boissonade Hero-
dian. Epimer. S. 287). Aus derselben ergibt sich, dass die
Gelder, welche die Metöken zahlten, fbr die Bedürfnisse des
Staates dienten, also Staatsgelder waren. Dieselben brauchte der
Staat von den Schatzmeistern der Göttin nicht auszuleihen,
da sie sein Eigenthum waren. Das zeigt uns, dass unter der
Obhut dieser Schatzmeister sich wie früher sowohl der Schati
der Götter als etwaige Staatsgelder befanden. Summen aus
dem ersteren konnten dieselben nur ausleihen, die Staatsgelder
aber, da sie bei ihnen bloss deponirt waren, durften sie nur auf
Volksbeschluss ausfolgen. Für unsere Betrachtung gewinnen
wir als Resultat, dass in den Inschriften, in welchen die Schatz-
meister ix Tb>v 3exa xaXovtiüv Geld hergeben, sie dies in der
Eigenschaft als Verwahrer von Staatsgeldem thun. Von einem
,Anlehen' dürfen wir wohl absehen.
Ausser den Urkunden, welche Köhler in der attischen In-
schriftensammlung edirt hat, haben wir durch Böckh in den See-
Urkunden eine Inschrift erläutert, in der lafiCat twv t^? Bew vor-
kommen. Es ist dies die bereits angeführte Urkunde nr. XIV a,
p. 464, welche aus Ol. 113. 4 stammt und über die Gründung
einer Colonie am adriatischen Meere handelt Man liest Z. 220ff.:
Tov [8J6 {jLicOcv 3t86vai xoT? Jixaongpioi^ toü^ Tafji{[a]^ twv t^ SscO
xocTiz TOV [v6](jLov. Zur Aufklärung möge dienen, dass nach dem-
selben Psephisma fQr den Fall, als Trierachen eine Entschuldi-
gung wegen der zu leistenden Trierachie einlegen wollen, ein
Gerichtshof eingesetzt wird, welcher darüber die Entscheidung
zu fällen hat. Den Vorsitz führt der für die Symmorien ge-
wählte Strateg. Gericht selbst soll den 2. und 5. Munjchion
gehalten werden. Am 10. Munychion müssen die Trierachen die
Schiffe fertig gemacht haben. Die Richter erhalten ihren Sold von
den Schatzmeistern der Göttin xaxa tcv v6|aov ausbezahlt. Es ist
das, wie Böckh erkannt hat, das Gesetz des Diphilos {eiq fiXacxiiv
T^q x^P^^)- I^h führe zum Verständnisse des Vorgangs dessen
eigene Worte an: ,Für die dahin gehörigen Fälle waren aber
besondere Bestimmungen gemacht, welche sich namentlich auf
Geldbezahlung bezogen, und zwar nicht durch Volksbeschluss,
sondern durch ein Gesetz; wahrscheinlich enthielt dieses Gesetz
Attische Finanzverwaltang im fünften nnd vierten Jahrhunderte. 417
die Bestimmung^ dass fiir die auf diese Fälle bezüglichen
Berichte der Richtersold von den Schatzmeistern der Göttin
bezahlt werden soll' (a. a. O. p. 210). Daraus scheint nicht
mit Bestimmtheit entnommen werden zu können, ob die Schatz-
meister hier mit Geldern der Göttin oder mit Staatsgeldern
zahlen. Ich halte dafür, dass wir an den ersten Fall zu denken
haben, deswegen weil der Budgettitel nicht angegeben ist. Es ist
nicht einmal nöthig anzunehmen, dass die Staatscassa damals leer
war. In Athen liebte man es heilige Gelder zu verwenden, auch
wenn der Staat nicht in Noth war. ^ Endlich gehört hieher noch
ein Decret der lw:ei<; aus dem Jahre 300 (Ol. 120. 1), in welchem*
den Schatzmeistern Kränze zuerkannt werden: e'jretS^ cl Ta{jL[(a:
Töijv xf|^ 6€ou ol iiA *HYSjJLi[xoü dip^Jovro«; eirefxeX^ÖTiffotv [ixeidt tJäv
'.7n:2p7a)v 5xü><; äv ol [tTir]e[t]? tov ts atTOv xo|JLioci)v[Tai Trjapa tou Bi^jaou
::v d(^£iX[6jjievcv] auToT[(;] (C. I. A. II, nr. 612). In dieser bedrängten
Zeit konnten höchst wahrscheinlich nur Gelder, welche bei
den Tempeln eingingen, zur Verwendung kommen. Man
hat daher an eine Anleihe zu denken.
Zur Auffassung der Stellung der Schatzmeister könnten
noch Inschriften dienen, die zum Theile erst kürzlich gefunden,
von Köhler in den Mittheilungen des deutschen archäologischen
Instituts in Athen eingehend behandelt werden (3. Jahrgang).
Auf Seite 173 sind folgende Worte einer bisher unedirten üeber-
gabdurkunde der Schatzmeister der Athene beachtenswerth : [- -
«»-ptai apJYUpai Tpet^, äq STCoti^aavro TaJjjLiat ol iiA 'A[pxiin:ou(ip5(6vToq]
h Tuv ^laXcov Tb>v e^sXeuOepjixoJv , äq Aeofjie
£i:5i[T,]a£v. Es sind das silberne Hydrien, welche die Schatz-
meister aus dem Material silberner Schalen hatten anfertigen
lassen. Ob dieselben eigenmächtig solche Umschmelzungen
vornehmen konnten oder ob dazu ein Volksbeschluss noth-
wendig war, ist nicht gesagt. Da diese Inschrift der nach-
lykargischen Zeit angehört, so kann man vielleicht annehmen,
dass bei Gelegenheit der Reorganisirung des heiligen Schatz-
wesens durch Lykurg, auch über diesen Punkt Bestimmungen
fiir die Zukunft getro£fen wurden.
* Ans dieser Urkunde darf man aber nicht schliessen , dass die
Scbatzmeister der Göttin nach Euklid überhaupt den Richtersold aas-
saUteo.
Sitiwig»b«r. d. pkil.-hi»t. Cl. XCV. Bd. I. Hft. 27
418 Fellner.
Von BODBtigen Inschriften^ in denen der TOfuat r^c OesO ge-
dacht wird, hätte ich vornehmlich die oft erörterte Urkuude
betreffs der Inventarisirung der Chalkothek zu nennen, in welcher
verordnet wird, dass dabei ausser den Militärbehörden, die Schatz-
meister der Göttin zugegen sein müssen (C. I. A. II, Gl). Warum
letzteres der Fall war, wird schon von Kirchhoff* dargethan.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes dürften die neu-
gefundenen Bruchstücke zur Inschrift nr. G4 des IL Bandes
der attischen Urkunden dienen. Diese Fragmente wurden von
Köhler ^ in ausführlicher Weise im Zusammenhang mit dem
früher aufgefundenen Theil der Inschrift erläutert. Von Be-
lang sind die Zeilen 39, 40: [t^]v 5s ct[>jJX[tjv ttjJv xpb[? 'A]X[shjv-
8[p]ov [xa]ö[6jX[6]Iv [t|ou(; fTa[JLia](; tyj; Beou T[t)v ^j£p[i tyj]; [cjuiipiaxi^v
Es wird angeordnet, dass die Stele mit dem mit Alexander
von Pherä abgeschlossenen Vertrag vernichtet werden soll.
Folgende erklärende Worte werden von dem Editor hinzu-
gefiigt: ,Die Säule stand auf der Burg, daher werden die
Schatzmeister der Athene mit der Ausführung des Beschlusses
beauftragt^ Es scheint somit alles, was auf der Burg war, unter
der Obhut der Schatzmeister der Göttin gestanden zu haben.
Deshalb mussten sie bei der Inventarisirung der Chalkothek
zugegen sein, deshalb konnten auch sie nur eine Stele, welche
auf dem der jungfräulichen Göttin heiligen Kaume stand, ver-
nichten lassen.
Von den Schatzmeistern hinweg wenden wir uns zu einer
neuen Behörde, die in Folge der Verfassungsumänderungen
unter dem Arclion Euklides ins Leben getreten sein soll. £s
ist dies die Theorikenbehörde. Die Benennung derselben ist
schwankend, wie ein Blick in Böckhs Staatshaushaltung (1. 2ii)
zeigt. Am häufigsten kommt der Name: o\ iid tc OEcupixbv if;pi;-
[khoi vor. Dass wir davon abzugehen haben, dass diese Be-
amtung unter Euklid geschaffen wurde, ist oben schon aus-
geführt worden. Vielleicht gelingt es aber doch, den Zeitpunkt
wahrscheinlich machen zu können, wann die Creirung dieser
Behörde vor sich ging. Zu dem Zweck wird es nothwendig
sein, vorerst das Wesen des Amtes zu erwägen.
1 PhilologUB XV, p. 405.
3 Mittheil, des archäolog. lustituts in Athen II, p. 291.
Attiiche FinansTenraltang im fOnften und vierten Jahrhunderte. 419
In Perikles Zeit zeigt sich das lebhafte Bestreben, es
dahin zu bringen, dass alle Athener an den Leiden und
Freuden des Staates innigen Antheil nehmen. Gross und
gewaltig stand damals die athenische Bürgerschaft da. Ihre
Führer waren bestrebt, diese Macht des Staates zur An-
schauung zu bringen. Daher führten sie die mächtigen, von
ganz Griechenland angestaunten Bauten auf, daher auch be-
gingen sie die Götterfeste — da immer viele Fremde in Athen
weilten — mit einer früher nie gesehenen Pracht. Den ärmeren
Bürgern wäre es bei der Menge der Feste schwer gefallen an
allen Vergnügungen, die der Staat damit verband, theilnehmen
zu können, wie z. B. an den Schauspielen, für die ein Eintritts-
geld gezahlt werden musste. Von Staatswegen wurden daher den
ärmeren Leuten Festgelder ausgezahlt, damit dieselben sich
mit den Reichen zugleich freuen konnten. Dieser Vorgang ist
vor Euklid unter dem Namen der Diobelie überliefert (elq tyjv
-yo^EXix/ ^S63r,)J Nach dem peloponnesischen Kriege konnte
bei der schlechten finanziellen Lage des Staates von einer
Diobelie nicht die Rede sein. Nachdem sich aber der Staat
wieder etwas erholt hatte, drängten die leichtlebigen Athener
sf» lange, bis endlich die Festgelder wieder eingefuhi-t wurden,
Demagogen gab es genug, welche das Volk dadurch
für sich zu gewinnen suchten. Der Zeitpunkt, wann dieses
u" >chah, läsat sich ziemlich annähernd bestimmen. Harpokration
sas^t unter Oswpiy.a: Oecoptxic -j^v Tiva Iv xcivtj> /pT^iJLara otTcc Toiv t^^
"Sk'Jo^ ::po<7iBu)v Gruv(r;6[X£va' Tauta $£ TupsTspov jxsv si^ Tic tou T:oki\t.o\j
'/}V2z ssuXoTTSTO xal exocXsTw arpaTiwTixa, üaispsv ck y,aTcT(6sT0 et?
'i'.iz, ^TiiLGciaq xaTaaxEua? xat 8iavö|xa(;, wv irpöTo? ffp^o^xo ^-^d^^'.oq.
Von einem Manne, der diesen Namen führt, wissen wir aber,
«iass er einer der bedeutendsten und angesehensten Volksmänner
nach dem peloponnesischen Kriege war, dass er möglicher
Weise den Ekklesiastensold eingeführt und wenn schon das
nicht, so sicherlich auf drei Obolen gebracht hat. Böckh hat
:'ioh mit Recht dafür entschieden, dass auch bei Harpokration
im Artikel Theorika derselbe Argyrrhios gemeint sei (a. a. O.
p. 315). Wenn weiter Zenobius berichtet, III, 27: SpayjxYj x^Xa-
jüTa — i%\ AioodvTO'j tc OswpTjTixbv (1. Oewpixov) i'^t^e'zc ^p(x/j^i\^ IxstSr)
• C. 1. A. I, 188, 189.
2V
420 Fellner.
geht daraus hervor^ dass unter dem Archon Diophaatos (Ol. ^6.
2 = 395) die Volksspendeu schon wieder eingeführt waren. Wir
werden wohl nicht fehl gehen, wenn wir aus derselben Stelle
folgern, dass die Auszahlung der Belustigungsgelder zu Anfang
von Ol. 96. 2 oder zu Ende des vorhergehenden Jahres beschlosden
wurde. Damals kam auch officiell der Name Osü>ptv.a für Dio-
belie auf.
Gleichfalls wäre darauf hinzuweisen, dass es früher nicht
eine eigene Casse gab, aus der die Belustigungsgelder gezahlt
wurden, sondern dass sie aus dem Staatsschatz entnommen
wurden und von den Hellenotamien zur Vertheilung kamen. Nur
im Falle der Noth wurden sie aus dem Schatze der Athena ent-
lehnt. Aber auch da geht die Vertheilung durch die Helleno-
tamien vor sich.^ Später um Ol. 96. 2 konnte natürlich tod
Ueberschüssen der Verwaltimg, welche für die 6c(i>pixa verwendet
wurden, nicht gesprochen werden, sondern dieselben mussten aas
den laufenden Staatseinnahmen genommen werden. Dann als
die finanziellen Verhältnisse sich zeitweise wieder besserten und
unter Eubulos Athen zu einer scheinbaren Nachblüthe kam, da
wurden in grösserem Massstabe f)£0)ptxa an das Volk ausgezahlt;
ja sogar in so übertriebener Weise, dass dadurch das Staatswesen
sichtlich Schaden litt."^ Die Vertheilung dieser Gelder und die
Verwaltung der neu errichteten Theorikencasse konnten selbst-
verständlich nach Euklid die Hellenotamien nicht mehr besorgen,
es musste dafür ein neues Amt gegründet werden. Das sind
eben die ol iiri tc Ö£0)ptxbv x£/eipoTC»«;}jL£voi. Sie scheinen zehn
an der Zahl gewesen zu sein. Dass nun dieses Amt erst noth-
wendig ward, als unter dem Archon Diophantos oder im Jahre
früher Agyrrhios die Wiederaufnahme der Auszahlung von
Volksspenden beantragte und durchsetzte, scheint mir sicher
zu stehen. Die Errichtung dieser Behörde wird nicht früher
geschehen sein, bevor nicht Festgelder zur Austheilung kamen.
Die Einführung der Theorika und die Einsetzung einer Behörde,
welche sie zu verwalten und zu vertheilen hatte, dürfte sogar in
> Würz (1878): De ecclesiastica mercede p. 21, 31.
2 Kirchhoff (Abhdlg. der Berl. Akad. 1876) p. 40.
' A. Schäfer: Demosthenes tind seine Zeit. 1. 181.
Attische FinanzTerwaltnnfif im f1inft«n und rierten Jahrhunderte. 421
ein und derselben Volksversammlung^ beschlossen worden sein,
a;erade so wie einst in einer Volksversammlung die Benützung
des Opisthodom als Schatzlocal tiir alle Götterschätze und die
Aufstellung von zx[jJ.oli luiv di)vX(ov Osöv festgesetzt wurde.
Gleichzeitig mit den Theorikenvorstehern soll in der
euklidischen Verfassung dem taixia«;. -röv cTpaTiwTtxtov ein Platz
eingeräumt worden sein. Der Kriegsschatz wurde gebildet aus
den Tributen, dem Ueberschuss der Verwaltung (xit Trspiovra
/pT;putT3t ty;^ BiotÄii^ffcü); cTvai arparitoTixa Rede gegen Neära, s. 1346, 4)
und der Vermögenssteuer (sicr^opa).* Tribute fallen nach Euklid
überhaupt weg, auch von Ueberschussgeldern der Verwaltung
und einer th^opk konnte damals nicht die Rede sein. Es klingt
unwahrscheinlich, dass man in jener Zeit, wo der Staat so sehr
des Friedens bedürftig war und wo gar keine Nothwendigkeit
dazu vorlag, die Kriegszahlmeisterstelle errichtet habe. An-
fänglich hielt ich es für wahrscheinlich, dass dieselbe im Jahre
des Xausinikos ins Leben trat, in einer Zeit, wo der Staat wieder
neu aufzublühen begann. Das lassen aber die bereits genannten
Worte der Inschrift (Athenaeon VI. 152) nicht zu: to Be vOv stvat
-ipacojvat TO'j; OTroSr/.ia^ xb ci; ttoj^ Tcx^ivou^ iv, tcov crpaTuoTixtuv xp^-
.i.a-u)v, aus welchen Arnold Schäfer*^ mit gutem Grunde schliesst,
daüs in dem Jahre der Ausstellung dieser Urkunde (Ol. 108. 2
— 347) das Amt eines Ta;x{a? twv axpaTtwTiy^ov noch nicht be-
^taDden habe. Demosthenes* Reden scheinen damit übereinzu-
j^timmen, in welchen oft genug Gelder genannt werden, die man
zu r:p3[T!(i)Tixi xpKJiJLara verwenden soll.^ Nie aber findet man nur
^ine leise Bezugnahme auf den ßeamten, welcher der Kriegs-
easse vorstand. Bei Erklärung derselben Inschrift gibt Schäfer
an, dass Georg Löschke der Erste war, welcher Böckhs Ansicht
über das Einsetzungsjahr des Kriogszahlmeisters als irrig er-
kannt und wahrgenommen hat, dass das Amt erst Ol. 110. 3
= 338 mit Beginn von Lykurgs Finanzverwaltung geschaffen
und seitdem beständig beibehalten wurde. Ich muss gestehen,
dass diese Anschauung Löschke's sehr viel für sich hat. Ist
ja doch der früheste inschriftliche Beleg über die Thätigkeit
' Vgl Böckh Ä. a. O. 1. 246.
' Rh. M. XXXIII, p. 431.
' Z. B. Olynth. Reden 1. 19 und 3. 10.
422 FelUer
eines KriegszahlmeiBters aug der Zeit Lykurgs erhalten. Damals
wurde, wie ich unten weiter ausführen werde, eine commissa-
rische Behörde eingesetzt, welcher die Ordnung der heiligen
Schätze oblag. Diese bezieht (Ol. 111, 3 = 334) auB den
vom -zol^lIou; (rcpaii(i>Tixä>v verwalteten Staatsüberschüssen Gelder
für Niken und Festgeräthschaften (eiq la; v{[xa?] xai t« T:[opL]7:sIiy
Ausserdem weiss man, dass Kallias, Sohn des Habron, ein
Schwager Lykurgs Ol. 110. 3 := 338 Kriegszahlmeister war.^ In
späterer Zeit, nach dem Jahre 300, als gewichtige Veränderungen
in der athenischen Staatsverfassung stattfanden, wird der tsi^iz:
9Tp(rct(ji)TiKa>v weit häufiger genannt. Das Amt hatte damals an An-
sehen unstreitig sehr zugenommen und auch Veränderungen in
seiner Competenz erfahren. Wie Hartel sehr wahr betont, ist der
Kriegszahlmeister jetzt eine oberste Verwaltungsbehörde geworden.
Das geht in erster Linie aus der Inschrift nr. 327 (C. I. A. II
hervor: si^ Ik tt;v avaYpa^r^v [xa: xtjv avaOsJtTtv tt^c arrjXr,; \)s^.zi'.
Tov Ta;jLiav [twv aTpariwjTixwv xal to'j^ It:! tsT SiotÄi^'s». to y^[^^H^-^^'
dviXwJ'jJia.^ Aus den Inschriften, welche im Corpus vorhergehen,
ersieht man, dass die oberste Verwaltungsbehörde, welche zu
jener Zeit bestand, ol ii:\ t^ otoixT^ffsi genannt wurde und die
Kosten für derlei Auslagen bestritt. In unserer Urkunde aber
wird 5 Ta[jL'!a; twv orTpaTicüTixcjv vor cl st:: vr^ B'oixijaei nanihalt
gemacht und zwar in einer Fassung, welche den Schluss er
laubt, dass damals an der Spitze der Verwaltung eine combinirte
Behörde stand. Auch kurze Zeit später, als das Amt der
ext Tij $'.cty,Yia£i wieder in der Hand eines einzigen Beamten
vereinigt war, der den Titel 6 iid ttj Bioty.ijjet führte, finden \*ir
sehr häufig den Kriegszahlmeister genannt und mit denselben
Functionen wie den obersten Verwaltungsbeamten betraut.
Daraus folgt, dass diese beiden Beamten als oberste Behörde
neben einander bestanden. Um ihre gleiche Wirksamkeit zn
erkennen, führe ich aus vielen Inschriften nr. 393 und 396 an:
et; $e [tyjv ivavpa^irv /.al ttjv ivaOeütv tt;;] tm^AiQ? (Jt-epi^ai Tbv ezi 'i-
[BicixriCet to vevcjjLevsv aviAO){jLa] (393) und et; Be [ttjv avaYpafr// y,i
TTjv avaOsaiv rr^]; ctyJXt,; [[jLspiaat Tbv Ta|i.(av twv crpaTtWTiy.jwv tb ^efv:-
1 Köhler: Hermes 224 ff. und Michaelis a. a. O. 292.
2 Böckh a. a. O. 1. 246.
' Die Inschrift ist kurze Zeit vor dem chremoiädeischen Krieg zu setzm
Attische FinanzTerwaltung im fftnften und Tieften Jahrhunderte. 423
fxrvsv dvaX(i){i.a] (369). Weiterhin ist aber auch bezeugt, dass
der Kriegszahlmeister seinen früheren Obliegenheiten in gleicher
Weise nachzukommen hatte. Einen schönen Beleg dafür liefert
eine Urkunde, welche in die Zeit des chremonideischen Krieges
gehört, nr. 334:
Tajxiaq aTpaxio)[Ttx(i>vJ
EupuxXcicr^i; ■Vltxuovoi; [Kv;(ptat£6!;J
folgen die Präscripte und dann:
[B£|s|r,|JLO^ Tt|jLoy,X£ouc MapaOwvio^ £Tt:£[v • ötcüx; av Y^pri[Ldito^ '^]^P^'
:6£"/Twv v/^s,'. b i^iiia^ [xspt^ctv la [Be6|jL£va, Tva y.aia tov x]axaXot7:ov
•/::vsv Toü ivtauTOÜ TJvy.[ojjLia6(octv et ix. Y^c;?] [xjapxoi [A£t' OLa^^oikdciq.^
Unter b TajjLia; kann nur, wie zudem aus der Ueberschrift,
aus dem darauf folgenden Text und vornehmlich aus den
Worten: to Ik '^,[(^i(syjx t6S£, £::£iBtj] si£pi xopou XPW^'^^'* ^^'^^'' orpa-
■:iw':ixü)[v, clvai xKTf tlq ^ü]Xaxv;v t^^ x^P^^ ^^^^ wird, der Kriegs-
zablmeister gemeint sein, welcher Zahlung leistet.
Endlich wäre noch auf einige Ephebendecrete zu verweisen,
welche dem Ende des zweiten und Anfang des ersten Jahrhunderts
angehören, in denen ebenfalls der xa^Liaq arpaTttoTixüiv genannt
ist. Wir lernen daraus, dass die Strategen und der Kriegs-
zahlmeister dafür zu sorgen haben, dass an den bestimmten
Festen die Verkündigung der Auszeichnung geschieht, welche
das Volk den Epheben zuerkannt hatte: tt;; §£ ava^opeuaEux; xou
:Ti5ivoj ixtiXEXYjÖTjvat toü(; arpaTfjYoix; xat tov xajxiav twv aTpaT((i)xixü)V
iz. B. 467 Z. 50 S.). Das Geld für die Aufstellung der Ur-
kunde in Stein gibt der Taii.ta<; her: to oe 7£v6|A6vov siq outyjv
aviXwiia jAsptcjai tcv xaiJLtav twv cTpaxiwTixwv (a. a. O.). Bis tief in
das erste Jahrhundert scheint der Kriegszahlmeister jenen an-
§:e6eheDen Verwaltungsposten bekleidet zu haben.
Wie überall, so waren in Athen die verschiedenen Aemter
dem Wechsel der Zeit ausgesetzt. Denn wie die Macht und wie
die Anschauungen des Volkes sich änderten, in gleicher Weise
waren die Beamtengewalten mit den Wandlungen des Volkes
' Vgl. Hartel a. a. O. 9 u. 77 ff.
424 Fallnar.
Veränderungen unterworfen. Schon früher aber habe ich geltend
gemacht, dass die Auffassung nicht nothwendig sei, dass unmittel-
bar im Gefolge einer Katastrophe all die Umgestaltungen, wie wir
sie später vorfinden, vor sich gehen. Wahr ist, dass viele Um-
änderungen gleich damit eintreten, manche davon aber kommen
oft erst geraume Zeit später zum Vorschein. So haben wir
gesehen, dass in der athenischen Finanz Verwaltung nach dem
peloponnesischen. Krieg Veränderungen statthaben mussten.
Die nothwendigsten wurden gleich ins Werk gesetzt, andere
finden, wie es in der Natur der Sache lag, später Eingang. Es
dauerte eine Weile, bis der attische Finanzapparat wieder
vollständig in Ordnung gebracht war. Unter den Aemtero,
welche einige Zeit nach Euklid eingeführt wurden, ist auch
das des Volkszahlmeisters {ya^kia^ toj ^y^ixou) zu nennen. Wann
das Amt errichtet wurde, lässt sich schwer sagen. Sicher ist,
dass es unter Euklid selbst nicht geschah, weil damals noch
behufs Herstellung von Inschriften die Poleten die Steinarbeiten
verdingten und die Kolakreten die Zahlung leisteten. Auch
das scheint nicht vollkommen fest gestellt werden zu können,
dass es vor dem Archontat des Nausinikos schon einen x2(jl'!2;
Tou l-f^[Lo\j gab. Köhler ergänzt zwar Z. 4 — 6 der Inschrift nr. 12:
xo [8]e [ipfipiov £1^ rrjv om^Xr^v Joövai xcjv lajAiov [tJou [ck$ijlc'j i% twv =•:
({nf2f(9(A«ia dvaXt?]xo(jLdv[(i>v und bemerkt zur Texterklärung: ,foedus
cum Seutha Maesadae filio Odrysarum rege Thrasybulo auctore
Ol. 97. 2/3 (390 a. Ch.) primum ictum esse, narrat Xenophon
Hell. IV, 8, 26. Sed Cbabriam tum temporis in Thracia
versatum fuisse vix credi potest, et insunt etiam in ipso titulo
quae probare videntur eum pauUo recentiorem esse^ Ob dieser
Titel nicht unter Ol. 100. 3 herabgerückt werden könnte, wage
ich zwar nicht zu entscheiden ; Ergänzungen wie Z. 3 (levoi ^^[y]
c[u[ji.(jLax(i)v ?] und Z. 22 [ou(jLp.]a/Jü>v] scheinen beinahe dafür zu
sprechen. Mit meiner Auffassung der Dinge würde es eher zu-
sammenstimmen, wenn das Amt eines tapiia^ lou §i^{jlo*j unter dem
Archen Nausinikos oder etwas später erst nachweisbar wäre.
Worin der Schwerpunkt des Amtes lag, geht aus dem her-
vor, dass der -za^tJ.aq angewiesen wird, bestimmte Summen
für die Herstellung von Inschriften zu geben: ex twv ci; ?i
xaxa ^fiG\t.(r:a avaXtoxojJisvwv tw 8t^;jl(i) oder abgekürzt i% twv
xorca *^Tif.G\>.7r:7, dvaX tffy-ojJLevwv tw $ii^|[aci> (vgl. Hartel a. a. 0. s. 130).
Attisch« Fin&nzirenraltiiBg im fftnft^u nnd Tierten Jahrhnndarte. 425
Der Sinn davon ist, dass alljährlich bei Feststellung des Budgets
eine bestimmte Summe vom Volke für die Aufstellung wich-
tiger Volksbeschlüsse dem Volkszahlmeister überwiesen wurde,
aoalog wie es bei den Kolakreten der Fall war. Es konnte
nun vorkommen, dass in einem Jahr mehr Inschriften, in einem
andern weniger zur öffentlichen Aufstellung kamen. Dann
war die Möglichkeit vorhanden, die Casse des xafjLia^ ander-
weitig in Anspruch zu nehmen. Ferner lässt sich der Fall
denken, dass das Volk, wenn es gerade keine Gelder zur
Disposition hatte, über die Casse des Zahlmeisters nach seinem
Belieben verfugte. Wir finden daher, dass derselbe manchmal
andere Auslagen, wie für Opfer, Kränze und Diäten zu zahlen
hatte (a. a. 0.). Alles dieses aber wurde aus demselben Budget-
titel bestritten und unter demselben verrechnet, wie schon
die früher besprochene Inschrift nr. 115 b lehrt, wo gesagt
wird: tov Ta[xiav tou Si^ji.ou ibv a£l TajjLisuovxa 5i56vai UetaiOeiBiQ Spaxixt;v
tt;: r^[upa<; sx twv xoxa tj/Y)9ic|Jt.aTa dvaXiaxo{jt.evü)v tw Bi^fjui). Ferner
lassen die Worte : tov laj^^iav tou 8i^|aoü tov del TafAieüona wie tyjv ^u-
A7;v Tijv ael ßouXeuouaav erkennen, dass das Amt ein jähriges ist.
Aus dei*selben Urkunde kann gefolgert werden, dass der xa[uai;
eine Casse zu verwalten hatte, da wir lesen, dass ihm die Apo-
dekten das Geld xord tcv iviaurbv £xaaTov geben. Wie lange dieses
Amt in Athen bestand, lässt sich ebenso wenig angeben, wie
dessen Errichtungszeitpunkt. Das älteste datirte Decret, in
welchem es vorkommt, stammt aus Ol. 103 1. = 368/7, das jüngste
aus Ol. 114, 3 == 322 (a. a. O.). Dadurch ist aber nicht
ausgeschlossen, dass der Volkszahlmeister vorher und eine Zeit
nachher fungirte. Mit Sicherheit kann angenommen werden, dass
er mit Beginn des dritten Jahrhunderts vom öffentlichen Schau-
platz verschwindet. In welchem Verhältnisse er zu dem iiA xr^ Btot-
f-izti stand, werden wir kennen lernen, wenn wir von letzterem
Amt handeln. Hier aber möchte ich schon darauf hindeuten,
dass bald nach dem Sturze des Demetrios aus Phaleron grosse
Veränderungen im athenischen Gemeinwesen erfolgt zu sein
scheinen. Die Aerater eines Tap^ia^ -nj«; xotviji; TcpocoSou, Ta|jLta(; tou Bt^-
;^j und vielleicht schon des Kriegszahlmeisters dürften davon
betroffen worden sein. Die Inschrift nr. 243, welche jedenfalls
vor 301, vielleicht sogar einige Jahre früher ziv setzen ist,
scheint dem Uebergangsstadium angehört zu haben, wie die
426 Fellnar.
Worte andeuten: £?c Bs Tr;v avavpjt^rjv ty;; mjAr,; 5ouvai tcv ta'^ir^
TO'J 5k^,{jloü AAA opo/ixac sy. xwv xoivtov /pr^ixatcov; weder vorher
noch nachher finden wir diese Formel gebraucht. Der tixx;
Tcu Iriikoj stand auf kurze Zeit in einem nicht mehr näher auf-
2sukiärenden Verhältnisse zu den y.otva xp^ji^ora (vgl. a. a. 0. p. 135).
Bevor wir den Kreis unserer Erwägungen mit der Be-
trachtung des wichtigsten Finanzamtes in Athen, mit dem zx^a;
vriq xo'.vYJi; Tipoüilo'j abschliessend erübrigt noch, die Stellung der
Ta{JLia'. ':f;(; ^zjXr^q näher ins Auge zu fassen, über die wir aus
den hinterlassenen Urkunden nur spärliche Notizen sammeln
können. Die Lexikographen lassen uns hier im Stich. Ob schon
vor Euklid Ta|j.(as t^; ßouXij^ existirt haben, darüber können nur
Vermuthungen angestellt werden. Nach ihrer Competenz, die wir
bald kennen lernen werden, zu schliessen, Hesse sich die Frage
unter gewissen Einschränkungen bejahen. Urkundlich bezeugt ist
dieses Amt in der nacheuklidischen Zeit. Die erste Erwähnung
dieser Schatzmeister finden wir in der Inschrift, welche über
die Inventarisirung der in der Chalkothek aufbewahrten Gegen-
stände handelt (nr. 61). Es heisst in diesem Rathspsephisma,
welches in die Jahre Ol. 105. 3/4 oder Ol. 106. 3/4 nach
anderen Ol. 107. 4 = 349 zu setzen ist Z. 17 ff.: i-s-.iiv ti
[ev] on^Xf) X'.OtVY) cT^yai Eix-rrpocOev tt;; x*'^'-^^^[^i?] ' f^?] ^^ '")^ ^^''
Ypa^-Tjv Tijq zvf[>sri^ Bcjvat Tobc Ta(/.{a; [xf^c] ßcjX^(;: A A A: fcp]ax}Ai;
ex TÖY^OTÄ 'WifioiJ.OL'zoL avaX['ay,o][i.£V(i)v vfi ßcu/xtj. Weiter ist noch
von Belang, die den Erklärern so viele Schwierigkeiten bietende
Inschrift nr. 114, welche in das Jahr Ol. 109. 2 = 343 2
filllt. Es ist in derselben ein Volksdecret enthalten, in welchem
der Bule ein goldener Kranz zuerkannt wird, weil sich die-
selbe um die Abhaltung der ludi scenici an den grossen Diony-
sien bestens verdient gemacht hatte, daran schliessen sich
Rathsdecrete, welche von der Bule aus Anlass dieses Ereignisses
zu Gunsten von Rathsmitgliedern oder Beamten des Rathes
erlassen waren. Zu Anfang des Inschriftentheiles C, welchen
Köhler mit dem Volksbeschluss bei B unter folgenden Worten
in Verbindung bringt: In quibus si reete cxplevimus vs. 4—5
(tob; ßo'jXeuTa^ oi . . . sSocor/) intellegendi esse videntur magistratus
vel ministri quorum nomina exarata sunt in parte, lesen wir
vs. 1—9:
Attische FinanzTerw<ang im fünften and Tierten Jahrhunderte. 427
[vpotjjLjiuxiJepjjq xata •^[p'jTaJvctav *
KXeoatpoTO^
Av;{jL6ftXo^
ItzI zo Oewptxov •
KY)^ac9ü>v
WvTtxy.ijq 'ApioTOKpaxou; Ku8aör,vat€ü^
ApoiJLoxAetOY2(; 0paju|jLi^^8ou(; 'A^f^ojcrio;.
Weiter ist beachtenswerth im Abschnitte A vs. 4 — 16 Aeivo-
rrpato; AstvtotSou 'AfpüXYjOev sTxsv • ^tcsiSy; tq ßouXr; ,
Sesdyöat xy] ßouXij, äyäÖtj tu/y) tou SiJfAOü tou 'A6t)va{ci)v xat vf^q ßouX^;,
iza^iaxi ^av6Jr,|xov AiöXXou BujjuziTdSiQv xat cpc£<pavwaai auxbv
•/pu7cT) aT£9av<d to 5s op^uptov sTvai ib si? tov ore'favcv s.%
Twv £1^ xa xaxa »{^r^^ lajAaTa avaX(axo(i.£V(()v ist ßoüXei und B
Z. 14—15 TO'j<; Se Ta[ii[a{; Souvat xjb ipYipiov ex. twv xaxa (Iz-ij^ta-
(laTa ava[Xt(jxo]|X£V(üv iy; ßoiiXf).
Ferner steht im 'AOi^vatov VI, 270 (4. Jahrhundert a. Chr.)
in einem Rathspsephisma: to Se s^ a^fx^poLt^ri^^ t^<; gti^Xt;; aviXü)(jt.a
85'>/at xbv xajjLtav t^; ßoüX^<; s?xo[(yi Spax[jLa(;]. Ebenso ist C. L A. IL
nr. 375; jJLspwai xbv xajjiiav xb fevoixevov avaXwfxa an den xotfAia«; x^<;
^cjXyjc zu denken (Harte! a. a. O. p. 136), da wir einen Raths-
beschluss vor uns haben. Aus den angezogenen Inschriften
wird mit Sicherheit hervorgehoben werden können, dass gerade
60, wie bald nach Euklid ein Budgettitel für die Aufstellung
von Inschriften von Seite des Demos bewilligt wurde,
ebenso von der Volksversammlung um dieselbe Zeit ein eigener
Budgettitel für die Bedürfnisse der Bule eingeführt wurde.
Aus demselben sind die Aufstellungen von Inschriften, welche
der Rath besorgen Hess und andere Arten von Ehrenbezeugungen,
welche derselbe beschloss, gezahlt worden. Vermuthlich werden
die Einnahmen, welche der Rath hatte, z. B. Bussen für kleine
Vergehen, in diese Casse geflossen sein. Aus derselben sind
dann auch die Speisungen der Prytanen und der Sold der
Rathsherren bezahlt worden. Letzterer Umstand scheint dafür
zu sprechen, dass bereits vor Euklid xaixiai x^; ßouX^(; bestanden,
welche die Verwaltung der Rathscasse zu besorgen hatten. Dass
es mehrere xa|i.tai gab, bekräftigen die angeführten Inschriften.
Wenn Köhler auf Grund von nr. 114 schliesst, dass um die Mitte
428 Fellnor.
des vierten Jahrhunderts zwei Schatzmeister des Rathes waren,
so scheint er sich doch zu irren (Hermes V, 13). Erstlich ist
zu bedenken, dass die Zweizahl im attischen Beamtenstand
sonst keine Rolle spielt und zweitens, dass in den Formeln,
welche hinterlassen sind, dann überall der Dual gebraucht
worden wäre. Wie bei den meisten athenischen Finanz-
behörden, so scheint hier die Zehnzahl berücksichtigt worden
zu sein. Ich halte es für wahrscheinlich, dass die Schatzmeister
der Bule aus den Buleuten genommen worden sind und dass
analog den 10 Phylen und den 10 Prytanien auch 10 tojjL'at
bestanden.
Ausser den früher besprochenen Inschriften sind uns noch
eine grosse Anzahl von Urkunden erhalten, in welchen gleichfalls
Schatzmeister angeführt werden, die mit dem Rathe in Beziehung
stehen. Die Documente stammen aus der Zeit, in welcher es Mode
geworden war, die Einzelnen, sowie die Körperschaften, auch
wenn dieselben nichts Besonderes geleistet, sondern nur ganz
einfach ihre Pflicht und Schuldigkeit im Dienste des Staates
gethan hatten, mit Ehren und Kränzen zu überschütten. So
sehen wir denn, dass es beiläufig um die Mitte des dritten
Jahrhunderts zur Regel wurde , die abtretenden Prytanen
zu beloben und mit einem goldenen Kranze zu beehren,
,weil sie die vorgeschriebenen Opfer dargebracht, Rath und
Volk versammelt und die Bilder des Volkes aufgestellt haben'
(a. a. O. p. 331 ff.). Ebenso machten die scheidenden Pry-
tanen einen Bericht in Betreff ihres Cassierers und Schrei-
bers, und letztere wurden dann vom Rathe gelobt und durch
einen Kranz aus Zweigen geehrt. Zahlreiche Inschriften aus
den letzten Jahrhunderten vor Christ, sind darüber über-
liefert: 329, 390, 391, 393, 408, 417, 425, 426, 431, 432, 440,
441, 454, 459 und 487. Unseren Zwecken entsprechend wollen
wir einige Stellen aus denselben genauer erörtern. In der Inschrift
nr. 329, welche in die erste Hälfte des dritten Jahrhunderts
gesetzt wird, * sind folgende Zeilen von besonderer Wichtigkeit:
SeSö^Oai Ttj ßcuXei eicatvecjat tov Ta{/.iav Nixox pixYjv Aibivs;
* Es wird wohl in derselben Eubulon als Archon genannt. Das Jahr lä^st
sich aber nicht genau bestimmen. Dittenberger setzt die Urkunde zwischen
Ol. 126. 1 und 128. 1. Hermes II, 387, vgl. dazu C. I. A. II. p. 156.
Attische FinanzTArwaltnng: im fünften nnd riartan Jahrhnndert«. 429
WfAu/.ijösv syaeßsia? Ivexa t^^ xpb^ tou? 6eou^ xai
srASTipita^ Tf|; sU 'o'-»^ ouXsxa;* und aus dem zweiten Decret:
ir. T»)^ ^wSexaTTi; xpuTOVsia^ • iijxo<; (?) .... eTxsv • exsiSt; Nixo-
xpiTY;; ßouXsüsiv Xa^wv xbv eviouTÖv xbv ^7:' EußouXoü d^x^^o;
JixTtTsXexsv Xevwv xai xpirrwv aYOÖcv , xal tapiia?
alpeO&s; liTzb 'f^q ßouX^^ et^ ts xie«; Ouotoc^ IJLS{jLepixsv xoXq
IcfozotoTg. Die am Schlüsse der Urkunde beigefügten Summarien
lauten :
Ol 9uXs';a( *0 SyJjjlo; Ol ätattoi
NlXOXpOCTTjV NixoxpötTr,v.
Dazu bemerkt Köhler: illud dubitari potest, num Kico-
crateS; qui in altero decreto diserte quaestor senatus fuisse
dicitur, etiam quaestor prytanum Aegeidis tribus fuerit ....
Man könnte also hier einen Schatzmeister der Prytanen und
einen laiAto^ tt^^ ßouXf^<; unterscheiden. Das ist sicher, dass der
Nikokrates im ersten Decret mit dem Nikokrates im zweiten
identisch ist^ da in beiden Beschlüssen Vatername und Gau-
Dame ^ übereinstimmen. Der Schatzmeister der Prytanen und
der des Rathes würden also hier ein und dieselbe Person sein.
Aus dem zweiten Decret ergibt sich ausserdem, dass der 'za\kiaq
^; ßouX^^ Nikokrates Buleut war und dass die Schatzmeister-
würde nicht durch das Loos sondern durch Wahl besetzt wurde.
Mit diesen Ergebnissen dürfen wir uns aber noch nicht zu-
frieden stellen.
Zu einem Ziele, glaube ich, wird die Untersuchung erst
dann gefuhrt, wenn wir noch die Inschrift nr. 431 in den Kreis
anserer Erwägungen ziehen. Es heisst da Z. 33 ff,:
[£ojo56[v TsT ßJouXei •
"Ex^avTo; [E]'j[ . . . . oJu [eTwev] • a7;:[ei8]Ti o\ xpurivei? ty); Aewv-
y^^ iT:av£[(JotvT£^] xa[l ffxjs^avwaavrsq aico^aivouai t£i ßouXeT T[bv
:)a|i{[av] Sv sTXovto 6$ [iauTwJv IlaTpoxX^v iloüv{e[a] xal Tb(v
7]p[|JLp.a]Tda 'ATCoXXo<pa[vt)v Kt^ttioJv toi? Bu«««; T66u[x]6vat i:d[<jaq xa^
x]3ÄT)xouca? Iv T[€t irpujTOvgCa urc^p T£ t^^ ßouXij^ xa[t] t[ou $i^ii.]ou, [eiciiJLe-
•^]Xi;[aöai 3£ x]otl twv aXXwv d?cavTu>v xaXw[q xat f iXotijaw? • «Y«]^
' Auch am SehliiRse des zweiten Decretes liest man: Nixoxpdbi)y A{(ovo(
'A^xuXi^ecv.
430 Ftllner.
T[u)rci 8eSo)r]0ai tcT ßouXe^, £ratv£[c]at xbv Ta[[A{]av [l[aTpoxX^ ....
Sojuviia nuxi Tov Ypa[jLji.[aT]^a 'A'ffoXXc93cv[r<v 'A':roA]A09[ivoü; Kf,TTt|7*
xal Tbv 'r[a|ji(av xji;; ßoüXrjs "Exfavtov 0pia[ajtov xal
Hier ist nun deutlich genug ausgedrückt^ dass die Prytanen
fiir sich einen Schatzmeister für die Dauer der Prytanie aus
ihrer Mitte wählen. — Die Ergänzung Sv sFagvic e^ cxjtwv ist
durch die Inschrift nr. 454 vollkommen gesichert. — Derselbe
ist mithin Prytane und hat dafür zu sorgen, dass die Opfer,
welche die Frytanen während ihrer Amtsdauer zum Wohle
des Rathes und des Volkes darzubringen haben, in gehöriger
Weise vor sich gehen. W^eiter lesen wir, dass der Ta|JLia; t^:
ßouXi^c, Ekphantos, mit dem Schatzmeister der Frytanen Fatrokles
gelobt wird. Klar ist jetzt, dass man strenge den -rajita; der Prj-
tanen und den Schatzmeister des Rathes zu sondern hat. Beide
sind zwar Buleuten. Der erstere Schatzmeister ist aber nur für
die Dauer der Prytanie und speciell auch für die Prytanie allein
in Wirksamkeit und daher aus der Mitte der Prytanen genommen.
Der Ta|x(a^ ttJc ßouXt;; ist hingegen mit umfassenderer Competenz
von der gesammten Bule zu Anfang des Jahres — unc t^:
ßoüXY;? alpeöst? — als ihr Schatzmeister gewählt.
Nachdem wir den Thatbestand zur Kcnntniss genommen,
ergibt sich das Resultat, dass nacli Euklid lange Zeit hindurch
Tdcfitat tij; ßouXT;;; gewählt wurden, welche wahrscheinlich zehn an
der Zahl waren. Ende des vierten Jahrhunderts wird es dann
gewesen sein, dass dieses collegialische Amt einer Person
übertragen wurde ; sonst wäre es nicht erklärlich, warum mit
einer solchen Bestimmtheit nur mehr ein -zai^i^q tt;; ßcuX^:
genannt wird. Besonders auffällig würde es sein, dass, wenn
mehrere gewesen wären, unter den Aisiten nur einer angeführt
würde. Es können auch nur so die Inschriften ('AÖT^vatov VI, 270
und C I. A. IL 375) ihre Erklärung finden, iü denen der
Schatzmeister des Rathes eine Zahlung zu machen hat.
Die Inschrift nr. 329 wird damit befriedigend erklärt, wenn wir
annehmen, dass Nikokrates, welcher bereits zum xix[doi^ vr,z ßojAi;;
gewählt war, von den Prytanen seiner Phyle zu ihrem speciellen
Schatzmeister genommen wurde, als die Prytanie zu amtiren
anfing. So bekleidete derselbe zwei Schatzmeisterstellen, die
der Bule und die der Prytanie der Aigeis. Im ersten Decret
wird er gelobt als Schatzmeister der Prytanen seiner Phyle,
Attiarbe Finanzvenraltang im f&nftf>n and vierten Jahrhunderte. 431
im zweiten Decret, welches am Ende des Jahres abgefasst
wurde (It:: iy]; ^woexiTTi^; izp-jxoi^feloiq) wird er als Kathsmann
und Ta;jLtac t^; ßouXr^; geehrt. In welchem Verhältnisse der
jeweilige Schatzmeister des Rathes zu dem der Prytanen stand,
ist zwar nicht überliefert, es lässt sich aber doch vermuthen,
dass die vom Volke für den Kath bewilligten Gelder sonder
Zweifel der' -za^Liaq t7;<; ßouÄTJq in Empfang genommen und dem
jeweiligen Schatzmeister der Prytanen das Nothwendige über-
mittelt hat.
Nach der Besprechung der verschiedenen Finanzämter
erübrigt noch, um den Kreis unserer Betrachtungen abzu-
schliessen, das Amt zu behandeln, welchem von den verschie<
densten Forschern eine so hohe Bedeutung zugeschrieben
wird, nämlich das eines locfAia^ zr^q xoivi;^ izpocohoM, oder wie es
genannt wird: 6 et:! tt) Bcoixi^osi. Schon im Anfange meiner Ab-
handlung habe ich darauf hingewiesen, dass diejenigen, welche
das Amt ein nacheuklidisches nennen, jedenfalls der Hauptsache
nach das Entscheidende geltend gemacht haben. Wie schon
früher aber wiederholt betont worden ist, dürfen wir unter der
Bezeichnung nacheuklidisch nicht gerade verstehen, dass ein
Amt bereits unter Euklid geschaffen wutde und unmittelbar
nachher ins Leben trat. Auch hier werden wir diese Worte
nicht so gebrauchen können. Denn erst als Eubulos und seine
Partei die Geschicke Athens leiteten, finden wir eine Er-
wähnung von einem xafAia^ tt)^ ^(v>J^ 7;pocö§ou. Es fragt sich,
in welchem Jahre etwa dieses Amt in Athen errichtet worden
ist, oder mit anderen Worten, wann die Nothwendigkeit an
das athenische Volk herantrat, eine Behörde zu gründen,
welche die Verwaltung der gesammten Staatseinkünfte oder
des athenischen Staatsvermögens in die Hand nahm. Wir
werden nicht fehl gehen, wenn wir an das Jahr des Nausinikos,
das ist, an die Errichtung des neuen Seebundes denken. ^ Der
Staat hatte sich eben damals zu erholen angefangen, sein An-
sehen nach Aussen hatte sich verstärkt. Er konnte es wagen,
einen neuen Bund in Anregung zu bringen, der offen als seine
' Die Arbeit war schon vollendet, als ich die von Wilamowitz (Hermes XIV,
p. löO) nebenbei gemachte Bemerkung- Jab, dass das oberste Finaneamt
frühestens 354 geschaffen wurde.
432 Fellner.
TendenZ; die Sicherung der Freiheit und Selbständigkeit der
Hellenen gegen die Lakedämonier aussprach otzu^^ dti A2[x£]-
8[at|jii]vtoi ewffi toü; "EXXtjva^ eX£ü6^[p]o'j? [xai] <rjT9v6{xo'j; f,w/uw
dq'siv (C. I. A. IL 17 A Z. 9—11). Athen hatte sich
endlich aufgerafft, kühn erhob es sein Haupt und versuchte
wenigstens einen Theil seiner alten Machtstellung zurückzu-
gewinnen. Ob ihm dieses auf die Dauer gelang, ist fiir unsere
Betrachtung nicht von Belang. Aber das ist wichtig, dass
wenigstens, als Nausinikos Archon war, jeder Athener stolz
auf die Errungenschaften seines Staates sein konnte. Eb war
wieder Wahrheit geworden, dass Athen als Haupt einer ansehn-
lichen Symmachie dastand. Beiträge, welche zur Unterhaltung der
Kriegsmacht des Bundes dienten, wurden eingezahlt. Wenn man
ihnen auch einen anderen Namen: ,cuvTa^€u;' gegeben hatte, so
kamen sie doch im Wesen dem Phoros gleich. Da sie nach Athen
eingezahlt wurden, so trat die Nothwendigkeit heran, eine Behörde
einzusetzen, welche sich, wie früher die Hellenotamien, mit der
Verwaltung der in Athen einlaufenden Gelder der Bundes-
genossen zu befassen hatte. Wenn Schäfer (a. a. O. 1, 28/29:
meint, dass keine neue Behörde zu dem Zwecke gegründet
wurde, sondern dass die Strategen die Bundesgelder zu ver-
walten hatten, so scheint mir das noch nicht ganz sicher zu
sein. Die Belegstellen, welche derselbe anführt, zeigen alle
nur, dass die Feldherren zu ihren Operationen Gelder an-
gewiesen bekamen, welche sie selbst von den Bundesgenossen
einzucassieren hatten. Von einer Empfangnahme und einer
Verwaltung derselben durch die Feldherren in Athen selbst wird
nichts gesagt. Dafür musste aber eine Behörde bestehen, da
ja, wie Schäfer zugibt, eine Bundescassa bestand. Ich bin über-
zeugt, dass man damals in der Hoffnung, ein mächtiger Bundes-
schatz werde sich, wie ehemals wieder ansammeln, kaum unter-
lassen haben wird, eine Behörde zu gründen, welche den zu
erwartenden Schatz verwalten sollte. ^
Wer diese Verwaltung bekommen hat, kann nach den
obigen Andeutungen von meinem Standpunkte aus nicht schwer
beantwortet werden. Es ist der ':oL\hia(JTq^ xotv^<; xpoacSou, dessen
^ Vgl. Georg Busolt: Der zweite athenische Bniid. 7. Sapplementband der
Jahrb. für. cl. PhU., p. 716 und 717.
Attische FinanzTerwaltung im ftnft«n nnd riarten Jahrhundert«. 433
Amtstbätigkeit von jener Zeit ab zu datiren ist. Wenn mit
dieser neuen Beamtung die Verrechnung aller Einnahmen
und Ausgaben des Staates in Verbindung gebracht, und in
Erinnerung an die vierjährige Verwaltungsperiode von grossen
Panathenäen zu grossen PanathenäeU; die Wirksamkeit des Amtes
aaf vier Jahre normirt wurde, so lassen sich dafür gewiss manche
Erklärungsversuche finden. Was den Namen dieses Beamten an-
belangt, so erscheint es als gesichert, dass er die Titulatur 6 'zoLpJ.a^
-CT,; xQivij^ wpocöSou und b &i:\ tyj Stoixi^ffei führen konnte, deren iden-
tische Bedeutung Böckh (a. a. O. 1, p. 227) nachgewiesen hat.
Fraglich ist aber, ob beide Titulaturen nebeneinander oder ob
nicht vielleicht jede nur für eine bestimmte Zeit im Gebrauch war.
Der Titel 6 lapLia^ TTjq xotv^<; xpoa6Sou findet sich bei Pseudoplutarch
in dem Decrete des Stratokies (vitt. x orr. p. 852). Durch
die Untersuchungen von C. Curtius (Philolog. 24 p. 86 ff.),
welchen Köhler bei Herstellung des Textes der Urkunde
nr. 240 gefolgt ist, ist festgestellt, dass die Echtheit des
Decretes, welches hinter dem Leben der zehn Redner steht,
in der That nicht angefochten werden darf, da es mit den
Resten einer Steinurkunde oft wörtlich übereinstimmt. Als
liesultat der Vergleichung beider Texte ergibt sich nach
Curtius (a. a. O. p. 111), ,dass das Decret bei Pseudoplutarch
in einer abgekürzten Form überliefert ist, dass hier einige
Abschnitte und besonders solche, die sachliche Nachrichten
enthalten, dem Wortlaut des Originals entsprechen, andere
dagegen, in denen Lobeserhebungen allgemeinerer Art über
das Verhalten des Lykurg standen, entweder ganz ausgelassen
oder bedeutend zusammengezogen sind und dadurch an Ge-
nauigkeit und Correctheit des Ausdruckes eingebüsst habend
Wenn nun in dem Decret, welches zu Ehren des Lykurg
bei Plutarch steht, von ihm gesagt ist: xal y£v6[J[£V0(; rf^q xoivYjg
•pccd^u lo^iaq ty) TcoXet lid ipsi^ TCSvTariTepßo^, ' so werden wir
mit ziemlicher Sicherheit, wenn auch in der Steinurkunde hier
eine Lücke ist, annehmen können, dass der officielle TilSel
Tur den obersten Finanzbeamten damals in Athen, als das Pse-
phisma abgefasst wurde (Ol. 118. 2 = 307/6) und zur Zeit als
Lykurg lebte, Tajxia; xf^q y.o'yr^^ -pocsSoü war. Wie steht es
* Ich benutze die Ausgabe von A. Wentermann.
SitnDpb«r. d. phU.-hist. Ol. XCV. Bd. 1. Hft. 28
434 Fellner.
nun mit dem Titel c iizt ifj Bioixi^aEc? Wann gelangte dieser im
offieiellen Stil zur Geltung? Dass beide Titel nebeneinander
in Urkunden gebraucht worden sein sollen, erscheint mir
zweifelhaft, trotzdem dies sehr bedeutende Gelehrte anzu-
nehmen scheinen, wenn sie die Inschrift über den Mauemban,
in welcher Habron, Lykurgs Sohn, als Schatzmeister vorkommt:
nr. 167. Z. 36 ol iccaXiQTal xal b iiA tei Sioexi^aei 'Aßpfa>[v Aux]c6pYff>
BouT[i]3rj; in Lykurgs Zeit (etwa zwischen Ol. IIL 3 und 133. 3)
setzen. Man stützt sich dabei auf die bekannten Worte im
Leben unseres Staatsmannes (a. a. O. p. 841 c) : tb (a^ icpärov aif e-
Oivta h:\ la 8v;(JL69(a xp^I^^^ — und femer darauf, dass die Repara-
tur der Mauern am besten ad aetatem Alexandri Magni verleg:t
werden könne. > Der Sohn des Lykurg, hielt man dafür,
konnte dabei als Stellvertreter des Vaters fungiren und am
ehesten im Geiste desselben wirken. Unberücksichtigt dürften
aber die inschriftlich überlieferten Worte mit Köhlers Er-
klärungen und Ergänzungen geblieben sein: ^nr. 240 Frg. b
Z. 2 ff. d^ixv . . Z. 3 . • t x[exo]orii.T)|JLevY)v (?) tt^v, Z. 4 — Tr,<; irta.}^
XouoT]^ auT£ . . , Z. 5 [e]^(i)xoS9|jLr|9€v. De navalium (veti>9otxf()v
aedificatione in bis sermonem fuisse Curtius probabiliter suspi-
catur. Idem praeeunte ex parte Kumanade reliqua sie resti-
tuenda esse coniecit Tr)v §£ a { [xsuoOii^xv^v xat tb diorrpov rb] Aisvj-
Jiaxbv 6§TfjpYa(Ja [to t6 t£ TciStov ts DavaöiQvjatxbv xal tb *p|JLviatov t (:
XÄta Tb A6x£iov xaTeoxeuJaaev xal d^XXai^; 8e TOoXXai [q xaiaaxcuat; sxia-
|jt.t;aev] oXt;v ty;v tcoXiv* und das Decret bei Plutarch a. a. O. 852 e:
TTpbq Se TouToiq T^iJLiepY* xapaXaßwv tou^ ts ve(i>90txou^ xal tJjv axcjoöiQxif;v,
XÄt Tb öeorrpov to Awvüaiaxbv eJeipYfltuoTo xal äxsTdXeorcv t6 t£ oraScov t5
TTOVoOYjvaVxbv xal Tb Y^jjLvaaiov xora A'jxsiov xaT£ffX£6ac£v »al iXXai;
::oXXaTq xaraaxfiüaT; £x6c|j.y;^£ tyjv icoXiv. In beiden Ueberlieferungen
des Volksbe Schlusses zu Ehren Lykurgs sind fast überein-
stimmend die Bauten angeführt^ welche unter dessen Auspicieo
1 O. Müller: De munim. Ath. p. 33 ff., C. Curtius im Philolog 24, :!79, und
Köhler im C 1. A. II. ur. 167, huldigen dieser Ansicht. Böckh spricht
sich nicht bestimmt aus, a. a. O. 1. 570. Schäfer (Philologus 9. 165 und
Demosth. III, 1, 573, Anmerkung 5) und C. Wachsmuth a. a. O. p. 616
sprechen sich dagegen aus und setzen die Inschrift nach Ol. 118. S = 307.
Altiscbe FinanzTerw&Uatig im fnnfltm and yierien Jahrhunderte. 485
zur Vollendung gebracht wurden: die Schiffshäuser, das ge-
waltige Zeughaus, das Dionysostheater, das panathenäische
Stadion , das Oymnasiurn im Lykeion und andere Anlagen. ^
Wären bei einer so genauen Aufzählung die umfassenden Ver-
besserungen, welche Habron als Vorsteher der Finanzen aber
unter der Leitung seines Vaters an den Befestigungswerken
vornehmen liess^ unberücksichtigt geblieben? Ebenso wie die
anderen wichtigen Bauten — welche alle wahrscheinlich zwischen
Ol. 111. 3 und 113. 3 also nicht mehr in die Zeit fallen, als Ly-
kurg selbst Ta{i.ta^ if); xoiv^<; xpoooBou war — ihm zugeschrieben
wurden, ebenso wäre im Decrete des Stratokies der Mauerbau
erwähnt worden, wenn er zu Lykurgs Zeit vor sich gegangen
wäre. Wir werden daher nicht fehl gehen, wenn wir mit Schäfer
annehmen, dass die Ausbesserung der Mauern in die Zeit des
vierjährigen Krieges um 302 zu setzen ist, als von Antigonos'
Sohn Demetrios die alten Formen der Verfassung wieder her-
gestellt und Männer wie Demochares, ein Neffe des Demosthenes,
thätig waren, '^ zumal noch dazu kommt, dass gerade damals
in Inschriften der Titel 5 i%\ itj Btotxi^aet zuerst aufzutreten pflegt
U'gl. C. I. A. II. 251).
E^ scheint somit, dass ursprünglich die Titulatur der
obersten Finanzbehörde 6 T(X[jita; Ty)(; xoiv^«; xpoaoBou war, dass
aber dann in Inschriften kurze Zeit vor Ol. 120. 1 = 300
der Titel b iiA vfi StoocY^aet sich Eingang verschaffte. Dass das
Amt vierjährige Dauer hatte, ist hinlänglich bezeugt und kann
vielleicht jetzt inschriftlich belegt werden (vgl. nr. 162, frg. c,
Z. 17, [. . ojü eviauTOü ev ty) isTpasTia ex . . und Hermes I, 315).
In welcher Ordnung die neue Behörde rangirte, lässt sich
schwer sagen. Aus der bereits genannten Inschrift, nr. 163,
weiss man, dass sie nicht in gleichem Ansehen stand, wie die
der Archonten, der Schatzmeister der Göttin, der Opfervor-
steher, der Strategen und Taxiarchen. Weiter bestätigt das eine
Stelle bei Plutarch, wo es dem so einflussreichen und ange-
sehenen Eubulos als grosse Bescheidenheit ausgelegt wird,
dass er sich nur dejn Staatshaushalte widmete : eTcaivouai Se xal *
'^ 'AvafXuüTtov Ei5ßouXov, ort xiaiiv ejrwv ev lot^ [j^aXiora xal 8uva[ji.tv
' Vgl. u. a. Curtius a. a. O. 24, p. 261 ff., und C. Wachsmnth a. a. O. 698.
^ Vgl. SchSfer a. a. O.
28*
43ß F«»llner.
)rpi4{jLaTa liS«? iaurbv r,5^ce xa? xoiva<; xpoffiSou^ xai ja^y^^ "^^ '^'"'^
dt?:© to6tci)v üxpdXtjaev (Plut. Reg. f. d. Staatsm. 15, S. 812 f.). Wir
werden daher nicht fehl gehen zu schliessen, dasa das Amt in
den Händen eines geistig untergeordneten Mannes nicht die
Bedeutung hatte, welche man ihm überhaupt nach den Berichten
mancher Schriftsteller zuweisen möchte, sondern dass es erst, be-
kleidet von hervorragenden Männern, jenen Alles beherrschenden
Einfluss erlangte. Es scheint mir auch wenig wahrscheinlicli
zu sein, dass nur Männer der ersten Vermögensciasse die Stelle
inne haben konnten. Zwar ist es von Lykurg anzunehmen,
dass er aus einem alten hervorragenden Qeschlechte stammend
unter die Pentakosioimedimnen gehörte, da sein Grossvater
Hellenotamias war (Schäfer a. a. O., 2. 298). Anders steht
es mit dem Bruder des Aeschines Aphobetos, der auch T2;i.(z:
-rij^ xoivijg xpoa68oü war, aber nicht in die erste Vermögens-
classe gehört haben kann; denn es ist bekannt, dass er von
Eltern stammte, welche sich in sehr ärmlichen Vermögens-
verhältnissen befanden und herangewachsen, als Schreiber allen
möglichen Beamten um Geld diente (Schäfer a. a. O. 1. 191 ff.'.
Nach Endigung dieser Fragen wenden wir uns zur Fest-
stellung der Competenz, welche dem xaiAia^; t^? xoiv^i; xpoosBöu kraft
seines Amtes zustand. Abgesehen von einer Stelle bei Aeschines
über Aphobetos,^ geben vorzüglich einige Nachrichten Aus
kunft, die über Lykurgs Wirksamkeit erhalten sind. Die Haupt-
stelle findet sich bei Pseudoplutarch, wo eigentlich die Summe
der finanziellen Thätigkeit Lykurgs in den Worten gezogen ist:
xal Ysvofxevo; tt)^ xoivf|? rpoaiBou TapLCaq rij icoäei st:» tpei; zsvta-
STYjpiSa? xal SiavsifJLa^ ir, t^(; xoivf^q rpoaoBou [JLjpta xat ixtaaiT/i).:!
xal £vax6(Tia xaXovTa, xoXXa Be to>v iJiwtwv 8ia w^tsw^ Xoßwv id\
TcpoSovefea^ xat ei^ touc xtf^ tcoasox; xatpob^ >wtl loG 8t^|xoj tä xivra 2;2-
y.6a(a xal 7:£VTii5>tO'/Ta TaXavta, So^o; 5e änrovTa Tauta Bixaico^ Bwaxijxivai. . .
p. 852 b. Wir haben damit überhaupt den Wirkungskreis des
obersten Finanzbeamten in übersichtlicher und bestimmt fixirter
* R. V. d. Gei. §. 149. ^A9oßY]to; 8^ outoai 6 vea>tato( «oeXoo; r,[i.(uv,
xaXoj; $£ xai 8ixa{(u( twv 0[i.£Tepa>v icpoao8b>v sTCt[JL£X7]6£i(, ors aurov int ttjv
xoiv^v 8io(xv)aiv etXeoOc.
Attische FinanzferwaltuDdr un füiifl^a and ?iertea Jahrhunderte. 437
Weise zuBaminengestellt. Von Lykurg wurden als laiLiaq vf^q
«tvi;; ::poac8oü 18.900 Talente verrechnet (Böckh a. a. O. 1,
{>. 571 und 227). Wahrscheinlich erscheint es, dass derselbe
uuch im Anfang seiner Finanzverwaltung Anleihen bei Pri-
vaten gemacht habe, ohne ein Unterpfand zu geben oder
Zinsen zu zahlen, um nur dem Staate wieder aufzuhelfen
• Hermes I, 341). Wenn es dann noch bei Pollux VIII, 113
von der höchsten Finanzstelle heisst: 6 ^k k%\ i^^ diocxi^^aeu)^
zlpsTs; ^v h:\ Tcov TwpoaiovTtov xai dvGcXt9xo(jLivü)v, so geht daraus
gleichfalls hervor, dass wir es lediglich mit einem Finanzbeamten
zu thun haben, welcher über die gesammten Einnahmen und
Ausgaben des Staates Buch zu führen hatte, und ich glaube,
dass es Unrecht ist, aus diesen Stellen Schlüsse zu ziehen, als
ob dieser Beamte die ganze Verwaltung in Händen gehabt,
als ob er, so zu sagen, die gesammte Staatsmaschine dirigirt
hatte, eine Vorstellung, welche wir bekommen müssen, wenn
wir Böckhs und Schümanns Darstellung aufmerksam lesen.
Dass der Oberbeamte des Verrechnungswesens eine Cassa
zu verwalten hatte, bezeugen schon die gerade gebrauchten
Worte (%a\ Stxvefixoi; . . .). Es ist die Cassa gewesen, in welche
die Tribute der Bundesgenossen und die gerade nicht ge-
brauchten Staatseinnahmen flössen. Einnehmer der Gelder
blieben immer noch die Apodekten. Der Tafjiia; tvj; xocvy}^ icpo-
7:3&u und sein Gegenschreiber werden aber auch anwesend ge-
wesen sein, wenn bei der Bule die Gelder abgeliefert wurden und
an die verschiedenen Gassen zur Vertheilung kamen. Am Ende
des Jahres dürften beim Schatzmeister die verschiedenen Behörden
ihre Abrechnung eingebracht haben, so dass derselbe dann im
Stande war, am Ende einer Finanzperiode über die einge-
gangenen und verausgabten Gelder Rechnung zu legen. Damit
will aber nicht gesagt sein, dass das Amt des Ta{jL(a; von Männern
verwaltet, welche eine Begabung für finanzielle Dinge hatten,
nicht zu einer Bedeutung gelangen konnte, welche streng
genommen mit dem Wesen des Amtes nicht verbunden war.
Der jeweilige Ta{jL(a^ hatte nämlich den genauesten Einblick in
den Stafid der Finanzen, ferner standen ihm Mittel und Wege
zu Qebote, die Hilfsquellen des Staates zu studiren, er konnte
daher am leichtesten zur Hebung und Besserung der Finanzen
438 FelUer.
durch geeignete Vorschläge wirken. Diese Bedeutung liegt
aber nicht nothwendig im Amte, sondern erst durch befähigte
Männer erlangt dasselbe diese Wichtigkeit. Von diesem Stand-
punkte aus sind die Worte des Hjpereides in den Rhett. IX,
p. 545 ed. Walz ToxOel; §6 sxl tv] itoixi^jaet Toi>v xpTiiLxniy^ eupe xspsx
zu fassen. Der gleiche Sinn liegt in den bereits citirten
plutarchischen Worten über die Finanzverwaltung des £ubuIo&
Auch die Anleihen, welche Lykurg bei Privaten machte, weisen
auf einen Finanzkünstler.
Früher wurde schon bemerkt, dass das Schatzmeisteramt
eine vierjährige Dauer hat. Es ist nun auffällig, dass gerade im
Decret des Stratokies überliefert ist, Lykurg habe als •zoL[i.ii^ ir,;
xocv^q T:po(s6io\j durch drei Penteteriden gewirkt. Wir sollten somit
aus diesem Decret, das doch inschriftlichen Werth hat, schliessen,
dass derselbe durch drei Perioden das Amt eines obersten Finanz-
beamten versehen habe. Andererseits lässt dies die anderweitige
Ueberiieferung nicht zu (vgl. Böckh a. a. O. 1, 569 und Schäfer
1, 176). Es bleibt somit nichts übrig als anzunehmen, dass wir es
im Volksbeschlusse des Stratokies mit der thatsächUchen Auf-
fassung der Stellung Lykurgs zu thun haben, dass also ein urkund-
liches Schriftstück, welches erst kurze Zeit nach dem Tode dieses
Mannes entstanden ist, eine Anschauung theilt, welche schon früh
allgemein geworden ist, wie die Worte: 8(>>S6xa en} to^ lupoc^^su:
Tf^q xöXeu)^ Sto(xi^aa<; XVI, 88. bei Diodor beweisen, welcher doch
aus gleichzeitigen Quellen schöpfte. Das Decret bei Pseudo-
plutarch ist aber ausserdem noch von sehr grossem Werthe,
weil es nicht allein genau lehrt, welche Gewalt der Tafita; ti;:
xotv^( 7cpoa63ou gehabt hat, sondern weil es die besonderen
Competenzen nennt, durch welche Lykurg seine vielen Plane
ausgeführt hat. Böckh hat bereits auf die vielseitige Thätigkeit
desselben aufmerksam gemacht, hat es aber unterlassen die ver-
schiedenen Gewalten genau zu prüfen und zu sondern (a. a. 0.571);
so dass es den Anschein haben konnte, als ob all diese mit dem
Amt eines TaiJLia^ in naher Verbindung stünden. G^rn werden
wir zugeben, dass die grossartigen Bauten und anderweitigen
Unternehmungen Lykurgs als ein Ausfluss des finanziellen Wohl-
standes anzusehen sind, welcher damals in Athen herrschte. Des-
wegen sind sie aber nicht mit der Competenz des ersten Finanz-
Attische FiBMiiTerwaUuig im fünften and nerten Jnhrhnnderte. 439
beamten in Verbindung zu bringen. Mit Recht haben daher Cnrtius
ia. a. O. 282) und noch stärker Köhler (a. a. O. 321) die
commissarischen Aemter betont, weiche Lykurg im athenischen
Gemeinwesen inne hatte. Aus dem Decrete des Stratokies geht
deutlich hervor, dass diese vollständig getrennt von einander
zu halten sind. Zuerst handelt dasselbe vom Schatzmeisteramte,
dann geht es darauf über, die einzelnen Verdienste unseres Staats-
mannes zu würdigen. Es berichtet, dass Lykurg in specieller
Mission den heiligen Schatz auf der Burg einer vollständigen
Reorganisation unterzog: Iv. ik alpeOet^ (j^ko tou Sifjjiou xP^ixordE
TsXXa ouvi^aY^v ei{ tyjv obipoTCoXiv xat icopaoxeuiaa^ xi) Oecp xöqxov,
'thaq TS 6Xoxpuoou^ 7co|iiiceti ts xP^^ '^'^ dp^upä xat x6qAoy xp^aouv
Ixorccv xavv;f 6pcu<;. Qleichfalls wurde er besonders damit beauftragt,
ßir die Anschaffung von Waffen und Oeschossen zu sorgen und
die Kriegsmarine in gehörigen Stand zu setzen (xeiporowjOei^
Ik sici T^{ TOU 7oXs{JL0u icapaaKeuY}^). Vollkommen selbstständig wird
dann die Bauthätigkeit mit den Worten angefUhrt (xpb^ li
TOuTocq i]kUf^a iropaXoßbiv To6q t£ veo)9o(xou^ xal tv)v ox€uo6i^y]v . . . .)
Dies nach der Darstellung Köhlers. So sehr ich dessen
Verdienste betreffs Aufhellung der ,lykurgiBchen Verwaltung'
anerkenne, so kann ich ihm doch nicht beistimmen, wenn er
annimmt, dass Lykurg, nachdem er von Ol. 110. 3 — 111. 3
als T<z(&(a^ vf^q xoivi]^ TipoacSou an der Spitze der Verwaltung
gestanden, dieselbe auch in den beiden folgenden Penteteriden
leitete, in der ersten als Obmann jener zur Regulirung der
Staatsfeste und heiligen Schätze eingesetzten Behörde, in der
zweiten als Yeip&xorrfieiq exi tv;^ toj icoXdjxou Tuapooxeur;^ (a. a. O. 321).
Öern gestehe ich zu, dass Lykurg diese commissarischen Aemter
gehabt hat, dass er aber durch dieselben die ,Leitung der Ver-
waltung' in den Händen hatte, ist mir zweifelhaft. Zunächst
änden wir bei den Alten nicht die leiseste Spur einer solchen
Auffassung, dann aber weiss man, dass Lykurg auf die finan-
zielle Leitung des Staates dadurch £influss nahm, dass es ihm
^lang, Personen, die von ihm abhängig waren, während der
zwei genannten Penteteriden die Würde eines xa[daq rf^q xocv^^
*pc3s3ou zu verschaffen. Die beiden erwähnten commissarischen
Aemter haben damit nichts zu thun. Von ihnen können wir
nicht sagen, wie lange sie dauerten. Sie waren an keine
440 Fellner.
beBtimmte Zeit gebondeD, sondern hörten; da sie eben aoBBer-
gewöhnlicher Natur waren, auf, als die durch Volksbeschloss
angeordneten Veränderungen ausgeführt waren. £s ist ja
richtig, dass die Rechnungsablage der Commission, welche
die heiligen Schätze zu ordnen hatte und zu der sicherlich
Lykurg gehörte; mit dem Archontat des Etesikles (Ol. 111. 3
= 334/3) beginnt (Hermes 2, 25). Wie lange aber die Com-
mission im Amt war, lässt sich nicht feststellen. Sie kann
ebenso gut vor wie nach Ol. 112. 3 eingegangen sein. Man
kann also nicht daran denken, in diesen selbst zeitlich unbe-
grenzten commissarischen Aemtern einen vollständigen Ersatz
für die niedergelegte Schatzmeisterwürde zu sehen. Sehr zu-
treffend ist aber die weitere Ansicht Köhlers, dass die Rede Ly-
kurgs 'Tüspt Btotxi^aect)^, in welcher das vielgedeutete Fragment ex ^aüv
lepcdv u)v i^|Ji.6t^ liceTpo^e6ca(jiev (Lykurg und die Commission) vor-
kommt,' nicht unmittelbar nach der Finanzverwaltung Lykurgs
Ol. 110. 3^111. 3 gesetzt werden könne, da sie nicht eine
Bechnungsablage über die Amtsführung desselben, als t2{jl{o^ ^z
xotvi;^ icpofföSou, sondern vielmehr einen Rechenschaftsbericht über
die zu Ende gebrachte Neugestaltung des heiligen Schatzes enthalte.
Was endlich die im Psephisma des Stratokies angefahrten
Bauten betrifft, so geht schon aus der Fassung des Decretes
hervor, dass sie mit den commissarischen Aemtern und mit dem
Schatzmeisteramt nichts zu thun haben, sondern vollkommen
unabhängig davon ausgeführt wurden. Lykurg war es, welcher
den Bau in der Volksversammlung beantragte. Baucommissionen
wurden dann aufgestellt, in denen er in hervorragender Weise
thätig war, wie die Worte in seiner Lebensbeschreibung: ib
dv Aiov69ou Odorcpov imcnonm £7C6TdXe(76v zeigen.^
Lykurgs Wirksamkeit war gewiss eine ausserordentlich
umfassende zu nennen, besonders wenn wir bedenken, dass er
auch als Staatsmann auf dem politischen Gebiete Einiges leistete.
Deshalb sagt der schon so oft genannte Volksbeschluss xat l]yj;
euOuvo^ TCoXXoxt^ [tcov ir6icoXiT£U[i.^y(«)y t6 %ai Tü>y] St(i)xr/)jLSv[<i>y h eXeu6ep2
1 Bekker Anecd. p. 145, 33. In der Fragmentsammlang von Kieasling 8. 80
und Müller (Didot'sche Ansgabe) oratt att. II. frg. 30.
' C. Wachsmuth a. a. O. p. 601 und Gurtius a. a. O. p. 282.
Attiicli« FiiumiTenraltttng im fftnfton nad vierte n Jfthrhnnderte. 441
ia\ SvjiAoxpoToupidv^ vfji\i xoXei (C. I. A. II. nr. 240). Man hat
also eigentlich den Verwaltaogsmann vom Staatsmanne zu
trennen. Wie wir aber bei anderen bedeutenden Männern
Athens, wenn wir ihre Wirksamkeit im Staate im Auge haben,
voD xoXtTEta reden, so können wir auch die gesammte öffent-
liche Thätigkeit Lykurgs mit diesem Namen bezeichnen. Pau-
sanias ist daher nicht zu tadehi, wenn er schreibt: %axea%süa<jt
Ik rojixeta ti) Oeo), iq ik i:6Xs(jioy S^Xa xat ßiXiQ %a\ TeTpomooia^
'Wj^a/pijQVi eTv0E( Tpciijpet^* oixodofJii^jAaTa Se itcsTiXsffs )jl^v Tb O^orpov
hep<ov ir;rap§a)j(ivu)v , Ta 8e ixl ty}^ auTOu KoXcxefa^ & (d)(.oS6|xiQ96y,
SV Ileipztei vc(ik; statv oTxot xat to — YUfjivaciov (I, 29, 16). Darnach
muss die Rede Lykurgs dbcoXoYiopLo^ a>v 'ireiceXCteurat beurtheilt
werden. Derselbe vertheidigt hier seine ganze öffentliche Thätig-
keit in umfassender Weise, er wird da nicht allein von der Ver-
waltung der Staatsfinanzen, sondern auch von den commissari-
Bchen Aemtern, den Bauten und seiner politischen Thätigkeit
gesprochen haben, wie schon die wenigen Fragmente zeigen
können, welche erhalten sind. Im Lexikon des Harpokration
werden folgende, aus dieser Rede des Lykurgs entnommene
Wörter angeführt: 3ep{i.aTix6v, 43(i)Xti9ai (ai sv Tai<; vouci xaO^Bpat)
nurT6(Ai:£9ov, vsbipia xal vecuaoixot.
Es sind noch einige Inschriften zu nennen, welche über
Lykurgs Stellung Aufklärung geben könnten. Vor allem ist
die von Köhler nr. 164 angeführte Inschrift wichtig, welche
in das letzte Jahr und in den letzten Monat von dessen
Finanzverwaltung (01.111. 2/3) gehört. Es wurde vom Volke
eine umfassende Revision der heiligen Schätze und eine Organi-
sation des gesammten Cultwesens beschlossen. Eine eigene
Behörde wurde eingesetzt, welche den von Lykurg angeregten
Volkswillen zur Ausführung bringen sollte. Anfangs Ol. 111. 3
beginnt diese ihr Amt zu versehen. Leider sind nur Bruch-
stücke der inschriftlich. niedergelegten Rechnungsablage dieser
Behörde erhalten. > Von Wichtigkeit ist , dass daraus hervor-
geht, dass der Rechenschaftsbericht über die Einnahmen, welche
aus den verkauften Häuten der Opferthiere erzielt wurden,
Boekh a. a. O. II, p. 111—142, Rang 841 u. 842. Eph. arch. S266 und 8452,
Heimes I, p. 317—318 and U. 24 ft.
442 Pellner.
nicht wie Böckh meint (a. a. O), vom Ta{Aia(; vf^q xotvr^c ^cpocd^
herrührt, sondern von obiger Behörde gemacht wurde.
Die gepflogene Untersuchung hat gezeigt, dass die ver-
schiedenen Aemter, welche Lykurg bekleidete, durchaus nicht
mit einander zu vermengen sind. Für die Feststellung der
Competenz des xaidaq vfi<; xctvt^^ 7:po96§ou wurde als bestimmteB
Resultat erzielt, dass dafür nur die Stellen im Decrete des
Stratokies und die kurze Notiz bei PoUux massgebend sind.
Kurz wäre noch Einiges über die Bedeutung zu sagen,
welche das Amt des Schatzmeisters im damaligen athenischen
Parteigetriebe hatte. Wir könnten es fast ein Partei&mt im
strengsten Sinne des Wortes nennen. Der Finanzvorsteher ist
immer ein Mitglied der die Wahl beherrschenden politischen
Fraction. Verliert dieselbe ihren Einfluss, so dürfen wir
sicher sein, dass in der nächsten Finanzperiode keines ihrer
Mitglieder die Stelle des xaixia^ tqq xoivi)^ 7:poa6Scu einnimmt. Als
Eubulos und seine Anhänger das Uebergewicht hatten, waren
Männer dieser Partei Schatzmeister, wie Eubulos selbst und
Aphobetos, der Bruder des Aeschines. Nach dem Sturze
des Eubulos, sehen wir Ol. HO. 3 einen Finanzvorsteher im
Amt, welcher aus den Gegnern genommen ist. Es ist das
der Eteobutade Lykurg, der Parteigenosse des Hypereides und
des Demosthenes. Durch drei Finanzperioden hindurch hatten
diese Männer einen starken Einfluss bei der Büigerschaft. Den
Niedergang ihrer Partei bezeichnet das Jahr Ol. 113. 3, in
welchem Menesaechmos, ein Mann der Gegenpartei und ein
persönlicher Feind Lykurgs mit der Leitung des obersten
Finanzamtes betraut wurde. Welcher Werth diesem Amte von
Parteiführern beigelegt wurde, geht femer noch aus dem
Umstand hervor, dass Eubulos, als er dasselbe nicht mehr
verwalten konnte, es dadurch unschädlich zu machen suchte^
dass er eine andere Behörde, wo Wiederwahl möglich war,
mit einer Gewalt auszustatten wusste, durch welche alle anderen
Aemter im Staate in Schatten gestellt wurden.
Den Schlussstein der Erwägungen sollen einige Bemer-
kungen über die Umgestaltung bilden, welche das oberste
Finanzamt zu Ende des vierten Jahrhunderts traf. Nebenbei
Attüebe FilUHizTarwaltiing im fllnfton und riarten JftlirhQnd(*rte. 443
wurde schon auBg^esprochen, dass nach dem Sturze des Deme-
trioB aus PhaleroD, in Athen die Demokratie wieder auflebte
and Veränderungen im attischen Staatswesen eintraten, von
welchen das Amt des xafJLia; tt;^ xotvfjc; npocoSou ebenfalls berührt
wurde. Wahrscheinlich dürfte damals der Titel 6 iid ty) 8(ot)iii^9£t
zur Geltung gekommen sein. Dann wurde aus dem Amt eine
formliche Verwaltungsbehörde gemacht. Der Beamte 6 iizl vf^
stotxnjaei musste dafUr sorgen,^ dass die Kränze und die Stand-
bilder, welche das Volk Einzelnen oder Gemeinden zuerkannte,
angefertigt wurden und dass diese Ehrenbezeugungen zur Ver-
kündigung gelangten: rfi<; 8e roi-Zjaeb)^ toO orefivou ym vf^ e!xivo^
ki[ukrfirjyM xbv hd tei Sio(x-/j9S( (nr. 251) oderiTJ^ Ik icoci^aeoi)^ toü ote-
fivo'j Htm rft^ eixovo? (?) xal t^? dvoYopeüCEWi; e^ipi6XT;^vat töv kiA tsT
i'.ooL-fyjti (nr. 275). Kurze Zeit blieb neben dieser umgestalteten
Behörde der Taixia^ toO Bi{{jlou in seiner vollen Amtsgewalt
bestehen. Bald aber erlosch dieses Amt und der 6 i7:\ tv) Siot-
xt;«! verrichtete die Functionen desselben, wie z. B. die In-
schrift nr. 300 zeigt, welche dem Jahre Ol. 121. 2 = 295/4
angehört: slq ^k ttiV dvaYP«f»iv Tij(; tt/iXtq^ 8ouvat tov eici tsI StoiXK^aet
TS aviAb)[xa. Gleich hier sei noch angefügt, dass man sich nicht
etwa durch die Inschrift nr. 254, Z. 18 S, : [rr^q ^k luoi^aeü)^ to]u cre-
jivoy xal | [zfi^ dvaYop66aew^ £xijjL€Xr|Of^v]at xbv Ta|jL{[a]v TOj[ij Stjfjioü];
täuschen lasse und glaube, der Ta|xta^ tou §ii{|jlou habe vor Auf-
hebung des Amtes dieselbe Gewalt gehabt, wie der 6 iiA vr^
C'.5'.xi{a£t. Die Urkunde scheint nicht richtig ergänzt zu sein.
Ich bin der Meinung, dass wir nur an den Taijua^ T(5y cxpaim-
touijv denken können, der bekanntlich sich damals mit dem 6 i^A tv]
^.5tx^4c6l in die oberste Verwaltung theilte. Der vorgeschlagenen
Aenderung steht nichts im Wege, soweit wir aus den gering-
fügigen Ueberresten der Inschrift schliessen können. ^ Wenn
wir weiter die neugeschaffene Competenz des 6 k%\ ty] Siotxi^ffei
verfolgen, so lässt sich nur sagen, dass sie nicht lange un-
verändert blieb. Schon im Jahre Ol. 123. 3 = 286/5 finden
wir mehrere Vorsteher der Verwaltung, welche ol i%\ rf) Siotxi^aei
genannt werden (nr. 311). Aber auch dieser Zustand dauerte
' Vgl. u. a. C. I. A. II. 251 und 276, und Harte! a. a. O. p. 130.
^ Ebenso iat Inschrift 310 an den Ta|i{a{ luiv TTpaicoTixcov zu denken.
444 Felln«r. Attitch« Fia»uT6rwftUa Dg im fftnflen und riertan Jfthrhutdarte.
kurze Zeit. Zur Zeit des chremonideiscben Krieges stand
wieder ein 6 iiA vf^ itotxi^aet an der Spitze der Verwaltung. Im
zweiten Jahrhundert verschwindet das Amt gänzlich vom poli-
tischen Schauplatz (nr. 451). Der Eriegszahlmeister und die
Strategen theilen sich; wie die Ephebeninschriften darthun, in
seine Befugnisse.
KdoII. Dm Handlich rift«nT«rhä1tniKii der Vita S. SeT«rini des Knrippia». 445
Das Handschriftenverhältniss der Vita S. Severini
des Eugippius.
Von
F. KnöU.
Uie in sachlicher wie in sprachlicher Hinsicht äusserst
wichtige und interessante Biographie des heiligen Severinus
von seinem Schüler Eugippius hat in neuerer Zeit so sehr die
Aufmerksamkeit nicht nur der Historiker, sondern auch der
Philologen und Theologen auf sich gewendet, dass es beinahe
f^ewagt scheint, nach den Ausgaben,^ Abhandlungen^ und Ueber-
setzungen,*^ die das Schriftchen in den letzten Jahren veran-
lasst, nochmals auf dasselbe zurückzukommen. Auch würde
ich es gewiss unterlassen haben, dies zu thun, wenn ich nicht
^ Von neueren Aasgaben sind zu erwähnen: a) Vila S. Severini auctore
Eugippio; critice edidit Antonius Kerschbanmer. Scaphuaiae 1862. Sie ist
ein genauer Abdruck einer nachlSssig angefertig^n Collation des Codex
Lateranensia, von der jedenfalls nicht gilt, was der Herausgeber auf dem
Titelblatt von ihr behauptet, dass sie eine kritische Ausgabe sei. bj Die
erste kritische Ausgabe, veranstaltet von H. Sauppe für den I. Band
der Monumenta Germaniae: Eugippii Vita S. Severirii recenauit et cid'
notauit Hermannu» Sauppe. Berol, f877,
^ Abgesehen von einigen italienischen Abhandlungen, die theils Bekanntes
tbeils Unrichtiges wieder behandeln, ist hier die verdienstvolle Abhand-
lang von Professor M. Büdinger: Etigipina^ eine Untersuchung (Sitzber.
d. k. Akademie d. W. XCI. Bd. 8. 793 ff.) zu erwähnen.
' Nach Carl Ritter^s Uebersetzung sind noch folgende erschienen : a) Leben
des heiligen Severin von Eugippius. Uebersetzt von Dr. Carl Roden-
herg. Leipzig 1878. (Gescbichtscbreiber der deutschen Vorzeit; Liefe-
rung 55); sie legt den Sauppe'schen Text zu Grunde, b) Das Leben
des Noriker- Apostels St. Severin von seinem Schüler Eugippius von
Sebastian Brunner. Wien 1879. Das Bezeichnendste für diese Uebersetzung
ist, dass sie auf Grund des schlechten Textes der Bollandistenansgabe
gemacht ist, obwohl der Verfasser die Sauppe^sche Ausgabe kennt.
44f> Kn«ll.
die Ueberzeugung gewonnen hätte, dass namentlich (lir den
Text und die Textgeschichte der Vita auch nach der neuesten,
sehr verdienstlichen Ausgabe von H. Sauppe noch manches zu
thun übrig bleibe , anderes vielleicht anders gethan werden
müsse. Denn Sauppe benützte für die Herausgabe eine ver-
hältnissmässig geringe Anzahl von Handschriften, blos drei,
den Lateranefisis (L), Vaficanus (V) und Ambrosianus (M), und
wenn wir bedenken, dass in zweien derselben, dem Vaticanus und
Ambrosianus, einzelne Theile der Vita (Capitulation und Epistola
Paschasii) fehlen, beide aber bedeutend jünger sind als La-
teranensis, so ist es erklärlich, dass Sauppe seiner Textes-
recension diesen Codex zu Grunde legte. Da mir nun ein
grösserer handschriftlicher Apparat vorliegt, den ich auf einer
Reise in Italien gesammelt habe, darunter Handschriften, die
mehr Klarheit in die Frage über die Textgeschichte der Vita
zu bringen vermögen, so schien es mir am Platze, zu unter-
suchen, ob denn der Text nicht nach einem anderen Codex
als dem zugestandenermassen sehr fehlerhaften Laternnensis zu
gestalten sei. Zugleich soll diese Untersuchung über die Hand-
schriften der Vita der Vorläufer und die Rechtfertigung meiner
im Auftrage der k. Akademie der Wissenschaften für die
Sammlung der Kirchenschriftsteller zu veranstaltenden Aus-
gabe sein.
Die handschriftliche Ueberlieferung dieser Schrift stützt
sich keineswegs, wie bei vielen Werken aus dem Alter-
thum, auf eine geringe Zahl von Codices; vielmehr ist die
Vita durch eine sehr beträchtliche Anzahl von Handschriften
vom 9. bis ins 15. Jahrhundert hinein überliefert, und zwar
sind es ausnahmslos Codices der sogenannten Vitae Sanctorum,
in welchen sie sich findet; niemals ist sie mit dem andern
grösseren Werke desselben Autora, den Exeerpta ex operibus
S. Augtistini, in einem Codex vereint. Von solchen Hand-
Schriften hatte A. Bethmann, wie Sauppe p. IX seiner Aus-
gabe anmerkt, dreissig thcils selbst verglichen, theils von
Anderen vergleichen lassen. Hauptsächlich sind es die Biblio-
theken Italiens und in Deutschland die Klosterbibliotheken der
Donauprovinzen, in denen zahlreiche Handschriften der Vita
Du H»ndc€hrift6urerhältuiMfi der Vita S. Öeferini des Eng^ippittt». 447
aufbewahrt sind; aus den letzteren gingen einige in die Biblio-
theken Wiens und Münchens über. Diese grosse Masse von
Plandschriften lässt sich im Allgemeinen in zwei Classen theilen,
deren ersterer die guten Handschriften angehören, die sich,
so weit unser Wissen bis jetzt reicht, ausnahmslos in den Biblio-
theken Italiens finden; die zweite, die Classe der schlechten
Handschriften, ist die weitaus zahlreichere und umfasst bei-
nahe alle Handschriften des 12., 13., 14., 15. Jahrhunderts;
diese letzteren, zu denen alle in deutschen Bibliotheken befind-
lichen Handschriften der Vita zu rechnen sind, bieten für die
Textesrecension in keiner Beziehung irgend etwas Berück-
sichtigenswerthes. Ohne den geringsten Nachtheil fUr den Text
können alle insgesammt unberücksichtigt bleiben. Höchstens
80 viel kann man aus ihnen lernen, dass kein Grad der Will-
kür, Nachlässigkeit und der anderen Untugenden eines Ab-
schreibers zu hoch ist, den nicht einer oder der andere von
ihnen erreicht hätte. Dass diese Classe sich nicht blos auf
jüngere Handschriften beschränkt, zeigt uns der dem 9. Jahr-
hundert angehörige Münchener Decurtatus {D bei Sauppe), der
in Bezug auf das Alter sogar alle Handschriften der guten
Classe übertrifft, aber seiner Fehlerhaftigkeit nach unbedingt
dieser Classe beizuzählen ist; da diese allgemein eingestanden,
und die Handschrift selbst für den Text werthlos ist, so ist
sie von mir in der folgenden Untersuchung ebensowenig wie
ii^nd ein Codex der schlechten Classe berücksichtigt worden.
Von Handschriften dieser letzteren Classe habe ich folgende
theils ganz, theils bruchstückweise verglichen : einen Venediger
Harcianus; vier Handschriften der Bibliotheca Vallicellana in
Rom; einen äusserst fehlerhaften Codex Barberinianus zu Rom;
vier Handschriften der k. Hofbibliothek in Wien.
Sehr häufig findet sich die Vita in den Handschriften
dieser Classe noch überdies abgekürzt und zwar nicht in
einer und derselben Weise, sondern bald ist dieser, bald jener
Theil, oft sogar der grösste Theil des Textes weggelassen;
dieses ist unter den oben genannten Codices beispielsweise
in dem Mtinchener, dem Marcianus, einem Vallicellanus, zwei
Vindobonenses der Fall. Der Grund für die Kürzung der-
selben ist wohl zunächst in dem Mangel an Raum, an dem ja
besonders die Handschriften der Vitae Sanctorwm leiden, zu
448 KnöU.
suchen. Nachdem der Schreiber aus der Vita Hinreichendes,
wie ihm schien, über den Heiligen mitgetheilt, — denn mn
das Historische in derselben, dessenthalben wir sie sch&tzen,
war es ihm wohl nicht zu thun — brach er wohl ab mit der
Schlussformel: ihs xps dfla nr eui e hcmor et gia p inßnitaKiä
sciorum. amen, wie dies im Marcianus der Fall ist.
Von Handschriften der guten Classe habe ich in ver-
schiedenen Bibliotheken Italiens folgende gesammelt und zum
grössten Theile selbst verglichen:
1 . Codex Late/i'anensis LXXIX (L)y angehörig dem Archiv
der Archibasilica des Lateran; Grösse: 0*51 M. lang, 037 M.
breit. Diese Handschrift, die in vier Theilen durchwegs Lebens-
beschreibungen von Heiligen enthält, stammt wahrscheinlich
aus der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts; der Text ist in
Doppelcolumnen geschrieben. Auf dem ersten unbeschriebenen
Blatte der Handschrift steht von bedeutend späterer Hand die
Nachricht über den angeblichen Zusammensteller der Sammlung:
Est corwpo^itum a Secundino epo tauromeiiitano tempore 8, Grre^orii
paj)^] darunter schrieb eine diesem oder dem vorigen Jahr-
hunderte angehörige Hand die wohl richtige Bemerkung erronea
inscriptio. In dem ersten Bande nun von Fol. 29^ bis 4CK*
steht die Vita Severini ; ' und zwar enthält die Handschrift
sowohl die beiden Briefe des Eugippius und Paschasius als
die Capitulation und die eigentliche Biographie des Heiligen
in folgender Reihenfolge: 1. den Brief des Eugippius^ an
Paschasius unter dem Titel plogtts de uiUi uel obitu m
seuerini; 2. den Antwortsbrief des Paschasius an Eugippius;
3. die Vita selbst. Die Anfangsbuchstaben einzelner Capitel
sind wie im Cod. Amhrosianus am Rande wiederholt. Die
* Diese Handschrift wurde von mir nach dem Migne*scben Abdruck der
Bollandistenausgabe verglichen, nachdem mir durch Vermittlung der
k. k. Botschaft und die zuvorkommende Güte des Monsignore Ettore
Valeri die Benützung derselben ermöglicht worden war. Stellen, an deneu
meine Collation von der sehr sorgfältigen Hinck*schen der Sanppe^'schea
Ausgabe abwich, wurden von mir nochmals einer genauen Prü-
fung unterzogen; namentlich trachtete ich genau zu ver-
zeichnen, an welchen Stelleu Rasuren bemerkbar seieo,
und was von erster oder zweiter Hand herrühre.
2 Die Handschrift hat überall die Form eu*jepiu9.
Das HaBdtchriftenv«rhä1tiiiM d»r Vita S. Severini des Engippins. 449
Capitulation ist gleichsam als Titelüberschrift und Inhaltsangabe
den zugehörigen Capiteln vorangesetzt : eine Anordnung, die
sich in keinem der anderen Codices findet und auch dem Arche-
typus des Lateranensis fremd war; sie ist vielmehr, wie so
vieles andere in dieser Handschrift, auf Rechnung des Schreibers
der Handschrift zu setzen. Dass die Anordnung der einzelnen
Theile, aus denen die Vita besteht, in der Vorlage des L eine
andere war, als sie jetzt in L ist, wird aus folgendem ersicht-
lich. Den Brief des Eugippius an Paschasius schliesst der
Schreiber mit folgenden Worten: Explidt flogtis. Incipiunt
capifnla. Doch folgt blos ein Theil der Inhaltsangabe des
ersten Capitels; hierauf aber wird abgebrochen und es folgt
der Antwortsbrief des Paschasius und die Capitelüberschriften
sind vor die entsprechenden Capitel der Vita gesetzt. Nur
einmal (Cap. XI) vergass der Schreiber die Capitelüberschrift
beizusetzen; die zweite Hand, die überhaupt in der Hand-
schrift sehr viel herumradirt und corrigirt hat, setzte sie
mit schwarzer Tinte an den Rand, so dass sie später beim
Einbinden der Handschrift zum Theil weggeschnitten wurde.
Die Inhaltsangaben zu Cap. II und III finden sich doppelt
in der Handschrift; denn die zweite Hand wiederholte sie am
Rande. Uebrigens scheinen auch die von erster Hand her-
rührenden Inhaltsangaben erst, nachdem der Text der Hand-
schrift bereits vollständig niedergeschrieben war, mit rother
Tinte in den hiefür freigelassenen Raum eingesetzt zu sein;
deon der offen gelassene Raum erwies sich oft als zu klein.
Nach dem eben Gesagten war also die Anordnung der ein-
zelnen Theile der Vita in der Vorlage des L folgende: 1. Der
Brief des Eugippius; 2. die Capitulation; 3. der Brief des
Paschasius ; 4. die Vita selbst. Doch ist es sehr wahrscheinlich
und lässt sich aus der Anordnung der anderen Handschriften
namentlich des dem L sehr nahe stehenden Vaticanua 1197
schliessen, dass der Brief des Paschasius auch in der Vorlage
des L die letzte Stelle einnahm ; der Schreiber des L bemerkte
denselben erst, als er die Capitulation zu schreiben begonnen,
und brach ab, um das Antwortschreiben des Paschasius un-
mittelbar auf den Brief des Eugippius folgen zu lassen. So
unbedeutend und unwesentlich nun dies scheint, so ist es doch
auch ein Beweis für die Willkürlichkeit des Schreibers des L.
Sitnifsbcr. d. phU.-hist. a. XCV. Bd. I. Hft. 29
450 Knftll.
2. Codex Tavrinenifis (T)^ der k. Universitätsbibliothek in
Turin angehörig, führt daselbst die Signatur F. IV, 25. Diese
Handschrift^ in 4^, die Seite gleichfalls zu zwei Columnen,
gehört wohl noch dem Ende des 10. Jahrhunderts an ; Reiffer-
scheid setzt sie übereinstimmend in das 10. bis 11. Jahrhundert.
Dieser Codex, wohl im Kloster Bobbio geschrieben, war ehe-
mals Eigenthum dieses Klosters, wie eine viel spätere Hand
am oberen Rande des ersten wie des zweiten Blattes bemerkt:
Liber scti (sie!) \t48\ columbani de hohio*^ und auf Fol. 4^ wird
nochmals von derselben Hand in Erinnerung gebracht, dass
die Handschrift Eigenthum des Klosters Bobbio sei : hie Uh^
est monachorum congregationis sctq tustinq de o6ßuäfta ordts icti
benedicti residentiü in mon ~8ci columbani de bobio. 6 cupr st
nöiö 17. Der Codex enthält alle Theile der Vita von Pol. 1"
bis Fol. 24^' und zwar in folgender Reihenfolge: 1. den Brief
des Eugippius^ an Paschasius, ohne Titelüberschrift; 2. die
Capitulation ; voran gehen folgende in Majuskeln theils mit
rother, theils mit schwarzer Tinte geschriebene Worte : Indpimt
capitula de hie quae in cofnemoraiorio continentur id est qmb:
uitq uel gestorum sei seuerini panduntur indieia; zum Schluss
der Capitulation ebenfalls in Majuskeln: expliciunt capitvla
incipit uita sei seuerini abbatis, welche Worte eine spätere Hand
wiederholt hat; 3. das Commemoratorium ; dies schliesst mit
folgenden, gleichfalls in Majuskeln geschriebenen Worten : Iwhes
egregi xpi (nicht jcpe, wie bei Reifferscheid p. 138) minister
commemoratium (sie I) de quo opus effidas tuo magisterio fruetuo-
sum explicat commemoratorium in quo sei seuerini nitae con-
tinentur indieia incipit rescriptum sancti pascasii diaconi. Es
folgt nun 4. der Brief des Paschasius. Auf die Vit/i S. Se-
verini folgen dann Lebensbeschreibungen anderer Heiligen, die
unter dem Collectivtitel Paradisus zusammengefasst sind. Der
Schreiber dieser Handschrift verfuhr im Allgemeinen bei seiner
* Dieselbe wurde bisher noch niemals für die Herausf^abe der Vita benGtzt;
Reifferscheid erw£hnt sie BUtliothteapatrnm latinomm italica IL Bd.p, 137 f.;
ich yergflich sie im October 1877; eine Nachvergleichang einzelner xweifel-
faafter Stellen besorgte mit gewohnter Liebenswürdigkeit Prof. Cat.
G. Müller in Turin.
' Der Codex hat zweimal (Fol. 1" 23'»') die Form eugepin»; einmal (24^*)
eugipiü.
0aB HmdtchrifkeiiTerh&UniM der Vita S. Sarerini des Engippins. 451
Abschrift sehr sorgsam; daher finden sich in derselben selten
Rasuren und Correcturen; Verbesserungen von zweiter Hand
sind an einigen Stellen nachvireisbar ; doch betreffen sie meist
Nebensächlichkeiten, wie Assimilation von Consonanten u. ä.,
so dass z. B.y veenn die erste Hand ammanere geschrieben
hatte, die zweite das erste m durch einen Punkt tilgte und
darüber ein d setzte. Qewaltsame Umgestaltungen des Textes
und grössere Correcturen hat sie nicht gewagt. Trotz dieser
augenscheinlichen Sorgfalt des Schreibers ist die Handschrift
jedoch nicht ganz fehlerfrei.
3. Codex Vaticanua 6772 (V^. Eine Handschrift in Folio,
wohl aus der ersten Hälfte des 11. Jahrhundei*ts, mit zwei
Colomnen Text auf jeder Seite. Auch diese Handschrift war,
bevor sie der vaticanischen Bibliothek einverleibt wurde, Eigen-
thum des Klosters Bobbio, wo sie, wie später nachgewiesen
werden soll, auch geschrieben wurde. Dass sie dem Kloster
Bobbio gehörte, zeigt die Ueberschrift am oberen Rande des
ersten Blattes: Liber «ci [i23\ columbani de bohio. Von Fol. 29'^
bis 41'^ enthält der Codex 1. den Brief des Eugippiüs^ an
Paschasius; 2. das Commemoratorium ; die Capitulation und
das Antwortschreiben des Paschasius fehlen. Der Brief dfes
Eugippius fuhrt die Ueberschrift: Incipit uita beati seuerini;
doch rührt seuerini erst von zweiter Hand und steht mit
schwarzer Tinte auf einer Rasur; darüber schrieb dieselbe
Hand mit kleineren Buchstaben als Titel für den Brief: plogus
'» Ulla, Die Anfangsbuchstaben der Capitel fehlen sehr häufig;
offenbar sollten sie später in den für sie freigelassenen Raum
mit rother Tinte eingesetzt werden. Ueber das Verhältniss dieser
Handschrift zum Taurinensis wird später gehandelt werden.
4. Codex Vaticanus 1197 (V.t), Eine Handschrift mit
Lebensbeschreibungen von Heiligen von grösstem Format, mit
zwei Spalten Text auf jeder Seite. ^ Die Vita S. Severini füllt
* An der einen SteUe, wo dieser Käme vorkommt (zu Beg^inn des Briefes),
lantet er mgipiu».
^ Diese Handschrift scheint bisher noch nicht yollstfindig' benützt worden
sa sein; Sauppe erwfihnt sie ein einziges Mal zur Emendation einer
SteUe der Capitulation, die im Lateranensis corrupt ist (p. 6). Der Codex
wurde bis Cap. VIII von mir, der übrige Theil von Hm. G. Kieseritzky
verglichen.
29*
452 KnftU.
in derselben den Raum von Fol. 189'^ bis 205'^ aus; sie ent-
hält sowohl die beiden Briefe als die Capitulation und das
Commemoratorium in folgender Reihenfolge: 1. Epistola Eugippii'
ad Paschasium bis Fol. 190'^; 2. die Capitulation bis Fol. 191";
3. die Vita Severini bis Fol. 204^^; 4. die Epistola Paacbasii
bis Fol. 205'^. Die Handschrift stammt nach einer gütigen
Mittheilung des Herrn Dr. G. Loewe aus dem 11. bis 12. Jahr-
hundert und ist in langobardischen Charakteren auf Monte
Cassino oder von einem Monte Cassinenser Mönche geschrieben
worden.^ Die Schrift der ersten Hand ist im Allgemeinen
correct; verhältnissmässig selten kommen Rasuren und Ver-
besserungen, von einer zweiten Hand herrührend, vor.
5. Codex Vallicellanus Tom. XII, 028 M. lang, 016 M.
breit, aus dem 11. bis 12. Jahrhundert; angehörig der
Bibliothek des Oratorianerklosters der Chiesa nuova zu Rom.
Er enthält von Fol. 74^ bis 108^ die beiden Briefe, die
Capitulation und die Vita; und zwar folgen die einzelnen
Theile in derselben Reihenfolge auf einander wie im Tau-
rinensüy also: 1. der Brief des Eugippius;' 2. die Capitulation;
3. das Commemoratorium; 4. der Brief des Paschasius. Sogar
die Subscriptionen der einzelnen Theile sind fast wörtlich mit
^ Die Form des Namens lantet überall eugepiu».
> Aaf Monte Cassino befinden sich nach Angabe des Catalogs noch Tier
Handschriften der Vita, alle aus dem 11. Jahrhundert: die Codices 13H.
144, 145, 146, von denen der letzte ein Cod, decurtatu» ist, in dem der
grösste Theil des Textes fehlt; 144 enthält Mob die Epistola Eagippii,
die Capitnlation nnd von der Vita nur das 1. Cap.; im Cap. 2 bricht
die Handschrift nach den Worten monüM tUri dei »ancU» aperihn» ab, dA
eine Anzahl BIfttter aus der Handschrift herausgerissen ist VollstSndi^
sind also blos 139 und 145; doch fehlt in 139 die Capitulation. Mangel
an Zeit machte mir es unmöglich, diese Handschriften während meine«
Aufenthaltes in Italien zu vergleichen. Doch scheinen sie ganz derselben
Classe anzugehören wie Vat, 1197; sicher nachzuweisen ist dies fiir
Cod. 144; denn aus der Capitulation wird klar, dass derselbe in C. XLV
drei Krankenheilungen und C. XLI die Namensform Ferderuchns hatte;
dass Cod. 139 und 145 zu derselben Classe gehören, wird durch die Weg-
lassung von merito vor uener(»biU zu Beginn der Epistola Eugippü wahr-
scheinlich; die Classe T V Vau. A haben alle merüo.
3 Die Form des Namens lautet wie im T meist tugephi»; nur am SchlnsM
der Epistola Paschasii steht wie im T eugipiü.
Daa HandschrifteiiTerh<nisB der Vita 8. SeTerini des Ea^ppios. 453
denen im Taurineiisis übereinstimmend. Auf die Vita Severini
folgen in dieser Handschrift wie im T Heiligengeschichten
unter dem Titel Paradisus: Incipiunt cap lih*i qui appellatur
paradisus. In der Handschrift, die von erster Hand sehr nach-
lassig und fehlerhaft geschrieben ist, hat eine neue Hand An-
merkungen und Lesarten aus anderen schlechten Handschriften
oder Ausgaben über die Zeilen oder an den Rand beigesetzt.
6. Codex Ambrosianus J. 61. inf. (A, bei Sauppe M) ;
eine Handschrift in 4^ aus dem 12. Jahrhundert; im Cataloge
der Bibliothek ist sie dem 10. Jahrhunderte zugewiesen; doch
ist dies nicht wohl möglich^ da sie bereits die Apices auf ii
hat. Er enthält die Epistola Eugippii ' und das Commemora-
torium von Fol. 45' bis 60^; vorher geht wie im Cod. Valli-
cellanus die Vita heati hylarionis (sie!). Der Schreiber der
Handschrift verfuhr sehr nachlässig, was aus den zahlreichen
Lücken und falschen, willkürlichen Lesarten der Handschrift
za ersehen ist; überdies zeigt dieselbe noch die nicht viel
spätere Hand eines Correctors. Eine noch spätere, vielleicht
dem 16. Jahrhundert angehörige Hand fügte am Rande der
Handschrift den Inhalt betreffende Anmerkungen^^ einige Eigen-
oamen,'^ die Nummern der Capitel und deren Anfangsbuchstaben
je nach Massgabe des Raumes hinzu, die später beim Ein-
binden der Handschrift zum Theile weggeschnitten wurden.
Wie Sauppe richtig bemerkt, zerfallen die älteren, guten
Handschriften der Vita im Allgemeinen in zwei Classen; in
eine, deren Hauptvertreter vermöge seines Alters der Latera-
iitnsis ist, und in eine andere, der Vat, 5772 und Ambrosianus
beigezählt werden ; von den von mir überdies benützten Hand-
schriften gehört Vat. 1197 (und wohl alle Cassinenser) der ersten,
Taurinensis und ValUcellanus der zweiten Classe an. Obwohl
wir nicht wissen, wo der älteste Codex der ersten Classe, der
Lat., geschrieben ist, so könnten wir doch, da die Monte
Cassinenser Handschriften, wie oben angedeutet wurde, alle
^ Die in der Handschrift übliche Namensform ist ettgepiuri.
' So z. B. zu §. 10 der Ep. Eu^. auf Fol. 46«^: Scs aeuerin' tx Iciqla patuU
fnine laän*; u. a.
' Zu §. 8 der Ep. Eug. die Namen PHmeniua, Orette» patriciu»; den Bei-
fall des Lesers soll wohl das §. 9 beigeschriebene pulchre ausdrücken.
454 KnAU.
dieser Classe ^ angehören , die Hauptvertreter der anderen Classe
dagegen im Kloster Bobbio geschrieben sind, jene die Monte
Cassinenser oder unteritalienische, diese die Bobbienser oder
oberitalienische Redaction der Vita nennen. Ich beginne zunächst
mit der Untersuchung der Handschriften der zweiten Clas&e.
Von dieser Familie benützte Sauppe fUr seine Ausgabe
zwei Handschriften, den Vat. 5772 und den Codex AtfUn'osianw,
den er mit M bezeichnet; von diesen ist V^ der ältere und
weitaus wichtigere , während A von Sauppe im Allgemeinen
als das gekennzeichnet wurde, was er in Wahrheit ist, als
eiue willkürlich hergestellte, durch Correcturen und zahlreiche
Lücken entstellte Abschrift eines uns unbekannten Codex
dieser Classe (p. XII) ; über ihn soll weiter unten eingehender
gehandelt werden.
Die Wichtigkeit des V^at, 5772 einzugestehen ist Sauppe
selbst gezwungen p. XIII sq. : ea praestantia (codids LateranensU)
non tanta est, vi his duobus codidbus (Vat, et Ambr.) super-
sedere possimus. Dies ist nicht zu verwundern ; denn bei einer
Ausgabe des Textes der Vita nach dem sehr fehlerhaften L
waren Vat. und Ambros. unentbehrlich und eine grosse Anzahl
von Lesarten, die in dem L sinnlos sind, mussten aus dem
F| aufgenommen werden.
Allein Fi ist keineswegs der beste Vertreter der Hand-
schriften dieser Classe, die überhaupt noch existiren; es lässt
sich vielmehr mit ziemlicher Sicherheit der Nachweis fuhren,
dass er aus einer anderen Handschrift entstanden ist, die wir
noch besitzen, die aber Sauppe allerdings nicht gekannt zu
haben scheint, nämlich aus dem Taurinensis. Dies geht aus
folgendem hervor:
1) V^ setzt nirgends einen vollständigeren Text voraus,
als der Taurinensis gibt; wenn Fi irgendwo mehr bietet, so
rührt dies von fehlerhaftem Abschreiben, meist von Dittographien^
her. So Ep. Eug. §. 6 steht perfectione in Fj zweimal; Vit
XXXV, 1 ist sibi nach praestaii wiederholt. Auffalliger ist
die Einschiebung von reliquerat nach semiumus (XXXIII, 2).
* Derselben Classe g^ehÖrte offenbar auch der Codex an, den der Autor,
der die Getta epUeoporum Neapolitanonim Eusammenstellte, benatxt^:
vgl. Monumenta Germ. Scriptt. rer. langob. p. 408 f.
Dm HaiidBcbriftonTerliAltDiiiB d«r Vita 8. SaTerini des Bogippios. 455
2) Stimmt er in Eigenthümlichkeiten der Schreibung und
in Fehlem vollständig mit T überein ; ja die Abhängigkeit von
dem Taurinensis geht sogar soweit^ dass er beinahe regelmässig
da, wo T Initialen im Texte hat, sie gleichfalls setzt.
a) Von Eigenthümlichkeiten der Schreibung der Wörter
scheinen mir folgende der Erwähnung werth: £p. Eug. §. 2
haben beide silenti, welche Zusammenziehung sonst in der Vita
nicht nachzuweisen ist; die anderen haben silentiif mit Aus-
nahme des Vallic. und Ambros. Ep. Eug. §. 10 nurici statt
norici'y Vit. I, 5 disperatiaj ibid. opidaneis'^ IV, 3 incolames'j
ebenso XXXIII, 2; VII, 2 ist in T das zweite s von uilisiimü
ausradirt; mit einem 8 hat es auch F|. VIII, 2 hat T ministtrivj
das e nach t ist wegradirt; daher schrieb auch V^ miuistrii
nicht minütrij wie Sauppe in der Varians scriptura anmerkt.
IX, 4 (und XIX, 5) prouintiam T V^] X, 2 coepercoit statt
ceperant'y XI, 1 monitiontbus statt munitionibus ] XI, 3 comunem
mit einem m; XVII, 1 poene statt paene; XX, 1 puplids]
XXII, 1 biothro] doch haben beide XXXVI, 1 baithro; XXVIII, 4
immodum assimilirt statt in modum ; XXXII, 2 adolatione ; XL,
2 heisst die Königin in beiden Handschriften gisa, obwohl
in e. VIU beide Handschriften übereinstimmend die richtige
Namensform gUo haben. XLII, 3 nonita statt monita ; XLIH, 1
agebat statt dtiebat] XLIII, 5 Seimus statt Simus] XLIV, 4
Uudericutn^ die übrigen theodericum] XLVI, 2 lucallano (luoalano
auch A)\ ibid. per inanu sei statt per mantu ici u. a. m.
Aus einigen dieser Stellen, namentlich aus VII^ 2 und
Vm, 2 geht hervor, dass Fj aus dem bereits corrigirten Codex
Taurinensis hervorgegangen ist; da nun aber beide Hand-
schriften der Zeit nach nicht weit auseinander fallen, so dürften
die Correcturen im T vielleicht vom Schreiber desselben selbst
herrühren oder wenigstens nicht viel jünger sein; die Züge
der Schrift sprechen nicht gegen diese Annahme.
b) Auch grössere Fehler und Corruptelen, die der Text
des T zeigt, finden wir in F| ohne Veränderung wieder; so
Ep. £ug. §. 3 pro quo fluis statt quo profluis ; ebenso c. XIX, 4
fro re qua sti^tt re pro qua ; * Ep. Eug. 9 senior, wo das durch
* Eine Cormptel, die in älteren Handschriften nicht ohne Beispiel ist; so
hat der Vindobonensis des Livius XLI, 1, 6, ganz mit unserem Falle
456 KnMl.
Kj überlieferte ;serio die ursprüngliche Lesart gibt. Vit. X, 1
quidam statt quadani] XII, 6 hatte ursprünglich T passest] der
Corrector jedoch radirte die Silbe se von posse weg und setzte
ein t in die Rasur; und so schreibt denn auch V^ p' se =
post se, XIV, 1 haben beide Handschriften languentes, wo der
Sinn languentis verlangt, welches die anderen Handschriften
haben. XV, 2 fuisse statt fuisseL Der Querstrich (statt m)
über Vocalen ist in T in folgenden drei Fällen vergessen worden:
XVn, 4 nonnvllam — copia\ XXVUI, 2 turba numerumqut]
XXIX, 4 uia assimilirt an qua] und eben dieselben Fehler
hat auch V\ in seinen Text aufgenommen. XLIV, 7 hat T
eundem iter und ebenso auch F|.* Durch Abschweifung der
Augen scheinen in T XII, 5 atque contemptor und XXXI, 1 ex
quilms unum erat fabianis ausgefallen zu sein; sie fehlen daher
auch im F|.
Einzelne der angeführten Fälle sind so überzeugend, dass
es kaum einem Zweifel unterliegen kann, dass F, aus T her-
vorgegangen ist. Dies wird noch wahrscheinlicher durch die
Thatsache, dass beide Handschriften, wie bereits oben bemerkt
wurde, dem Kloster des heiligen Columban von Bobbio ange-
hörten. Der Umstand, dass V^ in dem Verzeichnisse der Hand-
schriften der Klosterbibliothek eine frühere Nummer führte,
kann nicht dagegen sprechen, wenn man bedenkt, dass diese
in arabischen Ziffern geschriebenen Nummern erst einer wohl
in der Neuzeit vorgenommenen Neuordnung der Bibliothek ihren
Ursprung danken. Ebenso wenig kann gegen diese Annahme
beweisen, dass in Vi die Epistola Paschasii und die CapiteU
Überschriften ausgelassen sind, obwohl sie T hat; das Weg-
übereinstimmend CatmduB pro regulo eraty was Madvig in reffulut praeertU
bessert; vgl. Emendadones Liv. ^ p. 602.
1 Doch braucht dies nicht unbedingt als Fehler- angesehen zu werden;
denn dass Neutra oft als Masculina gebraucht werden, davon existiren
in Inschriften und Handschriften späterer Zeit zahlreiche Beispiele. Der
Grammatiker des 4. Jahrhunderts n. Chr., Fortunatianus, bemerkt sogar
(Rhett, IcU, min. p. 123 y 9 ed, Ilalm), dass zu seiner Zeit die meisten
Neutra sich in Mascnlina verwandelten : Eomani neutra mtdta mtuculino
genere potius ent^tUiant tU ^huJic thecUi^um, hunc prodigium^-y vgl. Pancker
de latin. scriptt bist. Aug. p. 64 sqq. Bücheier, Grundr. d. lat. Decli-
nation, herg. von Windekilde, 2. Aufl. p. 8 u. 10. Vgl. überdies Victor Yil
III, 27 (ed. Halm) ttUeni . . . resporuntm dedü.
Du H»ad8chrift«nferh<niiw der Vita S. Severini des Bagippiiu. 457
lassen dieser Theile hatte wohl hauptsächlich darin seinen Grund^
weil dem Abschreiber diese Theile nebensächlich und nicht
unbedingt zur Vita gehörig erschienen; überdies mochte auch
Raummangel, der ja, wie bereits oben bemerkt wurde, nament^
lieh in den jüngeren Handschriften die Kürzung der Vita
nothwendig machte, die Weglassung dieser beiden Theile in
Fj veranlasst haben. Wenn überdies V^ und T in den Ueber-
schriften und Schlussbemerkungen der einzelnen Theile der
Vita (Epist. £ug. und Vita) nicht übereinstimmen, so erklärt
sich dies leicht daraus, dass der Schreiber des F^, da er
einzelne Theile ausliess, die Bemerkungen in T nicht brauchen
konnte. Daraus, dass F| eine Abschrift aus T ist, erklärt sich
auch, dass der Text des F| weitere Corruptelen zeigt, die dem
T fremd sind. So hat Fj folgende Lücken : Vit. V, 2 lässt er die
Worte soUicitus qu<ie nobis est aus, die T hat. XIV, 2 fehlt
inuenire'y XXV, 1 diebus und graue» XXXIII, 2 setzte der
Schreiber statt des ungewöhnlicheren sospttate das gewöhnlichere
saniiate in den Text, schrieb jedoch sospitate daiüber; denn
beide rühren von derselben Hand her.
Von Verderbnissen des Textes, die der Unaufmerksamkeit
des sonst ziemlich sorgiältigen Schreibers leicht widerfahren
konnten, zähle ich folgende auf: Ep. Eug. 2 timore statt m^rore;
£p. Eug. 9 cm = cuius, nicht sui, wie Sauppe anmerkt, statt
ciuisy eine Verweehselung, die in den Handschriften nicht selten
ist; so hat z. B. L XLVI, 3 cuiua statt ciuis. III, 1 relioais
statt religioais] HI, 2 releuatione statt reuelatione] IV, 2 pr<ie-
cepit statt praedpit'^ IV, 3 a statt ad\ IV, 4 di statt dö; IV, 5
iüh statt iüud\ IV, 10 torpescitur statt torpescit] IV, 12 mino
statt miro'^ VI, 5 xpTdnl statt ^i; VIH, 2 romanis statt romanos;
X, 2 cella statt cellula] XI, 2 psuoH statt persuasit-^ XII, 5
segete statt segetem] XVI, 2 milites statt miles'j XVI, 3 pietas
statt pUtatis] XIX, 1 ad statt a; XIX, 3 famulü statt famulo]
XIX, 4 diacoii* = diaconus statt diaconuTHy XXII, ö off endo
statt offenso c?ö; XXIII, 1 »es statt acissimus'j ibid. qua statt
quem; XXV, 3 caniis statt cordis] XXVII, 1 latos statt latuit
und andere kleinere Abweichungen häufiger.
Diese Abweichungen sind jedoch, wie jeder einsieht, von
80 geringer Bedeutung, dass sie nichts gegen die obige Be-
hauptung, Vi sei aus T entstanden, beweisen; vielmehr machen
458 KnftU.
es einzelne der Stellen, in denen Fj und T übereinstimmen,
die Identität des Ortes der Entstehung beider Handflchrifien,
ferner die geringe Altersdifferenz der beiden ganz wahrscbein-
lieh, dasB ihre Verwandtschaft nicht erst durch ein Mittelglied
vermittelt, sondern dass V^ directe Abschrift aus 7 ist. Dadurch
aber verliert auch Vy die Geltung einer Handschrift
von selbständigen) Werthe für die Herstellung des
Textes und verdient daher in dieser Beziehung keine
weitere Beachtung; wo er von T abweicht, ist diese Ver-
schiedenheit der Unachtsamkeit des Schreibers zuzuschreiben.
Als Vertreter dieser Classe hat daher, da Vallic. und Ambras,
jüngeren Ursprungs sind, T zu gelten.
Von diesen jüngeren Handschriften selbst gehört Valli-
eellanus ganz offenbar derselben Classe an, wie T und \\;
dies zeigen die Zusätze in dem Briefe des Eugippius §. 7
und zu Beginn (I, 1) der Vita, sowie das Fehlen der beiden
durch den Leichnam des Heiligen bewirkten Krankenheilongen
zum Schlüsse derselben (XLVI, 4. 5). Dass VaU. jedoch nicht
aus Vi geflossen sein kann, zeigt erstens der Umstand, dass die
Capitulation und der Brief des Paschasius, die bekanntlich
in Fj fehlen, im ValL vorhanden sind; zweitens, dass an den
oben citirten Stellen, an denen Fj Lücken zeigt, ValL diese
nicht kennt, sondern den vollständigen Text gibt. Es bleibt
daher nur noch eine zwiefache Möglichkeit, entweder dass Voll.
aus T entstanden ist, oder dass er auf einen andern, jetzt unbe-
kannten, vielleicht verlorenen Codex derselben Classe zurück-
geht. Für crstere Annahme Hesse sich folgendes anführen:
1) Folgen die einzelnen Theile der Vita in beiden Hand-
schriften ganz in derselben Reihenfolge auf einander, so dass
die erste Stelle der Brief des Eugippius einnimmt, hierauf die
Capitulation, auf diese die Vita folgt und die Epistola Paschasii
die ganze Reihe abschliesst. Ja sogar die Ueborschriften und
Schlussbemerkungen der einzelnen Theile sind in beiden Hand-
schriften fast wörtlich übereinstimmend, wie sie sich in keiner
andern Handschrift w^iederfinden. Am Schlüsse der Epistola
Eugippii heisst es in beiden ganz gleichlautend : Indpiunt capiiuk
de his quae in comniemoratono continentur id est quibus uitae
(om. ValL) uel gestorum sei seuerini panduntuv cajntula. Zum
Schlüsse der Capitulation : Explicinnt capltula incipii uitd sa
Das HandschriftenverhiltDisB d«r YiU 8. SeT«rini d«B Engippiiu. 459
»tuerini ahhoUia, Am Schlüsse der Vita: Hohes egregi xpi minister
cimmemoratorium de quo opus efficias tuo magisterio fructuosum;
diesem fügt T noch folgende Worte an, die im Voll, fehlen:
t-xplicai commemorcUorium in quo sei seuerini uitae continentur
indicia. Dann haben beide gemeinschaftlich : Indpit rescriptum
(rescripta Voll.) sancti pascasii (paschasii ValL) diaconi,
2) Lässt sich für obige Behauptung eine ziemlich grosse
Zahl übereinstimmender Lesarten aus beiden Handschriften vor-
briDgen; da eine vollständige Aufzählung derselben zwecklos
wäre, so beschränke ich mich, einige auffallende Fälle der Ueber-
einstimmung beider anzuführen. So hat VaÜ. übereinstimmend
mit T und V^ VI, 1 die Form ossuum gegen ossium der übrigen
Handschriften; ebenso XXVI, 2 mensuum statt mensium, wie
LV^A haben. XLIV, 7 hat ValL eund iter, also überein-
stimmend mit T Fl ; ibid. felethem mulsemensis regionis mit
T F, gegen montem feleteni muliis emensis reqionibus ; XLV, 2
et arasset mit T V^ statt et orasse et ; überdies übereinstimmend
mit 7 zweimal die Form eugepius, einmal eugipiü u. a. m.
Allein so auffällig auch die Uebereinstimmung der beiden
Handschriften in gewisser Hinsicht sein mag, und so sehr man
geneigt wäre aus diesen Gründen auf Abhängigkeit des VaU.
von T zu schliessen, so lassen sich doch gegen diese Annahme
ziemlich schwer wiegende Gründe geltend machen ; diese sind
folgende:
1) zeigt ValL einen Zusatz von mehreren Worten, der
sich in T (Vi A) nicht findet, während hierin ValL sogar mit
L V^ übereinstimmt; er hat nämlich übereinstimmend mit
L Fj XXXI, 1 die Worte : ex quibus unum erat fahianis, welche
in r F) ^ fehlen. Nun könnte man wohl versucht sein, die-
selben für ein Glossem zu halten und dadurch ihr Fehlen in T
zu erklären; doch spricht gegen eine solche Annahme, dass
in dem unmittelbar vorhergehenden Theile von der Stadt
Fahianis nicht die Rede war, man also auch nicht einsieht,
wie der Interpolator auf den Namen kam; überdies lässt sich
die Möglichkeit eines Ausfalls dieser Worte in T sehr leicht
erklären; denn diesen Worten vorher geht uicinis und es ist
sehr wahrscheinlich, dass dieselben wegen der Gleichheit der
Endung von uicinis und fahianis in T wegfielen.
460 KnAH.
3) Weicht auch der Text des ValL von T an mehreren
Stellen ab und stimmt mit der anderen Classe überein; so
XII, 2 fletu mit L V^ A statt in fletu T V^ ; XV, 2 fuüset mit
L V2 A gegen das fehlerhafte fuisse T V^ ; XIX, ö hat Voll
mit L V2 repertus statt reperturus T Fj ; doch beruht repertus in
ValL sicher auf Verachreibung, da er trotzdem übereinstimmend
mit T F| qtuintos numeros hat. XXI, 3 lasst er mit L non vor
ifine aus; ebenso fehlen XXIV, 3 die Wörter Sed pretbyiero,
wie in L V^; XXVII, 2 hat er mit L V^ amnes, das in den
anderen Handschriften fehlt; XXVIII, 4 stupore mit L V^ gegen
timore T V^ ; XXIX, 2 ebdomadä gegen ebdomadem T Fj ; XL,
1. 2 ffUo mit L F2; ^«a die anderen. XLIU, 6 affatu gegen
affecfu T F, ; XLIII, 9 praeteiire mit Z F2 statt praeteriri T F, ;
XLV, 2 con^u6t/erat mit L Fj ^ gegen consuerat T Fj u. a.
Diese letzterwähnten Fälle sind jedoch kaum von Bedeu-
tung; bei einigen derselben, namentlich bei XIX, ö, beruht
die Uebereinstimmung mit L offenbar auf einem Irrthum des
Schreibers des ValL Allein das Gewicht der Stelle XXXI, 1^
wo in T wahrscheinlich eine Lücke ist, die Vau. nicht hat,
ist nicht zu verkennen und verbietet uns eine directe oder
indirecte Abstammung des ValL aus T anzunehmen. Dagegen
machen es die oben p. 458 angeführten Uebereinstimmungeo
beider Handschriften in den Subscriptionen und der Namens-
form eugepius und eugipiu sehr wahrscheinlich, dass VaU.
mittelbar auf denselben Codex zurückgehe, aus dem T abge-
schrieben ist.
Doch ist der Werth des ValL in Bezug auf die Recon-
struirung des Textes, abgesehen vielleicht von der eben er-
wähnten Stelle XXXI, 1, fast gar keiner; denn der Schreiber
desselben verfuhr bei der Abschrift sehr nachlässig und un-
achtsam. Dies beweist eine grosse Anzahl von Lücken, die
ValL allein hat und die sich nicht einmal durch Homoeoteleuta
und andere Ursachen entschuldigen lassen ; so fehlt VIII, 4 tuo;
VIII, 5 egit-, XV, 3 ad-, XVI, 6 est] XX, 2 jma; XXI, 1 fwaro;
XXVI, 2 ut] XXVII, 1 tarn; XXVIII, 5 die Worte quod cum
feciaset et adhuc afiliis ua^a deposceret] XXXI, 5 enim] XXXV, 2
uidendi'y XXXVI, 2 sit; XLIII, 5 memores] XLVI, 2 in u. a.
Dies zeigt ferner die Willkür, mit der er im Ausgang der Wörter
den Querstrich (= m) entweder weglässt oder überflüssiger
Dm HandichriftonTerhiltniM dar Tita B. S«Tarini des Euffippins. 461
Weise hinzufügt; ersteres ist z. B. der Fall XVI; 1 nocte;
XXIII, 2 .basilica] XXVI, 1 implorante*^ XXVII, 3 commonente*^
letzteres XXI, 2 remeant^ XXXIII, 2 oratione] XL, 2 prostratü'^
statt pro statu und so öfter; ganz abgesehen von anderen Zeichen
der Flüchtigkeit und Nachlässigkeit.
Der Codex Ambrostanus (A, bei Sauppe M) gehört der-
selben Classe wie die beiden Bobbienser Handschriften und
der Vallicellanus an; denn er hat, wie diese, die bekannten
Zusätze in dem Briefe des £ugippius (§. 7) und zu Beginn
der Vita (I, 1), und am Schlüsse der Vita fehlen in demselben
die beiden Krankenheilungen von Tvnc et Laudücius bis mira-
cula (XliVI, 4. 5). Ferner stimmt er mit T V^ an den meisten
Stellen gegen Cod. L überein; so z. B. XIII, 1 alterutra hac
petrae A, wo T F, alterutra ac pefrae haben, während L
vor ac noch ferri einschiebt; ebenso an sehr vielen anderen
Stellen, die hier nicht angeführt zu werden brauchen, da sie
aus der sehr sorgfältigen Collation B. Niese's bei Sauppe zu
ersehen sind. Trotzdem hält es schwer, sein Verhältniss zu
T F| und ValL genau zu bestimmen. Dies kommt daher, weil
der Schreiber desselben oder vielleicht auch der Schreiber seiner
Vorlage beim Abschreiben mit einer fast beispiellosen Willkür
verfuhr, indem er 1) an zahlreichen Stellen theils einzelne
Wörter, theils ganze Sätze oder Satztheile wegliess; so fehlt
Ep. Eug. §. 6 uirtutum] ibid. §. 8 italiae] ibid. deus; ibid. 9
cognosds quid te necesse est terrenam;^ Vita IV, 5 de cuius et
miseratione promittit; VIII, 2 serue dei; IX, 2 a tali ministerio
tandem'j ebenso X, 1; XII, 3; XII, 6; besonders XLIV, 7 und
XLVI, 3 ; desgleichen an vielen anderen Stellen, die aus der ge-
nauen Collation der Handschrift bei Sauppe leicht zu ersehen sind.
2) Nahm der Abschreiber Umstellungen von Wörtern vor,
die sich in keiner der älteren Handschriften finden; so z. B.
XIV, 2 inuenire pro meis'j XV, 1 eiusdem loci\ XV, 2 fluuium
ammodo statt amodo fluuium; XVI, 1 ex more duxissent statt
duxissent ex more] XVI, 5 prae gaudio tacere statt tacere prae
gatidio] XIX, 2 regem constancia aüocutus est statt constantia
ftgem est allocutus u. a.
* Bios auf Veraehen bemht ee, wenn Sanppe angibt, dass diese Worte
anch F| weglasse.
462 Kndll.
3) Verwandelte er eigenmächtig Wörter und Wortformen
in andere ähnliche: IX, 4 tribulatiofm statt tribulantium] XII, 3
exhibebat statt exigebat; XII, 4 qtujtntum statt quanti; XIII, 1
dictwri statt redditurii XIV, 1 funeratcuf statt funereat; XIV, 2
agnoscite statt agnoaco ; XV, 2 illuuione ^ statt aUuuione ; XV, 3
p'l^ /acto statt po^e9 facta '^ XVII, 1 naluari statt «atorori;
XVII, 4 ctim kostib' statt cum obsidentibus gothia u. a.
4) Fügt er Wörter hinzu, die in allen anderen Hand-
schriften fehlen: XII, 2 dicens nach propAefam; XVII, 2 inopias
UR^hfamis] XX, 1 «imt<Z und uno; XXIV, 1 60 vor amplius u. a.
Aus diesem allen geht hervor, dass der Schreiber des A
oder seiner Vorlage kein sorgfältiger Abschreiber war, sondern
dass er vielmehr bei der Abschrift viel zu viel seine eigenen
Erfindungen statt des in der Vorlage Gelesenen in den Text
einsetzte.^ Bei diesem Zustande der Handschrift aber lässt
sich kaum entscheiden, ob die Zusätze an den Stellen, wo die
anderen Handschriften insgesammt Lücken aufweisen, vom
Schreiber auf eigene Faust gemacht worden sind, oder ob er
sie seiner Vorlage verdankte. Dies ist der Fall IX, 3, wo in
sämmtlichen Handschriften beider Classen nach praesentauit
offenbar mehrere Worte ausgefallen sind; diese Lücke füllte
dem Sinne vollständig entsprechend durch die Worte rdiqmasq:
scorum ab eo stuctpiens uiro di defulit ; entnahm sie der Schreiber
seiner Vorlage, so ist es unmöglich, dass A auf die beiden
Bobbienser Handschriften zurückgeht. Dann ist es aber auch
sehr unwahrscheinlich, dass A auf den Codex, aus dem L und
r gemeinschaftlich hervorgegangen sind, zurückgehe;' denn,
wäre dies der Fall, so müsste sich doch noch in einer der
beiden Handschriftenclassen dieser Zusatz erhalten haben; die
Uebereinstimmung zweier so abweichender Handschriften wie
T und L zwingt uns vielmehr zu der Annahme, dass diese
Lücke bereits im Archetypus beider Classen bestanden haben
müsse und es ist dann anzunehmen, dass er auf einen anderen
Codex als den gemeinsamen Archetypus beider Classen zurück-
* Bei Sauppe niclit angemerkt.
2 Richtig charakterisirt ihn Saappe, wenn er sagt: de senlentia »aepf mag»
quam de nerbis ttollicHua rem leuitu egit quam V codieia ncriptor (p. XII).
3 Dies nimmt Saoppe an p. XV.
Das HandichriftonTerhiltnifls der TiU S. S6Ter!ni des Engrippiafl. 463
gehe, in dem einzelne Cormptelen, die Bämmtliche übrigen
Handschriften zeigen, noch nicht existirten; eine ähnliche
Corrnptel zeigen alle Handschriften XLV, 2 interrogantis, wo
A allein das richtige interrogattis erhalten hat. Eine feste An-
sicht über die Abstammung dieser Handschrift auszusprechen,
ist bei einer so entstellten und willkürlich hergestellten Hand-
schrift wie A schwer; ich begnüge mich, auf die Schwierig-
keiten, diese Abstammung festzustellen, aufmerksam gemacht
za haben. Doch müssen wir auch zugeben, dass die Art der
Abstammung dieser Handschrift von uns wegen des Mangels
der vermittelnden Glieder nicht genauer angegeben werden
kann, so kann darüber kein Zweifel sein, dass dieselbe zur
Classe der Bobbienser Handschriften gehört, der sie auch Sauppe
richtig zugewiesen hat.
Als Grundlage für die erste kritische Ausgabe wurde
bekanntlich von H. Sauppe der Codex Lateranensts benützt, auf
den zuerst A. Bethmann aufmerksam gemacht hatte. Doch ist
der Herausgeber gezwungen einzugestehen, dass derselbe an
vielen Stellen auffallende Verderbnisse zeigt (p. XHI sq.); er
nimmt an diesen Stellen seine Zuflucht zu den Lesarten des
Vy seltener zu denen des Ay also zu den Lesarten der von
L abweichenden Handschriftenclasse. Diese zählt Sauppe selbst
p. XIV f. auf; dieser Zahl von Lesarten, die im L einge-
standenermassen schlechter sind, während Fj und A das Richtige
erhalten haben, Hesse sich, wie aus dem folgenden klar werden
wird, eine nicht minder grosse Anzahl anderer anfügen, wo
gleichfalls F| das einzige Richtige überliefert, während die
Lesart des L sich kaum vertheidigen lässt; überdies eioe be-
deutende Zahl anderer, bei denen man schwankt, welche der
anderen vorzuziehen ist.
Was aber vor allem Verdacht gegen die Werthschätzung
des L wachiTifen muss, das sind die zahlreichen Rasuren und
Correcturen, die sich in demselben finden und mit denen
sowohl die Hand des Schreibers als auch eine zweite, der Zeit
nach nicht viel spätere Hand eines Correctors den Text der
Handschrift verunstalteten, indem sie theils offenbare Fehler
der Vorlage besserten, theils aber auch eigene Conjecturen an
464 Knftll.
die Stelle des wegradirtea Richtigen in den Text einsetzten.
Nun hat zwar fast jede Handschrift Correcturen aufzuweisen,
doch der Umfang, den dieselben in L angenommen haben, ist
ein so grosser, die Thätigkeit des Correctors schneidet oft so
tief in den Text ein, dass dieses Verfahren bei jedem, der die
Handschrift selbst gesehen hat, nothwendig Verdacht gegen die
Vorzüglichkeit derselben wachrufen muss. Da ich nun auf die-
jenigen Stellen, an denen die zweite Hand nachweislich durch
ihre Correcturen den Text der Handschrift gewaltsam umge-
staltete, noch weiter unten zurückkommen muss, so möge es
hier genügen nur einige derselben beispielsweise anzufahren:
dass dabei oft die zweite Hand das Richtige statt des von
erster Hand herrührenden Falschen in den Text setzte, ist för
die Beurtheilung des Zustandes der Handschrift nicht von Be-
lang. In der Inhaltsangabe zu c. VII schrieb die erste Hand
pnuntiatf die zweite fügte mit schwarzer Tinte über t das
Häkchen ' = us hinzu; daselbst schrieb die m* regnatwros,
die zweite besserte es in regnaturus ; IX, 1 schrieb die erste
Hand transitadere, die zweite verwandelte e durch einen darüber
gezogenen Strich in a ; genau so geschrieben ist XV, 2 Utbnlaia,
wo e gleichfalls von ersterHand herrührt, wie Sauppe richtig
bemerkt. Wenn a von erster Hand und e von zweiter herrühren
würde, wie Sauppe anmerkt, dann müsste nach der Schreib-
weise der Handschrift cp. in derselben stehen,* XIII, 2 memoraim
m*, memoratis m^. XV, 4 hatte die erste Hand die Worte quod
impi^esserat homo dt prorsus excederet weggelassen; die zweite
fügte sie eine Zeile tiefer bei. Ebenso stehen in der Ueber-
schrift zu c. XVI die Worte positü celebratis nacte uigiliis mox
ad uoce uo — auf einer Rasur, in der also wohl ursprünglich
etwas anderes geschrieben war. XXI, 1 hatte die erste Hand
das richtige dies, die zweite radirte s aus und setzte 6; über
die Zeile (= diebus). XXIV, 3 nuntiis m*, nuntius m^. XXV, 1
aliquit m<, aliquot m^. XXIX, 1 steht fecimus auf einer
Rasur und rührt von zweiter Hand. XLIII, 2 steht ß von
* An unserer Stelle ist nicht Irantnadere mit der ersten Hand des L,
sondern traruuadare mit der zweiten und allen übrigen Handschriften xn
schreiben. Ganz gleich gebraucht dieses Verbum Victor Vitensis bist,
pers. Vand. I, 1 (ed. Halm): traruniadans faeili Irannht, per anguitiaf
marit. Vgl. Roensch Itala und Valg. 2. Aufl. p. 202.
Dm HandschrifteuverhäliniRS der Viia 3. ScToriui deb Kugippiati. 465
infimi auf einer Rasur, in der vielleicht ursprünglich das richtige
inßrmi stand. Die Aufzahlung anderer Fälle wäre überflüssig
und gehört unter die Varia scriptura; ich breche daher ab mit
der Bemerkung, dass die hier angeführten Fälle sich mit
leichter Mühe vermehren Hessen.
Es kommt jedoch noch ein Umstand hinzu, der uns die
lichtige Werthschätzung des L wesentlich erleichtert; es ist
nämlich L nicht der einzige Vertreter seiner Handschriften-
classe, wie bisher angenommen wurde, sondern wir haben noch
einen anderen Repräsentanten derselben Familie, der, wenn-
gleich jünger als Codex L und selbst nicht fehlerlos, doch bei
dem Zustande des L in hohem Grade Beachtung verdient
Diese Handschrift ist der auf Monte Cassino geschriebene
Codex Vaticanus 1107 (V^), Dass beide Handschriften denselben
Archetypus voraussetzen, lässt sich durch Folgendes, wie ich
glaube, zur Evidenz beweisen; beide Handschriften haben:
1) Lücken gemeinschaftlich, die sich in keiner der übrigen
älteren Handschriften finden. In der £p. Eug. §. 7 lassen beide
^icd und die Worte tarnen quid hinc ab ineunte aetate cogno-
uerim non tacebo aus. Ebenso fehlen in beiden Handschriften
zu Beginn der Vita (I, 1) die Worte ac primuni inter filios eiuti
de obtiiiendo regno magna 9unt exorta certaminay qui morbo do^
rainationis inflati materiam sui sceleris aesHmarunt pabis interiium;
dieselben finden sich in allen übrigen Handschriften der anderen
Classe; desgleichen fehlen XXIV, 3 in Z. und V^^. ^^^ beiden
Wörter ISed presbytero, die allerdings auch der jüngere Valli-
cellanus auslässt. Ueberdies lassen beide gemeinschaftlich noch
an folgenden Stellen einzelne Wörter aus, die die andei*en
Handschriften haben: IV, 7 abditam nach soliivdinem'^ VIII, 3
fneo nach domino\ ibid. uitae nach «rpem; XXI, 1 latiiis nach
nu«; XXIX, 2 quendam nach soporem; XXXIV, 1 se nach
rogans] XXXV, 2 o vor fili] XXXVI, 3 illa nach omniay
XXX Vin, 1 utr nach item ; XLHI, 7 amen ; et fehlt an folgen-
den Stellen, wo die Handschriften der anderen Classe die Con-
junction haben: XIII, 2 nach sicut] XXU, 1 vor uüro] XXX, 3
nach positus,
2) Beide Handschriften haben dieselben Zusätze im Texte,
die in sämmtlichen anderen Codices der andern Classe fehlen;
80 vor allem den grossen Zusatz zum Schlüsse der Vita von
Bitiugsber. d. pMl.-hiit. Cl. XCY. Bd. I. Hft 30
4(M\ Knöll.
den beiden Krankenheilungen, die durch den Leichnam des
Heiligen bei seiner Ueberföhrung nach Neapel bewirkt wurden,
XLVI; 4 tunc et Laudicius bis XLVI, 6 miraeula. Ferner
unterscheiden sich L und V^ durch einen vollständigeren Text
noch an folgenden Stellen von den übrigen Handschriften: X, 1
haben beide mV di ; XH, 5 atque cotUemptor. Einzelne Wörter
an folgenden Stellen: Ep. Eug. 9 potiwf] ibid. 10 prtttf;
IV, 3 et-, IV, 4 uero nach ceteros'y^ IV, 10 semper; V, 3 latro-
cinantium barbarorum statt latronumj wie alle übrigen Hand-
schriften haben; XIII, 1 /em; XIV, 2 inquit'^ XX VE, 2 «p«;
XXVni, 5 scps nach iesus] ibid. uasarum] XXXI, 3 tuus nach
pater; XXXH, 1 «i qua statt qucie, wie die andern haben;
XXXII, 2 inter nach integer; XLII, 2 nos; XLIV, 7 numi««;
XLVI, 6 titri. An allen diesen Stellen stimmen L und V2 gegen
die anderen vier von mir verglichenen Handschriften überein;
nur an zwei Stellen geht noch Vau., wie bereits oben be-
merkt wurde, mit ihnen, nämlich XXVII, 2, wo omnes auch
ValL hat; und XXXI, 1, wo die Worte ex quibus unum erat
fabiania in T V^ A fehlen ; vgl. p. 459.
3) Stimmen L und V^ in einer grossen Anzahl von Les-
arten gegenüber der anderen Classe überein ; zur anschaulichen
Vergleichung setze ich der Kürze halber einige aus Anfang«
Mitte und Schluss nebst den entsprechenden der Vertreter der
andern Classe hierher und verweise die übrigen unter den Strich.
L Fj TV,A
Ep. Eug. 2 promptiore mandauit prompto remandauit
77 77 77
rogaretur
efßcere
efßcere rogaretur.
. » 7
Nam cum
multi
Cum mtdti igitur.
Vita I, 2
inquinati
inclmati.
. in, 2
misericorditer
mia ( — misericordia).
« . 3
credebant
crediderant
. IV, 4
inuenenint
inueniunt.
. « 7
deriegaret
negaret.
» V, 3
cum
dum
„ vm, 1
retrahebat
veuocabaL
^ An dieser Stelle ist bei Sauppe in der Adnotatio critica wühl ans Ver-
sehen neben V der Buchstabe M weg^g^efaUen ; denn uero fehlt gleicbfalU
im Amhronanui.
Daui HandKchrifl«nvorhftltiiiBff der Vita S. Severini den Ungippius. 467
L Fj TV^A
Vita VIII, 6 promittena prondttentes.
„ IX, 4 respiciendo aapidendo.
„ ^, 1 imminenti periculo non ab imminenti pefHjcvlo
carebis non cauehis,
„ XI, 5 liquabcU liquauit
„ XII, 6 8ibi spes spes 8ibi.
rj XIV, 3 percepta recepta.
„ XVI, 3 credide^is pofuisse credideras posse.
jy XIX, 5 quantus repertus nu- quantos reperturus nvr
merus meros, ^
XX, 2 iubet ivbens.
XXIV, 2 praescig^io nuntio T V^ nuncio A
„ „'3 uastantes uexantes.
„ XXVI, 2 praecepit . . . permanere praecepit, ut — fer-
manerent.
XXVin, 2 pretiosuvi pretiosius T V^, pre-
dosius A
XXX, 5 isset esset
XXXI, 4 seruitio L; das Rieh- seruitutem; oin. A
tige seruiHum hat V2
ji »6 romä soll prouindam L romanis ( — os A)
romani soli pro- ad suas prouindam.
uincia V^
r, XXXII, 2 integritatem integri (tnterim A)
XXXV, 1 imbecillitate plurimum irnbecUlitatem plurimam
praegraxiotus mede- patiebatur medelamr
lam que.
„ 2 uidere uidendi,
„ XL, 5 U08 ego indigmis et in- ego indignus et infimus
fimus uos T Fj
XLII, 1 ferderuckus fredericus.
XLIII, 9 nobis nostris.
n XLIV, 7 multis eniensis regio- mulsemensis regtonis/^
nibus
* ValL hat, wie oben bemerkt wurde, zwar quantos nunierot^ aber mit L V^
rtperUu.
^ L und V^ stimmen überdies noch in folgenden Lesarten gegen die Les-
arten der anderen Handschriften, die ich hier der Kurse halber nicht
30*
n
j)
4(58 Knöll.
Die angefahrten Stellen beweisen zur Genüge, dass L und
V2 AUS einem und demselben Archetypus geflossen sind, der
sich von dem der andern Classe an vielen Stellen wesentlich
unterschied.
Doch ist andererseits mit Sicherheit nachzuweisen, dass
V2 nicht aus L entstanden ist; hiedurch aber erhält V^ eine
selbständige Geltung und ist zur Beurtheilung des Zustandes des
Archetypus von L V^ unentbehrlich. Dass V^ nicht auf L zurück-
gehen kanU; muss aus folgenden Gründen angenommen werden:
anführe, überein: Ep. Eng. 1 fnerüo aoagfelaasen ; ibid. tita«^ £p. Eng. 2
ailentii; ibid. dUeriitudine; ibid. 3 nequaquam; ibid. 4 eampanat; ibid. 6
euehitur; ibid. 9 euüat'e] Vita I, 1 uicinia] I, 2 gtiodam; ibid. oe tehmüi
et L F2, et ieiuniU ac T Vi A] III, 1 /o^tanw; III, 2 diu, Welchea aach
A hat; ibid. teruare] IV, 1 9urr9ptume\ IV, 4 addttxere; ibid. denuntiaie:
IV, 7 hurgum; V, 1 inferiore] VIII, 1 feua; ibid. conitinx; ibid. quo9dan;
VIII, 4 pefüura L 7,, |>o«c«rw 7" 7, i4; IX, 1 Aa6»«tM; X, 2 ^eamenuLV.,
seamarM T V^, aeamareu A; XII, 3 quae] ibid. uoee L V^ A^ uoce T T},
von Sanppe übergangeu. XII, 4 inuisendi L \\ A\ ibid. ea; XIII, t
apCZ^Jellabatur ; ibid. conctissis] XIV, 1 r/iti^.t<}*ru>, doch steht das Wort in
L auf einer Rasur. XV, 1 piano L V2, planü T V^ A\ XV, 3 navi\
XVI, 6 9uhdiac<»ii und matenii] XVII, 2 anguatiam; angustitu hat anch
F|; XVII, 3 ^'^'''nanere/; XVII, 4 mnltit] XIX, 1 renum L, rAenum 1';,
Aeriut» cet.; XIX, 4 diaconeni L V^t diaconum T V^ A, bei Sanppe nicht
angegeben; XIX, 5 apopondü ae; ibid. a L V^, ex T V^ A\ ibid. po*t-
modum aca luciÜua pbtr\ XX, 1 idem\ XX, 2 aca legeret aeuerinua L \\,
welche Lesart Sauppe nicht anführt; er setzt die Lesart äci aeuerinug
legeret T Vi A in den Text. XXI, 2 eum; XXII, 1 prarferehai; XXII, 2
febanum L rti^ V2\ ibid. deatituto\ XXIV, 2 diUUione L, dilacione V\; ibid.
maximianum\ ibid. a<{mo»{prt £ tn^ F^; XXV, 2 prae^^riic^u«; XXVII, 1
praeaentea; XXVII, 2 tn9^n/a;eruf<^ ; XXVII, 3 diacedamua L Kj A, deacen-
damua T Tj-, XXVIII, 1 patmehat = peratruelnU L Fj; diese Lesart ist bei
Sauppe nicht angegeben, sondern er folgt stillschweigend der der andern
ClasBB praeatruehal] XXVIII, 3 Mf^no</ue; ihid. dexlrae : ihid. miniatrantiun
L V2 CA)\ XXIX, 1 inclnderet] XXIX, 3 quantumtjue ; XXX, 1 item; ibid.
poterant httmana aoUicitudine] ihid, per atruxü; XXX, 4 inuefiiunt L V^^ in-
uenerunt T V^ A; XXX, 5 agnou^runt; XXXI, 3 ae frequenter; XXXI, 4
debeant; XXXII, 2 t/tiodam; XXXIII, 1 exequiaa; XXXVI, 3 diaioli
L K, A; XXXIX, 1 apiHtualia; XLII, 3 immmUa L Kj, nwnUa T V^ A-,
XLIII, 2 ainguloa L Kj, aingulorum T V^ A; ibid. inßmi; XLIII, 4 examtna-
tione Lf doch rührt ton von zweiter Hand; examifiacione V^y examitit
T Vi A] ibid. nidet honio] XLIII, 9 praeUrire\ XLIV, 2 mmtapatn^
L r, Äf mancipatum T K,; XLIV, 4 atque ad; XLIV, Q permanaiMt.*;
XLV, 1 multia; ibid. reaoluta; XLV, 2 oraaae eL
Dag Handsehriftonyerh<niss der ViU S. Severini des EngippioB. 469
1) L zeigt Lücken, die V^ nicht kennt, an folgenden
Stellen : IV, 3 fielen nach perge uehciter in L die Worte perge
ßdenter aus; die beiden Wörter sind an unserer Stelle durch-
aus passend sowohl wegen der Eindringlichkeit des Auftrages,
als auch, weil sich nur an perge fidenter der darauf folgende
Satz begründend anschliesst; allerdings verwandelte auch der
Schreiber des L das nam in iam. ^ IV, 6 fehlen in L die beiden
Wörter animas audüorum, oder wie nach V^ zu schliessen der
Archetypus von L und V^ hatte, animos audüorum. VI, 2 Hess
der Schreiber des L die Worte tamquam misericordtam con-
secutus a döy die V2 und alle Codices der andern Classe haben,
durch Abschweifung der Augen von consilium tarnen do aus ;
der Grund, den Sauppe gegen die Zugehörigkeit dieser Worte
aniuhrt,^ scheint mir nicht stichhältig. XVII, 4 fehlen in L
die Worte tuzrio cum obsidentibus gothis certamine; dieselben
sind durchaus noth wendig, wie Sauppe nachweist (p. XIV);
dass sie im Archetypus nicht fehlten, zeigt F2. Die Lücke
in L entstand offenbar durch die Aehnlichkeit des Ausgangs
der Wörter tiburtiniq und cei*tamine. Der gleichen Ursache
wie die beiden eben erwähnten verdankt auch die Lücke
XXXI, 1 ihre Entstehung; denn die Wörter euxiserant gladios
launaco fielen aus durch Abschweifung der Augen des Schreibers
von harharico auf lauriaco, welches letztere Sauppe in Lau-
riacum verwandelte. Da sich aber die Entstehung der Lücke
in L blos dann erklären lässt, wenn die Form lauriaco in der
Vorlage des L stand, da femer diese Form sowohl V2 als T V^
überliefert haben, so müssen wir annehmen, dass von diesem
Stadtnamen neben der Form Lauriacum auch noch die Ablativ-
form Lauriaco nach Analogie der übrigen Städtenamen ge-
bräuchlich war.^ XXXV, 2 fehlen in L die Worte non tibi,
' Aehnlicfae Wiederholungen, durch gleiche Ursachen veranlasst, finden
sich in der Vita ziemUch häufig; VII, 2 uade (kI lUUiam, uade\ VIII, 4
nc^ iie a deo tuo ülattie uindicantur iniuriae (wo allerdings L naU^ V2
blos MC hat); und an einer mit unserer ganz ähnlichen Stelle XXII, 3
perge, quae»o, 9ancte, perge uelociter; XLIII, 3 imitamini fidem, imitamini
tanetüaUm,
^ p. XIV : cum consUianti parum necesaana ease miaericordiae diuinae comme-
moratio uidealur.
^ Doch vergleiche mau, was Sauppe p. XVI darüber sagt.
470 Knöll.
die Sauppc ohne Grund in Quid verändert; dac» non tan im
Archetypus stand^ zeigt die Ueberlieferung des V^, die «och
mit T V^ A übereinstimmt. In der Ep. Pasch. §. 4 fielen in
L die Worte quantum ferucrh attribuant offenbar wegen der
Äehnlichkeit des Ausganges von attnbuant und impertiant aus;
in V2 sowie in T ValL finden sich dieselben und Sauppe hat
sie mit Recht aus den jüngeren Handschriften in den Test
aufgenommen.
Einzelne Wörter sind in Z» an folgenden Stellen ausge-
fallen: Ep. Eug. 2 praefatae nach epütolae]^ ibid. 7 fehlt in
L qua nach de; denn qua hatte nach der Ueberlieferung des
F2 der Archetypus von L und F^; Sauppe füllte die Lücke
dem Sinne entsprechend durch ea aus. Vita I, 4 fehlt omnixm
nach opinionem, welches V2 hat und das für den Sinn passend
scheint. IV, 6 ut nach fto; VIII, 3 pro vor fabricandi$\*
X, 2 in vor cellula\ XVI, 2 dbi nach domino\ XVIII, 2 Aa«c
vor promissio] XIX, 3 id vor opus] XXII, 3 «on vor sine]
XXVIII, 2 huiv^ vor liquoris] XXVIII, 5 hatte die erste Hand
die beiden Wörter et oleum weggelassen ; statt deren fiigte der
Corrector blos oleü am Rande bei, das Sauppe aufnahm; dass
et oleum im Archetypus stand, zeigt V^. XXX, 2 fehlt j>«f
vor exploratores'j Sauppe lässt es aus und ist gezwungen iUi in
iüis zu verwandeln; XXXI, 2 in vor uicesimo] XXXH, 2 in-
quit vor integer] XL, 3 uoa vor uideritis] XLIII, 2 et vor pro-
pheticae ; XLVI, 1 Hess der Schreiber religioaa aus und schrieb
durch eine eigenthümliche Verbindung des Ausgangs des ersten
mit dem Anlaut des folgenden Wortes die Unform deuotiosa]
Vi hat mit T V^ religiosa deuotione] doch steht religioaa in V^
auf einer Rasur ; eine Umstellung der beiden Wörter mit Sauppe
ist übei*flüssig. XLVI, 3 fehlt in vor itinere.
Dass die grösseren Lücken in L ihre Ursachen in der
Unachtsamkeit des Schreibers haben, ist, wie ich glaube, oben
^ P^^/^^ ^A^ auch r2 T Fj ; es fehlt in A und L; bei Sauppe fiel offenbar
aus Versehen in der Adnot. critica V neben D aus.
^ Die Präposition pro hat hier nichts auffälliges; dieselbe wird bekanntlich
in der späteren Latinität sehr häufig, um den Zweck auszudrücken (= adjy
gebraucht; hiefür lassen sich aus der Vita folgende Beispiele anfahren:
XI, 1 pro suis mun%ti<yniJ)U8\ XVII, 4 pro decimi» dandis; XX, 1 pro
custodia limilis aiebantur; vgl. Halm, Index zu Victor Vitensis s. v. p. 88.
Dm HftndflehriftenTerh<niBs der Vita S. Seyerini dei Enirippiai. 471
wahrscheinlich gemacht worden; ebenso erhellt die Fehler-
haftigkeit desselben an Stellen, wo je ein Wort ausgefallen ist,
aus Ep. Eng. 7; Vita IV, 6; X, 2; XXH, 3; XXVHI, 5;
XXX, 2; XXXI, 2; XXXII, 2; XL VI, 1; XLVI, 3; an allen
diesen Stellen muss Sauppe, obwohl er den L seiner Textes-
recension zu Grunde legt, entweder zur Lesart der andern
Classe greifen, oder sich mit Correcturen aushelfen, die, wie
F] zeigt, der an diesen Stellen vollständig mit den guten Ver-
tretern der andern Classe übereinstimmt, dem Archetypus
beider fremd waren. Dass auch an den übrigen erwähnten
Stellen die übereinstimmenden Lesarten des V^ und der anderen
Classe entweder den Vorzug verdienen oder zum mindesten
einen gleich guten Sinn geben wie die entsprechenden des Z,
zeigt eine unbefangene Vergleichung beider. Wir sind also
wohl gezwungen anzunehmen, dass diese angeführten Lücken
sich im Archetypus von L und V^ nicht fanden, sondern ihren
Ursprung der Unachtsamkeit und Leichtfertigkeit des Schreibers
des L verdanken.
2) L hat von erster und zweiter Hand herrührende Inter-
polationen, die dem V^ fremd sind. Hiebei sei bemerkt, dass
die Correcturen in L jedenfalls noch vor der Entstehung des
^2 entstanden sind, wie auch Sauppe p. IX richtig bemerkt:
mamis haud mulfo recenfior. Meist geben sie sich als ungeschickte
Erfindungen auf den ersten Blick zu erkennen. Im Beginn
der Vita fügte die erste Hand I, 1 In vor tempore bei; dass
dasselbe vollständig überflüssig ist, zeigt die ganz gleiche Stelle
Ep. Eug. 8 tempore quo patrmus Orestes inique perenvptus est.
IX, 1 schob dieselbe vor indastria das sinnlose ex ein und ver-
wandelte stiidiotnis in studiosius, IX, 4 ist 7 (= et) von zweiter
Hand vor pompae beigegeben. XII, 5 von erster Hand sub
vor pernicie, welches sonst keine Handschrift kennt und für
die Stelle ganz gut zu entbehren ist. XIV, 2 ist die Inter-
polation mit ziemlicher Sicherheit nachzuweisen; von erster
Hand scheint quodsi im Texte gestanden zu haben, was auch
V^ hat; dies nun radirte der Corrector aus und, da er in die
nun entstandene Lücke noch pro ea einsetzen wollte, war er ge-
nöthigt gd (sie!) und p*o compendiarisch zu schreiben: gdsipea]
pro ea, obwohl offenbare Interpolation der zweiten Hand, nahm
Sauppe in den Text. XV, 1 zeigt das sinnlose Verfahren dieses
472 Knöll.
Correctors deutlich : vor f^cundarum municipiü wird von iW
noch locus — wohl als Erklärung für munieipiutn — über die
Zeile gesetzt. Einschiebsel ähnlicher Art, die von dem Corrector
herrühren, sind noch: IV, 8 ja vor cqlestis und IV, 11 5 vor
digimnr, beide über der Zeile. XVI, 5 wird von erster Hand
ut vor rogemus beigegeben, das nach uis vollständig überflüssig
ist. XVIII, 2 scheint die nach decimas unnöthig^ wie Sauppe
selbst im Index (s. u. coUocatio uerhorum p. 33) anmerkt; dass
es im Archetypus nicht war, zeigt F2. XL, 6 fUgte die erste
Hand et bei und verwandelte toUite in tolletis. XLVI, 6 fügte der
Schreiber in vor eodem loco hinzu, das vollständig überflüssig
ist. In der Ep. Pasch. §. 4 setzte der Schreiber des L et hinzu,
das sowohl im V2 als in T ValL fehlt, und zwar mit Recht, da
das Particip incipiens offenbar dem Partie, contexens unterge-
ordnet ist. Am Schlüsse der Ep. Pasch, fügt der Schreiber d»
L noch folgende Schlussformel an : Misericordia dei nostri sancti-
totem uestram semper tueatur incolumem; dieselbe fehlt in V^ und
T ValL und scheint ein Zusatz des Schreibers des L zu sein.
3) Hierzu kommt eine grosse Anzahl von Lesarten, in
denen L von Fj abweicht, während letzterer in den meisten
Fällen mit den guten Vertretern der andern Handschriftenclasse
übereinstimmt. Auch hier lassen sich die Willkürlichkeiten
und Interpolationen im Texte des L an den meisten Stellen
überzeugend nachweisen; an anderen verdient die Lesart des
Fj, der meist mit T V^ übereinstimmt, vor der des L den Vor-
zug, was an vielen Stellen auch Sauppe zugibt.
a) Schreibfehler und Correcturen in L.
Ich hebe zuerst die Lesarten heraus, in denen sich durch
vorhandene Rasuren nachweisen lässt, dass ursprünglich in L
etwas anderes stand, das dann entweder die erste oder die
zweite Hand — denn eine sichere Entscheidung zwischen beiden
ist zuweilen nicht leicht — besserte. Ep. Eug. 8 hat L ex-
citauerint] wie dieser Fehler entstand, wird durch V^ klar;
der Archetypus hatte offenbar ^itauerint, das in F^ steht; der
Schreiber, dem die Schreibung des Wortes auffällig war, corri-
girte es falsch in excitauerint,^ — Ep. Eug. 9 hat L qua'y doch
1 Ich füge diese Stelle hier ein, obwohl sie eigentlich in diese Kategorie
nicht gehört, weil die Entstehung des Fehlers darch V^ kUr wird. Doch
Dm HandtcbriftenverhUtiüss der Tita S. Severini des Bogippini. 473
ist über a noch der Querstrich trotz der Rasur deutlich sichtbar;
es stand also ursprünglich qua = quam in Ly das V2 und die
Vertreter der anderen Classe haben. Die Rasur wurde durch
die Veränderung des ursprünglichen denderare, wie alle Codices
haben, in designare nothwendig. Die Lesart des L gibt jedoch
auch keinen passenden Sinn; auch Rodenberg, der doch die
Ausgabe Sauppe's seiner Uebersetzung zu Grunde legte, über-
setzt nach der Ueberlieferung der andern Classe. — Ep. Eug. 10
hat L quicquä] doch steht c auf einer Rasur und rührt von
zweiter Hand; es ist also wahrscheinlich, dass L ursprünglich
das richtige quisquä hatte, das auch V^ und die übrigen haben.
— I, 3 hat L ctto; doch rührt o von zweiter Hand her und
steht auf einer Rasur, in der noch % nach t deutlich sichtbar
ist; es ist also ziemlich sicher, dass die erste Hand citius
schrieb, das auch V^ und die übrigen Handschriften haben. —
I, 4 steht in L fädle ; doch stammt das e von der Hand des
Correctors und steht auf einer Rasur, in der man i noch deut-
lich unterscheidet; die erste Hand hatte also wohl facilis ge-
schrieben ; denn für f acutus, das nach Hinck's Vermuthung in
der Lücke gestanden hat, schien mir der Raum der Rasur zu
eng; facilia hat auch V^ und die andere Classe. Ist aber
dargethan, dass facilis wahrscheinlich die ursprüngliche Les-
art des L und seines Archetypus war, dann muss natürlich
nulUique in dem Vorangehenden fallen und die Lesart des V2
und der anderen Classe nuUtque in den Text aufgenommen
werden. — IV, 8 setzte der Schreiber der Handschrift wohl
aus Versehen statt ^ grä in den Text; der Corrector ftigte
daher noch qa vor cqlestis über der Zeile bei. — XII, 7 befindet
sich nach sui eine Rasur von dem Räume eines Buchstabens;
es ist daher wohl anzunehmen, dass ursprünglich in L suis ge-
schrieben war, was auch die anderen Handschriften haben. —
XV, 1 schrieb die erste Hand das sinnlose fecundarum statt
secundarum, und die zweite Hand setzte noch das Häkchen
unter das e. — XIX, 2 hatte L von erster Hand adtentu] die
zweite radirte d aus und setzte in den freien Raum t ein:
halte ich haentaretU mit T V^ für die allein passende Lesart, weil das
Imperf. an unserer Stelle sinngemässer ist, und weil ja das andere Verbum
^auderefj gleichfalls im Imperf. steht
474 Knöll.
attentu, während die richtige Lesart aduentu war ; adteniu he-
ruht offenbar auf einem Lesefehler des Schreibers des L. --
XX; 2 hat L qa -= quia ; doch rührt der Querstrich in q and
a von zweiter Hand; letzteres steht überdies auf einer Rasur,
in der recht gut von erster Hand qtie gestanden haben kann,
das ja auch die übrigen Handschriften haben. — Ebendaselbst
hat L humano — crtwre; ü und e rühren von zweiter Hand
und e steht auf einer Rasur; ursprünglich war also richtig der
Ablativ geschrieben, der erst nach der Veränderung von quf
in qa durch den Corrector in den Accusativ verwandelt wurde.
— XXII; 4 hatte auch L ursprünglich wie alle übrigen Hand-
schriften mit Ausnahme des A hunumundua nicht humimimiu»y
wie Sauppe bemerkt; der Corrector radirte den zweiten Schenkel
des u aus und schrieb über den übrigbleibenden ersten t (sie!)
ein über die Zeile hinausragendes /; es ist also hunumunda*
als die ursprüngliche Lesart aller besseren Handschriften in
den Text zu setzen. — XXIV, 2 ist in L allerdings jetzt
et lacrimans zu lesen, wie auch Sauppe herausgab; doch ist
vor l eine Rasur von zwei Buchstaben noch deutlich sichtbar,
in der also wohl ü gestanden haben mag; übereinstimmend
damit hat V2 ülacrimatiSy die übrigen Handschriften itüacrimoM.
— XXV, 1 heisst es nach der Ueberlieferung des L: aeeeptü
litteris ad icni Paulinum episcopum ordinaüs; ordinaHs ist
offenbar corrupt; denn es heisst meines Wissens niemals
epistolam ordinäre ad aliquem. Dieses Verbum kommt in der
Vita überhaupt nur in folgenden Bedeutungen vor: 1) er-
nennen: episcopum ordinäre (IV, 2); 2) in der Bedeutung ver-
fügen, anordnen: VIII, 2 liceaf nobis de aeruis nottrit
ordinäre, quod uolumiis. Einen Brief richten, senden an
jemanden heisst immer epistolam mittere, destinare^ dirigert,
ad aliquem. Dies Bedenken gegen ordinäre wird auch durch
die Handschrift bestätigt; in derselben stehen nämlich die
beiden Wörter episcopum ordinatis über der Zeile, die an dieser
Stelle eine Rasur zeigt, und sie rühren, wie ich mir ausdrück-
lich angemerkt habe, von zweiter Hand her, was bei Sauppe
nicht angemerkt ist. Ohne Zweifel verdankt also ordinatis dem
vorausgehenden episcopum seine Entstehung und ist durch eine
eigenthümliche Idiosyncrasie des Correctors des L in den Text
gekommen, aus dem es zu entfernen und dafür die Lesart des
Dm HandBchrlflenverhiltiiiu d«r Vita S. Severini des Eagippias. 475
1 2 und der anderen destinaiis einzusetzen ist. — XXVHI, 2
ist die Corniptel klar nachzuweisen; L hat daselbst dementum]
doch stehen die Buchstaben ele auf einer Rasur und rühren
von zweiter Hand, was bei Sauppe allerdings nicht angegeben
ist ; es ist also sehr wahrscheinlich, dass ursprünglich alimentum
geschrieben war, wie auch V^ und die Handschriften der andern
Qasse lesen. — XXIX, 2 fehlt, wie schon oben bemerkt wurde,
sowohl in L wie in V^ quendam, das vermuthlich also schon
im Archetypus beider wegen der Aehnlichkeit des Ausgangs
mit sopoi'em ausfiel; es blieb also nur noch das sinnlose, fehler-
hafte m effigie statt in effigie stehen, und so überliefert auch
F) diese Stelle. Im L jedoch macht sich auch hier die inter-
polirende Thätigkeit des Schreibers (oder Correctors) geltend;
er radirte nämlich, da ihm die Stelle in dieser Fassung keinen
Sinn gab, in vor effigie aus (denn vor effigis ist, wie ich mir
ausdrücklich anmerkte, eine Rasur von zwei Buchstaben, was
Sauppe nicht erwähnt) und Hess nur effigie = effigiem im Text.
Da also in im V^ noch vorhanden, im L ausradirt worden ist,
so kann die Stelle ursprünglich nicht so gelautet haben, wie
sie im L durch den Corrector hergestellt worden ist, sondern
es ist vielmehr mit der andern Classe zu schreiben quendam
in effigie uiri dei, — Noch deutlicher nachweisbar ist die Emen-
dationsthätigkeit des Correctors XXX, 2, wo die erste Hand
das richtige catientes schrieb, das auch V^ und die anderen
Handschriften haben; die zweite Hand nun, nicht die erste,
wie Sauppe anmerkt, tilgte durch Punkte über und unter der
Linie die Buchstaben n und «, so dass cauete entstand, welches
Sauppe in den Text aufnahm. — Ebendaselbst ist in L igno-
rahant zu lesen; doch rührt dieses Wort nicht ganz von erster
Hand, wie Sauppe bemerkt ; igno%ra stammt vielmehr erst von
der Hand des Correctors und nach o befindet sich ein leerer
Raum für einen Buchstaben; Sauppe vermuthet, dass nicht
affirmabant^ sondern irgend ein anderes Wort ursprünglich in
der Lücke stand ; mir ist es dagegen sehr wahrscheinlich, dass
die erste Hand affirmabant schrieb, wofür der freie Raum voll-
ständig ausreicht; auch V2 hat dieses. — XXXI, 2 hat L
ma/ttn|tus; nach i ist freier Raum für einen Buchstaben und
n (nur dieses) stammt von zweiter Hand ; ursprünglich stand
also sicherlich matutinue in der Handschrift, das. dem Corrector
476 Kn9II.
wohl uuklar war^ weshalb er es in maturitis änderte ] bei dieser
Gelegenheit sei noch bemerkt^ dass dieselbe Lesart ausser V^
und T auch F| hat, nicht mututints, wie Sauppe anmerkt; docli
ist maiutinus so geschrieben, dass der zweite Schaft des u mit
8 vereinigt ist, eine Abkürzung, die ja in den Handschriften
ziemlich häufig ist ; als Beispiel dafür ftihre ich aus demselben
Fj aceruus (XXX, 3) an. — XXXI, 6 hat L molestis] doch ist
vor l eine Rasur bemerkbar; die erste Hand hatte also wohl
niodestis geschrieben, das auch V^ und die Handschriften der
andern Classe haben; am Rande bemerkte die zweite Hand: af
destis (== cdids modestis). — XXXVI, 2 steht postmodü von zweiter
Hand auf einer Rasur, in der höchst wahrscheinlich von erster
Hand in postern geschrieben war, woftir das Spatium genau aus-
reicht; in postenim hat auch V^ ^^^ ^^^ anderen Handschriften:
Sauppe nahm jedoch posfmodum in den Text. — XXXVI, 3
lesen wir in L paiicaidSq'^ doch rühren die Buchstaben aufe von
zweiter Hand und stehen in einer Rasur, in der also wohl aita
gestanden haben mag, wie V^ und die übrigen Handschriften
haben. — Ebendaselbst hatte die erste Hand das unverständliche
tempus geschrieben; die zweite besserte es in temtus\ das richtige
tenttuf hat V2 und die Handschriften der anderen Classe. —
XXXVI, 4 hat L von erster Hand impertit^ und dies scheint,
da V^ dieselbe Lesart hat, im Archetypus beider gestanden zu
haben ; erst die zweite Hand fügte, was Sauppe nicht anmerkt
über ü noch ein i über der Zeile bei. — XL, 2 steht Id L
porrecta^ doch rührt nur ta von erster Hand; porrec schrieb
erst die zweite Hand auf einer Rasur, in der also wohl proten
gestanden haben mag, das den Raum genau ausfüllt; auch V^
und die übrigen haben protenta, — XLII, 2 hatte die erste
Hand deceai*^ die zweite besserte es in doceat] jenes ist die
richtige Lesart. — Ebenso hatte auch XLIII, 7 die erste Hand
das Richtige geschrieben: dicentis] der Corrector radirte tis
aus und fügte s über n hinzu: dicen^. — XLIV, 2 schrieb
die erste Hand in L tremore und dieses ist auch die Lesart
des Fj und der übrigen Handschriften; der Corrector tilgte
jedoch r^ durch Punkte und schrieb darüber ti = tumoie,
h) Hat nun in den erwähnten Fällen zumeist die zweite
Hand die richtige Lesart der ersten getilgt und ihre eigenen
Erfindungen eingesetzt, so ftigt sich diesen eine grosse Zahl
Das liandBcbrifteuverhiiUuüb der Vita S. Severiui des fingippins.
477
anderer Lesarten an, wo das Falsche offenbar vom Schreiber
selbst herrührt; an allen den nun zu erwähnenden Stellen
weicht V2 von L ab und hat unstreitige die Lesart des Arche-
typus besser gewahrt als L; ich bemerke nur noch, dass an
allen Stellen Sauppe die Ueberlieferung des L aufgibt und zu
den Lesarten des F, und A zu greifen gezwungen ist, von denen
jener zumeist mit V2 übereinstimmt.
L Vo
Ep.
£ug. 9
seuerinus
serio^
r>
« 11
denstat
desistas
Vita
1,1
rupensis
ripensis
«
n 3
prodiens
prodens
n
n 4
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V
fj rt
exemplü
exempla
1*
II, 1
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sanctis
n
III, 1
famis
fames
71
IV, 10
medio
media
jj
n n
conteptii,8
contentiis
r
. 11
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immo
n
V, 1
delegatum
denegatum
n
. 2
turharis
turhaheria'^
7)
7j n
desideratä prospeiitate
desideratä pi'oaperitate
n
VI, 5
desperata
desperato
n
VU, 1
deuenerunt ^
deuertei'unt
n
. 2
scito
cito
n
vm, 2
prqcessisset *
prqcepisset
n
. 4
sictit
sic^
fl
n 5
miro patitur
minora peiitur
n
. 6
monsirmis
monatrat
7}
IX, 5
memorabatur
memorabat
B
X, 2
properantes
properanter
n
XI, 1
adueniret
eueniret
< Die Handachrifteu der anderen Classe haben das fehlerhafte aenior,
^ So auch T T] Vau.; nur Ä hat offenbar irrthümlich turberis^ das Sauppe
aufnimmt.
' Dies hat sich durch ein Druckversehen bei Sauppe in den Index p. 33
(s. u. collocatio uerborum) eingeschlichen.
* Sauppe bemerkt aus Versehen, preceaaissel sei die Lesart des 7.
* Sie sie haben T Vi A VaU.
47«
Katll.
L
itfl
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4
«cc^a
n
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5
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XVI,
2
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XVII,
4
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XIX,
3
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n
n
4
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n
XX,
1
quid^
n
XXII,
1
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3
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XXVI,
1
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n
V
effugaret
»
XXVIII,
2
difficillima
n
n
n
idem
n
XXIX,
3
quanto
n
XXX,
2
commonentes
n
XXXII,
2
huinan§
»
r»
n
probaturns
n
XXXIII,
2
migrante
n
XXXV,
1
Bonns
n
XXXVI,
2
auctoritate
n
XL,
2
aibi cum
n
XLIV,
4
antequä
1?
XLVI,
1
in itcdia
j?
»
2
veapolitans
n
»
n
reuertentibus
ecclenam
mane
dixerat
iatic
eollatam
absolueref
mirantts
quidam
et ideo
et
gra
difficälimam
ibidem
quarUa
commanentes
humana
probaturos
mirante
Banosus
auctorem^
cum aibi
ante quem
in italiam
neapolüano
reuerentibue^
1 Von Sanppe Übergangen.
^ T Vi haben auctoj-e.
3 Ebenso anch T V^ VeUl,; A hat reuei-endis; Sanppe schreibt nach Vrtue-
rentibftg. An einer andern Stelle (VIII, 6) dagegen verKndert er die Les-
art der besten Handschriften und des L reuerentuHnitu nach einigen
jöngem Handschriften in reuet'endiasimtu ; mit Unrecht, wie ich glsube;
denn einige Participia praesentis, namentlich amant und reuer&Uj werden
zumal im Superlativ und bei Aureden in passivem Sinne gebrancbt; man
vgl. hierüber H. Usener, zur Geschichte des lat. Participiums, Fleckeis.
Jahrbb. 1878 p. 55 f. C. v. Paucker, Spicilegium addendorum lex. Ut.
Mit 1875, von dessen Beispielen ich einige hiehersetze: Fronto ep. ad
Marc. Caes. I, 6 amice denderaiUUsvne. 11, 5. V, 40. CapitoL Albin. 7, 3
fratri amaniiaaimo et deaideratitMaimo, Amm. Marc. XV, 8, 12. Mar.
I
I)m Hiin<l<ichriftenTerhftItnies d(>r Vita S. SeTerini des Kugippius.
479
Vita XLVI, 3 cuius neapolitane
itinere
7)
n
ciuis nea'poUtana
in itinere
An allen diesen Stellen ist, wie schon erwähnt, Sauppe
gezwungen, die Ueberlieferang des L fallen zu lassen und der
der andern Classe zu folgen, was er in der Einleitung zu-
gesteht (p. XIV sq.). Es erhellt hieraus, dass L ein nicht
blos von zweiter Hand willkürlich corrigirter und interpolirter
Codex ist, sondern dass er auch schon durch den Schreiber
vielfach entstellt worden ist. Hierdurch werden jedoch auch
die Stellen verdächtig, an denen V^ mit der andern Classe über-
einstimmt, während L allein differirt.
Ep. Eug.
Vita
I,
2
9
1
2
n
n, 1
r
L
ede9'et
qu^ris
castitate et pietate
ut ppter — insidicis
inhqrerent
incredulitatis
tertia
Actoque
m, 1 fore^
ammonev^tur (sie!)
beatus '^
quq — 8olut§
continua (auch A)
tigantia ^
pdixerat
recedens
V
2
2
» 1)
IV, 4
n
6
^2
8criberet
requiris
pietate et castitate
ut — insidias inhibe-
rent
incredtditati
tertio
auctoque
affore
commonetur
beatissimus
qua — 8oluta
continuata
tyguncia
prqceperat
secedens
MercaL Subnot. 4, 4 qua nihil honestiua irUer reuerentisHmas matronaa
inueniat» Cassiod. Var. VII, 24 reiierentisHmum te onmibus fada. ps. 107.
init Id. facond. def. V, 2 reuerentissimi episcopi dixeruni'^ eine Zasammen-
stelltmg derselben bei Neue Lat. Formenl. II, 193.
^ Auch Ä bat fore,
^ So setzt L zQweilen den Positiv von Adjectiven, wo die anderen Hand-
schriften den Superlativ haben: XXUI, 1 «ei L Vj 9c%snmu9 TA F,;
XLI, 1 bealus L A healianmua T V^ V^.
' Dürfte wohl verschrieben sein statt tigtatUa] T V^ VaU, haben ticuntia]
A ticHftcia.
480
Kuöll.
Vita
n
r>
n
n
n
»
r>
IV, 7
« 10
V, 1
propitio
penitus nuUo
infestos
propius ^
nuUo penitus
infensos
VI,, 2
VIII, 4
ueste qua
uindicabuntur
uestem quam
uindicantur
XI, 3
claritate
alacritate
XII, 5
abrasum
ahrosum
XV, 2
tabulatis
super tabulata
xvni, 1
XIX, 2
improuisa
semet
improuisq
senec
» »
tremore fuisse
fuisse tremore^
XX, 2
lacrimari
lacrimare
XXII, 1
XXV, 1
deberi — deferetur
excidium
debere — deferreho'
exicium
XXVTT, 2
„ 3
computetis
ebdomada ^
irnputetis
ebdomade
xxxvm, 2
narrare
narrasse *
XL, 2
» 3
ut
dö
quo
dno
XLIII, 5
inuenimur
inueniamur
XTJV, 6
in teiTa
in terram^
n n
unanimiter
humanitsr
XLV, 2
XLVI, 1
signoue
multo honore
signoque
multo labore^
Doch auch in vielen dieser eben erwähnten Fälle ver-
dient die mit den Hauptvertretern der andern Classe überein-
stimmende Ueberlieferung des V2 vor der des L den Vorzug,
wie eine unbefangene Prüfung derselben zeigt; an anderen
Stellen ist die Entscheidung zwischen den beiden HandBchriften
eine schwierigere. Es sei mir gestattet, auf einige der er-
wähnten Abweichungen einzugehen und sie mit einander zu
vergleichen.
> So auch A; propitiua rVj.
3 So haben auch T V^ A Voll,; V M bei Sauppe ausgeCailen.
' So auch A,
^ Bei Sauppe iat neben V noch M hinzuzufügen.
^ So auch A,
» Cum multo lahort T F, Vau. A,
Du Handschriftfinrerh<iiisfl der Vito S. Sererini des Engippius. 481
Die Stelle VHI, 4 lautet nach der üeberlieferung des L
folgendennassen: Siait a deo tuo illatq uindicahuntur hnuriq.
Abgesehen von dem fehlerhaften Stent, welches Sauppe richtig
in de verwandelt hat, — aenn nach der üeberlieferung des V^
war Sic die Lesart des Archetypus beider Handschriften —
fallt vor allem das Futurum uindicahuntur auf, dem ich einen
für unsere Stelle passenden Sinn nicht zu entnehmen vermag;^
denn das Aergste^ was der Königin Giso widerfahren konnte,
ist ihr ja bereits widerfahren : ihr Söhnlein ist in der Gewalt
der barbarischen Goldarbeiter, die es jeden Augenblick tödten
können; und in den unmittelbar darauf folgenden Worten
heisst es: fatebatur se pro scelere confemptus - . . , plagae prae-
ffutis ultione perceUi; diese Stelle zeigt, dass das Praesens
nindicantur, das V2 und die andere Classe hat, die einzig
richtige Lesart ist. Das Futurum aber so erklären zu wollen,
dass die Tödtung des Sohnes nur eine aus der Zahl der gött-
lichen Strafen sei, die der Königin drohen, der andere derartige
nachfolgen sollen, wäre gesucht und überdies unpassend für
unsere Stelle; dieselbe hat also wohl zu lauten: Sic, sie a
deo tuo illatae uindicantur iniuriae; ganz passend ist in dem
Munde der aufgeregten Königin die Wiederholung des /Sic, das
wohl aus Versehen in der andern Classe nur einmal geschrieben
wurde; vgl. p. 469.
XI, 3 verdient alacritate vor claritate offenbar den Vor-
zug; denn aus claritate, das , Klarheit^, ,Helle^, ,hellen Glanz',
kaum , Reinheit', , Unbeflecktheit' bedeuten kann, lässt sich
weder in Verbindung mit hortatus est noch mit deprecari ein an
unserer Stelle passender Sinn gewinnen. Ciaritas selbst kommt
in der Vita noch IV, 12 (tanta dinini muneris claritate fulgebat)
und XIII, 2 (claritas tarnen tantae uirtutis occultaH non potuit)
vor, jedes Mal in der Bedeutung ,Klarheit', ,heller Glanz', nie-
mals in der letzteren. Dagegen gibt die Lesart alacHtate in der
Bedeutung ,freudiger Eifer', ,Inbrunst', in der ja sowohl alacrita^
wie alacer vorkommt, den für unsere Stelle passenden Gedanken
^ Anch Rodenberg, der in seiner Uebersetznng sonst der Sauppe^schen
Recension des Textes genau folgt, ist gezwungen an unserer Stelle das
PrSsens wiederzugeben: ,bo werden von deinem Gotte Beleidigungen
bestrafte
Siirancsber. d. phil.-hiat. Ol. XCV. Bd. I. Hft 31
482 KnöU.
jSeverin ermahnte die Priester und Diaconen, mit ihm in der
ganzen Inbrunst des Herzens zu Gott zu flehend
XXII, 1: Severin weist die Priester, die sich anbieten,
für die Basilica in Boiotro Reliquien zu holen, mit den Worten
ab, dass die Gegend ohnehin bald vor den Einfallen der Bar-
baren werde geräumt werden müssen ; und zu ihnen gewendet
fahrt er in indirecter Rede — nach der Ueberlieferung des L —
folgendermassen fort: et ideo (Cod. Video) pro reliqum sanctorvm
nullum laborem deberi suscipere, quia idtro eis sancti JohannU
bejiedictio deferetur. In diesen Worten ist deben offenbar ver
derbt; Sauppe besserte, indem er deberi in debefis änderte.
Allein diese Aenderung ist zu gewaltsam; dann missiällt in
der so hergestellten directen Rede eis, wofür wir uobis oder
nobis erwarten; überdies scheint mir das Verfallen aus der
directen in die indirecte Rede ganz passend und ursprünglich.
Aber zu einer Aenderung ist gar kein Grund vorhanden, wenn
wir die Ueberlieferung des V^ und der andern Classe fest-
halten. In 7^ — und im Wesentlichen gleich auch in V2 — lautet
die Stelle: et ideo pro reliqüiis sanctoi^um nnllum laborem deh er e
suseipere, quia et ultro eis sancti iohannis benedictio d^ferretvr.
In dem ersten Theile könnte eos ergänzt werden, das nach
ideo leicht ausfallen konnte; allein selbst diese Einschiebung
ist unnöthig, da es sich ja aus dem Zusammenhange von selbst
ergibt. In dem Nebensatze aber ist an d^iferretur nichts zu
ändern; das Imperf. Conj. ist nämlich Stellvertreter des fehlen-
den Futur. Conj., wofür sieh in der Vita noch folgende Beispiele
finden: VIII, 3 dicentes, quod .... pai^mlnm regium ptimitvji
transfigentes semetipsos postea trucidarent; direct: nosmetipsos
truddabimus, XI, 1 crederUes, quod nihil eis eueniret aduer.n;
direct: nihil adtiersi iiobis eueniet, XVI, 3 cogitaui mecum, quod
seruus Christi . . . praesentem mortuum svsdtaret ,- direct:
suscitabit, XXVII, 1 credentes, quod duorum populos oppidorttm
. . , praedarenttir ; direct: praedabimur. In directer Rede müsste
allerdings das Futurum Ind. stehen: z. B. XXXI, 5; diese
aber an unserer Stelle mit Sauppe herzustellen, ist über-
flüssig.
XLIV, 6 heisst es nach der Ueberlieferung von Li Deinde
unanimiter aestimantes ossa funeris inueniri disiuncta cet Ganz
unpassend scheint mir unanimiter; denn ob die Anwesenden
Dm Hand8chriffc«iiT«rUltniM der Vita S. Sererini des Engippias. 483
einmüthig erwarteten, die Gebeine des Heiligen zerstreut zu
finden oder ob Meinungsverschiedenheit unter ihnen darüber
herrschte, darauf kommt es offenbar nicht an. Vollständig passend
ist dagegen die Lesart des Fj und der anderen Handschriften
humaniter: man erwartete die Gebeine des Heiligen, die bereits
das sechste Jahr in der Erde lagen, wie die des ersten besten
Menschen zerstreut zu finden.
XL VI, 1 heisst es nach L, der Leichnam Severins sei
multo honore nach Italien überführt worden. Abgesehen davon,
dass von Ehrenbezeigungen auf dem Wege nach Felethe in
der Vita nichts zu finden ist, — und es ist wohl anzunehmen,
dass der genaue Biograph, der sonst nichts Erwähnenswerthes
äbergeht, solche Ehrenbezeigungen, deren Augenzeuge er doch
war, nicht verschwiegen hätte — Ehrenbezeigungen von Seite
der Ueberfiihrenden aber selbstverständlich waren: so ist doch
der Widerspruch mit dem Folgenden auffallend genug; denn
trotz dieser angeblichen Ehren hatte doch der Leichnam
nirgends eine Ruhestätte gefunden (usqtie ad illud tempus terrcte
nullatenns trcUlitum), Offenbar stand im Archetypus des L und
Fo das, was V2 erhalten hat, multo labore^ womit auch die
andere Classe übereinstimmt, die ganz passend cum hinzuftigt:
.unter vieler Mühe war der Leichnam von der Donau nach
Felethe in Italien gebracht worden^
Ich unterlasse es, auf andere Stellen, an denen die Ueber-
lieferung des V^ und der anderen Classe zum mindesten gleich
passend wie die des L ist, hier näher einzugehen. Von Fj
aber anzunehmen, dass er ein aus beiden Classen entstandener
Mischcodex sei, ist wohl dadurch ausgeschlossen, dass er sonst
an Stellen, wo T und die andere Classe einen vollständigeren
Text haben (z. B. im Briefe des Eugippius und zu Beginn der
Vita), diesen aufgenommen hätte.
Das im Vorhergehenden eingehend Dargelegte will ich
nun noch einmal kurz wiederholen und den daraus sich er-
gebenden Schluss ziehen: da an Stellen, wo L und V2 von
einander abweichen, die Lesart des L entweder nach-
weislich erst durch den Corrector entstanden ist,
oder schon vom Schreiber selbst herrührende, dem
Sinne nicht entsprechende Conjecturen aufweist; da
ferner an diesen Stellen die Lesart des F^ uicht nur
31*
484 Kuß 11.
zumeist den besseren Sinn g:ibt, sondern noch durch
die Vertreter der anderen Classe g^esichert erscheint:
80 ergibt sich der, wie ich glaube, zwingende Schluss,
dass L ein sowohl von erster wie von zweiter Hand
vielfach entstellter Codex sei, der keineswegs als
gute Abschrift seines Archetypus gelten kann; dass
vielmehr V^j obwohl bedeutend jünger als L und keines-
wegs fehlerlos, den Text des gemeinsamen Arche-
typus getreuer gewahrt habe als L. Für dieses Arche-
typen aber ergibt sich ferner aus dem Angeführten,
dass dasselbe der Classe der Bobbienser Handschriften
bedeutend näher stand, als man nach dem Texte des
L bisher schliesscn konnte. Verhält sich aber dieses alles
so, dann muss natürlich L aufhören die Grundlage für die
Recension des Textes der Vita zu bilden.*
Da wir jedoch aus L und F2, den Repräsentanten der
einen Handschriftenclasse, die von T und der anderen Classe
in vielen wesentlichen Punkten abweicht, den gemeinsamen
Archetypus beider mit ziemlicher Sicherheit erschliessen können,
so lässt sich wohl mit Recht die Frage aufwerfen, ob nicht
diesem aus den beiden Handschriften zu erschliessenden Arche-
typus, oder mit anderen Worten L und Fj zusammen der Vorzug
vor der anderen Classe, deren bester Repräsentant T ist, ge-
bühre. Allein abgesehen von der offenbaren Schwierigkeit, die
ein derartiger Versuch hat, scheint mir auch aus einzelnen
wichtigeren übereinstimmenden Stellen der beiden Handschriften
mit ziemlicher Sicherheit hervorzugehen, dass eine ähnliche,
wenngleich nicht so weit gehende Interpolation, wie wir sie
im L finden, auch für den Archetypus von L und V^ sich
nachweisen lässt, während T an einzelnen Stellen einen zwar
corrupten, aber doch nicht durch Interpolationen entstellten
Text überliefert hat.
Um diese Frage zu entscheiden, müssen natürlich vor
allem jene hundert und etwa dreissig Stellen in Betracht ge-
1 Ans dem Vorhergehenden ergibt sich, das« das ürtheil Sanppe's über den
Znstand des L ein viel zu mildes ist: haec menda omnia iia camparaia
es9e apparet, fU inaciUcie et errori oadorum trtbuenda «n/, non uolvnfati
lün'arii (p, XV),
Du HandschriffeenverhältniBa der YiU S. Sererim des EagippioB. 485
zogen werden, die oben p. 466 ff. aufgezählt wurden^ an denen
L und V^i gegenüber T und der andern Classe übereinstimmen.
Viele von diesen sind von der Art, dass sieb kaum ohne
subjective Voreingenommenheit der Nachweis führen lassen
dürfte, die Losart der einen Classe verdiene vor der der andern
den Vorzug; diese Stellen müssen also von vornherein von
der Untersuchung ausgeschlossen bleiben. Von den anderen,
hier in Betracht zu ziehenden Stellen ist vorerst eine verhält-
nissmässig geringe Zahl von Lesarten zu erwähnen, an denen
die Ueberlieferung des T die einzig richtige ist, so dass Sauppe
selbst gezwungen ist, den Lesarten des mit T übereinstimmen-
den F| den Vorzug vor der des L (V^) zu geben. So nimmt
er mit Recht XIV, 3 die Ueberlieferung des T Fj recepta statt
der des L V^ percepta in den Text. Ebenso schreibt er XVI, 3
mit T Vi credideras statt credideris nach L Fi^; XX, 1 id mit
T V^ A statt idem nach L V^ ; XX, 2 scs seuerintts legeret mit
T V^ A statt scs legeret seuerinus, wie L V>i haben ; diese Ab-
weichung des L von Fj ist allerdings von Sauppe nicht ange-
führt. Ebendaselbst Mens mit T V^ A statt iubet nach L V^.
XXII, 1 proferehat mit T V^ A statt praeferebat L V^ ; XXII, 2
febanem mit T V^ A statt febanum, wie L von zweiter Hand
und Vo hat. Ebendaselbst destituta mit T V^ A statt destituto
L \\, XXIV, 3 zeigt L V^ eine Lücke, die Sauppe mit Recht
nach der Ueberlieferung der anderen Classe durch die Wörter
sed presbytero ausfüllt. XXVIII, 1 ist das von Sauppe in den
Text gesetzte praestruebat die Lesart von T Fj ; die von Sauppe
nicht angeführte Ueberlieferung von L (V^) ist pstruebat = per-
strijtebat. Ebenso schreibt er mit T F| XXX, 1 praestruxit
statt pstruxit, wie L V^ überliefern. In der XXXVI, 3 einge-
flochtenen Stelle aus dem zweiten Dialog des Sulpicius Severus
stimmt T F^ mit dem ältesten Codex dieses Schriftstellers, dem
aus dem 7. Jahrhundert stammenden Veronensis überein; die
Lesart des L und V^ dagegen mit den jüngeren Handschriften
dieses Schriftstellers; Sauppe folgt auch hier mit Recht der
Ueberlieferung von F,, indem er diabolo statt diaboli und omnia
üla quae statt omnia quae in den Text aufnimmt. XLIII, 2
schreibt er mit F| infirmi statt infimi nach der Ueberliefe-
rung von L (V^\ ebenso XLV, 1 multi mit Fj statt multis
nach L (V^.
486 kb6ii.
Doch die meisten der angeftUirten Stellen sind von nicht
gar grosser Bedeutung; viele derselben zeigen eben Verderb-
nisse, wie sie in Handschriften dieser Zeit sehr gewöhnlich sind.
Wichtiger ist höchstens die Lücke XXIV; 3 in £ F,, sowie
die beiden Stellen, an denen T V^ mit der Ueberlieferong des
besten Codex des Sulpicius Severus übereinstimmen. Dock
selbst diese sind zur Entscheidung unserer Frage von wenig
Belang. Stellen, auf die es hier ankommt, sind vor allem die-
jenigen, wo der Text der einen Classe mehr bietet, als in der
andern überliefert ist, und Stellen, an denen grössere Corroptelen
bereits in dem Stammcodex beider Classen vergelten hfiben
müssen, die dann der Abschreiber der einen unrichtig corrigirt
hat. Zu den crsteren gehört der bekannte Zusatz in L \\
c. XLVI, 4 — 6 von den beiden Krankenheilungen, die durch
den Leichnam des Heiligen bei seiner Ueberführung nach dem
Lucullanum bei Neapel bewirkt worden sein sollen, von Tunc
et Laudicius quidam caecus bis retulisüe miracula. Diese Worte
halte ich aus folgenden Gründen für eine nicht von Eugippius
herrührende Interpolation :
1) Steht die erwähnte Stelle zuweilen in offenbarem Wider-
spruche mit dem, was in dem früheren gesagt wurde; so
namentlich die Worte, mit denen, ungeschickt genug, die Er-
zählung der bei dem Einzüge in Neapel geschehenen wunder-
baren Krankenheilungen abgebrochen wird: Vet^m multis plura
sdentibtis sufficiat tria de innumeris, quae in ingressu, eius gesta
9untj heneßciorum uirtuiumque retulisse miracula. Die Worte
uerum multis plura scientibus setzen doch offenbar voraus, dass
Eugippius nun nach der Aufzählung der drei Wunder mit
seinem Wissen von Krankenheilungen, die in Neapel durch
den Heiligen bewirkt wurden, zu Ende ist. So aber konnte
Eugippius unmöglich schreiben, der doch in dem Briefe den
Paschasius bittet, er möge auch die Wunder und Kranken-
heilungen, die bei der Ueberführung (in ifinere) und bei dem
Grabe (ad — memoriam) geschehen seien und die er dem
Deogratias zur mündlichen Erzählung aufgetragen habe, seiner
Biographie des Heiligen einverleiben : iüa quoque, precor, uirti^
tum beneßda sanitaiumque remedia, quae uel in itinerej nel hie
ad eiundem heatissimi patris memoriam diuina sunt peracta ?/iV-
tute, digneris adnectere; quae quoniam ßdelis portitor, ßlius tiester
Das HandschrifteDTerhAltiÜBB der ViU 6. SeYerini das EogippinB. 487
DeogratttiSf optims nouit, uerbo commendauimus intimanda, ^ Und
XL VI, 3 sagt er: multi . . ,, qnos recensere longum est, gesteht
also indirect ein, dass er noch mehr weiss, als er hier erzählt.
Offenbar waren die Worte des Briefes dem ungeschickten
Interpolator bereits aus dem Gedächtniss geschwunden.
2) Widerspricht es der steten Gewohnheit des Autors des
Commemoratoriums, dass hier drei Krankenheilungen angeführt
werden; denn bei allen ähnlichen Gelegenheiten erwähnt er
der Kürze halber, wie er oft genug betont (XXXVIII, 2
XLV) blos eine wunderbare Heilung; und zwar entschuldigt
er an unserer Stelle eigens seine Kürze (quos recensere longum
est), während unmittelbar vorher, wo blos ein Beispiel einer
wunderbaren Heilung während des Verweilens des Leichnams
zu Felethe angeführt wird, dies ohne jede Entschuldigung
geschieht; und dass er ätoff genug gehabt hätte, auch dort
mehrere einzufügen, zeigen ja die Worte XLV, 1 per idem
tfmpus multi uanis occupati languoribus et nonnulli a spiritibua
immundis appressi medellam diuinae gratiae sine ulla mora aen-
»trunt. Und auf gleiche Weise wie an unserer Stelle entschuldigt
er auch XXXVIII, 2 die Anführung eines einzigen Beispieles:
prolixi aperis fastidia declinando. Nach dem gleichen Ver-
fahren des Autors an ähnlichen Stellen, nach der Versicherung
desselben, kurz sein zu wollen, muss man auch an unserer
Stelle die Angabe eines einzigen Beispiels erwarten; zugleich
' Die Worte uerbo eommendauimus intimanda Übersetzt Rodenberg: ,8 0
empfehlen wir sie Dir zur Bekanntmachung durch Dein
Wort*, so dass also uerbo intimare fast gleich käme litteria intimare
Treb. Poll. Gall. 16, 1; diese UebersetKUUg scheint mir jedoch unrichtig;
denn erstens müsste nothwendig eommendamna statt commendammu»
stehen; zweitens müsste es tibi oder tuo heissen; intimare kommt in der
Vita c. IX in der gewöhnlichen Bedeutung Jemanden mittheilen'
vor: nt — retierau9 aihi maturiu9 intimaref. Dieselbe Bedeutung hat es
offenbar auch hier; die Stelle ist daher zu übersetzen: ,Da diese nun der
Ueberbringer, euer Sohn Deogratias, sehr gut kennt, so haben wir ihm
aufgetragen, sie mündlich dierboj mitzutheilen*. Der Dat. ei
ergänzt sich leicht aus dem Zusammenhange. Eugippius hatte also eine
Anzahl von wunderbaren Krankenheilungen, die bei der Ueberführung
and beim Grabe des Heiligen geschehen waren und im Commemoratorium
keine Aufnahme gefunden hatten, dem Deogratias roitgetheilt und bittet
nun den Paschasins sie in die ausführlichere Biographie aufzunehmen.
488 Kn611.
bezeichnete wohl dieses eine Beispiel die Stelle, an der Pascha-
sius in seiner ausfuhrlichen Biographie die ihm von Deogratias
im Auftrage des Eugippius mitgetheilten Wunder einflechten
sollte; vgl. Ep. Eug. 6.
3) Erinnern die beiden letzten Erankenheilungen (§§. 4
und 5) sogar in den Ausdrücken häufig an die unmittelbar
vorbeigehenden; man vergleiche Tunc et Laudicius quidam
cctecus mit XLV Tunc et miUus quidam ; das in kurzem Zwischen-
raum lästig wiederholte : gratias deo lacrimantibua gaudüs retu-
lerunt (4) und uoti sacrifidum deo cum gratiarum actione reddehat
(5) mit XLV exultantes in gaudio diuinae deinentiae gratiarmi
retuUmus actionem; caput uehicuto credens apposuit (5) erinnert
entfernt an ingressa 8ub uehicuh (3); occurrens (5) an oecurrit
(3). Ueberhaupt erinnert die §. 5 erwähnte Krankheit und ihre
Heilung sehr an die §. 3 erzählte, und es ist mir kaum glaub-
lich; dass Eugippius in dem Commemoratorium, das ja, wie er
selbst oft genug betont, kurz sein soll, sich diesen Ueberfluss
von zwei fast ganz gleichen Heilungen an einer Stelle gestattet
habe. Es zeigt sich also in der Erzählung dieser beiden §. 4
und §. 5 angeführten Wunder die ganze Wort- und Gedanken-
armuth des ungeschickten Interpolators. Aber vor allem
täppisch und ungeschickt ist die Art, wie er die zweite Hei-
lung an die erste anreiht: Tunc et Laudicius quidam caecus ....
interrogat] eine derartige Ungeschicklichkeit ist selbst der
stilistisch ziemlich mittelmässig abgefassten Vita sonst fremd.
Das Gedicht, welches A. F. Ozanam aus einem Codex Vati-
canus veröffentlichte, und das Sauppe p. XIX sq. seiner Ausgabe
abdruckte, erwähnt nun zwar V. 43 f. die Heilung eines Blinden
und diese Stelle muss sich nothwendiger Weise auf XLVI, 4
der Vita beziehen; doch beweist sie natürlich nichts fiir den
genuinen Ursprung dieser beiden Paragraphen; vielmehr wird
dadurch blos erwiesen, dass derjenige, welcher nach dem Comuie-
moratorium des Eugippius dieses Gedicht gemacht hat, hiefür
einen Codex der Classe L V^y also einen bereits interpolirten,
benützte.
In dem Briefe des Eugippius an Paschasius §. 7 lassen
bekanntlich die Handschriften L und V^ die Worte Ucet und
tamen quid hinc ab ineunte aetate cognouerim non tacebo aus.
Sauppe gibt in der Einleitung zu seiner Ausgabe (p. XIV) zu,
Du HAad«chiift«iiTerhiltiiijis der Yita S. SeTerini de« Eugippias. 489
daBs dieselben für den Zusammenhang sehr passend sind;
zugleich müssten sie eine sehr frühe Interpolation sein; denn
dieselben stehen bereits^ obzwar in entstellter Form, in der
dem 9. Jahrhundert angehörigen Münchner Handschrift. Doch
schreckt er vor der Aufnahme derselben in den Text durch
das Bedenken zurück, dass sie einen Widerspruch gegen das
§. 2 des Briefes Gesagte enthalten, da ja Eugippius nicht die
Zeit seiner frühesten Jugend bei Severin zugebracht habe.
Sehen wir vorerst von diesem Punkte ab und vergleichen den
Gedankengang der Stelle nach der Ueberlieferung der beiden
Classen. Nach L V2 sagt der Autor: Man fragt vielleicht nach
seinem Vaterland (I); davon weiss ich nichts (II); denn als
einst Viele zweifelten, fragte ihn Primenius: Woher hat Dich
Gott geschickt? (III). Nach dieser Ueberlieferung fehlt offenbar
zwischen II und III ein Satz, der die Motivirung der nun an-
geführten Erzählung enthält; nam ist eine ganz ungeschickte
Verkittung des Schadens. Qanz passend dagegen nach der
anderen Classe: Man fragt wohl nach seinem Vaterland (I).
Obzwar ich davon nichts Bestimmtes weiss, will ich doch
mittheilen, was ich betreffs dessen gehört habe (II). Als
einst u. s. w. Ueberdiess heisst es im Folgenden (§. 10): Haec
igifur sola, quae retuli, .... semper audiui mit offenbarer
Beziehung auf cognouerim an unserer Stelle.
Doch auch abgesehen von der Nothwendigkeit dieser
Worte für den Zusammenhang und das Verständniss der Stelle,
kaon ich einen Widerspruch derselben mit der in §. 2 mit-
getheilten Angabe der Quellen, aus denen der Autor schöpft
(ex notissima nohis et cottidiana maiorum relatione), nicht finden.
Denn die §. 2 gegebene Erklärung bezieht sich auf die in der
Gedcnkschrift mitgetheilten Thatsachen, diese dagegen blos
auf die in dem Brief enthaltenen Nachrichten betreffs seiner
Heimat. Zudem liegt ja in den Worten quid hinc ab ineunte
aetate cogiiouerim, noch keineswegs die Andeutung, dass er die
folgenden Nachrichten aus Severinus' eigenem Munde gehört
und dass er von seiner Jugendzeit an bei Severin gewesen,
sondern die frühere Quelle, die älteren Brüder des Klosters,
kann Eugippius auch wohl hier meinen; denn die Worte selbst
besagen doch nur, dass er mittheilen wolle, was er über den
Gegenstand (hinc) von seiner Jugendzeit an (ab ineunte aetate)
490 KnöU
erfahren. Da dieselben nun auch, wie oben gezeigt wurde,
für das Verständniss der Stelle erforderlich sind; so halte ich
an der Echtheit derselben fest.
Was nun die Worte im Anfange der Vita (I, 1) ae prmum
inter ßlios bis interitum betrifft, so lassen sich dieselben aller-
dings auch ganz gut entbehren ; doch dürfte kaum Jemand an
ihnen gegründeten Anstoss nehmen, da sie ja ganz passend die
allgemeine Weltlage zu der Zeit, da unsere Geschichte beginnt,
schildern. Dass Eugippius nichts Näheres darüber berichtet
und auch über Severins Wirken in dieser Zeit schweigt, erklärt
sich durch das überaus schnelle Verschwinden der Hunnen-
herrschaft von selbst. Uebrigens war ja Eugippius, dessen
iniens aetas wohl in die letzten Lebensjahre S. Severins fallt,^
nicht Augenzeuge davon gewesen, konnte also nichts Aus-
führliches darüber angeben.
Von einzelnen Stellen, die wahrscheinlich in L Fj durch
Interpolation entstellt sind, führe ich folgende an. Cap. XIII
wird das in der Stadt Juvao geschehene Wunder von der
Entzündung der Kerzen durch göttliche Einwirkung erzählt;
die Stelle lautet nach der Ueberlieferung von L und Fj folgen-
dermassen : cum quadam die intrantes basilicam , ... ad accen-
denda luminaria ignem minivie reperissent, flammam concussii
ex more lapidibus elicere nequiuerunt; in tantum alterutraferri
ac petrae coUisione tardantes, ut cet. und so gibt sie auch
Sauppe heraus. Nichtsdestoweniger erhebt sich ein Bedenken
gegen das Wort ferri. Denn da vorher ausdrücklich des
Versuches Feuer zu machen blos durch das Schlagen von
Steinen (coiumssis ex more lapidibus) Erwähnung geschieht, so ist
man mit Recht erstaunt, wie wenige Worte nachher plötzlich
das Eisen erwähnt wird, von dem doch früher gar nicht die
Rede war. Bestätigt wird dieses Bedenken durch die I^esart
der anderen Classe; denn es fehlt in allen Handschriften der-
selben das Wort ferri. Die Stelle lautet nach der Ueber
lieferung des T: aüerutra ac petr^ conlisione; durch die Hinzu-
fügung eines einzigen Buchstabens an das entstellte ac erhalten
wir die ursprüngliche, dem Zusammenhange allein entsprechende
Lesart: aüerutra hac petrae conlisione und diese Lesart hat noch
1 Vgl. Büdinger, Kugipius, eine UnterBUchuDg p. 9 f.
Das HftndftchriftenTerh<iuBS der Vita S. Sevarini des Eagxppias. 491
A und Vallic. gewahrt, von dem oben nachgewiesen wurde,
dass er auf einen andern Codex derselben Classe, deren Ver-
treter jetzt T ist, zurückgeht. Ueber den adjecti vischen Ge-
brauch des reciproken Pronomens alteruier in der späten Latinität
vgl. TertulL pudic. 2: alteruf ra oppositio; id. persec. 1: alterutra
diligentia. C. v. Paucker, Spicilegium addendorum, lex. lat.
Mit. 1875 (s. V.) und M^langes gr6co-rom. III, p. 608. Der
Sinn der Stelle ist klar und steht mit dem Vorhergehenden
im £inklang: ,durch die gegenseitige Reibung des Steines
hielten sie sich so lange auf, dass' u. s. w.; für den coUecti-
vischen Singular petrae habe ich allerdings kein Beispiel; ist
vielleicht auch petrae fremder Zusatz und aus dem Texte zu
entfernen? Wie die Interpolation ferri in der Handschriften-
classe L V^ entstand, ist unschwer zu erklären. Offenbar stand
bereits im Archetypus des L und T das fehlerhafte oc, nach
einer in lateinischen Handschriften sehr häufigen Corruptel;
vgl. Lachmann zu Lucrez p. 156, 176, 178, 287, 411, 420. Der
Schreiber der Vorlage des L und V^ vermuthete nun, da er ac
irrthümlich für die Conjunction ansah, es sei etwas ausgefallen.
Was war nun für ihn natürlicher, als ferri einzuschieben?
Dabei entging ihm jedoch, dass er durch seine scheinbar so
leichte und passende Emendation mit den unmittelbar vorher-
gehenden Worten des Eugippius in Widerspruch gerieth.
Noch deutlicher als diese Stelle zeigt eine andere durch
die Uebereinstimmung eines anderen, sehr alten Zeugen, dass
T den Text des gemeinsamen Archetypus viel treuer über-
liefert hat, als L und V^\ es ist dies c. XXXII, 2. Die
dort mitgetheilte Prophezeiung Severins gewissen Vornehmen
gegenüber betreffs der Dauer der Herrschaft Odoacars
lautet nach der Ueberlieferung des L\ respondentib] ododcri
odoäcer integer inter trededm et quatuordedm annos uidelicet
integritate eius regni significans. Sauppe sucht der offenbar
corrupten Stelle durch Einschiebung von inquit und qui auf-
zuhelfen; doch ist dadurch dieselbe noch keineswegs geheilt.
Vor allem fallt integritatem auf; denn die Worte von uidelicet
angefangen müssen offenbar eine Erklärung und Deutung des
Biographen für die etwas unklare Prophezeiung enthalten;
in dieser Fassung aber erklären sie nichts, sondern wieder-
holen tautologisch mit etwas verändertem Ausdruck die Prophe-
492 KnftU.
zeiung und sind daher ebenso überflüssig, wie es überflüssig
wäre, wenn wir sagen würden: ,König Odoacer wird unver-
sehrt sein dreizehn oder vierzehn Jahre; damit bezeichnete er
die Unversehrtheit seiner Herrschaft'; und hier handelt es
sich ja, wie der Zusammenhang lehrt, blos um den König
Odoacer. Dieser Verdacht gegen tntegrttateni wird bestärkt
durch den Umstand, dass der anonyme Excerptor Valesii be-
reits im 9. Jahrhundert in seinem Exemplar der Vita nicht
integritatem, sondern übereinstimmend mit der anderen Classe
iniegri las. Die Ueberlieferung des T an unserer Stelle lautet:
respondentibus odoucarem, odoacar, inquit inUger tredecim et
quattuordecim annoa uidelicet integn eins regni »ignißcatis. Sehen
wir vorerat von dem ersten Theile dieser Stelle ab; die Worte
im zweiten Theile geben allerdings in dieser Fassung keinen
Sinn; doch ist meiner Meinung nach durch eine leichte Besse-
rung der letzte Thoil der Stelle vollständig zu heilen: annot
muss ursprünglich im Texte zweimal gestanden haben; die
Verwirrung aber war bereits im Archetypus beider Classen
entstanden, dessen Schreiber annos durch Abirrung der Augen
blos einmal geschrieben hatte. Es ist daher zu schreiben:
tredecim et quattuordecim annos: annos uidelicet integri dus
regni significansJ Das Passende des Sinnes springt sofort in
die Augen: ,Odoacar, sprach er, wird wohlbehalten bleiben
dreizehn bis vierzehn Jahre'; der Biograph nun ftigt, offen-
bar um den Irrthum fernzuhalten, als ob die Regierungszeit
Odoacars von dem Zeitpunkte'^ der Prophezeiung noch drei-
zehn bis vierzehn Jahre dauern werde, bei: ,damit meinte er
nämlich die Jahre seiner ganzen Regierung, seine voll-
ständige Regierungszeit^ Der erste Theil kann kaum mit
1 K. Zangemeister, der mit Recht dem Vj vor dem L den Vorzug zu
geben scheint, zieht (Rhein. Mus. XXX, 31-1 f.), wie ich uachtrag^Uch
ersehe, annoa zu dem folgenden; doch scheint mir wegen der Unbe-
stimmtheit der Zeitangabe, die in den blossen Zahlen tredecim et quattuor-
decim liegt, annos bei demselben unentbehrlich; auch nimmt er, obswar
in der Hauptsache der Ueberlieferung des V^ folgend, das in dieser Hand-
schrift fehlende inter in den Text.
2 Dieser kann, wenn das in der Vita Enthaltene, wie Sanppe darthut,
chronologisch angeordnet ist, nicht weit von dem Lebensende des Hel-
ligen entfernt sein.
Dm HandschriffceDTerh<niBfl der Tita S. SeYerini des Eagippius. 493
Sanppe als Frage anfgefasst werden. Denn dann würden wir
Doth wendig den Accnsativ Odoacremj nicht den Nominativ er-
warten; dann ist aber auch die Einschaltung des qui vollständig
überflüssig. Auch in diesem Theile ist die Ueberlieferung des
T gewiss die bessere als die der andern Classe; vielleicht
dürfte erit zu ergänzen sein, das zwischen integer und tre-
decim leicht ausfallen konnte; doch auch ohne erit ist der Satz
verständlich und ich weiss nicht; ob nicht vielleicht das Aus-
lassen desselben beabsichtigt ist, um« dem Satze etwas Dunkles,
Zweideutiges zu geben, das ja gerade für eine Prophezeiung
passt; man müsste dann wohl annehmen, dass et in dem Sinne
von uel stehe, ein Gebrauch, der aus dem Griechischen wohl
zu belegen (cf. Dem. 27, 9: ava zevrs piva; xat €?), im Latei-
nischen aber nicht nachweisbar ist. Vielleicht ist jedoch et
aus dem sehr ähnlichen aut entstanden. So würde also diese
kritische Stelle nach der Ueberlieferung des T lauten: respon-
dentibiis fidoocaremf ,Ofio<icar^ inquit ,tnteger tredeeim et (autf)
qftattuordecim annos^: annoß uidelicet integri eins regni signifi-
cam. Ist die Emendation der Stelle die richtige, so geht aus
derselben hervor, dass T die Ueberlieferung viel besser ge-
wahrt habe, als der Archetypus von L V^, der, statt das Un-
verstandene und Fehlerhafte getreu zu überliefern, durch
Correcturen die fehlerhafte Ueberlieferung zu bessern suchte.
Dies Verfahren des Archetypus von L V^ lässt sich auch noch
aus andern Stellen nachweisen ; so namentlich auch aus c. XLIU.
Wie bekannt, war Eugippius von dem, was er in seinem
Commemoratorium erzählt, nicht Augenzeuge, sondern er hat
seine Nachrichten ex notissima nobis et cottidiana maiorum rela-
tione, wie er in seinem Briefe an den Diacon Paschasius §. 2
sagt, also aus der Mittheilung der älteren Brüder des Klosters.
Büdinger macht nun durch eine Zusammenstellung der Stellen
(a. a. O. p. 9) wahrscheinlich, dass Eugippius vielleicht erst
ia den späteren Lebensjahren Severins mit diesem zusammen-
icekommen, von diesem aber häufig zu kleineren Missionen ver-
wendet worden sei. Die einzige Stelle, worauf diese Annahme
fusBt, ist die Erzählunp: von dem Lebensende des Heiligen;
c. XLIII, 9 heisst es nach der Ueberlieferung des L und V2:
Snto ü<iqtte iduum ianuariarum die in hoc ^iersiculo, nobis tUx
retpondentibys, quieuit in donano, Nobis, an dem noch Niemand
494 KnGll.
AnstoBs nahm, ist aber auffällig genug; denn weder vorher
noch nachher ist irgend eine Notiz, dass Eugippius an dem
Sterbebette Severins zugegen war. XLIII, 1 heisst es blos,
dass Severin die Brüder um sich versammelt habe (fraJtra
adesse praecepit)' ebenso nach der Abschiedsrede §. 8:cuncfos
per ordinem ad osculnm suum tu^sit accedere; desgleichen im
Folgenden: ut psallerent imperautt und quibu» maeroris suffu-
sione cfmctantibus. 80 aber schreibt Eugippius nicht, wenn
etwas in seiner Gegenwart geschehen ist, sondern er versäumt
es nie, ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen, dass er
selbst Augenzeuge gewesen. Man vergleiche c. XLIV, wo er von
der in seiner Gegenwart vollzogenen Oeffnung des Grabes des
Heiligen berichtet; dort sagt er §. 6: tantae stuxmtatts fragrantia
amnts nos circumstantes acceptt, ut , . , . prostemeremur i»
ten'a(m) .... integram compagem corpoHs repperimui ....
gratian rehilimus omnium conditori; §. 7: cundis nobiseum
prouincialibus idem iter agentibus. Und c. XLV, 2 unterlässt
er es nicht zu betonen, dass er zugegen war, als das Wunder
in Felethe dem Lucillus gemeldet wurde: smulque nobis qiii
cum illo eramus; und ebenso im Folgenden: grafiarum rettt-
limus acfionem. Aus diesen Stellen geht hei-vor, dass der
Biograph nicht versäumt, es ausdrücklich anzugeben, wenn er
bei einem Ereigniss zugegen war. Ebenso musste er auch an
den erwähnten Stellen des c. XLIII schreiben: nos adesse prae-
cepit; cunctos nos per ordinem ad osculum suum iussit decedere:
ut psallerent 71 8 imperauit; nobis . . . cunctantibus. Gegen die
Ueberlieferung von L Fj nobis besteht also gegründeter Ver-
dacht und, nach der sonst üblichen Redeweise des Eugippius
zu schliessen, kann sie unmöglich richtig sein. Dieser Anstoss
schwindet und Alles stimmt aufs Beste, wenn wir die Lesart
des T einsetzen: nostris uix respondentibus. Zugleich muss
Jedermann zugeben, dass nostris aus nobis nicht so leicht, dagegen
nobis aus nris = nostris sehr leicht entstehen konnte. Ist dies
richtig, so wird auch die oben erwähnte Annahme Büdingers
schwankend, die er speciell auf Grund unserer Stelle aus-
spricht. Bei dem Tode des Heiligen war sein Biograph
wenigstens nicht anwesend.
Die Schlussworte des c. XLIV von der Verpflanzung der
römischen Ansiedler und der Ueberführung des Leichnams des
Pu HandflchrifteiiTerh&UniHs der Vita S. Sdrerint d«B Eugippius. 495
Heiligen nach Italien lauten nach L V^: euehitur, curictts nobis-
cum prouincialibus idem iter agentibus, qui oppidis super ripam
danubii derelictts per diuersas Italiae regiones uarias suae pere-
giinationis sortiti sunt sedes , sei üaque corpusculum ad castellum
nomine montem feletem multis emensis regionibus apportatum
est. In dieser Ueberlieferung ist multis emensis regionibus ein
müBsiger Beisatz; denn dass einer, der von der Donau oder
auch nur von Oberitalien aus bis nach dem unbekannten
Felethe, das wir doch wohl an der Grenze von Mittel- und
Siiditalien vermuthen müssen, viele Gegenden durchmisst, ist
selbstverständlich; femer enthalten diese Worte eine, wenn
auch vom Leichname des Heiligen hier geltende, doch matte
Wiederholung des früheren per diuersas Italiae regiones. Ich
glaube daher, dass auch diese Stelle durch die Emendations-
sucht des Schreibers der Vorlage des L und V2 entstellt ist,
der in dieser Unverstandenes vorfand. Dieses Entstellte ist
nun, wie ich glaube, durch T und seine Classe überliefert: ad
castellum nomine Felethem mulsemensis (sie!) regionis appor-
tatum est; regionis haben T F| Vall., und es ist bei Sauppe
aus Versehen unter den Varianten übei^angen. Wenn wir von
dem offenbar corrupten mulsemensis absehen, so ist der Ge-
danke nach dieser Ueberlieferung klar; der Genetiv regionis
ist beigegeben zur Bezeichnung der Gegend, in der Felethe
lag: ,der Leichnam des Heiligen wurde nach Felethe gebracht,
welches in der Gegend von . . . liegt'. Diese Lesart enthält
nichts Müssiges, wie die des L und F2, sondern etwas durch-
aus Nothwendiges ; denn Eugippius konnte doch nicht voraus-
setzen, dass der Leser oder auch nur Paschasius dieses sonst
nie erwähnte Castell kenne. So nothwendig nun auch dieser
Gedanke erscheint, so rathlos stehen wir vor dem Worte
mulsemensis. Was verbirgt sich dahinter? Hier verlassen uns
die Mittel der Nachforschung. So viel scheint jedoch aus dem
Zusammenhang hervorzugehen, dass dieser Ort nicht gar zu
weit von Neapel gelegen haben kann und dass daher an Monte
Feltre in Umbrien kaum zu denken ist. '
Sogar auf Eigennamen hat sich die Willkür des Inter-
polators der Classe L V^ erstreckt. Ich meine den Namen
^ iBt Tielleicht an Molise zu denken?
496 KD 5 11.
Ferdet^chus, der in L V^ c. XLII, 1. 2. 3. XLIV, 1. 3 steht.
Ich kann nämlich nicht mit Büdinger übereinstimmen, der diese
Form des Namens für die correcte hält, während die andere
Frederictut durch , Abschreiberweisheit' entstanden sei. * Denn
die deutschen Eigennamen sind Composita und lassen sich
ausnahmslos betreffs ihrer Ableitung erklären. ^ Bei dem Namen
Ferdevxichus aber sucht man umsonst nach einer Ableitung:
'Uchus könnte allerdings -wi^^chus sein, wie Mundiuchus, Gun-
di'ucus (vgl. Müllenhoff in Haupt's Zeitachr. X, 160); der erste
Theil Ferder jedoch ist unerklärlich. Offenbar beruht vielmehr
diese Form, nicht aber Fredencus, auf Entstellung; dieselbe
ist durch Aspirirung des c und Umstellung von e und r aus
der Namensform FredericuSy die die andere Classe hat, ent-
standen. Der Grund dieser Entstellung lag wahrscheinlich in
dem Umstände, dass Oheim und Neffe, Bruder und Sohn des
Königs Feba, denselben Namen fuhren. Die Söhne aber nach
den Brüdern oder Schwägern zu benennen, ist gut altgerma-
nischer Brauch; vgl. Nibel. 660 und 662 (Lachmann):
den Ute man do taufen und gap im einen namen
Günther nach ^nem ceheim.
Vgl. überdiess Tac. Germ. c. 20; Beispiele geben alle alten
Genealogien. Die Auffälligkeit, dass c. XLIV ein Frederiaa
den andern vertreibt, hat wohl die Entstellung des Namens
in L V^ veranlasst. Es ist also auch hierin die Ueberlieferung
des T die ursprüngliche, richtige, die von L V2 dagegen
durch Interpolation entstellt. Ebenso müssen auch einige
dem classischen Latein zwar fremde, im Vulgärlatein aber
gebräuchliche und gut belegte Wortformen, die die Classe
der Bobbienser Handschriften erhalten hat, als die ursprüng-
lichen, vom Autor herrührenden angesehen werden. Ich meine
die Genetivformen osstium (VI, 1) und mensuum (XXVI, 2).'
An beiden Stellen haben L Fj die gewöhnlichen Formen auf
lum; offenbar ist die Abänderung derselben und die Sub-
' Eng^pins, eine üntersnchnng p. 10.
^ Ich verdanke nachfolgende Angaben der gütigen Mittheilnn|r iDeiner
Frennde, der Professoren Jnlins Znpitza in Berlin und R. v. Mnth in Wien.
3 Ueber diese Formen vgl. man H. Roenscb, Itala und Vulgata. 2. Anfl. p. 26ö.
Dm RandschriftenTerhriltniBB dwr Vita 8. S«y(«nni il<>fi EngippinR. 497
stituirung der gebräuchlicheren Form der Interpolation sthätig-
keit des Schreibers des Archetypus von L V^ zuzusehreiben;
denn das Gegentheil anzunehmen, dass die selteneren Formen
erst durch einen Abschreiber in die Ciasso T F, eingedrungen
seien, ist doch wenig wahrscheinlich. Dasselbe gilt wolü auch
von den Gen. plur. der substantivirten Participia praesentis. Auch
hier ist es das durchaus Wahrscheinlichere, dass die selteneren,
dichterischen Formen auf nm die ursprünglichen sind, die ge-
wöhnlichen auf inm dagegen erst der bessernden Hand des
Schreibers des Archetypus von L V^ ihren Ursprung danken.
An zwei Stellen hat sich die Form auf um auch in L erhalten:
fafenfnm XI, 5; egentum XVII, 1. Dieselben Formen hat die
Classe T V^ noch an folgenden Stellen: V, 4 adiursantum'^
XXVIII, 3 mimstrantnm] an beiden Stellen haben L V2 über-
einstimmend mit dem bekanntlich sehr interpolirten A die
Formen auf tum.
Aus diesen Gründen scheint mir demnach der gemein-
same Archetypus in den Bobbienser Handschriften
und stellenweise in A getreuer überliefert, als in der
Classe L Fj, und ich halte dafür, dass nach jener
Classe und ihrem Hauptvertreter T mit stellenweiser
Zuhilfenahme des Cod. A der Text der Vita zu ge-
stalten sei; umsomehr, als wir an der Hand dieser Classe
mit den Lesarten derselben vollständig ausreichen,
ohne gezwungen zu sein, zu der anderen Classe die
Zuflucht zu nehmen; während Sauppe, wie bereits oben
erwähnt, an zahlreichen Stellen zu den Lesarten des \\ greifen
muss, wo der L offenbare Fehler überliefert.
Dass der Text des gemeinsamen Archetypus beider Classen
bereits an verschiedenen Stelleu corrupt gewesen sei, ist schon
früher bemerkt worden; doch wies er noch an anderen Stellen
als den oben erwähnten Verderbnisse auf, die dann gemeinsam
in beide Classen sich verpflanzten ; ich erwähne hier beispiels-
weise Ep. Eug. §. 6 dicturos statt des von Sauppe hergestellten
richtigen ducturos] XII, 2 überliefern sämmtliche Handschriften
docetis] Sauppe vermuthet d^et'^ doch scheint vielmehr Eugippius
docet iste geschrieben zu haben; unter dem iste ist der un-
mittelbar vorher erwähnte Prophet (Joel) gemeint; isfe in ähn-
lichem Sinne (= hie, is) gebraucht Vita XXII, 3: In tavtum,
Sitmigaber. d. p^L-bist. Ol. XCV. Bd. I. Hffc. 32
l
498 RdöU. P&s HandüchrifteinT^rhäUniim der ViU S. SeT(«rini des Engippiat.
ut locus iste uiolandus sii; nam in haptiftterio loqudmtur^ v^l
Hartel, Index zu Cyprian 8. v. Verderbt rauss der Archetypus
auch in XXIX, 2 gewesen sein ; dort heisst es nach der Ueber-
lieferung aller Handschriften beider Classen, dass der Bär, der
die Noriker, welche Kleider für die Armen dem Heiligen über-
brachten, aus der Lebensgefahr rettet, denselben durch 200.000
römische Doppelschritte (per ducent/i ferme milia), also durcb
39 bis 40 deutsche Meilen, den Weg gezeigt habe. Dies aber
ist ganz unwahrscheinlich und stimmt auch mit den folgenden
Worten des Autors nicht überein; denn §. 3 heisst es, der
Bär habe sie bis zu den Behausungen der Menschen gefuhrt
(usqu4> ad hahüanda hovnnnm qua potvit humanifate perdimt):
da wir aber nicht annehmen können, dass damals in den Alpen
eine Wüste von 40 deutschen Meilen in der Länge oder in
der Breite existirt habe, so ist die Zahl offenbar verderbt. Dies
sah K. Roden borg richtig und setzte statt dticenta in seiner
Uebersetzung ,12 (wohl römische) Meilen*. Möglich ist es aber
auch, dass ursprünglich II vom Autor geschrieben war; ein
Abschreiber verwechselte nun die etwas nach rechts gebogenen
Striche und las statt deren cc = ducenta. An und für sich
bleibt das Wunder auch so gross genug, dass ein Bär die an
Rettung Verzweifelnden fast eine halbe deutsche Meile bis zu
den Wohnungen der Menschen geleitet.
Der Stellen, welche beweisen, dass der Text bereits im
gemeinsamen Archetypus beider Ilandschriftenclassen nielit
fehlerfrei war, Hessen sich noch mehrere anführen; doch da
diese in der Ausgabe Sauppe's, der sie meist richtig emendirte,
bereits angegeben sind, und da der Umfang dieses Aufsatzes
die Grenzen des ihm bestimmten Raumes überschritten hat, s<>
breche ich ab. Es ist also der Text der Vita in keiner der un?
bis jetzt bekannten Handschriften fehlerfrei überliefert: doch
ist Codex Taurinensis als der relativ fehlerfreieste Vertreter
der besseren Handschriftenclasse der Herstellung des Textes
der Vita zu Grunde zu legen.
Die Sitzungsberichte dieser Classe der kais. Akademie
der WiBsenschaften bilden jährlich 10 Hefte, von wel-
chen nach Maassgabe ihrer Stärke zwei oder mehrere
einen Band bilden, so dass jährlich nach Bedürfhiss
2 oder 3 Bände Sitzungsberichte mit besonderen Titeln
erscheinen.
Von allen grösseren, sowohl in den Sitzungsberich-
ten als in den Denkschriften enthaltenen Aufsätzen
befinden sich Separatabdrücke im Buchhandel.
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WIEN, 1879.
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DRUCK VON ADOLF H0I.ZHAD8EN
K. K. UNIVKRSITÄTSRnCMORUCXKREI.
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Ausgegeben am 20. December 1879.
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MAY19188Ü
SITZUNGSBERICHTE
DEB KAISERLICHEN
4K4DENIE DER WISSENSCHAFTEN.
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PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE CLASSK
XCV. BAND. HEFT II— IV.
JAHRGANG 1879. — OCTOBER, NOVEMBER, DECEMBER.
WIEN, 1880.
k'
IN COMMISSION BEI CARL 6£R0LD*S SOHN
BUCHHZnDLKB DBB KAIB. AKADBMIE DEB WI88ENSCHAPTEV.
Ausgegeben am 20. April 1880.
XIX. SITZUNG VOM 8. OCTÜBER 1879,
Der Präsident bcgrüsst im Namen der Classe das neu
eing^etretene Mitglied Herrn Professor Dr. Richard Heinzel,
und gedenkt des Verlustes, den die Akademie durch den Tod
des w. M. Hofrathes Fenzl erlitten hat, worauf die Mitglieder
>ich von ihren Sitzen erheben.
Die Dircctionon des k. k. Staatsgymnasiums in Hernais,
<les Mariahilfer Conimunal Real- und Obergymnasiums in Wien
und der k. k. böhmischen Lehrerincnbildungs- Anstalt in Prag
sprechen den Dank aus für die Ucberlassiing einzelner aka-
demischer Publicationen.
Der k. k. Hofrath und Director der k. k. Familien-Fidei-
commiss-Bibliothek Herr Dr. M. A. Ritter von Becker über-
sendet die Fortsetzung des als Manuscript gedruckten Catalogs
der vereinten kais. Familien- und Privatbibliothek. (Band II,
Ablheilung 2).
Von Herrn Alexander Lombard in Genf wird sein eben
erechienenes Werk: ,Paulicicns Bulgares et Bons-Hommes en
(Orient et en Occident', eingesendet.
Die Direction des k. k. militär-geographischen Institutes
übermittelt zwölf weitere Blätter der Spccialkarte der Öster-
reichisch-ungarischen Monarchie.
Herr Regierungsrath Dr. Constant Ritter von Wurz-
bach legt den 39. Band des biographischen Lexikons mit
33*
502
dem Ersuchen um Gewährung des üblichen Druckkostenbei-
trages vor.
Von dem w. M. Herrn Dr. A. Pfizmaier wird eine für
die Denkschriften bestimmte Abhandlung: ,Der Anfang der
japanischen Erklärungen der Werke des kleinen Sprechens^
vorgelegt.
Das w. M. Herr Hofrath Ritter von Miklosich legt eine
für die Denkschriften bestimmte Abhandlung vor: ,Uber die
Mundarten und die Wanderungen der Zigeuner Europas, IX.
Lautlehre der Zigeuner-Mundarten^
An Drucksohriften wurden vorgelegt:
Acad^mie royale des Sciences, des Lettres et des Beaox-Arts de Belgxqae:
Bulletin. 48« Ann^e, 2« S6rie, Tome 47. Nr. 6. Tome 48. Nr. 7. Broxelles,
1879; 80.
Academy, the American, of arts and sciences: Proceedings. N. S. Vol. VI.
Whole series. Vol. XIV. from May 1878 to May 1879. Boston, 1879; S\
— the royal Irisch: Proceedings. Vol. I, Ser. II, Nr. 13. April, 1879.
Dublin; 8«. — Vol. III, Ser. II, Nr. 3. Juli, 1879. Dublin; 8«. — Tran»-
actions. Polite Literature and Antiquities. Vol. XVII. February and April
1879. Dublin; 8».
Akademie der Wissenschaften, königl. bair., zu München: Sitzungsberichte
der philosophisch-philologischen und historischen Classe. 1879. Heft IL
München, 1879; S^.
— — königl. preussische, zu Berlin: Monatsbericht Mai und Juni 1879.
Berlin; 8».
Familien- und Privat-Bibliothek Sr. Majestät des Kaisers: Die Sammlungen.
IL Band. 2. Abtheilung. Wien, 1879; Folio.
Gesellschaft, k. k. mähr.-schles., zur Beförderung des Ackerbaues, der
Natur- und Landeskunde: Carl von Zierotin und seine Zeit 1564 — 1615,
▼on Peter Ritter von Chlumecky. Zweiter oder Beilagen-Band. Brunn.
1879; 80.
Institut, deutsches archäologisches: Geschichte 1829—1879. Festschrift zum
21. April 1879. Berlin, 1879; 4«.
— njitional genevois: M^moires. Tome quatorzieme. 1878/79. Gen^ve, 1879; 4'.
Institution, royal, of Great-B ritain : Proceedings. Vol. VIII, Parts V et VI.
Nros. 68 et 69. London, 1878 ; 8^. — List of the Members, OfiScers and
Professors; with the Report of the Visitors etc. in 1877. London, 1878; K*'.
Lombard, Alexandre: Pauliciens Bulgares et Bons-Hommes en Orient et
en Occident. Geneve et Bäle. Paris, 1879; 8^.
503
Mittheilnn^en aua Jnstus Perthes* geogpraphischer Anstalt yon Dr. A.
Petermann. XXV. Band, 1879. VII, VIII and IX. — ErgSnzangsheft
Nr. 68. Gotha; 4^
3^vae politique et litt^raire* et ,Reyne scientifiqne de la France et de
FEtranger*. IX* Ann^e, 2* S^rie. Nr. 3—14. Paris, 1879; 4^
Societk italiana di Antropologia, Etnologia e Psicolog^a comparata: Archivio.
VoL IX, Fascicolo II. Firenze, 1879; 8".
Society, the royal geographica! : Proceedings and monthly Record of Geo-
graphy. VoL I. Nros. 8 et 9. London, 1879; 8^
Verein fiir Hamburgische Geschichte: Mittheilungen. IL Jahrgang 1879.
Nr 7, 8 und 9. Mai, Juni, Juli. Hamburg; 8».
— historischer, für Steiermark: Beiträge zur Kunde steiermärkischer Ge-
schichtsquellen. XVI. Jahrgang. Graz, 1879; 8**. — Mittheiinngen.
XXVII. Heft. Graz, 1879; 4».
— historischer, für das Grossherzog^hum Hessen: Archiv für hessische Ge-
schichte und Alterthumskunde. XIV. Band. 3. Heft. Darmstadt ,1879; 80.
XX- SITZUNG VOM 15. OCTOBER 1879.
Herr Giovanni Prato in Trient übersendet mit Begleit-
schreiben seine italienische Uebersetzung des von weiland Carl
Ritter von Gebier verfassten Werkes: ^Galilei und die rö-
mische Curie'.
Das w. M. HeiT Hofrath Ritter von Höfler in Prag über-
mittelt fUr die Sitzungsberichte die sechste der ^Abhandlungen
aus dem Gebiete der alten Geschichte. Kritische Bemerkungen
über den Zosimos^
Von Herrn August Hausdorf in Prag wird eine Ab-
handlung unter dem Titel: ^Beiträge zur£xegese des biblischen
Paradieses Eden' eingesendet.
Herr Dr. Adalbert Horawitz, Docent der Wiener Uni-
versität, legt eine Abhandlung ,£rasmiana II' vor und ersucht
um deren Aufnahme in die Sitzungsberichte.
rm
An Druckschriften wurden vorgelegt.
Academia real da« Sciencian: Supplemento a Collcc^ao dos Trat&dos, CVr-
▼cn^oe«, (üontratoR e Actos pnblicoR cplebrados cntre a CorAn de Portn^sl
as mais potonoia» desde 1640; polo Visconde de Borges de Castro et
continnada por Julio Firmino Judice Rikor. Tome IX— XIII. LL>b«,i,
1872—1878; 8".
Academie des Inscriptions et Bellcs-Lettres : Comptes rendu«. IV. Stm.
Tome VII. BulleUn d'Avril, Mai k Juin. Pari», 1879; 8".
— royale des Sciences, des Lettre« et des Beaux-Arts de Belg'iqne: Bulletin.
48« Annee, 2«^ Serie. Tome 48. Nr. 8. Bnixelles, 1879; 8'\
— royale, de Copenbague : Oversigt over det Forliandlingar og dcta Mpdlem-
mers Arbejder i Aaret 1879. Nr. 2. Kjöbenhavn; 8^
Akademie der Wissenschaften, königl. preussische, zu Berlin: Abhandlun-
gen, 1878. Berlin, 1879; 4^ — Politische Correspondenz Friedrirb
des Grossen. II. Band. Berlin, 1879; 4«. — Kitai und Karakitai: eic
Beitrag zur Geschichte Ost- und Inncrasicns von W. Schott. Berlin.
1879; 4^
Akademija jugoslavenska znanostl i nmjetnosti: Rad. Knjiga XLVÜl
U Zagrebu, 1879; 8'».
Biblioth^que de l'Ecole des Chartes: XL'' Annee, 3« Lirraison. Pari?
1879; 8t'.
— des Ecolcs fran(;aises d'Athones et de Rome: Fascicules IIP k VII'.
Paris, 1879; 8^
Ferdinande um für Tirol und Vorarlberg: Zeitschrift. Dritte Kf%.
XXIII. Heft. Innsbruck, 1879; 8".
Gesellschaft, königliche, der Wissenschaften zu Göttingen. Abhandinngen.
XXIV. Band vom Jahre 1879. Göttingen; 4^
Institute, Anthropological of Great Britain and Ireland: The Jonnal.
Vol. VIU. Nr. 4. Mai, 1879. London; 8^
Roumont, Alfredo: La Biblioteca Corvina. Memoria. Firenxo, 1879; S^
Socicte des Sciences de Finlande: üfversigt of Förhandlingar. XIX et XX
187G/77, 1877/78. Helsingfors. 1878; 8^'.
ITpsala, Universität: Schriften pro 1877. 41 Stück. 8« und 12^
Verein, historischer für Schwaben und Ncnburg: Zeitschrift. V. Jahren?.
1.— 3. Heft. Augsburg, 1878; 8".
— kroatisch*archHologischer: Viestnik. Godina I. Sv. 4. ü Zagrebu, 1879; > .
— historischer, in St. Gallen : Urkundenbuch der Abtei SL Gallen. Theil III.
Lieferung 4 und 5. 129G — 1330. Bearbeitet von Hermann Wartmano.
St. Gallen, 1878; 4^ — Aus alten und neuen Zeiten. Culturgeschichtliche
Skizzen. St. Gallen, 1879; 4^ — Continuatio Casuum sancti Galli Con-
rad! de Fabaria; herausgegeben durch Gerold Meyer von Knonan.
St. Gallen, 1879; 8^
Gebaaer. Nominale Forttfen des altböhmiirlieii Comparatirs. 505
Nominale Formen des altböhmischen Comparativs.
Von
Dr. Joh. Gebauer.
Oas slavische Adjectivum ist der oominalen und zu-
sammengesetzten Declination fähig und der Unterschied zwischen
beiden Formen ist ein syntaktischer; vgl. Miklosich, Gramm.
IV. 132 ff. Das Böhmische stimmt hierin mit dem Altslove-
nischen im Ganzen überein, obwohl mit Einschränkungen, die
mit der Zeit immer grösser werden, indem nominale Formen
immer mehr und mehr durch zusammengesetzte ersetzt werden.
Für den Nominativ finden sich die häufigsten Beispiele
im Prädicat, wo nominale Adjectivformen Regel sind; z. B.
jsa kjrpr *a crstv Stit. uö. ^ 105% tam ijeden chud nenie, ani
ölep, ani belhav, ani kterym neduhem nezdräv, ani proö truchel
^ Die meisten der hier berücksichtigten Sprachdenkmäler sind in der Er-
klärung der Abkürzungen bei meiner Abhandlung ^Ueber die weichen
a-, o- und tf -Silben im AltbÖhmischenS Sitzungvber., phil.-hist. Cl. XCIIIBd.
S. 299—301 (S.-A. S. 1—3) angeführt, namentlich: Alx. = altböhm.
Aiexandreis und AlzB., AlxBM., Alx§., AlxY. = handscbrifUiche
Fragmente derselben; — AnS. = Marien-(Anna-)Legende ; — Ap. =
Apostellegende; — OEvang. = Ötenie evangelii, Winterperikopen ; —
Dal. = die Reimchronik Dalimirs und DalC = die Cambridger Hand-
schrift derselben, DalJ. = die Ausgabe J. Jire^ek's 1878; — Hrad.
^= mkopis Hradeck^S die s. g. Königgrätzer Hs.; — Jid. s= Jndas-
legende; — Kat. -= Leben der heil. Katharina; — Mast. = MastiSk&f,
der Quacksalber; — Modi. = Modlitby, altböhm. Gebete; — NBada
= der Neue Rath (1459); — Pass. ^= das älteste böhm. Passionale; —
Stit. = §tltn^, Stft. j^. und §tft u«. = desselben reci, Homilien (1392)
und udeni, Lehren (1376); — i^Klem. = der Klementiner Psalter.
Ausser diesen werden hier noch citiert:
506 OebftttAr.
Stit. V. 107, ai stdr a indel budu 129, byv silen bade medl
Alb. 21% jsa stdr a medl chce jeiie tancovati 43% jsi scedr
Modi. 37^, dnes 2iv i mrtv budeä Alx. u. b. w. Vom Positi?
ist diese Regel bekannt; im Folgenden soll sie vom Com*
parativ (und Superlativ) nachgewiesen werden.
Sing. masc. Dem asl. mqdrtlj und /^ory entspricht böhm.
m'6d¥eji und hori. Der Unterschied zwischen asl. mqdrPj und
aböhm. müdröjt, und ebenso zwischen dem verlangten hofxixA
dem vorhandenen hoH liegt in der Endung -t. Diese wird
morphologisch verschieden gedeutet, aber in syntaktischer B(n
ziehung ist es sicher, dass Formen auf -i im Altböhmischen
regelmässig nur im Prädicat vorkommen, also in einer Stellung,
wo der Positiv deutlich die nominale Form zeigt, und dass der
zusammengesetzten Form des Positivs regelmässig der Coui-
parativ auf -Si entspricht: v&^Si Jakub wie veliky Jakub, da-
gegen Jakub jest veci wie Jakub jest velik. Auf Grund dieser
syntaktischen Geltung will ich die Formen müdreji Jiofi u. ä.
unter den nominalen anführen.
Z. B. bielegi nei snieh bude» Pass. 469, d. i. hielejl; kai-
d^mu blizzij jest den, v üemi m& duSe z t^la vyjiti, neiü j
kdy byl Stit. f. ü6^, d. i. bh'H-^ jelik2 kto pf isel jest k t^ milosti,
s tolik jest blyzy boha Stit. uö. 99^; z nichz ka^dy boliatieg}' utee
tv6ho jest Kat. 30, d. i. hohateji] öim kto dali jest StitV. 7i^;
dali jsa od vody ne tak brzo utone a dali jsa od ohnö ne tak
brzo s6 seiie 212; 6im kde dalsi pravda, tiem dalegy buch Stit,
uö. 86*^, d. i. ddleji] toho dölnika oko tiem ndm jest ukrutnöjse,
$im4 ndm pAn bude dobrotywyegij Stit. f. 110*, d. i. drßhro-
tiveji'j £im kto piln^jie beziehe poslüchd pfikizanie, tiem
Alb. = RAj duse, Alberti Mag*!!! ParadisUH animae, Codex der Präger
Universitätsbibl. 17. A. 19; 14. Jahrb.
Aixp. = Prosa-Erzählung von Alexander d. Gr., Pilsen 1613.
' Bläh. = Jan Blahoslav; seine Grammatik beendet 1571, heraa^li:. von
' J. Jirecek u. J. Hradil 1857.
Bm. = Barlaam, Prag. 1593.
Mat = Eyangeliam s. Matthaei mit Homilien, Pr. Unirersitati-Bibl. 17.
A. 4, 14. Jahrb.
ätftV. = ätftnj^'s Knihy nanfenf k?est., nach einer Handschrift v. J. U5(>
berausg. von A. J. Vrt/itko, Prag 1873.
Troj. = Kronika Trojanskä, Prag. 1488.
Yfh.zs: YfhoT z literatury 5e0k^.
Nominale Formen <1eii altbAhmiHchen OomparatiTS. 507
dostoynyegij jest Ötit. f. 80, d. i. döstojneji'^ jeden stav duo-
stoynyegy jest ne^li druh;^ Stit. uö. 97*, sdm sa nade v&e
zlato drazy AlxV. 156^, d. i. d/rcdi] on (bude) bohu znäm&ji a
hodnyegy Alb. 6, d. i. hodnSj^ ie säm jest toho vUdnuti hod*
niegi Troj. 126*; ten (Ihdf) jest horzy, neS iSAdnV zlodfej Alb.
23, d. i. hoH\ by k tomu hotowyegij Stit. r. 119% d. i. hotov^ß'^
budef kaidy- hotowiegi k tv^mu ctn^mu NRada 76; protoi jest
boh nebyl chuzi Rada Otce V^b. 1. 926; to na iiem zname-
naji, ei jest vSeho sv^ta krassy Kat 20, d. i. kraSi] möj chof
naykrassy jest 62; kto2 panuje nad svü mysli, lepij jest ne2li
ten, jefito silü m^sta dob^^vA Stit. f. 129*, d. i. lep{; lepij sem
za to iivoi dada, nei bych s^ tobö pronev^ril Stit. ü6. 104*;
kto£ pHjma (chleb) v svätosti nepHjme duchovnö, byl by lepy
i sv&tosti neprijimaje 32*; lepy mohuty sedl&k nei vladyka
chudj^ 97*; tak by lepy byl nejsa u mie, nei. . 118*; ktoÄ by
nepokorng chudobu trpöl svi rozdada, ten by lepy byl, by byl
nikdy nerozdival 141*; lepy sem 2' ot nich pohynu AlxBM.;
lepi stav panensky ne2 man^elsk^ StitV. 10; lepi jeden ptik
V ruce ne4 dva letic 261; aby liuheji byl /Klem. 58*; byl by
velim viece mdlegij AlxB. 88, d. i. mdUji\ ölovÄk je vidy
mdleji^ mdleji^ proti hfiechu HtitV. 129; 2e j' menij otce Stit
r. 25*, d. i. ni69ii; (Kristus) v tom pfirozeni, v öemi^ jest menij
otce, byl poddän sv^m starostdm 80*; boh nemdi^ sebe meni
byti Stit. Vjh. 1. 669; ubyti f jeho nemö2, by meni byl eb.;
z' by ani mohl meni byti eb.; nemohl by meni bj^ti Stit Koz-
bor 677; miloativSji jest hospodin bojiucim jeho ZKlem. 82*;
kterej jest kdy mylegy byl kter^ chof Kat. 130, d. i. mileji'^
b6h jemu bude mylegy Alb. 6; byl sem mlazy a ji2 sem s6
Bstaral Stit. uö 18*, d. i. mlazi] (diabel) jest mocznyegy ne2 ty
Pass. 358, d. i. mocnSji'j miidi^ müd^iji bude DalJ. 4, ÖtltV.
53; by byl mudrzegij Stit. r. 81*; mdj najmenSi sluha mudrzegy
jest Kat 46; am jest kto pijlnyegij Stit f. 35*, d. i. pÜnSß]
tiem bude podobnyegy ölovek k andölöm Stit. uö. 105*, d. i.
podobnyi'j svatj^ Jan powyssenyegy jest nei proroci Pass. 277,
d. i. povySeneß] (kto) m62 prazzdnyegij bjHi svötskiho hluku
Stit f. 222*, d. i. prdzdnSß (prd£dnSß)] radyegij umfel Stit.
f. 9*, d. i. radeß'j radyegij fku 32*; radyegij chtöl v isA&f
vsazen b^ti 165*; radyegy chci umfieti Pass. 469; (sv. Dominik)
0 sya^ch otcicb nayradyegy ötieäe 404; aby radyegy dal so
508 G6b»ii«r.
upäliti Modi. 72*; radyegy s6 chcju s öeskä sedlku smieti
DalC. 41 ; vSak jest mni sylnyegy nei 2ena Stit. uö. 37*, d. i.
siln^ji'j bude f ka2dy snazniegi NRada 76, d. i. snaSnijr^ tu
v&m spomocznyegy budu nei zde üv jsa Pass. 417, d. i. gpo-
mocneji; ijeden tak svaty, by . . swyetyegij nemohl byti Stit. f. 59\
d. i. sviteß von svat; ijeden tak svrchovany, by swrchowanyegij
nemohl bj^ti Stit. i\ r)9^', d. i. swchovaneji', hn&v tobe südneho
dne tiem ka^dömu bude tyezij, 6im nenie (statt nynie) kto
meue strachuje 86 jeho Stit. f. 124% d. i. teiti-^ kaki^ jest z&matek
nevinn^mu dlov^ku tyezy trpöti Alb. 3^; (stav vdovsky) töh
bude sdrieti StitV. 22; m6j najmenäi sluha vczenyegi jest
Kat 46/ d. i. uöenejv^ uwiechzssi svaty Jakub . . z jinj^ch jest
wieczi mnohem ApD. 106, d. i, veöM = der grössere, und tm
oder vieci = grösser; svat^^ Jan ve mnohdm jest wyeczij sva-
t6ho Stepäna Stit. f. 27% d. i. veci oder vieci, nicht -^; im
kto wijeczij bude 9^; wyeczij plod jejie nez ona (Maria) 250*;
(b6h) wyeczczij (sie) jest nade vsicku chvdlu Stit uö. 104^; (boh)
wyeczy f jest 103*; jeden hriech jest druh^ho wyeczy 135^:
Öim ktery hinech jest viece protiv böhu pfirozen^mu, tiem jest
wyeczy 136*; aby wynnyegij nebyl Stit. f. 221*, d. i. vinneß;
tiem budu wdiecznyegy a wzacznyegy Pass. 14, d. i. vdeineji
a vzdcneji; zrzyedlnyegij o masopust^ sluha bo2i nei u veliky
p&tek Stit. f. 121^', d. i. znedlneß] u. s. w.
Entsprechend dem Neutrum müdrßj^^ neben müdföj«>
wäre ein Masculinum mudf^j^ neben müdf^ji nicht unmöglich,
ich kann aber diese Form nicht sicher stellen, da in dem ein-
zigen Beispiele, welches mir bekannt ist: svaty Petr jako star-
zieyss mlazsieho na tom cti Pass. 257, sfarejs auch ein Schreib-
fehler sein kann.
Sing, neutr.. aböhm. miidrejSe, horSe. Diese Form stimmt
zum asl. hoThse, Miklosich^ Gramm. IIP 24. Man schreibt sie
aber -se und hält sie für zusammengesetzt: -l^eje, asl. m^drefieje,
woraus durch Zusammenziehung -hie und durch weitere Laut-
veränderung -86 hätte entstehen sollen. Diese Auffassung ist
aber unrichtig, denn:
1. Verlangt es in den hier betrachteten Fällen die pra-
dicative Stellung des Comparativs, dass er in nominaler Casus-
form erscheine; wird eine solche auch von verlässlicheD Hand-
schriften geboten, so ist damit ihr Vorhandensein nachgewiesen.
Nominale Pormen de» aUbAhmischen Comparatirs. tM}9
2. Die zusammeDgesetzte Form hat auf der Sprachstufe
des 13. und 14. Jahrhunderts nicht -l^e, sondern -lie gelautet
und der Voeal dieser Endung müsste nach der Orthographie
jener Zeit -ie oder -je geschrieben erscheinen; dagegen bieten
die Handschriften und selbst die genauesten in den hiebet
gehörigen Fällen unjotiertes -e, womit die zusammengesetzte
Form -§te nicht gemeint sein kann.
3. Will man aber den erst später und nur sporadisch ein-
tretenden Lautwandel Ikie — »S (z. B. staräeho aus starSteho,
15. und 16. Jahrhundert) fiir diese Form anticipieren und das
geschriebene -sse, -se ausnahmsweise schon in den ältesten
Denkmälern =r he lesen, so sollte man diese Annahme durch
solche handschnftliche Belege zu stützen trachten, wo die ver-
meintliche Ijänge des Vocals in -Ike graphisch (durch Gemination
oder durch diakritische Zeichen, — beide Mittel waren lange
vor Hub und im 14. Jahrhunderte ziemlich stark im Gebrauch,
wie dies die Fragmente Pil., Jid. und svD. aus der Zeit bald
nach dem Tode Wenzels III., 1306, die Folio-Codices Stit. u6, vom
Jahre 1376, Stit. f. vom Jahre 1392 u. a. beweisen — ) ange-
deutet wäre. Nach meiner Erfahrung dürfte dies nicht gelingen.
Aus diesen Gründen halte ich die I^esung -$e für unrichtig
und die hieher gehörigen Comparativformen für nominal und
identisch mit der asl. Form auf -Se, aböhm. miidi-^j^g und horife
= asl. hoThse.
Z. B. jii jest blyzzsse spasenie nase, ne2li jsme s^ kdy
nadieli ötit. f. 66, d. i, hliiSe] vÄdy j* jim to blyzssez blyzssez
109^, d. i. bli^Se-S] oko jest czystsse ne2 noha Stit. r. 62*,
srdce udisti sS, aby jsa czijsto jeSfe bylo czystsse 196% d. i.
^isüe statt i^iSöSe] aus 6iS^e wurde (^i^fSe (vgl. das Adverbium:
bla2eni 6ist^ho srdce, neb oni uzfie boha . . velim czysstye
nezli jini Stit. u^. 42% d. i. öi«fe aus 6iHe) und dieses ging
nntcr dem Einflüsse des Positivs fSistj^ u. s. w. in 6\st^e über
(vgl. mladsi aus mla^Si u. ä.); b^vä f u pHkladiech cos budf u
pamSti drzymyeysse Ötit. ud. 149^', d. i. drHmSjie von Part,
präs. pass. dr^im, Inf. dr26ti; aby tölo bylo tiem hbytyeysse
Stit. uö. 119'*; d. i, hbiteße-^ aby (slovo) tiem hrubyeysse bylo
eb., d. i. hrubSjie; jako% du§e lepsi jest t^la, tak lepsse j'
dachovnie sbo^ie neä telesn^ Stit. f. 67% d. i. lep$e\ v duchov-
nich v^cech ut6§enie sto krit jest lepsse, ne£li v sv^tskych
510 OebAner.
V"
237'*; CO j' toho lepsse Stit. uö. 31^; jest lepsse posluäenstvie
nei klerd ob^t 7^', 120^; dobr^ C jest ka2dy stav i kaide
femeslo . ., kakikoli lopsse j' jedno druh^ho 79*; lepsse by dv^
bylo neÄ jedno 118^; ob^ lepsse f by bylo, kdyby mohlo b^
122*; nerovnö lepsse jedno druh^ho 142^; dv^ dobr^ lepsse j*
ne2 jedno 157*; nepromennä bo2stvie nem62 byti ani mensse
ani v6tSe Stit. f* 25^', d. i. mefiie-^ öim komu dobrö injleysse
Stit. uö. 17% d. i. milejSe-^ ani jest, co by mohlo slazsse b/ti
V
Stit. f. 6P, d. i. slazSe*^ äensk^ pokolenie, jeSto j' podl^ pHro-
zenie strassywyeysse ne2li mu2sk^ 227*^ d. i. gtraiiveße; slonce
V sob6 swyetleysse jest ne2 v tech poprslciech, je&to jdu od
äeho 250*', d. i. sv&lejSe; (panenstvie) öim t jest vieee zprzneno
zlym myäenim, tiem f jest . . tyezsse zachovati Stit. uö. 44^,
d. i. t&tSe', protoi to sbo2ie trpnyeysse b^vä Stit. r. 63^, d. i.
trpnejie; srdee, jenÄ jest twrzsse vSeho Modi. 160**, d. L tvrzie;
toho dölnika oko tiem nim bude vkrutnyeysse, öim§^ n&m pin
bude dobrotivöji Stit. f. 110*, d. i. fiJcrfUnej§e] oko jest vsslech-
tyleysse . . ne2 noha 62*, d. i. uilechtilejSe] vzytecznyeysse jest
to dobr^, coÄ zpovddnik obräti za hfiechy, nei . . Stit. uö. 137*,
d. i. uütednSjSe] milost svati a ölechetnost samo o sobö wazz-
nyeysse j neÄ p6st Stit. f. 207^ d. i, vdlnijie; to . . bylo by
waznyeysse ne2 zpovöa Stit. uö. 131*; nepromönne boistv'ie
nem62 byti ani menäe ani wyetsse Stit. f. 25**, d. i. v^Ie statt
v^^öe aus vöcse; kdy2 bude to obötovAno, jesto jest nesnadno
dobyto, wzacznyeysse bude Stit. f. 228\ d. i. vzdenejie; (panen-
stvie) öim f jest vieee zprzneno zl^m myllenim, tiem jest bohu
ne wzacznyeysse Stit. uö. 44*"; u. s. w.
Seltener trifft man im Prädicat Sing, neutr. die Form
müdrejie, höre, Sie ist von der vorigen morphologisch ver-
schieden, indem horSe = gor['B-iJj'B8-je, d. h. neben dem Com-
parativsuffix -ij'bs auch noch das zweite Suffix -]% enthält
(Miklosich, Gramm. II. 322), während höre asl. gorje, göre das
dem Masculinum ^hör, asl. *gorh (wofür hoH asl. gorij) zuge-
hörige Neutrum ist und das erweiternde Suffix -j'B nicht hat:
ebenso ist mudJfejüe = *m^di'%-ij'Bs-je, wogegen mudi^jisy was
die Endung -ie (geschrieben -ie, -ye, -ije) betrifft, nicht identisch
ist mit asl. m/qdreje (dieses würde altböhmisch müdföje lauten),
sondern auf dieselbe Art erklärt werden muss, wie das masc
asl. gor/)', aböhm. hon und mudföj». Die Form mudfejie^ höre
Nomiiiftle Formen den altböhmwchen CompAratiTa. 51 1
kommt in der Regel und in unzähligen Fällen als Adverbium
vor, wovon weiter unten die Rede ist (Sing. Acc), manchmal
findet sie sich aber auch im Prädicat. Bei Stitn^, dessen
Sprache sich durch nominale Adjectivformen überhaupt aus-
zeichnet, scheint dieser Gebrauch auf den Fall beschränkt zu
sein, wenn das Subject ein Infinitiv ist, z. B. leepe, leepe v
manielstvö piti as a öistü vodu Stit. f. 84^, d. i. ISpe] öim den
prosp^chu vaSeho däle roste, tiem slazez, slazez jest, obyöej
jmieti v älechetnostech 109*^, d. i. sldze-i] kto nemö2 vSdöti
toho, 2e j" svatu b^ti vzzytecznyegije nez gerednu 226^, d. i.
läiteönSße. Bei anderen Schriftstellern dagegen finden sich
solche Prädicatformen mitunter auch da, wo das Subject ein
Nomen oder Pronomen ist, z. B. co jest drase AlxH. 2% d. i.
drdiey jeSto jest horze Alb. 65^, d. i. höre] proto2 f s^ lehcziegie
zdÄ jich 2alostnö skoninie Pass. 305, d. i. lehöSjie] co mn6
bylo naymylegye Eat. 174, d. i. milejie] nie pföd hohem ska-
rzyedy^;ye Modi. 163**, d. i. SkaHdSjie, Manchmal ist ver-
schiedene Deutung möglich; so kann hliJte in tiem jest blijzze
spasenie btit. f. Q&^ als Adverbium aufgefasst werden, wie hliz^
hliz in nikdy nebyl tak blyzz den südn^^ eb. (asl. blizb prope),
oder als Prädicat und Nominativ neutr., wie hlü^e in ji2 jest
blyzzsse spasenie naSe eb.; und ebenso dr&imSjie in: aby to v
pam^ti bylo drzzymyegie 218% neben drümSjSe in: b^vi f u
prikladiech cos bud u pam6ti drzymyeysse btit. u£. 149^.
Sing, fem.: asl. mqdrejH, gorhU^ aböhm. mui^SjHj horäi.
Die hiehergehörigen Comparative schreibt man wiederum -H
und hält sie für zusammengesetzt aus $a-ja, asl. m^drSjsq/a,
woraus durch Zusammenziehung -§ia, durch Assimilation -äte
und durch Verengung -hi sich hätte entwickeln sollen; aber
auch hier sprechen die Syntax, die Geschichte der Sprache
und die Handschriften gegen eine solche' Auffassung, indem
diese Form im Altböhmischen nur im Prädicat auftritt und
schon in den ältesten Denkmälern sich vorfindet, in Denk-
mälern, in denen die Verengung des Diphthongen le in ^ noch
nicht stattfindet, imd indem der Vocal dieser Endung nicht
als lang bezeichnet wird^ selbst nicht in solchen Handschriften,
deren .Schreiber sich an der Quantitätsbezeichnung der langen
Vocale ofifenbar gelegen sein Hessen. Aus diesen Gründen
halte ich die Auffassung des handschriftlichen -si, -sy, >ssi, -ssy
512 Oebfttter.
als =: -8{ für unrichtig' und die Form für nominaly mii^jli
= asl. m^rejst.
Z. B. sukn^ kosile (Gen.) blyzssy nebyva DalC. 36, d. L
bliiäi] zda jsi ty (fem.) v panenstvi czystssy nei^ ona Stit uc.
47% d. i. iistSi statt öüffei und 6i«66i (siehe 6i«töe im Sing.
neutr.); öim kde dalssy pravda^ tiem däleji höh 86^, d. i. daüi\
duäe jest töla dostoynyeyssy Stit. f. 61% d. i. doatojnefii] leva
ruka nie nezävidi, ie j' pravä hbytyeyssy otit. ud. 90*, d. L
hbitejsi\ stali tu, kde2 nayhiubssy f6ka Stit. f. 178% d. i. hluhü]
kdy radost bude nayhodnyeyssy 118^'^ d. i. hodnejSi] z Vkh
cöst jednomu jest jedna hodnyeyssy, druhä druhemu 191';
czijeata, v ni2 putujem, aby n&m lehczyeyssy byia 172^, d. i.
lehiejsi] vizina . . lepsy bude nez kozina Mast. 4'', d. i. lepH:
duäe lepsy jest täa Stit. f. 67*^; lepssy C jest pokornä iena,
ne2 hrdi panna Stit. u6. 36^', 46^'; lepssy t jest hanbidka pred
knäzem, nei hanba vdönd 136^'; vSelikd novina liubssi jest
neili v6c jini Jid. 70, d. i. IjfihSi; on (sv. duch) jest ta milost
jeSto poch&zie od otce k synu . . a ta niv6em£ nenie menssy
nei otec a syn Stit. uö. 17% d. i. menSi'^ prav ji {ien^), kak f
ji dobre slu&ie poöestn^ nicho a pokornö, kak f jest myleysßj,
ne2 kdy2 s6 jako bohyne pfistroji Stit ud. 54^, d. i. mileßi;
by krivda myleyssy byla nei pravda 81*; (vdova) donid£ jest
byla mlazssy 50*, d. i. mlcusii] zda jsi ty (fem.) . . naboznyeyssy
47% d. i. ndbo^n^jH] (du§e) £im pr&zdn&jsi bude techto veci,
tiem on6ch plnyeyssy bude Stit. r. 186% d. i. plnefsi; ac jest
duostojna Slechetnost panenstvie, vSak jest pokora potrzeb-
nyeyssy Stit. uß. 46\ d. i. potrehnSjH] dievka mö2 toho (svdta)
prazdnyeyssy byti Stit. i\ 227*, d. i. prdzdnejH] (duse) 6m
prazdnyeyssy bude t^hto v6ci, tiem . . 186**; (sv. Nötisfe) by
radyoyssy smrt trp^la Pass. 281, d. i. radejH' neb bych velim
radieyssy ot meö6 seäla 19; radieysy bych to zvolila Hrad.
59^; 6 smrti! proö me radyeyssy netiskneS Modi. 132^; radiegsy
jÄ (Katefina) svii öistu öest slibuji nesti Kat. 18; ie by radieyssy
k smrti svolila Troj. 140^; moc dvojiti sylnyeyssy jest nei
jednostajnä otit. uö. 27% d. i. silneßi] tiem t m& duchovnic
(milost) sylnyeyssy byti 27**; ona jest snaznyeysi Pass. 542,
d. i. 8na£nejH] jeho matka jest swietleysi nei dennice Kat. IS,
d. i. 9vStUjii\ ta muka . . jest tyezssy ne2 kterä na sv^t^ maka
stit. uö. 156% d. i. teitsi] bych umföla utiessenyeyssy Hrad.
Nominale Formen dee altbfihmi»chen Comparatirs. 513
59\ d. i. utiSenißU ona to uslyäövsi inhed by utiessenyeyBsj
62^; mohu dojiti otplaty vdovske, jeäto j' wyetssy neä man-
ielskä l§tit u6. 48% d. i. vStH aus ve^i, urspr. v^cäi; nesnadn^
jest rozsuditi, kteri (almu^na) j' od koho wzacznyeyssy bohu
141*, d. i. vz€icneJ8i] u. s. w.
Im Nominativ Plur. hat der nominale Comparativ im
Altslovenischen die Endungen masc. -Se, neutr. -ii und -äa^
fem. 1^; im Altböhmischen gilt -se für alle Genera, ebenso wie
in den Participien nesiiea = asl. nes^ste, -a, '^, und nesse :=
asl. newb^ey -a, -(}. Auch diese Form wird als eine zusammen-
gesetzte aufgefasst und -he geschrieben, aber die oben (Sing,
neutr.) gegen eine solche Auffassung vorgebrachten Gründe
haben auch hier ihre Geltung.
Z. B. hyne ndm öas zivota, tak ei blyzzsse jsme smrti
8tit. f. 83*", d. i. bliüe] (vy sc. mc dietky) ste sobS nay blyzsse
i>tit. uö, 25^; z bo2ie milosti byli bychom v n6 (&Iechetnosti)
bohatyeyase Ötit. f. 149*, d. i. hohaf^jie-^ töm, je&to jsü dalsse
•f
8v6ta Stit. uc. 122^, d. i. dalSe'^ abychom byli dokonaleysse v
slechetnostech Modi. 31% d. i. dokonalejSe] hlddaji öest, jesto
by Jim hodnyeysse byly Ötit. f. 190, d. i. hodnSjSe, fem.; (döti
a öelecf) aby nebyli horsse Stit. uö. 59*, d. i. horSe; aby byl
lid hotowyeyso k däni desätka Alb. 90, d. i. hotovijse] jich£
bydlo jest ve tmö, jen tmu vidie . . ze tmy jdüc ve tmu nevidie,
CO ztratie, a pakli vidie, co ztratie, a pf6s to tratie a tiem jsü
jesfe hubenyeysse Stit. f. 119*, d. i. huben^jSe; spravedlni . .
sedmkrät nei^ slunce yasnyeysse budü 182% d. i. jasnSße]
ne^ehri sh se sv]^mi d^tmi, budü t na tebe laskawyeysse Stit.
u6. 108^, d. i. laifkavejie'^ ti byli by lepse doma Alb. 90^, d. i.
kpse] jii bychom meli mudrzeysse b^ti Stit. uö. 60*, d. i.
müdreße-y aby (vy) pijlnyeysse byli Stit. i\ 132^*, d. i, pilnijge]
lide pijlnyeysse sehe maji byti 208*"; (oni) budü sehe pylnyeysse
y
ve vsech svych skutciech Stit. uö. 123*; jako mnozi jsü pijlny
bohatstvie telesndho, aby na ten den zdili se z jinych poczest-
y
nyeysso, tak my pijlnyeysse mime byti Stit. r. 67*, d. i. poöest-
He/«e; (andSle) öim vyäSi jsü, tiem jsü pokornyeysse 149^, d. i.
pokornSjäe', ty panny . . k bohu jsü psotnyeysse neäli zeny,
jcöto jii av6 mu^e maji Stit. uö. 36*', d. i. psotnfße^ fem.;
radyeyse chcemy zemfieti Pass. 436, d. i. rad^jSe] radyeysse s6
raate potupiti Modi. löS*"; radieysse slu^te mocnemu Hrad. 94^;
514 Gebaner.
chcmy radyeysse boiie k&zanie plniti Alb. 51^; (p^i^Dy) J^
radyeyse snart trpöly, fem., eb. 10»; aby jeStö radyeysse 6tli
pismo svatä btit. uö. 5^; lidä . . by radyeysse abonu^ny dayaÜ,
nei by zle dobyiä vritili 54^; v2dy radyeysse vSrime po-
chlebniköm 144^; radsse v dobrotö s sebu mluvte ätit f. 104\
d. i. rcuiSe'y kto£ lid jeho nechtie b^ti radsse jsii lid kr^ovstvie
sv^tsk^ho 117^; pini radsse chtie slüti dobr^^mi, neili bj^ti iStit
u6. 87^; ktoi radsse hospodS §kody preji 90; Malchns chleb
pfSd nimi poloiil; aby s6 pojödüc posilili a tak silnyeysse
trp^ti byli Pass. 365, d. i. silmße'y budu v nas sylnyeysse ty
täesnä iädosti, femin. 8tit. f. 39^; pakli bycbom neznali sve
slepoty a tiem bychom slepyeysse byli htit uc. 104^, d. L
slepSjSe] kdyi (dSti) by byly starsse 12P, d. i. starSe] hv^dy,
jefito jsä 8i¥yetleysse nei nebe, fem., 77^, d. i. svälqie; by
mohli bj^ti swobodnyeysse 89», d. i. svobodnijie^ u. s. w. Für
das Neutrum, welches in diesen Beispielen im Nominatiy pL
nicht vertreten ist, verweise ich auf den weiter unten an§^
führten Accus. pL zdravSjSe.
Für den Nominativ des Duals sind die Belege selten
und bieten die Endung -Se für alle Genera; diese ist, gegen-
über dem asl. -Sa masc. und -H fem. neutr., offenbar die
Endung des Plurals, ebenso wie in den Participien nesäc6 und
nes66 (Plur. und zugleich Dual.). Gegen die Schreibung -se
und Auffassung dieser Form als einer zusammengesetzten wären
die oben angeführten Gründe abermals zu wiederholen.
Z. B. radieyse mi hlavu setneta Pass. 581, d. i. radejk]
u&i radieyse poslüchaji zlych piesni Hrad. 97».
Ausser dem Nominativ kommen im Altböhmischen nomi-
nale Comparativformcn auch noch im Accusativ als Regel
vor, theils in prädicativer, d. h. in solcher Stellung, wo das
Verhältniss des Adjectivs zu seinem im Accusativ stehenden und
von einem verbum sentiendi, dicendi, habendi, faciendi u. dgl.
abhängigen Nomen ein prädicatives ist, theils als Adverbien.
Für die erstere Art, den prädicativen Accusativ, führe
ich folgende Beispiele an: by byl velim viece mdleji jimito
by s6 mnhl za chzilegij AlxB. 88, d. i. SiUji] kto2 pfijinid
tuto svätost, podnet k hfiechu öinf nidlegij Ötit. f. 154*, d. i.
mdleß'^ kter62 pak wzacznyeysse mämy, ty-li, jesto . . Modi. lU'',
d. i. vzdcnejie; troji v6c pismo ukazuje, jefito ty oböti . . ^uii
Nominale Fonnen des altb6hiiiisclien CompantiTi. 515
y
wzacznyeysBe Stit. r. 228^, fem.; o tSch, jeSto miatruji vina a
uöinie je nezdrawyeysse btit. uö. 94*, d. i. nezdravSjie, neutr.
plur.; CO 8v6 zd^la, v tom sS 8v6 lepse domn^la AlxBM., d. i.
kpse nuiBc. du.
Als Adverbium fungiert der Accusativ sing, neutr. mvr
drejiBy hdfe.
Der Beispiele gibt es eine Unzahl und ich führe folgende
an: pfistup B&m blize Pass. 342 (2), d. i. blüe] tiem blijzze
Stit. f. 6»; bud ten bj^rse zmj^rtcy uÄiv AlxBM. 2^, d. i. br£e,
aby siemß bugnyegye rostlo otit. uö. 53^, d. i. bujnijie] snad
by l^pe bylo, by na t6 czyestyegije vzpominali Stit f. 123*^
d. i. iütijiey mit Umlaut in der Wurzelsilbe; fiekaji päni:
chlap f jest jako vrba, cim czestyegye ji obrubäi; tiem f sS
huäte obali Stit. uö. 84"^; hojnSjie to öiniti mäme, czastyegije
zovuc chudö k svämu kvasu Stit. f. 74% d. i. ^tSjie, ohne
Umlaut; skrovn^jie a czystyegye üv jsa Modi. 9P, d. i. öistSjie]
bla^eni öistöho srdce, neb oni uzrie boha, toöiä velim czysstye
ne^li jini Stit. u^. 42% d. i. öüfe (nicht diät^) aus öijf^e und
dieses aus -ice, *'Stje] dieselbe Form ist auch im V^bor,
2. 1114 zu lesen: dvefe a okna velikä vsecko z alabastra a
cistym tesdnim naschväle tesäny, jeSto nemuo2 ,öi§tie^ (d. i.
eisfe) byti; abychom §li daale od stvofenie k stvoriteli Stit. r.
222^, d. i. däle] ei snad deele budü hyzditi blä^novstvie jeho
8tit. f. 119^ d. i. dele\ nerod deliegie dilti Hrad. 46», d. i.
d^lejie] o tom viece sem mluvil tam dolegye btit. uö. 51*, d. i.
dolejie vom Thema dole = sing. Loc. des Subst. döl] ktoi
srdeönßjie miluje, domyslnyegije poznä Stit. f. 6% d. i. dömy-
shiejie] ei sem radost marnü nestydöl se draazze väiiti nad
cest v66nü otit. i*. 218% d. i. drd&e; hldze a pSkn^ji Bläh.
Gramm. 205; t6la nad6 . . hlube v domu pochovaj Pass. 375,
d. i. hMbe] öim hlube patrim Stit. uc. 132*; (Pirrus) bra se do
lesa hlaube Troj. 228^; bylo by ji hodnyegije, by jmöla t62k^ho
muie na hrdle svöm Stit. f. 36% d. i. hodnSjie] hoynyegije to
öinlti m&me 74% d. i. hojnejte] bude horze ölov^ku tomu ne21i
u prve 137% d. i. ArJfe; musi f horze b^ti neÄli dr^ve 138*;
V tfetiem pokuSeni to jest tdhl v hfiech nayhrubyegije 125*,
d. i. hrubSjie] öim öestöjie ji (vrbu) obrubää, tiem f s6 husstye
obali Stit. uö. 84% d. i. hüSfe (nicht hiUte), aus ImSSe und dieses
aus -ice, -^(/e; gesnyegije jej vidüc Stit. f. 64*, d. i. jemSjie
Sitxangsber. d. phil.-Mat. Cl. XCY. Bd. II. Hft. 34
516 Oeb»ti«r.
ZU jasn^, mit Umlaut in der Wurzelsilbe ; gystyegije budem to
jmieti 223^, d. i. jistijie] ehudoba so krasse stkvie Pass. 539,
d. i. krdie^ vSeho kvietie krasse ktvuce Modi. 133^, o ty kvete
väebo krase ktvüci Hrad. 55"; mluviti svobodnöjie, jiesti hojn^jie,
piti chutnejie, modliti s6 kracze Modi. 163\ d. i. krdce ael.
kraite] lehczyegye t tepe dievöie ruka DalC. 4, d. i. lehftju]
öim ktery pfide pozd6jie, tiem pracije lehczegije Stit. t 109*;
inhed zvitözid lepe nei s' kdy zvitözil Pass. 282^ d. i. Upe]
m6 mene nei jeho pf^^^Sijes Modi. 132^, d. i. meüe', nie mene
Alx8. 339; poöne ölovSk raenyez menyez rozko§i tbati 8tit. r.
108*", d. i. mefie-Zj nicht men^; jeliko2 ]h dfieve miloval^ toliko
j6 nemylostiwiegie muditi k^al Pass. 300, d. i. milostivejie:
aby mylegije postnie snesli utrpenie Stit. h 132^, d. i. milejie\
taneönici ne mudriegie öinie ne2 skot Hrad. 97^, d. i. müdfeße-,
at by bylo pamyetnyegije Stit. f. 74**, d. i. pametnyU^ aby to
i pnkladem v srdce veSlo pevnyegye 150*, d. i. petnejii\
pijlnyegije m6l by na p^di 82*", d. i. piln^ße] znamenajmy
pylnyegije jmeno hodu tohoto 172*^; £im£ s6 kto plDyegije
obräti k bohu 133*, d. i. plnejie] kdy 2 by pUnyegie naplnil
Hrad. 46^; af tku podobnyegije btit. f. 85*, d. i. podobnejit:
öim kterj^ pfide pozdyegije 109*, d. i. pozdSjie, zu pozd/b\ af
fku prawyegije 202*, d. i. pravijie*y tiem rzijezze kvas mk pra-
telöm pfipraven bj^ti 74^, d. i. fieie; * kto sd brani nepfetieü,
nerovnß f rychlege b6ii NRada. 110, d. i. rychleje statt -jie;
aby ty kraloval velim ssczestnyegije Stit. r. 40^, d. i. Sie$tnejü.
zu Söastnyy mit Umlaut in der Wurzelsilbe; sküpö chval a
^ Die Gemimttion zz bezeichnet im Codex Stit. r. den Laut f ; eini^ Mal
findet sie sich aber auch als Bezeichnan^ des aus g and dj entstandenen
und dem asl. z (vor -c, -i\ -b) und zd entsprechenden s — z. B. pomoM
hospodine 53^ asl. pomozi, wyzz kazdy 54^ asl. viidhy rzijezze 74*^ a.'^l
wohl rezde u. s. w. — Aehnliches kommt in analogen Fällen auch bei
a und c und auch in anderen alten Denkmälern vor — z. B. nerie kak
rsechzi koron AlxBM. 2*, d. i. r^a statt r6ci asl. reÄi, Medea wece Troj.
23' u. ö. statt vece asl. ve^ita, hai und no^ statt ha« und nos asl. g&-'i
und no«i nach Hus (Slav. Bibl. 2. 281) u. s. w., — und auch die beotii^
dialektische Aussprache schwankt hier zwischen 2, «, c und Zy ^, i\ pomu:
und pomoz. no« und nosy pec und pec; daraus geht hervor, dass in die«eD
Fällen den Sibilanten z, «, c eine von der heutigen harten abweicheode
und etwa zwischen 2 und z u. s. w. liegende Aussprache zukam, und aui
Bezeichnung einer solchen hat Safai^ik die Buchstaben £, S, c eingetührL
Kominale Formen des altböhminchen ComparatiTs. 517
sknpyegye hyzd Stit. uö. 63^, d. i. skupejie; tiem slawnyegye
budeni obdaroväni 182^, d. i. slavnSjie] jimi^ zmutnyegie chodi
ÄHw^.^ d. i. smntnijie] jest nesnaze jeho pfämoci Modi. 4^^ d. i.
f/ioze; abychom Üdali tiem snaznyegye 31*^; d. L snaznSjie'^ öim
sprawedlnyegije dobyto, tiem . . Stit. r. 228^, d. i. spravedlnijie]
ktoz srdecznyegije miluje, domyslnßjie poznä 6% d. i. srdeönSjie]
aby se mohl swobodnyegije s tiem boSim svötlem obierati 222^,
d. i. svobodnSjie] ssczedrzyegije jest dar käzanie sv^ho pfed
nimi vylil 144**, d. i. Sdedrejie] af ssijrze promluvim o tom 152%
d. i. 9ife] (tölo) bude tiem slechetnyegye zachoväno Mast. 5^,
d. i. 8lechet7iejte] ti hlübe a tijezze padnu fetit. r. 78% d. i.
fiez€] museji tyezze trpöti na onom svötö 207*; jaki naytwrze
moha Eat. 148^ d. i. tvrze] matefino nauöenie £asto d6ti dr^ie
twrdo a druhdy twrze nei otcovo Stit. uö. 58*; abychom vdat-
y
nyegrje ufali jemu btit. i*. 17% d. i. udatnijie\ byl takd v fddu
prorokovem a wiece ne2 prorok Pass. 279, d. i. viece\ wijecze
nez sluSie Ötit. f. 155^; öim to wyernyegije öiniti budem, tiem . .
228% d. i. verwerte; öim ddle v rßku brdieSe, tiem so v2dy voda
wysse prydöila Pass. 360, d. i. vyie\ naywysse oslaveni Modi.
153^, corrigiert aus naywyssye; (narozenie) bylo zvöstovÄno
zrziedlnyegye Pass. 277 d. i. zredlnejie u. s. w.
Ausser dem Nominativ und Aecusativ kommen nominale
Comparativformen selten vor und mir sind für die übrigen
Casus nur folgende Belege bekannt: .
Sing. Gen.: jim2 z blüse vonie ta nebeskd üt^cha ätitV.
272; zdali nenie lestnd sbo^ie zdejsie . . ^im kto md jeho viece,
y
a wyctsse s^ nedostävä Stit. r. 110*, d. i. vetse (statt vSöSS aus
?fc^e), ebenso in nominaler Form wie das vorhergehende i;tece;
vielleicht gehört hieher auch horfe in: maji za velik^ hfiech
spolu sh ut^siti i dopustie s6 horssye^% ie ukrutni sob6 budu
Stit. uC. 38*, trotz der späteren Correctur; dialektisch: z vätSa
bei den Slowaken, präca je z veöa hotova in der Gegend von
Zlin in Mähren^ z dcdSa na to hleda zdä se to b^t mala eb.
(BartoS, Ze iivota lidu moravskeho S. 36.)
Sing. Dat.: by nudatni (neudatni) lep§ich zriece byli take
Icpssiu chtiece AlxB. 90, d. i. lepSjti; taky vieru drii, naddji
m4 V boze k lepssy, zl6ho pyöe . . Stit. r. 192**, d. i. lepSi,
Sing. Loc: kto jest u male neprAv, i u wieczssy neprdv
jest CEvang. 22, d. i. ve^H.
34*
518 0«bftiier.
Sing. Instr.: ktoi mälem udini pomoc, jako by tUim
pomohl gtitV. 339; kdyby vStöem pomohl 340.
Am mannigfaltigsten sind die böhmischen nominalen Com-
parativformen bei vSci belegt und deshalb eignet es sich zum
Paradigma für die folgende übersichtliche Darstellung derselben:
masc.
neatr.
fem.
sg. Nom. vSci
vi6Se, viece
ü^'i
Acc. viel
veöie, viece
—
Gen. . —
vms
Dat.
ve(Su
— —
Loc. —
ve6U
—
Inst. —
vi6iem
—
pl. (du.) NA. vSdse
vSöSe
vS6ie.
Die hier gegebene Darstellung des Sachverhaltes gründet
sich hauptsächlich auf die Sprache des Pass. und Stitny s in
Stit. uö. und ätit. r.; sie entspricht aber im Ganzen dem
Sprachgebrauche des 13. und 14., ja noch des 15. Jahrhunderts,
wo eine sichtliche Störung der alten Regelmässigkeit beginnt.
Ausnahmen gibt es zwar schon in Denkmälern der
älteren Zeit, z. B. ostal jich (ädöv) böh a jsu hubenyeyssye
v§eho lidu Stit. f. 78^ statt hubengj^e, ein Schreibfehler; prva
dva bratry byla sta ruczieyssie a druhi dva lenyeyssie Mai 56
statt ru66jäe und lenßji«, entweder die eigentliche Dualform
'M = asl. '&a, oder die Endung der zusammengesetzten De-
clination, oder abweichende Schreibung der weichen e-Silbe,
wie dies in Mat. sehr oft zu finden ist; dasselbe gilt von
twrdssye in: nevörn^ch 2id6y srdce (statt srdc^ jsu twrdssye
nei^li kamenie eb. 21; u. s. w. Von denjenigen Abweichungen,
die statt der verlangten oder möglichen nominalen Form die
zusammengesetzte bieten, dürften sehr viele in einer eigenen
syntaktischen Auffassung, die von der mechanischen Deutung
der Kegel verschieden ist, ihren Grund haben; gewiss ist
dies der Fall in: tak2 tu ot öeho smrt vzösta, jei naylepsie z
töch tu biesta AlxB. 82, d. i. najlep§i6 = welche die besten
unter den Gegenwärtigen waren; a£ wyetssij budem neb s;I-
1 -cS- stett -cS-, z. B. fem. y&cSi sUtt vecSi für asL resthsi, ist sichergestellt
durch solche Handschriften, die c und c unterscheiden.
NonloAla Formen des altbAhmitclien Conparativs. 519
nvejssij, ale hjne näm ^as iivota . ., tak e2 blyzsse jsme smrti
Stit. f. 83^, d. i. vhi&i und siln^jä^ neben bli£§^. Aehnliches
kommt auch im Positiv vor und sicherlich sind in den Bei-
spielen: san biede ssyrssye nei vuol^ delssie ne£ kuoii a zuby
u nie ostre Pass. 378, proto f v&s napominim, aby, kto£ jsü
dobrzij, lepssij byli Stit. f. 67*, (zlodöj) byl-li dr^ve zly, bude
horesy 8tit. uö. 138% vidöti ienu jest zle . . a dotkmiti so jie
jest nayhorssye 45* u. ä. die zusammengesetzten Comparativ-
formen SirSie, delHe, lepH, horÜ, najhorSie ebenso syntaktisch
zu erklären, wie die parallelen zusammengesetzten Positivformen
oHrS, dohH, zl^ und zU.
Die Thatsache, deren Nachweis im Vorigen gegeben
ist, nämlich der Bestand nominaler Comparativformen im
Böhmischen 'und namentlich im Altböhmischen, wird durch
diese Ausnahmen natürlich nicht in Frage gestellt; jene Formen
haben bestanden, sie sind aber mit der Zeit eingegangen.
Die Ursache ihres Verfalles Hegt darin, dass ihre
Flexionsbedeutung, weil sie fast nur auf den Nominativ und
Accusativ beschränkt waren, aus dem Sprachbewusstsein schwand
und sie zu blossen Adverbien herabsanken. Das Adverbium
aber fuhrt nur ein syntaktisches Leben ; es verdankt zwar sein
Dasein dem morphologischen Organismus der Sprache, aber
dieser sein Ursprung ist vergessen und es liegt aus diesem
Organismus ausgeschieden, ausserhalb des Stromes seiner all-
gemeinen und regelmässigen Veränderungen, bleibt theils hinter
diesen zurück, theils ändert es sich in anderen Richtungen,
und erscheint in Folge dessen bei einer grammatischen Form-
analyse theils als erstarrter Archaismus, theils als eine durch
ausserordentliche Einflüsse und Aenderungen gestörte Form.
Im Verfalls der altböhmischen nominalen Comparativformen
hat Beides stattgefunden. Vom Alten ist freilich sehr wenig
^blieben, aber doch hie und da ein Zug, z. B. in rad§i, radSe^
Z'vitSa u. ä. Der ausserordentlichen Aenderungen dagegen,
d. h. solcher, welche die Declination der übrigen Nomina
nicht betroffen haben, hat die Flexionsendung des nominalen
Comparativs eine Menge zu erleiden gehabt, zum Theil schon
in der alten, namentlich aber in der späteren Zeit, seit dem
15. Jahrhunderte. Ich will dies an einigen Beispielen zeigen:
radyeyssy byste mohli möj süd trpeti DalC. 4, statt radej§«;
520 Gehauar. Nominale Formen des altbAhroiechen Compftrativc.
(zdvistivy) by nechtöl niöemui dobr^mu rad^jge, nei by v tom
mßl rovni sobß StitV. 121, statt rad6j/ und wahrscheinlich ein
Fohler des späteren Abschreibers; Egea bj byla radie^se
polovici krälovstvie ztratila Troj. 217^, statt radgjsi; Alexandr
vybral jest radiegije k boji stare rytiefstvo neili mlade Alxp. 12,
statt radöji; proö ty radöe . . mluviS stydce Bläh. Gramm. 223;
statt radife und dieses statt rad^'/ u. a.; — ferner -ejt statt
-eji (aus -öjte), vömfiji, milej/, rad^ji statt vörneji, railej*,
radöji: beide Formen waren im 15. und IG. Jahrhunderte ge-
bräuchlich, z. B. ddieji und ddleji, viceji und viceji Bm. u. s. w.,
aber Blahoslav Gramm. 261 hat -ej/ für einen Irrthum erklärt
und man schreibt statt dessen später allgemein -ejt; — weiter
Analogiebildungen wie ^nkzyi statt sn&ze nach dem Vorbilde
von v^rn<5;/, mile/« u. s. w., lepe/e statt l^pe, m6ne;e statt meü^,.
\A\leji statt blii^e, AiXeji statt däl«, dele// statt d^le u. ä., z. B.
sndzegj velblaud skrze ucho jehly projde Bni. 1. 26, Äe t bych
l^pegj neposlau^il 2. 3, menögj hodne 2. 3, ti jesto marnosti
Bvöta wjce^j sobS ne^li boha va'2i 2. 3, prisedsi k synu a
by^ßgj SP posadiv 2. 8; — Weglassung des Endvocals: /e/?
statt lepe, v^h statt vySe u. ä. schon in der alten Sprache, z. B.
inhed z nizka nesnadno vzhöru tu, kde j' naywyss Stit. r. 18S*,
statt najvySe; im Neuböhmischen auch -ej statt -eji oder -eJN
v&rnejj ddlej u. s. w.; — dagegen Anhängung des -c im dialek-
tischen vSrngjc, dälejr.
In einem Falle erheischte es aber die syntaktische Fügung
nach wie vor, dass das Adjectivum mit dem zugehörigen Nomen
oder Pronomen in der Flexion congruiere, nämlich im Prädicat:
war nun die alte nominale Comparativform durch den mit der
Zeit eingetretenen Verfall einer solchen Congruenz unfähig
geworden, so substituierte die Sprache an ihre Stelle eine fähige
Ersatzform, und das war die Form der zusammengesetzten De-
clination, mladH statt mlazi, mlazSt, mlazse u. s. w.
In Folge dieser Störungen ist von der gewesenen nominalen
Comparativform in der heutigen Sprache nur das Adverbiura
moudJfejij h^re (moudrej, hür, moudrejc) u. ä. • und das als Ad-
verbium verstandene radeji, radni . ., im Sprachbewusstsein aber
nichts übrig geblieben, denn man versteht Tnoudfyi, hü¥e, radeji
radii . . nicht als Casus, sondern als indeclinable Partikel.
Hofier. Abh&ndliiii((en ans d»m Gebiete der alten Geschichte. VII. 521
Abhandlungen aus dem Gebiete der alten Gresehichte.
VII.
Kritische Bemerkangen Aber den Zosimos (Zcoatfioo, K6-
[iYpOc xal AicofpiOTtoa'JVYjYopoo latoptac vsac ßfßXta S$)
nnd den Grad seiner Glanbwflrdigkeit.
Von
C. V. Hofler,
wirklichem Mitglfede der k. Akademie der Winnennchaftcn.
Lkxy den interessantesten Tliatsachen der alten Geschichte
gehört das plötzliche Auftauchen einer ueuen Literatur im Laufe
des II. und III. Jahrhundertes nach Christus. Sie ist lateinisch,
aber nicht römisch, griechisch, aber nicht hellenisch, ja man
begreift selbst unter dem Namen hellenisch, to iXXvjvtxöv, den
Gegensatz zu dieser Literatur und ihrem Inhalte. Sie stammt
nicht etwa aus einem bestimmten Lande des römischen Reiches,
wie etwa Hispanien, Gallien, Afrika sich durch ihren beson-
deren Typus in der römischen Literatur bemerklich machten.
Sie hat eine eigenthümliche Diction, aber diese entspricht ihrem
besonderen Ideenkreise, einem Inhalte, von welchem sich Rom
and Hellas so lange sie können, abwenden. Es ist ein müh-
samer Kampf um das literarische Bürgerrecht, um Anerkennung
und Gleichberechtigung, ja diese erfolgt eigentlich erst nach-
dem auch der Staat sich dafUr ausgesprochen und als dieses
geschehen, der Sieg für die neuen Ideen errungen, werden
diese erst noch für alle Uebel verantwortlich gemacht, die den
Staat betrafen, der sie dreihundert Jahre rastlos verfolgte.
Die christliche Literatur verdrängt allmälig die antike;
letztere tritt nur mehr sporadisch auf, sie beweist durch ihr
dünngesäetes Erscheinen, dass sie im Absterben begriffen ist;
sie sucht einen Inhalt und findet keinen. Sie klammert sich an
das Alte an und dieses ist morsch und hohl; sie beredet sich
selbst, noch Thatsachen zu vertreten, die wie Phantasmagorien
verschwinden. Sie macht sich eine eigene Vergangenheit, um
522 HÄfler.
sich vor sich selbst zu rechtfertigen und gewahrt nicht, dass
es sich eigentlich doch nur um eine Selbstauflösung handle,
die keine Macht der Erde mehr zu hemmen vermochte.
Es ist aber nicht die Absicht dieser Zeilen, sich mit
einem christlichen Schriftsteller aus der Zeit des grossen
Dramas zu beschäftigen, das man den Untei^ang der alten
Welt nennt, und das in seiner Art mindestens so gross, lehr-
reich und bedeutend ist, als der Aufbau Roms oder die Anfange
der hellenischen Geschichte, sondern mit einem jener Vertreter
der antiken Welt, der von dem vernichtenden Gefühle be-
herrscht wird, dass ihm der Boden unter den Füssen schwinde
und wo nun die krampfhafte Bemühung hervortritt, sich zu
halten, während bereits jeder Anhaltspunkt die natürliche
Stütze versagt.
Es handelt sich um die moderne Geschichte des kaiser-
lichen Comes und Exadvocaten des Fiscus, Zosimos, die dieser
im V. Jahrhundeiiie der christlichen Zeitrechnung schrieb, so
aber wie sie vor uns liegt, nur bis zum Jahre 410 reicht. Nnn
ist längst und bis zur Uebermüdung hervorgehoben worden,
wie unbillig derselbe Schriftsteller verfuhr, der Polybios sich
zum Vorbilde nahm und wie dieser eine pragmatische Ge-
schichte zu schreiben beabsichtigte, d. h. die eigentlich treiben-
den Ursachen der Ereignisse in den Vordergrund zu stellen
sich bemühte, in letzteren aber die Wirkung von Voi^ängen
erblickte, die eigentlich ausserhalb der menschlichen Thatkraft
und menschlicher Selbstbestimmung stehen, vom Laufe der Ge-
stirne, vom blinden Fatum herrühren. Selbst eine göttliche
Vorsehung, eine Oeta xpovota ist ihm nicht ganz fremd. Eine
Analogie zwischen dem langsamen Werden des römischen
Staates, seiner raschen Entwicklung zur Weltherrschaft, nach-
dem einmal ein gewisser Höhepunkt erreicht worden, und ein
ebenso rasch eintretender Ruin, scheint der leitende Gedanke
geworden zu sein. Es ist eine traurige Aufgabe, den nnver-
meidlichen Verfall eines Gemeinwesens beschreiben zu müssen^
das sich mit der gebildeten Welt identiiicirt und, nachdem es
dieselbe vereinigt, in Barbarenherrschaft auslauft; noch trauriger,
sich sagen zu müssen, dass, was da übles vorgehe, Verhängniss
sei. Er muss Tacitus nicht gekannt haben, da dieser lange
vor ihm denselben Gedanken ausgesprochen hat, die Schuld
Abhftndlongen aus d«m Gebiete der alten Geschichte. VII. 523
aber, nm die es sich handelt, da suchte, wo sie wirklich vor-
handen war, im eigenen Lager. Nun scheinen die Disquisitio
in Zosimum ejusque fidem und der weitläufige Commentarius
historicus Joh. Friedrich Reitemeiers (Lipsiae 1784) so er-
schöpfend zu sein, dass es, nachdem Immanuel Bekker in seiner
Ausgabe des Zosimos (Corpus Script, hist. byzantinae) Bonn 1837,
beide wieder abdrucken Hess, einer Rechtfertigung bedarf, wenn
man sich Zusätze oder Abweichungen erlaubt.
Ich werde auf die Disquistio später zurückkommen, für
jetzt sei es gestattet, einige Bemerkungen an den historischen
Commentar zu knüpfen.
Er macht auf den Fehler des Zosimos in Betreff des
Todes Julians aufmerksam, hebt die fälschliche Angabe des-
selben in Betreff der Eroberung von ganz Arabien durch Septi-
mius Severus hervor. Gleiches geschieht in Bezug auf Berichte
über Papinian, Macrinus, Elagabalus, Alexander Severus, die
Gordiane, Decius, auf die Verwechslung des Tanais mit der
Donau I c. 23, auf Ariolus I c. 38, auf Odenathus und Postu-
mius, wie dies in Betreff des Letzteren schon Tillemont nach-
gewiesen.
Wenn femer Reitemeier darthat, dass die Forschung in
Betreff der Kaiser von Claudius bis Constantin aus Mangel an
Quellen grossentheils an Zosimos angewiesen ist, der sich hiebei
auf Eunapios stützte, so entgeht damit auch die Möglichkeit,
eine eingehende Kritik in Bezug auf Zosimos zu üben, da
eben nur aus Mangel an anderen Nachrichten anzunehmen ist,
was er mittheilt.
Aber auch hier finden sich nachweisbar nicht unbedeutende
Fehler vor. Mit Recht macht Reitemeier aufmerksam, dass
ein Geschichtschreiber, welcher den Verfall des römischen
Reiches darstellen wollte, nicht die Preisgebung Daciens durch
Aurelian mit Stillschweigen übergehen durfte; am wenigsten,
möchte ich hinzufügen, wenn die allmälige Barbarisirung des
Reiches Hauptgegenstand der Darstellung war. Als einmal
das Princip angenommen war, die Eroberungen aufzugeben,
war ein Präjudiz der übelsten Art geschaffen worden. Galt
dieses zum Theile schon von Augustus und Adrian, so war ein
ungeheurer Unterschied, ob die Tigrislinie aufgegeben ward
und die des Euphrat noch gehalten wurde, oder ob das linke
524 H<5fUr.
DoDauufer geräumt und den Barbaren preisgegeben wurde.
Nicht blos dass der Ister Grenzscheide wurde, es ward das
rechte Ufer in den Zustand beständiger Defensive gebracht:
das war eine Neuerung der gelHhrlichsten Art, die ein Nach-
treter des Polybios nicht mit Stillschweigen übergehen durfte.
Jetzt zog sich der politische Schwerpunkt nach den unteren
Donauländern, erfolgten die grossen politischen Veränderungen,
welche aus der Aufgebung der Einheit des Reiches herror-
gingen, entstand das illyrische Kaiserthum und endlich die
grösste und nachdrücklichste Umwandlung der Dinge, die Ver-
legung der Hauptstadt des Reiches, als dasselbe wieder geeinigt
worden war, nach Thracien, in die nächste Nähe des Kriegs-
schauplatzes, so dass die Hauptstadt auch die wichtigste Festung
des Reiches wurde. Sie hatte den am meisten bedrohten Punkt
desselben zu schützen; das Fortificationssjstem des Isters er-
hielt durch Oonstantinopel die eigentliche Stütze, ja der Bestand
des Reiches hing seitdem von der Erhaltung der Hauptstadt
ab, deren politische und strategische Bedeutung Altrom sehr
bald in Schatten stellte. Durchgeht man nun die Bemerkungen
Reitemeiers, so drängt sich von selbst als Resultat derselben
die Ueberzeugung auf, dass die historische Autorität des Zosimos
auch da, wo von christlichen Dingen und PersönlichkeiteD
noch keine Rede ist, -nichts weniger denn unanfechtbar ist, dass
man sich seiner nur mit grosser Vorsicht bedienen kann.
Bleiben wir aber noch bei dem Theile des historischen
Commentars stehen, der sich mit der Geschichte des Kaisers
Constantins I. beschäftigt.
Reitemeier erklärt sich hiebei gegen die Argumentation
Tillemonts zu Gunsten der ehelichen Abstammung Constantins.
ohne jedoch näher in dieselbe einzugehen. Man kann aber
den Behauptungen der Illegitimität der Geburt des Kaisers
gegenüber nicht abstreiten, dass Sextus Aurelius Victor de
Caesaribus von Julius Constantius, dem Vater Constantins, und
dem Galerius Maximianus (Armentarius) redend, von welchen
der erste die Tochter des Herculius, der zweite die des Dio-
cletians heirathen musste, diese Thatsache mit den Worten an-
führt: diremptis prioribus conjugiis, und Eutropius sich des
Ausdruckes bedient: ambo uxores quas habuerant repudi&re
compulsi.
Abhandlnngen ans dem Gabifite der alten Geschichte. VII. •)25
Dass Maximian (Herculius) sich selbst entleibte^ nicht
aber in Tarsus starb, wo Maximin endete^ ist ein Fehler des
Zosimos, den schon die Oxforder Ausgabe des Zosimos rügte.
Reitemeier aber hat das Verdienst, in die verworrenen Angaben
chronologische Ordnung gebracht zu haben. Er untersucht
genau die Angaben des Zosimos über die Bekehrung Con-
stantins und ob ihm die von heidnischen Priestern begehrte
Sühne verweigert worden, die Verweigerung ihn erst in den
Schooss des Christenthums getrieben. So sehr aber hier Reite-
meier sich bemüht, Zosimos nicht fallen zu lassen, kann er
doch nicht anders als zuzugestehen, dass es seiner Darstellung
an Genauigkeit gebreche. Aber auch dem Tadel, welchen
Zosimos über Constantins Steuerwesen in so reichem Maasse
ausspricht, sah sich Reitemeier gezwungen entgegenzutreten,
wenn er auch bei der Wahl von Byzantion als Hauptstadt dem
vermeintlichen Hasse der Römer gegen Constantin viel zu viel
einräumt. Man gewinnt im Ganzen aus der Untersuchung
Reitemeierä in Betreff Constantins die Anschauung, welche
schon in Bezug auf die vorconstantinische Periode gilt, dass
man es mit einem Schriftsteller zu thun habe, dessen Berichte
soi-gsamer Prüfung zu unterziehen sind, ehe sie angenommen
werden können, und zwar gilt dieses Resultat dem Zosimos als
solchen, gänzlich unabhängig von seinem Glaubensbekennt-
nisse und seiner zur Schau getragenen Abneigung gegen alles
Christliche.
Ehe wir jedoch diejenigen Punkte hervorheben, die unserer
Meinung nach eine besondere Besprechung verdienen, sei in
Betreff des leitenden Gedankens des Autors bemerkt, dass als
erster Grund des Ruins die Umänderung der Republik in eine
Monarchie bezeichnet wird; der zweite bestand in den Neue-
rungen Kaiser Constantins I., sowohl in Betreff der militäri-
schen als der politischen Ordnung der Dinge und vor Allem in
der Annahme des Christenthums; der dritte endlich, in den
Verfiigungen des Theodosius, sowohl in Betreff des Christen-
thums als der Aufnahme von Barbaren in das römische Heer.
Montesquieu hat bekanntlich noch einige tiefere Ursachen aus-
findig gemacht und Gibbon darüber ein Werk von universal-
historischem Werthe verfasst. Aber ganz abgesehen von diesen
späteren Werken, lernt man den successiven Verfall des
526 HÄfler.
römischen Reiches, seitdem dasselbe die Domäne eines Einzigen
geworden, — worin Zosiroos die Ursache des unaufhaltsamen
Ruines erblickt, während doch unzweifelhaft die Monarchie
durch Beendigung der grossen republikanischen Bürgerkriege
den Bestand des Staates rettete und dem Reiche seine grosse
Ausdehnung im Norden, Osten, wie im Süden gab, — die
Stadien des Verfalles und der Wiederaufrichtung desselben,
selbst aus Sextus Aurelius Victor de Caesaribus besser kennen,
als aus dem ersten Buche des Zosimos.
Gerade die Theilung der Gewalten, die Aufrichtung
eines doppelten Imperiums, eines zweifachen Cäsarenthnms,
einer römischen Tetrarchie, wie sie Valerius Diocletianus zur
Erhaltung des sinkenden Reiches durchführte, ergab sich sehr
bald als eine ihrem Zwecke nicht entsprechende Maassregel.
Vielleicht wäre es besser geworden, wenn Diocletian, welcher
noch die Einheit des Kaiserthums repräsentirte, sich den
Mühen der Oberleitung des Ganzen nicht selbst freiwillig ent-
zogefn hätte. Die neue Institution sollte aber ihre Probe dadurch
bestehen, dass ihre Durchfuhrung der jüngeren Generation, den
Cäsaren Galerius und F. Constantius anvertraut wurde, die
beiden irdischen Götter Jovius und Herculius (Valerius Diocle-
tianus und Maximianus), der erstere seiner Neigung entsprechend,
der andere gegen seine Neigung die Leitung irdischer Ange-
legenheiten den diis minorum gentium überliessen. Da brachte
der frühe Tod des Kaisers Constantius eine unerwartete Kata-
strophe hervor, nicht blos indem der tüchtigste Imperator in
das Grab sank, sondern auch die Frage entstand, ob der Schwer-
punkt der Macht dem Occidente oder dem Oriente zukommen
werde. Jetzt gelang es Constantin, dem kühnen thatkräftigen
Sohne des Constantius, die Anerkennung des weströmischen
(keltorömischen) Theiles des Reiches durch die Legionen seines
Vaters und den Alemannenkönig Crocus ^ zu gewinnen, worauf
ihm die von Seiten der übrigen Auguste nicht ausbleiben
» Sext. Aur. Victor, epitome c, 41,
t
Abhandlungen aus dem Gebiete der alten Geachichte. YII. 527
konnte. Während aber der andere Theil des Reiches unter
Galerius^^ Severus^ Maximinus^ Maxentius der Vielherrschaft ver-
fiel, bleiben Gallien, Britannien, Hispanien, die germanischen
Provinzen, nicht blos unter Constantin geeinigt, sondern dieser
erlangte nun auch durch Beseitigung des Maxentius Italien und
Afrika und als dann das Beich nach dem Tode des Diocletian,
des Maximian, des Maximinus, des Severus, des Maxentius der
Zweiherrschaft des Constantin und des Licinnius zufiel, war
denn doch in Betreff der Grundlage ihrer Macht eine grosse
Verschiedenheit zu gewahren. Ob Constantins Mutter von vor-
nehmer Geburt war oder nicht, und Zosimos legt auf das letztere
einen grossen Nachdinick, er war denn doch ein Kaisersohn,
was Licinnius nicht war, und wurzelte so seinem Geschlechte
nach im Occidente. Hier ruhte auch die Kraft der römischen
Legionen, welche sich im Kampfe mit der Uebermacht des
Maxentius wohl bewährt hatte. 90.000 Mann — Barbaren,
Germanen, Kelten, Britannen mit 8000 Reitern standen in der
Schlacht an den rothen Felsen vor Rom den 170.000 Römern,
Tuskern, Sicilianern und Karthagern (Afrikanern), verstärkt
durch l&.OOO Reiter, gegenüber und dennoch hatte Constantin
gesiegt. Die weströmischen Legionen hatten in gewaltiger
Schlacht die südrömischen überwunden. Gerade bei den be-
deutenden Zahlenangaben und dem numerischen Uebergewichte
des feindlichen Heeres bleibt aber der Sieg des Constantin bei
den rothen Felsen (grotta rossa), neun Miglien nördlich von Rom,
eine fast unerklärliche Thatsache. Freilich erscheint das Räthsel
sehr leicht gelöst, wenn man zu der gewöhnlichen Art der
Lösung seine Zuflucht nimmt. Maxentius hat an der Schiff-
brücke einen Durchlass angebracht,^ der als Fallthüre dienen
konnte und alles so schlau berechnet, dass die Vertheidigung
Roms gegen Constantin nicht sowohl auf den 18.000 Reitern und
170.000 Fusssoldaten beruhte, als vielmehr darauf, dass diese
188.000 den feindlichen Imperator gerade auf diese Fallthüre
hintrieben und er somit ertrinken musste. Das ist wirklich so
schlau erdacht, dass es eine welthistorische Bewunderung er-
* Maximianua, ArmentariuB. Sext. Aar. Victor de Caesar.
2 Zo». III, c 15.
628 HÄfler
regt und Maxentius, der geistreiche Erfinder dieses Stratagems,
das Vorbild aller Strategen, Hannibal, dadurch weit hinter sich
zurückliess! Wie hat man sich denn nun die ConstantinsBchlacht
zu denken ? Das römische Heer aus der Stadt über die Tiber zu
führen und dann den auf der Via Flaminia vorrückenden Con-
stantin mit seinen abgehärteten keltoger manischen Legionen
so anzugreifen, dass die Armee des Maxentius die Tiber im
Rücken hatte, wenn die Schlacht verloren war, in den Floss
geworfen wurde, wäre eine so kolossale Thorheit gewesen, d&as
sie dem Maxentius nicht zugetraut werden kann und gerade
der Umstand, dass er oberhalb Ponte molle eine neue Brücke
baute, beweist, dass er sehr wohl daran dachte, die Angriffs-
punkte wie die Rückzugslinien zu vermehren. Seinerseits hatte
sich Constantin, als er Italien zu erobern versuchte, im Norden
aufgehalten und dort zuerst sich festgesetzt, Verona wie Aqui-
leja erobert, Mutina genommen und erst, nachdem er so seine
Verbindung mit Gallien gesichert, die Rückzugslinie gedeckt^
rückte er gegen Rom vor. Hier aber bot ihm Maxentius keine
Schlacht an, sondern hielt er das Heer theils in theils ausser
Rom zusammen und wollte Constantin den Uebergang über
die Tiber im Angesichte der (von Aurelianus) befestigten Stadt
forciren, Hess er sich durch die Schiffbrücke zu einer kühnen
That verleiten, so war das Misslingen des Angriffes — mit oder
ohne die Fallbrücke ziemlich sicher. Anders wurde es, als
Maxentius am 28. Octobcr kühn zum Angriffe übei^ing und
zwar mit solchem Ungestüme, dass es auf dem rechten Tiber-
ufer zum hartnäckigen Treffen kam. Dieses aber kann man
sich kaum anders vorstellen, als dass Maxentius, nachdem er
sein Heer auf das rechte Tiberufer geführt, seine Gegner —
in ähnlicher Art wie Napoleon die Oesterreicher bei Wagram —
zu überflügeln, von ihrer Rückzugslinie abzudrängen und in
den Fluss zu werfen suchte. Dazu konnte ihm die Ueberzahl
seiner Reiterei vortreffliche Dienste leisten. Man hat den
Kampf in das Gebiet der Wunder verlegt und die unmittel-
bare Einwirkung höherer Kräfte zu seiner Erklärung zu Hülfe
gerufen. Constantin habe in Folge eines Traumgesichtes seinen
Soldaten befohlen, das Monogramm Christi auf Schild und Helm
zu setzen, Maxentius sich aber nach den Aussprüchen der sibylli-
nischen Bücher gerichtet. Da letzterer den Römern verhasst
Abhandlungen ans dem Gebiete der alten 6e8Clüc1it<>. YII. 529
war und sein Leben verlor^ musste er in allen Dingen Unrecht
haben^ auch ein schlechter Feldherr sein, während er kurz
zuvor den Alexander in Afrika besiegt hatte, welcher sich dort
zum Kaiser aufgeworfen hatte. Die Karthager des Zosimos,
welche Maxentius im Kampfe mit Constantin verwandte, sind
offenbar jene Soldaten, die er nach Besiegung seines Gegners
HUä Afrika nach Italien herüberführte. Auch die Vorsicht,
mit der Constantin operirt, beweist, dass er seinen Qegner gar
nicht verachtet. Maxentius erwartete ihn vor Rom und wer
sich die Mühe nimmt, etwas weniger an die Schiffbrücke zu
denken und etwas mehr an die Stellung Constantins auf dem
rechten Tiberufer im Angesichte der von seinem Gegner be-
setzten Stadt und eines ihm überlegenen Heeres wird sagen
müssen, dass es einer ganz ausserordentlichen Disciplin, Tapfer-
keit und Leitung bedurfte, um den Sieg zu erringen. £iner
von beiden Kaisern musste in die Tiber geworfen werden und
da traf es denn statt des Constantin den Maxentius. Uebrigens
hat die epitome des Sextus Aurelius Victor wohl den Schlüssel
zu seiner Todesart: Maxentius dum adversus Constantinum con-
greditur paullo superius a ponte Milvio in pontem navigiis
compositum a latere ingredi festinans — gerade dass die Schiff-
brücke oberhalb der Ponte molle gebaut war und der Angriff
von dieser Seite erfolgte, beweist, dass es sich um eine Um-
gehung Constantins handelte und zwar auf seinem linken Flügel
— lapsu equi in profundum demersus est voratumque limo
pondere thoracis corpus vix repertum. Er starb in ähnlicher
Weise wie König Ludwig II. bei Mohacs, nicht in seiner
eigenen Falle gefangen, sondern nach einer kühn angelegten
Schlacht, die den Sieg zu verbürgen schien, durch den Sturz
seines Pferdes. Sein Tod öffnete dem Sieger Roms Thore und
entschied das Geschick des Abendlandes. Es ist hierin etwa«
weniger Wunder, aber mehr Wahrheit. Das erstere behagte
den christlichen Schriftstellern mehr ; die Wahrheit hätte Con-
stantins Verdienst auf den Schäffel gestellt und behagte wieder
dem Comcs und Exadvocaten des Fiscus nicht — das Richtige
dürfte aber denn doch in dieser Auseinandersetzung liegen.
Licinnius war durch die Vermählung mit der Constantia
Constantins Schwager geworden; jeder der beiden Schwäger
erhob einen seiner Söhne zum Range eines Cäsaren. Als
530 H»fl«r.
CrispuB^ der Sohn ConstantinB und der Minervina' Cäsar
wnrde/^ war es schon in der dritten Generation des flavischen
Hauses^ dass diese Würde demselben zukam. Als die beiden
Kaiser des westlichen und östlichen Theiles des Reiches sich
entzweiten^ siegten die germanisch-keltischen Legionen aacb
über die oströmischen, erst bei Kibalis und Sirmion, dann am
HebroSy am Bosporos, bei Chalkedon und Nikomedien. Licinnius
ernannte ausser seinem Sohne Licinnianus, ja noch vor diesem
den Valens 3 zum Cäsar. Ihn bezeichnet Zosimos als die
Ursache der Uebelstände, die über Licinnius sich ei^ossen. £r
wurde, als die beiden Schwäger sich wieder zeitweilig ver-
söhnten, gewaltsam beseitiget, als es aufs neue zum Kampfe
kam, durch Martinianus ersetzt, den Licinnius von einem
magister officiorum zum Cäsar erhob. Dieser wurde in den
Sturz des Licinnius verwickelt und als letzterer vor Nikomedia
dem Constantinus den Purpur und sich selbst übergab, aui
Befehl des Siegers hingerichtet. Constantin vermied, Cäsaren
ausserhalb seiner Familie zu ernennen und selbst als er seinen
Sohn Crispus wegen des Verdachtes, dass er es mit seiner
Stiefmutter, der Kaisertochter Fausta halte, tödten liess, war
der Thron dem im Purpur geborenen Oeschlechte gesichert^
eine ächte Kaiserdynastie vorhanden, wenn auch diese, wie
Zosimos die Sache darstellt, Fausta nicht zur Ahnfrau hatte.^
Das Gefühl unter einer Kaiserdynastie zu stehen, war so leb-
haft, dass nach dem Tode des grossen Kaisers die Soldaten,
welche das ehemalige römische Volk repräsentirten, den Cäsar
Dalmatius, den Constantius, Bruder des Kaisers, den Anni-
balianus, alle aus dem Oeschlechte des Constantius Chloros
tödteten, indem sie keine anderen Herrscher wollten ab die
Söhne Constantius.
, Nun kann man sich kaum etwas Schaleres und Oberfläch-
licheres vorstellen, als die Schilderung Constantins durch
1 Ex naXXocxTJ; auTa> ygyovdTa wie Zosimos hervorhebt Ex Minervina cun-
cubina susceptum. Sext. Aur. Victor epit. c. 41.
2 Nach Sext. Aur. Victor de Caesaribus c. 41 auch Constantinus (II).
• OuaXTfj;,
* oux «Ko <l>aüaTT)5 TTJ; Tou 'EpxouXlou Ms^ifiiavou OyyaTpd?. II, 39. So wenig
war Zosimos mit den Familienverhältnissen der Flavier bekannt
Abliandlang:«!! ana dem QebiAta d«ir alten Oeicbichte. Ylf. 531
Zosimos. Wüssten wir von dem Begründer ConstantiAopels;
von dem Kaiser^ der dem Reiche die Einheit wieder gab und
die Fehler des diocletianischen StaatsorganiBmus wesentlich
verbesserte, nur, was uns Zosimos von ihm mittheilte, so hätten
wir es mit einem treulosen Fürsten zu thun, der durch dön
Einfluss von Weibern bewogen, auf die ein Spanier Namens
Aigyptios einzuwirken verstand, in Rom gegen den alten Götter-
glauben auftrat, vor den Flüchen der Römer eine andere Haupt-
stadt suchte, diese in Byzanz fand, das er mit grossen Theils
unsinnigen Bauten erfüllte; der das Reich ruinirte,^ als er die
verderbliche Neuerung der vier grossen Präfecturen begründete,
die Civilgewalt von der militärischen trennte, dem Heere eine
andere Eintheilung gab, die Soldaten von den Grenzen nach
den Städten verlegte und ein Steuersystem einführte, so dass,
wie Zosimos versichert, die meisten Städte unbewohnt wurden.^
Er muss wider seinen Willen zugeben, dass die Reichsgewalt
durch Schöpfung des Patricius, des Nobilissimus vermehrt
wurde; dass die stärkere Betonung der Reichseinheit eine un-^
bedingte Nothwendigkeit war, dass eine Rückkehr zu der
Reichstheilung unter Diocletian das grösste Uebel in sich
schloss, ist aber Zosimos, der in der Monarchie des Augustus
den ersten Grund des Verfalles des römischen Reiches erblickte,
so wenig klar geworden, als dass die Frage über die recht-
liche Stellung der Christen im römischen Reiche nach den
wilden Scenen unter Diocletian und Galerius, noch einer anderen
Lösung harrte, als durch die brutale Verfolgung, von der Zo-
simos 80 wenig weiss, als von den Massregeln Julians gegen
die Christen, die Ammianus tadelt. Die Darstellung jenes Actes
von unermesslicher Bedeutung, der Wahl einer neuen Haupt-
stadt, die seitdem eine der grossen Weltenringe wurde, ist
nur in so ferne in das Geschichtbuch aufgenommen, als sie
Anlass zu weiterem Tadel gewährte. Selbst jedem Aberglauben
huldigend und von der Ueberzeugung durchdrungen, dass die
Preisgebung der alten Ceremonien und des alten römischen
Götterglaubens den Untergang des Reiches unaufhaltsam her-
^ ?s xoXtu; xaOE9tu>Ta xivtSv.
' ?si}{ioi T'jjv otxouvTtuv a\ TzksXoxoLi (;cöXei;) ysY^vaatv. Doch g^ewiss eine kolossale
Uebertreibung.
Ritnngül)^. d. phiK-bint. C1. XCV. Bü. II. Hft. 35
532 HÄfl#r.
beifübrte, fehlt ihm fiir die neue Zeit, die sich im IV. Jahr-
hunderte der christlichen Zeitrechnung fär die römische Welt
aufthaty jeder Sinn und jedes Verständuiss. Aber auch d&filr,
dass ein neuer politischer Antagonismus sich damals austmc^,
die Frage ob der Orient, ob der Occident siegreich aus der
Messung der Kräfte hervorgehen werde, unter welcher Form
die Einheit des Reiches durchgesetzt werden könne, ob auch
nur unter der Einheit der Dynastie und welche Gestaltung das
Reich dann annehme, wenn das . Einheitsprincip aufgegeben
werden müsste, ist ihm nicht klar geworden. Er ist ein Doctrinär
des V. Jahrhundertes, dem es an wahrem politischen VerstäDd-
nisse gebricht.
In dem Augenblicke, als die drei Söhne des grosBen
Kaisers das dreifache Imperium durch Bürgerkrieg und Bruder-
blut zu vereinfachen sich bemühen, macht sich doch mit aller
Gewalt die Frage geltend, was, wenn die Einheit der Dynastie
von denen selbst aufgegeben werde, die sie vor Allem zu be-
wahren hatten, das Schicksal des Reiches werden müsste?
Kaum war Constantin U. im Streite mit dem jüngsten Bruder
Constans gefallen, so tritt in Gallien Magnentius, in Pannonien
Vetranio als Gegenkaiser auf; es rührt sich, als Constans durch
Magnentius erschlagen wurde, im Schoosse der flavischen Neben-
linien. Nepotianus,^ Sohn einer Schwester Kaiser Constantins L,
sucht sich in Altrom ein Kaiserthum zu erwerben und so ent-
steht der Kampf um die Legitimität, in welchem, nachdem
Magnentius bereits den Nepotianus beseitigt, die I^egionen des
Constantius erklären, die Auswüchse des Kaiserthums beseitigen
zu müssen.^ Sie zwingen Vetranio zur Abdankung, Constantius
aber muss sich denn doch bereits auf die noch übrige flavische
Nebenlinie stützen, erhebt den Sohn eines Bruders Kaiser Con-
stantius I. und Bruder Julians, Gallus, zum Cäsar und gibt
ihm seine Schwester Constantia, Kaiser Constantins Tochter,
zur Gemahlin, Magnentius aber macht jetzt den Decentius,
seinen Verwandten zum Cäsar und der Kampf zwischen Occident
und Orient entbrennt aufs Neue an der Grenze von Noricum
' Potentianns materna stiq>e Flayio propinqnas. Sext. Aur. Victor de Caenr.
c. 42.
3 TS x{ß87]Xa T7J( ßaaiXeCo^ exxaOatpeaOat.
Abhandlungen an«: dem Gebiete der slten Qeechichte. VII. 53B
und Pannonien, an der Drau und Sau, wo sich die Legionen
des Constantin und des Licinnius gemessen. Nur mit äusserster
Muhe vermag sich der flavische Kaiser, der jetzt die römischen
Legionen gegen die barbarischen des Magnentius führte, der,
selbst gallischen (keltischen) Ursprungs, Sieg und Heer verlor,
sich selbst das Leben nahm, zu erhalten. Decentius wurde
erschlagen und so nicht blos die Einheit des Reichs wieder
aufgerichtet, sondern auch dem keltischen Bestandtheile des
Reiches eine tödtliche Wunde bereitet, der sich die Germanen
nur freuen konnten. Als aber nun der Cäsar Gallus die jüngere
Linie des flavischen Hauses auf Kosten der älteren zur Herr-
schaft zu erheben suchte, kostete dieses auch ihm das Leben;
an seine Stelle berief Constantius den Julian, dessen Jugend
mit den blutigen Scenen erfüllt war, die seinem Vater, seinen
nächsten Verwandten, das Leben gekostet und der seinen
Wohlthäter, den Kaiser, als Mörder seines Bruders bezeichnete.
Ihm gab Constantius das von den Germanen gestürmte Gallien,
den der flavischen Monarchie neuerdings eingereihten Westen
zur Verwaltung. Bald rächte Julian durch seine Empörung
gegen Constantius den blutigen Untergang der Nebenlinien. Der
letzte Kaiser aus dem Geschlechte Constantins starb auf dem
Zuge gegen den meuterischen Julian, dieser selbst, ohne das
Haus des Constantius Chlorus fortführen zu können, auf dem
unglücklichen Zuge gegen die Perser, der sechste und letzte
Kaiser der flavischen Dynastie, der ersten im römischen
Reiche, die sich bis in die vierte Generation fortzu-
setzen vermochte und doch nicht viel mehr als ein halbes
Jahrhundert regierte.
Das dritte Buch entspricht seinem Inhalte nach am
meisten dem Genius des Autors, der in diesem den Helden
des Hellenismus, Julian, seine Siege in Gallien, seine Em-
pörung g^en Constantius, die Vorbereitungen zum Perser-
kriege, dessen glücklichen Beginn und unglücklichen Ausgang
beschreibt. Hier tritt Zosimos selbst in so ferne polemisch
auf, als er den Leser auf die vielfach verbreiteten Reden und
Briefe Julians ^ verweist, und erklärt, er wolle vor allem mit-
theilen, was von Andern ausgelassen worden war.
^ xst {laXiTTa oaa toi^ oXXoi; irapaiXsXeTfdai ooxeT,
3ö*
534 Hftfler.
Es beweist nicht gerade vielen historischen Sinn, wenn
er den grossen Sieg Julians bei Argentoratom über die Ale-
mannen mit dem Siege Alexanders über Dareios vergleicbt,
der den Umsturz eines Weltreiches zur Folge hatte. Es fehlt
selbst alle Möglichkeit uns klar zu machen, was aus GO.OCKi
Alemannenleichen wurde, die abgesehen von den Massen, welche
der Rhein verschlang, den römischen Schwertern erlegen waren,
und da die Römer denn doch wohl keinen unblutigen Sieg er-
rangen, so muss man sich wohl das Schlachtfeld als einen Pest-
acker ohne Gleichen vorstellen ! Von grösserer Wichtigkeit als
die Erörterung dieser Frage, erscheint aber der Plan Julians^ die
Bezwingung der ganzen germanischen Welt zu versuchen.* Die
Alemannen waren freilich nicht vernichtet und sahen sich bis
zu ihrer Niederlage unter Clovis als die berufenen Bezwinger
GalHenB an. Sie waren aber jedenfalls empfindlieh geschwächt.
Dafür stürmten bereits die Sachsen gegen Gallien und hätten
damals die Franken, statt sich an die Römer anzuschliessen,
gemeinsame Sache mit diesem ,muthvollsten und tapfersten
germanischen Volke' gemacht, die Dinge hätten für Gallien
eine schlimme Wendung genommen. Als nun Julian den Rhein
überschritt und bis an den herkynischen Wald vordrang, hatte
er die Zukunft Deutschlands in seinen Händen. Die germa-
nische Völkerwanderung bestand doch aus zwei sehr getrennten
Theilen, einem östlichen und einem westlichen, einem Vorstosse
an der untern Donau und einem Vorstosse an dem Rheine.
Verfolgte der Cäsar die Unternehmung gegen den ersteren
Theil, so war es möglich, die schon bis zum Aeussersten ge-
brachten Westgermanen zu bewältigen, ehe die gothischen
Völker vor den Hunnen Wohnplätze auf dem rechten Donau-
ufer suchten und die grossen Gothenkämpfe des IV. und
V. Jahrhundertes begannen. Dann musste aber der Eine Ge-
danke mit aller Consequenz aufgenommen und zu Ende gefuhrt
werden und war der westliche Flügel der germanischen Völker-
stellung bewältigt, dann gelang es wohl, den östlichen zwischen
Römer und Hunnen zu erdrücken, mindesten die Gothen zu
romanisiren. Das wurde nun freilich anders, als ,in der kleinen
Stadt Germaniens',^ in Paris, das Reiterbanquet stattfand, die
* im Tov xaT« tou Fsp^aviKOu icavTo; rapsaxEuaCsTo roXsiiov.
AbhandlnoffeB ani dem Gebiete der alten Geeddehte. Tu. 535
Tribunen anonyme Schriften unter den zum Abzüge bestimmten
Truppen verbreiteten und diese nun so gegen den Kaiser,
welcher dem Cäsar die siegreichen Truppen stehlen wolle, auf-
gebracht wurden y dass sie mit den Bechern in der Hand
Julians Hauptquartier stürmten, ihn zum Imperator ausriefen
und Julian nun, wenn gleich ungerne geschehen liess/ was er
nicht — ändern — wollte. Er hielt es für besser den Göttern
als den Worten des Constantius sich und sein Leben anzuver-
trauen. Aber erst ein Traumgesicht in Vienna, das ihm den
raschen Tod des Constantius verhiess, brachte ihm völlige Be-
ruhigung und als er dann an der Spitze des meuterischen
Heeres nach Naissos gekommen war und ihm seine Wahrsager
riethen, den raschen Zug nicht fortzusetzen, sondern hier zu
verweilen, auch wirklich hier die Nachricht eintraf, Constantius
sei unterwegs gestorben, musste er in der Meinung, von den
Göttern als Werkzeug grosser Dinge berufen zu sein, nicht
wenig bestärkt werden.^ Dem Forscher bleibt es aber unbe-
nommen, die (ivü)vu(i.a Ypi[ji(i.«T(Z von Paris, die für das Banquet
vorbereiteten Pamphlete, den Traum von Vienna, das plötz-
liche Verweilen in Naissos und den unvermutheten Tod des
Constantius, der des Julian Bruder, Gallus, hatte tödten lassen,
in einem sehr menschlichen Zusammenhange sich zu denken.
Julian nahm jetzt an, was ihm die Götter gewährten,^
und zog nun nach Bjzantion, Constantinopel zu sagen, kann
sich nämlich Zosimos nur sehr ungern entschliessen, — wo denn
auch der letzte Flavier in seiner Geburtsstätte enthusiastisch
aufgenommen wurde. Die Empörung war in unblutiger Weise
zum Ziele gekommen. Zosimos begnügt sich mit wenigen Worten
zu melden, dass durch den Tod des Constantius, Julian von
dem Heere zur Herrschaft über das Ganze berufen worden sei.
Seine Wahrsager werden wohl Näheres darüber gewusst haben.
Erkennt man den Meister des Stiles in dem, was der Autor
verschweigt, so muss Zosimos gerade im dritten Buche als
Meister angesehen werden. Wer es nicht aus Ammianus Mar-
cellinus und aus den Kirchenschriftstellern jener Tage erfuhr.
3 Be;a|uvo( hl io Tcapa tou 0£{ou (ein Lieblingsansdruck des Zosimos) $tSb>pi]|xivov.
536 HAfler.
welche Bedeutung es fiir das römische Reich hatte, dass nicht
ein Arianer wie ConstantiuS; (überhaupt kein Christ, soDden
ein vom Christenthume zum Hellenismus abgefallener Kaiser
(ßaaiXe6(;) geworden war, aus den Nachrichten über den Hafen-
bau von Byzanz, der Gewährung eines eigenen Senates wie in
der Stadt Rom, des Baues einer Bibliothek, den Streitigkeiten
mit den Einwohnern von Antiochien, gegen welche der Kaiser
eine Schrift verfasste, ,d]e in der ganzen Welt die Antiocheer
brandmarkte^, erfahrt man es nicht. Zosimos theilt nun mit
grosser Umständlichkeit die Vorbereitungen zum Perserkriege
mit, dessen Gelingen auf der gehörigen Unterstützung des an
und über den Tigi*is vordringen Heeres durch die zahlreiche
Flotte (mehr als 1100 Schiffe) beruhte und das Julian selbst
nach einem glänzend unternommenen Vorstosse in Frage stellte,
als er die Flotte zu verbrennen befahl und nun das Heer keine
Zufuhr, die Menschen so wenig als die jetzt erst so noth-
wendige Cavallerie und die zahlreichen Lastthiere Lebensmittel
erlangten. Jetzt half auch die grösste persönliche Tapferkeit
nicht mehr. Zosimos selbst muss zugestehen, dass das Heer
in Tummara angelangt die unglückselige Massregel beklagte.
Als nun Julian der Muthlosigkeit seiner Soldaten zu steuern,
selbst am feindlichen Handgemenge sich betheiligte, erhielt er
den Schwertstreich, 1 der ihn niederstreckte. Er wurde auf
seinem Schilde in das Zelt getragen, wo er bis gegen Mitter-
nacht lebte, nachdem er die Herrschaft der Perser kurz vorher
bis an den Rand des Verderbens gebracht.
Abgesehen, dass die Darstellung seiner Verwundung mit
den von anderer Seite auf uns gelangten Nachrichten im Zwie-
spalte steht, erfahren wir von Zosimos über Julian nicht mehr.
Nichts über seinen Charakter, den uns Marcellinus so anschau
lieh beschreibt, nichts über seine Schriften, nichts über sein
Verfahren gegen die Christen, noch über seine weiteren PlUne.
Es ist nur der Krieger, der Soldat, den er uns vorführt, der
römische Alexandres, die einzige Lichtgestalt des ilaviscben
* TiXi^TieTai 5^9£t KCtpi* aui^v ttJ; [xa/r^C ttjv ax[xv]v. H^o^ ist doch d« römifche
Schwert. WoUte Zosimos dadurch anzeigten, dass Jalian nicht von Persern
verwandet worden war? Im persischen Heere war man der Meinuug.
die Römer hätten ihren Kaiser erschlagen.
Abhandlung«!! aus d«m Gebiete der alten Geschichte. YII. 537
Kaiserhauses, das doch mit einem Fürsten endet; welcher mit
allen Traditionen seines Geschlechtes brach und das römische
Reich in der grössten inneren Erschütterung, nach Aussen
geschwächt, ja in einem so erbärmlichen Zustande zurückliess,
dass sich das nunmehr entschiedene Uebergewicht der Perser
über die Kömer von dem heillosen Frieden datirt, der zur
Rettung des römischen Heeres, der Sicherung seines Rückzuges
abgeschlossen werden musste. Der Antagonismus zwischen dem
römischen und dem • persischen Weltreiche trat jetzt stärker
als früher hervor; der zwischen der germanischen und der
römischen Welt begann jetzt erst recht fühlbar zu werden;
Hellenismus und Christenthum waren in einen Vernichtungs-
kampf getreten und von einer Versöhnung, einem Nebenein-
anderbestehen dieser beiden welthistorischen Gegensätze von
nun an gleichfalls keine Rede, Roms WafTenehi'e verloren und
ein dreissigjähriger Friede gegen bleibende Opfer, Kisibis und
fünfzehn Bui'gen erkauft. Es war kein Grund vorhanden, die
Regierung Julians als besonders segensreich zu betrachten; die
Monarchie Kaiser Constantins schien unter dem letzten Flavier
nur wiederhei^estellt worden zu sein, um allen Elementen der
Auflösung Vorschub zu leisten.
Das Bild Constantins hat Zosimos absichtlich verfehlt,
das Julians nur nach der einen Seite aufgefasst. Es gehörte
zum Ganzen, dass, als Jovianus, des Varronianus Sohn, Kaiser
geworden, die Bataver in Sirmium den Lucillianus, seinen
Schwiegervater und Verwandten des Julian tödteten, den Procopius
seine Verwandtschaft mit Julian rettete, Valentinianus, der mit
den beiden andern das pannonische Heer übernehmen sollte,
nur durch die Flucht sein Leben rettete, dieser, ein Pannonier
aus Kibalis, nachdem Jovianus im bithynischen Dadastana auf
dem traurigen Rückzuge gestorben war und Sallustius, prae-
fectus praetorio, die hohe Würde nicht annehmen wollte, ab-
wesend zum Kaiser ausgerufen wurde. Valentinianus wurde der
Begründer der zweiten (pannonischen) Dynastie, die zwischen
der flavischen und der spanischen (des Theodosius) die
Mitte hält
Die Parteien standen einander so schroff gegenüber, dass
Valentinianus nach seiner Erhebung erkrankt, besorgte, von
Julians Freunden vergiftet worden zu sein und von
538 HftfUr.
Nicäa nach Constantinopel eilend^ dort seinen Bruder Vales
(Valens) zum Mitkaiser ' ernannte , schon aus dem Grande,
dass^ wenn er selbst sterbe, das Reich nicht aufs Neue dem
Schicksale verfalle, das dasselbe durch Julians Tod betroffen.
Wider seinen Willen muss Zosimos zugeben, dass das Reich
durch Julian in die entsetzlichste Katastrophe gerieth, die durch
seine Zukunftserforscher nicht vorausgesehen, durch seine
Götter nicht abgehalten wurde, und während Zosimos stets
bereit ist, die Schuld des Verfalles des Reiches dem neuen
Glauben zuzuwenden, tritt gerade aus seiner Erzählung am
klarsten hervor, dass derjenige, welcher sein und seines Reiches
Heil den alten Göttern anvertraut, das letztere am meisten ge-
fährdete, wenn es auch der Geschichtschreiber nicht gesteht!
Dazu gesellt sich die zweite Thatsache. Auch die EUnheit des
Reiches musste aufgegeben werden. Wohl erlangt das Reich
die Einheit einer Dynastie, aber die Monarchie im strictesten
Sinne des Wortes hört auf, aus der Gemeinschaft der Regie-
rung entsteht eine formliche Zweitheilung und zwar in der Art,
dass Valentinian sich selbst den Westen, den lateinischen Theil
reservirt, dieser also den Vorrang über den Osten behauptet,
den er auch erst bei der Theilung der dritten Dynastie, der
Reichstheilung des Theodosius, verliert. Zugleich begann die
Reaction gegen die politisch-religiösen Grundsätze Julians und
der hellenistischen Partei. Ihr ganzes Erscheinen war ein
Anachronismus gewesen. Der Staat hatte sie gehoben, der
Staat sagte sich von ihr wieder los; nur auf dem Wege von
Aufständen konnte sie noch hoffen, aufs Neue in den Besitz
der Macht zu kommen. Zosimos weiss nicht, warum Julian
seinem Verwandten Procopius gestattete, das kaiserliche Gewand
zu tragen. Procopius scheint es sehr wohl gewusst zu haben,
als er erst dem Jovianus sich unterwarf, dann aber einen
Aufstand unternahm und sich hiebe! ganz besonders auf die
Barbaren über der Donau > stützte, somit die Gothen gegen
das Reich aufwühlte. Hiebei verlor aber nicht blos Procopius
sein Leben, sondern auch Marcellus, dem Procopius ein Kaiser-
gewand geschenkt hatte und beginnt nun von dieser Zeit an
' ol ujckp Tov "loTpov 2Ixu0o{.
Abhandlungen ans dem Gebiete der alten Gecchicbte. VII. 539
die iast ununterbrochene Reihe von Aufständen,^ die blutig und
mitleidlos unterdrückt werden, und durch das Hereinziehen der
Barbaren in die inneren Streitigkeiten der Römer der unauf-
haltsame Verfall des Reiches, der mit Julians Politik im Causal-
zusanunenhange steht. Julian hatte wohl die Westgermanen
überwältigt, aber durch seinen Aufstand gegen Constantius ihre
völlige Unterwerfung hinausgeschoben. Sein Tod und die
schimpfliche Wendung des Eriegszuges brachten ganz Ger-
manien^ in Aufruhr und der Krieg zwischen Römern und
Deutschen war somit, ehe der Hunnenstoss erfolgte, im Westen
wie im Osten wilder und gefährlicher als je vorher. Das
Mittel aber, dessen sich Valentinianus bediente, Germanen
massenhaft in das römische Heer zu ziehen und dadurch die
Vertheidigung des Reiches den Germanen selbst zu übertragen,
mochte wohl für den Augenblick gut thun, brachte aber zuletzt
das Reich in die Hände germanischer Heerführer und ihrer
Landsleute, die dann im V. Jahrhunderte über dasselbe ver-
fugten, so dass die Namen Rufin, Stelicho, Alarich, Ataulf,
Ricimer, Gundobald, Odoaker die der römischen Kaiser in den
Hintergrund drängen, endlich das Kaiserthum beseitigen und
die Austheilung des Westen unter deutschen Heerkönigen vor-
bereiten. Nach Zosimos aber muss Theodosios an allem Schuld
sein, während doch die eigentliche Katastrophe des Reiches
mit dem Perserkriege eintritt, der den Verlust der wichtigen
Grenzprovinzen im Osten veranlasste, ehe im Westen Pro-
vinzen in die Hände der Barbaren gefallen waren. Im Osten
glaubte man selbst zu einem gar nicht unrühmlichen Vergleiche
gekommen zu sein, als der Ister zur Grenzlinie zwischen den
Skythen des Zosimos, den Gothen und den Römern umge-
wandelt wurde. Im Innern wurde die Reaction jetzt auch
gegen die Philosophen,^ die Genossen julianischer Studien, aus-
gedehnt; sie erschienen nicht minder staatsgefährlich als die
Wahrsager, die Leichtgläubige durch ihre Vorspiegelungen zum
Aufruhr verleiteten. — Man begegnet, wohin man sich im
' Schon unter Valentinianus I. erfolgte in Britannien der Aufstand eines
andern Valentinianus. Zos. IV. dann im Oriente der des Theodors.
' TO FsppLavtxbv S?cav.
?cpb{ &7cavTa; tou; tn\ 91X0907(01 StxßoTJiou;.
540 H6fl«r.
IV. Jahrhundert wendet, den Spuren einer absterbenden Cdtur.
Einst lebensvolle und wirkende Ideen werden sinn- und ge-
haltlos, die Carricatur des einst Heiligen verlangt Rechte, die
kaum diesem zukamen; die Staatsgewalt, thöricht heraus-
gefordeH, greift immer mehr in Gebiete des geistigen Lebens
ein, entäuBsert sich selbst der Beschützung eines Cultus, der
seit Julian sich als ohnmächtig erwiesen hatte, das Reich zu
regeneriren, zugleich als feindlich gegen alles Bessere und nur
als stark genug, grosse Verwicklungen zu schaffen. Nan war
es aber denn doch sehr schwer im römischen Reiche eine
Dynastie zu begründen, und die pannonische musste, um durch-
zudringen, beinahe noch ge&hrlichere Experimente bestehen,
als einst Constantin, um der flavischen Dynastie Boden zu
schaffen. Auf den Versuch eines Valentinian in Britannien, folgte
der Aufruhr des Firmus in Afrika; als um diesen zu unter-
drücken die römischen Legionen aus Pannonien und Mösien
nach Afrika geschickt wurden, der Einbruch der Quaden und
Sarmaten in die unbewachten Provinzen, Valentinians I. plötz-
licher Tod, erhellt durch den Brand der Eaiserburg in Sirmiam,
die vom Blitze getroffen in Asche sank. Schlag auf Schlag
folgen sich die schwerwiegendsten Ereignisse, die Theiluog
des Westreiches zwischen dem jugendlichen Gratianus und
dem fünQährigen Valentinian IL, den Söhnen Valentinians L,
der Anprall der Hunnen auf die Gothen, die Flucht der
letzteren über die Donau, ihre Misshandlung durch die römi-
schen Militärbeamten, die Ueberschwemmung Thraciens, Panno-
niens, ja selbst Macedoniens und Thessaliens durch die Oothen.
zu deren Bekämpfung jetzt Valens die saracenische Reiterei
aus dem Oriente nach Thracien führt; endlich die Niederlage
des Valens bei Adrianopel und sein Tod auf der Flucht,
dadurch die Erledigung des östlichen Thrones des Kaiserreiches,
sein Heimfall an den Augustus Gratianus.
Jetzt tritt jene Persönlichkeit auf, die Zosimos nicht
minder widerwärtig ist, als Constantinos, des Chloros Sohn, der
Spanier Theodosios aus der kallegischen (gallicischen) Stadt
Eauka, ein Mann, wie er ihn einfuhrt, ,nicht unkriegerisch;
noch unerfahren im militärischen Commando', nachdem er
früher selbst erwähnt hatte, dass bei dem Einbrüche der Sar-
maten und Quaden er Mysien gerettet imd durch diesen Sieg
Abtuukdlnngeii aus dem Gebiet« der alten Geechicbte. YU. 541
sich den Weg zum Throne bereitet hattet Jetzt war er nicht
ankriegerisch und im Commando nicht unerfahren. Es war
doch ein rechtes Qlück für die römische Herrschaft, dass, als
die Fluth gothischer Einwanderung das Ostreich von dem West-
reiche schied, der Imperator des ersteren seinen Tod, 378,
gefunden hatte, das römische Heer von den Gothen vernichtet
war und durch eine eigenthümliche Ironie des Geschickes der
Befehlshaber der römischen Reiterei, Victor, dem Blutbade
entronnen, Gratian die Nachricht von dem Tode seines Oheims,
vom Untergange des römischen Heeres ^ in eiliger Flucht über-
brachte, das Geschick des Reiches in die Hände eines nicht
unkriegerischen noch unerfahrenen Mannes gelegt werden
konnte! Thracien wurde wie gewöhnlich zum Oriente ge-
schlagen, der Occident zerfiel in die beiden Theile der panno-
nischen Dynastie^ aus welcher die spanische hervorwuchs, die
Theilung des Gesammtreiches in eine westliche und eine öst-
liche Hälfte war aber aufs Neue zur Thatsache geworden. Als
jetzt Theodosius von Thessalonike (dem Hafenplatze aus) die
Wiedergewinnung von Thracien versucht, statt Eines Befehls-
habers der Reiterei und Eines des Fussvolkes, mehrere ernennt
und ebenso in Betreff der übrigen Befehlshaberstellen verfuhr,
offenbar eine wohlüberlegte militärische Massregel, so gewahrt
Zosimos hierin eine jener Massregeln,^ die wie die Vermehrung
des Aufwandes am kaiserlichen Hofe, den Untergang der Dinge
herbeiführten, wie er überhaupt den Theodosius, den er in Un-
thätigkeit verfallen lässt, für die schlimme Wendung der Dinge
verantwortlich machen möchte, welche zum überwiegenden
Theile durch die Zusammenwirkimg von Ereignissen einge-
treten war, die Theodosius, so weit er vermochte^ vom Reiche
abzulenken sich bemühte und auf Julians verunglückten Perser-
krieg zurückgehen, der den Barbaren die Schwäche des Reiches
vor Augen geführt hatte. Zosimos schildert die Erpressungen
sehr lebhaft, die damals bei der heillosen Lage des Reiches
stattfanden, dessen ganze Kraft zu seiner Erhaltung verwendet
werden musste; er findet, was zu seiner Charakteristik dient
* ovia 8k p^x a7:o)w£(jLOv ouös ap/ijs aTpaiitüTixfJ; arieipov.
- Tijv Tou TCpaiojisSoü xai tou ßa^iX^co; ocTKüXeiav.
' Tjjs i^ ixs{vou Twv ;cpaY[xaT(ov a7:(oXE(a( cChia.
542 H«fl«r.
und die Absicht der Darstellung zeigt; Trost darin, dass damals
noch der Zugang zu den Heiligthümern ^ und die Verehrung der
Götter nach den vaterländischen Gebräuchen erlaubt war. Hatte
doch die Privatverehrung des Achilleus in Athen sich mächtig
genug erwiesen, die Stadt vor einem Erdbeben zu bewahren,
das einen grossen Theil von Griechenland betraf, und war es
doch die Erscheinung der Pallas und des Achilleus auf den
Mauern der Stadt, welche später Alarich von einem Angriffe
auf Athen zurückschreckte. Genau genommen brauchte man
ja keine militärischen Massregeln, wenn Götter und Heroen bei
dem Untergange des Heidenthums sich noch kräftiger erwiesen^
als in den Tagen seiner Blüthe, wo die Athener, welche die
Burg gegen Xerxes zu vertheidigen entschlossen waren, der
Hülfe der jungfräulichen Tochter des Zeus entbehren mussten.
Interessant ist, welche Verlegenheiten schon damab die
massenhafte Aufnahme von Gothen in das römische Heer her-
vorrief, seit der persische und der Gothenkrieg die röinischeo
Heere verschlungen; wie Theodosius sich genöthig^ sah, diese
nach Aegypten zu entsenden, der Kaiser selbst sich vor den
unbotmässigen in Lebensgefahr befand, Besatzungen in die
Burgen verlegte und unter dem Commando zweier Franken,
Baudo und Arbogast ein Hülfsheer des Gratianus herbeieilen
musste, Gratianus aber selbst sein Heil darin erblickte, sich
auf die Alanen zu stützen, während der Spanier Maximas,
Befehlshaber Britanniens, dem die Erhebung seines Lands-
mannes und ehemaligen CoUegen Theodosius, als unerträgliche
Zurücksetzung erschien, sich gegen Gratian empörte, nach dem
Continente zog und als nun die maurischen Reiter zu dem
spanischen Augustus übergingen, den Gratianus so lange aas
Gallien nach Rhätien, nach Noricum, nach Pannonien und
Mösien verfolgen liess, bis er auf der Brücke von Singedunum
eingeholt und erschli^en wurde. Das Reich gehörte zwei
Spaniern, Theodosius und Maximus und dem Knaben Valen-
tinian unter der Leitung seiner Mutter Justina, der Witwe
Valentinians I.
Bei Gelegenheit der Ermordung Gratians kommt des
Zosimos echte Gesinnung zum Vorschein. Constantin habe,
Abhandliingeii aus d«m G«bi»t« der alten Oeechichte. YII. 543
obwohl er den rechten Weg in göttiiehen Dingen verlassen
und den Glauben der Christen angenommen^ das Kleid eines
Pontifex maximus nicht zurückgewiesen, so wenig wie Valen-
tinian oder Valens, wohl aber Gratianus, indem sich dasselbe
iiir einen Christianer nicht schicke. Da hätten die (heidnischen)
Priester gesagt, wenn der Kaiser nicht pontifex (maximus) ge-
nannt sein wolle, werde sehr bald Maximus pontifex werden,
Theodosius aber habe den Maximus als Mitregenten anerkannt,
selbst aber in Aegypten die Tempel schliessen lassen. Was
aber daraus für die römische Herrschaft entstanden, wolle er
in seiner Geschichte nachweisen. Nachdem Maximus den einen
Sohn Valentinians I. beseitigt, gedachte er dasselbe mit dem
zweiten zu thun. Bald sah sich Valentinian II. plötzlich von
dem ganzen Heere des Maximus überfallen, keine andere Hülfe
vor sich als zu Theodosius nach Thessalonike zu flüchten und
saromt Mutter und Schwester dessen Hülfe anzurufen. Aber
Theodosius zögerte, sich zu erklären, mit Recht; als das Heer
des Maximus ungehindert die Alpen überschritten hatte und
in Italien stand, besorgte er sich in einen so gefährlichen
Kampf einzulassen. Zosimos stellt aber die Sache so dar, dass
erst die List der Kaiserin Justina und das Flehen ihrer schönen
Tochter Galla den Theodosius bewogen, den Rachekrieg gegen
Maximus zu unternehmen, während aus seiner Darstellung
hervoi^eht, dass es sich um einen See- und einen Landkrieg,
um eine Diversion in Rom handelte und während Maximus
hoffte, die Barbaren im Heere des Theodosius auf seine Seite
zu ziehen, dieser plötzlich vor Aquileja erschien, sich den Ein-
gang erkämpfte^ Maximus gefangen nahm und tödten Hess. Der
Sohn des Getödteten, Victor, den sein Vater zum Cäsar er-
hoben, wurde von Arbogast, dem magister militum, auf Befehl
des Theodosius ermordet, Andragathios, des Maximus Admiral,
stürzte sich selbst in das Meer. Valentinian IL erhielt die
westliche Hälfte des Reiches, die seine Mutter regierte, Theo-
dosius aber habe jetzt sich dem Vergnügen zugewendet und
die Regierung dem Gallier Rufinus überlassen. Während dieser
angesehenen Männern den Untergang bereitete, brachen zwischen
Valentinian 11. und dem Arbogast, welcher schon unter Gratianus
eine angesehene Stellung bekleidet hatte, Zerwürfnisse aus,
die endlich so weit gingen, dass keiner sich vor dem andern
544 HßfiPT.
sicher hielt, Arbogast aber, ehe Valentinian von Theodosias
Hülfe erhielt^ den Kaiser in Vienna überfiel und tödtete, hierauf
den Eugenius^ welcher ihm für das Kaiserthum am passendsten
erschien, an die Stelle des letzten Kaisers aus dem panno-
nischen Hause, zum Beherrscher des westlichen Reiches erhob.
Obwohl nun bald nachher die Kaiserin Q-alla im Wochenbette
starb, somit Theodosius von der Aufgabe Rächer des Geschickes
des pannonischen Kaiserhauses zu sein, enthoben zu sein schien,
bereitete sich der Kaiser doch zum ernsthaftesten Kampfe ror,
dessen principielle Bedeutung freilich Zosimos kaum errathen
lässt. Arkadios, sein ältester Sohn, wurde Mitkaiser und der
Sorge des Rufinus übergeben, Timasios und der Gemahl der
Serena, der Tochter des altern Bruders des Theodosius, Stelicho,
die Barbaren Gaines und Saul, der Armenier Bakurios an die
Spitze des Heeres gestellt. Dennoch schwankte der Entscheid
der Waffen. Schon war Bakurios und ein grosser Theil des
Heeres des Theodosius gefallen, als dieser beim Moi^engraoeo
die Schlacht erneute, Eugenius auf der Flucht gefangen und
getödtet wurde, Arbogast sich selbst den Tod gab.
Die pannonische Dynastie hatte durch die Vermählung
Gratians mit einer nachgebornen Tochter des Kaisers Con-
stantius ^ die Anrechte der Flavier zu gewinnen gesucht, Theo-
dosius in ähnlicher Art die Rechte der pannonischen Dynastie
in sein Haus zu bringen gestrebt.
Die mehrtägige Alpenschlacht sicherte der spanischen
Dynastie den Bestand, zugleich den Sieg des ChristenthumB.
Der Kaiser ging nach Rom, Hess dort den jungem seiner Söhne,
Honorius, als Augustus anerkennen, so dass die Theilung der
wiedervereinigten Monarchie das Werk des Siegers war, und
forderte nun den römischen Senat auf, dem Dienste der alten
Götter zu entsagen; darauf hätten die Senatoren Widerstand
geleistet und angeführt, dass 1200 Jahre die Stadt nicht einge-
nommen worden sei, was sicher geschehe, wenn sie andere Sacra
annähmen, die ihnen unbekannt seien. Nun habe Theodosius
die Tempelgüter verlangt, die andern behauptet,^ die Sacra fanden
nicht richtig statt, wenn sie nicht auf Staatskosten geschehen.
* Amm. Marcell. XXI. 15.
Abhandlnngeo an« d<»m ßebifte iIat alten Geiirhtcbt^. VH. 545
nichts desto weniger sei das Verbot der Sacra ergangen,
wohl aber auch das Reich in Stücke gerissen, Wohnung der
Barbaren und zwar in der Art geworden, dass man jetzt die
Stätte, wo die Städte gestanden, nicht mehr erkenne, das
aber werde die nachfolgende Erzählung nachweisen. Das vierte
Buch schliesst mit dem Tode des Theodosius, der, kaum nach
CoDstantinopel zurückgekehrt, daselbst starb.
Zosimos sagt es nicht, aber es ist klar, dass er den frühen
Tod des mannhaften Imperators in Causalzusammenhang mit
seinem Vorgehen gegen die Sacra des römischen Volkes und
Staates setzt. Es ist der Anfang vom Ende. Das Drama des
Unterganges von Rom, der Eroberung Roms durch die Barbaren,
welches Zosimos enthüllen will, ist damit in den ersten Act
eingetreten. Die Götter sind aus Rom vertrieben, die Heilig-
thümer profanirt, da fallt die unbesiegte Stadt * in die Hände
der Barbaren. Vergeblich hat Theodosius auf die Evangelien,
den Glauben der Christen, die Vergebung alles Fehls und aller
Gottlosigkeit hingewiesen, der Senat hat die Sache der alten
Götter verfochten, der Kaiser mit Gewalt geantwortet. Da
trifft ihn der Tod, die aikCoXsfa beginnt und das grosse Drama
des Untergangs der unbesiegten Weltstadt schreitet unauf-
haltsam voran.
Damit enthüllt sich der eigentliche Gedanke der historia
nova. Die Regierung des Theodosius hatte so entscheidend
eingewirkt als die Constantins, ja vielleicht selbst in noch
höherem Grade. Der Hellenismus hatte, was Zosimos ver-
schweigt, unter Eugenius sein Haupt nochmal emporgehoben,
sein Sturz den Sturz des Paganismus herbeigeführt; er war
seitdem politisch geächtet. Er konnte vielleicht auf Unter-
stützung einiger barbarischer Völker rechnen^ aber auch ein
grosser Theil der Germanen, die Völker gothischen Stammes
gehörten ihm nicht mehr an. Nun hatte Theodosios noch
einen weiteren Schritt unternommen, indem er den östlichen
Theil des Reiches dem älteren Sohne Arkadios, den erst ge-
wonnenen westlichen dem jüngeren Honorios übergab. Damit
war die Möglichkeit einer Wiedervereinigung der beiden Theile
^ axoph^v}^ T^ Tzoki^. Wie oft war aber Rom von den hadernden Kaisern,
▼or diesen im Bürgerkriege erobert worden t
546 HfifJer.
Dicht ausgeschlossen, aber vor der Hand die Theilung and
Trennung des Reiches, wie das Uebergewicht der Primogenitur-
linie, entschieden. Nun war es bereits für die pannonische
Dynastie sehr schlimm gewesen, dass nach Valentinians I.
frühem Tode, der jugendliche Oratianus, der fünfjährige Knabe
Valentinian II. nachfolgten. Die vormundschaftliche Regiernog
— zu allen Zeiten, geschweige in bewegten — ein grosser
Uebelstand, wiederholte sich nicht blos bei der spanischeo
Dynastie des Theodosius, sondern wurde Regel. Arkadius und
HonoriuB, die Söhne der schönen Qalla, waren eigentlich zu
steter Vormundschaft geboren und dasselbe muss von Theo-
dosius II«, dem Sohne des Arkadius,^ gesagt werden. Wenn
das Geschlecht des Theodosius bedeutende Persönlichkeiten
besass, so muss man diese unter den Frauen, nicht unter den
Männern suchen.
Zosimos beschreibt nun im fünften Buche, wie die Wen-
dung der Dinge erfolgte, so dass das Reich zur Niederlassung
der Barbaren wurde. Erst suchte Rufinos die Herrschaft im
Oriente an sich zu bringen. Aber schon der Plan, sich zum
Schwiegervater des Kaisers Arkadios zu erschwingen, miss-
lang. Die Söhne des Promotos, eines angesehenen Reichs-
beamten, die mit den Rindern des Theodosios erzogen worden
waren, gewannen ihn für ihre schöne Schwester. Hingegen
verlobte Stelicho erst die eine, dann auch die zweite seiner
Töchter mit Honorios und suchte nun, sich auf einen münd-
lichen Auftrag des verstorbenen Kaisers berufend, die Regie-
rung des Oesammtreiches in seine Hand zu nehmen. Nacb
der Darstellung des Zosimos, begünstigte Rufinos den Einbruch
Alarichs, des Westgothenkönigs, in Griechenland und sorgte
er dafür, dass er ungehindert durch die Thermopylen und über
den Isthmos kam, Stelicho war es, der den Alarich zwang,
Griechenland wieder zu verlassen und nun durch Gainea den
Sturz Rufins betrieb, der seine Verrätherei mit dem Tode
büsste. Arkadios wechselte jedoch nur den Vormünder, indem
an die Stelle des Rufinos Eutropios trat,^ der nun seiner Seits
* Nach einer vielfach verbreiteten Anflicht war aber ein g-ewisser Joaanes
Vater des Theodosins II. Zos.
2 xupteucov ''Ap.aotou xaO^jiEp ßoax/^^ato^. Zos.
AbliandUng«n aas dem Gebiete der alten Oeecliichte. VII. 547
den Sturz Stelicho's betrieb und den Aufstand des Gildo in
Afrika begünstigte, selbst aber den Gaines und den Tribigildos
in Asien gewähren lassen musste. Freute sich Zosimos von
Gaines sagen zu können , dass er auch in Gegenwart des
Arkadios sich zum Götterglauben bekannte, so wendet er sich
jetzt auch, was er früher beharrlich vermied, der Erzählung
kirchlicher Streitigkeiten zu, der Schlächterei der Mönche durch
die Soldaten, dem Hasse der Augusta Eudoxia gegen Johannes
Chrysostomos, der Herrschaft der Eunuchen unter dem überaus
dummen Kaiser,^ dem Brande von Constantinopel, der die
Musen des Helikon, die Constantinos nach der Stadt gebracht
hatte, verzehrte, der wunderbaren Erhaltung der Statuen des
Zeus und der Athene, den inneren Unruhen, der Erhebung der
Isaurer, endlich dem Einbrüche des Radagais, der die Ca-
lamität jener Tage auf den Gipfel brachte. Der grosse Sieg
Stelicho's, der Italien von der grössten Gefahr befreite, wird
ziemlich kurz abgethan. Der Sieger, welcher nun die Einheit
der Monarchie herzustellen gedachte, wurde durch den Auf-
stand des Constantinus in Britannien und dessen Einfall in
Gallien davon abgehalten. Es erfolgte der Tod der beiden Töchter
Stelicho's, von denen erst Maria dann Thermantia den Honorios
geheirathet, dann der Einbruch Alarichs in Italien und nach
Stelicho's Rath dessen Beschwichtigung durch 4000 Pfund
Goldes und die Verlegung des Eaisersitzes von Rom nach
Kavenna, der Tod des Arcadios und die erneute Nothwendigkeit,
dass Stelicho sich nach dem Oriente begebe. Nun aber drohte
Alarich einerseits mit einem neuen Einfalle in Italien, ander-
seits war Constantinus^ schon in Arles als Kaiser anerkannt
und jetzt brach, nicht ohne dass Olympius, der Rathgeber des
Kaisers Honorins, daran einen Antheil genommen hätte, ein
Soldatenaufstand in Ticinum aus, der von der Ermordung der
angesehensten Beamten begleitet war. Erst aus der Berathung,
welche Stelicho in Bononia mit den Anführern der germanisch-
römischen Truppen hielt, erfährt man, dass' diese, die Ermordung
des Honorius durch die Aufständigen voraussetzend, über die
' Schon vor ihm war erst Marcos, dann Gratianus in Britannien zu Kaisern
aoagemfen worden. Zos. VI.
9iü«ii(Bb«r. d. pbiU-hiBt. €1. XCY. Bd. II. Hft 36
548 Hsrier.
römischen Soldaten herzufallen gedachten, dann aber von Stelicho
davon abgehalten wurden. Nun aber betrieb Olympins die
Verhaftung Stelicho^B in Ravenna, worauf die Ermordung des
Mannes folgte, der 23 Jahre lang die Würde eines Feldherm be-
kleidet hatte. Dieses Ereigniss, die Erbärmlichkeit des Honorios^
die Schlechtigkeit seiner Rathgeber, entschieden das Geschick
des weströmischen Reiches. Nicht die Preisgebung der alten
Götter, wohl aber die masslose Thorheit der spanischen Dynastie
und des Honorius zumal, der sich seiner bewährtesten Diener
berauben liess, ward Ursache des Sieges der Barbaren. Es
entstand ein Racenkampf, da die Römer die Weiber und Kinder
der im römischen Kriegsdienste stehenden Germanen tödteten.
letztere, so viele sich retten konnten, zu Alarich sich flüchteten,
der nun selbst seinen Neffen Ataulf mit Godien und Hunnen
zu sich berief. Es charakterisirt Zosimos, dass er, als jetzt
Alarich vor Rom stand, und wie der Senat auch Placidia, des
Honorius Schwester, (lir die Ermordung der Serena, Stilichos
Witwe stimmten, nachdem bereits Honorius deren Tochter
Thermantia Verstössen, Stelicho's Sohn Eucharius hatte ermorden
lassen, in dem tragischen Untergange der Nichte des altem
Theodosius durch dessen Sohn, nur die Rache der Gtötter er-
blickt, weil Serena, als Theodosius die heidnischen Priester
und Priesterinnen aus Rom vertrieben, sich mit dem Schmucke
der Rhea geschmückt und deshalb von einer alten Vestalin
verflucht worden war. Hatte ja auch Stelicho das Geschick
getroffen, weil er den goldenen Beschlag von den Thüren des
Capitols weggenommen! Noch hielt Laita, des Gratianus Witwe,
die Noth der von Alarich eingeschlossenen Römer etwas ab.
Hülfe aber hätten nach Zosimos Tusker gebracht,^ wenn man,
wie angeblich selbst Papst Innocenz gewollt, gestattet hätte, nach
den Pontificalbüchem öffentliche Opfer zu bringen. Niemand
habe aber den Muth gehabt darauf einzugehen und so sei
nichts anderes übrig geblieben, als auf die Bedingungen Alarichs
einzugehen, den Schntuck der Götterbilder zu Gunsten Alarichs
zu verwenden, selbst goldene und silberne Statuen, die damals
trotz aller Beraubungen vorhanden waren, einzuschmelzen,
damit auch die virtus Romana, womit das nun unterging, was
1 Toskiflche Wahrsager hatten Julian nach Persien begleitet.
Abbandlangfln am dem Gebiete der alten Geschicbte. VII. 549
noch an Mannheit und Tugend in Rom vorhanden war;^
40.000 Sklaven seien damals zu Alarich geflohen. Honorius
masste geschehen lassen, was er nicht hindern konnte, und er-
kannte damals das dritte Kaiserthum des Constantinus in Arles
an, der nun seinen Sohn Constans zum Cäsar erhob. Der
Wechsel der Imperatoren erzeugte aber unter den Kelten
neue Erhebungen, die darauf hinausgingen, das römische und
das barbarische Joch zugleich abzuschütteln!
Dann wurde Olympius gestürzt, nachdem ihm Zeit gelassen
worden war, gegen die Freunde Stelicho's zu wüthen; Jovius,
der an seiner Stelle Italien und Honorius regierte, suchte mit
Alarich ein Abkommen zu treffen, daran aber unvermuthet
von Honorius gehindert, bewog er diesen zu einem Eide, nie
mit Alarich Frieden zu schliessen. Dieser aber suchte jetzt
noch den Kaiser zu bewegen, ihm die beiden Norica abzu-
treten und bot Freundschaft und Waffengemeinschaft ^ mit den
Römern an. Es war der Gedanke, der sich der Ghothen be-
meisterte, seit sie Rom und Constantinopel gesehen, das römische
Reich nicht zu zerstören, sondern durch gothische Kraft aufzu-'
richten. Der römische Stolz liess aber diese im Interesse des
Staates so wünschenswerthe Wendung nicht zu; jetzt trat auch
der Eid dazwischen, den alle Magistrate wie der Kaiser ge-
schworen und so wurde Alarich gezwungen, nochmal gegen
Rom zu ziehen. Das sechste Buch sollte nun die Katastrophe
enthalten. Allein der vor uns liegende Theil beginnt mit der
Aufzählung der Dinge, die sich unter den Kelten (Britanniem)
bemerklich machten, mit der Erhebung des Attalus als west-
römischen Kaiser durch Alarich, der hiemit die Politik ein-
leitete, die deutsche Heerführer seitdem consequent verfolgten,
und der Erwähnung der Anstalten, die Alarich traf, die Herr-
schaft auch über Afrika auszudehnen. Allein die Provinz er-
hielt sich unabhängig von Alarich und seinem Schützlinge,
Honorius wurde durch Truppen gerettet, die schon Stelicho
Dach Ravenna beordert hatte, die aber erst jetzt kamen, als
Honorius bereits vor Alarich aus der Stadt (Ravenna) fliehen
wollte. Die Zerwürfnisse zwischen Alarich und seinem Kaiser
' cptXtov xai 6|j.at)(pL(av auTcu xai T(up.a{oi{.
36»
550 HfifUr.
mehrten Bich und führten endlich zur Absetzung des letzteren.
Alarich gedachte nun, einen festen Frieden mit HonorioB zu
schliessen und wandte sich deshalb aufs Neue nach Ravenna.
Mit diesem Zuge schliesst aber der uns erhaltene Theil des
Zosimos, obwohl eine Stelle zeigt, dass er auch schon den Tod
Alarichs berichtete. Gerade die Einnahme Roms durch den
Westgothenkönig fehlt uns und somit die Darstellung des
Waltens der Nemesis für die den alten Göttern von Theodosius
zugefügten Unthaten, der Hauptgegenstand des ganzen Werkes.
Man kann begreiflicher Weise die Hoffnungen des Comes
und Exadvocatus fisci * so wenig theilen als seine Befärchtangen,
seine Verbissenheit gegen den christlichen Glauben und dessen
Anhänger so wenig als seine Vorliebe für die alten Götter,
deren Tempel leer standen, deren Altäre verlassen waren und
denen alle Anstrengungen eines mit jedem Jahre sich mehr
lichtenden Kreises philosophisch gebildeter Männer keinen
Cultus mehr schaffen konnten. Man kann aber vollständig den
Schmerz, den inneren Aerger, den ohnmächtigen Zorn begreifen,
als sie sich selbst sagen mussten, der Staat habe sich vom Cultus
zurückgezogen, dieser sei dadurch unaufhaltsam gesunken, die
Götter, nicht mehr angerufen als die den Staat schützenden
und rettenden Mächte, hätten dadurch alle Bedeutung einge-
büsst und ob nun noch einzelne Privatleute sie anriefen oder
nicht, das Wesen des alten Cultus hatte dadurch aufgehört
Konnte man vernünftiger Weise hoffen, durch ein kaiserliches
Edict Lebenskraft zu erlangen, nachdem der Cultus längst
inhaltslos geworden war? Der Unterschied des Christenthunis
von dem antiken Cultus, dem Hellenismus, wie man sich jetzt
ausdrückte, bestand nämlich nicht bloss im Gegensatze des
Monotheismus zum Polytheismus, sondern wesentlich darin^
dass das Christenthum Sache des Einzelnen war, sich als frohe
Botschaft, als Erlösung des Einzelnen wie der gesammten Welt
kund that und von dem Staate abstrahirte. Die neue Religion
bildete die Gemeinde, die Kirche hatte ihre eigene Verfassung^
die sich in der Zeit der Verfolgung ausgebildet hatte und mit
dem Dogma und Cultus untrennbar verwachsen war. Sie ignorirte
den Staatscultus, entfremdete ihm den Einzelnen, die Sklaven
1 Z(i><i(p.ou xou>]tO( xal ano^i9xoauvy)Yopou.
Abhandlanges »nt den Oebit»!« der alten Geecbicbte. Yfl. 551
wie die Freien, die Männer wie die Frauen, den Soldaten wie
die Magistratoperson und je inniger der antike Cultus mit dem
antiken Staate zusammenhing, desto grösser war die Wirkung
auf den Staat als sein Cultus zusammenbrach, er noch Tempel
und Priester, die Tempel Ländereien und Einkünfte besassen,
die Priester von diesen lebten, aber die Masse sich wegwandte
und der Staatscultus eine Lüge wurde, da der veränderte Glaube
in den Staatsgöttern nur mehr Dämonen erblickte. Die Edicte
des Theodosius zu Gunsten des Christenthums beruhten auf
dem factischen Zustande des Reiches, auf der Veränderung der
Dinge, die das IV. Jahrhundert herbeigefiihrt, auf dem Miss-
erfolge Julians in Betreff der Wiederbelebung des antiken
Cultus, auf der Niederwerfung des von Eugenius erneuten Ver-
suches. Wäre der Blick des Zosimos nicht durch seine Partei-
Stellung so sehr getrübt worden, er hätte sich sagen müssen,
dass seine Argumentation, weil Rom durch die antiken Götter
gross geworden, müsse der Cultus derselben beibehalten werden,
sich von selbst widerlegte, da alle Verfolgungen, an welchen
es die römischen Kaiser des IV. Jahrhundertes nicht hatten
fehlen lassen, die leeren Tempel doch nicht füllten. Die Ge-
meinde fehlte und die Magistrate konnten diese nicht ersetzen.
Der antike Staat durfte freilich keinen anderen Cultus aufkommen
lassen als den Staatscultus, sonst war er verloren; das ist auch
die Ueberzeugung des Zosimos, darum zürnt er so sehr über
die Neuerung Constantins. Aber was im Anfange des IV. Jahr-
hunderts Neuerung gewesen war, war es nicht mehr am Ende
desselben, nicht im V. Jahrhunderte. Zosimos gewahrt nicht,
dass er auf einem ganz veralteten Standpunkte stehe, für
welchen er fortwährend Geltung verlangt, als wären noch alle
Prämissen der früheren Zeit vorhanden. Gerade die eigent^
liehe Bedeutung des Christenthums war ihm unbekannt ge-
blieben. Vom ersten Momente hatte sich das Christenthum
als welterlösende That bezeichnet und nicht etwa auf Rom und
den römischen Staat beschränkt, die Apostel hatten den Auf-
trag erhalten, alle Völker zu lehren und zu taufen und die-
jenigen, welche sich nach Rom gewandt, hatten dort den Tod
erlitten; diejenigen, welche als Staatsverbrecher hingerichtet
worden waren, waren die Begründer der Kirche Roms geworden,
wurden als Märtyrer verehrt, im Kampfe mit dem Staatscultus
552 H«fl«r.
angerufen, sie dienten in der Zeit der Verfolgung als Vorbilder
und Muster, wurden als die Auserwählten Gottes bezeichnet
Da war zwischen Christenthum und Staatscultus kein Tractiren
möglich, kein Ausgleich denkbar, höchstens ein gegenseitiges
Ignoriren, eine vorübergehende Waffenruhe, eine Pause im Ver-
folgen und im Verfolgtwerden, eine Sammlung der Kräfte zam
Einen wie zum Ausharren im Andern. So konnte aber die
Sache nicht bleiben, die Verfolgung nicht ein Staatsinstitut
werden, ohne dass der Staat selbst darunter am meisten ge-
litten, am ärgsten Schaden gehabt hätte. Es war in der Ver-
folgung durch Diocletian und Galerius das Aeusserste geschehea
bis auf das verruchte Mittel Julians, die christliche Bevölkerung
der Wohlthat des Unterrichtes zu berauben. Und dennoch
war jeder Stillstand in der Verfolgung, jedes Einlenken in die
Anerkennung eines Rechtes ausserhalb des Staatscultus eine
Zerstörung des antiken Rechtsbodens, ein Attentat gegen den
Götterstaat.
Da erfolgte zuerst die Pause in der Verfolgung, als
Galerius seine eigenen Massregeln zurücknahm. Dann der
Hauptschlag, als die beiden Imperatoren Licinnius und Con-
stantinus den bisher auf Leben und Tod verfolgten Cultus zur
religio licita erhoben, die Exclusivität der antiken Staatsreligion
brachen und factisch erklärten, die gesammte Lehre mit ihrem
Cultus, ihrem Dogma, das den Staatscultus verwirft, ihn ver-
abscheut und als das Werk finsterer Geister bezeichnet, hat
ein Recht zu existiren, kann somit ihr stilles Zerstgrungswerk
fortsetzen und keine Bestrafung ist für den vorhanden, welcher
den Staatscultus als profane Sache ansieht, diesen von sieb
stösst. Eine viel weiter gehende Theilung des Reiches war
dadurch erfolgt, als jede der vorausgegangenen oder nach-
folgenden Liändertheilungen in sich schloss. Constantin erklärte
sich auf dem Concil zu Nikäa zum eTvioxoxo^ -ctov exTO^,^ er
behielt die Gewalt bei, die ihm als pontifex raaximus zukam,
wie denn auch erst zur grossen Betrübniss des Zosimos Gra-
tianus das Kleid eines pontifex mäximus nicht annahm, und
vor Gratianus Julian auch geistliche Ceremonien und zwar wie
Ammianus Marcellinus die Sache darstellt, bis zum Lächerlichen
1 lieber diese Bedeutang' siebe Hof ler, Eaisertbum und Papstihnin S. 7.
▲bluuidlaBgen au dem Gebiete der alten Gesdiichte. VIL 553
verrichtete und dadurch seiner Sache am meisten schadete.
Ein weiteres und sehr wichtiges Stadium bestand in dem Bau
der Oonstantinstadt, angeblich im Verdrusse mit dem römischen
Senate, dem Vertreter des Staatscultus^ wie Zosimos die Sache
darstellen möchte, in Wahrheit aber weil sich längst heraus-
gestellt hatte, dass das Reich ebensowenig von Rom als von
einer der Kaiserstädte aus regiert werden könne, in welchen
Diocletianus und seine Auguste und Cäsaren ihre Residenzen
aufgeschlagen; die Rückwirkung auf Rom war aber ganz
ungemein. An Rom, den Tempel des capitolinischen Jupiter,
das Capitol, den Palatin, knüpfte sich die ganze religiös-poli-
tische Vergangenheit des römischen Staates, die Begründung
der Weltherrschaft, der Sieg der römischen Götter an, denen zu
Ehren die im Triumphe aufgeführten Könige und Fürsten ihren
Tod fanden. Als jetzt eine Hauptstadt gewählt wurde, die
nicht nach Beobachtung des Vögelfluges, der Augurien, dazu
bestimmt wurde, wohl aber die höchstverehrten Götterbilder
der griechischen Welt als Trophäen erblickte, die selbst sich
nach dem Willen des Imperators eine Verstümmlung, eine
Anpassung an den neuen Ideenkreis gefallen lassen ^mussten,
wie Zosimos gelegentlich ausführt, so war ein weiterer sehr
nachhaltiger Bruch mit dem Staatscultus erfolgt. Jetzt war
es fiir die alten Götter Zeit sich zu rühren, ihre Sache gegen
den Neuerer zu vertheidigen; sie Hessen geschehen, was sie
nicht ändern konnten. Selbst die grossen Götter von Samo-
thrake halfen nicht, obwohl man sie damals noch anrief. Es ist
eine grosse Lächerlichkeit, fortwährend zu behaupten, Con-
Btantin habe die christliche Religion zur Staatsreligion erhoben.
Der Arianismus sollte es werden und ward es vorübergehend
unter den Söhnen Constantins, das Christenthum schlug aber
unter Constantin die freie Bahn ein, die ihm durch das Mai-
länderedict eröffnet worden war. Die Pönalgesetze schwanden
and da das Christenthum die Religion der Majorität des römi-
schen Volkes durch sich selbst geworden war, bedurfte es
keiner weiteren staatlichen Erklärung. Es war so gefestigt,
dass es nur durch Streitigkeiten im eigenen Schoosse erschüttert
werden konnte und gerade diese so wichtigen und tiefgreifen-
den Bewegungen, welche der Reaction unter Julian Vorschub be-
reiteten, entgingen Zosimos gänzlich. Abgesehen vom Mailänder-
554 n«fler.
edicte, ist die Frage^ ob die Periode der Flayier dem Cfari&teD-
thum mehr Nachtheile als Vortheile brachte^ gar nicht müssig.
Das Mailänderedict aber^ wie die zu Ounsten der Christen
nachfolgenden Veränderungen in der Gesetzgebung waren
nicht Gnadengeschenke auf Ruf und Widerruf , sondern die
unausbleiblichen Folgen vorausgegangener haltloser Zustände
und des erwähnten Culturkampfes, in welchen sich die römische
Staats- und Cultusverwaltung eingelassen hatte und der ein
ganz anderes Resultat erzeugte, als man beabsichtigt hatte.
Es war aber das hervorragende Verdienst Constantins, dass er
bei den Einrichtungen des Diocletianus nicht stehen blieb,
nicht die Verfolgungsperiode erneute, nicht das doppelte Kaiser-
thum länger duldete als es unbedingt nothwendig war, nicht
vier Kaiserstädte erhielt, sondern die unterdessen gross ge-
wordenen Bedürfnisse berücksichtigte. Volk und Staat waren
in das Heer aufgegangen; längst entschied nicht mehr der
Senat, sondern das Heer. Indem Constantin die Civilgewak
von der Militärgewalt schied, brach er das Uebergewicht des
Heeres so weit es noch möglich war, dem Organismus des
Heeres wurde der Organismus der Beamten gegenüber gestellt
Offenbar war es auch der Charakter des Heeres, der die
Lösung der christlichen Frage im Sinne der Gleichberechtigung
möglich, ja nothwendig machte. Das Heer entschied den Sieg
der flavischen Dynastie, das Heer entschied, dass nach Julian
nicht dessen Verwandte und Freunde den Thron erlangten,
sondern Männer einer entgegengesetzten Richtung, wenn auch
erst Gratian wagen konnte, ganz und gar mit den Traditionen
der Vorzeit zu brechen, was Zosimos Anlass gab, seine eigen-
thümlichen archäologischen Kenntnisse auszukramen, und nach-
dem Versuche gemacht worden waren, dem rechtmässigen und
christlichen Kaiserthum ein usurpatorisches und heidnisches
entgegenzustellen, die übrigens, weil sie misslangen, Zosimos
in ihrer wahren Bedeutung nicht hervorhebt, war endlich auch
der Moment gekommen, in welchem der Sieger, Theodosius,
mit dem Hoidenthume aufräumen konnte, die Gleichberechtigung
sich in die Ausschliesslichkeit einer herrschenden Religion
umwandelte und gegen das Ende des IV. Jahrhundertes voll-
endet wurde, was Constantin in der ersten Hälfte begonnen
hatte. Traurig, dass, als jetzt das Reich die Wohlthaten der
AbhaodlnngeD atii dem Gebiete der alten Oeeehiehte. VIT. 555
Christianisirung erlangen sollte^ das Geschick desselben in den
Händen eines so unfähigen Geschlechtes lag, wie die spanische
Dynastie bezeichnet werden muss.
Es war für ein Gemüth, welches sich der Erkenntniss
der christlichen Heils Wahrheiten verschloss^ eine Sache von
unsäglicher Trauer, sehen zu müssen, wie der Staat sich immer
mehr den antiken Principien entwand. Die grossen Fehler,
welche von den Herrschenden gemacht wurden, ihre blutige
Willkür, die vielen Empörungen, die Härte der Gesetze, als
Alles der Erhaltung des von allen Seiten angegriffenen Reiches
dienen musste, die gesteigerte Lebenslust, welche so seltsam
mit den christlichen Principien in Contrast stand, die Spiel-
wuth, in der sich das Volk wie der Herrscher gefielen, die
Streitigkeiten imter den Christen, ^ die dem antiken Reiche ganz
fremd waren, die Finanzverhältnisse, deren Druck in keinem
Verhältnisse zu der Entwicklung des Nationalwohlstandes war,
Tausende von Einrichtungen aus alter Zeit, welche sich über-
lebt hatten und die Neuerungen, welche die christliche Aera
mit sich brachte, das Alles mochte eine Verstimmung erzeugen,
wie sie in dem Hasse Julian's sich ausprägte, in der Verbitterung
des Zosimos ihren Ausdruck fand, wie in den Staatsschriften,
die sich auf die Wiedereinsetzung der Statue der custos imperii
virgo bezogen, deren Entfernung aus der Senatshalle der christ-
liche Theil der Senatoren dm^chsetzte und deren wechselndes
Geschick das Symbol der Wechselfalle des grossen Streites
wurde, der die Welt seit vier Jahrhunderten bewegte und das
römische Reich deshalb nicht mehr zu Athem kommen Hess,
weil es 300 Jahre lang mit verderblicher Consequenz im Cultur-
kampfe begriffen, die günstige Zeit friedlicher Auseinander-
setzung, von dem Nimbus der Gewalt berauscht, unbenutzt
batte vorüber gehen lassen.
Nun ist es von grossem Interesse, mit dem griechischen
Geschichtschreiber der römischen Kaiser, den lateinischen,
Ammianus Marcellinus aus Antiochia zu vergleichen. Beide
verfolgten im Ganzen Ein Ziel, nur beginnt Ammianus mit
Nerva und endet mit dem Tode des Valens. Seine Geschichte
umfasste somit 282 Jahre (von 96 — 378) und wurde selbst um
das Jahr 390 geschrieben; leider gingen aber die ersten
556 Hftfler.
13 Bücher verloren und hebt das 14. * mit dem Cäsar Gallos
353, an, das 31. aber endet mit dem Tode des Valens, 378.
Zosimos greift noch weiter aus, da er mit der Thatsache be-
ginnt, dass die Römer die ersten 600 Jahre nur zur flrobenuig
Italiens verwandten, dann in 53 Jahren Afrika, Spanien und
Macedonien eroberten, was entweder eine Schicksalsnothwendig-
keit, oder der Bewegung der Sterne oder dem Willen eines
Gottes zuzuschreiben sei. Rasch kommt dann Zosimos zu
Octavianus Augustus und durchgeht nun von ihm an die Re-
gierungen der Kaiser, wobei aber die Erzählung bei Probos
abbricht und im zweiten Buche mit dem Tode Diocletians an-
hebt. Dann wird sie in diesem bis zur Hinrichtung des Gallus
fortgeführt, so dass also Ammianus vom vierzehnten Buche an
und Zosimos vom Ende des zweiten sich decken. Das dritte
Buch des Zosimos ist Julian gewidmet, dem die Bücher XXII,
XXin, XXR^, XXV des Ammianus angehören, das vierte
Buch des Zosimos reicht bis zum Tode des Theodosius, über-
schreitet somit den Ammianus bereits um 17 Jahre (378 — 395),
das fünfte und sechste aber enthält die KatastFophe Roms
unter Alarich.
Beide Schriftsteller gehören jener geistigen Bewegung an,
die durch das Christenthum überwunden und zurückgedrängt
worden war, jedoch in der Art, dass Zosimos nicht blos ganz
entschieden den Parteistandpunkt vertritt, sondern seiner Dar-
stellung geradezu einen apologetischen Charakter verleiht. Er
verschweigt, was nicht in seinen Kram passt und während ihn
die Verruchtheit der Imperatoren belehren sollte, dass, als die
gesammte Welt römisch geworden war, den römischen Göttern
huldigte, am Untergange des Alterthums mit aller Consequenz
gearbeitet und die Auflösung der heidnischen Ordnung der
Dinge unaufhaltsam vorbereitet wurde, will er die Schänd-
lichkeiten der römischen Imperatoren nicht schildern und gibt
er sich alle erdenkliche Mühe, die welthistorische Veränderung,
die zur Rettung der Menschheit vor den römischen Staats-
göttem, den incarnirten Gottheiten des Staates eine Noth-
wendigkeit wurde, mit der Aufgebung der alten Götter in
1 Ammiani Marcellini rerum gestarum libri qui supersunt Recensuit notis-
que selectis instruxit Y. Gardthansen I, II. Lipsiae 1874.
Abhandlungen auB dem Gebiete der alten Gescbichte. YII. 557
Beziehung zu bringen, nicht bedenkend, welche Schwäche er
diesen zuerkennt, wenn sie sich durch einige kaiserliche Ver-
ordnungen überwinden liessen, während eine dreihundertjährige
Verfolgung und das Aufgebot der gesammten Staatskraft zu-
letzt nur den Triumph des Christenthums herbeiführte. Un-
streitig ist Ammianus viel objectiver, viel weniger tendenziös;
ihm ist es nicht um den Sieg seiner Götter, sondern um die
Thaten der Menschen zu thun, die er vom allgemeinen Stand-
punkte des Rechtes und der Billigkeit beurtheilt, somit von
einem Standpunkte, der Christen und Heiden gemeinsam ist
and jedem das gleiche Recht zuerkennt. Ganz abgesehen von
dieser Verschiedenheit, treten bei Ammianus die historischen
Charaktere viel prägnanter hervor. Er gibt sie nicht blos in
scharfen Umrissen, sondern zeichnet sie auch lebensvoll, so
dass sich die Handlungsweise vollkommen aus den Eigen-
schaften und Eigenthümlichkeiten der Charaktere erklärt. Dieses
ist aber um so wichtiger, als z. B. eine Berechtigung Julian's
zum Aufstande gegen Constantius sich wohl ergibt, wenn
letzterer wirklich der unversöhnlich nachtragende, heimtückisch-
grausame, hinterlistige Charakter war, als welchen ihn Ammianus
darstellt. Dieses fuhrt aber von selbst zur Erörterung von Ein-
zelnheiten, welche die Frage löst, in wie ferne man des Einen
Schriftstellers durch den andern entrathen kann. Beginnt man
nun mit der zunächstliegenden Darstellung des Zosimos, womit
das XIV. Buch Ammians anhebt, dem Sturze des Cäsar Gallus
(Julian's Bruder), so waren es zwei Eunuchen, Höflinge des
Constantius, Dynamius und Picentius, die den Imperator über-
redeten, Gallus trachte nach der HeiTschaft, und den praefectus
praetorio Lampadius auf ihre Seite zogen. Constantius entzog
sich diesen Verläumdungen ^ nicht, Hess den Gallus, der hievon
keine Ahnung hatte, zu sich kommen, beraubte ihn zuerst
seiner Würde als Cäsar und übergab ihn endlich den Henkern.
Mit dem einen Verwandtenmorde nicht zufrieden, wandte sich
dann Constantius auch noch anderen zu und zwang Julian
zum Aufstande.
Die Absicht ist klar, Constantius als den Mann darzu-
stellen, der das Blut seiner Verwandten nicht schonte; damit
^ otsßoXat<;.
558 Hftfler.
BchliesBt das zweite Bach des Zosimos. Das Sechsundzwanzigste
des Ammianus beginnt mit der Darstellung der Wildheit, saevitia,
des GallnS; den die eigene Gemahlin, die Tochter Constantins,
zu Grausamkeiten antrieb. Ammianus erzählt Beispiele der
Willkür und Grausamkeit des Gallus, die ihn als einen schnöden
Tyrannen in der Weise des Gallienus erscheinen lassen. Im
siebenten Capitel greift Ammianus den Gegenstand au£s Neue
auf, um den Blutdurst des Gallus, sowie die Bedrückungen
nachzuweisen, die er sich in Antiochia erlaubte. Er verschweigt
ebensowenig das dem Gallus feindliche Auftreten vornehmer
kaiserlicher Beamter, seine Citation an das kaiserliche Hof-
lager, die blutigen Zerwürfnisse, zu denen es bereits gekommen
war, die Entdeckung der Fabrication eines Purpurgewandes
in Tyrus, die wahrheitsgetreuen Berichte, welche Herculanns
über das Treiben des Gallus dem Augustus machte, die drohende
Soldatenempörung, die den Nachstellungen des Gallus zuge-
schrieben wurden (XIV. c. 10). Dann werden die Anstalten
geschildert, die Constantius zur eigenen, Sicherung traf, die
Citation der Schwester, des Gallus Gemahlin, die in Bithynien
plötzlich dem Fieber erlag, die wiederholten AufForderongen,
die an Gallus ergingen sich zum Augustus zu begeben, die
Absendung von Vertrauten^ ihn zur Reise zu vermögen und
wie sich daraus ein Netz bildete, dem Gallus nicht zu ent-
rinnen vermochte, endlich seine gewaltsame Deportation von
Petobia, der norischen Stadt, nach Pola, wo einst CrispuS;
Kaiser Constantins Sohn geendet. Hier wurde ihm auf Befehl
des Augustus der Process gemacht, er hatte sich über jeden
von ihm in Antiochia vollbrachten Mord zu verantworten und
als er die Schuld der meisten auf seine Gemahlin geschoben,
beschleunigte dieses nur seinen Untergang. Während sich
Constantius in Mailand aufhielt, erfolgte in Pola die Hinrich-
tung des Cäsars, dem die Hände auf den Rücken gebunden
und wie einem gemeinen Verbrecher das Haupt abgeschlagen
wurde. Bald traf diejenigen, welche die Sentenz in Ausführung
gebracht, gleichfalls ein blutiges Schicksal und so wachte nach
zwei Seiten hin die Gerechtigkeit des obersten Wesens, was
Ammian ebenso Anlass gibt das Wirken der Adrasteia zu be-
messen als den Charakter des Gallus zu schildern, der sich
Abhandlungen ani dem Gebiete der alten Qeschichte. VIL 559
von seinem Bruder Julian unterschied, wie einst Domitian von
Titus. (XIV. 11.)
Es ist nicht nothwendig auseinanderzusetzen , dass die
Darstellung der Katastrophe des Gallus durch Ammian sich
Ton der des Zosimos unterscheidet wie die eines Historikers
von einem Novellisten.
Wenden wir uns der Erhebung Julians zu.
Zosimos bezieht sich, als er auf Julian zu sprechen kommt,
auf die ausgedehnten Werke der Schriftsteller (Historiker)
und die Poeten/ obwohl keiner ihn würdig genug darstellte;
auf seine eigenen Reden und Briefe, die über den ganzen Erd-
kreis verbreitet seien. Er aber wolle vor Allem mittheilen,
was von anderen umgangen worden war. Interessant ist nun
besonders die Schilderung des Pariser Banquetes, wobei das
Signal zum Aufstande gegeben wurde, nachdem anonyme
Schriften unter den Soldaten^ die nur wider¥rillig den Abmarsch
nach dem Oriente antraten, verbreitet worden waren. Ammianus
bezeichnet gleichfalls XX, 9,^ einen Unbekannten als den Ver-
breiter einer derartigen Schrift, was eine höhere Anstiftung
nicht ausschliesst. Er erwähnt auch, dass Julian, nachdem
er eine Rede an die Truppen gehalten, die Officiere (proceres)
zu einem Banquete lud, bei welchem der Aufstand zum Aus-
bruche kam. Während er aber beschreibt, wie man hiebei zu
den Waffen griff, erwähnt Zosimos, dass diejenigen, welche
den Cäsar zum Augustus ausriefen, noch die Weinkelche in
den Händen trugen, als sie sich zum Hauptquartier begaben.
Ammianus theilt das officielle Schreiben, welches Julian an
Constantius richtete, mit, erwähnt aber, dass er noch ganz
andere voll Bissigkeit und Anklagen an den Kaiser absandte,
die nicht mitgetheilt wenden können (XX, 8). Julian reizte
somit den Constantius, während er sich die Miene gab, als sei
ihm von den Soldaten der Purpur aufgenöthigt worden. Ammian
f6hrt die Ankunft des Leonas an, den Constantius an Julian
abgesandt und der Zeuge der Stimmung der Soldaten ward.
Zosimos aber schiebt die Schuld auf Constantius und lässt
Julian erst durch das Traumgesicht in Vienna zum festen
* ^'jyYpofewai x«i TroiijxaT?.
^ Apud Petalantiuin signa quidam übellam hami projecit occulte.
560 Hftfler.
Entschlüsse kommen. Ammianus weiss, dass bereits in Vienna
Julian der Tod des Constantius verkündet wurde, sucht auch
diesen Hang zur Erforschung der Zukunft zu erklären, ver-
schweigt aber nicht, dass, während Julian schon früher voii
dem christlichen Cultus abgefallen war und die Mngeweide
der Thiere befragte, heidnische Opfer verrichtete, er äusserlich
sich als Christ benahm, und um seinen Abfall zu bemänteln, noch
am hohen Feste Epiphania in die christliche Kirche zog and
dort betete. Zosimos, in dessen Darstellung diess nicht passte
und dessen Held durch das, was Ammian eine Täuschnog
nennt, gelitten hätte. Verschweigt diesen charakteristischen Zug
im Leben Julians, der jedenfalls den Christen gerechten Grund
gab, sich über die Heuchelei des neuen Augustus zu beklagen,
dem das Mittel gleicbgiltig war, wenn es nur zum Zwecke
führte. Zosimos erwähnt femer, dass Julian an den römischen
Senat schrieb; Ammian, dass es vom Naissos aus geschah und
Julian hiebei den Kaiser Constantin als einen Beseitiger der
alten Gesetze ^ — eigentlich als den Verwirrer des Staates be-
zeichnete. Zosimos verschweigt den Abfall der zwei constan-
tinischen Legionen, die sich nach Aquileja begaben und die
wichtige Stadt für Constantius besetzt hielten; der Tod ie&
letzteren in Mobsucienae wird von Zosimos nur im Vorbei-
gehen erwähnt, von Ammianus ausfuhrlich behandelt, die Cha-
rakteristik des Kaisers gegeben und bemerkt, dass seine
Gemahlin in gesegneten Umständen gewesen, seine nachgeborne
Tochter die Gemahlin des Gratianus geworden. Während
durch die Schilderung Ammians das Bild des Constantius in
den lebhaftesten Farben vorgeführt wird, lässt sich Zosimos
nicht einmal auf einen Versuch ein dies zu thun. Von dem
Aufenthalte Julians in Constantinope^ weiss er nur günstiges
zu berichten, während Ammianus die Verfolgungen aufzahlt,
die damals stattfanden, und mehr wie eine Schattenseite des
Kaisers aufdeckt. Es ist kein Grund Kaiser Constantin wegen
seines Verhaltens zu den Gothen zu tadeln, während Julian
die grösste Gefahr, welche dem Reiche in der nächsten Zeit
von diesen drohte, geradezu misskannte; dass er nun die
Tempel wieder öffnen Hess und den Göttercultus wieder auf-
1 Novatoris torbatorisque priscarum le^m XXL 10.
Abhandlungen ans dem Gebiete der alten Geacbichte. TII. 561
richtete; lernen wir aus Ammianus kennen. Auch der Auf-
enthalt des Kaisers in Antiochia^ wo er den Göttern masslos
Opferthiere schlachtete^ die christliche Eärche schliessen liess,
weil der Apollotempel in Daphne in Flammen aufginge ge-
staltet sich bei Ammianus ganz anders als bei Zosimos^ der
für den Misopogon^ die Schrift schwärmt; welche Julian selbst
gegen die Spottsucht der Antiochener verfasste. Den Versuch,
den Tempel von Jerusalem wiederherzustellen^ der durch die
ans dem Boden hervortretenden Flammen vereitelt wurde,
lernen wir nur aus Ammian, nicht aus Zosimos kennen. Es
erübrigt nun, den Kri^szug gegen Persien zur Untersuchung
der Glaubwürdigkeit beider Autoren kurz zu durchgehen.
Ammian beginnt die Darstellung, indem er erwähnt, Julian
sei von dem praefectus Galliarum Sallustus auf das Dringendste
gebeten worden, den Krieg nicht zu unternehmen; Zosimos,
indem er die Gründe verschweigt, warum in Antiochia bei
dem Ausmarsche ungünstige Zeichen stattfanden. Ammianus
lässt keine Gelegenheit vorübergehen, den Leser mit den
geographischen Verhältnissen bekannt zu machen, ehe er an
die historische Darstellung kommt; Zosimos hat es vor Allem
mit Vorhersagungen und ähnlichen Dingen zu thun, bis sich
seine Darstellung in der Person Julians und seiner militärischen
Energie concentrirt. Er lässt das Heer über Zautha^ nach
Dure vorrücken, wo das Grab des Kaisers Gordianus gezeigt
wurde, während Ammian dieses bei Zaitha sah (XXIII. 5.).
Er erwähnt dann noch Phatusa — bei Ammianus Thilutha —
der Stadt Dakira — bei Ammianus Diacira, Sitha, Megia
und Zaragardia, das Ammianus Ozogardana nennt, verschweigt
Hacepracta, nennt Pirisabora, BiQpaoßuipa, übergeht die Juden-
stadt,^ erwähnt Fissenia, Bithra und Besuchis, wie er Ammians
Maiozamalcha nennt. Es ist wohl kein Zweifel, dass Zosimos
ungeachtet der Verschiedenheit der Namen, den Bericht Ammians
vor sich hatte. Coche (Seleucia) ist bei ihm Zochasa, den
Kampf von Narmalaches (Naarmalcha, Ammianus), beschreibt
er selbst ausfuhrlicher, und nennt namentlich die Gothen (ot
r:6oc), welche mit den Römern die Perser verfolgten. Dass
* III. c. 13.
' Ammianus XXXIII. 4.
562 HRfler.
aber JuliaO; aufgebracht über das Benehmen der zehn achönsten
Stiere, den Jupiter versicherte, er werde dem Mars kein
Opfer mehr bringen (XXXIV. 6), wird, so charakteristisch es
ist, von Zosimos umgangen. Ammian erwähnt nun, dass der
Plan, Etesiphon zu belagern, aufgegeben wurde, und nachdem
die Flotte den Flammen überliefert worden, das Heer (infaostis
ductoribus praeviis) in das Innere des Landes eindrang. Als
der BeschluBs die Flotte zu verbrennen, zurückgenommen
wurde, war es zu spät. Julian hoffte durch Vereinigung des
bisher getrennten Heeres den Sieg zu erlangen, als gerade
dieser Plan durch die freiwillige Verwüstung ihres Landes von
den Persern zum Scheitern gebracht wurde. Gerade in dieser
Beziehung ist Ammianus ungemein lehrreich. Die Sängeweide
der Thiere wurden befragt, um zu erfahren, was jetzt zu ge-
schehen habe! Man musste sich entschliessen, den Rückzog
anzutreten, um womöglich Corduena zu erreichen. Zosimos
übei^eht diesen wichtigen Umstand. Er erwähnt, das Heer
sei nach Noorda, nach Barophthä, nach Sjmbra zwischen
Nisbara und Nischanale, zwischen Danabe und Synka nach
Maronsa, nach Akketes und Tummara gekommen, wo Alle Reue
in Betreff des Schiffsbrandes befiel.^ Ammian erwähnt den
zweitägigen Aufenthalt in Hucumbra, den Kampf mit der
schweren Reiterei der Perser bei Maranga, die entsetzliche
Noth, die das Heer litt, die Erscheinung des Genius, den Julian
schon in Gallien erblickt, jetzt mit verhülltem Haupte, die
ängstliche Befragung etrurischer Zeichendeuter, als eine Stern-
schnuppe gefallen und ihren Rath den Aufbruch zu verschieben,
die Betheiligung Julian's am Gefechte, seine Verwundung durch
den Wurfspiess eines Reiters ohne dass man wusste, woher er
kam, seinen Tod, seine Charakteristik. XXXV. 3. 4. Ammian's
Darstellung des Todes Julian's ist von hohem dramatischen
Interesse. Es ist nichts gespart, den Helden mit der Gloriole
antiker Tugend zu umziehen und den Untergang des jugend-
lichen Kaisers in den lebhaftesten Farben darzustellen. Wie
dem Vorkämpfer der römischen Republik, Marcus Brutus, zwei
Male der Geist des grossen Julius erschien, der dem römischen
Staate die entscheidende Wendung zur Monarchie gab und
J m. c. 28.
▲bhandlangen ans dem Gebiete der alten Qeechiohte. YII. 563
dessen Namen sich zur Bezeichnung der höchsten Würde
bleibend erschwang, erscheint dem Cäsar Julian in Q-allien,
dem Augustus Julian im Lager der Genius der antiken Welt.
£truri8che Wahrsager verkünden Unheil auf persischem Boden,
der Kaiser aber denkt nur an seine Pflicht, als die Perser das
Heer anfailen, eilt ohne Panzer in das Treffen, erhält dort die
tödtliche Wunde und zwar wie Zosimos berichtet, durch ein
Schwert, also im Einzelnkampfe, nach Ammian durch den
Wiirfspiess, den vielleicht eine römische Faust geschleudert, er
zerschneidet sich die Finger, als er die Mordwaffe herausziehen
will, fkllt, vom Blutverluste erschöpft, besinnungslos vom Pferde,
wird in das Zelt getragen, verlangt, als die Besinnung wieder-
kehrt, Pferd und Waffen, muss aber regungslos zurückbleiben
und vernimmt nun, dass der Ort, wo sich das Unheil begeben,
Phrygia heisse, so wie ihm verkündet worden, dass er daselbst
sterben werde. Mühsam vertheidigen sich unterdessen die
Seinen gegen die gesteigerten Angriffe der Perser, er aber
rafft seine Kraft zusammen, hält eine Anrede an die trauern-
den Freunde, in welcher er sich glücklich preist zu sterben,
eich rühmte stets für Milde gesinnt gewesen zu sein und die
Willkür in allen seinen Handlungen ferne gehalten zu haben,
Hess aber die wichtigste Frage, einen Nachfolger zu bestimmen,
gleich Alexander ungelöst, verlangt, nachdem er mit zwei
Philosophen über die Erhabenheit der Seele ein Gespräch be-
gonnen, zu trinken und stirbt, als er den kalten Trunk zu
sich genommen im einunddreissigsten Lebensjahre. Während
Ammian dann sorgfältig seine Tugenden wie seine Fehler durch-
geht und unter diesen namentlich hervorhebt, dass er den
Christen die Möglichkeit der literarischen Bildung entzogen,
beschränkt sich Zosimos auf zehn Zeilen, in welche er die
Erzählung von der Verwundung und dem Tode zusammen-
drängt und erwähnt bei seinem Ende nur, er habe beinahe
den Untergang des persischen Reiches herbeigeführt.
Unstreitig besitzt Ammianus nicht blos den grossen Vorzug
umständlicher und genauer Darstellung vor Zosimos; seine
SchUderungen sind lebhaft, seine Charakteristik gewissenhaft,
er weiss sich über die Ereignisse imd Personen zu stellen, ein
dramatisches Interesse zu erregen. Es ist aber nicht blos diese
Eigenächaft, welche Ammian einen hervorragenden Platz unter
gitsaBgtber. d. phil.-hUt. Ci. XCY. Bd. IL Uft. 37
564 HftfUr.
den römiBchen GeBchichtschreibern anweist. Elr huldigt der
Ueberzeugung von dein Walten der Adrasteia, einer vergelten-
den Gerechtigkeit auf Erden, die sich an die freien Thaten
der Menschen anknüpft, während Zosimos aus der Be&ngen-
heit eines Cultus nicht herauskommt, der im Absterben be-
griffen, sich an Zeichendeuterei, an trügerische ProphezeiuDgen
anklammert und im Untergange der alten Welt nicht das
natürliche Ende eines langen Processes, der endlichen Aas-
geisterung erkennt, sondern nur das Werk einer Usurpation,
der Verdrängung legitimer Gatter. Die Verbissenheit, welche
Julian charakterisirt und ihn verleitete, im Christenthume nar
das Werk der Schlechtigkeit zu erblicken, hat sich nicht nur
des Zosimos bemächtigt, sie trübt seinen Blick in Bezug aa{
die Ereignisse seiner Umgebung wie der jüngsten und ent-
fernteren Vergangenheit. Kaiser Constantin erscheint ihm nur
in dem grellen Lichte eines Neuerers, das Julian angezündet
Der falsche Grundton klingt durch und erzeugt eine Miss-
Stimmung, die nicht mehr aufhört. Schon bei der Erörterung
der diocletianischen Zeit kommt Namensverwechslung und Irr-
thum vor. Keltisch und germanisch wird regelmässig unter-
einandergeworfen, so dass Paris selbst eine germanische Stadt
wurde. Aehnliche Fehler, Mangel an Genauigkeit und Sach-
kenntniss, begegnet uns, wie oben gezeigt, häufig. Ich glaube
auf keinen Widerspruch zu stossen, wenn ich sage, so weit als
Ammianus reicht, bleibt er auch die Hauptquelle und wenn
dieser zum Schlüsse seines 378 endenden Werkes sagt, er habe
die Wahrheit bekannt, niemals wissentlich verschwiegen oder
gelogen, so muss ihm die Beistimmung des Lesers folgen. Der
Werth der letzten Bücher des Zosimos besteht wesentlich
darin, dass über die ersten Jahre des Honorius die Quellen
so sparsam fliessen und er die Person Stelicho's in den Vor-
dergrund stellt, mit Recht die Aufrechthaltung des Reiches an
die Erhaltung dieser ausgezeichneten Persönlichkeit anknüpft.
Grösseres Verdienst wird ihm wohl kaum zuerkannt werden.
Ungeachtet aller Verkleinerung, die sich Zosimos erlaubt, be-
stand der grösste Fehler, den Theodosius beging, in seiner kurzen
Regierung und obwohl ihm ein sehr erbärmliches Geschlecht
nachfolgte, war noch immer die Frage, was besser sei, der
Mangel an einer Dynastie mit all den Schwankungen und Er-
AbhandUngen aus dem Gebiete der alten Geschichte. VII. 565
Schütterungen des Reiches, die sich daran anknüpften, oder
eine wenn auch schwache Dynastie, welche noch immer eine
Einheit des Reiches repräsentirte und den Bestand desselben
verbürgte. Die Auflösung des Reiches, die Umwandlung des-
selben in Barbarenländer trat denn doch erst ein, als es im
römischen Reiche keine Dynastie, keine Vertretung ererbter
Grundsätze mehr gab; dass aber das römische Reich, wenn
auch in seiner Umänderung als romäisches sich erhielt, ver-
dankt es vor Allem dem Umstände, dass durch Dynastien, die
seit dem VII. Jahrhunderte nicht mehr so raschem Wechsel
unterlagen, eine politische Stetigkeit in dasselbe gekommen
war. Die ganze Entwicklung der römischen Kaisergeschichte
beweist somit die Falschheit der Grundanschauung des Zosimos,
der selbst zwar kein psychologisches Räthsel war, aber wohl ein
psychologisches Denkmal aus einer Uebergangsperiode, die alle
bedeutenden Geister in Aufregung versetzte, mittelmässige ver-
wirrte und bei dem Umstürze des Alten, dem Emporkommen
einer neuen Ordnung der Dinge, Umwälzungen hervorrief,
welche das dem Untergange geweihte noch im rosigen Schimmer
einer gewissen Verklärung erscheinen Hessen und zwar in dem
Maasse, in welchem die Gegenwart selbst wenig Befriedigung
erzeugte, ja selbst düster und grauenvoll sich entwickelte.
37*
XXI. SITZUNG VOM 22. OCTOBER 1879.
Die Uoiversität in Kopenhagen übersendet die aus An-
lasB ihrer vierhundertjährigen Stiftungsfeier geprägte Medaille
und erschienenen Festschriften.
Herr J. Rockiewicz^ k. k. Oberst und Vorstand der
topographischen Abtheilung im militär-geographischen Institute
überreicht mit Zuschrift seine als Manuscript gedruckte Schrift:
;Directe Reduction der Militärmappen zu Karten kleineren
Maassstabes unter Anwendung der gekörnten Zeichnung am
Papier/
An Druoksohriften wurden vorgelegt:
Accademia reale deUe Scienze di Torino: Memorie. Ser. 11% Tomo XXX.
Torino, 1878; 4«. — Atti. Vol. XIV. Disp. 6* et 7* (Mag^o et Oiagno
1879). Torino; 8».
Ackerbau-Ministerium, k. k.: Statistisches Jahrbuch für 1878. III. Heft:
Der Berg^werksbetrieb Oesterreichs im Jahre 1878. I. Lieferung: Di<^
Bergwerksprodnction. Wien, 1879; 80.
CentraUCommission, k. k. statistische : Statistisches Jahrbuch far Au
Jahr 1877. V. und VI. Heft. Wien, 1879; 8«. Jahr 1878. I. Heft Wien,
1879; 80. Jahr 1876. X. Heft. Wien, 1879; 8«. — Ausweise über den
auswärtigen Handel der österreichisch -ungarischen Monarchie im Sonoen-
jahre 1878. XXXIX. Jahrgang. IV., V. und VI. Abtheilung. Wien,
1879; gr. 40.
— zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale:
Mittheilungen. V. Band. 3. Heft. Wien, 1879; gr. 4<'.
Copenhague, Universit^: Aper9U sur TOrganisation. Copenhague, 1878; 4^'-
— Kjöbenhavns Universitets Retohistorie 1479 — 1879 af Henning
Matzen. 1. et 2. Del. Kjöbenhavn, 1879; i^. — GedachtnissmedjuUe
des vierhundertjährigen Bestandes der Universität.
567
Harzverein fSr Geschichte und Alterthamskande : Zeitschrift. XII. Jahr-
gang 1879. 1. und 2. Heft. Wernigerode, 1879; 80.
Mtfttschappij der Nederlandsche Letterkunde te Leiden: Handelingen en
Mededeelingen over hetJaarl878. Leiden, 1878; 8". — Levensberichten
der afgestorrene Medeleden. Leiden, 1878 ; 8^. — Catalogus der Bibliothek.
Derde gedeelte Nederlandsch Tooneel. Leiden, 1877; 8°.
Mose um Francisco-Carolinnm: XXXVII. Bericht nebst der XXXI. Lieferung
der Beiträge zur Landeskunde von Oesterreich ob der Ens. Linz, 1879; 8^.
Nnmismatische BIfitter: Organ für Numismatik und Alterthumskunde.
L Jahrgang, Nr. 7—9. Wien, 1879; 40.
iRerue politique et litt^raire' et ^Revue scientifique de la France et de
l'lßtranger». IX« Ann^e, 2« S^rie. Nr. 16. Paris, 1879; 4».
RoSkiewicz, J., k. k. Oberst: Directe Reduction der Militfirmappen zu
Karten kleineren Maassstabes unter Anwendung der gekörnten Zeichnung
(Schummerung) am Papier; mit XH Beilagen. Wien, 1879; 8^
Soci^t^ d*Histoire et d* Archäologie de Oen^ve: M^moires et Docnments.
Tome XX. Livraison 1. Gen^ve, Paris, 1879; 8^
~ de Biologie: Compte rendu des s^ances. Fascicules Nr. 1 — 3 de Janvier
k fin D^cembre 1873. Paris, 1873/4 ; 80. Fascicule Nr. 1 de Janvier
k fin Avril 1874. Paris, 1874; SK Fascicule Nr. 1 de Janvier k fin
Ayril 1875. Paris, 1875; 8». Fascicule Nr. 3 d'Octobre k fin D^cem-
bre 1875. Paris, 1876; S^ Fascicules Nr. 1 ji 3 de Janvier & fin De-
cembre 1876. Paris, 1876/77; 8^. — M^moires. Fascicule de Tann^e 1873.
Paris, 1874; 8°. Fascicule de Tann^e 1875. Paris, 1876; 8^. Fascicule
de Janvier k D^cembre 1876. Paris, 1877 ; 8^. Comptes-rendus des S^ances
et M^moires. Tome L de la VI« S^rie, Annie 1874. Paris, 1875; 8^
Tome IV de la VP S^rie, Ann^e 1877, Paris, 1879; 80.
Society, the Royal, of London: The Council of the rojal Societj. 30th No-
vember, 1878; 40. Catalogue of scientific Papers (1864— 1873), Vol. VIII.
London, 1879; gr. 4*^. — Philosophical Transactions ; for the jear 1877.
Vol. 167. Part II. London, 1878; 4«. Vol. 168 (Extra Volume). London,
40. for thejear 1878. Vol. 169. Parti. London, 1878; 4*^. — Proceedings.
Vol. XXVI. Nr. 184. London, 1877; 8«. Vol. XXVII, Nr. 185-189.
London, 1878; 8«. Vol. XXVIU, Nr. 190—195. London 1878/79; 80.
VoL XXIX, Nr. 196. London, 1879; 8^
Verein, Militftr- wissenschaftlicher, in Wien: Organ. XIX. Band. 3. Heft
1879, Wien; 8«.
— historischer, von Unterfranken und Aschaffenburg: Archiv. XXV. Band,
1. Heft. Würzbnrg, 1879; S^, — Die Geschichte des Bauernkrieges in
Ostfranken von Magister Lorenz Fries. III. Lieferung. Wtirzburg, 1878; 8^
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE CLASSE.
XCV. BAND. III. HEFT.
JAHRGANG 1879. — NOVEMBER.
XXn. SITZUNG VOM 5. NOVEMBER 1879
Die Direction des k. k. Staatsgymnasiums zu Marburg
dankt für die Betheilung mit dem ,Anzeiger^
Das k. k. Reichs -Kriegsministerium übermittelt die in
der dritten Section des technischen und administrativen Militär-
Comite bearbeitete Zusammenstellung der ^Verluste der im
Jahre 1878 mobilisirten k. k. Truppen, vom Beginn* der Mobi-
lisirung bis zum Jahresschlüsse, vor dem Feinde und in Folge
von Krankheiten'.
Für die akademische Bibliothek werden ferner eingesendet:
Von Herrn Major F. Jaitner in Wien die von dem k. k.
Oberlieutenant C. Balog von Mankobück gefertigten ,Krieg8-
BUder-Skizzen aus dem bosnisch-herzegovinischen Occupations-
feldzuge 1878';
von dem c. M. Herrn Professor Dr. von Inama-Sternegg
in Innsbruck sein eben erschienenes Werk: ^Deutsche Wirth-
schaftsgeschichte bis zum Schlüsse der Karolingerperiode';
572
von der Bibliotheca civica in Novara die von Herrn Ä.
Ceruti gesammelten und mit Noten herausgegebenen ,Statata
communitatis Novariae anno 1277 lata^
Herr Dr. Heinrich St. Sedimayer^ Supplent am k. k.
akademischen Gymnasium^ übergibt seinen ^Bericht über die
im Auftrage der Kirchenväter-Commission unternommene Durch-
forschung der Handschriften lateinischer Kirchenväter in den
Bibliotheken Londons und Cheltenhams^
Von dem w. M. Herrn Dr. Pfizmaier wird eine für die
Denkschriften bestimmte Abhandlung: ^Darlegung der chine-
sischen Aemter, II. Abtheilung; Schluss^ vorgelegt.
Von Herrn Dr. phil. Richard Müller in Wien wird
mit der Bitte um Veröffentlichung in den akademischen
Schriften eine Abhandlung, welche betitelt ist: ^Oesterreich.
Die EntwickeluDg des Namens aus dem Appellativurn', ein-
gesendet.
Die Abhandlung wird einer Commission zur Begutachtung
zugewiesen.
Das w. M. Herr Professor Dr. Harte 1 übergibt eine
Abhandlung des Herrn Docenten Dr. Alois Rzach in Prag,
welche ^Studien zur Technik des nachhomerischen heroischen
Verses^ enthält und um deren Aufnahme in die Sitzungsberichte
ersucht wird.
Die vorgelegte Abhandlung wird einer Commission zur
Begutachtung überwiesen.
573
An Druoksohriften wurden vorgelegt:
Academia real de la Historia: Boletin. Tomo. I. Goaderno IV. Setiembre,
1879. Madrid, 1879; 80.
Accademia delle Scienze deir Istituto di Bologna: Memorie. Serie III. Tomo X.
Fascicolo 1°»<>— 4°. Bologna, 1879; 40.
— reale delle Scienze di Torino: Atti. Vol. XIV. Disp. 5« (Aprile 1879).
Torino; 8^.
Akademie der Wissenschaften, kÖnigl. baierische: Abhandlungen der philos.-
philologischen Classe. XIV. Band. 3. Abtheilnng. München, 1878; 4^. —
Sitzungsberichte 1879. Heft 1 und 3. München, 1879; 8^. — Abhandinngen
der historischen Classe. XIV. Band. 2. Abtheilnng. München, 1878; 4^.
Vita Adae et Evae, von Wilh. Meyer ans Speyer. München, 1879; 4^. —
— Das Taufbuch der Aethiopischen Kirche, von Ernst Trnmpp. München,
1878 ; 40. — Der Tractat des David von Augsburg über die Waldesier, von
Dr. H. Preger. München, 1878; 4^. — Kaiser Friedrich II. Kampf um
Cypem, von Franz v. L ö h e r. München, 1878 ; 4^. — Busiris und Osyman-
dias, von Prof. Dr. Lauth. München, 1878; 4^. Baierische Urkunden aus
dem XI. und XII. Jahrhundert. Die Schirmvogte Freisings. Seine Bischöfe
bis zum Ende des XII. Jahrhunderts, von Friedrich Hector Grafen Hundt.
München, 1878 ; 4^. — Die rhytmische Continuität der griechischen Chor^
gesänge, von W. Christ. München, 1878; 4^. — Die musikalischen
Handschriften der k. Hof- und Staatsbibliothek in München, beschrieben
von Jul. Jos. Maier. I. Theil. Die Handschriften bis zum Ende des
XVII. Jahrhunderts. München, 1879; 80.
Gesellschaft, deutsche morgenländische: Zeitschrift XXXIII. Band. III. Heft.
Leipzig, 1879; 8».
— Oberlausitzische der Wissenschaften: Neues Lausitzisches Magazin.
XXV. Band. 1. und 2. Heft. Görlitz, 1878; 8^.
Inama-Sternegg, Dr. Karl Theodor: Deutsche Wirtfaschaftsgeschichte bis
zum Schlüsse der Karolingerperiode. Leipzig, 1879; 8^.
Istituto reale Lombarde: Classe di Lettere et Scienze morali e politiche.
Vol. XIII, XIV della Serie III. MiUno, Pisa, Napoli, 1878 ; gr. 4«. —
RendicontL Serie H. Vol. XI. Mihino, Pisa, Napoli, 1878; SK
Lund, Universitftt: Acta. Philosophi, Spr£kvetenskap och Historia. Tom. XII.
1875/76, Lund; gr. 40.. Tom. XIII. 1876/77, Lund; gr. 40. Tom. XIV.
1877/78, Lund; gr. 40. Tom. XIII. 1876/77. Theologi. Lund; gr. 40.
— Lunds Universitets-Biblioteks Accessions-Katalog 1876/77 und 1878.
Lund; 8^.
»Revue politique et litt^raire' et ,Revue scientifique de la France et de
rttranger*. IX« Annie, 2« S6rie. Nr. 17 et 18. Paris, 1879; 40.
574
Rostock, üniversitftt : Akademische Schriften ans dem Jahre 1878,79.
24 Stücke Folio, 4^ nnd 80.
Society, the American ^ographical: Bulletin. 1878. Nr. 5. New York. 1879;
80. 1879. Nr. 1. New York; 8©.
— the rojal ^eographical: Proceedings and monthly Record of Geognpbj.
Vol. I. Nr. 10. London, 1879; 8^
Verein, historischer, der fünf Orte Lazem, Uri, Schwyz, Unterwalden und
Zug: Mittheilungen. Der Geschichtsfreund. XXXIV. Band. Etnsiedeln,
New York, Cincinnati und St. Louis, 1879; 8^
— historischer, der Pfalz: Mittheilungen. VII und VUI. Speyer, 1878, 1879; ^.
Horawitz. ErMmiana. 11. 575
^ Erasmiana. 11.
Von
Adalbert Horawitz.
Aufs Neue wird es mir möglich, gefördert durch die so
dankenswerthe Unterstützung der Herren Director Dr. Karl
V. Halm in München^ Pfarrer Dr. Kawerau in Berlin, und Herrn
Director Dr. Oeorges in Gotha, einige bisher unedirte Briefe
des Erasmus herauszugeben, denen noch einiges andere auf
ihn Bezügliche angeschlossen werden mag.
Die Briefe sind dem Codex chartaceus Gothanus 399,
dem Cod. Pal. Vindobon. 8987, dem Cod. Seidel. Berolinensis,
dem Cod. lat. Monacensis 10358 (CoUatio Camerariana) und
der Autographensammlung Director Halm's entlehnt. Sie be-
handeln verschiedene wichtige und minder wichtige religiöse
und wissenschaftliche Fragen; der Brief Stromer's an Spala-
tinus gibt eine Nachricht über den Tod des Erasmus, die
unter dem frischen Eindruck des Ereignisses geschrieben ist.
Vor Allem interessiren uns die Beziehungen des grossen Ge-
lehrten zur religiösen Frage. Neues habe ich allerdings zu
meiner (Erasmiana I. geäusserten) Anschauung über die Stel-
lung des Erasmus zu Luther und seiner Lehre nichts hinzu-
zufügen, doch findet sich Einzelnes, das Beachtung verdienen
möchte. *
Die vorliegende Sammlung wird durch einen Brief des
Erasmus an Johannes Lange, den bekannten Erfurter Huma-
nisten und Theologen, eröffnet.
* Hie und da werde ich mir fttr die breite Darstellung wohl Nachsicht
erbitten müssen, doch verlangte die Stellung zu Luther eingehendere
Betrachtung.
576 Horawits.
Der Brief ist in mehr als einer Hinsicht merkwürdig.
Erstlich dadurch^ weil er die hohe Achtung zeigt, die Eraamus
für den Theologen an den Tag legt, sodann aher wegen des
Urtheiles über Luther, von dessen Freimüthigkeit die Besten
erbaut seien, von dessen Klugheit Erasmus erwartet, sie werde
Zweiungen und Parteiungen — ihm so sehr verhasst —
vermeiden. Sehr scharf ist dabei die Aeusserung über die
,Tyrannis' des römischen Stuhles und seiner Satelliten: der
Dominikaner, Carmeliter und Minoriten. Nur durch die Ent-
fernung jener Tyrannis und der schlechten (setzt er vomchtig
hinzu) Mitglieder jener Orden könne ein Sieg für die wahr-
haft Geistlichen errungen werden. Erasmus gab es damab
übrigens selbst zu, dass ohne schwere Unruhe dergleichen
nicht in Angriff genommen werden könne.
Auch der zweite Brief der Sammlung ist wieder ein
Schreiben an Johannes Lange, an den sich in den bisherigen
CoUectionen kein Brief vorfand. * Die vorliegende Epistel
wurde durch Echan Hesse dem Adressaten übersandt als Ant-
wort auf einen von demselben dem Erasmus überreichten Brief. -
Nach einem auch an anderen Orten gleichen Lobe Eoban
Hessens ' wendet sich Erasmus sofort zur wichtigsten Tages-
irage, zu Luther's Thesen, spricht seine Achtung vor Staupitz
aus und führt einen Seitenhieb gegen die verächtlichen Syk(h
phanten, denen er über seine Ueberzeugung nicht Rechenschaft
schuldig sei. Es sei ihm genug, allen Bischöfen und den
Ersten und Besten der Theologen zu gefallen; wüsste er eine
Lebensführung, in der er Christus mehr gefallen könnte, so
würde er dieselbe sofort ergreifen. Denn ihn fessele weder
Ruhm, noch Geld, noch Vergnügen, noch Begier nach Leben.
Luther höre er von allen Guten loben^ aber man sage er sehe
sich in seinen Schriften nicht gleich. Er meine, dass seine
Thesen bei Allen Gefallen fanden mit Ausnahme derer über
das Fegefeuer, was sich Jene nicht entreissen lassen wollten.
Der darauffolgende Passus, sowie der Ausfall gegen den Syl-
^ Der erste Brief des Erasmus an Lange, der von mir in ErasmiAna I.
pablicirt ward (S. 456), kann am Schiasse dieser GoUection durch eine
in Gotha befindliche Abschrift ergänzt werden.
2 Cf. Krause, Eoban Hesse. I. 296.
' Cf. die Bemerkungen über Eoban Hesse unten.
BrMmiana. IT. ' 577
vester Prierias — der übrigens oft und noch um 1527 wieder-
kehrt — sind stark, werden aber weit überboten durch die
gewaltigen Worte über das Papstthum — ,die Pest der Christen-
heit' — y das durch die Fürsten gebessert werden solle, die
aber wie er furchte, mit dem Papste unter einer Decke spielen
and die Beute theilen. Nach diesen Proben kräftiger Ausdrucks-
weise — vielleicht möchte sie desshalb Jemand fiir Interpola-
tionen halten — kann die Bemerkung über Eck nicht be-
fremden, dasB er aus Ruhmsucht sich gegen Luther erhoben
habe. Erasmus stand mit Eck in Correspondenz ; eben aus
dem Jahre 1518 ist ein Brief erhalten, in dem Eck in gutem
Latein, aber ziemlich servil und süsslich seine Ansichten über
des Erasmus Bemerkungen zum Matthäus VI. ausspricht. ^ In
der Antwort vom 23. April, die Erasmus dem Ingolstädter
Theologen zukommen lässt, geht er in spöttischer Weise auf
dessen Bemerkungen ein. ^ In Briefen aus jenem Jahre, z. B.
an Hermann von dem Busche, ^ zeigt sich Erasmus ziemlich
gegen Luther eingenommen, damals schon tauchte aber das
Gerücht auf, er habe Luthern bei der Ausarbeitung seiner
Schriften geholfen. ^ Eine freundlichere Stimmung zeigt —
aas mannigfachen begreiflichen Ursachen allerdings — der
Brief an den Rector der Universität Erfurt, in dem er Luther
nur dessen Heftigkeit vorwirft.^ Objectiv und ruhig schreibt
er in einem anderen Briefe des Jahres 1518: Ego Lutherum
nee accttso, nee defendo. Sic esse res ipsa docebit.^ Schärfer
äussert sich Erasmus, wenn auch in versteckten Ausfällen und
nicht ohne herben Tadel über die Geistlichkeit, wie sie eben
ist, 7 in Briefen an Jodocus Jonas, den früheren Juristen
und jetzigen Theologen zu Erfurt, dem Erasmus auch eine
kurze Biographie des Job. Vitrarius und Coletus niederschrieb. ^
An Jonas, der 1519 über die Eorintherbriefe las, richtet sich
' Clericas l. c. 296.
> Ibidem 397.
* Ibidem 316.
* Ibidem 322.
> Ibidem 324.
* Ibidem 376.
' Ibidem 446.
^ Ibidem 451.
578 Horawits.
denn auch jener Brief, der Nr. III unserer Sammlung bildet
Er fordert darin den Erfurter Kreis auf, g^en den so yiel&ch
bekämpften Lee zu Felde zu ziehen, was denn auch wiridich
durch die Epigrammata in Eduardum Leum quorundame sodali-
tate literaria Erphurdien. Erasmici nominis studiosorum geBchah,
gibt Notizen über den Streit gegen Lee und endlich die be-
merkenswerthe Aeusserung über die Löwner Universität und
über die Dominikaner. Er wisse nicht, welche Gesinnung die
Dominikaner Luther entgegenbrächten. Diese Aeusserung fahrt
wieder zur Betrachtung der Stellung Erasmus' Luther gegen-
über, wie er sie in anderen Briefen an Jonas kundgibt Man
zürne ihm, sagt er unter Anderem (am IL November 1520),
nicht weniger als Luther, ihm allein lege man es zur Last,
dass Luther noch nicht vernichtet sei. Er habe sich aber aus
vielen Gründen in die lutherische Angelegenheit nicht ein-
gemengt. 1 Von höchstem Interesse ist der Brief an Jonas
vom Jahre 1521 (datirt 10. Mai), ^ in dem Erasmus die Er-
gebnisse des Wormser Tages bespricht und seinen so ent-
schieden irenistischen Standpunkt offenbart: Quid enim est
aliud nostra religio, quam pax in Spiritu sancto! Und nun legt er
dar, wie sehr reformbedürftig die gegenwärtige Kirche sei, und
wie allgemein desshalb der Beifall gewesen, den Luther bei
seinem Auftreten gefunden, ein Beifall, wie ihn wohl seit Jahr-
hunderten kein Mensch gehabt. Aber er selbst habe schon
bei den ersten Schriften Luther^s die Besorgniss nicht unter-
drücken können, dass sie zu Bewegungen und Zweiungen
führen würden. Desshalb habe er Luther sowohl als die Freunde
desselben, die auf ihn Einfluss nähmen, gemahnt. Aber wobl
ohne Erfolg ; aggressiv sei jener gegen den Papst, die Schulen,
die Mönche vorgegangen, sei es da ein Wunder, wenn der
Erfolg ein solcher sei, wie er nun wäre? Eine so heikle Sache
müsse zart und fein angefasst werden, nicht mit Schmähungen.
Die Art des Vorganges, wie sie Erasmus gewünscht hätte,
beschreibt er in einer für ihn so charakteristischen Weise,
dass ich den Wortlaut folgen lasse: Porro quum prudentis
oeconomi sit dispensare ueritatem, hoc est, promere cum res
1 GleriüQB III. 092.
2 Ibidem 639.
ErasnUn«. II. 579
postuIat et promere quod satis est et cuique promere quod sit
accommodam, ille tot libellis praecipitatisy simul e£fadit omnia^
nihil non euulgans ac cerdonibus etiam commonia facienS; quae
solent inter eruditos ceu [Auorixa xal axoppYjTa tractari, ac frequenter
impetu qaodam immoderato, mea quidem sententia fertar ultra
iustum. — Durch zahlreiche Beispiele aus der Schrift, an dem
Vorgange der Apostel, Kirchenväter u. A. bemüht sich Erasmus
sodann zu zeigen, welchen Unterschied man bei der Aeusserung
derWahrheit machen müsse. Uebrigens ehrliche Aerzte schreiten
auch nicht sogleich zu dem äussersten Mittel, sondern ver*
suchten zuerst den kranken Körper mit leichteren Arzneien
vorzubereiten und bemessen die Dosis so, dass sie gesund
machen, nicht dass sie zu Qrunde richten. Auf Jene aber
wolle er nicht hören, die da behaupten, die Krankheit dieses
Zeitalters sei allzu schwer, als dass sie mit leichten Mitteln
geheilt werden könnte. — In Luther's Worten liege aber viel
Gefahr, um so mehr, als so Viele nach den Gütern der Geist-
lichen gierig seien. Sind die Kirchengüter aber nicht mehr
sicher, so seien auch die der Büi^er und Adeligen bedroht.
Auch auf Jene wolle er nicht hören, welche meinen,
Luther werde durch die unerträgliche Frechheit der Gegner
gereizt und sei dann unvermögend, die christliche Bescheiden-
heit zu beachten. Er hätte sich nicht um die Anderen küm-
mein sollen, wer eine solche Rolle übernehmen wollte, müsste
sich gefragt haben, ob er sie auch durchführen könne. Warum
habe Luther lieber den Rathschlägen gewisser Freunde geglaubt,
als sich dem Schiedssprüche des so gütigen Papstes — Leo X.
— und des trefflichen milden Kaisers unterworfen?
Sich selbst wohl und die Gesinnungsgenossen meint Eras-
mus, wenn er fortfkhi-t, darüber zu klagen, dass jene ,teme-
ritas' Viele entfremdet habe, die Luthern anfänglich ,wenig
ungünstig' gesinnt waren, theils weil sie hofften, dass er die
Sache nicht anders durchführen würde, theils wegen der ^eben'
gemeinsamen Gegner. — Die folgende Darstellung ist eine
oratio pro domo, jedes Wort genau erwogen, kein Ausdruck'
darf als günstig für Luther erscheinen, jede freundliche Aeusse-
rung wird sofort stark sordinirt. Es geschah — sagt Erasmus
~ ich weiss nicht durch welchen Zufall, dass jene,
die Luther anfänglich zu schaffen machten, auch Feinde der
Siteugilwr. d. phU.-hkt. Ol. XCV. Bd. U. Hft. 38
580 Horawitx.
schönen Wissenschaften waren, und desshalb waren die Pfleger
der letzteren Luthem ^weniger abgeneigt', obwohl die Sorge
für die Religion der fiir die Studien vorausgehen musste. Aber
er vermisse öfter das Muster eines christlichen Herzens, wenn
er sähe, wie Luther und noch mehr seine G-önner sich listiger-
weise anstellten, als ob Andere mit ihren Bestrebungen sym-
pathisirten. Wozu habe man denn dem Capnio, der ohnedem
schon hinlänglich belastet war, einen noch viel grösseren Haas
erregt? War es denn nothwendig, seines (des Erasmus) Namens
häufig in so gefährdender Weise Erwähnung zu thun, da die
Sache selbst es so gar nicht verlangte? Er habe Lutheni in
einem privaten und versiegelten Briefe ermahnt, gleich sei
dieser in Leipzig gedruckt worden, so sei es auch in anderen
Fällen geschehen. Den eigentlichen Anlass zu seinem Aerger
aber spricht Erasmus in folgenden höchst bezeichnenden Worten
aus: E meis libris quos scripsi, priusquam somniarem
exoriturum Lutherum odiosa quaedam decerpserunt et in
G-ermanicam uersa linguam publicarunt, quae uiderentur affinia
quibusdam Lutheri dogmatis. Et uideri uolunt, qui haec facioiit,
quum capitalis inimicus nihil possit hostilius . . . Hoc telum Uli
porrexerunt inimicis meis, ut iam in publicis concionibus prae-
dicent, quae mihi congruant cum Luthero. Und nun bemüht sich
Erasmus, die Verschiedenheit zwischen seinen Aeusserungen
und denen Luther's darzulegen. Er räumt ein, dass er vor
vorschneller Ablegung der Gelübde gewarnt, und das Verfahren
Jener nicht gebilligt habe, die ihr Weib und ihre Kinder, für
deren Keuschheit und Lebensunterhalt zu sorgen sie verpflichtet
wären, daheim gelassen hätten, und zum heiligen Jacobus oder
nach Jerusalem gelaufen wären, wo sie nichts zu suchen hatten.
Er habe gemahnt, man solle Jünglinge nicht früher zu den
,Banden der Religion' verlocken, bevor sie sich nicht selbst
kennen und wissen, was die ,religio' sei. Das habe er aller-
dings ausgesprochen, Luther aber — wie man sagt — ver-
dammt alle Qelübde sammt und sonders. — Anderswo klage
er darüber, dass die Bürde der Beichte durch die Fallstricke
gewisser Leute noch beschwerlicher werde. Luther verwirft
— wie man sagt — jede Beichte als etwas Verderbliches u. s. w.
Kurz es sei eine schöne Uebereinstimmung, wenn Jener, das
was er gelegentlich wahr und gemässigt ausgesprochen habe^
Erasmiana. IL 581
verdürbe, ^ultra septa transiliens^ So sehr erregt ihn der ,Miss-
brauch^; der mit seinen Schriften getrieben werde, dasB er
erklärt: er würde, wenn er gewusst hätte, dasB ein solches
Zeitalter kommen werde, Manches entweder gar nicht oder
anders geschrieben haben. Und aufs Neue beklagt er sich
über den Missbrauch seines Namens: Sparguptur libelli con-
juratorum, in quibus pingitur et Erasmus. Mihi uero nuUum
Qomen inuisius quam coniurationis, aut schismatis aut factionis.
Er habe stets Allen nützen und Niemanden schädigen wollen,
er wünsche mit seiner Begabung nicht allein die Deutschen^
sondern auch die Franzosen, Spanier, Engländer, Böhmen,
Russen, ja selbst die Türken und Saracenen zu fördern, wenn
er könne. Fern sei er von jeder Parteiung; jene schienen ihm
aber auch wenig klug zu handeln, die mit solchen Kniffen
Jemanden in ihr Lager locken wollten, dadurch entfremde man
einen verständigen Mann am sichersten. Und am meisten zu
rdrehten sei, dass diese Sache ,unserem^ Deutschland bei den
übrigen Völkern grosse Schande bereite, wie ja die Masse stets
gewohnt sei, die Unvernunft Weniger der ganzen Nation bei-
zumessen.
Was hätte doch Luther leisten können?! Mit grossem
Nutzen für die Christenheit konnte er eine ,evangelische Phi-
losophie' lehren, er konnte durch Bücher der Welt nützen,
wenn er sich von jenen Dingen zurückgehalten hätte, die zur
Unordnung führen mussten. Trotz alledem, dass seinen Be-
mühungen durch Luther ein guter Theil des Erfolges ent-
zogen worden sei und die Lutheraner ihm genug geschadet
hätten, wünsche er doch, dass jener unversehrt bleibe, die
höchst verderbliche Zweiung völlig behoben werde. Uebrigens
wäre dies ja doch noch immer möglich, Jonas solle dazu mit-
wirken, der Papst und der Kaiser seien ja so milde. Schliess-
lich spricht er sein Bedauern darüber aus, dass alte Freunde,
wie der hochbegabte Hütten, durch diese Unordnungen ihm
entrissen seien und bittet Jonas, Alles aufzuwenden, dass ein
Jüngling von so herrlichen Anlagen wie Melanchthon durch
diesen Sturm den Wünschen der Gelehrten nicht abwendig
gemacht werde. Er möge diesem und dessen Gesinnungsge-
nossen auch seine Ansicht mittheilen, die er in folgende be-
zeichnende Worte kleidet: Ante omnia censeo uitandum esse
38»
582 Horawits.
diBsidium, nuUi bono non pernicioBum. Et ita sancta qnadam
uafritie tempori seruieDdum (!) ac tarnen prodatur theaaunis
Euangelicae ueritatiB, unde corrupti mores publici possent
reBtitui. — FortasBe rogabit aliquis^ nom alio sim animo io
Lutherum quam fuerim olim. Imo eodem sum animo, semper
optaui, ut mutatis quibusdam, quae mihi diBplicebant,
pure tractaret Euangelicam Philosophiam, a quo nostri secoli
moreB heu nimium degenerarunt. Semper correctum malui,
quam oppressum. Optabam illum sie tractare Christi negotiam,
ut Ecclesiae Proceribus aut probaretur aut carte
non reprobaretur. Sic amari cupiebam Lutherum, ut
pal am ac tuto poBset amari.
DiesB ist doch ein klar ausgesprochenes Programm ! Era»-
mus will die Reform der Kirche, aber in und mit der Kirche;
er billigt Luther's Ansichten im Ganzen und G-rossen, nicht
aber die Art seiner Aeusserungen, am wenigsten will er durch
ihn ins Gedränge und in Unannehmlichkeiten gebracht werden,
er will endlich Luther in seinen eigenen Fusstapfen wandeln
sehen; tadeln mag er so viel er will, aber nur den Gelehrten
gegenüber, die grosse Masse soll nichts davon erfahren, mag
er noch so scharf die Gebrechen der Kirche geissein, es soll
diess doch so vorsichtig, so fein und so allgemein gehalten
sein, dass es die Kirchenfiirsten nicht erbittert, am allerwenig-
sten aber dürfe es zu dem verhassten und höchst gefährlichen
,dissidium' führen, das des Erasmus gewohnte Lebenskreise
perturbire. Erasmus forderte damit freilich von Luther's kraft-
strotzender rücksichtsloser Natur etwas dieser Unmögliches.
Wenn er aber solche Briefe schrieb, wie den vorliegenden
hochwichtigen an Jonas, hatte er ein schwieriges Stück Arbeit
zu leisten. Wie leicht konnte doch der Brief aufgefangen und
edirt werden! Es durfte sich dann nichts darin finden lassen^
das die eifernden Gegner gegen ihn verwenden könnten, Lu-
ther's Werk durfte nie eine Billigung erfahren, Erasmus sich
gegen diesen stets möglichst kühl und ablehnend verhalten.
Andererseits ging der Brief aber an Geistesverwandte Lnther's,
an gelehrte Freunde, die mehr oder minder im Gedanken-
kreise des Reformators standen; es durfte nicht an einigen
freundlichen — freilich sorgfältig verclausulirten Worten fehlen.
— Wie stets hat auch hier Erasmus ein Meisterwerk geliefert,
ErMmUn» II. 583
seine Rede schreitet in seltsam gewundenen hypothetischen
Sätzen einher^ der Conjunctiv waltet vor^ und so erreicht
denn der Schreiber wirklich den Zweck; sich nichts zu ver-
geben. — Aber auch den: beiden Parteien nicht oder wenig
zu gefallen. <
Die lutherische Angelegenheit ist es auch^ die in den
Briefen an den bekannten Johann Fabri die Hauptsache
bildet. Johannes Faber/ Doctor der Theologie, Mitglied des
Dominikaner- Ordens, wurde frühzeitig mit den humanistischen
Strebungen bekannt und Freund vieler Humanisten, was er auch
als Official des Basler Bischofs, wie als Vicar des Bischofs von
CoDstanz (von 1518 ab) blieb. Seine strengkatholische und
antilutherische Gesinnung hob ihn von Stufe zu Stufe, er ward
Rath und Beichtvater König Ferdinands I., dann Bischof von
Wien und war einer der fruchtbarsten und hitzigsten Schrift-
steller für den Katholicismus. ^ 1541 starb er, 63 Jahre alt.
Wir besitzen ziemlich viele Briefe desselben an Erasmus und
des Letzteren an ihn, wie es denn auch an gelegentlichen No-
tizen über ihn in den Werken des Erasmus nicht fehlt. Schon
1516 lässt ihn Erasmus durch Capito als einen Bekannten
grüssen, ^ 1519 schreibt Faber an denselben voll der grössten
Verehrung einen schwunghaften Panegyricus. ^ Erasmus dankte
dafar in einem mit Neuigkeiten aller Art erfüllten Schreiben. ^
^ ErasmuB hutte an Jonas ausser den hier benutzten auch einen kurzen
Brief über sein Enchiridion, sowie über die Schmähungen, durch die er
von Seiten der Mönche und Theologen seines Neuen Testaments wegen
gesteinigt werde — sed hactenus in absentem omnia, coram nemo, uerbum
— geschrieben. Bei Clericus steht er III. 1843 ohne weitere ^Datirung
als Lonanio 19. Oetobris, obwohl das Jahr zu bestimmen leicht gewesen
wjire. Denn das Novum Testamentum erschien 1519, in demselben Jahre
kam bei Frohen das Enchiridion heraus; am 19. October dieses Jahres
war aber Erasmus nachweislich in Löwen, wie sein an diesem Tage
an Eoban Hesse geschriebener Brief (Clericus III. 513) beweist.
' Spicileginm von Burscher, wo auch auf Luther*s Werke, die Briefe des
ürbanus Rhegius, Seckeudorf s Historla Lutheranismi und J. Quetif et
Jac. Erhardi S. S. Ordinis Praedicatorum II. p. III sq. verwiesen wird.
Cf. auch Kettner, Diss. de Joannis Fabri uita et scriptis. Lips. 1737.
3 Clericus III. 189.
< Ibidem 435.
^ Ibidem 533.
584 Horawitz.
Eben der grosse Gelehrte war es, der Faber auch bei einigeii
Käthen am Hofe aufs wäimste empfahl. So nennt er ihn in
seinem Briefe an Johannes Villinger (Romani et Hispan. Reg:is
Thesaurarius) vom 3. October 1520 ^ als einen Mann, dessen
Bitten oder vielmehr Verdienste ihn zwängen, an Villinger
ein Ansuchen zu richten. Er rühmt dessen ausgezeichnete An-
lagen, seine seltene Unbescholtenheit, nicht gewöhnliche Ge-
lehrsamkeit, sein scharfes Urtheil, seine Verlässlichkeit und
unglaubliche Humanität; nennt ihn eine ausserordentliche Zier
seines Ordens, der sich wohl selbst empfehlen werde. Er lässt
auch durchleuchten, dass Faber Einer von denen sei, durch
deren Tüchtigkeit die Monarchien gestützt und geziert würden.
Nicht weniger warm empfahl er ihn auch an Peutinger^ am
9. November 1520. Er sei sehr verschieden von gewissen Mit-
gliedern seines Ordens, schreibt da Erasmus, besitze gründ-
liche Gelehrsamkeit, Unbescholtenheit und Leutseligkeit, sei
von klarem Urtheile und Ueberlegung. Oft habe er mit ihm
die Mittel berathen zur Beilegung der lutherischen Tragödie.
In Folgendem lässt sodann Erasmus eine Charakteristik
der Ansichten Faber's folgen. Faber, sagt er, schrecke nicht
so sehr vor Strenge zurück, aber er bezweifle ihren Erfolg,^
früher müsse man Alles überlegen, bevor man das angreife,
wozu der Wille treibe. Man müsse auf die Würde und das
Ansehen des Papstes Rücksicht haben. Nicht darauf, meine
Faber, komme es an, was Luther verdiene und dass ihm Einige
anhängen, sondern auf die Ruhe der Welt. Es handle sich
sehr darum, wer an dieses Unheil die Hand anlege und durch
welches Mittel es geheilt werde. Es drängten sich zu diesem
Geschäfte auch Solche^ die durch ihre Lässigkeit das Uebel
verschlimmern und verdoppeln und nicht so sehr für das An-
sehen des Papstes al« vielmehr für ihren Vortheil sorgen. Es
sei ja nicht nöthig, Luther's wegen auch die schönen Wissen-
schaften zu schädigen. Aus dem Hasse gegen diese schönen
Wissenschaften sei ja die ganze Bewegung hervorgegangen,
1 Clericua III. 583.
2 Ibidem 590.
' Ibidem: Quibiisdam uidetur optimum factu, ut res omnis saeuitia coer-
ceatur, a quibus nee Faber admodum dissentit, nisi mctueret, ue parum
fcliciter cedat austeritas. ^
Erasmiana. 11. 585
durch böswillige Verschlagenheit mische man jene in den
Streit, um sie mit demselben Geschosse zu vernichten. So
seien manche zu Luther übergegangen, die ihm sonst gewiss
nicht freundlich gesinnt gewesen wären. Man müsse staunen,
wie schnell sich dieses Contagium verbreitet habe, aber auch
die deutsche Natur berücksichtigen, die sich wohl leiten, aber
nicht zwingen lasse, vor Allem aber sich hüten, dass nicht die
angeborene Wildheit (ferocitas) dieses Volkes durch das Wüthen
Einiger zum Ausbruch komme. Man blicke doch auf Böhmen
und die Nachbarländer. Der Hass des römischen Namens sei
bei vielen Völkern verbreitet wegen der Erzählungen von dem
Lebenswandel der Stadt Rom und dem Benehmen Jener, die
im Namen des Papstes ihre Interessen verfolgen ....
Bis hieher war es Erasmus schon schwer geworden, über
Faber's Ansichten, die übrigens fast keine anderen, als die
seinen sind, zu referiren, er mischte stets seine Gedanken
ein, hier fällt er nun völlig aus dem Texte und spricht über
Luther in der Weise, wie in einem später vorzuführenden
Briefe an Faber. Hier wie dort treffen wir ganz Aehnliches,
am Schlüsse des vorliegenden Briefes bringt er als angeblichen
Vorechlag Faber's den Plan eines Schiedsgerichtes aus ge-
lehrten und unbescholtenen, völlig verdachtsfreien Männern.
Näheres werde — der überaus gelobte — Faber selbst mit-
theilen, Erasmus wünscht, dass davon in Worms Gebrauch
gemacht werde ; gewiss hat er sich selbst als einen der Schieds-
richter gesehen.
Zweifellos zeigt aber dieser Brief, wie einig sich Eras-
mus mit Faber fühlte, den er auch um 1524 seinen alten Freund
nennt. ^ Des Erasmus warme Empfehlungen — allerdings
unterstützt durch viele andere Umstände und vor Allem durch
Faber's Brauchbarkeit in dem Kampfe gegen Luther und
dessen Gesinnungsgenossen — hatten Erfolg. Am 25. Septem-
ber 1523 konnte Erasmus dem Goclenius melden, sein Faber
sei am Hofe Ferdinands, der ausserordentlich gegen die Luthe-
raner wüthe, 2 mit einem sehr bedeutenden Gehalte angestellt
worden.
^ Clericus III. 764.
^ Ibidem 773. Saeuit et Ferdinandus mire in Lutheranos.
586 Hortwits.
In den Zasanimenhang dieser, Faber's Charakter und
Strebungen schildernden Briefe passt das Schreiben, das hier
publicirt wird, gut hinein, auch dieses berührt natürlich die
grosse Frage jener Tage. *
Unser Brief (Nr. V aus dem Jahre 1523) unterhält den
Constanzer Vicar von dem Erfolge der ,Spongia' und eifert
gegen Jene, die den armen Hütten, dem er nicht besonders
zürne, gegen ihn gehetzt hätten ,non ob aliud nisi ob praedam'(!},
er hofft bald zu erfahren, wer sie seien, wirft einen Seitenblick
auf Strassburg (nam rursus aliquid monstri alitur Aigento-
rati) und berichtet Aeusserungen Luther's über die Spongia.
Den Brief Luther's habe er an ihn geschickt; ^ die Aeasse-
rungen Luther's nennt er die ,praeludia belli', ein um so zu-
treffenderes Wort, als er ja selbst schon daran war, die Schrift
,de libero arbitrio' zu beginnen, wie der vorliegende Brief, der
auch über andere literarische Arbeiten des Erasmus Bericht
erstattet, verkündet. Er spricht endlich sein Vertrauen auf
Faber aus, dass dieser die Reinheit des Evangeliums nicht
an die Pharisäer, Schreiber und Bischöfe (Päpste?) verrathen
werde (!). So würde er bleibenden Ruhm bei der Nachwelt
gewinnen. Er beklagt den Tod des Papstes Hadrian, bittet
den Faber, seinem begabten Fürsten ein guter Rathgeber
zu bleiben, ihn selbst demselben wie Pirkheimem zu empfehlen
und ein evangelisch ^ gesinnter Mann sein zu wollen. Die
Schlussbemerkung ist gegen Mumer gerichtet. — Von den
,praeludia belli' hatte Erasmus gesprochen, mittlerweile hatte
1 Ich kann nicht beweisen, daas diess der Brief sei, von dem Erasmus in
dem Schreiben an Melanchthon behauptet (Clericns III. 817): Addidernnt
epistolam meam ad Joannem Fabmm, plnsqnam ex tempore scriptam,
quae tarnen declarat, quam non incitem quemdam ad saenitiami ant ad
prodendnm Enangelium.
2 Die Notiz, dass er Luther^s Brief an ihn geschickt, Kusammengehalten
mit den Angaben Über seine literarischen Novitfiten und dem am 14. Sep-
tember 1523 eingetretenen Ableben Papst Iladrian's zeigt anfs Nene die
unrichtige Datimng bei Clericns, der Lnther^s Brief über die Spongia
(p. 846) ins Jahr 1524 staU 1623 ansetzt.
3 Die Bezeichnung evangelisch bedeutet einem Adressaten wie Faber gegen-
über natürlich nicht lutherisch, sondern ,im Sinne des Evangeliums^ in
welcher Bedeutung Erasmus es stets braucht.
Erumiuift. II. 587
die Fehde begonnen, ^ was die Gegner Lather's gewollt, war
geschehen, Luther war ebenfalls auf den Plan getreten, der
Conflict war nicht mehr hinwegzuleugnen. Unter dem Ein-
drucke dieses Kampfes und in gewaltiger Erregung schreibt
£ra8mus an Faber, ^ und wehrt dessen Lob ab, da dadurch jene
mächtige Partei noch mehr gegen ihn gehetzt werde. Er sähe
doch, wie feindselig Luther, ohne durch Schmähungen gereizt
zu sein, ihn angegriffen habe. Dessen Buch — es ist die
Schrift de serup arbitrio — sei schon zehnmal gedruckt, damit
nur ja seine Vergehungen nicht unbekannt blieben. Und welche
Vorwürfe schleudere Luther gegen ihn; er glaube — wie Lu-
kian — nicht an einen Gott, er leugne mit Epicur, dass Gott
für die Menschen Sorge trage, er verspotte die heilige Schrift,
und sei ein Feind der christlichen Religion. Und doch be-
haupten er und seine Freunde bei einer solchen Sprache, er
habe seinen Stil gemässigt. Sehr besorgt denkt Erasmus an
das Urtheil der Nachwelt, etwas bleibe ja doch stets hängen,
je schwerer und unverschämter eine Erdichtung sei, desto
schneller werde sie ja geglaubt, etwas müsse doch dahinter
sein. Was aber wird die Nachwelt sagen, welche die Ver-
leumdung lesen wird, ohne ihn zu kennen. Luther habe die
Diatribe ignoriren wollen, aber seine Freunde^ hätten ihn ge-
drängt, den Erasmus niederzuschmettern, wenn er die Partei
erhalten wissen wolle, u. s. w.
Man merkt es dem gereizten Tone des Schreibers an,
dass er es herzlich bereut, in die Arena geschritten zu sein.
Aus keiner anderen Ursache, ruft er aus, habe ich
die Diatribe geschrieben, als um den Willen der
Fürsten Genüge zu leisten, dann, damit Jedermann
wisse, dass ich von der lutherischen Partei so weit als möglich
fern sei. Aber er wusste, dass die Sache nur ärger gemacht
würde. Gleich im Anfange habe er ausgerufen, die Theologen
und Mönche unterstützten die Sache Luther's, aber er sei
nicht gehört worden. Bald darauf habe er einen Weg zur
Beendigung des Unheils gezeigt, der Rath wurde zurückge-
^ Cf. meine ,ErasiiiiaDa. I.* Einleitung;.
» Clericns IIF. 960.
^ Inter hos fait, ut ferunt, qnidam olim tibi charigsimus ac tuae benigni-
tatis alumnns.
588 Hortwits.
wiesen. Zum dritten Male habe er sich an Papst Hadrian ge-
wendet; dass sein Rath nicht gefallen habe, schliesse er daraus,
dass er bisher nicht geantwortet. Wir sehen nun, wohin man
gekommen sei! £r schildert sodann im Folgenden den Sach-
verhalt und spricht dabei die Befürchtung aus, dass, wenn
man fortfahre, das Uebel durch bissige Büchlein, Einkerke-
rungen und Hinrichtungen zu verschärfen, eine allgemeine
beklagenswerthe Verwirrung entstehen werde. Der Papst habe
die Seinen von den literarischen Invectiven gegen Luther
zurückgehalten und zwar mit Recht. Die Italiener lassen uns
unter einander zerfleischen und ziehen von unserem Wahnsinn
Nutzen, es ist Zeit, dass wir klug werden. Ein so schweres
und weit verbreitetes Uebol lasse sich nicht mit gewöhnlichen
Heilmitteln heilen ; er sei bereit ein Mittel zur Abhilfe zu nennen,
wenn es die Fürsten verlangen, ,modo id fiat occulte'. Und
worin liegt denn nun dieses Heilmittel? fragen wir uns. Den
Grund zur Zweiung sucht Erasmus in den Lutherischen Schriften,
nicht minder in denen gewisser Theologen, aus dem Zusammen-
stoss solcher Schriften entsteht der Brand, nicht minder aus
den Versammlungen der fanatischen Parteigenossen und dem
Wirken einseitiger Eiferer in den Schulen. Diese müsse man,
so wie die untauglichen Prediger entfernen und durch bessere
ersetzen, durch völlig parteilose, nur auf das Wohl der ihnen
Anvertrauten sehende Männer.
Statt dessen erfüllen sich so Viele mit unmächtigem Hasse
gegen Luther, bereiten den schönen Wissenschaften und ihren
Verehrern den Untergang, und treiben Viele in Luther's Lager,
welche man hätte anlocken sollen. Ja man wüthet gegen Un-
schuldige unter dem Verwände des Glaubens. Gegen die Ur-
heber der Verwirrung müsse man freilich einschreiten, doch
so, dass die Unschuldigen nicht verletzt, die noch Heilbaren
nicht entfremdet und die Masse geschont würden. Von den
Staaten, in denen jenes Uebel um sich gegriffen, müsse man
so viel verlangen, dass beiden Parteien ihr Ort und Jedem
seine Ueberzeugung gelassen werde, bis eine günstige
Gelegenheit die Einigung herbeiführe. Für die, welche wäh-
rend dieser Zeit eine Unruhe erregen, müsse eine harte Strafe
vorbereitet werden, wir aber sollten unterdessen sofort Einiges
verbessern, woher jenes Uebel hervorsprosste, das üebrige
Erasmiima. II. 589
aber einem allgemeinen Concile überlassen. Doch davon wolle
er ein andermal ausführlicher sprechen, wenn er sehen würde,
dass die Sache Fabern am Herzen liege, jetzt beschwöre er
ihn nur, dass er nicht jene Hornisse gegen ihn errege ; gerade
die Freunde brächten ihn in die grössten Unannehmlichkeiten. ^
Diesen Brief schickte Faber, wie es scheint, nach Rom. ^
Vom Reichstage zu Speier (1526) schreibt Faber (am 28. August),
dass der Verlauf des Tages sich besser anlasse, als der Anfang; ^
einige andere Briefe enthalten nichts zur Reformationsbewe-
gung Gehöriges, ^ dagegen bietet ein Schreiben Faber's vom
17. Juni 1528 (aus Prag) und eines vom 4. Februar 1529 (aus
Innsbruck) an Erasmus vieles wahrhaft Interessante und Er-
wähnenswerthe. Das erstere handelt von dem Antrage König
Ferdinands, Erasmus solle nach Wien übersiedeln! Welche
Aussicht bot diess für das österreichische Geistesleben ! Faber
erkennt diess sehr wohl, wenn er schildert, wie die blosse
Anwesenheit des gewaltigen Gelehrten — auch ohne dessen
Lehrthätigkeit — des Königs Majestät, dem Adel, der Wissen-
schaft und der Universität zu unschätzbarer Zier gereichen
werde. Er bemüht sich denn auch Gründe zu finden, die
Erasmus sein Basel verleiden könnten: er habe ja durch
^ Dass anter deu Crabrones katholische Theologen gemeint sind, zeigt die
Bemerkung (p. 962) : Qnidam, mei parum prudenter studiosi impetrarunt
a Caesare senerum ac minax interdictnm aduersus qaosdam rabnlas
Lonanienses. Atqui nuUa re poterant magis in me prouocari.
Der Schluss des Briefes ist wenig erbaulich, gehört aber auch
nicht zur Sache. Auch in den zwei bei Burscher abgedruckten Schreiben
des Faber an Erasmus vom 19. Mai und 28. August 1526 ist fast nur
von anderen Angelegenheiten, von der Dedication des Irenfius an Bern-
hard von Trient und König Ferdinands Belohnung die Rede.
^ Literas quoque tuas Romam missurus sum heisst es wenigstens in dem
ersten Briefe Faber's bei Burscher (vom 19. Mai 1526). Die Bemerkung
,£ckium Salutaui, rem ait gratissimam esse* mag hier ebenfalls angeführt
werden.
3 Barscher Spicil. VI. p. VII. Proiude Comicia illa, quae prima fronte
neacio quam ruinam crudellus religioui reliquisque nostris minata fuerant,
finem foeliciorem, rebusque omnium commodiorem adepta sunt.
* Einer davon (von Faber) erzählt von den Belohnungen für den Irenäus
cf. Burscher Spie. VI. p. VIII, in dem anderen (Clericus 1809) handelt
Erasmus über Morus und Plato (cf. über diesen Stoff einen Aufsatz in
Scbäffle's Zeitschrift für Staats Wissenschaft. 1878).
590 Horawits.
Oecolampad und die Zwinglianer genug Aerger, auch Frobens
Tod müsse ihm dort schwerer fallen, dagegen preist er Wiem
Vorzüge an: das gesunde Klima, das Wien empfehlenswerther
mache, als Platon's Akademie, dazu komme der Zufiuas von
allen möglichen Dingen und die Billigkeit des Getreides. Und
was könne man daselbst durch die Freigebigkeit der ungari-
schen und polnischen Bischöfe gewinnen ; Ferdinand zahle seine
Professoren sehr gut, damit Latein, Griechisch und Hebräisch
recht in Flor kämen. Schliesslich wird ein eigenhändiges
Schreiben König Ferdinands in Aussicht gestellt.
Aber Erasmus kam nicht nach Wien, er übersiedelte 1529
nach Freiburg. Aus diesem Jahre besitzen wir einen Brief
Faber's an ihn, in welchem er ihm Recht gibt, dass er sicli
den aufrührerischen Menschen entziehen wolle * und aufs Neue
Anträge Bernhards von Trient zu ihm zu reisen und sich in
Trient anzusiedeln ausrichtet.
Der letzte Brief Faber's^ datirt vom 15. Mai 1535; er
berichtet über die Gesandtschaft der Türken und des Woi-
woden, entschuldigt das lange Stillschweigen und wünscht dem
Erasmus langes Leben, damit man sich der reichen Früchte
seiner Studien erfreuen könne. ^ Er beweist aber auch, dass
der Verkehr der beiden Männer trotz mannigfachen Unter-
brechungen der Correspondenz bis zum Tode des Einen vor-
gehalten habe.
Faber stand — wie bekannt — der lutherischen Bewegung
als Gegner gegenüber; weniger prononcirt war dagegen die
Haltung eines anderen Correspondenten, des Braunschweigers
Martin Hunus (Hüne), der dem Erfurter Kreise angehörte
und seinen Ansichten nach ein Geistesverwandter des Erasmus
war, den er auch 1524 in Basel besuchte. Später wendete er
sich nach Italien, betrieb wie Eoban Hesse die medicinischen
1 Non parum enim tibi timeo, ne quid praeter spem atqne expectationeoi
in te machinentnr. Verum id consilii, qnod cepisti lobens audio, seeepi
enim fnga te consultamm nitae tnae, qnod in primis operae pretiom esse
nideo.
> Bnrscher, Spicileg. VI. p. XII f.
3 Anf diesen Brief und die darin enthaltenen Nachrichten nimmt Erasmos
in seinem Schreiben Yom 31. August 1535 Bezug. Cf. Clerieus HI. l^i^
Erftamiana. IL 691
Stadien, wurde zu Padua Doctor der Medicin und blieb endlich
als Arzt zu Qraz. ^
Der hier mitgetheilte Brief nimmt auf seine Anwesenheit
in Basel Bezug, spricht von dem Schicksale eines an Herzog
Georg gesandten Schreibens, dem Tode des Mosellanus und
davon, dass dieser vor seinem Sterben befohlen habe, des
Erasmus Briefe zu verbrennen; zugleich beklagt Erasmus die
unglaubliche Undankbarkeit und Niedertracht, die er erfahren,
und versichert, er aber wolle sich stets gleich bleiben. In
einem Briefe aus dem Jahre 1525^ dankt Erasmus für die
Bemühungen des Hunus, seine Briefe zu überbringen, er hätte
durch den Ceratinus, den Nachfolger des Mosellanus, gerne
ein Geschenk geschickt, spricht seinen Aerger über die Er-
öffnung von Briefen — wie sie gegenwärtig Sitte sei — aus
und hofft auf die Lucubrationes des Eobanus Hessus.
In dem nächsten Briefe dieser Sammlung in dem an
Eoban Hesse ^ lässt Erasmus den Hunus ,Hominem prudentem
et candidum' grässen. Auch hier spricht der Basler Philolog
von den Pseudolutheranern , die dort Alles in Verwirrung
brächten und Luther wie die schönen Wissenschaften zu Grunde
richten werden, wenn nicht ein Gott zu Hilfe käme. Auch die
Buchhändler suchen lieber das, was Absatz verspricht, als das
Gute, desshalb wisse er nicht, was Proben mit Eoban's Ge-
dichten, die Beatus Rhenanus habe, thun werde ; wenn er wolle,
werde er sich an französische Buchhändler wenden.
In den in meinen Erasmiana I. dargelegten Zusammen-
hang gehört ein Brief des Erasmus an Simon Pistorius, den
Kanzler Herzog Georgs, später Moriz's. Pistorius war 1489 zu
Leipzig geboren als Sohn des herzoglichen Leibarztes, studirte
im Vaterlande und in Pavia die Rechte, wurde Professor in
der juridischen Facultät zu Leipzig, sodann aber Kanzler und
öfters Gesandter der Herzoge von Sachsen. Pistorius starb am
3. December 1562. *
^ Gute Notizen über ihn in Kraase, Eobanus HessuB passim.
2 Clericns III. 857.
' Ueber Eoban Hesse and die Beziehungen zn Erasmus siehe das Bach
▼on Krause, Helius Eobanus Hessus. Gotha. Perthes 1879. 2 Bde.
* SpieUegium XY. 19.
592 Horawitz.
Wir besitzen mehrere Briefe des Pistorius an Erasmus,
in einem vom Jahre 1525 berichtet er über seine Fehde mit
Leo lud und seine Ansichten über Luther (cf. Erasmiana L).
In unserem Schreiben nun vom Jahre 1528 spricht Erasmus
seinen Aerger darüber aus, dass Pistorius Manches in seinen
Werken finde, das den Decreten der Alten widerspricht Er
wisse nicht, was Pistorius meine und wünsche, dass er ihm
die Stellen angebe, er wisse nur, dass Vieles den verkehrten
Meinungen der Menschen und ihren lasterhaften Sitten wider-
spreche. Die Welt sei erfüllt von einem verhängnissvollen
Zuge nach Veränderung. Und bisher haben wir erfahren, was
durch die Artikel und das Geschrei der Theologen, was durch
das Wüthen Einiger erreicht wurde. ,Glaube mir, diese Seuche
fordert ein anderes Mittel! Am Anfange dieses Uebels ward
ich, der ich Gutes rieth, nicht gehört ; auph im Fortgange wurde
ich nicht gehört, als ich wiederum mahnte. Nun höre ich^
dass Einige härtere Massregeln vorbereiten, ich furchte, dass
diess schlecht ausgehe. Nur durch Abschaffung und Verbesse-
rung gewisser Sachen könne dieser Sturm gebändigt werden,
es gebe kein anderes Mittel. Wenn der Frieden zwischen den
Regenten nicht sofort hergestellt werden könne, so doch for
einige Jahre Waffenstillstand, unterdessen wird sich für alle
Pläne ein Mittel finden. ,Du siehst, mein Pistorius, welchen
Hass von ganz Deutschland ich mir zugezogen, da ich doch
früher der beliebteste war. Die Gelehrten habe ich mir ent-
• fremdet, von denen ein guter Theil den neuen Glaubenssätzen
huldigt. Und doch wusste ich, dass einige beschränkte Theo-
logen mit schlechten Mönchen mich mit Gladiatorengesinnnng
angreifen würden.' Mit den frommen Mönchen und Theologen
sei er nie in Streit gerathen, sondern immer in höchster Ein-
tracht gewesen. Nun konnte mich vor der Wuth der Mönche
nicht einmal der Kaiser in Spanien, noch der König von Frank-
reich vor den Rasereien der Beda und Sutor schützen, so sehr
sie mir hold waren.' Alles das treibe ihn zu dem Entschlüsse,
Deutschland zu verlassen, das von schleichender Gehässigkeit
und immer stärker werdenden Secten voll sei. Schliesslich
empfiehlt er ihm einen Jüngling.
Auch in den Briefen an den hochadeligen Karl von
Utenhoven, dem er die Chrysostomus- Ausgabe von 1529
Erasmiana. II. 593
gewidmet, ^ erwähnt er Luther's. So in dem hochwichtigen
Briefe von 1529, in dem Erasmus über den Märtyrertod des
Ludwig Berquin berichtet. Unter anderen Zügen zur Charak-
teristik bemerkt er : Ab instituto Lutheri plurimum abhorrebat.
Er selbst hatte ihn stets zur Vorsicht gemahnt^ doch vergebens . . .
In Deutschland freilich herrsche jetzt zügellose Frechheit, welche
den Papst Antichrist, die Cardinäle Creaturen des Antichrist,
die Bischöfe Fratzen, die Priester Schweine, die Klöster Ver-
sammlungsorte des Satans, die Fürsten Tyrannen nenne. Die
Entscheidung liege nunmehr beim evangelischen bewaffneten
Pöbel, der zum Kämpfen bereiter, als zum Disputiren sei. ^
In einem anderen Schreiben mahnt er ihn zur Vorsicht in einer
Zeit, in welcher hinter jedem Steine ein Skorpion lauere, er
sei zu freimüthig in seinen Briefen. ^ Am 9. August 1523 ^
beklagt er sich bei Utenhoven über die Angriffe gewisser
Franciscaner ; aus der sehr eingehenden Darlegung ersieht man
leicht, welchen Verdächtigungen und welchem Hasse Erasmus
ausgesetzt war. Auch in dem nächsten — unserem sub X mit-
getheilten — Briefe klagt er über die Abnahme seiner Freudig-
keit, entschuldigt sein langes Stillschweigen, dankt ihm für
einen geschenkten Seidenstoff und erzählt Neuigkeiten mit
heiterem Humor und mehr oder minder wichtige Personalien.
£r äussert dabei seine Verwunderung, dass ihm die Franzosen
gegenwärtig weniger geneigt seien, es schade ihm der Name
des Deutschen.
Nr. IX der vorliegenden Sammlung ist an Hieronymus
Frobenius, ^ den Basler Buchdrucker gerichtet, aus dem Jahre
1530 datirt und handelt von intimen Verlagsangelegenheiten.
Froben's schmeichelhafte Aeusserung, seine Officin hänge von
1 Cf. Clericas Briefsammlnng II. p. 1153. Er rühmt darin das Utenhoven^sche
Geschlecht und den Adressaten besonders.
> Clericua III. 1206.
3 Ibidem 1278.
* Ibidem 1449.
^ Briefe von Eraamns an Hieronymus Frobenius: Clericus 659, in welchem
derselbe zwischen Vater und Sohn vermittelt, ihm gute Lehren gibt und
Grass an den Erasmiolus puer nt audio spei optimae sendet Cf. auch
an Johannes Erasmius (der. 1240), dem er die CoUoquia schickt, cf.
Briefe Erasmus' an Johannes Frobenius (Gier. 1626, 1655, 1674, 1692)
und Job. Frobenius an Erasmus (Gier. 1539).
594 Horawits.
Erasmus ab^ erwiedert dieser mit der Bemerkung, dann hänge
sie an einem morschen Tau; wenn übrigens Krieg herein-
breche, müsse er seines Alters halber fliehen. Dann folgen
Bemerkungen über Bebe], Qoclenius, die Typen des Proben
und den Knaben firasmius Frobenius, über dessen künftige
Bestimmung Erasmus Rathschläge gibt, über Grynäus und die
Evangelischen, denen er sehr verbitterte Worte widmet
Nr. IV enthält einen Brief des Erasmus an König Franz I.;
zur Uebersetzung der Paraphrase in Marcum. Ein anderes
Schreiben desselben klagt über den Streit der grössten Mon-
archen der Welt, wünscht ihm Glück zu seiner Rückkehr nach
Frankreich und freut sich, dass der Türke nun im Zaume ge-
halten werde, beschwert sich über Bedda und Sutor. Dabei
kann er sich's nicht versagen, diese Leute und ihren Anhang
als Feinde der Fürsten zu schildern, und darzulegen, welche
Schlachtopfer ihnen bisher fielen. Schliesslich bittet er den
König, den Sutor entweder zu hemmen oder ihm zu erlaaben,
seine Entgegnung zu Paris drucken zu lassen. ^
Der Bericht über den Tod des Erasmus rührt von einem
Correspondenten desselben, von dem Arzte Heinrich Stromer
her, an den Erasmus schon 1517 einen Brief bezüglich der
Dedication seines Suetonius geschrieben hatte ^ und den er
1519 als eine Ausnahme von den Hofleuten nennt. ^ Auch in
einem Briefe an Herzog Georg rühmt er ihn sehr, nennt ihn
einen hochgelehrten Arzt, eine Zierde der Leipziger Univer-
sität u. s. w. ^ Stromer wird wohl ein Vermittler zwischen
Herzog Geoi^ und Erasmus gewesen sein, wie aus eimem Briefe
des Letzteren an den gelehrten Arzt hervorgeht.* Wohl da«
werthvoUste Schreiben aber ist das, in welchem er über die
Stellung zu Luther an Stromer schrieb. Er beklagt es darin^
1 ClericuB 943. Andere Briefe an König Franz I. ans dem Jahre 1516 bei
ClericuB (18d) and einen von König Frans an Erasmua (bei Vi sc her
Eraamiana 31).
3 ClericuB III. 260 f.
3 Ibidem 477 C.
< Ibidem 567 et cinitatis Senator granissimns.
^ Ibidem 737 (vom 6. December 1522).
Eraamiaiu. II. 595
dasB er habe Stellung nehmen müssen^ nachdem er geglaubt,
ZuBchauer bleiben zu können; nun müsse er aus einem Mann
der Wissenschaft Gladiator (retiarius) werden, er der immer
in den Gefilden der Musen verweilte, werde in diese blutige
Schlacht hineingestossen — anderes sei nicht gestattet worden.
Die Sophisten wie Lutheraner hätten ihn immer mehr hinein-
gedrängt und so: iacta est alea. Dass Luther nicht hoch von
ihm denke, sei aus den Aeusserungen desselben in seinen
Briefen zu erkennen; in denen er ihn Kind, bedauerungswürdig;
ohne Kenntniss Christi; fem vom Verständnisse des Christen-
thumS; ohne geistige Auffassung nur am Worte klebend nenne.
Das sei übrigens kein Wunder, da er ja von jedem der Alten
gering denke. Der Friede der Kirche ist es, was Erasmus
wünsche und was er auf jede Weise zu bewirken anstrebe.
Aber die Partei Luther's erbittert die Fürsten von Tag zu Tag
mehr. Mit den gewöhnlichen Mitteln, Kerker, Widerrufen,
Gütereinziehungen, Hinrichtungen sei nichts gethan, was schon
80 weit fortgeschritten sei, wird sich täglich mehr verbreiten.
Wenn er nicht wüsste, dass Gott die menschlichen Angelegen-
heiten leite und zum Besten führe, könnte er keinen anderen
als einen höchst blutigen Ausgang prophezeien.
Nachdem er ihm ^Nachrichten über die Schweizer Reli-
gionsänderungen gegeben, bekämpft er den Vorwurf, er scheue
das Martyrium: er in seinem hohen Alter, mit einem Leiden
behaftet, das den Tod erwünscht machte, er der offen bekenne;
was er denke ! Was Jene lehreU; ist nicht sofort Evangelium;
häufig aber erregte die Art, wie einer lehrte oder die Sitten
des Lehrenden Tumulte. Er wünsche nichts Anderes, als Allen
zu nützen, den Fürsten und Bischöfen, wie den Pharisäern und
(Sophisten — wenn sie ihm auch feindselig gesinnt seien —
und auch den evangelischen Zungendreschern (rabulis). Viel-
leicht werde der Dank, der dem Lebenden verweigert ward,
seinem Andenken zu Theil. In einer Kachschrift zu diesem
Schreiben müht er sich, seine entschiedene Abneigung gegen
die lutherische Partei zum Ausdi'uck zu bringen. Dieses neue
evangelische Geschlecht habe eine neue Menschengattung er-
zeugt: hart; unverschämt, verfälscht, schmähsüchtig, lügnerisch,
Ränke schmiedend, unter sich uneins. Niemandem bequem.
Allen unbequem, aufi-ühreriscb, unsinnig; schwatzsüchtig; dem
SiUaiigsber. d. phil.-hüt. Cl. XCV. Bd. U. Bit. 39
596 Horawits.
Erasmus so verhasst^ dass wenn er eine Stadt wüsste, in der
Keiner von Jenen lebe, er dahin wandern würde. — So mtheilte
Erasmus, der dabei nichts so sehr fürchtete^ als dass er för
lutherisch gesinnt gehalten werde. Warf man ihm diess ja
damals schon vor mit der boshaften Bemerkung, er verheim-
liche es nur aus Furcht. >
Diess über Erasmus' Beziehungen zu Stromer. Der Be-
richt über das Ableben des Erasmus bestätigt die bisher be-
kannten Angaben über den Besitz und die näheren Umstände
beim Tode.
Löwen. L 30. Mal
Reuerendo patri Joanni Lango, Vicario Augustinensi^
Domino ac fratri sinceriter obseroando.
Reuerende pater ! Illud etiam atque etiam peto, ne meum
in te animum aestimes officio literarum; tot undique Uteris
obruor; ut uix sit ocium legere. Maiorem in modum deamo
tuum istum animum uere Christianum et Christianae pietatis
assertorem. Spero fore, ut CHRISTVS adspiret sanctissimis
tuis tuique similium conatibus. Hie hactenus mire saeuiunt
Papistae nunc demum ad ludendum concordes . . sed sunt ali-
quando mitiores, speroque futurum, ut illos aliquando suae
pudeat insaniae. Optimi quique amant libertatem LVTHERl,
cuius prudentia noA dubito quin cautura sit, ne res exeat in
factionem ac dissidium, siquidem hinc potius annitendum arbi-
tror, ut instillemus Christum hominum mentibus, quam ut cum
personatis Christianis digladiemur, a quibus nunquam referator
gloria uel uictoria, nisi sublata Romanae sedis tyrannide et
huius satellitibus, Praedicatoribus, Carmeiitis et Minoritis: de
1 Es ist nicht nninteressant, auch diese Aeusseningen zu betrachten: Post-
remo, considerans nitam Christianomm undique cormptiBsinuun etiamsi
pessime sensissem de Luthero, tarnen propemodum iudicatMm illam
ava^xatov xaxbv £?vat, qnod qui toUeret, toUeret id quod hoc statn tempo-
rum esset Optimum .... und Sunt apud nostrates plurimi, qni hJienX
Luthero, quod si praescissem huiusmodi rabulas prodituros, statim initio
professus fuissem me factionis hujus hostem. Ciericus HI. 893.
ErMmiana. 11. 597
improbis dumtaxat loquor. Id non video, quid absque graui
tamulta tcntare queat. Bene uale^ pater optime; cuius huma-
Ditati non sum nescius quantum debeam. Louanii 3. Calend.
Junias.
Atu dem Cod. Gothan. A. 399. Fol. 222 b.
Löwen. IL 17. October 1518.
Erasmus an Johannes Iiange.
Integerrimo Patri D. JOANNI LANQO Theologo
insigni.
Boni consulas, Theologorum candidissime, si me uincis
epistola^ modo ne cedam amore. Nam offendit nos Hessus,
homo dotibuB omnibus cumulatissimus; primum aegrotum, deinde
occupatiBsimum. ^ Staupitium uero magnum adamo^ sjcophantes
istos iam olim negligo. Quid enim aliud faciam? Quasi uero
debeam istis conscientiae meae rationem reddere. Mihi satis
est, quod Episcopis omnibus placeo^ quod Theologorum primis
ac optimis; si quod uitae genus uiderem^ in quo crederem
CHRISTO magis placiturum^ protinus amplecterer. Nam ani-
mum meum iam nee fama^ nee pecunia, nee uoluptas, nee
uitae cupiditas tenet. Munusculum tuum inter xoc (/.i^Xia (sie!) ^
fflea reponam et quidem chariora. De Cleopa ^ iam ipse Egra-
nus * erudite respondit. Eleutherium ^ audio probari ab optimis
quibusque. Sed aiunt iilum in suis seriptis sui dissimilem esse.
PutO; illae conclusiones placuerunt omnibus, exceptis paucis de
1 Genau dieselben Worte gebraucht firasmus an Mutian cf. Clericus III. 352,
wo auch das Lob des Eoban Hesse ausgesprochen wird. Cf. auch 364.
2 Natürlich ist xei|xi{Xia su lesen.
^ Die Us. hat cleopa.
* Cf. Contra Calumniatores suos Apologia in qua diuam Annam nupsisse
Cleophae 1518. Weller, Altes und Neues I. S. 183. Ueber diesen An-
bänger des £rasmu8 vgl. auch Seidemann, Thomas Mttnzer 1842;
Schmidt, Nicolaus Hausmann 1860; Herzog, Chronik von Zwickau. II.
AUg. deutsche Biographie.
^ Wie bekannt Bezeichnung für Luther.
39*
598 Horawiti.
purgatorio, quod isti nolont sibi eripi, ut xpb^ t2 oXf c-ra fftciens. '
Uidi Sjluestri insulsissimam responsionem. > Uideo tT|V r^j
^fa>|AdEvou du^jLt^iia^ (ut nuDc est ea sedes) (Jiovapxi'o^ pestem esse
Christianismiy cui per omnia adulantar praedicatores facie
prorsus perfricta. Sed tarnen haud scio, an expediat hoc olcos
aperte tangere : principom hoc erat negociom. Sed uereor, ne
hi cum Pontifice colladant in praedae partem uenturi. Demiror
quid Eccio in mentem uenerit, ut aduersus ELEVTHERIVM
pugnam capesseret. Sed quid non mortalia pectora cogis, Famae'
Sacra fames?
Inclyto duci; cuius ad me nomisma misisti, Suetonium a me
recognitum inscripsi. ^ Bene uale, uir eximie, nosque CHRISTO
tuis uotis commenda.
Louanii 16. Calend. Novemb. [1518].^
Erasmus Roterodamus.
Ans dem Cod. chart. 399. Bibl. Gothanae Fol. 222«.
LOwen. III. 9. April 152<).
Sraamus an Jodoous Jonas.
Eximio D. Jodoco Jonae Erasmus Roterodamus S.
Accepi postremas literas tuas amantissimas. Leo respon-
sum est; ut ille non habeat posthac quod hiscat, nisi uelit
conuitia congerere, quod in promptu est et meretricibus. Nqbc
superest alter actus, ut amici scribant literas censorias in Lenin,
1 Cf. Erasmi Adag. IIL 6. 31.
> Sylvester Prieras magister sacrl palatii f 1623. Ueber diesen Feiod
Renchlin^s cf. Cler. III. 516 f. und besonders 600. Cf. Boking, Opert
Hatteni Supp. II. 471 und Köstlin, Leben Lnther^s passim. Noch ihil
schreibt er über ihn (Clericus III. 1016): Lnthenu opposoit articalas,
Sylaester inepte respondit. Oder (Cler. 1042) Respondlt Sylnester Priera«
tarn feliciter, ut ipse Pontifex indixerit iUi silentiain.
> In der Handschrift steht erst Ann wie bei Virgil Aen. IIL 56, daim
wurde diess ausgestrichen und Famae fibergeschrieben.
« Cf. Clericus IIL 324, wo die Dedicationsepistel an Friedrich den Weisen
und Georg von Sachsen abgedruckt ist.
^ Die Jahreszahl ist tou einer anderen Hand dazugeschrieben.
ErMmiuA. U. 599
aed ita, ut laudent et doctos et principe» Angliae doctis fauentes,
Leum unoin onerent; et hunc magis rideant^ ut stultulam; ut
gloriosolam^ ut fucatulum, quam ut insectentur. Cuperem col*
ligi multas epistolas tales, quo magis obruatur. Colligantur a
doctis et ad me mittantur per certos homises ; ipse recognoscam
et curabo aedendas. ^ Sit in bis magna uarietas. Dedi Wil-
helmo NesenO;^ quo uos instituat. Nolim scire praedicatores
qualem amicum^ praestiterint LVTHERO. Haec Academia
coDcepit immedicabilem insaniam, periit Atensis^ sed odiosius
agunt Egmondensis et LatomuS; alter lippus^ alter claudus.^
Saluta amicos omnes; et si quid amant Erasmum, bunc Leum
tractenty ut dignus est. Bene uale. Louanii postridie Pascbae
Anno 1520.
Erasmus tuus.
Aus dem Cod. Oothan. 399. Fol. 231.
Basel IV. 17. Mai 1523.
Erasmus an Koni« Frans I.
Christianissime Rex, equidem magnopere cupiebam ista
naturae tuae benignitate uere Regia et singulari erga me fauore
toae maiestatis^ quem non promereor, propius uti, nisi haec
temponim tempestas obsisteret uotis nostris. Sed spero futurum,
^ Erasmus UesB erscheinen: Liber qao respondet annotationibns Ednardi
Lei, qnibns ille locos aliqaot taxare conatus est in quatnor enangeliis und
liber alter qno respondet reliqms annotationibns Ednardi Lei. Opera IX.
123. c. 199. Cf. auch die Basler Ausgabe von 1520, in der Briefe ali-
quot emditomm uiromm beigegeben sind ex quibns perspieuum quanta
sit Ed. Lei uirulentia.
3 Ueber W. Nesen cf. die eingehende Arbeit von Steitz (zuerst erschienen
im Archiv für Frankfurt, Geschichte und Kunst. VI. Band. 1877. 8. 36
bis 160). Bnrckhardt, Zeitschrift für historische Theologie. 1874. S. 567.
' Wird doch wohl animum heissen!
* Johannes Atensis, Kanzler der Löwener Universität (cf. besonders Opera
III. 865 f.), war eine Zeit lang Erasmus' Gegner, doch nicht so wie sein
erbitterter Feind der Carmeliter Nicolaus Egmond (cf. Hess, Leben des
Erasmns I. 299 flf.). Auch der Löwenef Professor der Theologie Jacob
Lotomns (Hess 1. c. 350 ff.) war mit Erasmus in eine Fehde gekommen.
Er schrieb: Adnersus libmm Erasmi de sarciendae Ecclesiae Concordia.
600 Horawitz.
ut deu8 propitius det nobis aliquam serenitatem, post hos tu-
multus idque breui. Interim pignuB quoddam haios mei in t«
animi mitto Paraphrasim in Marcum Euangelistani; ut qoataor
Euangelia fusius^ per nos explicata, titulo qaatuor praecipaomm
orbis Monarcharum quatuor mundi partibus commendentur.
Nam Matthaeum iam pridem dicaram Caesari, Tibi nnnc Har-
cuni; Lucam dicaui Regi Anglorum, Joannem Ferdinando Caroli
germano. Opto autem uotis ardentissimis a domino Jean, in
cuiuB manu sunt corda Regum omnium, ut quemadmodam
Codex EuangelicuB iam iungit uestra nomina^ ita breoi spiritns
EuangelicuB aeterna concordia iungat animos ueBtros. Scio tun
ingenio nihil esBe clementius, Bed bellum per se res est parum
Clemens. Scio per te non stare, quominus coeat paX; quam
Buspirant omnes boni, sed bona spes est futurum^ ut Caesaris
animum deus flectat ad moderatiora consilia. Id expedit et
uestrae felicitati, quae magis constabilitur et efflörescit mutiia
concordia^ et totius orbis tranquillitati.
Nos nihil aliud possumuS; quam optare quae sunt optima.
Quae uota si ualerent, omnibus bonis floreret tua Maiestas et
sub te Regnum longo florentissimum. Codicem recentem ad-
huc ab Officina statim misi ad Christianissimam Maiestateni
Tuam per Hilarium famulum meum^ fidelem et in bonis litteris
non uulgariter doctum, qui olim Tolosae diu professus : per hunc
si cognovero meum Studium tibi fuisse gratum, uehementer
gaudebo. Dominus Jesus Maiestatem tuam diu seruet incola-
mem ac florentem. Basileae XVI. Calend. Junias Anno 1523.
Folgt darauf die Translatio per Claadiam Cantiancnlara in fransösischer
Sprache.
Ans dem Cod. Pal. Abschrift Vindob. 8987. Fol. 36 f.
Basel. V. 21. NoTember 1523.
Erasmua an Johannes Faber.
Reuerendo Domino Johanni Fabro Canonico et Vicario
Constantiensi Domino meo plurimum obseruando NORI-
BERGAB,
EiMmüna. H. 601
Salue uir optime. Ex tua salutatione, quam mihi per
Oporinum > misisti, melius habui. Erat enim accurata et uenie-
bat ab amico et per amicum hominem. Spongiarum rursus
tria millia sunt excusa. Sic uisum est Frobenio. Odi ego tales
libelloB, nee multum irascor H VTTENO ; irascor bis^ qui mise-
nun hunc instigarunt non ob aliud nisi ob praedam; non du-
bito quin se breni prodituri sint. Nam rursus aliquid monstri
alitur Argentorati. LVTHERV8 uehementer execratur Spon-
giam: eins epistolam ad te misi. Scripsit et Oecolampadio me
esse Mosen sepeliendum in campestribus, nee multum tribuen-
dum Erasmo in his; quae sunt Spiritus. Haec sunt belli prae-
ludia. Absolui Marcum, absolui dominicam praedicationem, et,
nt intelligas me repuerascere Nucem Ouidii. ^ Aggredior Apo*
stolorum Acta ; coeptus est libellus de libero arbitrio. Non est
opus, mi Faber; ut admoneam prudentiam tuam. Scio te
CHRISTI negocium ea moderatione tracturum, ut non prodas
Euangelii sinceritatem Pharisaeis scribis et pontificibus. Ita
solidam laudem referes apud posteros. Habes principem indolis
optimae. Tu fac agas fidelem consiliarium. ^ BILLIBALD VM ^
nosti hominem eximiae]|prudentiae : ei me commendabis assiduo.
Expectamus aurulam pacis. Sed uides quäle sit coelum, periit
modo Adrianus, qui si gessit suum pontificium^CHRISTO; nunc
habet gloriam suam'^apud DEVM; ;habet suum iudicem. Tu
fac agas uirum Euangelicum, mi Faber. Erasmum tuum com-
mendabis illustrissimo principi^Ferdinando, cui omnia precor
foelicia. D. Mornarum diuitem remisit Anglia. Quam multos
ditat pauper ille; LVTHERVS. < Bene uale. Basileae XL
Calend. Decembr. M.D.XXIII.
Erasmus uere tuus.
Ana dem Cod. Gothanus 399. Fol. 232.
^ Der bekannte Basler Verleger.
^ 1624 erschien Commentarius Erosmi Roter, in Nucem Ooidii et duos
Hymnos Pradentii Basileae Jo. Proben. 8^.
3 Willibald Pirkheimer in Nürnberg.
* Der Momams ist der Th. Marner (vgl. über ihn Lappenberg, Ulen-
Spiegel).
1
602 Horawits.
BAsel. VI. • 3. Juü 1524.
Martino Huno medioo Erasmus Boterodamus S.
Quid actum ait de literis; quas absque titulo miBi dnci
GeorgiO; nondum potui liquido cognoscere. Scribunt Mosel-
lanum ^ e aiuis excessisse, iussisse, ut meae ad ipsum epi-
stolae exurentur. Hie sunt uarii tumultus et romores atrociores
in amicis, quibas profui et confisus sum. Elxperior ineredibilem
et iDgratitudinem et perfidiam. Ego tarnen mei aimilis esse
non desinam. Qni te huc comitatus est, co^t me haec scri-
be^ post decimam noctis. Johannes Moldenneldius^ capit tibi
esse commendatus. Bene uale. Postridie Visitationis Hariae.
Basileae 1524. A discessu tue nihil abs te literamm aceepi,
nee ab Eobano.
Erasmus tuus.
Aas dem Codex Gothanus 399. Fol. 231 *>.
Basel. VII. 6. September 1524.
Emditissinio Eobano Hesse Erasmus Boterodamus.
S. Eruditissime Eobane. Juuenis hie Johannes Moldenuel-
dius enixe rogauit, ut uel duobus te salutarem uerbis ac totidem
se commendarem. Utrumque facio. Vicissim te rogo, salutabis
nostnim Hunum, hominem prudentem et candidum. Opinor
uos isthic esse moderatiores quid? uel tua causa uelim.
Hie pseudolutherani magnifice tumultuantur, subuersuri et
LVTHERVM et bonas literas^ ni Deus . aliquis subueniat. Bene
uale^ uir optime. Basileae postridie Nonas septemb. 1524.
De libris tuis scripsi ; nondum scio, quid Frobenius ^erit
cum Beat 0,3 nam is habet tua carmina. ^ Typographi quae-
^ Petrus Mosellanus war am 19. April 1524 in Leipzif^ gestorben, rf. Ca-
4 merarins, Vita Melanchthonis 91 (Edit. Lips. 1723).
' Der Jüngling Johannes Moldenfeld wurde von Erasmqs an Eoban Hes«?
empfohlen.
^ Beatns Rhenanns ans 8chlettstadt.
* Es sind die dorch die Captina vermehrten Herolden gemeint, wegen der
er sich auch an Melanchthon wandte. Cf. Krause, Eobanus Hessns I. 4^^<
Ensmiftiift. n. 603
ront nunc uendibilia potiuS; quam optima. 6i uoleB; tentabo
Gallos.
Erasmua uere tuus.
Aus dem Codex Gothanus 399. Fol. 231 b.
Basel. VIII. 5. Febnuur 1528.
Ornatissimo D. Simon! Pistorio illustrissiino Saxoniae Duois
Cancellario S. p.
Post incredibiles tragoedias, quas hic excitauit Henri-
CU8 EpphendorpiuB; per bonos uiros res inter nos composita
est, conditionibuS; quaa ex hoc Francisco Dilfo, iuuene nobili
apad suoB loco et ingenii candidissimi, poteris cognoscere^
qoae an tibi uideantur aequa nescio, ego quietem hanc
paruo emptam arbitror. Accenderat illum epistbla ducis. Id
fore diuinabam, quum ex tuis litteris intelligerem ciuiliter
scriptam. Pro tuo tarnen studio, mi Pistori, gratiam habeo
maximam ; cupiebam relegere litteras tuäs, sed ad manum non
ueniebant. In bis, si memini, uideris parum magnifice de meis
scriptis sentirc; in quibus ais multa reperiri contra ueterum
decreta atque hoc colore me excusas, quod non sim Montani
aut Lutheri similis pertinacia. Omitto pertinaciam. Vellem
indicares mihi; quae sint illa dogmata mea pugnantia cum
priscis orthodoxorum dogmatibus. Nam ipse nondum inue-
nire potui, quamquam multa insunt, quae pugnant cum prae-
posteris hominum opinionibus ac uiciosis moribus. Videmus
mundum fatali motu tendere ad permutationem. Et hactenus
experti sumus, quid profectum sit Theologorum articulis
et clamoribus, quid quorundam saeuicia. Aliud, mihi crede,
remedium haec lues postulat. In exortu huius mali non audio-
bar bene monens. Nee in progressu sum auditus iterum ad-
monens. Nunc audio quosdam moliri sseuiora consilia ac uereor,
ne deterius etiam succedant Monarcharum consensu et qua-
rundam rerum uel abolitione uel correctione sedari poterit haec
teinpestas. Nee aliud uideo remedium. Haec scribo non in
fauorem istorum, qui sibi perniciem accersunt, mihi Optant
plerique, sed in principum reique publicae fauorem. Ac uereor,
604 Horawiti.
ne serio dicas nateS; Dimiam uerax. Si inier monarchas subito
pax coire non potest^ saltem in annos aliquot induciae con-
Btitui poBsunt. Interea cunctis consiliis inueniretur remediom.
Vides, mi Pistori; quantum odium totius Germaniae mihi con-
flarim, quam antea fuerim gratioBissimus. Doctos a me alie-
naui; quorum bona pars fauet nouis dogmatibus. Et tarnen non
ignorabam futurum^ ut stolidi quidam Theologi cum improbii
monachis me adorirentur animo gladiatorio. Neque enim mihi
unquam cum piis monachis aut synceris Theologis fuit unqaam
dissidium^ sed summa concordia. Nunc a monachorum rabie
nee Caesar; licet ex animo fauens, potuit tueri in Hispaniis,
nee a Bedarum ac Sutorom furoribus ipse rex Galliarum, mihi
toto pectore bene cupiens. Video migrandum e Germania,
gliscentibus odiis et inualescentibus sectis. Quod si mihi pilus
esset illiuB animi, quem tu uidere suspicari^ non haec peqo-
terer. Nee adhuc me poenitet. Verum de his nimis multa.
Tu me serenissimo principi commendare ne desinas. Bene
uale. Datum Basileae Nonis febr. An. 1528. Rogo sentiat hie
iuuenis se tibi per me non uulgari more commendatum.
Erasmus uere tuus mea manu.
Aatog^phon aus dem Cod. Seidel. Berolinenois.
Fr ei barg. IX. 15. December 1530.
Erasmus an HieronymuB Frobenioa.
S. p. Si paraphrasim in Vallam iudicassem editione
dignam, ultro tibi detulissem. Ordo litterarum ab asino inductus
facit opus inemendabile : praeterea multa sunt a stolidissimo
Alardo. Emmeo committam non in alind , nisi ut Colinenm
doceam desinere, quem arbitror mihi inimicum. Nam et Pan-
talabi alterum librum iam denuo excudit. Cum dabitur ocium,
opus illud retexam omisso litterarum ordine.
Non sunt Laconica tantum, sed alia innumera non edita
hactenus. Si excudetis opus ea forma, qua excudisti de liberali
institutione, erunt quaterniones plus quadraginta. Nee semper
uacat uobiS; nee semper habetis Chartas paratas. Et superest
BranniftDA. II. 605
quod parat GlareanuB, nee supersant nisi duo menses. Eis
feriis nataliciis mittam operis partem, ut possitis incipere. Si
fieri posset, cuperem maiuBCulis. Nam aut me Fallit in totam
animuSy aut opus erit ueodibile.
Si officina nestra pendet a me, pendet a putri funiculo.
Si inciderit hie bellum^ mihi fugiendum est: ut non iocidat,
haec aetas requirit ocium. Alius uobis quaerendus est. Animo
certe uobis non deero. Attamen inhumanum sit, si per uos
non liceat cuiquam humanum esse, praesertim si id fiat nuUo
uestro detrimento. Epistolas graecas noluisti committi Bebellio
sed uestri typi iam annis deeem parantur, patiar ut me plusquam
amico utamini, modo ne ut serico. Goclenium non poenitet
Erasmi, scribit enim se mea causa paratum facere omnia. Et
hoc nomine libenter illi debeo, quod puerum destitutum ad se
recepit. Ibi declarauit se esse uere amicum. De eruditione
quid sperandum sit nescio, tarnen sie arbitror melius perire
operam et impensam, quam si sordido seruiat negociatori. Et
Louanii poterit uiuere, etiamsi non uiuat apud Qoclenium.
Quamquam Qoclenius de eo nihil adhuc questus est.
Quod si uocandus esset ad artem sedentariam, malim illum
fieri Bcriniarium, opificium est mundum (f. 1 b.) et domi per-
agitur et discipulum nunquam sinit esse ociosum, et quouis
loco ars est in precio. Apud negociatores summa est adulescen-
tulorum corruptela, donec ueniant ad scabiem gallicam.
Quirinum meum dimitto in HoUandiam in Aprili, fortasse
non rediturum. Si uultis Erasmium esse apud me aestatem hanc,
donec despiciatur, minus impendet apud me et discet quantum
discunt famuli. Consultius tamen arbitror, ut Louanii maneat.
Non est pessimus famulus, etiamsi discipulus est permolestus.
Grynaeus misit ad me Claudium adolescentem, addens se
audisse ex te, quod cuperem famulum. At ego suspicor illum
esse erronem Euangelicum. Nam apud Quirinum fassus est,
se petere Wittenbergam, nee huc uenit ut famularetur, sed
ut uiaticum acciperet. Dedi illi supra duos florenos aureos.
Scripsi Grynaeo, ut eum seruaret Basileae treis menses, in sin-
gulos menses pollicitus coronatum, si id nollet, adderet duos
florenos pro uiatico; sed, ut uideo, Euangelicus erro, recta
contulit se Argentoratum dein Wittenbergam. Non indignor
Grynaeo. Nam et illum, opinor, fefellit. Malus genius auferat
606 HorAwits.
istoB EaangelicoB. Gaudeo tarnen me ab iUo liberatam esse.
Bene aale com amicis communibus et salata BonifaciamJ
Friburgi 18. Cal. Januarias 1Ö30.
Responde quam primom licebit.
Erasmus uere tnos.
M. Hieronymo Frob(enio) Basileae.
Von anderer Hand:
Luther 18. Cal. Janu. Anno 1530.
Fol. 2 a. leer.
AuB dem Cod. lat. Monac. 10358 = CoUectio Camerariana VIII Fol 1.
Freibnrg im Breisgan. X. 1533.
EraamuB an Karl [toh UtenhOTen]« ^
S. At no8 hie tot molestiis obruimur, ut uix ipsa hila-
ritas poBsit exhilarare, quo magis admiror, si meae Ktterae
tan tum hilaritatis attulerunt animo tuo. Qaudeo tarnen , mi
Carole, si modo tu uera scribis. Quod si quando rarius ad
te scribo, quam tu uellea, noli putare uel pilum meae in te
beneuolentiae decesBisse. Habes inter ^aXacoveou^ satis prolixam
ad te epistolam.
Scripsi pridem per huius ciultatis publicum nuncium. Ait
se litteras reddidisse Scheto. An ad te peruenerint nescio.
Scripsi simul ad quaestorem Flandriae, cuius filius nomine Flo-
rentius agit Patauii.
^ Ueber Alardus aus Amsterdam spricht sich Erasmns (Clericns III. 1024. E.)
wenig günstig ans; ein Brief des Alardus an Erasmns findet sich daselbst
S. 1660 f., des Emmeus geschieht eb. 1291 D. Erwähnung. Von Panta-
labns schreibt Erasmns (1169): Misi totam epistolam meam ad Begen
Franciscum nnde Pantalabns snmsit ansam calumniandi, quod me auetore
Rex defecisset a pactis. Der Colinfius, der erwähnt wird, ist der bekannte
Pariser Typograph (1- c. 1014), Konrad Goclenius (1456—1639) war Pw-
fessor der lateinischen Sprache an dem Collegium trilingue zu L5wen;
Erasmus nennt ihn (569) eine Zierde des Collegium Buslidianum. Cf.
Neu^, Le College des trois langnes (143—149). Ueber den Grieistes
Simon GrynäuB (1493—1541) cf. Bursian in der AUg. deutsch. Biographie.
QuirinuB (Talesius) war des Erasmus Amanuensis, den er n. A. 1529
(p. 1222) sehr anrtihmt. (Brief an ihn 1065).
3 Dass dieser Brief, dessen Adresse fehlt, an Karl von Utenhoven gerichtet
ist, zeigen der Zusammenhang und die darin vorkommenden Namen.
Ensmima. II. 607
Non erat necesse^ ut te tuo serico spoliares. Animus i8te(?)
taos mihi moximi muneriB loco est.
De nouis rebus, quae hie iactantur, cognosces partim e
BchediS; quas Qairino tradidi, partim ex ipsius relatione. Hol-
landuB est : mentiri si uellet, non posset. Jaetantur et hie pro-
digiosa quaedam de periuro quodam a duobus daemonibus
discerptO; de uico a daemonibus incenso. Risi mutoniatos istos
daemones.
Admonueram Liuinum ut aut uenaretur opimum saeerdo-
tium aut duceret uxorem, sed exemplo Seepperi bene dotatam.
Miror quomodo iuuenis ille abijciat sese, de quo ego spes am-
plissimas conceperam. Sed nondum abjeci spem omnem.
Fuit apud nos Martinus (sie !) Joaehimus, iuuenis egregie
doctus: uacillare uidebatur animo. Tandem aiebat se uelle
redire Gandauum, causans matris aetatem ac ualetudinem.
Quid agat, scire cupio.
Fuit apud D. Joannes Molendinus, mire ErasmicuS; sed
ille interim coUudit cum Barbirio, interuertente mihi pensio-
nem. Suspicor rem geri instructu Alexandri et Latomi; Galli
sunt, et nescio quo fato, Gallos habeo nunc minus propitios«
Officit mihi Germaniae nomen.
Resalutat te Glareanus, tibi ex animo bene cupiens. Amer-
bachius rarius hie est, recepta iam uxore. Vix eredas, quam
mihi doleat Carolum Sucquetum summae spei iuuenem sie
nobis ante diem ereptum. Ego Uli metuebam ob praecoces in
eo uirtutes. De te melius spero, qui gradatim ad summum
tendis gloriae fastigium. D. Guilelmo Walae uiro humanissimo
S. P. Tibi mi Carole precor omn interim tibi paro
epithalamium.
Datum Friburgi . . Brisgoae 1533.
Ammonii epistola noluit uenira; quam omnino an acce-
perim nescio. Rogo ut illum et Edingum meis uerbis salutes
° ^' Erasmus Rot. mea manu.
Antograph ans der Sammlang des Herrn Directors der Münchner Hof-
bibliothek Prof. D. K. ▼. Halm, der die besondere Gttte hatte, mir die Ver-
wendung der Abschrift zur Edition zu gestatten.
^ LiuinuB, Amanuensis des Erasmus, mit dem Beinamen Alg^tius, wird
▼on ihm (Clericus IH. 938 f.) bestens empfohlen, über seine Fähigkeiten
608 HorAwits.
Basel. XI. U. JqH 1536.^
Stromer an Georg Spalatinus.
Georgio Spalatino.
DomiDUB ErasmuB nuper morbo correptus^ XI. Jalii
uitam fininit, agens iam annum septuagesimom secundam.
Quicqnid reliquit facultatum, illud omne partim pauperum 8tu-
diosorum commodis et usibus promouendis legauit, partim egenis
et innuptis puellis honeste elocandis testamento consecrauit.
Sunt qui illum ^ circa septena millia aureorum (ne dicam plus)
reliquisse feruDt. £x uiuentis adhuc ore me audire comme-
mini: pradentis et circumspecti uiri esse^ parare et reseniare
nummum litis quo scilicet quamcunque fortunam et iniuriam
molestiamque faciliuB ferre possit. Hunc nummum et ipse eibi,
tot magnorum heroum liberalitate adiutus comparauit, quem
nunc post se relictum in sanctissimos usus erogandum statuit
Thesaurum omnium librorum suorum praesuli cuipiam am-
plissimo legauit, cui id ante aliquot annos (ut mihi dicit Fro-
benius) promiserat. Reliquit aureorum et argenteorum pocu-
lorum fere regium apparatum. Ad hoc numismatum aureorum,
quorum aliqua uiginti, aliqua decem, aliqua centum ducatos
ualeant, non uulgarem aceruum. Totus erat [omnium] nir
doctissimus in restituendo Graeco Origine, cui sie erat, etiam
ui morbi iam quam maxime urgente^ addictus, ut ab illo non
citius discesserit, quam mors ipsa e manibus scribentis calamum
extorserit. Ultima uerba, quibus iterum atque iterum repetitis
spricht er u. A. 902. Martianus Joachimus, ein Genter Arzt und Freund
des Erasmns, Brief an ihn 1. c. 1137; Johannes Molendinus — Erasmns
nennt ihn 1. c. 366 Hominem naris emunctae — wird auch 305, 901 und
1577 g^enannt, Karl Sucqnetus war wohl ein Verwandter der Brüder
Anton und Johannes Sucquetns, der Freunde des Erasmus (1. c. 739, 752,
909, 1329, 1746). Petrus Barbirius (v^L den Brief des Erasmus an ihn
649 f.), ein Correspondent des Erasmus, den dieser mit sehr wechselnden
Gefühlen betrachtete. 1529 (p. 1176) hielt er ihn für fShig, ihn um die
pensio Curtracensis gebracht zu haben. Des Rathes Wilhelm Vala wird
oft (160, 684, 1154, 1065) lobend gedacht, den Andomarus Eding nennt
er 1529 einen Menschen niueis moribus.
^ Datum offenbar falsch, vielleicht soll es XV. heissen.
3 Die Hs. hat iUod.
EnsmiaM. ü. 609
ac magnis sttspiriis (ut animam uere Cfaristianum agnosceres)
editisy terram reliquit, haec fuerunt: 0 Jesu Christen fili Dei
miserere mei, misericordias Domini et iudiciam caotabo. Haec
dicentem mors illico oppressit. Funus honorifica ac magnifica
sepaltura coratum est, in summi templi aedito loco, iuxta ritus
Christianae Ecclesiae. Prodierunt in funus singuli Senatoriae
dignitatis Ordines ac totius Reipublicae Basileensis maximi
qaique proceres. Quicquid denique Basilea habuit literarum
ac tdrtutis scientissimum ac studiosissimum, illud omne maximo
dolore confectum defuncto corpori hoc officio gratificati sunt.
Ex Basilea XI. Julii. Anno Christianorum MDXXXVI.
StromeruB sen.
Abschrift aus dem Ende des XVII. Jahrhunderts im Cod. chart. B. 187
d. BibL Gotban. Fol 270.
610 HorAwits. BrMBiMW. U.
Emendation des In meinen Engnüana I. abgredmekten Briefes
des Erasmos an Johannes Ijanfpe.
S. 456, Z. 2 rem gessiBset, ita etiam tractatar. ^
Z. 3 Znniga qnidam edidit librnm.
Z. 5 sna uenena. '
S. 467, Z. 4 certa a me proficisci nolim?
Z. 6 Oecolampadioque.
Z. 9 Louanii.
Die gesperrten Worte sind im Apograph des Codex Grothaniu enthalten.
1 ita tractatar nahm ich sehon in Erasmiana I. 466, Nr. IV an.
^ snum nenenum nahm ich Nr. VIII an.
XXm. SITZUNG VOM 12. NOVEMBER 1879.
Die Direction des k. k. Staatsgymnasiums zu Freistadt
spricht den Dank ans ftir die Ueberlassucg akademischer Pabli-
cationen.
Herr Dr. Gastav Winter, k. k. Archivs-Concipist in
Wien, überreicht ein Manuscript: ,Da8 Wiener-Neustädter Stadt-
recht des 13. Jahrhunderts. Kritik und Ausgabe^ Der Herr
Verfasser ersucht um Veröffentlichung desselben in dem ,Archiy^
An Drucksohriften wurden vorgelegt:
Accademia Reale dei Lincei: Atti. Anno CCLXXV. 1877/78. Serie ^I^
Memorie della Classe di scienze morali, storiche e filologiche. Volumo II.
Roms, 1878; 4^.
Commission imperiale arch^olo^que : Compte-renda ponr Tann^e 1876 et
Atlas. St-P6tersboarg, 1879; Folio.
OoAellschafti fürstlich Jablonowski*8che, zu Leipzig: Preisschriften. XXL,
Dr. Po hl mann, Die Wirthschaftspolitik der Florentiner Renaissance und
das Princip der Yerkehrsfreiheit. Leipzig, 1878; 4^. — Jahresberichte im
März 1878 und 1879. Leipzig; 8».
— der Wissenschaften, köuigl. sächsische, zu Leipzig : Berichte Über die Ver-
handlungen. Philologisch- historische Classe. 1875, IL Leipzig, 1876; 80.
1876. Leipzig, 1877; 8«. 1877, L IL Leipzig, 1878; S». 1878, I. Abthei-
lung, I. II. Leipzig, 1879; 8». IL Abtheilung, IIL Leipzig, 1879; 8«.
— Abhandlungen des VII. Bandes, Nr. V: Der Graltempel, von Friedr.
Zarncke. Leipzig, 1876; ^^, Nr. VI: Ueber die Leges regiae, von Moriz
Voigt. I. Bestand und Inhalt der Leges regiae. Leipzig. 1876; 4^. Nr. VII:
II. Quellen und Authentie der Leges regiae. Leipzig, 1877; 4^. Nr. VIII:
Sitivikpber. d. phiL-hist. Gl. XOY. Bd. U. Hft. 40
612
Der Priester Johannes. I. Abhandlung, von Friedr. Zarncke. LeipBg.
1879; 4^ Des VIII. Bandes, Nr. I: Der Priester Johannes. IL Abhand-
long. Leipzig, 1879; 4^
Istitnto Veneto di scienze, lettere et arti: Atti. Tomo tereo, lerie qnioüL
Dispensa 8*— 10*. Venezia, 1876/77; 8^ Tomo qnarto, serie qnints. Dis-
pensa l*-9*. Venezia, 1877/78; 80.
Mittheilnngen ans Justos Perthes* geographischer Anstalt tob Dr. A.
Petermann. XXV. Band, 1879. X. OoÜia, 1879; 4<>.
Museum - Ve rein in Bregenz : XVIIL Rechenschaftsbericht über den Vereins-
jahrgang 1878. Bregenz; 8«.
tRevue politique et litt^raire' et ,Revue scientifique de la France et d«
rÄtranger*. IX« Ann6e, 2« SÄrie. Nr. 19. Paris, 1879 ; 4«.
Sanpere j Miguel, Salvador: Origens j Fonts de la Nado Ctlslua
Barcelona, 1878; 8^
Smithsonian Institutxon: Annual Report for the year 1877. Washington,
1878; 80. ~ Misceilaneous CoUections. Volnmes XIII, XIV and XV.
Washington, 1878; 8».
United States: Oeological and geographica! Survey of the territories. Tenth
annual Report Washington, 1878; 8^. — Bulletin. VoL IV, Kumber 4.
Washington, 1878; 8^
Verein, historischer, zu Bamberg: 41. Bericht über Bestand und Wirken im
Jahre 1878. Bamberg, 1879; 80.
Vntb. Ubinrieh ▼. Veldeke a. d. Oeneais d. romuit. a. heroisch. Epik nm 1190. 613
Heinrich von Veldeke und die Genesis der roman-
tischen und heroischen Epik um 1190.
Eine kritisohe Abhandlung
Ton
Bichard von Mutlu
Jus soll im Folgenden der Versuch gemacht werden, nach-
zuprüfen, inwiefern die Ergebnisse der vielen Einzelnunter-
suchungen und die aus derselben resultirende Auffassung der
litterarischen Verhältnisse noch übereinstimmt mit dem Bilde,
das wir, Volk und Gelehrte, Schule und Litteratur, von den
Zuständen der neunziger Jahre des XII. Jahrhunderts und zu
Beginne des folgenden; der gerne sogenannten ersten classischen
Periode des deutschen Volkes, zu entwerfen pflegen. Eine der-
artige Einkehr und Umschau ist bei historischen Untersuchungen
jeder Art gerathen, weil sonst leicht gewisse Vorstellungen
typisch werden und der Forscher Gefahr läuft, unter die Herr-
schaft eines Schlagwortes zu kommen, das die Unkundigen
natürlich um so lieber aufnehmen, je bequemer dasselbe ist.
In dem speciellen Falle ist ein neuer kritischer Sondengang
um so dringender geboten, als durch einige unerwartete Funde
eine nicht mehr zu gewärtigende und daher desto überraschen-
dere Bereicherung unserer Kenntnisse eingetreten ist. So
natürlich es demnach scheinen mag, wenn man erklärt, dass
solche erfreuliche Funde nicht nur eine ästhetische Würdigung
finden müssen, sondern dass es nothwendig sei, dieselben auch
ihrer, man möchte sagen, individuellen Natur nach, das heisst
als historische Documente in Betracht zu ziehen, so wenig ist
dies bisher noch der Fall gewesen.
Selbst ein älterer Fund, der vor unge&hr einem Viertel-
jahrhundert gemacht wurde und von welchem wir unten aus-
zugehen haben werden, eine Dichtung, durch die derselbe
40*
614 Math.
Mann an die Spitze der Litteraturgeschichte zweier in ihrer
sprachlichen und politischen Entwicklung seither geschiedenen
Nationen tritt^ der Servatius Heinrichs von Veldeke hat zwar
durch Gervinus und seither aurch Jonckbloet eine eingehende
ästhetische Würdigung erfahren, in Beziehung auf seine chrono-
logische Bestimmung dagegen ist dem ersteren Forscher ein
Versehen begegnet, das die litterarhistorische Darstellung seit-
her zu berichtigen noch keine Gelegenheit gefunden hat Ist
also hier Stoff zur Nachprüfung gegeben, so drängten noch
mehr hiezu neuere Handschriften; nicht so sehr das auf Schloss
Spiez entdeckte Manuscript von Hartmanns Gregorius mit der
vollständigen, bisher unbekannten Einleitung, obwohl andert-
halbhundert Verse eines alten Classikers eine wichtige Be-
reicherung unseres Materiales sind, um so wichtiger, als dieselben^
wie sie von roher Schreiberhand überliefert vorliegen, dennoch
ohne jede Emendation sich zwanglos und ganz den aufgestellten
und anerkannten metrischen Grundsätzen und Regeln fugen.
Höheres Interesse durfte der Trierer Fund in Ansprach
nehmen, der ein Jahrzehnt früher, als wir anzunehmen sonst
wohl gewagt hätten, in ^iner Handschrift vereinigt zeigt ein
höfisches Rittergedicht nach französischem Muster mit zwei
Legenden desselben Stiles, deren eine aber an Dichtungen etwas
älterer Richtung, die uns erhalten sind, unmittelbar anknüpft
Sehen wir aber ab von diesen geistlichen Epen, dem
Aegidius und Silvester, dem mitteldeutschen Pilatus, dem bai-
rischen (?) Servatius, auf den übrigens noch zurückzukommen ist,
und einigen andern, so besitzen wir allerdings nur in Ueber-
arbeitung oder Bruchstücken der Originale nicht weniger als
drei Dichtungen ritterlichen Inhaltes, die an grösserer oder
geringerer Formenstrenge genau dem Zeitpunkte ihrer Ent*
stehung entsprechen: diesen Flore neben den räthselhafien
Fragmenten der halb heroischen, halb romantischen G-eschichte
vom Grafen Rudolf, der im folgenden Jahrhundert in freilich
stark veränderter Gestalt als Crane wieder auftaucht, und die
Reste der ältesten deutschen Tristanbearbeitung Eilharts von
Oberge, von der wir uns aber mit Hilfe der wohl erhaltenen
Bearbeitung ein völlig zureichendes Bild machen können.
Es ist klar, dass diese Fragmente zufällig erhaltene
Trümmer einer zu Grunde gegangenen Litteratur sind.
Heinrich v. Voldeke n. d. Genesis der romantischen n. heroischen Epik nm 1190. 615
Auch die Ursachen sind durchsichtig und darlegbar, aus
denen die Erzeugnisse jener Tage keine dauernde Geltung ge-
winnen konnten.
Unmittelbar nach dem Auftreten dieser, noch mit der
Form ringenden Männer, von denen wir einen einzigen mit
Namen kennen, trat die Periode ein der classischen Form-
strenge und demonstrativ ward jedes Werk perhorrescirt, das
dieser ersten und unausweichlichen Anforderung nicht zu ge-
nügen vermochte — mit desto grösserer Entschiedenheit, je jünger
es war. Dass die Männer der jüngeren Periode auf den Schultern
jener stehen, haben sie vergessen oder nie eingesehen. Heinrich
von Veldeke, im strengsten und engsten Sinne ein Zeitgenosse
Eilharts, ist erst als Greis geworden, was wir einen Classiker
nennen. Wir müssen uns das Verhältniss ähnlich denken, wie
die Stellung des classischen, zwischen 1780 und 1795 sich auch
erst sehr allmählich abrundenden und abschliessenden Kreises
von Weimar zu den Stürmern und Drängern; nur dass es sich
ein halbes Jahrtausend früher nicht um Principien und deren
Ausdruck handelte, sondern nur um die Form des Ausdruckes,
die Form ganz allein, und nicht um die Absichten, sondern nur
um die Fähigkeit des Autors.
Und wie im XVIII., ist auch im XII. Jahrhunderte ein
Fürstenhof Mittelpunkt und Ausgang jener tyrannischen Be-
wegung. Allerdings lassen sich hieran einige offene Fragen
knüpfen.
Wenn von Fürstenhöfen, an denen die litterarische Be-
wegung culminirt, die Rede ist, denkt man zunächst an den
thüringischen imd den österreichischen ,Mu8enhof*, eine Be-
zeichnung, die durch die Romantiker, zuvörderst August Wilhelm
Schlegel, in die Litteraturgeschichte eingeführt worden sein
dürfte. Offen ist nun die Frage, worauf sich die vorwiegende
Werthscbätzung dieser beiden Höfe gründe; wie dieselben zu
ihrem Rufe gelangt seien und in welcher Weise sich ihr Ein-
flass geäussert habe? Die erste Frage erledigt sich wohl damit,
dass neben den bekannten Aeusserungen Walthers der Umstand,
dass zwei Menschenalter später eine sagenhafte Verherrlichung
der beiden Höfe im Gedichte vom Wartburgkriege möglich
war, genugsam Zeugniss gibt von dem in dieser unbestimmten
Allgemeinheit wohl unanfechtbaren Urtheile der Zeii^enosseu.
616 Math.
Der dritte Punkt wird sich auch in präciser Weise dahin er-
ledigen lassen, dass während wir in Thüringen eine Reihe der
Hauptvertreter der romantischen Richtung in ununterbrochener
Folge verkehren sehen, der Hof von Wien vorwiegend der
Pflege volksthümlicher Epik zugewandt war.
Nur 80 kann der Hof der Babenberger solche Bedeutung
erlangt haben.
Denn während wir auf der Wartbui^ 6inen Mann im
Mittelpunkte der litterarischen Bewegung sehen, den Landgrafen
Hermann, dem sich in Folge familiärer Beziehung jener Dichter
zuwendet, den schon die nächste Folgezeit als den Begründer
der streng classischen Richtung ansieht, Heinrich von Veldeke,
dem wieder eine ganze Reihe namhafter Männer folgt, sehen
wir in Wien den Thron in rascher Folge von drei Fürsten
eingenommen, die einer in des andren Fussstapfen tretend,
doch keinen gleich erlesenen Kreis um sich sammeln und
dessenungeachtet und mit vollem Rechte nicht geringeren
Ruhmes sich erfreuen. £s waren demnach zumeist fahrende
Leute und einheimische Ritter, deren Namen verklungen sind,
die den hohen Ruf des babenbergi sehen Hofes begründet haben.
Den äusseren Anstoss aber für diese mit einem Male so
mächtig emporquellende litterarische Bewegung pflegt man in
dem Unternehmen zu sehen, das überhaupt in jenen Tagen die
Gemüther in die höchst« Erregung versetzte, dem Kreuzzuge
Friedrich Rothbarts.
Die Richtigkeit und Stichhältigkeit dieser Behauptungen
war zu untersuchen.
Es wird sich zeigen, dass in der That die Bedeutung des
dritten Kreuzzuges, der noch einmal die gesammte abendlän-
dische Christenheit in allen Schichten auf das tiefiste err^e,
nicht überschätzt worden ist; es lassen sich aber auch die
Fäden nachweisen, die den Zusammenhang der litterarischen
Centren jener Zeit, der nicht ganz so lose war, als es wohl
den Anschein hat, vermitteln; wir werden auf Beziehungen
stossen, die zwischen den Häuptern der litterarischen Kreise
obwalten und die zumeist während jener Kreuzfahrt angeknüpft
scheinen.
So wird sich auch der sonst unerklärliche litterarische Erfolg
der Eneit Heinrichs von Veldeke erklären ohne allen Zwang,
Heinrich t. Veldeke n. d. Gtonesis d. romantischen n. heroischen Epik um 1190. 617
einmal aus der allgemeinen; mächtigen Erregung der Geister,
dann aus seinen ausgebreiteten Verbindungen an einflussreicher;
ja maassgebender Stelle; wenn sich aber nichts desto weniger
herausstellen wird, dass heute wie damals dieser Dichter sowohl
als seine Dichtung, nicht so sehr in Bezug auf inneren Werth
als vielmehr die litterarhistorische Bedeutung, wesentlich über-
schätzt worden sind, ist dies Resultat, wenn damit wirklich
eine falsche Grösse aus unserer Litteraturgeschichte beseitigt
oder vielmehr auf ihr richtiges Maass zurückgeführt werden
sollte, nicht, wie Anhänger einer bestimmten Schule unter der
harmlosen Maske statistischer Controle jüngst wollten, als. ein
Ausfluss modernes Pessimismus zu betrachten, sondern ganz
einfach als gefunden und errungen als das, was sein Autor (är
wahr hält, ausgehend von jener gesunden Skepsis, die nach
Herbart der Anfang alles Forschens, wie nach Lessing die
höchste Befriedigung des Forschers selbst ist.
Vorbemerkung über die Litteratur.
Da die Aufsätze und Abhandlungen, die Heinrich von
Veldeke betreffen, nicht so allgemein bekannt und, da seine
Dichtungen vornehmlich Object der sprachlichen Untersuchung
gewesen sind, viel zerstreuter sind, als die über andere höfische
Epiker, dürfte es am Platze sein, eine Bemerkung über das
zu dieser Abhandlung benützte Materiale — ohne Anspruch auf
kritische Vollständigkeit — vorauszuschicken.
Von allgemeineren Werken wurden neben den bekannten
und geläufigen Litteraturgeschichten, in denen nur eine Be-
merkung Martins in Wackernagels Littg. §. 56, 7 wichtig ist,
angezogen Jonckbloets Geschichte der niederländischen Litte-
ratur und Cholevius' Geschichte der deutschen Poesie nach
ihren antiken Elementen.
Von Veldeke's Werken sind nur die Lieder wiederholt
herausgegeben (von Ettmüller und in den bekannten Samm-
lungen); auf Myllers Abdruck zurückzugehen war keine Ver-
anlassung; ebensowenig boten die Fragmente in Pfeiffers
Qaellenmaterial Neues; desto mehr die vom Verfasser zum
erstenmale verglichene Wiener Handschrift Nr. 286 L — Die
618 sfuth.
Einleitungen von Ettmüller zur Eneit und in höherem Haasse
die von Bormans zum Servatius stellen wichtiges Matmale
in übersichtlicher Form zusammen. Die Geschichte der Grafen
von Loz ist von Mantelius (s. im Texte) behandelt. — Ser-
vatius' Vita und Translatio stehen Mon. Germ. SS. Xu. 87
— 126, VII. 161 — 189; der hochdeutsche Servatias ist von
Haupt im V. Bande seiner Zeitschrift herausgegeben.
Den Ausgangspunkt für die chronologische Untersuchung
bildet die Note Lachmanns zu Iw. 6943; för die sprachliche
Gramm. 1, 453 — 455; in v. d. Hagens Minnesingern er-
scheint Veldeke 4, 72—79.
Leicht zu übersehen ist der reiche StoflF, den Pfeiffer
bietet in seiner Anzeige des Minnesangsfrühlings, Germ. 3, 484 f.,
insbesondere S. 492 — 496; sehr unglücklich ist dagegen ein
Aufsatz Bartsc h's über den Servatius, worin er gegen die Echt-
heit einzelner Theile polemisirt, Germ. 5, 406 - 431 ; gegen ihn
kehrt sich vielfach W. Braune in seiner eingehenden Ab-
handlung über Veldeke in Zachers ZfdPhil. 4, 249—304, der
ein Aufsatz desselben Autors zur Kritik der Eneide ZfdAlt
16, 420—436 vorangieng, worin er jedoch ausschliesslich über
das Handschriftenverhältniss handelt. Von Belang ist ausser-
dem eine Abhandlung Müllenhoffs zu BViedrich von Hausen
ZfdAlt. 14, 133 f. (insb. S. 136), gegen den sich Lehrfeld
richtet, Paul-Braune 1, 345 f. (insb. S. 356).
Von gröBster Wichtigkeit für unsere Zwecke ist endlich
die von Alex. Pey durchgeführte Vei-gleichung der Eneit mit
ihrem französischen Original: L'En^ide de Henri de Veldeke
et le roman d'Enöas, attribuä k Benoit de Sainte More in
Wolfs und Eberts Jahrbuch f. roman. u. engl. Lit. 2, 1 — 45.
Heranzuziehen ist mit den Autoren der gleichen Periode
vom gräven Rudolf bis auf Hartman und Herbort das dieselben
betreffende Materiale, vornehmlich die Einleitung Lichten-
Sterns zu Eilharts von Oberge Tristan und einige Bemer-
kungen zu Lamprechts Alexander^ dann alles die Trierer
Fragmente Betreffende.
Dass der Umfang den Werth der Arbeit nicht bestimmt,
tritt nicht leicht wieder so hervor; die höchste Bedeutung be-
sitzen noch immer und Grundlage und Ausgangspunkt der
Untersuchung bilden noch heute die citirten Stellen von GWmm
Heiniiob t. Yeldeke a. d. Genesis d. roman tischen n. heroischen Epih um 1190. 619
und Lachmann; nach ihnen besitzen für das vorliegende
Thema speciellen Werth nur die Aufsätze von Pfeiffer, Pey
und Braune.
I. Heinrich yon Yeldeke und seine Werke.
Ueber wenige Männer war man zu allen Zeiten gleich
einig im günstigen Urtheil, wie über Heinrich von Veldeke:
seine litterarische Stellung scheint so determinirt^ sein Einfluss
so epochemachend, sein Ruhm so festgegründet, dass es guter
Gründe bedarf, gegen eine derartige Einstimmigkeit ein neues
und abweichendes Urtheil zu entwickeln. Leider hat sich die
Forschung mit diesem Dichter nicht in gleichem Maasse be-
schäftigt, wie mit dem liebenswürdigeren Hartmann oder
Walther, die unserem Gefühle minder fremdartig sind, und die
wenigen Arbeiten, die ihm gewidmet wurden, behandeln seine
Werke beinahe ausschliesslich nach der sprachlichen Seite,
die des Interessanten und Strittigen allerdings genug bietet.
In litterarhistorischer Beziehung war man so einig, wie gesagt,
und schien sich so wenig Neues beibringen zu lassen, dass
man selbst die grossen Funde, den Servatius, die Trierer Epen
einfach ein- oder richtiger in der Reihe vorschob — der Zeit
nach, ohne eine üeberprüfung des Qesammtresultates für
nothwendig zu halten und sich die Frage vorzulegen, ob die
herkömmliche Darstellung noch zu den Resultaten der Gegen-
wart stimme? Fehler, die einmal in die litterarhistorische Tra-
dition eindringen, herrschen durch Menschenalter — und so
ging es auch mit der Chronologie der Werke Heinrichs. Ger-
viuus, der dem Servatius eine eingehende litterarisch-ästhetische
Würdigung zu Theil werden Hess, das rein historische Moment
aber völlig vernachlässigte, hat zuerst arge Verwirrung in
diese Frage gebracht, ohne dass dieselbe bisher auch nur be-
merkt, geschweige denn berichtigt worden wäre. (Gesch. d. d.
Dicht. I.*, 453.)
Von Heinrich von Veldeke sind uns ausser einer Anzahl
(etwa 50 Strophen) ' lyrischer Gedichte zwei vollständige Epen
* MSP. Nr. IX. 8. 56 — 68; versuchte Herstellung einer niederdeutschen
Urform vor Ettmiillers Ausgabe der Eneit, 8. 3 — 14.
620 Math
und von einem dritten nur der Titel erhalten. Sein Hauptwerk
ist die Eneit, in fünf vollständigen Handschriften (abgesehen
von einigen, genau classificirbaren, nicht allzu werthvoUen
Fragmenten in Pfeiffers Quellenmaterial) erhalten, von denen
eine der heute nicht mehr brauchbaren ersten Ausgabe in
Myllers ^Gedichten des XII. und XIII. Jahrhunderts' zu Gründe
liegt; zwei, die zusammen die dem Urtexte fernest stehende
Gruppe bilden, von Ettmüller für seine Bearbeitung herange-
zogen wurde; eine gar erst zu den Zwecken dieses Aufsatzes
zum erstenmale verglichen worden ist, so dass wir thatsächlich
noch keine kritische Ausgabe dieses Werkes besitzen. Einer
solchen stellen sich auch, wie sich noch zeigen wird, unge-
wöhnliche Hindernisse in den Weg, denn während bei anderen,
Hartmann etwa, die Ueberlieferung so reichlich und sicher
fliesst, dass wir Sprache und Stil, Reim und Brauch des Dichten
auf das genaueste kennen und mit apodiktischer Sicherheit
sagen können, ob eine Stelle apokryph ist oder nicht, maogelt
bei Heinrich derartige Beglaubigung gänzlich, da uns das
Original jedenfalls verloren ist imd die beiden Gruppen be-
denklich differiren; dennoch ist mit Hilfe der dem Originale
näher stehenden Sippe GH (Gothaer und Heidelberger Hand-
schrift), die Ettmüller mit Unrecht gegen die freier redigirende
BM (Berlin-Münchcner) hintangesetzt hat, ein leidlicher Text
herzustellen. Im Folgenden ist stets nach Ettmüller citirt W,
die Wiener Handschrift (cod. pal. 2681), die schon dadurch
überaus merkwürdig ist, dass sie einen um wenigstens 2000
Verse gekürzten Text bietet und dessenungeachtet, und wie-
wohl sie schon im ältesten kritischen Handschriftenkataloge
der Wiener Hofbibliothek von Hofmann aufgenommen ist, von
den Veldeke-Forschern bisher völlig ignorirt wurde, steht der
Gruppe BM nahe, aber nicht ohne Eigenthümliches zu bieten
und stellenweise vielleicht das Echte zu retten. ^ Ueber die
Mundart der Stammhandschrift ist noch zu handeln.
Dagegen liegt der Servatius, von dem wir lange nur aus
Püterichs Ehrenbriefe Kenntniss hatten, nur in einer HAndschrift
vor, die unzweifelhaft den Orginaltext wiedergibt, wenngleich
sie selbst erst aus dem XV. Jahrhunderte stammt, und zwar in
i S. Beilage I.
H«tBrieh t Veld^ke n. d. Oeaesis d. ronantisclieB q. heroiseheii Epik um 1190. 621
niederdeutscher oder, genauer ausgedrückt^ niederfränkischer
Sprache und zwar speciell in der (der Kölner nächstverwandten)
Mundart des Limburger Ländchens. Sinte Servaes ward 1858
au%efunden und sowohl in den Annales de la socUte historique
et archiologique de Maestrichi als selbständig (Sinte Servatius
legende wn Heynrijk van Veldeken uitg. d. J. H. Bormans,
Maestrieht, 1858, 285 S., 8^) herausgegeben. Das dritte, nach
den Angaben eher höfisch-erotisch, als, was wohl auch möglich
wäre, biblisch-legendarisch angelegte grössere Qedicht handelte
von Salomon und Venus; es wird Heinrich zugeschrieben von
dem uns leider unbekannten Verfasser des Moriz von Craon,
dessen Nachricht aber durchaus nicht anzuzweifeln ist, da sich
derselbe als ein nicht nur im Sinne der Zeit geisti-eicher,
sondern auch belesener Autor zeigt (er kennt die Kaiserchronik,
das Rolandslied, ein Gedicht über den trojanischen Krieg —
vielleicht jenes, das der abrupte Anfang der Eneit, die hierin
ihrer französischen Vorlage folgt, vorauszusetzen scheint: also
ein französisches? — für den ihm gleich Herbort Dares als
Hauptautorität erscheint v. 37). Die ganze merkwürdige Stelle,
die übrigens überdies noch dem XH. Jahrhunderte angehören
mag, lautet: ^
1156 daz bette mohte wol sin —
sd kan ab ich niht sagen baz,
wan l&t ez sin alse daz,
an siner güete gelicb,
daz von Veldek meister Heinrieb
machte harte schöne
dem künege Salomöne,
da er üf lac unde slief,
da er inne Venus ane rief,
biz daz si in erwakte:
mit ir bogen si in erschrakte,
si schdz in an sin herze
daz in der selbe smerze
drukte nnz an sin ende:
er muste in ir gebende;
^ Aaftnerksam gemacht zu haben auf diese SteUe, ist das Verdienst des
Mannes, der auch den Moriz von Craon gleich vielen anderen gleich-
zeitigen Werken aus der wüstesten Form auf das glänzendste hergestellt
hat, M. Haupt MSF. S. 258 zu 66, 23.
622 Hnth.
■wie wis 86 er wttre,
81 machte in witse l«re.i
Heinrich selbst scheint einmal MSF. 66, 23 diu mmne
iwanc e Salomone anzuspielen , so dass der den Inhalt an-
deutende Titel vielleicht ähnlich lautete, etwa wie der nunne
kraft den künec Salomone twane. Interessant wäre uns der
Besitz dieses Gedichtes schon darum, weil es möglicherweise
zwischen den beiden Werken Heinrichs, von denen ihn d&s
eine noch im Ringen mit der Form, das andere als den voll-
endeten Beherrscher derselben zeigt, eine Mittelstellung ein-
nahm.
Ueber das Leben Heinrichs sind wir seit Auffindung deB
Servatius genügend unterrichtet, besser als über das aller übrigen
epischen Dichter jener Zeit.
Heinrich von Veldeke hat den Servatius gedichtet in der
Mundart seiner Heimat; Veldeke ist ein Dörflein in der Nähe
der Abtei S. Truyden (Trond) bei Maestricht, der Stadt, die
nächst Utrecht zumeist jenen Heiligen, den sich auch Heinrich
zum Patron gewählt, verehrt hat; Schutzherren der Truydener
Abtei waren die Grafen von Loen (Loz); auf Bitten der Gräfin
Agnes und des Castellans Hessel hat Heinrich das Gedicht ver-
fasst. Leider besitzen wir neben diesen Umständen, die er
selbst uns angibt, Serv. 1, 141—200. 3225—3254. 2, 2920-
2974, kein urkundliches Zeugniss fiir die Person des Dichters.
Veldeker kommen dann im XHI. Jahrhunderte mehrfach vor
als milites in den Urkunden von S. Trond. Wir haben also
in Heinrich, wie in Hartmann, einen Ministerialen, der in enger
Beziehung zum Herrenhause steht. Nur beiläufig, weil Bormans
ernstlich daran gedacht zu haben scheint (. . .,'si j'^tais plus
certain qu*il ne fut pas clerc lui-mgme' S. 2), erinnere ich,
dass Heinrich kein Geistlicher war, wiewohl er Latein kannte,
da er nach der translatio S. Servatii ^ gleich seinem oberdeutschen
Concurrenten, allerdings einem Cleriker, und Französisch, da
1 Das Bild, worauf 1166 angespielt ist, von der ininne (Cnpidos) bogen,
findet sich, wie mich Heinael gütigst aufmerksam macht, £n. 38, 38.
267, 24. Dennoch kann ich nicht glauben, dass dem Dichter des Craon
des Veldekers Eneit bekannt war.
2 SS. XII. 87—126.
Heinrich t. Veldeice n. d. Genesis d. romantisclien n. heroiochen Epik um 1190. 623
er nach Benoits roman d'En^as dichtete, und ob er auch aus-
drücklich für Laien, zu denen man ihn also als im Gegensatze
befindlich auffassen könnte, seine Arbeit bestimmt Serv. 1,
3231; weil ihn sonst Männer — hier genügt der negative
Umstand — , die in Eisenach noch persönlich mit ihm zu-
sammengetroffen sein mögen wie Herbort, oder doch wie Wolfram
den regsten persönlichen Antheil an ihm nahmen, die also
über seine Verhältnisse informirt waren, als Geistlichen be-
zeichnet, gleich Conrad, Lamprecht als Pfaffen Heinrich in die
Litteratur eingeführt hätten; nun aber heisst er ihnen (s. und
die Zeugnisse) wiederholt meister und zwar sowohl den Zeit-
genossen, wie Wolfram und dem Dichter des Moriz von Craon,
als auch noch dem Redactor der Weingartner Liederhandschrift
(dass er 353, 15 so bezeichnet ist, möchte nichts entscheiden, da
hieselbst das Wort in ähnlichem Sinne gebraucht sein kann,
wie etwa in den bekannten Stellen der Klage u. ä. : der
rede meister sprach daz e, d. h. kurzweg der Verfasser oder
noch schärfer in seinem ursprünglichen Sinne: auctor). Mini-
steriale war er der Loöner: Agnes nennt er sine vroutoe Serv.
1, 3237; nicht einmal, ob Veldeke nur Orts- oder auch Ge-
schlechtsname ist, lässt sich entscheiden, obwohl sehr lebhaft
für das eine wie für das andere plaidirt worden ist (vgl. hier-
über Braune, ZfdPhil. 4, 249); er selbst nennt sich nur
Serv. 2, 2920 Heynryck, die van Veldeken was gheboren.
Was nun das Verhältniss zur Gräfin Agnes von Loz be-
trifft, so wird dieses durch eine andere Beziehung wichtig, die
schon Bormans S. 16 hervorgehoben, die aber seither nicht
die Würdigung gefunden hat, die sie verdient. Es sind nicht
weniger als drei Frauen gleichen Namens, ohne dass sich mit
Sicherheit entscheiden liesse, welche Heinrich in seiner zwei-
maligen Anfuhrung als Veranlasserin seines Unternehmens meint.
Agnes heisst die Frau Arnulf V. von Loz; ebendenselben Namen
soll die Gattin und Witwe seines Sohnes Ludwig I. geführt
haben, der 1171 starb, und ebenso nannte sich deren Tochter,
die im't Otto V. von Baiern vermählt war und deren Tochter
hinwiederum jene berühmte Sophie ist, die Hermann von Thü-
ringen ihre Hand reichte. Arge Verwirrung richtet Gervinus
an (Gesch. d. d. Dichtg. L^, 453), wenn er kurzweg die mittlere
Agnes als die Herrin Veldekes, der er sein Epos gleichsam
624 Muth.
widmete, ansieht und dennoch die Möglichkeit offen lässt, dass
der ServatiuB, jünger als die Eneit, von Heinrich in hohem
Alter ,in dem halb verlernten Dialekte seiner Heimat zu
schreiben unternommen worden sein könnte'. Die Eneit er-
wähnt eine Thatsache aus dem Jahre 1184, jene Agnes starb
1175, und welche sprachliche oder vielmehr stilistische Kluft
trennt überdies — unbeschadet der Identität des Dialekts, in dem
beide ursprünglich abgefasst sind — unter allen Umständen diese
beiden Werke, von denen das umfangreichere nach Gervinns
zwischen 1175 — 1184 entstand. Und der Servatius soll doch
jünger sein und der 1175 verstorbenen Agnes gewidmet sein
können! Die jüngste Agnes ist nun zwar nicht* auBgeschlossenj
aber ich denke, alle Jene, die gleich dem Verfasser dieser
Abhandlung, nicht nur die allgemeine Ueberzeugung theUen,
dass der Servatius älter sei als die Eneit, sondern auch der
Ansicht sind, dass zwischen diesen beiden bei vieler Ueber
einstimmung und Aehnlichkeit im Einzelnen so grundverschie-
denen Werken, die ganz in dem Sinne wie etwa Schillers
,Räuber' oder, besser, selbst der ,Don Carlos' und sein ,Wallen-
stein' zwei verschiedenen Perioden angehören, eine erkleckliche
Zeit verstrichen sein müsse, sollten die älteste Agnes als
wenigstens gleichüdls in Frage kommend ansehen. Die mittlere
Agnes fuhrt den Namen nicht unbestritten: sie eine Gräfia
von Reineck (bei Würzburg), erscheint auch als Ermelinde
von Loen-Reineck — und ich glaube, dies dürfte trotz Bor-
maus' Zweifel (a. a. O. 6. 15, 16) das Richtige sein: es wäre
zu auffallend, wenn in einem Qeschleohte bei ganz gewöhn-
lichem Wechsel der Männernamen, ganz zufallig die Frauen-
namen übereinstimmten — durch drei Menschenalter 1 Dass
hingegen im anderen Falle die Enkelin nach der Grossmatter
benannt ist, ist ebenso gewöhnlich, als eine Namensverwechslong
oder vielleicht Verschiebung der Persönlichkeiten, die ein ob-
soleter Genealoge verschuldet hat. Zudem ist das Zeugniss für
den Namen Ermelinde aus dem Jahre 1168, also bei Lebzeiten
der betreffenden Person abgegeben. ^ Ich gebe zur besseren
1 Ob die betreffenden Urkanden, aus denen jeder deatsche (belehrte die
endgültige Entscheidung treffen würde, existiren, weiss ich nicht; gUabe
es jedoch, da sonst des sehr yerlässlichen Mantelios Daten nicht so
exact sein könnten.
Htiarieb v. Veldeke n. d. Genesis d. romantUchen n. heroischen Epik um 1190. 625
Ueberaicht eine Stammtafel, wie sich nach Joan Mantelius
historiae LoBBensis libr. X, p. 57, sq. die Familie, Boweit sie
uns hier bekümmert, verzweigt.
Arnulf V. von Lon,
t nm 1150.
Oem. Agnes v. Baiem,
t um 1160.
Ludwig L,
t 1171.
Oem. Ermelinde (oder
Agnes) V. Reineck,
t 1176.
Agnes Otto V. v. Scheuern-
(t vor 1182). Witteisbach,
t 1183.
Sophie Hermann, Pfalzgraf v. Sachsen,
später Landgraf v. Thüringen.
Otto y. hinterlies 1183 bereits einen Sohn zweiter Ehe;
der jüngsten Agnes war also jedenfalls nm* ein kurzes Leben
bescheert und dennoch werden sie diejenigen als die Oönnerin
Heinrichs ansehen müssen, denen es unwahrscheinlich erscheint,
dass derselbe Mann vier, wenn auch rasch aufeinanderfolgenden
Generationen gedient haben sollte, und denen überhaupt durch
ein Hinaufrücken in die Zeit der ersten Agnes dem Servatius
ein zu hohes Alter zugeschrieben wird. Entscheidend dürfte
sein, waB Jonckbloet (Qesch. d. niedl. Litt übs. v. W. Berg,
I, 93) anführt, dass eine in Baiem geborene Fürstin wohl
kaum ein Gedicht in limburgischem Dialekte habe schreiben
lassen. Hiezu kann man beifügen, dass dagegen eine Fürstin,
die die Heimat verlässt, wie die jüngste Agnes, im Sinne der
Zeit desto mehr Veranlassung hat, eine Erinnerung an die
Schutzheiligen der Heimat zu wünschen. So entscheide ich
mich, nachdem absichtlich für die Erwägung die breiteste
Schranke gezogen wurde, für die dritte Agnes: der Gemahlin
Ottos von Baiem verdankte Heinrich von Veldeke die An-
regung zu seinem ersten grösseren Werke — denn den An-
sager in der Kunst des Verses und Reimes zeigt der Servatius
626 Müth.
auf jeder Seite. Jonckbloet hat übrigens (a. a. 0. §. 50) die
Autorschaft Veldeke^s schlechtweg geläugnet: ,der Schreiber
war sicher kein Edelmann, sondern bestimmt ein Qeistlicher'.
Weit richtiger hatte schon Bormans den richtigen Sachverhalt
erkannt, wenn er Veldeke den ersten Ritter nannte, der sich
mit geistlichen Stoffen befasste, obwohl ihn, wie wir gesehen
haben, gleichfalls, wenn auch nur vorübergehend, der Gedanke
an eine geistliche Autorschaft beunruhigte. Während es zur
Signatur der ersten Hälfte und noch in der Mitte des XII. Jahr-
hunderts in Deutschland gehört, dass die Pfaffheit welt-
liche, ritterliche, romantische Stoffe behandelt, wendet sich in
der zweiten Hälfte des Säculums zuerst die niederrheinische
Ritterschaft^ der zunächst die schwäbische sich anschloss, wie
der weltlichen, so auch der geistlichen Romantik zu und es
ist einem Zweifel gegenüber, wie ihn Jonckbloet ausgesprochen,
von der höchsten Bedeutung, dass der Trierer Codex, bei
welchem die Schrift nicht am Alter zu zweifeln gestattet, Le-
genden und Rittergedicht, zwei Heiligenleben, Aegidius und
Silvester, mit einer romantischen Erzählung aus dem kerlin-
gischen Kreise, Floris, vereinigt zeigt, vereinigt in 6inem Bande,
zu einem höfischen Unterhaltungsbuche (Steinmeyer, ZfdAlt
21, 310). Was Jonckbloet sonst über Sprache, Stil und Reim,
ohne Untersuchung und Beweis im Einzelnen vorbringt, ist
durch die namentlich auf die sorgfältigsten Reimforschungen
gegründeten Arbeiten von Pfeiffer , Bartsch , Braune u. A.
(s. Beilage I) längst zum Theil im vorhinein widerlegt *
Wenn wir in Bezug auf das Alter des Servatius, da auch
die zweite von Heinrich genannte Person, Hessel, der Schloss-
custos — Bormans' Bedenken, ob custenaer Personenname oder
Appellativum ist, das er zu 1, 3240 aufwirft, wird erledigt
^ Dass sich der Dichter des Servatius nicht H. v. Veldeke nenne, sondern
nur von einem Dichter H. v. V, spreche (a. a. O. S. 92), ist ebenso
unrichtig, wie, dass H. v. V. von dem RÖmersEUge Kaiser Friedrichs L,
,wie von einer Sache, deren er sich persönlich erinnert^ spreche; ersagl
vielmehr von der Thats&che, die er ans dem Jahre 1156 erztihlt, gani
ausdrücklich 226, 4 nd ir ez verneinen aoU, aU ich ez gelerei bin. Er will
also nur als Ohrenzouge gelten: Augenzeuge war er nicht. Den Römer-
zug könnte er dessenungeachtet immerhin mitgemacht haben, ohne eben
jenem Acte der Graberöffnnng beigezogen worden zn sein — aber wir
Iiaben dafür keinen Anhaltspunkt oder gar Beweis.
Hsinrich ▼. Veldeke n. d. Oenesü d. romantischen n. heroischen Epik um 1190. 627
durch 2, 2944 die doen der coateiyen plach — nicht urkundlich
oder überhaupt irgendwie nachweisbar ist, immer auf ziemlich
weite Grenzen, die wir höchstens durch formale Untersuchungen
einigermaassen verengen können, angewiesen sein werden, lässt
sich das Alter der Eneit mit aller wünschenswerthen Genauig-
keit bestimmen.
Zwei äussere Momente bilden immer die Grandlage dieser
Zeitbestimmung: das Fest, das Kaiser Friedrich I. 1184 bei
der Vermählung seines Sohnes und Nachfolgers Heinrich mit
der Erbtochter von Sicilien feierte und das so vielfach auf
beiden Seiten des Rheines, wie der Alpen, als die glänzendste
Feier, die jemals Abendland oder Christenheit begangen, ge-
priesen wurde, ist von Heinrich in der Eneit, nahe dem Schlüsse
(sie zählt 13268, nach EttmüUers fataler Zählung in 354
weniger 16 Spalten) 347, 13 — 348, 4. Das gibt einen terminus
a quo: nicht vor 1184 kann das Epos vollendet worden sein.
Ob eine nähere Bestimmung möglich ist, bleibt eine offene
Frage. Zum Schlüsse wird erzählt, Heinrich habe das jbuchelm^
der Gräfin von Cleve ,zö lesene und ze schouwen^ — er legte
sich also im Autograph eine Bilderhandschrift an — geliehen;
da sie sich mit dem Landgrafen (Ludwig von Thüringen) ver-
mählte, wurde das unvollendete Gedicht zu Cleve einer der
Frauen, der es anvertraut war, vom Grafen Heinrich von
Schwarzburg gestohlen: neun Jahre blieb es dem Dichter ent-
wendet. Demgemäss geschah dies frühestens im Jahre 1175.
Der Pfalzgraf Hermann zu Neuburg an der Unstrut (das ist
der nachmalige Landgraf) verschaffte Veldeke das Buch; ihm,
des Landgrafen Ludwig leiblichem Bruder, und dem dritten
Bruder, dem Grafen Friedrich (von Ziegenhain), widmet er
dann in der üblichen Weise das Gedicht En. 352, 19—354, 1.
Die hieran sich knüpfenden Fragen sind oft erörtert, ohne dass
zu EttmüUers Zusammenstellung S. XIV — XIX etwas Nennens-
werthes beigebracht worden wäre. Von dieser hier genannten
Oräfin von Cleve schied sich Ludwig um 1186; wenn er des-
halb aus zarter Rücksicht für die Frau, wie Heinzel fein und
treffend bemerkt, nicht mit den anderen Brüdern in die Dedi*
cation eingeschlossen ist, ist etwas Näheres für die Datirung
gewonnen. Wir werden sehen, ob die anderen Umstände
stimmen; Gewicht darf hierauf nicht gelegt werden ; ja Ettmüller
Bttnogsber. d. phil.-hint. CL XCV. Bd. III. Hft. 41
628 Math.
meint umgekehrt, die Stelle müsse vor 1186 abgefasst am,
sonst hätte Heinrich die Gräfin nicht erwähnt. Dass £ttniüller
Unrecht hat, geht einfach daraus hervor, dass Veldeke su dieser
Frau, wie ja die Stelle selbst besagt, nicht erst durch ihren
Mann in Beseiehung getreten ist, und dass bei diesen mittel-
alterlichen Ehescheidungen, bei denen zu nahe Verwandtschaft
und die dadurch entstandenen Qewissensscrupeln den Verwand
abgeben mussten, der sociale Verkehr der beiden Eheleute oder
wenigstens ihrer Geschlechter, insbesondere wenn die Kirche
vermittelnd dazwischen trat, nicht nothwendig abgebrochen wurde.
Dass ein Vorgang aus dem Jahre 1155 im Verlaufe der Er-
zählung berührt wird, ist ziemlich irrelevant; dass aber Heinrich
von Schwarzburg am 26. Juli 1183 starb, ist wichtig, da
die letztere Jahreszahl einen terminus a quo abgeben kann:
vor 1183 hat der Schwarzburger seinen Raub ausgefiihrt; neun
Jahre später vollendete der Dichter sein Werk oder erhielt es
wenigstens zurück, das ist also vor 1192. Damit sind uns nun
zwei Grenzpunkte gesteckt, innerhalb deren sich die Unter-
suchung fernerhin bewegen muss: zwischen 1175 und 1192 ist
die Eneit entstanden — vorausgesetzt, dass der Dichter un-
mittelbar nach Wiederempfang seines Werkes dasselbe auch
zu Ende geführt hat.
So setzen auch alle Litterarhistoriker diese Daten an;
nur dass die meisten — ganz willkürlich — annehmen 1184,
das Jahr des Festes von Mainz sei auch das Vollendungsjahr,
und demgemäsB mit grosser Sicherheit erklären, die Eneit sei
zwischen 1175 und 1184 entstanden; das ist aber jene Zeit,
in der nach ihnen selbst der Dichter sein Werk gar nicht
besass. Lachmann und seine Schüler datirten vorsichtiger. Der
Minnesinger Friedrich von Hausen nahm Theil am dritten
Kreuzzuge und fiel, -noch vor seinem Kaiser, 6. Mai 1190. Der-
selbe kam wiederholt, ich möchte fast sagen, auch in diplo-
matischen Missionen, an den Niederrhein,* woselbst er natürlicher-
1 Müllenhoff, ZfdAlt. 14, 135, der S. 136 annimmt, dass die Eneit an-
mittelbar nach dem Feste von 1184, also nach Pfingsten, in Thuringeu
yollendet wurde. VJ^r werden unten sehen, dass dem der Text wider-
spricht, der vielmehr voraussetzt, dass seit dem Feste Ifingere Zeit ver-
strichen ist. En. 347, 34. Wenn für Müllenhoff, wie es scheint, der
Eindruck bestimmend ist, von dem wir Veldeke beherrscht sebeo, deon
Hunrieh t. Yeldelce n. d. Oenesis der romaitischen a. heroiscben Epik um 1190. 629
weise mit den vornehmsten Kreisen verkehrte. Dass er hier,
wo Veldeke in den ersten Qeschlechtem seine Gönner hatte,
Gelegenheit fand, Heinrichs Dichtung kennen zu lernen, wäre
begreiflich. Eine Erwähnung von seiner Seite aber kann man
seines Abzuges und Todes halber nicht später als 1188 an-
setzen. Da er nun einmal deutlich auf die Aenaeassage anspielt,
gewöhnte man sich anzunehmen, die Eneit sei zwischen 1184
and 1188 abgefasst, obwohl Friedrich nothwendig nur den
ersten Theil gekannt haben müsste, ^ der ja, wie der Dichter
selbst klagt 353, 11/12, selbständige Verbreitung gefunden hat.
Lachmann, der zuerst hierauf aufmerksam machte (zu Iw.
4341, Note zu Beneke's Anm. zu 6943), drückte sich viel vor-
sichtiger aus: die Hochzeit der Gräfin von Cleve war dem-
gemäss nicht nach 1179 und, wie wir bereits wissen, nicht vor
1175. Damach setzt auch Scherer QP. 7, 60 das ,£r8cheinen^
der Eneit zwischen 1184 und 1188. Mir scheinen da die
Grenzen rechnungsmässig zu eng: Hausens Vers scheint mir
zunächst die Bekanntschaft mit dem zweiten Theile der Eneit
geradezu auszuschliessen und könnte auch aus dem Jahre 1189
noch stammen; schon darnach könnte die Hochzeit der Cle-
verin auch 1180 fallen. Aber es ist mir hier nicht darum zu
thun, die Unrichtigkeit jener Zahl darzuthun, als vielmehr
diese Berechnung überhaupt abzulehnen; denn, wenn Friedrich
von Hliusen nur den ersten Theil kannte, kann er ihn ja wäh-
rend jener Zeit kennen gelernt haben, da er Veldeken ent-
rissen war. Und dem Poeten selbst müssen wir etwa ein Jahr
Spielraum geben für die Vollendung seiner Arbeit. So werden
wir zufallig auf das richtige Jahr geleitet: 1190, wird sich
zeigen, vollendet Heinrich seine Eneit, 1180 oder 1181 war
demnach die Hochzeit der Cleverin. Die Stelle Friedrichs muss
jedoch erörtert werden, um ihi*e Gleichgiltigkeit zu beweisen:
MF. (VIII) 42, 1 Ich mnoE von schulden sin unfro,
Sit fli jach, dd ich bi ir was,
wir besitzen von ihm, keine SteUe von gleicher oder ähnlicher Emphase,
so war es eben nicht der Eindruck jenes Festes, sondern einer viel ge-
waltigeren Thatsache, der ihn so warm reden liess.
^ Immer unter der Voraussetzung, dass fVH. nicht doch aus einem fran-
zösischen Gedichte, oder, wofür, wie Heinzel bemerkt, das Unpassende
des Vergleiches zu sprechen scheint, nur aus ungefährer Kenntniss der
Sage schöpft
41»
630 MntL.
ich mOhte heizen fineas,
und solte ab des wol sicher sin,
si wurde niemer m!n Tido.
Friedrich will hier gewiss nicht sagen, dass die Dame seine
Dido nicht werden wolle, d. h. sich einer Abweisung von
seiner Seite nicht aussetzen wolle, sondern er vergleicht nach
Sitte der Zeit sich und seine Dame einem berühmten Liebes-
paare; 1 dann ist der Sinn der Stelle: möge er sich immer
Aeneas dünken, sie wird ihm nie Dido. Nun hätte der Dichter,
kam ihm einmal aus eben gewonnener Lecture (1187 und
1188 war Hausen, wie Haupt S. 249 zeigt, am Niederrhein)
Aeneas in den Sinn oder wurde eine diesbezügliche Anspie-
lung von ihm bereits mündlich gewagt, die Geliebte, wenn er
das ganze Gedicht gekannt hätte, tactvoU nur mit Lavinia, nie
mit der unglücklichen, zurückgestossenen, verlassenen Dido ver-
gleichen dürfen. Kannte er nur den ersten Theil, weil nur dieser
ihm und seiner Dame vorlag, so war ihm damit entweder
Lavinia, deren Rolle erst an der Unterbrechungsstelle beginnt^
unbekannt, oder erschien ihm doch zu unbedeutend zum Ver-
gleiche, während dadurch, dass Dido im ersten Theile die einzige
nennenswerthe Frauengestalt ist, der Leser des Fragmentes zu
dem Glauben veranlasst werden konnte, Aeneas und Dido sei
eine geläufige Zusammenstellung — er dachte vielleicht an eine
noch vorauszusetzende, entsprechende Schlussentwicklung —
auch für ein glückliches Liebespaar. Dass aber dem so sei
und dass eine scharfe Pointe — von Seite Hausens wäre eine .
solche auch eine umuht — in dem kleinen Gedichte nicht ge-
sucht werden darf, zeigt sich darin, dass er unmöglich sonst
in völliger Harmlosigkeit fortfahren könnte:
MSF. 42, 6 wie sprach sie so?
aleine frömdet mich ir lip,
si h&t iedoch des herzen mich
beroubet gar für elliu wip.
Jedenfalls ist es unbegründet anzunehmen, Friedrich von
Hausen habe die vollständige Eneit gelesen; war aber 1187 oder
1188 überhaupt nur der erste Theil bekannt (ihm und allen?).
> Sich und die Geliebte vergleicht MSF. 74, 23 Uolrich von Guotenburc
mit Flore und Blancheflur; 112, 2 Bernger von Horheim mit Tristan and
Isalde (vgl. ebd. S. 283/4).
Heinricli v. Yeldeke n. d. Genesis der romautischen a. heroischen Epik am 1190. 631
waren mithin neun Jahre seit Hochzeit und Raub noch nicht
verstrichen, so fallen somit diese nach 1178 oder 1179.
Diese Datirung wird sich zwar als richtig herausstellen , kann
jedoch auf diese Weise noch nicht als kritisch erwiesen gelten ;
nur die Möglichkeit dieser Datirung ist dargethan, die jene
bestreiten müssen, die etwa behaupten wollten, Friedrich habe
das vollendete Epos in Händen gehabt, wofür auch nicht der
Schatten eines Beweises vorhanden ist, und, was anzunehmen,
man durch die vorliegende Stelle auch gar nicht genöthigt wird.
Da die Hochzeit vor dem Tode des Grafen von Schwarzburg
fällt, ergäbe sich somit die Grenze von 1178/9—1183 für den
ersten Theil.
Noch eine andere Datierungsstütze muss abgebrochen
werden, bevor wir an unseren selbständigen Beweis gehen.
Im sogenannten Basler Alexander, d. i. in der jüngsten Re-
daction des Alexanderliedes vom Pfaffen Lamprecht, findet
sich, wie J. Harczyk, ZfdPhil. 4, 29 f. zeigte, eine Parallel-
stelle zur Eneit. Nun ist bekanntlich der Basler Alexander,
was wir an den Handschriften meist so schmerzlich vermissen,
datirbar; er ist geschrieben im Jahre 1187. Damit wäre also ein
fester Anhaltspunkt gegeben, wenn der Weg der Parallelstelle
eruirt werden kann. Dieselbe besitzt ihre kleine Litteratur:
Harczyk a. a. O. ; Scherer QF. 7, 60; Rödiger, AnzfdAlt.
1, 78; Lichtenstern, ZfdAlt. 21, 473. Sehr unnütz, denn aus
der Stelle ist nichts zu gewinnen. Harczyk nahm Einfluss
des Veldekers an; Scherer meinte, da die Eneit zwischen
1184 und 1188 vollendet sei und die Basler Handschrift nur
Abschrift einer Bearbeitung, werde wohl Veldeke der Ent-
lehner sein. Entscheidend war diese Bemerkung nicht; es
kam auf innere Gründe an und Rödiger erhob den gewich-
tigeren Einwand, ein Einfluss Heinrichs hätte sich zunächst
in Durchfährung reinerer Reime geäussert, da ,die neue Be-
arbeitung den Zweck der Modernisirung verfolgte Lichtenstern
aber verglich das französische Original und das war allerdings
der Weg, auf dem man sicher zur Entscheidung zu kommen
hätte meinen müssen: stand da die Stelle, so war Veldeke
gegen Scherer gerechtfertigt; fehlte sie, so war er der Plagiator.
Das8 ihm ein solches Plagiat zuzutrauen sei, war, nachdem
Lichtenstern die viel umfangreicher^ Enlehnung aus Eilharts
632 Muth.
Tristan (En. 268, 12—276, 20 nahezu gleich Trist. 2398-
2598) nachgewiesen, nicht fraglich. Aber die Stelle ist so ?ag,
dass nicht einmal das französische Original volle Sicherheit
brachte. Sie lautet bei Benoit (Anchises wird von seinem Sohne
geborgen) :
od lai en fist porter so fe
ancises qui bien vieU hom ere.
Das erweitert nun Heinrich in einer Weise, die ihm geläufig
ist, fast ein wenig beschaulich:
En. 20, 33. sinen vater hiez er d&nne tragen;
der was so kernen se sinen tagen,
daz er niht mohte gAn.
daz het ime daz alter getftn.
Ganz ähnlich heisst es nun bei Lamprecht von einem alten
Juden, der vor den König gerufen wird:
AI. 6928 dö der alte daz vemam,
dd hiez er daz man im gewan
lüte, di in solden tragen.
er was so komen ze sinen tagen,
daz er niht mohte gän
daz hatt im daz alter getan.
Auf Grundlage des Vorliegenden war offenbar nur Scherers
Ansicht haltbar; denn bei Lamprecht sind die drei Verse
6931—34 wesentlich zur Erklärung von 6929/30; Veldeke,
wenn er sie kannte, ward dadurch, dass ihm der erste (6931)
zur Uebersetzung der französischen Wendung taugte (bien
viele home), veranlasst, die ganze Phrase anzuknüpfen und so
wurde, was im französischen Texte das subordinirte Glied der
Periode war, aus derselben ausgeschieden, der regierende Theil
eines neuen Satzgefüges. Das Entscheidende brachte aber ^rst
Martin, indem er in der zweiten Auflage von Wackernagels
Litteraturgeschichte, durch den Hinweis auf eine weit ältere
Stelle, aus dem Rother nämlich, den formelhaften Charakter
der Phrase feststellte (Wckngl §. 56, 7). Die Formel liegt
eigentlich im Schlussverse; wenn aber dieser und die Nöthi-
gung zum Tragen gegeben sind, liegt durch die Reim werte
gdn und tagen die ganze Phrase so nahe, dass der Verfasser
des Basler Alexander und Heinrich auch unabhängig von
einander auf diese Verse yerfallen sein können, ze sinen tagen
H«inricb t. Yeldeke q. d. Oenens der ronantuchen u. heroiBChta Epik «m 1190. 6d3
kernen ^n ist eben auch formelhafter Ausdruck. Die Stelle im
Rother lautet (ed. Rückert):
6080 dö kam gestrichin over lant
ein sndwtEer wigant
das hete daz alter getftn.
Wenn Jemand von dieser Erklärung nicht befriedigt ist, steht
es ihm frei anzunehmen, dass Heinrich von Veldeke die drei
Verse entwendet hat; für unser Resultat ist diese sowohl als
die andere Annahme ganz gleichgiltig. Da wir sehen werden,
dass jener Theil der £neit — die Stelle liegt ganz zu Beginn
des Epos, ist daher vielleicht noch einige Jahre älter als die
Partie, mit der der erste Theil abbricht (ca. V. 10800) — 1181
vollendet war, ergeben sich daraus nur Consequenzen für den
Alexander, die mit den gewöhnlichen Annahmen, da die Basler
Handschrift, wie ja auch Scherer erinnerte, nur Abschrift ist,
nicht in Widerspruch stehen.
Da wir aber unseren Beweis gleichfalls auf die Schluss-
stelle des Epos stützen, haben wir uns noch mit einer andern
Ansicht auseinanderzusetzen, nach welcher nämlich die Schluss-
abschnitte der Eneit von 347, 13 an gar nicht von Heinrich
herrühren.
In der That, man könnte an vier Stellen das Epos fUr
beendet halten: 347, 12; 352, 18; 354, 1 eben so gut als
354, 39.
347, 12 bricht ab mit der Schilderung der Vermählung
zwischen Aeneas und Lavinia und 347*, 13 hebt ebenso an,
dass in diesem Zusammenhange die Stelle unerträglich ist:
V. 13021 davon sprach man dd witen.
V. 13018 ichn friesch in dem lande lehn yemam von hdhefte
nie dehein hohzlt so gröz in allen wilen m&re,
wand ir maneger wol genoe. diu also gros w&re.
Mit vollem Rechte bemerkt Heinzel, diese beiden Stellen
nebeneinander seien nicht zu dulden; nur fragt sich, ob es
kurzweg die zweite ist, die wir streichen dürfen. Entschei-
dend ist, dass W die Verse 347, 1 — 12 nicht hat: diese
sind der Zusatz und müssen gestrichen werden. Hier ist eben
eine jener Stellen, wo, was in der betreffenden Beilage ein-
gehend erörtert ist, W neben vielen leichtfertigen Auslassungen
634 Much.
und unberechtigten Kürzungen das Richtige und Ursprüng-
liche rettet. Man muss diese zwölf Verse nur genauer an-
sehen, um sofort zu erkennen, dass sie das Machwerk eines
gabenheischenden Fahrenden sind, die sich leider in eine sehr
alte Handschrift bereits eingeschlichen haben. Auch in den
Nibelungenredactionen erkennt man häufig Zusätze am Preise
der Milde, an der Schilderung der Begabung; in dieser Be-
ziehung sind besonders Vers 7 und 12 bezeichnend. Die ganze
nichtssagende Stelle, der dann eine so gehaltvolle und eigen-
thümliche folgt, lautet:
£n. 347, 1 dA wftren voraten hSre,
die dorch ir selber Sre
nnde dorch den knnich gAven.
herzogen nnde grftven
nnd die kirnege riche
die gäben herliche,
die wenich achten den schaden,
si g&ben soamftr al geladen
mit schätze und mit gewande
ichn friesch in dem lande n. s. f.
Man sieht: nur Bettelei. Eine Verbindung, wie V. 4, 5 fallt
bei Veldeke auf: er lässt bei dreigliedrigen Formeln gewöhnlich
das einzelne Olied vorausgehen. Aeussere und innere Gründe
vereinigen sich für die Atethese und damit fällt die Möglich-
keit, hier den Schluss des Epos anzunehmen.
Auch sind die folgenden Abschnitte ganz im Stile des
Ganzen gehalten; in Sprache und Reim nicht der geringste
Unterschied — und «s handelt sich doch um dreihundert
Verse. Endlich, was besonders merkwürdig wäre, müsste
dieser hinzugedichtete Schluss die Schicksale des Ganzen:
niederdeutsche Abfassung und hochdeutsche Bearbeitung gleich-
falls erfahren haben. Wenn ein Freund Veldeke's — nur ein
solcher ist dann als Verfasser denkbar — diese Verse gedichtet
hat, war es ein Nieder- oder ein Mitteldeutscher, ein Mastrichter
oder Eisenaoher? Aber, wendet Heinzel ein, 354, 2 scheidet
sich der Autor des Schlusses scharf von Heinrich von Veldeke,
von dem er bisher gesprochen und nimmt fiir sich nur die
Autorschaft des Schlusses in Anspruch (cf. S. 67. 353, 11. 12)-
En. 354, 2 ich habe gesaget rehte
des herm fineft geslehte etc.
H«iBrich t. ?eldeke n. d. Gttnesis der romantischen n. heroischen Kpik nm 1190. 635
Auf den ersten Anblick erscheint dieser Grund unwiderleg-
lich; genauere Untersuchung ergibt das Gegentheil; im Ser-
vatius sehen wir Veldeke in ganz ähnlicher Weise schliessen :
er kann kein Ende finden; nachdem das Amen längst ange-
bracht ist, das in so vielen andern Dichtungen auch Weltlicher
das Schlusswort bildet, nimmt er den Faden der Erzählung
noch einmal auf, spricht voa sich, kommt wiederum auf den
Gegenstand zurück — und das am Schlüsse jeden Buches
(Serv. 1, 3224 Amen !, 3254 abermaliges Amen ! ' 2, 2883—
2912 Schluss:
dattet OXIS in staden stac
ten eweliken lyve
ende ons te troeste blyre
2913—2919 Recapitulation über Servatius, 2320—2344 Namen
und Persönliches, 2375—2974 abermals der Name und Für-
bitte).
Es ist aber ausser dieser Parallele, die uns mit der
Manier des Dichters bekannt macht, noch ein zwingender
Grund vorhanden, Heinrich die Autorschaft dieses genealogi-
schen Schlusses nicht zu bestreiten. Die genaue Vergleichung
des Textes der Eneit mit dem roman d'En^as von Benoit
zeigt denn doch neben vielfachem mechanischen Zutappen
auch stellenweise verständiges, planvolles Vorgehen. So hat
Heinrich das Buchstabenspiel mit dem Namen Eneas, das
Benoit der Dido beilegt, für die Lavinia aufgespart (Pey,
Wolfs Jahrb. 2, 8); ebenso hat er die Genealogie und einiges
Detail auf den Schluss verschoben, so die Stellen, die bei
Vergil und Benoit ungef&hr Heinrichs 4. Tausend entsprechend
erscheinen, Pey S. 1 1 :
Süvius^ Albanum iiomeii, tua posthuma proles:
Quem tibi longaevo seruni LaviniA conjux
Educet »ilvM etc.
En une Hlve ci naistra
Et Silvius k nom ara.
£n. 108, 22 Silvios sal her genant sin
da obene üf der erden
und sal geboren werden
in einer wiltnisse.
636 Muth
Aber, was Pey entgieng, 350; 2
einen sun her bi ir gewan,
der wart geheizen Silvioa
nud wart in neheone h^
her wart in einem toalde geboren.
Das ist die absichtlich aufgesparte Stelle: wir dürfen also die
Autorschaft des Schlusses niemandem Andern zuschreiben als
dem Dichter des Ganzen und können unsere Folgerung ohne
weiteres auf den Text gründen.
Betrachten wir genau die Verse 347, 13 — 348, 4, die
Schilderung des Mainzer Festes; ist dieselbe, wie die MeiBten
annehmen, unter dem frischen Eindrucke des Ereignisses, etwa
gar im selben Jahre geschrieben ? Für die lebende Generation
reclamirt er die Begebenheit:
19 die wir selbe flügen (diu hohsite)
26 icb wftne alle die nÜ leben
deheine gruzer haben gesehen.
Aber welchen Sinn hätten die Verse:
34 ir lebet genüch noch hüte,
diez wizzen wllrliche,
wenn nicht seit dem Feste g;eraume Zeit, so lange Zeit, dass
schon Mancher der Theilnehmer gestorben ist, verstrichen wäre?
Das Fest gehört nach diesen und den folgenden Versen der
Geschichte und der Sage an — wir müssen also eine möglichst
lange Zeit seit dem Ereignisse verflossen denken ; aber ebenso
der Kaiser. Wie hier von Friedrich Rothbart gesprochen ist,
spricht man von keinem Lebenden. Hier hat sich der Dichter
zur höchsten Emphase erhoben, deren er überhaupt fthig ist:
ez wirt noch über hundert jär
von ime gesaget nnd gescriben,
daz noch allez ist beliben.
Die letzte Zeile ist offenbar corrumpirt; in W fehlen die
Verse 1 — 5, wodurch der folgende 348, 6 ohne Reim ist;
eine sichere Emendation weiss ich nicht: wahrscheinlich ge-
hören zwei Verse fort und sind 4 und 6 zusammenzuziehen zu
fjfiw rede wcere haz helihm
oder einer ähnlich lautenden Entschuldigung.
Heiarich t. Yeldeke n. d. Genesis der romantischen n. heroischen Epik um 1190. 637
Beim Lebenden müsste doch vom Schalten und Walten,
nicht vom Fortleben im Gesänge die Rede sein. Die hundert
Jahre sind grosse Zahl, vgl.
Roseng. 631 war ez daz ans gelange,
her n&ch über tasent jär
man von nns seit and sänge.
An Barbarossa hat sich allerdings schon bei Lebzeiten eine
Vagantenpoesie geknüpft, aber die kann doch hier der Dichter
unmöglich im Sinne haben; was er meint, ist die Dankbarkeit
der Nachwelt und der Nachruhm. Da wir überdies die Stelle
möglichst lange nach 1184 ansetzen sollen, hindert uns nichts,
dieselbe, wie der Wortlaut mit zwingender Gewalt fordert,
nach dem Tode Friedrichs gedichtet zu erklären; es erklärt
die bei Heinrich ungewöhnliche Wärme, wenn wir annehmen,
dass selbe unter dem frischen Eindrucke der Todeskunde ge-
dichtet ist. 1
Kaiser Friedrich L ertrank im Kalykadnos am 10. Juni
1190. Nach Deutschland gelangte eine derartige Nachricht
etwa in Monatsfrist, also im Juli. Sie machte den tiefsten
Eindruck. Wie der alte Rothbart vielfach für verschwunden,
entrückt galt, ist bekannt. Ich hebe hier, um diesen Eindruck
zu beweisen, eine Stelle aus einem Gedichte des XIII. Jahr-
hunderts über den Kaiser heraus, wo von ihm ganz Aehnliches
gesagt wird, wie in einer Recension der Klage von Etzel
(Einltg. ind. Niblied. S. 167 f.) J. Grimm, Ged. d. MA. auf
Friedrich I. den Staufen, KlSchr. 3, 90:
Also ward der hochgepom
keiser Friderich do verlorn,
' Wenn man wissen will, wie ein mittelalterlicher, höfischer Dichter vom
lebenden Fürsten spricht, wie da stets das Gefühl der Ehrfurcht vor dem
der Begeistemng vorwiegt, auch wo gepriesen werden soll, der lese
— and am wie Vieles ist sonst Wolfram leidenschaftlicher als Heinrich I
- WiUehahBi 393, 30
du der keiser Otte
ze Rome triioc die krdne,
kom der also schone
gevaren nÄch siner wihe,
minc volge ich darzno lihe
daz ich im gihe des weere genaoc.
638 Mnth.
wo er dar luich ye hin kam,
ob er den end da nam,
das kund nyeman ges&geu mir,
oder ob yne die wilden tir
vreosen habn oder zerissen.
es kan die warheit nyemand wissen
oder ob er noch lebentig si?
So unter dem frischen Eindrucke der Todeskunde, die
so jäh und überraschend kam, beschioss Heinrich dem Kaiser
und seinem Glänze dies Denkmal zu setzen, obwohl es mit
dem Stoffe in gar keinem Zusammenhange stellt^ und auch die
Persönlichkeit einzuflechten kein Anlass vorhanden war. ^
Wir haben nämlich auch einen sicheren terminus ad quem,
von dem bisher nur niemals Gebrauch gemacht wurde, weil
man sich scheute, die Vollendung der Eneit später anzusetzen
als ca. 1188.
Man kennt die Genauigkeit, ja Aengstlichkeit der mittel
alterlichen Dichter in der Titulatur; jedem den gebührendeo
Ilang, auch in der Ansprache, zu lassen, ist eine der ersten
Forderungen höfischer Zucht.
Nun erscheint hier der spätere Landgraf Hermann von
Thüringen, noch als Pfalzgraf von Sachsen, was er von 11*^
an war, bis er seinem Bruder Ludwig succedirte.
Ludwig starb auf Cypern am 16. oder 26. October lli^J
(Vn. vel XVIL cal. Nov. — Wilken, Kreuzz. 4, 287, 89); die
Nachricht gelangte nach Deutschland im Spätherbst, wohl noch
vor Weihnachten.
Nach dem Eintreffen der Nachricht vom Tode des Kaisers
und vor der Kunde von dem Ende des Landgrafen hat Hein-
rich von Veldeke seine Eneit vollendet. Das war also in der
zweiten Hälfte des Jahres 1190, in den Monaten August bis
^
1 Die hier ausgesprochene Meinung hat vorlängst, wie ich erst nach-
träglich, aber zu grosser Freude sehe, Uhland Schriften 2, 104 fg. aas-
gesprochen. Namentlich Müllenhoff gegenüber ist Uhlands Ansicht
wichtig in einer Sache, wo feines Qefühl entscheidend ist; und Ufalaiid
sagt S. 104: ,üie angeführten Worte der Aeneis (347, 13 f.) sprechen
von dem Feste zu Mainz als einer längst vergangenen Sacfa^'-
Darum rückt er das Epos möglichst weit ab vom Jahre 1184, gewiimt
aber den terminus ad quem durch die Benennung Hermanns als P&If^raf.
Hdorich T. Yeldeke n. d. Oenesis der romantischen n. heroischen Epik van 1190, 639
November; denn das Gedicht ist noch dem Pfalzgrafen Her-
mann überreicht.
Prüfen wir,, inwieferne die übrigen Daten dazu stimmen;
das Resultat ist ein völlig befriedigendes. Nur so erhalten
wir einen möglichst grossen Abstand vom Servatius.
Die Hochzeit der Gräfin von Cleve, bei der Heinrich von
Schwarzburg (f 1183) das Buch entwendete, war 1181; wenn
Veldeke aus der Alexander-Bearbeitung entlehnte, war diese
1181 schon vollendet; Friedrich von Hausen konnte 1187/8
nur die erste Hälfte des Gedichtes kennen lernen. Nehmen
wir aber einen Spielraum von etwa einem Jahre für den
Dichter als Abfassungszeit in Anspruch, so dass er 1189 das
Buch zurückerhalten hätte, so erhöhen sich dem entsprechend
die Fristen: die Hochzeit wäre sonach bereits 1180 zu setzen.
In der That: sofort in den Neunziger Jahren häufen sich
die Zeugnisse för den Meister und sein Werk; im voraus-
gehenden Decennium würden wir vergebens forschen.
II. Verbreitung und Wirkung.
Beinahe kein einziger grosser Dichter der nächsten Folge-
zeit, der nicht Heinrichs von Veldeke in seinen Epen gedächte,
sei es in persönlicher, unmittelbarer Anspielung, sei ^ in
sachlicher Beziehung auf den Inhalt seines Werkes.
Weitaus das wichtigste Zeugniss scheint mir das Hart-
manns im Erec. In der bekannten Schilderung des Pracht-
(jereites nimmt er Anlass, auf die Fabel der Eneit zu kommen,
und zeigt unzweifelhafte Bekanntschaft mit Heinrichs Gedicht.
Auf dem gereite war dargestellt dctz lange liet von Troyä^ von
dessen Inhalt er uns aber nichts mittheilt; er scheint keine
deutsche Dichtung gekannt zu haben, wenn auch die Worte
Herboiis von Fritslar im Eingange seines Gedichtes, der nicht
neben dem lateinischen, welschen und ursprünglichen griechi-
schen Epos als fünftes Rad, sondern als viertes angesehen zu
Werden hofft, doch nur den Sinn haben können, dass er eine
ältere, wahrscheinlich im Stile des Alexander gehaltene und
darum veraltete Dichtung zu überbieten hoffe. (Herb. 79 — 83.
60 f.) Auch dem Dichter des Moriz von Craon ist ein Tro-
janerepoB in deutscher Sprache vorgelegen und ich weiss nicht.
640 Math.
ob dieses kleine vorsügliche Gedicht jünger oder älter ist als
Herborts liet von Troye; jedenfalls verschweigt er im ersteren
Falle aus unbegreiflichem Grunde den Nameu; während er
doch selbst Dares nennt V. 37 f.^ nach Ansicht der Zeit den
Hauptgewährsmann. Der Name des Dichters jenen 2ciFijen
Uedes scheint unbekannt geblieben zu sein^ sonst würde er bei
der Ueberlieferung von so verschiedener Seite wohl auch ein-
mal genannt sein; dass Veldeke's Eneit nicht, wie man ihres
abgerissenen, stillosen Beginnes halber wohl meinte, bestimmt
war, an ein anderes Buch anzuschliessen, steht jetzt fest, seit
man weiss, dass dieser ungewöhnliche Anfang sich eng anlehnt
an die französische Vorlage, die allerdings in gewissem Sinne
und auch in der Handschrift als Fortsetzung eines Trojaner-
krieges von Benoit erscheint. Die Eneit hat nun Hartmann
so sicher gelesen, als es ungewiss ist, dass er von jenem pro-
blematischen Epos mehr als den Namen kannte; bei dem hohea
Alter des Ereo, der — ich folge in der Datirung der Werke
Hartmanns der Anordnung Naumanns, so weit dieselbe nicht
in diesem Aufsatze selbst berichtigt wird — um 1192, ganz
sicher im Beginne der Neunziger Jahre entstanden ist, ist es
nun von höchster Wichtigkeit, dass Hartmann nicht etwa, wie
Friedrich von Hausen nur den ersten, wider Willen des Dich-
ters verbreiteten Theil, sondern das ganze, erst zum Schlüsse
des Jahres 1190 vollendete Werk kannte. Er erzählt die Be-
gebenheiten in ihrer Folge:
Erec. 7552 d& engegen ergrabou was
wie der herre Eaeas,
der yU listige man,
über se fuor von dan,
und wier ze KartÄgo kam,
und wie in in ir gnAde nam
diu riche frouwe Didö,
unde wie er si do
7560 vil ungeselleclichen liez
und leiste ir nicht des er gehies:
8U8 wart diu frouwe betrogen,
an dem hintern satelbog^n
86 was einhalp ergraben,
ir vil starkes missehaben
und wie si im boten sande,
swie lütsel si ins erwande,
Heinrich t. Yeldeke o. d. GeneBis der romantisclien u. beroiacken Epik nm 1190. 641
besoheidenliche Btuont hie,
swaz er dinges begie«
7570 daz sagebsere wesen xnac,
von der zit unz an den tac
daz er Lanrente betwanc,
daz wier ze sagenne ze lanc
wi ers in stnen gwalt gewan.
jenhalp stuont daz an
wie er die frowen Laviniam
ze elichem wibe nam
nnd wie da ze lande was
gewalteger h^rre flneaa
7580 An alle misse wende
unz an sines libes ende
Kein Wort, keine Thatsache, die nicht der Veldekischen Eneide
entnommen wäre; die Anordnung recapitulirt mit jener etwas
breiten Behaglichkeit, die Hartmann im Erec noch nicht
überwunden bat, aber auch mit sehr sicherem Tacte die Haupt-
punkte der Handlung: in der That das Interessanteste und
Wichtigste. Der Schluss aber ist eine Reminiscenz an die
Schlussverse Heinrichs von Veldeke, die zugleich gegenüber
der hier läppischen Entstellung in W (s. u.) gesichert werden :
En. 354, 37 als is ez welscb und latln
äne missewende.
hie si der rede ein ende. ^
Man sieht, Hartmann steht unter dem frischen Einflüsse eben
genossener Lecture; wichtig wäre es zu wissen, ob er damals
die ganze Eneit auf einmal erst habe kennen gelernt oder ob
der erste Theil schon früher, noch als Torso, nach Schwaben
gedrungen? Kur in dem letzteren, gar nicht erweislichen
Falle — den Basler Alexander möge man nicht als Argument
gebrauchen: Rödiger, Auz. 1, 78 ist nicht zu widerlegen —
wäre der Nachruhm, den Heinrich seit Gottfried genossen,
wenigstens einigermaassen verdient.
Bei Erörterung der Frage nun, inwiefeme die hohe Ansicht
der nächsten Epigonen von Veldeke nicht auf einer der knapp
' Dass missewende an beiden Stellen wesentlich verschiedenen Sinn hat,
scheint mir nicht von besonderem Belang: das ist eben das Wesen der
Reminiscenz, dass sie an Aeusserlichkeiten haftet.
642 Moth.
vorhergehenden älteren Epik gegenüber nicht ganz unbewussten
Ueberschätzung beruhe, müssen wir auf die Vorfrage ebgehen,
in welcher Mundart Heinrich von Veldeke gedichtet habe?
Hinsichtlich des Servatius ist keine Discussion nothwendig;
den hat er in der Sprache seiner Jugend und Heimat abge-
fasst. In Bezug auf die Lieder und die Eneit war man stets
in zwei Lager getheilt. Grimm hat Gramm. 1, 453 f. die
Frage übersichtlich erörtert: hat Heinrich niederdeutsch ge-
dichtet und ist sein Werk ins hoch- (mittel-) deutsche umge-
schrieben worden oder hat er hochdeutsch mit Dialekteigen-
thümlichkeiten geschrieben? Aber die Gründe, die Grimin
mit peinlicher Gewissenhaftigkeit und Objectivitat auch für
die letztere Ansicht geltend gemacht, dass hochdeutsch damak
schon Hof- und Litteratursprache war (MSD.^ XXVHI) ; dass
keine rein niederdeutsche Handschrift vorhanden ist; dsss
die Reimgenauigkeit eine übergrosse ist^ wenn man nieder-
deutsche Abfassung annimmt, gegenüber seinen Vorgängern;
dass hochdeutsche Einflüsse unverkennbar seien; lassen sich
nicht nur sammt und sonders widerlegen, sondern auch durch
Gründe für die andere Ansicht völlig abweisen. Veldeke hat
seinen Servatius niederdeutsch gedichtet; niederdeutsche Ele-
mente drangen damals selbst in die höfische Umgangssprache^
es galt fUr vornehm zu vlcemen; ich erinnere an die Stelle aus
Meier Helmbrecht, also Decennien später zur Zeit der unbe-
dingtesten Herrschaft der stauiischen Hofsprache, wie Helm-
brecht (ed. Lambel) die Schwester susterkindekSn (717), den
Vater ,e^ %oaz sakent ir gebürtkinP (764) anspricht, so dass
der Knecht, A.qv friman, von ihm sagt:
744 als ich vou im veniomen h&n,
so izt er se Sahseu
od ze Brabant gewahseu:
er sprach ,Uebe susterkindekin' ;
er mac wol ein Sahse sin.
Der Gang, den die romantische Dichtung einschlug, führte sie
rheinaufwärts : es heisst die Verhältnisse auf den Kopf stellen,
wenn man meinte, Heinrich habe hochdeutsche Poesie nach Lim-
burg getragen; aber es liegt ganz im Charakter der damaligen
Gesellschaft, die in Anerkennung der Ueberlegenheit der nieder-
rheinischen Ritterschaft an courtoisem Wesen eine niederdeutsche
Heinrich t. Yeldeke n. d. OenMis der romantiiiehen q. keroischen Epik am 1190. 643
Dichtung durchaus vornehm finden musste, sich selbst Schwie-
rigkeiten gefallen zu lassen ; und so weit diese unüberwindlich
schienen^ trat eben die Bearbeitung durch die Schreiber ein,
die der Dichter bitter genug beklagt — denn keinen anderen
Sinn können die oft citirten Worte haben:
353, 11 da wart daz m&re dft gescriben
ander» dan obz im war bliben.
Die Bearbeitung liess des Niederdeutschen genug übrig, um
den vornehmen Charakter nicht zu zerstören; und mag uns
heute Manches, was natürlich und ungezwungen aus des Dich-
ters Munde kam, in der ins Hochdeutsche umgeschriebenen
Fassung manirirt und gewagt erscheinen, dem Geschmacke der
damaligen Zeit sagte es so und gerade so zu. Daher aber auch
der Mangel einer niederdeutschen Handschrift; nur Heinrichs
Autograph war niederdeutsch, verbreitet wurde die thüringische
— wir sollten schärfer immer sagen : mitteldeutsche Fassung.
Und wie hätte anders Heinrich, als der Vater der höfischen
Epik, erscheinen können, wenn er nicht die höchste Reim-
genauigkeit besässe. In 1000 Versen aus der Mitte des Werkes
Bind 4 in irgend einer Beziehung anstössige Reime — bei An-
legung des strengsten Maassstabes, der nicht die geringste
mundartliche oder andere Freiheit duldet — , also nicht einmal
V2 Procent. Legen wir aber an dieselben 1000 Verse den
Maassstab eines hochdeutschen Gedichtes, so haben wir eine
Fehlerzahl von 36 Procent! Um nun zu zeigen, welche Ge-
nauigkeit damals herrschte (Walther bringt es noch unter ^2 P^^'
Cent, die Nibelunge auf 1 Procent Fehlerzahl), ziehe ich zum
Vergleiche einen anderen höfischen Epiker an, Wolfram. Ich
habe 3000 Verse von Wolfram auf die Reimgenauigkeit ge-
prüft, das 2. und 21. Tausend des Parzivals und das 7. Tau-
send des Willehalms. Wir müssen nun unterscheiden zwischen
solchen Verstössen und Freiheiten, die immer und überall als
Fehler gelten würden und zwischen Unregelmässigkeiten, deren
Quelle die Mundart ist, und von denen endlich manche so zur
allgemeinen Gewohnheit werden (so auf bairisch- österreichi-
schem Gebiete, aber beim Franken Wolfram so gut als in den
Nibelungen, der Reim an : an), -dass man sie nicht mehr als
fehlerhaft, sondern als landläufig richtig aufzufassen hat. Ich
SHiufsber. d. phU.-hkl. Cl. XCV. Bd. UI. Hft. 42
644 Mvtii.
stelle also zuvörderst dar, wie viele Fehler Wolfram b^ht
bei strengstem Maasse ; wie viele davon auf dialektische Eigen-
thümlichkeiten kommen (naht : hrdht, nach : aach, mir : Oagehitr^
hörte : worte, nuo : zuo, das häufige — 4 Hai in 500 Reim-
paaren — 8un : tuan) und ziehe vorweg noch die Fälle an : d»
besonders ab.
alles dialek-
■lao
Fehler
an : an ab
tische ab
Dialektfebler
Im 2.
Tausend (Pz.)
3-6«/o
l-20/o
0-B%
2-8%
„21.
» »
2-8 „
2 „
0-4 „
2-4 „
. 7.
r, (W.)
1-5 „
0-8 „
0-6 „
0-9,
Also ein Dichter, der zu den Meistern schon bei Lebzeiten ge-
zählt wurde, der aber andrerseits so .frei verfahrt, dass er ab
und zu einen Reim wie gäbe : möge nicht scheut, emancipirt
sich zwar immer mehr von der Herrschaft seiner Mundart;
während aber die Zahl jener Freiheiten, die er sich erlaubt,
äusserst gering ist, kann er • — man vergesse übrigens nicht,
dass ein Mann, der nicht lesen kann, nothgedrungen mehr
unter dem Drucke des gesprochenen Wortes steht, als ein so-
derer — die landschaftlichen Eigenheiten nie ganz überwinden.
So ist es denn ganz natürlich, dass auch Veldeke im Tone der
Heimat dichtete, und eine Genauigkeitsgrenze von 0*5 Procent
erscheint nicht zu hoch bei einem Manne, der als Muster gilt,
was doch Wolfram, trotz einem Exponenten von 06 Procent,
also nicht viel ungünstiger als Veldeke, hinsichtlich der Form
niemals war. Entscheidend wie diese Verhäitnisszahlen — denn
mit einem Ansätze von 35 Procent Reimfehlem kämen wir,
wie jeder sehen muss, über die Trierer Stücke zurück — ist
auch der Umstand, dass, während so viele Reimpaare hoch-
deutsch ungenau, niederdeutsch genau sind, für den umge-
kehrten Fall beinahe kein Beispiel aufzutreiben ist, was denn
doch der Fall sein müsste, wenn der Dichter sich der hoch-
deutschen Sprache bedient hätte, da ja das Verhältniss der
beiden Mundarten ein constantes ist. Das einzige sichere Bei-
spiel, das Grimm beibringt, betrifft ein ganz vereinzeltes Wort:
wiz : vernizj woraus nd. t^t : vemiZf also eine richtige Assonanz;
ebenso 7W»t2m : tun (md.) ; dass ei : twei zulässig, gibt Grimm
selbst zu — und das sind alle bedenkliche Fälle in nahezu
7000 Reimpaaren!
Haiarieh r. Yeldeka n. d. OeneRis der xomtatischeii n. heroiiohan Epik nm 1190. 645
Die AbfaBBung der Eneit in niederdeutscher Sprache ist
also m unseren Augen eine feststehende Thatsache und dieser
Annahme wird Jeder beipflichten müssen, der nicht den Ein-
flusB Veldeke's auf seine Zeitgenossen ganz leugnet. Und das
ist doch noch Niemandem beigefallen, weil es ja leider nicht
einmal noch irgend ein Kritiker oder Litterarhistoriker der Mühe
werth gefunden hat; zu prüfen, inwieweit die überschwänglichen
Ausdrücke der höfischen Epiker den Thatsachen entsprechen.
Nur durch sein Alter, ^ sonst weder durch Form noch In-
halt kann Herborts Lob, eigentlich eine nackte litterarische
Angabe, unsere Aufmerksamkeit erregen ; denn es mangelt uns
jeder Anhaltspunkt fUr die genauere Zeitbestimmung des liedes
wm Troyi; und so wäre es denn möglich, ja ich halte es sogar
für wahrscheinlich, dass es noch im Xu. Jahrhunderte abge-
fasst ist, weil Herbort im Auftrage des Landgrafen dichtete und
dieser bei stets gesteigerter Kenntniss und Verständniss dieses
Gebietes, umgeben von den Koryphäen der Litteratur, in späteren
Jahren kaum mehr auf einen so ungelenken Poeten verfallen und
von solcher Lösung seiner Aufgabe, wie sie hier vorliegt, neben
Walthers Liedern und Wolframs Büchern auch wohl wenig be-
friedigt gewesen wäre. QehÖrt Herbort schon einmal unzweifel-
haft in das classische Zeitalter, so gebührt ihm doch sein Platz
noch zu Beginne desselben. Die Stelle über Heinrichs Eneit lautet:
lietvTr. 17379 £n^ vuor dannoch sider
manig«n tac vür sich;
von Veldiche^ meister Heinrich
hat an stme bnoche gelart
▼on En^as vart,
wfi er unde di stnen hin karten,
sie hüben ze Lamparten.
Nach diesem ist kein anderes Zeugniss mehr durch sein Alter
wichtig ; der Zeit nach folgt von den Autoren, die des Meisters
1 Undatierbar, wohl anf Kenntniss der Veldekischen Eneit beruhend, ist die
Erw&hnnng Turnus^ und der Lavinia bei Uolrich von Gtiotenburc MSF.
77, 12—19.
^ Frommanns Ausgabe ist nur Abdruck einer Handschrift. Die letzten drei
Verse müssen etwa gelautet haben:
, von fipeas und der sinen vart,
w& st hin karten: '
sie bliben ze Lamparten.
42*
646 Mnth.
£r wähnung thun (doch vgl. S. 660), Wolfram^ der an nicht
weniger als drei SteUen Heinricha, und zwar als eines — man
sollte meinen kürzlich (um 1206) — Verstorbenen gedenkt
Er spricht die Frau Minne an:
Pars. 292, 18 hör Heinrich ron Veldeke stnen boom
mit konst gein iwerm arde maz:
het er uns do bescheiden hai
wie man inch süle behalten!
er hftt her dan gespalten
wie man inch sol erwerben.
Eis ist sehr bemerkenswerth, wie Wolfram seinen Vorgänger
auffasst; er ist ihm, so zu sagen, ein Meister der Minne, die
er mit seiner Kunst zu beherrschen, zu bewältigen Buchte,
wobei aber auch ihm nur gelang zu sagen, wie man Liebe
erwerbe, nicht wie man sie behaupte (die Antwort könnte ein-
fach scheinen: durch Treue; aber Wolfram meint hier die
Fähigkeit, immer wieder Gegenliebe zu finden, also etwa, was
wir Liebenswürdigkeit nennen und der höfische Dichter ge-
nauer als den wünsch von minnen bezeichnen würde)? Diese
Stelle war aus dem VI. Buche; der Satz steht im hypotheti-
schen Falle vom Gegen theil der Wirklichkeit, nicht: würde
er oder wollte er doch so thun, sondern hätte er doch gethan;
also wohl nach Heinrichs Lebzeiten verfasst; dies wird desto
wahrscheinlicher, als im VIIL Buche ausdrücklich und ohne
besondere Veranlassung des Dichters Tod beklagt wird. Nach
dem Lobe der schönen Antikonie sagt Wolfram schmerzlich:
404, 28 owS daz so fmo erstarp
von Veldeke der wiiie man!
der künde se bas gelobet hfin.
80 fruo kann sich nur auf die Zeit im Allgemeinen — also zu
früh für die Kunst und seine Freunde — beziehen, denn Vel-
deke sagt von sich selbst:
MSF. 62, 11 Man seit al ffir w&r,
na manic jAr
din wip haEsen grawes h&r.
daz ist mir swftr
18 Din mS noch diu min,
daz ich grd birif
ich hazze an wiben kranken sin
Heiflrich r. Yeldeke n. d. Oenesis der rornftutlBchen o. heroüchen Epik nm 1190. 647
and überdies sehen wir ihn wenigstens ein Mensehenalter lang
in poetischer Thätigkeit. Aehnlich wie bei Antikonie knüpft
Wolfram an einer Stelle des Willehalm an, indem er seine
eigene UnvoUkommenheit gegenüber dem todten Meister be-
klagty dem er hier ausdrücklich diesen Titel gibt:
76, 22 Bold ich gar in allen wis
von ir zimierde sagen,
80 müese ich minen meinter klagen
▼on Veldeke: der kundez baz.
der wffire der witze onch nicht 86 laz,
er nand in baz denne al min sin,
wie des iewedem friwendin
mit spsecheit an si leite kost.
Es liegt eine ungewöhnliche Wärme in dieser dreimaligen
Klage, und man darf sich mit Recht fragen, ob da nicht per-
sönliche Motive, zarte Rücksichten bestimmend sein mochten:
es mag zum guten Tone am Thüringer Hofe gehört haben, wie
am österreichischen um Reinmar, dem gar sein persönlicher
Feind nachsingen muss, so hier um Veldeke zu klagen. Durch
die Gräfin von Cleve schon längst an den Thüringer Hof ge-
zogen, war er unter allen Umständen bereits ein Gast des-
selben in Hermanns jungen Tagen, und da liegt die Vermuthung
nahe, dass der Mann, der ihm später durch die Wahl seiner
Gemahlin vielleicht noch näher trat — man erinnere sich, dass
Agnez von Loz Sophiens Mutter war — , der nach aussen als
der Vater der höfischen Epik galt, in dem jungen Fürsten
jene Neigung für romantische Dichtung weckte, die ihn, indem
er immer wieder mit seinen Mitteln und Verbindungen eintritt,
als den Hauptförderer der neuen Richtung erscheinen lässt.
Die wichtigste Stelle für Veldeke und seinen Ruhm
bleibt aber immer Gottfrieds bekanntes geflügeltes Wort: en*
impete daz erste ris in tiutescher zungen (Trist. 4736). Er
fugt bei:
4733 ine hftn sin selbe niht gesehen;
nü hoere ich aber die besten jehen,
die d6 bi sinen jftren
nnd tU her meister wären n. s. f.
Sein Tod wird also als lang verstrichen bezeichnet: wenn wir
selbst annehmen, dass er ein hohes Alter erreicht, hat er
648 Mntb.
keinesfalls die Grenzscheide des Jahrhundertes, wenn er ne
überhaupt erlebt hat, weit überschritten.
Nüchtemeri kürzer, trockener, aber daher auch richtiger^
drückt sich Rudolf von Ems aus im Alexander; er nennt ihn:
von Veldeke den wiaen man (= Pars. 404, 29)^
der rehte rime allererste began.
Im Willehalm geht er nicht über eine allgemeine Phrase hin-
aus; er heisst ihn:
von Veldeke, den wisen,
der in wol knnde prSaen
lobeliehin m»re.
Auffallend ist, dass ihn Heinrich von Türlin nicht nennt, der
einzige, der in seiner litterarischen Stelle einen älteren Dichter
beibringt : Dietmar von Aist. ^
Das Ansehen, das Veldekes Name genoss, gründete sich
aber dennoch nach meiner Ansicht auf den rein negativen
Umstand, dass man ältere Dichtungen nicht kannte, oder rich-
tiger, nicht kennen mochte, nicht gelten Hess. Ihn den Vater
der höfischen Epik noch heute zu nennen oder gar anzunehmen,
dass von ihm ein epochemachender Einfluss ausgegangen, gebt
zu weit. Nicht einmal Wolfram hat Recht, wenn seine An-
spielungen dahin richtig erklärt sind, dass er in Veldeke den
ersten Dichter sah, der höfische Minne in courtoiser Form in
die deutsche Epik — wenn auch nach französischem Master
— einführte. Die Hauptstelle lehnt sich eng an £il-
* Nicht ohne Interesse ist auch die Art nnd Weise, wie Wirnt im Wiga-
lois der Eneit Erwähnung thut, weil sie zeigt, dass die Lecture diesei
Werkes wirklich ssnm gnten Tone in der damaligen Gesellschaft gehorte:
Wig. 73, 6 des küneges tocliter von Persift,
diu saz in ir gezelte dft
mit fröuden, als ir site was.
ein schceniu maget vor ir las
an einem buoche ein msere,
wie Troye zerftieret wsere
nnd wie jsemerliche
fln^s der rtche
sich dannen stal mit sinem her
vor den Kriechen üf daz mer,
wie in vrou Didö enpfie
und wie ez im dar ni\ch ergie,
als ez iu oftt ist geseit.
Hunrich t. Yeldeke u. d. Oenesiti der romantiachen n. heroischen Epik um 1190. 649
harte Tristan. Und in der That, im alten Tristan und Flore,
im Grafen Rudolf ist der höfische Minnedienst entschiedener
darchgebrochen als in den dreissig und mehr Jahre jüngeren
heroischen Epen aus Oesterreich, die man bisher Decennien
nach der Eneit ansetzen zu müssen glaubte.
Auch sonst hat Heinrich von Veldeke auf den Stil des
höfischen Epos nicht jenen hohen Einfluss ausgeübt, den man
ihm allgemein zuschreibt; ich wüsste wenigstens nicht, was in
Hartmanns Dichtung auf Veldekes Einfluss zurückzufuhren wäre?
Ja, der Stil der romantischen Dichtung hatte sich schon über
ihn hinweg am Ausgange der Achtziger Jahre ausgebildet; man
beachte, was wir sofort belegen werden, die rasche Entwick-
lung aller poetischen Gattungen im letzten Viertel des Jahr-
hundertes. Ein Werk der Siebziger, Achtziger, Neunziger
Jahre ist sofort an der Form kenntlich. Welcher Fortschritt
vom Sinte Servaes zur Eneit t Aber der erste und der zweite
Theil dieses Werkes zeigen gar keinen Unterschied; als alter
Mann ist Veldeke stehen geblieben und hat keinen Fortschritt
mehr gemacht. So kam es, dass er, der auf dem Qebiete des
Reimes epochemachend war, in anderer Beziehung bei Voll-
endung seines Hauptwerkes schon überholt war. Finden wir aber
am 1190 andere genau reimende Dichtungen, so muss der be*
schränkte Einfluss, der Heinrich überhaupt zugestanden werden
kann, grösstentheils von dem 1181 so rücksichtslos in die
Oeffentlichkeit gebrachten Fragmente, dem Torso, dem ersten
Theile, ausgegangen sein.
Als Stilist steht Heinrich, da er einmal mit dem Maass-
stabe eines Classikers gemessen werden muss, nicht hoch.
Seine Uebersetzung ist oft recht stümperhaft. Pey hat (S. 17)
an einem Beispiele gezeigt, wie aus Vergils Vers :
paciferaeqne mann ramam praetendit olivae
bei Benoit 4, bei Veldeke 10 und leider möglichst platte Verse
werden, En. 169, 24—33. Platt und breit, diese loeiden Epi-
theta können wir ihm leider nicht entziehen. Er kennt die
richtigen Kunstmittel, aber er wendet sie unrichtig an; da
Turnus und Aeneas Zweikampf bevorsteht, lässt Benoit beim
Erscheinen des Geliebten die Lavinia ihrem Gefühle in fünf-
zehn. Versen Ausdruck geben ; Heinrich verlegt den Monolog
auf den Moment unmittelbar vor dem Kampfe, also psycho-
650 Mnth.
logisch ebenso richtig in seiner Weise wie Benoit — bei diesem
der erste Anstoss^ bei jenem die höchste Spannung ; — er will
durch diese Verzögerung das Interesse des Lesers erhöhen, —
aber er martert ihn mit 87 Versen. Ganz beherrscht vA er
von der Formel. Von zweigliedrigen Formeln, zu hunderten,
wimmelt das Gedicht; aber nicht immer wendet er sie ge-
schickt an : Nisus und Euiyalus une äme et un corps; dem ent-
spräche mhd. : ein herze und ein muot, oder näher dem Wort-
laute ein lip und ein muot; Veldeke übersetzt zuerst wörtlich
181, 20 ein W> und ein geist; dann aber verbreitert er, nennt
sie nicht unzutreffend ein fleisch und ein bluot 182, 10; wieder-
holt aber dazu die schon oben einmal 181, 1 g^ebene höchst
unnütze Versicherung ihrer moralischen Uebereinstimmung: nü
uns got hat ein lib gegeben 182, 17. Wimmelt es von zweigliedrigen
Formeln, so erscheinen auch dreigliedrige nicht selten, oder die
ersten durch Reihen von Versen in endloser, monotoner Kette
gezogen, so dass dieses Eunstmittel der Verstärkung mitunter
den allerschwächlichsten Eindruck hervorruft. Das nachgesetzte
Epitheton ornans, aber überwiegend beim Personennamen, ist
ihm stets willkommen den Vers zu füllen : wie oft heisst Entns
der mcere, Dido diu riche] sogar einmal Turnus der gemeide\^
selten bezeichnender Anchises der aide und der wisel Präpo-
sitionalverbindungen in formelhafter Weise sind überaus häufig,
stets mit Wiederholung der Präposition, auch oft mehr als zwei-
gliedrig ; Verstärkung der Negation dagegen selten niht ein blaU
ein hast, ein ei. Ueberhaupt zeigen seine Bilder wenig Schwung
oder Phantasie; kein ausgeführtes Gleichniss ist im ganzen
Gedichte; die wenigen Vergleiche sind die allgemein üblichen,
volksthümlichen : vAz als ein sne, ein is, ein härm 61, 27, ein
swane; swarz als ein rabe; brün als ein bere; r8t sam ein Uuot;
grüene als ein gras; aphelgrdwe rehte als ein lebart 148, 35;
ziemlich selten ein Oxymoron: si was heiz und si fr6s; rouwick
unde fro; der leide liebe man 74, 29; irföre is dne lieht 102, 23.
Volksthümliche Worte und Wendungen, besonders so weit es
den heroischen Ausdruck des Kampfes angeht, bemüht er sieb
auch noch gar nicht zu vermeiden: helt milde, märe, snd, ver-
1 Zu Haupts Zosammenstellangen der Adj. auf sam ist beizufügen '/an^-
sam 130, 9.
Heinridi ▼. Veldeke u. d. Genesis dor romantisehen n. heroischen Epik tun 1190. 651
tnezzen, gemeit, halt ist häufig; gSr wohl ein dutzendmal; guter
kneht, sogar knehtliche fortiter 193^ 7; magedin, harn, vrUmge
(neatr.), vorhüge; grünez gras, rötez golt, sfarkez märe, eines
lewen muot, ze stürme harde wol gar 144^ 18, kiesen den tSt,
des libes ein degen, waz mannes, waz tüfels 304, 36 ; helme hotiwen,
icröten, schilde stechen, schefte brechen (häufig pars pro toto
schaß fiir sper, aber nie das andere rant für schiU), rümen daz
lantf sarrinc, sperwehsel, wichüs einunc; daz ist toizzenlich genüch;
geliche c. dat.: allen, manne, degenen, rittergeUche, Man sieht,
dass der Dichter vor volksthümlichem Ausdruck noch nicht
zurückschreckt; nicht etwa Heinrich, Hartmann ist der erste
Epiker, der gewisse Ausdrücke, seien sie nun formelhaft oder
vulgär, besonders wenn ein synonymes jüngeres Wort zu Ge-
bote steht, namentlich wieder, wo es sich um ritterlichen Kampf
im Gegensatze zur älteren, roheren Weise des Streites handelt,
vermeidet. Im Allgemeinen begründet der Umstand, dass eine
Dichtung, wie die Eneit, reich ist an formelhaften Wendungen,
Doch kein endgiltiges Urtheil über den Stil. Wenn wir ältere
oder volksthümliche Gedichte in das Auge fassen, werden wir
in dieser Beziehung die conträrsten Urtheile fällen müssen.
Die Judith (MSD. Nr. XXXVÜ) zeigt unverhältnissmässig
viele Formeln und Phrasen, wie wir sie von den Auffingen
deutscher Epik bis zu den Nibelungen im unausgesetzten Ge-
brauche finden, und dessenungeachtet muss der Stil des Ge-
dichtes als durchaus angemessen, ja edel bezeichnet werden;
vielleicht das formelreichste Denkmal jener Zeit aber ist der
Oswald: neben zahllosen, allgemein üblichen Phrasen hat er
eine ganze Menge eigenthümlicher, sonst wenig oder gar nicht
nachweisbarer Formeln bewahrt und gerettet — und wie roh
und ungefüge erscheint dieses Epos! Und ähnlich ist es mit
Veldekes Eneit: die zweigliedrigen Formeln, oft durch ein Halb-
dutzend Verse fortgezogen, selten zu dreigliedrigen erweitert,
die massenhaft gehäuften Präpositionalverbindungen, die im
deutschen Epos so übel die antiken Participialconstructionen
vertreten, erscheinen als Lückenbüsser, die nur leider den
grössten Raum des allzu umfangreich gerathenen Gedichtes —
es ist ein Dritttheil länger als der roman d'Eneas — einnehmen.
Wir wissen, wie eben erwähnt, dass die höfischen Dichter
gewisse Ausdrücke, die der Volksepik intcgrirend sind, ver-
652 uotta.
meiden; aber es ist fast unmöglich zu sagen, wie diese still-
schweigende^ rein oonventioneile Vereinbarung möglich wurde
und zum Durchbruche gelangte. Die Frage aber ut von der
grössten Wichtigkeit^ denn der Gebrauch oder vielmehr der
Grad des Gebrauches derartiger Ausdrücke und Formeln ist
für uns das äussere und untrügliche Kriterium des höfischen
Stiles. Die Kategorien, um welche es sich handelt, sind mit
ziemlicher Vollständigkeit zusammengestellt in Jänicke's Ab-
handlung über den Stil Wolframs (de dicendi usu Wolframi
de Eschenbach. Diss. Halle 1860. 34 pp. 8^, vgl. de usu di-
cendi Ulrici de Zatzikhoven aut. G. Schilling, ibid. 1866.
41 pp. 8^); aber wir wissen auch, dass das Haupt der Roman-
tiker, dass Wolfram sich die Enthaltsamkeit, zu der sich Hart-
mann allmälig emporringt, nicht auferlegt hat; endlich sehen
wir im heroischen Epos ähnliche Neigungen: die Nibelunge
sind, wenn man das Wort brauchen darf, im Ausdrucke viel
moderner als der Lanzelet oder die Klage. Worte wie ver-
mezzerif vrevele, vruot, vrech; dietdegen, dietzage; nitspü,
sperwehsel; sarwdt, zahlreiche Zusammensetzungen mit wie
(Gottfried töte, eintmc, totcgar^ *) die in den beiden genannten
Gedichten erscheinen, würde man in den Nibelungen vergebens
suchen. Und könnte man beim Lanzelt vielleicht noch auf
landschaftliche Unterschiede reflectiren, so fällt der Klage
gegenüber auch dieses Moment hinweg und es erübrigt nur
die Annahme, dass in der Periode der classischen Epik das
Leben der Sprache, wie unmittelbar vorher als Vorbedingung
der Möglichkeit einer reichen Litteratur die Abschleifung der
letzten vollen Flexionsformen stattgefunden hat, sich vornehm-
lich in rascher Entwicklung der Bedeutungen äusserte, so da&s
der Wortschatz des conventioneilen Verkehrs sich unmerklich,
aber stetig veränderte. Andererseits trifft diese letzte Bemerkoog
nicht völlig zu. Hartmann m^iss sich mit vollem Bewusstsein
1 Merkwürdig ist namentlich die Bezeichnung der Waffen: das VoUcsepo»
liebt — pars pro toto — ecke, rant^ aehafi; Veldeke hat nur das letiter«
häufig, rarU ein einsigesmal and da in der Verbindong» die in den Nib.
tautologisch erscheint »childes raril; dann werden diese Ansdrficke roo
den höfischen Dichtem vemüeden, aber die Oewalt der Formel iit
so überm&chtigy dass sich selbst bei Gottfried noch je einmal findet
€»Mner schaft und »ehiezen den schaß.
Qeinrieh r. Veldeke n. d. Genesis der romftntiBclien n. heroitchen Epik nm 1190. 653
von den unhöfischen Schlacken emancipirt haben, die im Erec
noch wahrnehmbar sind. Und ausserdem muss eben mit Rück-
sicht auf Wolfram angenommen werden^ dass einzelne Land-
schaften oder Mundarten dieser Bewegung sich entzogen oder
doch sie nur langsamer mitmachten. Dass viele Worte sehr
schnell obsolet geworden sind, zeigt die Vergleichung jedes
beliebigen Gedichtes aus der Mitte des XII. mit einem Werke
aus der Mitte des XIII. Jahrhunderts. Aber Heinrich von
Veldeke hat darauf keinen Einfluss geübt und; so wenig
als Wolfram, wenngleich dieser seinen Stil — wohl nur seinen
Periodenbau und die gesuchte Dunkelheit der Darstellung, nicht
aber den Wortschatz — zu vertheidigen hatte, ist ihm hieraus ein
Vorwurf erwachsen; er nimmt zwischen älteren und modernen
Stilisten eine Mittelstellung ein; die altheroischen Ausdrücke
vermag er nicht zu entbehren, die courtoise Sprache des Minne-
gesangs aber ist ihm bereits geläufig:
£n. 61, 21 Sie bestreich ir ougen
mit den lieben bougen
unde kngte ir vingerltn.
Dido gebahrt in diesen Versen ganz im Sinne der fal-
schen, höfischen Sentimentalität; aber für den Ring findet sich
der altepische neben "dem üblichen Modeausdruck. '
Die Ansicht also, dass Heinrich von Veldeke den Stil
des höfischen Epos begründet, ist somit unbegründet; in dieser
Beziehung ist auch zu beachten, dass Gottfried, der die Poeten
nach ihrer Bedeutung anordnet. Hartmann den ersten und
Heinrich erst den dritten Platz zugesteht (zwischen beide stellt
er BlickSr); aber auch die Ansicht Wolframs ist unhaltbar,
von dem wir nie vergessen dürfen, dass er nicht lesen konnte,
also auch nicht belesen war, wie einzelne Autoren, so der des
Moriz von Craon, wirklich erscheinen. Wolfram erblickte
^ Es ist mir aufgefallen, dass sich ausser den von Lachmann und Haupt
aufgfestellten Verbindungen und Zusammensetsnngen noch einige andere
Momente für die Unterscheidung des Stiles beibringen lassen. Alle pichter,
mit Auimahme Wolframs, meiden die Zusammensetzungen mit -beere (die
helden fobebcere in Nib. 1, 2 stehen ganz yereinzelt). Man wird in jedem
Oedichte nur wenige, vereinzelte derartige Adjectiva finden. Ebenso
werden gemieden die Deminutiva auf -Rn, bis sie durch Gottfried volleis
Hofrecht erhalten. Vgl. Sitzungsber. XCI. 13.
(354 Math.
in Veldeke, wie es scheint, unbefangen den Vater der höfiscben
Minnepoesie im grossen Stile. Auch diesen Ruf können wir
Heinrich unmöglich zugestehen. Dass er der erste nicht war,
der ein französisches Epos auf deutschen Boden verpflanzte,
ist längst bekannt. Eilharts Tristan ist um 1175, der Graf
Rudolf zwischen 1170 und 1173, der Trierer Flore noch froher
gedichtet. Aber auch die höfische Auffassung des Minne-
dienstes, die Terminologie der ritterlichen Liebespoesie werden
wir nicht mehr auf Heinrich zurückführen, seit wir wissen,
dass er seine Hauptstelle aus Eilharts ^Tristan' entnommen hat.
Die Wahrscheinlichkeit, dass er noch manches aus uns ver-
lorenen Quellen geschöpft, wächst, wenn wir ihn auf falscher
Angabe ertappen, dass er Vergils Aeneide an Stellen benutzt,
wo dies, wie Pey ausführlich gezeigt hat (Jahrb. f. rom. u.
engl. Litt 2, S. 4, 7), entschieden nicht der Fall war.
So sehen wir denn, wenn wir das Facit ziehen, Hein-
rich kaum mit Recht jenen hervorragenden Platz behaupten,
den ihm seine Zeitgenossen einräumten; was die modernen
Litterarhistoriker aus ihm wohl gemacht haben : der Vater der
höfischen Epik, der subjectiven Darstellungsweise, der conr-
toisen Minnepoesie — das alles war er nie! Den ungewöhn-
lichen litterarischen Erfolg verdankte er der Verbindung mit
den Fürstenhöfen des Niederrheins und Mitteldeutschlands;
dann der Gunst der Zeit, da seine Eneit bekannt geworden,
zum Theile vor, zum Theile nach dem dritten Kreuzzuge, ge-
rade in die Jahre höchster geistiger Erregung, mächtigster
Bewegung der Qemüther, lebendigsten Aufschwunges der Phan-
tasie fiel. Was die Versammlung von Clermont und der erste
Kreuzzug dem romanischen Westen, das war für Deutschland
das Mainzer Fest von 1184 und die Kreuzfahrt des alten
Rothbart. Endlich aber, das eine, wirkliche Verdienst mußs
Veldeke ungeschmälert gelassen werden, war er das Master
der Formglätte für alle Folgezeit. Das Lob gebührt ihm,
das Rudolf von Ems ihm, Gottfrieds Emphase ein wenig
dämpfend, gespendet hat. Es ist nun bezeichnend, dass wäh-
rend der unhöfische Ausdruck, obsolete Worte, vulgäre For-
meln Heinrich, wie späterhin Wolfram, nicht verübelt werden,
sofort mit dem Durchdringen des reinen Reimes die älteren
Werke bei Seite geworfen, mehr oder minder absichtlich igno*
L
Heiiirich v. Veldeke n. d. GeiiMit d«r romaatUchan a. heroiichen Epik am 1190. 655
rirt^ wie wir aus der kümmerlichen Ueberlieferung schlieBBen
dürfen^ kaum mehr abgeschrieben werden; je näher sie der
Zeit nach den Classikern standen, um so entschiedener ist die
hochmüthige Verachtung der Vorgänger: Flore, Tristan , der
Graf Rudolf (Crane) werden neu behandelt, die früheren Ver-
suche nicht einmal der Erwähnung werth gefunden — die
Cüassiker des vorigen Jahrhunderts haben über die Stürmer
und Dränger milder geurtheilt als diese Hofpoeten über die
manchen unter ihnen an geistiger Gewalt und allen wahren
Gaben des Dichters geradezu überlegenen Vorfahren aus dem
dritten Viertel des XII. Jahrhunderts.
Und dennoch haben diese in der Folge so schmählich
ignorirten Dichtungen den grössten Einfluss geübt und wäre
die classische Romantik ohne sie gar nicht denkbar. Denn,
wenn wir gezeigt haben, dass Heinrich von Veldeke als der
Begründer der romantischen Epik nicht gefeiert werden darf,
wenn aber 1192 der Erec vollendet war und noch in den
ersten Neunziger Jahren die geistige Bewegung, die den Weg
vom Niederrhein über Thüringen nach Schwaben und dann
erst gegen Osten eingeschlagen hat, in das Donauthal nach
Oesterreich vorgedrungen ist, müssen es eben jene älteren Dichter
sein, die als Träger der Richtung die eigentliche Anregung
gaben, indem sie zuerst den Oberdeutschen die Kenntniss der
französischen Epik vermittelten.
In der That seheu wir fast gleichzeitig oder vielmehr,
der Wortschatz deutet darauf hin, noch vor Veldeke's Eneit in
Oberdeutschlancl eine Epik entwickelt, die bereits die höchste
Stufe der Vollendung erreicht hat. Merkwürdigerweise behandelt
das Oedicht eines unbekannten Mannes, das wir hier im Auge
haben, denselben Stoff, dem auch Veldeke in der Jugend oder
wenigstens als Anßinger sich zugewandt hatte, das Leben des
heiligen Servatius, sogar nach derselben Quelle, aber ohne jede
Kenntniss des niederdeutschen Gedichtes. Mit Recht hat nun
der Herausgeber dieses Gedichtes, Moriz Haupt (ZfdAlt.
5, 75— -192) geschwankt, ob dies Gedicht nach der Reinheit
semer Reime in die Achtziger oder nach der Alterthümlichkeit
der Sprache in die Siebziger Jahre des XII. Jahrhunderts ge-
setzt werden solle. Auch wir werden eine Entscheidung nicht
treffen. Das Gedicht ist durchaus eigenthümlich und hat ~«
656 Moth.
der einzige Gervinus hat es wenigstens mit dem Senratios des
Veldekers verglichen — nicht die verdiente Beachtung und
Würdigung gefunden. Es gibt keine mittelalterliche Legende,
die in Behandlung des Stoffes unserem G-eschmacke so nalie
stünde, wie dies Werk. Der leider unbekannte Dichter darf
seinen Platz kühn neben den ersten Meistern suchen; nur
Wolfram ist ihm an Kühnheit der Bilder und Tiefe der Ge-
danken überlegen. Jedem anderen mittelhochdeutschen Gedichte
aus dem Kreise der höfischen und religiösen Dichtung aber
glaube ich dieses Werk entschieden voransteUen zu müssen.
Ob nun diese Dichtung vereinzelt gestanden oder ob uns neben
ihr noch andere ebenso bedeutende Denkmäler verloren gegangen
sind; lässt sich nicht entscheiden. Unter allen Umständen
aber sehen wir, dass sich die Blüthe der oberdeutschen Poesie
auch entwickelt hätte und vielleicht schöner entfaltet hätte
ohne das Dazwischentreten Veldekes. Zunächst aber obliegt
es uns, das so ungewöhnliche Urtheil über den Verfasser des
Servatius zu begründen.
Haupt hat bemerkt, dass der Verfasser klingende Zeilen
zu drei und vier Hebungen bindet und Abschnitte zuweilen
mit daktylischen Versen schliesst. Der Reim < ist genau bis
auf eine vereinzelte Eigenheit^ den Reim o : ö oberosten : koHen
103; im Präteritum gote : vestenSte u. ä. 201. 837. 2053, boU:
gesamndte u. ä. 869. 1597 ; boten : rSten 575 ; porU : hdrU 1429.
Das ergäbe, den einen unreinen tribrachyschen Reim beigezählt^
bei 3548 Versen beinahe zwei Percent unreiner Reime: bei
der consequenten Durchführung werden wir jedoch diese Reime
ebensogut als rein ansehen müssen, als die auf an : dn der
Nibelunge : der Dichter sprach eben die Silbe als anceps, d. b.
weder lang noch kui*z: bei Niederdeutschen wäre die Ver-
wendung von zweisilbigen Worten mit kurzer Stammsilbe für
klingenden Reim keine Seltenheit (Pfeiffer, Gkrm. 3, 502} und
die Verkürzung des schon dem Absterben nahen Bindevoc&k
ist auch kaum anstössig. Ich halte es sogar für überflüssig
und unzulässig, diese Reime auf niederdeutschen Einfluss zurück-
zuführen. Unter den 3000 oben untersuchten Versen Wolframs
* Tribrachyci: ebene : vergebene 799, belegenen : degenen 1487. 210S, geri-
gene : gedigene 2123 UDd ein anstössiger engegene : gedigene 923; tMnegiu :
diu 923 (nur bei Gottfried hfiafig, veraolasst durch den Namen PiUeriu).
Heinrich v. Yeldeke a. d. Genesis der romantischen n. heroischen Epik nm 1190. 657
kam hArte : warte, hört : wort, hört : dort vor ; nun ist aber der
Parzival wenigstens ein Menschenalter jünger als der Servatius;
wir werden also ungescheat den Verfasser des letzteren^ um-
soniehr da er aus Schwaben nicht sein kann^ weil daselbst
die Länge des Binde-6 am längsten gewahrt wurdC; nach Baiern
aber gleichfalls keine Eigenthümlichkeit weist, für einen Lands-
mann Wolframs, für einen Ost-Franken erklären dürfen. En-
jambement erscheint zweimal:
2776 eines nahts er einen grftwen
althSrren vor im stSn sach.
1182 inner din do wart er füre
den rihtffire selben bräht.
biren für 1. Plural, btrt 3. Sing. ; aber daneben seltene, ja
ganz vereinzelt vorkommende, dem höfischen Epos sodann
längst entfremdete Worte wie framspuot, froneaal^ vergoumaaln^
gehilwe, gehilgen, gemuotvagn, unzot] auf -sam nur hbesam 263
and dreimal rasch nacheinander hiasam 2542. 2619. 2684; auf
-Kn nur mngerltn 597, kind-elin 3088, swihogelSn 579; dagegen
mehrere auf -hcBre: ahtbcere 2497, erbcere 3324, lobebare 2550,
wandelbcBre 1 121, unwandelbcere 295. 741. Nominalcomposita, die
fast stets (immer im cas. obl.) zwei Hebungen ohne Senkung
in Anspruch nehmen, in grosser Menge: altgris sturmgite;
aliherre iwart Ustwürhte lipnar meintat mithabe trützunge trüt-
JdfU u. V. a. Zu heroischen Ausdrücken bietet die Legende
nicht eben grossen Spielraum, dessenungeachtet: liehtiu brünne
2029, biHnne glam 2062, vikrbüege 2918, eilen 2017. 2043, aar-
wai 2130, urlonc (neutr.) 91, wie 1766 wichus 81 uAcgerUste
1775 uncwer 3267. — Häufig heU; helt balt 130. 2535, helde
vermezzen 1737; erweüe degene 2103, Servatius sehr ofl der
gotes degen, gedigene 437 u. ö. ; guot kneht 1770. 2374; Itbes
ynd guotes ein helt 2345 ; i^men daz laut 3048 ; rotez galt sehr
häufig; allertegelich, engel geUch; eines lewen muot 2013; diu
itarken mcare vAten vlugen 459, vgl. 2393. Mehr als hundert
Eweigliedrige Formeln, wenige dreigliedrige. Mögliche Nach-
ahmung des Annoliedes 2035 f. Aber weit auffälliger als
alles dies ist, dass der Verfasser Vers und Rede durch äussere
Mittel zu schmücken versteht; er handhabt gewandt die AUit-
teration und er ist unter allen mittelhochdeutschen
Dichtern der erste Meister des Gleichnisses.
658 Math.
Nicht nur die üblichen allitterirenden Formeln trifft man
bei ihm, als Hute unde lantj toitewen unde weisefi^ die noch
heute gäng und gäbe sind, oder das in geistlichen Gedichten
auch sonst belegte züeiti und zanklaffen 2446, got der gvaU
oder das heroische tounden wtte ; kleine Veränderungen zeigen,
dasB er den Gleichklang sucht: wüefen unde weinen 943 statt
des üblicheren durch die gansse mittelhochdeutsche Dichtung
gehenden weinen unde klagen^ ebenso ir klage und ir kam 245;
mit ganz moderner Emphase sagt er: ezn was nochn wart
880; Jierze unde houbet 2602, ein gebet lüter unde lanc 1150,
8t6le unde etap 2534; 2449 muoter unde mdgen ist sogar etwas
manirirt; er hebt sich aber bis zur Onomatopöe: phnehen und^
phnurren 168; auch eine Bildung wie wdcgewitere gehört hieher.
Recht auffallend ist die Anwendung des Vergleiches and
Gleichnisses. Der Dichter ist sehr sparsam mit Bildern und
Vergleichen; nicht einmal die formelhaft gewordenen, selbst
dem trockenen Veldeke geläufigen Bilder bei Farbenschilderung
begegnen uns, nur einmal grd ah ein tübe 2622; fast als Ma-
nier muss man es betrachten, dass der sonst so Enthaltsame
beim Verbum brinnen stets ein Bild anwendet: als ein rose 290,
als ein gluot 605, ausführend als ein isen, daz gUlet 2237 vgl
3509. Es ist schwer zu sagen, warum sich der Dichter solche
Zurückhaltung auferlegt; dass es bei ihm nicht Aermlichkeit
des Stiles ist, werden wir sofort sehen; er muss die heiteren
Vergleiche der Würde des Gegenstandes nicht angemessen be-
funden haben, wie uns überhaupt aus diesem Gedichte ein fast
Wolframischer Ernst entgegentritt — wohl neben der wenig
romantischen Beschaffenheit des Stoffes der Grund, weshalb es
zu allen Zeiten wenig Leser fand. Das höchst Bemerkenswerthe
ist nämlich an diesem Manne, dass er, der weniger Bilder
und Vergleiche einflicht und anbringt als irgend ein L^enden-
dichter, der einzige Dichter seiner Zeit ist, der das richtige
Verständniss für das Wesen des Gleichnisses hat. Er hebt
nicht nur das tertium comparationis streng hervor — das ist
auch bei Wolfram und in den Nibelungen der Fall —
843 daz himelkint reine
ledic aller meine
wonet in der cellen eng^e.
mit micfaelre streng^
Heinrich t. Yeldeka u. d. Oonesis der romantiichen a. heroiftchen Epik nm 1190. 659
nuingdl er dohe.
im geschaoh als in der molte
dem kome, das ertoetet wird
durch den künftigen wnocher den iz birL
sondern er steht geradezu einzig da mit einem ausführlich
entwickelten Bilde, einem homerischen Gleichnisse, das seines
gleichen in der gesammten mittelhochdeutschen Litteratar nicht
hat. Es war ausführlich die Rede von Irrlehren, die zu Ser-
vatius' Zeit den Glaubenskämrpfern ihre liebe Noth gemacht,
Arriw det* widerwarte, Manicheus der half im harte u. s. w.
(611—644); dann f&hrt der Dichter fort:
646 fiber den glonben gie ein tnft,
sam fld den heiteren Inft
der trüebe nebel irret
nnt als den sterren wirret
diu welken diu vor swebent
das si uns des liehtes niht engebent,
unt als diu verrinnent
die Sterne aber brinnent,
die daz gehilwe 6 undersneit.
alsd schein in der kristenheit
manec liebte Inceme.
£in treffendes Bild, im Detail ganz reizend ausgefiihrt und
bis zur Gestalt einer kleinen, vom Flusse der eigentlichen
Fabel selbständig sich abzweigenden Erzählung erhoben —
die eigentliche Form des homerischen Gleichnisses.
Und diese Dichtung ist entstanden, dieser Mann hat ge-
dichtet, ohne Veldekes Werke, ja vermuthlicb, da er sonst
kaum auf denselben Stoff verfallen wäre, ohne Veldekes Namen
zu kennen. Es geht absolut nicht an, das Gedicht mit seinem
allerthümlichen Wortschatze tiefer zu setzen als in die Acht-
ziger Jahre des XII. Jahrhunderts, und selbst das ist nur
möglich unter der Voraussetzung, dass der Verfasser eben ein
Behr alter Mann war, dessen Jugend werke wir nicht kennen
— denn der Servatius ist kein Versuch eines Erstlings —
und der sich vom Brauche und der einmal angeeigneten Rede-
weise seiner Jugend nicht mehr zu emancipiren vermochte.
Der, wenn wir, wie erörtert, von 6iner Eigenthümlichkeit, die
jedoch bewusste Handhabung ist, absehen, völlig reine Reim
Utnnpber. 4. phil.-hiat. Gl. XCV. Bd. III. Hft. 43
660 Math.
aber schmälert Veldeke's Verdienst auch in dieser Beziehung.
Wir sehen: die Hochdeutschen waren selbständig bereits so
weit gekommen, dass es nur eines Beispieles, eines dorch-
schlagenden litterarischen Erfolges bedurfte, um die volle Rein-
heit der Form d. h. des Reimes zur allgemein und allein giltigen
Norm zu machen. Der Servatius hatte offenbar keinen Erfolg;
da kam der dritte Ereuzzug: Ritter aller Landschaften traten
in unmittelbaren Verkehr; die Höfe interessirten sich auf das
Lebhafteste für die Litteratur ; nicht mehr bettelhaft heischende
Vaganten, sondern vornehme Ministerialen zogen von Barg za
Burg: da mochte nun Heinrichs Eneit, das hohe Lied Ton
der Minne — wer nahm Änstoss an den entlehnten Versen?
— das so anmuthig vlämend geschrieben war, immerhin jenen
entscheidenden Erfolg erzielen!
Doch das ist genugsam erörtert. Aber wichtig ist, da»
der Servatius nicht allein steht, * und wichtig wäre es zu wissen,
woher Hartmann die erste Anregung geschöpft?
^ Von vielen Dichtunfifen gering^eren Umfang^s, die zn den cUssiBehen
nach Form nnd Stil gerechnet werden müssen, ist die merkwürdig
MoriE von Craon. Der Dichter kennt Heinrich von Veldeke, ob aber
als Dichter der Eneit? er nennt Aeneas neben anderen Trojanern V. 50,
aber er nennt auch die Dido V. 1162 nnd bald darauf V. 1160 Veldeke.
Das Einfachste wäre, dies für eine sehr naheliegende IdeenassociatioD
zu halten; und dennoch meine ich, dass der Dichter des Moris En^
imd Dido nur aus französischen Gedichten kannte. Er miisste «n d«r
Stelle 1150/ 60 sonst unausweichlich Heinrich als VerCuser eines Ge-
dichtes von der Dido nennen. Zudem ftlhrt er sie an nach der Cassandrd
und identificirt die Länder KaHdyo und Marroch 1148, wahrend bei Hein-
rich das Land der Dido LibiA heisst und Marrok 200, 21 ihm ein anderes,
fremdes Reich ist. Was Haupt als möglichen Elnfluss Heinrichs ansehen
konntp, das lässt sich alles, wie z. B. das stichische GesprICch, einfacher «os
der französischen Vorlage erklären; auch das «Selbstgespräch* (S. 31) hs^
nicht erst Veldeke in unsere Epik eingeführt. Desto auffallender H
dass diese formglatte Erzählung (nur eine Reihe Reime nach dem Schema
vani : am) nicht den geringsten Einfluss Hartmanns zeigt, wie Haapt
hervorhebt. Und doch ist das Gedicht alt; denn bei aller höfiseber
Formstrenge zeigt es volkstbümliche Formeln und Wendungen, wie ne
selbst im Erec und Lanzelet nicht mehr vorkommen. Es ist gedichtet
nach einer französischen Vorlage, die eine wahre Geschichte behandelt,
eine Lichtensteinartige Fahrt des Herrn von (^raon zu Ehren der Gräfin
von Beaumout. Moriz von Craon nun erscheint 1156 in engliw^hen
Urkunden, oü il paie k l'echjquier trois gerfanz et un epervier de
Heinrich v. Yvldoke o. d. Oeuesia der romuitiecheu u. heroittchen Epik om IISH). 661
Wir sind über Hartmanns Lebensumstände so weit unter-
richtet, dass man es neuerdings unternehmen konnte, eine
vollständige chronologische Tabelle seiner Werke zu entwerfen,
Naumann, ZfdA. 22. 73. 74. Nun wäre eine so genaue Be-
stimmung, wie sie a. a. O. gelungen scheint, vom höchsten
Werthe, weil wir in den dadurch gewonnenen festen Rahmen
nach Massgabe der sonstigen Ei^ebnisse der Specialforschung
Datum um Datum einreihen und so endlich zu einer wirklichen
Litteraturgeschichte gelangen könnten, deren Voraussetzung es
ja ist, dass man die Reihenfolge der Werke kenne, um fest-
zustellen, wie sich die Autoren nach einander oder neben ein-
ander beeinflussen. Es ist nicht im Rahmen dieser Abhandlung
gelegen, die Biographie Hartmanns zu behandeln, aber da wir
bei diesem Gegenstande angelangt sind, will ich zwei Bedenken
gegen die gegenwärtig übliche Datirung der Werke Hartmanns
nicht unterdrücken, damit vielleicht Anregung zu nochmaliger
Norwege; gestorben aber ist er 1216 (de la Rue, ess. histor. aar les bardea,
l. jongl. et 1. troavires Norm, et Angionorm. Caen 1834. III. 192, 193;
eltirt übrij^üB Litt. pat. 17. Johann [Jean-sans-tenre] Reg. Nr. 24), hat
also ein nngewöhnUch hohes Alter erreicht; denn die Identit&t der beiden
PersönUchkeiten, der 1166 und 1216 erwähnten, steht ausser Frage. Er
lebte demnach noch, als das deutsche Gedieht entstand, was dem Ver-
fasser desselben nach Vers 263 f. nicht bekannt gewesen zu sein scheint.
Znr Charakteristik des Stiles bemerke ich : Anlehnung an die Kaiser-
chronik 133 f.; Erwähnung Slterer Dichtungen (s. o.); a,ui Kriechen derselbe
Reim, wie bei Veldeke, Lamprecht, Kl. 1109, also formelhaft: Bteehen 27.
Es erscheint nicht nur hell, heldea werCf heU balt, mü, geaieU, nuers; bam,
wiganf 59; wagtdxn 1258. 1289; garwe 1649; keutr in volksthümlicher An-
wendung 315; sondern das seltene, hochheroische baldez dien 244; in yolks-
thümlicher Prägnanz: Ronie waa diu mctre (vgl. Nib. 1958, 1. Eitel wat
der itöene); kieeen den tot 158. 568: anstaunen cd» ein wildex Her 772 (vgL
Nib. 1700, 1) ; auch sonst Ausdrücke, die wir nicht einmal im heroischen
Kpos finden: 1418 do kam si rehte als ein aXp ikf micA gulichfn\ noch
merkwürdiger 1561 f. der tiufel oder daz loüetende her, ein classisches
Zengpaiss des Volksglaubens. Sonst ganz im Stile classischer Epik: auf
'Sam nur gehoream 318; auf 'beere nur offenbeere 696, Uuterbcere 1637; auf
-im nur vingettin 605. Enjambement; Klage um die Armuth der deut-
schen Sprache 1778, wozu Haupt den Eingang des Pilatus (vor 1187!)
vergleicht und die doch nach Hartmann kaum mehr zulässig war; der
Dichter spricht, als hätte er sich einer seltenen und schwierigen Unter-
nehmung unterzogen 1779. Also auch hier dieselbe Erscheinung wie
beim Hervatius: die Oberdeutschen schon zu Veldeke's Zeit ebenso weit,
als dieser sie erst gebracht haben soll!
4ü*
662 Moth.
Untersuchung gegeben werde und unter allen ümstladen die
gewonnenen Daten^ die doch noch sehr problematisch sind,
nicht in kritiklosen Litteraturgeschichten inveteriren.
Es ist eine wiederholt ausgesprochene Vermuthiingy daai
Hartmann awei Kreuzfahrten unternommen habe und jedes
seiner beiden Kreuzlieder (dem hritue zimt wol reiner muol
MSF. 209, 25 und ich vor mit iwem htUden he»Te unde m>
218, 5) sich auf eine von diesen beziehe. Neuestens hat diese
Ansicht A. Baier, Germ. 24, 72 f. mit Geschick vertreten.*
Durch dieselbe würde sich manche Schwierigkeit beheben:
man könnte die Autopsie des Meeres zugeben, wenngleich gegen
Naumanns Einwendungen a. a. O. S. 36 nicht viel zu sagen
ist ; dagegen wird mich nie Jemand von meiner Ueberzeugong
abwendig machen, dass das erste Büchlein (V. 358 daz üt
aUen den wol kunt die da mite ge^eeeen sint) nach einer See-
fahrt gedichtet ist, ob nun Hartmann einmal oder zweimal im
heiligen Lande war: jede andere Auslegung ist gezwungen
und leidet an innerer Unwahrheit. V. 1687 wcer ich im artende
ist meiner Meinung nach vor einem Kreuzzuge gesprochen —
man sehe Naumanns richtige Argumentation S. öl — , also das
erste Büchlein gedichtet, da Hartmann, längst von der ersten
Fahrt heimgekehrt, zum zweitenmale das Kreuz genommen
hatte. Ich würde dies fiir unbedenklich sicher halten; denn
Hartmann könnte als Knappe des Rothbarts Kreuzzug, wie als
Ritter den von 1197 mitgemacht haben, wenn mich nicht ein
Umstand abhielte, ein endgiltiges Urtheil zu fallen. Häufig
genug mögen Ritter gezwungen gewesen sein, zweimal in das
heilige Land zu ziehen. Junge Pilger wollten erprobte Führer,
die den Weg schon einmal gemacht In Oesterreich, wo inner-
halb eines Decenniums drei babenbergische Fürsten nach ein-
ander das Kreuz nehmen, mag mancher Ritter den W^ mehr
als einmal gemacht haben. Ein Wechsel des Lehensherm
* ObwcAl, wie ich gUabe, die SteUe von Saladtn sich einfacher erkliren
ISsst: Selbst wenn Saladin in voller Macht noch lebte [aelbstverstSndlicbe
Ellipse: den zn bekämpfen jedes Ritters Pflicht], wäre ich nicht fort-
zabringen ans Franken. Nennt so mit dem Orientalen, der in Orient
Seewesen, den Oocident, speciell Deutschland? Es ist fibrigens för die
Frage gleichgiltig: das Herrengescblecht der Aner könnte ja aneb Guter
in Franken besessen haben!
Hnnrieli t. Yeldeke n. d. Oenetis der romantischen n. heroischen Epik am 1190. 663
konnte da für den Vasallen unbedingt massgebend sein. Einen
solchen Wechsel nun hat Hartmann auch erfahren ; bitter
beklagt er den Tod des Herrn; dass er den Nachkommen ein
treuer Vasall blieb, bezeugt, dass er viel später die Dichtung
abfasste, die das Haus der Auer verherrlicht : aber bei seinem
ersten Ereuzzuge war der Herr schon todt: gerade in dem
Liede dem kriuze zimt etc. trauert er um den Herrn. Damit
ist der äussere Umstand weggefallen, der mir eine zweimalige
Kreuzfahrt Hartnianns motiviren würde — denn dass sich beide
Kreaziieder auf die zweite Reise beziehen könnten, wird wohl
Niemand behaupten wollen — und die Frage bleibt offen.
Eine zweite Frage ist die um das Alter des Oregorius.
Man hat die Epen Hartmanns nach seinem Sprachgebrauche
in zwei Gruppen geschieden: Erec und G-regorius — Heinrich
und Iwein. Die hiezu angewandte Methode, die Reinheit der
Sprache und des Reimes zu prüfen und nach fortschreitender
Kunstfertigkeit anzuordnen, ist sicherlich richtig, aber sie be-
darf zweier Cautelen : erstens darf sie sich nicht in Subtilitäten
verlieren, denn grosse Percentzahlen mögen sicher sein; wenn
aber bei ausserordentlicher Sorgfalt die Zahl der Verstösse
eine äusserst geringe ist, lässt sich nach solchen Bruchzahlen
eine Anordnung in chronologischer Folge nicht geben, denn
da kann der Zufall seine Hand im Spiele haben. Solch' eine
Subtilität aber ist die Scheidung des armen Heinrich vom
Iwein : wir müssen einfach unser Unvermögen eingestehen, ein
genaueres Resultat zu erzielen, als das, dass beide Gedichte
derselben Periode der litterarischen Thätigkeit Hartmanns an-
gehören, das heisst ungefähr gleichzeitig scheinen. Da wir
überdies wissen, dass der Iwein um 1202 entstanden ist, sind
wir zu alledem hinlänglich unterrichtet. Naumanns Beweis
8. 42 f. ist unzulänglich; betreffs des Stiles haben er und
Andere vor ihm vergessen, dass der Iwein eine Uebersetzung
ist, der arme Heinrich eine freie Dichtung nicht ganz ohne
populären Anstrich. Müsste ich demnach nach dem Stile allein
urtheilen, so würde ich den armen Heinrich für jünger halten
aU den Iwein. Was aber den Gregorius betrifft, ist die
zweite Voraussetzung jener Methode in Erwägung zu ziehen:
eine derartige genaue Stilprüfung hat ununterbrochene Kunst-
übung zur Voraussetzung. Ist es nicht nachweisbar, dass der
664 M«tb.
Dichter ununterbrochen, das heisst ohne grosse Pansen der
Unthätigkeit oder Unproductivität, die wie z. B. bei Schiller
eine völlige Umwandlung des Stiles mit sich bringen^ gewirkt
hat, so sind Unebenheiten, RtickfUUe, Schwankungen denkbar,
möglich, ja wahrscheinlich.
Nun stehen bei scharfer Betrachtung nicht £rec und Ore-
gorius den übrigen Werken, sondern der Elrec allein steht
allen anderen Dichtungen Hartmanns gegenüber; er allein hat
einen etwas abweichenden Wortschatz und grob populäre Formen,
die Hartmann später meidet. Diese Entäusserung ist aber nicht
zufällig oder unabsichtlich vor sich gegangen, sondern berobt
auf einem Willensacte, einer Einkehr, Selbsterkenntniss, die
wieder nur durch einen äusseren Anstoss hervorgerufen sein
kann, der nicht leicht etwas anderes gewesen sein kann, als
der Besuch eines Fürstenhofes, an dem bereits die Regeln det
neuen Tones zur Herrschaft gelangt waren. Das würde dazu
verlocken, nach dem Erec eine längere Pause in der Eunstübnng
anzunehmen, bis der Poöt wieder mit neuer, mit voller Kraft auf
dem Platze erscheint. Aber das ist eine unerweisliche Vermuthung.
Auf Schloss Spiez am Thuner See ist aber der Eingang
des Qregorius entdeckt worden (Paul u. Braune, Beitr. 3,
90—132) und der scheint nun allerdings seinem Inhalte nach
kaum von einem jungen Manne gedichtet sein zu können, so dass
eine etwas vorschnelle und im Ausdrucke jedenfalls übertriebene
Aeusserung Becks plötzlich Bedeutung gewinnt, der meinte,
die ,tumben jär' Greg. 5 deuteten auf ,Reue über ein im
Dienste der Welt verbrachtes Leben'. Wenn dies auch nicht
wörtlich zu halten sein wird, wird man sich doch, es sei denn,
dass es gelänge, den Eingang des Oregorius als ganz unselb-
ständig nachzuweisen (vgl. Scherer, ZfdA. 20, 349 — 354), dazu
bequemen müssen, den Qregorius fbr ein Werk des alten
Hartmanns zu halten. ^ Dass er entgegen seiner Eunstübung im
Iwein und den gleichzeitigen Werken wieder einen Rückfall in
den Stil seiner Jugend zeigt, das wäre zu erklären ans der
^ Die Uebereinstimmung zwischen der Einleitung des Oregorius und dem
iTrost* ist zwar, wie der Spiezer Fund beweist, noch enger, als Scherer diri-
natorisch ahnte ; aber dabei bleibt zu erwägen, ob die Stelle einem jnngeu
Autor zugesagt h&tte: dass mittelalterlichen Autoren bei Entlehnung bSo%
genug wenig Passendes mitunterlXuft, soll freilich nicht gelSugnet werden.
Heinrich t. V«ldeke n. d. Genesis der romanti^hen u. heroischen Epik nm 1190. 665
Unterbrechung seiner Thätigkeit und vielleicht aus der Betrach-
tung der gleichzeitigen Litteratur. Wenn der gefeiertste Zeit-
genosse Wolfram ungescheut all' das in seine Dichtung einschob
and verflocht; was Hartmann mühsam abgestreift und peinlich
ferngehalten; mochte er sich, und besonders bei einem nicht
streng romantischen Stoffe imftierhin wieder gehen lassen.
Und zu alledem kommt; dass der Gregorius in der That
stilistische Eigen thümlichkeiten bietet; die ihn vom EreC; wie
von der Iweingruppe trennen; die aber Herr Naumann nicht
bemerkt hat Zudem, was Naumann a. a. O. S. 34 f. bei-
bringt; ist noch zu bemerken: eüen 1821; ellenthaft 1998; ur-
liuges, also neutr. 1702. 1726. — ez loaz ein 8un daz si gebar
498 (cf. Nib. 1688, 1; 2); ein der hertiste strit 1983. mcere
2086, Rome diu mcBre 3615; brot unde brunnen 2740, vrevel
unde wo 3796. Für all' das bietet der Erec keine Parallele.
Ich habe Sitzungsber. XCI Bd. S. 13 gezeigt, wie sorgsam
Hartmann Deminutiva auf -Ua meidet; im Qregorius sucht er
sie beinahe: väzzelln 533. 826, Inuselin 2603. 2861. 3079. 3529.
3540. 3549, kindeUn 302. 514. 536. 879. 957, tohterlln 14. Es
iBt das der Stil, der mit Gottfried zum Durchbruche gelangt.
Ich will aber auch diese Frage nur angeregt haben und
masse mir nicht an, hier im Vorbeigehen die letzte Entschei-
dung zu fällen. Die Berechtigung wiederholter Discussion glaube
ich hinlänglich dargethan zu haben.
Alles in allem werden wir darin übereinstimmen, dass
Hartmann in selbständigem, zielbewusstem Ringen geworden
ist, was er war; dass er hochdeutsche Vorbilder vorfand, an
denen er sich bereits bilden konnte, und dass auf ihn und
seinen unmittelbaren Einfluss die Reinheit des höfisch-romanti-
schen Stiles in Oberdeutschland zurückzuführen ist.
111. Das heroische Epos in Oesterreich.
Nur ein landschaftliches Gebiet hat unsere Discussion
bisher nicht berührt und zwar gerade dasjenige, das von den
hochgehenden Wogen der Zeit am gewaltigsten durchrüttelt
wurde, das österreichische Donauthal.
Nach Oesterreich musste die von Nordwesten ausgehende
Bewegung zuletzt gelangen; in der That, so thöricht es ist,
666 Math.
läugnen zu wollen, dass auch in Oesterreich einmal Ritterthum
und Minnedienst geblüht habe, und so wenig haltbar, zu be-
haupten, dass sich damals Oesterreich, indem es den geist^n
Fortschritt des übrigen Deutschlands nicht mitmachte, gesondert
habe für alle Folgezeit, so richtig ist es, dass die litterarische Be-
wegung erst spät nach Oesterreich gelangt. Aber die Romantik
hat die österreichische Ritterschaft doch mitgemacht: freilich
blüht Ulrich von Lichtenstein achtzig Jahre nach der Blüthe
Moriz* von Craon. Aber gerade in litterarischer Beziehung
hat Oesterreich, während die Ritterschaft sich erst langsam
bequemt zu haben scheint, courtoise Formen anzunehmen^ ver-
hältnissmässig rasch Schritt gehalten. Denn gleichzeitig mit dem
Thüringer — ich nehme nur auf die Vollendung der Eneit
Rücksicht — , also dem Thüringer Veldeke, dem Schwaben
Hartmann, singt auch bereits der Oesterreicher Walther.
Aber der erzählenden Dichtung wandte sich die Ritter-
schaft Oesterreichs erst zu unter dem Eindrucke des dritten
Ereuzzuges und des Lebens und Treibens an einem kunst-
sinnigen Fürstenhofe. Hier war man* nicht wie am Rheine im
steten Verkehr und Austausch mit dem welschen Nachbar;
wenn man nach neuen Stoffen greifen wollte, fand man eben
nur alte und, wie der Minnesang in Oest-erreich damit be-
gonnen hatte, dass die Ritter volksthümliche Weisen mo-
delten, so begann die epische Dichtung damit, dass man nach
den volksthümlichen Sagen griff, die seit Menschengedenken
von den Fahrenden gesungen. Allen kundig, in Aller Munde,
einen flüssigen, der Bearbeitung werthen und die Mühe lohnen-
den Stoff der Behandlung boten. Doch ist vor 1190 keine
Spur einer umfangreicheren Dichtung nachweisbar. Lieder von
den Amelungen und Nibelungen, von Kudrun und Hilde müssen
unausgesetzt gesungen worden sein ; die Reinheit des -Reimes
in unseren Nibelungenliedern erlaubt bekanntKch nicht, die-
selben über 1190 oder doch beträchtlich über 1190 hinaufzu-
rücken ; das aber ist unmöglich, den Zeitpunkt mit voller Ge-
nauigkeit zu bestimmen, wann die Behandlung dieser Stoffe
aus den Händen der professionsmässigen Spielleute in die
der Herren selbst überging; denn das geschah vermathlich
gerade so beiläufig und allmählich und, seit einmal damit
begonnen war, so noth wendig, als dann wenige Decennien
Heinrieh v. Yvldeka n. d. Oenesis dur romuitischeii n. heroiitelien Epik am 1190. 667
später die Sammlung und Vereinigung dieser Lieder zu einem
zusammenhangenden Epos erfolgte.
Dem Kreuzzuge des Kaisers schloss sich Herzog Leopold V.
von Oesterreich ^ mit glänzendem Gefolge langsam an ; es ist
bekannt; wie die Oesterreicher vor Accon lagen, mit den Eng-
ländern in Streit gerietheu , endlich wieder missmuthig heim-
kehrten. So übel sie mit den Welschen standen, mit den deutschen
Herren anderen Stammes scheinen sie das beste Vernehmen
gehalten zu haben; ja die Freundschaft der Oesterreicher und
Thüringer wurde geradezu sagenhaft. Wie wir der Sage vom
Wartbergkriege das mit Sicherheit entnehmen, dass die Höfe
von Eisenach und Wien als die vornehmsten Pflegestätten der
Litteratur galten, so belehrt uns eine andere Dichtung, das
Epos von des Landgrafen Ludwig Kreuzfahrt, das mehr als
zwei Menschenalter später ein Thüringer angeblich noch nach
Angaben eines Augenzeugen abfasste (sehr schlechte Ausgabe
von van der Hagen, Leipzig 1854, 300 S. 8*^.), über die Freund-
schaft der beiderseitigen Ritterschaft. So wenig man sich bei-
kommen lassen dürfte, dieses Erzeugniss thüringischen Local-
Patriotismus als historische Quelle benützen zu wollen — der
Herzog von Oesterreich führt beständig den Namen Friedrich — ,
so bezeichnend ist doch, wie nachdrücklich die Innigkeit der
Beziehungen zwischen den Fürsten und ihrer Umgebung betont
wird. Ich nehme unbedenklich an, dass hier insoferne echte
und gute Tradition zu Grunde liegt, als wenn auch das Detail
(insb. V. 5034 ff.) ganz unbeglaubigt ist, doch das gute Ein-
vernehmen im allgemeinen anzuzweifeln, kein Grund vorhanden
ist und die hervorragende Rolle des Herzog Leopolds während
dieser Episode des Kreuzzuges auch sonst feststeht.
So enge Berührung fremder Landsmannschaften konnte
nicht ohne Folge bleiben: Oesterreicher und Thüringer hatten
sich gegenseitig eine Gabe zu bieten ; jene waren in der Lyrik,
diese in der Epik überlegene Meister. Damals mögen die ersten
^ Zar Orientirnng für nichtösterreichische Leser:
Leopold V. (,der Tagendhafte')
t 31. December 1194.
Friedrich I. (,der Katholische') Leopold VI. (,der Glorreiche*)
t 16. April 1198. 1198—1230.
668 Mutb.
Fäden angesponnen worden sein, die viele Jahre später, nach
seines Gönners Friedrich Tode, Walther auf die Wartbai^
führten; damals mögen es zuerst die österreichischen Herren
als courtois erkannt haben, auch umfangreiche Werke sa um-
fassen, zu redigiren, dem fahrenden Schüler oder Hauscaplan
sfiu dictiren.
Wenigstens erklärt uns das einigermassen den sonst eben
über die Maassen auffallenden Umstand, dass unmittelbar nach
der Heimkunft der Orientpilger in Oesterreich eine rege epische
Dichtung beginnt, so zwar, dass im Lande Reinmars und Wal-
thers der höfische Minnesang eine Zeit lang fast zurücktritt.
Dass es in Oesterreich Lieder gegeben volksthümlichen
Inhaltes, ist, wie bereits erwähnt, zweifellos ; es gab aber auch
historische Lieder: eine Spur eines solchen Liedes erhält uns
eine eher dem XIV. als dem XIIL Jahrhunderte entstammende
poetische Zwettler Haus- und Klosterchronik, in der die Schick-
sale der Kuenringe verherrlicht werden (Fontes RRÄA. IL Abth.
3. Bd. über fundat. monast. Zwettl. S. 1 — 22); unter dem Schatt
des XIV. Jahrhunderts schimmert doch noch das Werk des
Sängers aus dem XU. hervor, freilich nicht mehr so deutlich,
dass man sich ein Bild von Form und Inhalt — am ehesten
noch von Anlage und Sprache — machen kann. Ich citire
ganz beiläufig der Reihe nach Ausdrücke und Formeln, wie
sie der classischen Volkspoesie eigen sind: V. 18 fruoty Mdaz
hat es den vollen gar (Nib. 2077, 2); 53 anwigen; 55 schaden
Wide schände; 218 daz vrlevg (neutr.); 274 vor der tceyganden
ellenhaften handen ; 284 brvffeti gr6zev umnder (s. h. v. Jänicke
zu Bit.); 289 bem unde ehersuAn'^ 482 wüten mcere allerding«
arg verballhornt: (2^* so weiten ist zemir, dagegen ganz richtig
667 witen mare : weiten mer\ 546 gemeit Es wird sich wohl
Niemand der Ueberzeugung verschliessen, da den übertünchten
Rest eines historischen Volksliedes, das im XII. Jahrhundert
im österreichischen Wald viertel, das ist dem nordwestlichen
Theile Niederösterreichs, abgefasst wurde, vor sich zu haben.
Aber die Männer der Neunziger Jahre wandten sich heroi-
schen Stoffen zu und zwar wurde, bevor man sich noch daran
wagte, die vielen rasch entstehenden gefälligen Lieder zu einem
grossen, cyclischen Ganzen zu vereinigen, der Versuch gemach^
den etwas ungefügen, volksthümlichr^n Stoff der überlieferten
Heinrich t. Veldeke n. d. Genesii der romk&tischen n. heroischen Epik um 1190. 669
Form zu entkleiden und für die ritterlichen Kreise, speciell
wahrscheinlich für den Herzogshof — denn die Ritter dich-
teten ja wacker in der Nibelungenstrophe — in höfische Kurz-
zeilen umzugiessen.
So entstanden Epen yolksthümlichen Inhaltes in
höfischer Form.
Zuerst begnügte man sich, den Inhalt überlieferter Lieder
wohl oder übel in die Kurzzeile zu zwängen (Klage); bald
aber wagte man es, den Stoff freier zu behandeln^ den Recken
Thaten der Courtoisie, deren Erfindung bei aller Treue gegen
die Ueberlieferung zulässig gefunden wurde, anzudichten: das
Volksepos lieferte in Namen und Formeln nur das Skelet des
Qedichtes (Biterolf); späterhin suchten, nachdem die Ritter
schon bis zur Sammlung der epischen Lieder vorgeschritten
waren, die Spielleute sich selbst auch in der neuen höfischen
Form zu üben und trugen so das kurzzeilige Epos in die
niederen Kreise (Tjaurin).
Diese Bewegung aber begann unmittelbar nach der
Heimkehr vom Kreuzzuge. Ich habe bewiesen (ZfdA. 19, 183 f.),
dass der Biterolf am Wiener Hofe zwischen 1195 und, wohl
noch zu Lebzeiten Friedrichs I., denn Leopold VI. zeigte sich,
wie bekannt, zu Anfang seiner Regierung, wohl durch den zu
kostspieligen Hof halt seines eben verstorbenen Bruders irritirt,
den Dichtern und Sängern nicht allzu gewogen, also vor 1198
vollendet wurde. Gegen Wilhelm Grimms Vermuthung, dass
Klage und Biterolf von ^inem Verfasser seien, hat wohl Jänicke
schon entschieden genug polemisirt (DHB. I, 8 f.); aber es
lässt sich auch zeigen, dass die Klage beträchtlich älter sein
mu38 als der Biterolf, wenn sie doch, und dafür spricht wieder
vielfache Uebereinstimmung im Einzelnen, genau derselben
Landschaft angehören.
In Biterolf erscheinen zahlreiche Ausdrücke, die in den
Nibelungenliedern vermieden oder selten sind: wigant (überaus
häufig, Nib. nur 942, 4), gotes degen, degenliche, degenheit,
getelinc (häufig), erneiiden 877, genende 12955; urliuge 3409.
4739; mc 3924, sahs 12269; die ganze Reihe oben (S. 652)
angeführter Wörter: vermezzen, vermezzenltche, vrevel, vreveU
ßci«, viri (häufig), vruot; baltlichea 13004. Wörter auf -«am:
getiozsam 313. lobesam 2164. gennhtsam 5607. 13336; hierin
670 Math.
stimmt also der Biterolf zu den strengsteii höfischen Epen, ebenso
bezüglich derer auf 4in nur kindeltn siebenmal und tohterlin^XA:
häufiger dagegen die sonst gemiedenen auf -beere : erb. dreimal,
freudenb. 6894, lobeb, neunmal, redeb, dreimal. A^ele Nominal-
composita, die im casus obliquus nothwendig zwei Hebun^n
ohne dazwischenfallende Senkung tragen müssen (vgl. S.657), aber
nicht Wörter von altem, sondern mehr realistischem Gepräge:
armgrSz, epertief, loucvar 10384, urvar 3531; hurcwer, einhorUf
ertrich, füstla/c, goüerz, gräfschaft, herban, jeiihof, Itpnar, Urzvl,
marcman, ndchhuot, wartman, schiltkneht, velistrit u. v. a.
Für jeden Nibelungenkenner genügt diese Zusammen-
stellung ; ich füge nur bei, dass alle diese Worte in den Nibe-
lungenliedern unerhört sind, zum grössten Theile ganz aus dem
Stile fallen würden.
Aber auch die Klage hebt sich deutlich genug ab.
Die Klage — nach unseren Ijitteraturgeschichten ein volks-
thümliches Epos von rohen Formen — hat kein einziges Wort
auf -mm; * auf -lin nur kindelin viermal; auf -bcßre: «rb. 2115,
redeb, 1. Also gleich dem feinsten und vornehmsten schwä-
bischen oder thüringischen Dichter. Nominalcomposita können
wir nicht in so grosser Zahl beibringen als aus dem fünfmal
so langen Biterolf, aber die vorhandenen tragen, zum Theile
wenigstens, einen viel alterthüm lieberen Charakter: volcdeyen,
nitalac, sarwät — sperschaft, mürstein, grunttoaU, kriuz^f,
burcgräve, amptman, marcman — getelinc, vÄgant; zornmuoteSf
vrech 844. — oxigenweide, das angeblich nicht vor Hartmann
vorkommen soll, Bit. 3260. Kl. 795. 1878 und hochd. Servatius
562, auch bei Reinmar u. zw. datierbar 1195, MSF. 168, 131
Man sieht bei vielem Gemeinsamen auch vielfache Ver-
schiedenheit. Noch entscheidender ist eine Vergleichung des
Metrums. Vergleicht man beide Gedichte in Bezug auf die
Ausfüllung der Senkung — wobei man jedoch die Vorsicht
anwenden muss, die Eigennamen, die fast ausschlieeslich in
die Zahl jener oben charakterisirten Nominalcomposita fallen,
^ Der Laurin hat (um die Schwierigkeit solcher Kunstfertigkeit darauthon!)
in seinen 1200 Versen allerdings nur drei Worte auf -»am^ aber die zn-
sammen 19 mal ! Volksthümliche Ausdrücke, die sich nicht auf Heldeu-
thum und Kampf beziehen, nur fUrgebüegej megetki, mete.
68
18
40(=3-337o) ö
12
6
7 1
16
8
7 —
29
17
12 1
UeiDricK t. Yeldek« o. d. Oenesis der romantiachen n. heroiiclieii Epik am 1190. 671
abzurechnen — und auf tonloBes e in der Hebung, so ergibt
8ich, tabellarisch dargestellt:
Klage 166—216 24 12 12 1
1089— 11S8 19 6 14 X {27 : rAochünde)
1266--1316 16 1 14 3
also in 300 Kunzeilen
Biterolf 1001-1100
6109—6208
7676—7774
also in 300 KnnsseUen 66 30 26 (= 2-16 %) 2
Man sieht in Bezug auf Wortschatz und Behandlung
des Metrums ist die Klage alterthümlicher als der
Biterolf; beider Dichter aber strebten darnach; der der Klage-
mit grösserem Erfolge, den Anforderungen des besten höfischen
Stiles gerecht zu werden.
Ist der Biterolf um 1195 gedichtet, die Klage aber
älter und zudem nach jener Schichte von Nibelungenliedern
gearbeitet, die denen vorausgingen, aus denen sich unser Epos
zusammensetzt (Sitzungsber. LXXXIX. Bd. S. 633 f.), so muss
sie nothwendigerweise, da die Reinheit des Reimes verbietet,
sie viel weiter hinauf zu setzen, spätestens unmittelbar nach
dem Kreuzzuge entstanden sein. ^
Fassen wir demnach in Kürze das Resultat unserer Ab-
handlung zusammen, so sehen wir Oberdeutschland in den
letzten Jahren Kaiser Friedrichs I. in voller Gährung: eine
gewaltige Spannung hat sich der Gemüther bemächtigt; es ist
nothwendig, dass sie sich nach einer bestimmten Richtung entlade.
An den Hof eines kunstsinnigen und freigebigen Fürsten
im mittleren Deutschland ist der Mann gezogen, dem es zuerst
gelangen, eine umfangreiche französische Dichtung in strengen
Reimen, allerdings in seiner rheinischen Mundart, nachzubilden.
' Die Klage hat unter den Amelungen Ritschart nicht, dessen Name viel-
leicht erst in Folge der Haft des Engländers Richard, den man eben
Ritschert nannte, denn Mi im Namen Richart, wie ihn noch der Alphart
bietet, ist durchaus nicht österreichisch, in das Epos eingedrungen ist.
Mnth, Einltg. i. d. Niblied. S. 332, Note.
672 Math.
Da wälzt sich die ungeheure Menschenwelle dahin an den
Füssen der Berge durch das Donauthal ; die herrlich geputzte,
in allen Genüssen des Lebens verwöhnte^ in den strengsten
Formen sich bewegende normannische; auch Theile der pro-
yen9alischen Ritterschaft erscheinen in Deutschland; die deut-
schen Stämme selbst kommen in engen und dauernden Contact:
sie bewundern die Welschen und ahmen sie nach; Reibungen
und Conflicte aber erwecken ein starkes nationales Gef&U.
Der zumeist beleidigte Fürst, der als Vertreter der natio-
nalen Ehre dem Könige von England sich entgegenstellt,
herrscht über die deutsche Landschaft, die das Bild und die
Pracht, die Vortheile und die Lasten des Zuges am deut-
lichsten und längsten empfunden.
Im Oriente unter Anspannung aller Kräfte erregt eine
Folge grosser Begebenheiten: ungewöhnliche Schwierigkeiten,
heisse Kämpfe, der Verlust des greisen Fürsten die Gemüther
in noch weit höherem Grade ; empfänglich für alle Eindrücke,
ob sie noch so phantastisch wären, in ihrem Gesichtskreise
freier, abenteuerlustig kehren die Pilger heim: eine höchste
Blüthe der Poesie ist die Frucht dieser tiefgehenden Bewegung
und Erregung der Gemüther.
So sehen wir als den Motor der Begebenheiten nicht
einen einzelnen Mann, nicht ein zufalliges Gedicht als Aus-
gangspunkt der litterarischen Blüthe, sondern grosse historische
Ereignisse, die für das Leben des Einzelnen, wie für die Ent-
wickelung der Gesammtheit maassgebend sind und es ist ein
bestimmter Ausdruck dafür gewonnen, in ganz bestimmter Weise
gesagt und nachweisbar, von wie grosser Bedeutung für die
Entfaltung der deutschen Litteratur der dritte Kreuzzug war:
an ihn knüpft sich die Blüthe der romantischen, und heroi-
schen Epik!
Heinrieh t. Teldeke o. d. 0«n6iii der romftiitifeliett o. heroUchen Epik nm 1190. 673
BEILAGE.
Die Wiener Yeldeke-Handschrift.
Cod. pal. Nr. 2861 (hißt. prof. 534, Hoffmann Nr. XII);
cod. ms. saec. XV; klein Fol., zwei Spalten zu meist je 37 Zeilen;
nnmerirt 209 Blätter; la bis 95a Veldekes Eneit; die beiden
äusseren und die zwei innersten Blätter jedes Doppelquaternios
Bind — in der Regel ganz — mit Bildern rohester Sorte be-
deckt; die Sprache weist nach Schwaben; Blatt 97, la fährt
fort : Das puch hebt an wie rotn geetift ward und auch von aUen
päpsten kauern und küngen zu rom^ schliesst 209, Ib mit
Friedrich IV: Amen iWÄ an fant manfetag v/geschrieben zu
Vf^ff^^^^^/^n] der Schreiber heisst Jörg von Eisbach.
Der Text der Eneit ist schlecht conservirt, die Formen
abgeschleift, namentlich Niederdeutsches aus Missverständniss
oft getilgt; Auslassungen im Anfange selten; von der Grenze
des ersten und zweiten Theiles an wird der Text, der sich
bis dahin, so weit, als dies die Beispiele unten darthun, an
BM lehnt, selbständiger und gibt zwischen circa V. 10800 und
13200 kaum den halben Umfang: im Ganzen circa 2000 Verse
weniger als die Vulgata. Obwohl viele Auslassungen willkürlich
sind und man sieht, der Schreiber strebe vornehmlich nach
Abkürzung der, Hauptbestandtheile der zweiten Hälfte bilden-
dcD^ erotischen Gespräche, ist doch erstens der Umstand auf-
fallend, dass die erste grosse Lücke gerade an jenem Punkt
fällt, wo Heinrich 1181 seine Arbeit aufgeben, abbrechen
mnsste und liegt somit die Vermuthung nahe, dass entweder
674 ic«th.
eine kürzere Redaction existirt hat oder wenigstens die Ein-
richtung der Stammhandschrift, an der die neunjährige Unter-
brechung nicht spurlos vorüber gegangen sein kann, AnUss
zu Auslassungen gab, und sind zweitens, während der Schreiber
den ärgsten Ungeschmack und das grösste Ungeschick bei
seinen offenbar willkürlichen Kürzungen zeigt, einzelne bin-
wider so wohl angebracht, so einfache und textverbessemde
Emendationen , dass dem Gedanken Raum gegeben werden
muss, dass jene Schreiber, die mit fortschreitender Tendenz
Veldekes Arbeit ins Hochdeutsche umschrieben, auch nach Art
ihrer Zeit und Zunft Zusätze gewagt haben, so dass W mit-
unter, wie oben bei 347, 1 — 13 vermuthet wurde, das Ur-
sprüngliche gerettet hat.
Um die Stellung der Handschrift im Diagramm (GH — BM)
klarzumachen, soll hier, bevor Proben aus dem Texte selbst
gegeben werden, eine Vergleichung der von Braune ZfdAli
16, 420 — 436 zusammengestellten, entscheidenden Stellen ge-
geben werden.
261, 10-13. W = BM.
312, 38. 39. W = BM.
314, 6. W= H (und Benoit!).
26, 32. W 4, 2a = B.
40, 23 fehlt W 8, 1 b = BM ; zeigt aber möglicherweise
die Ursache des Fehlers in der Stammhandschrift:
troy was vaTt grof
dreier tagwaid waid ^ wit
dreier stand also in der Vorlage und der Schreiber irrte bei
dem gleichlautenden Worte tage ab ; vielleicht auch, wie das
Durchstreichen, das fast nie vorkommt, wahrscheinlich macht^
schwer lesbar durch eine Lücke o. dgl.
47, 8. W 11, la = B.
51, 5. 25. W 12, Ib =:B.
53, 29. W 13, la ^xj GH vnd klagt do jr mgenuicL-
^ waid durchstrichen.
2 c\5 drückt ungefähre, nicht wörtliche oder buchstSbliche Uebereinstim-
mang, > yölliges Abweichen ans.
H«iiirieli ▼. Yeldeke a. d. OoieBit der romantischen n. heroiicheB Kpik «m 1190. 675
55, 29—35. W 13, 2a
jr sprecht v5 dS mane = B
den ich mit augS ie gefach -^_
fo ich mich verdencken mag
der irt kaine^ To wol getan ~ _.
er ift ein edler troian -^ -D
von edlem gefchlechte.
72, 18. W 19, la> do^y trächerte jnÄjf(8ic).
94, 5. W 26, la
er WZ ein grttUch yathgnof
fnr WZ im auch der mnnd
▼fi het ein fchwätz alf ein hüd
fraifchlich wz fein geperd
eneas der werd
Yorcht in do er in fach
dz man wol globen mag.
Die Ausdrücke zagel eigislich sind entfernt; den Reim geberde :
werde für gebäre : märe hat der Schreiber gewiss vorgefunden.
Wir sehen hier die Thätigkeit eines jener Zeitgenossen, die
das Gedicht mit aller Gewalt ins Hochdeutsche umgiessen
wollten : warum freilich dabei dslich zu fraialich werden muss,
ist heute nicht mehr klar.
113, 40 (Braune S. 423). W 32, Ib Verwirrung im Arche-
typus: do er zu troyan dz sand (sie).
123, 37. W 36, 1 a gewönne (~ BMG).
124, 28. 29. W 36, lb=BM.
133, 32. W 38, 2b daz plüt fliefen began (= GHH.
134, 16. 17. W 39, la = BM (Urverderbniss im Archetypus)
e fy fein red recht
warü fy es betten getan.
157, 5. W 46, 2 a > t?/ ain hocken stain,
160, 8. W 47, lb = BM.
167, 40. W 49, 1 b = BM.
177, 8. W 53, 1 a = GHEP der in der grab der was.
184, 24. W 55, la = BM.
Siti«n(il«r. d. phil.-hist. Cl. XCV. Bd. III. Hft. 44
676 H.tk.
204, 34. W 62, 2a = BM.
205, 19. W 62, 2a, b >
2 a die zwen te^en reiche
2 b ^ar vermerfenliche
tacten aich ritterliche
helden zwain geliche
fy griffen zu den fchwerten (29)
der fy beide gerten (28).
Hiezu halte ich W 70, 2b, das ist 240, 11, wo W = GH und
BM dasselbe einschiebt, was hier W, nach seiner Vorlage na-
türlich, denn Jörg von EUsbach ist nicht für unnütze Erweite-
rungen. Wir sehen, wie sorglos froh die Schreiber Formeln
einschalten, wenn sie ihnen eben zu passen scheinen.
209, 6. 7. W 63, 2b = BM.
212, 3. W 64, 2a = BM.
216, 30. W 65, 2b zimber nun waf^u (sie); 29, 31 = Ettmüller.
257, 27. W 75, lb = BM.
308, 40. W 79, la = BM.
318, 31. W 83, 2a ~ GH.
320, 16. W 84, la rv; GH t0(i8 zwischen irs mur wz,
340, 24. W 89, 2a > offenlich er fy kueU] dürfte die
echte Lesart sein.
Braune ZfdPhil. 4, 262 bespricht die merkwürdige Stelle
144, 35 — 145, 12; W 42, 2b = BM; nur die vier Verse weichen
ab, die unmittelbar vorhergehen:
144, 80 er vn als fein hör
betten felich farwe grif
fj lepten aber *in kain weif
lenger wen vier jar etc.
Man kann aus diesen Beispielen deutlich sehen, wie W zur
Gruppe BM steht; W stammt von einer besseren, dem Arche-
typus näher liegenden Handschrift ab; zwischen dieser Hand-
schrift und W aber liegt bereits eine Stufe der Verschlechte-
rung. Also schematisch:
Heiarieli ▼. Yeldeke n. d. OenesiB der roBuntiichen n. heroischen Epik am 1190. 677
E
£2 (hochdeutsche Ueherarheitung)
£; £2, Xy Yy ¥2; Z sind supponirte Handschriften, die uns
verloren gegangen sind ; die Fragmente lassen sich den beiden
Haaptgnippen leicht einreihen; eine Handschrift von beson-
derem Alter oder Werthe ist nicht unter ihnen.
Das Epos beginnt in W:
Er hapt wol ynumS dz
wie der künig menelfts
troye die reichen
besaß gewalticlichen
das er fy zerfären wolte
durch parifen fchnlde etc.
Zur Probe auch eine vollständige Vergleichung einer zu-
fJülig gewählten Spalte und zwar Ettm. 103, 5 quelen vn nifn>
— 7 öbnan — 9 mit schänden fehlt der mufent — 10 wan —
12 ne]keins — 13 ge]be — 15 = G ge]be — 17 ain yhel —
18 der sorgen dan nit püfi — 19 = G enhebet — 20 wan — 23 tun
25 dem sckmertze mit liden \ dife habet anoaide — 27 zweites
den fehlt
E^ erübrigt; die hauptsächlichsten Lücken und lücken-
ausfQlIenden Zusätze aufzuzählen.
148^ 21—149, 21. W 44; 2a fehlen diese 40 Verse, dafür
sehr unklar:
es f> keiDns toren
jr rofstuck wz famit.
W 71; Ib bricht ab mit Vers 267; 24; die nächste Seite
^2, la &hrt sodann ganz abweichend fort; wie folgt:
44«
678 Math.
Do ds alfo WS f(«tan
Do bet der edel iroyun
die jonkfrawen ach ^sechen
Da mnst er veijeehen
5 Dz fy fchöner nit ni((cht fein
Da mit im ds herU fein
yQ fraide hoch yf gefchwal
yfi laid doch grofe qaal
Ds er ir moTt enbom
10 Die fein herts fach g^m
Unde die nacht kam
Ir baid* herts in minn enpran
Vast gen ainander
Als im für der falamide*
16 vnts er doch an fein pet kam
eneas der Inftfam
yfi er daran lag
keines fchlafes e\ pflag
▼fi dr jnngS küniginne
20 die im in feinfi Iinne
fo rtaticliche lag
es wirt mir wile got pAs
08 nacht do ich rechte m&f
mit ds konen tomum
25 das ich gern* wil tAn
yfi wil willicliehe
yechtem ym ds reiche
yfi ym ds schon mag^tein
ob alle die weit wer mein
30 fo gewafi ich nim* Sde^ wib
ds angemach fol mir den IIb
fchier krank machen
fol ich yaften yfi wachen
wie fol ich mein lebe behalden
86 yor tumfi dem balden
alfo lag er die nacht
mit strengt lieb bewacht.'
Bei Beurtheilung der Stelle wird man gut thuD, sich za erinnern,
dass wir die zerrüttetste Stelle der Hs. vor uns haben, die in
1 Ansdrttcke, wie in V. 16, 28, 35 n. K. sind doch merkwürdig und Usaeo
sich unmöglich auf den Schreiber sarückfohren. Die Frage iit nnr:
stammen sie — nach unserer Beseichnung — aus Y oder sind ds dorch
den merkwürdigsten Zufall yerstflmmelte Trümmer einer vom Antor
schliesslich selbst yerworfenen, yielleicht swischen 1182 und 1190 cos-
cipirten Redaction enthalten?
Hoinrieh t. Yeldeke a. d. Qeoesis der ronuuitiiichen q. heroisehen Epik tim 1190 679
der Vorlage schon übel zugerichtet gewesen sein muss. Es
folgt 267, 32—268, 2, doch fehlt V. 35. 36; 268, 3—269, 2
fehlt (40 Verse), dafür:
da Bpracb die maget frey
ich förcht dz es de kftm^ fej
do mich min müt^ troft zu
er ist mir kumen zd M
dz mir nnküt vor wz,
88 folgt 269, 4 f.
Blatt 76 bricht ab mit dem 9115. Verse (Ettmüller 266, 34)
und es folgt eine Lücke von circa 1200 Versen ; erst 300, 9 wird
wieder angeknüpft. Es geht aber von da an lückenhaft, so dass
bis zum Schlüsse noch gewiss mehr als 500 Verse ausfallen.
Es folgen 300, 9—301, 10. 301, 11 — 303, 33 fehlt, dafür:
nnn wz es iber mitten tag
dz eueas dennacht lag
vii fein hertz oft erkracht
jn dem er erwacht
vnd wolt trösten feine man
do hief er im geben dan
ein gewSd dz im wol zam;
nun folgt 303, 34 — 304, 12; dann heisst es:
die minn zwig fy baide
nun merkt wz eneas td
er rait zh der pag z&;
es folgt 305, 23 u. s. w. So ungefähr ist von da an durch-
gehend die Erzählung; erst der Schluss wird wieder treuer.
353, 11. 12, die merkwürdigen Verse lauten:
da wftd ef vollgefchriben
anders dan wgf ds meift^plibs.
353, 39. 354, 1 sind die Namen Friedrich und Heinrich ver-
wechselt; 354, 16 — 19 fehlt, schon V. 20 zeigt, dass wir nur
mit Nachlässigkeit kämpfen. Der eigentliche Schluss, dessen
Echtheit uns im Erec so schön verbürgt ist, ist von V. 31 ab ver-
kürzt und ein paar salbungsvolle neue Reime, wie sie Schreibern
und Liebhabern geläufig waren, höchst unnützer Weise beigesetzt:
680 Mnth. H. T. Veldake n. d. 0«BMii d. ronuatisehen a. ktro!tehM Epik vm 1190.
854, 81 wan als er das vand
damit hant ds p&ch end
Oot von TDB weDd
aller hand mifftat
vad das YnTer fei rat
allenthalbe werde
im himel ▼& vf der erden
ds vns dz allen widerfiar
rprechet alle ds werd war.
Bzaeh. Stndien snr Technik dee aachhomerisehen heroischen Verse«. 681
Studien zur Technik des nachhomerischen
heroischen Verses.
Ton
Alois Bzaoh.
O. Hermann's glänzende orphiache Untersuchungen lenkten
zuerst die Aufmerksamkeit der Philologen in nachdrücklicher
Weise auf die Technik des griechischen heroischen Verses.
Nehen vielem Anderen, das dem Scharfsinn jenes bedeutenden
Mannes sich erschloss, war es die Frage nach den Längungen
kurzer vocalisch -auslautender Silben, welche er zum ersten
Male in umfassender Weise mit Erfolg einer speciellen Er-
forschung unterwarf. Die richtige Lösung dieser Probleme ist
darnach angethan, eine Menge falscher Vorstellungen, die in
früherer Zeit gang und gäbe waren, zu beseitigen und neue
Einblicke in das Wesen des heroischen Verses zu gewähren.
Es ist daher natürlich, wenn das Interesse für die von Hermann
aufgeworfenen Fragen nicht erkaltete. Und gerade in unserer
Zeit ist es intensiver denn je geworden. Auch die nachfolgen-
den Blätter sollen einen geringen Beitrag zur Untersuchung
der erwähnten Fragen liefern.
Unter den obgenannten vocalisch-auslautenden Silben im
Hexameter nehmen diejenigen, deren Längung durch die Be-
schaffenheit des folgenden einfachen consonantischen Anlautes
bedmgt ist, die bedeutendste Stellung ein. In den weitaus
meisten Fällen ist diese einfache Consonanz einer der liquiden
Laute (im weiteren Sinne) X [jl v oder p. Da gerade diese Art
von Längungen im heroischen Hexameter so bedeutend hervor-
tritt, fand sie ganz besonders in jüngster Zeit, speciell, was
das Material in den homerischen Qedichten betrifft, eine neue
überaus gediegene und eingehende Bearbeitung. Ich meine die
vortrefflichen Untersuchungen HarteFs in seinen Homerischen
682 BBftcii.
Studien I, die überaus dankenswerthen Forschungen von Knöt
in den Quaestiones de digammo homerico III und das feine
in dieser Frage abgegebene Ui-theil von Curtius in seinem
offenen Briefe an Hartel (Studien IV 471 sqq.) und in den Er-
läuterungen zur griechischen Grammatik ^42 sqq. Wenn die
genannten Gelehrten auch namentlich, was die Art der fkit-
stehung solcher Längungen betrifft, in ihren Ansichten aus-
einander gehen, so bleibt doch die Thatsache aufrecht, dass
zur Zeit der Blüte des homerischen Gesanges Fälle vorliegen,
wo vor einer einfachen Liquida Längung auslautenden kurzen
Vocals eintritt. Hier konnte der Grund davon nur in dem
folgenden Anlaute liegen, dieser war es, der als tönender Laut
eine vollere Aussprache unter der Beihilfe der Arsis ermög-
lichte, so dass thatsächlich eine Art von Doppelung der Liquida
im Zusammenhange der Rede sich ergab, z. B. himi£r(dpoiQi.
Gewiss wird man jedoch auch zugeben müssen, dass in Fällen,
wo ursprünglich eine doppelte Consonanz (z. B. av in ^cwifdq)
den Anlaut gebildet hatte, sich in der Längung vor dem be-
treffenden Worte eine gewisse Erinnerung an den ursprüng-
lichen Lautbestand erhielt. Beide Gruppen flössen aber zu-
sammen, und so erscheint in der uns vorliegenden Gestalt der
homerischen Gedichte die flüssige Natur der Dauerlaute als
die Ursache der Längung kurzer vocalischer Silben, die ihnen
in der Arsis vorausgehen. Wie Hartel trefflich nachgewiesen
hat, steht das vorausgehende Wort zumeist in engstem Contact
mit dem folgenden und fliesst daher mit diesem förmlich in
ein Ganzes zusammen, fast ebenso, wie wir das in der That
bei Compositis oder aber bei Verben hinter dem Augmente
erblicken können, wo die Liquiden wesentlich dieselbe Wirk-
samkeit im Inlaute zeigen wie sonst im Anlaute (vgl. s. B.
xoXuXXioTo; und IXXaße).
Die angeführten durch die liquiden Laute hervorgerufenen
Längungen (resp. ihre Doppelung im Inlaute) wurden, mochtcD
sie nun an Stämmen erscheinen, die ursprünglich doppel-
consonantischen Anlaut besassen, oder aber an solchen mit
einfacher Liquida, so sehr als in der Natur des folgenden An-
lautes begründet gefühlt, dass auch die nachhomerischen Dichter
sie beibehielten, ja die Zahl der Fälle auch aus Eigenem ver-
mehrten, indem sie, wie Hartel (Hom. Stud. I 239) treffend
Stndian inr Technik dea nacbbomeriBCheD heroiachen YeriiM. boO
bemerkt, ^sich aus den homeriBchen Fällen Regeln abstrahirten,
die oothwendig zu Anwendungen über den Kreis der vorlie-
genden Induction hinaus führen mussten^ In welcher Aus-
dehnung dies im nachhomerischen Hexameter und Pentameter
geschehen ist und wie sich die späteren Dichter hiezu ver-
halten haben, das zu untersuchen bildet Zweck und Ziel der
vorliegenden Arbeit. Da die Längung kurzer Vocale vor Li-
quiden im Inlaute (mit anderen Worten: die Doppelung der
Liquida) wesentlich dieselbe Erscheinung repräsentirt wie im
Anlaute, so werden wir auch die diesbezüglichen Fälle in den
Bereich unserer Untersuchung zu ziehen haben, so dass jene
beiden Formen eines und desselben lautlichen Vorganges ein-
ander gegenseitig erläutern können.
Auf diese Weise gliedert sich unsere Untersuchung von
selbst in zwei Haupttheile, deren erster die Wirkung der Li-
quiden im nachhomerischen Hexameter und Pentameter im
Anlaute, deren zweiter ihre Wirkung im Inlaute behandeln soll.
I.
Unter den nachhomerischen Dichtern, die sich des epischen
oder elegischen Versmasses bedienten, werden wir zwei Gruppen
zu unterscheiden haben : eine archaische, welche die hesiodischen
Dichtungen, die homerischen Hymnen und die Ueberreste der
kyklischen Epiker umfasst, eine Gruppe, die doch theilweise
noch Selbständigkeit und originelles Schaffen aufweist, und
eine jüngere, die späteren Dichter in sich begreifende, die
nur mehr mit dem Materiale des alten Epos arbeitet oder nur
nach daraus gezogenen Normen eigenes Neue hervorbringt.
Speciell in unserer Frage waltet zwischen den beiden Gruppen
ein wesentlicher Unterschied ob. Gerade hier befleissen sich
die archaischen Dichter besonderer Mässigung, sie begnügen
sich fast nur mit den aus der homerischen Poesie ihnen über-
kommenen Fällen und verwenden ausser geringen Neubildungen
beinahe nur die der alten Sängersprache eigenthümlichen Län-
gUDgen bei bestimmten Wortstämmen. Die jüngeren Dichter
hingegen gehen über diese Grenze hinaus und lassen, freilich
von selbständig abstrahirten Gesetzen geleitet, die sie sich
684 Bisch.
auB dem homeriBchen Materiale gebildet, solche Lfftngangeii bei
einer weit grösseren Zabl von Stämmen zu. Hiebei treten
namentlich gewisse Dichter in den Vordergrond, wie z, B. Äpol-
lonios Rhodios, Quintus Smyrnaeus u. a, Waa aber diese
einmal neugeschaffen haben, das gilt ihren Nachfolgern vieUich
ebenso als Kanon wie die homerischen Fälle und so können
wir beobachten, dass von diesen jene Neubildungen nicht minder
recipirt werden wie die alten homerischen Formeln.
Bei Homer ist das flüssige Wesen der Liquida noch
lebendig zu fühlen, wenn es auch nur in einer Beihe von
Stämmen begegnet. Diese Vollkraft der Liquida können wir
aber gleich in der nächsten Periode — in der Zeit der Ent»
stehung der hesiodischen Dichtungen und der homerischen
Hymnen — nicht mehr ganz voraussetzen, es sind schon ge-
wisse starre Verbindungen und Formeln vorhanden, in denen
sich die Längung vor den Liquiden zeigt, und auch diese
nicht gerade sehr häufig, obwol es doch, worauf Hartel richtig
hinwies, nicht ohne Vortheil und Bequemlichkeit für die be-
treffenden Dichter war, sich derlei Längungen zu gestatten
(Hom. Stud. I 237 sq.). Neue Fälle begegnen nur wenige,
meist Eigennamen. Daneben macht sich eine Beschränkung
bemerkbar^ die man bei Homer noch nicht, wenigstens in
diesem Masse nicht, wahrnehmen kann. Durch Hartel ist an-
zweifelhaft erwiesen, dass Längungen vor liquidem Anlaute
nur in der Arsis stattfinden können. Am zahlreichsten ist dies
(vgl. Enös m 254) der Fall in der H. und IV. Arsis, aber
auch die anderen Hebungen im Verse sind betheiligt: anden
wird die Sache bei den nachhomerischen Epikern; «chon bei
Hesiodos beschränkt sich die Längung fast allein auf die U.
oder IV. Arsis, und Nonnos z. B. kennt mit Ausnahme einer
directen Nachahmung in einem dem Homer entnommenen
Hemistichion gar keine andere Längung als nur in der ein-
zigen IV. Arsis. Auch der rhythmische Werth der Aosdrficke,
deren auslautende Silbe durch die folgende Liquida gelängt
wird, kommt in der nachhomerischen Poesie in besondsrer
Weise in Betracht. Während bei Homer sowol einsilbige
Wörtchen wie xe [AeY^Oog B 58 als aucb pyrrhichische Wort-
formen wie hl [keydpoiq £ 435, daneben aber auch Ausdrucke
von dei' rhythmischen Form - -- (6^p« Xeitpovre Q 285) ^--^
ätadien xor Teehnik des naehkomcrischeo heroischen Yenes. 685
(b7c6fK ve^ea A 306, xphoia (x^Yotv 1 344) ^ (IpBouaa [Ufa 2pYov
T 92) -www (i^piaoTO piy' 5vetap 8 444, ■fltiv« pte^flO^^«^ H 462)
w — w (ü^vaaa [a^y*^ ^^^^ ** l^*^) ^ — ^ ^ w (eucrpe^ea veopi^v
0 463), also mannigfaltige Wortarten vorkommen, wird auch
dies in der späteren Poesie anders: Die Längung wird all-
mälig nur zugelassen bei einsilbigen Wörtchen (fast nur xi ii
Ye) und pjrrhichischen, ausnahmsweise (in unveränderlichen
Wörtern) auch bei trochäischen Wortformen. Was sich von
anderen rhythmischen Wortformen findet, sind directe home-
rische Reminiscenzen. Bei gewissen Dichtem können wir noch
engere Beschränkung beobachten. So lässt unter den Dichtern
vor Nonnos z. B. Manethon Längnng nur bei pyrrhichischen
Präpositionen und in einem Falle beim Wörtchen xi zu ; Maxi-
mo8 gar nur bei der einzigen pyrrhichischen Präposition Ivi.
Nonnos selbst zeigt die strengste Norm, bei ihm dürfen auch
die einsilbigen Wörtchen nicht mehr in einer Längung er-
scheinen. Es hängt dieser Umstand mit dem Verwitterungs-
processe der griechischen Endsilben zusammen, wie wir ihn
aus den von Hilberg in seinem Buche über ,das Princip der
Silbenwägung und die daraus entspringenden Gesetze der End-
silben in der griechischen Poesie' und aus den diese Arbeit
vervollständigenden Ergänzungen von Scheindler (in der An-
zeige des genannten Buches, Oesterr. Gymnasialzeitschr. 1879,
p. 412 sqq.) kennen lernen.
Wir werden also bei unserer Darstellung Folgendes zu
beachten haben:
1. Die Wortstämme (resp. Wörter) mit liquidem Anlaute,
vor denen Längung eines kurzen Vocales zugelassen wird.
2. Die Stellung der gelängten Silbe im Verse.
3. Den rhythmischen Werth des betreffenden Wortes.
4. Ob in dem jeweiligen Falle eine Reception homerischer
oder anderer Vorlagen erfolgt ist oder aber eine selbständige
neue Bildung vorliegt.
Um ein deutliches Bild von dem thatsächlichen Bestände
geben zu können, werden wir im Folgenden bei der Anführung
Bämmtlicher Detailfälle (nach den Schriftstellern geordnet) in
der Weise verfahren, dass zunächst die den homerischen Vor-
lagen entnommenen Beispiele nebst diesen selbst dargelegt
werden, dann die von anderen älteren Dichtern überkommenen,
686 Rxttch.
endlich die von jedem Schriftsteller selbst geschaffenen neuen
Oebilde. Auf die von den sich ergebenden Gesetzen abwei-
chenden Fälle wird jedesmal besonders hingewiesen werden.
A. Archaische naehhomerische Poesie.
(Hesiodofl, HomeiiBche Hymnen, Kyklos.)
Die weitaus meisten Wortstämme, vor denen Längang
vorkommt, zeigen dieselbe auch schon in den homerischen
Gedichten; neue Bildungen begegnen nur sieben; wovon fünf
bei Hesiod (hierunter drei Eigennamen) und je eine in den
homerischen Hymnen und den Kyklikern sich findet. Als wei-
tere Norm ergibt sich: Die Längping vor liquidem Anlaute ist
gestattet: 1. bei einsilbigen Wörtchen in der II. und IV., aus-
nahmsweise in der III. und V. Hebung; 2. bei pyrrhichischen
Wortformen in der II. und IV. Hebung; 3. in Wörtern anderer
rhythmischer Messung bei Verszwang (und zwar ^ w w, ^ ,
— www u. 8., im Versanfange auch w) in der H. und
IV. Hebung, dann in der III. Hebung, wenn ein entsprechendes
homerisches Muster vorliegt. Niemals aber darf in der Verssen-
kung eine Silbe vor folgender Liquida gelängt werden.'
Heaiodos.
a) Nach homerischen Vorlagen:
Xi'^Mpiq: TOI [x^v uwb Xt^upöv oupC^Y*»*^ XeaoN ouSi^v A. 278 II
Hom. xvoifS &TO Xrfupi] N 590 W 215 II
Xt-jcapo;: BsüTSpov i^^d^Z'zo Xiiraptjv 6i{jL(V, ^ Tsxev "üpaq Th.
901 III
Hom. iizb le XtxapY)v eppi^s xaXuT;pv]v X 406 m
XiJY^' öu8e X0T6 XiJYOüffi Oeal Betvoio x^Xoio Th. 221 II
Hom. ij TOI 5t6 XY556tev 0 87 II'
jjLeY«?: äeiVT^v Te |i,eYiXr}v le TCO$a)%ei t6 xporepi^v ts Th. 320 II
Hom. xaXt} TS 1*6^*^^ ts $ 7 H
•j|jL€T? Ik Ixe^aXtiv ts ß't;v xal "^sipaq aohcrou? Th. 649 11
Hom. TQixeT^ Ih |xsYiXoto Ai6? M 241 II
ü)^ 8' ox' awb jxsYaXou Tzizpr^ •::pTQü)Vo^ opouatj A. 437 II
Hom. §(i)p(i) Ixt [AE^iXü) K 304 II
^ Die römiichen Ziffern hinter den Verszahlen bedeuten die Vershebaogen.
Stadien m Teohaik des neehhomeriechen heroieclieii Yereei. 687
[JL^Y*?' ^ 9d%t'( {xe^iXo) ' dncb ik YXauxum? 'AOt^viq A. 455 II
Beim Dichter der Aspis werden wir die Länge
des dativischen t nicht mehr annehmen können.
icavTi [jiivec axe68ü)v, Sta ^k [kiyoL aocpxb^ äpo^a A. 364 IV
Hom. ol 8^ iie-faXa cxevöExovre^ 5 354 IV
Kato(xiyv], Xixe 8' «fx^i xupi pteYcfX' (Soxsto? üXtj Th. 694 IV
In ?cup(, wo das t als Dativausgang die einstige
lange Quantität erhalten haben könnte, werden wir
im Hinblicke auf das homerische i[»j^\ ^ept pteYötX^ to^roy
4> 10 III eher eine Nachbildung dieser Stelle mit
Längung vor der Liquida zu sehen haben.
Tp^Tiöv eüpußfoj(; Y^vexo fx^Y«?? ^^ ^akdmri^ Th. 931 IV
Hom. §iceTo [ur(dX(^ 5pu(xorf8(j) 4> 256 IV
eTBef xe (a$y^^s( "fe' v6ov y^ |a^ ofrci^ IpiCs A. (Eöen-
fragment) 5 H
Hom. £?86c T$ (iiYe06( xs B 58 II
[ki-^apo^: *ImcdTt)v li oi ulbv evi [AeY^potaiv Itixtev Fr. LXXXIII
3 (Goettl.) IV
Hom. Itixtsv ivl [i^y^P^^^^ '{ir^aiyu&q Q 497 IV
l^aXaxö^: x^aw(fv te (xaXaxYjv xal T6p(xi6evTa xiföva E. 537 II
Die schlechteren Hdschr. bieten (xsv statt ts. Hom.
oiex ik (laXocxotTt a 56 II
|i6eoc: dtXXov t£6w](0Ta xata [aöOgv IXxe woSouv A. 158 IV
Homerischer Vers 2 537.
vsupij: (CA dwb veup^i;, auibi; 8' dncaXi^aeTai oXXyj A. 409 II
Schlechte Variante: dhcat. Homerisches Hemisti-
chion 10) d^b v£upi;(; A 476. 664 II
'Ps^a: eetav xe T6(av xs Qiim xe Mvt)|ao(j6vy)v xe Th. 135 II
Hom. oD? x^exo 'Pia O 187 VI (schlechtere Le-
sung xixe Tsta).
'PoJto?: Ni(j(Jov X6 ToSiov 0' 'AXtotxjxova 6' 'Ercxöhcopöv xe Th.341 II
Hom. Kapt)a6(; xe ToSfa? xe M 20 V
p'.vo;: xai xe 8ia ^tvoö &oo^ ^PX^'^«'? o^^e |jliv faxet E. 515 II
Hom. owe 8' dbcb ^tvöv E 308 II
auxäftv, 6ffxia 8i g^i xept ^tvoto aaice{<rQ? A. 152 IV
Hom. icepi 8e (^evot [juvu^uaiv (j. 46 IV
P^i^iivwp: Yßtvorr' lAxtXXija prj^i^vop« euixoXiovxa Th. 1007 III
Homerischer Vers: xal {xex' AxiXXija piQ^vopa öü|j.o-
Xeovxa H 428 m
688 Biaeli.
b) Ohne homerische Vorlage.
Aax69(^: KXa>6(i> le Adxe9(v t£ xal *Atpoicov, aht StSoOffi Th.90ön
Darnach auch an einer zweifelsohne interpolirten
Stelle :
KXu>6(i> xe A-d/eatv tc xat "Atponov, alte ßporcT^i TL
218 II
At{j.6(;: Ai^6v]v ts At(x6v xe xal 'AXyea Sac)ipu6€VTa Th. 227 II
v6(j.o<;: lp$ci)v Ispa xaX& xaide v6(aov (XaoxiQTat Th. 417 IV
Ttjffo?: Oariv xe Tii^iv x\ A/eXwcdv V op^poÄCvijv Th. 340 II
Eine homerische Analogie haben wir (vgl. Harte!
Hom. Stud. I ^36) in M 20 : T^oo? 0' 'Eicxahwps^ tc
KipiQ96^ xe To8tO(; xe und in dem erwähnten hesiodi-
schen Verse Th. 341 Neajov xe 'Po8iov xe 11
{ia8tv6?: ::oafftv özo {iaBtvotffiv ai^txo- xijv 8' A9po8{tTQv Th. 19511
Bemerkenswerth ist, dass nach La Roche alle
Hdschr. an der homerischen Stelle W 583 II xsp?»
ly^e ^OLhvfyi (IfxioOXiQv) bieten.
Alle f&nf neuen Stämme, vor denen Längung stattfindet,
stehen in der Theogonie; dies stimmt vortrefflich zu den son-
stigen Alterthümlichkeiten dieses Qedichtes. Ein HinausgreifoD
über das Hergebrachte ist also im Ganzen bei der hesiodiscben
Poesie nicht wahrzunehmen. In den genannten f&nf Fällen,
von denen auch noch die Mehrzahl Eigennamen repräsentirt^
lässt sich mit Hartel (Hom. Stud. I ^38) recht wol Nach-
ahmung resp. Festhalten älterer uns nicht mehr erhaltener
Muster erblicken.
Bei drei Stämmen (^a8tv6^ ^^vu>p und ^ev6;) ist streng ge-
nommen ein doppeltconsonantischer Anlaut zu statuiren, indem
der ursprüngliche Anfangsconsonant F gewiss noch lebendig war.
Die zwei einzigen Fälle, welche Längung in der HI. Anis
aufweisen; entbehren homerischer Vorbilder nicht, ja der eine
davon 'Ax^^^'ä« (^t}5>5vopa Th. 1007 gehört geradezu einem aus
Homer entnommenen Verse an.
Nicht unerwähnt mag bleiben, dass die Erga in entschie-
denem Gegensatze zur Theogonie fast gar keine Längongen
vor Liquiden enthalten — im Qanzen bei 828 Versen zwei
(E. 515. 537) — , wogegen wir in der Theogonie in 1022 Versen
vierzehn Fälle zählen.
Studien xnr Technik des nechhomeriechen heroischen Vereee. 689
Homerisobo Hymnen.
a) Nach homerischen Vorlagen:
XtY^?' 4>oißoü 'Aic6XXto)voq • tox« ^k Xi^iw^ x(8ap(((i>v III 425 IV
Hom. xXotov ik XiY^ü)^ % 201 II
\Li^oi^: &[uoQt ^k i^iya^ 3pxov, Z dv] xeT^XeaiJL^vo^ iorCv IV 26 II
Hom. OuiJLb<; U \kirfa(; sorC B 196 II und bd ik
IJLiYov 5pxov I 132 IV
xpb^ ik T68e [i>iya Oaufjuz, 5ou yiXioq ouicot' öXetTat I 156 II
Hom. vuv a^ T6ae (x^' (£pioTov B 274 II
XdNpd f{X(ov Y^v^Mv • Tov; ^k \t*iya öaafji' eteTuxTO V 240 IV
Hom. tb Be jxefa xerai oeOXov X 163 IV
iXXoe {i.iXa pL€Y^^^ '^^ ^^^^^ ^ ^^^^< ^hfT^ II ^ II
Hom. dXXa |X(3£Xa (jlsy^^^ XP^ui> K 172 II
l^axpe^ia^ (asY^^^^? '^^P^ OYpiov, i^ xotxa TcoXXi H 124 II
Hom. eu^u^a [xeYocXiQv 4> 243 II
eT36^ T6 (x^Y^^^^ '^^ ^( et(jLaTa (Tt^aXösvia IV 85 H
Homerisches Hemisticfaion z. B. B 58.
pis^apov: owtw 8' out' atCtaXXev svl [ASY^poi^iv iypDGa IV 231 IV
TOXt8a 91X0V, TOV dteXicTov ^vi fjLeYapotariv ^Tixxe V252IV
•njXÖYCToq 8£ Ol ülb^ svi pLEY^pw eiwci^XTw V 164 IV
Homerisches Hemistichion I 144.
xiXva; Iv6a f^vaixe? ava [ki^(apa oxtdevxa V 115 IV
Homerisches Hemistichion a 365.
piaXax6q: äfp<p Ive pLaXaxcp - tvjv 8^ xpuffifJL^xe<; ^Opat VI 5 II
Hom. thrf^ evt (xaXaxi} z. B. I 618 II
Xe((X(dvt (xaX«x(p ' (JietBv]9e Be y^^ incdvspOev I 118 II
Die Länge des t wird natürlich nicht mehr auf
Rechnung der ursprünglichen Quantität des dati-
vischen c zu setzen sein.
^\i^^Tt: xoXXai tk vupifai xal xopO^oi aXq>6ff(ßotat IV 119 H
Hom. &paav Zk v6[jifa( i 154 II
ve9o;: i>|;t (ast^ ve^^eaffi Ood)^ xpi{ffcrou(7a xiXsuOov IV 67 II
Hom. ^l V uicb ve(p^v V 874 H, vgl. xora
vef^a« P 594 IV
'Pstt;: [Kf^p TS Te^Yj- Zsbc; 8' (ÄpOiTa jJLTJSea etew? IV 43 II
Sovat äpcotat lo»t &i(i>w) te *P£tY} Te I 93 V
Hom. O 187 VI Hesiod Th. 135 II
690 Riaeh.
^YjlfpLCv: %a\ ßü)|jLbv Tcoti^aorr' eTct ^tj^f*'^« 6aXda(n;(; 11 312 IV
ex 8^ xal oirol ßaivov iicl ^TQYfxivt OaXioor^? 11 327 IV
xai ß<i)[ibv Tco(7)aav ewt ^YiYJAtvt OaXoffOTji; 11 330 IV
Homerisches Hemistichion z. B. A 437 FV
^Tjffaw: xaXi xat G^j/t ßißi? • ol Ik ^i^aaovTfi? Iicovto II 338 IV
So My die übrige Ueberiieferung f pCaffovte;. Hom.
Tol ik ^oaovre? ÄlAOptSj 2 57 IV
^i!|(d: lepa t6 ^^^ouac %a\ orffOjiowji 8^{JitoTa^ II 213 II
Hom. lepd xe ^^(^ouoi e 102 U
^(ov: ^ xat i%\ ^{ov &aev dEvo^ ixi€pYo<; 'Aic^XXtov II 204 H
ijv^a' fa>^ $Te T( ^(ov oCp€o^ dtvOeoiv GXr,^ I 139 lü
Die Hdschr. t£ ^lov. Hom. xept ^bv OuX6{mcoio 6 25 IV
Es ist der einzige Fall^ wo ein einsilbiges Wort in
der III. Arsis in der älteren nachhomerischen Poesie
gelängt wird.
^i^d: Tou xal anb ^l^ti^ exorbv xipa e^erre^uxei V 12 H
Hom. £xt 84 f){!;av ßdXe ictxpi^v A 846 IV
^(ici'j: ^^otßou Oicb ^i^ijc {x^ya y^ 8^o^ eTXsv ixaorov II 269 II
Hom. Xao; Cncb piic^^ M 462 U
^o86?:y3x^?* 'Hco TCpoBÖTCYj/uv, eu?;X6xa(iiv te ZeXif vtjV XXXI 6 II
Hom. Tasto f>oSo8ötxTuXo<; Hw; e 121 IV
^üiTc/jiov: ^o'.TÖe 8* IvOa xat Iv6a 8ia ^(oxi^ta Tnixvi XIX 8 IV
Homerisches Hemistichion W 122 IV
b) Ohne homerisches Vorbild:
jjLepo^: xXi^Tpci) exetpi^tl^e xata (i.epo^ * tj 8' Grcb /eip^^ III 53.
419. 501 IV (dreimal derselbe Vers).
Zweifelhaft ist
vv)6(: £ups 8^ evt vt](J) Av)|jLi^epa xuavoxeicXov V 319 II
So hat Ruhnken statt der von M gebotenen Ueber-
iieferung eupe 8* ev vt)u) conjicirt. Da jedoch auch
eupev 8' h vir]<7) geschrieben werden kann (vgl. &ach
Hartel Hom. Stud. I ^36)^ so muss dieser Fall ausser
Betracht bleiben.
Im Ganzen findet sich demnach in den homerischen HymBeo
nur ein verbürgter neuer Fall in der Formel xota \upo(;, die
wol einem uns nicht mehr vorliegenden älteren epischen Stücke
entnommen sein kann. Die Wörter piqy[a(v ^rfyma p^l^o» ^'&v pw^
^oSöicTiXu^ hatten Digammaanlaut , gehören also nur bedingt
btudien zur Technik des nacbhomerlschen heroiBchen Veroef«. 691
hieher, vgl. Flach; das nachhesiod. Digamma in Bezzenbergers
Beitr, 11 29, 33, 34.
Fragmente der KykHker.
a) Homerisch.
[jLc-f (xXiQTcop: 1^81 MevsffO^t [i.€YaXv5Topt xoipLevt Xawv Hiu Persis
Fr. III 2 (Kinkel) III
Hom. 'OSuaoTjt jiicYaXi^opt e 233 III , für Homer
liegt in diesem Falle der Grund der Länge
des i in der ursprünglichen Quantität dieses
Dativausganges, während der Verfasser der
kyklischen Iliu Persis die Längung offenbar
als durch die Liquida veranlasst ansah.
b) Ohne unmittelbares homerisches Vorbild.
pü>o[X(zt; 6^ 5XiY0u Bcaßo^ ^cpo^öpto ico8{, S^p' ol ^la
Tsivofxeva ^(iioixo xal euoOevsi; zt^oq ^xj^fsi Iliu Pers. Fr.
IV 2 U
Luzac conjicirte unnöthig Tsivoix^vci) : bei Homer
haben wir wenigstens Doppelung der Liquida hinter
dem Augmente : x'^vzai V ippducsvno W 367 H.
B. Jüngere Poesie.
I. Mit Ausschluss der nonnischen Schule.
Diese Periode charakterisirt sich dadurch, dass die Dichter
sich nicht mehr damit begnügen, die aus der archaischen Poesie
überkommenen Fälle von Längungen vor Liquiden zu reci-
piren, vielmehr greifen sie weiter aus und gestatten sich eine
Reihe neuer Fälle, wobei jedoch allerdings zunächst von dem
bereits vorgefundenen Materialc der Ausgangspunkt genommen
wird. Die nach diesen Mustern neu gewonnenen Schöpfungen
übernehmen dann wieder die jüngeren Dichter, meist ohne es
zu verabsäumen auch ihr eigenes Scherflein beizutragen. Trotz
der Neuerungen aber kommen Längungen vor Liquiden keines-
wegs etwa gesetz- und regellos zum Vorschein. Es lässt sich
vielmehr auch in dieser Periode ein klares Gesetz formuliren:
Längung vor liquidem Anlaute erfolgt nur in der II.
und IV., seltener I. und V. Vershebung und zwar: 1. bei
8itnuiffBb«r. d. phiL-liist. Ol. XCY. Bd. IIL Hft 45
692 Biaeh.
einsilbigen Wörtchen (zumeist H und xi) ; 2. bei pyrrhichischen
und; im Falle es unveränderliche Wörter (Conjunctionen a.dgl.)
sind, auch bei trochäischen Wortformen; 3. auch bei anderen
längeren Wörtern^ wenn Verszwang vorhanden ist (bei Wörtern too
der Messung www, — w w w u. dgl., dann im Versanfang).*
Die von dieser Norm abweichenden Fälle werden sich
entweder als bestimmte Reminiscenzen an Homer oder als
durch den Unverstand der Verfasser verschuldete Misbildongen
oder endlich als schlechte Ueberlieferung darstellen. Bei all'
den Dichtern, die nicht eigens genannt werden, finden sich
überhaupt keinerlei hieher gehörige Fälle von Längungen vor.
Solon.
Homerisch:
[t.i'^a^: tij 8i TexapTTj wa^ xt^ iv £ß8o{jii8( [x^f' ^lorog Fr. XXVII
' 7 V B. *
Nach der richtigen Ueberlieferung bei Clemens
Alex. Str. VI 814. Bei Homer lesen wir ein Wort
von derselben rhythmischen Messung mit Längong
in derselben Arsis 8 444 l^piaato {Ji^f" Sveiap.
Theognis.
Bergk schreibt V. 660:
8eol Y^p Te v£[X£9(oa\ oTacv Sireori 'ziko^ nach AO. Allein der
Umstand, dass die Elegiker sich sonst (mit Ausnahme des
erwähnten aus Homer erklärlichen Beispiels bei Solon) dieser
Längungen enthielten und speciell fiir diesen Fall kein Vor-
bild in der archaischen Poesie vorliegt, muss Vorsicht gebieten.
Wir werden uns daher dem Vorschlage Hermann's ,Yip T9t'
anschliessen müssen.
Empedokles.
a) Homerische Fälle.
[jL^Xo^: aÜTÄp Iwel pii^« veXxo^ ivi [jLeX^eafftv ISp^^Ov] — Dspi^^-jc.
177 IV
Hom. i%b [xsXiwv H 131 II aSOt 8ta iLtktiav. a 339 IV
^ T) Y [A ( V : xXdiieTai av8ix' Ixaora w e p i ^ t) y J* i v i ß(oto — Ilepi <Wc. 186 IV
Hom. xapa ^iqyIaivi OaXaffarY]^ B 773 IV
1 Vgl. Hilberg, Silbenwägung, 6. Gesets, p. 38 sq.
Stadien snr Technik des naebhomeriechen heroischen Yersee. 693
b) Ohne homerisches Muster.
(Aixap: xpl; [jiiv (jiupCa^ (opo^ &%h [xaxapu>v ÄXiXtjoOai — Ilept ^69.
6 IV
Früher schrieb man gegen die hdschr. Ueber-
lieferung &%ai Mullach stellte äm6 wieder her.
vwxov: 00 ptiv aicb vdjxoio 860 xXaSoi itocovrat — Ilept *6ff. 393 II
So ist überliefert bei Hippolyt. alpea. ^X^*fx* P- ^^}
wogegen Tzetzes Chiliad. XIII 79 corrupt ou piiv
äxal v(i)T(i>v Y^ bietet. Es ist wol nicht zu gewagt;
daran zu denken, dass Empedokles nach der äusser-
lichen Analogie des homerischen ^XSe 8* i%\ v6to^ cjxa
|x 427 II auch ein wkI vojtoio für berechtigt ansah.
Timon von PhliiiB.
An Homer lehnt sich wenigstens an:
p{xTo>: ex 8^ ^ut^c pi^Taaxcv dbcXigoToivou^ t* dpuaava^ 64 11
Hom. 8(app{'jcTaax6v bvnhv t 575 IV zeigt wenigstens
die Liquida im Inlaute gedoppelt ; für die U. Arsis :
Tpü>€^ hidppi^a^ e 310.
Eleanthes.
Homerisch:
^el^co: icXtjv 6x6aa ^^(ou9e xoxaI 9(peT^pY]9iv avotai; Hymn. auf
Zeus 17 n
Hom. 5(7a ^^i^eoxov 'Ax^toi x ^ I^ G^P^ ^^ ^^l^ouat
e 102 H).
Asios von Samos.
Homerisch:
iASYspov: Aiou evl [Ke^dpotq x^xev sueiSt]^ MeXavi^nn; Fr. H in
IL Arsis.
Hom. xeiTac evl {Arfapoi^ 2 435 11 u. s.
Feisandros.
Homerisch:
pr,YiJL(v: roCee OepjjLa XoETpds Tcap« ^YjYfAtvt 6aXic9T](; Herakl. Fr.
vn 2 IV
Homerisches Hemistichion B 773 8 449 IV
46*
694 Uz ach.
AntimaohoB.
Homerisch:
jJL^Yapov: owiv svl [Lt^dpoi^ xeixott [f,£knoq Tre^ATjÖD? Theb. Fr.
XIX 3 II
Hom. 1 435 II u. B.
^6o^: "ASpTjaTO? 7:oTa|jiow zapi ^6ov Atoi^icoio Theb. Fr. XLIHSIV
Hom. TzoLpä ^oov ^Qxeovoio IT 151 IV
t6 fa: t6 ^d ol a^x^^s)^^? xpifxaTO • (wol xpdfiÄiai) wspi Trawa)»:»
«et Inc. sed. Fr. LXVI. I
Hom. t6 fia t6t' ex yyikoio Xaßdjv 0 228 I
Arohestratos.
Ohne directes altes Master:
^aivb): 5^ei ts ^aivovTs^ uYpc^ xal otX^iou &X{jit]^ Fr. XLII 1411
(Bussem.).
Im alten Epos ist dieser Fall nicht belegt, denn
die homerische Stelle A 282 a^pecv ^k arffiea, ^iivsvr:
ii^ wo £a Synizese bildet, ist ohne Belang. Giuiz
entfällt
d-ptöfft Xtj^O^vO' lepot? • xiv tyJ ?:epcxXuoT(i) Fr. XLVUI,
denn hier muss v ephelk. eintreten, weshalb Busse-
maker's Schreibung die richtige ist, vgl. Hilberg,
Princip der Silbenwägung 48.
TheokritoB. ^
a) Nach homerischen Mustern.
v^fo^: i^ Tpl(; uicb ve^icüv [utfOLq oie'ioq araco^ 5pvt^ Id. XVII
72 II
Hom. txj/i 8' üTCb veipewv eTSe W 874 11 Der Cod.
Ambros. (222, Ziegler k) hat 01:6, Vatic. (915,
Ziegler m) 67:6.
vt'U: ^ iiSati v{i;etv OoXepav SiastS^i tcXivOov Id. XVI 62 II
Hom. aXX' DSort v{^ovt6(; dtico ßpoibv at{jiär:6£VTa H
425 II, wo fiir die homerische Zeit natürlich das
dativische ( lang ist ; doch gibt es auch sonst eine
^ Zfihlung nach Ahrens.
Stadien snr Technik äw nachhomerischen heroischen Yenes. 695
Längung bei Homer: ouiot S' ISpai icoXXbv dxevfi^ovro
6aXi^<rr; K 572 IV
psijü): ijTOt oye ^i^ai xt XiXaioixevo? [x^Y* ^PY^^ Id. XX 118 II
Hom. o3ts Tiv3t pe;a5 8 690 II
poSov: liv jjiav KOxpi? I^^c, tov 8' 6 ^oSöwax'^? %.8(i)vt(; Id. XV
128 IV
Hom. gXeTo ^oSo8flaTuXo<; 'Hdi? e 121 IV, vgl. Hom.
Hymn. 'Hw ts ^o8c7n;xuv XXXI 6 TL
iFipono 8* cu [xaXoc? ouS^ ^68(0 ou8e xtxtvvoi? Id. XI 10 IV
Ueber die trochäische Wortform ou8i in der Län-
gUDg vgl. Hilberg, Silbenwägung 82.
Ta ^6 8a Ta 8po76evTa xat a xorocTnjxTo^ exefva Epigr. III
Längungen in I. Arsis sind ausser dem schon
erwähnten t9 ^a beim Artikel und Interrogativpro-
nomen nur selten angewendet worden, fast nur von
den Bukolikern und Epigrammatikern, so to ^örcaXov
Rhianos Anth. Pal. VI 34. 1. I xi ^i^tiq Incert.
Id. VII 47.
paB». vo^: evrt Bofva». tyjvsT, svtI ^a8eval xüxaptwot Id. XI
45 IV
Hom. /epfftv l/e ^«BtviQv (nach allen Hdschr.) M[^
583 II, vgl. Hesiod. Th. 195 wocralv feo ^aStvoTciv.
Die trochäische Wortform evr^, die eine Abweichung
von der Regel repräsentirt, erklärt sich, wie Hil-
berg, Silbenwägung 90 erkannt hat, hier aus der
Anaphora und der Analogie mit den Verbslformen
auf V ephelkystikon.
b) Ohne homerisches Muster.
XaY(«)v: 86§tTepYj(; ^vsyxsv stcI Xot^S^aq tcXotu Y'^Tov Id. XX 121 IV
Es liegt nahe anzunehmen, dass Theokrit die
Längungen vorX(Yu<; bei Homer zum nächsten äusseren
Anlass nahm, sich diesen neuen Fall zu gestatten.
Vgl. wo \ort6saq Inc. Idyll. IX 246 IV.
MosohoB.
Ohne älteres Vorbild:
Xeijjiwv: dv6o86xov xaXapov • 'JCOti 8s Xsipicova; Ißaivov Id. I
34 IV
696 Biaeb.
Inoertorom Idyllia (Ahrens).
a) Nach Homer.
Xf)f<^?* ^wTorat xXaJouca fi.iXa \\yh «örvt« [xi^xiQp Id. VIII (Mosch.
IV) 24 IV
Hom. xXote [k£ka Xiy^u>( 7 56 II
Wq: aurip ixel fov X<^po^9 ^^^ ^"^5 ^1^^? «tovov Id. IX 211 IV
(Theokr. XXV).
Hom. ivrpoicaXtCöjjLEvo? ö^ ts XT? ijuYiveio? P 109 IV
{jL^Xo^: Ov]pb<; Te6v£(a)To^ ätcö [jLeX^cov ipu(7a(|JLi]v Id. IX 273 FV
(Theokr. XXV).
Hom. 6u[JLbv dbcb {jlsX^oiv H 131 H aSOt Sts [leXfiirr!
a 339 IV
veupi^: TÄ 8' if*** dcXXov itorbv Ä«b veupi^q npotaXXcv Id. IX 235 IV
(Theokr. XXV).
Hom. t(p dnrb veupt]^ A 476 II 4J ^a Kai oXXov hm*i
«:b vsupYJ^iv raXXsv 6 300 IV
^60?: at 5' lepbv Ostoto wapi ^oov 'AX^eioto Id. IX 10 IV
Hom. irop^ ^6ov *Qx£xvoio X 21 IV
piljw: t( ^dljet? coTüpCoxsj t{ 8' IvSoöev &]/ao {Jia^cjv^ Id. VII 47 I
(Theokr. XXVH).
Hom. SOi päCouff' ^ai6ii.ßa<; W 206 IV. Bezüglich
der Stellung des tt in I. Arsis vgl. oben Tot p:ca
Theokr. Epigr. I 1.
p68ov: ä TTOfuXi^ ora^l^ lax\ ohik ^68ov auov oXeTtan Id. VU9IV
Conjectur von Ahrens ftlr icrrl %oi cu; das tro-
chäische ohli wie Theokr. XI 10 IV ou8^ psSw, vgl.
dort das homerische Muster.
b) Ohne homerisches Vorbild.
Xdfa^: Tob? p-^v S^s Xateffciv Äxb x^®^^^> 5otov ä£tpo)v Id. IX 73 II
Heimann verglich (Orph. 699) nicht unpassend
das homerische xXate 8* S^e XtYswc X 391 II; vgl.
auch Tziae Ik XtOo? eiffw M 459.
XaYt»>v: -rcavTcOev 6iXr|6evTO^ uxb Xa^^va? ts xal t§uv Id. IX 246 IV
Vgl. Theokr. Id. XX 121 IV sxl Xorr^vo«.
XiaiO(;: auxou irA Xaaioio xapT^axo? db/pi^Xaiov Id. IX 257 II
Hermann stellte in Parallele ßyjXw hA Xiöiw V
202 II (Orph. 701).
Stadien sur Technik des Dachhoaerischeii heroischen Verses. 697
^eOo^: acül^ST^ i^l peO^e^ffc; xi (jloi t69ov i^vCiQaat Id. VIII 3 II
(Mosch. IV).
Aratos.
a) Homerische Fälle.
pL^Y«;: t) B'.B6(jLiQ HJwae 8ta [i-^Y«^ oupovbv Tpi^ Phaen. 940 IV
Hom. 8ta [JL6Yflc6u[xov 'AeT^vYjv 6 520 IV
vs^o^: '^{vo\t.i'fo\j xaT6K(90s Tcept vi^ea 9)coicl6G6ai Phaen. 852 IV
Hom. wotI ve^ea oxtdevTa 6 374 IV
5 ^a: Gü))jLcc ts xal xe^aXi^v, xal 6T]p(ov, 5 ^' ev! x^^P^ Phaen. 662 V
Hom. 5 ^' 'Ay^Xoo^ dncoTcpo^xe x^l^^^ X^^*^ H-
Nicht in denselben Wörtern, aber doch in solchen, die von
demselben Stamme gebildet sind, liegen die Muster bei Homer
vor in folgenden Fällen:
T^o^ii^: Ta6p(i) oufj-^op^ovrat, 8t£ Xo^tvJ ts xal oupYJ Phaen. 719 IV
Hom. /aXxov xe l^k X6<pov Z 469 IV
X(Oa§: Saxvwotv TOJxtvtjai xeXeuo(Jilv(x XtOaxscaiv Phaen. 1112 V
Hermann Orph. 703 conjicirte xsXeuspievoi ohne
Noth, vielmehr schwebte dem Aratos offenbar vor
das homerische: ici^e ik XiOo«; eXcia M 459 V
b) Ohne homerisches Master.
lievw: ou [xJv (JStjv, 6X(yov hl SuwäexöcSa jjtävet dcXXr^v Phaen. 703 V
Doch ist dieser Fall nicht ganz sicher, da als
Variante SucüBexceS' di[x(jLdvet überliefert ist, was Koechly
in den Text setzte.
p4X'?' ^^^^ 1^^ Sxefovo?, 86v6t Se xaxa ^axtv 'Ix^*^^ Phaen. 572 V
Vielleicht lag dem Dichter ein uns nicht mehr
erhaltenes älteres Vorbild vor.
KallimaohoB.
a) Homerische Fälle.
Xiicapö^: vj^aw Ivt Atwfltptj (AiTcapt) v^ov, dXXa t6t' Soxev
oüvo|jLd Ol MsXiYOüvt'^) Hymn. III 47 II
Der Schol. zu Apoll. Rhod. F 41 überliefert
falsch vi^oü) 6v Aixdptj; vgl. Hom. Y^po? xe Xiitapov
T 368 II Y^p«t üTCO Xtxapü» X 136 H
G98 Rxaefa.
[Li'^aq: Towpov 5t* ex iUpoto jJtaXa |jl^y*^ ^ ^^ x^®^^ Hymn.
m 150 IV
Hom. £tSo^ 3^ 091 iJiaXa (trfa^ ^v 6paao6ai c 4 IV
ax.ixovog i^/i5^avTo? e^rt [Li-^a :couXu t' arjpL« Hymn. III
65 IV
Hdschr. ist theilweise überliefert sttsC, was schon
Bentley emendirte; Hom. 50' ext [U'^a ßa)j^o »wi;
T 58 IV
a[jLßoXa8i? Tewrdvre? erl [i.ef a jjioxOijaetav Hymn. HI 61 IV
Die richtige Lesung von Stephanus und Bentley
hergestellt^ aus Homer vgl. ausser der angeführten
Stelle: i'jA [U-^oc* 5pxov 5|xoy[i.ai A 233 IV
NoTO^: ijXOs 8* irA N6to? wxib? ai^pisvai Fr. anon. 347 11
Schneider schreibt dies Fragment ^dubitanter
dem Kallimachos zu ; der erste Verstheil ist home-
risch: ?SXOe 8' ext Noro? ixa [l 427 II
p6oq: icavcü$(Y; ^oßeovxo y-axa ^öov, i^vTiva TetfJiot Hymn. IV 159 IV
Hom. o^ 3' e^epev (x^y^ ^^(^^ ^^^^ p^^ ^ ^^ I^^
6?6To 5' 'Iv(i)woTo xapa {b6ov, Svre ßöEOKnov Hymn. IV 206 IV
Hom. ßo9xo(ii^vrj Xetpuovi xapa poov 'Qxeovoio Q 151 IV
ii^daaq 8' a^orciv xt xotI ^6ov "^XuOe xfovo«; Hymn. V 77 IV
Hom. ß^ßpu^ev jj^^y* ^l** ^ori ^6ov P 264 IV
Unrichtig ist in der überlieferten Fassung der
Vers
aimxa 8(2^iqto ^6ov t>8aT0^, o) xe t6xo!o Hymn. I 16 ÜI,
wo also eine Längimg in der III. Arsis möglich
sein sollte. Dieser Vers stimmt nicht mit Hilber^'s
sechstem Gesetze, daher er p. 92 wdyC iliJ^rtXO schrieb.
Da der Vers aber auch gegen das Gesetz der Längung
vor Liquiden verstösst, so muss er noch weiters
geändert werden. Ich vermuthe
ii8aTo^ ouTiV eSil^iQ'ro ^6ov, u) %e t6xoio; damit stimmt auch
der Umstand^ dass bei Homer überhaupt nur in der
IV. Arsis eine Längung vor ^oq Platz greift, vgl.
Knös de dig. hom. quaest. III 306.
pdlja): lepat xe ^eljoucf to 81 crrl^o; 'JJpLan xeivco Hymn. 11120011
Hom. Hemistichion lepi xe pi^ouat s 102 II; vgl.
Hom. Hymn. II 213 lepi xe jbd^ouai 11
ßtndi«n tnr Tecluiik des nAchhomeiuelien heroiscben YeraM. 699
f iicT^: Tsi^ea pi^v xat Xae^ Grb ^itcyj; xe wiaotev Hymn. IV 25 IV
So schreibt Meineke nach Brunck und Blomfield,
Schneider dageg^en \mai nach den Hdschr. Allein
die Schreibung u^cocC hat sich offenbar nur nach den
Schwankungen in den Honierhandschriften, wo bald
uTco bald uTCoC begegnet, eingeschlichen. La Roche
Hom. Unters. 62 und Knös de dig. III 303 erkannten
richtig, dass die Form \jmai entschieden nur der
auffälligen Längung wegen eingesetzt ward. Wir
werden daher, da bei Homer directe Vorbilder exi-
stiren, hier gegen die Hdschr. uxo schreiben, vgl.
Hom. Xao<; ikb ^nr^q M 462 0 192 II
poBov: To Tp(Tov T^vtx' Iwve • t3c ^k ^6$a ^uXXoßoXeuvr« Epigr.
XLIV 3 IV (Schneid.) = Anth. Pal. XII 134
Hom. £ 121 IV Theokr. Id. XI 10 IV
pißSo?: xat Tbv iwl ^dEßBw [xuOov u^atvöiAsvov Fr. 138. 1 U
Hom. eiXeto Ik ^ißSov Q 343 II
Nicht unmittelbare Vorlagen, aber doch Analo-
gien bietet Homer flir folgende Wörter:
voL'jz-qq: jASdcov ii:\ vauxaK; Fr. 515 (II?)
So muss wol dies nur aus drei Worten beste-
hende und daher schwer zu beurtheilende Fragment
aus dem im Schol. zu II. 0 628 im Victorianus
erhaltenen {Ji^aov im va6Tat^ hergestellt werden, vgl.
Schneider Callimach. TL 666. Homer bietet wenig-
stens von demselben Wortstamme ij xev ^vl vT^ewi
N 742 II
pataTi^p: eW o? y^ ^ataxtjpa^ dieipapievoe uicep u(jki)v Hymn. III
59 II
Bei Homer haben wir wenigstens Doppelung der
Liquida im Inlaute xti^iaot' iTzoppalaet a 404 H
b) Ohne homerisches Muster.
Ao§a): Oi%iq ts Ao^ci xe xal eüatb>v 'ExalpfiQ Hymn. IV 292 II
Entweder selbst eine alte von Kallimachos über-
nommene Sängerformel, oder aber solchen nach-
gebildet, vgl. Hesiod. Ati56t|V t£ A'.[jl6v ts, KXwOu) ts
700 Bsaok.
ApolloniOB BhodioB.
a) Nach homerischen Mustern:
Xanapt]: oSxa BtavniSao xokt3( Xaxipvjv TaXoöio B 111 IV
Hom. OUT« %aezä Xancipv]v Z 64 U u. s.
X(ap6^: oMToi xe Xcapolviv efaiSpuvovro Xoerpot; F 300 II
oTt2 Si XtapoTfftv if' &8aot DoKp6ev(oeo T 876 II
Hom. &8aT{ t£ Xtapcp ci) 45 11
Xiicap6^: Xo§3( 9cap3i Xt9capv)v oxcfi.^ ^stxo xaXuinpfisv F 445 II
Hom. TEoofft 8^ Iko Xtropotciv K 22 11, wo Ven. Ä
\yR6 hat; Var. inroC.
X6f o;: 8s(vbv Xa[jLi70(Ji£va(, lict Si X6foc icoetovro B 1070 IV
Hom. Tapßi^ffa<; xaXx6v xe t8^ Xo^ov t-KicioxaCiTiV Z 469 IV
XtY«: iiA[Ji.6Xiii)(;, 'Opf^o? uicb Xtya ^opixC^ovro? A 1159 IV
Die hdschr. Ueberlieferung bietet zwar vxd (so
L und G)y aber mit Rücksicht auf die in den Hdschr.
(namentlich bei Homer) oft vorkommende Verwechs-
lung zwischen \n:6 und x/Kai^ weiter auf die besondere
Vorliebe des Apollonios für solche Längungen, deren
er sich zahlreiche auch ohne alle alten Muster ge-
stattet; endlich im Hinblicke auf die homerischen
Längungen vor Xt-f^?, werden wir berechtigt sein,
auch gegen L und G utto Xi'^a zu schreiben^ vgl.
Hom. i^ 8' 5t' üicb Xi^im äv^ijlwv N 334 H
[kifaq: 8ii{ ^a t6t6 {Ji^^av l^rbv htar^cocno (Jie968(JiT) A 563 II
Hom. vijv 84 t686 [jl^y' «P^^o^ B 274 II und ot l\
6^ T6 (Aeya xufAa O 381 II
dx6o[JLivT)v Si^ot?, ou 84 [J^^Y* TrjXe66wffav A 1191 IV
Hom. ot 84 [xrfa xü8t6ö)VT6(; ^ 519 FV
xdivte? 6[jUü^ • 86tvbv ^^ iicl |Ai*f «^ Sßpox^v «t^p A 642 IV
Hom. tiA (ji^Y^v 5pxov ^{JioGpLai A 233 FV
ij y.al ivaf^a^at ext [ki^a 8a)[JLa v^ovro F 36 IV
Hom. 36' eicl jji^a ßaXXsxo xwo«; t 58 IV
a|JLep8aXiov • Tzdyn^ 84 icepi [ki^aq eßpefxev aiöi^p B 567 IV
6vt)T0tfftv • icovrr) 84 xept jasy« wewraxat epxo^ A 1036 IV
Hom. ifJL^l wepi fiÄ^iX' Ta^ov <I> 10 III
{jiio6bv (i£tp6[A6voi Tp(wo8a \Li'^a'f 'AicoXXwvo^ A 528 IV
XExXex' At:6XXü)vo^ Tpl^roSa jjtsvav 2xto6j rqoq A 1548 H
Studien nur Teclmik dea nAclihomerischen heroischen Yenee. 701
jjL^Y«^: Tp{T(«)v dvO^jAsvo^ Tp(wo8a (x^y*^? efearo XifxvYjv A 1589 IV
Hom. ÄiAfl xupl ori^aac xpf'icoSa jjl^y^ "^ ^^ ^^;
wiederkehrend X 443, W 40 und 0 434, wozu noch v 13
hinzukommt iW" Sr^e o\ Sa>{ji.ev ^pkoSa \ki^ocf i^k X^ßv;!«.
^Xa «eXeiifa>v i^k i^dya icoiü X^ovre^ A 486 IV
Hom. Tcepi S^ (iti^^z ß^XXsTo (papo^ B 43 IV. Die
Längung bei einem trochäischen Worte (i^i) erklärt
sich durch die Ausnahmestellung, welche derlei Wört-
chen (freie Wörter bei Hilberg) in der griechischen
Poesie einnehmen, vgl. Hilberg Silbenwägung p. 74.
|i^Y*pov: 'rij<; [jlsv axb [».e^dpoio xata orißov ivOdS* i6vt6(; F 534 II
x^^paSev £ut' sv67)csv ÄTcb |jL£Y(xpoto xiivta^ A 754 IV
Hom. derb [xsYipoto S(sa6a( p 398 IV
Tor äp* Ivt [jLeY(3lpo(<;i Kuratso? Ai-ZjTao T 228 II
S^öat evl [jLSYötpotatv ifloriov, 3? xspt wdtvrwv F 585 II
Hom. c^owiv Ivi pLeYapoujtv A 76 II
Yvi^ai' ^vl [xsYapot?, (7XOt(y3 B' Äv^reXXe YevdOXT) A 810 U
oaaa 8'ivt jxsYapot? TceTcov/jfxsOa, xsTva 06pa2^e B 1021 II
oTatv Ivl pLEY^^Pöi?} cTUYepcp exi Oüfibv di^OXci) A 8 II
Hom. y.£tTae dvl (AEY^poi^ Z 435 II
ouTop äwsi lA^Y« $6pTCov evi jjLeYötpoidtv IOsvto B 304 IV
5e(vü)v T^fjLST^poiaiv ivl [ASY^potctv extaa F 305 IV
xoüpt5tr;v OT^ceffOai Ivt |jieY*Po^^''' obtomv A 1085 IV
Hom. xorpb? bn iw^dpoiav* dbwuaa A 396 IV
Unmöglich richtig überliefert scheint für den
ersten Blick
•j:flCTpy)v Te %kia te [t.e'^dpidv owtou^ ts TOXYJa^ A 361,
wo die Längung von le unerhörter Weise in die
III. Arsis fällt. Allein Apollonios, der bekanntlich
gern archaisirt, hat hier offenbar — falls nicht
etwa xXia t' au da stand — den einen homerischen
Fall vor Augen gehabt, wo eine Längung vor {xe-
Yapov in der III. Arsis vorliegt : x 299 ol 8' i^i^orto
xaToc [xdYapov ß6s? ö; ÄY^Xatai, für Te \kt(<xpo>f liegt ein
Beispiel vor Hom. x 341 = p 604 V XCxe 8' §p/£a ze
[Lh(ap6'i T6.
{Asvea(v(i>: ßflbttpw lpet8o[Aivrj • xspl 8e [Asv^aiv' aYopeuaat A 670 IV
Apollonios sah offenbar als ebenso gelängt an:
vT^TTto«, ot ZtjvI [i,evea{vo|ji.£v a^pov^ovie? Hom. 0 104 III
702 Kiaeh.
und Ou{jkoß6pci> IpiSi |uvei^a|uv efyexoc xoupY;^ T 58 III^
wo das Dativ-( lang erhalten ist; und liess d^r-
nach ein ik [Aevdaiv^ zu.
V690(: aXXa 8ia ve^dcov dc^b> 'tt^Xoc; atvffouaat B 187 II
Hom. 5ta V6ipiü)v epeßevvwv X 309 IV, für die
II. ArBiB Xaßpov urcb ve^^cov av£{ji,0Tp€^^ O 625
Xu^atoi^ eSa[Aa9ae icepc ve^^e^at xaX6<|/a^ A 218 IV
Hom. %(xxk vef^ecjat xaXu^pe P 594 IV
v69iXYj: ßißXtjTO, v£(p^Xt|3 ^vaX(Y>ttov, ^t' ivivioi; A 125 11
Hom. T6XET0 v6(peXT)Y6peTa Zeu; T 215 IV, sxi :£
vs^eXtqv iaffovTo 2 350 IV
pTQYlA^v: üXoTcjjtot 5Toix>;5bv Iwt ftjYfjLivi ßiX(i>atv A 1004 IV
5ppa Osa ^pa)£g ItzI ^tj^ixTatv IBstpiav A 251 IV
Hom. ^Tci ^T;Ypi.Tvi OaXacoiQi; 0 501 IV
p6o?: xXeiouffiv zotay.oio -jrapa foov 'EpfCvoto A 217 IV
Hom. 'KOLpa ^6oy 'QxsavoTo II 151 IV
oreivbv 8' oSt* dYxwva tcotI {b6ov • dtjji^l ii Soiai A 311 IV
Hom. ß^ßpu^sv [A^Y* '^'^H'* '^^ ^^ö^ P 264 IV
^i(a: t) 5x^ iSv aut6(JMrra §6ava ^iig tBpcoovTa A 1284 IV
Hier haben wir eine äusserliche Analogie zu
constatiren ; unserem Dichter schwebte offenbar
Hom. M 159 vor: S^ twv sx y^ti^^ ßsXea pisv, i5,ih
Axaitov (IV) ; in diesem Falle erklärt sich zwar die
Länge des a in ß^Xea aus dessen grammatisch-rhythmi-
schem Werthe selbst, vgl. Hartel Hom. Stud. V ^
und Knös de dig. III 305, Apollonios aber nahm
offenbar die Länge des a als durch die folgende
Liquida p bedingt an.
^iljü): dtt{;£Y^(i>(; jxdffOTjfftv ivl ^di^oucrtv dr]futaiq B 1022 IV
Homer ähnlich: At6i67ni)v ^? ^dior*^ o6t pi^ow' tm^-
ßa<; W 206 IV
^(!|a: oü fdp xe ^t^ij^iv ipi^ipeivrai v£aTY)a(v B 320 II
Hom. £ici 8^ ^a;av ßaXe xixfiiv A 846 IV
^ivo;: SoroT) 8^ ^ivb^ ßcb^ "i^vco^ ^ sXi^oio A 174 II
Hom. aXXot 8e ^tvot^, aXXot 8' ourjiffi ßoecrciv H 474 II
^iiz-fii vuxtb? Iti fiTCTj jjiivev l|jwc68ov, aXXa OueXXat A 1016 II
vr|Ve|jLiY) • [xeii 8' owxt? 6 wo ^iic^? Av^jjioto F 970 IV ('-«^ L
und G).
Stadien zur Technik des naohboraerischen heroischen Verses. 703
Hom. Xao^ uiub ^itr^^ M 462 II (sonst noch Cncb
ptT«]? e 192 0 171 T 358 ^ 12), überall findet sich
bei Homer aber auch die Var. iniai. Die erste der
angeführten Stellen bei ApoUonios aber ist die beste
Gewähr dafür, dass er selbst im Homer mo las,
da die Längung in It( keinerlei Zweifel und Va-
rianten zulässt^ auch haben an der zweiten Stelle
die beiden massgebenden Codd. L und G überein-
stimmend uTco. Dieser Umstand wird für eine dritte
Stelle entscheidend, wo die Ueberlieferung uicai bietet,
das nunmehr in urcö zu ändern ist, nämlich:
hxioL 8' ^etpov, xa 8' uxb Jiix^q dtveiiÄto B 1229 IV
poS^tj: Tt]xo|jiivir;, di6v te «epl ^oS^tjatv edpcnj F 1020 IV
So schreibt man seit Schaefer; L hat corrupt
oTövie iceptppSdotaiv G xept^^oSieoacv ; die Längung ist
homerisch, vgl. die obcitirte Stelle e 121 IV
pi (Sppa): cppa Oea %(i)S(; iiA ^[uai^ ^Ssi)ji.av A 251 I
KOrcpiBo^, Sppa xd ol Betpiev xöffi^ Ä{jL9t7ui4£i; F 37 H
Das doppelte p ist ausdrücklich bezeugt, sowohl
L als G bieten es und der Schol. zu d. St. sagt:
3ppa td ol 8ia 8uo pp, ot 8i 'Apicratpxeiot [8t' ^xdpou p]
Ypi^ouatv, d)? xat wapa tw tioitqttJ ,t6 ^a t6t sx xTi^^^^
Xaß(i)v' ^r^atv 'HpoxXdcov.
9oep|xaxov, Sppa ts ^act Ilpcfxii^Seiov xaXdeoOai F 845 II
8e5tT6p9) 8' gXev l^xo; ^XYjßoXov, Spp' 'ÄTaXivTY) A 769 V
Schol. ol 8^ 'AptcTötp/etoi 8t' hipoo p l^o^i '^^
Toia6Ta^ TP*P«?5 <*>? 'HpaxX^wv ^rph bt ttj i: xriq 'IXiöE-
8o? ,t6 ^a tot' ex yr^öio Xaßdbv'.
xeV 'OfxovotTQ; lepbv ^[juppovo? (vgl. meine Grammat.
Stud. zu Apollon. 32) Spp' lxi|i.ovTo B 718 V
avTfnsptjv XeOcffoufft iwpb? a^Xoq, Sppa t' diOXou A 68 V
Das homerische Vorbild für alle diese Fälle ist
xe([x£vov, S ^' A^iXae«; oTcoxpofifjxe X'^P'^^ X 327 II.
Wegen der Fälle, wo Sppa in V. Arsis steht, ist
zu vergleichen Arat. Phaen. 662 V S f)' dvi y^^Kpi^
wegen Sppa in I. Arsis vgl. das Folgende.
?a (Toppa): T6pp' ^f' d^ovsXouffa Ou(i>8sV x4t6sto pLfTpij F 867 I
Hom. t6 ^a tot' i% yrikdio Xaß()i)v exidr^pe Oeeiw
n 228 I; vgl. auch Antimach. t6 ^d ol irf/Ck&x^i;
704 Biaeh.
Fr. ine. sed. LXVI. I. Wie Sppo, so gebraucht
Apollonios auch töppa in V. Arsis:
h 'xdp ol 86pu SeXov Skfjkaczo^ '^^pp' ^^ (Jieaov^v A 526 V
ocuS^ev yXo^p^^ w]b^ 86pu, tipp" dcv^c piioovjv A 582 V
Nicht nach directen homerischen Mustern, aber mit An-
lehnung an Homer hat Apollonios sich folgende neue Bildungen
gestattet :
Xtßi^: dcpSeoOat Xeuxijotv bth XtßiSeaac Y^^XoncTog A 1735 IV
Die Ueberlieferung von L und G ist vRcdj aber
unser Dichter hat selbst A 1133 AbonOti^ y^^^^
exiXXe(ßu>v Upotatv (IV); so dass auch vor Xtßi^ Län-
gung eines kurzen Vocals zu vermuthen ist; vgl.
Homer i^ps, Xet^avxe xto(Tt]v Q 288 IV
MeXCTt): viQiiSa MsXCttjv • i^ 8^ oOevapbv Texev TXXov A 543 II
Insoferne der Eigenname zusammenhängt mit
dem St. (JieXiT- haben wir bei Homer ein Muster:
|jiif ae ßiXb), \jk6 ik [kekvfßia, Oupibv ^(i>(Aai P 17 III;
äusserlich ist unser Fall nachgebildet dem homeri-
schen ntjXtiSa lAsXftjv n 143 T 390 <l> 162 H
^acvTi^pioi;: 9ip[ji.a)ue ol^ Ta {xiv d^OXi, Ta 8e ^aic7Xi^pe^ exsit:
r 803 rv
Bei Homer findet Doppelung der Liquida
statt nach dem Augmente: ippaia^ U 339 II,
dann im Compos. SioppaTaai piepLacoTe^ B 473 IV,
vgl. Eallim. süi6* oT y^ ^oLVjvqpdq Hymn. III 59 II
^afi^: )(fUT7al ik ^a^ai slaiv * IXe^ S* iin$dSpo{Jie icaffOEt^ F 139 II
Vorlagen bietet auch hiefür Homer in den Gom-
positis: IpBeiv IpY« ßtaia xaxoppa(f(v)9t vöoio ß 236 (vgl.
0 16 (A 26) euppofäeacTt Sopoioiv ß 354. 380.
^T^v: S^ t6t6 KivÖov Jwe^vev äici pi^veaaiv 4owtv A 1497 IV (L
iicippi^veaatv).
Bei Homer im Compositum icoXupprjVe; I 154 IV
Doppelung der Liquida.
^66iov: tc6vtou Xißpov oScop, iicl Ik ^60ta xX62^ovto A 541 IV
Bei Homer findet sich wenigstens die Variante
ß%uxs ^66iov (neben ev) e 412 II; xaXipp66toy U {iiv
auTi( e 430 IV beweist nichts^ da man auch
milation aus niXiv — ^66tov annehmen kann.
Studton rar Technik dai naehliomeriiehaD heroifchen YerMs* 705
^(i>X(Jtc^: Xi(iLX£Tat S^pa jjlux^v ik St 3c ^(oxi^t^oto iuT)Tat A 1545 IV
Vom selben Stamme gebildet findet sich ^ bei
Homer mit Längang: k^ 6aXi(jLou^ '08uoi)o^ div3e ^(o^o^
[KVfdfOio X 143 IV.
b) Ohne homerische Muster.
XxYcov: obiop uicb Xa^övcov iCxpatpde ol Iv6a mal Iv8a A 1613 11
L vnuat, aber G uico corr. (ma. pr.?) urcat nach
Merkels Angabe. In der ersten Schreibung des
Guelf. ist die genuine des Dichters zu vermuthen,
zumal dieselbe Längung bei Theokr. Id. XX 121 IV
vorliegt: -^jvstxsv i%\ Xoy^v«^; Inc. Id. uicb Xo^ivoe^ IX
246 IV
Xix^^: oloiv ivl Xex^ewt iia xvifa^ ' oia V dbbo(Tif)v A 1071 11
OMTot (A^v orevixouvtv evi Xe/^efffft xsvövtc^ B 1012 IV
Bei Homer ist Längung vor "kiyipq nicht sicher zu
erweisen ; a 213 hat Cod. Ven. 457 (I bei La Roche)
allein xapx Xe/ieoai xXiOiJvat, alle anderen Hdschr. xopon,
was a 366 allgemein überliefert ist. Vielleicht stand
auch im Hom. Hymn. IV 126, wo die Ueberlieferung
"A^x^ffso) ii |ji8 ^ioxe icapoi X^eariv xaXdeo^ac lautet, ur-
sprünglich icoEpa X^x^^^* Wol aber findet sich das
stammverwandte Xdxipoy: Keifxai dv2 X^ctpci) t 516 II
und oxb XexTpcio Oopouaa (j' 32 IV
'^i<saoq: ydrxxa Sia (ji.daaT)v ^Xoy(JL(J) ^cupo^ ' i){AaTa S' aure A 870 II
OTij 8' op' evt |ji£ffGifj oYopij, dv« B* eo^cös Seipifv A 673 H
oSBa evi {xearaoiare Tebv v6ov * i^d ae SafAva A 464 II
OEuxCxa S' Ol) {Aexa Sujpbv dvt {xdaffoi^ oYÖpeuorev B 879 IV
Wahrscheinlich entnahm ApoUonios diese öfter
vorkommende Längung, wie auch Hermann Orph.703
vermuthetC; einem uns nicht erhaltenen Theile der
archaischen Poesie.
piiYai?: 'RÖp incdvepöev Ist?, eicl Be ixt^aSa? X^s Xwßa? T 1210 IV
Aeusserliche Analogie etwa nach: xbv ik [kt(a
xufjLa xiXi^ev e 435 IV
1^6X1^; tax Td^ov. ocuTop 6 ToTot {xiXa (aoak; £§ urcitoto B 207 IV
Aeusserliche Analogien bietet 1^ ydp xi a^i [idka
|jk^a xuSoi; apoto Hom. I 303 ; anderseits klingt [Ji6Xi^ an
(AiXat an, z. B. 6 hi |xe ixoXa icoXX" Ixixeuev Hom. X 530.
706 Riiich.
[JLuOo;: au3i^ xt |X'jOo{ xe {xeXi^pove^, ou^ ayöpeu^sv T 458 11
Die Verbindung zweier Wörter am Anfang des
Verses durch te unter Längung dieses Wörtchens
in IL Arsis findet sich bei Homer ziemlich oft, so
dass es gern von den Späteren auch bei neuen Wör-
tern nachgeahmt ward, vgl. auch Hermann Orph. 710
zu Dion. Perieg. Aeusserlich ähnlich ist bei Homer
[i.s6o;, wovon Längung 2^ 159 0 310.
MsXavtTciCT): Iv8a wore wpo|xoXoüaav 'Apr|Ttd8a MeXavtxzTiV B 966 V
Die Längung vor den Eigennamen erinnert &n
vT)ti8a MeXfriQv Apoll. A 543 H und das hom. Dr,-
XtiSa (jieXiv)v 11 143 u. s. II
vdo?: xi&Xü)v teXXojJievoü^, toü; Si veov kGvriCi'zo^ T 1384 IV
Diese Neubildung klingt äusserlich an an d^
hom. iik vuol cbBupovro Q 166 IV
voo^: o5t' iid -pjOecuva^ xpaweto v6o? • aXX' äpa 'zov^z A 620 IV
Hermann wollte statt dessen v6o^ izpxxf: ge-
schrieben wissen mit Berufung auf P 546 ^ ^^
v6o^ etpabcet' auTw (Orph. 708). Wir haben aber nicht
den geringsten Grund, die Ueberlieferung für cor-
rupt zu halten. Wenn der Dichter Längung vor
v^o^ zuliess, so konnte er sie sich mit demselbeo
Rechte auch vor v6o^ gestatten.
vaaffeoOat: Niaoioi Me^apf^e^, Sts vicascSoti sfipeXXov B 747 IV
Spitzner's Vermuthung de versu Ghraec. he-
roico 39 5t' iwacceoOai e(ji.£}vXov, ist überflüssig,
da die hdschr. Ueberlieferung durch die übrigen
Fälle, die ApoUonios ohne ältere Vorlage neu ge-
schaffen hat; hinreichend geschützt erscheint
Wie wir sehen^ lässt ApoUonios Längungen vor Liquiden
ohne ältere Muster in grösserem Massstabe zu. Es hängt dies
mit seinem bekannten Streben, die beim archaischen Epos wahr-
genommenen Alterthümlichkeiten auch seineraeits anzuwenden,
eng zusammen. Er sah^ dass bei Homer vor verschiedenen
mit einer Liquida anlautenden Stämmen sich solche Längungen
fanden, daraus abstrahirte er die Regel, dass die Liquidae
Position bilden. Indem er zunächst nach äusserlichen Analogien
vorgeht, zieht er auch andere Wörter ohne eine Aebnlicbkeit
mit den vorgefundenen heran. Doch erscheinen auch bei ihm
Stadien wnt Ttchnik des nMhhonerMclien heroisolien Yen««. 707
jene Längungen auf gewisse Hebungen und bestimmt rhyth-
misch gestaltete Wortformen beschränkt. Niemals aber hätte
er es gewagt^ eine solche Positionslänge vor einer Liquida in
der Senkung zuzulassen. Der einzige etwa in Frage kommende
Fall betrifft eine Corruptel der Ueberlieferung des einen Haupt-
codex L:
^ t' Iv 8y' out£ ^Y)xxb? 2ot xaXißjciio wjrijariv T 848.
So schrieb auch Merkel nach L. Wir hätten dann eine
Längung vor pvpiT6(; in der 2. Thesis. Ein Blick in die zweite
fiir die Textesconstruction der Argonautika massgebende Hand-
schrift G aber zeigt sofort das Richtige:
^5 t' iv Sf' o6t€ yC eoi ^Y)XTbq xakMio Tuicijfftv.
Offenbar nahm der Schreiber von L oder seiner Vorlage
Anstoss an dem gleichzeitigen Vorhandensein der Partikeln av
und tU und so entstand durch Umstellung der Worte die Ueber-
lieferung von L. Doch vgl. Hom. N 127 5^ out' av y.6v "ApYj?
cvccdKTo pieTsXBcov. Selbstverständlich steht bei Homer vor ^t]xt6{
eine Längung nur in der Hebung: N 323 x^^^ '^^ ^v)x>'^^ H.
NikandroB.
a) Nach homerischen Mustern.
V 1^661^: ToO (liv uTcb v(f6evTa t.tpda'za Soia [uxtiiTt^ Ther. 291 TL
Hom. TpuoXco !ko viföevxi Y 385 TL
voTsiav: o))rpaiv(i)v ^i^Mu; «[XfC? * 6 5e vot^wv icepi "^(ot^ Ther.
254 IV
Hom. xoT^c 8^ vÖTto^ ^£ev iSpo)^ A 811 IV
pi^Oi;: YXeöxo^ dikiq SaCvüvxai ivl ^a^itcai iceaoöa« Alex. 184 IV
Da ^0^ nur andere Schreibung für ^axo^ ist, so
haben wir bei Homer ein Muster in ouXy)v 31 xorra
^0X66991 xaXu4« T 507 IV
pilja: OEUTüi^ B^ pf^av xo-cuXiqBovo^, ^ V dva xpujjLOV Ther. 681 II
Einige Hdschr. oi^. Hom. £7:1 3^ ^t^ov ßiXe xtxpi^v
A 846 IV, als Var. auch (von Apoll. Soph. 30, 12
überliefert) W 190 x6pjxov ^k ^fl;r,<; H neben Ix föir|<;;
vgl. auch Hom. Hymn. Smh ^fi^t); V 12 II
a{jL(jitYa $i ^((«^ iQpuYY^B^ ^ ^^ l^capxi^ Alex. 564 II
öpertbv jjLi^Ti x^H-^^o^ «'c^ P*'C^? icpoToljAoto Fr. 78. 7 IV
(Georg. 11 und 12, p. 113 Schneid.).
Bitouiggber. d. phil.-biflt. Gl. XCY. Bd. 111. Hft. 40
708 Rsseh.
po(I^T;Si: Tu> |xev te poi^^r^Sa 9i\ai[Lonoq iy^KsXdonaoL Alex. 498 II
II hat tot, alle übrigen Hdschr. te, vgl. Hom.
tcoXXy] hk ^otl^ü) i 315 n
x£{povTe^ 6X{ßü)7(V, Sxe ^oil^YjSa pieXtffffa'. Alex. 182 IV
^6x6o(;: 5j(ja xe icerpT^e'/xe; uicb ^6/00 tai OaXi9aT)<; Alex. 390 IV
Der beste Cod. 11 hat Oxoppö/Sot^i, woraus offen-
bar die falsche Schreibung uxep in einzelne Hdschr.
hineingerieth. Hom. xOiaoc [Uya ^oyßei [x 60 H
Sppa: "Ayp« xal ravoxÄ^ OXeYw^wv, Spp« t€ TcpSnoq Ther. 685 V
Hom. X 327 II, für die V. Arsis aber Arat Phaen.
662 Apolion. Rhod. A 769 B 718 A 68
d(XXoT6 ßcuxdpoo^ /(XtjYOvou, Sppa xepaio^ Alex. 424 V
n 5ppa.
Unrichtig überliefert ist
5pYi^b>v XiiceV ^oSecp Opova, xoXXix,c XP<^^®'^ Alex. 155 III
In der III. Arsis kann die Längung nicht
stehen, es ist zu ändern: opYai^cov ^o$£b> Xiicti Bpsva.
womit diese Stelle entfällt.
Nicht ganz dieselben Wörter, aber doch vom selben Stamme
gebildete begegnen als Vorlage in folgenden Fällen:
^T^tpt): 0ptj((jar,5 aWpoiatv öicb ^T^TpYjariv 'lijxßiQ? Alex. 132 IV
Hom. [i.u6(i)v Te pT)T>5p' ^pf^^vai wpriXtijpa T£ !p^^
I 443 II
^{xTw: yi&ip&aai Suo^iTCTstJxe ßiXejxv« Fr. 26. 4 IV (p. 36 Schneid.:
Nicht ganz sicher, da leicht auch Süco da stehen
konnte ; bei Homer haben wir nicht Längung vor
dem Anlaute selbst, aber Doppelung der Liquida in
Äiapptxcaoxev iioröv x 575 IV
b) Sonstige Vorlagen.
v^(i,ü): ^eia '^'kiiTfLh v6{|xe(a^ iXuxpdrepov Seicieaat Alex. 386 II
Der Vers ist nicht ganz sicher überliefert. Vgl.
Hesiod. epSwv Upa xaXi xora vijxov Th. 417 IV, da v£|aw
und v6(i.o; zum selben Stamme gehören.
[LiGoq: dtXYSffiv ifAßapudouda xaT« [xeaov ofx^aXbv ijei Ther. 468 H
TToXXa 8' IvepOe xaxa |xdffov ijji^otXbv t^et Alex. 26 IV
•Mti xXoepoü vipÖY;xo<; awb jxeaov tjTpov oX6',j^a5 Ther. 595 IV
Die Codd. BGP und die Aid. haben zwar k^xi
was jedoch gegen fl und die anderen nichts g:ilt'
Studien zor Taelinik dM nielihoiDeriichen heroischen Yeraes. 709
V hat Ghcb(i. ix^jov. f^r die Längung vor (JLeco^ hat
man eine Parallele bei Apoll. Rhod., z. B. v6xTa Sia
|4.d(j(«)v A 870 II evl [Kiwou; oYopeudev B 879 IV. Eb
ist daher auch der Vorschlag Hermanns Orph. 709
für xata [aegov ipi^aXov Ther. 468 xor' ifA^iXiov (x^jov
zu schreiben; überflüssig.
pavTTJp: xovOcü evi pavxijpt Tud^^v avsSd^öfc' eX^Svt); Ther. 673 II
P und Aid. falsch xor^öw ev ^ovO^jp'.; Vorbild konnte
für den Dichter sein Archestratos 5^ef ts .^«(vovtsi;
Fr. XLU 14 II
peöo^: aOpi^oY), v<ji)6pT] [a^v cticb peOso; ßaXev ürvov Ther. 165 IV
«T^a Se TÖv y' STWtTepOs Sia ^^öo^ ^YP^® wX-iJadCöv Alex. 456 IV
Vgl. Incert. Idyll. iz\ pee^swi Id. VIII 3 (Mosch.
IV) II
c) Ohne ältere Muster.
Xi|JLvato;: Kwxat T£ XtfAvaTov irtcsöpe^l/avTo xop' liSwp Ther. 888 II
Aoßc;: zoXXflcx,'. o' ev x.at cirdpixa t6 ts Xoßb? aH^'fU «^S^t Ther.
536 IV
Hermann vermuthete Orph. 737 x6 ol (gegen die
beste Ueberlieferung).
piSi^: asai Se ^oeSixa x,a>ioxXo{vo(o xovul^ri^ Alex. 331 II
So IIGM, sonst falsch Si^, was Lehrs geschrieben
hatte.
owt? 6' ipwOXXoio «epi paSixocc; ae§et Ther. 533 IV
Die Wurzel ist Fpa8, vor dem stammverwandten
p(z§iv6^ haben wir bei Hesiod. Tb. 195 Längung
kennen gelernt.
Zwei Stellen^ bei denen nunmehr die richtige Lesung
hei^estellt ist, entfallen, und zwar:
creixovTS^ NowrraxTOv iq 'A[ji9i8ü|i.v)v xe xeXaliov Fr. 109. 3, wo
früher aretxovrö gelesen ward (vgl. Düntzer, Fragm. der ep.
Poesie 82). Ebenso
YOYY^Xßo; 8iooT| -^ap tSe pa^avoio y^^^^^^J Fr. 70. 4 (Georg.
Fr. III 4 bei Lehrs), wo die Hdschr. des Athenaios, der dies
Fragment bewahrte, durchaus ix haben, womach dann Schnei-
der restituirte: yorf^Xi^o^ Swaij ^kp W i% ^«©avoio y^v^öXt) (vgl.
pag. 83).
46*
710 Ksach.
Ifl'unienios.
Der einzige Fall, welcher sich vorfindet^ lehnt an ältere
Vorlagen an:
^66iov: aXXoTfi xapxocpiV? öts Sc pöÖtov WocpLoOiSa Fr. IX in
IV. Arsis (Bussem.).
Bei Homer schreiben die Hdschr. ßeßpu^e ^i^j:n
e 412 II, unmittelbares Muster aber ist Apollon.
Rhod. eicl Se f^^Oia xXu^ovto A 541 IV.
Manethon.
a) Nach homerischen Mustern.
\Li^apoy: fi £va -nQXuYfiTov icsp evt [jieYapotciv eScoxsv III 58 IV
(Koechly)
XÄi Zk xat euTexvty; «i^iv evi (AeY^potatv cxijSeT III 313 IV
Hom. A 396 u. s.
[Lolpa: iß^ &p I'rX pLoiptjai xaT(i)^ep6£(jart xoXoto III 411 II
avTÄXei, xeivwv te xepl [AOipiov JeSaafföat III 418 IV
Vgl. Koechly ed. Paris, praef. XXXIV zu d. St
Hom. ri*/Ta xaxa ixotpov xoriXeS« x 16 IV u. s.
b) Nach anderen Vorlagen.
Xe^o?: ^19667 oLizo Xs/dwv, Itepou 5' iwb x^lp^ci öpe^ösv VI 58 II
So Koechly, Gronow ura(. Axt-Rigler arat, aber
vgl. Hom. dhrb Xexipoio Oopcuaa '>j/ 32 und Apoll. Rhod.
hn Xs/eeoat 1 1071 II
\^ 96010; Xi^Yo^^^ xapa Xe^^e^fft Y^voaxiSv IH 390 IV
Apoll. Rhod. evi Xe^^ewi icecovrei; B 1012 IV
Dagegen entföUt IH 330, wo jetzt richtig ogptJTji
Xexeü)v statt des einstigen &ßpet^ re X^inän gelesen
wird (vgl. Hermann Orph. 716).
c) Neu.
Ixi/Xo^: aüToC te [Aa^^öt "^^ xat €<; ^iXctyjt' dx6p6(Trot VI 209 H
So schrieb Koechly, während die frühere Vul-
gata auTo». S' au war; Koechly ed. Paris, praef.
p. XXXV bemerkt hiezu : ,quod aperte falsum est,
cum nihil novi adiciatur sed quae iam dicta saot,
Stadien sar Technik de« naclihomeriaehen heroischen Yenee. 711
acouratius explicentur. Quare ourot le scripsi^ Ich
füge hinzu^ dass V oSj offenbar aus dem voraus-
gehenden Verse ol S' otS rm 8ea(ji.bv StXv)7x/ hinein-
gerieth. Auf die Beliebtheit ähnlicher Fügungen
wie die vorliegende verwies Hermann Orph. 710.
MaximoB.
Längung vor Liquiden findet sich bei diesem Schriftsteller
einzig bei der Präposition Ivt.
a) Homerische Fälle.
XexTpov: •J^ixor' exl Tp(a ixoövov M XixTpotat [KOffifiot^ 185 IV
Hom. xeTixat ivl Xexipci) t 516 II
{Asvapov: oixoaoov y«P äxoitiv ^vl [le^dpoifii >to|i.t?ot; 98 IV
otTS y' ^0^? Xeticovre^ evl jAeYaepoiaiv ovoxt«; 321 IV
Bptjapwijuvr^i; • e5poi? 8' av evl |jL6Yapotff{ jxiv dvSp6^ 351 IV
Hom. A 396 IV
;jieXo?: oii y' ^^'' [AeXdedori Bop^toi uU^ S/soxov 416 II
Hom. üixeV dicb [iieXicov N 672 II vgl. Empedokl.
evl |JieX^6ff(Jiv eöp^^Oif) 177 IV
b) Nach anderer Vorlage.
Xe^Oi;: vr^ctv, 8r|pöv 8' äv dvi Xe^^e^fft xXiÖ6{t) 181 IV
Apoll. Rhod. h\ Xe^dscdt wea6vT6<; B 1012 IV
Es entfkllt jedoch 250, bei Ludwich richtig : SOcnXr^tcv *
To{r,v Y^p £w aTUYspY)v äy^i «ttqv, wo man vor Hermann, welcher
das von Koechly aufgenommene ojxuy^P^'' conjicirte (vgl. Orph.
715), jjLOYßpT^jV schrieb. Lud wich hat ffxuYepT^v aus der ursprüng-
lichen Schreibung des Cod. L restituirt. Maxim. 286 ist e^el
pLOY£poT(jtv Id^ti die einzig richtige Leseart für das ehedem be-
liebte, vom Cod. L (siehe Ludwich p. 24) gebotene 6ic{, her-
gestellt von Hermann Orph. 715.
Simmias von Bhodos.
Der einzige homerische Fall ist unrichtig überliefert
(Düntzer, Fragm. der ep. Poesie der Gr. p. 4):
712 &saeh.
p6o(: Oeov^ffiov le i:£p( poov fJXuOcv ividoio (Ka|&xa9su), Fr&gm.
des 'A76XX<i>v 5 lU
Man hätte hier eine Längung in der III. Arsis;
es ist zu schreiben
^XOov 0eoiceai6v ts ^ept ^6ov aevdoto,
vgl. Hom. xcTt ^6ov, apift li z oxpat P 264 IV; an
anderer Versstelle findet sich überhaupt nii^gends
Längung vor ^6o^.
Moiro von Bysantion.
Homerisch:
pisv«^: Zeu? y op* evt Kpi^iY) Tpe^exo 11.^7«^ ou8* ipa v^ vtv
i^£{Set {jLoxapaiv. V. 1 eines bei Athen. V. XI AB er-
haltenen Fragmentes der Dichterin in IV. Arsis.
Hom. bietet eine deutliche Analogie epicu l' us:z
\kt{orf 5pxov Z 746 IV (vgl. auch ot^oq Ysverc iat;!
<f 412 IV); unmittelbares Muster scheint zu sein
Hesiod. TpCxwv supüßiiQ? ^evsTO ij-sy«; Th. 931 IV
Eratosthenes.
a) Nach Homer.
Hieher gehört nur das eine nicht ganz sichere Fragment VII
bei Düntzer:
i7iX{Jia icoTi ^axTevxev eXoc^pou ^^atxatfftoto II
Annehmbare Verbesserungs vorschlage wurden ge-
macht von Salmasius ÄCTippiircsoxev, vgl. Hom. 0 1^5
xaxoppa^iV,; aktyeiyq^ und Düntzer xoBl fiwreoxfiv; ich
denke an ?:oTt f i'^Taotev wegen der homer. Analogie
ätappirraoxev t 575 IV
b) Ohne älteres Muster.
(jLOY^ü): aiel xpufJLaXeat, atel 8' üSaxi [jlcy^oüciv Fr. I 8 V
Bhianoa.
Nur homerische Fälle.
^oBev;: y.a{ ffs ttctI ^oSitjciv £r»)j(6v«vT0 yript^v* Fr. IV bei Mei-
neke p. 210 = Anth. Pal. XII 121. 3 in IL Arsis.
Studien zur Tecluük dM naehhomerUcheii heroischen Versee. 713
Hom. ekexQ ^oSoBoxtuXo^ 'Htlx; e 121 IV; unmittel-
bares Muster ist Apoll. Rhod. ol6v xe icepl ^c§iY)(7(v
eepcnj T 1020 IV
pi?raXov: to ^oxocXov to) Ilavt xal loßoXov UoXuxivo^ Fr. VII
Meineke (p. 210) = Anth. Pal. VI 34. 1. I
Hom. KuxX(i)xo^ '^ap exeiio [U-^a ^5icaXcv xapa oy)xco
i 319 IV
Ifl'ikaixietos.
Neue Bildung.
pa5aX6(;: fsivaxo Bs paSaXtj<; evaXtYxtov apxe66oiJt 4 II (Düntzer
pag. 77)
Zu vei^leichen ist die Längung mit der vor
jbaStv6^ vorkommenden, das zum selben Stamme
gehört (Hom. ouiap l[i.aff6Xif)v ye,p7hf s^e ^aStvi^v W 583)
Hesiod. toociv wo ^aStvoToiv Th. 195 II
Theodotos.
Homerisch:
p{ija: vspöev uxb ^Ufl BsojjLr^ixevov, dfji^i ts "zvr/p^ Düntzer p. 94 II
Ausser den erwähnten hom. Beispielen vgl. Hom.
Hymn. tou xat hto pi^iQ<; V 12 II
IiGsbi Etisis inoerti auctoris.
Homerisch:
fi'lu): Tot ps^siv, sXow V iTzoc^daaa'zo TZOL-zpiZo^ oito) 18 I
Hom. aXXa {xs^a ps^a^ X 305 II; in I. Arsis Inc.
Idyll. Ti ^s^iet? ffcrcüp(cx£; Id. VII 47
Dionysios Feriegetes.
a) Nach homerischem Muster.
Xtic«p6^: xoXXt^ t6 Xtrapi^ le xal eußoTo^, ^? iiwep "IByj 502 II
Hom. ^ipiq T6 XtTcapov t 368 II
[Asvapov: iJLOuvot 5' aoirsTOv oXßov evt ixe^apouiv «öevio 1057 IV
Hom. z. B Q 497 IV
714 Bsach.
v6xO(;: jjLoxpb? iizl vöxov eTot, «iXtv 8' dYxöva<; ^Xi^aq 979 II
Hom. ^XOe r evt v^oq Axa {x 427 II
Xaßpöratov p6ov wxiiv ewl votov ipObv sXauvcov 1090 IV
Ausser der angeführten hom. Stelle vgl. wegen
der IV. Arsis auch xora 8^ vörto? ^iev t8pw$ A 811 IV.
Demgemäss ist wol auch bei Dionys. 51 zu schreiben
Twv 8' oXXiov, ot t' elffiv &i:h voT(r^? aXbq dqjtfu> und nicht
ontaL
^6o^: ioTa(7(v, Trupioeroio ^apa ^6ov 'Qxeovoto 624 IV
Hom. Hemistichion n 151 IV. Damach sind
gebildet :
stKXoLi 8' 'Qxeovöio 'icapic ^6ov ^^e^ivcovrat 555 IV
'Agx£v8ov ^otapLoto xapa ^6ov Eupu)A^8ovTo; 852 IV
6UTS vip 'AxTÄiotG ««pa ^6ov IXwaoto 1023 FV
piü): Iv6a MsXaq, o6( KpaOe^, tva ^iei 'JYpb^ 'lihiv 416 IV
Hom. ß^Xea f>iov M 159 IV, ApoUon. Rhod. lixu
^drj 1 1284 IV; darnach:
ekyi.iti^f lv8bv t>8(i)p zapd t£ ^e((ov xOova ^cu9iov 1074 IV
f'.::!}: 6pT)iy.(ou • tou 8' an« xotI ^ixyjv JJe^upoio 429 IV
Hom. z. B. Xao^ \Mb ^iTcfj; M 462 U vgl. ApoUon.
vüxxb? ^Tt fwcT^ A 1016 II
(2XV -JiToi AtXüßt) jjlJv Ixt f>txV ^e^poto 470 IV
avepe^, oT xeCvrjffiv uxb ^ixYJai [A^voiev 674 IV
Hier besteht, wie bei Homer, auch die Var. J^af;
ebenso auch in
Tij; 8^ T:po^ dvTwcipotiav, uxb ^ixtjv l^e^Opoto 962 IV
Doch ist in beiden Fällen 0x6 durch die erst-
genannten zwei Stellen empfohlen, wo hl und &d vor
^(xi^ stehen.
S ^a: 5 ^d xe xixXiioxouatv Ax^vvtov. ex 8^ ßcpetv;^ 343 I
Hom. X 327 H; directes Vorbild aber ist ApoUon.
cppa ösa ^pa>e^ ext ^yjYPi'Wiv ISsijJLav A 251' I
Von demselben Stamme wie ein hom. Wort, vor dem sicii
Längung findet, ist
jba)i|/: ipi{j.|ji.o) xexXT]Ouiav, i8e pditxeajc 8a9eiav 1100 IV
Vgl. Hom. xaxa te ^dtxi^ta 86u> ^ 559 IV
Stadien ni Technik dee naeUtomeriichen iMroiBchen YerM«. 715
b) Nach anderen älteren Mustern.
vspio^: dpvu{Aeyat TeXeouci %azk v6{xov lepa Bixxcp 572 IV
Hesiod. Ip2(i>v lepa xaXa xceta v6pLov tXdbxiQTai Th.
417 IV
2X6 990 (: auTop evl {x^actjaiv 'Ana)xeiir]^ xcoXteBpov 918 11
Apoll. Rhod. au3a ^vi (xdaaoiai xebv v6ov A 464 II u. s.
c) Neubildungen.
Diese beschränken sich bei Dionysios Perieg. ausschliess-
lich auf Eigennamen :
AiX6ßT]: oxf« ii ol Ilix^vö^ xe üeXcopi^ te AiXußv] xe 469 V
MipaOoq: xal TpdcoXtv Xtwapi^v, 'OpOwaCSa xe MapaOov xe 914 V
Map3ot: Tr^oi xe MötpSoi xe xal ktipe^ AxpowoxiQvoi 1019 II
NofJiaSe^: xotat 8' ei:c NofJidSwv irapoTräirraxa'. aoicexa ^OXa 186 II
Die letzterwähnte Längung hat eine ganz äusserliche Pa-
rallele an xaxs v6fjL0v (s. oben), die drei erstgenannten repräsen-
tiren wiederum die schon berührte Verbindung zweier Wörter
durch xe, wobei oft I^ängung Platz greift (vgl. Hermann Orph. 710).
OppianoB Syros,
a) Nach homerischem Muster.
fivoq: t)rvia TwpceuOevxa 8ia ^tvoto xexovxai Kyneg. III 390 IV
Hom. izepl 8e pcvoi {xivyÖcuciv jx 46 IV; Hesiod hat
dieselbe Formel xai xe Sia ^ivoö ßob? Ipxetai E. 515 II
pt?: yjiked xe ^Tvd^ xe /.al 2|X|xaxa [Jiapixaipovxa Kyneg. IV 157 II
Hom. äv cTÖfjLa xe pTvic 0' e 456 II
b) Neue Bildung.
Mi^Jeta: Kok/iia xe Mi^Sstav, apilJiQXdv xe 6e(Atax(b Kyneg. III
248 n
Diese neue Längung vor einem Eigennamen ist
gar nichts Auffälliges, so dass Hermann's Vorschlag
(Orph. 712), im Verse vorher AxötS« xe np6)ivr^v und
dann KoXxtia xat Mi^Seiav zu schreiben, unnöthig war.
Beseitigt werden durch Antreten eines v ephelkyst. an
den Auslaut folgende Stellen (vgl. Hilberg, Silbenwägung
p. 40 sq.) :
716 Rsach.
TTiOfTfli Xißpoictv e7eXx6(Jt,evo(; i:ct( S^ptv Kyneg. 11 239 II
«(^{itjai \Uya, -jrijixa raXiorpo^ov iQepnQTat Kyneg. II 99 II
Äv 2xuO{if]v "lorpo? XeXoexe jxeYa icivTode tcowq Kyneg. 11 141 IV
aXXotat ^(vot; yusxextiza ii xptaev eXato) Kyneg. I 251 II
Oppianos EilJz.
Nach homerischen Mustern.
[i.^Xoc: xplv [Lh i'Ko [i.eX6u>v icpoXiirv] oO^oq ÄSpav^o'/xa Hslieut.
I 539 II
Hom. OupLov obb {jL£Xeu)v H 131 II
l^pa xept ixeXi^eaai v^ov oxe^a; «[x^ticoYeti} Hai. Q 297 II
^aa^ova x^^>^t3*' "^s '^spi |Jt,eX^ecc( xvcta^^eq Hai. II 24 IV
Vgl. Empedokles evl lAeXesoraiv 177 IV Maxim.
ev! [uXi&oGi 416 II
f YjYfAtv: cri^ 8' ap' £7:1 ^Tj^piivo; Ibv vopiov sppoi^Tiae Hai. I 563 II
Hom. axpov h:\ ftjf|Atvo<; IT 229 II
eiÜTe Y*^ dtYpovo|xr^e; exi ^Yjfjjitvo; OYWffi Hai. IV 313 IV
Hom. iiA fr^YP'-Tv'. OaXocffOY;; A 437 IV
)iapxtvo{ ou <];Y2fT3ot Trapa ^iqyplTvo; dsCpo^ Hai. II 174 IV
Hom. Tzapdi fTf)Y|Mvt öaXatJCY)!; ß 773 IV
danaaib)^, xoXXy;v 5s ::otj ^YjYjxivaq «youciv Hai. IV
493 IV
Die Formel nov, ^. ist selbst nicht homerisch.
^t::!^: 7C0|i.wf; t£ ^iictj ts xai ou iraXivoortjxo^ 6p|XT^ Hai. I 616 II
x,ovT(ii)V TS fiwtjct xai d(xt](7tv ip£T|Xü)v Hai. IV 651 11
woXXrj Sfi pi?:^ t£ xal aXjxorci x.ü[jLa{vovTa'. Hai. IV 676 II
•^ Se jiiv c^uTOfJLoiaiv uro ^irtjffiv 656vtwv Hai. II 284 IV
xoTuofA^vrj Bst^stsv ü«b ^iiri^ai OaXa^va Hai. IH 456 IV
Ö£Xy6|jl£voi XiopYJGtv uTco ^tictj? 'A^poBtTT^? Hai. IV 141 IV
Hom. z. B. <J/uxrt ^^ f*''^? ^ 1^1 n
^^ü): XiJYfii pi-^v iTfiTflEXwv, vtora Be pd£t t^ut£ vouatj) Hai. H 494 IV
Hom. i% x6tp<Siv ßiXfia ^^cv M 159 IV Apollon.
=6ava f^t) A 1284 IV Dionys. Perieg. Iva w pewrfv
Xe6va 2o6(jü)v 1074 IV
^i^a: HpHiv uxb ^i!^t]9(v dvatSit Tu{jL{j.or7i xetvcü Hai. II 492 II
Hom. iiA Gk f^ö;«/ A 846 IV, vgl. Hom. Hymn.
ToO %a\ ixb ^fi^Y)? V 12 II
Studien zvx Teduiik de« naehlioineriBclien heroiBchen Venes. 717
pst^o^: ic6pSaX(v otarpvjBetaav dvl ^ot(o(9tv IjAaoOXv]^ Hai. II 352 IV
Hom. icoXXi) Ik ^0(^(0 i 315 II
ToSavo^: Seuxipa hk To3avoTo ?capa 0T6{xa Oripr^ti^pe; Hai. III
625 II
Hom. izoL^ ^oSocvbv Bovoxi^a Z 576 IV. Dem Dichter
schwebte wol vor das homerische Kapir]a6^ xt ToS(0(;
TS M 20 V und das hesiodische N^aaov ts 'PoBiov
6' 'AXiflbtixova Th. 341 II
Zweifelhaft ist die Stelle
aXX' auToO Xo^^wci :capai [xu/iv, 5<; xs ^reXdffffY) Hai. 149 IV.
Schneider schrieb xapce, aber mit Rücksicht auf den Um-
stand, dass sich sonst keinerlei verbürgte Längung findet, die
nicht nach homerischem Muster angewendet wäre, werden wir
bei der überlieferten Leseart icapai bleiben müssen. Nur Quintus
hat Ivt iJur/fliToiffi VI 477 IV und XIII 385 IV mit Längung.
Absichtlich weggelassen ist Hai. I 737, wo neben
ev xdvTü), töte luaTSöK; law XaYÖveoaiv sSexio die Variante evi
XoYÖvsffct besteht; doch ist jene Lesung jetzt als die besser
überlieferte allgemein angenommen. Dasselbe gilt von Hai. U 70
xeiTat 8' aaTS{jupy]i; ow) v^xu^ * S? 8^ xev ix^uq, wo früher die
Variante ots vixu; gelesen ward.
Durch Anfügung eines v ephelkyst. entfallen folgende
Stellen :
tl 8' 08 9f( (jLaxdpwv T«; dlXt^Xorpcxcov v£|jLedJ9ei Hai. IV 582 II
eiXeuct V67c68wv ZtCKo^q aTix«? ei<; Iva x<»>pov Hai. IV 652 II
(vgl. Hilberg, Silbenwägung p. 41).
e^&7ci6e pwnflffiv £Xauv6|i.evot jAo^eoucxiv Hai. III 65 II.
Anonymi Theriaka.
Falsch überliefert:
1^ 8^ Xa\Lavrdvjoq xai (puXXa [JLOcXaßaOpoio 8
9}i.6pvv;c 0' ^ 8pax[xa{ xai ^uXXa (AaXaßiOpoio 38
An beiden Stellen käme eine Längung in der vierten Thesis
zu Stande, was unerhört ist. Da diese Verse auch gegen Hil-
berg's drittes Gesetz (Silbenwägung p. 19) Verstössen, so ver-
muthet er, es sei ^uXXa [ta] [xaXotßaOpoio zu schreiben.
718 Risch.
Eademos (Antioohos) Theriaka.
Ein einziger homerischer Fall:
^ { ^ « : Mi)ou iico ^ i^iQq 6XxY2v Sßpoxfjiov &p6^a; 3 II (Bussemaker p. 93)
Hom. Hymn. toO xai öbcb ^(Ct;? V 12 II
Anonymus ?cepi ßoTivu>v.
Homerisch:
X(ap6^: ev i* liSatTt Xtapco ^poaxXul^O{Afvt} '7caXd(Aat9t 50 II
Hom. vtr Mflfci Xiapw A 830. 846 II
Quintua Smymaeua.
a) Nach homerischen Mustern.
XazapT): tut^v uzb Xa^apr^v, 3ia 8' ijXaffev iq jjl^oov ^ap («XP^^v)
XI 34 n
Vulg. xj^ai^ Pauw und Eoechly urip, aber auch
wenn die Lanze ein wenig unter den Weichen
eindrang; konnte sie doch die Mitte der Leber durch-
bohren je nach der Richtung des Stosses. Die Län-
gung haben wir bei Homer in t6 ol uicb XoTcipr^v xixgen
[t.ir(a xe ortßapöv xe X 307 II
Tu^ uxb Xaxipr^v Tovaoi^ Cncb x^^^^^v otoxpo^ XI 209 11
Hergestellt von Eoechly statt der früheren Vul-
gata OxaC.
Xt^u?: eSpoü uwb Xt^eo? xas dtretp^o^ i^eXioio VU 230 II
Die ehedem beliebte Schreibung j^oi (vgl. auch
Spitzner ; de vers. her. 53) ist von Koechly auf
Grund von V richtig in irtc6 hergestellt worden.
Hom. 0)^ 3' 56* \mh Xiy^cj^v dvi)jua)v oxipxcoffcv oeXXjt
N 334 II
T/o(a{ Te XtYS(*>v av^fJLcov d|j.eYapToy aevTa)v HI 640 11
Hom. xXaTov 8^ Xiy^w? x 201 II. Pauw hatte an
der Längung Anstoss genommen und die verkehrte
Conjectur xat ^cvoiat Xt^^cov avd{A(ov gemacht.
XiYup^?: auXo( tt XiYupoTffiv dipr^paixevot xxXaiJioiatv VI 171 II
Hom. Ävoi^ ÖTCO XiYupfi N 590 II
Xtap6^: 9UV (A^XtTt Xiapü) * }xi)TQp 8d cl ^{A^ifop^a HI 736 II
Hom. vtT f>8aTt Xiapw A 830 II, vgl. auch yBar! k
Xtopco (I) 45 II
Stadien nr Technik des nachhomeriscfaen heroischen Verses. 719
(x66o^: öv Mefjivcjv eBdiSs tholiol ijl68ov, i[i/^\ 8' ap' auT(j) 11295 IV
vexpou haq aeuovxa xata {xoOov - 6^ S^eXiv (ji.o( II 323 IV
^äCy)? X£ ffT0v6evTa xata |x6öov ^(aot*. xeCvco II 517 IV
Twv [i.£v YO'ivarr* €kwa xata jxoÖov, oI>(; 8' e^ößtjara V 296 IV
aipxa T6i)v xxafjidvoio xotxa |x6öov" i) ix* UXicr^ VI 418 IV
Tou? xt^ev al{xaT66VTa xata j;.66ov • ot 8' üicdtXü^ov VII 123 IV
ceTo xcrra^Oe(ji.evo(o xata {jl^Oov* ou yap i((i> VII 270 IV
oXXo^ 8' <2XXov sire^vs xat« fJLoeov • £v 8' dpa Totoiv VIII 108 IV
aXXov Itc' iXX(i) öce^ve xaTa {x66ov • ot 8' dficiövre? XI 227 IV
Xoa ßaXwv STapoto xata pi6öov • ot 8' Äxe Öi3pe(; XIII 156 IV
OufjLOv 'AX65iv8poio xaxa |i.6Öov dvTtöwvre^ XIII 365 IV
Hom. oXXot' sTcot^aoxe xaxa (a66ov, dtXXote 8' oute
2 159 IV (vgl. 1 537 <^ 310). Nach xori jjuSöov bildet
Quintus auch noch dva und e?ri {xoOcv und zwar eben-
falls nur in IV. Arsis:
sxteXeaetv auTy){Aap ava (jlöOov oxpuosvia I 133 IV
6^pa^ &ic6>^ OuvovTaq dva (jl60ov oxpuöevxa I 539 IV
8^X0VT0 XTfitVOVCO^ dvd [JLOOOV iXXufJLEVOü? T6 III 95 IV
8ua)jLsy£<i>v Sre ff' dXXoi dva |x60ov otcoO^vra V 204 IV
ou YOp gfJLOtY* eicdjjLüva? dvd (jlöOov^ dXXd aot o^co V 273 IV
8ua(ji€veü)v icaXd(Aio<ytv dva |x66ov, dXXd col ouro) V 533 IV
ö; dpa Tp<iioi üte? dvd iJi.6öov atvbv 'Aptjo^ VIII 271 IV
8etvo<;''ApYj^- 6X^xovTo8'dvd 11.680 v dXXo<; 4TC'dcXX<pVin276IV
ou *fOLp st' at9((xov ^ev dvd {xoOov dvepe xsivcp XI 292 IV
Tpcoa^ eroTp'jvcvcc; dvd |jl60ov • oT 8€ xat autoi XI 350 IV
xal t6t£ Tu8do; woq dvd (jloOov d^mocovra XIII 168 IV
&? 8' ae nevSecfAeiav dvd ijl68ov, fix; t e8d|Jiaffa6v XIV 134 IV
w? To wdpo; |Jie(jLaä>T&; i%i fJL68ov, ou vu ti? upiea? VII 519 IV
xdpTwtot 8^ tot' dv8p6? i%\ |x68ov, ^Tncore 8u|x6v XII 62 IV
{AsXo^: {4.1^ a^iv dxb {JieXecov ^uyjtq ^dipiivotfft xeXdaao) I 334 II
8u{jLb^ dxb {AsXeo)v, IXt^ev 8e [aiv d|xßpoTO^ otcov III 319 II
Xjjcre 8' dnb ixsXicov o8uva(;, e^i 8e a8ivo<; äpasv IV 73 II ^
fjnj^pb^ dl TCO (jL6Xi(i>v ' xot |xtv fszpt^btna 9ep£a8ae VI 583 II
d8pcov * al^a 8' dvaXxi^ dicb (jieXicov ^u-^e 8u(a6( I 746 IV
xat xipa^ ' h. Zi oi atvb(; aich (i.eX^ü)v ^dsv i8p(0^ VIII 288 IV
8e^i5v, i% 8e ol ^Top ii:o (ji.eXi<i)v Ixi8aa9e X 124 IV
* V^i. Koechly, Grössere Ausgabe zu der Steile uad kleinere (Teubner*sche)
Ausgabe (1863) praef. XXV su dem Verse, dann Hermann Orpb. 712.
720 Rzach.
(jLsXo;: oua6' 6(jui>q xat ^haq axb |jl£A6(i>v iTiiAcvro XII 367 IV
Hom. Ou(Abv SeKb (JieXecdv Suvat 86(aov '\e3o^ slsii) H 131 11
5q ^a Ol hLOL[dnovsi xepl (xeX^effacv dpifpse III 242 IV
ßXvjtJiivou ev xoviy]9i, zepl {xeXeeaffi S^ Bcopt;^ III 316 IV
'H^aioTOu raXiiAV^ai xspl jAsX^eaffi y^ti&^a XIII 111 IV
Die Formel xepl (jieX^effae hat Homer selbst nickt,
zuerst findet sie sich in den erhaltenen Werken bei
Oppianos Kil. Halieut. II 24 IV
\f.i'^a^: b)^ $' 5t^ oltzo {asy^Xcov 5pib)v TraTajAC^ ßaOu§tw]c 11 345 II
Hom. B<i>p(i) h:i (JLeyiXo) K 304 II
1^8' 5a<J0üi; ^sÄ^ovro? uicb lAs^a fsi/o? BXswev I 12 IV
(Spitzner de versa her. 52 noch •jxa{) Hom. 56'
ixt |i.ifa ßiXXeTO xcäa^ t 58 IV
3^ Aüx(t;6€v Txovev uxb {X6Y«XiJTopt D^auxc«) III 232 IV
Hom. oYpiov £v ovffitaT. Östo [Lt-^oCkfyzopa 8u|jl5vI629IV
[xeYapov: (a{)av£ B' evl [A&Y^po^^^ xocOi^^iJLevo^, otuTop o( iXXoi H 73 II
abrap dvt (XEYipoiat Atb^ orspowQYepsrao II 164 II
x66(>€t' evt|JL£Yapoifftvo8' aijxflrco; ex/uiiivoto XIHSoTII
elpYOv evt (xeYapoiai waptJYopeovre^ exeaffi XIV 161 II
dXX« jjLtv 6ia€Ti lATl^pb? £vt (jL£Yapoifftv Ipuxe Vn 315 IV
yuxi pa t68' uxviiovTo? ivl [L&'^dpoi^i xox^o^ X 438 IV
E\ip\j[Ldc/jo iiiTaXXev evi [Leyipoiai^ axo ixiv XIV 323 IV
xa{ fxot xiXXtxe TutObv £vl jjtfiYapoi^ Iti xaTBa XIII 278 ß'^
Hom. A 396 IV u. s.
aXX(o 5' coj ^fi'JYOVTi 8ta jAfiYÄpoio fjL£a6$(i.Y] XIII 451 IV
Vgl. Hom. arrb jX£Yipoio 5i€o6«'. p 398 IV
iQ{jixTipt]g dX6xo(o xapd [A£YdpO(C( BoqiivTa XIII 363 ß
Koechly sehrieb in der edit. mai. mit Rhodomann
xopd XIxTpoiat, was Quintus keinesfalls gesagt hatte,
da er nur vor Xdxo^ Längung zulässt. Die Formel
Tcapd [ker^dpoiiTi findet sich bei Homer nicht
jjia^o^: xaXat xdptis^ ^i<jav uxb ixa^oT^tv lojaat IV 182 IV
Hom. TiD o«p eirl |iAC<^ ? 483 II
[AeXtY]: Toö Y*P ^^^^ l^^^^Tl ^^o^^'^? orpatb? ev xovtvjjt IX 184 II
Hom. ffT») 8' ap' Itcj i^eXir/^ /aXxoYXw/^^^s sps^s^si;
X 225 II
{AupixY): icTwffffov uxb |JLüp(x7)<jtv dX£uafJL£voi ßapu x^pta V 434 II
Die frühere Vulg. (nzoLi ist durch Koechly be-
seitigt worden ; Hom. diix£v dva piupixiQv K 466 II
Stadien znr Technik des nftckkomerisclien heroischen Verses. 721
ve^o;: otov ös vs^oj; ewi 8f igdpo; a^XniToto VIII 49 II
Falsch ^ Rhodomann und Tychsen, Hom. a(Aa
84 "ii^oq enceto ^e^cov \ 274 IV
SXto Bta ve^ewv* lix« ^e o^eoq elffa^inavev XII 203 II
Hom. Xißpov urcb ve^ltov 0 625 11, Spitzner's uic^
(Observ. 285) unnütz.
at6^po^ dfA^ipaY^vro^ uxb ve^icov epiBouTrcov I 39 FV
Die frühere Vulg. Orcot von Hermann und Koeehly
beseitigt.
SK At6?, s5t' aXia<jTOv £xl ve^ea XTvi:i(i)9( II 223 IV
Hom. izozi vetpea oxioevta 0 374 IV
vsupi^: Iffour' «rb vsupiji;- 5Aob<; 8s oi ioicsio i:6z[io<; XI 464 II
Hom. tu) orcb veupiji; A 476 II
fy.& 8' awb veüp>i9i Oobv ß^o; • -fl 8' loxtl'Jev X 210 II
Hom. ^ p« xal oXXov oiaibv drcb veupfj^iv laXXev 6 300 IV
vi^öetq: 'I{/.ßp(i) U7C0 vi^osvti xapal tcoitI Tapßi^Xoto VIII 80 II
uw6 E 1, Vulg. urcai, Hom. TixwXw Diuo viföevri T 385 II
poo^: *Eo^6p{8£? Opi'J/ovTO i:apä ^oov 'QxsovsTo II 419 IV
Hom. Hemistichion 11 151 X 21 IV. Darnach
bildete der Dichter:
(i.up6(i.€va( {xe-fdiXo(o Tcapa poov 'Hp(8avoio V 628 IV
N^OTov 8^ oüe' kepwSt wapot fioov EutjvoTo VI 283 IV
rptjvtxoü TCOtaiioTo wapa pöov* dcjx^l 8' ap' aurw III 302 IV
2aYY«pioü TCorafAoTo xapa ^6ov- oü86 vü t6vy6 XI 38 IV
^vce ßit; iroTa|AoTo y.3tTa ^6ov i^i^evta VI 379 IV
Hom. Tou^ 'AxiXXeuc; eScal^e xAxa ^6ov ou8' eX^aipev
^ 147 IV
'KOt^Koi^ijiy aXsffiivbv ava poov, i[tj^\ 8s ::flivT|[) VII 118 IV
ohy Iti Ol |i.e[ji.aaatv ava poov r^yjiena VII 548 IV
SV 84 ßiYj ^aieovTO? ava ^6ov ^Hpt8avoTo X 192 IV
Die Formel ava ^6ov hat Homer nicht.
ptici^: xoTT^oO urb piicij«; i^8' avdpoq, aXX' äpa xal &^ III 225 II
Daneben besteht die Var. uicat, aber M hat (fj:6.
Xißpov uTCb ^tWTj; ßapüT)xso<; aXXü8i? oXXa XI 123 II
Hom. M 462 II u. s.
pi^jYVüjxt: 8^v8pefli ts ^t^y^^'^ ^^ oupsa icamaXosvra VIII 226 II
Hom. Tsixo? TS M^stv M 198 II
ouv vdfsa pi({^ü)a( Atbq (asy« y((i)o\ki^oio VIU 72 II
Hom. hf y auToT? IptSa ^i^y^üvto ßopsTov Y 55 IV
722 Biach.
ptov: dffGru(x^v(«>^ AexxoTo, TÖÖt ptov t>ataTGv 'l^ijq XIV 415 IV
Hom. icepl ^(ov ObX6|A'^io 6 26 IV
^(1)^1^ (ov: ikrfib'f TCuMrffouaat &va ^(d^ifea icuxvi I 7 IV
Hom. Hemistichion N 199 IV
An Homer klingt an
[l6 poq: xal [jivo^ ' örpaA^at B^ tcotI )A6pov etat x^XeuOot XI 107 IV
Ausser den Längungen vor dem derselben Wurzel
angehörigen [txiipa z. B. tcovt^c xora jAoTpov 7 457 II
yLonk (Aoipav xoetCXs^o^ ^ ^^^ ^^ haben wir im Inlaute
bei d[(i.(Aopo( und §uai(X{jLopo^ Doppelung der Liquida.
b) Nach anderen Mustern.
Kiy^o^: OiXyei ^vt Xe/^eaviv oSiqv ^xtxlptOjAa ßal^cov I 136 11
M Ivt, frühere Vulgata falsch ev.
yßi^o^ evl "kej^i^Q ci ita xve^a^ uwvwovTt XIV 237 II
Apollon. Rhod. oTffiv ^vt X€y(ieaai ha rM^aq A 1071 II
aXX' 6 (jiev oüv ett tuxöo^ evi Xtyi^aci AeXeiTcro V 528 IV
Apollon. Rhod. evl \eyjiemi %ia6^eq B 1012 IV
Totn]^ ^i; aXö^ow irapa Xexee^fftv touffai I 670 IV
Die Hdschr. M hat ?cap(x, die anderen «ixpat; bei
Homer hat a 213, wie oben erwähnt, eine Hdachr.
(Ven. 457) auch izapk Xex^ewiv, sonst wapai. Vgl.
Manethon III 390 IV
ot(«)Vfa)v rrepa xoXXa wept \z'/^is,(sai xi^uvw IX 358 IV
X{|/vr|: Tov ^a wapa Xi|AVt) TuYatt) ysivaTO ixi^'^lp XI 68 II
Koechly Tzapd^ Vulg. xapa(; ein Vorbild bietet
Nikandros: xÄrcai le XtjjLvatov uxeöp^^ovto z«p' üSw:
Ther. 888 II
|X6ffGro<;: to6v6x' evl (jidffaoiaiv dö^pov« NtiptjivYjv IV 128 II
ioxTi Ivl {A^ 970 (9t xai a|jL90t^pot9t [i.6TY]uSa IV 265 II
Früher iv, 6v{ hergestellt von Struve und Spitzner.
TW S' äp* evl |i.daaot<ri 8^Tt^ T:6psv 5pp.« xal wcrcoü^ IV 288 11
Oijxev evl [xiffcrotffi Öei 0dTi; * afx^i ^e xivnj V 3 II
6^xev ivl [xeffcotfftv erewv Si-ct? apyop^e^a V 233 H
So Koechly in der Ed. mai., in der kleineren Außgabe
schreibt er evl [ki<jooi<; nach C mit Tychsen und Lehr».
8i) t6t' Ivl |jL^990iaiv OYetpojxivoiai jxexTrjGSa VI 8 II
[laCvet' evl [jl^99019iv, E(o<; x' s'KidvTa SapiacoTU VI 397 11
BijpK; ävl ixdffffotoiv eir' «XXw 5' aXXo^ 5pwpetVI438II
Stndif^n znr Technik dos Dachhomerisehen beroiflchen VertteK. 723
\kicGoq: fi 5' ap' evl |X6<jcT|3fftv io) xept xoi^l xü6ewa 11 607 11
Conjector RhodomanB's für {/.^moifftv.
Totciv 8Jj MeveXao? 4vl jAsaffoiai >tal aüxö^ XIV 17 IV
Vorbild für diese Fälle ist ÄpoUon. Rhod. aSBa
evl |jii990(9t lebv v6ov A 464 II und evt {A^oaotc d-fopeuaev
B 879 IV
^iX^^* ^ viq86v * atx|A^ d^ tcotI ^oeX'^ i^eir^pir;aey IX 189 IV
Arat. Suvet [Jiiv Ztifavoq, $6v6( 3^ )caTa ^cxyip *Ix^
Phaen. 572 V
c) Neubildungen.
[xuxaxo^: xpuoriXXo) deriXovTOv dvl fjLuxfl^fot^' 8^ wivrj) VI 477 IV
h^ Se B^ MeviXao^ evl {Aux^'coiai S6{i.oio XIII 385 IV
piucov: i9(JU|A£yb>^ devieipev u?cb {jlucovo^ dpebo^ IV 228 IV
Die Vulgata war \mip,
{XU 1^(1): j^ ik \ki^a (i.62^ouaa )wX{v8eTo iioXXbv dx' a!av XIII 244 II
Gerhard Leett. Apoll. 120 schrieb nach Rhode -
mann (a^' oiijud^ouaa ,de productione inutiliter solli-
citus^; [tAr(OL [xul^ouffa ist wohlbezeugte Ueberlieferung
(von VEiCj.j) und schon von Tychsen angenommen.
vexu;: &Oei dticb vixuo^* TOt i' oux incdXiQYOv 6(JiQxXv2g III 219 U
xte{vfa>v 5v xe kCx*?!« wept v^xüv, «XXd jaw "AXxcov HI 308 IV
8e6eTO 8& x^^^ icSaa, ireptv^xuv AioxiSoo (Sixpumv) III 602 IV
ßatbv dficcoOe xiovro icepl v^xuv, 3^ 8' ivl )Ai990i^ III 728 IV
drfp6|iievo( xorr^ &axo %ep\ v^xua^ Tcoviovro XIV 400 FV
Möglicherweise entstammt diese wiederholte Län-
gung vor vdxui; der Nachahmung eines alten uns
nicht mehr erhaltenen Musters.
Xips6^: di 26|AV)6ev Txovov uicb Ntp^Jt avaxti XI 61 IV
So Koechly, frühere Vulg. Cncot, aber vgl. den
folgenden Fall:
N'ffao^: Zü)p6v t6 Nia^ov xe wepixXetiöv t' 'EpOjxavra III 231 11^
Ausser den genannten Längungen finden sich bei Quintus
noch verschiedene scheinbare, die sich alle durch Anfügung
des V ephelk. erledigen. Dieses ist hdschr. theilweise über-
liefert, teilweise nicht, Koechly schrieb es durchweg.
' Absichtlich weggelassen ist to 3^ avrixpu piAav 3»p II 543, wo der Grand
der Llinge des Anslauts in der Schlosssilbe de» Wortes selbst liegt.
Sitnagtb«. d. pUI.-hisi Cl. XCY. Bd. HL Hft 47
724 Rtacli.
ouv ^' l^ee XaffiYjocv {nc' ^^paiv Spt)!.«!« fwtög XII 402 II
Te6xouat |A^a xuSo^ ' 3 S' dfx^dTdpoeat x^oro VTI 566 II
Te6xou9( jA^ya icilpia icape9au|j.iyoi9t ßporoivtv VIII 44 U
icvonjat |j.6YflcX'y]oiv eXauv6(X€vov Bopiao VIII ÖO II
dlf^ouat * \t.t(a T d[(J4JL( ^ ioq TcdEvreom icsXocovet VI 67 II
xaCcooi lA^ya dbru, xatancteCvaiat Ss Xao6q III 415 II
s^^pc (A£YaXu> Tcepi xipTet oTg icovi %ta^ IV 584 II
|j.(|jLVM|jLev ' Tpa>9iv vjcp ev^euas [ji^' dv^Y^^y) XII 60 IV
ToO l" dfpa ßaibv aficii>6€v SXe |UYiOu[AO<; *AY^v*»p VIII 310 IV
9 atTjg x£ [j(.€Yapoio xoriQpe^^^ S)A{jievai epxo^ XI 362 II
ili 8* &c€ff€ (AsXiY) evaX(YKto^, ^v t' Iv 5peaat I 249 II
f&axp9ia( (AeXiY)9tv - dir^XorY/dev H o\ atx|Aa{ II 289 II
e!jpYouvt (jiiXa «oXXbv iicl XP^vov, oT 8' «Xe^etvoi VII 458 II
"S^uae [jboXa (i.axp6v, !\pY}^ d^ oi dvreßöiQffe VIII 386 Q
xXaCouot (laXa Tepicv6v - b 5' l(McaXt iraial xal awr^^ XIII 540 II
IXxAJoi (Ao-f^ovreg Ivo) dXb^ i^t)^oiQ^ XII 429 II
aeio icati)p xeCvoio iceXe jAo^epoto toxijo^ VII 666 IV
aeusoKS [AiariYt xotI xX6vov * ot 8* iicfrovro IX 216 11
TCO xa( OTf t lACT^vctoOev '£pty6e^ dfXYß« tsu/ov XIII 382 II
Sobcpua • XeuY«Xiov y^P ^X^ H*'^^ «IvOeort «^vOo^ XIV 303 IV
oü8^ xußspvifTt)9t iräXc |Aivo(; eld^ vy)wv XIV Ö02 IV
ouv 8* i^ce ve^^Xoe^ xe xat i^a xouacv thcepOe XIV 461 11
ouv 8* l^ee v6ov dvSpö^ • iicl x^^vl 8* ö[xiJ«Ta in^c^ V 328 II
Orphika.
1. Argonautika.
a) Homerische Nachahmungen.
Xixtpov: yeCvot' ^vl Xdxtpot^ fjieYaX^Topo^ Oldrfpoio 1384 11
Die Vulgata war vor Hermann '^s.hono ev Xcxxpi;;
Hom. xeT[ji.ae ivl X^xtpci) t 516 II
{A^Y^^^^* xiXXo^ xe (jl^y^^^^ '^^ ^^ ^yopir^v urcipoxXov 811 II
Hom. 6l86^ xe (Ji^e06{ xe B 58 II u. s.
[A^Y^P^^* TCopdevou, ^v dxCxaXXev ivl {A6Y^pot(7(v ioi9tv 782 IV
Hom. z. B. A 396 IV
vi 90^: Aifpiv]xpog* izipi 8' 0(3x6 {a^y^ v^^o; £ffX6^(i)xo 1195 IV
Hom. &axe vi^oi; ^^ e6€XXa W 366 IV. Pierson 8
Vorschlag {liXav vi^o^ nach 8 180 ist awar nicht
übel| aber nnnöthig.
Stadien zur Technik des nachhomerischen heroischen Verses. 725
psi^ü): oXatiui te pi^£iv ?cexvu)Adva t^ e^oY^psueiv 1123 II
Hom. 0eoT<7(v t£ p^^etv auTotd te Soha 7;ev&a0ai ^ 251 II
pTfjYl^^v: vi^jöoü iicl pTjYfx'iv« xai atf^^T^^vra T6pe[xva 1203 II
Hom. dcxpov STcl ^Xi^iiX'^oq äXoq Tcokmo Oeeoxpv T 229 II
* b) Ohne ältere Muster.
Xu-)fp6^: xoiX(j) eicl Xu^pc^ ^e iceptarpo^aSirjy deXdXiQTO 1264 II
Hermann: .Productionem in praepositione iid nop
habeo, qua auctoritate antiquiorum muniam. Quare
haec quoque verba ex veteri quopiam carmine sumpta
arbitror'. Es scheint hier die äusserliche Analogie
von XiYup6q, das oft Längung vor sich aufweist^ zu
dieser Neubildung beigetragen zu haben^ wenn nicht
thatsächlichi wie Hermann meinti die Längung vor
Xuyp^ in einem verlorenen Stücke vorlag.
Durch Anfügung eines v ephelk. erledigt sich
(AY)Tp6^, & X* ^v KußiXoi^ 5pea( fjiiQTtaaxo xo6piQy 22 IV
So die Ueberlieferung, Hermann setzte v ephelk. hinzu.
2. Orphische Hymnen.
a) tlomerisch.
Xi^upo^: |xaaTtYt Xt^upfj TSTpiopov &p\ka S((i»ui)v VIII 19 II
Die alte Vulgata war das grundfalsche ixicrueYi ouv
Xt^upfJ. Homerischer Versanfang A 532^ wo freilich i
als Dativausgang an und fiir sich lang ist; doch
vgl. auch icvotij &7C0 Xi^upfl N 590 II
b) Ohne älteres Vorbild.
jAUffTi^piov: eufepöv T6 TpiTCs^ÄV t8e [xuöTi^piot 0' arffd XLIV 9 IV
Unmöglich ist (vgl. Hilberg, Silbenwägung 123)
Bpöt^xis ^«t At8ü|jLeü, IxaepYe, AoSta, ^i XXXIV 7
Da hier eine Längung in der 4. Thesis Statt hätte, so
ward von Hermann geändert 4xi6pYo<;, was aber gegen Hilberg's
10. Qesetz b. verstösst; ich schlage vor hd&f^s, [A] Ao^la zu
schreiben.
3. Lithika.
Homerisch:
piftYapov: ohH k voüoro<; d'xixu^ ^vl {xe-fipoi^t Saiiiioaee 22 IV
Hom. z. B. A 396 IV
47*
kJ
726 KiAcb.
Zweifelhaft ist
oT y äfi* incal {xo^otot xop6oai(i.6vot ^aXo^vot 217 IV
Gesner schrieb 0x6, der von Abel verglichene Cod.
Ambrosianas aber hat Oxa{, obzwar vor \»aQb^ auch bei Homer
sich Längung vorfindet: Ta> otj» liA \ta)il^ t 483 II
Durch die von demselben Cod. Ambrosianus überlieferte
Schreibung entfällt Vers 498 der Lithika in der Hermann'schen
Fassung, wo Längung vor ^oSöei; wäre:
ic^pov 8* 5^ )iev {jl{^ ivi ^o866VTt eXoCo)
Dieser Vers lautet nunmehr (vgl. Abel Epistula de cod.
Ambros. Lithicorum, Budapestini 1879)
(jL^Tpci) S* 5? xev taw (Cod. [Lhpio — lata) (xtSy) (Cod. |it;e:)
^o86eno^ iXafeu.
Falsch überliefert ist im Vers 152 b, den Ambr. allein
bietet (Abel p. 21), eine Längung vor {xtv in IIL Arsis:
aut3tp eicel [Jiotpa {xtv onnJYOYev ^sXtoio^
Abel hat gleich das Richtige hergestellt, indem er \iai^T.
jjitv aicfj[^orfo^ schrieb.
4. Fragment«.
Homerisch:
y.i^(xq: ^ xpiroc;, v.^ Bai)jui>v -^iytxo^ (a^Y^^ ^^^< oxivriov Fr.
VI 16 IV
Hom. jAVYjoxijpfftv 8' dip' «x»? y^^'^® R^T*^ '^''^ ^ ^P^
Xp<&« ? 412 IV
jA^Yapov: 5v0* ouv 'Qxeovb^ |i^v sv't [jLSY^poi^tv €|ii|i.V£v Fr. VIII
31 IV
Hom. z. B. A 396 FV
•Pedf): <I>o(ßr)v te *Pe(r)v ts, Atb^ y^^^^'P^ ovontTo^ Fr. VIII 25 II
Ausser Hom. O 187 VI vgl. Hesiod. öew ts
TeCov te Th. 135 II Hom. Hymn. fxij'njp u Tcti;
IV 43 II
Oracula Qraeca ed. Hendess.
Homerisch:
[Li^OLq: &OXOU Tov icpouxovT« ic68a, [kiya fiprzocze Xacäv XX 1 IV
In der Anthol. XIV 150 findet sich die Fasstug
7co$ai6va, ^OwToie Xau5v, doch vgl. Hesiod. A. 330
(xsY^ fipTOTe Xaü)v; die Längung ist homerisch: 2;^?:
iwpt cTijffat TpfeoS« {xi^av Z 344 IV
Stadien rar Teehnik des nachhomeriscbas haroiaeheii Vene«. 727
^e((o: 5; xe TiSe^d^v) xetvou xpdxo^ lovetac ats{ CLVII 61 II
(Cod. ^i^ei, VerbeBserung von Nauck) Hom. Upa
T6 ^^^ouat £ 102 II (und ^ 5x1 woaoiv xe ^^ xal xsp<y'«v
4i3(jiv e 148 in).
SibyUinisohe Orakel. ^
a) Nach homerischem Muster.
\>,i^<xq: ßcdjJM^ lict (xeYOcXü) iY^ax; 6Xoxapx£6ovTe^ III 579 II
Hom. Bb>po) lT:t [Ae^aXco K 304 II
Effrai 8i otOTÖfjiÄiva Tcepl [kiya^f oupavbv ouröv V 480 IV
Hom. a[x<pi wspi (jicya^)*' ^oe/o^ 4> 10 HI und Ircl
{xr^av 5pxov ä(Aou|Aai A 233 IV
xal wiXtv i-ptöpaoüfft ::o8i 1*67« vTxo? ex^vxe^ XII 338 IV
Conjectur von Mai für das corr. ::aT8a, Alexandre
(XIV 339) 1:6X615 Hom. xoXXbv iwcb tpfeoSi ixeY(£Xü) t359 III
ATYüWTe jxeYfl^ÖuH'S? ^"^^P ^^' towt« ßoi^vh) IX 119 II
Hom. tirikia xe (acy^^^'O^ 0 229 II
Unrichtig überliefert ist
9U0[jLivv) xepi 9^, (ASY^Xv} xaXXiotoxu Y<xta IX 118 III
In in. Arsis kann die Längung nicht stehen, es ist zu
schreiben %ep\ aou.
\L{ap6^: ^ov apa {xiapoi, xexopuO(Aivoi a(p.aTi ^(OTüiv I 77 II
Hom. obli 1:06t fji.iap6^ • ouv 3' gXxsa xivra p.eiJiüX£v Q
420 n Die Aenderung von Opsopoeus iiaav 8' ap jjLiotpoC,
der auch Volkmann (Specim. novae Sibyll. oracc.
editionis p. 20) und Alexandre zustimmt, ist wegen
des homerischen Musters nicht nöthig.
pifa): alfjux lüoXl) ^£uffe( xöte ßipßapov iv xov(y)9( XII 304 II
Hom. h, xstpöv ßdXe« ^^ov M 159 IV, vgl. icepippefi
t 388 IV
pT,Yvu|jn: iCTjYflk 'fe ^i^5si Y^^^P^ Xeuxöio Y^Xaxio? III 748 II
Hom. xetxöi; xe fii55eiv M 198 II
pui:ap6(;: Xeuxbv Iti ^üxapcj) (xi^x' eiiQV [at^xs y^^^^V-^^ V 188 II
Hom. vuv 8' 5xxi ^uiuoci) (j; 115 U, vgl. auch auxap
4w6i wXüviv X6 xi6v]piv xe ^ika i:avxa ^ 93 V
* In der Z&hlung folge ich Friedlieb.
728 RiÄch.
b) Ohne alte Vorlagen*
fx £ |JL a (i) ; : y\T/ii Te [jiEfjiawTe;* tcw; 8ia8T;Xi^aovTai XII 65 II
ix^vii;: xT£tv6|JL£vov xaxinr)-« Jii |x>5vtv ßa^O^^cov XII 30 IV
[A£(AavY)[ji^voq: Ol; xotxsv £v arfipvo'.ctv Iv. {jL£{xavT;{A£vsc oic:p&:
ni 39 IV
{jL£XaOpov: aot; 7ap £vl {;.£Xa6poici xxcoiXK^cgi ^p6|jL0(; x/Bpwv XI 61 II
Aeusserliche Analogie von c^owiv Ivt iJi£fipci5r;
Hom. A 76 II
vöjTo;: ü^o\yv.o\i apyroji.£vcto, cxi v6ctc'j Troi^'^i^s'. IX 142 IV
Friedlieb vdaxoio nach den Hdschr. Besser empfiehlt
sich übrigens die Conjectur Alexandre's (XI 142)
h:\ vocrro'j [5* aiu/ijcfit].
T(i[JLrj: ^£15 TiOTs, 'Pwjjly;, -rraciv II [x£h\.TZ7. Aativoic VIII 152 II
tc6! t6t£ Twjjir^; SXobv Opcvov rffj; id'/ra X 224 11
Absichtlich weggelassen ward
Ol Ol Tcavx* a7.(xOapT£ 7:6X1 AonviBo; «ir^; V 168 IV
Die Längung ist hier nicht durch den Liquidaanlaut be-
wirkt, sondern ihr Grund ist in dem Vocativ wöXt selbst zu
suchen, wie bei Homer z. B. T{'jr:£ Bin z(r*vr.t7i\t^ vgl. das Nähere
bei Hartel, Hom. Stud. P 64; ein anderes Beispiel in den
sibyllinischen Orakeln bietet gleich die unten folgende Stelle f
Ol col Mfijji^l, ol ai xtX.
Corrupt ist die Ueberlieferung in folgenden Fällen:
Tüp£ cu V iikK-m X-ffyr^ [Aovr, • £U(7£ßewv ^op VII 62 IH
So Cod. Vindob. und Bodl. (A und B bei Friedlieb), Laur.
(F) T^Xixov. Die Conjectur von Alexandre ou V fp^za Xe(^ '^%
behebt den metrischen Fehler auch nicht, da in IH. Arsis eine
Längung vor einer Liquida, noch dasu bei einem Worte von
der Messung w nicht stehen kann; vgL auch Hilberg, Silben-
wägung p. 96.
dX al (TU M^p4»i, ol al ^v^(£kr^ ßa(7iXs{a IX 33 H
Es ist mit Alexandre (XI 33) ffot yii\ij^\ su schreiben.
%a\ <p6apT9i (jopxl fjiopf^v xal icicrttv dcTttoroi? VIII 268 10
Dieser auch von Hilberg verworfene Vers (Silben w. p. 282)
bietet die Var. (pOapTYJi; (japxo?, die aber dem Sinne nach nicht
befriedigt. Es ist wol zu schreiben ^Oap-cai^ jap^w; der Plural
kann keinen Anstoss erregen,' vgl. II 223 in der Fassung
Stadira zur Technik dM naebhomaiiielien heroischen Veriee. 729
Volkmann'B (Specimen novae Sibyllinorum oraculorum editionis,
p. 4), der das von den HdBchr. Pr A gebotene ip(i.o^ i:aYcoioi^
sap^l Gripxeg xat vsupa Tcepl yipot restituirte in der Form dpiAoT^ icav-
Toioi^ vap^lv adpux^ xai vsupa ; Friedlieb schrieb : aop^ev ii le za(7ai^
ffipxo^, Alexandre (224) aop^tv 3' sv TtioraKg aipxe^-
s^ tS((i)v d(vBp(ü)V * t6t€ 9ol iciXi, ^^la piGexf a IX 259
Wir hätten in der ö.Thesis eine Längung vor (a; diese Unzu-
kömmlichkeit wird beseitigt; indem wir entweder yata schreiben;
oder ein & einschieben (ool ^iXtv, & -^oia [LooLpd). Die Correption
von ai im Inlaut ist in den sibyllinischen Orakeln durchaus
keine Seltenheit; z. B. dcfA^i -^alr^ bpiaa^ I 323, xai ourb^ d{jLoißaia
X^eiat IpY« ni 432 a?ii.afftv divSpofJieotg tcoXX^v Y^Xav dpSeuovTs^ I 156
TcuKüv iqS^ 'fißpauov * Ssivbg 3' au toT^ X^'ko^ ^^ei II 170 (und so
I 346. 362. 395 u. a.). Alexandre conjicirte (XI 259) yaKa
[{iixatpa].
xal TC6Xtsg dbcXvjaTOi S' i^ed xe (juipioevra IX 2
Der corrupte Vers lässt sich heilen, wenn man entweder
mit Alexandre (XI 2) schreibt xai 7c6Xt£^ dhcXY^oroi [iS'] lOvsa
pptöevra oder aber emendirt äicXig^roc T:6X(e; t€ xal lOvea [Auptöevra.
Durch Anfügung eines v ephelkystikon erledigen sich
folgende Stellen:
oXaoiKi [LV{d'koio 6sou ' xoiix ecaerat oXXoii; III 772 II
B<o9ouai \tßipoiq ßaotXföo^ eivexev dpx^^ IX 101 II
xjtl oTcpiaffi {i.tapot< sxxcOafjuera fap[Jiax66VTa VIII 289 II
^5owi Mtxat;X raßpttjX TacpoTJX t^ Oupi>5X II 215 II
a^ouct {JiCT^copov, liaq eotScooi le navieg V 217 II
ip^ou?: )A£TsxeiT' oXXoc xora ^uXov SxaoTov IX 224 II
pe^ouo! {AeT^xeiTa, xat oXXo^ a>Aov SX^aaei IX 249 II
2p^ou9i [AST^xeit' dlXXot 3uo ^öats^ i^axiei; X 117 II
ap;ouai (Asr^TcstT' oXXot B6o füixei; ih^axte^ XII 21 II
op^ouac {jLeta t6vS6 Bu(o ßaoiXY)£i; ovoxts^ XII 105 II (Friedl. 8uo)
xal ßovtXei^ äXovro xal ev totat (xivev dip^i^ V 153 V
xXa69Süai v^pi^ai, Sri $7] 6ebv oux £voY]9av VII 53 11
IffTiQGe vixY}^ i?cal6Xiov - ol 8c Xaßovie^ II 152 II
9Tep^ou9t 'P(i)(AY) ouToi xal xoqxov &icavTa XII 249 II.
Hier sei auch hinzugefügt ein Vers aus den Orakeln
der PhaennO; bei Alexandre Excurs. ad Sibyll. 132
^ay^v: xal [ut^a olSifoei, xaxu 3e ^a-f€v atixopoifoei B 21 IV
Die Längung ist homerisch 8id ts ^i^a^Ooi M 308 IV
730 Rcftch.
Porphyrios' Orakel. ^
a) Nach homerischen Mustern.
XtY^po^t icvoitj U1C0 AtYupTj )iexaXup.[jifvov iiipoq ärptcfij 210 II
Homerisches Hemistichion N 590.
{xiffTt^: ÄxajAfleTOü 3i|jLvavTa( uxc [AadTtY« ösoio 328 IV (p. ISfi
Wolff).
Wolff schrieb i^oi, wie Lactantius überlieferte,
aber es ist mit Sedolius M zu schreiben, vgl. Hom.
3 3' apa piiffTtYt xiXsüev U' 642 (bei \idav.^ noch fünf-
mal Längung).
Nuii^oct: yvjt {xiXi Nu[a^oii?c Aicovuaoid tc 3b>pa 13 II
Hom. v(i li 6' &fi.a vijjKpai C 105 II
b) Nach anderweitigen Vorlagen.
(jLixap: iaxi 3' dvt (Aaxapevaiv a{jii^x^^^'> ^^ l^^i iautov Append.
oracc. 3 II (p, 232).
Vgl. Empedokles inb |Jiaxip(i»v Ilepl <^. 6 IV
c) Neu.
X{ßavo^: d(T)Ao6g te Xtßdvoto xal oüXoxOta^ eirißaXXe 18 II
Es entfällt jedoch durch Anfügen des v ephelk. die Stelle
2^(ootffiv XexroTffi xoroexidioe^ %aka(^aiq 77 II
Zoroaatris oracula magica.
Ohne jedes Muster (ein elender Vers):
(AoX6v<i): {AV] TcvEuixa [jioXuvy)^ ^rfik ßaOuvt)^ ib ImircSov 26 II
Grieohiaohe Anthologie.
a) Nachbildung homerischer Fälle.
Xiapo^: cupbv Sv] 'icpo^vjxev dcTn^fAcva xe Xiapov ts IX 361. 6 V
Leon PhilosopboB.
Einem Homercento ,et; ^copO^ov ^opetoav' ent-
nommen. Der letzte Vers stammt aus e 268 oipcv
1 Porphyrii de philosopbia ex oracaliB haurienda libroram reliqviae ed.
Guflt. Wolff.
Stttdi«n mr Teohnik des nacbhomeriseben h«roüeben VerN«. 731
Be 'xpoirjfiu^ dhn^{jovd tc Xtapöv t£ (= Tf 266), es ist nur
statt des oupo^ des Originals oup6^ (hier in der Be-
deutung ,Same') gesetzt; 81^ Schneidewin.
jA^YOtpov: et tiv' iy(ti^ Aiövuoov ivl (Ae^ipoiai tsowi XI 295. 1 IV
Lukillios.
Der Versschluss entnommen aus Hom. a 296 =
K 119.
(ji2Aax6q: aupa{ xe {xaXaxbv aupiY[ji.a9t x(o{i.a ^dpouaai VIII 129. 311
Gregorios Naz.
Hdschr. Ueberlieferung aupaitdc, wo £ durch die
Sehreibung at ausgedrückt ist; Hom. aiei ^k ixaXa-
xoTfft xal al|JU)X{o(9t Xo^otaiv a 56 II
vt^i;: )ial Irea vi^iBsc^tv soixötä /ctixspitjaiv XV 40. 24 II
Kometas.
Homerischer Vers F 222, wo natürlich das a in
zT:za als natura lang aufzufassen ist.
fr^YlAtv: aXXfli 7£ vuv 'Ax^povTO? iwt pYjYJxict Yc^wcrov HI 8. 3 IV
Epigr. iv Kul^ixfo.
Hom. iiA ^iQYiiTvc 6aXda<n;^ A 437 IV
pi^a: <I>o(ßou dirb piCv;; dOotvirou Y£Yaci>q VII 135. 2 (Pentam.) II
Unbekannt.
Cod. dhrb pptl^v;^; Hom. Hymn. toO xat dxb p{l^r|(;
V 12 II
pscov: id ^63a xd Spoaöevxa xal d xordbcuxio^ £X£tva VI 336. 11 =
Theokrit. Epigr. III
To ^6dov dx)ji.dl^£t ßatbv xp^vov - "S^v ik %api\^ XI 53. 1 I
Unbekannt.
Vgl. Theokr. a. a. O.
Tb ipiTov ^v{x' 2«iv€ • xd B^ f»6Sa ^uXXoßoXfiuyra XII 134. 3 IV
= Kallimach. Epigr. 44 Schneid.
e!ptd T€ ^o86£VTa xal £^ xuavörptxoe X^*^^ VI 250. 5 II
' Äntiphilos.
1^ id p6Sa j^o86£aoav l/eeg X^P^^' ^^^^ '^^ ^(oXfitc; V81.1 II
Dionysios Sophista.
xat ffe «otI ^oJctjatv £iwjx^^*^ö x^9^^^^ XII 121. 3 II =
Rhianos Fr. IV Meineke.
Vorbilder Hom. £ 121. IV Hom. Hymn. XXXI
6 II u. s.
732 Biaeb.
^oil^o^: [xivTiY«, ^oil^ou |AV)Tepa OflEpaoX^v VI 246. 6 (Pentam.) II
ArgentarioB od. Philodemos?
Hom. ^oXXji Zi po{((p i 31ö 11
poxaXov: xb ^ÖTcaXov t^ Iloevi xai toß6Xov noX6atvo^ VI 34. 1 1
= BhianoB Fr. VH Meineke
ovrfo? ex xXoY^wv Te8' • 6 8^ ^oTuiXo) VI 255. 6 (Penta-
meter) V ErykioB.
x^x Ztiv6?- 06pcjw 86iv6q, 6 H foTraXw XVI 185.2
(Pentameter) V Unbekannt
Hom. K6xX(i>:rog y^ Ituvzo [Ltfoi ^6::aXcv ?»ps n;)uj)
t 319 IV
pu;cq: x^^^'* '^^ puoa{ xe ::apaßXü)x^ t c^OaX^ju«) XI 361. 3 II
Automedon.
Homerischer Vers I 503.
p a : a T i5 p : ex wpbq 6 p a t attj p xat 6 xopxivo^, ^ xe icupoYp^i VI 117. III
Pankrates.
0Ü5' £? |Ae xpyaetcv a:cb ^«lorTtjpo; "Oixtjpov VII 5. 1 IV
Alkaios Messen.?
Cod. omo ^paiotfjpo^.
Nicht direct homerisch, aber vgl. xat dboppotffi!
91X0V ^jxop w 428 IV; Kallimach. e56' 61 -^ paistr^«:
Hymn. III 59 II
ciTTtw: ß{ßXov 8e ^i^«; ezl Yijv xep{, tout' eß6iQ(7a IX 361. 3 11
Markos Argentarios.
Nach Homer: Tpcoeq exeppt^ov nepl IIif;Xeiu)Vi Osvdvn
€ 310 II, vgl. Timon von Phlius i% ik puii pisrasxsv
64 II
pu7:6ei?: SXnj xe ^üxoeorca xoXurpijToio xe w^pa? VI 293. 3 II
Leonidas.
Hom. xofOiQpav xe ^6«« xoevxa ? 93 V, vöv 2' h:t
^u?c6<i) ^ 115 II
püx6?: xiv8e x' ewtwXi^xxeipav a«b puxoTo 8iu>Y[i.d5 VI '233. 3 IV
Maikios.
Cod. aicop^jxoio. Jacobs ,scripsi ann ^-jxotb id est
dirb ^ux^poq . .' Hom. i^ixiv dxovxioxa^ i^Je p^pj*
itoxwv (j 262 IV
^üx{^: i^ xai exi ^uxiSwv 6 y^^? ^tfi'f' "Epioq VII 217. 2
(Pentam.) H Asklepiades.
Studien lar Technik de« naehhomerisehen heroischen Yenes. 733
Cod. i^ctpiniScov ^superposito altero p^ Die Län-
guDg vor ^\Mq hat sich Asklepiades nach Analogie
von ^un^p (vgl. puT6g) gestattet, mit dem es desselben
Stammes ist, vgl. das vorangehende Wort.
b) Nach sonstigen Vorlagen.
Xaa'.o^: l[k\La y.ata Xaatav vaupov s/ei ^tvdid'f 1X745. 2 (Penta-
meter) II Anyte.
Vgl. Incert. Idyll. IX 257 aürou izi Xactcic %(xprf^aioq
aYptsXaiov.
6tt6ts |Ji'.v x*/Y]{i.ouq T£%aTaXa<7toü?T£ /apa$pa? VI 255. 3 IV
£rykio8.
[liioLZO^: 'ExßaTovwv -ffsBiw xsifAcO^ evt pie^aTCi) VII 256. 2 (Penta-
meter j V Piaton.
Der Cod. Pal. hat xst|jLsOa h jjieciTU), aber Paris. 1696
%zi[kzb^ £v{[A[Jic9(7aT(i). Jacobs wollte xeCjjLsOa (AsaGraiiCi).
Aber vgl. ApoUon. Rhod. svi [Lhaoiq «Yopeuwv B 879 V
sa$'. voc: Tip'i/C|JL' a?:© paB'.vwv sOc^f^ov Ui^ rrspyYwv VII 200. 2
(Pentameter) II
Cod. iwGp^aSivwv ; (Hom. l(jiao6Xr|V yspjtv r/e paStvi^v
n- 583 II) Hesiod. Th. 195 II
Dem Sinne nach unrichtig ist überliefert
xsXfJiae $e ^aSivav TdtvBs ::ap' i^idva VII 215. 6 II Anyte.
^aSiva 1^10)7 kann Nichts heissen. Von den Ver-
besserungsvorschlägeni welche hier gemacht worden
sind, scheint mir Keiner das Richtige getroffen zu
haben. Am annehmbarsten ist noch die Ansicht
Geistes, der in i^ji6va den Namen eines Baumes ver-
derbt sieht, wozu das Epitheton ^aStviv trefflich passen
würde. Die Längung vor ^a8iv6<; bleibt nach wie vor.
paivw: TOiO^fiÄvai tdo xijpaj ou 8^ ^aivouc« xapei«? VII 464. 5 FV
Antipatros.
So lese ich mit Wakefield, Hecker, Bothe und
Dübner; Jacobs ^aivouaa. Die Längung liegt zuerst
vor bei Archestratos S^sf ts ^«(vovce; Fr. XLII 14 II
MOc:: y, iw xaXbv afJUiSe xa^ai fiOo? 'Afpo^sveta VII 218. 11 IV
Antipatros Sidonios.
Vgl. Incert. Id. «i^sV i^l ^ce^ewt VIII 3 IL Ni-
kandros vwOp^j jxev dbtb ^^6eo<; ßiXev Swvov Ther. 165 IV
734 Bs»cb.
c) Neue Bildungen.
Xaß6p(v6o^: etvaXu Xaß6ptvO£, tO [tai Xi^t 'dq d dni^xst VI
224. 1 II Theodoridas.
Dorville und Bothe etvcEXc' & XaßOpcvOe, was
unnöthig ist^ da gerade bei solchen VocatiTen
im Versanfang Längungen vor Liquiden auch
sonst sich finden, vgl. AT-/uicTe pLrjfiOuiu Orac.
Sibyll. IX 119 II TepTcv^rars MocKn^otv Anth. VII
31. 3 n
XaXii^^: töuvai x£{w]v euxüXtxa XaXti^v VII 440. 8 (Pentam.) V
Leonidas Tarent.
Cod. iOiiv 6X£i*n}v s^X{xy]v Xooivjv; Plan. iSuvok wm;*
tlmikoia XaX{Y]v.
A^YXTj: naiov{3a X6yx^^ ^^ ^^* xporoffou IX 300. 4 (Penta-
meter) II Addaios.
Nachgebildet dem homerischen IlriXcaBx {jieXiV
ü 143 II
X(p.ev{Ta^: xau8' 6 Upir^oq ivojv ixiTeXXo|JMti b X(|jLeviTa^ X 1. 7 V
Leonidas.
Eine Parallele findet diese Längung an dem
folgenden Beispiel:
Xt|xsvop(A {ty};: 6 Xi|xevop|x{Tir3^ vaurtXitjv Ypfl^ojxat X 5. 8 (Penta-
meter) I ThyilloB.
Der Cod. hat corrupt loXqjisvopiJLi^trii;.
Mouaa: TspzvÖTate Mou9V)otv 'Avobipeov, h) '^ Bct66XX(i> VII
31. 3 II Dioskorides.
Dies ist die Ueberlieferung, beibehalten von
Brunck und Boissonade; Hermann wollte lep^srarT^
iv M., Jacobs und Meineke TepTcvdtar" & M., Hecker
endlich TepTcvötato^ M., was alles nicht nothwendig
ist, da diese Längung ganz und gar regelmässig
ist, vgl. unter Xaß6pivOo^.
Toitiq(<;: ari\ux icap' AiivTeiov eict Toittjiatv ix.Tai(; VII 146. 1 IV
Antipatros Sidonios.
Cod. emppotTYjfaiv ; dieselbe Längung findet sich
auch bei Triphiodoros dncb TottetaSo; ax'ri3<; 216 IV,
vgl. Wernicke p. 216 und 224.
Studien tut Technik de« nnchhomeriiehen heroischen Venee. 735
•
Abgesehen ward von zwei Stellen, wo im ägyptischen
Monatsnamen (i£(7op( der Auslaut vor Liquidae zu stehen kommt,
da hier der Qrand der Länge in der Quantität der Auslaut-
silbe selbst zu suchen ist.
Tcl> pL£90pc Xoi>9ac ' xve^ Y^P ^^ Bop^ai; IX 617. 8 II
xat {uoopl NeCXoto f^pec fuaCCoov &8ü>p IX 383. 12 II
Bei einzelnen Stellen muss das hdscbr. fehlende v ephelk.
hinzugefügt werden, wie z. B. in
a3cv l^irfs, ^cofiAv xovSafJLircop \tha^ XVI 213. 4 II
In einigen Fällen erscheinen vocalisch auslautende Kürzen
in der III. Arsis des Pentameters vor folgender Liquida ge-
längty was eben im Baue dieses Verses seine Erklärung findet,
so in
o&r(i><; Xourpa xiSe (j.txfa (j.ev Sikka (ptXa IX 612. 2 III
(Jacobs' (7}jLiiipd ist nicht nothwendig.)
fj Opu<|;i^, Xfoq au Mapruai Scopa <pcpet(; VIII 166. 4 III
Gregorios Naz.
T^^ ot)(; dv^pofove, (jLaivofjL^W)^ icaXafjirj^ VIII 177. 6 III
Gregorios Naz.
eu^pa(v£( TcaT^a voO^ Oebv ctaopdcov I 68. 2 III
Die UeberlieferuDg ist corrupt in
'^s'jYiJi^ Bta TsXaxio^ toOB* IßaXev icoraixou IX 147. 3
Antagoras von Rhodos.
Das Wörtchen 6 erschiene hier in 3. Thesis gelängt
vor AtvSio^! Jacobs bemühte sich vei^blich, die Längung
durch Anfuhrung von Beispielen (vor X) zu stützen, sie stehen
alle in der Arsis. Plan, toiov SevoxXi); ^op 6, wornach Brodaeus
und Brunck SeevoxXrj^ setzten; Meineke suchte durch x6^t A(v-
Bio«; abzuhelfen. Mir scheint Bothe's Vorschlag S8e der annehm-
barste zu sein, nur setzt er voraus, dass die Statue des Xeno-
kies, der die in dem Epigramme erwähnte Brücke baute, sich
an derselben befand, was gar nicht zu den Unmöglichkeiten
gehört.
Gleichfalls eine Corruptel in der Ueberlieferung liegt vor
in dem Verse
dcXXa T(j»{i.ir]{ xofpovo^ 6::X6T£poq lüKKvviQq App. 336. 10
Doch ist die unmögliche Längung in der 1. Thesis be-
seitigt durch Jacobs' richtige Conjectur dcXX' Spa.
736 Rsach.
Epigrammata Grraeoa
(ed. KAibel).
a) Nach homerischen Mustern.
Xi'icapfa)^: xXi^aavta AtzapAq xuxXov eiuv ^xoröv Nro. 451. 6
(Pentameter) II Römische Zeit.
Hom. Tcooci 8' &^o AtTCopoTffiv B 44 II
(AeY^P^^- ^* ^>-cixw TO«v68uptov evt jxeYapotctv ÄvdiQy Nro. 151. 3 IV
Römische Zeit.
yPoetam valde recentem argoit oratio vulgaris'
Kaibel. Hom. z. B. A 396 IV
Ttx]T€ xat iii^ov* evi [Leydpotq [icoXu6)^i? Nro. 403.
12 IV
NufJLfai: ßatbv e^jie Nufjifai; Sp^ov vd[i[sv Nr. 599. 1 II = C.I.G.
5649 h. Aus dem 3. oder 4. Jahrh.
Hom. autixa Ik Nu{x^^ i^pi^aoro v 355 II
Mit Anlehnung an Homer:
po!>o{JLat: (ä^ii^jvSe pcoevSe iroXuora^Xov xot' aXan^f[v Nro. 1046.
68 II = Anth. Pal. App. 50. 9
Bei Homer Doppeluxig der Liquida eppcdovio 9^367 U,
Längung in der archaischen Poesie: T6ivo{jiva pu^otzz
Iliu Pers. Fr. III 2 IL Wegen der trochaischen
Wortform vgl. Hilberg, Silbenwägung p. 79.
b) Nach anderen Mustern.
hiyioq: Toio< xal v6u><; (bv x[ei9o] xata [X]ex^<^v ^ro* 243. 13
(Pentameter) V, ungefähr 2. Jahrh. n. Chr.
ApoUonios evt Xe/J&avi B 1012 IV, Manet^on dbrb
X6y>v VI 58 II
[Lo^itii: )ca{ iroT[e Texp(z]ic6Sü)v, ^^öaa [aoysovtoc SopieiT] Nro. 1068.
4 IV
^Haud paullo Justiniano antiquior tituIniB xnidetur
esse' Kaibel. Analog ist ein Fall bei Eratostfayenes:
oiel 8' &8ocri jjLOY^ouatv Fr. I 8 V
voü?: xpfli5et<; Tcovra xaxa vouv* (jiiQxett tpO^s aeauriv Nro* 1041
2 ai
Ein schlechter Vers^ worin neben anderen pro-
sodisch-metrischen Mängeln auch die LSagiiag in
Stadien zur Technik des naehliomerieelieii heroischen Verses. 737
der ni. Hebung begeg'net, welche gegen die Regel
ist. Zu vergleichen ist übrigens Apollon. out' hA
•pjOoouva^ TpöhcsTO v6o^ A 620 IV
v£t6;;: o^vaO', Ste vetbv AY](JLii^T£po; d^aXaiua^ev Nro. 1046. 96 II
(= C.I.G. 6280 = Anth. Pal. Append, 50)
Vgl. ApollonioB X(i>X(ov TeXXoixivou^, toix; 8s viov
imtmaq F 1384 IV
In gewisser Beziehung ist auch hieher zu ziehen der Vers :
Maxoep(<;: uTe S6o Miicaptv Torreavöv t€ xaatv Supplem. epigr.
gr. Rhein. Mus. XXXIV p. 190 zu Nro. 611. 2
(Pentameter) II
Wofern hier nicht 8u(i) zu lesen ist, vgl. oexo (xa-
)utp(i>v Emped. Ilspi 4>ua. 6 IV Orakel des Porphyr.
svt (juzxipeaaiv Append. 3 11^ da der Name mit (xoxap
zusammenhängen kann.
c) Neue Bildungen.
Auxaßa<;: tpiaabv ui:bXXuxoeßav rpa{ji{xaTtxb^ t&X^u Nro. 828. 8
(Pentameter) II = C.I.G. 2169. 2. Jahrh. n. Chr.
Dieser Fall ist sehr bemerkenswerth, weil hier
inschriftlich die Liquida in der Längung ge-
doppelt erscheint, wie sich dies öfter in den Hand-
schriften vorfindet.
N '. xo{i.i^Sy)(;: Kü>[{] (jiv (lot icocrpiq iffitv, t(^ V SvojjLa Netxo[j.i^i§Y][c
Nro. 101. 2 V = C.LG. 863 b.
Vielleicht ist an das homer. Oux^ fyoiy Svofiia '
OuTiv ii (xe xtxXi^oxoufftv gedacht worden (c 366).
Zu&Uig ist der Todte, dem die Grabschrift gilt,
ein ,Mouai(i)v Oepiicojv, a8(i)v 8u(iiX(xt9iv ''0(Arjpo[v^.
Abzusehen ist von dem zweifelhaften Verse
dcoTol 8^ &^t t686 [MevaoYJ^;] fipoi iixfaXtj) <i[|A](p( Nro. 461. 9
Der Stein hat T01£r£PAC ohne Zwischenraum zwischen
den beiden Wörtern; Kaibel ergänzte M^-^oipriq^ was aber un-
sicher ist.
Durch Hinzufügen eines v ephelkystikon erledigt sich
o?T)v Gfc viqX^ %aczk (xigTspa x6T(i.o^ l{i.ap(|;6 Nro. 1046. 17 II =
C.I.G. 6280.
Aehnlich müsste im Verse
pi({xve 8ö(jui)v hd «rojv - iciXi {Ay}8' ä[Xk]o^t ßotve Nro. 1038. 30 IV
738 Riaehu
wenigsteoB die Form icxXiv eintreten. Der stümperhafte Yen
mit dem prosodischen Fehler in «atXt ist übrigens eine schlechte
Nachbildung von Anth. Pal. VII 393 pii^ {xe x6vt xp^lngre - ?! ^if ;
Ganz verfehlte Verse mit Längangen vor Liqaida in der
Thesis, also gänzlicher Verkennung dieser Art von PositionB>
bildung sind:
3]^ xirpav te Xetxcov ^xe wV bA x<>^P^ ^^o* 71^- ^ I^* Thesis
(i}x€v Hilbeiy 18.)
Zyivcos^ pM^'CTjp te icanfp 'ci [(i]oi Neix6[ST)|A0<; Nro. 511. 7 IV.Thesis
vOv 8' &oxep C]<i>o(, {j.cexip(i)v te {jLotpav l^ovie^ Nro. 253. 5 IV.Thesis
Eaibel : Videtur poeta xa( dedisse, quod postponi
cum non novisset lapicida, t£ substituit Cf. Hermes
X 199.
r/6i$c 7oi Ao|jLvetva [l]TSAe9[6iQ] zaaa lAotpv) Nro. 720. 1 V. Thesis
= C.I.G. 6762
Vgl. Hilbergy Silbenwägung p. 14.
GregorioB von KaiianB.
a) Homerisch.
[ki^a^: xaXi^v te (ACYiXiQv te xal elr^evit^v ßaatXi^cdv II 1. 1. 230 II
Hom. xaXif te \kvfakr^ ts ^ 7 II
oWtv £vl {j.eY^^o(^^ voit{jLaGert xoo|AOYivo^ vou< I 1. 4. 68 II
Hom. &p(jt V hA iLh(a xu(Aa e 366 II (vgl. ^v b/\
(UY^poici bei Homer)
xxl Tcx^v, Te(Avs( 8i tcoXu \Li*(a XarcpL« ßtoto I 2. 1. 286 IV
Hom. &XXa icoXu (liiCdv te 8 698 II, vgl. ^l Bsp
[kt^a v^tov P 744 in
eT86( te (jl^y^^^^ ^^^ Tcakoaof^dczovsvi 6(aoio^ II 2. 4. 122 II
eT86{ le [t.i^t^6q t€ * X^yo^ 8' ouxdSSpopto^ i^tv n2.3.335n
xiXXef T£ {jicY^Oet te xal thhoq lpißaoiXeu|Aa I 1. 4. 99 II
Hom. eT86<; t£ (A^ee6« t£ z. B. B 58 II
|A ^ X C ^ : Xai TpO|A£pÖl^ & T£ ßaCXXpOV 6xb {A£X££99tV ^£{8£IV II 1. 1. 112 IV
Hom. Oufiibv iicb [kekim H 131 II Oppian. Eil ^'^
{xfiX^ffot Hai. II 24 rV
v6(7aa: oii x' dcicö väaarj^ ico&Xo^ dfOXo^öpo^ 11 2. 1. 106 (Penta-
meter) n
Hom. Touji r dbcb vuootji; V 758 6 121 II
8tndi«B mr Technik Am nachhomenflclieD heroischen Terees. 739
b) Nach anderen Mustern.
jx^aaTog: xi^puxoi; ßoöwvro? ^vi [xeaiTOiaiv dnwueiv II 1. 13. 74 IV
ApoUonios hl [kimoi^ de^ipeuoev B 879 IV, Antho-
logie xEiM' ivl [L&fjdxt^ VII 256. 2 (Pentam.) II
^^Oo^: xai (i.aXacxouq amcikdioi nepl ^eOdeaai x^'^^^^ I ^- 1* ^^^ ^^
ou8i X(vou (iaXomoTo xept ^e6^ea9i x^*^^^^ ^^ 1^* ^^* ^^^ ^
xal Tptjx«? ixaXotfft «epl ^eö^eaat xeTicOo) II 1. 46. 33 IV
Vgl. Incert. Idyll, (st^e-e iicl ^eO^wi Id. VIII 3 II,
Nikandr. vwepij p-lv dicb ^^öeo<; ßiXev ikvov Ther. 165 IV
An einen früher erwähnten Fall schliesst sich an:
V 0 e p 6 (; : dbcXoT t£ vo £ po t te, Siou^^e^ ' out* <ixb aopxoAv 1 2. 1. 48 II und
1 1. 7. 17 II (wo der Vers unverändert wiederkehrt).
Vgl. ApoUon. dk' h:\ 77)60067«^ TpdbcsTO v6o? A 620 IV
c) Selbständige Bildungen.
Xuicp6^: Tspr^v xt Xuxpcov tc Xö^ov 8' 4x1 xaaiv Taaciv II 1.50. 93 II
IXiuov ![(i)ii^v TS XuxpV ^ Y^P^^ dfoupöv II 1. 43. 10 III
Hiefür ist zu schreiben ^i»yfyf t£ Xuxp^v gXxcov,
so dass die Längung in die 11. Arsis tritt; äusser-
liches Analogen in den Orph. Argon. %oCk(^ ixt Xu^p«;)
1264 II
v65: ^pwcri te vunta? te StY)V£xi(; s?^ Iv ocYSipetv II 2. 4. 184 II
Nicht hieher gehören jedoch
3£px£o ta (jL£p6x£aai Y^pio^ x6p9uvcv lx^?P<*'^ I 2. 1. 248
cX)ii Ti {AOi 6aX(a( t£ %a\ a v£6Ty)'ci (JL^fjLigXev II 1. 45. 303
Wir finden bei solchen Pronomina auch vor stummen Lauten
Längang bei Qregorios z. B. xk V ap* Äxr)8oX? II 1. 17. 69, so
dass sich hier (wie auch in anderen Punkten) ein Zurückgreifen
auf homerische Vorbilder ergibt, wie ta xcpt icaX3( ^i£6pa <t> 352. In
kiydfKXou yvit^ vüxtJ |j.nj • Äq xal Ifwcye II 1. 9. 90
li^ derselbe Fall vor vgl. jjlCyvüvto? \U\m t£ x^^^^ I 2. 2. 418,
Nachahmung der bom. Dative mit c, vrie xop vt]{ t£ [jiiv£tv t 194.
Unrichtig ward früher geschrieben
dtXXa ou tb |jiv l\»a^OK;^ l B' §Xx£c, touS' ixtßa(V£ I 2. 2. 27 II,
bei Caillau jetzt richtig tou.
Fälschlich erschienen früher Längungen in der Thesis:
TouTO Xa{Axp6v 901 '{i'^o^ ioTtv, ot xpoxiXaiot I 2. 36. 19. I. Thesis ;
zu schreiben ist mit Cod. Coisl. toiho ^e wie Caillau.
SitzuBffsber. d. phil.-hist. H XCT. Bd. III. Hft. 48
740 Rsaeh.
£1 Tt \»ki xaxiVi Y^ Bü(jü)Vü|i.{r^ 8' a^eys^vK^ II 2. 3. 68. I. Thesis; zu
schreiben ei li yi oder wie Caillau nach Reg. 990 toc. In dem Verse
icoXXa |x^ Sr, icädtv ^tci/OgvCoio OeoTo II 1. 45. 187. I. Thesis
findet die Längung in der I. Thesis Entschuldigung durch die
Nachahmung von homerischen Versen wie iroXXa Xtcoojisvrj E 358
TcoXXi Xcffc70[j.^(i> X 91 u- a. (Hartel, Hom. Stud. I ^61), wo das
neutrale a seine ursprüngliche Länge bewahrte, daher der Grand
seiner Quantität in ihm selbst liegt.
Eudokia.
a) Homerisch.
^^!^u>: T6aaa xaxa pe^ai;; TztÜ^q S' d^ 6ebv £ÜXoYeoc[At I 247 II
Hom. aXXa [ki-^a ^i^a^ X 305 II oure Ttva p£^z;
8 690 II
b) Nach anderem Muster.
[kiaQoq: xeTiai Ivl ixiaaotaiv axkp o^eSov ^v Tt? ipiiptoi I 199 H
Apollon. Rhod. a58a ^vl \UaGOiai Tsbv v6cv A 464 ü,
vgl. Quintus IV 128 II u. s.
Sonstige Fälle:
TOOTi? ^uapOevtxYj; t^S' aBpav^a |jliv lOtjxev H 308 IV
Dieser Fall ist nicht mit Sicherheit zu den Längungen
vor Liquiden zu zählen, da sich Eudokia auch sonst Längung
des a im Accusativausgange an derselben Versstelle gestattete^
vgl. Xiaoö^vTÄ TciXiv auT6<; I 75 IV.
Unrichtige Ueberlieferung liegt vor in dem Verse
dXX' 576 Xuxdßa; t^Xo(; IXXaßev, IXXoxe 6a)xoy I 306
Hier ist nicht etwa aXX' &kx6z& Xuxaßob; oder dcXX« §t£ Xu-
xaßoc^, woran man bei £udokia denken könnte, mit Längung
vor Xüxaßa^ zu schreiben, sondern dXX' ote [8t}] Xuxaßai; vgl. I 59
dXX^ Sre $y) irponciBcov (i.ea?ov ireXefjit^eTO xo6pir] und I 252 oX// §t£
8^ ^o86^Xuq eiryjXuOev opY^xii; ^(i>^. Damit enträllt der genannte
Vers ganz.
Endlich ist ein schlechter Vers anzuführen, in welchem
Eudokia Längung der auslautenden Kürze in der 4. Thesis
zugelassen hat, offenbar veranlasst durch die starke Inter>
punction :
svvewe S* ovrixaXo? cif a Tcavta * fAi^ [istiXXa I 100
Studien zur Technik des naehhomerischen heroiselien Tanei. 741
Anekdota Paris, vol. IV ed. Cramer.
Was zunächst die hier enthaltenen Gedichte des Joannes
Geometres betrifft (vgl. Cramer, p. 383 Note), so lassen diese
Längungen vor Liquiden nur in der Hebung des dritten Fusses
im Pentameter zu, also an einer Stelle, wo auch sonst die
Längung erfolgt, so dass sie eigentlich ausser Betracht kommen.
Die Stellen sind:
IdoL^iM Oepfjia xie, [iLpeo aaq dvCa^ Cramer p. 288. 16
B(ox£v api'Rpe'xia^ ^ifyuao [JuoiAoq dnca^ p. 333. 13
uBorco? avTt Bdbipü peuaar' 'Iwovvtj p. 317. 19
Ausserdem ist eine Stelle zu nennen, wo ein v ephelk.,
das im Cod. nicht steht, hinzuzufügen ist:
o^Oopo? 2TTt T^6(v) X6yov dt^Oopov, oxpovov ma p. 286. 17
Aus den übrigen hier veröffentlichten Gedichten (ausser
denen des Joannes Geom.) sind folgende Stellen zu beachten:
IxXouae {xopfi]^ etx^va^ dvTciuTcou^ p. 386. 21
Zu IxXouae ist ein v ephelk. hinzuzusetzen. Corrupt ist
der Vers
aXX' ha töv5* atv(i><; $et8ta [xk^ti lüaOotpic p, 293. 25
Hilberg corrigirte ihn, indem er [(xoeXa] Sei^ta schrieb
(Silbenwägung p. 20). Ebenfalls für verderbt halte ich
dikXd (A* iSv iXiaipe xai £ix6va Oeiov b^edoiq p. 294. 18
Ich vermuthe aXXa {X£ (2v eXdatpe; der so entstehende Hiatus
ist nicht anstössig, da er sich in demselben Gedichte an der-
selben Versstelle sonst auch findet: eiSea datpaTCOfAop^oi p. 294. 21
ßioxava dcYpioOufjL« p. 294. 6, vgl. auch T/iOfJLpKrra euXc^ir^^ p. 318. 12
loßero oia Xüxvo<; p, 330. 17. Es bleibt nur übrig der Pentameter
oYX^M'^ov T^vSs [t.iipoLYjx (jLoxpoßoXoi; p. 296. 11
Auch dieser Vers ist ohne weiteren Belang, da hier in
der Mitte des Pentameters (III. Arsis) die Längung erfolgt.
Es ergibt sich hieraus, dass auch in den in den Anekdota
Paris, vereinigten poetischen Denkmälern die Längungen vor
Liquiden nicht mehr vorhanden sind.
48<
742 Rtftch.
Joanne« TieteM«
a) Nach homerischem Muster.
XtY^^: xXatouao "ki^iia^ Soupcxxi^ icep iouoa Posthorn. 449 II
Hom. xXotCovTa Xry^ T 5 11
(A^YOtq: OEunV dlpa [a^y^^ (Ktpovbv uipae f spioßioc ''Hpv] Hom. 276 II
Hom. Skxo V iiA \»jirfa:9 ou86v x ^ ^
dcXXa T^ |jiiv taxO^a x6xXa {acy^Xuiv IvtoRiTbiv PosthooL
767 IV
Hom. likk ik [kfrfikiaK oaux^^ißi^ v 432 IV. Die
Längung bei dem trochäischen K6xXa kann bei der
stümperhaften Verskunst des Tzetzes nicht aufTallen,
vgl. Hilberg, Silbenwägung p. 91.
[ki^apo"*: Tov Z* b ^ip^a^ fiXdeoxev ^vt [ktydpoiat^^ lototv Posthorn.
29 IV
Hom. A 396 IV u. s.
(jlIXo^: ouxiTi Oupibv §x^oxov Ivt {j.eX^e9aiv eotocv Posthom. 187 IV
YUjAvbv Ivl |AeX^e99tv huoü^a xpct&yuon Jt/p^na Postiiom.
681 n
Hom. OufAbv dicb [ukim H 131 II oSOi Sca liieXetoti
9 339 IV, vgl. Empedokles h\ \i£ki&s<jt 177 IV,
Maxim. 416 II
{jLOtpriYSvi^ji;: dXX' \>[ui^ T^xva pLotpiQ^cvicüv Y^vetifpciiv Posthom.
759 in
Ein durchaus schlechter Vers, da dieLängung
in III. Arsis und bei einem trochäischen Worte
erfolgt; sonst vgl. Hom. xchrza tmcv^l piöipotv t 245
(siehe auch Hilberg, Silbenwägung p. 91).
^ieOpov: HavOou M ^e^Opot^ ^(^y^vor nev869{Xe(av Posthom. 210 II
hi seit Bekker (vulgo hsl) ; Homer bietet freilich
nur ev XtjAivt TeCBpo) a 186 II, wo das dativische :
an und für sich lang sein kann.
^66(ov: {vOa k t^v XCice Oujxb^ Ivl ^oOIotat £xa[i.iv8pou Posthom.
208 IV
Ein directes Vorbild hat Homer zwar nicht, aber
es besteht doch e 412 die Variante ß^ßpux^ ^^^
neben ßißpux^v, vgl. xaXcpp66co( e 430 t 485; nnd
ApoUonios i%\ ik ^66(a xX6Covto A 541 IV
Stadien sur Technik de« naehhoaerisdiaB haroiBcbeB Verses. 743
pu9?6^: '/tak^^ '^^ ^u99o6{ te TcapaßXciMci^ V &96aX{JuS» Hom. 139 II
(Die Späteren schrieben aus Missverständniss der
Quantität ^uoaö^ für jbu96^). Hom. x'^^^^ '^^ ^^^ '^^
icapaßXu>ic£{ t' i<p6aX[A(d I 503 II
Vielleicht gehören hieher auch:
pia^6^: dtXXa 3* bvh (ia^otatv ifAupero S^ xai Toiha Hom. 431 II
wo (mal überliefert ist^ doch vgl. Hom. tco aä exl
(jiaCc^ T 483 in derselben Hebung.
^i^oq: (i>xpt6(i>v 2" ^paorai uicb vef^(i)v lpt8o6i7u>v Hom. 372 IV
Hdschr. gleichfalls &icat, Hom. Sia vs9^(i)v ^peߣW(5v
X 309 IV % 8' uicb vef^v W 874 II
b) Nach anderen Vorbildern.
vexuq: iq weSfov xorcaßivre^, 80t vixu^ "Extopo? Ijev Hom. 456 IV
Quintus Smyrn. SsueTo 8^ x^a>v xaca xept v^xuv
AJflotßao m 602 IV
Möglicherweise ist auch hieherzuziehen:
xoqjn^ffavTe^ eü ISxxopo, 2v Xex^effoe "ce Sivre^ Hom. 483
wo geschrieben werden könnte:
''ExTop' £vt Xexsefffft tc ö£vTe(; vgl. Apoll. Rhod. 4vl Xex^eovi
xeadvTe? B 1012 IV
Endlich bleibt noch zu nennen:
p <»> o VT 0 : uk; ep^sivev dvi^p • ot 8i ^c^ovto -Kpo^ fp^ov Posthom. 634 IV
Vgl. Iliu Pers. xstvofji^^a ^(i)0(To Fragm. IV 2 II und
Epigr. Gr. ed. Kaibel <!^ TTJvSe f^tieoOe Nro. 1046. 68 II.
Doch wird hier im Hinblick auf das homerische
XoiTat 8^ ipp<i»ovTo V 367 wol ol 8' ippcttovxo zu ändern
seiu; dessen Spuren die Ueberlieferung des Vat. zeigt.
c) Ohne ältere Muster.
Mu ao (: oeuroW te Mu^oiv, ^oXXol 8^ xpo^vro ^Axotio{ Antehom. 272 H
Vgl. z. B. FyiXoi t6 Mip8oi ts bei Dionys. Perieg.
1019 II
{xeToeßiXXü): ici^uffiv tiSora Xeuxa xal i^ x^^^^ (AetaßaXXei Posthom.
106 V.
d) Schlechte Verse mit Längungen in Thesi:
Der Dichterling Tzetzes weicht in Bezug auf metrische
und prosodische Normen so sehr von seinen Vorgängern ab;
744 Bsseli«
dasB man ihm sehr wohl zutrauen könnte, er habe auch L&n-
gungen vor Liquiden in der Thesis zugelassen» Thatsfichlich
finden sich denn auch einige diesbezügliche Stellen. Da sie
sich jedoch leicht in eine geniessbarere Form bringen lasaen,
so dünkt es mir mindestens zweifelhaft, ob sie in der ans
überkommenen Qestalt von Tzetzes selbst herrühren, und zwar
TcpGna McvioOtjv te xat A^x'*^©^ o^apdrfiavct Hom. 88
Hier ist wol mit Benützung der Vermuthung des Tryllit-
schiuB (eTta für Te) zu lesen: zpüfZOL M6v£c6i;v eTta xai ^k^iatk&'t
o^piYt99£v, so dasB die sonst in der I. Thesis eintretende Län-
gung wegfiele.
iq vt]bv xaXdovxa * b l' al<)/a [xoXa 'Ki^tfjct^ Posthorn. 393
Der Vers ist unerträglich, da auch {liXa zu lesen ist. Im
Hinblicke auf Hom. A 378 6 Se (jiiXa ißh Y^Xoaaaq ist vielleicht
zu schreiben 6 $£ fjLaXot aT^a xt^^ffa^, womit dieser Vers auch
aus der Zahl der gegen Hilberg's (p. 19) drittes Gesetz ver-
stossenden schwinden würde. Der Hiatus in der bukolischen
Diärese ist bei Tzetzes ganz gewöhnlich, vgl. Antehom« 15.
164. 191. 221. 234. 261. 269. 354 Hom. 53. 129. 142. 153.
186. 197. 198. 285. 296. 314. 341. 376. 479 Posthorn. 67. 144
204. 230. 307. 323. 487. 530. 545. 691 u. a.
aXX^ •fjfzoi )UE( ToOS' fipttioq axo'je (i,op^|V Posthom. 492
Die unerträgliche Längung in der V. Thesis von piopfvjv
würde behoben durch die Schreibung dxouere, doch darf nicht
übersehen werden, dass sonst der Singular in ähnlichen Aus-
drücken steht: Posthom. 361. 468. 504.
5p9V7) 3' auxe iohq ^xorepOe xiavro vexpou<; Posthom. 344
Die letzten Worte sind nicht sicher, im Paris, fehlen sie,
in anderen Hdschr. finden sich verschiedene Lesearten. Die
Längung in der V. Thesis schwindet, indem man mit Jacobs
ixaTcpOe vcxpob; xi^ano herstellt. Durch die Aenderung von
Posthom. 492 und 344 schwinden weitere zwei der von Hil-
berg, Silbenwägung p. 14 angeführten monströsen Verse aua der
griechischen Poesie.
Durch Anfügung eines v ephelk., das nicht überliefert ist.
erledigen sich endlich folgende Stellen:
x637)ve Xeicpoj^ t£ xal Saoot vefxeo^ »?&; Posthom. 288
w[jL'::£7eTr|V V «XX^^Xot^i, \it(x o* sRsto IpYov Posthom. 318
Stadien tat Technik des n»ch)ioiBeri8chen beroiseben Verees. 745
ijXuOe xuSioiiiv naai [jLoxapevTt fae{v(i)v Hom. 292
aXX' Ste TOix; ai;4xoR)9E vu^ avSpoxiaaiacov Hom. 184
Toü3e WpYjv xXi^iae • pi^'^« S' eßeto ep^a Posthorn. 675
Ueberblicken wir die bisherigen Resultate in Bezug auf
die Art, in wie weit sich die einzelnen Längungen auf die ver-
schiedenen Versarten vertheilen unter gleichzeitiger Rücksicht-
nahme auf die rhythmische Beschaffenheit des dem liquiden
Anlaute vorangehenden Wortes (bei dessen letzter Silbe also
die Längung erfolgt), so lassen sich innerhalb jener oben p. 686
und 691 angeführten allgemeinen Normen eine Reihe Special-
observationen feststellen :
1. Die weitaus gewöhnlichste rhythmische Form des dem
liquiden Anlaute vorangehenden Wortes ist die pjrrhichische;
von 60 Beobachtungsfallen in der archaischen nachhomerischen
Poesie kommen auf sie 30, also die Hälfte aller, in der jün-
geren Dichtung (mit Ausschluss der spitter zu betrachtenden
Schule des Nonnos) von 4^6 Fällen gar 307, also fast drei
Viertel der Qesammtzahl, zusammen von 506 Fällen 337.
Nur zwei Vershebungen ergeben sich als legitime Sitze
der Längungen bei dieser rhythmischen Form, die IV. und die
n. Arsis. Wir zählen nämlich in der archaischen Poesie 16
(von 30), in der jüngeren 191 (von 307) in der IV. Arsis ;
dann 14 (von 30) bei den älteren Dichtern und 111 (von 307)
bei den jüngeren in der II. Arsis. In anderen Hebungen finden
sich Längungen dieser Art in der älteren Periode gar nicht, in
der jüngeren nur ausnahmsweise. Hieher gehören zunächst
3 Fälle in der V. Arsis, wovon 2 in Pentametern vorkommen
hl jxecjorrw Anthol. VII 256. 2 und xorra Xex^wv Epigr. ed. Kaibel
Nr. 243. 13; das 3. Beispiel ist Arat 8uvet [xiv Zt^^ovo;, 86vet
8* xaczä ^iyj>f 'l/j^(; Pbaen. 572, ein Fall, der wegen der Anar
phora des 2uvei entschuldigt werden muss. Gar keine Beach-
tung verdient dagegen das schlechte inschriftliche Epigramm
bei Eaibel Nr. 1041. 2 xpa^eii; -rcovra xota vouv, wo die pyrrhi-
chische Präposition Längung in der IH. Arsis aufweist. Eine
andere derartige Stelle bei Simmias ist oben p. 712 rectificirt
worden.
2. Die nächst wichtige Stellung nehmen die aus einsilbigen
Kürzen bestehenden Wörtchen ein. Die Gesammtzahl beträgt
746 »"ch.
in der älteren Dichtung 22 (von 60 im Ganzen)^ in der jün-
geren 98 (von 446). Ihre Längung erfolgt gleichfalls zumeist
in der II. und IV. Arsis (jedoch nimmt diesmal die erstere
Hebung die wichtigste Stelle ein).
Auf die II. Arsis entfallen in der archaischen Poesie
16 Längungen (13 bei t^, 3 bei $d), in der jüngeren 55 (39 bei
Te, 12 bei U^ 1 bei ^e, dann 2 bei 5ppa ApoUon. Rhod. T 37.
845 und 1 bei 6 ^aicr^^p Anthol. VI 117. 1), auf die IV. Arsis
in jener 4 (bei Zi)^ in dieser 18 (15 bei $e, 2 bei xe, 1 bei
b ^c363cax^; Theokr. Id. XV 128). Ausserdem participiren aber
auch andere Hebungen u. zw. in der älteren Poesie mit einem
einzigen Falle die III. (&^ bxe xt ^lov Hom. Hymn. I 139), in
der jüngeren ebenso (die archaisirende Stelle bei Apoll. Rhod.
'rrirpiQv le vLKia xe [w^dptii'^ A 361, vgl. p. 699); dann in der älteren
Dichtung mit einem Beispiele die V. (Auovti xe Tett; te Hom. Hymn.
I 93), wogegen in der jüngeren diese letztgenannte (V.) Hebung
eine grössere Reihe von Fällen aufweist: ts zweimal beiDionysios
Perieg. in den arcbaisirenden Formeln neA(i>p{^ xe AcXOßi; Te 469
und 'Op6u>9{Sa t& Mipa66v le 914 (vgl. jenes Beispiel aus dem
hom. Hymn. I); ausserdem in der Anthol. xe Xiopov xe in einem
Homercento IX 361. 6; S^ in zwei Pentametern b 3e ^i>^
Anthol. VI 255. 6 und XVI 185. 2; 5 sechsmal in oppa Arat
Phaen. 662 Apoll. Rhod. A 769 B 718 A 68 Nikandr. Ther.
685 Alex. 424; x6 zweimal in x6ppa Apoll. Rhod. A 526 A 582;
endlich einmal 6 Xifuvixaq Anthol. X 1. 7. Im Ganzen sind es
in der V. Arsis 14 Fälle. Endlich participirt in der jüngeren
Poesie auch noch die I. Arsis u. zw. nur in den Pronominal-
formen (resp. Artikel) x6 (in x6 ^a Antim. Fr. LXVI 1 Apoll.
Rhod. r 867, xb ^6zaXov Rhian. Fr. VII xb ^8ov Anthol. XI
53. 1) xi (in xa p6Sa Theokr. Epigr. I 1 xa ^e^etv Lesbi Ktis.
18) 5 (in 5ppa Apoll. Rhod. A 251 Dion. Perieg. 343) 6 Art (in
b Xtji£vopiA£xYj(; Anthol. X 5. 8) xi (xi ^Cet? Inc. Id. VU 47), im
Ganzen 10 Beispiele.
3. a. Auch bei den Wörtern, deren rhythmische Form einen
Tribrachys darstellt, sind die IV. und IL Arsis allein an den
Längungen betheiligt ; in der älteren Dichtung entfiült auf jede
der beiden je ein Beispiel, in der jüngeren zählen wir in der
IV. Arsis 8, in der II. 6. Die drei FäUe, wo die Längung in
der V. Arsis erfolgt, gehören alle schlechten Versen an: t)2ff:i
Studien iv TeoliBik dm naolüiOBmitelian booMcli«! Y«nea. 747
f&oY^ouacv Eratosth. Fr. I 8 5vo|jl« Necxo|j.i^,8ri; Epigr. ed. Kai bei
Nr. 101. 2 and &; x^^^^ |j.eTaß(£XX£( Tzetzes Posthorn. 106. Bezüge
lieh Nikandr. Alex. 155, wo nach der Ueberlieferung eine
Längong in der III. Arsis vorkäme, vgl. p. 708.
3. b. Bei Wörtern mit der Form — w w ist die legitime
SteUe der Längang in der IL Arsis und zwar in der älteren
Poesie in 2, in der jüngeren in 4 Fällen (letztere sind: vi^tiSa
xM£X{tv)v Apoll. Rhod. A 543 HatoviSa Xd^yr^v Anthol. IX 300. 4
£tv<zXt£ Xaß6ptv0e Anthol. VI. 224. 1 tep^oTare MoOoT^atv Anthol.
VII 31. 3). Ausnahmsweise steht die Längung in der V. Arsis
in 2 Fällen (bei Selon ev k^o\uiii [it^' lp(OTo<; Fr. 27. 7 und in
einem Pentameter euwGXtxa XaXtr^v Anthol. VII 440. 8). Die
hesiodische Theogonie weist in älterer freierer Weise auch eine
Längung in der III. Hebung auf (1^^707610 Xixaptjv ö^fjitv Th. 901).
3. c. Längungen bei Wörtern von der Messung w — w w w
sind als Raritäten zu bezeichnen, sie begegnen nur zwei Mal
bei Aratos, der überhaupt mit seinem Verhalten gegenüber den
behandelten Fragen der Verstechnik eine Sonderstellung ein-
nimmt (Suu>Sexi8a |Adv£t ^Xy)v[?] Phaen. 703 und xeXeuo(j.dva
XtBoxeoaev Phaen. 1112), dann einmal bei ApoUonios beim Zu-
sammentreffen zweier Eigennamen (*ApT}Tti3a MeXavt^ncr^v B 966).
4. Für die Messung w bietet die archaische Poesie
zwei Fälle homerischer Nachahmung in III. Arsis (Hesiod.
A/tXXiJa ir^^opa Th. 1007 Iliu Pers. MeveoO^t jxsfaXiiTopt Fr.
III 2), in der jüngeren Dichtung ergibt sich nur ein Beispiel
und auch dies nur durch Conjectur: Kallimachos &8aT0^ ourCx"
£3ß;»3T0 ^v Hymn. I 16 in der IV. Arsis (vgl. p. 696).
5. Da die Wortform w nur im Versanfang einen Vers-
zwang repräsentirt, so dürfen Längungen in Wörtern dieser
Art nur in der II. Arsis erfolgen. Wir zählen in der archai-
schen Poesie nach Homer ^in Beispiel (Xetfjuovt [takcatM Hom.
Hymn. I 118), bei den späteren Dichtem ergeben sich 6 Fälle:
ßeßXiQTo vef^Xv] Apoll. Rhod. A 125 {Aaorrfi XcYupfj Orph. Hymn.
Vni 19 Ar-^8 [u-(i%[t.i Sibyll. Orak. IX 119 [Ldmi-(OL loify\j
Anthol. VI 246. 6 'xkiaana XcicafNÜ^ Epigr. ed. Eaibel Nr. 541. 6
xkaloMca Xcyiox; Tzetzes Posthom. 449.
6. Eine Ausnahmestellung nehmen die wenigen nur bei
den jüngeren Dichtem begegnenden trochäischen Formen ein,
im Qanzen 8. Sie dürfen regelrecht nur in unveränderlichen
748 Rtftch«
Wörtern, und zwar wieder entweder in der IV. oder IL Arsis
stehen (vgl. p. 692). Eff sind in IV. Arsis: ouSe poSw Theokr. Id.
XI 10, oMe ^68ov Inc. Id. VII 49 (Conjectur), iik jx^a Apoll. Rhod.
A 486, endlich ivA f>a8ivat Theokr. Id. XI 45 (worüber p. 695
zu vergleichen); in IL Arsis: rfyfit ^(oecOe Epigr. ed. Kaibel
1046. 68. Gegen die Norm Verstössen die ganz verkehrten
Gebilde zveufj.« (aoau^/t,^ Zoroaster Orac. mag. 26 und x^m^i
{As^aXcov Tzetzes Posthorn. 767, jenes in II., dieses in IV. Arsis,
wobei die beti*effenden Wörter nicht unveränderlich sind, und
endlich T^v« lAotpr^Yevecov Tzetzes Posthorn. 759, wo die Längnng
auch noch in der Ill.f/^rsis erfolgt.
Wesentlich abgewichen von den bisher erörterten Normen
ist Nonnos mit seinen Nachahmern, zu dem wir uns nunmehr
wenden wollen.
n. Nonnos und seine Schule.
Es hat zwar die Nonnos betreffenden Fälle schon Scheindler
in seinen trefflichen Quaest. Nonnian. I p. 7 und 8 erörtert,
doch sei es mir gestattet, der Vollständigkeit halber sie hier
neuerlich anzuführen.
Nonnos, der in so mancher Beziehung reformatorisch vor-
ging, bleibt auch in Betreff der Längungen vocalischer Kürzen
vor Liquiden nicht auf dem Standpunkte seiner Vorgänger,
sondern schafft sich sein eigenes Gesetz, an dem auch seine
Schule festhält. Längungen vor Liquiden im Anlaute sind bei
ihm und seinen Anhängern nur mehr gestattet bei pjrrhichi-
schen Wortformen und zwar nur in der IV. Arsis — ausge-
nommen directe homerische Nachahmung, die sich im Ganzen
zweimal (einmal bei Nonnos selbst, einmal bei Triphiodoros)
findet. Die Wörter selbst, vor deren liquidem Anlaute nun-
mehr Längung erfolgt, dürfen keine neuen Bildungen sein,
vielmehr sind durchaus ältere Muster nachgeahmt Dies Gesetz
ist eigentlich eine Restriction des für die Dichter der jüngeren
Epoche geltenden, da die vocalischen Endsilben allmälig immer
mehr an Kraft verloren hatten. Gerade nur die FV. Versbebimg
gilt noch als fähig die Längung zu stützen, weil es die erste
Arsis nach der trochäischen Cäsur ist und der Ansatz der
Stimme hier besonders kräftig hervortritt am Beginne des
neuen Verskolons. Mehr weniger mu8s übrigens diese Längung
Stndlaii rar Technik dM nftchhonerischeii herolfleben YeiMs. 749
vor Liquiden im Anlaute dem Nonnos nur mehr als Antiquität
erschienen sein — Beweis hiefür ist die verschwindend geringe
Anzahl der betreffenden Fälle bei der grossen Masse von Versen
in den Dionysiaka und das vollständige Verschwinden jener
Erscheinung in der Metaphrase^ wo der Dichter die letzte Con-
seqaenz seines prosodisch- metrischen Gefühles in dieser Be-
ziehung gezogen hat. Daher gehen auch seine Nachahmer
Längungen dieser Art ängstlich aus dem Wege und geben sie
endlich ganz auf.
Nonnos.
I. Dionysiaka.
a) Homerische Fälle.
1. Pyrrhichische Wortformen.
^ioq: t{ yjpio^ 'Aocimüoio jjLeta ^6ov 'QxeovoToj VII 242 IV
L hat nach Ludwich, Hermes XII 289, (xeioppsov.
'AffToxßo? xsXiBo^/T« icepl p6ov tctoro X{|xviq^ XIV 327 IV
^avöbv aXü7xi!Io*rc6^ iizi ^6ov ^xkotam 'Iv8o( XXIX 296 IV
Homer. Vorbilder: wapa poov 'OxeovoTo ü 151 IV
xora p6cv * l^exo 8' owtou {jl 204 IV ?:oti ^öcv, «1*91 $£
t' x^oii P 264 IV
piov: eJps Ss jxtv /pucioeo 7:spl p{ov axpov ^Oauiatmü XXXIll 64 IV
Hom. wept ^lov OuXujjlzoio 6 25 IV
2. Nichtpyrrhichische Wortform.
'fti'faq: i^pafJLeOa ixe^a xu8oq * ex^^vojAsv 5pxoe|jiov 'IvSwv XL 217 II
Homerisches Hemistichion : ^pifjisOa \Ki'^a xu3o<; '
iTcifvojAsv 'ExTopa Siov X 393 II
b) Nach anderer Vorlage.
Nur pyrrhichische Wortformen.
piX^^' ?«t8pb(; depfftXo^oto irspt jbix«^ ^lJ>^vo<; Twjcou III 185 IV
&; 6 |X£v lv5<ioto luepl ^axtv eößoTov DXij; XXV 271 IV
2)v ö jjiv dvTiwöpoto wept ^i/^^ atöowo; Eupou XXXIX
349 IV (Koechly II p. 201)
iXXa xa {JL6V ßaOuBevBpov 6irb {>4xiv «rOoxoq Eupou XLI 18 IV
Ein Vorbild für diese Längung vor ^ixt^ bot
Quintus Sm jrnaeus : i^ vr^Büv • oix[>M ^^ ^^'i p^X^^
e^e^^pigaev IX 189 IV. Viel früher hatte Aratos
750 Biftcb.
bereits geschrieben: S^et li xot^k pixtv 'Ix^ Phaen.
572 V.
Bei folgenden Fällen muss v ephelkystikon, wie es auch
die Ueberlieferong bietet, geschrieben werden, so dass sie
ausser Betracht stehen:
ei TÖcrov ü^ Ntxaia, TcdXev X£u)Ui>X6vo^ *Hpr| XV 240 IV
|AY}8i X(t»)^ kxipoioi xualv ^kihnfipa Yev£o6ai V 521 IV
%a\ ^{Xe^ |juv (2va^ [utk Moppia • icoXXdbu 3' aurv] XXXVI 284
So ist dieser Vers nach Scheindler's Vermuthang Quaest.
Nonn. I 69 hensustellen (hdschr. xai )Atv ava^ ^iXeot, von Graefe
in ^eev geändert, was dem nonnianischen Gebrauche der An-
wendung des V ephelk. bei Längung kurzer Silben widerstreitet^
wie Scheindler nachwies a. a. O.).
et (JLt; ipfy:oht |A£ a^ßag icotpcdtov oiSou^ XVI 50 III
Laur. epiQT6e{, der Vers ist nicht richtig überliefert, vgl.
Scheindler, Quaest. Nonn. I 68.
u>TeiXa^ iic^euev, 56ev v^og elSo^ ifjisC^a^ XI 242 IV
et yXww^ uRvaX^Tjv \u Xteev veo?, Ävtt 3e xeCvou XL VIII 538 IV
i)ep68ev v6oxv}ae * mipt^Xi^vou V eXorrijpo^ XII 8 11
ek£, t{ xev ^^eta^, Srov 9^0 Ouniov Äet^b) I 487 11
NetXe, ti xev ^^ai(JLt xaXuTnopiw}^ Ape6G6oigg VI 346 II
Vgl. Scheindler, Quaest. Nonn. I 67.
xal xXov^et icupöevxa, tt xev ^i§ai|jit 9t8i{p(*> XXXIV 64 IV
«ree xal ivOiSe, xoupe, xdXev ^60^ 'HptSovoto XI 32 IV
iQep60ev ^o{!^T}oe * xat *A9Cup{T) Tcopiie ^^Tpv) XLII 12 II
II. Mstaphrasis.
Diese Dichtung zeigt eine noch weitere Einschrankiiog
— Nonnos hat sich hier gar nicht mehr eine Längung vor
Liquiden gestattet, denn die Schreibung
oivuyni ^c^d[urf(i SeSeufAivov dlforpov ^icioab) N 110 ist längst als
falsch erkannt, es muss otviDin) ^oAi^ift^ heissen, wie Cod. Pal.
noch zu lesen verstattet und wie es Dion. XII 325 XV 63
geschrieben steht. Vgl. Wemicke, Tryph. p. 226; Scheindler,
Quaest. Nonn. I 8; Hilberg p. 97.
Die Verse P 85 und 2 134, die ebenfalls Längungen ent*
halten würden, sind unecht.
Das V ephelk. muss, wie auch überliefert ist, stehen in
thi^ Tt xev ^i^<i){Aev, &ic<i>(; OeorepTc^i OeaiJuj) Z 120 II
StodiM rar TMlmik dM musItltooifritohMi heroiaohen Ywtet. 751
TriphiodoroB.
1. Pyirhichiflche Wortform.
*PotTeti(: VTjualv dcvancX(i>69xov dii?b 'PotxeeaSo^ ixTijg 216 IV
Vgl. Antipatros in der Anth. Pal. 07}(jia noep* *Aiav-
Tetov fad ToeTiQ(fftv dtxTai^ VII 146. 1 IV, dann auch
Wernicke p. 224 sq. Dass Triphiodoros eine Län-
gung wagte, die weder bei Homer noch bei Nonnos
vorkoounty findet seine Entschuldigung in dem
Eigennamen.
2. Bei emem einBilbigeii Worte.
puTi^p: Tp<i)ci)v Se ^uTiJpa %ai ibreo^ ' eT \kE aoK^ee^ 266 II
Dieser Fall ist homerisch : die unmittelbare Vor-
lage war oT6v xe, ^urvjpa ßtou x^ Ifjievac xat 5toT(i>v ^ 173 II
KollathOB.
ptov: alba li Opyjcxtoto (JL£Ta ^la üayfatoio 212 IV
Homerisch und nonnisch : Hom. 6 25 und Nonn.
Dion. XXXIII 64 xepl ^(ov IV.
MusaiOB.
OYjYlA^v: d6p6ov ijjLwticTOümv l^i ^t|Yptivt OaXaacnfjg 311 IV
Homerisches Hemistichion z. B. A 437 IV
Die Nonnianer Christodoros, Paulos Silentiarios,
Joannes Gazaeos haben sich jeder Längung vor Liquiden
im Anlaute gänzlich enthalten und repräsentiren die letzte Con-
sequenz des nonnischen Gesetzes, wie sie der Meister selbst
bereits in der Metaphrasis hervortreten lässt. Eben dasselbe
können wir von ApoUinarios behaupten, wenngleich sich bei
diesem scheinbar derlei Längungen vorfinden.
ApollinariOB. <
Alle bei diesem Metaphrasten begegnenden Längungen
vocaliacher Kürzen vor liquidem Anlaute gehören nur dem
Anscheine nach dieser Gruppe von Längungen an, thatsächlich
erklären sie sich auf andere Weise. Zunächst erwähne ich
den Vers
lOvei tot K6X«po(ax* Si:^aW6[t£'*a {AoX'niJoiv LXVI 7
1 Nach der Auslebe in der Biblioth. veteram patram von GallandioB, Tom. V.
752 Rsaeh.
Hier würde Längung vor (i. in der V. Hebung eintreten.
Allein dieser Vers ist, wie Ludwich im Hermes XIII 349
nachgewiesen hat; da er in den Hdschr. D L und M nicht
enthalten ist, eine Interpolation, ja selbst der Corrector von L
kannte ihn nicht, er entfällt also ganz. In corrupter Gestalt
ist überliefert ein zweiter hieher gehöriger Vers
5tt£ [XIV uVo{; ts^&'sipfiq d^^Xocae ic^rpr^; CXLII Argum. 2
wo also gar Längung in der I. Thesis Platz greifen sollte.
Das Richtige vermuthete Hilberg, Silbenwägung 33, nämlich
&9nccT6. Nach Abzug der genannten bleiben noch eine Beihe
gleichartiger Fälle übrig und zwar zunächst solche, bei denen
der gelängte kurze Vocal der Dativausgang i ist:
ouX^ £V thorfit Xtxaveuoare 7C0(|jiva %6a\M\i XCV 16 III
aijOtg 8* sudxaö^i fjieiXioasTO rxiyuona atfj] CVI 59 III
Tzpoi; TpioxaiBEXöExt) $sxaBi Xt-p ißSopwv trt{ CXXXVII Argum.2IV
TC^fjixTov Itz* iY^ooTY) 8exaSt [UXoq ioOXbv aeiSwv LXXXV Aigum. I IV
icili-rtTOv i(f' ivSsKÄTj) SexiBt |x^Xo<; aXXr/Aouta CXV Argum. IV
exTov £9' IvSexaTY) BexaBt [xsXo? aXXtj/^ouia CXVI Argum. IV
aXX' £7C'.8apa^^Gaq o^^veV [LV{(xKO^to tcoiijltijv XX 26 IV
Alle diese Längungen sind nicht als solche vor Liquiden
aufzufassen, da Apollinarios auch vor anderen einfachen Con-
sonanten sich deren gestattet hat beim Dativausgang, z. B.
[XTj xv^^aV Or^TjTot tiat izpo^aYficfzai Ip^OL LXXXVII 27 11
euflCY^t 8' f^XenJ/a ^ilol^ TcepixaXXe^ eXoicp LXXXVIII 41 II
Iv oTüiizai ßafftXYjo? cwoupavioio Stauet XC 2 II
xfltprsV TcavoBcv^t xal ojxbv 0p6vov «(jL^nroXsuov Praef. 56 HI (Lud-
wich im Hermes XIII 338)
x£ü06[jL£vo? xvi^aV • xb vap ^öfiXev oXxap iXio^ai XVII 24 IH
0^ 8a|i.ap i^pisptSt i:avo|i.oi'o? oTxov £pi^]/£t CXXVII 5 III
cTov Zk SiT]vcx^i TÄir&p 2Bpaa£v outo^ dvü>YY] CXLVIII 12 III
oeto Oeorcpoic^cov dexet xarati^xoiJLai oixii)v CXVIII iy;' 4 IV
Diese Längungen des i sind mit den früher genannten
vollständig parallel, so dass sich aus ihrer Vergleichung der
Schluss ergeben muss: der Grund der Längung des i ist bei
jenen erst angeführten nicht in der nachfolgenden Liquida zu
suchen, zumal auch in der HI. Arsis Längung erfolgt Vielmehr
haben wir es hier offenbar mit äusserlichen Nachahmungen der
Langerhaltung des dativischen t bei Homer zu thun (vgl. Harte!,
Hom. Stud. I ^56 sq.). Apollinarios griff ja auch in anderen
Stadien zur Technik den nftctahomerischen heroischen Venes. 753
Dingen bis auf Homer zurück, so dass uns die berührte pro-
sodische Erscheinung bei einem so späten Poeten nicht Wunder
nehmen wird. Schliesslich bleibt noch ein Vers zu erwähnen :
^ f' oüx' 2)v e(puT£jff£v, hl |i.e|i.VT(jaeTat auiöq LXXVI 15 IV
Auch hier ist die Längung des i in ixt nicht auf Rech-
nung der nachfolgenden Liquida zu setzen, denn wir lesen
ebenso vor anderen Consonanten (resp. auch einem Vocal)
dieselbe Längung:
T^txpa v6(i> ircdbovreq hi xorca tc6vtov epuöpov CV 16 III
•:rtaXdou izk'ifioYZ&q ett xspl "pipao? fi>pYj XCI 26 IV
elSe^ ova? [l ÄT^XeoTov lit ev't •^aaxpi TexouoY)? CXXXVIII 30 IV
Betreffs der Längungen vor Liquiden folgt also Apolli-
narios den Nonnianern, indem er sie vermeidet, da die
scheinbar einschlägigen Fälle sich zumeist als Nachahmungen
homerischer Längungen anderer Art erweisen.
Nachdem wir auf diese Weise die sämmtlichen im nach-
homerischen Hexameter und Pentameter begegnenden Fälle
im Einzelnen betrachtet haben , wollen wir nunmehr alle
Wortstämme, vor denen sich Längungen ergeben, in einer
Uebersicht vereinigen.
1. Stämme mit dem Anlaute X.
a) Homerische Fälle.
XoxapTj recipirt von ApoUonios Rhodios, Quintus Smyrn.
XsxTpov rec. von Maxinios, den Orphischen Argon.
Xti^T*** rec. von Hesiodos.
\iOLp6q rec. von ApoUonios, dem Anonymes «£pl ßoxdvwv, Quintus
und der Anthologie.
XiY*>po? rec. von Hesiodos, Quintus, den Orphischen Hymnen,
den Orakeln des Porphyrios.
Xrf6(; rec. von den Homer. Hymnen, von den Idyll. Incert.,
ApoUonios, Quintus, Tzetzes.
Xixapo^ rec. von Hesiodos, Kallimachos, ApoUonios, Dionysios
Periegetes, den Epigrammen ed. Eaibel.
XT^ rec. von Idyll. Incert.
Xd^o^ rec. von ApoUonios.
754 Biaek.
b) Anlehnung an Homer.
X(OaS bei Aratos (Homer X{0o^).
Xo^ bei Aratos (Homer X6fo<).
c) Neue Bildungen.
"k&oiq Incert. Idyll.
XoßuptvOo; Anthologie.
XaY(i>v TheokritoB, Incert. Idyll., Apollonios.
XaXti^ Anthologie.
Xdcno^ Incert. Idyll., Anthologie.
Ai/t^ii Hesiodos.
Xe((jLcov MoBchos.
X^o<; Apollonios, Manethon, Maximos, Quintus, Epigr. ed. Kaibel
(Tzetzes durch Conjectur).
XCßovo? Porphyrios' Orakel.
Xtßdg Apollonios?
AtX6ßY) Dionysios Perieg.
XtiAevCta^ (X(|jL€vop|i.{TiQg) Anthologie.
Xt{Avato( Nikandros, (XCfivr^) Quintus.
At[jb6^ Hesiodos.
Xoß6^ Nikandros.
X6yxiq Anthologie.
Ao^(i> Kallimachos.
XuYp6^ Orphische Argonaut.
Xuxißo^ Epigr. ed.^Kaibel.
Xuicpöc Gregorios von Nazianz.
2. Stämme mit dem Anlaute \l,
a) Homerische Fälle.
[jLa(6{ Quintus (Orphische Lithika?, Tzetzes durch Conjectarl.
|jiaXax6< Hesiodos, Homer. Hymnen, Anthologie.
jjLiartS Porphyrios' Orakel.
[Ktfapo^* Hesiodos, Homer. Hymnen, Asios, Antimachos, Apollo-
nios, Manethon, Maximos, Dionysios Perieg., Quintus,
Orphische Argonaut., Orphische Lithika, Orphische Frag-
mente, Anthologie, Epigramm, ed. Kaibel, Tzetzes.
(xiY«{ Hesiodos, Homer. Hymnen, Iliu Persis, Solon, Aratos,
Kallimachos, Apollonios, Moiro von Byzantion, QuintoB,
Orphische Argonaut., Orphische Fragm., Orakel ed.
Studien lar Technik des naobhomeriseheB heroischen Yeraes. 755
Heudess, Sibyllin. Orakel, NonnoS; Gregor, von Nazianz,
Tzetzes.
[uXCtj Quintus.
4
\kiXoq Empedokles; Incert. Idyll, Maximos, Oppianos Kil.,
Quintus, Gregor. Naz., Tzetzes.
{ievea{v(i> Apollonios.
{xiap6^ Sibyllin. Orakel.
{xdOo(; Hesiodos, Quintus.
(loipa Manethon, Tzetzes ((Aoipvrfevi^;).
(AupixT] Quintus.
b) Anlehnung an Homer.
MeXttv) Apollonios (Homer {A$Xiv)8i^g).
{Aspoq Quintus (Homer (xoTpa).
c) Neue Bildungen.
\kxMLp Empedokles, Porphyrios' Orakel, Epigramm, ed. Eaibel
(MdoLopiq Eigenn.).
MipoOo^ Dionysios Perieg.
MipSoi Dionysios Perieg.
piX^'O^ Manethon.
{jL^XoOpov Sibyllin. Orakel.
MeXovCinDf] Apollonios.
{jLe)i.aviQ|jisvo^ (und (^.^vt;) Sibyllin. Orakel.
\u[iMii^ Sibyllin. Orakel.
|xivü> Aratos.
pipo^ Homer. Hymnen.
\Umoi; Apollonios, Nikandros, Dionysios Perieg., Quintus, Antho-
logie ((jtiaorrO(;), Gregor, von Nazianz (yiaonoq)^ Eudokia.
{jLeTaßi>A(i) Tzetzes.
Mifieia Oppianos Syr.
\»'i'^dq Apollonios.
picY^ Elratosthenes, Epigr. ed. Eaibel.
|a6Xi^ Apollonios.
(AoX6vfD Orakel des Zoroaster.
Moi)9a Anthologie.
pu^fa) Quintus.
|AuOo^ Apollonios.
Muao{ Tzetzes.
(Aucn^ptov Orphische Hymn.
Bitnagtbw. d. phfl.-hiit. G. ZCV. Bd. m. Hfk. 49
756 Eift«b.
{i^^oTO^ Quintus.
{juMJv Quintus.
3« Stämme mit dem Anlaute v.
a) Homerische Fälle.
veupi^ Hesiodos, Incert. Idyll.; Quintus.
v£(pdXT3 ApoUonios.
v^90(; Homer. Hymnen, Theokritos, Aratos, ApoUonios, Quintus,
Orphische Argonaut., Tzetzes.
v^Cü) Theokritos.
vKpii; Anthologie, Nikandros (vt^ei;), Quintus.
v5to^ KallimachoB, Nikandros (votecdv), Dionysios Perieg.
vufjL^T) Homer. Hymnen^ Orakel des PorphyrioS; Epigr. ed. Kaibel.
vuaaa Gregor, von Nazianz.
b) Neue Bildungen.
va((i> (vaaaeoOai) ApoUonios.
vauTy)<; Kallimachos?
v^xu<; Quintus, Tzetzes.
v^fjio) Nikandros.
v^o{ ApoUonios.
Veto; Epigr. ed. Kaibel.
vTj6<; (durch Conjectur) Homer. Hymnen.
Nixcixi^Bt]; Epigr. ed. Kaibel.
Ntpeu; Quintus.
Nioffoi; Quintus.
v6(JL0(; Hesiodos.
Nop.(je$e(; Dionysios Perieg.
v6oc ApoUonios, Epigr. ed. Kaibel (vou;).
voep6<; Gregor, von Nazianz
v6oTO<; Sibyllin. Orakel?
v6^ Gregor, von Nazianz.
vü)TOv Empedokles.
4. Stämme mit dem Anlaute p.
a) Homerische Fälle.
^d und zwar 5 ^a: Aratos, ApoUonios, Nikandros, Dionysios
Perieg.; t6 pa: Antimachos, ApoUonios.
paßSo; Kallimachos.
po^c; Nikandros.
Stadien lur Technik des nachhomeriiicben heroischen Verses. 757
^^eOpov Tzetzes (Hom. 'PeTSpov).
^ii^ta» Homer. Hymnen^ Eleanthes, Theokritos, Incert. Idyll,
ElallimachoB, ApoUonios, Lesbi Ktisis incert. auct., Or-
phische Argonaut., Orakel ed. Hendess, Eudokia.
TeiiQ Hesiodos, Homer. Hymnen, Orphische Fragm.
^e(i> ApoUonioB, Dionysios Perieg., Oppianos Eil., Sibyllin.
Orakel.
pT;7{ji(v Homer. Hymnen, Empedokles, Peisandros, ApoUonios,
Oppianos Kil., Orphische Argonaut., Anthologie, Musaios.
^i^Yvu|jit Hesiodos (^tj^vcdp), Quintus, Sibyllin. Orakel.
^iffOü> Homer. Hymnen.
^pv] Nikandros (Hom. ^t]ti^p).
pis« Homer. Hymnen, ApoUonios, Nikandros, Theodotos, Oppia-
nos KU., Eudemos (Theriaka), Anthologie.
pcv6^ Hesiodos, ApoUonios, Oppianos Syr.
picv Homer. Hymnen, Quintus, Nonnos, KoUuthos.
piici^ Homer. Hymnen, E^Uimachos, ApoUonios, Dionysios Pe-
rieg., Oppianos Kil., Quintus.
p^; Oppianos Syr.
ToBav6^ Oppianos Kil. (bei Homer jedoch nicht als Eigen-
name).
ToSto^ Hesiodos.
p68ov Homer. Hymnen, Theokritos, Incert. IdyU. (durch Con-
jectur), Kallimachos, ApoUonios, Rhianos, Anthologie.
foil^c; Nikandros (potl^v^Ba), Oppianos Elil., Anthologie.
pooq AntimachoB, Incert. Idyll., Kallimachos, ApoUonios, Sim-
mias, Dionysios Perieg., Quintus, Nonnos.
poxaXov Rhianos, Anthologie.
po/6og Nikandros (Homer ^oyfiita).
^6<; Anthologie, Tzetzes.
pwfjp Triphiodoros.
p<i)^iov Homer. Hymnen, Dionysios Perieg. (^(>h|/), Quintus.
b) Mit Anlehnung an Homer.
paton^p KaUimachoB, ApoUonios (^aiTn^pio;), Anthologie.
^0^ ApoUonios.
pi^v ApoUonios.
piTtb) Timon, Nikandros, Eratosthenes (?), Anthologie.
po6eov ApoUonios.
49*
758 Rxach.
^uTCap6<; Sibyllin. Orakel.
^üxset? Anthologie (Hoin. furcöw).
^üTtg Anthologie (Hom. f>üTiip).
^ut6^ Anthologie (Hom. ^ur/ip).
^ü)X(iL6^ Apollonios.
c) Neue Bildungen.
^aSaXö^ NikainetoB.
^adtv6< HesiodoSy Theokritos, Anthologie.
^dii^ NikandroB.
^a(v(i) ArchestratoBy Nikandros (j^ovD^p), Anthologie.
^oc/i^ AratoSy QuintUB^ Nonnos.
^i^oq Incert. Idyll., NikandroB, Anthologie, Gregor, von Nazianz.
'Pf|TO? Hesiodos.
TotTYjC? Anthologie, TotTeta<; Triphiodoros.
•Pwfjir^ Sibyllin. Orakel.
pta)0|jLa( Iliu PersiB, Epigr. ed. Kaibel, Tzetzes.
Aus dieser Uebersicht ergibt Bich, wie erheblich die Neue-
rungen der nachhomeriBchen Dichter sich darstellen. Während
wir nämlich 55 Ausdrücke vorfinden, die bereits bei Homer
Längung aufweisen, kommen an neuen hinzu: 1. 14, die im
engen Anschlüsse an homerische Fälle gebildet sind; 2. 71 ganz
selbständige. Als bedeutendsten Neubildner müssen wir Apol-
lonios Rhodios bezeichnen, den Hauptrepräsentanten des
jüngeren alexandrinischen Epos. Die zweite Stelle nimmt (wenn
wir von den Sammelpoesien, wie die Sibyll. Orakel, Antho-
logie etc. absehen) sein Nachahmer Quintus ein. Bedeutsam
treten auch andere Alexandriner neben Apollonios hervor, so
Eallimachos und die Idyllendichter, weiter Aratos und
Nikandros. Eine bemerkenswerthe Erscheinung ist Dionysios
Periegetes, der als Nachahmer des Apollonios gleichfalls mehr-
fach Neubildungen sich gestattet, doch mit der Beschränkong
auf Eigennamen, die in seinem Werke eine so grosse Rolle
spielen. Nur mit dem überkommenen Materiale arbeiten, so
weit uns die erhaltenen Stücke belehren können, Kleanthes,
Asios, Peisandros, Antimachos, Numenios, Maximos, Simmias,
Moiro, Rhianos, Theodotos, der Dichter der Lesbi EtisiB,
Oppianos Kilix, Eudemos, die Verfasser der Oracula graeca
Studien snr Technik de^ naehhomeriscben heroischen Verses. 759
ed. Hendess, die nonnische Schule (Nonnos, Triphiodoros [wenn
wir den auch in der Anthologie mit einer Längung begegnenden
Eigennamen ToiTeei; ausser Betracht lassen], KoUuthos, Mu-
saios); dann Eudokia. Im Ganzen also sind es, mit Ausnahme
der nonnischen Schule, nur Dichter, von denen uns verhältniss-
massig geringe Reste erhalten sind, so dass weitere Schlüsse
misslich werden. Besonders klar aber wird auch aus diesem
Umstände die Sonderstellung, welche Nonnos mit seiner Schule
einnimmt. Da es bei ihm zuerst deutlich zum Bewusstsein
kommt, dass die vocalisch auslautenden kurzen Silben im Laufe
der Zeit nicht mehr die Kraft behielten gelängt zu werden,
so beschränkt er die Längungen vor Liquiden auf wenige her-
gebrachte Fälle, ohne selbst irgend Neues zu wagen. Alle
übrigen nicht eigens genannten Dichter, deren Erzeugnisse in
hexametrischer Form oder in Distichen abgefasst sind, haben
sich der Längungen vor Liquiden im Inlaute enthalten ; nament-
lich gehört hieher fast die ganze Gruppe der Elegiker.
Der Längung vor Liquiden im Anlaute, die wir bis jetzt
betrachtet haben, entspricht eine solche im Inlaute, die im
Wesen nicht von jener unterschieden ist. Sind es doch die-
selben Stämme, bei denen sie begegnet, nur sind diesmal die
beiden Wörter, die in jenem ersten Falle noch neben einander
standen (ivl iLS-^ipoiaisi) noch fester zu einem Ganzen zusammen-
geflossen (xoTSvsöü^). Diese Längung im Inlaute können wir
an zwei Gruppen von Ausdrücken wahrnehmen : an zusammen-
gesetzten Wörtern (ifKOpprii^aq) und an augmentirten Verbal-
formen (ippTi^t), Da aber das Augment wesentlich auch als ein
Wortbestandtheil gefasst werden kann, wie ich mit Hartel
(Hom. Stud. I ^17. 18) annehme, so ist es begreiflich, warum
die Sprache in Bezug auf unsere Frage zwischen wirklichen
Compositis und Augmentformen keinen Unterschied machte.
Da wir es hier mit den nachhomerischen Dichtern zu thun
haben, so kann es nicht unsere Sache sein, Erörterungen über
die Entstehung der Längungen resp. Doppelungen der Liquiden
im Inlaute anzustellen, zumal die Frage von den oben genannten
760 Rsacb.
Forsehern in scharfsinniger Weise discutirt worden ist. Wesent-
liche Unterschiede zwischen den älteren und jüngeren Dichtem
ergeben sich nicht, daher betrachten wir sie zusammen.
Wie bemerkt^ ist die Doppelung der Liquida im Inlaute
(wie wir kurzweg sagen wollen) ebenso wie die Längung im
Anlaute an bestimmte Wortstämme geknüpft. Während aber
die letztere ausnahmslos nur in der Arsis eintreten kann^ erhält
sich die Doppelung im Inneren der Zusammensetzung unter
besonderen Umständen bei gewissen Stämmen auch in der Thesis.
(Ueber die homerischen Fälle vgl. jetzt besonders Knös, de dig.
hom. quaest. III 240). Beide Arten begegnen uns sowol in
der homerischen Poesie, als auch bei den späteren Dichtem
in äusserst zahlreichen Beispielen. Diese letzteren folgen, wie
wir das auch bei den Längungen im Anlaut gesehen haben,
theils den homerischen Vorlagen, theils schaffen sie selbst neue
analoge Fälle. Doch nicht dies Moment allein werden wir bei
der Detail Untersuchung zu beachten haben, wir müssen aueb
Rücksicht nehmen auf die rhythmische Beschaffenheit des ersten
Wortbestandtheiles^ indem hieraus gewisse Normen resultiren.
Diese sind:
1. Bei Compositis (resp. augmentirten Verbalformen),
deren erstes Wortglied einsilbig ist (also z. B. oXXtjxtoc IXa2^£
afXfJLopoq avv^f £Xo^ (xppr^xTO<; SppYj^e), steht die gelängte Silbe in einer
der Hebungen, mit Ausnahme der IIL und VI., oder aber in
der 2., resp. 4. Thesis.
2. Bei Compositis, deren erster Bestandtheil pyrrhichisch
ist, steht die genannte Silbe in einer der Hebungen, mit Aus-
nahme der I. und III. (gewöhnlich in II. oder IV., selten
in V., noch seltener in VI). Nur in der archaischen Poesie
ist dies auch in der IIL Arsis gestattet.
3. Bei Compositis mit trochäischem ersten WortgHede
steht die gelängte Silbe in der 2. oder 4. Thesis, seltener auch
in der IV. oder V, Arsis.
4. Ist der erste Wortbestandtheil rhythmisch ein Tri-
brachys, so wird das Compositum so behandelt wie eines mit
pyrrhichischem ersten Gliede, repräsentirt er aber einen Amphi-
brachys ( — - z. B. >ieXatvSpivo^), so kann die Längung nur
in der 2. oder 4. Thesis erfolgen. Andere rhythmische Formen
kommen nicht vor.
Studien snr Teehnik duB aachhomeriachen heroischen Verses. 761
Hiernacli kann die gelängte Silbe in der Vers Senkung nur
stehen, wenn der erste Compositionstheil einsilbig oder tro-
chäisch ist oder aber einen Amphibrachys ausmacht. Zugleich
erscheint diese Stellung auf die 2. und 4. Thesis beschränkt.
Was etwa sonst von Fällen in anderen Senkungen begegnet,
stellt sich entweder als homerische Reminiscenz oder aber als
schlechte Ueberlieferung oder endlich als Mangel metrischen
Gefühles seitens des betreffenden Versemachers heraus.
Um die Längungen, respective Doppelungen in der Arsis
von denen in der Thesis auch äusserlich scharf zu scheiden,
werden wir sie getrennt nach einander betrachten.
A. Doppelte Liquida im Inlaute In der Arsis.
Wir werden hier mehrere Gruppen unterscheiden, und zwar :
P: Aus Homer entnommene Fälle.
P : Fälle, die zwar bei Homer vorliegen, doch mit anderem
ersten Bestandtheil ; so z. B. gebraucht Aratos die Längung
xacTSjxeXeVoTt , während bei Homer die Verbindung SiaixeXeVcTi
begegnet.
II. Längungen, respective Doppelungen der Liquida im
Inlaute bei Wörtern, die bei Homer nur im Anlaute Längung
zeigen, z. B. ApoUonios: iroXuppivov vw^a« aaxo^ F 1231, während
wir bei Homer ias 5' d^rb ptv6v E 308 lesen.
III. Längungen im Inlaute, die in den homerischen Ge-
dichten weder im In- noch im Anlaute nachweisbar sind. In
dieser Gruppe fassen wir in der Abtheilung
in^ alle die Fälle zusammen, bei denen andere nicht-
homerische Vorbilder nachgeahmt erscheinen; so bildet z. B.
ApoUonios die Form TaXoxov B 881 dem Homer. Hymn. V 87
nach. Die zweite Unterabtheilung
IIP endlich umfasst die selbständigen neuen Bildungen
eines jeden nachhomerischen Poeten.
Die erwähnten Bezeichnungen I*, P, II, HP, HP sind
in den folgenden Detailausfuhrungen beibehalten.
762 Hiaeh.
HesiodOB.
IXXaßev: oxait] Se^nepi^ ik iteXc^iov IXXaßev fipinjv Th. 179 V
Hom. V7CS Te xpqAog iXXoße YuXa F 34 V
eu [ApLeXCt]^: dl>^ Iforc' ouB' ipa Kuxvo^ 6U{A(jl6Xiv3^ ifjievotva A. 368 IV
Hom. üavOöou ulb^ eujAiJieXtij^ a\U'hiüVf P 9 IV
4>rAXov iu)A[jLeXiT3V Tdxe xi) MeXißoia Fr. 134 G. II
Hom. Tcop 3' ap' iu[A|AeXiT]v IletatoTparcov v 400 II
^iXofAfJLeiSi^^: rXo»xov6(i.r|Te 9 iXo [A(jl6 tdt; ; xal novTOic6p£taTh.256III
icotS* drraXa ^pov^vra ^cXofAiJiecdvj^ Af^poStTv; Th. 9891 V
tjjaiv 8^ 9tXo(ji|jie(3^|(; AfpoWtT; Fr. 206. 1 IV
Homer. Formel ^iXofAfjLstdv]^ 'A^poStTTi A 10 IV
appiQXTo^: (ji.o6vv| V ouröOt iXm^ iv appi^xTotat Söpiotffcy £. 96 IV
Hom. Tv' (£ppt)XTO(; icdXtg ew; * 447 IV
ancppaCd): (ai^ ttv' axoppaCcetv Ysp^<*>v, '^tfAYjv ^^ ^°^oy Th. 393 11
Hom. xn^iAor' dhcoppaCast a 404 II
deppiQto^: ^Tc{ t appiQtoi ts Acbg {aeyoIXoio exiqtc E. 4 II
Bei Homer steht die erste Silbe von d^pi^to;
nur in der IV. Senkung und zwar § 466 0 7:ip V oppr,-
Tov apietvov; doch vgl. TC0Epippif2To{ t eic^eaotv I 526 IV
ive^{ppexTO(: [krfi* omb xutpowöSwv dveTctpp^xTcov aveX6vTa E. 748 IV
Hom. 56{ TCfltvre? ewippi^eoxov 65iTat p 211 IV
Ippeov: {ppeov ex xe^aX^cov, tj/iXcaxo $£ xaX3( xopr^va Fr. 42. 3 I
Hom. Sppeev Ix (ieX^ci>v X 600 I
d();6ppoog: SecvY] Stu^ OuYobgp di();opp6ou 'OxeacvoXo Th. 776 IV
Hom. Hemistichion u 65 IV (dagegen ist nicht
hieher zu ziehen dl^oppov Th. 658, das zu einer
ganz anderen Wurzel gehört, vgl. Curtius, Qrdz.^546).
xaXXtppoo^: yi-rfii tcot' aevoicov i:oTa{juI)v xaXX{ppoov t>dfa)p K 737 V
5oT6 AiXadfjOev wpox^si xaXXCppoov &8(i>p Fr. 202 V
Hom. Hemistichion z. B. B 752 V
i:ep{ppuTO{: ßoumv stc^ etXncöSeaai ipep t p puxo) £tv 'EpuOeCv) Th. 290 IV
IwXt;t' 2vÖev licewa weptppuTov TxeTO K6i:pov TL 193 IV
Hom. xaXt] xac TcCeipa, Tcepipputo; t 173 IV
ßaOuppc{Tir]g: 6a6(jLa^ 8' X2xeavoTo ßa6uppe(Tao Guyarpa TL 265 IV
Hom. doik ßaOuppetToo \kVfa oOdvo^ Dxsovstb
O 195 II
Studien znt Technik den nachbomerischen hnroiselien Verses. 763
iuppeCTiQ^: n/jvse6v te xat ''Eppiov duppeCxiQV Te Kiixov Th. 343 II
Hom. nepixcoiot Ä' Af)füi"ov iüppeiTYjv ix6(i.£96a $ 257 IV
e pp CO ovTo: FopY^ve? dcTcXi^Tot t6 xal ou ^orcat IppwovTO A. 230 V
Hom. x«iTai S'lppc&ovro W 367 II
i^rsppioffavTc: xaXou? i|A6p6evTag • d7cepp<«)aavT0 5^ ::oaa{v Th. 8 IV
Hom. xpLvion ^pp4i)9avTo avax.To^ A 529 IV
::oX6ppr|V: sv 5' dtvops^ vatouci TCoX6ppYjvs^ woXußourai Fr. 80. 3 IV
Homer. Vers I 154. 296 IV
2170 pp {^T(i>: lyßdai'i ap.f{ßXv2aTpov aicoppid/ovTt eocxcü^ A. 215 IV
Hom. jJLijviv dbroppiipovra xeXofp.Tiv I 517 IV
i^tppoOog: dLp(JiaX(^(; * {Mcxpat y^cp inCppoOot eufp6vai eioi £• 560 IV
Hom. To(iQ dl swippoSo? 9jev AÖi^vtq A 390 FV
P.
2(1.9 (ppuTo^: ß^^^ ^^^^^ e!X(?c63ci>v dfA^ippOTO) etv "EpuOefv] Th. 983 IV
Bei Homer steht dfji^ipuTo^ nur ohne Längung
im Inlaute; respective Doppelung der Liquida^
z. B. vifjaü) h djA^ipOTV] a 50
aTToppuTO?: xpT^vrj^T' aeviou xai dicoppuxou, ^ V a86X(«)TO{ E. 595 IV
Vgl. Hom. TcspippuTo^ T 173 IV
Tavuppt^o^: aiYStpoi ts Tav6ppi?oi ^i^YvuvTai uoc' auxoSv A. 377 III
Hom. hat wpöppi^ot irfircoufftv A 157 I
II.
aT5Xe((J;aq: 5? xev Tt)v eiHopxov aitöXeCd^aq eTCSfJLCjaT) Th. 793 IV
Hom. 59pa XeitpovTe xioit7)v Q 285 IV.
m
A |jts iXo^t « t: N£()ceöi ts ^6ü8^a<; le Aö^ouc; Afjif iXoy^'^«; te Th. 229 V
9'.Xo(JL|Jiir]8i4c: i^il ^tXofjLfivjS^a, Sri [jLT}3iu>v e^e^adivOiQ Th. 200 II
Bekannte nüchterne Interpolation^ durch ety-
mologische Spielerei aus dem echten Epitheton
^iko[L[L&ii^q veranlasst.
Homerisohe Hymnen.
I\
eXXaßev: &^ H (i.tv xpaSCvjv i^oi; IXXaßsv, OL[k^\ ik yiakoL^ Y 40 IV
Hom. z. B. e 371 IV
764 Rift eh.
|j.£TatXXi^^ete: i^OaXfiotatv {Souaa fjLCTaXX/j^ece yßXoio V 339 IV
Hom. ixeTaXXi5$avn x^Xoto I 157. 261. 299 IV
ccoXuXXta70<;: aXX' ^7' sv vYjowt xoXuXXiatoiffi (jievouja II 169 IV
^OTO Oeöv iicaveuöe TcoXuXXtaTW evl vtjw V 28 IV
Hom. woX6XXiaTov H a Ixivw e 28 IV
f tXo(ji.p.et8i{g: di(jLvaTa( €v ^iXott^t'. (PiXofJLiietSv]; "A^poBtTi; IV 17 IV
ifih *fz\oviiQa(ja 9tXo{JL{xeiSt;; A®po8iTrj IV 49 IV
Tdv 8^ IwsiT« iSoOaa f(Xo[X)Jiei8T]^ 'A^poJiTtj IV 56 IV
yUp\^io %oa[i.rfisXQa 9iXo)jip.ei8i3g A^po^iTi; IV 65 IV
S^ eixwv Xiße y/ipa • fiXo(JL{jLet8Yjq 8' 'A^ccJit»; IV
155 IV
Homer. Formel z. B. A 10 IV
Schlecht ist die Ueberlieferung von Cod.
BC (piXojjietSda III 481 statt ^tXoxuS^o, da die
Liquida immer doppelt erscheint.
a[A(jiopo(: IqV aTeXT)^ Upcov, 5; t' dl)ji)Jiopo<;, ovncoO' ^(loiw^ V481 IV
Hom. xal 2|x' ^jxiJLopov Z 408 IV
«Yöfvvifo^: 6u8(tq 8' Ix' 'ö^yH''''^ov äy*^^'?®^? oOivaToi 8d III 325 IV
aijwppot xpb? 'OXufA'TCOv ÄY^^^^f®^ ippci)ffavTO III 505 lA^
Hom. wpbi; 'OXufiwov aY^^^^^^o*' -^ ^20 IV. Das
Wort ist nicht aus oYor; und St. vifo zusammeo-
gesetzt, sondern or^a- und W. ovt^ ; r/ov kommt
bei Homer noch gar nicht vor, Composita wie
dtYaxXuTÖi; zeigen den richtigen Sachverhalt klar,
vgl. Knös, dedig. III 231; Curtius, Grdz. *318.
^ p u j 6 p p a z 1? : vüv 8^ |i.* dvifpica^e •/^p\jtj6ppcc'j:i^ 'Ap^eif övnj^; IV 1 17 IV
Iv8ev fji' ijpica^ß XP^^^PP*'^^? *ApYsVf6vTiQg IV 121 IV
etg *Epeßo^ wdfx^e xp'^^^ppa'tiv ApYet96YXYjv V535ß
xat ou KaoiYvv)Te xP'<J9^pp«^() l^i^ [xexiXeue III 539 IV
dcYYsXe Ta>v |Aoex0lpu>v, XP^^^PP^''^') 8ü>T0p ^occuv XXIX
8 IV
XaTp£ Kp6vou MYOtrep, 06 xe xat xp'^^^^PP^^'^ '^1^^^
XXIX 13 V
Hom. 'Ep(jie{a^ xp^^^PP*'^^ avTeß6Xr<a6v x 277 IV
'Epfiieia xP^^PP^^t e 87 IV
i^ dp p 00^: Xeuwe Oei, xat tuovtov dcY^ppoov ix^uöevia V 34 IV
Hom. xop* ÄYappoov *EXXi^,otcovt3v M 30 IV; wepen
der Zusammensetzung vgl. oben arfcmifoq
Studien nir Technik dM ttaehhomeriBclien beroisehen Tezses. 765
ßjeOuppooq: bjpviir^ dnc' "QxeovoTo ßa 6upp6ou - aütop *Ax6XXü)v III 185 IV
Hom. e§ axaXapps(Tao ßa0upp6ou ttxeovoTo H 422 IV
xaXXtppoo;: 4^X00 84 xpi^VTj xaXXippoo^, svOa Spixatvov II 122 IV
oüvexi (JLiv xf^vY) xaXX{ppooc, d^onci^igae II 198 IV
Sr^\ [xaXa xpi^vYj? xaXXipp6ou • svOa 8' avoxTt II 207 IV
Xwpov IfQMd ipoTOv icpopieiv xaXX(ppoov Mwp II 202 V
(5aT6 AiXa{Y)66v Tcpox^et xoeXXCppoov t>8a)p II 63 V)
Interpolation.
Hom. xpouvo) 8' Txavov xaXX(pp6(i) X 147 IV;
xaXXtppoov &8ü)p B 752 V
ippwcravTo: aij'oppoi 'rcpb^ T^Xüfxicov «y^^'^'^ov eppcocavTO III 505 V
xa( TS |jl6t' diOavdToiGi xaXbv x^^po'^ ippii>aavTo IV 261 V
Hom. alt' afx^' 'AxeX<Ji)tov ippcdaavTO Q 616 V
(a|jL;3p6aiat 8' apa x*^*^*' STCspptJJcavTo avocxToq XXXIV
14 IV) Interpolation
Hom. Vers A 529.
l\
o:appi^8iQv: aurap STce* la ^xaaTa 8tappi^8iQv ep(8aivov III 313 IV
Hom. iropfltppiQTOt t' eic^ecciv I 526 IV
II.
Xt6oppivoq: TCStpT^vaq 8i3t vwTa XiOoppCvoio x£^<*>^^ III 48 IV
Conjectur Pierson's für das hdschr. 8ia ^ivow.
Bei Hom. ocepl 84 ^ivoi [xtv60oucrtv [x 46 IV
IIP.
sXXax^- IXXaxev, w^ toc TupcoT« 8tiTpixa Saafxb^ stux^ V 86 I
Töi^ jX6Tavat6T4st, Twv IXXaxe xoCpovoq elvai V 87 IV
Diese Form ist dem homerischen und hesiodi-
Bchen IXXaße nachgebildet, und zwar der erste
Fall in I. Arsis: DwXoße xop96peo^ Oivoero^ xtX.
£ 83, der zweite in IV. Arsis, z. B. xat IXXaße
Xeipi Y£V£(oü 0 371 IV
veoXXoüTo?: ^ ^a vsoXXoüto^, TCpoxaX66fjiÄVoq f|8ü{Jtov &cvov III 241 II
Kykliker.
W
IXXaße: IXXaße ^op^Opeo^ Oivoro^ xal [xoipa xpaiatY^ Ilias mikra
Fr. XVIII 5 I
Hom. Vers E 83 T 477
766 Bxack.
9(Xo[jL[jL£tdi^{: fl 8i ow ifju^wriXoi« fiXo{ji[jLei8r|(; 'A^poBfnj Kypr.
Fr. IV 1 ly
Hom. Formel z. B. A 10 IV
DanaiB.
l\
&upp£i^^: xp6oOev iuppeio^ xotocijlou Ne(Xoio dcvoxTO^ Fr. I 2 11
Hom. euppeTo^ tcotojjloIo z. B. ^ 1 IV (wie in
IL Arsis, immer in IV Z 508 S 433 0 265
Q 692).
Naupaktia.
I».
TCoXüppY;v: otxia vaieToaoxe roXXupp/jv xouXußowTYj? Fr. IV 2 IV
Hom. Iv 3' avBpe^ vaioufft icoX6ppT]ve^ iraXuß^ihz!
I 154 IV
MinyaB.
I\
IXXaßov: xop6pieu{ j^e Xiptov, oux IXXaßov !vSo6ev 5p[jiou Fr. 12 IV
Hom. z. B. e 374 IV
AriBteas von ProkoxmeBOB.
I».
::cXüppY)v: ä^veiob^ wnroioi ?coX6ppT2va{ xoXüßoOro^ Fr. IH 3 IV
Hom. I 154 IV
PBeudophokylidea.
P.
e^ifxoipaaOai: FocTav iTctjjLOipacrOat deropxuTQ«; v£x;k99iv 99 B. II
Hom. xocvta 3(€[JioipizTo 8a{l^u>v ^ 434 IV
Theognis.
I\
dwoppi^?*^- ßpox/ov aicoppT^j$a^ • ob 8' ifxij^ 9(X6ty)to^ ojAOpw^'
1099 II
ou§' oY^upai S^ouaiv * ^Tcoppif^aaa S^ Se^pd 459 IV
Hom. 8ea|ji.bv d7;opp'/|^a{ Z 507 II
eictppe'jcb): Zeu^ ^dp Tot fo TiXovrov eTcippdwet oXXote aXX(i>^ 157 IV
Hom. i^jMV oticus SXsöpo^ ewippixtj S 99 IV
Stndiaii mr Technik das BachhomeriMliaii heroiacben VenM. 767
P.
itapp-f^^a^: tcoXXoxi 8' i^(jbiXXv]ffa 8tappi^5*ff« xaXv^S^ 259 IV
Statt deqjLOv deroppif^a^ existirte Z 507 auch
die Variante Beq^dc Siapp4^^< S- ^' ^^9 ^^^
IL
xotxaiJ.d^p^'a^: ^coavt xaTajjLip^'aq a7(jLaToqouxSmov950(Pentam.)II
Hom. ouTix* §va [Aip«];«^ x 116 II
AisohylOB.
P.
roXuppiQvo^: [Jioipa xoXuppiQvov ^caTpiSa ^uofA^vou^ Fr. III 2 (Pen-
tameter) II
Hom. vote icoX6ppiQvo^ X 257 II
n.
TirepCppuxo^: xaXY) xal metpa, xep(ppu7co{, ouSlv ^ouaa Fr.VII2IV
So StephanuB, vulgo icep(pputo(. Hom. xiOiQpoev
TS ^uxa Tcivra !^ 93 V. Den Vers selbst hat Krates
nachgebildet dem homerischen t 173 ytak^ xat
Tcfsipa, xepCppuTO^ xtX.
Empedokles.
aToppa{b>: ^[xbv dxoppaiaavTa^ ^Sfjievai i^ea Y^ia 426 II
6u{jibv ä'iwCppaicacvTe ^(Xa^ xora crotpxaq ISouffiv 447 II
Hom. Yx/iiLox diroppatoet a 404 II
P.
axoppoi^: Y^a>8' 5ti xavrwv eifflv dxoppoa{, 5aa' Iy^vovto 337 IV
Hom. exippiet i^6t' IXatov B 754 IV
n.
Xi06ppivo{: x(xl iiA xv]p6)Ui>v Te Xi6opp{vb>v ts x^^^^^^ 3^1^ ^^
Hom. xept 8^ ^ivol {Auv66ouatv [jl 46 IV. Das
jetzt im Texte des hom. Hymn. III 48 stehende
Xi6opp(voto xeX(i>vt)^ ist Conjectur Pierson's.
dxopp6xTe(T6at: xp^ (^«v dixopp6xTea6at 453 II
Hom. vuv 8' 5tti ^ux6u) ({; 115 II
768 Riach.
Timon.
dippiQTO^: xaaiv Saoiq SafJLvaftai, li\k dcppi^Toe^ t£ foioti; te 123 IV
Hom. dIfppiQTOv ^ 466 in der 4. Thesis, Hesiod.
fiQToC T* d!ppY)To( te E. 4 II
Ippei: wdvTwv {{jieCpouaav * 6 8' Ippst "ppYaOo? oirrij^ 89 IV
Hom. ^pei S' aV« P 86 II xocvröSev ix {te/iuv
TCoXü? Ippeev (»pÄi;) D 110 IV
Kleanthes.
ippt^Äfftv: Tou fop urcb wXtjifii^ 9656(1)^ xivt' ippi^aatv 11 V
Hom. dcicepptY«^ v^£oOat ß 52 IV
Iiinos.
HI».
IXXa/e: atei ic6{pflrc' ^x^v iroiov y^€ IXXa^e tout^ 5v 20 V
Hom. Hym. V 87 IV
Thaokritos.
l\
IXXaße: oxait] (jl^v axatT)v IloXuSeuxeo^ IWot^t x^^ ^^» ^^ 119 V
Hom. r 34 V
ÄTccXi^Y^* ^^4'^ ^^ dtTcoXi^Y^^'^' av6[i.oc, XiTcapY; 8e y^Xi^w; Id. XX 19 II
Hom. ouxir' dbcoXXi^^eiq t 166 II
dfppiQXTO^: xo9rro(jiviQ ?cvoiaiq xe xal appi^xTOtai x^Xa^at^ Id. XX
16 IV
Hom. Tv' dfpprjxTO^ icöXi; ewj <t> 447 IV
dvappif^ag: T6{ji.ßou dvappt^^a^ Tax^(i><- M£aaiJvioq *l§a^ Id. XX
208 II
Hom. Tet^o^ dvoppif^a^ H 461 II
veTxo^ avappi^^ocvTsq 6[xo((Ov ^YX^^ Xoikrat Id. XX
172 II
Hom. Tc»> (JL^ avappt^^avre S 582 II
i% xo(Xt)v lppw}/av avippY)§av 8' dlpa to(xoü<; Id. XX 12 IV
licipp^^ü): ZiQvt 8' i%\.^pi\ai xodurepTdpo) apaeva X^V^^ ^^* "^'^
99 H
Studien snr Technik des nacbhomeriiohen hMroischen Venei. 769
^xcppi!|(a): Ksl»Ol>{ licippd^eiv x^H>>^pov xaX6v * üjv V dpa veuavj Epigr.
^ XVII (dub.) 15 II
Hom. vujx^icov, 56t xivre^ ^irtppdi^eoxov 68TTai p
211 IV
sppeuv: Ippeuv Z* i% xß^aXaq xa^at Tpi/e^, out^e BI Xotica Id. II 88 I
Hom. Ippesv 1% [xeXicov X 600 I
6 7c i p p s t : £x irat86<; • oiceuSwfxe^ • 5xXo? tcoXü? ifxtv e x i p p e i Id. XV 59 VI
Hom. iizippUi ifii' eXaiov B 754 IV
xaTappeT: afx« 8' alya XdißY) -rijvo? Y^P*?j ^'^ "^^ xatappet Id. 15 VI
Hom. xscrapp^ov i§ bkeiXi}^ A 149 IV
1\
ixtppaCvsiv: OaXXo) ^iccppaCvstv d(rre[X(JLdvo> d^ßXaß^^ &S(i>p Id.
XIX 98 II
Bei Homer nur ippd^ax" M 431 I und ^ppa-
BatoR u 354 II vom Verbum simpIex, vgl. auch
KnöB de dig. quaest. III 257
dicoppet: «toi ^ovrl ^iXTvs x6 xot xaXbv «vöo^ axoppsT Id. VII 120 VI
Hom. excppdet B 754 IV, vgl. oben iTcippsi Id.
XV 59 VI otoToppeT Id. I 5 VI
6(1.6 ppoOo^: ovTpov laco oreixovTS^ 6[j.6ppo6ot ' aXXa tu ^cuy^ ^pigi**
dub. XI 5 IV
Hom. iictppoeo? W 770 IV
III».
eXXaxov: owXordpoi?, Ttfxa; B^ xal (bxie^ IXXaxov nnuo'. Id. XVI 46 V
Hom. Hymn. V 87 IV
Bion.
xatappeT: xoXXbv s(xeu xp^acrcDV, Tb 8^ xov xaXbv i^ ak xaTappei
Epitaph. Adon. 55 VI
Hom. xaToppdov A 149 IV, vgl. Theokrit
xoToppet Id. I 5 VI
MoBohos.
I\
iXippoOo<;: ^aiveTO 2' out' axTv} ti^ aX(ppo6o^ oSr" 5po^ aiicu Id. I
132 IV
Hom. xaXtpp66tov Be (xtv auri^ e 430 IV
770 KsAcb.
Inoertoram Idyllia.
dUppiQXToq: Ev6a xai appT]XT6v 'irep ^(ov Iv onfOeat 0u(a6v Id. IX 11211
oSjTjKjtio^ appi^xTOio icep" tvtov ^^^jjLoaa i:pof0i^Id.IX264II
Hom. xP'^ffeov d!ppY;xTOv 0 20 11
7oX6ppT]v: oTxe TcoXuppirjve^ 'jcdmov laav ex ßoe9tXi(u)v Id. IX 11711
Hom. I 154 IV
P.
xoX6ppa?CTo<: ^{(|^ t6^ov Spo^e icoXuppafft6v xe ^apix^ Id
IX 265 IV
Hom. duppop^eoot Sopöiviv B 354 IV
äppr^v^^: vOv 8i X(y)v !^ixoT6v xi xat dppvjve^ y^^* oEUTuiq Id. IX 83 R^
Hom. icoX6ppTQve? I 154 IV
III*.
IXXax^^* ÄicveüOTOV, ^jrtix^v ^k TceXiSapio^ IWay^^^ "AtBijq Id.IX271V
Hom. Hymn. V 87 IV, vgl. Theokr. Id. XVI
46 V
HP.
'KtpxXiXl/iäto: on^Oei Te, ^Xd^cv) il itepiXcxfAdto y^^^^^ I^* ^
226 IV
iictjjLüffff^at: xÄv iX{YovvuxT6^ ti^ eirijxüffatjfft, tbv &icvovId.ni4IV
AratoB.
I*.
dvi^eXoq: Suvoi S' dv e^ eXo^ [j[.aXacx,^v u7;o8e(6Xo^ atyXiQv Phaen. 826 II
et V b [jL^y dv^9eXo(; ßixToi ^6ov ioxepioto Phaen. 858 II
ourb (xiv dv^^eXöv tc xal äqfXaöv, &|n S^ (aoXXcv Phaen.
415 U
Hom. x^oToct dv^eXo^ !^ 45 II
dfppiQtOi;: dKpprjTOv * ptearal ik Aib^ icdcffat (jl£v dc^utai Phaen. 2 I
a&rcog dUppiQTOv xorcocxetoeTOt * dXX' opa xal x^v Phaen.
180 n
Hom. dtppY)Tov 5 466 in 4. Thesis
dvappY^^aq: vi^oou dvappif^ava (jLeaa^ixixep06xoXiiAviz^PhaeD.642II
Hom. H 461 II
d'2coppa>§: T3t^ Se 8t' dix^or^pa^ ofv) icoTafJioto di?oppa>| Phaen. 45 VI
Hom. £tuy6^ DSoTög eoriv dicoppo»^ B 755 VI
Stadien lur Techai)[ dM BMlüiomvriMhen heroischen Venei. 771
iuppoo^: ZxopTciou efjLicficrotev iupp6ou d)xeav9io Phaen. 635 IV
Hom. iuppoov i\ijf\ £xa[jLav8pov H 329 IV
e'sctppi^acrd): tyjfjio^ licippi^acrou9t v6T0t, Mt' Ai^o^^sp^ii Phaen. 292 II
Hom. xbv Tpei? [x^v d-jctppi^aaeffxov 'Axaw' Ü 454 IV
7aXcpp66io{: v^a, xaXtppo6{iQ ik xaOaTrretoi i^ice{poio Phaen. 347 II
ouS^ ?caXipp60to( )(£v urceöSioi fop^oiyto Phaen. 1012 II
Hom. icaXtpp66tov ^^pe xiüfjLa i 485 IV
P.
xaTa{ji£XeV9T{: dXX' 6 [iJk^ &q '^P^X^ ^ivroc xaTafjLeXeVcrxt ^opeTTOci
Phaen. 624 IV
Hom. Iva d* oSOi StafJLeXeiorl Toe[XY)atv a 339 IV
dcppotvTo^: dlppavToi Y^vovrat e?c' 'SJfJLOTc xeivo) opoupai Phaen. 868 I
Homer. Vorbilder repräsentiren die Formen
eppiSor' M 431 I und eppiSaiai u 534 II, vgl. swtppat-
vetv Theokr. Id. XIX 98 II
iictppifSiQv: oordpe?, oTfxtv iraaov l^eppi^Svjv onxöcixjtv Phaen. 191 IV
elperat. imk 8'&teTvat iicippi^Sijv xaX^ovrat Phaen. 261 IV
(Tif^ltJxioL 3' £u ixiXa xaaav exippi^SiQv TcepixsiTot Phaen.
465 IV
Hom. vom selben Stamme icopoppiQTo^ I 526 IV,
vgl. StappTJSYjv Hom. Hymn. III 313 IV
7:oXupp60to(: (i^[Mn\ iTcotxTetpouaa TcoXuppoStou^ div6pu»couq Phaen.
412 IV
Hom. xaX(pp66iov ^ipe lujfxa i 485 IV
II.
iicippoiC^d): (MMpbv eTcippoi^eucri Tcva^dpLsvo'. xuspa xjxvd Phaen.
969 II
Hom. woXXtj Se ^ofi;c|> i 315 II
HP.
(AoviXuxo^: xal X6xo^ 6inc6Te (juxxpa [xov6Xux.O(; d>puY]Tat Phaen.
1124 IV
Cod. EL bei Bekker (JLova)Xux9<;, die meisten
anderen (Jiov6XXuxo(;. Bei Homer hat das einzig vor-
kommende Compositum AutoXuxo^ stets kurzes o.
Möglieh, dass sich in ixov6Xuxo(; noch eine Er-
innerung an den alten Anlaut des zweiten Wort-
bestand theiles (FXüxo? skt. vrkas) erhielt.
Ippioaev: xat ta jjiev gppwcyev, iciv Be ^Xiov wXsds TTovra Phaen. 335 II
Biteugeber. d. phil.-hiit. Gl. XCY. Bd. 111. Hft. ÖO
772 R.Äch.
KallimachoB.
I».
dtXXif)XTO?: dfXXtjKTOv y^Xöco^i, ixiXtTca hk icevOepTj awn^ Hjmn.
III 149 I
Hom. xapB{Y) dtXXiQXTOv 7coXe(j.tXsev B 452 II
xoXuXXiToq: (^ (ij Kapvete tcoXuXXkts, atio Se ßu>(xo{ Hymn. II
80 IV
Aorep^v] TOXuß(i>(jLe, iroXuXXtTc, ti^ 8i ae vourv}^ Hymn.
IV 316 IV
Homer hat zwar nicht icoXuXXtTo^;, doch aber
das damit fast gleiche 7roX6XXtaTO^: xXuOt drva^
5ti? eaa(, TcoXGXXtarov 8^ a' bucvu) e 445 IV
Ippeev: AiScov dXX' oimo {xd-fa«; Ippeev oi>S' "EpupLovBo^ Hymn.
I 18 IV
Hom. II 110 IV
T£tpo|i.^vY) • v6Tto? 8^ 8ta xpoo? ippet"^ lSp<iK; Hymn. IV211V
Hom. N 539 V
Ypwstö Ik xpox^ewa irovT^iJiepo^ Ippes Xijavy; Hymn. IV 261V
Hom. W 34
xaxdppeEv: aXeixirco^ ic^dpioxa xaT^ppeev etSaTa Tcivroc Hymn.
VI 91 IV
Hom. xaToppdov A 149 IV
aTcoppü)^: ^caca S' Äwoppco^ Fragm. anon. VII 1 (VI)
Hom. B 755 VI
KpeTov 3po{ ' ak §e Soifxov airoppc^Ys^^iv l6T]xev Hymn.
V 41 IV
Hom. dexTai dicoppoiYe^ v 198 H
d p p { 2^ ü)(7 e : xpu(j.v66ev e p p 1 2^ <i) j e * ae §' oux I6X(({/£V avarpci; Hymn.
IV 35 H
Hom. ^p(2^a)aev IvepOev v 163 IV
P.
xaTappel^co: 913 ik xatappdi^cov, Sre pioi Totoura O^sivae Hymu.
III 29 II
Hom. "KTntq ^ippi^eoxov ^Sitoct p 211 IV
'/,Xet|/{ppuTO(;: xXe^^ippuTov uBcop Fragm. anon. 183 (wol V)
Vgl. Hom. iteptppüTo? t 173 IV
Studien rar Technik des nMbhomerischen heroischen Verses. 773
TfLOLxappe'jciq: ivOiSe V aurix" SicetToe xatappe^^q loouxo xujjia Fr.
anon. 116 IV
Hom. iwipp^ a 99 IV
^pucjoppaY^?' Xpwffopp«Y^? ^''oq Fr. anon. 251 (wol V)
Hom. üTceppo^Yt) aoTC£To? aiöi^p 11 300 IV
7:o8opp(a)pT]: fivYjffa^ 8' Iti icat^X^ TcoSoppcipiQV 'ATaXflcvnjv Hymn.
III 215 IV
So Schneider nach der besten Ueberliefe-
rung; vgl. Hesychios pü)p6i; =: a^oSpo;, offenbar,
wie schon Lobeck Rhem. 286 sah, zu ^(oojjiai
gehörig ; es ist also die Doppelung der Liquida
richtige Analogie zu eppil^ovro W 367 II; vgl.
Callim. Schneider p. 241.
IIK
IXXotx^: IWoLyeq ou au y' ^l*^^ T^'^^i '^po^^q^ ouSe Ksöatpwv Hymn.
IV 97 I
Hom. Hymn. IXXoxsv, dx; xa 7cpü)xa V 86 I
XY;Tetpai xai'etv IXXa^®^ 'Hdu^iBe^ Fr. 123. 2 (Pentam.) IV
Hom. Hymn. twv SXXox^ xoipavoi; sTvat V 87 IV
dXXa 6sf^;, t^^i; [xe BtatxTopov ^XXa/e IlaXXoc^ Fr. 164 V
Vgl. Theokr. wxde; sXXaxov twcot Id. XVI 46 V
IIP.
eXXtice: ''HXiv oviaseoeai Aib? oixiov, sXXiws 4>üX6i Fr. 198. 2 V
Dem homerischen IXXoße nachgebildet, wie
IXXoxe.
ApoUonioB Bhodios.
I».
SXXaße: V6t68ev diJi^OTdpY)« icepl oröwoi; SXXaße x¥^^ ^ l^^*^ V
Hom. r 34 V
xax^XXaße: ^vrai dixi^v, ircei ou a^e xaxeXXaßs x^^H^'^ö? ^P^
B 1086 IV
Hom. e 371 IV
äXXtqxto?: ^XXyjxtov 8axp6ou(jt • xi 8' eppsev doraY^? outü)? T 805 I
Hom. xapSiv) aXXY)x.Tov TCoXe{jL(!^€ev B 452 II,
Kallim. d(XXY)XTov YsX6(i>at Hymn. III 149 I
TCO vu [xoi äXXyjxtov TceptxCerai • ou 8d xe XcJißifjv F 74 II
60»
774 Rc»eh.
ärsXXi^iY^^''* ^^< diroXXi^i^ete icavuarotTO^ ' i[Uf\^i^ cdUfi Allbill
Hom. ouxif ohcoXXif^ei^ t 166 II
(jLi^ote |jLaaTe6ovTec dxoXXif^£tv xa|iixoio A 13&3 IV
Hom. Tv* iKokM^ dTCorriwv O 31 IV
r 951 II
X(i)0|JLivT; 9^ ?cai8{ * [ACTocXXi^^et ^ap 6ic{omii F 110IV
ouvex^;, M S'oÜTc {xexaXXi^Y^^ xa(jLdcTotoA1271IV
Hom. (jLexoXXi^^avti x^^oio I 157 IV
eu(j.fi.eX{Ti^: xocT^ aYoOou TeXeovro^ eu{ji|AeX(iQ{ ts 4>iXiQpo; A 96 IV
cMzxp ^u(j.(AeX{v;^ TcXajJubv BaotXi^a xot^Ta A 1043 II
Hom. \Ah<; h[K[ukir^<; P 9 IV
SiafXfxoipvjSa: 8y) t6t€ (jL^ffor^v vuxta dia(JL[xoipv]8a ^uXi^o^ F 1029 IV
Hom. ytai Ta [j.^ Sictox^ xivta 8ie)ji.oipdcTO SatCwv
5 434 IV
Su9i[j.(jLopo^: Ai(7ü>v ou (A^a 8i^ ti Su9äl(j.{xopo^ ' ^ xi oi ^vA253IV
ff 610 x66ü) (jLivuOouaa Suai)ji[xopo{,^e3c( xoXXif v A 286 IV
xo)^ t^(AO^ ßcoffecOe Suffi[x{xopo(; ifs ßoBeCai^ A 685 IV
Xpa{qji£T£ (jLOi, p6aaa6e SucdtpLfxopov dcvepa X6(ir|^B218IV
e^eXseiv [uiJLauTa 8üffa[x[jLopo^. aXXi ot dc^vci) F 809 IV
ex {xs^iXot puaaoOe Suaa(A[xopov,(!^^ Ik xat auTo6^A83IV
Hom. [AI^TIQp 0\ fj (JLIV ItUCTC Su7a|JL|X9pO^ X 428 IV
ippaYV]: aimxa 3^ dppaY*T) Sp-ßpo^ ad^o^srco^, ue 8^ x6vtov B 111511
Hom. uxeppoEYTi dbxero^ ot^p 11 300 IV
ippr^KTO^: (xijvteq, appi^xTOiffi 8' dvi^eu^o^ 1^^ 5pxo(^ A 1205 II
Hom. xpdaeo"^ oppvjXTOv 0 20 II
avappi^^a«;: %pu)Jibv avappi^^a^ XocvCiq^ xa06xep0e xoXcovi]^ F 581 II
Hom. H 461 II
dxopp(i)§: OTY) octxeXiY) xdXocav . ^^pe y^ '^^ axoppco^ A 637 VI
Hom. z. B. t 539 VI
IppatcSY): ^GT^ov ippa(a6iQ.6 V h\ ({^afiiOotacv eXuo6e{^ A 1034 II
Hom. ^iffY^vov ippaCoOv] IT 339 II
liappaitti: ^etve Bc^ppaiaev, xptv RoX/tda y^^^ IxioOot A 33 II
Hom. xd^YX^ Sioppdaei ß 49 II
{xif 995 xaxi) tko xtjpt 8iappatia6dvTa^ {SeoOat F 702 IV
Hom. tdt/a V fy[u StoppocCaeoOai iun Q 355 IV
apptjTO^: dppi^TOuq oYccv^fft TeXec^optv^at Oipitara^ A 917 I
Hom. in der 4. Thesis ^ 466, Hesiod. £«
4 II, Arat. Phaen. 2 I.
Stadien inr Teehnik d«s iiMlihomaiiiekMi heroiaehan YerMf. 775
^ppeev: aXXT]x,TOv daxpöouct * xa d' Ippeev ioxcr^h^ aSru)^ F 805 IV
Hom. n 110
^69oea6ai xaXdcov * xora 8* Sppeev doxaX6a>vn A 1703 IV
tb^ ^ocP) (JLuSc<i>oa V dhcb xpob^ Ippee Xa/vr; A 1531 V
Hom. N 539
ß a Ouppe{(i>v: oupa ßaOuppeCovto^ 119* slafjLevoT^ ^Xidoio B 795 II
i^i^vo^ iC£8(ov Te ßa6uppe{ovTd Te KiX7n)v B 659 IV
Hom. ou8£ ßoOuppetTao [Ji^a oOdvo; 'Qxeavoio
<I> 195 II
1^ 6 p p o 0 ^ : xat ^corafAbq Tp{T(i>v i^ 6 p p 0 0 ^ (Merkel eupuppoo; nach
Meineke), 2) &jco Tcaaa A 269 IV
sireppoi^: TUfO|Jilvou 4>a^0ovTO^ i^ippoai 'HptSocvoTo A 623 IV
Hom. i%ippüi i^6t' JXaiov B 754 IV
e '3C ep pcoovTo: '^cXo/t^oi ßoTpu^evreg l7C6ppa>ovTo xtdvri B 677 IV
vi^vefjiov axa[JLcrnf)9tv ^?cepp(i>ovT* IXityiatv B 661 IV
^({A^a 8i v^* ^ictßivre^ eiceppd^ovV ^Xirgatv A 504 IV
IcTov • iü5^aTt)ffiv dx€pp(i>ovT* ^XatTtjffiv A 1633 IV
Hom. T^iv 2(i>8exa icacai e?rspp(i>ovTO Y^vouie^ u
107 IV
Xetpe^ ^X6pp(i>9avT0 7:ept aO^veV cr^pt^öuiaat F 1258 U
Hom. ^o()'f<xiQ(, 3' ^ppu)aavTo 4» 3 II
vEt66ev £5 SSpr^q, ^wl 3' epp(ji>aavTo TcöSewiv A 385 IV
Hom. ^weppt&ffovTo A 529 IV
•:;spcppir)8i^^: i^piice S* apL^or^potai icepippY)^^^ xepieaTtv A 431 IV
Iot' äv dfvü) T6(vT)ai • icepippYj^Yjv 8* iTipcooe A 1581 IV
Hom. 7:6pippt)87j? 8^ xponcdllt) x 84 IV
xoXuppTQv: df^X* ^^ vatetioüai woX6ppT)V£(; TtßapT)vo( B 377 IV
Hom. h 8* dcv8p6^ vaCoucri xoX6ppT)ve{ TcoXußouxai
I 154 IV
SppiY^' *^<P ^PP'yTI^'^ dlpefova 9(5Ta [xeTeXdetv F 438 II
Hom. 5(ppa ti^ ^ppt^TJ^^t F 353 II
l[i.Tqq V ip-f a{8v]Xa xaxepptYiQCjev !8io6a( F 1132 IV
Hom. Ata? 8' eppfr^ae 0 436 II
i, pp i^^^^"*' vü)Xe(jLi? epp(!^(i)6ev '3 8y) xai (A6pai(Aov ^ev B 605 II
Hom. xal IppC^co^ev IvepOev v 163 IV
XiovdSe? ipp{((i>VTai dtXCßpoxoi * i\xi^\ ik Ti)(nv B 731 II
aT ^i TS xa9iü)v 'jcavuiu^pTarae ^ppC^coYTa»* A 1122 V
arce icopcEoaov £xt;Xoi Iv oSpeviv lpp{!^(i>vTat F 969 V
Hom. Svöa 8^ ol woXOxapico? aXcÄ)T) ippOitaxai yj 122 V
776 RBick.
dTcoppCzTw: SlW tfpeaV elq Ipyov, iTcoppC^J^avTeq hioQ B 884 IV
Hom. iicoppi^TTza xeXoCixT^v I 517 IV
ixCppoOo^: [atJti^ eTctppoOo^ Sorat ^epfOfjiivoc^tv diuri;^ T 184 11
öq ^' l^rj • TCflEyrsoat J' ewCppoÖo? -^^ave (tiTTt^ B 1068 IV
loxo) 8' ouTiva jjLijTiv Äic(ppoÖov dXXi xe ^eia B 225 IV
[jL?)Ttv xop96va)(jLev l7c{ppo6ov, eix^ hcauikcoa. B 1050 IV
0? K6TCp(v xaXeoufftv i^(ppo6ov a(A(Ai irO^eaBai F 559 IV
ou wjou^, Ol» ic6pY0v e^cippoSov, oux dXsu>pi^v A 1045 IV
xfiia^ dryscv xp'^<7eiov e^ippoOoe d[jL)jii :7eXsa6e B 1193 IV
Hom. To(tj ol licCppsOo? ^ev 'Ae^vr^ A 390 IV
l\
^uxoppaY^<i)v: TbvS' Irapoi eici vv)a ^äpov tl^u^oppaY^^^'^* B833 V
Vgl. Hom. ilwcepparpj 6 558 IV
^YX^PP®®^' 8etvbv epeu^ovrai • [xsid xbv 8' ^yX^PP^o? Tp*'? B 367 V
Xeixov "AXüv Tcotcqjiiv, Xeilcov 8' ÄYX^Ppoov Iptv B 963 V
Hom. xocXXippoov OScop B 752 V
eic(ppi^8v;v: xexXopiivcDV, xa{ ^' ourt^ eTctppi^SiQV ixer^encev B 640 IV
Niffflttoici xe ^oißo(; dicippYSBijv IXieaOac B 847 IV
Hom. vom selben Stamme ::apappr|TOc I 526 IV
vgl. StappT^Stjv Hom. Hymn. III 13 IV, izipp^li^
Arat. Phaen. 191. 261. 465 IV
xaxapp^l^ü): x^^p't xaxapp^^affa SoXofpoauvrjatv ovoJYev A 687 II
Hom. 50t xivreq exipp^^^ecxov 68tTae p 211 IV,
Eallim. xoroppdl^cov Hymn. III 29 II
xaxoppixTT)?: ul^ai; ^pC^oio xaxoppixTTjaiv 6icy)8o6(; F 595 IV
Vgl. das oben erwähnte hom. emppiCs^^-
xaxappeTci;: IvSev S' autCx' Ixetxa xaxappe^^^ looino )^|u
B 593 IV
Hom. happiTf^ S 99 IV, Kallim. raxapps:^
IffouTo xüfxa Fr. anon. 116 IV
ßa66ppiCo(;: eu Siaßd«; ' ice^deev 8^ ßaOuppi^öv ^epioOaov A 1199IV
Hom. 7cp6ppt2^o( A 157 I
e6ppT)vo^: Tcip^icotv iuppY] v 6q xe xal eußoxo;, Iv6a npo)JiiQOeu^ F 1086 H
0^ 86 ^epou; ''A8|jly)xo? düppYJveaaiv oviooiDv A 49 IV
Hom. icoX6ppTQV6^ I 154 IV
II.
äTctXXsißw: AtcjovtSri; Y^^val^ex' iztXXstßwv lepswiv A 1133 IV
L ixtXetßwv.
Studien znr Technik des nacbbomerlschen beroiechen Verses. 777
exiXXetßoi): Mwp alOoiievototv ewiXXsCßovxaq Rovto A 1721 IV
Hom. S^pa X£(i|/av^e xtoC-njv 0 285 IV Hesiod.
5q xev T7)v fewCcpxov dxoXeC^'a^ iTuo(ji.6oG7) Th. 793 IV
Eupptvo?: (1)5 y 5t' Ivl TpTQTOiaiv süpptvoi /odvotatv (^ucai x«^'^'''5wv)
r 1299 IV
Hom. TCfipl 8e ftvot [xtvuöouatv [x 46 IV, vgl.
Eraped. Xiöopptvo)v ts xekia^^ib't 301 IV
^oX'ippivo?: äv 5e xoX6pptvov vwiia aaxoc, Äv 8^ xal efx®? '^
1231 II
Hom. w(j6 8' ÄTub f)tv6v E 308 II
eupptv: XdeOpig eupp(vb)v xs )cuv(i)v aÜTb>v t£ voijltqwv B 125 II
Hom. azi^e xora ^tvaiv T 39 II
IIP.
iXXaxov: o?|x^v ^ap itoöt toOtov, 8v IXXa/ov, oTtovSXovto B 881 IV
Hom. Hymn. V 87 IV
iXXtwe: T^ixiriot • Xtap^ yap uwb xv^^o^ IXXiwev aupt) B 1032 V
9i ^a >tat ^XXiws 6ü)xov • e^wfxipnfjffs 8' Aötijvy) F 111 II
£V£XXii:6: xY)Xif]6[ju^ • to(y)v c^iv dvdXXiicE öeXxtuv aoilfiq A 515 IV
Ausser Kallimachos, der Fr. 198. 2 IXXt7£
4>uX£t V bietet, ist Äpollonios der erste, der
sich nach Analogie von IXXaßf diese Bildung
gestattet.
Nikandros.
£XXtTav€ü£: ouXobv iXXixivfiüfi xaxtj diraXaXx^|jL£v aTt; Ther. 352 II
n G dXtTiv£ü€5 bei Homer haben wir X 414
xivT«^ Sfi XtTavEU£ II im Vrat. b, aber 8' £XtTiv£U£
bieten D E H L S Lips. Cant. Townl.Vrat. d; t) 145
haben 8' aiTiv£U£v ACLMQV, dagegen DIK
8^ XtTiv£U£v; Aristarch schrieb das letztere.
avapp/|§(Z(;: Xat^i^g, %hßa<; dvappi^^ai; lxo(T£p6cv Ther. 477 IV
kom. H 481 II
a::oppü)s** «Ypsuffst? S^fiXo? ^€pM»)ctov • ?v6£v anoppci)^ Th. 518 VI
Hom. t 539 VI
::cXuppaY>5<;J "^[J^? 8y) woTafxow xoXuppaY^o? xata 8iva? Th. 59 IV
Hom. r:eppdr(r^ U 300 IV
n
778 Bitcii.
Th. 828 IV
Hom. Stoppat^ai {UfAObha B 473 IV
dlicoppe{(i>: adpxeq aicoppefouat «eXcSvaC Te l^ofepoi te Th. 404 II
Hom. atfJLa icep(pp£e t 388 IV
a((A6ppoo{: cfjpia S^ TOt 8ixeo< ai(jLopp6ou olxtzi^ evioTcw Th. 282 IV
Hom. ßa0upp6ou \hceacvoXo S 311 IV
«({Jioppof^: |xi^ iroT^ tot Oi^Xet' aljxoppoU ^'ov sveir, Th. 305 IV
Dem angeführten Adjectiv analog gebildet
laoppeic^^: ^tl[ea Xecifvaio, f^pot^ S' iffoppex^^ ctxßoq Th. 646 V
Hom. Iicipp^ S 99 IV
eupuppil^o^: Kcaaou 8' ofXXore xXiÜiv^ eupupp((ou xoExfrotoi Fr. 74.
17 IV
Hom. xpöppci^ot A 157 I
H.
(jL6X{XX(i>xo^: Guv ^k [k&'kiWiii'zoio v^ov GT^^dc, ^8' 5^9 xxj^:
Ther. 897 II
Hom. xa{6To 8^ Xcoid? 4> 351 II
Xi^spp(vO(;: f|V Se XixoppCvoio Tcorbv SuciXuxTov ii^ Alex. 537 II
Hom. &c€ 3' OL-Ko piv6v E 308 II, vgl. XiOoppivur*
Emped. 301 IV xoXupptvov Apoll. Rhod. F 1231 II
eOpptvoi Apoll, r 1299 IV
appuTCio^: 1^6 xai dpp6i?T(i)v, 6i76Tav Xo^tq ou^iBa xponvyj Alex. 469 II
Hom. vuv 8' Sttc ^incdo) <{» 115 11, vgl. icep{pp/s^
Krates Fr. VII 2 IV, dwoppwtecOai Emped. Depi
<I>6<;. 453 II
IIP.
6 7[eXX6l^(i>: ^pa §^ stciXXu^^cdv iXofJ x^^^^*^^ ^ Alex. 81 II
So V, und dies conjicirte auch Bentlej; (die
meisten übrigen Hdschr. lmXXQ[a>v). Nikandros
hat sich die Doppelung der Liquida im Inlante
offenbar gestattet nach der ganz äusserlichen
Analogie von stc-iXXQ^u) bei Homer, das er selbst
Ther. 161 braucht.
7Uvepp3 6iY^<^^^* §apSairrci)v, bkodiq 8e auveppaSiY^i^^^ ^^^
Th. 194 IV
i\)ppT^•/oc: fi[L\j^vi^ y.ai y.ap7:c^ suppT^j'/^'^ zaXtoupou Th. 868 IV
Studitn zur Technik des nacUiomMiiiclieB heroiiohen VersM. 779
Corrupt ist:
xipSoiJLOv dfppivov Tc (uXipii^uXX^v te ^tvrpcu Fr. 84 11^
wahrscheinlich ist die Correctur von Casaubonus xip3a(A\ ovip-
p(VCV TS XtX.
IfumenioB.
I».
epp(l^ca>Tat: fuXX(a>v 8' ood* itmapza xd V IppCl^coiat apo6pai; Fr.
XX 1 IV
Hom. Yj 122 V
Manethon.
I».
iXXTjxTO^: d!XXr|Xtov xafjiaTOtctv it^upot^ f6tvu6ovTe{ III 252 I
Hom. B 452 II Apoll. Rhod r 805 I
:coX6XXcTO{: ti} [x' dbcb yäo^o? 2?iQV6 woX6XXtTo^ ElXeCOut« VI 741 IV
Hom. ':coX6XXt9Tov e 445 IV Kallim. Kapvete
1C0X6XX1T6 Hymn. II 80 IV
B(9(jieXeVaT{: vt]86o; d^^Xxouoi 8ia(ieXeioTc ToqjiovTe^ VI 42 IV
Hom. 8ia{jLeXeVoTl Td(jLY]<7iv a 339 IV
£jvvir)To^: iffTOüp^oü^ Teuxoufftv duvvT^Toiat j^koiatv VI 132 IV
Hom. iuvvtjTÖv T€ xi'föva 0 580 IV
ippi^xTO^: Moipo)V dippifxTOtot {jl(to(c OeqiioTai t' 'Avi^xi;^ I 7 II
xXb>qjia(9iv ippi^jXToiai aiSiQpefeect t' irpixTOic I 202 II
Hom. B 490 II
SeqAOtatv \Kh SSiQaov Ibv Sifjia^ ippifxTOtaiv I 240 V
epp aC^OiQv: x6|iiaatv ippaC^OYjaav f) h ?coX^{Mi) xpu6evT( III 256 II
Hom. ^äloYavov IpporfoOv] 11 339 II
xppiQTO<: xal Si xat d^ppi^Tcov [auoto^ TeXsTt&v (Aoxipcov Te II 197 II
i) (xi^oi dl ppi^T 01(71 ^ou^ xocX^ovreq d^oiSai^ VI 475 II
dppi^TOt^ IpYOtai (Aia{v£Tai, 1^' I1?' ^Y^^^ ^ ^^^ ^
Hom. dtppT^Tov ^ 466 in 4. Thesis, vgl.
Hesiod. E. 4 II Arat. Phaen. 2 I
1\
Bix&ppaf (t;: xal 8i it%oppa^lri^ deSon^x^req elv «YOpi^Tiv II 296 II
Hom. xaxoppaf(7jg dXeYetvi}^ 0 16 IV
ixdpp^co: ^ xxl df" 'Epjjidcovo^ cc^oppdi], S{x7c«Xc 8' i^^ II 461 IV
evoiv^o^ Te tt^atv * dicoppeCouaa 8i to6tou II 445 IV
'rcXvjai^j; 8* oxTicrtv ai:opp6(oyffa Rp6voto V 115 IV
780 Rzftch.
oLTzoppiiii: ijfJLog 8' äv Ilupdevro^ Ä::oppeioüffa SeXi^ VI 665 TV
Taa ik xai ouvioucy) d^oppeCouG^ denb 6o6pou II 473 lY
el 8d t' dwoppe{t) |x4v die' *Apeo<;, sTt« cuvöbrnj II 474 II
Hom. z. B. ETcipplei B 754 IV, vgl. jedoch
Nikandr. crdpxeg dbcoppeCouat Th. 404 II
Darnach ist auch gebildet:
div6ppoia: ^i^ei 4v SioffYjgtv axoppotaig oirva^aig te II 439 IV
Vgl. Emped. dTCOppoaf, Ilepi 4>6c7. 337 FV
iGOppoTTO?: *Ep[Ji€(a? 8' ^)v toiaiv tffdppoTCO? dv-njoetcv I 24 IV
Hom. eicipp^^ S 99 IV, aber tooppszi^ Ni-
kandr. Ther. 646 V
xaTappiTUTeo): YeiTOVtt) OovctToio xaTappixTOüvtag eourou^ IV288 IV
Hom. dcvappCicreiv dXa ^S(j) y} 328
IIK
exiX^Yh): oaaa B' exiXe^(i>9( OeoC, Ti8' t((a adfa Xi^u) III 233 II
Vgl. Hesiod. 'AjjupiXoYfaq tc Th. 229 IV
im.
i'jppuöjAoq: ^ {Jto'JOYj^ STTcovr« Iüppü0|xoio XGpt;; te l 60 IV
DorotheoB.
IIK
IXXa^e: öxtü) 8' eXXaxe fd? xpdkag |Ao{pa<; RuOipeia 26 11
iv to6tci) • S-rfXßwv Ik jAer' our^v IXXa^e pwCpo^ 27 V
ZT{Xß(i)v Iv TouTw xpoTepot; S5 ^XXa^s (xoipa^ 30 V
S5 8' £xet 'EpjJieCa^;, xu|xiTa<; 8' S§ IXXaxev "ipt;? 39 V
T£(jffapa<;, irrd 8' 'Aptjq • xuiAdrai; 86o 8' IXXa^s 4>a{vwv42 V
xivre Zeu; faeOcov, xüfxdxaq 8* ^5 eXXaxe ^ivwv 49 V
Hom. Hymn. V 87 IV Theokr. Id. XVI 46 V
Maximos.
I\
extppi^aab): dnfjpd? xaXdfxag f, ^TCippiiffffOüaa yjxCi^aq 112 IV
Hom. exippT^^affeaxs xai oTo? Q 456 IV
exippexh): if^^v 8^ tiq oXXyj vouao^ dxippswY), el [Jilv 4v i^oi 179 IV
Conjectur Ludwich's für das verderbte exi-
ßpd(jLX£( [kh des Cod. L; Koechly schrieb ^tßp^{^Tn
doch verwies Lud wich mit Recht auf Oppiao. Hai.
II 620. Hom. V^^ *' «^-^? SXeöpo; £xtppewj 2 99 IV
Stadien zur Technik des nachbomerUch«!! heroiachen Vene«. 781
Euphorion.
l\
CLVm. IV (Mein.)
Hom. TcepippüTo? t 173 IV
I\
aXXtaio?: [Aouva? ÄXXtaioto -rcuXa? Sßov 'Ai8ov?jo? Fr. L 4 II
CoDJectur von Meineke statt des herge-
brachten aXi^oTOto nach Anth. Pal. & dXXijr' AfBi]
VII 643. 3; vgl. Meineke Anal. Alex. 91. Hom.
TCoX6XXwTov e 445 IV
BhianoB.
l\
eppiyijiq: ippi^üiq, 56i t' ov^ps^ lye-MioNOi xopecoatv Fr. ine. 7 I
Hom. ippi^si ij; 216 I
P.
kxzp6ppoi:o^: dcvOpuyicoe, ^ipo\kv* ii OecSv iTepdppoxa Scopa Fr.
ine. loc. 2 V (p. 199 Mein.)
Hom. iicippiTf^ H 99 IV vgl. Nikandr. idcroppe^^^
Ther. 646 v/Maneth. Wppwco; I 24 IV
Farthenios.
I\
£ppi^5«VTo: ßc68ea xapOevixal MiXtjffCSeg ^ppi^ 5« ^f o Fr. XXXII 6 V
Hom. Ts(/60<; ippi^^ovro icOXob; M 291 II
III».
Conjectur von Meineke:
zWiTzt: TYjv ItA FaSetpa IXXiwe OtqjxooOvtjv Fr. XXV 2 (Penta-
meter) IV
KalHm. IXXwce ^uXeT Fr. 198. 2 V
Alexandros Ephesios.
II.
Conjectur von Meineke:
c'jpp IV : ^pov6(AO^ wdxXtjOev luppCvwv iXs^devrcov, Meineke p. 375 IV
Hom. xora ^iv(5v T 39 11^ vgl. ApoUonios
XdfOpiQ eupp{va)v te xuvü>v B 125 II
782 BsAoh.
IIK
iWax^i u4«0 V dfXXoOev SkXoq uicipTotrov IXXaxe xiixXov 1 V anf
p. 372 Meineke.
Hom. Hymn. V 87 IV, Theokr. lA XVI 46 V
eX X a/ e V : Raoicecpoc [uta fuXa xi t de^rroq IXXax^^ 4<>>< Fr. XI SV
Vgl. Theokr. Id. XVI 46 V
Fhilon.
IIP.
IXXaxs: l^Y^vo? «(voy^voio 7coX6(i.veov EXXoex^ x58o^ Fr. I 7 V
(Düntzer II 93)
Vgl. Theokr. Id. XVI 46 V
TheodotOB.
I\
SXXaße: xdfpa ik xal Aeulv (jivo^ £ox^^^ iXXoeße x^*^^ ^ ^
(Düntzer II 96)
Hom. r 34 V
xaxoppocftrj: SXXoOev aXX' Mr,^ xoexoppa^CriV xat eSexTo 23 IV
(Düntzer ^aOev)
Hom. xaxoppaf{Y}{ AXe^etvisq 0 16 IV
IIP.
IXXaOev: iXXoeOev dXX* iv6iQoe xaiioppaf(i]v xal ESemo 23 I
Nach SXXaße neu gebildet
Fhüetas.
ni\
iWay^t: eXXax^ ^ ^vO^ojv foEpiAoxa {Aouvog ^ee Demet. Fr. 12
(Pentameter) I (Bach p. 25)
Gigantomaohie. '
l\
avappij^ai: oreuto Bl yoiov SXtjv piev avappi}§ai xeved^vwv 61 IV
Hom. ßNopp^fyiq H 461 II
1 Nacli der Edition Koechlj's im Index lection. von Zürich 1861, i». 19 sqq.
Stadien nr TwbBik des nachhomonsohaii berouehan Yen«. 783
a^oppi^i^a^: Tdipov awoppi^la? JXow ixsOiQX£ ^fyocni 74 II
Hom. (koppi^gag Z 507 II
icp6pp(2^og: TCp6ppt(ov TcoXiemtv epstSo|jiivv]v bpieo^i 59 I
Hom. TCp6pptCo< 2 415 I
DionysioB Feriegetes.
Tp{XXi9Xo^: &inc6Te TpiXXCaTcov [xeTexCoOev lOvo^ lßi4p(i)v 485 II
Hom. nur in der Senkung ianoatri tp(XXtoTo<
iir^XuOe vug ipeßevvi^ 6 488.
av^^eXo^: oTov St' ÄvsfiXoio iC i^ipo^ slSerot deorpa 531 H
Hom. xditTOTae avi9eXog C 45 H
i\)ppa^'^^: Zeuq odtrbv Ai6vu<7ov luppa^ioq xapa (JLiQpou 940 IV
luppoe^^eaat SopoTaev ß 354 IV
Irtppiio: ^aux^ xo^Xi^ovro^ exippiei dr^Xacv t»Bü)p 838 IV
Hom. iwippiei B 754 IV
xaTappib): ev vop^, ,auT6(jLaToc ik xaxippeov 5$aoi X((JLvat 943 IV
Hom. xorappdov e§ fa>T6tXiJ^ E 870 IV
oL^dppooq: l^eir^^ S' liui Z6pTt<; dcYoEppoov 6Xxbv ^XCoaei 198 IV
ot 8' öxip 'EXXi^aTcovTov ÄYappoov, ol 8' inc^p owrij? 325 IV
Hom. Saoou^ 'EXXi^oxovro^ d^^PP^^^ ^^^< i^et
B 845 IV
ßaOuppoog: (JLvi^<70(JLa( 'Q)ceavoTo ßa0upp6ou- Iv ^of ixe(v<i) 3 IV
Hom. ßaOuppöou 'Qxeavoio z. B. H 422 IV
x(zXX{ppoo{: dcYx^öi iniYiwv xaXXtpp6oü ^HptSovotö 289 IV
Hom. xaXXtpp6(i) X 147 IV
eupp£{TiQ(: 66(xßptg i u p p e (tiq q , icoTa[ji.cii)v ßaacXe^rorro^ d(XXü)v 353 II
TiYpt? £üppstTY]^ ^opiei p6ov Taov iXauvcov 984 H
SoevOoU llCC lUpOXO^OCV £upp6(T0U 1COTa{JLÖtO 848 IV
fort ii Ti? ÖTfjTjTb? euppefxYjv irapa rä^YT'l^ 1152 IV
Hom. irepircoiot ATyuwtov 6upp€{T>)v Ix6{ua6a 5 257 1 V
roXuppnjv: Soupai^ou? • töv 8* acf/i xoXuppijve^ TtßapY)vo( 767 IV
Hom. I 154 IV, direct nachgebildet dem
Apoll. Rhod. B 377 IV ccf/i ik vaeeTioucri xoX6ppr|V€^
TißapT)vo(.
ippH^tnxai: 4) ^d t£ ZexeXivjg ixt xopOpißog lpp(C<i>Tat 80 V
I5s(r<(; y 4x1 t^üi Atßupvße? Ippf^covtat 491 V
Hom. ippC^taxai iq 122 V
784 BsaclL
ippayfl^i teCx^aiv äppayi&aai Ze(Aipa(Ai^ eot6favb>9Sv 1006 11
Hom. ime^drfri Q 300 IV
xaTC^ppuToq: aevöeot^ 7COTa(&oifft xatippuToq Iv6a xal IvOa 1124 IT
Hom. 'icepippoTo^ t 173
ni».
IXXaxe: oü jjl^v e^nüvupitTjv |x(av IXXax?^? ^^' ^^ öcoorij 647 IV
At6Xou, 5a 6iQt;Ta [jist" dcvSpiatv IXXa^e ScÄpa 463 V
ävt' Äpet^q • opeTi; y*P ÄXT^porov SXXaxs tijii^v 548 V
AtY«tt) 2ix£Xtj T* • ovefxov 8^ xot fXXa^' ^»«aiYj 401 V
UepoiSt t' *Apaß{t) x' • ävefjusv 8^ xot IXXax' ^xim; 929 V
oXXo 8£ TOI xai 6au(Aa jjl^y' ^S^X®^ äWay^ äietviQ 935 V
TG) pa xat aXXotTjv ^uapLOu ^uaiv IXXax' huim^ 1175 V
^ircflnc6poü NeiXoto vevaqiivov sXXaxov ocru 264 V
Hom. Hymn. V 87 IV, Apoll. Rhod. B 881 1\^
Theokr. Id. XVI 46 V
OppianoB Syros.
I\
eXXiaaovTo: '^pvKiav; iXXCaaovTO ßuOob^ oxiTOtoc tctpri^ai Kjneg.
rv^259 n
Hom. £XX{<x(Tov6\ b ii {jloXXov ovaCvsro I 585 I
iu{jL(jLeX(iQc: Nipia xal Nipxioaov lufjLfjieXtiQv 6^ Tixtv6ov Eyneg. I
362 IV
Hom. iu(jL(jLeX(Y}v Eu^opßov P 59 IV
dexoppi^^«^: 8eqjLi V dicoppi^^avTe^ ?tiqv [uyiXa xpeiiiOovre^ Eyneg.
I 263 II
Hom. 8e9[jibv dbcoppi^^a^ Z 507 U
eupeCTY;^: oorcdip iupeiToeo icop* Sx^ot^ Eu^pi^Tso Eyneg. IV 112 II
Hom. voie 8e Zotviösvto^ iuppeiToo i»p' 5^^
Z 34 IV
ÄppiQTo^: x^^')^ ^' ^ippi^'fiQV lepb? X®P^? i&ipoiaaa. Kyneg. IV 255 ü
Hom. in Thesi (ippr^TOv 5 466; vgl. jedoch
Arat. 180 II Maneth. II 197 II
Ippt^a : ou8^ icot' ippt^afftv kr^q ev «y^vi YevdOXt)? Kyneg. H 134 ü
Hom. ipptYD^t T 353 II
xat f6t(jievat y^P ^(^ ^OifJievov Xuxov IppfY^^t Kyn^. III
287 V
Stadien snr Technik de« nnehbomerisehen beroischen Yanes. 78o
ipptl^cotac ov}(jia 3' l^iQixepioeaiv ipi^paik^ ipp{!^(i)Ta( Kyneg. III
381 V
Hom. t) 122 V
eppt^ev: hf^k 8' iX(i)9Y2(rav • tou^ §' Ippt^ev deXXov eic' oXXo) Kyneg.
IV 350 IV
Bei Homer im Simplex nicht in der Arsis,
z. B. Sffoov Tt? V Sppt^j'e 5t 845; dagegen in Com-
positis, z. B. dvepp(Tcoüv v 78 IV
I\
icpü>T6ppuTog: [toJ^O"^ ipe^oepiivY} xpcoiöppuTov uldt Zy;v6^ Kyneg.
IV 234 IV
Hom. TCep(ppuTo<; t 173 IV
n.
iupptvo^: xat icaffov ortßeeaotv lupp(voiat xüvewtv Kyneg. I 463 IV
l'jpptv: Rpts;, aüToXuToig cuv lüpfveaat x6v£wiv Kyneg. rV357IV
Hom. ori^s xorjc ^iv(ov T 39 II Apoll. Rhod.
Xi6pY] SUpp{vb)V TS XUVü)V B 125 II
Tavopoit^o?: ßaXX6[xsvo? TTJXtvYJoi Tavupofl^Yjaiv axcoxaX^ Kyneg. IV
195 IV '
Hom. TCoXX^ 8^ ^ofi^o) e 315 ü
ni».
IWaxe: BwrovfSo? 9pY)>tY]q • dtop IXXajro^ sßs« toT« Kyneg. II
161 IV *
aXX' iXi^ov Tou'wwv yi^oq IXXax« jAupto^ o!« Kyneg. III
34 IV
auxap 6 •^v^uHmtd^ 6e66ev xo-jcep eXXa^e Söpov Kyneg. II
284 V
5uv3t li T 5affa icdXouatv, 6|jio&q<; IXXaxev ciS^? Kyneg.
IV 42 V
Hom. Hymn. V 87 IV Theoki-. Id. XVI 46 V
£7:T|jLuo>: ci)TeiXal 8' IxiTepOev dTCijJLioüoiv 486vt(i)v Kyn. U 290 IV
tot 8' 1^01 o6(jL7a9av eici(JL6ou9( (xlvovre^ Kyneg. II 575 IV
fi^ xat ÖTJpe? dfvsncTe^ iTCi[i.6ouatv iiccoicd^ Kyneg. IV 144 IV
Ineert. Idyll. xÄv iXC^ov vuitTo^ ti? 6TCt|jL6aat)<n HI 4 IV
iroXuppaOtfYO?: tou? [a£v vuv icpoxöfjci woXuppaöiYOw icoxafxoTo
Kyneg. III 21 IV
Nikandr. iXoo^? 8^ auveppaOiyiQffev Mouoi
Ther. 194 IV
J
786 Rxaeh.
Oppianos Kilix.
iico'k'k'^^eiv: i^i V ÄTcoXXi^^aaa xac &(JL<3cve6aaaa (JisOoto Hal.I466n
Hom. oOx^' dbcoXXif^eig x 166 II
appiQxxoq: ippi^^to) 9uv^8v)aa(, dcvorpurft] S^ exdpetao; Hai. 1 146 1
Hom. dppifxtouq dX6Tou^ 0 275 I
dicoppi^^eie: ^ixaXia^, (at)8' I0i>{ Äicopp'^^ees oßv^pov Hai. V 144 IV
Hom. 8e9|jibv iacopfrffyiq Z 507 II
3iappa((ii: S^cya i\ 67nc6xe vija dcappacaOeiaav dcfXXoo^ Hai. IV
406 IV
Hom. x^x« a^ {A£ Stoppocicooa'. xat auxsv a 251 IV
xaxappifa): xoO Se 3ai![o|jiyoio xotxapp^si &({»ca SeapLOJ Hai. III 538 IV
Hom. xotoppiov d§ (i>x£tX^{ 1 149 IV
icepipp^co: ^pTcu^^ei, icivxv) 8^ iceptppiec dbcp€)jiivea9ev Hai. IV 295 IV
Hom. cA[ka ^epippse ( 388 IV
e^ippi^fa): xotov ^op 8ixo^ aivbv dxippsTcet, ou3* ceviijac Hai. II 520 IV
Hom. ^ipp^ S 99 IV
eictppifa^ci»: o7 (jliv iictppi^aaouaiv u(jL€pf{aXo( x^ iXoof xe Hai. 163411
Hom. ^iRppiio9e(Txov Q 454 IV
Ipptl^covxoei Zeu ?cixep, ^ $£ os xivxa xat äi oiOev ippd^cavTs:
Hai. I 409 V
Hom. €ppi((i>xati vj 122 V
ipptl^üiaev: iXX' 5xe (aiv xai SdvSpov ixci)vu(&ov eppiCcoaev Hai. III
406 V
Hom. IppB^iOdet ivepOev v 163 IV
P.
Stapp<«>S: dvxpo^uetc, xeuOjAiocrt iiappiaya^ OoqxiEovt Hai. III 212 IV
Hom. dmxoel dhcopp^Ye^ v 98 II
TupoiQvou i?6vx9to |JiioT) 7cop8[jbOio Siappo)^ Hai. V 216 VI
Hom. lotiv i7coppci>§ B 755 VI
[Accoppavi^«;: dvipöEa'.v, 8; xat rpona [i-ecoppaY^«? xeveuva^ II 31 IV
Vgl. Hom. appYixxo? 4» 447 IV, rg\, Nikandr.
xoxaixoTo xoXüppoY^o? xaxa 8(va< Ther. 59 IV
xoXuppatffXT)^: b)^ Se xoXuppaicxao v^^^ noXejJLOto fu^ouffa Hai.
I 463 II
Hom. xxY^pLocx' dicoppxbei a 404 II, vgl. Nikaodr.
iXeppoRffXTjv x£ 8p4xovxa Ther. 828 IV
Stndiea zur Technik dea iwchhomeriMkeD beroischea Vers«t. 787
dicc ppatvfa): Tpeß6(i£vot Oopbv uypbv (xxcppaivou9(v SiaoOev Hai. I
494 IV
Hom. ippolSor' M 431 I ; vgl. Theokrit OaXXw
iicepponvetv Id. XIX 98 II
doXoppafi^^: |jiiUp{a V oi6\a ^ola SoXoppaficov Xiva xöXtcoiv Hai.
m 84 IV
Hom. iuppofieaat Sopotjtv ß 354 IV
^totppita: dvTovuec, jjtdavo^ ik iiappiti i^uxe XaifO^ Hai. I 346 IV
irpaX^ (jLupaiva 8 tapp sei oTdnu£p &3(i)p Hai. I 273 IV
Hom. dwippiei ^6t' IXatov B 754 IV
OsoppuTO^: eiT^ dcpa xal XuOpoio 66opp6TOu Ix^^^^H^^^ Hai. V 9 IV
Hom. w6p(ppvno; t 173 IV
xaXippota: eÜTS Y«p ^v 8(vY)ai icaXeppoCtjat ÖaXaccnj? Hai. I 778 IV
Vgl. xixXipp6o) X 147 IV
xarapp^t^b): ^a xaiapp^^euv iicixXCvo'. ts miC(*>^ Hai. IV 611 II
^xa xaxappdl^eaxe f'.Xofpoauvv)a(v SToipov Hai. V 481 II
Hom. i^cipp^i^eoxov 68tTat p 211 IV ApoUon.
xorroppi^aaa A 687 II
xaToeppexe^: oxepx6[A£vov, pioXißci) ts xaTappe^c^^ i^Se aiSn^po) Hai.
IV 543 IV
Hom. £TCtpp£7CY) 2 99 IV Apollon. xaroppewi?
IowTo xufxa B 593 IV
icaX{ppo iß$o<;: iXxo|x^vY] Sivt]9t TcaXippotßSoKTi XapußSi^ Hai. V
220 IV '
Hom. divoppotßSeT piiXav DScop (jl 104 IV
IL
ippoll^yiat: orig 8' äp' kiA ^yjjiTvo? föv v6jjlov ippoi^t^at Hai. I
563 V
Hom. xoXXt) B^ ^oßjcp t 315 II, vgl. Aratos
happoil^&Joi Phaen. 969 II
III».
IXXaxsv: IXXaxev, i^i [xtv auTb<; ^Xü)v iToptacjaTo Oupu^ Hai. V 93 I
Hom, Hymn. V 86 I
iici|A6«»: 5(&|Aarc' lxi[jL6et, auv 8^ oröfiLa xafjiTcav epeiSei Hai. II 110 U
Incert. Idyll. eicijAüaoYjfft III 4 IV, vgl. Oppian.
Syr. Kyneg. ^irifjLÖoixrt 11 290. 575 IV 144 IV
TQoXitppd^ayoq: Sova icoXuppaOc^Y^^^'^ ^^'' oxtXiSeoat f6ovTa(
Hai. V 652 n
Bitawifftbtr. d. phll.-hift Gl. ZCY. Bd. UL Hft. 51
^88 Biach.
Hai. I 383 IV
Nikandr. wntppaAdrffiae^ biown Ther. 194 IV
Oppian. Syr. izohjppaMrpu votoliuHo Kyneg. III 21 IV
IIP.
deXXuTO^: i^ipa ts oxtiouct xal aXXuTov 5y(jiov ix^uciv Hai. I 625 IV
Homer hat nur £k\rzo^ : ippi^xTou^ dcXuiou^ (xtSa;)
N 37, appr^xiöv V 5Xut6v xe (weipap) N 360, opp^t-
xou^ dX6xou^ (SecTfjboug) 0 275.
Markellos Sideta.
8 tapp «((!>: ac^pxa Seappaiouaiv, oel S' dTfcevomv dfrparrov 80 II
Hom. vija 3tappa{oi>9t (jl 290 H
EudemoB (Antioohos) Theriaka«
P.
{aoppexi^^: ouv xcd B' ^picuXXou xXcovo^ taoppeic^a^ 4 (Pentam.) V
Hom. ixippiirv] S 99 IV, vgl. Nikandr. hoppszk
(JxOo? Ther. 646 V
AndromaohOB Theriaka.
P.
iicoppeio): ijyi%a ik axoXiat |jiiv d??oppe{ü)9tv oxavOoi 97 IV
Hom. dxippeei B 754 IV, vgl. Nikandr. aipxs;
diEoppebuat Ther. 404 II
II.
dicoppOicTb): epm)9t6v x" i6€vxa; iicopp6ij;eeev dcxivOa^ 101 IV
Hom. vuv 8* 3xxt pu?c6ü> t}' 115 U Emped. xpT
}Aiv dbcoppurrsoOac 453 II
AnonymoB Tcept ßoxivcov.
P.
Äic6ppv]xo^: ^ xai SüJ(jLa fuXotoffet <iTC6ppv;x6v x^ dncoic^<:ce'. 205 IX
Hom. icopdeppvjxot I 526 FV
taoppeir^q: 7ivd[xevov ixiOuo^ xoXtou xpbg (ffoppeic^^ ofX^^ ^^ ^
Hom. Ixtppiiw) S 99 FV, Nikandr. Icoppe:^;
ot/ßoq Th. 646 II
Stadien snr Technik dee nneUiomerisclien heroiichen Verses. 789
Qnintus Smymaeus.
e X X a ß 6 : ä^xsp^«^^ Aavaöv • \uüa yotp iio^ IXXaße icdcvT«; VI 600 V
oT^fJ^evoei iv icoXd|Kj> * (iiXa ydcp Sio^ IXXaße ??ivTa( IX 7 V
III6[iL6voi axorcCa^ov, licet ^ößog IXXaße wöEvro? II 6 V
XeuY«?^^? 'co^ 5' 1^1) xal dtYXobv iXXaße x^^Pl*« 11 513 V
Hom. r 34 V
«XXtjxTO?: äXXtjxtoi vi^ölSecroiv doixÄte? i^^X^ov'^o V 107 I
vuv H [jLot aXXi^xTOuq 58uva^ cveOi^orco Ba([jui>v VI 16 II
Hom. B 452 II, wegen der I. Arsis vgl.
KalUm. Hymn. III 149 I Apollon. Rhod. T 805 I
$ ca|iLeXei9Ti: de(jL9iT6(xot^ ^i^ieaat S(ot|jLeXet9Tt xiSoaaov V 208 IV
Hom. Sia|jLeX£C9Tl Tdi|jLY)atv a 339 IV
2u|A|iLeX{i3^: £1x9(0 lu[i.[i.eX{T]v {jl£v "AxiXXia xuSaCveoxov UI 632 II
Teuxpo^ iu|A[jieX(iQ<; • Toi> 8' oü xp^oc xaXbv taij;ev VI
546 n
Teuxpo«; Iü|x[x6X{yj<; • oXXt) 8' l/ev dfXXo? 6i!;6v XI 357 II
ouv S* op' eu|X[i.£X{iQ{ noSaX€tpio<; E&p6(jLax6^ ^e XH
321 II
YajjLßpbv iu|ji{JLeXiY}v 'A.VTi{vopo^, 5^ ^a |ji.iX(9Ta XIII
179 II
rXauicov iufJLfJLeXiTjv, 1^$' ox; IptxuBea ^ma XIV 136 II
Hom. z. B. ic3ip 8* &p^ iu(jL[jieX{iQv neeaiorparov
Y 400 II
nouXuSifAovra V eu(jL[jL£Xtv]v xal nc^|i.[jLova S'iovVI317III
Diese Abweichung vom Gesetze (Stellung
der gelängten Silbe in HI. Arsis) wird durch
den langen Eigennamen IIouXuSi[i.avTa entschuldigt.
VtJTCftQ • 053^ Tl fl^ £U|X|JL6X(lQV 'A^tX^j« I 96 IV
£^ V ouTCü^ dbr6poi>a£v du|jL|jL£XtY]^ Qpam)[i'ffir^q II 342 IV
xodcep uTCOxpo|JiioyT£^ du[i.|jL£X(iQv "A^tX^ia III 12 IV
icd[vTU)v 'Apyefwv, (a^y' i'^lAlAeX^Tj? 'AYafx^fAVwv IV 127 IV
M/Kciaq^ xwq xp6o6ev Iu[jl|j.sX(v) 'AxtXtjt IV 173 IV
Töv 8' äpa tTQX6ffe 6t)x£V iu(jL[i.£X{Y]v 'AYafx^li-vwv IV
407 IV
S^ ^^[jievov icpoff^etmv iu(JL|JL£X{v](; 'AYafAi{JLV(i>v V 165 IV
öq fdjACvov Tcpoffieiwev iu{JL(ji.eX(iQ^ 'AYapiiAvwv V 427 IV
61*
790 Rzach.
6u)jL(JLeXtT2q: tjoa xporrepbv [lepCXoov eu|j.|i.eX(v]v xe MevdfXxip» YIU
294 IV
Tu8ef8if]q 3' §Tipu>0£v lu(JL)jLeX{Y]g V 'Ay^Ia^vwvIX 203IV
S^ TÖte (juv xpoadencev €U(ji.(AeX{iQq 'Ay^'K^''^^ ^^ ^^ ^^^
rXouxou S' loOXbv ^Toetpov 2u(A(AeX{v}v ZxuXaoi^a X 147 IV
•ffi* 'Avn^vopo? üibv lufJLfJieXtYjv *A%di\Lxrca X 168 IN'
xXeup^i 8te^(i)t^ev iu(JL(JLeX(Y) inc* "Eicetcd XIII 41 IV
KoffaivSpiQV B' dSYe Siov eofJLfJLeXCr^^ 'AYaii>S{jLvciiv XIV
20 IV
Hom. nav66ou uib^ 2upL(jL£X(r|^ ifiiXijaev P 9 IV
dc{jL(Aopoq: aiAjAopo^* eXiaopy; 3e x^ei xal Bo6X(ov j^iiap I 430 I
xoh^ piiv dncof6(|jLivou(;, tbv B' äpLfJLopov i)eX{o(o XII 499 IV
Hom. oTv) df{jL)j.op6< ^9Tt Xoerpi^v ^Qx£avoio £48911,
?ja' oilAlJwjpov, fl Tix« Xi9^ Z 408 IV
8u9i(A[i.opo^: 4 ;c69tv dqx^oYdhnQaa SuadtpLiAopov, u) ouv &ii>XicEcv X
425 IV
drfxöOt S' ou^ Sivtova SuaifApLopov etaey6iQ7av XII
360 IV
aiSo» dcTCexputl'^TO SuaafJLfjLopoi ' at $* ^Xe^eivc^ XIII
116 IV
xtetvov yafi* ^X^atpe SuaipL^Aopov * ou y^ f^^oYS XIII
227 IV
XIII 256 IV
Xstpag ioX( xexiecat Suaat[i.)j.opoi * ccT $^ oXsYetvi XIV
543 IV
di(jL9exfieXu^ev ivoxta SuoifJLpiopov oSpeo^ dcxpi; XIV
586 IV
Hom. iJLi^ip 6\ 4) (Aiv extxTe Suffijj^jLopo^ X 428 IV
avvdf eXo'^: avv^^eXov, x^^^^^ ^^ tipo^ (liYot Oau|AäB^eaxov IX 5 I
d^Xb^ intj^etj£k\)<^t xal dvvsf dXou luep i6vTo^ XII 515 I\
Hom. Tinoezai a^fi^tkoq II 45 H
appvjxTO^: appTixTOv * Nupk^at 8e iceptßXu^ov lepbv GSiop IV 9 I
appvjxTOv ßp(ap6v te, to x^^^^ IIiQXeiiova V 111 I
ÄppYjxTov ßptopT^v xe xat aOoviroifftv «YT^^ XIV 453 I
SeojAü) dv Äppi^xtc;), Ste cl {i^Y^ oierb^ ^op V343 II
Seapu^ iv ippi^xKp * xetpev ii ol oteTO^ Jpsatp X 201 II
YtveTai, ou icepl SäfJLa xal Äpp^xTOu^ in)Xefa>va{ II 598 l\
Hom. N 37 I 0 20 II O 447 IV
Studien zar Tacbaik d«8 nacbhoBierisehan heroischeo Veraea. 791
318 n
ei^ hi ivappi^^a^ oSO' ulcov oSt£ ^onp&^ XII 210 II
auTjj^ ouv icixpjifftv avappi^S«? dpaputai? VI 270 IV
xat S|X(i>6)v ?i:uX£(i>va<; avappi^i^aoa pLsXaOpcov X 439 IV
AiTTO) Si' ovi^iQVCv, dtvappi^§aaa xiptoci XI 23 IV
Hom. Tet^o? ovappi^S«; H 461 11
axoppi^^aq: x^P^''^ ax^ppi^^avTe^ a?c' Gupeo^ "ISatoto XII 186 II
Xißpog 6{JL(5(; div^|xot9(v di^oppi^i^Y] Aeb^ 8(Aßpog I 697 IV
Hom. Z 507 n
aTcoppu)^: foCvetai oixiQecraa ^ixpiQ Z»c6Xot6 t^ d?uopp(i>^ I 304 VI
Hom. z. B. t 359 VI
ixoppa((i): aircij ouv fi^|{JLY) pitv dxoppaiaec xdxa 6u{x6v III 452 IV
(80 M)
Hom. xTi^(jLaT^ dheoppaCase a 404 II
Biappoetb): a7()^ Siappatouffi, vixuv 8' ou y^^^ xaX6t|^e( X 403 II
Hom. vt]« StoppaCoufft pi 290 II
woXXbv yap wpoß^ßiQxe * SiappaCaet 8e [jwi ^jxop IV 492 IV
Hom. 'Kdrf/jj 3(appat9£i ß 49 H
lpp£e: lpp££ fo{viov oS.[ia icori x^^^^} Ssu£ S% oijpia XIV 279 I
xoXXaxt 8' lpp£ov oTov 5t£ otu9£X% dicb Tc^piQ? XH 409 H
a{ji9£X£ ߣßpux<i>^ " TOpl 5' £pp££v alfJLa Y^vuoai XI 30 IV
ou7a7£ 8£^iT£poto * {jiiXav ii o\ ippee^^ aT{jLa I 595 V
[i.atv£TO XfiirfaXio)? • 5icX£to? 8^ ot lpp£€v di^pi? V 391 V
ßaXXo{iivü>v ' irdcvTV] V de7C£p£io(ov lpp££v at(Aa XI 305 V
[jLioYÖjJLfivov • xoTapij) yop dcXf^xio^ fpp€£v aiOi^p XIV 600 V
Hom.*X 600 I A 140 U n 110 rV N 539 V
xaTipp££v: ^tvoTg ' atfjuz Si icouXu xaT£pp££v * ^x ik (jLftunnüv IV
354 IV
ifftiov * i% li ot oipLa xaTipp££v 5f6aX{JLoio IV 362 IV
Hom. xorapp^ov i5 <«>t£tX))^ A 149 IV vgl.
Kallim. Hymn. VI 91 IV (xaT£pp€£v)
^YflEppoo?: a^va6g 7C£p Iü)v xai äy^PP^ö?? ^^^ ^ t6vy£ X 174 IV
Hom. B 845 rV
ßsSuppoo^: j)0^ im:^p (i)X£av6to ßa6upp6ou dvriXXvjotv I 148 IV
MaiivBpou T£ ^££6pa ßa0upp6ou, 5g ^' iiut y^'uev 1 284 IV
TT]66og (i)X£avou t£ ßa6upp6ou Upbv oTS{JLa H 117 FV
icop xoToptob ^d£Opa ßa0upp6ou Mo'fyKoto II 587 IV
T[3(p ippoxoY]^ ?:oTa(A6io ßaOuppöou Eupayroo X 121 FV
792 Bs»«k.
ßa86ppoo^: wrffoi x' anieavoto ßaOuppoou, £v8' axi|iavTi X 197 IV
Hom. ßa0upp6ou 'Qxeovöto S 311 IV
döppoo?: rXflwwv iwtxXefoüciv iOppoov • äXX4 ti fiiv «ou FV 11 IV
xetTo 8' ^xt wpoxo^oiv euppöou *EXXiQCic6vTou VIII 488 IV
Hom. d6ppoov dqjLfl ZxifAavSpov H 329 IV
xaXX{ppoo(: ic6vxov iic' Eu^etvov icpox^(i>v xaXXCppoov &8ü>pVI467V
Hom. Hemistichion B 752 V
^uppeCTV]^: A(vSou cuppetiao, jx£V£ictoX^}jui)v 50t Ko^v VIII 83 II
Yfiivorco wap xpoxo^l^w lupp e(Tao Kafxoü Vlll 120 IV
Hom. £orwi6evTO^ iuppeCToco xap* S^Oo^ Z 34 IV
Ippit^ovTo: ticxot 8' epptoovTo * ßoi] 8' Äva Xobv op<i»pet IV 561 11
Hom. W 367 II
oih lx£pp(i)0VT0 * ßov) 2' d()Xf(axev dbru XIII 460 II
Hom. ü 107 IV
ippclt>9avTo: xe^ol 3^».^ linn^£99i ouv evremv ippdjgavTo III 695 V
Hom. Q 616 V
xoX6ppY]vo^: 3vte x6fa>v 9TaO|i.oio xoXuppifvoio litfcai II 331 IV
Hom. voie xoXuppYjvo^ X 257 II
Ippi^a: lppt*f(ü(;, ixvj 8i{ tc xapi^Xttsv di9pai{Y)aiv XII 417 I
Hom. gpptY' devTißoXTjaat H 114 I
ocivo[jb6pu> * Tcimq V \k ÄaoxeTOv ippi^aai X 398 V
eppd^cotai: xoadca^v {AdcXa xoXXbv uzeprary; ipptl^coTat V 462 V
dt^ Sioai 86vaTat, B ^^ IjatcsSov Ippi^coTai VIII 169 V
Hom. Yj 122 V
äxoppCxTh): oT {jL^v dixopp{<|/avTe{ hA x^^^? TeO^e' db:' b^{iii)v I
482 n
OBir:hq i'KOppitba^ lepbv väfO(;, si (jlv] ^A^vtj VHI 342 11
Hom. {Jiijvev dhcoppC^oera xeXoifAYjv I 517 IV
excppixTO): xa(v(i) exfppi^av xoXd(jui) ivl Boxfuöevct XIII 332 11
XstpoE^ ^xepp(<{^avTo, XiXat6{Jisvoi )jl(v dcYeodat XIII 50411
Hom. Tpue^ ix^pi^j^ov e 310 II
6x(ppo6o?: ^Y*Yo^ 'Atpstttjaiv ixCpp oBo v • ijv 84 xat dIfXXou V 257 IV
8^ vuv ^(JLiv Txavev extppoOo^ * ikXk xat OMXot VHI 265 IV
9^ Oeb{ i) 8a{|jL(i>v Tt^ iizippo^oq ' am^ ABi^vi] XIV 628 IV
Hom. to{yj ol ixippoeö? JJcv 'Adi^vr^ A 390 IV
P.
Jxtpp^JYVüjjit: ol^v Ixeppi^YvuvTO •x6vo<; S' äxpTjxTO^ ip<i>pei XIV
518 n
Studien snr T«eluiik das nachhomeritchen heroiachon Verses. 793
^ceptppi^Y^^i*'* IxTCoOev iXXi^Xotcri zepippr^^^Tj^-^zq d^XXa^ VIII 61 IV
Wegen hom. Composita siehe unter I^. Zur
selben Wurzel ^07, die bei Homer so oft Po-
sition bildet, gehört
ßa66pp(i>xP>'0^: ^hfX^^ xivuTO {jiaxp^c ßaOOppcdXiAOi 'ce x^^^P^^ I
687 IV
ixicipp£ev: ex [leX^uv ctg ouSa^ ax^ppeev alfiia xallSpcix; II53irV
= V 37 IV
Vgl. Nikandr. Ther. 404 IV
e^^ppeev: xaivou^ etoopötoa« -roXu^ 3' i^ipptt 3axpu XII 507 V
uTc^ppeev: (ov dcicXexov (jl6t3( x^P^^ uicippeev, ai(ji.a xeXaivov VIII
434 IV
xivtv) 8' otfjMe xeXaevbv uTC^ppse, 3e6eT0 8c ^^v XIII
86 IV
Wegen der hom. Composita siehe I\
ßaOuppti^o^: Sl^ov iq aX^ivöevT« ßaOupptl^oto (Auptxi]^ IV 202 IV
Hom. icpoppil^ot Tnircouacv A 157 I, vgl. ApoUon.
ßae6ppt2;6v icep ioudov A 1199 IV
'Rtpippi'KXisi: x^'^^ ''^^P^PP^^^Ti ^^o< ^^0^9 ^^ ^' '^^^ ^^Trn VIII
332 II
Hom. Composita siehe unter I^.
zoXüppdOio?: TurObv ixi^j'ÄüOüaa iuoXüppoO{oio OaXioov]^ VII 395 IV
So hat nach N Rhod. den Vers hergestellt,
A V xoXup^6oio C uoXuppoCoto. Hom. ?caXtpp66iov
f spe xufjMc i 485 IV ; schon Arat. hat unser Com-
positum: xoXuppo6{ou^ dvOp<i»rou(; Phaen. 412 FV
II.
TToXOppoil^o?: itk xoXuppoCI^cov dv^pKov ÄXrjxTov twi^v I 156 II
Vgl. TovüppotCoi; Kyneg. IV. 195 IV
In tppo(2^iü>: Xaipiü) ^xeppotl^Yjffs • 8(e0p(os 8* au^^vo^ Iva? VIII
322 II
Letzteres Conjectur Koechly's für das her-
gebrachte i7ceppo{ß8iQ(;e. Vgl. Hom. TcoXXfj 3^ ^ofl^o)
t 315, Oppian. Kil. eppo{!Ir^(;e Hai. 563 V, beson-
ders aber Arat. (Ji.axpbv InippotC^uai Phaen. 969 H
m».
iXXax^: ow8i Oswv aXi^ou^aj Tdaov oOevo; IXXa^e lAO'ivY) III 651 V
Hom. Hymn. V 86 I Theokr. Id. XVI 46 V
794 Bs»e1i.
QrpbIkA.
1. ArgOAaiitikt.
I\
IXXaße: ourap I|a' ifi^ hipooq Tp6|io^ IXXotße ' vovft ^ {lojvr,
1001 IV
Hom. xnch ik Tp6{xo(; iXXaße xivro^ 'A^^^'^ ta>49IV
IXX(ai(jLY)v: xfo6a)v eXXtaifjiYjv * al S* irpaX^^ Oxixouoav 969 II
^^a xott eXX(9a(AiQV y^^^oxov "EwooiYatov 1375 II
HoiD. 2XXt(7i(Av;v X 35 v 273 I
AXiQxta>: Tiai^dvT] te xai "AXtjXTo) xal Sia M^-fatpoc 971 HI
Die Stellung der ersten Silbe bei *AXr|Xiu
in der III. Arsis findet ihre flntschuldigung in
dem Gebrauche des Wortes als Eigennamen. Bei
Homer und Hesiod findet sich der Name nicht,
das Adjectiv iXXiQxto^ steht in den homerischeo
Gedichten mit der ersten Silbe nur in U. (z. E
B 452) oder IV. Arsis (z. B. I 636). Dieselbe
Formel kehrt wieder Hymn. Orph. LXIX 2.
iu)jL{JLeX(r^^: "ApYO^ eu{jL(jLeX(i3^, 4>p{§ou ^ot^, $v A fRxtev 864 II
4>p($o? lupLjAcXir^i;, 5t* Ißr, SdjjLOv Aii^^TOO 875 11
Hom. zap $' afp* Iu)X|ieX(t)v üetat^tpaTov y ^^ U
dfpLlAopoq: aT^XTi^ dl|X}Aopo{ eiot mtptdpiptou i^eXCoeo 1127 II
fpoupai; T* dbqjii^ot^ ixtfjiaCeTOR dtpLiJLOpo^ uicvou 935 V
Hom. S 489 H Z 408 IV
iüvvTjTo?: x^aCva^ t* i^8^ Tflfcr»)xa^ Iuvvi^toü? xe x^covo^ 511 IV
Hom. l6wY)t6v T6 x**"^"^* ^ 580 IV
appvjXTog: äppYjxTOi t* *A(Sao idjXoci xat Sijiiog 'OveCpcav 1147 I
Hom. N 37 I
dicoppu)^: ^poßXv^Ta ox^TueXov * ic^Tpr^ 8* ifuicepOev ano ppco^ 1271 VI
Hom. z. B. t 359 VI
Siappa((i): &(Ace iY(i>v, S^eXdv (u StappociaOetffav iXioOai 1164 IV
Hom. Stoppotaat |jLe(ii.ao>Te^ B 473 IV
Xpuffippaici^: KuXXi^vi]^ {leS^cov xpuff6ppaict{ *ApYet^vTf|( 138 IV
Hom. X 277 IV
ipptjTo?: xp^ffixoi? T* ÄppiJTOüg NüXTog luepl Bocx^ou ivoxTo; 28 II
Hom. Äppt)Tov 5 466 in 4. Thesis, wegen
II. Arsis vgl. Hesiod. E. 4 U
9hidi«B xw Tflelmik des niehlMnieritelien li«roise1i«B YenM. 795
1055 IV
Rom. 1^ dbcaXoppedao ßa%pp6ou 'Qxsavoio H 422
T 434 n
dcxaXappoo^: ei piY) eic^ doxocrtaX^ dixaXapp6ou ^Qxeoevöio 1192 IV
Nach Analogie von hia'kappeivfiq.
£*jpp€tTt](: ^x£ fdpoutr* et^ x^^P^'^' eupps^xou i?oTa(Aoio 786 IV
Hom. vaTs ik ZorcvtöevTO^ euppeixao xap' S^Bo«;
Z 34 IV
spp(2>ovTo: xa{ ^* aT )ji^v 'TcpöppiCoi stc' oSXtov Ippcoovto 437 V
Nach Hermann's Herstellung^; die hdschr.
Ueberlieferung lautet i6p<2»axovTo. Hom. W 367 II
7oX6ppt]vo;: BioTovCtj Kcxovea^t icoXüppi^^votaiv dcvaoGcov 78 IV
Hom. vaTe i:oX6ppifjvo< X 257 II, vgl. xoX6ppt)ve<
xoXüßoijrat I 154 IV
eppe(ouvTo: ßu9966£v ippil^ouvto xal l)jii?£8ov mh I)M)jivov 713 II
Hom. epp{((i>9sv IvepOev v 163 IV
irepp60eev: Xab^ iirepp66eev Mivuat^ iTct xoCpovov eTvai 296 H
Hom. d^aOii jxot sirfppoeoi; eXe^ xoSottv W 770 IV
P.
avappcAvaffOat: icpoxpoO^eiv, ouB* ouTiq dvappci>9aa6ai M99(i> 1263 IV
Seit Schneider. Hom. iiQi^Gomo A 529 IV.
Auch Vers 1209 haben Schneider und Her-
mann diesVerbum geschrieben, allein die Con-
jectur bleibt zweifelhaft, da es als Activam
erschiene; Hermann's Fassung lautet: lOuvnop
'A*piaio^, ovappciMDV S'iverpe^^e, dieVuIgata: anixptye,
V aTt|»' dvopo6<i)v.
iXcpp60to(: i^ ßuoobv Siaxeuffov dXippo6Coio OaXotaoY)^ 1296 IV
Hom. xaXippdOiov ^ipe xSpia i 485 IV, vgl.
Moschos iXCppoOcx; Id. I 132 IV
6pLoppo0i(i>: ßpt9a6' ipioppoO^dvTe^, JpebotTe S* T/vta y^?) ^^^ ^I
Hom, CT(ppoeo<; W 770 IV, vgl. Theokrit.
6|A6ppoöoi Epigr. Dub. XI 5 IV
n.
dvappox^^to: >u(Aa S' dveppdx^Tjffe * ßuOb^ S' incoetxa6£ vt]f 709 II
Hom. xu(jia (ACYa ^ox6ei }jl 60 II
796 Bzaeh.
dwoppOxTb»: Ripxis^ IvveciDcnv dt7opp6^effOai Epie/xXov (ipi^?^ Ai^cs«^
xal vYjXi-cÖTOtvov 'Epiv6v) 1372 IV
Nach Schneider's Verbesserung des herge-
brachten dbcoppttl^eoOat. Hom. KoOijpdev t£ ^s <sina
; 93 V, vgl. Empedokl. d^ppur^eoeai 453 II
2. UthlluL
■
iXXTjxTog: iXXTjxTov xo6pT] i^(e{iivK; ^iXÖDQtog 36 I
Hom. B 452 II Eallim. Hjmn. III 149 I
ApoUon. r 805 I
StapieXeVvTi: tou ik SiapicXeVffTt Saf^eiv ivv^a (xsipa^ 706 IT (so
auch Cod. Ambr., Abel 19).
Hom. Tou^ ik StojAeXetotl tafjuov i 291 II
dcppiQXTO^: Xaov 5 8' dippi^xT0i9tv 6|ji,Ofpoouyv27{v Si{l a^tj^ 255 II
Hom. 0 20 n
Xpu96ppa7t(: i^jMV 8' iv ^cdr^ xdXeiai Xpu96ppa?c{q oXßo> 15 V
Hora. X 277 IV Hom. Hymn. XXIX 13 V
P.
dicöppota: Xaav dic6ppo(av mipt^f/^o^ ifi^pöiou at^XTf^ 171 H
fdEppLox" exetv VTjiAepr^^ diTcoppotiv }jLtv dbtSoi 658 IV
Hom. iic^p£ov A 724 IV; vgl. Emped. -p^'
Srt 9rivT(i>v etotv dbcoppoa{ 337 IV Maneth. (l::cppot2i;
cuvof 01^ T6 n 439 IV
3. Orphitcht Hymiitii.
1\
*AXir)XTCi>: Tiai96vr| tt xat AXtjxtci) xat Sia M^y^tpa LXIX 2 III
Vgl. Argon. 971 ffl
ffoXOXXtaio^: '^Xolumo^^ eupeotTexve, icoXuXX{9tv] ßocciXeta XXXII
14 IV
RotavT{^, )jLeYa^{Ae, xoXuXXtGit; ßoaCXcia XXXV
2 IV
aXXfli, 6ei, X(TopLai ae, 7oXuXXt9TY) ßaoiXeta XLI
9 IV
Hom. tcoXuXXkjtov ii a' Ixöh^w e 28 IV. Nur
eine andere Bildung stellt dar tcoXuXXcto^.
TtoXüXXiTo;: Sppfjfz* aYp(ÄOu{ji£, icoXuXXits, wovroSuviffra XII 4 IV
Vgl. Kallim. Kopveis •jroX6XXtT6 Hymn. II 80 IV
stadial SV Technik dee nMhhomerieeheD btroisebeB ¥•»•■. 797
9iXo|A)jLSi8i{(: oupovtY), iroX6ü|AV6, 9(Xo}jl)jl£i8^^ 'A^poSCrij LV 1 IV
Hom. z. B. A 10 IV
appt^x^o^: dcpptjXTOv, ßopuOufJiov, di|xai[MbceTOv, icptjOTYipo^ XIX 11 I
d!ppt]XT\ ißpt|jL60upL€, lu-fooOev^^, j!Xxi[Ji6 3ai)jLoy LXV 1 I
869(iou^ dppi^XTOuq, Zq Sx£t( xor* iice(pova x^qxcv XIII
4 II
Hom. N 37 I 0 20 II
ap pv]TO(: appiQTov xpu^tov ^il^i^opa xaiA^asq !pvo^ VI 5 I
depptjT* dc7pi60u|jL£, ?coX6XXiTe, icovToSuvaota XII 4 I
dippi^Tou; X^xtpotcn T£xv(i)6e(^, afißpotf 8aT[ji.ov XXX 7 I
OYpiov dlppT}Tov xp6fiov Six^xa Stixop^ov XXX 3 II
^ Zebq dippi^Toifft Y^^^^? T£xvci)9oeTO xQ6pT]v XXIX 7 II
8pY(ov dcppTjTov, Tptfui^, xpufiov Aeb{ lpvo( LII 5 II
Hom. § 466 in der 4. Senkung; Hesiod. E. 4 II
ßaOuppoo^: £?x£( 8' Sat,oi\idno\i x6vtou tb ßa06ppoov uScop XI 14 V
Hom. z. B. H 422 IV
I\
liapp'ft^a^i ai6ipo^ iv -fuiXocai ' Siappi^^a^ 3^ yviCi'ia XIX 16 IV
Hom. dvceppijSaq H 461 II (Z 507 II Var.
8'.appi4§a<;),
7:r<Y6ppüT0?: xal x^^viot Y**'^? XYjYÖppUTot ix|AaS£(; opai LXXXIIl
5 IV
Hom. w£p{ppüTo<; t 173 IV
icroppoxCTj: a^ov 29oppox(t]9iv di£t ßto^ io6Xb{ 68£6oi LXIII 13 II
Hom. ixtpplTCY) S 99 rV Nikandr. t9opp£x^
Th. 646 V
diXtpp60(O{: icovToxXavoi SfiX^Tve^, iX(pp66io(, xuavauY£i{ XXIV
8 IV
Hom. xaX(pp66tov e 430 IV, vgl. Orph. Argon.
1296 IV
4. FragmMto.
xaXXCppoog: l}x£avb? xpöto? xaXXippöou IjpSfi vijxoio Fr. XIV 1 IV
x6xXov dbtajjwrtou xaXXtppooü i«)X€avow Fr. XLIV 1 IV
Hom. xaXXippöw X 147 IV
Ä«opp65: 61 |A^ jAOuvoYfivij? Ti? ixoppw? f6Xou dtvwöev Fr. II 23 IV
Hom. B 755 VI v 198 II
798 Riaeb.
ProklOB.
K
üXXtjXTO^: aiti utc' dcXX^xiotat xal dbucpiitoi9i yopeia^ Hymii.
Helios 9 II
Hom. B 452 II
icoXuXX(9TO(: xixXu6i, xixXuO' oyaaaa, icoX6XXi9tov Se 9' bunw
Hymn. Athen. Polym. 51 IV
Hom. Hemistichion e 445 IV
ipp ir)TO(: &|Jivü)v ippi^Totfft xa^pi|Jievoi xeXeTi^at Hymn. Mus. 21 II
^auffOTO, aeio ^vivxoq dnc' dippi^|Tou y^^^^ip^ Hymn.
Helios 14 IV
S^pa v^o^ ßouXiJoiv urc" dipp-i^TOiai tox^o^ Hymn« Athen.
Polym. 14 IV
Hom. ^ 466 4. Thesis, vgl. Orph. Hymn.
XXIX 7 II und Timon 123 IV
Oraoula graeca ed. Hendess.
I*.
iuppeiTt]^: pLtoY6[JL€vov ^y^^^^ euppe(TT2{ 'Ape6o6oY;^ LXII 3 IV
Hom. Z 34 IV
Ipp iicToei: {ppi^tai 8' 6 ß6Xo{, tb Si &{xtuov sxiceicsTotGrai C 1 I
Hom. Ippt^e nur in Thesi, z. B. T 130 in
2. Thesis, aber dv^pptt)»av x 130 III
P.
icoXuppou^: 4>atOTOu xa2 Tippa^ vo^Toit Atou xe xoX u p p ou CLXXXI V
1 VI
Hom. ß<x0upp6ou £ 311 IV
eXixöppoo^: eure xpcEyc^ «(vv)9( N^Siq^ iXtx6ppoov u§ü>p LXVH IV
Hom. xaXX{ppoov &8ü)p B 752 V
Sibylliniflohe Orakel.
K
IXXaßc: xai tdre S' de^vb^ ovo^, 3^ t' IXXaße xpauji^o^ ^^ XII
204 IV
'Eßpaioi t|;eu(rovTat, 8 |a^ y^^o« ?XX«ßov owtof VH 135 V
Hom, e 371 IV r 34 V
Studien xor Teduik das nachhoaerischen heroiich«n YarsM. 799
eXXiTdveue: Xaou? eXXtTiveue, Xö^wv S' i^ipr/exo toiwv I 149 II
Hom. Vulgata X 414 icovto^ 3' iXXixiveue, aber
t] 145 las Aristarch 6 8^ Xixiveuev, vgl. Nikandr.
ouXobv IXXtToveue Ther. 352 II
ofppiQXTO^: Se9iJioi{ appifxTO(<; TC£fuXxf)jL£voi i^aicoTiaae I 102 II
SeafJLoT^ dippi^xTOtfft iceptOfiY^ovteq D^epOev II 290 II
xai t6t' d(|AeiX{xTOio xat dppi^XTOU a8i|ii.ayT0< 11 228 IV
Hom. 0 20 n * 447 IV
axsppi^^ee: K6!|txe xai 90t ic6vtO(; dtico ppi^ §e i ßopuv SXßov III 436 IV
Hom. t 481 II
ßad6ppoo^: &xjpi^ i% EüfpiTT]v ts ßa6uppoov apYupo8(vt;v XI 17 IV
*Ioß6Xou^ IIdEp6ou^ TS ßa6upp6ou Eufpirao XII 66 IV
Hom. H 311 IV
Ippt^e^: xauTiQv eppKJ^ev xal dvoiKo86|jLT}Tov a^tjxe V 409 II
Bei Homer steht die erste Silbe von £ppt^ev
stets in Thesi, z. B x 845 3ovov Tt^ x* lpptt|»e.
ava ppiXTO): xpO^^ei xse(Jiep(Y2<7tv avappt^OsTaav adXXai^ IV 144 IV
Hom. d^oppirceiv £Xa mj^^i^ iQ 328 IV
P.
t96ppoxo(: (Jiapvdijievoi * tb 8e veTxo^ { 96 p p oi?o v diXXifXotatv IV 85 IV
Hom. impphcf^ S 99 FV, vgl. Manethon ta6p-
poTO<; dtvT^(j6i6v I 24 IV (Nikandr. Ther. 646 V).
xaxopp^xTetpa: oü Xifjib^ xapiciov xe xaxoppixxeipa x^Xa^a III
753 IV
Hom. icoevTs^ dictppd2^e(7xov p 211 IV Apoll.
Rhod. xaMopp^xTV)9(v i^8o6^ T 595 IV
Unrichtig überliefert
iXXaxev: ibv {x^xa xpitjxoaicov dp(6|JUi>v ol^ IXXa/ev ap^ifv XII 126 V
Ebenfalls schlecht überliefert:
ir^iorfyfAY:'* diptOfJuov, 3^ IXXax^^ Ivturcov dipx^v XII 226 IV
Zu lesen ist beide Male 5^ V IXXax«Vy wie Alexandre schrieb.
Hom. Hymn. 87 IV Theokr. Id. XVI 46 V
IXXoovto: Tcdmtq xai uSorcov fXdße^ eXXuovto Jbcaaai I 221 IV
Vgl. Oppian. Kil. dfXXuxov Syiaov £x^^^ K^* I
625 IV
IIP.
:roXi7|Ai^XiQ: um 4>püY(rj ffeiajjLowi icoXupLifXv] aTovaxi^ffei X 279 IV
Bei Homer findet sich nur icoX6}jly)Xo{ mit \i.
800 Biftab.
Orakel dee Porphyrioe.
jppiQXTO^: !)jlice8o( dppi^xToiffi piivet Xorfioiai ßeßota 36 11
Hom. O 20 n
ippiq^o^: xciOoi t' dpp^Tcov iicicov, ol^ M) fp^a T^pxciv 185 II
Hom. ^ 466 in der Theais ; Heaiod. K 4 11
P.
dic6ppv)to^: Tol>^ (Aiv diicoppi^TOu^ ^u(i>v tu^tv dbc' alBpi}^ 191 II
deiroppi^Toi^ Wolff nach Lobeck AgI. 730 statt
i.'Kttpfycotq Hom. luopappiQTOi t' Meoarv I 526 IV;
vgl. Anon. icepl ßorcEv. : oncöppvjröv t' dncoi^^ii^Ksi
205 IV
d(vapp(5aai: DuOcoov 8' oux Soriv dvappu>9ai XoXov 6|jLfi^ 296 IV
Vgl. AratoB xai T3e (lev Ippoxrev Phaen. 335 II,
Anthol. ic^vt' IBev dippdlKrrou«; XI 122. 2 U
QrieohiBche Anthologie.
{XXaße: &^ Te SMt>3exa f(5Ta(; itA6{jLova^ IXXaß^ ^OEtpou^ 1 119. 13 V
Epigr. chrial
Hom. n 599 V
9(&|iiaTC V olm iicdXaoaev, dic£t v6ov IXXaßev ociS<i>^ XVI
285. 3 V Leontios Scholastikoa.
iXXiqxTo^: xai Tcupb^ dXXi^xTou xi^iiuxTO^ 5<|/iv ^a> XVI 87. 2
(Pentameter) II Julianos.
Hom. B 452 U
xpiWloxtdq: Ol TCOxe TptXXtato)^ dvrtov ip^ropLevot V271.4(Pentam.)
U (Cod. tpiXtcmi)^) Makedonios Hypatikoa.
Hom. dwTcootT) TptXXtoTo^ eic^Xu8e vu§ Ipeßewif
6 488 in der 2. Thesis, in der Arsis aber Dionys.
Perieg. 485 U 6inc6x£ TpiXXiotcov (xersiuaScv lOvo^
Ißi^v.
dHXXofO«;: aXXo^oq, oute ^^vm xpav6ev dcpiQpe aobto^ VI 163. 4
(Pentameter) I Meleagros.
Hom. ipaX6v xe xal dfXXofov K 258 IV, Plan.
cSXo^o; an unBerer Stelle, was nichts heisst, da
Stadien inr TeelmOc des DMhhoiDeriielieB beroiaclieii Venea. 801
der Ejiegsgott durchaus Waffen haben will, die
die Spuren des Kampfes an sich tragen.
2i>pLpLeX(T2^: uib^ lujjLjjLeXta AatAorpiou ' i ik 4>iX(incou XVI 6. 5 II
Unbekannt
Hom. Y 400 II
XVI 177. 1 n Philippos.
Hom. z. B. A 10 IV
dvvif eXoq: ^{AOp V dvvi^eXov xöSe ai{(jiepov, o&8* Irt noXXcov XIV
136. 2 U Metrodoros.
Hom ti 45 II
S p p Y] ^ a V : SppiQ^av Moi3aai Sixpua DiepCSe^ VII 10. 6 (Pentameter) I
Unbekannt.
Hom. Ippt]§ev S^ icuXo^ N 124 I
dtppi}xTO^: dtppTjxTov IltYpTj? livSe Sepaioic^Bov VI 14. 4 (Penta-
meter) I Antipatros Sidonios.
appT}KTO( Moipcav ^(jLaTyjv h^drfiaoc^ Spfioi IX 236. 1 I
Bassos Lollios.
Hom. N 37 I
x(ovs^ dppifxTOcq iict xiootv larn)ÖTe( I 10. 56 H
Epigr. Christ
xae To^ dppifxTouq dfjißiSa^ a>(Aoßo£i^ VI 21. 4 (Penta-
meter) II Unbekannt.
Hom. 0 20 II
dvappi^Y^^I^^' 'CUfjLßov diveppi^^(i>, vta^ iaiieq vexuo^ VIII 204. 2
(Pentameter) 11 Qregorios Naz.
T^fjißov d(veppi4^av6', 3v xal TpO|Ji^ouai fovtjc^ VIII
219. 4 II Gregorios Naz.
Hom. dlvappii^^eie T 63 H
dxoppif^aq: evOiS' diicoppi^^;«^ ^Wx^v ßapuBotfjLova x£i|JLat VU 313. 1 H
[Timon]
Kcncpo^ y 'HpixX£(0( dxoppi^^a^ ocko S£a|JUi>vIX240.3IV
Philippos.
Hom. z. B. 0 264 n
dxoppo)^: 4^ Y^P ^^ %poTdp<Dv (jieX^<idv 5Xiyv} 'ctq dicopp<l^^ VII
571. 3 VI Leontios Scholastikos.
Hom. t 359 VI
802 Bi»eh.
ippataBr^: ippaCaOv] ZtjXMV \uaa6bi xat XifA^pac VII 529. 4 (Penta*
meter) I Theodoridas.
Hom. n 339 II
Eppava: Ippavav ^ov^ (ju§ot|Aevot jji^XiTt VII 55. 4 (Pentameter) I
AlkaioB.
Hom. eppiSarr* M 431 I lirtppatvecv Theokr.
XIX 98 n
euppafif^: xv)(Abv xal y<vu<iiv or^Y^top* luppafca VI 233. 2 (Penta-
meter) V MaikioB.
Hom. iuppa9i£99t SopoTotv ß 354 IV
dfppiQTo;: dppi^TOt^ ^aeOovTO^ uica9rpiTCii>v diiapu^d^t^ I 10. 54 I
Epigr. chriat.
appi^TCDV iic^v yXioootj ^fpoqfi^ ixexeio6(i> X 42. 1 I
Lokianoa.
dtppiQTov 8^ ^iXoiffi Y^^ ^ ic^vOo^ IOtjxev XV 40. 9 I
Kometaa.
5|JivupL6v dppi^Tou 8i}jLvia nepae96vT2( VII 352. 2 (Penta-
meter) II (Meleagroa?)
o^v otifftv * dippi^TO) Touia (ji€|Ar^Xe fuoet IX 73. 6 (Penta-
meter) II Antiphilos von Byzantion.
«YYsXowti? ircepiYeaaw Iv ippi^TOiat 6aaooci>v I 19. 10 IV
Epigr. chriat
Hom. ^ 466 in der 4. Thesis, Arat. Phaen. 2 I
Hesiod. E. 4 II Prokl. Hymn. HeUos 14 IV
Ippcev: aptt Xnco<|/ux^v lpp££v ei^ «(Stjv IX 23.2 (Pentameter) IV
Hom. n 110 IV
Sppeuaev %anor(iyxoq ' Ijßpi^ ic6pe icoXXobu xipSo^ XVI
187. 3 I Unbekannt
Hom. Ippe£v ix (jl£X^ü)v X 600 I
^Sv) &* aoicfitov olSpia xaT^pp££v * ola ik Xi|i^t XI 64. 3 IV
Agathiaa Scholastikoa.
Hom. Korrappiov A 249 IV
i^dppooq: louXiovb^ (uta TCyptv diYippoov iv6i8£ ^vzai VII
747. 1 IV Libanios.
Hom. B 845 IV
idppooq: aXX' 6 )ji£v £x X£x^<i)v vtv duppoo^ i^ fp£va O^y^^ ^^
343. 3 IV Unbekannt
Hom. H 329 IV
BladiflB nr Technik das ii«ehh«meriMh«n ItMoiMbra ?«nM. 803
xaXXtppoo;: N6(ji^0[t NiQidSe^ )caXX(ppoov aTT68e va)&aIX328. 1 IV
Damostratos.
Hom. X 147 IV
iuppeCxiQi;: fincov iuppe(Tt]v xP^vCy) [tdavr^ SoE^iivta IX 628. 1 11
Joannes Grammat.
Hom. 5 257 IV
extpp<S»o|Aac: Xeu)Ui>oat x68a y^^^? iicippco^at &i X^P^^^^ IX
403. 3 IV MakkioB.
Hom. liücppciwvTo u 107 IV
I p p e ^ a V : Ippe^av xaC ot ScoSexiScopa %ipa VI 96. 4 I Erjkios.
Hom. nur in Thesi, 5ov' l^uLvap Ippe^c K 49
(2. Thesis) vgl. I 536
i'Kippi^iAi xot aoi iicippd^et F^p^o^ x'M'^^^^ vopLa(t]q VI 157. 3 II
Theodoridas.
Hom. I^ipp^l^eoicov p 211 IV
7oX6ppijvo^: {Aoipa, icoX^ppTjvov icotrpßa ^{a^vou^ VII 255. 2
(Pentameter) H AeschyloB.
Hom. X 257 II
xp6ppi(o(: TCp6ppil^ov yoAr^ 2§£x6Xi9e v6to^ IX 131. 2 (Penta-
meter) I Unbekannt.
Hom. S 415 icpöpptlio^ I
^(icTo»: lpp(4^ev X(i)Tou^ Toia (ji£Xi2^o(jiiviQ IX 517. 4 (Pentameter) I
Antipatros von Thessalonike.
{ppitpev teiact^ OiQpb^ t|jLavtoiri8t]v IX 94. 2 (Pentameter) I
IsidoroB AegaeateB.
Ippi^a^j Scfuf) Totpobv ävsl^ xcepÖYcov XH 144. 2 (Penta-
meter) I MeleagroB.
Bei Homer ippu|« mit der ersten Silbe nur
in Thesiy z, B. o^tpov ficett' Ippitj^e 2^ 115, aber in den
Compositis in Arsi, z. B. dcicoppl^^ai 11 282
avappCictcii: irffib^ dvappi^ei^ &X(Aa icap3c oxo^Ccov VH 214. 4
(Pentameter) 11 Archias.
fl^x^v* avapp(t|»u> ßwaööcv ipv6jji£vo<; VII 215. 2 (Penta-
meter) n Anyte.
Hom. devappfxcecv &Xa tv))«^ v) 328 FV
ixoppCicTo): «x^^ dicoppC^l^a^ oTx&toi ei^ 'AßavVII 19. 4 (Penta-
meter) II Leonidas.
)jLV}viv iicopp(t|;a( fOioi^vopa x^^^ xop69a£t IX 473. 3 TL
Unbekannt.
Sitnagi^r. d. plül.-]ütt. Cl. XCY. Bd. m. Hft 52
"^01 Rsacb.
irsppiTCTü): (Jid/Oov dicoppi^aja Yt^avtstou touctoio IV 3. 64 ü
Agathias Schokst.
ixilvtv axoppT^j/ai xal Xotftov Ix^oi; 'Axaiot« IX 467. 3 IT
unbekannt.
6ufpoo6vir]^ To XosTpbv axoppC^tei tJLeXeBüiva^ IX 815.
2 IV Unbekannt
Hom. jjiijviv ohcoppt^ovra x£Xo{(jiy)v I 517 IV
sictppiwTw: x^V* ^^ ^«^ppitj^ev • tb B* eweaTcidot^ i^ ßudbv IXfit;:
IX 84. 3 II Antiphanes.
Hom. Tpoiec i%ippv^(x^ e 310 U
licfppoOog: Xe{Y; |jl4v y«P öctv xoi exCppoSo? • ■Jjv 8^ tc^ our^v VII
50. 3 IV Archimelos.
Hom. V 770 IV
icaXepp66io{: oltXofJidvY]^ i;ev{T}(; )ü)|i.a icaX(pp66iov IX 367. 12
(Pentameter) V
Hom. iraXipp60iov H pitv coku; e 430 IV
P.
!XXT2|e: IXXtj^cv Oe (jiiXaOpa Aia)v6(7oio x^P^^^ ^U 412. 7 I
Alkaios von Messens.
Hom. deXXiqxToq B 452 TL
iXXiTdfvcüTo^: 'Ai$tj ÄXXitacvcuTe tm orpoire, twcte toi otkw VII
483. 1 II Unbekannt.
Hom. Vulg. X 414TCCKVTac 2* dXXtxivsue, was dem
Verfasser des Epigramms vorgeschwebt haben
mag; vgl icoXuXXwro^ £ 445 IV, aXXtoroto zuXa; Ißav
'Ai8ov^O(; bei Euphorien Fr. L 4 II nach Mein.
Siappvj^ac wi; 8^ 8iapp^5«t o^^vo? ooy. I^®^? lorevov iJSt; V 230
5 II Paulos Silentiar.
Hom. Var. Z 507 II SttzppiJ^o; neben iv<xppi{;a;.
ippotY^i^: 8ouporca xal Ta(uxa<; appay^^^ xopuOoc^ IX 323. 2 (Penta-
meter) IV Antipatros.
Für den corrupt überlieferten Vers
icovia, xepTaato? ToucSe icorip ^i^ea^ VI 288. 6
in einem Epigr. des Leonidas scheint mir die von
Dübner erwähnte hdschr. Note von Jacobs ,fort
xat TaXopoü; touaSe tcot* dppOYi«^* beachtenswerth.
Hom. OiccppiYTj 0 300 IV ap^xvx; ^ 447 IV,
Dionys. Perieg. Tet/eotv apporfuaffi 1006 II
Stndivn sor Technik des nichhonifliiBchsn h«roi8Ch«ii TTenas. 805
iXippa^iiq: oicapibv a.'ktppoL^iiji^ lxxu(Aevov oxoic£Xu>v VII 383. 2
(Pentameter) II Philippos von Thessalonike.
Vgl. ausser dem hom. uTceppoc'p) bei ApoUon.
^^opporfio'txa B 833 V und bei Nikandros xoXuppa-
Yfo? Ther. 59 IV
Tzoioppa^'^q: krou %oä. icoTa[jLou Süipa icoioppa^ia IX 225. 2
(Pentameter) V Onestas.
Vgl. das vorausgehende Skipparff^q,
iXCpptjXTO^: ^ Y^ deXippi^xToi^ incb Setpiotv dcY)^69( ic6vxou VII
278. 3 n Archias.
Hom. appY)XTo^ O 20 II
^tXoppci)^: xat icixaXov lucrrri 6iXXoi ^6Sov ^ xe ftXoppci)^ VII
22. 3 VI Simmias.
Hom. axopp^^ i 359 VI, vgl. B(app<i>^ Oppian.
Kil. Hai. V 216 VI
3oXoppa9{T2: Seapia xai 'H^aCorou icaaa fioXoppa^tt; V 286. 6
(Pentameter) 11 Joannes Gramm.
Oppian. Kil. SoXoppa^^cov Xiva x^Xicu>v Hai.
III 84 IVy bei Homer xocMppa^ir^ dXeY^iv^^
0 16 IV
pLtTOppa^i^«;: äicX6TaT0v 3' aXl touxo ixiTOppa^e^ a{i.9{ßXT}atpov VI
185. 3 IV Zosimos Thasios.
Hom. hppoi^hm SopoTotv ß 354 IV
ÄXippavToq: 9T(0(jiev iXippdvTOio icapoe xOaiAoX^cv x^6va ic6vtou IX
331. 1 n Mnasalkas.
3^ t6t' or^iDv icapä 6tva^ äXippocvTOu^ ts nop" dbcri^
XIV 72. 4 IV (Orakel)
(iup6ppavT0(: o2) to }jLup6ppavT0v ATjiAopiou xp6^pov V 198. 2
(Pentameter) U Meleagros.
Hom. ^piSoToi u 354 U, vgl. Aratos oppavxoi
Y^Y^ovr« Phaen. 868 I
XuxoppaCaTt]^: xoci ae Xuxoppatffxat 3eTnvov S6evto x6ve{ VII
44 2 (Pentameter) U Unbekannt.
iip[ia Xuxoppa{9TiQ^ ixpipLoeffcv TeXd9u>y VI 106. 2
(Pentameter) U Zenas.
Hom. z. B. xTifiAOT* oicoppaCoet a 404 II, vgl.
Oppian. Kil. xoXuppaCoroo vdfo^ ?coX£pio(o Hai.
I 463 n
62*
806 Uiach.
Oeoppiqto^: Xpt^d, 6eoppi^|Toio ß(ou fjoil^oe inj^ I 19. 3 II
Epigr. chriBt
oupoviv) <{n^io Oeoppi^Tco tcvI iiirpci) IX 505. 13 IV
Unb^annt
Hom. appvj'cov ^ 466 in der Senkung; vgl.
Orakel des Porphyr, docoppi^u^ 191 II
dX(ppuTO(: Av^tofSri au jjlsv 2oxe^ dX(ppuTOv ou^^a Ai^,Xsu XQ
55. 1 IV Arlemon?
aÜTÖppuTo^: x^^P^^ ^^ icXotoevbiv auT^ppuTov i( (liffov t»Sci»p IX
669. 3 IV Marianos SchoL
veippuTO^: Xeuxa xoXurpi^Toto ve6ppu la xdEXXea xiQpoü IX 363. 15 IV
MeleagroB.
Hom. xeptppuTO^ t 173 IV; Nonno» vedpputj
'/ß.i[taxai Dion. II 144 IV
axopp£2^ci): KeuOu^ a^poppi^ai ^^ixopov xaXov * i^ 5* ovoveui] IX
437. 15 II
Vgl. Hom. p 211 IV und Theokr. Epigr.
(dub.) xvn 15
26ppiQVO(: ^p^otav iroXuicXoYXtov euppijvou cncb)i6pov]^XIV149.3IV
(Orakel)
Hom. icoXuppiQvo^ X 257 II «oX^ppiQve^ 1 154 IV,
vgl. Apollon. I6ppv]vi^ te F 1086 II und euppi^vs^tv
divaaaiov A 49 IV
appi'YtjTO?: Tov 8i |jl6t' Sippi^r^xoq eicetoBope taupo^ovo^ dijp VI 219.
7 n AntipatroB.
Hom. XuYpi, to^t' dtXXowCv yt xoraepcYQ^^ iceXon»
5 226 rv
ßa06pp(I^O(: oToi; }jLiv xpoß^ßY)X£ ßaOuppil^otat 6eiiiOXot< I 10. 51 IV
Epigr. chrifit
Hom. icp6ppi2^oi mxtouotv A 157 I vgl. Apollon.
ßa8uppt!^6v icep eouaav A 1199 FV
xaT£pp{l^(i>9e: Xaa ßoöb ffn^piYl*« xateppdlwae Tr^Xwpov IX7085IV
Philippos.
Hom. eppiC(i>9ev IvepOcv v 163 IV
wapapp(wTtt): öijita 8^ ffoi TÄe ^6wTpa wapappit^aa« 8i xiouiv VI
74. 7 IV Agathias Scholastikos.
Hom. |A^viv cncoppC^JMcvra xeXo()M)v I 517 IV
ÄX{pp66ioc: xovxb^ aXtppoOCa, S^Tve, xexeuOe x6vk; VII 6. 4
(Pentameter) H Antipatroa Sidonios.
Stodira rar Technik des nichhomariielifln b«roiiehen Ysnes. 807
i\ipp6^ioq: vif)f xe obv «ototj ßp6$a<; aXtppoO(t) VH 624. 6 (Penta-
meter) V DiodoroB.
Hom. icaXipp60tov li (xtv auriq £ 430 IV, vgl.
Orph. Argon. diXippo6{oio OaXflbor]; 1296 IV
c|jiopp66to^: dncvouv oüMatq O^xev 6|Aopp66iov VII 374. 4 (Penta-
meter) V Markos Argentarios.
Vgl. Orph. Argon. ßpiaoO' 6(jioppo6lovT£g 258 11
6|jL6ppo6o(: d^^pov lo(i> creixovTcq 6tA6ppo6oi, dXX3e tI ^eirfe IX
338. 5 IV = Theokritos Epigr. dub. XI 5 IV
:7oXuppo(ß8t]TO{: t6v T£ xapiQßaplovta 9roXuppo(ß&y)Tov itpoxTOv
VI 160. 3 IV Antipatros Sidonios.
Rom. divappotßSei {ji^Xav ljSo>p )jl 104 IV
icoppoxo^: oinc iSXXo) t68s xv)8o^ ia6ppoirov, ä«; ou [iiv ul6v VII
298. 5 rV Unbekannt.
Hom. iTctpp^ S 99 IV, böppoirov Maneth.
I 24 IV
IL
i:oXuXXe6o{: *HpobcXee( TpKjxwa 7coX6XXt6ov 5? xe xal OJnjv VI
3. 1 IV DionysioB.
Hom. ßY)Xq^ h:i XiHtd W 202 II und vht Ik
X(6o^ etdii) M 459 V. Trachis heisst auch sonst
steinig, Seneca Troad. 818 lapidosa Trachin.
eppotC^iTo: %ai tox' ^ ippoi^riio iC atO^po^, et }jlv] dcpoE/vv) XI
106. 3 II LukiUios.
Hom. xoXXfj ik ^il^id i 315 11^ vgl. Oppian.
Eil. eppotl^Tjae Hai. I 563 V
appuT{3(i>To^: xai XP^^ dpp ut^Bcoto^ St* di(Jißpoo(Y)v, Sti ireiOc«) V
13. 5 II Philodemos.
aoictXov appuiCBo^Tov ta6xvoov ipTty^votatv VI 252.
3 II Antiphilos.
Des Wortes erster Bestandtheil hängt mit W.
Pepua (ziehen) zusammen, deren Ableitungen bei
Homer mehrfach Positionsbildung zeigen z. B*
T6 ^uri^pa 9 173 II u. s.
IXXaxe: IXXax^^ ^^* Xox&v xai tdlBe rptjYopfw I 86. 2 (Penta-
meter) I Spigi** Christ.
808 Bsach.
SXXaxe: IXXa/^^) i^^kAptv^ xäq ooßap€uo[ji^va^ V 280. 8 (Penta-
meter) I Agathias SchoUst
a^ dXb^ txei>6ev y^o^ IXXaxov • e!<; U y: desOXo; XIV
28. 1 IV Unbekannt
et 8' Äpa xai 4*^^ ^^ IXXa^^j 1*^4 '^^^ "^TB ^^
130. 3 IV JulianoB Aegypt
S( OeoO ex ftovi)^ IWa^e^ toGto *)flpa^ I 78. 2 (Penta-
meter) rV Epigr. Christ
oux (iperae vixov IXXaxev iXXac SöXo(; VII 146. 4 (P^ta-
meter) FV Antipatros Sidonios.
TßJjioq dbc' «(A^ot^v SXXax^v Oupflh^eo^ XVI 376. 2
(Pentameter) IV Unbekannt
ou xot' iini>vu)ji(T}v AtT^wriov IXXax^ ^*^^ I 85 IV
Epigr. Christ
%a\ TpiTocTY^v ßaXßiSa vei^viSoi; TAXax« ßtßXou IV 3. 121 V
Agathias Scholast
icorr^piov Xcy^iauOov Iflniporov SXXax^ Tijxßo? VII 343. 1 V
Unbekannt
TOü xat xiXXea icivra, Toxep xrdXt^ IXXax^^ ^^ VII
679. 11 V
rpt)Y6pi6 övTjTÖv jjt^v Cwceipoxov JXXaxe? uJ« VIII 86. IV
Oregorios Naz.
TOi^ B' h:i NCxovSpo^ Tcpo^ep^orepov SXXax^'^ ^^ ^^
211. 2 V Unbekannt
X^ipov ^xsiv icoX6oXßov, 3v ou xipo^ IXXaxev ovi^ IX
469. 2 V Unbekannt
oSre Y^vaTxe«; Saai, iicel f69tv IXXax^^ ovBpcov XI 272.
3 V Unbekannt
Hom. Hymn. V 86 I, V 87 IV Theokr. Id.
XVI 46 V
IXXiice: iXXticov i^Bu^aou^ i^cXCoto cr^Xo; XV 29. 2 (Pentam.) I
Ignatios.
XpioTo^ SfiQ, •Kp6[KoV &Se ' xat SXXiice Ail^opo^ aii]v I 49.
1 IV Epigr! Christ
•rtpaV 8' ^ vo6ot5> ßtov 2XXtw6(;; iJXueov a8av VE 470 5 IV
Meleagros.
piouvov 5^ ßpoToXotY^v dxifpiov SXXt^ev oStjv I 56. 2 V
Epigr. Christ
Stadien tut Technik deg nachhomeriscben heroischen Verseü. 809
SXXcTce: oövexev i^onrivr^^ EvwT6pYto<; ?XXt«e |ji.o09av VII 589. 3 V
Ag^athias Scholast.
IvOa Tcow' z\jf/o\LiYti^ ^/yi ^i[Lx^ eXXizs N6vvr|(; VIII 72 IV
GregorioB Naz.
A(iJ^ctpoq «(jLjjLt f(Xo^ fio^ IXXtTcev i^eXbio XV 40. 4 V
Kometas.
8£ut' &; BT3eav(t)v, oOt Ai^apov IXXiire eujAÖ? XV 40. 28 V
Kometas.
ApoUonios !XXticev aupv] B 1032 V eviXXnce
6eXxTuv dioi3iJ^ A 515 IV
aXXuTo;: aXXuTOi; i^ßaoxei TueoTaxrj^; icevir^ VI 30. 6 (Pentam.) I
MakedonioB Hypatos.
Vg^l. Oppian. Kil. oXXurov Syiitov l/^uotv Hai.
I 625 IV SibyU. Orak. Oaircov <pXißei; eXXOovro
äbcotaai I 221 IV
IIP.
9:Xopp(ibO(i)y: xivxpa Sico^ixiXeuOa 9(Xopp(i)0u>vae xe xy;(a6v VI 246.
1 IV Philodemos oder Argentarios.
pa>0(ov hängt zusammen mit jb{q, das bei Homer
Position bildet; z. B. «rca^e xaToc ^tvoiv T 39 H;
vgl. auch die Compos. z. B. 2upp{va)v te xuvu>v
ApoUon. B 125 II
ippiaaToq: xevT* Bev ipp(»)(jTou(;, zM hiy[jpiQt xdtXiv XI 122. 2
(Pentameter) II Kallikter.
Arat. xod toc [xev lppü)9ev Phaen. 335 11
{ASTappuOiJiil^ü): ou X(Oov dXX^ ^pevcov iüveu{Aa (Ji€TappuO[x(Gra^ XII
57. 6 (Pentameter) V Meleagros.
Vgl. iupp60[ji.o(o XOpYj; Te bei Manethon I 60 IV
Epigrammata graeoa ed. Kaibel.
I\
IXXaße: h x* auroT«; uTciroi; %kioq SXXaße^ ^oxov aXXü)v Nr. 590
= C. I. G. 6779. 7 IV
ai[i]Sa< 8' dncXtjara T;aX(v8po[jLoy IXXaßs ir6^6o( Nr. 233
= C. I. G. 2240. 7 V
Hom. e 371 IV r 34 V
s'j(jLeX(v)(;: «oru xeptxXi^taTov ^ujjieXCao Tö[x[oig Nr. 537. 5 IV
Hom. eu[ji{A£X(ci> IIpiifAoto Z 449 IV
810 Black.
apptjXTo;: appv) xTov xpy)m8a atSv^poSitoiae 6e|utXoi( Nr. 1078. 3 I
Hom. S 56 I
8ea]|jL0u^ dppifxTou^ dtX6xou^ SiaoiWiety Nr. 170.
6 III = EumanudiB 3535
Die erste Silbe von dppi^Tou; steht gegen die
Regel in der III. Arsis, indem der Verfasser
der Qi-abschrift den homerischen Versanfang
ip(rfyft,iow; dXuxou^ N 37 0 275 in den Vers
hineinschob.
dicoppi^^a^: Iicr3( tk dicoppiQ^ag X6*]fx^< ^^^ ouiiaoti htjä-mif Nr. 26.
3 II = Eumanudis 16. Vor Mitte des 4 vor-
christl. Jahrh.
Hom. 0 264 n
i(>ppooq: Mdwi {xot d()jL)[9]l £xi(Aav8pov i^p(p)[oo]v ap^opiat deßetv
Suppl. epigr. gr. Rhein. Mus. XXXIV Nr. 1133s
I IV
Hom. iuppoov dfxfl ZxajjiavSpov H 329 IV
zepCppuTog: T(xTe 3^ Zap8ov(t] (u ['rce]p{ ppuTO^, Iv 3^ d^sa Tipou
Nr. 622. 3 IV = C. I. G. 6299
äavj ^oiot] Auxoio ':;eptppuTo[v iXX* tn] xu{Aßt^
Nr. 673. 5 IV. 3. oder 4. Jahrh.
Hom. 'jceptppuTo; t 173 IV
ofppijTo;: dppi^TOu TeX[eTY3^ SpYi« 3]epxo|ji^vT3 Nr. 972. 4 (Pentam.) I
i/jpoNzoi appi^Tcov S^apita KexpomSai^ Nr. 97 a. 6 ü =
C. I. G. 401
Hom. ^ 466 in Thesi, Hesiod. £. 4 ü,
Arat. 2 I
epp(!^(i)Tai: aol 3* utt^ Ä<|;t^v aulbvio^ dppil^uTat Nr. 1078. 7 V
Hom. ippC^tiixai t; 122 V
P.
eveppitj/avTo: xbv 3^ xal AtveiSai ic[ot'] iveppi^C^^'^o icsSiXb)
Nr. 1046. 28 IV = C. L G. 6280
Hom. hjppofissai SopoXotv ß 354 IV
dvTippo^cog: xaSieq A^vauAV, ^X^ ^* ÄvT{ppo[i7a OivTK Nr. 21.
II V = C.I. A. 442
Hom. ^tpp^ ä 99 IVy vgl. ta6ppo70( HanetL
I 24 IV, besonders aber Nonnos dtvxCppoicov b^uf^f
Dion. HI 292 V
Stadi» SV Technik des DMbhom«ri«eht& htroUebm YtrsM. 811
n.
äOpiev^TiQ^: 7c[a]9(v eupieveTiQ^ TeXiSo) .... Nr. 328. 1 II
Homer bietet wenigstens scheinbar eine Län-
gang vor dem stammverwandten luveoCvo) : ^rfyctot^
oi ZiQVt {uvea{vo|Asv 0 104 III und OutJioß6p<i> lptd(
{Aevsi^voqjLev T 58 III, wo das dativische i die ur-
sprüngliche Länge bewahrt hat Aber schon
ApoUonioB bildete darnach icepl ik (Acv^atv' dqfo-
peuaat A 670 IV, so dass die Längung im In-
laute von to(Aev^^ hinreichende Entschuldigung
findet.
in».
IXXax^' ^^(^)<'X^^ koxor^iiz * oSvoiAa V *Iinc6XuTo^ Nr. 939. 2
(Pentameter) I
Toug ¥ dl(Af<i> xotpU'f xiTjoq ^XXaxev, oD^ xxep^e^e Nr. 647.
7 IV = C. L G. 6203
o^tov, S> OtXdSeXf^ apeT[^ 7c6]t|aov SXXa^^^ >Iot)[{
Nr. 243. 9 V
^ 8v2 xal v^u^ ouoa Ioiqv ß(ou IXXa^^ xctpii^v Nr. 609.
7 V = C. I. G. 6750
Tfa>v 8^ op" 6 |A^v ÜToXeiAOiov iicii)VU|Aov SXXax^ fuXo^
Nr. 957. 5 V
Hom. Hymn. V 86 I 87 IV, Anthol. I 85. 1 V
sXXtxe: £XX(re xat xvfjpt^ xal xX^o; dSflb^atov Nr. 187. 4 (Penta-
meter) I =r C. I. G. 1925 Alexandrin. Zeit
oXyc« V SXXiice itorrp{, tcoXu icXeTov Ik Texo6oY;( Nr. 574.
3 II = C. I. G. 6858
Vgl. Kallim. Fr. 198. 2 €kXmt 4>uXeT V,
Apoll. Rhod. IXXtice Oä)xov T 111 II, wegen der
I. Arsis Ignatios in der Anthol. XV 29. 2 IXXncov
f|8ufaou( i^eXCoco aiXoE^.
NonnoB. >
1. Dionytiakt.
I\
IXXaße: xat ?cX^ov IXXaße Oipoo^ * divaC^aoa 8i 8a{|ACi>v XX 261 II
[juaObv dYiQvop{v}; fiXorcopSevog IXXaße S6p(Y^ XLII 384 V
1 Die hier berührten FSUe hat snerst Scheindler Quaest. Nonn. 1 9 sqq.
behandelt.
812 Riftcb.
IXXaße: iinrore xotpovCi^v TraTpuxov IXXaße DevOeu^ XLIV 50 V
Hom. aXX* ixet ^XXotße tiS^ov s6;oov x 71 H ;
?cuxivbv 3' o^o^ SXXoß" Axato6^ 11 599 V
iu)ii|jL$XiY)<: %a\ 6p5v(o^ xat "Xpvjro^ eu|jL|A£X(Y;g xe MoXuvoq XXXQ
188 IV
Hom. IlavOoou utb^ iu|J4A£Xtv2( P 9 IV
f tXo)A(Aei8ii{(: ZiiQ^exopv] IlpoOdv} Te *f iXo|A(AetSi3; 3^ T^stCr^ ^IV
226 IV
ifidta pT<|;e y^^<*>^> ^iXopkiAetSi]^ t^^poSiTV] XXXIII
56 IV
eTic£ [jl60ou^ YeX6(i>aa ftXo|j.)iistSY;^ 'A^Biti] XXXV
184 IV
ifidia ic^piue -f^Xioxa ftXo|A|JLet8t]^ "A^pcSiTiQ XLl
205 IV
£txa6ev ei^ xptoiv )Jxa ftXoiAi&etSi]^ ^kfpolirr^ XLVII
316 IV
Hom. z. B. A 10 IV
dl(ji(jiopo^: a(A)jLOpov ei^^pocuvr^^ ^Tredeixvue o6vTpofO^ Aicov VII 10 I
GC)ii{Aopov i^ieXtoeo %a\ suxuxXoto aeXi^iViQ^ XXVI 109 I
defjipiopog eort ic60u)v, dtXXdtpeö^ eortv epcaTu>v XXIX 1451
s9iq x^ktvTf^ d^CBooiTov ^ api{Aopov ifiio(; oTvou XIX 39 IV
y(js,pah (iSomn^totatv ^Oiqijlovo^ df|j,|j.opo( i^oG^ I 433 V
xal ot6Xo^ ouTOx^XeuOo^ ^xep tcoSo^, dc)ii(&opo^ Sptioii VI
369 V
ei( icX6ov ifepi^oiTov IxoO^taev de|j.)iiopov &p(Aou XH 63 V
oloTpoiAonn^^, MpiQ 3^ xor' aux^vo^ dl[(A[Jiopa 6eoiA£!)v XIV
344 V
evW8e ßoüx6Xo? T|avo?, öv IxTovev i2[A.|jLopov euv^? XV
360 V
xal 3691V i^iAOTitjy 4>ae6oyti8o< de{A(Aopov «17X1;^ XXXVIII
52 V
düpiueXog i^ß<i)(oaa Treicatvsxai aiAfiiopog fipm;^ XLH 296 V
SwjjLto?, ipitapivoio Xii:6ircoXt? afAjJiopoq SXßou XLV118 V
Ri|j.)iiäp(ov iAt|j,if]|jLa 3uaixßaET0v, a(A)jLopov i^ou^XLV269V
Hom. z. B. xal l\k ajAjwpov dtxvujiivi; xijp ß
773 IV; wegen I. Arsis vgl. Qoint Smjrn. I
430.
ivve^eXo^: dvve^iXoü ih Tl'^ano^ h\ ^poiortv 0700x01? I 299 I
avve^^Xci) xeXalJuovt ^aea^dpa voyxa {JioxaipiQ? III 2 I
Studien lar Technik des uehhemeriselien heroinchen Venee. 813
334 I
Ävve^iXou SaxeSotc 8s[As(Xtov, o?t' I^^v »[a^w XXVI 86 I
divve^^Xoug dncxiva^ 6(9Te6ou7a vsXi^iVt; XLI 257 I
dvvi^eXo«; 9aX?7(l^e |Ji^Xo^ xoXeiJiifiov aiOifjp XLIII 17 I
dvve^iXou^ dcxTiva^ 6(0Te6ou9a ZeXi^jViQ XL VIII 322 I
oibipoq dvve^IXoto xaTd9X£7:ev dcpfu^ov aX^'kr^ 1 186 II
dl[<|/o^^ dvve^dXoto {jLsXaCvexo xävo^ 5|JiixXt]( XXXIII
267 II
j^BiQ B" divv6f ^Xoio iC iiipo^ 8|Ji{Aa ttxaivtov XXXIV 5 II
(tK d' 6:c6t' dvve^^Xotc Bf aiB^po^ &^(; 6StTif]^ XLII 6 II
atO^a 3aiBdXXou9a * iial dvve^ ^Xcp xapd NeiXo» II 167 IV
dfAfl Yovi) BpoiJL{oio xal dvvef^Xuv Im X^xTpa)v VII
347 iv
icffiLzi^Q^ ujAsxipTjg ^TctSeOexat dvvi^eXo«; Z£6g I 434 V
d'/x( xsXaive^io^ xtxXi^oxexat dvvä^eXo^ Ze6^ VIII 278 V
ob^Ofo^ et^ ifjkd X^xpa xoxepxexai dvvif eXoq Zeu; VIII
326 V
[A({ji7)Xau; XtßiSeaai v60o^ ':7iX£v dvve^eXo^ ZeOq XXVIII
199 V
£116 lApomiq s^U(;, At'|i>xTio<; dw^^eXo«; Zeu^ XL 399 V
Hom. xtooxae dv^^eXo^ ^ 45 11; in I. Arsis
Quint. Smyrn. IX 5 I^ in IV. derselbe XII
515 IV
appTjxxo^: dppi^xxotq ve^^eaoiv 5Xov 9:6pY(i>9Sv AOi^vt] XXII 258 I
foixdSe^ dppi^xToio icuXoc^ 'i^paoarov 'OXu(xicou I 141 II
xal Aib^ dppi^xxo(0 xaxtjx^vxel^e '^rpocrttMcou II 458 11
xat xO^ev dppi^xxoio 9t3v)pe(oto xt'^<»>vo<; XXVIII 47 II
veßp(8o^ dppi^xxoio SteoxG^ovxo xoXcavat XL VIII 76 II
xopvcDaflc^ xor/6vec9tv * lit' dppi^xTot^ S^ io[iaioi^ V 63 IV
Hom. N 37 I 0 20 H 4> 447 IV
kppif^y^tu'^xo: oxK^iiAve^ ipp-i^y^u^io icax^vopidvoto xifövo^ XXIV 258 II
XaiXonte^ ippif^avxo xal dbOfAoxt Xat^o^ IXC^a^ XXXII
157 II
Hom. xeixeo^ ippi^j^ovxo injXa; M 291 H
jL^app-fi^^Dlki: B{jud€g dveppT^^avxo xaxi ox^pvoto yixihvciq XVHI
330 II
xa6poi^ 7fa!^o(&^vot9tv, dvappi^^atiJLt 8^ ictxpou XI
268 IV
814 BiAek.
Jivappi^Y^^P^^* O)ji£tepov in{xupTOv dvappi{^a(|iii xepoitpr XX 324 IV
lAapvioOdD (JL0E)Uepe99fv, dvappif^ece S^xeTpa(n267IV
\L^ ßuMov fXdßaicäoav dvappi^^^Ksv iva6Xwv XXXVI
103 IV
Hom. divapp^^ete T 63 II
iictppii)9aia: Txvo^ dcpaiX^^otatv fittppi^offovta xoXuvot^ Xlt195IV
xat Y'"^^«^ 'Opf9}0( iictppi^aaoiv xMva Topo^ XIX
111 IV
KÖvTov di|Aoißa(ot9(V iicippi^aaovTeq ipexpiot; XXXIX
9 IV
xal Zirupo^ ßap68ouicov i'Kipp'^aaid^ yfi&ia xapaü XL
241 IV
xai Tpox^Xot^ ßap68ouicov £xipp;^90fa>y icdSov 5icXaT;
xLi 189 rv
Hom. *AxtXeu( 8' op" lictppi^aoeoxs mai oloq Ü
456 rv
Stappadn: ißSotAiru Xuxißovrt dtappaCaei^ ic6X(v Iv&dv XXV
367 iv
Hom. Stoppoiffat (ujAociixe^ B 473
iuppa^i^;: nf) piiv luppa^^cDV TcoSbg ^xvia Y^väc ^eStXcav XXXIV
* 311 n
Hom. iuppof^e^m Sopototv ß 354 IV
^puoröppaxt^: «{jsueXdee; A(6vu90{, &te xpu9^pp>^t<*Ep{jii}^Vn 104IV
Hom. *Ep)ii£ia^ yjpwtipppnaq x 277 IV
{ppee: Ippee |Aupo|Jiiyv)^ 'Kozaivf^ta Bixpua yoit;^ II 643 I
^ppeov l^fioq «xpt xom^XuSe^ * eTxe Se ^ipi^v XIH 422 I
Ippeev dxXav£(i>v 2oX(x^io( ^I^ßpo^ itorcüv XXXIX 313 I
(II p. 202 Koechly)
OioxeXov {ppeev aT|iia, OaXa990ic6pou^ 8i xoXxbva^ XL 531 II
Ofjxe vbuiv ' ^^OL^ofi^ Ik xor' oeiix^o; Ippee x^*^ I^ 363 V
)Au8aX^ lAuxTiJpt xaTioouTO^ {ppeev ix<<^p IV 376 V
dc{Aft S^ ol Xarf6veo9t KuSiüvta^ Ippee iMTpv) VIII 119 V
oifXfOT^v xoqAaTOto npodqffeXo^ Ippeev ISpil^ X 372 V
ex yipohq l8p<i)ovTo< iinfpato^ Ippeev affXY] X 382 V
xiXXo; * itoteuovTo; ^igßöXo^ Ippeev atY^i) XI 376 V
oupav60ev fep£xapi:og 'CXuiAitioi; ippeev !x^ XII 295 V
Sp8to( «fxfi^XtxTo; onc' t^6o< Ippeev oupi^ XIV 142 V
ifAftXa^^ Xa9{oto xor' o^^vo^ Ippee x^*^ ^^^ ^^^ ^
Stadien sor Teebaik des iiAdilioiBcritolieii heroischen Venes. 815
eppee: mal Bpopiio) ouvieOXoi; oXo^ orparb^ Ippee Bixx<i»v XVII 23 V
To»v oico |Jiap{AO(pdY) icoXuSaCSaXo^ ^ppeev «Ty^ii] XVIII 71 V
6i ik M«; <iwvT6<; 4x1 xX6vov eppeov. lv8o( XXII 250 V
(I p. 327 Koechly)
SetXtjvcu Xaoioto xoct' our^i^oq Sppee x^^'^ XXIII 214 V
a\u^(ka^eiq hcirepOev dpiAißaSe^ Sppeov 58pat XXV 208 V
xsxXo|Aevou ßa9tXi]o^ iicl xX6vov Eppeov lvdc{ XXIX 9 V
^[AOTt Ai^piiSoo ouvi^XuSeg Ippeov "IvSoi XXXIV 127 V
d^XoTs xu{i.aiy(i)v dnratifXtov Ippeev u8<i»p XXXVI 298 V
(II p. 150)
xal icoXu^ Imcetoio Sf aux^vog Sppeev t$pü>^ XXXVII 455 V
6Xtßo[JLiv(i>v xaiAGCToic icpodcf^cXo^ lppe£v ISpco^ XXXVII 567 V
ffffiXo; da70(Aiva)v ßp^oc^ *Apso^ ^PP^^ XuOptp XLIV 45 V
Hom. Ippesv ex |j.eXiü)v X 600 I; ovitCxa 8' Sppeev
aT|Aa A 140 II, Ippee 8' tSpcbg W 688 V
iic^ppeov: ßoTpue^ afAxeXösvte^ ^iceppeov o^dvt vu(jt^^ XI 516 IV
Boui)T(dv ik f£korf{e^ ex^ppeov, ot x66vac Bi^ßt]^ XIII
56 IV
Au8(i>v 8' ißpb; 3(i.tXo^ dic^ppeev, o? x' Ix^ ^l^<*^ XIII
464 IV '
KuxXüyiciov ik fiXa^Y^g l?c^ppeov * lov 4vl x^(A72 XIV 52 IV
Ba99ap{8a>v Se fiXo^Y^^ efreppeov * d^YP^P^^^^ ^^ XIV
340 IV
b); 9a|j.ivou ve^eXigSov 4ic ippeov aTBoTce; IvSoi XV 1 IV
a(Afl 8i |Jitv YeXcojvxe^ e?cippeov aüBoice^ IvBot XXI 209 IV
xol Toxtvbv [Utk Sipicov exippeov doxtSecatat XXII 127 IV
ai^i ii (Atv orevaxovre^ iz ippeov dcXXo^ ix* aXX({> XXX VII
39 IV
6Xxde9t Bax.xeiv}9tv ixippeov 6Xxa$e^ lv3u)v XXXIX 224 V
(II p. 20*2 Koechly)
i[u^\ ii (jiiv aT£9oevir]8bv ix ippeov alBoxe^ 'lv8o{ XLIII
227 IV
£e(Xif]V(5v 8e fiXorf/e^ ixippeov, 2^v 6 [Jb^ autu)V XLIII
343 IV
dxXexie^ xXoxapiiSe^ ixippeov ouxi'^c xoupv]^ XLVELI
117 IV
Hiezu kommt noch nach Ludwich'e an-
sprechender Conjectar für das früher herge-
brachte ixixpoov (Koechly ixi8pa[i.ov) der Vers
816 Riach.
HacK/iÜB^ ik ^iXorf^e^ iicippeov oIBori Xotc^ XXXIX 300
Vgl« Ladwichy Beitr. zur Kritik des Noiinos94.
Hom. xh V iicippcov {Ovea ice^öv A 724 IV
xaiippeev: xP<^7so^ 2^ ip6^(o xsTippeev &^to^ Z«5^ Vlll 259 IV
5pO(og otvoic6TO(o xaTdppesv öXxö^ ^^pcng^ XIV 242 IV
Tou Si xtvupo|Jiivoto xat^ppee Sixpua (a68(i> XXX 149 IV
Hom. in der Composition im Partie, ca^
xoTopp^ov e^ ^ccXii<; A 149 E 870 IV
ßa66ppoo{: AeuxoO^g !x^ 8&|ia ßaOuppoov, eivdxe ic6vtou XX
378 IV '
Hom. e^ i:0Ta{Abv etXeimo ßa66ppoov dp*)fupoSiyv;v
•l» 8 IV
luppeiTtjC ^'Eppio^ euppetTt]^ Mpot^ Zorupotffi {uXeoSn» XI 40 II
Hom. ice(i,iCTaiot 2* AT^uictov euppetTv^v txo|A£s6a
5 267 IV
^ppctfovTo: XuoaiSe^ ippu)ovTo ouv eu06poo(9( [Mc/riftal^ XTV 207 H
oTotxiScq ippc^ovxo * xal $p€)uv a5Xb^ 'Evuou^ XX 111 H
etg fföXtv ippciovto icefu|^6te^, lvBo8t icup^t^v XXTVIT? H
et( (liaov ippuisvTO xaXu^MEixcvot ii[uc^ «(moi XXX VÜ
763 n
ButiBe^ eppcoovtc * xavuxpotipoto d^ toupou XLHI 42 H
3(jui){de; ipp(i>ovTo ouvifXuSe; loxeatpq XLVlll 314 H
Hom. x'^'^^ S' £pp<i)ovTo V 367 II
lxepp«»ovTo: ipcl^ (lev eiceppioovto icoScW ÄveiicoS^t icaXpi^XXXVII
646 II
wyj^itq li SpixovTe^ €9:epp(dovTo npoouncoi^ I 158 PV^
TIA S* &(jia Odtpoi^evTe^ eiceppctfCVTO iME^Y^ai Xm 562 IV
BlAcofftv dt{j.c(ßa{ot9cv * £7reppu»ovTO ik xoXX'ot XVDl
97 IV
&^ fipievo^ OopovvEv * exeppcoovTo Se Box^«'* XXVH
221 IV
XoiTat S' i^eptTjatv iiceppcoovTo OuiXXat^ XXXVII
286 IV
aux|AV)pat ^oOiiJLtYYs; i?cepp(i>ovTo xovctj; XXXVII
457 IV
&fxf( S^ (jicv SaoxX^e^ iTcsppuovTO -^fuvotxs^ XL VI
210 IV
Hom. tijotv Scl^Bexa itooai ^icEppcibovro ^^scixe;
i> 107 IV
Stadien sar Technik de» naekhoverischen heroischen Venei. 817
l:7spp(2»9avto: eiXiicöSigv Gpiivaiov iwsppciaavTO itoXtrat V 284 IV
6i»p9o(Aav^A(övuoov liceppciiaavTo (iiatxv2Ta{XLV232IX
HoiD. dpißp6acat 8' apa x^'^'^^^ liceppdbaovro A
529 IV
I p p i Y « : S^pa Ttc £ p p { YTl ^ « >wkI i<}^iY^^w^ orpaTbi; «v^pöv XXXVI 159 11
Hom. 5fpa t(<; epptY^i^i xal 5<|^tY6v(i>v avOp(i>ic(i>v
r 353 II
lpp{^ii>7e: 8t Y^vG^ Ippil^(i)a6 xebv ?cpa>t6aicopo^ *Idl> III 360 II
xai x6ia^ Ipptl^coaev * d(vocxpo*xt>v 8^ xepa(ag XXXVI 311 U
xdtl x6^ ipp{2^o)aev 6{jioCtiY^(i)v IXe^ocvtcov XXXVI 366 II
t{^ oicoxiXou^ ovdstpe xal dpp{!^(A9C OoXiovv) XL 425 IV
Hom. xat ipp(l^<i>9ev IvepOev v 163 IV
xal fwi? ippi2^ü)T0 Ti6iQvi^T6ipa Y^viöXifj? VII 4 II
^ip^iOKOv epptl^coto ß(oa96cv * oupaviov ^ap VII 56 II
xal fuxbv ipp{l^u)TOTb SeOrepov - i{L^\ ik y^I'!) XXV 52011
Hom. dXurv; eppfi^cdTae v) 122 V
eppttpavTo: MacviSe^ epp(<|;avTo XoOCfpova Xuoaov di^Tati; XLVH
741 U
Hom. Ippv^vi nur in Thesi, z. B. T 130 in
2. Thesis.
a':coppt7CT<i>: ^oXXal 8' a'jxoxOXearov (x?ceppi4'avT0 xoviv} XX 331 IV
iQcpiot^ l|jibv olffTpov a'icoppt^j/eia^ dh^Tat^ XVI 164 IV
ovTUY« 8' diaTep6^trov deicopp(4/e(ev Y)X6|jlicou H 262 IV
xaixev ai:opp{'^a^ itaXcviYps'coy SYxovdnc£tXti^XXIV60II
xai pitv a^oppi^avTa [Atat96vov olorpov 'Evuou^ XXVI 6 H
'Iv8bv di7cpp(t{;a{ Ipibv o3vo|jLa Au8b; dxoOao) XXXIII
256 U
66p90v d^oppt^j/avTa *Tavi/;cXoxi(A(i)v 8i Y^vatxü>v XXXVI
155 II
Baxyoq dicopp((|/a^ deicaXoxp6a 8dexTuXa xoupv); XLVUI
128 II
XSipl 8^ 8sv8pi4e99av dicopp(^aaa xaXtkrpvjv II 554 IV
avOopev 5{i^£VTog ixofpl^a^ xrepbv C^ou V 535 IV
9e{(0v oTvoxa 6ip90v, d7ucpp{t|;a^ 8^ OuiXXat^ XV 126 IV
icoXXol8^ivi;poxo^aiv dicoppCtI'avte; in((i>xi^yXXn372rV
2op ibv YU|jLVü)9ev, i7opp{t{^a^ 8i x^^^^ XXHI 61 IV
xa( [AtTov YjiJLtTAecTov aicoppC^aff« x^'^^^^ XXIV 322 IV
Ar|{j.vt^^ dbitpT^86[ji.vo? • izoppif^aq Ik icupotYpiQv XXVH
122 IV
818 Black.
inoppiicxia: [kifKOXt SuoiACveeoaiv iicoppi^^avT« ßoeb;y XXX 189 IV
Konnubou iv xopufi^ocv iicoppCtl^a^ icrepbv thcvou XXXV
263 IV
iXXJt xri^v dvovtjxov dxoppCtpaaa fatp£tpi]v XXXVI 75 IV
Bixxot 8* ixpotiXtliov dicoppftpavTe^ iw& XL 215 IV
xae icXoKi|Mi>v dni6|AtOTOv dicoppC^^aaa xaXuKTpijv XLV
50 rv
|jLvi)9Ttv 5Xv;v TY)pv]o^ dicoppitpaaa Ou^XXoct^ XLVJ133IV
|i.Wi9Ttv 5Xy)v 6v)oiio^ änoppitpaaaSoEXioot) XLVII454K
Hom. cKjvl ov £7«irfi ae {a^v(v dhcopp(t|MevTa x£Xo((u;>
I 517 rv
StarppticTO): xufAßaXa S' ^i^evra StappCtl^avte; dh^t; XLIV 139 IV
Hom. Stappiicraoxev ieordv t 575 IV
ipp6ovTo: xal 86|aov ipp6ovTo «epCtpoxov sucöv« xöcfiou XLI 281 II
Mi |JL(V ippOaavTO Atb^ TaR>p(^8K ^^^^ XXVII 81 ü
Bei Homer findet sich ippuaoio mit der ersten
Silbe in der 3. Senkung: äXXi ti^ <äxe Oeüi
2pp6aotto xal loduMVf 0 290; vgl« Y 194 a 6
I\
appaY^;: ippcL^i^i oTocxv)3bv eicupYiMvjaov ipiicvat 11 373 I
ippa^io^ liMoto 909<j> crn]p(CeTo Seojjt^ XTII 486 I
dppaY^^^ T^<^ive^ i8ox(M2»0iQ9av ;ix6vxb»v XVII 348 I
dppaY^üiv aitvaxto^ dXuxioiceSt^ot icen^Xuiv XXI 56 I
ippaY^^) euicoivjTOv iuxXoioToiat 6e|jLi6Xotc XXVI 59 I
ippoL'^ieq xvY)|M3e{ hcexXCvovro xo^pvoi^ XXX 29 I
dcppa-f^^( xaXapit)9(v £|jiiTp(S>0i29av \\idntq XXXFV 225 I
ippa^iq ü^ aixo( e^x^ : xal "ApteiM^ iXXov Ix' oXmi
XXXVI 32 I
ippa^^o; xtoaoto'xal ou t690v 6Xxd$a i:6vtou XXXVI
367 I
ÄppaY^O(; xXttMtfipo^ dcxapiicda vi^pLora Moipvj^ XL 2 I
ippa^k^ ^pire tet^o^ lpLi){ x^^^ * ^^^ ^^ aoj/rfyt XL 2001
dppa^^e^ icio6p£(r9(y iiAtxpiiiOv^oav Ujfsmq XLI 280 I
dippaY^^^^ dvixoxTe icaXCXXuxov 6Xxbv i(JLivTii)v XLV 276 1
XiXxtov dppaY^d^ xe^aXi]^ oxixag, aXXa xxpi^ XIV
233 U
ipxemv dppdtY^699cv ivaDffx^XXouocv iXuoet XXII 174 II
dfpeo^ dcppttY^C ^^<) iXe^vjrispa ßeX^vcov XXIII 62 11
Studien sar Technik den naclüiomerieelien herolselien Yenee. 819
ap p«Y^ ^: 'Apea S'dppaY^evfftv dXuxToi:^Sv]9i xeB'/j7U) XXXV 293 II
5<|;eac appayitaai^ i[ko\q eixovra xo^pvoi^ XL VII 640 II
acTctoi um |if se99i xai deppa ydeaat icer^Xoi^ XXVII 146 IV
cr]f)fi Tupou TCopa ic6vtov ' eic' deppaY^eoai S^ ic^pat^ XL
' 533 IV
Vgl. Hom. apptixTo; N 37 I 0 20 H ^ 447
IVy DioD. Per. teCx^fftv dippaYce^fft 1006 II Anthol.
dppoYea; x6pu0a^ IX 323. 2 IV
Stsppi^YVuvTo: uSpvjXat^ ve9^Xv}9t Bieppi^YVüVTo xoXiovat II 474 IV
Hom. eppt^^avTo M 291 11
ü) oxo?c£X(i> Xo^evTiy Seappii^eee 8^ X^^^^< XLIII
113 iV
Hom. dvappi^^ete T 63 11
Y«ia ^k werpT^evT« StappT^S«^« X'*^***^* II 637 IV
xevOaX^ov xifpu)ia Stappi^^aaa »X^xüiva IX 254 IV
vijffov oXtqv TptoSovTt StappT^5«? 'Evoa{x6u)v XVIII
37 IV
oXXo; dXi((i)voto Seappi^^a; ^iv to6|AOu XLVIII
37 IV
Hom. SeofAbv dbcoppi^^a; Z 507 II, vgl. Theo-
gnis itappiil^aaoL x^Xtvöv 259 IV
ETcepp'j^YVüVTo: xfove^ üBoroevre? iweppi^Y^^^'^® xopi^voc; II 428 IV
Quintus: at^v eiceppT^Y^üvro XIV 518 II
^eppcpaCvu): x^^pi iteptppatvcdv iSuvi^foiov ix|AiSa Bixxou XVII
372 II
i&[kx '7:eptppa(vovTe(; aXe^ixiiioiat ^edOpot; XLV 35011
^offt TapTap(oi9i icepcppatvovxe^ opoupo^ XIV 48 IV
icai8GY6vü> ^dtfjbtYY^ icsptppaivcov rcux« (xtjpou XXV
317 IV
aljAaXiT) ^aOfliiJLtYYi w € p i p p a ( v o u c a xovCtjV XX VIII 95 IV
oTvov aXe^Tijpa Tcepippatvcov TiJievafw XXIX 156 IV
IXxeV fotvi^evTi 7r€p<ppaiva)v T:6[kOL Xtjvou XXIX 272 IV
ta\ wp6jJio^ 6i<; x^^^* tcTx:6, TceptppaCviov 86 xovCtjv
XXX 144 IV
oßpoj^ov uSoTÖevTt ic€p(ppa{vü)y x^va tapaü) XLU 4441 V
aipLOTi fcivi^evTi Tcepippatvouaa xoXcovo^ XLVIII 688 IV
tbv 6xi8vi^evTa TueptppatvovTO xoXb)va( I 509 IV
Sil^iTfe? IvOa xat Sv6a luepippaivovTo xepaiat V 7 IV
oca ßöe^ xat {i-t^Xa, icepippaCvovTO 8e ßü>(i.o( XX 178 IV
Sitzangeber d. phiL-hist. Cl. XCV. Bd. III. Hft. 58
820 fix a eh.
Bei Homer nur die Formen ippdSkon M 431 1
IppiSotai u 354 II; vgl. OaXXcp Ixtppotvscy bei
Theokr. Id. XIX 98 II
SoXoppdtf 1^1^: oü8' ^oOei;, Atövuae, SoXoppa^eo^ f06vov ''Hpi;; XX
182 IV
xal xpufCuv dbf6peue SoXoppaf^cov X^^ov lv3uv XXII
122 IV
[kirffocvot. xexv^svra BoXoppaf^oc Atovuoou XL 60 IV
{ppeT^ (jLOt, v^ T^Kva SoXoppa^^o; y^^^^^P^ XLVm
896 IV
Hom. ^ppoE^ieaoi Bopot^tv ß 354 IV Oppian.
Kil. 8oXoppo(f^a)v Xtva x6Xx(i)v Hai. HI 84 IV
X t V 0 p p a 9 if g : xai ßuOtv}^ oux oT3a Xivoppa f ^o^ SoXov drjfpiQgXX 377IV
evSobrtov oxifo^ el^e Xtvoppa^^cdv iXii^ü>v XXHI 131 IV
• Vgl. das Vorangehende.
i:oXuppaf 1^^: ^av03( icoXuppa^ ^cdv diveXOcrato SeqAa ice8i>.iov XYÜT
199 II
ocuTO|Airv} icIXe (lata icoXuppa^^o^ Toxerotö IX 6 IV
Bixxov ftt xvefovra icoXuppa^eog ioxetoio XIV 149 IV
Vgl. Inc. Id. icoX6ppairT5v t£ fapixpvjv Id. IX
265 IV. Nach dem homeriechen iuppoff^ and
xoscoppo^fv} 0 16 (A 26 ß 236 gestattet sich Nonnoe
Doppelung der Liquida auch im Verbum:
l%ippd^a^: T^xviQV f appLox^eovov iTippd^a^ Acov6a(i> XXXVI 352 IV
Vgl. Epigr. Gr. ed. Kaibel eveppit]^avio Nr. 1046.
28 IV
licdppafev: Se^iiJievo^ Ai6vu90v ^Tuippa^ev iporsvt (Atjpco IX 3 IV
iXkk B6Xci> 86Xov oO^Xov dic^ppa^ev Etpa^tum]^ XLII
315 IV
9uvdppafsv: SexTO Xaßdbv, (Aigpä 8^ auv^ppa^ev * dhrti S^ xap^
VII 152 IV
iuppaTci?: ö? etwbv e; "DXujjlwov eOppaici? ^tev 'Epjjii;^ IV I IV
AiQtf^v 2' licl 8f3piv iuppaict; ^Xo8ey *Ep(A^^ XXXVI
' 11 IV
Hom. *£p(Ae{a^ XP^^PP^"*^^^ ^ ^'^ ^^
divxfppoico;: üipfou 8a(8aX^^ dvttppoxov elx6va (Aopf^^ XXXFII
70 rv
v6aot); Xatv^^ avxtppoicov, laov ixstvci) XXXVII
112 rv
Studien zu Technik des nachhomeriflclien heroischen Veriee. 821
avTCppowo?: xal Aib< 'Affßuorao v6f)v av-cippoicov ö{ji^v III 292 V
Ol §e Tovuxfotpüiv IXifii>v d(VT(ppo7rov aorpov XIV
133 V
TC^|jL7C£Tat 5p8pivi)9t ßoXai? ÄvxCppoico? i^oä; XXVI209 V
^HsXbu aeXo^il^e ßoXai^ divxtppoicoq ar^Xv) XXVII
18 V
Zeu^ yibi'^toq^ Z'zzpi^q ik v^v dvT{ppoicov af^^igv
XXVII 93 V
Xeuxbv ipeuO(6«i>aa, ßoXoi^ B' dvT(ppoicog i^cuq XLII
422 V
Hom. bnppixfi S 99 IV, vgl. Epigr. Gr.
ed. Eaibel dtvT{ppo[wa ö^rce? Nr. 21 11 V =
C. I. A. 442
loop poTzo^i ^wv^ B' dtiJi^otipoiaiv Ja6ppowo^ ijsv sviki) II 475 IV
aXXrjv itl/iTeXeoTOv t<j6ppoxov eßev ^ü(i) XXV 25 IV
et^ ^cv aiA^YjpioTov ta6ppo?cov elxe icopetiQV XXXVH
250 IV
vöxxa xaXavTcöouaav ladppoicov i^pt^eveit) XXXVIII
271 IV
Hom. vgl. das vorausgehende dinCppo^o^ ; vgl.
ta6ppoTCov dXXiiXoKJtv Sibyll. Orak. IV 85 IV
6e6ppY3TO^: xXeicropL^vT}^ * aUl ik 6eoppi^Tü)v icepl (Ji.66(t>v XXXVIII
53 IV
Hom. icopcEppigTot x^ ix^ea^iv I 526 IV, vgl.
Anthol. Oeoppi^xcj) xivt piixpcp IX 505. 13 IV
^vepp(Cb>ae: xat oxoxbv deoiu^iXDixov dveppil^coaev dvi-pcY) XHI
495 IV
x6|A0C9tv dmufdXtxxov ivepp{l^(07ev 'Aic6XX(^v XXXIH
340 IV
TcopSevixv^v §'£&ßotav lveppil^a>ae 6aXia<n)XLn411 IV
Hom. eppil^a)76 v 163 IV
evepp(2^(i>xo: deXXo^ ivepp(!^(i)xo Be8ux6xo^ dc^pt y^^^^^^ XXUI 43 H
<xxp€(JL6v6{ ßXoeoTiQaav, Ivepptl^üivxo ik xopaot XII 178 IV
Hom. dpp(!^u)xat tj 122 V; darnach
aveppi(<i>9e: xat 4»XeYua( 5xe icivxaq dvspp(l^(i)7£ OaXcEooY) XVUI
36 IV
£7epp(|^ü>9e: Batpi^fac^ XißceSeafftv iicepp(l^u)9e 8aXd99|] XL 532 IV
(i.exepp(2^a>9£: v£pTep{a)v x£u6{JMi>va )i.£X£pptl^(i)9£v £vauXa)v XXI
104 IV
68*
822 Bisch.
142 IV
Sämmtlich nach Homer Ipp^bKJE v 163 IV
&ppotß3t]9ev: 6io)i£Xov eppoißSigaey Sico^ ^iXciceuO^ Bix,x<!* ^^^^^
104 II
dcoxoicov eppoißSi^ae ixepLT^vdrt X^^'^^ ^r/jy XLV 7 11
Hom. av£ppo{ß8v2a6 (& 236 II
ax€ppo{ß8tj<je: toiov azeppoißSigaev eiro; !^rjXi^(jLovt ^(Dyfi X V 256 D
Toiov «ÄcppofßStjaev drffyfopa |jlööov 'Axflrni; XXXMI
422 n
fpixtbv diiceppotß8iQ9ey licog icoXupLefAf ^c fit>vi] XL lOII
toiov aiC€ppo(ßSif]aev liuo^ >.uaa(i»S6i XaijAc^ XL VI 911
TOIOV äreppo{ß8t]oev lico^ Xuooc&^t Xaquö XLVI
220 n
Zi]vb^ dnretXi^cpav &i;6ppo(ßSv2a£v uir^ H 257 IV
xal |xoY^v dcxaXivov dreppotßdvjaev mi>i^XXI132K
xaC ol dbceiXi^etpav dTceppoißSigoev tdn^v XXX 40 IV
ta\ 0T0(AdiTCtfv «xiXivov «iceppotßBY^crev tüyfjv XXXIII
117 IV
xuS(6a>v 3' dexiXevov dxeppo{ß8t]a£v liorfyt XXXI\'
195 IV
2k£X)i.i^ dbc€(Xi^epav diic£ppoiß8y;a£y tor^v XXXMI
306 IV
d9poK6|AO(^ 9T0|AiT£99(v du£ppo(ßBv20£v tunfv XLVI
161 IV
Hom. dcv£ppo{ß8iQa£ pi 431 II and Xd[puß8'4
dvappocßSft {JL^Xav DBcop {a 104 IV
ffüv^ppfiov: wdvT£(; M otc£ü8ovti auv^pp£ov i^Y^jjiov^t XTTI 231 TV
6py;ix(if]^ Ik Sd^Aoio ouv£pp£ov GbiutSecuT» XUI 393 IV
TOU 8^ wt£5o[Ji4voco CüV^ppfiOV hl^ii XaLk[tM XXXVII
602 IV
Hom. z. B. ew^pfiov löv£a i:t^iä^ A 724 IV
dw^ppuTo?: icüi< 8^ ouvowrcofAivij xai dic6ppuT0? dpoEvi rjpou I\
282 IV
Hom. icfipCppuTo? T 173 IV; di:6ppuToq saerst
bei Hesiod E. 595 IV
xaTdppüTO?: £1 wdXiv 5|jißpov Ixfiufi xatdppuTOv u^toq Z£6^ II 537 IV
X0u>v 5t£ x£u6£to icäaa xaTdppuTO(;y dxpa 8^ '^sexpi;;
UI 206 IV
Studien rar Technik des nAchhomeriechen heroischen Yersee. 823
xxTippuTOg: '^ßvjT^v eBCiQve xaTdepputo<; txfjijc^ ^^p9t)<; XI 163 IV
6inc6Te Y^ Y0v6eaaa xaTipputo^ dEpaevc Xu6pü) XIII
439 IV
5(Jißpu) SaxpuöevTt xaTippuxo^ * oxvufjiew} 8d XVI
345 IV
Foia xsXatviöüxxa xaxdppuTC^ atfJiaToq 6X)uo XXII
274 IV
d^pt (Ji^ffou oT^pvoio xatceppUTO^, S^ 3^ Sta{v(i>v XXIII
47 IV
al|JLaX^ ^ttOipLiffi xaTdppuTa XeCtj/ova x6poir]^ XXV
45 iv
OT^XXeTOci £u6S(A0tart xaxdpputo^ ijBacrt Tdrffr^^ XXVII
163 IV
§acv6a 8iaoT((ouara xatdlpputa vtara xov{y;g XXVIII
130 IV
x6{juxatv igXtßarotac xaTdpputov i^ipa v{fii>v XXXII
155 IV
{weicev ' o(YO[xdvo) 81 xaiocppuTa yißitikcezcf. Xat(|juo
XXXIV 247 iv
SvOov dbcoxTuovxa xaiceppuTov iv0spsa)vo^ XXXVII
666 IV
fipptoTO^ oupovtoio xaTdppuTo^ ' dcxpa 8^ y^^^( XXXVIII
22 IV
ifidia ?c6vTOV EnwyK^ xocTdeppuTov atfAom Nv)peug XXXIX
296 IV (II p. 209 K.)
Hom. 'REpCpputo^ T 173 IV, xoroEppuro^ IvOa xal
!vOa Dion. Per. 1124 IV
;jL£ AtppuTo^: xal icorajAog xeXdpu2^£ {JieXippuTa y&jyMXOL a6p(i)v XIV
414 IV
Tep<|;(v6<i) pa8i)JL(YY( {AsXtppuTov (Syxov) 67(i)pv2g XIX
20 iv
8iv8p€a x*'*^^^* jjieXCppuTov, di; dbcb dfjJißXwv XXVI
186 IV
XaporipYjv aiVßXoco (xsXCppuicv ^icue ^cdvi^v XLI251 IV
oü Y^P dvaßX6^ou9( [AeXippuxa x^^pi^^^cra 7cy)y<3e^ XL VII
81 IV
'IXiaarou Ik ^ieOpa [jieXCppuTa Bdcx^o^ UaoL^ XL VII
265 IV
v£oppuTO^: TcaTpcüxi) xfipdaaffa v£6ppüTa xs^fxara x6Xtc(i) II 144 IV
824 &s»eh.
ve6ppuTo;: xopfup^^ Mffjye ve6ppuTcv S-piov iicidpri^ XII 200 IV
iXX3( 9cd(( 4»o{ßoio veöpputa x^^|a^> at{A^>iiyv XIII
259 IV
xoct xepoffoc^ )^^pt veöppuTov l^tdix Xi^vou XVII 72 IV
OapaaX^ai ' xTOjjLdvcov Se veöpputov aifia Frfivniyv XLJII
134 IV
FopY^vo; dprt^voto vedppuiov oipia MeSo^oti^ XLIY
275 IV
XsiXsffc vrjiKioiyiptvi veöpputov utpe^e ^Xi^XLV302IV
XuOpov dpeuOo|Advoio veipputov avOepeävo^ XL VII 159 IV
Anthol. veöppura xiXXeo xv;pou IX 363. 15 IV
auv€pp(i)oyTo: sht xat e{^ tA66ov a)pTO * auvcppctfOVTo Ss Xis:
XXXIX 74 IV
Hom. 27r£ppb>ovTO Tuvatxeg u 107 IV
II.
Xtit6pptvo^: fJiL^at^ 5Xa *fjla Xii;opp(yo(o vojjiijo^ I 44 FV
Hom. ^pl 8i ^tvol tJL(v68ouGtv |jl 46 IV; XRusppcv:;
begegnet schon bei Nikandros : ijv 3^ Xnnppcvc'x
icotbv SucrceXuxTOV (flct{nq Alex. 537 II, aber es ist
dort anders zusammengesetzt, 8t. XtT» fett, also
mit fettglänzender Haut, wogegen es bei Nonnos
mit dem St. Xt?;o von W. Xn; lassen (also ,oime
Hattt^ zusammenhängt ; vgl. auch Xt^ppivuiv bei
Empedokles 301 IV
xavupptvo;: axpoTxnjv TpCxa TajAve TavuppCvoto xopri^vou V 10 IV
Die Ueberlieferung von M hat Tovuppi^vou,
Tovuppivoto nach Falkenburg's Emend. Oraefe;
wogegen Koechly nach Graefe*s VermuthaDg
tavuxpatpoto. Hom. ourixa V auXb^ dcv3i ^tvo^ :;2x^:
^XOev X 18 IV ; vgl. Oppian. Syr. euppCvowt xüvscctj
Kyneg. I 463 IV
eppo{(v27e: XoiXoics^ eppoil^Yjvav, eTo^suovro 8^ Xo^ct I 248 II
xai ßdXo; £ppo{(^T396v, lic' 5;jLfaX6€VTi 8e xuxXcu V44II
Xa{Xa9C6{ Eppo{I^v]9av oxoiijli^toio (xep{|jLViQ^ V 590 II
Boxxia^ 2ppoi2^i]96 8f i^^po^ ^TX^^^ «xiiif XXX 308 II
Hom. icoXXiJ 3^ ^(l^b) e 315 H, Oppian. Eil.
ibv v6|xov ^ppoiCtjae Hai. I 563 V
aveppo{l^iQ9av: i^jsp66€v Tciepöevtsg iveppoCsVj^CKv icaTo(XXIX289IV
Stadien zar Technik des naohhomerieoheB heroiBchen Verses. 825
B i£ppo{l^Yjff e: i^iepCvjv if^Xia 8isppo(l^v)ae xedCXb) XLI 276 IV
exeppoi(v)as: s(^ evo^v vsXceYt^ov '• licepp o (l^iQa 6 ^l 'Tcupau) I 226 IV
i^urepTQV [xdoriYO^ diceppoiCt)(jav Jwi^v XXXVII 288 IV
Doch wird wol in diesem Verse mit Ludwich
(Beiträge zur Kritik des Nonnos 88) dTceppoCßSigvav
zu schreiben sein.
xal aoXo^ i^ep{Y]acy exeppoiCiQaev i^XXat^ XXXVII
688 IV
xal dövonie; -^vfamt^ ixeppo(2[v)9av 5ioto( XL VIII
940 IV
xocTeppoil^iQve: ToupiDv Xeux3[ X^adva KaTeppo(2lY29e OeatviQ;I217IV
ÖTQpovofjMi) |xion"fi xaieppo'Il^tj^s Bopijo? VI 116 IV
xXtppotl^o^: xocl iflbceSov yvjffoiov aXtppotCoco Dox^ou XIII 322 IV
EupuaXoq 8^ dXoEXa^sv, dXippo(l^ü) hk xu8oi(ji.6) XXXIX
220 IV (II p. 207 K.)
X^p^aiiQV [UTot SYjptv, dXippoCI^b) 3' diXocXY)T(o XXXIX
223 IV (II p. 202 K.)
Xepai daXaaoov6fJLOt9tv, dXtppotCü) Si xuSotfiij^ XXXIX
370 IV (II p. 206 K.)
xal Zaiupou^ IS{<i)X6y. dXippo^Cb) Bi xu3o({aco XLIII
213 IV
Hom. xoXXi) ik ^o{((i) i 315 II, vgl. Oppian.
Syr. Tavüpo{?y)fftv dxcDxatg Kyn. IV 195 IV, Quint.
:;oXuppo(2^(i)v dve[jui)v I 156 II
IIK
IXXax^' eXXaxev — ixÖuöev "f«P ^X^' B6|jLa<; — dvrl 8e YUjjLvij; I
101 I
IXXax^v ouvofJLa touto * Bepaicvaiou Bs xai ourou XI 259 I
SXXaxev 'AxTafwv • & 84 fipiaxo^ eiq 8p6[4ÄV eor») XXXVII
234 I
IXXaxsv gSpova ToOra tsvJ^ iXdxeipa Texo6aiQ^ XL VII 604 I
90^ izdtq iXXaxs 7c6vrov, ipib^ töxog aiOdpa va(u>y X 134 II
TTiXixov IXXaxs xaXXo(; 6 ßoux6Xo<;, ov ou xpoPKiQf^ X 312 II
3<; t690v 2XXaxe xaXXoq, S |jLtj ßpito^ SXXoxev dvi^p XI
386 n
xiQXfxov ^XXaxsv eT8o^, iizti vu ot dpi^l icpo9(jmi> XLI 261 II
9b? icit? IXXaxe Xixipo, xi [xtj Xoxev 'öro? dY^vwp XLIV
304 II
826 Biaeh.
IXXaxc: si Aibg SXXax^^ aS.[UL^ {xeripx^ xuxXov 'OXjiiscou XLVI
42 n
et Atb^ IXXax^^ olpia, xe^v ävofatve Y^sOXr^v XL VII
598 II
xoiov IroctpeCri^ T^P^^ ^XXax^^; ou oii Auotou XI 119 IV
3tti jAiiJ icoXtcikv, wv IXXa^ov, ey)(vaX£56i XLI 327 IV
oh divev *AxTa{(i)v, oüx IXXa^e ^pb? iroeiwn^v XLIV 287 IV
&JJL01 epLOu OtjO^o^, 8y SXXax^v devepa ^oa^pTi XLVIII
536 IV
el^oET^ {jioi * SepiO^v) ^^ ^ ^^(^ SXXax^ (aouw) IX 235 V
3; T6aov IXXac^e xoXXo^, 8 (xt) ßpöto; IXXa^ev ovi^ XI
386 V
xal oxoxia<; "Oocvoto xai oT ^oov IXXaxov '£p(i.ou XIII
471 V
IvSbv owrerpi^vtSev, SOev ^i^Kx; IXXaxov 'lv8ot XVIII 271 V
xal 4>a66»v Scov söx©^ inc^prepov IXXa^s Mi^vr,5 XXV
103 V
dx^ujüivif] • xo6pt)v 81 (aoyootöxov IXXaxs Atjiw XLI 413 V
Vj Y^{^^ ^<^^^^* ^^^^ Y^^^ IXXax^ (Jiai^oii^ XLVIII
833 V
Hom. Hymn. V 86 I, V 87 IV; Theokrit
Id. XVI 46 V; Dorotheos h%w V IXX«xe '^
TZpfjiiaq |jLoCpa^ KuO^eca 26 II
Scheindler schrieb Quaest. Nonn. I 9 auch
eXXiice^ £v (jLSYOcpotTtv dnceipi^v TOxeTOio XL 114 I
Allein die Ueberlieferung lautet xiXXtxeq; der Umfitand,
dass dies Hemistichion dem homerischen Xei'^sig ev yLS^apcis'.
Q 726 (den vorausgehenden Vers XL 113 nahm Nonnos ganz
aus Q 725) nachgebildet ist, lässt noch nicht darauf schliesseO;
dass eXXiite^ und nicht xiXXexe^ dastand.
in\
£uppaOa{jLiY§: icpcoro^ duppaOapnyY^^ iXetfoto; supsv eep^v V
258 n
Xoipo'* iuppadapiiYYO? apieXYeto v^xtop ^Riiipi;; XII
320 n
5{Jißp(i> euppaOi(JLiYYt voov Tepirovre^ oxo^pr,; XIII
266 II
Stadien nr T«ckni1c det naclilioiiieriseh«B httroUehen Venet. 827
^uppaOapiiY^: Y^auxbv i\ippa^d\ki^^o^ oveCpuffe OaXXbv sXaCv]^ XV
61 II
e!X€v duppaOapic-fY^ zaXaCTOTov Byxov eepor;; XIX
160 n
xoiai jA£v ap/o(jLevo(aiv JüppaSafjiiYYO? ispoY)^ XIX
243 IV
SeXVüjxevov yyzbf S-ptov euppocOifjLiYY^^ 6in«)pt)? XX
131 IV
XXIX 116 IV
8iwX6ov eT^ev dfsdXov £üppaOd|JLiYY®? oyövo? XXXIII
101 IV
oToxpov lx<*>^ JxöpvjTOV ^uppaOd|xiYYO? s^poY)^ XL VII
59 IV
lJL£Xtppadd(jicY§: 5fpa (jLsXtppaOdfjLeYYo^ de^ojxevou a^Oev oTvou
XII 168 II
Zeu^ ih [AsXcppaOdpiiYYO^ dbu^oniYSv ^y^ [uXb-
ot)? XIII 271 II
2fpa pLsXtppaOdfjLCYYO^ dcuaad{Aeyo^?coTa(A6to XIV
432 II
Xapa (JLeXcppaOd(JL(YY^^ eXeißexo Scopa {jieX(o9iQ^
xxn 23 II
iXka [AeXippaOdjxCYYO^ i[LYiq dbc6pi|T0^ i7Rft>pY]g
XLVn 184 II
oivoicoc ta^O"^ b/iynoL pLsXcppaOdfjLiYYo^ ImC^^^
XVI 33 IV
dvri A(ü>v6aoio pisXtppaOd(Ji(YYO^ i^uipiQ; XXI
158 IV
xoXuppaOd{Ji(Y^- ^i>(''^^ 'luoXuppocOdfjLtYf^ 8e8eupiiva ^dpea X60p(i)
VII 174 II
dXXa Tef/^, ^iXe Bdxxs, noXuppaOdfJLCYfO^ ^<<>*
pY)s XIX 12 IV
IppiTZiX^t: SpOpcov ^pp{icil^e x6piYjv euo8[jiO(; dh^q III 149 II
aveppineCe: vewcojiivwv wrspoevtej; aveppi'Tct^ov d^at XFV 139 IV
dzXexia^ xXoxaixiBo^ dvepp(ni^ev di^Tri^ XIV 347 IV
)ucl Rp6yo<; eupu^^eio^ dvepptxt^evi evuco XVIII 239 IV
Xo§^v oüToeXixTov dvepp(xti;ov evud) XVIII 239 IV
•ML\ wpoxoa<; ApxTb)o; dvepp txtCev db^Tig^ XXFV 63 IV
vtxi;^ 3' eXzßa %aactt dvepp ticcCcv dtjTai XXV 307 IV
828 Biftek.
aveppixil^e: nXoxfxob^ ßoTpuoevra^ aveppt^c^ovdnjrat XXXIV 308 IV
icupxa'tYjv ^XoYOsaaov avgppiwtl^ev dh^i; XXXVII
78 IV
eiceppdctl^ev: xal 3i36(jiat^ axporrnjatv £?EepptTCt2[ev evjw XXX
187 IV
|jLeTepp(mCov: aoO|ji.aacv ayTtic6poi9t {Ji€Tepp(n((ov de^ai 11 408 FV
2. Httab^l« d«t JohtiiiiM*Evaiig«liunt.
I*.
-noXüXXiTO^: tepRCdXY] TtrÄeffTO xoXuXXiToq* ^^j^^^ l*^v F 148 IV
x«t Osbv «iTi^aTfjTe TCoXuXXtTov • 'Jjjwrct xeCvb) 11 97 IV
Ilom. TcoXuXXtaTov 3d ff' Ixivu) e 445 IV; Eallim.
Kapve^e xoXOXXiie IV 316 IV
a[A{jiopo^: a{Ji(jLopot dpixXaxtrjg xaOopot v6ov ior^ xal ouroC N 48 I
dEcTcopo^ dcxpifioTO^ ovifpOTo; ä[t.[LOpoq Spirv^^ M 97 V
Hom. Q 773 IV
appt)XTo;: irforeo^ dppi^xToc^tv inrexX(yovTO XeiciBvot^ 6 76 11
Hom. O 20 II
ipp iQTo;: ixP^voq ^iv, dcx(xtjTo?, Iv appi^TO) Xd^o^ dfepxft A 1 IV
5t|/{Yovo5 icpoY^eOXo?, iv dcppi^xci) Tivt ^eo\ud A 40 IV
Hom. (xppvjTov ^ 466 in 4. Thesis, vgl. Timon
123 IV Proklos Hymn. Helios 14 IV AnthoL
I 19. 10 IV
Ippet: |ju»p{o{ ^99^^ |au6o^ aTt^i^Tiov dncb Xat{jui>v H 40 U
oS x^^^ devTi6<i)v icoXli^ Ippeev da|Jbb^ 68tTv;^ M 78 IV
Hom. A 140 II oMxa S' Ippeev aTpia D 110
IV TCovTÖOev Ix (jLeXI<i)v xoXb^ Ippeev
ewippee: Xaa? I^wv SacxXijTa? Iiclppee Xab? dqfj^vcap 6 188 IV
lv)90uv 31 fepovxe^ iTcIppeov acxiSccatai S 69 IV
kq 861JLOV oux'i^jSVTO? exippeov tJYeixovijo^ T 163 IV
Hom. t3[ 8' enlppeov I6vea xe^uv A 724 IV
eweppwovTo: tc6vtov e^ tf/i%iKe\Ao** exepp6ovto [jiaOriTäEi Z 63 IV
Hom. ü 107 IV
a7copp{t|/a^: 5aaot Xuotov dficiarov dicopp{<JavTe? db^xai^ P 64 IV
Hom. dncoppti]«vTa I 517 IV
P.
appaYi);: appaylo; fiXiigc aXutcp ^tofforce Oeoiup 6 119 I
icCoTto^ appaylo«; fftjpM^tov • aXX' Ske ^ß^'^iav A 167 II
Studien zur TAchnilc des nachhomerischen heroischen Yersei. 829
appaY^i?« ^^w? OLppa^izaci^ iirupYwcavro Oe(jL^OXot(; A 183 II
Hom. apprjXTo<; N 37 I 0 20 II, oppoYeeaot
Dion. Per. 1006 II, vgl. auch Nonn. Dion. XIII
486 I, XIV 232 II
TceptppaCvo): Spißpco 3axpu6svTi icspippafvovxo icopeeaC A 120 IV
•^eiTovo? aiYiaXoio TCspippavO^vTo? i^p^ 4> 54 IV
Hom. ^ppdSatoct u 354 II, vgl. Nonn. Dion.
I 509 IV
BoXoppa^i^?: Ip^a SoXoppa^^o? Ii.evea{veT6 Tcorpbq j^aCvetv 0 1 12 II
tcXtqOuV xr^pO^sie SoXoppa^^wv ^apt9a(a)v A 236 IV
TToXuppa^i^^: ^aiSpa xoXuppa^icov 7cpoazT6^aTO Tapa3( TCe3iXü)v
I 174 II
Hom. iuppocfieaac Sopöiatv ß 354 IV, vgl. übri-
gens unter Nonn. Dion.
8e5ppYjTO^: ^poncxa Oeoppi^TOiv lAa^rsueie ^icfocza ß{ßX(DV E 154 II
et ii Oeoppi^Tü) pie aofo) 'xv^fSiaifi^e |jl60({) H 25 II
Vgl. unter Dionysiaka.
5{jL5ppT]TO(;: eSpo|jLsv, Sv (ju[jiwavTe<; 6(jLopp/jT(i) itvl [x60(i) A 180 IV
Hom. oppTQTov $ 466 in der 4. Tfaesis; vgl.
0e6ppii]Toq.
£V€pp{Cü)To: o(k(i> Y^p xpoxetjaiv JveppdJwTO {jLevotvai^ H 152 IV
Hom. lpp{l^<i)Ta( Y) 122 V, vgl. Nonn. Dion.
XII 178 rv
a'i^sppotßäiQffe: xal IIiXaTO? ßap6(i.rjViv dweppotßSirjoev JcmJv T45IV
Hom. diveppoCßSrjcre (jl 236 H ovappoißSei (jl 104
IV, vgl. Nonn. ÄTueppoCßStjaev Dion. II 257 IV
5 üveppeov: sTxev dcvo^-Xaoi Se auv^ppeov • ex locKiZou li K 108 IV
Hom. Ixippeov A 724 IV, cuvippeov Nonn.
Dion. XIII 231 IV
OcippüTO?: -{kijiGQr^^ devöioio ÖeöppuTov 5pißpov JaXXwv 0 10 IV
Oppian. Kil. Hai. V 9 IV
{xeXipputo;: (ü))}; devaoio (i.eX(ppuTa yitu[kona [iLuOu>v Z 217 IV
otOepo^ apxov oxai^e [xeXCppuTov elXaxivflc2[e(v Z 133 IV
Hom. icep(ppuT05 i 173 FV, vgl. Nonn. Dion.
(i.eX(ppüTa ytdiiaxa ctipwv XIV 414 IV, [xsXtppuTOv
f/iw€ ^wvyJv XLI 251 IV
830 R»ch.
III*.
84 n
!8|X£v ort ßpoTO? ouro^ 5? IXXa^ev 5[A[xizto^ aTfXtiv I 100 IV
l^caTjv dlOav(fn)v, t^^v IXXax^ oOvSpoixo^ aiuv M 198 IV
vuv icit^ av6pü>TC0U ^eotpißpacov IXXa^e ti(jli{v N 128 V
i^fA^xepoi; ^ev^Ti;? {4^'*^®^ IXXa^e ti[xt^v 0 31 V
Hom. Hymn. V 87 IV, Doroth. 26 11 (Nonn.
Dion. XLVI 42 II), Theokr. Id. XVI 46 V
(Nonn. Dion. IX 235 V).
ivaXXi^a;: xa( [mv avaXXe^avxo; e9u> ßiXXouat xapitvou 0 24 II
Hesiod. 'A)jifiXoY(a(; xe Th. 229 V, Manethon
59(ja S^ ItcxX^^uxtc Osot III 233 II
IIP.
iuppaOflc|JLiY^: ou Y^p iuppaSaiACYY^^ Ix^i X^^^ 4^^ ^^"^^^ ^ ^ ^
Vgl. Nonn. Dion. XU 320 II
avepptict^e: y&po'f aveppiTci^ev, Stciq zaXoLZprfoq ^h^^ T 220 11
Yoiav IxttJ^xovTe? av6pp(7ri!Jov dcijrac 2 88 IV
Vgl. Nonn. Dion. IH 149 U und XIV 139 IV
TiiphiodoroB.
I*.
appvjXTO^: appi^xToi^ xop60e97t, xat aoTdsi xuxXa)aavT£^ 623 I
[xiaioxa d' dppifjxTOiatv diXuxTOTceBY^oi (jLe{Aap7Ri>; 480 11
Hom. N 37 I 0 20 II, Nonn. Dion. XXÜ
258 I, I 141 II
Ippeev: xat Bis |jLuxTi^pu>v ^uaC^oo^ ippeev oi^p 77 V
ol 8' Siepot Y^öc^up^? dbcb ^oLoxi^q Ippeov ?jc7coü 533 V
Hom. z. B. W 688 V Nonn. Dion. IV 365 V
eTceppes: SXxevt icotijtowiv iicippee vtf/iyzo'i ai\ka 229 IV
Hom. ex^ppsov A 724 IV Nonn. Dion. XIV
52 IV
xaTippeov: Xu£TO xäqj.icOXa T6§a * xaxippsov ü>x^e; loC 13 IV
Hom. xoToppeoy A 149 IV Nonn. Dion. VIII
259 IV
P.
Stapp^^ac: vOxxa Siappi^^aaa pitai^dvov, fanc6Ti^ 'Hcik 670 II
1^^ xai a\»j^vt6\uoi(si Seapp^qat TreXexeanv 254 IV
Stadien xnr Technik dee ntchhoBerischen heroischen Versee. 831
^lappri^an ^OeXev Iv OaXipiocvi ' Stappi^i^aaa d' ^^^ 359 IV
Hom. <ii:oppi^^a; Z 507 II; wo auch die Var.
Siappi^^a^ bestand. Nonn. Stappi^§a<; 'EvooCx^v Dion.
xvni 37 IV
ßooppaiGTY]^: xivTpov dvsxcG{rja£ ßooppocCaTao (Auo^iro^ 361 IV
Hom. dbcoppataat ^(Xov ^op ic 428 FV
SIT t ppatvb): ^av6(p icop^up^xe^av i^reppi^vac '<^p^X^ XP^^ 6^ ^^
Hom. eppaSaTac u 354 TL, Tfaeokr. lictppaCvecv
Id. XIX 98 II, Nonn. nepippa{vü>v ^Oöva Totpau»
Dion. XLII 444 IV
KoUuthos.
K
£'77epp<i>ovTo: fOfnjTvipe^ ^'Eparrs^ s^eppciiovTo Tt&i^vv) 100 IV
Hom. ü 107 IV Nonn. Dion.I 158 IV
aTzoppi^aq: y^Xov aicoppi<|/oc; nuau ^eoc xaXäc )xe6i{aa^ 127 II
*Ep(ii6viQ 8' dvep^catv Äxoppi<|/ocaa xaXäTcprjV 326 IV
Hom. aropp((|«vTa I 517 IV, Nonn. IvSbv
dmoppi^a^ Dion. XXXIII 256 II, ifKoppi^wa )ucX6-
Tcptjv Dion. II 564 IV
m».
IXXax^: &; 1^ (xb xroXticopdov düOXcov SXXaxe P^opf^^ 190 V
Hom. Hymn. V 87 IV; Theokr. Id. XVI
46 V Nonn. IXXoxe [Jw6v»j Dion. IX 235 V
MuBalos.
I-
7oX6XXtaTo;: {AapTuptViV Xuxvoto xoXuXXiaToio Soxcmov 236 IV
Conjectur von Diltbey f&r das überlieferte
aber unpassende noXuxXoOxoio; Hom. xoX6XX(otov
ii d' tx(ivo) £ 445 IV
i[k[kopoq: oux lOeXe^ (caeiv xeptxaXXdo^ ä|jL|jLOpo^ 'Hpou^ 89 V
Hom. Z 408 IV Nonn. depip^po^ ^ou; Dion.
XLV 118 V
Xpuaoppaicc^: &^ Opoobv 'HpcmXvja 6eb; y(^p\)a6ppai:i^ 'Kpi^^^ 150 V
Hom. 'Ep|JLe(a<; xp^^PP^"^^? ^ 2*^*^ ^ Hom.
Hymn. yjp\j<:6ppom\q 'EpiAYjc XXIX 13 V Nonn.
dieselbe Formel Dion. VII 104 V
832 Riftch.
eppee: woXXt) 8' auTijiwrco^ x'^? ^Soto^ Ippes XatjjL^ 327 V
Hom. V 688 V Nonn. Dion.* z. B. X 372 V
oL^dppoo^: vi^^otiai *EXXi^cwovTov d^appoGv-oiix &ta6ev Y«p208IV
Hom. Swou^ TXXt^owovtc? iyaEppoo? evrb; i^'fr.
B 845 IV, vgl. M 30.
Ohrifltodoros.
dffApiopo^: a(Ji(JLopov, oure v6ou xexp^|x^ov, dXX* ipa [taim^fi 312 I
Hom. z. B. Q 773 IV; Nonn. VII 10 I
ippTjKTo;: eTpuaev dcpp^xTG) neice8Y}(ji^ov &|ji4JLar( N(xv); 402 II
Hom. 6 20 II Nonn. Dion. I 141 H
Xpu96ppax(<: ^vS^xal *Ep|JLs{a; XP^^^PP^'^'^ ' laTijxevo^ Be 297 IV
Hom. Formel '£p(jt£(a{ XP^^PP^^^ ^ ^'^ ^^)
Nonn. xp'^^^PP«'^*? 'Epfjiii? Dion. VH 104 V
deppii]TO^: AuGOvl^ dppi^Tou 909113^ ibpif^o ZeipY)v 305 U
Hom. ippigrov ^ 466 in 4. Thesis; Nonn.
Metaphr. A 1 IV
iuppe(ci>v: BdoxeXov uTa M^Xvjto^ duppe(ovTo^ d(a> 408 IV
Hom. Ar^UTcov iuppetiiQv lx6(Aeo6aE ^ 257 IV
Nonn. '^piAO^ duppeCrriC Dion. XI 40 U
Fatdos Silentiarios.
divv^^eXo^: &q il* Srov dvve^iXoeo St' ^epo^ ovSps; oSitor Ekphr.
Meg. Ekkl. II 479 II
Hom. Tzimanm dvi^eXo; ( 45 II Nonn. u>q B'
Mt' dvve^iXoio IC aiOipo^ i^u^ ^Sitiq; Dion.XLII6II
a^oppcS)^: fci>Tb^ oY^n^X^evro^, 56ev ^oXuupivo^ dicoppü)! Ekphr. Heg.
Ekkl. II 18 VI
Hom. z. B. t 359 VI
eppt21(i>ffe: ?cu6|xdva^ epp(2^a)ae [x^aou x6puq d{jLßpoTO^ orxou Ekpbr.
Meg. Ekkl. I 271 n
^6(iiva^ lppi2^u>ffav * i^hp^aao^i ik ^air^ Ekphr. Heg.
Ekkl. II 143 II
Hom. Ipp{((i>9£v V 163 IV Nonn. xai xiti;
dpptXaxrev Dion. XXXVI 311 II
Äxopp{(j/a^: Beupö (AOt oxXuöeaGov axoppt^ocvTe^ liviiQv Ekphr. Heg.
Ekkl. I 35 IV
Stadien lar Technik des nMlihomerieehen heroleehen Veraee. 833
Hom. oPKoppl^ocnoL I 517 IV, Nonn. z. ß.
acKoppi^ane^ dxcoxi^v Dion. XXII 372 IV
^eptppuTo?: ^i^ysaiv eu^Ai^voifft xepCppuiov 'Hpi^eveiij? Ekphr.
Meg. Ekkl. II 200 IV
Hom. t 173 IV
P.
Ekkl. II 38 n
icp6o0sv, iiA luXeupo^ S^ xai appaylo^ icep: vd^TOU Ekphr.
Meg. Ekkl. II 35 IV
Hom. (ippt)XTO(; 0 20 II ^ 447 IV; Nonn.
epxsaiv oppoYeeoaiv Dion. XXII 174 H und iic'
oippoqf^eaac Si nlTpa((; Dion. XL 533 IV
Tzepippayiiq: on^Oeatv i^fjieTipotai xepippaY^^ IXxo; dv(oxe( Ekphr.
Meg. Ekkl. I 90 IV
Vgl. das vorausgehende apporff^ und Quint
iceptpptJTvuvre^ d^XXa^ VIII 61 IV
cuvepf eov: e^onaw2(; i' exirepOe auvippeov aXXoOev aXXoc Ekphr.
Meg. Ekkl. I 129 IV
Hom. ixippeov A 724 IV Nonn. auvdppeov z. B.
Dion. XIII 231 IV
eicCpf uTo;: &^ xev epiot^ xexieooiv exippuiov SXßov hpi^ta Ekphr.
Meg. Ekkl. I 101 IV
::oTa|A6ppuT0^: Ixxurov 1% xaXiiAY]^ xoTaiAÖppuTov SXßov 5ica(2[(i)v
Ekphr. Meg. Ekkl. H 597 IV
Die Vulgata war vor Graefe TcorapLi^ppuTov;
dagegen ist wol kaum TcoroqjLOppuSöv mit Be-
ziehung auf ^i2i<i>v zu schreiben, wie Graefe
auch vermuthete.
Xpua6ppuTo^: cüv dhco |JLap|jLa(pou9a x^^^^ XP^^^PP^*^^^ ^'^^ Ekphr.
Meg. Ekkl. II 253 V
Hom. icep(ppüT05 x 173 IV
iXepp60(o;: dcXX" düpa (jiaXXov Soixev deXtppoOCo) xtvi y^^T2 Ekphr.
Ambon. 205 IV
Hom. icaXipp60(ov e 430 IV, Orph. Argon.
dXtppoObio eoXdffoi]; 1296 IV
834 Brach.
Joannee Gktfaeos.
I».
dvv^^eXo^: Oep{Ab{ eoiv, i^outo, xac dvvefeXci>v yxkp &\uai Ekphr.
Kosm. Pin. II 315 IV
Hom. ^ 45 II, NonnoB dvve^iXcov m X»:puv
VII 347 IV
deppr^ To^: dppi^TOu 009(72^ voepbv ^Xov Ipi^povog 5^ou I 310 I
Hom. i 466 in 4. Thesis; Noimos Metab.
A 140 IV
£ppt(b>ffs: xal fuotv ipp{2^ii>9e xai ovdpo^ftjv t^e ^^Xyjv U 341 II
Hom. eppS^idOE v 163 IV Nonnos xoü ^3i:
£ppQia>aev Dion. XXXVI 311 II, ygl. aach xoi fxpj;
lpp{?<DTo Dion. VII 4 II
deTcoppCicTCt): x69[jiov dxoppCxTouaa x^fJUKfOciJiivoto renfXoi» II 291 11
Hom. I 517 IV, Nonnos Supaov anoop^Mf^x
Dion. XXXVI 155 II
avappocßS^ü): ipißpr^p^v reXorfe^aiv av ep poißSvjffev eipovjv I 297 IV
Hom. decvbv aveppoißBvjffe (jl 236 II^ i^i. Nonnos
Totov Ä7csppoiß8T]Grsv S:co^ z. B. Dion. XV 256 II
xspCppuTO^: Xlbioyi'Md oiccvO^pi xepCppuxa, xivta ^uXiooei I 129 IV
Hom. T 173 IV, vgl. Paulos Silent. Ekphr.
Meg. Ekkl. II 200 IV
P.
8iappT^5«?5 "h 54 ^öw (3if>ptYÖci)vn 8iappi^$aaa x^övo? II 127 IV
Hom. airoppnj^a^ Z 507 11 Nonnos iio^^isj
XiTÖva Dion. II 637 IV und IX 254 IV
iroXuppa^i^q: oSre icoXuppaf do; (leOeRSi oxeipr^ixa ^c^vo^ H 152 II
Hom. bippoi^iesai Bopouitv ß 354 IV, Nonnos
^ovdd xoXuppa9^b>v dveXuaoto deopid xeSiXciiv Dion.
XXIII 199 n
6e6ppii]TO^: {jLota Oeoppifjxcav xafjL[jL£iXtxo^ euexiaciiv I 75 U
Hom. xopippv^oc I 526 IV Nonnos yP^^rt:^
Oeoppi^Tcov (AOffTeuete O^c^orra ß(ßXa)v Metab. E 154 II
taoppoxo^: xai 'noLkd[tJ2^ I^Xü)aey ta6ppoxo^, Sm StxaCot^ I 64 IV
de^ü)v doTU^^XcKTO^, L96ppoxoq, opOs^ 6B£ua>v I 110 IV
BaKtuXo^, Sv xaXdouffiv i a6 p p 0x0 v S{i4A£vai aXXii>vI165lV
Stodi«n zur Teehnik des nftChhomerisclieii heroiachen Vene«. 835
Hom. iictpp^ H 99 rV Nonnos taöppowoi;
Dion. n 475 IV, XXV 25 IV, XXXVII 250
IV, XXXVIII 271 rv
eirippüTOi;: ufpbv 8e9{Acv Ix^vre? eitipputov • 2)V dhco 'pCwv II 115 IV
Hom. icepippuTo; t 173 IV, vgl. Paalos Silent.
^puTov «Xßov Ekphr. Meg. Ekkl. I 101 IV
II 41 n
Nonnos 9T(kt3( xoXuppaOiiACfft BeBsui^iva ^ oepea
XüOpw Dion. VII 174 H
dJLveppdcc^e: xat ve^dcov xXov^ovre^ aveppiVtl^ov ^vocuXou^ II 139 IV
Nonnos z. B. v€toao[jiivb>v icrepöevre^ dEV£pp(xt!^ov
dnärat Dion. XIV 139 IV
iicsppCxil^ev: vouaaX^Tj^ xaxinQio^ IneppiTcillev di^Ta^ II 294 IV
Nonnos xal Si86(i.ai^ arpaTti^acv Jiceppktl^sv Ivuci»
Dion. XXX 187 IV, vgl. Ävepptictijev ocfyrriq Vers-
schluss Dion. XIV 347 XXIV 63 XXXVII 78
£'7ccpp<i>aa;: ^uvbv dxcppb)ffa^ ne^uXoYlJ^vov OEUX^va x6ff(Aou I 172 II
Vgl. Arat. Ipp(i)9sv Phaen. 335 II Porphyr.
Orakel avappü)9ai XiXov 6{i^v 296 IV
Apolllnarios«
I\
dXi^xTO^: aXi^xT(p xpadiv] ßaoiXeu Tebv aTvov de{a(i> Hymn. IX 1 I
diXif^xr (i) )(pa8tv) 9e [kdcxap icovuTcipToxs {jicX<{/b> Hymn.LXXXV
21 I
i'k-f^x'zoiq or^o^lfft aiOev xoraOuixia ^il^ti CII 9 I
iXi^xToi^ ßa9tXt]oq ^v e^poouvy^crt xope^GU) CIII 74 I
aXi^xTCi) xpa8(T) ßoaiXeu Tsbv aTvov ietacd CX 1 I
dXi^xTb) xpaB(T} XtT6(i.Yjv ßoaiXYjo; h^iawf^q CXVIII v] 2 I
dXi^xTü) xpa${Y) ßoaiXeO xebv aTvov debo) CXXXVU 1 I
dXi^xTü) xpaStT) OS (jLaxdpTaie Ip^a ßoi^oei CXLIV 21 I
Bei Homer in II. Arsis B 452, in I. bei
Kallimacfa. Hymn. HI 149 ApoUon. Rhod. T 805
Quintus V 107
IvSgv &[jiou xat hz&vza %ai deXi^xTotoi ^ev^OXai? XLIV42 IV
aivcTbv o5vo|jLa OeTov iic' dXi^xTotot yevÄXai? LXXI 35 IV
* SiUDBffBber. d. pbiL-hist. Cl. XCY. Bd. III. Hft. Ö4
836 Bs»eh.
dcXrjXTo;: xa( v^tat (Ab>{jLOv ISomev iic^ iXi^xioiae ^eviOXi;; LXXVII
148 IV
dqA|At {AdExocp ylvoo Ipxo^ Ix* aXi^xTOiat y^v^Xat^ LXXXIX
1 IV
tout6 (AOt Sot' dcvdhcau{Aa (xex^ ä\i^%iotai fViiVkm^ CXXXI
28 IV
h, Y6V6^c Y^s^^8* P^*^' dtXi^xToifft Y£v^6Xat^ CXLIV45IV
Hom. 90t y dtXXvjXTÖv te mex^ Te I 636 IV
dicoXXi^ ^ecav: 7cdi|X7cav ÄxoXXi^^etav dkaoOaXtt); uxofi^xi CIII 75 II
oSx ol aicoXXi^§€i€ 86{JLCi)v df^Evo^ Te xal dixo^CXIÖII
oSxox' «TcoXXii^^eie tei}^ uicepi^i&evov Bpij^ CXXXI
25 n
Hom. oux^' denoXX/j^ei^ t 166 11
icoX6XXtTO^: aOflcvoTov ßoaiXija icoXuXXetov u(jLVoicoX8i7aa PneL
108 IV bei Ludwich im Herm. XUI 341
suepxTTJ ßocoiXYjt 70X6XX1TOV l>|jivov oetou XII 12 IV
OYjv {X£T* dXYjOe(if)v (Ae i:oX6XXitov ir^e{jioveuot^ XXIV
8 IV
i^jxeT^pYjv S^ uiceSexTo xoXuXXcxov oüaacv ^i^v XXXIX
2 IV
dcvra Beou Sivo^vSe xoXuXXitov oSdog dbiouoc LXVIl
23 rv
ex V *Apflcßa)v Soßiuv te xoXuXXiTa Sa>pa fepes6i*
LXXI 20 IV
o&vofjLa y ou 2(ävt xoXuXXtTov e^ovo^vig CI 41 IV
dOivaETOv (iiX(po{t(Jic icoXGXXitov, etaöxev §pnü CHI
72 IV
dcOoviTou S^ ixiXeaaa icoXuXXctov oüvoijl^ dcvoxTs;
CXIV 7 IV
ei^ 8* eXO&v ßaacXr^i icoXuXXtTov &{jivoy äeiofa) CXVII
37 IV
ufAViioKi) ßaoiXija tcoX6XX(tov ei96xev Ipnaa CXLV2 IV
Homer bietet die Form xoXOXXtorov H 9* hutm
e 445 IV; Kallimach. Kopveie xoXuXXere Hymn.
IV 316 IV; NonnoB Metab. xai 6ebv «Ti^siiTs
woXOXXtTov n 97 IV
i[A(jiopo{: Ytv6|jLevo( - ao^tig^ y^P ^«^^Xio^ afjLpiopoi etat XXXI 19 V
Hom. 0 773 IV, Nonn. Dion. z. B. I 433 V,
Metab. M 97 V
Stadien lor Technik dee naehliomerisehen heroischen Venee. 837
Geppv}XTO(: ippYjxTOV ßcdroto tipaq %a\ \yKip\LOc^oq aXxi^ XVII 4 I
Hom. N 37 I Nonn. Dion. XXH 258 I
avappi^^a^: d>; icoxi SexOa OdtXafforov dcvappi^^a^ «Y^ Xaou^ LXXVII
32 IV
Hom. H 461 II; dcvappif^atfu Ik xexpoO Nonn.
Dion. XI 268 IV
eppaCoOv): Stxiuov eppaioOv), (p^YoiJiev S* dncpYjxxov dtviYXYjv CXXIII
12 n
Hom. fioYOEvov ^ppdoOv) II 339 II
dxoppa(c£(e: e^weßdo^ V &(AdK xavxo^ aicoppataeie xeXe6dou II 24 IV
xa(xoXib>v xoera yoüa^ dicoppa{aeie xdpiQva CIX 13 IV
Hom. dncoppotaac fiXov ^Jiop n 428 IV
xaxoppa^Cv): ^euYe xaxoppaftvjv, oyoc^v B' Äva9a{y£0 t^xtiov
xxxin 27 II
fsuYS xaxoppoe^CiQV, aYoAdv 3' ^(xicil^eo 2pY<>>v
XXXVI 57 II
Sx T£ xaxoppaf{ii]^ dXoäv xox^nQtog ipiOcov CXL
22 II
dväpo; e§ iXooto xaxoppa^Cv)^ (le 9a(i>ooi^ XVII
106 IV
|Aii]8i (ji£t' ipYorrivvjgt xaxoppacf (yjc |^ iaixdoot)^ XXVH
7 IV '
Soaa xore^^Y^ovro xaxoppa^ (yjv 60(010 XXX 42 IV
xal xebv &^ ß^ptOe xaxoppaf{T) 0T6|xa Xißpov
XUX 39 IV
dXXa Y^ ^^* ^^^ ^'^^^ xacxoppaf (t)^ dXocOovro
Lxxvn 74 IV
9cavto{i]c divotiJieXxe xaxoppa^Cv;; iXorvJpa CH 5 IV
(jiii]8e iXsYX'^^^A xaxoppafiv) {Jis TC£8i^ai|] CXVIH
tC 10 IV
Hom. nur in IV xoxoppa^Cij^ diXeYsivTj^ 0 16
(vgl. ß 236 |x 26), vgl. NonnoB hppoufim Dion.
XXXIV 311 II
Hieher gehört auch das zugehörige Adjeetiv
(das sich selbst bei Hom. nicht findet):
xaxoppa^iQ^: (JUi>|jLV)Tbv ßoatX^i xaxoppa^e^ IicXcto 9ÖX0V XFV 8 IV
X(XTdppeov:xa( fiou IvOsxal Iv6a xoci^ppeov T^vca ic^^^iq^ LXXII 3 IV
Hom. xorapp^cv €§ ü)T€iX^( A 149 IV, vgl.
Nonn. Dion. XIV 242 IV
Ö4*
838 Riacb.
•Ktpippiia: i^ §Tspou B' iT€p6v ^s reptppiet aoicsTov uScop CXLIII32IV
Hom. TÖv S' aijiA icepippes i 388 IV
a(|/6ppoo;: eiffoxev €axor7it;v d(|/opp6ou cbxeoyöio Praef. 82 IV bei
Ludwich, Hermes XIII 339.
Homer. Hemisticbion Z 399 IV
ßoc6uppoo{: di[Af{ pie xüx)xii)9uat ßa06pp9ov oti 9cep DSo^p LXXXVII
37 IV
dvTtßioo^ ^xiXixj/e ßaOuppoov oT8|Aa OocXiaor^q CV 23 IV
Hom. ^ 8 IV Nonn. Dion. XX 378 IV
^uppei^?: "Xji^iui pi^Y eSovferixev JüppeToq icoTa|x6io CVI 66 IV
Homer. Hemistichion Z 508 IV
Xeii^ippoo^: xai c^eo^ su^^pocuw)^ oyovo^ ^r s ifAOtpp oo^ apSoe XXXY
18 V
oTix v6tcu rvoii) orp^eTat x^i[kdppoQ^ aiv6^ CXXV9 V
Hom. N 138 V
izippiT^ia: Sv; t6t' eTctpp^^ou^c Teco (A6a)rou^ i:ept ß(i){ixü L 38 II
Hom. linpp^I^effxov SSTtor p 211 IV
^pp (l!ii>9e: x^ip ^^^^"v a>XeGS fuXa xac Ipp(2^hi9e YOvi;a^ XLIH 4 IV
Hom. £pp{!^(i>9ey SvepOsv v 163 IV Nonn. Dion.
XL 425 IV
iMti \u StTivexid); aeu dvuMCOESbv ipptl^a>9a^ XL 25 V
lpp(((i)6ev: oupovoc dpptl^cdOev i^TjiAOGuvig ßaaiXi;o^ XXXII 11 11
Vgl. Nonn. f dEpiAoxov ippl^ino Dion. Vn 56 II
^5 8' üwo^il4.C3uvj)asv dxafXTC^atv £pp{!^a>Oev CXLVIII 11 V
Hom. ippti^ctfiot Tj 122 V
d7copp{t|/£ee: outcot' äicoppi^Eie ^{Xov xal ivTi^a Xosv XCIV 7 II
|jLi^ (JLS tei^^ dn;aveu6ev d70ppti|/£ia{ ämimsi; L 21 IV
ou Y^ ^^4? '^^^ ^*^^ dxoppi^eiev iicfan:^^ XCHI 26 1\
Hom. flncopp{^avca I 517 IV Nonn. xRop^^v.sy
Dion. II 262 IV
diuippoBo;: tC^ Tcopot ex 2iwvo<; dw(ppo8ov lapon^Xou XJII 15 IV
alh dXs^|TY]p %a\ i^t'ppoOoq InXeu d{jieio XVIII 32
(naoh Ludwich's Herstellung des Hymn., Herrn.
XIII 346, Gallandius Vers 30) IV
ou8' e7ciBeuo{jL^(i) [xot intppoOog dtXXog iTu^^« XXI 21 IV
liq %6pOi i% Ztdvo^ dxfppoOov Iffpon^Xou LH 19 IV
5< X^övl wouXußoxeCpT) eic{ppoöov tMcaa£ {jw8ov CXL VII 7 1 V
€t?afü>v [K eX^Tjcev dva$ xal €?ctppoÖo? foTKj XXIX 17 V
Hom. A 390 IV
Studien sur Technik des nacbhomerischen heroischen Versee. 839
P.
'^capfiXi^Yü): ev atovaxoi? t' evtaüiot napaX-ft^ouai ßii^VY]«; XXX 23
Metrisch corrupt, ich vermuthe: 4v tsxo^ayjxiq
ßtiroto (ßtoToq vgl. V. 719) TzctpaX-f^'^o'jd* evtaüTo(,
wenn nicht vielleicht der Vers eine Interpolation
ist. Hilberg, Silbenwägung, p. 12 a^ap X-fyfOMQi.
Für xocpsXi^Y^uai ist z. B. homerisches [k&zakX-fi^ocnt.
XÖXoio I 157 IV eine Parallele.
xaxoppdxTY]?: Ttwre xaxoppexTYj? epdOet öebv at^v 66vTa IX 68 11
aelo xaxopp^xTttt x^Boaov Cü)apxia OeqjLÖv CXVIII
i?' 12 II
xXs^afjt,evoi 'Ka\d[Lrpi xaxoppextoi^ dO^pnora L VII 4 IV
Hom. i7cipp£?earxov p 211 IV; vgl. Apoll.
Rhod. x(XxoppexTf)atv bTnfioxiq T 595 IV
aeptppatvci): Ovaco'Tuo) xoSapov \u 7;6peppa{v(i)v ToXuxeO^et^ L 13 IV
Hom. ippiBarat u 354 11 Nonn. z. B. xepip-
paivcdv 7CTUX* lAT)pou Dion. XXV 317 IV
Qregorios von Nasianz.
I».
aXiQXTO^: xat ^JwYJ? xocOap^; te xal aXnJxToio Tuxo'fAi II 2. 4. 83 IV
Hom. I 636 IV Apollin. z. B. XLIV 42 IV
Bu9d{JL(JLopoq: ^pieO' eict axeB{v)9e 8uaa{JL(JLopoi ' ouS' ^Xt^aq Tcep 11 2. 3.
149 IV
xXstovlT^i^Tbxaipo(0eSuGi[iL(jLOpoqaEilv6Se6ü)vI2.9.62IV
Hom. X 458 IV
sijvviQToq: 5aaov lü vvTijf ^^ ^oiveO'urcex ^ocpicov II 1.45.248 (Pentam.) H
Hom. eior' euwi^iou^ S 596 IV
dxoppi^Y^^I^'* xpT](AVOu di;oppi^^aq {jieaiTacq ivl xißßaXe Sivatq II
1. 1. 535 II
auBtq aicoppi^^ecq ä0p6ov ixirpopeffse II 1. 34. 144 II
[jisaffYJYU rrficocntq dlnoppi^^coiiiev avoxTa 1 1. 2. 25 IV
[x^ {Jt^Y^^? ^H*?'^ idxsa^tv dicoppi^^e'.e Toxvjaq II 2. 5. 26 IV
Sfpa xe piY) Opiffoq aivbv dxoppi^^eeev IXeyxoq II« 2. 3.
309 IV
ü)q orporrcv ^x ßacrtXtJoq axoppi^^aq Tcq dXixpoq I 1. 7.
70 IV
Hom. Z 507 II Quintus I 697 IV
840 RiftCb.
iicoppo)^: Tveufiia, ib Stj 0e6TT;to^ ietS^o^ eotlv dicoppo)^ I 2. 1. %
VI und I 1. 8. 73 VI (wiederkehrend),
^t] xat SetAO^ el\kl * tb pi^ OeöxiQTO^ dcicoppco ^ 1 1. 4. 32 VI
Hom. 2. B. t 359 IV
Siappa((i): ^ lAe^iXTiV fpocYiAoTo StappatffOevto; dXiiii^vIIl. 1.189IV
Hom. Q 355 IV Apollon. SiappatGe^vt«; T 702 IV
xaxoppaf (ti: b>; iSov alouXa Ip^ot xaxcppsf (r|V t^ aXe^ecvi^ 11 1. 17.
43 IV
Qp(£(;, ou Y^ ^<>> T^cSe xaxcppa^iY;^ I 2. 29. 142
(Pentam.) V
Hom. 0 16 rV, Tgl. ApoUinarioB z. B. XVII
106 IV
Ivlppo^oq: dal xaXo'j, xal (auOov £?c(ppoOo v dfp^ ^ovt£^ 1 2. 2. 644 IV
i:c(ppoico^: icoXXol Y^ )^tpo^^v lirtpponcv ^op ^ouffcvII1.43.91IV
Hom. il^)xTv aixjg SXeOpo^ ^ictpp^ £ 99 IV
SpptY«: dl:vToXiY) lo^poto, xbv IppCYtfffi |Ju£X(OTa II 1. 1. 310 IV
Hom. oncepp(Yaa( v^ea6at ß 52 FV
diroppticTO): ^^Tpov diueppttj^avTo, A{xy] B' lOeTa zapiavr^ II 2. 4. 167 11
ou |Jiiv d7opp{4'a{, oSrt Si x^P^ ^^oiv H 1. 50. 30 II
Hom. izoppl^ccna xeXo()XT]v I 517 IV
fppee v: auräcp i{xol oroiiLOTb^v Tpia^ Sppeev ilj fAovöaeicxo^ II 1. 16. 29 IV
Hom. n 110 IV
n£pippuxo(: üixeavoux6X?coiatirep{ppuTOv. fa^Siia^ivTa 12. 1.751V
Hom. T 173 IV
ippo(>aavTo: YO'^vorra i* dppcoaavTO xal iSpovtv]^ XeXiOovto U 2. 1.
238 n
Homer. Hemistichion 4^ 3 H
1\
appa^if^: Tcixprri^ dppaY^oq Y^^^? xXt)i8a Xoxövro^ I 2. 1 489 II
Nonn. ^OTto^ otppar(ioq Metab. A 167 II
ippoTco^: ipp oTCov, db(Xo7cov, laov, diotStpiov. ÄXX^ fiptote H 2. 2. 7 I
Vgl. l(j6ppo7co(; Sib. Orak. IV 85 IV Nonn.
Dion. n 475 rV
OeöppuTo^: XptoTou ^bixoÜtzao Oe6ppuio^ &q x£v dX6§a^ I 1. 9. 93 IV
Vgl. Nonnos Oeöppuxov 8|Aßpov {oEXXcav Metab.
e 10 IV
IIP.
iOXaXo^: YXcoaaav l^^^^v d$a{j.aaTOv ^uXaXov, i^ |jis tö<7oia( II 1. 34. 177
IV Doch ist wohl de(XaXov eu schreiben.
r
Stadi«B m Tachnik des nachlioaMriiclien hcrolaelian TenM. 841
Sudolda.
!•.
XXaßev: iW &te [^] Xuxdcßa<; xi\o<; £XXaߣV, SXXa^e Ocmov I
306 IV
Hom. e 371 IV ^
TCoXuXXtxoq: x'^^l^^o^ * XptOTÖ^ ^e icoX6XXeTO^ oSre aa(i)aet II
462 IV
Hom. i7oX6XXtoTov U c' txotvo) e 445 IV, Kallim.
Kapv£i£ woXOXXtxe Hymn. IV 316 IV
e(X{xa6ov: vuxtI ^ap d^TpexCiQV Ti]S' l(jL(Aa6ov dx 7^0 icobov I 210 IV
Hom. dXX' licti o3v S^ Ip^a xobt* S(i4JLa0ev, o&x
eeeXijffsi p 226 IV (vgl. 7 362)
xaxoppaf (iq: tijat xaxoppaf (ifjffiv * ^^cb xotipY]^ tc60ov oföa H 355 II
Hom. IpSeiv Sp^a ß{ata xaxoppa^CY^at v6o(o ß 236
IV, ApoUinarios z. B. CXL 22 Ü
fjvxep ir(b^ xor^Xe^e xaxoppaf iv)^ uTCoOi^puov II 210 IV
Hom. xoxoppa^iTjq dXfYsiviiq 0 16 IV ApoUi-
narios xoxoppofdr]^ ^XiOovTo LXXVII 74 IV
P.
extv£u(i): napO^ov oux eOeXouaav eicivsOffai f(X6TT]T( I 20 IV
Hom. xpOTi xorrsveucov i 490 H
xaxoppdxTY]^: Sipct xaxoppdxTT)^ 8a£pui>v * tox£s^ S* d!p^ IxeCw]^ II
374 II
Hom. xivreq dxtpp^l^eoxov p 211 IV Apoll.
Rhod. xaxopp6(.Tr2fftv i^8o6(; F 595 IV, Tgl. auch
ApoUinarios T{TCTe xoxoppsxxiQ^ ipiOec 6e6v IX 68 II
m».
iXXax«- «^^' 5t6 [8tj] Xuxißa? t^o? IXXaßev, IXXax« ^*o^ I
306 V
Hom. Hymn. V 87 IV Theokr. Id. XVI 46 V
eXXcice: iXkd y' ^|a^ '^vftvf^pi x$7ct0{jiivo^, SXXtic^ devoexTa I 32 V
Apoll. Rhod. gXXtwev aSpt; B 1032 V
Anekdota Paris, ed. Gramer vol. IV.
In den dem Joannes Geometres zuzuzählenden Gedichten
begegnen zunächst folgende Fälle:
K
uzeppoE^^i^ ^^^ l*^^ ^^ icoXuo7rro(; u^eppi^l a^iceio^ otOi^p p. 349. 6 IV
842 Biach.
HdBchr. ist dnceppc^pQ überliefert, allein es ist
uiceppip] herzuBtellen nach Hom. n 300 xm vzsai,
oüpav60ev B' ip* jxeppdhpf; aaxexo? atöijp (vgl. 6 K8);
in der gleich zu erwähnenden Stelle p. 335. 28 ist
uiceppipj in den Anekd. richtig bewahrt.
uneppiY^- oup«v66ev 8' ip" uic£p;paYr| sx cdo dbxsTO? aSdi^p p. 335.
28 m
An dieser Stelle hat der Verfasser mit Ver-
kennung der über den Gebrauch der Doppd-
liquida aus der griechischen Poesie sich ergebenden
Normen ungeschickter Weise in den oben citirten
homerischen Vers ein In (do eingeschoben, so dass
die Silbe mit der Doppelliquida in die III. Arsis
gerieth.
Ipptt: xal X^^^ ^ 0T0{JLaTü)v §ppe£ TiJ TptiSi p. 317. 27 (Pentam.) IV
Hom. n 110 IV
xal f^vo; oux hXiyo^ Sppeov ix otojjmEkov p. 317. 33 (Pent) IV
Honi. X 343 IV
P.
Stappat9Ti^p: iK.vfi\Mcza S' ix^p^ou^i SiappataT^pe^ dvd^Y] p. 351.
13 IV
Hom. Siappoiffai |A£[jLao>Te^ B 473 IV^ vgl.
iXippaioTT^v TS Spocxovra Oppian. Ther. 828 IV
ra\
IXXaxe: ouSiv (j^üxijq ß^Xxepov o&povbq SXXax« t^? ^? p. 310. 25 V
5Xßiog ouTO^ 6 Xü>po^, ^ aiOipo^ IXXaxe xpana p. 311. 2 V
Vgl. (ausser Hom. Hymn. V 87 IV) Theo-
kritos Idyll. XVI 46 V
Aus den übrigen Gedichten ist zu erwähnen:
in».
SXXtwov: ouS' SlIIym^ üi%aat Sixtj. t{ Y^tp SXXticov a!av p. 340. 29 V
Apoll. Rhod. uTcb xv^fo^ SXXcnev aSpY] B 1032 IV
Joannes TietBes.
Sppeov: lOvea V Ippeov IvBoiv xat 'Apiß(i>v |AeY^[^<*>^ Posthom.
252 n
Hom. X 393 IV
Stadien siir Technik dea nftchhomerischen heroiachen Yenet. 843
II.
Posthorn. 658 IV
X£ux6g, dbcXo'jOpi^ ii^h xaTdcppiv y^>u>^(^(i)v xe Posthorn.
673 IV
pLaxp6pptg: Xeux6(;, ^av6ox6[ji.r^^, [jLaxp6pptv, etSeV Xe7rc6^ Posthorn.
374 IV
^Toi [x^v np{a|Ao^ (Tuvofpvx; {Aeya^ i^^Si {jLocxpöpptq
Posthorn. 363 VI
svr^Xt?, eua6xTjv, X6uxb(; Iy;v, [xaxpoppt^ Posthorn.
478 VI
Hom. ara^e xora pivöv T 39 II; vgl. Apollo-
nios XiOpr^ lupp(v(i)v Te xuvcov B 125 II Oppian Sjr.
ouv süppivscat xüveoaiv Kyneg. IV 357 IV. Die
Stellung der gelängten Silbe in der VI. Arsis
bei [LocuLpoppu; Posthorn. 478, dessen erster Wort-
bestandtheil einen Trochäus repräsentirt, wider-
streitet dem oberwähnten Gesetze. Sie ist natür-
lich auf Rechnung der kläglichen Verskunst des
Tzetzes zu setzen. Im Verse Posthorn. 363 da-
gegen stellt in demselben Worte das erste Glied
einen Pyrrhichius dar, ißk |Aaxf6pp^, so dass hier
keine Störung der Norm vorliegt
Indem wir die Ergebnisse überblicken, erhalten wir fol-
gendes Gesammtbild:
I\
Den homerischen Gedichten unmittelbar entnommene
Fälle von Doppelungen der Liquida im Inlaute:
!• Stämme mit dem Anlaute X.
X a ß : IXXaßev recipirt von Hesiodos^ Hom. Hyihn., Ilias mikra,
MinyaS; Theokritos^ ApoUonios, Theodotos, Quintus,
Orphische Argon., Sibyllin. Orakel; Anthologie, Epigr.
ed. Eaibel, Nonnos, Eudokia.
XtiY: aXXY)XTO(; Kallimachos, Apollonios, Manethon, Quintus,
Orphische Lithika, Proklos, Anthologie, ApoUinarios,
Gregor, von Naz.
844 Riaeh.
Xtqy*. 'AXiqxtw Orphische Argon., Orphiscbe Hymn.
dhcoXXi^TU) TheokritoB, Apollonios, Oppianos KiL, ApoUi-
narioB.
{AeTaXXi{')fftD Hom. Hymn., ApollonioB.
Xct: IXXiTflcveue Nikandros, Sibyll. Orakel.
IXXiffoovTo Oppian. Syr.
iXXtffipLTjv OrphiBche Argon.
'KokuWvno^ Hom. Hymn., Orphische Hymn., Proklos' Hymn.,
MusaioB (durch Conjector).
:coX6XXiTO^ KallimachoB, Manethon, Orphische Hymn., Non-
noB, ApoUinarioB, Eudokia.
tp{XXtoTO{ DionysioB Perieg., Anthologie.
Xof : aXXofoc Anthologie.
2. Stämme mit dem Anlaute }x.
(jiaO: {(jipLaOov Eudokia.
{A^Xo^: StapieXetW Manethon, QuintuB, Orphische Lithika.
(jl£X(iq: iu(ii|AeX(v;(; Hesiodos, Apollonios, Oppian. Syr., Quintns,
Orphische Argon., Anthologie, Epigr. ed Eadbel,
Nonnos.
(jLeiSdb): ftXo(jL|AetSi^{ Hesiodos, Hom. Hymn., Ilias mikra, Orphi-
sche Hymn., Ainthologie, Nonnos.
[xop: SioqjL)xo(pi]Sd ApoUonios.
ämiopoq Hom. Hymn., Quintus, Orphische Argon., Nonnos,
Musaios^ Christodoros, ApoUinarios.
iuaa|jL(xopo< ApoUonios, Quintus, Gr^;or. von Naz.
8. Stämme mit dem Anlaute v.
vef : dw^fsXo^ Aratos, Dionysios Ferieg., Quintus, Anthologie,
Nonnos, Paulos Silent., Joannes von Gaza.
ve: duw7)to^ Manethon, Orphische Argon., Gregor, von Naz.
V19: &Y<xwtfoq Hom. Hymn.
4, Stämme mit dem Anlaute p.
p a Y : £ppv]^a ippdrff^ u. ä. ApoUonios, Parthenios, Anthol., Anekd. Far.
(Sppv)XTo^ Hesiod., Theokrit., Incert Idyll., ApoUonios, Haoe-
thon, Oppian. Eil., Quintus, Orphische Argon., Orphi-
sche Lithika, Orph. Hymn., Sibyll. Orakel, Orakel des
Porphyr., Anthologie, Epigr. ed Eaibel, Nonnos, Tri-
phiodoros, Christodoros, ApoUinarios.
Stediaa iiir Technik de« nMhhomeriecheii beroiachea Vene«. 84d
(bdcY: ovappi^Y^ufxi (und Deriv.) Tbeokrit, Aratos, ApoUonioS; Ni-
kandroSy Gigantomachie, Quintus, Anthologie^ Nonnos,
ApollinarioB.
dh;oppi4Y^u[M (und Deriv.) TbeogniS; Gigantomacbie, Oppian.
Syr., Oppian. Eil., Quintus, Sibyll. Orakel, Spigr. ed.
Eaibely Gregor, y. Naz.
dhcoppci)^ Aratos, Eallimacbos, Apollonios, Nikandros, QuintuB,
Orphische Argon., Orpb. Fragm., Anthologie, Paulos
Silentiar., Gregor, v. Naz.
^ a i b> : dppaCoOr] ApoIlonioB, Manethon, Anthologie, Apollinarios.
dhcoppa(ci> Hesiodos, Empedokles, Quintus, ApoUinarios.
3eoEppa((i) ApollonioB, Oppian. Eil., Markellos Sideta,
Quintus, Orpb. Argon., Nonnos, Gregor, von Naz.
patvci): gppoeva Anthologie.
pa'sc: euppofi^^ Dionysios Perieg., Anthologie, Nonnos.
xaxoppofiif] Theodotos, Apollinarios (xoMoppa^^), Gregor, von
Naz., Eudokia.
p e (urspr. Fep, Fpe) : appYjTog Hesiod., Timon, Aratos, ApoUonios,
Manethon, Oppianos Syr., Orpb. Argon., Orpb. Hymn.,
Proklos, Porphyrios* Orakel, Anthologie, Epigr. ed. Eaibel,
Nonnos, Christodoros, Joannes von Gaza.
psY* ^ps^^ Anthologie.
i'KippiZjta Theokritos, Anthologie, Apollinarios.
dveiappexTO(; Hesiodos.
p e ?; : l^ipp^xu) Theognis, Maximos (durch Conjeetur), Oppian. Eil.,
Gregor, von Naz. (jhdppvxoq).
Xpufföpponcu; Hom. Hymn., Orpb. Argon., Orpb. Litb., Nonnos,
Musaios, Christodoros.
Tzepipp-qiil^: (W. fpa8?) ApoUonios.
p v] V : ':;oX6ppT2v (i?oX6ppv)vo<;) Hesiod., Naupaktia, Aristeas, Aischylos,
Incert. Idyll., ApoUonios, Dionys. Perieg., Quintus,
Orpb. Argon., Anthologie,
intppifffao): Aratos, Maximos, Oppian. Eil., Nonnos.
p t y: Ipptr^oL Eleanthes, ApoUonios, Rhianos, Oppian. Syr., Quintus,
Nonnos, Gregor, von Naz.
pi^a: (und Deriv.) ippl^tMt u. ä. Eallimachos, ApoUonios, Nume-
nios, Dionysios Perieg., Oppian. Syr., Oppian. Eil.,
Quintus, Orpb. Argon., Epigr. ed. Eaibel, Nonnos,
Paulos Silent., Joannes von Gaza, Apollinarios.
846 Biacb.
^i^a: (und Deriv.) xp6ppi2^oq Gigantomachie, Anthologie.
^it:: Ipptt^e u. ä. Oppian. Syr.^ Sibyll. Orak., Orakel ed.
Hendess, Anthologie, Nonnos.
ivappC-RTU) u. dgl. Sibyll. Orak., Anthologie.
oxoppCrcii) Hesiod.y Apollon., Quintus, Anthologie, Nonnos.
EolluthoB, Paulos Silent., Joannes von Oaza, ApoUi-
narios; Gregor von Naz.
i7ctpp{icT(i> Quintus, Anthologie.
^eO: e^CppoOo^ Hosiod., Apollonios, Quintus, Orph. Ai^n. {t:^^'
O^u)), Anthologie, Apollinarios, Gregor von Naz.
xaXtpp66(o^ Aratos, Anthologie.
potßSoi;: dh^appotß3^b> Joannes von Gaza.
pu: ipp6ovTO Nonnos.
^u(ffpu): gppee Hesiod., Timon, Theokrit., Kallimach., ApoIIon^
Quintus, Anthologie, Nonnos, Triphiodoros, Mosaios,
Gregor von Naz., Anekd. Par. ed. Gramer, Tzetses.
entpp^o) Theokrit, Apollonios (e^cippoi^), Dionys. Perieg.;
Nonnos, Triphiod.
ytjxxappii^ Theokrit., Bion, Eallimach., Dionys. Ferieg.,
Oppian. Eil., Quintus, Nonnos, Triphiod. Apollinarios.
neptppdb) Oppian. Eil., Apollinarios.
Sc^dppoo^ Hom. Hymn., Dionys. Ferieg., Quintus, Anthol.,
Musaios.
kßokdppooq Orph. Argon.
dmaXappe{TiQ^ Orph. Argon.
dct|;6ppoo(; Hesiod., Apollinarios.
ßoOuppoo^ Dionys. Perieg., Quintus, Orph. Hymn., SibylL
Orak., Nonnos, Apollinar.
ßac6uppe{T)Q^ Hesiod.
ßaOupp£{ü>v Apollonios.
suppoc^ Aratos, ApoUon., Quintus, Anthol., Epigr.ed.Eaibel.
iuppei^i; Danais, Apollinarios.
bjppehr^q Hesiod., Dionys. Perieg., Oppian. Syr«, Quintus,
Orph. Argon., Orakel ed. Hendess, Anthol., Nonnos.
£uppeiü)v Christodoros.
XÄXX£ppoo$ Hesiod., Hom. Hymn., Dionys. Perieg., Quin-
tus, Orph. Fragm., Anthol.
xepippuTo; Hesiod. Euphorien, Epigr. ed. Eaibel, Paolos
Silent., Joannes Gaz. Gregor, von Naz.,
8tadi«o inr Technik des naclihomerisehen heroUchen Verses. 847
pu(9pu): y^tiitdppooi; Apollinarios.
£ppü>ovTo u. ä. Hesiod., Hom. Hymn., Quintus, Orph.
Argon., NonnoSy Gregor von Naz.
eicepp(2)ovxo u. ä. Hesiod., ApoUonios, Anthol., Nonnos,
KoUuthos.
Im Ganzen 30 Stämme mit 72 verschiedenen Wörtern.
I\
Die inlautende Doppelung findet sich zwar bei Homer
bei denselben Stämmen, doch ist der erste Wortbestandtheil
ein anderer.
1. Bei Stämmen mit dem Anlaute X.
ATQ-jf: IXXTQ^e Anthol.
^opeeXi^b) Apollinarios.
Xct: oXXeoToq Euphorion.
dXXiTiveuTo^ Anthol.
2. Bei Stämmen mit dem Anlaute [a.
\ß.e\oq: xorapLeXsi^rC Aratos.
(jLotpa: 2ici(xo(paa6at Pseudophokylidea.
8. Bei Stämmen mit dem Anlaute v.
V e 6 o) : Ixiveuu) Eudokia.
4. Bei Stämmen mit dem Anlaute p.
^ay: äppoc^q: Dionys. Perieg., Anthol., Nonnos, Paulos Silent«,
Gregor von Naz.
dXippiaqpf^ Anthol.
iXCppTjXTo^ Anthol.
8(appi^Y^u|Ae Theognis, Orph. Hymn., Anthol., Nonnbs, Tri-
phiodor., Joannes von Gaza.
8tapp<A>^ Oppianos KU.
iKipprfyfvo^ki Quintus, Nonnos.
(Jieaoppa-jp^; Oppianos Eil.
^6p(ppi^Y^u(At Quintus.
TCeptppoqf^^ Paul. Silent
TcoSopporp^i; Anthol.
i:ok\jpparff^q Nikandros.
^{koppÜ^ Anthol.
XpuooppoqpQ^ Kallimach.
848 Rsaeb.
^^T* ^oppor(i^^ Apoll onios.
ßac06ppu)xi^ Quintus.
^a((i>: iXtppotoDQ^ Nikandros.
ßooppaCoTvj^ Triphiodor.
StappatoTi^p Anekd. Par. ed. Cramer.
XimoppoCoTiQc Anthol.
icoXuppa{oT7]; OppianoB Kil.
^«(vo): oppcEVTo^ AratOB.
iXCppovto^ Anthol.
oxoppaCvb) OppianoB Kil.
£ictppa{va) Theokr., Triphiodor.
pLupöppoEvto^ Anthol.
^epcppaCvb) NonnoB, ApollinarioB.
^iiCTu): d^oEfo^ NonnoB.
StxoppofCY] Manethon.
BoXoppofi^^ OppianoB Kil., Anthol. (SoXoppocfii]), Nonnos.
Iveppi<|^orro Epigr. ed. Kaibel.
ix^pof ev (^^ippdRJ^a^) Nonnos.
Xivoppafi^^ NonnoB.
lAtTOppofi^^ Anthol.
icoXuppo^^ NonnoB, JoannoB Qaas.
iroXupparro^ Incert Idyll,
fe (Pep): dbc6pptiTo? Anonym, wepi ßorav., Orakel deB Porphyr.
^UpfT^o^ Anthol., NonnoB, JoanneB von Gaza.
6|A6ppv)'co^ NonnoB.
Sioppi^BiQv Hom. Hymn.
iiceppi^SiQv AratoB, ApoUonios.
^eY: dhcoppil^ü) Anthol.
xarapp^u) Kallimach., ApollonioB, OppianoB Kil.
xoxopp^cTrj^ ApoUonioB, ApoUinarioB, Eudokia ; fMOfphze^
Sibyll. Orakel.
^eic: ^pponct^ NonnoB.
dvxCppoico^ Epigr. ed. Kaibel, Nonnos.
ippo^Ko^ Gregor, von Naz.
^p6ppoiuoq RhianoB.
laopptTfiq roBp. ta6ppoTO<; Nikandros, Eudemos (Ther.), Ano-
nymos icepl ßorav., Manethon, Sibyll. Orakel, Anthol.,
NonnoB, Joannes von Gaza; hoppoidii Orph. Hymn.
xorappein^C Kallimach., ApoUon., Oppianos Kil.
Stadien sw Technik des nnehhomericclien beroieehen Yenes. 849
piQv: oppiQvi^q Incert. Idyll.
euppvjvo^ Apollon.; Anthol.
^lY- ^pfTT^o? Anthol.
(^(^a (und Deriv.): dlvepp{l[ci>ae Nonnos.
^V£ppfi^ü)ae NonnoB. ,
ii7epp((u>a£ NonnoB.
(jL£T£pptX(i>9e Nonnos.
ßaOuppiI^o^ ApoUon., Quintus, Anthol.
£up6ppi2^o^ Nikandros.
Tavuppil^O(; Hesiod.
^fsc: xaxappt?rr^(o Manethon.
TcapapplTua Anthol.
i:ep(pp{icT(i> Qointus.
p £ 0 : iXippoOo^ Moschos, aAtpp60to^ Orph. Argon., Orph. Hymn.,
Anthol., Paulos Silent.
6[iippo6o^ Theokrit., (6(jioppo0^a)) Orph. Argon., (5(xopp60toq)
Anthol.
7coXupp60to^ Quintus.
^otßSo^: dppo{ßST]ff£ Nonnos.
dhc£ppo(ß$Y)a£ Nonnos.
naXtppotßSo^ Oppianos Kil.
?coXuppo{ß8iQTo^ Anthol.
^u(apu): dhcoppiü) Theokrit, Nikandr., Manethon, Andromachos
(Ther.), Quintus.
Sioppico Oppianos Kil.
ij^ippte Quintus.
ouvipp££v Nonnos, Paulos Silent.
inclpp€£ Quintus.
dqfx^ppoo^ Apollonios.
al(jL6ppooq Nikandros ((i\iJOppoU ders.).
£kippnno^ Anthol.
ä[ij^lppnr:oq Hesiod.
oiroppoi^ Empedokl., Manethon, Orph. Lith.
än:6pp[noq Hesiod., Nonnos.
auT6pputo{ Anthol.
£Xtx6ppoo(; Orakel ed. Hendess.
iiiippoxoq Paulos Silent., Joannes von Ghiza.
6e6ppuTo^ Oppianos Eil., Nonnos, Gregor, von Naz.
raxdppmoq Dionys. Perieg., Nonnos.
850 Bsach.
pu(ffpu): xXsi|;(ppuTO{ KallimachoB.
(AsXippuTo^ NonnoB.
vedpputo^ Anthol.y NonnoB.
naXippoea Oppianos KU.
icoX6ppoo(; Orakel ed. Hen^ess.
TOr;Y6ppuTo? Orph. Hymn.
'2coTa|ji6ppuTo< Paulos Silent.
7cpu)T6ppuToc Oppianos Syr.
Xpu96ppuT0{ Paulos Silent.
&vapp(i>9ao6ai Orph. Argon.
ouvepp(i>ovTO NonnoB.
icoSoppü>pY) Kallimachos.
Im Ganzen 19 Stämme mit 104 verschiedenen Wörteni
II.
Doppelte Liquida steht im Inlaute eines Compositums,
während bei Homer nur vor dem Anlaute des zweiten Wort-
gliedes Längung begegnet.
1« Stämme mit dem Anlaute X.
Xe{ß(i>: dhcöXeCßb) Hesiod.
^inXXe(ß(i> Apollonios.
XiOo^: ^coXuXXtOo^ Anthol.
X(i)t6^: (xeXCXXuKco^ Nikandros.
2. Stämme mit dem Anlaute (jl.
[jLapicT(i>: TMezöt\idp^aq Theognis.
[x^vo^: iDpisv^TY]^ Epigr. ed. Kai bei.
3. Stämme mit dem Anlaute v
gehören keine in diese Gruppe.
4. Stämme mit dem Anlaute p.
^(v: eupptv Apollonios, Alexander Ephes.; Oppian. Syr.; supp^^^'
(mit guter Nase) Oppian. Syr.
xorippiq Tzetzes.
[LoaLp6pp\q Tzetzes.
Tdcv6pptvoc (mit vorgestreckter Nase) Nonnos.
^ i V 0 : (Haut) ^ppivo^ Apollonios.
Xi66ppivo(; Hom. Hymn. (durch Conjectur), Empedokl.
X(ic6pp(vo(; Nikandr.y Nonnos.
'roXupptvdq Apollonios.
Stadien rar Technik dee nMhhomerischen heroiitchen Tersee. 851
poT2^o<;: eppcC^Yjae Oppian. Kil.; AnthoL^ NonnoB.
diveppoCI^iQaav Nonnos.
8(£ppoiI^iQ9e Nonnos.
dictppoi2^ia> Aratosi Quintus, Nonnos.
xoreppoCCiQve Nonnos.
iX{ppo(!io; Nonnos.
icoX6ppo(!^o^ Quintus.
Tav6ppotCo(; Oppian. Syr.
pox^iüi: dcvappoxO^ci) Orph. Argon.
pWiZ: ippinrro^ Nikandros.
dbcoppGicre^Oai Empedokl., Andromachos (Ther.)| Orph. Argon.
(durch Conjectur).
'icspippuxo^ Erates.
puT{(;: appu'c{S(i>TO(; Anthol.
Im Ganzen 11 Stämme mit 27 verschiedenen Wörtern.
m» und ^
Die Doppelung der Liquida erfolgt im Inlaute bei Stämmen^
die bei Homer weder Längung im Anlaute, noch auch im In-
laute Doppelsetzung der Liquida aufweisen.
1. Stämme mit anlautendem X.
XaO: SXXa6£ Theodotos.
XaXo: iuXaXo^ Gregor, von Naz. (?)
X ax: l/wXoxe Hom. Hymn., LinoS; Theokrit., Incert. Idyll., Ealli-
macbos, ApoUonios, Dorotheos, Alexandres Ephes., Bassa-
rika, Philon, Philetas, Dionys. Perieg., Oppianos Syr.,
Oppianos Kil., Quintus, Sibyllin. Orakel, Anthologie,
Epigr. ed. Kaibel, Nonnos, EoUuthos, Eudokia, Anek-
dota Paris.
XcY* 'AjA^iXoY^ai Hesiod.
avaXXs^a^ Nonnos (Metab.).
siciXe^cüffi Manethon.
Xm: IXXi^e Eallimach.? ApoUonios, Parthenios (durch Con-
jectur), Anthologie, Epigr. ed. Kaibel, Nonnos, Eudokia,
Anekd. Par.
eveXXtice ApoUonios.
Xix- «epiXtxiAOTO Incert. Idyll.
Xou: v66XXouTo<; Hom. Hymn.
Xul^iji): £^iXX6l^a) Nikandros.
Sitenngsber. d. phiL-Ust. Cl. XCT. Bd. m. Hft 56
852 Rzach.
X'jxc: lAsviX'jKo; Aratos.
Xu: sXXuovro Sibyllin. Orakel.
oXX'JTo; Oppian. Kil., Anthologie.
2. Stämme mit dem Anlaute (i.
PL TT) 5: ftXo{ji4AY]SYj; Hesiod. (durch eine etymologische Spielerei
veranlasst).
[xtqXo: xoX6|jit;Xo; Orak. Sibyll.
[xuu): €77i[ji.uu) Incert. Idyll., Oppian. Syr., Oppian. KU.
8. Stftmme mit dem Anlaute v
finden sich in dieser Gruppe keine.
4« Stämme mit dem Anlaute p.
paOaYo?: iroXuppaOaYO^ Oppian. Syr., Oppian. Kil.
(juv6ppa6a-p;(jev Nikandros.
^aOilACY^' luppa6i[ji.tY^ Nonnos.
[AeXippoOapiiY^ Nonnos.
uoXuppaOatAtY^ Nonnos, Joann. Qaz.
^ixoq (j^7(ßi;)i iuppT;xo(; Nikandros.
^iic(!^(i): ippvKil^e Nonnos.
Äveppixt![6 Nonnos, Joann. Oaz.
l'^eppiizO^e, Nonnos, Joann. Gaz.
{iisTepp(i;t2^ov Nonnos.
^u6|Ac: ejppu6[ji.9^ Manethon.
tJLetappuO(x(!^(o Anthologie.
^(i)8o)v: 9iXoppa>0a>v Anthologie.
^(Dwupic Sppü)aev Aratos.
xppcooTo; Anthol.
dvappo)ffai Porphyr. Orakel.
STiippoWa^ Joann. Gaz.
Im Ganzen 20 Stämme mit 34 verschiedenen Wörtern mit
bei Homer nicht vorhandener Längung. Auf diesem Gebiete
finden wir die meisten Neubildungen bei Nonnos; von Slteren
Dichtern sind (ausser den Hom. Hymnen) besonders Aratos,
Nikandros und Manethon nebst den beiden Oppianeo zQ
nennen. Dagegen tritt Apollonios merklich zurück, uodsem
Nachahmer Quintus, der doch auch zahlreiche Fälle beiden
Längungen vor Liquiden im Anlaute neu einführt, ist diesmAi
mit keiner einzigen Neubildung betheiligt.
Stsdien zar Technik des nsehhomerisehen heroischen Verses. 853
B. Doppelte Liquida im Inlaute in der Thesis,
Die Zahl der unter diese Gruppe eiuzubeziehenden Fälle
ist eine verhältniBsmässig nicht bedeutende. Gewisse Wort-
stämme zeigen sich besonders fähig die Doppelung der Liquida
im Inlaute auch in der Thesis festzuhalten^ während sonst in
diesem Falle der einfache Consonant erBcheint, z. B. bei Homer
£ppe^e I ^36 in der 2. Thesis, aber Spe^e B 400 in 2. Thesis.
Wie früher auseinander gesetzt ward, kann nur bei einer ge-
wissen rhythmischen Form der Zusammensetzung (wenn das
erste Wortglied einsilbig, oder aber ein Pyrrhichius, Trochäus
oder Amphibrachys ist) die Längung in der Thesis erscheinen.
Besonders zahlreich treten die augmentirten Verbalformen hervor.
Auch hier können wir die Beobachtung machen, dass die ein-
zelnen Dichter zunächst an Homer anknüpfen und die homeri-
schen Muster annehmen, dann aber selbständig neue Gebilde
einführen. Wir werden hauptsächlich drei Gruppen von Fällen
unterscheiden können: 1. Homerische Bildungen 2. anderen Vor-
gsingem entnommene, 3. selbständig geschaffene Gebilde. Die
archaischen Dichtungen (Hesiodos, Homer. Hymnen, Batracho-
myomachie) halten sich streng an Homer, die Neuschöpfungen
beginnen mit den Alexandrinern, vor allem mit ApoUonios.
HeBiodOB.
Homerische Fälle:
Ipp T] ^e: oSt' lppv)^E ßaX(i)v out' eOXave, Oajfxa lliahoa, A. 140 1. Thes.
ou3^ ?ppv]qev xaXxov * epuro 3e Scopa OeoTo A. 415 1. Thes.
(wohl interpolirt)
Hom. ohV IppYiSev yak%6^ T 348 u. s. 1. Thes.
Die Stellung der betreffenden Silbe in der 1. Thes.
ist also homerische Reminiscenz.
Ippifbe: eaau(jL6vo>^ ^R^s, -rcaXtv 8' lppi(|;€ f^peoOoci Th. 181 4. Thes.
Hom. Xaß&v Ipp^e Oupd^e |a 254 4. Thes.
HomeriBohe Hymnen.
Homerische Fälle:
£ppit{;ev: ffovSaXa S' oSr' Ippitj^ev lice ^a[di^i^ iX(T]atv IH 79
2. Thes. (Conjectur Schneidewins).
Hom. (T^otpav eTcetV Ippv^i !^ 115 2. Thes.
66*
854 Biach.
Bedenklich ist der Vers
%oi i* eppüGaxo Xabv lovra xe vtffc6jx€v6v te XI 4 1, Thes.
Die erste Silbe von dppuaärro steht hier m
der 1 . Thes., wogegen dies bei demselben Worte
in den homer. Gedichten nur in der 3. Th^
der Fall ist- (0 290 T 194 a 6). Der Yen ist
jedoch zweifelsohne eine Interpolation^ denn er
steht mit den vorausgehenden drei Versen des
Hymnus in keinem Zusammenhang, zudem wäre
die Satzconstruction und Satzverbindung eine
ganz wunderliche.
Batrachomyomaohie.
Homerische Fälle.
Sppvj^e: ouS' sppvj^e ^oxo^, c^sto B' aüroO louphq axii)xi^ 254 1. Thes.
Hora. Oü8' £ppY;$6v xaXxov T 348 1. Thes.
ippifbaq: et^ u3u)p [l Ippi^a^. lyei Osbq IxStxov 5(i{jLa 97 2. Thes.
Hom. Si^ 6t7Cü)v epptij/ev dm'* oupavoü T 130 2. Thes.
Timon.
Offenbar unrichtig überliefert:
5^ ^a At(i>vuaou deppuOiAOicoTaq i'Kiyuorct 63 3. Thes.
Ich schlage vor zu schreiben: Aui>v6aoto ipu^iuyROxaq. Der
Hiatus ist durch die trochäische Cäsur entschuldigt.
TheokritoB.
Homerische Fälle.
i^ipp-q^Ei IvÄ) B' eS^pprjSe cuv d>{Ji9TCAdTa |jL^av wfxov Id. XXI
22 2. Thes.
Hom. veupTjv S' e^eppr^Sev 0 469 2. Thes.
Ippn|/av: d^ xo{Xv)v Ippt^av, «vsppifj^av 5' apa loixoy? Id. XX 12
2. Thes.
Hom. 5affov t(<; t' IppnJ/e x 485 2. Thes.
Inoertorum Idyllia.
Neue Bildung.
Sppeuffs: [xiXcov oüx Ippeuae xaXbv y^«Y®?9 ®^ I*^* oijiißXwv I 33
2. Thes.
Sfcndiea zur Technik des nftchhomerlAchen heroitichen Verses. 855
KallimaohoB.
Homerische Fälle.
TpiXXtaToq: iXa6{ jxot TpiXXtcTc jAey« xpefotca 6eiü)v Hyinn. VI
139 2. Thes.
Hom. dc7:aa{T; xpiXXicrof; ero^jXuOs vu5 epeßevvt^
e 488 2. Thes.
appiQTOt;: evvews^. f^ 8' appiQTOV aXr|C ovexxjaaTO Xir^p^ji; IV 205
2. Thes.
So lese ich mit Schneider (Callim. I 208).
Hom. 5xep t' appYjTov «[xeivov $ 466 4. Thes.
ApollonioB BhodioB.
Homerische Fälle.
aXXr, xTo^: ex. xopi^; aXXr^xTOv. 'Ir|<70v(Yjv B' evexoüciv A 1148
2. Thes.
vuxTt 8' ETCstT aXXr^xTov sxrapoTcpwffs OdovTc? B 940
2. Thes.
Hom. pt-v^a Se Tuivt' aXXrjy,To? «yj Noto?, ou5^ tk;
oXXo; fjL 325 2. Thes.
Apollonios lässt die erste Silbe von aXXY;xTO<;
auch in 4. Thes. zu :
XaiTjjia ßiy]aa(ji.evot avdpiou aXXrjxTov twT^v A 1299 4. Thes.
sppe^ev: Upi V eu Sppe^ev ^v oupeotv dtcrr^pi xeivw B 523 2. Thes.
Tov [UV Iwett' ^pps^ev laT(; uiroOrjjJioaüVYjciv B 1146 2. Thes.
Hom. oiT] $' oux EppE^e Aibq xo6pT] [t,sr(£koio I 536
2.* Thes., ebenso K 49.
Neue Bildungen.
IXXtjs«^- aoTreToq, ob B' IXXt)5av iicioraBbv o{>T(i!IovTe<; B 84 2. Thes.
Ausgegangen ist der Dichter bei dieser Neu-
bildung offenbar von iXXrjKToq, das bei Homer
die erste Silbe in 2. Thesis zeigt ({x 325) ; hiezu
kam noch; dass er im archaischen Epos auch
£ppY)56v r 348 1. Thes. und ^^ippr^vt 0 469
2. Thes. vorfand, so dass er auch bei IXXvj^av
Doppelung der Liquida nach dem Augmente
sich gestatten konnte, obzwar die Silbe in die
Senkung kam.
856 Bsaeh.
deppY]KTo<;: aXX' ap pT] xt o g SaiayLXtoq eSuosTO vetoOt Yatr^g A 63 1. Thes.
Die Anlehnung an das homerische oliS* eppi]^»
)raXx6v F 348 1. Thes. ist nicht zu verkennen.
yjxkiuo^ •ffi'' dtppTjKTog * 'jKOLi li o\ laue t^vto; A 1646
2. Thes.
Eine Parallele bietet das homerische ve;^;/
V i5^pt}5e 0 469 2. Thes.
ajjif tppco^: z^pocg «(A^ippöiiYa? aepti^cvte; IßaXXov A 995 2. Thes.
Bei Homer die betreffende Silbe des ebzigeo
derartigen Compositums (aroppo»^) nur in der II.
(dcxiai oPKoppQ'xt^ V 98) oder VI. Hebung,
sppaiaav: oux oTov oyv Tf^ctv Icu? Ippaicav axÄiTog A 617 4. Thes.
Homer nur ippdc^t IT 339 in IL Arsis.
KikandroB.
Homerische Fälle.
e^^ppiQ^e: i(AfaXbv i^ippr^^e, yjr^ S" \yxepar/fiia ^opxov Ther. 342
2. Thes.
Hom. veupY)v B' i^^piQ^e veorrpofov 0 469 2. Thes.
Manethon.
Homerische Fälle.
aXXtjKTO(;: iq Y^pag, xevitj 8^ xoaifl dtXXTjXT« fj^ysii^tv lU 2064, Thes.
Hom. ixTJva 8^ rivr' deXXir;xTo< atj Noto? ji 325
2. Thes. Apoll. Rhod. aXXt)XTov twi5v A 1299
4. Thes.
appTjToq: Tu) Btj T6v8e -/e ji.06ov Ijrcov dtpptjxov eicco VI 737 4. Thes.
Hom. xat ti h:oz -Kpoetjxev o ci£p t' apcT;T:v
dHiJiÄivov 5 466 4. Thes.
5ppe§£: pr<i8((i)q ^ppeSc, Ji.ivüv0flf8i6v t£ jrp^voioriv I 248 2. Thes.
aXXoTptwv Ippe^e xal daxepfjiou; 6^to t^xvwv II 185 2. Thes.
Hom. [ 536 K 49 2. Thes.
Sonstige Nachahmung.
Ippatcev: i:aiJLirav vriWioxo^? xXf^pov t' sppaiaev äicrwc III 28
4. Thes.
d>{xoT6xot(; (bSTfft yovtjv eppataav öbracav VI 245 4. Thes.
ApoUon. Rhod. oux oTov, ouv itj^tv i:^^ lppaiw>
d/.oaa; A 617 4. Thes.
Stadien zur Technik des nachhomeriBchen heroischen Versea. 857
OppianoB SyroB.
Homerische Fälle.
eppt^t^: xac ijlsXeVotI Ti(i.ev, vdxua^ B' Ippi^s^f ipo^e Kyneg. IV 281
4. Thes.
Hom. Xaßb)v eppi^e Oupal^e (jl 254 4. Thes.
Neue Bildungen.
auToppexToq: ßsvOeortv autöppexta ^Oet xac (i[Jt.i^Topa f uXa Kyneg. II
567 2. Thes.
Zum Muster nahm sich Oppianos offenbar
das hom. o») 3' oux epps^e I 536 2. Thes.
vgl. K 49.
'zp6ppi^oq: foivtxwv 7üp6ppcCa xorca x^ovcx; s^sTavuccev Kyneg. II
534 2. Thes.
Hom. hat xp6ppt^o<; mit der ersten Silbe in
I. Arsis A 157 2 415.
Oppianos
Homerische Fälle.
eppifj^av: wTsiXtjv Ippr^S«^? äiroxcuouat 5' axwxi^v Hai. III. 137
2. Thes.
Hom. veüptjv 5' i^eppYj^e 0 469 in 2. Thes.
(vgl. ou3' Ippyj^sv yyÄx6v T 348 in 1. Thes.).
Ippt^t: TO'/TO? 6[jui5? i) Xdqfv ^Xu)v eppnj^c xotO" uBcop Hai. HI 264
4. Thes.
Hom. Xaß(i)v Sppi^e OupaCe (x 254 4. Thes.
Nichthomerisch.
auTÖppsxToq: iixTCTat aurot^XeOT« xal «utippexT« Y^^^OXa Hai. I
763 4. Thes.
Vgl. Oppian. Syr. Kyneg. II 567 in 2. Thes.,
nach dem Muster des hom. ippe^s. in Thesi I
536 K 49 2. Thes.
oL\)x6ppi}^o<;: 5p6tov, auTcppilJov, axoxP-^^o^ o^ acSi^pou Hai. II
465 2. Thes.
Vgl. Oppian. Syr. Kyneg. II 534 ^otvCxwv
irp6ppi!^a in 2. Thes.
858 Bzach.
xeXatvöpivo^: 8^pa xeXatvopivov uTcdpßiov Syfio^ ivrpcv^ Hai. Y
18 2. Thes.
Bei Homer findet sich überhaupt kein Com-
positum von diesem Stamme. Das erste
sicher bezeugte bietet Empedoklea XtOoppivuv
xe xeXwvwv 301 in IV. Ärsis (Homer. Hymn.
III 48 ist XtOopp{voio Conjectur von Pierson).
AndromachoB Theriaka.
Ohne Vorbild.
Corrupt ist offenbar:
al(i.6ppoug, to{(i) Sa|JLva|Aivv} icdpiari 18 1. Thes.
Das Wort steht an dieser Stelle in der Be-
deutung ^Giftschlange^ In 1. Thesis darf ohne
directe homerische Nachahmung die Silbe vor
der Doppelliquida nie stehen, es ist daher za
emendiren atfxopoog, vgl. Maximos 198 ai{i,opksi;tv
und besonders Nikandros Ther. 321 al{jLdpc<i> 321
al|j[ipoo( 318 al|jLopo{q 315; ausserdem Philon
Antidot. X6^f]fa xe xat xoripouv 10 (Bussemaker).
Quintus SmymaeuB.
Homerische Fälle.
dcXXvjKTo^: Müp(i.i56ve? 8' aXXrjxTov ivsoxsvaxovr' 'AxiXf^a III 422
2. Thes.
{ju>po|jiivb)v öEXXtjxtov dropß^a niQXe{(i>va HI 5132. Thes.
l^i wep • oT 8' aXXtjxTov Sif gpxeo(; aiicetvow VII 144
2. Thes.
&<; fafA^VT;; aXXiQXta xora ßXecapotiv S^uvio (8flbtp:t)
XIV 302 2. Thes.
Apyewi 8' oiXXiqxtov evl ^peci xaT/aXowvTe^ XIV 403
2, Thes.
1^^ 7;oXuppo{!^(i)v avi)AU)v IXXyjxtov »odt^v I 156 4. Thes.
xai ^6oq Al(jifyKoio . y^o? ^* aXXr^xxo? ip<ope! II 606
4. Thes.
Beffiie Y<3tp 87; Zujvbg aSrjv aXXrjXTcv ivtw{v III 662
4. Thes.
Stadien snr Technik des nachhonierischen heroiiehen Vene«. 859
aXXr,xTo?: Ic6ev6v, aW d^coveuOe Oeiiiv aXXtjXTOv s6vtu)v III 132
4. Thes.
oupupepsr' «Xysat jjloXXov, l/st o' deXXtjx.TOv oiljuv XIV
431 4. Thes.
Hom. |Ji^va Se xavr' oXXtjXTo; atj Nsto? pi 325
2. Thes.; für die 4. Thes. lag für Quintus das
Muster bei Apollonios vor: XaiT|juz ß(Y]<7i(JLevoc av£[jLO'j
oXXtjXtov iwtjv A 1299, welchen Vers er direet
nachahmt I 156.
zppTi^e: ßpuyTOjjievYj diXe^etvot • ßitj 8' Spptj^e xoXcivijv XIV 484 4. Thes.
Hom. r 348 H 259 P 44 in 1. Thes., ^ipp-q^e
0 469 in 2. Thes.
ippt^s: aa/aX6a)v 5' ?pp i<j;e ßeXo(; • to 8' op' ol^j/a xiouaat III 86
2. Thes.
Hom. <j<paipav ^tcsit' eppnj/e C 115 2. Thes.
Nach anderweitigem Vorbilde.
appTjxToq: xai ^ap t' T^XCßorov TT^Tprjv apptjXTov eoöaav V 243
4. Thes.
Das Muster hiefür bot Apoll. Rhod., dem
Quintus so viel nachgebildet hat: x^^^^^ ^^'
appv)XTO(; * urcat 8d oi ^oxe t^vovto^ A 1646 2. Thes.
Orphika.
1. Argonautlka.
Homerische Fälle.
appr^Toq: Iv6a xat SpYia fpcxta 8eä>v, dlppTjTa ßporotaiv 469 4, Thes.
Hom. xa{ ti eiro^ icpoivjxev &7cep t' appTjiov a|JL£tvov
5 466 4. Thes.
IppitJ's: wapOeviYjv IppttJ/E, ^i[t.b>^ t' eui^vopa 6£(JiJt6v 888 2. Thes.
Hom. (7(paipav Iiceit' Ippi^t C 115 2. Thes.
Nach anderem Muster.
Tcpöppi^o^: xa( ^' aT {aIv xp6ppil^ci hz' a3X(ov lpp(!>ovTo 437 2. Thes.
Vgl. Oppian. Syr. foivCxcov icpöppilja Ejneg.
II 534 2. Thes.
860 Riaeh.
Gans ent&Ilt V. 125, der vor Gessner and G. Hermann
in der Fassung ßcf/p\}po^ Xootoc ^aeoaCppeiOpov opieißev geduldet, von
Hermann aber nach Gessner's Vorgang in der Form X23'4
Sifdeffi ^etBpov depieißev hergestellt ward.
2. Litbika.
Homerische Fälle.
ippYjTO^: T6fpa $^ xixXi^(7xetv (Aoxapcov appvjTov ^xioTuv 719 4.Tbes.
Hom. 5 466 4. Thes.
Nach anderem Muster.
ippYjxiog: xal tutctcov appT]XTOv ipeoxcooto xapiQVov 139 2. The«.
ApoUon. Rhod. x'ihiLBo^ i)3' dcppv]xTO^ A 1&46
2, Thes.
3. Oiphlsche Hymnen.
Homerisch.
ÄpptjTO?: iyvii^ "^^ eWepiv ts M(otqv dfppvjTov ovoffaov LXII 3 4. Thes.
Hom. k 466 4. Thes.
SibylliniBohe OrakeL
Homerische Fälle«
Ippe^e: tou^ 'EXXaq t* Ippe^s, ßoü>v taupcov t* lpi|xux(i>v HI 564
2. Thes.
Hom. Bfjfj' "ExTcop Ippe^e K 49 2. Thes.
2ppn}/e: 0u{A(i>6et^ 8' lppttj;s xaroncpv^veT^ exl foiav V 529 2. The».
Hom. c^; ei7co)v Sppt^e u 299 2. Thes.
Orakel des Porphyrios.
Homerisch.
appY]To^: dOoeviTiuv appY]T£ Tcori^ip, ata>vte [ujoxa 145 2. Thes.
Hom. I 466 4. Thes., vgl. Kallim. £vv£::£;.
1^ 8' appTjTov akr^q aTcewaucorro Xuyp^? Hymn. IV
205 2. Thes.
ZoroastriB oraoula magioa.
Schlechter Vers:
dppurjq: aa>(JiaTt ÖTQxeOaa? ewi xa^iv Ä^' ^; ippuT)? 2 5. Thes.
dtadien zur Technik des nachhomeriBChen heroischeo Verses. 861
Grieohiflohe Anthologie.
Homerische Fälle.
aXArjXTO^: oTS« y^P ^? dtXXiQXTOv djiij? ISpärc fjLspipiVY]^ IV 3. 111
2. Thes. Agathias Scholast.
Hom. li. 326 2. Thes.
£ppT}^6: Sctxpüa 5' oük epptjS' szt TcivOeotv dXXa t68' sTtccv VII 434.
3 2. Thes. Dioskorides.
Hom. veupt}v 8' i§^ppt)5sv 0 469 2. Thes., vgl.
oüS' lppr,$6v xaXxov T 348 I. Thes.
i ppij^aio: oü pisv piqiBicoq lp^i^|5«'^o äXX' dzor^Xe VIII 182 3. Thes.
Gregor von Nazianz.
Der Gebrauch der Silbe mit Doppelliquida
in 3. Thes. erklärt sich durch ein directes ho-
merisches Muster: lorou il xporövou^ ^pfi^^ devi(i.oic
e6sXXa fjL 409 3. Thes.
£ppti{/ev: Bs^eTepTjV 8' Ippnj^ev Ixi yfi6'^(x mi XtOov Jjxev IX 159. 3
2. Thes. Unbekannt.
Hom. z. B. W 842 2. Thes. Darnach ist
auch gebildet
g8va Y<^P^^ IpptTüTe«;, i!) apißoXCriV toxü'riJTO? XVI 144. 1
2. Thes. Arabios Scholast.
Der corrupte Vers
aXX' IppiTiiat yux[im TUflivror' dzaipö[i.evo^ XI 109. 2 ist
am besten von Jacobs hergestellt worden: SppiTcrai
8e yjx[Kixi xxX.
ipp 6 caTo: ou8£ xd ae xTeavwv eppu(7aT0* ^eu eXestve VII 286. 5
3. Thes. Antipatros von Thessalonike.
eppuaao: v. Z* o)^ ex TueXoYOu^ epp6oao Aa[jLiv avaaaa VI 231. 7
3, Thes. Philippos.
Die Stellung der durch die Liquidadoppelung
ausgezeichneten Silbe in der dritten Thesis ist
auch hier durch die Reminiscenz an die homer.
Fälle 0 290 r 194 a 6, wo ippdaano mit der
Änfangssilbe in der 3. Thes. steht, zu erklären:
z. B. 0 290 dcXXce x«; onixe Oeojv Ippu^axo xai dfficoaev.
Nicht direct aus Homer entnommen, aber doch mit An-
lehnung an einen homerischen Fall gebildet ist
862 Riacli.
ÄXXiatoq: fjpicacÄ^, & aXXidT' 'Aßtj • v, xpöiopcv i^ir^ VII 643. 3
2. Thes. Erinagoras.
SalmasiuB vermuthete dXiaor* i. e. ajASTf:p€7c.
doch vgl. Vn 483 'Aßt; iXXtTöEvcurc, worauf auch
bei Dübner mit Recht verwiesen wird. Die
homerische Vorlage ist TpiXXiCTo<;: decxoair^ tpO^-
XtoTo? sm^XüOe vb$ epeßcvvtj 6 488 2. Thes.
Gleichfalls an ein homerisches Muster würde sich an-
schliessen
wp6ppiQ(iig: xa( jas tov iKjTpbv TcpoppT^^ato? sjvsxev ic6Xf,? XI 382.
21 3. Thes. Agathias Scholast.
Es Hesse sich nämlich auf dl^pT]Tcv q 466
4. Thes. hinweisen^ aber die erste Silbe von
7:poppT^5tO(; steht in der 3. Thes. Wir werden
daher eine Corruptel annehmen müssen. Ver-
muthlich stand Tzpoy^moq ursprünglich da, ein
Ausdruck; der als der technische hier im Munde
des Arztes vorzüglich angezeigt ist, zumal ihn
der Verfasser des Epigrammes selbst zweimal
vorher schon braucht in V. 7 und 13.
Nach anderem Muster.
diJL^tppci)^: KXcoßoui; t' ä[L^ipp(a^(xq avaoxaTrou^ T£ Bzpdrf/jxq VI
109. 3 2. Thes. Antipatros.
Apoll. Rhod. TC^ipaq i\u^tppCi^a<; A 996 2. Thes.
ixiappt^o?: Or^xTCü aaüpcot^pi • xa 8' öxtappilja (i.eTti»r(i)v VI 110. 3
4. Thes. Leonidas oder Mnasalkas.
Oppian. Kil. op6tov, outöppirov, oauxx}i^yoy Hai.
II 465 2. Thes.; vgl. Oppian. Syr. foivtxwv
TzpoppüioL Kyneg. II 534 2. Thes. Orph. Argon.
xa( ^' aT |ji^v -rpoppi^^oi 437 2. Thes.
e^sppeucag: t^v x<3^pi^ e^^ppeuaaq Sctqv sjre? * oux dhw ^nj^ij? XI
374. 5 2. Thes. Makedonios Hypatos.
Incert. Idyll. piiXcov oux eppeuae xaXbv y'^^^
I 33 2. Thes.
Schlechte Bildungen.
Es sind nur zwei Composita eines Stammes zu ver-
zeichnen^ die aber bemerkenswerth sind.
Stadien sar Tochnik des nachhomtriBelieii heroiechen Yenes. 863
::yxvoppd5: wopftipeov ts ßirpuv (xeOuxiSaxa ituxvoppÄY« VI 22. 3
5. Thes. Unbekannt.
Cod. TajxvoppciilYa Suidas ^xvoppoYa Plan. :ajx-
voppÖYOv.
TTsvTacppaYO;: xsüoivou crofjX^i; ^' aTcooicaJa wevTocppaYOV VI
300. 5 5. Thes. Leonidas.
Beide angeführten Fälle verstosgen gegen
das oben aufgestellte Gesetz, indem die Silbe
mit der Doppelliquida in der fünften Thesis
erscheint. Dennoch ist keineswegs eine Cor-
ruptel anzunehmen; da die beiden Fälle ein-
ander vortrefiflich stützen und auch der Sinn
ganz passend ist. Vielmehr liegt diesmal
die Schuld an den Verfassern, welche die
im Laufe der Zeit entstandenen Normen
nicht genau beachteten.
KonnoB. *
I. Dionysiaka.
Homerische Fälle.
Ipptj^e: Xi^oiKivri 8' Ippr^Js — fjiaxi^^fAOVs? sfeaTe Moucat XXI 73
2. Thes.
XaXxbv S/wv lppY)56 Xtvo^Aaivcöv orix« wip^wv XXVI 58
2. Thes.
Hom. veuptjv 8' l^^pptj^e 0 649 2. Thes,
%oA icXoxa|jLou<; Üoliljsv, 5Xov 8' SppYj^e ynma, V 375 4. Thes.
Vgl. neben Hom. ^ppiQ^e ix 409 3. Thes. auch
Quint. Smyrn. ßiY) 3' sppt)§6 xoX«I)vy)v XIV 484
4. Thes. Darnach ist auch gebildet
ccna Atö^'itoXX^^ 8^ Xörfwv eppi^Y^^'^^ T*^^? ^-^ 390 4. Thes.
£;6ppr<5e- ^XP^<S ^'l^ ßaOuxoXwo^, 5v e^ippr^^e xeXeuOoü XXXVII
397 4. Thes.
Hom. veuprjv 8* I5eppr,$e 0 469 2. Thes.
appTjTO?: xat !^(x6^ü)v dtppY)TOv d|jLsXY6[jL€vo; ^iXa ß(ßX(i)v IV 267
2. Thes. •
Hom. 5 466 4. Thes.
1 Vgl. Scheindler, Qoaest. Nonn. I 9 sqq.
SM Biaek.
Hielier gehört auch der Eigenname "Appi;?:^;:
obik Y^^^ "ApptjTog iXeksxo Ar,p(ix3^o; XXVI 250
2. Thes.
racBo y6voi; *A p p r, t o <; 6(jLiXy|!7a(; i>|xsva(o({ XXVI 265 2. Thes.
?pp'<j/ev: cupoEViv Ippn^ev e? dcvroya ::b)Xov aXi^v I 210 2. Thes.
extaSCv^v lppit|/e ^i/^^ xupTO'j(X€vo^ ^^^v VII 26 2. Thes.
Ts^ov ^'Epd»; lppt<)^e xal opxiov «i|ji09s ßouTVjv XV 383 2. Thes.
(jLuSaXeri^ 8' lpp((|/ev ^q TeXa|iJi5va ßostt;; XXXV 157
2. Thes.
xae Xadou«; lppi<)^6v öncb oripvoco /itövo«; XLVI 277
2. Thes.
xat GxoiriT;v Ippi^ev ivoun^u Aiovuoou XL VIII 75 2. Thes.
Hom. z. B. tsfoüpoN I^(t' £pp(t|« ^ 115 2. Thes.
'£p(jLi^q ^dßBsv I6ii)xe, XupiQv d' Ippttj/ev 'AziXXu^v II 218
4. Thes.
w6'mo<; 'EwoffC^ato? itjv eppt^j^cv dbuimi^v VI 290 4. Thes.
SeiXaCou KaXafjioTo ^68ou^ £ppi<);a<; orfyiOLt^ XI 445 4. Thes.
SvveiTs XJuSi6(i>v, «^poiepag 3' lppi<I;e (i.epi|jLva^ XII 290 4. Thes.
^lYsäav^v avd|xoiffiv dt;v eppt'j^e ^apeTpr^v XV 74 4, Thes.
apYupeov xpiQti^pa Xaßb)v Sppt^^e ^edSpotg XIX 296 4. Thes.
xat 6ebg äfjiicsXÖEig zp&xipaq Ippi^s {jLspi{i.v«; XXI 285
4. Thes.
XiXx€ov etxo^TOQxy, 'f^Sci) B' ^ppttj'e ßoeitjv XXVIII 215
4. Thes.
yjxl aöXov euJtvtjxov IX(i)v Ippttpe MeXtffaeu<; XXXVII 679
4. Thes.
e?$ ^poxoo? axopLiTcov eY;v eppit|;£ ^apstpijv XLVTII 932
4. Thes.
Hom. XiicapYjv Ippw^e xaXur:pir;v X 406 4. Thes.
IppuaaTo: iXXa t6xov Ze|jiiXiQ{ ^\o^tpCyt ippuffSTC zup^üjv XXXI
45 4. Thes.
BiQffeoq i|X6tpoiwav £t;v ippucaTO v6|jl^|V XLVII 515
4. Thes.
ou ff£ T£^^ na^tr^q EppuaaTO vujxfiog "Apt;; XXXII 214
3. Thes.
Zweimal erscheint also die erste Silbe des
Wortes in der 4., einmal aber auch in der
3. ThesiS; welches überhaupt der einzige Fall
unter den vielen Beispielen bei Nonnos ist
Stadien zar Technik des nacUiomeriachen beroischen Veries. 866
Dennoch ist nicht wol eine Verderbnis der
Stelle anzunehmen^ da Nonnos direct den ho-
merischen Gtebrauch nachgeahmt hat; in den
homerischen Gedichten steht nämlich ippuaonro,
wie schon früher erwähnt worden, dreimal mit
der ersten Silbe in der 3. Thesis:
iXkd xiq oejxe de(ü>v eppufforro xai s9io)ffev 0 290
^ov * droep 96 Zeu^ eppuaoro xai deol dcXXot Y 194
olW ohV S)^ kxdpoi)^ epp'jaoTO lepievoi; 7C£p a 6
Obzwar Nonnos selbst auch ippOcoro dreimal
in den Dionysiaka vei*wendet; so wagte er doch
nicht, es immer mit der ersten Silbe in die
3. Thesis zu setzen, sondern nur ein einziges
Mal, ein Beweis, wie abnorm ihm diese Stellung
im Verse erscheinen musste.
Nach anderen Mustern.
appTjx-TO?: xtwbv ^j^wv appyjxxov ibv 86pu • %ai (xtv §Xiorau>v XVII
17 2. Thes.
Sa(|jLOv{T]^ apptjXTov l^^v ßXioTiQ(xa xspaCv]^ XVII 241
2. Thes.
J)taäC|jLY]v appTjXTcv dväcox^cffat xeveo>va XXX 35 2. Thes.
xaJ ve^dXtjv dfppyjxTOV 5Xt;v sTOJxalJev iioroX? XXXVI
36 2. Thes.
£5poic6x(i)v appYjxxa SiiTfAOYe Tuwea (xi^|Xwv XLV 291
2. Thes.
Apoll. Rhod. xaXxeoq >58' appYjxTo? A 1646 2. Thes.
^\jz6ppi^oq: xal 7nTü<; autoppt^o? sxexXiTO ysiTovi «euxr^ XXI 102 c
2. Thes.
Einer der drei neuen Verse, die L allein
bietet, vgl. Ludwich, Hermes XII 284.
actoTOv a()T6ppiCov wo ^oijiffiv M6vt(i)v XXV 475
2. Thes.
^X(xo<; aüT6pptliov 6|ji6?üyov Spvo? iXairjg XL 470
2. Thes.
irpufAVoOev auToppd^ov Exo6^t9s OocfAVov iXatvjq XLV 201
2. Thes.
866 Rtaeh.
auTopptCo^;: xpupivöOev aÜTcpptl^ov avsaxawc 56v8pov ^k'^ouT^ XLVI
185 2. Thes.
Oppian. Kil. SpOtov, ouiöppt^ov abüzxi^Levov HaL
II 465 2. Thes.
rp6pp(t[oq: OdE|Avov 5Xov Tcpöppttjov, 5 Bs npt}<tfVo^ dipo^o; XXX
228 2. Thes.
Oppian. Syr. 90(v{xfa>v icp6ppiCa Kynegp. II 534
2. Thes.; vgl. Orph. Argon, x« p' «T ptev icpsp-
piliot 437 2. Thes.
xsXa(v6pp(vo^: ^pa iceXaiv6ppivov ^pecria^ ^Xact BzxxTi XV
158 2. Thea.
Oppian. Kil. ^pa xeXotvoptvov uir£pß»v dr)r^;
«viYxtj Hai. V 18 2. Thes.
Neue Bildungen.
Ippa(v£v: al(i,aX^Y;<; Ippocivev ixYjßoXog 6X^6^ ^^p^^ XXVIII 137
2. Thes.
xac oxo77ci;v Ippaivov dpY)(i.aSa 7{3ax£; tou XXXTI 106
2. Thes.
aTfJLaTi x6Xxov ISeu9€, f6v(i> B' ^ppatveto xoupv] VII 168
4. Thes.
JavÖTjv XuoMcövoco [JL^Or^q Ippaivsv sipor^v XXV 283 4. Thes.
Iw7ce{r<v ^ap.a6ot(;cv oXrjv Sppaivev oxtiwn;v XXXVI 225
4. Thes.
(jLuSaXio) 8' iSpcoTi x^<^ sppatve xoviYiV XXXVII 598
4. Thes.
xat x6ov(t) ^a8i(xtYY' 86(xoü(; eppaivsv 'AYauTj; XLIV 263
4. Thes.
Bei Homer finden sich nur die Perfectformen
ippiSorai u 354 ^pdBorro M 431 in der U,, reap.
I. Arsis des Verses.
Ippdtj/aTo: Srrt |jliv sua>B(V( itorrvjp eppoctj^axo {xiQp<o IX 24 4. Thes.
6XxaT^ [i.t)x.€Bavoioi ^dpwv eppitpato täitwv XXIV 248
4. Thes.
Homer hat Doppelung der Liquida nur in
den Compositis luppoc^^^ (ß 354. 380) und xanop-
pofCT] (0 16 ß 236 |A 26) in der Arsis. Das
augmentirte Verbum erscheint nur mit einer
Stadien iv Technik deit oMhliomeriicben heroitieheii VarMt. 867
Liquida in der Thesis : o&vexa oi ^övov aliü^ Ipdano-
jjLsv ou8' ex{/v2|ji£v w 379.
2. Metabole des Johannes*Evangeliums.
Nach einem epischen (nichthomerischen) Muster.
auTÖppic^o^: IvStov aÜTÖppi^ov &pe99a6Xoto pieXocOpou A 64 2. Thes.
a^(jia xop' auTÖpptt^ov, dpiipTupov Ipyov u^atvcov T 224
2. Thes.
Oppian. Kil. 5p6tov, auröppil^ov oxoxia^vov Hai.
II 465 2. Thes.
TriphiodoroB.
Homerisch :
aXX-ijxTO?: vife^^^o B' aiJAaTt -^oaa ' ßot; 8' dtXXtjXTO? ip<i)psi 542
4. Thes.
Hom. |JLijva ik xivr' aXXrjxTO^ dnj N6to^ (a 325
2. Thes., Apollon. Rhod. äv^{jLou dtXXv^xTov tuii^iv A
1299 4. Thes., so öfter bei Quintus z. B. 7601;
S* (zXXt]XTO^ ipü>pei II 606, was neben dem homeri-
schen ßoT} 8' (SffßeoTo^ 5pa>pe( z. B. A 500 unserem
Dichter wohl vorschwebte.
KoUuthos.
Homerisch:
IppiQ^e: «uxvdc 8* iiiXXe x6(at;v, xpiKj^iv 8^ SppTj^s xaX67rcpT]v 389
4. Thes.
Hom. r 348 in 1. Thes. Nonnos SXov 8* ipp^^e
XtTöva Dion. V 375 4. Thes.
Ippi^e: 6^ OaXiT^v £ppi(|«e, •/ofib'^ ^' &p(ve Oeicov 63 2. Thes.
Hom. z. B. T 130 (^<; ebb»v Sppt^ev 2. Thes.
Nonnos z. B. xal oxorciiQy Ippitj/ev Dion. XLVHI
75 2. Thes.
MnsaioB.
Homerisch:
eppc4^e: i^iiivoi; 8* s^uipro, 8s)xa^ 8^ Ippi^e BaXacqi; 253 4. Thes.
Hom. X(7apT;v eppri/e xaX^pv;v X 406 4. Thes.
Nonnos z. B. iviv Ippi^e ^opiTpv^v Dion. XLVHI
932 4. Thes.
Sitzwifsber. d. tUt-Uit. H XCY. Bd. III. HA. 66
Paulos SilentiariOB.
Homerisch:
TpfXXicTo;: Oji.£T6pr^? afcvra ceßa?, TpiXAtcTs, yctkfyrri^ Ekphr.
Meg. Ekkl. II 570 4. Thes.
Hom. aaraffir^ Tp{XXt(rTo; 6 488 2. Thes., vgL
Kallimach. TXaOC {xot TpaXcote Hymn. VI 239 2.Thes.
ApoIlinarioB.
Homerisch:
ippTi^ai;: voKTspa; Ippr^^oi^ ihjmxoKiiaq aXe^eiva? CXV 10 2. Thes.
Hom. ou8* Ip^^e^ xaXxov F 348 1. Thes. vgl.
Nonnos -/iaQ^tÄrr^ l' ^prti^ Dion. XXI 73 2. Thes.
eppuaao: xa( a^eoc^ iXzofx^vou«; oruYSpcuv eppöcao fii^^'^ XXI 7
4. Thes.
YJYOv sei ßasiXtji, öeb; 8' JppuaaTO [lixOwv LX Äi^om.
6 4. Thes.
Hom. z. B. YJYov • aratp ce Zeuq eppwaacro V 194
3. Thes. Nonnos z. B. BYja^o; l{j£{psuaav n]v £fp>
aorro v6ji.9r;v Dion. XL VII 515 4. Thes.
Nicht selbst begegnet bei Homer das Compositum
a[j.feppe^a: Oeir^v a,\L^ipp&^a Ouo; 3^v(9tY;v dXaXisiDV XXVI 15
2. Thes.
Doch ist es unmittelbar dem homerischen
oltj 8' oux IppeSs I 536 2. Thes. (K 49 2. Thes.)
nachgebildet.
Nach nonnischem Muster.
appTjXToq: 7:üpY0V £ic£i c' dtppYjxtov aei 7:£^oßr|ji.£vo? £up£v CXLII
24 2. Thes.
£u 8' avarexraoöwv luuX^cov appYjxiot ix'J^? XXIH 15
4. Thes.
Derselbe Vers kehrt wieder XXIH 21
auTo; £ctai ßtr^v X«ot< appt)XTOv oiriCot XXVIH 22
4 Thes. i
Nonnos z. B. xtaabv Ejrwv apprjxiov lov 85p
Dion. XVII 17 2. Thes., ftxr die 4. Thes. vgl.
Quintus 7:£TpYjv appt)XTOv ioGaav V 243 4. Thes.
1 Bei Gallandius ist hier Xact; im griechischen Text aosgefallen.
Stadien rar Technik des naehhomerischen heroischen Verees. . 869
Ippatj/ev: Si; x.axbv ou tix-njvev, l<5 8' Ippa^ev ^laipo) XIV 6 4. Thes.
Nonnos zotyjp ippd^ono {AY}p<|> Dion. TK 24
4. Thes.
Joannes Tzetzes.
Ohne Vorbilder.
jjt.axp6ppi(;: \f,a%p6ppi<;^ |jLeX(YYjpu;, xoupYjc; 8' sTx^v iicwi;«^ Posthorn.
472 1. Thes.
7TpeßX6pptv: Xsuxö^, 9TpsßX6ppiv, sutccoycov^ eüpufjL^Tcorco^ Posthorn,
663 2. Thes.
Joannes Tzetzes geht, wie sonst, auch
hier seine eigenen Wege, ohne sich an die
früheren Normen zu halten.
Bei allen nicht eigens angeführten Dichtem fehlen Län-
g^ungen im Inlaute in der Thesis.
Fassen wir die dargestellten Fälle übersichtlich zusammen,
so ei^ibt sich folgendes Resultat:
I. Homerische Fälle
(mit Angabe der Nachahmungen).
dtXXiQx,To<; recipirt von Apollonios, Manethon, Quintus, Antho-
logie, Triphiodoros.
TptXX(OTo^ Eallimachos, Paulos Silentiarios.
ippiQ^e Hesiodos, Batrachomyomachie, Oppianos Eil., Quintus,
Anthologie, Nonnos, Kolluthos, Apollinarios.
e^ippT^z Theokritos, Nikandros, Nonnos.
dtppiQTo^ Eallimachos, Manethon, Orphische Argon., Orphischo
Lithika, Orph. Hymnen, Porphyrios' Orakel, Nonnos.
Sppe^e Apollonios, Manethon, Sibyllinische Orakel.
Ifpc(j/e Hesiodos, Homer. Hymn., Batrachomyomachie, Theo-
kritos, Oppianos Syr., Oppianos Eil., Quintus, Orphische
Argon., Sibyllin. Orakel, Anthologie, Nonnos, Eolluthos,
Musaios.
eppuffOTo Anthologie, Nonnos, Apollinarios.
IL Mit Anlehnung an Homer.
äXXioTo^ Anthologie (Homer TpCXXiorog).
a[tjfippe^a Apollinarios (Homer epps^a).
56*
H70 Riftoh.
III. Neue Bildungen.
eXXvj^ov ApoUonios.
dfppriXToq ApoIIoniÖBy Quintus, Orphische Lithika, Nonnos, Apolli-
narioB.
afjk^ippü)^ ApoIlonioSy Anthologie.
Sppataav ApollonioB, Manethon.
Ippaivev NonnoB.
ippdt^azo NonnoSy ApoUinarios (Ippo^e).
ouTÖppsxTc^ OppianoB Sjr., Oppianos Kil.
lpp&J9e Incert. Idyll.
i^ippvjaa^ Anthologie.
epp6r|(; Zorastris Orac. mag.
auT6ppisO(; Oppianos Kil., NonnoB.
ixTappii^o^ Anthologie.
xp6ppc!^0(; OppianoB Syr., Orphische Argon., Nonnos.
xeXatvoppivoi; Oppianos Kil., Nonnos.
(xocxp6ppt{ Tzetzes.
orpeßXdpptv Tzetzes.
Hieran sind die oben näher charakterisirten zwei Fälle
aus der Anthologie ^jxvoppd^ und xevTipporfo^ anzufögen.
Absichtlich weggelassen ward x^^I^P^^y dessen zweite
Silbe öfter in Thesi erscheint (so Apoll. F 71 Quintus VII 547
XIV 5. 643 u. 8. in 1. Thesi), da dies Wort nicht mehr als
Compositum gefühlt ward.
Auch in der Verwendung der Doppelsetzung der Liquida
in der Thesis zeigen sich also die späteren Dichter nicht zurück-
haltend. Während sie den homerischen Qedichten 8 Fälle (bei
7 Stämmen) entnehmen, lassen sie in 16 neuen (bei 10 ver-
schiedenen Stämmen) Doppelung in der Thesis zu (Troxv&ppi^
und TcevTippocYoq eingerechnet). Hiebei sind die zwei an homeri-
sche Vorbilder sich anlehnenden Wörter aXXioro^ und a{jL^ppeE2
nicht gezählt. Bei 6 von diesen 10 Stämmen erscheint die
Liquidadoppelung in der Thesis bei Homer noch gar nicht,
während wir sie von den übrigen 4 in der hom. Poesie vor-
finden, jedoch in anderen Ableitungen. Als Schöpfer neuer
einschlägiger Bildungen steht auch hier ApoUonios im Vorder-
grunde, neben ihm sind zu nennen die beiden Oppiane and
Nonnos.
StvdiM nr Technik dM luicbboinerucben hwoisehen Y«rte«. 871
Was die Stellung der Doppelliqoida in den einzelnen
Yerssenkungen betrifft, so kommen auf die 2. Tbesis 73, auf
die 4. 52 Fälle. Ausserdem begegnen an illegitimen Stellen
einzelne Beispiele, und zwar in der 1. Thesis zunächst einige,
die sich als directe homerische Nachbildungen erweisen : epptj^e
Hesiod. A. 140. 415 Batrachomyom. 254 (also in archaischen
Dichtungen), wornach auch lippirjXTo^ Apollon. A 63 geb]14et ist.
Die sonstigen Stellen (Ippctj/e Hom. Hymn. XI 4 al(jL6ppou(
Andrem. Ther. 18 ippnc^ai Anthol. XI 109. 2) sind schlecht
überliefert. Endlich ist der Stümper Tzetzes mit einem Bei-
spiel [jLoxpoppt^ Posthom. 472 betheiligt. Auch in der 3. Thesis
finden sich einzelne homerische Reminiscenzen ippi^j^oto Anthol.
VIII 182. 3 £pp6(jaTo Anthol. VH 286. 5 Nonnos XXXII 214
epp6cas Anthol. VI 231. 7. Die noch übrigen 2 Fälle sind corrupt
(Timon 63 Anthol. XI 382. 21). Die 5. Thesis endlich ist mit
3 Beispielen vertreten, die alle stümperhaften Versen angehören,
«TTuxvcppa^ Anthol. VI 22. 3 TcevrappaYo^ Anthol. VI 300. 5 epp^<;
Zoroast. Or. mag. 2.
Berichtigung.
Der Artikel ^aSivd^ auf Seite 695 steht falschlich in der Rubrik ,1* n^ch
homerischen Mustern*, da das Vorbild hiexu eigentlich nur Hesiod. Th. 195 ist.
872 Bzach. Studien svr Tecknik des lUkclihemeriaekeik keFoiMhea Yenes.
Index criticns.
Sät«
Andromach. Ther. 18 858
Anekd. Par. ed. Gramer vol. IV p. 294. 18 741
p. 349« 6 • • 841
Anthol. Pal. IX 147. 3 735
XI 109. 2 : 861
XI 382. 21 862
ApoUinarios XXX 23 839
ApoUonios Rhod. B 1229 703
r 848 707
A 1159 700
A 1735 704
Dionysios Perieg. 51 714
Eratosthenes Fr. VII (Düntzer) 712
Eudokia I 806 740
Gregorios von Nas. n 1. 34. 177 840
II 1. 43. 10 739
n 2. 3. 68 740
Homer. Hymn. XI 4 854
KallimachoB Hymn. I 16 698
Nikandros Alex. 155 708
Orphiflche Hymn. XLIV 9 725
Quintus Smym. XI 34 718
Sibyllin. Orakel Vin 258 728
IX 118 727
IX 2 729
IX 259 729
Simmias Fragm. des Apoll. 5 712
Timon 63 864
Tzetzes Hom. 88 744
Hom. 372 743
Hom. 431 743
Hom. 483 743
PoBthom. 344 744
Poflthom. 393 744
Posthom. 492 744
XXIV. SITZUNG VOM 19. NOVEMBER 1879.
Herr M. Ritter von Becker, Hofrath und Director der
k. k. Familienfideicommiss- Bibliothek, übersendet das dritte Heft
der von ihm bearbeiteten ^Topographie von Niederösterreich ^
Herr Dr. Johann Huemer, Gyranasial-Professor in Wien,
erstattet Bericht über die Durchforschung von Handschriften
lateinischer Kirchenväter in Bibliotheken der Schweiz und
Süddeutschlands.
Von dem w. M. Herrn Hofrath Dr. C. Ritter von Höfler in
Prag werden für die Sitzungsberichte zwei weitere Nummern
der ,Abhandlungen aus dem Gebiete der slavischen Geschichte'
eingesendet.
Herr Raphael Pavel^ Stifts-Capitular und Bibliothekar
des Stiftes Hohenfurth legt einen druckfertigen , Handschriften-
Katalog der Hohenfiirther Stiftsbibliothek' mit dem Ersuchen
um seine Veröffentlichung in den Schriften der historischen
Commission vor.
An Druoksohriften wurden vorgelegt:
Akademija Umiejetnosci w Krakowie: Zbi6r Wiadomosci do Antropolog^i
Krokow6j Tom. III. Krakow, 1879; 8». — Bocznik zarzadu. Rok. 1878.
W Krakowie, 1879; 8<'. — Katalog R^kopisou Biblioteki Universitetu
JagielloQskiego. Zeszyt 4. Krakow, 1879; 8". — Literarische Mittkeilungen
874
und bibliographische Berichte über die Pablicatioaen. JuiiiAr, Februar,
Milrz 1789. Krakau; 4*\ — Sprawosdania Konusyi do badania Hiitorji
sztuki w Polflce. Zeszyt III. Krakow, 1879; 4^. — Rozprawy i Sprawo»-
dania z posiedzeii wydziahi histoiycmo-filosoficsnego Tom. X. W En-
kowie. 1879; 8«.
Becker, M. A. : Topographie von Niederösterreich. 11. Band. 6. Heft.
Der alphabetischen Reihenfolge der Ortschaften IIL Heft. Wien, 1879; 4*.
Bare an, königl. statistisch-topographisches: Württembergische Jahrbadier
für Statistik nnd Landeskunde. Jahrgang 1879. I. Band, 1. Hälfte nod
II. Band, 1. HSlfte. Stuttgart, 1879; 4<>.
Gesellschaft, k. k. geographische, in Wien: Mittheiinngen. Band XXII.
(N. P. XII.) Nr. 10. Wien, 1879; 4«.
— kurlSndische für Literatur und Kunst: Sitzungsberichte aus dem Jahre
1878. Mitau, 1879; 8«.
Istituto di Corrispondenza archeologica : Annali. Volume L. Roma, 1878; ä^.
— Bullettino per Tanno 1878. Roma, 1878; 8».
— archeologico-germanico : Storia 1829— 1879, Roma, 1879; 8<*. — Monumenti
inediti per Tanno 1879. Volume X. Roma, 1874-1878; Folio.
Kasan, üniversitfit : Sitzungsberichte und Denkschriften. 1878. Nr. 1— €.
Kasan, 1878; 4".
Museum, British: A Catalogue of the Qreek Coins. Macedonia, etc. London,
1879; 8».
Remembrancia presenred among the Archives of the City of London.
A. D. 1579—1664. Analytical Index. London, 1878; 80.
,Revue politique et litt&raire* et ,Reyue scientifique de la France et de
ritranger*. IX« Ann^, 2« Serie. Nr. 20. Paris, 1879 ; 4«.
Society, the American geographical : Bulletin. 1878, Nr. 6. New York,
1879; 80.
— the royal of Victoria: Transactions and Proceedings. Vol. XV. Melbounie,
1879; 80.
Statistisches Departement im k. k. Handelsministerium: Nachrichten tod
den österreichisch-ungarischen Eisenbahnen ftlr das Betriebsjahr 1876.
Wien, 1879; FoUo.
Upsala, Universität: Arsskrift 1877. Upsala; 80. Festskriften 1877. üpsal»;
80. - UniversitÄtsschriften pro 1877/78. 12 Stücke, 8«.
Wissenschaftlicher Club: Monatsblfitter. I. Jahrgang, Nr. 1 und 2.
Wien, 1879; 4«.
BOfUr. AbhandlQBg«n auf dem 6«bi«ta der slaTitcben Oeechiehte. II. 875
Abhandlungen aus dem Gebiete der slavischen
Geschichte.
Von
Constantin B. von Hof ler»
wirkl. MitgUede der kais. Akademie der WineoeeliafleB.
II.
Der Streit der Polen und der Deutschen Yor dem
Constanzer Coneil.
JDer Streit zwischen den Czechen und den Deutschen,
welcher sich am Ende des XIV. Jahrhunderts aus einem Uni-
versitätszwiste in Prag entzündete, steht in der Oeschichte der
zahlreichen Misshelligkeiten zwischen Slaven und Deutschen
nicht vereinzelt da. Viel heftiger als an der Moldau wüthete
an dem östlichen Winkel des deutschen Meeres der Kampf
der Deutschherren mit den Polen und den Litthauern, das
Gegenstück zum Streite der Hanseaten mit den Skandinaviern.
Mit scharfem Blicke hatte Kaiser Karl in den letzten Jahren
seiner Regierung sich der Anordnung Niederdeutschlands zu-
gewendet, als fühle er heraus, dass der Schwerpunkt mittel-
europäischer Geschichte von dem oberdeutschen Centrum nach
der Peripherie verlegt werde. Seine Massregeln, wie überhaupt
das Auftreten der Luxemburger in Böhmen, hatten die Fort-
schritte Polens nach der deutschen Seite zu aufgehalten,
Brandenburg und die nordöstlichen Marken gegen die polnische
Uebermacht sichergestellt. Es war dieses um so bedeutender,
als die freilich nur kurze Zeit andauernde Vereinigung der
Kronen von Ungarn und Polen 1370 erfolgte, und als sie sich
nach König Ludwigs Tode (1382) löste, die engen Beziehungen
876 H«fler.
Litthauens mit Polen an ihre Stelle traten. Es mag d^i Ver-
tretern der Blavischen Sache keine geringe Freude bereitet haben^
als gerade unter dem (zweiten) Rectorate des Johann von Husi-
netz die Nachricht von dem grossen Siege der Polen und Lit-
thauer über den Deutschherrenorden bei Tanneberg 15. Juli
1410 anlangte. Böhmische Ritter hatten angeblich den Aus-
schlag gegeben. Ihrem unvermutheten Anprall war der Hoch-
meister Ulrich von Jungiugen erlegen^ ein Tatare hatte ihn ge-
tödtet. Von diesem Tage, der hunderttausend Menschen das
Leben gekostet haben soll, richteten die slavischen Partei-
häupter ihre Augen auf Wladislaus Jagello, auf den von Wla-
dislaus eingesetzten Grossfiirsten von Litthauen, Witold, auf
die Dynastie der Jagellouen, die durch den Frieden von Thom
1. Februar 1411 das Uebergcwicht Polens über den deutschen
Orden besiegelte, unter den Slaven einen ebenso hohen Ruhm
erntete, als sie den Deutschen verhasst war. Schon im Juli
1414 war es zu einem neuen Kriege zwischen dem Polenkönige
und dem Orden gekommen, und als nun Ende 1414 das Concil
von Constanz eröffnet wurde, rief einerseits der Orden dasselbe
gegen den Polenkönig auf, andererseits zog der Führer der
czechischen Nationalpartei gleichfalls dahin, sich vor dem Concil
zu vertheidigen und dessen Urtheil zu vernehmen. Zu den
religiösen Streitigkeiten des XV. Jahrhunderts war somit noch
eine gewaltige nationale gekommen und Hessen die ersten keine
Vereinigung zu, so war diese von einem Streite, der schon auf
den blutigsten Schlachtfeldern gefuhrt worden war und wobei
jede Nachgiebigkeit die Preisgebung des eigenen Interesses,
ja des socialen Daseins in sich schloss, noch viel weniger zu
erwarten. Der Angriff erfolgte diesmal von Seite der Deutschen,
uud zwar durch eine Schrift, die an nationaler Oehässigkeit
Alles überbot, was die mittelalterliche Literatur bisher auf
diesem Gebiete geleistet hatte.
Der Ankläger der Polen, Johann von Falkenberg^ ein
Dominikaner, hatte sich schon dadurch bemerklich gemacht,
dass er die extremen Sätze des Jean le petit (Johannes parvus)
vertheidigte, der im Anschluss an die auf offener Strasse von
Paris erfolgte Ermordung des Herzogs Ludwig von Orleans,
jüngeren Bruders König Karls VI. von Frankreich, durch den
Herzog Johann von Orleans (1407) die Rechtmässigkeit des
Abhandlangen aiiH dmn Gebiet« der BUyischeii Geschichte. II. 87 i
Tyrannenmordes in gewissen Fällen ausgesprochen hatte. ^
Falkenberg trog kein Bedenken, einen ähnlichen Satz gegen
die ganze ^verpestete polnische Nation' auszusprechen und die
Verpflichtung der weltlichen Fürsten zu betonen, ohne Unter-
schied alle Polen oder doch die Mehrzahl derselben mit ihrem
Könige zu vertilgen oder doch ihre Fürsten und alle ihre Ade-
ligen an Galgen, die der Sonne zugewendet sind, aufzuhängen ; ^
das Todesurtheil sei aber ganz besonders an dem Könige Jaghel
zu vollstrecken. Ja alle weltliche Fürsten, die den Verbrechen
der Polen beipflichteten, seien des ewigen Todes würdig. Es
sei verdienstlicher, die Polen und ihren König Jaghel im Treffen
zu tödten, als Heiden zu erschlagen. Die weltlichen Fürsten,
welche für Gott die Polen und ihren König Jaghel erschlügen,
verrichteten ein gutes Werk, verdienten sich dadurch das ewige
Leben, ja nicht blos die Fürsten, sondern auch alle von unter-
geordnetem Range. ^ Die masslose Erbitterung der Deutschen
gegen die Polen konnte keinen stärkeren Ausdruck finden.
Wie sich später, als die Sache zur Austragung vor das
üoncil gekommen war, herausstellte, hatte Falkenberg seine
Schrift nicht blos in Preussen verfasst, sondern auch dem
Hochmeister Heinrich von Plauen vorgelegt.^ Dieser übergab
sie dem Propste zu Braunsberg zur Beurtheilung; allein der
Propst rieth, sie nicht anzunehmen, weil sie scandalöse und un-
juriöse Sätze enthalte. Auf dieses habe der Hochmeister dem
* Unicnique licitum est honestom et meritoriom occidere et faci occidere —
tyrannnm. Opp. Gersoni V, p. 31, Schwab, Job. Oerson S. 665.
2 Starodawne prawa polskiego pomniki. T. V. Monamenta literaria ed. Mi-
chael Bobrzynski p. lol. Herr Bobrzynski hat sich durch Herausgabe
des tractatus de potestate Papae et Imperatoris respcctu infidelium nee
non de ordine cruciferomm et de hello Polonorum contra dictos fratres
traditi occnmenico Gonstantiensi concilio (Magistrl Pauli Wladimiri), dann
des Liber de doctrina potestatia papae et imperatoris editus contra Paulum
Wladimiri per Johannem Falkenberg (Cracoviae 1878) ein grosses Verdienst
erworben.
3 Nach J. Voigt, der die Schrift nur ans Dlngoss kannte, kam es im Winter
1417 zu einer Correspondenz über Falkenbergs Schrift zwischen dem
Könige yon Polen und dem Hochmeister, der beweisen konnte, dass die-
selbe ungefähr £ude 1416 bekannt geworden war. Bd. VII, Note 6. Sie
war aber, wie sich herausstellt, schon früher erschienen.
* Voigt VII, S. 32,
878 HSrier.
Verfasser geboten, mit seiner Schrift das Land zu meiden^
Falkenberg aber habe sich nun nach Paris gewendet und die
Schrift den dortigen Magistei*n vorgelegt; von diesen h&tte sie
der Erzbischof von Qnesen, Nicolaus Traba, erhalten ^ und
hierauf dem Concil übergeben.
Sie war jedenfalls ein Beweis des tiefen und schreck-
lichen Hasses, der die Preussen von den Polen schied;^ wenn
auch der Hochmeister sich nicht berufen f&hlte, sich mit den
Argumentationen des Predigermönches zu identificiren , so
nahmen die Tractate Falkenbergs dennoch den Anschein von
Staatsschriften an und wollte der König von Polen wiss^Ei, der
Verfasser habe für seine Schrift vom Orden Geld erhalten,
wenn auch dieser den Vorwurf von sich abwies. Er mag wohl
nicht ohne Orund erhoben worden sein!
Der literarische Streit hatte in seiner gehässigsten Art
begonnen. Der König von Polen, das Haus der Jagellonen, die
ganze polnische Nation waren angegriffen, waren vor dem
Concil geschmäht, vor dem höchsten christlichen Tribunal
moralisch gebrandmarkt worden; die polnischen Bischöfe bei
dem Concil befanden sich in der grössten Aufregung^ sie
theilte sich der jagellonischen Universität, dem polnischen Adel
mit, der Kampf war unausbleiblich.
Der erste, welcher für die polnische Nation in die
Schranken trat, war Paul Wladimiri, Doctor der Decrete,
Custos und Canon icus der Kirche von fia*akau, Rector des
dortigen Generalstudiums und Botschafter des Königs Wladis-
laus Jagello. £r übergab dem Constanzer Concil unter dem
Titel: Tractat über die Macht des Papstes und des Kaisers in
Betreff der Ungläubigen, eine Schrift, in welcher die Politik
des deutschen Ordens einer scharfen Kritik unterzogen wurde«
Als die heidnischen Preussen so sehr gegen die Polen wuthe-
ten, hätten die polnischen Fürsten den Orden zu ihrer Hülfe
> Bei (Gelegenheit eines Symposion«, das der Ersbischof der Pariser Uni-
▼ersität gab.
> Nach Caro, der sich hiebei auf WUsniewski, bist lit. Pols. III, 1S4,
Anm. 91, bemft, war das Werk Falkenbergs im Wesentlichen ana der
Feder des Wormser Bischofs MatthKus von Krakan geflossen. Gesch.
Polens III, S. 465. Welches Werk des berühmten Bischofs hiebei gemeint
war, ist nicht angegeben. Das Wiszniewski^s steht mir nicht xu Gebot
Abhaadlangmi »lu dem Gebiete der tUTischen (Seecbichfte. 11. 879
aufgenommen und ihm Besitzungen eingeräumt, der Orden aber
habe sich allmälig eine grosse und gewaltige Macht geschaffen
und nun nicht blos mit blutdürstigen Heiden, sondern, nach-
dem die heidnische Grausamkeit aufgehört, mit ruhigen und
sanften Völkern Kriege gefUhrt. Zwei Male im Jahre, auf
Maria Hinmielfahrt (15. August) und Maria Heimsuchung, *
träten die Ritter ihre resas, ihre Kriegsfahrt an, mordeten und
bereicherten sich auf Kosten von Christen und Heiden. Sie
verscbafften sich päpstliche und kaiserliche Briefe, durch
welche die eroberten Länder ihnen zugeschlagen wurden. Nun
hätten sich aber die Verhältnisse durch die Bekehrung der
Litthauer und dass einer der Jagelionen Polen regiere, der
andere Schismatiker und Heiden beherrsche, haufenweise die
Bekehrung, derer erfolge, die früher Polen, Preussen und
Livland Furcht und Entsejtzen eingejagt, von Orund aus ver-
ändert. Das sei jetzt dem Orden sehr unangenehm, da er nicht
mehr sich nach Gefallen ausdehnen könne; um so wüthender
fielen die Deutschherren diese Länder an, mordeten Priester
und Nenbekehrte, griffen den König von Polen an und er-
laubten sich die grössten Frevelthaten, so dass es fortwährend
zum blutigen Kampfe zwischen dem Orden und den Polen
komme. Der Rector von Krakau spricht eigentlich ziemlich
unverholen den Satz aus, dass der Orden sich überlebt habe,^
indem kein Grund fUr weitere Kämpfe vorhanden sei und es
sich nur noch darum handeln könne, ob päpstliche oder kaiser-
liche Erlässe den Orden ermächtigen könnten, alle Länder
von Ungläubigen, die sie erobern oder deren sie sich be-
mächtigen würden, auch zu behalten. Nun habe sich der Geist
Gottes des Dienstes der Polen bedient, die einst mächtigsten
Heidenfürsten zu bekehren ; der Orden aber zwinge Polen zum
Widerstände und so erfolge Kampf auf Kampf, Blutvergiessen
auf Blutvergiessen.
Der Tractat, in ermüdender scholastischer Form gehalten,
zerfiel in zwei Theile, indem in dem einen die Macht des
Papstes in Betreff der Ungläubigen und ihrer Güter und Be-
sitzungen erörtert wurde, und in dem anderen dieselbe Frage
* Du wSre 2. Juli, zweifelsohne ist der 2. Febrnar gemeint.
' Cessayit dndum in Ulis partibas eorandem Hospitaliorum pagnandi officium.
880 Höfler.
iii Betreff des KaiBers aufgeworfen wurde. Er trat der praten-
dirten Weltmacht des letzteren entgegen, da ja auch der König
von Frankreich den Kaiser nicht als seinen Herrn anerkenne,
limitirte aber auch die des Papstes und stützte sich hiebei
auf Dante^ wie auf MarsUius von Padua; im Ganzen aber
stellt er das päpstliche Ansehen weit über das der Kaiser.
Er bekämpft die dem Orden günstigen Erlässe des Kaisers
durch die Macht des Papstes, bestreitet die RechtmäS8i|:keit
der Kriegführung des Ordens mit friedfertigen Ungläubigen.
Er tritt der Meinung gewaltsamer Bekehrungen entschieden
ent^gen, nennt es eine neue und unerhörte Predigt, welche
den Glauben mit Schlägen vertritt, und beruft sich hiebei auf
das allgemeine Concil von Toledo. Diejenigen, welche Beiatand
leisteten zur Bekämpfung Friedfertiger, befanden sich im
Stande einer Todsünde, während der Krieg mit den Saracenen,
der Kampf um das heilige Land erlaubt sei. Aus der E^r-
terung, wann ein Krieg erlaubt sei, folgert er, dass ,die Resas'
der Kreuzherren, die sie zwei Male im Jahre unternähmen,
höchst unerlaubt seien. Seine Anschauungen weiter za er-
härten, stellte endlich am 6. Juli 1415 Paulus Wladimiri, zwar
nicht in seiner Eigenschaft als Botschafter des Königs von
Polen, aber wohl als Doctor der Decrete, 52 Propositionen auf,^
die er übrigens dem Urtheile des Concils unterwarf.^ Es war
dies an demselben Tage, an welchem der Czeche Johanines Hus
dem Holzstosse übergeben wurde, so dass somit gerade an
diesem verhängnissvollen Tage der Streit zwischen den Polen
und den Deutschherren in Constanz auf das Heftigste ent-
brannte. Er verwarf den Satz, dass man Türken und anderen
' Am 5. Juli concipirte er sie, am 6. übergab er sie in convocatioue pa-
blica una cum conclnuionibus de qaibus sit mentio in nno sextemo.
p. 187.
' Caro (Gesch. Polens Bd. III), dem das Concil zn Constanz nur ^die
inchtlose Versammlung zu Constanz' ist, die Jedes frischen Geistes haar,
in einer blossen Restauration des erwiesen unmöglichen scholastisch roman-
tischen Kirchenthums sich versuchte, auf Unbefangene diesen abschrecken-
den Eindruck machen musste,' S. 444 — kennt nur die demonstratio in-
fidelium terras praetextu conversionis non esse occupandas, tfaeilweise
abgedruckt bei v. d. Hardt III, p. II, 9. Sie dürfe jedoch nicht mit der
eigentlichen Anklageschrift yerwechselt werden.
Abhukdlnngen ana dem Gebiete der eUvischen Oeschichte. II. 881
Ungläubigen ihre Habe (dominia) nehmen dürfe. * Er behauptete;
dass dem Papste die Jurisdiction über Christen und Nicht-
Christen zustehe^ aber nur aus besonderen Gründen^ dürfe
er NichtChristen ihrer Besitzungen berauben; die Ungläubigen
dürften nicht zum Glauben gezwungen werden, und nur dem
Papste stehe es zu^ ihnen Krieg anzukündigen. Päpstliche
Briefe, die gestatteten, Ungläubigen das Ihrige wegzunehmen,
seien als falsch und rechtlos zu betrachten. Dem Papste komme
die weltliche und geistliche Jurisdiction zu, der Kaiser aber
habe kein Recht, anderen zu gestatten, die Länder denen weg-
zunehmen, die sein Kaiserthum nicht anerkennen. Es sei ein
unerträglicher Irrthum, den Kreuzherren in ihrem Kampfe mit
ruhigen Ungläubigen zu Hilfe zu kommen, und diejenigen,
welche in diesem Kampfe ohne Busse ihr Leben verlören,
seien mit Recht den Verdammten zuzugesellen, ihre Unter-
thanen, die an den resas sich betheiligten, von der Sünde
nicht frei zu sprechen. Die mit Gewalt abgenommenen Din^e
dürften nicht behalten werden; es sei gottlos und absurd, zu
behaupten, dass die Ungläubigen keine Jurisdiction, keine Ehre,
keine Macht, keine Herrschaft besitzen könnten. '
Der Angriff gegen die Deutschherren und ihre Doctrin
war stark genug, um eine Entgegnung herauszufordern. Sie
erfolgte aufs Neue von dem Predigermönche Johann Falken-
berg, und zwar indem dem einen der zwei Tractate, der mit:
veteres relegentes historias anfing, ein anderer, der mit: accipe
gladium begann, beigesellt wurde. Beide hatten aber im We-
sentlichen denselben Inhalt. Der Dominikaner begann mit einer
heftigen Anklage gegen die Polen, die zwei Male den Glauben
verläugnet hätten, einmal als sie dem litthauischen Könige
Mindova^ den Weg bis zur Oder (gegen die Sachsen) eröffneten,
* y. Kmainsky, Hist. religiease de« peuples slaves, Paris 1863, p. 116, 117,
scheint den Tractat P. Wladimiris nur ganz oberflfichlich gekannt zu
haben. Er citirt nur den Satz : que les chrötiens ^taient en droit de con-
▼ertir les infidMes par la force des armes et qne les terres des infid^Ies
appartenaient legalement anx chrMiens, als Hauptpunkt ,der Controverse.
2 nisi magna causa hoc exigat, n. 56.
3 nee infidelitas repugnat dominio.
* Er war bereits vom apostolischen Stuhle als König anerkannt. Als er,
wie es in dem Schreiben Papst Clemens IV. an König Ottokar II. von
Böhmen ddo. III cal. Feb. 1268 hiess, von Verrfithcni des Glaubens
882 Höfler.
das andere Mal, als sie unter König Kasimir den Deutscfa-
herrenorden mitten unter seinen Kämpfen überfielen. Das dritte
Mal geschehe dieses aber jetzt, da Paul Wladimiri behaupte,
dass ein christlicher Fürst mit Hilfe von Ungläubigen die Ge-
biete der Gläubigen verwüsten dürfe. Aus seinen Folgenmgra
gehe hervor, dass derselbe Mensch Papst und Kaiser sei. Der
Kaiser sei der allgemeine Stellvertreter Gottes im Welt-
lichen^ und habe statt Gottes das Recht, den ganzen Erdkreis
im Weltlichen zu richten. Er könne denjenigen ihre Länder weg-
nehmeUi die dieselben unrechtmässig besässen, mit Recht die-
jenigen Ungläubigen, die ruhig lebten, mit Krieg überziehen.*
Es sei ein unerträglicher Irrthum Pauls, zu behaupten, dass
die Ungläubigen ihrem freien Ermessen überlassen bleiben
sollten, da daraus nur hervorgehe, es sollen ihnen Frieden ge-
währt werden, damit, durch ihn gestärkt, der König and die
Herzoge von Polen die Kirche aufs Neue desto ärger und
sicher verwüsten könnten. Man verdiene sich den Hiounel,
wenn man zum Schutze des Glaubens aus Carität gegen die
Ungläubigen kämpfe. Kaiser Ludwig IV. habe den Orden als
kaiserliche Pflanzung und kaiserliches Werk bezeichnet; ' er
sei gebaut zum Kampfe gegen die Ungläubigen und werde
ewig dem deutschen Reiche treu bleiben.^ Die Deutsch-
herren seien eigentlich die Wohlthäter der Polen, da sie fiir
dieselben ihr Leben in die Schanze geschlagen; niemals aber
hätten die Polen sich ihnen als Geber erwiesen. Wenn die
Deutschherren wahre Christen unter der Tyrannei der Un-
gläubigen ftnden, so befreiten sie sie wohl aus ihren Schweine-
reien, tödteten aber Niemanden von ihnen. Da aber die mthe-
nischen Priester, offene Häretiker, Verdientermassen getödtet
graasam ermordet worden war, gestattete der Papst dem Böhmenkonige,
über das Königreich (regni soliam) sa verfügen und einen ihm beliebigen
König einsasetzen. J. Voigt, cod. diplom. Pmss. I, p. 162, n. CLVI.
* Imperator est generalis vicarius Dei in temporalibns, p. 204; super omnia
temporalia dispensata a Deo institatas est
' debellare.
3 imperatoris plantula et factura.
^ in aevom permanebont devoti sacro imperio?!
^ dotatores.
* de spnrcitiis erannt
Abhandlnni^en ans dorn Oobiete der RlaTischen Qptcbirhte. II. 883
werden könnten, so g^ut wie die Heiden, seien auch solche in
Litthauen und Russland getödtet worden; die Polen aber setzten
ihre Hoffnung auf die Hülfe der Ruthenen und anderer Un-
gläubigen. Paulus dulde auch dieses Morden nicht und werfe es
dem Orden nicht aus Carität, sondern aus Neid vor, dass die
Ritter weder das Alter noch den Stand verschonten. * Eben des-
halb könnten die Ordensbiiider mit Recht die Polen bekämpfen,
da diese die Kirche mehr verwüsteten als die Ungläubigen,
somit der Kirche zur Geissei gereichten, beständig den Un-
gläubigen Rath und Hülfe gewährten, während der Orden sich
auf die wahren Christen stütze und mit vollem Rechte die
falschen Christen, d. h. die Herzoge und den König von Polen
bekämpfe. Letzterer sei ein Abgefallener, Verfolger der Kirche
und Thor, der sich fär einen wahren Christen halte. Man wisse
ja ohnehin, dass Wladislaus Jagello nicht früher Christ ge-
worden sei, als nachdem er der Erlangung der polnischen
Krone sicher geworden; er und die Heiden, die ihm folgten,
seien nur falsche Christen. Wenn es ihm gefalle, würden die
Litthauer in den Flnss oder in einen Teich getrieben (zur
Taufe), häufen wei so, wie das Vieh, ohne allen Unterricht,^ und
80 würden sie Christen und wüthende Bundesgenossen des
Königs im Kampfe gegen die Kirche. Wenn Paulus sich be-
klage, dass man ihre Kirchen verbrenne, frage er, wie man
Hütten (casae), mit welchen man die Christen täusche, als Kirchen
ansehen könne? Als der Teufel gewahrte, dass der Norden sich
bekehre, habe er den König und Witold bewogen, das christ-
liche Volk zu morden. Sie verrichteten somit W.erke des
Teufels. Die Christen aber, die dem Orden Unterstützung ge-
währten, verdienten sich das ewige Leben; ihr Krieg sei ge-
recht und erlaubt. Wer bestreite, dass der Kaiser dem Orden
Ländereien zum ewigen Besitze geben könne, sei Feind und
Schmäler der kaiserlichen Freiheit. Wenn die Brüder in ihren
(gerechten) Kriegen, die sie fiihrten, um den Ungläubigen ihre
Länder zu entreissen, Menschen tödten, so begehen sie keinen
Mord.'* Wenn sie auf dem Feste der Reinigung aufbrechen, so
» 8. 214.
2 Nach msfliRchem Vorbilde.
' non tarnen committant homicidiiim. B. 222.
Sitanngsber. d. phiU-hlst. Ci. XCV. Bd. lU. Hft. 57
884 HftfUr.
geschehe es, weil dann die Wasser zugefroren sind und einen
leichten Zugang zu den Feinden gewähren. Krieg fiihren und
die eroberten Länder zu behalten, * sei fiir die Brüder ein
geistliches Werk und keine Sabathschändung, wohl aber hätten
die Polen am Frauentage^ viele tausende von Christen ge-
tödtety noch mehrere von den Pferden zertreten lassen, fünf-
hundert Ritter erschlagen, Priester ermordet, geistliche Gefasse
zu profanem Gebrauche verwendet, Kirchen verbrannt, Re-
liquien zertreten, die Eucharistie in den Koth geworfen. Ihre
christlichen Bundesgenossen hätten sich der ewigen Vcrdammniss
würdig gemacht, seien in einer Todsünde gestorben, der König
und die Herzoge verdienten deshalb ihre Krone zu
verlieren, ja sie verdienten von Rechtswegen die Todes-
strafe. Bereits sei durch die Verbindung der Polen mit ihren
(ungläubigen) Bundesgenossen die Sache dahin gekommen, dass
die Eroberung des Ordenslandes nicht mehr genüge. W^itold.
dessen Ahnherr ein Schuster gewesen, sei durch die Besiegung
des Ordens zu solchem Uebcrmuthe gekommen, dass er geprahlt
habe, er wolle sein Pferd im Rheine tränken.^ Man möge bei
Zeiten vorbeugen und den Polen, ihrem Könige und ihren
Herzogen die Strafe zu Theil werden lassen, die sie fiir ihr
Verbrechen verdienten.
So dreist und herausfordernd, rücksichtslos und keck die
Anklagen lauteten, die Schrift konnte eine grosse Wirkung
nicht verfehlen. Sie war in ihrer Art ganz klug verfasst. Sie
Hess den nation.alen Antagonismus kaum durchblicken, ver-
theidigte nur die Sache der Christenheit, zog Papst und Kaiser
auf ihre Seite, indem sie ihre Prärogativen, und zwar in sehr
excentrischer Auffassung geltend machte, statt der deutschen
Nationalität wurden das Reich und die Kaiserrechte in den
Vordergrund gestellt, die Sache des Ordens war die Sache der
ganzen Christenheit, seine Feinde die der Kirche und des
Kaiserthums, die Schwäche des Ordens erzeugte die Schwäche
des Reiches, und der litthauische Fürst, der die Burgen des
Ordens brach, vermass sich, sein Pferd im Rheine tränken
* sub Romana ecrlesia et monarchia Bacri imperii.
2 lö, Juli (?) UIO.
3 sese in Beno equum sunm adaquatnrnm.
Abhandlangpn aas dem Gebiete der sla vischen GeschicLte. II. 885
lassen zu wollen! Die Gefahr vor den falschen Christen, vor
den Ungläubigen war somit dringend. Sie drohte nicht sowohl
von den Flussiten, den Czechen, als vielmehr von den Polen
und ihren Bundesgenossen, den nur zum Scheine bekehrten Lit-
thauern, und wenn das Concil sich nachher gegen die Czechen
kehrte, eher Massregeln gegen diese nothwendig erschienen,
waren im Interesse des Reiches und der Kirche vor Allem Mass-
regeln gegen die Polen nothwendig! Es mag, da auf den Tod
des Johannes Hus der Process des Hieronjmus von Prag
folgte, auf dessen Tod aber die Berathung über die Massregeln
gegen die Anhänger beider, die Anklageschrift gegen die Polen
nicht gleich durchgedrungen sein. Allein die Polen waren da-
durch auf das Tiefste verletzt, sie waren vor dem öcumenischen
Concil, vor den Vertretern der ganzen Christenheit als falsche
Christen, als Begünstiger der Häresie und des Unglaubens, als
in Todsünde begriffen und des Todes würdig dargestellt worden.
Man konnte gar nicht weiter gehen. Die Ehre der Nation, des
Königs, der Herzoge, des Episcopates, das solches duldete, war
verletzt, mit Füssen getreten! Dagegen trat das Zerwürfniss
mit den Czechen in den Hintergrund; das bezog sich vorder-
hand nur auf zwei Persönlichkeiten. Dort war die ganze Nation
angeklagt.
Wie lange Paul Wladimiri mit seiner Entgegnung warten
Hess, ist uns nicht bekannt, da sie kein Datum trägt. Allein
der Umfang der Anklageschrift Falkenbergs und dann der des
Tractates Paul Wladimiris über den Kreuzherrenorden und den
Krieg der Polen gegen die erwähnten Brüder, um die Schrift
des Johann von Bamberg ^ (Johann Falkenberg) zu widerlegen,
lässt schliessen, dass die letzterwähnte Entgegnung frühestens
in das Jahr 1416 zu setzen ist. Auch Paulus gebraucht die
scolastische Form, nämlich der polemischen Erörterung, um die
eigentliche Entscheidung dem Concil zu überlassen. Er ging
hiebei von der Thatsache aus, dass der König Wladislaus von
Polen und der Orden ihren Streit bereits vor König Sigmund
gebracht und sich hiebei der Orden auf die Schenkungsurkunde
Kaiser Friedrichs II. in Betreff Preussens, Kurlands und
^ Johannes de Bomberga wird er regelmfissig im Context genannt; viel-
leicht nur ein Druckfehler. Nach Dlugoss war er Predigermönch von Kamin.
67*
886 HöfUr.
Litthanena, dann Litthauens, Samagitiens und Russlands stutzte,
endlich auf die Schenkungen Alexanders IV. und Clemens IV.,
welche aber das Eigenthum der zu erobernden Länder der
römischen Kirche vorbehielten. Es sollte dadurch der christ-
liche Glaube ausgebreitet werden; die Schenkung sei aber
den Hospitalitern vom deutschen Hause der heiligen Maria in
Jerusalem geschehen, wahrend von den jetzigen Kreuzherren
Niemand wisse^ dass sie sich mit einem Hospital abgaben;
endlich behaupteten sie, alle Feinde Christi bekämpfen und
ihre Länder sich aneignen zu dürfen; der Krieg mit den Un-
gläubigen aber und ihre Vertreibung sei ihre eigentliche Auf-
gabe. 1 Paul wandte sich deshalb der Erörterung zu, ob die
erhaltenen Schenkungsbriefe rechtliche Giltigkeit besässen, oh
die Brüder ein Recht besässen, fremdes Eigenthum (domininm
zu erwerben; ob überhaupt der Orden als ein religiöser zd
betrachten sei und von der Kirche bestätigt werden könne.
Es handelte sich somit um nichts Geringeres, als dem
Orden den rechtlichen Bestand abzusprechen, die kaiserlichen
und päpstlichen Urkunden als nichtig darzustellen, die Ordens-
kriege als ungerecht, ihre Besitznahme von Kurland, Livland,
Samagitiens, wie von Preussen als nichtig, die Herausgabe
dieser iJinder zu verlangen, ihnen die Schuld des vergossenen
Blutes zuzuschreiben, jedes Kecht eines dominium ihnen za
bestreiten, jede Schenkung, jeden Vertrag mit ihnen für nichtig
zu erklären, nicht minder die Verpfändung der Neumarkt, ihr
Recht auf Pommern, Chulm und Michalow; die ihnen geleisteten
Gelübde von Clcrikern und Laien als ungiltig, ja den ganzen
Orden, der nur einen Zweck in Bezug auf das heilige I^nd
habe, als zwecklos und gegen den Glauben gerichtet zu be-
zeichnen. ^ Die vorgebrachten Urkunden beruhten selbst auf
Häresie, die ganze Miliz widerstreite den göttlichen Gesetzen,
und der Orden müsse deshalb verhalten werden, Alles, was
er für sich genommen, herauszugeben.
Wir erfahren nun aus der Einleitung in den zweiten
Tractat Pauls, dass der eine Tractat Johanns von Falkenbei^
damals bereits von dem ConcÜ verurtheilt worden war und in
* Thema.
> S. 263.
AbhaDdluDgeii uu dem Oebiete der gUTischen Geschichte. U. 887
Betreff eines andern das Urtheil erwartet wurde, auch in
Form von Rathschlägen den vier Nationen des Concils ein
Reformationsplan des Ordens übergeben worden war. ^ Dies
veranlasste Paul, den neuen Traetat zu schreiben, um sich zu
rechtfertigen, als wenn der seine die päpstliche oder kaiser-
liche Autorität benachtheiligen wollte. Man erfährt, dass auch
der bekannte Magister Mauritius von Prag ^ sich an dem Streite
betheiligte, und zwar auf Seite der Polen, indem er dem Papste
den Besitz der beiden Schwerter, des geistlichen imd des
weltlichen, zuerkannte und namentlich das Bündniss des Königs
mit Ungläubigen als einen Act der Nothwendigkeit darzustellen
sachte. Die Brüder seien der angreifende Theil gewesen, von
ihnen die offenen Briefe ausgegangen, sie hatten Schlösser,
Dörfer und Städte verbrannt, das Herzogthum Dobrin einge-
nommen, den König, dessen Reich sie umzustürzen beabsich-
tigton, zum Kampfe gezwungen, und während er selbst noch den
Frieden unterhandelte, ihm und seinem Bruder zwei Schwerter
mit der Aufforderung geschickt, eine Wahlstatt zu bestimmen,
worauf sie den Angriff begonnen hätten.
Die Sache hatte bereits eine eigenthümliche Wendung
genommen. Der Erzbischof von Gnesen hatte, da Johann von
Falkenberg sich früher als Vertheidiger der Sätze des Jean
le Petit gegen die Pariser Doctoren bemerkbar gemacht hatte, ^
einen Theil der Franzosen für sich. Der Erzbischof brachte
die Sache vor König Sigismund und das Concil und der Do-
minikaner, welcher sich für die Unfehlbarkeit der Aus-
sprüche des Papstes in Glaubenssachen erklärt hatte, * sah sich
in die unangenehme Lage versetzt, dass seine Schutzschrift für
den Orden als verdammenswerth erkannt wurde.
Die Verwin'ung der Begriffe war im Steigen. Der Streit
hatte eine Menge von Fragen in die Debatte gezogen, die
eigentlich dem Gegenstande fem lagen, wohl aber nicht blos
die Rechte des Königs von Polen oder des Deutscbherrenordens,
sondern auch die des Papstes und des Kaisers betrafen. Es
» S. 267.
2 S. 268.
' Joh. Gerson, opera V. (2. p. 1014).
* Schwab, Johannes Gerson S. 66ö.
888 nöfisr.
war jedenfalls sehr eigenthümlich^ wenn das Concil eine Schrift
als häretisch bezeichnen würde, die sich für die Unfehlbarkeit
des Papstes in Olaubenssachen ausgesprochen hatte.* £s war
natürlich, dass der Dominikaner bei den Berathungen über
seine Schrift auch Personen fand, die nicht unbedingt för ihre
Bezeichnung als häretisch waren, wenn andererseits auch, so-
bald eine derartige Untersuchung begonnen hatte, die Ver-
haftung des Verfassers erfolgte. Bei der Heftigkeit der An-
klagen gegen eine ganze Nation, der im Augenblicke der
Zerwürfnisse mit den Czechen die schärfste Anklage in du
Gesicht geschleudert, ja der rechtliche Bestand abgesprocheD
wurde, konnten sich die Polen mit halben Massregeln nicht
zufrieden geben. In ihrem Interesse lag es, dass ein £xempel
statuirt werde, und so lag denn die Möglichkeit gar nicht ferne,
dass, nachdem die eifrigen Slaven, Johannes Hus und Ilie-
ronymus von Prag, als Häretiker auf dem Holzstosse geendet,
ihnen der übereifrige Deutsche Johann Falkenbei^ nachge-
sendet werde. Sicher hatten die Polen gegen eine solche Pro-
Cedur nichts einzuwenden. Es konnte ihnen aber zu diej^^m
Zwecke nicht genügen, dass Falkenbergs Schriften als 8canda^l^
und irrthümlich bezeichnet wurden; er selbst musste als Häre-
tiker verurtheilt werden, was nur geschehen konnte, wenn
Falkenbergs literarisches Auftreten durchwegs als mit Häiesie
•erfüllt dargethan wurde. Allein der Urtheilsspruch der Ver-
ordneten der Nationen auf dem Concil vom 7. Juni 1417 lautete
wohl dahin, dass seine Schrift gegen den Glauben und die
gute Sitte Verstösse, schändlich, aufrührerisch und grausam sei,-
jedoch nicht häretisch, worauf es vor Allem ankam, und das
Urtheil selbst war nur mit Majorität gcfasst, aber nicht der
Ausspruch sämmtlicher Richter. ^ Die Polen waren jedoch ent-
schlossen, die Sache bis zum Aeussersten zu treiben; dem sla-
vischen Häretiker sollte ein deutscher an die Seite gestellt,
Falkenberg als Irrlehrer und Ketzer verurtheilt werden. Aber
auch die Cardinäle, geschweige P. Martin, waren nicht für
diese Ansicht zu gewinnen, was den polnischen Bischöfen
1 Schwab, Johannes Gersun S. 663.
2 Caro HI, S. 455, n. 3.
5 Von der Hardt IV, S. 1502.
Abliftnd]iingeii ans dem Gebiete der slaTiichen Geschichte. II. 889
Anläse gab, sich am 19. Februar 1418 darüber zu beklagen, dass
die Cardinäle die Sache zu lau behandelten. Noch unange-
nehmer gestaltete sich die Sache, als auch die polnischen In-
quisitoren keinen Auftrag erhielten, gegen Falkenberg besonders
einzuschreiten. Mochte seinerseits der Papst das Mögliche auf-
bieten, den Polen die kirchliche Anerkennung zu gewähren,
die (vom Papst Johann XXIII. datirte) Ernennung des Königs
Wladislaus Jagello und des Grossfiirsten Witold zu Vicaren
der römischen Kirche in den Ländern Pskovv, Nowgorod und
Samagitien erneuern, Witold zum Schutzherrn des Bisthums
Dorpat ernennen, ^ es genügte alles den Polen nicht, die, ihren
Vortheil erkennend, noch weiter gehen und einen feierlichen
Beschluss des Concils gegen die Doctrinen Falkenbergs ver-
anlassen wollten. Das hiess aber nichts Geringeres, als einen
neuen Conäict herbeifuhren, und insbesondere den unter der
Decke glimmenden Nationalitätenhader zur Sache des Concils
machen. Dieses hatte aber, wenn in der Angelegenheit des
Johannes Hus der Prager Universitätsstreit, diese Quintessenz
des Nationalitätenhaders, berührt Avorden war, schnell über
ihn hin wegzugleiten gestrebt. Es stand zu viel auf dem
Spiele, als dass Papst Martin V., bereits nach Entfernung von
drei Päpsten einziges rechtmässiges Haupt der Christenheit,
nicht sein ganzes Ansehen hätte aufbieten sollen, die Sache
nicht auf das Aousserste kommen zu lassen. Die französischen
Doctoren, welche Falkenberg grollten, weil er sich an ihre
französischen Gegner angeschlossen, machten in dem Ordens-
streite gemeinsame Sache mit den Polen. Beide verlangten
eine Entscheidung wegen Ausrottung der üäresie, und unter
Häretikern konnte man jetzt nicht nur die Husiten, sondern,
je nachdem mau sich auf den Standpunkt Falkenbergs oder
Paul Wladimiri's stellte, den Deutschherrenorden oder den
König von Polen verstehen. Das war zu viel und Papst
Martin hatte daher vollkommen Recht, als er am 10. März 1418
verlangte, man habe sich in Glaubenssachen seiner Ent-
scheidung zu unterwerfen und nicht, wie Polen und Franzosen
wollten, an ein künftiges allgemeines Concil zu appelliren, ^
> Caro S. 471, 472.
^ Hefele, Conciliengeschichte, VlI, 1.
890 Höfler.
wenn die Entscheidung nicht nach Wunsch ausfiel. Dadurch
war es um so leichter, aber auch um so gebotener, g^en die
Häresie in Böhmen aufzutreten. Es geschah dieses durch die
24 Artikel des Concils, in welchen unter Andern auch die
Nothwendigkeit ausgesprochen war, die Universität Prag zo
reform iren und die Wiciefiten, die sich nach dem Absuge der
Deutschen in den Besitz derselben gesetzt, zu entfernen. Papst
Martin erliess schon am 22. Februar 1418 nicht blos die Balle
inter cunctas, welche sich ^egen die Häresie in Böhmen richtete,
sondern stellte auch 39 Fragen auf, die an die der Häresie
des Hus und Wicliff Verdächtigen gerichtet werden sollten,
um herauszubringen, in wieferne Jemand dieser zugethan sei.
Er bestätigte die iSentenzen des Concils, das nun zur Veröffent-
lichung der (7) Keformdecrete schritt (21. März 1418). Je unum-
wundener aber das Concil gegen Häresie, Häresiarchen, Begünsti-
ger und Theilnehmer der Häresie einschritt, desto unangenehmer
musste es dem Könige von Polen und den Polen überhaupt
fallen, dass sie in der den vier Nationen übergebenea An-
klageschrift Johanns von Falkenberg der Häresie beschuldigt
worden waren, und wenn dieselbe auch zurückgewiesen und
zum Feuer verurtheilt worden war, so war das Urtheil weder
einstimmig erfolgt, noch feierlich von dem Concil bestätigt
worden. Es blieb noch immer der Vorwurf auf den Polen,
sich mit den Czechen in einer, wenn auch nicht gleichen,
doch ähnliehen Stellung zu befinden, und es war sehr natürlich,
dass von Seiten der Polen alles aufgeboten wurde, den öffent-
lich ausgesprochenen Verdacht durch das Concil abzuwenden
und dieses zu einem ihnen günstigen Beschlüsse zu vermögen.
Bereits hatte am 22. April 1418 die fUnfund vierzigste
allgemeine Sitzung des Concils begonnen. Sie war die letzte
und sollte mit dem Friedensgebete schliossen. Bereits hatte im
Auftrage des Concils und Papstes der Cardinaldiacon die
Worte: gehet nun in Frieden, gesprochen, die Versammlung
mit Amen geantwortet, der Bischof von Catania sich erhoben,
die Schlussrede zu halten, als sich Caspar von Perugia, Advocat
des Concils, die Gesandten von Polen und Litthauen erhoben
und verlangten, dass, nachdem alle Cardinäle, auch Papst
Martin, als Oddo Colonna, und die ,fünf^ Nationen sich gegen
die Schrift Johanns von Falkenberg erklärt, die feierliche
AbbandluDgen aas dem Gebiete der eiaTiecben Oeaohichte. IL 891
Verurtheilung derselben durch das Concil erfolge. Geschehe
dieses nicht, nachdem doch das Concil zur Ausrottung der Hä-
resie versammelt sei, so müssten die Botschafter Protest ein-
legen und au ein künftiges Concil appelliren. Das öcumenische
Concil schien sich in ein gefahrliches Schisma aufzulösen. Die
Botschafter CalixtuB, Sancius, PeterBoleste und Paul Wladimiri *
standen dafür ein, während Johann, Patriarch von Constantinopel,
Johann, Patriarch von Antiochia aus der französischen Nation,
und ein spanischer Dominikanermönch die behauptete Ein-
stimmigkeit des Beschlusses der fünf Nationen läugneten. Es
konnte aber nicht geläugnet werden, dass die Verurtheilung
der Anklageschrift im Juni 1417 erfolgt war, wenn auch in
Folge dieser Verurtheilung Johann von Falkenberg nicht dem-
selben Schicksale wie Hus verfallen, aber der Häresie an-
geklagt, wie dieser gefangen gesetzt worden war.^' Aber auch
die Behauptung der Patriarchen stiess auf Widerspruch, und
zwar durch einen spanischen und einen italienischen Procurator,
Simon von Teramo und Augustinus de Lance von Pisa. Der
Streit erhitzte sich, als nun auch Peter Wladimiri das Wort
verlangte, ein Papier herauszog und erklärte, da der Procu-
rator, der im Namen Polens und Litthauens gesprochen, nicht
Alles gesagt habe, bitte er deshalb um die Erlaubniss, das
Fehlende ergänzen zu dürfen. Er fing nun an, seinen Tractat
vorzulesen, als ihm Papst Martin, mit Recht die Auflösung
des Concil s in Hader und Streit besorgend, Schweigen gebot
und nun selbst erklärte, er wolle alles, was von dem Concil
in dessen Versammlungen (conciliariter) in Glaubenssachen be-
schlossen worden, unverletzlich halten. Dieselbe Erklärung liess
er auch durch den Consistorialadvocaten Augustin von Pisa
abgeben, als sich Paul Wladimiri nochmal erhob, um in seiner
Entgegnung im Namen der Botschafter fortzufahren ; der Papst
aber liess ihm bei Strafe der Excommunication durch den Pro-
^ Lenfant, bist, da concile de Constauce, Amsterdam 1714. 4*^. II, p. 579.
2 captum et super haeresi delatum. V. d. Hardt, rerum conciUi Constan-
tiensis Actorum T. IV, p. loö2. Job. Dlugossi, bist. Polonica, Francof.
1711. F. il, 375. Man ersiebt daraus, dass das Concil bei der Verhaftung
des Hus nicbt nach Willkür sondern nach Recbtsprincipieu yerfabren
war, da auf die Anklage in Betreff der Häresie die Personalbaft erfolgte.
892 H«fler
curator Augustin befehlen, zu schweigen. ^ Nichts desto weniger
übergab Paul im Namen der Abgesandten von Polen und Lit-
thauen einen Protest,^ da das Concil gerade die grausamsten
Häresien (crudelissimae haereses) des Johann von Falkenberg
nicht verurtheilt habe. £rst nach dieser peinlichen Seene,
nach Beendigung eines Tumultes, der in Gegenwart des Papstes
entstanden war, und nachdem Peter Wladimiri in seinem Eifer
so weit gegangen war, ^ dem Concil gegenüber zu behaupten,
man müsse Gott mehr gehorchen, als den Menschen und, damit
der Papst und das Concil sich nicht mit Unwissenheit ent-
schuldigen könnten, jetzt der Protest und die Appellation an
ein neues Concil erfolge, nachdem man selbst zur Verhaftung
der Renitenten geschritten war, konnte endlich das Constanzer
Concil geschlossen werden.
Es war von äusserster Bedeutung, dass die Massregeln^
welche es getroffen, die husitische Häresie zu bewältigen, die
Folge hatten, dass der böhmische Adel jetzt auf das Ent-
schiedenste Partei nahm fUr die von dem Concil geächtete
Sache. Das andere slavische Königreich aber befand sich in
Aufregung, weil das Concil nicht weit genug gegangen war,
die Kechtgläubigkeit Polens und Litthauens zu constatiren.
Aus ganz entgegengesetzten Ursachen in Böhmen wie in Polen
die grösste Unzufriedenheit mit dem Vorgehen des Concils,
die slavische Welt somit in grösster Erregung!
Mag man nun das Verfahren Papst Martins in der pol-
nischen Angelegenheit dogmatischen Bedenken zuschreiben,
die sich auf seine Stellung zum Concil bezogen, so ist doch
anderseits klar, dass er Alles vermeiden musste, was zu den
vorhandenen Streitigkeiten neue und wolil unabsehbare Wirren
hinzufügen konnte. In den Klagen der Polen gegen die Deutsch-
herren, der letzteren gegen die Polen stellte sich doch wohl
1 Lenfant II, p. 610.
2 Im Proteste (V, d. Hardt IV, p. 1556) heisst es : Nicolaus Archiepiacopus
Gnesnensis, Jacobus Eplscopus Cloconsis, Petrus Boleste Protouotanus
apostoUcus, praepositus ecclesiac B. M. Lacateusis, Gnesn. dioces., Paalus
Wladimiri canoiiicus et custos ecclesiae Cracoviensis, Johauues de Tol-
lischove castellanus Calisicnsis et Zavisius Niger de Sturbaso capitaueos
Gnesieusis milites, oratores et ambasi'iatores. Siehe auch Voigt, Gesch.
Preussens, VII, 8. 320.
9 Lenfaut II, p. 610.
Abhandlung«!! anf dem Oehieie der slaTi^ckeB Geschkhte. 11. 893
heraus, dass Recht und Unrecht auf beiden Seiten lagen. Der
Streit hatte aber durch die Parteischriften eine Wendung ge*
nonimen, dass es sich um die Giltigkeit päpstlicher Bullen und
kaiserlicher Urkunden handelte, wie um das ganze bisher einge-
schlagene System in Betreff des Ordens. Fragen von ganz
ungemeiner Tragweite waren aufgeworfen worden, die denen,
welche sich auf Böhmen bezogen, an Wichtigkeit nicht nach-
standen. König Sigmund war hiebei nicht weniger betheiligt
als der Papst selbst und kein Verständiger, scheint es mir,
kann es Martin V. verübeln, wenn er die heikele und unan-
genehme Angelegenheit, die die Gemüther aufs Aeusserste
erregt hatte, dem Concil zu entziehen suchte, das bei einem
weiteren Eingehen in den Streit noch die längste Zeit hätte
versammelt bleiben müssen, um zuletzt doch im grössten Hader
auseinander zu gehen. Papst Martin suchte eben deshalb wie der
römische König ausserhalb des Concils die Sachen beizulegen.
Er nahm auch den Urheber des Streites, Johann von Falken-
bei^, mit nach Rom, um durch seine Entfernung den Hader
niederzuhalten, nachdem derselbe, wie Dlugoss behauptet, von
dem Concil zur ewigen Haft verurtheilt worden war, ^ einem
Schicksale, das Johann von Husinetz bevorstand, und dem er
sich durch seine Erklärung: volo mori, ich will sterben, entzog.
Die späteren Schicksale Johannes von Falkenberg, welcher
nach einiger Zeit aus Rom nach Deutschland zurückkehrte,
endlich selbst mit dem Deutschherrenorden in Zerwürfniss
gerieth, bieten kein weiteres Interesse für uns dar. Wichtiger
zur Kenntnissnahme des inneren Verlaufes der Dinge ist, dass,
während in Böhmen die Dinge sich immer mehr zum Bürger-
kriege, zur Auflösung aller kirchlichen und politischen Ver-
hältnisse anliessen, in Polen der Erzbischof Nicolaus (H. Traba)
von Gncsen bereits 1420 eine grosse Nationalsynode erst in
Vielau, dann in Kaiisch mit seinen Suffraganen von Krakau,
Plocz, Posen, Wilna, Breslau und Lublin hielt, um im Ange-
sichte der aus Böhmen drohenden Gefahr eine Consolidirung
der Verhältnisse zu erwirken, und zwar auf Grundlage der
von dem Constanzer Concil eingeleiteten Reform. 2 Die Ver-
* Diugosfiufl p. 377.
^ Statuta toti proviiiciae Giiesiieiisi valentia coudita praeside Nicoiao II.
Traba Archiepiscopo Gnesnensi in syuoudo provinciali VielaDo-CaliuienBi
894 H«fler.
urtheilung des Wiciiff, dos Johannes Hus, ihrer Anhänger, sowie
des Satzes von der Nothwendigkeit des Laienkelches wurden
an die Spitze gestellt; die Synode regelte die Wahlen der
Prälaten, das Verhältniss zu den weltliehen Gerichten, gab ge-
naue Vorschriften in Betreff des Lebens der Geistlichen, ihrer
Kleidung, ihres Zusammenlebens mit Frauenspersonen, über Kauf
und Verkauf, Testamente und Begräbniss, Zehenten und Pa-
tronatsrechte, Immunitäten, Fernehaltung der Cieriker und
Mönche von Einmischung in weltliche Geschäfte, Streitigkeiten
und Vergnügungen. Sie regelte die ehelichen Verhältnisse,
trat der Simonie und dem Judenwucher entgegen, wie der
Häresie, wobei namentlich Böhmen in das Auge gefasst wurde,'
dem Raube, dem Wucher, der Zauberei, und gab so dem Clems
ein Gesetzbuch, an das er sich in «chweren Zeiten halten
konnte. Schon 1423 folgte Bischof Albert Jastrzabiec von
Krakau mit einer Synode nach,'^ welche insbesondere Wesen
und Bedeutung der Sacramente und von diesen in ausfuhr-
licher, der böhmischen Anschauung entgegengestellter Ausein-
andersetzung, das Wesen der Eucharistie betonte. Die Synode
regelte das Predigtamt, trat hiebei den Laienpredigten ent-
gegen und legte selbst den Grund zu dem weiteren Vorgehen
des berühmten Bischofs Sbigneus Olesnicki von Krakau und
der Oppositionsstellung, die Polen dem hussitischen Böhmen
gegenüber einnahm.
Polen und Böhmen traten im wichtigsten Momente der
slavischen Geschichte einander feindlich gegenüber und nur
darin fand eine Vereinigung der orthodoxen Polen und schis-
matischen Czechen statt, dass sie beide eine Verfolgung der
deutschen Sprache und des deutschen Elementes in Scene
setzten. 3 Das aber war für jeden Theil gleich schlimm, da
a° 1420 (Wydawnictwa Komisyi historycsnej akademii omiejetnosci w
Krakowie. K. 6. 1875), Editionem ouravit Prof. Dr. üdalrirus HeynDann.
1 Heysmann S. 241.
2 Heyzmann 8. 60.
' Jetzt erscheinen Cirulus et Metudns confessores als patroni et apoatoli
hujus regni (Poloniae) 1436. Heyzmann S. 32. Von grossem Interesse
sind noch die concordata dominorum laicorum cum praelatis eccleaÄe
a. 1440 (Ed. Heyzmann 8. 53) und der tractatus de natura juriam et
bonorum regis et de reformatione regni ac ejus reipublicae regiDune,
0d. M. Bobrzynski (Cnicoviae 1877), sowie des darissimi Baronis Jotnnis
AbhandliiB^ii an« dem Gebiete der sleTiseheii Geechichte. II. 895
hiedurch ein natürlicher Process in seiner Entwicklung aufge-
halten wurde, den die früheren Jahrhunderte eingeleitet hatten,
als die Colonisation der Niederdeutschen nach den Slaven-
ländern durch die der Oberdeutschen einen eigenthümlichen
Gegenhalt erlangte. Flamänder mit niederdeutschem Rechte,
Franken mit oberdeutschem stürzten sich über Böhmen und
Mähren, wie über das Königreich Polen. Vor dem Jahre 1197
ist das deutsche Recht in den böhmischen und mährischen
Territorien ungewohnt und unbekannt. Zweihundert Jahre
reichen hin, es einzubürgern. Das Magdeburger Recht, wie
der Schwabenspiegcl gewinnen Boden, der Weinbau wird nach
deutscher Sitte gepflegt, nach deutschem Rechte, Purkrecht,
werden Dörfer angelegt. Wo es sich um volkswirthschaftliche
Besserung handelt, werden Deutsche berufen und ihnen ihr
Recht gewährleistet. Die Verwüstungen im Gefolge des Mon-
goleneinfalles 1241 begünstigen die deutsche Colonisation in
Ungarn wie in Polen. Die Macht des deutschen Kaiserthums
sinkt seit der Mitte des XIII. Jahrhundertes, aber die Aus-
breitung des deutschen Volkes ist im Osten im steten Wachs-
thum begriffen. * Zu den königlichen Städten in Böhmen ge-
sellen sich die befestigten Marktflecken der grossen Herren,
welche die Landleute, die sich dahin begeben, mit grossen
Ofltrorog juris ntrinsqne doctoris monnmentnm pro comitiifl generAlibns
reg^i sab rege Casimiro pro reipnblicae ordinatione eongestom (1477),
gleichfalls Ton Michael Bobrzynski 1877 heraasgegeben. Ich ftlhre zum
Schlüsse ans diesem (§. XXII) eine Stelle an. De concionibas (in) lingua
Alemanornm. O rem indignam, omnibns Polonis ignominiosam I In
templis nostris lingna Thentonica mnltis in locis praedicatnr et quod
iniqnins in loco snggesto ac dig^iori, ubi una tantam anns dnaeve anscnl-
tant, plnrimis Polonis in angnlo qnopiam com sno concionatore con-
Btrictis. Qaoniam antem sicnt intor quaedam alia fit, ita inter has dnas
lingnas natnra yeliiti qnandamperpetuamdiscordiamodiQmqne
inseniit naturale, hortor ne in Polonia sermo iste praedicetur. Discant Polone
loqni si qni Poloniam habitare contend^unt, nisi adeo stupidi eane yolumus
nt yel ab ipsis Alemanis de nostro idiomate idem fieri non percipiamus.
Quod si utiqne adyenamm gratia tali opus sit concione, id aliqno in
private fiat loco, ubi Polonorum dignitati non officiat p. 126.
^ Der Codex diplomaticus Poloniae von Rzyszczewskj und Muczkowski
(Varsariae 1848) enthält die zahlreichsten Beispiele über Verleihung des
deutschen Rechtes an die villac tentonicales (II, 1, n. 106. 144. 156.
266. 271. 272 etc. Wnttke, Stüdtebuch des Landes Posen. I, 186.
896 UAfUr.
Freiheiten begaben. Die geistlichen Orden erwirken für ihre
Städte die Freiheiten des deutschen Rechtes. In Polen be-
förderten gerade sie die deutschen Ansiedlungen. Dörfer mit
ganz polnischen Namen erhalten (1223) durch Ziemomysl,
Herzog von Cujavien, das Privilegium des deutschen Rechtes.
Die Könige von Polen wie die von Böhmen verleihen deo
Städten das deutsche Recht. Wenn König Casimir 1347 eine
villa bessern will, wandelt er das polnische Recht in das denteche
um« * Krakau, Sendomir, Neumarkt, Korsyn, Plock, Posen^ Pi>
biedziska, Zdunkow, Sandomirz, Miechow, Sieradz, Kaiisch.
Lublin, Slupca, Gnesen, Nakel, Mosyna, Inowraclaw, Brzedc,
Radziezewo genossen schon im XIII. Jahrhunderte die Frei-
heiten des deutschen Rechtes. ^ Das Land bedeckte sich mit
dem kleinen flämischen Besitzthum.^ Ueberall tritt der deutsche
Scultctus auf, dem mit seinen Nachkommen auf ewige Zeiten
gewisse Güter ^ gegeben werden. Das polnische Recht, welches
das deutsche verwirren könnte, wird durch königlichen Be-
schluss entfernt.'' Alle Citationen, wie polnische Palatino, Ca*
stellane, Richter, Unterrichter und ihre Ministerialen werden
dadurch abgethan, der Schultheiss ist der deutsche Richter,
der vor seinem Herrn, oder wenn dieser nachlässig ist in
Ausübung der Gerechtigkeit, vor dem Könige sich zu verant-
worten hat. ^
Es ist nun bekannt, welchen Riegel der Ausbreitung pol-
nischer Herrschaft nach dem Westen die Erwerbung der Mark
Brandenburg durch Kaiser Karl, wie überhaupt dessen Mass-
regeln in Niederdeutschland, vorschoben. Die Stellung Polen?
^ cupientes yiUas nontri regni meliorare et iiberiun locnre) villam nostrjiiD
dictam Smilovicze de jure polonicn in jus tentonicnm qnod Magdebor-
(^reiiiie dicitnr qiin civitas BreAtenaiR est locata trausferertes perp'tuo
dnraturam. Cod. dipl. Polon. II, 1, n. 27i).
* Roepel, Gesch. Polens, I, Beilage XIX.
' agri flaminßciti, mansi parri flnmingici, %n 2 Mansen, selbst zu einem.
* ratione locationis.
* removentes omnia jura polonicalia modos et consnetndines qnae ip^nm
jus teutonicnm pertiirbare consueverunt. Urk. KOnig Casimirs (nr die
villa Orszewice.
* Die ofBciales dürfen eine derartige villa gar nicht betreten. Cod. Hipl.
11. 319 u. 1378. n. 338 n. 1399.
Abhandlnngen aus dem Gebiete der sUvischen Oeechichte. 11. 897
wird allmälig eine andere. Im Innern aber gehen auch mannig-
fache Veränderungen vor. Gegen das Ende des XIV. Jahr-
hundertes werden die Scultetiae vorkanft. ^ Es muss bestimmt
werden, dass die Sculteti im Dorfe wohnen, drei Male im Jahre
ein allgemeines CoUoquium (Sprache) halten müssen. Die alten
Privilegien gehen durch die Kriege im Anfange des XV. Jahr-
hundertes allmälig verloren. Der Grundbesitz wechselt durch
Pfand oder Verkauf. Es wird nothwendig, das Privilegium
scultetiae zu reformiren. Da findet man in den alten Urkunden
•
nichts davon, sondern nur, dass die villa begründet worden;
das andere verstand sich von selbst. Hatte das Dorf (a pri-
maeva locacione) 41 Mansos an Ackerland, so erhielt der scul-
tetus davon 4 feine Mausen mit einem Theile des See's. Daraus
scheint eine Art Herrschaft entstanden zu sein, vor welcher
die ursprüngliche Verpflichtung schwand. Doch gewährte noch
immer die Verleihung des deutschen Rechtes Vortheile, die
man durch das polnische nicht erlangte. Als 1412 die Stadt
Grabow gegründet wurde, erhielt sie mit Ausschluss des pol-
nischen Rechtes das Magdeburger. Ebenso 1425 Drzowa.^
Es war aber immer bemerkenswerth, dass das Bürger-
thum, wie der freie Bauernstand, dessen Eigenthum und Person
durch Rechtsverleihungen gesichert waren, durch eine fremde
Nationalitat getragen war, somit nicht blos etwas Fremdartiges,
Importirtes war und blieb, sondern auch den Fluctuationen
verfiel, die im politischen Leben entstanden. Das Königreich
Polen konnte nicht mit den Deutschherren einen Kampf auf
Leben und Tod bestehen, ohne dass im Innern ein Rückschlag
gegen das Deutschthum erfolgt wäre. Nur erfolgte derselbe,
als die Polen Sieger im Kampfe blieben, nicht in der grellen
Weise, wie dies in Böhmen geschah, wo auf einmal die deutsche
Bevölkerung, in Prag von Haus und Hof vertrieben, zu ver-
schwinden beginnt, weil, um das eigene ßesitzthum. Habe und
Gut nicht zu verlieren, nur der eine Ausweg übrig blieb, sich
zu czechisiren.
Es war unter diesen Verhältnissen keine Kleinigkeit^ dass
die polnischen Bischöfe und Grossen von dem Constanzer
» Cod. dipl. n. 323. 1380.
> Cod. dipl. n. 355. 371. 416. Cod, dipl. civit CracoY. T. I. n. 88, 91 etc.
898 HSfUr.
Concil, welches die Nationen vereinigen sollte, mit dem Stachel
im Herzen nach Hanse kehrten. Der ganze nationale Antapv
nismus war zum Vorschein gekommen und wenn in nächster
Zeit eine Partei sich an den Hussitismus — die Erhebung des
exdnsiv slavischen Elementes in Böhmen — anschloss, durfte
man, um den Grund dieser Erscheinung sich klar zu machen,
nicht lange Umfrage halten. Es ist eine grosse und bemerkeD?-
werthe Thatsachci diese Oppositionsstellung; die das slaTische
Element am Schlüsse des grossen allgemeinen Reichstages, den
man das Constanzer Concil nennt^ in Polen und in Böhmen
einnahm, und dass die grosse kirchliche Versammlung an
schwäbischen Meere wohl eine Annäherung zwischen Romanen
und Germanen anbahnte, aber den Streit zwischen Slaven und
Deutschen, welcher durch die Germanisirung Niederdeutsch-
lands beendet schien, jetzt erst in ein deutsches Reichsland
trug, das im XIV. Jahrhunderte die Basis des Kaiserthams
gewesen war, nun aber die Polen auf die Seite der Czechen
zu treiben, sich die Aufgabe zu stellen schien.
Gerade das Concil, welches sich die Pacification der
christlichen Welt zur Aufgabe gestellt hatte, wurde der Aus-
gangspunkt des heftigsten Streites zweier christlicher Völker,
die bisher in kirchlichen Dingen auf das Innigste vereinigt
waren.
AbhM41aDg0ii aot 4«ib Oebtete dar •UTlsebeo Oeaebiebtei III. 899
m.
Die Schlacht am Zlzkaberge TOr Prag.
14. Juli 1420.
Mit BenütsEang eines bisher anbekannten gleichzeitigen Berichtes.
Das Verdienst, auf die hohe Bedeutung des hussitischen
Geschichtschreibers Lanrentius von Brezina hingewiesen und
die Forscher wenigstens mit einem Theile der fär die ersten
Kämpfe der Hussiten wichtigen Chronik bekannt gemacht zu
haben, gebührt einem Deutschen, Ludewig, welcher in den re-
liquiis manuscriptorum c. VI, p, 124. 216 einen Theil der-
selben, und zwar in einer wenig brauchbaren Weise abdrucken
liess. Als Palacky seine Würdigung der alten böhmischen
Geschichtschreiber herausgab, erwähnte er eines Papiercodex
als der wichtigsten Handschrift, von welcher andere Abschriften,
die er (Palacky) eingesehen, in späterer Zeit genommen waren.
Von einem in Breslau befindlichen Exemplare habe er nur
mündliche Nachricht, Dobner eine alte Pergamenthandschrift
gekannt. Das ganze Werk, soweit wir es nämlich besitzen, sei
bis auf den heutigen Tag noch nirgends gedruckt worden.
(S. 204—209.)
Da Palacky bei seiner Benützung des Laurentius dem
Codex üniv. Prag. I, S. 10, die von ihm erwähnte Papier-
handschrift zu Grunde legte, glaubte ich bei der Herausgabe
des Laurentius dasselbe thun zu müssen. Ich benützte femer
die in der fürstlich Lobkowitz'schen Bibliothek zu Prag be-
findliche Handschrift: magistri Laurentii Brezina chronica Bo-
hemiae ex antiquissimo manuscripto desumtum (Bibl. Principum
de Lobkow. n. 363), wobei man an Dobner*s Pergament-
handschrift denken mag, die sich aber noch nicht auffinden
liess und schwerlich je gefunden wird. Von dem Breslauer
Codex verschaffte ich mir durch Herrn Professor Gindely
Eenntniss und aus ihm stammt das in den Geschichtschreibern
der hussitischen Bewegung B. I, S. 303 abgedruckte prooemium,
wobei der Autor als Laurentius de Brezina bezeichnet wurde.
SitxsBgsber. d. phü.-hisi. Gl. ICY. Bd. III. Hft. 68
900 HSf1«r.
Nur mu88 man gänzlich dahingestellt lassen, ob diejenige
Handschrift des Laurentius, welche Falacky fär die reichhal-
tigste hielt, es auch wirklich ist, wenn auch nicht gezweifdt
werden kann, dass sie von den bisher aufgefundenen die am
besten erhaltene ist Daneben hat sich aber in der Prager
Universitätsbibliothek noch eine andere gefunden, die^ wie ich
nachwies. Vieles enthält, was der bisher benützte Universitäts-
codex nicht enthält, somit wirklich die reichhaltigste, leider
auch die am meisten verstümmelte ist. Sie folgt auf ebe
andere Chronik, in der es heisst: obiit Serenissimus rex La-
dislaus 1457, est clam suffocatus. Da im Zeugenverhör über
König Ladislaus' Tod dieser Chronik nicht gedacht wurde, ist
wohl anzunehmen, dass sie Palacky überhaupt nicht kannte.
Freilich hat er auch die Rosenbergische Chronik darin nicht
erwähnt, in der es heisst: intoxicatus (Ladislaus) per Oirzi-
konem de Podiebrad gubematorem regni, worauf noch in Betreff
der neuen Königswahl gesagt wurde: et alii Barones oportebant
assentire coacti habuitque (Girziko) in praetorio tres tortores
aptos astantes. (Cod. Univ. Prag. XI. D. 8.)
Ob er aber diese Handschrift, ehe ich davon Ghebraach
machte, kannte oder nicht, mir wurde dadurch klar^ warum
Franticek Palacky gar so übler Laune wurde, als ich den
Codex XI. D. 8 benützte, während ich mir eher darüber dnen
Vorwurf mache, dass ich nicht alle Varianten mittheilte. Pa-
lacky selbst hat uns den Laurentius in der Würdig^ung als
einen ehrlichen Ultracalixtiner vorgefiihrt, an dem nichts aus-
zusetzen ist, als seine Abneigung gegen — die Taboriten. Er
trage, heisst es in der Würdigung, einen nicht geringen Theil
an der Schuld, dass an die Namen der Taboriten und eines
Zizka's alle Gräuel menschlicher Vorstellungskraft sich an-
knüpfen, während es nichts Geschichts widrigeres gebe (S. 244).
Andere Personen werden sagen, dass Laurentius, der die
Taboriten entstehen sah, ihr Treiben persönlich gewahrte und
wie jede edlere Natur von diesem mit Eckel und Widerwillen
erfüllt wurde, ein zwar sehr lebhaftes, aber auch sehr treues
Bild von ihnen entwarf. Doch davon soll hier nicht weiter die
Rede sein, wohl aber von einer Schlacht, bei welcher wir uns
ganz besonders auf Laurentius stützen müssen und die selbst
zu einem grossen Ereignisse künstlich aufgebauscht wurde. Es
Abbmndlmigen wxis dem Gebiete der slaTiecben Geicbiebte. 11 1.
901
ist die Schlacht am Zizkaberge vor Prag, 14. Juli 1420; welche
wir durch einen gleichzeitigen Bericht zu ergänzen vermögen;
der bisher allen Forschern unbekannt war und den ich Herrn
Professor Dr. Pauli in Göttingen verdanke. Ich bringe nun zuerst
auf der einen Seite den Bericht des Laurentius, auf der andern
die Darstellung Franticek Palacky's und führe nur aU; dass
nach dem eigentlichen Eriegsplane erst das Vorwerk auf dem
GalgenbergC; das Zizka erbaut hatte, angegriffen und ge-
nommen werden sollte, dann aber sollte Prag selbst von dem
Wissehrad im Süden, im Westen von dem Hradschin, und
endlich vom Osten, dem Spitalfelde, somit von drei Seiten an-
gegriffen werden, wobei immer noch die Frage blieb, in wie-
feme eine Reiterarmee, und König Sigmunds Heer, das auf
dem linken Moldauufer stand, war nach der schlechten Art
der damaligen Zeit vorzugsweise aus Cavallerie zusammen-
gefügt, gegen eine durch Mauern, Thürme, Gräben, Ver-
schanzungen aller Art wohlgeschützte und zur Vertheidigung
entschlossene Bevölkerung irgend etwas Nachdrückliches aus-
zurichten im Stande war.
Laurentius p. 377. 378.
1. Misnenses vero cum
suis et sibi VII aut VIH milli-
bus junctis equestribus montem
ascendunt cum impetu et tubici-
nis praetactum ligneum inva-
dunt propugnaculum fossatum et
turrim vineae obtinentes et cum
murum ex terra et lapidibus
factum vellent ascendere duae
mulieres cum una vii^ine et
XXVI forte viris qui pro tunc
in propugnando remanserunt
viriliter lapidibus (et cuspidi-
bus. Cod. XL D. 8) resistentes
defendebant, telis enim et pixi-
dum pulvere carentes. Una
igitur ex praetactis mulieribus
licet inermis virorum vincebat
Palacky.
Als nun die Deutschen
mit einigen tausend Reitern den
Berg von allen Seiten unter
Trompetenklang und grossem
Lärm umringten und sich dort
im Weinberge eines festen
Thurmes im Sturme bemäch-
tigten, Hess sie Zizka ohne
grossen Widerstand zu dem
neuen Bollwerke herankommen,
in welchem sich 26 Männer,
2 Frauen und ein Mädchen
mannhaft wehrten. Auch Zizka
schwebte zu dieser Zeit in
solcher Gefahr, dass ihn seine
Krieger nur mühsam mit
Dreschflegeln aus den Händen
der Feinde herausschlugen. In
68*
902
H5f1«r.
animum nolens a loco sno pedem
retrahere, antichristo, inquit,
non licet Christiano cedere et
sie animose pugnang interfecta
spiritam exhalavit.
2. Ziska quoque veniens
et ipse prostratUB esset nisi sui
cam trituris eum de hostium
manibus eraissent Et cam jam
tota fere civitas de perdi-
tione sua formidaret, orationes
et lacrimas cum parvulis fundeDB
Bolum auxilium de coelo prae-
stolabatur.
3. Advenit interim pres-
byter com corporis Christi sa-
cramento et post eum 50 forte
sagittarii et ceteri rustici in-
ermes cum trituris
4. et statim inimici viso
sacramento et audito campa-
nulae sono magnoque populi
clamore vebementi timore pro-
strati terga vertunt citius fu-
gientes alter alterum cupiens
in cursu praevenire.
5. Quo impetu se conti-
nere non valentes multi de rupe
alta decidentes coUa confrin-
gunt plurimis per insequentes
caesis, sie quod spatio unius ho-
rae trecenti fuere interempti
(Cod. XI. D. 8 trecenta) aliis,
letabiliter vulneratis et ab-
ductis.
dem hitzigsten Zeitpunkte, als
schon fast die ganze Stadt an
der Behauptung des Berge b(!)
zu verzweifeln begami, stürzte
aus ihren Thoren Unter
einem Priester, der in der Hud
das Allerheiligste trog, eise
Schaar beherzter Krieger und
drang durch die Feinde bis zu
dem Berge, wo sie sich mit
Zizka verband, die DentscbeD
angriff, die alsbald in Ver-
wirrung gebracht wurden, and
mit solcher Heftigkeit aaf sie
losschlug, dass über fünfhan-
dert Todte auf dem Schlacht-
felde blieben; andere wieder
flüchtend vom Abhänge des
Berges sammt ihren Pferden
über einander kollerten, so
dass ihrer eine grosse An-
zahl zu Grunde ging.
Der bisher unbekannte Brief, die einzige Mittheilong, die
wir königlicher Seits von der Schlacht haben^ lautet in genauer
Wiedergabe:
AbhandliiBgen »oi dem Q«bi«t« der sUTiBchen QMcliieliie. III. 903
(London. Record office. Oleichzeitige Abschrift.) Copie
d'une lettre envoie a monseigneur de Baviere faite de tyois
en fransoiz depar le Marquis de Misse.
Nostre amiable serwice precedent Hault prince chier
Cousin nous vous fusons savoir pour nouvellez qui cest van-
redy passe sont oncourrues cest assavoir que monseigneur le
roy dez romains envoya les hungrez ver lez heritez lez praga
enpiez les chartreurs et les (des?) dits heritez en occirent plus de
centy et prirent CLVI. fernes qui avoient rog^iez leur cheveux
come homes et avoient ceinstez espees et pierres en leur mains
et hoseaulz chassiez entre icelies partie furent aize (?) ^
Apres le sambedy ensuyvant notre dit signeur le roy en-
voia de cez gens ver les diz heritez et illuec furent occis plus
de cinquante ausy lez dis herites ont enfosciez vnne montaigne
les präge et fönt dez bollewerg et y sont logiez, a quoy mon-
seigneur le roy laissa asaillir les gens dautres princez et lez
noBtrez et passerent nous gens dens de lour fosseiz et entre-
prirent de gaignier le tier fossei donkez ysserent tant dez
heritez hors de la cite ie präge qui adoient ceulz de la mon-
taigne, quil covint retraire nous gens et furent fort blissiez et
perderent belcop de lor chevaulz. Et le duc Loys de Brige ait
gaigniet unne tours en la m . . . e ^ cite de Präge et en icelle
priz plus de Cent heritez auctres certaines novelles ne sont
avenues et si aucune autrez sorvenoient nous le vous escriprons
tout le plesir que nous vous porrons faire tous dis le ferons
de boin euer. Escript a chaves devant präge le diemenge apres
Saint amoul.
Ich wende mich, ehe ich das Muster, wie eine Schlacht
nicht beschrieben werden darf, näher untersuche, und vorder-
hand nur bemerkend, dass Franticek Palacky die Erschlagenen
g^en den Text und auf eigene Faust von dreihundert über
fünfhundert erhöhte und diesen dann noch, wieder auf dem Wege
der Inspiration, eine grosse Anzahl nachschickte, der gemein-
samen Quelle, dem ehrlichen Utraquisten Laurentius zu.
Das kurze Gefecht, denn von einer Schlacht kann ja doch
keine Rede sein^ hatte mehrere Momente.
^ arze, verbrannt?
> Minenre?
904 Horur.
Es handelte sich BunUchst daram, das Blockhaus aixf dem
Zizkaberge xu erobern. Dieser selbst ist das GegenstOck lom
Hradschin^ dem Ausläufer des weissen Beiges; er ragt über
die eigentliche Stadt empor, die der Klrümmung der Moldau
folgend, zu seinen Füssen liegt, wie die SLleinseite asu den
Füssen des Hradschin. Der Zizkaberg fiült gegen die MoUaa
steil ab, lässt zwar nach dem Flusse hin fär eine kleine Ebene
Raum, ist aber in seiner Längenstreckung nach dieser Seite
unnahbar, für Reiter geradezu, für Fussgänger nur auf dem
Wege des Klettems zu erklimmen. Gegen das östliche Thor
der Altstadt senkt sich der Berg etwas und von dieser Seite
allein wird er bestiegen und konnte er bestiegen werden.
Von einer Umringung des Bei^s, welcher selbst der Aus-
läufer eines Höhenzuges ist, kann vemünftiger Weise gar
keine Rede sein. Ein derartiges Unternehmen wäre nicht nur
sinnlos, sondern auch geradezu unmöglich, da es die ganze
Lage und Natur des Berges gar nicht gestattet Das Blockhaus
war wohl da angelegt, wo noch heute das alterthümliche Ge-
bäude steht, mit Mauern und dreifachem Erdwalle versehen
und somit gegen einen Handstreich, der im Angesichte der
Stadt geschehen sollte, wohl verwahrt.
Das erste Gefechtsmoment bestand also darin, einen Theil
des königlichen Heeres von dem linken Moldauufer auf das
rechte zu bringen, wenn das nicht schon geschehen war, und
dasselbe, Meissner — Palacky sagt, wie natürlich, wo es sich
um etwas den Deutschen Nachtheiliges handelt, — Deutsche —
in der Art den Berg erklimmen zu lassen, dass sie hiebei der
Stadt den Rücken kehrten und somit nicht gewahr worden,
was daselbst vor sich ging. Jetzt erfolgte der Sturm auf das
Blockhaus und, wofern die Reiter nicht abstiegen und Graben
für Graben stürmten, im blossen Anlauf und durch Reiter
zumal konnte es nicht genommen werden, wohl aber konnte
es eine handvoU Leute gegen die Ritter auf hohen Rossen
vertheidigen. Das ist wohl in der Kriegsgeschichte schon öfter
vorgekommen. Je mehr aber die Ritter in ihren Massen den
langsam sich nach Osten erhebenden Berg hinanstürmten,
desto' mehr trennten sie sich von ihrer Rückzugslinie und be-
fanden sie sich endlich wie auf einer Erdzunge, von welcfaer
weder nach rechts noch nach links ein Entweichen möglieb
Abbaadlnng«!! Mi dem Q«bi«t« d«r •UTiMli«& OMoblehU. II L 906
war; vor ihnen auf der Höhe war das Blockhaus, hinter ihnen
die Stadt, seitwärta der steile Abhang, ihre Lage somit der einer
Sackgasse sehr ähnlich. Drängte nun in diesem Augenblicke
aus der Stadt in Folge eines gut geleiteten Ausfalles eine
Masse nach, die den Zugang von der Stadt zu dem Berge
besetzte, so waren die Ritter, welche hinaufgestiegen waren,
wie in einem Sacke gefangen und es blieb ihnen dann kein
anderer Ausweg übrig, als den halsbrecherischen Pfad gegen
das jetzige Karolinenthal herunter zu rasen und zu sehen, wie
sie an dem Anstieg wieder ankamen.
2. In der That erschien jetzt Zizka, um den Seinen auf dem
Berge zu Hülfe zu eilen und das Blockhaus zu retten. Hier
ist Laurentius ungemein kurz. Wir erfahren nur, dass Zizka
selbst umgekommen wäre, hätten ihn nicht die Seinen, d. h. die
taboritischen Bauern, mit ihren eisenbeschlagenen Dreschflegeln
herausgehaut. Das Gefecht ging schief und die Stadt hielt sich
bereits für verloren, nicht die Stadt den Berg.
3. Jetzt trat die Wendung ein. Zizka erhielt aus der Stadt
Unterstützung, und zwar indem die übrigen Bauern — Palacky
sagt, wenn von Zizka's Schaaren die Rede ist, Krieger —
ceteri rustici, ihrem Führer nacheilten, der offenbar in seinem
kriegerischen Ungestüm mit zu wenig ,Kriegern' den ersten
Ausfall gewagt hatte. Die ceteri rustici sind aber nicht etwa
einige wenige, sondern der ganze Schlachthaufen, über welchen
Zizka verfügte und mit dem er in die Stadt gedrungen war, an
ihrer Vertheidigung Antheil zu nehmen. Inermes waren sie, in
wie ferne sie keine Schutzwaffen hatten, zum Angriffe aber
trugen sie die gefürchteten Dreschflegel, mit welchen sie die
Ritter vom Pferde schlugen, eine Kampfweise, auf die der
Ritter nicht eingerichtet war und mit der er sich nicht abzu-
geben verstand. Dazu kamen aber noch, was Palacky aus-
lässt,. an fünfzig Bogenschützen, die von Weitem ihre tod-
bringenden Geschosse auf die Ritter sandten, die verloren
waren, wenn ihre Pferde, verwundet oder getödtet den Reiter
abwarfen, und endlich der Leiter des Ganzen, einer der un-
genannten Geistlichen, mit dem AUerheiligsten, wie Palacky
sagt, wobei man sich nur wundern muss, dass diessmal nicht,
wie gewöhnlich, wenn es sich um Blutvergiessen handelte, der
Kelch vorgetragen wurde. Die Krieger stürzten aber nicht
906 Hdfl«r.
•
dem Priester aus denThoren der Stadt nach^ was ja ge-
radezu einen Unsinn in sich schloss, sondern der Aosfall
konnte nur von dem gegen den Berg gerichteten Thore statt-
finden. Ausfallende, welche noch dazu ein bestimmtes Kampf-
object zu retten haben, pflegen nicht einen weiten Umweg sa
machen, sondern den kürzesten Weg einzuschlagen und aach
dieser beträgt vom östlichen Thore (dem Pulverthurme) bis
zum Zizkaberge eine gute Viertelstunde; in einer Stunde war
aber das ganze Gefecht in seinen verschiedenen Momenten
vorüber.
Augenscheinlich war jetzt der Zeitpunkt zum combinirten
Angriffe auf die Kleinseite, auf die Neustadt, wie auf die Alt-
stadt gekommen. In Prag fiihlte man die Gefahr, welche
drohte, vollkommen; alle Glocken ertönten. Nicht ein Taborit.
der mit dem Kelche gekommen wäre, ein presbyter cum cor-
poris Christi sacramento, ein czechischer Geistlicher hatte
sich an die Spitze des Ausfalles gestellt und als nun die gegen
das Blockhaus vorrückenden Kitter rückwärts blickten, das
ungeheuere Getöse, den Glockensturm vernahmen, musste sich
bei ihnen die gerechte Besorgniss einstellen, durch den Ausfail,
an welchem die ganze Stadt Theil zu nehmen schien, die
einzige Rückzugslinie verlegt zu sehen. Wäre damals eb
ordentlicher Feldhauptmann an der Spitze der Meissner ge-
standen, so hätte er einen Theil seiner verfügbaren Streit-
kräfte dem Ausfall gegenüber gestellt und in dichten Reihen
aufreitend ihn zurückgeworfen und in die Stadt getrieben. So
aber ohne gehörige Führung und als auch der combinirte
Angriff auf die verschiedenen Stadttheile nicht stattfand, trat
ein, was bei kopflosen Unternehmungen einzutreten pflegt,
panischer Schrecken, verwirrte Flucht, das sauve qui peut, um
so rasch als möglich über den Berg herunter zu kommen und
dem Sacke zu entrinnen, ehe derselbe zusammen geschnürt
wurdiB. Das war freilich ein wunderbarer Triumph (facto mi*
raculoso de hostium triumpho), zugleich aber auch etwas un-
endlich Einfaches und Natürliches.
Damit vergleiche man nun das Bild, das Franticek Pa-
lacky enthüllt. Als die Deutschen angriffen, umringten sie den
Berg von allen Seiten, was geradezu komisch ist, unter Trom-
petenklang und grossem Lärm; als die Prager ausfallen, machen
Abb»ndlttng«n »as dam Qebtot« der •UviiebAn Oetchichte. III. 907
sie keinen, man hört nicht einmal das Stürmen der Glocken,
noch viel weniger das grosse Geschrei des Volkes, das heraus-
stürmt; das andito campanulae sono magnoque populi clamore,
welches Verwin-ung und Schrecken unter die Kitter trägt, ist
für Palacky nicht vorhanden. Eine Schaar beherzter Krieger
drängt durch die Feinde bis zu dem Berge, wo sie sich
mit Zizka verband, die Deutschen angriff — nachdem sie
durch die Feinde, nämlich die Deutschen gedrungen sind,
greifen sie dieselben an; alsbald werden diese in Verwirrung
gebracht. Die Schaar beherzter Krieger schlug aber mit solcher
Heftigkeit auf die Deutschen, dass über fünfhundert Todte auf
dem Schlachtfelde blieben — Laurentius sagt CCC, d. h. drei-
hundert Es genügt aber Palacky nicht aus den dreihundert,
fünfhundert zu machen, jetzt kollern erst noch Pferde und
Reiter übereinander, so dass ihrer eine grosse Anzahl zu
Grunde ging.
Das ist wirklich weniger Zizka's als Palacky's Schlacht
und der Berg, an oder auf welchem diese stattfand, trägt sehr
uneigentlich Zizka's Namen! Dieser war jedoch klug genug,
am andern Tage, offenbar eine Erneuerung des Angriffes
fürchtend, das Blockhaus mit neuen Befestigungen zu ver-
sehen, es uneinnehmbar zu machen. Die Masse aber erfreute
sich an dem Gedanken, dass ein Bauernsieg erfochten worden
sei. Nicht Krieger, wie Palacky darstellt, hatten mit den Rittern
gefochten, sondern die rusticana gens, wie Laurentius aus-
drücklich hervorhebt, und die armen Bauern in der Umgebung
Prags mussten es jetzt schwer büssen, dass Bauern mit Rittern
gekämpft und diese zurückgeworfen hatten. Trägt denn doch
die hussitische Bewegung durch und durch das Gepräge einer
socialen Erhebung, der czechischen Handwerker in der Neustadt
gegen den vermöglichen (deutschen) Bürger der Altstadt, der
Bauern gegen den Adel, der Bürger und des Adels gegen den
besitzenden Clerus. Sie ist nur ein Glied im grossen Ganzen der
von Westeuropa, Frankreich, England und den Niederlanden
ausgehenden Erhebung der niederen Stände gegen die höheren,
Wat Tylers, der Jacquerie, der Artevelde. An die Jacquerie
schloss sich die Praguerie an, wie Commines die Sache nennt,
freilich in einem Sinne, der so ziemlich dem Shakespeare'schen
;Viel Lärmen um Nichts^ gleich kommt, während die umfassende
906 H»rur.
Sftcolarisation der Kirchen- und ELlostergäter und die sjste-
matiBohe Beranbong der deutschen Bürger in Prag, denen man
ihre Häuser, Keller, Weinberge, Felder wegnahm, ein «gen-
thümliches Licht auf die civilisatorische Idee warfen, fnr
welche angeblich die Hussiten kämpften.
Es ist nun zu bemerken, dass in Bezug auf die Schlacht
am Zizkaberge bisher nur der Bericht eines Utraquistsi vor-
lag, aus welchem in mehr als seltsamer Weise eine Sdilacht
zusammengestellt wurde, während es sich um ein Gefecht
handelt, das nur deshalb von Bedeutung wurde, weil in Folge
desselben die Unmöglichkeit eintrat, Prag von der Seite zu
nehmen, von welcher es einst König Heinrich HI. genonunen,
von seiner schwächsten Seite.
Es kömmt nun das Schreiben aus dem deutschen Lager
in Betracht, das von dem Markgrafen von Meissen an den
Herzog von Baiem gerichtet und aus dem Deutschen in das
Französische übersetzt nach England geschickt wurde. Es lautet:
Unsem freundlichen Dienst zuvor. Hochgebomer Fürst,
lieber Oheim. Wir thun euch zu wissen die Neuigkeiten, die
seit letztem Freitag sich zugetragen haben (12. Juli), zu wissen,
dasB unser Herr, der römische König, die Ungarn gegen die
Häretiker nach Prag bei der Karthause (entbot), und die ge-
nannten Hussen,^ sie tödteten von ihnen mehr als 100 und fingen
156 Weiber, die ihr Haar wie die Männer rund abgeschnitten,
Schwerter umgehängt und Steine in ihren Händen hatten, Hoeen
und Männerstiefel, von diesen wurde ein Theil (verbrannt?!).
Nach dem folgenden Samstag sandte unser genannter
Herr der König von diesen Leuten gegen die Häretiker und
wurden mehr als 50 getödtet. Auch haben die Häretiker einen
Berg (bei) Prag befestigt und machen BoUwerg und setsen
sich dort fest, ^ weshalb sie unser Herr, der König, durch die
Leute der andern Fürsten und die unsem angreifen liess und
diese Leute drangen in einige Gräben und versuchten den
dritten Graben zu nehmen, da kamen so viele Häretiker aus
der Stadt Prag, die denen auf dem Berge halfen, dass sich
' Ich möchte nicht zweifeln, dass es eigentlich heissen soll: and sie (die
Ungarn) tödteten von den erwähnten Hfiretikem.
' Auch mit dem Sinn: unter Zelten campiren, wie mir Herr Prol Comn
mittheilty der so freundlich war, die Uebersetanng sn revidireu«
AbhMdlufMt MS d*m Qebitto 4tr slftTtMlMiB GMohlohtt. III 909
unsere Leute zurückziehen muBsten und wurden schwer ver-
wundet und verloren viele von ihren Pferden. Und der
Herzog Ludwig von Burg gewann einen Thurm in (???) ^ von
Prag und in diesem fing er mehr als 100 Häretiker. Andere
Neuigkeiten sind nicht vorgekommen^ und wenn einige vor-
kommen, so werden wir sie euch schreiben, um des Ver-
gnügens, das wir euch machen und das thun wir ymer gerne.
Geschrieben in Chaves (?) vor Prag, Sonntag nach Sanct
Arnulf (21. Juli 1420).
Offenbar legte man deutscher Seits dem Gefechte als
solchem wenig Bedeutung zu. Strategisch war es aber von
Wichtigkeit, dass der Verkehr Prags nach dem Osten nicht
gehemmt, die Einschliessung somit nicht vollständig wurde.
Dass unter dem von dem Herzoge von Brieg genomme-
nen Thurm der Thurm des Bollwerkes zu verstehen sei und
hundert Vertheidiger dabei gefangen wurden, wird wohl nicht
angenommen werden dürfen. Hingegen ist es von Wichtigkeit,
zu erfahren, dass die Stürmenden bereits bis zum dritten
Graben vorgedrungen waren, als das Gefecht in ihrem Rücken
begann und sie zur Flucht genöthigt wurden. Dadurch werden
die Angaben des Lauren tius eigen thümlich commentirt. Er
hat offenbar Mehreres verschwiegen. An die Stelle der drei-
hundert erschlagenen Deutschen tritt jetzt eine bedeutende
Zahl getödteter Rosse, von denen wohl eine Anzahl den von
Palacky vergessenen Bogenschützen erlag und der grössere Theil
bei dem Heruntersetzen über den steilen Abhang zu Grunde
ging. Abgesehen davon war es in jenen Tagen Tactik, vor Allem
den Pferden der schwergewappneten Ritter zu Leibe zu gehen,
und waren einmal jene getödtet, so war der Ritter wehrlos
gemacht und die Schlacht verloren. Das war der Kunstgriff
gewesen^ dessen sich schon 1322 die Baiern bei Ampfing gegen
die Oesterreicher bedient hatten. Die grossen Siege der
Engländer über die Franzosen wurden aber wesentlich durch
die englischen Bogenschützen gewonnen, die aus gedeckter
Stellung, namentlich Wagenburgen, ihre tödtlichen Geschosse
entsandten. Auch diese fehlten hiebei nicht.
^ minenre, majeure??
910 UAfler.
Das Gefecht auf der Witkowaren ' war nur in Beiner
Wirkung von Bedeutung^ da es als Teutonicorum inopinaU
strages galt, ^ und dann, weil König Sigmund durch Nidit-
einnähme des Blockhauses auf dem rechten Moldauufer keinen
festen Stützpunkt gegen Prag besass, den entlegenen Wissehnd
ausgenommen. Wurde aber das ^Bollwerk' erobert, dann war Prag
von drei Seiten bedroht, dem Falle nahe und auch das blutige
Gericht nahe, das König Sigmund damals im Falle seines
Sieges über die Häretiker zu verhängen gedachte. Statt dessen
erfolgte in Prag am 22. Juli der Epilog des Dramas vom 14.
Die Taboriten drangen in Verbindung mit den Pragern in das
Magistratsgebäude und verlangten Auslieferung der Gefangenen,
um sie zu verbrennen. Bereits hatten sich diese — ihr Leben
zu retten — dem Utraquismus, den man in Prag als ,die
Wahrheit' bezeichnete, zugewendet. Die von den Leitern der
Stadt widerwillig ausgelieferten, sechzehn an der Zahl, wurden
vor die Stadt gefuhrt, im Angesichte des deutschen Heeres
in Fässer gesteckt, in diesen verbrannt. Es ist bezeichnend,
dass Palacky bei der Erzählung dieser Gräuelthat verschwdgt,
dass die Unglücklichen bereits übergetreten waren: ad veri-
tatem accesserant. ^ Sie konnten dadurch ihr Leben nicht rett^.
* Laarentiiu p. 375.
' L c p. 380.
' Lanrentias gibt S. 366 bei der Union der Prager mit den benaehbarten
Städten die Grundlage der nacbherigen vier Prager ArtikeL Hiebei
verpflichten sich diese: ■imoniam avaritiam dotationem pumpamqne et
alias cleri ipsius deordinationes zu lerstören. Palacky hielt es nicht for
nothwendig, der Abschaffung der Dotation, gerade das Wichtigste, zn
erwähnen. Wo er auf die vier Artikel zu sprechen kommt und es in dem
Texte heisst: quod verbum Dei per regnum Bohemiae Ubere et sine im-
pedimento ordinate a sacerdotibus Domini praedicetur, ISsst er das o^
dinate aus, was, wie natürlich, der Stelle einen ganz anderen Sian
gibt. Im zweiten Punkt heisst: omnibus Christi fidelibus nicht allen
getreuen Christen, sondern allen Christgläubigen. Den dritten Artikel
gibt Palacky so: Da viele Priester und Mönche in weltlicher Weise
über vieles irdisches Gut herrschten, gegen Christi Gebot und zum Ab-
bruche ihres heiligen Amtes, sowie zum Nachtheile der weltlichen Ständet
dass solchen Priestern diese ordnungswidrige Herrschaft genommoi und
eingestellt werde, und dass sie gemäss der heiligen Schrift moBtot-
haft leben und zum Wandel Christi. — Bei Laurentius lautet er: qnod
dominium saeculare super divitiis et bonis temporalibns, quod contn
AbhuidlBBg«n am dwa 0«bi«te der ■laTitchaa GMchiehtt. III. 911
Bereits hatten sich die Revolution, die Plünderung der Kirchen
und der Privatwohnungen, Mord und Schreckensscenen mit
der kirchlichen Reform verbunden, war diese dadurch alles
ethischen Grundes beraubt, ehe sie in das Leben trat, schon
gehaltlos geworden. Was nützten da die vier Prager Artikel
von geordneter Predigt, von Aufhebung des kirchlichen Demi-
niums? Qleich anfänglich war die Spaltung zwischen den
Prägern und den Taboriten eingetreten und hatte somit die
sogenannte hussitische Bewegung einen Riss erhalten, der mit
jedem Jahre mehr klaffte. Und als nun dazu die Bekämpfung
von Aussen sich gesellte, Böhmen in der nächsten Zeit um
sein Dasein kämpfte, aus der Defensive in die mit Mord und
Brand erfüllte Offensive überging, war .von einer Reform
vollends keine Rede. Man hing sich mit aller Gewalt an den
Utraquismus und als er errungen war, zeigte sich erst, dass
man nicht wusste, was man mit ihm anfangen sollte. Man hatte
die Deutschen vertrieben, dafür aber die schlimmste innere
Spaltung geemtet, ganz Böhmen — Cechia — zerfiel in zwei
Theile, die sich grimmig hassten, die sub una und sub utraque.
Der nationale Dualismus hatte einem anderen noch schlimmem
Platz gemacht, der dann zuletzt doch zur Rückkehr der Deut-
schen und selbst zur Beseitigung des dominium saeculare des
einheimischen Adels führte. Es ist ein Kreislauf in dieser
czechischen Bewegung! Was im fünfzehnten Jahrhunderte
gegen den Clerus und gegen die Deutschen gebraut worden
war, kehrte sich im siebenzehnten gegen den Adel, der von
pneceptam Christi clerns occupat, in praejndicium sni officii et damnam
bnchii saecolaris, ab ipsis aufferatar et tollatar et ipse clerns ad re-
gulam evangelicam et vitam apostolicam qua Christas Tizit cnm apostolis
redneatnr. — Die Uebersetzang Palacky's entstellt den Sinn geradem,
der Artikel enthielt ein Einlenken in die Anschannngen des XIV. Jahr-
hnnderts und der Fratricellen nnd besog sich nicht auf Tiele Priester
und Mönche, sondern anf den ganzen Clerns und dessen Besitzthom,
respective Eigenthum. Er ist eine ErlSntemng des obenangeführten
Beschlnsses der Wegnahme der dotatio. Palacky hat somit weder die
Tragweite noch den Sinn dieses Artikels verstanden, somit gerade das,
was im Hnssitismns das Bezeichnende ist, missrerstanden and demselben
somit eine ganz andere Bedeatang nntergebreitet. Seinen dentschen
Kachbetem aber, ist es nicht eingefallen, einen willkürlichen Text mit
dem Original zn vergleichen nnd die Worte in ihrem historisch ge-
gebenen Sinne anfsafassen.
912 HBfUr. AUuadlBiic»B ui dmn 0«bi«te in •terlMliMi OuMkiekte. in.
der Bewegung der Massen nur Vortheile f&r sich gesogen.
jene im Standesinteresse ausgebeutet hatte. Alles war ihm
dienstbar geworden. £r verfügte über das Königthom nKk
Belieben^ setzte Einen der Seinigen 1457 ein, schloss die
Habsburger aus, setzte Rudolf II. ab, beseitigte Ferdinand IL
und erhob Friedrich von der Pfalz. Er that, was er wollte^
bis das Geschick auch ihn erreichte, freilich dann auch du
czechische Volk, das ihm blindlings verfallen war.
SITZUNGSBERICHTE
DRR
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE CLA8SE.
XCV. BAND IV. HEFT.
JAHRGANG 1879. — DECEMBER.
XXV. SITZUNG VOM 3. DECEMBER 1879,
Herr Dr. Franz Martin Mayer in Graz sendet ^Unter-
suchungen über die österreichische Chronik des Matthäus oder
Gregor Hagen^ ein.
Die Abhandlung wird der historischen Commission über-
geben.
Herr Johann Freiberger in Messern überschickt eine
Abhandlung unter dem Titel: ;Der Nachfolger des Papstes
Gregor VII. Victor III.* mit dem Ersuchen um ihre Veröffent-
lichung in den akademischen Schriften.
Die Vorlage wird einer Commission zur Begutachtung
überwiesen.
An Drueksohriften wurden vorgelegt:
Acad^mie royale des Sciences, des Lettres et des Beaoz-Arts de Belgiqae;
Bulletin. 48« Ann^e, 2« Serie. Tome 48. Nrs. 9 et 10. Broxelles, 1879; 8».
Akademie der Wissenschaften, k. bairische zu München: Sitzungsberichte
der philosophisch-philologischen and historischen Classe. 1879. Heft IV.
München; 80.
Biker, Julio Firmino Judice: Supplemento k CoUec^ao dos Tratados, Con-
▼en^oes, Contratos e Actos pnblicos celebrados entre a Coroa de Portugal
e as mais potencias desde 1840. Tomo XIV, XV, XVI et XVIII. Lisboa,
1878/79; 8^. — Memoria sobre o Estabelecimento de Maaau. Lisboa,
1879; 8^. — Documentos ineditos para subsidio k Historia ecdesiastica
de Portugal. Lisboa, 1875; 4^
Sitsangsber. d. phU.-hist Cl. XCY. Bd. IV. HU. 59
916
(Jentral-Commisflioni k. k. statistische : Statistisches Jahrbach für da«
Jahr 1876. ni. and IV. Heft. Wien, 1879; 8».
Institute, the Anthropological, of Great Britain and Ireland: Tbe Jonrn&l
Vol. IX. Nr. 1. London, 1879; 8^.
Mittheiluugen aus Justus Perthes* geographischer Anstalt von Dr. A. Peter-
mann. 25. Band, 1879. XI. Gotha, 1879; 4».
,ReTue politique et litt<^raire* et ,IteTUe scientifique de la France et de
r^tranger«. IX« Ann6e, 2« S^rie. Nr. 21 et 22. Paris, 1879; i^.
Soei^tä des Sciences de Nancy: Bulletin. Sdrie IL Tome IV. Faseicale VIIL
XI« Annde. 1878. Paris, 1878; 8^
Society, the royal geographica! : The Journal. Vol. XLVIIL 1878. London ; 8'
— and monthly Record of Geography: Proceedings. Vol. I. Nr. U. NoTem-
ber, 1879. London; 8«.
— the American philosophical : Proceedings. Vol. XVTIL Nr. 102. Jnlj U'
December 1878. Philadelphia, 1878; 8«.
Verein, militSr« wissenschaftlicher, in Wien: Organ. XIX. Band. 4. Hrfl
1879, Wien; 8".
XXVI. SITZUNG VOM 10. DECEMBEB 1879.
Von dem Geheimrath und Reichsarchiv-Director Herrn
Dr. Franz von Löher in München wird der IV. Band seiner
yArchivalischen Zeitschrift^ eingesendet.
Von dem w. M. Herrn Dr. Pfiz maier wird eine flir
die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung : ,Die Sammelhäuser
der Lehenkönige China's' voi^elegt.
An Drueksohriften worden vorgelegt:
Acad^mie imperiale des Sciences de St.-P6ter8boarg : M^moires (Zapiski).
Tome XXXII. Nr. 1 et 2. St. P^tersbourg, 1878; 8». Tome XXXIII et
XXXIV. St-P^tersbourg, 1879; 8». — Concilium Constantiense MCDXIV—
MCDXVIII. St.-Pötersbourg, 1874; gr. 4».
Accademia, B. della Crusca: Atti. Adonanza publica del 7 die Settembre
1879. In Firenze; 8».
Akademie der Wissenschaften, königlich preussischei zu Berlin: Monats-
bericht. Juli und August 1879. Berlin; 8».
Gesellschaft, antiquarische, in Zürich: Mittheilungen. Band XX. Abthei-
lung I, Heft 2. Zürich, 1879; 4».
— deutsche, für Natur- und Völkerkunde Ost- Asiens : Mittheilungen. 12. und
18. Heft. Yokohama, 1877-1879; 4".
— allgemeine geschichtforschende, der Schweiz: Jahrbuch für Schweizerische
Geschichte. IV. Band. Zürich, 1879; 8».
69*
918
Heidelberg, Universitlit: AkAdemische Schriften pro 1878/79. 12 Stück S« iL 4'.
Henry, James: Aeneidea, or critical, ezegetical and aestheiical remarki ob
the Aeneis. Vol. H. Dublin, 1879; 8».
Ynynboll, A. W. T.: Jus Shafiiticom. At-Tanb!h anctore Abu Ish&k A«-
Shiräsi. Lngdoni Batayomm, 1879; 8».
Mittheilnngen, archXologisch-epigraphiBche, ans Oesterreich, Jahqpuig III,
Heft 2. Wien, 1879; 8».
»Revae politiqne et litt^raire* et ,BeTae scientifiqae de la France et de
r^tranger". IX« Ann6e. 2« S^rie. Nr. 23. Paris, 1879; 4».
Bivet-Carnac, J. H. Esq.: Archaeological Notes on ancient scnlptnrings
on rocks in Komaon, India similar to those found on Monoliths and Rocks
in Eorope. Calcatta, 1879; S^, Roagh Notes on the Suake sjuibol in
India in eonnection with the worship of Siva. Calcntta, 1879; 8*. Pre-
historic remains in Central-India. Calcntta, 1879; 8^
Society, the Asiatic of Japan: Transactions. VoL VI, part III. Tokohama,
Shanghai, London, New- York, 1878; 8«. Vol. VII, parts 1—3. Yokohama,
Shanghai, London, New- York, 1879; 8«.
Zeitschrift, archivalische, von Dr. Frans von Löher. IV. Band. Stuttgart,
1879; 80.
Ffismaier. Die SammelhteMr der LehenkÖnige ChiiiA*«. 919
Die Saminelhäuser der Lehenkönige China's.
Von
Dr. A. Pflzmaier»
wirkl. Mitgliede der k. Akademie der WiBsenschafteii.
Am Schlüsse der in dem Buche der Thang enthaltenen
Nachrichten von den zahlreichen damals bestandenen Aemtem
findet sich als Ergänzung noch ein Buch, welches von den
Aemtem der Sammelhäuser der Könige und von den äusseren
Aemtem handelt.
Die Könige (^^E ^^'^''^9)) ^^^ welchen seit den Zeiten der
Han die Rede ist, sind eigentlich Lehenkönige und beinahe
ausschliesslich Verwandte, Brüder oder Söhne des Himmels-
sohnes, wobei auch die in Lehen eingesetzten Kaisertöchter
mitgezählt werden.
,Sammelhaus^ (^J^ fu) ist der Ort, an welchem die Schriften
und Urkunden eines Reiches oder eines Landstriches gesammelt
und aufbewahrt werden. Es ist der Hauptsitz der Verwaltung
der Lehen oder Landstriche.
Die äusseren Aemter sind die nicht zu dem Hofe ge-
hörenden, sondern für die Landstriche besonders geschaffenen
Aemter. Dieselben werden mit Angabe der im Laufe der
Zeiten vorkommenden Veränderungen, der bisweilen wechselnden
Namen und der betreffenden Verrichtungen ausfuhrlich dargelegt.
Nebst der Wichtigkeit des Gegenstandes selbst hatte der
Verfasser die seit den Büchern der späteren Han ohne alle
Erklärungen veröffentlichten Geschichtsschreiber, in welchen
die hier verzeichneten Namen überall eingemengt sind und
Dunkelheit, selbst Un Verständlichkeit verursachen, im Auge,
wodurch, wie in zwei früheren Arbeiten, zur Lösung von
Schwierigkeiten dieser Art wesentlich beigetragen sein dürfte.
920 PfisBaier.
Für die gewöhnlich sehr zusammengesetzten und eigen-
thümlichen Namen wurde, wie bereits an einem Orte gesagt
worden, nicht die Aufstellung allenfalls gleichartiger, in Europa
gebräuchlicher Namen versucht, sondern, zum Theil auf Grand
der vorgefundenen näheren Andeutungen, eine möglichst genaue
Uebersetzung des chinesischen Ausdrucks geliefert.
Die öfters beobachteten Wiederholungen beziehen sich
zwar auf Angestellte derselben Benennung, aber aus verschie-
denen Abtheilungen, mit verschiedenen Verrichtungen, in ver-
schiedener Anzahl und von verschiedenen Rangclassen.
Die Obrigkeiten der Sammelhänser der Konige.
^A Fu ,der Hinzugegebene^ Derselbe ist ein Einziger
und gehört zu der nachfolgenden dritten Classe.
Dieser Würdenträger befasst sich mit der Stützung, mit
der Berichtigung der Fehler und Irrthümer.
^ ^i ^ $* ^ T'A^e-t thsan-hiün sse ,der fragende
und berathende an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der
richtigen fünften Classe.
Dieser Würdenträger befasst sich mit den grossen Ent-
würfen und den Sachen der Berathung.
^ Yeu ,der Freund'. Derselbe ist ein Einziger und ge-
hört zu dem unteren Theile der nachfolgenden fünften Clause.
Dieser Würdenträger befasst sich mit Aufwarten an den
Orten der Wanderungen, mit Bemessen und Belehren über das
Angemessene des Weges.
^ S >Ss€-/^ ,Aufwartende für das Lesend Dieselben
sind von keiner bestimmten Zahl.
^ ^ Wen-hiÖ ,der Angestellte des Lernens des Schrift-
schmucksS Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem oberen
Theile der nachfolgenden sechsten Classe.
Dieser Würdenträger befasst sich mit der Vergleichung
der Vorbilder und Schrifttafeln, mit Aufwarten und Begleiten.
Die Sftmmelhiiuer der Lehenkönige China's. 921
^ MM^(f^+^X^M Wen^tschang tung-n-
kÖ tsi-thsieu ^der Opferer des Weines von dem östlichen und
westlichen kleinen Thore des Schriftschmucks^ Derselbe ist
je Einer und gehört zu dem oberen Theile der nachfolgenden
siebenten Classe.
Dieser Angestellte befasst sich mit der ehrenvollen Be-
handlung der weisen und vortrefflichen Männer und mit der
Führung der Oäste.
Die Aemter von dem Opferer des Weines (tsi-thsieu) auf-
wärts sind königliche Aemter.
In dem Zeiträume Wu-te (618 bis 626 n. Chr.) wurden
eingesetzt:
010 Sse ,der Lehrmeister'. Derselbe war ein Einziger.
^ ^ Tachang-sse , beständige Aufwartende' zwei.
^ ß|J Sse-lxing ^aufwartende Leibwächter* vier.
^ >\ Sche-jin ^Hausgenossen' vier.
^ ^ Ngö'tsche ^zum Besuche Anmeldende' zwei.
Sche-jin ^Hausgenossen' nochmals zwei.
Der fragende und berathende an den Sachen des Kriegs-
heeres Theilnehmende (ihse-i thsan-kiün'sse) und der Freund (yeu)
gehörten beide zu dem unteren Theile der richtigen fünften Classe.
Die Angestellten des Lernens des Schriftschmucks (wen-
hiÖ) imd der Opferer des Weines (tsi-thsieu) gehörten zu dem
unteren Theile der richtigen sechsten Classe.
Zu den Zeiten der Kaiser Kao-tsung und Tschung-tsung
war der älteste Vermerker (tschang-sse) des Sammelhauses des
Königs von ijfQ Siang bei dem Vorgesetzten und Gehilfen (tsai"
siang mit inbegriffen.
Die Sammelhäuser der Könige von ^ Wei, i|| Yung
und H^ Wei waren in dem Amte des obersten Buchfährers
(schang-schu) mit inbegriffen. •
Die Könige von ^ Siü und ^ Han waren stechende
Vermerker (thse-sse). Die Aemter ihres Sammelhauses waren
den äusseren Aemtern gleich. Ihre Ausgaben und Aussichten
wurden immer geringer.
Vor dem Zeiträume Yung-tschün (682 n. Chr.) wurde,
wenn der König noch nicht aus dem kleinen Thore getreten
war, kein Sammelhaus eröffnet.
922 Pfisnaier.
Im zweiten Jahre des Zeitraumes Thien-scheu (691 n. Chr.)
setzte man Obrigkeiten des Sammelhauses des küserlichen
Enkels ein.
Die Söhne des Kaisers Hiuen-tsung traten häufig nicht
aus dem kleinen Thore. Die königlichen Aemter wurden immer
unbedeutender und ihre Zahl wurde auch verringert.
Im zweiten Jahre des Zeitraumes EiDg-yün (711 n. Chr."!
veränderte man den Namen sse ^Lehrmeister^ zu ^& fu ,Hinza-
gegebener ^ Im zweiten Jahre des Zeitraumes Khai-yaen (714
n. Chr.) schaffte man diesen Würdenträger ab. Unvermuthet
setzte man ihn wieder ein. Man schaffte die beständigen Auf-
wartenden (tschang-sse), die aufwartenden Leibwächter (9s&-langj,
die zum Besuche Anmeldenden (khiS-tsche) und die Hausge-
nossen (sche-jin) ab.
Im ersten Jahre des. Zeitraumes Khai-tsch'ing (836 n. Chr.)
veränderte man den Namen ,der Aufwartende fiir das Lesen
der Könige^ (tschü-wang sse-tÖ) zu ^ ^ ^E ^^ ^R f^
ischü-wang kiang-tÖ ^der den Königen die Erklärung des Lesens
Darbietende^ Im Anfange des Zeitraumes Ta-tschung (847
n. Chr.) kehrte man wieder zu der alten Benennung zurück.
^ ^ Tachang-sse ,der älteste Vermerker^ Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der nachfolgenden
vierten Ciasse.
HJ J| Sse-ma ,der Vorsteher der Pferde*. Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile der nach-
folgenden vierten Classe.
Diese Würdenträger befassen sich mit der Leitung der
Genossen des Sammelhauses und der Anordnung der Ver-
richtungen und Bestrebungen.
r i? 4- 4tA Yuen ,der Zugeselltet Derselbe ist ein Ein-
ziger und befasst sich mit der durchgängigen BeurtheiluDg der
Sachen des Richters der Verdienste (^ ^ kung-thscto), des
Richters der Scheunen (^ ^ thsang-thsoo) und des Richters
der Thüren (^ ^ hu-thsao).
JB Schö ,der Zugetheilte'. Derselbe ist ein Einziger.
Die obigen Angestellten gehören zu dem oberen Theile der
Die SammeUiftiuer der Lehenkönige Chinft*«. 923
richtigen sechsten Classe. Sie befassen sich mit der durch-
gängigen Beurtheilang der Sachen des Richters der Waffen
( ^ 1^ ping-thsao), des Richters der Reiter \f^ ^ hhi-thsoo),
des Richters der Vorschrift ^^ "^ fä-thsoo) und des Richters
der vorzüglichen Männer (i ^ sse-thsao).
^ ^t TschU-pu ;der Vorgesetzte der Register^. Derselbe
ist ein Einziger und befasst sich mit der Untersuchung der
Bücher der verschlossenen Abtheilung und mit den belehrenden
Verzeichnungen.
g^ ^ ^ $ ^ £t-5cAi ihaan-kUln-ase ^die das innere
Haus berechnenden und an den Sachen des Kriegsheeres Theil-
nehmenden^ Dieselben sind zwei und befassen sich mit Denk-
schriften, eröffnenden Büchern und weiteren Erklärungen.
^Sk ^ ^ $ ^ Lo-sae thsan-ktün-sse ^der die Sachen
Verzeichnende und an den Sachen des Kriegsheeres Theilneh-
mendc^ Derselbe ist ein Einziger.
Die obigen Angestellten gehören zu dem oberen Theile
der nachfolgenden sechsten Classe. Sie befassen sich mit der
Hinzufügung der Sachen und mit der vorläufigen Untersuchung
der Aufzeichnungen der verschlossenen Abtheilungen.
^ ^ Lö-88e ,der die Sachen Verzeichnende^ Derselbe
ist ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile der nach-
folgenden neunten Classe.
^ W W^ $ ^ Kung-thsao thsan-kiün-sse ,der Richter
der Verdienste und an den Sachen des Kriegsheeres Theil-
nehmende^ Derselbe befasst sich mit den Registern und Büchern
der Obrigkeiten der Schrift, mit Untersuchen, Prüfen und
Hinstellen.
^ Thsang-ihsao thsan-kiün^ase ,der Richter der Scheunen
und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'. Der-
selbe befasst sich mit Verleihungen des Gehaltes, mit der
Küche und den Speisen^ mit Herauskommen und Hereinbringen,
mit Tauschhandel auf dem Markte, mit Feldbau, Fischfang,
Futtergras und Stroh.
J^ Hu-ihüixo tksan-kiün-sse jder Richter der Thüren und
mit den Sachen des Kriegsheeres sich Befassende^ Derselbe
befasst sich mit den Knechten der zu einem Lehen gehörenden
Thüren des Volkes und den Orten, zu welchen mit Wurf-
pfeilen und jagend gegangen wird.
924 Pfismaier.
-^ Ping'ihsao thsan-kiiln-sse ,der Richter der Waffen and
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^ Derselb«
befasst sich mit den Registern und Büchern der Obrigkeiten
des Krieges, mit Untersuchen^ Prüfen und den rorläafigeo
Abgesandten der angemessenen Leibwache.
& Khi'thsao thsan-kiUn-sse ,der Richter der Reiter and
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'. Derselbe
befasst sich mit den Ställen, Hirten, Reitern, Gespannen, mit
geschmückten Sachen, Geräthschaften und Waffen.
Mb Fä'ihsao thsan-kiün-sse ,der Richter der Vorschrift
und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'. Derselbe
befasst sich mit der Untersuchung, Befragung und mit der
Entscheidung über die Strafe.
"f^ Sse^thsao ihsan-kiUnase ,der Richter der vorzüglichen
Männer und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Derselbe befasst sich mit den Verdiensten um den Boden und
mit den öffentlichen Gebäuden.
Diese Angestellten, von dem Richter der Verdienste (kmg-
thsao) angefangen, sind je Einer und gehören zu dem oberen
Tlieile der richtigen siebenten Classe.
j^ ^ 'A TTisan-ktün-sse ,an den Sachen des Kriege-
heeres Theilnehmende^ Dieselben sind zwei und gehören zu
dem unteren Theile der richtigen achten Classe.
^ Hang thsan-kiün-sse ,die an den Sachen des Kri^-
heeres Theilnehmonden des Gangbaren^ Dieselben sind vier
und gehören zu dem oberen Theile der nachfolgenden achten
Classe.
Die obigen Angestellten befassen sich mit dem Aussenden
von Abgesandten und mit vermischten Prüfungen und Ver-
gleichungen.
J^ ^ Tien-thsien ,die der Bestätigung Vorgesetzten^
Dieselben sind zwei und gehören zu dem unteren Theile der
nachfolgenden achten Classe. Sie befassen sich mit der Ver-
breitung und Ueberlieferung der Lehre der Bücher.
In dem Zeiträume Wu-te (618 bis 626 n. Chr.) veränderte
man die Namen von dem Richter der Verdienste (kufig-thsaGj
angefangen und sagte bei ^ 4"^ schu-tso ,Gehilfe der SchrifiS
färthsao , Richter der Vorschrift', hang^schu^tso ,Gehilfe der
gangbaren Schrift', sse-tksao ,Richter der voraüglichen Männer*
Die Sammelhinser der Lehenkönige China*s. 925
für 4^ iso ,Qehilfe^ überall thsan-Mün-sse .der an den Sachen
des Kriegsheeres Theilnehmende'. Man bezog beständig den
Gehilfen der gangbaren Schrift (hang-schu-tso) in den Namen
^PX ^ $ hang-thsan-kiUn ,der dem Kriegsheere Zugetheilte
des Gangbaren^ Man schaffte die Stelle ^ J^ tsckHng-khiÖ
tTisan-kiün-tase ;der an den Sachen des Kriegsheeres Theil-
nehmende von dem Gemache der Feste' ab. Ferner gab es:
1^ Khai'ihsao thsan-kiUn-sse ^Richter der Panzer und an
den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^ Dieselben waren
zwei und befassten sich mit den Waffen der angemessenen
Leibwache.
J5 Thien-thsao thsan-Mün-sse ,der Richter der Felder und
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende/ Derselbe
war ein Einziger und befasste sich mit den öffentlichen Fel-
dern, den Verrichtungen auf den Feldern, Schiessen mit Wurf-
pfeilen und Jagen.
^ Schui-thsao thsan-ktiki-sse ,die Richter der Gewässer
und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'. Dieselben
waren zwei und befassten sich mit den Schiffen, mit Fischfang,
Futtergras und Pflanzen.
Die obigen Angestellten gehörten zu dem unteren Theile
der richtigen siebenten Classe.
^ ^ Kia-U ^Angestellte des Hausest Dieselben
waren zwei.
W ^ ffi ^ ^ ^ Pe-sse wen-sse ngö-tsche ,der in
Sachen der Anfragen der hundert Vorsteher zum Besuche
Anmeldende'. Derselbe war ein Einziger und' gehörte zu dem
unteren Theile der richtigen siebenten Classe.
"^ ( P^ + >^) Sse-hö ,der Vorsteher des kleinen Thores'.
Derselbe war ein Einziger und gehörte zu dem unteren Theile
der richtigen neunten Classe.
In dem Zeiträume Tsching-kuan (627 bis 649 n. Chr.)
schaffte man den Richter der Panzer (khai-thaao), den Richter
der Felder (thien-thsaa) und den Richter der Gewässer (schui-
thsao) ab.
Zu den Zeiten der Kaiserin von dem Geschlechte Wu
wurden die Angestellten von den Angestellten des Hauses
(kia-ll) abwärts abgeschafft.
Tschii'pu ,der den Registern Vorgesetzte'.
926 Pfisnaier.
Kx'schl ,die das innere Haus Berechnenden^ Es gab
ferner :
^ Sie jVermerker' zwei.
Lö-sse ;die Sachen Verzeichnende'.
Kung-ihsoo ^Richter der Verdienste^
Thsang-thsoo ^Richter der Scheunen^
Ping^thsoo ^Richter der Waffen^
Khi'thsao ^Richter der Reiter^
Färthsiio ^Richter der Vor8chrift^
Sse-thsao ,Richter der vorsüglichen Männer^
Die obigen Angestellten waren in jedem Sammelhaose zwei.
Hurihscuhfu 886 ,Vernierker der Sammelhäuser der Richter
der Thüren* je zwei.
Die Angestellten von den der Bestätigang Vorgesetzten
(tien-th8ten) aufwärts sind Obrigkeiten der Sammelhäuser.
Bei den Königen der Landschaften (kiün-toang) und den
Königen der Nachfolge (j^ ^ 88e'icang) wurden keine ältesten
Vermerker (t8chang-88e) eingesetzt.
^ ^ j^ ^ ^ Th8in'88e'fu tien-kiUn , die dem KnegB-
beere Vorgesetzten des Sammelhauses der Sachen der Ver-
wandten^ Dieselben sind zwei und gehören zu dem oberen
Theile der richtigen fünften Classe.
^ ^ $ Feu-tien-ktüH ,die zugetheilten dem Krieg5-
beere Vorgesetzten^ Dieselben sind zwei und gehören zu dem
oberen Theile der nachfolgenden fünften Classe.
Dieses Amt befasst sich mit den Angestellten von dem
vergleichenden Beruhiger (hiao-wei) abwärts, mit der bewah-
renden Leibwache, mit Nachfolgen und Anschliessen. Zugleich
besorgt es die gesattelten Pferde.
jjd^ ^ Hiao-wei ^vergleichende Beruhiger^ Dieselben
sind fünf und gehören zu dem oberen Theile der nachfolgenden
sechsten Classe.
Jl^ ^ LiiJrSÖ , Vorderste der Scharen*. Dieselben ge-
hören zu dem unteren Theile der nachfolgenden siebenten Classe.
^ iE "Tai-tsching ^Richtige der Reihend Dieselben ge-
hören zu dem unteren Theile der nachfolgenden achten Classe.
Die BunmeUiftMer der Lehenkftnige Chiii«*f . 927
^ ^ Tui-feu ,Zugetheilte der Reihend Dieselben
gehören zu dem unteren Theile der nachfolgenden neunten
Classe.
Die obigen Angestellten befassen sich mit der Leitung der
Sachen innerhalb der Zelte, mit Nachfolgen und Anschliessen.
Die Angestellten von den Vordersten der Scharen (liilrsö)
abwärts sahen die Anzahl der Geschäfte der Verwandten (thsin-
88e). Man errichtete jetzt ein Sammelhaus innerhalb der Zelte
(4^ P^ ff^ ^^'ong-nei-fu). Die Angestellten sind:
^ ^ Tien-ktün ,dem Kriegsheere Vorgesetzte^ Die-
selben sind zwei und gehören zu dem oberen Theile der rich-
tigen fünften Classe.
^ -^ $ FeU'tien-Jdiin ^zugetheilte dem Kriegsheere
Vorgesetzte^ Dieselben sind zwei und gehören zu dem oberen
Theile der nachfolgenden fünften Classe«
Von den vergleichenden Beruhigern (hiao-wei) abwärts
sind die Zahl und die Classen wie bei dem Sammelhause der
Sachen der Verwandten (thsin-sse-fu).
Anfänglich nahm man die dem Kriegsheere Vorgesetzten
(tien-kiün) aus der Zahl der Obrigkeiten des Krieges und der
Menschen von fremder Abstammung (^^ ^ Heu-wai). Sie
leiteten die Waffenträger (^ "^ tscKl-Uch'ang)^ die Ange-
stellten des Inneren der Zelte (tsch'ang-nei) und Andere.
In den Sammelhäusem des Königs von Thsin imd des
Königs von Thsi wurden in den sechs Sammelhäusern der das
Kriegsheer Beschützenden (hu-kiün-fu) zur Linken und Rechten^
in dem Sammelhause des nahestehenden Kriegsheeres (^ ^ Jf^
tkgin'kiün'fu) zur Linken und Rechten, und in dem Sammel-
hause innerhalb der Zelte (tsck^ang-nei-fu) zur Linken und
Rechten, in einem Sammelhause der das Kriegsheer Beschützen-
den (hu-kiihi'fv) zur Linken und in einem zur Rechten ein-
gesetzt :
^ ^ Hvr-kiiln ,der das Kriegsheer Beschützende^ Der-
selbe war je Einer.
@(| ^ $ Feu'hU'kiiln ,zugetheilte das Kriegsheer Be-
schützende' je zwei.
Tschang-sse ,der älteste Vermerker'.
Lb-Bse tksan-kiün-sse ,der die Sachen Verzeichnende und
an den Sachen des Kriegsheeres Theiluehmende'.
928 Pfismaier.
Thsang-thsaoy der Richter der Scheunen^
Ping-thsao ,der Richter der Waffen'.
Khai'ihsao thsan'kiün-sse ,der Richter der Panzer und an
den Sachen des Kriegsheeres Theünehmende'. Die obigen An-
gestellten sind je Einer.
)||^ ^ Thung-kiün ^das Kriegsheer Leitende' je ßnf.
J||J ^ Pi^'tdang ,der besonders Anführende' je Einer.
In zwei Sammelhäusem der das Kriegsheer BeschützendeD
(hu-kiünrfu) zur Linken und in zweien zur Rechten, dann in
drei Sammelhäusern der das Kriegsheer Beschützenden (hu-
taün-fu) zur Linken und in dreien zur Rechten wurde die Zahl
der das Kriegsheer Leitenden (thung-hiün) vermindert. Dieselben
waren jetzt drei.
Die besonders Anföhrenden (pi^-tsiang) waren jetzt sechs.
In dem Sammelhause des nahestehenden Kriegsheeres
(^jß $> Ü^ ^A^Vfc»ttn-yti) zur Linken und Rechten waren
angestellt :
Thung-kiUn ,der das Kriegsheer Leitende' je Eüner.
Tschang-sse ,der älteste Vermerker' je Einer.
Lö-Bse ihsan-ldün-sae ,der die Sachen Verzeichnende und
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^.
Ping-ihaoo ,dei' Richter der Waffen'.
Khai-ihsao thsan-ldün-sse ;der Richter der Panzer und an
den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
2^ j^J ^ TsO'pi^'tsiang ,der besonders Anfahrende zur
Linken'.
y£r J||J M. Yetirpi^'tsiang ,der besonders Anfuhrende zur
Rechten. Die obigen Angestellten waren je Einer.
Die Verrichtungen und die Zahl der AngesteDten des
Sammelhauses innerhalb der Zelte (tscKang-nei-fu) sind die-
selben wie diejenigen des Sammelhauses der das Kriegsheer
Beschützenden (hu-kiün-fu).
Ferner gab es die Angestellten;
tf i|[ Khu'tscKi ,Gerade der Rüstkammer'. Dieselben
waren dem Sammelhause der Sachen der Verwandten (Ü^n-
sae-fu) zugesellt.
Qb l§l [S ( Khtiirtschi'tschl) ,im Nachjagen innehaltende
Gerade'. Dieselben waren dem Sammelhause innerhalb der
Die SMiimeUitaMr der Lehenkftnige China*«. 929
Zelte (tschang-nei'fu) zugesellt. Man wählte zu diesen Stellen
die Begabten und Muthigen.
In dem Zeiträume Tsching-kuan (627 bis 649 n. Chr.)
schaffte man die Geraden der Rüstkammer (khu-tscht) und die
nächsten Angestellten ab.
In dem Sammelhause der Sachen der Verwandten (thsin-
sse-fu) waren:
ff^ Fu ,der Angestellte des Sammelhauses'. Derselbe war
ein Einziger.
^ Sse jVermerker' zwei.
^ "^ ^ ^ 'TseK'i'UcVang thsinrsse ,die Waffen fest-
haltende Angestellte der Sachen der Verwandten^ sechzehn.
^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ Tsch'l'kiung'tsch^ang Uchl-
sching thsin-sse ,die Bogen und Waffen festhaltende, die Ge-
spanne festhaltende Angestellte der Sachen der Verwandten'
sechzehn. Diese Angestellten befassen sich mit dem Anbieten
von Reitern imd Gespannen.
^ ^ 7^n-««6 ; Angestellte der Sachen der Verwandten,
dreihundert dreissig.
In ' dem Sammelhause innerhalb der Zelte (Uch'ang-nei'fu)
waren:
Fu ,der Angestellte des Sammelhauses' Einer.
Sse ,Vermerker' Einer.
||^ ^ Tschang-nei , Angestellte innerhalb der Zelte' sechs-
hundert sieben und sechzig.
WL £ H '^ Thsin-wang-kue ling ,der Gebietende der
Reiche der verwandten Könige'. Derselbe ist ein Einziger und
gehört zu dem unteren Theile der nachfolgenden siebenten
Classe.
"i^ ^ Ta-nung ,der Angestellte des grossen Ackerbaues'.
Derselbe ist ein Einziger und gehöii; zu dem unteren Theile
der nachfolgenden achten Classe. Er befasst sich mit der
Beurtheilung der Vorsteher des Reiches (kuS-ase).
^ Wei jder Beruhiger'. Derselbe ist ein Einziger und
gehört zu dem unteren Theile der richtigen neunten Classe.
930 Pfitmaier.
^ Sehing ,der Gehilfe*. Derselbe ißt ein Einziger and
gehört zu dem unteren Theile der nachfolgenden neunten Classe.
A ^ ^ Hiö'kuan tschang ;der Aelteste der Obrigkeiten
des Lernens^
^ Sching yder Gehilfe'. Diese zwei Angestellten sind
je Einer. Sie befassen sich mit der Belehrung und dem Unter-
richte der Menschen des Inneren.
^ ^ ^ Schi'kuan tschang ,der Aelteste der Obrig-
keiten der Speisend
Sching ,der Gehilfe^ Diese zwei Angestellten sind je Einer.
Sie befassen sich mit der Herstellung der Speisetafeln und
Speisen.
]^ ^ ^ J^ieu-mä tschang ,der Aelteste der Ställe und
der Hirten^
Sching ,der Gehilfe^ Diese zwei Angestellten sind je
zwei. Sie befassen sich mit den Hausthieren und Hirten.
^ Ü^ ^ 7t6n-/u tschang ,der Aelteste der dem Sammel-
hause Vorgesetzten'.
Sching yder Gehilfe'. Diese zwei Angestellten sind je
zwei. Sie befassen sich mit vermischten Sachen innerhalb des
Sammelhauses.
Die hier verzeichneten Aeltesten (tschang) gehören zu
dem unteren Theile der richtigen neunten Classe. Die Ge-
hilfen (sching) gehören zu dem unteren Theile der nachfol-
genden neunten Classe.
Zu diesem Amte werden noch gezählt:
^ ^ 7ten-t£?et ,der Leibwache Vorgesetzte' acht Die-
selben befassen sich mit der bewachenden Leibwache (^S^ |^
scheu-wei), mit Nachfolgen und Anschliessen.
^ A Sche-jin ^Hausgenossen' vier.
Lb-sse ,der die Sachen Verzeichnende' Einer.
Fu ^Angestellte des Sammelhausos' vier.
Sse ,Vcrnierker' acht.
St "^ ^ ^ ^ Kung-tschilL-yi ss^Ung ,der Vorsteher
der Gebote der Lehenstadt der Kaisertöchter'. Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile der nachfol-
genden siebenten Classe.
Die SammelhiaMr 4er Lehenkönige China^s. 931
^ Sching ,der Gehilfe'. Derselbe ist ein Einziger und
gehört zu dem unteren Theile der nachfolgenden achten Classe.
Diese Angestellten befassen sich mit den Gütern^ Waaren,
Aufspeicherungen, Feldern und Gärten der Kaisertöchter.
dp ^ Tschü-pu ,der den Registern Vorgesetzte^ Der-
selbe ist ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile der
richtigen neunten Classe.
^ A, LÖ-sse ,der die Sachen Verzeichnende^ Derselbe
ist ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile der nach-
folgenden neunten Classe.
Diese Angestellten beaufsichtigen die Abgaben der Lehen
und sind dem Herauskommen und Hereinkommen der Güter
und Waaren der Häuser vorgesetzt.
Bei diesem Amte werden noch verzeichnet:
Sse ,Vermerker' acht.
^ ^ Ngö-tsche ,zum Besuche Anmeldende' zwei.
.Sche-jin ,Hausgenossen' zwei.
Kia-H , Angestellte des Hauses' zwei.
Die äusseren Aemter.
^ "7^ :^ iS| 7C |)|j Thien-hia ping-ma yuen-sö ,der
ursprüngliche Vorderste der WaflFen und Pferde der Welt'.
^ 7C @l|) Feti-yuen-«^ ,der zugetheilte ursprüngliche
Vorderste',
^ )j^ Ttz-^Aiin^ ,der allgemeine Leitende'.
SQ ^ i^ Feu-tU'ttmg ;der zugesellte allgemeine Lei-
tende'.
^ ^ ^ ^ Hang-kiUn tschang-sse ,der älteste Ver-
merker des wandernden Kriegsheeres'.
^ $ ^ iS| Hang4ciün sse-ma ,der Vorsteher der
Pferde bei dem wandernden Kriegsheere'.
^ $ i ^ J§ Hang-Tdün teo-sse-ma ,der Vorsteher
der Pferde zur Linken von dem wandernden Kriegsheere'.
^ ^ >^ €] J§ Hang-kitin yeu-sse-ma ,der Vorsteher
der Pferde zur Rechten von dem wandernden Kriegsheere'.
Sitrongsber. d. pkil.-hist. Cl. XCV. Bd. IV. Hfl. 60
932 Pfitniaier.
^ ^ Puan-knan ,der beartheilende Amtsfuhrer^
Diese Würdenträger befassen sich mit den Verzeichnangen
der Bücher und der Theilnahme an den Berathungen des wan-
dernden Kriegsheeres.
"f^ ^ ^ M 'ffl^ Thsien-kiün ping-ma sse ,der Ab-
gesandte für die Waffen und Pferde des vorderen Kriegsheeres'.
^ £ -^ S^ ^ß Tschung-kiün ping-ma sse ,der Ab-
gesandte für die Waffen und Pferde des mittleren Kriegsfaeeres'.
^ ^ Jp^ M ^R Heu^ktiln ping-ma sse , der AhgesBudi^
flir die Waffen und Pferde des rückwärtigen Kriegsheeres'.
^ $ ^ i^ "1^ Tschung-kiUn tu-yü-heu ,der allge-
meine Bemessende und Erspähende des mittleren Kriegsheeres'.
j^ ^ Yu^n-sÖ ,der ursprüngliche Vorderste'.
^ ^ Tu'thung ,der allgemeine Leitende'.
^ i^ ^ 'I'^^^^o-ihao sse ,der herbeirufende und Strafe
verhängende Abgesandte'.
Diese Würdenträger befassen sich mit Eroberungszügen
und Angriffen. Wenn die Kriegsmacht aufgelöst wird, so
werden sie an Zahl verringert. Der allgemeine Leitende (hi-
thung) leitet die Waffen und Pferde sämmtlicher Wege. Ihm
werden keine Fahnen und Abschnittsröhre verliehen.
Als Kaiser Kao-tsu zu den Waffen griff, wurden eingesetzt:
Tso-yeu ^ ^ ling-kiün ,der das Kriegsheer Leitende^
zur Linken und Rechten.
-^ ^ ^ Tri- fii-f^ , der grosse allgemeine Beaufsichtiger'.
Diese Angestellten leiteten je die drei Kriegsheere.
Als man die Mutterstadt beruhigt hatte, wurden eingesetzt :
Tso-yeu jq ^ yum-sÖ ,der ursprüngliche Vorderste' zur
Linken und Rechten.
3ÄC ^ ^ ^ ^ 7C ßlB Thai'yuen-taohang'kiiinyuefhMi
,der ursprüngliche Vorderste des auf den Wegen von Thai-
yuen wandelnden Kriegsheeres'.
Bi ^^ 7C ßlll f^i'^^o yuen-sö ,der im Westen Strafe
verhängende ursprüngliche Vorderste'.
Diese Würdenträger wurden von den verwandten Königen
geleitet.
Gegen das Ende des Zeitraumes Thien-pao (755 n. Chr.)
wurden eingesetzt:
Die Sammelhäaser dor Lehenköuige Chiiia*ä. 90t>
Thien-hia ping-ma yuensö ,der ursprüngliche Vorderste
der WaflFen und Pferde der Welt'.
Tu'thung ^der allgemeine Leitende^
SÖ-fang ho-tung ha-pe ^ ^ ping lu ^jf ]^ ^^ tsie-
tU'Sse ybemessende Abgesandte des Abschnittsrohres fiir Sö-
fang, Ho-tung, Ho-pe, die Landstriche Ping und Lu'.
Die Namen tachao-thao ;der Herbeirufende und Strafe
Verhängende' und tu-thung ,der allgemeine Leitende' stammen
aus dieser Zeit.
Im achten Jahre des Zeitraumes Ta-ll (773 n. Chr.) wurde
der ursprüngliche Vorderste der WaflFen und Pferde der Welt
(thien-hia ping-ma yuensÖ) entlassen.
Im vierten Jahre des Zeitraumes Eien-tschung (783 n. Chr.)
wurde aus Anlass der Empörung ^ ^ ^ Li-hi-li6*s ein-
gesetzt :
^^tfü^ÄifilllSTCßlll tschü-Jdün hang-ying
ping-ma tu-yuen-sÖ ,der allgemeine ursprüngliche Vorderste der
WaflFen und Pferde der wandelnden Lager der Kriegsheere'.
Im ersten Jahre des Zeitraumes Hing-yuen (784 n. Chr.)
setzte man den zugesellten allgemeinen Leitenden (feu-tu-
thung) ein.
In dem Zeiträume Hoei-tschang (841 bis 846 n. Chr.)
setzte man einen ursprünglichen Vordersten (yuen-sÖ) der sechs
Wege der Landstriche ^ Ling und W Hia ein.
Bei dem Unglück durch den Empörer ^ ^ Hoang-
thsao setzte man allgemeine Leitende (tu-thung) der wandelnden
Lager sämmtlicher Wege (tschü-tao hang-ying) ein.
Im zweiten Jahre des Zeitraumes Thien-fö (902 n. Chr.)
setzte man einen ursprünglichen Vordersten der WaflFen und der
Pferde sämmtlicher Wege (tschü-too ping-ma yuen-sÖ) ein. Un-
vermuthet veränderte man wieder den Namen und sagte thienr
hia ping-Toa yuensö ,der ursprüngliche Vorderste der WaflFen
und Pferde der Welt'.
^ $ ^ 4^1 Hang-kiUn sse-m^ ,der Vorsteher der
Pferde von dem wandelnden Eriegsheere'. Derselbe befasst
sich mit der Einrichtung der Bogenwinden und WaflFen. Wenn
man an einem Orte weilt, veranstaltet er Einübungen in der
60»
934 Pfismaier.
Jagd. Wenn man Dienstleistungen hat, legt er die Vorschriften
für Kampf und Vertheidigung dar. Geräthschaften, Mondvor-
räthe, Schrifttafeln des Kriegsheeres, Geschenke und Gabeo
gehören ausschliesslich in sein Bereich.
Im ersten Jahre des Zeitraumes Wu-te (618 n. Chr.) ver-
änderte man den bisher üblichen Namen ^ yj^ tsan-tichi
,der die Einrichtung Darreichende' zu y^ dl tschi-tachung ^der
Mittlere der Einrichtung.
Als Kaiser Kao-tsung zu seiner Stufe gelangte, sagte man
ase-ma ^Vorsteher der Pferde'. Ein solcher wurde auch in den
unteren Landstrichen eingesetzt.
Im zweiten Jahre des Zeitraumes Hien-khing (657 n. Chr.
setzte man einen Vorsteher der Pferde (sse-ma) für f^ LkV
tscheu ein.
Zu den Zeiten der Kaiserin von dem Geschlechte Wu,
im ersten Jahre des Zeitraumes Ta-tsö (701 n. Chr.) setzte
man in der östlichen Hauptstadt (tung-tu), in der nördlichen
Hauptstadt (pe-tu) und in den Landstrichen Yung, King, Yang
und Yt Vorsteher der Pferde (sse-ma) zur Linken und Rechten
ein. Im zweiten Jahre des Zeitraumes Schin-lung (706 d. Chr.;
verminderte man sie.
Im ersten Jahre des Zeitraumes Thai-kl (712 n. Chr.)
vermehrte man in den vier Sammelhäusern der grossen allge-
meinen Beaufsichtiger (^ ^ ^ ta-tu-tö) in den Landstrichen
^ Yung und ^ Lö die Vorsteher der Pferde (sse-ma) m
Einen. Man theilte sie auch in solche zur Linken und Rechtes.
g^ Tschang-schu'ki ,der mit den Verzeichnungen
der Bücher sich Befassende^ Derselbe befasst sich mit dem
Erscheinen an dem Hofc; mit Erkundigung, Fragen, Trösten, mit
dem Texte des Opfergebetes und mit der Sache der Erlässe,
des Aufsteigens und der Zurücksetzung.
^ ^ ^ ^ Hang-kiün thsan-meu ,der an den B^
rathuugen des wandernden Kriegsheeres Theilnehmende'. Der-
selbe verschliesst und bereitet das Geheime der Triebwerke in
dem Kriegsheere vor.
Im ersten Jahre des Zeitraumes King-lung (707 n. Chr.)
setzte man einen mit den Verzeichnungen der Bücher sich Be-
fassenden (tschang-schu'ki) ein.
Die Sammelhioser der LeheokSnige China*». 935
Im zwölften Jahre des Zeitraumes Ehai-yuen (724 n. Chr.)
schaffte man den an den Berathungen des wandelnden Kriegs-
heeres Theilnehmenden (hang-kiün iksan-meu) ab. Plötzlich
setzte man einen solchen wieder ein.
|[{f 1^ ^ TsW'tU'Sse ;der bemessende Abgesandte des
AbschnittsrohresS
Sil >^ ^ Feu-tonsse ,der zugetheilte grosse Abgesandte'.
^ ^{f 1^ ^ Tschi tsie-tu sse ^der den Sachen des Be-
messenden des Abschnittsrohres Vorgesetzte^
^ £ ^ iSI Hang-kiün sse-ma ,der Vorsteher der
Pferde von dem wandelnden Kriegsheere.
^ ^ Feti-^^e ,der zugetheilte Abgesandte'.
^J W ^^^^'^^^^ }^^^ beurtheilende Amtsführer'.
^ ^ §6 Tschang-schu'ki ,der mit den Verzeichnungen
der Bücher sich Befassende'.
"jf^ ^ Tui'kuan ,der darbietende Amtsführer'.
^ ^ Siün-kuan ;der umherwandelnde Amtsfiihrer'.
^ H^ Fa-^m' ;der Darbietende des hohen Wohnsitzes'.
Die obigen Würdenträger sind je Einer.
^ ^ß i^ Sil ^ TTiung-tsie-tu feu-sse ^mit dem Be-
niessenden des Abschnittsrohres gleichstehende zugetheilte Ab-
gesandte. Dieselben sind zehn.
^ €1 j(^ W ^^^^''^'V^ siün-kuan ^umherziehende Amts-
führer der Gebäude und Posten'. Dieselben sind vier.
jj^ ^ j^ |j|[ ^ Fu-yuen fä t8ch%kuan ,gerade Amts-
führer der Vorschrift der Sammelhäuser und Gebäude'.
Yao'tf^ ;die Schrifttafeln Untersuchende'.
j^ ^ TacKÖ-yao thsin-ase ^wetteifernd die Sache
der Verwandten Untersuchende'.
Die obigen Würdenträger sind je Einer.
^ ^ Suukiün ydem Kriegsheere Nachfolgende'. Die-
selben sind vier.
Wenn der bemessende Abgesandte des Abschnittsrohres
(tsi^'tu-sse) die Könige der Landschaften in ihr Lehen einsetzt^
80 ist dabei der Würdenträger:
j
936 Pfismaier.
^ Tseu'ki ,der an dem Hofe Meldende und Ver-
zeichnende^ Derselbe ist ein Einziger. Zugleich mit diesem
ist dabei:
ffl ^ ^ Kuan-tsch'ärsse ,der beobachtende und unter-
suchende Abgesandte^ Ferner sind dabei:
^J W ^^'*-^«<*^ jder beurtheilende Amtsfuhrer'.
^C ^ TscKi'Sse ,der bemessende Abgesandte^
ij^ ^ Tui'kuan ,der darbietende Amtsfuhrer^
]{GS ^ Siün-kuan ^der umherziehende Amtsführer^
^ ^ Ya^tui ,der Darbietende des hohen Wohnsitzes^
Diese Würdenträger sind je Einer. Ferner ist dabei:
^ Wi ^ A^^an-/u-««e ,der beruhigende Abgesandte^.
Bei demselben sind dann:
Ftf(-88e ,der zugetheilte Abgesandte^
Puan-kuan yder beurtheilende Amtsfiihrer^ Diese Würden-
träger sind je Einer.
Hinzugegeben werden noch:
^C ^ TscJii'tu ,der bemessende Abgesandte ^
^ 09 Ying-thien ^der die Felder bauende Abgesandte'.
"^ 0^ Tschao-thao ,der herbeirufende und Strafe ver-
hängende Abgesandte^
j^ PS* ^ ^ing-^io-sse ,der vorbeigehende und durch-
streifende Abgesandte^
Zu diesen Würdenträgern gehören dann:
FeU'Sse ,der zugetheilte Abgesandte'.
Puan-kuan ^der beurtheilende Amtsfiihrer'. Diese zwei
Angestellten sind je Einer.
Zu dem bemessenden Abgesandten (tscVi-tu-sse) gehören
wieder:
Wi )£ Khmi-yün puan-kuan ,der beurtheilende Amts-
flihrer des Versendens'.
Siün-kuan ,der umherziehende Amtsfuhrer'. Dieselben
sind je Einer.
Der bemessende Abgesandte des Abschnittsrohres (tm?-
tU'Sse) befasst sich mit der Leitung der Schaaren des Kriegs-
heeres und ausschliesslichem Hinrichten und Tödten. Er über-
gibt anfänglich die Oeräthe, fasst die Waffen zusammen, erscheint
Die Sammelbiiuer d«r Leheokfinige China*s. 937
zum Besuche in der Abtheilung der Waffen (pi'^^g-p^) und
verabschiedet sich. Wenn er den beobachtenden und unter-
suchenden Abgesandten (kuan-iscVü^sse) besucht, ist es eben-
falls so. An dem Tage, wo er sich verabschiedet, schenkt man
ihm ein Paar Fahnen und ein Paar Abschnittsröhre.
Wenn er auf der Reise ist, stellt er ein Abschnittsrohr
auf und pflanzt sechs Federnfahnen. Die Obrigkeiten, die er
trifft, begleiten ihn nach der Vorschrift zu der Haltstelle einer
Post und bringen es sofort nach oben zu Ohren.
Wenn er eine Gränze überschreitet, bauen die Landstriche
und Kreise einen Söller des Abschnittsrohres und ziehen ihm
mit Trommeln und Hörnern entgegen. Die Waffen des hohen
Wohnsitzes befinden sich vor ihm. Fahnen und Wimpeln be-
finden sich in der Mitte. Cymbeln von Agatgold (^ ^ kho-
lein), welche der grossen Anführer ertönen lässt, Trommeln
und Hörner befinden sich rückwärts. Die Landstriche und
Kreise beschenken ihn mit Siegeln und empfangen ihn zur
Linken des Weges.
An dem Tage, wo er die Sachen betrachtet, stellt man
ehrende Bänke {jjM ^ li-ngan), welche einen Schuh zwei
Zoll Höhe und acht Schuh im Umfange haben, und drei Bänke
der Beurtheilung auf. Der bemessende Abgesandte des Ab-
schnittsrohres (tsiS-tU'Sae) beurtheilt die Vorgesetzten und Reichs-
gehilfen (tsai-siang). Der beobachtende und untersuchende
Abgesandte (kuan-tscVä-sse) beurtheilt den bemessenden Ab-
gesandten des Abschnittsrohres (tde-tu-sse). Der ausschliesslich
läuternde Abgesandte (^ j|A ^ tuan-lien-sse) beurtheilt
den beobachtenden und untersuchenden Abgesandten (ktian-
UcKorSse). Am dritten Tage wäscht man das Siegel und sieht,
ob es zerschnitten oder eingebrochen ist.
Im ersten Monate jedes Jahres untersucht man^ ob £in-
richtungen getroffen wurden oder nicht. Waffen giessen ist
Gegenstand der oberen Untersuchung. Hinreichende Nahrungs-
mittel ist Gegenstand der mittleren Untersuchung. Verdienste
an den Gränzen ist Gegenstand der unteren Untersuchung.
Der beobachtende und untersuchende Abgesandte (kuan-
Uch*ä-88e) macht Ueberfluss und Reife des Getreides zum
Gegenstände der oberen Untersuchung. Die Verringerung der
Strafen macht er zum Gegenstande der mittleren Untersuchung.
938 Pfiiaaier.
Die Unterscheidung der Abgaben macht er zum Gegenstände
der unteren Untersuchung.
Der ausschliesslich läuternde Abgesandte (tuan-Uen-ue)
macht die Zufriedenstellung des Volkes zum Gegenstande der
oberen Untersuchung. Die Warnung vor Ränken macht er
zum Gegenstande der mittleren Untersuchung. Die Gewinnimg
der Neigung macht er zum Gegenstande der unteren Unter-
suchung.
Der abwehrende und vertheidigende Abgesandte (^ ^
'ffl^ fang-yü-ase) macht das Unvermuthete zum Gegenstände
der oberen Untersuchung. Die Klärung des Ungemachs macht
er zum Gegenstande der mittleren Untersuchung. Die Voll-
endung der Lenkung macht er zum Gegenstande der unteren
Untersuchung.
Der vorbeigehende und durchstreifende Abgesandte (king-
Uö-sae) macht Berechnung und Bemessung zum Gegenstande
der oberen Untersuchung. Die gesammelten Sachen macht er
zum Gegenstande der mittleren Untersuchung. Uebung der Be-
gründung macht er zum Gegenstande der unteren Untersuchung.
Wenn man von den Verrichtungen ablässt, so kommt
man in dem Gerichtshause zusammen. Das Siegel des be-
messenden Abgesandten dos Abschnittsrohres (tsie-tu-ase) behält
man nach Umständen zurück. Dem Siegel des beobachtenden
und untersuchenden Abgesandten (kuan-tsch'ä-sse), des die
Felder Bauenden (ying - thien) und Anderer, lässt man die
Obrigkeiten der Leibwächter (lang-kuan) vorgesetzt sein. Man
legt ein Schloss an den Söller der Abschnittsröhre (tsi^-leu), an
die Halle der Abschnittsröhre (tsi^-thang) und lässt ihnen den
Abgesandten des Gebäudes der Abschnittsröhre ("^ ^ ^
tsie-yuen-sse) vorgesetzt sein.
Der Darbietende des Opfers (^^ ^ tsi-thien) tritt recht-
zeitig bei dem Hofe ein. Wenn er noch nicht erschienen, tritt
er nicht in das eigene Wohnhaus ein.
Die Landpfleger (^ mö) des Kreises der Mutterstadt
und von Ho-nan, der grosse allgemeine Beaufsichtiger (ta-tu-
tö) und der grosse allgemeine Beschützende (^ ^ ^ ^'
turhu) sind verwandte Könige. Sie lenken in der Ferne die
beiden Sammelhüuser. Man lässt ihnen den Richtigen (^ yün)
vorgesetzt sein.
Die SammelhftaMr dar Lehenköaige ChinaV. 939
Der Lenkung des Sammelhauses des grossen allgemeinen
Beaufsichtigers (ta-tu-tö) lässt man den ältesten Vermerker
(tsckang-sae) vorgesetzt sein.
Der Lenkung des grossen allgemeinen Beschützenden (ta-
fU'hu) lässt man den zugetheilten grossen allgemeinen Be-
schützenden (feu-ta-tu-hu) vorgesetzt sein. Der zugetheilte
grosse allgemeine Beschützende ist zugleich ältester Vermerker
(tschang-sse) des Sammelhauses der Könige.
Später werden unter den Würdenträgern genannt:
^ fßS TscKi'tsie ,der das Abschnittsrohr Erfassende'.
Es ist der Bemessende des Äbschnittsrohres (^^ff ||^ tsi^-tu).
Der zugetheilte grosse Abgesandte (feu-tasse) und der
den Sachen des Bemessenden des Abschnittsrohres Vorgesetzte
(tschi tsii-tu 88e) sind richtige Bemessende des Äbschnitts-
rohres (jj^ ^Jf H^ tsching-tgiS'tu),
Die Könige, welche zu grossen Abgesandten der Be-
messung des Abschnittsrohres (tsie-tu ta-sse) ernannt werden,
bleiben in der Mutterstadt zurück.
Ein Einziger ist:
Der beobachtende und untersuchende Abgesandte (kuan-
tscVa-sse).
Je Einer sind ferner die zu dessen Amte Gehörenden:
Feu'Sse ,der zugetheilte Abgesandte'.
TscVi'Sse ;der bemessende Abgesandte'.
Puan-kuan ,der beurtheilende Amtsführer'.
Tschang-schu-ki ,der mit den Verzeichnungen der Bücher
sich Befassende'.
Tui-kuan ,der darbietende Amtsfuhrer'.
Siün-lctuin .der umherziehende Amtsführer'.
Ya-tui ,der Darbietende des hohen Wohnsitzes'.
Sui'kiün ,der dem Kriegsheere Nachfolgende'.
Yao-ttÜ ,der die Schrifttafeln Untersuchende'.
^ ^ ^ Tsin-tseu-kuan ,der darreichende und an dem
Hofe meldende Amtsfuhrer'.
Ein Einziger ist:
Der ausschliesslich läuternde Abgesandte (tuan-lien-ifae).
Je Einer sind ferner die zu dessen Amte Gehörenden :
940 Pfismftier.
Feursse ,der zugesellte Abgesandte^
Pfian-ktian ;der beurtheilende Amtsfuhrer'.
Tui'kuan ,der darbieteDde Amtsführer^
Siiln-kuan ,der umherziehende Amtsf&hrer^
Ya-tui ,der Darbietende des hohen Wohnsitzes^
K^ ^S 'ffl^ Fang-yü'sse ,der abwehrende und vertheidi-
gen de Abgesandte^
j^ ^S Feu-sse ,der zugetheilte Abgesandte'.
^J 1^ Puan-kuan ,der beurtheilende Amtsfuhrer^
:j^ ^ Tui'kuan ,dor darbietende Amtsfuhrer*.
](^ ^ SUn-kuan ;der umherziehende Amtsfuhrer'.
Die obigen Würdenträger sind je Einer.
^ ^ 1^ S ^ Knan-tach'ä tscli'u-tschl sse ^beobach-
tende und untersuchende Abgesandte des Verbleibens und der
Einsetzung^ Diese Würdenträger befassen sich mit der Unter-
suchung des Guten und Schlechten der Eingesetzten und erheben
die grosse Leitung. Was sie an dem Hofe melden und am
was sie bitten, gehört zu den Landstrichen.
Im Anfange des Zeitraumes Tsching-kuan (627 n. Chr.)
schickte man dreizehn grosse Abgesandte (ta-sse) aus. Die-
selben durchzogen und untersuchten sämmtliche Landstriche
der Welt. Wenn Wassersnoth oder Dürre war, schickte man
Abgesandte, welche die Namen ^ |^ siün-tsdiä ^Umher-
ziehende und Untersuchende', ^ ^ ngan-fu ,Bei*uhigende',
^ ^ tsün-fu ,Erhaltende und Beruhigende' führten.
Im zweiten Jahre des Zeitraumes Schin-Iung (706 n. Chr.)
machte man zwanzig Menschen von der fünften Ciasse auf-
wärts zu umherziehenden und untersuchenden Abgesandten
der zehn Wege (-|- ^ "^ ^ ^^ schi-tcu) siünrUdCärSui).
Dieselben untersuchten die Landstriche und Kreise, reisten
zweimal umher und wechselten dann.
Im zweiten Jahre des Zeitraumes Eing-yün (711 n.Chr.)
setzte man ein:
^ ^ Tu'tÖ ,allgemeine Beaufsichtiger'. Dieselben waren
vier und zwanzig und untersuchten das Gute und Schlechte
der Würdenträger von dem stechenden Vermerker (thsessej
abwärts. Ferner setzte man ein:
Die Sammelh&aser der Lebenk&nige Chioft^s. 941
^ JfiL ^ ^ Sse-khiü tsung-sse ,der Erhebung Vor-
stehende, den Geschäften sich Anschliessende^ Dieselben waren
zwei und im Range den kaiserlichen Vermerkern (yü-sse) gleich.
Für die vier Landstriche Yang, Yl, Fing und King er-
nannte man grosse allgemeine Beaufsichtiger (ta-tu-tÖ).
Für die zehn Landstriche Pien, Yuen, Wei; Ki, P'u, Mien,
Thsin, Hung, Jün und Yu$ ernannte man mittlere allgemeine
Beaufsichtiger (tschung-tu-tö). Diese und die grossen allgemeinen
Beaufsichtiger gehörten zu der richtigen dritten Classe.
Für die zehn Landstriche Thsi, Lö, King, Siang, Ngan,
Tan, Sui, Thung, Liang und Wei ernannte man untere allge-
meine Beaufsichtiger (hia-tu-tÖ). Dieselben gehörten zu der
nachfolgenden dritten Classe.
Um diese Zeit hielt man dafür, dass Macht und Ansehen
schwer zu beschränken seien, und man schaffte diese Beauf-
sichtiger ab. Bloss die vier Sammelhäuser der grossen allge-
meinen Beaufsichtiger (ta-tu-tö) blieben wie fiiiher.
Ferner setzte man ein:
"P ^ ^ ^ fi^ '^^^'^^^ f^gdn-tsch'ä 886 ,untersuchende
Abgesandte der zehnWege^ Dieselben waren für jeden Weg Einer.
Im zweiten Jahre des Zeitraumes Khai-yuen (714 n. Chr.)
sagte man '\^^^^^^J^^^ 8cht'tao ngan-
iscKa thsai'-fang tsch'u-tscVl 88e ,untersuchende, erfassende und
befragende Abgesandte des Verbleibens und der Einsetzung
für die zehn Wege^ Im vierten Jahre desselben Zeitraumes
(716 n. Chr.) schaffte man sie ab.
Im achten Jahre des Zeitraumes Khai-yuen (720 n. Chr.)
setzte man wieder ein:
"f* ^ ^ ^ ^ Schl'tao ngan-tscKä 8se ,untersuchende
Abgesandte der zehn Wege^ Dieselben durchzogen und be-
sichtigten im Herbst und Winter die Landstriche und Kreise.
Im zehnten Jahre desselben Zeitraumes (722 n. Chr.) schaffte
man sie ebenfalls ab.
Im siebzehnten Jahre des Zeitraumes Khai-yuen (729
n. Chr.) setzte man wieder ein:
liang-khi ngan-tscVä sse ,die untersuchenden Abgesandten der
zehn Wege und der beiden Qränzgebiete der Mutterstadt und
der Hauptstadt^
942 Pfiim»i«r.
Im zwanzigsteu Jahre des Zeitraumes Khai-yuen (732
D. Chr.) sagte man:
# 1^ M i^ "^ rA«af-/aH9 tscht-tsch'u sse ,die er-
fassenden und befragenden Abgesandten der Bünsetzong und
des Verbleibens^ Man vertheilte sie auf fünfzehn W^e.
Gegen das Ende des Zeitraumes Thien-pao (755 n. Chr.)
war wieder zugleich Entsetzung und Beförderung.
Im ersten Jahre des Zeitraumes Ehien-yuen (758 n. Chr.)
veränderte man den Namen, zu kuan-iscKä tsch'u-tsch'i sse ,be-
obachtende und untersuchende Abgesandte des Verbleibens und
der Einsetzung^
^ ^ M ^ ^t ^ ^ ^'^^ ^^ng-tu pe-tu mö ,die
Landpfleger der westlichen Hauptstadt, der östlichen Haupt-
stadt, der nördlichen Hauptstadt^ Dieselben sind je Einer und
gehören zu der nachfolgenden zweiten Classe.
Si-tu tung-tu pe-tu fung-tsiang tsdiing-tn ko-tschung kiang-
ling hing-yuen te-hing J^ fu ^ yän ,die Richtigen der Sammel-
häuser der westlichen Hauptstadt, der östlichen Hauptstadt, der
nördlichen Hauptstadt, von Fung-tsiang, Tsch'ing-tu, Ho-tschung,
Eiang-ling, Hing-yuen und Te-hing'. Dieselben sind je Einer
und gehören zu der nachfolgenden dritten Classe.
Diese Würdenträger befassen sich mit den Umgestaltungen
durch die Tugend. Sie ziehen alljährlich in den abhängigen
Kreisen umher, beobachten Sitten und Gewohnheiten, ver-
zeichnen die Gefangenen und kümmern sich um Witwer und
Witwen. Wenn verwandte Könige den Landstrichen vorge-
setzt sind, so machen sie alljährlich die Meldung nach oben
und stehen bei dem Umherziehen in den Kreisen zur Seite.
Im ersten Jahre des Zeitraumes Wu-te (618 n. Chr.) setzte
man in ^ Yung-tscheu einen Landpfieger (mÖ) ein. Man er-
nannte zu diesem Amte einen verwandten König. Gewöhnlieh
Hess man jedoch durch einen besonders Fahrenden (^J||J j|
pü-kia) die Sachen des Landstriches leiten.
In dem Zeiträume Yung-hoei (650 bis 655 n. Chr.) ver-
änderte man den Namen Yün ^Richtiger' zu tschang-ase ^ältester
Vermerker'.
Als Kaiser Thai-tsung den Angriff auf Kao-li unternahm;
setzte er einen zurückbleibenden Wächter der Feste der Mutter-
k^
Die Sammelhftnser der Lehenkönige China*». 943
Stadt (^ ^ If ^ king-tsch'ing lieu-scheu) ein. Als später
Wagen und Gespanne sich nicht in der Hauptstadt befanden,
setzte man einen zurückbleibenden Wächter ^^ n^ lieti-scheu)
ein und machte den grossen Heerführer des ^ ^ Rin-ngu
zur Rechten zum zugesellten zurückbleibenden Wächter (feu-
Ueu-scheu).
Im ersten Jahre des Zeitraumes Ehai-yuen (713 n. Chr.)
veränderte man für die Sammelhäuser des Kreises der Mutter-
stadt und von Ho-nan den Namen tschang-sse ^ältester Ver-
merker' wieder zu ^ yün ^Richtiger^ Derselbe beurtheilte
durchgängig die Bestrebungen des Sammelhauses. Wenn die
Stelle des Landpflegers (mö) leer war, fUhrte er dessen Geschäfte.
Im eilften Jahre des Zeitraumes Khai-yuen (723 n. Chr.)
setzte man in dem Sammelhause von Thai-yuen ebenfalls einen
Richtigen (yün) und einen kleinen Richtigen (achao-^iln) ein.
Man machte den Richtigen (yün) zum verbleibenden Wächter
(lieu-scheu). Den kleinen Richtigen (schao-yün) machte man
zum zugetheilten zurückbleibenden Wächter (feu-Heu-scheu). Man
nannte sie die zurückbleibenden Wächter der drei Hauptstädte.
In den drei Hauptstädten (san^tu) gehören zu dem Sammel-
hause des grossen allgemeinen Beaufsichtigers (ta-tu-tö) die
Angestellten :
^ ^ Tien-yÖ ,den Gefängnissen Vorgesetzte' achtzehn.
^ ^ Wen-sse ^nach den Sachen Fragende' zwölf.
}ä l£ P^'tacKi ,die meldenden Geraden' vier und zwanzig.
Unter diesen Angestellten verschliesst und bewacht der
den Gefangnissen Vorgesetzte (tien-yÖ) die Gefangenen. Der
nach den Sachen Fragende (wen-sae) vollzieht die kleinen Strafen.
Im mittleren Sammelhause (tschung-fu) gehören zu den
oberen Landstrichen (schang-tscheu) die Angestellten:
Tien-yö ,den Gefängnissen Vorgesetzte' vierzehn.
Wen'Sse ,nach den Sachen Fragende' acht.
Pe-tschl ,die meldenden Geraden' zwanzig.
In dem unteren Sammelhause (hia-fu) gehören zu den
mittleren Landstrichen (tachung-tscheu) die Angestellten:
Tien-yö ,den Gefängnissen Voi^esetzte' zwölf.
Wen-aae ,nach den Sachen Fragende' sechs.
Pe-facVl ydie meldenden Geraden' sechzehn.
044 Pfixmaier.
Zu den unteren Landstrichen gehören die Angestellten:
Tien-yö ,den Gefängnissen Vorgesetzte' acht.
Wen-sse ,nach den Sachen Fragende' vier.
Pe-tsch't ;die meldenden Geraden' sechzehn.
In allen Äemtern, von denjenigen der drei Hauptstädte
(san-tu) abwärts, gibt es:
ä^ JJ T8ch!l'tao ,das Schwert Ergreifende', Dieselben
sind fünfzehn.
^ ^ Schao-tfiln ,die kleinen Richtigen'. Dieselben sind
zwei und gehören zu dem unteren Theile der nachfolgenden
vierten Classe.
Diese Würdenträger befassen sich als Zweite mit den
Sachen der Sammelhäuser und der Landstriche. Am Elnde des
Jahres bringen sie in abwechselnder Ordnung die Rechnungen ein.
^ ^ ^ $ $* iiS«^^^ thaan-kiUn'Sse ^die den Ver-
zeichnissen Vorstehenden und an den Sachen des Kri^;sbeere8
Theilnehmenden'. Dieselben sind zwei und gehören zu dem
oberen Theile der richtigen siebenten Classe.
^& A Lö'Sse ,die Sachen Verzeichnende'. Dieselben sind
vier und gehören zu dem oberen Theile der nachfolgenden
neunten Classe.
Kung-thsao thsang-iksao hvrthsao thien-thsoo ping-thsao fä-
thsao sae^thaao tksan'kiiin'Sse ^Richter der Verdienste, Richter der
Scheunen, Richter der Thüren des Volkes, Richter der Felder,
Richter der WaflFen, Richter der Vorschriften, Richter der vor-
züglichen Männer und an den Sachen des Kriegsheeres Theil-
nehmende'. Dieselben sind je zwei und gehören sämmtlich zu
dem unteren Theile der richtigen siebenten Classe.
^ $ $> Thsan-kiUn-sse ,an den Sachen des Erie^-
heeres Theilnehmende'. Dieselben sind sechs und gehören zu
dem unteren Theile der richtigen achten Classe.
In den sechs Sammelhäusem wurden die Angestellten^
von dem die Sachen Verzeichnenden und an den Sachen des
Die Sammelh&QMr der Lebenkönige China*s. 945
Eriegsheeres Theilnehmenden (lö-sse thaan-küln-sse) ' abwärts,
um Einen vermindert.
^ ^ ^ ^ ^ L&-88e thsan-kiün-aae ,der die Sachen
Verzeichnende und an den Sachen des Kriegsheeres Theil-
nehmende^ Derselbe befasst sich mit der Berichtigung der
Gegensätze und Versehen. Er überwacht die Abschnittsröhre
und Siegel.
Im Anfange des Zeitraumes Wu-te (618 n. Chr.) ver-
änderte man den Namen (j^ ^ ^ tscheu-tachU-pu) , Vor-
gesetzter der Register der Landstriche' zu lö-sse thsan-kiün-sse
;der die Sachen Verzeichnende und an den Sachen des Kriegs-
heeres Theilnehmende'. Im ersten Jahre des Zeitraumes Khai-
yuen (713 n. Chr.) veränderte man den Namen zu fj ^ »se-lö
,der den Verzeichnissen Vorstehende'. Zu dem Amte gehören
zehn Vermerker (sse).
Zu dem Sammelhause des grossen allgemeinen Beauf-
sichtigers (ta-tu-tÖ) gehören vier Vermerker.
Das mittlere Sammelhaus (tschung-fu) hat drei Vermerker.
In dem unteren Sammelhause (hia-fu) und in dem Sammel-
hause des allgemeinen Beschützers (J^ ^ tu-hu) haben die
oberen Landstriche (schang-tscheu), die mittleren Landstriche
(tschung-tacheu) und die unteren Landstriche (hia-Ucheu) je
zwei Vermerker.
"A W "jl^ ^ Kung-thscLO sae-kung thsan-kiün-sse ,der
Richter der Verdienste, der den Verdiensten Vorstehende und
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'. Derselbe
befasst sich mit Untersuchen und Prüfen, mit den vorläufigen
Abgesandten, mit den Opfern, Gebräuchen und Musik, mit
den Gebäuden des Lernens, mit Denkschriften und Schriften
der weiteren Erklärungen, mit der Eröffnung der glücklichen
Vorbedeutungen und des Seltsamen bei Gehalten, mit Aerzten,
Arzneien, Wahrsagen und stellt Trauer und Bestattung her.
Im Anfange des Zeitraumes Wu-te (618 n. Chr.) hiessen
die bisher üblichen Namen sse-kung sse-thsang sse-hu sse-ping
* Dieser Angestellte ist derselbe wie der oben genannte ,den Verzeich-
nissen Vorstehende und an den Sachen des Eriegsheeres Theilnehmende'
(fse'lö thtan-kuin-s^e).
946 rriBMfticr.
»se-fä sse-sne ^ 4h schu-tso ,der den Verdiensten vorstehende,
der den Scheunen vorstehende, der den Thüren des Volkes
vorstehende, der den Waffen vorstehende, der den Vorschnften
vorstehende, der den vorzüglichen Männern vorstehende Gdiilfe
der Bücher' sämmtlich sse-kung thsan-kiün-sse ,der den Ver-
diensten Vorstehende und an den Sachen des Kriegsheeres
Theilnehmende' sse-thsang ttuan-lciün-sse ,der den Scheuneo
Vorstehende und an den Sachen des Kriegsheeres Theilneh-
mende' u. s. w.
In diesem Amte gibt es:
Jf^ Fu , Angestellte des Sammelhauses' vier.
^ Sse , Vermerk er' zehn.
In dem Sammelhause des grossen allgemeinen Beauf-
sichtigers (ta-tU'tö) gibt es:
Fu ,Angestellte des Sammelhauses' drei.
4S«e jVermerker' sechs.
In dem mittleren Sammelhause (tschung-fu) gibt es:
Fu ,Angestellte des Sammelhauses' zwei.
Sse ,Vermerker' drei.
Zu dem unteren Sammelhause (hia-fu) gehören:
Fu ,der Angestellte des Sammelhauses'. Derselbe ist ein
Einziger.
Sse ,Vermerker' drei.
Zu dem Sammelhause des grossen allgemeinen Beschützers
(ta-tU'hu) gehören:
Fu ,der Angestellte des Sammelhauses'. Derselbe ist ein
Einziger.
Sse jVermerker' zwei.
In dem oberen Sammelhause (schmig-fn) gibt es:
Fu , Angestellte des Sammelhauses'.
Sse ,Vermerker'. Diese zwei Angestellten sind je zwei.
In den oberen Landstrichen (schang-tscheu) gibt es:
^ Tso jQehilfen' zwei.
iSse , Vermerker' fünf.
In den mittleren Landstrichen (tschung-tscheu) sind zwei
Vermerker (sse) weniger.
Die S&mmelbftuser der LehenkSnige China*s. 947
^ W ^ ^ Thsang-ihsoo sse-thsang thsan-kiün-sse
yder Richter der Scheunen, der den Scheunen Vorstehende und
an den Sachen des Kriegsheeres Theihiehmende^ Derselbe
befasst sich mit der Einrichtung der Abgaben, mit den öffent-
lichen Feldern; mit den Küchen, Scheunen, Rüstkammern und
den Buden der Märkte.
Bei diesem Amte gibt es:
Fti ,Angestellte des Sammelhauses' fünf.
Sse ,Vermerker* dreizehn.
In dem Sammelhause des grossen allgemeinen Beauf-
sichtigers (ta-tU'tÖ) sind:
Fu ,Angestellte des Sammelhauses^ vier.
Sse ,Vermerker' sechs.
In dem mittleren Sammelhause (tschung-fu) und dem
unteren Sammelhause (hia-fu) sind je:
Fu ,Angestellte des Sammelhauses' drei.
Sse jVermerker' fünf.
In dem Sammelhause des grossen allgemeinen Beschützers
(ta-tiirliu) sind:
Fti ,Angestellte des Sammelhauses'.
Sse , Vermerker'. Dieser und der obige Angestellte sind je zwei.
In den oberen Landstrichen (schang-tscheu) gibt es:
4^ Tso ,Gehilfen' zwei.
Sse jVermerker' fünf.
In den mittleren Landstrichen (tschung-tscheu) und in den
unteren Landstrichen (hia-tscheu) sind zwei Vermerker weniger.
6 W 9 ^ Hu'thsao sse 'hu thsan-hUln-sse ,der
Richter der Thüren des Volkes, der den Thüren des Volkes
Vorstehende und an den Sachen des Kriegsheeres Theilneh-
mende'. Derselbe befasst sich mit den Schrifttafeln für die
Thüren des Volkes, den Rechnungen, mit den beim Vorüber-
gehen auf den Wegen ins Licht gestellten Abschnittsröhren,
mit den bei vermischten Dienstleistungen Entlaufenden und
Widerspänstigen, mit den Vortrefflichen und Gemeinen, mit
Futtergras und Stroh, mit den entgegenziehenden Schaaren,
Sitznngsber. d. phil.-hist. Cl. XCT. Bd. IV. Hft. 61
948 PfUmftier.
mit Heiraten^ mit Streitigkeiten um die Felder, mit Erkennen
und Unterscheiden der Kindlichkeit und Brüderlichkeit.
Zu diesem Amte gehören:
ff^ Fu ^Angestellte des Sammelhauses' acht.
^ Sse ,Vermerker' sechzehn.
||^ ^ TscVang-sBe ,Vermerker der Rechnungen' zwei.
Dieselben sind den Schrifttafeln vorgesetzt^ untersuchen die
Rechnungen und fassen die Gblder zusammen.
In dem Sammelhause des grossen allgemeinen Beaufsich-
tigers (ta-tv-tÖ) sind:
Fu ^Angestellte des Sammelhauses' vier.
Sse ,Vermerker' sieben.
Tsch'ang-sse ,Vermerker der Rechnungen' zwei.
In dem mittleren Sammelhause (Uchung-fu) sind:
Fu ^Angestellte des Sammelhauses' drei.
Sse ,Vermerker' fünf.
TscKang-ssB ,der Vermerker der Rechnungen' £iner.
In dem unteren Sammelhause (hia-fu) sind:
Fu ^Angestellte des Sanmielhauses' zwei.
Sse jVermerker' fünf.
TscVang-sse ,der Vermerker der Rechnungen'. Derselbe
ist ein Einziger.
In den oberen Landstrichen (schang-tscheu) sind:
^ Tso ,Gehilfen' vier.
Sse ,Vermerker' sechs.
Tscha'ng-sse ,der Vermerker der Rechnungen'. Derselbe
ist ein Einziger.
In den mittleren Landstrichen (tschung-tscheu) sind:
j^ Tso ,Qehilfen' drei.
Sse ,Vermerker' fünf.
Tseh'ang-sse ^der Vermerker der Rechnungen'. Derselbe
ist ein Einziger.
In den unteren Landstrichen (hia-tscheu) sind:
Tso ,Gehilfen' zwei.
Sse ,Vermerker' vier.
Tsch'ang-sse ,der Vermerker der Rechnungen'. Derselbe
ist ein Einziger.
Die Sammelh&Qser der Lehenk&nige China's. 949
In dem Sammelhause des grossen allgemeinen Beschützers
(({A-tu-hu) sind:
Fu ^Angestellte des Sammelhauses^
Sse ,Vermerker'. Diese zwei Angestellten sind je zwei.
T8ch!ang-88e ,der Vermerker der Rechnungen^ Derselbe
ist ein Einziger.
E9 W ^ BB Thien^thsao sse-thien thsan-ktün-sse ,der
Richter der Felder, der den Feldern Vorstehende und an den
Sachen des Eriegsheeres Theilnehmende^ Derselbe befasst sich
mit den Qärten und Wohnhäusern. Er vertheilt unter die Ein-
wohner die zu beständiger Beschäftigung dienenden und die
schattigen Felder.
Im dritten Jahre des Zeitraumes Eing-lung (709 n. Chr.)
setzte man zum ersten Male einen den Feldern Vorstehenden
und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmenden (sse-thien
thsan-kiüfi'Sae) ein. Im ersten Jahre des Zeitraumes Thang-
lung (710 n. Chr.) ^ liess man ihn weg. Im zweiten Jahre des
Zeitraumes Schang-yuen (761 n. Chr.) setzte man einen solchen
wieder ein.
Zu dem Amte gehören:
Fu ^Angestellte des Sammelhauses' vier.
Sse ,Vermerker* zehn.
Zu dem Sammelhause des grossen allgemeinen Beauf-
sichtigers (tortu-tö) gehören:
Fu ^Angestellte des Sammelhauses' zwei.
Sse jVermerker' sechs.
Zu dem mittleren Sammelhause (tschung-fu) gehören:
Fu ^Angestellte des Sammelhauses'.
Sse ,Vermerker*. Diese zwei Angestellten sind je zwei.
Zu dem unteren Sammelhause (hia-fu) gehören :
Fu ,der Angestellte des Sammelhauses' Einer.
Sse ,Vermerker' zwei.
Zu den oberen Landstrichen (schang-tscheu) gehören:
^ Tso jQehilfen* zwei.
Sse jVermerker' fünf.
^ Dieser Zeitraum heisst sonst gewölmlich King-yün.
61*
9r)0 Pficmaier.
In den mittleren Landstrichen (tachnng-tseheu) und den
unteren Landstrichen (hia-fscheu) sind zwei Vermerker (ssej
weniger.
^ W ^ ^ Ping-thsao sae-ping tkaan-kiün-sse ,der
Richter der Waffen, der den Waffen Vorstehende und an den
Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'. Derselbe befasst sich
mit den Obrigkeiten des Ejieges, mit der Wahl der Waffen.
Panzer und Geräthe, mit dem Verbieten der Schlüssel bei den
Thoren, dem Verwehren der Leuchtfeuer und Späher bei dem
Kriegsheerc; mit den Posten und mit den Jagden.
Bei diesem Amte gibt es:
^tt ^Angestellte des Sammelhauses' sechs.
S$e ,Vermerker' vierzehn.
Bei dem grossen allgemeinen Beaufsichtiger (ta-tu-töi
gibt es:
Fu ^Angestellte des Sammelhauses' vier.
Sse ,Vermerker' acht.
In dem mittleren Sammelhause (Uchung-fu) gibt es:
F\i ^Angestellte des Sammelhauses' drei.
Sse jVermerker' sechs.
In dem unteren Sammelhause (hia-fu) gibt es:
Fu ^Angestellte des Sammelhauses' zwei.
Sse jVermerker' fünf.
In dem Sammelhause des allgemeinen Beschützenden (?»4n/
gibt es:
Fu ^Angestellte des Sammelhauses' drei.
Sse ,Vermerker' vier.
In den oberen Landstrichen (schang-tscheu) gibt es:
^ Tso jGehilfen' zwei.
Sse ,Vermerker' fünf.
In den mittleren Landstrichen (t^hung-tscheu) sind zwei
Vermerker (sse) weniger.
tt» ]Bf H^ 1^ Fä'thsao sse-fä thsan-ktün-sse ,der Richter
der Vorschriften, der den Vorschriften Vorstehende und an den
Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'. Derselbe befasst sich
Die SanmelhftaMr der Lebenkönige China*f. 951
mit der Beendigung der Streitigkeiten, mit der Anwendung der
Vorschriften und der Beaufsichtigung der Diebe und Räuber.
£r kennt die yersteckten Güter und zieht sie ein.
Zu diesem Amte gehören:
Fu ^Angestellte des Sammelhauses' sechs.
See ,Vermerker' vierzehn.
Zu dem grossen allgemeinen Beaufsichtiger (ta-tu-tö)
gehören :
Fu ^Angestellte des Sammelhauses' drei.
Sse , Vermerker' acht.
Zu dem mittleren Sammelhause (tschung-fu) gehören:
Fu , Angestellte des Sammelhauses' drei.
Sse jVermerker' sechs.
Zu dem unteren Sammelhause (hia-fu) gehören:
Fu ^Angestellte des Sammelhauses' zwei.
Sse ,Vermerker' fünf.
Zu den oberen Landstrichen (schang-tscheti) gehören:
^ Tso ,Qehilfen' vier.
Sse ,Vermerker' sieben.
Zu den mittleren Landstrichen (tschung-tscheu) gehören :
Tso ,der Gehilfe'. Derselbe ist ein Einziger.
Sse ,Vermerker' vier.
Zu den unteren Landstrichen (hiortscheu) gehören:
Tso ,der Gehilfe'. Derselbe ist ein Einziger.
Sse jVermerker' drei.
i W ^ it Sse-thsao sse-sse than-kiUn-sse ,der Richter
der vorzüglichen Männer, der den vorzüglichen Männern Vor-
stehende und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
Derselbe befasst sich mit den Ueberfahrten, Brücken, Schiffen,
Wegen, Hütten, Wohnhäusern, Handwerken und Künsten.
Bei diesem Amte gibt es:
Fu , Angestellte des Sammelhauses' fünf.
Sse , Vermerker' eilf.
In dem Sammelhause des grossen allgemeinen Beaufsich-
tigers (ta-tu-tÖ) gibt es:
Fu ,Angestellte des Sammelhauses' vier.
Sse jVermerker' acht.
952 Pfismaier.
In dem mittleren Sammelhause (tschnng-fu) und dem
unteren Sammelhause (hia-fu) gibt es:
Fu yAngestellte des Sammelhauses' drei.
Sse , Vermerker* sechs.
In den oberen Landstrichen (scfiang-ischeu) gibt es:
Tso , Gehilfen* zwei.
See jVermerker* fünf.
Zu den mittleren Landstrichen (tschung-tscheu) gehören:
Tso ,der Gehilfe'. Derselbe ist ein Einziger.
Sse jVermerker* vier.
y ^ TJuan-ktün-aae ,der -an den Sachen des
Kriegsheeres Theilnehmende*. Derselbe befasst sich mit dem
Geleite der ausziehenden Abgesandten.
Im Anfange des Zeitraumes Wu-te (618 n. Chr.) ver-
änderte man den bisher üblichen Namen ^ ^ 4^ hang-
schu-tso ,der ausübende Gehilfe der Bücher' zu ^ ^ ||
hang-thsan-kiün ^der ausübende dem Kriegsheere Zugesellte^.
Plötzlich veränderte man den Namen wieder zu thsan-Jdün-sse
,der an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
Anfänglich hatte man:
"gfe ^ Kl'Sse ^schnelle Abgesandte'. Dieselben waren
fünfzehn. Später Hess man sie weg.
^ ^ Wen-MÖ ,der Angestellte des Lernens der Schrift'.
Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile
der nachfolgenden achten Classe.
Dieser Angestellte befasst sich mit dem Unterrichte der
Schüler in den fünf mustergiltigen Büchern. In den Kreisen
helfen die Landstriche aus. In den Landstrichen unterrichtet
er die Abtheilung der Angestellten (^ ^^ li-pu). Gleich-
wohl besitzt er nicht die Sachen seines Amtes. Seiner Kleider
und Mützen schämt er sich.
Im Anfange des Zeitraumes Wu*te (618 n. Chr.) wurden
zum ersten Male eingesetzt:
Die SammeUi&aaer dar LehealcSnige China's. 953
j^ ^ fA it ^i^'^i^ pö-sse ;der vielseitige Gelehrte
des Lernens der mustergiltigen Bücher'.
fßj Mjt Tsu'kicu) jbei der Belehrung Helfende^
>y i^ Hiö-seng ^Beflissene des Lernens^
Als Kaiser Te-tsung zu seiner Stufe gelangte^ veränderte
er pö-88e ^vielseitiger Gelehrter' zu wen-hiÖ ^Angestellter des
Lernens der Schrift'.
Im sechsten Jahre des Zeitraumes Yuen-ho (811 n. Chr.)
schaffte man in den mittleren Landstrichen (tschung-tscheu) und
in den unteren Landstrichen (hia-Ucheu) den Angestellten des
Lernens der Schrift (wen-hiÖ) ab. Ferner hatte man in den drei
Sammelhäusern des Kreises der Mutterstadt und anderer Orte :
Tsur-kiao ,bei der Belehrung Helfende' zwei.
HiÖ-seng ^Beflissene des Lernens' achtzig.
In dem Sammelhause des grossen allgemeinen Beaufsichtigers
fta-tU'tÖ) und in den oberen Landstrichen (^«c^n^-fscAeu^jederseits:
TsU'kiao ,bei der Belehrung Helfende' Einen.
In dem Sammelhause des mittleren allgemeinen Beauf-
sichtigers (iSchung-tu-tÖ) :
Hid-seng ^Beflissene des Lernens' fünfzig.
In dem unteren Sammelhause (hia-fu) und in den unteren
Landstrichen (hia-tscheu) jederseits:
Hiö'seng ^Beflissene des Lernens' vierzig.
S ^ i$ it ^'^^^ pö-sse ,der vielseitige Gelehrte des
Lernens der Aerzte'. Derselbe ist ein Einziger und gehört zu
dem oberen Theile der nachfolgenden neunten Classe. Er be-
fasst sich mit der Heilung der Krankheiten des Volkes.
Im dritten Jahre des Zeitraumes Tsching-kuan (629 n. Chr.)
setzte man Angestellte des Lernens der Aerzte (i-hiÖ) ein.
Man hatte vielseitige Gelehrte der Arzneien der Aerzte {J^ ^
i-yö pö'sse) und Beflissene des Lernens (hiÖ-seng),
Im ersten Jahre des Zeitraumes Khai-yuen (713 n. Chr.)
veränderte man den Namen i-yö pö-sse ^vielseitiger Gelehrter
der Arzneien der Aerzte' zu i-hiö pÖsse ^vielseitiger Gelehrter
des Lernens der Aerzte'. In den Landstrichen setzte man ,bei
der Belehrung Helfende' (Uu-kiao) ein und liess hundert und
954 PfiBaaier.
eine Sammlung von Pflanzenbüchern abschreiben. Die erprobten
Heilmittel verwahrte man. Nach nicht h&nger Zeit worden der
vielseitige Gelehrte des Lernens der Aerzte (i-hiö pÖ-ne) und
die Beflissenen des Lernens (hiÖ-seng) weggelassen. In den ab-
seits gel^^enen Landstrichen waren wie früher wenige Aente
und Arzneien.
Im sieben und zwanzigsten Jahre des Zeitraumes Khai-
yuen (739 n. Chr.) setzte man wieder Beflissene des LeraenB
der Aerzte (i-hiö-seng) ein. Dieselben befassten sich damit,
an den Gränzen der Landstriche umherzuziehen und Krank-
heiten zu heilen.
Im ersten Jahre des Zeitraumes Yung-thai (765 n. Chr.;
setzte man wieder den vielseitigen Gelehrten des Lernens der
Aerzte (i-hiÖ pö-sse) ein.
In den drei Hauptstädten (^ ^ san-tn), in dem
Sammelhause des allgemeinen Beaufsichtigers (tu-tö)^ in den
oberen Landstrichen (schang-tscheu) und in den mittleren Land-
strichen (tschung-tscheu) war jederseits:
&J ^t Tsyrkiao ,der bei der Belehrung HeHende^ Der-
selbe war ein Einziger.
In den drei Hauptstädten (san-tu) waren:
A if; HiÖ'Seng ^Beflissene des Lernens' zwanzig.
In dem Sammelhause des allgemeinen Beaufsichtigen
(tU'tÖ), in den oberen Landstrichen waren deren zwanzig.
In den mittleren Landstrichen (tschung-tacheu) und den
unteren Landstrichen (hia-tscheu) waren deren zehn.
A IK '^ ißP IB5 '^ Ta-tu-tö-fu tU'tÖ ,der allgenaeine
Beaufsichtiger des Sammolhauses des grossen allgemeinen Beauf-
sichtigers^ Derselbe ist ein Einziger und gehört zu der nach-
folgenden zweiten Classe.
"M i Tschang-sae ,der älteste Vermerker^ Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu der nachfolgenden dritten Classe.
HJ iS| Sse-ma ,Vorsteher der Pferde^ Dieselben sind
zwei und gehören zu dem unteren Theile der nachfolgenden
vierten Classe.
^ ^ Lö'sse thsan-ktün-sse ^der die Sachen Verzeich-
nende und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende*.
Die Sammelhiuer der LehenMnige China*8. 955
Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile
der richtigen siebenten Classe.
^ A L6-88e ,die Sachen Verzeichnende'. Dieselben
sind zwei und gehören zu dem oberen Theile der nachfolgenden
neunten Classe.
"A ]Bf Kung-thsao thsan-kiün'Sse ,der Richter der Ver-
dienste und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
^ 'fif Thsang-thsao thsan-ktUn-ase ,der Richter der
Scheunen und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
G 'fif Hvrihsao thsan-ktün-sse ,der Richter der Thüren
des Volkes und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
P3 W Thi&n-thsao ihsan-kiUn-sse ,der Richter der Felder
und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
J^ W Piiy-ihsno ihsan-kiün-sse ,der Richter der Waffen
und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
jjb. "Öf Fä'thsao thsan-ktUn-sse ,der Richter der Vor-
schriften und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
-|- W Sse-thaao thsan-ktün-sse ,der Richter der vorzüglichen
Männer und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Die oben verzeichneten sieben Würdenträger sind je Einer
und gehören zu dem unteren Theile der richtigen siebenten Classe.
^ IP! ^ Thsan-kiUn-sse ^an den Sachen des Kriegs-
heeres Theilnehmende.' Dieselben sind fünf und gehören zu
dem unteren Theile der richtigen achten Classe.
"^ ^ Schi-ling ,der Gebietende des Marktest Der-
selbe ist ein Einzigei^ und gehört zu dem oberen Theile der
nachfolgenden neunten Classe.
^ ^ Wen-hiö ,der Angestellte des Lernens der Schrift^
Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile
der richtigen achten Classe.
§ &^ jÄ it ^'^^^ pö-sse ,der vielseitige Qelehrte
des Lernens der Aerzte'. Derselbe ist ein Einziger und gehört
zu dem oberen Theile der nachfolgenden achten Classe.
^ IK '^ i^ IB5 '^ Tsckungtu-tö-fu tu-tÖ ,der allge-
meine Beaufsichtiger des Sammelhauses des mittleren allge-
meinen Beaufsichtigers^ Derselbe ist ein Einziger und gehört
zu der richtigen dritten Classe.
956 Pftzmaier.
J9IJ ii| Pif'lcia ,der besonders Fahrende^ Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile der richtigen
vierten Classe.
^ ^ Tschang-sse ,der älteste Verinerker^. Derselbe
ist ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der richtigen
fünften Classe.
^ jH Sse-ma ,der Vorsteher der Pferde^ Derselbe nt
ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile der richtigen
fünften Classe.
^^ Sß, Lö-sse thsan-kiün-sse ,der die Sachen Verzeich-
nende und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile
der richtigen siebenten Classe.
^ ^ Lö-8se, die Sachen Verzeichnende^ Dieselben
sind zwei und gehören zu dem oberen Theile der nachfolgenden
neunten Classe.
Kung-thsao thsan-kiün-sse ^der Richter der Verdienste and
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Thaang-thsao thsan-kiün-sse ^der Richter der Scheunen und
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Hu'thsao thsan-kiiln-sse ,der Richter der Thüren des
Volkes und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Thienrthaao thaan-kiün-ese ^der Richter der Felder und an
den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
Ping-ihsao thsanrkiün^sse ,der Richter der Waffen und an
den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Färthsao ihsan-kiün-Bse ,der Richter der Vorschriften und
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
Sse-thsao thsan-kiUn-sse ^der Richter der vorzüglichen
Männer und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Die oben verzeichneten sieben Würdenträger sind je ein
Einziger und gehören zu dem oberen Theile der nachfolgenden
siebenten Classe.
^ IP! $ Thsan-kiUn-sse ,an den Sachen des Kriegs-
heeres Theilnehmende^ Dieselben sind vier und gehören zu
dem oberen Theile der nachfolgenden achten Classe'.
"iIJ ^ Schilling ,der Gebietende des Marktes'. Derselbe
ist ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der nach-
folgenden neunten Classe.
Die SammelhiQMr der LehenkOnige Chiaa*». 957
Tjr ^ Wen-hiö ,der Angestellte des Lernens der Schrift^
Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile
der nachfolgenden achten Classe.
I'hiö pö-sse ,der vielseitige Gelehrte des Lernens der Aerzte*.
Derselbe ist Einziger und gehört zu dem oberen Theile der
richtigen neunten Classe.
T^ fR 'l? iß^ fR 'l? Hia-tu-tÖ-fu tU'td ,der allge-
meine Beaufsichtiger des Sammelhauses des unteren allgemeinen
Beaufsichtigers^ Derselbe ist ein Einziger und gehört zu der
nachfolgenden dritten Classe.
J||J ^ Pie-kiä ,der besonders Fahrende^ Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile der nachfol-
genden vierten Classe.
^ Ä Tschang^sse ,der älteste Vermerker'. Derselbe
ist ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der nach-
folgenden fünften Classe.
BFJ ,B| Sse-ma ,der Vorsteher der Pferde'. Derselbe
ist ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile der nach-
folgenden fünften Classe.
LÖ'Sse thsan-kiün-sae |der die Sachen Verzeichnende und
an den Sachen des Kriegsheeres Thoilnehmende'. Derselbe
ist ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der nach-
folgenden siebenten Classe.
Lö-sse jdie Sachen Verzeichnende'. Dieselben sind zwei
und gehören zu dem oberen Theile der nachfolgenden neunten
Classe.
Kung-thsao thsan-kiUn-sse yder Richter der Verdienste und
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
Thsang-thsao thsan-ktün-sae ,der Richter der Scheunen und
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
Hu'ihsao thsan-kuin-ase ,der Richter der Thüren des
Volkes und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
Thien-thsao thsan-kiün^sse ,der Richter der Felder und an
den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
Ping-thscu) thsan-kiUn-sse ^der Richter der Waffen und an
den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
958 Pfifwaier.
Fä'thsao thsafi'kiün'Me ^der Richter der Vorschriften nnd
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Sse-thaao thsan-lciiln-sse ,der Richter der vorztlglicheD
Männer und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Die oben verzeichneten sieben Würdenträger sind je Einer
und gehören zu dem unteren Theile der nachfolgenden siebenten
Classe.
Thsan-kiän-sse ^an den Sachen des Kriegsheeres Theil-
nehmende^ Dieselben sind drei und gehören zu dem unteren
Theile der nachfolgenden achten Classe.
Wen-hiÖ ,der Angestellte des Lernens der Schrift^ Der-
selbe ist ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile der
nachfolgenden achten Classe.
I-hid pö'Sse ,der vielseitige Gelehrte des Lernens der
Aerzte^ Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem oberen
Theile der richtigen neunten Classe.
Der allgemeine Beaufsichtiger (tu-tö) befasst sich mit
der Beaufsichtigung der Waffen, Pferde, Panzer, der Festunga-
gräben^ der Niederhaltungen (^ tscKin)^ Besatzungen (j^
schü), der Mundvorräthe und Reiskammem in den Landstrichen.
Er leitet und beurtheilt die Sachen des Sammelhauses.
3^ IK ^ 1^ 3^ ^ ^ '^^'^^'^^'f^ to-/tt-Äu ,der
grosse allgemeine Beschützer des Sammelhauses des grossen
allgemeinen Beschützers^ Derselbe ist ein Einziger und gehört
zu der nachfolgenden zweiten Classe.
^ "^ ^ ^ Feu-ta-tu-hii ,die zugetheilten grossen
allgemeinen Beschützer^ Dieselben sind zwei und gehören zu
der nachfolgenden dritten Classe.
lU il5 ^ Feu'fU'hu ,die zugetheilten allgemeinen Be-
schützer'. Dieselben sind zwei und gehören zu dem oberen
Theile der richtigen vierten Classe.
^ ^ Tschang-sse ,der älteste Vermerker^ Derselbe
ist ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der richtigen
fünften Classe.
^3 4^1 Sse-ma ,der Vorsteher der Pferde*. Derselbe
ist ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile der rich-
tigen fünften Classe.
l>ie Sammelhiuier der Lehenkdiiige China*». 959
Ld-88e thsan-kiün-sse ^der die Sachen Verzeichnende und
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^ Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der richtigen
siebenten Classe.
LÖ-sse ,die Sachen Verzeichnende'. Dieselben sind zwei
und gehören zu dem oberen Theile der nachfolgenden neunten
Classe.
Kung-thsaQ thsan-kiHn-sse ,der Richter der Verdienste und
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Thaang-ihsoo ihsan-kiün-sse ;der Richter der Scheunen und
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Hu'thsao thsan-ktün-aae ,der Richter der Thüren des Volkes
und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Ping-thsao thsan-kUln-sse ,der Richter der Waffen und an
den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
Färihsao thsan-kiünsse ,der Richter der Vorschriften und
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Die oben verzeichneten sechs Würdenträger sind je Einer
und gehören zu dem unteren Theile der richtigen siebenten
Classe.
Thsan-kiiln-sse ,an den Sachen des Kriegsheeres Theil-
nehmende^ Dieselben sind drei und gehören zu dem unteren
Theile der richtigen achten Classe.
Jb il5 ^ Schang-tU'hu ,der obere allgemeine Beschützer^
Derselbe ist ein Einziger und gehört zu der richtigen dritten
Classe.
^ ^ ^ ^et/-<u-Aii ydie zugetheilten allgemeinen Be-
schützer^ Dieselben sind zwei und gehören zu dem oberen
Theile der nachfolgenden vierten Classe.
•^ ^ Tschang-sse ,der älteste Vermerker'. Derselbe
ist ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der richtigen
fünften Classe.
^ J| Sse-ma ,der Vorsteher der Pferde*. Derselbe
ist ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile der rich-
tigen fünften Classe'.
LÖ'Sse ihaan-hiün-sse ,der die Sachen Verzeichnende und
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'. Derselbe ist
9tX) Pfiimaier.
ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile der richtigen
aiebenten ClasBe.
Kung-thsao thaan-hiün-sse ^der Richter der Verdienste und
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Th$ang-th$ao thsan-kiün-Bse ,der Richter der Scheunen
und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
Hu'thsao thsan-ktün-ase ,der Richter der Thüren des Volkes
und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
Ping-thscu) thsan-küln-sse ^der Richter der Waffen und an
den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Die oben verzeichneten vier Würdenträger sind je Einer
und gehören zu dem oberen Theile der nachfolgenden siebenten
Classe^
ITisan^kiüii'Sse ,an den Sachen des Kriegsheeres Theil-
nehmende^ Dieselben sind drei und gehören zu dem oberen
Theile der nachfolgenden achten Classe.
Der allgemeine Beschützer (turhu) befasst sich mit der
Leitung der Gehäge, mit Beruhigen und Trösten, mit Erobe-
rungszügen und Zügen zur Verhängung von Strafe, mit An-
ordnung der Verdienste und Bestrafung der Fehler. Er leitet
und beurtheilt die Sachen des Sammelhauses.
Jt ^ Wi -i Schang-tscheu thse-sse ,der stechende Ver-
merker der oberen Landstriche'. Derselbe ist ein Einziger
und gehört zu der nachfolgenden dritten Classe. Seine Amts-
verrichtung ist mit derjenigen des Landpflegers (ß^ mö) und
des Richtigen (^ yün) gleich.
J||J ^ Pii-kia ,der besonders Fahrende^ Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile der nachfol-
genden vierten Classe.
Im ersten Jahre des Zeitraumes Wu-te (618 n. Chr.) ver-
änderte man den Kamen H^ ^ thai-scheu , Statthalter' zu
ihse-sse ^stechender Vermerker'. Man fügte hierzu die Stelle
eines als Abgesandter das Abschnittsrohr Haltenden (^ ^ f
sse-tschÜ-tsie).
Für sching ^Gehilfe' sagte man piS-kia ^besonders Fah-
render'.
Die Sammelhiiiser der LeheBkdnige Ghiiia*a. 961
Im zehnten Jabi*e des Zeitraumes Wu-te (627 n. Chr.)
veränderte man den Namen yung-tscheu pi^-kia ,der besonders
Fahrende' von Yung-tscheu zu -j^ ^ tschang-sse ^ältester
Vermerker^ Als Kaiser Kao-tsung zu seiner Stufe gelangte^
veränderte er überall den Namen pü-kia ^besonders Fahrender'
zu tschang-sse ^ältester Vermerker'.
Im zweiten Jahre des Zeitraumes Schang-yuen (675
D. Chr.) setzte man in allen Landstrichen wieder ^besonders
Fahrende' (piS-kia) ein. Man ernannte zu solchen die Königs-
söhne. Im ersten Jahre des Zeitraumes Yung-lung (680 n. Chr.)
liesB man diese Würdenträger weg. Im ersten Jahre des Zeit-
raumes Yung-tschün (682 n. Chr.) setzte man sie wieder ein.
Im zweiten Jahre des Zeitraumes £[ing-yün (711 n. Chr.) be-
gann maU; dazwischen gemeine Geschlechter zu verwenden.
Im ersten Jahre des Zeitraumes Thien-pao (742 n. Chr.)
veränderte man den Namen thse-sse , stechender Vermerker' zu
■jj^ ^ thai'scheu ^Statthalter'.
^ ^ 'i^^ckang-sae ,der älteste Vermerker'. Derselbe
ist ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der nach-
folgenden fünften Classe.
HJ j|| Sse-ma ,der Vorsteher der Pferde'. Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile der nachfol-
genden fünften Classe.
Lö'Sse thsan-kiUn-^ae ,der die Sachen Verzeichnende und
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'. Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der nachfol-
genden siebenten Classe.
Lö-ase ydie Sachen Verzeichnende'. Dieselben sind zwei
und gehören zu dem unteren Theile der nachfolgenden neunten
Classe.
^ "A Sse-kang thsan-kiiin-sae ,der den Verdiensten Vor-
stehende und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende.'
Derselbe ist ein Einziger.
^ ^ Sse-ihsang thsanrkiUn'Sse ,der den Scheunen Vor-
stehende und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
Derselbe ist ein Einziger.
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d<mi uoUrren TLeile der oachf^Ij^endeA s-tiPff^^sa L^ iiinr
ThM^iti-kinn-tJ^^ Ai*i Ao den «Sacbea dt« Krii:rÄ»cre» Th«*!:-
DekmeiiideD^ Die<»e!r>eo feiiid vier and e^-*-r'£A is i-dm onfienrn
Tkeile der lUichfolg^eaden achten Classe.
f|p' ^ HrJä'li/uj ,der Gebietende des llarkfies". Daselbe
ist «in Einziger und gebort zu dem oberen Tbeile der nach-
folf^nden neunten Cla&6e.
^ Schlug ,der Gebilfe'. Derselbe ist ein Einz%er und
f^chütt zu dem unteren Theile der nAchfolpenden Aeontem Classe.
^ äj^ Wenkio ,der Angestellte des Lernens der Schrift*.
Derik^lbe ist ein Einziger und gehört zu dem anteren Theile
der nachfolgenden achten Classe.
m äj^ I'hiö pö-sse yder vielseitige Gelehrte des Lernens
der Aerzte^ Derselbe ist ein Elinziger und gehört an dem
unteren Theile der nachfolgenden neunten Classe.
^ ^ iM ^ Tschung-tscheu thM-sse ,der stehende Ver-
merker der mittleren Landstriche'. Derselbe ist ein Einziger
und gehört zu dem unteren Theile der richtigen vierten Classe.
Lö-sse thsan-hiün-sse ,der die Sachen Verzeichnende und
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'. Derselbe ist
Die SamiuelhättBer der Lehenkönige ChinaV. 963
ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der richtigen
achten Classe.
Lö-sse ,der die Sachen Verzeichnende*. Derselbe ist ein
Einziger und gehört zu dem oberen Theile der richtigen neunten
Classe.
^ "A Sae-kung ihsan-kiUn-sHe ,der den Verdiensten Vor-
stehende und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
"3 ^ Sse-thsang thsan-kiiin-sse ,der den Scheunen Vor-
stehende und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
^ S Ssehu ihaan-kiün-sse ,der den Thüren des Volkes
Vorstehende und an den Sachen des Kriegsheeres Theil nehmende.
^ EB iSse-ihien thsan-kiün-sse ,der den Feldern Vor-
stehende und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
BJ J^ Sse-ping thsan-kiün-sse ,der den Waffen Vorste-
hende und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
^ j^ Sse-fä thsan-kiün-sse ,der den Vorschriften Vor-
stehende und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
^ ^ Sse-sse thsan-kiUn-sse ,der den vorzüglichen Män-
nern Vorstehende und an den Sachen des Kriegsheeres Theil-
nehmende'.
Die oben verzeichneten sieben Angestellten sind je Einer
und gehören zu dem unteren Theile der richtigen achten Classe.
Thsan-kiiln-sse ,die an den Sachen des Kriegsheeres Theil-
nehmenden^ Dieselben sind drei und gehören zu dem unteren
Theile der richtigen neunten Classe.
I-hiö pö'sse ,der vielseitige Gelehrte des Lernens der Aerzte'.
Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile
der nachfolgenden neunten Classe.
1^ >W )^l Ä flia-f»cAett thse-sse ,der stechende Ver-
merker der unteren Landstriche^ Derselbe ist ein Einziger
und gehört zu dem unteren Theile der richtigen vierten Classe.
JJl] ^ Pie-kia ,der besonders Fahrende'. Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der nachfolgenden
fünften Classe.
Sse-ma ,der Vorsteher der Pferde^ Derselbe ist ein
Einziger und gehört zu dem oberen Theile der nachfolgenden
sechsten Classe.
SitnngBber. d. phil.-hiet. OL XCY. Bd. IV. Hft. 62
9(>2 Pfiimaier.
fQ ^ See-hu thsaji-kiün^sse ^der den Thüren des Volkes
VorBtehende und an den Sachen des Eriegsheeres Theilneh-
mende^ Derselbe ist ein Einziger.
fQ 09 ^9^'^i^^ thsan-ktün-sse ,der den Feldern Vor-
stehende und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Derselbe ist ein Einziger.
fQ ^ Sse-ping thsan-kiün-sse ^der den Waffen Vor-
stehende und an den Sachen des Eriegsheeres Theilnehmende^
Derselbe ist ein Einziger.
BQ j^ Sse-fä thsan^hiün-sse ^der den Vorschriften Vor-
stehende und an den Sachen des Eriegsheeres Theilnehmende^
Derselbe ist ein Einziger.
ÄQ "i^ '^^^'^^^ thsan-kUln-sse ^der den vorzüglichen Män-
nern Vorstehende und an den Sachen des Eriegsheeres Theil-
nehmende^ Derselbe ist ein Einziger.
Die oben verzeichneten sieben Würdenträger gehören zu
dem unteren Theile der nachfolgenden siebenten Classe.
TTisan-ktün-sBe ,die an den Sachen des Eriegsheeres Theil-
nehmenden'. Dieselben sind vier und gehören zu dem unteren
Theile der nachfolgenden achten Classe.
7^ ^ Schilling ,der Gebietende des Marktest Derselbe
ist ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der nach-
folgenden neunten Classe.
jj^ Sching ^der Qehilfe^ Derselbe ist ein Einziger und
gehört zu dem unteren Theile der nachfolgenden neunten Classe.
^ fjt ^eti'hiö ,der Angestellte des Lernens der Schrift'.
Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile
der nachfolgenden achten Classe.
fH ^ ^-Atd pö'S$e ,der vielseitige Qelehrte des Lernens
der Aerzte^ Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem
unteren Theile der nachfolgenden neunten Classe.
^ itl ^1 ^ ^^^^^^''^9'^^^^^ ^kae-sse ,der stehende Ver-
merker der mittleren Landstriche^ Derselbe ist ein Einziger
und gehört zu dem unteren Theile der richtigen vierten Classe.
Lö-sas thsan-kiün-ase ^der die Sachen Verzeichnende und
an den Sachen des Eriegsheeres Theilnehmende^ Derselbe ist
Die SammelhüQser der LeheukÖnige China*». 963
ein fliiiziger und gehört zu dem oberen Theilc der richtigen
achten Classe.
Lö-88e ,der die Sachen Verzeichnende'. Derselbe ißt ein
Einziger und gehört zu dem oberen Theile der richtigen neunten
Classe.
^ "A Sse-kung thsan-kiibi-sse ,der den Verdiensten Vor-
stehende und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
BJ ^ Sse-ihsang ihsan-kiün-ase ,der den Scheunen Vor-
stehende und an den Sachen des Kriegsheeres Theil nehmende'.
^ S Sse-hu thsan-kiün-sse ,der den Thüren des Volkes
Vorstehende und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende.
B^ EB Sse-thien thsan-kiUn-sse ,der den Feldern Vor-
stehende und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
flj J^ Sse-ping thsan-kiün-sse ,der den WaflFen Vorste-
hende und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
BJ j^ Sse-fä thsan-kiün-sse ,der den Vorschriften Vor-
stehende und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
^ ^ S»e-88e thsan-kiün^sse ,der den vorzüglichen Män-
nern Vorstehende und an den Sachen des Kriegsheeres Theil-
nehmende'.
Die oben verzeichneten sieben Angestellten sind je Einer
und gehören zu dem unteren Theile der richtigen achten Classe.
Th8an'kiiin-88e ,die an den Sachen des Kriegsheeres Theil-
nehmenden'. Dieselben sind drei und gehören zu dem unteren
Theile der richtigen neunten Classe.
I'hiö pö'Sse ,der vielseitige Gelehrte des Lernens der Aerzte'.
Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile
der nachfolgenden neunten Classe.
'^ MI j&lj ^ Hia-tscheu th8e'88e ,der stechende Ver-
merker der unteren Landstriche'. Derselbe ist ein Einziger
und gehört zu dem unteren Theile der richtigen vierten Classe.
JJl] ^ Pie-kia ,der besonders Fahrende'. Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der nachfolgenden
fünften Classe.
Sse-ma ,der Vorsteher der Pferde'. Derselbe ist ein
Einziger und gehört zu dem oberen Theile der nachfolgenden
sechsten Classe.
Sitznngsber. d. phU.-hist. a XCY. Bd. IV. Hfl. 62
964 Pfizmaier.
Lb-sse thsan-kiiln'Sse ,der die Sachen Verzeichnende nnd
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehinende'. Derselbe vA
ein Einziger und gehört zu dem unteren Tfaeile der nach-
folgenden neunten Classe.
Sse-thsang thsan-kitln-sse ,der den Scheunen Vorstehende
und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'.
Sse-hu th^an-ktün-sse ^der den Thüren des Volkes Vor-
gesetzte und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Sse-thien thaan-kiUn-sse ,der den Feldern Vorstehende und
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Sse-fä thsan-kiün-sse ,der den Vorschriften Vorstehende
und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Die oben verzeichneten Angestellten sind je Einer und
gehören zu dem unteren Theile der nachfolgenden achten Classe.
Thsankiün-sse ,an den Sachen des Kriegsheeres TheQ-
nehmende^ Dieselbon sind zwei und gehören zu dem unteren
Theile der nachfolgenden neunten Classe.
I'hiö pö-sse ,der vielseitige Gelehrte des Lernens der
Aerzte'. Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem unteren
Theile der nachfolgenden neunten Classe.
Im sämmtlichen Kriegsheeren wurde je eingesetzt:
'ffi^ Sse ,der Abgesandte*. Derselbe ist ein Einziger.
Für fünftausend Menschen und darüber ist:
^ ^ ^^^^'^^^ A^^' zugetheilte Abgesandte^ Derselbe
ist ein Einziger.
Für zehntausend Menschen und darüber ist:
üf Bö ^ 'ß^ Fiwgr-eAtm feu-sse ,der die Felder bauende
zugetheilte Abgesandte^ Derselbe ist ein Einziger.
In allen Kriegsheeren gibt es drei Richter, diejenigen der
Scheunen, der Waffen und der Panzer (ihsang, ping, tseh'eni
und an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende (thsatt-
klün-sse).
Wenn der stechende Vermerker (thse-sse) den Abgesandten
(sse) leitet, werden eingesetzt:
Feu-sse ,der zugetheilte Abgesandte^
jjjlj^ ^ Tui-kuan ,der darbietende Amtsführer'.
^ ^ Ya-kuan ,der Amtsführer des hohen Wohnsitzes^.
Die SammelbfcOMr dar LeheokOuige China*8. 965
j^ f^ ^ $ Tscheu-ya tui-Jäün ,der für den hohen
Wohnsitz der Landstriche das Kriegsheer Darbietende^
^ ^ Ya-tui ,der Darbietende des hohen Wohnsitzes*.
Ä iB "^ King-hien-Kng ,der Befehlhaber der Kreise der
Mutterstadt^ Derselbe ist je £iner und gehört zu dem oberen
Theile der richtigen fünften Classe.
^ Sching ,Gehilfen^ Dieselben sind zwei und gehören
zu dem oberen Theile der nachfolgenden siebenten Classe.
i ^ r«cAtf-j?t4 ,den Registern Vorgesetzte'. Dieselben
sind zwei und gehören zu dem oberen Theile der nachfolgen-
den achten Classe.
^ ^ Lö'sse ydie Sachen Verzeichnende^ Dieselben
sind zwei und gehören zu dem unteren Theile der nachfolgen-
den neunten Classe.
^ Wei jBeruhiger^ Dieselben sind sechs und gehören
zu dem unteren Theile der nachfolgenden achten Classe.
jp[ ^ Khi-hien-Ung ,der Befehlshaber der Kreise
des Umkreises der Mutterstadt^ Derselbe ist je Einer und
gehört zu dem oberen Theile der richtigen sechsten Classe.
^ Sching ,der Gehilfe'. Derselbe ist ein Einziger und
gehört zu dem unteren Theile der richtigen achten Classe.
Tackil'pu ,der den Registern Vorgesetzte*. Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der richtigen
neunten Classe.
^ Wei , Beruhiger*. Dieselben sind zwei und gehören
zu dem unteren Theile der richtigen neunten Classe.
Jt ä^ ^ Schafig "kien-ling ,der Befehlshaber des
oberen Kreises*. Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem
oberen Theile der nachfolgenden sechsten Classe.
Sching ^der Gehilfe*. Derselbe ist ein Einziger und ge*
hört zu dem unteren Theile der nachfolgenden achten Classe.
62*
96B Pfismaier.
TschU'pu ,der den Registern Vorgesetzte*. Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile der richtigen
neunten Classe.
Wei , Beruhiger'. Dieselben sind zwei und gehören zu
dem oberen Theile der nachfolgenden neunten Classe.
Xb jp^ ^ Tschtnig-hien-Ung ,der Befehlshaber des
mittleren Kreises'. Derselbe ist ein Einziger und gehört zu
dem oberen Theile der richtigen siebenten Classe.
Sching ,dcr Gehilfe'. Derselbe ist ein Einziger und ge-
hört zu dem unteren Theile der nachfolgenden achten Classe.
Tschil-pu ,der den Registern Vorgesetzte'. Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der nachfolgen-
den neunten Classe.
Wei ,der Beruhiger'. Derselbe ist ein Einziger und ge-
hört zu dem unteren Theile der nachfolgenden neunten Classe.
fb "TC jpS ^ Tschimg-hia-hten-ling ,der Befehlshaber
des mittleren unteren Kreises'. Derselbe ist ein Einziger und
gehört zu dem oberen Theile der nachfolgenden siebenten Classe.
Schi7ig , Gehilfen'. Dieselben sind zwei und gehören zu
dem oberen Theile der richtigen neunten Classe.
Tachü'pu ,der Vorgesetzte der Register'. Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der nachfolgen-
den neunten Classe.
Wei ,der Gehilfe'. Derselbe ist ein Einziger und gehört
zu dem unteren Theile der nachfolgenden neunten Classe.
T^ jp^ ^ Hia-hien-Ung ,der Befehlshaber des unteren
Kreises'. Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem unteren
Theile der nachfolgenden siebenten Classe.
ScJiing ,der Gehilfe'. Derselbe ist ein Einziger und ge-
hört zu dem unteren Theile der richtigen neunten Classe.
Tschü-pu ,der den Registern Vorgesetzte'. Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der nachfolgen-
den neunten Classe.
Die Sammelh&nser dar Lahmkönige China*8. 967
Wei ,der Beruhiger^ Derselbe ist ein Einziger und ge-
hört zu dem unteren Theile der nachfolgenden neunten Classe.
Der Befehlshaber des Kreises (hien-ling) befasst sich mit
der Leitung der Sitten und Gewohnheiten, er untersucht die
Anschuldigungen und Aufhaltungen, hört die Streitigkeiten.
Alles, was auf den Feldern des Volkes gesammelt und über-
geben wird, verleiht der Befehlshaber des Kreises. In jedem
Jahre, im letzten Monate des Winters, übt er die Gebräuche
des Weintrinkens in den Bezirken. Obgleich es für die Schrift-
tafeln und Rechnungen, für die Posten, die Scheunen, die Rüst-
kammern, für Diebe und Räuber, für Dämme und Wege aus-
schliessliche Obrigkeiten gibt, wird dieses alles durchgängig
dem Kreise zur Kenntniss gebracht. Der Gehilfe (sching) steht
dabei als Zweiter zur Seite. Die Beruhiger (wei) des Kreises
vertheilen sich und beurtheilen die Gesammtheit der Richter
(thsao), Sie fassen zusammen und gehen bei den Prüfungen
und Einrichtungen voran.
Im ersten Jahre des Zeitraumes Wu-te (618 n. Chr.) ver-
änderte man den bisher üblichen Namen ^^ ^tt^ schu - tso
, Gehilfe der Bücher' zu i^ ^j* kien-tcei , Beruhiger des
Kreisest Plötzlich veränderte man ihn zu j£ tsching , Rich-
tiger'. In sämmtlichen Kreisen setzte man den Registern Vor-
gesetzte {tschü'pu) ein. Man wählte sie aus der Zahl der
nach aussen Verbannten {^jj^ ^(* liea-wai).
Die Gehilfen (schmg) der Kreise der Mutterstadt (hing-
hien) und der oberen Kreise (sckang-hien) waren überall ein
Einziger. Die Richtigen (tsching) der Kreise des Umkreises
der Mutterstadt (khi-hien) und der oberen Kreise waren überall
vier. Im siebenten Jahre des Zeitraumes Wu-te (624 n. Chr.)
veränderte man den Namen kien-tsching ,Richtiger des Kreises'
wieder zu ^ wei ,Beruhiger'.
Im Anfange des Zeitraumes Tsching-kuan (627 n. Chr.)
setzte man in sämmtlichen Kreisen ,die Sachen Verzeichnende'
(lÖ-sse) ein.
In dem Zeiträume Khai-yuen (713 bis 741 n. Chr.) ver-
mehrte man, wenn in den oberen Kreisen (schang-hien) zehn-
tausend Thüren des Volkes, in den mittleren Kreisen (tachung-
hien) viertausend Thüren des Volkes waren, die Zahl der Beruhiger
(toei) um Einen. In dem Kreise der Mutterstadt und in dem
^
968 Pfiimaier.
Sammelhause von Ho-nan setzte man in sämmtlichen Kreisen,
wenn die Thüren des Volkes dreitausend und darüber waren,
einen Qebietenden des Marktes (7^ ^ schi-Ung) ein.
Wenn die Thüren des Volkes zehntausend und darüber
waren, wurden eingesetzt:
ife ^ ^ I-thaang-tö ,Beauf8ichtiger der angemessenen
Scheunen^ Dieselben waren dreL Wenn später in den Kreisen
des Umkreises der Mutterstadt (khi-hien) die Zahl der Thüren
des Volkes nicht viertausend erreichte, setzte man ebenfalls
zwei Beruhiger (wei) ein. Waren es zehntausend Thüren des
Volkes, so gab man einen Beruhiger (xcei) hinzu.
In den Kreisen gab es:
^ ^ ^ Sse-kung-tso ,Qehilfen des den Verdiensten
Vorstehenden'.
^ ^ ^ Sse-thaang-tso ,Gehilfen des den Scheunen
Vorstehenden^
BJ ^ ^h See-hu'tso ,Gehilfen des den Thüren des
Volkes Vorstehenden*.
^ ^ ^h^ Sse-pitig-tso ,Qehilfen des den Waffen Vor-
stehenden'.
^ j^ ^ Sae-fä-tso ,Qehilfen des den Vorschriften
Vorstehenden'.
^ -^ ^h Sse-sae-tso ,Gehilfen des den vorzüglichen
Männern Vorstehenden'.
Dieselben waren den Sachen des Thores des Gefängnisses
' und Anderem voi^esetzt.
In den Kreisen des Umkreises der Mutterstadt (khi-hien)
liess man den ,den Waffen Vorstehenden' (sae-ping) weg.
In den oberen Kreisen (achang-hien) gab es bloss einen
den Thüren des Volkes Vorstehenden (sse-hu) und einen den
Vorschriften Vorstehenden (sse-fä).
In allen Kreisen waren angestellt:
jj^ ^ |fi i King-hiÖ pÖ-sse ,der vielseitige Gelehrte
der mustergiltigen Bücher'.
^ Rj^ Tsu-kiao ,der bei den Belehrungen Helfende'.
Diese zwei Angestellten waren je Einer.
r
Die Sammelhinser der LehenkOnige China*8. 969
In den Kreisen der Mutterstadt (king-hien) gab es:
^ jtjl HiÖ-seng ^Beflissene des Lernens^ Dieselben
waren fünfzig. In den Kreisen des Umkreises der Mutterstadt
(khi'hien) waren es je vierzig. Von den mittleren Kreisen
(Ufchung-hien) abwärts waren es fünf und zwanzig.
Jt ^ ^ Schang-tschin-tsiang ,der Anführer der oberen
Niederhaltungen^ Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem
unteren Theile der richtigen sechsten Classe.
^ P^ Tschin-feu ^Zugetheilte der Niederhaltungen'.
Dieselben sind zwei und gehören zu dem unteren Theile der
richtigen siebenten Classe.
Thsang-thsao thsan-kHin-sse ,der Richter der Scheunen und
an den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Ping-thsao thsan-kiün-sse ,der Richter der Waflfen und an
den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^
Die obigen zwei Angestellten sind je £iner und gehören
zu dem unteren Theile der nachfolgenden achten Classe.
fit ^^ ^ Tsckung 'tschin-tsiang ,der Anführer der
mittleren Niederhaltungen'. Derselbe ist ein Einziger und ge-
hört zu dem oberen Theile der richtigen siebenten Classe.
^ ^ Tschin-feu ,der Zugetheilte der Niederhaltungen'.
Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der
nachfolgenden siebenten Classe.
Ping'thaao thsan-kiün-sse ,der Richter der Waffen und an
den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende'. Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile der richtigen
neunten Classe.
~TC ^ ^ Hia-tschin-tsiang ,der Anführer der unteren
Niederhaltungen'. Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem
unteren Theile der richtigen siebenten Classe.
^ lU Tschin-feu ,der Zugetheilte der Niederhaltungen'.
Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile
der nachfolgenden siebenten Classe.
970 Pfismaier.
Ping-thsao thsan-ktün-sse ,der Richter der Waffen und an
den Sachen des Kriegsheeres Theilnehmende^ Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu dem unteren TheUe der nachfol-
genden neunten Classe.
Bei jeder Niederhaltung (Uchin) sind angestellt:
^ Sse ,der Abgesandte'. Derselbe ist ein Einziger.
]^ /^6u-M6 yder zugetheilte Abgesandte'. Derselbe ist
ein Einziger.
Bei allen Niederhaltungen des Kriegsheeres (Idün-Uchinj
wird, wenn es zweimals zehntausend Menschen oder mehr sind^
ferner eingesetzt:
B) M Sse-ma ,der Vorsteher der Pferde'. Derselbe ist
ein Einziger und gehört zu dem oberen Theile der richtiges
sechsten Classe.
Man vermehrt die Angestellten um den Richter der
Scheunen, den Richter der Waffen, und an den Sachen des
Kriegsheeres Theilnehmenden (thsang-thsao, ping-thsao thscBi"
kiün-sse). Dieselben sind je Einer und gehören zu dem unteren
Theile der nachfolgenden siebenten Classe.
Wenn die Zahl zwei Zehntausende nicht erreicht, gehört
der Vorsteher der Pferde (sse-ma) zu dem oberen Theile der
nachfolgenden sechsten Classe. Der Richter der Scheunen,
der Richter der Waffen und an den Sachen des Kriegsheeres
Theilnehmende (ihsang-ihsao, ping-thsao, thsan-kiün-sse) gehören
zu dem oberen Theile der richtigen achten Classe.
I* j^ ^ Schang-schü-t^chil ,der Vorgesetzte der oberen
Besatzungen'. Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem
unteren Theile der richtigen achten Classe.
J^ @() jSchü-feti ,der Zugetheilte der Besatzungen'. Der-
selbe ist ein Einziger und gehört zu dem unteren Theile der
nachfolgenden achten Classe.
fit J^ ^ Tschung-schü-fschü ,der Voi^esetzte der mitt-
leren Besatzungen'. Derselbe ist ein Einziger und gehört zn
dem unteren Theile der nachfolgenden achten Classe.
Jt J^ i Hia-schü-tschU ,der Vorgesetzte der unteren
Besatzungen'. Derselbe ist ein Einziger und gehört zu dem
unteren Theile der richtigen neunten Classe.
Die SammelbKuBer der Lehenkftnige Chins*!. 971
Der Anfiihrer der Niederhaltungen (tschin~tnang)f die Zu-
getheilten der Niederhaltungen (tschin-feu), der Vorgesetzte der
Besatzungen (achiirUchii) und der Zugetheilte der Besatzungen
(schü-feu) befassen sich mit Abwehren, Bewachen und Ver-
theidigen.
Die oberen Niederhaltungen (achang-tschin) sind zwanzig.
Die mittleren Niederhaltungen (tschung-tschin) sind neunzig.
Die unteren Niederhaltungen (hia-tschin) sind einhundert
fünf und dreissig.
Die oberen Besatzungen (schang-schü) sind eilf.
Die mittleren Besatzungen (tschung-schü) sind sechs und
achtzig.
Die unteren Besatzungen (hia-schü) sind zweihundert fünf
und vierzig.
Der Richter der Scheunen und an den Sachen des Kriegs-
heeres Theilnehmende (thsang-ihsno thsan-kiün-sse) befasst sich
mit den angemessenen Mustern, mit den Scheunen, Rüst-
kammern^ mit Getränken, Speisen und den Arzneien der Aerzte.
Wenn er die Sachen nahe bringt, untersucht er vorläufig die
Aufzeichnungen der verschlossenen Abtheilungen. Er beauf-
sichtigt die Siegel, reicht Papier und Pinsel und marktet und
treibt Tauschhandel auf den öffentlichen Feldern.
Bei den Niederhaltungen (fschin) befasst sich damit zu-
gleich der Richter der Waffen (pmg-tJisao). Der Richter der
Waffen und an den Sachen des Eriegsheeres Theilnehmende
(ping-thsao thsan-kiün-sse) befasst sich mit der Abschliessung
der namhaften Rechnungen der Menschen, mit den Eriegs-
geräthen, Schlüsseln, Pferden und Eseln, mit Erde, Holz und
mit der Sache der Verweise und leichten Strafen.
Zu den oberen Niederhaltungen (schang-Uchin) gehören
die Angestellten:
^ ^ LÖ'Sse ,der die Sachen Verzeichnende' Einer.
Sse ,Vermerker* Einer.
^ W üc. Thaang-ihaaO'Uo ,der Gehilfe des Richters
der Scheunen'. Derselbe ist ein Einziger. Zu ihm gehören noch :
8se jVermerker' zwei.
^ W "fe Ping-thsao-tso ,der Gehilfe des Richters der
Waffen'.
972 Pfixmaiar.
^ Sae , Vermerker'. Dieser und der vorher genannte
Angestellte sind je zwei.
^ ^ Thsang-tö ^der Beaufsichtiger der Scheunen'. Der-
selbe ist ein Einziger. Zu ihm gehören noch:
Sse ,Vermerker' zwei.
Zu den mittleren Niederhaltungen (tschwig-tsckin) gehören
die Angestellten:
Lö-sse ;der die Sachen Verzeichnende' Einer.
Ping-thsaO'tso ,der Gehilfe des Richters derWaflTen' Einer.
Zu ihm gehören noch:
Sse , Vermerker' vier.
Thsang-tÖ ,der Beaufsichtiger der Scheunen' Einer. Zu
ihm gehören noch:
Sse ,Vermerker' zwei.
Zu den unteren Niederhaltungen (hia-tschin) gehören die
Angestellten :
Di-sse ,der die Sachen Verzeichnende' Ejner.
Ping-thsoo-Uo ,der Gehilfe des Richters der Waffen' Einer.
Sse ,Vermerker' zwei.
Thsang-tÖ ,der Beaufsichtiger der Scheunen' Einer. Zu
ihm gehört noch:
Sse ,der Vermerker' Einer.
In allen Niederhaltungen des Kriegsheeres (kiUn-Uckin)
befindet sich bei fünfhundert Menschen:
M ^ Kiä'kuan ,der niederdrückende Amtsfiihrer'. Der-
selbe ist ein Einziger.
Bei tausend Menschen befindet sich:
-7* )||ä[ ij^ Tse-tsung-kuan ,der als Sohn Leitende und
Besorgende'. Derselbe ist ein Einziger.
Bei fünftausend Menschen befinden sich femer:
ff^ Fu ^Angestellte des Sammelhauses' drei.
Sse ,Vermerker' vier.
Jl J^ Ül Schang-schü-tso ,der Gehilfe der oberen Be-
satzung. Derselbe ist ein Einziger. Zu ihm gehören:
Sse jVermerker' zwei.
d| 1^ ^ Tschung-schU-sse ,Vermerker der mittleren Be-
satzung. Dieselben sind zwei.
Die SunmeUi&nMr der LehenUoige China*!. 973
T^ J!$ ^ Hta-schilrsse ,der Vermerker der unteren Be-
satzung^ Derselbe ist ein Einziger.
Thang schaffte die Söhne der Besatzung (^j^ -^ schü-
tse) * ab.
Fünfhundert Menschen^ welche Vertheidiger {^ ^ f^'f^g-
jin) sind; bilden eine obere Niederhaltung (schang-tsehin).
Zweihundert Menschen bilden eine mittlere Niederhaltung
( Uchung-tschin) .
Die Menschen, welche den letzteren an Zahl nicht gleich
kommen, bilden eine untere Niederhaltung (hia-tachin).
Fünfzig Menschen bilden eine obere Besatzung (schang-
schil).
Dreissig Menschen bilden eine mittlere Besatzung (tschung-
schii).
Die Menschen, welche den letzteren an Zahl nicht gleich
kommen, bilden eine untere Besatzung (hia-schü).
Im fünfzehnten Jahre des Zeitraumes Khai-yuen (727
n. Chr.) setzte man in den fünf Festen von Sö-fang je einen
Richter der Felder und an den Sachen des Eriegsheeres Theil-
nehmenden (thien-ihsoo thaan-kiün-sse) ein. Dessen Rangclasse
war mit derjenigen des beurtheilenden Vorstehers T^j ^
puan-ase) sämmtlicher Eriegsheere gleich. Er beaufsichtigte
aasschli esslich den Bau der Felder.
Nach dem Zeiträume Yung-thai (665 n. Ch.) vermehrte
und verminderte man ziemlich die Aemter sämmtlicher Nieder-
haltungen im Verhältnisse zu der alten Einrichtung des Zeit-
raumes Ehai-yuen.
i -^ P3 üS '^ ^'V^ sse-tö ling ,die Gebietenden
der fünf Berghöhen, der vier Ausflüsse^ Dieselben sind je
Einer und gehören zu dem oberen Theile der richtigen neunten
Classe. Sie befassen sich mit den Opfern.
^ ySöhne der Besatzung' wurden früher nicht erwähnt. Es ist hiermit das
obige lae-tfung-huan ,der als Sohn Leitende und Besorgende* zu ver-
gleichen.
974 Pfiimaier.
Bei diesem Amte gibt es:
/nE Jt Sse-sse ,Vermerker des Opfers* drei,
^a ß|J Tschai-lang ,Leib Wächter der Verehrung^ Die-
selben sind je dreizehn.
-t BB ^ Schang 'kuan-ling ,der Befehlshaber des
oberen Qränzpasses^ Derselbe ist ein Einziger und gehört zu
dem unteren Theile der nachfolgenden achten Classe.
^^ Schlug ^Gehilfen^ Dieselben sind zwei und gehören
zu dem unteren Theile der richtigen neunten Classe.
itl BB ^ Tschung 'kuan-ling ,der Befehlshaber des
mittleren Oränzpasses^ Derselbe ist ein Einziger und gehört
zu dem unteren Theile der richtigen neunten Classe.
^ Schlug ,der Gehilfe'. Derselbe ist ein Einziger und
gehört zu dem unteren Theile der nachfolgenden neunten Classe.
"T^ BB ^ Hia-kuan-ling ,der Befehlshaber des unteren
Gränzpasses'. Derselbe ist ein Einziger und gehört ebenfalls
zu dem unteren Theile der nachfolgenden neunten Classe.
Diese Angestellten befassen sich mit dem Verbieten des
Umherwandelns in der Ferne, mit Untersuchung der List und
Heimtücke. Wenn Wagen und Pferde der Reisenden heraus-
kommen und hereinkommen, halten sich diese Angestellten an
den Ort, wo man vorübergeht und bilden Zeitabschnitte für
das Gehen und Kommen.
Die Gränzpässe sind sechs und zwanzig. Die Gränzpä^se
an den vier Seiten der Mutterstadt, wo es Wege der Posten
gibt, sind die oberen Gränzpässe (schang-kuan).
Diejenigen, bei welchen es keine Wege der Posten gibt
sind mittlere Gränzpässe (tschung-kuan). Die übrigen sind
untere Gränzpässe (hia-kuan).
Der Gehilfe (^ sching) befasst sich mit der Anbringung
der Sachen, mit vorläufiger Untersuchung der Siegel und der
Aufzeichnungen der verschlossenen Abtheilungen. Er beurtheilt
durchgängig die Sachen des Gränzpasses.
Zu den oberen Engpässen (schang-kuan) gehören:
^ A Lö-88e ,der die Sachen Verzeichnende*. Derselbe
ist ein Einziger.
Die Sammelbäoser der Lehenkönige Chin&'fi. 975
^ Si/e »Vermerker' vier.
^ ^ Tieu-sse ,den Sachen Vorgesetzte' sechs.
Zu den mittleren Engpässen (tschnng-kuan) gehören:
Lö-sse ,der die Sachen Verzeichnende'. Derselbe ist ein
Einziger.
jjfip Fu ,der Angestellte des Sammelhauses'. Derselbe
ist ein Einziger.
Sse ,Vermerker' zwei.
Tien-sse ,den Sachen Vorgesetzte' vier.
Zu den unteren Engpässen (hia-kuan) gehören:
Fu ,der Angestellte des Sammelhauses'. Derselbe ist ein
Einziger.
Sse , Vermerker'.
Tien-sse ,den Sachen Vorgesetzte'. Dieser und der obige
Angestellte sind je zwei.
Der den Sachen Vorgesetzte (tien-ase) befasst sich mit
Ausreutungen im Umherwandeln und vermischten Obliegen-
heiten.
Anfänglich setzte man in sämmtlichen Gränzpässen all-
gemeine Beruhiger {JlSf^ ^ tu-wei) ein. Es gab auch andere
Obrigkeiten, welche zur Beaufsichtigung ermahnten.
In den oberen Ueberfahrten (^ J^ '^ßt schang-tsin) wurden
eingesetzt :
^ Wei ,der Beruhiger'. Derselbe war ein Einziger und
befasste sich mit den Sachen der Schiffe und Brücken.
j^ Fu ,der Angestellte des Sammelhauses'. Derselbe war
ein Einziger.
^ Sse , Vermerk er' zwei.
^ -^ Tsin-tschang ,Aelteste der Ueberfahit' vier.
In den unteren Ueberfahrten ("fC Ä hia-tsin) wurden
eingesetzt:
^ Wei ,der Beruhiger'. Derselbe war ein Einziger.
jjfip Fu ,der Angestellte des Sammelhauses'. Derselbe
war ein Einziger.
^ Sse , Vermerker' zwei.
^ -^ Tsin-tschang ,Aelteste der Ueberfahrt' zwei.
In dem Zeiträume Yung-hoei (650 bis 655 n. Chr.) schaffte
man den Beruhiger (wei) der Ueberfahrt ab.
976 PfismaUr. Die SamaeUi&aMr dar LekMikftiügfl China*«.
In dem oberen Gränzpasse (schang-huan) setzte man ein:
^ßk ^ Tsin-li ^Angestellte der Ueberfahrt^ acht.
Im ersten Jahre des Zeitraumes Yung-thai (765 n. Chr.'
wurden in dem mittleren Gränzpasse (Tschung-kaan) eingesetzt:
^ßt ^ Tsin-li ^Angestellte der Ueberfahrt' sechs, b
dem unteren Gränzpasse (hta-ktian) waren es vier. Wo sieb
keine [Jeberfahrt befand; wurden sie nicht eingesetzt.
XXVn. SITZUNG VOM 17. DECEMBER 1879.
Das k. k. MiniBterium für Cultus und UDterricht über-
mittelt mehrere AbhandlungeD des Chefs des indischen Agri-
cultar- und Commerz -Departements Herrn Rivett-Carnac,
welche in der Zeitschrift der asiatischen Q^sellschaft von Bengal
erschienen sind und von dem Herrn Verfasser eingesendet
wurden.
Der Bibliothekar und Archivar des Stiftes Reichersberg^
Herr Konrad Meindl, legt: ^Bartholomaei Hoyer, dicti Schirmer,
cellerarii (1462 — 1469) registrum procurationis rei domesticae
pro familia Reichersperg* unter dem Ersuchen um Veröffent-
lichung in dem Archiv vor.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Akademie der Wissenschaften, königl. schwedische: Ofversigt af Förhand-
lingar. 36*« Arg. Nr. 1—6. Stockholm, 1879; 8^
Breslau, Universitfit: Akademische Schriften pro 1878/79. 4» und 8^.
Central -Commission, k. k. statistische: Statistisches Jahrbnch für das
Jahr 1877. XI. Heft. Wien, 1879; 8». Ausweise über den auswärtigen
Handel der österreichisch-ungarischen Monarchie im Sonnenjahr 1878.
XXXIX. Jahrgang, III. Abtheilung. Wien, 1879; 4<). Nachrichten über
Industrie, Handel und Verkehr. XVU. Band. I. und II. Heft. Wien,
1879; 80.
978
CTesellschAft, archüolo^sche, zu Berlin: Thamitos. XXXIX. Programic
Kam Winckelmaunsfeste von Carl Robert. Berlin, 1879; 4*.
Marteus, F. Professor: Recueil des Trattes et ConTentions concliu park
Russic avec les puissances etrangeres. Tome II. Trait^ avec TAntrifhe
1772—1808. Öt-Petersbonrg, I87ö;40. Tome III, 1808-1815. St-Petew
bourg, 1876; 4^ Tome IV, l" Partie, 1815—1849. St-Petersbourg, 1«7S;
4». Tome IV, 2« Partie, 1849-1878. St-Pitersboui^, 1878; 4«.
,Revue politiqne et litt^raire* et ,Revae scientifique de la Fnace et de
TEtranger*. IX« Ann^e, 2« Serie, Nr. 24. Paris, 1879; 4».
Society, the rojal geograpbical : Proceedings and Montbly Record of Geo-
graphie. Vol. I. Nr. 12. December 1879, London; 8^
Die Sitzungsberichte dieser Classe der kais. Akademie
der Wissenschaften bilden jährlich 10 Hefte, von wel-
chen nach Maassgabe ihrer 'Stärke zwei oder mehrere
einen Band bilden, so dass jährlich nach Bedürfniss
2 oder 3 Bände Sitzungsberichte mit besonderen Titeln
erscheinen.
Von allen grösseren, sowohl in den Sitzungsberich-
ten als in den Denkschriften enthaltenen Aufsätzen
befinden sich Separatabdrücke im Buchhandel.
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WIBN, 1880.
DRUCK VON ADOLF H0LZHAÜ8BN
S. K. HOP- UND UNIVKR8ITAT8.BUCIIDBUCKraU
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Ans^egeben am 20. April 1880.