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SITZUNGSBERICHTE
DER KAISERLICHEN
AhADENIE DER WISSENSCHAFTEN,
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
FÜNF UND FÜNFZIGSTER BAND.
———o mg ma —— —
WIEN.
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI.
IN COMMISSION BEI KARL GEROLD’S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAIS. AKADEMIE
DER WISSENSCHAFTEN.
1867.
SITZUNGSBERICHTE
DER
-MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN
CLASSE
DER KAISERLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
LV. BAND. I. ABTHEILUNG.
Jaurcanc 1867. — Herr leıs V.
(Mit 66 Cateln amd 2 Yalzschnitten.)
WIEN.
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEKEI.
IN COMMISSION BEI KARL GEROLD’S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAIS. AKADEMIE
DER WISSENSCHAFTEN.
1867.
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INHALT.
1. Sitzung vom 3. Jänner 1867: Übersicht
v. Zepharovich, Nachtrag zu meinen köystallfögrähhisehen
Mittheilungen im 43. und 52. Bande dieser Berichte .
Steindachner,, Über einige Fische aus dem Fitzroy-Flusse bei
Rockhampton in Ost-Australien. (Mit 1 Tafel und
=aHolzsehnittenäjpis. Urs. n 43V 2 re), SUR
Reuss, Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wie-
liezka in Galizien. (Mit 8 Tafeln.). ....... -
Lipsky, Beiträge zur Kenntniss des feineren Baues des Darm-
Banals: (Mit 2. Bafeln.),.. 2 0... ms)
II. Sitzung vom 10. Jänner 1867: Übersicht . er
ZI. Sitzung vom 17. Jänner 1867: Übersicht. . . . . . .
Unger , Botanische nl auf dem Gebiete der Ei
Beseichte- VE. „0.0.2 2... ER
IV. Sitzung vom 31. Jänner 1867 : Übersicht. . ... . ee
V. Sitzung vom 7. Februar 1867: Übersicht... . .....
Reuss, Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligo-
eane (Mit scEaleln.) .........*.20..0.0.
Freih. v. Ettingshausen, Die Kreideflora von N in
Sachsen, ein Beitrag zur Kenntniss der ältesten Dieo-
tyledonengewächse. (Mit 3 Tafen.) ......
Steindachner,, Herpetologische Notizen. (Mit 4 Tafeln.) .
VI. Sitzung vom 14. Februar 1867: Übersicht . Ir
Reuss, Über einige Crustaceenreste aus der alpinen Trias
Österreichs. (Mit 1 Tafel.)
VII. Sitzung vom 28. Februar 1867: Übersicht . . . .
Tschermak, Quarzführende Plagioklasgesteine Re
Graber, Zur Entwickelungsgeschichte und Köprodkaond
fähigkeit der Orthopteren. (Mit 4 Tafeln.) .
Boue, Über eine neu entdeckte Höhle im tertiären Conglo-
werate in Gamfaben 1 00 DISHIUN 5.
VEIE. Sitzung vom 14. März 1867: Übersicht .
Karrer, Zur Foraminiferenfauna in Österreich. (Mit 3 Tafeln
und einer Übersichtstabelle.)
Jelinek, Über die Stürme des November und Dee 1866.
(Mit 4 Tafeln.)
Seite
VI
IX. Sitzung vom 21. März 1867: Übersicht... 2...»
Boue, Beiträge zur Erleiehterung einer geographischen Auf-
nahme der europäischen Türkei. (Mit 2 Tafeln.) . »
Tschermak, Die kobaltführenden Arsenkiese Glaukodot und.
Danalt. x. 0 a0 nn ne N Re lese ee
Fitzinger, Versuch einer natürlichen Anordnung der Nage-
thiere (Rodenha) Ur rer er ;
Freih. v. Ettingshausen, Die fossile Flora des Tertiir-Beckens
von,Bilin. III. Diheilz 2.200 2.2 2, u Sn ern
Steindachner, Iehthyologische Notizen (IV.) (Mit 6 Tafeln).
X. Sitzung vom 4. April 1867: Übersicht . . . . . . ;
Kner, Über Orthacanthus Dechenii Goldf. oder Kenn
Dechenii Beyr. (Mit 10 Tafeln.) .
Steindachner , Über einige neue und seltene Meeresfische aus
China, ....,.,.l.2l20 =& EIN ausser ar Para Pr
Langer, Über das Eyaipigefäßsgstim des Frosehes. (Mit 3
Tafeln.) ! ee
— Lionardo da Vinci, der Erle me stellen der a
Lage des menschlichen Beckens 2
Unger, Kreidepflanzen aus Österreich. (Mit 2 Tafeln.) .
v. Biesiadecki, Untersuchungen über die Gailen- und a
gefäße der Menschenleber in Ent ie Zuständen.
(Mit 1 Tafel.) . ee ee ee
XI. Sitzung vom 11. April: 1867: Übersicht
XII. Sitzung vom 25. April 1867: Übersicht
Schwarz, Über eine Methode doppelter Färbung mikroskonee
scher Objeete, und ihre Anwendung zur Untersuchung
der Musculatur des Darmtraktes der Milz, Lymph-
drüsen und anderer Organe. (Mit 5 Tafeln.)
XIII. Sitzung vom 9. Mai 1867: Übersicht .
XIV. Sitzung vom 16. Mai 1867: Übersicht . une
Steindachner , Ichthyologische Notizen (V). (Mit 3 Tafeln.)
Kner, Be zu den fossilen Fischen von Raibl. (Mit 1
Tafel.) . SER ee
XV. Sitzung vom 23. Mai 1867: Übersicht . .... .
Bericht über die Coneurrenzsehrift für den am 28. Decemik
1865 ausgeschriebenen Preis aus dem Gebiete der
Mineralogie . . .
— über die Donentrenzeehan für en am 30. Mai 1864 aus-
geschriebenen Preis aus dem Gebiete der Geologie
Seite
401
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637
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695
698
701
718
123
726
1%8
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN,
MA'THEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
LV. BAND.
ERSTE ABTHEILUNG.
T.
Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik,
Zoologie, Anatomie, Geologie und Paläontologie.
Sitzb. d. mathem -naturw. Cl. LV, Bd. I. Abth. 1
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I. SITZUNG VOM 3. JÄNNER 1867.
Der Secretär legt folgende Einläufe vor:
Eine Coneurrenzschrift für die am 28. December 1865 ausge-
schriebene Preisaufgabe aus dem Gebiete der Mineralogie, mit dem
Motto: „Nunguam otiosus“.
Eine Bewerbungsschrift für die am 30. Mai 1864 ausgeschrie-
bene Preisfrage aus der Geologie, mit dem Motto:
„Nie war Natur und ihr lebendiges Fließen
Auf Tag und Nacht und Stunden angewiesen;
Sie bildet regelnd jegliche Gestalt,
Und selbst im Großen ist es nieht Gewalt.“
Göthe.
Ein Dankschreiben des Herrn Prof. Dr. Fr. Rochleder für die
ihm gewährte Subvention von 300 fl.
Ein Dankschreiben des Herrn Prof. Dr. R. Maly in Olmütz für
die ihm bewilligte Subvention von 250 fl.
Eine Abhandlung: „Über Quereitrin“ nebst einer für den An-
zeiger bestimmten vorläufigen Notiz von Herrn Prof. Dr. Fr. Roch-
leder.
„Mittheilungen aus dem chemischen Laboratorium in Innsbruck“
von Herrn Prof. Dr. H. Hlasiwetz.
Einen „Nachtrag zu den krystallographischen Mittheilungen im
43. und 52. Bande der Sitzungsberichte“* von Herrn Prof. Dr. V.
Ritter v. Zepharovich in Prag.
Eine Abhandlung: „Über das Verhalten von Zink und Zinkoxyd“
von Herrn A. Siersch, Magister der Pharmacie und Stipendisten
für Chemie an der k. k. Universität zu Lemberg.
Endlich eine Abhandlung: „Zur Entwickelungsgeschichte und
Reproductionsfähigkeit der Orthopteren“ von Herrn Vitus Graber,
stud. phil. zu Innsbruck“.
Herr Prof. Dr. R. Kner legt eine Abhandlung: „Über die als
Xenacanthus Dechenii Beyr. bekannte fossile Fischgattung“ vor.
1®
\
Derselbe überreicht ferner eine Abhandlung: „Über einige
Fische aus dem Fitzroy-Flusse bei Roeckhampton in OÖst-Australien“,
von Herrn Dr. Fr. Steindachner.
Herr Prof. Dr. J. Redtenbacher übergibt die „Chemische
Analyse des Mineralwassers in Mödling bei Wien“ von Herrn Dr.
Ed. Schwarz.
Herr Dr. S. Stricker legt eine Abhandlung des Herrn Dr. A.
Lipsky aus Kiew vor, betitelt: „Beiträge zur Kenntniß des feineren
3aues des Darmkanals“.
Herr F. Unferdinger legt folgende vier Abhandlungen vor:
1. „Die Summe der harmonischen und Arcustangens-Reihe mit
alternirenden Zeichengruppen“.
2. „Uber einige mit dem Laplace’schen verwandte bestimmte
Integrale“.
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3. Die Grenze des Ausdruckes ET + ao +...4+ an
für m — oo“.
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A. „Beweis Fi RE der unendlichen Reihe — — lage 4 —...
f 5 88;
wenn , =1-+ a an reg
n
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Akademie der Wissenschaften, König]. Preuss., zu Berlin: Monats-
bericht. August 1866. Berlin; 8°.
— — Königl, Bayer., zu München: Sitzungsberichte. 1866. 1.
Heft 4; 1866. II. Heft 1. München; 80,
— Königl. gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt: Jahrbücher.
Neue Folge. Heft IY—V. Erfurt, 1866; 8°.
Annalen der Chemie u. Pharmacie von Wöhler, Liebig u.
Kopp. N. R. Band LXIV. Heft 1—2. Leipzig & Heidelberg,
1866; 89.
Annales des mines. VI® Serie, Tome IX., 1" Livraison de 1866.
Paris; 89, |
Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 4. Jahrg.
1866, Nr. 24; 5. Jahrg. 1867. Nr. 1. Wien; 80,
Astronomische Nachrichten. Nr. 1620 — 1621. Altona, 1866; 40,
Breslau, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften. 1865/6.
49 & 80,
5
Comptes rendus des seances de l’Academie des Sciences. Tome
LXIM. Nrs. 23—24. Paris, 1866; 40
Cosmos. 2° Serie. XV® Annde, 4° Volume, 24°—-26°. Livraisons.
Paris, 1866; 8%
Gesellsehaft, österr., für Meteorologie: Zeitschrift. I. Band.
Wien, 1866; 80.
Gewerbe-Verein, n.-ö.: Wochenschrift. XXVIIL. Jahrg. Nr. 51
bis 53. Wien, 1866; 8°.
Jahrbueh, Neues, für Pharmacie und verwandte Fächer von Vor-
werk. Band XXVI, Heft 3—4. Speyer, 1866; 8°.
Jahrbücher der k. k. Central-Anstalt für Meteorologie und Erd-
magnetismus. Von C. Jelinek und C. Fritsch. Neue Folge,
I. Band. Jahrgang 1864. (der ganzen Reihe IX. Band.) Wien,
1866; 4°.
Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie von H. Will.
Für 1865. 2. Heft. Giessen, 1866; 8».
Land- und forstwirthschaftl. Zeitung. XVI. Jahrg. Nr. 36. Wien,
1866; 4°.
Leseverein, Akademischer, an der k. k. Universität in Wien:
V. Jahresbericht, 1865—66. Wien; 80.
Marburg, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften, 1865/6.
Av & 80,
Mittheilungen aus J. Perthes’ geographischer Anstalt. Jahrg.
1866. XI. Heft. Gotha; 40°. x
Moniteur scientifique. 240° Livraison. Tome VIII’, Annde 1866.
Paris; 40.
Prym, Friedrich, Zur Theorie der Funetionen in einer zweiblättri-
gen Fläche. (Denkschr. der Schweiz. Naturf. Ges. 22. Bd.)
Zurich, 1866; 49. |
Reader. Nrs. 207—209, Vol. VII. London, 1866; Folio.
Reichsforstverein, österr.: Monatsschrift für Forstwesen. XVI.
Band, Jahrg. 1866. October-Heft. Wien; 8°.
Soeiete& des Seiences naturelles de Neuchatel: Bulletin. Tome VII.
2° Cahier. Neuchatel, 1866; 8°.
— Linneenne de Bordeaux: Actes. Tome XXV. (5° Serie: Tome
V.) Paris & Bordeaux, 1864; gr. 8°.
Society, The Chemical: Journal. Ser. 2, Vol. IV. July-September
1866. London; 80,
6
Verein, naturhist.-medizinischer, zu Heidelberg: Verhandlungen.
Band IV. 3; 8%.
Wiener medizin. Wochenschrift. XVI. Jahrg. 1866. Nr. 101—104.
XVIl. Jahrg. 1867. Nr. 1. Wien; 4°.
Wochen-Blatt derk. k. steierm. Landwirthschafts - Gesellschaft.
XV. Jahrg. Nr. 30. Gratz, 1866; 40.
Würzburg, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften.
1865/6. 40 & 8°.
Zeitschrift für Chemie ete. von Beilstein, Fittig und Hüb-
ner. IX. Jahrg. Neue Folge. II. Band. 18.—23. Heft. Leipzig,
1866; 8%
Zepharovich. Nachtrag zu meinen krystallogr. Mittheilungen ete. Ä
Nachtrag zu meinen krystallographischen Mittheilungen im
43. und 52. Bande dieser Berichte.
Von dem ce. M. V. Ritter v. Zepharovich.
Zweifach ameisensaures Kupferoxyd (43. Band, 1861, S. 548).
Die von K. v. Hauer aufgestellte Formel: CuO.2C,;,HO, + 4HO
gründet sich nur auf die Ermittlung eines Bestandtheiles, des
Kupferoxydes, welches mit 26-7 Proc. bestimmt wurde. Eine voll-
ständigere Analyse zur Nachweisung der wohl ungewöhnlichen For-
mel des Salzes war daher wünschenswerth; Prof. Th. Wertheim
hatte, auf meine Bitte, eine solche begonnen und mir darüber Fol-
gendes mitgetheilt: „In 0:1844 Grm. der Krystalle wurden 0:0690
Kupferoxyd gefunden, hieraus ergibt sich das Atomgewiceht des Salzes
— 10626 und es stellt sich mithin als eine Unmöglichkeit dar, dafs
dasselbe 2 Äquivalente Ameisensäure auf 1 Äquivalent Kupferoxyd
enthalte. Nimmt man in dem Salze auf 1 Äquivalent Kupferoxyd,
1 Äquivalent Ameisensäure an, so würde der gefundene Kupfergehalt
am besten mit der Formel CuO.C, HO,-+ 3HO stimmen; diese For-
mel verlangt nämlich 38:28 Proc. Kupferoxyd, während nach dem
obigen Versuche 37-42 Proc. gefunden wurden.“
Die mit dem Reste meines geringen Vorrathes von Kryställchen
vorgenommene Wasserbestimmung ist leider mißlungen, daher die
Formel des Salzes — in welchem Wertheim eine ansehnlich
größere Menge Kupferoxyd als v. Hauer fand — noch immer frag-
lieh. Wiederholte Versuche die gemessenen Krystalle wieder darzu-
stellen, führten zu keinem Resultate; ich erhielt unter verschiedenen
Umständen stets die von Heußer untersuchten Krystalle des
CuO.C, HO,;, + 4HO.
Ss v. Zepharovich. Nachtrag zu meinen krystallogr. Mittheilungen etc.
Kohlensaures Kali -Natron, KO.CO, + Na0.CO,;, + 12HO und
Santonin, O5 H,s 0, (52. Band, 1865, S. 237 und 248) Krystalle der
beiden Substanzen wurden —- ich hatte dies übersehen — bereits
früher gemessen, und zwar erstere durch Marignac (Ann. d. min.
[5] 12. Band, 1857, S. 57), letztere durch v. Lang (diese Ber.
31. Band, 1858, S. 118). Die Ergebnisse dieser Messungen und der
meinigen sind in befriedigender Übereinstimmung.
Steindachner. Über einige Fische aus dem Fitzroy-Flusse ete. 9
Über einige Fische aus dem Fitzroy-Flusse bei Rockhampton
in Ost- Australien.
Von Dr. Franz Steindachner,
Assistenten am k. k. zoologischen Museum.
(Mit 1 Tafel und 2 Holzschnitten.)
1. Art Ambassis Ägassizii nov. spec.
D. 1-47 | 1/5; A. 2/5; L. lat. e. 23—26; L. tr. 131).
Char. Kopflänge 3mal, Körperhöhe ce. 2!/,mal, zweiter Stachel der
ersten Dorsale 31/,mal in der Körperlänge ohne Schwanzilosse
enthalten. Von den drei Stacheln der Anale ist der zweite am
stärksten, der dritte am längsten; letzterer gleicht ferner dem
Stachel der zweiten Dorsale an Länge, ist aber kürzer als der
zweite oder selbst der dritte Stachel der ersten Dorsale. Der
Vordeckel trägt am hinteren und unteren freien Rande, so wie
zunächst dem Winkel der Präopereularleiste zahlreiche, deutlich
sichtbare Zähnchen; das Interopereulum ist zunächst dem hin-
tern Ende des untern Randes, der Präorbitalknochen endlich
am ganzen freien Rande gezähnt.
Die Mundspalte erhebt sich in schiefer Richtung nach vorne
und oben und ist von geringer Länge; die Schnauze ist nur
halb so lang wie das Auge, dessen Durchmesser sich zur Kopf-
länge (ohne den häutigen dreieckigen Anhang des Kiemen-
deckels) wie 1:25/, verhält. Unter den Augen liegen zwei
Reihen von Schuppen auf den Wangen. Die Stirnbreite beträgt
etwas mehr als 2/, der Augenlänge. Die Profillinie des Kopfes
erhebt sich in gerader Linie ziemlich steil bis zur ersten Dor-
sale, deren liegender Stachel unter den Schuppen verborgen
ist. Eine Reihe kleiner Schuppen liegt längs der Basis der bei-
den Rückenflossen und der Anale; die Spitzen der zwei läng-
sten, ersten Gliederstrahlen der Ventrale erreichen zurückgelegt
nahezu die Basis des ersten Analstachels. Die bräunliche Grund-
10 Steindachner.
farbe des Körpers wird gegen den Bauch heller; die Schuppen
sind am hintern Rande etwas dunkler gefärbt als in der Mitte
und im vordern Theile. Eine silbergraue Längsbinde mit einem
sehwärzlichen Längsstriche in der Mitte zieht vom obern Ende
des Kiemendeckels zur Schwanzflosse. Eine breite, von schwärz-
liehen Pünktehen gebildete Binde liegt auf der Ventrale hinter
dem Stachelstrahle; auch die Flossenhaut der beiden Rücken-
flossen und der Anale ist zunächst den Strahlenenden schwärz-
lich punktirt.
2. Art Apogon australis nov. spec.
D. 71/a; A. 8/s5 L. lat. 24—25 (absgq. sq. in p. eaud.); L. tr. 18.
In der Zeichnung des Körpers erinnert diese Art an Apogon
lineatus T. Schleg., da über die Seiten desKörpers 8—9 schwarze
Querstreifen herabziehen, welche circa in halber Körperhöhe von
einer bleifarbigen Längsbinde gekreuzt werden, doch unterscheidet
sie sich von letzterwähnter Art aus Japan durch die viel bedeutendere
Höhe der kurzen, gedrungeneren Körpergestalt, so wie der ersten
Rückenflosse.
Char. Die Kopflänge ist eirca 23/,mal, die größte Körperhöhe 2mal
in der Körperlänge ohne Caudale enthalten. Nur der freie Rand
des Vordeckels ist gezähnt, die Vordeckelleiste aber zahnlos,
hiedurch nähert sich diese Art bereits den Apogonichtys-Arten.
Die Mundspalte ist lang, von sehr geringer Breite und schief
nach vorne und oben gestellt. Das Auge gleieht an Länge einem
Drittel des Kopfes oder der Breite des Kiemendeckels (ohne den
häutigen Anhang). Der Präorbitalknochen ist am untern Rande
deutlich gezähnt; nur zwei Schuppenreihen liegen auf den
Wangen zwischen dem Auge und der Vordeckelleiste. Die Profil-
linie des Kopfes erhebt sich in steiler Richtung (viel steiler als
bei A. lineatus) bis zum Beginne der ersten Dorsale und ist
nur in der Augengegend schwach eingedrückt. Von den sieben
Stacheln der ersten Dorsale ist der zweite am längsten und
stärksten und eirca 2/, der größten Leibeshöhe gleich; der erste
Stachel derselben Flosse ist etwas länger als der letzte, aber
kürzer als der vorletzte. Zunächst dem hintern, schwach eon-
vexen Rande der ersten Dorsale liegt eine ziemlich breite
schwarze Binde. Auch die zweite Dorsale, welche nicht die
Über einige Fische aus dem Fitzroy-Flusse bei Rockhampton ete. 44
Höhe der ersten Rückenflosse erreicht und die Anale sind zu-
nächst dem freien Rande der Strahlen etwas dunkler gefärbt als
im übrigen Theile.
Der zweite und dritte Analstachel gleichen sich an Länge
und Stärke, sind aber kürzer als der zweite Stachelstrahl der
ersten Dorsale und circa 2mal in der Körperhöhe enthalten.
Die Schwanzflosse ist hinten eingebuchtet und an den Winkeln
abgerundet. Der hintere Rand jeder Rumpfschuppe ist dunkel-
braun gesäumt; die Grundfarbe des Körpers ist ein helles Braun,
die Bauchseite ist silberfarben.
> 3. Art Apogonichthys Gzlliz nov. spec.
Taf. I, Fig. 1.
Char. Kopflänge gleich ‘/;, Körperhöhe 2/,—5/;, der Totallänge;
Mundspalte sehr lang, schief nach oben und vorne gerichtet;
Augendiameter gleich der Schnauzenlänge; Caudale abgerundet;
Dorsale mit sechs Stacheln, von denen der erste am kürzesten,
der zweite am höchsten und stärksten ist. Anale am untern
Rande abgerundet, mit acht Gliederstrahlen; zweite Dorsale
eben so hoch wie die Anale, mit neun Gliederstrahlen. Körper-
färbung bräunlich mit Silberreflex; die beiden Dorsalen, die
Anale und Caudale sehr fein schwarz punktirt und zwar am
dichtesten zunächst dem freien Rande der Strahlen; Ventrale im
mittleren Theile schwärzlieh, an den Rändern weißlich. Kurze,
sehwärzliche Binden laufen strahlenförmig vom Augenrande aus;
unter diesen zieht die oberste, welche am längsten-und zugleich
am schärfsten ausgeprägt ist, vom hintern Augenrande über
den obern Kiemendeckelrand bis zum Beginne der Seitenlinie,
welche 27—28 Schuppen durehbohrt; Rumpf mit breiten,
Querbinden - ähnlichen großen Flecken von dunkelbrauner
Färbung.
Gatt. Lepidoblennius nov. gen.
Char. Körpergestalt wie bei Blennius; Rückenflossen 2, deutlich
von einander geschieden; die erste mit zahlreichen, bieg-
samen Stacheln, die zweite Dorsale wie die Anale von ein-
fachen gegliederten Strahlen gebildet, stachellos; nur der letzte
Strahl der zweiten Dorsale und der Anale ist zuweilen gespal-
12 Steindachner.
ten: Peetorale sehr stark entwickelt, mit einfachen dieken
Gliederstrahlen in der untern Hälfte der Flosse; Ventrale
jugulär mit zwei dieken und einem dünneren einfachen Glieder-
strahle; Kiemenöffnung mit sechs Kiemenstrahlen; deutlich ent-
wiekelte Pseudobranehien; eine Binde zahlreicher, feiner Zähn-
chen im Zwisehen- und Unterkiefer und einer Außenreihe dieht
an einander gestellter, viel längerer, etwas gebogener Zähn-
chen; Rumpf deutlich beschuppt; Schuppen eyeloid.
4. Art Lepidoblennius haplodaciylus n. spec.
Taf. I, Fig. 2, 3.
Char. Kopflänge eirca '/,, Körperlänge ?/,,; der Totallänge; Stirn-
profil steil zum vordern Mundrande abfallend, Kopf mäßig com-
primirt, Stirnbreite gleich halber Augenlänge; ein kleines,
sefranstes Tentakel am vordern Nasenloche; Peectorale lang,
fächerförmig gestaltet mit fünf bis sechs einfachen, sehr dieken
Strahlen in der untern Hälfte, circa 4mal in der Totallänge
enthalten. Die drei ersten Stachelstrahlen der langen ersten
Dorsale stehen weiter von einander entfernt als die übrigen und
bilden eine Art Vorflosse, welche unmittelbar hinter dem Hinter-
haupte beginnt. Die Höhe dieser drei ersten Stacheln ist so wie
die der Dorsalstrahlen überhaupt beiMännchen viel bedeutender
als bei den Weibchen; die zweite Dorsale ist bei Weibchen
wie es scheint höher als die erste, bei Männchen dagegen min-
der hoch. Die Anale wird mit Ausnahme der drei bis vier letz-
ten verbundenen Strahlen von fast vollkommen isolirt stehenden,
einfachen, sehr dieken ungegliederten Strahlen (Taf. 1, Fig. 3)
gebildet, da die Flossenhaut von der hintern Spitze jedes Anhet-
tungsstrahles zur Basis des darauffolgenden Strahles zieht; nur
bei den drei bis vier letzten Analstrahlen reicht die Flossenhaut
weiter hinab, der letzte Analstrahl ist außerdem getheilt. Die
Randstrahlen der Caudale, welche am hintern Rande schwach
abgerundet ist, sind einfach, die übrigen getheilt.
Der Rumpf ist vollständig mit kleinen Schuppen bedeckt;
die Seitenlinie durchbohrt eirca ‚62 Schuppen, von denen die
vordersten durch ihre Größe sich von den benachbarten aus-
zeichnen. Sämmtliche Flossen mit Ausnahme der Ventrale sind
mit mehreren regelmäßigen Reihen abwechselnd heller und
Über einige Fische aus dem Fitzroy-Flusse bei Rockhampton ete. 13
dunkler Fleckehen geziert, welche auf der Peetorale und
Caudale in querer, auf der Anale in horizontaler, auf den
beiden Rückenflossen endlich in schiefer Riehtung laufen und
bei alten Individuen minder lebhaft gefärbt sind als bei jungen
Exemplaren.
Fünf schwarze, mehr oder minder scharf ausgeprägte,
sroße rundliche Flesken liegen im obersten Höhendrittel der
Rumpfseiten; zahlreiche, schwach gebogene Streifen von ähn-
licher Färbung nehmen die beiden übrigen Höhendrittel des
Rumpfes ein; zunächst unter der Seitenlinie liegen grosse, weiße,
rundliche Flecken, welche bei manchen Exemplaren aber nur
schwach ausgeprägt sind, über der Seitenlinie endlich viel zahl-
reichere, gleichfalls reinweiße Punkte. Ein schwarzer Fleck
auf der grauschwarzen Flossenhaut der Vorflosse zwischen dem
zweiten und dritten Stachel der ersten Dorsale.
D. 17/11—12, A. 19; P. 14—15; V. 3; E. late,62.
5. Art Eleotris lineolatus nov. spec.
Char. Kopf breit, sehr stark deprimirt, auf der Oberseite ganz flach;
Kopflänge etwas mehr als 3mal, Caudale und Pectorale (von
ovaler Gestalt) circa 5°/;mal in der Totallänge; Körperhöhe
fast 2mal, größte Kopfbreite zwischen den Deckelstücken
13/,mal in der Kopflänge enthalten. Keine Gaumen- oder Vomer-
zähne; Unterkiefer stark vorstehend; Stirnbreite gleich der
Schnauzenlänge oder zwei Augendiameteru. Oberseite des Kopfes
mit Ausnahme der Schnauze mit kleinen Schuppen besetzt;
Schuppen auf den Wangen kleiner als die übrigen Schuppen
des Kopfes; 62 Schuppen längs der Seitenlinie mit Ausschluß
der Schuppen auf der Schwanzflosse. Rückenseite dunkelbraun,
gegen den Bauch heller; Schuppen der Körperseiten mit einem
schwärzlichen Fleck in der Mitte, wodurch zahlreiche Längs-
linien in der Richtung der Schuppenreihen sich bilden. Bauch-
flossen einfärbig, hell gelbbraun, zweite Dorsale und Caudale
undeutlich gefleckt.
DEOU SA 15T. latı 02,
Ein großes Exemplar von fast 10 Zoll Länge.
14 Steindachner.
Gatt. Neosilurus nov. gen.
Char. Körpergestalt gestreckt, stark eomprimirt; Schnauze nasen-
förmig die kleine, unterständige, bogenförmig gekrümmte
Mundspalte überragend; Kieferzähne klein, konisch, in geringer
Zahl; Zähne am Vomer, keine auf den Gaumenbeinen; jederseits
ein Nasen-, ein Eck- und zwei Unterkieferbarteln ; Dorsale von
einem Knochenstrahl und mehreren Gliederstrahlen gebildet,
mit kurzer Basis; keine Fettflosse; Anale sehr lang, mit der
Caudale verschmolzen; Peetorale mit einem Knochenstrahl ;
Ventrale nur von biegsamen Strahlen gebildet und vor dem
Beginne der Dorsale eingelenkt; Porus pectoralis vorhanden;
Kopfhaut weich und zart, ohne Granulirungen.
6. Art Neosilurus Hyrtlii nov. spec.
Taf. 1, Fie. 4, 5.
Char. Kopflänge nahezu 51/,mal, Körperhöhe 53/,mal in der Total-
länge, Augendiameter 2mal in der Schnauzenlänge enthalten.
Kopfbreite etwas mehr als 12/,;mal, Höhe der Dorsale 13/,mal in
der Kopflänge. Dorsal- und Peetoralstachel am hinteren Rande
gezähnt, doch mit einer dieken Haut umgeben, so daß die Zähne-
lung erst nach Hinwegnahme der letzteren sichtbar wird. Peeto-
rale etwas länger als die Dorsale; Ventrale 5/;, der Pectorallänge
gleich. Die größte Breite des Rumpfes steht der Hälfte der Körper-
höhe etwas nach; der Rumpf nimmt gegen die Schwanzspitze
rasch an Höhe und zugleich an Breite ab. Die Mundspalte ist
klein, bogenförmig gerundet, unterständig, (s. Taf. I, Fig. 5) und
wird von der konischen Schnauze weit überragt. Zähne sind so-
wohl in den Kiefern als auch am Vomer vorhanden, koniseh und
liegen im Zwischen- und Unterkiefer zwischen Papillen fast ganz
verborgen. Gaumenzähne fehlen. Die Barteln sind mäßig lang; die
längsten, äußeren Unterkieferbarteln reichen zurückgelegt über
das Auge hinaus, doch nicht bis zum hintern Kopfende; die
Spitze der zurückgelegten Nasenbarteln erreichen die Mitte des
Auges. Der Kiemendeckel ist gestreift, der Oceipitalfortsatz sehr
schmal und lang. Die Rückenseite zeigt eine dunkelviolette Fär-
bung, welche gegen die Bauchseite ins Silbergraue übergeht,
doch überall sehr zart violett punktirt ist. Die Seiten des Kopfes
Über einige Fische aus dem Fitzroy-Flusse bei Rockhampton ete. 15
sind silbergrau mit stahlblauem Schimmer, die unpaarigen
Flossen bräunlich, die Ventrale ist schmutzig gelblich.
Seitenlinie etwas über halber Höhe des Körpers hinlaufend;
System der Kopfeanäle stark entwickelt.
D. 1/4; V. 12: P. 1/10; C. et A. c. 106-110. (A, c. 80—82.)
7. Art Anguilla Reinhardtii nov. spec.
In der Körpergestalt hat diese Art viele Ähnlichkeit mit Ang.
Aucklandiü, doch ist die Schnauze stärker zugespitzt, länger und
sehmäler (siehe Fig. a), die Zahnbinden in den Kiefern sind schmäler,
die Vomerbinde (s. Fig. 5) aber ist breiter
als bei letztgenannter Art. Die Kopflänge,
bis zur Kiemenspalte gerechnet ist eirca
61/,mal in der Totallänge, die größte
Körperhöhe 2mal in der Kopflänge enthal-
ten. Der Augendiameter gleicht der Hälfte
der Stirnbreite oder 3/, der Schnauzen-
länge, die größte Kopfbreite kommt nahe-
zu der halben Kopflänge gleich, Die Mund-
winkel fallen um die Länge eines Auges
hinter den hintern Augenrand. Die Anale
beginnt ziemlich weit hinter der Dorsale,
nämlich um die Länge des Kopfes zwi-
sehen dem obern Ende der Kiemenspalte
und der hintern Nasenöffnung. Der Körper
ist sehr dunkel rothbraun, die Unterseite
des Kopfes und der Bauch schmutzig-
fleischfarben; die Porenmündungen der
Seitenlinie bilden gelbe Punkte. Außer-
dem ist der ganze Körper mit Ausnahme
der Bauchseite mit zahlreichen länglichen
vder runden, kleinen Flecken von schwar-
zer Färbung übersäet. Die freien Ränder
der Caudale, Dorsale und Anale sind weiß-
lich gesäumt. Beschuppung wie bei Ang.
Aucklandii.
Totallänge des beschriebenen Exemplares 21 1/,”.
Entfernung der Dorsale von der Spitze des Unterkiefers 7’ 3”
a
1 b Steindachner. Uber einige Fische aus dem Fitzroy-Flusse etc.
Entfernung der Anale von der Spitze des Unterkiefers 97 11”
Kopflänge 3” 41/,
Kopfhöhe 1” 6
Länge des ovalen Auges nahezu 4”
Schnauzenlänge nicht ganz 8”".
S. Art Strabo nigrofaseiatus Kn. Steind.
(Nematocentris splendida Peters.)
Bei Männchen sind die letzten Strahlen der zweiten Dorsale und
der Anale, ferner die Ventralen und die mittleren Strahlen der ersten
Dorsale nicht unbedeutend länger als bei Weibchen. Bei Exemplaren
von 3” 7” in der Totallänge beträgt die Körperhöhe 141/,”’, die
Kopflänge 9”. Über die basale Hälfte der zweiten Rückenflosse und
der Anale laufen 2—3 Reihen dunkel purpurrother Flecken, der
übrige Theil eben dieser Flossen, so wie die ganze erste Dorsale
zeigt hell earminrothe, sehr schmale Querstreifen. Die Spitzen beider
Dorsalen und der äußere Strahl der Ventrale sind schwärzlich violett,
die vier inneren Strahlen der Ventrale und die ganze Schwanzflosse
schmutzig rothviolett. Unter der silbergrau eingefaßten schwärzlichen
oder nur einfärbig silbergrauen Längsbinde, welche über die fünfte
Längsschuppenreihe des Rumpfes zieht, liegen häufig noch bei
älteren Exemplaren schmälere und zugleich schwächer vortretende
schwarzgraue Längsbinden (zwischen je zwei aufeinander folgenden
Längsschuppenreihen), welehe in der vorderen Längenhälfte des
Rumpfes sich zuweilen in runde Flecken auflösen. Der mittlere Theil
der in der untern Körperhälfte liegenden Schuppen zeigt lebhaften
Silberglanz oder einen Stich ins Rosenrothe. Stirne und Schnauze
sind schuppenlos, zwischen dem Auge und der ungezähnten Vorder-
leiste liegt eine Reihe von Schuppen, ebenso an der Basis der Anale.
1. D. 174-5; 2.D. 1/10—11; A. 1/18; V. 1/5; P. 1/12;
L. Jat. 32—33; L. transv. 121/,—131/,.
Steindachner Fische aus den Fitzroy Ehrsse.
AusdR.k.Hof u.Staatsdr
Sitzungsb.der k.Akad.d.W. math.naturw.C1.LV. Bd LAbth 1867.
as
La
a
Reuss. Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka etc. 117%
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliczka
in Galizien.
Monographisch dargestellt
von dem w. M. Prof. Dr. A. E. Reuss.
(Mit 8 lithographirten Tafeln.)
(Vorgelegt in der Sitzung am 16. November 1866.)
A. Allgemeine Betrachtungen.
Lange Zeit hindurch haben über die Entstehungsweise der Stein-
salzablagerungen sehr irrige Ansichten geherrscht, indem man, ver-
führt durch die auffallenden Unregelmäßigkeiten der Lagerungsver-
hältnisse, den fast allgemein beobachteten Mangel organischer Reste
und durch das Vorkommen des Chlornatriums in vuleanischen
Regionen, nicht zögerte, die allgemein anerkannten plutonischen
Theorien auch auf dieses Gebiet zu übertragen. Noch im Jahre 1848
konnte Karsten !) die Ansicht aussprechen, dafs die plutonische
Bildungsweise des Anhydrites und Steinsalzes in hohem Grade wahr-
scheinlich sei. Während er diese Entstehung für die alpinen Stein-
salzlager als unzweifelhaft aufrecht hielt, war er doch gezwungen,
für jene am Nordrande der Karpathen, welche sich als Verstei-
nerungen führend erwiesen hatten, trotz ihrer Übereinstimmung in
vielen der übrigen Verhältnisse eine abweichende Bildungsart, d. h.
die sedimentäre zuzugestehen. Nur allmälig brachen sich hier, wie
in anderen geologischen Gebieten richtigere genetische Ansichten
die Bahn und vorzüglich Dr. Gust, Bischof gebührt das Verdienst,
durch die in seinem an Thatsachen überaus reichen Lehrbuche der
chemischen und physikalischen Geologie niedergelegten Erfahrungen
die Rückkehr zu den alten Irrthümern fernerhin unmöglich gemacht
zu haben.
Insbesondere sind es zwei Steinsalzablagerungen, welche durch
die Erscheinungen, die sie darbieten, wenngleich in sehr verschie-
1) Karsten’s Archiv 1848. Bd. 22, Hft. 2, p. 554.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 2
18 Reuss
denen Riehtungen, am meisten dazu beitrugen, das Dunkel aufzuhellen,
das so lange über der Genese der Steinsalzablagerungen schwebte.
Es sind jene von Stassfurth bei Magdeburg und von Wieliezka in
Galizien. Ersteres lehrt uns die allmälige gesetzliche und vollständige
Reihenfolge der Ablagerungen in einer abgeschlossenen Meeressalze
führenden Wasseransammlung, vom Gypse an bis zu den salzigen
Absätzen der nach dem Herauskrystallisiren des Chlornatriums übrig-
gebliebenen Mutterlauge hinauf, kennen, so wie auch den Verlauf
und die Art der in den schon gebildeten Sehichten durch ununter-
brochene ehemische Processe bewirkten Um- und Neubildungen.
Dagegen gibt uns das Steinsalzlager von Wieliezka sehr erwünschten
und erschöpfenden Aufschluß über die ursprüngliche Quelle, aus
welcher das Steinsalz und die begleitenden Salze abzuleiten sind.
Die in dem Steinsalze selbst und in den sie begleitenden salzhaltigen
Thonen in Millionen begrabenen organischen Reste, welche bei wei-
tem vorwiegend Meeresthieren angehören, lassen keinen Zweifel
I}
darüber übrig, daß die Salze einst in ferner Zeit in demselben Meere
gelöst sein mußten, welches für längere oder kürzere Zeit den Wohn-
ort der fossilen Thiere bildete. Das genauere Studium dieser Petre-
facten gestattet uns ferner, nicht nur im Allgemeinen die geologische
Periode, sondern selbst jenen engeren Abschnitt derselben zu be-
stimmen, in welchem die Thiere gelebt haben und ihre Leiehen in
der sich bildenden salzigen Ablagerung eingeschlossen worden sind.
Diese Verhältnisse ertheilen dem Steinsalzlager von Wieliezka in der
genannten Beziehung den Vorrang vor allen anderen, in denen es
bisher noch nicht gelungen war, Versteinerungen aufzufinden, und
sein Studium gewinnt dadurch eine hervorragende Bedeutung.
Das Auftreten von Versteinerungen, selbst von größeren Dimen-
sionen, mitten im mehr weniger reinen Steinsalze, hat schon früh-
zeitig Aufmerksamkeit erregen und die Naturforscher zu weiteren
Untersuchungen anregen müssen. Einzelne Pflanzenreste waren es,
deren zuerst Erwähnung geschah. So beschreibt schon Graf Stern-
berg die Frucht eines Wallnußbaumes (Juglans salinarum Stbg.) !)
aus dem Wieliezkaer Steinsalze.e Das Vorkommen zahlreicher
Coniferenzapfen und anderer Früchte habe ich mehrfach ange-
deutet?2). Am 5. Mai 1847 legte Göppert der Breslauer Gesell-
1) Graf Sternberg, Versuch einer Flora der Vorwelt, 1. 4. pag. 40.
?) Reuss in Haidinger’s gesammelten naturwiss. Abhandl. II. 1. pag. 16.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 19
schaft für vaterländische Cultur mehrere Arten von Pflanzenresten
ebendaher vor (nebst zwei Arten von Juglans zweierlei Zapfen von
Coniferen und fossiles Ho!z von dreierlei Art) 1). Eine ausführliche
Monographie sämtlicher dort aufgefundener Pfianzenreste hat end-
lieh Unger ?) geliefert und darin 15 Speeies (10 Arten von Früch-
ten und 5 Arten bituminisirten Holzes) beschrieben.
Der im Salze und Salzthone vorkommenden fossilen Thierreste
gedenkt schon 1842 Hrdina in seiner Geschichte der Wieliezkaer
Saline 3), wenn er sie gleich irriger Weise durchaus von Süßwasser-
thieren ableitet. Etwas ausführlicher bespricht sie zuerstPhilippi®).
Ein Theil derselben ist der Gattung nach, nur wenige werden der
Species nach bestimmt; doch sind auch diese Bestimmungen sehr
unzuverlässig und größtentheils irrig, woran ohne Zweifel die geringe
Menge und der schlechte Erhaltungszustand des untersuchten Mate-
riales die Schuld trägt. Die 14 namhaft gemachten Foraminiferen-
species werden zum Theile irriger Weise mit den von Römer be-
sehriebenen Formen identifieirt, was bei der ungenügenden Charac-
terisirung der letzteren und der noch in der Wiege liegenden Kennt-
niß der Foraminiferen überhaupt nicht sehr befremden kann. Über-
dies wurden noch 6 Arten von Bryozoen, Stacheln von Echinus, eine
kleine stielrunde Serpula, 7 Species von Bivalven, 8 Arten von
Gasteropoden und endlich 3 Species von Cytherina angeführt.
Im Jahre 1848 habe ich eine gründlichere Untersuchung der
fossilen Fauna von Wieliezka begonnen, wozu der damalige Salinen-
direetor, Gubernialrath Russegger, reichliches und in bestimmten
Tiefenhorizonten gesammeltes Material lieferte, welches mir durch
Vermittlung der k. k. geologischen Reichsanstalt zukam. Leider
wurden diese Aufsammlungen nicht vollständig durchgeführt und so
blieb auch meine Untersuchung im Drange anderer Arbeiten unvoll-
endet liegen. Nicht geringen Antheil an dieser Unterbrechung hatte
jedoch auch die damals noch sehr unvollständige, aber zum Behufe
der Vergleichung unentbehrliche Kenntniß der fossilen Mollusken des
1) Übersicht der Arbeiten und Veränder. der schles. Geseilsch. für vaterländ. Cultur
1847, p. 73.
2) Denkschr. der k. Akad. der Wissensch. I, pag. 311 —322. Taf. 25.
3) J. M. Hrdina, Gesch. d. Wieliezkaer Saline mit einer geognost. Beschr. u. s. w.
Wien, 1842, pag. 103, 106.
*) Leonh. u. Bronn’s Jahrb. 1843. Hft. 5, p. 308.
>
20 Reuss
Aa
Wiener Beekens. Diesem Mangel wurde seither dureh das der baldi-
gen Vollendung entgegensehende treffliche Werk des Herrn Directors
Dr. Hörnes großentheils abgeholfen.
Doch wurde auch schon damals der große Reichthum der Wie-
liezkaer Fauna klar. Denn trotz der noch nicht vollendeten und auf
ein spärlicheres Material beschränkten Untersuchung, vermochte ich
schon 1848 die große Zahl von beiläufig 230 Thierspecies aus dem
Salzlager von Wieliezka anzuführen, unter welchen sich 153 Arten
von Foraminiferen — darunter etwa 52 neue — befanden t). Wenn
nun gleich manche der damals aufgenommenen Species sich bei
genauerer Prüfung nicht vollkommen stichhaltig gezeigt haben, so
sind dagegen durch die Untersuchung reichlieheren Materiales 2)
wieder nicht wenige früher nicht beobachtete hinzugekommen, so
daß eine bedeutende Vermehrung der Artenzahl eingetreten und
die fossile Fauna von Wieliezka zu einer ungeahnten Fülle ange-
wachsen ist.
Es würde dies noch in weit höherem Grade der Fall sein, wenn
die Untersuchung der Petrefacten von Wieliezka nicht mit so bedeu-
tenden Schwierigkeiten verknüpft wäre und die Bestimmung der-
selben nicht selten der erforderlichen Sicherheit ermangelte oder
selbst ganz unmöglich wäre. Besonders die im Steinsalze selbst ein-
gebetteten Fossilreste befinden sich in der Regel in einem sehr man-
gelhaften Erhaltungszustande. Mit Ausnahme der sehr kleinen Indi-
viduen haben sie nur winzige Bruchstücke hinterlassen und sind über-
dies oft durch fortgesetzte Einwirkung der concentrirten Salzlösung
vielfach angefressen und unkenntlich geworden. Auch im Salzthone
1) Sitzb. d. k. Akad. der Wissensch. 1848, pag. 173. — Berichte über die Mittheil.
von Freunden d. Naturwissensch. in Wien. Bd. 3. 1848, pag. 419. -—— G. Bischof,
Lehrb. der chem. u. physical. Geol. 1. Aufl. II. 3, pag. 1671; 2, Aufl. Il. p. 15, 16.
Ein Theil der neuen Foraminiferenspecies wurde schon im ersten Bande der Denk-
schriften der k.k. Akad. d. Wissensch. in Wien, p. 365— 388. Taf. 46 —51 bekannt
gemacht.
?) Ich ergreife hier die Gelegenheit, meinem hochverehrten Freunde Herrn Director
Dr. Hörnes meinen Dank auszusprechen für die vielseitige Unterstützung und
Förderung, die er meiner Arbeit zu Theil werden ließ; so wie auch dem Salinen-
Director in Wieliczka Herrn Freiherrn v. Geramb, dessen Liberalität hauptsäch-
lich die weitere Ausdehnung meiner Arbeit ermöglichte, und Herrn Markscheider
Ott in Wieliczka, der mit besonderem Eifer sich die Aufsammlung von Petrefacten
angelegen sein ließ.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. |
findet man gewöhnlich nur die diekschaligeren Arten besser erhalten;
von den übrigen trifft man ebenfalls nur größere oder kleinere
Trümmer an. Ein hauptsächliches Hinderniß stellt aber die Be-
schaffenheit der Schalen selbst, weiche im Salze oder in den das-
selbe begleitenden Thonen zur Ablagerung gelangten, einer genauen
Bestimmung entgegen. Wie noch später erörtert werden soll, be-
sitzen die Versteinerungen von Wieliezka, mit sehr wenigen Aus-
nahmen, sehr kleine Dimensionen, sind oft von wahrhaft zwerghaftem
Wuchse. Der bei weitem größte Theil der Mollusken hat seine Exi-
stenz nicht so lange fortgesetzt, als zur vollständigen Ausbildung
seiner Schalen erforderlich gewesen wäre. In den meisten Fällen hat
man es mit winzigen unausgebildeten Brutexemplaren zu thun,
deren Bestimmung um so mißlicher ist, als man bisher den Jugend-
zuständen der Molluskenschalen nur eine geringe Aufmerksamkeit
zuzuwenden gewöhnt war, so dafs es an dem zur gewissenhaften
Vergleichung unentbehrlichen Materiale nicht selten fehlte. Diese
Verhältnisse mögen entschuldigen, wenn manche der gemachten Be-
stimmungen den wünschenswerthen Grad von Schärfe entbehren.
Diese in der letzten Zeit vorgenommenen wiederholten Unter-
suchungen haben die Zahl der mit Sicherheit oder doch mit der
größten Wahrscheinlichkeit bestimmten fossilen Thierspecies des
Steinsalzlagers von Wieliezka bis auf 274 gesteigert. Ohne Zweifel
aber ist seine Fauna eine weit reichere, denn abgesehen davon, daß
ihre Kenntnißß überhaupt noch keineswegs als abgeschlossen zu be-
traehten ist und die Untersuchung beinahe jeder Sendung neuen
Materiales immer wieder neue Thierformen zum Vorschein brachte,
mußte auch eine beträchtliche Anzahl der gefundenen Fossilreste bei
Seite gelegt werden, ohne zu ihrer voliständigen systematischen
Kenntniß gelangt zu sein. Bei manchen derselben konnte nur die
Gattung, welcher sie angehören, ermittelt werden; eine weit größere
Anzahl aber entzog sich durch den überaus mangelhaften Erhaltungs-
zustand der bisher gefundenen Reste jeder klareren Erkenntniß.
Am zahlreichsten und zugleich am vollständigsten erhalten sind
die Foraminiferen. Sie bilden 60 Pet. der gesamten mir bekannten
Fauna von Wieliezka und sind in manchen Salzthonen, besonders
solehen, die keine Ausscheidungen von Gyps und keine zu reich-
liehen Sandbeimengungen enthalten, in ungemeiner Menge zusammen-
gehäuft. Die sehr gute Erhaltung ihrer Schalen beweist, daß ihre
22 Reuss
Bedeekung dureh den kalkig-thonigen Schlamm rasch, ohne vorher-
UVPV
gt
gangene langwierige Abrollung, eingetreten sei.
Ebenso wohl erhaltene Schalen bieten die Ostraeoden dar —
10 Pet. der Gesamtzahl —, welehe dureh ihre kleinen Dimensionen
den verändernden Einflüssen ebenfalls leichter entgingen, als Thiere
von größerem Umfange. Nur findet man ihre beiden Klappen ge-
wöhnlieh von einander gesondert.
Am meisten entstellt durch chemische und mechanische Ein-
flüsse sind die Bryozoen, deren zarte und zerbrechliche Colonieen nur
sehr kleine, oft völlig unkenntliche Bruchstücke hinterlassen haben.
Daher beträgt die Zahl der bestimmten Formen auch nur 8:4 Pet.
der Gesamtsumme der Wieliezkaer Versteinerungen.
Auch die etwas größeren Bivalven und Gasteropoden unterlagen
sehr leicht der Zertrümmerung, besonders wenn sie dünnschalig
waren und die Schalen im Verlaufe der Zeit durch Caleination an
Festigkeit verloren hatten. Erstere bilden 95, leiztere 15 Pet. der
gesamten Zahl der Petrefacten.
Die Anthozoen haben nur eine verhältnißmässig große Species —
die größte der Wieliezkaer Versteinerungen — geliefert. Die Ptero-
poden zählen drei sehr kleine Formen; die Decapoden sind bisher
nur in einer brachyuren Species von sehr beschränkten Dimensionen
aufgetreten. Auf dieselbe Zahl beschränken sich die Reste der Cirri-
pedier. Die vorgefundenen Reste von Echiniden, Anneliden und
Fischen , letztere meist auf sehr vereinzelte und kleine Haifischzähne
eingeschränkt, sind entweder zu sehr zertrümmert oder characteristi-
scher Merkmale entbehrende Theile, so daß jeder Versuch ihrer
genaueren Bestimmung vergeblich war.
Ich lasse nun das Verzeichniß aller von mir in der Salzabla-
gerung von Wieliezka bisher beobachteten fossilen Thierreste folgen.
Aus demselben wird sich am leichtesten das geologische Niveau er-
geben, welchem dieses Salzlager angehört. Zu diesem Behufe sind
die für die vorzunehmende Vergleichung wichtigsten anderweitigen
Fundorte der angeführten Versteinerungen, theils im Wiener Becken,
theils außerhalb desselben, in die tabellarische Übersicht aufge-
nommen worden. Man findet darin den Schlier von Oitnang; die
Sande von Grund, Grußbach und Pötzleinsdorf; ferner als Repräsen-
tanten der Tegelstufe des Wiener Beckens den Tegei von Baden und
Möllersdorf, von Vöslau, von Grinzing und von Rudelsdorf in Böhmen,
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 23
letztere den höheren Schichten angehörig und sich in mancher Be-
ziehung dem Leithakalk anschließend. Der petrefactenreiche Tegel
von Lapugy in Siebenbürgen scheint dagegen dem tieferen und
höheren Niveau des Tegel zugleich zu entsprechen, daher die ganze
Tegelreihe zu repräsentiren. Es wäre jedoch möglich, daß derselbe
sich in der Folge in mehrere übereinander liegende Schichten mit
etwas abweichenden Faunen trennen ließe.
Von den Fundorten des Leithakalkes und der seinem unteren
Theile angehörigen Tegel sind besonders Gainfahrn und Nußdorf
bei Wien, Niederleis in Österreich, Steinabrunn in Mähren und
Eisenstadt in Ungarn in der tabellarischen Zusammenstellung hervor-
gehoben. Sämtliche eben genannte Localitäten gehören dem marinen
Schiehteneomplexe an. Seine Glieder bilden in paläontologischer Be-
ziehung eine fortlaufende Reihe und sind nirgend durch eine scharfe
Grenze geschieden. Nur allmälig stellt sich im Verlaufe derselben
eine Umwandlung ihrer Fauna ein.
Über dieser marinen Gruppe folgen erst die brakischen
Cerithiensehiehten, von deren Fundorten nur Kostel in der Tabelle
berücksichtigt worden ist.
Die übrigen Rubriken umfassen endlich noch das Unter-, Mittel-
und Oberoligoeän, die Mioceänschichten anderer Länder außerhalb
Österreich, das Plioeän und zuletzt jene Species, welche noch in den
heutigen Meeren lebend gefunden werden.
Endlich ist zum Behufe schärferer Beurtheilung noch ersicht-
lich gemacht worden, welche Species im Salzthone, welche im Stein-
salze selbst und welche in beiden zugleich gefunden worden sind.
Übrigens darf nieht verschwiegen werden, dafs manche aus den bis-
herigen Beobachtungen, welche in der nachstehenden Tabelle großen-
theils ihren Ausdruck gefunden haben, gezogenen Schlüsse, wenn-
gleich nicht der Hauptsache nach, in der Folge noch mancherlei
Änderungen erfahren werden, indem die weitere Fortsetzung der
schwierigen Untersuchung ohne Zweifel in den Beobachtungsresul-
taten allerlei Modificationen herbeiführen wird t).
-
1) In der Tabelle bezeichnet ce das sehr häufige, e das häufige Vorkommen, nr =
nicht selten, r — selten, rr — sehr selten. Durch ein einfaches Kreuz (+) wird
das Vorkommen in der betreffenden Schichte überhaupt, durch das doppelte Kreuz
(+-F) aber das häufige Vorkommen in derselben angedeutet.
In
en
Rjeiu.siis;
Haplophragmium erassum Rss.
Olavulina communis d’Orb.
Plecanium abbreviatum d’Orb. sp.
„ var. subangulata d’Orb.
gramen dOrb. sp.
Mariae d’Orb. sp.
„ var. wermis Rss. .
deperditum d’Orb. sp...
spinulosum Rss. . . »
serratumRss. . . File
laevigatum d’Orb. sp. ale
nussdorfense d’Orb. sp.
pala Cziz. sp.
Cor a rugulosa Rss. -
”
”
DheataVz12.5p. 2 “1
foliacea Phil. sp. .
Biloculina amphiconica Rss.
simplex d’Orb.
lunula d’Orb.
clypeata d’Orb.
bulloides Orb.
ventruosa Rss. .
globulus Born. . u
VUrDOUEANSIS, Par Ne
contraria d’Orb.
Spiroloculina excavata d’Orb.
>
”
badenensis d’Orb.
tenuissima Rss.
Triloculina tricarinata d’Orb. .
gibbadOrh.. ...
enoplostoma Rss. var. laevigata
Born. 2
var. grammostoma R: ss.
inflata d’Orb.
inornata d’Orb.
oculina d’Orb.
consobrina d’Or fh
Ouingueloculina OR d’ Orb.
”
pauperata d’Orb.
Hauerina d’Orb.
tenuis C2iz. . .
Ungerana d’Orb..
plicatula Rss. .
Mayerana d’Orb.. .
Aknerana d’Orb.. .
Iriangularis d’Orb. .
pygmaea Rss.
regularis Rss. .
Salzthon
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Quinqueloculina obliqua Rss.
„ suturalis Rss. .
„ Boueana d’Orb..
„ econtorta d’Orb. .
„ Sehreibersi d’Orb.
„ Josephina d’Orb.
„ foeda Rss. L
Peneroplis austriaca d’ Orb. sp.
„ Haueri d’Orb. sp.
Vertebralina sulcata Rss..
Alveolina melo F. et M. sp.
Acieularia miocaenica Rss. .
Lagena globosa Mont. ......
„ elavata d’Orb. var. acicularis
Rss.
„ Haidingeri iii. s- Dr
„ tenuis Born. 5
„ geometricaRss. .
Fissurina carinata Rss.
„ laevigata Rss.
„ apiculata Rss.
Nodosaria rudis d’Orb.
» longiscata d’Orb.
„ irregularis d’Orb..
„ Adolphina d’Orb. .
„ siphonostoma Rss... . » -
„ consobrina d’Orb. .
„ elegans d’Orb. SEEN
‚"BoueanadOxh: 17.2.2: .
„ebifar eata\d Orb... ..
Glandulina laevigata d’Or b..
„ obtusissima Rss.
„ aequalis Rss. .
„ disereta Rss.
Rhabdogonium minutum Rss.
Flabellina incrassata Rss.
Amphimorphina Hauerana Neug eb.
Cristellaria calcarRss. sp.var. calcar
d’Orb.
„ rostrata Rss.
„ Husseggeri Rss. .
» inornata d’Orb. sp. .
„ simplex d’Orb. sp.
Pullenia bulloides d’Orb. sp. e
„ compressiuscula Rss. var. quin-
queloba Rss. A
»„ „» ‚ar. quadrılobaRss... .
Polymorphina gibba d’Orb.
Reuss.
Salzthon
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Steinsalz
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Pötzleinsdorf
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Polymorphina aequalis d’Orb. ö
„ tinaequalis Rss. h .
„ depauperata Rss. . IT.
„ .sororiaRss. . DR.
»„ leprosaRss.. . rr.
„ problema d’Orb. IT.
„ oblonga d’Orb. ER.
„ foveolata Rss. . 5
„ ZeuschneriRss. Dr.
„ semitecta Rss. b
ovata d’Orb.. 5 s IT.
Sphaeroidina austriaca d' Orb. ©
Uvigerina pygmaea d’Orb. Sc.
„ semiornata d’Orb. IE:
„ urnula d’Orb. . c.
„ asperula Cziz.. e.
Bulimina pyrula d’Orb. rT.
„ ovata d’Orb. ER.
„ teneraRss. . . 1.
» pupoides d’Orb. Tr.
„ elongata d’Orb. c.
„ aculeata d’Orb. nr.
Buchana d’Orb. > c.
Virgulina Schreibersana Ü ziz. sc.
Chilostomella ovoidea Rss. IT.
Allomorphina trigona Rss. nr.
Cassidulina punctata Rss. Tr:
„ oblonga Rss. pr:
Bolivina antiqua dOrb. sc.
Textilaria carinata d’Orb. c.
„ Pronniana d’Orb. Dr:
„ peclinata Rss. . . ER c.
Globigerina bulloides d’Or b. C.
„ triloba Rss. » Tr.
Orbulina universa d’Orb. ; Er.
Truncatulina lobatula W a Ik. sp» . sc.
„» Ungerana d’Orb. sp. c.
„ Dutemplei d’Orb. sp. a
sa HaaoıngerudOrb. sp. % » 2: Tr.
Discorbina planorbis d’Orb. 2 \ e.
„..ı stelatahss.%:.,|.. ; Er.
„ squamula Rss.' Ef.
„ obtusa d’Orb. sp. . fe
„» platyomphala Rss. ;
„ complanata d’Orb. sp. . :
„ eryptomphala Rss. Dr.
arcuatahss. . .» : %
Pulvinulina Haueri d’Or B er + IT.
Steinsalz
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„.' Boueuna d'Orh.'sp... . . :
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» Partschana d’ Orb. sp.
Rotalia Beccarii L. sp.
„ Soldanü d’ Orb. ...
Nonionina Soldanii d’Orb.
„ perforata d’Orb. .
„ communis d’Orb..
Polystomella erispa Lam.. .
„»„ Fichteliana d’Orb. . . .
Amphistegina Hauerina d’Orb.
Heterostegina costata d’Orb.
Caryophyllia salinariaRss. . . -
Spatangus sp.
Serpula sp. .
Canda granulifera Rss. sp.
Salicornaria marginata Goldf. sp.
„ rhombifera Goldt. sp.
Cellaria Michelini Rss. . .
Lepralia Heckeli Rss.
Celleporaria globularis Br.
Eschara undulata Rss. . .
„ polymorpha Rss.
„ Grotriani Rss..
Hemieschara geminipora Rss.
Flustrellaria texturata Rss.
Vincularia tetragona Goldf. z
Crisia Hörnesi Rss. se
„ EdwardsiRss.
».. Hauer Bsis. ... : .%
Berenicea subseriata Rss. a
Tubulipora congesta Rss.
Entalophora pulchella Rss.
Hornera verrucosa Rss.
Crisina pertusa Rss. sp. .
Heteropora stellulata Rss.
„ globulus Rss.
„ radiata Busk. sp.
Ceriopora sp. 3
Cultellus papyraceus Rss. .
Corbula gibba UV]. sp.
„ earinata Duj.
Ervilia pusilla Phil. .
„ podolica Eichw. .
? Tellina donacina Lam.
? Venus multilamella Lam.
Pulxinulina cordiformis Costa sp. .
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Actaeon pinguis d’Orb.
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carinellaRss. . .
denudala Rss. . .
plicatula Rss. sp.
verrucosa Rss. .
Edwardsi Röm. sp.
coronataRöm. .
bituberculata Rss.
friquetra Rss. . .
asperrima Rss. .
coelacantha Rss. .
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Die fossile Fauna der St insalzablagerung von Wieliezka in Galizien.
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36 Reuss.
Daß die Salzablagerung von Wieliezka in Galizien sich von den
alpinen Salzstöcken dureh ein weit jüngeres Alter unterscheide und
der tertiären Periode angehöre, ist schon lange erkannt und ausge-
sprochen worden. Ich habe überdies schon im Jahre 1848 die Ver-
muthung geäußert, daß dieselbe dem österreichischen Leithakalke
zu parallelisiren sei. Doch fehlte es bisher immer noch an einer
festen paläontologischen Begründung des geologischen Niveau’s, in
welches das Steinsalz von Wieliezka innerhalb des Complexes der
Tertiärschichten zu versetzen ist. Jetzt aber, da eine reichere Fülle
sicher bestimmter Versteinerungen darin nachgewiesen worden ist,
dürfte es weniger gewagt erscheinen, sich diesem Versuche mit
Hoffnung auf den gewünschten Erfolg zuzuwenden.
Ein flüchtiger Blick auf die voranstehende Tabelle lehrt, daß
das Salzlager von Wieliezka in Beziehung auf seine Fossilreste die
größte Übereinstimmung mit den mioeänen Schichten des Wiener
Beckens darbietet und daher in Betreff seines Alters ohne Zweifel in
dieselbe Abtheilung der Tertiärperiode zu versetzen ist. Man über-
zeugt sich davon leicht durch einen Blick auf nachfolgende Zusammen-
stellung.
Bei Wieliezka 1) wurden bisher beobachtet:
Zahl N Zahl der im
Eng i Procent-
der Species |der Wieliczka Wien. Becken
im Ganzen | eigenthünli-
chen Species
beobachteten Zahl
Species
Foraminiferen .
Anthozoen .' ."..'.
Beyozoen. Tee
Conchiferen . .
Bteropoden ., . 2°.
Gasteropoden. . .
Ostraeoden. . . .
Cimwipeden.... .. .
Decapoden . . . .
1) In den Sammlungen findet man oft im körnigen Steinsalze, ja selbst in schönen
Drusen klarer Salzhexaeder zahlreiche 1—1,4” lange, rothbraune wohlerhaltene
Käfer eingeschlossen, deren schon Rendschmidt Erwähnung thut (Leonh.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 3
Unter diesen 274 Arten müssen bisher 45 als dem Salzlager
von Wieliezka eigenthümlich betrachtet werden.
Von den 229 Arten der Wieliezkaer Versteinerungen, welche
schon früher anderwärts beobachtet worden sind, kommen daher 204
auch in den Mioeänschichten des Wiener Beckens vor. Wieliezka
hat mithin 76 Pet. seiner Fossilreste mit den letzteren gemeinschaft-
lich, ja ihre Zahl dürfte sich in der Folge noch etwas erhöhen, —
ein offenbarer Beweis der großen Übereinstimmung beider in Bezie-
hung auf ihre Bildungsperiode.
Es frägt sich nun, welchem Gliede der ausgedehnten Schichten-
reihe des Wiener Beckens die Steinsalzablagerung von Wieliezka
vorzugsweise gleichzustellen sei. Diese schärfere Altersbestimmung
kann nur durch eine genauere Prüfung und Vergleichung der darin
gefundenen Fossilreste erlangt werden. Doch darf in dieser Bezie-
hung nicht allen Abtheilungen derselben ein gleicher Werth zuerkannt
werden.
Meine Untersuchungen über die fossilenForaminiferen haben
dargethan, daß eine nicht geringe Anzahl der mioeänen Species bis in
das Oligocän, besonders in das daran überaus reiche Mitteloligocän
hinabreicht. Eine noch beträchtlichere Anzahl sehen wir durch alle
Glieder des Miocän bis in das Plioeän aufsteigen; ja selbst die heutigen
Meere beherbergen nicht wenige lebende Arten, die auf keine Weise
von miocänen Formen unterschieden werden können.
Richten wir unsere Aufmerksamkeit speciell auf die miocänen
Bildungen des Wiener Beckens, so treten uns, abgesehen von dem
einem anderen Niveau angehörigen thonigen Schlier (z. B. von Ott-
nang), vorzugsweise drei verschiedene Schichtenfacies entgegen: der
Tegel, die Sande und der Leithakalk mit seinen mergeligen tegel-
artigen Zwischenbildungen. Es ist leicht zu begreifen, daß die Sande
Jahrb. für Mineralogie 1839, p. 630). Schilling unterzog sie einer näheren
Untersuchung und bestimmte sie als Pfönus salinus Schill. (Übers. der Arbeiten
und Veränderungen der schles. Gesellsch. für vaterl. Cultur 1844, p. 175.). Nach
Herrn Direetors L. Redtenbacher gefälliger Mittheilung sind sie eine Varielät
des Pf. crenatus Paykull. Sie liegen stets im regenerirten Steinsalze, welches
durch Herabtropfen von Salzlösung entsteht und sind keineswegs als Versteinerun-
gen zu betrachten, sondern gehören der jetzigen Schöpfung an. Offenbar wurden
sie zufällig von außen in die Steinsalzgruben eingeschleppt, wo sie sich zahlreich
vermehren und in Menge leben. Durch Zufall gerathen sie nun auch in das sich
neu bildende Steinsalz und werden von demselben umschlossen.
« )
38 Reuss.
in den meisten Fällen nur eine sehr beschränkte Zahl von Foramini-
(eren umschließen können, da die sie sehr leieht durehdringenden,
stets Kohlensäure führenden Meteorwasser diese winzigen Kalkschalen
selbst, wo sie ursprünglich in reicherem Masse vorhanden waren,
rasch aufzulösen und hinwegzuiühren vermochten. Es bleiben daher
nur die Etagen des Tegels und des Leithakalkes übrig, welche eine
größere Fülle von Foraminiferen darbieten können. Und auch in der
letztgenannten enthalten die festen Leithakaike und Leithakalk-Con-
olomerate entweder keine Foraminiferenschalen oder nur vereinzelte
undeutliche Spuren derselben, da sie durch die Krystallisation des
kohlensauren Kalkes größtentheils verschwinden oder doch unkennt-
lich werden mussten. Daher finden wir sie nur in den mergeligen
Schichten, die den unteren Theil der Leithakalkgruppe bilden und
auch oft dem festen Leithakalke eingelagert erscheinen (Tegel des
Leithakalkes), in größerer Menge und in wohlerhaltenem Zustande
aufbewahrt.
Beide diese Etagen aber — Tegel und Leithakalk — haben
die vorwiegende Anzahl der Foraminiferen gemeinschaftlich, und ihr
Unterschied liegt weniger in der Verschiedenheit der einzelnen in
ihnen eingebetteten Species, als vielmehr in der abweichenden quan-
titativen Entwicklung, zu welcher die Arten in dem einen oder dem
anderen Gliede gelangt sind. Auf diese Weise sehen wir vom Badener
Tegel an durch den oberen Tegel (von Vöslau, Grinzing, Rudelsdorf
u. s. w.) bis zum Leithakalk eine allmälige Umwandlung der
Foraminiferenfauna eintreten, ohne daß sich irgendwo eine scharfe
Grenze ziehen ließe. Man muß, um Irrthümer möglichst zu vermei-
den, bei Beurtheilung des Alters nicht die einzeinen Species, sondern
vielmehr die Gesamtphysiognomie der Foraminiferenfauna in das
Auge fassen.
Von den 114 Foraminiferenspecies von Wieliezka, welche auch
aus dem Wiener Becken bekannt sind, kommen 76 — mithin 66
Pct. — im Tegel und Leithakalk zugleich vor. Ausschließlich im
Leithakalk sind bisher 11 Arten, nur im Tegel 26 Arten angetroffen
worden. Im Allgemeinen würde daher Wieliezka mit dem Tegel 101
Arten — 90 Pet. —, mit dem Leithakalk 85 Arten — 76 Pet. —
gemeinschaftlich besitzen. Bei flüchtiger Betrachtung würden diese
Zahlenverhältniße unbedingt für die Übereinstimmung des Salzlagers
mit dem Tegel geltend gemacht werden können.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wicliezka in Galizien. 39
Erwägt man dagegen, daß unter den dem Tegel und Leithakalke
gemeinschaftlichen Species acht nur bis in den oberen Tegel herab-
steigen; daß eine nicht unbeträchtliche Anzahl derselhen im Leitha-
kalke oder doch im oberen Tegel ihren hauptsächlichen Sitz hat,
im Badener Tegel aber nur in geringer Individuenzahl auftritt; daß
endlich von den bisher nur in dem Tegel des Wiener Beckens beob-
achteten 26 Arten 13 ausschließlich dem oberen Tegel, dagegen
nur 5 dem unteren Tegel angehören, so dürfte der Schluß gerecht-
fertigt erscheinen, daß die Foraminiferenfauna der Steinsalzablage-
rung von Wieliezka mit jener der unteren Schichten des Leithakalkes
und des oberen Tegels die größte Analogie verraihe. Von der im
Allgemeinen weit ärmeren Fauna des Schliers weicht sie in manchen
nicht unwesentlichen Zügen ab.
Erwähnt muß übrigens noch werden, daß von den Wicliezkaer
Foraminiferen 7 Arten bis in das Unteroligocän, 31 Arten bis in das
MitteJoligocän, 8 nur bis in das Oberoligocän herabsteigen. 6 Spe-
cies sind mir sogar bisher nur aus dem Septarienthon bekannt gewor-
den. Doch unterliegt es kaum einem Zweifel, daß sie in der Folge
auch in miocänen Schichten des Wiener Beckens und anderer Gegen-
den werden gefunden werden. Ebenso ist es vorauszusetzen, daß die
Zahl der bisher auch lebend beobachteten Arten (29) eine beträcht-
liche Zunahme erfahren wird, wenn fortgesetzte Untersuchungen
unsere Kenntniß der Foraminiferenfauna der europäischen Meere
werden vervollständigt haben.
Die fossilen Reste der Anthozoen haben sich bisher nur auf
eine einzige Species beschränkt, die den Einzeln-Korallen und zwar
den Caryophylliden angehört. Merkwürdig ist es, daß sie nur im
körnigen, bisweilen sehr klaren Steinsalze eingewachsen gefunden
wird. Im Salzthone ist noch keine Spur davon wahrgenommen wor-
den. Es mag sein, dafs die während der offenbar langwährenden
Concentrationsdauer der Salzlösung bis zu beträchtlicher Größe
herangewachsenen Caryophyllien bei beginnender Krystallisation des
Salzes theilweise die Centralpunkte bildeten, um welche der Ansatz
des Salzes besonders leicht und rasch von Statten ging.
Die Bryozoen von Wieliezka sind zum größten Theile (18
Speeies = 80 Pet.) mit solchen des Wiener Beckens identisch. Von
ihnen liegt die vorwiegende Mehrzahl — 14 Species — im Leithakalk,
drei zugleich im Tegel und Leithakalk und nur eine Art (Lepralia
40 Reuss.
Heckeli Rss.) wurde bisher ausschließlich im Tegel beobachtet. Zu
einer Parallelisirung der Schichten dürften aber hier die Bryozoen
sich um so weniger eignen, als jene des Wiener Beckens beinahe
durehgehends dem Leithakalk angehören. Es ist dies auch leicht zu
erklären, indem der Leithakalk als eine an der Meeresküste, dem
Hauptsitze der Bryozoen, entstandene Bildung zu betrachten ist. Nur
selten und vereinzelt, entweder Molluskenschalen überrindend oder
zufällig eingeschwemmt, trifft man sie im Tegel, dessen Bildung in
weiterer Entfernung von den Küstenlinien, im offenem Meere vor sich
gegangen ist. Das ziemlich häufige Vorkommen der Bryozoen im
Steinsalzlager von Wieliezka wird höchstens den Schluß gestatten,
dafs dasselbe seine Entstehung ebenfalls in der Nähe der Meeresküste
gefunden hat. Übrigens wurde schon an anderen Orten mehrmals
Erwähnung gethan, daß die Bryozoen zur Bestimmung des relativen
Alters der verschiedenen Tertiäretagen eine weniger geeignete An-
wendung finden, weil eine beträchtliche Zahl durch mehrere dersel-
ben ihre Existenz ungefährdet fortgesetzt hat und daher ihnen ge-
meinschaftlieh ist.
Einen geringen Anspruch auf Bedeutung in der vorerwähnten
Richtung können auch die Östracoden erheben. Auch sie scheinen
sich dem Wechsel der Verhältniße sehr leicht accommodirt zu haben
und reichen daher oft durch mehrere Abschnitte der Tertiärperiode
hindurch. Im Wiener Becken findet man sie in großer Anzahl, vor-
zugsweise in manchem Tegel zusammengehäuft, und besonders die
Arten der Gattung Bairdia gehören in der Mehrzahl und in der größ-
ten Individuenfülle demselben an. Die Cytheren liegen theils im
oberen Tegel, theils in den Tegelschichten des Leithakalkes. Im
festen Leithakalke sind ihre kleinen Schalen aus dem bei dem Fora-
miniferen geltend gemachten Grunde nicht erhalten. Übrigens schei-
nen sie, gleich den lebenden Östracoden, den vorwiegend thonigen
Schlammgrund des Tegels zum Wohnsitze vorgezogen zu haben. Von
den 19 Arten, welche Wieliezka mit dem Wiener Becken gemein-
sehaftlieh besitzt, hat der Leithakalk ausschließlich nur zwei, der
Tegel aber neun geliefert. Ebenso viele Arten sind in beiden zugleich
beobachtet worden.
Eine viel größere Wichtigkeit für die Parallelisirung der salz-
führenden Schichten von Wieliezka erlangen die Conchiferen und
Gasteropoden schon dadurch, daß in Folge der gründlichen Bearbei-
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 41
tung, die diese Thierelassen, selbst in ihren kleinsten Formen, für
das Wiener Becken gefunden haben, eine sorgfältige und detaillirte
Vergleichung ermöglicht wird.
Von den 26 Bivalven von Wieliezka, die ich bisher zu be-
stimmen vermochte, kommen 22 auch im Wiener Becken vor; doch
ist es wahrscheinlich, daß auch Peeten scabridus Eiehw., P. Eich-
waldi Rss. und Spaniodon nitidus Rss. in der Folge darin noch
werden nachgewiesen werden. Ervilia podolica Eichw. gehört den
Cerithienschiehten an, in welchen sie an verschiedenen Localitäten
in Menge zusammengehäuft erscheint. Drei Arten (Eryeina ambigua
Nyst., E. austriaca Hörn. und Modiola Hörnesi Rss.) sind vor-
zugsweise im Sande von Grußbach, Grund und Pötzleinsdorf zu
Hause. Pecten denudatus Rss. und Solenomya Doderleini Mey.
charaeterisiren durch ihr massenhaftes Auftreten insbesondere den
Schlier von Ottnang, während sie, namentlich die letztgenannte, bei
Wieliezka, so wie in den übrigen Schichten des Wiener Beckens, nur
sehr vereinzelt auftreten. Die bei weitem größere Anzahl der Wie-
liezkaer Bivalven hat ihr Hauptlager in den höheren Schichten des
Wiener Beckens. Nur eine Species (Astarte triangularis Mont.
sp.) ist bisher nur aus dem Leithakalk bekannt. Zwölf Arten sind
dem Tegel und Leithakaik gemeinschaftlich. Vier Arten (Tellina
donacina L., Venus marginata Hörn., Eryceina ambigua Nyst.
und austriaca Hörn.) sind vorzugsweise im Tegel und Sand zu
Hause, doch erheben sie sich auch bis in die oberen Tegelschich-
ten. Mehrere Arten erreichen, was die Individuenzahl betrifft, im
Leithakalk den Höhenpunkt der Entwicklung.
Faßt man endlich die einzelnen Localitäten des Vorkommens in
das Auge, so überzeugt man sich, daß von den 21 im Wiener Becken
überhaupt vorgefundenen Arten die beträchtliche Anzahl von 12 Arten
in den Schichten des Leithakalkes von Steinabrunn in Mähren beob-
achtet worden ist. Der Sand von Grund und Grußbach hat 17,
jener von Pötzleinsdorf ebenfalls 10 Species dargeboten, während im
Badener Tegel nur 7 Species angetroffen worden sind.
Zu noch bestimmteren Resultaten führt die specielle Betrachtung
der Gasteropoden, deren Vorkommen Wieliezka mit den Schichten
des Wiener Beckens theilt. Ihre Zahl beläuft sich auf 31. Jedoch
müssen einige derselben bei der Vergleichung zuvor ausgeschieden
werden. So z. B. Bithynia immutata Frfld., die in dem brakischen
42 Re. s[s.
Tegel des Raaber Bahnhofes und von Mauer beobachtet wurde, und
Planorbis Reussi Hörn., welehe nur der Süßswasserkalk des Eich-
veliefert hat. Beide
\
kogels zwisehen Mödling und Gumpoldskirehen
können in der Wieliezkaer Fauna nur als eingeschwemmte Fremd-
linge angesehen werden. Es bleiben daher zur Vergleichung 29 Arten
übrig. Von diesen ist nur eine — Trochus angulatus Biehw. —
aussehließlieh in dem Leithakalke des Wiener Beckens. eine andere
— Actaeon pinguis Orb. — in diesem und in dem Sande von
Grund und Grußbach angetroffen worden. Fünf Species hat bisher
nur der Tegel und zwar eine derselben ausschließlich der obere
Tegel dargeboten. Dagegen liegen 22 Arten zugleich im Tegel und
Leithakaik, so daß mithin die Gesamtzahl der im Leithakalk ge-
sammelten Species 24 beträgt. Von diesen hat der schon früher
erwähnte Fundort — Steinabrunn in Mähren — 23 geliefert.
Die einzige Cirripedienspeeies — Poecilasma miocaenica Rss.
— ist bisher nur aus dem Leithakalke von Podjarkow in Galizien
bekannt gewesen !), während die kleine Krabbe, bis jetzt auf
Wieliezka beschränkt, nicht zur Vergleichung dienen kann.
Faßt man nun diese in Betreff der einzelnen Thierelassen
erhaltenen Resultate, so weit sie überhaupt mit einander vergleichbar
sind, zusammen, so gelangt man, wenn dieselben gleich noch manches
zu wünschen übrig lassen, doch zu dem Resultate, dafs die Steinsalz-
ablagerung von Wieliezka in paläontologischer Beziehung die größte
Analogie mit den jüngeren marinen Miocänschichten des Wiener
Beckens verräth. Am sichersten kann sie jenen Schichten gleichge-
stellt werden, welche in das Niveau der dem Leithakalke angehörigen
Tegellagen und des obern Tegels gehören. Denn es läßt sich eine
sehr große Übereinstimmung ihrer Fauna mit jener des Leithakalkes
von Steinabrunn und anderer Localitäten von gleichem Alter nicht
verkennen, während sie jener der tieferen Sehichten des Wiener
Beckens bei weitem ferner steht.
Mit dem Schlier von Ottnang hat Wieliezka zwar zwei auf-
fallende Formen gemeinschaftlich, nämlich Solenomya Doderleini
May., die in den Jüngeren Schiehten des Wiener Beckens nur sehr
selten auftritt, und den im letzteren bisher noch nicht beobachteten
1) Erst im Veilaufe meiner Arbeit habe ich sie auch in den gypsführenden Schichten
der Umgebung von Troppau angetroffen.
. - n > . =C . B # le s
Die fossile Fauna der Steinsatzablagerung von Wieliezka in Galizien. 43
Peeten denudatus Rss., weicht aber in anderen Beziehungen viel-
fach davon ab. Es dürfte daher die von Herrn Prof. Suesst) aus-
gesprochene Vermuthung, daß die Salzablagerungen Galiziens und
die lange Reihe von Salzquellen, welche die Karpathen begleitet, dem
Schlier zufallen möchten, kaum gerechtfertigt sein.
Noch weit entfernter ist die Ähnlichkeit mit den Cerithienschich-
ten, welche nur durch das Auftreten einiger, sonst die genannten
Sehichten eharacterisirenden Petrefacten angedeutet wird. Freilich
wird die Flora des benachbarten Swoszowice von O. Heer der Flora
von Tokay und Szagadat gleichgestellt, also gerade in jene sarmatische
Sehichtengruppe versetzt, während die Flora von Wieliezka der
helvetischen Stufe angehören soll 2). Es fehlt jedoch bisher die
Bestätigung jener Ansicht durch fossile Thierreste. Es liegt bisher
eine einzige Pectenschale vor, deren schon Zeuscehners) Erwäh-
nung thut. Er zieht sie irriger Weise zu P. Lilli Pusch.—=P. sca-
bridus Eichw. Denn sie unterscheidet sich von der im Salzthone
von Wieliezka häufig vorkommenden Species aufiallend und gehört
offenbar in die Gruppe des P. polymorphus Br. und adspersus
Lamk. Eine nähere Bestimmung ist jedoch nicht zulässig, da die
Schale nur mit ihrer Innenseite frei liegt, an der Außenseite aber
mit dem festen schwefelhaltigen Gebirgsgesteine untrennbar zusam-
menhängt. Die von Zeuschner ebenfalls erwähnten, mit Schwefel
gefüllten Schneckenschalen, die angeblich der Gattung Natica ange-
hört haben sollen, waren schon zu Zeuschner’s Zeit verloren
gegangen.
Die den gesamten Nordrand der Karpathen begleitenden, aber
auch anderwärts verbreiteten Ölschiefer dagegen, für welehe Schim-
per den Namen Amphisylenschiefer in Vorschlag bringt, gehören
einem weit älteren Niveau an. Sie zeigen sehr zahlreiche und bedeu-
tende Lagerungsstörungen und liefern Petroleum und Ozokerit in
beträchtlicher Menge. Überdies sind sie durch häufige Fischreste,
sowie durch Einschlüsse von Menilitopalen characterisirt, weßhalb
1) E. Suess Untersuchungen über den Charakter der österreichischen Tertiär-
ablagerungen I. p. 63. Aus den Sitzb. der k Akad. d. Wissensch. Bd. 54. I. Abtlı.
2) 0. Heer Untersuchungen über das Klima und die Vegetationsverhältnisse des
Tertiärlandes 1860, p. 98, 99.
3) Geognostische Beschreibung des Schwefellagers von Swoszowice bei Krakau in
Haidinger's gesammelten naturw. Abhdlg. II. 1, p. 175.
AA BEBHUNSESE
man sie auch von jeher in der Menilitschiefergruppe zusammenfaßte.
Nach neueren Untersuchungen dürften sie wohl in das Mitteloligocän
zu stellen sein t).
Herr Markscheider Ott in Wieliezka sendete von Bogusice,
eine Viertelstunde nördlich von Wieliezka, Bruchstücke eines groben
kalkigen Sandsteines ein, welcher neben zahlreichen kleinen Kalk-
eoneretionen und Geschieben auch größere Geschiebe von Quarz und
Sehiefern führt und dadurch stellenweise conglomeratartig wird.
Auch Petrefaeten liegen nicht selten darin, aber meistens nur in Frag-
menten. Es ließen sich darunter Pecten flabelliformis Brocchi,
Steinkerne von Peetunculus (wahrscheinlich von P. pilosus L.) und
ungelaltete Deckelschalen einer Auster erkennen ließen. Die erst-
genannte Versteinerung macht es höchst wahrscheinlich, daß das
Gestein dem wahren Leithakalke angehört und daher den salzführen-
den Schichten von Wieliezka aufgelagert ist.
Bei genauerer Betrachtung der tabellarischen Zusammenstellung
der Versteinerungen von Wieliezka drängt sich noch eine andere
Frage auf, nämlich, welche Versteinerungen im Salzthone und welche
im Steinsalze eingebettet vorkommen; ob eine wesentliche Verschie-
denheit zwischen beiden obwalte, und durch welche Verhältniße diese
etwa herbeigeführt werde. Daß eine solehe bedeutendere Verschie-
denheit nicht Statt haben könne, geht schon aus den Lagerungsver-
hältnıssen des Steinsalzes hervor. Denn dasselbe bildet, nach
mancherlei unwesentlichen Characteren mit verschiedenen Namen
bezeichnet, bald mehr weniger unregelmäßige Schichten, welche mit
eben solchen Lagen von Salzthon, Gyps und Anhydrit wechseln, bald
größere und kleinere Nester und völlig regellose trümmerartige
Massen, welche in den bisweilen sandigen Thon eingebettet sind.
Nirgend läßt sich eine regelmäßige Reihenfolge nachweisen. Der
durch das Auflösen des Salzes erhaltene Rückstand liefert auch überall
dieselben Petrefactenspecies, wenn man von den sehr seltenen, stets
vereinzelten Vorkommnissen absieht.
Zu denselben Beobachtungen bietet der Salzthon Gelegenheit.
Ich habe reichliches Material untersucht, welches von 10. zu 10
1) Fr. Posepny im Jahrb. der k.k. geol. Reichsanstalt 1865, Bd. 15, pag. 351. ff. —
Prof. £. Sueß& Untersuchungen über den Char. d. österr. Tertiärablagerungen I,
pag. 52, 54 ff. In den Sitzb. d. k. Akad. d. Wissensch. Bd. 54. — Sandberger,
im Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. 1866. XVI. Verhdigen. p. 24.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 45
Klaftern Tiefe ausgehoben war, und überall habe ich eine sehr große
Übereinstimmung in der Foraminiferenfauna, die wegen ihrer allge-
meineren Verbreitung allein zu Rathe gezogen werden konnte, ge-
funden. Die in den einzelnen Schlämmproben wahrgenommenen
Abweichungen beschränkten sich auf solehe, wie man ihnen überall
in unmittelbar aneinander grenzenden Schichten einer Ablagerung
oder selbst in verschiedenen Regionen derselben Schichte begegnet.
Nirgend gab sich eine bestimmte, der Schichtenfolge entsprechende
Aufeinanderfolge der Fossilreste zu erkennen, so dafs man in paläon-
tologischer Beziehung sich genöthigt sieht, die Steinsalzablagerung
von Wieiiezka als ein zusammenhängendes untrennbares Ganzes zu
betrachten.
Die Vertheilung der Petrefacten im Salzthone und Steinsalze,
wie sie sich bisher herausgestellt hat, ergibt sich aus nachstehender
Übersicht.
Im Salzthon Im Steinsalz In beiden
allein allein zugleich
Foraminiferen .
Amlozoen 1.0....'. ... —
BevozBen ana: Nerr). 1 18 4
Davene 2 . 2:00 ya 11
BrEspoden .;. . .... ... = 3 —
Basteropaden . . . . . . 13 15 13
Banaeadn.: 2... .. 21 6 1
Eirsipeden ... '..
Decapoden
Die Vergleichung der im Salzthon und im Steinsalz eingeschlos-
senen Versteinerungen lehrt vor Allem, dafs die letzteren in der Regel
viel schlechter erhalten, mehr abgerieben und zertrümmert sind. Die
Ursache liegt am Tage. Die im Salzthone enthaltenen organischen
Reste wurden rasch von dem kalkigen Thonschlamm, welcher sich
aus dem Wasser, in dem er suspendirt war, mehr weniger schnell
niederschlug, eingehüllt und vor weiterer Zerstörung geschützt.
Dagegen mußte ein längerer Zeitraum vergehen, bis das Meeres-
wasser einen so hohen Grad der Concentration erreichte, daß das
Steinsalz aus demselben herauszukrystallisiren vermochte. Während
Ab Reuuss.
dieser Zeit wurden die längst abgeslorbenen organischen Wesen in
den mehr weniger stürmiseh bewegten Wässern vielfach hin und her
geworlen und dabei abgerollt, zertrümmert und die zarieren ohne
Zweifel gänzlich zerrieben. Dadurch wird es erklärt, daß die vor-
wiegende Menge besonders der sehr zerbreehlichen Foraminiferen
und Ostracoden im Salzthone gefunden wird. Im Steinsalz sind nur
die stärkern Widerstand leistenden ktieselschaligen oder mit eompac-
ter porzellanartiger Schale versehenen erhalten, so wie jene, welche
überhaupt eine diekere, dem kugeligen sieh mehr nähernde Schale
besitzen. Ebenso trifft man im Steinsalz nur kleine diekschaligere
Gasteropoden und Bivalven, letztere besonders mit beiden vereinigten
Klappen, wodurch in den meisten Fällen die Untersuehung des
Schloßes vereitelt wird. Von den übrigen sind im Salze fast stets
nur unbestimmbare Trümmer vorhanden. Aus dem Salzthone aber,
in welchem sie öfters noeh im Zusammenhange liegen, lassen sich
die vereinzelten, durch Caleination sehr zerbreehlich gewordenen
Sehalen nur sehr selten vollständig auslösen. Übrigens ist bei den im
Steinsalze eingebetteten Fossilresten die chemische Einwirkung der
eoncentrirten Salzlösung auf die Schalensubstanz nieht außer Acht
zu lassen, denn man findet dieselbe nieht selten an der Oberfläche
rauh, glanzlos, angefressen, ja selbst tief erodirt, durehlöchert und
auf mannigfache Weise unkemntlich gemacht.
Daß die Bryozoenreste vorwiegend dem Steinsalze angehören
und nur sehr vereinzelt im Salzthone vorkommen, mag mit der schon
früher hervorgehobenen Erscheinung im Zusammenhange stehen, daß
die Reste dieser Thierclasse überhaupt in den kalkig-thonigen Tegel-
ablagerungen nur eine seltene Erscheinung sind. —
Abgesehen von der Bestimmung des relativen Alters, gewährt
die Petrefactenführung des Steinsalzlagers von Wieliezka, wie schon
früher angedeutet wurde, noch den unschätzbaren Vortheil, daß sie
uns einen vollkommen sicheren Aufsehluß über seine Entstehung und
dadurch zugleich über die Bildung der Steinsalzablagerungen über-
haupt bietet. Die Gegenwart zahlreicher, zum Theil sehr wohlerhal-
tener Reste von Meeresthieren wird nur durch die Voraussetzung
erklärlich, daß das Salz samt den begleitenden Mineralsubstanzen
in dem Meerwasser gelöst war und aus diesem, gleich den organischen
Resten, abgesetzt worden ist. Es erscheint daher als das nach dem
Verdunsten des Wassers übriggebliebene Residuum. Eine andere
Ad
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 41
Erklärungsweise wird durch das Dasein der fossilen Reste geradezu
ausgeschlossen. Es wird dies auch von allen neueren Geologen un-
bedingt anerkannt.
Daß eine Steinsalzbildung im offenen Meere nicht zu Stande
kommen könne, unterliegt keinem Zweifel, da in demselben niemals
eine solehe Coneentration der Salzlösung eintreten kann, daß das
Herauskrystallisiren des Salzes ermöglicht würde. Dieselbe kann nur
in einem abgeschlossenen kleineren Meeresbecken erfolgen, in
welchem der Zutritt neuen Wassers ganz oder doch zeitweilig auf-
gehoben wird und mithin die Verdunstung des wässerigen Lösungs-
mittels ein beträchtliches Übergewicht über die neue Zufuhr erlangt.
Auffallende Beispiele dieses Vorganges liefern uns die zahlreichen
größeren und kleineren Salzseen, deren Verhältniße durch oftmalige
Schilderungen zu bekannt sind, als daß sie hier einer wiederholten
Erörterung bedürften t).
Inwiefern die Lage von Wieliezka in der Meeresenge, welche,
zwischen den Jurakalken des Krakauer Gebietes im Norden und den
Karpathen im Süden eingeschlossen, das österreichisch - mährisch-
schlesisehe Tertiärmeer mit dem galizisch-polnisehen verband, einen
besonderen Einfluß auf die Salzbildung ausübte, muß ich unentschie-
den lassen. Ganz ohne Einfluß dürfte dieser Umstand kaum gewesen
sein, wenn man gleich den aus den eigenthümlichen Verhältnißen
-Z. B. des mittelländischen Meeres und dem im Meere mit der Tiefe
zunehmenden Salzgehalte vom Lyell u. a. gezogenen Schlüßen nicht
beistimmen kann.
Die Bildung solcher abgesperrten Merresbecken kann entweder
durch längs den Meeresküsten erfolgte partielle Hebungen oder
durch Vorlagerung von Sandbarren u. dgl. hervorgebracht werden.
Auch in unserem Falle haben ohne Zweifel solche Agentien gewirkt,
denn das Steinsalzlager von Wieliezka liegt gleich den übrigen Salz-
ablagerungen am Nordrande der Karpathen längs der Küste des
Tertiärmeeres, welches einst die Ebene von Galizien und eines Thei-
les des angrenzenden Polens überfluthete und dessen Uferrrand dureh
den Verlauf der Karpathen klar angedeutet wird.
1) Man findet solche Schilderungen unter anderen in G. Bischof’s Lehrbuch der
chemischen und physikalischen Geologie. 2. Auflage. I. Cap. 5. B; II. Cap. 18,
pag. 49 —77, sowie in Fr. Mohr’s Geschichte der Erde 1866, p. 32 —43.
48 Reuss
Diese Abschliefßsung kann aber keine vollständige oder doch
keine ohne Unterbreehung andauernde gewesen sein, denn sonst
mülste man, um die Entstehung eines Salzlagers von der Mächtigkeit
des Wieliezkaer zu erklären, ein Meer von beispielloser Tiefe vorraus-
setzen, — eine Annahme, die sich, insbesondere in der Nachbar-
schaft der Meeresküste, nicht rechtfertigen ließe. Die absperrenden
Dämme dürften sieh vielmehr zu einer Höhe erhoben haben, welche
die Überfluthung zur Zeit hoher und stürmischer Meeresfluthen wenig-
stens theilweise gestattete, oder es mnßten doch einzelne Canäle vor-
handen sein, durch welche der zeitweilige Eintritt des Meeres in das
Becken ermöglicht wurde. Dadurch geschah die Zufuhr immer neuen
Salzmateriales und das Anwachsen der Salzablagerung schritt allmälig
fort. Diese Zunahme fand darin kein Hinderniß, daß das neu einströ-
mende Meereswasser jedesmal einen Theil des schon gebildeten
Salzniederschlages wieder auflösen mußte. Das Gelöste kam in der
Folge bei fortschreitender Verdunstung, vermehrt durch die Menge
des neu hinzugekommenen Salzes, doeh wieder zum Absatze.
Es ist leicht einzusehen, daß diese Vorgänge sich oftmals
wiederholen mußten, um endlich im Laufe der Zeit eine mächtige
Salzablagerung aufzubauen. Die gegen diese Vorstellung der „ab-
und zulaufenden Meere“ erhobenen Bedenken !) vermögen ihre Rich-
tigkeit wenigstens in der hier bezeichneten Richtung nicht zu er-
schüttern, denn das Steinsalzlager von Wieliezka gibt uns unwider-
legliche Beweise dafür an die Hand.
Schon das Vorhandensein von organischen Resten in sehr ver-
schiedenem Niveau der Ablagerung setzt eine Wiederholung der
Wasserzufuhr außer Zweifel. In einer so eencentrirten Salzlösung,
wie sie zum Herauskrystallisiren des Salzes erfordert wird, konnte
das organische Leben offenbar nicht gedeihen. Eine allmälige Abla-
gerung von Thierversteinerungen, deren zum Theile wohlerhaltener
Zustand auf einen raschen Absatz hindeutet, kann also nur darin
seine Erklärung finden, daß mit dem Wasser zugleich stets neue das-
selbe bewohnende Thiere dem abgeschlossenen Becken zugeführt
wurden, um dort ın kurzer Frist abzusterben und theils im Schlamme
abgelagert, theils erst später vom krystallisirenden Salze umschlossen
zu werden.
I) Volger, das Steinsalzgebirge von Lüneburg. 1865, pag. 14.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 49
Der Wechsel von Salzthon mit Lagen bald reineren, bald un-
reineren Salzes bietet uns einen zweiten Beweis für die ausgespro-
chene Ansieht. Jedes neue Eindringen der muthmaßlich stürmisch
aufgeregten Meeresfluthen brachte zugleich eine beträchtliche Menge
suspendirter Schlammtheile mit sich, welche sich auf mechanischem
Wege ahsetzten, ehe es zur chemischen Ansscheidung des Salzes
kommen konnte. Nur die feinsten Theilchen blieben noch durch län-
gere Zeit im Wasser suspendirt und wurden von dem krystallisiren-
den Salze umschlossen. Daß in späterer Zeit, nach vollendeter Ab-
lagerung der Schichten, innerhalb derselben durch die ohne Unter-
laß eindringenden Gewässer neue Lösungen und Absätze von man-
cherlei Substanzen stattfinden und dadurch Regenerätionen der Salz-
masse, Veränderungen in der Mächtigkeit und Lage der Schichten,
Krümmungen, Hebungen und Senkungen derselben herbeigeführt
werden mußten, ist von selbst verständlich. Auch die Imprägnation
der abgelagerten Thone mit Salz und ihre Umbildung zu Salzthonen
ist in diese spätere Periode zu versetzen. Durch die Combination
wenngleich langsam, doch ununterbrochen wirkender Agentien kam
allmälig eine sehr wesentliche Änderung der räumlichen und qua-
litativen Verhältnisse und endlich die jetzige Unregelmäßigkeit der
Lagerungsverhältnisse des Steinsalzlagers zu Stande. Auch die zer-
stückte trümmerartige Beschaffenheit des Grünsalzes von Wieliezka
dürfte viel eher durch solche Vorgänge, besonders durch eine spätere
theilweise Wiederauflösung der schon gebildeten Salze zu erklären
sein, als durch eine consecutive mechanische Zertrümmerung des Salz-
lagers, worauf schon Schafhäutl im Allgemeinen hingedeutet hat.
Aber in eine umfassendere und tiefer eingehende Prüfung der
einzelnen zum Theile höchst merkwürdigen geognostischen Verhält-
nisse von Wieliczka einzugehen, ist hier weder am geeigneten Platze,
noch ohne vorausgehende länger fortgesetzte sorgfältige Localunter-
suchungen durchführbar.
Auch die oftmalige Wiederkehr von Anhäufungen von Gyps oder
von Anhydrit, in welchen der erstere sich theilweise umgewandelt hat,
findet in den angegebenen Verhältnissen ihre Erklärung. Da bei fort-
sehreitender Concentration des Meerwassers sich jedesmal der
schwefelsaure Kalk zuerst ablagern mußte, ist bei Wiederholung des
Concentrationsprocesses auch der wiederholte Absatz von Gyps eine
unerläßliche Thatsache. Freilich wird ein nicht unbeträchtlicher
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 4
50 Reuss.
Theil des jetzt vorhandenen Gypses dem am Ende jeder Ablagerungs-
periode und in noch späterer Zeit eintretenden Austausche der leich-
ter löslichen Salze der Ablagerung gegen das ohne Unterlaß zuge-
führte Kalksulfat seinen Ursprung verdanken, — ein Vorgang, der
bei allen Salzablagerungen eintritt und auf den besonders Volgert)
aufmerksam gemacht hat. Zur Bildung eines anhydritischen Hutes ?)
d.h. zum Absatze von beträchtlicheren Gyps- und Anhydritmassen
über der Steinsalzablagerung ist es bei Wieliezka ebenso wenig
gekommen, als bei den übrigen Salzstöcken Galiziens und bei jenen
Siebenbürgens. Das Fehlen derselben, so wie grosser Mengen von
Sulfaten und Chloriden, wie wir diese in so ausgezeichneter Ent-
wicklung im Hangenden des Steinsalzes von Staßfurth beobachten,
liefert den klaren Beweis, daß bei Wieliezka die nach dem Heraus-
krystallisiren des Natriumehlorids zurückgebliebene Mutterlauge nicht
ebenfalls der Verdunstung unterlegen ist. Selbst das Steinsalz von
Wieliezka hat sich durch die vorgenommenen Analysen als sehr arm
an Salzen der Mutterlauge erwiesen. Es liegt mithin der Schluß
nahe, daß, ehe noch der Verdunstungsproceß vollständig beendet
und nachdem das abgelagerte Steinsalz durch abgelagerte Thon-
schichten vor der Wiederauflösung geschützt war, die Mutterlauge
durch einen neuen stärkeren Meereseinbruch oder durch süsses
Wasser verdünnt, nach irgend einer Richtung ihren Abfluß gefunden
habe.
Es wurde schon früher angedeutet, daß die Gypsschichten ver-
steinerungsleer sind und auch der Salzthon, wo er reicher an Gyps
erscheint, keine oder nur sehr sparsame und kleine organische Reste
führt. Offenbar hat der Gypsabsatz stattgefunden, ehe noch das
Meerwasser eine dem organischen Leben durchaus verderbliche Zu-
nahme des Salzgehaltes erfahren hatte.
Dieser deletere Einfluß gibt sich auf mehrfache Weise zu er-
kennen. Die organischen Wesen, welche durch jeden neuen Meeres-
ausbruch in die abgeschlossene Bucht zugleich mit suspendirten
unorganischen Theilchen eingeführt wurden, konnten ihr Leben nur
so lange fristen, als der Salzgehalt des Wassers nicht zu sehr gestei-
gert wurde. Sobald die Concentration der Salzlösung einen zu hohen
1) L. ce. p. 14.
2) Volger l.e. p. 13 fi.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 51
Grad erreicht hatte, mußten sie rasch absterben und in den zugleich
sich niedersehlagenden Schlamm- und Sandtheilehen begraben oder
später von dem krystallisirenden Steinsalze umschlossen werden. Daher
finden wir die Reste der Mollusken, welche gegen die Einwirkung
des Salzes am empfindlichsten waren, nur an sehr vereinzelten
Stellen im Salzthone liegen, aber da in sehr großer Individuenzahl
zusammengehäuft. Eine viel weitere und gleichmäßigere Verbreitung
genießen die Foraminiferen und Ostraeoden, welche den erhöhten
Salzgehalt des Wassers viel länger ertragen zu haben scheinen und
daher erst später und mehr allmälig seinem verderblichen Ein-
flusse unterlagen. Es wird dadurch das Vorhandensein von Fossilresten
dieser Thierelassen in beinahe allen Salzthonen, sowie in dem mei-
sten Steinsalze, mit Ausnahme des erst später durch Regeneration
gebildeten, erklärt.
Ein anderer Einfluß der eoncentrirten Salzlösung gibt sich in
der Beschaffenheit der meisten beobachteten Petrefacten zu erken-
nen. Die eben erwähnte größere Accommodationsfähigkeit der Fora-
miniferen und Ostracoden läßt schon von vorne herein erwarten,
daß ihre Entwicklung und ihr Wachsthum auch unter den herrschen- _
den abnormen Verhältnissen mehr normal gewesen sein werde. Und
wirklich zeigen die gefundenen fossilen Reste derselben keine bemer-
kenswerthe Abweichung in Größe und Form von den gleichen Arten
aus den Schichten anderer Localitäten, welche sich voraussichtlich
in Meeren von normalem Salzgehalte gebildet haben. Auch die Bryo-
zoen scheinen von der regelmäßigen Entwicklung kaum abzuweichen.
‚Wenigstens zeigen die kleinen abgeriebenen Bruchstücke, welche
das Steinsalz von Wieliezka umschließt, durchaus normale Größen-
und Formverhältnisse.
Desto deutlicher treten die Spuren eines störenden Einflusses
an den gefundenen Conchiferen und Gasteropoden hervor. Schon
früher wurde die beinahe durchgängige Kleinheit der durch Aus-
waschen aus dem Salzthone und Steinsalze gewonnenen Schalen als
ein sehr auffallendes Merkmal hervorgehoben. Bisweilen kommt auch
noch eine verhältnißmäßig größere Dünne derselben hinzu, obwohl
dieses Kennzeichen bei weitem weniger in die Augen fällt. Die
Erklärung unterliegt keiner Schwierigkeit. Man hat es theilweise mit
junger Brut zu thun, welche, plötzlich in ein dem Leben feindliehes
Medium versetzt, sieh nieht nur nicht weiter zu entwickeln ver-
Me
52 Reuss.
moechte, sondern rasch abstarb. Oder wo das Absterben nicht so-
gleich erfolgte, trat doch kein gedeihliches Wachsthum ein; die
Individuen entwickelten sich nur langsam und unvollkommen, bis sie
endlieh doch auch unterlagen. Ähnliche Wirkungen treten bekannt-
lieh auch bei sehr vielen Mollusken ein, wenn sie in ein sehr aus-
gesüßtes Gewässer, das des dem Leben und Gedeihen angemessenen
Salzgehaltes entbehrt, versetzt werden. Jedoch scheint die Einwir-
kung nieht auf alle Arten gleich intensiv gewesen zu sein, denn die
Schalen mancher, z. B. von Nucula nucleus stehen an Größe den in
den tertiären Schichten anderer Gegenden vorkommenden nicht nach.
Einzelne normal gebildete Schalen dürften endlich von Individuen
abstammen, welche schon in entwickeltem Zustande aus dem nach-
barlichen Meere in das salzige Becken versetzt worden sind.
Unter den zahlreichen Versteinerungen, welche offenbar rein
marinen Ursprungs sind, werden im Salzlager von Wieliezka auch
einige Arten angetroffen, von denen dieser Ausspruch nicht gilt, die
daher auf complieirtere Verhältnisse hindeuten. Vor allen ist Planor-
bis Reussi Hörn. zu erwähnen, der bisher nur im Süßwasserkalke
vom Eichkogel bei Wien bekannt gewesen war und gleich anderen
Planorbis-Arten nur im süßen Wasser gelebt haben kann. Sein Auf-
treten im Salzlager von Wieliezka setzt nothwendig voraus, daß ein
Zufluß von süßem Wasser in das salzige Becken stattgefunden haben
muß, in welchem die Ablagerung der salzführenden Schichten vor
sich ging.
Noch viel bestimmter wird dies dargethan durch die Gegenwart
zahlreicher Pflanzenreste, welche stellenweise in Menge zusammen-
gehäuft im Spizasalze eingeschlossen vorkommen. Der Salzthon ent-
hält nur seltene und unbedeutende Spuren davon (von bituminisirtem
Holze).
Unger beschreibt in der schon früher genannten Monographie
der fossilen Flora von Wieliezka zwei Arten von Coniferenzapfen
(Pinites, Steinhauera), eben so viele Arten von Coniferenholz (Peuce,
Taxosxylon), je zwei Species von Früchten von Castanea und Quer-
cus, drei Species von Wallnüssen, eine Art von Birkenholz (Betuli-
nium) und zwei Arten von Buchenholz (Fegonium), zu welchen
noch eine sehr seltene Hülsenfrucht hinzukommt, die die größte
Verwandtschaft mit Cassia-Früchten besitzt. Es sind dies durch-
gehends ausgezeichnete Landpflanzen, welche also auf dem Fest-
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 53
lande in der Nachbarschaft der Küste vegetirt haben müssen. Sie
deuten zugleich auf eine Baumvegetation hin, welche mit der nord-
amerikanischen die größte Analogie verräth.
Aus der Beschaffenheit der fossilen Reste schließt Unger),
dafs dieselben im frischen Zustande in das salzhaltige Wasser gelangt
sind, daß sie, noch ehe sie gänzlich vom Salze durchdrungen waren,
von der krystallinischen Salzmasse umschlossen und erst später im
Verlaufe langer Zeit in Braunkohlensubstanz umgebildet wurden. Es
stimmt dies sehr wohl mit der Raschheit überein, mit welcher Salz-
massen aus vollkommen gesättigten Lösungen herauszukrystallisiren
vermögen, besonders wenn fremde Körper vorhanden sind, welche,
die Oberfläche vermehrend, dem anschießenden Salze zur Unterlage
dienen.
Auch an Arten fehlt es in der Fauna von Wieliezka nicht, die
ihren Wohnsitz in brakischen Wässern zu haben pflegen, wie die
Bythinia-Arten, Nematura und muthmaßlich manche der Ostracoden.
Sie lebten wahrscheinlich an der Einmündung eines Süßwasser-
laufes in das salzige Becken oder in benachbarten Ansammlungen
süßen Wassers, welche nur durch eine unvollständige und vorüber-
gehende Communication mit dem letzteren verbunden waren. Bythi-
nia immutata Frfld. sp. soll jetzt noch in gesalzenen Pfützen bei
Odessa, so wie an den Küsten des caspischen Meeres leben.
Interessant ist das Vorkommen einiger Molluskenspeeies in
Wieliezka, welche anderwärts die Cerithienschichten oder, wie sie
Prof. Suess ?) neuerlichst zu benennen geneigt ist, die sarmatische
Schichtenstufe characterisiren helfen. Es sind Bythinia Frauenfeldi
Hörn. sp. und Ervilia podolica Eichw. Sie müssen offenbar bei
Wieliezka schon zu Ende der Periode der marinen Miocänschichten
gelebt haben, ehe sie in dem nachbarlichen Volhynien und Podolien und
im Wiener Beeken in den Cerithienschichten auftraten. Sie gehören
daher, wie manche andere in diesem Schichteneomplexe vorkommende
Conehylien, demselben nicht ausschließlich an, sondern reichen in
die älteren Schichten der marinen Stufe herab, wie dies wenig-
stens in Betreff der Bythinia Frauenfeldi auch schon anderwärts
beobachtet worden ist.
Su Ere: 1. p. 313.
2) Über die Bedeutung der sogenannten brakischen Stufe oder der Cerithienschichten
pag. 15. In den Sitzuugsber. d. k. Akad. d. Wissensch, Bd. 34.
54 Reuss.
So erwünseht nun die Aufschlüsse sind, welche sich aus den von
mir vorgenommenen Untersuchungen in Betreff des relativen Alters
des Wieliezkaer Steinsalzlagers ergeben, so bleibt doch selbst in
paläontologischer Beziehung, auf welche ich mich hier allein be-
sehränken mußte, noch manche dunkle Stelle aufzuhellen, noch
mancher Zweifel zu lösen. Es werden dazu noch umfassendere For-
sehungen erfordert, welche nicht nur die in den Bergbauen selbst
wahrnehmbaren Verhältnisse, sondern auch den geognostischen Bau
der angrenzenden Gebietstheile zum Gegenstande haben.
Einen interessanten Aufschluß in letzterer Beziehung hat die
jüngste Zeit gebracht. Schon lange ist das Vorkommen von Gyps-
lagern bei Kathrein in N. von Troppau !) in den sich in den Thälern
der Oppa, Oder und Weichsel ausbreitenden Tertiärschichten be-
kannt, und man war immer geneigt, dieselben mit den salzführenden
Schiehten von Wieliezka in ein gleiches Niveau zu versetzen. Es
fehlte aber bisher an paläontologischen Beweisen dafür. Erst die
neueste Zeit hat auch diese an die Hand gegeben. Auf den Feldern
von Kathrein wurde ein neuer Versuchbau auf Gyps eingeleitet, und
zu diesem Zwecke wurde ein Schurfschacht bis zu 15 Klaftern abge-
teuft und dann noch 7° 2 tief gebohrt. In größere Tiefe wurde die
Bohrung nicht fortgesetzt, da man bis dahin kein zweites Gypslager
angefahren hatte. Nach einer gefälligen Mittheilung des Herrn Gym-
nasialprofessors. Em. Urban wurde nachstehende Schichtenreihe
durchsunken:
Dammerdei wien... ass ei‘
Lehm. du Jen a. ade
Sand) ea aa: Hu
Schotter «3/4. u ah Eee
Blauer Letien 4.4 ws a ra
Mergeliiu un un ia ae
GYP8 2. las
Schwarzer Tegel... An... , ei
Muschelführender Kalkstein . .. — — 1
Schwarzer. Tegel... .. ans 0
Muschelführender Kalkstein . .. — — 4
1) Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1851. IH. 2, pag. 160.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 55
Darunter folgt wieder schwarzer Tegel, in welchem noch 7° 2’
tief ohne Unterbrechung gebohrt wurde. Da kein zweites Gypslager
erreicht wurde, stand man von der Fortführung des Baues ab. Die
Schichten sind sämtlich unter 8° gegen Süden geneigt.
Von den an Versteinerungen reichen kalkigen Zwischenschichten
hat Herr Prof. Urban Proben eingesendet. Die diekeren Schichten
stellen einen etwas mergeligen, licht aschgrauen Kalkstein dar, der
mit zahllosen Schalen von Modiola Hörnesi Rss. erfüllt ist, welchen
nur sehr vereinzelte Schalen anderer Arten eingestreut sind. Das
ganze Gestein gewinnt dadurch ein conglomeratartiges Ansehen. Die
dünneren Schichten bestehen aus einem festeren graulichweißen
dichten, ebenfalls etwas mergeligen Kalkstein und sind auf der
einen Seite vollkommen ebenflächig, während sie auf der andern
Fläche dicht gedrängte, meist in dichten Eisenkies umgewandelte
Petrefaeten enthalten. Ich beobachtete nebst der schon erwähn-
ten M. Hörnesi Rss. noch Pecten scabridus Eichw., Ervilia
pusilla Phil., dasselbe feingerippte kleine Cardium, welches
auch wenngleich immer in schlechtem Erhaltungszustande im
Wieliezkaer Salzthone liegt, Brut einer Auster und endlich die
auch bei Wieliezka häufigen Scutalklappen von Poecilasma mio-
caenica Rss.
Überdies liegen darin zahlreiche Foraminiferen, meistens von
sehr kleinen Dimensionen, wie Cornuspira af. Reussi Born., Bilo-
culina ventruosa Rss., B. amphiconica Rss., B. bulloides d’Orb.
nebst var. truncata und gracilis Rss., Quinqueloculina pauperata
dOrb., O0. Aknerana d’Orb., Q. Ungerana d’Orb., Q. suturalis
Rss., Dentalina Adolphina d’Orb., Glandulina laevigata d’Orb.
und aequalis Rss., Cristellaria inornata d’Orb., Pullenia bulloides
d’Orb. sp., Polymorphina depauperata Rss., P. ovata d’Orb.,
P. problemad’Orb., P. spiratan. sp., Sphaeroidina austriaca d’Orb.,
Bulimina elongata dOrb., B. Buchana d’Orb., Uvigerina asperula
Cziz., Truncatulina sp., Pulvinulina Partschana d’Orb. sp., Noniv-
nina Soldanii d’Orb. und Polystomella Fichteliana d’Orb.
Die Mergelkalke von Kathrein haben daher nicht nur fast sämt-
liche Versteinerungen mit Wieliezka gemeinschaftlich, sondern auch
in ihren relativen Zahlenverhältnissen, besonders in dem schaaren-
weisen Auftreten von Modiola Hörnesi gibt sich die größte Über-
einstimmung zu erkennen. Man darf daraus wohl schließen, daß
56 Reuss.
beide Schichtengruppen demselben geologischen Niveau angehö-
ren !). Es wird in der Folge gewiß gelingen, diese Identität noch
an anderen Punkten der Tertiärschichten westlich von Wieliezka
nachzuweisen.
Viel deutlicher lassen sich die salzführenden Schichten nach
Osten am Nord- und Südrande der Karpathen verfolgen, da sie ihre
Gegenwart an vielen Punkten durch das Vorhandensein von Stein-
salzlagern und Salzquellen verrathen. Jedoch war es bisher nicht
möglich, in denselben, gleichwie in den übrigen Salzlagern anderer
Formationen, organische Reste unzweifelhaft nachzuweisen und da-
durch auf paläontologischem Wege ihr Alter festzustellen, so groß
die Aufmerksamkeit auch sein mochte, die man diesem Gegenstande
schenkte. Alle bisher in dieser Richtung gemachten Angaben ent-
behren die wünschenswerthe Sicherheit.
Die im Steinsalze von Ischl und von Olezkaja Saschtschita in
Algier angetroffenen fossilen Hölzer sind leider keiner genaueren
Untersuchung und Bestimmung unterzogen worden.
Marcel de Serres und Joly ?) wollen in dem rothen und
graulichen, ja selbst m dem farblosen Steinsalze von Cardona in
Spanien zahlreiche Infusorien gefunden haben. Sie leiten selbst die
Färbung des Salzes von der Gegenwart der Monas Duvaliı Joly
ab, derselben Species, welche, anfänglich weiß, später grün und im
Alter purpurfarbig werdend, noch jetzt die Salzsümpfe von Montpellier
roth färbt. Diese Ansicht hat aber, selbst wenn man die Gegenwart
von Infusorien im Steinsalze zugibt, wenig Wahrscheinlichkeit, da es
kaum glaublich ist, daß dieselbe Species, welche wir in den Salz-
sümpfen der Jetztzeit beobachten, unter ähnlichen Verhältnissen schon
in ferner Vorzeit massenhaft gelebt habe und uns in erkennbarem
Zustande erhalten worden sei. Es bleibt immer noch die Vermuthung
übrig, daß die Infusorien erst später in die Gesteinmasse hinein-
gelangt seien oder dal® man es mit regenerirtem Steinsalze zu thun
gehabt habe.
1) Das sich im tieferen Niveau des Baues ansammelnde Wasser soll nach den erhal-
tenen Mittheilungen etwas salzig gewesen sein, was auf einen wenn auch geringen
Salzgehalt der durchfahrenen Schichten hinweisen würde.
?) L’institut 1842, pag. 26%. — Leonh. u. Bronn’s Jahrb. f. Mineral. 1841,
pag. 263.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 57
Dasselbe gilt von den Infusorien und Diatomaceen, welche
Schafhäutl !) in dem rothen Steinsalze und Salzthone der Alpen
beobachtet zu haben angibt.
Ich vermochte weder in dem rothen alpinen, noch in dem tertiä-
ren ein organisches Pigment nachzuweisen. Überall blieb nach dem
Auflösen des Salzes neben anderen zufälligen Beimengungen eine
mehr weniger beträchtliche Menge rothen Eisenoxydes zurück, nicht
in regelmäßigen krystallinischen Blättchen und Schuppen, wie wir
sie im rothen Kieserite u. s. w. von Staßfurth finden, sondern in voll-
kommen formlosem Zustande. Das Eisen konnte sowohl vor dem
Löthrohre als auch auf nassem Wege mit Sicherheit nachgewiesen
werden. Das Pigment des rothen Steinsalzes finden wir demnach in
demselben rothen Eisenocher wieder, welcher auch den rothen Gyps
und Anhydrit, die rothen Mergel und Sandsteine verschiedener For-
mationen u. s. w. färbt.
Dadurch verliert auch die Angabe Schafhäutl's, der das in
dem Salzthone des Salzkammergutes gefundene Schwefeleisen von
Infusorien ableitet, ihren Halt. Die feingeschlämmte Salzthonmasse
soll unter dem Mikroskope aus Überresten von Infusorien zusammen-
gesetzt erscheinen, die theils zu Gaillonella, theils zu Monas gehö-
ren. Die Resultate meiner Untersuchungen stehen mit diesen An-
sichten nicht im Einklange. Das Schwefeleisen im Salzthone hat
offenbar denselben Ursprung, wie der in anderen sedimentären
Schichten gefundene Eisenkies. Organische Reste konnte ich nir-
gends wahrnehmen.
Ebenfalls problematisch ist noch die Gegenwart organischer
Einschlüsse im rothgefärbten Carnallit mancher Steinsalzablagerung.
Zuerst will Göbel solche in Carnallitknollen des Steinsalzes von
Maman im südlichen Aderbeitjan (Persien) gefunden haben. Derselbe
hinterlief® bei dem Auflösen in Wasser ein beinahe gleiches Volumen
einer rothen schleimigen Masse, in welcher Göbel mittelst des
Mikroskopes nebst zahllosen feinen Nadeln und dunkeln runden und
hexagonalen Körperchen auch Pilzzellen und Diatomeenpanzer erkannt
haben will. Er hielt diese Knollen deshalb für Spongien. Dasselbe Ge-
webe nebst Coseinodiseusschalen beobachtete Göbel später auch im
Carnallit von Staßfurth. Auch G. Rose, Kindt, Karsten und
1) Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd. 51, 1844, p. 263.
58 Reuss.
Sehimper glaubten darin vegetabilische Zellen zu erkennen, die sie
aber bald von einer holzartigen Pflanze, vielleicht einer Cycadee, bald
von einem Sphagnum, bald von einer Öseillarie ableiteten.
Wegen dieser divergenten Ansichten wiederholte Prof. Cohn in
Breslau die Untersuchung. Auch er erhielt durch Auflösen des Car-
nallits schleimige Klümpehen, deren Hauptmasse durch sehr zarte
und lange röthliche bis farblose Fäden gebildet wird, welche sich an
den Enden verdünnen. Wegen der ausnehmenden Feinheit und des
großen Aschengehaltes derselben zögert jedoch Cohn, sich für ihre
organische Natur zu entscheiden. Im bejahenden Falle ständen sie
jedoch den Fäden der Algengattung Yygrogrocis am nächsten, welche
salzreiche Mineralquellen und verschiedene, selbst jedem anderen
organischen Leben absolut tödtliche Lösungen bewohnt. Er würde
sie dann mit dem Namen 7. Bischofi bezeichnen t).
Mit der größten Wahrscheinlichkeit dagegen konnte man erwar-
ten, organische Fossilreste in den Steinsalzablagerungen von Sieben-
bürgen, welche mit jenen am Nordrande der Karpathen einen beinahe
zusammenhängenden Zug bilden, sowie in jenen der Marmarosch am
südlichen Abfalle der Karpathen aufzufinden. Doch waren alle bis in
die neueste Zeit von mir in dieser Beziehung angestellten Unter-
suchungen erfolglos. Erst jetzt, als mir durch die Güte des Herrn
Montan-ExpeetantenFr.Posepny reicheres Material zu Gebote stand,
glückte es mir, im siebenbürgiscehen Salze Versteinerungen, wenn auch
in sehr geringer Anzahl, nachzuweisen. Am reichlichsten fand ich sie in
einem unreinen grauen Steinsalze der Thordaer Saline, welches aus den
oberen Teufen stammte. Der nach dem Auflösen des Salzes zurück-
bleibende sehr spärliche und feine Rückstand enthält nebst einzelnen
Sandkörnchen und Bröckehen grauen Thones, Trümmer von kleinen
Muschelschalen, die ihrer Sculptur nach von einem feingerippten
Cardium abstammen dürften, sowie sehr seltene und kleine Gehäuse
von Gasteropoden, Fragmente von Spatangus-Stacheln, welche
mit jenen aus dem Salze von Wieliezka vollkommen übereinstimmen,
und endlich Foraminiferen. Von den gefundenen drei fragmentären
Schneckengehäusen gehört eines der Turbonilla pusilla Phil. an.
Von den fünf Exemplaren von Foraminiferen lassen sich zwei als
1) Dreiundvierzigster Jahresbericht der schlesiseh. Gesellsch. für vaterl. Cultur 1866,
p- 54—56.
Die fessile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliczka in Galizien. 59
Polystomella erispa Lam., drei als Truncatulina Dutemplei d’Orb.
sp. bestimmen.
Auch in einer der von Herrn Posepny gefälligst eingesandten
Proben aus dem Salzlager von Maros-Ujvar !) habe ich kleine Fossil-
reste, wenngleich in sehr geringer Menge, entdeckt, und zwar in einem
wenig verunreinigten, schwach graulichweißen körnigen Steinsalze,
welches aus der V. Grube, 60 Klaftern unter Tages, stammt. Der
nach der Lösung zurückbleibende Rückstand lieferte nebst unbestimm-
baren kleinen Fragmenten einer dünnschaligen glatten Bivalve und
der Spitze des Gehäuses eines Cerithium (vielleicht €. scabrum Ol.)
eine geringe Anzahl wohlerhaltener Foraminiferen. Es waren drei
Schalen von Globigerina triloba Rss. und zwei von Gl. bulloides
d’Orb. Die bisher im siebenbürgischen Salze nachgewiesenen Petre-
faeten sind mithin durchgehends Species, welche auch im Salze von
Wieliezka vorkommen. Wenn es nun in Folge dieser Beobachtungen
schon bei flüchtiger Betrachtung keinem Zweifel unterliegen kann,
daß die Steinsalzlager der neogenen Tertiärformation angehören,
wird es dadurch überdieß® höchst wahrscheinlich gemacht, daß sie
mit der Salzablagerung von Wieliezka im Alter vollkommen überein-
stimmten, daher mit dieser in das gleiche geologische Niveau gestellt
werden müßen. Es findet dadurch eine längst gehegte und auch
schon mehrfach ausgesprochene Ansicht 2), welehe sehon durch das
Auftreten des Salzes mitten in neogenen Tertiärgebilden höchst
wahrscheinlich gemacht wurde, zum ersten Male ihre volle Bestäti-
gung. Denn bisher boten weder die sehr verwirrten und wenig auf-
geschlossenen Lagerungsverhältnisse einen sicheren Aufschluß, noch
standen zur Bestätigung der gehegten Vermuthungen Petrefaeten zu
Gebote. Das als Einschluß im Salze von Vizakna und Thorda 3) beob-
achtete bituminöse Holz hatte in dieser Beziehung keinen Werth. Es
1) EineProbe unreinen, mit Gyps und Mergelmasse gemischten Salzes aus der V. Grube
von Maros-Ujvar hinterließ nach der Auflösung zahlreiche, kaum 0'5”’ große,
rundum ausgebildete Krystalle gelblichen Caleites, theils einfache R., theils Durch-
kreuzungszwillinge desselben, während eine andere zahllose winzige, aber regel-
ui
P Pi B
mäßig entwickelte Gypsnadeln (@ . oP. Row und ae oP. or»)
lieferte.
?) Fr. v. Hauer u. Dr. Stache, Geologie Siebenbürgens, pag. 102 ff.
5) Fr. v. Hauer u. Dr. Stache I. c. pag. 107.
60 Reuss.
ist übrigens zu hoffen, daß jetzt nach gegebenem ersten Anstoße
sich, gleiehwie in Wieliezka, unsere Kenntniß der organischen Reste
des siebenbürgischen Steinsalzes bald in erfreulicher Weise erwei-
tern wird.
Bei Maros-Ujvar war man im Schurfschachte Nr. 7 in einer
Tiefe von 81/, Klaftern in dem über der Palla 1) liegenden Schotter auf
einen Block kalkigen Conglomerates gestossen, welches in graulich-
gelbem bröcklichem Kalkeäment neben kleinen Kalksteingeschieben
viele meist zerbrochene Schalen von Conchiferen und Gasteropoden
umschloß. Der Species nach bestimmbar waren: Corbula carinata
Duj. und €. gibba Ol., Ervilia pusilla Phil. (die häufigste der
Versteinerungen), /socardia cor L., Avicula phalaenacea Lam.
(Brut?), Bulla truncata Adams, Bullina Lajonkaireana Bast.,
Serpulorbis intortus Lam. sp., Natica helicina Breh., Trochus
patulus Breh., T. turricula Eichw., T. fanulum Gmel., T. (Mo-
nodonta) angulatus Eiehw., Delphinula rotellaeformis Grat?,
Turritella Archimedis Brongn., Buccinum coloratum Eiehw. und
Cerithium pictum Bast. Nebstdem beobachtete ich nicht näher be-
stimmbare Arten von Vermilia, Cardium, Venus, Pecten u. s. w. Alle
diese fossilen Reste lassen das Gestein als dem Leithakalke angehörig
_
erkennen.
Erst nach Beendigung der vorstehenden Untersuchungen erhielt
ich, durch gefälligeVermittlung der k. k. geolog. Reichsanstalt und durch
die Güte des Herrn k. k. Bergrathes Göttmann in Marmaros-Szi-
geth, reichliche Proben Salzthones von drei Salinen in der Marmaros,
von Sugatag, Slatina und Ronäszek, zur Untersuchung. Auch lieferte
der Schlämmrückstand bei sorgfältiger Prüfung organische Reste,
wenngleich in sehr geringer Zahl. Am reichlichsten traf ich sie im
Salztıone von Sugatag. Derselbe enthielt Bruchstücke eines glatten
Peeten, der ohne Zweifel mit P, denudatus Rss. identisch ist, Stein-
kerne einer kleinen Bithynia, welche wohl auf B. curta Rss. bezo-
gen werden möchten, und endlich Foraminiferen: Biloculina amphi-
conica Rss., B. bulloides d’Orb. var. truncata Rss. und var. trun-
cata gracilis Rss.; Quinqueloculina Aknerana d’Orb., Bulimina
Buchana d’Orb. und elongata d’Orb.
1) Fr. v. Hauer u. Dr. Stache, Geologie Siebenbürgens, pag. 108.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliczka in Galizien. 61
Die Salzthone von Slatina haben nur vereinzelte Forminiferen
dargeboten und zwar Globigerina bulloides d’Orb., Nonionina Boue-
ana d’Orb. und Glandulina laevigata d’Orb., nebst sehr seltenen
Schalen von Cythere hastata Rss. In den Salzmergeln von Ronä-
szek 1) fand ich Dieotyledonenblätter, Bruchstücke des schon mehrfach
erwähnten glatten Pecten, @lobigerina bulloides d’Orb., Gl, triloba
Rss., Bulimina Buchana d’Orb., Glandulina laevigata d’Orb.,
Polystomella Fichteliana d’Orb. und Biloculina bulloides d’Orb.,
sämtlich, wie im Salzthone gewöhnlich, von sehr kleinen Dimensionen.
Häufig liegen darin überdies in Schwefelkies verwandelte Kerne einer
Spirialis, die ich von Sp. ventricosa So wby.?2) nicht zu unterscheiden
vermag, welche schon von Philippi fossil in den Tertiärschichten
Sieiliens beobachtet worden ist.
Alle diese Petrefacten kommen auch im Steinsalzlager von
Wieliezka vor und gehören theilweise zu den für dasselbe characte-
ristischen Formen. Trotz ihrer beschränkten Anzahl genügen sie zum
Beweise, daß auch den Salzablagerungen der Marmarosch ein glei-
ches Alter mit jenen von Wieliezka zuerkannt werden müsse.
Es ist ferner im hohen Grade wahrscheinlich, daß auch die Stein-
salzlager der Wallachei demselben geologischen Horizonte angehören
werden. Jedoch gelang es mir bisher nicht, das zu einer umfassen-
deren Untersuchung nöthige Material zu erlangen.
Erwägt man die von Hamilton, Tschichatscheff und
Loftus bei ihren Untersuchungen in Kleinasien und längs der
türkisch-persischen Grenze gewonnenen Resultate etwas genauer, so
1) Nach den die erhaltene Sendung begleitenden schriftlichen Bemerkungen beob-
achtet man in der Saline von Ronäszek vom Tage aus nachstehende Aufeinander-
folge von Gesteinen:
Bettenite en lo te ade en a ran AO
SHLZUNON Eee Be lgeinen, oa ee ege de
imremesSalzschichte "1a, 2) ae nen 11
Wieibese Salzen 1 vorne ol ee 1
Reinessgrauesi SalzWy WIN. HDMI ir 5
mit Sand vermengtes Salz. . . 2... A
in einer Ausdehnung von 3° Länge und 3° Breite. Diesem ist die untersuchte
Probe vom Franeisei-Schachte entnommen.
?) Souleyet revue zoolog. 1840, p. 236; Voyage de la Bonite II, pag. 216. T. 13,
Fig. 11—16. — Rang et Souleyet hist. nat. des moll. pteropodes, pag. 63.
T. 14. Fig. 15—18. — Scaea stenogyra Philippi enum. moll. Sieil. II, p. 164.
T. 25. Fig. 20.
62 Reuss.
daß die Schichten ihrer gypsführenden Reihe demselben geologischen
Horizonte angehören mögen. Mit Gewißheit läßt sich dies aber von den
gyps- und salzführenden rothenMergeln im russischen Armenien behaup-
ten. welehe nachAbieh's Untersuehungen mit dem Supranummuliten-
kalke, der nach seinen Versteinerungen dem Leithakalke entsprechen
dürfte, im innigsten Zusammenhange stehen. Und so sind wir in den
Stand gesetzt, Schichten vom Niveau des Wieliezkaer Steinsalzlagers,
überall mehr oder weniger Gyps und Salz führend, von Schlesien
in Westen südostwärts über die Grenze unseres Welttheils bis nach
Persien und an den Kaukasus zu verfolgen.
Wir erhalten dadurch, um mit Abich !) zu sprechen, einen
Überbliek über den außerordentlichen geographischen Umfang, auf
welchem innerhalb der miocänen Periode und zumal gegen das Ende
derselben die Bedingungen für die Bildung einer Gyps und Steinsalz
einschließenden sandigen Formation vorgeherrscht haben.
B. Specielle Aufzählung der beobachteten Fossilreste.
EI. FORAWMEINEFHREERN.
1. Mit kieseligier7 Schale
a) Lituolidea.
Haplophragmium Rss.
l. H. erassum Rss. (Taf. 1, Fig. 1, 2).
Bisher sind mir von dieser Species nur die Nonioninen-Formen
bekannt geworden, welche gleich dem AH. /atidorsatum Born. sp.,
HA. Jeffreysi W ill. sp. und anderen Arten dieser Unterabtheilung von
Lituola einer großen Nonionina täuschend ähnlich sehen, aber in
der kieseligen Beschaffenheit der Schale davon abweichen.
Das bis 2-1 Millim. große, sehr rauhe Gehäuse ist beinahe kreis-
rund, diek, mit breitem rundem Rücken und engem, aber deutlichem
Nabel. Es besteht aus 5—6 geraden dreieckigen gewölbten Kammern,
die durch ziemlich tiefe Natheinschnürungen gesondert werden.
Die Septalfläche der letzten Kammer ist niedrig, halbmondförmig,
1) Abich, Über das Steinsalz und seine geologische Stellung im russischen Arme-
nien. Petersburg, 1857, pag. 23
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 63
gewölbt. Die Mündung eine halbmondförmige Spalte, die den vor-
letzten Umgang beinahe in seiner ganzen Ausdehnung umfaßt.
Das ähnliche A. latidorsatum Born. sp.) aus dem Septarien-
then hat einen noch breiteren, fast flachen Rücken, einen undeut-
liehen Nabel, flache Kammern, sehr seichte Nathfurchen und eine
höhere beinahe vierseitige Septalfläche der letzten Kammer.
Nonionina Jeffreysi W ill. 2) ist viel stärker zusammengedrückt,
hat zahlreichere Kammern, gebogene Näthe und eine hohe Septal-
fläche.
Unsere Species liegt nicht häufig im Steinsalze.
b) Uvellidea.
Clavulina d’Orb.
1. Cl. communis d’Orb.
Orbigny Foram. foss. du bassin tert. de Vienne pag. 196. Taf. 12, Fig. 1.
Das obere Ende ist bei Orbigny unrichtig gezeichnet, es ist
beinahe gerade abgestutzt, nur wenig gewölbt, und an wohlerhalte-
nen Exemplaren bildet die centrale kleine rundliehe Mündung eine
kurze und dünne röhrige Verlängerung, die wegen ihrer Dünnwan-
digkeit in den meisten Fällen abgebrochen ist.
Gemein im Salzthon. Häufig im miocänen Tegel von Grußbach,
Baden und Vöslau, sowie im Leithakalk von Nußdorf. Erscheint sehr
selten auch im Mitteloligoeän und reicht durch das Pliocän bis in die
jetzige Schöpfung.
Plecanium Rss.
l. Pi. abbreviatum d’Orb. sp.
Textilaria abbreviata d’Orb. For. foss. du bass. tert. de Vienne pag. 249.
Taf. 15, Fig. 7— 12. — Textilaria subüngulata d’Orb. ]. e. pag. 247.
Taf. 15, Fig. 1-—3.
Sie ist ziemlich gemein im Steinsalze und Salzthone, besonders
die kurze Varietät. Im Wiener Becken findet sie sich im Tegel von
Baden, Grinzing und Vöslau (hier besonders häufig), im Leithakalk
von Nußdorf u. s. w., überdies im Schlier von Ottnang.
Textilaria subangulata d’Orb. halte ich von Pl. abbreviatum
nicht für verschieden, denn die Höhe des Gehäuses und der letzten
1) Bornemann die mikroskop. Fauna des Septarienthones von Hermsdorf bei Berlin
pag. 35. Taf. 5, Fig. A.
2) Williamson on the ree. foraminifera of great Britain pag. 34. Flg. 72. 73,
64 Reuss.
Kammern ist grossem Wechsel unterworfen. Mit zunehmender Höhe
pflegt das Gehäuse am unteren Ende spitziger zu werden. Auch ist
die Öffnung bei Pl. abbreviatum keineswegs immer eine lange Quer-
spalte und bei Pl. subangulatum halbrund, wie Orbigny dieselbe
abbildet; es findet darin vielmehr eine große Abwechslung statt und
im Allgemeinen nimmt mit der Dieke des Gehäuses die Länge der
Mündungsspalte zu. Bei Pl. subangulatum pflegt sie überhaupt nicht
so kurz zu sein, wie wir sie bei Orbigny dargestellt finden.
Auch Textilaria Partschi Cziz.t) ist sehr ähnlich, und ich
halte sie nur für eine Form von Pl. abbreviatum mit queren Nähten
und gerundeten Seitenrändern. Solche Formen kommen sehr selten
auch in Wieliezka vor.
2. Pl. gramen d’Orb. sp.
Textilaria gramen d’Orb. |]. e. pag. 248. Taf. 15, Fig. 4—6.
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Im Wiener Becken im
Tegel und Leithakalk.
3. Pl. Mariae d’Orb. sp. (Taf. 1, Fig. 5—7).
Textilaria Mariae d’Orb. |]. e. pag. 246. Taf. 14, Fig. 29—31.
Gemein im Salzthon und Steinsalz, so wie im Tegel (Baden,
Vöslau u. a.), selten im Leithakalk.
Die Orbigny’sche Abbildung passt nur auf einzelne sehr sel-
tene Individuen; in den meisten Fällen ist das Gehäuse nicht so dick»
die einzelnen Kammern sind weniger gewölbt, die Stacheln von sehr
wechselnder Länge und meistens nicht so gerade auswärts gekehrt,
wie in der Orbigny’schen Abbildung, sondern der Richtung der
Kammern selbst folgend. Sehr oft werden die Stacheln äußerst kurz
oder fehlen auch ganz. Die Gehäuse besitzen in letzterem Falle
zwar scharfe, aber ganz oder doch theilweise unbewehrte Seiten-
ränder. Solche Exemplare, welche ebenso häufig vorkommen, wie
bewehrte, stellen die Textilaria artieulata d’Orb. (l. ec. p. 250.
Taf. 15, Fig. 16—18) dar, welche also nur als var. inermis des Pl.
Mariae aufzufassen ist. Dieser Abänderung gehören auch die abge-
bildeten Individuen an.
!) Czizek, Beitrag z. Kenntn. der foss. Foraminiferen des Wiener Beckens. Wien
1847, pag. 12. Taf. 13, Fig. 22—?24. (Im zweiten Bande v. Haidinger’s ge-
samm. naturwiss. Abhdlg.)
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 65
Bisweilen wird das Gehäuse sehr lang und schmal und man
zählt in jeder Längsreihe 11—12 niedrige Kammern, die, selbst
nieht gewölbt, nur dureh lineare, wenngleich in der Regel sehr deut-
liche Nahtfurchen gesondert werden. Doch verwischen sich diese
bisweilen auch an kürzeren Exemplaren.
4. Pl. deperditum d’Orb. sp.
Textilaria deperdita d’Orb.]. e. pag. 244. Taf. 14, Fig. 23—25.
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Im oberen Tegel (Vöslau)
und im Leithakalk.
5. Pl. spinulosum Rss. (Taf. 1, Fig. 3).
Unter den zahlreichen Formen von Plecanium kommen solche
vor, welehe sich nach den bisherigen Erfahrungen weder mit P1.
Mariae d’Orb., noch mit Pl. serratum Rss. vereinigen lassen. Sie
sind durehgehends kleiner, bald mehr in die Länge gezogen und
schmäler, bald kürzer und breiter, oben stumpf zugespitzt, nach
unten sich viel langsamer zuspitzend, aber nicht in eine scharfe Spitze
auslaufend, wie bei Textilaria acuta Rss., in der Mitte der Seiten-
flächen am dieksten und stumpf gekielt, gegen die Ränder sich zu-
schärfend. Jederseits 7—S sehr niedrige etwas schräge Kammern;
nur die letzten erreichen eine etwas bedeutendere Höhe. Am Aussen-
rande krümmen sie sich etwas nach abwärts und endigen in einen
feinen abwärts gerichteten Dorn, der jedoch oftmals sehr klein wird
und bisweilen ganz verkümmert. Die Nähte stellen sehr schmale und
seichte, etwas schräge und gebogene Furchen dar, die sich mitunter
völlig verwischen. Die Mündung eine ziemlich kurze Querspalte. Die
Rauhigkeiten der Schalenoberfläche sind sehr fein.
Textilaria pectinata Rss. unterscheidet sich durch das keil-
förmige, am oberen Ende beinahe abgestutzte Gehäuse und die noch
niedrigeren geraden fast queren Kammern, die in gerade auswärts
gerichtete Dornen endigen.
Bei Pl. Mariae kann nur die var. inermis in Vergleich gezogen
werden. Diese besitzt aber höhere Kammern, tiefere schrägere Nähte;
auch fehlen ihr die sehr feinen abwärts gerichteten dornigen Spitzen.
Überdies ist ihr Gehäuse länger. Jedoch schließen sich die Formen
des Pl. spinulosum mit verkümmerten Dornen an manche kleine
Formen des Pl. Mariae nahe an, ohne daß ich jedoch bisher un-
zweifelhafte Übergänge hätte auffinden können.
Die Species ist nur selten im Salzthone vorgekommen.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. h)
66 Reuss.
6. Pl. serratum Rss. (Taf. 1, Fig. 4).
Breit-keilförmig, unten zugespitzt, oben abgestutzt, an den
Seitenrändern stark zusammengedrückt und grob sägezähnig, so daß
neben dem sieh allmälig erhebenden, flach gerundeten Rücken eine
flache breite Längsfurche berabläuft. Die zahlreichen Kammern sind
niedrig, viel breiter als hoch, wenig schräge, bisweilen schwach
gebogen, durch deutliche aber sehr schmale Nahtfurchen gesondert.
Jede Kammer endet am äußeren Rande in einen bald größeren, bald
kleineren, spitzigen oder stumpfen, gewöhnlich etwas herabgekrümm-
ten Sägezahn. Die letzten Kammern oben abgestutzt, beinahe flach.
Die Mündung eine in einer starken Depression liegende Querspalte.
Die Schalenoberfläche ist mit feinen Rauhigkeiten besetzt.
Nicht gar selten im Salzthon und Steinsalz.
7. Pl. laevigatum d’Orb. sp.
Teztilaria laevigata d’Orb.]. e. pag. 243. Taf. 14, Fig. 14—16.
Sie ist meistens stärker zusammengedrückt als in der d’Or-
bigny'schen Abbildung und wenigstens im unteren Theile des
Gehäuses scharfrandig. Bisweilen findet dies aber in der gesamten
Ausdehnung des Seitenrandes statt. Sie steht offenbar dem P/. Mariae
var. inermis sehr nahe.
Sie wurde nur sehr selten im Salzthon gefunden. Im Wiener
Becken kommt sie vorzugsweise im Leithakalke vor,
8. Pl. nussdorfense d’Orb. sp.
Teztilaria nussdorfensis d’Orb. ]. e. pag. 243. Taf. 14, Fig. 17—19.
Sie liegt nur selten im Salzthone, im Wiener Becken eben so
selten im Leithakalke. Gewöhnlich erscheint sie weniger zusammen-
gedrückt, als Orbigny sie darstellt. Die fast queren ungleichen
Kammern, das unregelmässige, am oberen Ende beinahe abgestutzte,
am unteren stumpfe Gehäuse unterscheiden die Species von P!. lae-
vigatum d’Orb.
9. Pl. pala Cziz. sp.
Teztilaria pala Cziz. Beiträge z. Kenntn. der foss. Foraminif. d. Wiener
Beckens. pag. 12. Taf. 13, Fig. 25—29 im zweiten Bande von Haidin-
ger’s gesamm. naturw. Abhdlg.
Zeichnet sich durch das breite, fast keilförmige, oben abge-
stutzte, unten kurz zugespitzte Gehäuse aus. Jedoch pflegt es nicht
immer so stark zusammengedrückt zu sein, als Czizek es abbildet.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 67
Immer ist es aber an den Seitenrändern gekantet. Die Kammern sind
sehr niedrig, im inneren Theile quer, im äusseren sanft herabgebogen,
die Näthe sehr schmal und seicht. Die Schalenoberfläche rauh.
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Auch im Tegel und
Leithakalke des Wiener Beckens tritt sie nur selten auf.
2. Foraminiferen mit kalkiger porenloser Schale.
a) Miliolidea.
o.) Cornuspiridea.
Cornuspira M. Schultze.
1. C. rugulosa Rss.
Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 18, pag. 22.
ar Ike. 1.
Sehr selten im Salzthone. Ebenso selten in den Thonen von
Landwehrhagen bei Minden, welche neben einzelnen dem Septarien-
thone eigenthümlichen Formen eine größere Anzahl von miocänen
Arten führen.
2. 0. plicata Cziz. sp.
Operculina plicata Czizek in Haidinger’s gesamm. naturwiss. Abhdle. II.
pag. 146. Taf. 13, Fig. 12, 13.
Sehr selten im Salzthon. Im Wiener Becken im Tegel.
3. C. foliacea Phil. sp.
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch, Bd. 25, pag. 121.
Taf. 1, Fig. 8, 9. — Spirillina foliacea Williamson on the ree. foram.
of great Brit. pag. 91. Taf. 7, Fig. 199, 200.
Sehr selten im Salzthone, sowohl die regelmäßige, als die helm-
förmige Varietät (var. cassis). Sie reicht einerseits bis in das Unter-
oligoeän hinab, anderseits bis in die lebende Schöpfung herauf.
ß) Miliolidea genuina.
Biloculina d’Orb.
l. B. amphiconica Rss. (Tat. 1, Fig. 8).
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissenseh. I. pag. 382. Taf. 49,
Fig. 5. — B. ringens carinataW illiamson |. e. pag. 19, Fig. 172—174.
Der peripherische Rand ist gewöhnlich sehr stark eomprimirt,
so daß er beinahe geflügelt erscheint. Am untern Ende des Gehäuses
zeigt dieser Saum bisweilen eine kurze Spitze oder einige kleine
Kerben. Die Mündung stellt eine enge lange Querspalte ohne Zahn dar,
B#
68 Reuss.
Von diesen typischen Formen findet ein allmäliger Übergang in
regelmäßig stark gewölbte Formen mit scharfwinkligem, aber nicht
sellügeltem Rande Statt, deren Mündung ebenfalls eine lange enge,
an den Enden aber umgebogene Querspalte bildet, wodurch ein sehr
breiter aber kurzer Zahn entsteht. Der die vorletzte Kammer um-
fassende Randsaum der letzten Kammer ist sehr schmal und im ganzen
Umfange gleiehbreit. Diese Formen, die ich früher mit dem Namen
B. platystoma bezeichnete, nähern sich der B. Zunula d’Orb., von
welcher sie sich jedoch durch den schmäleren Randsaum, die engere
Mundspalte und den kürzeren aber breiteren Zahn unterscheiden.
ich habe eine solche Form T. 1, Fig. 8 abgebildet.
B. amphiconica, welehe im Septarienthon, so wie im miocänen
Tegel des Wiener Beckens selten gefunden wird und noch in den
heutigen Meeren der gemäßigten Zone lebt, kömmt selten im Salz-
thone und Steinsalze von Wieliezka vor. Auch fand ich sie in den
gypsführenden Mergeln von Kathrein in Norden von Troppau und in
den Salzthonen von Sugatag in der Marmaros.
2. B. simplex d’Orb.
d’Orbignyl. e. pag. 264. Taf. 15, Fig. 25—27.
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Im Tegel und Leitha-
kalk des Wiener Beckens.
ö. B. lunula d’Orb.
d’Orbienyl.e. pag. 264. Taf. 15, Fig. 22—24.
Selten im Salzthon und Steinsalz. Im Tegel und seltener im
Leithakalk des Wiener Beckens.
4. B, elypeata d’ Orb.
d’Orbigny.e. pag. 263. Taf. 15, Fig. 19—21.
Sehr selten im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk des Wiener
Beckens.
9. B. bulloides d’Orb. (Taf. 2, Fig. 1, 2).
d’Orbigny in ann. des se. nat. 1826. Tableau method. des cephalop.
pag. 133. Nr. 1. Taf. 16, Fig. 1—4. — Modeles IV. Nr. 90. — B. inor-
nata d’Orb. Foram. foss. du bass. tert. de Vienne. pag. 266. Taf. 16,
Fig. 7—9. — B. ringens typica Williamsonl. e. pag. 79. Fig. 169 —
171. — B. peruviana d’Orb. voy. dans l’Amer. meridionale. Foramini-
feres. pag. 69. Taf. 9, Fig. 1—3.
Gehört in die Gruppe der B. ringens Lam., die durch den schma-
len nieht gekielten, sondern mehr weniger gerundeten Umschlagssaum
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 69
der letzten Kammer characterisirt ist. Das stark gewölbte kugelige
Gehäuse ist bald kreisrund, bald etwas verlängert und dann gewöhn-
lieh unten etwas breiter, eiförmig. Die tief eingesenkte Nath bildet
eine regelmäßige Bogenlinie. Die vorletzte Kammer ist am unteren
Ende bald regelmäßig gerundet, bald beinahe abgestutzt (var. trun-
cata). Das untere Ende der letzten Kammer verlängert sich bis-
weilen in 1—3 kleine Zähne (var. dentata). Die Mündung ist rund
oder etwas quer-elliptisch, der Zahn bald sehr klein, einfach, bald
am Ende deutlich zweispaltig. Dieser Umstand kann daher keinen
Speciesunterschied bedingen und B. Dulloides und B. inornata,
welehe sich eben nur durch die Form des Zahnes unterscheiden
sollen, können nicht als gesonderte Species betrachtet werden. An
manchen wohlerhaltenen Exemplaren beobachtet man einige gegen
das untere Ende ausstrahlende Streifen.
B. peruviana d’Orb. von den Küsten von Peru unterscheidet
sich von B. inornata gar nicht.
B. subsphaerica d’ Orb. von den Küsten von Cuba und Jamaica
(Foraminiferes de File de Cuba pag. 162, T. 8, Fig. 26, 27) weicht
nur durch den an den Seiten etwas vortretenden Umschlag der vor-
letzten Kammer und durch den nicht zweispaltigen, sondern 7-förmi-
gen Zahn ab.
B. bulloides findet sich sehr selten im Salzthon und Steinsalz.
Auch im Tegel und Leithakalk des Wiener Beckens kömmt sie nur
selten vor. Sie lebt noch jetzt in gemäßigten und wärmeren Meeren.
Ziemlich häufig liegt sie samt ihren Varietäten in den gypsführenden
Mergeln von Kathrein bei Troppau, sehr selten dagegen im Salzthon
von Sugatag und von Slatina in der Marmaros.
6. B. ventruosa Rss. (Taf. 1, Fig. 9).
Sie nähert sich schon einigermaßen dem Typus der B. con-
traria d’ Orb., indem sie seitlich stärker zusammengedrückt ist, als
von vorne nach hinten. Daher erscheint sie in der Vorderansicht
eiförmig, in der Seitenansicht beinahe schief-kreisförmig. Beide
sichtbare Kammern sind sehr bauchig, die vorletzte aber in viel
kleinerem Umfange sichtbar als die letzte. Die gebogene Nath ist
sehr fein. Hinter derselben verläuft auf der letzten Kammer ein
stärker gebogener seichter furchenartiger Eindruck. Die letzte
Kammer zeigt am Mündungsende einen halbrunden Ausschnitt, der
70 Reuss
aber durch die weit hinabgebogene vorletzte Kammer bis auf eine
enge Spalte verschlossen wird.
Sehr selten im Salzthon und in den gypsführenden Mergeln von
Kathrein bei Troppau.
7. B. globulus Born.
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 6.
Eine mitteloligocäne Species, die sehr selten auch im Salzthon
gefunden wird.
8. B. larvata Rss. (Taf. 2, Fig. 3).
Eine sehr kleine Species von eigenthümlichem Ansehen. Die
letzte Kammer ist groß, sehr breit-elliptisch, dem kreisförmigen sich
nähernd, gewölbt, mit scharfem breit umgesehlagenem Saum. Die
vorletzte Kammer dagegen ist sehr klein und tritt nur als ein ver-
kelirt-lanzettförmiger, unten stark verschmälerter, gewölbter Wulst
in der Mitte der Vorderseite der letzten Kammer hervor, so daß sie
den sehr breiten ebenen Randsaum frei läßt. Am Mündungsende zieht
sich der Rand der vorletzten Kammer weit in die Höhe und verengert
daher lippenartig die Mündung zu einer kurzen engen Querspalte.
Sehr selten im Salzthone.
9. B. contraria d Orb. (Taf. I, Fig. 10).
d’Orb.1. e, pag. 266. Taf. 16, Fig. 4—6.
Die Species ist stets an der starken seitlichen Compression des
Gehäuses, dem halbrunden Zahn und der dadurch bedingten halb-
mondförmigen Mündung zu erkennen. Der Umriß des Gehäuses ist
aber einem sehr großen Wechsel unterworfen. Bisweilen breitet sich
dasselbe in querer Richtung aus, so daß diese Dimension fast doppelt
so groß wird als die verticale (var. paradoxa — Taf. 1, Fig. 10). —
Von dieser abnormen Form kann man alle möglichen Zwischenstufen
zur typischen Form mit fast kreisrunder Seitenansicht beobachten.
Sie findet sich selten im Salzthon nnd Steinsalz. Im Tegel (bei
Baden häufig) und im Sand von Pötzleinsdorf.
Spiroloculina d’Orb.
l. Sp. excavata d’Orb.
d’Orbignyl.e. pag. 271. Taf. 16, Fig. 19—21.
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Im Tegel und Leitha-
kalk des Wiener Beckens.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliczka in Galizien. 71
2. Sp. badenensis d’Orb.
d’Orbignyl.e. pag. 270. Taf. 16, Fig. 13—15.
Sehr selten im Steinsalz. Im Tegel und Leithakalk.
3. Sp. tenuissima Rss. (Taf. 1, Fig. 11).
Diese sehr kleine Species ist der Sp. canaliculata d’Orb.
(l. e. pag. 269, Taf. 16, Fig. 10—12) ähnlich, weicht aber durch
den regelmäßiger elliptischen Umriß, die beinahe gleichen stumpf
zugespitzten beiden Enden des sehr dünnen Gehäuses und die ge-
rundeten, nicht längsgefurchten Seitenränder ab. Man zählt jeder-
seits drei schmale mit einer engen aber ziemlich tiefen Längsfurche
gezierte und durch lineare Nathfurchen gesonderte Kammern. Die
lineare Mittelkammer ragt gewölbt hervor. Die kleine rundliche
Mündung ist zahnlos. Häufig im Salzthon.
Triloculina d’Orb.
l. Tr. tricarinata d’Orb. (Taf. 2, Fig. 4).
d’Orbigny in ann. des. se. nat. 1826. pag. 133. no. 7. — Modeles no. 94.
Sie zeichnet sich durch ihre Gestalt vor allen andern Trilocu-
linen-Arten aus. In der Seitenansicht ist sie breit-elliptisch. an bei-
den Enden stumpf zugespitzt, fast regelmäßig dreikantig, mit scharfen
dünnen Randkanten und beinahe gleichen, von oben nach unten ge-
wölbten, von einer Seite zur andern ausgeschweiften Seitenflächen.
Die Mittelkammer tritt in großer ‚Ausdehnung sichtbar hervor; die
Seitenkammern dagegen bilden nur einen schmalen Saum. Ihre
Flächen sind rinnenartig seicht ausgehöhlt, mit feinen unregelmäßi-
gen queren Anwachsstreifen. Die Näthe linear. Die Mündung klein,
quer-länglich mit an der Spitze abgestutztem und ausgebreitetem
Zahn.
Orbigny stellt an dem Modelle seiner B. fricarinata aus dem
rothen Meere zwar einen einfachen dicken Zahn dar. Da aber alle
anderen Kennzeichen vollkommen übereinstimmen und die erwähnte
Form des Zahnes auch durch Verletzung desselben entstanden sein
kann, so glaube ich doch die sehr seltenen fossilen Exemplare aus
dem Salzthone mit der lebenden Species vereinigen zu müssen. Im
_ Wiener Becken ist dieselbe bisher noch nicht beobachtet worden.
2%. Tr. gibba d’Orb.
d’Orbigny ]. e. pag. 274. Taf. 16, Fig. 22—24. — Tr. austriaca d’Orb.
l. e. pag. 275. Taf. 16, Fig. 23—27.
‘
72 euss.
Über die Zusammengehörigkeit beider Orbigny’scher Species
wurden sehon an einem anderen Orte die erforderlichen Gründe bei-
gebracht. (Reuß in d. Sitzungsber. d. kais, Akad. d. Wiss. Bd. 50,
pag. 16, Taf. 1, Fig. 4).
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Überdies im Tegel
und Leithakalk (sehr häufig bei Steinabrunn), oberoligoeän und
lebend.
3. Tr. enoplostoma Rss.
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25. Die Foraminif.,
Anthoz. u. Bryoz. d. deutsch. Septarienthones pag. 7.
a) var. laevigata.
Bornemann |, ce. pag. 46. Taf. 8, Fig. 5.
Sehr vereinzelt kommen auch Formen vor, welehe mit der Bor-
nemann'schen Tr. laevigata völlig übereinstimmen. Nur ist der
klappenartige Zahn nicht halbrund, sondern gerundet-dreieckig, wie
ihn Bornemann bei seiner Biloculina globulus (]. e. T. 8, Fig. 3)
abbildet. Jedoch ist dies ein variabler Charaeter, indem bei Tr. eno-
plostoma die Form und Größe des Zahnes überhaupt einem sehr
großen Wechsel unterworfen ist.
Daß Tr. laevigata Born. von Tr. enoplostoma Rss. nicht
scharf getrennt werden kann, habe ich schon an einem anderen Orte
dargethan. (R euß die For., Anthoz. u. Bryoz. d. deutsch. Septarien-
thones pag. 7, 8).
Sehr selten im Salzthone von Wieliezka.
£) var. grammostoma Rss. (Taf. 2, Fig. 5).
In den wesentlichsten Merkmalen kömmt sie mit der typischen
mitteloligocänen Species überein. Jedoch ist sie viel größer und bei-
nahe kugelig. Die Mündungsspalte ist sehr verlängert und sichel-
föürmig, der Zahn auf eine sehr schmale Lippe redueirt. In letzter
Beziehung nähert sie sich der var. valvularis Born. aus dem Sep-
tarienthone. Diese unterscheidenden Merkmale scheinen mir jedoch
nicht bedeutend genug, um zur Aufstellung einer gesonderten Spe-
cies zu berechtigen. Ich betrachte daher die jedenfalls sehr ausge-
zeichnete, im Salzthone nur sehr selten vorkommende Form als bloße
Varietät der Tr. enoplostoma.
SI
)
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien.
4. Tr. inflata d’Orb.
d’Orbignyl. e. pag. 278. Taf. 17, Fig. 13—15.
Sie gehört vorzugsweise dem Leithakalke an und tritt nur selten
im Tegel auf. Sehr selten erscheint sie im Salzthon und im Stein-
salz von Wieliezka.
5. Tr. inornata dOrb
d’Orbigny |. e. pag. 279. Taf. 17, Fig. 16—18.
Vorzugsweise im Leithakalke, selten im Tegel. Eben so selten
im Steinsalz und Salzthon von Wieliezka.
Tr. deeipiens Rss. (Denkschr. d. k. Akad. d. Wiss. I, pag. 382,
Taf. 49, Fig. 8) aus dem Tegel von Grinzing ist damit identisch. In
Fig. a und 5, |. ec. ist das obere Ende viel zu breit abgestutzt, was
eine viel größere Mündung voraussetzen würde.
6. Tr. oculina d’Orb.
d’Orbignyl.e. pag. 277. Taf. 17, Fig. 7—9.
Sehr selten im Steinsalz. Der peripherische Rand ist nicht
immer so scharf gekielt, wie ihn die Orbigny sche Abbildung dar-
stellt. Im Wiener Becken liegt sie im Tegel (Baden, Grinzing)).
7. Tr. consobrina d’Orb.
d’Orbigny. ce. pag. 277. Taf. 17, Fig. 10—12.
Sehr selten im Steinsalz und Salzthon. Selten im Tegel des
Wiener Beckens, häufiger im Leithakalk.
Tr. nitens Rss. (Denkschr. d. k. Akad. d. Wiss. I, pag. 383,
Taf. 49, Fig. 10) dürfte wohl auch hierher zu rechnen sein, denn nicht
bei allen Exemplaren kann ich den am freien Ende ausgebreiteten
Zahn wahrnehmen. Er ist bisweilen einfach, lamellar. Die Gestalt
des oberen Endes der letzten Kammer ist wandelbar, bald abgestutzt,
wie bei der typischen Form von Tr. consobrina, bald zur kurzen
dieken Röhre verlängert.
Auch Tr. nitens findet man sehr selten im Salzthon.
Quinqueloculina d’Orb.
l. @. Haidingeri d’Orb.
d’Orbignyl.c. pag. 289, Taf. 18, Fig. 13—13.
Diese dem Tegel des Wiener Beckens zukommende Art habe
ich nicht selten im Salzthon und Steinsalz von Wieliezka gefunden.
Reuss.
I
En
2, Q. pauperata d’Orb.
d’Orbigny l. e. pag. 286. Taf. 17, Fig. 22—24.
Nieht selten im Salzthon, selten im Steinsalz. Im Leithakalk
von Nußdorf und in den gypsführenden Mergeln von Kathrein bei
Troppau.
3. Q. Hauerina d’Orb.
d’Orbignyl.e. pag. 286. Taf. 17, Fig. 25 —27.
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Sowohl im Tegel, als
auch im Leithakalk des Wiener Beckens.
4. Q. tenuis Cziz.
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag. 385. Taf. 50,
Fig. 8.
Sehr selten im Salzthon. Im Tegel des Wiener Beckens. Über-
dies im Mitteloligocän.
5. @. Ungerana d’Orb.
d’Orbignyl. e. pag. 291. Taf. 18. Fig. 2?2—-24.
Nieht selten im Salzthon, sehr selten im Steinsalz. Im Scehlier
von Ottnang, im Tegel und Leithakalk des Wiener Beckens, im gyps-
führenden Mergel von Kathrein bei Troppau.
6. @. plicatula Rss. (Taf. 3, Fig. 2).
Diese kleine Species wird von den übrigen zahlreichen Quin-
queloculina-Arten leieht durch ihre Sceulpturverhältnisse unterschie-
den. Sie ist in der Seitenansicht breit-oval, stark zusammengedrückt,
oben schief abgestutzt, unten breit gerundet, an den Rändern scharf
und schwach gekerbt. Die Seitenflächen der Kammern sind wenig
gewölbt und ganz oder doch in ihren äußeren zwei Drittheilen mit
feinen radialen Furchen verziert, durch welche die Ränder fein ge-
kerbt werden. Die Mediankammern sind nur in geringem Umfange
sichtbar, die Näthe deutlich vertieft. Die Mündung ist klein, halb-
rund, großentheils durch einen einfachen Zahn ausgefüllt.
Die Species kömmt nur selten im Steinsalz vor. Überdies liegt
sie im Tegel von Grinzing und wurde von Herrn Karrer neuerlichst
auch im Tegel von Holubiea in Galizien gefunden.
7. @. Mayerana d’Orb.
Orbignyl.e. pag. 287. Taf. 18, Fig. 1—3.
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Häufig im Leithakalk,
selten im oberen Tegel.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 75
8. @. Aknerana d’Orb.
d’Orbignyl.e. pag. 290. Taf. 18, Fig. 16—21.
Selten im Salzthon und Steinsalz. Häufig im Tegel und Leitha-
kalk des Wiener Beckens, selten im gypsführenden Mergel von
Kathrein bei Troppau und im Salzthon von Sugatag in der Marmaros.
Ebenso im Ober- und Mitteloligoeän.
9 R. triangularis d’Orb,.
d’Orbignyl.e. pag. 283. Taf. 18, Fig. 7—9,
Häufig im Salzthon und Steinsalz. Im Tegel und Leithakalk, im
Ober- und Mitteloligocän, pliocän und lebend.
Bisweilen ist der Rückenrand der Seitenkammern ganz oder
wenigstens in seinem mittleren Theile durch eine schmale Fläche
abgestutzt.
10. Q@. pygmaea Rss.
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch, I. pag. 384. Taf. 50,
Fig. 3.
Sehr selten im Salzthon, so wie im Tegel von Lapugy in Sieben-
bürgen und im Leithakalke von Kostel in Mähren.
11. @. regularis Rss.
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. pag. 384. Taf. 50, Fig.1.
Sehr selten im Salzthone, so wie im Tegel von Grinzing bei
Wien.
12. @. obliqua Rss. (Taf. 2, Fig. 6, 7.)
Die sehr kleine Species zeichnet sich durch ihr in verschie-
denem Grade schiefes, mitunter beinahe quer-ovales Gehäuse vor
allen anderen Arten der Gattung aus. Dasselbe ist zusammengedrückt,
seitlich nur wenig gewölbt, an denRändern abgerundet. Die Kammern
werden durch meistens seichte Näthe geschieden und besitzen eine
sehr ungleiche Gestalt. Die Seitenkammern sind stark gebogen, die
letzte bildet am Rande oft einen abgerundeten, beinahe rechten Winke!
und verdünnt sich nach oben bedeutend, bisweilen so stark, daß sie
in ihrer oberen Hälfte sich in einen röhrenförmigen Schnabel ver-
wandelt. Die centralen Kammern sind in ziemlich weitem Umfange
siehtbar, treten aber nur mit sehr schwacher Wölbung hervor. Die
Mündung stellt eine enge, etwas gebogene zahnlose Querspalte dar.
Die Schalenoberfläche ist glatt, glänzend.
Sehr selten im Salzthon und im Tegel von Grinzing bei Wien.
76 Reuss.
13. Q@. suturalis Rss. (Taf. 3, Fig. 1).
Reuss in d. Denkscehr, d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag. 385. Taf. 50,
Fie. 9.
Sehr selten im Salzthon von Wieliezka und im Tegel von Grinzing.
Da die eitirte Abbildung theilweise unrichtig ist, so wird hier
nochmals eine treuere geboten.
14. Q. Boucana d’Orb.
d’Orbigny. ce. pag. 293. Taf. 19, Fig. 7—9.
Sehr selten im Steinsalz. Im Leithakalk des Wiener Beckens.
15. @. contorta d’Orb.
d’Orbigny |. e. pag. 298. Taf. 20, Fig. 4—6.
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Im Leithakalk des Wiener
Beekens.
16. @. Josephina d’Orb.
d’Orbigny |]. ce. pag. 297, Taf. 19, Fig. 23—27.
Sehr selten im Steinsalz. Im Tegel und Leithakalk des Wiener
Beckens.
17. 0. Schreibersi d’ Orb.
d’Orbignyl.e. pag. 296. Taf. 19, Fig. 22—24.
Sie wurde sehr selten in dem Spizasalze (2. Gruppe, Hori-
zonte) gefunden. Im Wiener Becken liegt sie häufiger im Tegel
(Baden, Möllersdorf, — Ödenburg u. s. w.), als im Leithakalk
(Steinabrunn).
18. @. fseda Rss.
Reuss in d. Denkschr. d. kais,. Akad. d. Wissensch. I. pag. 354. Taf. 50.
Fig. 5, 6.
Sehr seiten im Steinsalz und Salzihon. Häufig im Tegel, selten
im Leithakalk des Wiener Beckens.
0. asperula Seg.!) weicht nur durch größere Dieke ab und
ist vielleicht damit identisch. Auch Spiroloculina caelata Costa 2)
dürfte hierher gehören. |
1) Seguenzäa prime ricerche intorno ai rhizopodi foss. delle argille pleistoceniche
dei dintorni di Catania 1862. pag. 36. Taf. 2, Fig. 6.
2) Costa foraminiferi foss. della marna blu del Vaticano. pag. 126. Taf. 1, Fig. 14.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 7%
b) Peneropliden.
Peneroplis Montf.
1. P. austriaca d’Orb. sp.
Spirolina austriaca d’Orb. 1. e. pag. 127. Taf, 7, Fig. 7—9. — Dendritina
elegans d’Orb. |]. ce. pag. 135. Taf. 7, Fig. 5—6.
Sehr selten im Salzthon. Selten iım Tegel und Leithakalk des
Wiener Beckens.
Die Species scheint sehr wandelbar zu sein und bei weitem
nicht immer mit der Orbigny schen Abbildung in allen Merkmalen
übereinzustimmen. Vor Allem sind die spiralen Kammern nicht immer
glatt, sondern oft alle oder doch die jüngeren der Länge nach ge-
streift gleich den den gerade gestreckten Theil des Gehäuses bil-
denden Kammern. Auch ist ihre Zahl keineswegs immer auf acht
beschränkt, sondern steigt an manchen Exemplaren bis auf 12 — 13.
Endlich erscheint der Rücken des Spiraltheiles bald gerundet, bald
in verschiedenem Grade winklig. Selbst den geraden Theil des Ge-
häuses findet man bisweilen etwas zusammengedrückt.
Die Mündung ist in ihrer Form sehr veränderlich, bald un-
regelmäßig ästig, bald viereckig, bald länglich, wie sie Orbigny
bei Dendritina elegans abbildet. Stets aber bleibt der Nabel
weit geöffnet, so daß man darin die älteren Windungen deutlich
wahrnimmt.
Aus allen diesen Verhältnissen geht deutlich hervor, daß ein-
zelne Exemplare der Spirolina austriaca mit Dendritina elegans
völlig übereinstimmen, und es erscheint die Ansicht gerechtfertigt,
daß diese nur den spiralen Anfangstheil — die Dendritinenform —
von Spirolina austriaca darstellen. Daß übrigens Peneroplis, Spiro-
lina und Dendritina nur als verschiedene Formen desselben Gat-
tungstypus aufzufassen sind, haben Carpenter, Jones und Parker
mit unwiderleglichen Gründen dargethan t).
2. P. Haueri d’Orb. sp-
Dendritina Haueri d’Orb. 1. e. pag. 134. Taf. 7, Fig. 1, 2.
Sehr selten im Steinsalz und im Leithakalk des Wiener Beckens.
1) Carpenter, Jones and Parker, Introduction to the study of the foraminifera.
1862. pag. 84 ff.
78 Reuss.
Vertebralina d’Orh.
l. V. suleata Rss.
Articulina suleata Rss. in d. Denksehr. d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag.
383. Taf. 49, Fig. 13—17.
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz, ziemlich häufig im Tegel
von Lapugy in Siebenbürgen.
c) Orbitulinidea.
Alveolina d’Orb.
l. A. melo F. et M. sp.
d’Orbigny.e. pag. 147. Taf. 7, Fig. 15, 16.
Häufig im Steinsalz. Ebenso im Leithakalk und oberen Tegel,
selten im Sand von Pötzleinsdorf.
d) Dactyloporidea.
Acicularia d’Arch.
I. A. miocaenica Rss.
Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 43. pag. 9,
Fig. 5—8. — Eschara acicularis Reuss die Polyparien d. Wiener
Tertiärbeekens. pag. 67. Taf. 8, Fig. 18.
Die in diese Gattung gehörigen eigenthümlichen Körper wurden
zuerst von d’Archiaec unterschieden und mit dem Namen Aeieularia
belegt. Er beschrieb die A. pavantina aus den Eveänschichten des
Pariser Beckens !), deren später auch Miehelin ?) gedachte. Die
Stellung, welche diesen kleinen Fossilresten im zoologischen Systeme
zukömmt, ist sehr lange zweifelhaft geblieben. Von d’Archiae
und Michelin wurden sie den Bryozoen beigezählt und von mir in
die Nähe von Eschara gestellt. Orbigny war der erste, welcher
dieselben zu den Foraminiferen versetzte, aber auf wenig passende
Weise mit Ovulites verband. Ihm folgte Pietet und später in Be-
ziehung auf ihre Einreihung unter die Foraminiferen auch R. Jones,
Parker und Carpenter. Letzterer lieferte zuerst in der Introduc-
tion to the study of foraminifera (pag. 137 ff. Taf. 11, Fig. 27—32)
eine genauere Darstellung des inneren Baues von Acicularia, woraus
hervorgeht, daß dieselbe der Familie der Dactyloporideen angehört.
Ich habe bei wiederholter Untersuchung diese Ansicht bestätigt
gefunden,
1) Mem. de la soc. g&ol. de France V. pag. 386. Taf. 25, Fig. 3.
?) Iconographie zoophyt. pag. 176. Taf, 46, Fig. 14.
. . . ._1e . ee I
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. N 9
Die im Steinsalze von Wieliezka (sehr selten), im Leithakalk
von Kostel (ziemlich häufig) und Nußdorf, sowie im Tegel von Möl-
lersdorf vorkommenden Formen werden characterisirt durch ihre
starke Compression , die abgestutzten, beinahe gekanteten Seiten-
ränder, das nicht ausgeschnittene, ebenfalls abgestutzte obere Ende
und die weniger zahlreichen runden Mündungen. Durch diese Merk-
male unterscheiden sie sich von den eocänen Formen — der A. pa-
vantina d’Arch. — und von der hohlen eylindrischen A. eylin-
droides m.
5. Foraminiferen mit poröser Kalkschale.
a) Rhabdoidea.
a) Lagenidea.
Lagena Walk.
l. L. globosa Montagu.
Reuss die Foram.-Familie der Lagenideen in d. Sitzungsber. d. kais. Akad.
d. Wissensch. Bd. 46. pag. 318. Taf. 1, Fig. 1—3. — Parker and
Jones on some foram, from the North Atlantie and Arctie Oceans n
the philosoph. transact. 1865. pag. 348. Fig. 10 a, 5.
Sehr selten im Salzthon. Geht durch die gesamten Tertiär-
schichten bis in die obere Kreide hinab und bis in die heutige
Schöpfung herauf.
2. I. elavata d’Orb. var. acieularis Rss.
Reussl.c. Bd. 46. pag. 320. Taf. 1, Fig. 13, 14. — Amphorina acuminata
Seguenza dei terr. terz. del distretto di Messina e dei foram. mono-
talami ece. 1862, pag. 51. Taf. 1, Fig. 35. — Amphorina ceylindracea
Seg. I. ce. pag. 51. Taf. 1, Fig. 36. — Amphorina gracillima Seg.|. e.
pag. 51. Taf. 1, Fig. 37. — Amphorina distorta Seg. 1. e. pag. 52.
Taf. 1, Fig. 38.
Sehr selten im Salzthon. In den Tertiärsehiehten von Messina,
im Crag von Antwerpen u. a. Ö. Die typische Form der L. clavata
im Tegel von Baden, postpliocän und lebend.
3. I. Haidingeri Cziz. sp.
Reussl.c. Bd. 46. pag. 326. Taf. 3, Fig. 41.
Sehr selten im Salzthon und im Tegel des Wiener Beckens.
4. I. tenuis Born.
Reussl.e. Bd. 46. pag. 325. Taf. 3, Fig. 30—39.
Eine flaschenförmige, am unteren Ende schwach abgestutzte
Form, im Umrisse sehr ähnlich der l. e, T. 3, Fig. 38 gegebenen
s0 Reuss.
Abbildung, aber mit sehr feinen und entfernten kurzen Längsstreifen,
die kaum über das untere Drittheil des Gehäuses hinaufreichen,
findet sich sehr selten im Salzthone von Wieliezka. Überdies im
Oligoeän, Mioeän, Plioeän und lebend.
9. L. geometrica Rss.
Reuss ]. e. Bd. 46. pag. 334. Taf. 3, Fig. 74. — Ovulina ornata Seguen-
zal. ec. pag. 42. Taf. 1, Fig. 12. — Parker and Jones. c. pag. 359.
Taf. 16, Fig. 11; Taf. 13, Fig. 40, 41.
Sehr selten im Salzthon. In den Tertiärschichten von Scoppo,
S. Filippo und Rometta bei Messina und lebend. Bisweilen wird das
hexagonale Netzwerk unregelmäßig, indem die Maschen sich abrunden
oder verzerren. (Parker and Jones. e. T. 13, Fig. 40, 41.)
Fissurina Rss.
l. F. carinata Rss.
Reussl. e. Bd. 46. pag. 338. Taf. 6, Fig. 83; Taf. 7, Fig. 86,
Sehr selten im Salzthon. Überdies im Mitteloligocän.
2. F. laevigata Rss.
Reuss in d. Denksehr. d. kais., Akad. d. Wissevsch. I, pag. 366. Taf. 46,
Fig. 1.
Sehr selten im Salzthon und im obern Tegel des Wiener Beckens.
3. F. apieulata Rss.
Reuss in d. Sitzungsber. d. kais, Akad. d. Wissensch. Bd. 46, pag. 339.
Taf. 6, Fig. 85.
Sehr selten im Salzthon.
£) Nodosaridea.
Nodosaria Lam.
I. N. rudis d’Orb.
d’Orbignyl.e. pag. 33. Taf. 1, Kio, 17.19,
Seltene Bruchstücke im Salzthon. Im Tegel des Wiener Beckens;
sehr selten im Septarienthon.
2. N. longiseata d’Orb.
dOrbigny|.e.pag. 32, Taf. 1, Fig. 10—12.
Sehr seltene Bruchstücke im Salzthon. Im Tegel des Wiener
Beckens.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 81
N. capillaris Neugeb. !) und N. ewilis Neugeb. 2) dürften
kaum davon verschieden sein.
3. N. irregularis d’Orb.
d’Orbigny.e.pag. 32. Taf. 1, Fig. 13, 14.
Sehr seltene Bruchstücke im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk
des Wiener Beckens.
N. gracilis Neugeb::) steht ihr sehr nahe, wenn sie nicht
damit identisch ist.
4. N. Adolphina d’Orb.
Dentalina Adolphina d’Orb. |]. e. pag. 51. Taf. 2, Fig. 18 —20.
Sie wechselt in Betreff der Einsehnürung der Kammern be-
trächtlich. Oft sind die älteren Kammern nur durch wenig tiefe Ein-
schnürungen gesondert; in anderen Fällen sind dieselben wieder sehr
tief, die Kammern selbst kugelig, die oberen sogar durch kurze
Röhren mit einander zusammenhängend. Die Kammern tragen in ihrer
unteren Hälfte bald nur eine einfache, bald eine doppelte Reihe von
spitzigen Höckerchen.
Die Species ist im Salzthone sehr gemein, so wie im Tegel des
Wiener Beckens. Im Leithakalke tritt sie nur selten auf, und zwar in
der tieferen Bryozoenzone desselben. Ich fand sie neuerlich auch in
dem gypsführenden Mergel von Kathrein bei Troppau.
9. N. siphonostoma Rss. (Taf. 3, Fig. 3).
Das aus beiläufig vier Kammern bestehende Gehäuse ist nur
schwach gebogen. Die ersten drei Kammern liegen in fast gerader
Linie über einander, von der nur die Längsaxe der letzten Kammer
etwas abweicht. Überdies sind die Kammern sehr ungleich; die erste
ist kugelig mit am unteren Ende aufgesetztem kurzem Centralstachel.
Die folgenden zwei werden durch seichte Näthe abgegrenzt und sind
beinahe eben so hoch als breit und mäßig gewölbt. Die letzte, welche
durch eine breite und tiefe Nahteinschnürung gesondert wird, erreicht
an Länge beinahe das gesamte übrige Gehäuse. Eiförmig von Ge-
stalt, verlängert sie sich am oberen Ende in einen langen glatten
1) Neugeboren in d. Verhdigen u. Mittheilungen des siebenbürgischen Vereines f.
Naturwiss. 1852. pag. 50. Taf. 1, Fig. 22—24.
2) Neugeborenl. ce. pag. 51. Taf. 1, Fig. 25, 26.
3) Neugeboren. ce. pag. 51. Taf. 1, Fig. 27—29.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 6
>
82 Reuss.
röhrigen Schnabel. An der Basis der Kammern ragen einzelne ab-
wärts gerichtete Spitzen hervor, ähnlich jenen der N. Adolphina
d’Orb. Nach oben laufen diese gewöhnlich in zarte erhabene Längs-
streifen aus, die sieh bis zur Hälfte oder selbst bis zum oberen Dritt-
theil der Kammern fortsetzen.
Sehr selten im Salzthon.
6. N. econsobrina d’Orh.
Dentalina consobrina d’Orb. 1. e. pag. 46. Taf. 2, Fig. 1—3. — Nodosaria
consobrina d’Orb. R euss ind. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch.
Bd. 25, pag. 16. Taf. 2, Fig. 12, 13.
Im Salzthone habe ich nur seltene Bruchstücke derselben ge-
funden. Dagegen ist sie im Tegel des Wiener Beckens ziemlich weit
verbreitet. Noch häufiger und in mannigfaltigeren Formen tritt sie im
Mitteloligoeän auf.
7. N. elegans d’Orb.
Dentalina elegans d’Orb. |. e, pag. 45. Taf. 1, Fig. 52—56,.
Nicht selten im Salzthon. Beinahe überall im Tegel, weniger
verbreitet im Leithakalk des Wiener Beckens.
8. N. Boneana d’Orb.
Dentalina Boucana d’Orb. |], e. pag. 47. Taf. 2, Fig. 4—6.
Sehr selten im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk des Wiener
Beckens.
9, N, bifureata d’Orb.
Dentalina bifurcata d’Orb. |]. e. pag. 56. Taf. 2, Fig. 38, 39. — Reuss in
d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag. 367. Taf. 46, Fig. 10.
Sehr seltene Bruchstücke im Salzthon. Im Tegel und Leitha-
kalk des Wiener Beckens, im Ober- und Mitteloligocän,
y) Glandulinidea.
Glandulina d’Orb.
1. 61, laevigata d’Orb.
d’Orbigny l.e. pag. 29. Taf.1, Fig. 4, 5. — Reuss in d. Denkschr. d.
kais. Akad. d. Wissensch, Bd, 25, pag. 20.
Sie ist häufig im Salzthon, aber, wie überall, wechselt sie sehr
in der Gestalt. Typische, der Orbigny schen Abbildung entspre-
chende Formen kommen nur vereinzelt vor,
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 83
In ihrer Gesellschaft findet man:
«) Die var. elliptica Rss. (@l. elliptica Rss. in den Sitzungsber.
d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 48, pag. 47, Taf. 3, Fig.
29—31).
8) Die var. inflata Born. (Bornemann, die mikroskopische
Fauna des Septarienthones von Hermsdorf. pag. 16, Taf. 1,
Fig. 6, 7.)
y) Die var. elongata Born. (I. e. pag. 17, Taf. 1, Fig. 9).
Von diesen ist die erste Varietät die häufigste, die dritte die
seltenste. Auch an Formen, welche sich an @!. strobilus Rss. 1)
anschließen, fehlt es im Salzthone nicht. Überhaupt dürfte diese
wohl auch in den weiten Formenkreis von @/. laevigata gehören.
Auch im gypsführenden Mergel von Kathrein bei Troppau fand ich
@l. laevigata mit ihren Abänderungen nicht gar selten.
2. 61. obtusissima Rss.
Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 48, pag. 66.
Taf. 8, Fig. 92, 93.
Diese mitteloligoeäne Species kommt auch, wenngleich sehr
selten im Salzthon vor.
3. 6@l. aequalis Rss. (Taf. 3, Fig. 4).
Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 48, pag. 48.
Taf. 3, Fig. 28.
An dem langgezogen-elliptischen oder beinahe walzenförmigen
und an beiden Enden gleichmäßig abgerundeten Gehäuse unter-
scheidet man nur 3—4 Kammern, von denen die letzte ein Drittheil
oder höchstens die Hälfte der Gesamtlänge des Gehäuses einnimmt.
In der l. e. pag. 48 gegebenen Beschreibung wird die Länge der-
selben zu hoch angeschlagen (auf mehr als die Hälfte oder selbst
auf zwei Drittheile des Gehäuses). Die Näthe sind nur bei stärkerer
Vergrößerung und intensivem Lichte als undeutliche durchscheinende
Linien erkennbar. Die runde Mündung scheint ungestrahlt zu sein.
Von @l. discreta Rss. unterscheidet sich die Species durch
das sehr stumpfe Gehäuse. Während @!. discreta gleichsam das
Endglied der typischen Zaevigata-Reihe ist, bildet @. aequalis dage-
gen das Endglied der Zlliptica-Reihe.
1) Reuss in d. Denkschr. d. k. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 20. Taf. 2, Fig. 24.
6”
Reuss.
2
Sie findet sich sehr selten im Steinsalz, sowie in dem gyps-
führenden Mergel von Kathrein bei Troppau und im mitteloligoeänen
Septarienthon.
4. 61. disereta Rss.
Reuss in d. Denksehr. d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag. 366. Taf. 46.
Fig. 3.
Sehr selten im Salzthon; doch sind die oberen Kammern noch
weniger eonvex und daher die Näthe noch seichter, als an dem
abgebildeten Exemplare aus dem Tegel von Lapugy in Siebenbürgen.
Überhaupt scheint in dieser Beziehung ein großer Wechsel Statt zu
finden. Neugeboren bildet von Lapugy Exemplare mit sehr starken
Natheinschnürungen unter dem Namen G@!/. elegans !) und @!.
Reussi 2) ab. Besonders bei ersterer stellt das Anfangsstück eine
deutliche @l. laevigata d’Orb. dar, und es wäre daher möglich,
daß @!. disereta Rss. nichts als eine @l. laevigata wäre, auf welche
sich bei weiterer Fortbildung mehrere bald nur schwach gesonderte,
"bald dureh tiefe Natheinschnürungen getrennte Kammern aufgesetzt
haben.
6) Frondicularidea.
Rhabdogonium Rss.
I. Rh. minutum Rss. (Taf. 5, Fig. 4, 5).
Bei dieser in ihren Umrissen sehr wandelbaren Species lassen
sich zweierlei Hauptformen unterscheiden. Die eine ist in der Regel
größer, in der Seitenansicht verkehrt eiförmig, oben breiter als unten,
nicht seiten beträchtlich verlängert, oft unregelmässig verbogen. Die
Schalenoberfläche pflegt überdieß mit größeren Rauhigkeiten besetzt
zu sein.
Andere Gehäuse sind dagegen mehr weniger regelmäßig oval,
an beiden Enden etwas verschmälert, überhaupt regelmäßiger gebil-
det und mit ebenerer Oberfläche. In allen Fällen sind aber die drei
Seitenkanten dünn, flügelartig, die Seitenflächen ausgehöhlt. Die
Begrenzung der einzelnen in gerader Linie über einander liegenden
Kammern wird nur stellenweise durch sehr seichte, quere, kaum
gebogene Furchen angedeutet. Die terminale runde Mündung ist
1) Denkschr. d. k. Akad. d. Wissensch. XII. pag, 69. Taf. 1, Fig. 5.
2) 1. ce. pag. 69. Taf. 1, Fig. 6.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 85
klein, oft undeutlich. Von ihr gehen an den am oberen Ende breiteren
Exemplaren drei feine kurze Furchen aus, welche auf dem oberen
dickeren Theile der Kanten verlaufen.
In ihrer Physiognomie ähnelt die Species, welche ich häufig im
Salzthone gefunden habe, sehr der Tritawia tricarinata Rss. aus
der oberen Kreide. (Rss. iu d. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissen-
schaften Bd. 40, pag. 228. Taf. 12, Fig. 1, 2).
Flabellina d’Orb.
1. Fl. incrassata Rss. (Taf. 3, Fig. 5).
Das verlängert-ovale Gehäuse zieht sich oben zur kurzen Spitze
zusammen, während es, sich nach unten nur wenig verschmälernd,
dort in schiefer Rundung endigt. In der Mitte ziemlich dick, ver-
dünnt es sich gegen die Ränder hin etwas. Diese selbst sind
nicht abgestutzt, sondern winklig gerundet. Die beiden Seitenflächen
zeigen eine etwas ungleiche Wölbung. Der spirale Anfangstheil des
Gehäuses ist klein; der gerade Theil besteht aus 6—7 reitenden, in
nicht sehr spitzigem Winkel gebrochenen, sehr niedrigen Kammern.
Dieselben werden durch etwas unregelmäßige scharfe runzelartige
Leisten geschieden, die sich hin und wieder durch Anastomosen mit
einander verbinden.
Sehr selten im Steinsalz.
Amphimorphina Neugeb.
l. A. Hauerana Neugeb.
Neugeboren ind. Verhalg. u, Mittheilg. des siebenbürg. Vereins f. Natur-
wissenseh. 1850. I. pag. 125 — 127. Taf. 3. Fig. 15—16. — Denkschr.
d. kais. Akad. d. Wissensch, in Wien. XII. pag. 97.
Dieser Mischtypus, welcher die Charactere der Gattungen
Frondicularia und Nodosaria in sich vereinigt, wurde zuerst von
Neugeboren im Tegel von Lapugy in Siebenbürgen entdeckt.
Später habe ich die Species im Tegel von Sebranitz, Hausbrunn und
Jaromeritz in Mähren nachgewiesen. Karrer fand sie vor Kurzem
im Tegel des Leithakalkes bei einer Brunnengrabung zunächst Möd-
ling bei Wien. Im Salzthone bei Wieliezka kömmt sie nur in ver-
einzelten Bruchstücken vor.
86 Reuss.
b) Cristellaridea.
Cristellaria Lam.
l. Cr. ealear L. var. calear d’Orb.
Reuss in den Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 29. —
Robulina ealear d’Orb. ]. e. pag. 99, Taf. 4. Fig. 18—20. — Robulina
echinata d’Orb. ]. e. pag. 100. Taf. 4, Fig, 21, 22.
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz, jedoch nur die unge-
streifte Form (Rob. calecar d’Orb.). Überdies lebend, pliocän, miocän
und oberoligoecän.
2. Cr. rostrata Rss. (Taf. 3, Fig. 6).
Das dünne, sehr stark zusammengedrückte Gehäuse fällt schon
bei flüchtiger Betrachtung durch seine verlängert-eiförmige Gestalt
auf. Denn der regelmäßig gerundete spirale Theil verlängert sich
oben in einen langen spitz-dreieckigen Schnabel. Die 10—12 wenig
gebogenen Kammern sind sehr niedrig, mit Ausnahme der letzten,
welche, in vertiealer Richtung sich beträchtlich ausdehnend, den
erwähnten Schnabel bildet. Die nicht vertieften Näthe werden äußer-
lich nur durch dunkle Linien angedeutet. Die Septalfläche der letzten
Kammer ist sehr hoch und schmal, linear mit parallelen Seiten-
rändern, fast flach, im obern Theile von der engen senkrechten
Mündungsspalte durchbrochen.
Sehr selten im Salzthon.
3. (r. Russeggeri Rss. (Taf. 3, Fig. 7).
Auch hier ist das stark zusammengedrückte, vollkommen involute
Gehäuse verlängert-einförmig, unten gerundet, oben zugespitzt, am
peripherischen Rande scharf gekielt. 6—-7 dreieckige etwas gebogene
flache Kammern, deren Näthe nur durch schwach vertiefte Linien
angedeutet werden. Die letzte Kammer ist verhältnißmässig groß.
Ihre Septaifläche ist linear, etwas ausgehöhlt. Die Mündung rundlich,
ungestrahlt.
Sehr selten im Salzthon.
4. Cr. inornata d’Orb. sp.
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 28. — Ko-
bulina inornata d’Orb.]. e. pag. 102. Taf. 4. Fig. 25, 26. — Robulina
austriaca d’ Orb. I. ce. pag. 103. Taf. 5, Fig. 1, 2. — Robulina inter-
media d’Orb.]. e. pag. 104. Taf. 5, Fig, 3, 4.
Eine sehr wandelbare Form, indem die Zahl der Kammern, die
W ölbung des Gehäuses, die Größe der Nabelscheibe und endlich die
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliczka in Galizien. 87
Beschaffenheit des Rückenrandes, der bald einfach scharfwinklig,
bald gekielt oder selbst schmal geflügelt ist, dem größten Wechsel
unterliegt. Man kann vollständige Übergänge zwischen den drei
Orbigny'schen Speeies nachweisen. Über ihre Zusammengehörig-
keit habe ich mich übrigens schon früher an einem anderen Orte
ausgesprochen (]. e. pag. 28).
Übrigens scheint Cr. inornata auch mit Cr. cultrata Montf£.
sp. durch Übergänge zusammenzuhängen. Denn man beobachtet die
allmälige Größenzunahme des Gehäuses und das schrittweise Her-
vorbilden des Flügelsaumes am Rande. Das allmälige Eintreten des
Zerschnittenseins dieses Randsaumes bahnt selbst eine Verbindung
mit Or. calcar d Orb. sp. an.
Sehr selten im Salzthon. Häufig im Tegel, seltener im Leitha-
kalk des Wiener Beckens. Überdieß im gypsführenden Mergel von
Kathrein bei Troppau, sowie im Ober- und Mitteloligecän.
5. Cr. simplex d’Orb. sp.
Reuss in den Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 27. —
Robulina simplex d’Orb. 1. e. pag. 103. Taf. 4, Fig. 27, 25. — Robu-
lina incompta Rss. Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. 1851. pag, 70.
Taf. 4, Fig. 28.
Sehr selten im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk des Wiener
Beckens, im mitteloligocänen Septarienthon.
Pullenia P. et Jon.
l. P. bulleides d’Orb. sp.
Nonionina bulloides d’Orb. 1. e, pag. 107. Taf. 5. Fig. 9, 10.
Gemein im Steinsalz. Überdieß im Unter- und Mitteloligocän,
im Tegel und Leithakalk des Wiener Beckens (besonders häufig in
den höheren Tegelschichten), im gypsführenden Mergel von Kathrein
bei Troppau, im Pliocän und lebend in den heutigen Meeren.
2. P. compressiuscula Rss.
Reuss in d, Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 34.
«) var. quingueleba.
Nonionina quinqueloba Rss. in d. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1851.
pag. 71. Taf, 5, Fig. 31.
Sehr selten im Salzthon. Ziemlich verbreitet im Septarienthon.
ß) var. quadriloba. (Taf. 3, Fig, 8).
Ebenfalls sehr selten im Salzthon, im Tegel von Grinzing und
im mitteloligocänen Septarienthon.
ss Reuss.
Nonionina quaternaria Rss. 1) bietet so wenig bedeutende
Abweichungen dar, dafs sie wohl auch hierher gehören dürfte.
c) Polymorphinidea.
Polymorphina d’Orb.
l. P. gibba d’Orb.
Globulina gibba d’Orb,]. e. pag. 227, Taf. 13, Fig. 13, 14. — Globulina
globosa v.M. Römer in Leonh. u. Bronn’s Jahrb. 1838. pag. 386.
Taf. 3, Fig. 33. — Globulina tubulosa d’Orb. ]. e. pag. 228. Taf. 13,
Fig. 15, 16. (Monströse Aulostomellenform).
Nicht selten im Salzthon und Steinsalz. Auch an Aulostomellen-
formen mit verzweigter röhriger Mündung fehlt es nicht. Im Tegel
und Leithakalk des Wiener Beckens, pliocän und lebend. Hierher
gehörige Formen treten schon im Eocän, Unter-, Mittel- und Ober-
Oligocän auf.
2. P. aequalis d’Orb.
Globulina aequalis d’Orb. |. e. pag. 227. Taf. 13, Fig. 11, 12.
Sie soll sich von der vorigen Species durch das zusammen-
gedrückte Gehäuse und die nackte Mündung unterscheiden. Aber man
findet auch zusammengedrückte Formen mit gestrahlter Mündung
und die Compression des Gehäuses selbst wechselt ungemein, so
daß sich keine scharfe Grenze ziehen läßt. Es dürfte sich daher P.
aequalis von P. gibba kaum trennen lassen. Sie ist im Steinsalze
sehr selten. Innerhalb des Wiener Beckens begegnet man ihr im
Tegel und Leithakalk. Auch im Ober- und Mitteloligoeän trifft man
sie selten.
3. P. inaequalis Rss.
Globulina inaequalis Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch.
l. pag. 377. Taf, 48, Fig. 9.
Das Gehäuse ist gewöhnlich weniger zusammengedrückt und
mehr ungleichseitig, als in der eitirten Abbildung. Bisweilen tritt
äußerlich noch eine vierte Kammer sichtbar hervor, wodurch das
Gehäuse noch unsymmetrischer wird. Übrigens steht die Speeies
manchen anderen Polymorphina - Arten sehr nahe, so daß sie
leicht nur eine Form einer derselben darstellen könnte. Wiederholte
1) Reuss, Foraminiferen und Entomostraceen des Kreidemergels von Lemberg in
Haidinger’s gesamm. naturwiss. Abhdl. IV. pag. 18. Taf. 2, Fig. 13.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 89
Untersuchung zahlreicherer Exemplare wird darüber ein helleres
Licht verbreiten.
Sehr selten im Steinsalz. Im oberen Tegel und Leithakalk,
oberoligocän, pliocän und lebend; überall selten.
4. P. depauperata Rss. (Taf. 3, Fig. 9).
In der Gestalt des Gehäuses nähert sie sich der P. foveolata
Rss., nur ist sie breiter oval und stärker zusammengedrückt, an den
Seitenrändern zugerundet. Die Kammern stehen zweizeilig, in einer
Längsreihe drei, in der anderen nur zwei, alle durch sehr undeutlich
durehscheinende lineare Näthe gesondert. Die Mündung ist gestrahlt,
die Schalenoberfläche glatt, glasig glänzend.
Sehr selten im Salzthon und im gypsführenden Mergel von
Kathrein bei Troppau.
3. P. sororia Rss.
Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 48, pag. 57.
Taf. 7, Fig. 72—74. — Reuss les foraminiferes du Crag d’Anvers,
extr. des bulletins de I’ Arad. de Belg. pag. 17. Taf. 2, Fig. 23—29. —
Denkschr. d. kais. Akad. d, Wissensch. Bd. 25, pag. 36.
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz, meistens kurze dicke
Formen, wie l. c. Taf. 2, Fig. 29. Häufig mitteloligoeän und plioeän,
selten oberoligoecän.
6. P. leprosa Rss. (Taf. 4, Fig. 5).
Ziemlich groß, unvollkommen kugelig, unten breit- und schief-
gerundet, oben sehr stumpf zugespitzt. Die Oberfläche der Schale
ist mit kleinen, flachen, sehr ungleichen und unregelmäßigen Er-
habenheiten bedeckt, welche stellenweise in unregelmäßigen Längs-
reihen stehen. Die Mittelkammer tritt, besonders auf einer Seite, nur
in geringem Umfange sichtbar hervor. Die nicht vertieften Näthe sind
undeutlich. Die runde Mündung wird von einem kurzen Strahlen-
kranze umgeben.
Sehr selten im Salzthone.
7. P. problema d’Orb.
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 38. —
Guttulina problema d’Orb. ]. ce. pag. 224. Taf. 12, Fig. 26—28. —
Guttulina austriaca d’Orb. 1. e. pag. 223. Taf. 12, Fig. 23--25. —
Guttulina communis d’Orb.], ce. pag. 228. Taf. 13, Fig. 6—8.
Sehr selten im Salzthon und im Steinsalz, sowohl die typische
Form, als auch die durch weiteres Auseinandertreten der Kammern
90 Reuss.
in der Riehtung der Längsaxe daraus hervorgehende @uft. austriaca.
Auch @utt. Planeii d’Orb.t) von den Küsten Patagoniens gehört in
diesen Formenkreis.
Übrigens steigt P. problema mit ihren verschiedenen Formen-
abänderungen bis in das Unteroligocän hinab und reicht bis in die
heutige Schöpfung herauf. Im Wiener Becken liegt sie im Tegel und
Leithakalk. Sehr selten findet man sie auch in den gypsführenden
Mergeln von Kathrein bei Troppau.
8. P. oblonga d’Orb.
d’Orbigny.e. pag. 232. Taf. 12, Fig. 29—31.
Sehr selten im Salzthon. Im Leithakalk des Wiener Beckens.
9. P. foveolata Rss. (Taf. 4, Fig. 2).
Das beinahe regelmäßig elliptische, wenig seitlich zusammen-
gedrückte Gehäuse zeichnet sich durch die an beiden Enden beinahe
gleichmäßige Rundung aus. Am obern ist ein kaum merkbares
Höckerchen aufgesetzt, das die gestrahlte Mündung trägt. Die nur
durch undeutlich durchscheinende gebogene Nathlinien gesonderten
Kammern stehen zweizeilig, je 8—4 in einer Reihe. Die Oberfläche
der Schale ist mit gedrängten feinen seichten unregelmäßigen Grüb-
chen bedeckt.
Sehr selten im Steinsalz.
10. P. Zeuschneri Rss. (Taf. 4, Fig, 1).
Mehr weniger eiförmig oder elliptisch und an den Seitenrändern
gerundet, ist sie in Hinsicht auf Wölbung der Seitenflächen und auf
Begrenzung der einzelnen Kammern ungleichseitig. Beide Enden
sind mehr weniger stumpf. Die in ihren Umrissen sehr wandelbaren
Kammern stehen in zwei Längsreihen alternirend, je 2—5 in jeder
derselben. Im oberen Theile des Gehäuses stehen sie bisweilen direet
neben einander, im unteren Theile dagegen erscheint die Compres-
sionsebene nicht selten gedreht. Die Kammern werden durch ziem-
lich tiefe, fast quere oder nur wenig schräge gebogene Näthe
abgegrenzt. Die letzten zwei Kammern sind gewöhnlich doppelt so
hoch als die vorhergehenden und, besonders die letzte, auch gewölb-
ter. Die Mündung ist gestrabilt.
1) ®Orbigny, Voy. dans l’Amerique meridion. pag. 60. Taf. 1, Fig. 5.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 91
Die in der Orbigny 'schen Abbildung zu wenig gewölbt
erscheinende P. ovata d’Orb. (l. e. Taf. 135, Fig. 1, 2) weicht
durch die beträchtlichere Wölbung der Seitenflächen und die kaum
vertieften sehr schrägen Näthe auffallend auf.
Nieht gar selten im Salztlıon und Steinsalz.
11. P. semiteeta Rss. (Taf. 3, Fig. 10).
Sie ist im Umrisse ebenfalls der ?. ovata d’Orb. sehr ähnlich,
aber durch die sehr ungleichseitige Entwicklung der letzten Kammer
davon sehr abweichend. Sie ist eiförmig, oben stumpf zugespitzt, am
untern Ende gerundet, in verschiedenem Grade zusammengedrückt,
auf beiden Seiten ungleich gewölbt mit gerundeten Seitenrändern.
Die sehr schrägen, etwas gebogenen Kammern stehen alternirend in
zwei Längsreihen; aber abwechselnd sind auf jeder Seite nur die
Kammern der einen Reihe sichtbar, während jene der anderen durch
die bis zum unteren Ende des Gehäuses herabreichende letzte Kam-
mer dieser Reihe verdeckt werden. Die älteren Kammern sind nur
durch lineare Näthe geschieden, nur die letzten Näthe vertiefen sich
etwas mehr und in Folge dessen treten die Kammern mit schwacher
Wölbung hervor. Die Schalenoberfläche ist glatt, die runde Mündung
gestrahlt.
Sehr selten im Steinsalz.
12. P. ovata d’Orb.
d’Orbigny|.e. pag. 233. Taf. 13, Fig. 1— 3.
Sehr selten im Salztkon. Im Leithakalk des Wiener Beckens
und im gypsführenden Mergel von Kathrein bei Troppau.
Sphaeroidina d’Orb.
l. Sp. austriaca d’Orb.
d’Orbignyl.e. pag. 284. Taf. 20, Fig. 19—21. — Reuss in d. Denkschr.
d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag. 387. Taf. 51, Fig, 3—19. -- Sex-
loculina Haueri Czizek in Haidinger’s gesamm. naturwiss. Abhdlg.
II. pag. 149, 150. Taf. 13, Fig. 35—38.
Gemein im Salzthon. Auch hier kommen, wenngleich viel
seltener als bei der Sph. variabilis Rss. des Septarienthones, niedrig
konische Formen vor, die dadurch entstehen, daß sich die Kammern
nicht, wie gewöhnlich, kugelig zusammenballen, sondern nach einer
regelmäßigeren etwas offenen Spirallinie aneinander reihen. Sie
können als var. conica bezeichnet werden (Reuss in d. Denksehr.
92 Reuss.
d. k. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 40. — Sitzungsber. d. k.
Akad. d. Wissensch. Bd. 48, pag. 58. Taf. 7, Fig. 86.)
Sph. austriaca findet sieh häufig im Tegel und Leithakalk des
Wiener Beckens, sehr selten im gypsführenden Mergel von Kathrein
bei Troppau und im Oberoligocän.
Uvigerina d’Orb.
l. U. pygmaea d’Orb.
d’Orbignyl.c.pag. 190. Taf. 11, Fig. 25, 26. — Williamson. e. p. 66,
Fig. 138, 139,
Ziemlich häufig im Salzthon, sehr selten im Steinsalz. Sehr
selten im Oberoligoeän, gemein im Miocän (im Tegel und Leitha-
kalk des Wiener Beckens), im Plioeän und lebend in den heutigen
Meeren.
Üvigerina striata Costa!) ist wohl nicht davon verschieden,
denn Origimalexemplare, die ich Herrn Seguenza verdanke, zeigen
nicht blos feine Streifen, sondern wahre Längsrippen.
2. U. semiornata d’Orb.
d’Orbigny. e. pag. 189. Taf. 11 Fig. 23, 24.
Sehr selten im Salzihon. Selten im Leithakalk des Wiener
Beckens.
Sie dürfte kaum von der vorigen scharf zu trennen sein, denn
auch bei Formen, die offenbar zu U. pygmaea gehören, sind nicht
selten die jüngeren Kammern rippenlos. Schon Soldani bildet
Taf. 126, Fig. &x, yy. zz dergleichen Exemplare ab. Das stärkere
oder schwächere Hervortreten der Längsrippen, so wie die mehr
oder weniger bauchige Wölbung des Gehäuses sind graduelle und
sehr veränderliche Merkmale.
3. U. urnula d’Orb.
d’Orbigny l.e. pag. 189. Taf. 11, Fig. 21, 22,
Eine sehr wandelbare Species. Die Schalenoberfläche ist bald
ganz glatt, bald nur auf den ältesten Kammern mit mehr weniger
deutlichen Längsrippen verziert. Ob sie von der glatten lebenden
U. nodosa d’ Orb.) wirklich verschieden sei, vermag ich jetzt nicht
zu entscheiden.
1) Paläontologia del regno di Napoli II. pag. 270. Taf. 15, Fig. 2. A, C.
) 8 & | pas 5
*”) Ann. d. sciences nat. 1SA6. Tabl. method. pag. 103.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 953
Sie wird im Salzthone häufig gefunden. Im Leithakalk und vor-
zugsweise im Tegel des Wiener Beckens.
4. U. asperula Cziz. (Taf. 4, Fig. 6—9).
Czizek in Haidinger’s gesamm, naturwiss. Abhdlg. II. 1. pag. 146.
Taf. 13, Fig. 14, 15. — DUevigerina Orbignyana Czizek |. ce. pag. 147.
Taf. 13, Fig. 16, 17.
‚Beide von Czizek aufgestellte Speeies gehören offenbar zu-
sammen, denn man vermag die allmäligen Übergänge nachzuweisen
von der blossen Rauhigkeit der Schalenoberfläche bis zum Auftreten
ziemlich langer unregelmäßiger Stachelspitzen. Ebenso findet in ihrer
Anordnung die größte Verschiedenheit Statt. Bald stehen die Rauhig-
keiten ganz regellos zerstreut, mehr weniger dieht aneinander gedrängt,
bald findet man sie wieder in mehr weniger deutliche Längsreihen
geordnet. Nicht selten fließen diese in deutliche aber unregelmäßige
schmale Rippehen zusammen. Bisweilen sieht man diese verschie-
denen Modificationen an einem und demselben Exemplare vereinigt,
indem der ältere Theil des Gehäuses zerstreute, der jüngere aber an
den letzten Kammern reihenweise stehende Stacheln zeigt. Auch die
Größe und Gedrängtheit der Spitzen ist großem Wechsel unter-
worfen. (So sind die Nußdorfer Exemplare mit zahlreichen diekeren
Spitzen besetzt, beinahe höckerig). Übrigens bietet das Gehäuse
dieselben Modificationen der Gestalt dar, wie die übrigen Uvigerinen-
Arten, indem dasselbe bald dünner und schlanker, bald kürzer und
bauchiger erscheint.
U. aculeata d Orb.) kenne ich nieht aus eigener Anschauung.
Auch hat sie keiner der Wiener Paläontologen bei Nußdorf wieder
gefunden. In der von Orbigny selbst herrührenden Originalsamm-
lung von Wiener Foraminiferen liegen unter diesem Namen Exem-
plare von Ü. asperula, welche von Orbigny trotz der Häufigkeit
ihres Vorkommens nirgend beschrieben oder abgebildet wurde. Es
erregt dies den Verdacht, daß die Orbigny sche Abbildung auf
einem schlecht erhaltenen und unrichtig abgebildeten Exemplare von
U. asperula beruht, um so mehr, als an der Abbildung ohnedieß die
für Uvigerina characteristische röhrenförmige Mündung fehlt. Es ist
daher sehr zweifelhaft, ob U. aculeata d’Orb. als Species wirklich
existirt.
1) Orbigny 1. e. pag. 191. Taf. 11, Fig. 27, 28.
94 Reuss.
U. asperula ist im Salzthone sehr gemein, im Steinsalz selten.
Sie liegt überdieß im Tegel und Leithakalk des Wiener Beekens und
sehr selten im gypsführenden Mergel von Kathrein bei Troppau.
Bulimina d’Orb.
l. B. pyrula d’Orb.
d’Orbignyl.e. pag. 184, Taf. 11, Fig. 9, 10.
Viel verbreiteter im Tegel, als im Leithakalk des Wiener
Beckens.
Nicht selten sind die älteren Kammern in weiterem Umfange
sichtbar, als an dem von Orbigny abgebildeten Exemplare.
2. B. ovata d’Orb.
d’Orbignyl.e. pag. 185. Taf. il, Fig. 13, 14.
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Im Tegel und Leithakalk.
3. B. tenera Rss. (Taf. 4, Fig. 11, 12).
Eine äußerst kleine, gewöhnlich schwarz gefärbte Species, die
in Beziehung auf ihre Form zwisehen B. ovula d’Orb. !) und B.
pyrula d’Orb. einerseits und B. squamigera d’Orb. 2) anderseits
mitten inne steht. Das Gehäuse ist schlank eiförmig, selten bauchi-
ger, am unteren Ende oft mit einer kurzen Spitze versehen. Die
ersten der 3— 4 wenig deutlichen Umgänge sind sehr klein, der
letzte dagegen ist sehr groß und nimmt 6—7 Achttheile der Ge-
samtlänge des Gehäuses ein. Nur im Falle, daß die primordialen
Umgänge in Gestalt einer Spitze etwas stärker vorgeschoben sind,
bildet der letzte nur etwa vier Fünftheile des Gehäuses. Nur die
letzten Kammern sind sehr schwach gewölbt, durch sehr schmale
Nathfurchen gesondert und decken sich schuppenartig; bei den
übrigen sehr kleinen Kammern erscheinen die Nathlinien sehr undeut-
lich. Die Öffnung stellt eine sehr kleine kommaförmige Spalte dar.
Man findet die Species nur selten im Salzthon.
4. B. pupoides d’ Orb.
d’Orbignyl.e. pag. 185. Taf. 11, Fig. 11, 12.
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Häufig im Tegel, selten
im Leithakalk des Wiener Beckens.
1) Orbigny Voyage dans l’ Amerique merid. Foraminif. pag. 51. Taf. 1, Fig. 10, 11,
2) Foraminiferes des iles Canaries. pag. 137, Taf. 1, Fig. 22—24.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka iu Galizien. 95
5. B. elongata d’Orb.
d’Orbignyl. ec. pag. 187. Taf. 11, Fig. 19, 20.
Häufig im Salzthon, selten im Steinsalz. Im Tegel und Leitha-
kalk des Wiener Beckens, im gypsführenden Mergel von Kathrein
bei Troppau und im Salzthon von Sugatag in der Marmaros.
6. B. aculeata d’Orb,
Soldani testaceograph, mieroseop. Taf. 127, Fig. I; Taf. 130, Fig. vv; Taf.
131, Fig. &&. — d’Orbigny ann. des sciene. nat. 1826. pag. 103.
nro. 7. — Reuss in d. Denkschr. d, kais. Akad. d. Wissensch. I. pag.
374. Taf. 47, Fig. 13. — B. pupoides var. spinulosa Williamson I. e.
pag. 62. Fig. 128. — D. spinosa Seguenza prime ricerche intorno
ai rhizopodi fossili delle argille pleistoceniche dei dintorni di Catania
1862. pag. 23. Taf. 1, Fig. 8.
Es ist wahrscheinlich, daß B. aculeata nur eine mit Stacheln
bewehrie Form der B. elongata sei, denn in den übrigen Kennzeichen
stimmen beide mit einander überein. Die Bewehrung selbst ist sehr
wandelbar. Zuweilen sind die Stacheln zahlreich und ziemlich lang;
von da ab lassen sich alle Zwischenstufen bis zum Verkümmern und
völligen Verschwinden derselben verfolgen. Die bewehrten Formen
scheinen in der Regel kleiner zu bleiben; nur selten stößt man auf
Exemplare, die so lang und groß sind, wie viele der wehrlosen
B. elongata.
Man findet B. aculeata nicht selten im Salzthon. Sie liegt auch
im Tegel des Wiener Beckens, im Pliocän und lebt jetzt auch noch
in den gemäßigten Meeren.
7. B. Buchana d’Orb. (Taf. 4, Fig. 10).
d’Orbienyl. ce. pag. 186. Taf. 11, Fig. 15—18.
Gemein im Salzthon und Steinsalz. In ersterem wird sie bis einen
Millim. groß; dann ragen auch die Rippen stärker hervor und der
untere Rand der Kammern erscheint mit einer Reihe kleiner Dornen
fransenartig umsäumt. Überhaupt wechselt das Gehäuse in Größe
und Form beträchtlich. Größere Individuen zeigen oft 7—8 Spiral-
umgänge 1) und sind oben bauchig, am untern Ende ziemlich scharf
zugespitzt, während sehr viele kleinere Exemplare unten stumpf
endigen. Auch in der Seulptur nimmt man Verschiedenheiten wahr,
indem die Spitzen über den untern Kammerrand bald beträchtlich
vorragen, bald wieder nur schwache Kerben darstellen.
1) Orbigny gibt irriger Weise nur fünf Umgänge an, was nur von Jüngeren Exem-
plaren gilt, Ich habe daher ein ausgewachsenes Exemplar abgebildet.
96 Reuss.
B. inflata Seg.'!) scheint ebenfalls nur eine kurze bauchige
Form von B. Buchana mit längeren Rippenspitzen zu sein.
B. Duchana ist im Tegel und im Leithakalke des Wiener
Beckens zu Hause. Sie liegt auch im gypsführenden Mergel von
Kathrein bei Troppau, so wie im Salzthone von Sugatag und Slatina
in der Marmaros.
Virgulina d’Orb.
l. V. Schreibersana Cziz. (Taf. 4. Fig. 4, 5).
Czizek in Haidinger’s gesamm, naturwiss. Abhandl. II. 1. pag. 147. Taf.
13, Fig. 18—21. — Bulimina pupoides var. compressa Williamson
l. e. pag. 63. Fig. 131. — Dulimina marginata var. attenuata P. et
Jones distribut. of some foraminif. from the eoast of Norway pag. 24.
Taf. 2, Fig. 35. — Polymorphina apula Costa ]. e, pag. 286. Taf. 18,
Fig. 17.
Kommt selten im Steinsalz, häufig im Salzthon vor und in diesem
in besonders großen Exemplaren. Im unteren Theile derselben sind
die Kammern gewöhnlich spiral gestellt; erst in den zwei oberen
Drittheilen des Gehäuses ordnen sie sich in zwei alternirende Längs-
reihen, die aber nicht gerade und regelmäßig sind, sondern immer
noch eine Neigung zur spiralen Drehung verrathen.
Polymorphina longissima Costa. 2) deren Abbildung keine
Beschreibung beigegeben ist, ist offenbar nur auf ausgewachsene,
vorwiegend zweizeilige Formen von Virg. Schreibersana gegründet.
Auch Polymorphina innormalis Costa 5), gleich der vorigen ohne
Beschreibung, dürfte hieher gehören und eine spirale Jugendform
darstellen.
V. Schreibersana findet sieh überdieß® im Tegel des Wiener
Beckens, im Pliocän und lebt in den heutigen Meeren.
d) Cryptostegia.
Chilostomella Rss.
l. Ch. ovoidea Rss.
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissenseh. I. pag. 380. Taf. 48.
Fig. 12, |
Sehr selten im Salzthon und in den höheren Tegelschichten.
1) Seguenza prime ricerche int. ai rhizopodi foss. delle argille pleistocen. ete.
1862. pag. 25. Taf. 1, Fig. 10.
ZN Bari, 510722, 0723:
®) 1. e. II. Taf. 13, Fig. 28— 30.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 97
Allomorphina Rss.
l. A. trigona Rss.
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag: 380. Taf. 48,
Fig. 14.
Ziemlich häufig im Salzthon. Im Tegel des Wiener Beckens
und sehr selten im oligocänen Septarienthon.
A. macrostoma Karr.!) ist nur eine kleinere und convexere
Form von A. trigona mit etwas größerer Mündung —, durehgehends
Merkmale, die nur graduell sind und Übergänge in die typische Form
wahrnehmen lassen. Je kleiner die Exemplare, desto gewölbter
pflegen sie zu sein und desto größer ist im Verhältniß die Mündung.
e) Cassidulinidea.
Cassidulina d’Orb.
1. 6. punctata Rss.
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag. 376. Taf. 48,
Fig. 4.
Sehr selten im Salzthon und im jüngeren Tegel des Wiener
Beckens.
2. C. oblonga Rss.
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag. 376. Taf. 48,
Fig. 5, 6.
Sehr selten in Gesellschaft der vorigen Species und im Schlier
von Ottnang. — Sie unterscheidet sich von der übrigens sehr ähn-
lichen €. erassa d’ Orb.) durch größere Wölbung der Schale und
die einfache, nicht winklig gebrochene Mündungsspalte. Dagegen
scheint sie mit der lebenden €. odbfusa W ill.3) vollkommen über-
einzustimmen.
f) Textilaridea.
Bolivina d’Orb.
l. B. antiqua d’Orb.
d’Orbignyl.e. pag. 240. Taf. 14, Fig. 11—13.
Gemein im Salzthon, aber nicht verbreitet, nur an einzelnen
Stellen vorkommend. Im Tegel des Wiener Beckens, sehr selten im
Septarienthon.
1) Karrer, Über das Auftreten der Foraminiferen in dem marinen Tegel des Wiener
Beckens; in d. Sitzungsb, d. k. Akad. d. Wissensch. Bd. 44, pag. 24, Taf. 2, Fig. 5.
2) Orbigny, Voy. dans l’Amer. merid. Foraminif. pag. 59. Taf. 7, Fig. 18 — 20.
3) Williamson I. c. pag. 69. Fig. 143. 144.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth, 7
95 Reuss.
Textilaria Defr.
l. T. earinata d’Orb.
d’Orbigny l.e. pag. 247, Taf. 14, Fig. 32—34 — Reuss in d. Denkschr.
d. kais. Akad. d. Wissensch, Bd. 25, pag. 41. — T. lacera Rss. Zeit-
schrift d. deutsch. geol. Ges. 1851. pag. 84. Taf. 6, Fig. 52, 53. —
T. attenuata Rss. in d. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1851. pag. 84,
85, Taf. 6, Fig. 54. — Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch.
Bd. 48, pag. 59. Taf. 7, Fig. 87.
So sehr die extremen Formen der var. attenuata durch das
lange und schmale Gehäuse und die ungesäumten Seitenränder von
den kurzen breiten, am Rande zerschnitten geflügelten Formen der
T. carinata d’Orb. abweichen mögen, so werden beide doch durch
zahlreiche Mittelformen so innig- verknüpft, daß an eine scharfe
Sonderung nicht gedacht werden kann, wie dies schon früher aus-
gesprochen wurde. Ebenso wurde schon auf die nahe Verwandtschaft
der schmalen Formen mit 7. praelonga Rss. aus der oberen Kreide
hingewiesen. |
Die Species, welche in typischer Form und als var. attenuata
häufig im Salzthon angetroffen wird, reicht aus der jetzigen Schöp-
fung bis in das Unteroligoeän hinab.
2. T. Bronniana d’Orb.
d’Orbignyl.e. pag. 244. Taf, 14, Fig. 20 —22.
Sehr selten im Salzthon. Im Leithakalk des Wiener Beckens
und im Oberoligoeän.
3. T. pectinata Rss. (Taf. 3, Fig. 11).
Reuss in d. Denkscehr. d. kais. Akad. d. Wissensch I. pag. 381. Taf. 49,
Fig. 2, 3.
Gemein im Salzthon. Jedoch sind die Kammern nicht ganz so
quer, wie in der eitirten Abbildung. Auch endigt nicht immer jede
Kammer nach ausser in einen Stachel. Überdies wechseln die fast
stets stark zugespitzten Stacheln ungemein in der Größe.
Die Species findet sich überdies im Tegel des Wiener Beckens,
im Schlier von Ottnang und im mitteloligoeänen Septarienthon.
9) Globigerinidea.
Globigerina d’Orb.
1. 61. bulloides d’Orb.
Orbigny. e, pag.-163. Taf. 9, Fig. 4-6. — Orbigny Foraminiferes des
iles Canaries, pag. 132. Taf. 2, Fig. 1-3. — Costa]. e. Il. pag. 246-
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 99
Taf. 21, Fig. 1,2. — Williamson ]. e. pag. 56. Fig. 116—118. —
Parker and Jones on some foraminifera from the eoast of Norway
pag. 19. Taf. 11, Fig. 11, 12. (in ann. of nat. hist. 24 ser. Vol. XIX.)
Häufig im Salzthon, sehr selten im Steinsalz. Überdieß häu-
fig lebend, plioeän, mioeän (im Tegel und Leithakalk des Wiener
Beckens); sehr selten im gypsführenden Mergel von Kathrein bei
Troppau, im Steinsalz von Maros Ujvar in Siebenbürgen, so wie im
Mitteloligoeän.
@Gl. coneinna Rss. t) und @l. diplostoma Rss. ®) sind nichts
als Formen der sehr wandelbaren @/. dulloides, an welcher nicht
immer nur die letzte Kammer nach aussen mündet, sondern oft zwei
oder selbst drei Kammern deutliche Mündungen tragen.
2. 6l. trileba Rss.
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. I]. pag. 374. Taf. 47,
Fig. 11. — Costal.e, Il. pag. 245. Taf. 21, Fig. 4.
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz von Wieliezka und im
Steinsalz von Maros Ujvar in Siebenbürgen. Im Tegel und Leithakalk
des Wiener Beckens, ober-, mittel- und unteroligocän.
Orbulina d’Orb.
1. 0. universa d’Orb. |
d’Orbignyl.e. pag. 22. Taf.1, Fig.5. — Foraminif. de l’ile de Cuba pag. 3.
Taf 1, Fig. 1. — Foramimif. des iles Canaries pag. 122. Taf. 1. Fig. 1.
— Williamson |. ce. pag. 2, Fig. 4. — Carpenter introduet. to the
study of the foraminif. pag. 176. Taf. 12, Fig. 8.
Sehr selten im Salzthon. Lebend, pliocän, miocän (im Tegel
und Leithakalk des Wiener Beckens), sehr selten mitteloligoeän.
Truncatulina (d’Orb.)
I. Tr. lobatula Walk. sp.
d’Orbigny |. e. pag. 168. Taf. 9, Fig. 18—23. — Parker and Jones
deser. of some foraminifera from the coast of Norway pag. 21. Taf. 10.
Fig. 17—21. — Anomalina austriaca d’Orbigny |. e. pag. 172. Taf.
10, Fig. 49.
Anomalina austriaca d’Orb. unterscheidet sich von Tr. loba-
tula nur durch die etwas gewölbte Spiralseite, sowie dadurch, daß
auch auf der Nabelseite die Kammern etwas aus einander zu treten
1) Reuss in d. Denkschr. d. k. Akad. d. Wissensch. I. pag. 373. Taf. 47, Fig. 8.
2) Reussl. c. pag. 373. Taf. 47, Fig. 9, 10; Taf. 48, Fig. 1.
7
100 Reuss.
beginnen und daher im Nabel ein kleiner Theil der inneren Umgänge
sichtbar zu werden beginnt. Es läßt sich aber eine lange Reihe
unmittelbarer Übergangsformen nachweisen, da die angegebenen
Unterschiede nur graduell sind. Auch im Salzthon, wo die Species
überhaupt nicht selten ist, kommen solehe Formen, wenngleich nur
vereinzelt, vor.
Häufig ist die Species in den heutigen Meeren, im Pliocän und
Mioeän (im Tegel und Leithakalk des Wiener Beckens). Sehr selten
begegnet man ihr auch im Oberoligocän.
2. Tr. Ungerana d’Orb.
Rotalia Ungeriana d’Orbignyl. e. pag. 157. Taf. 8, Fig. 16—18.
Kleinere jüngere Exemplare besitzen meistens nur 7 Kammern.
Die Spiralseite ist in der Orbigny’schen Abbildung nicht ganz
richtig dargestellt; die Kammernäthe nehmen einen mehr schrägen
und gebogenen Verlauf.
Die Species ist häufig im Salzthon, im Tegel und Leithakalk des
Wiener Beckens; sie wird überdieß im Septarienthon angetroffen.
3. Tr. Dutemplei d’Orb. sp.
Rotalına Dutemplei d’Orbigny |. e. pag. 157. Taf. 8, Fig. 19—21. —
Rotalia conoidea Czizekl. ce. Il. 1. pag. 145. Taf. 13, Fig. 4—6.
Sie ist einem beträchtlichen Wechsel in der Größe, der Wölbung
der Nabelseite und dem Hervortreten des centralen Buckels der Spiral-
seite unterworfen. Auch die Zahl der Kammern ist veränderlich und
erhebt sich bisweilen bis zu 9—10.
Rot. conoidea Czi2. ist nichts als eine größere, auf der Nabel-
seite höher conische, an dem Umfangsrande scharf, beinahe senkrecht
abgeschnittene Abänderung von Tr. Dutemplei (var. conoidea).
Die Species erscheint nicht selten im Salzthon und Steinsalz
von Wieliezka, sehr selten im Steinsalz von Thorda in Siebenbürgen.
Überdies ist sie häufig im Tegel und Leithakalk des Wiener Beckens,
nicht selten im Septarienthon, sehr selten im Oberoligoeän.
4, Tr. Haidingeri d’Orb. sp.
Rotalia Haidingeri d’Orbigny.e. pag. 154. Taf. 8. Fig. 7—9.
Sehr selten im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk des Wiener
Beckens, im Schlier von Ottnang.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 101
Discorbina Park. et Jon.
1. D. planorbis d’Orb. sp.
Asterigerina planorbis d’Orbignyl. e. pag. 205. Taf. 11, Fig. 1—3.
Häufig im Salzthon und Steinsalz. Im höheren Tegel und Leitha-
kalk des Wiener Beckens, sehr selten im Oligocän vom Ober- bis in
das Unteroligocän hinab.
2. D. stellata Rss. (Taf. 5, Fig. 1).
Die sehr kleine Species ist der vorigen Species sehr verwandt,
aber durch einige Merkmale davon verschieden. Das Gehäuse ist auf
der Spiralseite niedrig konisch, auf der entgegengesetzten flach. Anf
der ersteren unterscheidet man drei rasch an Breite zunehmende
Umgänge, deren letzter nur fünf Kammern zählt, welche auf der
Spiralseite sehr schwach bogenförmig, am äusseren Rande scharf
gekielt und sehr fein punktirt sind, sich schuppenförmig decken und
nur durch zarte durchscheinende Nathlinien begrenzt werden. Auf
der Nabelseite erscheinen sie breit-dreieckig und etwas gröber porös.
In der Mitte dieser Fläche bilden accessorische Zellen einen regel-
mäßigen fünfstrahligen, an der Oberfläche sehr zart gekörnten Stern,
dessen Arme in den Grenzen zweier anstossender Kammern liegen.
Die Mündung befindet sich auf der Unterseite des Gehäuses am Rande
der letzten Kammer zunächst der Nabelgegeid und bildet eine halb-
mondförmige, in der Mitte etwas eingebogene Spalte.
Sehr selten im Salzthon.
3. D. squamula Rss. (Taf. 5, Fig, 2).
Ebenfalls eine sehr kleine, der Gruppe der D. planorbis angehö-
rige Species. Von dieser und der D. sfellata weicht sie hauptsächlich
durch den Mangel der accessorischen Kammern auf der Nabelseite
des Gehäuses ab. Dasselbe ist sehr niedrig konisch, fast schuppen-
förmig mit schmalem scharfem Randsaume. Drei deutliche Umgänge,
der letzte mit fünf Kammern, welche auf der Spiralseite bogenförmig,
auf der Nabelseite etwas schief dreiseitig sind. Auf der ersten sind
die Näthe fein linear, auf der letzteren deutlicher, schwach vertieft.
In der Mitte der Nabelseite bemerkt man eine kleine, sehr seichte
nabelartige Depression. Die Mündung — eine halbmondförmige
Spalte — liegt auf der Unterseite des Gehäuses und ist in der Mitte
gewöhnlich verengert, bisweilen beinahe unterbrochen.
Sehr selten im Salzthon.
102 Reuss.
>
4. D. obtusa d’Orb. sp.
Rosalina obtusa Orbignyl.e. pag. 179. Taf. 11, Fig. 4—6.
Sehr selten im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk des Wiener
Beekens. Sehr vereinzelt im Oberoligocän, häufiger in den oberen
Nummulitensehichten von Oberburg in Steiermark.
5. D. platyomphala Rss. (Taf. 4, Fig. 13).
Sie ist in mancher Beziehung der D. (Rosalina) cerenata
Rss. 1) aus dem Cyprinenthon von Düppelberg in Schleswig-Holstein
ähnlich, unterscheidet sich jedoch wesentlich davon. Das beinahe
kreisförmige Gehäuse ist auf der Spiralseite stark, aber gleichmäßig
gewölbt, in der Mitte der sehr wenig gewölbten Nabelseite aber zu
einem weiten und tiefen Nabel eingesenkt, dessen Grund mit kleinen
Körnern besetzt ist. Auf der Spiralseite sind drei Umgänge sichtbar,
welche nur durch undeutliche Näthe gesondert werden. Im letzten
Umgange zählt man 7—8 Kammern, die auf der Spiralseite eben
und bogenförmig, auf der Nabelseite dagegen schwach gewölbt und
von geraden sehr seichten Näthen begrenzt sind. Die Spiralseite
des Gehäuses ist deutlich porös. Auf der Nabeiseite der Kammern
beobachtet man sehr zarte radiale Fältchen, die fein gekörnt erschei-
nen. In den Zwischenfurchen derselben stehen etwas größere Poren, |
die daher eine reihenweise Anordnung zeigen.
Sehr selten im Steinsalze.
6. D. complanata d’Orb. sp.
Rosalina complanata d’Orbignyl.e. pag. 175. Taf. 10, Fig. 13—15.
Sehr selten im Steinsalz, gewöhnlich mit flacher Spiralseite und
weniger gewölbter letzter Kammer.
Im Tegel und Leithakalk des Wiener Beckens.
7. D. eryptomphala Rss.
Rotalina eryptomphala Reuss in d. Denksehr. d. kais. Akad. d. Wissensch.
I. pag. 371. Taf. 47, Fig. 2.
Sehr selten im Salzthon, im höheren Tegel und Leithakalk des
Wiener Beckens, im Schlier von Ottnang.
8. D. arcuata Rss.
Rosalina arcuata Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. 1.
pag. 372. Taf. 47, Fig. A.
Gemein im Salzthon. Im Tegel von Lapugy in Siebenbürgen.
1) Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. Bd. 18. pag. 243. Taf. 5, Fig. 57.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 1 0 3
Pulvinulina Park. et Jon.
1. P. Haueri d’Orb. sp.
Rotalina Haueri d’Orbignyl. ce. pag. 151. Taf. 7, Fig. 22—24.
Sehr selten im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk des Wiener
Beckens. Sehr selten im Oberoligoeän.
2. P. cordiformis Costa sp. (Taf. 5, Fig. 3.)
alvulina cordiformis Costa. e. Il. pag. 266. Taf. 21, Fig. 10.
Eine von den übrigen Pulvinulina- Arten sehr abweichende
Form, welche in die Gruppe der P. Brongniarti, Haueri u. s. w.
gehört, sich aber am meisten der lebenden Rotalia deformis d’Orb. t)
von den Küsten von Cuba, Martinique und St. Helena nähert.
Das sehr kleine, stark niedergedrückte Gehäuse hat Ähnlichkeit
mit manchen Cristellarien, von denen es sich jedoch durch seine
Ungleiehseitigkeit gleich unterscheidet. Es ist im Umrisse oval, mit
gerundetem Rückenrande und zeigt zwei Spiralumgänge, deren erster
sehr klein ist, der zweite aber sehr rasch an Breite anwächst, so daß
das Gehäuse dadurch sehr schief und unsymmetrisch wird. Der letzte
Umgang besteht aus 7—8 Kammern, von denen die ältesten sehr
klein sind. Die letzte wird auffallend lang, indem sie sich bis zu dem
‘ sehr excentrischen Ausgangspunkt der Spira herabzieht. Die Spiral-
seite des Gehäuses ist nur sehr wenig gewölbt; die Nabelseite bietet
einen sehr excentrischen flachen Nabel dar.
Sehr selten im Salzthon. In den miocänen Tertiärschichten
von Lequile.
3. P. Boueana d’Orb. sp.
Rotalina Boueana d’Orbigny.|. e. pag. 152. Taf. 7, Fig. 23—27. — Rota-
lina concamerata Williamson |, e. pag. 52. Taf. 4, Fig. 101, 102.
Nicht selten im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk des Wiener
Beckens, sehr selten im Ober- und Mitteloligocän. Lebend in den
heutigen Meeren,
4. P. Kalembergensis d’Orb. sp.
Rotalina Kalembergensis d’Orbigny].e. pag. 151. Taf. 7, Fig. 19—21.
Sehr selten ım Steinsalz. Im Leithakalk des Wiener Beckens
und sehr vereinzelt im Oberoligocän.
Orbigny, Foraminiferes de l’ile de Cuba. pag. 75. Taf. 4, Fig. 9—11.
104 Reuss.
>. P. nana Rss,
Rotalina nana Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. I. pag. 37.
Taf. 46, Fig. 23.
Selten im Salzthon und im oberen Tegel des Wiener Beckens
(Grinzing).
6. P. Partschiana d’Orb. sp.
Rotalina Partschiana d’Orbigny |. ce. pag. 153. Taf. 7, Fig. 28 — 30;
Taf. 8, Fig. 1—3.
Gemein im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk des Wiener
Beckens und im gypsführenden Mergel von Kathrein bei Troppau.
Verbreitet im Septarienthon.
h) Rotalidea.
Rotalia (Lam.) Park. et Jon.
1. R. Beccarii L. sp.
Williamson Il. e. pag. 48. Taf. 4, Fig. 90—92. — KRosalina viennensis
d’Orbigny |. e. pag. 177. Taf. 10, Fig. 22?—24. — Rosalina Parkin-
soniana d’Orb. Foraminif. de l’ile de Cuba pag. 99. Taf, 4, Fig. 25 —27.
— Turbinulina tortuosa Fischer sp. Orbigny in ann. des se. nat.
1826. pag. 109. n0 40; Modeles n® 74. — Rosalina Beccarü d’Orb.
Foraminif. de l’ile de Cuba. pag. 100. — Turbinulina corallinarum
d’Orbigny in ann. de sc. nat. 1826. pag. 109. n® 48; Modeles n® 75. —
Rosalina Amaliae Costa l. e. Il. pag. 258. Taf. 21, Fig. 12. — Rosa-
lina radiata Costa |. e. Il. pag. 259. Taf. 21, Fig. 13. — Rosalina
Mackayi Karrer, Die Foraminif. d. tert. Grünsandes der Orakei-Bay in
Auckland in d. Paläontol. v. Neuseeland pag. 82. Taf. 16, Fig. 14.
Die Species wechselt in der Wölbung des Gehäuses ungemein.
Daher dürfte auch Rotalina inflata Seguenza in litt. hierher ge-
hören. Besonders veränderlich ist aber die Beschaffenheit der Kam-
mernäthe auf der Nabelseite. Von denselben zweigen sich bald in
ihrer ganzen Längenerstreckung Querfurchen ab, bald nur in ihrem
innern Theile; bald bedecken diese Querfurchen die gesamte Unter-
seite derKammern, welche dadurch gestreift erscheint (Rosal. radiata
Costa, R. corallinarum d’Orb. u. a.), bald sind sie nur auf die
Nachbarschaft der Näthe selbst beschränkt, bisweilen so kurz, daß
die Nathränder dadurch nur gekerbt erscheinen. An schlechter er-
haltenen fossilen Exemplaren treten diese Verhältnisse weniger deut-
lich hervor.
Nicht selten im Steinsalz. Gemein im Leithakalk, weniger ver-
breitet im Tegel des Wiener Beckens; häufig pliocän und lebend in
den heutigen Meeren.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 105
2. R. Soldanii d’ Orb.
d’Orbigny.e. pag. 155. Taf. 8, Fig. 10—12.
Sehr selten im Salzthon. Im Tegel und Leithakalk des Wiener
Beckens.
i) Polystomellidea.
Nonionina d’Orb.
1. N. Soldanii d’Orb.
Orbigny l. e. pag. 109. Taf. 5, Fig. 15, 16. — Costa. e. II. pag. 205.
Taf. 17, Fig. 11. — N. falx Czizek in Haidinger’s gesamm. natur-
wiss. Abhdlg. II. 1. pag. 142. Taf. 12, Fig. 30, 31.
Gemein im Salzthon, nicht selten im Steinsalz. Verbreitet im
Tegel und Leithakalk, im Pliocän und lebend in den heutigen Meeren.
Selten auch im gypsführenden Mergel von Kathrein bei Troppau.
Überdieß im Ober- und Mitteloligoeän.
N. falx Cziz. ist vollkommen identisch mit der Orbigny-
schen Species, deren Mündung von Orbigny nicht richtig beschrie-
ben und abgebildet erscheint. Da nun Czizek die Beschaffenheit
der Mündung richtig erkannte und dieselbe mit Orbigny’s Angabe
nicht übereinstimmend fand, so glaubte er eine neue Species vor
sich zu haben. Eine genauere Untersuchung zahlreicher Schalen von
den verschiedensten Fundorten zeigt jedoch, daß die Mündung von
N. Soldanü sich nicht auf die Rückengegend des vorangehenden
Umganges beschränkt, keine „courte ouverture en croissant“, sondern
eine lange, fast halbkreisförmige Spalte bildet, deren Seitenflügel
sich weit an den Seitentheilen des vorletzten Umganges, denselben
umfassend, herabziehen. In der Beschaffenheit des Nabels findet kein
constanter irgend erheblicher Unterschied Statt. An großen Exem-
plaren sind die letzten Kammern nicht selten dureh tiefe, sehr schmale
Nathfurchen abgegrenzt.
Nonionina polystoma Costa) ist wohl nichts als eine N. Sol-
danii, deren Mündung durch feine Zwischenbrücken in eine Reihe
von Mündungsporen zerschnitten ist, also den Polystomellencharacter
an sich trägt. Denn man kann die Mündung der Nonioninen durch
Zusammenfliessen einer Reihe von Porenmündungen in eine einzige
Spalte entstanden denken oder umgekehrt. Auch an Wiener Exem-
plaren beobachtet man in der Mündungsspalte bisweilen einzelne
schmale Querbrücken.
1) 1. e. II. pag. 210. Taf. 14, Fig. 10.
106 Reuss.
2. N. perforata d’ Orb.
d’Orbignyl.e. pag. 110. Taf. 5, Fig. 16—18,
Sehr selten im Salzthon. Im Leithakalk des Wiener Beckens.
Vereinzelt im Oberoligoeän.
N. punctata d’Orb. ı) halte ich für nicht verschieden. Im
Umriß des Gehäuses, in der Zahl und Gestalt der Kammern findet
vollkommene Übereinstimmung Statt. An N. perforata sind die die
Schale durchsetzenden Poren keineswegs so groß und wenig zahl-
reich, wie die Abbildung d’Orbigny’s darstellt, sondern dieselbe
stimmt vielmehr auch darin mit N. punetata überein. Ich habe mich
davon auch an Orbigny schen Originalexemplaren überzeugt.
3. N. communis d’ Orb.
d’Orbigny I. e. pag. 106. Taf. 5, Fig. 7, 8. — N. Boucana er:
l. e. pag. 108. Taf. 5, Fig. 11, 12.
Über die Zusammengehörigkeit beider Species, die durch zahl-
reiche Mittelformen verbunden werden, habe ich das Nöthige schon
an einem anderen Orte beigebracht 2).
Die Art, welehe den älteren Namen: N. communis führen muß,
kömmt nur selten im Salzthon und Steinsalz vor. Dagegen ist sie im
Tegel und Leithakalk des Wiener Beckens verbreitet, so wie im
Plioeän und lebend in den heutigen Meeren.
Polystomella Lam.
l. P. erispa Lam.
d’Orbigny.e. pag. 125. Taf. 6, Fig. I—14.
Häufig im Salzthon und Steinsalz von Wieliezka, sehr selten im
Steinsalz von Thorda in Siebenbürgen. Verbreitet im Miocän (im
Tegel und besonders im Leithakalk des Wiener Beckens), im Pliocän
und in den heutigen Meeren. Sehr selten im Mitteloligoeän.
2. P. Fichteliana d’Orb.
d’Orbignyl.e. pag. 125. Taf. 6, Fig, 7, 8.
Sehr selten im Salzthon und Steinsalz. Im Tegel und Leitha-
kalk des Wiener Beckens, so wie sehr selten im gypsführenden Mer-
gel von Kathrein bei Troppau.
1) 1. e. pag. 11. Taf. 5, Fig. 21, 22.
*) Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. Bd. 42, pag. 357; Bd. 30, pag. 45.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 107
k) Nummulitidea.
Amphistegina d’Orb.
1. A. Hauerina d’Orb.
d’Orbignyl. e. pag. 267. Taf. 12. Fig. 3—5.
Sehr selten im Salzthon. In ungeheuerer Menge zusammen-
gehäuft im Leithakalk, besonders in der höheren Amphisteginenzone
desselben, selien im Tegel (häufiger noch im oberen Tegel) des
Wiener Beckens.
Heterostegina d’Orb.
1. H. costata d’Orb.
d’Orbigny.e. pag. 212. Taf. 12, Fig. 15— 16.
Sehr selten im Steinsalz. Häufig im Leithakalk und oberen
Tegel, selten im unteren Tegel des Wiener Beckens.
Ed. ANTHOZOERN.
Ich habe bisher nur eine Species von Anthozoen aus dem stein-
salzführenden Gebilde von Wieliczka kennen gelernt. Sie gehört der
Familie der Turbinoliden aus der Abtheilung der Anthozoen mit un-
durekbohrten Wandungen an, und zwar der Gruppe der Caryophyl-
liden. Nie habe ich sie im Salzthone gefunden, sondern stets im festen
körnigen, bisweilen fast durchsichtigen Spizasalze. So häufig sie
darin auftritt, so gelang es mir doch nie, ein wohlerhaltenes Exem-
plar anzutreffen. Sie waren sämtlich verdrückt, woran wohl die
während desKrystallisirens der Salzmasse stattfindenden Bewegungen
grossentheils die Schuld tragen dürften.
Caryophyllia Stokes.
l. €. salinaria Rss. (Taf. 5, Fig. 6—9.)
Cyathina salinaria Reuss d. foss. Polyp. d. Wiener Beckens in Haidin-
ger’s gesamm. naturwiss. Abhdlg. II. pag. 15. Taf. 2. Fig. 1—4.
Sie liegt im Spizasalze der Kammer Hrdina in einer Tiefe von
etwa 97 Kiaftern in Begleitung von Coniferenzapfen, kleinen Mol-
lusken und zahlreichen Foraminiferen. Ihr Inneres ist mit Steinsalz
erfüllt, welches durch sein Krystallisiren die zerbrechlichen Septal-
lamellen stets zertrümmert und vielfach verschoben hat. Bei dem
gänzlichen Mangel wohlerhaltener Sternzellen führte mich nur die
Untersuchung mehrerer Verticalschnitte zur endlichen Feststellung
der Gattung.
108 Reuss.
Das größte beobachtete Exemplar besitzt 4 Zoll Länge bei etwa
1:25—1:5 Zoll Dieke am oberen Ende. Das kalkige Gerüste ist ver-
längert kreisel-keulenförmig, oft verbogen, im unteren Theile walzig,
im oberen gewöhnlich sehr breit-elliptisch im Querschnitte. Eine
größere Verschiedenheit der Queraxen bildet sich nur als Folge
mechanischer Compression hervor. Die Schale verschmälert sich nach
unten nur sehr allmälıg oder sie zieht sich am unteren Ende des
oberen Drittheils oder in wenig tieferem Niveau rasch etwas zu-
sammen, so daß vom Körper gleichsam ein mehr weniger langer,
sich nur langsam verdünnender Stiel sich abgrenzt. Stets aber war
das untere Ende mit einer ziemlich breiten Fläche aufgewachsen.
Die sehr breit-elliptische Sternzelle ist ziemlich tief. An er-
wachsenen Exemplaren zählt man gewöhnlich 72 Septallamellen, —
5 Cyelen, von denen jedoch der letzte nur zur Hälfte entwickelt er-
scheint. Von den Lamellen reichen 18 — die ersten zwei Cyclen und
die Hälfte des dritten —, gleichmäßig entwickelt, bis zur Sternaxe.
Zwischen zwei derselben liegen beinahe stets je drei kleinere, deren
mittlere bis über die Mitte der Sternhöhlung hineinreichen, die beiden
seitlichen aber sehr dünn und kurz sind. Auf den Seitenflächen zeigen
sie durchgehends ungleiche feine bogenförmige, gegen die Axe herab-
gebogene Linien, welche dem oberen bogenförmigen freien Rande
der Lamellen parallel laufen. Die darauf vorhandenen Höckerchen
sind aber sehr klein und flach, regellos zerstreut und stehen sehr
weit von einander ab.
Vor den Radiallamellen mittlerer Größe — also vor der Hälfte
des dritten und des vierten Cyelus — stehen breite dünne, oben
bogenförmige Kronenblättchen, gewöhnlich 15 an der Zahl, deren
Seitenflächen in ihrer Beschaffenheit mit jenen der Septallamellen
übereinstimmen. Im unteren Theile wird ihre Abgrenzung von diesen
durch einzelne in einer Vertiealreihe stehende kleine runde Löcher
angedeutet; im oberen sind sie durch einen tiefen Einschnitt davon
getrennt.
Die Axe der Sternzelle besteht, wie man sieh an in senkrechter
Richtung zerbrochenen Exemplaren überzeugt, aus ziemlich dicken
unregelmäßig gewundenen Säulchen, die durch ebenso regellose
Trabekeln untereinander und mit dem Septalapparate zusammen-
hängen. Daher zeigen Querschnitte, die durch den unteren Theil des
Gehäuses gelegt sind, eine anscheinend grob-spongiöse Axe. Die Zahl
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 109
der vorhandenen Columellarsäulchen bin ich jedoch wegen des sehr
unvollkommenen Erhaltungszustandes der Sternzellen nicht im Stande
anzugeben. |
Die Beschaffenheit der Außenwand wechselt an verschiedenen
Exemplaren sehr. Doch stets ist der untere Theil derselben ganz
glatt. Im oberen Theile beobachtet man bisweilen 18 scharfrückige
dachförmig abschüssige, ziemlich hohe, weit von einander abstehende
Längsrippen, welche je drei viel® flachere und stumpfere Rippen
zwischen sich aufnehmen, die nicht selten eine Reihe unregelmäßiger
kleiner Körner tragen. In den Zwischenrinnen dieser letztgenannten
Rippen läuft noch je ein erhabener Streifen herab. Nach abwärts
verflachen sich sämtliche Rippen allmählig und verschwinden end-
lich ganz.
Oft sind jedoch die scharfen Rippen nur auf einen kleinen, dem
Sternrande zunächst gelegenen Theil der Wandung beschränkt. Im
tieferen Theile treten nur 18 flache Rippchen hervor, deren breite
seichte Zwischenrinnen nur senkrechte Streifen darbieten. Zuweilen
sind diese Rippen etwas knotig.
JEI. KCHENODERMEN.
Die im Steinsalze und Salzthone gefundenen Echinodermenreste
beschränken sich auf Bruchstücke von Stacheln, die ich hier nur kurz
namhaft machen will, ohne den Versuch zu wagen, sie bestimmten
Gattungen oder gar Arten zuweisen zu wollen, — ein Versuch, der
bei dem Abgange aller anderen characteristischen Theile und bei dem
sehr fragmentären Vorkommen der Stacheln selbst sehr gewagt wäre
und zu keinem sicheren Resultate führen könnte.
Am häufigsten sind Fragmente von Stacheln, die mit den von
Eiehwald!) dem Spatangus Desmaresti v. M. zugewiesenen
Stacheln von Zukowce übereinstimmen mögen. Einem Spatangus
dürften sie wohl angehören, um so mehr, als in ihrer Gesellschaft
auch ein Schalenstück der Unterseite, 7 Millim. breit und 4°5 Millim.
lang, mit größeren und kleineren Warzen und reihenweise stehenden
sehr feinen Körnchen besetzt, gefunden wurde. Über die Identität
der polnischen Reste mit dem obereocänen Sp. Desmaresti von
1) Eichwald, Lethaea rossica Ill, pag. 46. T. 3, Fig. 3.
110 Reuss.
Osnabrück t) hat aber schon Desor?) seinen Zweifel ausge-
sprochen.
Die Stacheln sind dünn und nehmen nach oben nur sehr langsam
an Dieke ab. Bei dem Mangel eines vollständigen Exemplares läßt
sich über ihre Totallänge kein Ausspruch thun. Ihre Oberfläche ist
mit Längsrippen bedeckt, die durch doppelt schmälere Furchen ge-
schieden werden. An nicht sehr abgeriebenen Exemplaren beobachtet
man, daß diese Längsrippen sehı* fein und seicht gekerbt sind. Der
deutlich vorspringende Kragen ist schärfer gekerbt. Der unter dem-
selben befindliche kurze eylindrische Basalttheil des Stachels er-
scheint, bei schwacher Vergrößerung untersucht, glatt, unter dem
Mikroskop aber fein und unregelmäßig gekörnt.
Viel seltener begegnet man Bruchstücken anderer Stacheln, die
aber noch mangelhafter sind, als jene der vorigen Species, indem
ihnen das Gelenksende stets fehlt. Sie sind auch dünner und schlan-
ker, verschmälern sich nach oben nur wenig und endigen dort stumpf.
Stets sind sie schwach zusammengedrückt, so daß ihr Querschnitt
eine breite Ellipse darstellt. Die Oberfläche ist mit vertieften Längs-
streifen bedeckt, wodurch sie in aneinander gedrängte Rippen mit
ebenem Rücken getheilt wird, die zahlreicher und feiner sind als bei
der vorigen Species. Von einer Körnung derselben ist nichts wahr-
zunehmen.
Von einer dritten Art von Stacheln liegen nur wenige Bruch-
stücke vor. Sie sind sehr klein und schlank, in ihrer gesamten
Länge gleich dick, fein längsgestreift und schwach gekrümmt. Der
Kragen ragt an ihnen scharf hervor.
Endlich liegt noch ein Basalbruchstück vor, das einer vierten
Species angehören dürfte. Der Kragen bildet daran eine sehr starke
und scharfe, etwas schräg kreisförmige Hervorragung. Der übrige
Theil ist sehr dünn, gerade, eylindrisch und zart längsgefurcht.
IV. ANNELEDEN.
Die gefundenen Fossilreste aus dieser Thierelasse beschränken
sich auf Fragmente einer stielrunden, regellos zusammengeknäuelten,
schwach ringförmig gestreiften Serpula, welche mit der $. gordialis
1) Goldfuss, Petrefacta Germaniae 1. pag. 153. T. A7, Fig. A.
?) Desor, Synopsis des echinides foss. pag. 421.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 111
Scehloth. sp. Ähnlichkeit besitzt. Eine genauere Bestimmung ist
nicht durchführbar. Die seltenen Bruchstücke wurden aus dem Stein-
salze ausgewaschen.
VW. BRYOZOEN.
A. Chilostomata.-
1. Articulata.
a) Cellularidea.
Canda Lam.
1. C. granulifera Rss. sp.
d’Orbigny paleontol. frans. Terr. eretac. V. pag. 332. — Bactridium
granuliferum Rss. d. foss. Polyp. d. Wiener Tertiärbeekens pag. 56.
Taf. 9, Fig. 6. — Bicellaria granulifera Rss. in d. Zeitschr. d. deutsch.
geol. Ges. 1851. pag. 165.
Im-Salzthone von Wieliezka fand ich nur einzelne Bruchstücke
dieser schönen Species. Sie bildet zarte zusammengedrückte gabel-
ästige Stämmchen, an denen die oval-rhomboidalen, im untern Theile
nur wenig zusammengezogenen Zellen in zwei alternirenden Längs-
reihen stehen und auf beiden Seiten der Stämmehen durch schmale
aber deutliche Furchen gesondert werden. Die auf der Vorderseite
liegenden Mündungen sind groß, elliptisch, am unteren Ende bis-
weilen abgestutzt, von einem breiten etwas erhabenen, nach innen
abschüssigen Rande umgeben. Sein unterer Theil verbreitert sich bis-
weilen und stutzt dann die Mündung mehr oder weniger deutlich ab.
Am obern äußeren Ende des Randes sitzt eine große körnige Hervor-
ragung, welche zur Bildung eines winkligen Vorsprunges Veranlassung
gibt. Andere kleine Körner (2— 3) beobachtet man auf der oberen
und inneren Seite des Randes.
Auf der Rückenseite der Stämmehen sitzt im oberen äußeren
Winkel jeder Zelle ein conischer Vibracularhöcker, der an der Spitze
von einer länglichen Öffnung durehbohrt ist.
Die Schalenoberfläche läßt bei starker a zarte
Körnehen und Poren erkennen.
Ich fand diese Species bisher bei Nußdorf, Enzersdorf, Steina-
brunn, Kostel, Grossing, Eisenstadt, Mörbisch, Rust, also durch-
gehends im Leithakalk; überdieß5 in gleichem Niveau bei Miechowitz
in Oberschlesien, so wie auch bei Castellarquato.
112 Reuss.
b) Salicornaridea.
Salicornaria Cuv.
l. S. marginata Goldf. sp,
Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 50. Zur Fauna
des deutschen Oberoligoeäns Il. pag. 16. Taf. 14, Fig. 9. — Glauco-
nome marginata Goldfuss Petref. Germ. I. pag. 100. Taf. 36, Fig. 5.
— NVineularia Reussi et V. submarginata d’Orb. Paleont. frang. Terr.
eretae. V. pag. 60.
Diese von S. crassa Busk ans dem englischen Crag kaum ver-
schiedene Species findet man im Steinsalz in sehr zahlreichen Bruch-
stücken. Im Salzthon kömmt sie nur selten vor. In den Mioeän-
schichten des österreichischen Tertiärbeckens, besonders in den
bryozoenreichen Schichten des Leithakalkes ist sie weit verbreitet
(Nußdorf, Enzersdorf, Eisenstadt, Niederleis, Mörbisch, Steina-
brunn u. s. w.). Überdies bei Castellarquato, bei Miechowitz in
Oberschlesien, auf der Insel Rhodus; seltener im Ober- und Mittel-
oligoeän.
2. S. rhombifera Goldf. sp.
Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 50. II. pag. 15.
Taf. 14, Fig. 7. 8, 40. — Glauconome rhombifera Goldfuss petref.
Germ. 1. pag. 100. Taf. 36, Fig. 6. — Vincularia rhombifera d’Or-
bigny, Prodr. d. paleont. stratigr. II. pag. 396. no. 1159. — Eich-
wald Leth. ross. III. pag. 36. Taf. 2, Fig. 27.
Seltener als die vorige Art. Auch verbreitet im österreichischen
Miocänbecken, bei Zukowce in Polen, bei Castellarquato, auf der
Insel Rhodus, im Ober- und Mitteloligoeän.
Gellaria Ell. et Soll.
l. €. Michelini Rss.
Reuss d. Polyp. d. Wiener Tertiärbeek. pag. 61. Taf. 8, Fig. 1, 2. —
Stoliezka, Foss. Bryoz. aus d. tert. Grünsandst. d. Orakei-Bucht bei
Auckland. pag. 146. — C. fragilis Michelin, Ieconogr. zoophyt. pag.
175. Taf. 46, Fig. 21. non Defrancee. — Vincularia Michelin d’Or-
bigny, Paleont. frane. Terr. eret. V. pag. 59.
Diese Species stimmt wahrscheinlich mit der lebenden €. cereoi-
des Ell. et Sol. ı) überein, deren Namen sie, sobald die Identität
mit völliger Sicherheit nachgewiesen sein wird, führen muß.
1) Corall. 1787, pag. 26. Fig. b. B.C. D. E.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 1 13
An den jüngeren Stämmchen ist die Mündung röhrenförmig vor-
gezogen und nach außen gebogen, an den älteren dagegen nur von
einem ringförmigen Rande umgeben. Dadurch verliert die von Busk.,
der den alten wohlbegründeten Gattungsnamen Cellaria ganz besei-
tigt, vorgenommene Trennung in Onchopora und Tubucellaria allen
Halt. Unterhalb der Mündung steht am oberen Theile des Zellen-
bauches fast stets eine größere Nebenpore.
Die Species ist im österreichischen Tertiärbecken weit ver-
breitet. Man findet sie bei Nußdorf, Eisenstadt, Rust, Mörbisch,
Kostel, Garschenthal, Wurzing, St. Nikolai, Großing u. s. w., also
überall im Leithakalk; ferner bei Asti, Castellarquato, Pisa u. dgl.,
sehr selten im Unteroligocän. Im Steinsalze von Wieliezka habe ich
nur sehr vereinzelte Bruchstücke angetroffen.
2 Tmartreulautı
a) Inerustantia.
«) Membraniporidea,
Lepralia Johnst.
l. L. Heckeli Rss.
Cellepora Heckeli Reuss 1. e. pag. 85. Taf. 10, Fig. 10. — Reptoporellina
Heckeli d’Orbigny paleont. frane. Terr. eretac. V. pag. 447.
Seltene kleine abgeriebene Bruchstücke im Steinsalz. Im oberen
Tegel des Wiener Beckens (Grinzing).
ß) Celleporidea.
Celleporaria Lamx.
l. €. globularis Bronn.
Cellepora globularis Bronn. Ital. Reise II. pag. 694. — Lethaea geognost.
dritte Aufl. III. pag. 265. Taf. 35, Fig. 15. — Reuss I. e. pag. 76.
Taf. 9, Fig. 11—14. — Stoliezka |. e. pag. 140. Taf. 20, Fig. 6. —
Reptocelleporaria globularis d’Orbigny Paleont. frang. Terr. ceret. V.
pag. 422.
Kleine Knollen im Steinsalze. Überall im Tegel und Leithakalk
des Wiener Beckens verbreitet. Häufig miocän, pliocän und lebend.
Selbst im unteren Oligoeän.
Unter dem Namen C. globularis sind ohne Zweifel verschiedene
Species zusammengefaßt und eine sorgfältige Revision ist unerläßlieh.
Vor Allem müssen die von mir ]. e. T. 9, Fig. 15 abgebildeten ästi-
gen Formen davon geschieden werden, Der schlechte Erhaltungs-
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 6)
114 Reuss.
zustand der stets abgeriebenen Wieliezkaer Exemplare erlaubt es
jedoch nicht, zu bestimmen, welcher Art sie mit Gewißheit ange-
hören. Ich habe sie daher noch mit obigem bisher allgemein ge-
brauchten Namen bezeichnet. In eine schärfere Sichtung werde
ich an einem anderen Orte einzugehen Gelegenheit finden.
5) Dendroideae.
a) Escharidea.
Eschara Ray.
l. E. undulata Rss.
Reussl. ce. pag. 68. Taf. 8, Fig. 24.
Nieht selten im Steinsalze. Im Leithakalke (Eisenstadt, Nuß-
dorf, Kostel u. s. w.).
2. E. polymorpha Rss.
Reuss in d. Denkschr. d. kais. Akad, d. Wissensch. Bd. 25, pag. 66. Taf.
8, Fig. 8—10.
Die vorliegenden kleinen Bruchstücke aus dem Steinsalze stimmen
vollkommen mit der I. c. Taf. 8, Fig. 9 dargestellten mitteloligocänen
Form überein. Andere Formen finden sich im miocänen Leithakalke
verschiedener Loecalitäten nicht selten. Es ist wahrscheinlich, daß
auch E. polystomella Rss. 1), die aber nicht vollkommen treu abge-
bildet ist, in den Formenkreis dieser ohnedief sehr vielgestaltigen
Species gehört.
3. E. Grotriani Rss.
Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 50, pag. 43.
Taf. 12, Fig. 3. — Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25,
pag. 66. Taf. 6, Fig. 1.
Aus dem Steinsalz wurde ein wohlerhaltenes Bruchstück ausge-
waschen. Die Species kömmt häufig im Mitteloligocän von Söllingen,
sehr selten im Oberoligocän vor. Im Miocän war sie bisher noch nicht
beobachtet worden.
Hemieschara (Hemeschara Busk. pars.)
In meiner 1847 publieirten Beschreibung der fossilen Poly-
parien des Wiener Tertiärbeckens habe ich unter dem Defrance'-
schen Gattungsnamen Vaginipora mehrere von einander sehr ab-
1) Reuss d. Polyp. d. Wien. Tertiärbeckens pag. 70. T. 8. Fig. 27, 28.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 1 15
weichende Bryozoenreste vereinigt. Dieser Vorgang kann schon deß-
halb nicht gebilligt werden, weil VYaginipora Defr. eine völlig un-
klare und unhaltbare Sippe ist. Meiner Ansicht nach wird man die-
selbe ebenfalls der Gattung Hemieschara beizählen müssen, da der
innere Cylinder mit dem äußeren gar nieht zusammenhängt und in
keiner näheren Beziehung steht, sondern eben nur zufällig darin
steckt. Es ist jedenfalls am gerathensten, von der Defrance schen
Gattung, die auf zwei nur zufällig nebeneinander befindliche fossile
Körper gegründet ist, für die Zukunft ganz abzusehen.
Aber abgesehen davon, sind die von mir l. e. unter Vaginipora
vereinigten fossilen Reste von sehr verschiedener Natur. So ist z. B.
V. polystigma Rss. !) ohne allen Zweifel identisch mit dem in den
oligocänen, besonders in den oberoligocänen Schichten Deutschlands
so verbreiteten Myriozoum punctatum Phil. sp. ?).
V. texturata, geminipora und fissurella Rss. dagegen gehören
in jene Gruppe von Arten, die Busk unter dem allgemeinen Namen
Hemeschara zusammenfaßt.
Aber auch in Beziehung auf diese herrscht in den bisherigen
bryozologischen Schriften eine heillose Unordnung, die nur durch
eine wiederholte genaue Untersuchung der zahlreichen fossilen und
der weit spärlicheren lebenden Arten ihre genügende Lösung finden
kann. Eine sehr große Anzahl der schönsten Formen hat Orbigny
in seiner Pal&ontologie francaise (Terr. eretae.) beschrieben, die-
selben aber zugleich in eine Menge wenig scharf geschiedener Gat-
tungen zersplittert, welche nicht beibehalten werden können.
Im Allgemeinen kommen alle diese Körper darin überein, daß
sie einschichtige Zellenausbreitungen darstellen, welche aber nicht
mit ihrer ganzen Rückenseite auf anderen Körpern aufgewachsen,
daher nicht inerustirend sind, sondern, nur mit ihrer Basis angeheftet,
mit dem übrigen Theile sich frei erheben, entweder blättrig-lappige
oder baumförmig-ästige Formen bildend. Besonders bei den letzten
laufen die Blätter oft kreisförmig in sich selbst zurück und stellen
dann hohle Cylinder dar, welche sich nieht selten baumförmig ver-
zweigen. Dergleichen sind Semieschara eylindrica und arborea
1) L. ce. pag. 73. Taf. 9, Fig. 2.
®) Reuss in den Sitzungsber. der kais. Akad. der Wissensch. Bd. 50. II. pag. 50.
Taf. 9, Fig. 2.
8»
116 Reuss.
d’Orb. !) u. a. m. Zu ihnen dürfte auch Siphonella v. Hag. ?)
zu rechnen sein.
Die Hemiescharen sind daher gleiehsam als freie in die Höhe
wachsende Lepralien und Membraniporen oder als einschiehtige
Escharen und Biflustren anzusehen und verhalten sich zu diesen
gerade so, wie Diastopora zu den inerustirenden Berenicea - Arten
einerseits und den zweischichtigen Mesenteriporen anderseits. Selbst
die zu hohlen Röhren zusammengerollten Arten finden in der gleich-
artig gebildeten Diastopora Lamourouzi, Waltoni u. a. ihre Wieder-
holung.
So klar im Ganzen die Stellung und Bedeutung von Hemieschara
ist, so groß werden dagegen die Schwierigkeiten, welche sich erhe-
ben, wenn man in eine schärfere Gruppirung der so vielgestaltigen
hierher gehörigen Formen eingehen will. Es sind dieselben, welche
bisher eine allen Anforderungen genügende Unterabtheilung der
Gattung Eschara vereitelt haben. Deßhalb kann auch die der Zer-
splitterung der Escharen entsprechende Eintheilung der Hemiescharen,
wie sie d’ Orbigny gibt, nicht gebilligt werden. Seine Gattungen
Semieschara (]. e. V. pag. 364), Semiescharella (]. e. pag. 462),
Semiescharellina (].e. pag. 449), Semiescharinella (l. e. pag. 427),
Semiescharipora (l. e. pag. 479), Semiporina (]. e. pag. 489),
Flustrellaria (]. e. pag. 515), Semiflustrella (]. e. pag. 565) und
Semiflustrina (}. e. pag. 576) können, da sie größtentheils auf
unwesentlichen Unterscheidungsmerkmalen beruhen und nicht scharf
von einander geschieden sind, nicht beibehalten werden.
Stoliezka3) scheint, wiewohl er bei der Unterabtheilung der
Escharen beinahe ganz den Orbigny schen Grundsätzen huldigt,
dies doch bei Hemieschara nicht zu thun. Er unterscheidet nämlich
in dieser Gattung nach dem Vorgange von Busk#) nur zwei Gruppen,
deren eine der Gattung Membranipora, die andere der Gattung Le-
pralia unter den incrustirenden chilostomen Bryozoen entspricht.
Erstere besitzt Zellen, die im größten Theile ihres Umfanges geöffnet
und mit einem erhabenen Rande eingefaßt sind (Membraniporen-
1) L.e T. 710. Fig. 1—3 und 4, 5.
2) v. Hagenow, Die Bryozoen d. Maastrichter Kreidebildung, pag. 83.
%) Foss. Bryoz. aus d. tert. Grünsandst. d. Orakei-Bai b. Auckland pag. 127.
4) The Crag Polyzoa in Paleontograph. Soc. f. 1857, pag. 77.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 117
Zellen), während die Zellen der anderen eonvex und bis auf die
Mündung durch eine Kalkwand geschlossen sind (Lepralien-Zellen).
Es ist dies auch die einzige naturgemäß durchführbare Eintheilung.
In Betreff der Benennung dieser zwei Abtheilungen aber scheint
Stoliezka weniger consequent zu verfahren. Er betrachtet Semie-
scharıpora d’Orb., welche durchgehends Formen mit krugförmigen
Lepralienzellen umfaßt, als synonym mit Hemeschara Busk, was
sehon aus dem Grunde nicht gelten kann, weil Busk darunter
sämtliche freiwachsende einschichtige blättrigästige Formen versteht
ohne Unterschied der Zellenbeschaffenheit. Will man aber jede
dieser beiden Gruppen als gesonderte Gattungen mit eigenen Namen
belegen, so kann Escharipora d’Orb. wieder nicht als Bezeichnung
für die Gruppe mit krugförmigen Zellen gewählt werden, da auch die
Orbigny’schen Sippen Semiporina und selbst Semieschara einzelne
derselben umfassen. Stoliezka zählt aber zu Escharipora Arten,
die gemäß seiner eigenen Diagnose nicht dazu, ja überhaupt nicht
zu Semieschara gerechnet werden können. Beide von ihm aus den
Tertiärschichten der Orakei-Bucht bei Auckland beschriebenen Arten
(S. porosa und marginata Stol. 1) haben eine dieke poröse Rücken-
wand, wie z. B. Crisina, Hornera u. a., was sich mit den Charac-
teren von Semieschara nicht verträgt.
Noch weniger kann Semieschara d’Orb. als generische Bezeich-
nung für die Arten mit Membraniporenzellen gelten, da auch Flustrel-
laria, Semiflustrella, Semiflustrina u.s. w. hieher gehörige Formen
umfassen. Man müßte daher, um eine solche Bezeichnung annehmbar
zu machen, den Orbigny schen Namen Begriffe von ganz anderem
Umfange unterlegen und eine völlige Änderung der Diagnosen vor-
nehmen, was aber wieder eine Quelle weiterer Verwirrung werden
kann. Es bleibt jedoch der Consequenz wegen nichts anderes übrig,
da man bei entgegengesetztem Verfahren auch Membranipora und
Lepralia zu vereinigen genöthigt wäre. Ich bezeichne daher, um
nicht die Synonymie mit neuen Namen zu belasten, die Gruppe mit
krugförmigen Zellen mit dem Gattungsnamen Hemieschara, während
ich die Formen mit weit geöffneten Zellen — entsprechend der
Gattung Membranipora — unter Flustrellaria zusammenfaße, deren
Umfang daher erweitert werden muß.
1) L. c. pag. 128, 129. T. 19, Fig. 10—14.
118 Reuss,
l. H. geminipora Rss.
Vaginipora geminipora Reuss |. e. pag. 74. Taf. 9, Fig. 3, 4 — Semipo-
porina geminipora d’Orbigny Pal. frang. Terr. eret. V. pag. 440.
Sie bildet gabelästige, hohle, eylindrische Stämmchen bis zu
3—4#"' Dicke. Die wenig gewölbten, mitunter ganz flachen, durch
schmale seichte Furchen geschiedenen Zellen stehen in ziemlich
regelmäßigen schrägen Reihen. Bisweilen werden sie jedoch sehr
unregelmäßig. Am obern Ende steht die ziemlich große, runde, am
Unterrande sich in eine Spalte verlängernde Öffnung, in deren Um-
sebung die Zelle am gewölbtesten zu sein pflegt. Bald die rechte,
bald die linke Seite der hinteren Zellenhälfte breitet sich in einen
kleinen gerundeten Lappen aus, der eine kleine rundliche Avieular-
pore trägt. An wohlerhaltenen Exemplaren sieht man sowohl diese,
als die Mündung mit einem dünnen scharfen Rande umgeben.
Doch fehlt an manchen Zellen der Seitenlappen samt den
Nebenporen gänzlich. Die Oberfläche der Zellenwand ist von feinen
regellos gestellten Poren durchstochen.
In diesen Merkmalen stimmt unsere Species mit den generischen
Characteren von Hemieschara vollkommen überein. Sie besitzt aber
ein Merkmal, das an keiner der sämtlichen beschriebenen Arten hervor-
gehoben wird. Auf der Rückenseite der Zellenschichte beobachtet
man nämlich nicht nur, gleichwie bei allen Hemiescharen, die durch
schmale Furchen angedeuteten Grenzlinien der einzelnen Zellen,
sondern die glatte ebene Rückenwand jeder Zelle trägt noch beiläufig
in der Mitte eine ziemlich große rundliche oder elliptische, von einem
etwas verdickten Rande umgebene Öffnung, dureh welehe mithin das
Zelleninnere mit der gemeinschaftlichen Centralhöhlung des Stämm-
chens eommunieirt. In wiefern dieser besondere Bau etwa mit dem
Hervorsprießen und dem Aufbau neuer Zellen in Zusammenhang zu
bringen sei, müssen weitere Beobachtungen lehren. Denn es ist kaum
wahrscheinlich, daß dasselbe, wie Orbigny |. c. pag. 365 bei
Semieschara lamellosa beschreibt, vermittelst einer vorgeschobenen
eigenthümlichen Germinalplatte geschehe. Diese Annahme wird schon
dadurch sehr unwahrscheinlich gemacht, daß die einzelnen Zellen
sich leicht von einander trennen lassen: nicht nur der Länge, sondern
auch der Quere nach. Auch ist dieselbe zur Erklärung des Fort-
wachsens der Colonie durch Ansatz neuer Zellen überflüßig, da bei
Hemieschara, gleichwie bei Lepralia, Biflustra, Eschara u. s. w.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 1 1 0)
an jeder Zelle deutliche Sprossencanäle wahrgenommen werden,
durch welche dieselbe mit den Nachbarzellen in Verbindung steht,
gewöhnlich je ein Canal für jede der umgebenden Zellen.
Man findet die Species im Steinsalz nur in sehr seltenen,
meistens sehr abgeriebenen kleinen Bruchstücken. Übrigens trifft
man sie im Leithakalk von Eisenstadt, Mörbisch, Nußdorf und
Grossing, sowie von Miechowitz in Oberschlesien.
Flustrellaria (d’Orb.)
I. Fl. texturata Rss. sp.
d’Orbigny Paleontol. frang. Terr. eretac. V. pag. 515. — Vaginipora
texturata Reuss. ]. ce. pag. 73. Taf. 9, Fig. 1.
Diese Species gehört in die zweite Gruppe der Hemiescharen
in weitestem Sinne, welche der Gattung Membranipora unter den
inerustirenden chilostomen Bryozoen entspricht und daher durch
umrandete, in weitem Umfange geöffnete Zellen characterisirt wird.
Auf die Gegenwart oder Abwesenheit der Avicular- oder Vibracular-
poren wird dabei keine Rücksicht genommen. Es wird daher der
Gattung Flustrellaria hier ein viel weiterer Umfang beigelegt, als von
Orbigny, der nur die Formen ohne alle accessorische Poren darin
zusammenfaßt, während er die mit verschiedenartigen Nebenporen
versehenen Arten den Gattungen Semiflustrella und Semiflustrina
zutheilt. Bei der Wandelbarkeit der letztgenannten Merkmale selbst
innerhalb einer und derselben Zellencolonie ist es nicht möglich, die
genannten Sippen scharf zu sondern. Ich fasse sie daher sämtlich
in der Gattung Flustrellaria zusammen.
Die in Rede stehende Species bildet hohle, gewöhnlich eylin-
drische Röhren von verschiedenem, aber 3—4 Millim. nicht über-
steigendem Durchmesser. Dieselben lassen auf der Aussenseite 8S— 20
regelmäßig alternirende Längsreihen von Zellen wahrnehmen, die
sich nach oben hin durch Einsetzen neuer vermehren. Die Zellen
sind länglich hexagonal und durch sehr zarte Furchen von einander
abgegrenzt. Den größten Theil ihres Umfanges nimmt eine große
centrale, mehr weniger lang elliptische Mündung ein. Der schmälere,
die Mündungen trennende Rand ist nach innen hin abschüssig.
Die innere Fläche der Cylinder (die Rückenfläche der Zellen)
läßt feine aber deutliche Furchen, die Abgrenzungen der einzelnen
Zellen, wahrnehmen, ist aber im ganzen Umfange geschlossen. Die
120 Reuss.
eigenthümliehen Öffnungen, die bei Hemieschara geminipora Rss. in
der Hinterwand der Zellen vorhanden sind, fehlen ihnen. Zuweilen
sind die röhrenförmigen Zelleneolonien zusammengedrückt, selbst
so stark, daß die centrale Höhlung verschwindet und zwei mit dem
Rücken sich berührende Zellensehichten wahrnehmbar werden.
Solche Partien tragen die Charactere einer Biflustra an sich. Immer
findet dies aber nur an einzelnen Stellen besonders der jüngeren
Zweige Statt, wie wir dies auch an den überhaupt analoge Form-
entwicklung zeigenden Diastoporen beobachten.
oO. Vincularidea.
Vineularia Detr.
l. V. tetragona Goldf. sp.
Glauconome tetragona Goldfuss I. pag. 100. Taf. 36, Fig. 7.
Die Goldfuss’sche Species wurde schon von Blainville )
und später von Orbigny ?) mit V. fragilis Defr. aus dem eocänen
Grobkalk von Grignon und Parnes für identisch erklärt. Aber ich
halte diese Identität keineswegs für erwiesen. Die Abbildungen von
V. fragilis >) sind zu wenig genau, als dal man daraus mit Bestimmt-
®heit zu erkennen vermöchte, welche Species Defrance ursprünglich
mit dem Namen V. fragilis bezeichnen wollte. Blainville deutet
sogar an, daß dieselbe nur auf einer abgelösten einzelnen Zelienreihe
einer Flustra? beruhen könne, da er inDefrance’s Sammlung ein
zweireihiges Exemplar sah. Dies würde sich nur durch Untersuchung
der Originalexemplare entscheiden lassen. Bei Grignon und Par-
nes kommen zwar nicht selten Bruchstücke einer vierkantigen Vin-
cularia vor, die sieh aber in manchen Details von der Goldfuss’
schen Species aus den Tertiärschichten von Osnabrück unterscheidet.
Da aber die Wieliezkaer Fragmente damit vollkommen übereinstim-
men, so halte ich mich für berechtigt, für dieselben den Goldfuss’-
schen Namen beizubehalten.
Die Stämmchen sind schlank, im Querschnitte quadratisch, so
dafs auf jeder Seitenfläche nur eine Längsreihe von Zellen steht,
wobei die benachbarten Reihen mit einander regelmäßig alterniren.
1) Manuel d’actinologie pag. A5A. ,
*) Prodröme de paleont. strat. II. pag. 396. Nr. 1156.
®) Diet. des se. nat. Vol. 58. pag. 214; Atlas zoophytol. T. 45, Fig. 3 und daraus in
Blainville I. e. T. 67, Fig. 3.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 121
Die einzelnen Zellen sind hexagonal und werden durch feine Quer-
furchen geschieden. Sie werden rings von einem breiten, nach innen
abschüssigen erhabenen Rande umgeben, der ein elliptisches oder
gerundet-hexagonales eingedrücktes Feld — den oberen Zellen-
bauch — umschließt. Das obere Drittheil derselben nimmt die halb-
runde, unten abgestutzte Mündung ein. Die Beschaffenheit der
Zellenoberfläche läßt sich an den abgerollten Bruchstücken nicht
erkennen.
b. Cyclostomata.
1. Artieukatba:
a) Crisidea.
Crisia Lamx.
1. Cr. Hörnesi Rss.
Reussl.e. pag. 54. Taf. 7, Fig. 21. — Denksch. d. kais. Akad. d. Wiss.
Bd. 25, pag. 75. Taf. 11, Fig. 12.
In der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft 1851,
pag. 170 habe ich diese Species irriger Weise mit Cr. Edwardsi
Rss. vereinigt. Beide sind durch deutliche Merkmale gesondert, wie
dies schon an einem anderen Orte auseinandergesetzt wurde. Auf
der Rückenseite der Stämmchen scheinen bei starker Vergrößerung
die Grenzlinien der beiden Zellenreihen durch.
Die Species findet sich nicht gar selten im Steinsalz, sehr selten
im Salzthon. An einzelnen Stämmchen beobachtete ich auch hier
die eigenthümlichen Zellen, die ich als Coelophyma glabrum !)
beschrieben habe. Wiewohl von Orbigny als Eierbläschen betrach-
tet und von Stoliezka:) für heteromorphe Zellenbildungen ange-
sehen, sind sie bisher doch noch immer räthselhaft. Auch ich habe
sie bisher hauptsächlich nur bei eyelostomen Bryozoen aus den
Gattungen Hornera, Tubipora, Idmonea, Crisina, Crisia, selten an
ehilostomen Bryozoen (an Retepora) angetroffen. An den Crisien
sitzen sie bald an der Vorder-, bald an der Hinterseite der Stämm-
chen. Nie münden sie nach außen, aber auch nach innen mit den
Zellen der die Unterlage bildenden Bryozoe konnte ich in keinem Falle
eine Communication entdecken. Auch zeigen die Coelophymen ver-
schiedener Bryozoen dieselbe Beschaffenheit.
1) Reuss, Polyp. d. Wiener Tertiärbeckens pag. 99. Taf. 11, Fig. 28.
2) Verhandlungen der zool.-bot. Ges. 1862. pag. 101 — 104.
122 Reuss.
Cr. Hörnesi ist allgemein verbreitet im Leithakalk (Eisenstadt,
Rust, Mörbisch, Kostel, Enzersdorf, Steinabrunn, Freibiechl, Krois-
bach, S. Nieolai, Grossing u. s. w.), sehr selten im Tegel von Baden.
3ei Castell’arquato. Vereinzelt im Mitteloligocän.
2. Cr. Edwardsi Rss.
Reuss ]. e. pag. 53. Taf. 7, Fig. 20. — Denkscehr. d. kais. Akad. d.
Wissensch. Bd. 25, pag. 191. Taf. 11, Fig. 16.
Überall in Gesellschaft der vorigen Art. Im Steinsalze häufig.
3. Cr. Haueri Rss.
Reuss]. ce. pag. 54. Taf. 7, Fig. 2?—24. — Sitzungsber. d. kais. Akad. d.
Wissensch. Bd. 50. II. pag. 54. Taf. 15, Fig. 6—8. — Crisia gracilis
Römer, Polyp. d. norddeutsch. Tertiärgeb. in d. Paläontograph. IX.
pag. 221. Taf. 37, Fig. 3.
Diese der lebenden Cr. eburnea sehr verwandte Species findet
sich im Steinsalze nur sehr selten. Überdies im Leithakalke von
Nußdorf, Enzersdorf, Steinabrunn, Großing, ferner in den Sub-
apeninenschichten von Castell’arquato, sehr selten im Ober- und
Mitteloligoeän. |
2. Inarticulata.
1. Diastoporidea.
Berenicea Lamx.
1. B. subseriata Rss.?
Es liegen aus dem Steinsalze nur sehr seltene kleine Bruch-
stücke einer Species vor, die zwar mit keiner der bekannten über-
einzustimmen scheint, die sich aber in zu fragmentärem Zustande
befindet, um eine genaue Bestimmung zu gestatten. Die Zellen der
dünnen einschichtigen Ausbreitungen sind lang, halbeylindrisch und
erheben sich mit ihrem vordern Drittheil oder selbst mit der Hälfte
ihrer Länge in schräger Richtung bedeutend über ihre Umgebung.
Im älteren Theile der Ausbreitung sind sie nahezu reihenweise
geordnet und decken sich theilweise dachziegelförmig. Weiter nach
aussen aber erscheinen sie regellos zerstreut und einzelne derselben
zeichnen sieh durch ihre Länge aus. Besonders ist dies der Fall mit
jenen, welche in die Zwischenrinnen der vorgenannten Zellenreihen
zu liegen kommen. Die Mündungen sind rundlich oder breit- oval.
Auf der Oberfläche der Zellenwand nimmt man Spuren von feiner
ungleicher querer Anwachsstreifung wahr.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliczka in Galizien. 123
Will man_die Species vorläufig mit einem Namen bezeichnen,
so würde der das auffallendste Merkmal, die zum Theile reihenweise
Gruppirung der Röhrenzellen ausdrückende Name: B. subseriata
am bezeichnendsten sein.
2. Tubuliporidae.
Tubulipora Lamk.
1. T. congesta Rss.
Reuss |]. e. pag. 49. Taf. 7, Fig. 1—3. — Berenicea congesta d’Orbigny
Paleontol. frar.e. Terr. eret. V. pag. 862.
Ich stelle diese Species, die nur in kleinen Fragmenten im
Steinsalze vorgekommen ist, nur vorläufig und mit Zweifel zur Gattung
Tubulipora, von welcher sie sich durch ihren Habitus unterscheidet.
Mit Berenicea, zu welcher sie Orbigny zieht, vereinige ich sie nicht,
weil sie durch die Gestalt und Anordnung ihrer Zellen davon wesent-
lich abweicht.
Sie bildet in der Regel kleine flache oder wenig gewölbte
inerustirende Colonien von unregelmäßigem Umriß, die von einem
excentrischen Punkte ausgehend, nicht blos vorwiegend nach einer
Seite hin, sondern nach allen Seiten hin fortwachsen. Bisweilen,
wahrscheinlich durch die Art der Unterlage bedingt, erhebt sich die
Colonie in stärkerer Wölbung und nimmt die Gestalt eines kleinen
Knollens an. Auf der Oberfläche stehen die runden, verhältnißmäßig
großen Mündungen bald entfernt von einander, bald gruppenweise
zusammengedrängt. Da wo sie sich berühren, wird ihr Umriß zu-
weilen etwas polygonal. In den meisten Fällen besitzen sie eine ganz
regellose Stellung; nur mitunter glaubt man unregelmäßige gekrümmte
und vielfach unterbrochene Reihen wahrzunehmen. Meistens zeigen
sie nur eine nicht sehr hohe ringförmige Umrandung; doch verlängern
sie sich stellenweise zur kurzen Röhre. Die Zwischenräume der
Zellen lassen keine Spur von Streifung und nur höchst selten eine
undeutliche Begrenzung der Zellen durch Linien wahrnehmen.
In der Physiognomie stimmt unsere Species einigermaßen mit
Proboscina überein; nur verzweigen sich die viel kleineren Colonien
nie ästig. Ebenso verräth sich in der Gestalt und Anordnung der
Mündungen eine Ähnlichkeit mit manchen Formen von Entalophora,
von welcher sie sich aber durch ihre inerustirenden Zellenstöcke
unterscheidet.
124 Reuss.
Die Species findet sieh im Leithakalk von Nußdorf, Mörbisch,
Eisenstadt, Rust, Enzersdorf, Kostel, Freibiehl, Garsehenthal, sowie
von Miechowitz in Oberschlesien.
Entalophora Lamx.
l. E. pulchella Rss.
Cricopora pulchella Reuss ]. ec. pag. 40. Taf. 6, Fig. 10. — Entalophora
pulchellaReuss in d. Denksehr. d, kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25.
pag. 78. Taf. 9, Fig. 5. — Entalophora clavula Reuss in d. Denksehr.
d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 78. Taf. 9, Fig. 3, 4. (non
Reuss Polyp- d. Wiener Tertiärbeck. pag. 41, Taf. 6, Fig. 11.)
Im Steinsalze von Wieliezka liegen nur seltene kleine Bruch-
stücke dieser veränderlichen Species. Die schlanken Stämmchen
zeigen nicht selten die Mündungen in ziemlich regelmäßigen Spiral-
reihen angeordnet; doch beinahe ebenso oft wird ihre Stellung mehr
weniger regellos. Stets aber zeichnen sich die Zellen durch ihre
Länge und Schlankheit aus.
An den freien Enden verdieken sich die Äste kolbenförmig; die
Mündungen rücken näher an einander und stehen zunächst dem
oberen Ende beinahe dieht gedrängt. Ein solches Endstück eines
Zweiges wurde in den Denkschr. d. k. Akad. d. Wissensch. abge-
bildet, jedoch irriger Weise mit der sehr abweichenden E. elavula
Rss. 1) identifieirt.
Man findet die Species ‚häufig ım Leithakalk von Eisenstadt,
Kostel, Großing, Mörbisch u. s. w., ferner von Miechowitz in
Oberschlesien, sowie bei Castell’arquato und im mitteloligocänen
Septarienthon.
3. Idmoneidae.
Hornera Lamx.
l. H. verrucosa Rss.
Reuss, Polyp. d. Wien. Tertiärbeek. pag. 43. Taf. 6, Fig 22. (icon mal.
eines abgeriebenen älteren Fragmentes.) — Reuss in d. Zeitschr. d.
deutsch. geol. Ges. 1851. pag. 173. Taf. 9, Fig. 11. — Reuss in d.
Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 25, pag. 197. Taf. 9, Fig.
11. (jüngerer Zweig.) — Hornera hippolithus (Defr.) Reuss die
Polyp. d. Wiener Tertiärbeck. pag. 43. Taf. 6, Fig. 23, 24. (z. größten
Thl.). — Reuss, Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1851. pag. 173. —
Filisparsa verrucosa d’Orbigny, Paleont. frang. Terr. eret. V. pag. 816.
1) Reuss, Polyp. d. Wiener Tertiärbeckens, pag. 41. Taf. 6, Fig. 11.
® . . [I ” ” BJ
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 125
Die im Steinsalze ziemlich häufig vorkommenden kleinen Bruch-
stücke sind größtentheils so schlecht erhalten, daß sie eben nur die
Gattung erkennen lassen. An der Vorderseite sind die Röhrenzellen
sewöhnlich auf weite Strecken durch Ahreibung geöffnet und auch
die Rückenseite ist so tief abgerieben, daß sie keine Poren, sondern
nur die Grenzlinien der Zellenröhren darbietet. Nur an einzelnen
Bruchstücken sind die Speeiescharactere noch besser erhalten und
lassen erkennen, daß dieselben der in den österreichischen Tertiär-
schichten verbreiteten Species angehören, welche ich früher mit dem
Namen: H. hippolithus bezeichnet hatte.
Was nun diese Species betrifft, so sollte man, wie d’Archiac !)
richtig bemerkt, nach der Zahl der gegeb: nen Abbildungen wohl
meinen, daß sie genau bekannt sein müsse. Dies ist aber keineswegs
der Fall. Die vorliegenden Abbildungen weichen so sehr von einander
ab, daß man glauben möchte, es liegen ihnen sehr verschiedene Spe-
cies zu Grunde, wenn nicht der sehr wechselnde Erhaltungszustand
und die verschiedenen Altersstufen der abgebildeten Exemplare wenig-
stens theilweise zur Erklärung dieser Differenzen genügten. Nicht zu
rechtfertigen ist aber der Vorgang Orbigny's, der H. hippolithus
Defr. von den Horneren ganz ausscheidet und zu seiner Gattung
Filisparsa bringt, die durch eine völlig porenlose Epithek auf der
Rückenseite charaeterisirt wird®). Die Beschreibung Anderer und
die eigene Untersuchung von Originalexemplaren von Grignon
widerspreehen dieser Ansicht vollkommen. Auch Hornera verrucosa
Rss., bei welcher die feinen Poren der Rückenseite früher übersehen
wurden, wird von Orbigny zur Gattung Filisparsa gebracht, wäh-
rend sie nach meinen genauen Untersuchungen eine Hornera ist.
Die früher von mir als H. hippolithus beschriebene Species
steht derselben ohne Zweifel nahe, näher als der 7. striataM. E dw. >),
von welcher sie sich schon durch die Beschaffenheit der Rückenseite
der Stämmcehen unterscheidet. Nach meiner Untersuchung gehört sie
größtentheils der 7. verrucosa Rss. an, welehe in ihren verschie-
denen Alterszuständen eine sehr verschiedene Physiognomie besitzt.
Die älteren Abbildungen derselben sind unvollständig und mehr
1) Mem. de la soc. geol. de Fr. 2. Ser. III. 2, p. 408.
2) Paleontol. frane. Terr. eret. V, p. 816.
3) M. Edward’s in Ann. d. sc. nat. IX. pag. 21. T. 11, Fig. 1. — Busk the Crag
Polyzoa. pag. 103. T. 15, Fig. 3.
126 Reuss.
weniger unrichtig. Die in den Denkschr. d. k. Akad. d. Wiss. Bd. 25,
Taf. 9, Fig. 9 gegebene Zeichnung stellt einen jugendlichen Zweig
richtig dar. An älteren Zweigen werden die auf der Vorder- und
Rückseite befindlichen Längsfurchen zahlreicher, weniger regelmäßig,
öfters unterbrochen und gegen die Basis der Stämmcehen hin seichter.
Die ringförmig umrandeten Mündungen bleiben zwar immer verein-
zelt, werden aber zahlreicher und verrathen stellenweise eine An-
näherung zur Anordnung in Querreihen. Unterhalb und oberhalb
jeder Mündung steht eine Nebenpore, die an älteren Zweigen ge-
wöhnlich größer wird, als die Abbildung sie darstellt. Auch bemerkt
man unterhalb der ersteren Pore nicht selten in derselben Längsreihe
je nach der Länge der betreffenden Furche noch 1—2 kleinere Poren.
Die Rückenseite ist mit Längsrippcehen bedeckt, die an Jüngeren
Zweigen ziemlich regelmäßig, breit und hoch, beinahe scharfrückig
sind, an älteren Stämmchen aber flacher, rundrückig, unregelmäßiger,
kürzer werden und vielfach anastomosiren. Sie sind mit feinen spitzi-
gen Körnern bedeckt, die aber an abgeriebenen Exemplaren ganz
oder theilweise verschwinden. Die Zwischenfurchen der Rippen zei-
gen feine entfernte spaltförmige Poren.
H. verrucosa findet sich häufig bei Nußdorf, Kroisdorf, Mör-
bisch, Kostel, Großing, Steinabrunn, Enzersdorf u. s. w.; so wie bei
Miechowitz in Oberschlesien.
Crisina d’Orb.
l. Cr. pertusa Rss. sp.
d’Orbigny Pal&ont. france. Terr. eret. V. pag. 914. — Idmonea pertusa
Reuss Polyp. d. Wiener Tertiärbeck. pag. 45. Taf. 6, Fig. 28.
Verhältnißmäßig breite, von vorne nach hinten zusammenge-
drückte Stämmchen, die deshalb einen quer-elliptischen Querschnitt
zeigen. Die Rückenseite pflegt etwas gewölbter zu sein als die Vor-
derseite. Die Äste spalten sich unter stumpfem Winkel gabelförmig
und sind nicht selten etwas nach rückwärts gekrümmt. Die Rücken-
seite ist mit gedrängten regellos gestalteten, durch schmale scharf-
rückige Zwischenwände gesonderten polygonalen Grübchen bedeckt,
welche am Grunde von eckigen Poren durchstochen erscheinen. Auf
der Vorderseite erheben sich an wohlerhaltenen Exemplaren die Mün-
dungen in stark vorragenden kammartigen Querreihen, die, mit ihrem
hinteren Ende sich etwas herabbiegend und zugleich etwas niedriger
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 127
werdend, bis an die Grenzen der Rückenfläche der Stämmehen
reichen, denn zur Entwicklung von deutlich ausgesprochenen Seiten-
flächen kömmt es nicht. Die vorderen Enden der Mündungsreihen
sind durch eine ziemlich breite tiefe Medianrinne geschieden.
Die mit ihren Rändern kettenartig verwachsenen Mündungen
sind rundlieh-vierseitig, gewöhnlich etwas in die Quere verlängert.
An abgeriebenen Exemplaren verschwindet die Hervorragung der
Mündungsreihen theilweise oder ganz und die Mündungen selbst
nehmen eine in verticaler Richtung etwas in die Länge gezogene
Form an. In der vordern Medianrinne, sowie in den Zwischenräumen
der einzelnen Mündungsreihen ist keine Spur von Poren wahrzu-
nehmen. Höchstens verrathen sich hin und wieder die zarten Grenz-
linien der Röhrenzellen.
Die Species ist im Steinsalze ziemlich gemein. Überdies kömmt
sie im Leithakalke vieler Localitäten häufig vor. (Nußdorf, Eisen-
stadt, Mörbisch, Kostel, Enzersdorf, Garschenthal, Großing, Kalen-
berg und andere; Miechowitz in Oberschlesien).
.4. Cerioporidae.
Heteropora Blainv.
1. H. stellulata Rss.
Reuss foss. Polyp. d. Wiener Tertiärbeck. pag. 35. Taf. 5, Fig. 21—22. —
Multierescis stellulata d’Orbigny, Paleont. frane. Terr. eret. V. pag.
1073. h
Sie ist von sehr veränderlicher Gestalt, bald flach eonvexe
seharfrandige Scheibehen bildend, bald sich höher erhebend zu
knopf-, pilz-, oder kurz und diek walzenförmigen Knollen mit senkrecht
abfallendeu Seiten und gewölbtem oberen Ende. Dasselbe ist nur
bisweilen und in geringem Umfange deprimirt. Die gesamte Ober-
fläche erscheint von zweierlei Mündungen bedeckt. Eine Art der-
selben ist größer als die anderen, rundlich oder elliptisch und von
einem vorragenden Rande umgeben, der bei den im erhabensten Theile
der Colonie gelegenen am höchsten ist, so dafs diese warzenförmig
vorragen. An den tiefer gelegenen Mündungen nimmt die Umrandung
. allmälig an Höhe ab. Was ihre Stellung betrifft, so sind sie ge-
wöhnlich regellos zerstreut; nur bisweilen läßt sich eine Annäherung
an eine reihenweise Anordnung in radialer Richtung nicht verkennen.
Die Zwischenräume dieser größeren Mündungen sind von klei-
neren accessorischen Poren erfüllt, die meistens weniger regelmäßig
128 Reuss.
y*
gestaltet sind. Sie zeigen in der Regel eine ziemlich symmetrische
Anordnung, indem jede größere Mündung von einem Kranze von
5—6 kleineren Poren eingefaßst erscheint. Diese besitzen nur eine
sehr schwache Umrandung und auf den schmäleren Zwischenrändern
verläuft eine feine Grenzfurche.
Auf dem Querbruche knopfförmiger Colonieen erkennt man, daß
sie aus mehreren übereinander gelagerten Schiehten bestehen, mit
deren Zahl auch die Erhebung des Zellenstockes zunimmt, da jede
Schiehte in der Mitte dieker ist als an der Peripherie.
Die Species scheint nur sehr selten im Steinsalze von Wieliezka
vorzukommen. Häufiger tritt sie im Leithakalke von Kostel, Mörbisch,
Eisenstadt, Neustift u. a., im Sande von Satschan in Mähren, endlich
bei Miechowitz in Oberschlesien auf.
2. H. globulus Rss.
Ceriopora globulus Reuss, die foss. Polyp. d. Wiener Tertiärbeek. pag. 33.
Taf. 5, Fig. 7. — Reptomulticava globulus d’Orbigny, Paleont. frang.
Terr. eret. V. pag. 1035. — Chaetetes pygmaeus Reuss |]. e. pag. 30.
Taf. 5, Fig. 6.
Sehr kleine, bis 3 Millim. im Durchmesser haltende, mitunter
beinahe regelmäßige Kügelehen, die in der Jugend ein aufgewach-
senes Kugelsegment darstellen, später sich mit neuen Zellenschiehten
umgeben und sich zur vollkommenen Kugel umbilden, welche keine
Spur von Anheftung mehr wahrnehmen läßt. Die Oberfläche ist mit
ungleichen polygonalen, durch bald breitere, bald schmälere Zwischen-
wände geschiedenen schüsselförmigen Grübehen bedeckt, in deren
Boden die kleinen ungleichen eckigen Zellenmündungen einge-
senkt sind.
Am Querbruche des Zellenstockes überzeugt man sich, daß der-
selbe aus sich concentrisch umschliefßenden ungleiehen Schichten
feiner Röhrenzellen besteht. Ebenso nimmt man an Verticalschnitten
der Zellenröhren gedrängte Querscheidewände wahr. Diese gaben
die Veranlassung, dal die Species früher von mir irriger Weise der
Gattung Chuetetes untergeordnet wurde. Es ist aber das Auftreten
von bald gedrängteren, bald entfernteren Querdissepimenten eine bei
den Heteroporen allgemein verbreitete Eigenschaft.
Die Species kömmt sehr vereinzelt im Steinsalze vor, viel häu-
figer dagegen im Leithakalk von Nußdorf, Mörbisch , Kostel, sowie
von Miechowitz in Oberschlesien.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 129
3. H. radiata Busk. sp.
Heteroporella radiata Busk the Crag Polyzoa pag. 127. Taf. 19, Fig. 2 in
the Paleontogr. Soc. for 1859.
Die vorliegende Species gehört der Busk’schen Gattung Hete-
roporella an, die sich von der frei in die Höhe wachsenden mehr
weniger ästigen Heteropora nur durch ihre inerustirenden Zellen-
eolonien unterscheidet. Ich kann in diesem Merkmale, welches so
viele Mittelstufen der Entwicklung darbietet, keinen wesentlichen
Gattungsunterschied sehen. Es würde sonst zweifelhaft bleiben, wohin
man manche der knolligen Formen zu rechnen habe, welche sich
durch mehrfache Überlagerung aus einfachen Inerustationen hervor-
bilden und im ausgewachsenen Zustande zu ästig-knolligen Gestalten
heranwachsen, die den unmittelbaren Übergang in die ästigen Formen
darstellen. Wollte man die in Rede stehende generische Sonderung
vornehmen, so müßte man aus Gründen der Consequenz ebenfalls
die knolligen Formen von Celleporaria von den frei-ästigen trennen,
was Busk nicht thut. Ich betrachte daher beide auch nur als Unter-
abtheilungen einer und derselben Gattung.
Im Steinsalze findet man meistens nur Bruchstücke der ein-
schiehtigen dünnen, unregelmäßig scheibenförmigen incrustirenden
Zellenceolonien. Sie zeigen ein sehr wechselndes Ansehen. Einzelne
stimmen mit der Abbildung von Busk (l. e. Taf. 19, Fig. 2) voll-
kommen überein. Die größeren runden oder breit-elliptischen Mün-
dungen stehen, wenn gleich zerstreut, doch in deutlichen radialen
Reihen. Die sie trennenden Zwischenräume tragen sehr ungleiche,
durch sehr verschiedentlich dicke und an wohlerhaltenen Exemplaren
scharfrückige Wände gesonderte polygonale Grübchen, deren Größe
und Umriß nicht nur an verschiedenen Exemplaren, sondern auch an
verschiedenen Stellen derselben Colonie großem Wechsel unter-
worfen ist. Auf ihrem Grunde stehen kleine rundliche Poren.
An anderen Exemplaren sind die größeren Mündungen regellos
zerstreut, bald einander mehr genähert, bald weiter von einander ab-
stehend. Auch ihre Größe wechselt nicht unbeträchtlich.
Man trifft diese vielgestaltige Species nicht selten im Leitha-
kalke des österreichischen Tertiärbeckens.
Ceriopora Gldf.
Der Rückstand nach Auflösung des Steinsalzes hat einzelne Trüm-
mer einer nicht näher bestimmbaren knolligen Ceriopora-Art geliefert.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 9
130 Reuss.
vE CONCHIFEREN.
1. Dimyaria.
a) Solenacea Lamk.
Gultellus Schum.
l. €. papyraceus Rss. (Taf. 6, Fig. 1.)
Ich habe von dieser im Salzthone in sehr zahlreichen Exem-
plaren vorkommenden Muschel, die man oft in beiden nebeneinander
liegenden Klappen findet, zwar nicht die Schloßzähne, die jedenfalls
sehr klein sein müssen, beobachtet; aber die übrigen Merkmale
stimmen so gut, daß über die Zugehörigkeit zu der oben genannten
Gattung kaum ein Zweifel obwalten dürfte.
Die Schale ist beinahe durchsichtig, papierdünn und so zer-
brechlich, daß man keine ganze Klappe, besonders im isolirten Zu-
stande, zu gewinnen im Stande ist. Sie ist gerade, stark verlängert,
etwas mehr als noch einmal so lang als hoch. Die größten Exemplare
messen 22 Millim. in der Länge bei 10 Millim. Höhe. Im Mittel ver-
halten sich Länge und Höhe, wie 10:47.
Die Klappen sind an beiden Enden zugerundet, bilden jedoch
an dem hinteren Ende einen flacheren Bogen. Zugleich ist dasselbe
etwas höher als das vordere. Der Mantelrand ist nur wenig gebogen.
Der sehr kleine, kaum vorragende Wirbel liegt weit nach vorne, am
hintern Ende der ersten Viertheils der gesamten’Schalenlänge (5:20).
Die Oberfläche der Schale bedecken gedrängte deutliche, aber
ungleiche concentrische Streifen. An den Steinkernen vermag man
keine Spur der bei der großen Schalendünne offenbar sehr seichten
und undeutlichen Muskeleindrücke wahrzunehmen. Dagegen glaubt
man an einzelnen Steinkernen einen schwachen furcehenartigen, vom
Wirbel in senkrechter Richtung herablaufenden Eindruck, weleher
einer im Innern der Schale befindlichen schwachen rippenartigen
Verdiekung seine Entstehung verdanken würde, gleichwie bei Siligua
Meg., zu entdecken. In den meisten Fällen beobachtet man jedoch
diese Erscheinung nicht.
Die Species steht dem C. fenuis Phil. sp.) aus dem eng-
lisehen Crag und den jungtertiären Schichten Sieiliens nahe, so wie
der lebenden Pharella javanica Lam. sp. ?).
1) Wood Crag Mollusca II. pag. 258. T. 25, Fig. 2.
2) Adams the genera of rec. Mollusca. pag. 343. T. 93, Fig. 1.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 13 i
b) Myacea Lamk.
Corbula Brug.
1. €, gibba Ol. sp. !).
Hörnes die foss. Mollusk. d. Tertiärbeck. v. Wien. II. pag. 34. Taf. 3,
Fig. 7.
Ziemlich selten im Salzthon, sehr selten im Steinsalz. — Im
Tegel von Baden, Grinzing, Vöslau, im Leithakalk von Nußdorf,
Steinabrunn, Niederleis u. s. w. Lebend in den heutigen Meeren.
2. C. carinata Du].
Hörnesl.e. Il. pag. 36. Taf. 3, Fig. 8 a—e.
Es wurden nur sehr seltene Schalen aus dem Steinsalze aus-
gewaschen. Im Wiener Becken findet man die Species vorzugsweise
im Leithakalk und in dem ihm untergeordneten Tegel (Steinabrunn,
Gainfahrn, Enzesfeld, Mattersdorf u. a.), so wie im Sand von
Grund und Niederkreuzstätten.
c) Mesodesmidae Gray.
Ervilia Turt.
l. E. pusilla Phil.
Hörnes |. e. II. pag. 75. Taf. 3, Fig. 13 a—g.
Häufig, aber fast stets zertrümmert im Salzthon und Steinsalz. —
Im Sand von Grund, im Leithakalk von Steinabrunn, Niederleis, im
Sand von Pötzleinsdorf u. a.
2. E. podolica Eichw.
Hörnes l. e. II. pag. 73, Taf. 3, Fig. 12 a—e.
Die Species ist characteristisch für die Cerithienschiehten. Im
Salzthon und Steinsalz scheint sie häufig vorzukommen, aber stets
zerbrochen.
d) Tellinidea Desh.
Tellina L.
1. *T. donaeina L.
Hörnes |]. e. II. pag. 86. Taf. 8, Fig. 9.
Aus dem Steinsalz liegt ein kleines Exemplar mit beiden ge-
schlossenen Klappen vor, das in den äusseren Characteren mit der
1) Bei den in den Schichten des Wiener Beckens vorkommenden Molluskenarten habe
ich der Raumersparniß wegen meistens nur die schöne Monographie von Director
Dr. Hörnes eitirt. Dort ist die weitere Synonymie, so wie die Aufzählung zahl-
reicherer Fundorte nachzusehen.
9*
132 Reuss.
genannten Species wohl übereinstimmt. Da aber das Schloß nicht
untersucht werden kann, bleibt die Bestimmung immerhin unsicher.
Die Species ist im Wiener Becken bekannt aus dem Sande von
Grund, dem oberen Tegel von Vöslau und Kienberg, aus dem Sande
von Pötzleinsdorf. Übrigens pliocän und lebend.
e) Conechae Lamk.
Venus L.
1. ?V. multilamella Lamk.
Hörnes l. e. II. pag. 130. Taf. 15, Fig. 2, 3.
Es liegen sehr kleine Exemplare aus dem Steinsalze vor, die
wohl unzweifelhaft dieser Species angehören dürften. Im Wiener
Becken liegt sie im untern und obern Tegel, besonders in letzterem
(Grinzing, Gainfahrn, Enzesfeld, Vöslau, Baden, Möllersdorf, Szobb),
im Sand von Grund, Grußbach u. s. w.
2. V. marginata Hörn.
Hörnes |. e. II. pag. 138. Taf. 15, Fig, 11.
Eine wohlerhaltene Klappe wurde aus dem Steinsalz ausge-
waschen. Die Species ist bekannt aus dem Sand von Grund und
Grußbach, aus dem Tegel von Vöslau, Ritzing, Lapugy, Buitur,
Olesko, aus dem Sand von Pötzleinsdorf und von Niederkreuz-
stätten u. Ss. w.
Circe Schum.
1. €. minima Mont. sp.
Hörnesl, e. II. pag. 158. Taf. 19, Fig. 5 a—d.
Das Steinsalz hat nur seltene Bruchstücke, aber mit wohl-
erhaltenem Schloße geliefert. Die Species liegt übrigens im Sande
von Grund; im Tegel von Baden, Vöslau, Ritzing u. a.; im
Leithakalk von Steinabrunn, Nikolsburg, Niederleis u,s.f.; im Sande
von Pötzleinsdorf; sie findet sich im Pliocän und lebt noch jetzt in
den Meeren der gemäßigten Zone.
f) Cardiacea Lamk.
Cardium L.
1. €. papillosum Polı.
Hörnes]. e. II. pag. 191. Taf. 30, Fig. 8.
Es liegen kleine Brutexemplare aus dem Salzthone vor. Gewöhn-
lich gewinnt man sie sowohl aus diesem, als aus dem Steinsalze nur
in Bruchstücken.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 1 33
Im Wiener Becken findet man die Species vorzugsweise im
Leithakalk (Steinabrunn, Niederleis, Gainfahrn u. s. w.), so wie im
Sande von Grund, Pötzleinsdorff u. a., und im oberen Tegel
(Vöslau). Überdies ist sie in den Mioeänschiehten anderer Länder
weit verbreitet und lebt noch in den heutigen Meeren.
2. C. sp.
Das Steinsalz hat noch Bruchstücke der sehr kleiner Schalen,
einer anderen Species angehörig, geliefert. Auch hier hat man es
nur mit junger Brut zu thun. Vom Wirbel strahlen 16 schmale ziem-
lich hohe Rippen aus, zwischen welche sich bald je 1-2 kürzere
einschieben, die aber rasch eine gleiche Breite mit den primären er-
reichen. Bei stärkerer Vergrößerung überzeugt man sich, daß die
Rippehen mit schuppenartigen Stacheln besetzt sind. Eine genauere
Bestimmung der Species kann nicht vorgenommen werden; doch ist
es sicher, daß dieselbe mit keiner der bisher aus dem Wiener Becken
bekannten Arten übereinstimmt.
| 9) Lueinidea Desh.
Lucina Brug.
l. L. exigua Eichw.
Hörnesl.e. Il. pag. 243. Taf. 33, Fie. 12.
Sehr kleine und etwas zerbrochene, aber unzweifelhaft hierher
gehörige Schalen wurden aus dem Steinsalze ausgewaschen.
Die Species findet sich vorzugsweise im Tegel des Leithakalkes
(Steinabrunn, Nikolsburg, Niederleis u. a.), seltener im Sand
von Grund und Grußbach, in jenem von Pötzleinsdorf u. s. w.
2. L. dentata Bast.
Hörnesl.e. Il. pag. 238. Taf. 33, Fig. 9.
Die sehr seltenen Schalen aus dem Steinsalz gehören zu den
schmälern Formen dieser Species und stimmen vollkommen mit Exem-
plaren von Ebersdorf überein. Der Sinus am hinteren Schalenende
ist sehr deutlich ausgesprochen. Viel häufiger habe ich aus dem
Steinsalze meist in Schwefeleisen umgewandelte Steinkerne aus-
gewaschen, die aber auch wohl kenntlich sind.
Im Wiener Becken kömmt die Species am häufigsten im Tegel
des Leithakalkes vor (Steinabrunn, Kienberg, Gainfahrn, Nußdorf
u. a.), seltener bei Grund, im Tegel von Baden, Möllersdorf, Vöslau
u.s. w im Sand von Pötzleinsdorf.
134 Reuss.
h) Eryeinidea Desh.
Erycina Lamk.
l. ®E. ambigua Nyst.
Hörnesl. e. II. pag. %51. Taf. 34, Fig. 7.
Sehr selten aus dem Steinsalze ausgewaschen. Die Bestimmung
ist jedoch nicht vollkommen sicher, da an den stets geschlossenen
Klappen das Schloß nieht untersucht werden konnte. Die äußerlichen
Merkmale stimmen vollkommen überein.
Im Wiener Becken wurde die Species bisher nur selten bei
Grund, Ritzing und im Sande von Pötzleinsdorf gefunden.
2. E. austriaca Hörn.
Hörnes. e. Il. pag. 252. Taf. 34, Fig. 8.
Sehr selten im Steinsalze. Die sehr kleinen Schalen stimmen
mit den größeren Wiener Exemplaren überein; nur tritt die Band-
grube stärker hervor, so daß sie den Schloßrand überragt.
Im Wiener Becken ist sie ebenfalls vorzugsweise in den Sand-
schichten (Grund, Pötzleinsdorf u. a.) zu Hause.
Spaniodon nov. gen.
Im Salzthone und Steinsalze findet man eine kleine Muschel,
die sich bei keiner der zahlreichen bisher aufgestellten Conchiferen-
Gattungen unterbringen läßt. Am nächsten schließt sie sich an die
Eryeiniden an, weicht aber doch von allen im Bereiche derselben
unterschiedenen Sippen durch ihren Schloßbau wesentlich ab. Das
beinahe mittelständige Schloß zeigt in beiden Klappen eine kleine
dreieckige Grube zur Aufnahme eines inneren Bandes. Vor demselben
liegt ein zusammengedrückter mäßig langer, dem Schloßrande parallel
verlaufender Seitenzahn. In der rechten Klappe wird er vom Schloß-
rande durch eine etwas weitere tiefe Grube, welche den Zahn der
linken Klappe aufnimmt, geschieden, während an dieser zwischen dem
Zahne und dem Schloßrande nur eine weit schmälere Fur:he liegt,
die, sich noch verschmälernd, dann auf dem Klappenrande weiter ab-
wärts fortsetzt. Der Zahn der rechten Klappe kömmt daher bei ge-
sehloßenen Schalen an die innere Seite des Zahnes der linken Klappe
zu liegen. Dieser wird dadurch gewöhnlich verdünnt, zuweilen be-
trächtlich, ja selbst in solchem Maße, daß er in der Mitte entzwei-
geschnitten erscheint.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 135
Die beiden Muskeleindrücke sind ziemlich groß und gleich
gestaltet, der Manteleindruck ohne Bucht.
l. Sp. nitidus Rss. (Taf. 8, Fig. 3).
Die größten der bei Wieliezka vorkommenden Schalen messen
3 Millim. in der Höhe und sind beinahe durchgehends sehr dünn,
glasig glänzend und durchscheinend. Das Gehäuse ist gleichklappig,
nicht klaffend. Die Klappen sind beinahe gleich, rundlich-dreiseitig.
Nur vor dem Wirbel, wo sie eine sehr seichte elliptische Lunula
zeigen, sind sie schwach eingebogen. Der mittelständige kleine,
etwas nach vorne übergebogene Winkel ragt über die Kreislinie des
Umrisses vor.
Die seichten Muskeleindrücke, so wie der Pallealeindruck, sind
an der glänzenden Schale besonders jüngerer dünnschaliger Indivi-
duen nur schwierig wahrzunehmen. Nur an einzelnen kreideweiß
gewordenen Schalen erkennt man sie etwas deutlicher. Die Schalen-
oberfläche ist glatt, blos mit gedrängten, sehr zarten ungleichen con-
centrischen Anwachslinien bedeckt.
Die Muschel findet sich nur selten und in sehr kleinen Exem-
plaren sowohl im Steinsalze als auch im Salzthone. Der vorwiegende
Theil derselben sind Jugendexemplare, an denen das Schloß nicht
vollkommen ausgebildet erscheint.
Das k. k. Hof-Mineraliencabinet bewahrt zahlreiche grössere
Exemplare von Saucats und Merignac bei Bordeaux, so wie seltene
von Szobb in Ungarn, von Kostej im Banat und von Bujtur in
Siebenbürgen. Im Wiener Becken wurde die Species bisher nur im
oberen Tegel von Grinzing spärlich nachgewiesen, und zwar durch
Herrn Auinger, der sich um die Aufsammlung der kleinen Gastro-
poden und Bivalven der österreichischen Tertiärschichten überhaupt
sehr große Verdienste erworben hat.
Derselbe Zweischaler wurde von Herrn Letocha in dem unter
dem Leithakaike Ostgaliziens liegenden Sande von Holubica südlich
von Brody ausgelesen und als zwischen Circe und Lutetia stehend
betrachtet 1). Auch in einer lehmartigen Schichte bei dem ersten
Hause von Holubiea kömmt er vor, welche, nach den enthaltenen
Foraminiferen zu schließen, dem Leithakalke zu parallelisiren ist,
1) Jahrb. d. geol. Reichsanstalt XV. 1865. pag. 280.
136 Reuss.
aber, wie die Beobaehtung lehrt, sich noch im Liegenden des vor-
erwähnten Muschelsandes befindet.
i) Solenomyadea Gray.
Solenomya Lamk.
1.° S. Doderleini May.
Hörnesl. e. Il. pag. 257. Taf. 34, Fig. 10.
Sie scheint nur sehr selten im Salzthon vorzukommen. Es
wurde bisher ein einziges Exemplar von Herrn Markscheider Ott in
Wieliezka aufgefunden und von Herrn Freiherrn v. Geramb an das
k. k. Hof-Mineraliencabinet gefälligst eingesendet.
Im Wiener Becken ist die Muschel ebenfalls sehr selten, und
zwar im Tegel von Vöslau, bei Grußbach, Perchtoldsdorf u. s. w.,
häufig dagegen im Schlier von Ottnang.
k) Tarditae Desh.
Cardita Brug.
1. €. scalaris Sow.
Hörnesl. e. II. pag. 279. Taf. 36, Fig. 12.
Sehr kleine Exemplare liefert das Steinsalz nicht selten.
Im Wiener Becken ist die Species im Tegel des Leithakalkes
häufig (Steinabrunn, Nikolsburg, Niederleis, Nußsdorf u. s. w.), doch
findet sie sich auch im unteren und oberen Tegel (Baden, Möllersdorf,
Soos, Grinzing u. s. w.), im Sande von Grund, Grußbach u. dgl.
Astarte Sow.
1. A. triangularis Mont. sp.
Hörnesl. e. II. pag. 282. Taf. 37, Fig. 1 a—d.
Ein sehr kleines abgeriebenes Exemplar und mehrere Fragmente
mit erhaltenem Schlosse liegen aus dem Steinsalze vor.
Diese noch lebend vorkommende Species findet sich häufig im
Leithakalk von Steinabrunn.
!) Ruceulidea d’Orb.
Nucula Lamk.
1. N. nucleus L. sp.
Hörnesl. e. II. pag. 297. Taf. 38, Fig. 2 a—g.
Sie ist eine der im Salzthone am häufigsten vorkommenden
Species und in Folge der diekeren Schale zugleich am besten erhal-
ten. Man findet Schalen in allen Altersstadien und nicht selten sind
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 137
beide Klappen noch fest mit einander verbunden. Stets verlaufen
sehr feine, entfernte radiale Streifen über die Oberfläche, welche von
ungleichen Anwachsstreifen und überdies von dieht gedrängten sehr
zarten und regelmäßigen eoncentrischen Linien durchkreuzt werden.
Die in den heutigen gemäßigten Meeren noch häufig lebende
Species ist im Sande von Grund, im Leithakalk von Steinabrunn;
Nikolsburg, Gainfahrn, Niederleis u. s. w., im Sande von Pötz-
leinsdorf u. s. w. sehr verbreitet.
Leda Schum.
1. 1. fragilis Chemn. sp.
Hörnesl. ce. Il. pag. 307. Taf. 38, Fig. 8.
Im Salzthon nicht selten. Im Wiener Becken ist sie im unteren
und oberen Tegel und in den Tegelzwischenlagen des Leithakalkes
weit verbreitet und lebt noch in den heutigen Meeren.
m) Arcacea Lamk.
Limopsis Sassi.
1. L. anomala Eichw.
Hörnesl. e, Il. pag. 312. Taf.39, Fig. 2, 3.
Ein sehr kleines aber deutliches Jugendexemplar aus dem
Steinsalz. Ganz junge Brut, welche ebenfalls hieher gehören dürfte,
ist im Salzthon und Steinsalz keine seltene Erscheinung.
Im Wiener Becken kömmt sie im Tegel und Leithakalk nicht
selten vor.
Arca L.
l. A. sp.
Aus dem Steinsalze liegen mehrere Bruchstücke junger Brut
welche vielleicht der A. lactea L. angehören dürfte, vor.
2. Monomyaria.
n) Mytilacea Lamk.
Mytilus L.
«) Modiola Lamk.
1. M. Hörnesi Rss. (Taf. 6, Fig. 2—4.)
Diese Species wurde vom Herrn Direetor des Hof-Mineralien-
cabinetes Dr. Hörnes wenngleich selten, doch vollkommen überein-
stimmend auch bei Grund im Wiener Becken gefunden. Ich belege
sie daher mit seinem Namen. Im Wieliezkaer Salzthon ist sie un-
138 Reuss.
zweifelhaft die häufigste aller Species, stellenweise zu Hunderten
zusammengehäuft, aber wegen der ungemeinen Dünne der Schale
meistens manniglach verbogen oder zerbrochen. Viel seltener wird
die Muschel aus dem Steinsalz ausgewaschen und zwar stets in sehr
kleinen Exemplaren. Dagegen sind die Schalen aus dem Salzthon
fast durehgehends etwas größer als jene von Grund. Die größten
Exemplare meßen 11-5 Millim. in der Höhe. Ebenso häufig und zu
Hunderten dieht zusammengedrängt liegt sie in den mergeligen
Kalken der gypsführenden Schichten von Kathrein in N. von Troppau,
woher sie mir Herr Gymnasialprofessor Em. Urban mittheilte.
Die Species ähnelt in der Form der Modiola phaseolina Phil.),
deren Schloßrand jedoch gezähnelt ist. Ihr Umriß wechselt je nach
dem verschiedenen Altersstadium beträchtlich. Kleine Exemplare
sind etwas schief- eiförmig und wenig gewölbt. In der Mitte oder
noch etwas vor derselben ist ihre Höhe am größten. Sie vermindert
sich gegen das hintere Ende nur wenig, so daß dieses breitgerundet
erscheint.
Das vordere Ende der Schale ragt als ein sehr kleiner gerun-
deter Lappen kaum über den kleinen spitzigen übergebogenen
Wirbel vor. Diesem zunächst bildet der Schalenrücken einen stumpfen
gerundeten Kiel, der aber nach rückwärts sich allmälig verflacht.
Der vor diesem Kiele liegende Schalentheil ist kaum eingedrückt und
daher erscheint der untere Schalenrand beinahe gerade, nicht ein-
gebogen. Der kurze Schloßrand ist gerade und stößt mit dem
Hinterrande in einem deutlichen, aber stark abgerundeten Winkel
zusammen.
Sehr abweichend in mancher Beziehung sind die größeren, mehr
erwachsenen Individuen gebildet. Sie nehmen dann im Umriße eine
große Ähnliehkeit mit M. subangulata Desh. ?) an. Die Schale
wird im Verhältnisse zu ihrer Höhe etwas länger, was hauptsächlich
dadurch hevorgebracht wird, daß bei unveränderter Bildung des
hinteren Schalentheiles das vordere Ende in Gestalt eines zugerun-
deten Lappens mehr über den Wirbel hervortritt. Zugleich nimmt
[7
1) Philippi enum. moll. Sieil. II. pag. 51. T. 15, Fig. 14. — Wood Crag moll. Il.
pag. 59. T. 8, Fig. A.
2) Deshayes deser. des anim. sans vert. decouv. dans le bass. de Paris. il. p. 25.
T. 75, Fig. 21.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 139
die Axe der Schale eine gegen die Schloßlinie mehr schräge Rich-
tung an. Der Wirbel selbst wird breiter, erhebt sich in einen
stärkeren vorwärtsgerichteten Kiel; der Schalenrücken steigt winklig
zu höherer Wölbung empor und dieser Kiel läßt sich weiter gegen
das hintere Schalenende verfolgen. Vor dem Kiele erscheint die
Schale vom Wirbel bis gegen den unteren Rand seicht niedergedrückt
und letzterer daher an dieser Stelle schwach eingebogen. Der Winkel
zwischen dem kurzen geraden Schloßrande und dem Hinterrande
rundet sich noch mehr ab und wird ganz undeutlich. Die dünne
Schale ist auf ihrer Oberfläche nur mit sehr feinen und ungleichen
Anwachslinien bedeckt. Der Schalenrand ist auf der Innenseite nicht
gekerbt.
o) Peetinidea Lamk.
Pecten Brug.
1. P. denudatus Rss. (Taf. 7, Fig. 1).
Diese Species dürfte im Salzthone keineswegs selten sein, wird
aber in Folge ihrer ungemeinen Zerbrechlichkeit nur in kleinen
Bruchstücken gefunden, aus denen sich jedoch die gesamte Schale
combiniren läßt, um so mehr, als es bisweilen gelingt, Abdrücke
größerer Schalentheile aus dem Thone zu gewinnen. Hauptsächlich
wird aber die Bestimmung dadurch erleichtert, daß dieselbe Species
sich in sehr zahlreichen wohlerhaltenen Exempiaren im Schlier ven
Ottnang wiederfindet. In den Tertiärschiehten des Wiener Beckens
selbst ist sie bisher noch nicht beobachtet worden.
Sie gehört in die Gruppe der dünnschaligen glatten Species,
die auch auf der innern Schalenfläche keine Spur von Rippen wahr-
nehmen lassen. Die Schale ist im Umriße sehr breit-eiförmig,
beinahe kreisrund und sehr wenig gewölbt, verlängert sich jedoch
öfter etwas. Am stärksten ist die Wölbung noch zunächst dem
Wirbel. Der Sehalenrücken wird von den Ohren durch eine schmale,
aber deutliche treppenlörmig abgesetzte Furche abgegrenzt. Die
dadurch bezeichneten vorderen Seitenränder sind nur sehr wenig
eingebogen, fast gerade und verhältnißmässig kurz. An einem
29 Millim. hohen und 28 Millim. breiten Exemplare messen sie je
14 Millim. in der Länge und stoßen mit dem übrigen Schalenrande, der
einen ununterbrochenen Bogen bildet, in einem gerundeten, wenig
stumpfen Winkel zusammen.
140 Reuss,
Der Wirbel selbst bildet einen rechten oder nur wenig stumpfen
Winkel.
Die Ohren sind verhältnißmässig klein, das rechte vordere ist
in einen gerundeten Lappen vorgezogen und an der Basis mit einem
seichten Byssusausschnitt versehen. Die Ohren der linken Klappe
sind stumpfwinkelig, alle mit dem Seitenrande parallelen feinen
ungleichen Anwachslinien versehen. Nach innen neben dem Flügel-
absatze verläuft auf beiden Seiten des Wirbels eine seichte Depres-
sion nach rückwärts, die aber noch vor der Mitte der Schalenhöhe
verschwindet.
Die Oberfläche der dünnen Schale ist glatt und nur mit feinen
ungleichen Anwachslinien bedeckt. Nur bei starker Vergrößerung
glaubt man auf dem äusseren Theile der Schale Spuren sehr zarter
Radiallinien wahrzunehmen. Die Innenseite der Schale erscheint voll-
kommen glatt.
Sehr ähnlich ist P. Gerardi Nyst aus dem Crag von Suf-
folk und Antwerpen. Aber die stets fast kreisföürmigen Exemplare
entbehren der bei P. denudatus erwähnten seichten, zu beiden Sei-
ten des Wirbels herablaufenden Depression und sind deutlicher und
gleichmässiger coneentrisch gestreift. Überdies zeigen mir vorlie-
gende Exemplare von Suffolk bei stärkerer Vergrößerung äusserst
gedrängte und feine, aber deutlich erkennbare Radiallinien auf der
ganzen Schalenoberfläche, welche dem P. denudatus fehlen. Auf
dem rechten Ohre bemerkt man einige niedrige Radialrippchen, von
denen bei P. denudatus nur Spuren an der Basis des Ohres wahr-
zunehmen sind. Auf diese constanten Unterschiede gestützt, glaube
ich die Wieliezkaer Species von P. Gerardi trennen zu müssen.
Dagegen scheint sie mit einem unbenannten Pecten aus den
Tertiärschichten von Zabrze in Oberschlesien,. welches das k. k. Hof-
Mineralieneabinet Herrn Prof. F. Römer verdankt, vollkommen
übereinzustimmen; jedoch ist der Erhaltungszustand des Letzteren
nicht so vollständig, um die Identifieirung mit völliger Sicherheit vor-
nehmen zu können.
2. P. scabridus Eichw. (Taf. 6, Fig. 5—1.)
Eichwald Leth. ross. II. pag. 63. pro parte. Taf. 8, Fig. 4-6. —
Peeten Malvinae Dubois de Montpereux conchiliologie foss. des
format. Wolh. Pod. pag. 71. Taf. 8, Fig. 3. — Pecten flavus Dub. d.
Montper. |]. e. pag. 72. Taf. 8, Fig. 7. — Pecten Lilli Pusch Polens
Paläontol pag. 40. Taf, 5, Fig. 5.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 44i
Diese sehr veränderliche Species ist eine der im Salzthone am
meisten verbreiteten Versteinerungen. Schon von Pusch wird sie
als eharaeteristisch für denselben hervorgehoben, jedoch nicht genü-
send beschrieben. Man findet sie in demselben gewöhnlich trupp-
weise vereinigt. Ihr Umriß ist stets fast kreisförmig, indem Höhe
und Länge einander beinahe gleichkommen. Die größten vorliegen-
den Exemplare sind 26—28 Millim. hoch. Beide Klappen sind bei-
nahe gleich gewölbt. Das hintere Ohr ist klein, fast rechtwinkelig,
das vordere bedeutend größer, an der rechten Klappe an der Basis
stark ausgeschnitten zum Durchgange des Byssus. Sämtliche
Ohren zeigen entfernte flache Radialrippchen, die von gedrängten
starken und ungleichen Anwachsstreifen durchsetzt werden.
Die Seulpturverhältnisse des Schalenrückens zeigen auffallende
Verschiedenheiten, so dass man die Extreme leicht für gesonderte
Species zu halten geneigt sein könnte. Der Übergang zwischen den-
selben wird aber durch zahlreiche Zwischenformen vermittelt.
Bei manchen Exemplaren strahlen. unmittelbar vom Wirbel
14—16 schmale niedrige, aber scharfe Rippen aus, die im weiteren
Verlaufe sich nieht nur beträchtlich erhöhen und dicker werden,
sondern auch in 2—4 (gewöhnlich in 3) Rippen spalten, die bald
dicht an einander liegen, bald sich von einander mehr weniger ent-
fernen, so dass dadurch schon dem flüchtigen Blicke auffallende
Rippenbündel entstehen. In die ziemlich breiten Zwischenrinnen der-
selben schieben sich aber überdies je 1—2, ja im untersten Theile
der Schale bisweilen drei Zwischenrippen ein, welche an Höhe und
Breite sehr wechseln, aber stets einfach bleiben. Über Rippen und
Zwischenrinnen verlaufen mehr weniger gedrängt stehende concen-
trische Streifen, welche in den letzteren sich stets etwas. lamellös
erheben und auf dem Rücken der Rippen bald ebenfalls schuppig
emporsteigen, bald wieder nur als erhabene Streifen schwach vor-
ragen. In den Zwischenfurchen der Radialrippen beobachtet man über-
dies noch sehr feine erhabene Längslinien, die im mittleren Schalen-
theile den Rippen paralell verlaufen, auf den Seiten der Klappen aber
eine mehr schräg auswärts gewendete Richtung annehmen. Ebenso
vermag man zwischen den ungleichen queren Anwachsstreifen sehr
gedrängte und zarte derselben Richtung folgende Linien zu erkennen.
An anderen Exemplaren stehen die Rippen größtentheils in
deutliche Büschel gruppirt, welche durch breitere Zwischenfurchen
142 Reuss.
gesondert werden. Diese Formen gehen allmälig in die früher
beschriebenen über, indem die Radialrippen sieh immer mehr nähern
und ihre Bündel daher weniger deutlich hervortreten. Über Rippen
und Zwischenfurehen verlaufen in sehr kleinen, fast regelmässigen
Abständen erhabene etwas blättrige Streifen. Auf den Seitentheilen
der Klappen treten sie etwas deutlicher blättrig hervor. Von den
Längsstreifen vermochte ich jedoch keine Spur zu entdecken,
An der größten Zahl der vorliegenden Exemplare endlich verflacht
sich der Rücken der Radialrippen und dieselben spalten sich erst in der
zweiten Hälfte oder im untersten Drittheile der Schalenlänge büschel-
förmig. Über Rippen und Zwischenfurchen verlaufen keine blättrigen
Anwachsstreifen, sondern dicht gedrängte ungleiche Anwachslinien,
bald mehr, bald weniger deutlich ausgesprochen. Radialstreifen feh-
len selten gänzlich, bisweilen sind sie sehr scharf ausgeprägt.
Die eben beschriebenen Schalen stimmen vollkommen mit man-
chen der in den Neogenschichten Galiziens und Polens vorkommen-
den Formen von P. scabridus Eichw., welche Eichwald in seiner
Lethaea rossica Ill, pag. 63 ff. beschreibt und Taf. 4, Fig. 4 und 6
abbildet. Ebenso sind sie offenbar mit Dubois de Montpereux’s
P. Malvinae (]. e. Taf. 8, Fig. 2) und P. flavus (]. e. Taf. 8, Fig. 7)
identisch. Ob die als Jugendform betrachteten und Taf. 8, Fig 3 abge-
bildeten Exemplare mit einfachen, kaum eine Spur von Gabelung
darbietenden Rippen wirklich hieher gehören, müßte erst die verglei-
chende Untersuchung zahlreicher Exemplare entscheiden.
In keinem Falle aber könnte, wenn die Abbildung treu ist, P, alter-
nans Dub. mit abwechselnd diekeren und feineren Rippen wegen
der sehr abweichend gebildeten Ohren damit verbunden werden.
Ebenso wenig können die sehr abweichend gestalteten und verzierten
P. gloria maris Dub. und P. serratus (Nilss.) Dub., fälschlich
mit einer Kreidespecies identifieirt, nach Eiehwald’s Vorgange, in
den Formenkreis von P. scabridus Eiehw. aufgenommen werden.
Überhaupt hat Eichwald den Umfang seines P. scabridus viel
zuweit gefaßt und es müssen nicht nur die früher namhaft gemachten
Formen ausgeschieden werden, sondern auch die von Eichwaldl. e.
Taf. 4, Fig. 5 abgebildeten Formen können darin ihren Platz nicht
finden. Abgesehen von dem völlig abweichenden Umriß der Klappen und
Ohren, passt die größere Zahl der Rippen nicht für eine Jugendform,
da in diesem Falle ihre Zahl bei fortschreitendem Wachsthume sich
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 143
verringern müßte, statt, wie gewöhnlich, zuzunehmen. Ich glaube
daher P. scabridus Eichw. auf jene Formen von nahezu kreisrun-
dem Umrisse, welche sich durch büschelförmig gruppirte Radialrip-
pen und die schon früher bezeichneten Seulpturverhältnisse auszeich-
nen, beschränken zu sollen. Sie bieten immer noch eine große
Mannigfaltigkeit dar in Beziehung auf die Zahl der Rippen und ihre
Anordnung zu Bündeln in bald mehr, bald weniger auffälliger Weise,
so wie auf die Beschaffenheit der Anwachsstreifen, welche sich bald
auf einfache erhabene Linien beschränken, bald zu schwach-lamel-
lösen Erhöhungen sich ausbilden.
Neuerlichst hat Herr Gymnasialprofessor Em. Urban in Troppau
dieselbe Species von Kathrein in N. von Troppau mitgetheilt. wo sie
in den Mergeln und Kalken der dortigen Gypsformation ziemlich
häufig vorkömmt.
3. P. Eichwaldi Rss. (Taf. 6, Fig. 8.)
?P. scabridus Eichw. pro parte Leth. ross. III. Taf. 4, Fig. 6 (non
Fig, 4, 5.)
Eichwald faßt unter P. scabridus neben den characteristi-
‘sehen Formen mit büschelförmig gruppirten Rippen auch solehe mit
einzelnen gleichmäßigen Rippen zusammen, indem er letztere für
Jugendformen ansieht. Dieser Anschauungsweise widerspricht schon
der Umstand, dass einerseits an sehr kleinen offenbar jugendlichen
Exemplaren des P. scabridus die bündelförmige Anordnung der Rip-
pen sehon mehr weniger deutlich hervortritt, dass dagegen anderseits
Schalen mit einzeln stehenden Rippen den Durchmesser der größten
unzweifelhaft vollkommen erwachsenen Exemplare des typischen
P.scabridus erreichen. Tech bin daher der Ansicht, die Formen mit ver-
einzelten Rippen, welche auch noch andere Unterscheidungsmerkmale
darbieten, von P. scabridus trennen und als gesonderte Species fest-
halten zu müßen.
Das am besten erhaltene vorliegende Exemplar ist 18 Millim.
hoch und in seinem breitesten Theile, der fast gerade in die Mitte
der Schalenhöhe fällt, ebenso breit. Über die Schale laufen 21—22
gerade breite Radialrippen mit breitem flach gewölbtem Rücken, die
durch schmälere tiefe Zwischenfurchen geschieden werden. Mit Aus-
nahme der den Seitenrändern näher gelegenen sind sie gleich breit
und hoch.
144 Reuss.
Rippen und Furchen werden von sehr zarten Anwachslinien
durehsetzt, die zunächst dem unteren Schalenrande schwach blättrig
werden. Von der Erhebung zu Schuppen, welche man an verschiede-
nen Varietäten des P. scabridus beobachtet, ist hier keine Spur
wahrzunehmen. Durch diese Glätte der Rippen und Zwischenfurchen
unterscheidet sich unsere Species auch von P. scabrellus Lamk t).
Die Ohren sind ungleich; das hintere sehr klein, fast recht-
winkelig; das vordere viel größer, an der Basis etwas eingebogen.
Nebst einigen sehr flachen radialen Rippchen tragen beide gedrängte
zarte Anwachslinien.
Ich habe die beschriebene Species nur sehr selten im Salzthone
(zweite Gruppe, Horizont E) angetroffen.
Spondylus L.
Das Steinsalz hat ein Fragment einer kleinen Schale geliefert,
an welchem die Gegenwart des Schlosses wohl die Gattung erken-
nen lässt, ohne dass jedoch eine Bestimmung der Species möglich
wäre. Offenbar hat es aber einer radialgerippten Species angehört.
p) Ostreacea Lamk.
Ostrea Lamk.
1. 0. navicularis Brocchi.
Bourguet mem. pour servir ä l’hist. nat. des petrifications Taf. 18, Fig.
104. — Brocchi conchiliol. foss. subapenn. II. pag. 565. — Goldfuss
petref. Germ. II. pag. 31. Taf. 86, Fig. 2. — Gryphaea navieularis
Bronn Ital. Tertiärgeb. 1831. pag. 123. — Podopsis gryphaeoides
Lamarck hist. des anim. s. vert. VI. pag. 195.
Ein Exemplar im Salzthone theilte neuerlichst Herr Mark-
scheider Ott in Wieliezka gefälligst mit. Die Species ist übrigens
bekannt aus dem Tegel von Baden und Möllersdorf bei Wien, von
Ödenburg in Ungarn, aus dem Leithakalk von Steinabrunn.
Aus dem Steinsalz liegen einige höchstens 4 Millim. hohe
Schalen junger Brut vor, die keine nähere Bestimmung gestatten.
Sie sind flach, aussen eoncentrisch gestreift, mit innen gekerbtem
Seitenrande.
Aus dem Salzthone wurde ein einziges Exemplar von derselben
Beschaffenheit, aber 15 Millim. hoch, ausgewaschen.
1) Goldf. Petref. German. Il. pag. 62. T. 95, Fig. 5.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 145
VE GASTEROPODEN.
1. Pteropoda Cuv.
Cleodora Per. et Les.
| &) Creseis Rang.
l. €l. spina Rss. (Taf. 6, Fig. 9.)
Das Gehäuse ist sehr klein, lang und dünn conisch und ver-
schmälert sich nach unten sehr langsam zur scharfen Spitze. Oben
ist es abgestutzt und in seiner ganzen Weite geöffnet. Die scharf-
randige Mündung kreisrund. Unterhalb der Mitte zeigen alle vor-
liegenden Exemplare eine sehr seichte Einschnürung, unter welcher
das Gehäuse sich wieder schwach verdickt, um sich dann erst zuzu-
spitzen. Ungleiche zarte Anwachsringe bedecken die Oberfläche der
Schale, wie man bei stärkerer Vergrößerung wahrnimmt.
Die Species ähnelt am meisten der 01. acieula Rang t). Ob
sie mit dieser in allen Meeren gemeinen Species identisch sei, muss
ich wegen Mangels von Originalexemplaren der letzteren unentschie-
den lassen.
Die Spitze am Mündungsrande, welche bei Styliola Les.
gewöhnlich vorhanden ist, fehlt bei unserer Species. Ob die oben
bemerkte schwache Einschnürung der Schale mit dem Vorhandensein
einer inneren Scheidewand in Verbindung stehe, wie selbe die Gat-
tung Triptera Q. et G. ?) besitzt, konnte ich bei der geringen
Anzahl der sehr kleinen Exemplare nieht mit Sicherheit entscheiden.
Jedoch ist es wenig wahrscheinlich.
2. Cl. subulata Q. G.? (Taf. 6, Fig. 10.)
Rang et Souleyet hist. nat. des. moll. pterop. pag. 55. Taf. 6, Fig. 6.
Die vorliegenden Exemplare sind nicht vollständig genug erhal-
ten, um eine sichere Bestimmung zu gestatten. Die sehr kleinen
Gehäuse sind dünn, conisch, unten scharf zugespitzt, im Querschnitte
kreisrund. Die runde Mündung ist überall etwas beschädigt; sie ist
jedoch schief und läßt Spuren eines in der Mitte der Oberlippe
sitzenden spitzigen Zahnes wahrnehmen. Die Identität mit der in allen
Meeren verbreiteten lebenden CI. subulata bleibt daher zweifelhaft.
1) Rang et Souleyet hist. nat. des moll. pterop. pag. 56. Taf. 6, Fig. 5—7.
2) Adams the gen. of rec. moll. I. pag. 53. Taf. 6, Fig. 6. — Rang et Soul e-
yetl.c. Taf. 4; Taf. 14, Fig. 1—6.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 10
146 Reuss.
Spirialis Eyd. et Soul.
l. Sp. valvatina Rss. (Taf. 6, Fig. 11.)
Valvatina umbilicata Bornemann die mieroseop. Fauna des Septarienthones
v. Hermsdorf. 1856. pag. 15, Taf. 1, Fig. 5.
Diese kleine Species, welche nicht gar selten im Steinsalze vor-
kömmt, wurde schon früher vor Bornemann auch im mitteloligoeänen
Septarienthon von Hermsdorf aufgefunden und den Foraminiferen
beigezählt. Ich habe sie seither in denselben Schichten an mehreren
anderen Orten zu beobachten Gelegenheit gehabt.
Das Gewinde der sehr dünnen linksgewundenen Schalen, die
eine Länge von höchstens 1,3 Millim. erreichen, erhebt sich in
schwacher stumpfer Wölbung nur wenig. An den größten Exempla-
ren zählte ich nur vier Umgänge, jedoch war der Mündungsrand nir-
gends vollständig. Die Windungen sind gerundet. Die Unterseite des
Gehäuses ist von einem sehr engen Nabelloch durchbohrt; die Mün-
dung halbrund, nach abwärts etwas ausgezogen.
Von der ebenfalls im fossilen Zustande beobachteten Sp. ventri-
cosa Soul. !) unterscheidet sie sich durch die viel weniger hohe
letzte Windung und das noch weniger erhabene Gewinde.
Ähnlieh ist auch Atlanta rotundata d’Orb. 2). Aber unsere
Species besitzt vier (nicht drei) Windungen, deren letzte nicht so
breit ist. Die Mündung ist höher, am untern Ende weniger gerundet.
an der Spindelseite etwas mehr vorgezogen. In letzterer Beziehung
stimmt sie mehr mit Atlanta trochidiformis dOrb. 3) überein. Von
beiden weicht sie aber durch den engeren Nabel ab. Am meisten
dürfte sie der Atl. Lesueurii d’Orb. *) verwandt sein.
Limaeina hospes Rolle aus dem Oberoligocän von Sternberg
dürfte von unserer Species kaum verschieden sein. (Sitzb. d. k. Akad.
d. Wiss. Bd. 44. pag. 205. Taf. I, Fig. 1.)
1) ’Orbigny voy. dans l’Amer. meridion. Mollusques pag. 175, Taf. 12, Fig.
20 — 24.
?) Souleyet revue zoolog. 1840, pag. 236. — Voyage de la Bonite II. pag. 216,
Taf. 13, Fig. 11—16. — Rang et Souleyet hist. nat. des moll. pterop. pag.
63, Taf. 14, Fig. 13—18. — Scaea stenogyra Philippi enum. moll. Siecil. Il.
pag. 164, Taf. 25, Fig. 20. — Adams I. c. I. pag. 59, Taf. 7, Fig. A.
3) ]. c. pag. 177, Taf. 12, Fig. 29—31.
4) 1. c. pag. 177, Taf. 20, Fig. 12—15.
PS
a!
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. H
9. Cirrhobranchiata Blainv.
a) Dentalidea Gray.
Dentalium L.
1. D. tetragenum Brech.
H örnesl].e. I. pag. 635. Taf. 50, Fig. 34.
Sehr selten im Steinsalz und Salzthon. Im Tegel von Bäden bei
Wien und von Lapugy in Siebenbürgen. |
2. D. entalis L.
Hörnesl.e.I. pag. 658. Taf. 50, Fig. 38.
Sehr seltene Bruchstücke im Steinsalz.
Verbreitet im Miocän und Plioeän und lebend. Im Wiener
Becken wurde sie bisher nur im Tegel von Baden gefunden.
2. D. ineurvum Ren.
Hörnesl.e. I. pag. 659. Taf. 50, Fig. 39.
Sehr selten, ein Exemplar aus dem Steinsalz, zwei aus dem
Salzthon. Im Wiener Becken im Tegel von Baden, im Leithakalk
von Nußdorf und Steinabrunn, besonders häufig an letztgenanntem
Orte. Überdies lebend, plioeän, miocän, oberoligocän (Bünde,
Freden).
3. Tubulibranchiata Ouv.
b) Turbispirata Desh.
Serpulorbis Sassi.
l. S. intortus Lam. sp.
Vermetus intortus Lam. Hörnes]. e. I. pag. 484. Taf. 46, Fig. 16.
Herr von Geramb sandte ein in rauchgrauem körnigem Stein-
salze eingewachsenes Exemplar ein. Im Wiener Becken hauptsächlich
in den Tegeln des Leithakalkes (Nußdorf, Nikolsburg, Gainfahren,
Steinabrunn u. s. w.), im oberen Tegel von Grinzing, Rudelsdorf
u. a. Überdies verbreitet im Mioeän und Pliocän und lebend in den
jetzigen Meeren.
Caecum Flem.
l. €. glabrum Mont. sp.
Wood a monograph of the Crag Mollusca I. pag. 117. Taf. 20, Fig. 6. —
Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 39, pag. 265.
Selten im Steinsalz. Im Tegel von Rudelsdorf in Böhmen, im
Crag von Sutton und lebend.
10°
148 Reuss.
. &. trachea Mont. sp.
Hörnesl.e. I. pag. 490. Taf. 46, Fig. 19.
Selten im Steinsalz. Im Leithakalk von Steinabrunn, im oberen
Tegel von Rudelsdorf. Überdies häufig pliocän und lebend.
Pectinibranchiata Cuv.
a) Missoidea Forb. etHan.
Rissoa Freminv.
«) Alvania Rissot).
Das Steinsalz und der Salzthon von Wieliezka haben vier Arten
von Alvania geliefert, von welchen zwei entschieden bekannten Arten
angehören, die beiden anderen mit den schon bestehenden so wenig
übereinstimmende Merkmale aufweisen, daß sie als neue Arten
betrachtet werden müssen. |
Die beiden bekannten Arten sind: Alvania Moulinsü d’Orb.
und zetlandicaM ont. ; die beiden neuen erhalten dieNamen: A. Velis-
censis und conica,
Mit Ausnahme der A. Veliscensis sind von den übrigen Arten
nur wenige wohlerhaltene Exemplare ausgeschlämmt worden und der
größte Theil der ziemlich zahlreich gefundenen Individuen sind
Jugendexemplare, welche noch so wenig in der Entwicklung fort-
geschritten sind, daß die Bestimmung der Art, welcher sie angehören,
völlig zweifelhaft bleibt.
Ihre Schalen zeigen den Schmelz und den Glanz recenter Con-
chilien, und wäre ihr fossiler Ursprung nieht mit Sicherheit bekannt,
so würde man sie jedenfalls eher jetzt lebenden, als tertiären Mollus-
ken zuschreiben.
1. A. Moulinsii d’Orb.
1838. Rissoa decussata Grateloup Conch. foss. in Aet. Linn. Vol. X. pag.
204. Taf. 5, Fig. 49. — 1840. R. decussata Grat. atlas eonch. foss.
de l’Adour Taf. 4, Fig. 49 „var. c“. — 1852. R. Moulinsü d“Orbigny
prodr. de pal. strat. II. pag. 28, nro. 365. — 1856. Z. Moulinsüu Hör-
nesl. ce. I. pag. 570. Taf. 48, Fig. 14.
1) Herr Schwartz v. Mohrenstern, der Verfasser der schönen Monographien von
kissoina und Rissoa hat die Gefälligkeit gehabt, die Bestimmung und Beschreibung
der Arten zu übernehmen. Ich lasse daher seine Mittheilungen unverändert folgen.
Auch die Abbildungen der zwei neuen Arten verdanke ich seiner Güte.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 149
Im Steinsalz und Salzthon. Überdies in den Tertiärablagerungen
von Bordeaux, Merignac, Lapugy, Buitur, Baden, Niederleis, Steina-
brunn.
Diese Art ist zwar in zahlreichen Jugendexemplaren, aber lei-
der nieht in vollkommen ausgewachsenem Zustande aufgefunden wor-
den. Aus der Vergleichung mit Jugendexemplaren von verschiedenen
anderen Localitäten stellt sich jedoch die Identität mit ziemlicher
Sicherheit heraus.
2. A. zetlandica Mont. sp. -
? 1811 Turbo zetlandicus Adams trans. Linn. Soe. Vol. XI. pag. 194. Taf.
13, Fig. 3. — ?1827. Cyelostrema zetlandieus Fleming brit. anim.
pag. 312. — 1842. Rissoa zetlandica S. Wood Catal. — 1843. Morris
Catal. of. brit. foss. pag. 161. — 1843. Rissoa cyclostomata Reeluz
rev. zool. Cuvier Soc. pag. 104. — 1844.? Cyclostrema zetlandica
Thorpe brit. mar. conch. pag. 158. — 1844. Cingula scalariformis
Metealfe brit. mar. eonch. pag. 42. Fig. 89. — 1844. Rissoa zetlandica
Brown Ill. eoneh. of. Gr. Brit. pag. 11. Taf. 9, Fig. 79. — 1848.
Rissoa zetlandica Wood Paleont. Soe. pag. 101. Taf. 11. Fig. 7. —
1853. Rissoa zetlandica Forbes and Hanley brit. moll. TUI. pag. 78.
Taf. 80, Fig. 1, 2. — 1854. R. zetlandica Morris Catal. of. brit. foss.
2d edit. pag. 277. — 1856. R. zetlandica Hörnes |. e. I. pag. 566.
Taf. 48, Fig. 11.
Im Salzthon von Wieliezka. Recent an den Küsten von Eng-
land und Schottland, im Kattegat und an der Westküste von Frank-
reich. Fossil bei Pontlevoi, im Tegel von Lapugy, im Leithakalk von
Steinabrunn und nach Wood im Crag von Sutton.
Diese Art ist leicht an der untersten Spiralfurche der letzten
Windung zu erkennen, weiche, bedeutend erweitert und ausgehöhlt,
halsbandartig die Mündung umgibt.
3. A. Veliscensis v. Schwtz. (Taf. 7, Fig. 2.)
Testa tenui, ovato - elongata, apice parum obtusa; sutura
profunde depressa; anfractibus quinqgue Convewissimis, primis
duwobus embryonalibus laevibus, ceteris per costas longitudinales et
Fransversas anguste et acriter clathratis ; costis longitudinalibus
in anfractu ultimo 26—28, subobliguis, ad partem anticam obso-
letis; strüs spiralibus elevatis 9; apertura ovali, angulo superiore
rotundato, labro inferne producto, extus per varicem eingulis
excurrentibus ornatum incrassato, intus laevi; labio anguste refle-
xo, fissuram umbilicalem parvam operiente.
150 Reuss.
Schale dünn, oval, verlängert, mit conischem nicht sehr zuge-
spitztem Gewinde, welches —5 sehr bauchige Windungen trägt, die
durch eine tief eingedrückte Nath getrennt werden. Die beiden ersten
Windungen sind glatt, die übrigen fein, aber sehr scharf gegittert.
Auf der letzten Windung zählt man 26—28 beinahe gerade stehende
Längsrippen, welche bis über die Hälfte der Windung herabreichen.
Sie bilden mit den ersten 4—9 erhabenen Spiralstreifen ein regel-
mässiges Gitter, dessen Kreuzungsstellen als feine Knötchen erschei-
nen. Diese gitterförmige Seulptur ist im oberen Theile der Windung
am schärfsten und verliert sich nach unten zu allmälig. Auf der
unteren Hälfte der sehr gerundeten letzten Windung sind die Spiral-
linien einfach und werden durch keine Längsfalten gekreuzt.
Die Mündung ist oval, geradestehend, im oberen Winkel zuge-
rundet, innen glatt, ohne Zähne. Der äußere Mundsaum ist etwas
geschweift und vorgeneigt und trägt aussen einen scharf begrenzten
Wulst, auf welchem die auslaufenden Enden der Spirallinien noch
deutlich sichtbar sind. Die Spindellippe steht gerade, ist wenig, aber
gleichförmig umgeschlagen und bedeckt theilweise einen durch den
letzten scharfen Spiralstreifen gebildeten Nabelritz.
Höhe: 3 Millim.; Breite: 1:6 Millim.
Diese Art ist in mehreren schönen vollkommen ausgebildeten
Exemplaren aufgefunden worden, weiche ganz das Aussehen recenter
Conchylien besitzen. Sie sind noch durchscheinend und zeigen den
eigenthümlichen Glanz und Schmelz, wie jene.
Die Species läßt sich mit keiner der bisher bekannten sowohl
fossilen als lebenden Alvanien verbinden und bildet daher eine neue
Art, welche an der vollkommen ovalen Mündung, den sehr gerundeten
Windungen und der feinen aber scharfen Gitterung leicht von den
übrigen Alvanien zu unterscheiden ist.
4. A. conica v. Schwtz. (Taf. 7, Fig. 3.)
Testa parva, solida, ovato-conica; spira turbinata, brevi,
acuta; sutura fiiformi anguste excavata; anfractibus quatuor
modice convewxis, primis duobus embryonalibus laevibus, caeteris
leviter costatis, costis ad mediam partem evanescentibus, in infera
nullis; strüs spiralibus 10, tenuibus, versus basin prominentibus;
apertura parum obliqua, ovata, angulo superiore obtusato; labro
untice resupinato, extus varice laevi incrassato, Intus luevt.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 151
Schale klein, ziemlich stark, eiförmig-conisch, mit kreiselförmi-
gem schnell abnehmendem zugespitztem Gewinde und fein aus-
gehöhlter fadenartiger Nath. Sie besteht aus vier gewölbten Win-
dungen, von welchen die beiden ersten glatt, die anderen schwach
längsgerippt und undeutlich spiral gestreift sind. Die letzte Windung,
welche 16—18 flache fast geradstehende Längsfalten trägt, ist im
Verhältnisse zu den übrigen Windungen sehr groß, denn sie beträgt
mehr als die Hälfte der ganzen Schalenlänge. Sie ist nur an der
oberen Hälfte mit Längsfalten versehen, zwischen welchen zarte
Spiralstreifen sichtbar sind. An der unteren Hälfte sind nur entfernte
Spiralstreifen sichtbar. Diese letzten, deren man zehn auf der unteren
Windung zählt, stehen oben zwischen den Rippen am dichtesten und
erweitern ihre Zwischenräume in dem Maße, als sie tiefer nach
unten stehen. Die Mündung ist eiförmig, etwas gegen die Spindel
geneigt, im oberen Winkel etwas zugerundet, gegen den äußersten
Rand etwas erweitert und innen glatt. Die äußere Lippe ist unten
etwas zurücktretend und außen durch einen glatten Wulst verdickt.
Die Innenlippe schmal umgeschlagen, fest an der Spindelwand an-
liegend.
Die Schale mißßtt nur 2 Millim. in der Höhe auf 12 Millim.
Breite.
Obgleich diese Art in der Gestalt manche Ähnlichkeit mit anderen
Alvanien besitzt, so kann sie doch keiner der bekannten Arten zuge-
wiesen werden, da sie, wenngleich sehr klein, doch alle Merkmale
einer vollkommen ausgewachsenen Schnecke an sich trägt und daher
sieh kaum erwarten läßt, daß sie bei weiter fortschreitender Ent-
wickelung zu einer der schon bestehenden Arten auswachsen dürfte.
Wäre die Innenseite der Aussenlippe gezähnt, so käme sie offenbar
in die Nähe der Alv. Moulinsi d’Orb. zu stehen oder könnte als
eine Abart derselben betrachtet werden. Mit der glatten Mündung
hat sie aber bis jetzt noch keine ähnlichen Stammesgenossen, denen
man sie zugesellen könnte. Man sieht sich daher genöthigt, sie für
eine neue Species anzuerkennen.
Skenea Flem.
l. Sk. simplex Rss. (Taf. 8, Fig. 2).
Das äußerst kleine Gehäuse ist tellerförmig niedergedrückt,
einer Planorbis-Schale ähnlich. Auf der flachen, in der Mitte schwach
152 Reuss.
vertieften Spivalseite erkennt man drei gerundete, durch tiefe Furchen
gesonderte schmale Umgänge. Ihr Rücken ist gerundet, ohne jeden
Kiel und dadureh unterscheidet sich die Art hauptsächlich von der
sehon früher von mir beschriebenen Sk. carinella Rss. aus dem
mioeänen Tegel von Rudelsdorf 1).
Die Unterseite der Schale bietet einen tiefen Nabel dar. Die
Mündung jist rund, nur nach innen durch den anliegenden vorletzten
Umgang wenig modifieirt. Der Mundsaum einfach, zusammenhängend,
die Schalenoberfläche mit zarten ungleichen Anwachsstreifen bedeckt.
Sehr selten im Steinsalze.
b) Peristomia Lamk.
Bithynia Gray.
Ich folge hier dem Vorgange von Deshayes, welcher, den
untergeordneten Werth des concentrischen und spiralen Baues des
Deckels bei gleicher Organisation des Thieres erkennend und sich
besonders auf das combinirte Vorkommen beider Structurarten
stützend, Hydrobia, Ammicola, Nematura u. a. wieder in der
Gattung Bithynia zusammenfaßt. Ich schlage diesen Weg um so
lieber ein, als bei den fossilen Arten gewöhnlich das wesentliche
Unterscheidungsmerkmal, der Deckel, nicht zu Gebote steht. Dieser
Umstand macht oft selbst die Unterscheidung der mit kalkigem Deckel
versehenen Bithynien von den hornig-deckeligen Paludinen sehr
mißlich.
1. B. Frauenfeldi Hörn. sp.
Rissoa elongata Eichw. Leth. ross. III. pag. 272. Taf. 10, Fig. 15. (non
Philippi.) — Paludina Frauenfeldi Hörnes ]. c. pag. 582. Taf. 47,
Fig. 18.
Die Exemplare aus dem Steinsalze stimmen mit jenen aus dem
Wiener Becken überein. Ich vermag wenigstens keinen irgend be-
deutenderen Untersebied aufzufinden. Die Species ist der B. pusilla
Desh.) ähnlich, unterscheidet sieh aber von ihr durch das sich
regelmäßiger zuspitzende Gewinde, den breiteren letzten Umgang,
1) Reuss ind. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 39, pag. 266. Taf. 5,
Fig. 10.
?) Deshayes deser. des anim. sans vertebr. decouy. dans le bass. tert. de Paris, I.
pag. 512. — Paludina pusilla Bast. Deshayes coq. foss. des env. de Paris Il. pag.
134. Taf. 16, Fig. 3, A.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 153
die breitere Mündung und den viel stärkeren Umschlag des Spindel-
randes derselben, welcher den Nabel theilweise verdeckt. Im Wiener
Becken liegt die Species vorzugsweise in den oberen Cerithien-
schiehten (Nußdorf, Sechshaus, Hauskirchen u. s. w.), im Tegel von
Rudelsdorf, im Sand von Pötzleinsdorf u. a.
2. B. eurta Rss. (Taf. 8, Fig. 1).
Die im Salzthone, besonders aber im Steinsalze nicht selten vor-
kommende Species stimmt im Umrisse sehr mit B. helicella A. Br. ')
überein, ohne jedoch damit identisch zu sein. Auch mit Paludina
Partschi Frauenf. ?) verräth sie große Analogie.
Die Schale ist kurz und bauchig kreiselförmig, mit stumpfem
Gewinde, das aus vier gewölbten, durch tiefe Näthe gesonderten
Umgängen besteht, von denen der letzte bauchige die Hälfte des
ganzen Gewindes einnimmt. Die Mündung ist beinahe rund, nur
wenig durch die anliegende vorletzte Mündung modifieirt. Der Mund-
saum zusammenhängend, im äußeren Theile ziemlich stark verdickt,
im inneren einen sehr schmalen Umschlag bildend. Auf der Innen-
seite des Mundsaumes ausgewachsener Exemplare beobachtet man
einen verdickten Ring, der dem Deckel, dessen Beschaffenheit jedoch
unbekannt ist, ohne Zweifel zum Stützpunkte diente. Es ist nur ein
sehr schwacher Nabelritz vorhanden. Die Schalenoberfläche zeigt
dem bewaffneten Auge schwache ungleiche Anwachsstreifen.
Die größten Exemplare messen etwa 2 Millim. in der Höhe bei
1-25 Millim. Breite. |
B. Partschi Frfld. sp. weicht davon ab durch die noch mehr
kugelige Gestalt, den weiteren Nabel und den nicht verdiekten Mund-
saum, so wie überhaupt durch die dünnere Schale.
3. B. immutata Frfld. sp.
Paludina immutata Frfld. inHörnesl.e.I. pag. 587. Taf. 47, Fig. 23. —
Paludina pusilla Eichw. Leth. ross. III. pag. 283. Taf. 10, Fig. 33.
(non Brongn. et Bast.) — Amnicola immutata Frauenfeld in d.
Verhdlgen d. k. k. zool. bot. Ges. in Wien. 1864. XIV. pag. 615.
Selten im Steinsalz. Im Wiener Becken im brakischen Tegel
des Raaber Bahnhofes und von Mauer. Von Eichwald wird sie
1) Deshayes deser. des anim. s. vert. decouv. dans le bass. tert. de Paris Il. pag.
498. Taf. 33, Fig. 34—36.
?) Hörnesi. ce. I. pag. 588. Taf. 47, Fig. 2A.
154 Reuss.
lebend an den Küsten des schwarzen und easpischen Meeres und in
salzigen Tümpeln der Umgegend von Odessa angegeben.
ß) Nematura Benson.
4. B. Schwartzi Frfld. sp.
Paludina Schwartzi Frauenfeld In Hörnes |. e. I. pag. 589. Taf. 47,
Fig. 25. — Nematura Schwartzi Frauenfeld in d. Verhdlg. der k. k.
zool.-bot. Ges. in Wien 1864. XIV. pag. 645.
Ein sehr schön erhaltenes Exemplar, durch Schlämmen des
Spizasalzes gewonnen, wurde von Herrn k. k. Markscheider Ott ein-
gesendet.
Im Wiener Becken ist sie bisher nur im Tegel von Vöslau auf-
gefunden worden.
c) Pyramidellidae Desh.
Eulima Risso.
1. E. filigera Rss. (Taf. 1, Fig. 4).
Die sehr kleine Species, von welcher mir leider nur ein nicht
ganz vollständiges Exemplar aus dem Salzthon vorliegt, weicht etwas
von den typischen Arten der Gattung ab. Das glänzend glatte, spitzige,
nach abwärts aber sich ziemlich rasch verdickende und daher im
Verhältniß zur Länge ziemlich dicke Gehäuse besitzt acht Umgänge,
die etwas gewölbt sind. Sie liegen deshalb nicht durchaus in einer
Ebene, sondern werden durch etwas mehr als gewöhnlich einge-
drückte Näthe von einander gesondert. Über die letzten zwei Um-
gänge verläuft etwa am unteren Ende ihres obersten Drittheiles ein
sehr feiner fadenförmiger Spiralkiel, gleich einem aufgelegten Faden.
Auf dem letzten Umgange bemerkt man einige schwache gebogene
Mundwülste, wie sie bei Zulöma-Arten häufig vorkommen.
Die Mündung ist klein, eiförmig, unten gerundet, oben zuge-
spitzt. Der äußere Mundsaum ist an dem vorliegenden Exemplare
verbrochen. Da sich aber hart daneben ein Mundwulst befindet, so
überzeugt man sich leicht, daß der Mundsaum in der Mitte etwas
bogenförmig vorgezogen ist, wenn auch nicht in so hohem Grade,
wie dies bei manchen anderen Eulima-Arten Statt findet.
Der innere Mundsaum ist sehr schmal; die kurze gerade Spindel
geht in regelmäßiger Biegung in den untern Rand der Mündung
über.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 155
Odontostoma Flem.
l. 0. plicatum Mont. sp.
Hörnesl. e. I. pag. 496. Taf. 43, Fig. 26.
Selten im Steinsalz, so wie im Salzthone, aus welchem nur un-
ausgebildete Jugendexemplare vorliegen.
Im Tegel von Baden, im Leithakalk von Nußdorf und Steina-
brunn. Bei Castellarquato, im englischen Crag, im Oberoligocän von
Freden und Luithorst, endlich noch lebend in den jetzigen Meeren.
Turbenilla Risso.
Ich nehme diese Gattung hier in dem schärfer begrenzten Um-
fange, welchen Deshayes !) derselben zuletzt gegeben hat. Sie
umfaßt alle Arten mit spitzigem thurmförmigem Gehäuse, zahlreichen
Umgängen, deren letzter selbst nur eine geringe Höhe erreicht, mit
linksgewundenem embryonärem Nucleus, kleiner ovaler etwas vier-
seitiger Mündung, unterbrochenem Mundsaum und gerader Spindel,
die durch ihre Drehung eine mehr weniger deutliche schräge Falte
hervorbringt. In diesem Sinne genommen umschließt sie eine nicht
geringe Anzahl der zu Chemnitzia d’Orb. gezählten Arten. Diese
Gattung, welche in der ursprünglichen Bedeutung gänzlich mit Tur-
bonilla zusammenfällt, ist in der späteren Umstaltung völlig unhaltbar,
indem sie sehr verschiedenartige Elemente, ja selbst eine große An-
zahl von Arten enthält, die wegen des Mangels des embryonären
Nucleus gar nicht zu der Familie der Pyramidellideen gerechnet
werden können. Es ist daher am gerathensten, dieselbe mit Des-
hayes ganz zu verlassen und in ihre Elemente aufzulösen. Die
Arten mit Nucleus und mehr weniger deutlicher Spindelfalte müssen
in den Bereich der Gattung Turbonilla gezogen werden. Diese bietet
demnach eine weite Formenreihe dar von der in hohem Grade ent-
wickelten Spindelfalte an bis zum beinahe völligen Verschwinden
derselben und schließt sich durch zahlreiche Mittelformen einerseits
an Odontostoma Flem. und Pyramidella Lamk., anderseits an die
faltenlose Aciculina Desh. an.
Die zahlreichen fossilen Turbonilla-Arten lassen sich am ein-
fachsten nach der Beschaffenheit ihrer Sceulptur in zwei Gruppen
sondern, deren eine die Arten mit längsgefalteter, die andere jene
mit glatter ungerippter Schale umfaßt.
1) Deser. des anim. s. vert. desouv. dans le bass. tert. de Paris II. pag. 563.
156 k Reuss.
&) Mit gefalteter Schale.
l. T. graeilis Breeh. sp.
Hörnesl.e. I. pag. 498. Taf. 43, Fig. 28.
Nebst sehr seltenen Bruchstücken liegt auch ein vollständiges
sehr schlankes Jugendexemplar aus dem Salzthone vor.
Die T. (Chemnitzia) Reussi Hörn. sp. ist sehr ähnlich, unter-
scheidet sich aber durch das sich rascher verdiekende Gehäuse, den
Nabelritz, die ganz geraden Rippen, die verschwindend kleine Spindel-
falte und die weniger gerade Columella.
T. graeilis findet sich im Wiener Becken im Tegel von Baden
und Jaromerie, im Leithakalk von Nußdorf und Steinabrunn, im Sande
von Grund, so wie in jenem von Pötzleinsdorf.
2. T. turricula Eichw. sp.
Hörnesll.e. I. pag. 501. Taf. 43, Fig. 31. |
Sehr seltene Bruchstücke kleiner Exemplare aus dem Steinsalze,
welche die characteristischen drei bis vier Spiralstreifen an der Basis
der Umgänge nicht darbieten. Jedoch fehlen diese auch an den
Schalen von Grinzing und Niederleis. Von 7. pusilla Phil. unter-
scheidet sich die Species leicht durch den Mangel der an der Basis
der Umgänge hart an der Natlı liegenden Einschnürung. Die Um-
gänge schließen dicht aneinander.
Im Wiener Becken, im Leithakalk von Steinabrunn und Nieder-
leis, im oberen Tegel von Grinzing, im Sande von Immendorf.
3. T. pusilla Phil. sp.
Hörnesl. ce. I. pag. 500. Taf. 43, Fig. 30.
Von dieser Species hat der Salzthon zahlreiche, das Steinsalz
seltenere Schalen kleiner Exemplare, so wie Bruchstücke derselben
geliefert. Sie unterscheiden sich theilweise etwas von den typischen
Exemplaren aus dem Tegel von Baden und aus dem Leithakalk von
Steinabrunn und Enzesfeld. Die Zahl der Längsrippchen ist bedeu-
tend größer, diese selbst sind feiner. Auf der letzten Windung ver-
wischen sie sich nicht selten ganz, so dal die Schale daselbst nur
gestreift erscheint.
Die Mündung ist oft eiwas breiter und oben weniger zugespitzt,
der Nabelritz bisweilen deutlicher ausgesprochen. Aber diese Kenn-
zeichen variiren selbst wieder. Bei Vergleichung zahlreicher Exem-
plare von 7. pusilla von den verschiedensten Fundorten habe ich
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 157
ebenfalls einzelne beobachtet, deren letzter Umgang mit viel zahl-
reicheren und feineren Rippen besetzt war. Bei der Übereinstimmung
aller wesentlicher Kennzeichen kann man jedoch solche Formen nur
für Varietäten ansehen.
Anfänglich glaubte ich auch darin eine Verschiedenheit der
Wieliezkaer Exemplare zu erblieken, dafs dieselben, unter dem Mikro-
skope betrachtet, sehr zarte Querlinien auf den Rippchen und in
deren Zwichenrinnen wahrnehmen lassen. Bei genauer Untersuchung
beobachtete ich aber auch in den Zwischenfurchen von Exemplaren
des Wiener Beckens Spuren dieser Sculptur.
4. T. pygmaea Grat. sp.
Hörnesl.c.I. pag. 502. Taf. 43, Fig. 32.
Sehr seltene kleine Jugendexemplare mit 19 — el aaa
Der Salzthon hat auch ein vollkommen ausgewachsenes Exemplar
mit 19 Rippen geliefert. Im Wiener Becken wurde sie nur selten im
Tegel von Baden und im Tegel des Leithakalkes von Steinabrunn
gefunden.
9. T. brevis Rss. (Taf. 7, Fig. 9).
Diese kleine Species, die nicht gar selten im Salzthone von
Wieliezka vorkömmt, weicht von den typischen Turbonilla-Arten
weit ab, steht aber doch in manchen Beziehungen der 7. pygmaea
Grat. sp. sehr nahe. Sie damit zu vereinigen, gestatten aber manche
unterscheidende Merkmale nicht. Vor Allem ist sie nie so langgestreckt,
immer viel kürzer, als 7. pygmaea, nicht gleich dieser zweimal so
hoch als dick. Nebst den sehr kleinen glatten Embryonalwindungen,
die sich ganz so verhalten, wie bei der Grateloup schen Species,
zählt man stets nur drei jüngere Umgänge, deren letzter beträchtlich
höher ist, als die übrigen zusammengenommen. Alle sind gewölbt,
durch tiefe Näthe gesondert und zeigen an der Basis den für 7. pyg-
maea eharacteristischen treppenförmigen Absatz.
Die Mündung ist ebenfalls sehr analog gebaut, etwas schief-
eiförmig, unten gerundet, oben verschmälert. Der dünne äußere
Mundsaum ist bogenförmig. Die ebenfalls dünne und etwas gebogene
Spindel bildet einen schmalen losgelösten Umschlag, so daß der
Mundsaum oftmals zusammenhängend erscheint, wie dies aber auch
manche Schalen von T. pygmaea darbieten. Im oberen Theile trägt
158 Reuss.
die Spindel eine schwach angedeutete schräge Falte, viel schwächer
als bei der mehrfach genannten Grateloup schen Species.
Die Oberfläche der Schale ist mit scharfen feinen Längsrippchen
bedeckt, die am oberen Rande der Umgänge in Gestalt spitziger
Höcker vorragen. Sie sind viel zahlreicher als bei 7. pygmaea
(25 — 26, bei letzterer nur 14— 15) und zugleich feiner. Sie wer-
den von regelmäßigen zarten Querfurchen durchkreuzt, die beson-
ders deutlich in den Zwischenfurchen der Rippen auftreten.
6. T. impressa Rss. (Taf. 7, Fig. 8).
Das aus acht bis neun Umgängen bestehende glänzend glatte
Gehäuse ist sehr schlank. Die glatten Embryonalwindungen bilden
einen stark entwickelten helmförmigen Nucleus. Die übrigen Win-
dungen, deren Höhe etwa zwei Drittheile der Breite beträgt, sind
gewölbt und durch tief eingedrückte Näthe gesondert. Jede trägt
12—14 sehr wenig gebogene Längsfältchen, die aber nur im oberen
Theile schärfer hervortreten, nach abwärts sich verflachen und ge-
wöhnlich schon oberhalb der nächst unteren Nath beinahe ganz ver-
schwinden. Von Querlinien ist selbst unter dem Mikroskope keine
Spur zu entdecken. An den älteren Umgängen, welche zunächst auf
die Embryonalwindungen folgen, sind die Falten am stärksten aus-
gesprochen. Auf den letzten Umgängen verflachen sie sich und ver-
schwinden auf dem letzten Umgange oft beinahe ganz, indem sie in
sehr ungleiche Anwachsstreifen übergehen.
Die kleine Mündung ist eiförmig-vierseitig, unten zugerundet,
mit beinahe parallelen Seitenrändern. Die Spindel gerade, mit einer
schwachen Spur einer gedrehten Falte.
Am nächsten verwandt ist T. minima Hörn. sp. 1), welche aber
ein weit kleineres, dünneres pfriemenförmiges Gehäuse und einen
verhältnißmäßig viel höheren letzten Umgang besitzt. Auch ist die
Oberfläche ihrer Schale großentheils ganz glatt oder läßt nur Spuren
von Fältehen wahrnehmen. Bei starker Vergrößerung sieht man sehr
feine Spirallinien die feinen unregelmäßigen Anwachsstreifen durch-
kreuzen.
Selten im Steinsalz und Salzthon.
1) Chemnitzia minimo Hörnesl. e. I. pag. 542. Taf. 43, Fig. 22.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 1 59
ß) Mit glatter ungerippter Schale.
7. T. subumbilicata Grat. sp.
Hörnes |. e. I. pag. 500. Taf. 43, Fig. 29. — Eulima (Melania) acicula
Philippi enum. moll. Sieil. I. pag. 158, Taf. 9, Fig. 6; II. pag. 135.
Meistens sehr kleine Exemplare kommen nicht gar selten im
Steinsalz vor.
Im Wiener Becken findet man die Species nur selten im Tegel
von Baden, im Leithakalke von Steinabrunn, Nußdorf, Enzesfeld.
8. T. obseura Rss. (Taf. 7, Fig. 5— 7).
Mir liegen von dieser Species ziemlich zahlreiche aus dem Salz-
thone ausgewaschene Fragmente vor, die sich wechselseitig ergänzen
und daher ein vollständiges Bild der Schale zu entwerfen gestatten.
Längere Zeit war ich geneigt, die Species mit 7. subumbilicata
Grat. sp. zu vereinigen; die genauere Untersuchung hat aber
mancherlei Unterschiede kennen gelehrt.
Die Zahl der Umgänge des nur sehr langsam an Dicke zuneh-
menden Gehäuses muß bedeutend sein, denn ich fand Fragmente, an
denen ich trotz dem Mangel des oberen und unteren Endes doch
sieben Windungen zählte. Diese sind nicht flach, sondern ziemlich
stark gewölbt, durch breite und tiefe Näthe geschieden, etwa zwei
Drittel so hoch als breit. Sie schließen daher nicht, gleich wie bei
T. subumbilicata, dicht aneinander. Die Mündung ist eiförmig-vier-
seitig mit parallelen Seitenrändern. Der äußere Mundsaum scharf,
der innere kaum umgeschlagen und daher keinen Nabelritz bildend.
Die Spindel gerade, sehr schwach gedreht, nur eine sehr schwache
und schräge, bisweilen kaum merkbare Falte bildend. Die glasig
glänzende Schalenoberfläche läßt nur sehr feine ungleiche Anwachs-
streifen erkennen.
Die beschriebene Species nähert sich einigermaßen der Gattung
Aciculina Desh., welche aber ein noch höheres Gewinde mit zahl-
reicheren Umgängen und eine gerade Spindel ohne jede Spur einer
Falte besitzt.
Auch der Gattung Achs Lov. steht unsere Species sehr nahe.
Manche Aclis-Arten sind ohnedies nichts als glatte Turbonillen mi
obsoleter Spindelfalte oder ganz ohne dieselbe.
9. T. aberrans Rss. (Taf. 7, Fig. 10).
Die sehr kleine Species unterscheidet sich schon bei flüchtiger
Betrachtung von allen übrigen Turbonilla-Arten durch die viel
160 Reuss.
schräger aufsteigenden Näthe. Das Gehäuse ist sehr dünn und
schlank, mit sieben bis acht Umgängen. Die ersten zwei bis drei
bilden einen ziemlich großen linksgewundenen helmartigen Nucleus,
dessen Axe mit der Längsaxe des übrigen Gehäuses einen rechten
Winkel bildet. Die Windungen werden durch tiefe eanalförmige
Näthe gesondert und sind ziemlich hoch. Der letzte Umgang samt
der Mündung nimmt beinahe die halbe Gesamtlänge des Ge-
häuses ein.
Die Mündung ist gegen die Längsaxe des Gehäuses etwas schief
gerichtet, eiförmig, unten abgerundet, oben etwas verschmälert. Der
äußere Mundsaum scharf und dünn, der innere im unteren Theile
sehr schwach umgeschlagen. Die gekrümmte Spindel ohne Falte.
Die sehr dünne glatte durchscheinende Schale zeigt nur unter dem
Mikroskope zarte Anwachsstreifen.
Die beschriebene Species ist sehr analog der T. arcta Desh. t)
aus dem Pariser Becken, jedoch vermag ich nicht, eine Spur von
Spindelfalte daran zu entdecken. Man könnte daher wohl geneigt
sein, dieselbe der Gattung Acieulina Desh., deren Vorkommen frei-
lich bisher auf die Eoeänschichten des Pariser Beckens beschränkt
ist, zuzureehnen.
Die Species ist bisher nur sehr selten im Salzthon angetroffen
worden.
d) Tornatellidae Desh.
Actaeon Montf.
l. A. pinguis d’Orb.
Hörnesl.e.I. pag. 506. Taf. 46, Fig. 21.
Der Salzthon hat kleine unvollständige, offenbar von junger
Brut abstammende Schalen geliefert. — Durch die gedrängten
regelmäßigen, tiefen, am Grunde mit Grübchen versehenen Spiral-
furchen, welche die gesamte Oberfläche des letzten Umganges
bedecken, geben sie sich als der oben genannten Art angehörig zu
erkennen.
Im Wiener Becken ist sie im Sande von Grund und im Leitha-
kalke von Steinabrunn aufgefunden worden.
I) Deshayes deser. des anim. s. vert. decouv. dans le bass. tert. de Paris II. pag.
574. Taf. 20, Fig. 28—30; Taf. 21, Fig. 5, 6.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 161
Ringicula Desh.
1. R. buceinea Brech. sp.
Hörnes I. e. I. pag. 86, Taf. 9, Fig. 3, 4.
Nicht gar selten und sehr wohl erhalten im Salzthon. Der letzte
Umgang ist bald fein und regelmäßig quergestreift, bald glatt, nur
mit den gewöhnlichen Anwachsstreifen versehen.
Im Wiener Becken findet sich die Species vorzüglich im Tegel
von Baden und Möllersdorf, selten im obern Tegel von Vöslau, im
Leithakalk von Steinabrunn, Enzesfeld, Gainfahrn, im Sand von
Pötzleinsdorf u. s. w. Übrigens miocän, plioeän und lebend.
e) Bullacea Lamk.
Bulla Brug.
1. B. conulus Desh.
Deshayes deser. des coq. foss. des envir. de Paris. II. pag. 41. Taf. 5,
Fig. 33—36. — Hörnesll. e. I. pag. 620. Taf. 50, Fig. 4.
Sehr selten im Steinsalz und Salzthon. Im Tegel von Baden, im
Leithakalk von Steinabrunn und Gainfahrn, im Sand von Pötzleins-
dorf. Lebend.
2. B. truncata Adams.
Hörnesll. e. I. pag. 621. Taf. 50, Fig. 5.
Sehr selten im Steinsalz. Selten im Tegel von Baden und im
Leithakalk von Steinabrunn. Pliocän, lebend.
3. B. miliaris Brech.
Hörnesl.e.I. pag. 619. Taf. 50, Fig. 2, 3.
Selten im Steinsalz und Salzthon. Im obern Tegel von Grinzing
und im Leithakalk von Steinabrunn.
Philine Ascan.
l. Ph, punetata Adams. (Taf. 7, Fig. 11).
Bullaea angustata Biv. Philippi enum. moll. Sieil. I. pag. 191. Taf. 7, Fig.
17. — B. punctata Ad. II. pag. 9.
Aus dem Salzthone wurden zwei sehr kleine, aber wohl erhal-
tene Exemplare ausgewaschen, die mit der Adams ’'schen Species
vollkommen übereinstimmen dürften. Sie sind breit-eiförmig, am
oberen Ende abgestutzt, sehr dünnschalig, mit zarten Spiralfurchen
bedeckt, in welchen flache kettenartig an einander gereihte Grübchen
stehen. Das sehr kleine Gewinde besteht nur aus 1!/, Umgängen.
Die Mündung sehr groß, weit geöffnet, die Mundränder scharf.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth, 11
162 \ Reuss,
Im k. k. Hofmineralien-Cabinete liegen Exemplare von der Insel
Rhodus, von Larnaka auf Cypern und aus dem Tegel von Lapugy in
Siebenbürgen, welche wohl größer und mit etwas feineren, daher
auch zahlreicheren Furchen geziert sind, übrigens aber vollkommen
übereinstimmen.
Philippi führt die Species, welche auch lebend gefunden wird,
fossil von Palermo an.
5. Pulmobranchiata Gray.
a) Limnaeacea Lamk.
Planorbis Müller.
Pl. Reussi Hörn.
Hörnesl.e.I. pag. 609. Taf. 49, Fig. 26.
Von dieser Species, welehe bisher nur aus dem Süßwasserkalke
des Eichkogels zwischen Mödling und Gumpoldskirchen bekannt ist,
wurde blos ein kleines Exemplar aus dem Steinsalze ausgewaschen.
6. Turbinacea Lamk.
Trochus Lamk.
a) Zizyphinus Adams.
l. Tr. patulus Brech.
Hörnesl.e.I. pag. 458. Taf. 45, Fig. 14.
Ein Jugendexemplar wurde aus dem Salzthon (zweite Gruppe,
Horizont E) durch Schlämmen gewonnen.
Im Wiener Becken im Leithakalk von Steinabrunn, Nikolsburg,
Gainfahrn, Mattersdorf, Niederleis u. s. w., im Sande von Grund und
in jenem von Pötzleinsdorf u. a., übrigens an anderen miocänen und
pliocänen Fundstätten.
ß) Tectus Adams.
2. Tr. @erambi Rss. (Taf. 7, Fig. 12).
Eine niedrig-thurmförmige Species, 5 Millim. hoch und an der
Basis 3:5 Millim. breit. Sechs bis sieben Umgänge, mäßig gewölbt,
am meisten in ihrem unteren Drittheile, durch mäßig tiefe Näthe
gesondert. Der letzte Umgang nimmt etwa ?2/, der Gesamthöhe des
Gehäuses ein. Die Basis ist etwas gewölbt, mit gerundetem Rande,
ohne jede Spur eines Nabels. Die Mündungsfläche etwas schief zur
Längsaxe des Gehäuses geneigt. Die Schale diek. Der Mundrand
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 1 63
durch den vorletzten Umgang unterbrochen. Der äußere Mundsaum
bogenförmig, scharf. Die Spindel kurz, etwas gekrümmt, am untern
Ende abgestutzt und in einen breiten zusammengedrückten Zahn
ausgezogen. Zunächst ihrem oberen Ende steht auf dem vorletzten
Umgange eine schwache callöse Verdiekung. Die Oberfläche der
Sehale ist mit gedrängten regelmäßigen feinen vertieften Querlinien
bedeckt.
Die Speeies hat Ähnlichkeit mit dem Tr. puber Eiehw. 1) von
Zukowce u. a. ©. in Polen, unterscheidet sich davon jedoch schon
durch die Beschaffenheit der Mündung und der Spindel.
Ich habe die Species nach dem Herrn Freiherrn v. Geramb,
Vorstand der k. k. Berg- und Salinendireetion in Wieliezka , der
meine Arbeit durch Zusendung reichlichen Materiales freundlichst
unterstützte, benannt. Das beschriebene wohl erhaltene Exemplar
war in körnigem Spizasalze eingewachsen.
y) Monodonta Lamk.
3. Tr. angulatus Eichw.
Monodonta angulata Eichw. Hörnesl. ec. I. pag. 439. Taf. 44, Fig. 9, 10.
Ein Exemplar wurde aus dem Salzthone ausgeschlämmt. Ein
anderes vollständig erhaltenes aus dem Spizasalze wurde von Herrn
Markscheider Ott gefälligst eingesendet.
Im Wiener Becken wurde die Species im Leithakalk von Steina-
brunn, Nußdorf, Gainfahrn, Nikolsburg u. s. w. aufgefunden.
7. Naticidae Forbes.
Natica Adans.
1. N. helieina Brech.
Hörnesl.c. I. pag. 525. Taf. 47, Fig. 6, 7.
Es liegen nur drei nicht ganz vollständige kleine Exemplare aus
dem Steinsalz und Salzthon vor, von denen jedoch eines eine ziem-
lich sichere Bestimmung gestattet.
Die Species ist im Tegel von Baden und Vöslau sehr häufig;
seltener erscheint sie in andern Tegelschichten, im Sande von
Grund, im Leithakalke von Nußdorf, Gumpoldskirchen , Steinabrunn,
Kostel u. s. w. Übrigens verbreitet im Miocän und Plioeän und lebend.
1) Eichwald Leth. ross. III. pag. 231. Taf. 9, Fig. 20.
1a
164 Reuss.
2. N. Josephinia Risso?
Hörnesl. e. I. pag. 523. Taf. 47, Fig. 4, 5. .
Ein sehr kleines unvollständiges Exemplar aus dem Steinsalz.
Die Bestimmung ist keineswegs unzweifelhaft.
Im Wiener Becken liegt die Species im Tegel (Vöslau) und
Leithakalk (Steinabrunn, Gainfahrn), im Sande von Grund u. s. w.,
anderwärts im Miocän und Pliocän und lebt häufig noch in den
jetzigen Meeren.
8. Cerithiaceae Menke.
Cerithium Adans.
l. €. seabrum Olivi sp.
Hörnesl.e. I. pag. 410. Taf. 42, Fig, 16, 17.
Die Species kömmt im Steinsalze nicht selten, im Salzthone
seltener vor, aber beinahe stets in jungen unausgebildeten Schalen.
Von größeren Individuen sind nur einzelne Bruchstücke gefunden
worden. Der Leithakalk von Steinabrunn beherbergt die Species in
ungemeiner Menge. Übrigens ist dieselbe im Miocän und Pliocän
verbreitet und lebt noch in den heutigen Meeren. Nach Philippi
soll sie auch im Oberoligocän von Cassel und Luithorst zu Hause sein.
2. C. Schwartzi Hörn.
Hörnesl.e.]. pag. 412. Taf. 42, Fig. 18.
Nicht selten im Steinsalze, aber fast stets junge Brut. Im Wiener
Becken hat der Leithakalk, besonders von Steinabrunn, die Species
geliefert.
9. Muricidae Flem.
Murex L.
Aus dem Steinsalze wurde eine sehr kleine Schale ausgewaschen,
offenbar junge Brut, über deren Gattungsrecht zwar kein Zweifel ob-
walten kann, die aber keine Bestimmung der Species gestattet.
iO. Conidae Woodward.
Conus L.
1. €. fuscocingulatus Bronn.
Hörnesl.e.I. pag. 21. Taf. 1, Fig. 4, 5.
Nach einer von Herrn Markscheider Ott in Wieliezka erhal-
tenen Mittheilung ‚soll ein Exemplar dieser Species im Salzthone
gefunden worden sein. Da dasselbe jedoch in Verlust gerathen ist,
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 165
war ich nicht in der Lage, den Fund selbst einer wiederholten Prü-
fung zu unterziehen.
Im Wiener Becken liegt die Species im oberen Tegel von Vöslau,
im Leithakalke von Steinabrunn, Nikolsburg, Enzesfeld u. s. w., im
Sande von Pötzleinsdorf.
vIIE. OSTRACODEN.
Bairdia M. Coy.
I. B. arcuata v. M. sp.
Cytherina arcuata v. Münster in Leonh. u. Bronn’s Jahrb. 1850. pag.
63; 1835. pag- 446. — Römer ebendaselbst 1838. pag. 517. Taf. 6,
Fig. 17. — Reuss die foss. Entomostraceen d. österr. Tertiärbeckens
pag. 11. Taf.8, Fig. 7. — Bairdia arcuata Bosquet entomostr. foss. des
terr. tert. de la France et de la Belg. pag. 32. Taf. 1, Fig. 14. — Bairdia
siligua Jones a monograph. of the entomostr. of the eretac. form. of
Enel. pag. 25. Fig. 16.
Ihr Umriß ist sehr großen Schwankungen unterworfen. Er ist
bald schmäler und länger, bald breiter und kürzer. Auch der Winkel,
den der obere Rand bildet, tritt bald mehr, bald weniger deutlich
hervor, verschwindet wohl auch ganz. Daher glaube ich bei der
Ansieht beharren zu müssen, daß auch 2. curvata Bosq. !), welche
bei Wieliezka ebenfalls vorkömmt, von B. arcuata nicht specifisch
verschieden sei trotz der, wie es scheint, entgegengesetzten Meinung
Speyer's?).
Die Species wurde im Salzthon nur selten gefunden.
Übrigens ist sie ungemein verbreitet. Ich habe sie im Tegel
von Möllersdorf, Grinzing und Rudelsdorf, so wie im Leithakalk von
Nußdorf und Kostel angetroffen. Sie wird angeführt von Leognan,
Dax, Castellarquato; im Oberoligoeän des Ahnegrabens bei Cassel,
von Niederkaufungen und Harleshausen ; im Eocän von Jeurre, Etrechy,
Grignon, Cuise-la-Mothe; die var. siligua in der Kreide Englands
und von Maastricht. Endlich lebt die Species nach Jones noch an
den Küsten von Tenedos und Turk Island, Bahama.
!) Bosquetl. c. pag. 35. Taf. 2, Fig. 2.
?) Speyer, die Ostracoden der Casseler Tertiärbildungen. 1863. pag. 42.
166 Reuss,
2. B. unguiculus Rss.
Cytherina unguiculus Reussl. e. pag, 11. Taf. 8. Fig. 6.
Sehr selten im Salzthon. — Im Tegel von Brunn, Vöslau,
zwischen Atzgersdorf und Altmannsdorf und von der Ödenburger
Ziegelei.
3. B. lucida Rss.
Oytherina lueida Reuss l. e. pag. 10. Taf. 8, Fig. A.
Sehr selten im Salzthon.
4. €. erystallina Rss.
Cytherina erystallina Reuss l. e. pag. 18, Taf. 8, Fig. 30, 31.
Häufig im Salzthon, sehr selten im Tegel von Grinzing. Sie
nähert sich durch die zarten Radialfurchen am vorderen Ende einiger-
maßen der B. subradiosa Röm. sp. !), weicht aber in den übrigen
Merkmalen sehr davon ab.
5. B. negleeta Rss.
Cytherina neglecta Reussl. e. pag. 12. Taf. 11, Fig. 4.
Von der ähnlichen 2. arcuata ist sie durch das viel kleinere,
weniger gewölbte, am hinteren Ende mehr zugespitzte Gehäuse ver-
schieden. Sie kömmt im Salzthone nur sehr selten vor.
6. B. graecilis Rss.
Oytherina gracilis Reussl. ec. pag. 12. Taf. 11, Fig. 3.
Ich habe diese im Salzthone selten vorkommende Species immer
nur in aus beiden Klappen bestehenden geschlossenen Exemplaren
und in Steinkernen beobachtet, war daher nie in der Lage, das Innere
der Klappen und den Schloßbau zu untersuchen. Die Gattung, welcher
sie angehört, bleibt daher etwas zweifelhaft. Die kleinen Schalen
sind bohnenförmig, fast gerade, am vorderen Ende gerundet, am hin-
teren schief, mit einer nach abwärts gewendeten abgestumpften Spitze
versehen , an welcher jede Klappe einen kleinen ziemlich tiefen ellip-
tischen Eindruck zunächst dem Rande darbietet. Der obere Schalen-
rand ist gebogen, der untere fast gerade, nur sehr wenig concav.
Der Rücken erhebt sich zunächst dem hinteren Ende in ziemlich
starker Wölbung und fällt dort steil ab, während er sich nach vorne
saniter abdacht.
1) Bosquetl. c. pag/ 22. Taf. 1, Fig. 6.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 167
Betrachtet man die vereinigten Klappen von der Bauchseite, so
nimmt man zwei schmale und seichte, aber deutliche hufeisenförmige
Furehen wahr, deren größere ihre Concavität dem Hinterende, die
kürzere dagegen dem Vorderende der Schale zukehrt. Diese Furchen
sind auch noch an den Steinkernen bemerkbar, müssen also an der
Innenseite der Schalen etwas leistenartig hervortreten.
7. B. trichospora Rss.
Oytherina trichospora Reuss.e. pag. 19, Taf. 9, Fig. 3, 4.
Sehr selten im Salzthon. Im Tegel von Meidling und Grinzing
bei Wien; in den Subapenninenschichten von Castellarquato.
Cytheridea Bosgq.
1. C. seminulum Rss.
Oytherina seminulum Reussl. e. pag. 19. Taf. 9, Fig. 5—8.
Wenn man die Diagnose von C. Mülleri v. M. sp. sehr erwei-
tert, so könnte ©. seminulum wohl auch als Varietät derselben auf-
gefaßt werden nach Speyer’s Vorgange t). Sie unterscheidet sich
aber von den typischen Formen, abgesehen von dem Umrisse, durch
die gedrängten feinen regellos stehenden Grübehen und durch die
entfernten Stachelhärchen. Übergänge habe ich bisher nieht wahr-
genommen.
Im Salzthon ist die Species sehr selten. Dagegen ist sie gemein
im Tegel zwischen Atzgersdorf und Altmannsdorf, von Moosbrunn,
von der Ödenburger Ziegelei, von Brunn, im Sande von Heiligenberg.
Im Leithakalk habe ich sie noch nicht beobachtet.
Cyihere Müller.
l. €. salinaria Rss.
Cytherina salinaria Reussl. e. pag. 15. Taf. 8, Fig. 22.
Von der ähnlichen C. punctata v. M. unterscheidet sie sich
durch geringere Wölbung der Schalen und durch die kleineren un-
regelmäßigeren, entfernteren und nicht reihenweise stehenden Grüb-
chen. Auch ist das hintere Ende nicht zu einem Randsaum zusammen-
gedrückt, sondern bildet einen dreieckigen, in der Mitte der Länge
nach etwas gekielten Lappen. Der Bauchrand ist weniger einge-
bogen, mehr gerade.
Selten im Salzthon.
1) 0. Speyer. e. pag. 49.
168 Reuss.
2. C. Philippi Rss.
Cypridina Philippi Reussl. e. pag. 26. Taf. 9, Fig. 17.
Nieht selten im Steinsalz. Im Leithakalke von Kostel in Mähren.
8. C. Kostelensis Rss.
Cypridina Kostelensis Reuss]. e. pag. 28. Taf. 9, Fig. 22.
Die Formen aus dem Untereoeän von Woolwich, welche
R. Jones damit zu vereinigen geneigt ist, unterscheiden sich durch
die abweichende Beschaffenheit des Hinterendes der Klappen, die
geringere Wölbung des Rückens und die feineren Grübcehen der
Schalenoberfläche. Sie dürften daher wohl von unserer Species ver-
schieden sein. Ich kenne sie jedoch nicht aus eigener Anschauung,
muß mich daher eines entscheidenden Ausspruches enthalten.
Die Species ist im Steinsalze nicht gar selten. Sie findet sich
„überdies im Leithakalke von Kostel, Steinabrunn, Nußdorf, im Tegel
zwischen Atzgersdorf und Altmannsdorf und von Grinzing.
4. 6, angulata Rss.
Cypridina angulata Reuss. e. pag. 28. Taf. 9, Fig. 23.
Nicht selten im Steinsalz. Im oberen Tegel von Grinzing und
Rudelsdorf.
5. (. galeata Rss. sp.
Cypridina galeata Reuss]. e. pag. 27. Taf. 9, Fir. 20. — Cytkere galeata
Bosquetl.c. pag. 78. Taf. 3, Fig. 14.
Sehr selten im Salzthon. — Im Tegel von Grinzing und Rudels-
dorf, im Leithakalk von Wurzing, Freibichl und St. Nieolai. Nach
Bosquet bei Bordeaux.
6. C. opaca Rss.
Cypridina opaca Reuss. e. pag. 31. Taf. 9, Fig. 30.
Selten im Steinsalze , häufig im Leithakalke von Kostel in
Mähren.
Die eingestreuten größeren Grübehen dürften Ansatzstellen von
Haaren sein.
7. C. hastata Rss.
Cypridina hastata Reussl. ce. pag. 29. Taf. 9, Fig. 26.
Seiten im Salzthon. — Im Leithakalk von Nußdorf, Gainfahrn,
Garschenthal, Kostel, Wurzing, St. Nicolai; im Tegel von Grinzing
und Rudelsdorf.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 169
8. €. sagittula Rss. sp.
Bosquet |. e. pag. 83. Taf. 4, Fig. 5. — Cypridina sagittula Reussl. e.
pag. 30. Taf. 11, Fig. 8.
Sehr selten im Salzthon. — Bei Bordeaux.
9, €. elathrata Rss.
Cypridina elathrata Reussl. e. pag. 31. Taf. 9, Fig. 31.
Sehr selten im Salzthon. — Im Tegel von Rudelsdorf.
10. €. canaliculata Rss. -
Cypridina canalieulata Reuss]. e. pag. 36. Taf. 9, Fig. 12.
Ziemlich häufig im Salzthon. — Im Tegel von Meidling, Grin-
zing, Rudelsdorf; im Leithakalk von Wurzing und Gainfahrn. In den
Subapenninen-Mergeln von Castellarquato.
ll. €. daedalea Rss.
Cypridina daedalea Reuss1. pag. 36. Taf. 9, Fig. 13, 14.
Sehr selten im Salzthone von Wieliezka.
12. €. carinella Rss.
Cypridina carinella Reussl.e. pag. 36. Taf. 10, Fig. 10.
Sehr selten im Steinsalz, ziemlich häufig im Salzthon. Sie ist
die größte der Wieliezkaer Ostracoden-Species. — Sie findet sich
auch im Tegel von Möllersdorf, zwischen Atzgersdorf und Altmanns-
dorf und von Grinzing, so wie in den Subapenninenschichten von
Castellarquato.
Sie ist der C. sphenoides Rss. aus der weißen Kreide der Do-
brudseha und den Gosauschichten !) sehr verwandt.
13. €. denudata Rss.
Cypridina denudata Reuss |. e. pag. 42. Taf. 11, Fig. 6,
Sehr selten im Salzthon.
1) C. tenuieristata Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. in Wien.
Bd. 52, pag. 23. Fig. 12. — C. sphenoides Reussin d. Denkschr. d. kais. Akad.
d. Wissensch. in Wien Bd. 7, pag. 141. Taf. 27, Fig. 2. — Beide genannte
Species stimmen mit einander überein. Die Abwesenheit der feinen Grübchen an
der Basis des Pectoralkieles bei C. sphenoides dürfte keinen Gegengrund abgeben,
ebenso wenig als die regelmäßige Zähnelung des vorderen Randsaumes, die unbe-
ständig sein kann. Ob C. friangularis Rss. aus der oberen Kreide von Basdorf in
Meklenburg (Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1855. pag. 279. Taf. 10, Fig. 3)
auch hierher gehöre, muß ich bei der geringen Menge des vergleichbaren Materials
unentschieden lassen. Die abweichende Form, die Compression des ganzen vord ren
Schalenrandes u. s. w. gestatten bisher die Identification nicht.
170 Reuss.
In der ]. e. gegebenen Abbildung sind zwar die Contouren der
Schalen richtig dargestellt, aber die übrigen Details theilweise über-
sehen. Die Schale ist am hinteren Ende flach gerundet und schmäler
als am vorderen breit und schief zugerundeten Ende. Der obere und
untere Rand, welche beide gerade sind, divergiren daher etwas nach
vorne. Der Hinterrand zeigt einige kleine unregelmäßige Zähnchen;
der vordere ist mit dünnen borstenartigen Zähnen besetzt, die aber
gewöhnlich abgebrochen sind. Der Schalenrücken erscheint am hin-
teren Ende, gegen welches er steil abfällt, am stärksten gewölbt;
nach vorne dacht er sich allmälig ab. Vom gewölbtesten Theile der
Schale entspringen zwei bis fünf sehr schmale und niedrige Längs-
falten, die sich jedoch nur über ein Drittheil, höchstens über die Hälfte
der Schalenlänge erstrecken. Zwei derselben pflegen am längsten zu
sein. Die übrige Schalenoberfläche ist mit entfernten kleinen seichten
Grübchen bedeckt.
14. C. plicatula Rss. sp.
Bosquet I. c. pag. 92. Taf. 4. Fig. 13. — Cypridina plicatula Reuss ]. e.
pag. 44. Taf. 10, Fig. 23. !
Sehr selten im Salzthon. — Im Tegel von Grinzing und Rudels-
dorf, im Leithakalk von Nußdorf, Kostel, Gainfahrn. Nach Bosquet
bei Bordeaux, Dax, Perpignan.
15. C. verrucosa Rss.
Cypridina verrucosa Reuss].e.pag. 40. Taf. 10, Fig. 16.
Sehr selten im Salzthon. — Im Tege! von Grinzing und Rudels-
dorf; im Leithakalk von Nußdorf, St. Nieolai.
16. 0. Rdwardsi Röm. sp.
Cytherina Edwardsi Römer inLeonh. u. Bronn’s Jahrb. 1838. pag. 518.
Taf. 7, Fig. 27. (ie. mala). — COypridina Edwardsi Reuss |. e. pag.
44. Taf. 10, Fig. 24. — Cythere Edwardsi Bosquet ]. e. pag. 9.
Taf. 4. Fig. 11.
In der von mir 1. ec. gegebenen Abbildung ist der am hinteren
oberen Schalenrande gelegene Kiel nicht berücksichtigt; jedoch ist
derselbe stets dünner als die beiden übrigen und tritt bisweilen nicht
sehr hervor. Am beständigsten ist der unterste über der Pectoral-
fläche befindliche Längskiel. Der mittlere Rückenkiel gibt zuweilen
einen schwächeren oberen Ast ab.
Das hintere Sehalenende ist in der erwähnten Abbildung
unrichtig dargestellt. Es ist schräge abgestutzi und an dem
Die fossile Fauna der :Steinsalzablagerung von Wieliczka in Galizien. 1 711
abwärts gerichteten Rande mit einigen scharfen ungleichen Zähnen
besetzt.
Die Species wurde nur sehr selten im Steinsalze angetroffen.
Sie findet sich überdies im Tegel von Grinzing und Rudelsdorf, im
Leithakalk von Nußdorf; bei Antwerpen, Perpignan, Leognan, Dax,
Palermo.
17. 0. coronata Röm.
Römer in Leonh. u. Bronn’s Jahrb. 1838. pag. 518. Taf. 6, Fig. 30.
(ie. mala). — Cypridina coronata Reussl.c. pag. 40. Taf. 10, Fig. 17.
Sehr selten im Salzthon. — Im Tegel von Möllersdorf, Grinzing,
Rudelsdorf, im Leithakalk von Nußdorf, Kostel, Großing, bei Castell-
arquato, nach Römer bei Palermo.
C. ceratoptera Bosq. !) ist hinten mehr verschmälert und weit
steiler abschüssig. Die Spaltung der Kerbzähne des Flügelkieles
beobachtet man bisweilen auch an C. coronata; jedoch pflegen die
Zähne, besonders der hinterste, an C. ceratoptera länger zu sein.
18. €. bitubereulata Rss.
Oypridina bituberculata Reuss |. e. pag. 37. Taf. 10, Fig. 11.
Sehr selten im Salzthon. -— Im Tegel von Brunn und Rudels-
dorf; in den Subapenninenschichten von Castellarguato.
19. €. triquetra Rss.
Cypridina triqueitvra Reuss. e. pag. 42. Taf. 10, Fig. 19.
Sehr selten im Steinsalze.
20. C. asperrima Rss.
Cypridina asperrima Reuss |. e. pag. 34. Taf. 10, Fig. 5,
Selten im Salzthon.
Im Tegel von Baden, Möllersdorf, Moosbrunn, Grinzing.
21. C. coelacantha Rss.
Cypridina coelacantha Reussl.e, pag. 34. Tat. 11, Fig. 5.
Nieht selten im Salzthon.
1) Bosquetl. e, pag. 11A. Taf. 6, Fig. 2.
172 Reuss.
IX. CHIRREPEHDENEE.
Poecilasma Darw.
l. *P. miocaenica Rss. (Taf. 8, Fig. 4—6).
Reuss über foss. Lepadiden in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch.
Bd. 49. pag. 16 des Separatabdr. Taf. 2. Fig. 12.
Die kleinen im Salzthone häufig vorkommenden, aber sehr zer-
brechliehen Seutalklappen stimmen vollkommen in der Größe und
den übrigen Kennzeichen mit dem von mir aus dem Leithakalke von
Podjarkow bei Kurowice in Galizien beschriebenen Exemplare überein.
In Betreff der Details findet jedoch selbst unter den einzelnen Exem-
plaren manche Verschiedenheit Statt. Der Basalrand ist bald kürzer,
bald länger, bald mehr, bald weniger gebogen; die Rückenkiele treten
bald als deutliche fadenförmige Streifen hervor, bald sind sie mehr
verwischt; die obere Spitze ist in verschiedenem Grade entwickelt,
die Seitenränder sind mehr oder weniger eonvex.
Der zwischen den beiden Kanten gelegene Theil der Rücken-
fläche pflegt in der Regel nicht so stark eingedrückt zu sein, als ihn
die eitirte Abbildung zeigt. Gewöhnlich sieht man sehr zarte radiale
Streifen über den Rücken verlaufen.
Unter den beobachteten Exemplaren befanden sich einige, an
denen noch beide Seutalklappen in ihrer ursprünglichen Lage ver-
einigt sind und da bemerkt man, daß beide zuweilen einen ungleichen
Grad von Convexität darbieten, wie dies auch Darwin von einigen
lebenden Poecilasma-Arten bemerkt). Von der Carina, die jeden-
falls sehr klein gewesen sein muß, da die größten Scuta kaum mehr
als 5 Millim. in der Länge messen, ist nirgend eine Spur vorhanden.
Eben so wenig sind dieser Species angehörige Terga gefunden wor-
den und es wäre möglich, dal P. miocaenica gleich der lebenden
P. eburnea Darw. sp. zu den dreiklappigen der Terga entbehrenden
Species gehört. |
Dieselbe Species habe ich neuerlichst in den gypshältigen Tertiär-
sehiehten von Kathrein in N. von Troppau entdeckt, woher sie Herr
Gymnasialprofessor Em. Urban dem k. k. Hofmineraliencabinete
einsandte.
1) Darwin a monograph of Cirripedia. 1851. I. pag. 101.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 173
x. DECAPODEN.
\ a) Brachyuren.
Microdium Rss.
1. M. nodulesum Rss. (Taf. 8, Fig. 7, 8).
Es liegt nur das Kopfbrustschild von der oberen Seite vor.
Antennen, Augen und Augenhöhlen, Scheeren u. s. w., kurz alle
Theile, die zur genauen Bestimmung des fossilen Restes von Wich-
tigkeit sind, fehlen. Das Kopfbrustschild ist mäßig in die Quere ver-
längert, 15-5 Millim. breit und 11-5 Millim. hoch, von einer Seite
zur anderen nur wenig, von vorne nach hinten mäßig gewölbt. Die
sanft abwärts geneigte Stirne ist etwa 32 Millim. breit und zeigt am
Rande zwei durch eine tiefe Furche geschiedene stumpfe zahnartige
Lappen. Die breiten Augenhöhlenausschnitte zeigen am Oberrande
zwei Spalten, so dal dieser dadurch dreizähnig erscheint. Der
äußerste dieser Zähne ist am größten und ragt am meisten vor. -
Der vordere Seitenrand des Cephalothorax geht vom Außenende
der Augenhöhlen in regelmäßigem Bogen nach hinten und an der
Stelle seiner Vereinigung mit dem hinteren Seitenrande liegt die
Linie der größten Breite des Schildes. Er mißt beinahe 9 Millim. in
der Länge, übertrifft daher darin den hinteren Seitenrand. Er trägt
vier dreieckige nicht sehr scharfspitzige Zähne, deren Rand wieder
fein gezähnelt ist. Zwischen je zwei Zähnen beobachtet man bis-
weilen einen sehr kleinen eingeschobenen. Der an der Vereinigungs-
stelle des vorderen und hinteren Seitenrandes befindliche Zahn ist
der größte.
Der hintere Seitenrand besitzt beiläufig eine Länge von 6-5 Millim.,
ist fast gerade und durch fünf kleine, nach hinten an Größe ab-
nehmende schief nach vorne und außen gerichtete Zähne ein-
geschnitten.
Die einzelnen Regionen des Kopfbrustschildes treten nur in sehr
flacher Wölbung hervor und sind durch seichte breite Depressionen
gesondert. Im Ganzen erscheinen sie aber deutlich genug begrenzt
und mit kleinen rundlichen Buckeln besetzt.
Die hinter den sehr kleinen Frontalgegenden gelegenen Epi-
gastriealregionen sind nicht getrennt, sondern stellen eine kleine ebene
Fläche dar. Die dahinter befindlichen verhältnißmäßig großen Protoga-
stwicalfelder sind rundlich - vierseitig, mäßig gewölbt und besonders
174 Reuss.
nach innen hin dureh seichte aber deutliche Furehen geschieden. Auf
der flachen Wölbung eines jeden derselben erheben sich zwei kleine
rundliche Höcker in einer etwas schief nach hinten und außen gehen-
den Riehtung. Zwischen die genannten Felder schiebt sieh mit einer
langen , vorwärts bis in die Nähe der Stirne reichenden Spitze
die mesogastrische Region ein, die im hinteren Theile mit der
urogastrischen zu einer schmal-und etwas verlängert- pentagonalen,
nach hinten gewölbten Hervorragung verschmolzen ist. Sie wird
hinten durch eine breite und seiehte, aber deutliche Furehe von der
Cardialgegend ahgegrenzt, welche in ihrem mittleren Theile sich zu
einem queren Wulst erhebt, welcher zwei neben einander liegende
flache runde Höcker trägt.
Die mäßig große Leberregion erhebt sich zu einem einzigen
kleinen zugespitzten Höcker. Von der protogastrischen und der da-
hinter liegenden vorderen Branchialregion wird sie nur durch seichte
Depressionen geschieden.
Die ziemlich große vordere Branchialregion ist mäßig gewölbt
und in einer queren mit dem größten Querdurchmesser des Schildes
zusammenfallenden Richtung mit zwei kleinen Buckeln besetzt, deren
äußerer etwas mehr zugespitzt ist. Die hintere Branchialgegend
erscheint von der vorderen kaum geschieden und trägt einen sehr
kleinen flachen Höcker, der mit jenen der vorderen Branchialregion
ein mit der Spitze rückwärts gerichtetes, beinahe gleichschenkliges
Dreieck bildet.
Die Oberfläche der dünnen Schale zeigt sich nur dem bewafl-
neten Auge mit sehr vereinzelten und zarten Körnchen bedeckt, die
nur auf den Spitzen der in den verschiedenen Körperregionen ge-
legenen Höcker in größerer Zahl sich zusammendrängen. Viel zahl-
reicher sind die zwischen diese Körnchen überall eingestreuter feinen
Grübchen.
Von den übrigen Merkmalen, die für die Bestimmung der Gat-
tung und Species von hervorragender Bedeutung sind, ist leider keine
Spur erhalten. Die Bestimmung kann daher nur eine vorläufige und
problematische sein.
Die größere Breite des Kopfbrustschildes, die gezähnte Stirne,
der ausgedehnte bogenförmige vordere Seitenrand, die doppelte
Zähnung desselben, die Einfachheit der schwach geschiedenen
Körperregionen u. s. w. nähern unseren Fossilrest der Familie der
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 175
Canceriden. Auch die Beschaffenheit der vorliegenden fragmentären
Scheere, welche hieher zu gehören scheint, steht damit im Einklange.
Zur sicheren Bestimmung aber, besonders der Gattung reichen jedoch
die vorliegenden Daten nicht aus. Da sich aber am Kopfbrustschilde
manche nicht unerhebliehe Verschiedenheiten von den bisher be-
kannten Gattungen zu erkennen geben, habe ich es vorgezogen, lieber
vorläufig eine neue Gattung dafür aufzustellen, als eine irrthümliche
Unterordnung unter eine andere Gattung vorzunehmen.
Nebst dem beschriebenen Cephalothorax liegt ein Scheeren-
bruchstück vor, welches wohl derselben Species angehören dürfte
Die Hand ist 3-75 Millim. lang und am vorderen breiteren Ende
2-75 Millim. breit, vierseitig, hinten schief abgeschnitten. Die innere
Seite ist mäßig gewölbt und zeigt außer den gewöhnlichen feinen
Grübehen noch sehr vereinzelte in einigen einfachen Reihen stehende
zarte Körnchen. Die äußere Fläche ist gewölbter und wird von fünf
dicht gekörnten niedrigen Längskielen durchzogen. Ebenso sehen
wir die Seitenränder der Hand mit Körnehen bedeckt, besonders den
vorderen, an welchem sie eine Anordnung in unregelmäßige Quer-
reihen verrathen.
Von dem hinteren kurzen Scheerengliede, so wie von dem Daumen
sind nur kleine Bruchstücke erhalten. —
Das Steinsalz hat übrigens noch Fragmente der beweglichen
Finger von zweierlei Scheeren geliefert, die offenbar größeren
Arten (aus der Familie der Canceriden) angehören. Die eine Art ist
am Außenrande mit starken ungleichen Zähnen besetzt und trägt
außerdem auf jeder Fläche zwei starke gerundete Kiele, die durch
tief ausgehöhlte Furchen geschieden werden und auf dem Rücken
mit feinen Körnern bedeckt erscheinen.
Das zweite Bruchstück weicht von dem beschriebenen wesent-
lieh ab. An seinem concaven Rande beobachtet man drei große
stumpfe zahnartige Höcker, die auf jeder Seite von einer schmalen
Furche mit einzelnen Grübehen am Grunde eingefaßt werden. Der
convexe Rand ist unbewehrt, nur mit einer Längsfurche dieser Art
versehen. Ähnliche zwei Furchen verlaufen auf der äußeren Fläche,
dagegen eine einzige, aber tiefere auf der inneren Fläche. Die übrige
Schalenoberfläche ist mit gedrängten feinen Körnern bedeckt.
Nieht gar selten sind endlich Bruchstücke von Gangfüßen, die
nicht gekantet, sondern im Querschnitte beinahe elliptisch sind. Nur
176 Reuss.
ist eine Fläche etwas gewölbter als die andere. Die Oberfläche ist
mit entfernten feinen Grübehen versehen.
XI FISCHE.
Auch an Fischen hat es in dem Meere, aus welchem sich das
Steinsalzlager von Wieliezka ahsetzte, nicht gefehlt. Dies beweisen
die darin erhaltenen Überreste. Dieselben sind aber selten und so
fragmentär, daß eine genaue Bestimmung der Thierspecies, von
welchen sie abstammen, ganz unmöglich ist.
Gadus L. sp.
Schon seit langer Zeit befindet sich in der Sammlung der k. k.
geologischen Reichsanstalt der Abdruck eines Fisches in einer Niere
von Salzthon, von welcher beide einander entsprechende Gegen-
platten vorhanden sind. Sie wurde mit gewohnter Liberalität mir zur
Untersuchung überlassen. Ich habe dieselbe meinem verehrten
Freunde und Collegen Prof. Dr. Kner zur Prüfung übergeben und
derselbe hatte die Gefälligkeit, mir darüber nachstehende Bemerkun-
gen mitzutheilen: „Der Erhaltungszustand des Fisches, dessen Total-
länge etwä einen Fuß betragen haben mag, ist ein ziemlich schlechter,
und nur der Kopf samt einem Theile des Vorderrumpfes liegt vor.
Doch läßt sich mit voller Sicherheit die Familie und höchst wahr-
scheinlich auch die Gattung bestimmen, welcher dieser Fisch ange-
hörte. Es war ein Gadoid und wahrscheinlichst ein Gadus selbst
aus folgenden positiven und negativen Gründen. Es war ein Weich-
flosser oder gliederstrahliger Knochenfisch mit brustständigen Bauch-
flossen, großem Kopfe, mit etwas zugespitzter Schnauze, weiter
Mundspalte und schwach gebogenen Spitzzähnen von ungleicher
Größe, großem Auge, hoch eingelenkten und ziemlich langen Brust-
flossen, dessen erste Rückenflosse bald hinter der Orista oceipitalıs
begann und dessen Rumpf mit mäßig großen Schuppen bedeckt war.
Wenn gleich der größte Theil des Rumpfes und der ganze Schwanz
fehlen, so lassen doch die angeführten Merkmale keinem Zweifel
Raum, daß hier die Überreste eines Meerbewohnenden Gadoiden, und
zwar wahrscheinlich eines @adus selbst vorliegen, der höchstens im
halberwachsenen Zustande sich befunden haben mag.
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Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 1 1 Ä
Die Länge des Kopfes von der Symphyse bis zum Rande des
Deckels nahe vor der Einlenkung der Brustflossen betrug eirca 2’ 10”,
die größte Kopfhöhe 11/,”, die Länge des Unterkiefers etwas mehr
als letztere. Die längsten der Spitzzähne im Unterkiefer messen
kaum 1’’. Die fünf Strahlen der unterhalb der Brustflosse stehenden
Ventralen sind zwar sämtlich erhalten, doch ihre Spitzen abge-
broehen. Von der linken Brustflosse (der Fisch zeigt nämlich die
linke Seite) sind neun bis zehn Strahlen erhalten, deren Länge be-
deutend die Ventralen übertrifft. Die erste Dorsale ist wenigstens mit
der Basis ihrer Strahlen fast ganz erhalten, indem man zwölf Strahlen
zählt, von denen die letzten schon sehr niedrig sind. Von der Wirbel-
säule sind die ersten neun Wirbel samt ihren oberen Fortsätzen und
theilweise auch den unteren plattenförmig verbreiterten vorhanden.
Die Größe der nur im Abdrucke sichtbaren Schuppen entspricht eben-
falls jener eines Gadus.
Der durch diese Fundstücke gelieferte zweifellose Nachweis
eines Gadoiden im Steinsalzlager von Wieliezka dürfte um so inter-
ressanter erscheinen, als bisher überhaupt nur wenige fossile Ga-
doiden (und unter diesen einige zweifelhafte) bekannt sind und als
er mit den übrigen Ergebnissen in Betreff der fossilen Fauna von
Wieliezka in schönem Einklange steht.“
Nebst dem oben beschriebenen Fischreste findet man, jedoch
sehr selten, äußerst kleine, schlanke und spitzige Haifischzähnchen,
die wohl einer Zamna angehören dürften, aber stets der Nebenkegel
beraubt sind. Andere eben so kleine sind sehr schief nach einer
Seite geneigt und bilden ein sehr ungleichseitiges Dreieck mit bei-
nahe geraden Seitenlinien. Sie ähneln sehr den von mir aus der
böhmischen Kreide unter dem Namen Scoliodon priscus Rss. 1) be-
schriebenen Zähnen.
Weit häufiger kommen Otolithen von verschiedener Form und
nicht selten von beträchtlicher Größe vor. Es sind dieselben Formen,
welchen man in den Schichten des Wiener Beckens begegnet. In
ihre nähere Würdigung kann jedoch hier nicht eingegangen werden,
da es an den zur Vergleichung unumgänglichen Vorarbeiten über die
Otolithen lebender und noch mehr fossiler Fische in systematischer
Beziehung völlig mangelt.
1) Reuss die Versteinerungen der böhmischen Kreideformation II. pag. 100. Taf.
24, Fig. 23, 24; Taf. 42, Fig. 10, 11, 12.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I, Abth. 12
[78 Reuss.
Nachträgliche Bemerkung.
Erst nach beendigter Drucklegung des größten Theiles meiner
Arbeit wurde ich auf die Bemerkungen aufmerksam, welche Herr Kuh
in emem in der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft
(1852. IV. pag. 225) veröffentlichten Briefe über das Alter des ober-
schlesischen Gypsgebirges mittheilt. Aus den bei Özernitz und an
andern Orten darin gefundenen Versteinerungen, von welchen er
Gryphaea vesicularis Brech., Corbula sp., Turritella aceutangula
Brech., Robulina elypeiformis d’O., R. calcar d'O. nebst einer
dritten Species dieser Gattung, Nodosaria rugosa d’O. (?), Lingulina
earinata d’O. und zwei Dentalinen namhaft macht, schließt er mit
Recht, daß die genannten Gypsbildungen den Tertiärschichten des
Wiener Beckens im Alter gleichzustellen seien. Weniger zu billi-
gen ist, wie aus meinen Untersuchungen hervorgeht, die Parallelisi-
rung mit dem Tegel von Baden, denn von den angeführten Verstei-
nerungen, die jetzt ohne Zweifel eine schärfere Vergleichung mit
jenen des Wiener Beckens gefunden haben würden, ist keine für den
Badener Tegel ausschließlich bezeichnend. Sehr gut stimmen sie
aber zu dem von mir gewonnenen Resultate, daß die in Rede stehen-
den gypsführenden Schichten sehr analoge Versteinerungen mit dem
Salzthone von Wieliezka führen und daher den jüngeren über dem
Badener Tegel liegenden Schichten des Wiener Beckens — dem
jüngeren Tegel und besonders den unteren mergeligen Gliedern des
Leithakalkes — gleichzustellen sind.
Eine lehrreiche Zusammenstellung über die Verbreitung des
Gypsgebirges inPolen, Oberschlesien, Galizien von Dr. v. Alth finden
wir im eilften Jahrgange des Jahrbuches der k. k. Reichsanstalt. Er
gelangt zu dem Resultate, dafs die Gypse, welche zunächst auf Nulli-
poren führenden Kalk- und Sandsteinen ruhen sollen (?), mit den
das unterste Glied bildenden Salzlagern und den jüngeren grauen
Mergeln und Sandsteinen ein untrennbares Ganzes bilden. Es läßt
sich jedoch erwarten und wird ohne Zweifel durch genauere strati-
graphische und paläontologische Untersuchungen nachgewiesen wer-
den, daß die genannten Gebilde nieht durchgehends demselben
geologischen Niveau angehören und sich in mehrere verschiedene
. . . 1« . . Se eig
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 179
Glieder sondern werden. An einzelnen Punkten hat sich eine solehe
Sonderung schon mit Bestimmtheit herausgestellt.
Erst vor Kurzem theilte mir Herr D. Stur, Seetionsgeologe der
k. k. geolog. Reichsanstalt, gefälligst Proben eines kohlenführenden
grauen Tegels von Nowosiolka bei Kolomea in Galizien mit, der nebst
zahlreichen Exemplaren von Cerithium pietum Bast. und Rotalia
Beccarii L. sp. noch Neritina pieta Fer., Bithynia Frauenfeldi
Hörn. sp., Duceinum miocaenicum Mehti., Cardium sp. u. a.
führt. Diese Fauna weicht von jener des Wieliezkaer Salzlagers
wesentlich ab und stimmt sehr wohl mit jener des jüngeren Tegels
von Rudelsdorf in Böhmen und aus dem Kohlenschurfe von Mauer bei
Wien. Dadurch würden die betreffenden Schichten in ein Niveau
versetzt. welches tiefer liegt als das Wieliezkaer Steinsalz, aber
höher als der Badener Tegel. Hiemit stimmen sehr wohl die gefälli-
gen Mittheilungen Herrn Sturs über die dortige Reihenfolge der
Schiehten. Man beobachtet nämlich von oben nach abwärts:
Sand mit Austern und Nulliporen:
Nulliporenkalk:
Steinabrunner Petrefaetenschichte (Sehiehten von Holubiea);
Kohlenführenden Tegel mit den oben genannten Versteinerungen;
Tegel ohne Petrefacten;
Kreidegesteine.
ISO Reuss.
%
Fie.
”
Fig.
Erklärung der Abbildungen.
Tafel Il.
1, 2. Haplopkhragmium erassum Rss. a Seitenansicht, 5 Mündungsansieht.
3. Plecanium spinulosum Rss. a Seitl. Flächenansieht, 5 obere Ansicht.
4. R serratum Rss. a Seitliche Fläehenansieht, 5 obere Ansicht.
3—7. „ Mariae d’Orb. sp. var. inermis. a Seitlicehe Flächen-
ansicht, 5 obere Ansicht,
5. Biloculina amphiconica Rss. var. platystoma. a Bauchansicht, 5 Seiten-
ansicht, ce Mündungsansicht.
g, = ventruosa Rss. a Bauchansicht, 5 Seitenansieht, e Mün-
dungsansicht.
10. & contraria d’Orb. var. paradoxa. a Seitenansicht, 5 obere
Ansicht.
11. Spiroloculina tenuissima Rss. a Flächenansicht, 5 Bauchansicht.
Tafel II.
1. Biloculina bulloides Orb. var. fruncata. a Bauchansicht, 5 Seiten-
ansicht, ce Mündungsansicht.
2. 2 S „ var. truncata gracilis. a Bauchansicht, 5
Seitenansicht, e Mündungsansicht.
3: ie larvata Rss. a Bauchansicht, 5 Seitenansicht, e Mündungs-
ansicht.
4. Triloculina tricarinata d’Orb. a Zweikammerige Flächenansicht, 5
Dreikammerige Flächenansicht, e Mündungsansicht.
„ enoplostoma Rss. var. grammostoma. a Zweikammerige,
b dreikammerige, ce schräge Seitenansicht.
6, 7. Quingueloculina obligqua Rss. a Dreikammerige, 5 vierkammerige
Seitenansicht, ce obere Ansicht.
Tafel II.
ot
. 1. Quinqueloculina suturalis Rss. a Dreikammerige, 5 vierkammerige
Seitenansicht, ce obere Ansicht.
2. 5 plicatula Rss. a Dreikammerige, 5 vierkammerige
Seitenansicht, e obere Ansicht.
3. Nodosaria (Dentalina) siphonostoma Rss.
4. Glandulina aequalis Rss.
5. Flabellina incrassata Rss. a Flächen-, 5 Kantenansicht.
6. Oristellaria rostrata Rss. a Seiten-, 5 Bauchansicht.
fh % Russeggeri Rss. a Seiten-, b Bauchansicht.
Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka in Galizien. 181
Fig. 8. Pullenia compressiuscula Rss. var. quadriloba. a Seitenansicht, 5
b2)
”
ch)
EL}
bh]
2.
10.
12.
1:
4,
Bauchansicht.
Polymorphina depauperata Rss. a Vordere, 5 hintere Seitenansicht.
ce obere Ansicht.
3 semitecta Rss. a Vordere, 5 hintere Seitenansicht, e
obere Ansicht.
Teztilaria pectinata Rss. a Seitliche Flächenansicht, 5 obere Ansicht.
Tafel IV.
Polymorphina Zeuschneri Rss. a Vordere, 5 hintere Seitenansicht,
e obere Ansicht.
h, foveolata Rss. a Vordere, 5 hintere Seitenansicht, ce
obere Ansicht.
a leprosa Rss. a Vordere, 5 hintere Seitenansicht, c
obere Ansicht.
5. Virgulina Schreibersana Cziz. a Vordere, 5 hintere Seitenansicht.
6—9. Urvigerina asperula Cziz. a Vordere, 5 hintere Seitenansicht.
10.
11,
13.
T.
2.
3.
4,
6,
8.
9.
1.
Bulimina Buchana d’Orb. a Vordere, 5 hintere Seitenansicht.
12. „ tenera Rss. a Vordere, 5 hintere Seitenansicht.
Discorbina platyomphala Rss. a Spiralansicht, 5 Nabelansicht, ce Rand-
ansicht, d ein Stückehen der Nabelseite stärker vergrößert.
Tafel V.
Discorbina stellataR ss. a Spiralansicht, 5 Nabelansicht, e Randansicht.
„ squamula Rss. a Spiralansicht, 5 Nabelansicht, ce Randansicht.
Pulvinulina cordiformis Costa sp. a Spiralansicht, 5 Ansicht der
Nahelseite.
5. Rhabdogonium minutum Rss. a Seitliche Flächenansicht, 5 seitliche
Kantenansicht, e obere Ansicht.
7. Caryophyllia salinaria Rss. Bruchstücke. Äussere Seitenansicht in
natürlicher Größe.
Dieselbe. Vertiealbruch in natürlicher Größe.
Dieselbe, Theilweiser Querbruch in natürlicher Größe.
Tafel VI.
Cultellus papyraceus Rss. Aussenfläche zweier Klappen in natürlicher
Größe.
2—4. Modiola Hörnesi Rss. Vergrößert.
5.
6,
8.
9.
10.
Pecten scabridus Eiehw. a Aussenfläche, 5 Innenfläche in natürlicher
Größe, ce ein Stück der Aussenfläche vergrößert.
7. Derselbe. a Aussenseite in natürlieher Größe, 5 ein Stück derselben
vergrößert.
Pecten Eichwaldi Rss. a Aussenseite in natürlicher Größe, 5 ein Stück
derselben vergrößert.
Oleodora spina Rss. Vergrößert.
x subulata Q. G. Vergrößert.
„ 11. Spirialis valvatina Rss. Vergrößert. a Seitliche Mündungsansichl, Ö
obere Ansicht.
BI
8.
Reuss. Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wieliezka efe.
Tafel VII.
. Peeten denudatus Rss. aus dem Schlier von Ottnang. Äußere und
innere Änsieht in natürlicher Größe.
. Alvania veliscensis v. Schw. a Mündungs-, 5 Rückenansicht, beide
vererößert.
„ conica v. Schw. a Mündungs-, 5 Rückenänsicht. beide ver-
größert.
. Eulima filigera Rss. a Rücken-, 5 Mündungsansicht, beide vergrößert.
Turbonilla obseura Rss. Vergrößerte Mündungsansicht eines am obern
und untern Ende verbrochenen Exemplares.
. Dieselbe. Vergrößerte Ansicht eines oberen Endes.
Dieselbe. Vergrößerte Ansicht der letzten Windung.
Turbonilla impressa Rss. a Mündungs-, db Rückenansicht, beide ver-
größert. ce Embryonalwindungen, d eine Windung, beide
stärker vergrößert.
5 brevis Rss. a Mündungs-. 5 Rückenansicht, beide vergrö-
Nert, ce ein Stück der Oberfläche stärker vergrößert.
“ aberrans Rss. a Mündungs-, 5 Rückenansicht, beide ver-
größert.
. Philine punctata Ad. a Rücken-, 5 Mündungsansicht, beide vergrößert;
c ein Stück der Oberfläche stärker vergrößert.
Trochus Gerambi Rss. a Mündungs-, 5 Rückenansicht, beide ver-
größert.
Tafel VII.
Pithynia eurta Rs. a Mündungs-, 5 Rückenansicht, beide vergrößert,
Skenea simplex Rss. a Spiral-. 5 Randansicht, beide vergrößert.
. Spaniodon nitidus Rss. a Innere Ansicht der rechten, 5 der linken
Klappe, c äussere Ansicht der rech'en Klappe, sämtlich
vergrößert.
4—6. Poecilasma miocaenica Rss. Vergrößerte äussere Ansichten von
Seutalklappen.
Mierodium nodulosum Rss. Vergrößerte Ansicht der Aussenfläche des
Kopfbrustschildes.
Rn nodulosum Rss. Scheerenbruchstück. a Äussere, 5 innere
Fläche, beide vergrößert.
- Beufs. Fossile Fauna von Wireliezka. Tafl.
Staatsdrucks
Joh Strohmayer sez..u
®)
12. Haplophragmium erassum Rls. 5. Plecanrum- spinulosum Als,
4. Plee.serratum Rls. 5-7. Plec, Martae d’Orb. sp. var. Inerme,
8. Biloculina amphicontcaß/s var. platystoma 6. 9 Bıl.ventrtcosa Ris.
10. Bil.contraria d’Orb. W. Sprroloeulina tenuissima Als.
Sitz, ungsb.der k Akad.d.W. math.naturw. Cl. LV.Bd.LAbth.1 867.
Reufs. Fossile Fauna von Wieliez.ka. Taf. I,
7. Bilocufina bulloides d’Urb. De truncalta 2Bi.bullordes d’Orb,
var. truncata gracııs, S. Prl. larvata Rls4Trıloceulina
. ’ D Be .
trıcarınata dOrb3Trilenoplostema Kls, var gremmeostoma,
b. 7. Quingueloeulina obligua EIS.
Sitzungsb, der K.Akad.d NW. mathnatırrw.Ul.LV. Bd. Abth 1667.
‘ R
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en 1 ie 0 2 a u U 1 u | a
Reuls. Fossile Fauna von Wieliezka. | Taf. IM. |
b.
4 > z N u 5 a
Joh..Strohmayer ger... ih. ss d.k.kHofı. Staatsirucke
1. Auingueloculina suturalis Rls 2.0. plicatella IRls. 5. Nodosaria sıpho-
nostoma Kls. 4. Glandulina aequalis Rs. 5. Plabellina inerassata Bls.
6. Cristellaria rostzata Rls. 7. Cr. Itusseggerl Rls. & Pallenra compresstus
ER quadriloba. 9 Polymorphina depanperata Rls. 70.7 seme
tecta RIs. N.Texctilaria pectinata Rls.
Sitzungsb. der k.Akad.d.W.math.naturw. (1. LV. Bd. LAbth.1867.
»
Reurfs. Fossile Fauna von Wieltezka. Taf.ı\.
/. Polymorphina heuschnert Rls. 2. P foreolutn Bls
bersana (2J%
3. Pleprosa Hls. 4,7 Vrrgulina ‚Sschre
yıın
0.9. lregerına asperula (272, 10 Bulimina Buchano.dürb.
71.123, BD, tenera Be. 13. Drscorbena pla tyormphala #Ls.
Sitzungsb.der k.Akad d.W. math.naturw. CI. 4V. Bd.3.Abth1867.
Be
“r
BR
wi
Tal.\.
1. Diycorbina stellata Rls. 2,D. Su amula PLs.
3. Pulvinulina cordiformes Costa.sp. 45. Rhabdo-
. gomum warutum Pls.6-I,.Caryophylla salı.
narta ls.
.der k Akad.d Wmath.nafurw.C1,LV Bd F.Abth. 1867.
Sitzung:
a Te
-
Reufs. Fossile Fauna vo: Wiehezka.
7. Chultellus papyraceus ls 2-4 Undrola Hornest Be
D-7Fecten scabrıdus Krehmw.8 P bechwaldı Rls. 9. (leodora
spena KL. I0 (L.subnlata 06 I, Spnrialis velvatına BIS
Sitzunosb.der k.Akad.d.W.math.naturw. Cl. LV. Bd. 1. Abth. 1867.
nn
I
ut Au 2 Aa
N
ee 2
Reufs. Fossile Fauna von Wieliezka. Taf VI.
1. Fecten denudatus B/s. 2. Alvanıa veliscensisvSchn 3A. conica vSehw.
4. Euluma filıgera El5.5-7.Turbonıllaobscura Bls. 82 impressa BL.
I. Z’brevrsR&. 10 DT’ aherrans Bls, // Philıne punctata Ad. 72 Trochus
Gerambi Bls.
Sitzungsb. der k.Akad.d\W. math.naturw.U1.LV Bd.1.Abth.1867.
Reufs. Fossile Fauna von Wiehezka.
TA: Te T: nn ee EN er
Joh. Strohmasyer Sen lich. Aus Lkk Hof Staat
T. Dilhynia curta Bls 2, Shenea sinplex Ks.
3. Spamodor nılidus Bl. #_6. Poecilasma-
miocaenica FR ls. 78, Mierodium nodulosum Rls.
Sitzungsb.der k.Akad.d.Wmath naturw.C1. DV. Bd. T. Abth 1867.
6
Lipsky. Beiträge zur Kenntniß des feineren Baues des Darmeanals. 183
Beiträge zur Kenntniß des feineren Baues des Darmcanals.
Von Dr. Alexander Lipsky aus Kiew.
(Mit 2 Tafeln.)
Ich habe nach einer mir vom Herrn Dr. Stricker mitgetheilten
Methode eine erneuerte Untersuchung über den Bau des Darmeanals
unternommen, weil sich die Aussicht eröffnete mit Hilfe derselben
über einzelne nicht gelöste Fragen Aufschluß zu erhalten. Die
Methode besteht wesentlich darin, dafS man ganz frische Stücke des
Darmeanals in eine Chromsäurelösung von weingelber Farbe wirft,
sie daselbst mehrere Tage liegen läßt, und dann kleine Stückehen
eines derart mäßig erhärteten Darmes in eine mit eoneentrirter
Gummilösung gefüllte Papierdüte taucht, und die hernach geschlos-
sene Düte in etwa 80%), Alkohol wirft. Nach etwa einem Tage ist
der Gummi so weit entwäßert, daß man die Papierdüte mit der Pin-
zette abziehen kann, und dann hat man einen Körper in Händen, der
sich zur Schnittführung bestens eignet. Es hat diese Methode vor
der schon von Basch !) angeführten den Vorzug, daß die Darmstücke
nicht eintrocknen, was namentlich für die Zotten nicht gleichgültig ist.
Die Durchschnitte aus den Zotten selbst und aus der ganzen Darm-
wand erwiesen sich bei der wünschenswerthen Dünne, der Art
trefflich eonservirt, daß die Streifung an den freien Säumen des
Zottenepithels sehr gut zu sehen war, und daß glatte Muskelfasern
und Ganglienzellen und kurz das histologische Detail an Klarheit
wenig zu wünschen übrig ließßen. Die Durchschnitte lasse ich, nach-
dem sie vom Messer abgespült werden, 2—4 Tage im Wasser liegen,
um sie so gut als möglich von der Chromsäure auszuwaschen, dann
infiltrire ich sie in Karmin, und zwar, bleiben die Präparate in einer
eoncentrirten Lösung von karminsaurem Ammon mehrere Stunden
bis zu einem ganzen Tage; nachträglich werden sie noch einmal im
Wasser ausgewaschen und in Glycerin aufbewahrt. Mit Rücksicht
auf die Färbung glaube ich erwähnen zu dürfen, daß sich bei soleher
Behandlung das Bindegewebe am schwersten färbt; die glatten Mus-
1) Sitzungsber. Bd. LI.
184 Lipsky.
kelfasern am leichtesten. Auch die Ganglienzellen des Auerbach’-
schen und Meissner’schen Plexus färben sieh schwerer als die
Muskeln und waschen sich auch schwerer von der Chromsäure aus
als Muskeln, und die meisten meiner Präparate sind so beschaffen,
daß die glatten Muskelfasern und namentlich die Kerne derselben
voth gefärbt sind, während die Ganglienzellen zwischen ihnen noch
einen Stich ins Gelbliche zeigen.
Ich will meine Aufmerksamkeit zunächst den Cylinderzellen des
Dünndarmes zuwenden.
Die Epithelialzellen, welche die Zotten bekleiden, sind nieht
allenthalben so einfach (einschichtig), wie man sie schematisch zeich-
net, sondern es stecken häufig in der Tiefe und zwar zwischen den
Basen, respective Spitzen, der einfachen Zellenreihen noch andere
kleinere Zellen, wie das auch E. H. Weber beschrieben hat.
An den Stellen, wo jene Zellen, welche mit ihrem breiten Ende
an das Darmlumen stoßen, sich gegen die Darmsehleimhaut zu in
spitze Fortsätze ausziehen, können diese Fortsätze selbst zwischen
solchen kleineren Zellen gelagert sein. Bei dem Umstande, als das
Zottenparenehym selbst von Zellen durchsetzt ist, kann es sich auch
ereignen, dafs man die Abgrenzung des Zottenparenehyms gegen
diese tiefer liegenden Zellen nicht scharf unterscheidet, und es
kann in solehem Falle auch die Vermuthung rege werden, ob nicht
die Fortsätze der Epithelien in das Parenchym der Zotte hineinrei-
chen. Die Untersuchung von frischen nieht gequetschten Zotten
hat mir eine solche Communication niemals zur Anschauung gebracht,
und die Untersuchung auch der besten Durehschnitte gleichfalls nicht.
Ich kann also weder die Angabe Heidenhein’s über die Ver-
bindung von Epithelialzellen mit Bindegewebskörperchen der Zotte
bestätigen, noch kann ich den neuesten Mittheilungen von Letze-
rieh (Virehow's Archiv Oetober 1866) beipflichten, nach welchen
eigene Resorptionsorgane vorhanden wären. Die Angabe des genann-
ten Autors, dal die Chyluswege durch eigene Organe bis an die
Oberfläche der Zotte reichen und daselbst münden, scheint jeden-
falls auf einer mangelhaften Beobachtung zu ruhen. Ich will alles
das, was bereits über diese Frage gesprochen, und von Letzerich
nieht beachtet wurde, nieht noch einmal wiederkolen. Es genügt
darauf hinzuweisen, daß die Resorptionsorgane Letzerieh's nichts
Anderes sind, als die sattsam bekannten Becherzellen.
= . oo
Beiträge zur Kenntniß des feineren Baues des Darmeanals. 185
Die Verhältnisse der Epithelialzellen einer Anzahl von Säuge-
thieren wie sie Brettauer und Steinach im Jahre 1857 (Wiener
Sitzungsberiehte) geschildert haben, muß ich, was den objeetiven
Befund anbelangt, in allem und jedem bestätigen. Ich habe in der
neuesten Zeit mit einer der besten Tauchlinsen, welche mir Herr
Dr. Stricker zur Verfügung stellte, die Epithelialzellen sowohl, als
deren Säume im frischen und im conservirten Zustande untersucht,
und ich muß unumwunden gestehen, daß es meine höchste Bewun-
derung erregt hat, wie Brettauer und Steinach im Jahre 185%
mit ihren relativ geringen Mitteln so viel sehen konnten; so viel
wie allem Anschein nach bis jetzt, noch kein Anderer nach ihnen
gesehen hat.
Die schönen Beobachtungen, aus welchen in der genannten
Arbeit auf eine Zusammensetzung des Saumes aus Stäbchen
geschlossen wird, kann ich um so eher bestätigen, als ich mich über-
zeugt habe, daß die Stäbchen zuweilen ungleich hoch hervorragen,
was bei der Annahme von Poreneanälchen offenbar nieht gut denk-
bar ist.
DenEinwand von Kölliker 1), daß Brettauer und Steinach
auch nicht einen Grund angeben, warum sie dieselben als natürliche
Bildungen ansehen, brauche ich nicht zu entkräften, da Brettauer
und Steinach deutlich und ausdrücklich darauf aufmerksam machen,
daß sie ihre Beobachtungen an ganz frischen eben getödteten Thieren
angestellt haben.
Den weiteren Einwand von Kölliker, dafs Auflagerungen mit
Porencanälchen eine ganz verbreitete Erscheinung, wogegen Ablage-
rungen in Form von Stäbchen nur an Eiern von Fischen vorgekom-
men sind, wird gewiß Niemand als ernst gemeinten Stoß gegen
die Beobachtungen von Brettauer und Steinach annehmen. —
Kölliker wendete die Frage in der neuesten Auflage seines
Buches der Art, daß er uns zeigt, die Epithelialzellen an und für sich
seien ringsum geschlossen und auf der Zelle liege ein poröser Deckel,
der in Folge von Veränderungen nach dem Tode auch als ein Büschel
Härchen oder Wärzehen oder Stäbehen erscheinen kann, und bezieht
sich unter anderem darauf, daß man auch nach dem Abfallen dieses
Deckels keine Löcher in der Zellenmembran findet.
1) Handbuch 4. Auflage.
186 Lipsky.
Die Bilder, welche Pag. 445 in Fig. 249 D abgebildet sind,
sind wohl der Wahrheit getreu, aber das sind gewiß keine Epithelial-
zellen in toto; das ist ausgetretener Inhalt von Epithelialzellen, oder
anders genommen: das ist Zellenleib mit Zellenkern, der aus einem
Becher herausgetreten und den Saum mitgerissen hat. Daß man an
solehen Zellenleibern nach dem Abfallen des Saumes keine Löcher
zu finden braucht, ist von selbst klar. Eben so klar ist es aber, daß
man nach dem Abfallen des Saumes Löcher in der Zellhülle findet. Ich
brauche in der Riehtung wieder nur auf die Becherzellen zu verwei-
sen, über deren Entstehung ja Brettauer und Steinach einen
unzweideutigen Aufschluß gegeben haben. Da indeß diese Darstellung
immer noch bezweifelt wird, so sei noch Folgendes hinzugefügt.
Wenn man den Darm einer eben getödteten Katze in eine
Lösung von doppelt chromsaurem Kali bringt, dann werden fast alle
Zellen sowohl des Dünn- als des Diekdarmes in Becherzellen um-
gestaltet. Ein stärkeres Kriterium für die Natur der Zellenhülle im
Darmeanal überhaupt und für die Unhaltbarkeit aller jener Angaben,
welche von zweierlei Zellen auf den Zotten oder von eigenen Resorp-
tionsorganen sprechen, läßt sieh füglich kaum auffinden. Beim gesun-
den Kaninchen trifft dieses Verhältniß nicht zu, aber Strieker und
Kocslakoff !), haben gezeigt, dafs ein solches auch bei Kaninchen
der Fall ist, und zwar sowohl im Magen als im Dünndarme, wenn
diese Organe abnormer Weise gereizt und zu Entzündungen geführt
werden.
Ob die hinteren Enden der Epithelialhüllen offen sind, darüber
weiß ich gar nichts anzugeben. Es ist aber ganz gut möglich, daß
solche Öffnungen existirten, ohne daß wir sie wahrnehmen, weil die
Epithelialzellen nur in den seltensten Fällen ihren ganzen Inhalt
ausstossen, und weil in der Regel Reste von Protoplasma auf dem
Grunde des Bechers sitzen bleiben. Wir sehen aber bekanntlich die
scharf gezeichneten Mündungen der Becher erst dann, wenn wenig-
stens die oberflächlichsten Partien des Protoplasma ausgestossen sind.
An Durchschnittspräparaten aus dem Katzendarm gehört es zur
Regel, dafs an den beiden Wänden, welehe auf dem Längsdurch-
schnitte eines Bechers zur Ansicht kommen, Stücke von deutlich
streifigem Saume haften bleiben.
I) Sitzungsberiehte Bd. LIIT.
A
Beiträge zur Kenntniß des feineren Baues des Darımcanals. 1817
Es läßt sich diese Thatsache gleichfalls für die Zusammen-
setzung des Saumes aus Stäbehen ins Feld führen. da es gut denk-
bar, daß solehe Stücke des Saumes, welche auf den Rändern der
beeberförmigen Zellhülle aufsitzen, hier haften bleiben, während die
eentralen Partien mit dem Inhalte ausgestoßen werden.
Es ist andererseits schwer denkbar, daß ein von Poren oder
Canälen durchsetzter aber sonst zusammenhängender Deckel so
häufig und in der Weise durchlöchert werde, daß nur ein schmaler
Ring zurückbleibe.
Daß der Saum nicht etwa von vorneherein aus einem so
sehmalen Ringe besteht, wie es Taf. II, Fig. 6 erläutert, braucht kaum
erst erwiesen zu werden.
Am Diekdarme sah ich ein derartiges Ledirtwerden des Saumes
nicht. Ich will mich aber durchaus nicht über die Zusammensetzung
des Saumes an den Epithelien des Diekdarmes ausspreehen. Es gelang
mir eben nicht eine deutliche Streifung mit Sicherheit aufzulösen.
Die Epithelialzellen an den Oberflächen der Peyrischen Follikel
sind nicht ganz so gebaut, wie diejenigen an den Zotten. Auch an
den ersteren ist ein streifiger Saum vorhanden, aber die Zellen sind
erstens im Allgemeinen kürzer als an den Zotten, und zweitens
scheint in der Tiefe ein reicheres Lager von jenen Zellen vorhanden
zu sein, deren ich eingangs erwähnte. —
Da, wo eine Liberkühn’sche Krypte an einen Follikel anstoßt,
sieht man auf dem Durchschnitte, daß das Epithel auf dem Boden
der Krypte seinen Charakter wechselt. Auf der einen Seite ist es
noch nach Art des Zottenepithels und auf der anderen Seite schon
nach Art des Follikelepithels gebaut.
Was das Parenchym der Zotten anbelangt, habe ich nur die
bereits bekannte Erfahrung zu bestätigen, dal sie aus einem netz-
fürmigen Gewebe zusammengesetzt sind, in welches Netz Zellen
eingetragen sind. Der Zottenraum ist mir an Kaninchendärmen
einigemale auf Durchschnitten in ausgezeichneter Weise zur An-
sehauung gekommen, und sind die Präparate auch glücklich con-
servirt. Es zeigt sich hier mit einer Sicherheit die niehts zu
wünschen übrig läßt, daß der Zottenraum von glatten Muskel-
zellen ausgekleidet ist. Ich will durchaus nicht behaupten, dal
dieses allenthalben so sein müsse. Herr Dr. Strieker sagte mir,
daß die Zeichnungen, welche Basch entworfen hat, und nach
188 Lipsky.
welchem der Durehsehnitt des Zottenraumes direct von adenoidem
(Gewebe des Zottenparenehyms begrenzt ist, vollständig der Natur
getreu abgebildet wären. Es ist nun ganz gut möglich, daß einmal
die Zottenräume, welehe in meinen Schnitten getroffen sind, zufällig
solchen Stellen entsprechen, wo glatte Muskelfasern liegen, und
diejenigen, welche Basch abgebildet hat zufällig solehen, wo glatte
Muskelfasern fehlen.
Es ist ferner gut denkbar, dafs die Verhältnisse bei dem Hunde
andere sind als beim Kaninchen, und die Zeichnung von Basch
bezieht sich auf den Hundedarm, meine Aussage aber auf den
Kaninchendarm. Ich muß aber jedenfalls mit aller Entschiedenheit
betonen, daß in diesem ausgezeichnet eonservirten Darm weder von
einer Epithelauskleidung noch von einer besonders structurlosen
Membran irgend etwas siehtbar ist, und zwar gilt dieses für die
ganze Länge des Zottencanals, weil es mir in einzelnen Fällen gelun-
gen ist, den ganzen Canal in die Schnittebene zu bekommen.
Die Lieberkühn’schen Krypten sind im Dickdarm des
Kaninchens spärlicher angeordnet, wie im Dünndarme, und mithin ist
das Stroma der Schleimhaut in dem ersteren viel mächtiger ent-
wickelt. Zwischen die Lieberkühn schen Krypten ziehen einzelne
glatte Muskelfasern aus der Huscularis mucosae hinein, wie das schon
Brücke beschrieben hat. Ich kann nur hinzufügen, daß dieses
Verhältniß auf Durehsehnitten des Diekdarmes besser zu sehen ist,
als auf Durchsehnitten des Dünndarmes, weil wie schon erwähnt
wurde, in dem ersteren die Krypten nicht so dicht angeordnet sind.
Die Muscularis mucosae besteht wohl dem ganzen Darm ent-
lang aus einer inneren Rings- und aus einer äußeren Längsfaser-
schichte.
In Rücksicht auf den Vergleich zwischen Kaninchen und Katzen.
erwähne ich nur, daß bei ersteren auch im Diekdarme die Sonde-
rung viel strenger aufrecht erhalten wird, als bei letzteren, da sich
bei Katzen stellenweise Rings- und Längsfasern durcheinander fleeh-
ten. Im Kaninchen-Diekdarm findet man Stellen, wo die Längs-
faserhaut sowohl wie die Ringsfaserhaut nicht ganz zwei Zellen im
Durchmesser betragen, sondern, wo sich eben die Spitze einer Zelle
über den Bauch der anderen Zelle hinüberzieht, ja die Ringsfaserhaut
ist am Diekdarme häufig durehbrochen, so daß diese mehr netzförmig
angeordnet ist.
Beiträge zur Kenntniß des feineren Baues des Darmeanals. 189
Der Angabe von His !), daß an den Stellen, wo Peyr’sche
Plaques oder solitäre Follikel vorhanden sind, die Museularis aus
ihrer Lage verdrängt, unter den Basen der Follikel zu finden wäre,
muß ich entsehieden widersprechen. Bei Katzen sowohl als bei
Kaninchen sind die Peyr schen Drüsen mit ihren oberen respective
inneren Abschnitten durch die Muscularis durchgesteckt ganz genau
so, wie es Brücke ?) in seiner Abhandlung über die Museularis
mucosae beschrieben hat.
Die Meißßner’schen Ganglienzellen sind namentlich schön im
Diekdarm des Kaninchens zu sehen, wo sie bei sehr wenig entwickel-
ter Submucosa schichtenweise unter der Muscularis anlagern; es
sind relativ große, stark granulirte, mit großen bläschenförmigen
Kernen versehene Zellen; am Dünndarm sah ich solche schichten-
weise Anlagerungen unter der Muscularis mucosa niemals. Hier sind
die Meißner’schen Ganglien zu größeren Plexus, dieken Knoten
angehäuft, von welchen Knoten dünnere Zellenstränge zu anderen
Knoten hinziehen. Von solehen Knoten ziehen auch andere Stränge
fort, über deren Natur ich nichts Bestimmtes aussagen kann, wie
sich das bei Durchsehnittspräparaten so ziemlich von selbst versteht.
Ich weiß aber, daß solche Stränge zuweilen in die Ringsfaserhaut
der äußeren Darmmuskelschichte hineinziehen um zu anderen Gan-
glienplexus zu gelangen. Ich muß namentlich erwähnen, daß die
Ganglien bei der äußeren Muskelschichte nicht nur zwischen Längs-
und Ringsfaserhaut liegen, sondern zuweilen weit hinein in die Rings-
faserhaut vorgeschoben sind. Ja ich habe ein Präparat abgebildet:
an welchem zu sehen ist, wie auf einem von einer Auerbach--
sehen Ganglienplexus ausgehenden Zug, der sich in die Ringsfaser-
haut hinein erstreckt, erst ein Plexus sich anlegt, dann der Zug in
‚die Ringsfaserhaut hinein weiter greift, dann sich ein zweiter Plexus
einschiebt, und dann erst läßt sich der Zug bis in die Submucosa
hinein verfolgen.
Am Kaninchendarme ist das Peritonaeum des Dickdarmes viel
mächtiger, als das des Dünndarmes. Trotz der ausgezeichneten Con-
servirung meiner Präparate und trotzdem, daß ich meine eingeschlos-
senen Durehschnittspräparate noch mit Immersionslinsen untersuchen
kann, und an welchen, wie schon erwähnt wurde, die Stäbehensäume
1) Zeitschr. f. w. Zoologie XI.
?) Sitzungsberichte 1851.
10 Lipskvy.
erhalten sind, konnte ich ein Epithel des Peritonaeums auch nieht
spurenweise entdecken. —
Was die Follikel des Dünndarmes anbelangt, habe ıch sehon
früher erwähnt, daß His im Unrecht ist, wenn er sie oberhalb der
Museularis mueosae sucht. Das was His als Muscularis mucosae
bezeichnet, das ist in Wirkliehkeit keine Museularis; das sind die-
selben Stränge, welehe sich zwischen die Follikel hineinerstrecken,
welche theilweise die Lymphsinuse bilden und theilweise die Follikel
selbst von einander abscheiden. Dieser Irrthum von His zog noch
einen anderen nach sich. His schloß aus dem Umstande, daß die
Museularis mucosae unter dem Follikel liegt, den weiteren Schluß,
daß die Follikel selbst in der Mucosa liegen müssen, und das ist
ganz und gar unrichtig. Die Follikel liegen nur zum kleinsten Theil
in der Mucosa, zum großen Theil ragen sie über dieselben hervor,
oder in die Submuecosa hinein. Wenn uns also His ferner auf einem
gepinselten Durcehschnittspräparate den Follikei als ganz von ade-
noidem Gewebe umgeben, zeiehnet, so muß ich ganz anstandslos
dagegen erklären, daß diese Zeichnung nur theilweise der Wahr-
heit entsprechen kann, zum Theile aber schematısirt sein müsse. Die
Stränge, welche His selbst zwischen den Follikeln respective den
Lymphsinus zeichnet, sind gewiß nicht nach dem Muster des netz-
förmigen Gewebes gebaut, das sind einfache dichte Stränge und ent-
sprechen thatsächlich ganz und gar den Bindegewebsbalken in den
Lymphdrüsen, wie dies übrigens auch His, seiner eigenen Angabe
widersprechend, hervorhebt. Der angeführte Irrthum von His bewog
ihn wohl auch die Meinung Brücke’s, daß diese Stränge Lymph-
gefäße seien, zu widerlegen. Es ging dies weniger aus wirklichen
Beobachtungen, als aus der Annahme hervor, daß die Follikel eben
in der Mucosa ruhen, in welcher sich keine Lymphgefässe befinden.
Ich will nun keineswegs behaupten, daß diese Stränge Lymph-
gefäße seien, ich consentire ganz und gar, daß diese Stränge den
Bindegewebsbalken der Lymphdrüsen entsprechen; aber mit Rück-
sieht darauf, daß diese Stränge bis an die Muscularis subperitonaea-
lis führen, darf wohl erwartet werden, daß in ihnen selbst schon
wirkliche Lymphgefäße liegen können, wenn nicht angenommen
werden soll, daß die Lymphe oder Chylus auch von der Museularis
superitonaealis einfach in Spalträume aufgesogen werden.
Beiträge zur Kenntniß des feineren Baues des Darmeanals- | 34
Erklärung der Abbildungen.
Fig. I Durehsehnitt aus dem Dünndarme des Kaninehens.
m, m Muscularis mucosuae.
k, k Kuppen von Follikeln.
f Follike'.
s Submucosa.
Z, L Rings- und Längsfaserhaut.
p Peritonaeumı.
Fig. 2. Durehschnitt aus dem Diekdarme des Kaninchens. Der Schnitt soll die
Oberfliche der Schleimhaut und die Richtung der Crypten ersichtlich
machen.
J Crypten.
m, S, Z, L, p wie früher.
Fig. 3. Seitlicher Längenschnitt einer Sachen Zotte der Katze.
D Substauz der Zotte ist daher sehr schmal.
D Becherzellen, welche dureh die Mündung geschnüten sind mil
Stücken von Säumen.
v Becherzellen, welehe ınehr seitlich getroffen sind.
Fig. 4. AR Zotienraum
9 glatte Muskelzellen als Begrenzung (derselben.
Fig. 5. Eine Crypte, welche links (im Bilde an einen F«llikel stößt).
Es ist hier die Verschiedenheit in dem Charakter des Epithels von
Herrn Dr. Heitzmann naturgetreu gegeben.
Bei A ist etwas ausgepinseltes Gewebe des Follikels gezeichnet
und bei 7 ein Strang, welcher sich zwischen die Follikeln hinzieht
und endlich nach aufwärts noch an der Seite der Crypte sicht-
bar ist.
Fig. 6. Crypten aus dem Diekdarm unter der Tauchlinse Nr. 10 gezeichnet.
m, m Muscularis mucosae.
J Cıypten.
M Mucosa.
Fig. 7. Längsschnitt aus dem Diekdarme des Kaninchens unter der Tauchlinse
Nr. 10 gezeichnet.
m, m wie früher.
M, PMeifiner’sche Plexus.
“ . * “. r ... ar
192 vi pskvy. Beiträge zur Kenntniß des feineren Baues des Darmeanals.
J, Z wie früher.
r, n. Ringslasern der Muaseularis mucosae.
ZM Zellen aus der Mucosa.
Fig. 8. Dünndarm des Kaninehens.
M, P, S, Z, L wie früher.
AP Auerbach’scher Plexus und Verbindung desselben mit dem
Meifßner’schen Plexus dureh einen Faserzug.
Fig. 9. Z, L, p, AP wie früher.
@Z Ganglienzellen innerhalb der Ringsfaserhaut.
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{nifs des Baues des Darın kanals.
195
II. SITZUNG VOM 10. JÄNNER 1867.
Der Seeretär theilt mit, daß Herr Dr. Diesing schwer erkrankt
und wenig Hoffnung auf dessen Wiedergenesung vorhanden sei.
Derselbe legt eine Anzahl sehr gelungener, durch Herrn G.
Reiffenstein verfertigter Litho-Photographien zur Ansicht vor,
und bespricht das zu deren Erzeugung angewendete Verfahren.
Herr Prof. Dr. K. Peters in Graz übersendet eine Notiz über
„Phoca pontica“ Eiehw. bei Wien.
Herr E. Koutny, Assistent der descriptiven Geometrie an der
k. k. technischen Lehranstalt in Brünn, übermittelt eine Abhandlung,
betitelt: „Construction der Selbstschattengrenze von Rotationsflächen
in der Perspeetive unter Voraussetzung paralleler Liehtstrahlen.*
Herr Prof. Dr. A. Winckler legt zwei Abhandlungen von
Herrn Dr. J. Frischauf vor, und zwar: a) Theorie der Kreis-
theilung“ und 5) „Beitrag zur Theorie der Pell’schen Gleichung.“
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Academy, The Royal Irish: Transactions. Seiencee: Vol. XXIV, .
Part 5; Polite Literature: Vol. XXIV, Part 3; Antiquities: Vol.
XXIV, Parts 5—7. Dublin, 1865/66; 40.
Akademie van Wetenschappen, Koninkl., te Amsterdam: Verslagen
en Mededeelingen. Afdeeling Letterkunde: Deel IX. 1865; Af-
deeling Natuurkunde: 2% Reeks I. Deel. 1866; 80. — Jaar-
boek 1865; 80%. —- Catalogus van de Boekerij. II. Deel’s
1. Stuk. 1866; 80. — Processen-Verbaal van de gewone Ver-
gaderingen. Afdeel. Natuurkunde. Januarij 1865 — April 1866;
80. — Simplieii commentarius in libros IV Aristotelis de caelo
ex recens. Sim Karstenii. Trajecti ad Rhenum, 1865 ; 4°.
Bauzeitung, Allgemeine. XXXI. Jahrgang, 10.—12. Heft. Nebst
Atlas. Wien, 1866; 40 & Folio.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 13
194
Bibliotheque Universelle et Revue Suisse: Archives des Seiences
physiyues et naturelles. N. P. Tome XXVIF, Nrs. 105—107.
Geneve, Lausanne et Neuchatel, 1866; 89.
Comptes rendus des seances de l’Academie des Sciences.
Tome LXII, Nrs. 25—26. Paris, 1866; 40
Cosmos. 2° Serie. XVI° Annee, 5° Volume, 1"° Livraison. Paris,
1867,80
Gesellschaft der Wissenschaften, könıgl., zu Göttingen: Abhand-
lungen. XI. Band. Göttingen, 1866; 40.
— Schlesische, für vaterländische Cultur: Abhandlungen. Philos.-
histor. Abtheilung: 1866; Abtheilung für Naturwissenschaften
und Mediein. 1865/66. Breslau; 80. — 43. Jahresbericht. 1865.
Breslau, 1866; 8°.
Gewerbe - Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen.
XXVII. Jahrg. Nr. 1. Wien, 1867; 8°.
Grunert, Joh. Aug., Archiv für Mathematik und Physik. XLV. Theil,
3. & 4. Heft. Greifswald, 1866; 80-
Helsingfors, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften. 1865
bis 1866. 40, 80 & Fol.
Instituut, Koninkl. Nederlandsch Meteorologisch: Meteorologisch
Jaarboek. 1865. Utrecht, 1866; 4°.
Land- und forstwirthschaftl. Zeitung. XVII. Jahrgang, Nr. 1.
Wien, 1867; 40
Magazijn voor Landbouw en Kruidkunde. N. R. 8. Aflevering.
Utrecht, 1866; 80.
. Mittheilungen des k. k. Artillerie-Comite. Jahrgang 1866, 7. Heft.
Wien; 8°.
Reise der österr. Fregatte Novara um die Erde. Zoologischer Theil.
I. Band. Amphibien, bearbeitet von Fr. Steindachner. Wien,
1867; 40.
Societe des Sciences naturelles de Strassbourg: Memoires. Tome
VI°, I* Livraison. Paris & Strassbourg, 1866; 40,
— de Physique et d’Histoire naturelle de Geneve: Memoires. Tome
XVII, 2% Partie. Geneve, Paris, Bale, 1866; 40,
Society, The Royal Geological, of Ireland: Journal. Vol. I, Part 2.
London, Dublin, Edinburgh, 1866; 8°.
— The Royal of London: Philosophical Transactions. Vol. 155,
Part II. 1865; Vol. 156, Part I. London, 1866: Ao. —
195
Proceedings. Vol. XIV, N. 78—79: Vol. XV, Nr. 80— 86.
London, 1865 & 1866: So.
Society, The Linnean, of London: Transactions. Vol. XXV, Part 2,
London, 1866; 4°. — Journal. Botany: Vol. IX, Nrs. 35 — 37;
Zoology: Vol. VII, Nrs. 31 & 32; Vol. IX. Nrs. 33. London,
1865 & 1866; So. — List 1865. 8°.
— The Zoological, of London: Transactions. Vol. V, Part 5. Lon-
don, 1866; 4%. — Proceedings for the Year 1865. London,
Paris & Leipzig, 1865; 8% — Report of the Couneil April 30%
1866. 8°,
Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 2—3. Wien,
1866; 4%
Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft.
XV. Jahrg. Nr. 1. Gratz, 1867; 4°.
Zeitschrift des österr. Ingenieur- und Architekten - Vereines.
XVIM. Jahrgang. 10. & 11. Heft. Wien, 1866; 4%
III. SITZUNG VOM 17. JÄNNER 1867.
Der Präsident der Classe gedenkt des Verlustes, den die Aka-
demie durch das am 10. Jänner erfolgte Ableben des wirklichen
Mitgliedes. Herrn Dr. Karl Moriz Diesing erlitten hat.
Sämmtliche Anwesende geben ihr Beileid durch Erheben von
den Sitzen kund.
Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor:
„Die Tageszeiten der Meteoritenfälle verglichen“ und „Der
Meteorit von Simonod,“ beide vom Herrn Hofrathe W. Ritter v.
Haidinger.
„Botanische Streifzüge auf dem Gebiete der Culturgeschichte.
VII. Die organischen Einschlüsse eines Ziegels der alten Judenstadt
Ramses in Ägypten,“ von Herrn Prof. Dr. F. Unger.
Herr Prof. D. Aug. Em. Reuss legt eine Abhandlung: „Über
einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligoeän“ vor.
Das e. M. Herr Prof. Dr. C. Ritter v. Ettingshausen über-
gibt eine Abhandlung: „Die Kreideflora von Nieder - Schöna in
Sachsen.“ A
Das e.M. Herr Prof. V. v. Lang überreicht eine im k. k. physi-
kalischen Institute ausgeführte „Optische Untersuchung des unter-
schwefelsauren Baryt“, von Herrn A. Brio.
Herr Dr. S. Stricker legt eine Abhandlung vor, betitelt:
„Untersuchungen über das Leben der farblosen Blutkörperchen des
Menschen.“
An Drucksehriften wurden vorgelegt:
Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 5. Jahrg. Nr. 2.
Wien, 1867; 8°.
Astronomische Nachrichten. Nr. 1622. Altona, 1867; 4°.
Comptes rendus des seances de I’ Academie des Sciences. Tome
LXII, N. 27. Paris, 1866; 40
197
Cosmos. 2° Serie. XVI’ Annee, 5° Volume, 2° Livraison. Paris,
1867; 8°.
Dechen, H. von, Geologische Übersichtskarte der Rheinprovinz und
der Provinz Westphalen. Nebst Notiz über dieselbe. Bonn, 1866;
gr. Folio & 8%
Gesellschaft der Wissenschaften, Königl. Dänische: Skrifter. V.
Raekke. Historisk og philosophisk Atdeling. IH. Binds 1. Hefte.
Kjöbenhavn, 1866; 4%. — Oversigt. 1865, Nr. 1—3. 1866,
Nr. 1. Kjöbenhavn; 8°.
Gewerbe-Verein,n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. XXVI.
Jahrg. Nr. 2. Wien, 1867; 80.
Hörnes, Moriz, und Ludwig Ritter v. Köchel, Das Mohs-Denkmal.
Bericht über die Ausführung desselben. Wien, 1866; 8.
Land- und forstwirthschaftliche Zeitung. 17. Jahrg. Nr. 2. Wien,
1867; 4°.
Maelear, Sır Thomas, Verifieation and Extension of La Caille's
Are of Meridian at the Cape ofGood Hope. Vol. T& II. 1866; 40
Museum Franeisco-Carolinum: 26. Bericht. Linz, 1866; 8°.
Parlatore, Filippo, Le specie dei cotoni. Con VI tavole. Firenze,
1866; 40. & Folio.
Societe geologique de France: Bulletin. 2° Serie. Tome XXI,
Feuilles 30—51. Paris, 1865 a 1866; 80.
Society, The Royal Astronomical: Memoirs. Vol. XXXIV. London,
1866; 4°.
— The Literary and Philosophiecal, of Manchester: Memoires.
Ill. Series. II. Vol. London & Paris, 1865; 80%. — Proceedings.
Vol. IH. & IV. Manchester, 1864 & 1865; 80.
Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 4—5. Wien,
1867; 4°.
Woehen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthsehafts - Gesellschaft.
XV. Jahrg. Nr. 7 u. 14. Gratz, 1866; 40.
l HR, Unger,
Botanische Streifzüge auf dem Gebiete der Culturgeschichte.
Von dem w. M. Prof. Dr. F. Unger.
VIH. Die organischen Einschlüsse eines Ziegels der alten Juden-
stadt Ramses in Agypten.
Es ist mir wiederholt Gelegenheit geworden von einem alten
Baue Ägyptens einen Ziegel auf dessen Einschluß an organischen
Körpern zu untersuchen. Ich verdanke dieses interessante, obgleich
unvollständige Öbjeet Herrn Dr. Reinisch, der dasselbe auf seiner
Reise in Ägypten im Jahre 1866 sammelte.
Wie bekannt, besuchten die Herren Dr.Reiniseh und Dr. Roes-
ler in Gesellschaft des Herrn ProfessorsR. Lepsius mehrere Ruinen-
stätten ım Delta. „Wir durchstreiften“, so erzählt letzterer in einem
Briefe an die k. Akademie in Berlin vom 18. April 1866, „die aus-
gedehnten Ruinen von Masyüta und schritten die Hauptumwallung
der Acropolis ab, in deren Mitte der Tempel stehen mußte, dessen
Lage durch die Granitgruppe angezeigt ist. Zum Andenken an die
bekannte Frohnarbeit der Israeliten, ließ ich aus der ursprünglichen
Umwallungsmauer, die ohne Zweifel zu der ersten Anlage der Stadt
gehörte, einen der gewaltigen Nilziegeln herausarbeiten, die mit
Hechsel wenig gemischt und mit Cement verbunden 044 zu 0-24 zu
0:12 Met. in ihren Dimensionen haben“.
Wenn man von Ismailia am Timsach-See dem Süßwassercanal
nach Zagaziq verfolgt, so liegt Masyuta 17 Kilometer von da entfernt.
Unweit dessen sind die Scherbenstätten und Mauerreste, die man mit
höchster Wahrscheinlichkeit für das alte Ramses hält, die Stadt,
welche, so wie Pitom unter Ramses II. — dem Sesostris der Griechen,
im 13. oder 14 Jahrhundert vor Christo erbaut wurde 1). Eine große
1) Ramses Il. Miamum regierte nach Lepsius von 1388—1322; nach Reinisch
von 1285— 1217 v, Christo. Die biblische Erwähnung der Stadt Ramses im Lande
Gosen findet sich Mos. 11. 1. 11,
Botanische Streifzüge auf dem Gebiete der Culturgeschichte. 1 99
Ziegelmauer hat sich zum Theile erhalten; von ihr rühren die Bruch-
stücke her, die mir zur Untersuchung übergeben wurdeu.
Dieselben waren, als ich sie in Graz überkam, in Papier einge-
wickelt und mit Stroh umhüllt in einem Korb aus Palmenblättern
. verpackt.
Bei Eröffnung des Korbes ergab es sich, daß nur das Bruch-
stück eines Ziegels im unverletzten Zustande sich vorfand, vom zwei-
ten Ziegel nur größere und kleinere Trümmer und zu Staub zerrie-
bene Theile vorhanden waren. Ich sonderte Alles vorsichtig, nament-
lich bewahrte ich das unverletzte Ziegelstück sorgfältig auf; vom
zweiten Ziegel wurden die größeren und kleineren Stücke von dem
anhängenden Stroh so gut es ging gereiniget und geschlemmt, die
kleineren Stücke und der Staub war jedoch so verunreiniget, daß sie
nicht weiter untersucht werden konnten.
Das Ziegelstück Nr. I hatte eine fast eubische Form, dessen
Dimensionen 0-14—0-13— 0:10 Met. betrugen, woraus im Ver-
gleiche mit den oben angegebenen Ausmaßen hervorgeht, daß das-
selbe ungefähr die Häfte eines ganzen Ziegels war, auch ist ersicht-
lich, daß die Größe der Ziegel von Ramses mit jenen der Umwal-
lungsmauer von Eileithyia und der Pyramide von Dashur ziemlich
übereinstimmen.
Das Ziegelstück war von außen durch einige löcherartige Ver-
tiefungen ausgezeichnet, die wohl daher entstanden sein mögen, daß
die in der Oberfläche ursprünglich vorhandenen Sand- und Gestein-
körner herausgefallen waren, während andere daselbst noch sichtbar
waren und kleine Hervorragungen bildeten. Von Stroh oder Häcker-
ling waren nur wenige Spuren sichtbar.
Nachstehendes Bild auf ?/, der natürlichen Größe redueirt, mag
eine genauere Vorstellung dieses Ziegelstückes geben.
Dem Gewichte nach betrug dieses Stück nicht mehr als
2520 Grm., während der zerfallene Ziegel Nr. Il, vorausgesetzt die
Theile gehörten einem Individuum an, 5786 Grm. wogen, woraus
hervorgeht, daß das Stück Nr. I kaum die Hälfte eines ganzen Ziegels
ausmachte.
Um sich eine genaue Vorstellung von den constituirenden mi-
neralischen Bestandthtilen dieser Ziegel zu machen, so gab die
Schlämmung folgende Aufschlüße.
Es waren enthalten:
200 Unger.
Im Ziegel II. Im Ziegel I.
Feiner Schlamm . . . . 3990 Grm. 195 Grm.
Keiner Sand ur zur. lag Abb u
Gsohar Sanda san eins a A20 140 „
Organische Reste . . . 338 De
woraus hervorgeht, daß die feineren Sehlammtheile um mehr als das
Zwölffache vor den gröberen vorwiegen, wie das auch im Nilsehlamm
der Fall ist. Das geringe Gewicht der organischen Theile zeigt
unwiderleglich, daß bei der Fabrication dieser Ziegel nur sehr wenig
Hechsel in Anwendung kam.
Was die gröberen anorganischen Theile betrifft, so fanden sich
unter denselben: |
Nr. 1. Trümmer von Thongeschirren.
Ein Stück, von einem Quadratzol!l im Umfange, war von grobem
Thon mit Quarzkörnern gemischt roth gebrannt, ziemlich porös und
daher stark Wasser aufsaugend, ein zweites kleineres Stück schwarz
gebrannt, war mit etwas wenigem (uarzsand versetzt, weniger porös
und daher dichter.
Nr. 2. Krystalldrusen von Gyps; sie waren sehr häufig und bil-
deten Stücke von Linsen- und Erbsengröße bis zur Größe
einer Haselnuß.
Nr. 3. Eben so große unregelmäßige, häufig abgerundete Stücke
eines verwitterten Grobkalkes, welche dem äußeren An-
sehen naeh Mörtelfragmenten glichen.
Botanische Streifzüge auf dem Gebiete der Culturgeschichte. 201
Nr. 4. Einige ähnliche Stücke aus porösem Kalk und Sand zusam-
mengesetzt, die ich nothwendig für Mörtel halten mußte.
Nr. 5. Grober Sand aus Quarz, Feuerstein, Hornstein und Jaspis
bestehend, an QuantitätNr. 2 und Nr. 3 gleich. Die meisten
Körner waren abgerundet, die wenigsten, wie die des
Jaspis, scharf und kantig; der Quarz meist milchweiß, sel-
ten durchsichtig.
Nr. 6. Feiner Sand, deren Körner die Größe eines Hirsekorns
hatten. Dieser Sand war der Menge nach dem groben Sande
gleichkommend und bestand großentheils aus Quarzkörnern.
Fügt man noch hinzu, was der Ziegel Nr. [ an anorganischen
Bestandtheilen enthielt, das jedoch dem Ziegel Nr. II abging, so muß
noch beigesetzt werden:
Nr. 7. Kreidetrümmer (abfärbend) aus den zerstörten Kreidekalken.
Nr. 8. Ziegeltrümmer, welche sich von den Fragmenten der Thon-
geschirre leicht unterscheiden ließen.
Eine bei weitem größere Bedeutung haben jedenfalls die orga-
nischen Reste, welche in diesen Ziegeln eingeschlossen und einer
näheren Bestimmung fähig waren, wenn gleich der größere Theil
davon als Fragmente von Grashalmen keine bestimmte Deutung zu-
lassen. Es ist von selbst verständlich, daß bei der Beimengung von
Hechsel die vegetabilischen Substanzen den größten Antheil der
organischen Reste ausmachen, die thierischen Residuen dagegen sich
nur auf wenige Einzelheiten beschränken. Die folgende Aufzählung
der gefundenen Arten von Pflanzen und Thieren wird zeigen, in wie
weit der Zufall bei der Fabrication dieser Ziegel günstig war, um
uns einen Blick in die vor 3000—4000 Jahren auf dem Boden des
Delta vorhandenen organischen Geschöpfe zu gestatten. Jedoch ist
im Voraus zu bemerken, daß bei der äußerst sparsamen Beimengung
von Heehsel sich auch die bestimmbaren organischen Körper sich
nur auf wenige Arten beschränken werden.
Ich beginne mit der Angabe der determinirten Pflanzenreste und
schließe daran jene Planzenreste, die nur in unbestimmbaren Fragmen-
ten vorhanden waren; zu den ersteren gehören nachstehende Arten:
Phalaris paradoxa Lin. fil.
Auch in dem Zievel von Ramses vehören die Reste dieser
Oo fo)
Pllauze zu den häufigsten Beimengungen bestimmbarer vegetabilischer
202 Unger.
Körper. Es fanden sieh sowohl Samen als Kelehspelzen und zwar in
gleicher Größe und Form wie in den Ziegeln der Dashurpyramide !).
Wenn man bedenkt, daß diese Grasart noch jetzt zu den gemeinsten
Ackerunkräutern Ägyptens gehört, und das auch mehr als tausend
Jahre vor unserer Zeitreehnung gewesen sein muß, so darf man
sieh nieht wundern, wie gewisse Verhältniße selbst durch eine große
Reihe von Jahrhunderten unverändert sich erhalten haben, und fast
stationär geworden sind.
Eragrostis abyssinica Link.
Von dieser Cultur- und Nahrungspflanze fanden sich in unseren
Ziegeln nur wenige Samenkörner vor. Es beweiset dies, daß der Teff
als Nahrungspflanze noch über 2000 Jahre später in Ägypten eulti-
virt wurde, als man die Pyramide von Dashur erbaute, während sie
jetzt daselbst verschwunden ist.
Hodeum hexastichon Lin.
Daß von dieser wichtigen Nahrungspflanze nur ein einziges
Samenkorn in den Ziegeln von Ramses aufgefunden wurde, spricht
keineswegs für den damals sparsamen Anbau der Gerste, da aus den
vorhandenen Stengeltheilen und den Bruchstücken der Rachis, die
wahrscheinlich derselben Pflanze angehören, eher das Gegentheil ge-
folgert werden kann.
Triticum vulgare antiquorum Heer.
Auch von dem Weizen fanden sich nur zwei Samenkörner vor.
Sie glichen vollkommen denen, welche in den Ziegel der Dashur-
Pyramide eingeschlossen waren, und zeichneten sich durch ihre Klein-
heit im Gegensatze zu den gegenwärtigen in Ägypten vorkommenden
Kornfrüchten des Weizens aus.
Danthonia Forskolei Trin.
Nur ein einziges Kornfrüchtehen war in den genannten Ziegeln
vorhanden, aber auch dasselbe war so wenig gut erhalten, daß man es
nicht mit völliger Sicherheit der Danthonia zuschreiben kann. Bis
auf Weiteres muß demnach diese Bestimmung zweifelhaft bleiben.
1) Ein Ziegel der Dashurpyramide in Agypten nach seinem Inhalte an organischen
Einschlüssen. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. Bd. 54.
Botanische Streifzüge auf dem Gebiete der Culturgeschichte. 203
Polygonum avieulare Lin.
Eine andere Pflanze von großer Verbreitung ist das Polygonum
aviculare. Ein Schließsfrüchtchen derselben ist mit den vorhergehen-
den gleichfalls in diesen Ziegeln vorhanden gewesen und beweiset,
daß dieses cosmopolitische Gewächs schon zur Zeit des Baues der
Judenstadt Ramses eine auf den bewässerbaren Boden Ägyptens
gemeine Pflanze gewesen sein muß, wie sie es noch jetzt ist. Ihre
Verschleppung über ganz Europa und Nordamerika bis Grönland, ihr
Vorkommen auf Madeira, in Südamerika (Chili), Neu-Holland und
Ostindien deutet auf Wanderung in Gesellschaft der Getreidesamen,
die sie schon zum Theil in der vorgeschichtlichen Zeit angetreten
haben muß.
In Kleinasien haben ihr nur die höheren Punkte des Taurus eine
Grenze gesetzt (Polygonum avrculare var. alpina Boiss.)
Chenopodium hibridum Lin.
Obgleich diese Pflanze von den Floristen als nicht mehr in
Ägypten vorhanden bezeichnet wird, so beweisen doch drei wohl-
erhaltene Samen, dafs sie ehedem gleichfalls wie die vorhergenannte
Pflanze als Unkraut- und Wiesenpflanze im Delta von Ägypten vor-
handen war. Gegenwärtig ist diese Art über Europa bis England und
Schweden verbreitet und fand auch in Nordamerika (Texas, Obio)
Eingang.
Blitum virgatum Lin.?
Ich führe diese Pflanze hier frageweise an, indem nur ein
Same gefunden wurde, der allerdings mit den Samen dieser Pflanze
viele Übereinstimmung zeigt, jedoch in den Größen - Verhältnissen
etwas abweicht.
Populus spec.
Zwei kleine Holzstückchen, die alle Spuren längerer Einwirkung
von Feuchtigkeit an sich trugen, ganz weich und von grauer Farbe
waren, an denen jedoch die Structur noch so gut erhalten war, daß
man keine Zweifel über die Pflanzengattung haben konnte, der sie
angehörten. Ob die Gattung Populus ursprünglich in Ägypten vor-
kam, oder die gegenwärtig da vorhandenen Arten eingeführt wur-
den, ist bei dem Umstande, daß beinahe alle Nutzpflanzen und Nutz-
204 Unger.
hölzer in diesem Lande einen fremden Ursprung haben, nicht leicht
zu eruiren.
Aufßser diesen beiden Holzsplitterchen fand sich auch noch ein
eben so kleiner Splitter des Blattstieles der Dattelpalme (Phoenix
dactylifera L.) vor. Die nichts weniger als üble Erhaltung der
Elementartheile derselben ließen mich mit Recht zweifeln, daß dieses
kleine Splitterchen in der That im Thone des Ziegels eingeschlossen
war, und die Berücksichtigung, daß die Trümmer desselben obgleich
in Papier eingewickelt in einem Korbe von Dattelpalmblättern ein-
gepackt waren, machten es mehr als wahrscheinlich, daß dieser kleine
Pflanzentheil von daher an die Oberfläche des Ziegels gelangte, und
bei der Reinigung desselben übersehen wurde. Indeß ist es:immerhin
merkwürdig, daß mir von einem Baume Ägyptens, dessen Cultur sieh
daselbst bis in die ältesten Zeiten verliert, in den untersuchten Zie-
geln bisher noch keine Spur vorgekommen ist !).
Außer den bisher genannten vegetabilischen Einschlüßen fand
sich in den Ziegeln von Ramses der Menge nach eine bei weitem
größere Quantität von stark macerirten und zerschlitzten Stengeln
und Blattheilen grasartiger Pflanzen, unter denen Stroh von Gerste
und Weizen ohne weiters die Hauptbestandtheile ausmachten. Außer
einigen Halmfragmenten war kaum irgend ein Tbeil mehr näher zu
erkennen, und es trugen dieselben bei weitem deutlichere Spuren einer
anhaltenden Maceration an sich als die ähnlichen Einschlüße der Zie-
gel von Dashur und Eileithyia.
Indessen ließen sieh unter diesen vegetabilischen Überresten
dennoch Stengeltheile von Weizen oder Gerste, Stengeltheile anderer
krautartiger Pflanzen, ja sogar ein Stück des Rhizomes von Equisetum
mit Sicherheit erkennen.
Unter diese macerirten Pflanzentheile waren nicht selten auch
Stückchen von vegetabilischer Kohle gemischt, deren nähere Bestim-
mung hur in so ferne möglich war, daß man mit Sicherheit zu erken-
nen vermochte, sie rührten nicht von Stroh her. Die größten der-
selben mochten etwa 2— 5 Kubiklinien betragen haben und zeigten die
Struetur von Dicotylenholz, aber keineswegs die der Coniferen. Kleine
1) Man sehe hierüber die Pflanzen des alten Ägyptens. Sitzungsber. der k. Akademie
der Wissenseh. B. 38. p. 69.
Bot:nische Streifzüge auf dem Gebiete der Culturgeschichte. 205
eylindrische Aststücke ließen auf ein Brennmaterial von Gestrüpp
sehließen.
Aueh von thierischen Theilen waren mehrere ganz gut bestimm-
bar und ließen sich sogar auf die Gattung und Art zurückführen.
Von Süßwassermollusken waren nach den zahlreichen aber meist
verbrochenen Schalen zu erkennen:
Valvata piseinalis Mill.
eine Schnecke, die noch jetzt in Ägypten lebt und sehr verbreitet ist,
ferner:
Cleopatra bulimoides Oliv.
von der jedoch nur die Deckeln vorhanden waren.
Von Conchylien, welche die Nachbarschaft des Meeres verrie-
then, waren gleichfalls zwei Arten in Bruchstücken vorhanden.
1. Stücke der Schale von Cardium.
2. Ein junges Exemplar von Bittium.
Bei weitem zahlreicher waren die Insecten vertreten, jedoch
meist in so verstümmelter Gestalt und in so kleinen Bruchstücken, daß
nur wenige, und diese häufig nur approximativ, auf die Gattung zurück-
geführt werden konnten. Ich danke die nachfolgenden Bestimmungen
der Güte des Herrn L. Redtenbacher. Die untersuchten Ziegel
von Ramses enthielten:
1. Die Flügeldecke eines Cureulioniden aus der Verwandtschaft
von Polydrusus.
2. Die Flügeldecke eine Art von Anthicus.
3. Die Flügeldecke und wahrscheinlich den dazu gehörigen Hals-
schild eines Elateriden.
4. Die Hinterbrust und den Hinterleib eines Staphyliniden aus
der Gruppe der Aleocharinen.
d. Den Kopf und Halsschild einer Art der Gattung Aphodius.
Andere Flügeldecken, Hinterleibe, Leibesringe, Halsschilde ete.
von Käfern und Ameisen ließen sich nieht näher bestimmen.
Dazu kommen noch Exceremente von länglich eiförmiger Form
die wahrscheinlich einer Annelide angehören dürften, ferner Kno-
chensplitter und die Schuppe eines Fisches.
% >» . x nn \ . .
206 un ger. Botanische Streifzüge auf dem Gebiete der Culturgeschichte,
Ueberbliekt man nun die Ergebniße, welche die Untersuchung
der Ziegel der alten Stadt Ramses lieferte, so sind dieselben weit
sparsamer als jene, welehe die Erforschung der Ziegel der Pyramide
von Dashur darbot, und geben durchaus keine neue Thatsache von
Bedeutung, außer etwa die, daß die ersteren nicht mit dem Fleiße und
mit dem Aufwande von zweckdienlichem Material angefertigt wurden,
als letztere von der Ziegelpyramide, obgleich Form und Ausmaße so
wie der dazu verwendete Thon in beiden nahezu gleich genannt
werden müssen.
In beiden Ziegeln von Ramses fanden sich als vegetabilische
Einschlüße die Reste von nur drei Nahrungspflanzen und von fünf
Arten Unkräuter, so wie von einer Baumart. Die ersteren waren be-
reits schon im Ziegel von Dashur gefunden worden, eben so zwei
Arten der Unkrautpflanzen. Dasselbe gilt auch von den Mollusken,
deren eine Art, nämlich Cleopatra bulimoides gleichfalls in jenen
Ziegeln älteren Datums vorhanden waren. Es ist daraus ersichtlich,
daß® sowohl der Boden Ägyptens als seine Culturpflanzen in jenem
Zeitraume, der von der Erbauung der Dashurpyramide bis zur Er-
bauung der Stadt Ramses, d. i. vor etwa 2000 Jahren reichte, sich
nicht wesentlich änderte. ’
Zu bedauern ist es, daß der von Herrn Dr. Reinisch aus der
Ziegelpyramide von Howara in Fajum mitgenommene Ziegel durch
die Unachtsamkeit des Eseltreibers verloren ging, vielleicht sogar ab-
sichtlich von demselben weggeworfen wurde, um das Thier von einer
Last zu befreien, die er für zu werthlos hielt, um sich längere Zeit
damit herumzuschleppen.
IV. SITZUNG VOM 31. JÄNNER 1867.
Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor:
„Die Tageszeiten der Meteoriten verglichen.“ II. Reihe. Von
Herrn Hofrathe W. Ritter v. Haidinger.
„Über das Spectrum der Bessemerflamme*“ von Herrn A. Lielegg,
Prof. an der n.-ö. Landes-Oberrealschule zu St. Pölten.
„Memoire über die Prineipien des Caleüls mit begrenzten Deri-
vationen und begrenzten Logialen von Functionen einer einzigen
unabhängigen Variablen“ von Herrn Dr. A. K. Grünwald, Docenten
der Mathematik am Polytechnikum zu Prag.
Ferner legt der Secretär zwei handschriftlich eingesendete
Werke vor, mit dem Ersuchen der Herren Verfasser um eine Sub-
vention zu deren Herausgabe und zwar:
a) „Der richtig arbeitende Markscheider* von Herrn A. Miller
Ritter v. Hauenfels, Professor- an der k. k. Bergakademie
zu Leoben.
5b) „Zur Ornithologie Brasiliens. Natterer’'s Forschungen wäh-
rend seiner Reisen in den Jahren 1817—1835*. I. Theil, von
Herrn Aug. v. Pelzeln, Custos-Adjuieten am k.k. zoologischen
Cabinete.
In Folge der von Sr. Excellenz dem Herrn Minister für Handel
und Volkswirthsehaft, mit Zuschrift vom 13. December 1866 an die
k. Akademie der Wissenschaften ergangenen Einladung, der be-
schlossenen Neuaufnahme, beziehungsweise der Erforschung der
physikalischen Verhältnisse des adriatischen Meeres ihre thätige Mit-
wirkung zuzuwenden, ernennt der Präsident der Classe für diese
Angelegenheit eine ständige Commission bestehend aus den Herren
Directoren Dr. K. Jelinek, Dr. K. v. Littrow, Professor Dr. A. E.
Reuss und Director Dr. J. Stefan.
208
An Drucksehriften wurden vorgelegt:
Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss., zu Berlin: Monats-
bericht. September, October 1866. Berlin; 8°.
Astronomische Nachrichten. Nr. 1623—1624. Altona, 1867; 40.
Carl, Ph., Repertorium für physikalische Technik ete. Il. Band,
5. & 6. Heft. München, 1867; 80.
Uomptes rendus des scances de l’Academie des Sciences. Tome
LXIV, Nr. 1—2. Paris, 1867; 40.
Cosmos. 2° Serie. XVI° Annde, 5° Volume, 3°-—-4° Livraisons. Paris,
1867; 80.
Gesellschaft, Zoologische, zu Frankfurt a/M.: Der zoologische
| Garten. VII. Jahrg. Nr. 7—12. Frankfurt a/M., 1866; 80.
— naturforschende, in Basel: Verhandlungen. IV. Theil, 3. Heft.
Basel, 1866; 80°,
Gewerbe-Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen.
XXVIM. Jahrg. Nr. 3—4. Wien, 1867; 8°.
Gould, Benj. Apthorp, Reduction of ihe Observations of fixed Stars
made by Joseph Le Paute d’Agelet, at Paris, in 1783 to
1785 ete. (From the Memoirs of the Nat. Academy of Se. Vol. 1.)
Washington, 1866; 4°.
Land- und forstwirthschaftliche Zeitung. 17. Jahrg., Nr. 3—4. Wien,
1867; 40.
Lotos. XVI. Jahrgang. December 1866. Prag; 8°.
Mittheilungen aus dem Österlande. XVIl. Band, 3 & 4. Heft.
Altenburg, 1866; 80.
— aus J. Perthes’ geographischer Anstalt. Jahrg. 1866, XII. Heft;
Jahrg. 1867, I. Heft. Gotha; 4%
Moniteur scientifigque, 241°— 242° Livraisons. Tome IX°, Annee
136%. Paris: 4%
Owen, On Dinornis (Parts IX—X.) (From the Transactions of the
Zool. Society of London. Vol. V.) 40.
Plantamour, E., Experiences faites a Geneve avec le pendule &
reversion. Geneve & Bale, 1866; 40. — Resume meteorologique
de l’annde 1865 pour Geneve et le Grand Saint-Bernard. (Tire
des Arch. d. Se. de la Bibl. Univ. Aout 1866.) Geneve, 1866; 80.
Reichsanstalt, k, k. geologische: Jahrbuch. Jahrgang 1866.
XVl. Band, Nr. 4. Wien; 40
209
Resihuber, Augustin, Dr. Marian (Wolfgang) Koller. Eine
Lebensskizze. Wien, 1866; 8%. — Literae rotulariae Fol. —
Resultate aus den im Jahre 1865 auf der Sternwarte zu Krems-
münster angestellten meteorologischen Beobachtungen. Linz,
1866; 8°.
Socidtd Imperiale des Naturalistes de Moscou: Bulletin. Tome
XXXIN. Annee 1866. Nr. 8. Moscou; 8°.
— Hollandaise des Sciences & Harlem: Archives Neerlandaises des
Seienees exactes et naturelles. Tome I, 3°—4*° Livraisons. La
Haye, Bruxelles, Paris, Leipzig, Londres & New-York, 1866; 80.
Vierteljahressehrift für wissenschaftlicheVeterinärkunde. XXVLi.
Band, 1. Heit. (Jahrg. 1867. 1.) Wien; 80.
Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 5—9. Wien,
1867; 4%
Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft.
XVI. Jahrg. Nr. 2. Gratz, 1867; Ao.
Sitzb. d. mathem.-nalurw. Cl. LV. Bd. % Abth. 14
Ei. ia cart A Gang IN zer EN en hi .
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SITZUNGSBERICHTE
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
LV. BAND.
ERSTE ABTHEILUNG.
2.
Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik,
Zoologie, Anatomie, Geologie und Paläontologie.
Sitzb. d. mathem -naturw. Cl. LV, Bd. I. Abth. 15
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213
V. SITZUNG VOM 7. FEBRUAR 1867.
—_
Das w. M., Herr Hofrath W. Ritter v. Haidinger übermittelt
eine Abhandlung: „Über die gegenwärtige Veränderung des Mond-
eraters „Linne“, von Herrn Dr. J. F. Julius Schmidt, Direetor
der Sternwarte zu Athen, nebst einer Notiz für den „Anzeiger“ über
ein an ihn gerichtetes Schreiben des Herrn Baron Paul des Gran-
ges, betrefiend die photographischen Aufnahmen der wichtigsten
elassischen Gegenden Griechenlands.
Das w. M., Herr Prof. Dr. Fr. Rochleder in Prag übersendet
eine „Notiz über die Bestandtheile der Stammrinde des Apfelbaumes*.
Das w. M., Herr Director K. v. Littrow überreicht eine für die
Denkschriften bestimmte Abhandlung: „Bestimmung der Meridian-
differenz Leipzig-Dablitz für die von Herrn Generallieutenant J. J.
Baeyer vorgeschlagene Mitteleuropäische Gradmessung‘“.
Herr Dr. Fr. Steindachner legt eine Abhandlung: „Herpe-
tologische Notizen“ vor.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Annales des mines. VI’ Serie. Tome IX, 2° Livraison de 1866.
Paris, 1866; 8°.
Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 5. Jahrg. Nr. 3.
Wien, 1867; 8e.
Astronomische Nachrichten. Nr. 1625—1626. Altona, 1867; 40.
Bericht über den Handel, die Industrie und die Verkehrsverhält-
nisse in Nieder-Österreich während der Jahre 1861—1866.
Erstattet von der Handels- und Gewerbekammer in Wien.
Wien; 80.
Brittinger, Christian, Die Brutvögel Oberösterreichs nebst Angabe
ihres Nestbaues und Beschreibung ihrer Eier. (XXVI. Mus.
Jahr. Ber.) 8°.
Comptes rendus des seances de I’ Academie des Sciences. Tome
LXIV. Nr. 3. Paris, 1867; 40,
15*
214
Cosmos. 2° Serie. XVI’ Annee, 5° Volume, 5° Livraison. Paris,
1867; 80.
Czyrnianski, Emil, Chemija organiezna. Tom Il. Krakow,
1867; 8.
Des Moulins, Ch., Etude sur les eailloux roul&s de la Dordogne.
Bordeaux, 1866; 8°. — La patine des Silex travailles de main
d’homme ete. (Extr. des Actes de la S“ Linn. de Bordeaux,
3° Ser. t. 25.) Bordeaux, 1864; 8%. — Note sur la lettre de
M. Alph. de Rochebrune relative aux plantes importees.
(Extr. de l’"Annuaire de I’Institut des provinces. 1866.) Caen,
1865; 8°.
Gewerbe-Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen.
XXVIM. Jahrg., Nr. 5. Wien, 1867; 80.
Hartig, Th., Der Fülkern, der diaphragmatische und der inter-
cellulare Zellkern. 8°.
Hebert, Les oseillations de I’ &corce terrestre pendant les periodes
quaternaire et moderne. (Extr. du Bulletin de la S‘ des Scien-
ces hist. & nat. de I!’ Yonne. 1866.) Auxerre, 1866; 8%.
Hoff, Bogdan, Chemia rozbiorowa jakoseiowa. Kraköw, 1867; 80.
Jonquieres, E. de, Recherches sur les series ou systemes de cour-
bes et de surfaces algebriques d’ordre queleonque etc. Paris,
1866; 4°.
Krziz, August, Beschreibung, wissenschaftliche Zergliederung und
Gebrauchsweise des persisch-arabischen Astrolabium’s. 8°.
Land- und forstwirthschaftl. Zeitung. 17. Jahrgang. Nr. 5.
Wien, 1867; 4°.
Merletta, Vine. Frosina, Cenno sopra un nuovo rimedio ete. eontro
il Cholera-Morbus. Con Appendice. Catania, 1866; 8°.
Miquel, F. A. Guil., Annales Musei botanici Lugduno - Batavi.
Tom. 1., Fasc. I.-— X. Amstelodami, Ultrajecti, MDCCCLXI1]J;
Folio.
Mittheilungen des k. k. Artillerie-Comite. Jahrg. 1866. 8. Heft.
Wien, 1866; 80.
Observations meteorologiques faites a Nijne-Taguilsk. Annee
1865. Paris, 1866; gr. 8°.
Schmidt, Fr., Ausgang der zur Aufsuchung und Bergung eines
Mammuths ausgerüsteten Expedition. (Melanges biologiques tires
du Bull. de I’ Acad. Imp. d. Sc. de St. Petersbourg. Tome VI.) 8°.
215
Verein, naturwissenschaftlicher, zu Bremen: Abhandlungen. I. Bd.,
I. Heft. Bremen 1866; 8°.
Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 10—11. Wien.
1867; 40. |
Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft.
XVI. Jahrg. Nr. 3. Gratz, 1867; 40.
Zeitschrift des österr. Ingenieur- und Architekten - Vereins.
XVII. Jahrg., 12. Heft. Wien, 1866; 4°.
216 Reuss,
Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligocän.
Von dem w. M. Prof. Dr. A. Em. Reuss.
(Mit 3 lithographirten Tafeln.)
(Vorgelegt in der Sitzung am 17. Jänner 1867.)
Bei der Untersuchung der Foraminiferen aus den unteroligo-
cänen Tertiärschichten Deutschlands bot sich mir die Gelegenheit
dar, zugleich eine größere Anzahl der in diesen Schichten vorkom-
menden Bryozoen zu beobachten. Es war mir dies um so erwünsch-
ter, als meine Aufmerksamkeit schon dureh die Arbeit Stoliezka's
über die Bryozoen von ‚Latdorf 1) darauf gerichtet worden war.
Auch ich fand nicht nur die meisten der von Stoliezka beschrie-
benen eigenthümlichen Formen ‚wieder, sondern entdeckte auch noch
mehrere andere, die, durch einen besonderen Bau ausgezeichnet,
theils zur Aufstellung neuer generischer Sippen Veranlassung boten,
theils bisher nur in der jetzigen Schöpfung bekannt gewesenen, aber
noch nicht im fossilen Zustande nachgewiesenen Gattungen ange-
hören.
Wenn sie schon in dieser Beziehung zu genauerer Unter-
suchung aufforderten, so erhielten sie eine noch grössere Bedeutung
durch den Umstand, daß sie bisher noch nie in einer der jüngeren
Tertiärschiehten — oberhalb des Unteroligocäns — angetroffen wor-
den sind und daher einen der hervorstechendsten Züge in der Phy-
siognomie der unteroligocänen Fauna bilden helfen, — ein um so
willkommeneres Ergebniss, als die Foraminiferen, die das Öber-
und Mitteloligocän so glücklich characterisiren, gerade für die Dia-
gnose des Unteroligoeän nur sehr spärliche Anhaltspunkte darbieten.
Ich glaube daher mich keiner überflüssigen Mühe zu unterzie-
hen, wenn ich mit Übergehung der übrigen zahlreichen Bryozoen,
welche nebst den Foraminiferen an einem anderen Orte behandelt
1) In den Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. in Wien. Bd. 45, pag. 71 £& £.
Taf. 1—3.
Über einlge Bryozoen aus dem deutschen Unteroligocän. 217
werden sollen, die wenigen für das Unteroligocän so characteristischen
Formen hier einer ausführlicheren Besprechung unterziehe. Sie
stammen theils aus dem Unteroligocän von Latdorf, theils aus jenem
von Calbe an der Saale und von Bünde. Das Materiale von den letzt-
genannten zwei Fundorten verdanke ich der ‚gefälligen Mittheilung
des Herrn v. Könen in Berlin, welcher die eine Viertelstunde öst-
lich vom Doberg bei Bünde aufgefundene Ablagerung zuerst für
unteroligoeän erklärte ?). Die Resultate meiner Untersuchungen über
die Foraminiferen und Bryozoen stimmen mit dieser Ansicht vollkom-
men überein.
Von den hier näher zu beschreibenden Bryozoen gehören drei
den Celleporideen, eben so viele den Selenariadeen und endlich eine
den Escharideen zu.
a) Celleporideae.
l. Orbitulipora petiolus Lonsd. sp. (Taf. 1, Fig. 1, 2).
Cellepora? petiolus Lonsdale in Dixon the geol. and foss. of the tert. and
eretae. format. of Sussex. pag. 86, 151. Taf. 1, Fig. 10. — Orbiuli-
pora Haidingeri Stoliezka oligoe. Bryoz. v. Latdorf in d. Sitzungsber.
d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 45, pag. 90, 91. Taf. 3, Fig. 5.
Dixon hat unser Fossil zuerst im Londonclay von Bracklesham-
Bay aufgefunden, Lonsdale dagegen unter dem Namen Cellepora
petiolus beschrieben und abgebildet. Abbildung sowohl als Beschrei-
bung stimmen mit den oligocänen Exemplaren vollkommen überein.
Denn die am Rande des Zellenstockes beobachtete grössere eylin-
drische Höhlung steht mit der inneren Structur desselben in keinem
erklärbaren wesentlichen Zusammenhange und kann nur als eine
zufällige Erscheinung aufgefasst werden, die wohl in der ursprüng-
lichen Bildung des Fossiles um einen walzenförmigen fremden Kör-
per, der zum Anheftungspunkte diente, seinen Grund haben kann.
Der Speciesname „petiolus“ verliert dadurch freilich seine Berech-
tigung, ich glaubte ihn aber den Prioritätsgesetzen gemäss doch bei-
behalten zu müssen.
—_ [2
1) In der übersendeten Probe des Unteroligocäns von Bünde beobachtete ich von
Bryozoen: Eschara varians Rss.?, E. coscinophora Rss., E. Grotriani Rss.,
E. concatenata n. sp., Eschara sp., Biflustra elathrata Phil. sp., Polyeschara
confusa nov. g. et sp., Orbitulipora petiolus Lonsd. sp., Crisia Edwardsi Rss.,
Entalophora anomala Rss.. Spiropora rariabilis v. M. sp., Hornera subannulata
Phil., Hornera sp. sp., Jdmenea sp., Crisina sp. Sp-
218 Reuss.
Lonsdale erkannte die enge Verwandtschaft des Fossiles mit
Cellepora (Celleporaria), ohne daß ihm aber defShalb die Eigen-
thümlichkeiten des Baues entgangen wären. Daher vereinigte er es
auch nur mit Zögern und vorläufig mit Cellepora.
Auch Stoliezka, der die Speeies im Unteroligocän von Lat-
dorf entdeckte, betonte die vorerwähnte Beziehung dadurch, daß er
dieselbe in seiner Beschreibung der Latdorfer Bryozoen unmittelbar
auf Cellepora globularis Br. folgen liess. Der abweichende Bau
bewog ihn aber, dieselbe mit Recht zum Typus einer selbstständigen
Gattung zu erheben. Die freilich nur äusserliche grosse Ähnlichkeit
mit Orbitulites (Amphisorus Ehr.) deutet er überdies durch den
Namen an, welchen er der neuen Gattung beilegte.
Ich habe dieselbe Species später im Unteroligocän von Calbe
und, wiewohl spärlich, in jenem von Bünde gefunden. Auffallend ist
es, daß F. A. Römer in seiner Beschreibung der Polyparien des
norddeutschen Tertiärgebirges dieser, im Unteroligocän so verbreite-
ten und in die jüngeren Schichten nicht aufsteigenden Bryozoe gar
keine Erwähnung thut. |
Dieselbe bildet in der Regel beinahe kreisrunde Scheiben , die
bisweilen einen Durchmesser von 4 Millim. erreichen und bei
beträchtlicherer Grösse in der Mitte sehr seicht vertieft zu sein pfle-
gen. An kleineren Exemplaren sind die Ober- und Unterseite voll-
kommen eben.
Die Scheibe besteht aus zwei Zellenschiehten, die, ohne mit
einander zu communieiren, mit dem Rücken an einander liegend,
fest verbunden sind. Im Centrum jeder Schichte erkennt man deut-
lich eine Embryonalzelle, die durch Aussprossen nach allen Seiten
hin neuen Zellen den Ursprung gegeben hat, so daß-sie von einem
Kreise jüngerer Zellen umgeben wird. Aus diesem ist durch fortge-
setztes Aussprossen ein neuer Zellenkreis hervorgegangen und auf
diese Weise haben sich bisweilen 5—-6 concentrische Kreise um
einander gebildet. Die Zellen zweier Nachbarkreise alterniren regel-
mässig mit einander, so dass jede Zelle mit den sie umgebenden
vier Zellen der beiden benachbarten Kreise durch Sprossencanäle in
Verbindung steht. Man beobachtet daher auch auf jeder Randzelle
zwei Poren, jederseits eine, — die Mündungen der beiden äußeren
centrifugalen Sprossencanäle. Daß in dieser stets nachweisbaren An-
ordnung der Zellen durch gehinderte Entwiekelung oder selbst
Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligocän. 219
Abortiren einzelner Zellen manche Störungen hervorgebracht wurden
und dadurch Veranlassung zu manchen unsymmetrischen Bildungen
geboten werden mußte, braucht nicht erst erwähnt zu werden.
Die Embryonalzelle und die sie zunächst umgebenden Zellen
sind die kleinsten. Gegen die Peripherie der Scheibe hin nehmen sie
allmälig etwas an Größe zu. Durch seitlichen Druck der Nebenzellen
werden sie eckig und sind durch mehr weniger tiefe Furchen
geschieden. Die älteren Zellen sind am oberen Ende beinahe abge-
flacht. Die jüngeren wölben sich allmälig stärker, die dem Rande
zunächst gelegenen verlängern sich bisweilen zur kurzen Röhrenform
und neigen sich zugleich etwas schräg nach außen, während die
übrigen senkrecht stehen.
Beide Zellenschichten sind nicht, wie bei Eschara, durch eine
undurchbohrte Mittelplatte von einander geschieden. Auch bemerkt
man an einem (uerbruche der Scheibe, daß die Grenzfläche der
beiden Zellenschiehten nicht eben ist, sondern daß die Zellen der
einen in die Vertiefungen der anderen eingreifen.
Die Mündung der meisten Zellen ist groß, beinahe rund; bei
den verlängerten peripherischen Zellen dehnt sie sich jedoch etwas
in die Quere aus, wobei sich oft auch ihr scharfer Rand etwas
erhöht. Dagegen verengert sich die Mündung der ältesten Zellen
oftmals und verschliesst sich bisweilen im Laufe der Zeit gänzlich.
Die Oberfläche der Zellenwand ist mit gedrängten zarten Rauhig-
keiten bedeckt und in den Zwischenfurchen der Zellen stehen verein-
zelte kleine Poren.
An den peripherischen Zellen und zwar auf ihrer centripetalen
Seite beobachtet man mitunter halbkugelige Ovicellarien mit eben-
falls gekörnter Oberfläche, die, von oben angesehen, den innersten
Theil der Mündung verdecken. Oft findet man ihre Oberwand durch-
gebrochen, und dann haben sie eine große rundliche Höhlung hin-
terlassen, deren Boden durch die Zellenwand gebildet wird. Es sind
dies die blasigen Nebenzellen, welche Stoliezka erwähnt. Schon
Lonsdale hat ihre Bestimmung richtig gedeutet.
2. Stichoporina Reussi Stol. (Taf. 1, Fig. 3—5).
Stoliezka l.c. pag. 92, 93. Taf. 3, Fig. 6.
Die Exemplare von Calbe kommen in der Physiognomie und im
Baue vollkommen mit jenen von Latdorf überein, nur daß sie etwas
220 Reuss.
kleiner sind, indem sie höchstens einen Durchmesser von 3 Millim.
erreichen: Stoliezka hat ihre Ähnlichkeit mit Zunulites und Sti-
chopora erkannt und ihr Ausdruck verliehen, dieselbe aber offenbar
überschätzt, indem er Stichoporina selbst zu der Familie der Sele-
nariadeen in dieNähe von Stichopora versetzte. Er hat die Latdorfer
Formen nur deßhalb von Stichopora (elypeata) v. Hag. geson-
dert, weil Hagenow in seiner Characteristik dieser Gattung beson-
ders das Vorhandensein von Neben- und Spaltzellen, so wie das
Wachsthum der Zellen in regelmäßigen Reihen nur nach einer
bestimmten Richtung hin betont, — Merkmale, die sich an dem Lat-
dorfer Fossile auf keine Weise erkennen lassen. Die Hagenow-
sche Diagnose paßt aber selbst auf,$f. clypeata v. Hag. keineswegs,
denn wir finden weder in der Beschreibung, noch in der Abbildung,
welche Hagenow von dieser Species liefert 1), die geringste An-
deutung von Spalt- oder Nebenzellen. Auch das zweite Kennzeichen,
auf welches doch ein besonderes Gewicht gelegt wird, kann auf St.
clypeata keine Anwendung finden. Es faßt Hagenow überhaupt,
wie schon Orbigny hervorhebt, in seiner Gattung Stichopora
sehr differente, auf keinen Fall zusammengehörende Körper zusam-
men. ‚Sf. pentasticha v. Hag. ?) von Rügen zeigt ein regelmässiges
Abwechseln der Zellen, kann aber eben so wenig, als St. Richteri
v. Hag. 5) und $t. tetragona v. Hag.*), mit St. clypeata in dersel-
ben Gattung vereinigt werden. Sie gehören überhaupt gar nicht in
die Gruppe der Selenariadeen, sondern kommen in die Nähe von
Filiflustrella und Filiflustrellaria d’Orb. zu stehen. Ganz anders
verhält sich die Sache bei St. clypeata. Während bei den früher
genannten Arten das Wachsthum in alternirenden Längsreihen, also
in linearer Richtung vor sich geht, könnte es doch in dem Falle,
daß dieses Gesetz auch für St. clypeata Geltung haben sollte, nie
zur Bildung einer kreisförmigen Colonie kommen. Man überzeugt
sich aber auch leicht, daß von einer centralen Primordialzelle nach
allen Seiten hin neue Zellen aussprossen und sich in mehr weniger
deutlich nachweisbaren Kreis- und Radialreihen an einander legen.
1) v. Hagenow die Bryozoen von Maastricht pag. 100, Taf. 12, Fig. 14.
2) Leonhard’s u. Bronn’s Jahrb. 1839. pag. 280. Taf. 5, Fig. 3.
3) Geinitz, Grundriß der Versteinerungskunde pag. 622. Taf. 23, b, Fig. 47.
%) 1. ce. pag. 622.
Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligoeän. 221
Dasselbe Verhältniß bildet auch Orbigny an den von ihm unter-
suchten französischen Exemplaren ab 1). Von Neben- und Spaltzellen
ist auch hier keine Spur vorhanden.
Da nun gerade St. clypeata v. Hag. als der Typus der Gattung
Stichopora angesehen werden muß, wie es auch von Busk 2)
geschieht, so stellt diese nichts als Lunuliten ohne gesonderte Vibra-
eularzellen dar. Wir folgen derselben Anschauungsweise.
Wollte man sich auf die bisher erörterten Charactere beschrän-
ken, welche sich auch bei Stichoporina wiederfinden, so würde -
man genöthigt sein, diese mit Stüchopora unbedingt zu identifieiren.
Dieser Vorgang würde aber nicht gerechtfertigt erscheinen, da zwi-
schen beiden Gattungen in anderer Beziehung wesentliche Unter-
sehiede stattfinden und zwar in der Beschaffenheit der Zellen.
Während dieselben bei St. c/ypeata Hag. und der hocheonischen
St. conica d’ Orb. aus der Kreide von S. Colombe 3), gleichwie
bei den Zunulites- und Cupularia-Arten, hexagonal, niedergedrückt,
von einem gemeinschaftlichen erhabenen Rande umgrenzt sind, fin-
den wir an den Stichoporinen Cellepora-artige Zellen, in der Mitte
der Scheibe senkrecht stehend, am Rande halb liegend, gewölbt,
eiförmig oder selbst etwas röhrig, durch tiefe Furchen von einander
gesondert, mit terminaler rundlicher Mündung. Darin kömmt Sti-
choporina mit Celleporaria überein, von welcher sie daher nur in
der Anordnung der Zellen abweicht. Sie steht daher in demselben
Verhältnisse zu Celleporaria, wie die gleich näher zu besprechende
Sippe Batopora, bei welcher die Zellen nicht zu einer kreisför-
migen Scheibe ausgebreitet, sondern zu einer kegelförmigen oder
kreiselförmigen Gruppe zusammengehäuft sind.
Das Gerüste der Stichoporina Reussi ist mehr weniger kreis-
förmig, am Rande durch die abwechselnd weiter hervortretenden
Zellen ausgezackt, auf der Oberseite flach eonvex, auf der unteren
seicht ausgehöhlt oder auch beinahe eben. Auf der ersteren sieht
man im Centrum eine größere Primordialzelle, um welche sich
durch allseitiges Aussprossen ein Kranz gewöhnlich kleinerer Zellen
herumlegt, welcher nach außen wieder einer Kreiszone von Zellen
1) Paleont. frang. Terr. eretacdes. V. Taf. 707, Fig. 5—9.
2) The Crag Polyzoa pag. 84.
3) Paleont. france. Terr. cret. V. Taf. 707, Fig. 10—12; später fälschlich zu Zunu-
lites gezogen und (l. e. pag. 355) als L. subconica d’Orb. beschrieben,
222 Reuss.
ihren Ursprung gibt und so fort, so dal man ohne Schwierigkeit
eine Aufeinanderfolge eoncentrischer Kreisreihen nachweisen kann,
wobei die Zellen der Nachbarkreise mit einander alterniren und die
Zellen nach außen etwas an Größe zunehmen. Durch das Zurück-
bleiben einzelner Zellen im Wachsthume oder durch Einschieben
kleinerer Zellen zwischen die größeren eines Kreises wird jedoch
die Regelmäßigkeit der Anordnung beinahe stets mehr weniger
gestört.
Die Vermehrung geschieht durch Sprosseneanäle, deren man
zwei an der Außenseite jeder Zelle gegen die Basis hin, je eine
jederseits, wahrnimmt. Dieselben münden in die zwei angrenzenden
alternirenden Zellen des nächst äußeren Zellenkreises auf ganz ana-
loge Weise, wie wir dies bei Orbitulites unter den Foraminiferen
wiederfinden.
Die Zellen sind bläschenartig, mehr weniger eiförmig, an der
Basis dicht an einander liegend und durch lateralen Druck polygonal
werdend, nach oben frei und auf dem sich etwas verschmälernden
Scheitel die große, beinahe runde terminale Mündung tragend. Bis-
weilen sind jedoch die nach innen gelegenen Zellen sehr nieder-
gedrückt, nur dureh schmale Furchen gesondert und bilden dann
eine fast in einer Ebene liegende polygonale Täfelung. Besonders ist
dies bei den meisten Latdorfer Exemplaren der Fall, während an
jenen von Calbe sich das obere Zellenende mehr frei erhebt. Im
höchsten Grade findet Letzteres bei den peripherischen Zellen Statt,
welche schräg nach außen aufsteigen und ein beinahe kurzröhriges
oberes Ende besitzen, das durch die scharfrandige Mündung schief
abgestutzt wird. Wo diese wohlerhalten ist, sieht man den äußeren
Theil des Mündungsrandes etwas über den inneren vorgezogen.
Die Oberfläche der Zellen erscheint, wo sie nicht abgerieben
ist, bei stärkerer Vergrösserung mit feinen Rauhigkeiten regellos
bedeckt. An abgeriebenen Stücken nimmt man zerstreute kleine Po-
ren wahr. Sehr vereinzelt findet man dergleichen auch in den Zwi-
schenfurchen der Zellen.
Einige andere Erscheinungen beobachtet man an verticalen
Durchschnitten der Zelleneolonie. Vorerst überzeugt man sich, daß
die peripherischen Zellen sich nicht nur nach oben etwas verlängern,
sondern auch nach unten und innen, wodurch ihre Höhlung röhrig
wird und sich gegen die Basis der Scheibe umbiegt.
.
Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligocän. 223
Die in der Mitte der Colonie gelegenen Zellen (nebst der Cen-
tralzelle jene des ersten, zweiten oder selbst einzelne des dritten
Ringes) verlängern sieh bisweilen durch Proliferiren ebenfalls nach
oben, indem sich gleichsam eine zweite Zellenschichte auf die erste
legt. Der Verticalschnitt zeigt dann Zellenröhren, die durch eine
Querscheidewand in Etagen getheilt werden, welche durch eine
weite Öffnung mit einander communieiren.
Die Unterseite der Colonie ist durch schmale Furchen in kleine,
unregelmäßig polygonale ebene Felder zerschnitten, deren jedes
einer Zelle entspricht. In den Zwischenfurchen stehen einzelne Po-
ren zerstreut, deren Verbindung mit den Zellenhöhlungen ich aber
nicht nachweisen konnte. Sie entsprechen wohl den zahlreichen
Poren auf der Unterseite der Lunuliten und Cupularien.
An manchen Exemplaren ist, wie schon erwähnt wurde, die
Unterseite seicht eoncav, an anderen beinahe eben. An letzteren
lehrt ein Vertiealschnitt, daß die ursprünglich ebenfalls concave
Fläche durch spätere Kalkablagerung ausgefüllt wurde, die in der
Mitte am dieksten ist, gegen die Peripherie hin sich aber allmälig
verdünnt. Eben so ist sie an Exemplaren mit concaver Unterseite
dünner, als an jenen, deren untere Fläche eben erscheint. Die Aus-
füllungsmasse läßt bei stärkerer Vergrößerung bisweilen deutliche,
den Contouren der Unterseite parallel verlaufende Streifen erkennen,
zum Beweise, dafs dieselbe suecessiv und schichtenweise abgelagert
worden ist.
3. Batopora !) Stoliezkai Rss. nov. g. (Taf. 2, Fig. 2—A).
Die Gattungen Lepralia, Celleporaria, Eschara und viele
andere Bryozoen-Sippen umfassen in Folge der verschiedenen Ge-
stalt und Anordnung der Zellen, der Zahl und Art ihrer Nebenporen
oder ihrer Abwesenheit u. s. w. so mannigfache und so abweichende
Formen, daß man sie oft für Typen selbstständiger Gattungen zu
halten geneigt ist. Viele derselben sind auch wirklich, besonders
durch Orbigny, zu solehen erhoben worden. Sobald man aber
zahlreichere Exemplare einer genaueren Untersuchung unterzieht,
so wird man bald gewahr, daß die so hervorstechenden Merkmale,
welche hauptsächlich zu dieser Ansicht verleitet haben, nicht con-
1) Von?n Parov die Brombeere, von der Ähnlichkeit der Gestalt mit einer Brombeere,
[>
224 Reuss.
stant sind, vielmehr dem Wechsel unterliegen, oft weniger schart
hervortreten oder auch gänzlich verschwinden. Dadurch werden
zahlreiche Übergangsstufen geschaffen, durch welehe anscheinend
sehr scharf eharaeterisirte Gattungen allmälig in andere verfließe n.
Dies gilt auch von einer höchst auffallenden Gruppe von Celle-
porarien, welehe sich durch eine eigenthümliche Anordnung der
Zellen auszeichnet. Während bei den typischen Celleporarien die
bläschenartigen Zellen regellos neben und über einander gehäuft
sind, so daß sie unregelmäßige knollige und rindenartige Massen
bilden, finden wir in manchen Fällen eine sehr symmetrische Anein-
anderlagerung der Zellen, welche zur Entstehung von mehr weniger
regelmäßigen Zellenstöcken führt. Zwei dieser Fälle haben wir
schon früher in den Gattungen Orbitulipora und Stichoporina ken-
nen gelernt, bei welchen bisher noch keine Übergänge zu den typi-
schen Formen von Celleporaria bekannt geworden sind. Anders
verhält es sich bei einer dritten hierher gehörigen Gruppe, der ich
den Namen Batopora beilege. Bei derselben sind die Zellen zu
einer kleinen mehr weniger regelmäßigen kegel- oder kreiselförmigen
Gruppe zusammengestellt. Die Spitze — den ältesten Theil des Ke-
gels — nimmt eine einzelne aufrecht stehende Zelle ein. An ihre
Basis legen sich dann in radialer Richtung 4—6 andere, unter diese
in alternirender Stellung und stets vom Centrum gegen die Peri-
pherie ausstrahlend wieder andere Zellen, bis endlich durch das
wiederholte Anlegen neuer Etagen eine mehr weniger hohe kegel-
oder kreiselförmige Colonie entsteht, an welcher die die Basis bil-
denden Zellen die jüngsten sind. Dadurch kommen die Zellen in
schräge, von der Primordialzelle — dem Schlußstein des ganzen
Gewölbes — ausgehende radiale Reihen zu stehen, zwischen welche
sich im Verlaufe des Wachsthumes, also im unteren Theile der Co-
lonie immer neue einschieben. Zugleich nehmen die später gebildeten
Zellen eine immer weniger geneigte Stellung an; die jüngsten — un-
tersten — liegen völlig horizontal in einer Ebene.
Bei manchen Arten ist hiemit das Wachsthum abgeschlossen
(z. B. bei B. rosula Rss., B. angustata d’Orb. sp.), bei anderen
(bei B. Stoliczkai Rss.) setzt sich die Bildung, wie weiter unten
gezeigt werden wird, noch weiter fort.
Jede Zelle steht mit den angrenzenden durch enge, seitlich an
der Basis befindliche spaltenförmige Porencanäle in Verbindung.
Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligocän. 225
Die Embryonalzelle war ursprünglich offenbar angewachsen.
Bei an ihrer Basis erfolgendem Hervorsprossen neuer Zellen löste sich
dieselbe aber von der Unterlage los und blieb nun im weiteren
Verlaufe ihrer Existenz frei. Wenigstens läßt sich nirgend eine
Spur von Anheftung wahrnehmen. Bei jenen Arten, die sich ringsum
mit Zellen bedecken und die Kugelform annehmen, wird eine Anhef-
tung ohnehin unmöglich. Auf ähnliche Weise verhält sich die Sache
bei den kugeligen Arten der typischen Celleporarien.
Am schönsten und regelmäßigsten tritt der Typus der Gruppe
Batopora an der von d’Orbigny abgebildeten an der lle de Ba-
silan lebenden Tr. angustata hervor, für welche Orbigny den
zwei an der Basis jeder Zelle stehenden Nebenporen zu Liebe die
Gattung Conescharellina geschaffen hat !). Die Colonie ist hoch-
eonisch, zuckerhutähnlich; die Zellen stehen sehr regelmäßig in
zehn senkrechten Längsreihen, je fünf in einer Ebene liegend und
mit jenen der darüber und darunter liegenden Etage alternirend.
Weniger vollkommen, aber immer noch deutlich genug gibt
.sich die Symmetrie der Batopora an einer Species aus dem miocä-
nen Tegel von Baden bei Wien zu erkennen, welche ich schon vor
längerer Zeit unter dem Namen Cellepora rosula beschrieben
habe 2). Ihr Zellenstock ist niedrig conisch mit oft röhrig verlän-
gerter centraler Primordialzelle, an deren Basis zunächst 4—5
Tochterzellen hervorsprossen. Die Zellen stehen in 9—10 schrägen
und gebogenen, vom Gipfel ausstrahlenden Radialreihen. Die große
runde Mündung ist von einem scharfen, an der Basis etwas lippen-
artig vorgezogenen Rande umgeben. Die Zellen stoßen im Centrum
gewöhnlich nicht ganz zusammen, sondern der Zwischenraum wird
durch kleine geschlossene Abortivzellen ausgefüllt. Die jüngsten
Zellen liegen vollkommen horizontal. Im Alter platten sich die Zellen
am freien Ende ab und der scharfe Mündungsrand verschwindet.
Der Scheitel ragt dann in weit geringerem Umfange frei empor.
(Tab. 1, Fig. 7; Tab. 2, Fig. 1). .
Im Unteroligoeän von Calbe findet man eine dritte Species
ziemlich häufig, welcher ich zu Ehren des Herrn Stoliezka, der
1) Paleontol. frang. Terr. eretac. V. pag. 447, Taf. 774, Fig. 14— 16.
®) Reuss die foss. Polyp.d. Wiener Tertiärbeckens in den von Haidinger gesamm,
naturwiss, Abhandl. Bd. II, pag. 78. Taf. 9, Fig. 7,
220 Reuss.
sich um die Kenntniß der Bryozoen von Latdorf verdient gemacht
hat, den Namen B. Stoliczkai beilege. Im Jugendzustande ist sie
der vorbeschriebenen Species sehr ähnlich und unterscheidet sich
von ihr hauptsächlich nur durch kleinere eiförmige, am Scheitel oft
zur kurzen Röhre verdünnte Zellen. Sie stehen in zahlreicheren und
zugleich meistens in weniger regelmäßigen schrägen Radialreihen.
Auch wird durch ihre ungleiche Größe die Symmetrie der Anord-
nung häufiger und in höherem Grade gestört. Unter der rundlichen
scharfrandigen Mündung steht bisweilen eine kleine Nebenpore.
Auch hier berühren sich die Zellen im Centrum nicht unmittelbar
und die Lücke wird durch kleine geschlossene Abortivzellen ausge-
füllt. Die jüngeren Zellen nehmen ebenfalls eine weniger geneigte
Stellung an, bis sie endlich horizontal werden. Aber damit ist nicht
in allen Fällen der Entwickelungsgang abgeschlossen. Das Aus-
sprossen der Zellen dauert fort; dieselben neigen sich allmälıg mehr
nach abwärts, bis sieh endlich rings um das Centrum Zellen gebil-
det haben und die Colonie zuletzt zu einer kleinen, auf allen Seiten
von Zellen besetzten Kugel geworden ist. Im weiteren Verlaufe
scheinen selbst noch zwischen den schon früher entstandenen Zellen
hin und wieder neue stets klein bleibende hervorzusprießen, wodurch
die Ungleichheit der Zellen gesteigert und zugleich die Größe der
kugeligen Colonien noch etwas vermehrt wird.
Die Oberfläche der Zellenwandung zeigt sich, wie bei B. rosula,
mit feinen Rauhigkeiten dicht besetzt.
Die von Stoliezka aus Latdorf angeführten und der Celle-
pora globularis Br. beigezählten kleinen Kugeln, deren Durchmes-
ser 3 Millim. nicht übersteigt, dürften vielleicht ebenfalls hierher
gehören. Wenigstens zeigen die jüngeren derselben eine mit Bato-
pora ganz analoge Anordnung der Zellen.
b) Escharideae.
4. Polyeschara confusa Rss. n. gen. et sp. (Taf. 3, Fig. 1—4).
In der mir von Herrn v. Könen mitgetheilten Probe der von
ihm bei Bünde zuerst aufgefundenen und dem Unteroligoeän angehö-
rigen Schichten fand ich unter anderen einzelne Bruchstücke einer
Bryozoe, welche bei flüchtiger Betrachtung leicht für eine Eschara
gehalten werden könnte. Eine genaue Untersuchung zeigt jedoch,
daß sie dieser Gattung, wie sie jetzt allgemein begrenzt wird, nicht
Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligocän. 227
angehören könne, indem sie sich in der Anordnung ihrer Zellen
wesentlich davon unterscheidet. Man hat es nämlich nieht blos mit
zwei Zellenschichten zu thun, welche mit der Rückenfläche gegen
einander gekehrt und mit einander verwachsen sind, sondern mit
einer größeren Zahl sich deckender Zellenlagen. Der ursprünglich
gebildete Theil der bandartig zusammengedrückten, gabelig ästigen
Stämmehen stimmt im Baue vollkommen mit einer einfachen
Eschara überein. Bei fortschreitender Bildung legt sich aber über
jede der beiden Zellschichten eine neue Schichte von Zellen, so daß
jedes Stämmchen zuletzt aus vier Zellenschichten besteht, deren je
zwei gleichartig gegen eine Seite gekehrt sind (Fig. 1 c). Bisweilen
scheint es sogar zur Bildung dreier aufgelagerter Zellenschichten zu
kommen. Wenigstens ist dies an einzelnen Stellen der vorliegenden
Bruchstücke deutlich zu erkennen (Fig. 3).
In diesen Verhältnissen kömmt unser Fossil mit der von Or-
bigny aufgestellten und beschriebenen Gattung Disteginopora !)
überein. Im feineren Bau findet jedoch ein sehr wesentlicher Unter-
sehied Statt. Die Orbigny'sche Gattung bietet Struceturverhältnisse
dar, die man bei keiner anderen Bryozoe wiederfindet, und die noch
weiterer Bestätigung zu bedürfen scheinen. Nach Orbigny's An-
gabe soll sich nämlich über den inneren, ganz nach Art der
Eseharen gebildeten Theil jederseits eine zweite Etage aufbauen,
die äußerlich zwar auch eine Begrenzung einzelner Zellen wahrneh-
men läßt, im Inneren jedoch einer solehen Trennung in abgeson-
derte Zellen ermangelt, daher einen ununterbrochenen freien Raum
darbietet, dessen Decke nur durch die sich röhrenförmig verlängern-
den Mündungen und Avieularporen der unteren Zellenschichte gleich
wie von Pfeilern getragen wird.
Sehr abweichend sind die Verhältnisse an dem Fossile von
Bünde. Hier ist auch die zweite äußere Lage durch Wandungen in
Zellen abgetheilt und stellt daher eine vollkommene Zellenschichte
dar. Faßt man die Beziehungen der auf einander liegenden Zellen-
schichten etwas genauer in das Auge, so überzeugt man sich, daß
die Zellen beider an vielen Stellen einander entsprechen, daher in
senkrechter Richtung über einander liegen. In diesem Falle bildet
die gewöhnlich verdickte Vorderwand der unteren Zellen die Hinter-
1) Paleontol. frang. Terr. eretac. V. pag. 497. Taf. 734, Fig. I—11.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 16
228 Reuss.
wand der darüber liegenden. Beide eommunieiren ursprünglich
dureh die Mündungen der unteren Zellen; aber später scheinen sich
diese meistentheils zu verschließen (Fig. 4) und die Communication
findet nur dureh die feinen Poreneanäle Statt, welche die Zellen-
wandungen durchziehen. Vielleicht sterben aber auch die die tiefere
Zellenetage bewohnenden Thiere ab, wie wir dies an den ältesten
Theilen der echten Escharen-Stämme beobachten, an welehen die
Mündungen ebenfalls obliteriren, oder sie ziehen sich doch aus den-
selben in die neugebildete höhere Etage zurück.
An anderen Stellen liegen jedoch die Zellen der oberen Schichte
nieht unmittelbar über jenen der unteren; es findet zwischen beiden
keine Übereinstimmung Statt, indem die ersteren sehr unregelmäßig
werden, und beide stehen sodann nur durch die vorhandenen Poren-
canäle mit einander in Verbindung.
Das Fossil von Bünde repräsentirt daher einen Typus, der
jedenfalls von dem einfachen Escharen - Typus beträchtlich abweicht
und sich zu Eschara gerade so verhält, wie Cumulipora v. M. ?) zu
Lepralia Johnst. So lange man diese von einander gesondert hält,
wird man auch das in Rede stehende Petrefaet von Eschara gene-
risch trennen müssen. Doch auch im gegentheiligen Falle wird man
es stets zum Typus einer besonderen Gruppe innerhalb der Gattung
Eschara zu machen genöthigt sein. Die mehrschichtigen Escharen
werden immer einen auffallenden Gegensatz bilden zu den einfachen
Escharen, die stets zweischichtig bleiben und bei denen es auch
im Alter nie zur Bildung zahlreicherer Überlagerungsschichten
kömmt. Ich belege diese Abtheilung, mag man sie aus dem einen
oder dem anderen Gesichtspunkte betrachten, mit dem Namen „Poly-
eschara“.
Die unteroligocäne Species bildet gabelförmig-ästige Stämm-
chen mit breiten zusammengedrückten Zweigen, die, in der Mitte am
dicksten, gegen die abgerundet-winkeligen Ränder hin sich etwas
verdünnen. Der größte Theil derselben besteht, wie der Querschnitt
lehrt, auf jeder Seite aus zwei Zellenschichten , deren Zwischen-
wände an den älteren Stammtheilen sehr verdickt erscheinen, an den
jüngeren dagegen die Medianplatte an Dieke nicht übertreffen. An
1) Reuss zur Fauna des deutschen Oberoligocäns in d. Sitzungsber. d. kais. Akad.
d. Wissensch. Bd, 50, pag. 29,
Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligoeän. 229
den ältesten Theilen der Stämmchen beobachtet man sogar drei sich
deekende Zellenschichten , jedoch pflegt die äußerste zunächst den
Rändern zu fehlen.
In Beziehung auf das Wechselverhältniß der einzelnen Schich-
ten gegen einander ist das Nöthige schon bei der Characterisirung
der Gattung erörtert worden.
Die Zellen der äußeren Schichten zeigen beinahe durchgehends
in Betreff ihrer Größe, Gestalt und Anordnung die größte Unregel-
mäßigkeit (Fig. 1, b). Immer sind sie sehr wenig gewölbt und
durch seiehte Furchen von einander abgegrenzt. An den ältesten
Partien der Stämmchen fehlt diese Begrenzung beinahe gänzlich. Auch
die Mündung wechselt ausnehmend an Grösse und Form; gewöhnlich
ist sie rundlich oder auf der Unterseite mehr weniger abgestutzt und
wird von einem kaum erhabenen Rande eingefaßt. Längs des Zellen-
randes beobachtet man eine einfache Reihe entfernt stehender ein-
facher Poren. Dergleichen stehen vereinzelt gewöhnlich auch auf
dem Mündungsrande.
An den jüngsten Zweigen besitzen die regelmäßiger gestalteten
Zellen einen verkehrt-eiförmigen oder ungleich-hexagonalen Umriß.
Wo die Wandungen der äußeren Zellenschichte zerstört sind,
bilden die vorragenden dünnen Seitenwände ein meist sehr regelloses
Netzwerk. Zugleich ist aber dann die Vorderwand der tieferen
Zellenschichte blosgelegt und man überzeugt sich, daß an den mei-
sten Zellen die Mündung ganz verschlossen oder zu einer feinen Pore
zusammengeschrumpft ist (Fig. 4). Die Communieation mit den
äußeren Zellen wird dann nur durch die unverändert gebliebenen
Randporen vermittelt.
Die Species ist im Unteroligocän von Bünde nicht selten.
c) Selenariadeae.
5. Pavolunulites Buski Rss. n. sp. (Taf. 1, Fig. 6).
Bei Calbe kommen sehr seltene Bruchstücke einer Bryozoe vor,
die in allen generischen Merkmalen mit Pavolunulites d’Orb. 1) über-
einstimmt.
Über die Form der sehr dünnen blattförmigen Colonie läßt sich
keine bestimmte Auskunft geben, da nur wenige Bruchstücke vor-
1) d’Orbigny paleontologie france. Terr. eret. V. pag. 358. Taf 706, Fig. 5—11,
16*
230 Reuss.
liegen. Dieselben sind unregelmäßig vierseitig mit mehr weniger
abgerundeten äußeren Ecken. Es scheint das innere Ende, von
welehem die wenig regelmäßigen divergirenden Zellenreihen aus-
strahlen und das daher die laterale Embryonalzelle enthielt, abge-
brochen zu sein und das ganze Gerüste rundlich oder etwas fächer-
förmig gewesen zu sein.
Die Zellen sind eiförmig - vier- oder fünfseitig, indem ihr Vorder-
rand gerundet, bogenförmig ist, das hintere Ende aber nach beiden
Seiten schräg abgeschnitten, daher keilförmig erscheint. Die Zellen-
decke ist niedergedrückt und steigt gegen die Ränder, welche als
scharfe Kanten vorragen, etwas an. Die Mündung liegt hart am vor-
deren Ende und ist meistens halbrund-vierseitig, hinten abgestutzt,
an beiden Seiten hörnerartig nach hinten verlängert, so daß der Hinter-
rand meistens als ein breiter Zahn in die Mündung vorspringt. Die
Oberfläche der Zellendecke ist fein gekörnt.
Zwischen den beschriebenen regelmäßigen Zellen sind hin und
wieder ohne Ordnung viel kleinere unregelmäßig polygonale, ebenso
niedergedrückte Zellen eingestreut, deren Oberfläche zum größten
Theile von der halbrunden, hinten abgestutzten oder auch beinahe
rundlicehen Mündung eingenommen wird. Gewöhnlich beginnt jede
neue eingeschobene Reihe mit einer solehen kleinen abnormen Zelle.
Die flache Rückenseite der Colonie wird von seichten und schma-
len unregelmäßig ausstrahlenden entfernten Furchen durehzogen,
deren breite kaum gewölbte Zwischenräume ebenfalls gekörnt sind.
Sie entsprechen den unregelmäßigen Zellenreihen.
Auf dem Querbruche beobachtet man, daß die einzelnen Zellen
mit jeder nach außen gelegenen jüngeren Nachbarzelle dureh einen
ziemlich weiten Sprossenkanal zusammenhängt.
Die Speeies hat große Ähnlichkeit mit Hemieschara (Semie-
schara dOrb.) und ich würde sie damit vereinigt haben, wenn nicht
die ganze Beschaffenheit der Colonie darauf hinwiese, daß sie nicht
angeheftet, sondern frei war und wenn nicht die Ovarialzellen gänz-
lich mangelten. Unregelmäßige Formen kehren auch bei anderen
Selenariadeen wieder und der Mangel an Poren auf der Unterseite
der Colonie wird auch bei Cupularia quineensis Busk !) und bei
©. Oweni Busk ?) beobachtet.
1) Catal. of marine polyzoa of the brit. mus. pag. 98, Taf. 114.
2); Lie. Pag.99, "Taf!
Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligocän. 231
6. Dipletaxis placentula Rss. n. gen. et sp. (Taf. 2, Fig. 5—7).
Das Fossil, welches ich ebenfalls im Unteroligoeän von Calbe
entdeckte, bildet eine kreisrunde oder sehr breit-elliptische Scheibe
mit winkeligem Rande, deren Oberseite sehr wenig und gleichmäßig
convex, die untere dagegen eben oder selbst etwas eingedrückt ist.
im Gegensatze mit den übrigen Selenariadeen sind beide Flächen mit
ausmündenden Zellen besetzt.
Auf der Oberseite erblickt man zuerst in der Mitte eine rund-
liche, beinahe in ihrer ganzen Weite geöffnete Zelle, um welche sich
4—5 andere gruppiren. Aus diesen sprießen nach außen wieder
neue Zellen in vermehrter Anzahl hervor und so fort bis zum periphe-
rischen Rande der ganzen Colonie. Die Zellen zeigen im Allgemeinen
eine symmetrische Anordnung, indem sie stark gebogene vom Cen-
trum auslaufende Spiralreihen bilden, zwischen welche sich nach
außen kürzere einschieben. Die Zellen sind flach, von eiförmigem,
dem Vierseitigen sich nähernden Umriß, werden aber oft unregel-
mäßig und wechseln auch in der Größe beträchtlich. Den größeren
Theil ihrer oberen Fläche nimmt die große, in radialer Richtung
verlängerte, elliptische oder verzerrte Mündung ein, welche von einem
in der Breite sehr ungleichen, gegen die Mündung hin abschüssigen
Rande umgeben wird. Am schmälsten ist derselbe in seinem dem
Außenrande der Colonie zugewendeten Theile.
Neben jeder Zelle nach außen liegt eine viel kleinere rundliche,
eiförmige oder etwas vierseitige Vibracularzelle, die im größten Theile
ihrer Fläche von der rundlichen Mündung durchbrochen erscheint,
so daß nur ein schmaler Rand übrig bleibt.
Die Zellen beider Arten werden durch schmale aber tiefe
Furchen von einander geschieden. Die Oberfläche der Zellenwandun-
gen erscheint sehr fein und regellos gekörnt.
Von sehr abweichender Beschaffenheit sind die die flache Unter-
seite der Colonie einnehmenden Zellen. Vor Allem sind sie viel größer
und weniger zahlreich und richten sich mit ihrer Längsaxe gerade nach
außen und zwar so, dafs die inneren mit den nach außen gelegenen
alterniren. Ihr Umriß ist gewöhnlich eiförmig, nach innen gerundet,
nach außen verschmälert und mit dem keilförmig zugeschnittenen
Ende sich zwischen die zwei nächstäußeren Zellen einschiebend. Am
vorderen Theile der Zelle sitzt die elliptische Mündung, der übrige
232 Reuss.
Theil der Zellenwandung ist flach. Einzelne Zellen ermangeln jeder
Öffnung. Zwischen die beschriebenen größeren Zellen sind hin und
wieder kleinere, meist unregelmäßig gestaltete und bisweilen eben-
falls geschlossene Zellen eingeschoben. Nur stellenweise findet man
Zellen von der Größe und Form der Vibracularzellen der Oberseite,
nur daß ihre Mündung gewöhnlich viel kleiner oder selbst ganz
obliterirt ist. Nur zunächst dem Rande der scheibenförmigen Colo-
nie fehlt niemals eine Kreisreihe solcher Zellen, von denen je eine
regelmässig zwischen die äusseren Enden zweier größerer Zellen
eingeschaltet ist.
Auch die Zellen der Unterseite lassen bei stärkerer Vergröße-
rung die gedrängte zarte Körnung der Oberfläche wahrnehmen.
Schon bei Anwendung mäßigen Druckes trennt sich die Colonie
in ihre einzelnen Zellen. Man überzeugt sich dabei, daß die Zellen
der Oberseite eine zusammengedrückt und unregelmäßig pyramidale
Gestalt besetzen und desto länger werden, je näher sie dem Schei-
benrande liegen. Auf der Oberseite der Scheibe tritt nur die kleine
schräg abgeschnittene die Mündung tragende Basalfläche der Pyra-
miden hervor, der übrige etwas gekrümmte Theil derselben wird von
den anderen Zellen verdeckt. Je weiter die Zellen nach innen liegen,
desto kürzer wird die Pyramide und desto steiler erhebt sie sich; je
näher die Zelle dem Rande liegt, desto mehr verlängert sich der
spitze dem Centrum zugewendete Theil und desto mehr nähert ihre
Lage sich der horizontalen. Jede Zelle zeigt nicht weit hinter dem
Mündungstheile auf der Ober- und Unterseite eine ziemlich große Pore
zum Behufe der Communication mit den nächstangrenzenden Zellen.
7%. Lunalites Latdorfensis Stol.
Stoliezka l. e. pag. 93. Taf. 3, Fig. 7. — Lunulites hemisphaericus F.
A. Römer die Polyp. des norddeutsch. Tertiärgeb. 1863. pag. 18,
Taf. 2, Fig. 27.
Diese Species, welche von Stoliezka zuerst aus dem Unter-
oligocän von Latdorf beschrieben wurde, kömmt auch in den Schich-
ten gleichen Alters von Bünde, wenngleich selten, vor und fehlt auch
bei Westeregeln nicht. Sie begleitet beinahe überall die L. subplena
Rss. Auch nähert sie sich derselben durch die starke consecutive
Verdickung der Zellenschichte auf der Unterseite, wenn auch diese
nie völlig ausgefüllt wird, sondern immer noch etwas concav bleibt.
Die senkrechten Zellenprismen lösen sich ziemlich leicht von einander
Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligocän. 233
ab und auf den Trennungsflächen treten die queren Anwachslinien,
auf welche ich zuerst bei L. hippocrepis F. A. Röm. — L. andro-
saces (Mich.) Rss. — von Crefeld aufmerksam machte t), in aus-
gezeichneter Deutlichkeit und Zierlichkeit hervor. Man überzeugt
sich hier zugleich mit völliger Bestimmtheit, daß man es nur mit
einer feinen Anwachsstreifung zu thun hat, keineswegs aber mit
einem complieirten Canalsysteme, wofür Stoliczka diese Streifung
zu halten geneigt ist. Die mieroscopische Untersuchung läßt darüber
keinen Zweifel aufkommen.
Die verhältnißmäßig breiten und unregelmäßigen kaum gewölb-
ten Zwischenfelder der radialen Furchen auf der Unterseite des Zel-
lenstockes tragen sehr entfernt und regellos stehende Poren, bald
nur eine, bald zwei Reihen bildend. Damit fällt eines der wichtigsten
Unterscheidungsmerkmale hinweg, welche F. A. Römer für seine
L. hemisphaerica anführt. Überhaupt kann an der Identität derselben
mit der schon früher von Stoliezka aufgestellten Species nicht
gezweifelt werden.
Eine auffallende Erscheinung ist das schon von Stoliezka her-
vorgehobene constante Vorhandensein einer ziemlich großen deutli-
chen Anheftungsstelle auf dem Scheitel der kegelförmigen Colonie,
welche man an anderen Lunuliten vermißt. Im Gegentheile findet
man an diesen nur bisweilen in der Mitte der concaven Fläche eine
Spur von Anheftung. Mitunter sitzt dort ein einzelnes Sandkorn oder
ein kleines Fragment einer Conchilienschale, auf welchem sich offen-
bar die Embryonalzelle des Lunuliten fixirt hatte. Die anwachsende
Colonie löste sich später von ihrer Unterlage los und dann beobach-
tet man keine Spur der früheren Anheftung mehr.
In seltenen Fällen bleibt die ursprüngliche Unterlage an der
Colonie haften. Interessant war mir in dieser Beziehung ein zer-
brochenes Exemplar von L. subplenaRss. von Calbe, in dessen Innerem
ich, näher der Ober- als der Unterseite, ein kleines schwarzgraues,
abgerundetes Steingerölle wahrnahm. Ohne Zweifel bildete es
Anfangs die Basis des entstehenden Lunuliten und wurde in der
Folge durch die suecessive Ablagerung der Ausfüllungsschichten
überdeckt und von der Substanz der anwachsenden Colonie um-
schlossen.
1) Reuss in d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. 18, pag. 262.
234
Fig.
”
>
Reuss. Über einige Bryozoen aus dem deutschen Unteroligoeän.
Erklärung der Abbildungen.
Tafell.
. Orbitulipora petiolus Lonsd. sp. aus dem Unteroligoeän von Calbe.
a in natürlicher Größe, 5 eine Fläche, ce der Seitenrand vergrößert.
. Dieselbe. Ein Randsegment mit Ovicellarien vergrößert.
. Stichoporina Reussi Stol. aus dem Unteroligeeän von Calbe. Ver.-
größerte Oberseite eines älteren Exemplares.
. Dieselbe. Vergrößerte Unterseite.
. Dieselbe. Vergrößerte Oberseite eines jüngeren Exemplares.
. Pavolunulites Buski Rss. aus dem Unteroligoeän von Calbe. a Obere,
b untere Fläche, beide vergrößert.
. Batopora rosula Rss. aus dem miocänen Tegel von Baden. a Obere,
b untere, c seitliche Ansicht, sämtlich vergrößert.
Tafel II.
. Batopora rosula Rss. aus dem miocänen Tegel von Baden. a Obere,
b untere, c seitliche Ansicht, sämtlich vergrößert.
. Batopora Stoliczkai Rss. aus dem Unteroligoeän von Bünde. « Obere,
b seitliche Ansicht, beide vergrößert.
3, 4. Dieselbe. Vergrößerte untere Ansicht.
3.
Diplotaxis placentula Rss. aus dem Unteroligocän von Calbe. a Ver-
größerte obere, 5 untere, ce seitliche Ansicht.
. Dieselbe. Vergrößerte untere Ansicht eines anderen Exemplares.
. Dieselbe. Vergrößerte Ansicht einer isolirten Zelle.
Tafel III.
. Polyeschara confusa Rss. a Bruchstück in natürlicher Größe. 5 Ein
Stück der Oberfläche mit unregelmäßigen Zellen vergrößert. c Ver-
größerter Querschnitt eines jüngeren Zweiges.
. Ein Stück der Oberfläche mit regelmäßigeren Zellen vergrößert.
. Vergrößerter Querschnitt eines älteren Zweiges mit drei Zellenschich-
ten auf jeder Seite.
. Vergrößertes Stück der Oberfläche eines Zweiges, an welchem nach
Zerstörung der oberen Zellenschichte die tiefere sichtbar geworden ist.
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Joh StTohmayer gez.v_\ith. A.d.kkHotusftaatsdruckere
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12: Orbitulinora netiolus Lonsd. spec.
3-3. Stichonorina Reulsi Stol. 6. Pavolunulites Buski Rls.
7. Ba tonor@ rosula Kls.
Sitzungsb.d.k.Akad. d.W.math.naturw. ÜILVBd.].Abth. 1867.
Reufs:unteroligocane Bryocoen. Tafl.
Joh.Strohmayer gez. u.lith. A.d. kkHof-u Staats-Druckerei.
1. Batonora rosuda Rls. 2_4. Batonora Stoliezkai Rls.
3-7. Dinlotaxis nlacentwla RIs.
Sitzungsb. d.k.Akad. d.W.math.naturw. CLLVBd.I.Abth 1867.
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1-4. Polveschara confusa Kls.
Sitzungsb. d.k.Akad. d.W.ma th.naturw. UILVBd.l.Abth. 1867.
C.v. Ettingshausen. Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 235
Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen,
ein Beitrag zur Kenntniss der ältesten Dicotyledonengewächse,
Von dem ce. M. Prof. Dr. Const. Freih. v. Ettingshausen.
(Mit 3 Tafeln.)
(Vorgelegt in der Sitzung am 17. Jänner 1867.)
Die Pfianzenreste führenden Schichten des Schieferthones im un-
teren (Juader von Niederschoena bei Freiberg sind schon seit Langem
bekannt. Sternberg beschrieb in seinen Beiträgen zur Flora derVor-
welt sechs Pflanzenarten aus denselben. Seither erweiterten Zenker,
Bronn, Geinitz u. A. die Kenntniß über diese fossile Flora. Doch
sind bisher hauptsächlich nur Filices, Cycadeen und Coniferen, im
Ganzen 13 Arten dieser interessanten Kreideflora, hingegen die zahl-
reichen Reste von Dicotyledonen, welche zu den ältesten der Erde
gehören, noch nicht genauer untersucht und bestimmt worden.
Da ich nun durch die Güte des Herrn Prof. Beyrich in Berlin
die vielen im königl. Museum daselbst aufbewahrten aus der Cotta'-
sehen Sammlung stammenden Pflanzenfossilien von Niederschoena zu
untersuchen in die Lage gekommen bin, so glaube ich dem Wunsche
des hochverehrten Senders dadurch am besten zu entsprechen, daß
ich das Resultat der Untersuchung und die von mir bestimmten neuen
Arten als einen Beitrag zur Kenntniss dieser vorweltlichen Flora der
Öffentlichkeit übergebe.
Die allgemeinen Resultate der Untersuchung sind:
1. die fossile Flora von Niederschoena ist eine Landflora mit
rein tropischem Charakter.
2. Von den 42 Arten, welche ich unterscheiden konnte, fallen
auf die Thallophyten 3, auf die Acotyledonen 4, auf die Gymnosper-
men 5, auf die Monocotyledonen 2 Arten. Die Dicotyledonen zählen
28 Arten und zwar die Apetalen 16, die Gamopetalen 1, die Dialy-
petalen 11 Arten.
Die Artenzahl der Gymnospermen und niederen
Dieotyledonen verhält sich demnach zu der der
236 C. v. Ettingshausen.
höheren nahezu wie 2:1. Im gleichen Verhältnisse steht die
Zahl der ausgestorbenen Gattungen zu jener der recenten.
3. Die Flora von Niederschoena hat mit anderen fossilen Floren
16 Arten gemein. Von diesen sind 14 bezeichnend für die
Flora der Kreide-Periode; Eine Art kommt auch in der
Wealden- und Eine in der Tertiärformation vor. (Siehe die beifol-
gende Tabelle.)
4. Die Analogien dieser vorweltlichen Floramit der
Flora der Jetztwelt sind in nähere und entferntere abzutheilen.
Zu den ersteren gehören jene fossilen Pflanzenarten, welche nicht nur
jetztlebenden Geschlechtern eingereiht, sondern zu welchen auch
jetztlebende Arten derselben als unverkennbar verwandte Ähnlich-
keiten gefunden werden konnten. Ich will hier nur als die wichtig-
sten hervorheben: Pfteris Reichiana, welche der P, Kinghiana
Endl., einer auf der Insel Norfolk wachsenden Art, Aspidium Bei-
chianum, welche dem auf den Philippinen einheimischen A. kgula-
tum Kunze am meisten entspricht; Ficus bumelioides, der ostindi-
schen F. nitida Thunb., Zhopala primaeva, der brasilianischen A.
inaequalis Pohl; Banksia longifolia, der neuholländischen B, spinu-
losa R. Brown. am meisten analog.
Die Mehrzahl der Arten ist jedoch den entfernteren
Analogien beizuzählen. Für viele derselben konnten die Fami-
lien bestimmt werden, welchen sie angehörten und für einige auch
die nächst verwandten Gattungen wenigstens muthmaßlich bezeich-
net werden.
5. In der Kreideflora von Niederschoena sind folgende Vegeta-
tionsgebiete der Jetztwelt repräsentirt:
a) Neuholland durch eine der Gattung Frenela verwandte
Cupressinee, durch eine auch in der Flora der Tertiärperiode
vorkommende Banksia-Art, durch zwei mit Dryandra, durch
eine mit Lomatia und durch eine der Gattung Conospermum
nahe verwandte Proteaceen ;
b) Ostindien durch einige Ficus-Arten und durch eine Laurus-
Art;
c) Südafrika durch eine Gleicheniacee, eine Protea-Art und
durch eine der Gattung Pferocelastrus nahe verwandte Cela-
strinee;
Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 237
d) Brasilien, Westindien und Nordamerika durch je
Eine Art.
6. Bei der Vergleichung derin dieser Flora erschei-
nendenältesten Dicotyledonen-Formen mit jenen ande-
rer fossiler Floren fand ich für die Mehrzahl der Arten
die nächst verwandten Analogien in der Flora der Ter-
tiärperiode.
Am auffallendsten ist die Verwandtschaft von Fagus prisca mit
Fagus Feroniae; von Ficus protogaea mit Ficus lanceolata; von
F. bumelioides mit einer in der fossilen Flora von Sagor vorkommen-
den noch nicht beschriebenen Ficeus-Art; von Artocarpidium creta-
ceum mit A. integrifolium aus der fossilen Flora von Sotzka; von
Daphnogene cretacea mit D. polymorpha; von Dryandroides lati-
folius und D. Zenkeri mit den in der älteren Tertiärflora verbreiteten
Dryandroides hakeaefolius und D. acuminatus; von Apocynophyl-
lum cretaceum mit A. haeringianum ; von Acer antiguum mit
A. decipiens der Tertiärflora der Schweiz; von Callistemophyllum
Heerii mit C. melaleucaeforme der tertiären Flora von Häring; von
Palueocassia lanceolata mit Cassia Phaseolites der fossilen Floren
von Sotzka und Radoboj; von Inga Cottai mit I. europaea der fos-
silen Flora von Häring.
Von anderen Abtheilungen des Pflanzenreiches sind einige bis-
her für die Tertiärflora aufgestellte Gattungen wie Xylomites, Frene-
lites, Culmites, Caulinites auch in der Kreideflora von Niederschoena
durch eigenthümliche Arten repräsentirt.
7. Durch das Vorherrschen der Proteaceen (mit 6 Gattungen
und 7 Arten) der Gymnospermen (mit 3 Gattungen und 5 Arten) und
der Leguminosen (2 Gattungen und 3 Arten) nähert sich diese Flora
ihrem Charakter nach einerseits den Floren von Neuholland und
Oceanien, andererseits der Flora der älteren Tertiärperiode. Durch
die verhältnißmäßig reichlichere Repräsentation der Gymnospermen
und Filices aber ist sie von beiden verschieden und schließt sich
den älteren Secundärfloren an.
Als charakteristische Gattungen theils der Kreideflora im allge-
meinen, theils der fossilen Flora von Niederschoena im besonderen
sind zu betrachten: Didymosorus, Cunninghamites, Credneria,
Daphnites und Conospermites.
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Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen.
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Die Kreideflora von Niederscehoena in Sachsen.
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242 C. v. Ettingshausen
Als eharakteristische oder dureh ihre Häufigkeit ausgezeichnete
Arten dieser Flora sind hervorzuheben: Halyserites Reichü Sternb.,
Pteris Reichiana Brongn. sp., Pterophyllum sawonicum Reich.,
Frenelites Reichii Ett., Cunninghamites Oxycedrus Sternb.,
Caulinites stigmarioides Ett., Quercus Beyrichi Ett., Ficus Gei-
nitzüi Ett., Dryandroides latifolius Ett. und D. Zenkeri Ett.,
Credneria cuneifolia Bronn, Acer antiguum Ett., Palaeocassia
angustifolia, P. lanceolata und Inga Cottai Ett.
Beschreibung der Arten.
Thallophyta.
Phyceae.
Halyserites Reichii Sternb.
Sternberg, Flora der Vorwelt. Bd. Il, S. 34, Taf. 24, Fig. 7. — Chiropteris
keichii Bronn Leth. Taf. 28, Fig. 1.
H. fronde stipitata, dichotome bipinnatim ramosa, fere pe-
data, ramis ramulisque costatis, fere dimidiatis, latere nempe ex-
teriore deficiente, ramulis oblongis, obtusis subfalcatis, costis stipi-
teque teretibus.
In saxo arenaceo ad Niedersehoena prope Freiberg Saxoniae.
Von dieser fossilen Alge sah ich ein großes wohlerhaltenes
Exemplar in der Cotta’schen Sammlung. Dasselbe hat nahezu
eine Länge von einem Schuh; der Stiel des mehrfach dichotomisch
getheilten Laubes ist 5 Millimeter dick. Die Ästehen sind allmälig
verschmälert. Außer dem hervortretenden Mediannerv bemerkt an
den Ästen und Ästchen keine Nerven. Sternberg bezeichnete Ha-
Iyseris polypodioides als die der fossilen analoge jetztweltliche Art.
Pyrenomycetes.
Phacidium Palaeocassiae Ettingsh.
Taf. I, Fig. 8, vergrößert 8 b.
Ph. peritheciis irregularibus polyjgonis depressis, disco subro-
tundato, pallido.
In foliolis Palaeocassiae lJanceolatae ad Niederschoena.,
Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 243
Bildet auf dem vorliegenden Leguminosen-Blättehen Flecken
von 1—2Millim., auf einem anderen hier nicht abgebildeten Blättchen
Flecken von 2—3 Millim. Durehmesser. Sie sind ganz flach, ziemlich
seharf umschrieben. In der Scheibe bemerkt man einige strahlenför-
mig verlaufende feine Risse. Ist dem Phacidium Eugeniarum Heer
aus den Tertiärschichten von St. Gallen in der Schweiz am nächsten
verwandt, jedoch durch das unregelmäßig eckige Peritheeium von
demselben verschieden.
Xylomites elliptieus Ettingsh.
Taf. I, Fig. 7.
X. perithecüis ellipticis planis, disco centrali vix distinguendo.
In folio Fieus Geinitzii ad Niederschoena.
Bildet kleine elliptische, flache, schwarzgefärbte Flecken, welche
über die ganze Blattfläche des hier abgebildeten Blattes von Freonium
Geinitzü Ett. vertheilt sind. Dafs dieselben nieht von Insecten, son-
dern von einem Pilze herrühren, dürfte kaum einem Zweifel unter-
liegen. Die größeren dieser Flecken haben eine Länge von etwas
über 1 Millimeter und sind ziemlich regelmäßig scharf abgegrenzt.
Die kleineren, wahrscheinlich noch nicht vollständig entwickelten
Peritheeien sind meist unregelmäßig lappig und im Umrisse mehr
rundlich.
Dieser Blattpilz erinnert an einen von Unger auf Feigenblättern
in der fossilen Flora von Sotzka aufgefundenen und als Xylomites
deformis bezeichneten Pilz, welchem aber größere rundliche Peri-
thecien zukommen.
Cormophyita.
Filices.
Pteris Reichiana Ettingsh.
Ettingsh. Farnkräuter, S. 115. — Pecopteris Reichiana Brongn. Hist.
veget. foss. I, p. 302, t. 116, f. 7. — Pecopteris Browniana Dunker,
Monogr. d. norddeutschen Wealdenbildung, S. 5, Taf. 8, Fig. 7. —
Alethopteris Reichiana Sternb. |. ce. S. 146. — Ettingsh. Beitr. z.
Kenntn. d. Flora d. Wealdenperiode, Abhandl. d. k. k. geol. Reichs-
anstalt, Bd. I, 3. Abth. Nr. 2. S. 17. — Pecopteris linearis Debey und
Ettingsh., Die urweltlichen Acrobryen des Kreidegebirges von Aachen
und Mästricht, S. 62, Taf. 6, Fig. 20.
P. fronde bipinnata, pinnis lineari-lanceolatis, pinnulis ad-
natis, oppositis alternisque, linearibus, apice obtusis, sinu
Sitzb. d. mathem,-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 17
244 C. v. Ettingshausen.
acuto interstinctis; nervatione Alethopteridis, nervo prima-
rio stricto, recto, excurrente, e rhachi sub angulis acutis
oriente, nervis secundarüs tenerrimis, angulis acutis egre-
dientibus, furcatis, ramis rectis.
In formatione Cretae ad Sahla prope Ratisbonam et ad Niederschoera prope
Friburgum, nee non in formatione Wealden dieta ad Süntel Germaniae.
Die Fiederchen sind ganzrandig, bald spitz, bald stumpflich.
Die Länge derselben erreicht an einem mir vorliegenden Exemplare
28 Millim. Die Breite nur 4 Millim. Der Primärnerv schneidet sich
mit der Spindel unter Winkeln von 30—45° ; unter den gleichen
Winkeln entspringen die verhältnißmäßig entfernt stehenden Secun-
därnerven.
Als die dieser Art am nächsten verwandte jetztlebende betrachte
ich Pteris Kinghiana Endl. von der Norfolk-Insel. (S. Ettingsh.
l. e. Taf. 61, Fig. 4.)
Aspidium Reichianum Sternb. sp.
Ettingsh., Farnkräuter, S. 197. — Pecopteris Reichiana Sternberg,
Flora d. Vorwelt, Bd. II, S. 155, Taf. 37, Fig. 2. — P. striata Sternb.
l. ce. Taf. 37, Fig. 3, 4 — Pecopteris Schoenae Reich. Jahrb. 1836,
S. 386. — Cotta, Geognost. Wanderung. I, S. 58.
A. fronde bipinnata, pinnis sessilibus suboppositis patentissimis,
lineari-lanceolatis, pinnulis adnatis contiguis linearibus vel
ovato-oblongis, obtusis; nervatione Pecopteridis, nervis se-
cundarüs sub angulis acutis orientibus subrectis, simplieibus,
nervis tertiarüs tenuissimis, laeviter areuatis; rhachi pri-
maria longitudinaliter striata.
In formatione Grünsand dieta ad Sahla prope Ratisbonam Bavariae, ad St.
Wolfgang Austriae superioris nee non ad Niedersehoena Saxoniae.
Variirt mit ganzrandigen und an der Basis wellig-gekerbten oder
fast stumpf gelappten Fiederchen. Als die nächst verwandte lebende
Species bezeichnete ich das auf den Philippinen wachsende Aspidium
igulatum Kunze (Ettingsh. ]. e. Taf. 121, Fig. 6 und Taf. 124,
Fig. 12).
Didymosorus comptoniifolius Debey et Ettingsh.
Taf. 1, Fig. 1, 2.
Debey u. Ettingshausen, die urweltlichen Aerobryen des Kreidegebirges
von Aachen und Mästricht, Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissenschaften,
Bd. XVII, S. 187, Tat. 1, Fig. 1—5.
In stratis nonnullis argillosis et arenosis ad Aachen, nee non in schisto
argillaceo ad Niederschoena.
Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 245
Von diesem charakteristischen Farnkraute fanden sich im Schiefer-
thone von Niederschoena einige Wedelfragmente, welehe mit den
a. a. Orten abgebildeten Fossilien genau übereinstimmen. Die Ähn-
lichkeit des sterilen Wedels mit dem von Gleichenia polypodioides
Sm. und @. argentea K aulf. ist in die Augen springend.
Pecopteris lobifolia Corda.
Corda in Reuss Versteinerungen d. böhmischen Kreideformation, S. 95,
Taf. 49, Fig. 4, 5. — Geinitz, das Quadersandsteingebirge S. 268.
P. fronde ... ., pinnulis margine undulato-incisis, nervis con-
fertis furcatis arcuato-curvatis, tenuissimis.
In arenaceo quadrato inferiori ad Mscheno prope Schlan Bohemiae nee
non in schisto argillaceo ad Niederschoena.
Aus den wenigen kleinen unvollständigen Bruchstücken von
Fiederehen dieser Art, welche ich im Schieferthone von Nieder-
schoena gesehen habe, konnte ich über die zweifelhafte systematische
Stellung derselben keinen Aufschluß erhalten.
Cycadeae.
Pterophyllum eretoesum Reich.
Reieh in Cotta geogn. Wanderungen I, S. 58. — Gaea saxonica p. 134,
t. 4, f. 15.
P. fronde pinnata, pinnis integris alternis approximatis adnatis
patentibus lato-linearibus, rhachi infra sulcato-striata, ner-
vis crebris crassiusculis.
In arenaceo ad Niedersehoena Saxoniae.
Pterophyllum saxonieum Reich.
Far. E,Rıo Tu. 12.
Reich, Gaea saxonica p. 134. t.4, f.14. — Goeppert, Nachtr. z. Flora
d. Quadersandst. S. 276.
P. fronde pinnata, pinnis suboppositis patentissimis scabris lato-
linearibus falcatiıs approximatis obtusis basi subattenuatis,
nervis crebris tenuissimis, rhachi crassissima.
In arenaceo ad Niederschoena Saxoniae.
Die Oberfläche der Fieder dieser Art ist mit zahlreichen feinen
Knötehen bedeckt, die reihenweise zwischen den Nerven stehen.
Fig. 12, 5 gibt die Vergrößerung eines Fiederbruchstückes des
in Fig. 12 dargestellten Exemplares.
17%
246 C. v. Ettingshausen.
Coniferae.
Frenelites Reichii Ettingsh.
Taf. I, Fig. 10.
Lycopodites insignis Reich in Geinitz Charakteristik der Schichten und
Petrefaeten des sächsieh-böhmischen Kreidegebirges, S. 98. — Bronn
Lethaea geogn. 1846, S. 577, Taf. 25, Fig. 13.
F. ramis suberectis fastigiatis, ramulis filiformibus confertis,
folüis adpressis e basi ovata subulatis, strobilis awillarıbus
duplo longioribus quam latıs. |
In arenaceo ad Niederschoena Saxoniae, nee non ad Aigen prope Salis-
burgum.
Gehört zu den häufigeren Arten dieser fossilen Flora. Durch die
zarten fast fadenförmigen gedrängt stehenden Ästehen stimmt diese
Cupressinee in der Tracht mit Frenela überein.
Cunninghamites Oxycedrus Sternb.
Taf. 1, Fig. 9.
Sternberg, Flora d. Vorwelt, Bd. II, S. 203, Taf. 48, Fig. 3, Taf. 49, Fig. 1.
C. ramulis teretibus, foliis sessilibus approximatis, e basi rotun-
data lineari-lanceolatis angustatis acutis planis nervo medi-
ano percursis, patentibus, utringue subtus juxta nervum et
marginem striato-fasciafis, pulvinis vix prominulis ; strobi-
lis oblongis, sqguamis coriaceis adpressim imbricatis longi-
tudinaliter striatis, margine irregulariter dendato-laceris.
In schisto argilloso ad Niedersehoena Saxoniae nee non ad Aigen prope
Salisburgam.
Von dieser in den Kreideschichten von Niederschoena und
Aigen sehr häufig vorkommenden Conifere fand sich an ersterer Lo-
calität ein Fruchtzapfen Fig. 9. Die Ähnlichkeit desselben mit dem
Fruchtzapfen von Cunninghamia sinensis ist nicht zu verkennen.
Cunninghamites Sternbergii Ettingsh.
Taf. I, Fig. 4—6.
Bergeria minuta Sternb. Flora d. Vorwelt, Bd. II, S. 184, Taf. 49, Fig. 2
a, b. Fig. 3.
©. ramulis teretibus, foliis lineari-lanceolatis, planis, tenuissime
nervoso-striatis nervo mediano prominente, pulvinis oblongis
vix prominulis; strobilis ovoideo-elliptieis, squamis rigide
Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 2A7T
coriaceis adpressim imbricatis, rhombeis acute et aequaliter
angulatis, integerrimis.
In sehisto argilloso ad Niederschoena.
Abgefallene stiellose Zapfen dieser Art wurden von Sternberg
für verkürzte Stämme der von ihm aufgestellten Lepidodendreen-
Gattung Bergeria, die dicht anliegenden rhombischen Schuppen für
die Blattnarben derselben gehalten. Die in der Cotta’schen Samm-
lung aufbewahrten Zapfen Fig. 4 und 6, welche noch mit Bruch-
stücken der Zweigchen, welche sie trugen, in Verbindung stehen,
haben die meiste Ähnlichkeit mit den Zapfen der vorhergehenden Art,
daher ich selbe der Gattung Cunninghamites unterordnete. Von einem
sehr kleinen schmal-linealen blos an der Spitze der Schuppen (nach
Sternberg’s Diagnose an der Spitze der Narben) hervortretenden
Knötehen bemerkte ich nichts, jedoch an dem Exemplare Fig. 5 einige
kleine unregelmäßige Höckerchen und Grübchen, die an der ganzen
Oberfläche der Schuppen ungleich vertheilt sind.
Die bei Fig. 4 ersichtlichen abgefallenen Blätter sind etwas
breiter als die der vorhergehenden Art und mit einem stärker her-
vortretenden Mediannerv durchzogen und dürften wohl zu der eben
beschriebenen Art gehören. An den blattlosen Zweigbruchstücken
bemerkt man hin und wieder die schmalen länglichen kaum vorsprin-
„genden Blattpolster.
Gramineae.
Culmites eretaceus Ettingsh.
Taf. I, Fig. 3.
C. rhizomate incrassato, nodoso annulato, irregulariter sulcato
et tenuiter striato, annulis latis approximatis, cicatricibus
sparsis ellipticis vel oblongis.
In arenaceo argilloso ad Niederschoena, nee non ad Aigen prope Salis-
burgum.
Ein Gramineen-Rhizom von fast calamitenartigem Ansehen. Die
Glieder sind mit ungleich stark hervortretenden Furchen und dazwi-
schen mit feinen genäherten Längsstreifen durchzogen. An den breiten
Knotenringen bemerkt man Überreste von länglichen oder quer-ellip-
tischen Narben.
iv
PS
2
C. v. Ettingshausen.
Najadeae.
Caulinites stigmarioides Ettingsh.
Taf. II, Fig. 1.
©. caule crasso laeviter costato, simpliei (?), articulis remotis
cicatrieibus linearibus valde approximatis.
In sehisto argilloso ad Niedersehoena.
Das vorliegende Stammbruchstück zeichnet sich durch die vielen
gedrängt stehenden schmalen linienförmigen 1—3 Millim. langen
Narben, mit welehen es besetzt ist, sehr aus. Eine breite mit einem
feinen Streifen durchzogene Querfurche bildet die Grenze zweier
Glieder, welche ziemlich lang gewesen zu sein scheinen. Die Glieder
sind mit flachen Längsrippen durchzogen. Die systematische Stellung
dieses Fossils, welches ich vorläufig dem Sammelgeschlechte Cauli-
nites einreihte, dürfte wohl erst dann zu ermitteln sen, wenn voll-
ständigere Reste zur Untersuchung vorliegen.
Oupuliferae.
Querceus Beyrichii Ettingsh.
Taf. II, Fig. 2.
A. folüs coriaceis ovato-lanceolatis acuminatis basi inaequalibus,
margine argute serratis, nervo primario valido, apicem ver-
sus subito attenuato excurrente, nervis secundariis prominen-
fibus ; sub angulis acutis varüs orientibus arcuatis furcatis
laqueos formantıbus, nervis tertiarüs tenuibus angulo acuto
egredientibus.
In schisto argilloso ad Niederschoena.
Die Beschaffenheit des Abdruckes, der scharf hervortretende
Blattrand und die starken Eindrücke der Nerven lassen die derbe
lederartige Textur dieses fossilen Blattes deutlich erkennen. Dasselbe
liegt zwar nicht vollständig vor, doch gestattete die Erhaltung des
hier abgebildeten Fragmentes die Ergänzung der Form und die Be-
stimmung des Geschlechtes, zu welchem das Blatt nach den oben be-
schriebenen charakteristischen Merkmalen gehört. Der Primärnerv
hat in der Mitte der Blattfläche noch eine Dicke von 1:5 Millimeter,
verfeinert sich aber gegen die Spitze zu sehr rasch. Die Seeundär-
nerven sind bogenläufig und etwas schlängelig, die unteren bilden
mit dem primären wenig spitze Winkel, die oberen hingegen ent-
Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 249
springen unter Winkeln von 55—65°. Die schlingenbildenden Äste
derselben divergiren von einander unter nahezu 90°. Die ziemlich
scharf hervortretenden Schlingenbogen sind vom Rande entfernt und
mit einigen Außenschlingen besetzt. Die Seeundär-Segmente sind
länglieh, am äußeren Ende etwas spitz. Die Tertiärnerven haben sich
größtentheils nicht erhalten.
Die angegebenen Merkmale weisen dieses Blatt der Gattung
Quercus zu. Von den bisher beschriebenen Eichenarten kommen
unserer Art Q. Lonchitis Ung. bezüglich der Form und Zahnung,
dann Quercus argute-serrata Heer und Q. Godeti Heer bezüglich
der Nervation am nächsten.
Fagus prisca Ettingsh.
Taf. II, Fig. 3, vergrößert 3 b.
F. folüs Coriaceis petiolatis, ovato-elliptieis, basi obtusiusculis,
apice acuminatis, margine undulato- dentatis, nervatione
craspedodroma, nervo primario prominente, recto excurrente,
nervis secundarüs_utringue 6—7, sub angulis acutis orienti-
bus, simplicibus, nervis tertiarüis tenuibus inter se conjunctis,
rete tenerrimum includentibus.
In schisto argilloso ad Niederschoena.
Dieses Blatt hat sowohl der Form als auch der Nervation nach
eine auffallende Ähnlichkeit mit dem Blatte der in der mittleren
Tertiärformation sehr verbreiteten Fagus Feroniae Ung. Es unter-
scheidet sich jedoch von diesem durch folgende Merkmale. Die am
Abdrucke stellenweise erhaltene verkohlte Blattsubstanz deutet auf
ein steifes, lederartiges Blatt hin, welches der Fagus Feroniae nicht
zukommt. Der Primärnerv und die Secundärnerven treten stärker
hervor. Die Tertiärnerven sind meist weniger geschlängelt; sie
begrenzen ein aus äußerst kleinen nur dem bewaffneten Auge wahr-
nehmbaren rundlichen Maschen zusammengesetztes Netz.
Moreae.
Ficus protogaea Ettingsh.
Taf. II, Fig. 5.
F. foliis coriaceis oblongis, integerrimis, nervatione campto-
droma, nervo primario prominente, recto, nervis secundarüs
sub angulis 50—60° orientibus, arcuatis, furcatis, ramis
250 C. v. Ettingshausen,
angulo recto divergentibus laqueos formantibus, nervis ter-
tiarüs angulis acutis egredientibus, flexuosis, dietyodromis,
rete lawum macrosynammatum formantibus.
In sehisto argilloso ad Niederschoena.
Von dieser fossilen Pflanze liegt bis jetzt nur das Mittelstück
eines Blattes Fig. 5 mit wohlerhaltener Nervation vor. Die lederartige
Beschaffenheit, die längliche Blattform, welehe dasselbe verräth, der
ganze Rand und der Charakter der Nervation deuten auf ein Fieus-
Blatt. In der That zeigt die Vergleichung desselben mit dem Blatte
von Ficus lanceolata Heer, Tertiärflora der Schweiz, Bd. II, Taf. 81,
Fig. 4, eine auffallende Ähnlichkeit beider in der Nervation. Das Blatt
von Niederschoena unterscheidet sich jedoch durch etwas feinere und
einander mehr genäherte Secundärnerven und insbesondere durch
die kürzeren netzläufigen von beiden Seiten der Seeundären unter
spitzen Winkeln abgehenden Tertiärnerven.
Ficus &einitzii Ettingsh.
Taf. II, Fig. 7, 9—11.
F. foliis longe petiolatis subcoriaceis, ellipticis vel oblongis,
integerrimis, basi acufis, apice obtusis, nervatione camp-
todroma, nervo primario distincto, recto, apicem versus
attenuato, nervis secundariis tenuibus, sub angulis 40—-50°
orientibus, arcuatis flexuosisque approximatis, antemarginem
laqueos formantibus, nervis tertiartis tenuissimis angulis acu-
fis egredientibus, dietyodromis.
In schisto argilloso ad Grünbach Austriae inf. nee non ad Niederschoena.
Die Blätter dieser Art gehören zu den häufigeren Fossilien der
Kreideflora von Niederschoena. Der Blattstiel erreicht eine Länge von
20 Millim. Die Textur scheint weniger derb gewesen jzu sein, als
wie bei der vorhergehenden Art. Die Form variirt von der fast
eirunden oder elliptischen bis zur länglichen. Die Basis ist mehr oder
weniger spiz, die Spitze abgerundet oder stumpflich. Die Nervation
zeigt den Character wie bei Ficus. Aus einem geraden Primärnerv
entspringen zahlreiche feine genäherte schlingenbildende Seeundär-
nerven. Die grundständigen gehen unter etwas spitzeren Winkeln
ab. Die Tertiärnerven sind kurz und sehr fein; die Netzmaschen
unregelmäßig eckig, im Umrisse elliptisch.
Von den bis jetzt beschriebenen Fieus-Arten kommt dieser Art
die in der Tertiärformation ziemlich verbreitete F. multinervis Heer
Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 251
am nächsten, welche in der Nervation nur durch fast rechtwinklig
entspringende Secundärnerven abweicht.
Fieus bumelioides Ettingsh.
Taf. II, Fig. 6.
F. foliis petiolatis coriaceis obovato-cuneatis, integerrimis, basi
cuneatim angustatis, apice emarginatis, nervatione campto-
droma, nervo primario prominente, recto excurrente, nervis
secundarüis tenuibus sub angulis 30—A0° orientibus, arcuatis
approximatis, subsimplicibus, nervis tertiarüs angulis acutis
egredientibus, dietyodromis.
in schisto argilloso ad Niederschoena.
Die nahe Verwandtschaft dieses Fossils mit den beiden vorher-
gehenden Arten ist nicht zu verkennen; doch sind die unterscheiden-
den Merkmale leicht zu finden und in obiger Diagnose angegeben.
Das Blatt dieser Art ist dem einer noch nicht beschriebenen
Fieus-Art der fossilen Flora von Sagor am meisten ähnlich, hat aber
feinere unter spitzeren Winkeln entspringende Secundärnerven. Von
den jetztweltlichen Arten nähert sich unserer Art in der Blattform und
Nervation die ostindische Ficus nitida Thunb. (Ettingsh. Blatt-
skelete d. Apetalen, Taf. 14, Fig. 5, 6).
Bei der Bestimmung dieses Blattfossils durfte auch die Ähnlich-
keit desselben mit Blättern einiger Sapotaceen, namentlich von
Bumelia- und Mimusops-Arten nicht unbeachtet bleiben, eine Ähn-
lichkeit, welche hauptsächlich durch die derbere Textur, die Keilform
des Blattes und den an der ausgerandeten Spitze wenig verfeinert
endigenden Primärnerv hervorgerufen wird.
Artocarpeae.
Artocarpidium eretaceum Ettingsh.
Taf. II, Fig. 4.
A. foliis coriaceis, obovatis, inteyerrimis, nervatione campto-
droma, nervo primario crasso, apicem versus attenuato, nervis
secundarüs validis arcuatis, sub angulo acuto orientibus,
simplicibus vel furcatis.
In sehisto argilloso ad Grünbach Austriae inf. nee non ad Niederschoena.
Das vorliegende Blattfragment gehörte einem größeren leder-
artigen mehr eiförmigen als länglichen, gegen die Basis zu etwas
252 C. v. Ettingshausen.
verschmälerten Blatte an, welches mit dem Blatte von Artocarpidium
integrifolium Ung. aus der fossilen Flora von Sotzka die meiste
Ähnliehkeit zu haben scheint. Beide sind von einem mächtigen
Primärnerv durchzogen, welcher gegen die Spitze zu schnell sich
verfeinert. Die starken bogenläufigen Seeundärnerven entspringen
unter ziemlich spitzen Winkeln. Das Blatt von Niederschoena war
jedoch größer und mit stärkeren entfernter stehenden Seeundär-
nerven versehen.
Laurineae.
Laurus eretacea Ettingsh.
Taf. II, Fig. 13.
L. foliis petiolatis coriaceis, lanceolatis, integerrimis basi
acutis, apicem versus angustatis, nervatione camptodroma,
nervo primario prominente, excurrente, nervis secundarüs
sub angulis 40—50° egredientibus, furcatis, ramis inter se
anastomosantibus, subflexuosis; nervis tertiarüs tenuissimis
dietyodromis.
In sehisto argillaceo ad Niederschoena.
Dieses Blatt tragt seiner Form, Textur und Nervyation nach
unläugbar das Gepräge eines Lorbeerblattes an sich. Ich vergleiche
es mit den Blättern von Laurus foedita und Daphnidium bifarium
Nees (S. Ettingh. Blattskelete der Apetalen, Taf. 32, Fig. 1,
Taf. 33, Fig. 6, 8 und 9).
Daphnogene primigenia Ettingsh.
Taf. I, Fig. 13 und Taf. III, Fig. 15.
D. foliis petiolatis coriaceis, ovatis, integerrimis, trinervüs
nervo mediano attenuato, recto, nervis lateralibus nervis
externis tenuissimis instructis; petiolo crasso.
In sehisto argillaceo ad Niederschoena.
Daß das vorliegende Blattfossil einer Laurinee angehörte,
dürfte nach der charakteristischen Nervation und Tracht, welche
dasselbe erkennen läßt, kaum zweifelhaft sein. Es scheint der ın der
Tertiärformation weit verbreiteten Daphnogene polymorpha am
meisten zu entsprechen, sich jedoch von dieser Art durch den im
Verhältnisse zu dem starken Stiele feinen Mediannerv und die sehr
feinen an der Außenseite der Seitennerven deutlicher sichtbaren
Secundärnerven zu unterscheiden.
Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 253
Daphnoideae.
Daphnites 6oepperti Ettingsh.
Taf. II, Fig. 8.
D. foliis coriaceis oblongis vel lanceolatis, integerrimis, basi
cuneatim angustatis, nervo primario prominente recto, api-
cem versus attenuato, nervis secundarüs sub angulis 25° —
40° orientibus, tenuibus flexuosis, brochidodromis, nervis
tertiariis tenuissimis angulo acuto eweuntibus dietyodromis.
In sehisto argillaceo ad Aigen prope Salisburgum nee non ad Niederschoena.
Längliche oder lanzettförmige ganzrandige gegen die Basis zu
verschmälerte Blätter von anscheinend lederartiger Textur und mit
wohl erhaltener Nervatur. Ein Blattstiel scheint vorhanden gewesen
zu sein; wenigstens kann man an dem Fossil Fig. 8 Spuren des
abgebrochenen Stieles wahrnehmen. Die Nervation bietet einige
charakteristische Merkmale. Aus einem geraden an der Basis ziem-
lich scharf hervortretenden Primärnerv, welcher gegen die Spitze zu
sich allmälig verfeinert, entspringen zahlreiche feine genäherte etwas
geschlängelte Secundärnerven unter sehr spitzen Winkeln. Die
Schlingenbogen sind sehr kurz und vom Rande entferntstehend. Die
sehr feinen Tertiärnerven gehen von der Außenseite der secundären
unter spitzen, von der Innenseite derselben unter stumpfen Winkeln
ab; sie bilden ein lockeres aus länglichen Maschen zusammen-
gesetztes Netz.
Bei der Bestimmung dieses interessanten Blattfossils mußten
vor allem die folgenden Ordnungen in Betracht gezogen werden und
zwar die Daphnoideen, Proteaceen, Sapotaceen und Myrsineen. Ich
entschied mich für die ersigenannte Ordnung. Bei der Gattung
Protea, bei welcher sehr ähnliche Blätter vorkommen, bilden die
Secundärnerven keine hervortretenden Schlingenbogen und die
Tertiärnerven gehen von der Innenseite der secundären unter spitzen
Winkeln ab. Die Gattungen Bumelia und Myrsine enthalten zwar
ebenfalls sehr ähnliche Blattformen, ich konnte jedoch keine Art finden,
bei welcher die Seeundärnerven unter so spitzen Winkeln abgehen,
wie bei dem beschriebenen fossilen Blatte, worin dasselbe eben mit
Daphnoideen am meisten übereinstimmt.
254 C. v. Ettingshausen.
Proteaceae.
Protea Haidingeri Ettingsh.
Taf. Il, Fig. 12.
P. foliis lanceolatis, basi attenuatis, nervo primario basi pro-
minente, apicem versus valde angustato, nervis secundarüs
tenuissimis, sub angulo perucuto egredientibus, approximatis,
flexuosis.
In sehisto argillaceo ad Niederschoena.
Dem Blatte der Protea lingulata Heer (Tertiärflora der
Schweiz, Band II, Seite 95, Taf. 97, Fig. 19—22 am meisten ähnlich,
jedoch von demselben dureh die lanzettliche Form und die Ver-
schmälerung gegen die Spitze zu verschieden. Von den jetzt-
lebenden Arten gleicht unserer Art die südafrikanische Protea
glabra Thunb. (Ettingh. Apetalen, Taf. 34, Fig. 7 und 8) der
Blattbildung nach in auffallender Weise.
Conospermites hakeaefolius Ettingsh.
Taf. IN, Fig. 4 und 12.
C. folüs longe petiolatis coriaceis, anguste lanceolatis integer-
rimis basi acutis apice acuminatis, tri-quinquenervüs nervo
mediano vix prominente, recto, nervis lateralibus internis
acrodroms saepe suprabasilaribus, esxternis abbreviatis;
nervis secundartüs tenuissimis, sub angulo acuto orientibus.
In schisto arenaceo ad Niederschoena. |
Diese in Niederschoena nicht seltenen Blätter zeigen in ihren
Eigenschaften die ıneiste Ähnlichkeit mit Blättern von neuholländi-
schen Proteaceen, besonders Conospermum- und Hakea-Arten. Bei
Synaphaea dilatata und $. polymorpha R. Br. (den ungetheilten
länglichen Blatt-Varietäten), Bellendenia montana R. Br., Adenan-
thos obovata Labill., Stenocarpus salignus R. Br. kommen 8&—5
Basalnerven vor, die sich mit dem Mediannerv unter sehr spitzem
Winkel sehneiden. Die Secundärnerven entspringen wie an den
erwähnten Blattfossilien unter ziemlich spitzen Winkeln. Doch
erreichen bei den genannten jetzt lebenden Proteaceen die seitlichen
Basalnerven nicht die Blattspitze. Dies kommt aber vor bei Conosper-
mum triplinervium R. Br. (Ettingsh. Apetalen, Taf. 35, Fig. 18,
14) und Hakea dactylioides Cav. (Ettingsh. |. ce. Tafel 38,
Fig. 1—-3). Durch den langen Blattstiel, die feinen Secundärnerven
Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 255
und die mehr lanzettliche als lineale Blattform steht unsere fossile
Proteacee dem Conospermum triplinervium entschieden am nächsten.
Von den Laurineen mit spitzläufiger Nervation (Cinnamomum,
Camphora, Litsaea, Daphnogene) unterscheidet sich die beschrie-
bene fossile Art wesentlich theils durch die feinen kurzen unter
spitzeren Winkeln abgehenden Secundärnerven, theils durch den
Mangel eines hervortretenden Blattnetzes.
Rhopala primaeva Ettingsh.
Taf. III, Fig. 5.
R. foliis pinnatis, foliolis coriaceis, breviter petiolatis vel sub-
sessilibus, oblongis vel lanceolatis, basi inaequilateris irregu-
lariter dentatis, nervo primario valido, recto, nervis secun-
dariis sub angulis acutis eveuntibus, arcuatis furcatis ; ner-
vis tertiarüs dietyodromis.
In schisto argilloso ad Niederschoena.
Längliche oder lanzettförmige, an der Basis auffallend ungleiche
Blättehen von steifer lederartiger Textur. Der Rand ist unregelmäßig
entfernt-gezähnt, die Spitze stumpflich. Die Secundärnerven gehen
aus dem starken hervortretenden Primärnerv unter Winkeln von 30
bis 45° ab, sind bogig und zugleich geschlängelt, gegen den Rand
zu meistens in feine Gabeläste gespalten. Die sehr feinen Tertiär-
nerven entspringen von der Außenseite der Secundären unter spitzen
Winkeln und bilden ein lockeres vorherrschend aus quer-elliptischen
Maschen zusammengesetztes Netz.
Dieses Blattfossil zeigt in der Form, Nervation und Textur eine
so auffallende Ähnlichkeit mit Theilblättchen von Rhopala-Arten,
daß ich nicht daran zweifle, in demselben einen Repräsentanten des
genannten Geschlechtes für die Kreideflora gefunden zu haben.
Rhopala aneimicefolia *) aus den Tertiärschiehten von Monod
gleicht unserer Art bezüglich der Nervation am meisten; in der
Form der Blättchen aber stimmen mit der letzteren die brasilia-
nischen Rh. inaequalis Pohl und Rh. affinis Pohl überein.
Lomatites Palaeo-Iex Ettingsh. _
Taf. III, Fig. 16.
L. foliis petiolatis coriaceis, ovatis vel elliptieis, integris vel
basi inaequali lobatis margine remote denticulatis, nervo
primario valido, recto, nervis secundariis sub angulis acutis
1) Heer, Tertiärflora der Schweiz, Bd. IIl, S. 188, Taf. 153, Fig. 35,
256 C. v. Ettingshausen.
orientibus, tenuibus subrectis, simplieibus et furcatis, nervis
tertiarüs angulis acutis exeuntibus dietyodromis.
In schisto argillaceo ad Niederschoena.
Entspricht einigermaßen der Lomatia Pseudo-Ilex Ung. aus
der fossilen Flora von Sotzka, besitzt aber feinere Seeundär- und
Tertiärnerven und ein anderes Blattnetz. In der Blattform gleicht das
Fossil am meisten der jetzt lebenden Lomatia illicifolia R. Br. Der
dicke Stiel ist am Abdrucke unvollständig; er setzt sich in den stark
hervortretenden Primärnerv fort, aus welehem die Secundärnerven
unter Winkeln von 40—50° entspringen.
Die von Saporta beschriebenen Lomatites-Arten aus der
Tertiärformation des südwestlichen Frankreichs weichen sowohl in
der Blattform wie auch in der Nervation von obiger Art mehr ab.
Banksia longifolia Ettingsh.
Ettingshausen, Proteaceen der Vorwelt, Sitzungsber. Bd. VII, S. 730,
Taf. 31, Fig. 19. — Tertiäre Flora von Häring, S. 53, Taf. 15, Fig. 11 bis
26. — Eocene Flora des Monte Promina, Denkschriften, Bd. VII, S. 33,
Taf. 7, Fig. 12—14, Taf. 8. — Wessel und Weber; Neuer Beitrag
zur Tertiärflora d. niederrhein. Braunkohlenformation, S. 36, Taf. 6,
Fig. 10, a, 5. — Heer, Tertiärflora d. Schweiz, Bd. Il, S. 99, Taf. 99,
Fig. 1—3. — Sismonda, Pal&ontologie du terrain tertiaire du Piemont
p- 52, pl. 28, fig. 4.
Syn. Myrica longifolia Ung. Fossile Flora von Sotzka, Denkschriften, Bd. II,
S. 159, Taf. 27, Fig. 2. — Myrica Ophir Ung. ]. e. S. 160, Taf. 27,
Fig. 12—16. 3
In formatione tertiaria ad Sotzka, Sagor, Häring, Monte Promina, Leoben,
Lausanne, Ralligen, ad Orsberg et Rott prope Bonnam, ad Turinam, nee non in
formatione eretae ad Niederschoena.
Unter den Pflanzenfossilien von Niederschöna fand ich ein
kleines schmal-lineales am Rande entfernter gezähntes Blatt, welches
mit den Blättern der in der Tertiärformation sehr verbreiteten Bank-
sia longifolia genau übereinstimmt.
Banksia prototypus Ettingsh.
Ettingshausen, Proteaceen d. Vorwelt, 1. e. S. 722. — Über fossile Prota-
ceen, |. e. Bd. IX, S. 822, Taf. II, Fig. 2—3.
B. foliis subcoriaceis, linearibus, 7—9 millim. latis, basi in
petiolum brevem anqustatis, argute serratis, nervo mediano
fenui, nervis secundariis tenuissimis, approximatis, subsim-
plieibus, subrectis.
In schisto argilloso ad Niederschoena.
Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 257
Durch den scharf gesägten Rand und die breiter lineale Blatt-
fläche ist diese Art von der vorhergehenden, durch die nur wenig
verschmälerte Spitze und insbesondere durch die genäherten äusserst
feinen unter wenig spitzem oder fast rechtem Winkel entspringenden
Seeundärnerven von Dryandroides Zenkeri zu unterscheiden.
Dryandroides latifolius Ettingsh.
Taf. III, Fig. 10.
D. folüs coriaceis lineari-lanceolatis, 25 millim. latis, basi
apiceque acuminatis, margine serratis, dentibus approwi-
matis abbreviatis aculis nervo primario valido, prominente,
recto, nervis secundariis arcuatis, vix conspicuis.
In sehisto argillaceo ad Niederschoena.
Entspricht der Dryandroides banksiaefolia Heer, einer in den
Schichten der Tertiärformation ziemlich verbreiteten Proteacee und
unterscheidet sich von derselben nur durch die kleineren mehr
gedrängt stehenden zugespitzten Randzähne und die mehr bogig
sekrümmten, wie es scheint entfernter stehenden Secundärnerven.
Ich habe bis jetzt nur das einzige hier abgebildete Blatt dieser Art
unter den Pflanzenfossilien von Niederschoena gefunden.
Dryandroides Zenkeri Ettingsh.
Taf. III, Fig. 1, 3, 11.
Salıe fragihformis Zenker, Beiträge zur Naturgeschichte der Urwelt,
S. 22, Taf.3 H.
D. folüis petiolatis coriaceis linearibus vel lanceolato-linearibus
vel oblongo-lancevlatis, 7—12 millim. latis, utringue acumi-
natis, serrulatis, dentibus minutis acutis vel obtusiusculis,
approximatis, nervo primario distincto, recto, nervis secun-
darüs tenuissimis, arcuatis.
In sehisto argillaceo ad Niederschoena, nee non ad Dreistätten Austriae
inferioris.
Dem in der Tertiärformation weit verbreiteten Dryandroides
acuminata Ettingsh. sehr nahe verwandt, jedoch durch die etwas
schärfere Randzahnung und die allmähliche längere Verschmälerung
der Basis verschieden. Die Secundärnerven verlaufen weniger bogig
gekrümmt und sind einander mehr genähert, als wie bei der vorher-
gehenden Art, von welcher sich die D. Zenkeri auch dureh die bedeu-
tend schmäleren Blätter und die kleineren Randzähne unterscheidet,
258 C. v. Ettingshausen.
Apocynaceae.
Apocynophyllum eretaceum Ettingsh.
Taf. III, Fie. 19.
A. foliis petiolatis coriaceis, oblongo-lanceolatis, integerrimis,
basi subobtusis, apicem versus angustatis, nervatione campto-
droma, nervo primario prominente, recto, nervis secundarüs
sub angulis 55—65° orientibus tenuibus, 15—20 millim. in-
ter se remotis arcuatis, simplicibus.
In schisto argillaceo ad Niederschoena.
Der Blattstiel ist am Abdrucke abgebrochen, mußte daher ziem-
lich lange gewesen sein. Von Tertiärnerven konnte ich nichts wahr-
nehmen. Das Blatt ist größer, breiter und an der Basis mehr stumpf-
lich als das sehr ähnliche Blatt von Apocynophyllum haeringianum
Ett. aus der Tertiärflora von Häring in Tirol. Bei letzterem ent-
springen die Secundärnerven unter etwas stumpferen Winkeln. Von
den Apocynaceen der Jetztwelt kommt der beschriebenen Art eine
noch unbestimmte asiatische Tabernaemontana-Art (Ettingsh.
Blattskelete d. Dicotyled. Taf. 29, Fig. S) sehr nahe.
Ampelideae.
Credneria euneifolia Bronn.
Bronn, Lethaea geogn. 1846. p. 583, t. 28, f. 11. — Geinitz, Charaeteri-
stik der Schichten u. Petrefaeten des sächsisch-böhmiscehen Kreide-
gebirges. S. 97.
C. folüs cuneiformibus lateribus subrectis apice truncatis sinu-
ato-dentatis marginatis penninervüs, nervis secundarüs ra-
mosis, rete venoso denso.
In schisto argilloso ad Niederschoena.
Daß die Crednerien nicht mit dem Geschlechte Populus, son-
dern mit Cissus am nächsten verwandt sind und daher auch nicht
den Salicineen sondern den Ampelideen eingereiht werden müssen,
habe ich bereits an einem anderen Orte (S. Jahrbuch der k. k. geol.
Reichsanstalt, II. Bd., Abth. 2, S. 171) ausgesprochen. |
Von dieser und den nachfolgenden Arten sah ieh wohlerhaltene
Blätter theils in der Cotta’schen Sammlung, theils im kais. Hof-
Mineralien-Cabinete; darunter auch Exemplare, welche über die
Selbstständigkeit der letzteren in mir einige Zweifel erweckten, Es
Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 259
mangelte mir jedoch das genügende Material um hierüber Aufschluß
zu erhalten.
Credneria Geinitziana Ung.
Unger, Genera et species plant. foss. p. 422. *
C. foliis transversim ellipticis, apice dentatis.
In schisto argilloso ad Niederschoena.
Credneria grandidentata Ung.
Unger, in bot. Zeit. 1849, Nr. 19, S. 348, Taf. 5, Fig. 5. — Genera et spec.
plant. foss. p. 422.
C. foliis rhomboidalibus, lateribus inferioribus subrectis, superi-
oribus sinuato-dentatis, haud marginatıs, penninervüs, ner-
vis secundariis ramosis, rete venoso lawo.
In schisto argilloso ad Niederschoena.
Acerineae.
Acer antiquum Ettingsh.
Taf. III, Fig. 17.
A. folüs parvulis petiolatis subcoriaceis, palmatim trilobis vel
subquinquelobis, basi rotundatis, lobis inaequalibus ovatis
vel lanceolatis, integerrimis obtusiusculis, lateralibus paten-
tibus, medio multo latiore, sublobato, sinubus angulum rectum
vel acutum formantibus ; nervis primarüs tribus basilarıbus,
medio prominente recto, nervis secundarüs tenuissimis arcu-
fis angulo acuto exeuntibus, nervis tertiarüs obsoletis.
In schisto argilloso ad Niederschoena. |
Bei der Bestimmung dieses interessanten Fossils hatte ich die
Geschlechter Quercus, Manglesia, Anadenia, Grevillea, Lirioden-
dron und Acer im Auge. Die mehr zarte als lederartige Textur, welche
der Abdruck verräth, die Form und Tracht des Blattes, sowie auch
die Nervation veranlaßten mich das fragliche Fossil der letzteren
Gattung einzureihen.
Dasselbe läßt sich mit dem Blatte von Acer decipens Heer der
Tertiärflora der Schweiz sehr wohl vergleichen, weicht jedoch von
demselben hauptsächlich durch den viel größeren und breiteren, am
Ursprunge (an dem abgebildeten Exemplar zufällig nur auf einer
Seite) lappig eingeschnittenen Mittellappen und die abgerundete,
nicht herzförmige Basis ab. Der ziemlich dünne Stiel ist am Abdrucke
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV..Bd. I, Abth, 18
260 C. v. Ettingshausen.
abgebrochen, der Mittellappen an der Spitze verletzt. Die Basalnerven
divergiren untereinander wie bei Acer decipiens unter Winkeln von
45—60 , der mittlere ist aber doppelt so stark als die seitlichen.
Die sehr feinen Seeundärnerven entspringen am Mittellappen unter
Winkeln von 40—50°. An den seitlichen Basalnerven fehlen, wie
auch bei Acer decipiens hervortretende Außennerven. Der Zipfel am
Mittellappen wird nur von einem Secundärnerv, der aus dem mittleren
Hauptnerv entspringt, versorgt.
Celastrineae.
Celastrophyllum lanceolatum Ettingsh.
Taf. III, Fig. 9.
C. foliis rigide coriaceis oblongo-lanceolatis, remote serrulatis,
basi attenuatis nervo primario valido recto, nervis secunda-
rüs tenuibus, sub angulo acuto orientibus, brochidodromis,
nervis tertiarüs tenuissimis, sub angulis acutis varüs vel
subrectis egredientibus, dietyodromis.
In sehisto argillaceo ad Niederschoena.
Nach der Form, Zahnung des Randes, sowie nach der anschei-
nend derben lederartigen Beschaffenheit und der Nervation stimmt
dieses Blatt am meisten mit Blättern von Elaeodendron- und Ce-
lastrus-Arten der Jetztwelt überein. Ich halte dasselbe deßhalb für
ein Celastrineenblatt, kann jedoch keine Art dieser Geschlechter
bezeichnen, mit welcher es sich in eine nähere Beziehung brin-
gen ließe.
Celastrophyllum integrifolium Ettingsh.
Taf. III, Fig. 14.
©. foliis coriaceis, ovatis vel subrhombeis, integerrimis, utrinque
paullo angustatis, apice obtutis, nervo primario valido, ex-
currente, nervis secundariis tenuibus, vix conspicuis.
In schisto argillaceo ad Niedersehoena nee non ad Aigen prope Salis-
burgum.
Das vorliegende Blattfossil ist an der Basis verletzt; die Spitze
scheint umgebogen zu sein. Der scharf hervortretende Rand und der
starke Primärnerv deuten auf eine steife derbe Blattextur. Von Se-
eundärnerven, die sehr fein gewesen sein mußten, sind nur Spuren
wahrzunehmen.
Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 261
Einige Arten von Pterocelastrus, besonders P. tetrapterusWalp.
(Ettingsh. Celastrineen, Taf. 4, Fig. 1) vom Cap der guten Hoffnung,
scheinen in der Blattbildung mit der fossilen Pflanze in auffallender Weise
übereinzustimmen, worüber besser erhaltene Reste in der Folge Auf-
schluß geben dürften.
Mpyrtaceae.
Callistemophyllum Heerii Ettingsh.
Taf. III, Fig. 13.
©. folüis rigide coriaceis, lanceolato-linearibus, integerrimis,
basi acutis, apicem versus angustatis, nervo primario pro-
minente, nervis secundarüs tenuissimis approximatis, angulo
acuto exeuntibus.
In schisto argillaceo ad Niederschoena.
Dem Callistemophyllum melaleucaeforme Ett. der fossilen
Flora von Häring entsprechend, aber kleiner und an der Basis nur
spitz, nicht verschmälert. Das Fossil fällt durch seine glänzende
Oberfläche, die ziemlich starkeVerkohlung seiner Substanz und durch
den verhältnismäßig mächtigen Primärnerv auf, Eigenschaften, welche
auf ein besonders diekes starres Blatt schließen lassen, wie solehe
vielen Myrtaceen zukommen.
Papilionaceae.
Palaeocassia angustifolia Ettingsh.
Taf. III, Fig. 6 und 7.
P. folüis pinnatis, foliolis petiolatis, subcoriaceis anguste vel
lineari-lanceolatis, integerrimis, basi subaequali vel obligqua
acutis, apice acuminatis, nervo primario distincto attenuato,
nervis secundariis tenuissimis arcuatis approximatis; rhachi
crassa, striata.
In schisto argillaceo ad Niederschoena, nee non ad Aigen prope Salisburgum.
Das hier abgebildete Fossil stellt ein Bruchstück einer stark
macerirten zerrissenen Blattspindel dar, sammt einem Theilblättchen,
welches an einem zum Theile losgetrennten Fetzen der Spindel noch
befestigt ist.
Daß dieses Fossil einer Papilionaceen-Art angehörte, dürfte
kaum zu bezweifeln sein. Obgleich dasselbe eine unverkennbare
Ähnlichkeit mit Cassia-Arten zeigt, so schien es mir doch gewagt,
nach den wenigen und zu unvollständig vorliegenden Resten diese
jetztweltliche Gattung für die Kreideflora anzunehmen.
18*
262 C. v. Ettingshausen.
Palaeocassia lanceolata Ettingsh.
Taf. I, Fig. 8; Taf. II, Fig. 8.
P. folüs pinnatis, foliolis petiolatis, membranaceis lanceolatıs,
integerrimis, basi inaequali acutis, apice acuminatis, nervo
primario distincto, prominente, nervis secundarüs camptodro-
mis, subflexuosis.
In sehisto argillaceo ad Niederschoena, nee non ad Aigen prope Salis-
burgum.
Entspricht der Cassia Phaseolites Ung. aus den fossilen Floren
von Sotzka und Radoboj, mit welcher dieses Fossil in der Blatt-
beschaffenheit und Tracht ziemlich übereinstimmt. Es unterscheidet
sich jedoch von der genannten Art durch den längeren Stiel und die
auffallend stärker verschmälerte Spitze der Theilblättchen.
Mimoseae.
Inga Cottai Ettingsh.
Taf. III, Fig. 18.
P. foliis bigeminis, foliolis subsessilibus vel brevissime petiola-
fis ovato-oblongis, vel elliptieis integerrimis, bası obliquis,
nervo primario distincto, recto,nervis secundarüs tenuissimis,
angulo acuto egredientibus, plerumque obsoletis.
In schisto argillaceo ad Niederschoena.
Die nächst verwandte fossile Art ist Inga europaea Ettingsh.
der Tertiärflora von Häring. Von derselben weicht die oben be-
schriebene Art durch die nur an der Basis schiefen Blättchen ab.
Hierin gleicht sie jedoch der westindischen Inga foedita Willd.
(Ettingsh. Blattskelete der Dicotyledonen Taf. 95, Fig. 2), welche
als die Analogie dieser Kreidepflanze in der Flora der Jetztwelt zu
betrachten ist.
Planta incertae sedis.
Carpolithes eretaceus Ettingsh.
Taf. III, Fie. 2.
C. fructu elliptico, pericarpio coriaceo, longitudinaliter costato,
apice truncato.
In schisto argillaceo ad Niederschoena, nee non ad Aigen prope Salis-
burgum.
Fig.
Fig.
Fig.
1
3.
we
7.
8.
9.
10.
11—
13.
12.
13.
Die Kreideflora von Niederschoena in Sachsen. 263
Erklärung der Tafeln.
Tafel I.
—2. Wedelfragmente von Didymosorus comptoniaefolius Debey et
Ettingsh.
Rhizombruchstück von Culmites eretaceus Ettingsh.
6. Fruchtzapfen von Cunninghamites Sternbergii Ettingsh.
Aylomites ellipticus Ettingsh. Auf einem Blatte von Ficus Geinitzii
Fig. 7 5 dieser Blattpilz vergrößert dargestellt.
Phacidium Palaeocassiae Ettingsh. Auf einem Fiederblättehen von
Palaeocassia lanceolata. Fig. 8 b und c der Pilz vergrößert gezeichnet.
Fruchtzapfen von Cunninghamites Oxycedrus Sternb.
Zweigbruchstücke von Frenelites Reichü Ettingsh.
12. Wedelfragmente von Pterophyllum saxonicum Reich. Fig. 12 5
ein Fiederbruchstück vergrößert dargestellt.
Blattfragment von Daphnogene primigenia Ett.
Tafel II.
. Stammbruchstück von Caulinites stigmarioides Ettingsh.
. Blatt von Quercus Beyrichiü Ettingsh.
. Blatt von Fagus prisca Ettingsh. Fig. 3, 5 die Nervation desselben
vergrößert.
. Blattfragment von Artocarpidium ceretaceum Ettingsh.
. Blattfragment von Ficus protogaea Ettingsh.
. Blatt von Ficus bumeliordes Ettingsh.
9—11. Blätter von Ficus Geinitzi Ettingsh. Fig. 9 5 die Nervation
vergrößert dargestellt.
. Blatt von Daphnites Goepperti Ettingsh.
Blatt von Protea Haidingeri Ettingsh.
Blatt von Laurus eretacea Ettingsh.
Tafel III.
1, 3 und 11. Blätter von Dryandroides Zenkeri Ettingsh.
2.
Carpolithes eretaceus Ettingsh.
4 und 12. Blätter von Conospermites hakeaefolius Ettingsh.
5.
6.
Theilblättehen von Rhopala primaeva Ettingsh.
Blättchen, Fig. 7 Spindelbruchstück mit einem Blättehen von Palaeo-
cassia angustifolia Ettingsh.
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204 C. v. Ettingshausen. Die Kreideflora von Niederschoena ın Sachsen.
Fig.
.» Fiederblättehen von Palaeocassia lanceolata Ettingsh.
. Blatt von Celastrophyllum lanceolatum Ettingsh.
. Blatt von Dryandroides latifolius Ettingsh.
. Blatt von Callistemophyllum Heerii Ettingsh.
. Blatt von Celastrophyllum integrifolium Ettingsh.
. Blattbruchstück von Dapänogene primigenia Ettingsh.
. Blatt von Lomatites Palaeo-Iex Ettingsh.
. Blatt von Acer antiquum Ettingsh.
. Blattfragment von Inga Cottai Ettingsh.
. Blatt von Apoeynophyllum eretaceum Ettingsh.
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Steindachner. Herpetologische Notizen. 26
ot
Herpetologische Notizen:
Von Dr. Franz Steindachner,
Assistenten am k. k. zoologischen Museum.
(Mit A Tafeln.)
Fam. Seineoidei.
Gatt. Hemipodion nov. gen.
Char. Körpergestalt stark verlängert, walzenförmig; Schwanz lang,
Extremitäten schwach entwickelt, die vorderen mit drei, die
hinteren mit zwei kurzen Zehen, deren jede mit einem Nagel-
gliede versehen ist; Nasenöffnung seitlich zwischen zwei Nasal-
schildehen gelegen; keine Supranasalia; Rostrale von mäßiger
Größe, ebenso gestaltet wie bei den Zuprepes - Arten; Ohr-
öffnung äußerlich nicht sichtbar; unteres Augenlid bei der ein-
zigen bis jetzt bekannten Art mit einer durchsichtigen Scheibe
versehen; Gaumen zahnlos mit einer tiefen, dreieckigen Grube;
Schuppen glatt.
Art Hemipodion persieum n. sp.
Char. Kopf kurz, konisch; Schwanz ebenso lang oder etwas länger
als der übrige Körper; durchsichtige Scheibe am untern Augen-
lide sehr groß; Seiten des Körpers mit zahlreichen, zarten,
dunkelbraunen Punkten in regelmäßigen Längsreihen, welche
der Zahl der Schuppenreihen entsprechen; viele kleinere Punkte
auf der Oberseite des Rumpfes; größere und etwas dunklere
Punkte rings um den langen, konisch zugespitzten Schwanz;
Rumpfschuppen in 20 Längsreihen; eirca 90 Schuppen zwi-
schen den vorderen und hinteren Extremitäten in einer Längs-
reihe; 110—120 Querschuppenreihen am Schwanze.
Das Nasalschildehen ist im Gegensatze zu anderen verwandten
Scincoiden - Geschlechtern, mit welchen Hem. persicum in der
266 Steindachner.
Lage der Nasenöffnung und in der Gestalt des Rostralschildes so wie
in der unvollkommenen Entwicklung der Extremitäten übereinstimmt,
getheilt, und stoßt an der Oberseite der Schnauze mit dem Nasale
der entgegengesetzten Körperseite zusammen. Das Rostralschild ist
nur von mäßiger Größe und schiebt sich mit seiner oberen Spitze
zwischen die Nasalschildchen ein, durch welche es von dem Prä-
frontale getrennt wird. Letzteres ist breiter als lang, am hinteren
Rande bogenförmig abgerundet, während sich die beiden vorderen
Ränder unter einem stumpfen Winkel vereinigen. Die kleinen Post-
frontalia sind durch das Präfrontale und das sehr große Frontale
medium, welches nach hinten an Breite zunimmt, von einander ge-
schieden. Vier Supereiliarschildehen. Das einfache Oceipitalschild
ist beiläufig halb so groß, wie das Frontale medium, Acht Oberlippen-
schilder (ohne Rostrale) begrenzen den oberen Mundrand, das fünfte
derselben liegt unter dem Auge, dessen unteres Lid eine große,
rundliche, durchsichtige Scheibe zeigt.
Die Extremitäten sind äußerst zart und kurz; die zwei äußeren
Zehen des Vorderfusses sind nahezu gleich lang, die dritte innere Zehe
ist nur halb so lang wie die vorangehenden. Von den beiden Zehen
des Hinterfußes erreicht die innere fast nur 1/;, der Länge der äuße-
ren oder ersten Zehe. Sämmtliche Zehen besitzen ein deutlich ent-
wickeltes Nagelglied.
In der Körpergestalt und Körperzeichnung zeigt Hemip. persi-
cum viele Ähnlichkeit mit Eumeces punctatus, durch die unvoll-
ständige Entwicklung der Extremitäten und Zehen schließt es sich
an Hemiergis decresiensis an, bei welchem jedoch das Nasalschild
nicht getheilt, die Ohröffnung deutlich sichtbar ist und die Zahl der
Zehen an jeder der Extremitäten constant drei beträgt. Die früher
von mir gemachte Bemerkung, daß die Zahl der Zehen bei letzterer
Art zwischen 2—4 schwanke (Rept. d. Novara-Exped. pag. 50),
beruht auf einem Irrthum, zu dem ich durch die Untersuchung von
drei schlecht erhaltenen, zum Theile verstümmelten Exemplaren ver--
anlaßt wurde. Aus diesem Grunde glaube ich nunmehr auch das
Geschlecht Tetradactylus nicht unter die Synonima von Hemiergis
stellen zu dürfen. Das Wiener-Museum besitzt vier, vortrefflich
gut erhaltene Exemplare von Hemipodium persicum, welche Dr.
Theod. Kotschy schon im Jahre 1845 in Persien sammelte. Das
größte dieser vier Exemplare ist 6 Zoll lang; bei eben demselben
Herpetologische Notizen. 267.
beträgt die Schwanzlänge 3” 41/,’; bei einem zweiten kleineren
Individuum von 5” 5” kommt auf die Schwanzlänge 2 8" 1).
Fam. Coronellidae.
Gatt. Liophis Wagler.
1. Art Liophis pulcher nov. spec.
Char. Kopfgestalt conisch, hinter dem Auge schwach bauchig erwei-
tert; acht Oberlippenschilder, von denen das vierte und fünfte
unter dem Auge liegen; ein Präoculare, zwei Postocularia;
Temporalschilder in zwei Reihen zu 1+2; Rumpfschuppen in
19 Längsreihen; Analschild getheilt; Bauchschilder 193; Sub-
caudalschilder in 69 — 70 Paaren, Schwanz stark zugespitzt.
Grundfarbe des Rückens hell gelblichbraun, Oberseite des Kopfes
etwas dunkler, Bauchseite und die zwei untersten Längsschuppen-
reihen des Rumpfes gelblichweiß. Eine breite schwarze Binde
zieht vom hinteren Augenrande zur Nackengegend, breitet sich
daselbst stärker aus und vereinigt sich mehr oder minder voll-
1) Diese von mir zum ersten Male beschriebene neue Art fand ich im Wiener-Museum
bereits als Heteropodion Kotschyanum Fitz. bezeichnet; da jedoch der Gattungs-
name Heteropodion auf eine nahe Verwandtschaft mit Heteropus hinzudeuten
scheint, die nicht vorhanden ist, und meines Wissens weder eine Charakteristik
der Gattung Heteropodion, noch eine Beschreibung der Art von Dr. Fitzinger
gegeben wurde, so habe ich nach längst allgemein anerkannten und von den
gewiegtesten Gelehrten öffentlich ausgesprochenen Grundsätzen nicht die geringste
Verpflichtung, einen Musealnamen beizubehalten, der mich nicht der Mühe enthob,
die als Heteropodion Kotschyanum bezeichnete Gattung und Art genau zu unter-
suchen, sie im Systeme einzureihen und die gesammte herpetologische Literatur,
so weit sie mir zugänglich war, zu durchforschen. Die von Fitzinger in der
herpetologischen Abtheilung des Wiener-Museums leider so häufig in Anwendung
gebrachte Methode, Musealnamen einzuführen, deren spätere Rectification unter-
blieb, und die willkührliche, prineipienlose Abänderung der Benennungen längst
bekannter Species haben mich überhaupt in die Nothwendigkeit versetzt, eine
neuerliche Bestimmung unserer gesammten herpetologischen Sammlung vorzu-
nehmen. Bei dem bedeutenden Aufwande an Zeit und Mühe, den die Durchführung
dieser Aufgabe erheischt, wird es meinerseits wohl nicht unbescheiden und die
Rechte meines Herrn Vorgängers verletzend erscheinen, wenn ich den wenigen,
zwar mit einer handschriftlichen Benennung versehenen, aber nicht beschriebenen
Arten nunmehr einen mir zusagenden Namen beilege, da doch jedenfalls stets
nur dem die Beschreibung gebenden Zoologen die Verantwortlichkeit bezüglich
der als neu publieirten Art zufällt.
268 Steindachner.
ständig mit der entsprechenden Binde der entgegengesetzten
Kopfseite; ein schwarzer Strich oder eine undeutlich abgegrenzte
Binde zieht von der Mitte des Frontale medium zur Vereinigungs-
stelle der Augenbinden am Nacken, An jeder Seite des Rumpfes
liegt eine Reihe quergestellter, ovaler, intensiv schwarzer Flecken,
welche mit denen der gegenüberliegenden Rumpfseite regel-
mäßig alterniren, und wie die, zwischen ihnen in der unteren
Hälfte ihrer Höhe vorkommenden kleineren, gleichfalls schwarzen
Flecken nur bis zur dritten Schuppenreihe (vom Bauchrande
gezählt) herabreichen. Über die Höhenmitte der dritten bis
siebenten Längsschuppenreihe (über dem Bauchrande) laufen
schwach ausgeprägte, schmale, bräunliche Längsstreifen bis zur
Schwanzspitze. Die Bauchseite ist, wie schon früher erwähnt,
gelblichweiß, und nur in dem dritten und vierten Fünftel der
Rumpflänge (ohne Schwanz) zeigen sich hie und da an dem
kurzen vorderen Seitenrande einzelner Bauchschilder kurze,
schwarze Strichelchen.
Ein Exemplar von 14 Zoll in der Totallänge aus Chile.
2 Art Liophis Reginae sp. Lin.
Das Wiener Museum erhielt von dieser Art durch Johann
Natterer eine beträchtliche Anzahl von Individuen in den ver-
-schiedensten Altersstufen. Die einzelnen Exemplare variiren so auf-
fallend in der Körperzeichnung, daß man sie ohne Untersuchung
einer größeren Reihe leicht verschiedenen Arten zuweisen könnte.
Ich beschränke mich hier auf die Schilderung der Körperzeichnung
einiger Individuen, welche einer, wie ich glaube noch unbeschriebe-
nen Varietät angehören, die selbst wieder nach den verschiedenen
Altersstufen in der Zeichnung einige Abweichungen zeigt.
Bei jungen Exemplaren läuft nämlich vom Auge eine scharf
abgegrenzte gelbe Linie nach vorne rings um die Schnauze längs der
Schnauzenkante; hinter dem Auge zieht sie längs dem Seitenrande
der Oceipitalschilder bis zum hintern Ende derselben fort und erweitert
sich daselbst zu einem größeren gelben Flecke. Bei alten Exemplaren
verschwindet der vor dem Auge gelegene Theil dieser gelben Linie
vollständig und selbst von der hinteren Längenhälfte derselben bleibt
sehr häufig nur der große Fleck übrig, der zuweilen (unter sieben
Exemplaren bei zwei) bis zur Mundwinkelgegend herabreieht und
Herpetologisehe Notizen. 269
sich daselbst mit der viel breiteren gelben Binde mehr oder minder
vollständig vereinigt, welche längs der Oberlippenschilder bis zum
Rostrale zieht, am oberen Rand stets schwarz eingefaßt und in der
Mitte der einzelnen Oberlippenschilder häufig schwarz gefleckt oder
gesprenkelt ist. Auf den Oceipitalschildern und zwar fast in der
Längenmitte derselben (aber etwas näher dem inneren als dem
äußeren Rande) bemerkt man bei der Mehrzahl der Exemplare einen
hellgelben, scharf abgegrenzten, kleinen Punkt. Stets zeigt sich
längs der Mitte des Rückens eine mehr oder minder dunkle Binde;
bei jungen Individuen liegt zu jeder Seite derselben eine Reihe
unregelmäßig rhombenförmig gestalteter, schwarzbrauner Flecken,
welche bald regelmäßig alterniren, bald aber querüber zu kurzen
Binden zusammenfließen und hellbraun gesäumt sind. Bei alten
Exemplaren verlieren sich diese Flecken in der Medianbinde des
Rückens, welche eine schwärzliche Färbung annimmt und sich in die
Breite ausdehnt, mehr oder minder vollständig und sind oft nur in
den Auszackungen der Rückenbinde, welche ihrem Außenrande ent-
sprechen, angedeutet. Die Seiten des Rumpfes sind schwärzlichgrau
gefärbt und mit zahlreichen, äußerst kleinen schwarzen und gelben
Pünktchen gesprenkelt. Nach unten ist diese breite Seitenbinde,
welehe am Schwanze an Höhe rasch abnimmt, durch eine Reihe tief
schwarzer Punkte, welche bereits auf dem aufsteigenden Seitentheile
der Bauchschilder liegen, ziemlich scharf abgegrenzt, nach oben ist
sie gleichfalls, doch minder deutlich schwarz gerandet, doch ist der
obere Saum stets durch zahlreiche gelbe Punkte in regelmässigen
Zwischenräumen unterbrochen. Bei alten Exemplaren löst sich die
Seitenbinde in dem vordersten Viertel der Rumpflänge in große,
schwarzbraune oder grauschwarze runde Flecken auf, welche am
vorderen Rande tiefschwarz gesäumt und von einander durch helle
Zwischenräume, die am oberen Rande einen gelben, kleinen Fleck
zeigen, getrennt sind. Weiter nach hinten wird die Seitenbinde
heller, undeutlicher und verliert sich bei manchen Exemplaren fast
vollständig in die dunkel olivengrüne Grundfarbe des Körpers; doch
ist ihre obere Grenze durch das Vorhandensein der schon früher
erwähnten gelben Fleckchen, welche von einem schwarzen Ringe
umgeben sind, zum mindesten angedeutet. Die Unterseite des Körpers
ist mit Ausnahme der schwarzen Flecken an den Seitentheilen der
Bauchschilder bei jungen Exemplaren der Variatio maculata weißlich-
270 Steindachner.
gelb, bei alten dagegen zeigt mit Ausnahme der vordersten gelben
Bauchschilder nur mehr die hintere Querhälfte jedes Bauchschildes
eine gelbe Färbung, während die vordere Hälfte bläulichschwarz ist.
(Bei anderen Varietäten sind zuweilen einzelne Bauchschilder ihrer
ganzen Ausdehnung nach, oder zur Hälfte schwärzlich, andere aber
einfärbig gelb.) Die Subcaudalschilder zeigen in der Regel nur an
den Rändern eine bläulichschwarze Färbung. Die Grundfarbe des
Rückens ist bei jungen Exemplaren der Variatio maculata hellbraun,
bei alten schmutzig-olivengrün oder dunkelgran.
Die Zahl der Subeaudallschilder beträgt bei ganz jungen Exem-
plaren 62—68, bei alten häuflg 80—90; die der Längsschuppen-
reihen bei ersteren 15, bei letzteren 17.
Fundort: Ypanema (November 1819 durch Johann Natterer.)
Gatt. Dromicus Bibr.
Art Dromicus chilensis n. sp.
Char. Schuppen glatt in 23 Reihen; acht Oberlippenschilder, das
vierte und fünfte liegt unter dem Auge; ein Präoculare, drei
Postocularschilder ; Nasale getheilt; Lorealschild länger als hoch;
Analschild einfach. Rücken braun mit vier gelben nicht besonders
scharf abgesetzten Längslinien, von denen die beiden oberen
nach vorne bis zum hinteren Ende des oberen Augenrandes
reichen und am Hinterhaupte an Intensivität der Färbung etwas
zunehmen. Oberlippenschilder gelb, am oberen Rande schwarz
eingefalst. Rückenschuppen zwischen den gelben Längslinien
unregelmässig schwarz gefleckt; Seiten des Halses gelb. Unter-
seite des Kopfes schwarz gefleckt; die vorderen Bauchschilder
schwarz, nur am hinteren Rande gelb gesäumt; die übrigen
gelb mit einer Reihe verschwommener, wässerig schwarzer
Flecken, die sich stellenweise zu Binden vereinigen, an den
Seitentheilen und mit einem sehr schmalen , schwärzlichen
Saume am hinteren Rande. Subcaudalschilder ringsum braun
gesäumt und mit einem schief nach hinten und innen gekehrten
dreieckigen gelben Flecke an der inneren Hälfte, während der
übrige größere Theil derselben hellbraun gefärbt ist.
In der Gestalt des Kopfes hat diese Art viele Ähnlichkeit mit
Dr. antillensis, doch begrenzen nur das vierte und fünfte Oberlippen-
schild das Auge nach unten. Hinter dem Auge liegen drei Oeular-
Herpetologische Notizen.. 271
schildehen, von denen das unterste nur halb so groß wie das mittlere
ist, und letzteres kaum die halbe Größe des obersten erreicht. Das
Lorealschild ist eirca zweimal so lang wie hoch. Eilf Paare von
Unterlippensehildern. Bauchschilder 214, Subeaudalschilder paarig,
nur die zwei ersten sind zufälliger Weise an dem von uns untersuch-
ten Exemplare ungetheilt, im Ganzen 110.
Ein Exemplar aus Chile; Totallänge 44 Zoll, von denen 113/,4”
auf die Schwanzlänge fallen.
Gatt. Geoptyas Steind.
(Coryphodon Dum., Bibr. part.)
Char. Körper verlängert, ziemlich dick, sehr schwach eomprimirt; Kopf
ziemlich kurz und breit, deutlich vom Rumpfe abgesetzt; Nasen-
öffnung seitlich zwischen zwei Nasenschildern gelegen. Beschil-
derung des Kopfes regelmäßig; Frontale medium kurz, breit;
Oceipitalschilder groß und breit, ein Loreal- und ein Präocu-
larschild; Maxillarzähne stufenweise nach hinten an Länge
zunehmend: Analschild einfach; Subeaudalschilder getheilt,
Schuppen glatt.
Indem Dr. Günther und Cope die von Dumeril und Bib-
ron in das Geschlecht Coryphodon, dessen Name von Owen bereits
früher einem fossilen Säugethiergeschlechte beigelegt wurde, ein-
gereihten ostindischen Arten in eine eigene Gattung, Piyas, stellt,
welehe durch das Vorkommen von 2—-3 Lorealschildern und zweier
Präocularia so wie eines getheilten Analschildes ausgezeichnet ist,
glaube ich für die amerikanischen Arten Coryphodon pantherinus
und constricetor so wie für die beiden nachfolgend zu beschreibenden
Arten ein besonderes Geschlecht gründen zu sollen, falls es nicht
bereits in einer mir unbekannt gebliebenen Abhandlung geschehen
sein sollte.
1. Art @eoptyas collaris n. sp.
Char. Kopf vorne abgestumpft, verschmälert, nach hinten bedeu-
tend an Breite zunehmend; 7—8 Oberlippenschilder, das dritte
und vierte, oder das vierte und fünfte derselben begrenzen das
Auge nach unten; zwei Postoeularschilder; Oceipitalschilder
am hinteren kurzen Rande stark concav, am hinteren, läng-
sten Seitenrande wellenförmig ausgeschweift ; tiefschwarze
Striche am hinteren Rande des vierten, fünften, sechsten und
[0
[I
Steindachner.
siebenten Oberlippenschildes, welche sich auch auf den hin-
teren Rand der gegenüber liegenden Unterlippenschilder fort-
setzen; eine schief nach hinten und unten ziehende tiefschwarze,
mehr oder minder breite Binde an jeder Seite des Halses;
Rücken- und Bauchseite gelbbraun, nur der hinterste Theil des
Rumpfes (nach allmäligem Übergange) und der ganze Schwanz
schwarz; ein schwärzlicher in der Mitte in der Regel unter-
brochener schmaler Querstrich am hinteren Rande jedes zweiten
oder dritten Bauchschildes (in dem gelbbraun gefärbten Körper-
theile). Ziekzackförmige, schwarze, unregelmässige Querstriche,
gebildet durch die schwarze Umsäumung einzelner Schuppen
des Rumpfes oder der zwischen den Schuppen liegenden
Körperhaut in mehr oder minder unregelmäßigen Zwischen-
räumen liegen in dem mittleren, größeren Längendrittel des
Rumpfes; zuweilen sind sie nur schwach angedeutet oder
aber durch die schwarze Umrandung fast sämmtlicher Rumpf-
schuppen stellenweise ersetzt.
Bauchschilder 211—203; Subeaudalschilder 883—76, bei
einem Exemplare ist das zweite, dritte und vierte Subcaudal-
schild ungetheilt; Längsschuppenreihen des Rumpfes 17.
Zwei große Exemplare (Männchen) aus Brasilien; eines der-
selben ist 593/,” Jang; Schwanzlänge dieses Exemplares 12 Zoll.
2. Art Geoptyas flaviventris n. sp.
Char. Kopf nach vorne stärker zugespitzt als bei der früher be-
schriebenen Art, Oberlippenschilder 8$—9, das vierte und fünfte,
oder das fünfte und sechste bilden den unteren Augenrand. Ein
Präoeulare, zwei Postocularia. Temporalschilder in zwei Reihen
zu 2+2 wie bei @. collaris. Oberseite des Körpers bald hell-,
bald dunkelbraun ; Bauchseite gelb; zuweilen zahlreiche, dunkle,
schmale, in gleichen Abständen von zwei zu zwei Schuppen-
längen regelmäßig sich wiederholende Querstriche von schwarzer
Färbung am Rücken bis zu den Bauchschildern hinab, (aber
niemals auf diesen selbst), und zwar am hinteren Rande der
(uerschuppenreihen. Am aufsteigenden Theile der Bauchschilder
ein hellbrauner Fleck, durch eine schmale, gleichfalls hellbraune
Linie am hinteren Rande jedes Ventralschildes mit dem der
entgegengesetzten Seite verbunden; doch fehlen unter sechs
Herpetologische Notizen. 273
Exemplaren bei dreien die schwärzlichen Querstreifen des Rum-
pfes, und die hellbraunen Flecken auf den Bauchschildern.
Durch den Mangel von schwarzen Streifen an den Lippen-
schildern, sowie der breiten schwarzen Binde am Halse unterscheidet
sieh diese Art von der früher beschriebenen auf den ersten Blick;
auch ist der Kopf stärker zugespitzt. Zuweilen trennt sich von dem
dritiletzten Oberlippenschilde der obere Theil als ein selbstständiges
Schildchen ab. Die Schwanzlänge beträgt nahezu nur 1/, der Total-
länge.
Schuppenreihen des Rumpfes 17, Bauchschilder 212—210;
Subeaudalschilder 74—70.
Sechs, sehr große Exemplare von 79 Zoll Länge (Schwanz-
länge 13:/, Zoll) und darüber, von Matogrosso, Cuyaba und dem
Rio Vaupe durch Johann Natterer.
274
Steindachner. Herpetologische Notizen.
Tafel-Erklärung.
Tafel I.
Fig. 1. Hemipodion persicum in natürlicher Größe.
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Oberseite des Kopfes.
Seitenansieht desselben.
Unterseite desselben.
vordere Extremität derselben Art.
hintere Extremität.
(Fig. 2—6 in 3maliger Vergrößerung.)
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Tafel II.
. Liophis pulcher n. spee.
obere Ansicht des Kopfes.
untere 5 >
Tafel III.
. Dromicus chilensis, Seitenansicht des Kopfes.
Unterseite des Kopfes.
Oberseite „ pr
Oberseite des Kopfes.
Unterseite „ si
ein Stück aus der Längenmitte der Körperseiten.
Tafel IV.
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2
3.
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5.
6
7
. Geoptyas flaviventris, Oberseite des Kopfes. .
Seitenansicht desselben.
Unterseite des Kopfes.
ein Stück aus der Mitte der Körperseiten.
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275
VI. SITZUNG VOM 14. FEBRUAR 1867.
Der Secretär legt folgende Abhandlungen vor:
„Kreidepflanzen aus Österreich“, von Herrn Prof. Dr. F. Unger
in Graz.
„Über genaue und invariable Copien des Kilogramms und des
_ Meter-Prototyps der Archive zu Paris“, von dem auswärtigen e. M.
Herrn Dr. €. A. Steinheil in München. Diese Abhandlung ist für
die Denkschriften bestimmt.
Das ce. M. Herr Prof. Dr. K. Peters in Graz übersendet eine
ihm von Herrn v. Malinovsky, k. osman. Obersten in Tuldscha,
mitgetheilte Liste von Ortschaften im Quellengebiete des Euphrat,
welche durch das daselbst am 30./11. Mai 1866 stattgehabte Erd-
beben am meisten gelitten haben.
Herr Prof. Dr. E. Mach in Graz übermittelt eine weitere Notiz
über wissenschaftliche Anwendung der Photographie & Stereoscopie.
Die Direetion der kgl. land- und forstwirthschaftlichen Lehr-
anstalt zu Kreuz dankt, mit Schreiben vom 10. Februar 1. J., für die
Betheilung dieser Anstalt mit den Sitzungsberichten der Classe.
Das w. M. Herr Prof. Dr. Aug. Em. Reuss überreicht eine
Abhandlung: „Über Crustaceenreste aus der alpinen Trias Öster-
reichs“.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Astronomische Nachrichten. Nr. 1627. Altona, 1867; 40.
‚Bauzeitung, Allgemeine. XXXI. Jahrg., 1. Heft. Nebst Atlas:
Wien, 1867; 40 & Folio.
Comptes rendus des sdances de I’ Academie des Sciences. Tome
LXIV, Nr. 4. Paris, 1867; 40.
Cosmos. 2° Serie. XVI® Annde, 5° Volume, 6° Livraison. Paris,
1867: 80. |
Gewerbe-Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen.
XXVII. Jahrg. Nr. 6. Wien, 1867; 80.
Sitzb. d. mathem,-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 19
Jahres-Bericht, Sechzehnter, des Doctoren - Collegiums der
mediein. Faeulität in Wien. 1865—1866. Wien, 1867; 80.
Jena, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften für 1866.
40 & 80,
Land- und forstwirthschaftl. Zeitung. 17. Jahrg. Nr. 6. Wien,
1867; 40.
Mittheilungen aus J. Perthes’ geographischer Anstalt. Jahrg.
1867. I. Heft, nebst Ergänzungsheft Nr. 18. Gotha; 40.
Moniteur seientifique. 245° Livraison. Tome IX’, Annee 1867.
Paris; 40.
Wiener medizin. Wochenschrift. XVIL. Jahrg. Nr. 12 —13. Wien,
1867; 4°.
7 Ele . . Z . ler?
Reuss. Über einige Crustaceenreste aus der alpinen Trias Österreichs. 2IH
Über einige Crustaceenreste aus der alpinen Trias Österreichs.
von dem w. M. Prof. Dr. A. E. Reuss.
(Mit einer lithographirten Tafel.)
Mit Ausnahme der langschwänzigen Krebse, welche schon vor
längerer Zeit von Bronn !) und von mir?) aus den Raibler Schich-
ten beschrieben worden sind, hatte die alpine Trias Österreichs bis-
her keine anderen Crustaceenreste geliefert. Auf den nachfolgenden
Seiten gebe ich nun die Schilderung einiger derselben Formation
entnommenen fossilen Überreste dieser Thierelasse, welche trotz
ihrem sehr fragmentären Erhaltungszustande mir eine vorläufige
Besprechung zu verdienen scheinen. Ein besonderes Interesse knüpft
sich an die Reste einer Gattung von vollkommen paläozoischem
Habitus, die sich an manche Gattungen aus dem Silur, Devon und aus
der Steinkohlenformation sehr nahe anschließt. Die übrigen nehmen
wenigstens das Vorrecht für sich in Anspruch, die ersten Überreste
ihrer Art aus der alpinen Trias Österreichs zu sein.
I. Herr D. Stur theilte mir vor längerer Zeit einige Petrefacten
von fremdartigem Aussehen zur Untersuchung mit, die aus Kalk-
schichten im Liegenden des Hallstädter Salzstockes im Steinbruch
am Langenbichl in Lupitsch inW. von Aussee, welche dem Muschel-
kalke zugerechnet werden 3), herstammen. Sie stellen nur flach-
gepreßte Abdrücke in einem plattenförmigen rauchgrauen Kalksteine
dar, an denen nur stellenweise Fragmente der in eine pechglänzende
kohlige Substanz umgewandelten dünnen Schale haften. Dies mochte
Veranlassung gegeben haben, daß man in ihnen Überreste von Pflanzen
1) Bronn’s und Leonhard’s Jahrbuch 1858, pag. 1 #.
2) Reuss in den von v. Hauer herausgegebenen Beiträgen zur Paläontologie Öster-
reichs 1. 1. pag. 1 fi. Taf. I.
3) Stur in den Verhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt. Sitzung am 4. Dec.
1866, pag. 182, 183,
197
a ©)
278 -Reuss.
und zwar von Blättern, — im Umriß übereinstimmend mit jenen von
Sagittaria —, zu sehen nicht abgeneigt war. Die genauere Unter-
suchung, welehe hin und wieder eine sehr feine eoncentrische Strei-
fung erkennen läßt, widerlegte jedoch diese Ansicht bald.
Bei dem Mangel jeder Übereinstimmung mit irgend einem
andern Thierreste konnte trotz dem vollständigen Flachgedrücktsein
der Fossilreste kaum ein Zweifel obwalten, daß man es mit den
Überresten des hornigen Panzers einer Crustacee zu thun habe.
Doch auch da wollte sich lange kein näherer Anknüpfungspunkt
finden. Denn die älteren Beschreibungen und Abbildungen von Pel-
focaris aptychoides Salt.t) sind nach mangelhaften Exemplaren
entworfen, so daß sie zu einer fruchtbringenden Vergleichung keinen
Anhaltspunkt bieten konnten.
Erst in einer vor Kurzem von Herrn Woodward gegebenen
Notiz ?) finden wir ein ausführlicheres Bild von Peltocaris aptychoi-
des Salt. nach einem besser erhaltenen, in W. Carruther's Samm-
lung befindlichen Exemplare, so wie der sehr verwandten Discino-
carıs Browniana W oodw. ebenfalls aus den silurischen Schiefern
von Garple Burn bei Moffat in Dumfriesshire. Diese liefern den
offenbaren Beweis, daß auch das Fossil von Aussee ihnen sehr nahe
steht.
Es liegen mir von demselben fünf Exemplare vor, davon eines
in beiden Gegenplatten. An allen nimmt man denselben breit-pfeil-
förmigen oder vielmehr parabolischen Umriss wahr, welcher dadurch
entsteht, daß aus dem sehr breit-elliptischen, durch keine Rücken-
nath getheilten Schilde am Vorderende ein breit-trianguläres Segment
mit beinahe geraden Seitenrändern gleichsam herausgeschnitten ist.
Die Spitze dieses Ausschnittes reicht bis zum Centrum des Schildes,
das zugleich den erhabensten Theil desselben bildet. Übrigens
scheint es nur mäßig convex gewesen zu sein, was man aus den an
den jetzt ganz ebenen Abdrücken wahrnehmbaren schmalen radialen
Einrissen schließen kann, die vom peripherischen Rande sich etwa
bis zur Hälfte des Halbmessers nach innen erstrecken. An dem größ-
ten Exemplare ist der freie Rand deutlich etwas nach innen gebogen,
*) Quart. Journ. of the geol. Soc. VIII, p. 391. Taf. 21, Fig. 10; XIX. p. 87 ff. Fig. 1.
1) Quart. Journ. of the geol. Soc. 1866. Nov. pag. 503 ff. Taf. 25, Fig. 4—7.
Über einige Crustaceenreste aus der alpinen Trias Österreichs. 279
Die den Ausschnitt begrenzenden Lappen sind stumpf zuge-
spitzt und die größte Breite des Schildes liegt nur wenig hinter
denselben. Der Hinterrand verläuft in ununterbrochener bogenförmi-
ger Rundung.
Nur drei der vorliegenden Exemplare sind vollständig erhalten
und gestatten Messungen nach allen Richtungen. Das größte der-
selben mißst in der Linie der größten Breite (1) 29-5 Mm. Die Länge
von dem gerundeten Hinterrande bis zu einer die Spitzen der Vorder-
lappen verbindenden Querlinie (2) beträgt 31 Mm; der Abstand des
centralen Wirbels vom Hinterrande (3) 17 Mm.; die Distanz endlich
der Spitzen der beiden Vorderlappen (4) 23:5 Mm.
Die anderen zwei Exemplare geben für die erwähnten vier
Richtungen folgende Dimensionen:
(1) 2) (3) ©)
20 21 12 16 Mm.
und 20 21:5 13 14-5 Mm.
Das kleinste Exemplar, von welchem das Hinterende abgebro-
chen ist, mißt in der Richtung (4) :12 Mm., in der Richtung (1):
13:5 Mm.
Eines der untersuchten Exemplare bietet noch deutliche Über-
reste der Oberflächenseulptur dar. Man überzeugt sich, daß das
Schild mit äußerst feinen und gedrängten concentrischen Linien
bedeckt ist, welche seinem peripherischen Rande parallel verlaufen,
daher ebenfalls eine parabolische Richtung nehmen. In der Nähe der
Ränder des Frontalausschnittes biegen sie sich rasch gegen den-
selben um. Sie stehen auf der gesamten Ausdehnung des Schildes
einander ziemlich gleich nahe; höchstens in der unmittelbaren Um-
gsebung des Wirbels drängen sie sich etwas mehr an einander. Es
kommen beiläufig 20—22 auf die Länge von 3 Mm. zu stehen.
Endlich gewinnt man bei genauerer Untersuchung die Über-
zeugung, daß der beschriebene trianguläre Ausschnitt am Vorderende
des Schildes, gleichwie bei Peltocaris und Discinocaris, nicht ur-
sprünglich vorhanden ist, sondern dafs er durch einen dreieckigen
Rostrallappen ausgefüllt wird, welcher, mit dem übrigen Schilde
zusammenhängend, von demselben beiderseits durch eine deutliche
treppenförmig absetzende Furche abgegrenzt wird.
Woodward hat für Peltocaris und Discinocaris das Vor-
handensein des Ausschnittes auf sehr sinnreiche Weise dadurch
280 Reuss.
erklärt, daß die Weichtheile auf ähnliche Weise, wie bei Apus, mit
dem Kopfe und dem Rostraltheile des Schildes weit inniger zusammen-
hängen, als mit dem übrigen Umfange desselben, dafs sich daher bei
dem Absterben und der nachfolgenden Einhüllung in die sich bilden-
den Gesteinschichten dieser Rostraltheil samt den weichen Theilen
von dem übrigen Schilde leicht trennt. Die Trennung erfolgt meist
in den durch die Grenzfurchen der Rostralplatte angedeuteten Rich-
tungen und führt daher zu der Entstehung eines regelmäßig gestal-
teten Ausschnittes. Derselbe Vorgang dürfte auch bei unserem
Fossilreste stattgefunden haben. Auch hier wird eine Rostralpartie
durch Furchen von dem übrigen Umfange des Schildes abgegrenzt
und wenn auch die Trennung in den meisten Fällen gerade im Ver-
laufe dieser Grenzfurchen erfolgt ist, so beobachtet man doch an
einem der vorliegenden Exemplare, dal zunächst den Furchen ein
schmaler Streifen der Rostralplatte hängen geblieben ist, auf welchen
man die zarte Streifung der Schalenoberfläche sich fortsetzen sieht.
Aus der vorangehenden Beschreibung ergibt sich, dafs die von
mir untersuchten Fossilreste sich zunächst an die Gattungen Pelto-
caris und Discinocaris anschließen. Die vollständige Analogie in
der Bildung des Rückenschildes läßt daran nicht zweifeln. Leider
sind bisher auch hier andere Körpertheile, welche den feineren Bau
des betreffenden Thieres erläutern würden, nicht aufgefunden worden.
Doch kann es keinem Zweifel unterliegen, daß dasselbe der Familie
der Apusiden aus der Ordnung der phyllopoden Crustaceen angehört,
welche nebst dem lebenden Genus Apus, dessen vermuthlich ältester
Repräsentant — Apudites antiguus Schimp. — im bunten Sand-
stein liegt, noch eine Reihe paläozoischer Formen umfaßt, welche,
einander sämtlich verwandt, meistens noch sehr unvollständig
bekannt sind. Dergleichen sind Aymenocaris Salt., Peltocaris
Salt., Ceratiocaris M'Coy. und Discinocaris Woodw. aus dem
Silur, Dietyocaris Salt. aus dem oberen Silur und unteren Devon,
Dithyrocaris Seoul. und Argas Scoul. aus der Steinkohlenforma-
tion. Als einer der jüngsten Repräsentanten dieser paläozoischen
Typen schließt sich nun unser Fossil aus dem Muschelkalk an. Am
nächsten steht es, wie schon hervorgehoben wurde, der erst in der
jüngsten Zeit von Woodward beschriebenen Discinocaris, mit
welcher es in der Form des Schildes und seines Rostralausschnittes,
in der centralen Wölbung desselben und in der feinen eoncentrischen
Über einige Crustaceenreste aus der alpinen Trias Österreichs. 281
Streifung unläugbare Berührungspunkte besitzt. Auch in dem Mangel
einer Rückennath des Schildes findet Übereinstimmung Statt.
Doch besitzt das Schild keine so deutlich ausgesprochene Kegel-
form, ist im Umrisse nicht so kreisförmig und scheint nur wenig
gewölbt zu sein. Die concentrische Streifung ist weit feiner. Auch
sind die Größenverhältnisse der Schilder durchgehends beträchtlicher.
Im Vergleiche mit Peltocaris kommt auch der Mangel einer in der
Medianlinie verlaufenden Rückennath hinzu. Erwägt man nun über-
dieß, daß das geologische Niveau unseres Fossiles hoch über den
Silurschiehten, der Fundstätte von Discinocaris und Peltocaris,
liegt, so erscheint eine Vereinigung mit diesen Gattungen nicht
rathsam. Sie würde um so mißlicher sein, als außer dem Rücken-
schilde bisher keine anderen Körpertheile vorliegen, in welchen trotz
der großen Analogie des Ersteren doch sehr wesentliche Abweichun-
gen stattfinden können.
Ich habe es daher vorgezogen, das untersuchte Fossil vorläufig
für den Typus einer selbstständigen Phyllopoden-Gattung anzusehen
der ich von der schildförmigen Gestalt der Rückenplatte den Namen:
Aspidocaris beilege. Die Species bezeichne ich als A. triasica Rss.
Il. Aus demselben Kalkstein von der Petschenstraße im Stein-
bruche unter dem Bachwirth in W. von Aussee stammt ein anderes
Petrefaet, welches mir Herr D. Stur mittheilte. Es stellt zwar nur
einen etwas fragmentären Abdruck dar, an welchem überdieß die
einzelnen Details nur wenig deutlich hervortreten. Aber demunge-
achtet gewahrt man leicht, daß es der Gattung Halicyne v. Mey.
angehört, welche der Familie der Pöcilopoden beigesellt wird. Bisher
waren drei Species bekannt: A. agnota v. Mey. und H. laxa v. Mey.
aus dem unteren Keuperdolomit von Rottweil !) und H. plana v. Seeb.
aus dem schiefrigen Lettenkohlensandstein des Gelmeroder Berges
in Thüringen 2). Da nun auch die von Herrn Stur gefundene Species
analogen Schichten entnommen ist, so scheint die Gattung Halicyne
überhaupt für diese Gruppe der Trias bezeichnend zu sein.
1) H. v. Meyer in Palaeontographica I. pag. 134 fl. Taf. 19. Fig. 23—26. Eine
dritte von v. Meyer aus den gleichen Schichten erwähnte Species (1. ce. Taf. 19,
Fig. 27, 28) gestattet wegen sehr fragmentärer Erhaltung keine nähere Bestim-
mung.
2) v. Seebach, Entomostraceen aus der Trias Thüringens in d. Zeitschr. d. deutsch.
geolog. Gesellschaft 1857. IX. p. 202 fi. Taf. 8, Fig. 6.
282 Reuss.
Unsere Species unterscheidet sich von den bisher beschriebenen
schon durch ihre absoluten und relativen Größenverhältnisse. Sie ist
die größte Species, denn sie mißt 34 Millim. in der Länge. Während
die übrigen Arten entweder ebenso breit oder selbst noch etwas breiter
als lang sind, waltet hier die Länge über die Breite vor, denn letztere
beträgt nur etwa 28 Millim. Der Umrib ist breit-eiförmig und die
größte Breite liegt im Anfange des letzten Drittheiles der Schildlänge.
Das vordere Ende des vorliegenden Steinkernes ist gerundet; von
der an den anderen Arten daselbst vorspringenden Spitze ist keine
Spur vorhanden. Der Rand verläuft in ununterbrochener Bogenlinie
bis zum Hinterrande. Aber auch dieser bildet keineswegs so deutlich
vorspringende Ecken, wie bei den schon früher bekannt gewesenen
Arten, sondern stellt vielmehr vollkommen abgerundete Lappen dar,
deren horizontaler Abstand von einander 12:5 Millim. beträgt. Der
zwischen denselben liegende Hinterrand zeigt eine ziemlich tiefe
Ausbuchtung, in welcher man wieder mehrere (fünf) kleine Ein-
biegungen erkennt, die mit den Zwischenräumen der im hintersten
Theile des Schildes befindlichen Protuberanzen, welche bei allen
Arten von Halicyne wiederkehren, zusammenfallen.
Diese Hügel sind an dem vorliegenden Exemplare leider nicht
scharf begrenzt; doch erkennt man, daß der mittlere lang- und spitz-
dreieckig ist. An diesen schließen sich in etwas schräger Lage, nur
durch seichte Furchen geschieden, die schmal-lanzettlichen mittleren
an. Die äußersten sind sehr schräge, langelliptisch und nach innen
durch breite, ziemlich tiefe Furchen abgegrenzt. Sie sind zugleich
am längsten und ihr hinteres Ende erstreckt sich bis in die hinteren
Seitenlappen des Schildes.
Über die Beschaffenheit der mittleren Region (der Spitzbogen-
region v. Meyer ’s) läßt sich keine Auskunft geben, da dieselbe an
dem vorliegenden Steinkerne abgesprengt ist. Jedoch ergibt sich,
daß diese Region des Schildes ziemlich stark gewölbt sein müsse.
Der vordere Theil des Schildes, der sich allmälig abdacht, ist offen-
bar durch Druck abgeflacht worden, denn man bemerkt am Rande
mehrere dadurch hervorgebrachte kurze radiale Einrisse. Dagegen
unterliegt es keinem Zweifel, daß die hinteren Seitentheile des
Schildes im Verhältnisse zu der angrenzenden hinteren Mittelregion
und den nierenförmigen Seitenregionen sehr niedergedrückt gewesen
sind. Auch erstreckte sich von da, aber sich sehr verschmälernd, ein
= .. . . „ . 9
Über einige Crustaceenreste aus der alpinen Trias Österreichs. 283
deprimirter Saum um die Seitentheile und den Vordertheil der Peri-
pherie des Schildes.
So mangelhaft der Erhaltungszustand des beschriebenen Petre-
faetes auch sein mag, so ist es doch unwiderlegbar, daß es der Gattung
Halicyne angehört und daß es sich von sämtlichen schon bekannten
Arten derselben schon durch seine Gestalt und die relativen Längen-
und Breitenverhältnisse unterscheidet. Ich glaube daher berechtigt
zu sein, es zu einer neuen Species zu erheben, welcher ich den
Namen Halicyne elongata Rss. beilege. Die Lücken in der gegebe-
nen Characteristik werden hoffentlich durch Entdeckung vollständi-
gerer Exemplare ausgefüllt werden.
III. Die Zahl der bisher aus den Triasschiehten beschriebenen
Ostracoden ist sehr beschränkt. Herr v. Schauroth) hat zwei
Species — Bairdia triasina und calearea — aus dem Muschelkalk
von Recoaro, der dem deutschen Wellenkalke gleichgestellt wird,
angeführt. Ebenso verdanken wir Herrn v. Seebach 2) die Be-
schreibung von vier Arten — Bairdia pyrus, procera, teres und
Cythere dispar — aus der Lettenkohlengruppe Thüringens.
In den, dem mittleren Keuper angehörigen Raibler Schichten,
die an Pflanzen-, Krusten- und Fischresten so reich sind, gelang es
ebenfalls, eine Ostracodenspecies, wenngleich in spärlicher Zahl,
aufzufinden. Es sind stets nur vereinzelte Klappen , die überdieß
gewöhnlich auf mannigfache Weise verdrückt sind und sich aus dem
umgebenden Gesteine nur schwer auslösen lassen, so daß es schwer
hält, zur Untersuchung geeignete zu erhalten. Aus diesem Grunde
muß die Beschreibung auch mangelhaft bleiben. Ich thue ihrer hier
nur Erwähnung, weil es die ersten in den Raibler Schichten, ja
in der alpinen Trias Österreichs, aufgefundenen hieher gehörigen
Formen sind.
Die Schalen, welche eine Länge von 0:53 und eine Breite von
0-33 Millim. besitzen, zeigen einen bohnenförmigen Umriß und sind
an beiden Enden beinahe gleichbreit und abgerundet. Das Vorder-
ende ist kaum etwas schmäler. Ebenso lassen beide Ränder keinen
erheblichen Unterschied wahrnehmen, indem beide von der geraden
Linie nur wenig abweichen. Der Rückenrand ist sehr schwach
1) Sitzungsb. d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, Bd. 34, p. 350. Taf. 3, Fig. 19, 20.
?) „Zeitschr. d. deutschen geol. Ges, Bd. IX, p. 198 ff. Taf. 8, Fig. 1—4.
2SA Reuss. Über einige Crustaceenreste aus der alpinen Trias Österreichs.
bogenförmig, der Bauchrand eben so schwach eingebogen. Der flach
gewölbte Rücken der Klappen fällt ziemlich rasch und zwar gleich-
mäßig nach allen Seiten ab. Ob die Schalenoberfläche glatt oder
punktirt sei, wird nicht klar, da dieselbe stets durch Einwirkung des
Wassers etwas corrodirt erscheint.
Von der Bairdia triasina v. Schaur. unterscheidet sich
unsere Species durch die gleichmässige Rundung der Enden, sowie
dureh die größere Gleichförmigkeit des Rücken- und Bauchrandes.
Am meisten stimmt sie im Umriße mit Cythere Richteriana Jones)
aus dem Zechstein von Könitz, nur ist diese etwas schmäler. Wegen
dieser Verwandtschaft belege ich die von mir beschriebene Raibler
Species mit dem Namen: Cythere fraterna Rss.
Erklärung der Abbildungen.
Fig. 1. Aspidocaris triasica Reuss. Abbildung des größten Exemplares des
Rückenschildes mit Rostralaussehnitt in natürlicher Größe.
» 2. Dasselbe Rückenschild mit idealer Ergänzung der Rostralplatte.
„ 3. Ein anderes kleineres Rückensehild in natürlieher Größe.
„ %&. Ein Stück des Schildes (Fig. 3) vergrößert, um den abgerissenen Rand
der Rostralplatte und die eoncentrische Streifung der Schalenober-
fläche zu zeigen.
„ 5. Fragmentärer Abdruck des kleinsten Sehildes in natürlicher Größe.
. Halicyne elongata Rss. in natürlicher Größe.
. Cythere fraterna Rss. vergrößert.
er)
er
I
1) Kirkby on Permian Entomostraca pag. 47, Taf. 11, Fig. 21 aus Tyneside
Naturalist’s Field Club Transact. 1859. IV. 2. Newcastle.
Reufs : Über Crustaceenreste der alpinen Trias.
Joh. Strohmayer gez.u. lith. A.d.k.k. Hof-u Staats-Druckerei
I-3. Aspidocaris triasica Rl;. b Halieyne elongata Rs.
Z.Cythere fraterna Rls.
Sitzungsb.d.k.Akad.d.W.maih.naturw.C1.IVBd. 1, Abth.18 67.
285
VIl. SITZUNG VOM 28. FEBRUAR 1867.
Die Direetion der k. k. Öberrealschule zu Rakovac in der
Militärgrenze dankt, mit Schreiben vom 23. Februar, für die Bethei-
lung dieser Lehranstalt mit den Sitzungsberichten der Classe.
Das e. M. Herr Vice-Director K. Fritsch übermittelt eine
Abhandlung über „die Eisverhältnisse der Donau in den beiden
Jahren 1860/, und 1861/,.*
Herr Dr. A. Boue& übergibt eine Mittheilung „Über eine neu
entdeckte Höhle im tertiären Conglomerat Gainfahrn’s“.
Herr Director K. v. Littrow legt „Einige Bemerkungen über
Cometen“ von Herrn Prof. C. Bruhns in Leipzig vor.
Das e. M. Herr Dr, G. Tschermak überreicht eine Abhand-
lung über „Quarzführende Plagioklasgesteine“.
Herr Dr, O0. Stolz legt eine Abhandlung vor, betitelt: „Die
Axen der Linien zweiter Ordnung in allgemeinen trimetrischen Punkt-
Coordinaten,*
Der Secretär liest den Bericht der Commission zur Berathung
der Modalitäten bezüglich der Herstellung und Aufbewahrung des
metrischen Urmasses und Urgewichtes, welcher von der Classe ein-
stimmig genehmiget wird.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 5. Jahrg. Nr. 4.
Wien, 1867: 80.
Astronomische Nachrichten. Nr. 1628—1630. Altona, 1867; 4°.
Comptes rendus des seances de l’Academie des Seiences. Tome
LXIV, Nrs. 5—6. Paris, 1867; 40.
Cosmos. 2° Serie. XVI® Annee, 5° Volume, 7°—8° Livraisons. Paris,
1867; 80.
Gelehrten-Gesellschaft, k.k., zu Krakau: Jahrbuch. X. — XI.
Band. Krakau, 1866; 8°. — Diplomata monasterü Clarae
Tumbae prope Cracoviam. Krakau, 1865; 40.
Gesellschaft, k. k. zoolog.-botanische, in Wien: Verhandlungen.
Jahrgang 1866. XVI. Band. Wien; 80. — Neilreich,
August, Nachträge zur Flora von Nieder-Österreich. Wien,
286
1866; 8%. — Brusina, Spiridione, Contribuzione pella fauna
dei molluschi Dalmati. Vienna, 1866; 80,
Gewerbe - Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen.
XXVII. Jahrg. Nr. 7—8. Wien, 1867; 80.
Gutzeit, W., Das Metersystem und dessen Einführung in Deutsch-
land und Rußland. 89.
Land- und forstwirthschaftliche Zeitung. 17. Jahrg. Nr. 7—8.
Wien, 1867; 4°.
Lotos. XVII. Jahrgang. Januar 1867. Prag; 80.
Moniteur scientifique. 244° Livraison. Tome IX°, Annee 1867.
Paris; 40.
Paeini, Filippo, Della natura del Colera Asiatico ete. Firenze,
1866; 8°.
Reichsforstverein, österr.: Monatsschrift für Forstwesen.
XVI. Band. Jahrgang 1866. November- und December-Heft.
Wien, 1866; 8°.
Reise der österr. Fregatte Novara um die Erde etc. Zoologischer
Theil. I. Band. Fische. 3. Abtheilung. Bearbeitet von Rudolf
Kner. — Reptilien. Bearbeitet von Franz Steindachner.
Wien, 1867; 40.
Society, The Geological, of Glasgow: Transactions. Vol. II.
Parts 1 & 2. Glasgow, 1865; 80.
— The Asiatie, of Bengal: Journal. Part I, Nr. 2. 1866. Part II,
Nr. 2. 1866. Caleutta; 8°.
Verein für Landeskunde von Nieder-Österreiech: Blätter für Landes-
kunde von Nieder-Österreich. II. Jahrg. Nr. 9—12. Wien,
1866; gr. 80.
Werner-Verein, XV. Jahresbericht. Brünn, 1866; 80. —
Foetterle Franz, Geologische Karte der Markgrafschaft
Mähren und des Herzogthums Schlesien. (2 Blätter) Wien
1866; gr. Folio.
Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 16—1%7. Wien,
1867; 4%
Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts - Gesellschaft.
XVI. Jahrg. Nr. 4. Gratz, 1867; 4°.
Tscehermak. Quarzführende Plagioklasgesteine. 28 7”
Quarzführende Plagioklasgesteine.
Von dem c. M. @ustav Tschermak.
Erst in der letzten Zeit wurde es bekannt, daß plagioklastische
Feldspathe in Verbindung mit Quarz als Hauptgemengtheile meh-
rerer Gesteine auftreten. Obgleich das Vorkommen von Plagioklas ?)
in den quarzführenden Orthoklasgesteinen häufig beobachtet, zuwei-
len ein Überwiegen des Plagioklas wahrgenommen worden, obgleich
Angaben vorlagen, welche vermuthen ließen, daß es auch quarzfüh-
rende Gesteine gebe, deren Hauptmasse aus Plagioklas bestehe, so
war doch G. v. Rath'’s Arbeit über den Tonalit die erste vollständige
Untersuchung einer Felsart, welche die bisher ungewöhnliche Ge-
sellschaft von Quarz und einem Kalkfeldspath darbot. Seither sind
aber auch Gesteine aus der Porphyr- und Trachytgruppe gefunden
worden, welche dieselbe mineralogische und chemische Zusammen-
setzung wie der Tonalit zeigen. Demnach hat jedes quarzführende
Orthoklasgestein ein entsprechendes Glied in der Reihe derPlagioklas-
gesteine.
Orthoklasgesteine Plagioklasgesteine
IT Tl
Granit, Tonalit,
(uarzporphyr, Quarzporphyrit,
Quarztrachyt, (Juarzandesit.
Die Felsarten der zweiten Reihe sind es, welche bisher noch
wenig beobachtet, eine Besprechung verdienen.
Tonalit.
G. v. Rath fand im Adamellogebirge an der Grenze Tirols und
der Lombardei in dem bis dahin für Granit gehaltenen Gesteine,
welches dieses Gebirgsmassiv bildet, Plagioklas, Quarz nebst etwas
Biotit und Hornblende als Gemengtheile. Er unterschied diese Fels-
art vom Granit und nannte dieselbe nach dem Paß Tonale in jenem
Gebirge Tonalit2). Der in zwei Gesteinsabänderungen enthaltene
Plagioklas wurde analysirt und die Zusammensetzung eines Andesines
288 Tschermak.
gefunden. Dieses Resultat war ein unerwartetes, denn man dachte
sich als Regel, dafs nur kalkarme Plagioklase mit Quarz im Gemenge
vorkommen. Die Analyse des Gesteines ergab eine viel mehr basische
Zusammensetzung als sie gewöhnlich bei den Graniten vorkommt,
und es zeigte sich hier die ungewöhnliche Erscheinung, daß eine
Felsart mit 67 Pet. Kieselsäure reich an Quarzkörnern ist, was
jedoch durch die Verbindung von Andesin mit 57 Pet. Kieselsäure
und Quarz erklärlich wird. Die Analyse des Tonalites vom Aviosee
aus der Mitte des Adamellogebirges erscheint unter A, während die
beiden anderen Zahlenreihen die Zusammensetzung der Feldspathe
aus dem Tonalit des Val San Valentino darstellen.
A. B. C.
Kieselsäure . . . 66:91 5679 58-415
Thonerde ....7 7520 123-485 26555
Eisenoxydull . . 645 — —
Kalkerder WE MS 8.56 8:66
Magnesia . . . 2:35 0:00 0:06
Kali 4 BRENNER 0.34 ‚riss
Natron m MT 6:10 6:28
Glühverlut - . 0-16 024 0:30
9899 100.51 100.00
Aus der Analyse der Felsart berechnet Kenngott3) 28:6 Pet.
Quarz, 50-3 Pet. Feldspathe, im Übrigen Hornblende, Biotit, Magnetit,
nimnıt jedoch in der Hornblende keine Kalkerde, im Biotit kein Kali
an. Wenn man sich in dem Gestein einen Feldspath von der Zusam-
mensetzung B denkt und nur 4 Pet. Hornblende annimmt, die min-
destens 03 Pet. Kalkerde beanspruchen, so berechnen sich 40 Pet.
Andesin, aber es bleiben noch 0°73 Pet. Kali und 0:89 Natron übrig,
die auf einen Alkalienfeldspath deuten. Aber auch, wenn alle
8:75 Pet. Kalkerde auf Andesin B berechnet werden, so erhält man
43-2 Andesin und es bleiben doch noch 0-72 Kali und 0:68 Natron.
In beiden Fällen kommt man zu der Vermuthung, daß außer dem
Andesin noch eine kleine Menge eines Alkalien-Feldspathes vor-.
handen sei.
Der Tonalit kann nach seiner mineralogischen Zusammensetzung
ein Plagioklasgranit oder ein (uarzdiorit genannt werden. Jeden-
falls ist er ein selbstständiges Gestein unter den körnigen Gesteinen
der Plagioklasreihe,
Quarzführende Plagioklasgesteine. 289
Zwischenglieder, welehe den Übergang vom Granit zum Tonalit
vermitteln, sind bereits früher beschrieben worden. Streng hat in
der Reihe seiner verdienstvollen Gesteinsanalysen auch Granite aus
der Tatra bearbeitet, welche reich an Plagioklas erscheinen und
einen größeren Reichthum an Kalkerde und Natron, und einen gerin-
geren Kieselgehalt aufweisen, als die andern damals untersuchten
Granite *). Später fand Haughton in Irland ähnliche Gesteine und
nannte dieselben Natrongranite (Soda-Granites) zum Unterschiede
von den gewöhnlichen, den Kaligraniten (Potash-Granites) 5). Die
Natrongranite bilden zwischen Wiklow und Wexford drei isolirte
Massen, die von Schiefern der Silurformation umgeben werden,
während westlich davon der Kaligranit in einem fortlaufenden Zuge
sich bis gegen Dublin ausbreitet. Außerdem findet sich in der Granit-
partie bei Newry außer dem gewöhnlichen auch der basischere
Natrongranit. Die Zusammensetzung des letzteren ist überall dieselbe:
grauer (Juarz, weilser oder röthlicher Feldspath, schwarzer oder grüner
Biotit und etwas Hornblende. Der Feldspath wurde leider nicht mine-
ralogisch bestimmt, auch nicht analysirt, aber die Analysen des Ge-
steines setzen dieGegenwart einer bedeutenden Menge von Plagioklas
neben Orthoklas außer Zweifel. Um die Verwandtschaft der zuletzt
angeführten Gesteine mit dem Tonalit hervorzuheben, führe ich hier
neben der Analyse des Tonalites (1.) noch folgende an:
2. Natrongranit von Ballymotymore, Wexford, nach Haughton.
3. Natrongranit von Ballinamuddagh, Wexford, nach demselben.
4. Granit aus dem kleinen Kohlbachthal, Tatra, nach Streng.
5. Granit aus dem Fischseethal, Tatra, nach demselben.
1. a 3. 4. 5.
Kieselsäure 66-91 66:60 6856 6888 6931
Thonerde 1520 1326 1444 1787 1640
Eisenoxyd 717 132 504 3:61 481
Kalkerde 373 386 83:85 3:12 3:06
Magnesia 2:35 122 043 0-85 0:83
Kali 0:86 231000278 2:99 2:87
Natron 3:33 360 3:36 3:58 3:29
Wasser 0:16 236 1:00 0:80 0-84
99:71 100:01 99-46 101.20 10141
Diese Vergleichung zeigt wieder, wie nothwendig eine mög-
Jiehst genaue Bestimmung der Alkalien bei der Analyse der Felsarten
290 Tschermak
sei, denn nur durch die Menge derselben und deren Verhältniß
sind die angeführten Zwischenglieder chemisch vom Tonalit unter-
schieden.
Quarzporphyrit.
So wie man im Granit häufig neben dem Orthoklas auch
Plagioklas erkannte, so beobachtete man im Quarzporphyr öfters
beide Feldspathe nebeneinander, wie dies Rose 6), G. Leonhard”),
Naumanns), Streng °), Laspeyres 10) u. A. angeben. Aber
man begegnet auch Beobachtungen, welche dahin lauten, daß Quarz-
porphyre und Felsitporphyre 11) auftreten, welche blos Plagioklas-
krystalle eingeschlossen enthalten. So sagt Delesse, daß in
manchen von ihm gesehenen Porphyren blos Plagioklas vorkomme !?).
H. Fischer führt einen Plagioklasporphyr an, den er bei St. Märgen
in Baden fand 13). v. Richthofen beschreibt unter den Quarzpor-
phyren Südtirols auch plagioklasreiche Felsarten!*) aus dem Pelle-
grinthal und von der Trostburg.
Bei Gelegenheit der Untersuchung der Südtiroler Quarzporphyre
habe ich nun auch das plagioklasführende Gestein aus dem Pellegrin-
thal der Beobachtung unterzogen, wobei sich die nahezu vollständige
Gleichheit mit dem Tonalit — die Textur ausgenommen — ergab.
In dem mittleren Theile des Val San Pellegrino, eines Seiten-
thales des Fassa, findet sich am südlichen Gehänge des Monte Boeche,
gerade dem Monzoni gegenüber, ein tiefgrauer quarzführender Por-
phyr in ziemlich bedeutender Verbreitung und in Verbindung mit
dem südlich davon, weithin fortsetzenden gewöhnlichen Quarz-
porphyr. Das schwärzlichgraue Gestein ist hart und ziemlich zähe,
es zerspringt häufig in flache Stücke. Die Textur ist nicht sehr
deutlich porphyrisch, da nur wenig Grundmasse erkennbar. Die ein-
geschlossenen Mineralien sind:
Zahlreiche farblose oder grauliche Quarzkörner bis zu 6 Millim.
groß. Die Menge schätzte ich auf ungefähr 20 Pet.
Körner von Plagioklas, trübe, grünlich oder milchweiß, kleiner
als die Quarzkörner, aber in größerer Menge vorhanden. Sie zeigen
keine ausgezeichnete Spaltbarkeit, lassen aber die Riefung sicher er-
kennen. Mit der Grundmasse sind sie innig verwachsen.
Biotithlättehen, schwarz, kleiner als die Plagioklaskrystalle sind
häufig.
Quarzführende Plagioklasgesteine. 291
Die spärliche Grundmasse ist dicht, schwärzlich. Durch Ver-
srößerung erkennt man Biotit als Ursache der Färbung.
Magnetit und Epidot kommen in kleinen Mengen in dem Gesteine
vor. Die Eigenschwere desselben ist 2:737. Die chemische Zusam-
mensetzung hat große Ähnlichkeit mit der des Tonalites. Dies zeigt
folgende von Herrn S. Konya ausgeführte Analyse 15).
Quarzporphyrit, Konya. Tonalit, v. Rath.
De N CE N, nn /
Kieselsäure . . . 6675 66-91
Thonerde . . . 16:53 15-20
Eisenoxyd .®. . . 2:76 | en
Eisenoxydul . . . 1:66 6-45
Kalkerde’ 4%... 22 4-71 | 3:73
Magnesia . . . . 2:64 2:35
Kal. 08 7,....,.8 21:82 0-86
Nairon..@n ).; . ..0.92:86 3'839
iWMiasser) =}. „ „9. 212 0-16
101-85 98-99
Der Feldspath des Quarzporphyrites dürfte nahe dieselbe Zusam-
mensetzung haben wie der des Tonalites, da sich die Zusammensetzung
der beiden Gesteine wenig unterscheidet und da der Quarzporphyrit
nur wenig Grundmasse hat, welche gewöhnlich einen anderen Feld-
spath enthält, als der in den eingeschlossenen Krystallen. Leider
hatte ich nicht mehr so viel Material zur Verfügung, um den Feld-
spath untersuchen zu können.
Das eben beschriebene Gestein aus dem Pellegrinthale ist im
Vergleiche zu dem gewöhnlichen Orthoklas-Quarzporphyr ein Pla-
gioklas-Quarzporphyr und im Vergleiche mit Porphyrit (letzterer
aus Plagioklas, nebst Hornblende oder Biotit bestehend gedacht) ein
Quarzporphyrit zu nennen. Er ist in der Reihe der Porphyre dasselbe,
was der Tonalit in der Granitgruppe.
Zwischenglieder, welche den Quarzporphyrit und den Quarz-
porphyr verbinden, sind bereits untersucht worden. So beschreibt
Streng einen der „grauen Porphyre* des Harzes vom linken
Abhange des Bodethales unterhalb Lucashof, welcher aus Quarz,
weißem frischem Orthoklas, weißem mattem Plagioklas, einem grünen
Mineral nebst wenig Biotit besteht und die Zusammensetzung c
besitzt 16). Scheerer hat eine von Dr. Rube ausgeführte Analyse
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl, LV. Bd. I. Abth. 20
292 Tschermak.
eines braunen Porphyrs aus dem Travignolothal veröffentlicht 17),
freilich ohne Angabe der mineralogischen Zusammensetzung. Die
Zahlen stehen unter d. Das Travignolothal ist vom Pellegrinthale,
mit dem es parallel verläuft, nur eine Meile entfernt und gleichfalls
ein Seitenthal des Avisio- (Fassa-, Fleims-) thales. Die Zahlen für
Quarzporphyrit gehen voran.
a b c
Kieselsäure . . . 6675 67.51 67:54
Thonerde . . . 1653 1401 1497
Eisenoxydul .. 414 500 5.16
Kalkerde- ... 471 247 2:84
Magnesia . . . 264 241 1:30
Kal. uno. . 1825.050 4-58
Natron m. . 2:8068%. 225 2:28
Wasser ...r. . 21252.4-67 1:08
Titansäure . . . — 047 1:22 (Kohlensäure)
101.57 99:34 100.97
Quarzandesit.
Die früheren Untersuchungen der Trachytgesteine haben keine
Felsarten kennen gelehrt, in welchen plagioklastische Feldspathe und
Quarz, beide sichtbar und in mineralogisch bestimmbarer Ausbildung
vorhanden wären. Dagegen waren mehrere Analysen dichter und
glasiger Massen bekannt, welche bald durch den überwiegenden
Natrongehalt, bald auch durch die zugleich vorhandene größere Kalk-
menge bei hohem Kieselgehalt die Vergesellschaftung von Quarz und
plagioklastischem Feldspath erkennen ließen. Roth hat auf solche
Analysen aufmerksam gemacht und erklärt, daß die betreffenden Ge-
steine eigentlich nicht zu den Sanidingesteinen gehören, bei denen er
die meisten vorläufig aufgezählt hatte 18).
Nun aber fanden sich in den Trachytgebieten Siebenbürgens
Felsarten von ausgezeichneter Ausbildung der Gemengtheile, ver-
schieden vom Quarztrachyt und Sanidintrachyt, bis auf die Quarz-
krystalle gleich den Andesiten 1?) jenes Landes. Stache, der die
Felsart zuerst beschrieb, nannte sie „älteren Quarztrachyt“ oder
„Daeit“, von dem er sagt, daß er „die oligoklasreichen Gesteine
unter den quarzführenden Trachyten“ umfasse 2°). v. Ricehthofen
Quarzführende Plagioklasgesteine. 293
hatte manche dieser Gesteine schon früher untersucht, aber die Zu-
sammensetzung nicht richtig erkannt 21). Eine genauere Beschreibung
und Definition des Gesteines fehlt in Stache’s Arbeit, doch so viel
geht aus derselben hervor, daß unter Daeit quarzführende Trachyte
mit zweierlei Feldspath gemeint seien. Die deutlich ausgebilde-
ten Felsarten von Rodna, Kisbanya, Nagyak werden nämlich
p. 75 als „hornblendereiche Sanidin-Oligoklastrachyte“ angeführt.
Nach einer Untersuchung des Gesteines von Rodna, Kisbanya,
Nagyäk erkannte ich jedoch, daß in diesen Felsarten nur Krystalle
von plagioklastischem glasigem Feldspath (Mikrotin) neben Quarz
eingeschlossen vorkommen, von Sanidin nichts zu sehen sei. Damals
machte ich den Vorschlag, den Namen Daeit für solche Gesteine an-
zuwenden, welche Quarz und Mikrotin, außerdem Hornblende und
Biotit als erkennbare Gemengtheile zeigen 2). Zirkel führt die ge-
nannten siebenbürgischen Gesteine als quarzführende Hornblende-
Andesite auf, wobei er diese als Unterabtheilung des Hornblende-
andesites darstellt, ferner macht derselbe auf Abich’'s Analysen süd-
amerikanischer und transkaukasischer Gesteine aufmerksam, welche
eine Zusammensetzung aus Mikrotin und Quarz ergeben, obgleich in
den Gesteinen die außer Mikrotin zuweilen Hornblende, zuweilen
Augit erscheinen lassen, kein Quarz sichtbar ist 23). Nach diesen
Beobachtungen und Eintheilungen gäbe es: 1. Quarzandesite mit deut-
licher Ausbildung der Gemengtheile (Daeite), und 2. solche, die den
Quarz in der Grundmasse vertheilt enthalten und oft Hornblende,
zuweilen auch Augit führen.
Eine Untersuchung der Daeite war sehr zu wünschen. Es er-
schienen auch in letzter Zeit Analysen mehrerer Daecite von E. v.
Sommaruga®*), doch lassen dieselben in dem diesfalls wichtigsten
Punkte, den Alkalien, leider viel zu wünschen übrig. Außerdem
wurden aber von C. v. Hauer die in einigen Daciten eingeschlossen
vorkommenden Feldspathe analysirt 25), was die Kenntniß des Ge-
steines ungemein förderte.
Im letzten Sommer hatte ich Gelegenheit mehrere der Daeite
am Orte zu beobachten, ihr Auftreten und die merkwürdigen Ver-
änderungen zu studiren, welche manche derselben im Laufe der Zeit
erfahren haben. Diese Gesteine sind im Norden und im Westen Sie-
benbürgens zu finden. In dem großen Trachytzuge des Ostens
(Hargittakette) kommen sie nicht vor. Sie treten in einzelnen Kegeln
20°
294 Tsehermak.
oder in Gruppen weniger Kegel, niemals in größeren zusammenhän-
genden Zügen auf. Öfters stehen sie mit Andesit in Verbindung, der
sich dann blos durch den Mangel an Quarz von ihnen unterscheidet.
Sie bilden theils allein, theils zugleich mit Andesit das goldführende
Gestein Siebenbürgens. In diesem Falle sind die Gesteine jedoch stets
zu einer weißen, porzellanartigen, oder zu einer splittrigen, grünlichen
Masse zersetzt. Vollständig frische Gesteine, in denen kein Gemengtheil
zersetzt wäre, sind selten. Die Gemengtheile sind: Krystalle von Mi-
krotin, Quarz, ferner von Amphibol oder Biotit in einer sehr feinkör-
nigen bis dichten und halbglasigen Grundmasse.
Im Allgemeinen unterscheidet man:
I. Frischere Gesteine. Quarzführende Hornblende- und Biotit-
andesite vom Ansehen des Andesites oder Diorites, seltener des
rauhen Sanidintrachytes.
Il. Zersetzte Gesteine. Quarzführende weiße matte Gesteine, die
zuweilen dem Quarzporphyr gleichen, oder grüne Gesteine, die
sehr an die „Grünsteine“ erinnern.
Die frischer aussehenden Gesteine sind ausgezeichnete Felsarten.
Die hellfarbigen Mikrotin- und Quarzkrystalle, so wie die schwarzen
Amphibol- und Biotitsäulchen heben sich von der Grundmasse deut-
lich ab. Typische Gesteine sind der Daeit aus dem Illowathal bei
Rodna, der von Kisbanya und der vom Zuckerhut bei Nagyak.
Das Gestein des Ilowathales tritt daselbst zwischen (eocenem)
Karpathensandstein auf, den es durchsetzt. Die Proben, welche ich
untersuchte, erhielt ich durch die Freundlichkeit des Herrn Berg-
ingenieurs F. Posepny, der dieselben in dem genannten Thale
zwischen Magura und St. Joseph unterhalb Dialu Burlesi sammelte.
Frische Stücke sehen blaßgrau aus und zeigen weiße und schwarze
Punkte. Das deutlich porphyrische, schon an Granit erinnernde Ge-
stein bricht flach, die blaßgraue Grundmasse ist matt, dicht, nicht
felsitisch, weicher als Feldspath. Durch mikroskopische Betrachtung
erkennt man darin weiße und grauliche Körnchen, die wohl als Feldspath
und Quarz zu deuten sind, ferner grüne Punkte, wohl Hornblende. An den
weißen Körnchen, die nicht allzuklein sind, konnte ich in einem Fall bei
120facher Vergrößerung die Riefung auf der Spaltfläche erkennen.
Diese Grundmasse überwiegt ein wenig die Einschlüsse, welche sind:
Mikrotin — schneeweiße, kaum halbdurchsichtige, oft 8 Millim.
lange Krystalle von den Flächen M, P, TI x begrenzt, nach der
Quarzführende Plagioklasgesteine. 295
Klinodiagonale gestreckt, an der Oberfläche matt, im Bruche glas-
glänzend, auf der Endfläche die Riefung deutlich zeigend. Die Menge
der Krystalle beträgt nach meiner Schätzung etwas über 20 Pet.
Wenn Herr €. v. Hauer nicht viel über 12 Pet. schätzt, so kann sich
dies wohl nur auf die größeren Krystalle beziehen. Die Zusammen-
setzung dieses Mikrotins ist nach v. Hauer:
Kieselsäure, . ... ... .... -.0.04:08
iRhonerde” . ..... u. 24%. 2080
Kalkerde 2... 2 10. 2,.,,9:62
Na ee en ee 1-81
NER 5-98
Gluhnerlust oo... 0, Sg 0er. 1:21
100.52
Aus der Vergleichung mit den meiner Arbeit über die Feld-
spathe beigegebenen Tafeln ergibt sich sogleich, daß dieser Feldspath
in die Andesinreihe zu stellen sei. So wie im Tonalit ist also auch im
Daeit die Gesellschaft von Quarz und einem Kalkfeldspath erkannt.
Quarz, in graulichen Doppelpyramiden, meist 3 bis 4 Millim.
lang, an der Oberfläche matt. Die Menge beträgt etwa die Hälfte von
der des Mikrotines.
Hornblende — in kleinen schwarzen, im Bruche stark glänzen-
‘den Säulehen, meist 5 Millim. lang, mit der Form der basaltischen
Hornblende. Die Menge beträgt etwa 6 bis 8 Pet.
Magnetit — eisenschwarze Octaäder, zuweilen 5 Millim. hoch,
Menge sehr gering.
Das Eigengewicht ist 2:650 und die Zusammensetzung nach der
von Herrn F. W. Slechta ausgeführten Analyse:
Kreselsaure =. 27 0 0641
DOT I re
SCHE re er
Bisenoxydul m 0 I ERENRTTFSDUr
aller ae a REN 0
NEISTESTE head ar acer energie ie >
1.5 yhhlae a haar ia aazre 1
SE a er >
LESE War eur sa Us
100-01
296 Tschermak.
Diese Zahlen geben ein Mittel, auch die mineralogische Zusam-
mensetzung der Grundmasse beiläufig zu erkennen.
I. Reehnet man die Alkalien und die ganze oder die halbe
Menge der Kalkerde auf Feldspath, das Übrige von Magnesia, Kalk-
erde, Eisen auf Hornblende, so bleiben mindestens 26 Pet. freie
Kieselsäure, was 26 Volumpercenten Quarz entspricht. So viel ist
nicht an Quarzkrystallen vorhanden. Es muß also noch etwas Quarz
in der Grundmasse sein.
2. Zieht man von obiger Analyse so viel ab, als 20 Pet.
Andesin der gefundenen Zusammensetzung entsprechend fordern,
so bleiben Kalkerde 2-04, Kali 1:29, Natron 273 Pet. übrig. Die
8 Pet. Hornblende verlangen ungefähr 0-8 Pet. Kalkerde. (Nach
den für basaltische Hornblende bekannten Analysen.) Somit blei-
ben für die Grundmasse Kalkerde 1:24 gegen die obige Kali- und
Natronmenge. Dieses entspricht einem Feldspath Or,Ab,An,, der
ein kalireiches Glied der Oligoklasreihe wäre. Ob man sich nun
einen oder zwei Feldspathe in der Grundmasse denkt, so viel ist
sicher, daß außer dem in Krystallen im Gestein eingeschlossenen
Andesin noch ein kalkarmer natronreicher Feldspath in der Grund-
masse auftritt.
Das Resultat dieser Berechnungsversuche, welche für die
Grundmasse (Quarz und einen triklinen Feldspath ergeben, stimmt
vollkommen mit der mikroskopischen Beobachtung. Die Analyse
v. Sommaruga's, welche in dem Gestein blos 0-74 Pet. Natron
angibt, kann in diesem Punkte nicht richtig sein, denn schon die
20 Pet. Andesin erfordern 1'2 Pet. Natron, und außerdem findet sich
noch ein plagioklastischer, folglich natronhaltiger Feldspath in der
Grundmasse.
Außer dem Gesteine des Illowathales kommen auch noch andere
Daeite in der Umgebung von Rodna vor. Sie haben entweder Biotit
und Hornblende, oder blos Biotit. Die Textur ist dieselbe wie bei der
vorgenannten Felsart 2°).
Bei dem Gesteine des Illowathales muß ich noch bemerken, daß
v. Richthofen ein quarzführendes Gestein unter den in Californien
auftretenden trachytischen Bildungen mit der Illowaer Felsart ver-
gleicht 2”). Bestätigt sich diese Ähnlichkeit, daun dürften die in dem
fernen Goldlande gefundenen granitähnlichen Trachyte gleich sein
mit dem Dacit des siebenbürgischen Goldfeldes.
Quarzführende Plagioklasgesteine. 29%
Der Daeit von Kisbanya, welcher in der Nähe dieser Ortschaft
im Granitgebiete (Granitit nach Stache) auftritt, hat eine dichte,
etwas schimmernde blaßgraugrüne, fast felsitische Grundmasse, darin
viele kleine und einzelne größere (8 Millim.) weißliche durchschei-
nende Mikrotinkrystalle, grauliche Quarzkörner, viel weniger als Mi-
krotin, Biotitsäulchen, etwa so viel als Quarzkörner, endlich Horn-
blendesäulchen, die in eine graue chloritische Substanz umgewandelt
sind. Einzelne Mikrotinkrystalle sind zum Theil in Epidot verwan-
delt. Einschlüsse die Grundmasse fast überwiegend. v. Soemmaruga
fand in dem Gesteine 6469 Kieselsäure, 16°94 Thonerde, 6-06 Eisen-
oxydul, 395 Kalkerde, also nahe dasselbe wie im Gesteine des
Illowathales. Dem Kisbanyer Daecit nähern sich im äußeren Ansehen
die frischeren Partien des Dacites von Verespatak und von Boiza,
doch gibt es an diesen Punkten nur selten ein Stück, das nicht ganz
zersetzt wäre.
Der Dacit von Nagyak, welcher im Westen dieses Bergortes an
der Zuckerhut genannten Kuppe vorkömmt, unterscheidet sich im
äußeren Ansehen sehr merklich von dem vorigen. Das Gestein im
Ilowathal erinnert an Granit, das von Kisbanya sieht wie ein Felsit-
porphyr aus, der Nagyager Daeit hat ein echt trachytisches Ansehen.
Die gelblichgraue Grundmasse ist matt, rauh, erdig, mit vielen winzi-
gen Pünktchen von Biotit und Hornblende. Darin liegen viele ziemlich
große (6Millim.) durchsichtige stark glänzende Mikrotinkrystalle mit
ausgezeichneter Riefung, grauliche Quarzkörner vonfast gleicher Größe
aber nicht bedeutender Anzahl, endlich dieke Säulen von Hornblende
und Biotit, öfters über erbsengroß. Einschlüsse gegen die Grund-
masse fast überwiegend. Dieser Felsart ist der größere Theil des
Dacites vom Coleu Cioramuluj bei Offenbanya sehr ähnlich. In dem
letzteren fand v. Sommaruga 64-21 Kieselsäure, 16-51 Thonerde,
5-76 Eisenoxydul, 412 Kalkerde, also nahe die Zahlen wie bei dem
Gestein des Illowathales.
Von größerer Wichtigkeit als die eben besprochenen frischeren
Gesteine sind für den Bergbau die zersetzten Massen, die aus dem
Daeit und Andesit entstanden, jetzt in Klüften goldhaltigen Eisenkies
und andere Sulfite führen. Die aus dem Daecit hervorgehenden Ge-
steine sind entweder kreideartig weiß bis graulich, oder dicht und
grün gefärbt. Außer den (Quarzkrystallen enthalten besonders die
weißen Gesteine oft Pseudomorphosen von Mikrotin, Hornblende, Biotit
298 Tschermak.
herrührend. Da die Pseudomorphose des Biotites oft weiß und perl-
mutterglänzend aussieht, so mag sie wohl für Kaliglimmer gehalten
worden sein, und die Angaben Stache’s, daß weißer Glimmer
in derlei Gesteinen vorkomme (pag. 57 und 517), mag sich hier-
auf beziehen. Kaliglimmer ist noch niemals im Traehyt gefunden
worden.
Das weiße Gestein von Rodna, von Herrn Posepny im
Szamosthal bei St. György gesammelt, hat das Ansehen eines sehr
feinkörnigen Dolomites. Es enthält grauliche Quarzkörner, grünlich
weiße perlmutterglänzende Blättehen (Biotitpseudomorphosen) ohne
eigentliche Spaltbarkeit und zersetzte Mikrotinkrystalle.
Das weiße Gestein von Verespatak, das Muttergestein des Gol-
des, ist durch die großen Quarzkrystalle ausgezeichnet. Es hat eine
scheeweiße bis grauweiße bald dichte schimmernde, bald kreideartig
matte Grundmasse. Darin liegen Quarzkrystalle, die oft nußgroß
sind und bei der Verwitterung herausfallen. Die zuweilen erhaltenen
Mikrotinpseudomorphosen lassen erkennen, dafs die früheren Kry-
stalle dieses Minerales verhältnißmäßig groß waren. Bei der totalen
Zersetzung bleiben oft Hohlräume mit Quarzkrystallen ausgekleidet.
Außerdem finden sich Höhlungen von der Form der Hornblende und
des Biotites, zuweilen mit Eisenkies ausgekleidet oder erfüllt.
Partienweise ist das Gestein verquarzt, hornsteinartig, so im
Süden des Kirnik an der Piatra Corbuluj. Auf Klüften finden sich
allenthalben Quarz, Hornstein, Manganspath, Kalkspath, Pyrit, der
oft goldhaltig ist, auch andere Sulfite, selten Gold. Die Verwitte-
rungsrinde erscheint gelblich. Dieses Gestein setzt zum großen Theil
die Berge im Süden des Bergortes Verespatak zusammen, es bildet
den Kirnik und die nördlichen Abhänge des Boi (Affinis). Dasselbe
überlagert (nach Posepny) die conglomeratischen und sandstein-
artigen Eruptivtuffe, welche aus Trümmern von verändertem Daeit
und Glimmerschieferbruchstücken bestehen, und reich an Quarz
Chalcedon und Pyrit sind.
Diese Tuffe, welche auf dem (eocenen) Karpathensandstein
liegen, bilden im Norden und im Süden des Daeites große, oft deut-
lich geschichtete Massen, welche an Quantität den Daeit bedeutend
übertreffen. Sie sind eben so gut goldführend wie der massige
Daeit, daher der Name goldführender Sandstein F. v. Hauer's.
Wegen der innigen Verbindung der Trümmer durch quarzige Masse
Quarzführende Plagioklasgesteine. 299
wurden die quarzigen Tuffe zuweilen für ursprüngliche Gesteine
gehalten, daher wohl auch die Angabe v. Richthofen’s, daß
in diesem quarzhaltigen Trachyt Kaliglimmer vorkomme 2), —
Der Kaliglimmer rührt aber von dem eingeschlossenen Glimmer-
schiefer her.
Im Norden und im Osten von Verespatak erheben sich Kegel
von Andesiteonglomerat (Eruptiveonglomerat) und Andesit, welche
jünger als der Daeit erscheinen. Oberhalb des Abhanges Affinis be-
steht am Gipfel des Felsens ein kolossaler Verhau, Cetate genannt,
dessen Gestein der vorgenannte sandsteinartige Tuff ist. Cotta 2°)
hat bezüglich der Cetate mehrere irrige Angaben veranlaßt, indem
er dieselbe mit dem östlich davon liegenden Kirnik identifieirte,
ferner als Cetategestein eine verkieselte Daecitbreceie aufführt, die
indeß nicht an der Cetate vorkommt, auch kein ursprüngliches
Gestein ist, wofür Cotta dieselbe erklärte. Auch in Stache’s
Beschreibung des Gesteines sind diese Angaben übergegangen. Eine
gründliche Darlegung der Verhältnisse ist demnächst von PoSepny
zu erwarten, welchem ich die obigen Notizen bezüglich der Lage-
rung verdanke. /
Der weilse Daeit von Boiza unterscheidet sich von der Felsart
Verespataks blos durch die Kleinheit der Quarzkrystalle. In der
kreideähnlichen Masse sitzen viele kleine (2Millim.) Quarzpyramiden.
Poröse Stellen von gelblicher Färbung bezeichnen die Reste von
Hornblende und Biotit. Stellenweise finden sich Kaolinkörper, die
noch die Umrisse des Mikrotins haben und perlmutterglänzende
Schuppen als Überbleibsel des Biotites.
Dieses Gestein setzt in der Gegend von Boiza die Kuppe des
Svridiel und die östlich davon aufragende Höhe zusammen, in wel-
chen beiden viele Goldbaue liegen. Die geologische Combination ist
ungewöhnlich. Im Süden des Städtchens zieht W.—-O. eineKette von
Jurakalk. Im Liegenden desselben findet sich Melaphyr und Mandel-
stein, die an den Vorhügeln und in den Thälern erscheinen. Karpa-
tensandstein umgibt als jüngeres Sediment diesen Gebirgszug. Bei
Boiza erhebt sich zwischen Jurakalk Melaphyr und Sandstein der
Daeit zu einem alles überragenden Kegel. Der goldhaltige Pyrit
kommt nicht nur im Daeit vor, sondern reicht auch hinab in den zer-
setzten Melaphyr, welcher sich unterhalb ausdehnt. Bleiglanz, Blende,
Fahlerz, Baryt begleiten ihn.
3 0 0 Tschermak.
Als Beispiel der grünen zersetzten Daeite kann ein Gestein
gelten, das in den Nagyager Gruben häufig auftritt. Die Textur ist
porphyrisch, die Farbe graugrün, die Grundmasse dicht, etwas split-
trig, aber weich, mit dem Messer leicht ritzbar.
Kleine Krystalle von halbdurchsichtigem Mikrotin und Quarz-
körner liegen darin, außerdem Biotitpseudomorphosen vom An-
sehen des Chlorites. In den Klüften Caleit. Ähnlich ist der zersetzte
Daeit von der Breaza bei Zalatna, der indeß außer Mikrotin und
Quarz chloritische Hornblendepseudomorphosen in großer Menge
enthält. Daß der Daeit bei der Zersetzung einmal eine porzellanartige
weiße, ein anderes Mal eine splittrige grüne Grundmasse liefert,
scheint in der ursprünglichen Zusammensetzung der Grundmasse zu
liegen. Es ist dies derselbe Unterschied, welcher das Aussehen der
grünsfeinartigen und der porösen rauhen Andesite bedingt.
Da dasGold immer nur im zersetzten älteren Andesit und Quarz-
andesit und in dessen Tuff, außerdem nur in dem knapp daran liegen-
den fremden Gestein (Karpatensandstein in Verespatäk, Melaphyr in
Boiza) vorkömmt, so erscheint es mir nicht zweifelhaft, daß das Gold
aus dem älteren Andesıt und Quarzandesit stammt, und bei der Zer-
setzung derselben in den Gesteinklüften mit anderen Zerlegungs-
produeten abgesetzt und in solcher Weise eoncentrirt wurde.
Nicht alle Gesteine, welche die Zusammensetzung des Daeites
haben, zeigen so wie dieser den Quarz in wahrnehmbaren Krystallen.
In Siebenbürgen selbst, häufiger aber in Ungarn, kommen Gesteine
vor, die ausgezeichnete Mikrotinkrystalle in einer felsitischen oder
glasigen Grundmasse zeigen. So an der Piatra Vunet bei Offenbanya
eine Felsart, die eine schwärzlich-graue, halbglasige Grundmasse
besitzt, worin schwarze Hornblende und Biotitkrystalle und viele grö-
ßere gelbliche Mikrotinkrystalle liegen, so in derGegend von Schem-
nitz, wo ähnliche Gesteine nicht selten sind. Von diesen Felsarten
sind indeß gegenwärtig noch keine genaueren Analysen bekannt,
welche diese Stellung im Systeme bestätigen würden. Dagegen liegen
Untersuchungen von Abich, ferner von G. v. Rath vor, welche,
wie Zirkel gezeigt hat, mehrere Gesteine in Transkaukasien,
Süd-Amerika und den Euganeen zu den felsitischen Quarzandesiten
stellen.
Abich hat im Verlaufe seiner umfangreichen Untersuchungen 30)
auch Andesite mit sehr deutlichen Mikrotinkrystallen analysirt, die
Quarzführende Plagioklasgesteine. 301
zwar keinen Quarzgehalt erkennen lassen und eine dichte zuweilen
hornsteinartige Grundmasse zeigen, aber eine solehe chemische Zu-
sammensetzung besitzen, deren Interpretation auf eine nicht ganz
unbedeutende Menge freier Kieselsäure führt. Solche Gesteine finden
sich am Ararat, Kasbek, Chimborazo, Guagapichincha.
Das Hof-Mineraliencabinet besitzt Felsarten vom Kasbek, ge-
sammelt von Professor Kolenati, deren Aussehen vollständig mit
Abich’s Beschreibungen harmonirt. Sie haben eine dichte, zu-
weilen fast felsitische Grundmasse, worin leicht erkennbare weiße
Mikrotinkrystalle. In einer dieser Felsarten vom Kasbekgipfel er-
kannte ich eine sehr eigenthümliche Textur. Die Masse desselben
wird von kleinen braunen Felsitkörnchen und von Mikrotinkrystallen
gebildet. Bei allen diesen Felsarten darf man schon nach dem äuße-
ren Ansehen der Grundmasse auf freie Kieselsäure schließen.
G. v. Rath beschrieb in seiner verdienstvollen Arbeit über die
Euganeischen Trachyte >:) unter dem Namen Oligoklastrachyt solche
Felsarten , die zum Theil hieher gehören dürften. Wenn auch
v. Rath nieht geneigt ist, in denselben freie Kieselsäure anzuneh-
men, so läßt doch die Zusammensetzung eines dieser Gesteine, näm-
lich der Felsart vom Monte Alto keine andere Deutung zu, als daß
mindestens 18 Pet. freier Kieselsäure vorhanden seien.
Um die Ähnlichkeit zwischen der Zusammensetzung des Daeites
und dem chemischen Bestande der zuletzt erwähnten Felsarten her-
vorzuheben, stelle ich die Analysen zusammen:
1 2 3 4 5 6
Kieselsäure . . 66.41 6546 69-47 65-09 67:07 68-18
Thonerde . . 1741 1536 1498 1558 13:19 13-65
Eisenoxyd . . 412 — 231 383 AT —
Eisenoxydul. . — 665 104 173 Mn.0-32 6:69
Kalkerde. . . 396 424 468 2-61 3:69 2:23
Magnesia . . 182 211 09 410 346 042
Bau 54 3 TA 199 2189:0.1708
Natron ....383 409 446 446 490 6-00
Glühverlutt (#0)0-81 034 035 041 0-30: 0-55
s— 2.650 2-635 2595 2-685 2:580 2-545
1. Dacit aus dem Illowathal bei Rodna.
2. Araratgestein mit zahlreichen Mikrotinkrystallen, undeutlichem
302 Tschermak.
Amphibol und Biotit in einer schwarzgrauen hornsteinähnlichen
Grundmasse.
3. Gipfelgestein vom großen Ararat, sehr feinkörnig, licht aschgrau,
mit sehr vielen glasglänzenden Mikrotinkrystallen, wenig Horn-
blende und vielen glasglänzenden Punkten, vielleicht Quarz.
4. Chimborazogestein aus 15180 Fuß Seehöhe, mit vielen klei-
nen und einigen ziemlich großen Feldspathkrystallen, wenig
Hornblende, Partien von grünem Augit und fein eingesprengtem
Magnetit.
5. Gestein vom Guagapichincha aus 14248 Fuls Seehöhe, mit
schwarzer pechsteinartiger Grundmasse, worin Mikrotintafeln,
grauer Augit, zerstreute Punkte von Magnetit.
6. Gestein vom Monte Alto in den Euganeen mit- feinschuppiger
brauner Grundmasse, worin viele 1—2 Linien große durchsich-
tige Mikrotine, vieleHornblendenadeln und spärliche sehr kleine
Biotitblättchen.
Der Dacit und die ihm gleichkommenden Quarzandesite sind
in chemischer Beziehung durch einen bedeutenderen Natrongehalt
charakterisirt, der die Menge des Kali übertrifft. Gesteine, welche
bei gleichem Kieselgehalte eine größereKalimenge aufweisen als der
Dacit, werden alsÜbergangsglieder zwischen Daeit und Quarztrachyt
anzusehen sein. Solcher intermediärer Gesteine gibt es natürlicher
Weise sehr viele, weil ja eine Abgrenzung der Gesteinstypen nicht
existirt. Als ein Beispiel führe ich ein Gestein an, welches im öst-
lichen Kärnten nächst Prevali und Straschischa im Gebiete des Thon-
glimmerschiefers auftritt und in der Nähe eines anderen grünstein-
artigen granatenführenden Amphibolandesites vorkömmt. Dasselbe ist
grau, zeigt eine matte aschgraue diehte Grundmasse, worin viele
kleine Mikrotinkrystalle und kleine Biotitblättehen, wenig Quarz-
körner zu sehen sind. Die Grundmasse überwiegt ein wenig gegen
die Einschlüsse. Das Eigengewicht ist 2-661. Die chemische Zusam-
mensetzung nach der Analyse des Herrn Hauptmannes S. Streit:
Kieselsaure Y , FW 706344
Thonerder. we am, "DENE 2910-81
Eisenoxyde.. SUR ®, BWIy Varjebt
Eisenoxydul "PRWORETIE NER 1208
Kalkerdeat VE EUREN TIT,
Quarzführende Plagioklasgesteine. 303
Masmesial. Gase. 3% ur... 194
Balsam Me! „Int... 8.88
Natson . EHRE. Ua 9S ......',8-64
Mlasser . dom . 00% ..2.. 200
100.63
Wenngleich in dem Gestein kein Sanidin zu bemerken ist, so
weist doch der bedeutende Kaligehalt darauf hin, daß in der Grund-
masse ein Kali-Feldspath auftrete.
Vergleichung der quarzführenden Plagioklasgesteine.
Der Tonalit bildet den mächtigen Gebirgsstock des Adamello,
welcher der Reihe der alten krystallinischen Formationen zugehört.
Der Südtiroler Quarzporphyrit ist ein Bestandtheil jener mächtigen
Porphyrdecke, welche zwischen dem Thonglimmerschiefer und der
Trias der Südalpen zu liegen kommt. Der Daeit ruht auf dem als
eocen angenommenen Sandstein der östlichen Karpaten.
Das geologische Alter dieser Gesteine ist demnach ein sehr ver-
schiedenes, die mineralogische Zusammensetzung derselben aber ist
gleich: Plagioklas und Quarz nebst Biotit und Hornblende, im Daeit
‚hat der Plagioklas das glasige Ansehen. Die Textur ist beim Tonalit
großkörnig, bei den beiden anderen porphyrisch.
Die chemische Zusammensetzung der drei Gesteine ist unge-
mein wenig verschieden, wie aus der Zusammenstellung der drei
früher angeführten Analysen hervorgeht:
Tonalit Q.-Porphyrit Daeit.
Kieselsäure . . . . 6691 66-76 66-41
Piimerde, ...... 15-20 16-53 17-41
Bisenoxyd ... .. 645 4-60 4-12
Kalwerde -. ... ... .oio 471 3:96
Maswesia &......... :2°8D 2.64 1:82
Ba ne lesen, „0:86 1:82 1:65
Dalrons.2uN,.uaa in 988 2-86 3:88
Basser 90-16 2-12 0-81
98-99 102.03 100.01
Von den Feldspathen dieser Gesteine sind die des Tonalites
von G. v. Rath und des Daeites von €. v. Hauer untersucht. Aus
der folgenden Zusammenstellung wird man die Ähnlichkeit erkennen,
welche die chemische Zusammensetzung derselben zeigt:
304
Tsehermak.
1 2
Kieselsäure . 58-15 56.79
Thonerde 2655 2848
Kalkerde . . 8:66 8:56
Magnesia . . . 0:06 0:00
Kalkluise ua ala 10%
Natsonv ik Mal; rrbr28 6-10
Glühverlust . . 0-30 0:24
100-00 100-51
s=2676 2695
100.52
3.
54:58
27:37
9-62
1:81
5:98
1:21
2.686
A.
57:20
25-12
6:96
Spur.
1:87
7:28
1.68
100-11
2.985
1. und 2. aus dem Tonalit des Val San Valentino, 3. aus dem
Daeit im Illowathal bei Rodna, 4. aus dem Daeit von Nagy-Sebes.
Alle diese Feldspathe gehören in die Andesinreihe.
Man darf daher sagen, daß die genannten Gesteine durch Andesin
charakterisirt werden.
Anmerkungen.
1) So wie man alle monoklinen orthoklastischen Feldspathe, welche auch durch den
*)
2)
vorwiegenden Kaligehalt charakterisirt
sind. unter der generellen Bezeichnung
Orthoklas zusammenfaßt, so empfiehlt es sich als zweckmäßig, alle die triklinen,
plagioklastischen Feldspathe, die sich überdies durch den Kalkerde- und Natron-
gehalt von den vorigen unterscheiden, unter dem allgemeinen Namen Plagioklas
zu begreifen.
pag. 566.)
(S. meine Studien über die Feldspathgruppe in den Sitzungsber.
der Wiener Akademie, Bd, L.
Bei dem Plagioklas kann man dem bisherigen Gebrauche entsprechend, folgende
Unterabtheilungen machen:
Albit mit 0 bis
Qligoklası 2,21 720227216
Andesin cn 64510
Labradorit „ 10 „ 13
Bytownit Pa en ir
Anorthit „. 1004.20
” ”„ »
10
8
5
3
1
2)
”»
8
3»
3»
>
0,
2 Pct. Kalkerde und 12 bis 10 Pet. Natron
So wie man ferner die glasig und rissig ausgebildete Abänderung des Orthoklas
als Sanidin bezeichnet, so kann man für die glasige und rissige Abänderung des
Plagioklas die Bezeichnung Mikrotin anwenden.
In der Zeitschrift der deut. geol. Gesellsch. (1864) Bd. XVI, p. 249.
3) Ebendaselbst (1865), Bd. XVII, p. 569.
*#) Poggendorff’s Annalen Bd. XC, p. 125 (1853).
Quarterly Journal of the geological society of London 1856, Bd. XII, p. 171
and 1858, Bd. XIV, p. 301.
„
a,
Quarzführende Plagioklasgesteıne. 30 5
Zeitschr. d. deut. geol. Ges, 1849. Bd. I, p- 373.
Die quarzführenden Porphyre. 1853.
8) Lehrbuch der Geognosie. 1858, Bd. 1, p. 599.
u)
10)
11)
18)
19)
In dem grauen Porphyr des Bodethales. Jahrb. für Mineralogie 1860, p. 267.
In den Felsitporphyren von Halle. S. d. Zeitsch. d. deut. geol. Ges. 1864. Bd. XVI,
p- 367.
Da gegenwärtig schon eine Anzahl von Porphyren bekannt ist, welche bei unbe-
waffnetem Auge keinen Quarz erkennen lassen, aber eine sehr kieselreiche Felsit-
masse darstellen, in welcher meist Feldspathkrystalle eingeschlossen erscheinen,
so möchte es vielleicht zweckmäßig sein, diese als Felsitporphyre zu bezeichnen,
während unter Quarzporphyr solche Orthoklasgesteine zu verstehen wären, welche
deutlich wahrnehmbaren Quarz führen.
Memoires de la soc. geol. de France Il. serie, T. IV, p. 301 (1852).
Berichte über die Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg.
1. Bd., p. 544 und II. p- 215.
Geognostische Beschreibung von Südtirol. Mit einer geognostischen Karte. 1860,
p- 120.
Diese Analyse ist so wie die des Dacites von Rodna und des Trachytes von Prevali
im Laboratorium des Herrn Prof. Redtenbacher ausgeführt.
Jahrbuch für Mineralogie 1860, p. 267.
Über die chemische Constitution der Plutonite. Abdruck aus der Zeitschrift für
das Jubiläum der Freiberger Akademie 1866. p. 34.
Die Gesteinsanalysen 1861. p. XXXIV.
Nach dem Vorschlage Roth’s werden bekanntlich alle jene Trachytgesteine, welche
als hauptsächlichen Bestandtheil einen triklinen Feldspath enthalten, als An-
desite bezeichnet und die Unterabtheilungen: Amphibolandesit und Augitandesit
gemacht. In Siebenbürgen und Ungarn finden sich auch ausgezeichuete Biotit-
andesite.
Geologie Siebenbürgens von F. v. Hauer und G. Stache 1863. p. 7i.
Jahrbuch der geolog. Reichsanstalt 1860. Bd. XI, pag. 153.
Jahrbuch d. geol. Reichsanstalt 1866. Bd. XVI, Verh. p. 65.
Lehrbuch der Petrographie 1866, Bd. II, p. 207 und 221.
Jahrbuch der geologischen Reichsanstalt 1866. Bd. XVI, p. 461. Daß die Alkalien-
bestimmung in diesen Analysen nicht richtig sein könne, ergibt sich sogleich
aus dem Umstande, daß die untersuchten Gesteine sämmtlich reich an plagioklasti-
schem Feldspath sind und keinen Sanidin erkennen lassen, während die Analysen nur
0'28 pCt. bis 1°38 pCt. Natron angeben. Bei dem Gestein aus dem Illowathal stellt
sich der Vergleich zwischen der im Texte angeführten Analyse von Slechta
und der vonSommaruga wie folgt:
Slechta v. Sommaruga
u nn
Bieselsäure,. Hi 2dMN:aHN6 Al 6621
Mliamerde: . 17.,2:0.., +1. 3, 141 1784
ERSeHosyvion.. ohne an mi? 6:17
Kakerdersn ash ta, 396 464
NET GETE WE Bee ec a SL 3Y- 0°47
® * *
306 Tscehermak. Quarzführende Plagioklasgesteine.
Kal er 3 3:84
INBLFONG 5.0 near air. OROR 0.74
Wasser- 5, 0 verachten. S0B4 1:26 (Glühv.)
10001 10117 N}
In allen von mir publieirten Analysen ist die Alkalienbestimmung eine directe
aus Kaliumplatinchlorid und Chlornatrium, während v. Sommaruga die Alkalien
nicht einzeln gewogen, sondern aus der Summe der Chloralkalien und deren Chlor-
menge berechnet hat.
°5) Verhandlungen der geolog. Reichsanstalt 1867, Nr. I, p. 12.
26) S.Posepny im Jahrb. der geolog. Reichsanstalt 1865, Bd. XVI, Verh., p. 163.
27) Zeitschr. der deut. geolog. Gesellschaft 1864, Bd. XVI, p. 609. v. Richthofen
will für diese Felsarten die Namen Nevadit, Liparit und Rhyolith vorschlagen.
*8) Jahrb. d. geolog. Reichsanstalt 1861, Bd. XI, p. 167.
29) Gangstudien, Bd. IV, pag. 66.
30) Über die Natur und den Zusammenhang der vulkanischen Bildungen. 1831.
Über die geolog. Natur des armenischen Hochlandes. 1843.
31) Zeitschrift d. deut. geolog. Gesellschaft (1864), Bd. XVI, p. 500.
Graber. Zur Entwickelungsgeschichte u. Reproductionsfähigkeit etc. 307
Zur Entwickelungsgeschichte und Reproductionsfähigkeit der
Orthopteren.
Von Vitus &raber,
stud. phil. in Innsbruck.
(Mit 4 Tafeln.)
(Vorgelegt in der Sitzung vom 3. Jänner 1867.)
Da es selbst mit Aufopferung vieler kostbarer Zeit nicht so leicht,
ja oft geradezu unmöglich ist, gewisse biologische Beobachtungen
im Freien zu machen, so habe ich mir nach dem Beispiele anderer
Biologen gleichfalls einen eigenen Schaukasten (aus Glas) an einem
recht sonnigen Platze aufgestellt und den Boden desselben, damit es
unseren Thierchen nie an entsprechender und frischer Nahrung fehle,
mit einem blumigen Rasenteppich belegt.
Dadurch ward es mir möglich, namentlich über die Häutungen
der Orthopteren, manches Interessante zu beobachten, was andern
Orthopterologen ganz oder theilweise entgangen ist.
Im Folgenden werde ich es nun versuchen, das Ergebniß meiner
diesbezüglichen Studien, welche allerdings erst vor zwei Jahren be-
gannen, auf möglichst gedrängtem Raume darzustellen, und würde
mich außerordentlich freuen, wenn es mir wirklich gelungen wäre,
durch meine Beobachtungen die Entwicklungsgeschichte der Ortho-
pteren auch nur eine kleine Strecke weitergebracht zu haben.
Zur Entwickelungsgeschichte.
Nach der Art und Weise, wie die Ansätze der Flugwerkzeuge in
den zwei letzten Entwickelungsstadien an Meso- und Metanotum an-
gefügt sind, können wir die Orthopteren zum übersichtlichen Studium
ihrer Entwickelüngsgeschichte in zwei Classen abtheilen: bei der
ersten Classe, wozu sämmtliche Forficulina, Blattina und Mantodea
gehören (wahrscheinlich auch die Phasmodea), haben die Flügel-
ansätze in allen Stadien im Allgemeinen dieselbe Lage; erscheinen
als mehr oder minder starke lappenartige Erweiterungen des hinteren
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 21
308 Graber.
Außenrandwinkels am Meso- und Metanotum, und hangen die der
einen mit denen der andern Seite gleichsam durch eine mittlere
Rückenlinie zusammen (quasi in linea dorsi mediana cohaerere vi-
dentur t). Fig. S, T. II, veranschaulicht die allmähliche Flügelent-
wiekelung dieser Classe an den Jungen einer Blatta germanica L.
In der ersten Figur (a), welche die jüngsten zwei Stadien dar-
stellt, sind die hinteren Außenrandwinkel des Meso- und Metanotums
(x und 5) nur wenig verlängert; im dritten und vierten Stadium (5)
dagegen schon deutlich lappenförmig erweitert und umschließen mit
ihrem Innenrande die erste und zweite Rückenschiene. Im letzten
(fünften) Entwiekelungsstadium (c) sind die Läppchen noch größer,
umfangen bogenförmig die drei ersten Rückenschienen und zeichnen
sich weiter noch durch ein deutliches Geäder aus, das dem der voll-
ständig ausgebildeten Flügel (im Kleinen) genau gleich ist. In all’
diesen fünf Bildungsphasen aber sind die Flügelansätze der einen mit
denen der anderen Seite innig verwachsen, also unfrei und von hori-
zontaler Lage.
Die übrigen Orthopterenfamilien nämlich die @ryllodea, Locu-
stina und Akridiodea, welche wir in eine zweite Classe stellen wollen,
zeigen eine von den früheren mehrfach verschiedene Flügelbildung.
Allerdings kommen auch bei ihnen die ersten Spuren der späteren
Flugwerkzeuge als kleine seitliche lappenförmige Anhängsel des
Meso- und Metanotums zum Vorschein, liegen aber nicht mehr hori-
zontal, wie wir es bei der früheren Abtheilung gesehen haben, sondern
vertical an den Köperseiten. Taf. IV, Fig. 1, 2 und 3 zeigt diese
lappigen Flügelansätze im ersten, zweiten und dritten Stadium einer
Feldgrille.
Ein weiterer und sehr auffallender Unterschied in der allmählı-
chen Flügelentfaltung dieser Classe von der früheren besteht darin,
daß (gewöhnlich) bei den zwei letzten Entwickelungsphasen die An-
sätze der Flugwerkzeuge ihre frühere verticale Seitenstellung mit
einer mehr horizontalen oder dachförmig gegeneinander geneigten
Rückenlage vertauschen, d. i. sich gleichsam an der Haftstelle des
Meso- oder Metanotums (Taf. II, Fig. 6 und 7, —y) um-und auf-
stülpen, wobei benannte Verbindungslinie bedeutend kürzer wird,
und die früheren nur lappenförmigen Anhängsel die Gestalt wirklicher
1) Fischer, Orthoptera Europaea pag. 39.
Zur Entwiekelungsgeschichte u. Reproductionsfähigkeit d. Orthopteren. 309
kleiner und ganz freiliegender Flügelscheiden annehmen, die unter-
einander in gar keiner Verbindung stehen, und deßhalb ohne das
Meso- oder Metanotum zu verletzen, von ihrer Haftstelle abgelöst
werden können (Taf. IV, Fig. 7, ß), was bei der früheren Classe
nie geschehen kann, da in derselben die Flügelansätze aller Stadien
mit dem Meso- und Metanotum unzertrennlich verwachsen sind.
Die Entwickelung der Flugwerkzeuge ist also in dieser zweiten
Abtheilung von doppelter Art, nämlich in den ersten Stadien unfrei
und vertical, in den letzten Phasen ganz frei und horizontal oder (be-
sonders im letzten Entwickelungsstadium) mehr dachförmig.
Über die Entwickelung der in die erste Classe gehörigen Familien
haben wir zu dem von Fischer Mitgetheilten nichts Neues oder
Berichtigendes beizufügen und beschäftigen uns lediglich mit jenen
Familien, die wir eben durch das Vorhandensein eigentlicher Flügel-
scheiden in den letzten Stadien charakterisirt haben.
Gryllodea
Unsere Feldgrille, an der ich die Entwickelung dieser Familie
studirte, macht vom Ausschlüpfen aus dem Ei bis zur vollständigen
Ausbildung fünf) Stadien durch, von denen, wenigstens in hiesiger
Gegend, die ersten vier auf den Sommer und Herbst, und das letzte
sowie ein Theil des vorletzten auf das nächste Frühjahr entfällt, d.h.
sie häutet sich vor dem Winter drei- und nach demselben noch
zweimal.
1) Nach den neuesten über die Entwickelung der Forficulinen und Mantiden gemach-
ten Beobachtungen („Die Häutungen der Gespenstheuschrecke, Mantis religiosa
von Pagenstecher“ im Archiv f. Naturgeschichte XXX. pag. 7—25. Taf. I;
„Anatomisk Undersogelse af de Danske Orentviste, ved Fr. Meinert. Forste
Afdeling“. [Naturhist. Tidsskr. 3. Stank. II. pag. 427—482. tab. 19]) zu urtheilen,
ist es höchst wahrscheinlich, daß die Zahl der Häutungen auch bei den von uns
behandelten Familien eine größere sei, als bisher angenommen wurde, und da es
mir leider noch nicht gelungen ist, die Entwickeluug einer Heuschrecke oder Grille
unmittelbar seit ihrem Ausschlüpfen aus dem Ei zu studiren, so kann es sehr wohl
möglich sein, daß jenes Stadium, welches ich gleich meinen Vorgängern als das
erste annehme, in der That schon das zweite oder (mit weniger Gıund) dritte seı.
Die übrigen Stadien dagegen konnten in ihrer ununterbrochenen Reihenfolge
genau (zu Hause im Schaukasten) beobachtet werden, und hat die Beschreibung
und Aufzählung derselben, auch wenn eine solche angedeutete Entdeckung gemacht
würde, noch ihre volle Giltigkeit.
ZA
310 Graben,
Dal einem so eifrigen Biologen wie Roesel und von einem so
bekannten Inseete, das er zu Hause beobachtet zu haben vorgibt,
das letzte (fünfte) Stadium ganz entgangen ist, und er also nur vier
Entwieckelungsstadien und Häutungen kennt, muß uns jedenfalls be-
fremden'). In wieferne D. Geubels Ansicht (neuere Beiträge) rich-
tig sei, der sechs Häutungen für @ryllus campestris annimmt, lassen
wir einstweilen auf sich beruhen und gehen zur kurzen Beschreibung
der einzelnen Stadien selbst über, wobei wir bei dem Umstand, daß
sich am Orthopterenkörper überhaupt mit Ausnahme der Flügelansätze
keine sicheren Unterscheidungskennzeichen namentlich nicht für die
unmittelbar aufeinanderfolgenden Bildungsphasen finden lassen, durch-
gehends nur diese letzteren berücksichtigen wollen.
Die Flügelbildung der Feldgrille ist in den drei ersten (Sommer-
und Herbst-) Stadien vertical-unfrei, in den zwei letzten (Überwin-
terungs- und Frühlings-) Phasen horizontal-frei.
Im ersten Stadium (Taf. IV, Fig. 1, «. ß.) ist die Meso- und
Metanotumsschiene mit den übrigen Rückensegmenten fast ganz
gleich geformt. Die Seiten desselben zeigen nicht die geringste Spur
eines Flügelansatzes und der Unterrand verläuft einfach bogig (ohne
buchtige Ausschweifung) in den Hinterrand; während wir schon nach
der ersten Häutung, d. i. im zweiten Stadium (Taf. IV, Fig. 2, «. B.),
namentlich am verticalen Seitentheil des Mesonotums eine mehr min-
der tiefe buchtige Ausschweifung des Hinterrandes wahrnehmen,
und das unterste Ende des Metanotums in eine von einer convexen
und concaven Bogenlinie gebildete nach vorne sehende Spitze aus-
läuft, welche mit dem Unterrand des Metanotums in gleicher Höhe
liegt. Im dritten Stadium sind besonders die zipfelförmigen Flügel-
ansätze des Metanotums (Taf. IV, Fig. 3, 8.) stark entwickelt und
mit einer nach hinten gewendeten etwas zugerundeten Spitze ver-
1) Über die weitern fälschlichen Behauptungen Roesels (s. Insektenbelustig. B. II,
pag. 81, 82) wollen wir uns nicht des Nähern einlassen, sondern nur bemerken,
daß seine drei ersten Stadien mit den von mir gezeichneten (Fig. 1, 2, 3) insoferne
identisch sind, daß er sie — aber ohne ein Wort zur Unterscheidung derselben zu
sagen — im vertical-unfreien Zustande abbildet, und der irrigen Ansicht ist, daß
das III. Stadium überwintert, während man schon im September Thiere des IV.
findet. Seine IV. (Frühlings-) Phase fällt ebenfalls mit unserem IV. (Überwinte-
rungs-) Stadium zusammen. Das V. Stadium jedoch kennt er gar nicht, da er das
Imago unmittelbar aus unserem IV. entstehen läßt.
Zur Entwickelungsgeschichte u. Reproductionsfähigkeit d. Orthopteren. 311
sehen, die bedeutend tiefer reicht als die halbkreisrunden durch eine
Bucht am Hinterrand deutlich von den Mesonotum-Seiten geschiede-
nen Deckenansätze, welche wie die des Metanotums durch erhabene
Längslinien (Adern) von denen des früheren Stadiums, wo diese ganz
fehlen, ausgezeichnet sind.
Das erste Stadium der horizontal-freien Flügelbildung, d. i. die
vierte Entwickelungsphase, zeigt schon deutlich entwickelte Scheiden
der späteren Flugwerkzeuge (Taf. IV, Fig. 4). Die an den Seiten
des Metanotums angefügten Flügelscheiden (ß) sind länglich, reichen
mehr minder über das breite Metanotum in die erste Rückenschiene,
und sind etwas schmäler als die dazwischen gelegenen rundlichen
Deckscheiden (x), welche unter dem Pronotum nur wenig vorragen
und kaum in die Mesonotumsmitte reichen. Die Thiere des fünften
oder letzten Entwickelungsstadiums besitzen schon größere und deut-
lich geaderte Flügelscheiden (Taf. IV, Fig. 5), welche — und das
ist besonders hier der Fall — die des Imagos im Kleinen genau vor-
bilden: die Flügel (ß) sind nicht mehr einfach länglich, sondern von
deutlich dreieckiger stumpfspitziger Form und reichen in die Mitte
der zweiten Rückenschiene; die wenigstens.ans Ende des Mesonotums
langenden Deckscheiden sind gleichfalls stumpf, dreieckig, bogenseitig
und nähern sich mit ihrem Innenrande dermassen, daß das schmal
unter dem Pronotum vorschauende Mesonotum fast gänzlich bedeckt
wird und der sichtbare Theil des Metanotums ein Trapez darstellt. (Q )
Außerdem sind letztere nicht mehr wie im vorigen Stadium ganz
flach, sondern zeigen eine horizontale und eine mehr verticale (in
unserer Zeiehnung schattirte) Hälfte, welche dem an den Körpersei-
ten des Imagos liegenden Deckentheil genau entspricht.
Die Flügellage der Feldgrille im fünften Stadium verdient aber
noch aus einem anderen Grunde eine weitere Beachtung. Während
wir nämlich bei den durch horizontal-freie Flügelentfaltung ausge-
zeichneten Familien namentlich die letzten Stadien von dem vollkom-
men entwickelten Inseet dadurch sicher unterscheiden können, daß
beim Imago die Decken immer außen (extrinsecus), die Flügel aber
immer innerhalb (intrinsecus) derselben liegen, also von jenen oft
gänzlich verdeckt werden, verhält sich das in den Entwickelungs-
stadien fast sämmtlicher Grillen, Laub- und Scehnarrheuschrecken
gerade umgekehrt, d. h. die Decken liegen entweder zwischen den
Flügeln, also innerhalb derselben (gewöhnlich im vorletzten) oder
312 Graber.
werden von den Flügeln bedeckt (gewöhnlich im letzten Stadium).
Von dieser Regel bildet nun aber das fünfte Stadium der Feldgrillen
eine Ausnahme, da hier die Flügel mitunter 1) wie beim ausgewach-
senen Insecte theilweise (wie aus Fig. 5. ersichtlich) von den Decken
verhüllt werden; die Flügelscheiden liegen nämlich, da sie im Ver-
gleich zu denen der Akridier und Lokustinen ziemlich klein sind,
während das Mesonotum bei der Feldgrille viel breiter ist, mehr hin-
ter- als neben- und aneinander.
In Bezug auf die verschiedenen Geschlechter gestaltet sich die
allmähliche Ausbildung der Flugwerkzeuge mit unbedeutenden Diffe-
renzen völlig gleichartig, was auch bei den nächsten Familien der
Fall ist.
Loeceustina.
Die Laubheuschrecken stehen der vorigen Familie nicht bloß im
Körperbau sehr nahe, sondern zeigen auch in Bezug auf Entwickelung
mit denselben eine innige Verwandtschaft. |
Wir finden auch hier wieder im Allgemeinen fünf Entwickelungs-
stadien, und zwar ebenfalls drei mit bloß lappenförmigen Flügelan-
sätzen am Meso- und Metanotum, und zwei mit wirklichen Flügel-
scheiden.
Da es aber in dieser und der nächstfolgenden Familie der Akri-
dier Thiere mit vollkommen ausgebildeten Flugwerkzeugen und solehe
mit bloßen Flügelrudimenten (oft fehlen die Flügel gänzlich und sind-
nur schuppenartige Decken vorhanden) gibt, die bezüglich der Flü-
selentwickelung eine namentlich in den letzten Stadien wesentlich
verschiedene Gestalt besitzen, werden wir in diesem und dem folgen-
den Abschnitte bloß Thiere mit vollständigen Flugwerkzeugen ins
Auge fassen und die unvollständig geflügelten Laub- und Schnarr-
heuschrecken am Schlusse gemeinschaftlich behandeln.
Im ersten Stadium der vollständig geflügelten Locustinen ist der
Unterrand der Meso- und Metanotumsseiten einfach bogig zugerundet
(Taf. I, Fig 9, «. ß.), also von den übrigen Rückenschienen kaum
verschieden; während derselbe schon nach der ersten Häutung d. i.
im zweiten Stadium sowohl am Mittel- als Hinterrücken lappenförmig
1) Nach den in diesem Frühjahre gemachten Beobachtungen scheint die eben be-
schriebene Flügellage wirklich ganz abnorm zu sein.
Zur Entwickelungsgeschichte u. Reproductionsfähigkeit d. Ortliopteren. 31 3
verlängert und etwas nach hinten gewendet erscheint (Taf. I, Fig. 10,
&. ß.). Im dritten Stadium sind diese ersten Spuren der spätern Flug-
werkzeuge noch besser ausgesprochen (Taf. I, Fig. 11) und lassen
bereits einige erhabene Längslinien (das spätere Geäder) erkennen:
die Deekenansätze sind schmal, zungenförmig, und das Mesonotum,
mit dem sie seitlich verwachsen sind, ganz vom Halsschilde bedeckt;
die am Metanotum angefügten Flügelansätze hingegen (der Natur der
Sache genau entsprechend) viel breiter, und zeigen schon mehr die
bogenseitig-dreieckige und stumpfspitzige Figur des vollständig aus-
gebildeten Flügels. In der dritten Häutung (viertes Stadium) erhält
die dureh vollständige Flugwerkzeuge ausgezeichnete Laubheuschrecke
deutliche horizontal auf dem Rücken postirte Deck- und Flügelschei-
den (Taf. I, Fig. 12, und Taf. IV, Fig. 6); letztere ($) sind merklich
längs geadert, mehr minder bogenseitig-greieckig und berühren sich
gegenseitig an ihrem Innen- (Hinter-) Rande gleichwie die da-
zwischen liegenden etwas kürzeren zungenförmigen Deckscheiden
nicht (Taf. IV. Fig. 6), haben bei den verschiedenen Arten gewöhn-
lich auch eine etwas differirende Länge, reichen aber selten über die
dritte Rückenschiene hinaus. Im Allgemeinen ist die mehr horizon-
tale als dachförmige Flügellage, der Abgang deutlich entwickelter
Queradern an den Deckscheiden sammt der geringen Länge derselben
für dieses Stadium charakteristisch.
Im letzten (fünften) Entwickelungsstadium (Taf. I, Fig. 13 und
Taf. IV, Fig. 7) liegen die langen wenigstens über die vierte Rücken-
schiene reichenden Flügel- und die deutlich quergeaderten, oft schon
durch dunklere und hellere Felder, wie beim Imago, ausgezeichneten
Deckscheiden (Fig. 13, elytrae vagina von Platycleis grisea) mehr
auf- als nebeneinander, berühren sich ganz oder theilweise an ihrem
Innensaum, wodurch das Mesonotum und oft noch einige Rücken-
schienen verdeckt werden, und schließen sich über derRückenmittel-
linie dachförmig zusammen.
Am Schlusse wollen wir noch kurz die Ansichten Roesels t)
und Fischers 2) über die Ausbildung der Flugwerkzeuge in den
einzelnen Stadien vernehmen. — Die Beschreibung der ersten drei
durch bJosse Flügelansätze charakterisirten Entwickelungsstadien
1) Insecetenbelustigungen. Bd. Il, pag. 56, 57, 69. 70.
2) Orthoptera Europaea pag. 36.
314 Graber.
stimmt bei beiden Auctoren bis auf einige Ungenauigkeiten mit der
unserigen überein; die zwei letzten durch deutliche Flügelscheiden
ausgezeichneten Stadien dagegen werden von ihnen irrthümlicher-
weise in eine einzige verschmolzen. So zeichnet Roesel das eine Mal,
bei Decticus verrueivorus L., unser vorletztes (viertes) Stadium für
das letzte (bei ihm ebenfalls viertes) ab, das andere Mal (bei Zocusta
viridissima) wird unser letztes (fünftes) Stadium von ihm für das
vierte angesehen, woher es kömmt, daß er in der That sämmtliche
fünf Stadien abbildet, und der einzelnen Art doch nur vier zuschreibt,
weil ihm eben unsere vierte und fünfte Entwickelungsphase identisch
scheint.
Akridiodena.
Bei den mit vollkommenen Flugwerkzeugen ausgestatteten und
von uns untersuchten Akridiern finden sich immer vier Entwiekelungs-
stadien, also um eins weniger wie mehrentheils bei Grillen und
Laubheuschrecken.
Die ersten zwei Phasen zeigen bloß lappenförmige, die zwei
letzten aber wie bei den früher behandelten Familien scheidenartige,
horizontal oder dachförmig auf der Rückenfläche postirte Flügel-
ansätze. Der Unterrand der Meso- und Metanotumsseiten ist im ersten
Stadium wieder ganz ähnlich einfach bogig abgerundet, wie wir das-
selbe bereits bei Grillen und Laubheuschrecken beschrieben und
gezeichnet haben (Taf. II, Fig. 5 und Fig. 1,« ß). Die schon merk-
lich von den Meso- und Metanotumsseiten durch eine Ausschweifung
am Hinterrande unterschiedenen läppchenartigen Flügelansätze im
zweiten Stadium gleichen denen der Locustinen im dritten, sind
gleichfalls mit einigen erhabenen Längsadern durchzogen, und bildet
der Hinterrand derselben mit dem der Meso- und Metanotumsseiten
einen stumpfen mehr minder bogenseitigen Winkel, das Hauptmerk-
mal, wodurch das zweite Stadium der Akridier und Locustinen vom
ersten unterschieden werden kann. — Die Deck- und Flügelscheiden
des dritten Stadiums (Taf. II, Fig. 7, « ß), gleichen so ziemlich
denen der Locustinen im vierten; nehmen eine mehr seitlich-horizon-
tale als dachförmig in der Mittelrückenlinie zusammenschließende
Stellung (viertes Stadium) ein, und reichen nie über die erste Hinter-
leibssehiene. Überdies zeigen die Deckscheiden nur einige wenig
entwickelte Längs- aber niemals auch deutliche Queradern, und
Zur Entwickelungsgeschichte u. Reproductionsfähigkeit d. Orthopteren. 315
werden von den meist etwas längeren Flügelscheiden nur wenig ver-
deckt. — Das letzte (vierte) Entwickelungsstadium charakterisirt sich
dureh deutlich längs- und quergeaderte über der Rückenmittellinie
mehr minder dachförmig zusammenneigende Flügel und von diesen
großentheils verhüllte Deckscheiden (Taf. II, Fig. 8 und Taf. II,
Fig. 5, « ß ), welche das Mesonotum, die erste und gewöhnlich auch
noch einen Theil der zweiten Rückenschiene verdecken, und stets
in die zweite Hinterleibsschiene, mitunter (es ist die Länge der
Flügelscheiden d. i. ihr Verhältniß zu den Segmenten des Abdomens
bei den einzelnen Gattungen oft auch Arten etwas verschieden) selbst
über dieselbe hinausragen, im Allgemeinen aber stets kürzer sind als
die im letzten Stadium der Locustinen.
| Führen wir schließlich noch die einzige auf die Entwickelung
der Akridier bezügliche Stelle aus Fischer an !): In Akrideodeis
denique, quae nonnisi tres (4!) mutationes obire dieuntur, involuero-
rum prima vestigia jam post primam mutationem, ut videtur, manifesta
sunt (Zinnani Osservaz. pag. 16. Coloptenus italieus) et situm
eundem, ut illa Locustinorum post tertiam mutationem monstrant;
seeunda vero Akridiodeorum mutatione peracta involucra quartam
abdominis partem longitudine aequant et tertia (quarta!) imago
evadit.
Wir ersehen daraus, daß Zinnani unser drittes Stadium gar
nieht beobachtete, und sein letztes (unser viertes) unmittelbar aus
unserem zweiten Stadium entstehen läßt.
Zur Unterscheidung und Bestimmung der einzelnen Entwicke-
lungsstadien bei den durch vollständige Flugwerkzeuge ausgezeich-
neten Grillen, Laub- und Schnarrheuschreeken können wir aus
obigem Detail folgende kurze analytische Tabelle zusammenstellen,
die man allerdings gerne auf sämmtliche Orthopteren ausgedehnt
hätte, wenn nicht theils gewisse Familien noch in dieser Richtung
zu wenig bekannt wären, theils zu große Unterschiede in der
gleichen Familie vorkämen, als daß man sie nach einer allgemeinen
Richtschnur eintheilen könnte.
1) Orthoptera Europaea, pag. 36.
{3} £)
[u
w
—
—
w
Freie auf der
Rückenfläche
scheiden.
postirte Flügel-
Graber.
Deckscheiden höch-
stens längs - geadert,
Lage derselben mehr ge-
trennt und horizontal.
Deckscheiden auch
quer-geadert, Lage der-
selben mehr dachförmig
zusammenneigend (exc.
IV. St. d. Gryllodea u. Locu-
stina; u. III. St. d. Akridier.
V. St. d. Gryllodea u. Locu-
stina u. 1V. St. d. Akridier.
\@ryllodea).
Unterrand der Meso- u. Metanotum-
seiten einfach abgerundet, regelmäßig
in den Vorder- u. Hinterrand verlaufend.
1. St. d. Gryl-
lodea, Locustina
Keine eieentli- an
S u. Akridier.
chen Flügel-
scheiden. son-
zeichneten Orthopteren.
dern höchstens
lappenförmige
Ansätze an den
Meso- u. Meta-
notumseiten.
Die verschiedenen Entwickelungsstadien der durch voll-
Unterrand der Meso-
u. Metanotumseiten mehr
minder lappenf. verlän-
gert. in den Vorder- u.
Hinterrand derselben mit
Flügellappen II. St. d. Akri-
mit einigen er- dier u. Ill. der
habenen Längs- Gryllodea u. Lo-
linien (Adern.) custina.
freie Flügelbildung im unausgewachsenen Zustand ausge-
ständige Flugwerkzeuge im Imago- und durch horizontal-
einer buchtigen Aus- Flügellappen 1l.St.d. @ryl-
schweifung übergehend. \aderlos. lodea u. Locu-
stina.
Die Entwickelungsstadien der mit unvollständigen Flugwerkzeugen
ausgestatteten Akridier und Locustinen.
Unsere Untersuchungen über die Ausbildung genannter Ortho-
pteren mußten leider im günstigsten Zeitpunkt (wegen der Theil-
nahme am letzten Sommerfeldzug) abgebrochen werden, und sind
wir deßhalb nur in der Lage die Entwickelungsstadien einer Laub-
heuschrecke (Thamnotrizon apterus) bis zum vierten Stadium und
die eines einzigen Akridiers (Chrysochraon brachypterus) bis zu
dessen vollständiger Ausbildung mitzutheilen; demungeachtet aber
sind wir auf diesem Gebiete bereits zu einer außerordentlich interes-
santen Erscheinung gelangt, die wir im Nachstehenden etwas näher
beschreiben wollen.
Bekanntermassen trifft man Akridier und Locustinen, die im
ausgewachsenen Zustand blos mehr minder verkürzte oft schuppen-
oder spatenförmige Decken aber keine Spur von Flügeln besitzen.
Demzufolge sollte man erwarten, daß im letzten Entwickelungsstadium
gleichfalls keine Flügel- sondern nur Deckscheiden vorkämen, was
aber in Wirklichkeit uicht der Fall ist. — Betrachten wir z. B. die
einzelnen Entwickelungsphasen bei Thamnotrizon apterus: die ersten
Ansätze der Flugwerkzeuge in den drei ersten Lebensstadien findet
man in Taf. I, Fig. 5, 6 und 7 abgebildet, und unterscheiden sich
Zur Entwiekelungsgeschichte u. Reproduetionsfähigkeit d. Orthopteren. 317
von einander, wie ein Vergleich der Figuren 5, 6, 7 lehrt, nur durch
ganz unscheinbare Merkmale: so daß zweite Stadium vom ersten
durch den stark entwickelten leistenförmigen Unterrand der Meso-
und Metanotumseiten (Fig. 6), das dritte von dem übrigen durch
eine buchtige Ausschweifung der Flügelansätze am Vorderrand
(Fig. 7).
Das vierte Stadium zeigt uns nun eigenthümlicherweise nicht
nur deutliche halbkreisrunde bis ans Metanotum breit vorragende
Deckscheiden, sondern auch schmale zungenförmige Flügelhülsen,
die am Unterrand der ersten Rückenschiene fast bis ins letzte Drittel
derselben verlaufen. Ob diese Flügelscheiden auch noch im nächsten
(wahrscheinlich letzten) Stadium sieh vorfinden, können wir, da man
die vierte Häutung nieht mehr beobachten konnte, blos vermuthen,
und ist für die Darstellung dieser jedenfalls auffallenden Erscheinung
auch gleichgiltig.
Ein weiteres Beispiel zur Erläuterung dieses Verhältnisses
bietet uns das Weibchen von Chrysochraon brachypterus, das gleich-
falls nur ganz kurze Decken aber niemals Flügel besitzt. Die Form
der Meso- und Metanotumseiten im ersten (Taf. Ill, Fig. 1, « ß)
und zweiten Stadium (Fig. 2, « 8) entspricht genau jener der voll-
ständig geflügelten Akridier (vergl. Fig. 1 mit 5, und Fig. 2 mit 6).
Das dritte Stadium zeigt bei J' und @ deutliche Deck- und Flügel-
scheiden: erstere sind etwas kürzer und reichen ungefähr in die Mitte
des Metanotums, letztere wenig über dasselbe hinaus (Fig. 3, « ß).
Im letzten (vierten) Entwickelungsstadium ist die Lage und Form der
Flügelscheiden bei Q und 5 etwas verschieden: Die Decken des
‘ reichen bis zur zweiten Rückenschiene und neigen sich an der
Mittelrückenlinie dachförmig zusammen (Fig. 4, « ß, 5); die Deck-
scheiden des Weibes dagegen überragen das Metanotum nur wenig
und berühren sich gegenseitig an ihrem Innenrande nicht. Die
Flügelscheiden (des @) sind allerdings im Verhältniß zu den Decken
klein, aber, obgleich dieselben im ausgewachsenen Zustand gänzlich
mangeln, in diesem letzten Stadium der Entwickelung noch vor-
handen.
Bei sämmtlichen Pezotettixarten, denen die Flügel (großentheils)
gänzlich mangeln, läßt sich diese interessante Erscheinung ebenfalls
studiren, d. h. wir finden bei ihnen im letzten Stadium außer den
Decken- immer auch deutliche Flügelscheiden. Ein Gleiches gilt von
318 Graber.,
Platyphyma Giornae Rossi: auch bei dieser Art finden sich näm-
lich im ausgewachsenen Zustand nur kurze spatenförmige in die
zweite Rückenschiene reichende Decken vor aber keine Spur von
Flügeln (Taf. II, Fig. 2, «&), während wir im letzten Entwickelungs-
stadium neben den winzigen spitz-bogenseitig-dreieckigen Deckschei-
den (Fig. 1, x) auch ganz analog geformte Flügelscheiden (Fig. 1, B)
wahrnehmen.
Aus diesen wenigen Beispielen über das, meines Wissens, noch
von keinem Orthopterologen beobachtete 1) und gewils nicht unin-
teressante Verhältniß der Flügelbildung zwischen dem ausgewach-
senen und noch in der letzten Häutung begriffenen Inseete können
wir mit Sicherheit schließen, daß auch bei den unvollständig geflü-
gelten Locustinen und Akridiern die Anlage zu vollkommener Flügel-
bildung in ihrer Jugend vorhanden sei, und die Flügelscheiden des
letzten Stadiums, sobald das Insekt in den Zustand des Imago über-
geht, verkümmern, also zu keiner weiteren Ausbildung mehr gelangen
können. Vielleicht geben uns fernere Beobachtungen über den Grund
dieser Erscheinung einigen Aufschluß. —
Es erübrigte noch, daß wir über die Entwickelung der mehr
gleichbleibenden (typischen) Körpertheile sowie über die Dauer der
einzelnen Stadien und deren Wachsthum Einiges beifügten, halten
es jedoch für zweckmälsiger das allerdings ansehnliche Materiale,
welches wir bereits auf diesem mehrentheils noch wenig erforschten
Felde gesammelt haben, noch zu vermehren, da man nur aus einem
großen Schatze von Beobachtungen allgemeine für die Wissenschaft
wirklich werthvolle Resultate ziehen kann, und die betreffenden
Gebiete dann später einmal zu behandeln.
1) Aus dem, was Fischer Orthoptera Europaea pag. 38 hierüber berichtet, kann man
nur entnehmen, daß ihm die Flügelscheiden ganz unbekannt waren, da er von den
unvollständig geflügelten Gattungen (Odontura, Thamnotrizon ete.) bloß sagt: „in
earum nymphis elytrorum involuera (Deckscheiden) aegre sub pronoto conspieci-
enda, plana et non venosa (sie sind etwas geadert Auct.) esse solent“.
Über das ähnliche Verhältniß bei Akridiern schweigt er gänzlich.
Zur Entwickelungsgeschichte u. Reproduetionsfähigkeit d. Orthopteren. 319
Über die Bezeichnungsweise der Entwickelungsstadien bei den
durch horizontal-freie Flügelentfaltung ausgezeichneten
Orthopteren.
Darüber, dafs die Ausdrücke „Zarva“ und „nympha (seu
pupa)“, die bei Inseceten mit vollkommener Verwandlung (1. holome
tabola) ganz bezeichnend sind, für die Jungen namentlich unserer
Ordnung aber durchaus nieht passen, und gleichwohl von allen älte-
ven und den meisten neueren Orthopterologen angewendet werden,
ereifert sich bereits Fischer !), und schlägt eine neue Bezeichnung
vor. Er nennt nämlich alle unausgewachsenen Thiere „instar,“ und
unterscheidet die einzelnen Phasen durch ein nachgesetztes erstes,
zweites etc. dem letzten Stadium gibt er den Namen „instar-
imago“ 2). Diese Ausdrucksweise, die man ja im vorliegenden Schrift-
chen der Hauptsache nach selbst gebrauchte, müssen wir allerdings
billigen, wünschten aber doch, daß für die Jungen mit vertical-
unfreier und die mit horizontal-freier Flügelentwickelung, ein Verhält-
niß, das meines Erachtens auch von Fischer zu wenig gewürdigt
worden, zum Zwecke besserer Vorstellung und Übersicht ein eigener
Terminus gewählt würde. Vielleicht wäre für die durch lappenförmige
Flügelansätze charakterisirten Stadien der Ausdruck stadium lobulare
(seil. involucrorum) 1. I. ete. und für die mit deutlichen Flügel-
scheiden ausgestatteten der Terminus stadium vaginale 1. Il. etc.
(seu ultimum ) empfehlenswerth.
Über den Geschlechtsunterschied der Akridier und Locustinen
im ersten Stadium.
Ältere Orthopterologen stellten die Behauptung auf, daß man den
Unterschied der Geschlechter bei Laub- und Schnarrheuschrecken,
erst nachdem sie sich etliche Male gehäutet hätten, wahrnehmen
könne. — Fischer nun sagt allerdings 3), daß es ihm gelungen sei,
bei Laubheuschrecken (Locusta, Deeticus ete.) in den ersten Stadien
1) Orthoptera Europaea, pag. 36, 37.
2) Ibidem... „attamen illos terminos in... .scienfiam introducere non audeo, ante-
quam alii quoque auctores sententiam suam de hac re elocuti sunt“.
3) Orthoptera Europaea, pag. 38.
320 Graber.
bereits die Ansätze der Legeröhre, wodurch sich eben. das Q vom
Mas unterscheidet, aufzufinden; nach den wenigen Worten aber, die
man hierüber an bezeichneter Stelle findet und noch aus einem
andern Grunde, den wir später noch eingehender besprechen wollen,
darf man vermuthen, daß er den Sexualunterschied im ersten Stadium
nicht beobachtet habe, weßhalb wir denselben kurz andeuten. t)
Taf. I, Fig. 2 stellt das Hinterleibsende eines männlichen Tham-
notrizon apterus stark vergrößert von der Unterseite dar: die letzte
(9.) Bauchplatte zeigt eine meist viereckige an den Langseiten etwas
bogig nach hinten sich verschmälernde Form, die an den zwei Hinter-
ecken mit kleinen stilartigen Anhängseln versehen ist; beim Weibe
dagegen finden sich nur acht Bauchplatten, da wir an Stelle der letz-
ten (9.) die ersten Spuren des äußeren weiblichen Geschlechts-
apparates sehen, welche in Fig. 5 abgebildet sind. Das ganze Organ
besteht aus drei Paar schmaler, langgestreckter etwas zugespitzter
blättehen, von denen die des ersten (x) und dritten(y) Paares hinter-
einander, die des zweiten Paares (8) aber, welche bedeutend kürzer
und schmäler sind als die übrigen, zwischen denen des dritten liegen.
Im zweiten Stadium d. i. nach der ersten Häutung zeigt der
äußere Geschlechtsapparat des © die Form, wie sie uns Fig. 4 dar-
stellt: der winzige aber schon deutlich ausgebildete Ovipositor
scheint, von Außen betrachtet, blos aus zwei Paar Blätichen dem
ersten (, Fig. 3) und dem dritten (7, Fig. 3) zusammengesetzt zu
sein. Es war nun die Ansicht aller Orthopterologen, auch die
Fischers, daß die Legeröhre der Locustinen wirklich nur aus
zwei Paar Blättchen bestünde 2), die in den ersten Stadien mehr über-
einander, in den letzten aber und beim Imago mehr seitlich anein-
ander liegen, „ita, ut primo intuitu ovipositor monnisi bivalvis esse
videtur“ 3).
Aufmerksam gemacht durch die Untersuchung des äußeren
weiblichen Genitalorganes im ersten Stadium, das, wie wir gesehen
haben, aus drei Blättchenpaaren zusammengesetzt wird (ähnlich wie
bei den Montodeis), haben wir die Legeröhre vieler Locustinen und
in sämmtlichen Stadien näher untersucht, ob sie — wie Fischer
!) Leider waren wir nicht in der Lage uns die ganze einschlägige Literatur zu ver-
schaffen.
2) Orthoptera Europaea, pag. 21.
3) Ibidem pag. 21.
Zur Entwickelungsgeschichte u. Reproduetionsfähigkeit d. Orthopteren. 321
angibt — in der That blos zweipaarig sind, und gefunden, daß die-
selbe, der Zeichnung in Fig. 3 genau entsprechend, aus drei Paar
Blättern gebildet sei, von denen die des mittleren Paares (ß) aller-
dings sehr schmal fast borstenförmig und sehr eng an die mehr
minder rinnenförmigen Unterblätter [y] (etwa wie die Stechborsten
im Saugrüssel der Dipteren und Hemipteren) angeschlossen erschei-
nen. Die Legeröhre der meisten Laubheuschrecken besteht dem-
zufolge aus zwei seitlich zusammengedrückten dreiblättrigen Hälften.
Wenn Fischer also wirklich den weiblichen Legeapparat im
ersten Stadium beobachtet hätte, würde er zweifelsohne auch auf
die wahre Zusammensetzung des nach ihm nur vierblättrigen Ovipo-
sitors gekommen sein.
Der Geschlechtsunterschied im ersten Stadium der Akridier
kann gleichfalls aus der Form der letzten Bauchplatte erkannt werden,
die beim © (Fig. 1, @) schon deutlich die vierblättrige Scheide
des Imagos und der letzten Stadien vorbildet, beim 5 dagegen mehr
oval und höchstens im ersten Stadium am hinteren Ende etwas aus-
gerandet oder geschlitzt erscheint (Fig. 1, 5).
Über Reproductionsfähigkeit.
Gleichzeitig mit den im Schaukasten gepflogenen Studien über
die Entwickelung haben wir auch Gelegenheit gehabt einige Beob-
achtungen über das Regenerationsvermögen dieser Insectenordnung
zu machen, die wir noch kurz berühren wollen. Freilieh konnten
manche Versuche, die man z. B. mit einem Thierchen des ersten
Stadiums anstellte, da dasselbe oft starb, nicht bis zur völligen Aus-
bildung desselben verfolgt werden, und sind deßhalb unvollständig,
aber vielleicht dennoch der Aufzeichnung werth.
Die von uns angestellten Versuche beschränken sich auf die
Reproduction verletzter Fühlhörner, Flugwerkzeuge und Lege-
scheiden bei jungen Thieren; das vollkommen entwickelte Insect
scheint die Fähigkeit lädirte Extremitäten zu regeneriren gar nicht
oder doch nur in sehr geringem Grade zu besitzen, da selbst abge-
sehnittene Antennen, die sonst am schnellsten und vollständigsten
nachwachsen, bis zum Absterben des Thieres (wenigstens nach
meinen Beobachtungen) sich nicht mehr reprodueirten.
328 Graber.
Je jünger das Inseet ist, an dem man eine solche Beschneidung
einzelner Gliedmassen ausführt, desto vollständiger wird der betref-
fende Körpertheil wieder ergänzt. So verkürzte ich z. B. die
16 Millim. langen Antennen eines Thamnotrizon apterus im zweiten
Stadium bis auf 5 Millim. und nach der nächsten Häutung waren
sie wieder auf 12 Millim. und in der zweitfolgenden schon auf
20 Mm., (die normale Antennenlänge dieses Stadiums) angewachsen.
Einer Locusta viridissima schnitt ich wenige Tage vor der ersten
Häutung die 10 Millim. langen Fühlhörner ab, und zwar das eine bis
auf 3, das andere bis auf 5 Millim.; nach dem Hautwechsel waren
beide um 3 Millim. länger wie vorher, und der nachgewachsene Theil
viel dünner und gegen den ursprünglichen fast peitschenförmig
geknickt; vor der nächsten (zweiten) Häutung verkürzte ich die
Antennen abermals bis auf 6 Millim., und sie waren nach dem Haut-
wechsel, wie das erstemal, gleichfalls um 3 Millim. nachgewachsen,
viel dünner wie die zwei früheren Stücke und gegen dieselben unter
einem stumpfen Winkel gebrochen, so daß sie schließlich, nachdem
wir obiges Verfahren noch einmal wiederholten, aus vier verschiede-
nen Theilen zusammengesetzt erschienen und ungefähr die Gestalt
beistehender Zeichnung hatten.
Die Reproduetion lädirter Legeröhren (bei
Grillen und Laubheuschreeken) geht nicht so rasch
en und vollständig vor sich, wie die der Antennen,
ü und wachsen während eines Stadiums höchstens
um zwei Millim. nach, während das (ungehinderte) Wachsthum der
Fühlhörner von einer Häutung zur andern wenigstens acht Millim.
beträgt. |
Verletzte Tarsenglieder scheinen sich, nach meinen Beobachtun-
gen, nicht zu regeneriren, und ist nur zu bemerken, dafs ein Gerad-
flügler, besonders wenn ihm ein Hinterbein fehlt, um die Haut abzu-
streifen, sich oft halbe Tage lang abmühen muß,
während sonst dies Geschäft gewöhnlich in einer
Viertelstunde beendet wird.
Über die Reproduetion der Flugwerkzeuge
bin ich nur in der Lage einen einzigen Versuch
anzuführen, den ich mit einem Flügel des Decticus
verrucivorus L. im IV. Stadium anstellte, und der
ein ganz interessantes Resultat ergab. Ich machte
Zur Entwiekelungsgeschichte u. Reproduetionsfähigkeit d. Orthopteren 323
nämlich am Vorderrand des linken Flügels einen ziemlich tiefen
winkeligen Einschnitt (x), während der rechte unbeschädigt gelassen
wurde.
Als sich die Heuschrecke nach einer Woche häutete (also in das
letzte fünfte Entwiekelungsstadium überging) , war der frühere Aus-
schnitt des linken Flügels bis auf eine seichte Ausschweifung (bei y)
völlig verwachsen, aber — und darin besteht das interessante Er-
gebniß dieses Experimentes — der linke Flügel war beinahe um die
Hälfte kürzer als der rechte, der sich ungestört entwickeln konnte.
Erklärung der Abbildungen.
Tafel I,
Fig. 1. Hinterleibsende von Sienobothrus pratorum von der Unterseite im
I. Stadium.
» 2. Hinterleibsende von Tkamnotrizon apterus (') von der Unterseite im
I. Stadium.
» 3. Hinterleibsende von 7A. apterus ( Q) von der Unterseite im I. Stadium
um das äußere Geschlechtsorgan darzustellen.
» 4. Dasselbe im II. Stadium.
» 3. Pro-, Meso- und Metanotum von TA. apterus im I. Stadium, wobei
(sowie in den ferneren Figuren) « die Decken-, % die Flügelansätze,
v den Vorder-, m den Mittel-, % den Hinterrücken und s,, 83 ... die
Rückensegmente bezeichnet.
6. Dasselbe im II. Stadium.
act. F SEIEN, ,
Ben, A
9. 5 von Platyeleis grisea im I. Stadium.
10. a im II. Stadium.
u #: 5 211)
» „VW. „
» 13. Deckscheide von Platycleis grisea im V. Stadium.
Tafel II.
Fig. 1. Obere und vordere Ansicht von Plafyphyma Giornae im vorletzten Sta-
dium, um die Flügelscheiden (x #) zu veranschaulichen.
» 2. Dasselbe im ausgewachsenen Zustand.
» 3. Obere und vordere Ansicht von Gryllus Heydenü Fisch.(2), um das
Geäder der Decken («) zu zeigen.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl, LV. Bd. I. Abth. 232
324
Fig.
eosau ww -
og mwm-
Graber. Zur Entwickelungsgeschichte u. Reproduetionsfähigkeit ete.
. Seitenansieht desselben.
. Letztes Entwickelungsstadium von Paraeinema bisignatum.
. Der Eisack von Blatta germanica, um die eigenthümliche Lage der
Bauchschienen zu versinnlichen.
P von Blatta germanica mit ihrem Eisack.
. Unausgewachsene Thiere von B. germanica (al. u. Il., 5 Hl. u. IV, e
V. Stadium.)
Tafel III.
. Pro-, Meso-, u. Metanotum im I. Stadium von Chrysochraon brachypterus.
. Dasselbe im Il. Stadium.
S „>. 5
» ” IV. ” (J)-
. Vordere und seitliche Ansieht von Parapleurus typus im I. Stadium.
. Dasselbe im II. Stadium.
” ” II. ”
5 >uly. h,
. Ovipositor von Thamnotrizon striolatus.
Tafel IV.
. Pro-, Meso-, und Metanotum von @ryllus campestris im 1. Stadium.
. Dasselbe im Il. Stadium.
> Yu le x
. Obere Ansicht von Gryllus campestris im IV. Stadium. 9.
. Dasselbe im V. Stadium.
. Obere Ansicht von Conocephalus mandibularıs im IV. Stadium.
. Dasselbe im V. Stadium.
. Die linke Hälfte vom Ovipositor des Thamnotrizon apterus & Ober-,
ß Mittel-, y Unterblatt.
V. Graber Zur Entwicklungsseschichte der Orthepteren.
Sitzungsb.der k.Akad.d.W.math. naturw. CL.LV. Bd. T.Abch.1867.
„V.Graber, Zur Entwickhumss $eschichte der Orthopt eren. Tafl.
127 1: m .TL.
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V.Graber. Zur Entwieklungsgeschichte der Orthopteren. Taf.IV. :
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Fig.6.
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Sitzungsb. der k.Akad. d.W-math.naturw. CL. LV.Bd. I. Abth. 1867.
Bou&. Über eine neu entdeckte Höhle im tertiären Conglomerate ete, 325
Über eine neu entdeckte Höhle im tertiären Conglomerate
von Gainfahrn.
Von dem w. M. Dr. A. Bou&.
Im obern tertiären Conglomerate zu Gainfahrn entdeckte man
neulich beim Brunnengraben auf dem Grunde des Herrn Netzel in einer
Tiefe von 10 Klaftern eine unterirdische Höhle. Die Loecalität ist auf dem
äußersten östlichen Gebiete Gainfahrns, unterhalb des obern Vöslauer
Terrains. So weit man sie hat untersuchen können, hat sie eine un-
regelmäßige dreieckige Form (s. Figur) mit einem wellenförmigen,
hie und da gezackten Contour. An jeder Spitze des rechtwinkligen
Dreiecks verengt sie sich zu einer Art niedrigen Canals, welcher
theilweise mit Wasser gefüllt ist, was auch mit einem Theile der
Höhle bei e und d der Fall ist.
Nach der Aufnahme des Baumeisters Reiter mißt die Hypo-
thenuse dieses Dreieckes ungefähr 13 Klafter, so weit man wenigstens
in der Höhle hat vordringen können. Die zwei anderen Seiten des Drei-
ecks haben jede ungefähr die Hälfte dieser Länge. Die größte Breite
ist in dem rechten Winkel 3 Klafter, 3 Schuh. Die Höhe wechselt von %
(e) und 2’6” (d) bis zu 5’ (b) und 7’ (a). Diese letzteren Höhen finden
sich gegen Gainfahrn und reichen bis unter die Johannes-Bildsäule,
indem die minderen gegen Vöslau unter das Hölzl’sche Haus zu
stehen kommen. Vielleicht sollte man annehmen, daß der Ausfluß des
Wassers von dieser Seite stattfindet, was auch der etwas gegen Osten
geneigten Stellung der Conglomeratenschichten entsprechen würde,
indem der Hauptzufluß des Wassers aus denzweianderen Ecken käme.
Doch müssen in der Grotte allgemeine Wasserdurchsickerungen außer-
dem noch stattfinden; denn mehr oder weniger schöne, meistentheils
22”
DE>WEI “ . u . a.
326 Boud. Über eine neuentdeckte Höhle im tertiären Conglomerate ete.
jedoch nur kleine Tropfsteine, bilden die Decke der Höhle. Sie wird
dadureh nur zu einem langsamen Auswaschungsproduet der Tagewäs-
ser gestempelt, welches mit der aus viel größerer Tiefe emporkommen-
den Vöslauer Thermalquelle in gar keiner Causalverbindung steht.
Die Kohlensäure des Schnee- und Regenwassers hat wahrscheinlich
dureh die Kalkstein-Auflösung den AushöhlungsprocelS befördert.
Es ist nur ein großartiges Seitenstück zu den kleineren ähnlichen,
in solchen Gesteinen entdeckten Höhlen, namentlich sowohl der im
Jahre 1845 beim Brunnengraben im ehemaligen Schenk’schen Hause
zu Ober-Vöslau entdeckten, als der etwas größeren, im Steinbruche
des Herrn Mittellechner nächst der Vöslauer Schießstätte noch jetzt
theilweise vorhandenen. Im Orte Gainfahrn selbst soll man, nach Dr.
Friedmann'’s Versicherung, eine ähnliche Höhle mit einem kleinen
Teiche durch eine Felsenspalte in dem Keller eines Dorfeinwohners
sehen können. Alle diese Thatsachen sind eine neue Bestätigung
unserer im Jahre 1856 ausgesprochenen Vermuthung, daß die schö-
nen Quellen von reinem kalten Wasser mit einer Temperatur von
S’R. zu Gainfahrn auch nur von unterirdischen Höhlen kommen,
welche zwischen diesem Orte und dem in der Erde verschwindenden
hohrbacher Wasser liegen, wodurch das zufällige Erscheinen von
Fischen genugsam erklärt wird. (Siehe akad. Sitzungsber. Bd. 21,
S. 538.)
Nebenbei gesagt, sind wir der Meinung, dass überhaupt die
Erdhülle viele leere, oder mit Gasarten, Dämpfen oder Wasser gefüllte
Räume enthält, welche ganz und gar nicht gleichmäßig vertheilt, son-
dern nach besonderen Entstehungsumständen, wie Hebungen, Senkun-
gen und Rutschungen stellenweise angehäuft sind, indem sie anderswo
fast fehlen. Ob eine solche ganz eigenthümliche Erdkrustenstruetur
auf die wohl bekannten Pendel-Anomalien Einfluß hat oder nicht,
lassen wir dahin gestellt sein. Eine andere Frage bleibt es auch, wie
tief in der Erde sich die Wässer durch Einsickerung verbreiten, und
dann wie tief die mit Wasser gefüllten Räume sich erstrecken? Ob
man da wirklich nach den gangbaren Ansichten über Druckkraft so
wie über die Steigerung der Erdwärme mit Zunahme der Tiefe eine
bestimmte, und genau überall dieselbe Grenze für das Vorhandensein
der Wässer und der mit jener Flüssigkeit gefüllten Räume annehmen
kann und muß?
SITZUNGSBERICHTE -
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
LV. BAND.
ERSTE ABTHEILUNG.
3.
Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik,
Zoologie, Anatomie, Geologie und Paläontologie.
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Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth.
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329
VII. SITZUNG VOM 14. MÄRZ 1867.
Se. Excellenz Herr Graf von Taaffe zeigt mit Zuschrift vom
11. März ]. J. an, daß er, von Sr. k. k. Apost. Majestät mit der Lei-
tung des Ministeriums des Innern betraut, sein Amt angetreten habe,
und es sich zur angenehmen Pflicht machen werde, den Wünschen
und Interessen der kais. Akademie der Wissenschaften in dem ihm
anvertrauten Wirkungskreise die kräftigste Förderung angedeihen
zu lassen.
Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor:
„Über die Hydrokaffeesäure und die Hydroparacumarsäure“,
von Herrn Prof. Dr. H. Hlasiwetz.
„Über Seidenraupenkrankheit“, von Herrn J. A, Hübner in
Prag.
Herr Prof. Dr. Aug. Em. Reuss überreicht eine Abhandlung:
„Zur Foraminiferenfauna in Österreich“, von Herrn F. Karrer.
Herr Prof. Dr. €. Freih. v. Ettingshausen legt den II. Theil
seiner für die Denkschriften bestimmten Abhandlung: „Die fossile
Flora des Tertiärbeckens von Bilin“ vor.
Herr Dr. S. Stricker übergibt eine Abhandlung: „Experi-
mentelle Untersuchungen über die traumatische Leberentzündung“,
von Herrn Dr. F. Holm aus St. Petersburg.
Herr Dr. Fr. Steindachner legt eine Abhandlung: „Ichthyo-
logische Notizen“ IV. vor.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss., zu Berlin: Monats-
bericht. November 1866. Berlin; 80.
Annales des mines. VI‘ Serie. Tome IX, 3° Livraison de 1866.
Paris, 1866; 80.
Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 5. Jahrg. Nr. 5.
Wien, 1867; 80%
23%
330
Astronomisehe Nachriehten. Nr. 16381— 1632. Altona, 1867; 40.
Comptes rendus des seances de l’ Academie des Sciences. Tome
LXIV. Nrs. 7—8. Paris, 1867; 4°.
Cosmos. 2° Serie. XVI® Annde, 5° Volume, 9°—10° Livraisons. "
Paris, 1867; 8°.
Discours prononees sur Ja tombe de M. Auguste Viquesnel le
11 fevrier 1867. Paris, 1867; 40.
Gesellsehaft, Oberlausitzische, der Wissenschaften: Neues Lau-
sitzisches Magazin. 43. Band, 2. Doppelheft. Görlitz, 1867; 80.
Gewerbe-Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen.
XXVIH. Jahrg. ir. 9—10. Wien, 1867; 8°.
Land- und forstwirthschaftliche Zeitung. 17. Jahrg. Nr. 9 — 10.
Wien, 1867; 40-
Lotos. XVII. Jahrgang. Februar 1867. Prag; 8°.
Ludwig, C., Arbeiten.aus der physiologischen Anstalt zu Leipzig
vom Jahre 1866. Leipzig, 1867; 80.
Mittheilungen aus J. Perthes’ geographischer Anstalt. Jahrg.
1867, III. Heft. Gotha; 4%
Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 18— 21. Wien,
1867; 4°.
Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts - Gesellschaft.
XVI. Jahrg. Nr. 5. Gratz, 1867; 40.
Karrer. Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 331
Zur Foraminiferenfauna in Österreich.
Gesammelte Beiträge von Felix Karrer.
(Mit 3 Tafeln und einer Übersichtstabelle.)
I. Über die Foraminiferen des Schlier (Meletta Tegel und
Menelitschiefer) in Niederösterreich und Mähren.
Nach Prof. Suess’ trefflichen Untersuchungen über den Charak-
ter der österreichischen Tertiär-Ablagerungen ?) liegen als trennen-
des Glied zwischen den älteren tertiären Ablagerungen des sogenannten
außeralpinen Beckens von Wien, die bisher als Horner-Schichten
bezeichnet wurden und der marinen Stufe des alpinen Beckens,
Schichten von blauweißem und grauem Mergel und Sanden mit Schup-
pen von Meletta sardinites, Nautilus Scherben, marinen Conchilien
und zahlreichen Foraminiferen, ferner Gypslagen und Sandsteinplatten
mit Landpflanzen, Lignitflötzchen und brakischen Einschwemmungen.
Diese Gruppe bisher als Meletta-Tegel und Menilitschiefer bezei-
net, hat in paläontologischer Beziehung eine so vollständige Überein-
stimmung mit dem oberösterreichischen Schlier, daß Suess diesen
Namen auch auf die entsprechenden Bildungen der Niederung von
Wien, auszudehnen sich bewogen fand. |
Der oberösterreichische Schlier ist von Prof. Reuss schon
wiederholt einer Untersuchung unterzogen worden.
In Ehrlich's geognostischen Wanderungen im Gebiete der nord-
östlichen Alpen 2), bespricht Reuss das Resultat der Untersuchung
eines faustgroßen Stückes Tegel aus einem Vorkommen nächst Linz
am Weg gegen den Kirnberg (Hauserer Bauernhaus).
Es fanden sich darin kleine Fischzähne von Lamna - Arten,
Entomostraceen (Cythere sulcata und punctata Rss., und Oythera
1) Suess, Über den Charakter der österr. Tertiärabl. Heft I. Sitzungsber. d. kais.
Akad. d. Wissensch. Bd. LIV. 1866.
®) Ehrlich, Geognost. Wanderungen im Gebiete der nordöstl. Alpen. Linz 1852.
pag. 69.
anne r
332 Karrer
Edwardsi Roem.) und 28 Arten Foraminiferen darunter neun neue
Arten.
Bis auf diese neun Arten kommen alle auch im Wiener Becken
vor; doch sind sie meist schlechter erhalten, und gerade die um
Wien häufigen, fehlen um Linz ganz, wodurch dieser Fauna ein eigen-
thümliehes Gepräge verliehen wird.
Es sind:
Verneulina spinulosa Rss.
Cristellaria armata Rss. n. sp.
» placenta Rss. n. sp.
Cristellaria (Robulina) celypeiformis d’Orb.
s calcar var. cultrata d’ Orb.
5 callosa Rss. n. sp.
Üvigerina pygmaea d’Orb.
Polymorphina (Globulina) gibba d’Orb,
» » spinosa d’ Orb.
Sphaeroidina austriaca d’ Orb.
Bolivina lineolata Rss. n. sp.
Cassidulina oblonga Rss.
Pulvinulina Haueri d’Orb.
Discorbina planorbis d’Orb.
Rotalia eryptomphala Rss. n. sp.
» multisepta Rss. n. sp.
» Soldanü d’Orb.
Truncatalina Boueana d’Orb.
Rosalina cincta Rss. n. sp.
Polystomella erispa d’Orb.
Listeri d’ Orb.
Antonina d’Orb.
caniniformis Rss. n. sp.
Ehrlichi Rss. n. sp.
Eine unbestimmbare Truncatulina (Anomalina) eine Polymor-
phina (Guttalina) und zwei Nodosarien.
Über den Schlier von Ottnang äußert sich Prof. Reuss 1) folgen-
der Weise: derselbe ist schwer zu schlämmen und im Allgemeinen
1) Reuss, Schlier von Ottnang. Jahrbuch d. kais. geolog. Reichsanstalt XIV. Band
1864. V. pag. 20.
Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 333
arm an Foraminiferen, welche durch ihre ungemeine Kleinheit auf-
fallen. Nur wenige Miliolideen und Cristellarien erreichen größere
Formen. Im Ganzen fanden sich in der untersuchten Probe 21 Species,
wovon drei nicht bestimmbar waren.
Es sind:
Plecanium abbreviatum d’Orb.
Quinqueloculina Ungeriana d’Orb.
» foeda Rss.
> obtecta Rss. n, sp.
Nodosaria venusta Rss.
Dentalina acuta d’Orb.
Cristellaria (Marginulina) hirsuta d’Orb.
a Josephina d’Orb.
5 variabilis Rss.
Cristellaria (Robulina) calcar var. cultrata d’Orb.
» = similis d’ Orb.
» = intermedia d’Orb.
» = inornata d’Orb.
» » simplex d’Orb.
Cassidulina oblonga Rss.
Textilaria pectinata Rss.
Rotalia eryptomphala Rss.
» Haidingerü d’Orb.
Alle diese Arten gehören dem marinen Tegel an, und sind aus
Baden bekannt mit Ausnahme von Nodosaria venusta, Rotalia eryp-
tomphala und Cassidulina oblonga.
An Übereinstimmung des Schliers mit demselben kann daher
gar nicht gezweifelt werden und die anscheinende Fremdartigkeit
seiner Foraminiferenfauna liegt darin, daß Formen vorwalten, die in
Baden nur spärlich entwickelt sind.
Auffallend ist das Fehlen aller Globigerinen und Polystomellideen,
ebenso mangeln Bryozoen und von Anthozoen fand sich nur eine inte-
ressante Art Placotrochus elegans n. g. & n. sp., die auch in Baden
vorkömmt.
Alles deutet auf eine Ablagerung in bedeutender Tiefe und Ein-
wirkung lokaler Differenzen, deren Einfluß auch im Schlier von
Linz nicht verkennbar ist, wie dessen abweichende Fauna es beweist.
334 Karrer.
Diesen sehr werthvollen Beobachtungen bin ich in der Lage
einige neue hinzuzufügen, indem es mir gegönnt war mehrere der von
Ozizek und Prof. Suess selbst, theils in Niederösterreich , theils in
Mähren gesammelten Proben des Schliers, einer eingehenden Unter-
suchung zu unterziehen. Das daraus gewonnene Resultat dürfte in
Kürze in Folgendem sich zusammenfassen.
Von kieselschaligen Foraminiferen ist nur die Gattung Clavu-
lina u. z. Olavulina communis häufiger angetroffen worden; alles
Übrige ist Seltenheit. Die Familie der Miliolideen ist durchwegs
selten. Die Nodosarideen zeigen zwar eine größere Anzahl Arten
ihre Individuenzahl ist aber stets eine sehr beschränkte, ganz im Ge-
gensatze zu dem Tegel von Baden, wo dieselben eine Hauptrolle
spielen. Nur Nodosaria (Dentalina) elegans macht davon eine Aus-
nahme, da dieselbe fast an allen Schlierlocalitäten zu treffen war und
mitunter nicht selten.
Die Familie der Cristellarideen ist der vorherrschende Ty-
pus. Fast durch alle Fundorte gehen die Species: C. calcar, cultrata,
cassis, inornata, wo diese fehlen, treten andere, mitunter auch neue
Arten auf.
Die Polymorphinideen sind nur wenig vertreten; Uvigerina
. pygmaea und Polymorphina problema gehen aber fast durch alle
untersuchten Proben, mitunter auch nicht selten.
Die Globigerinideen dagegen sind durchwegs sehr zahlreich
vertreten, damit in Gesellschaft stets Orbulina universa. Merkwürdig
erscheint das gänzliche Fehlen im oberösterreichischen Schlier. Trun-
catulina Dutemplei fehlt fast keiner Localität, sie ist stets mehr oder
weniger häufig.
Die Rotalideen und Polystomellideen haben allerdings
einige Vertreter; doch ist ihre Erscheinung immer eine Seltenheit.
Die Nummulitideen fehlen so zu sagen ganz.
Vergleichen wir sohin diese Fauna mit der jüngerer und älterer
Horizonte, so finden wir, daß unsere Schlierfauna durchwegs mit
jener von Baden übereinstimmt, es sind alle Arten auch dort vertre-
ten, nicht so ergeht es mit der Fauna von Nußdorf. Es ist zwar auch
nicht geringe Übereinstimmung was die Species anbelangt damit vor-
handen, keineswegs aber die Häufigkeit gewisser Formen, und auch
diese betrifft nur die tiefere Zone der marinen Uferbildung des soge-
nannten Leythakalkes. Die höhere, die Amphisteginen-Zone unter-
Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 335
scheidet sich natürlich eben so wesentlich davon, wie vom Badner
Tegel.
Mit dem Schlier von Ottnang zeigt sich hauptsächlich in dem
Vorwalten der Cristellarideen Übereinstimmung.
Mit den Vorkommnissen des deutschen Oberoligocens stimmen
16, mit dem deutschen Septarienthon 25 Arten überein. (Nach Prof.
Reuss’ tabell. Übersichten.) Freilich sind dies keineswegs die typi-
schen Formen des Schliers und auch in diesen älteren Tertiärschich-
ten eine seltene Erscheinung. |
Die große Übereinstimmung mit der Badner Fauna wird aber
oft schwer eine Sonderung mit Sicherheit zulassen, wenn man es blos
mit Foraminiferen zu thun hätte, da sich beide Stufen jedenfalls sehr
nahe stehen. Das überwiegende Auftreten der Cristellarideen zusam-
men mit Globigerinideen während Nodosarideen und Rotalideen sowie
alle Miliolideen zurücktreten, dürfte vorläufig noch den einzigen Maß-
stab zur Beurtheilung abgeben, wenn nicht andere typische Merk-
male hinzutreten. Jedenfalls deutet aber der ganze Charakter der
Fauna auf eine Ablagerung des Schliers in größerer Tiefe.
Im Folgenden sind die Details der einzelnen Untersuchungen
enthalten. Die beigegebene Tabelle erleichtert die Übersicht über
das Gesagte, am Schlusse ist die Beschreibung einiger neuer Arten
beigefügt.
Grübern. !) Der viele Klafter mächtige Schlier dieses Ortes liegt
hier auf den älteren Tertiär-Ablagerungen, diese ihrerseits auf dem
Urgebirge des Mannhartsgebirges. Schon vor Jahren habe ich von
Bergrath Czizek selbst gesammelte Proben des Schliers untersucht.
Derselbe ist voll von Schuppen und Knöchelehen der Meletta sardi-
nites, führt auch etwas Bryozoen. Cidaritenstachel, Cypridinen, Reste
von Balanen und enthält etwa 13 Arten Foraminiferen in zahlreichen
Individuen, es sind:
Quinqueloeulina triangularıs dOrb. s.
Nodosaria elegans dOrb. s.
Oristellaria inornata d’Orb. h.
4 simple dOrb. h.
Polymorphina problema d’Orb. hh.
Globigerina bulloides dOrb. h.
1) Siehe Suess: Österr. Tertiärablag. I. 1. ce. pag. 24, 25.
3 36 Karrer.
Orbulina universa (Orb. h.
Truneatulina lobatula dOrb. ns.
Discorbina planorbis d’Orb. s.
Pulvinulina Boueana d’ Orb. ns.
Rotalia Beccarü dOrb. ns.
Polystomella erispa d’Orb. s.
R‘ obtusa d’Orb. s.
Die ganze kleine Fauna ist eigenthümlich genug. Zum größten
Theile die Formen führend, die dem Badner Tegel eigenthümlich
sind, und daher auf eine Ablagerung in grolser Tiefe hinweisend, be-
fremdet das fast gänzliche Fehlen der in Baden so sehr entwickelten
Familie der Nodosarien, der Miliolideen, Textilarideen u. s. w. Vor-
herrschend sind die Cristellarideen, Rotalideen und Polymorphinideen,
Nicht ganz unähnliche Verhältnisse zeigt uns auch der oberösterrei-
chische Schlier.
Platt. ?) Hier ist der Meletta-Schuppen führende Tegel in ge-
störten Lagerungs-Verhältnissen. Von Czizek gesammeltes Materiale
enthielt 15 Arten Foraminiferen in zahlreichen Individuen, u. z.:
Plecanium subangulatum d’Orb. ss.
Nodosaria spinicosta d’Orb. ns.
Oristellaria simplex d’Orb. s.
N calcar var. ceultrata d’Orb. h.
FA inornata d’Orb. ns. _
Polymorphina problema d’Orb. hh.
Textilaria deperdita ss.
& carinata ss.
Pullenia bulloides d’Orb. ss.
Globigerina bulloides d’Orb. h.
5; triloba Rss. h.
Truncatulina Dutemplei d’Orb. s.
5 lobatula d’Orb. s.
Rotalia Schreibersii d’Orb. s.
Nonnionina communis d’Orb. s.
Somit wieder Badner Formen jedoch in Auswahl namentlich
Cristellarien, Polymorphinen, Globigerinen.
1) Prof. Suess I. ce. pag. 42, 43.
se Da IR . rd
Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 33%
Grußbach. 1) Das Materiale dieser Loealität ward einer Brunnen-
bohrung entnommen und bezieht sich auf folgende Lagerungs-Ver-
hältnisse: Das Plateau dieser Gegend ist mit Belvedere - Schotter
bedeckt, darunter liegen jüngere marine Bildungen meist Sand mit
der Fauna von Grund. Drei Klafter unterhalb des Plateaus liegt
nun der erwähnte Brunnen, welcher in seinen erbohrten ersten sieben
Klaftern die oberen Lagen des Schliers uns zeigt. Die Foramini-
feren dieser sandig mergligen Partie 24 Arten an der Zahl, sind nun
folgende:
Clavulina communis dOrb. h.
Nodosaria baccillum d’Orb. ss.
ki elegans dOrb. ss.
je bifurcata d’Orb. ss.
Cristellaria similis d’Orb. ss.
> cassis d’Orb.ns.
= calcar d’Orb. ns.
Re „ var. cultrata d’Orb. hh.
> ornata ss.
Uvigerina pygmaea d’Orb. h.
Bulimina pupoides d’Orb. s.
E Buchiana d’Orb. s.
Polymorphina problema d’Orb. ss.
Orbulina universa dOrb. s.
Globigerina regularis d’Orb. ss.
5 quadrilobata d’Orb. ss.
N triloba Rss. s.
Truncatulina Dutemplei d’Orb. s.
Rotalia Soldanii d’Orb. s.
Polystomella erispa d’Orb. ss.
r flexuosa dOrb. ss.
Nonnionina communis d’Orb. s.
e . Soldanit d’Orb. s.
Amphistegina Hauerina d’Orb. s.
Die darunter folgenden 4 Klafter sind blauer plastischer Thon
mit 41 Arten Foraminiferen. u. z.:
1) Prof. Suess I. c. pag. 44, 45.
338 Karrer.
Clavulina communis dOrb. h.
Quinqueloculina Haidingerii d’Orb. ss.
Fissurina laevigata Rss. ss.
Glandulina laevigata d’Orb. ss.
Nodosaria affinis d’Orb. ss.
3 baceillum d’Orb. s.
ss hispida d’Orb. s.
- aculeata dOrb. ss.
» elegans dOrb.h.
a Verneulii d’Orb. ss.
5 Adolphina d’Orb. s.
a floscula d’Orb. ss.
5 bifurcata d’Orb. ss.
5 punctata dOrb. ss.
Vaginulina badenensis dOrb.h.
Lingulina costata dOrb. ss.
Cristellaria similis dOrb. ss.
cristellaroides Cz. ss.
..
22
2 abbreviata Karr. ss.
55 cassis dOrb. ns.
” semiluna dOrb. ss.
? Josephiniana d’Orb. ss.
” calcar d’Orb. ss.
5 „ var. culirata d’Orb. hh.
® vortex Ficht. et Moll. ss.
x ariminensis d Orb. ss.
" echinata d’Orb. ss.
r clypeiformis d’Orb. ss.
B inornata dOrb. s.
Uvigerina pygmaea d’Orb. h.
Bulimina ovata d’Orb. ss.
Polymorphina problema d’Orb. ss.
Sphaeroidina austriaca d’Orb. s.
Orbulina universa dOrb. s.
Globigerina biloba dOrb. s.
ri regularis d’Orb. ss.
Truncatulina austriaca dOrb. s.
e Suessi Karr ss.
Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 339
Truncatulina Dutemplei d’Orb. hh.
Rotalia Schreibersii d’Orb. ss.
Amphistegina Hauerina d’Orb. ss.
Beide Schichten aus dem Schlier von Grußbach, namentlich die
tieferen, zeigen eine sehr große Verwandtschaft mit der Foramini-
feren-Fauna von Baden. Die überwiegende Arten und Individuenzahl
an Cristellarien scheint auch hier bezeichnend, die sonst im Schlier
selteneren Nodosarien sind wohl hier in vielen Arten vertreten, aber
doch selten an Individuen, im Ganzen wiederholt sich also der eigen-
thümliche Typus des Schlier.
Laa '). Der außerhalb der Stadt in einem Ziegelofen entblößte
Schlier zeigte in dem gewonnenen Schlemmrückstande eine eigen-
thümliche Combination von Trümmern von Kalkspath, Jurakalk, von
milchweißem splitterigen Quarz, neben rauchgrauen abgerundeten
Quarz, von weißen und tombakbraunen Glimmer, ferner kohlige Sub-
stanzen mit Pyrit durchzogen und zahlreiche organische Reste: Echi-
nodermentafeln, Cidaritenstachel, Cypridinen nebst Gasteropoden und
Bivalven. Foraminiferen, echte Badner Formen, sind eben nicht sehr
zahlreich, aber auch nicht eine Seltenheit u. z. folgende:
Plecanium Hauerit ss.
Spiroloculina Sp.? ss.
Quinqueloculina foeda Rss. ss.
en Dutemplei d’Orb. ss.
rn longirostris d’Orb. ss.
“ badensis d’Orb. ss.
Alveolina melo d’Orb. ss.
Nodosaria incerta Neug. ss.
Cristellaria hirsuta d.Orb. ss.
ei vortex Ficht. et Moll. ss.
& calcar var. eultrata d Orb. s.
N inornata dOrb. ss.
Üvigerina pygmaea dOrb. s.
Teztilaria carinata d’Orb. ss.
Truncatulina Dutemplei d’Orb. s.
Rotalia tuberosa n. sp. ss.
» Beccarü d’Orb.h.
1) Suess I. c. pag. 45—A7.
A „
340 Karren.
Polystomella erispa dOrb. h.
4 Fichtelliana d’Orb. ss.
Nonnionina communis d’Orb. s.
Enzersdorf bei Staats '). Der an dieser Stelle in sehr gestörter
Lage befindliche Scehlier, in welchem nebst Mel. sardinites und Nau-
filus zahlreiche Conehilien vorkommen, enthält außerdies den Placo-
trochus elegans von Ottnang, Cidaritenstachel, Bryozoen-Spuren
und mehrere Arten Foraminiferen aber alle in geringer Zahl u. z.:
Nodosaria aculeata d’Orb. ss.
A elegans d’Orb. ss.
A Verneulii d’Orb. ss.
R acuta d’Orb. ss.
Cristellaria semiluna d’Orb. ss.
2 cassis d’Orb. ns.
» calcar var. cultrata d’Orb. ns.
F inornata d’Orb. ns.
H simplex d’Orb. ss.
Dvigerina pygmaea d’Orb. s.
Polymorphina problema d’Orb. ss.
Orbulina universa d’Orb. s.
Globigerina biloba d’Orb. ss.
» bulloides d’Orb. h.
e triloba Rss. hh.
Pulvinulina Partschiana d’Orb. s.
Truncatulina Akneriana d’Orb. ss.
a Dutemplei d’Orb. ss.
Rotalia Schreibersii d’Orb. ss.
is Soldamit d’Orb. ss.
„ econoidea Ü2. ss.
Nonnionia Soldanüt d’Orb. ss.
Amphistegina Hauerina d’Orb. ss. verschwemmt.
Es sind durchweg bezeichnende Badner Formen, namentlich
sind es Cristellarien, die uns hier ebenfalls entgegentreten, wie in
allen Schlier-Vorkommnissen.
Orlau. Diese Localität, nordwestlich von Ostrau gelegen, gibt in
einem daselbst aufgeschlossenen Sandsteinbruch nach Prof. Suess
1) Suess ]. e, pag. 47, A8.
r ARr P an a [3
Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 341
folgende Lagerungs-Verhältnisse. Auf den steil aufgerichteten nach Ost
fallenden eocänen Sandsteinbänken, liegt discordant weißblauer Thon
mit zahlreichen Petrefaeten, darunter Ostrea crassissima, das Ganze
ist mit petrefaetenleerem Sand bedeckt. Dieser Thon führt nun außer
den stets auftretenden hier besonders schönen und zahlreichen Cida-
ritenstacheln, etwas Bryozoen und eine große Masse Foraminiferen,
es sind darunter einige dreißig sehr gut erhaltene Arten, u. z.:
Clavulina communis d’Orb. ns.
= rostrata Rss. ss.
Lagena hispida Rss. ss. eine oligocäne Form.
Nodosaria badenensis d’Orb. ss.
R. inornata dOrb. ss.
3 elegans d’Orb. ns.
E: Verneuli d’Orb, ns.
4 acuta d’Orb. ss.
Amphimorphina Hauerü Ne ug. ss.
Cristellaria pedum d’Orb. ss.
e hirsuta d’ Orb. ss.
& abbreviata Karr. ss.
e crassa d Orb. ns.
5 cassis d Orb. ns.
= calcar d’Orb.h.
> calcar var. cultrata d’ Orb. h.
r echinata d’Orb. hh.
> inornata d’ Orb. hh.
re vortex Fieht. et Moll. ss.
a dentata n. sp.
an deformis n. sp.
Pullenia bulloides d’Orb. ss.
Sphaeroidina austriaca d’Orb. ss.
Uvigerina pygmaea d’Orb.h.
Bulimina Buchiana d’Orb. s.
Polymorphina problema d’Orb. ss.
\ punctata Orb. ss.
Orbulina universa d’Orb. hh.
Globigerina biloba d’Orb. h.
R bulloides dOrb. hh.
55 triloba Rss. hh.
=
en
9
Karrer.
Truncatulina Dutemplei d’Orb. hh.
3 rotella dOrb. hh.
Rotalia Girardana Rss. ss. eine oligocäne Form.
„ Beccarü d’Orb. ss.
R seutellaris Karr. ss.
Nonntionina Soldanii d’Orb. h.
Die ganze Masse dieser Fauna ist hauptsächlich auf die Badner
Formen beschränkt. Cristellarien und Globigerinen, diese Typen tie-
fen Wassers sind auch an diesen, den früheren Vorkommnissen ziem-
lich fern liegenden Punkte, vorwaltend.
Ostrau. Eine Probe von Tegel aus einem Steinbruch neben dem
Dreifaltigkeits-Schachte an dem Steinkohlenbaue, dessen Hangendes
der Schlier bildet, lieferte nur wenig Foraminiferen, die allein häufi-
gen sind wieder Cristellarien und Globigerinen. Es sind:
Clavulina communis d’Orb. ss.
Glandulina laevigata d’Orb. ss.
Nodosaria elegans d’Orb. ss.
2 Reussi d’Orb. ss,
Cristellaria calcar var. cultrata dOrb.h.
” inornata d’Orb., h.
Bulimina pyrula d’Orb. ss.
Dvigerina pygmaea d’Orb. ss.
” semiornata d’Orb. ss.
Orbulina universa d’Orb. h.
Globigerina bulloides d’Orb. h.
r triloba Rss. h.
Truncatulina Dutemplei d’Orb. ss.
> austriaca d’Orb ss.
Jaklovetz. Dieser Ort liegt unweit Ostrau, hier ruht nach Prof.
Suess’ Beobachtungen, auf den Kohlenflötzen in horizontaler Lage-
rung, abwechselnd Sandstein und Basalttuff etwa zwei Klafter mäch-
tig, darüber blauer Schlier, welcher viel Cidaritenstachel, einige Cy-
pridinen und wieder sehr zahlreiche Foraminiferen enthält, die aus-
gezeichnete Badnertypen repräsentiren. Als bezeichnend treten hier
die Cristellarien in ganz außerordentlicher Zahl, defßgleichen auch die
Globigerinen, auf.
Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 343
Clavulina communis d’Orb. h.
Bigenerina agglutinans d’Orb. ss.
Nodosaria aculeata d’Orb. ss.
rudis d’Orb. ss.
= guttifera d’Orb.. ss.
= acuta d’Orb. ss.
a5 elegans d’Orb. ss.
= inornata dOrb. ss.
Cristellaria cassis d’Orb. h.
calcar d’Orb. s.
? „ var, cultrata dOrb.h.
simplex d’Orb. h.
inornata dOrb.h.
vortex Ficht. et Moll. s.
= dentata n. Sp.
> undulata n. sp.
Bulimina pupoides d’Orb. s.
u Buchana d’Orb. ns.
Üvigerina semiornata d’Orb. ns.
Globigerina bulloides dOrb. hh.
» Zriloba d’Orb. hh.
Orbulina universa d’Orb.h.
Truncatulina Dutemplei d’Orb. ns.
Ra austriaca dOrb.h.
Rotalia Schreibersii d’Orb. ss.
Nonnionina Soldanü d’Orb. ss.
Amphistegina Hauerina d’Orb. ss.
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Karrer.
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in Österreich
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Beschreibung der neuen Arten.
4. Cristellaridea.
l. Cristellaria dentata Karr. (Taf. I, Fig. 1.)
Die Schale dieser neuen Art ist sehr eomprimirt, schön lanzett-
förmig und mit einem Kiel versehen, welcher namentlich in jüngeren
Individuen auffallende Zacken zeigt. Die Zacken sind aber nur am
unteren Theile der Schale entwickelt. Die Kammern sind zahlreich,
nur durch sehwache Linien bezeichnet, und die erste derselben, na-
mentlich in jüngeren Individuen, ansehnlich aufgeblasen, ihre Zahl
steigt bis zu mehreren zwanzig. Die Mundfläche ist vollkommen eben
abgeschnitten, der Mund eine längliche Spalte. i
Diese Art hat einige Ähnlichkeit mit der von Prof. Reuss in der
Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellsch. B. IV, S. 17 beschriebenen Or.
spinulosa, welche im Septarienthon von Görzig unweit Köthen und
von Greif bei Salzgitter, so wie im Unteroligocän von Calbe vor-
kömmt. Diese oligocäne Species ist jedoch weit weniger comprimirt,
alle ihre Kammern sind etwas aufgeblasen und beschränken sich auf
die Zahl 9. Sie sind auch durch Leisten oder Rippchen von einander
getrennt, die letzte durch eine tiefe Naht; somit sind hinreichende
Unterschiede von Cr. dentata gegeben, welche in Jaklovetz und Or-
lau vorkommt, und auch aus dem Tegel eines Brunnens im neuen
Gymnasial-Gebäude zu Brünn gewonnen wurde. Sie ist im Ganzen
nicht selten. Ihre Größe steigt bis zu 4:5 Millimeter.
2. Cristellaria undulata Karr. (Taf. I, Fig. 2.)
Eine sehr frappante aus sechs Kammern bestehende Art. Jede
Kammer ist für sich aufgeblasen und es liegen die Nähte ganz ver-
tieft inzwischen. Am Umfange sind diese Kammern etwas abgerundet
und der die Schale umfassende Flügelsaum zeigt daher eine wellen-
förmige sehr ausgezeichnete Contour. Die älteren Kammern sind
durchweg mit kleinen Tuberkeln bedeckt, welche auch im Centrum
der Schale auftreten. In ganz ausgebildeten älteren Individuen ver-
fließen diese Knötchen zu 2—3 Rippen. Die Mundfläche ist schwach
gewölbt und am Saume von zwei schwachen Flügeln eingefaßt. Der
Mund wenig gestrahlt. Als Verwandte ist Or. moravica Karr. zu be-
zeichnen, die aber die doppelte Anzahl Kammern besitzt, etwas com-
primirter ist und keine Verzierung hat. Die gleichfalls ähnliche Cr.
ariminensis hat mehr Kammern, ist auch niedergedrückter und hat
Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 349
eine viel regelmäßigere Ornamentik. Die Größe der neuen Art dürfte
13/, Millim. erreichen. Sie ist im Thone von Jaklovetz ziemlich selten.
3. Cristellaria deformis Karr. (Taf. I, Fig. 3.)
Eine der Cr. moravica Karr. verwandte Art. Nur besitzt sie
keine crista wie diese, wohl aber in den älteren Individuen Nähte
die tief gespalten und an der Peripherie gegabelt sind. Ihre Schale
ist eiförmig, stark comprimirt, die Zahl der Kammern schwankt zwi-
schen 7 und 9. Der Nabel erscheint durch accessorische Tuberkeln
zum Theil bedeckt.
Die Mundfläche ist etwas gewölbt, sehr schmal, der Mund eine
Spalte, oben gestrahlt.
Sie zeigt eine Neigung zur Deformität der letzten Kammer, die
manchmal einseitig aufgeblasen ist, so daß sie sich nach einer Seite
neigt, wo dann eine Nabelbucht zu sehen ist.
In einem Exemplar ist die vorletzte Kammer über die Peripherie
der letzten in eine Spitze vorgezogen, die strahlig ist. Es ist dies
offenbar der Rest des früheren Mundsaumes, der nicht resorbirt
wurde, während sich doch eine neue letzte Kammer vollständig her-
ausbildete, so dal am Rande. zwei vorgezogene Schnäbel entstehen-
Die Größe beträgt 2 Millimeter. Sie ist übrigens selten in Orlau.
2. Rotalidea.
4. Rotalia tuberosa Karr. (Taf. I, Fig. 4.)
Die Schale dieser Art ist sehr aufgetrieben und durch ihre Ver-
zierung sehr ausgezeichnet. Sie zählt auf der Nabelseite 16 Kammern
und zeigt hier eine prachtvolle Ornamentik. Es sind die Kammer-
nähte nämlich sehr tief eingeschnitten und beiderseits verlauft als
Einfassung der Kammer eine Reihe ganz nahe neben einanderstehen-
der Knötchen. Der Nabel erscheint ganz bedeckt mit solchen Höckern,
die sehr stark hervortreten. Die Nähte stehen senkrecht auf der Peri-
pherie der Schale, welche vullkommen abgerundet ist.
Die Spiralseite steigt etwas gegen das Centrum an und zeigt
nur 3 Umgänge. Auch hier setzen sich die Tuberkeln der Nabelseite
fort und sind sowohl die einzelnen Kammern, als auch die Windungen
durch eine Doppelreihe von Knoten besetzt.
Der Mund ist eine kurze zum Nabel sich hinziehende Spalte. Sie
ist 2 Millim. groß und sehr selten im Tegel der Ziegelgrube von Laa.
350 Karrer.
II. Die Foraminiferenfauna von Grund.
Die prachtvolle Molluskenfauna, welche wir aus dieser Localität
besitzen, ruht hier in einem hauptsächlich aus abgerollten Quarzkör-
nern, Muscheln und Schneckentrümmern bestehenden Sande von gel-
ber Farbe. Da die Foraminiferenfauna dieses so petrefactenreichen
Sandes bisher nicht näher untersucht worden, er selbst aber in so
innigem Zusammenhange mit den im vorhergehenden Kapitel behan-
delten Schliervorkommnissen steht, so mag es nicht uninteressant sein,
etwas näher darauf einzugehen, um das Bild der so reichhaltigen
österreichischen Tertiärfauna nach Möglichkeit zu vervollständigen.
Die mikroskopische Fauna dieses Sandes besteht aus einigen
wenigen Cidaritenstacheln, Cypridinen, und Foraminiferen, welche in
nicht unbedeutender Arten, weniger Individuenzahl darin vorkommen.
Namentlich ist der Sand, welcher aus dem Innern der Mollus-
ken-Schalen gewonnen wird, die Fundstätte der schönsten und zahl-
reichsten Formen.
Sie sind zum größeren Theile ganz gut erhalten und lassen sich
mit voller Sicherheit bestimmen, doch ist in manchen Fällen ihr Vor-
kommen in einem sandigen Medium nicht zu verkennen, da sie mit-
unter etwas abgeschliffen, die langen Formen meistens zerbrochen
erscheinen.
In ihrer Totalität aufgefaßt, stimmt diese Fauna mit jener des
Badner Tegels überein, ungleich mehr aber mit jener des Leithakalkes,
und zwar mit jener der tieferen oder Bryozoen-Zone. Deßgleichen
kommen alle in den marinen Sanden von Pötzleinsdorf, Neudorf an
der March, Imendorf u. s. w. enthaltenen Formen ebenfalls im Grun-
der Sande vor.
Die meisten Vertreter zählt die Familie der Nodosarideen, dar-
unter sehr häufig Nodosaria elegans, daran schließen sich die Cri-
stellarideen mit Oristellaria cultrata und inornata als vorwaltende
Arten. Überwiegend ist die Familie der Polymorphinideen, sehr häu-
fig darunter ist: Bulimina pupoides, Uvigerina pygmaea, Polymor-
phina problema.
Von Rotalideen ist besonders häufig: Discorbina planorbis,
Truncatulina Dutemplei und Rotalia Beccarü, welche letztere Art
Zur Foraminiferenfauna in Österreich. s5l
fast die Hälfte der ganzen Foraminiferen-Menge ausmacht. Die Poly-
stomellideen sing gleichfalls häufig, namentlich Polystomella crispa
und fleruosa, sowie Nonnionina communis.
Sehr selten dagegen sind die Foraminiferen mit kieseliger
Schale, dann alle Miliolideen, sowie die Textilariden und Globigerini-
deen, ein Zeichen geringerer Meerestiefe. Deßgleichen fehlen so zu
sagen ganz die Nummulitideen.
Die bisherige Untersuchung des Sandes von Grund hat an
100 Arten ergeben, darunter 6 ihrer besonderen Merkmale wegen, als
neu bezeichnet wurden. Es tritt darin der Hauptcharakter dieser
Fauna so entschieden hervor, dal spätere Funde wohl eine Vermeh-
rung des Catalogs, gewiß aber keine Veränderung des jetzt schon
klar ausgesprochenen Typus bilden können.
Im folgenden Verzeichnisse bedeutet B das Auftreten derselben
Art im marinen Tegel von Baden — N das Vorkonımen in den Mer-
geln des Nulliporenkalkes von Nußdorf.
Verneulina spinulosa Rss. ss. N.
Plecanium abbreviatum d’Orb. ss. B.
laevigatum d’Orb. ss. N.
Mariae d’Orb. ss. B. N.
5 deperditum d’Orb. ss. B. N.
Olavulina communis d’Orb. ss. B. N.
Triloculina gibba d’Orb. ss. B. N.
inflata d’Orb. ss. B.N.
bs tricarinata d Orb. ss. Wieliezka.
Quinqueloculina Mayeriana d’Orb. ss. B.N.
Akneriana d’Orb. ss. B.
badenensis d’Orb. ss. B.
u Hauerina d’Orb. ss. B.
Lagena Villardeboana d’Orb. ss. Crag.
Fissurina carinata Rss. ss. Wieliezka.
Nodosaria spinicosta dOrb. ss. B.
Mariae dOrb. ss. B.
- rudis dOrb. ss. B.
5 aculeata dOrb. ss. B.
> baccillum s. B.
= (Dentalina) inornata d’Orb. ss. B.
elegans d’Orb. hh. B. N.
”
b)
B>]
”
”
2 ”
Karrer.
Nodosaria (Dentalina) Boueana d’Orb. ss. B.
R M brevis d’Orb. ss. B.
“ N guttifera dOrb. ss. B.
N L Adolphina d’Orb. s. B.
. - pauperata d’Orb. ss. B.
„ - elegantissima d’Orb. ss. B.
r 5 acuta d’Orb. ss. B.
" 5 floscula d’Orb. ss. B.
® M Beyrichi Neug. ss. Lapugy.
5 5 globuligera Neug. ss. Lapugy.
x x trichostoma Rss. ss. Möllersdorf.
M N scabra Rss. ss. B.
e 5 seminuda Rss. ss. B.
4 n pupiformis n. sp. ss.
Frondicularia mucronata n. sp. ss. |
Amphimorphina Hauerana N eug, ss. Lapugy.
Psecadium subovatum Karr. ss. Benkovae.
Cristellaria (Marginulina) regularis d’Orb. ss. B.
5 e similis d’Orb. ss. B.
5 ex hirsuta dOrb. ns. B.
P E abbreviata Karr. ss. Ödenburg.
» cymboides d’Orb. ss. B.
5 reniformis d’Orb. ss. B.
e crassa d’Orb. ss. B.
® calcar d’Orb. s.B.
x calcar var. cultrata d’Orb. h. B.
r simplex d’Orb. ss. B.
inornata d’Orb. h. B.N.
— vortex Ficht et Moll. ss. B.
5 variabilıs Rss. ss. B.
> semituberculata n. sp. ns.
> Grundensis n. Sp. SS.
inflata n. sp. ss.
henn bulloides d’Orb. ss. B. N.
Bulimina pyrula d’Orb. ns. B.N.
4 pupoides d’Orb. hh. B. N.
5 ovata d’Orb. ss. N.
„ Buchiana d’Orb. ss. B. N.
Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 353
Bulimina elongata d’Orb. ss. N.
Uvigerina pygmaea d’Orb. hh. B. N.
= asperula Cziz. ns. B.
Polymorphina problema d’Orb. h. B. N.
£ gibba d’Orb. ns. B.N.
= aequalis d’Orb. ss. N.
e spinosa d’Orb. ss. N.
Virgulina Schreibersü Cziz. ss. B. E
Sphaeroidina austriaca d’Orb. ss. B. N.
Tezxtilaria carinata d’Orb. ss. B. N.
Globigerina triloba Rss. ss. B. N.
= bulloides d’Orb. ss. B. N.
5 arenaria n. Sp. ns. -
Discorbina planorbis d’Orb. hh. B. N.
r obtusa d’Orb. ss. N.
Pulvinulina Hauerü d’Orb. s. B.N.
R Boueana d’Orb. ss. B. N.
5 Kalembergensis d’Orb. ss. B. N.
Li Partschiana d’Orb. ss. B.
Truncatulina Dutemplei d’Orb. hh. B.N.
1 Akneriana d’Orb. ss. B. N.
r austriaca d’Orb. ss. N.
2 lobatula d’Orb. ss. B.N.
= Schreibersü d’Orb. ss. B. N.
I Haidingerii d’Orb. ss. B. N.
Rotalia Beccarü d’Orb. hh. B.N.
A Brognartii d’Orb. ss. B.
Polystomella Fichtelliana d’Orb. ns. B.N.
hs rugosa dOrb. ss. B. N.
$ obtusa d’Orb. ss. B. N.
i crispa dOrb. hh. B.N.
% flexuosa dOrb. h. B.N.
Nonnionina communis d’Orb. hh. B. N.
h; granosa d’Orb. ss. B. N.
» Soldaniti d’Orb. s. B. N.
Heterostegina costata d’Orb. ss. B. N.
Amphistegina Hauerii d’Orb. ss. B. N.
u le 2 IL II
3 54 Karrer
Beschreibung der neuen Arten.
1. KRhabhbdoidea.
&. Nodosaridea.
l. Nodosaria pupiformis Karr. Taf. I, Fig. 5.
Diese Dentalinenartige Form ist nur schwach gebogen und nach
unten und oben verschmälert, so daß die letzte Kammer kleiner er-
scheint als die vorletzte, dieselbe ist überdies in einen rüsselförmigen
Schnabel vorgezogen. Die erste Kammer dagegen ist etwas weniges
aufgeblasener als die nächstfolgende und nimmt von da die Größe
der Kammern, deren Zahl neun beträgt, überhaupt nur allmälig zu.
Die Kammernähte sind sehr deutlich und geradegestellt. Die kaum
1:/, Millim. große Schale ist vollkommen glatt und im Sande von
Grund sehr selten.
ß. Frondicularidea,
2. Frondicularia mueronata Karr. Taf. I, Fig. 6.
Foraminiferen aus der Gattung Frondicularia gehören in den
neogenen Ablagerungen immer zu den Seltenheiten. Aus dem Wiener
Becken sind bisher nur acht Arten bekannt geworden, wovon
d’Orbigny eine, Prof. Reuss drei und der Verfasser dieses vier
beschrieben haben. Aus Lapugy sind durch Neugeboren vier
Species bekannt geworden.
Es ist daher um so erfreulicher, daß die in so vieler Beziehung
interessanten Sande von Grund einen weiteren Beitrag zu dieser
Gattung geliefert haben.
Es ist diese neue Frondicularia eine vierkantige, vollkommen
glatte Form, welche von unten nach oben nur wenig an Breite zu-
nimmt und ihrem Character nach sehr zu dem Genus Rhabdogonium
hinneigt, indem sie kantig ist und jede Kammer an vier Stellen immer
von der nächst jüngeren umfaßt wird. Jedoch ist ihr Querschnitt
nicht tetragonal, sondern ein langgezogenes Parallelogramm, ihre
letzte Kammer besitzt keine centrale Zuspitzung und ihr Mund ist
nicht völlig rund, daher sie zu Frondicularia gestellt werden mußte.
Sie ist, wie oben bemerkt, comprimirt, die Kanten erheben sich
etwas über die Seitenflächen, welche dadurch geringe eoneavirt er-
scheinen, die Zahl der Kammern steigt bis vierzehn, die Nähte sind
, . . . . 9
Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 355
sehr deutlich, im obern Theil des Gehäuses vertieft, dasselbe etwas
einsehnürend und durchaus gleich sanft gebogen. Die erste und
letzte Kammer erscheinen etwas aufgeblasen und trägt die erste zwei
schwache Rippen, während die letzte und vorletzte in ganz aus-
gewachsenen Exemplaren, auf jeder Seite mitten einen kleinen erha-
benen Kamm besitzt. Die Mundöffnung ist etwas längsgezogen und
zum Theil verästelt. Die Größe beträgt bis 2'/, Millim.
Sie ist im Grund sehr selten.
2, Cristellaridea.
3. Cristellaria semitubereulata Karr. (Taf. I, Fig. 5.)
Es ist diese Art eine Marginalinenform von ziemlicher Kleinheit,
sie hat nur 11/),—2 Millimeter. Die Krümmung der Schale ist nicht
bedeutend und die Zahl der Kammern beträgt 9—10. Die ersten 7
sind mit perlenartig angereihten Knötchen besetzt, die letzten zwei
namhaft größer und deutlich eingeschnürt, sind aber glatt, nur in
den tiefen Nähten zeigt sich ein Rest der Tuberkeln, der bisweilen
noch die vorletzte Kammer schwach überzieht.
Die Mündung ist gestrahlt und wenig vorgezogen, die erste Kam-
mer aber manchmal mit einer kleinen Spitze versehen. Es ist diese
Form allen gezierten, bekannten tertiären Arten ganz unähnlich in
Folge der eigenthümlichen Ornamentik.
Ziemlich selten im Sande von Grund.
4. Cristellaria @rundensis Karr. (Taf. I, Fig. 6.)
Eine der größten Foraminiferen in der sonst mehr durch kleine
Formen ausgezeichneten Fauna von Grund. Sie hat etwas über zwei
Millimeter, ist besonders flachgedrückt, lanzettlich, vollkommen glatt
und zählt —9 deutlich durch transparente Nähte geschiedene Kam-
mern, die am Umfange einen schmalen Flügelsaum tragen.
Die Mundfläche ist eben abgeschnitten und beiderseits am Rand
von einem erhabenen Saum eingefaßt, der Mund ist ein länglichter
Spalt. Von Cr. Ruditziana Karr. unterscheidet sich dieselbe durch
ihre weit geringere Kammeranzahl und bedeutendere Compression.
Ziemlich selten in Grund.
>. Cristellaria inflata Karr. (Taf. I, Fig. 7.)
Diese Art ist stark aufgeblasen, aber weniger als Or. crassa
d’Orb. aus Baden. Sie hat 4 Kammern, welche durch deutlich ein-
gebuchtete Nähte scharf geschieden sind. Jede Kammer trägt an der
356 Käarrer.
Stelle ihrer größten Elevation ein kleines Knöpfehen, das sich manch-
mal in eine gespaltene Querrippe auszieht. Am Umfange befindet sich
ein nieht unbedeutender Flügelsaum, welcher bis zu einem Drittel in
die Mundfläche sich hineinzieht. Diese ist lanzettlich oben und unten
zugespitzt, eingebuchtet und an beiden Rändern von einem Saume
eingefaßt. Der Mund ist eiförmig, die Spitze nach oben, die Erwei-
terung nach unten stehend. Die Größe ist ein Millimeter.
Sehr selten im Grunder Sande.
Von Oristellaria ornata, die etwas größer ist, ist sie hinreichend
dadurch unterschieden, daß die Kammern bei der d’Orbigny’schen
Art nieht durch Nähte sondern durch Rippen getrennt erscheinen,
und die Verzierung in mehreren starken Querrippen besteht.
3. Globigerinidea.
6. Globigerina arenaria Karr. (Taf. I, Fig. 8).
Die Schale dieser neuen Art ist von der Seite eigenthümlich
comprimirt, von einer Seite jedoch etwas mehr und gegen den Mit-
telpunkt zu etwas vertieft. Die letzte Kammer ist groß, eiförmig, nach
vorne abgeschnitten, und befindet sich die Spaltöffnung am unteren
Theile, wo sich die letzte Kammer an die noch sichtbare älteste Kam-
mer anlegt.
Unterhalb des Mundes beginnt die älteste sichtbare Kammer, an
sie setzen sich besonders schön, spiral angeordnet noch fünf Kam-
mern, so daß im Ganzen vorne sechs Kammern sichtbar sind, deren
letzte wie gesagt, sehr bedeutend aufgeschwollen ist, im Verhältniß
zu den übrigen.
Durch die besagte Compression sind die sechs Kammern auf der
flacheren Seite sichtbar, auf der entgegengesetzten weniger compri-
mirten Seite, sind je nach dem Individuum oft bis 10 Kammern sicht-
bar, je nachdem die letzte große Kammer sich mehr oder weniger
einhüllend über die älteren legt.
Die Schale ist sehr fein porös, ist kaum 0-5 Millim. groß und
in Grund im ganz feinen aus den Mollusken-Schalen entnommenen
Sande ziemlich häufig.
Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 357
II. Neue Foraminiferen aus der Familie der Miliolideen aus
den neogenen Ablagerungen von Holubica, Lapugy und
Buitur.
1. Biloeulina globiformis Karr. (Taf. II, Fig. 1.)
Die Schale dieser Art nähert sich fast der Kugelform, nur gegen
die Mundöffnung ist sie etwas zusammengezogen. Die letzte Kammer
ist bedeutend aufgeschwollen, die vorletzte durch sehr schwache
Naht von ihr geschieden, ist mehr eiförmig. Die Peripherie ganz ab-
gerundet, der Mund eine lange halbmondförmige Spalte. Die Schale
vollkommen glatt, ist kaum 0-5 Millimiter groß und unterscheidet
sich von der ebenfalls sehr aufgetriebenen B. simplex d’Orb. aus
dem Wiener Becken hinreichend dadurch, daß diese ungleich größer
weniger aufgeblasen und mehr eiförmig ist, überdies ist der gezahnte
Mund, sowie die tief ausgeprägte Kammernaht ein sehr charakterisi-
rendes unterscheidendes Merkmal der d’Orbigny'schen Art.
Von Biloculina globulus Born. aus dem Septarienthon von
Hermsdorf, welche gleichfalls sehr klein und kugelig ist, unterscheiden
sie zwei Merkmale, erstens ist bei B. globulus die vorletzte Kam-
mer ein Kugelsegment, bei B. globiformis ist sie elyptisch, und zwei-
tens ist die Öffnung der Hermsdorfer Art ein gleichseitiges Dreieck,
welehes durch einen dreieckigen Zahn zu einer knieförmigen geboge-
nen Spalte verengt ist, während sie hier entschieden halbmondförmig
gebildet ist. |
B. globiformis ist eine sehr seltene Form aus dem Lehın von
Holubiea bei Pieniaky in Galizien 1), allwo eine sehr schöne Foramini-
feren-Fauna sich findet.
2. Spiroloculina lapugyensis Karr. (Taf. II, Fig. 2.)
Eine langgestreckte lanzettliche Form mit vorgezogener letzter
Kammer, glatt, sehr comprimirt, bestehend aus 6 Kammern, die ge-
1) Stur: „Fossilien aus den neogenen Ablagerungen von Holubica bei Pieniaky in
Galizien,“ Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanst. Bd. XV, Heft 3, Wien 1856.
358 KR anrier.
gen die Mitte abfallend auf beiden Seiten eine tiefe Einbuchtung
bewirken. Am Umfange ist sie mit einer seichten Rinne versehen.
Der Mund ist rundlich, auf der kantigen Peripherie eben abgeschnit-
ten, der Zahn ist ein oben T-förmig verbreiteter Stift.
Die Größe beträgt 1—1:5 Millimeter.
Von Sp. canaliculata d’Orb. des Wiener Beckens unterschei-
det sie die weit größere Kammernzahl dieser letzteren, ihre bedeu-
tendere Einbuehtung und der Umstand, dafs ihre Kammern seitlich
nicht auch jede eine Aushöhlung besitzen.
Sie ist selten in Lapugy.
3. Spiroloculina cavernosa Karr. (Taf. II, Fig. 3.)
Eine der vorigen sehr ähnliche Form, aber noch mehr lanzettlich
zugespitzt, comprimirt. Die Kammern fallen noch mehr gegen die
Mitte ab; so daß beiderseits eine bedeutende Einbuchtung entsteht.
Der Rücken ist beiderseits von zwei.Kanten gebildet, aber er zeigt
keine Rinne, wie bei der vorigen Art, sondern ist etwas gewölbt, in
der Mitte am breitesten, nimmt er gegen oben und unten etwas ab.
Der Mund ist rund, mit einem oben sich verbreiternden keilförmigen
Zahne versehen. Die ganz glatte Schale hat nur 1:5 Millim. und ist
sehr selten im Tegel von Lapugy.
4. Spiroloculina ecompressiuseula Karr. (Taf. II, Fig. 4.)
Diese Art ist weniger langgestreckt, außerordentlich eomprimirt.
Sie hat sechs Kammern, ist an den Seiten ganz flach und zeigt nur
schwache Nähte mit Ausnahme der letzten Kammer, welehe durch
einen ziemlich tiefen Einschnitt von der nebenstehenden getrennt ist.
Die Peripherie ist vollkommen abgerundet, der Mund ist rund ohne
deutlichen Zahn.
Die glatte Schale ist ein Millimeter grofß und sehr selten in
Lapugy-
5. Spiroloculina tenuirostra Karr. (Taf. IL, Fig. 5.)
Diese eigenthümliche Art besitzt eine flachgedrückte blattartige
Schale, welche gegen die Mitte zu sich erhöht, wo sich die Kammern
etwas aufblättern. Ihre Anzahl beträgt vier bis fünf und zeichnen
sich die beiden letzten durch größere Breite besonders aus, die letzte
ist etwas vorgezogen und gegen den Mund etwas erweitert, Dieser
Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 359
selbst ist rund und kein Zahn bemerkbar. Die Peripherie des Gehäu-
ses ist scharf, schneidig etwas gewellt, wie überhaupt die Form in
den einzelnen Individuen ziemlich unregelmäßig ist, ohne jedoch
ihren bestimmten Character zu verleugnen.
Das 2 Millim. große Gehäuse ist nicht selten in Lapugy.
6. Triloculina angulata Karr. (Taf. II, Fig. 6.)
Eine sehr ausgezeichnete Art, welche ziemlich stark aufgetrieben
ist. Ihre Contour ist nahezu kreisförmig. In der vordern Ansicht
erhebt sich die drittletzte Kammer in der Mitte einen hohen Kamm
bildend. Sie wird von der zweiten und dritten Kammer sichelförmig
umfaßt, auch diese fallen gegen die Peripherie ab. Auf der anderen
Seite fallen die zwei letzten Kammern aber gegen die Mitte zu und
bilden hier eine Vertiefung. Die Nähte sind beiderseits vollkommen
deutlich. Die Peripherie von zwei scharfen Kanten gebildet ist etwas
gewölbt, mitten breit, gegen die Enden sich verschmälernd. Der
Mund ist oval und hat einen nicht sich verbreitenden Zahnstift.
Die Schale ist glatt und ist 1-7 Millim. groß. Sehr selten im
Tegel von Buitur in Siebenbürgen.
7. Triloeulina pyrula Karr. (Taf. II, Fig. 7.)
Eine ausgezeichnet aufgeblasene Art von fast kreisrunder Gestalt
mit ganz abgerundeter Peripherie. Die letzte Kammer ist beinahe
kugelig und umfaßt die vorhergehende vorletzte Kammer sehr bedeu-
tend, die drittletzte Kammer erhebt sich nur wenig und ist auch voll-
ständig abgerundet. Die Nähte sind durchaus deutlich, der Mund
oval gegen unten verschmälert, der Zahn ein sich oben verbreiternder
birnförmiger Stift, die Schale ist glatt und 1:5 Millim. groß. Von Tr.
inflata d’Orb. aus dem Wienerbecken ist dieselbe durch ihre noch
bedeutendere Aufgetriebenheit, kreisförmige Gestalt und den eigen-
thümlichen nicht gespaltenen Zahn unterschieden.
Sie ist sehr selten in Lapugy.
8. Triloculina euneata Karr. (Taf. II, Fig. 8.)
Eine sehr flachgedrückte Schale von unregelmäßiger Eiform,
etwa ein verschobenes Viereck mit abgerundeten Ecken. Die Ober-
fläche ist etwas gefaltet und zeigt die dritte Kammer nur wenig
entblößt, indem die beiden letzten sehr breit sind und die mittlere
Sitzb. d. mathem.-naturw, Cl. LV. Bd. I. Abth. 23
360 Rarrer.
beinahe ganz umhüllen. Nähte sehr deutlich. Die Peripherie ist ganz
abgerundet, der Mund oval, die Schale scheint sehr diek und des-
gleichen der ganz keilförmige Zahn, welcher ansehnlich noch über
dem Abschnitte des Mundsaumes hervorsteht.
Diese Schale ist 1:5 Millim. groß und sehr selten im Tegel
von Lapugy.
9. Triloeulina nodosaroides Karr. (Taf. II, Fig. 9.)
Es ist dies eine Mischform ganz eigener Art. Wir haben vor
uns eine Triloculina der schönsten Form, die letzte Kammer aber
statt mit dem Mundrande abzuschneiden, setzt noch eine neue Kam-
mer an, die größer als die ganze übrige Schale uns die letzte Kammer
einer Nodosaria quadrata d’ Orb. aus dem Wiener Becken darstellt.
Vorläufig wird diese eigenthümliche Form nicht als Mischtypus,
sondern nur als eigenthümliche Art bezeichnet, bis ein wiederholtes
Vorkommen die Berechtigung dazu geben würde.
Unsere Triloculina ist eine sehr schöne in ihrem Character sehr
ausgeprägte ziemlich hochgebaute Art. Betrachten wir zuerst die
Vorderseite. Hier tritt die mittlere Kammer ziemlich stark hervor,
ein kleiner Bogen mit zwei Kielen am Rande, mitten eine deutliche
Rinne. Dieselbe wird umfaßt von zwei prachtvoll helmkammartig
geschwungenen Kammern, welche auf dieser Seite etwas eingebuch-
tet sind. Auf der Rückenseite, wo diese Einbuchtung schwächer,
fallen diese Kammern gegen die Mitte, gleichsam ein Thal bildend,
ab. Die Nähte sind sehr deutlich ausgesprochen. Die Peripherie der
vorletzten Kammer hat ebenfalls zwei scharfe Kanten, mitten ist sie
etwas vertieft, die Peripherie der letzten Kammer dagegen hat außer
diesen zwei scharfen Kanten noch eine dritte mitten wie ein Kamm
verlaufende Kante, somit zwei Rinnen; alle drei Kanten verlaufen
unten zusammen sich knaufartig um die vorletzte Kammer legend.
Die am Ende der letzten Kammer sich vorwerfende Nodosarien-
kammer, ist ein sehr verlängertes Ei mit sechs stark vorspringenden
Kanten, mitten fünf Rinnen begrenzend. Sie endet in einen etwas
vorgezogenen Canal, der sich oben wie ein Kelch etwas erweitert
und in dessen Mitte eine Mundöffnung sich befindet, die einen fünf-
strahligen Stern darstellt.
Die ganze Schale ist vollkommen weiß und glatt und etwa
2-5 Millim. lang. Sie ist eine Rarität aus Lapugy.
Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 361
10. Quinqueloeulina seidula Karr. (Taf. III, Fig. 1.)
Diese Form ist ganz blattartig zusammengedrückt, glatt und in
ihrem Ganzen wellig gebogen. Auf der Vorderseite ragt die drittletzte
Kammer als papierdünner Kamm etwas hervor, wellig gebogen, die
letzte Kammer ist bedeutend groß, legt sich halbrund unten um die
vorletzte umfassend herum, oben biegt sie sich über die mittleren
Kammern um, und senkt sich seitlich bis zu ein Drittel der Schale
herab mit der vorletzten Kammer einen stumpfen Winkel bildend.
Die Peripherie ist scharf, schneidig wie ein Blatt, unregelmäßig
hin und her gebogen, geknittert; der Mundsaum erweitert sich etwas
und endet in eine länglichte schmale Spalte ohne Zahn.
Sie ist 11/, Millim. groß und sehr selten in Holubiea.
ll. Quingueloculina graeilis Karr. (Taf. III, Fig. 2.)
Zeigt eine langgestreckte wenig comprimirte Schale mit ab-
gerundeten Kammern. Auf der Vorderseite hebt sich die vorletzte
Kammer deutlich empor, auf der Rückseite ist die Schale etwas ver-
tieft und mit deutlichen Nähten versehen. Unten greift die letzte
Kammer über die vorletzte herum nur wenig abgerundet, oben ist
der Mundsaum schräg abgeschnitten und etwas vorgezogen. Die
Peripherie ist rundlich, der Mund rund mit kurzen oben sich ver-
breiternden r-förmigen Zahn.
Diese Art 1-6 Millim. grols ist sehr häufig im Lehm von
Holubiea.
12. Quinqueloculina undosa Karr. (Taf. III, Fig. 3.)
Die Schale ist etwas niedergedrückt, ziemlich breit, glatt, oben
abgeschnitten unten unregelmäßig abgerundet. Die Kammern sind
viereckig, unmerklich an den Seiten ausgehöhlt, an der Peripherie
aber sehr stark, so daß eine tiefe Rinne entsteht. Vorne erhebt sich
bedeutend die drittletzte Kammer, gleichfalls diese starke Einbuchtung
zeigend. Dabei sind alle Kammern vielfach gewunden, geknittert,
gewellt etwa wie Q. contorta d’Orb. aus dem Badner Tegel, welche
aber eine sehr schmale Form hat und weniger verbogen ist.
Der Mundsaum ist etwas erweitert, der Mund ein großes läng-
liehtes, zum Theil unregelmäßiges Viereck mit einen langen schma-
len Stift.
Die Größe dieser in Lapugy nicht seltenen Art ist 1:5 Millim.
25”
362 Karrer.
13. Quinqueloculina eostata Karr. (Taf. II, Fig. 4.)
Die Schale ist sehr schmal, auf der Peripherie nur schwache
Biegung bemerkbar, unten abgerundet, letzte Kammer etwas vor-
gezogen. Auf der Vorderseite tritt die mittlere Kammer stark hervor,
sie ist abgerundet, und fast gleich breit wie die beiden letzten. Die
Rückseite ist fast eben, die Nähte sind deutlich. An der Peripherie
ist das Gehäuse gleichfalls ganz abgerundet, der Mund vollkommen
rund, der Zahn ein kurzer Stift. Über die ganze Oberfläche verlaufen
stark hervortretende nicht zahlreiche Rippen, welche die Form sehr
characterisiren.
Die Größe beträgt 1'/,; Millimeter. Sie ist sehr selten in
Lapugy.
14. Quinquelsculina striatopunetata Karr. (Taf. III, Fig. 5.)
Ebenfalls eine durch Längsstreifen charakterisirte Form. Sie ist
wenig breit, elyptisch, die letzte Kammer unten etwas herabgezogen,
sehr ecomprimirt, der Mundsaum oben gerade abgeschnitten. Die Kam-
mern sind nur wenig wulstig, die mittleren kaum etwas über die bei-
den letzten emporsteheud, die Seiten somit fast flach, namentlich die
rückwärtige, die Nähte jedoch sehr deutlich. Die Peripherie ist ganz
abgerundet, der Mund eine langgestreekte ovale Öffnung mit einem
kurzen dieken Zahnstift. Auf beiden Seiten, sowie über die Peripherie
laufen zahlreiche Längsstreifen oder Rippchen, die Furchen zwischen
diesen aber sind mit ganz nahestehenden Grübchen versehen, wo-
durch eine eigenthümliche sehr schöne Ornamentik entsteht und sich
diese Art von allen gestreiften Arten sehr gut unterscheidet.
Die Größe beträgt 1°6 Millimeter. Sie ist sehr selten in
Lapugy.
15. Quinqueloculina lacunosa Karr. (Taf. III, Fig. 6.)
Eine hochaufgetriebene Art, die Form ein langgestrecktes Oval,
unten abgerundet, letzte Kammer aber nur wenig vorgezogen. Die
Kammern sind schmal und abgerundet. Die drittletzte erhebt sich be-
deutend über die beiden letzten, ist ebenfalls ganz abgerundet und
sehr lang, sie bildet fast ein Drittel der Vorderseite. Die Rückseite ist
eben, nur die Kammern sind durch deutliche Nähte geschieden. Die
Peripherie der zwei letzten Kammern ist abgerundet, jedoch bei bei-
den etwas flachgedrückt, in der Mitte am breitesten, gegen die Enden
Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 363
etwas abnehmend. Der Mundsaum ist schief abgestutzt, der Mund
oval und an einem Ende gerade abgeschnitten, er ist vollkommen
rund, ohne Zahn, nur mit kleinen Zäckehen versehen.
Die ganze Oberfläche ist ebenfalls eigenthümlich geziert, sie ist
nämlich mit regelmäßig gleichsam in Längsstreifen verlaufenden deut-
liehen Grübchen versehen, wodurch sie sich der Q. striatopunctata
nähert, welche aber flachgedrückt ist, und überdies noch Längsrip-
pen trägt.
Die Größe dieser nicht ganz seltenen Art im Tegel von Lapugy
beträgt 1:6 Millimeter.
364 Kafreir!
IV. Über einige Foraminiferen aus dem weissen Jura von
St. Veit bei Wien.
Schon seit langer Zeit sind die rothen kieselreichen Kalke be-
kannt, welehe am Rande des Wiener Sandsteins zwischen Lainz und
St. Veit in zwei längst aufgelassenen Steinbrüchen erschlossen wur-
den. Sie gehören dem weißen Jura an, der seine Fortsetzung weiter
in den Alpen findet. Kaum eine halbe Stunde davon entfernt zeigt sich
in der Nähe des kaiserlichen Thiergartens ein grober buntgefärbter
Sandstein, der aus Quarzkörnern mit einem kieseligen Bindemittel be-
steht und den Werfner Schiefern zugezählt wird. Zwischen diesem
und den rothen Kalken werden in den Feldern die Grestner Schich-
ten angetroffen und wurden in neuerer Zeit in den Entblößungen an
den Wegen, sowie aus Brunnengrabungen in den letzten Häusern des
Ortes sowohl die Etagen des untersten Lias, als jene des braunen
Jura nachgewiesen.
Die nun Eingangs erwähnten rothen, kieselreichen Kalke, die
dem weißen Jura ängehören, sind in schmale Bänke geschichtet,
welche durch merglige Zwischenlagen von 8—4 Zoll Mächtigkeit ge-
schieden sind. Dieselben sind gleichfalls roth gefärbt, enthalten Gyps-
erystalle, Quarz in scharfen eckigen Stücken, Faserkalk, und kleine,
lose Bergkrystalle, sowie nicht selten gut erhaltene Versteinerungen,
namentlich: Aptychus latus Voltz, Aptychus lamellosus Voltz,
Belemnites canaliculatus Schloth. Letzterer ist charakteristisch
für das Oxfordien. Geschlemmt gibt dieser Mergel einen rothen Rück-
stand, in welchem sich neben den Spuren von Asterias-Tafeln, Cida-
ritenstacheln, Fischzähnen und Bryozoen auch Foraminiferen vorfinden,
die alle roth gefärbt sind. Im Ganzen sind es nur wenige Arten, die
deutlich sind und eine Bestimmung zulassen, aber die Individuen-Zahl
ist eine nicht unbedeutende. Die hervorragenderen neuen Formen
sollen in den folgenden Zeilen besprochen werden.
Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 365
Beschreibung der neuen Arten.
l. Biloculina antiqua Karr. (Taf. II, Fig. 7.)
Das Gehäuse ist kreisrund, nur wenig gegen den Mund vorge-
zogen; die vorletzte Kammer rund, ziemlich groß, die letzte nicht
sehr breit sie umfassend und während jene nicht sehr stark eonvex
ist, erscheint diese sehr stark aufgeblasen, fast wie ein halbes Kugel-
segment. Der Mund ist halbmondförmig, scheinbar von der übergrei-
fenden letzten Kammer mit einem schwachen Wulst überdacht. Diese
Form ist sehr klein höchstens 1 Millim. groß und sehr selten.
2, Lagena Dianae Karr. (Taf. Ill, Fig. 8.)
Das Genus Lagena umfaßt alle einkammerigen, meist rundlichen
und mehr oder weniger in die Länge gezogenen Foraminiferen; de-
ren kalkige, glasige, feinporöse und dünne Schale eine ziemlich große
runde Mündung stets an dem einen Ende trägt.
Nach Professor Reuss’ trefflicher Monographie der Lageniden t)
tritt dieses horizontal und vertical sehr verbreitete Geschlecht am
entwickeltsten in der Gegenwart und in der Tertiärformation auf; der
Septarienthon zählt allein 15 Arten 2). Von der Eocän-Periode nimmt
aber ihr Vorkommen schnell ab und im Gault findet sich nur Z. api-
culata Rss. als einsamer seltener Rest.
Terquem führt zwar in seinen sechs Memoiren über die Fora-
miniferen des Lias3) sieben Arten unter dem Genusnamen Oolina
an; die dem mittleren Lias, dagegen eine die dem unteren Lias ange-
hört und mit Ausnahme von Oolina lanceolata T erg. nur sehr selten
sind, allein’ dieselben dürften zum größten Theile, wie schon Prof.
Reuss bemerkt, nur Bruchstücke von Nodosarien sein.
Gümbel eitirt aus den Streitberger Schwammlagern *) eben-
falls drei Arten, die sehr selten sind, von denen er eine selbst als sehr
fraglich hinstellt.
1) Reuss: „Die Foraminiferenfawilie der Lagenideen.“ Sitzungsber. d. kais. Akad.
d. Wissensch. Bd. XLVI, pag. 308. ss.
?2) Reuss: „Die Foraminiferen, Anthozoen u. Bryozoen d. deutsch. Septarienthones.*
Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Bd. XXV.
3) M. O0. Terquun Premiere. — Sixieme Memoire sur les foram. du Lias des Depart.
de la Moselle etc.“ Metz 1858 — 1866.
*) Gümbel: Die Streitberger Schwammlager und ihre Foraminiferen - Einschlüsse
in den württemb, naturw. Jahresb. 1862.
3 6 6 Karrer.
Conrad Schwagert) gibt ferners aus dem unteren Oxfordien
von Gruibingen bei Boll auch zwei Arten an; Lagena franconica von
Gümbel bereits beschrieben und Z. stilla Schwager, beide sind
jedoch auch sehr selten.
Weitaus am reichsten stellt sich jedoch die Anzahl der in allen
Meeren jetzt lebenden Arten heraus, namentlich was die Individuen-
zahl anbelangt.
So findet man bei Williamson in seiner Monographie über
die recenten Foraminiferen von Großbritannien ?) 21 Arten und Va-
rietäten theilweise als Entoselenia beschrieben.
Heinrich Brady führt in seinem Catalog über die recenten
Foraminiferen von Nordhumberland und Durham 3) zehn meist häufig
vorkommende Arten an, und in seinen Foraminiferen von Shetland #)
eine noch größere Zahl, wenn man die Varietäten dazu rechnet.
Parker und Rupert Jones zählen in ihrer Abhandlung über
die Foraminiferen des nordatlantischen und arktischen Oceans mit
Einschluß der Davidsstraße und der Baffınsbay 5) eine noch bedeu-
tendere Anzahl auf, und bringen noch anhangsweise äußerst interes-
sante neue Arten, theils lebende von Australien, theils fossile von
St. Domingo, Bordeaux, Grignon u. Ss. w.
Von der von Seguenza in einer Beschreibung der einkamme-
rigen Foraminiferen der miocänen Mergel von Messina 6) unter ver-
schiedenen Gattungsnamen aufgeführten zahlreichen Lagenen dürfte
wohl der größte Theil theils untereinander, theils mit schon bekann-
ten Arten vereinigt werden.
Die sehöne Ausbeute an Foraminiferen, welehe Dr. Stache aus
den tertiären Mergeln des Whaingaroa Hafens (Provinz Auckland) in
1) Conrad Schwager: „Beitrag zur Kenntniß der mikroskopischen Fauna juras-
sischer Schichten.“ Württemb. naturw. Jahresber. 1865.
2) Williamson: „On the recent foraminifera of Great Britain.“ Roy. Society 1858.
3) Brady, „A Catalogue of the recent foram. of Northhumberland and Durham.“
Nat. hist. Trans. Northumberland and Durham. 1865.
#) Idem: „On the Rhizop. fauna of the Shetlands.“ Linn. Soc. 'Transaet. vol. XXIV.
1864.
5) Parker and Rupert Jones. „On some foraminifera from the North Atlantie and
Arctic. Oceans ete.“ Phil. Trans. 1865.
6) Seguenza: „Descrizione dei foram. monotal. delle marne mioceniche del distretto
di Messina.“ 1862.
Zur Foraminiferenfauna in Österreich. 367
Neu-Seeland beschrieben ı) ergab dagegen nur zwei sehr seltene
Arten.
Nach dem Vorausgeschickten ist es daher von Interesse, daß die
rothen Jura-Mergel von St. Veit einen weiteren Beitrag zu der bespro-
chenen Gattung geliefert haben. Die neue Art Lagena Dianae unter-
scheidet sich durch die Zierlichkeit ihrer Sceulptur so wesentlich von
allen bereits beschriebenen Arten, daß ein Blick auf die Abbildung
eine mühsame Aufzählung jeder weiteren Distinetion von selbst be-
hebt, und die Aufstellung als selbstständige Art rechtfertigt.
Die neue Zagena ist im Querschnitt vollkommen rund und hat
die Form einer Birne an deren mehr oder weniger zugespitzten einem
Ende die Mundöffnung sich befindet, die von einem Strahlenkranze
eingeschlossen wird. An dem entgegengesetzten, also abgerundeten
Ende, sitzt ein solider Stachel, welcher allmälig sich erweiternd mit
der hoch aufgeschwollenen Schale verschmilzt.
Die Ornamentik der kleinen Foraminifere ist wirklich ausge-
zeichnet. Rund um ihren ganzen Umfang herum ziehen sich 12—15
erhabene Leisten, manchmal perlenschnurartig zusammengezogen,
die vertiefte Rinne zwischen je zwei solehen ist mit nahe neben-
einanderstehenden Grübchen versehen, die zuweilen so ineinander
fließen, daß ein ziekzackförmiges Band entsteht. Die Spitze dagegen
ist glatt. Dabei erreicht das Schälchen kaum die Größe von 3/, Millim.
Wenngleich die ganze Foraminiferenfauna dieser Mergel eine arme
genannt werden muß, so ist doch die Individuenzahl selbst dieser
schönen Art nicht allzu geringe und liegt davon, trotz des ganz
bescheidenen Materiales, wohl ein Dutzend vor.
3. Nodosaria triloculata Karr. (Taf. III, Fig. 9.)
Von diesem Genus liegen mir einige Stücke vor, deren Erhal-
tungszustand kein besonders günstiger ist, daher ich dieselben unge-
achtet nieht unmerklicher Verschiedenheit nur mit einer Bezeichnung
umfasse und nur das deutlichst erhaltene abbilde. Es ist ein drei-
kammeriges Gehäuse, dessen beiden jüngsten Kammern kugelig und
glatt sind, während die älteste konisch zugespitzt und eingebogen ist,
so daß eine Dentalinenform sich darstellt. Ein kleiner Wulst umgibt
den rundlichen Mund. Größe 1°5. Millim.
Sie ist ziemlich selten.
1) Stache: „Die Foraminiferen der tert. Mergel des Whaingaroahafens.“ Novara-
Exped. Geol. Theil, I. Band, 2. Abth. Paläontologie.
368 Karrer. Zur Foraminiferenfauna in Österreich.
4. Orbulina neojurensis Karr. (Taf. II, Fig. 10.)
Das Genus Ordbulina d’Orb., welches von Reuss auf die zum
Behufe des Generationsgeschäftes losgelösten letzten kugeligen Kam-
mern mancher Globigerinen Arten zurückgeführt wird (nach Car-
penter soll dies nieht der Fall sein, sondern Orbulina ein selbst-
ständiges Genus sein), kömmt nach d’Orbigny lebend an den Ufern
des adriatischen und mittelländischen Meeres, an den kanarischen
Inseln, den Antillen und in Indien vor. Fossil ist sie sehr häufig in
den mitteltertiären Ablagerungen und geht nach Reuss bis in die
Kreide hinab.
Während d’Orbigny nur Orbulina universa als Art aufstellt,
führt Costa in seiner Palöontologia del Regno di Napoli part. II, pag.
120, Taf. XI und XV eine andere Species ©. granulata mit drei Va-
rietäten aus dem Thone von Tarent an.
Seguenza fügt in seiner Deserizione dei foraminiferi monota-
laminı delle marne mioceniche Messinesi; Messina 1862, eine weitere
neue Art O. faveolata mit der var. maculata hinzu.
Terquem kennt in seinen Memoires sur les foraminiferes du
Lias mehrere neue Arten: ©. rugosa. O. spinosa, O. liassica und O.
punctata.
Zu dieser kleinen Suite haben die rothen Mergel von St. Veit
einen neuen Beitrag geliefert. Es ist die häufigste der darin vorkom-
menden Foraminiferen, die man zu Hunderten sammeln kann. Die
Schale ist eine meist vollkommene Sphäre, mit sehr undeutlicher oft
fehlender Mundöffnung.
Auf ihrem ganzen Umfang ist dieselbe wie mit einem Netz von
eckigen Maschen bedeckt, zwischen denen sich ziemlich große runde
Poren befinden. Die meisten Individuen sind zwar ziemlich von cor-
rodirtem Aussehen, doch sind ganz schöne Exemplare auch aufzufin-
den, wie aus der Abbildung zu ersehen ist. Die Größe dieser Art
erreicht kaum 05 Millimeter.
on A a eh Dr en nn
En
a 0
I (ristellaria dentata n. fr:
2 Cristellarıa undnlata n f 7E,
3.Cristellaria deformis n. Y/ ji
YRotalia tuberosa n. fr.
3.Nodosarin puyiformis n. fr
b Frondieularia mucronata n. fp
.2.(ristellaria femituberenlaten. f.
6.Cristellaria Grundensis rn. fn:
9.Cristellaria inflatu n. fr
10. Globtigerina arenaria n. [m
Sitzungsb. d.k Akad.d.Wmath.naturw ELLVBd.LAbth 1867
Karrer: Zur Foraminiferen Fauma in Desterreich.
V.d. Nat.gez.u lith.v. Joh Strohmaye
4
3 Spirolocuwlina tenuirostra n.fp.
1. Biloculina globiformis 7. /r-
2. Sptroloeulina Lapugyensts n./p. 6.Triloculina angulala v2. /f-
3. Sptroloculinu cavernosa n.fp. ZTriloculina pyrıla n.fp
4. ‚Spirolocuwlina comypiressiuscula N. fr 6.Zrtloceulina cuneata n. ft
9. Triloculina nodofaroıdes nL. fm:
Sitzungsb.d.kAkad.d.W.math.naturw.C1.LV.Bd.l.Abth.1867.
Karrer: Zur Feraminiferen Fauna in Desterreich .
N-d.Nat.gezu.lith v. Joh. Strohmayer Ad.kk.Hof-u n er
I Ouingueloenlina feidla n./p: b. Qrunqueloculina lacunosa n. fm:
2 Qrunqueloenlina graclis n. fy I. Biloenlina antigua n.
> Oninqueloenlina undosa n ft 6. Lagera Dianae n. p
4 Oningneloeulina costata n. fr. 9. Nodosaria triloenlata n. ff
3 Oningueloculina ‚striato punctata n. fp. 10. Orbulina neojurensis n. /p.
Sitzungsb.d.k. Akad. dW math.naturw. CLLV. Bd 1.Abth 1867.
Jelinek. Über die Stürme des November und December 1866. 369
Über die Stürme des November und December 1866 >:
Von dem w. M. Dr. €. Jelinek.
(Mit 4 Tafeln.)
Der Winter des Jahres 1866—1867 gehört zu jenen, welche
sich durch eine höhere Temperatur und durch stürmische Luftbewe-
gungen auszeichnen.
Die vielen Stürme, welche insbesondere den Beginn des Winters
begleitet haben, verdienen eine sorgfältigere Untersuchung und
dürften sie auch finden, sobald das hiezu erforderliche Beobachtungs-
Materiale in seiner Gänze zu Gebote stehen wird. Für den gegenwär-
tigen Augenblick und an diesem Orte läßt sich über die in ungewöhn-
lich rascher Folge eingetretenen bedeutenden Luftbewegungen nur
ein allgemeiner Überblick geben.
Schon das erste Drittel des November 1866 hatte mehrere
Stürme an den Westküsten von Frankreich, England und Norwegen
gebracht. Die eigentliche Sturmperiode aber für Mittel-Europa beginnt
mit dem 13. November.
Am 12. November ?2) war das Barometer zu Christiansund (Nor-
wegen) ungewöhnlich tief — bis zu 732-8 Millim. — gesunken, im
Canal la Manche herrschten starke West- und Südwest-Winde. Am
13. November trat eine neue barometrische Depression im Norden von
Schottland auf, indem das Barometer zu Nairn 742-2 Millim. zeigte;
dabei wüthete im Canal ein Sturm aus Südwest 3). Am 14. ist die
1) Eine kürzere Mittheilung wurde in der Sitzung der kais. Akademie vom 29. Nov.
1866 gemacht; die Drucklegung des vorstehenden Aufsatzes hat sich aus dem Grunde
verzögert, weil ich einige Daten auswärtiger Stationen in die Untersuchung mit
einbeziehen wollte. Durch diese verspätete Drucklegung ist es möglich geworden,
auch die stürmischen Luftbewegungen des December 1866 zu berücksichtigen.
2) Um 8 Uhr Morgens — nach Le Verrier’s Bulletin International.
3) Am Abend dieses Tages tritt schon starker SW. Wind zu Agram, starker W. zu
Krakau und Wien auf.
370 Jeliüec®
erwähnte barometrische Depression weiter nach Ost oder Südost
gerückt, in Gröningen ist der Luftdruck 747-1 Millim., dabei Sturm
aus NW. im Canale. Die an der k. k. Centralanstalt f. M. u. E.
gezeichneten meteorologischen Karten zeigen schon für diese Tage
die charaeteristischen Kennzeichen der Sturmtage, das Zusammen-
drängen der Linien gleicher barometrischer Abweichungen. Am 13.
November laufen diese Linien im allgemeinen von W. nach ©. Die
Linie der barometrischen Abweichung — 5 Millim. (jene Linie,
welche jene Orte verbindet, deren Barometerstand um 5 Millim. tiefer
ist als der durehsehnittliche desselben Tages) zieht durch die Mitte
von Böhmen, jene der Abweichung +4 Millim. in der Nähe von
Venedig, Pola, Lesina, Werschetz. Der höchste Stand ist zu Lesina
(+49 ober dem Normale), der tiefste zu Prag (5°9 Millim. unter
dem Normale, die Differenz also 10°8 Millim.) Am 14. November
laufen die Linien gleicher barometrischer Abweichung von WNW.
nach OSO. Der tiefste Stand ist bei Krakau (12°3 Millim. unter dem
Normale), der höchste bei Triest (11 Millim. unter dem Normale,
also Differenz 11°2 Millim.); im Südwesten von Triest, also auf der
appenninischen Halbinsel nimmt aber derLuftdruck wieder ab und ist
z. B. bei Ancona 6°6 Millim. unter dem Normalstande. Die Temperatur
ist am 14. November ungewöhnlich erhöht und übersteigt z, B. das
Mittel für Wien !) den normalen Stand um 11-0 Celsius. In der Nacht
vom 13. auf den 14. November erhebt sich zu Wien ein stürmischer
Westwind, der mit geringer Abwechslung bis zum 15. November um
10 Uhr Morgens anhält. Das Barometer, welches zu Wien am 12. um
7 Uhr Abends 33104 Par. Linien (74677 Millim,) zeigt, sinkt bis
zum 14. um 3 Uhr Nachmittags auf 326"05 (73551), also in 44
Stunden um 4”99 (11-26 Millim.), um bis zum 15. um 10 Uhr
Abends auf 33211 (749-18 Millim.), also um 6”06 (13-67 Millim.)
zu steigen. Am 14. November regnet es stark zu Szegedin, Pancsova
und Agram; an letzterem Orte weht Morgens starker SW., Mittags
starker SW. zu Valona, Abends Sturm aus West zu Krakau. Am 15.
November laufen die Linien gleicher barometrischer Abweichung im
Allgemeinen von Nord nach Süd, nur im Nordosten (wo Lemberg um
10:5 Millim. unter dem normalen Stande zurückbleibt) haben sie eine
1) Nach der Art der Berechnung aus den Temperaturen von 2" und 10" Abends am
13., und 7" Morgens am 14. Nov. für den 13. Nov. 10" Abends geltend.
Über die Stürme des November und December 1866. 371
Krümmung, deren concave Seite nach NO. gerichtet ist, als Andeu-
tung nach welcher Seite hin das barometrische Minimum zu suchen
ist und im Westen (wo bei Bludenz der Luftdruck den normalen um
3-2 Millim. übertrifft, Differenz 15°7 Millim.) ist die concave Seite
der Krümmung nach Westen gewendet. An diesem Tage herrscht zu
Wien, Prag, Klagenfurt stürmischer Westwind, am Mittage zu Agram
starker NO., zu Szegedin und Yalona starker NW,, in der folgenden
Nacht an letzterem Orte Gewitter. Am 16. ist das Barometer (in
Österreich) beträchtlich (insbesondere im Südosten) gestiegen, das
Maximum ist zu Lesina (7-2 Millim, ober dem normalen Stande), das
Minimum zu Prag (2-7 Millim. unter dem normalen Stande). In Agram
und Szegedin herrscht Abends Sturm aus SW., zu Bludenz heftiger
Föhnwind (SO.), in der Nacht (vom 16.— 17. November) zu Szegedin
Sturm aus Süd.
An demselben Tage — 16. November — tritt über den briti-
schen Inseln eine neue barometrische Depression auf, das Minimum
ist 742°3 Millim. zu Greencastle (Irland); dabei im Canal Sturm
aus SW.) Am 17. November ist die Region des barometrischen
Minimums in unsere Gegenden fortgeschritten. Der niedrigste in
Le Verrier’s Bulletin für diesen Tag notirte Barometerstand (750-8
Millim.) findet zu Ancona statt. Die vorherrschende Windrichtung in
West-Europa ist nördlich, zu Dünkirchen, Boulogne, Havre herrscht
Sturm aus Norden. Nach den meteorologischen Karten der Central-
anstalt würde das barometrische Minimum am Morgen dieses Sturm-
tages im Norden von Böhmen zu suchen sein!), indem Prag eine
=
1) Es scheint hierin ein Widerspruch mit dem Bulletin International zu liegen. Eine
vollständige Übereinstimmung der Curven des Bulletin International mit jenen der
Centralanstalt ist jedoch aus mehrfachen Gründen nicht zu erwarten. Einmal sind
die barometrischen Curven auf wesentlich verschiedene Weise construirt; jenen
Le Verrier’s liegen die absoluten auf das Niveau des Meeres redueirten Baro-
meterstände zu Grunde, bei jenen der Centralanstalt ist die Reduction auf das
Meeresniveau vermieden, dagegen werden der Construction die Differenzen gegen
den Normalstand zu Grunde gelegt. Da bekanntlich der Luftdruck in unseren
Breiten von Süden gegen Norden abnimmt, so sollten aus diesem Grunde die
barometrischen Minima bei Le Verrier nördlicher liegen, als in den Karten
der Centralanstalt; denn wenn der Luftdruck in normaler Weise von Süd nach
Nord abnimmt, würden die Karten der Centralanstalt kein Minimum ergeben,
während bei Le Verrier allerdings ein solches im Norden zu suchen wäre.
Ein zweiter Grund der Verschiedenheit ist dieser, daß die Karten des Bulletin
372 Jelinek.
barometrische Depression von 21-4 Millim. unter dem Normalstande
zeigt, was bei Anhringung der Reduetion auf das Meeres-Niveau
(nach der im Bulletin International befolgten Übung) einen Stand von
739-0 Millim. ergeben wärde. Die meteorologische Karte vom 17.
November ist höchst interessant. Die Linien gleicher barometrischer
Abweichung sind dieht gedrängt. Im Norden der Monarchie laufen
dieselben von West nach Ost mit einer gegen Norden gerichteten
Coneavität. In Tirol, Oberösterreich, Steiermark u. s. f. überhaupt
im Südwesten ist der Zug dieser Linien von Nord nach Süd mit einer
gegen Westen geriehteten Coneavität. In Ungarn und Siebenbürgen
dagegen ziehen die Curven von SW. gegen NO. mit einer leichten
Coneavität gegen SO.
Nach dieser Anordnung der Curven sind zwei barometrische
Maxima, das eine südöstlich von Siebenbürgen, das andere nordwest-
lieh von Böhmen zu suchen. Die Station, welehe den relativ höchsten
Barometerstand hatte, war Bludenz (3-4 Millim. unter dem Normal-
stande, also mit Prag verglichen ein Unterschied von 18-0 Millim.).
Der Westen von Österreich ist am 17. November !) ungewöhnlich
warm, Bludenz ist um 8-4 C. wärmer als gewöhnlieh, Agram um 6-2,
Prag und Krakau um 5-9 €. Die herrschende Windesriehtung nach
derselben Karte — also an dem Tage wo sich ein nördlicher Luft-
strom über Frankreich, England und den Canal ergeß — war in
Österreich südwestlich. Es scheint als ob der warme Südwest-
Strom sich mit Gewalt Bahn breehen mußte zwischen zwei kalten
nördliehen Strömungen; denn während einerseits die Existenz eines
nördliehen Stromes in West-Europa durch Le Verrier's Bulletin
erwiesen ist, zeigen unsere Karten im Osten der Monarehie dureh
niedrigere Temperatur, (z. B. bei Hermannstadt 3-3 C. unter dem
Normalstande bei heiterem Himmel), die Existenz einer solehen nörd-
liehen Strömung an, während überall, wo der Südwest-Wind stür-
misch eindringt, derselbe (wie oben erwähnt wurde) eine beträcht-
liche Temperatur-Erhöhung mit bedeektem Himmel im Gefolge hat.
Dieses Einbreehen des Südstromes kündigt sich dureh ein beträcht-
liehes Fallen des Barometers an, welches z. B. für Wien vom 15. um
International für 8 Uhr Morgens (im Winter), jene der Centralanstalt für 7 Uhr
Morgens gelten.
1) Eigentlich am Abend des 16. November; siehe die Bemerkung auf S. ?.
Über die Stürme des November und December 1866. 373
10 Uhr Abends bis zum 17. um 7 Uhr Morgens, wo der Luftdruck
322"47 (72744 Millim.) ist, also in 33 Stunden 9"64 (21-74 Millim.)
beträgt. In Szegedin fällt eine bedeutende Regenmenge bei einem
Sturme, der Morgens aus SW. beginnt und des Abends sich nach
NW. dreht. In Agram starker SW. mit Regen, in Wien Vormittags
stürmischer Westwind, ebenso des Mittags in Krakau, Abends stürmi-
seher NO. in Pola, Sturm aus OSO. in Panesova; in Valona in der
Nacht vom 17.—18. Gewitter.) In Leipzig bricht am Morgen des
17. November zwischen 5 und 6 Uhr ein starker Orkan aus WNW.
ein, begleitet zuerst von Regen, dann von Schnee; die Temperatur
sinkt von 1 Uhr Morgens (7-6 R.) bis 9 Uhr Morgens (—0'6 R.)
um 8'2 R., das Barometer steigt binnen 3 Stunden um nicht weniger
als 5-24 Linien, um 6 Uhr Morgens zeigt es 32298 um 9 Uhr Mor-
gens 328:22.
Am 18. November befindet sich (nach dem Bull. Int.) ein baro-
metrisches Minimum in der Gegend von Neapel, wo der Luftdruck
757 Millim. beträgt. Nach den Karten der Centralanstalt ist das baro-
metrische Minimum gegen Osten fortgerückt, Der nördliche Strom
dringt mit großer Vehemenz durch; der Luftdruck zu Wien erhebt
sich am 18. um 10 Uhr Morgens auf 332"46 (749-98 Millim.), somit
seit dem Minimum des 17, ein Steigen in 27 Stunden um 9"99
(22-54 Millim.). ”) Am Abend dieses Tages ist eine bedeutende
Abkühlung im Süden und Südosten der Monarchie eingetreten, so
daß die Temperatur zu Lesina nicht weniger als 84, jene zu Her-
mannstadt 8:3 C. unter dem Normalstande zurückbleibt.
Am 19. November tritt ein barometrisches Minimum (748 Millim. )
zu Gröningen auf, An demselben Tage laufen die barometrischen Cur-
ven in Österreich im Allgemeinen von WNW. nach OSO.; Bludenz
hat den relativ höchsten Stand (0-3 Millim. unter dem Normale),
Prag den tiefsten (12°1 Millim. unter dem Normale, somit Unter-
schied 11-8 Millim.). Vom Abend ‘desselben Tages wird aus Prag
starker Nordwind gemeldet. °)
Am 20. November hat sich das vorhin erwähnte barometrische
Minimum bis in die Ostsee fortbewegt und das Barometer zeigt zu
Hörnesand (Schweden) 742-9 Millim., zu Riga 743°0 Millim, Ziem-
Sch starke Nordwinde herrschen in der Ostsee, der übrige Theil von
Europa genießt eine verhältnißmäßig kurze Ruhe. In der Regel tritt
in Wien stürmischer Westwind ein, sobald das barometrische Mini-
374 Jelinek.
mum nach Osten rückt, so auch diesmal in der Nacht vom 20. bis
21.November, und dieser heftige Westwind währt fort bis zum Morgen
des 22. November !). Am 20. November herrscht zu Valona ein SW.
der sich Abends zum Sturme steigert, in Krakau (des Mittags) stür-
mischer West, zu Curzola starker Regen: am 21. November zu
Krakau (des Morgens) starker Westwind, zu Agram Abends starker
SW.; am 22. November (des Morgens) zu Krakau starker Nord-, zu
Agram starker Nordwest-Wind, (Mittags) zu Szegedin starker NW.
Vom 19. bis 22. ist die Temperatur in der österreichischen Monarchie
beträchtlich tiefer als die normale. Am 20. (richtiger 19. Abends)
beträgt die Temperatur-Depression zu Hermannstadt 8:8, am 21. zu
Agram 11:0, am 22. zu Lesina 7°8 C. unter dem Normalstande. Diese
tiefe Temperatur im Südosten der Monarchie hält auch an den folgen-
den Tagen an und es sind die Temperatur-Depressionen unter dem
Normalstande am 23. zu Debreezin 7:5, am 24. zu Hermannstadt
10:6 C.
Am 23. November, mit welchem Tage eine neue Reihe stürmi-
scher Luftbewegungen beginnt, tritt eine barometrische Depression
im Norden von Schottland auf, zu Yarmouth ist der Luftdruck 749-7
Millim., zugleich nehmen im Canal die Winde (von westlicher Rich-
tung) an Intensität zu.
Am 24. November ist die Stelle des geringsten Luftdruckes
weiter nach Osten gerückt und zwar erscheint in dem Bulletin Inter-
national als Station mit dem tiefsten Barometerstande Riga (nämlich
mit 741-8 Millim.). Während im Canal Nordwinde mit ziemlicher
Intensität herrschen, haben im mittelländischen Meere starke West-
und Südwinde die Oberhand. Das Einbreehen des Äquatorialstro-
mes kündigt sich in Oesterreich durch ein bedeutendes Fallen des
Barometers (bei Prag um 18-9 Millim., bei Krakau um 16-9 Millim.,
bei Ischl um 15°8 Millim.) vom 23. zum 24. November an. In der
Nacht vom 23. zum 24. November bricht der Südwind bereits bei
Pola stürmisch herein. Die Karten der meteorologischen Central-
anstalt 2) deuten wieder ein barometrisches Minimum nördlich von
1) In der Nacht vom 21— 22. November gibt das Anemometer von Robinson eine
mittlere Windgeschwindigkeit von 30°5 Par. Fuß in der Secunde — das Maximum
des sonst so stürmischen Monates.
2) Siehe die betreffenden Karten. Ich habe unter den vielen Sturmtagen des Novem-
ber jene vom 24. und 30. herausgewählt; den ersteren als einen Repräsentanten
Über die Stirme des November und December 1866. 375
Böhmen an. Der Luftdruck zu Prag ist 17°3 Millim. unter dem
Normalstande; auf das Niveau des Meeres redueirt, würde dies einen
Stand von 743-1 Millim. ergeben. Dieselben Karten der Central-
anstalt zeigen zu derselben Zeit eine sehr ungleiche Temperatur-
vertheilung, indem am 24. November die Temperatur zu Hermann-
stadt nicht weniger als 10°4 €. unter dem Normalstande bleibt, wäh-
rend Klagenfurt um 42, Pola um 2:3C. wärmer sind als gewöhnlich.
Es scheint also an diesem Sturmtage neuerdings der schon beim
17. November erwähnte Fall eingetreten zu sein, daß ein südlieher
Wind mit Gewalt sich Bahn brechen mußte zwischen zwei nördlichen
kälteren Strömungen. Der durchaus bedeckte Himmel über der öster-
reichischen Monarchie und die Niederschläge zu Triest, Ischl, Wien,
Debreezin, Lemberg dürften, auf die Mengung zweier ungleich war-
mer Luftströme hindeutend, diese Ansicht unterstützen. An diesem
Tage (24. November) weht in Szegedin des Morgens starker NO.,
zu Valona den Tag über stürmischer SW. und S., zu Agram Mittags
starker NNW., zu Curzola starker SO.').
Kaum hat sich die beim 24. November erwähnte barometrische
Depression nach Osten bewegt !), so tritt am 25. November schon
wieder ein neues barometrisches Minimum in der Nordsee auf, indem
das Barometer zu Gröningen 748-7 Millim. anzeigt. Der Wind ist im
Canale stark, aus West und Südwest. An diesem Tage weht (Mittags)
zu Szegedin starker NW., (Abends) zu Agram starker SW.
Am 26. November ist dieses Minimum nach Osten gerückt; der
Wind ist stürmiseh aus Nord im Canal, im mittelländischen Meere stür-
misch aus West, im adriatischen aus Süd und Südost. Unsere Karten
deuten wieder ein Minimum im Norden von Böhmen an, die Baro-
metercurven laufen von West nach Ost; in Prag ist eine barometrische
des Falles, wo der Äquatorialstrom stürmisch eindringt, den letzteren, um das
Hereinbrechen der Bora, des kalten Nordwindes zu veranschaulichen. Für jeden
der beiden Tage sind zwei Karten gegeben, wie dieselben täglich an der k. k.
Centralanstalt (von dem Zeichner Herrn Josef Harbieh) eonstruirt werden. Die
eine Karte enthält die Linien gleicher barometrischer Abweichung, nebstbei die
Windesriehtungen und Windstärken (mittelst der Länge der Pfeile), die zweite
Karte die Linien gleicher Temperatur-Abweichung und nebstbei den Zustand des
Himmels an den einzelnen Stationen (mittelst schraflirter Kreise und der leicht
verständlichen Zeichen für Regen, Schnee, Nebel u. s. f.).
1) Hiemit im Einklange steht das stürmische Einbrechen des Westwindes zu Wien am
Mittag des 24.; der stürmische West währt bis zum 25. Morgens.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 26
3716 Jelinek.
Depression von 12-8 Millim., in Pola von 10:0 Millim., in Lesina von
4-3 Millim. Im Südosten der Monarchie erhält sich die tiefere Tem-
peratur (zu Hermannstadt 4:3 C. unter d. N.), während der Rest der
Monarchie wärmer ist als gewöhnlich (Wien um 42, Pola um 3°9C.).
An demselben Tage weht (des Morgens) zu Pola starker SSO., (des
Mittags) zu Curzola Sturm aus SO., (Abends) zu Agram starker SW.;
zu Szegedin und Agram starker Regenfall °).
Am 2%. November ist das barometrische Minimum weiter
nach Osten gerückt (zu Lemberg ist die barometrische Depression
12-1 Millim.); an mehreren Orten fällt Regen und Schnee, so zu
Bludenz die beträchtliche Menge von 30:2 Millim.
Am 28., 29. und 30. November finden niedrige Barometerstände
im östlichen Theile des mittelländischen Meeres statt, und im Zusam-
menhange mit der Zunahme des Luftdruckes in Central-Europa und
Rußland sind die Bedingungen zum Einbrechen der Bora im nörd-
lichen Theile des adriatischen Meeres gegeben, und schon am 28.
Abends (an welchem Tage zu Pancsova ein bedeutender Nieder-
schlag stattfindet), dringt der Sturm aus NNO. bei Curzola ein ‘). Am
29. November ist der Zug der Barometereurven nach denKarten der
Centralanstalt von Ost nach West gerichtet, in Krakau ist das Ba-
rometer 6°9 Millim. über, in Lesina 3-1 Millim. unter dem Normal-
stande; am 30. November (von welehem Tage wieder die meteoro-
logischen Karten diesem Aufsatze angehängt sind), steht das Baro-
meter zu Lemberg 10°9 über, zu Lesina 9-6 Millim. unter dem
Normalstande, was eine Differenz von 20-5 Millim. gibt. Eine heftige
nordöstliche Luftströmung tritt auf; zu Agram fällt Schnee bei star-
kem NO., zu Lesina in der Nacht vom 30. November zum 1. Decem-
ber bei Gewitterregen eine Niederschlagsmenge von 24-8 Millim. Die
Temperatur-Depression ist nach Westen vorgerückt und es steht das
Thermometer am 30. November (eigentlich am 29. Abends) zu Blu-
denz um 5°8, zu Lesina um 3°9, am 1. December zu Bludenz um 8-0,
zu Ischl um 43 C. unter dem Normalstande. Am 29. und 30. Novem-
ber behauptet die Bora ihre Herrschaft und zwar am 29. Morgens als
Ost zu Valona, den ganzen Tag als ONO. zu Triest, als NO. zu Pola
und Curzola, vom Mittag an zu Szegedin als NO., vom Abend an zu
Agram und Krakau als NO. Am 30. November währt der NO.-Sturm
fort den ganzen Tag über zu Krakau (zuletzt als ONO.), zu Triest
und Pola, zu Szegedin am Morgen und zu Curzola fällt starker Regen
Über die Stürme des November und December 1866. 31%
bei mässigem SO., ebenso zu Valona. Noch den 1. December hin-
durch herrscht ein NO.-Sturm zu Krakau. Bemerkenswerth hierbei
ist, daß die Bora früher im Süden (bei Curzola) begann, ehe der
NO.-Sturm bei Krakau hereinbrach, und ebenso am 30. im Süden
schon erlosehen war, als die Gewalt des Sturmes im Norden sich noch
steigerte. Es scheint also in diesem Falle die Fortpflanzung des
Sturmes in einem der Richtung des Windes entgegengesetzten Sinne
stattgefunden zu haben, oder wie man sich manchmal auszudrücken
pflegt, die Fortbewegung der Luftmassen nicht durch Propulsion,
sondern durch Aspiration hervorgerufen worden zu sein. Diese
letztere Bezeichnung möchte ich übrigens durchaus nicht befürwor-
ten, sie ist nur geeignet, die Begriffe zu verwirren und die Meteoro-
logen unbemerkt auf einen längst überwundenen Vor-Torricelli-
schen Standpunkt zurückzuführen.
Am 1. und 2. December genießt nahezu ganz Europa einer ver-
hältnißmäßig kurzen Ruhe; im Meerbusen von Biskaja tritt eine
leichte barometrische Depression auf und der Barometerstand ist am
1. December zu Lorient 753°0 °).
Am 2. December ist diese Depression im Canal, wo SW.-Winde
von mäßiger Stärke wehen; zu Havre ist der Barometerstand 752-0.
Am 3. December tritt ein barometrisches Minimum im Norden
von Sehottland auf, wo das Barometer (zu Nairn) 7412 zeigt. Die
SW.-Winde im Canal gewinnen an Stärke. In Wien weht in der
Nacht vom 2. auf den 3. December ein lebhafter SO. Am 4. Decem-
ber ist das barometrische Minimum in der Gegend von Norwegen
gerückt, wo das Barometer (zu Christiansund) 730°8 anzeigt. Im
Canal herrscht SW.-Sturm. In Oesterreich tritt ungeachtet des hohen
Luftdruckes zu Bludenz starker Südwind auf. Am 5. December ist
das barometrische Minimum in die Ostsee gerückt. Der Barometer-
stand beträgt zu Haparanda 733-1 Millim., zu Hernösand (Schweden)
733°2 Millim., zu Stockholm 733-5 Millim. "Im Canal Sturm aus
WSW.
Am 6. December tritt in der Gegend von Irland ein neues baro-
metrisches Minimum auf; Luftdruck zu Valentia 7449 Millim., zu
Havre und Cherbourg starker Westwind. Am 7. December ist dieses
barometrische Minimum in die Gegend von Norwegen gerückt; Luft-
druck zu Skudesnaes 732-8; zu Boulogne Sturm aus WSW. Am
8. December ist das barometrische Minimum in Rußland, Luftdruck
26*
378 LT eslliıntoik,
zu Petersburg 734°5, im Canal Sturm aus NW. Am Mittag des 8. De-
cember tritt zu Wien starker WNW.-Wind ein, zu Krakau weht den
ganzen Tag stürmischer Westwind, zu Triest tritt starker Regenfall
ein"). Am 9. December ist das barometrische Minimum im Osten
von Petersburg, wo der Luftdruck 740-4 ist; zu Riga weht starker
NW.-Wind. In Wien findet vom 7. Abends 10 Uhr, wo der Baro-
meterstand 328"62 (74131 Millim.) ist, bis zum 9. um 4 Uhr Nach-
mittags, wo das Barometer 336"15 (758:29 Millim.) anzeigt, ein
rasches Steigen des Luftdruckes um 7"58 (16-938 Millim.) in 42 Stun-
den statt.
Am 9. December tritt ein neues barometrisches Minimum im
Nordwesten von Norwegen auf. In Bludenz herrscht an diesem Tage
starker SO.-Wind, dagegen zu Szegedin Sturm aus NW. und N., in
Krakau (Vormittags) sehr starker Westwind, zu Lesina in der Nacht
vom 9. zum 10. starke Bora. .
Am 10. December befindet sich das vorher erwähnte Minimum
in der Ostsee, wo der Luftdruck zu Helsingfors 7407 beträgt;
hiebei Sturm aus West im Canal. In Krakau tritt am .Mittage Sturm
aus W. ein. Das Barometer sinkt in Wien vom 9. Deeember 4 Uhr
Nachmittags, wo es 336"15 (758°29 Millim.) zeigt, bis zum 11. um
2 Uhr Morgens, wo der Stand 328”22 (740-40 Millim.) ist, somit
in 34 Stunden um 7"93 (17:89 Millim.) ').
Am 11. December ist der niedrigste im Bulletin International
verzeichnete Barometerstand jener zu Petersburg — 736-4 Millim. —
Am Allgemeinen ist die Atmosphäre weniger bewegt, nur in Krakau
herrscht den ganzen Tag über heftiger Westwind.
Am 12. December scheint die barometrische Depression in das
nordöstliche Rußland weit gerückt zu sein; im Canal herrschen
ziemlich starke SW.-Winde. ?
Am 13. December tritt eine neue barometrische Depression nörd-
ich von Sehottland auf, das Barometer zu Nairn zeigt 741-7 Millim.,
zu Dünkirchen und Boulogne herrscht Sturm aus WSW . In Oesterreich
ist der Barometerstand zu Lemberg 11:6 Millim. unter dem Normal-
stande, zu Wien fällt das Barometer rasch und zwar von dem höch-
sten Stande 331”91 (74873 Millim.). am 12. um 9 Uhr Vormittags
zu dem tiefsten Stande 322”53 (72757 Millim.), am 14. um 6 Uhr
Morgens, also um 9:38 (21:16 Millim.) in 45 Stunden. Schon am
13. December weht den ganzen Tag zu Agram lebhafter Wind aus
Über die Stürme des November und December 1866. 379
West und Südwest, zu Krakau Abends aus WSW.: an letzterem
Orte Nachts starker Regen. In Wien vom 13. Morgens bis 14. Nach-
mittags Sturm aus WNW. und W., wobei an dem Anemometer von
Robinson am 13. zwischen 2 und 6 Uhr Nachmittags das Maximum
der Windgeschwindigkeit — mit 38-4 P.-Fuß in der Seeunde —
erreicht wird.
Am 14. December ist das Minimum zu Nairn noch tiefer, näm-
lieh 735-1 Millim., im Canal herrscht Sturm aus W. Zu Krakau ist
die barometrische Depression unter den Normalstand 21-7 Millim.
In Krakau Vormittags Sturm aus West, zu Agram des Morgens
starker SW., inValona des Morgens starker SW., Abends starker
SO*.)
Am 15. December erhält sich der tiefe Barometerstand zu Nairn
mit 741-3 Millim. Starker Westwind im Canal. In Oesterreich trifft
der tiefste Barometerstand auf Hermannstadt, von wo eine barometri-
sche Depression von 15:9 Millim. gemeldet wird. Nach den Karten des
Bulletin International scheint übrigens zwischen Sieilien und Afrika
ein zweiter Mittelpunkt barometrischer Depression zu existiren und
schon vom 12. December angefangen, läßt sich auf atmosphärische
Störungen im südöstlichen Theile des Mittelmeeres schliessen. In
Valona ist an diesem Tage des Morgens starker SW., der Mittags in
NW. übergeht; in der Nacht vom 15. bis 16. daselbst Gewitter ').
Am 16. December ist das barometrische Minimum in die Ge-
gend von Norwegen gerückt, das Barometer zu Christiansund zeigt
743-1 Millim. an, zu Boulogne und Havre herrscht Sturm aus WNW.
In Szegedin weht des Mittags ein lebhafter Nordwind ”).
Am 17. December ist der Luftdruck im ganzen Norden ziemlich
gleichförmig vertheilt und liegt zwischen 752 und 755 Millim.
Nach den Karten des Bulletin International scheint in der Gegend
von Griechenland sich ein zweites barometrisches Minimum zu be-
finden. In Toulon herrscht an diesem Tage Sturm aus NNW; in
Oesterreich tritt Abends zu Curzola lebhafter Ostwind, zu Valona
lebhafter SO.-Wind ein; in Valona findet ein Gewitter statt. Der
Ostwind zu Curzola dürfte wohl als Vorbote der am nächsten Tage
auf dem adriatischen Meere herrschenden Bora zu betrachten sein ").
Am 18. December ist der tiefste im Bulletin International an-
gegebene Barometerstand zu Nairn 7542 (verhältnißmäßig hoch);
im Süden von Sicilien scheint eine barometrische Depression vor-
380 Jelinek.
handen zu sein. In Oesterreich ist der Luftdruck höher als der nor-
male, in Ischl z. B. um 12:5 Millim. ; gegen das adriatische Meer hin
nimmt er ab. Das Barometer zu Wien ist seit dem 16. December
1 Uhr Nachmittags, wo es 327"83 (73953 Millim.) zeigt, in
raschem Steigen begriffen und erreicht am 18. um 10 Uhr Morgens
seinen höchsten Stand von 836"83 (75871 Millim.); somit ein
Steigen um 8"50 (19-18 Millim.) in 45 Stunden. Im Nordosten der
Monarchie ist eine Temperatur-Depression eingetreten, und zwar ist
die Temperatur zu Lemberg um 6°3 C. tiefer als gewöhnlich. Hiemit
sind die Bedingungen zum Eintreten der Bora am adriatischen Meere
gegeben. Dieselbe weht den ganzen Tag über zu Triest aus ONO.,
zu Curzola aus NNO., zu Valona aus NO. (Abends sturmartig), zu
Zara vom Mittag bis zum Abend aus NO. Zu Valona tritt in der
Nacht vom 18. bis 19. Gewitter ein.
Am 19. December ist im Norden von Europa ein beträchtliehes
Sinken des Barometerstandes eingetreten, das Barometer zu Christian-
sund zeigt 735-3 Millim. zu Gröningen weht starker SSW.
Am 20. December ist dieses barometrische Minimum nach Osten
gerückt, das Barometer zu Haparanda zeigt 743-4 Millim. Gleich-
zeitig scheint nach den Karten des Bulletin International im Südosten
von Sicilien eine neue barometrische Depression zu liegen. Im adria-
tischen Meere weht noch am 19. Morgens und Mittags zu Valona
starker NO., zu Triest am 20. Morgens Bora (ONO.). Hiemit sind
die Störungen des atmosphärischen Gleichgewichtes für das Jahr
1866 in unseren Gegenden abgeschlossen. Nur am 28. und 29. De-
cember, wo das barometrische Minimum beziehungsweise bei Riga
(734-3 Millim. mit NW.-Sturm bei Boulogne) und bei Nairn
(743-7 Millim., W.-Sturm bei Havre) liegt, wird die Atmosphäre
unserer Gegenden theilweise in die stürmische Bewegung hinein-
gezogen. Das Barometer steht am 28. zu Prag 13°4 Millim., aın 29.
zu Lemberg 218 Millim. unter dem normalen Stande und zu Wien
ist vom 26. December 10 Uhr Vormittags (Stand 333"75 oder
75288 Millim.) bis zum 29. December um 3 Uhr Morgens (Stand
324"07 oder 73105 Millim.), also in 65 Stunden ein Sinken um
9"68 (21-83 Millim.) erfolgt. In Krakau weht vom Mittag des 28.
bis Mittag des 29. starker Westwind, zu Szegedin am Mittag
des 29. starker SW. und zu Zara am Mittag des 29. lebhafter
OSO. °)
Über die Stürme des November und December 1866. 381
Wenn wir aus der eben angeführten Übersicht der Erscheinun-
gen, wie sie die Monate November und December 1866 darbieten,
Folgerungen ziehen wollen, so drängt sich uns zunächst die Bemer-
kung auf, daß die Windverhältnisse über dem Gebiete der österrei-
chischen Monarchie außerordentlich verwickelte sind, wie dies bei
der Mächtigkeit, Anzahl und Lage der einen großen Theil des Terri-
toriums einnehmenden Gebirgsketten nicht wohl anders erwartet
werden konnte.
In der Regel treten barometrische Minima im Nordwesten von
Europa zuerst auf und nehmen ihren Zug nach Osten. Halten diesel-
ben so ziemlich die Richtung von West nach Ost ein, um im nörd-
lichen Rußland sich der Beobachtung zu entziehen, so affieiren sie
die Atmosphäre unserer Gegenden in geringem Mafßse. Blos die nörd-
lich von den Alpen und nördlich von den Karpathen liegenden Sta-
tionen nehmen an der allgemeinen Luftbewegung Antheil und es
treten an den Stationen Prag, Wien, Lemberg und Krakau lebhafte
Westwinde auf; dieselben beginnen mit S. oder SW., so lange das
barometrische Minimum im Nordwesten liegt, und endigen mit Nord-
west, sobald das Minimum nach Osten gerückt ist. Die Atmosphäre
über dem adriatischen Meere wird nur wenig in die Luftbewegung
hineingezogen, bei stärkerer barometrischer Depression treten zu
Lesina lebhafte Südostwinde auf. Das Auftreten der Südostwinde im
adriatischen Meere (anstatt der anderwärts vorwaltenden Süd- oder
Südwestwinde) erklärt sich wohl unschwer aus der Richtung der
Küsten, und es ist wohl nicht nöthig, hiebei die Rotation der Erde zu
Hilfe zu nehmen !), welche gerade die entgegengesetzte Erscheinung,
nämlich eine Drehung des Süd- oder Südwestwindes in der Weise,
daß daraus Westwind hervorgeht, hervorbringen müßte. In höherem
Grade wird das Gleichgewicht der Atmosphäre in unseren Gegenden
gestört, wenn das barometrische Minimum auf seinem Zuge durch
Europa die Richtung von NW. nach SO. nimmt. In diesem Falle
wird auch die Luft in Ungarn in die stürmische Bewegung hinein-
gezogen, die Windesrichtung, die anfänglich S. (manchmal sogar
SO.) war, geht bei rasch steigendem Barometerstande in W., NW.
auch N. über, und die gewöhnlich im nördlichen Theile des adriati-
1) S Seechi, Bull. Met. dell’ Osservatorio del Coll. Romane, Vol. VI. p. 2.
382 JE ID OK,
schen Meeres wehenden östlichen Winde gewinnen an Lebhaftigkeit,
nehmen auch eine nordöstliche Riehtung an.
Besonders gefährlich für den nördlichen Theil des adriatischen
Meeres sind jene Fälle, bei welchen in Oesterreich eine allgemeine
Depression des Barometerstandes stattfindet, dabei aber die Größe
dieser Depression von Nord nach Süd zunimmt, so daß das barome-
trische Minimum im Süden zu suchen ist. In solchen Fällen tritt
regelmäßig eine stürmische Auiregung der Atmosphäre über dem
adriatischen Meere ein. Die auf einander folgenden Richtungen, aus
welehen der Wind oder Sturm weht, bedürien zu ihrer Feststellung
noch eingehenderer Untersuchungen, hängen aber jedenfalls von der
Lage des barometrischen Minimums und der Ortsveränderung des-
selben ab.
Während in dem letztgenannten Falle das Eintreten von Stür-
men, welche sich nicht blos auf den nördlichen Theil des adriatischen
Meeres beschränken, sondern das letztere in seiner Gänze aflıeiren,
unschwer prognostieirt werden kann, so ist damit die Reihe der
Fälle, in welehen die Bora im nördlichen Theile des adriatiscken
Meeres auftritt, keineswegs erschöpft. Es ist zum Eintreten der Bora
durchaus nicht erforderlich, daß eine barometrische Depression statt-
finde, und gerade dieser Umstand, dafs das Eintreten der Bora mit
normalem oder sogar höherem Luftdrucke ganz gut verträglich ist,
macht das Vorhersehen solcher Fälle schwierig. So viel steht jedoch
fest, daß die Barometereurven in der Art angeordnet sein müssen,
daß die Linien höheren Luftdruckes im Norden liegen. Hohe Baro-
meterstände im Norden (z. B. bei Prag oder Krakau), insbesondere
wenn sie auf tiefe Stände rasch folgen und mit einer Temperatur-
Depression verbunden sind, deuten auf ein wahrscheinliches Ein-
treten der Bora.
Als ein interessantes Ergebnif® möge nochmals der Fall der
Bora am 28. und 29. November 1866 hervorgehoben werden, wo-
bei die nordöstliche Luftströmung zuerst im Süden (bei Curzola)
begann und sich nach rückwärts fortpflanzte, so daß sie bei Krakau
um einen Tag später begann und noch 48 Stunden fortwährte, nach-
dem dieselbe bereits bei Curzola erloschen war. Wenn sich dieses
Verhältniß durch andere Fälle bewähren sollte, dann würde die
Wichtigkeit der nordöstlichen Stationen für die Prognostieirung
der Bora in beträchtlichem Maße schwinden, dagegen als Nothwen-
Über die Stürme des November und December 1866. 383
digkeit sich herausstellen, von südlicheren Stationen telegraphische
Depeschen rechtzeitig !) zu erhalten.
Für die Entscheidung einer anderen in neuerer Zeit viel venti-
lirten Frage: „ob die Stürme in Europa durch das gegenseitige Ver-
drängen entgegengeseizter Luftströmungen entstehen oder ob sie
Ähnliehkeit mit den Cyelonen der Tropen haben und als Wirbelstürme
zu betrachten sind?“ reichen Beobachtungen über einem verhältniss-
mäßig so beschränkten Gebiete — wie es für meteorologische Unter-
suchungen die österreichische Monarchie darbietet — nicht aus. Von
einer vollständigen Wirbelbewegung kann unter allen Umständen
keine Rede sein; was aber die Drehungen der Windesrichtung um
90-- 180 Grade in unseren Gegenden anbelangt, so können diese
ebenso gut durch das Verdrängen zweier entgegengesetzter Luftströ-
mungen, als durch eine unvollständige Wirbelbewegung (beschränkt
auf die westliche Seite der Windrose) erklärt werden.
Wahrseheinlicher dünkt mir die erstere Erklärungsweise haupt-
sächlich deshalb, weil mit den Drehungen der Windfaline von S. über
W. nach N. in der Regel starke Veränderungen der Temperatur und
des gesammten Witterungscharakters verbunden sind, die sich unge-
zwungener aus dem Gegensatze der beiden Strömungen der südlichen
(Äquatorialstrom) und der nördlichen (Polarstrom, obgleich an einen
Ursprung derselben am Pole wohl nieht zu denken ist) — ergeben.
Allerdings führt auch eine Wirbelbewegung die Luft höherer (nörd-
licherer) Breiten in tiefere (südlichere) und umgekehrt, allein wenn
man die Wirbelbewegung nach ihrem strengen Begriffe auffaßt, so
würde eine und dieselbe Luftmasse im Kreise (oder wie sich die
Verhältnisse in Europa gestalten) im Halbkreise herumgeführt werden.
Bei der raschen Bewegung dieser Luftmasse sollte dieselbe aber nahe-
zu dieselbe Temperatur und dieselben sonstigen Charaktere beibe-
halten, indem der Einfluß der Temperatur des Erdbodens nicht sehr
beträchtlich sein dürfte und die Condensation von Wasserdämpfen
bei den Niederschlägen, die häufig eintreten, wenn der SW. durch
den NW. abgelöst wird, im entgegengesetzten Sinne — nicht abküh-
lend, sondern erwärmend — wirken müßte. Insoferne scheint die
Entscheidung für das Verdrängen der einen Luftströmung durch die
andere näher zu liegen; daß übrigens partielle Wirbel auftreten
en
1) Die Depeschen von Valona (türk. Albanien) treiien regelmässig verspätet ein.
384 Terltinzeik.
können und müssen, wo zwei entgegengesetzte Strömungen zusammen-
treffen, die noch dazu vielfache Hindernisse ihrer freien Fortbewegung
in den zahlreichen und mächtigen Gebirgszügen finden, und daß diese
partiellen Wirbel in bedeutendem Maße zur Verstärkung der Luftbe-
wegung an einzelnen hiefür besonders gelegenen Orten beitragen
können, dürfte keiner umständlichen Erörterung bedürfen.
Im Anhange folgen für einige Tage des November und December,
welche durch besonders rasche und umfangreiche Schwankungen des
Barometerstandes ausgezeichnet waren, die Stände des Luftdruckes
von Stunde zu Stunde, wie dieselben durch den Kreil’sehen Baro-
metrographen an der k. k. Centralanstalt aufgezeichnet wurden. In
einer zweiten Zusammenstellung folgen für einige Stationen in
und außerhalb der österreichischen Monarchie die meteorologischen
Verhältnisse während der Sturmperioden vom 13.—18., 23.—25.,
28.—830. November und 18. — 19. December 1866. Die Beobach-
tungen zu Leipzig sind einer gütigen brieflichen Mittheilung Herrn
Professor Dr. Carl Bruhns, jene zu München Professor Lamont’s
Wochenberichten, jene zu Berlin der Nationalzeitung entnommen.
Hiebei sind sowohl die absoluten Stände des Luftdruckes und der
Temperatur, als auch die Abweichungen des ersteren von den
- Normalwerthen — die ersteren in Pariser Linien, die letzteren in
Reaumur’schen Graden — angegeben. Die Windstärken sind
nach der zehntheiligen Scala angegeben, bei jenen Stationen, welche
die viertheilige Scala benützen (Berlin, München, Prag) wurden
die betreffenden Zahlen deshalb mit 1%/, multiplieirt, um sie auf die
zehntheilige Scala zu beziehen. Die Windstärken von Prag (wohl
aus den Angaben des Autographen berechnet) und Lemberg sind viel
niedriger als an den anderen Stationen, was bei der ersteren Station
an den Angaben des Autographen, bei letzterer an der individuellen
Schätzung liegen mag. Die Beobachtungszeiten an den verschiedenen
Stationen sind nicht strenge ühereinstimmend, sie wurden deshalb mit
den allgemeinen Schlagworten „Morgens“, „Mittags“ und „Abends“
bezeichnet. Genauer bezeichnet gelten die betreffenden Zahlen bei
Berlin, Leipzig, Prag, Krakau, Wien, Debreezin, Lesina für 18,5: 2%,
10", bei Lemberg, Szegedin, Rustschuk, Pola, Agram, Curzola für 19%,
24, 95 hei Panesova, Triest und Valona für 19”, 2”, 10°, bei München
für 20" 2° und 6".
2
°)
Über die Stürme des November und December 1866. 385
Anmerkungen.
Es dürfte nieht ohne Interesse sein, mit dem oben gegebenen factischen
Verlaufe der Witterung die telegraphischen Depeschen von Paris und
Florenz zu vergleichen. In neuester Zeit (seit Mitte November) empfängt
nämlich die Centralanstalt außer der Depesche der kais. Sternwarte zu
Paris noch von Florenz durch die Güte des bekannten Gelehrten und
Physikers, Senator ©. Matteucei, Vorstandes des meteorologischen Departe-
ments, eine Depesche, welche den Zustand der Atmosphäre an den ver-
sehiedenen italienischen Stationen in gedrängter Fassung angibt, nebstbei
aber in besonderen Fällen Andeutungen wahrscheinlicher Witterungs-
Änderungen und Sturm-Warnungen enthält.
Für den 17. November lautet das Telegramm von Paris: „La bourras-
que (venue) de l’Angleterre a marche vers le SE., son centre doit etre dans
les parages de l’Autriche, elle a amen& des coups de vent pendant la jour-
nee d’hier et la nuit sur toute la France, les vents franchissent ce matin
sur les eötes de l’Italie.“
Das Telegramm von Florenz (um 2 Uhr Nachmittag aufgegeben, um
10 Uhr 55 Minuten Abends eingelangt) lautet:
„L’orage annonee hier entra dans notre atmosphere produisant dans
le Nord de !’Italie une baisse barometrique tres forte de 14 ä 15mm. en
tres peu de temps. Beaucoup de pluie. Dans les stations (vent de) SO. fort;
aussi dans le haut de l’atmosphere. Peut-elre eontinuera la saison pluvieuse
orageuse.
Die telegraphische Depesche von Paris für den 18. November lautet: „La
bourrasque signalee hier en Autriche est aujourdhui au Sud de !’Italie, une
nouyelle Ja suit et am&ne des coups de vent sur tout le Nord de la France,
elle marche vers l’Est comme la precedente et menace |’Italie et
"Adriatique.“
Die Depesche von Florenz lautet: „La peninsule est partagee par
moitie en deux grandes zones. De Aoste ä Livourne et Aneöne est penetre
le eourant polaire produisant une baisse de temperature de 9 & 10 degres
et une hausse barometrique de 15 a 16mm. Dans la zone meridionale la
temperature est augmentee et la pression continue a diminuir de 7 a mm.
Ciel beau dans le Nord. Mer grosse. Tempete sur l’Adriatique, m&me dans
le milieu de l’Europe ou il ayait ete grande depression, les barometres
s’elevent fortement. Peut-Etre le courant polaire s’etendra sur toute Ja penin-
sule; (vent) dominant NE., surtout sur l’Adriatiq’e.“
Die Pariser Depesche vom 19. November lautet: „La baisse eonsiderable
du barometre ä Vienne indique qu’ une nouvelle tempele entre O. et. N.,
tournante & NE. va sevir sur l’Adriatique.“
Die Depesche von Florenz lautet: „Deux grands eourants atmosphe-
riques, l’equatorial et le polaire se melerent sur notre peninsule. (Dans le)
386 Velimnick,
midi a la forte depession d’hier suit aujourdhui hausse baromätrique de
Ii mm. A Torre et Girgenti le barometre baisse, A Genes et Monealieri il est
deseendu Sww., Ja baisse eontinue. Mer agitee, elle est grosse au $., mau-
vaise a l’Adriatique, eiel couvert. Vents NO. et N. tres forts, saison plu-
vieuse et orageuse probable (pour) nos mers. Les vents tournent A
NE. et SE.“
Für den 24. November enthält das Telegramm von Paris die Ankündigung
eines Sturmes: „Pour ce soir ou cette nuit tres gros temps ou vent tres
fort entre SO. et NO. ou N. sur l’Adriatique.“
Dagegen stellten die Telegramme von Florenz jede Gefahr in Abrede.
Jenes vom 23. November enthält die Stelle „Pas de danger, orages pro-
bables, saison humide et pluvieuse“ jenes vom 24. November „Saison ealme
dominant eourant @quatorial chaud humide.“
Die Depesche von Paris vom 25. November enthält noch die Stelle:
„Lemps pour l’Adriatique tres incertain, surveillez avee soin le barome&tre“
dagegen die Depesche von Florenz „Continue la saison ealme sous eourant
equatorial.“
°) Am 26. November enthält das Pariser-Telegramm die Stelle: „Des bour- |
‘)
)
rasques orageuses et des ecoups de vent ont sevi hier soir et ee matin sur
les eötes Italiennes, elles se dirigent vers l’Adriatique ou le barome£tre a
baisse de 14mm. ä Ancöne.“ Die Depesche von Florenz enthält den Schluß:
„Saison orageuse pluvieuse,*
Für den 28. 29. 30. November (die Tage der Bora im nördlichen Theile des
adriatischen Meeres) enthält das Pariser Bulletin keine besondere Ankündi-
gung schlechter Witterung, sondern blos die Mittheilung, daß der Barome-
terstand im Süden von Italien tief ist. Die Depesche vom 28. enthält die
Stelle: „Le barom£tre est bas dans les parages de la Sieile, hier (27.) on
a signal& un orage & Livourne et.de la neige ä Berne“; jene vom 29. „vent
fort de l’Est a Naples, barometre 755mm. “, die Depesche vom 30. „basses
pressions au Sud de l’Italie et de I’IIyrie.“
Das Telegramm von Florenz enthält für den 28. November die Stelle:
„saison calme sans menaces de bourrasques“; für den 29. November:
„hausse barometrique au nord et au centre de l’Italie, baisse barometrique
au Sud, neige, pluie — mer agit&e“; für den 30. November: „Mer agitee,
furieuse a l’Adriatique, vents forts de NO. et NE. — saison orageuse sur-
tout sur l’Adriatique, vent dominant N.“
Die Pariser Depesche vom 1. December sagt: „Une bourrasque aborde la
France par le golfe de Gaseogne se dirigeant vers la Mediterranee.
Das Telegramm der k. Sternwarte zu Paris vom 8. December enthält die
Bemerkung: „Le barometre est tres bas en Russie, il monfe avee une
rapidite eflrayante (31"m-) en un jour sur l’Ecosse“; das Telegramm von
Florenz : „Saison humide pluvieuse, probablement des bourrasques penetre-
ront dans notre atmosphere, ou la pression diminue“.
Über die Stürme des November und December 1866. 387
‘) Am 10. Deeember lautet das Telegramm von Florenz folgendermaßen: „I
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barometro eontinuö ad alzarsi sopra tutto nel mezzogiorno. In tufte le
nostre stazioni la pressione & per lo meno di 10 a 12 millimetri sopra la
normale, temperatura nuovamente abbassata, eielo nuvoloso, mare mosso e
forti venti di tramontana e di maestro. Durano alte le pressioni in Ispagna
e nell’ Oceidente. Intanto un forte centro di depressione si manifesta nel
settentrione. I] barometro s’abbassa anche fra noi, da questa mattina il
barometro abbassa eon rapiditä e dell’ alto deli’ atmosfera il vento soffia
eon rotazione inversa da greco a maestro. La stagione dura ineerta, vari-
abile e non sine pericolo di forti venti di tramontana sopratutto nell’ Adri-
atico. Probabile che le alte pressioni trattengono l’avanzarsi delle burra-
sche del Nord,“
Die Depeschen vom 14. December enthalten folgende Stellen: (von Paris)
„mauvais temps ä eraindre“, (von Florenz) „il eontinuo abbassamento baro-
metrico indiea non esaurita l’azione della eorrente equatoriale. Probabile
duri stagione burraseosa.“
Die telegraphische Depesche aus Florenz vom 15. December enthält die
Stelle: „L’avvieendarsi dei due grandi eorrenti, l’equatoriale e il polare
mantiene la stagione incerta, burraseosa, tendente a ristabilirsi. Probabile
vento giri Nordovest Nordest.“
In der Depesche aus Florenz vom 16. December heißt es: „Stagione incerta
p:ovosa. Probabili venti Nordest Sudest.“
Die Depesche aus Paris vom 17. December kündigt das Einbrechen der
Bora an: „Barometre stationnaire en Italie, hausse exeessive de 17mm. sur
la mer du Nord; ces deux eireonstances rendent des vents tres forts pro-
bables d’entre NE. et E.“
' Die Depesche aus Paris vom 28. Deeember enhält folgende Stelle: „La
bourrasque signalee hier dans Ja Manche a marche vers l’Estf, elle sevit au-
jourdhui dans la Baltique. Les Alpes, les Apennins et les montagnes de
Ilyrie garantissent jusqu’ a present l’Adriatique de son action. Elle se
dirige vers la mer noire.“
Die Depesche aus Florenz vom 29. Dezember enthält die Stelle:
„Probabile duri stagione ealda umida piovosa senza pericolo di forti venti
e burrasche.“
Die im Vorhergehenden erwähnten Stürme hatten bedeutende Verluste an
Menschenleben und Schiffen an den britisehen Küsten im Gefolge, riehteten
aber auch dureh die mit den starken Regengüssen verbundenen Über-
schwemmungen in England selbst großen Schaden an.
„Auf die seit dem 10. November herrschenden Stürme“ berichteten
die Tagesblätter „die mehr eine Kette von wüthenden Windstößen waren,
ist seit dem 13. Abends ein fürchterlicher, von Regengüssen und Hagel
begleiteter Orkan aus Nordwesten gefolgt, der die vorhergehenden an
Heftigkeit noeh übertraf. Die Hagelschlossen waren von nie gesehener Größe
und richteten an Fenstern und Gewächshäusern bedeutenden Schaden an.
Von der Küste meldet man viele Unglücksfälle“.
388 BLerlenleck.
„Starke Regengüsse, die während der letzten Woche mit Hagelschauern
und Stürmen abwechselnd fielen, haben in den letzten drei Tagen (14.—16.
November) angedauert und zu wirkliehen Wolkenbrüchen verstärkt die
verheerendsten Wirkungen zur Folge gehabt. In Manchester schwollen die
kleinen die Stadt durehströmenden Flüßchen so sehr an, daß ein großer Theil
der Stadt unter Wasser gesetzt wurde; gegen 1000 Menschen sind obdach-
los geworden. In Preston wurden mehrere Fabriken derart beschädigt, daß
zwischen 1000 und 2000 Arbeiter außer Beschäftigung gesetzt wurden. In
Wakefield (Yorkshire) stieg das Wasser des Calder 15 Fuß über seinen
gewöhnlichen Stand und überfluthete die Dämme. In Leeds fanden dureh
das Einstürzen eines hölzernen, den Fluß (Aix) überhängenden Gebäudes
an 20 Menschen den Tod. Dazu dauern die Stürme zur See noch fort.
Während man in Liverpool am Donnerstag (15. November) auf ruhigeres
Wetter hoffte, verstärkte sieh der Wind gegen Abend wieder und wurde
während der Nacht zum wirklichen Orkan, welcher den ganzen gestrigen
Tag (16. November) mit ungeschwächter Kraft fortwüthete.“ (Nat. Z.)
„Die Überschwemmungen im Norden von England übertreffen alle bis-
her vorgekommenen Unglücksfälle dieser Art an Größe und Ausdehnung.
Große Strecken von Lancashire, West-Riding, Derbyshire und Nottingham-
shire stehen unter Wasser. Unglücklicherweise sind neben dem großen
Schaden an Eigenthum auch zahlreiche Menschenleben verloren gegangen.“
Einige Tage später heißt es: „Aus den Gegenden, die durch die Über-
schwemmungen gelitten haben, treffen allmälig bestimmtere Nachrichten ein.
Der Verlust an Menschenleben wird jetzt im Ganzen auf dreißig angegeben.
Im Thale des Calder-Flusses berechnet man den Schaden auf 300.000 Pfund
Sterling, im Wakefield und der Umgegend auf 100.000 Pfd. St. und in
Dewsbury auf 50.000 Pfd. St. In Salford, wo eine öffentliche Versammlung
gehalten wurde, um Maßregeln zur Unterstützung der Betroffenen zu bera-
then, waren 2685 Häuser überschwemmt und 3124 Personen außer Beschäf-
tigung.“ (Neue f. Pr.)
Auch in Deutschland und Österreich hatten die Stürme vom 14. und
17. November (insbesondere des letztern) mehrfache Verkehrsstörungen,
Beschädigungen von Telegraphenleitungen u. s. f. im Gefolge.
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Über die Stürme des November und December 1866.
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1866.
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13 34:65 28:37 31:59 27:18 24.50 2460 29-10 34:54
14 33:94 25'322 31:75 2698 24:02 24.83 29:20 34:71
15 3323 28:27 31:96 26 87 23:49 | 25-06 29:28 34-95
16 32:80 28:32 31.89 27.01 2298 25:45 29: 38 35:22
17 32-31 2834 31:85 2696 22 63 25:93 29-53 35:34
18 31:86 28.48 31:86 26 96 22'533 2643 29:65 35.51
19 31-52 28:77 3184 26 70 2283 26:85 29-79 35:82
20 31:26 29-14 31 91 27:00 23-75 27.56 30:27 36-13
21 30:90 29-26 3191 27:05 23:83 27:98 30:53 36:30
22 30:44 29:67 31:90 27:10 23:92 28-23 30:78 3633
23 30:09 29.51 31:78 27:09 24:00 28:52 30:89 36:29
0 29-73 29-35 31:65 27:08 24-08 28.66 30-99 36:24
1 29-42 29:29 31:30 26:89 24:10 28.69 31-07 36:12
2 25-68 29.58 30:96 2664 23.97 28:85 31-25 36:09
3 25-47 29:76 30:66 2658 23:89 29-01 31:50 36:00
4 28:57 29-94 30-48 26 20 23.82 29:19 31:68 35:92
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10 28:59 30:85 2807 2538 23.86 29-36 33:85 35:88
11 2867 31:07 27:82 2532 24:07 29-34 34:16 35:85
Die Stunden sind vom Mittag an gezählt, das Datum nach bürgerliche (nicht astronomischer) Richtung.
Über die Stürme des November und December 1866,
_ Datum Zeit
Morg. |331
13.Nov.‘| Mitt.
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15. Mitt.
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16. Mitt.
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Mitt, 339:
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|
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Abends 330°
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336°
Abends|335 °
-29
329-
Abends |326
Morg. |326°
333°
Abends|336-
72
333:
Abends!329-
Morg. |335
Mitt. |333-
Abends|330°
Morg. |327°
Mitt. |328°
Abends|332-
Morg. |333°
Mitt. |331-
Abends|329-
Morg. |335°
63
Abends|337-
Morg. |339
340°
. 1334 °
337:
Abends|340-
340°
Berlin
+43
328°
Abends 329°
| More. |328°
79
52
94
09
53
09
17
94
42
99
45
87
80
Ze!
24
81
62
94
47
99
00
24
13
43
05
54
61
83
:82
Morg. 1341
55
73
Abends|339-
87
48
83
31
66
95
Luftdruck in Pariser Linien.
329°
327°
327°
327°
328°
329°
332°
333°
333
330°
327°
324
322°
332°
335°
334
330°
327°
333°
77328
291326
24322
54324
43|326
13/328‘
531326 °
381323
331
328°
325°
327°
330°
331
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326°
332°
333°
333°
336°
337°
338°
337°
336°
339
331
331327
24325
86|324°
561324
01,325
521326
31/328
91|330°
-641330°
76328
581326
35323
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20/327 °
01/331 °
77330
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631329:
361325
641330
131323
601329
23/331
17332
22333
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661335
03/332
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"491328
335°
337°
338°
331°
Abends|339 96 | 337°
631331
:731330°
811332
-27330°
131334
201335
901335
961334
Leipzig | Prag | Krakau Lemberg
531328 °41|326°
25/324
34325 °
521324 °
84324
11/324 041320
431324
251325 °
601328
98/331
65/330 °
331327 °
23|325°
36/321 51/320
321320°
40|328
041321
91/330:
571327
891329:
11|327-
131323°
56/322 -
841324 °
23|326°
94327:
74325
18321
221327
701328
581330"
661332 -
71333 °
23|334°
621334
53333 °
431325
851331
41/331
76/331
591328
55/327
381332
321334
01/335 09331
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Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth.
02/320.
90|320-
831322
14323
05326
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161325 °
081323
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381325 °
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04/319
451319
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32323
761323 °
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561324:
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671326 °
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89
03/316
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-96/315°
83/314
481315:
891316
10318°
511319
841314
16318
85/318°
401316
37/316
"55/312
41/314:
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18|316°
11/314°
53[313°
60 316°
31/317°
"821317:-
37328
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561319
57,317°
319°
320°
322°
322°
322°
68
13
München
27330°
16319 °
41,316
791328 °
95/314:
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621332
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35/319
"52317:
181317:
-041316-
Wien
361329: 39/333 -
671327 69/332
40/330
361328
231328
28328 °
49328
551327:
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091326
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581328
621329
321332111331
141330-
15|326-
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121326
60/330:
15332 °
45331
521328
54/331
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301328
91|324
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531328
951328
701325
501328
031329
96/331:
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901333-
99332
02/332
721331:
931329:
53331
891333
69335 °
281336
35335 °
27
Debre-
czin
201334
00334
761327:
131327:
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16332
.411333 °
791332°
"581333 °
67334
26|333
79328
201326
891327
831329
47330:
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13|329°
35/330°
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301334
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87334
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631332
"251333
85334 °
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:881332
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341335
091336
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A2\332
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411332
001334 °
231335 °
71336
09335
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571334
50,335 °
521334 °
339°
337°
339°
340°
3406
25
82
59
34
30
391
Szegedin
392
Datum
13. Nov
ID.2
Er
ir 22
18. „
Der
ale. er:
17. Dee
182 5°
dd
.
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Zeit
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-Morg.
Mitt.
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Abends
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Mitt.
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Mitt.
Abends
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Mitt.
Abends
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Mitt.
Abends
Morg.
Mitt.
Abends
Morg.
Mitt.
Abends
Pancsova
336°
335°
334°
333°
331°
332°
333°
334°
337°
338°
336°
335°
332°
330°
331°
335°
336°
336°
337°
335°
336°
332
330°
332°
334°
334
334°
333°
334°
335°
336°
336°
336°
333°
335°
335°
335°
336°
338°
340°
341°
341°
Jelinek.
Luftdruck in Pariser Linien.
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33635]
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333 80
33315
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33665
33709
33789
333:69
339:17
337:07
334.59
33306
33418
33454
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33897
33880
33931
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33850
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33917
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34292
345 44
Ru- :
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33782
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33354
33489
33629
337:60
33906
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33691
33223
33160
33459
33866
33860
33712
338 40
338 11
337.50
333° 68
332 40
334 12
33646
336 61
335.56
33457
335 47
33647
337 31
33678
33643
33446
33404
33599
33603
33747
339.19
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34229
34192
Pola | Agram | Lesina WR Valona
|
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33804
33717
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33367
33484
33703
33814
339:59
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33173
33436
339.09
33874
33822?
338 54
338:60
337.55
33392
33266
33448
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33664
33554
33468
337.72?
33661
33726
33704
336.41
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33421
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335 44
33762
339:52
34106
34203
34202
332°
40
330°
328°
327°
328
331°
99
331
331
333°
333°
7
331
329°
325°
:75
329-
334
333°
332°
325
333°
40
333
332°
327°
326°
328°
331°
330°
329°
329°
"78
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334°
333°
333°
330
331
331
331
331
333°
334°
337:
337°
34
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10
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59
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90
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12
:93
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08
04
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13
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33767
338
338
338
336
334°
333°
335°
337
339°
339°
339°
337°
335°
332°
332°
335°
336°
336
338°
338°
338°
335°
333°
333°
333°
336°
336°
333°
334
335°
335
334°
333°
332°
333°
339
335
335°
337°
338°
339°
339°
54
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‘15
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39
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‘13
38
59
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20
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33834133889
336741338 85
335
335
333°
335°
336°
337°
338°
338°
336°
335°
331
330-
336°
335°
335°
338°
338°
337°
335°
333°
331
336°
337°
337:
338°
332
333°
334°
339°
332°
332°
332°
334°
335°
335°
336°
336°
337°
338°
7%
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23
52
88
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83
gg
15
51
«56
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24
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42
25
78
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01
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13
45
67
dp
14
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84
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33388
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335.4
33973 |
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336-7.
3935-417
335.69
33697
337.58
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335.09
33536
338-87
332-4)
336-731
333-34
33583
33671
Über die Stürme des November und December 1866: 393
Abweichungen des Luftdruckes vom normalen Stande in Pariser Linien.
|
: ? Debre-
Datum | Zeit Berlin
czin
Lemberg |München | Wien Szegedin
Leine | Prag | Krakan
Morg. |—4:04 —3:03/—2 36—1:04—0 :71/—0:88/—0-94 +0°40 |+2-13
13. Nov. Mitt. \—6-68|—5 12! 4-55|—4- 202.47 1-37|—2-64|—0-82 +0:03
Abends|—5 95 —4 '50|1—5 37)—5 °41|—4 78 —1'69|— 293) —2 45 |—1:66
More. —6:55|—4'83[—5°05|— 5 441—5-91|— 2 28[— 3:97 —4 30 |— 304
14. „ Mitt. |—6°401— 438, —4:781—5 42] —6°26|—2 15 —4:101—4'91 |—4 34
Abends —4:96| +2:87|—3 46 — 4:56) —5 851 —1:11|— 3:05 — 4:30 |—3'24
Morg ee — 0:10) —1:65|— 3:63) —4:63| + 1°34|—1°85|— 407 — 2:18
45. Mitt, 0-67 +1 50] +0:701—1:32])— 3:22] +2°03|+0:28|—2 96 |—2-01
Abends oa +1°23/+1°08)+1°59)—0.57|+2:08|41:771—1°95 |+1-24
Merg. |—3-23)—1°68/—1:°26) +0 54] +0:69—1:10/—0-15| +1°13 |+3-04
26. ;,, Mitt. |—-6°10)—4 86) —3:58|—2 30) —0:88|— 2 49/—2-351+1°132|+0:78
Abends) —8:53|—8 09] —6 68) — 4:38) —2:77—3°09|—3 :90—1:08 |—2:62
Morg. |—9:08|—9 49 —9-55|— 7 :95|—6 °71|— 4:63] —7 60 —5°57 |—4 52
2. .;, Mitt. |—1-66|--0 :27)—2:59)—8 65] 7:69 — 1:12) —4 23] —5°88 |—5'28
Abends 1 -27/+2°54|+1-49]—0°98[— 5:74] +1:36|+0°441— 4:33 |— 2:88
Morg. |+1-17|+2°32| +1°85/40°92]—1°07|+2-81/41-79|—0°76 |+0°41
18.5, Mitt. —1-84|—1°86|—0°041)+0:75/—0:55|-+0°98141-101+0°12 |+0°64
Abends —6-33] —5 13] —4-35|—1 81) —1 22] —0 72] —1:58|—0°'62 |—0:65
Morg. |—0-02|+1°01| +9°76| + 0:76 —0°84| +1°28/+1-16/+0:31 |+1°06
Aue: Im Mitt. |—2-21)—0°86| —1°08] +0:32)—0-29—0°41|+0:25| +1°06 |+1°54
Abends) 4:89) —4 34|—3:86|— 2:39) — 1:32) —0 :961—2-16|+0:70 |—0:26
Morg. —8-41|— 742) 7:25) —6:311— 5:13) —4 361 — 5:64 —4 41 |—4 12
24. „ Mitt. |—6-89)— 512) —5 427 451 —7-.27|—2 :33|—5:23/—6°59 |—5°61
Abends —3-88|—2 23] —3:14— 5-04 —7:06|—1°40|—3-54— 5:65 |—3'89
Morg. —2-64|—1°561—1:76|—3-18|—4:50|—0 74—1:61|—3°65 |—2.38
25. „ Mitt. |—4-75|—414|—3:05|—2:17|—3:57|)—2-32| —197|— 2:60 |—1'89
Abends —6:45|—6 1116 25/373) —3 -15|— 3 °57|—4:50/—3°65 |—2°94
Morg. |— 1-01 — 0:64 —1:-80|—2:28I—3:07|—0:79|—2-34]—3°26 |—3°09
28). Mitt. |+0-57| +0°83|—0-32/—0 95] — 2: 36|—0°261—1 12) —2 70 |—2 04
Abends Si 1:78|4+2°46| 41:56) +0°92]—0-85|+0-67|+0-711—2 11 |— 0:21
il BR. +3°37|+2:63)-+2°85)+1-89|42-32|+2-16+1°11 |+0°08
29. Mitt. 4:73)+4'42|4+3°74|+4°16|+3:37|+2°38|+2-81)+1°59 |+1°27
Abends 15:72 +5:33) +4'20| +5°33| +4:68|-+2-60 +3-39|-+0:97 |+0:09
Morg. 4 5401 +4:84) 43-58) +4°88|+4-85| +0°68| +2:37/+0°92 |—2 19
a, „ Mitt. 4-58 +3 2111249141375 +4-51|—0°29]+1-561+0°43 |—0'22
Abends HE +2:65|44-77|+3°23|44-37\)—0-59|+1-27|+0°36 |+0°10
Morg. 1:91 —1:77)—1:65|—0:97/—0:10| +0-45| —1:09|--0:86 —0'84
17.Dee.2| Mitt. ı+1:44 +2-37|+1:03| +0°91|+1:04 42-05) +0-53|— 0:13 |+0°42
Abends +3-92/+4°47|+4:14|+3°20|+3-01|+3-411+3.13| +1°44 |+1°93
Morg. |+4-30| +4'94| +5-06|+4-95| 4 4:46| 45-20) 14-78|-4-20 |+4"38
18. „ 2| Mitt. |+3-62)44°64|14-75|+5°44|44-87|-44-79|45-36|-14°95 |+5°04
Abends| + 3:60|+4°70|+4°63)-+4:79|-+4:22)+4:86|45-151+4°91 |+5°33
27%
y4 Jelinek.
Abweichungen des Luftdruckes vom normalen Stande in Pariser Linien.
Ru- £
Datum | Zeit |Pancsova stschuk Triest Pola Agram
(| Morg. | +1:33| +2-33| +1-99|+2-06 | +0-38|+2-10| 43-20) 42-29
13. Nov.!| Mitt. |—0:08| +1°40| +1-45| +1-41 |—0-56| +1°93| +2-64| +2-11
| | Abends| 1-24) +0-08| +0-81| +0-54 |—1-92| 42-38) +1-04| +2-07
More. |—2-36| —1:68| —1-47| —1-62 | 3-43] 0:29) +0-04| +1 14
Mitt. |—3-69| —3-16| —2-83| —2-96 |—4-63| —2-19| —0-29| 0-31
| Abends| —2-79| —4-39) —1-48| —1:79 | 3-11) 3:07 | —2-47| —1-46
Morg. | —1'74| —3°91) —0°08| +0°40 | —0:42| —1:38] —0:18| —2 30
15. „2 Mitt. 0-85] — | +1:23| +1-51 | +0-02| +0-89| +1-18| —1-30
Abends| +1-55|—0:71| +2°69|+2-96 | +1-81| +2-93| +1 43] +1°28
(| More. | +2-46| +1-81| +2-46| +2-56 |-+1-70| +3-06| 43-12) — |
164 ı, Mitt. | +1°30| 42-18) +1-71| +1-66 | —0-27| +2°74|-+3-00| +2:79
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More. | +1-70| +0-73| +1-97| +1-85 |11-82| +2-15| +2-59| 42-89
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Abends| +1:03| +2-01| +1-07| +0-86 | +0-32) +1:79) +1-48| 43-19
Morg. | —2:86| —0-11| —2-76| —2:78 |—4:65| —0-80| —0-54| +1-75
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Abends | — 3-21 | —4-12| —2-32| —2-22 |—3-10|—3:17| —4-54| —1:68
More. |\—1:66| —3-02| +0-01|+0:25 |—0-82| —0-54|-11-00| —1-17
25. „ 2] Mitt. |—0-91|—2:66| +0-16| —0-07 |—1-14| +0-37| +4-24| +0-41
Abends, —1 10] —1:07\—0-89| —1-17 | —2-99| —0-01| -+2-45|+0-72
More. | —2-72| —3-38| —1-91| 2:06 |—2-20| —2:68| —2-70| —2- 16
28. „ 2] Mitt. |—1-63) —1-77| —1-01| +0-982| 1-32 | 1-52] —2-96| —1-80
Abends —0-25 | — 0-42! —0-01)—0-13 |—0-03| —0:77| —1-83| —1-53
(| Morg. | +1-04| +1:70| +0-81) +0-50 | +2-50|—1 47) —1-70| +1:96
29. „ 2] Mitt. | +0-76| -+1-53| +0-28| +0-28 | +1-37| —2-13| —2-38| —3-271
Abends! +0-43| +2:04| —0-07| —0-35 | +1:00|--3:05| —3-16| —0-182
Morg. | —0-37| +1:75| —2-05| —2-26 | —0-20|—4-25| —3-67| 3-58
30. „ 2] Mitt. |—0-47| +1-51|—2-47| —2-56 | —0-82| —2-78| —3-70| —1:09
Abends| —0-17| 44:21) — 0-52] —1-11 |—0-50) —1:40| —1:24| —0-21
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Morg. | +4°11| 14-98| +4-14| 43-97 | +4:77| +1°39| +0-41| —0-58
18. Mitt. |+5°04|-15-20| +5-46| +4-94 | 15-35| +2-37| +1-47| —0-09
Abends, +5°44| +5-72|+5-09) 44:93 | +5-31|+2-95| +2-05| 40-71
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Über die Stürme des November und December 1866.
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Über die Stürme des November und December 1866. 397
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401
IX. SITZUNG VOM 21. MÄRZ 1867.
Der Präsident des Central- Comite für die Pariser Welt-Aus-
stellung, Se. Ex. Herr Grafv. Wiekenburg theilt, mit Zuschrift vom
19. März l. J. das Programm über die Einsetzung der internationalen
wissenschaftlichen Commission neben der kaiserlichen Commission
bei der Pariser Ausstellung mit, und ersucht um Bekanntgabe der
eventuellen Beschlüsse darüber, ob und wiefern die kais. Akademie
der Wissenschaften geneigt sei, der kaiserlichen Commission ihre
Ansiehten über die im Schooße der gedachten internationalen wis-
senschaftlichen Commission zu pflegenden Untersuchungen und zu
prüfenden Fragen zu unterbreiten.
Das ce. M. Herr Prof. Dr. A. Rollett in Graz übersendet zwei
Abhandlungen, und zwar: &) „Über die Änderung der Farben durch
den Contrast; 5) „Zur Lehre von den Contrastfarben und dem Ab-
klingen der Farben.“
Das w. M. Herr Director Dr. K. Jelinek überreicht eine Ab-
handlung: „Die Methodik der darstellenden Geometrie, zugleich als
Einleitung in die Geometrie der Lage“, von Herrn Dr. W. Fiedler,
Professor am Landes-Polytechniecum zu Prag.
Das w. M. Herr Dr. A. Boue& legt eine Abhandlung vor,
betitelt: „Beiträge zur Erleichterung einer geographischen Aufnahme
der europäischen Türkei“.
Das e. M. Herr Dr. G. Tschermak theilt „einige Bemerkun-
gen über die isomorphe Reihe Glaukodot, Danait, Arsenkies* mit.
Das ce. M. Herr Prof, Dr. V. v. Lang übergibt eine Abhand-
lung: „Krystallographisch-optische Bestimmungen mit Rücksicht auf
homologe und isomorphe Reihen.“
Herr Prof. J. Seegen spricht „über die Ausscheidung des
Stiekstoffs der im Körper zersetzten Albuminate.“
402
Herr Dr. S. Strieker übergibt eine Abhandlung des Herrn
Dr. W. Reitz aus St. Petersburg: „Untersuchungen über die künst-
lich erzeugte eroupöse Entzündung der Luftröhre*“.
Herr Dr. S. L. Schenk legt eine Abhandlung „Zur Entwicke-
lungsgeschichte des Auges der Fische“ vor.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift, 5. Jahrg.
Nr. 6. Wien, 1867; 8°.
Astronomische Nachrichten. Nr. 1633. Altona, 1867; 4°.
Comptesrendus des seances de I!’ Academie des Sciences. Tome
LXIV. Nr. 9. Paris, 1867; 4%
Cosmos. 2° Serie. XVIe Annde, 5° Volume, 11° Livraison. Paris,
1867; 8%
Gewerbe - Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen.
XXVII. Jahrg. Nr. 11, Wien, 1867; 8°.
Kuczyüski, Stefan, Dwie rozprawy. Kraköw, 1865; 8°,
Land- und forstwirthschaftl. Zeitung. 17. Jahrg. Nr. 11. Wien,
1867; 4°.
Mittheilungen des k. k. Genie-Comite. Jahrgang 1867. 1. Heft.
Wien; 80.
Moniteur seientifique, 245° & 246° Livraisons. Tome IX°. Annee
1867. Paris; 40
Santini, Giovanni, Delle interpolazioni e quadrature mecaniche per
gli usi astronomiei. (Estr. dal Vol. XIII delle Memorie dell’
Istituto Veneto.) Venezia, 1866; 40.
Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 22—23. Wien,
1867; 40.
Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft.
XVI. Jahrg. Nr. 6. Graz, 1867; 40.
Beiträge zur Erleichterung einer geogr. Aufnahme d. europ. Türkei. A403
Beiträge zur Erleichterung einer geographischen Aufnahme
der europäischen Türkei.
Von dem w. M. Dr. A. Boue.
(Mit 2 Tafeln.)
Die geographische Aufnahme eines Landes, fordert wohl eine
ganz detaillirte Bereisung desselben so wie besonders die astronomi-
schen und barometrischen Ortsbestimmungen gewisser bedeutender
Punkte. Doch um ein solches Werk zu beschleunigen, hat man immer
Bergbesteigungen angewendet, um von sehr hohen Spitzen oder vor-
theilhaft gelegenen Localitäten fast vollständige Bilder verschiedener
Gegenden leicht und rasch zu bekommen. Durch den Besuch von
niedrigen Bergen werden die Deutlichkeit und das Ausführliche der
Skizzen vervollständigt. Auf diese Weise gewinnt man die Kenntniß
der günstigsten Punkte für geodätische Stationen und leicht zu mes-
sende Grundflächen oder sogenannten Basen, wodurch nachher das
trigonometrische Netz der verschiedenen Orden von Dreiecken
bestimmt wird.
Da wir jetzt scheinbar einer Zeit nahe rücken, wo man end-
lich für die europäische Türkei wenigstens den Anfang nicht nur von
Eisenbahnen (Rustschuk-Varna), sondern besonders einer andern geo-
graphischen Aufnahme als einer einfachen mit dem Compass und der
Uhr bewerkstelligten, erwarten kann, so kam mir der Gedanke, daß
ich in dieser geographisch-psysiognomischen Richtung noch im
Stande wäre manche nützliche Winke für die Geomorphie der euro-
päischen Türkei zu geben. In meinen bisherigen Beschreibungen
„Turquie d’Europe“ vom J. 1840, „Etablissements de
bonnes Routes etsurtout de Chemins de fer dans la Tur-
quie d’ Europe“ vom J. 1852 und den Itineraires vom J. 1854
erschienen solche Notizen nur verschwommen oder sie wurden gänz-
lich verschwiegen, weil damals eine Aufnahme des Landes noch in
weite Ferne gerückt war. In meinen zwei neueren geographischen Ab-
handlungen über Bosnien und die Herzegovina, die Ethnographie der
404 Boud.
Türkei und die Abgrenzung der verschiedenen Provinzen der euro-
päischen Türkei (siehe Mem. et Bull. Soc. de G&eographie de
Geneve 1861, Bd. 2, S. 8S5—137; 1863, Bd. 3, Liv. 2, S. 197 bis
240) fanden sie aber keinen Platz. Jetzt mit der neuen Kiepert'-
schen Karte der europäischen Türkei (1867) in der Hand, werden
meine Bemerkungen hoffentlich nicht als überflüssig erscheinen.
Diesem zu Folge gehe ich an die Arbeit und werde über jede
grosse Abtheilung der europäischen Türkei meine geomorphischen
Rathschläge ertheilen, soweit wenigstens meine Kenntnisse und meine
theilweise fehlerhaften , theilweise durch türkischen Unverstand
beschränkten barometrischen Messungen es mir erlauben. Die Wie-
derholung letzterer erspare ich aber den Lesern. Durch die grosse
Gefälligkeit des Professors Peters und des Herrn A. Kanitz bin
ich in den Stand gesetzt worden, selbst Einiges über zwei von mir
nieht besuchte Gegenden der Türkei mittheilen zu können. Mögen sie
hier meinen Dank empfangen.
In Serbien gibt es keine Bergspitze, welche eine allgemeine
Übersicht über das ganze Land gewährt, was nicht nur durch die
Breite desselben, sondern besonders durch die Höhe der östlichen
Kette bewirkt wird, indem in der Mitte des Landes eine fast
von Nord nach Süd laufende Kette vom Avalaberg hinter Belgrad
bis zum Rukniker Gebirge, den zwei Schturatzer Bergen
und selbst dem Kotlenik, eineReihe von wenigstens 9 oder 10 Berg-
spitzen darbietet, um welche alle die Niederungen Serbiens in dem
Moräva- und Kolubara-Becken sich vor den Augen panorama-ähnlich
ausbreiten. Östlich wie westlich finden aber diese landschaftlichen
Bilder ihren Horizont in der östlichen und westlichen Kette Serbiens,
welche beide höher als die Kette der Schumadia sind.
Je weiter man von Belgrad oder von Avala die Schumadia
betritt, desto grösser wird der Gesichtskreis von den Gipfeln der Berge
aus, welche, obgleich isolirt, wie Avala, Kosmai, Bukovik,Kleschtevitza
Ventschatz und Suvobor wie staffelföormig von Nord nach Süd immer
mehr an Höhe gewinnen. Ein breiter und eigentlich der breiteste
Sattel in jenem Gebirge trennt die Rudniker Gebirge und die Schtu-
ratz von dem übrigen nördlich gelegenen Kamm (Turquie d’Europe
Bd. 1, S. 108 und meine Profilzeichnungen in Viquesnel’s Werk
Voyage en Turquie d’Europe Taf. 22, Fig. 3, 4 und 5 und besonders
die des Herrn Kanitz dito Taf. 33) und der niedrige Kotlenik tritt
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. 405
gegen das serbische Morava Thal auch ziemlich getrennt von letzterem
Gebirge auf. Auf dem grossen Schturatz findet man endlich das
grösste Panorama, denn zu den vorigen Weltgegenden gesellt sich
auch die südliche oder ein Theil des serbischen Morava Beckens, mit
ihrem Hintergrunde von hohen Gebirgen (dito S. 109). Von Kotlenik
beherrscht man das untere Griga Thal wie man das obere von
Belopolje bei Tzernova übersieht.
Südöstlich von diesem letztern fast in dem durch die grosse und
serbische Morava gebildeten Erdwinkel, erhebt sich südlich von Jago-
din und Tschupria die untergeordnete Kuppe von Juor, von welcher
aus man Anschluß über das Terrain nördlich von der serbischen
Morava oder am Südende der Schumadia Kette bekömmt.
Die anderen weniger hohen Berge zwischen Jagodin und Kra-
gujevatz sind zu sehr bewaldet um Fernsichten darzubieten, was
auch grösstentheils um Kragujevatz, ausser auf einem grossen Berg in
südwestlicher Richtung, der Fall ist.
In der westlichen Kette bilden die Gebirgsrücken eine ähn-
liche schiefe Ebene, welche sich von Nord nach Süd erhebt, doch
ohne so grosse Abstände zu zeigen und ohne jene förmliche Parcelli-
rung der Schumadia-Berge (siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 2 und
Kanitz Taf. 33). Als gute Observatorien dienen da, einem Vor-
gebirge ähnlich, der nördlichste schmale Tzer, der etwas breitere und
waldige Medvednik, mit seinen graulichen Kalkwänden, sowie der
südliche Jablanik, denn von da aus übersieht man nicht nur das
serbische Sau-Becken, das der Kolubara und Dubrava (die Dendra-
Gau), sowie die ganze Schumadia, sondern auch die Verbindungs-
rücken zwischen den Schturatz und den Gebirgen südlich von Med-
vednik, welche die Oberzuflüsse der Kolubara und serbischen Morava
trennen. Endlich kommt noch dazu westlich eine Einsicht in die wellen-
förmigen, zahlreichen, grösstentheils bewaldeten Hochrücken Bosniens,
welche mit der in Serbien sogenannten Drina Kette fast parallel
von NNW. nach SSO. laufen. Das Drina Thal ist aber durch jene
Rücken so eng eingeschlossen, daß es wie eine Spalte nur hie und da,
vom Gipfel der Berge zur Ansicht kommt, indem es durch Kalkfelsen,
Wald und schweizerische Weidepartien oft zu romantischen Ansichten
Anlaß gibt. Diese Terrainbeschaffenheit ermöglicht für den Beobach-
ter auf serbischem Gebiete überall ähnliche bosnische Ansichten zu
gewinnen, sobald er sich an dem Rande eines ziemlich offenen und
406 Boue.
nach der Drina sieh mündenden Thales befindet, wie z. B. bei Sokol,
westlich von der Jagoda-Planina u. s. w. Von der spitzigen Vidoevitza
bei Leschnitza in Serbien hat man eine ausgedehnte Ansicht der
unteren Drina. Östlich seitwärts von der Drina-Kette fanden wir, zu
Petratz, einen sehr guten niedrigen Standpunkt für die Aufzeich-
nung der westlichen Tlieile des Kolubara Beckens.
Im südlichen Serbien begrenzt den Horizont östlich nur ein
grosser Bergrücken, namentlich der etwas bewaldete Jastrebatz
mit seinen 3000 Fuß absoluter Höhe und Lepenatz (siehe Viques-
nel Taf. 22, Fig. 8), indem westlich eine Menge von höheren zum
Theil zuckerhutförmigen, zum Theil breiten Kuppen sich erhebt, die
kaum mit Gras bedeckt erscheinen. Unter letzteren machen sich
besonders die Stolovi, der Jelin und als höchster der Kopaonik
bemerkbar. (dito S. 123, Viquesnel’s Werk Taf. 22, Fig. 6 und
14 besonders aber H. Kanitz dito Taf. 33.)
Wenn man von Jastrebatz schon das serbische Morava-Thal,
den tiefen Sattel zwischen den Bania Gebirgen und Jastrebatz und den
spaltenartigen Lauf der bulgarischen Morava daselbst übersieht, so
hat man einen Theil Dardaniens oder des türkischen Obermösiens,
zu seinen Füssen, wenn man den südlichen Theil des Gebirges betritt.
Das Toplitza- und Morava-Becken mit ihren kleinen Seitenrücken bilden
daselbst die Hauptgegenstände, indem in weiterer Ferne die Gebirge
der Snegpolje sowie andere schon Macedonien berührend, gesehen
werden müssen.
Vom Kopaonik aus wird aber die Aussicht noch viel gross-
artiger, da man schon auf 5882 Fuß Höhe steht. Wahrlich wird der
Gesichtskreis gegen Serbien durch die nahestehenden hohen Kuppen,
wie besonders die des Plotsch, des Joschanitza Gebirges, des
Jelin (siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 6 und Kanitz Taf. 33)
u. s. w. sehr beengt, selbst gegen Osten verhindern untergeordnete
Gebirgskuppen die Fernsicht, aber desto ausgedehnter ist die
Ansicht gegen Westen und besonders gegen Süden. Der ganze west-
liche Theil Dardaniens namentlich das Sitznitza- und Labbecken, sowie
die kleinen Gebirge, aus welchen die bulgarische Morava mehrere
Zuflüsse bekommt, breiten sich als eine Landschaft vor dem Auge
aus, indem bei hellem Wetter in SSW. Richtung die Kette des Schar
die Wolken des Himmels zu berühren scheint und ein Theil des Beckens
des Metoja nordöstlich von Prisren, sichtbar wird. Wendet man sich
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. A0OYT
zu dem südlichen Bosnien, so übersieht man den Platz der tiefen
Furche des Ibar, sowie auch mehrere NW.—SO. laufende Rinnen,
welche gegen die hohen Kalkmauern des Glieb und Mokra-Gora
endigen. Endlich von einem Platze des Kopaonik, in einer gewissen
NW. Entfernung von der Spitze, erlauben einige Gebirgssättel, das
Auge bis zum Dormitor in der südöstlichen Herzegovina unweit des
Uskoken Landes und Montenegros hinsehweifen zu lassen. Die plötz-
liche Erscheinung dieser zahlreichen, hohen, weissen, nackten Dolomit-
Pyramiden, eine wahre kolossale Säge, in der Mitte dieser grünlichen,
waldigen Umgebung, macht einen ausserordentlichen Eindruck auf den
Beobachter. (Vergleiche Turg. d’Europe Bd. 1, S. 125 und Viques-
nel Taf. 22, Fig. 38.) Was die Ibar-Einsenkung betrifft, muß man
sie stückweise studiren, wie von der Josehanitza-Planina, von
Djakovo-Brdo, dem Kopaonik, der Rogosna Planina u. s. w.
Der südöstliche Winkel Serbiens, mit den Quellen der
serbischen Morava, bildet fast schon einen Theil Bosniens oder
wenigstens kann man den Uschitzer Kreis mit seinen triehterförmig
zusammenlaufenden Wässern und tiefen Thälern, wegen der ziemlich
hohen östlichen Rücken kaum von den erwähnten serbischen Gebirgs-
spitzen, sondern nur von den näherliegenden, recht übersehen; (siehe
die Karte im Glasnik 1860 und Sitzungsber. 1864, Bd. 49.) aber
von den kleinen südlich gelegenen, ziemlich kahlen bosnischen
Gebirgskuppen aus mul wenigstens ein bedeutender Theil dieser
Ecke Serbiens dem Auge des Beobachters sich darbieten.
Die zwei pyramidal-konischen, graulichen Kalkberge des Ov-
tsehar und Kablar mit ihrer Menge von Klöstern, westlich von
Tschatschak, bewachen so zu sagen den östlichen Eingang des
Uschitzer Kessels, so daß sie selbst keinen Weg längs der Morava
gestatten und sich die Fahrstrasse mühsam über die südlich gelegene
Anhöhe des Jelitza winden muß. (Siehe. Hr. Kanitz serb. Karte
dito Taf. 32.)
Im östlichen Gebirge Serbiens bilden südlich der hohe
zweizackige, nadelförmige Rtagn (dito Taf. 22 und 23, Fig. 2), in
der Mitte die breite kalkige Omolie-Planina (siehe Viquesnel
Taf. 22, Fig. 9 und 13) und nördlich die theilweise schiefrigen
Gebirge südlich von und um Maidanpek, wie der Stol u. s. w., die
Hauptgegenstände und höchsten Massen. Von dem Gebirge Omolie
muß man fast zwei Drittel Serbiens namentlich als nächst gelegene
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 28
A0S Boue.
die Beeken der Mlava, der Ravanitza, der serbischen Morava, der
Lepenitza u. s. w., dann die ganze Schumadia und über diese die
breite Vertiefung der Kolubara, übersehen können, indem man nörd-
lich die Gebirgsrücken über die Gavran-Gora, Staritza-Gora und
Babinomatschilo bis über die Donau im Banat verfolgen kann. Der
eigentliche Blick in das Nejotiner oder untere Timok-Becken scheint
aber nur den Gebirgen zugetheilt, welche zwischen dem Omolie und
jenem tiefen Loche liegen wie der Stol, weniger der Tzrni-Vrh, Goli-
Vrh u. s. w. In der nordöstlichen Ecke Serbiens gewähren der
Mirotsch und Slava-Bogia Aussichten gegen die Donau. Hr. Kanitz
empfiehlt vorzüglich den Mirotsch als einen Berg, der eine weite
Aussicht gibt. Über die eigentliche Negotiner Niederung oder
den untern Lauf des Timok gäbe nach demselben bewährten Geogra-
phen, eine Erhöhung des Rakovitza am Timoker Ausflusse vollstän-
dig Aufschluß, indem von dem serbisch - bulgarischen Grenzberg
Vrtschka-Tschuka man mit der Aussicht auf den Zaitschar-
Becken diejenige der Gebirge Stol und Mirotsch vereinigt.
Die isolirte kleine Kalkpyramide des Rtagn (siehe Viquesnel
Taf. 22, Fig. 9 besonders Kanitz Taf. 33) ist für ein Observatorium
wie geschaffen. Rundum würde nur Tiefes herrschen, wenn sich
nicht nördlich die hohe, kahle Kalkfläche der Omolie-Planina vor den
Augen des Beobachters ausdehnte und ganz an das sogenannte „Stei-
nerne Meer“ des Salzburgischen und an so manchen deutschen Kalk-
Alpenbuckel erinnerte. Westlich und nordwestlich sieht man einen
kleinen Theil des südöstlichen Serbiens mit dem Bania Thal sowie
den Platz der bulgarischen Morava am Fussedes Jastrebatz. Östlich
liegt, wie eine Landkarte, vor dem Auge des Beobachters die Niede-
rung der Tzerna-Rieka und eines Theiles des oberen Timok, und
südlich schweift das Auge über die durch den Zusammenfluß der
Nischava und Morava gebildete Ebene von Nisch, über die südlich
gelegene Gebirgsanhäufung, die Suva-Planina u. s. w., um end-
lich in der weitesten Ferne selbst noch die Spitze des Vitosch (vergl.
Viquesnel Taf. 22, Fig. 40 und Taf. 33) erblieken zu können,
wie Herrn Kanitz’ meisterhafte Zeichnung mir es offenbarte. ( Siehe
Viquesnel’s Werk Taf. 33.)
Nach diesen kurzen Andeutungen sieht man erstens, daß Serbien
eigentlich nur als eine grosse tertiäre Bucht mit einer hohen Umfas-
sung sich darstellt. Doch in der Mitte erstreckt sich ein ziemlich
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. A099
bedeutendes Vorgebirge, so daß das flache Land in zwei Niederungen
getheilt wird, welche nur durch die Spalte des Ibar westlich und die
bulgarische Morava-Pforte östlich mit der Central-Türkei in Verbin-
dung steht. (Siehe Fig. 1.) Die serbischen Kreise von Knesovatz und
Negotin gehören schon zum bulgarischen Becken. (Siehe Fig. 4.)
Zweitens erfährt man, dal bei einer geographischen Aufnahme
Serbiens die Hauptloealitäten zur Errichtung von Haupt-Visirpunkten
oder Pyramiden die Spitzen des Schturatz, des Medvednik, des Jelin
oder Kopaonik, des Jastrebatz, des Rtagn und die Omolie-Planina
die geeignetsten wären. Als untergeordnete Punkte kämen dann
eben sowohl der westliche Tzer, als in der Mitte der Kosmai,
westlich vielleicht der Povlen und östlich wahrscheinlich noch einige
Kuppen, wie der Stol, der Mirotsch, vielleicht der Tzrni-Vrh, die
Vrsehka-Tschuka u. s. w. hinzu.
Endlich sind noch einige viel niedrigere Erhöhungen der Beob-
achtung werth, weil man von ihnen aus bedeutende Aufklärung über
die Details der Oro- und Potamographie bekommt, Ausführliches was
theilweise selbst von sehr hohen Standpunkten gesehen, dem Auge
entgeht. So z. B. kann das orographische Bild der Schumadia nir-
gends besser beobachtet werden, als von den niedrigen Höhen östlich
von Poscharevatz aus. Diese Localität schien mir besonders für die
Messung einer Basis sehr geeignet, weil man dann von da aus leicht
durch Visirung der Hauptpunkte jener Kette die nothwendigen Seiten-
linien für ein Dreiecknetz bekommen könnte.
Für ähnliche Erleichterung der Aufnahme-Arbeit scheint das
Kolubara Thal viel weniger sich zu eignen, weil der breite Boden zu
hügelich ist und die Gebirgsspitzen zu wenig hervorragen, was
besonders im Westen wegen eines kleinen fast karstförmigen Ter-
rains der Fall ist. Da können nur kleinere Dreiecke helfen. Ähn-
liches können wir für geschlossene Kessel wie die der Zuflüsse des
serbischen Jadar bemerken.
Der Lauf der Donau von Moldova bis über Dobra kann schön
von den Kalkhöhen beobachtet werden, welche östlich von dem alten
Golubatzer Schlosse sich erheben und die südliche Wand dieser
wahren Donau-Pforte unterhalb Moldova bilden.
Ober dem Zusammenflusse der beiden Morava zu Stalatsch,
liegt auf einer mässigen Anhöhe die alte Burg gleichen Namens, von
welcher man eine ungeheure Fernansicht besonders gegen Norden
28"
410 Boue.
und Nordost hin, in das Moravathal und auf alle die kahlen Kalkgebirge
oder die Nebenstufen des Omolie-Gebirges, nämlich auch auf das obere
Mlava-Thal, diesogenannten Gorniak- und Baba-Gebirge u. s.w. genießt.
(Siehe Itin&raires Bd. 1, 5.179 und Viquesnel Taf. 22, Fig. 9 1).
Westlich von Kruschevatz bieten die Bergrücken mit dem alten
Schloß Kosnik eine sehr lohnende Aussicht auf das Kriva-Rieka-
Beken-Gebirge sowie auf diesen kleinhügeligen Theil Serbiens (theil-
weise die sogenannte Jupa), welehes von da nach Brus und jener Stadt
sich erstreckt. Nach Herrn Consul v. Hahn’s Beschreibung sollte
man glauben, daß die Jankova-Klisura oder der Höhenpass
westlich von Jastrebatz als Wasserscheide der Rasina und der Toplitza
einige Aussicht in letzteres Thal gewähren möchte.
Von den Anhöhen zwischen Grumada und Knjesevatz im
Timoker-Becken hat man auch östlich eine weite Aussicht bis in die
walachischen Donauebenen.
Viele andere Punkte würden sich zu solehen Panorama’s in Ser-
bien eignen, wenn der Wald nicht so oft störend im Wege stünde;
denn in jenem Lande haben die Römer gewiss nur wenig Colonien
und Strassen gehabt und meistens nur in dem Morava- sammt Sau-
und vielleicht selbst Kolubara-Thale sich aufgehalten. Ob sie schon
damals die Kupferbergwerke von Maidanpek und Maidan kannten,
lasse ich dahin gestellt sein.
In Bosnien wurden mir keine solehen Bergspitzen bekannt,
welche in der Mitte des Landes gelegen, ein Panorama des größten
Theiles davon gewähren. Der Grund dieser möglichen Abwesenheit,
liegt ganz einfach in der Natur der Landes-Gerippe, namentlich nur
einer Reihe von NW.— SO. laufender Rücken mit meistentheils tiefen
und engen Thälern. Doch gerade in der Mitte von Bosnien
erheben sich die Rücken, treten enger zusammen und bilden einen
Wulst, welcher sich fast von Westen nach Osten erstreckt, namentlich
von der kroatischen Likaner- Grenze an, nördlich von Glamosch und
Kupris, dann über die Raduscha- und Bitovnja-Lissatz-Pla-
nina, südlieh von Sarajevo, weiter über die Romania, Kopita
und Javor-Planina, wo sie nach Serbien übertritt und den Ter-
glu, die Stolovi, den Lepenatz und selbst den Jastrebatz noch
umfaßt. (Siehe Profil 5.)
1) Die Am-Planina ist aber scheinbar ein nur falscher Name,
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. A11
Die größte Höhe dieses Rückens ist im Raduscha-Gebirge, von
wo aus es gegen Kroatien abfällt, indem es in östlicher Verlängerung
eine immer ziemlich bedeutende Höhe behält. Diese bosnische Oro-
graphie kann symbolisch nicht besser als durch das Bild eines quer
über alle Furchen eines Feldes aufgeworfenen Maulwurfganges dar-
gestellt werden. In der westlichen Türkei wiederholt sich dieser Fall
mehrere Male, namentlich obschon undeutlicher in Montenegro und
auf der Grenze Bosniens und Nord-Albaniens, dann sehr deutlich in dem
Cimbunischen Gebirge vom thessalischen Olymp an über den Pindus
bis zum adriatischen Meere, sowie auch an der griechisch-thessalischen
und epirotischen Grenze. Ob man den Gabar-Balkan und seine östlich
gelegenen hohen Gebirge noch dazu zählen soll, mögen Andere ent-
scheiden.
Zwischen Sarajevo und Srebernitza muß man wahrscheinlich
von den Bergspitzen südlich- sowie nördlich bedeutende Strecken
Bosniens übersehen können, doch leider ist das ganze Land sehr
bewaldet. Die Berge südlich und südöstlich von Sarajevo sind im Ge-
sentheil, größtentheils kahl und werden wahrscheinlich einmal zur Er-
richtung von geodätischen Signalen benützt werden (Pratscha). Die
westlich von Sarajevo mit wenig Wald sich steil erhebende Kalkmauern
des Igman, werden dann auch als Observatorien dienen, da sie die Do-
liane oder die größte innere Niederung dieses Berglandes beherrschen,
welche von Sarajevo aus nach Westen und Nordwesten sich erstreckt.
Doch noch viel vortheilhafter stellt sich das weiter nach Westen
gelegene Gebirge unfern Voinitza; denn von der der Raduscha-
Masse ziemlich isolirten Setz-Kuppe muß ein Beobachter einen
grossen Theil des westlichen und nördlichen Bosniens überblicken,
und dazu noch manche Herzegovinerspitze übersehen können.
Nach Herrn Pertussier’s „La Bosnie 1822* und Dr. Sendt-
ner's „Reisejournal (Ausland 1848)“ sollen auch mehrere Punkte auf
der Strasse vom Berge Prolog aus über Schvitza, Kupris oder Keupris,
nach Travnik Fernaussichten erlauben, vorzüglich wenn man die Pässe
verläßt und die Berge besteigt, welche die daselbst vorhandenen
großen Combes oder geschlossenen Kessel umgeben. In diesem
Falle sind z. B. der Berg T'schitzer bei Livno, der Koprilnitza (oder
Koprivnitza), der Paß östlich von Kupris mit seinen Dolomitbergen in
der Nähe und einer Aussicht auf die Prusatzergegend, sowie das
obere Verbastbal u. s. w. zu empfehlen. Zwischen Seoplie und Travnik
412 Boue.
scheint wenigstens auf der Bergstrasse der Rücken des Radovan wenig
Fernaussiehten zu gestatten. Der östliche Abhang verflacht sich ziem-
lieh und ich bemerkte daselbst doch sehr wenig Waldungen.
Wendet man sich von Sarajevo gegen Nordost, so erlauben
hie und da hohe kahle Kalkflächen oder hohe sehr bewaldete
Rücken (wie auf dem Plotscha zwischen dem Zepa, dem Pjenovatz und
den Quellen der Tzrni-Jadar) beschränkte Aussichten nach den benach-
barten Thälern, doch auch da stehen gegen die Höhen viele sowohl
aus Tannen als aus Buchen bestehende dichte Wälder oft sehr im
Wege. Zum Trianguliren müßte man sich da meistens mit kleinen
Dreiecken und Signalen aushelfen, so z. B. für die oberen Zuflüsse
der Krivaja-Rieka, die Jadar- und Kladinathäler u. s. w. Bei der
alten Burg Kuzlat ist die Bergaussicht ebenfalls beschränkt.
Geht man im Gegentheil von Sarajevo nordwärts, so begeg-
net man, so weit mir Einsicht in jener Gegend von Ferne gegönnt
war, fast dieselbe Terrainbildung mit der tiefen geschlängelten
Furche der Bosna. Nach Herrn Sendtner bietet das Gebirge west-
wärts von Zenitza eine ziemlich bedeutende Ansicht gegen Nordosten
und überhaupt für das Bosnathal muß man die Anhöhen besteigen,
vorzüglich den hohen Stog zwischen derBosna und der Krivaja-Rieka,
den Berg Osren vor der Vereinigung der Spretza mit der Bosna, den
Krnin nordwestlich vonDoboj, den Vutschiak-Brdo nördlich von
Fotscha u. s. w. Für die Tinjathäler und die oberen Zuflüsse der
Spretza gibt der lange Bergrücken des Majevitza östlich von Sreber-
nik und um die beiden Tuzla, Aufschluß. (Siehe Sendtner’s Bericht.)
Wennman von Travnik nach Banjaluka marschirt, so überschreitet
man die Höhen nördlich der Ugra, welche die grossartigsten Aus-
sichten nach allen Seiten, ausser der südlichen, erlauben. Gegen
Süden wird der Horizont durch zwei grosse Berge in ziemlich näch-
ster Nähe beengt; der eine ist östlich der Vlasitsch, eine große
theilweise felsige Kalkkuppe, während der westliche, durch seinen
Namen von Trockengebirge, Suva-Planina, vortrefflich charakteri-
sirt, einen sehr bewaldeten Rücken bildet. Das ist jener Wald von
zehn Stunden, in welchem ich mich einen ganzen Tag verirrte.
Ohne Zweifel wird der plateauförmige Gebirgsrücken nördlich
der Ugra einst eine geodätische Pyramide tragen, denn von da aus
kann man das bosnische Terrain fast bis zur österreichischen Grenze
verfolgen. Man beherrscht eine Menge von tiefen von NW. nach
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. 413
S. O0. geriehteten Rinnen mit ihren von Tannen- und Buchenwaldun-
gen bedeckten Berglehnen. Doch die Tiefe der Thäler machen es
unmöglich eine Einsicht in die meisten zu gewinnen, so z. B. zu der
wichtigen der obern Verbas; nordöstlich aber ist dieses mehr der
Fall, wo man dann den Lauf der Verbania, der Verbanitza, Okrina
und Usora weithin verfolgen kann. Durch diese Auseinandersetzung
sieht man schon, was für eine Detailarbeit diese Thäler für einen
Aufnahme-Ingenieur erfordern werden. (Siehe Profil 3.)
Um einen Begriff von dem niedrigen Theile Bosniens
südlieh der Sau zu bekommen, muß ich mich theilweise mit
Herrn Sendtner's Schilderung begnügen; denn die interessanten
Gegenden der Jalla sah ich nicht und nur zwei Ecken dieses Theils von
Bosnien wurden mir bekannt, namentlich das Dreieck von dem Okrina-
Becken bis zur Verbas und das Stück Bosniens zwischen Zvornik,
der Ljuboschnitza und der Drina. Letzteres, ein kleines offenes Hügel-
land, bietet von mehreren seiner Höhen die Mittel zu einer Übersicht,
was in den anderen Theilen Bosniens keineswegs so leicht ist, weil
da eigene, etwas höhere, sehr bewaldete Rücken herrschen und die
Thäler theilweise sehr flach ausgehöhlt, durch Tannen und Buchen-
waldungen oft versteckt, erscheinen. Südwestlich von Prinjavor genoß
ich eine ziemlich ausgedehnte nördliche und nordöstliche Aussicht auf
das nahe Ukrina-Becken.
Überschreitet man die Verbas, so bekommt man leicht ein Bild
destürkischen Kroatiens. (Siehe Kaznaeid's Bosnia, Herzegovina
e Croazia Turea, Notizie reunite Zara 1862.) Ersteigt man nament-
lich das inselartigaus dem Tertiären sich erhebendekleineKosaratz-
Gebirge (siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 12), so übersieht man
nicht nur die ganze türkisch-österreichische Grenze der Una, son-
dern das Auge reicht weithin nach Bihatsch und dem südlichen Theile
dieses Landes (dito Fig. 16 u. 17). Die Spitze des Kosaratzerberges
wird man einmal zur Verbindung mit den österreichischen Dreiecken
brauchen.
Anderseits war mir auch gegönnt über die Physiognomie des
Terrains des Sanna- und Japra-Beckens vielen Aufschluß auf einer
Exeursion nach Stari-Majdan zu bekommen. Von den zu überschrei-
tenden kleinen flachen Hügeln gesehen, liegt das kroatisch-türkische
Land wie eine Landkarte vor den Augen, man bemerkt wie sich die
Wässer daselbst unter sehr flachen plateauähnlichen Hügelrücken
414 Boue.
fortwälzen und sieht am Ursprunge des Hauptflusses Bergreihen
über Bergreihen übereinander steigen. Letztere gehören schon auf
der Grenze zu jener großartigen Karstbildung mit ganz geschlossenen
Kesselthälern mit oder ohne Wasser, aus welcher diese südwestliche
Ecke des nördlichen Bosniens gegen die obere Herzegovina und die
Likaner Gegend besteht. Natürlich erheischt eine Aufnahme dieses
kesselartigen, manchmal staffelförmigen Auftretens, Detailarbeiten
eigener Art.
Ehe ich zu dem südlichen Theile Bosniens übergehe, glaube ich
hier folgende Bemerkungen über die kahlen Berge und Bergflä-
chen Bosniens überhaupt einschalten zu können. Wo größere
Städte bestehen, erklärt sich ganz natürlich die Kahlheit der Berge
durch den längern Holzbezug von jenen benachbarten einstens, wie
das übrige Land, bewaldeten Gegenden, so z. B. bei Sarajevo, Trav-
nik, Zvornik u. s. w. Anderswo auf ziemlich hohem Plateau haben die
zur Viehzucht geneigten Einwohner die Wälder gelichtet oder vielleicht
selbst niedergebrannt, um schöne Weiden zu bekommen, wie man es
z. B. hie und da auf dem Plateau westlich von Novibazar oder unfern
Sienitza, oder wie in Serbien zwischen dem Suvoborer und Rudniker
Gebirge, sieht u. s. w. Anderswo war es die Karstbildung, welche zu
permanenten oder nur zeitweiligen Seen Anlaß gab und auf diese Weise
Grasflächen schuf, wo die Wucht des Gramineenwachsthums keinem
Baum und selbst keinen Gesträuchsaamen das Keimen erlaubte, so z.B.
in den Kesseln von Graovo, Schvitza, Kupris, der Tribuschnitza und
Gatzko in der Herzegovina u. s. w. Endlich blieben noch andere Berg-
flächen kahl, weil sie zu sehr von Erde entblößt waren und das Wasser
so leicht durch die Kalksteine oder Felsenritze einsickern konnte. Solche
dürre, steinige Flächen, wie in unseren Kalkalpen, findet man nörd-
lich der Romania-Gebirge bei den lateinisch klingendem Orte Podro-
monium und weiter nordöstlich, auch auf dem mit Gosauformation
übersäten Plateau nördlich von Skender-Vakub auf dem Porim-
Gebirge oder auf die Hippuriten- und Eocenkalke der Herzegovina,
wie zwischen Mostar und Nevesin. Die Römer scheinen keineswegs
in Bosnien wenigstens dazu beigetragen zu haben die Wälder zu
vermindern, was aber in der Mitte der Herzegovina wegen der Nähe
von Mostar wohl der Fall sein konnte. Auf dem Porim haben sie
seheinbar, nach den Gräbern der letzten Kaiserzeit zu urtheilen,
Militärposten gehabt. Die großen Hauptadern des Verkehrs in Bosnien
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. 41 5
waren ihnen in allen Fällen bekannt und man erstaunt selbst jetzt noch
über die viele Ähnlichkeit in der Anlage, Steilheit und Breite gewisser
gepflasterter Straßen im östlichen Thraeien und in Bosnien, wie zwi-
sehen Goresda und Sienitza, oder die neben dem Tzerni-Jadarthale,
südwestlich von Zvornik u. s. w. Die Türken haben nur diesen Bau-
styl fortgesetzt. |
Das südliehe Bosnien, mit welehem ich den südöstlichen
Theil der politisch sogenannten Herzegovina bis zum Pirlitor-Schloß an
der Sutschesa begreife, enthält manche hohe Warten, von wo aus man
dieses ganze sehr gebirgige und größtentheils bewaldete Land bequem
übersehen kann. Einen Hauptpunkt bildet eigentlich die höchste Spitze
der europäischen Türkei, der Kom, dessen doppelte Kuppe (siehe
Viquesnel Taf. 22, Fig. 19) sich gut für eine Pyramidaufstellung
eignet. Von da überblickt man ebensowohl das ganze südliche Bosnien
als Montenegro’s tiefe Furchen und Kalkkessel (sieheFig. 6). Daneben
erheben sich wohl nördlich die fast eben so hohen Spitzen des Dor-
mitor, Voin und Volojak, aber alle diese dolomitischen Nadeln
werden wohl kaum ersteigbar sein. Der große hohe Bergrücken süd-
lieh vom Kom, der sogenannte Kutschki-Kom, erlaubt die Aus-
sicht nieht nur in einen Theil Montenegro’s, sondern auch in das Gre-
tschar-Thal und Guzinie-Becken, und auf eine förmige Anhäufung von
ersteigbaren Dolomitkegeln südlich des Redschitza-Thales. (Siehe
Spencer's Zeichnung Travels in European Turkey in 1850, 1851,
Bd. 1). Diese letzteren weniger nackten Felsberge stellen sich wie
eine Masse von Zuekerhüten dar, wenn man sie von Östen oder von Anhö-
hen um das Velika-Thal besieht. (Siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 21.)
Ein Blick auf die Karte des obern Lim-Beckens mit seiner hohen Ge-
birgsumgürtung genügt, um dem Ingenieur anzudeuten, wie leicht es
daselbst ist, die erwähnten hohen Spitzen durch Dreiecke mit den
andern südlich des Lim zu verbinden. Der Troitzaberg zwischen dem
Gretschar und dem Vruja, westlich ober Guzinie, empfiehlt sich sehr
als einen Hauptpunkt zu einer Übersichtspyramide.
Neben diesen für Geodäsie so geeigneten Loecalitäten findet man
noch weiter östlich, die Spitze des Bogitschevitza, südlich ober-
halb des kraterförmigen Plava-See’s, dann die nördliche Seite der
Mokra-Gora und des Glieb (siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 10),
von wo aus man ganz Süd-Bosnien mit seinen N. W. — S. O. Rinnen
in derZahl von wenigstens vier oder fünf, namentlich die der Tara, der
416 Boue.
Tseheotina, des Lim und Uvatz und seiner dazwischen mit diehten
Nadel- und Buchenhölzern bedeckten lang gezogenen Rücken (siehe
Fig. 4), und östlich am Ursprung des Uvatz einige große trockene
hohe, einst mit Wasser gefüllte runde Becken im Bihor, wie bei
Ugrlo, und südlich von Sienitza erblickt. Auf dem bewaldeten Berg-
rücken müßten hohe Signale der Aufnahme helfen.
Um den Kessel Novibazar mit seinen sechs oder sieben
Plateaus oder Gebirgen und seinen fast sternartigen acht Thälern
namentlich die der Ilidga, Rnava, Godovo, (irrthümlich meine Kos-
mik siehe meine Itineraires Bd. 2, S. 142 und 185), Jeleschnitza,
Raschka, Liutzka-Rieka, Lepenatz, Joschanitza (in Novibazar selbst)
und Dejeva, aufnehmen zu können, muß man nicht nur die Anhöhe
des Klosters Gjurgjovi-Stupovi imN. O. der Stadt, sondern auch
diejenige zwischen den Thälern von Rnava und Godovo, so wie die
zwischen der Raschka und der Liutza-Rieka ersteigen und Signale
auf allen diesen sechs oder sieben nördlichen Gebirgsmassen auf-
steeken. Auf diese Weise wird man einestheils den Ursprung des
Lepenatz bis nach Serbien in der Kovatscha-Planina verfolgen können,
indem man auf der andern Seite südlich und westlich einen richtigen
Begriff über die Rogosna-Planina, die Goreschda-Planina
sammt ihrer Abtheilung mit einem Blicke in den separaten Kessel der
Quelle der Rasckka und Liutzka-Rieka bekommen würde.
Ein anderes Stück ähnlicher Aufnahme könnte man von den Höhen
des Rogosna-Planina unternehmen, wo der Ibarlauf und das ser-
bische gebirgige Terrain vor dem Auge liegt. (Siehe Viquesnel
Taf. 22, Fig. 33.) Eine dritte locale Aufnahme wäre die vom Ugrlo-
Becken von den Höhen westlieh oder östlich desselben, dann eine
ähnliche für das Becken südlich von Senitza von letzterem Platze aus.
Auch zwischen Ugrlo und Rojai passirt man schmale Anhöhen, die
reiche Aufschlüsse über einzelne Thäler geben. Doch kommt auch
Karst-Terrain überhaupt in Bihor vor.
Die Aussicht über das Mileschevothal ist eigens auf diese Tiefe,
von Süden aus gesehen, beschränkt. Ob aber die Spitzen der kleinen
Berge zwischen Senitza und Priepol ferne Aussichten östlich nach
Serbien und westlich nach dem Lim erlauben, kann ich nicht sagen.
Aber das kleine Plateau des Berges Pobienik zwischen Priepol und
Taschlitza verschafft dem Reisenden ein wahres Panorama, welches
gegen Westen und Südwesten oder gegen die höchsten Gebirge der
- .. ® = .. * -
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. 41 l
Türkei von den Gebirgen nördlich vom Dormitor bis zum Kom,
Prokletia und Glieb ganz vollständig ist. (Siehe Profil 4 und 6,
Itineraires Bd. 2, S. 130 und Viquesnel Taf. 22, Fig. 15 und
19.) Doch gegen Osten ist die Aussicht durch die hohen Gebirge
längs des Lim heschränkt. Kein Zweifel, daß man bei einer
Aufnahme Rücksicht auf dieses Plateau nehmen wird, wo man
selbst eine kurze Basis recht schön messen könnte, um dann Drei-
ecke nach dem Dormitor, dem Kom, dem Prokletia, die Mokra-Gora
u. s. w. spannen zu können. Zu gleicher Zeit würde die allgemeine
Gestaltung der zwar bewaldeten unbekannten Distriete von Pro-
stienie und Vranigie zwischen dem Lim und der Tara bekannt
werden.
Von diesem Punkte aber bis über die Tara, Fotscha, Vischegrad
Pratza, kurz bis zu dem erwähnten Centralrücken Bosniens, kenne
ich nur ein mit Waldungen sehr bedecktes und wenig bevölkertes
Land, wo ich wohl sah, daß die Bergrücken keine kleine Höhe er-
reichen und ich selbst mehrere bedeutende besonders nördlich von
Goresehda überschritt, aber wo ich überall nur im Schatten des
Waldes war. Die einzigen mir bekannt gewordenen offenen Gegenden
sind die um Pratza und Kolischitz oder die Pala-Gegend, welche
letztere Localität aber ein breites Thal zwischen Bergen einnimmt und
am südlichen Fusse des Gebirges liegt, auf welchem nördlich, am
unteren Abhange, Sarajevo gebaut wurde.
Überhaupt muß ich ein- für allemal bemerken, daß in Europa
die Türkei wohl das einzige Land noch ist, wo Dörfer ganz in
Wald versteckt vorhanden sind, wie wir es bei den alten Ger-
manen in Römerszeiten vermuthen. Solche Wohnungen, fast ohne
alle Ausrodung des Waldes, bestehen aber nicht nur in Bosnien und
Bulgarien, sondern selbst noch hie und da in Serbien. Sie entsprechen
der Furcht der Einwohner vor ihren Herrschern. Die genaue topo-
graphische Aufnahme solcher Gegenden wird dadurch sehr erschwert;
dies ist selbst der Fall mit den häufigen slavischen Dörfern, welche in
Pflaumenbaum-Anpflanzungen wie vergraben erscheinen. Man wird
daselbst viele partielle Aufnahmen bewerkstelligen müssen, vorzüglich
um einzelne Thäler mittelst guter Ansichten von einigen Punkten genau
nachzeichnen zu können. So z. B. für das Reschitza-, Tara-, Piva- und
Bistritza (Ulok)-Thal sammt ihren Zuflüssen. Im Tarathal bemerkte
ich selbst zwei sehr vortheilhafte Punkte, den einen auf einer Anhöhe
A1s Boue
nördlieh von dem Ausflusse der Piva in die Tara t) und den andern auf
der steinigen dolomitischen Anhöhe nächst der Piva. Wahrscheinlich
findet man noch Fern-Ansiehten, wenn man dieselbe Kette oder die
Abdachung des Dormitor überschreitet, um von Jezera an der
Tara nach dem Drobniaker-Distriet zu kommen oder weiter südlich
im Kolaschiner-Distriet.
In derHerzegovina?) wurden mir nur folgende für Aufnahmen
wichtige Punkte bekannt, namentlich gewisse Gebirge unfern Livno,
gewisse nackte Spitzen des Porim 3) östlich von Mostar aus, die
Höhen des Blagaj-Schosses, von wo man das mittlere Thal der
Herzegovina oder das untere Narenta-Becken kennen lernt. (Siehe
Hilferding s Reise von Ragusa nach Mostar und Sarajevo; Zeitschr.
f. Erdk. 1860 n. R., Bd. 9, S. 110 und 217.) Dann übersieht man
andere Theile der obern Narenta von dem Kreschevo-Berge und von
der nordöstlichen Eeke des Porim, indem von dem hohen Sattel zwi-
schen dem Treschnitzathal hinter Kognitza und dem Bradinathal man
eine ausgedehnte Aussicht, eben sowohl über den Porim als über den
Vrabatz, Raduscha, so wie über einen Theil des tiefen und in seinem
1) (Zeitschr. f. Erdk. 1860 N. S., Bd. 11, Heft 2.) Herr Blau verlängert die Drina
bis über das Kloster Piva, so daß man auf seiner Karte das Pivawasser vermißt,
welches man mir doch deutlich nannte und zeigte. Merkwürdigerweise will man
sich nicht in den Gebrauch der Slaven fügen, welche oft keiner der Quellen eines
Flusses den Namen dieses letztern geben. So geschieht es für die Jndge-Karasu
oder Vistritza Macedoniens mit ihren zahlreichen Quellen (Bilischta, Gramusi
u.s.%.), mit der Drina mit ihren drei Quellen der Tara, Piva und Sutchesa u. s. w.
Doch finden wir Beispiele dieser geographischen Nomencelatur selbst im Westen
Europa’s, wo z. B. die Gironde für die Vereinigung der Garonne und Dordogne gilt.
?) Die Herzegovina zerfällt in vier natürliche Abtheilungen, namentlich 1. den nörd-
lichen Theil oder dieRama, welche einst bis Ston oder Stagno in Dalmatien, reichte;
2. den mittleren Theil, welcher das Land über die Berge, das Zacholmie, die Ge-
gend östlich von Livno, das Zachlivnie, und diejenige zwischen Mostar, Blagaj
und Stolatz oder die Chumska oder Cholmska umfaßt; 3. den südlichen Theil
bei Trebigne, die Terbuina und Kanalia (J. Ministerstva narodnego prosvie-
tscheniia 1850 Juli und Ausland 1850, S. 939 und 943), endlich A. die Nevesigne-
undGatzkoer- Gegenden mit einigen kleineren geschlossenen Becken. Doch unter
letztere gehören diejenigen von Nikschitsch, Graovo u. s. w. eigentlich schon zu
Montenegro.
3) Wahrscheinlich war der Porim einmal vielmehr bewaldet, die Nachbarschaft Mo-
star’s muß seit Römers-Zeiten immerfort zu der Zerstörung seiner jetzt nur noch
spärlichen Nadelhölzer-Waldungen (Pinus und Abies) beigetragen haben.
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei 419
Laufe eine große Krümmung beschreibende Narenta. Da gibt es
mehrere für Pyramidenerrichtung gut gelegene hohe Spitzen.
Südlicher in der Herzegovina muß die Spitze des nackten V e-
lesch (westl. von Nevesin) schöne Aufschlüsse über die Geomorphie
des Landes geben, doch bestieg ich ihn nicht und passirte nur eine
seiner Abdachungen, welche theilweise bewaldet war. Von dem zer-
störten Orte Salem-Palanka, jetzt nur eine Greisslerbude und zwei
Häuser, genoß ich eine sehr ausgedehnte Aussicht, besonders über
die südwestlichen Zuflüsse der Narenta und die mittleren Gebirge. der
Herzegovina (siehe Itineraires Bd. 2, S. 207). Dieser isolirte
sehmale Rücken, würde sich eben so wie der Velesch für Aufnahme
von Hauptsignalen wahrscheinlich eignen.
Noch südlicher beherrscht man vom hohen kahlen Leber-
sehnik-Rücken östlich von dem Gatzko-Thurme oder Konak des Beg,
im Westen fast die ganze Breite der südlichen Herzegovina bis über
den oberen Tribintschitza oder das Trebignethal, indem südlich das
Dugagebirge sammt theilweise dem Paß, sowie selbst der Platz des Nik-
schitscher Kessels zu sehen sein möchten, und nördlich das Verbathal
sammt den Gebirgen von der obersten Narenta vor den Augen
ausgebreitet erscheint.
Östlieh vom Lebersehnik und südlich von dem Tsehemernopla-
teau übersieht man Theile des Uskokenlandes (siehe Herrn Blau’s
Karte), sowie die gewaltigen Massen des Voin (auch Voinik), des Dormi-
tor und seiner nächsten Nachbarn. Doch muß der Grund der zahlreichen
Thäler größtentheils wegen ihrer Tiefe unsichtbar bleiben, so daß
die Aufnahme der Tusına und der kleinen Neben-Bäche, sowie des
Sinjaevinadistrietes überhaupt eigene Aufnahmen erfordern werden.
Solehe vortreffliche geodetische Stationen sollten mit einigen
montenegrinischen, in dem Ostroggebirge südlich von Nikschitsch, in
Grahovo, in dem Tschevo, in den Borovnik-Bergen, in der Piperska-
Planina, im Djebetza u. s. w. sowie mit demjenigen des Kom’s, südlich
in Verbindung gesetzt werden. Von letzteren übersieht man auf ein-
mal die zahlreichen Quellen der Wässer, welche von allen Seiten
abfließßen, doch scheinbar nicht die zu tief gelegenen zwei oder drei
kleinen Seen (siehe akad. Sitzber. 1862, 2. Abth., Bd. 55, S. 652).
Nach dem Obersten Karadezay wären die Gebirgsspitzen hinter Cat-
taro (Berg Lovtschen u. s. w.) für eine Aufnahme vieler Bergkup-
pen und Spitzen Montenegros sehr günstig, denn es war ihm auf
420 Boue.
diese einfache Weise ermöglicht, eine für die damalige Zeit ledige
Karte Montenegros zu skizziren. In Nord-Albanien würden sich auch
leicht solehe Punkte finden lassen, wie z. B. der hohe Sutorman,
der Goleseh, der Tarposeh u. s. w., wo man dann auch zugleich
eine Übersicht über das ganze leider so wüstgelegene grosse Becken des
Sceutari Sees bekommt. Durch östlich und nördlich gelegene Berge,
wie diejenigen um den obern Drinassi, um Schkrell oder östlich von
Hotti, Podgoritza, sowie bei Spuge, kann man sich dieses Bild ver-
vollständigen.
In Nord-Albanien gibt es wieder kein centrales Gebirge,
welches eine Landkarte des Landes vorführe, man muß sieh mit
Stücken davon begnügen. Ohne Zweifel würde die sehr mögliche
Besteigung der nördlichen Spitzen der Prokletia (siehe Viquesnel
Taf. 22, Fig. 23), eine sehr ausgedehnte Aussicht, besonders gegen
Süden und Südwesten gewähren, aber gegen Norden steht ihm über
der langen und tiefen Furche des Zem oder Tzievna theilweise die
Komkette im Wege. Man würde nur einen Theil von Süd-Bosnien
und Montenegro sehen können. Gegen Südost aber würde man auf
die hohen Kuppen des westlichen Theiles des Schar, namentlich den
Jalesch und weiter südlich auf den Korab stoßen. Die große Niede-
rung der Metoja würde nur durch einen leeren Raum angezeigt sein.
Kein Zweifel aber, dafs man selbst die Peristerspitze bei Monastir so-
wie den Tomor zwischen Berat und dem Desnitzerthale oder Klisura
zu sehen bekäme. Die Schneegebirge unfern Monastir sah ich selbst
deutlich von den Skanhöhen südlich von Spaß in der Myrdita (siehe
Itineraires Bd. 1, S. 325).
Mit einer solchen Aussicht wird wohl eine Pyramide die höchste
Spitze dieses sogenannten „Vermaledeiten Gebirges“ einst krönen.
Um eine Einsicht in den Myrditen und Dukajinen oder dem
katholischen Albanesenlande zu gewinnen, kenne ich nur die Höhen
hinter Kroja, der Kiapha-Mala und das Puchaberg-Plateau
in der Myrdita. Die Lage von der befestigten Stadt Kroja auf der
sogenannten Corniche, einer hohen Kalkmauer (siehe Profil 9), hat
man lange Zeit nicht recht verstanden, aber ihren Ursprung verdankte
sie nur den hinter der Stadt angelehnten Anhöhen, wodurch die Ein-
wohner in dem Falle einer Belagerung oder Überrumpelung sich wie
über eine Brücke tiefer in die Gebirge flüchten konnten. (Siehe
Hahn’s Reise.) Von diesem Gebirge aus beherrscht man eben
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. A21
sowohl die ganze kleine Hügelreihe längs dem adriatischen Meere als
das ganze Hismothal mit seinen verschiedenen Gewässern; doch
trüben kleine Waldungen oft diese Aussichten. Es besteht aber weiter
östlich gegen den schwarzen Drin ein hoher Rücken, von welchem
Ingenieure diesen wilden Theil der Türkei gänzlich übersehen müßten.
Von Puchaberg bekommt man nur einen kleinen Theil der
Fande oder der oberen nördlichen Abzweigungen des Matthales und
die Niederungen des untern Drin mit ihren kleinen Dolomitkegeln zu
sehen. Es wäre dann dieser Punkt nur für ein Hauptsignal günstig
gut gelegen.
Vom Kiapha-Mala-Berg aber muß man noch weiter sehen
können und zu gleicher Zeit eine Übersicht über die südliche steile
Abdachung des Prokletia und der Malsorenberge bekommen. Die
grosse Spalte des Schaliathales sammt ihrem cireusartigen Ende,
überragt durch die Schneefelder des Prokletia sammt dem durch den
Drin beschriebenen tiefen, gegen Norden gewendeten Bogen, sah ich
selbst von einem Punkte auf den Höhen zwischen Sakat und Phliet
in der Myrdita. (Siehe Turquie Bd. 1, S. 326 und Viquesnel
Taf. 22, Fig. 20.)
Das untere Thal der Drina oder die Zadrima-Gegend kann
man sehr gut von den Bergen südlich von Daitsch sowie von dem
spitzigen Berge des Velileschoder dem Schlossberge zu Lesch (Alessio)
übersehen. Von da aus oder von der Anhöhe hinter dem katholischen
Kloster am rechten Ufer der Drin oberhalb Lesch, bekommt man eine
Einsicht in den kleinhügeligen Landstrich zwischen der Drin und der
Bojana. Für die Antivarigegend und die österreichisch-albanesische
Grenze muß man nur auf den nächsten Berg steigen.
Weiter südlich erlaubt die Höhe des Gerabe- oder Gabar-
Balkan wie diejenige des alten Schlosses Petreila eine ziemlich
weite Aussicht auf Mittel-Albanien, welch letzteres besonders von den
Römern einst ein ziemlich bewohntes und darum sehr wenig bewal-
detes Hügelland ist, östlich allein wird es wirklich gebirgig.
Östlich wird der Horizont theilweise durch steile Kalkmauern
eines ziemlich hohen Gebirges begrenzt, welches aber in Mittel-Alba-
nien hinter Elbassan sehr weit zurücktritt, so daß um weite Aussich-
ten zu bekommen, man dieses Gebirge auf der Straße nach Ochri
besteigen muß. Leider fehlen mir die nothwendigsten Auskünfte dar-
über in den Reise-Route-Büchern Müller’s und Hahn’s. (Siehe
422 Boue.
Tafel’s Via Egnatia 1842.) Um den Lauf des Arzen und seiner
Zuflüsse (Tzaranika u. s. w.) zeichnen zu können, müßte man einige
steile Berge östlich von der Straße von Tiran zum Gabar-Balkan,
die Kuppe des Petreila-Schlosses so wie den Festungsberg Nderrenje
ersteigen. Die Umgebung von Duratzo würde auch durch hintenlie-
gende Berge aufgenommen werden können.
Für den nördlichen Theil der weiten Ebene des Seumbi und
Devol stehen Anhöhen zu Dienste, und für die südlichen findet man
südlich von Devol einige, oben kahle, nur unterhalb mit Gebüschen
und kleinen Waldungen bedeckte niedrige Berge, welehe wenig Auf-
schluß über die Gegend geben und höchstens einmal als Signal-
örter für kleine Aufnahmen dienen können.
Ein Riese aber, welcher dem mittlern Albanien seinen Charakter
gibt, das ist der von N. —S. langgestreckte über 5000 Fuß hohe
Tomor zwischen Berat und dem Desnitzathale oder Krisura. (Siehe
Viquesnel Taf. 22, Fig. 34 und Profil 10.) Dieser über alle andern
Massen herrschende Berg überrascht schon den Reisenden 2!/, Stun-
den vor Tiran oder fast 6 Stunden vor dem Gabar-Balkan. Letztere
Kuppe nimmt sich selbst nur als eine niedrige Einsattelung unter
diesem im tiefen Frühjahre noch etwas mit Schnee bedecktem Berge
aus. Er wird einst eine Aufnahmspyramide tragen, dessen Hilfe man
oft in der Ausmessung Nord-Albaniens in Anspruch nehmen wird.
Doch muß: dann die Tomoritza nicht mehr eine Räubergegend sein,
welehe bis jetzt jedem Reisenden die Ersteigung dieser schönen Kalk-
Alpen unmöglich gemacht. Da die Kuppe mit üppigen Weiden be-
deckt ist, wie man es recht deutlich von der Anhöhe nördlich des
Bubasi bemerken kann, so möchte die botanische Ausbeute eben so
groß als die der Aussichten daselbst sein. Ein großes Stück Mittel-
Albanien bis an die Meeresküste muß daselbst dem Touristen vor
Augen liegen, indem man südlich das lange Thal des obern Vojutza
mit seinen beiden Mauern, so wie den westlich breiten Abhang des
Pindus beherrscht. Doch dieser letztere muß den Gesichtskreis gegen
Osten sehr beengen, denn nur eine Furche trennt beide Kolosse.
Nach Leakes' Reise (Travels in north. Greece a. Turkey 1835)
von Goritza nach Berat am nördlichen Fusse des Tomor muß man
nicht nur von jener Corniche, sondern besonders von einem höhern
Standpunkte aus ein förmliches Bild der Gebirge des obern Seumbi, der
Devol-Pässe, so wie der obern Theile des Berater-Ergent bekommen.
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. 423
In dem Vojutzathal bieten sich unter den Spitzen mehrere
Berge als gute Observatorien. Ohne die untergeordneten bei Berat
zu erwähnen, erlaubt schon der Skrapari-Berg bei Han-Tojari,
wenigstens die Aussicht des untern Vojutzathales. Dann kommen aber
das Gebirge hinter Klisura oder zwischen dieser an den Kalkfelsen
angebaute Stadt und Tepedelen, so wie besonders der hohe Rand des
mit Schnee gefüllten Circus des Nemertska-Malia westlich von
Turanik-han oder Badiglione, weiter der Pal zwischen Sahli-Pascha-
Han und Ostanitza, endlich eine gewisse Anzahl von Kuppen des Pindus,
welcher auf der östlichen Seite des Thales eine noch höhere und
besonders vollständigere Mauer als die westlich eingeschnittene und
gespaltene bildet. (Siehe Pouqueville’s Beschreibung 1837.)
Von allen diesen Bergen übersieht man einen großen Theil von
dem mittleren und besonders südliehen Albanien, der Pindus allein
ermöglicht eine Aussicht nach dem südwestlichen Macedonien, so wie
im mittleren Devol- und Bilischta-Thale oder nach den oberen Zu-
flüssen des Bistritza-Flusses. Von der Nemertska-Malia sieht man nicht
nur die verschiedenen Kuppen des Pindus, so wie das ganze Vojutza-
Thal, sondern vorzüglich das ganze westliche Albanien von jenem
Thale und der Janinagegend an bis zu Delvino und Korfu. Der tiefe
Becken Janina’s erscheint wie ein großes Loch im Erdboden. Man
kann sich wohl denken, weichen Vortheil ein solcher Berg für eine
rasche Aufnahme bietet und wie leicht man ihn mit gut gewähltem
Punkten auf dem acroceraunischen Gebirge, so wie mit dem Tschika-
Berg verbinden kann, woraus man dann das Detail des Küstengebie-
tes, wie z. B. das bei Aulona, Carbonara u. s. w. vervollständigen
könnte. (Siehe Dr. A. S. Reise von Korfu nach Janina und Rückreise
über Sayades. Ausland 1859, S. 498, 544 und 583.)
Von dem westlich von Ostanitza gelegenen Gebirgsrücken ist
wohl die Aussicht sowohl nordwestlich als östlich durch die
Nemerstka-Planina oder ihre Fortsetzung im ersten Falle, wie
durch die Pindus-Kette im zweiten Falle, beschränkt, aber dagegen
liegt das Terrain dazwischen :wie eine spitzig dreieckige Charte,
unter dem Beobachter. Er kann auf diese Weise nicht nur den Lauf
der Vojutza und ihrer Zuflüsse verfolgen, sondern noch genau die
Oro-, und Topographie des großen hohen etwas geneigten Plateaus
aufnehmen., welches als eine enge Spitze gegen Konitza anfängt und
als breites Stück Land gegen Staria endet. Da diese Gegenden kahl
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd, I. Abth, 29
AA Boue.
oder nur hie und da mit einigen niedrigen Gebüschen bedeekt sind,
so ließen sich hier wirklich das wellenförmige Terrain, die Rinnen,
Ortschaften und Straßen, wie von einem Bilde vortrefflich abzeichnen.
Überhaupt erkennt man an der Ausrodung der Waldungen im Epirus,
daß die Römer daselbst viele Ansiedlungen hatten.
Um dieses Stück Albanien weiter zu studiren und zugleich den
übrigen westlichen Epirus zu übersehen, finden wir gewisse
Anhöhen in der sogenannten Zagorie-Gau (bei Artischta), dann östlich
von Janina den kahlen Mitschikeli-Berg und seinen südlichen so
wie nördlichen Ausläufer, Von den Anhöhen bei den Pente-Pigadi oder
fünf Brunnen reicht die Aussicht bis nach Arta und das Meer. Noch
andere untergeordnete Aussichtsstandpunkte sind bei Suli u. s. w. Für
das Aspropotamos-Thal muß man diePindus-Anhöhen des Marotzo, west-
lich von Klinovo, so wie den Smokovo besteigen, welche auch Aussichten
nach Thessalien und den griechischen Theil des Epirus gewähren.
Der östliche Theil des südlichen Epirus ist nur mit
hohen Bergen bedeckt, welche zur Pindns-Kette gehören, unter denen
die höchsten scheinbar der Peristera-Vouna, Cacardista und
südlicher der Djumerka sind, (sieheViquesnel Taf. 22, Fig. 43),
während der minder höhere Zigos doch eine ausgedehnte Aussicht
erlaubt. Von der erstern Spitze liegt wohl der ganze südliche Epirus
bis über den Arta-Meerbusen einestheils, und bis über Janina andern-
theils, panorama-artig unter den Füßen des Beobachters, aber östlich
wird die Aussicht durch den Centralrücken des Pindus gehemmt.
Von Zigos aber kann man das egäische wie das adriatische Meer in
heiterer Witterung sehen, in den thessalischen Becken etwas hinein-
sehen und einige Berge des Epirus vor Augen haben. (Siehe
Turquie Bd. 1, S. 61), so wie auch Edw. Lear’s Journal of
Landscape Painter in Albania, Ilyria u. s. w. 2. Aufl. 1852 und
Xpovoypasıa rns hrreipov u. Ss. w. Athen 1857, 2. Bd.)
In der thessalischen 1) unförmlichen viereckigen Truhe bildet der
Olymp, als höchster mit wenigem Schnee befleckten Gipfel und aus
einigen kahlen felsigen Kalkspitzen bestehend, die beste Warte). Von
1) Siehe Bowen Mount Athos, Thessaly und Epirus 1852, Ussing griechische
teisen und Studien Kop. 1857, Ausland 1859, S. 411 und 437.
*) Siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 45, und Profil 15, Heusey, Le Mont Olympe et
l’Acarnanie 1860 mit Karten. Ausland 1861, S. 292 Petermann’s geogr. Mit-
theilungen 1861, S. 113.
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. A25
ihm aus beherrscht man nicht nur ganz Thessalien so wie das nörd-
liche Griechenland bis zum Oeta und Eubea, sondern man hat vor
sich auch eine ähnliche Karte von dem ganzen südwestlichen Mace-
donien bis über Castoria, Salonik und den Athosberg in der chalidei-
schen Halbinsel. Doch wenn das Bistritzathal und die Zuflüsse dazu
wegen ihrer Tiefe nur als etwas versteckte Rinnen erscheinen, ist
dieses mit Thessalien nur der Fall für die engen Spalten des schönen
Tempe (Eekenbrecher, Monatber. Verh. f. Erdkunde Berlin 1848
N. R. Bd. 5, S. 185) und im Gebirge Agrapha’s; alle andere Ge-
genden liegen wie eine deutliche Landkarte auf. (Siehe Viquesnel
Taf. 22, Fig. 46.)
Andere vortreffliche Localitäten zur Aufnahme bilden der
Kisavo-Berg für Tempe (Viquesnel Taf. 22, Fig. 45), der
Pelion oder Mavro-Vuno (Mezieres M. sur le Pelion et l’Ossa
1853 Ausland 1861, S. 930) für die Seekette, dann die südliche
oder halb griechische Kette von Hellovo und Gura, so wie die trans-
versale Anhöhe in der Mitte des tertiären und Alluvial-Beekens östlich
vom Phersaliti oder vom Sataldscha Potamos für die Niederung, die
Höhe von Elassona für einen obern Zufluß des Salambria. Weiter
östlich findet man die Höhe hinter den Meteorenklöstern für das
Cachiathal (Kriegk über die thessalische Ebene 1858 u. den Meteo-
renklöstern Zeitschr. f. Erdkunde 1858 N. R. Bd. 4) und die Gebirgs-
thäler des Agrapha-Gebirges hinter Phanari (siehe Profil 14), endlich
die höchsten Spitzen dieses letztern, diejenigen des Kratschevo-
Gebirges bei Milias für die obersten Zuflüsse des Cachia, so wie für
die Wässer des Milias in Macedonien.
Wenn auf diese Weise Ingenieure in Thessalien günstige Loca-
litäten zur Aufnahme und weniger Detailarbeiten finden würden, so
ist dieses nicht der Fall für das viel complieirte Macedonien, -
dessen nördliche natürliche Grenze durch das Gemisch der Albanesen
nordwestlich und dasjenige der Bulgaren nordöstlich überschritten
wird. Als westliche Grenze nehmen wir den Pindus, den See Ochrida’s,
den schwarzen Drin oder eigentlich die Korabkette mit ihrer süd-
lichen Verlängerung, den Schar, den Karadagh, die Kurbetzka Planina,
den Berg Kuniavo oder besser den Radomir-Kessel und die west-
lichen Gehege des Rhodopus oder Despotodagh von der steilen Mauer
der Rilo-Planina oder dem bulgarischen Dupnitza und Djumaa bis
zu den griechischen Städten von Melenik, Seres, Drama und Cavaja.
29 *
426 Boue.
Doch scheint, daß einst der Nestus oder Karasu (slav. Msta) als
östliche Landmarke galt.
Auf der Karte gefolgt zeigt diese Grenze, daß Macedonien gegen
Nordost ziemlich breite Öffnungen hat, welehe die ackerbau- und
industrietreibenden Bulgaren in ihrem Überschwemmungsproeesse, um
die reichen macedonischen Thäler zu besetzen, benutzt haben, indem
die Albanesen, ein Viehzucht treibendes Volk, nordwestlich in Mace-
donien wie im südlichen Bosnien, nur hohe Berge (Schar) oder Weiden
und bewaldete Gebirge, (Quellen der Morava, die Luma und schwarzen
Drin-Thäler), besetzt haben. Doch bleibt immer die Frage, ob man von
Macedonien vielleicht den ganzen obern Theil des Strymon trennen
sollte, um die Grenze von der Kurbetzka-Planina über dem Gebirgs-
rücken östlich von Egripalanka nach dem Dovenitza-Gebirge zu den-
jenigen Theil des Despotodagh zuzuführen, welcher südlich von Dju-
maa sich erhebt und zu der engen Spalte des Styrmons nur eine gut
geschlossene Thüre hinzufügt? Auf diese Weise würden sich zu der
großen ovalen Niederung von Sophia und den kleinern von Ichtiman,
Samokov und östlich von Dupnitza noch die größern an den Quellen
des Strymon um Radomir und Kostendil anschließen. Die erstere und
letztere wären die Niedrigsten, die von Samokov die höchste, die andern
meistentheils fast von einerlei Höhe. (S. TurquieB. 3, S. 573 1).)
In der chalideischen Halbinsel bietet die Spitze des Berges
Athos ?) die schönste Gelegenheit, um auf einmal jenes zerstückelte
Land, so wie einen bedeutenden Theil von den nächsten Gegenden und
Inseln zu Gesichte zu bekommen. Für den nördlichen Theil dieser Halb-
insel kann ich die Anhöhen zwischen Lahana und Bahala auf der Straße
von Salonik nach Seres empfehlen, von wo man aus einen guten Theil
des Seres-Becken sammt den Takinos-See und Orphanos-Berg Kusch-
nitza übersieht. Für die Aufnahme der reichen Gefilde, so wie der
hie und da salpeterhaltige Boden des Doppel-Beckens Seres und
Drama, genügt die Besteigung des kahlen kalkigen Manikion (siehe
Profil 15), indem für erstern noch besonders diejenigen der bewal-
1) Zu vergleichen mit meiner Darstellung in Mem. Soc. de Geographie de Geneve
1863, Bd. 3, Lief. 2. S. 212. Nach Viquesnel würde die Höhe Samakov’s
größer sein, als ich es angebe. (Siehe seine Karte.)
2) Siehe Fräul.Walker’s Reise 1864 Taf. 4, Bowen’s Mount Athos, Thessaly a. Epirus
1842, Chaix Bibl. univ. Geneve 1842, Bd. 41, S. 92.
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. A2YT
deten nördlich gelegenen Sultanitza-Gebirge (sieheViquesnel
Taf. 22, Fig. 49) vortreffliche Dienste leisten, denn man überblickt
von da zugleich die Ebene von Seres, das kleine Becken von Melnik
und Theile vom Strumnitza-Thale, so wie den unteren Rhodopus. Mehr
verschwommen erscheinen dann aber auf einmal alle diese Gegenden
vom hohen Perindagh aus.
Die Gegend von Salonik stellt sich äußerst vortheilhaft für
die Messung einer trigonometrischen Basis dar, denn von da würde
man nach mehreren auf hohen Bergen gestellten Pyramiden peilen
können, wie z. B. 1° nach dem Kortiach und das Kassandra-Vor-
gebirge in der Chaleis, 2° nach dem thessalischen Olymp, welcher da-
selbst fast noch majestätischer als zu Larissa in Thessalien auftritt
(siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 22), 3° nach den westlichen Ge-
birgen gegen Niausta, 4° nach den nordwestlichen zwischen Vodena
und Moglena und endlich noch nördlich nach den niedrigern hinter
Kelketz. _
Zu Vodena genießt man nicht nur die schönen Aussichten von
Wasserfällen und Vegetations-Üppigkeit in der Nähe 1), sondern man
beherrscht auch die breite Niederung der Bistritza mit ihren Seen und
salpeterhaltigen Moorgründen, indem man südlich die Gebirge um
Niausta und Verria sieht, über welche die Massen des Olymp mit
seinen Nebenstufen sich im wahren Sinne des Wortes auftkürmen.
(Siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 28 und Taf. 8, S. 66 der Reise
des Fräuleins Mary Walkers, through Macedonia to the Albanians
lakes 1864.) Nördlich von Vodena beschränken hohe, theils bewal-
dete Gebirge den Gesichtskreis.
Im Jndje-Karasuerthale wurden mir als gute Aussichten
und Aufnahmestellen folgende Punkte bekannt, namentlich die Höhen
südlich von Servia für das Hügelland gegen Kojani, dann besonders
das hochgelegene Plateau der Stadt Chatista, wo man die ganze
Detailkarte der zahlreichen Furchen der Becken des Milias, der Pri-
moritza, der Gramusi und eines Theiles der Bilischta mit ihren zahl-
reichen Städten und Dörfern vor sich hat. Im Hintergrunde dehnt sich
der mächtige Pindus theils kahl, theils mit Nadelholz bewaldet aus.
‚ Im Gegentheil beschränkt der Burenos die Aussicht gegen Osten
und Südost, wo auch etwas Karstterrain locale Aufnahme nur
1) Cousinery,Voy. dans laMacedoine 1831 u.Guys, Le Guide de laMacedoine 1857.
ns x
A428 Boue.
ermöglicht. Weiter nördlieh zwischen Drenova und Bogaskoi genießt
man von den ähnlichen hohen Terrassen am linken Ufer der Bistritza
ganz ähnliche Aussichten auf dem breiten Bilischta-Becken und dem
Burenos tritt dann ganz nahe östlich auf.
Zu Castoria auf dem höchsten Theile der Kalk-Halbinsel im
See, befindet sich wieder ein Punkt, welcher sehr vortheilhaft für die
richtige Mappirung des ganzen türkischen Pindus von Metzovo bis
über Bilisehta, so wie des ihm von Osten nach Westen kreuzenden
Gebirge des Kratschevo, Volutza und Olymp’s ist. Eine schö-
nere Gebirgs-Aussicht im heitern Wetter kann man kaum genießen
und wichtige Peilpunkte wie die der Smolika, Desnika u. s. w., gibt es
daselbst in Menge. Ist der westliche und südliche Horizont damit
ausgefüllt, so sieht man auf der andern Seite nur die ziemlich steilen
Berge um den See. (Siehe Itin&eraires Bd. 1,S.276undViquesnel
Taf. 22, Fig. 44.)
Im Nordwesten derselben Stadt wäre die Ersteigung der kahlen
Kalkpyramide des Vitzi (siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 29)
wohl der Mühe werth, weil man von da wie von Babschiol, am west-
lichen Flusse des Passes der Neretschka-Planina Blicke in den Zuflüssen
des obern noch wenig bekannten Devol-Beckens werfen kann.
Für die Niederungen von Kailari und die Gegend von Ostrovo
stellen sich mehrere Höhepunkte dar, wie gegen Westen die Anhöhe
von Vlachoklisura, gegen Süden ein Theil des Burenos, nordwestlich
der kahle Bergpaß von Kirli-Derbend zwischen Albankoi und Bania,
dann weiter nördlich dieKuppe der Nidje oder Gornitschova zwischen
der Ebene Monastir’s und Östrovo (sieheGrisebach ’s Reise), u.s. w.
Möchte man auf der Ebene von Kaiları eine Basis messen, so würden
die meisten Gebirgsrücken und Spitzen in der Rundung in das tri-
gonometrische Netz leicht eingeschlossen werden können.
Das prächtige und große Becken der Tscherna-Rieka oder
Karasu, später Vardar-Sarigul, bei Monastir, wird noch vortheil-
hafter durch hohe Gebirge von allen Seiten beherrscht, so daß die
Aufnahme, dieses durch seine hohe Kultur ausgezeichnete Paradies der
innern Türkei, keine lange Arbeit sein könnte. (Siehe Viquesnel
Taf. 22, Fig. 30 und 31.) Erstens thront über alle Berge W. S. W.
von Bitoglia oder Monastir die schlanke Spitze des Peristeri, von
welcher das Auge eben sowohl über die, die Ebene östlich begrenzten
mit Laubholz bewaldeten Gebirge als über den Kessel von Resna und
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. A29
Prespa und seine hohe Bergumzäunung sieht. Ich würde selbst
glauben, daß man einige Bergrücken nordwestlich von Ochri sehen
könnte, obwohl der Platz des See’s nur durch einen großen leeren
Raum bezeichnet erscheinen möchte. (Siehe mein Profil 11 und
Grisebach's Reise 1841.)
Südlich von Peristeri ist besonders noch eine selbst noch im
Juli beschneite Kuppe hinter Dragosch, die Sua-Gora, welche
ähnliche Aussichten wie der erste Berg bieten muß. (Siehe Profil 10.)
Dann kommt weiter der Pass der Neretschka-Planina (siehe
Profil 12), von wo aus man auch oben sowohl südwestlich über den
leeren Raum des Castoria-Sees als östlich nach der Ebene und dem
Nidge sieht.
Nördlich der Monastir-Ebene erheben sich auch Gebirge, dann
nordöstlich ist der Pass zwischen Prilip und Trojak, welche beide
Übersichten über den nördlichen Theil des Beckens liefern. Vom
Trojak oder noch besser von der Höhe des kahlen Kalkberges
Koziak, beherrscht man das Detail des Raetzer- oder Trojak-
Beckens. Das Babusagebirge am Pass zwischen Keuprili und der
erstern Ebene würde zugleich theilweise überbliekt werden.
Gehen wir zurück auf Kastoria um von da nach Ochri und am
Sehwarzen Drin zu kommen, so finden wir im Pindus mehrere vor-
theilhaft stehende Kuppen wie der Grummista u. s. w., dann hinter
Bilischta muß man von den Bergen beim Ausfluß des obern Devol, die
Thäler des Beckens des letzteren theilweise übersehen können.
Für die Goritza-Malikerebene stellt sich die kleine
Anhöhe hinter jener Stadt, sowie auch das Gebirge östlich von Pojanı.
Besteigt man diesen letztern, so wird man eine Aussicht im soge-
nannten Drenovo-See und Morast bekommen. Das Becken des
Ochrida-Sees kann man sowohl vom östlichen als vom westlichen
einsäumenden Bergrücken übersehen. Wenn der erste einen Blick in
die Presba-Niederung erlaubt, so mul das andere wenigstens über
einen Theil des obern Laufes des Seumbi Aufschluß geben, indem
die Gruka-Päße des Devol wohl kaum sichtbar sein werden,
obgleich die Höhe der Bagora, oberhalb der Bagoroditza wohl die-
jenige der östlich am See gelegenen Kette etwas übersteigt.
Das Resna- und Presba-Becken kann man besonders von
den zwei Gebirgspäßen übersehen, welche man auf der Straße von
Monastir nach Ochri überschreiten muß, nämlich von Derbend
A 30 Boue.
zwischen den Quellen des Dragor und die Resna-Niederung und von
dem etwas langen steinigen Pals Petrina zwischen letztern oder Jan-
kovetz und der ziemlich geneigten Fläche, welche nach Ochrida führt.
Nach Fräulein Walker's Beschreibung erfährt man, dafs die-
ser Paß theilweise bewaldet ist, dal die Nebenrücken aber ziemlich
nackt und höher als der Paß oben am Ende des Dragorthales ist.
(Siehe ihr Werk, Kapitel 10 und die Tafel 12 und mein Profil 11.)
Eine sehr sehöne Aussicht auf den Ochrida-See, die Stadt
Ochri, die Schwarze Drinspalte und die Gebirge im Norden des Sees,
genielst man von dem kahlen Rücken, welcher westlich von Struga sich
erhebt, und welchen man überschreiten muß, wenn man im Becken
des Scumbi gelangen will. (Siehe Tafel „Via militar. Romanor. Eg-
natia 1842.«) Für eine Übersicht des Sateska-Rieka-Beckens
wären locale kleine Übersichten zu gewinnen. Über das Thal des
Schwarzen Drin kann ich nur die Anhöhen längs desselben wie
bei der Stadt Dibre, sowie die Wasserscheidungskette zwischen die-
sem Flusse und den Mat; dann besonders gegen Osten, nach Herrn
Consul Hahn, die Besteigung des Korab sowie weiter nördlich
jene eines Theiles des Jalesch, welcher durch das große Lumathal
vom letztern westlich getrennt ist, bestens anempfehlen. Alle beide
letztere weisse Kalkgipfel eignen sich für ein Panorama durch ihre ver-
einzelte hohe Lage. (S. Profil 9.) Doch muß die Aussicht des Korab
eher großartiger westlich als östlich wegen anderer Bergrücken sein,
da ich auf der letztern Seite nur einen ungeheuren langen Rücken,
aber ohne hervorragende Gebirgspartien, bemerken konnte. (S. Consul
Hahn’s neue Reise in den ak. Denksch., hist. Classe 1867, Bd. XV.)
Als mit ihm zu vereinigende Dreieckpunete kann ich die höch-
sten Spitzen des Schar mit großem Vortheile vorschlagen, nament-
lich die höchste Kuppe des Jalesch, die Kobelitza und Ljubeten
(Ljubatrn-) Pyramiden (siehe Grisebach’s Schilderungen und
Viquesnel Taf. 22, Fig. 24—26), welche nördlich die ganze Nie-
derung der Metoja beherrschen und leicht weiter mit dem Schalleschoß,
mit einer Spitze westlich von Detschani, mit dem Peklen und Glieb zu
verbinden wären. (Siehe Profil 7.) Möglich wenigstens für den Lju-
beten, daß man ihn sowie die Snegpolje mit dem Kopaonik in einem
großen Dreiecke vereinigen könnte.
Südlich des Schar liegt das große mit diesem parallel laufende
Thal von Tetovo, dann weiter südlich ein zweites ähnliches, dann
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. Ag
kommen aber eine ziemliche Anzahl von Thälern, welehe meistens
von Südwest nach Nordost laufen. (Siehe Profil 7.) Vom Schar aus
erscheinen in der Ferne über diesem, sehr wellenförmigen erhabenen
Terrain, die mit einzelnen Schneeflecken selbst im Sommer gesegne-
ten Gebirge bei Monastir und selbst diejenigen südlich von Gafa-
dartzi. Im Südost liegt vor dem Auge ein Theil der macedonischen
tertiären Vardar-Niederung zwischen Skopia, Istib, Karatova und
Keuprili. Ihr bulgarisch-serbischer Name scheint wenigstens theil-
weise das untere Polog zu sein, indem das obere vielleicht den öst-
lieh hügeligen Theil des Tetovo Distrietes bezeichnet, wo der Tzar
Stephan Dusehan einst ein Jagdschloß besaß.
Westlich von Vardar kann ich noch vier andere Punkte
für eine Aufnahme empfehlen, namentlich 1. die Höhen zwischen
Slivova und Brdjan, um einige obere Zuflüsse der Dreska oder Treska
bei Kritschovo kennen zu lernen; 2. die ausgedehnte Aussicht ober
Zajas aus, auch ein Zufiuß desselben langen Flusses. Vom letztern
Punkte beherrscht man nordöstlich und östlich eine Reihe der eben
erwähnten von Südwest nach Nordost tief eingeschnittenen Thäler,
wie das der Velika-Treska oder des Poretsch-Distriets u. s. w. (Siehe
Consul Hahn’s Karte, akad. Denkschrift. hist. Cl. 1861. Bd. 11 und
Dr. Barth's letzte Reise, Zeitschr. f. Erdk. 1867 mit Karte); 3. die
Höhen hinter Keuprili für das Vardarthal; 4. ein oder der andere
Berg südlich von Gafadartzi, für die Aussicht auf Süd und Norden, so
wie auch bei dem Eisernen Thore, den Demirkapu des Türken, an
der Stelle des engen Vardar-Passes zwischen Negotin und Gradetsch,
namentlich demHassantepe oderVitatsch. (SieheBarth 's Karte,
Zeitschr. f. Erdk. 1863 N. R., Bd. 15 und Hahn’s letzte Reise in
den akad. Denkschr. 1867, Bd. XV., so wie Heusey Voy. dans la
Macedonie, le Vardar et la Tscherna-Rieka en 1862.)
Östlieh von Vardar bekommt man Aussiehten über das obere
Strumnitzathal vom Radovitscher-Gebirge; auch sind südlich Anhöhen
wie der Veletz und die bei Doiran, welche wohl auch Peilungssta-
tionen geben würden. Dr. Barth hat noch südlicher ein Tschen-
geldagh; ferner fand ich eine schöne Rundaussicht auf dem Schloß-
hügel von Istib; gegen Norden wird die Aussicht auf der großen
Mustapha-Ovasi-Ebene durch das Karadagh-Gebirge und seine Fort-
setzung nach Osten begrenzt, indem man östlich ein bedeutendes Stück
der Braonista- und Brigalnitza- Thäler übersieht, welches letztere
r
XS Boue.
N
Wasser, seinem obersten Laufe nach aus den Gebirgen ungefähr
von Süd nach Nord, fließt. (Siehe Barth.) Bei Skopia oder Uskub
genießt man ähnliehe Aussichten auf den nördlichen Theil der Nie-
derung, wenn man vom Engpaß des Lepenatz heraustritt oder auf den
Kartschiaka steigt, von wo besonders deutlich die Vereinigung der
Dreska oder Velika mit dem Vardar zu sehen ist.
Aueh von dem Kloster bei Lesnovo, südwestlich von Karatova
hat man eine ausgedehnte Aussicht auf die Thäler des Sletovska-
Rieka und obere Bregalnitza, so wie auf das bewaldete Pla-
sehkavitza-Gebirge, welches sich über den Smajlitza zum
Perin-Dagh im Rhodopus hinzieht. Von den Anhöhen von Karatova
übersieht man den obern Theil des Braonistathales und in den Paß,
von da nach dem Egridere könnte man auch einen Theil des Laufes
des Egridere-Su oder die Kriva-Rieka leicht aufnehmen.
Südlichvon Egripalanka sind kleine Plateau’s, von welchen
aus man nicht nur südlich weitere Gebirge und nördlich das Kriva-
Riekathal überschaut, sondern auch über letzteres das nur theilweise
bewaldete Gebirge südlich und südöstlich von der bulgarischen Mo-
rava vor sich liegen sieht, indem zwischen diesen niedrigen Rücken
und der engen Spalte der Kriva-Rieka eine breite bewohnte und etwas
geneigte Corniche besteht; das schönste Stück dieser Aussicht ist
aber im Nordosten die, ganz oben mit felsigen Rücken und schönen
Graslehnen bedeekte Kurbetzka-Planina. (Siehe Profil 20.) Von
dieser hohen Warthe aus ist kein Zweifel, daß man eben sowohl die
südich gelegene Dovanitza-Planina als nördlich das Snegpolje-Gebirge
und gewisse Theile Ober-Dardanien’s sehen kann.
Die Dovanitza-Planina, so wie die untern Stufen der Kur-
betzka-Plania und ihre Verbindungsrücken mit dem Kuniavo hat man
Gelegenheit von dem Passes östlich von Egri-Palanka zu beobachten,
indem man dazwischen das kleine Becken der Bistritza bemerkt.
Bei Giustendil bieten die Anhöhen südlich Gebirgs - Aus-
sichten, die Besteigung aber des nördlich gelegenen Kuniavo-
Rücken (siehe Profil 16 und Viquesnel Taf. 22, Fig. 47) entdeckt
uns die Lage mancher Berge gegen den obern Zufluß der Sukava,
dann die Größe des obern Strimon-Becken zu Radomir, einen Theil
des Bistritza-Beckens, und die Gestalt des kleinen Becken von Giu-
stendil; gegen Südost thront noch darüber die mächtige Mauer und
die bewaldeten Abhänge des Rilodagh und gegen Osten der massige
. . ac . [2 Iu
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. 433
isolirte Berg des Vitosch. (Siehe Fig. 18 und Viquesnel Taf. 22,
Fig. 47 und 48.) Um noeh weitere Details im ganz entwaldeten
Radomir-Becken zu studiren, stellen sich kleine niedrige Päße, der
eine zwischen Popovdol und Jedno und zwischen Dupnitza und einem
Punkt südlich von Abek. Man sieht wie viele Vortheile sich hier für
eine Triangulirung darbieten, da so viele gut gelegene Punkte für die
Errichtung von Pyramiden oder Hauptsignale vorhanden sind.
Doch diese Vortheile erhöhen sich noch, wenn man weiß, daß
die Spitze desVitosch, westlich von Sophia, eines der großartigsten
Panorama der Türkei liefert, denn die Aussicht ist da nach allen
Seiten frei; und was sieht man? Im Süden die steile Rilo-Planina mit
ihrem kleinen Plateau und einen ganzen nördlichen Streifen des Rhodop-
Gebirges hinter Samokov und Bania bis nach Thraecien; im Osten,
über der großen Sophia-Niederung, den hohen Balkan sammt seiner
nördlichen gegen Nordwest laufenden Abzweigung; im Norden, die
Gebirge mit engen Thälern und einigen spitzen Bergen der Sukava-
Nisehava-Gegenden u. s. w.; gegen Westen die Neboititza und Kur-
betzka-Planina, die Dovanitza u. s. w. sammt ihren verschiedenen
Thälern und Becken! (Siehe Profil 18.)
Um aber letztere Theile dieses Bildes, besonders die Thäler
zwischen Trn, Berkovatz und Seharkoe (Pirot) durchsehen
zu können, muß man von Radomir aus nur auf die untern nordwest-
lichen Stufen des Vitosch steigen, wo kein Wald einem das Bild ver-
dirbt. Von da aus sieht man besonders ein halb Dutzend tiefe Thäler
parallel von SO. nach NW. laufen. (S. Viquesnel Taf. 22, Fig. 40.)
Endlich wären noch für das übrige macedonische Berg-Terrain
nächst dem Rhodopus und die enge Spalte des Strymon einige Ge-
birgsrücken zu empfehlen, wie die westlich von Razluk, der Kre-
schna-Paß, der Perindagh in der sogenannten Zagorie, so
wie das Gebirge Sultanitza.
Im Despotodagh (siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 41 u. 42)
befinden sich viele günstige Punkte zu einer Aufnahme, wie z. B. auf
dem Rilo-Gebirge, wo man den Vitosch und den westlichen Theil des
hohen Balkans, so wie die kleinen Berge und Kessel dazwischen sieht,
über welche hin das Auge bis nach dem obern Theile der Maritza
schweift. Am nördlichen Fuße der Wand liegt das tiefe Djerman oder
Tzarina-Thal bei Dupnitza (Dubnitza). Südlich von Philippopoli
überbliekt man zu gleicher Zeit manche Gebirge des Rhodopus, so wie
43 A Boue.
den großen Balkan mit seinen südliehen Abstufungen. (Siehe
Viquesnel Taf. 22, Fig. 37, Kind, Stanimak und Phillipo-
polis Zeitschr. f. Erdk. 1860 N. T., Bd. S und 1861 Bd. 10.)
Weiter südlieh sind die hohen Rücken von Kora-Kolaz, Persenk
und Tschepelli, ehe man das Ardathal erreicht, dann an ihren
Quellen der hohe Krutschova, Tschegla, Madendagh. Wenn
man von da das zusammengesetzte Becken der Arda und Deridere-
Siutla gut übersieht, so findet man auch Aufschluß über den west-
lichen Theil des Rhodopus von den Höhen des Demir-Kapu, des
Tsehadir-Tepe, des bewaldeten Dospot-Jailasi, der drei
Karlik') und für das lange so interessante Karasuthal mit den großen
Kiz-Derbent oder der canalförmigen Spalte der Jungfrau, stellen sich
mehrere Bergspitzen dar, wie die um Razluk, der Jel-Tepe, der Pe-
rindagh (sieheViquesnel Taf. 22, Fig. 49 und 50), der Bozdagh
u. s. w. Für den östlichen Theil des Rhodopus oder seiner Ausläufer
finden wir den Aighir-Ulukberg, den Aladagh, den Allah-
Bair, denKodja-Haila, den Tschilo und Tschatal-Kaia, den
Frenk-Bunar u. s. w. (Siehe Viquesnel’s meisterhafte Karte
von Rhodopus und Thraeien.)
Am egäischen Meerufer in der sogenannten Morrha
werden die oft bewaldeten Berge des Innern des Despotodagh durch
meistens kahle ersetzt, welche eine Reihe von schönen Aussichten
darbieten, wie z. B. von Pilaf-Tepe& bei Cavaja oder die Gebirge
weiter östlich; (siehe Fräul. Walker's Zeichnung Taf. 1.) dann
der Tschal-Tepe& (siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 62), der Berg
Karlik und Mukale. Von letztern übersieht man das Gumardjina-
Becken, so wie den untern Lauf der Maritza, indem vom Tschal Tepe
oder dem Gebirge östlich von Drama man den durch den Nestus
(buig. Msta oder Karasu) bewässerten sogenannten untern Distriet
Namens Smoleny, unter den Füßen hat. Daneben ist westlich die
sogenannte Bersiecia.
In Süd-Thracien fand ich weite Gesichtskreise südlich von
Rodosto, bei Fered, unfern Keschan, auf den Tekirdagh, u. s. w.
Die in das Meer sich hinziehenden Erdzüge, so wie die andern
1) Im Despotodagh hat Viquesnel drei Berge Karlik bei Gumurdjina, am obern
Domus-Dere und am obern Kare-Dere auch eine Quelle der Arda; ist letzteres
Zufall oder türkische Betrügerei?
. . A .. “ ‘
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türk ei. 435
Terraindetails dieses Theiles von Thracien liegen einem vor Augen.
(S. Masqueles Itineraire de Gallipoli ä Andrinople 1857, Taf. 9).
Bei Constantinopel bieten die Spitze des Riesen-Berges
gegenüber von Buyukdere, so wie die Anhöhen auf beiden Seiten
des Bosphorus das vollständige Bild dieses schönen Tableau’s.
Eine schöne Aussicht mehr nach dem Marmora-Meere und Asien bis
zum Olymp bei Brusa und dem Ida, genießt man von der Anhöhe hinter
Tsehorlu oder von der östlich von Buyuk-Tschekmedsche, wo man
auch Stambul sieht.
In dem sogenannten Strandscha-Balkan oder im kleinen
Gebirge längs dem Schwarzen Meere (siehe Viquesnel Taf. 22,
Fig. 39) sind wohl einzeln stehende Berge, wie die Höhen von
Belgrad, südlich von Derkos, der Kuchkain-Tepessi, der Kara-
Tepe nordwestlich von Sarai, das Gebirge hinter Viza, der Gieuk-
Tepe, die Höhen zwischen Petschiomale und Umur-Fakhi, diejenigen
zwischen Karabunar und Rusukastro und südlich von Kitschalik u. s. w.
Von den Plateaus der letzteren drei erschien mir aber die Aus-
sieht nicht ausgedehnt zu sein. Besonders gibt keine über das
ganze langgezogene Gebirge Aufschluß.
Sehr sehön planmäßig nahm sich das tertiäre Becken Adria-
nopel’s, von den Anhöhen zwischen Herakli und Kirklisse, aus. Die
Adrianopler-Ebene gäbe eine schöne Basis. (Siehe Profil 17.)
Nördlicher bei Aidos sind kahle Berge der Fernsicht günstig,
und erblickt man von da aus zu gleicher Zeit etwas von dem nördlichen
Strandscha-Balkan’s niedrigen Plateau. Ein sehr schöner Punkt ist bei
Islivne oder Slivno, der felsige Tsehataldagh. Das ganze östliche
Thraeien liegt einem zu Füßen, so daß dieser isolirte Porphyrberg
für eine Visirpyramide, wie geschaffen ist. Leider ist er aber nörd-
lich in seiner nächsten Nähe von den hohen Balkanrücken beherrscht.
Auch fand ich zwischen Islivne (bulg. Sliven) und Jeni-
Sagra (bulg. Novi-Zagora) in der Ebene kleine isolirte Kalk- oder
Trachytberge, welche bedeutende Aussichten über das flache Land,
so wie auch über die Untere- oder Neben-Balkankette, denBairdagh,
südlieh von des obern Tondjalaufes, darbieten. Ähnliches bemerkt
man von der niedrigen Anhöhe von Kirmeni, von wo man auch über
Janboli in das Tondjathal hinunter sieht.
Nördlich von Eski-Sagra (bulg. Stara-Zagora, Zagaria
und jetzt Zeleznik) ‚ liegt zwischen dieser reichen Stadt und
436 Boue.
die ähnliche von Kezanlik, ein kleines Kalkgebirge, ein Theil der so-
genannten Sredna-Gora, dessen kahler Rücken zu einer Pyramide
benutzt werden sollte, denn von da aus schweift das Auge gegen den
Balkan, so wie südlich bis gegen Harmanli (Hermanlije) und dem
Maritzathale, indem südwestlich sich ein kleines Schiefergebirge
zwischen Eski-Sagra und Tschirpan an der Sredna-Gora sich anlehnt.
‚Die granitische Anhöhe westlich von Harmanli, so wie das
Weiden-Plateau zwischen Dimotika und Boghaz, so wie der Schloß-
berg bei ersterer Stadt, sind andere mir bekannte Höhenpunkte, von
wo aus man Theile des centralen Thraeiens sehr gut übersehen kann.
Im obern Becken der Maritza geben die Abhänge des
Rhodopus und einige Hügel gegen den hohen Balkan Aussichtsstand-
punkte in Überfluß. Andere Gebirge um dem Kaloferpaß, wie der
Karadja-Dagh u. s. w. (siehe Barth’s erste Reise), der hohe
Kaloferski-Vr geben Aufschluß über die hügelichte Gegend
zwischen Filibe (bulg. Plovdiv) und Kalofer, so wie über die Nie-
derung von Tschipka-Kezanlik. Doch noch viel ausgedehnter ist die
Aussicht vom Tsehipka-Balkan (siehe Viquesnel Taf. 22,
Fig. 53 und 59), wo man wie in einem Trichter im Tschipka-Becken
herunterguckt und das schöne Tulovo-Polje mit dem Rosengarten
bei Kezanlik überbliekt und zugleich die ganze südliche bewaldete
Nebenkette des Balkans, wie einen Theil Thraciens übersieht.
Eigene kleine locale Aufnahmen würden eben sowohl für das
kleine Becken von Ichtiman und das Hasmandererthal, als für das-
jenige des kleinen Passes der Jungfrau (Kutschuk-Kiz-Derbent,
bulg. Momina-Klisura), so wie für Bania erforderlich sein. Der
letzte lange Canal konnte von den höhern südlich gelegenen Bergen
selbst nur stückweise wegen seiner Enge und Tiefe abgezeichnet
werden und die Anhöhen von da nach Ichtiman, obgleich wenig
bewaldet, steigen zu allmälig um von da aus eine Übersicht gewinnen
zu können.
Um Bulgarien so wie Thracien übersehen zu können, würde
man, nach der Karte, gewiß glauben, dem Balkan (sieheViquesnel
Taf. 22, Fig. 51 — 60 und mein allgemeines Profil 19) den Vorzug
geben zu müssen, doch dieses wäre ein Irrthum. Im östlichen oder
kleinen Balkan (bulg. Malka-Planina) namentlich, hat der Central-
rücken nicht genug Höhe um über die nächsten Rücken einen Blick
zu erlauben. Darum sind die Aussichten daselbst immer beschränkt,
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. 437
wie z. B. die in den beiden Kamtschik oder bulg. Titschathälern.
Ob der Paß von Kotlenski-Prohod zwischen Karnabat und Kotel
und der von Dobralski-Prohod zwischen Dobral, Karnabat und
Schumla bessere Gelegenheiten zu Aussichten geben, möchte ich
kaum glauben. In hohem BalkanN.N. ©. von Islivne hindert
südlieh der Tschataldagh die Aussicht und nördlich dehnt sie sich
nur über die nähern Rücken, so wie über die obern Zuflüsse der
Kamtschik oder bulg. Titscha aus.
Bei dem Passe Namens Demirkapu möchte wohl dasselbe
Verhältniß sich einstellen 1); auf der nördlichen Seite des Tschipka-
Balkans sieht man nur einen kleinen Theil der untern bewaldeten
Thäler des Jantra-Beckens. Westlicher aber gibt es in der Stara-
oder Velika-Planina runde freie Kuppen an den Quellen der
Osma (bulg. Osam), wie au den westlichen Zuflüssen der Jantra, wo
weitere Aussichten auf beiden Seiten zu finden wären. (Lejean’s
Reise von Sistov nach Filibe über den Balkan. Bull Soc. Geogr. P-
1858 4 R. B. 15, S. 99— 116 sammt Karte.) Der höchste Balkan
oder die Stara-Planina der Bulgaren an den Zuflüssen des Vid,
dürfte, nachdem was ieh von diesen Fels- und Weidenrücken von
Vikrar aus sah, in demselben Falle sein. (Siehe Viquesnel
Taf. 22, Fig. 51 und 52.) Ä
Eine andere Hauptlinie für Aussichten oder Peilungen, sowohl
auf den Balkan als auf das untere Bulgarien bilden, die Bergrücken
der niedrigen Nebenkette (siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 35)
von dem Schumlaer Plateau an über Trnova, Lovatz und Vratza. Die
mir bekanntesten Plätze wären um Sehumla, zwischen Buratlare und
Veteschlar, so wie nördlich von Rasgrad, dann zu Eski-Djumaa, zu
Karascholi, bei Osmanbazar, südlich von Tsehatak auf der Straße
nach Kasan, auf dem Hügel von Trnova und jenem nördlich von Selvi,
ferner auf den Anhöben von Lovatz oder Lovtscha, so wie von jenen
von Isvor zwischen dem Vid und Lovatz, endlich von dem Hügel südlich
von Plevna und Sistov u. s. w. Alle diese Punkte gewähren Aussichten
1) Siehe Macintosh Military Journey through european Turkey u. s. w. 1855 Chart,
General Jochmus über die Balkan-Pässe (J. geogr. Soc. d. 1854, Bd. 24, S. 36
bis 85 sammt Karte). Auch zu vergleichen Major Keppel’s: Narrative of a Journey
across the Balkan in 1829/30. L. 1831 2 Bd., 8 mit Karte und Tafeln, Seetzen
Balkan von Paravadi zu Aidos (Ausland 1859, S. 977) Allard la Bulgarie orientale
1861.
A838 Boue,
vorzüglich auf die nächsten Höhen und Thäler. Nördlich von Schumla
sieht man nach Varna, von den Schumlaer Höhen (siehe Viquesnel
Tat. 22, Fig. S6) im Kamtschiker- (bulg. Titscha-) Thale, bei Eski-
Djumaa und Osmanbazar nach Norden und Süden; südlieh von Tschatak
ist die Aussicht nur nördlich ziemlich ausgedehnt. Dasselbe findet
bei Trnova statt, wo man doch auch den Balkan sehon bemerkt. Zu Selvi
sieht man den hohen Balkan und das Thal der Jantra sehr gut (siehe
Ritter s Reisebericht, Monatsber. Berl. geogr. Ges. f. Erdk.). Von
Lovatz und hinter Plevna gibt es ausgedehnte Aussichten ‚gegen
Norden. Zu Isvor beherrscht man besonders einen bedeutenden Theil
des Balkans sammt der sehr bewaldeten Niederung zwischen dieser
Kette und ihre nördliche niedrige Nebenkette. Diese Gegend erinnerte
mich im Kleinen an die ungeheuren Nadel- und Buchenwälder Bos-
niens nördlich von der Drina bei Goreschda und Fotscha.
Im Etropol Balkan ist es schwer Fernansichten zu finden, -
weil die bewaldete Kette durch ihre nordöstlichen und südwest-
liehen Ausläufer solehe fast ausschließt, den Paß kann man höch-
stens für die Aufnahme des obern Zuflusses des kleinen Isker brau-
chen. Nördlich von Etropol bietet ein Hügel die Aussicht auf die
nordöstlichen Theile dieser Gebirge, dessen Besteigung auch ziem-
lich weite Aussichten gegen Norden verschaffen müßte. Zu Komartzi
könnte man eine kleine Basis messen und einige untergeordnete
Höhen darnach aufzeichnen. Den Lauf des großen Isker kann man
von den Anhöhen nordöstlich von Vikrar beobachten. Von dem Ge-
‚birge bei diesem Orte bekommt man auch einen Anblick des Landes
bis gegen den Vid zu.
Zwischen Sophia und Pirot sollte man den östlich gele-
genen Bergrücken besteigen, um die Thäler von beiden Seiten kennen
zu lernen, indem die Ebene von Sophia für eine großartige Basis
wie geschaffen ist, von wo aus man dann die Lage vieler Bergspitzen,
besonders gegen Osten bestimmen könnte. Kein Punkt im Innern
der Türkei würde sich mehr für eine gut gelegene und ziemlich
sichere Hauptstadt eignen als eben dieser; so lesen wir auch, daß
Kaiser Constantin einen Augenblick diese Ebene für die Residenz
seines Ostreiches ausersehen hatte. Später als die barbarisehen asia-
tischen Horden das illyrische Dreieck überschwemmten, haben diese
wieder eine geraume Zeit hier und bei Tatarbazardschik ihr Haupt-
quartier für bestimmt aufgeschlagen; eine Thatsache, welche dureh
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. A39
die zahlreiehe Sammlung von sogenannter Hunen- Tumuli bewiesen
wird. (Siehe Turquis Bd. 2, S. 350.) Später war Sophia lange
Zeit der Sitz des Rumeli-Valessi's oder Gouverneur’s des Innern der
europäischen Türkei. Nur in diesem Jahrhunderte, nach den Unruhen
der Krdschalis und als die Hauptmacht der asiatischen Türken schon
gebrochen war, kam dieser wichtige Posten nach Toli-Monastir, wegen
der Nähe dieser Stadt von den unruhigen und für die Erhaltung der
Türkei, unter muselmännischem Joche, so wichtig damals schon ge-
wordenen Albanesen.
In Bulgarien zwischen der Donau und der Nischava
hat mir freundschaftlichst Herr Kanitz zur Errichtung für Aufnahme-
Pyramiden oder Hauptsignale folgende Punkte empfohlen, für welche
Angaben ich ihm desto mehr verbunden bin, als dieses Terrain den
Kartographen fast gänzlich unbekannt geblieben ist.
1. Der Hügel des Dorfes Rabis sammt Kloster am Arzer, wo
man eine große Aussicht auf das Donauthal und auf die walachische
Ebene, so wie auf die Gebirge der serbisch-bulgarischen Grenze
genießt.
2. Die Kuppe der Ivanova-Livada, beiläufig 3500 Fuß
Höhe als letzter serbischer Grenzberg, wo das Terrain nach Osten und
Westen einem weit und breit vor Augen liegt.
3. Der Sveti-Nikola-Bergpaß, ungefähr östlich von
Mustapha-Pascha-Palanka, wo sich ein wahres Panorama entrollt, in-
dem man nördlich den Rtagn, nordwestlich die Suva-Planina bei Nisch,
weiter westlich den Kopaonik, südwestlich die Gebirge nördlich von
Trn und östlich Bulgarien von Timok zum Lom, so wie die walachi-
sche Ebene übersehen kann. Doch möglich, daß die den Paß süd-
lich beherrschende Spitze des Hodja-Balkan einen noch weitern
Sichtkreis eröffnen würde.
4. Dem Karaul-Isvor der noch näher von Mustapha-Pascha-
Palanka ist, und von wo aus man die ganze Kette des Hodja-Balkan
oder Stara-Planina gegen Osten überblicken kann.
5. Endlich die Felsenspitzen der alten römisch-türkischen Veste
Belgradschik an der Stankovatschka-Rieka und bei Oresche
5 Stunden von Widdin.
Die Thäler dieses Theiles von Bulgarien bahnen sich alle ihren
Weg durch die Berge gegen Osten oder Nordosten und scheinen
demnach nicht an dem Längenthalersystem von N. W. nach S. O.,
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 30
AA Boue.
welches mehr südlieh von Sceharkoe oder Pirot bis nach dem Sophia-
Becken herrscht, Theil zu nehmen. (Siehe Kanitz's Reisebericht
Ak. Denksehr. hist. ©. 1867 und H. Wachenhusen von Widdin
nach Stambul N. Conversat. und Reise Biblioth. W. 1855, Nr. 4.)
Jetzt bleibt mir nur noch vorbehalten, über das eigentliche Dar-
danien ein Ähnliches anzugeben. Ich nenne namentlich so den Theil
Ober-Mösiens zwischen der eanalartigen Hauptstraße von Nisch zu
Sophia, bis zur serbischen und macedonischen Grenze sammt der
Niederung der Metoja zwischen den Gebirgen des Schar, des Glieb
und Peklen; kein Zweifel, daß fast das ganze Land, westlich von der
bulgarischen Morava einmal zu Serbien gehörte und mit Recht auch
Alt-Serbien heißt. Jetzt hausen leider viele Arnauten, sowohl
mahomedanische als katholische, in diesem Erdwinkel. (Siehe Soc.
de Geographie de Geneve 1865, Bd. 3.)
Zwischen der Nischava und der bulgarischen Morava
sind die, mit Pyramiden wahrscheinlich zu besetzenden Bergrücken
namentlich folgende: 1. Südöstlich, südlich und südwestlich von
Nisch dieSuva-Planina, des Hrn. von Kanitz, meine Stara-Planina
(Turquie Bd. 1, S. 148); 2. die Baditschka-Gora, eine
Schieferkette westlich der vorigen Kalkkette; 3. das Gebirge west-
lich von Mustapha-Pascha-Palanka; 4. die Belava-Planina
nördlich von Pirot: 5. die Schirena- und Schiroka-Planina
und besonders die hohen kahlen Kuppen des Snegpolje; 6. die
Gebirge der Sukava; 7. die Gebirge an den Quellen der Neboi-
titza südlich von Klisura und 8. die Klisurska-Planina.
Von der Suva-Planina aus hat man die Aussicht in die unteren
Theile der Nischava-, Topolnitza- und Kutinska-Riekathäler und auf
die nächsten Gebirge, welche man beherrscht. Von der etwas niedrigen
Baditschka-Gora verfolgt man den Lauf der bulgarischen Morava,
den Ausgang des Vlasina-Thales und übersieht einen bedeutenden Theil
der kleinen gebirgigen Gegend mit manchen Thälern zwischen der
bulgarischen Morava und der Kossover Ebene.
Von der Umgegend der Stadt Mustapha-Pascha-Palanka übersieht
man ihre Ebene oder das Luschnitza-Thal und die Gebirge längs
der Nischava. Von der Belava-Planina bekommt man die Aussicht
nach dieser letztern, so wie nach dem Tzernokliski- Thale zu. Von
der Snegpolje überblickt man auf einmal die ganze Structur der
nächsten mächtigen und zahlreiehen Gebirge, unter welchen die
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. AA1
Schiroka und Schirena-Planina die nächsten sind. Doch sieht man
über diese noch die Gebirge der Sukava mit ihren tiefen Thälern
(siehe Profil 8) und selbst noch in der Ferne den Vitosch, so wie
näher südlich das Quellengebiet, südlich von Klisura und die Kur-
betzka-Planina, endlich kommen noch östlich Theile des obern Laufes
der bulgarischen Morava und das Hügel- und Bergland westlich vom
letztern. Von einem östlichen Ausläufer des Snegpolje oder besser,
an einem Orte des kleinen wenig breiten Plateaus östlich, gewahrte
ich plötzlich im Mai gegen Osten zu eine große in Schnee gehüllte
Kuppe, welche man mir nicht nennen konnte. Jetzt denke ich, daß
es möglich das von Kanitz entdeckte Sveti-Nikolagebirge gewesen
sein könnte, denn für den Vitosch war mir die Kuppe zu abgerundet
und für den großen Balkan zu nahe.
Die von mir nicht bestiegenen Gebirge an dem mittlern Laufe
der Sukava müssen einen gänzlichen Aufschluß nicht nur über jenes
Wasser, sondern auch über ihre Zuflüsse geben. Es sind daselbst
eine große Anzahl von tief geschlängelten und theilweise spärlich
bewohnten Thälern zwischen waldigen Bergen, welche wohl Detail-
Aufnahmen erfordern werden. Kleine Aussichten gewähren die Um-
gebungen von Trn, Grlo und Brsnik, wo man dann diese verschie-
denen Niederungen gut kennen lernt und mit dem Strymon-Thale in
Verbindung bringt.
Die Gebirge an den zahlreichen Quellen des Gomela-Voda
oder Neboititza, müssen als östliehe Nachbarn der Kurbetska-
Planina ähnliche Ansichten wie letztere liefern, namentlich wird man
von da aus nicht nur die Dovanitza, den Vitosch und Rilodagh, son-
dern auch die Berge und Thäler bei Egri-Palanka, so wie den Kessel
der Bistritza, die großen Niederungen von Radomir und das Thal der
Tzarina oder von Dupnitza-Djumaa, sehen, indem man nördlich den
Snegpolje, und seine nächsten Gebirge vor Augen haben muß.
Längs dem obersten Laufe der bulgarischen Morava
gibt es manche niedrige Hügel südlich wie nördlich, welche zur Auf-
‚nahme benutzt werden können. Die Anhöhen hinter Vranja schienen
mir besonders dazu geeignet(Kristilovatza- und Platschevitza-
Planina).
Um das gebirgige Terrain zwischen dem Sitnitza- und Lepenatzer-
Becken und der bulgarischen Morava zu übersehen, scheinen nach
der Karte Hahn’s (akad. Denkschr. hist. Classe 1861, Bd. 11) fol-
| 30*
442 Boue.
gende Punkte vorzüglich geeignet zu sein, namentlich der fast im Cen-
trum stehende hohe Berg Mrkoit zwischen den Thälern der Medvedja
und Veternitza oder zwischen der Golak- und Guribaba-Planina,
dann diese beiden letztern Gebirge, der Veliglava-Rücken zwi-
schen der Kriva und der Medvedja, vielleicht die Poljanika- und
Kukaviea-Planina an den Quellen der Veternika, westlich von
Leskovatz die Vutschanska-Planina, die Petrova- und Ra-
danka-Berge zwischen dem Bache Pusta und die südlichen Zu-
flüsse der Toplitza u. s. w.
Für die Aufnahme der Toplitza kann man die Gegend von
Kurschumlie (den Vidovska-Berg), dann vorzüglich die Anhöhen
nördlich von Prokoplje oder Prokup anempfehlen. (Siehe Spencer's
Travels in european Turkey 1851.) Von den Höhen westlich von
Leskovatz sieht man mehrere Zuflüsse der Morava, vorzüglich die
Veternika, Jablanitza, Vlasina u. s. w. Auch von dem spitzigen Hügel
von Kurvingrad an der Morava übersieht man ihre Ufer und ihren
Zusammenfluß mit der Toplitza, im Distriete Dobritsch. Von den
kleinen Anhöhen nördlich von Nisch überblickt man die nächste Um-
gebung. Die Baditschka-Gora und das Gebirge südöstlich von Le-
skovatz gewähren vollständige Aussichten auf den Morava-Lauf, auf
ihren Zufluß, die Vlasina, so wie auch auf die Gebirge der Arnauten.
Gegen Westen versicherte ich mich auch, daß das alte Novo-
Brdo durch seine hohe Lage und am Rande eines steilen Gebirges
eine sehr günstige Aufnahmestation sei, namentlich für die theil-
weise durch serbische Auswanderung verwilderte westlich gelegene
Gegend und die zahlreichen kleinen Thäler zwischen Gujlan
und Pristina. Bei letzterer Stadt sind die Anhöhen östlich und
südlich zu wenig hoch, um weitere Aussichten zu erlauben und auf
den nördlichen sieht man das Amseler Feld und das Sitnitza-Becken.
Für das Sitnitza- und Lab-Becken stellt sich am vortheil-
haftesten die isolirte kahle kleine Kuppe des Golesch südwestlich
von Lapuschnik an den Quellen des Drnitza. (S. Profil 8 u.Viquesnel
Taf. 22, Fig. 32.) Von dieser übersieht man zu gleicher Zeit nicht
nur die Metoja, sondern auch das Drnitza- Thal sammt deren kleinen
Rücken, östlich und westlieh (Komoran) als Scheidewände zwischen
Metoja und dem Sitnitza- Becken. Der obere Theil des Lab fordert
die Besteigung des Fusses des Ljubatrn und der Eingang des Lab-
defil€'s wird von Katschanik gut beobachtet. Das kleine bewaldete
u ua nn En ln Zei Mi
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. AAZ
niedrige Plateau zwischen der Sitnitza-Niederung und den Quellen
der Lepenatz, gewähren nur eine Aussicht auf die ersteren. Für die
östlichen Zuflüsse der Sitnitza stehen meistens nur niedrige Berge zu
Dienste. Im Becken der Sitnitza muß man sich durch die Anhöhen
südsüdwestlich von Mitrovitza, so wie mit denen östlich zwischen
Vusehitrn und Mitrovitza helfen. Die hohe Spitze des alten Zve-
tsehan-Schlosses, nördlich von Mitrovitza, gewährt eine ziemlich be-
deutende Aussicht auf die daselbst fast rechtwinklige gebogene Rinne
des Ibar, so wie auf die tertiären und trachytischen nächsten Berge
und mit Weingärten oder Waldungen besetzten Berglehnen. (Siehe
Viquesnel Taf. 22, Fig. 33.)
In der Metoja kann man aber leicht geodätische Dreiecke
bekommen, wenn man den Kobelitza oder selbst nur das hochgelegene
Prisrener-Schloß mit einer Spitze bei Detschani, mit dem Peklen,
mit den hervorragendsten Theilen des südlichen Glieb und der Sua-
oder Kurilo-Planina (siehe Viquesnel Taf. 22, Fig. 27) vereinigt.
Um die Prisrener-Ebene oder diese südliche Abtheilung des Beckens
zu sehen, sind die kleinen niedrigen tertiären Plateaus hoch genug,
welche man vor Sua-Rieka überschreiten muß. Das Tzernoleva-
Thal braucht vielleicht eine kleine locale Aufnahme wegen der be-
waldeten Gegenden und der wenig hohen Berge neben derselben.
Um das große Thal oder den großartigen Bergeanal von Prisren nach
der Luma und den Schwarzen Drin recht übersehen zu können, muß
man den Schalle-Schloßberg, so wie eine westlich von Prisren
gelegene untere Stufe des Schars besteigen. Doch bleibt die Spalte
des Weißen Drin wegen ihrer Tiefe versteckt.
Durch Professor Peter’s große Gefälligkeit bin ich im Stand
gesetzt worden auch über die Dobrutscha sprechen zu können,
wo die österreichischen Ingenieure bei der walachischen Aufnahme
im Jahre 1856 einige Punkte trigonometrisch selbst schon bestimmt
haben. Letztere befinden sich erstens an der Donau südlich von
Matschin am Jacobsberg (180, 89 W.Kl.), zwischen Sersem-Bair und
Turkoje, dann besonders südlich an der Eisenbahn von Tschernavoda
nach Küstendsche, wo sie neun Dreiecke förmlich meßten; nament-
lich der erste mit den Stationen Tepe am Lössplateau bei
Oltina!) oder Tepe-Sopata bei Rasova, Allah-Bair bei
1) Die neun wichtigsten Punkte wurden mit gesperrten Buchstaben gedruckt.
AA Boue.
Baltadschik und Deuze-Tepej bei Tschernovoda; der zweite mit
den zwei letzten Punkten und der Station Ister-Tepe bei den
Tasechaul-See; der dritte mit den Punkten Deuze-Tepe, Ister-Tepe
bei Isterko@ und Bujuk-Ojük; der vierte mit letztern beiden Sta-
tionen und Avret-Jük bei Küstendsche: der fünfte mit letzterer
Station, Basch-Maglesi und Tarlajük, der sechste mit den letztern
Orten, Avret-Jük und Bujuk-Öjük; der siebente mit Tarlajük,
Murad-Öjuk und Bujuk-Öjuk; der achte mit beiden letztern Sta-
tionen und Deuze-Tepe und der neunte mit letztern Ort, Murvad-
Öjuk bei Eski-Biblikoi und Sopata. Eine Basis war am Schwarzen
Meer von Kustendsche bis zum Riff von Tulsa mit Pegel gemessen
und könnte nordwärts von der Südspitze des Kanara-See’s am Liman-
Taschaul vorbei bis an das Vorgebirge Niadia verlängert werden.
An der Donau wäre eine Basis von Topalo nach Hirschova und nord-
wärts bis Dojan oder Dojeni practicabel. Am Deita wäre solches am
vortheilhaftesten von Parkisch über Samova ostwärts bis unterhalb
des Dorfes Kischla. Prof. Peters fügt bei, daß die trigonometrisch
errichteten Pyramiden schon längst von den Einwohnern zerstört wur-
den und daß man sich oft vergebliche Mühe gab die Punkte zu erfra-
gen, in sofern sie nicht von den Thälern aus weithin sichtbar sind.
In ihrer Abstufung von W. gegen O. zeigen diese Höhen das
Sinken des Lössniveau durch treppenförmige Verwerfung der unterlie-
genden Jurakalkplatte an. In der Mittelzone der Dobrutscha oder am
südlichen Rande des Waldgebirges von Babadagh und in den an-
stoßenden hohen Lehm-Plattformen,, nennt Herr Prof. Peters als
wichtige Orientirungspunkte folgende, namentlich 1. ein Grünsteinfels
südwestlich von Sarikioi, und der Sakar-Bair oder Goldberg, südsüd-
westlich von Atmadscha. Zwischen beiden und um letzteres Dorf liegt
ein vielkuppiges Wald-Gebirge nur zu einer detaillirten Gebirgsauf-
nahme geeignet. 2. In der nördlichen Zone in der Bucht von Baba-
dagh den Denis-Tepe& mitten in der Diluvial-Ablagerung. 3. Im nörd-
lichen Walle, Besch-Tep&’s höchste Kuppe (134, 36. W. Kl.) Tat-
schan-Bair nächst Kischla, Scharika südsüdwestlich von Parkisch,
mehrere Tepe südlich von Isaktscha, der Berg von Garbina nord-
nordöstlich von Matschin. Südlich der drei letztgenannten Punkte,
herrscht ein sehr complieirtes, zum Theil schroffes Gebirge. 4. Am
Donaurande südlich von Matschin, außer dem Jacobsberg, die Ufer-
felsen nächst Petschenjaga. |
|
|
Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme d. europ. Türkei. AA5
Sehr hohe Punkte wären noch bei Zuzujat-Mare östlich von
Gretschi (Sogan-Lük), südöstlich von Matschin (253, 22 W. Kl.),
der Kamm westsüdwestlich von Maidankioi in derselben Richtung (237,
71), Pomsil nordwestlich von Baschkioi (200, 15) und Piatrarosch
östlich von Nikulizel, südsüdöstlich von Isaktscha (167, 89). (Siehe
die nächstens erscheinende geographische Abhandlung und die Karte
dazu von Herrn Prof. Peters.)
Wenn für Serbien, wie schon gesagt, der Schturatz, der Me-
dvednik, der Kopaonik oder Jelin, die Stolovi, die Djakova-Planina,
der Jastrebatz, der Rtagn, die Omolie-Planina, der Stol, Mirotsch und
Vrtska-Tschuka die Hauptpunkte für die Errichtung von Pyramiden
bleiben, so kann man für Nord-Bosnien besonders den Setz, das
Raduscha - Gebirge, den Igman westlich von Sarajevo, die Romania-
Planina, der Stog zwischen der Bosna und der Krivaja-Rieka und den
Javornik zwischen der Kladina und 'Spretza im Auge halten. Für
Süd-Bosnien stellen sich sehr vortheilhaft die Pratscha-Berge, der
Pobienik nördlich von Priepolje, der Glieb, die Mokra-Planina, der Dor-
mitor, und Kom u. s. w. Für die Herzegovina sind in demselben Falle
die Raduscha-Gebirge, der Porim, der Velesch, der Leberschnik,
Volojak, Duga und Ljubomir (nördlich von Trebigne) empfehlenswerth.
Für Montenegro der Kom, der Lovtschen, der Tschevo u. s. w.
Für Nord-Albanien der Prokletia, die Kiapha-Malia, die Gebirge
von Croja, die Gebirge westlich des Schwarzen Drin, der westliche
Jalesch, der Korab, der Schar, Peklen, Ljubeten, Golesch, die Höhen
von Petreila.
Für Mittel-Albanien der Gabar- oder Gerabe-Balkan und die
Gebirge an der egnatinischen Straße von Elbassan nach Ochri.
Für Süd-Albanien, der Tomor, die Nemerska-Malia, die Gebirge
bei Östanitza, mehrere Spitzen des Pindus, der Mitschikeli, die
Chimaera, die Gebirge Suli; der Peristeri. |
Für Thessalien der Olymp, der Ossa und Pelion, die Gebirge
nördlich von den Meteoren-Klöstern, die Agrapha-Gebirge, die thes-
salisch-griechische Kette.
Für die Chaleis der Athos.
Für Macedonien im Westen die Vodena-Gebirge, der Burenos,
der Nidge, der Peristeri, das Gebirge zwischen Resna und Ochri, der
Koziak, das Gebirge südlich von Gafadartzi, das nördlich von Zayas,
der Korab, mehrere Spitzen des Schars, die Gebirge beim Vardar-
1/ g} r . 2 . “
AAG Boue. Beiträge zur Erleichterung einer geograph. Aufnahme ete.
ingpasse Demir-Kapu, der Schloßberg zu Istib, das Gebirge von
Plaschavitza, das Gebirge südlich von Egripalanka, der Dovenitza,
der Perindagh, der Manikion, die Höhen östlich von Lahana u. s. w.
Für den Rhodopus den Perindagh, die Gebirge um Rasluk, die
Rilo-Planina, die Gebirge am Ursprung der Arda, die Gebirge längs
dem Kis-Derbent u. s. w.
Für Thraeien der Tekirdagh, die Anhöhen bei Harmanli und
Keschan, die Gegend von Kirklisse, die Srednagora, der Tschatal-
dagh, die Nebenkette des Balkans.
Für dieDobrutscha der Basch-Tepe, der Jacobsberg, der Denis-
Tepe, der Sakair-Bair, der Tepe-Sopata u. s. w.
Für Bulgarien mehrere Kuppen des hohen Balkans, und der
Nebenkette, einige Plateaus wie bei Schumla u. s. w., Lovatz, Isvor,
die äußern Gebirge des Etropol-Balkan.
Im westlichen Bulgarien mehrere Punkte des Rhodopus, der
Vitosch, der Rilodagh, der Koniavo, das Sveti-Nicolagebirge, die
Ivanova-Livada.
In Dardanien endlich die Suva-Planina, die Baditschkagora, der
Snegpolje, die Kurbetska-Planina, die Gebirge nördlich von Vrania,
die höchsten Spitzen der Arnauten-Planina zwischen Leskovatz und
Pristina, die Höhe von Novo-Brdo, der Golesch, der Ljubeten, der
Kopaonik und Jastrebatz.
Bevor ich schließe, muß ich noch zweier Werke erwähnen,
woraus noch so mancher Wink zu beachten sein dürfte u. z.:
G. Rhodes „Personal Narrative of a tour of military Inspeetion in
various paris of european Turkey Aug.-Nov. 1853. L. 1854“ und be-
sonders das Reisewerk der englischen Fräulein G. Mary Mackenzie
und Adel Pauline Irby Voyage in Servia, Bulgaria, Greece and
a part of Albania, a. Montenegro 1866 oder 1867.
u
an = BG f D N 5
V. Boue. Beiträge zur Erleichterung einer seogr: Aufnalıme d. eutopsinen Türkei.
Fig.i. Nord Serbien von W.nach 0.
Drimr Irnlahana Sehumadia Moraoı Mlınmz
Kry-2. Mittel Serbien mm N.nach S.
Kosmar,
Analer
Schluralz
Jerb. Horama
Belgrad Toplilza
Fig... Nord Bosnien von Prolog his nach Ava van der Drina von W.nach 0.
Pruloy
Iravml
Glamosch Linpres bosna
brivaga hladina Dvina
liy4.Von Dahnatien nach Widdin uber die Herzegonima, Bosmie)
las südliche Serbien von S.Wnaech N.O.
Porim LI Jastrehulz
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Dalmalion Mostar Zognilza Drina him Uncaz Moranadr bulg:Moruva hyjejenalz Donau
Fig. Ss Non hroatien dureh Central Bosmiereseh dem südlichen Serbien von Wrrach 0.
Serz Zopaondk
Hamosch FroJeoo Drina
router Ziupres
Sitzimgsl. d.k.Akad. (d.W. anatlı.atunv. (1.1. Bd.l Abıh, 186
lry.6b.Von Cattaro uber Montenegro und das sudhehe
Bosmien nach Serbien .S.W N.
Dormitor ;
Pohienik olauı
hootschin
5 = =
Callaro Montenegro Süd Bosnien Obereserh: Jhbar
Serb.Moravu
Moruma
Fig. Von Sonitza in Bosimien über ‚Nord Albanien md
Nacedonien nach Seres u. NWen.S.0,
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Sıerltanilza
Sierilzu Royai eh: Prisren Telovo Tveska heupırilk
Slrummilza Sores
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Pehlen 719-8: Vom Vehlen durch Dardanien nach Pivot van Bulgarien. von W.n.O.
Arsunlsha Blania
Golesch
eh Pristina hnlg:Morava Thal, Snegnolie Pivot Bulgarien
Fi. 3.Von der Adriatık tiber Oroya in Mbanien nach dem Vardar v.Wn.0.
Jiorab
Croyea
Adriatik. Hismolhal Schwanzer- Verdar
Dein
Su liora
Kg. 10. Vor Anlona Tomor nach Vodenu und Salonik von. Wnach 0.
Arlona Vorzutzu Pound Presba Monastir Vodena Salonik
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Fig. 6.)
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Fig. 2
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Abth. 1567
Fiy Ib. Non heskovatz nach Kastuk cm Mliodoguns Na 30. MiloPlanına Mwedopus
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V Boue. beige zur Erlvielterung einer geogn Aufmaline d. europäischen Tirkei
Veristert Hoher Balkan
Fig. I Von Duratso un der Adriatih nach Negotin um Vardar von Wnach 0,
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Kiy IR. Von dem Aonaranmischen Gebirge nach Vodena von Wenueh 0. Van
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Fig. 19, Mlgerneines Bild d. Balkans nd. Donau nach dem eyerschen Merre non Nn:S,
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Fig. 20. Von der buly: Horana dumch Eyriyuulanka zırm Dovanitza o. N Mirs.0
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Fig. ts. Vom untern Vardar zum untern harısu oder Vestus von Wnach 0 Jin Hintergrund gegen 0. Kurbeisha Planina
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Sitrzunssb. dk. Akad. d.W natlı.natunw. (L.IV.Bd.T.Abth, 1567.
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Tschermzk. Die kobaltführenden Arsenkiese Glaukodat u. Danait. AAY
Die kobaltführenden Arsenkiese Glaukodat und Danait.
Von dem e. M. Gust. Tsehermak.
Die Mineralien, welche die Form des Arsenkieses besitzen, ent-
halten zuweilen außer den Bestandtheilen des letzteren auch eine
nieht unbedeutende Menge von Kobalt; eines dieser Mineralien —
der Glaukodot Breithaupt's — hat sogar viel mehr Kobalt als
Eisen, und steht daher in der Zusammensetzung dem Kobaltin nahe.
Es besteht also eine Reihe von isomorphen Mischungen, welehe mit
der Verbindung EeAsS, dem Arsenkies beginnt und mit dem Gliede
€oAsS endet. Der Glaukodot stellt noch nicht dieses Endglied dar,
indem er noch Eisen enthält.
Da ein eisenarmer Glaukodot dieselbe Zusammensetzung hätte
wie der tesserale Kobaltin, so ist eine Dimorphie der Substanz E0AsS
zu vermuthen. Sowie bei dem Eisenkies die Substanz FeSS einmal
tesseral als Pyrit ein anderesmal rhombisch als Markasit auftritt, so
verhielte es sich auch mit dem Kobaltin und Glaukodot. Die Unter-
suchung des letzteren Minerales hat also noch manche Frage zu
beantworten und deshalb schien es mir lohnend einen Glaukodot,
wovon vor Kurzem Herr Direktor M. Hörnes einige große Krystalle
für das Hof-Mineralienkabinet erwarb, genauer zu prüfen.
Das Mineral stammt von Hakansbö in Schweden. Es ist verwach-
sen mit Kupferkies und Kobaltin, und bildet einzelne vollkommen aus-
gebildete bis 1'/, Zoll große Krystalle, welehe ein aufrechtes Prisma
von 20 mit glatten Flächen und ein Längsprisma von 118° zeigen,
dessen Flächen immer etwas gerieft erscheinen, da auch ein zweites
Längsprisma in oscillatorischer Combination auftritt. Letzteres kömmt
auch mit deutlichen Flächen ausgebildet vor. Die Form stimmt mit der
des Arsenkieses nahezu überein, wie man aus dem Vergleich meiner
annähernden Messungen mit den Angaben Miller's erkennt.
A4S Tscehermak.
Glaukodolt Arsenkies
N een m: m = 110°1 11122
41Poo: dei an NE ELLE 117 52
ooP:1Poo ...m:ıs = 107 106 57
N es .s:l = 161 160 45.
Die Spaltbarkeit ist wie beim Arsenkies ziemlich deutlich nach
dem Prisma mn, außerdem weniger deutlich nach der Endfläche c.
Die Farbe ist röthlich silberweiss doch nicht mit so viel Roth
wie beim Kobaltin. Das Eigengewicht ist 5:973. Beim Erhitzen
im engen Kolben liefert das Mineral ganz so wie der Arsenkies ein
dreifaches Sublimat: rothes und braunes Schwefelarsen nebst einem
Arsenspiegel. Auf Kohle erhitzt gibt es nach Vertreibung des Arsens
eine tief graue Kugel. Das Pulver der letzteren mit Borax zusammen-
geschmolzen liefert ohne weiteres ein kobaltblaues Glas. Es vereinigen
sich also die Reactionen des Arsenkieses und des Kobaltin. Die
chemische Zusammensetzung hat auf meine Bitte Herr Dr. E. Ludwig
mit vieler Sorgfalt bestimmt:
Schwefelr . se. 19:80
ATSenv Le ee 4403
Eisen ul ae, 19:34
Kobaltins:D: 300, 16-06
Niekelset#. 4.5’: 155 : 0:00
99:23.
Diese Zahlen entsprechen den Verhältnissen des Arsenkieses und
des Kobaltin, und zwar einer Mischung beider Substanzen nach dem
Verhältnisse:
(FeAsS), (EoAss$),-
Vergleicht man damit die Zusammensetzung des Glaukodotes von
Huasko in Chile, dessen Mischung nach der Analyse Plattner's
(FeAsS), (EoAsS),, so erkennt man, daß das schwedische Mineral
dem Arsenkiese näher stehe als das Chilensische.
Plattner berechnet Ludwig berechnet
ee Fe
De ee ee a eg
Schwefel, 3 „2.42... 20:21 19.41 19-80 19-49
AUsen.. > u. 0e 4320 45.49 44083 45:67
Bisen.. > .,. sc v14290, 11:32 19-34 18:94
Kobalt. er nen 23:18 16:06 15:90
10008 100 99:23 100.
Die kobaltführenden Arsenkiese Glaukodot und Danait. AAO
Früher wurde bemerkt, dafd mit dem schwedischen Mineral auch
Kobaltin verwachsen vorkomme. Die Gesellschaft bot sich in der
Weise dar, daß kleine Krystalle von Kobaltin, welche die Flächen
des gewöhnlichen Pentagondodekaäders, des Hexaöders und Oktae-
ders zeigen, in die Fläche eines grossen Glaukodotkrystalles eingesenkt
erschienen. Demnach kommt die Substanz €0AsS an derselben Stufe
sowohl rhombisch als tesseral krystallisirt vor, gerade so wie man
Pyrit und Markasit neben einander beobachtet hat.
Es erscheint mir nicht unrichtig das schwedische Mineral zum
Glaukodot zu stellen, obgleich dasselbe merklich weniger Kobalt ent-
hält, denn es unterscheidet sich in seinen Eigenschaften fast gar nicht
von dem Glaukodot Breithaupt’s, während es von dem nächsten Zwi-
schengliede, welches zum Arsenkies führt, dem Danait oder Kobaltarsen-
kies durch Farbe und Löthrohrverhalten unterschieden werden kann.
Demnach wäre ein zweiter Fundort für den Glaudokot bekannt.
Früher wurde auch Orawieza im Banat als solcher angegeben. Ich
habe bei Gelegenheit der Beschreibung des Alloklas gezeigt, daß
dieses nicht richtig sei!) und in Orawieza kein Glaudokot vorkomme.
Damals versäumte ich aufmerksam zu machen, daß die Analysen von
Hubert und Patera, welche nunmehr wegfallen, in dem Handbuche
der Mineralchemie von Rammelsberg zweimal angeführt sind, einmal
unter Kobaltin und ein zweitesmal unter Glaukodot mit einem Druck-
fehler, indem die Zahlen für Eisen und Kobalt verkehrt angegeben
erscheinen.
ie Arsenkiese, welche viel weniger Kobalt enthalten als der
Glaukodot, hat man früher als Kobaltarsenkiese bezeichnet; jene von
Franeonia in New-Hampshire und von Tllam pu in Bolivia sind
nach dem Vorschlage von Hayes Danait genannt worden. Ich möchte
es für angemessen halten für alle diese Kiese statt einer schleppen-
den Bezeichnung den Namen Danait zu gebrauchen.
Das Hof-Mineralienkabinet besitzt Kiese aus dieser Abtheilung
von den Fundorten Modum und Skutterud in Norwegen, Hakansbö in
Schweden, Franconia in New-Hampshire. Ich habe dieselben einer
Untersuchung unterzogen. Die Formenbildung ist, wie bekannt, bei
diesen Kiesen etwas mannigfaltiger als beim Arsenkies. Es ließen
sich folgende Flächen erkennen:
1) Sitzungsberichte der Wiener Akademie Bd. LIN. p- 220.
450 Tschermak.
a.. (10). .ooPo . . Franeonia
D .. (010). .ooPooe . . (matt) Hakansbö
m... (110). .»©27. Znlivemem
SE nn.
t .. (301). .3Poo . . (matt) Franconia
u... (201). .2Poo . . Hakansbö
<
l. .,(301). „.Boo 1.5 „ilallgemem
&. . (402)22 2 1R50 . allgemein
©... (405). 7 Poo . Franeonia, Skutterud
2 S(CLON) ee er7oo . Modum
I ESEINTALPIIEENNElraneonia
ei AR . Franconia
Combinationen: m. v, !, e Skutterud — m, !, r, e Modum —
m, I, s, e Modum — m, ! Hakansbö — m, s, 1, e. u, b Hakansbö —
m, e,l,t Franconia m, e,!,s,v,t,g, h Franconia. Die Flächen
t,v, hhat Kenngott am Danait von Franconia bestimmt t). Die
Fläche «, welche sich nur an dem von Hakansbö fand, macht mit
! einen Winkel von 162°45, der berechnete ist 162°51, wenn =
79°2% wie Miller angibt. Außer den für den Danait angeführten
Flächen finden sich bei Dana noch 3P=(331), P2=(121) und
3P2—=(231). Die Fläche r=1Po, so gewöhnlich beim Arsenkies,
kommt bei den Danaiten selten vor.
Die physikalischen Eigenschaften und das Verhalten beim
Erhitzen sind wie bei dem Arsenkies. Die geröstete Probe aber färbt
das Boraxglas blau, nachdem die Schmelze längere Zeit im Reductions-
feuer erhitzt worden ist.
Der Kobaltgehalt der bisher untersuchten Danaite schwankt
zwischen 3 und 9:6 pc. Die Analysen mögen hier aufgeführt werden,
da über einige derselben eine Bemerkung nicht unnöthig erscheint.
I II I IV V VI vi
Schwefel . . 19:08 20:86 19:98 17:66 17:84 17-48 18:27
Arsen ... 4314 A294 A253 46:77 AlA4 ATAS A283
Eisen . .. 24-99 28-03 2%5°98 26-62 32-94 30:91 29-22
Kobalt ... . 962 8:92 8:67 8:52 16.45 4:75 Es
5-12 Mn
Kupfer... 2:36 — — ar TG 0-SıNi
Antimon . . 104 = 2-84 _ >= _- 0:64 Bi
100.23 100:75 100 99-62 98:67 100:59 100
1) Sitzungsberichte der Wiener Akademie, Bd. IX, p. 583.
Die kobaltführenden Arsenkiese Glaukodot und Danait. 451
I. Derb, sogenannter Stahlkobalt von Hamberg bei Siegen nach
Düringsfeld.
II. Dasselbe Mineral nach Schnabel.
II. Strahlig, sogenannter fasriger Speiskobalt von der Grube
„grüner Löwe“ bei Siegen nach Schnabel.
IV. Krystallisirt, von Modum nach Scheerer. Mittel dreier Analysen.
V. Kıystallisirt, von Franeonia nach Hayes.
VI. Krystallisirt, von Modum nach Wöhler.
YI. Derb, von Ilampu, Bolivia nach D. Forbes.
Die Arsenkiese aus der Gegend von Siegen werden in den Hand-
büchern als Kobaltin angeführt; wie mir scheint nicht ganz mit Recht,
denn Schnabel gibt blos an, daß „die Spaltbarkeit des Minerales
auf Würfelflächen hinzudeuten scheine aber Krystalle nicht beob-
achtet worden seien“, ferner gesteht er selbst zu, dal® man es als einen
kobalthaltigen Arsenkies ansehen könne. Der Danait von Franconia
hätte nach der Analyse von Hayes etwas zu wenig Schwefel und
Arsen für die Formel des Arsenkieses und man hat defhalb schon
Bedenken getragen, denselben zum Arsenkies zu stellen, obgleich er
die Form des letzteren besitzt. Wenn man aber bedenkt, daß auch
in den Analysen II, IV und VI der Schwefelgehalt nach der Rechnung
nur zwischen 19-58 und 19-43 der Arsengehalt zwischen 45:90 und
45:54 schwanken sollten, so wird man auch bei diesem Danait keine
viel größere Abweichung als bei jenen erkennen.
Hier muß noch ein Mineral erwähnt werden das auch zu den
eben aufgezählten Kiesen gehört und das von Kenngott als Eisen-
kobaltkies von Modum in Norwegen aufgeführt und für eine rhombisch
krystallisirte Verbindung von Eisen, Kobalt, Arsen angesehen wurde,
also die Substanz des Smaltines in rhombischer Form darstellen
würde ). Kenngott bestimmte das aufrechte Prisma zu 115° die
Diehte zu 6:03 und fand die obigen Bestandtheile aber keinen
Schwefel. Da indeß bei der geringen Menge die das Mineral ausmacht,
eine Irrung leicht möglich, untersuchte ich dasselbe Stückchen das
in der Sammlung des Hof-Mineralienkabinetes aufbewahrt wird,
nochmals. Ich fand die Form des Arsenkieses ooPp=111'! außer-
dem Poo = 80° überdies die Flächen s — 1Poo und e= Poo und
die Spaltbarkeit parallel ©P. Im engen Glaskölbchen liefert das
1) Sitzungsberichte der Wiener Akademie, Bd. XII, p. 23.
452 Tschermak. Die kobaltführenden Arsenkiese Glaukodot und Danait.
Mineral dasselbe dreifache Sublimat wie der Arsenkies und gibt im
übrigen die Reaetionen des Danaits. Somit ist dasselbe von dem in
Modum vorkommende Danait nicht verschieden.
So wie es kobalthaltige Arsenkiese gibt, so dürften sich auch
Niekelhaltige finden, wenigstens deutet eine Analyse Ph. Kröber's,
der in einem Arsenkies aus der Gegend von La Paz und Yungas in
Bolivia 474 pe Nickel fand '), darauf hin.
1) Jahresbericht für Chemie ete. von H. Will für 1865, p. 871.
Fitzinger. Versuch einer natürl. Anordn. d. Nagethiere (Rodentia). A53
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere
| (Rodentia).
Von dem w. M. Dr. I. J. Fitzinger.
Bei keiner Ordnung der Säugethiere gehen die Ansichten der
Naturforscher sowohl bezüglich der Zahl, als auch der Begrenzung
der Familien derselben so weit auseinander und weichen auch in
Ansehung der Einreihung der verschiedenen Gattungen in dieselben
so sehr von einander ab, als bei der Ordnung der Nager (Rodentia).
Bei keiner hat aber auch das Gesetz der Mannigfaltigkeit so
großen Ausdruck gefunden, als gerade bei dieser und hierin ist der
Grund jener kaum zu bewältigenden Schwierigkeit zu suchen, die-
selben nicht nur ihrer scheinbar natürlichen Verwandtschaft nach,
sondern so zu gruppiren, daß man auch im Stande ist, die für sie
aufgestellten Gruppen mittelst durchgreifender Charactere scharf von
einander zu sondern, ohne der wirklich vorhandenen natürlichen Ver-
wandtschaft irgend einen Eintrag zu thun.
Um diess recht anschaulich zu machen, braucht man nur einen
Blick auf die von den Zoologen seither in Vorschlag gebrachten Ein-
theilungen zu werfen, denn bald wird man sich hieraus die Überzeu-
gung verschaffen, auf welch’ schwankenden Grundlagen dieselben
beruhen und wie oft Willkühr oder individuelle Anschauung und
Phantasie in die Wahrheit eingegriffen haben.
Illiger theilt die Nager oder Pfötler (Prensiculantia) — wie
er sie nennt, — in seinem „Prodromus Systematis Mammalium_ et
Avium“ 1811 in acht Familien ein und stellt für dieselben folgende
Kennzeichen fest:
I. Macropoda. Langbeine.
Pedes saltatorii. Dentes molares obdueti aut complicati, supra
infraque 8 aut 6.
454 Fitzinger.
Hierher die Gattungen: Dipus, — Pedetes — und Meriones;
Il. Agilia. Schwippe Thiere.
Antipedes tetradaetyli et verruca hallucari. Molares obdueti,
supra 10 vel 8, infra 8.
Mit den Gattungen: Myoxus. — Tamias, — Sciurus — und
Pteromys;
III. Murina. Mauseartige Thiere.
Antipedes pentadactyli vel tetradaetyli et verruca hallucari. Mo-
lares obducti supra 10, 8, 6, infra 8, 6. Canda vel elongata pilosa,
vel nudiuseula annulata, vel brevis.
Dazu die Gattungen: Arctomys, —- Cricetus, — Mus, —
Spalax — und Bathyergus;
IV. Cunieularia. Erdwühler.
Pedes pentadaetyli digitis fissis. Molares lamellossi aut eompli-
eatı utrinque 6. Corpus pilosum. Cauda pilosa.
Mit den Gattungen: Georychus, — Hypudaeus — und Fiber;
V. Palmipeda. Schwimmpfötler.
Scelides palmatae, pentadactylae. Molares complicati supra 4
aut 10, infra 4 aut 8.
Hierher die Gattungen: Hydromys — und Castor;
VI. Aculeata. Stachelträger.
Molares compliecati utrinque 10. Corpus aculeatum.
Mit den Gattungen: Aystrie — und Loncheres;
VII. Duplieidentata. Doppelzähner.
Molares lamellosi, supra 12, infra 10. Primores superiores a
tergo duplieati.
Dazu die Gattungen: Lepus — und Lagomys;
VII. Sub-ungulata. Hufkraller.
Molares lamellosi aut complieati, utrinque 8. Corpus pilosum.
Ungues sub-ungulati, aut faleulati (in scelidibus tridaetylis).
Mit den Gattungen: Coelogenys, — Dasyprocta, — Cavia —
und Hydrochoerus.
Die Gattung Chiromys bringt er ihres abgesonderten Daumens
an den Hinterfüssen wegen, mit den Affen, Maki’s und Galago’s
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere (Rodentia). Ab55
in seine Ordnung der Daumenfüsser, Pollicata, bildet aus derselben
aber eine besondere Familie, die er Lepfodactyla, Dünnfinger nennt
und folgendermassen charakterisirt:
Podarium manus. Manieulorum digiti medii duo elongati graciles.
Dentes primores utrinque 2. Pro laniarjis diastema.
Cuvier scheidet die Nagethiere in der ersten Ausgabe seines
„Regne animal“ 1817 in zwei große Gruppen.
I. Nagethiere mit vollkommenen Schlüsselbeinen. Mit den Gat-
tungen Castor, — Arvicola, — Fiber, — Georychus, (Lemmus)
— Echimys, — Myoxus, — Hydromys, — Mus, — Cricetus, —
Dipus, — Spalas, — Oryeteres (Bathyergus, — Georhychus),
— Pedetes, — Arctomys, — Sciurus, — Pteromys — und
Cheiromys; und
II. Nagethiere mit unvollkommenen oder fehlenden Schlüssel-
beinen. Mit den Gattungen Aystrix, — Lepus, — Lagomys, —
Hydrochoerus, — Anoema, — Chloromys (Dasyprocta) und
Coelogenys-
In der zweiten Ausgabe, welche im Jahre 1827 erschien, be-
hält er zwar dieselben beiden großen Gruppen bei, ändert aber die
Reihenfolge der Gattungen.
Hiernach erscheinen in der ersten Gruppe, die Gattungen
Sciurus, — Tamias. — Pteromys, — Cheiromys, — Arctomys,
Spermophilus, — Myoxwus, — Echimys, — Hydromys, — Capro-
mys, — Mus, — Gerbillus (Meriones), — Meriones (Jaculus), —
Cricetus, — Arvicola, — Fiber, — Hypudaeus, — Georychus
(Lemmus), — Otomys, — Dipus, — Pedetes, — Spalax, — Ba-
thyergus, — Geomys, — Diplostoma, — Castor — und Myopotamus;
in der zweiten Gruppe die Gattungen Aystriv, — Atherurus,
— Erethizon, — Synetheres, — Lepus, — Lagomys, — Hydro-
choerus, — Anoema, — Kerodon, — Chloromys (Dasyprocta) —
und Coelogenys.
Kaup, der ein natürliches System anzustreben versuchte, hat
die Nagethiere in seinem „Thierreich“ 1835 auf eine eigenthüm-
liche Weise geordnet und indem sie höhere oder niederere Formen
seiner übrigen Ordnungen darstellen oder wiederholen, neun Familien
aus ihnen gebildet; und zwar:
1. Nager, welche die Äffer (Hemipitheei) darstellen, mit der
einzigen Gattung Chiromys;
Sitzb. d. mathem.-naturw, Cl. LV. Bd. I. Ahth, 31
456 Fitzinger.
2. Nager, welehe die Fledermäuse (Chiroptera) darstellen, mit
den Gattungen Seiurus, — Pteromys, — Tamias, — Spermophilus
— und Aretomys ;
3. Nager, welehe die Inseetenfresser (Inseetivora) wiederholen,
mit den Gattungen Fiber, — Hypudaeus, — Georychus (Myodes,
— Siphneus), — Spalax, — Orycterus (Georhychus), — Bathyer-
gus, — Ascomys, — Otomys (Euryotis);
4. Nager, welche die Beutelthiere (Marsupialia) darstellen,
mit den Gattungen Pitechirus, — Cricetus, — Mus, — Gerbillus
(Meriones), — Meriones (Jaculus) — Cercomys, — Capromys, —
Pedetes, — Dipus, — Lagostomus, — Chinchilla (Lagidium), —
Eriomys ;
5. Nager, welche den Schnabelthieren (Monotremata) ent-
sprechen, mit den Gattungen Castor — und Myopotamus ;
6. Nager, welche den Zahnarmen (Edentata) gleichen, mit den
Gattungen Hystrie — und Synethere;
7. Nager, welche die Raubthiere (Carnivora) wiederholen, mit
den Gattungen Myowus, — Graphiurus — und Hydromys ;
8. Nager, welche die Diekhäuter (Pachydermata) darstellen,
mit den Gattungen Cavin, — Hydrochoerus, — Dasyprocta, —
Coelogenys; und
9. Nager. welche die Wiederkäuer (Ruminantia) wiederholen,
mit den Gattungen Lepus — und Lagomys.
Milne Edwards, weleher in seinen „Klemens de Zoologie“
der Haupteintheilung Cuvier's folgte, theilt die Nager in zwölf
natürliche Familien, die er in nachstehender Weise gruppirt.
Il. Nagethiere mit Schlüsselbeinen (Rosores
claviculalti).
1. Familie. Seiurina. Mit den Gattungen Sciurus, — Tamias,
— Macroxus, — Pteromys — und Chiromys;
2. Familie. Murina. Mit den Gattungen Arctomys, — Spermo-
philus, — Mus, — Cricetus, — Myoxus — und Gerbillus (Meri-
ones); |
3. Familie. Dipodes. Mit den Gattungen Meriones (Jaculus)
— und Dipus;
4. Familie. Arvicolae. Mit den Gattungen Arvicola (Hypu-
daeus), — Georychus (Lemmus) — und Fiber ;
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) A5T
5. Familie. Helamyes. Mit der Gattung Helamys (Pedetes) ;
6. Familie. Chinchillae. Mit den Gattungen Chinchilla (Callo-
mys), — Lagostomus — und Lagotis;
7. Familie. Talpiformes. Mit den Gattungen Spalax — und Ba-
thyergus (Oecycteres);
8. Familie. Castorina. Mit den Gattungen Castor — und Myopo-
tamus.
I. Nagethiere mit unvollkommenen Schlussel-
beinen (Rosores imperfecte claviculalti).
1. Familie. Hystrices. Mit der Gattung Aystrix (Hystriw,
— Atherurus, — Erethizon, — Synetheres);
2. Familie. Coelogenyes. Mit den Gattungen Chloromys (Dasy-
procta) — und Coelogenys ;
8. Familie, Caviae. Mit den Gattungen Hydrochoerus — und
Cavia (Anoema); und
4. Familie. Leporina. Mit den Gattungen Lepus— und Lagomys.
Leiblein zerfällt die Nagethiere (Rosoria s. Glirina) in seinem
Werke „Grundzüge einer methodischen Übersicht des Thierreiches“
1839 in nachstehende eilf Familien:
1. Familie. Fingerthiere (Chiromydea), mit den Gattungen
Chiromys — und Pithechirus;
2. Familie. Eichhörnchen (Seiurina), mit den Gattungen My-
oxus, — Graphiurus, — Sciurus, — Pteromys;, — Tamias, —
Aretomys — und: Spermophilus;
3. Familie. Mäuse (Murina), mit den Gattungen Crzicetus, —
Mus, — Euryotis, — Gerbillus (Meriones) — und Capromys .
4. Familie. Wühlmäuse (Cunicularia), mit den Gattungen
Hypudaeus, — Lemmus — und Mynomes;
5. Familie. Maulwurfsmäuse (6eorhychina), mit den Gattungen
Spalax, — Georhychus, — Saccomys, — Ascomys, — Bathyer-
gus, — Ütenomys, Psammoryetes — und Siphneus ;
6. Familie. Springmäuse (Salientia), mit den Gattungen Dipus -
— und Meriones (Jaculus);
7. Familie. Hasenmäuse (Lagostomina), mit den Gattungen
Pedetes, — Eriomys, — Lagidium — und Lagostomus ;
8. Familie. Biber (Palmipedia), mit den Gattungen Castor, —
Myopotamus, — Hydromys — und Fiber;
31°
458 Rıtzuneer,
9. Familie. Stachelthiere (Aeculeata), mit den Gattungen Au-
lacodus, — Loncheres, — Hystriv, — Atherurus — und Sphin-
gurus;
10. Familie, Hufkrallige (Subungulata), mit den Gattungen
Hydrochoerus, — Cavia, — Coelogenys — und Dasyprocta; und
11. Familie. Doppelzähnige oder Hasen (Duplieidentata s. Le-
porina), mit den Gattungen Lepus — und Lagomys.
Waterhouse brachte in seinen „Observations on the Ro-
dentia, with a view to point out the groupes, as indicated by the
structure of the Crania, in this order of Mammals“ — welche im
III. Bande von Loudon s und Charlesworth’s „Magazine of
natural History“ S. 90, 184, 274 und 593 im Jahre 1839 erschie-
nen, — eine neue, von jenen seiner Vorgänger in mannigfacher Be-
ziehung abweichende Eintheilung der Nagethiere in Vorschlag, in-
dem dieselbe nicht sowie diese, nur auf äusseren Merkmalen und dem
Zahnbaue allein beruht, sondern hauptsächlich auf die Bildung des
knöchernen Schädels überhaupt und insbesondere auf die Beschaf-
fenheit des unteren Augenhöhlenloches gegründet ist.
Durch diese bei der systematischen Eintheilung der Nagethiere
vorher völlig unberücksichtiget gelassenen Merkmale wurden höchst
wichtige Anhaltspunkte geboten, die so überaus zahlreichen und
scheinbar in mannigfaltiger Weise gleichsam in einander übergehen-
den Formen dieser Säugethier-Ordnung in schärfer abgegrenzte
Gruppen oder Familien zu scheiden und dieselben überhaupt auf
eine festere Grundlage zu stellen, wodureh es möglich geworden ist,
das angestrebte Ziel einer natürlichen Anordnung der Nagethiere,
wenn auch nicht zu erreichen, doch wenigstens sich demselben
bedeutend zu nähern. Seiner Eintheilung zufolge werden die Nager
in neun Familien geschieden, welche er in drei grösseren Abtheilungen
zusammenfasst, wie aus nachstehender Übersicht hervorgeht.
I. Abtheilung. Murina.
1. Familie. Seiuridae. Mit den Gattungen Pferomys, — Seciu-
ropterus, — Sciurus, — Macrozus, — Tamia, — Geosciurus, —
Spermophilus — und Arctomys ;
2. Familie. Myoxidae. Mit den Gattungeu Myoxus — und Gra-
phiurus;
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) A459
3. Familie. Gerboidae. Mit den Gattungen Dipus, — Alactaga
— und Meriones (Jaculus) ;
4. Familie. Muridae. Mit den Gattungen Mus, — Gerbillus ( Me-
riones), — Psammomys, — Reithrodon, — Hydromys, — Crice-
tus, — Sigmodon, — Neotoma, — Hapalotis — und Rhizomys;
5. Familie. Arvicolidae: Mit den Gattungen Castor, — On-
datra, — Arvicola, — Lemmus, — Geomys — und Spalaz.
BE. Abtheilung. Hystricina.
1. Familie. Getodontidae. Mit den Gattungen Abrocoma, — Oc-
todon, — Poephagomys — und Ütenomys;
2. Familie. Hystrieidae. Mit den Gattungen Bathyergus (Geor-
hychus), — Oryeterus (Bathyergus), — Myopotamus, — Capro-
mys, — Echimys, — Aulacodus, — Hystrie, — Dasyprocta —
und Coelogenys ;
3. Familie. Chinchillidae. Mit der Gattung Chinchilla ;
4. Familie. Caviidae. Mit den Gattungen — Cavia und Hydro-
choerus.
BEE. Ahbtheilung. Zeporina.
1. Familie. Leporidae. Mit den Gattungen Lepus — und Lagomys.
Späterhin nahm Waterhouse in dieser Eintheilung einige Ver-
änderungen vor, die er in einer besonderen Abhandlung im Bande X.
der „Annals of natural History“ veröffentlichte. Er löste seine Fa-
milie der Arvicolidae in ihrer bisherigen Begrenzung auf, indem er
die Gattungen Castor und Geomys aus derselben ausschied und
seiner Familie der Sciuridae zuwies, für die Gattung Spalax aber,
welche gleichfalls früher in dieser Familie begriffen war, nebst der
Gattung Ahizomys aus der Familie der Muridae und der Gattung
Heterocephalus eine besondere Unterfamilie seiner Muridae bildete,
die er Spalacidae nannte, während er die Arvicolidae mit den Gat-
tungen Ondatra, Arvicola und Lemmus als zweite Unterfamilie der-
selben anschloß.
Wagner hat die Ordnung der Nager in einer anderen Weise
gruppirt und seine Arbeit zuerst inden „Münchener Gelehrten Anzeigen“
1841, Nr. 50—-54 veröffentlicht, aus welcher sie kurz darauf in
460 Fitzinger.
Wiegmann's „Archiv für Naturgeschichte* 1841 Bd. II. S. 111
übergegangen ist.
Er hat dieser Gruppirung nicht blos den äusseren Habitus,
sondern auch den Skelet- und Zahnhau zu Grunde gelegt, und selbst
auf die Eingeweide, — soweit diese bekannt waren, — Rücksicht
genommen; wobei er auf die wirklichen Verbesserungen, welche
seine Vorgänger und namentlich Wiegmann und Waterhouse
bereits in dieser Ordnung eingeführt hatten, stets sorgfältigen Be-
dacht nahm.
Bei Feststellung seiner Familien hat er daher alle Merkmale
gleichmäßig berücksichtiget und die überwiegend vorwaltenden der-
selben zu ihrer Begrenzung benützt; niemals aber einem einzelnen
Merkmale ein besonderes Übergewicht eingeräumt.
Hierdurch ist es ihm gelungen, alles Künstliche bei seiner Ein-
theilung möglichst entfernt zu halten und eine fast durchgängig na-
turgemäße Anordnung der Nager zu erzielen.
Bei Befolgung dieser Grundsätze haben sich ihm zwölf Familien
herausgestellt, von denen er jene der Mäuse als den Mittelpunkt der
ganzen Ordnung betrachtet und von dieser aus eine strahlenförmige
Verkettung mit den übrigen Familien annimmt.
Seine Familien sind folgende, mit nachstehenden Charakteren:
l. Pedimana. Fusshänder.
Digiti anteriores longissimi, pedes posteriores pollice instructi;
eranium rotundatum, orbitae postice clausae.
Hierher die einzige Gattung: Chiromys.
ll. Seiurina. Hörnchen.
Pedes anteriores digitis 4. et verruca hallucari, posteriores 5-
daetyli; cauda dense pilosa; dentes molares 5/,; ossa frontalia dila-
tata, processu postorbitali distineto instrueta; foramen infraorbitale
angustissimum.
Mit den Gattungen: Seiurus, — Pteromys, — Tamias, —
Spermophilus — und Arctomys.
III. Myoxina. Schläfer. |
Pedes anteriores digitis 4 et verruca hallucarı, posteriores
d-daetyli; cauda elongata villosa; dentes molares #/,; ossa frontalia
valde eoaretata, processu postorbitali privata; intestinum eoeeum
nullum.
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) 461
Dazu die einzige Gattung: Myowus.
IV. Macropoda. Springer.
Artus distineti saltatorii, anteriores brevissimi, posteriores lon-
gissimi; cauda longa pilosa; foramen infraorbitale magnum.
Mit folgenden, in 2 Sippen zerfallenden Gattungen:
a) Dipus, — Scirtetes — und Jaculus,
b) Pedetes.
V. Chinchillina. Hasenmäuse.
Auriculae magnae; scelides antipedibus subduplo longiores;
cauda producta, supra et ad apicem longius setosa; vellus molle:
dentes molares */, e laminis 2—3 parallelis compositi.
Hierher die Gattungen: Eriomys, — Lagidium — und La-
gostomus.
Vi. Psammoryetina. Schrotmäuse.
Habitus murinus; artus proportionales; auriculae mediocres
(rarius magnae); foramen infraorbitale magnum; mandibulae angu-
lus in euspidem elongatum excurrens; dentes molares #/,.
Dazu die nachstehenden, in 2 Sippen geschiedenen Gattungen:
a) Habrocoma, — Octodon — und Psammoryctes,
b) Capromys, — Aulacodus, — Loncheres, — Cercomys, —
Dactylomys — und Petromys.
VII. Cunicularia. Wurfmäuse.
Corpus erassum, eylindraceum; eaput obtusum ; oeuli minuti aut
teceti; aurieulae et cauda nullae aut parvae; artus anteriores posterio-
ribus robustiores; pedes 5-daetyli; dentes primores exserti, lati,
truneati.
Mit folgenden, in 2 Sippen getheilten Gattungen:
a) Ommatostergus, -— Spalas, — Chtonoergus, — Rhizomys,—
Georychus — und Ctenomys, |
b) Siphneus, — Ascomys, — Thomomys, — Geomys, — Ba-
thyergus — und Haplodon.
VIII. Murina. Mäuse.
Oeuli distineti; aurieulae et cauda plus minusve exsertae; artus
posteriores anterioribus longiores; pedes anteriores digilis 4 et ver-
ruca hallucari, posteriores 5-dactyli; cauda nuda aut minus pilosa;
foramen infraorbitale longitudinale, supra dilatatum, infra angusta-
A462 Fitzinger.
tum; mandibulae angulus rotundatus; dentes primores inferiores
acuminati.
Hierher folgende, in4 Sippen geschiedene Gattungen, von denen
die zweite Sippe in 4, die vierte in 2 Unter-Sippen getheilt ist:
a) Hydromys,
b) «. Mus, — Cricelus, — Dendromys, — Akodon, — Hapalotis
— und Pseudomys,
B. Mystromys, — Rhombomys, — Psammomys, — Meriones
— und Euryotis,
y. Sigmodon, — Neotoma, — Elimodon, — Reithrodon —
und Ctenodactylus,
6. Myodes, — Hypudaeus — und Fiber,
c) Sminthus,
d) «. Perognathus,
B. Saccomys.
IX. Castorina. Biber.
Corpus robustum, magnum; pedes 5-dactyli, posteriores pal-
mati; dentes primores validi, cestriformes, molares */, complicati,
latere altero triplieati, altero uniplicati.
Mit den Gattungen: Castor — und Myopotamus.
X. Hystrieina. Stachelschweine.
Corpus aculeis teretibus validis, setis intermixtis vestitum
foramen infraorbitale maximum; claviculae incompletae; dentes mo-
lares */, eomplicati.
Dazu nachstehende Gattungen, welche in 2 Sippen zerfallen:
a) Hystriw — und Atherura,
b) Erethizon — und Cercolabes.
Xl. Subungulata. Hufpfötler.
Corpus pilis teetum; cauda brevissima aut nulla; ungues subun-
gulaeformes; foramen infraorbitale permagnum; clavieulae incom-
pletae; dentes molares */,.
Mit folgenden, in 2 Sippen geschiedenen Gattungen:
a) Dasyprocta — und Coelogenys,|
b) Hydrochoerus, — Cavia — und Kerodon.
XII. Duplieidentata. Doppelzähner.
Dentes primores superiores duplicati; foramen infraorbitale
parvum; foramina optica conjuncta; palatum osseum singula-
. 1° . . »6
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) A63
riter coaretatum; claviculae partim incompletae, partim com-
pletae.
Hierher die Gattungen: Lepus — und Lagomys.
Dieser Eintheilung ist Wagner beiBearbeitung der Fortsetzung
des Schreber' schen Werkes „Naturgeschichte der Säugethiere*
Supplement 3. Abtheilung 1843 und 4. Abtheilung 1844 bezüglich
der Familien vollkommen getreu geblieben; nur hat er für die Familie
derSpringer die Benennung Macropoda in Dipoda geändert, die Cha-
rakteristik für die Familien Myoxina, Dipoda, Chinchillina, Hystri-
cina und Subungulata eiwas erweitert und jene für die Familie der
Psammoryctina durch die Aufnahme der Gattung Cfenodactylus,
welche er nach später erhaltener eigenen Ansicht des Schädels aus
der Familie derMäuse herüberzog, dahin verändert, daß er der Zahn-
formel: molares */,, rarissime 3/,;“ beifügte.
Bei den Gattungen hat er jedoch einige wesentliche Verände-
rungen vorgenommen. Dieselben bestehen theils in der Aufführung
und Einreihung entweder ganz neuer, oder in der Zwischenzeit näher
bekannt gewordenen Gattungen; wie Dipodomys in der Familie der
Dipoda, dann Cricetomys, — Phloeomys, — Malacothrie und
Holochilus in der Familie der Murina; theils in der schon erwähnten
veränderten Stellung der Gattung Ctenodactylus, durch Übertragung
aus der Familie Murina in die der Psammoryctina; endlich in der
Zertheilung einer Gattung in mehrere, oder umgekehrt, der Zusam-
menziehung mehrerer in eine.
So hat er bei der Familie der Psammoryetina die Gattung
Loncheres in 2 Gattungen geschieden: Loncheres und Echinomys;
und ebenso bei der Familie der Subungulata, die Gattung Cavia in
zwei: Cavia und Dolichotis, bei der Familie der Cunicularia aber
die Gattung Ommatostergus zu Spalax, die Gattungen Thomomys
und Geomys zu Ascomys, und bei der Familie der Aystrieina die
Gattung Atherura zur Gatlung ÄAystrix gezogen.
Minder wesentliche Veränderungen sind die hie und da vorge-
nommene veränderte Aufeinanderfolge der einzelnen Gattungen und
die Änderung einiger Gattungsnamen.
So hat er für Chtonoergus die ältere Benennung Ellobius, für
Elimodon die Benennung Hesperomys angenommen.
Eine fernere Veränderung dieser Qlassifieation, welche Wagner
in der Folge inWiegmann’s „Archiv für Naturgeschichte 1844 Bd.
AbA Fitzinger.
Il. S. 171 vorgenommen, besteht darin, daß er, nachdem er den
Schädel von Psammoryctes näher untersuchen konnte, diese Gat-
tung aus der Familie der ’sıımmoryelina entfernte und in die Familie
ler Cunieularia übersetzte; daher er für die Familie der Sehrot-
mäuse den Namen Oryeterina statt Psammoryctina in Vorschlag
brachte. |
Gray bringt die Nager oder die Glires, — wie er sie nennt, —
in seiner „List of the specimens of Mammalia in the collection of
the British Museum“ 1843 in fünf Familien, von denen er drei
wieder in Unterfamilien theilt, und zwar jede derselben in fünf, so
daß im Ganzen siebenzehn Familien erscheinen. Diese sind folgende:
BE. Muridae.
a) Murina. Mit den Gattungen: Acanthomys (Acomys. 1sid.
Geoffr. — Acanthomys. part. Less.) — Mus, — Micromys,
— Hesperomys, — Phyllotis, — Scapteromys, — Calomys
(Eligmodontia. Fr. Cuv.) — Nesokia, — Vandeleuria, —
Pseudomys, — Golunda,. — Leggada, — Holoch:lus (Holo-
chyse. Less.), — Oxymyeterus, — Abrothrix, — Crice-
tomys, — Cricetus, — Dendromys, — Akodon, — Phloeo-
mys, — Hapalotis ( Conilurus. Ogilby. — Notomys. Less.)
— und Perognathus ;
b) Arvicolina. Mit den Gattungen: Mystromys, — BRhombomys
— Psummomys (Ammomys. Bonap.), — Meriones (Jaculus
Wagl.), — Euryotis (Otomys. Fr. Cuv.), — 0Otomys,
Sigmodon, — Neotoma, — Teonoma, — Elismodon, — Rei-
throdon, — Ctenodactylus, — Arvicanthıs, — Arvicola (Hy-
pudaeus ig. — Brachyuus. G. Fisch ). — Hemiotomys,
_ Microtus, — Sminthus, — ? Mynomes, — Myodes — und
Lemmus (Hypudaeus. \\lig. — Cumiculus. Wagl.);
e) Saccomyna. Mit den Gattungen: Saccomys, — Heteromys (Da-
synotus. W ag].) — und Dipodomys ;
d) Castorina, Mit den Gattungen: Castor, — NMyopotamus (Po-
famys. Larr. — Hydromys. part. 6 eoffr.), — Fiber (On-
datra. Lacep. — Simotes. G. Fisch.), — ? Guillinomys —
und Hydromys ;
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) A65
e) Echimyna. Mit den Gattungen: Habrocoma (Abrocoma. W a-
terh.), — Octodon, — Psammoryctes (Psammoryctus. Less.
— Poephagomys. Fr. Cuv. — Oryctomys. Blainv.), — Ca-
promys (Isodon. Say.) — Plagiodonta (Mysateles. Less. —
Capromys. Poepp.), — Aulacodus, — Loncheres, — Ne-
lomys, — Echimys, — ? Phyllomys, — Cercomys, — Dacty-
lomys — und Petromys.
ME. Eiystricidae.
a) Hystrieina. Mit den Gattungen: Aystrie, — Atherura — und ?
Acanthion;
b) Cercolabina. Mit den Gattungen: Erethizon (Eretizon. Less.),
— Chaetomys, — Cercolabes (Coendu. Lacep. — Synetheres.
Fr. Cuv. — Eueritus. G. Fisch.) — und Sphiggurus (Sphin-
gura. Wagl.);
€) Dasyproctina. Mit den Gattungen: Dasyprocta (Chloromys.
Fr. Cuv. — Platypyga. Wlig. — Aguti. Lacep.), — Do-
lichotis (Chloromys. Cuv. — Mara. Less.), — Üovelogenys
und Osteopora ;
d) Hydrochoerina. Mit der Gattung: Aydrochverus ;
e) Caviina. Mit den Gattungen: Cavia (Cobaia. Cuv. — Anoema.
Fr. Cuv.) — und Kerodon (Galea. Meyen.).
HIE. Lepvridae.
‘Mit den Gattungen: Lepus, — Ounieulus — und Lagomys (Piea
Lacep. — Ogotona. Link.).
EV. Jerboidae.
a) Chinchillina. Mit den Gattungen: Chinchilla (Eriomys. Liech-
tenst. — Callomys. Isid. Geoffr.), — Lagotis (Lagidium.
Meyen. — Viscaccia. Sehinz.) — und Lagostomus ;
b) Pedetina. Mit der Gattung: Helamys (Pedetes. Illig.);
e) Dipina. Mit den Gattungen: Dipus, — Alactaga (Scirtetes.
Wagn.), — Jaculus, — Gerbillus (Meriones. Mlig. Wagl.)
— und Psammomys;
d) Myoxina. Mit den Gattungen :Myoxwus (@lis. Briss.), — Mus-
cardinus, — Graphiurus — und Eliomys ;
Abb Fitzinger.
o
e) Seiurina. Mit den Gattungen: Anomalurus (Aroaethrus,
Waterh.), — Pteromys (Petauristus. G. Fiseh.), — Sciu-
ropterus, — Sceiurus (Funambulus. Less. — Macroxus. Fr.
Cuv.), Rhinoseiurus, — Xerus (Geosciurus. A. Smith -
Spermoseiurus. Less.), — Tamias, — Spermophilus ( ? Cy-
nomys. Rafin. — Citillus. Pall.) — und Arctomys ;
V. Aspalacidae.
Mit den Gattungen: Spala® (Aspalax. Oliv. — Aspalomys.
Laxm. — Ommatostergus. Keys. Blas.), — Siphneus, — Chto-
noergus (Lemmomys. Less.) — Georychus, — Oryeterus, — Ba-
thyergus (Ellobius. G. Fisch. — Fossor. Forst.), — Saccophorus
(Geomys. Rafin. — Ascomys. Liehtenst. Wagl. — Pseudo-
stoma. Say. — Diplostoma. Say. — Thomomys. Pr. Max. —
Orycteromys Blainv.), — Chrysomys (Bathyergus. Rüpp.
— Rhizomys. part. Rüpp.),. — Aplodontia. (? Anisonyx. Rafin.
— Haplodon. Wagl.), — Ütenomys — und Rhizomys (Nycto-
leptes. Temm. — Aspalomys Gerv.)
Die Gattung: Cheiromys (Aie-aie. Lacep. — Daubentonia.
Geoffr. — Myspithecus. Blainv. — Chiromys. lllig.) bringt er
in seine Ordnung der Primates und reiht sie fraglich der Familie der
Lemuridae ein. |
Ebenso zieht er auch frageweise die Gattung Pitechier zur
Familie der Fhalangistinae in seiner Ordnung der Macropidae.
So unendlich viele Vorzüge auch die Wagner’sche Einthei-
lung der Nager vor allen übrigen seiner Vorgänger darbietet, und so
natürlich auch die allermeisten seiner Familien abgegrenzt erscheinen,
so bin ich doch der Ansicht, daß theils die Grenzen bei einigen der-
selben nicht immer scharf genug gezogen sind, theils hie und da
Gattungen in einzelnen Familien vorkommen, die naturgemäßer an-
deren zuzutheilen wären, endlich daß durch eine andere Aneinander-
reihung der Familien selbst, ein deutlicheres Bild von dem Zusam-
menhange derselben unter sich gegeben werden könnte.
Ich glaube, daß diese hier ausgesprochene Ansicht wohl von
allen Zoologen getheilt werden wird, welche sich mit dem Studium
der Nagethiere befaßt haben, und welche Gelegenheit hatten, sich
von der Schwierigkeit zu überzeugen, welche sich bei der Bestim-
mung der Gattungen und der Ermittelung der Familien, zu welchen
Versuch einer natürliehen Anordnung der Nagethiere. ( Rodentia.) A6%T
dieselben gehören, nach den von Wagner aufgestellten Charakteren
ergibt.
Schon im Jahre 1857 habe ich im Il. Bande meines Werkes
über die Säugethiere „Wissenschaftlieh-populäre Natur-
geschichte der Säugethiere“, welcher die Nagethiere ent-
hält, einen Umrif meiner Anordnung dieser großen Thiergruppe gege-
ben und dieselben in vierzehn natürliche Familien geschieden, nämlich:
1. Affenbilche oder Eichhornmaki’s (Chiromyes),
. Richhörner (Seiuri),
. Murmelthiere ( Arcfomyes),
. Erdgräber oder Wurfmäuse (Georhychi),
. Bilche oder Schlafmäuse (Myoxi),
. Mäuse (Mures),
. Wuhlmäuse (Hypudaei),
. Biber (Castores),
. Springmäuse (Dipodes),
. Chinchillen oder Hasenmäuse (Eriomyes),
11. Schrotmäuse ( Psammoryectae).
12. Stachelschweine ( Hystrices),
13. Ferkelhasen oder Hufpfötler (Caviae), und
14. Hasen (Lepores).
Dieser Anordnung, welche sich aber nur auf die Abgrenzung
der Familien beschränkte und blos die Haupttypen derselben in
SO I DD DE ww
ja
jan)
wenigen Gattungen umfaßte, bin ich auch jetzt noch treu geblieben
und führe dieselbe hier umständlieh aus, indem ich sämmtlichen Gat-
tungen dieser Ordnung jene Stelle zuweise, welche sie meiner An-
sicht zufolge einzunehmen haben.
Eben so wie Wagner, habe auch ich bei der Eintheilung der
Nager, welche ich hier in Vorschlag bringe, auf alle einzelnen Kör-
pertheile Rücksicht genommen, äussere sowohl, als jene, welche dem
Skelete und dem Zahnsysteme angehören, sowie nicht minder auch
auf die Beschaffenheit des Darmecanals.
Auch habe ich versucht, jene Änderungen, welche in der Wag-
ner'schen Eintheilung sowohl rücksichtlich der Feststellung der
Familien und ihrer Begrenzung, als auch bezüglich der Einreihung
der verschiedenen Gattungen in dieselben, behufs der Erzielung
wahrhaft natürlicher Gruppen vorzunehmen wären, in den nachste-
henden Blättern auszuführen; und es würde mich freuen, wenn es
AbS Fitzinger.
mir dadureh gelungen wäre, die immerhin höchst schwierige natür-
liche Gruppirung dieser an den mannigfaltigsten Formen so überaus
reichen Ordnung der Säugethiere wenigstens einen Sehritt wieder
weiter geführt zu haben.
Der wesentliehste Unterschied, weleher sieh zwischen der von
mir hier vorgeschlagenen und der Wagner'schen Eintheilung, —
welche bis jetzt als die mit der wirklichen natürlichen Verwandt-
schaft jener zahlreichen Thierformen, die in dieser Ordnung verei-
niget sind, am Meisten im Einklange stehende betrachtet werden
muss, — ergeben wird, besteht darin, daß ich dem Total-Habitus
ein höheres Gewicht beilege, als einzelnen hervorgehobenen Charak-
teren, welehe immer nur eine künstliche Gruppirung bewirken, und
insbesondere dem bei dieser Ordnung überhaupt so überaus mannig-
faltigen Zahnbaue, namentlich aber dem Zahlenverhältnisse der
Zähne, während Wagner in manchen Fällen diesem den Vorzug
vor jenem einräumen zu sollen glaubte.
Der Weg, den ieh hierbei eingeschlagen, beruht auf einer ver-
gleichenden Übersicht der Gesammtmerkmale der einzelnen Formen;
denn nur dureh eine streng durchgeführte Zusammenstellung sämmt-
lieher wiehtigeren Merkmale bei allen einzelnen Gliedern der ver-
schiedenen Gruppen ist es möglich, sich dureh das Labyrinth der so
überaus zahlreichen Formen der Ordnung der Nagethiere hindurch
zu winden und einen sicheren Anhaltspunkt zu gewinnen, um die
richtige Bestimmung der ihr angehörigen Familien und Gattungen
ohne besondere Schwierigkeiten vornehmen zu können, indem die-
selbe durch diese Methode nicht nur wesentlich erleichtert wird,
sondern auch mit voller Sicherheit erreicht werden kann. Illiger
ist mit diesem Beispiele vorangeschritten und hat für seine Zeit hierin
auch das Möglichste geleistet.
Leider aber ist dieser Weg der allein zu einem sicheren Ziele
führt, von den allermeisten späteren Naturforschern nicht in gleicher
Weise verfolgt worden, daher auch bei der ungeheuerer Anhäufung
des Materials, welche sich in der Zwischenzeit ergeben hat, die Be-
stimmung der Familien und Gattungen dieser an den mannigfaltigsten
Formen so überaus reichen Thierordnung immer schwieriger wurde.
Eine solche Zusammenstellung aller wichtigeren Merkmale,
welche zur Unterscheidung der von den verschiedenen Naturfor-
schern seither aufgestellten Gattungen benützt wurden, habe ich —
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) 469
“in so weit das vorhandene Material es mir gestattete, — bei jeder
Gattung durehgeführt und ebenso habe ich es auch für nöthig er-
achtet, sämmtliche mir bekannt gewordene beschriebene oder in den
verschiedenen Museen benannte Arten unter Beifügung ihrer Syno-
nyme und der Angabe ihres Vaterlandes den einzelnen Gattungen an-
zureihen, Es ist diese Übersicht, — wenn auch bezüglich der neue-
sten Entdeckungen, dieich wegen Mangel an dem nöthigen Materiale
an meinem dermaligen Aufenthaltsorte nicht aufnehmen zu können in
der Lage war, mangelhaft, — dennoch vielleicht die vollständigste,
die wir bis jetzt besitzen.
Um jedoch hierbei etwaigen Missverständnissen zu begegnen,
muss ich ausdrücklich bemerken, daß ich es mir durchaus nicht zur
Aufgabe gemacht habe, eine strenge und kritische Sichtung der ein-
zelnen Arten in einer Weise vorzunehmen, um dadureh ihre Artbe-
reehtigung sicher zu stellen: ja daß ich im Gegentheile es vorgezogen
habe, die in den verschiedenen Schriften der einzelnen Autoren als
Arten aufgeführten Formen, so wie sie von ihren Begründern abge-
grenzt wurden, unverändert zu belassen und nur in jenen Fällen Zu-
sammenziehungen vorzunehmen, wo die Identität der einzelnen
Formen nach den von uns seither gewonnenen Erfahrungen ausser
allem Zweifel ist.
Ich glaube, daß dieser Vorgang auch den Vorzug vor der in
neuerer Zeit fast zur Mode gewordenen, ebenso willkürlichen, als
unbegründeten Zusammenziehung der von früheren Naturforschern
beschriebenen oder benannten Formen verdient, da durch eine solehe
blos auf Willkühr und unerwiesene Voraussetzung beruhende Ver-
einigung, mehr Verwirrung als Klärung in die Wissenschaft gebracht
wird und es uns überhaupt heinahe unmöglich ist, den Begriff von
Species festzustellen.
Ein Blick auf die Synonymie unserer Arten gibt ein deutliches
Bild von der maßlosen Verwirrung, welche durch derlei Zusammen-
ziehungen hervorgerufen worden ist, indem fast jeder Naturforscher
die von seinen Vorgängern beschriebenen Arten in einer verschie-
denen Weise zu deuten sucht.
Neue Gattungen habe ich nur sehr wenige hier aufgestellt,
obgleich ich die Überzeugung hege, dass noch bei mehreren der
bisher bestehenden, um sie schärfer zu charakterisiren, eine Tren-
nung in der Folge unumgänglich nöthig werden wird.
470 Fitzinger.
Nach diesen einleitenden Worten. welche ieh vorausschieken
zu sollen für nöthig hielt, wende ich mich sonach an den Gegen-
stand meiner Aufgabe, die Darstellung meiner Eintheilung der Nager.
Ordnung. Nagethiere oder Nager (FRodentia).
1. Fam, Alfenbilehe oder Eichhornmak!’s
(Chiromyes.)
Die Vorderzähne des Oberkiefers stehen in einer einfachen
Reihe und sind nach vorwärts gerichtet. Die Schlüsselbeine sind
vollkommen. Das Unteraugenhöhlenloch ist klein. Die Vorderzähne
des Unterkiefers sind sehr stark zusammengedrückt, mit spitziger
Kronenschneide, und ragen ebensowenig als jene des Oberkiefers
aus dem Munde hervor. Harn- und Geschleehtsorgane münden nach
Außen. Die Gliedmassen sind Gangbeine, die Hinterbeine deutlich
länger als die Vorderbeine.
1. Gattung. Affenbilch oder Eichhornmaki (Chiromys.)
Vorder- und Hinterfüsse sind fünfzehig, die Hinterfüsse mit
einem abstehenden, den übrigen Zehen entgegensetzbaren Daumen
versehen. Backentaschen fehlen. Die Backenzähne sind einfach, mit
ebener Kaufläche, und mit Wurzeln versehen. Im Oberkiefer sind
jederseits vier, im Unterkiefe drei vorhanden Die Krallen sind
zusammengedrückt und lang, und nur der Daumen der Hinterfüsse
ist mit einem Plattnagel versehen. Die Ohren sind groß, lang,
breit, und länglichrund. Der Schwanz ist buschig, gerundet und sehr
lang. Die Oberlippe ist weder gespalten, noch eingeschnitten. Die Vor-
derzähne des Oberkiefers sowohl, als auch jene des Unterkiefers
sind auf der Außenseite ungefurcht. Die Augen sind groß, die Pu-
pille ist rund. Die Sohlen sind theilweise behaart.
Hierher die einzige Art:
Chiromys madagascariensis. Geoffr. (Sciurus madagascariensis.
Gmel. — Lemur psilodactylus. Sehreb. — Chiromys
pstlodactylus Wan. — Aye-Aye. Sonnerat. — Aye-
Aye squirrel. Penn. — Daubentonia. Geoffr.) Afr.
Madagascar.
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) 471
2. Fam. Eiehhörner (Sciuri).
Die Vorderzähne des Oberkiefers stehen in einer einfachen
Reihe und sind nach abwärts gerichtet. Die Schlüsselbeine sind voll-
kommen. Das Unteraugenhöhlenloch ist klein. Die Vorderzähne des
Unterkiefers sind sehr stark zusammengedrückt, mit spitziger Kronen-
sehneide, und ragen ebenso wenig als jene des Oberkiefers aus dem
Munde hervor. Harn- und Geschlechtsorgane münden nach Außen.
Die Gliedmassen sind Gang- oder Flatterbeine, die Hinterbeine deut-
lieh länger als die Vorderbeine.
1. Gattung. Flugeichhorn (Pteromys).
Die Gliedmassen sind Flatterbeine, welche durch eine an den
Seiten des Körpers ausgespannte Flatterhaut mit einander verbunden
sind. Die Vorderfüsse sind vierzehig, mit einer Daumenwarze, die
Hinterfüsse fünfzehig. Backentaschen fehlen. Die Backenzähne sind
schmelzfaltig, mit ebener Kaufläche, und mit Wurzeln versehen. Im
Oberkiefer sind jederseits fünf, im Unterkiefer vier vorhanden, welche
auch im Alter bleibend sind. Die Krallen sind zusammengedrückt
und kurz, und nur die Daumenwarze der Vorderfüsse ist mit einem
Platinagel versehen. Die Ohren sind von mittlerer Größe, ziemlich
kurz, breit, zugespitzt, und nieht mit Haarbüscheln versehen, Der
Schwanz ist buschig, gerundet und sehr lang oder lang. Die Ober-
lippe ist gespalten. Die Vorderzähne des Oberkiefers sowohl, als
auch jene des Unterkiefers sind auf der Außenseite ungefurcht. Die
Augen sind groß, die Pupille ist rund. Die Sohlen sind behaart.
Dieser Gattung gehören folgende Arten an:
Pteromys elegans S. Müll. As. Java.
» „ nitidus. Geoffr. (Seiurus Petaurista. Schreb. — Seiu-
rus Petaurista. Mas. Cuv. — Pteromys Petaurista.
Fisch. — Sailling squirrel. Penn.) As. Java, Sumatra,
Borneo.
» » leucogenys. Temm. (Pteromys nitidus? Gieb.) As. Java.
» „» Melanotis. Gray.(Pteromys Diardii. Temm.— Pteromys
nitidus? Gray.) As. Java.
» » Grayi. (Pteromys melanotus. Gray. — Pteromys niti-
dus? Gieb.) As. Nepal.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abtl. 32
AT2 Fitzinger.
AR
Se 3 RE i Fir
Pteromys magnifieus. Gray. (Seiuropterus magnificus Hodgs.)As.
Nepal.
».» nobilis. Gray. (Sciuropterus nobilis, Gray. — Sciurop-
terus aurostrigata. Hodgs. — Sciuropterus chryso-
striw. Hodgs.) As. Nepal.
» „ albiventer. Gray. (Pteromys nitidus? Gieb.) As. Nepal.
» » griseiventer. Gray. As.
» » Petaurista. Mllig. (Seiurus Petaurista. Pall. — Seiurus
Sagitta. Erxleb. — Sceiurus maximus volans s. felis
volans. Briss. — Taguan ou grand ecureuil volant.
Buff. — Ecureuil volant. Vosm. — Sailling squir-
rel. Penn.) As. Indien, Madras, Malabar, Travaneor,
Singapore, Siam.
» » Punctatus. Gray. (Pteromys nitidus?Gieb.) As. Indien,
Malakka.
» „ inornatus lsid. Geoffr. (Pteromys elegans? Gieb.) As.
Indien.
» » Leachü. Gray. (Sciuropterus fimbriatus? Gray. —
Pteromys nitidus? Gieb. As. Indien.
2. Gattung. Hlattereichhorn (Sciuropterus).
Die Gliedmassen sind Flatterbeine, welche durch eine an den
Seiten des Körpers angespannte Flatterhaut mit einander verbunden
sind. Die Vorderfüsse sind vierzehig, mit einer Daumenwarze, die
Hinterfüsse fünfzehig. Backentaschen fehlen. Die Backenzähne sind
einfach, mit höckeriger, im Alter ebener Kaufläche, und mit Wurzeln
versehen. Im Oberkiefer sind jederseits fünf, ım Unterkiefer vier
vorhanden, welche auch im Alter bleibend sind. Die Krallen sind
zusammengedrückt und kurz, und nur die Daumwarze der Vorder-
füsse ist mit einem Plattnagel versehen. DieOhren sind von mittlerer
Größe, nicht sehr kurz, mässig breit, eiförmig gerundet, und nicht mit
Haarbüscheln versehen. Der Schwanz ist buschig, zweizeilig und lang.
Die Oberlippe ist gespalten. Die Vorderzähne des Oberkiefers sowohl,
als auch jene des Unterkiefers sind auf der Außenseite ungefurcht. Die
Augen sind groß, die Pupille ist rund. Die Sohlen sind behaart.
Hierzu die Arten:
Sciuropterus fimbriatus. Gray. (Sciuroptera fimbriata. Gray. —
Pteromys fimbriatus. Wagn.) As. Nord-Indien.
sn
Wi
5
*
F
”
Ei]
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia ) A13
— re Turnbulli a — Pter. omys Turn
bullüi. W agn. — Pteromys fimbriatus? Gieb. — Sciu-
ropterus fimbriatus? Gieb.) As Nord-Indien, Nepal.
Horsfieldii. W aterh. (Pteromys Horsfieldii. Waterh. —
Pteromys sagitta. Gieb.—Sciuropterus sagitta. Gieb.)
As. Indien, Malakka.
genibarbis. Wagn. (Pteromys genibarbis. Horsf. —
(Pteromys sagitta. Gieb. — Sciuropterus sagitta.
Gieb.) — As. Java.
Momoga. (Pteromys momoga. Temm. — Pteromys?
momoga. Wagn. — Sciuropterus? momoga. Wagn.
— Pteromys nitidus? Gieb.) As. Java.
aurantiacus. W agn. (Pteromys aurantiacus. W agn.—
Sciuropterus Horsfieldii. Gray. — Pteromys sagitta.
Gieb. — Sciuropterus sagitta. Gieb.) As. Banka.
lepidus. W agn. ( Pteromys lepidus. Horsf. — Pteromys
genibarbis. Var. Lepidus. Fisch. — Pteromys geni-
barbis. Wagl. — Pteromys Sagitta. Geoffr. — Sciu-
ropterus Sagitta. Desm.) As, Java, Banda.
Sagitta. Desm. (Sciurus Sagitta. Linne. — Pteromys
Sagitta. Geoffr. — Pteromys Horsfieldi? Wagn.—
Sciuropterus Horsfieldii? Wagn.) As. Java.
caniceps. Gray. As. Indien, Dargelin.
sibirieus.Desm. (Pteromys Sibiricus. Desm. — Sciurus
volans. Linne. — Pteromys volans. Illig. — Seiu-
ropterus volans. Gray. — Pteromys Russicus. Tiedem.
— Pteromys vulgaris. Wagn. — Sciuropterus vul-
garis. Wagn. — Sciurus Sibericus volans. Briss. —
Polatouche. Buff. — Flying squirrel. Penn. — Eu-
ropean flying squirrel. Penn.) Eur. Lappland, Finn-
land; Nord- und Ost-Russland. — As. Sibirien.
Volucella. Gray. (Sciurus Volucella. Pall. — Ptero-
mys Volucella. "us Americanus.
Desm. — Mus volans. Linne. — Sceiurus aerobates
Scehreb. — Sciurus volans. Briss. — Polatouche
Buff. — Assapan. Fr. Cuv. Geoffr. — Flying squir-
rel. Penn.) Am. Virginien.
32%
ATA Fitzinger.
Anmerkung. Pteromys eueullatus. Fisch. (Seiurus Virgintanus volans.
Seba. — Seiurus cute a capite ad caudam relawata volans. Linne. —
Seiurus Virginianus petaurista. Klein. — Sciurus Petaurista. Erxleb.
— Kappen-Eichhorn. Sehreb. Hooded flyiny squirrel. Penn.) angeb-
lich aus Virginien, seheint auf Seinropterus Volucella zu beruhen und
ein Artefaet zu sein.
Sciuropterus sabrinus Gray. (Pteromys Sabrinus. Riehards. —
Seiurus Sabrinus. Shaw. — Sciurus Hudsonius.
Gmel. — Pteromys Hudsonius. Fisch. — Seiurus
major volans. Pall. — Hudsonisches fliegendes Eich-
horn. Schreb. — Severn river squirrel. Penn. —
Greater flying squirrel. Forster.) Am. Hudsonsbai,
Huron-See , James-Bai, Severnfluß.
» » alpinus. Wagn. (Pteromys alpinus. Richards. —
Pteromys Sabrinus Var? Riehards. — Pteromys
sabrinus? Gieb. — Sciuropterus sabrinus? Gieb.)
Am. Rocky Mountains.
3. Gattung. Eichhorn (Sciurus).
Die Gliedmassen sind Gangbeine. Die Vorderfüsse sind vier-
zehig,. mit einer Daumenwarze, die Hinterfüsse fünfzehig. Backen-
taschen fehlen. Die Backenzähne sind einfach, mit höckeriger, im
Alter flach ausgehöhlter Kaufläche, und mit Wurzeln versehen. Im
Oberkiefer sind jederseits fünf, im Unterkiefer vier vorhanden, doch
fällt der vorderste im Oberkiefer im Alter meistens aus. Die Krallen
sind zusammengedrückt und kurz, und nur die Daumenwarze der
Vorderfüsse ist mit einem Plattnagel versehen. Die Ohren sind von
mittlerer Größe, nicht sehr lang, mässig breit, stumpf zugespitzt oder
länglich-eiförmig gerundet, und meistens mit einem Haarbüschel ver-
sehen. Der Schwanz ist dick- oder flach-buschig, zweizeilig und sehr
lang oder lang. Die Oberlippe ist gespalten. Die Vorderzähne des
Oberkiefers sowohl, als auch jene des Unterkiefers sind auf der
Außenseite ungefurcht. Die Augen sind mittelgroß, die Pupille ist rund.
Die Sohlen sind behaart. Das Fell ist mit weichen oder ziemlich weichen
Haaren bedeckt. Die Schnauze ist kurz.
Zu dieser Gattung sind folgende Arten zu zählen:
Sctiurus vulgaris. Linne. (Seiurus varius. Pall. — Seriurus Euro-
paeus Gray. — Sciurus palmis solis saliens. Linne.
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) AT5
— Sciurus vulgaris rubieundus. Klein. — Ecureuil.
Buff. — Ecureuil commun. Cuv. — Squirrel. Penn.
— Common squirrel. Penn.) Eur. Oesterreich, Un-
garn, Galizien, Böhmen, Deutschland, Frankreich,
England, Schweden.
Sciurus vulgaris, cinereus. (Sciurus vulgaris. Var. B. Cinereus,
Fisch. — Sciurus varıius. Briss. — Sciurus
vulgaris. Var. &. Erxleb. — Sciurus Euro-
paeus. Gray. — Mus ponticus s. venetus, quem
vulgo varıum vocant. Gesner. — Sciurus
varius, Varus vulgo dietus. Aldrov. — Sciuri,
qui Mures Pontici et a colore varıı dicuntur.
Jonst.) As. Sibirien, Kaukasien.
» » 9». varius. (Sciurus vulgaris Var. e. Fisch. — Sciu-
rus vulgaris Var. 6. Erxl. — Sciurus vulgaris.
Gieb.) Eur. Deutschland, England, Schweden.
BZ ralbus, (Sciurus vulgaris ‚Var. 6. Fisch. —
Sciurus vulgaris Var. y. Erxleb. — Seiurus
albus Sibirscus. Briss. — Sciurus albus.
Wagn. — Sciurus vulgaris. Gieb.) Eur.
Schweiz. — As. Sibirien.
572 5 miger. Schreb. (Sciurus vulgaris. Var.y. Niger.
Fisch. — Sciurus alpinus. Fisch. — Sciurus
vulgaris. Var. 8. Erxleb. — Sciurus vulgaris
Gieb.) Eur. Oesterreich.
= 2: alpinus. (Seiurus alpinus. Fr. Cuv. — Sciurus
vulgaris. Var. ß. alpina. Wagn. — Sciurus
vulgaris. Schinz. — Sciurus Europaeus.
Gray. — Welsh squirrel. Cambrian Quart.
Mag.) Eur. Spanien, Pyrenäen, Schweiz, Alpen.
italicus. (Sceiurus italieus. Bonap. — Sciurus
vulgaris. Var. y. italica. Wagn. — Sciurus
vulgaris. Gieb.) Eur. Mittel- und Süd-Italien.
» » russatus. Wagn. (Seiurus syriacus. Gieb.) Eur. Türkei.
» » anomalus. Güldenst. (Sceiurus caucasicus. Pall. —
Sciurus russatus? W agn. — Sciurus syriacus. Gieb.
— Ecureuil anomal. Desm. — Georgian squirrel,
Shaw.) As. Georgien.
AT6 Fitzinger.
Seiurus syriaeus. Ehrenb. As. Syrien.
‚ persieus. Gmel. (Seiurus vulgaris. Var. n. Erxleb. —
Eichhorn von Persien. S. G. Gmel. — Persisches
Eichhorn. Zimmermann. — Persian squirrel. Penn.)
As. Persien, Ghilan.
jr
» » longieaudatus. (Capistrate a longue queue. Fr. Cuv. —
Seiurus capistratus. Var. B. Wagn. — Sciurus capi-
stratus. Gieb.) Nord-Amerika.
» „ capistratus. Bosc. (Sciurus cinereus. Scehreb. — Eeu-
reuil a masque. Cuv. — Sciurus major griseus, cauda
extrema comosa pilis diffusis. Brown.) Am. Carolina,
Georgien, Florida, Alabama, Virginien, Jamaica.
» =» » „» bulpinus. (Sciurus vulpinus. Gmel. — Sciurus
cinereus. Var. B. Vulpinus. Fisch. — Seiurus
Ludovicianus. Gray. — Sciurus capistratus.
Wagn. — Fox squirrel. Lawson.) Nord-
Amerika.
» » » „» niger. (Sciurus niger. Catesby. — Sciurus
niger. Var. ß. Fiseh. — Sciurus capistratus.
Var. Cuv. — Sciurus Catesbeyüi? Gray. —
Sciurus capistratus. Var. y. Wagn. — Sciu-
rus capistratus. Gieb. — Black squirrel.
Catesby.) Am. Süd-Carolina.
>» » 9» » migriventris. (Sciurus capistratus. Var. 7.
Nigriventer. Desm. - sSciurus capistratus.
Var. y. Nigriventris. Fisch. Seiurus capi-
stratus niger. Baehm. — Sciurus capistratus.
Var. © Wagn. — Sciurus capistratus. Gieb.)
Am. Süd-Carolina.
» » » » rufiventris. (Sciurus rufiventer. Me. Murtrie. —
Sciurus capistratus. Var. e. Wagn. — Sciu-
rus capistratus. Gieb.) Am. Süd-Carolina,
Alabama.
» » einereus. Linne. (Sciurus cinereus. Var. B. Valpinus.
Fisch. — Seiurus Virginianus. Briss. — Cat squir-
rel. Penn.) Am. Pennsylvanien, New-York, Oberer
See.
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagetbiere. (Rodentia.) ATT
Sciurus cinereus, niger. (Sciurus niger. Bennett. Richards. —
Sciurus cinereus. Var. nigra. Bachm. — Sciu-
rus cinereus. Var. nigra? Wagn.) Nord-
Amerika. Oberer See.
» » leucotis. Gapp. (Sciurus carolinensis. Godm. — Sciu-
rus intermedius. Bachm. — Sciurus cinereus. Fisch.
— Grey squirrel. Penn.) Am. Virginien, Pennsylva-
nien, Hudsonsbai.
» » » » niger. (Sciurus leucotis. Var. nigra. Bachm.
— Sciurus niger. Fr. Cuv. — Sciurus leucotis.
Gieb.) Am. Virginien, Pennsylvanien, Hud-
sonsbai.
es uiniger.luinne. (Ecureuil noir. Buff. — Sciurus leucotis.
Var. nigra? Bachm.) Am. New-York, Champlain-,
Erie- und Oberer-See, Canada, Niagara, Fort William.
» » earolinensis. Gmel. (Carolinisches Eichhorn. Schreb.
— Sciurus cinereus. Schreb. — Petit gris. Buff. —
Ecureuil de la Caroline. Bose. — Ecureuil gris de la
Caroline. Cuv. —Carolina squirrel. Penn. — Lesser
grey squirrel.Penn. —Squirrel with plain ears. Penn.
— Grey squirrel.Catesby.) Am. Carolina, Alabama, Ge-
orgien, Mississipi, Luisiana, Ost-Florida, Pennsylvanien.
» „» texianus.. Bachm. (Sciurus texanus. Gieb.) Am. Texas,
Mexico, Luisiana.
» „» fossor. Peale. (Sciurus troglodytes. Ord. — Sciurus
cinereus? Gieb.) Am. Oregon.
» » tudovieianus. Curtis. (Sciurus macrourus? Bachm. —
Sciurus texianus? Bachm. — Sciurus cinereus?
Gieb.) Nord-Amerika. Rother Fluß.
» „» magnicaudatus. Say. (Sciurus macrourus. Say. —
Sciurus cinereus? Gieb.)Nord-Amerika. Missuri-Fluß.
» „ subauratus. Bachm. (Sciurus rufiventer. Schinz.)
Am. Neu-Orleans, Luisiana.
» » » „» melanogaster. Am. Neu-Orleans.
» » hypopyrrhus. Wag]. (Seiurus variegatus. Erxleb. —
Sciurus Ludovicanus. Gray.— Spermophilus Beecheyi?
Wagn. — Quauhtecallotquapachtli aut Coztiocote-
quallin. Hernand.) Am. Mexico.
ATS Fitzinger.
Sceiurus variegatus. Erxleb. (Seiurus varius. Wagn. — Sciurus
albipes. Wagn. — Sciurus hypoxanthus. Mus.
Vindob. — Sciurus capistratus. Var. Fr. Cuv. —
Sciurus Ludovicianus. Gray. — Coquallin. Buff. —
Varied squirrel. Penn.) Am. Mexico, Oaxaca, Texas,
Luisiana.
» =» n» poliopus. (Sciurus varius. Var B. pedibus
nigro-cinereis. Wagn. — Sciurus hypoxan-
thus. Mus. Vindob. — Seiurus variegalus.
Var. Wiegm. — Sciurus variegatus.Gieb.).
Am. Mexico, Oaxaca.
>» =» » „ Trufipes. (Sciurus varius. Var. 3. pedıhus
ferrugineis. Wagn. — Sciurus variegatus.
Var. Wiegm. — Sciurus variegatus. Gieb.)
Am, Mexico, Oaxaca.
» »» » Niger. (Sciurus varius. Var. nigra. Wagn. —
Sciurus variegatus. Var. nigra. Wiegm. —
Sciurus Catesbeyü. Gray. — Sciurus capi-
stratus. Var. 8. Niger. Desm. — Sceiurus capi-
stratus. Var. 6. Wagn. — Sciurus variega-
tus. Gieb. — Sciurus niger. Linne. — Ecu-
reuil noir. Buff. — black squirrel. Brown. —
Quauhtechallotl tiltie. Sciurus mezxicanus.
Hernand.) Am. Mexico, Eeuador, Guayaquil.
Adolphei. Less. (Seiurus capistratus? Gieb.) Am.
” ”
Nicaragua.
» ». dorsalis. Gray. (Sciurus cinereus? Gieb.) Am. Üa-
raccas.
» » griseocaudatus Gray. West-Amerika.
» » variabilis. Isid. Geoffr. (Sciurus Langsdorffi. Var.?
Wagn. — Sciurus Langsdorfi? Gieb.) Am. Colum-
bien, Peru.
» „ variegatoides. Ogilby. Südwest-Amerika.
» » stramineus. Eydoux. (Sciurus variegatoides? Gieh.)
Am. Peru.
» » tricolor. Pöppig. Am. Peru, Brasilien.
» » Pyrrhonotus.Natt.W agn.(Sciurus pyrrhoventer.W agn.
— Sciurus igniventris? Gieb.) Am. Brasilien, Borha.
Sciurus
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Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) AT9
igniventris. Natt. Wagn. Am. Brasilien, Rio negro
Marabitanas.
niger. (Seiurus igniventris. Var. nigra. Natt.
Wagn.)Am. Brasilien, Rio negro, Marabitanas.
Langsdorffü. Brandt. (Seiurus Langsdorffi. Gieb.) Am.
Brasilien, Rio Amazonas, Jacobina, Cuyaba.
nigrescens. Bennett. Am. Californien.
Colliaei. Richards. Am. Californien.
mustelinus. Bachm. (Seiurus Colliaei? Gieb.) Am.Cali-
fornien.
mollipilosus. Bachm. (Sciurus Colliaei? Gieb.) Am.
Californien.
occidentalis. Baehm. (Sciurus Colliaei? Gieb.) Am.
Californien.
ferrugineiventris. Bachm. (Seiurus Colliaei? Gieb.)
Am. Californien.
Auduboni. Bachm. Am. Luisiana. £
Philadei. Less. (Sciurus aureogaster. Fr. Cuv. — Sciu- _
rus aurogaster. Gieb. — Seiuruschrysogaster. Gieb.J-
Am. Californien, Mexico.
rufiventer. Geo ffr.(Seiurusfulviventris.H er m.—Seiurus
rufiventris. Fisch. — Sciurus capistratus? Fisch.)
Nord-Amerika.
socialis. W agn. (Sciurus variegatus. Var. Wieg.) Am.
Mexico, Tehuantepec, Oaxaca.
ruber. Rafın. (Sciurus rubrieatus. Ord.)Nord-Amerika.
Missuri-Fluß.
splendidus. Gray. Amerika ?
Hudsonius. Pall. (Seiurus vulgaris. Var. <. hudsonieus.
Erxleb. — Tamia Hudsonia. Less. — Tamias Hud-
sonius. Fisch. — Ecureuil de la baie d’ Hudson. Cuv.
— Common squirrel. Forster. — Hudsons bay squirrel.
Penn. — Red barking squirrel. Schooleroft.) Am.
Hudsonsbai, Labrador, Neu-Foundland, Canada, Neu-
England, New-York, Pennsylvanien, Neu-Jersey, Virgi-
nien, Tenessee, Nord-Carolina.
rubrolineatus. Desm. ( Tamias rubrolineatus. Fisch. —
Spermophilus? rubrolineatus. W agn. — Seiurus Hud-
” 7
ASO | Fitzinger.
sonius. Var. Harl. — Seiurus Hudsonius. Gr ay.—Red
squirrel. Warden.) Am. Hudsonsbai.
Sciurus Richardsonü. Bachm. (Sciurus Hudsonius. Var. ß.
Richards. — Seiurus Richardsoni. Gieb. — Small
brown squirrel. Lewis. Clark.) Nord-Amerika. Co-
lumbia-Fluß.
» » Douglassii Bachm. (Seiurus Douglassii. Gray. — Sciu-
rus Douglasi. Gieb.) Nord-Amerika. Columbia-Fluß.
» „ lanuginosus. Baehm. Nordwest-Amerika. Sitka, Paget’s
Sund.
» » fuliginosus. Bachm. Am. Luisiana, Mississipi-Fluß.
4. Gattung. Klettereichhorn (Funambulus.)
Die Gliedmassen sind Gangbeine. Die Vorderfüsse sind vierze-
hig mit einer Daumenwarze, die Hinterfüsse fünfzehig. Backentaschen
fehlen. Die Backenzähne sind einfach, mit höckeriger, im Alter flach
ausgehöhlter Kaufläche, und mit Wurzeln versehen. Im Oberkiefer
sind jederseits fünf, im Unterkiefer vier vorhanden, doch fällt der
vorderste im Oberkiefer im Alter bisweilen aus. Die Krallen sind zu-
sammengedrückt und kurz, und uur die Daumenwarze der Vorder-
füsse mit einem Plattnagel versehen. Die Ohren sind von mittlerer Größe
oder klein, ziemlich kurz, mässig breit, eiförmig gerundet,und nur sel-
ten mit einem Haarbüschel versehen. Der Schwanz ist schmal-buschig,
zweizeilig oder gerundet, und sehr lang oder lang. Die Oberlippe ist.
gespalten. Die Vorderzähne des Oberkiefers sowohl, als auch jene
des Unterkiefers sind auf der Außenseite ungefurcht. Die Augen sind
mittelgroß, die Pupille ist rund. Die Sohlen sind behaart, oder kahl.
Das Fell ist mit weichen oder ziemlich weichen Haaren bedeckt.
Die Schnauze ist kurz.
Die hierher gehörigen Arten sind:
Funambulus macrurus. Less. (Sciurus macrurus. Forst. —
Sciurus macrourus. Erxleb. — Sciurus Ceilonensis.
Bodd. — Sciurus mazximus. Var. B. W agn. — Sciu-
rus indicus. Gieb. — Ecureuil & longue queue. Des-
moul. — Long-tarled squirrel. Penn. — Ceylon squir-
rel. Penn. — Sciurus ceglanicus, pilis in dorso nigri-
cantibus, Rukkaia dietus. Raj.) As. Ceylon, Java.
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Zodentie.) A81
Funambulus mazimus. Less. (Sciurus maximus. Schreb. — Sciu-
&>)
B>)
”
rus Indicus. Erxleb. — Sciurus Bombayus. Bodd.—
Seiurus macrurus. W agl. — Sciurus malabaricus.
Schinz. — Sciurus purpureus. Gray. — Grand
eEcureuil de la cöte de Malabar. Sonnerat. — Grand
ecureuil des Indes. Cuv. — Ecureuil de Malabar. Fr.
Cuv. — Bombay squirrel. Penn. — Malabar squir-
rel. Penn. — Great squirrel. Shaw.) As. Indien,
Bombay, Malabar.
» » Elphinstonü (Sciurus Elphinstonii. Sykes.
— Funambulus Elphinstonü. Less. — Sciurus pur-
pureus. Gray. — Sciurus mazximus. Var. y. Wagn.
— Sciurus indicus. Gieb.) As. Indien.
macruroides. (Sciurus macruroides. Horsf. — Sciurus
giganteus. Mae Olelland. —Sciurus Madagascarien-
sis. Var. Mac Clelland. — Sciurus bicolor. Horsf.
— Sciurus bicolor. Var. «x. W agn.) As. Nepal.
bicolor. Less. (Sciurus bicolor.Sparrm. — Sciurus bico-
lor. Var. B. Wagn. — Sciurus Javensis. Schreb. —
Sciurus bergruvicus. Mae Clelland. — Ecureuil de
Java. Fr. Cuv. — Javan squirrel. Penn.) As. Indien,
Siam, Assam, Malakka, Java.
» » Kuhlü. (Sciurus bicolor. Kuhl. — Seiurus bico-
lor. Var. ßB. Fisch.) As. Java.
Leschenaultii. Less. (Sciurus Leschenaultii. Desm. —
Sciurus albiceps. Geoffr. — Sciurus Javensis. Gray.
— Sciurus hypoleueus. W agn.— Sciurus Leschenaulti.
Gieb.) As. Indien, Java.
» » Desmarestü. (Sciurus Leschenaultü. Var. B. Des-
marestü. Fisch.) As. Java.
» » Pennantü. (Sciurus vulgaris Var. s. Erxleb. —
White-legged squirrel. Penn.) As. Ceylon.
affinis. Less. (Sciurus affinis. Raffl. — Sciurus
hypoleucus? W agn. — Sciurus Leschenaulti? Gieb.)
As. Indien, Singapore.
hypoleueus. Less. (Sciurus hypoleucus. Horsf. —
Sciurus Leschenaultü. Var. y. Hypoleucus. Fisch. —
Sciurus Leschenaulti. Gieb.) As. Java, Sumatra.
482
Fitzinger.
Funambulus hypoleuceus, humeralis. (Sciurus humeralis. Coulon.—
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» »
Sciurus hypoleueus? Gray. — Seiurus hypo-
leueus. Var. B.W agn. — Sciurus Leschenaulti.
Gieb). As. Java.
auriventer. (Seiurus auriventer. Isid. Geoffr. — Seiu-
rus aureiventer. Gray. —Seiurus bicolor. Gieb.) As.
Java, Indien? Singapore?
rubriventer. (Sciurus rubriventer. S.Müll.) As. Celebes.
ephippium. (Seiurus Ephippium. Temm. — sSciurus
ochraceus. Temm. — Seiurus Javensis. Gray.) As.
Borneo. |
rufo-niger. (Sciurus rufo-niger. Gray. — Sciurus
hippurus? Gieb.) As. Indien.
rufogaster. (Sciurus rufogaster. Gray. — Seiurus hip-
purus? Gieb.) As. Indien, Malakka.
erythraeus. Less. (Sciurus erythraeus. Pall. — Eecu-
reuil rouge. Desm. — Ruddy squirrel. LE As.
Indien.
» » anomalus. (Seiurus anomalus. Kuhl. — Sciurus
erythraeus. Gray.) As. Indien.
hippurus. (Seiurus hippurus. Isid. Geoff. — Sciurus
caudatus. Mae Clelland. — Sciurus erythraeus.
Gray. — Sciurus rufogaster? Gray.) As. Indien,
Bhotan, Assam, China, Canton, Java, Sumatra.
ferrugineus. Less. (Sciurus ferrugineus. Fr. Cuv. —
Sciurus Keraudrenü. Reynaud. — Sciurus mode-
stus? Gieb.) As. Indien, Pegu.
castaneoventris. (Sciurus castaneo-ventris. Gray. —
Sciurus hippurus. Gieb.) As. China.
atrodorsalis. (Sciurus atrodorsalis. Gray. — Sciurus
hyppurus? Gieb.) As. Indien, Bhotan.
caniceps. (Sciurus caniceps. Gray. — Seiurus hippu-
rus? Gieb.) As. Indien, Bhotan.
Prevostii. Less. (Sciurus Prevosti. Desm. — Sciurus
Prevosti. Gieb.) As. Indien, Malakka, Siam.
Rafflesii. (Sciurus kafflesii. Vig. Horsf. — Seiurus
Prevostü. Wag!. — Sciurus Prevosti. Gieb.) As.
Sumatra, Indien.
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Roden tia.) A483
Funambulus Rafflesii, borneotieus. (Sciurus Rafflesii. S. Müll. —
Sciurus Prevostü. Wagn. — Sciurus Pre-
vosti. Gieb.) As. Borneo.
» » redimitus. (Sciurus redimitus. Van der Boon Mesch.
— Sciurus rufogularis? Gray. — Sciurus Prevosti.
Gieb.) As. Indien.
» » » „ rufogularis. (Sciurus rufogularıs. Gray. —
Sciurus Prevosti. Gieb.) As. China.
» „» nigrovittatus. Less. (Seiurus nigrovittatus. Horst. —
Sciurus griseiventer. Isid. Geoffr. — Sciurus Assa-
mensis.? Gray. — Sciurus Plantani. Var. «. Wagn.
— Sciurus Plantani. Gieb.) As. Java, Sumatra, Bor-
neo, Indien, Malakka, China, Canton.
» » Plantani. Less. (Seiurus Plantani. Ljungh. — Seiurus
Plantani. Var. 8. y. W agn. — Sciurus notatus.Bodd.
— Sciurus bilineatus. Geoffr.— Ecureuil des bana-
niers. Desm. — Plantane squirrel. Penn.) As. Java,
Sumatra, Indien.
» „ vittatus. (Seiurus vittatus. Raffl. — Seiurus vittotus.
Var. «. W agn. — Sciurus bivittatus. Fr. Cuv.Geoffr.
— Maecroxus bivittatus. Less. — Macroxus Toupai.
Less. — Sciurus Plantani. Gieb.) As. Sumatra.
Indien? Himalaya? |
» » flavimanus. (Seiurus flavimanus. Isid. Geoffr. — Seiu-
rus vittatus. Var. B. Wagn. — Sceiurus Plantani.
Gieb.) As. Ceylon? Cochinchina?
» » Pygerythrus. (Sciurus pygerythrus. Isid. Geoffr. —
Sciurus castaneo-ventris? Gray. — Sciurus vittatus.
Var. 4. Wagn.— Seiurus Plantani. Gieb.) As. In-
dien, Pegu.
» „ tristriatus. (Sciurus tristriatus. Waterh. — Seiurus
penicillatus. Leach. — Sciurus palmarum. Elliot.
—Sciurus Palmarum. Var. ß. Fisch.) As. Indien,
Dekan, Ghauts, Madras, Kaschmir.
» » Palmarum. Less. (Sciurus Palmarum. Briss. — Ta-
mia palmarum. Less. — Sciurus Kelaarti. Layard. —
Palmiste. Buff. — Palm squirrel. Penn.) As. Indien.
Dekan, Madras, Ceylon.
ASA Fitzinger:
Funambulus Palmarum, albus. (Seiurus palmarum. Var. alba.B en-
nett.) As. Indien.
» rn 9» niger. (Sciurus pulmarum. Var. nigra. Ben-
nett.) As. Indien.
» » Brodiei. (Seiurus Brodiei. Layard. — Sceiurus palma-
rum Gieb.) As.
» » insignis. (Sciurus insignis. Fr. Cuv. — Macrozus in-
signis. Less.) As. Sumatra, Java.
» „» sublineatus. (Sciurus sublineatus. W aterh. — Sciurus
Delessertii. Gervais. — Sciurus palmarum? Gieb.)
As. Indien, Nilgherries.
» » modestus. (Sciurus modestus. S. Müll.) As. Borneo.
Sumatra.
» » Mmurinus. (Sciurus murinus. S. Müll.) As.
» » leucomus. (Seiurus leucomus. S. Müll.) As. Celebes,
» » Finlaysonii. (Sciurus Finlaysonü. Horsf. — Sciurus
Finlaysoni. Gieb. —Ecureuil blanc de Siam. Buff.)
As. Indien, Siam, Sichang-Inseln. |
» » ».» flavus. (Seiurus flavus. Linne. — Seiurus auri-
venter? Wagn. — Blondes Eichhorn. Sehreb.
— Fair squirrel. Penn.) As. Indien, Guzurate.
» » Mac Clellandii. (Seiurus Mac Clellandii. Horsf. —
Sciurus trilineatus. Gray. — Sciurus palmarum.
Gieb.) As. Indien, Bengalen, Bhotan, Assam.
» » philippinensis. (Seiurus philippinensis. Waterh. —
Sciurus modestus? Gieb.) As. Philippinen.
» » Horsfieldii. (Sciurus affinis. Horsf. — Seiurus Plantani?
Wagn.) As. Pulo-Pilang.
» » Locriah. (Sciurus Lokriah. Hodgs. — Sciurus Plan-
fani? Gieb,) As. Indien, Assam, Nepal.
» » albovittatus. (Seiurus albovittatus. Desm. — Sciurus
Ginginianus. Kuhl. — Macroxus albovittatus. Less. —
Sciurus Plantani. Var. B. W agn. — Sciurus leucoum-
brinus? Wagn. — Sciurus Plantani. Gieb. — Eeu-
reuil de Gingi. Fr. Cuv.) As. Indien.
» » n ». rufo-griseus. (Sciurus albovittatus. Var. C.Desm.
| — Sciurus albovittatus. Var. 8. Fisch.) As.
Indien.
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) As5
Fumambulus albovitatus, dschinschicus. (Sciurus dschinschicus.
Gmel, —Sciurus albovittatus. Var. A. Desm.
— Seiurus albovittatus. Var. y. Dschinschicus.
Fisch — Seciurus Ginginianus. Shaw. —
Eichhorn aus Dschinschi. Schreb. — Ecureuil
| de Gingi. Sonnerat.) As. Indien.
» „» locrioides. (Sciurus lokrioides. Hodgs. — Sciurus
Locroides. Gray. — Sciurus Plantani? Gieb.) As.
Indien, Assam, Nepal.
» „ assamensis. (Sciurus Assamensis. Mae Clelland. —
Sciurus Lokroides. Horsf. — Seiurus Plantani?
Gieb.) As. Indien, Bhotan, Dargelin.
» „ subflaviventris. (Sciurus subflaviventris. Mae Clel-
land. — Seiurus Lokriah. Horsf. — Seiurus Plantani?
Gieb.) As. Indien, Dargelin, Nepal.
» „» ehinensis. (Sciurus Chinensis. Gray.) As. China.
»„ » tenuis. (Sciurus tenuis. Horsf. — Sciurus Plantani
Jung? Wagn.) As. Indien, Singapore.
» „ Melanotis. (Sciurus melanotis. Schleg.) As. Borneo,
Sumatra, Java.
» „ ezılis. (Sciurus exilis. S. Müll.) As. Borneo, Sumatra.
» » getulus. (Seiurus getulus. Linne. — Sciurus genita-
libus masimis. Linne. — Sciurus getulus ex nova
Hispania. Seba. — Ecureuil Barbaresque. Buff. —
Barbarian squirrel. Edw. — Barbary squirrel. Penn.)
Afr. Östliche Berberei.
» » gambianus (Sciurus gambianus. Ogilby. — Seiurus
annulatus. Gray.) Afr. Gambia, Sudän, Schoa.
» „ amnulatus. (Seiurus annulatus. Desm. — Macroxus
annulatus. Less. — Sciurus annularis. Schinz. —
Sciurus Lewisii? Wagn.) Afr.?
» » eCongieus. (Seiurus Congieus. Kuhl. — Sciurus pyrrho-
pus? Gieb.) Afr. Congo.
» » erythrogenys. (Sciurus erythrogenys. Waterh, —
Seiurus leucogenys. Waterh.) Afr. Fernando-Po.
» „ Tufobrachium. (Sciurus rufo-brachium. Waterh. —
Sciurus rufobrachiatus. Waterh.) Afr. Fernando-Po,
486
Fitzinger.
Funambulus poensis (Seiurus Poensis. A.Smith. — Sciurus pyr-
”
„
BD]
”
”y,
>
rhopus. Fr. Cuv. — Seiurus erythropus. Waterh,)
Afr. Fernando-Po.
Stangeri. (Seiurus Stangeri.Waterh.)Af. Fernando-Po.
madagascariensis. (Seiurus Madagascariensis. Shaw.
Sciurus Javensis. Gray. — Ecureuil de Madagascar.
Buff.) Afr. Madagascar.
abyssinieus. (Sciurus abessinicus. Gmel. — Seiurus
abyssinieus. Des Murs. Prev. — Sciurus mazximus?
Fisch. — Abyssinisches Eichhorn. Zimmermann.
— Ecurewl de Ü Abyssinie. Theven. — Abyssinian
squirrel. Penn.) Afr. Abyssinien.
multicolor. Less. (Sciurus multicolor. Rüpp. —
Seiurus bilieis. Temm.) Afr. Abyssinien, Nubien, Ost-
Sennaar, Sudän.
mutabilis. (Seiurus mutabilis.Peters.) Afr. Mozambique.
flavivittis. (Seiurus flavivittis.Peters.)Afr. Mozambique.
palliatus. (Seiurus palliatus. Peters.) Afr. Mozambique.
superciliaris. (Seiurus superciliaris. Wagn. — Seiu-
rus Cepapi? Wagn. — Sciurus cepapi. Peters.)
Afr. Sennaar, Mozambique.
Cepapi. (Seiurus Cepapi. A. Smith. — Seiurus multi-
color. Gray. — Funambulus superciliaris? Fitz.
Heugl.) Afr. Cap der guten Hoffnung.
Lewisiüü. ( Sceiurus Lewisü. Griff. — Sciurus annulastus?
Fisch. — Seiurus Lewisi. Gieb.) Nord-Amerika.
Missuri-Fluß.
dimidiatus. (Seiurus dimidiatus. Wa en h. — Sciurus
Langsdorffi? Gieb.) Süd-Amerika.
gilvigularis. (Seiurus gilvigularis, Natt. Wagn. —
Sciurus aestuans. Var. Natt. — Sciurus gilviventris.
Natt. Wagn.) Am. Brasilien, Madeira-Fluß, Borba,
Amazonen-Strom, Parä.
aestuans. (Sciurus aestuans. Linne. — Macrozxus
aestuans. Less. — Sceiurus Estuans. Gray. — Myo-
zus Guerlingus. Shaw.—Sciurus Brasiliensis. Mar c-
gr. — Seiurus americanus. Seba. — Grand querlin-
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) AST
guet. Buff. — Brasilian squirrel. Penn.) Am. Bra-
silien, Guiana, Columbien, Peru.
Funambulus Pucheranüi. (Sciurus rufo-niger. Pucheran. — Seiu-
rus gilivigularis? Gieb.) Am. Columbien.
» » ehrysurus. (Seiurus chrysurus. Pucheran. — Seiurus
gilvigularis? Gieb.) Am. Columbien.
» ». pusillus. (Seiurus pusillus Geoffr. — Macroxus pusil-
lus. Less. — Sciurus Kuhlü. Gray. — Sciurus pusil-
* lus? Gray. — Sciurus aestuans? Gieb. — Petit
querlinguet. Buff. — Small querlinguet. Shaw.) Am.
Guiana Columbien.
Belcheri. (Sciurus Belcheri. Gray. — Sciürus Dou-
glassü. Gray.) Am. Columbien.
» » Boothiae. (Seiurus Boothiae. Gray. — Seiurus Richard-
sonü. Gray. — Sciurus fuscovariegatus. Sehinz.)
Central-Amerika. Honduras.
5. Gattung. Schnauzeneichhorn. (Athinosciurus.)
Die Gliedmassen sind Gangbeine. Die Vorderfüße sind vierzehig,
mit einer Daumenwarze, die Hinterfüße fünfzehig. Backentaschen
fehlen. Die Backenzähne sind einfach, mit höckeriger, im Alter aus-
gehöhlter Kaufläche, und mit Wurzeln versehen. Im Oberkiefer sind
jederzeit fünf, im Unterkiefer vier vorhanden, doch fällt der vorderste im
Oberkiefer im Alter bisweilen aus. Die Krallen sind zusammengedrückt
und kurz, und nur die Daumenwarze der Vorderfüße ist mit einem Platt-
nagel versehen. Die Ohren sind von mittlerer Größe, ziemlich kurz,
mässig breit eiförmig gerundet, und nicht mit Haarbüscheln versehen.
Der Schwanz ist diek-buschig, gerundet und lang. Die Oberlippe ist
gespalten. Die Vorderzähne des Oberkiefers sowohl, als auch jene
des Unterkiefers sind auf der Aussenseite ungefurcht. Die Augen sind
mittelgroß, die Pupille ist rund. Die Sohlen sind behaart. Das Fell
ist mit weichen Haaren bedeckt. Die Schnauze ist lang.
Hierzu die einzige bis jest bekannte Art:
khinosciurus tupaioides. Gray. (Sciurus laticaudatus. S. Müll.)
As. Indien, Singapore, Borneo.
6. Gattung. Borsteneichhorn. (Xerus.)
Die Gliedmassen sind Gangbeine. Die Vorderfüße sind vierzehig,
mit einer Daumenwarze, die Hinterfüße fünfzehig. Backentaschen
fehlen. Die Backenzähne sind einfach, mit höckeriger, im Alter flach
Sitzb, d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth, 33
ASS Fitzinger.
ausgehöhlter Kaufläche, und mit Wurzeln versehen, Im Oberkiefer sind
jederseits fünf, im Unterkiefer vier vorhanden, doch fällt der vorderste
im Oberkiefer im Alter bisweilen aus. Die Krallen sind zusammenge-
drückt und lang, und nur die Daumenwarze der Vorderfüße ist mit
einem Plattnagel versehen. Die Ohren sind klein, kurz, nicht sehr breit, .
gerundet, und nieht mit Haarbüscheln versehen, oder sehr klein, sehr
kurz, beinahe nur ein verdiekter Hautsaum. Der Schwanz ist flach-
buschig, zweizeilig und lang. Die Oberlippe ist gespalten. Die Vorder-
zähne des Oberkiefers sowohl, als auch jene des Unterkiefers sind
auf der Außenseite ungefurcht. Die Augen sind mittelgroß, die Pupille
ist rund. Die Sohlen sind behaart, oder kahl. Das Fell ist mit bor-
stigen Haaren bedeckt, Die Schnauze ist nicht sehr lang. |
Die hierher gehörigen Arten sind:
Xerus trivittatus. Gray. As. Indien.
» „» praestigiator. (Spermosciurus praestigiator. Less. —
Sciurus praestigiator. Wagn. — Sciurus leucoum-
brinus? Gieb.) Afr. Senegambien.
» „» simplex. (Spermosciurus simplew. Less. — Seiurus
simplex. Wagn. — Sciurus lencoumbrinus? Gieb.)
Afr. Senegambien. |
» » Lessonü. (Spermosciurus marabutus. Less. — Seiurus
marabutus. Wagn. -— Sciurus leucoumbrinus? Gieb.)
Afr. Senegambien.
» » erythropus. (Sciurus erythopus. Geoffr. — Seiurus
erythropus. Fr. Cuv. — Seiurus albovittatus. Var. B.
Desm. — Sciurus albovittatus. Var. 6. Erythopus.
Fisch. — Sciurus sefosus. W ag]l.) Afr. Senegambien,
Bornu.
» » praetextus. (Seiurus praetextus. W agn. — Seiurus ery-
thropus? Gieb.) Afr.
„ rutilus. Fitz. Heugl. (Seiurus rutilus. Cretzsehm. —
Macroxus rutilus.Rüpp. — Xerus brachyotus.Hempr.
Ehrenb. — Xerus rutilans. Gray.) Afr. Abyssinien.
» » leucoumbrinus. Fitz. Heugl. (Sciurus leucoumbrinus.
Rüpp. — Macroxus leucoumbrinus. Rüpp. — Sciurus
setosus. Sehreb. — Xerus setosus Gray.) Afr. Abys-
synien, Sennaar, Kordofan, Süd-Nubien, Gambia.
» „» Dabagala. Heug]. Afr. Somali-Land.
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Roden tia.) A89
Xerus setosus. Gray. (Sciurus setosus. Forst. — Sciurus Ca-
pensis. Thunb. — Mus inauris. Zimmerm. — Seiurus
inauris. Zimmerm. — Myozus Africanus. Shaw.
— Myoxus? Africanus. Fisch. — Sciurus Levail-
lantü. Kuhl. — Seiurus albovittatus. Var. B. Desm.
— Sciurus albovittatus. Var. 8. Erythopus. Fisch. —
‚Geosciurus erythropus. A. Smith. — Earless dor-
mouse. Penn.) Afr. Cap der guten Hoffnung.
» „» namaquensis. (Sciurus Namaquensis. Liehtenst. —
Sciurus albovittatus. Var. =. Namaquensis. Fisch. —
Xerus setosus. Gray.) Afr. Namaqua-Land.
7. Gattung. Erdeichhorn. ( Tamias.)
Die Gliedmassen sind Gangbeine. Die Vorderfüße sind vier-
zehig, mit einer Daumenwarze, die Hinterfüße fünfzehig. Backen-
taschen sind vorhanden und nicht nach Außen umstülpbar. Die
Backenzähne sind einfach, mit höckeriger, im Alter flach ausgehöhl-
ter Kaufläche, und mit Wurzeln versehen. Im Oberkiefer sind jeder-
seits fünf, im Unterkiefer vier vorhanden, welche auch im Alter blei-
bend sind. Die Krallen sind zusammengedrückt und kurz, und nur die
Daumenwarze der Vorderfüße ist mit einem Plattnagel versehen. Die
Ohren sind ziemlich klein und kurz, nicht sehr breit, länglichrund,
und nicht mit Haarbüscheln versehen. Der Schwanz ist buschig,
gerundet, und lang oder mittellang. Die Oberlippe ist gespalten.
Die Vorderzähne des Oberkiefers sowohl, als auch jene des Unter-
kiefers, sind auf der Außenseite ungefurcht. Die Augen sind mittel-
groß, die Pupille ist rund. Die Sohlen sind kahl.
Dazu die Arten:
Tamias striata. (Tamias striatus. Ilig. — Seciurus striatus.
Linne. — Tamia striata. Less. — sSeiurus minor
variegatus. Messersehm. — Striped dormouse.
Penn. — Ecureuil suisse. Buff. — Suisse. Cuv.)
Eur. Rußland, Dwina, Ural. — As. Sibirien, Baikal-See,
Mongolei, Altai. |
» „» uthensis. Wagn. (Sciurus uthensis. Pall.e — Tamias
striatus. Var.nigra? W agn. — Tamias striatus. Var.
nigra. Gieb.) As. Sibirien, Uth.
» » lineata.(Myozuslineatus.Sieb.old.)As. Japan, Insel Jesso
33*
490 Fitzinger.
Tamias Lysteri. Riehards. (Seiurus Lysteri. Richards. —Seiu-
rus striatus. Linn e. — Sciurus striatus. Var. B. Ame-
ricanus. Fisch. — Tamias striatus. Var. B Ameri-
canus. Fiseh. — Sciurus a D. Lyster observatus.
Ray. — Seiurus Carolinensis. Briss. — Eeureuil
Suisse. Charlev. — Striped dormouse. Penn. —
Ground-squirrel. Laws.) Nord-Am. Delaware, Huron-
See, Oberer See.
» >» » » Kuhlü. (Tamias Americana. Kuhl. — Seciurus
Americanus. Fisch. — Tamias Americanus.
Fisch. — Tumias Lysteri. Gray.) Nord-
Amerika.
» » 9» „» Mezxicana. (Sciurus Mexicanus. Erxleb. —
Tamias Lysteri. Gray. — Ecureuil du
Mexique.—Desm. — Mexican squirrel. Penn.
Sciurus rarissimus ex nova Hispania. Seba.
— Sciurus NovaeHispaniae. Briss.)Am. Mexico.
» » Hindsü. Gray. (Tamias Hindsi. Gieb.) Am. Cali-
fornien,
- „ quadrivittata. (Tamias quadrivittatus. Richards. —
Sciurus quadrivittatus. Say. — Tamia # vittata.
Less. — Four-lined squirrel. Godm.) Nord-Am.
Selaven-See, Winipeg, Friedens-Fluß, Rocky Mountains.
3. Fam. Murmelthiere (Arctomyes.)
Die Vorderzähne des Oberkiefers stehen in einer einfachen
Reihe und sind nach abwärts gerichtet. Die Schlüsselbeine sind voll-
kommen. Das Unteraugenhöhlenloch ist klein. Die Vorderzähne des
Unterkiefers sind nur wenig zusammengedrückt, mit meißelförmiger
Kronenschneide, und ragen ebenso wenig als jene des Oberkiefers
aus dem Munde hervor. Harn- und Geschlechtsorgane münden nach
Außen. Die Gliedassen sind Gangbeine, die Hinterbeine nur wenig
länger als die Vorderbeine. |
1. Gattung. Murmelthier ( Arctomys.)
Die Vorderfüße sind vierzehig, mit einer Daumenwarze, die
Hinterfüße fünfzehig. Baekentaschen fehlen. Die Backenzähne sind
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) A9g1
einfach, mit höckerig-runzeliger, im Alter flach ausgehöhlter Kau-
fläche, und mit Wurzeln versehen. Im Oberkiefer sind jederseits fünf,
im Unterkiefer vier vorhanden, welche auch im Alter bleibend sind.
Die Krallen sind zusammengedrückt und lang, und auch die Daumen-
warze der Vorderfüße ist mit einem stumpfen rundlichen Krallen-
nagel versehen. Die Ohren sind sehr klein, sehr kurz, nicht sehr
breit, und stumpfspitzig - oder eiförmig gerundet. Der Schwanz
ist buschig, oben und an den Seiten gleichmäßig behaart, gerun-
det oder flach, und kurz. Die Oberlippe ist tief gespalten und
zweilappig. Die Vorderzähne des Oberkiefers sowohl, als auch jene
des Unterkiefers sind auf der Außenseite ungefurcht. Die Augen
sind mittelgroß, die Pupille ist rund. Die Sohlen sind kahl.
Man kennt bis jetzt folgende Arten:
Arctomys Marmota. Schreb. (Mus Marmota. Linne. — Mus mon-
tanus. Matthiol. — Mus alpinus. Gesn. — Glıs
Marmota Italis. Klein. — Glis Marmotta alpina.
Briss. — Glis Marmota. Erxleb. — Marmotte. Penn.
— Alpine marmot. Penn. — Marmota Alpina.
Blumenb. — Marmotte des alpes. Cuv. — Arctomys
Marmotta. Wag].) Eur. Galizien, Ungarn, Karpathen,
Ober-Italien, Savoyen, Schweiz, Tirol, Krain, Kärnten,
Steiermark, Baiern, Alpen, Spanien, Pyrenäen.
» » Bobac. Schreb. (Mus Arctomys. P all. — Glis Marmotta
polonica. Briss. — Bobac. Rzaez. — Marmotte de
Pologne. Cuv. — Arctomys Baibae. Pall.) Eur. Polen,
Galizien, Bukowina, Rußland. — As. Sibirien.
» » baibacinus. (Arctomys baibacina. Brandt. — Arctomys
monax? Gieb.) — As. Mongolei, Altai.
» » Zatarieus. James. (Arctomys Himalayanus. Hodgs. —
Arctomys Bobae. Gray. — Acrtomys caudatus? Gieb.)
As. Tatarei, Tibet, Himalaya.
».» eaudatus. Isid. Geoffr. As. Indien, Gombur.
» „ camtschaticus. (Arctomys camtschatica. Brandt. —
Arctomys monax? Gieb.) As. Kamtschatka.
» » Monax. Schreb. (Mus Monax. Linne. — @lis Monax.
Erxleb. — @lis Marmotta Americana. Briss. — @lis
Marmotta Bahamensis. Briss. — Cavia Bahamensis.
Klein. — Bahama Coney. Catesby. — Monaw.
492 Fitzinger.
Catesby. Monaw ou Marmotte de Canada. Buff. —
Maryland marmot. Penn.) Nord-Amerika. Pennsyl-
vanien, Maryland, Virginien, Bahama-Inseln.
Arctomys Empetra. Sehreb. (Mus Empetra. Pall. — @Glis Cana-
densis. Erxleb. — Quebec marmot. Penn. — Monax
gris. Fr. Cuv. — Arctomys Monax? Neuw. — Arc-
tomys Monax. Var. 9. Wagn. — Arctomys monaw.
Gieb.) — Nord-Amerika. Hudsons-Bai, Canada.
» =» » melanopus. (Arctomys melanopus. Kuhl. — Arc-
tomys Empetra. Var. B Melanopus. Fisch. —
Arctomys Empetra. W agl. — Arctomys Mo-
raw. Var. 9. Wagn. — Arctomys monazw.
Gieb.) Nord-Amerika. Canada.
>» » 5 *» flaviventer. (Arctomys flaviventer. Bachm. —
= Arctomys Marmota Canadensis. K uhl. — Arcto-
mys Marmota. Var. B. Canadensis. Fisch.. —
Arctomys Empetra? Gray. — Arctomysmonax?
Gieb.) Nord-Amerika. Canada.
» » caligatus. Eschh. (Arctomys ochanaganus. Back. —
Arctomys pruinosus? Riehards. — Arctomys Mona.
Var. 8.? Wagn. — Arctomys monax? Gieb.) Nord-
west-Amerika. Bristol-Bai.
» » pruinosus. Gmel. (Spermophilus? pruinosus. Fisch. —
Arctomys Monax? Neuw. — Arctomys Mona. Var. ß.
Wagn. — Arctomys monax. Gieb. — Bereiftes
Murmelthier. Zimmerm. — Hoary marmot. Penn.
— Marmotte poudre. Desw.) Nord-Amerika. Rocky
Mountains.
» » brachyurus. Harl. (Spermophilus ? brachyurus Fisch.
— Anysony& brachyura. Rafin. — Burrowing squir-
rel. Lewis. Clarke. — Arctomys? brachyurus.
Wagl.) Nord-Amerika. Columbia-Fluß.
» » ludovieianus. Richards. (Arctomys Ludoviciana. Ord.
— Spermophilus Ludovicianus Less. — Monax
Missouriensis. Warden. — Arctomys Missuriensis.
Fisch. — Spermophilus? Missuriensis. Fisch. — Oyno-
mys socialis. Rafin. — Prairie Dog. Lewis. Clarke.
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia) 493
— Spermatophilus missuriensis.W agl.) Nord-Amerika.
Missuri-Fluß.
Arctomys ludovieianus, latrans.( Aretomys latrans. Harl.—Spermo-
philus? latrans Fisch. — Arctomys Missuri-
ensis? Fisch. — Arctomys ludovieianus. Wagn.
— Barring squirrel. Lewis. Clarke.) Nord-
Amerika. Missuri-Fluß.
» » griseus.(Oynomys griseus. Rafin.—Spermophilus
griseus. Less. — Spermophilus? griseus. Fisch.
— Arctomys griseus. Fisch.) Nord-Amerika.
Missuri-Fluß.
5
$
2. Gattung. Ohrenziesel (Otospermatophilus).
Die Vorderfüße sind vierzehig, mit einer Daumenwarze, die
Hinterfüße fünfzehig. Backentaschen sind vorhanden und nicht nach
Außen umstülpbar. Die Backenzähne sind einfach, mit höckerig-run-
zeliger, im Alter flach ausgehöhlter Kaufläche und mit Wurzeln ver-
sehen. Im Oberkiefer sind jederseits fünf, im Unterkiefer vier vor-
handen, welehe auch im Alter bleibend sind. Die Krallen sind
zusammengedrückt und lang, und auch die Daumenwarze der Vorder-
füße ist mit einem stumpfen Krallennagel versehen. Die Ohren sind
sehr klein, sehr kurz, nicht sehr breit, und gerundet. Der
Schwanz ist nicht sehr buschig, nur an den Seiten mit längeren
Haaren besetzt, zweizeilig oder gerundet, und mittellang. Die Ober-
lippe ist tief gespalten und zweilappig. Die Vorderzähne des Ober-
_ kiefers sowohl, als auch jene des Unterkiefers sind auf der Außen-
seite ungefurcht. Die Augen sind mittelgroß, die Pupille ist länglich.
Die Sohlen sind ganz oder theilweise behaart.
Zu dieser Gattung gehören nachstehende Arten:
Otospermatophilus annulatus. (Spermophilus annulatus. Bachm.)
Nord-Amerika.
» „» grammurus. (Otospermophilus grammurus. Brandt. —
Spermophilus Grammurus. Baehm. — Sceiurus gram-
murus. Say. — Tamias grammurus. Say. — Sciurus
Hudsonius. Var. rubrolineatus. Harl.) Nord-Amerika.
Canada.
» » tittatus. (Spalax vittatus. Rafin.) Nord-Amerika. Ken-
tucky.
494 Fitzinger.
Otospermatophilus Saussurei. (Spermophilus grammurus? Saus-
sure.) Am. Mexico.
„ macrourus. (Otospermophilus macrourus. Brandt. —
Spermophilus macrourus. Bennett. — Spermophilus
maerurus. Wagn. — Otospermophilus macrurus.
Gieb.) Am. Californien.
» „ mewicanus. (Otospermophilus mexicanus. Brandt. —
Spermophilus mexicanus. Wagn. — Citillus mewi-
canus. Liehtenst.) Am. Mexico, Toluea. ;
„ Bottae. (Sciurus Bottae. Less. — Spermophilus Bee-
cheyi. Gray.) Am. Californiens.
» » Beecheyi. (Otospermophilus Beecheyi. Brandt. — Sper-
mophilus Beecheyi. Riehards.— Arctomys Beecheyi.
Richards. — Spermophilus Beecheyü. Gray.) Am.
Californien, St. Franeisco, Monterey.
» » Douglassii. (Otospermophilus Douglasii. Brandt. —
Spermophilus Douglasü. Riehards. — Arctomys
Douglasü. Richards. — Spermophilus Douglasi.
Gieb. — Otospermophilus Douglasi. Gieb.) Nord-
Amerika. Columbia-Fluß.
» » Clarkü. (Otospermophilus Olarkü. Brandt. — Sper-
mophilus Clarkü. Bachm. — Sciurus Clarkii. H.
Smith. — Spermophilus Clarki. Gieb.) Nord-Amerika.
Missuri-Fluß.
» „» lateralis. (Otospermophilus lateralis. Brandt. — Sper-
mophilus lateralis. Richards. — Arctomys lateralıs.
Richards. — Sciurus laterali.. Say. — Tamias
lateralis. Say. — Small Gray Squirrel. Lewis.
Clark. — Rocky Mountains grey squirrel. Godm.)
Nord-Amerika. Rocky Mountains.
3. Gattung. Ziesel (Spermatophilus.)
Die Vorderfüße sind vierzehig, mit einer Daumenwarze, die
Hinterfüße fünfzehig. Backentaschen sind vorhanden und nicht nach
Außsen umstülpbar. Die Backenzähne sind einfach, mit höckerig-
runzeliger, im Alter flach ausgehöhlter Kaufläche, und mit Wurzeln
versehen, Im Oberkiefer sind jederseits fünf, im Unterkiefer vier vor-
handen, welche auch im Alter bleibend sind. Die Krallen sind zusam-
men gedrückt und lang, und auch die Daumenwarze der Vorderfüße
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) 495
ist mit einem stumpfen Krallennagel versehen. Die Ohren sind sehr
klein, sehr kurz, beinahe nur ein verdiekter Hautsaum. Der Schwanz
ist nicht sehr buschig, nur an den Seiten mit längeren Haaren be-
setzt, zweizeilig oder gerundet, und mittellang oder kurz. Die Ober-
lippe ist tief gespalten und zweilappig. Die Vorderzähne des Ober-
kiefers sowohl, als auch jene des Unterkiefers sind auf der Außen-
seite ungefurcht. Die Augen sind mittelgroß, die Pupille ist länglich.
Die Sohlen sind theilweise behaart.
Die hierher gehörigen Arten sind:
Spermatophilus Citillus. Wagl. (Spermophilus Citillus. Fr, Cuv.
— Colobotis Citillus. Brandt. — Mus Citellus. Linne.
— Mus Citillu. Zimmerm — Glis Citellus.
Erxleb. — Arctomys Citillus. Gmel. — Marmota
Citellus. Blumen b. — Spermophilus concolor. Temm.
— Mus noricus vel Citellus. Gesn. — Mus Noricus
vel Citellus. Raj. — Mus noricus quem Citellum ap-
pellant. Agrie. — (uniculus germanicus. Briss. —
Mus noricus. Reaez. — Mus Zizel. Alb. Magn, —
Zisel. Buff. — Earless marmot. Penn.) Eur. Öster-
reich, Böhmen, Mähren, Schlesien, Galizien, Polen,
Ungarn, Meidau.
» „» sibirieus. (Arctomys Citillus. Liehtenst. — Sper-
mophtilus Citillus. Keys. Blas.) As. Sibirien.
» » guttatus. Wagl. (Spermophilus guttatus. Temm. —
Colobotis guttatus. Brandt. — Arctomys quttatus.
Fiseh. — Spermophilus quftulatus. Schinz. — Mus
Citillus. Var. guttata. Pall. — Glis Citellus. Erxleb.
— Mus Citillus. Zimmerm. — Arctomys Citillus.
Zimmerm. — Mus Citillus Var. B. Pall. — Arcto-
mys Citillus. Var 8. Schreb. — Mus Suslica. Gül-
denst. — Mus ponticus. Plin. — Geperlter Ziesel.
Schreb. — Souslic. Buff.) Eur. Volhynien, Bessara-
bien, Süd-Rußland. — As. Sibirien, Tschikay, Kiachta.
» » leucostietus. (Spermophilus leucostietus. Brandt. —
Colobotis leucostictus. Brandt. — Spermophilus gqut-
tatus. Var? Brandt. — Colobotis quttatus. Var.?
Brandt. — Spermophilus guttatus. Gieb. — Cob-
botis guttatus. Gieb.) As. Sibirien.
496 Fitzinger.
Spermatophilus daurieus. (Spermophilus daurieus.Brandt.— Colo-
botis daurieus. Brandt. — Spermophilus guttatus. Var?
Brandt. — Colobotis quttatus. Var? Brandt. —
Spermophilus quttatus. Gieb. — Colobotis guttatus.
Gieb.) As. Daurien.
guttulatus. (Spermophilus gultatus. Riehards. — Arcto-
mys guttatus. Richards. — Colobotis guttatus. Gieb.)
Nord-Amerika. Rocky Mountains.
spilosoma. (Spermophilus spilosoma. Bennett. — Sper-
mophilus guttatus? Gray. — Spermophilus mezwica-
nus? Wagn. — Spermophilus mezicanus. Jung?
Gieb. — Otospermophilus mexicanus. Jung? Gieb.)
Am. Californien.
Franklinü. (Arctomys Franklini. Sabine. — Spermo-
philus Franklinü. Less.— Spermophilus? Franklini.
Fisch. — sSpermatophilus Franklin. Wagl. —
Colobotis Franklinii. Brandt. — Spermophilus Frank-
lini. Gieb. — Colobotis Franklini. Gieb.) Nord-
Amerika. Carltonhouse.
Hoodü.. (Arctomys Hoodü. Sabine. — Spermophilus
Hoodii. Less. — Spermophilus? Hoodi. Fisch. —
Colobotis Hoodü. Brandt. — Spermophilus Hoodi.
Gieb. — Colobotis Hoodi. Gieb. — Sciurus tridecim
lineatus. Mitehill.e — Arctomys tridecimlineata.
Harl. — Spermatophilus 15 - lineatus. Wagl. —
Spermophile raye. Fr. Cuv. Geoffr. — Leopard
ground squirrel. Sehooleraft.) Nord- Amerika. Sas-
katschewan-Fluß,Carlionhouse, Missuri-Fluß, Fort Union.
Richardsonü. (Arctomys BRichardsonii. Sabine. —
Spermophilus Richardsonmü. Less. — Spermophilus?
Richardsonü. Fisch. — CÜolobotis Richardsonii.
Brandt. — Spermophilus Richardsoni. Gieb. —
Colobotis Richardsoni. Gieb. — Towny American
Marmot. Go dm.) Nord-Amerika. Saskatschewan-Fluß,
Carltonhouse.
Townsendü. (Spermophilus Townsendü. Bachm. —
Spermophilus quttatus. Gray. — Spermophilus Town-
sendi. Gieb. — Colobotis Townsendi. Gieb.) Nord-
Amerika. Wallamalla. , |
” „
”
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) A9Y
4. Gattung. Stummelohrziesel ( Colobotis.)
- Die Vorderfüße sind vierzehig, mit einer Daumenwarze, die
Hinterfüße fünfzehig. Backentaschen sind vorhanden und nicht nach
Außen umstülpbar. Die Backenzähne sind einfach, mit höckerig-
runzeliger, im Alter flach ausgehöhlter Kaufläche, und mit Wurzeln
versehen. Im Oberkiefer sind jederseits fünf, im Unterkiefer vier vor-
handen, welche auch im Alter bleibend sind. Die Krallen sind
zusammengedrückt und lang, und auch die Daumenwarze der Vorder-
füße ist mit einem stumpfen Krallennagel versehen. Die Ohren sind
sehr klein, sehr kurz, beinahe nur ein verdiekter Hautsaum. Der
Schwanz ist nicht sehr buscehig, nur an den Seiten mit längeren
Haaren besetzt, zweizeilig oder gerundet, und mittellang, kurz, oder
sehr kurz. Die Oberlippe ist tief gespalten und zweilappig. Die Vorder-
zähne des Oberkiefers sowohl, als auch jene des Unterkiefers sind
auf der Außenseite ungefurcht. Die Augen sind mittelgroß, die Pupille
ist länglich. Die Sohlen sind kahl.
Hierzu die Arten:
Colobotis fulva. (Colobotis fulvus. Brandt. — Spermophilus
fulvus. Keys. Blas. — Arctomys fulvus. Lichtenst.
— Citillus fulvus. Liehtenst. — Mus Citillus. Var.
gigantea. Pall. — Mus Citillus. Var. flavescens.
Pall. — Citillus maximus monstrosus. Pall. —- Arcto-
mys Citillus. Var. y. Sehreb. — Arctomys concolor.
Var. B. Giganteus. Fisch. — Spermophilus Citillus.
Var. B. Wagn. — Arctomys Bobac. Gray. — Gelb-
licher Ziesel. Schreb. — Jung: Arctomys leptodacty-
lus. Liehtenst. — Citillusleptodactylus. Liehtenst.
— Spermophilus? leptodactylus Fisch. — Spermo-
philus leptodactylus. Wagn. — Arctomys turcoma-
nus. Eichw. — Arctomys fulvus. Eversm. — Sper-
mophilus fulvus. Wagn. — Colobotis fulvus. Gieb.)
As. Tatarei, Kirgisen-Steppe, Ural-, Kuwandschur- und
Jemba-Fluß, Karaatam, Caspischer See.
» „ concolor. (Spermophilus concolor. Is. Geoffr. — Sper-
mophilus fulvus. Gieb. — Colobotis fulvus. Gieb.)
As. Persien, Aserbeidschan, Sultanieh.
»„ » rufescens. Brandt. (Spermophilus rufescens. Keys.
Blas. — Mus (itellus? Linne. — Glis Citellus.
Fitzinger.
Erxleb. — Mus Citillus. Zimmerm. -— Arctomys
Citillu. Gmel. — Mus Citillus. Var. &. Pall. —
Mus Citillus. Var. undulata. Pall. — Arctomys
Citillus. Var. &. Schreb. — Spermophilus Citillus.
Var. x. Wagn. — Spermatophilus Citillu. Wagl. —
Spermophilus eitillus. Gieb. — Colobotis eitillus.
Gieb. — Spermophilus undulatus. Temm. — Arcto-
mys wundulatus. Fisch, — Gewässerter Ziesel.
Schreb. — Casan marmot. Penn. — Variegated
marmot. Shaw.) As. Sibirien, Orenburg, Kasan.
Colobotis musica. (Colobotis musieus. Brandt. — Spermophilus
”
musicus. M&enetr. — Spermophilus Citillus. Var. B?
Wagn. — Citillus zanthoprymnus. Bennett.) As.
Kaukasus.
mugosarica. (Colobotis mugosarieus. Brandt. — Arcto-
mys Mugosaricus. Lichten st. — Citillus Mugosaricus.
Liehtenst. — Spermophilus mugosarieus. Keys.
Blas. — Spermophilus? Mugosaricus. Fisch. —
Mus Citillus. Var. nana. Pall. — Mus Citillus. Var.
pygmaea. Pall. — Mus Citillus. Var. flavescens.
Pall. — Spermophilus Citillus. Var. B. Wagn. —
Arctomys concolor. Var. 3. nanus. Fisch. — Sper-
mophilus concolor. Gray. — Gelblicher Ziesel.
Schreb.) As. Tartarei, Kirgisen-Steppe, Mugosar-
skische-, Berge-, Caspischer- und Aral-See, Ural- und
Jemba-Fluß, Sibirien, Saratow, Sarepta.
erythrogenys. Brandt. (Spermophilus erythrogenys.
Brandt. — Spermophilus....? Gray.) As. Mon-
golei, Altai, Balkasch.
intermedia. (Colobotis intermedius. Brandt. — Sper-
mophilus intermedius. Brandt. — Spermophilus
brevicauda? Gieb. — Colobotis brevicauda? Gieb.)
As. Mongolei.
brevicauda. Brandt. (Spermophilus brevicauda. Brandt.
— Arctomys Mugosaricus. Eversm.) As. Mongolei.
Eversmanni. Brandt. (Spermophilus Eversmanni.
Brandt. — Arctomys Altaicus. Eversm. — Arcto-
Versuch einer natürlichen Anordnuns: der Nagethiere. (Rodentia.) A99
mys Eversmänni. Brandt. — Spermophilus Altaicus.
Brandt.) As. Mongolei, Altai, Kokotan, Argut-Fluss.
Colo otis jacutensis. Brandt. (Spermophilus jacutensis. Brandt.
— Mus Citillus. Var. jacutensis. Pall. — Spermo-
philus Eversmanni. Gieb. — Colobotis Eversmanni.
Gieb.) As. Sibirien. Jakutsk.
» „» Parryi. Brandt. (Spermophilus Parryi. Richards. —
Arctomys Parryi. Richards. — Arctomys Parryi
major. Riehards. — Spermophilus? Parryi. Fisch.
— Ground squirrel. Hearne. — (Quebec marmot.
Forst.) Nord-Amerika. Hudsons-Bai, Berings-Straße,
Insel Melville, Fort Enterprise.
Anmerkung. Hyrax Hudsonius. Schreb. (Lipura Hudsoni«. l1llig. —
Spermatophilus Franklin. Wagl. — Tail-less marmot. Penn. —
Ungeschwänztes Murmelthier. Zimmerm.) von der Hudsons-bai, scheint
auf einem verstümmelten und schleeht präparirten Exemplare von
Colobotis Parryi zu beruhen.
» » » » erythroglutea. (Spermophilus Parryi. Var.
erythroglutea. Riehards.— Arctomys Parryi.
Var. erythroglutea. Richards. — Arctomys
Alpina. Riehards. — Spermophilus Parryi.
Var. 6. W agn. — Spermophilus Parryi. Gray.
— Colobotis Parryi. Gieb.) Nord-Amerika.
Elk-Fluß.
» » » » phaeognatha. (Spermophilus Parryi. Var. phaeo-
gnatha. Richards. — Arctomys Parryi. Var.
phaeognatha. Richards. — Spermophilus
Parryi. Var. y. Wagn. — Spermophilus
Parryi. Gieb. — Colobotis Parryi. Gieb.)
Nord-Amerika.
4. Fam. Erdgräber oder Wurfmäuse
(Georhychi).
Die Vorderzähne des Oberkiefers stehen in einer einfachen
Reihe und sind nach abwärts gerichtet. Die Schlüsselbeine sind voll-
kommen. Das Unter-Augenhöhlenloch ist klein. Die Vorderzähne des
Unterkiefers sind nicht zusammengedrückt, mit meißelförmiger
Kronensehneide, und ragen ebenso wie jene des Oberkiefers aus dem
500 Fitzingeer.
Munde hervor. Harn- und Gesehleehtsorgane münden nach Außen.
Die Gliedmassen sind Gangbeine, die Hinterbeine ebenso lang, oder
nur wenig länger als die Vorderbeine.
I. Gattung Bartmoll ( Haplodon.)
Vorder- und Hinterfüße sind fünfzehig. Backentaschen fehlen.
Die Backenzähne sind einfach, mit ebener Kaufläche, und mit Wurzeln
versehen? Im Oberkiefer sind jederseits fünf, im Unterkiefer vier
vorhanden. Die Krallen sind zusammengedrückt und lang, und nur
die Daumenzehe der Vorderfüße ist mit einem Plattnagel versehen.
Die Hinterheine sind nur wenig länger als die Vorderbeine. Die Ohren
sind klein, kurz, nicht sehr breit, und eiförmig gerundet. Der
Schwanz ist gerundet, dieht mit kurzen Haaren bedeckt, und sehr
kurz. Die Oberlippe ist gespalten. Die Vorderzähne des Oberkiefers
sowohl, als auch jene des Unterkiefers sind auf der Außenseite
ungefureht. Die Augen sind sehr klein, die Pupille ist rund. Die
Sohlen sind kahl. |
Die einzige bis jetzt bekannte Art ist:
Haplodon leporinus. W ag]. (Aplodontia leporina. Richards. —
Anisony&? rufa. Rafin. — Arctomys rufa. Harlan.
— Arctomys rufus. Fisch. — Spermophilus? rufus.
Fisch. — Sewellel. Lewis. Clark.) Nord-Amerika.
Cowlidiske- und Columbia-Fluß, Whitby-Hafen, Pouget-
Sund, St. Helena-Gebirge.
2. Gattung. Strandmoll (Bathyergus.)
Vorder- und Hinterfüße sind fünfzehig. Backentaschen fehlen.
Die Backenzähne sind einfach, mit ebener Kaufläche, und mit Wurzeln
versehen. Im Ober- und Unterkiefer sind jederseits vier vorhanden.
Die Krallen sind zusammengedrückt und lang, und auch die Daumen-
zehe der Vorderfüße ist mit einem Krallennagel versehen. Die Hinter-
beine sind ebenso lang als die Vorderbeine. Äußere Ohren fehlen.
Der Schwanz ist gerundet, flach-buschig behaart, und sehr kurz. Die
Oberlippe ist gespalten. Die Vorderzähne des Oberkiefers sind auf
der Außenseite gefurcht, jene des Unterkiefers ungefurcht. Die Augen
sind sehr klein, die Pupille ist rund. Die Sohlen sind kahl.
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) 501
Man kennt nur eine Art:
Bathyergus maritimus. 1llig. (Mus maritimus. Gmel. — Arcto-
mys maritimus. Thunb. — Georychus maritimus.
Liehtenst. — Orycterus maritimus. Fr. Cuv. —
Spalax maritimus. Fisch. — Mus suillus. Schreb.
— Bathyerchus suillus. Wagl. — Bathyergus suillus.
Wagn. — Fossor Capensis. Forst. — Arctomys Afri-
cana. Thunb. — Taupe des dunes. Allam. Buff. —
Taupe du cap. La Caille. — Rat-taupe des Dunes.
Cuv. — Cricet. Fr. Cuv. — Coast rat. Shaw. —
Zandmoll. Mason.) Afr. Cap der guten Hoffnung.
» =» =» Albus. (Acrtomys maritimus. Var. alba. Thunb.
— Spalax maritimus. Var. 8. Fisch. — Ba-
thyergus maritimus. Var. 8. Fisch.) Afr. Cap
der guten Hoffnung. i
3. Gattung, Erdgräber (@eorhychus.)
Vorder- und Hinterfüße sind fünfzehig. Backentaschen fehlen.
Die Backenzähne sind einfach, mit ebener Kaufläche, und mit Wurzeln
versehen. Im Ober- und Unterkiefer sind jederseits vier vorhanden.
Die Krallen sind zusammengedrückt und kurz, und auch die Daumen-
zehe der Vorderfüße ist mit einem Krallennagel versehen. Die Hinter-
beine sind ebenso lang als die Vorderbeine. Äußere Ohren fehlen.
Der Schwanz ist gerundet, flach-buschig behaart, und sehr kurz. Die
Oberlippe ist gespalten. Die Vorderzähne des Oberkiefers sowohl,
als auch jene des Unterkiefers sind auf der Außenseite unge-
furcht. Die Augen sind sehr klein, die Pupille ist rund. Die Sohlen
sind kahl.
Hierzu die Arten:
Georhychus capensis. Wiegm. (Mus Capensis. Pall. — Arctomys
Capensis. Thunb. — Georychus Capensis. llig. —
Spalax Capensis. Fisch. — Bathyergus Capensis.
Fr. Cuv. — Oryeterus Capensis. Kaup. — Bathyergus
maritimus. Var. minor. Kaup. — Fossor leucops.
Forst. — Petit rat-taupe du Cap. Cuv. — Dlesmoll.
Ber Cavıı Long-toothed marmotte. Brown. --
Cap rat. Shaw. — Hamster. Kolbe.) Alr. Cap der
guten Hoffnung.
502 Fitzineer.
Georhychus capensis, Buffonüi.(Bathyergus Buffoniti. Fr.C uv.—Spa-
law Capensis. Fisch. — Bathyergus Capensis.
Fisch. —@Georhychus Capensis. Var. B.Wagn.
— Taupe du cap de bonne esperance. Allam.
Buff. — Petit rat-taupe du Cap. Cuv.) Afr.
Cap der guten Hoffnung.
» » damarensis. Wagn. ( Bathyergus Damarensis. Ogilby.
— Georychus Damarensis. Gray.) Afr. Hottentotten-
land, Damara.
» » holosericeus. Wagn. (Georychus hottentottus. Gieb.)
Afr. Cap der guten Hoffnung, Graaf-Reynett.
» » hottentottus. Wagn. (Bathyergus Hottentottus. Less.
Garn. — Georychus hottentottus. Cuv. — Bathyergus
Ludwigii. W aterh. — Georychus caecutiens? Gray.)
Afr. Tap der guten Hoffnung.
» „» Ludwigii. (Bathyergus Ludwigii. A. Smith, — Spalax
caecutiens? Fisch. — Bathyergus caecutiens? Fisch.
— Georhychus coecutiens? Wiegm. — Georychus
caecutiens. Gray. — Georychus hottentottus. Jung?
Wagl. — Georychus hottentottus? Wagn. —
Georychus hottentottus. Gieb.) Afr. Cap der guten
Hoffnung.
4. Gattung. Blinderdgräber ( Typhloryctes.)
Vorder- und Hinterfüße sind fünfzehig. Backentaschen fehlen.
Die Backenzähne sind einfach, mit ebener Kaufläche, und mit Wur-
zeln versehen. Im Ober- und Unterkiefer sind jederseits vier vor-
handen. Die Krallen sind zusammengedrückt und ‚kurz, und auch die
Daumenzehe der Vorderfüße ist mit einem Krallennagel versehen.
Die Hinterbeine sind ebenso lang als die Vorderbeine. Äußere Ohren
fehlen. Der Schwanz ist gerundet, flach-buschig behaart, und sehr
kurz. Die Oberlippe ist gespalten. Die Vorderzähne des Oberkiefers
sowohl, als auch jene des Unterkiefers sind auf der Außenseite unge-
furcht. Die Augen liegen unter der Haut verborgen. Die Sohlen
sind kahl.
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) 503
Bis jetzt sind nur zwei Arten bekannt:
Typhloryctes ochraceo -cinereus. (G@eorychus ochraceo - einereus.
Heug!.) Central-Afrika. Bongo, Dembo, Kosanga- und
Wau-Fluß.
» » coecutiens. (Bathyergus caecutiens. Liehtenst. —
Spalax caecutiens. Fisch. — Georhychus coecutiens.
Wiegm. — Georychus caecutiens. Gray. — Bathyer-
gus Hottentottus. Less. Garn. — Georhychus hotten-
tottus. Jung. Peters. — Georychus hottentottius.
Jung. Gieb. — Bathyergus Ludwigü. Waterh.)
Afr. Cap der guten Hoffnung.
5. Gattung. Sonnenmoll ( Heliophobius.)
Vorder- und Hinterfüße sind fünfzehig. Backentaschen fehlen.
Die Backenzähne sind einfach, mit gewölbter Kaufläche, und mit
Wurzeln versehen, Im Ober- und Unterkiefer sind jederseits sechs
vorhanden, Die Krallen sind flachgedrückt und kurz, und auch die
Daumenzehe der Vorderfüße ist mit einem Plattnagel versehen. Die
Hinterbeine sind ebenso lang als die Vorderbeine. Die Ohren sind
nur als Rudimente durch einen kurzen Hautsaum angedeutet. Der
Schwanz ist gerundet, dicht mit kurzen Haaren bedeckt und sehr
kurz. Die Oberlippe ist gespalten, Die Vorderzähne des Oberkiefers
sowohl, als auch jene des Unterkiefers sind auf der Außenseite unge-
furcht. Die Augen sind sehr klein, die Pupille ist rund. Die Sohlen
sind kahl.
Die einzige hierher gehörige Art ist:
Heliophobius argenteo-cinereus. Peters. Afr. Mozambique.
6. Gattung. @lattmoll (Heterocephalus.)
_Vorder- und Hinterfüße sind fünfzehig. Backentaschen fehlen.
Die Backenzähne sind einfach, mit gewölbter Kaufläche, und mit
Wurzeln versehen? Im Ober- und Unterkiefer sind jederseits drei
vorhanden. Die Krallen sind flachgedrückt und kurz, und auch die
Daumenzehe der Vorderfüße ist mit einem Plattnagel versehen. Die
Hinterbeine sind ebenso lang als die Vorderbeine. Äußere Ohren
fehlen. Der Schwanz ist gerundet, sehr spärlich mit kurzen Haaren
besetzt, beinahe völlig kahl und kurz. Die Oberlippe ist gespalten.
Die Vorderzähne des Oberkiefers sowohl, als auch jene des Unter-
Sitzb, d. mathem.-naturw. Cl, LV, Bd. I. Abth, 34
504 Fitzinger.
kiefers sind auf der Außenseite ungefureht. Die Augen sind sehr
klein, die Pupille ist rund. Die Sohlen sind kahl.
Man kennt bis jetzt nur eine Art:
Heterocephalus glaber. Rüpp. Afr. Schoa.
7. Gattung. Sammtmoll (Ommatostergus.)
Vorder- und Hinterfüße sind fünfzehig. Backentaschen fehlen.
Die Backenzähne sind einfach, mit gewölbter Kaufläche, und mit
Wurzeln versehen? Im Ober- und Unterkiefer sind jederseits drei
vorhanden. Die Krallen sind flachgedrückt und kurz, und auch die
Daumenzehe der Vorberfüße ist mit einem Plattnagel versehen. Die
Hinterbeine sind ebenso lang als die Vorderbeine. Äußere Ohren
fehlen. Der Schwanz fehlt. Die Oberlippe ist gespalten. Die Vorder-
zähne des Oberkiefers sowohl, als auch jene des Unterkiefers sind
auf der Aussenseite ungefurcht. Die Augen liegen unter der Haut
verborgen. Die Sohlen sind kahl.
Hierzu die einzige Art:
Ommatostergus Pallasü. Nordm. (Spalax Pallasü. Nordm. —
(Spalax Pallasi. Gieb.— Spalax Typhlus. Kessler.)
Eur. Süd-Russland, Ekaterinoslaw, Taganrog, Bakhmut,
Ungarn. — As. Kaukasus, Terek.
8. Gattung. Blindmoll (Spalax.)
Vorder- und Hinterfüße sind fünfzehig. Backentaschen fehlen.
Die Backenzähne sind schmelzfaltig, mit gewölbter Kaufläche, und
mit Wurzeln versehen. Im Ober- und Unterkiefer sind jederseits drei
vorhanden. Die Krallen sind flachgedrückt und kurz, und auch die
Daumenzehe der Vorderfüße ist mit einem Plattnagel versehen. Die
Hinterbeine sind ebenso lang als die Vorderbeine. Äußere Ohren
fehlen, Der Schwanz fehlt. Die Oberlippe ist gespalten. Die Vorder-
zähne des Oberkiefers sowohl, als auch jene des Unterkiefers sind
auf der Aussenseite ungefurcht. Die Augen liegen unter der Haut
verborgen. Die Sohlen sind kahl.
Die einzige seither bekannt gewordene Art ist:
Spalax Typhlus. Illig. (Spalax Typhlus leucodon. Nordm. —
Mus Typhlus. Pall.— Marmota Typhlus. Blumenb.
— Aspalax typhlus. Desm. — Georychus typhlus.
Less. — Spalax microphthalmus. Güldenst. —
Spalax major. Erxleb. — @lis Zemni. Erxleb. —
Versuch einer natürliehen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) 505
Mus oculis minutissimis, aurieulis caudaque nullis,
corpore rufo-cinereo. Lepechin. — Caniculus sub-
terraneus. Rzacz. — Slepez. S. Gmel. — Zemni.
Buff. — Podolian marmot. Penn. — Blind rat.
Shaw.) Eur. Ungarn, Polen, Moldau, Bessarabien, Süd-
Russland, Odessa, Griechenland. — As. Natolien, Tau-
rus, Syrien, Mesopotamien, Turkomanien, Erzerum,
Persien,
Spalax Typhlus, variegatus. (Spalax typhlus. Var. 5. Variegatus
Fisch. — Aspalax typhlus. Var. 8. Desm.)
Eur. Süd-Rußland.
» » » „» zanthodon. Nordm. (Spalax typhlus. Gieb.)
Eur. Süd-Russland, Ekaterinoslaw. — As. Nato-
lien, Smyrna.
9. Gattung. Scharrmoll ( Siphneus. )
Vorder- und Hinterfüße sind fünfzehig. Backentaschen fehlen.
Die Backenzähne sind schmelzfaltig, mit gewölbter Kaufläche, und
mit Wurzeln versehen. Im Ober- und Unterkiefer sind jederseits
drei vorhanden. Die Krallen sind zusammengedrückt und lang, und
auch die Daumenzehe der Vorderfüße ist mit einem Krallennagel
versehen. Die Hinterbeine sind ebenso lang als die Vorderbeine. Die
Ohren sind nur als Rudimente durch einen kurzen Hautsaum ange-
deutet. Der Schwanz ist gerundet, dicht mit kurzen Haaren bedeckt,
und sehr kurz. Die Oberlippe ist gespalten. Die Vorderzähne des
Oberkiefers sowohl, als auch jene des Unterkiefers sind auf der
Außenseite ungefurcht. Die Augen sind sehr klein, die Pupille ist
rund. Die Sohlen sind kahl.
Von dieser Gattung ist nur eine einzige Art bekannt:
Siphneus Aspalaw. Brants. (Mus Aspalaw. Pall. — Georychus
Aspala®. Illig. — Lemmus Aspalax. Fr. Cuv. —
Cuniculus Aspalaw. W agl. — Mus Myospalax. Lax-
mann. — Lemmus Zokor. Desm. — Georychus Zo-
kor. Less. — Spalax Zokor. Fisch. — Siphneus Zo-
kor. Fisch. — Zokor. Cuv. — Daurian rat. Shaw.)
As. Mongolei, Altai, Daurien, Argun- und Ingoda-Fluß.
34%
5 0 6 Fitzinger.
10. Gattung. Wurzelgräber (Rhizomys.)
Vorder- und Hinterfüße sind fünfzehig. Backentaschen fehlen.
Die Backenzähne sind schmelzfaltig, mit gewölbter Kaufläche, und
mit Wurzeln versehen? Im Ober- und Unterkiefer sind jederseits
drei vorhanden. Die Krallen sind zusammengedrückt und kurz, und
auch die Daumenzehe der Vorderfüße ist mit einem Krallennagel
versehen. Die Hinterbeine sind ebenso lang als die Vorderbeine. Die
Ohren sind sehr klein, sehr kurz, und gerundet. Der Schwanz ist
gerundet, dicht mit kurzen Haaren bedeckt, und kurz. Die Oberlippe
ist gespalten. Die Vorderzähne des Oberkiefers sowohl, als auch jene
des Unterkiefers sind auf der Außenseite ungefurcht. Die Augen sind
sehr klein, die Pupille ist rund. Die Sohlen sind kahl. Die beiden
Außenzehen der Vorderfüße sind nur wenig verkürzt.
Dazu die Arten:
Rhizomys chinensis. Gray. (Rhizomys sinensis. Gray. — Nycto-
leptes sinensis. W agn. — Khizomys Decan? W agn.
— Nyctoleptes Decan? Wagn. — Rhizomys suma-
trensis? Gieb,) As. China, Indien, Malakka.
» » sumatrensis. Gray. (Mus Sumatrensis. Raffles. —
Lemmus? Sumatrensis. Fisch. — Arvicola? Suma-
trensis. Fisch. — Hypudeus? de Sumatra. Temm.
— Spalax Javanus. Cuv. — Nyctoleptes Dekan. Temm.
— Fihizomys Decan. Wagn. — Nyctoleptes Decan.
Wagn. — Fihizomys sinensis. Rüpp. — Rat Taupe
de la Sonde. Cuv. — Bamboo rat. Farquhar.) As.
Indien, Malakka, Sumatra?
» » badius. Hodgs. (Khizomys sumatrensis? Gieb.) As.
Nepal.
» „» minor. Gray. (Rhizomys badius. Gray. — Bhizomys
sumatrensis? Gieb.) As. Indien, Cochinchina?
11. Gattung. 6lanzmoll ( Tachyoryetes.)
Vorder- und Hinterfüße sind fünfzehig, Backentaschen fehlen.
Die Backenzähne sind schmelzfaltig, mit gewölbter Kaufläche, und
mit Wurzeln versehen? Im Ober- und Unterkiefer sind jederseits
drei vorhanden. Die Krallen sind zusammengedrückt und kurz, und
auch die Daumenzehe der Vorderfüße ist mit einem Krallennagel
. 1° .. B leri
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) 50 ‘
versehen. Die Hinterbeine sind eben so lang als die Vorderbeine.
Die Ohren sind sehr klein, sehr kurz, und gerundet. Der Schwanz ist
‘ gerundet, dicht mit kurzenHaaren bedeckt, und kurz oder sehr kurz.
Die Oberlippe ist gespalten. Die Vorderzähne des Oberkiefers
sowohl, als auch jene des Unterkiefers sind auf der Außenseite unge-
furceht. Die Augen sind sehr klein, die Pupille ist rund. Die Sohlen
sind kahl. Die beiden Außenzehen der Vorderfüße sind beträchtlich
verkürzt.
Die hierher gehörigen Arten sind:
Tachyoryctes splendens. Rüpp. (Bathyergus splendens. Rüpp. —
Rahizomys splendens. Rüpp. — Spalax? splendens.
Waterh. — Chrysomys splendens. Gray.) Afr
Central-Abyssinien.
» „ macrocephalus. Fitz. Heugl. (Rhizomys macrocepha-
lus. Rüpp.) Afr. Schoa.
12. Gattung. Wurfmoll (Zllobius. )
Vorder- und Hinterfüße sind fürfzehig. Backentaschen fehlen.
Die Backenzähne sind blätterig, mit ebener Kaufläche, und mit Wur-
zeln versehen. Im Ober- und Unterkiefer sind jederseits drei vorhan-
den. Die Krallen sind zusammengedrückt und kurz, und auch die
Daumenzehe der Vorderfüße ist mit einem Krallennagel versehen.
Die Hinterbeine sind ebenso lang als die Vorderbeine. Die Ohren
sind nur als Rudimente durch einen kurzen Hautsaum angedeutet.
Der Schwanz ist gerundet, dieht mit kurzen Haaren bedeckt, und
sehr kurz. Die Oberlippe ist gespalten, Die Vorderzähne des Ober-
kiefers sowohl, als auch jene des Unterkiefers sind auf der Außenseite
ungefurcht. Die Augen sind sehr klein, die Pupille ist rund. Die
Sohlen sind kahl.
Man kennt bis jetzt nur eine einzige Art:
Ellobius talpinus. G. Fisch. (Mus talpinus. Pall. — Spalax
talpinus. Tiedem. — Georychus talpinus. Illig. —
Lemmus talpinus. Desm. — Bathyergus talpinus.
Fisch. — Hypudaeus talpinus. W agl. — Chtonoer-
gus talpinus. Nordm. — Spalax murinus. Pall. —
Spalax minor. Erxleb. — Suckerkan. Vieq d’Azyr.
— Talpoides. Lacepede. — Campagnol taupin.
508 Fitzinger.
Desmoul. — Talpine rat. Shaw.) Eur. Süd-Ruß-
land, Krimm. — As. Südwest-Sibirien.
Ellobius talpinus, niger. (Mus talpinus. Var. nigra. Pall. —
Spalax talpinus. Var. B. Fisch. — Bathyergus
talpinus. Var. 8. Fisch.) Eur. Süd-Rußland,
Krimm. — As. Südwest-Sibirien.
13. Gattung. Scharrtaschengräber ( Thomomys.)
Vorder- und Hinterfüße sind fünfzehig. Backentaschen sind
vorhanden und nach Außen umstülpbar. Die Backenzähne sind ein-
fach, mit flachausgehöhlter Kaufläche, und wurzellos. Im Ober- und
Unterkiefer sind jederseits vier vorhanden. Die Krallen sind
zusammengedrückt und lang, und auch die Daumenzehe der Vorder-
füße ist mit einem Krallennagel versehen. Die Hinterbeine sind nur
wenig länger als die Vorderbeine. Die Ohren sind nur als Rudimente
durch einen kurzen Hautsaum angedeutet. Der Schwanz ist gerundet,
nur spärlich mit kurzen Haaren besetzt, und mittellang oder kurz.
Die Oberlippe ist gespalten. Die Vorderzähne des Oberkiefers sowohl,
als auch jene des Unterkiefers sind auf der Außenseite ungefurcht.
Die Augen sind sehr klein, die Pupille ist rund. Die Sohlen sind kahl.
Zu dieser Gattung gehören nachstehende Arten:
Thomomys rufescens. Neuw. (Ascomys rufescens. Wagn. —
Geomys rufescens. Gieb. — Oryctomys Bottae.
Eydoux. Gervais. — Saccophorus Bottae. Eydoux.
Gervais. — Saccophorus borealis? Gray.) Nord-
Amerika. Missuri-Fluß, Rocky Mountains.
bulbivorus. Wagn. (Geomys bulbivorus. Richards. —
Ascomys bulbivorus. W agn. — Diplostoma? bulbivo-
rum. Richards.) Nord-Amerika. Hudsonsbai, Colum-
bia-Fluß.
Douglassü. (Geomys Douglasü. Richards. — Thomo-
mys Douglasi. W agn. — Ascomys Douglasü. W agn.
— Geomys Douglasi. Gieb. — Thomomys Douglasi.
Gieb.) Nord-Amerika. Columbia-Fluss.
Townsendü. W agn.(Geomys Townsendü.Richards. —
Ascomys Townsendü, Wagn. — Geomys Douglasi?
Gieb. — Thomomys Douglasi? Gieb.) Nord-Amerika.
Columbia-Fluß.
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] ”
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) 509
Thomomys talpoides. Wagn. (Cricetus talpoides. Riehards. —
Geomys? talpoides. Richards. — Saccophorus? tal-
poides. Fisch. — Ascomys talpoides.. Wagn. —
Geomys talpoides. Gieb.) Am. Hudsonsbai, Saskat-
schewan.
» » umbrinus. Wagn. (Geomys umbrinus. Richards. —
Ascomys umbrinus. Wagl.) Nord-Amerika. Südwest-
Luisiana, Cadadaguios.
» » borealis. Wagn. (Geomys borealis. Richards —
Ascomys borealis. Wagn. — Saccophorus borealis.
Gray. — Geomys unisulcatus. Gray. — Geomys
talpoides. Gieb. — Thomomys talpoides. Gieb.)
Nord-Amerika. Canada.
14. Gattung. Taschengräber ( Ascomys.)
‚Vorder- und Hinuterfüße sind fünfzehig. Backentaschen sind
vorhanden und nach Außen umstülpbar. Die Backenzähne sind ein-
fach, mit flach ausgehöhlter Kaufläche, und wurzellos. Im Ober- und
Unterkiefer sind jederseits vier vorhanden. Die Krallen sind
zusammengedrückt und lang, und auch die Daumenzehe der Vorder-
füße ist mit einem Krallennagel versehen. Die Hinterbeine sind nur
wenig länger als die Vorderbeine. Die Ohren sind nur als Rudimente
durch einen kurzen Hautsaum angedeutet. Der Schwanz ist gerundet,
-nur spärlich mit kurzen Haaren besetzt, und mittellang oder kurz.
Die Oberlippe ist gespalten. Die Vorderzähne des Oberkiefers sind
auf der Außenseite gefurcht, jene des Unterkiefers ungefurcht. Die
Augen sind sehr klein, die Pupille ist rund. Die Sohlen sind kahl.
Die hierher zu zählenden Arten sind:
Ascomys canadensis. Brants. (Saccophorus canadensis. W agn.
— Mus bursarius. Shaw. — Saccophorus bursarius.
Kuhl. — Cricetus bursarius. Illig. — Pseudostoma
bursaria. Say. — Geomys bursarius. Riehards. —
Geomys cinereus. Rafin. — Mus saccatus. Mitchill.
— Saccophorus borealis. Gray.) Nord-Amerika.
Canada.
» » Drummondi. Wagn. (Geomys Drummondiü. Richards.
— Saccophorus Drummondü. Wagn. — Geomys
510 Fitzinger.
bursarius? Gieb. — Saccophorus bursarius? Gieb.)
Nord-Amerika.
Ascomys pineti. (Ascomys? pineti. Wage. — Geomys pinetis.
Rafın. — Saccophorus? Pineti. Fisch.) Nord-Amerika.
Georgien.
mezwicanus. Liehtenst. Brants. (Saccophorus Mexi-
canus. Fisch. — Geomys Mezicanus. Riehards. —
Raton Tucotuco. Azara. — Tucan. Hernandez.)
Am. Mex.co.
» „ castaneus. (Ascomys mewicanus. Var. B. Brants-
— Saccophorus Mexicanus. Var. ß. Fisch.
— Geomys mezwicanus. Gieb. — Saccophorus
mezicanus. Gieb.) Am. Mexico.
» » » » nigro-fuscus. (Ascomys “mezicanus. "Var. 3:
Brants. — Saccophorus Mexicanus. Var. 7.
Fisch. — Geomys mezicanus. Gieb. —
Saccophorus mexicanus. Gieb.) Am. Mexico.
15. Gattung. Taschenmoll (Diplostoma.)
Vorder- und Hinterfüße sind vierzehig? Backentaschen sind
vorhanden und nach Außen umstülpbar. Die Backenzähne sind ein-
fach, mit flachausgehöhlter Kaufläche, und wurzellos. Im Ober- und
Unterkiefer sind jederseits vier vorhanden. Die Krallen sind zusam-
mengedrückt und lang. Die Hinterbeine sind nur wenig länger als
die Vorderbeine. Äußere Ohren fehlen. Der Schwanz fehlt. Die
Oberlippe ist gespalten. Die Vorderzäline des Oberkiefers sind auf
der Außenseite gefurcht, jene des Unterkiefers ungefurcht. Die Augen
sind sehr klein, die Pupille ist rund. Die Sohlen sind kahl?
Hierzu die einzige Art:
Diplostoma Rafinesqui. (Diplostoma fusca. Rafin. — Diplostoma
fuscum. Wagl. — Saccophorus bursarius? Fisch,)
Nord-Amerika, Canada.
» » » „» Album. (Diplostoma alba. Rafin. — Diplostoma
album. W agl. — Saccophorus? albus. Fisch.)
Nord- Amerika. Missuri-Fluß.
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentio.) 51 1
5. Fam. Bilehe oder Sehlafmäause (Myozxi.)
Die Vorderzähne des Oberkiefers stehen in einer einfachen
Reihe und sind nach abwärts gerichtet. Die Schlüsselbeine sind voll-
kommen. Das Unteraugenhöhlenloch ist klein. Die Vorderzähne des
Unterkiefers sind zugeschärft, mit zusammengedrückt-spitziger
Kronenschneide, und ragen ebenso wenig als jene des Oberkiefers
aus dem Munde hervor. Harn- und Geschlechtsorgane münden nach
Außen. Die Gliedmassen sind Gang- oder Flatterbeine, die Hinter-
beine deutlich länger als die Vorderbeine.
1. Gattung. Rlatterbilch (Anomalurus.)
Die Gliedmassen sind Flatterbeine, welche durch eine an den
Seiten des Körpers ausgespannte Flughaut mit einander verbunden
sind. Die Vorderfüße sind vierzehig, mit einer Daumenwarze, die
Hinterfüße fünfzehig. Backentaschen fehlen. Die Backenzähne sind
schmelzfaltig, mit runzeliger Kaufläche, und mit Wurzeln versehen.
Im Oberkiefer sind jederseits vier, im Unterkiefer fünf vorhanden.
Die Krallen sind zusammengedrüeckt und lang, und nur die Daumen-
warze der Vorderfüße ist mit einem Plattnagel versehen. Die Ohren
sind ziemlich groß,nicht sehr kurz, breit,und länglich-eiförmig gerundet.
Der Schwanz ist buschig, auf der Unterseitean der Wurzel mit einigen
hornigen Schuppen besetzt, gerundet, und lang, Die Oberlippe ist
gespalten. Die Vorderzähne des Oberkiefers sowohl, als auch jene
des Unterkiefers sind auf der Außenseite ungefurcht. Die Augen sind
mittelgroß, die Pupille ist rund. Die Sohlen sind behaart?
Man kennt bis jetzt folgende Arten:
Anomalurus Fraseri. Waterh. (Pteromys Derbianus. Gray. —
Anomalurus Derbianus. Gray. — Aroaethrus. W a-
t erh.) Afr. Fernando-Po.
Pelei. Temm. Afr. Berberei.
» »
2. Gattung. Bilch (Myozus.)
Die Gliedmassen sind Gangbeine. Die Vorderfüße sind vierzehig,
mit einer Daumenwarze, die Hinterfüße fünfzehig. Backentascheu
fehlen. Die Backenzähne sind schmelzfaltig, mit runzeliger Kaufläche,
und mit Wurzeln versehen. Im Ober- und Unterkiefer sind jederseits
vier vorhanden. Die Krallen sind zusammengedrückt und kurz, und
Fitzinger.
nur die Daumenwarze der Vorderfüße ist mit einem Plattnagel ver-
sehen. Die Ohren sind von mittlerer Größe, ziemlich kurz, nicht sehr
breit, und eiförmig gerundet. Der Schwanz ist buschig, zweizeilig und
lang. Die Oberlippe ist gespalten. Die Vorderzähne des Oberkiefers so-
wohl, als auch jene des Unterkiefers sind aufder Außenseite ungefurcht.
Die Augen sind mittelgroß, die Pupille ist rund. Die Sohlen sind kahl.
Die zu dieser Gattung gehörigen Arten sind:
Myozus Dryas. Schreb. (Myowus Nitedulae. Pall. — Loir. Cuv.
” ”
” B)
n ”
” ”
” ”
” ”
” ”
— Myozus Nitela. Fr. Cuv. — Myowus glis? Gray.
— KEliomys nitela. Gieb. — Eliomys melanurus?
Gieb. — Wood dormouse. Shaw.) Eur. Ungarn,
Banat, Temesvär, Süd-Rußland. — As. Sibirien, Kauka-
sien, Georgien.
Glis. Schreb. (Sciurus Glis. Linne. — Mus Glis.
Pall. — sSciurus epilepticus cinereus prussicus.
Klein. — Glis vulgaris. Klein. — Glis esculentus.
Blumenb. — Glis Glis. Wagn. — @lis. Plinius. —
Loir. Perrault. — Fat squirrel. Penn. — Fat dor-
mouse. Penn. — Billich. Schrank. — sSieben-
schläfer. Bechst.) Eur. Spanien, Frankreich, Schweiz,
Italien, Balmatien, Türkei, Slavonien, Syrmien, Croatien,
Krain, Kärnthen, Tirol, Steiermark, Oesterreich, Ungarn,
Galizien, Schlesien, Mähren, Böhmen, Süd-Deutschland,
Baiern, Württemberg, Sachsen, Süd-Rußland.
elegans Siebold. (Muscardinus elegans. Gieb.) As.
Japan.
Coupeii Fr. Cuv. Geoffr. (Myoxus murinus. Var. ß.
Coupeü. Fisch. — Myoxwus Coupei. Wagn. —
Myoxus murinus. Peters. — Graphiurus murinus.
Gieb.) Afr. Senegambien.
murinus Des Murs. Pre&vost. Afr. Abyssinien.
orobinus. Wagn. (Eliomys orobinus. Gieb.) Afr.
Sennaar.
lalandianus. Sehinz. (Myoxzus murinus. Desm. —
Myozus Coupeü. Is. Geoffr. — Myoxus erythro-
bronchus. Wagn. — Graphiurus murinus. Gieb.)
Afr. Cap der guten Hoffnung, Mozambique.
cinerascens. Rüpp- Afr, Port Natal.
Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) 513
Myoxus erythrobronchüis. A. Smith. (Graphiurus murinus.
Gieb.) Afr. Cap der guten Hoffnung.
3: Gattung. Haselmaus ( Muscardinus.)
Die Gliedmassen sind Gangbeine. Die Vorderfüße sind vierzehig,
mit einer Daumenwarze, die Hinterfüße fünfzehig. Backentaschen
fehlen. Die Backenzähne sind schmelzfaltig, mit runzeliger Kaufläche,
und mit Wurzeln versehen. Im Ober- und Unterkiefer sind jederseits
vier vorhanden. Die Krallen sind zusammengedrückt und kurz, und
nur die Daumenwarze der Vorderfüße ist mit einem Plattnagel ver-
sehen, die Daumenzehe der Hinterfüße aber bisweilen nagellos. Die
Ohren sind von mittlerer Größe, kurz, nicht sehr breit, und eiför-
mig gerundet. Der Schwanz ist in der ersten Hälfte dicht mit
kurzen Haaren bedeckt und gerundet, in der zweiten aber länger
behaart und zweizeilig, und lang. Die Oberlippe ist gespalten. Die
Vorderzähne des Oberkiefers sowohl, als auch jene des Unterkiefers
sind auf der Außenseite ungefurcht. Die Augen sind mittelgroß, die
Pupille ist rund. Die Sohlen sind kahl.
| Hierzu die einzige bis jetzt bekannte Art:
Muscardinus avellanarius. Gray. (Mus avellanarius. Linne —
Sciurus avellanarius. Erxleb. — @lis avellanarius.
Blumenb. — Myoxus avellanarius. Illig. — Myozus
muscardinus. Schreb. — Muscardinus muscardinus.
Wagn. — Mus avellanarum minor. Aldrov. —
Glis supra rufus, infra albicans. Briss. — Muscardin.
Buff. — Dormouse. Edw. — Common dormouse.
Penn. — Lesser dormouse. Penn. — Haselmaus.
Schrank. — Haselschläfer. Becehst.) Eur. Toscana,
Nord-Italien, Schweiz, Dalmatien, Türkei, Slavonien,
Croatien, Krain, Kärnthen, Tirol, Steiermark, Oester-
reich, Ungarn, Siebenbürgen, Galizien, Schlesien,
Mähren, Böhmen, Süd- und Mittel-Deutschland, Frank-
reich, Holland, Süd-England, Süd-Schweden.
4. Gattung. Pinselbilch (Graphiurus.)
Die Gliedmassen sind Gangbeine. Die Vorderfüße sind vier-
zehig, mit einer Daumenwarze, die Hinterfüße fünfzehig. Backen-
taschen fehlen. Die Backenzähne sind einfach, mit ebener Kaufläche,
514 Fitzinger.
und mit Wurzeln versehen. Im Ober- und Unterkiefer sind jederseits
vier vorhanden. Die Krallen sind zusammengedrückt und kurz, und
nur die Daumenwarze der Vorderfüße ist mit einem Plattnagel ver-
sehen, die Daumenzehe der Hinterfüße aher bisweilen nagellos. Die
Ohren sind von mittlerer Grösse, lang, ziemlich breit, und länglich-
eiförmig gerundet. Der Schwanz ist seiner größeren Länge nach dicht mit
kurzen Haaren bedeckt und gerundet, gegen die Spitze zu aber mit
einer aus längeren Haaren gebildeten, beinahe zweizeiligen flockigen
Quaste versehen, und mittellang. Die Oberlippe ist gespalten. Die
Vorderzähne des Oberkiefers sowohl, als auch jene des Unterkiefers
sind auf der Außenseite ungefurcht. Die Augen sind klein, die Pupille
ist rund. Die Sohlen sind kahl,
Dazu die Arten:
Graphiurus capensis. Fr. Cuv. (Sciurus ocularis. A. Smith. —
Sciurus? ocularis. Gieb. — Graphiurus typieus.
A. Smith. — Myoxus capensis. Wagn.) Afr. Cap
der guten Hoffnung, Plettenbergbai, Knysna.
» » elegans. Ogilby. (Myoxus elegans. Wagn. — Graphi-
urus capensis? Gieb.) Süd-Afrika. Damara-Land.
» » Cattoirü. (Myowus Cuttoirü. Fisch. — Graphiurus
Capensis. Less. — Autre loir. Fr. Cuv.) Afr. Sene-
gambien.
» n» Blumenbachii. (brachyurus Blumenbachü. G.Fisch. —
Hypudaeus blumenbachü. Wagn. — Arvicola Blu-
menbachüt. Gieb.) Afr. Senegambien.
5. Gattung. Gartenbilch (Eliomys.)
Die Gliedmassen sind Gangbeine. Die Vorderfüße sind vier-
zehig, mit einer Daumenwarze, die Hinterfüße fünfzehig. Backen-
taschen fehlen. Die Backenzähne sind schmelzfaltig, mit runzeliger
Kaufläche, und mit Wurzeln versehen. Im Ober- und Unterkiefer sind
jederseits vier vorhanden. Die Krallen sind zusammengedrückt und
kurz, und nur die Daumenwarze der Vorderfüße ist mit einem Platt-
nagel versehen. Die Ohren sind groß oder seh r groß, lang, ziemlich breit
und länglieh-eiförmig gerundet. Der Schwanz istseiner größeren Länge
nach dicht mit kurzen Haaren bedeckt und gerundet, gegen die Spitze zu
aber mit einer aus längeren Haaren gebildeten, beinahe zweizeiligen
flockigen Quaste versehen, und lang. Die OÖberlippe ist gespalten. Die
Versuch einer natürl. Anordnung der Nagethiere. (Rodentia.) 5 1 5
Vorderzähne des Oberkiefers sowohl, als auch jene des Unterkiefers
sind auf der Außenseite ungefurcht. Die Augen sind mittelgross, die
Pupille ist rund. Die Sohlen sind kahl.
Zu dieser Gattung sind folgende Arten zu zählen:
Eliomys melanurus. Wagn. (Myoxus melanurus. Wagn.) As.
Peträisches Arabien,
» » Niütela. Wagn. (Myozxus Nitela. Schreb. — Mus
Nitedula. Pall. — Mus quercinus. Linne. — Sciurus
quercinus. Erxleb. —- Myowus quereinus. Gray. —
Glis supra obscure cinereus, infra ex albo cinerascens,
macula ad oculos nigra. Briss. — Mus avellanarum,
Sorex Plinü. Gesn. — Mus avellanarum major.
Aldrov. — Mus avellanarius. Charlet. — Loir.
Mem. de Acad. de Paris. — Lerot. Buff. —-
Garden squirrel. Penn. — Garden dormouse. Penn.
— Gartenschläfer. Bechst.) Eur. Sardinien, Corsieca,
Nord-Italien, Nord-Türkei, Slavonien, Croatien, Krain,
Kärnthen, Tirol, Steiermark, Oesterreich, Süd-Ungarn,
Galizien, Schlesien, Mähren, Böhmen, Süd- und Mittel-
Deutschland, Schweiz, Frankreich.
(Der Schluss folgt.) i
>
516 Ettingshausen.
Die fossile Flora des Tertiär-Beckens von Bilin.
Von dem e. M. Prof. Dr. Const. Freih. v. Ettingshausen.
IT. Theil;
(Auszug aus einer für die Denkschriften bestimmten Abhandlung.)
(Vorgelegt in der Sitzung am 14. März 1867.)
Diese Abhandlung enthält die Beschreibungen und Abbildungen
der Dialypetalen der Tertiärflora von Bilin. Die bis jetzt aufgefundenen
Arten derselben konnten größtentheils jetztlebenden Gattungen ein-
gereiht, welche sich vertheilen auf die Ordnungen der Umbelliferen
Araliaceen, Ampelideen, Corneen, Hamamelideen, Saxifragaceen,
Magnoliaceen, Nymphaeaceen, Bombaceen, Stereuliaceen, Büttneria-
ceen, Tiliaceen, Ternstroemiaceen, Acerineen, Malpighiaceen, Sapin-
daceen, Hippocastaneen, Pittosporeen, Celastrineen, Hippocrateaceen,
llieineen, Rhamneen, Euphorbiaceen, Zanthoxyleen, Anacardiaceen,
Juglandeen, Combretaceen, Myrtaceen, Pomaceen, Rosaceen, Amyg-
daleen, Papilionaceen und Mimoseen.
Die Mehrzahl der Arten ist dieser fossilen Flora eigenthümlich.
Die übrigen Arten sind bereits in den Tertiärschichten der Schweiz
und an den gleichzeitigen Lagerstätten von Pflanzenfossilien Öster-
reichs z. B. in Parschlug, Leoben, Tokaj, Radoboj, mehrere in
älteren Schichten der Tertiärformation z. B. in Sotzka, Häring und
Monte Promina, einige auch in den Tertiärgebilden des südwestlichen
Frankreichs gefunden worden.
Steindachner. Ichthyologische Notizen (IV.) 5 17
Ichthyologische Notizen (IV.)
Von Dr. Franz Steindachner,
Assistenten am k. k. zoologischen Museum.
(Mit 6 Tafeln.)
Vorgelegt in der Sitzung vom I4. März 1867.)
I. Über einige Meeresfische aus der Umgebung von Monrovia
in West-Afrika.
Vor einigen Wochen erhielt ich durch Vermittlung eines meiner
Correspondenten in Hamburg von dem Capitän eines hamburgischen
Handelsschiffes eine kleine Anzahl von Fischen von der Küste des
freien Negerstaates Liberia zunächst dem Hauptorte Monrovia und da
bis zum gegenwärtigen Augenblick von jener interessanten Localität
fast alle ichthyologischen Nachrichten fehlen, hielt ich es für nicht
unzweckmäßig, einen kurzen Bericht über diese, wenngleich an
Artenzahl unbedeutende Sammlung zu erstatten, zumal sich in der-
selben einige neue Fischarten in wohlerhaltenen Exemplaren vor-
fanden.
l. Serranus Nigri Günther (Catal. of Fish. in the collect. of
the Brit. Mus., Vol. I, pag. 112.)
Syn. Epinephelus Nigri Blkr., Mem. sur I. poiss. de la eöte de Guinee.
(Natuurk, Verh. Holl. Maatsch. d. Wetensch. te Haarlem, 18. Deel, 1863
pag. 45.)
Zwei kleine vorzüglich gut erhaltene Exemplare von 8>/, bis
9" Länge.
In den Körpermaaßen, in der Färbung, so wie in der Gestalt der .
Caudale stimmen sie fast ganz genau mit Dr. Günther’s Beschrei-
bung überein, doch reicht das hintere Ende des Oberkiefers in senk-
rechter Richtung über den hinteren Augenrand hinaus, wie auch
Dr. Bleeker in seiner ausführlicheren Beschreibung von Serranus
(Epinephelus) Nigri l. e. ausdrücklich erwähnt.
Fundorte: Niger-Fluß, Guinea (Ashante) Monrovia.
518 Steindachner.
2%. Gerres melanopterus Blkr. (Mem. ete. pag. 44, tan. VIH,
fig. 2).
Das uns vorliegende Exemplar gehört wohl ohne Zweifel zu der
von Dr. Bleeker unter dem Namen @. melanopterus beschriebenen
Art, besitzt jedoch eine etwas gestrecktere Körpergestalt und einen
stärkeren, zugleich aber kürzeren, zweiten Stachel in der Anale.
Die Länge des Kopfes ist bei unserem Exemplare eirea 31/,mal
in der Körperlänge oder etwas mehr als 4mal in der Totallänge ent-
halten; die größte Körperhöhe gleicht genau der Kopflänge. Die
Grube, welche die langen Stiele des Zwischenkiefers aufnimmt, ist
ähnlich wie bei @erres gula C. V. gestaltet und überdeckt, nämlich zu
Anfang der Stirne durch Schuppen eingeschnürt und zwischen den
Augen schmal, lanzettförmig. Die Augen sind sehr groß, rund, zu-
nächst dem oberen Rande schwärzlich. Der Augendiameter übertrifft
die Schnauze ein wenig an Länge und ist 23/,mal (bei Bleeker's
kleinerem Exemplare 2t/,mal) in der Kopflänge enthalten. Der Ab-
stand des hinteren Augenrandes von der Deckelspitze gleicht einem
Augendiameter an Länge; die Stirnbreite steht der Schnauzenlänge
ein wenig nach und erreicht eine Augenlänge. Das hintere Ende der
Intermaxillargrube reicht bis zur Mitte des oberen Augenrandes (in
querer Riehtung) zurück.
Die Dorsale enthält neun Stacheln, von denen der letzte nur halb so
lang wie der darauffolgende erste Gliederstrahl ist. Von den beiden
höchsten Dorsalstacheln, nämlich dem zweiten und dritten, ist jeder
13/,mal in der Körperhöhe oder Kopflänge (nach Dr. Bleeker 11/,-
mal) enthalten; von den drei Analstacheln übertrifft der zweite den
dritten nicht unbedeutend an Stärke, ist aber etwas kürzer als letzte-
rer. Die Länge der Pectorale gleicht nahezu der Kopflänge, die der
Ventrale, deren erster Gliederstrahl in einen kurzen Faden ausgezo-
gen ist, der Entfernung des hinteren Augenrandes von der Schnau-
zenspitze. Die Schwanzflosse ist fast so lang wie der Kopf, am hinte-
ren Rande tief eingeschnitten, gleichlappig. Der Rand des Deckels
und Vordeckels ist glatt, der Vordeckelwinkel stumpf.
Die Seitenlinie durchbohrt im Ganzen 48—49 Sekupın 13 von
denen die 5—6 letzten bereits auf der Caudale liegen.
Zwischen der Seitenlinie und dem ersten Stachel der Dorsale
liegen in senkrechter Richtung 41/, Schuppen, die Schuppenscheide
der Dorsale ist von geringer Höhe und umhüllt nur die zwei letzten
Ichthyologische Notizen (IV.) 5 19
Gliederstrahlen fast vollständig; dasselbe gilt von der Analschuppen-
seheide.
Die obere Hälfte des Körpers ist dunkel goldbraun mit hellblauem
Schimmer, die untere viel heller, mit vorwiegendem Silberreflex. Fast
über die Höhenmitte der Rumpfseiten läuft eine nicht besonders scharf
ausgeprägte Binde hin. Über der Seitenlinie zeigen sich undeutliche,
dunkle Längsstreifen, welche der Zahl der Schuppenreihen entsprechen.
Die Oberseite der Schnauze ist schwärzlich braun.
Ein tiefschwarzer Fleck nimmt das obere Endstück der Dorsale
zwischen dem zweiten bis sechsten Stachel ein; unter diesem folgt
eine hellgelbe bindenähnliche Stelle, welche am unteren Rande
schwärzlich eingefaßt ist (s. Bleeker’s Abbildung 1. e. Taf. VII,
Fig. 2.)
a,
D. 9/10—11; A. 3/7; P. 14; L. lat. 45—49; L. transv. 1
10
Fundorte: Monrovia, Guinea.
3. Echeneis naucrates Lin.
Ein Exemplar von 28 Zoll Länge.
Saugscheibe mit 24 Lamellenpaaren ; Länge der ganzen Scheibe
5 Zoll 5°/, Linien, obere Körperhälfte schwärzlich violett; zahlreiche,
undeutlich abgesetzte, dunklere Querbinden an den Seiten des Rum-
pfes; Bauchseite silbergrau; Caudale am hinteren Rande halbmond-
förmig ausgeschnitten mit stark zugespitzten Lappen. Die zweite
Dorsale enthält 39, die Anale 37 Strahlen.
Ein zweites, kaum halb so langes Exemplar besitzt dieselbe Zahl
von Lamellen in der Saugscheibe, eine gelbliche Längslinie in der
unteren Körperhälfte zwischen der Pectorale und dem Beginne der
Anale.
4. Vomer setipinnis spec. Mitch., Blkr.
Syn. Caranz setipinnis Günth.
Fundorte: Liberia, Guinea, West-Indien und die benachbarten
Küsten von Nord-Amerika, Brasilien, Peru (nach Dr. Günther).
5. Caranx macrops nov. spec.
Eine schmale Binde feiner Zähnchen mit einer-äußeren Reihe
etwas größerer Hakenzähne in beiden Kiefern; Sammtzähne am Vomer
und auf den Gaumenbeinen so wie auf der Zunge. Rumpf mit kleinen
Sehüppehen bedeckt; erste Dorsale von geringer Höhe.
Sitzb. d. mathem,-nsturw. Cl. LV. Bd. I, Abth. 35
520 Steindachner.
Die größte Höhe des Körpers zwischen dem Beginne der zwei-
ten Dorsale und der Anale ist 3'/;mal, die Kopflänge A'/,mal in der
Totallänge enthalten. Der Unterkiefer überragt nach vorne die Zwi-
schenkiefer unbedeutend.
Die hintere Spitze des Oberkiefers fällt in senkrechter Riehtung
noch vor die Mitte des Auges. Der Durchmesser des letzteren ist
23/,mal in der Kopflänge enthalten; die Schnauzenlänge gleicht ?/;
der Augenlänge; die Stirnbreite erreicht nahezu die Länge des Augen-
diameters. Der Kopf ist ferner stark eomprimirt und mit einer schar-
fen Medianleiste an der Oberseite versehen. Der längste, dritte Stachel,
der nur mäßig entwickelten ersten Dorsale ist 2!/ymal in der Höhe
des ersten Gliederstrahles der zweiten Dorsale enthalten.
Die Seitenlinie verläuft vom Beginne der zweiten Dorsale ange-
fangen in horizontaler Richtung, vor dieser aber ist sie bogenförmig
stark gekrümmt. Die sichelförmig gebogene Brustflosse erreicht an
Länge die des Kopfes. Die Schwanzflosse ist nur unbedeutend länger
als die Peetorale und enthält gleiehlange, zugespitzte Lappen.
Das einzige Exemplar, welches sich in meinem Besitze befindet,
ist 3’ 5’ lang und trägt undeutlich abgegrenzte, dunkle Querbinden,
acht an der Zahl, an den Seiten des Körpers.
Die drei ersten Strahlen der zweiten Dorsale und die Spitzen der
Caudallappen sind schwärzlich, die Körperseiten bis zur Basis der
Anale silberweils; Pectoralgegend gelblich; Peetorale und der übrige
Theil der Caudale schmutzig gelbbraun. Die Zahl der in spitzigen
Stacheln auslaufenden Schilder der Seitenlinie beträgt 40.
Durch die auffallend geringe Höhenentwickelung der ersten Dor-
sale unterscheidet sich diese Art von dem nahe verwandten €. hippos.
1.D. 1—8; 2.D. 1/20: A. 2—1/1%7; L. lat. 40.
3. Batrachus liberiensis nov. spec.
Die Länge des stark deprimirten Kopfes ist genau dmal in der
Körperlänge und nahezu 33/, in der Totallänge enthalten, während
die Kopfbreite zu letzterer sich nahezu wie 1:4, und zur Kopflänge
.wie 1:1t/, verhält. Das Auge ist auffallend klein und 101/,mal in
der Kopflänge, 3'/;mal in der Stirnbreite enthalten. Zwei Stacheln
liegen am Kiemendeckel, zwei am Suboperkulum, der obere Stachel
an letztgenanntem Knochen ist größer als die übrigen; sämmtliche
vier Stacheln sind nach oben gekrümmt.
Ichthyologisehe Notizen (IV.) 521
Die Zähne des Zwischenkiefers bilden eine schmale und zugleich
kurze Binde, welche drei Zahnreihen enthält, und sind klein, von eoni-
scher Gestalt, an der Spitze abgestumpft. Etwas größer sind die
Zähne in der Mitte des Unterkiefers und bilden zugleich, da sie in fünf
Reihen liegen, eine etwas breitere Binde; bedeutend größer sind end-
lich die conischen, nur in eine Reihe angeordneten Zähne an den
Seiten des Unterkiefers und setzen gleichsam die innerste Zahnreihe
des mittleren oder vorderen Theiles der Unterkieferhälften fort. Die
eben so großen Vomer- und Gaumenzähne liegen in einer einzigen
zusammenhängenden Reihe.
Die Oberseite des Kopfes zeigt keine Schuppen und ist wie die
Wangen und die beiden Seitenlinien mit zahlreichen, haarförmigen,
sehr zarten Tentakelehen geziert; viel breitere und am freien Rande
zart gezackte oder ausgefranste, kurze Hautläppehen umgeben die
Kieferränder. Über dem Auge liegt kein Tentakel, vom unteren Augen-
rande zieht sich in fast horizontaler Richtung nach hinten eine lange
Hautfalte fort, welehe am freien Rande mit haarigen Tentakeln ver-
sehen ist, und eine schmale, mäßig tiefe Längsfurche überdeckt.
Die erste Dorsale enthält drei sehr kurze Stacheln, welche nur in
eine mäßig dieke Haut gehüllt sind; die zweite Dorsale wird von 25
deutlich und der Höhe nach mehrfach getheilten aber ungespaltenen
Strahlen, die Anale von 22 ähnlich gestalteten, aber kürzeren Strah-
len gebildet. Die Strahlen letztgenannter Flosse sind durehsehnittlich
11/,mal in der Höhe derDorsalstrahlen enthalten. Von den 20 Strahlen
der fächerförmig ausgebreiteten Brustflossen sind die mittleren, läng-
sten 6mal in der Körperlänge oder 2mal in der Kopflänge enthalten.
Die obere Seitenlinie mündet in großen Poren nach Außen, zieht
sich jedoch schon vor der Mitte der Rumpflänge zur zweiten Dorsale
hinauf und folgt der Basis derselben bis zum letzten Strahle, wäl-
rend sie sich nach vorne am Kopfe in einem deutlich vortretenden
Haupteanal bis zur Augenfurche fortsetzt. Die untere Seitenlinie
beginnt vor dem unteren Ende der Peetoralbasis.
Der Kopf ist schuppenlos, der Rumpf dagegen vollständig mit
ovalen Schüppehen bedeckt, welche auf der Bauchseite in der Körper-
haut wie eingebettet liegen, während sie sich an den Seiten des Rum-
pfes dachziegelförmig decken.
Die Grundfarbe des Körpers ist ein helles Braun; am Kopfe so-
wohl wie am Rumpfe liegen breite, Querbinden = ähnliche, dunkel-
35*
522 Steindachner
braune Flecken, welche sich auf die Dorsale ausdehnen und daselbst
vollständig zu schmalen Binden vereinigt, schief von hinten und unten
nach vorne und oben ziehen. Die untere Längenhälfte der Anale ist
dunkelbraun; die obere aber weißlichgelb mit etwas Braun gemischt,
wie die Bauchseite.
Die Schwanz- und Brustflosse zieren abwechselnd helle und
dunkle, schmale Querbinden.
Ein Exemplar von 4” 5’” Länge.
1. D. 3352. DIRESTAD2E NEAR
Nach Dr. Bleeker kommen 8 Batrachus-Arten an der benach-
barten Küste Guinea’s vor, nämlich BD. elminensis, Güntheri und
didaectylus; mit keiner derselben kann die von uns beschriebene Art
vereinigt werden, da sie bezüglich der Zahl der Dorsal- und Anal-
strahlen bedeutend von jenen abweicht.
7. Hemiramphus vittatus Val. (Hemir. Brownii Val.)
Syn. Hem. guineensis Blkr. (nee H. vittatus Blkr.), Poiss. de Guinee.
pag. 119, Tab. XXV, Fig. 2 sec. Günth.
Das einzige Exemplar, welches das Wiener Museum von der
Küste Liberia’s erhielt, weicht in einigen Punkten von Günther’s
Beschreibung ab. Die Kopflänge ist genau 2'/;mal in der Körper-
länge oder nahezu 3mal in der Totallänge, die Länge des Unter-
kiefers, von dem Ende der Zwischenkieferplatte gerechnet eirca 41/,-
mal in der Körperlänge oder eirca 51/;mal in der Totallänge ent-
halten. Die dreieckige Platte des Zwischenkiefers ist nur unbedeutend
breiter als lang. In Übereinstimmung mit Dr. Günther’s Beschrei-
bung ist die Länge des Auges der Stirnbreite gleich, oder eirca 2/;
des hinter dem Auge gelegenen Kopfstückes; die Ventrale liegt etwas
näher zur Basis der Schwanzflosse als zur Peetoralachsel; die Länge
der mittleren Caudalstrahlen, von der Einlenkungstelle bis zur hinteren
Spitze derselben genommen, gleicht genau dem Augendiameter. Die
Dorsale enthält an dem uns vorliegenden Exemplare 13, die Anale 12
Strahlen; die Seitenlinie durehbohrt eirea 57—58 Schuppen. Die
Basislänge der Anale ist eirca 13/,mal in jener der Dorsale enthalten.
Zahl der Kiemenstrahlen 12.
Totallänge des beschriebenen Exemplares 10” 9".
Länge des vor der Spitze der Zwischenkieferplatte gelegenen
Theiles des Unterkiefers 2” 1’.
Law,
=
Ichthyologische Notizen (IV.) >
Länge des hinter dem Auge gelegenen Kopftheiles $#/; ”.
fe) te) kur fe) oO
Augendiameter 31/,”.
Länge der Pectorale 131/,””.
Me Ventrale 73); ".
» „ mittleren Caudaistrahlen 31/,”.
„ des unteren Caudallappens 1” 73/4”.
L „ oberen jr ua Ay
Entfernung der Einlenkungsstelle der Ventrale vom hinteren
2 „ m
Augenrande 3” 81/5”.
Entfernung der Ventrale von der Basis des untersten Stütz-
strahles der Caudale 2" 41/,"”.
Entfernung der Anale vom hinteren Augenrande 4” 101/,”.
> » Dorsale > Fr) 3 4 Y, Va:
Fundorte: Antillen, Brasilien, canarische Inseln, Inseln des grü-
nen Vorgebirges, Liberia, Guinea.
8. Arius Capellonis nov. spec.
DEREUHASIS IP TN/S:
Diese Art hält bezüglich der Körperhöhe und der Länge des
Kopfes die Mitte zwischen Arius Heudelotii Val. und Arius Parküi
Günth. und kommt wie diese an der Westküste des mittleren Afrika’s
bei Monrovia vor.
Die größte Körperhöhe ist etwas mehr als 4'/,mal (5mal in der
Totallänge) die Kopflänge (bis zum oberen Ende der Kiemenspalte
gerechnet) nicht ganz 3°/;mal (etwas mehr als 4'/,mal in der Total-
länge), die Kopfbreite nahezu 5mal in der Körperlänge enthalten.
Die Oberseite des Kopfes ist fein granulirt, in und vor der Stirn-
gegend nur sehr schwach gewölbt, weiter nach hinten aber ist der
Kopf ein wenig comprimirt. Der längere Durchmesser des ovalen
Auges übertrifft nur unbedeutend !/, der Stirnbreite und ist 51/,mal
in der Kopflänge enthalten. Der hintere Augenrand liegt fast ebenso
weit vom hinteren, seitlichen Kopfende als von der Schnauzenspitze
entiernt. Die vordere Nasenöffnung ist rundlich, die hintere aber drei-
eckig, fast dreimal so weit als erstere, und durch ein gleichfalls drei-
eckiges Läppchen vollständig verschließbar; außerdem sind beide
Nasenlöcher mit einem schwach erhöhten Saume eingefaßt. Die Lip-
pen sind wulstig, der obere Mundrand überragt den unteren. Die quer
gelegene Mundspalte gleicht an Breite der Länge der Schnauze oder
524 Steindachner.
eirea 8/, der Kopflänge. Kiefer- und Gaumenzähne sind äußerst fein,
dieht an einander gedrängt: die Gaumenzähne liegen in zwei rund-
liehen Gruppen, welche durch einen weiten Zwischenraum von ein-
ander getrennt sind.
Die Oberkieferbarteln sind eomprimirt und reichen zurück-
gelegt bis an das Ende des ersten Längendrittels der Pectorale.
Das äußere Paar der rundlichen Unterkieferbarteln erreicht mit
der Spitze die Basis der Brustflossen, das innere nur die Querfalte
an der Kehle.
Der Oceipitalfortsatz ist dreieckig, lang und mit einer scharf-
kantigen Medianleiste versehen. Das Interneuralschild des Nackens ist
schmal, quer halbmondförmig.
Die erste Dorsale enthält einen starken, langen, am hinteren und
vorderen Rande mit abwärts steigenden Zähnchen besetzten Stachel
und sieben Gliederstrahlen. Die größte Höhe dieser Flossen gleicht
der Kopflänge, die Basislänge der Rückenflossen eirca ?/, ihrer Höhe.
Die Fettflosse ist mäßig entwickelt, ihre Länge gleicht eirca %/, der
Länge der ersten Dorsale, an Höhe kommt sie 1/, der Höhe letzt-
genannter Flosse gleich.
Die Pectorale ist etwas kürzer als die erste Dorsale, der Stachel-
strahl derselben ist ebenso stark und in gleicher Weise gezähnt wie
der der ersten Rückenflosse; die Zahl ihrer getheilten Strahlen be-
trägt 12.
Die Basislänge der Anale ist circa 13/,mal in der Kopflänge
enthalten, die längsten Analstrahlen erreichen 5/; der Kopflänge und
gleichen genau der Ventrallänge.
Die Schwanzflosse ist hinten tief eingeschnitten, der obere
Lappen ist etwas länger als der untere und eirca 5'/,mal in der
Totallänge enthalten, oder nahezu der Kopfiänge gleich.
Die Seitenlinie läuft parallel mit der Rückenlinie und sendet zahl-
reiche unverästelte Canälchen schief nach hinten und unten so wie
nach oben. Über der Seitenlinie bemerkt man eirca 20 vertieale
Porenreihen. Das Endstück der Seitenlinie steigt an der Basis der
Schwanzflosse schief nach oben zum oberen Caudallappen.
Oberseite des Körpers blaugrau mit lebhaftem, stahlblauem
Schimmer, weiter die Körperseiten hinab ist die Grundfarbe heller
und mit violetten Pünktchen übersäet; Bauchseite isabellenfarben ;
Lippen rostgelb; Flossen grauschwarz, nur die Basis der Anale und
Ichthyologische Notizen (IV.) 525
die innersten Strahlen der Ventrale und Peetorale sind schmutzig
röthlichgelb.
Ein Exemplar (Weibehen) von 9” 2’ in der Totallänge.
Ich erlaube mir, diese Art meinem geehrten Freunde Ca-
pello do Brito, Custos am Nationalmuseum zu Lissabon, zu
widmen.
9. Balistes liberiensis nov. spec.
Der Kopf mißt bis zu. den Peetoralen fast ‘/; der Körperlänge
und ist etwas weniger als 31/,mal, die grösste Körperhöhe über dem
Beeken nahezu 2:/,mal in der Totallänge (bis zum hinteren Ende
der mittleren Caudalstrahlen genommen) enthalten. Das Auge verhält
sich zur Kopflänge wie 1:4*/,, zur Stirnbreite wie 1:1/,, zur
Schnauzenlänge wie 1:3 1,. Zwei getrennte, kleine Nasen-
öffnungen liegen vor jedem Auge über einer seichten Präocular-
rinne.
Die Kiefer sind gleich lang; die Lippen wulstig, quer gefaltet.
Die beiden mittleren, längsten Kieferzähne erheben sich in schiefer
Richtung zu zwei mälsig langen Spitzen, die darauffolgenden (einrei-
higen) Zähne, jederseits vier, zeigen viel kürzere Spitzen am äußeren
Theile des schief abgestutzten, kantigen, freien Randes, der wellen-
förmig gezackt ist. Die Kiemenspalte reicht nieht ganz bis zum unte-
ren Basisende der Pectorale herab.
Der erste Stachel der ersten Dorsale ist sehr diek, comprimirt,
breit und am vorderen Rande, nicht auch am hinteren, mit stumpf-
eonischen Erhabenheiten und Granulirungen in mehreren Reihen
besetzt. Die Entfernung des zweiten kurzen Stachels derselben Flosse
von dem noch kürzeren dritten, letzten ist größer als der Abstand
des letztgenannten von dem Beginne der ersten Dorsale.
Der zweite bis vierte Strahl der zweiten Dorsale ist an dem von
mir untersuchten Exemplare, einem Männchen, stark fadenförmig ver-
längert; auch die Caudale ist am hinteren oberen Ende in einem
spitzen Lappen ausgezogen, während sie am unteren Winkel abge-
rundet und am hinteren Rande convex ist. Sämmtliche Strahlen der
zweiten Dorsale und der Anale sind mit -Ausnahme der vorderen
Randstrahlen einmal getheilt und durchgängig deutlich gegliedert,
während die dieken Caudalstrahlen der Länge nach mehrfach gespal-
ten sind. |
... > N .
2b Steindachner.
Hinter der Kiemenspalte, über der Wurzel der Peetorale, liegen
zwei grolse längliehe und mehrere viel kleinere, rundliche Seapular-
sehilder.
Die übrigen Schilder des Körpers sind rhombenförmig, am
Kopf- und am Schwanzstiele kleiner als an den Seiten des Rumpfes
und liegen in fast durchgängig regelmäßigen Reihen, welche schief
nach hinten und unten laufen. Die Basis der zweiten Dorsale und
der Anale ist von drei horizontal liegenden Reihen kleinerer vierecki-
ger Schildehen überdeckt. Sämmtliche Schilder des Körpers sind
gleichförmig fein gekörnt, nur auf dem Schwanzstiele und in dem
vor diesem liegenden Rumpftheile zeigen sich noch am vorderen
Winkel der einzelnen Schildehen stumpfe, schwach entwickelte
Stachelchen in eirca zehn Längenreihen (bei den Männchen).
Die Seitenlinie, welche bis zum Beginne der zweiten Dorsale
in geringer Entfernung von der Rückenlinie und parallel zu dieser
sich hinzieht, senkt sich im weiteren Verlaufe in schiefer Richtung
rasch nach hinten und unten bis in die Nähe der Anale herab, erhebt
sich sodann wieder bis zur Höhenmitte der Körperseiten und läuft
zuletzt am Schwanzstiele in horizontaler Richtung bis zur Schwanz-
flosse.
Der Ventralstachel ist kurz, breit, deprimirt am freien Ende
Sezähnt und auf der Unterseite gleich dem Beckenrande sehr grob
und ungleichmäßig gekörnt.
Das Kopfprofil fällt vor der Augengegend fast in gerader, lang-
‚gezogener Linie mit mäßig starker Neigung bis zur Mundspalte ab.
Die Profillinie des Bauches bildet mit Ausnahme der Beckengegend
einen gleichförmig gekrümmten Bogen.
1: D."9572.D23 7A PS!
Rücken dunkel goldbraun; Seiten des Rumpfes etwas heller
mit einem Stiche ins Rothgelbe; Bauchseite intensiv rothgelb; Pec-
torale etwas heller rothgelb, an der Basis schwarz gefleckt.
An den Seiten des Kopfes liegen längliehrunde blaugrüne Fle-
cken, eine ähnlich gefärbte Linie an der Schnauze; an den Seiten
des Rumpfes größere schwarzblaue Flecken mit etwas hellerem
schmalem Ringe. Die Flecken der zweiten Dorsale sind größer und
mit einem breiteren Ringe umgeben als die des Rumpfes, aber min-
der dicht an einandergedrängt als auf der Anale. Die Caudale ist
schmutzig dunkelrothbraun, ungelleckt.
Ichthyologische Notizen (IV.) 527
Totallänge des beschriebenen Männchens 8” 3” (ohne die über
den hinteren Caudalrand vorgezogene obere Spitze der Schwanz-
flosse).
Von Reptilien erhielt ich aus Monrovia ein kleines Exemplar von
Emys lutaria Mars. (Cistudo europea D. B.) und Varanus niloticus
sp. Lin.
II. Über einige Fische von Surinam und Mexico.
1. Gerres zebra Müll. Trosceh.
Von dieser nicht genau gekannten Art, welche dem britischen
Museum fehlt, besitzt das Wiener Museum zwei vortrefflich erhaltene
Exemplare und ich erlaube mir nachfolgend eine ausführliche
Beschreibung desselben zu geben.
Die Länge des Kopfes ist eirca 4mal (nicht ganz 3mal in der
Körperlänge ohne Caudale), die größte Leibeshöhe zwischen dem
Beginne der Dorsale und Ventrale eirca 83/, —81/,mal (2'/;mal
in der Körperlänge) in der Totallänge enthalten. Der Augen-
diameter übertrifft ein wenig !/; der Kopflänge und gleicht der
Schnauze ziemlich genau an Länge. Die Stirnbreite verhält sich zur
Kopflänge wie 1: 33/,. Sämmtliche Deckelstücke und das Präorbi-
tale sind glattrandig. Die Grube für die Fortsätze des Zwischen-
kiefers ist breit, unbeschuppt, dreieckig und reicht nach hinten nicht
so weit zurück wie das Centrum des Auges.
Der zweite, längste Dorsalstachel ist bei einem Exemplare von
4’ 8” in der Totallänge etwas mehr als zweimal, bei einem größeren
Individuum von nahezu 7’ Länge aber nur 1*/,mal in der größten
Leibeshöhe enthalten. Der letzte, neunte Dorsalstachel ist etwas
kürzer als der darauffolgende erste Gliederstrahl derselben Flosse.
Der zweite und dritte Analstache! gleichen sich fast ganz genau an
Länge, welche etwas mehr als 23/,mal in der Körperhöhe enthalten
ist, doch übertrifft der zweite den dritten bedeutend an Stärke.
Die Peetorale ist sehr lang, ihre zurückgelegte Spitze erreicht
die Basis des ersten Analstachels. Die Schwanzflosse ist lang, am
hinteren Rande tief eingeschnitten, die Caudalloben sind schmal,
zugespitzt. Der obere Caudallappen ist ferner bedeutend länger als
der untere und eirca 52/,mal in der Totallänge enthalten.
528 Steindachner.
Anale und Dorsale lassen sich vollständig in die sie umgebende,
ziemlich hohe Schuppenscheide zurücklegen.
Unter dem Auge liegen drei Schuppenreihen; die Seitenlinie
durehbohrt im Ganzen eirca 50—52 Schuppen, von denen die letzten
S—10 bereits auf der vollständig überschuppten Sehwanzflosse
liegen.
Die Körperseiten sind silberfarben mit Goldreflex; 7—8 dunkel-
graue, nicht scharf ausgeprägte Vertiealbinden, welche jedoch die
Bauchlinie nicht erreichen, laufen vom Nacken und der Basis der
Dorsale herab. Die Flossenhaut der Rückenflosse ist sehr zart
schwärzlich punktirt und zwar am dichtesten zunächst den oberen
Enden der Flossenstrahlen. Die Ventrale zeigt eine orangenrothe
Färbung, die Brustflossen sind schmutzig weisslichgelb.
6
D. 9/10; A. 3/7—8; L. lat. 50—-52; L. transv. 1.
13
Fundort: Surinam.
2. kerres squammipinnis Günth.
Bei einen wohl erhaltenen Exemplare des Wiener Museums von
11” 8’ Länge ist die Kopflänge etwas mehr als 42/,mal, die Körper-
höhe 32/,mal in der Totallänge enthalten. Die Länge der Caudale
beträgt 2” 11/,”’, die Körperhöhe mißt 3” 8”, die Schnauzenlänge
1’ 1/3", die Stirnbreite 103/,”’, der Augendiameter 10:/,”, die
Kopflänge fast 3”, der zweite Dorsalstachel 101/,”'. |
Fundort: Surinam.
3. Heros Troschelii nov. spec.
Diese schöne Art ist nahe verwandt mit Heros urophthalmus
Günth. und unterscheidet sieh von dieser hauptsächlich durch das
Vorkommen von nur 16 Dorsalstacheln und 8 Gliederstrahlen in der
Anale, sowie durch die größere Anzahl der Schuppen längs der
Seitenlinie.
Die Körperhöhe ist bei einem Exemplare 2:/,mal, bei einem
zweiten aber etwas weniger als zweimal in der Körperlänge (ohne
Caudale) oder 21/,—2#/,;mal in der Totallänge enthalten. Die Kopf-
länge verhält sich zur Körperlänge wie 1 : 22/,—-25/,; der Augen-
diameter ist 41/,mal in der Kopflänge und etwas mehr als 1?/;mal
in der Schnauzenlänge und unbedeutend mehr als 1:/;mal in der
Pr
Ichthyologische Notizen (IV.) 529
Stirnbreite enthalten. Die Stirngegend ist sehr breit, eingedrückt,
die Hinterhauptsgegend und der Nacken im Profile stark gebogen,
der übrige Theil der Rückenlinie gleichförmig aber bedeutend schwä-
cher gekrümmt als am Nacken. Sechs Schuppenreihen liegen auf den
Wangen, die oberste enthält die größten Schuppen. Vor der mit
Sammtzähnen besetzten Kieferbinde liegt eine Reihe ziemlich starker,
eonischer Zähne. Die Unterlippe ist in der Mitte nicht unterbrochen,
und an den Seiten nur wenig stärker entwickelt als in der Mitte. Die
Dorsalstacheln nehmen mit Ausnahme der drei ersten rasch sich er-
hebenden Stacheln nur unbedeutend, allmälig an Höhe zu; der
letzte Dorsalstachel ist eirca 21/;mal in der Kopflänge enthalten.
Der gliederstrahlige Theil der Dorsale ist hoch, der fünfte längste
Gliederstrahl erreicht 5/, der Kopflänge. Die Stacheln der Anale
übertreffen die der Dorsale an Stärke, der längste, letzte gleicht
eirca */, der Kopflänge. Der gliederstrahlige Theil der Anale ist wie
der der Dorsale nach hinten zugespitzt, die abgerundete Caudale
etwas mehr als 42/,mal in der Totallänge oder eirca 1?/,;mal in der
Kopflänge enthalten.
Die Peetorale enthält 15 Strahlen und steht an Länge der Cau-
dale nur wenig nach. Der erste Gliederstrahl der Ventrale ist faden-
förmig verlängert und reicht mit seiner zurückgelegten Spitze bis zur
Basis des ersten Analstachels. Der Ventralstachel ist eirca halb so
lang als der erste Gliederstrahl. Die Basis der Gliederstrahlen in der
Dorsale und Anale sowie endlich der Caudale ist überschuppt.
Der obere oder vordere Theil der Seitenlinie durehbohrt 20, der
hintere oder untere bis zum Beginne der Schwanzflosse 9—11 Schup-
pen, auf der Caudale liegen überdies noch drei Schuppen der Seiten-
linie. Beide Hälften derselben sind durch zwei Schuppenreihen von
einander getrennt. Sämmtliche Schuppen zeigen am freien Rande
sehr zahlreiche und kurze Zähnchen, die Außenfläche der Schuppen
erscheint unter der Loupe gesehen wie äußerst fein gekörnt.
Die Grundfarbe des Körpers ist goldbraun, dunkler am Rücken
und Kopfe als in dem unter der Seitenlinie gelegenen Körpertheile.
Sieben schwärzliche Querbinden mit fast durchgängig nach
vorne gekehrter, schwacher Convexität ziehen von der Rückenlinie
bis zum Bauchrande hinab.
Ein nicht scharf abgegränzter, großer runder, schwärzlicher
Fleck liegt am Ende des Schwanzstieles und zum Theile auch auf der
530 Steindachner.
überschuppten Caudalbasis über der Seitenlinie, ein tief schwarzer
Längsfleek (als Fortsetzung der vordersten Rumpfbinde) hinter der
Basis der Peetorale. Sämmtliehe Flossen sind bläulieh sehwarz, un-
gefleckt.
D. 16/10—11; A. 6/8; L. lat. 32—34; L. transy. 1
Totallänge der beschriebenen Exemplare (im Pa des
Verfassers) 7” 11/,'’ und 6’ 11’.
Fundort: Mexico, ohne nähere Angabe des Fundortes.
B)
1
II. Über eine neue Gattung und Art der Gruppe
Trypauchenina (Fam. Gobioidei).
Gatt. Ctenotrypauchen nov. gen.
Char. Körper verlängert, mit ziemlich großen Cyeloidschuppen
bedeckt, Kopf eomprimirt mit einem hohen, kammähnlichen
Kiele am Hinterhaupte; eine tiefe Grube über dem Opereulum,
ohne Ausführungsgang in die Kiemenhöhle (wie bei Trypau-
chen); Dorsale und Anale mit der Caudale zusammenfließend;
Ventralen zu einem Trichter vereinigt, klein; Kieferzähne spitzig,
klein, eine schmale Binde bildend ; Augen kaum sichtbar ; jeder-
seits drei Kiemenstrahlen.
Art Ctenotrypauchen chinensis nov. spec.
D. 6/46; A. 1/42; Lin. lat. e. 46.
Die Länge des Kopfes ist etwas mehr als 53/,;mal, die größte
Kopfhöhe 6:/,;, in der Totallänge enthalten. Der Rumpf zeigt eine
bandförmige, stark comprimirte Gestalt und nimmt erst im letzten
Drittel der Körperlänge merkbar an Höhe ab. Auf der Medianlinie des
stark comprimirten Einterhauptes erhebt sich eine hohe, kammförmige
Leiste, welche im mittleren Theile ihres freien, horizontal liegenden
Randes zart gekerbt ist; das Stirnprofil fällt in gerader Linie ziemlich
steil zum Mundrande ab. Die Mundspalte ist schwach nach oben und
vorne gerichtet und enthält 2—3 Reihen kleiner, spitziger Zähnchen:
die Zähne der Außenreihe sind etwas größer als die übrigen, schwach
hakenförmig einwärts gekrümmt und minder dicht gedrängt, als die
unteren Zähnchen. Gaumen- und Vomerzähne fehlen.
Ichthyologische Notizen (IV.) 531
Das Auge ist nur als ein winzig kleiner schwarzer Punkt sicht-
bar und liegt an dem von uns untersuchten Exemplare tief in
der Augenhöhle. Die Kiemenspalte ist nur unbedeutend nach vorne
und unten geneigt, reicht nicht bis zur unteren Kopflinie hinab und
endigt nach oben in gleicher Höhe mit der Pectorale. Diese Flosse
ist klein, am hinteren Rande stark halbmondförmig eingebogen (con-
cav) und nimmt fast die Mitte der Körperhöhe ein; die mittleren
Strahlen sind am kürzesten, der dritte oder vierte längste Strahl ist
mehr als noch einmal so lang als die untersten; die Zahl der Strahlen
beträgt 14. Etwas vor der Basis der Peetorale (in verticaler Rich-
tung) liegen die zu einem Trichter vereinigten kurzen Ventralen;
sie sind dureh eine Haut an die Bauchlinie geheftet und enthalten im
Ganzen nur sechs Gliederstrahlen, auf welehe nach Außen jederseits
ein zarter Stachelstrahl folgt.
Der Hinterhauptskamm setzt sich nach hinten in eine lange,
stumpfe Nackenleiste fort, welehe unmittelbar vor dem Beginne der
Dorsale endigt. Letztere Flosse wird von sechs unbiegsamen Stacheln
und eirea 46 Gliederstrahlen gebildet; sie sind im Ganzen von gerin-
ser Höhe und nehmen erst in der Nähe der Caudale, in welche sie
unmerklich übergehen, an Länge zu; dasselbe gilt von der Anale,
welche nur einen biegsamen Stachel und eirca 42 Gliederstrahlen
enthält. Die mit der Dorsale und Anale vereinigte Caudale ist eirca
7'/,;mal in der Totallänge enthalten, nach hinten mäßig zugespitzt und
zur Hälfte überschuppt. Der Rumpf ist mit großen eykloiden Schup-
pen überdeckt, welche deutlich eoncentrisch gestreift sind und eine
nahezu ovale Form zeigen. Längs der undeutlich siehtbaren Seiten-
linie, welche genau die Höhenmitte der Rumpfseiten einnimmt, zählt
man eirca 46 Schuppen mit Ausschluß der auf der Caudale liegenden,
gleichfalls großen Schuppen. Auf den Wangen bemerkt man deut-
Jiehe Spuren sehr kleiner in die Haut eingesenkter Schüppchen. Der
ganze Körper ist hell gelbbraun, am oberen vorderen Ende des
Kiemendeckels liegt ein kleiner und vor diesem ein viel größerer
Fleck, der an unserem Spiritusexemplare eine dunkel rothbraune
Färbung zeigt. Längs der Seitenlinie zieht sich eine dunkle (vielleicht
im Leben röthlichviolette) schmale Binde hin.
Fundort: China. Ein kleines Exemplar im Privatbesitze des
Verfassers.
“re
532 Steindachner.
IV. Über eine neue Cienolabrus-Art aus Brasilien,
Ctenolabrus (Tautogolabrus) Brandaonis nov. spec.
5—6
D. 19/9; A. 3/9; P. 15; L. lat. 37—38; L. transv. "1
14
Die Höhe des Körpers ist eirca 3°/,, die Kopflänge ohne den
häutigen Anhang des Kiemendeckels 4'/,mal in der Totallänge, die
Länge des Augendurchmessers 43/,mal, die Stirnbreite etwas mehr
als 2mal, die Schnauzenlänge 3/,mal in der Kopflänge enthalten.
Fünf Schuppenreihen liegen unter den Wangen, das Interopereulum
ist naekthäutig; auf dem Kiemendeckel liegt mitten eine Gruppe von
Schuppen, von denen die unterste Reihe, welche die kleinsten Schup-
pen enthält, fast ganz auf den Unterdeckel fällt; der übrige Theil
dieser beiden Deckelstücke ist glatthäutig. Der hintere Rand des Vor-
deckels ist fein gezähnt. Die vordere Längenhälfte der abgerundeten
Schwanzflosse ist beschuppt, die Basis der übrigen Flossen aber
sch:ippenlos. |
Körper gelbbraun, etwas heller am Bauche. Die Schuppen über
der Seitenlinie bis zur Rückenlinie und zunächst unter der Linea
lateralis zeigen am hinteren Rande eine schwarzbraune Linie. Der
gliederstrahlige Theil der Dorsale und Anale ist mit braunen, kleinen
Flecken in regeimäßigen Reihen besetzt.
Fundort: Brasilien.
V. Über zwei Glypiosternum-Arten aus Simla.
1. Glyptosternum conirostre nov. Spec.
D:»1/65 PB. 4/9 A 13H Na:
Kopf 1/;mal so lang wie breit, an der Oberseite sehr stark
gewölbt, insbesondere zunächst der Medianlinie, glatt, nach vorne
sehr rasch an Breite abnehmend und an der Schnauzenspitze abge-
rundet. Die Kopflänge ist 4mal in der Körper- und circa 3mal in
der Totallänge enthalten. Das Auge ist klein, und liegt etwas hinter
der Mitte der Kopflänge. Die Mundspalte ist unterständig, bogenför-
mig gerundet; ihre Breite verhält sich zur Kopflänge wie 1: 33/,.
Der Zwischenkiefer überragt den Unterkiefer und ist wie dieser mit
Ichthyologische Notizen (IV.) 533
sehr spitzen, kurzen Zähnchen, welche eine breite Binde bilden, dicht
besetzt; Gaumenzähne fehlen.
Der Dorsalstachel ist von mäßiger Stärke, am hinteren Rande
schwach gezähnt, eireca 1*/,;mal in der Kopflänge enthalten und
bedeutend schwächer und kürzer als der breite Peetoralstachel, des-
sen Länge eirca %, der Kopflänge erreicht und der am hinteren
Rande mit sehr langen, gekrümmten Zähnen besetzt ist. Die Basis-
länge der Fettflosse gleicht der der ersten Dorsale. Die Unterseite
der Basalhälfte der Pecetorale und Ventrale ist mit einer dicken, quer
gefalteten Haut überdeckt, während der Anhängeapparat am Thorax
der Länge nach gefaltet ist.
Die Oberkieferbarteln sind bandförmig, an der Basis breit,
ebenso lang wie der Kopf, während die Nasenbarteln 2'/;mal, die
äußeren Unterkieferbarteln eirca 13/,;mal, die inneren 31/,—31/, mal
in der Kopflänge enthalten sind.
Die Seitenlinie ist als ein hellgrauer Längsstreif, der fast über
die Mitte der Körperhöhe sich hinzieht, deutlich sichtbar.
Körperfärbung blaugrau, Bauchseite silbergrau.
Ein Exemplar (Weibchen) von Simla, durch Dr. Stolicka.
2. Glyptosternum Stolickae nov. spec.
D. 1/6; B2.1/9:.A.1/9;-Voh/a.
Kopf stark deprimirt, querüber an der Oberseite nur sehr
schwach eonvex, mit dicker Haut umzogen, nach vorne nur wenig
verschmälert; Kopflänge 4mal in der Körper- und 5mal in der Total-
länge enthalten. Die Augen sind sehr klein, etwas hinter der Mitte
der Kopflänge gelegen ; Mundspalte unterständig, quer gelegen,
schwacli gebogen, breit. Die Körperhöhe gleicht eirea 2/; der Kopf-
länge.
Die Fettflosse ist etwas stärker entwickelt als bei der früher
beschriebenen Art und zugleich höher; die Länge ihrer Basis über-
trifft ein wenig die der strahligen Dorsale. Der Dorsalstachel ist
1:/;mal in der Kopflänge emthalten, etwas stärker als bei @. cowiro-
stre und am hinteren Rande fein gezähnt. Der große, breite Peeto-
ralstachel erreicht eine Kopflänge und trägt am hinteren Rande
lange, hakenförmig gekrümmte Zähne. Der halbmondförmig einge-
buchtete untere Rand des Humerus ist wie bei @. conirostre fein
gezähnt. Die tief eingebuchtete Caudale gleicht wie bei letztgenannter
534 Steindachner. Ichthyolaxische Notizen (IV.)
Art dem Kopfe an Länge und enthält 15 getheilte Strahlen, 11—12
obere und ebenso viele untere ungetheilte Randstrahlen. Der untere
Caudallappen ist kaum länger als der obere.
Sämmtliehe Fiossenstrahlen zeigen eine äußerst stark ausge-
prägte Quergliederung. Der erste Ventralstrahl ist bei Männchen
dieker als bei Weibehen. -
Drei Exemplare, deren Flossen leider sehr stark beschädigt sind,
von Simla, durch Dr. Stolicka.
Anmerkungen. Lycodon Bairdi m. (Rept. d. Nov. Exp. p. 90) ist nur eine Varietät
von Psammodynastes pulverulentus, die durch das Vorkommen von zwei Loreal-
Schildern ausgezeichnet ist; der letzte Maxillarzahn ist gefurcht, welehe charac-
teristische Eigenthümlichkeit ich früher leider übersehen hatte.
Hyla castanea m. (Amphib. d. Nov. Exp. pag. 62, Taf. III, Fig. 9—13) besitzt
keine eigentlichen Haftscheiben an den Zehen- und Fingerenden, welche jedoch
haftscheibenähnlich kreisförmig mäßig ausgebreitet und stark deprimirt sind; ich
glaube daher genannte neue Art nunmehr in die Gattung Chiroleptes stellen zu sollen.
Tafel- Erklärung.
Tafel I.
Fig. 1. Caranz macrops.
» 2. Batrachus liberiensis.
Beh: = = Oberseite des Kopfes.
Tafel II.
Fig. 1. Arıus Capellonis.
5: = ” Oberseite des Kopfes.
A r = 55 Unterseite ,„ >
Tafel II.
Balistes liberiensis.
Tafel IV.
Heros Troschelü.
Tafel V.
Fig. 1. Gyptosternum Stolickae.
7. e conirostre.
Tafel VI.
Fig. 1. Oberseite des Kopfes von Glypt. Stolickae.
2 conirostre.
Da ” EZ) ” ” ”
„ 3. Otenotrypauchen chinensis.
a > » Unterseite der stark vergrößerten Bauchflossen.
Steindachner:Ichthvol. Notizen (IV) Par
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Bd. KonopickL ru.d. Nat gez.u th. Se. BER Hof-ı.Staatsdrucker
Sitzungsb.d. k. Akad. dW. math naturw. CLIV.BdlAbth 1867.
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Steindachner-Ichthyol. Notizen (IV)
Silzungsb: d.le Alkad. d.W mat natume. CL EVBulAbın 1867.)
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Ichthyol.N otizen (W
Steiridachner
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Sitzungsb.d. k. Akad. d.W. math.naturw. ÜLLVBdJAbth.186 7.
Ss Keira chner. al ‚Notizen.
Taf\V.
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sb. d.k.Akad.d.W. math. naturw. C1.LV.Bd. LAbth, 1867.
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SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
LV. BAND.
ERSTE ABTHEILUNG.
4.
Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik,
Zoologie, Anatomie, Geologie und Paläontologie.
Sitzb. d. mathem -naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 36
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531
X. SITZUNG VOM 4. APRIL 1867
Der Minister für Handel und Volkswirthschaft, Se. Excellenz
Freiherr von Wüllerstorf dankt, mit Zuschrift vom 2SNDEle de
für das Gutachten der mathem.-naturw. Classe über die Beischaffung
und Aufbewahrung eines metrischen Urmasses und Urgewichtes, und
erklärt das Resultat, zu welehem die Bemühungen der k. Akader ale
der Wissensch. geführt, nämlich die Anschaffune „er Sheil-
sehen Prototype als ein in allen Bezizknungen vortheilhaftes.
Der Secretär legt % bigende eingegangene Abhandlungen vor:
„Über Amrpüllen am Ductus eysticus der Fische“ von Herrn
Hofrath Pro“t. Dr. J. Hyrtl.
Direse Abhandlung ist für die Denksehriften bestimmt.
‘„Versuch einer natürlichen Anordnung der Nagethiere ( Roden-
fia,),;“ von Herrn Dr. L. Fitzinger.
‘ „Über einige neue und seltene Meeresfische aus China“ von
pierrn Dr. Fr. Steindachner.
j; Herr Prof. Dr. J. N. Woldrich in Salzburg übersendet einige
j Exemplare seines mit Unterstützung der Akademie herausgegebenen
Werkes: „Versuch einer Klimatographie des salzburgischen Alpen-
landes. “
Herr Prof. Dr. E. Brücke überreicht eine Abhandlung: „Bei-
trag zum Bau der Milz“ von Herrn Dr. Peremeschko aus Kazan.
Herr Prof. Dr. K. Langer legt den zweiten Theil seiner Ab-
handlung: „Über das Lymphgefäßsystem der Frösche“ vor, nebst einer
zweiten Abhandlung, betitelt: „Lionardo da Vinci, der erste Dar-
steller der richtigen Lage des menschlichen Beckens.“
Herr Prof. V. v. Lang übergibt eine Abhandlung über einen
verbesserten Axenwinkel- Apparat. Derselbe überreicht ferner eine
Abhandlung: „Bestimmung der Hauptbreehungsquotienten des schwe-
felsauren Ammoniak“ von Herrn M. Erofejeff.
36”
538
Herr Dr. S. Strieker legt eine Abhandlung: „Beiträge zur
Pathologie und Therapie der Chlorose“ von Herrn Dr. Duncan vor.
Herr Dr. A. v. Biesiadecki überreicht eine Abhandlung:
„Untersuchungen über die Gallen- und Lymphgefäße der Menschen-
leber. “
Herr Prof. J. Losehmidt übergibt eine Abhandlung: „Theorie
des Gleichgewichts und der Bewegung eines Systems von Punkten.“
Der Seeretär macht eine weitere Mittheilung über das Indium.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Acade&mie des Seiences et Lettres de Montpellier: Memoires. Sec-
tion des Seiences: Tome VI, 1° Fase., Annege 1864; Section des
Lettres: Tome IV, 1* Fase., Annde 1864; Section de Mede-
cine: Tome IV, 2° Fase., Annde 1864. Montpellier; Mo,
Extraic des Proces-Verbaux des seances (Section des Sciences. )
Anndes 1863 & 1864. Montpellier; 40.
Ameriean Pharmaceutical Assoeiation: Proceedings. 14° Meeting.
Philadelphia, 1866; 8°.
Annalen der Chemie und Pharmaeie von Wöhler, Lievig&Kopp.
N. R. Band LXIV, Heft 3; IV. Supplementband, 3. Her‘. 1366;
Band LXV, Heft 1—2. 1867. Leipzig & Heidelberg; 8°.
Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 5. Jahrg. Nr 7.
Wien, 1867; 8°.
Astronomische Nachrichten. Nr. 1634— 1635. Altona, 1867; 48-
Biblioth&que Universelle et Revue Suisse: Ärchives des Seiences\
physiques ei naturelles. N. P. Tome XVIl’, Nr. 108; Tome !
XVII, Nr. 110. Gen&ve, Lausanne, Neuchatel, 1866 & 1867; 80.
Comptes rendus des seances de l’Academie des Sciences.
Tome LXIV, Nr. 10—11. Paris, 1867; 4%
Cosmos. 2° Serie. XVI® Annee, 5° Volume, 12°— 13° Livraisons.
Paris, 1867; 8%
Gesellschaft, Naturforschende, in Emden: 51. Jahresbericht.
Emden, 1866; 8°. — Festschrift in Veranlassung der 50jähri-
gen Jubelfeier am 29. December 1864. Emden; 4°.
Gewerbe- Verein, n.-6.: Verhandlungen und Mittheilungen.
XXVil. Jahrg. Nr. 12—13. Wien, 1867; 8°.
Greifswald, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften. 1866;
49. & 8°,
339
Grunert, Joh. Aug., Archiv der Mathematik und Physik. XLVI. Theil,
1. Heft. Greifswald, 1866; 8°.
Jahrbuch, Neues, für Pharmacie & verwandte Fächer von Vor-
werk. Band XXVI, Heft 5 & 6. 1866; Band XXVII, Heft 1 & 2.
1867. Speyer; 8%
Land- und forstwirthschaftl. Zeitung. XVII. Jahrg., Nr. 12 — 13.
Wien, 1867; 40
Mittheilungen des k. k. Artillerie-Comite. Jahrgang 1867, 1. Heft.
Wien; 80.
— des k. k. Genie-Comite. Jahrg. !867, 2. Heft. Wien; 80.
Senarmont, Henri de, EmilVerdet et Leonor Fresnel, Oeuvres
completes d’ Augustin Fresnel. Tome I. Paris, 1866; 4%
Societe Imperiale de Medecine de Constantinople: Gazette medicale
d’orient. X° Annde, Nr. 6—9. Constantinople, 1866; 40.
Soeiety, The Asiatie, of Bengal: Journal. Part II. 1866. Special
Number. Caleutta, 1866; 8°.
Verein der Freunde der Naturgeschichte in Meklenburg: Archiv.
20. Jahrg. Neubrandenburg, 1866; 80.
Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 24—27. Wien,
1867; 40- |
Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft.
XVI. Jahrg. Nr. 7. Gratz, 1867; 40.
Woldrich, Jsha:.n Nep , Versuch einer Klimatographie des salz-
burgischen Alpenlandes. (Mit Unterstützung der kais. Akademie
der Wissenschaften in Wien herausgegeben.) Leipzig & Heidel-
berg, 1867; 8°.
Zeitschrift für Chemie, von Beilstein, Fittig und Hübner.
X. Jahrg. N. F. III. Band, 1.—4 Heft. Leipzig, 1867; 8°.
— des österr. Ingenieur- und Architekten - Vereines. XIX. Jahrg.
1. Heft. Wien, 1867; 4%
540 Kner,
Über Orthacanthus Dechenii @o/df. oder Xenacanthus
Dechenii Beyr.
Von dem w. M. Prof. Dr. Rud. Äner.
(Mit 10 Tafeln.)
(Vorgelegt in der Sitzung am 28. Februar 1867.)
L. Agassiz gründete im Jahre 1837 auf einzelne, aus der
Kohlenformation Englands stammende Stacheln die beiden Gattungen
Pleuracanthus und Orthacanthus und betrachtete sie als die ältesten
Anzeichen des Auftretens von Rochen. Der zuerst mit dem Namen
Pleuracanthus laevissimus bezeichneten Form reihten sich alsbald
andere für verschiedene Species angesehene an, die theils in Nord-
Wales, theils in der Umgebung von Edinburgh und bei Carluke aui-
gefunden wurden und denen später Dr. Newberry drei neue Arten
aus der Steinkohle des Ohiogebietes hinzufügte. Gleichzeitig fand
man aber auch in den Steinkohlenschiefern Nord-Englands lose Zähne,
die Agassiz mit dem Gattungsnamen Diplodus belegte und denen
Dr. Hebbert W are auch bei Edinburgh, Rankin bei Carluke und
in vielen andern Ablagerungen der Steinkohle Britanniens und Professor
Dawson auch in Nova Seotia auffand. Später wurde dann bei Rup-
persdorf in Böhmen ein ziemlich wohlerhaltener Abdruck des Fisches
selbst aufgedeckt, der in den Besitz des Prof. Otto in Breslau und
nach dessen leider zu früh erfolgtem Tode in die königl. Sammlungen
nach Berlin kam, dessen Gegenplatte aber durch Herrn Berghaupt-
mann v. Dechenan Prof. Goldfuß in Bonn gelangte und von diesem
in seinen „Beiträgen zur Fauna der rheinischen Steinkohle“ Bonn
1847, flüchtig beschrieben und in natürlicher Grösse abgebildet
wurde. Goldfuß glaubte den Stachel mit jenem von Orthacanthus
Ag. identifieiren zu sollen und benannte demnach die Gattung und
Art als Orthacanthus Dechenii. Bald hierauf publieirte Prof. Bey-
rich in den Berichten der Verhandlungen der königl. preussischen
Akademie der Wissenschaften 1848 eine Abhandlung über denselben
Über Orthacanthus Dechenii Goldf. oder Xenaeanthus Dechenü Be yr. 541
Fisch, benannte ihn aber Xenacanthus Decheniti, da er und zwar
mit Recht erkannte, daß der Stachel von Orthacanthus einer wesent-
lich verschiedenen Gattung angehört haben mußte. Zugleich machte
er aufmerksam, daß hingegen die Stachelform von Xenacanthus viel
mehr Vergleichungspunkte mit Pleura- als mit Orthacanthus darbiete.
Im Jahrbuch für Mineralogie und Geologie von Bronn und Leon-
hard, Jahrgang 1849 gab Herr Dr. Jordan auf S. 843 einige
Notizen über eine angeblich neue Gattung und Art eines fossilen Hai-
fiisches aus den Eisensteinlagern von Lebach bei Saarbrücken in
Rheinpreußen,, die damals noch der Steinkohlenformation zugezählt
wurden, und für welche Gattung und Art Herr Dr. Jordan die Be-
nennung Triodus sessilis vorschlug. Später stellte sich aber die Über-
einstimmung dieser Gattung mit Orthacanthus Goldf. oder Xena-
canthus Beyr. heraus und wurde zuerst von dem einstweilen ver-
storbenen Oberlehrer Herrn Schnur in der Zeitschr. d. deutschen
geolog. Ges. 1856, 8. Bd. anerkannt und Lebach lieferte bis in die
Jüngste Zeit zahlreiche Fundstücke desselben und zum Theil in einem
so vorzüglichen Erhaltungszustande, wie sie von andern Orten bisher
nicht vorkamen.
Sir Philip de Grey Egerton sprach sich in der British Asso-
eiation zu Glasgow 1855 kurzweg dahin aus, daß die Stacheln von
Pleuracanthus und die Zähne von Diplodus Ag. einem und dem-
selben Fische angehören und er gewann später aus der Untersuchung
mehrer schöner Exemplare von Xenacanthus aus Klein-Neundorf in
Preußisch - Schlesien die Überzeugung, daß die Stacheln desselben
nicht generisch sieh von jenen des Pleuracanthus unterscheiden und
daß beide auch mit Diplodus Ag. zu vereinigen seien; für die Gat-
tung sei aber der ältere Name Pleuracanthus statt Diplodus oder
Xenacanthus anzunehmen. Im 20. Bande der Annal. et Magaz. of
natur. hist. 1857 sprach sich dann Sir Egerton abermals für die
Einheit dieser drei Gattungen aus. Bis dahin blieben aber die Rup-
persdorfer Exemplare von Prof. Otto noch immer die vollständigsten
und Prof. Beyrieh’s Angaben gewährten noch den meisten Auf-
schluß über diesen bisher den Haien (in derNähe von Squatina) zu-
gezählten Fisch. Im Jahre 1861 beschrieb aber Prof. Dr. H. Br. Gei-
nitz in seinem. schönen Werke: die Dyas, auf S. 22 u.d.f. ein
bezüglich der Bauchflossen vorzüglich erhaltenes Exemplar und gab
auf Taf. 23 in Fig. 1 die getreue Abbildung desselben in natürlicher
542 Knernr.
Größe. Er behielt zwar die Benennung Xenacanthus Dechenit bei,
ließ sich aber dureh Prof. Reiehenbaeh verleiten, auf Grund der
hier vereinigten Bauchflossen die Gattung in die Nähe von Cyelo-
pterus zu bringen und sie den Discobolis für näher verwandt als den
Plagiostomen zu erklären.
Diese Unsicherheit bezüglich der systematischen Stellung und
die im Ganzen noch wenig genügende Kenntniß dieses alten Fisches,
verbunden mit dem günstigen Umstande, daß zehn Exemplare aus
Böhmen, welche Herr Prof. Dr. A. Reuß dem kaiserlichen Hof-Mine-
raliencabinete überlassen hatte, mir durch meinen geehrten Freund
D. Hörnes gütigst zur Verfügung gestellt wurden, bewogen mich,
diese Gattung möglichst genau zu studiren und ich suchte zu diesem
Behufe auch die in anderen Museen aufbewahrten Exemplare mir zu
verschaffen. Ich wendete mich deshalb an die Professoren und Diree-
toren Herrn Dr. H. Geinitz in Dresden, Herrn Akademiker Beyrich
in Berlin und Herrn Dr. Ferdinand Römer in Breslau. Alle gingen
mit größter Freundlichkeit auf mein Ansuchen ein und sendeten mir
alsbald die schönsten der in ihren Museen befindlichen Exemplare
von Xenacanthus zur Vergleichung und wissenschaftlichen Benützung
zu, wofür ich ihnen meinen verbindlichsten Dank hiemit abstatte.
Kurz vor Veröffentlichung der Ergebnisse meiner hiedurch schon mir
ermöglichten umfassenderen Untersuchungen trug mir HerrDr. Weiß,
Lehrer an der königl. Bergschule zu Saarbrücken in Rheinpreußen in
höchst zuvorkommender Weise an, nachdem er zufällig Kenntnifs
erhalten hatte, von meinem Vorhaben eine Arbeit über Xenacanthus
zu veröffentlichen, mir die in seinem Besitze befindlichen schönen
Exemplare des Lebacher Xenacanthus zur Vergleichung und Ein-
sicht zuzusenden. Indem ich eben so dankbar wie hocherfreut diesen
äußerst freundlichen Antrag annahm, wagte ich zugleich mich auch
noch an Herrn Dr. Herm. Jordan in Saarbrücken selbst zu wenden,
von dem die ersten Notizen über den Lebacher Xenacanthus stammen
und in dessen Sammlung, wie ich durch Herrn Prof. Geinitz erfuhr,
sich ein wahres Prachtexemplar bezüglich der Bezahnung befindet.
Auch hier fand ich dieselbe liebenswürdige Bereitwilligkeit auf meine
Bitte einzugehen und wurde hiedurch in die glückliche Lage versetzt,
auch die Prachtexemplare dieses um die Lebacher Petrefacte beson-
ders verdienten Mannes der Wissenschaft vergleichen und benützen
zu können. Ich fühle mich daher den beiden letztgenannten Männern
Über Orthacanthus Decheniü Goldf. oder Xenacanthus Dechenü Beyr. 5A3
insbesondere zu Dank verpflichtet, und wünschte nur diesen hier
öffentlich eben so warm aussprechen zu können, als er mein Inneres
durehdringt. Durch so viele Güte und Zuvorkommenheit wurde mir
möglich, alle Exemplare untersuchen und vergleichen zu können, von
deren Existenz ich Kenntniß erhalten konnte, nur mit Ausnahme jener,
die das Senkenberg sche Museum in Frankfurt durch Herrn Dr.
Rüppellaus den Lebacher Schichten erhielt und ich wurde hiedureh
in den Stand gesetzt, mir eine umfassendere Kenntniß über diesen
Fisch zu verschaffen, als Andern, denen nur einzeine Individuen oder
Fragmente von einzelnen Fundorten zur Verfügung standen, bisher
möglich war. Trotzdem bleiben in der folgenden Beschreibung doch
noch manche Lücken fühlbar, da wie begreiflich kein einziges Exem-
plar derart vollständig ist, um über alle Punkte den nöthigen Auf-
schluß zu geben. Ich glaube am besten zu thun, zuerst die einzelnen
Exemplare bezüglich jener Theile zu beschreiben, durch welche sie
besonders instructiv erscheinen, hierauf das Gesammtbild folgen zu
lassen, das sich aus ihnen gewinnen läßt und schließlich die aus
meinen Untersuehungen sich ergebenden Sehlußfolgerungen zu ziehen.
4. Exemplare des Dresdner Museums.
Ich beginne zunächst mit dem als Gipsabguß mir vorliegenden
Exemplare, welches Herrn Prof. Geinitz zum Original seiner Ab-
bildung in der Dyas diente. Kopf, Rumpf und Sehwanz dieses an-
sehnlich großen Individuum’s sind zwar im Ganzen schlecht erhalten
(daher sich auch Geinitz nicht in eine nähere Beschreibung ein-
ließ), der Nackenstachel und die gestreckte Gestalt lassen jedoch die
Gattung sogleich erkennen. Die Wirbelsäule und deren Fortsätze
sind gleichfalls unkenntlich, von den Brustflossen ist nur die Basis,
von der eigentlichen Rückenflosse nur eine kleine Partie der Flossen-
träger und diese nicht deutlich zu erkennen. Um so auffallender
erscheint aber der so genaue und tiefe Abdruck der Bauchflossen, die
wirklich wie sie die Figur bei Geinitz zeigt, in eine Bauchscheibe
verwachsen sind, mit der es aber ein eigenes Bewandtniß hat. Sie
mahnt allerdings oberflächlich an jene von Cyelopterus (und zwar
mehr an spinosus als lumpus), durchaus aber nicht an jene der
Gobiesoeiden unterscheidet sich jedoch bei näherer Betrachtung
wesentlich von ersterer. Bei Oyelopterus besteht die Scheibe aus einem
Mittelfelde, vor dem und um das sich beiderseits nach hinten umbie-
544 Kner.
gende kurze strahlenähnliehe Knorpel- oder Knochenplatten anheften,
die den mittleren Theil der Scheibe ringsumgeben und über welche
namentlich seitwärts ein breiter strahlenloser Hautsaum frei vorragt,
während die Mittelscheibe selbst fest mit der Bauchhaut verwachsen
ist. Keiner der in die Haut eingelagerten Knorpel ist verlängert und
der Hautsaum bildet nach hinten ein Kreissegment. Die ganze
Scheibe wird seitlich von den Brustflossen überdeckt, die vorne bis
gegen die Mittellinie reichen und von weichen Strahlen durchsetzt,
so daß es aussieht, als wären die Bauchflossenstrahlen direet mit den
Brustflossen verwachsen, die dadurch so breit erscheinen. Die Scheibe
selbst reicht auch mit ihrem hintern Rande nicht weiter als die Brust-
flossen zurück und ihr Ende ist fast gleichweit von der Analgrube,
wie diese von der Afterflosse entfernt.
Vergleicht man hiemit die Bauchscheibe von Xenacanthus, so
fällt zunächst ihre so weit vom Schultergürtel entfernte Stellung,
nämlich beiläufig in halber Totallänge auf, wodurch allein schon die
ganze Deutung als Haftorgan entfällt. Denn welchen Zweck sollte bei
einem so lange gestreckten Fische überhaupt eine Bauchscheibe haben
und wie könnte sie diesen an soleher Stelle erfüllen? Vergleieht man
aber ihre Form und Zusammensetzung selbst, so stimmt auch diese
nieht für die Deutung als Saugscheibe. Ihr Längendurchmesser ist
im Verhältniß zur Breite zu groß; um die längliche mediane Fläche
lagern sich drei Kreise länglicher plattenförmiger Strahlen herum, an
deren äußeren sich überdies am Umkreise des Saumes feinere Strahlen
oder Fasern anhelteten. Die Zahl dieser Kreise sowohl wie der sie
zusammensetzenden Knochen- oder Knorpelplatten ist zu groß, um
denen von Cyelopterus vergleichbar zu sein. Vollends befremdend
sind aber die beiden langen Anhänge am hintern Ende der Scheibe,
die ungetheilte zu einer Röhre oder Halbröhre eingebogene Knorpel-
oder Knochenstücke waren, und unwilikürlich an die Klammerorgane
männlieher Rochen und Haie erinnern, doch enthalte ich mich vorerst,
weiter hierauf einzugehen, da auch andere Exemplare hierüber noch
wichtige Aufschlüsse geben und glaube nur noch bezüglich dieses
Exemplares des auffallenden Umstandes erwähnen zu sollen, daß die
Bauchflossen in anscheinend natürlicher Lage und in ganz unver-
drücktem Zustande sich erhalten haben, während der übrige Fisch in
sehr verdrücktem und mangelhaften Zustande sich befindet, denn es
könnte sich der Verdacht regen, daß die abgedrückte Bauchscheibe
or Pr 2 FR “> 3
Über Orthacanthus Dechenii Goldf. oder Xenacanthus Dechenti Beyr, Ab
dem vorhandenen Xenacanthus gar nicht angehört habe. Doch muß
dieser sogleich fallen gelassen werden, da viele andere Exemplare
noch ganz ähnliche Bauchflossen zeigen, während freilich wieder
andere, wie gleich das folgende, im Bau derselben wesentlich
abweichen.
Bei einem Fundstücke aus Klein-Neundorf, welches mir Prof.
Geinitz in Originalplatte zusendete, liegen sie zwar ebenfalls eng
aneinander und sind auch sehr wohl erhalten, jedoch ganz abweichend
gebaut; Taf. 1, Fig. 1 zeigt sie in natürlicher Größe und Lage. Sie liegen
frei unterhalb ihres wahrscheinlich natürlichen Sitzes, sind mit der
Unterfläche dem Beschauer zugewendet und zeigen großentheils eine
körnig ehagrinirte Oberfläche. Die beiden dreieckigen Beckenknochen
stoßen mit ihren etwas nach einwärts geneigten Spitzen und auch an
der Basis aneinander, während zwischen ihnen ein länglicher Raum
frei bleibt. An den hintern Rand des Beckens legen sich an jeden
Knochen die Basalglieder von 6 — 7 Strahlen an, auf welche nach
einwärts ein breiter plattenförmiger Carpusknochen mit körniger
Oberfläche folgt, an den sich mehrere kurze, gleichfalls breite Glieder
anreihen, an deren äußern Rand sich dann die eigentlichen geglie-
derten Flossenstrahlen ansetzen. Die Gelenkenden aller dieser Glieder
und Flossenstrahlen besitzen wulstig erbabene Ränder oder sind wie
bei vielen lebenden Rochen knotig gegliedert. Bau und Gliederung
der Bauchflossen verhalten sieh demnach hier wesentlich so, wie die
Figur von Goldfuß auf Taf. V die Brustflossen und linke Ventrale
darstellt und beschreibt, und wo er eigens angibt, daß an den Bauch-
flossen der dieke Carpusknochen nur an seinem äußern Rande Flossen-
strahlen trage, während an dem gegliederten Carpus der Brustflossen
sieh am äußern und innern Rande Strahlen anheften. Die Zahl aller
Strahlen am Rande rings um das Becken beträgt bei vorliegendem
Exemplare 23— 80, so daß auf jede Bauchflosse 14—15 Randstrahlen
kommen, die vielleicht mit Ausnahme des innersten jederseits, der
sich gabelig theilt, alle in einfache Spitzen enden. Von klammerähn-
liehen Anhängen ist hier keine Spur und auch eine Deutung der
Ventralen als Bauchscheibe füglich nicht möglich. Dagegen erscheint
wahrscheinlich, falls die oben erwähnte Deutung der Anhänge als
Klammerorgane richtig befunden wird, dafs dieses Exemplar ein
Weibehen, jenes aber ein Männchen war.
546 Kner.
Ein drittes von Löwenberg bei Klein-Neundorf stammendes
Fundstück, welches Fig. 2 in natürlicher Größe darstellt, zeigt
abermals andere Verhältnisse und erscheint auch in andern Beziehun-
gen von Interesse. Es zeigt zwar nur den hintern Theil des Rumpfes
und den Schwanz eines kleineren Individuum’s, doch einen großen
Theil der Wirbelsäule nebst Dornfortsätzen, der strahligen Rücken-
flosse nebst den Flossenträgern, die eine (linke) Bauchflosse in an-
scheinend natürlicher Lage und hinter ihr eine kurze Afterflosse eben-
falls in situ normali. Die linke Ventrale ist hier frei nach rück- und
abwärts gerichtet, um die Hälfte länger als die folgende Anale und
läßt nur fünf Strahlen erkennen, von denen das Basalglied des innern
oder letzten, die übrigen an Dieke um das Doppelte übertrifft und das
auch auf einen viel stärkeren Flossenträger, als die übrigen Strahlen
sich stützt. An dieses Basalglied reihen sich dann zwei röhrig ver-
!ängerte und breite Carpusknoehen an, deren zweiter und längerer
sich am hintern Gelenkende gabelig in zwei Gelenkköpfe theilt und
an den sich ringsum, d. h. am äußern, innern und hintern Rande
Gliederstrahlen anlegen, die so wie die Gelenkenden der Carpusstücke
knotig verdickte Gelenke besitzen, wie dies bei Rochen und dem
früher beschriebenen Exemplare der Fall ist. Dreieckige Becken-
knochen werden hier gänzlich vermißt und die Übereinstimmung mit
jenem besteht überhaupt wesentlich nur in dem innern, breiten ver-
diekten und getheilten Carpalstrahle und in dem Nichtvereinigtsein
beider Ventralen, so dafs von einer Bauchscheibe keine Rede sein
kann. — Um die volle Länge der Ventrale weiter zurück steht eine
zwar kleine Afterflosse, welche aber die gleiche Eigenthümlichkeit
wie die Pectorale und Ventrale zeigt. Ihr letzter an zwei stärkere
Flossenträger sich anlenkende Strahl beginnt ebenfalls mit einem
röhrig verlängerten breiten Carpalknochen, der sich nach hinten
gablig theilt und an den sich wohl ausgebildete, knotig gegliederte
und einfach spitz endende Strahlen anlenken. Es sind deren zwar
nur drei vorhanden, doch gewahrt man am Vorderrande des ersten
oder vordern kurze dünne einfache strahlenähnliche Spitzen, die wie
schwache Fulera von Ganoiden angeordnet sind. Der Schwanz ist
bei diesem Exemplar zwar ebenfalls nieht bis an sein Ende erhalten,
aber doch so weit zurück, daß wohl kaum zu zweifeln ist, daß er in
eine dünne Spitze geradlinig auslief und sich ähnlich verhielt wie
bei manchen Siluriden (Plotosus) oder auch wie bei Lepidosiren.
Über Orthacanthus Dechenii Goldf. oder Xenacanthus Decheniü Beyr. 547
Wahrscheinlich reichte die sogleich zu beschreibende Dorsale bis an
sein Ende, das vielleicht von einer peripherischen Flosse umgeben war.
Von besonderem Interesse sind an diesem Exemplare noch die Über-
reste der Wirbelsäule mit ihren Dornfortsätzen und insbesondere die
der Dorsale mit den Flossenträgern. Da aber die Wirbelsäule bei
andern Exemplaren noch besser erhalten ist, so nebe ich betreffs
derselben hier nur hervor, daß an der hintern Rumpfhälfte keine Spur
von knöchernen Wirbelkörpern zu sehen ist, an der vordern aber
grenzen an die unteren, sich zu Dornfortsätzen vereinigenden Bogen-
schenkel knöcherne Platten an, die aber nicht einmal zu Halbwirbeln
sich ausgebildet haben.
Was die strahlige Rückenflosse betrifft, so gibt Prof. Beyrieh
an, daß in beträchtlicher (?) Entfernung hinter dem Nacken-
stachel eine lange Dorsale beginne, die über den ganzen Rücken
wahrscheinlich bis zur Schwanzflosse hinlief und an deren einfache
ungegliederten weichen Strahlen sich Faserstrahlen wie auch bei den
Brust- und Bauchflossen anlegten. Weder das Exemplar von Gold-
fuß, noch jenes von Geinitz läßt dagegen eine Rückenflosse
deutlich erkennen und Beyrich bemerkt wohl größtentheils mit
Recht, daß bei der Figur von Goldfuß die zweite Bauchflosse un-
richtig als Dorsale aufgefaßt werde. Darüber jedoch, daß die Dor-
sale und in welcher Weise sie durch Flossenträger gestützt war,
indet sich auch bei Beyrich keine Angabe vor und gerade hierin
liegt eines der wichtigsten Merkmale, welches Xenacanthus von aller
Verwandtschaft mit Haien und Rochen ausschließt und durch welches
diese Gattung vielmehr an die alten Coelacanthen erinnert. Zwischen
den obern Dornfortsätzen und den Flossenstrahlen liegen nämlich
zwei Längsreihen von Flossenträgern, indem sich zwischen die eigent-
lichen Träger und die Dornfortsätze noch eben so zahlreiche Zwi-
sehenträger (Surapophyses Ag.) einschieben, die sogleich über der
Basis sich gablig theilen und mit den eigentlichen Trägern eben so
durch Gelenkköpfe in Verbindung stehen, wie letztere mit den Flossen-
strahlen; alle diese Knochen waren überdief wie bei den Coela-
canthen hohl. Die Gesammtzahl der Flossenstrahlen und der zuge-
hörigen Träger läßt sich nicht angeben, da kein Exemplar vollständig
erhalten ist; hier sind im Ganzen 34 Zwischenträger zu zählen. von
denen die vordern 6 tief gabelig getheilten fast senkrecht über den
schief nach rückwärts geneigten Dornfortsätzen stehen, die folgenden
>48 Kner.
28 stehen sehief über den ebenfalls stärker geneigten Dornfortsätzen
und sind auch meist gablig gespalten. Die wahren Flossenträger sind
länger und etwas breiter als die Zwischenträger und stehen gleich-
falls sehr schief auf diesen und die Flossenstrahlen nicht weniger
schief auf letzteren. Etwas vor und über der Anale werden Träger
und Flossenstrahlen unkenntlich, die Zwischenträger dürften vielleicht
daselbst aufhören und es ist nieht zu entnehmen, wie weit die Dorsale
sich am Schwanze zurückfortsetzt. Von der Wirbelsäule sind an dem
vorhandenen Stücke die Elemente von mindestens 60 Wirbeln durch
eben so viele Fortsätze erkennbar. Da übrigens der ganze Vorder-
rumpf sammt Kopf fehlt, so wäre überhaupt die Bestimmung dieses
Fragmentes als Xenacanthus sehr fraglich, wenn es nicht im Bau der
Flossen und der Wirbelsäule mit anderen Exemplaren, bei denen zu-
gleich Kopf und Nackenstachel vorhanden sind, wesentlich überein-
stimmen würde. In sehr beachtenswerther Weise weicht aber gleich-
wohl dieses Fundstück von allen übrigen bezüglich der Bauchflossen
ab, da jede Spur der dreieckigen Beckenknochen fehlt und es den
Anschein hat, als lege sich die Flosse direet an den diekern Träger
an. Es läßt sich daher trotz der scheinbar normalen Lage der Flosse
dennoch die Frage aufwerfen, ob die Flosse nicht doch verschoben
und das Becken von den Trägern überlagert und deßhalb unsieht-
bar sei. Ich halte aber diese Annahme für sehr unwahrscheinlich,
nicht blos wegen der scheinbar natürlichen Lage der beiden Flossen
und des spurlos mangelnden Beckens, sondern weil eine Afterflosse,
die sodann fehlen würde, auch bei anderen Exemplaren wirklich vor-
handen und von gleichem Baue ist, und weil dureh viele andere
Exemplare erwiesen ist, daß die Bauchflossen nicht nur oft nicht
vereinigt, sondern überhaupt verschieden gebaut sind, und werde
vielmehr in meiner Vermuthung bestärkt, dafs die Bauchflossen bei
Xenacanthus entweder sexuelle oder specifische Unterschiede je nach
ihrem Baue anzeigen.
b. Exemplare des Berliner Huseums.
Unter diesen verdient das große in einer Platte von rothem
Sandsteine abgedruckte Exemplar von Ruppersdorf zuerst nähere
Erwähnung, da es die Gegenplatte zu dem von Goldfuß abgebil-
deten Original darstellt, welches das Hauptstück der Otto schen
Sammlung bildete. Beyrich und Römer nennen es das schönste
“ 2% St v
Über Orthacanthus Dechenii GoTdf. oder Xenacanthus Dechenü Beyr. 9 46
und vollständigste Exemplar und es ist allerdings eines der größten
und bezüglich der Brustflossen und Kiemenstrahlen am besten erhal-
tenen, aber in vielen Punkten weniger instruetiv als andere, nament-
lich in Betreff der strahligen Rückenflosse mit ihren Trägern und der
Bezahnung. Während der Kopf mit der Oberseite frei liegt, ist der
Rumpf derart gebogen, daß die ganze Dorsale unsichtbar bleibt, die
Bauchflossen dagegen mit der Unterseite dem Beschauer zugewendet
sind, der starke Schultergürtel ist fast wagrecht nach hinten gerutscht,
so daß er zwischen die beiden Brustflossen und neben die Wirbel-
säule zu liegen kam.
Die Abbildung bei Goldfuß hat den Anschein, als läge der
Rumpf geradlinig ausgestreckt; wäre dies der Fall, so müßten dann
die Bauehflossen unterhalb der Wirbelsäule liegen und die untere,
besser erhaltene würde der linken entsprechen. Die mir vorliegende
Gegenplatte zeigt aber ganz deutlich, daß die Wirbelsäule vom
Beeken überlagert wird und daß demnach in Folge einer stattgehabten
Drehung, die besser ausgebildete Ventrale der rechten entspricht
und daß demnach die Flossen mit der Unterseite dem Beschauer zu-
gewendet sind. Ob Beyrich’'s Bemerkung ganz richtig ist, daß
Goldfuß fälschlich die zweite Ventrale für die gliederstrahlige
Rückenflosse ansah, scheint mir zweifelhaft, da keine Spur eines
dieken gegliederten Carpusstrahls vorhanden ist. und die dieht ste-
henden Strahlen allerdings der Dorsale mögen angehört haben. Die
an den innern Rand der rechten (gut ausgebildeten) Ventrale an-
grenzende, in der Figur bei Goldfuß eckig gezeichnete helle Stelle,
erscheint in der Gegenplatte rundlich und ich halte sie für den Ein-
oder Abdruck der Urogenitalgrube, die demnach ansehnlich groß war,
und wahrscheinlich hier lag, wenn anders die Anhänge an den Bauch-
flossen maneher Individuen als Klammerorgane von Männchen richtig
gedeutet werden.
Die linke Brustflosse ist bei Goldfuß sehr genau gezeichnet,
nur sind an der Gegenplatte die Glieder des langen innern Carpus-
strahles etwas breiter oder stärker. Theils am äußern Rande des
!etztern, theils an dem des vor ihm liegenden plattenförmigen Kno-
chenstückes, dessen später noch Erwähnung geschehen wird, setzen
sich 12 Gliederstrahlen an, deren mittlere am längsten und stärksten
sind. Am innern Rande des Carpusstrahles legen sich gleichfalls
kürzere Gliederstrahlen an, an diese aber längere Faserstrahlen, die
550 Knenm
noch weit über das Ende des Carpusstrahles zurückreichen. Die
rechte Brustflosse ist noch besser als die linke erhalten und es sind
hier am äußern Rande des Carpus 17—18 lange, nach hinten kürzer
werdende Gliederstrahlen zu zählen, an die sich ebenfalls lange, den
Saum bildende Faserstrahlen ansetzen. Das Gleiche ist auch am
innern Rande des Carpus der Fall, woselbst sich aber an die nur
wenigen Gliederstrahlen sehr zahlreiche, dieht gedrängte lange
“asern anlegen. Jederseits vor der Brustflosse sind die dünnen auch
bei Goldfuß abgebildeten Kiemenstrahlen in der Zahl von eireca neun
sichtbar. Die Ventrale ist ganz ähnlich wie die Brustflosse gebaut
und der innere Carpusstrahl läßt deutlich fünf breite kurze Glieder
erkennen, an die sich nach außen zuerst lange dünne Glieder und
an diese wieder Faserstrahlen anlegen, von ersteren sind am Außen-
‘ande mindestens 15—16 zu zählen. Auch am innern Rande scheint
der Garpus Glieder- und Faserstrahlen getragen zu haben, doch sind
deren nur wenige erkennbar, (bei Goldfuß fehlen sie gänzlich).
Von einer Verwachsung der beiden Ventralen in eine Art Bauch-
scheibe oder von Klammeranhängen ist hier keine Spur und ieh ver-
muthe deßhalb, daß dieses Individuum ein Weibehen war. — Sehr
deutlich sind an dieser Gegenplatte die Sägezähne an den Seiten-
"ändern des Nac’kenstachels, besonders nahe vor dessen Spitze.
Bei Goldfuß’' Figur erscheinen die Seitenränder dieses Stachels
oder vielmehr Dornes glatt, sein Durchmesser wird als drehrund an-
gegeben und in Figur 11 auch also dargestellt und daselbst sind
alternirende höckerföormige Zähnchen an der Hinterseite neben der
vorspringenden Längsleiste gezeichnet. Mit dieser Beschreibung und
Abbildung stimmt aber nun der Stachel der Gegenplatte durchaus
nicht, denn er ist keineswegs rund, sondern flach, an der Vorderseite
leicht concav und die nach hinten gebogenen kleinen Sägezähne
stehen in dichter Reihe beiderseits genau längs des scharfen Seiten-
'andes, nicht aber an der Hinterseite; kurz die Form und Bewaffnung
des Stachels mahnt allerdings zumeist an die des Schwanzstachels
bei Rochen. Übrigens ist zu bemerken, daß bei andern Exemplaren
allerdings die Form und Bewaffnung des Stachels vielmehr an die
Fig. 11 sich anschließt, wovon später noch die Rede sein wird. Ich
hebe überhaupt von diesem Exemplare nur noch folgende Punkte her-
vor. Die Spitze des Nackenstachels kommt gerade über den obern
Dornfortsatz des 14. Wirbels zu liegen, die an die vordern Wirbel
Über Orthacanthus Dechenii Goldf. oder Xenacanthus Decheni Beyr. 551
sieh anlegenden Rippen sind mehr gebogen und länger als sie Go ld-
fuß’ Figur zeigt und reichen fast bis an den zurückgelegten linken
Humerus herab; auch die untern Dornfortsätze vieler Bauchwirbel
sind länger und besser zu sehen. Beiläufg 2’ vor dem Becken sind
die dreieckigen plattenförmigen Bogenschenkel von vier Wirbeln
nebst den über ihnen befindlichen, aber’nicht verwachsen gewesenen
Dornfortsätzen sehr wohl erhalten, deren die Abbildung bei Gold-
fuß gänzlich ermangelt. Was alle übrigen, hier nicht erwähnten
Punkte wie die Bildung des Kopfes und die Beschaffenheit des Ske-
letes, die Bezahnung, Hautbedeckung u. s. w. betrifft, so geben
andere Exemplare ungleich bessere Auskunft, daher alle diese Ver-
hältnisse erst später erörtert werden sollen, Ich wende mich zu-
nächst zu den beiden andern noch vorliegenden Platten des Berliner
Museum’s, welche in schwarzgrauem Schiefer die Überreste von zwei
kleineren Individuen enthalten, die beide in der Seitenansicht von
rechts den Kopf und Rumpf bis hinter die Bauchflossen zeigen.
Der Kopf des größeren dieser Exemplare ist fast kreisförmig
abgerundet und an der Kehlseite stark gewölbt, beide Kiefer erschei-
nen gleich Jang und der Schultergürtel fast in natürlicher Lage und
ziemlich wohl erhalten. Beide zeigen die Bauchflossen und theilweise
die Rückenflosse sammt Trägern und Zwischenträgern, an dem größe-
ren ist aber die Brustflosse besonders bezeichnend. Die Ventralen sind
bei beiden dem Dyas-Exemplare ähnlich gebaut und auch mit Klammer-
anhängen versehen, doch läßt sich bei beiden keine klare Ansicht der-
selben gewinnen, so wie sie überhaupt zu detaillirten Angaben nicht gut
"taugen, da die Platten leider stark überfirnißt und daher die Einzelheiten
verwischt sind. Bei Beiden ist aber stellenweise die Hautbedeckung
sehr gut erhalten und erscheint namentlich am Kopfe so rauhkörnig,
daß hiedurch Beyrich's Deutung, als hätte man es (bei dem Otto-
schen Exemplare von Goldfuß) nur mit der mosaikähnlichen Kno-
chenrinde des Knorpelskeletes zu thun, keine Bestätigung findet. An
vielen Theilen des inneren Skeletes, z. B. an den Dornfortsätzen, den
plattenförmigen Bogenschenkeln u. dgl. mag allerdings das chagrin-
artige Ansehen von der knöchernen Rinde herrühren, welche der
Oberfläche der Knorpel auch lebender Plagiostomen das mosaikähn-
liche Ansehen verleiht, aber ein derartiger Chagrin, wie ihn hier nebst
der Oberfläche des Kopfes, der Kiefer, des Scehultergürtels auch noch
andere Stellen zeigen, an denen gar kein Skelettheil lag, kann unmöglich
Sitzb. d. mathem,-nsturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 31
552 Kner.
auf Reehnung der verknöcherten Knorpelrinde gesetzt werden ; derart
rauhe erhabene Körner, die überdieß mit einer dicken bläulich weißen
Emailsehiehte (die auch am Otto’schen Exemplare stellenweise sehr
deutlich ist) überdeckt sind, zeigen die verknöcherten Knorpel von
Knorpelfischen niemals an der Oberfläche.
Bezüglich des Nackenstachels unterscheiden sich diese beiden
Exemplare insoferne, als bei dem kleineren die Seitenränder desselben
keine Sägezähne wahrnehmen lassen und er überhaupt verhältniß-
mäßig kürzer, breiter und weniger fein zugespitzt ist, während er
an dem größeren länger, an der Vorderfläche gewölbt und glatt,
an den Rändern aber körnig rauh ist. Diese Rauhigkeiten gehen
jedoch bald in die Sägezähne über, die von mäßiger Länge, aber
dieht gedrängt sind und genau von den Seitenrändern abstehen
(nicht von der hinteren Fläche). Der Stachel reicht in zurück-
gelegtem Zustande hier mit seiner Spitze eben so weit hinter die
Scapula, als seine Basis von dieser entfernt ist. — Sehr deutlich
ist theilweise die rechte Brustflosse, die aber ein etwas abweichen-
des Bild von der früher betrachteten gewährt. Sie ist wie bei allen
wohlerhaltenen Stücken genau am Winkel eingelenkt, unter dem der
Humerus zur Clavieula umbiegt und beginnt mit zwei flachen, wenig
längeren als breiten Knochenstücken (Armknochen?) neben einander,
an die sich hinter einander mehrere kürzere Glieder anreihen. Es
erscheint demnach hier der erste Strahl als ein breiter gegliederter
Knochenstrahl, auf den nach einwärts der zweite schmälere eigent-
liche Carpusstrahl folgte. Da übrigens bei zwei Breslauer Exemplaren
die Brustflossen noch besser erhalten sind, so werden dann diese zur
Ergänzung des Baues dieser Flossen dienen. — Die Bauchflossen
liegen frei unterhalb der Wirbelsäule, sind zusammen vereinigt und
mit Klammeranhängen versehen, übrigens aber zu wenig gut erhalten,
um sie ausführlicher zu schildern. Ihre Gesammtlänge von der Spitze
des Beckens bis zum Ende der Klammern beträgt 2” 10 bei einer
Totallänge des Exemplares von eirca 14’, die größte Breite beider
Flossen zusammen aber nur 1”; blos die beiden Beckenknochen nebst
den zunächst nach außen sich anlegenden (6—7) schmalen Glieder-
strahlen und dem löffelförmigen Ende des Klammeranhanges, das
weiter zurück als die noch vorhandenen Strahlen reicht, sind deutlich
erkennbar.
Über Orthacanthus Dechenii Goldf. oder Xenacanthus Dechenü Be yr. 5 5 3
C. Exemplare des Breslauer Museums.
Die Mehrzahl derselben stammt von Klein-Neundorf und obwohl
sie meist nur Bruchstücke darstellen, so sind doch einige besonders
instruetiv, wie namentlich das in Fig. 1 auf Taf. I abgebildete. Es zeigt
zwar nur die rechte Seite eines mittelgroßen Individuum’s vom Hinter-
haupte bis zur halben Länge der Bauchflossen, doch sind der Schul-
tergürtel, die Basis der Brustflosse, ein Theil der strahligen Rücken-
flosse, die Ventralen und die Wirbelsäule ungewöhnlich gut erhalten.
Der fast wagrecht liegende Nackenstachel ist breit aber kurz und
lauft nicht wie gewöhnlich in eine dünne Spitze aus, sondern endet
ziemlich rasch und schief abgestuzt; er ist an den Seitenrändern dicht
mit kurzen Sägezähnen bewaffnet bis nahe zur Spitze, seine Vorder-
fläche über der Basis rauh, körnig und reicht fast bis zum Beginne
der strahligen Dorsale zurück. Unter seiner Spitze sind die dreiecki-
gen oberen Bogenstücke der vorderen Wirbel zu erkennen und über
ihnen die dünnen Dornfortsätze (vielleicht auch falsche Flossenträger).
Vor ihnen gewahrt man die Abdrücke der sechs vordersten Wirbel-
bögen, deren plattenförmige Schenkel sanft nach vorne gekrümmt
bis nahe zum Hinterhaupte reichen. Den starken Schultergürtel setzen
drei aneinander stoßende breite Knochenstücke zusammen, das obere
bis zur Höhe der Dornfortsätze der Wirbel reichende und kleinste
entspricht wahrscheinlich der Suprascapula; auf ihn folgt nach unten
der Humerus, dessen hinterer Rand wallartig erhöht und dessen Aus-
senfläche seicht concav ist. An sein unteres breiteres Ende reiht sich
die ebenfalls breite Clavieula an und zwar unter einem nach hinten
vorspringenden Winkel, an welchen stets genau die Einlenkung der
Brustflossen erfolgt. Etwa !/,” vor dem erkennbaren Ende der Clavi-
eula ragen nebeneinander 3—4 kurze Spitzen vor, die wahrschein-
lich den schmalen kurzen Kiemenstrahlen zugehörten. Im Raume vor
dem Schultergürtel und unter dem Nackenstachel liegen zwar zahl-
reiche Bruckstücke von Kopfknochen, deren Deutung jedoch hier nicht
möglich ist. Von Deckelstücken zeigt sich keine Spur. — Unmittelbar
unter der Spitze des Nackenstachels beginnen die Träger der Rücken-
flosse, deren 28 hintereinander hier zu zählen sind und über deren
jeden ein Zwischenträger steht, auf welche endlich die kurzen unge-
theilten aber vielgliederigen Flossenstrahlen folgen. Die ziemlich ge-
raden Träger sind von den am Ende etwas verdiekten Dornfortsätzen
97%
a Me
554 kKnen
dureh einen Zwischenraum getrennt, stehen aber mit den mehr oder
minder nach hinten gebogenen Zwischenträgern über ihnen durch
Gelenkköpfe eben so im Verbindung, wie letztere mit den Flossen-
strahlen selbst. Die längsten aller dieser Flossenstützen sind die
Zwischenträger, die häufig das Ansehen haben, als bestünden sie aus
getrennten seitlichen Hälften oder Halbröhren, was aber wohl nur
Folge einer Verschiebung durch Druck ist, da ohne Zweifel alle diese
Knochen hohl waren und wie alle Träger und Strahlen überhaupt aus
zwei seitlichen Hälften zusammengesetzt waren. Die Wirbelsäule
erscheint hier mehr als bei allen übrigen Exemplaren verknöchert,
doch waren blos die oberen und unteren Bogenschenkel zu größeren,
meist dreieckigen Platten entwickelt, knöcherne Wirbelkörper selbst
fehlten aber auch hier. Wären sie ebenfalls verknöchert und daher
eine eomplet knöcherne Wirbelsäule vorhanden gewesen, so wären
die Wirbel jedenfalls bedeutend höher als lang gewesen, denn an dem
vorhandenen Theile derselben sind bei der Totallänge von 6” die
'ornfortsätze von mindestens 32—33 Wirbeln zu zählen. — Von
der reehten Brustllosse ist der Anfang der Carpalknochen sammt
einigen der sich anschließenden Strahlen ziemlich gut zu erkennen.
Es liegen wenigstens drei (vielleicht vier) solcher Carpalknochen in
einer Querreihe von denen der vordere oder erste der breiteste und
stärkste, der innere der schmalste ist und deren jeder selbst wieder
aus 2—83 kurzen Gliedern zu bestehen scheint. An den ersten und
breitesten schließen sich dann sechs eigentliche Gliederstrahlen an;
im Übrigen ist die Flosse mangelhaft; dagegen sind die Bauchflossen
interessant und in ihrer vorderen Hälfte (die hintere fehlt) ganz
der Bauchscheibe des Dyas-Exemplares ähnlich. Da mir aber eine
complete Bauchscheibe in einem Guttapercha-Abdruck aus Breslau
vorliegt, so füge ich einige ergänzende Angaben nach diesem letz-
teren bei.
Der Abdruck scheint vom Dyas-Exemplare des Prof. Geinitz
selbst entnommen, da er genau in das mir vorliegende Gypsmodell
desselben hineinpaßt. Die Gesammtlänge der Ventralen sammt Becken
und Klammeranhängen beträgt 4’ 2”, die größte Breite 1” 10”’, die
Länge der Beckenknochen bis zum unpaarigen Mittelschildehen 1”.
An den Hinterrand der dreieckigen Beckenknochen, der schief nach
auswärts gerichtet ist, legen sich jederseits unmittelbar sieben zum
Theile gablig getheilte Gliederstrahlen an, die vom ersten bis zum
Über Orthacanthus Dechenii Goldf. oder Xenacanthus Decheniüi B eyr. 555
letzten an Länge zunehmen. Sie überdecken die Basis des auf sie
nach einwärts folgenden langen und dieken Carpusstrahles und eines
zweiten kürzeren, der als innerster Gliederstrahl den länglichen ellip-
tischen fiachen Mittelraum der Scheibe begrenzt. Durch die breiten
und kurzen Glieder dieser beiden Carpusstrahlen werden die früher
erwähnten inneren Kreise (der zweite und dritte) der drei Platten-
reihen gebildet, an deren äußere sich erst die den Saum der Scheibe
durchziehenden Faserstrahlen anlegten. Den inneren Carpusstrahl
bildeten sechs kurze, breite Glieder hintereinander, deren Größe bis
zum letzten abnimmt, während an den längeren oder äußeren deren
acht zu zählen sind, die von den Gliederstraklen nicht überdeckt
werden. Die Bauchflossen erscheinen deßhalb als abgeschlossene
Scheibe, weil nach vorne die Beckenknochen mit ihrem gauzen inne-
- ren Rande hart aneinanderliegen und hinter ihnen sich ein unpaariges
kleines selbst wieder in Felder abgefurchtes Mittelschildehen ein-
schiebt und weil überdies die Glieder des zweiten Kreises oder des
längeren Carpalstrahles nach hinten ebenfalls an einander stossen,
während die Glieder des inneren kürzeren Carpusstrahles nur gegen
einander geneigt sind. Durch die Vereinigung der langen Carpus-
glieder nach hinten und die ringsherum an diese sich ansetzenden
Glieder- und Faserstrahlen, erscheint eben der länglieh eiliptische
Mittelraum völlig abgeschlossen und die Vereinigung der beiden
Ventralen zu einer Art Bauchscheibe als eine complete. Nach rück-
wärts ragen dann erst die beiden röhrigen Klammeranhänge weit über
die Gliederstrahlen zurück und sind selbst wieder am freien Ende mit
Faserstrahlen besetzt.
Während nun die Bauchflossen hier entschieden vereiniget und
so eomplieirt erscheinen, sind sie bei einem andern Bruchstücke, das
ebenfalls von Klein-Neundorf stammt und dessen Etiquette ich mit
Br. 8 bezeichnete, auffallender Weise nicht nur nicht vereinigt, son-
dern auch übrigens abweichend gebaut. Sie zeigen die in Fig. 3 auf
Taf. I abgebildete Form. Die Beckenknochen stossen nur vorne zusam-
men, neigen sich aber dann hinten blos zueinander. An den hinteren
Rand des besser erhaltenen Beckenknochens, legt sich als innerster
Strahl zunächst der breite Carpusstrahl mit einem ziemlich langen
Basalgliede an, auf welches dann die kürzeren breiteren Glieder fol-
gen. Ein zweiter Carpusstrahl ist hier nicht wahrzunehmen, indem an
den Außenrand des einen sich sogleich die schief abstehenden Glie-
5 > Ö Kner.
derstrahlen anlegen. Ob die Carpusstrahlen sich nach hinten ver-
einigten und auch ein elliptisches abgeschlossenes Mittelfeld umgrenz-
ten, ist nieht zu ermitteln, da die hintere Hälfte der Flossen fehlt.
Vergleicht man diese Bauchflossen mit den früher beschriebenen, so
stimmen sie noch am meisten mit dem Löwenberger Exemplar über-
ein, nur daß sie bei diesem noch unvollständiger sind und das Becken
gänzlich fehlt; der innere dieke und gegliederte Carpusstrahl ist aber
bei beiden sehr ähnlich. Jedenfalls scheint für die Gattung das Vor-
kommen von inneren gegliederten Carpusstrahlen an den Brust- und
Bauchflossen so wie an der Afterflosse bezeichnend zu sein, da sich
deren an allen Exemplaren mit erhaltenen Flossen vorfinden, wenn
gleich in verschiedener Form, Zahl und Anordnung. Was die Differen-
zen im Baue der Ventralen bei den einzelnen Exemplaren insbesondere
betrifft, so können diese entweder auf speeifische Unterschiede oder
auf blos sexuelle hindeuten: ich möchte sie lieber als letztere auf-
fassen und wie bereits erwähnt, in den Individuen mit verwaehsenen
Ventralen und Klammeranhängen die Männchen vermuthen, da Ähn-
liches auch bei recenten Fischen vorkommt, jedoch machen mich
noch anderweitige, erst zu bespreehende Unterschiede geneigt, in
ihnen doch specifische Unterschiede zu erblicken.
Ein drittes Fragment, gleichfalls von Klein-Neundorf, das ich
mit lit. Br. y. bezeichnete und in Taf. II abbilde, zeigt die linke
Seite des Kopfes und Vorderrumpfes bis zum Beginn der eigentlichen
Rückenflosse, an welchem der Stachel und insbesondere der Schulter-
gürtel mit einem Theile der linken Brustflosse und Partien der Haut-
bedeekung vorzüglich erhalten sind. — Der Stachel ist hier mehr
eylindrisch als flach und beiderseits nicht gezähnelt; nur an der
Hinterseite nahe gegen die schief abgestutzte Spitze zeigt er eine
einfache Längsreihe rundlicher Grübehen im Abdruck, nicht aber wie
bei Goldfuss’ Fig. 11 in alternirender Doppelreihe; sie rühren
sicher nicht von spitzen Sägezähnen her, sondern nehmen sich wie
die Anzeichen von Gliederung an der Rückseite des Stachels aus, und
erinnern an die queren Segmente an der Hinterseite der Stacheln von
Ambassis und zum Theile’auch an die gegliederten Knochenstrahlen
mancher Siluroiden und Cyprinoiden.
An der Basis war der Stachel fast drehrund, an seiner stark ge-
wölbten Oberfläche fein längsgestreift und weder mit einer Längs-
furche noch mit einem Kiele versehen, wie jener an Goldfuss'
Über Orthacanthus Dechenii Goldf. oder Xenacanthus Dechenü Be Yin: 5 5 2
Fig. 11. Er unterscheidet sich daher sowohl von diesem, wie von dem
aller übrigen bisher erwähnten Exemplare. Daß schon unterhalb der
Spitze des wie gewöhnlich zurückgelegten Stachels die gliederstrah-
lige Rückenflosse begann, ist hier sehr deutlich; vortrefflich ist auch
der Schultergürtel abgedruckt, der ganz mit dem früher beschriebe-
nen übereinstimmt. Genau an dem unteren vorspringenden Winkel,
woselbst sich der Humerus mit der Scapula verbindet, lenkt sich wie
immer die Brustflosse ein, von der aber nur die breite längliche
Knochenplatte nebst einigen sich an deren Außenrand anlegenden
Gliederstrahlen wohl erkennbar ist. Die Umrisse der dem Kopfe an-
gehörigen Knochenstücke sind auch hier nicht zu ermitteln, doch
sehimmern gleichfalls vor dem Schultergürtel die Abdrücke von Kie-
menstrahlen durch, auch glaube ich den Umriß des Auges theilweise
zu erkennen, doch ist ein solches auffallender Weise niemals ganz
sicher zu ermitteln. Nach diesem und einem übrigens schlecht erhal-
tenen Dresdner Stücke von Kalna bei Hohenelbe lagen die Augen
dann dem Schnauzenrande viel näher als der Basis des Stachels, hat-
ten eirea 1/,’ ım Durchmesser und waren bei zwei Diameter vom
Stachel entfernt; ihre Lage entsprach demnach den von Goldfuss
als Nasengruben gedeuteten Vertiefungen. Die Länge der Kiefer und
die Weite der Mundspalte ist ebenfalls nicht genau anzugeben, doch
war der Mund halb geöffnet und der abgerundete Unterkiefer erscheint
nicht länger als der obere. Zahlreiche Fragmente spitzer gebogener
Zähne liegen gedrängt an der Stelle des Gaumens, woselbst sie wahr-
scheinlich eine breite Binde bildeten. Die meisten erscheinen als ein-
fach spitze, theils mit glatter, theils gefurchter Oberfläche, sind aber
als Bruchstücke nicht geeignet, ein deutliches Bild der characteristi-
schen Zahnformen gewinnen zu lassen. Ganz ausgezeichnet ist bei
diesem Exemplar die Hautbedeckung erhalten und erweist sich
zugleich als verschieden von allen übrigen.
In der Abbildung von Goldfuß erscheinen zwar alle Skelettheile
körnig chagrinirt, und er bezeichnet im Text deu Kopf, die Wirbel-
säule, den Brust- und Beckengürtel als mit glasglänzenden vierecki-
gen Körnerschuppen überdeckt. Professor Beyrich glaubte diese
aber als die körnige Knochenrinde des knorpeligen Skeletes erklären
zu müssen und schweigt übrigens über die Hautbedeekung von
Xenacanthus gänzlich. Allerdings zeigt nun die Oberfläche des
Skeletes der Haie und Rochen ein ähnliches mosaikartiges Ansehen,
“r
DL Kner.
und es ist sicher, daß dies auch bei Xenacanthus der Fall war,
doch war auch die Haut ebenfalls mit einem ähnlichen Chagrin wie
bei Trygon ( Hypolophus) sephen MI. H. bedeckt. In der Knochen-
rinde der Knorpelfische sind dieKörnehen nie so scharf von einander
abgegrenzt und so regulär geformt, wie die der Haut von Xenacan-
thus: ferner fehlt jener Knochenrinde die glänzende Emailschichte.
die bei letzteren so häufig erhalten ist und deren weiße, in’s Hell-
blaue ziehende Färbung ganz an jene erinnert, wie sie an den
Panzerstücken von Cephalaspiden und auch an den Emailsehuppen
vieler Ganoiden vorkommt, und die auch die Gegenplatte des
Ottoschen Exemplares an vielen Stellen deutlich wahrnehmen läßt.
Solche Stellen mit Chagrinkörnern finden sich überdies bei sehr
vielen Exemplaren auch an solehen Orten vor, wo ringsum kein
Skelettheil, sondern nur die Körperhaut sich abgedruckt haben
konnte. Es ist daher sicher, daß nicht nur der ganze Kopf, die Flos-
sen und Flossenstrahlen, sondern selbst die Vorderfläche des Nacken-
stachels und das Mittelstück der Bauchscheibe von solcher körnig
rauhen Haut überkleidet waren. Während aber bei allen übrigen
Exemplaren der Chagrin aus rundlichen, sechseckigen oder polygonalen
Körnchen besteht, wird er hier aus sehr kleinen, echten rhombischen
Emailschuppen gebildet, die in schief nach vorne geneigten Reihen
gelagert sind und deren in Fig. a einige Reihen vergrößert abge-
bildet sind, von der Gegend zwischen der Brustflosse und der Wirbel-
säule, woselbst ein ansehnliehes Stück der Haut sieh völlig er-
halten hat.
An diesem Individuo war übrigens auch der ganze Kopf mit
solehen rhombischen Emailschuppen bedeckt, und selbst bis zum
Schnauzenrande sind deren ganz deutlich zu erkennen. Hierdurch
steht eben dasselbe so wie durch die Bildung des Nackenstachels
vereinzelt da, denn selbst bei der Otto’schen Gegenplatte zeigen die
„Schuppenkörner“ nirgends eine solche Rhombenform, sondern sind
höchstens hie und da viereckig, aber dann mehr quadratisch und an
den Ecken abgerundet, die meisten jedoch geradezu rundlich oder
polygonal. Es spricht daher auch diese Verschiedenheit in der Haut-
bedecekung für die Vermuthung, daß unter Xenacanthus Dechenü
bisher mehr als eine Art zusammengeworfen wurde.
Von ungleich geringerem Interesse sind die drei übrigen noch
vorliegenden Fragmente des Breslauer Museums. Bei dem einen durch
Über Orthacanfhus Dechenii Goldf. oder Xenacanthus Dechenü Beyr. 559
den gesägten Stachel, die theilweise sammt den Trägern und
Zwischenträgern erhaltene Dorsale überhaupt als Xenacanthus und
durch die vereinigten Ventralen als muthmaßliches Männchen kennt-
lich, liegen querüber ein Paar Stacheln von Acanthodus gracilis;
doch ist der Erhaltungszustand im Ganzen zu schlecht, um mehr
über selbes auszusagen. Das zweite Bruchstück vom Ölberg bei
Braunau in Böhmen zeigt nur den Kopf von rechts sammt dem aller-
dings sehr gut erhaltenen Schultergürtel, den ersten 12 Rückenwir-
beln und die Basis des Nackenstachels, der wieder die gewöhnliche
breite flache Form zeigt mit längsgestreifter Oberfläche und media-
ner Leiste an der Hinterseite; überdies liegen auch viele Zahnfrag-
mente umher, die aber über die Bezahnung zu wenig Aufschluß geben.
Noch ein zweites vom Ölberg bei Braunau stammendes Fundstück
enthält zwar den Abdruck eines Individuums bis weit zurück am
Scehwanze, ist aber in den meisten Details schlecht erhalten. Die
Totallänge des Fisches beträgt 14”, die Kopflänge bis zu Ende des
Schultergürtels 4®2/,;’, die Kopfhöhe 2:/,’ und die Länge des Sta-
chels nicht ganz 3”, seine Breite an der Basis 3’’. Der Stachel ist
daher ziemlich kurz, an der Basis flach und längs der Mitte seicht
concav, an den Rändern deutlich gesägt. Die Schnauze ist abgerun-
det, der Mund völlig geschlossen und der Unterkiefer wird hier be-
deutend von der Schnauze überragt. Der rechte Humerus ist ziem-
lieh gut erhalten, von der rechten Brustilosse aber nur theilweise die
längliehe Knochenplatte an der Basis und einige unter, ober und
hinter dieser zerstreut liegende Bündel von Faserstrahlen. Von der
Rückenflosse sind nur einige Glieder- und weiter zurück eirca
18 bis 20 wohl ihr angehörige Faserstrahlen zu sehen; von Trägern
und Zwischenträgern aber keine Spur. Theilweise sehr gut sind da-
gegen die Bogenschenkel und oberen Dornfortsätze der Wirbel bis
über die Bauchflossen erkennbar, die unteren und längeren, deren
daselbst 20 zu zählen sind, aber erst hinter den Ventralen. Becken
und Bauchflossen sind nur rudımentär vorhanden, doch fehlten Klam-
meranhänge ohne Zweifel, da man die Faserstrahlen des Randes
rings um das Ende der Flossen wahrnimmt.
D. Exemplare des Wiener Museums.
Von diesen, deren mir 10 in + großen Bruchstücken nebst zwei
Fundstücken, die blos Einzelzähne enthalten, vorliegen, glaube ich
56 0 Konten
folgende näher erwähnen und theilweise abbilden zu sollen, die zur
Ergänzung der bisherigen Angaben geeignet erscheinen. Das eme
zeigt den Kopf in der Seitenansicht, anscheinend weniger verdrückt
als irgend sonst. Die Schnauze ist stark gewölbt und fällt von der
Stirngegend steil zum Mundrande ab und der Unterkiefer scheint
etwas vor den oberen vorgeragt zu haben. Wenn auch die Länge
desselben und daher die Weite der Mundspalte nieht genau zu er-
mitteln ist, so dürfte doch der Unterkiefer bis unter und etwas hinter
die Basis des Nackenstachels gereicht haben, wie dies auch bei dem
Otto schen Exemplare sich schließen läßt.
Das auf Taf. X. abgebildete Exemplar von Koschtiolow Öls,
stellt fast ein completes Individuum dar in gekrümmter Lage, aber
mit ausgestrecktem fast bis zur Spitze erhaltenen Schwanze und
sämmtlichen Flossen, von denen aber die Brust- und Bauchflossen
nicht ausgebreitet und daher wenig erkennbar sind. An den ersteren
ist nur der verdiekte und lange gegliederte Carpusstrahl, an dessen
Außenrand sich dünne Gliederstrahlen anlegen, zu erkennen, und
desgleichen an den Bauchflossen, die hinten in halber Totallänge anein-
ander lagen, aber der Klammeranhänge entbehrten. Hinter ihnen,
fast in gleichem Abstande wie bei dem Löwenberger Exemplare
Fig. 2, gewahrt man auch hier eine wenig strahlige Afterflosse,
deren letzter Strahl ebenfalls ein verdiekter und mehrgliederiger
Carpusstrahl war, an welchen erst dünne Gliederstrahlen sich anleg-
ten, durch die er zugleich der längste Strahl der Flosse wurde, da
die Gliederstrahlen allein schon nahezu 1” lang waren. Von der
Gegend über den Bauchflossen angefangen bis zum vorhandenen
Ende des Schwanzes sind die Flossenträger der Dorsale besonders
gut erhalten und daraus zu entnehmen, daß sich auch die Zwischen-
träger eben so weit zurück fortsetzten. Es sind deren hier über 40
zu zählen, wobei die vorderen und die letzten am Schwanze, die
nieht mehr scharf begrenzt sind, nicht eingerechnet werden. Ihnen
entsprechen eben so viele wahre Träger und Flossenstrahlen; daß
alle diese Knochenstücke hohl waren, scheint auch hier zweifellos.
Die unteren Dornfortsätze hören bald hinter der Anale auf; knöcherne
Wirbelkörper fehlten am Schwanze spurlos und zwischen den oberen
und unteren Dornfortsätzen beträgt daselbst der Abstand !/,” in der
Höhe. Am Vordertheile der Wirbelsäule waren die Wirbel jedenfalls
mehr verknöchert, aber auch höher als lang und bis zu den Ventralen
Über Orthacanthus Dechenüi Goldf. oder Xenacanthus Dechenü Be vr» 56 1
enthält die Wirbelsäule eirca 24 bis 25 Wirbel, von denen wenig-
stens die vorderen 9 bis 10 mäßig lange gerade Rippen trugen.
Noch gebe ich auf Taf. IV, Fig. 2 die Abbildung der Brustflosse
eines übrigens sehr zerrissenen Kopffragmentes von Braunau, da die
zerschließenen Enden der seitlichen Gliederstrahlen ganz vorzüglich
erhalten sind und dessen Nackenstachel auch durch Kürze und grobe
Zähnelung an den Seitenrändern auffällt. Was letztern überhaupt an-
belangt, so zeigt derselbe sowohl in Länge und Stärke, wie auch im
Durehmesser und der Bezahnung bei den verschiedenen Exemplaren
so bedeutende Differenzen, daß man hiernach auch auf mehr als Eine
Species schließen könnte. Bei dem Dyas Exemplare von Geinitz ist er
verhältnißmäßig kürzer und schwächer als bei den meisten, oft viel
kleineren Exemplaren, auch bei einem zweiten Stücke der Dresdner
Sammlung, von Kalna bei Hohenelbe, ist er es ebenfalls. Bei unserm,
im Ganzen kleineren Exemplare vonKoschtiolo w beträgt seine Länge
eirca 31/,’ und seine Breite an der Basis zwischen 8 und 4’ (bei
einer Breite des Kopfes von nur 21/,”). Bei keinem unserer Exem-
plare erreicht er aber die Länge wie bei jenem von Goldfuß, wo er
über 4’ mißst. Fast stets ist er über der Basis flach, an der Vorder-
seite nur wenig gewölbt und längs der Mitte rinnenartig vertieft, an
der Hinterseite, mit der er meist in's Gestein verwachsen ist, eben-
falls mit einer schmalen Längsfurche versehen, die im Abdrucke,
wenn der Stachel in Substanz fehlt, als scharfe Längsleiste erscheint.
Die Seitenränder waren über der Basis stets glatt, die Sägezähnelung
begann meist erst in halber Länge und setzte sich dann bis gegen
die Spitze fort. Die Zähnchen waren stets hakenförmig gegen die
Basis des Stachels zu gebogen, aber bald sehr fein und dicht ste-
hend, bald auffallend derb und dann weniger zahlreich. Bei keinem
der von mir untersuchten Exemplare stimmt der Stachel im Umriß
und der Bezahnung mit der von Goldfuß in Fig. 11 gegebenen Ab-
bildung überein, am meisten noch bei dem auf Taf. III dargestellten
Breslauer Exemplare von Klein-Neundorf, der sich jedoch durch die
blos einfache Reihe zahnförmiger Höcker an der Hinterseite von ihm
unterscheidet.
Wenden wir uns nunmehr schließlich der Bezahnung des
Mundes zu, so ist zwar aus allen bisher betrachteten Exemplaren kein
vollständiges Gesammtbild derselben zu gewinnen, doch sind aus
zahlreichen losen und einzelnen festsitzenden Zähnen die Former
562 RKRner.
derselben genau zu entnehmen und es ergibt sich, daß die Zähne von
verschiedener Form waren und am Gaumen, wahrscheinlich aber aueh
in den Kiefern in mehreren Reihen, Binden bildend, hinter einander
standen. Ich gebe hier zunächst die genauen Abbildungen solcher
wohlerhaltener Zähne, die sämmtlich von Exemplaren des hiesigen
Museums und aus Bölımen stammen und deren ähnliche bei jenen der
anderen Museen fehlen.
Alle Zähne sind spitz und zwar die unversehrten stets drei-
spitzig, ganz mit jenen von Diplodus Ag. übereinstimmend, von
denen einige eine glatte Oberfläche besitzen wie D. gibbosus Vol. 3,
Tab. 22 d, Fig. 1—5, die meisten jedoch eine gefaltete wie D. minu-
tus 1. e. Fig. 6— 8, und letztere sind ebenfalls stets kleiner als die
glatten. Die Riehtung der beiden Hauptspitzen und ihr Verhältniß
zur kleinern Mittelspitze ist ziemlich verschieden und aus den bei-
folgenden Figuren am besten
ersichtlich. Alle besitzen aber \ ©, za AR dir) dg
eine breite, dieke und in der
Mitte knopfartig vortretende AN |
Basis, durch welche sie einiger
Maßen, wie auch durch ihre Spitzen, an Haifischzähne erinnern.
Sehr viele lose herumliegende Zähne erscheinen einfach spitz, ich
vermuthe aber in diesen um so mehr blos zerbrochene dreispitzige
Zähne, als auch sie theils eine glatte, theils gefurchte Ober-
fläche zeigen. Außer den hier abgebildeten Zähnen, die sämmt-
lieh mäßig vergrößert und von Fundstücken entnommen sind, an
denen der ganze Kopf noch mehr oder minder erhalten ist, liegen
mir aber auch noch einige lose Zähne vor auf Schieferfragmenten,
die sonst keinen Überrest eines Xenacanthus enthalten, die ich aber
gleiehwohl dieser Gattung zuweisen zu müssen glaube, da sie wesent-
lich mit den übrigen dreispitzigen Zähnen von Xenacanthus überein-
stimmen, aber theilweise dureh riesige Größe sich auszeichnen, die
auf ungleich größere Individuen schließen läßt, als alle bisher be-
kannt gewordenen sind. Diese Zähne, welche ich der Güte meines
verehrten Collegen, Herrn Prof. Dr. Reuß verdanke, stammen sämmt-
lich aus dem Brandschiefer des Rothliegenden von Kaunow im Rako-
nitzer Becken in Böhmen und sollen daselbst stets nur vereinzelt,
ohne andere Reste von Xenacanthus, dagegen zugleich mit Acan-
thodes Stacheln und größeren einzelnen Ganoidschuppen vorkommen.
Über Orthacanthus Dechenii Goldf. oder Xenacanthus Dechenü Beyr. 563
Die größte Höhe des auf Taf. VIII abgebildeten Zahnes beträgt
vom untern Rande der Basis bis zu Ende der längern Hauptspitze
fast 5”, der Abstand der beiden Hauptspitzen von einander 4”, die
Dieke der Basis an der knopfartigen Vorragung nahezu 2”’, die Höhe
der Mittelspitze kaum über 1’”’; die Seitenränder der beiden Haupt-
spitzen sind wie bei gewissen Haifischzähnen fein gezähnelt, die Ober-
fläche derselben übrigens glatt. Einem zweiten, dem vorigen am ähn-
liehsten Zahne, fehlt die kleinere Hauptspitze zum Theile, nur deren
Abdruck ist erhalten und auch das Basalstück blos theilweise, die
größere Hauptspitze mißt sammt der Wurzel gleichfalls bei 5" Höhe
und an der Basis 11/,””’ Breite, die kürzere Hauptspitze blos 3”, der
Abstand beider Spitzen 4”, die Höhe der Mittelspitze nur 1’”, der
innere Rand der längern Hauptspitze ist gleichfalls gezähnelt, aber
undeutlich, die Oberfläche des Zahnes wie bei jenem glatt. Bei einem
dritten losen und glatten Zahne, mit stark verdickter und vortretender
Basis ist die Mittelspitze verhältnißmäßig länger, nämlich 11/,”” hoch,
während die äußere längere nur wenig über 2’” hoch ist. Ein vierter
loser Zahn, auf Taf. Vlin Fig. f abgebildet, zeigt die beiden Hauptspitzen
mit gefalteter und gefurchter Oberfläche aber glatten Rändern und mit
sanz glatter Mittelspitze über der sehr verdiekten Wurzel. Überdieß
finden sich aber auch noch auf demselben Fundstücke nebst solchen
dreispitzigen gefalteten Zähnen vierspitzige mit gefalteter Oberfläche
vor, wie deren mäßig vergrößert Taf. VIin Fig. h einen zeigt. Mög-
licher Weise gehörten diese Zähne vielleicht einer von Xenacanthus
verschiedenen Gattung an, da auf diesem Fundstücke nebstbei »ur
zahlreiche kleine Rhombenschuppen mit einem Verbindungsnagel,
theils glatter, theils concentrisch gestreifter Fläche und glattem oder
sezähneltem Rande und einzelne Stachelfragmente sich vorfinden,
die einer Acanthodes-Art mögen angehört haben. Dennoch glaube
ich aber auch diese für Xenacanthus-Zähne halten zu dürfen, da sie
im Ganzen mit den gefalteten dreispitzigen völlig übereinstimmen.
E. Exemplare in Thon-Eisenstein keoden eingeschlossen, von Lebach
bei Saarbrücken in Rheinpreussen.
Was nun, die mir durch die Güte des Herrn Dr. E. Weiss in
Saarbrücken zugesendeten Stücke betrifft, so enthalten sie die Über-
reste von zehn Individuen verschiedener Größe und ungleichen Er-
haltungszustandes, die sämmtlich in Eisenstein-Nieren eingeschlossen
564 Kner
waren und die mir zum Theile in Doppelplatten vorliegen. Schon ihr
erster Anblick gewährt die Überzeugung, daß die Lebacher völlig
mit den schlesischen und böhmischen Vorkommnissen als Gattung
übereinstimmen und wahrscheinlichst auch mit einer der Arten. — Im
Ganzen ist zwar der Erhaltungszustand dieser Exemplare minder gut als
bei manchen sehlesisch-böhmischen Fundstücken, da sehr häufig die
organische Substanz in Brauneisenstein umgewandelt wurde und zufolge
der erdigen Consistenz desselben die scharfen Umrisse der einzelnen
Theile verloren gingen. Einzelne Partien sind aber mitunter vollständi-
ger als bei allen früher betrachteten Exemplaren und hiedurch tragen
diese Lebacher Funde wesentlich zur Completirung des Gesammtbildes
bei, das sich über die Gattung gewinnen läßt. Ich beschränke mich
aber auch nur auf Angaben von solehen Theilen, die eben zur Ergän-
zung der früheren Beschreibungen wesentlich oder dienlich sind.
Das längste mit Nr. 721 bezeichnete Exemplar mißt nahezu 16’
W. M. und zeigt den Fisch in schwach gebogener Lage, d. h. mit
eonvexem Bauchrande von der linken Seite bis nahe gegen das
Schwanzende. Die Länge des Kopfes bis zum hintersten Rande des
Humerus beträgt 42/,”, die des Nackenstachels, dessen Basis übrigens
von Eisenocher überdeckt ist, 33/,”’ die scheinbare Länge des Unter-
kiefers 22/,”’. Trotz des im Ganzen nicht gut erhaltenen Kopfes sind
doch im Unterkiefer gegen dessen Mitte noch ganze Reihen drei-
spitziger Zähne theils in Abdruck theils in Substanz gut erhalten und
es sind deren acht Reihen hinter einander und in jeder der Quere nach
7—8 neben einander zählbar, die meist in liegender Stellung sich
dachziegelförmig decken. Sie reichten ohne Zweifel bis zur Symphyse,
doch stehen sie daselbst nicht mehr in geordneten Reihen und sind
theils gebrochen, theils lose. Es scheint als hätten die Zahnreihen
auch zum Theile die Außenfläche des Kiefers besetzt. Alle in Substanz
vorhandenen Zähne besitzen eine völlig glatte Oberfläche und bei
vielen der abgebrochenen ist ersichtlich, daß sie von einer Höhle
durchzogen waren, die meist schmäler als die dicke Rinde der Zahn-
substanz war und durch alle drei Spitzen sich fortsetzte, so dass
sie im (Juerbruche, je nachdem dieser näher an der Basis oder den
Spitzen erfolgte, eine verschiedene Form zeigte: die Convexität, in
welche die Höhlung nicht eindrang, entspricht der knopfartigen Ver-
diekung der Basis wie sie die früher abgebildeten Einzelzähne zeigen.
Der Nackenstachel war vor seiner sehr schlanken Spitze fast dreh-
Über Orthacanthus Dechenii Goldf. oder Xenacanthus Dechenii Beyr. 565
rund, an seiner Basis aber wohl auch breiter und flach gedrückt:
eine seitliche Zähnelung ist nicht erkennbar; er reichte bis über den
Anfang der gliederstrahligen Rückenflosse zurück. Bezüglich dieser
und ihrer Träger, defßgleichen der Wirbelsäule und des Schulter-
gürtels ist zu dem früher Erwähnten niehts beizufügen. Von der Brust-
flosse ist nur ein Theil der schief vom unteren Rande ihres dicken
Haupt- oder Carpusstrahles abgehenden Strahlen vorhanden. Von den
Bauchflossen sind nur erkennbar: das vereinigte Becken und die an
dessen hinterem Rande sich zunächst aulegenden Glieder, die jedoch
verschoben, obwohl deren rechts auch sechs zu zählen sind. Von einer
Atterflosse ist trotz des sehr weit zurück erhaltenen Schwanzes keine
Spur. An der Dorsale zählt man die ungetheilten Spitzen von min-
destens 80—90 Strahlen, denen eben so viele Zwischenträger ent-
sprechen. Die Hautbedeekung war überall, wo sie erkennbar, körnig
ehagrinirt.
Bei einem nur wenig. kleineren Exemplare von 191/,” Länge,
(sub Nr. 708) ist Kopf und Gebiß gleichfalls nicht gut erhalten und
der Nackenstachel blos angedeutet, dagegen sind aber die Wirbel-
säule, Rückenflosse, die Basis der linken Brustflosse, die Bauehscheibe
mit sehr langen Anhängen und die Anale wohlerhalten. Ich gebe in
Fig. 3 eine Abbildung des Schwanzendes, da dieses deutlich zeigt,
daß das Schwanzende wahrscheinlich von einer peripherischen
Flosse umgeben war, die aber an der Unterseite nicht vorwärts bis
zur Anale reichte. An die langen unteren Dornfortsätze der hinteren
Caudalwirbel legen sich nämlich vom siebenten Dornfortsatze hinter
dem letzten verdickten Analstrahle angefangen, noch lange unge-
theilte Strahlen an, die mit einer (wohl nur zufälligen) Unterbreehung
von blos zwei Dornfortsätzen bis zum letzten der vorhandenen sich
wiederholen. — Die Bauchscheibe ist zwar verdrückt und theilweise
mangelhaft, stimmt aber so weit sie erhalten, vollständig mit dem
Dyas-Exemplare und dem Guttapercha-Abdruck von Breslau überein,
nur waren die verdickten Anhänge (Klammern) noch länger und bei-
derseits deutlich mit Strahlen besetzt, die noch über sie hinaus zu-
rückreichen. Die ganze Länge der Bauchflossen vom Vorderrande
des Beckens bis zum Ende der Anhänge beträgt über 31/,”, trotz der
verdrückten und gebogenen Lage; sie reichen demnach bis !/,” vor
dem ersten Analstrahle zurück. Die Basis der linken Brustflosse ist
ebenfalls gut, aber nur ihr dicker Carpalknochen, sammt den sich
5 Ö Ö Knern
anreihenden kurzen, breiten Gliedern und der Anfang der unterhalb
schief abgehenden Gliederstrahlen vorhanden. Ausnehmend deutlich
ist auch die Struetur der Knochenrinde des knorpeligen Skeletes an
allen Theilen, die Haut war übrigens auch hier nicht beschuppt, son-
dern körnig rauh und die Chagrinkörner nehmen sich wie ziemlich
reguläre sechseckige Facetten aus.
Ein sammt Gegenplatte vorhandenes Bruchstück (Nr. 734 und
735) zeigt die linke Seitenansicht des Kopfes nebst Schultergürtel
mit der Basis der linken Brustflosse und hinter jenem die oberen Fort-
sätze von 18—19 Rückenwirbeln, zwischen denen oben die vorderen
Träger der Dorsale sich einschieben. Die Entfernung des Nacken-
stachels, dessen Basis allein vorhanden ist, vom Sehnauzenrande
beträgt 1” 7”, die Länge des Kopfes bis zum hinteren Rande des
Humerus 3° 1’, seine Höhe unter der Stachelbasis 1” 10”. Nahe
der Schnauze über der wohl erhaltenen oberen Zahnbinde, glaube
ich den Abdruck des Auges wahrzunehmen, dessen Längendiameter
fast 6”' betragen hätte. Am Gaumen hinten hat sich ein ganzes
Packet fast 1” langer dicht gedrängter Zähne in Substanz alle mit
glatter Oberfläche erhalten, vor denen bis zum Mundrande zum Theile
noch in Reihen neben und hinter einander geordnet die drei spitzigen
Zähne der oberen Zahnbinde ebenfalls noch in Substanz vorhanden
sind. Diese Zahnbinde nimmt die Länge eines Zolles ein und das weiter
hinten und höher stehende Packet dürfte daher den Gaumenbeinen und
nicht dem Vomer angehören. Unter allen Exemplaren ist die Bezahnung
hier noch am completesten erhalten. Denn auch von der Zahnbinde
des Unterkiefers ragen einzelne, zum Theile lose Zähne auf.
An dem Fragmente Nr. 748 sind die linke Brustflosse und die
langen rippenähnlichen Fortsätze an den unteren dreieckigen Bogen-
schenkeln oder Halbwirbeln der vorderen 5—6 Rückenwirbel gut
erhalten. Nr. 808 ist nur ein Rumpfstück aber mit schön erhaltener
Dorsale sammt Trägern und den Spitzen einiger Strahlen der Brust-
flosse, unter denen der fadig verlängerte und diekere gegliederte
Haupt- oder Carpalstrahl sich ganz ähnlich wie bei dem Exemplar
von Goldfuss erweist. Nr. 810 ein schlechterhaltenes Rumpfstück,
von dem nur zu erwähnen ist, daß die Bauchflossen blos vorne am
Becken vereiniget sind, übrigens aber stark divergiren und offenbar
nicht in eine Scheibe verwachsen waren. — Die Nummern 844 und
845 sind Gegenplatten, die Kopf und Vorderrumpf eines ziemlich
Über Orthacanthus Dechenü Goldf. oder Xenacanthus Dechenü Beyr. 5 67
kleinen Individuums enthalten mit gesägtem Nackenstachel: Sehulter-
gürtel, Brustflosse, Wirbelsäule sammt den Trägern der Dorsale und
seitliche Schnauzenansicht sind gut; die Bezahnung theilweise sehr
gut, besonders die Zahnbinden des Unterkiefers und des Ober- und
Zwischenkiefers, woselbst sie in einer Längenausdehnung von 3/,'
dieht gedrängt stehen aber nicht in geordneten Reihen. Die Zähne
sind dreispitzig, die längsten Spitzen eirea 1’’ lang, und obwohl die
meisten abgebrochen sind, so zeigen sie doch durch die deßhalb
siehtbaren Markhöhlen, daß sie in Form und Structur ganz mit den
früher beschriebenen übereinstimmen. Ob übrigens die obere Zahn-
binde dem Vomer oder den Gaumenbeinen angehört habe, vermag ich
bisher allerdings nieht sicher zu entscheiden. — Von den noch
übrigen Fundstücken des Herrn Dr. Weiss erwähne ich nur noch
Nr. 909, das ebenfalls noch ganze Gruppen von dreispitzigen Zähnen
zeigt, die noch in Reihen je zu 4—5 hinter und neben einander lie-
gen, und endlich die beiden Gegenplatten Nr. 902 und 903, die einen
auseinandergebrochenen Kopf mit theilweise erkennbaren Zähnen ent-
halten, übrigens aber defhalb interessant sind, weil die unteren
Stücke von vier großen und tief rinnenartig ausgehöhlten Kiemenbögen
noch in Substanz vorhanden sind und auch ersichtlich ist, daß der
Oberkopf von körniger Haut überdeekt und längs der Mittellinie ge-
wölbt oder stumpf gekielt war.
Lebacher Exemplare der Sammlung des Herrn Dr. H. Jordan zu
Saarbrücken.
Die Zahl der mir von Herrn Dr. Herm. Jordan mit ganz aus-
nehmender Freundlichkeit und Bereitwilligkeit, für deren dankbare
Anerkennung mir genügende Worte fehlen, zugesendeten Exemplare,
die überdies meist in Doppelplatten vorliegen, beträgt 20, und unter
ihnen befinden sich nicht nur die besten und instructivsten seiner
Sammlung, die offenbar die schönste und reichste an Lebacher Petre-
facten ist, sondern sie bilden überhaupt den Glanzpunkt des gesamm-
ten reichen Materials, das mir zur Verfügung stand. Erst sie geben
über viele wichtige Verhältnisse, namentlich über die Bezahnung und
den Kiemenapparat den erwünschten und genügenden Aufschluß und
setzen mich in die Lage, das Gesammtbild von Xenacanthus in einer
Weise ergänzen zu können, wie dies nach allen übrigen Fundstücken
kaum zu hoffen war.
Sitzb, d. mathem,-naturw. Cl, LV. Bd. I, Abth, 38
568 Kner
Ich beginne zunächst mit dem mir schon von Prof. Geinitz an-
gerühmten Prachtstücke, welches auch zugleich Herrn Dr. Jordan
als Original zu seinen Angaben über die Bezahnung des Xeracanthus
im „Neuen Jahrbuche“ (l. e.) diente und dessen Abbildung in natür-
licher Größe Taf. VI zeigt. Es gibt die Vollansicht des Oberkiefers
in völlig natürlichem Umriß, so daß beiderseits die completen Zahn-
reihen und überdies ein Theil des Kiemengerüstes, das wohl nur in
Folge des stattgehabten Druckes hinaufgerückt erscheint, sichtbar
werden. Des letzteren Umstandes wegen glaubte ich anfänglich, den
Abdruck des Unterkiefers vor mir zu haben, und dies um so mehr,
als hier Zahnbinden blos an den Kieferrändern vorhanden sind und
meiner Vermuthung nach deren auch am Gaumen stehen sollten. Als
ich jedoch bemerkte, daß in der Mitte des Mundrandes vier von den
übrigen gesonderte und von einander selbst durch Zwischenräume
getrennte Reihen kleiner dreispitziger Zähne stehen, so konnte ich
nicht mehr zweifelhaft sein, daß diese dem Zwischenkiefer angehören
und daher die mehrreihigen seitlichen jederseits dem Oberkiefer selbst.
Auch steigt der Unterkiefer stets mit zu starker Krümmung an, als
daß sich bei dieser Lage alle seine Zahnreihen derart, wie es der
Fall ist, hätten gleich gut abdrücken können. — Am linken Aste des
Oberkiefers enthält die Zahnbinde in einer Längserstreckung von
13/, W. Z. 29 Reihen hintereinander, am rechten sind deren nur
25 zählbar. Die größte Breite der Binden, die nach hinten ab-
nimmt, beträgt 21/,”’ und in jeder solchen Reihe stehen der Quere
nach 6—8 Zähne; in jeder der vier Reihen im Zwischenkiefer liegen
7—-9 dreispitzige Zähne hintereinander. — Zwischen und hinter den
dr
Ze 5
Kieferästen gewahrt man den vorderen Theil des Kiemengerüstes
sammt den dem Zungenbeine entsprechenden Basalstücken und zwar
zuvörderst beiderseits die großen Hörner, an deren breites stark nach
abwärts gebogenes hinteres Ende sich ringsherum dünne und zahl-
reiche Kiemenstrahlen anlegen und deren linkerseits 20—21, rechts
aber nur 14—15 zu zählen sind; hinter diesen sind endlich theil-
weise die beiden ersten Kiemenbögen zu sehen. — Was die Zähne
selbst anbelangt, so stimmen sie in Form wesentlich mit den früher
betrachteten überein, nur sind ihre Hauptspitzen schlanker und rund-
licher als an den böhmisch-sehlesischen Fundstücken, wie sehon Dr.
Jordan’s Abbildung derselben zeigt, woselbst sie jedoch zu schlank
und gebogen erscheinen. Die beifolgenden Abbildungen, eines Einzel-
Über Orthacanthus Dechenil Goldf. oder Xenacanthus Decheniüi Beyr. 569
zahnes in verschiedener Ansicht machen eine ausführlichere Besehrei-
bung unnöthig und es ist nur darauf hinzuweisen, daß die Zähne in
der Ruhe derart niedergelegt sind, daß ihre Spitzen nach ein- und
rückwärts sehen, daß sie erst vom hinteren Rande des Basaltheiles
(oder Talon) sich erheben, welcher bei dieser Lage fast senkreeht
aufragt und von vorne gesehen leicht die Täuschung erregen kann,
als habe man breite dreieckige mit der Spitze nach aufwärts gerich-
tete Zähne vor sich, während nur der Umriß des Talon diese Form
zeigt, und die von ihm sich erhebenden Zahnspitzen, da sie in liegen-
‘der Stellung sich befinden nicht sichtbar sind. Zahlreiche Zähne sind
überdies derart abgebrochen, daß nur ihr Talon noch vorhanden ist,
und es wird hiedurch ganz klar, dafs selbst letzterer immer hohl ist,
wie es auch die Zahnspitzen sind, daher auch die Zähne gar so leieht
zerbrechen und zwar sowohl der Länge als Quere nach; alle Zähne
erscheinen übrigens hier mit völlig glatter Oberfläche.
An der einen der beiden mit Nr. 3 bezeichneten Gegenplatten
ist die Zahnreihe des linken Oberkiefers fast so vollständig wie bei
dem vorigen Stücke, zwar nur aus 18 Reihen bestehend und jede
mit 4—8 Zähnen in einer Querreihe, doch ist eine größere Anzahl
von Zähnen sammt den Spitzen erhalten und außerdem stehen noch
weiter vorne und zugleich höher dem Gaumen angehörige Zähne mit
gefalteter Oberfläche nebst vielen Schlundknochenzähnen. In mehr-
facher Hinsicht das interessanteste Fundstück von allen, ist jedoch
das mit Nr. 10 bezeichnete, welches einen Kopf bis zum Ende des
Schultergürtels einschließt und derart in drei Stücke sich gespalten
hat, daß jedes derselben einen vollständigen Längsschnitt desselben
darstellt und dadurch bezüglich der Bezahnung und des Kiemen-
gerüstes ein nahezu complettes Bild im Durchschnitt gibt. Zwei dieser
Stücke sind in natürlicher Größe in den Figuren Taf. VII und VIII abge-
bildet. Das obere abzuhebende und nach außen stärker gewölbte Stück
zeigt den Längsdurchschnitt der rechten Kopfseite und zwar besonders
schön den Abdruck des stark gesägten, längsgestreiften und rund-
liehen Stachels und die bis zur Schädelbasis reichenden Kiemen-
bögen, deren drei mit langen spitzen, 1'/, bis über 2” von einander
entfernten Rechenzähnen besetzt sind. Hinter dem letzten Kiemenbogen
liegen einzelne Schlundzähne in Form wie die der Kiefer; vor der
Clavieula sind einige Kiemenstrahlen sichtbar. Von Zähnen ist hier
nur ein Theil der dem Gaumenbogen angehörigen Binde in einer
38°
470 Kner.
Längsausdehnung von 11/,” erkennbar. — Das mittlere abzuhebende
Stück d zeigt den natürlichen Umriß des oberen Mundrandes und an
dessen Seite zehn Zahnreihen hinter einander, die wahrseheinlieh an
dem Gaumenbeine eine lange aber schmale Zahnbinde bildeten. Die
dem dritten Bruchstücke zugewendete oder untere Seite dieses Mittel-
stückes «a zeigt rechterseits am Rande eine lange und viel breitere aus
acht Zähnen in einer Querreihe bestehende Zahnbinde, die sich wie
bei dem zuerst erwähnten sogenannten Prachtstücke verhält. Gleich-
wohl mußte diese Zahnbinde den Gaumenbeinen angehören, da bei
der Seitenansicht dieses Fragmentes weiter nach außen und etwas
höher (bei ce) noch eine ähnliche Zahnbinde sichtbar ist, dieunmöglich
dem Gaumen angehört haben konnte, da sonst die Gaumenbeine außer-
halb des Oberkieferrandes zu liegen gekommen wären. Daß übrigens
der Gaumen seitlich und auch vorne an der Stelle des Vomer bezahnt
war, unterliegt keinem Zweifel und ist nicht blos an noch mehreren
Lebacher-, wie auch böhmiseh-schlesischen Exemplaren nachweisbar,
jedoeh findet sich nirgends eine Spur gesonderter Vomer- und Gaumen-
beine und es scheint der breite knöcherne Gaumen, dessen mosaikähn-
liehe Knochenrinde sich häufig völlig erhalten hat, ähnlich wie bei Haien
mit einer starken Krümmung nach abwärts sieh als einfaches Kiefer-
suspensorium mit dem Unterkiefer in Verbindung gesetzt zu haben.
Hinter und zwischen dem letzten der hier ebenfalls sichtbaren
Kiemenbögen liegt ein breiter und langer dreieckiger Schlundknochen,
der dieht mit ähnlichen Zähnen wie der Mund besetzt ist und der
wahrscheinlich der einfache untere ist, dem gegenüber zwei getrennte
obere gelegen sein müssen, wie mehrere andere Exemplare (am deut-
lichsten das mitNr. 19 bezeichnete zeigen, welche ebenfalls mit langen
und breiten Packeten von Zähnen besetzt waren, unter denen aber nebst
drei- auch mehr (fünf- bis sechs-) spitzige Zähne sich befanden t).
Solche mögen insbesondere den obern Schlundknochen angehört haben;
wenigstens finden sich mehrere recente Fische vor, deren obere Schlund-
knochen jederseits aus kleinen hintereinander liegenden Plättchen be-
stehen, die mit ganzen Büscheln bürstenförmiger Zähnchen besetzt sind
die solchen vielspitzigen Zähnen sehr ähnlich sehen. — Zu den Exem-
1) Wahrscheinlich gehörten die bürstenförmigen Zähne, die Dr. Weiss an Exemplaren
des Frankfurter Museums sah und deren er in seiner Abhandlung: „Leitfische des Roth-
liegenden in den Tebacher-Schichten“ abgedr. a. d. Zeitschr. d. deutschen geolog.
Gesellsch. Jahrg. 1864, als Gaumenzähne erwähnt, ebenfalls den Schlundknochen an.
-- .. .. aD
Über Orthacanthus Decheniül Goldf. oder Xenacanthus Dechenü Beyr. DL 1
plaren mit wohlerhaltenen Zähnen, namentlich an den Schlundknochen
gehören nebst den vorigen noch: Nr. 2, woselbst außer solchen mit
glatter Oberfläche auch deren mit gefalteter vorkommen; Nr. 6 und 1%.
besonders aber Nr. 12, woselbst der vollständige untere Schlundknochen
gerade auf die Vereinigung der beiden Clavieulae zu liegen kommt und
unter die halbeLänge des Nackenstachels, endlich Nr. 13, das in Gegen-
platten den stark zerdrückten Kopf eines großen Individuums enthält,
an welchem einzelne lose Zähne von rundlichem Durchmesser und
glatter Oberfläche 2” lange Hauptspitzen zeigen und woselbst auch
die Kiemenbögen noch mit den Copulis des Zungenbeines in Verbin-
dung stehen und hinter ihnen zahlreiche Schlundknochenzähne lose
liegen.
Bezüglich des Nackenstachels erwähne ich nur, daß derselbe
bei Nr. 12, einem Individuum, dessen Länge bis hinter die Bauch-
flossen 1’ beträgt, 23/,”’ milst und zwar gesägt aber übrigens völlig
glatt ist, während er bei Nr. 13 über der Basis auffallend breit (mehr
als 8”) und flach gedrückt ist und keine seitliche Zähnelung aber
eine grob längsgefurchte und gestreifte Oberfläche zeigt. — Über
die Lage und Größe der Augen geben leider auch alle diese Exem-
plare keinen sicheren Aufschluß und machen nur wahrscheinlich, daß
sie hoch und nahe dem Schnauzenrande gelegen waren, und daß
zwar ein ansehnlich großer Bulbus, aber wohl nur eine kleine
Augenlidspalte vorhanden war. Mehrere Platten, namentlich die sub
Nr. 2, 8, 7 und die dritte oder untere zu Nr. 10 gehörige, zeigen
mehr oder minder deutlich den scheinbaren Umriß des Bulbus. Jeden-
falls erscheint es befremdend, daß keines der so zahlreichen und theil-
weise vorzüglich conservirten Exemplare über die Augen sichere Aus-
kunft gibt.
In Betreff des Schultergürtels, der Wirbelsäule, der Flossen-
und der Hautbedeckung, bestätigen die verschiedenen Exemplare zum
Theile nur in ergänzender Weise alles, was hierüber bereits angege-
ben wurde. Dadurch, daß Deckelstücke gänzlich fehlen und der
Schultergürtel nicht an das Hinterhaupt befestigt war, sondern nur
mit dem Zungenbeingerüste, erinnert Xenacanthus allerdings unläug-
bar an Squaliden und desgleichen auch durch die länglichen Knochen-
platten und die mehrgliederigen Carpalknochen an der Basis und
dem inneren Rande der Brustflossen und zum Theile selbst der Ven-
tralen. In Betreff der dem Rumpfe, angehörigen Skelettheile hebe ich
72 Knenm
namentlich folgende Stücke hervor. Nr. 14 enthält in Gegenplatten
ein schönes Schwanzstück von etwas über 6’ Länge mit dem Ende
und den Klammeranhängen der Bauchflossen fast bis zur Schwanz-
spitze erhalten. Die Afterflosse verhält sich wie bei dem Löwenberger
Stücke von Geinitz, das auf Taf. 1 abgebildet ist, und nicht nur
die oberen und unteren Dornfortsätze, sondern auch die Träger und
stellenweise die Zwischenträger nebst den kurzen Flossenstrahlen der
Dorsale sind gut abgedrückt, sondern auch hier ist klar, dafs das
Schwanzende von einer peripherischen Flosse umgeben war. Fast das
Gleiche ist auch an dem 73/,” langen Schwanzstücke Nr. 15 zu sehen,
nur daß hier auch das Vorderende der Bauchflossen fast ganz und
über den Klammern noch ein losgetrenntes Stück der Haut erhalten
ist, welche wahrscheinlich die Flossen überkleidete und aus mosaik-
ähnlichen, eckigen ungleich großen Plättehen zusammengesetzt ist,
deren Oberfläche uneben und zum Theile concentrisch gefurcht und
gestreift erscheint, so daß dieses Hautstück weder mit der gleich-
körnigen übrigen Chagrinhaut, noch auch mit der Knochenrinde der
Skelettheile zu verwechseln ist. Ganz vorzüglich sind die Bauchflossen
aber bei Nr. 12; sie gleichen in ihren Zusammensetzungsstücken
ganz denen des Dyas- und Breslauer-Exemplares, sind aber nur vorne
am Becken vereinigt, und hinten einander blos genähert; ihre dicken
und langen Klammeranhänge sind nach ein- und rückwärts mit Bü-
scheln von Faserstrahlen besetzt. Die Länge dieser Bauchflossen be-
trägt im Ganzen fast 3'/,". Die größte Breite beider bis zum Beginne
der seitlichen Randstrahlen 1 1/,”. Nicht minder sehön ist der in Gegen-
platten vorhandene Abdruck von Nr. 16, den Taf. IV in natürlicher Größe
zeigt. Diese Bauchscheibe läßt auf ein riesiges Individuum schließen,
etwa von der Größe, wie jene waren, von denen die im Rakonitzer
Brandsehiefer aufgefundenen großen Einzelzäbne stammen. Obwohl das
hintere Ende der Flossen sammt den etwaigen Klammeranhängen fehlt,
so beträgt doch die Länge der Beekenknochen bis zum hinteren Ab-
schluß der Scheibe, zu der sie sich vereinigen, beinahe 5” und die
größte Breite der Scheibe ohne die fehlenden Randstrahlen 3”. Die
beiden Beckenknochen liegen hier wieder mit dem ganzen inneren
Rande hart aneinander und auch nach rückwärts stoßen die beiden
Flossen hinter den letzten Carpalgliedern wieder zusammen, so daß
der mittlere Raum, ringsum abgeschlossen erscheint. Daß die Klam-
meranhänge hohle Röhren bildeten, zeigt sich bei Nr. 12 ganz deut-
Über Orthacanthus Dechenü Goldf. oder Xenacanthus Dechenü Beyr, 5 1 3
lich, und daß dies auch mit den breiten und langen Gliedern der
Carpalstrahlen der Fall war, ist hier an der einen Platte, wo die
Röhre (Fig. 1) uoch erhalten ist, ersichtlich.
Einer Abbildung werth, halte ich noch Nr. 17; in 7/,” langen
Gegenplatten ist der Abdruck des Kopfes und Vorderrumpfes eines
kleinen Individuums in der Seitenansicht enthalten, mit: offener Mund-
spalte, nur mit der hinteren Hälfte abgedruckten Kiefern aber mit
erkennbaren Zahnbinden, ferner dem Zungenbeine mit den Anfängen
der Kiemenbögen und dem unteren Schlundknochen; das Vorderende
der Wirbelsäule ist mit den oberen Dornfortsätzen nebst einigen Rip-
pen und unteren Bogenschenkeln scharf abgedrückt und zwar sind
vor dem Schultergürtel 8 lange, y förmig nach vorne gebogene und
hinter ihm 21 nach hinten geneigte obere Dornfortsätze zu zählen.
— Endlich verdienen noch die Gegenplatten Nr. 5 Erwähnung. Sie
schließen den Kopf und Rumpf eines nieht großen Individuums bis zu
den Bauchflossen ein und erscheinen nicht sowohl wegen der zahl-
reichen glatten Zähne im Ober- und Unterkiefer, sondern deßhalb
interessant, weil unterhalb der Wirbelsäule hinter dem Schultergür-
tel die Überreste eines Acanthodes in einer Lage sich befinden, die
kaum zweifeln läßt, daß selber als Beute verschluckt wurde und daß
demnach Xenacanthus einen großen, daselbst liegenden Magensack
besaß. Der zuerst verschluckte Kopf sieht nach rückwärts und die
weiter vorne befindlichen Stacheln, deren einer beinahe 2’ lang ist,
sind mit ihren Spitzen gegen den Mund gerichtet. Ja es dürften sogar
zwei Individuen nach einander verschluckt worden sein, da auch noch
weiter vorne zwischen den Schlundknochen zwei Acanthodes-Stacheln
eingeklemmt liegen, die kaum zu dem weiter hinten befindlichen Indi-
viduum gehört haben können.
Hiemit schließt die Reihe der Individuen, die ich einzeln zu
besprechen für nöthig hielt und ich wende mich nun dem Versuche
zu, aus ihnen das Gesammtbild von Xenacanthus zu entwerfen.
Wenn ich vielleicht zu lang bei den Einzelbeschreibungen verweilte,
so mag dies einerseits dadurch entschuldigt werden, weil eben der
Erhaltungszustand der einzelnen Fundstücke so sehr verschieden und
doch kein Individuum complet ist und anderseits, weil ich es für
Pflicht halte, mich den gütigen und freundlichen Zusendern so zahl-
reicher und werthvoller Exemplare doch auch dadurch dankbar zu
Zeigen, daß ich auf alle jene Stücke hinweise, die mir in irgend
4 A Knen.
einer Hinsicht besonders instructiv erschienen. Indem ieh nun alle
wesentlichen Punkte aus den vorhergehenden Beschreibungen zusam-
menfasse, erhalte ich folgendes Gesammtbild der Gattung.
Die Totalgestalt war langgestreckt, der Kopf breit, mäßig de-
preß, die Schnauze breit abgerundet, den Unterkiefer etwas über-
'agend, die Mundspalte weit mit Binden spitzer Zähne im Zwischen-,
Ober- und Unterkiefer, dem Gaumen und den Sehlundknochen besetzt.
Die meisten Zähne waren dreispitzig mit einer kurzen Mittel- und
zwei längeren divergirenden Seitenspitzen, die vom Hinterrande eines
in der Mitte knotig verdiekten und weit vorspringenden Basaltheiles
(Talon) sich erhoben, und in der Ruhe derart niedergelegt, daß sie
eben nur mit dem Basaltheile aufragten. Die Zähne waren von’ der
Basis bis gegen die Spitzen hohl und brachen daher leicht ab; einige
besassen eine glatte, andere eine gefaltete Oberfläche; an den Seiten-
rändern der Kiefer standen deren einige 20 (28—29) Reihen hinter,
und in jeder 6—8 Zähne neben einander; den Zwischenkiefer hielten
vier Reihen neben einander besetzt, deren jede aus 6—S8 Zähnen hin-
ter einander bestand. Nebst den dreispitzigen Zähnen fanden sieh
auch vielleicht ein-, jedenfalls aber zwei- und mehrspitzige (vier-
und an den Schlundknochen selbst fünf- und sechsspitzige) vor. Der
knöcherne Gaumenbogen scheint ähnlich wie bei Haien ein einfaches
Kiefersuspensorium gebildet und dieses mit dem Unterkiefer in Ver-
bindung gestanden zu haben. Vorkommen und Stellung der Augen
ist nicht sicher zu ermitteln, dagegen steht fest, daß vier oder fünf
mit wenigen langen Rechenzähnen besetzte Kiemenbogen vorhanden
waren, vor welchen sich zahlreiche dünne Kiemenstrahlen rings um
das Ende großer, den Hörnern des Zungenbeines entsprechender Kno-
ehenstücke anhefteten. Die Verbindung des Kiemengerüstes mit dem
Sehultergürtel erfolgt in ähnlicher Weise wie bei Squaliden. Eben so
legt sich letzterer nicht an das Hinterhaupt an, sondern erhebt sich
wie bei Knorpelfischen und Aalen erst weiter zurück, ohne mit der
Wirbelsäule verbunden zu sein, so daß die oberen Dornfortsätze von
acht Wirbeln noch vor ihm zu stehen kommen; Deckelstücke fehlen
demnach auch gänzlich; übrigens besteht der Schultergürtel aus
mindestens drei gesonderten Stücken (Suprascapula, Seapula und
Clavieula); der untere dreieckige Schlundknoehen ist einfach, und
wie die beiden oberen getrennten dieht mit ähnlichen Zähnen wie die
Kiefer besetzt und reicht bis nahe vor den Schultergürtel. Vom Hin-
«
. N ; 2 BE =
Über Orthacanthus Dechenii Goldf. oder Xenacanthus Dechenü Beyr. »4D
terhaupte erhebt sich ein gerader, spitzendender Nackenstachel, der
ohne Gelenk aufsitzt, an der Basis meist flach gedrückt, gegen die
Spitze rundlich und beiderseits sägeförmnig gezähnelt ist. Noch vor
seiner stets zurückgelegten Spitze beginnt eine einfach strahlige
Rückenflosse. die nicht nur über den ganzen Rücken bis zu Ende des
compressen, langen und ziemlich dünn auslaufenden Schwanzes sich
fortsetzt, sondern um denselben herum an der Unterseite bis gegen
die wenig strahlige Afterflosse reichte. Die am Umbeugungswinkel
des Sehultergürtels entspringenden Brustilossen beginnen mit läng-
liehen, breiten Knochenplatten und einem langen mehrgliederigen
Carpalknochen, an den sieh schief abgehende dünne, lange Strahlen
anlegten, auf welche dann nach außen Faserstrahlen folgten; sie
mahnen daher im Baue an die Brustilossen der Squaliden überhaupt,
nieht aber gerade an jene von Squatina. Auch die Afterfiosse zeichnet
sich dureh einen starken sich gablig theilenden Carpalstrahl aus, der
jedoch der letzte der Fiosse ist. Am auffallendsten und ganz eigen-
thümlieh sind die Bauchflossen entwickelt, die stets in oder hinter
halber Toiallänge steken und an dreieckige Beckenknochen sich an-
legen. Sie sind bald in eine Art von Bauchscheibe verwachsen und
nach ein- und rückwärts mit klammerähnlichen Anhängen beseizt,
bald von einander mehr oder weniger getrennt und ohne Klammer-
anhänge. — Die Wirbelsäule verlauft bis zu Ende geradlinig und
besteht aus den Elementen zahlreicher Wirbel, nämlich aus oberen
und unteren Bogenschenkeln nebst Dorniortsätzen und dünnen Rippen
an den vordersten Wirbelbögen; die Rückenflosse wird durch hohle
Träger und Zwischenträger gestützt. Die Wirbeikörper selbst sind
nirgends ausgebildet und fehlen am Schwanziheile selbst in der An-
lage. Das Skelet war obne Zweifel größtentheils knorpelig, wie der
so deutliche Abdruck der mosaikähnlichen äußeren Knochenrinde
zeigt, die sich ganz wie bei lebenden Knorpellfischen verhält. Jedoch
bestand auch die Hautbedeckung aus einem körnigen Chagrin und
nur in einem Falle aus sehr kleinen ruombischen Emailsehuppen.
- Wahrscheinlich war diese Gaitung mit mehr als einer Art ver-
treten, wolür wenigstens iolgende Gründe sprechen: Die verschiedene
bald glatte bald gefurchte Oberfläche der Zähne und ihre Form so-
wohl wie die des Basaltheiles (Talon), die Unterschiede in der Länge,
Form und Bezahnung des Nackenstachels, die so abweichend gebil-
deten bald verwachsenen, bald getrennten Bauchflossen und endlich
57 Ö Kner.
die Verschiedenheit der Hautbedeckung. Trotzdem gestattet aber der
so ungleiche und nirgends eomplete Erhaltungszustand, demzufolge
bald dieses bald jenes Merkmal nieht erkennbar und demnach auch
die Coneordanz und Constanz der Merkmale nicht bestimmbar ist,
einstweilen füglich noch nieht, darauf schon sichere Artunterschiede
zu gründen und dies um so weniger, als wahrscheinlich manche Dif-
ferenzen auf Rechnung von Geschlechts- und Altersunterschieden zu
setzen sind. Ich halte daher nicht für räthlich, selbst nur provisorisch
verschiedene Arten aufstellen zu wollen und glaube mich bezüglich
der verschiedenen Fundorte auch nur zu dem Schlusse berechtigt,
dafs die Lebacher Vorkommnisse zufolge der schlankeren und rund-
lichen Form der Spitzzähne und des relativ längeren Talon wenigstens
von der Art, auf welche die in den Rakonizer Brandschiefern aufge-
fundenen Einzelzähne hinweisen, mögen specifisch verschieden ge-
wesen sein.
Wenn aber auch die Frage noch nicht sicher zu beantworten
ist, ob es zwei oder mehrere Arten von Xenacanthus gab, eine Frage,
die übrigens derzeit ohnehin Vielen nur geringfügig erscheinen
möchte, so dürfte doch die Stellung der Gattung im System sich nun-
mehr schärfer und richtiger als dies bisher geschah, angeben lassen.
So lange man nur den Nackenstachel und einzelne Zähne dieser Gat-
tung kannte, lag wohl der Gedanke nahe, daß man in ihnen Überreste
eines zur großen Gruppe oder Unterordnung der Haie gehörigen
Fisches vor sich habe. Nachdem aber die Ruppersdorfer Exemplare
zufgefunden waren, mußte es wenigstens den Ichthyologen schon
sehr zweifelhaft erscheinen, ob jene Stellung im System die richtige
sei. Denn ihnen konnte nicht entgehen, daß bei keinem einzigen Haie
(etwa Chimaera ausgenommen, wo er jedoch auch nicht so weit vor
dem Schultergürtel steht) ein Stachel so weit vorne (am Hinterhaupte)
vorkomme, abgesehen davon, daß auch die Form desselben mit kei-
ner irgend eines Haies übereinstimme, allerdings aber mit der des
Schwanzstachels von Rocken sich vergleichen lasse. Auch konnten sie
nicht übersehen, daß ein derart wie hier ausgebildeter Schultergürtel
und also gegliederte Strahlen in den paarigen Flossen sich bei kei-
nem Haie vorfinden. Nichts desto weniger beharrten jedoch alle Pa-
laeontologen bei der einmal gefaßten Ansieht und glaubten den Ortha-
canthus Dechenü Goldf. als zumeist mit der lebenden Gattung
Squatina verwandt halten zu dürfen. Selbst Prof. Beyrieh hielt noch
. : EN -
Uber Orthacanthus Dechenii Goldf. oder Xenacanthus Dechenü Beyr. DL 7
an dieser Ansicht fest, obwohl ıhm bereits das Vorkommen einer
langen strahligen Rückenflosse außer dem Nackenstachel bekannt war
von der Goldfuss noch keine Kenntnil haben konnte. Daß und in
welcher Weise aber die Rückenflosse durch Flossenträger gestützt
war, wird freilich auch von Prof. Be,yrieh nieht erwähnt und hier-
aus mag wohl zu erklären sein, daß er in dem Vorkommen einer
solehen Rückenflosse kein Hindernils erblickte, die Gattung den Squa-
liden eingereiht zu lassen. Nur als Prof. Geinitz sein in der Dyas
abgebildetes Exemplar mit den vereinigten Bauchflossen auffand, hielt
er demzufolge die Stellung der Gattung unter den Squaliden erschüt-
tert und glaubte sie in die Nähe von Cyelopterus bringen und mithin
für näher verwandt mit den Discobolis erklären zu sollen. Daß aber
dieser Gedanke Reichenbach'’s kein glücklicher war, bedarf kaum
eines Beweises. Denn abgesehen davon, daß eine Bauch- oder Saug-
scheibe bei einem so langgestreckten Fische und noch überdies so
weit entfernt von den Brustflossen zwecklos wäre, so widerstreitet
auch einer solehen Deutung die Thatsache, daß die Bauchflossen nur
bei einigen Individuen vereinigt, bei anderen aber getrennt waren.
Dieser Unterschied wäre dann mindestens allein genügend, um mit
Bestimmtheit behaupten zu dürfen, daß unter dem Namen Xenac.
Dechenit mehr als eine Art, vielleicht sogar verschiedene Gattungen
zusammengeworfen wurden. Doch erscheint dies keineswegs nöthig,
wenn man den Gedanken an eine Saugscheibe und somit auch an eine
Verwandtschaft mit den Discobolen oder Gobiesoeiden aufgibt. Ist
meine schon früher ausgesprochene Vermuthung richtig, daß die von
den vereinigten Bauchflossen abstehenden Anhänge Klammerorgane
waren, so gibt es unter den recenten Fischen dann zwei verschiedene
Gruppen, die in dieser Hinsicht mit Xenacanthus verglichen werden
können, nämlich die Haie und die Welse oder Siluriden. Bei keinem
dieser Fische sind zwar die Ventralen in ähnlicher Weise wie bei
Xenacanthus verwachsen, bei beiden Gruppen sind sie aber an eine
Art Becken befestigt. stehen weit zurück und tragen bei Männchen
an ihrer Innenseite weit nach rückwärts vorstehende Klammeranhänge.
Bei den Siluroiden (manchen Arten der Gattung Arius) zeigen sie
zwar keine Ähnlichkeit im Baue und bestehen nur aus den eigen-
thümlieh verdiekten inneren Ventralstrahlen; bei den Haien besitzen
aber die dieken knorpeligen Anhänge große Ähnliehkeit, wenn auch
der übrige Flossenbau nicht gliederstrahlig ist. Da aber ohnehin
>78 Kner.
NXenacanthus irgend einer lebenden Gattung nicht gleichgestellt wer-
den kann oder soll, so dürften die Bauehflossen für sieh allein auch
kein ernstliches Bedenken gegen die Verwandtschaft von Nenacan-
thus mit den Squaliden begründen, und dann würde folgerichtig zu
schließen sein, daß die Individuen mit Klammeranhängen ebenfalls
Männchen gewesen seien. Ungleieh wichtigere Bedenken, ja solche,
die geradezu geeignet sind, jeden Gedanken an eine nähere Verwandt-
schaft mit Haien fallen zu lassen, stellen sich hingegen von Seite des
Skeletes und insbesondere der Flossenbildung entgegen. Eine eontinuir-
liche bis zu Ende reichende strahlige Rückenflosse, die nicht blos durch
Träger sondern auch Zwischenträger gestützt wird, widerstreitet eben
so entschieden einem Haie, wie das Vorhandensein eines bezahnten
Zwischenkiefers und wie ein derart ausgebildeter Schultergürtel, wie
ihn Xenacanthus besaß, und auch das Vorkommen von Kiemen-
strahlen, rechenzähnetragenden Kiemenbögen und bezahnten oberen
und unteren Schlundknochen. Diese Verhältnisse wie auch das Vor-
handensein einer vielwirbeligen, wenn auch nur theilweise knöchernen
Wirbelsäule mit derart entwickelten Dornfortsätzen drängen unab-
weislich dazu, in Xenacanthus das Vorbild eines Fisches aus der
Reihe der Knochenfische anzuerkennen.
Allerdings stehen diesen Gründen wieder andere, die für die
Einbeziehbarkeit des Xenacanthus zu den Knorpelfischen sprechen,
entgegen, insbesondere die Beschaffenheit des Skeletes, dessen mesaik-
ähnliche Oberfläche ganz an die Knochenrinde der Knorpelfische
erinnert, der Mangel von Deckelstücken und die Lage des Schulter-
gürtels, das Vorkommen eines einfachen Kiefersuspensorium, die
Einlenkung des Ober- an den Unterkiefer und endlich die Haut-
bedeckung.
Erwägt man jedoch alle Gründe pro und contra, so neigt sich
aber sicher die Wagschale zu Gunsten der näheren Verwandtschaft
mit den Knochenfischen, allein es ist auch nicht zu läugnen, daß
Xenacanthus eine wahrhaft vermittelnde Stellung zwischen Knorpel-
und Knochenfischen einnimmt und in Beziehung auf die Systematik
und die Entwiekelungsgesehiehte der ganzen Classe von besonderem
Interesse erscheint
Sieht man sich unter den Teleostien der Gegenwart um und hält
man die Ansicht fest, daß die derzeit lebenden Fische nicht Producte
eigener neuer Schöpfungsmomente sind, sondern nur Um- und Wei-
.. g ar: s - E 4 Fr pe
Über Orthacanthus Dechenii Goldf. oder Xenacanthus Dechenü Beyr. 5 9
terbildungen schon dagewesener Formen, so bleibt dann kaum eine
andere Wahl, als wieder zur großen Gruppe oder Unterordnung der
Siluriden Zuflucht zu nehmen. Es ließe sich zwar dagegen einwenden,
daß fossile Formen gerade aus dieser Gruppe bisher noch nicht, we-
nigstens noch nicht in alten Formationen aufgefunden wurden, doch
dürfte dieser Einwurf nicht von besonderem Gewicht sein, da den
fossilen Fischen überhaupt erst in neuerer Zeit größere Aufmerksam-
keit zugewendet wird, da nun fortwährend neue Loealitäten bekannt
und neue Funde gemacht werden, und sicher anzunehmen ist, daß
noch eine große Anzahl neuer Formen erst aufgedeckt werden wird,
endlich auch keineswegs zu leugnen ist, daß viele der bereits aufgefun-
denen fossilen Fische, theils nur in ungenügenden Fragmenten be-
kannt und jedenfalls nicht genügend erkannt wurden. Es wird sich,
ich bin meinerseits wenigstens fest überzeugt, immer klarer heraus-
stellen, daß auch die großen Gruppen der Knochenfische, die wir der-
zeit als Familieneomplexe oder Unterordnungen anerkennen, schon in
den ältesten Zeiten ebenso durch Vorbilder vertreten waren, wie dies
mit den weniger formenreichen Knorpelfischen der Fall ist, die sich
(namentlich Squaliden) von der Palaeozoenzeit bis zur Gegenwart
erhalten haben. Beim Festhalten an dieser Ansicht kann es daher
nicht befremden, in Xenacanthus das Vorbild eines Siluriden d. h.
vielleieht einen Protosilurus zu erblicken, ja es wäre im Gegentheile
für obige Anschauung höchst bedenklich, wenn aus alter Zeit kein
Fisch aufzufinden wäre, der als Vorbild einer derzeit so umfangrei-
ehen .Gruppe, wie die Siluriden sind, anzusehen wäre. Die einzige
Familie, die etwa außer den Siluriden noch in Erwägung kommen
könnte, wäre die der Gadoiden, doch mögen diese vielleicht ohnehin
mit den Siluren eine gemeinsame Stammform gehabt haben. Jeden-
falls sprechen mehrfache Gründe für die Verwandtschaft mit Siluri-
den. Als solche sind noch hervorzuheben: Die langgestreckte Gestalt,
der breite, ohne Zweifel depresse Kopf mit abgerundeter Schnauze
und endständiger weiter Mundspalte, die an den körnig rauhen Helm
der Bagrinen erinnernde chagrin-ähnliche Hautbedeckung des Kopfes,
der gerade und gezähnelte Rückenstachel und hinter diesen die lange
vielstrahlige Rückenflosse, die wie bei Plotosiden bis an das Ende des
gerade auslaufenden dünnen Schwanzes reichte oder geradezu eine
umfassende, peripherische war. Zwar steht der Rückenstachel bei
keinem Siluriden so weit vorne, daß er vor die Brustflossen zu stehen
580 Kner.
kommt und niemals ist er bei jenem flach und querbreit, sondern
seitlich eomprefs und am Vorder- und Hinterrande gezähnelt. Doch
handelt es sich auch nieht etwa um Gleichstellung des Xenacanthus
mit einer lebenden Siluriden-Gattung, und so dürfte er um so weniger
gegen die Verwandtschaft mit Siluren zeigen, als sonst keine andere
Gruppe oder Familie lebender und fossiler Fische in dieser Hinsicht
in Betracht kommen kann.
Viel wichtigere Einwände gegen die besagte Verwandtschaft
dürften dagegen auf Grund anderer Verhältnisse zu erheben sein und
zwar zunächst von Seite der Hautbedeekung. Mit Ausnahme des be-
helmten Kopfes und des kräftigen Schultergürtels ist die Haut aller
Siluriden entweder nackt oder mit mehr minder ausgebildeten Haut-
knochen besetzt, niemals aber beschuppt. Die Thatsache, daß Xena-
canthus mit rhombischen Emailschuppen bedeckt war (wenigstens
manche) spricht nun allerdings gegen die Siluriden-Verwandtschaft,
nicht minder aber auch gegen die mit Squaliden, und Xenacanthus
müßte demzufolge den Ganoiden zugezählt werden, unter denen aber
selber auch eine vereinzelte Stellung einehmen würde, da man die
Gattung dann nur den Coelacanthen oder Acanthoden anreihen könnte,
zu denen beiden sie aber schlecht paßt. Da ich jedoch die Ganoiden
ohnehin für keine natürliche Einheit ansehe, so entfällt auch für mich
die Nothwendigkeit, für Xenacanthus unter diesen um die nächsten
Verwandten zu suchen. Übrigens möchte ich auch in den rhombischen
Schuppen kein unüberwindliches Bedenken gegen die Siluriden-Ver-
wandtschaft erblicken, da es mir dem Entwieklungsgange der ganzen
Ulasse nieht zu widerstreiten scheint, wenn auch die ersten Vorbilder
des Silurentypus noch so lange ein mehr ausgebildetes Hautskelet
besassen, als ihr inneres nur erst theilweise knöchern und in seiner
Struetur mehr dem der Squaliden ähnlich war und das Hautskelet
wohl eben so in Form rhombischer Emailschuppen als in der eines
Chagrin auftreten konnte, dessen eckige Körner ohnehin einen fast
unmerklichen Übergang zu so kleinen Rhombenschuppen, wie sie
Xenacanthus besaß, bilden.
Was den Mangel an Deckelstücken und die Stellung des Schul-
tergürtels und der Brustflossen betrifft, so steht hierin allerdings
Xenacanthus den Plagiostomen ungleich näher als den Siluriden, doch
zeigt sich eben hiedurch am deutlichsten die vermittelnde Stellung
der Gattung zwischen den Knorpel- und Knochenfischen, die sich
Über Orthacanthus Decheniü Goldf. oder Xenacanthus Dechenü Beyr. 58 1
überhaupt bei Siluriden auch jetzt noch mehrfach kund gibt, so daß
selbst Agassiz zweifelhaft blieb, ob er dieselben den echten
Knochenfischen oder noch seinen Ganoiden zuzählen solle. Was
endlich die Bezahnung anbelangt, so findet sich eine derartige Zahn-
form bei keinem Siluriden vor, jedoch auch bei Squaliden nur ähn-
liche, keine gleiche und wenn einerseits die Zähne bei Xenacanthus
in ähnlicher Weise den Kiefern aufsitzen, wie bei Squaliden, so un-
terscheiden sie sich anderseits wieder wesentlich durch ihr Basal-
stück, von dessen hinterem Rande sich die Spitzen erheben und dureh
ihre Struetur, die völlig von jener der Haifischzähne abweicht, und
endlich vollends durch das Vorkommen bezahnter Schlundknochen.
Ich glaube demnach, an meiner geäußerten Ansicht festhalten zu dür-
fen und fasse nunmehr schließlich die Ergebnisse meiner Unter-
suchungen und Erwägungen in folgende Sätze zusammen:
1. Xenacanthus kann weder in nähere Beziehung zu Syuatina
noch zu irgend einem Plagiostomen füglich gebraeht werden, er
war das Vorbild eines Knochenfisches mit theilweise verknöchertem
Skelete.
2. Wollte man ihn dem derzeit üblichen Systeme der lebenden
Fische einreihen, so würde er als Vertreter einer eigenen, den Über-
gang zwischen den Selachiern und Knoehenfisehen vermittelnden
Ordnung anzusehen sein, der sich wahrscheinlich in der Folge noch
andere fossile Fische anreihen lassen würden.
3. Jedenfalls steht er den Knochenfischen näher als den Plagio-
stomen und könnte unter jenen nur den Weichflossern zugezählt wer-
den. Unter den derzeit lebenden Fischen dieser Abtheilung bliebe
aber dann keine andere Wahl, als ihn als Vorbild eines Siluriden an-
zusehen, da jede Vergleichung mit anderen Gruppen und Familien
nieht wohl möglich ist.
4. Es unterliegt keinem Zweifel, daß Diplodus Ag. Orthacan-
thus Gldf. und Xenacanthus Bey. generisch übereinstimmen und
höchst wahrscheinlich gilt dies auch von Pleuracanthus Ag.; mit
dem aber jedenfalls die Glarner Gattung Acanthopleurus nieht zu
vermengen ist. |
5. Es dürfte am besten fortan der Gattungsname Xenacanthus
beizubehalten sein, da Orthacanthus Ag. von Orthacanthus Gldtf.
ohne Zweifel verschieden und Pleuracanthus wohl der ältere Name
ist, aber nur auf die Stachelform begründet wurde, diese aber wie
582 Knem
gezeigt wurde, eine variable ist und für sich allein überhaupt keinen
weiteren Aufsehluß geben konnte.
6. Wahrscheinlich war die Gattung mit mehr als einer Art ver-
treten oder vielleicht fand sieh auch eine zweite nahe verwandte Gat-
tung nebst ihr vor, so lange aber dies nicht mit Sicherheit nachzu-
weisen ist, dürfte auch die Artbezeiehnung Xenac. Dechenüti als die
einzige beizubehalten sein.
7. Xenacanthus Dechenii gehört zu den interessantesten fossi-
len Fischen; in zoologisch-systematischer Hinsicht ist er als ein
Übergangsglied von den Knorpel- zu den Knochenfischen von größter
Wichtigkeit, indem er Einsicht in den Entwickelungsgang gewährt,
welchen die Classe der Fische im Laufe der Zeiten einschlug. In geo-
gnostisch-palaeontologischer Hinsicht gehört er aber zugleich zu den
wahrhaft leitenden Petrefaeten, imdem sein Auftreten mit Sieherheit
auf die Formation des Rothliegenden hinweist, ja diese mitunter erst
aus seinen Überresten erkannt und sichergestellt werden konnte,
während früher solche Schiehten meist noch dem Steinkohlengebirge
beigezählt wurden, wie dies sowohl mit den Diplodus-Zähnen und
Pleuracanthus-Stacheln und anfänglich auch mit dem Orthacanthus
von Ruppersdorf und dem Xeracanthus von Lebach der Fall war,
woselbst die ihn einschließenden Schichten das Hangende des Stein-
kohlengebirges bilden. (Siehe hierüber die oben eitirte Abhandlung
des Herrn Dr. E. Weiß in Saarbrücken). In Deutschland mit Ein-
schluf Böhmens haben sieh wenigstens alle Xenacanthus beherher-
genden Schichten als dem Rothliegenden angehörige erwiesen und es
dürfte vielleicht dasselbe auch für die Schiehten mit Diplodus-Zäh-
nen und Pleuracanthus-Stacheln in England und Nord-Amerika, die
man ebenfalls dem Steinkohlengebirge beizuzählen pflegte, noch nach-
gewiesen werden.
“mer. Über Dr
Krer. Über Orthacamthus Dechenii Goldt. er
Fig 1
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Sitzungsb. d.k.Akad.d.W. mattı .natııew. C.LV. BL. Abth. 1867.
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Sitzungsb. d.k.Akad.d. W. math .naturw. CLLV. Bd. I. Abth. 1867.
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Th.Plaichineer, Iith. Aus A k.kHof-n Staatsdruckerei
Sıtzungsb. d.k.Akad.d.W. matlı .naturw. C1.LV. Bd. I.Abth. 1867.
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Kner. Über Orthacanthus Dechenii Goldf. etc.
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Th. Elaichieer, Iırh i
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Sitzungsb. d.KAkallı d.W. mat, nadurw. CLV. Bd. T.Abtlı. 1862.
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Sitzungsb. CK Akad. d.W. matlı.naturw. C.LV. Bd.l Abth. 1867.
Fig. 1.
Bie.1.
‚Sitzb.
Über Orthacanthus Dechenii Goldf. oder Xenacanthus Dechenü Beyr. 583
Erklärung der Abbildungen.
Tafel I.
» : >
. Bauchflossen eines Exemplares von Klein-Neundorf aus dem Dresdner
Museum.
. Hinterrumpf und Schwanzende des Exemplares von Löwenberg im
Dresdner Museum.
. Bauehflossen des Exemplares sub lit. Br. ß von Klein-Neundorf aus dem
Breslauer Museum.
. Hautschilderehen nächst der Bauchscheibe des Exemplares sub Nr. 15
aus der Sammlung des Herrn Dr. Jordan, von Lebaeh.
Tafel II.
Exemplar sub lit. Br. « von Klein-Neundorf aus dem Breslauer-
Museum; vor und über der Brustilosse sind Fragmente der Kiemen-
bögen und Strahlen siehtbar; ausgezeichnet ist auch die Doppelreihe
der dorsalen Flossenträger.
Tafel III.
Exemplar sub lit. y von Klein-Neundorf aus dem Breslauer-
Museum, «4 ein Stück Haut mit rhombischen Schuppen. schwach ver-
größert.
Tafel IV.
Bauchscheibe des Lebacher Exemplares sub Nr. 16 in natürlicher Größe
aus der Sanımlung des Herrn Dr. Jordan.
. Die zerschlissenen Enden der seitlichen Pectoralstrahlen des Exem-
plares sub lit. & aus der Sammlung des kaiserlichen Hof-Mineralien-
kabinetes.
Tafel V.
Caudalende des Lebacher Stückes sub Nr. 11 mit Dorsale und
rudimentärer Anale und Bauchscheibe; Sammlung des Herrn Dr.
Jordan.
Tafel VI.
Ober- und Zwischenkiefer mit completer Zahnbinde des Lebacher
Exemplares sub Nr. 1 von Herrn Dr. Jordan.
a Ein Stück des Oberkiefers vergrößert.
b Ein Zahn vom Oberkiefer vergıößert und in aufrechter Stellung,
d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd, I. Abth. 39
Fig.
”
>
GB:
(eb)
Knem
ce Derselbe Zahn liegend, so daß nur der dreieekige Talon von vorne
siehtbar ist.
d Seitenansicht desselben in liegender Stellung, wobei von den drei
Spitzen nur die linke siehtbar wird; N. B. der Talon ist im Ver-
hältniß zu d und e zu hoch und diek gezeichnet.
e Zwei Naehbarreihen von Zähnen in der Stellung wie e mit zum Theile
abgebrocehenem und innen hohlen Talon.
f. 9, Gefurehte Zähne, ein zwei-, ein drei- und ein vierspitziger aus
dem Rakositzer Brandschiefer, vergrößert.
Tafel VII. I
Lebaeher Stück aus der Sammlung des Herrn Dr. Jordan sub
Nr. 10; dureh Spaltung in drei über einander liegende eben so viele
Längsdurehsehnitte des Kopfes zeigend: das mittlere Theilstück in a
und a’ und das untere in d dargestellt.
Tafel VII.
und 2. Einzelnzähne aus dem Rakonitzer Brandschiefer mit gezähneltem
Außenrande der beiten Hauptspitzen, schwach vergrößert.
Seitenansicht les Kopfes eines Lebacher Exemplares aus der Saminlung
des Herrn Dr. Jordan, mit Nackenstachel und Kiemenstrablen.
Tafel IX.
Kopf und Rumpfstück des Lebacher Exemplares sub Nr. 17 aus der
Sammlung des Herrn dr. Jordan.
Zahnplaite des linken Öberkiefers des Lebacher Stückes Nr. 3 aus der
Sammlung des Herrn Dr. Jordan.
Schwanzende mit peripherischer Flosse und der Anale eines Lebacher
Exemplares. N. B. ist verkehrt abgedruckt, indem die Dorsale nach
ab-, und die Anale nach aufwärts sieht.
Tafel X.
Exemplar von Kosehtiolow Ols mit gut erhaltener Dorsale und
Anale in natürlicher Größe.
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Steindachner. Über einige neue u. seltene Meeresüschhe aus China. 585
Über einige neue und seltene Meeresfische aus China.
Von Dr. Franz Steindachner,
Assistenten am k. k. zoologischen Museum.
1. Art. Pseudoscarus chinensis n. sp.
Die größte Körperhöhe ist circa 3*/,;mal, die Kopflänge nicht
ganz 31/,mal in der Totallänge, der Augendiameter 63/,mal, der
direete Abstand der Augen von einander 23/,mal, die Schnauzen-
länge 21/,mal, die Länge der Brustflossen eirca 1?/,;mal, die der Ven-
tralen 12/,mal in der Kopflänge enthalten.
Die Profillinie der Kopfoberseite ist in der Stirngegend etwas
eingedrückt, die Stirnhaut faltig; höchst wahrscheinlich mag sich
hei alten Individuen auf der Stirne ein ähnliches, höckerartig vor-
springendes Gebilde entwickeln, wie z. B. bei Pseudoscarus ovifrons.
Schleg.
‚ Zwei Reihen von Schuppen auf den Wangen und eine einzige
Schuppe am unteren Vordeckelrande; die mittlere Reihe wird von
sechs Schuppen gebildet; die Lippen sind nur zunächst den Mund-
winkeln doppelt und bedecken die Kiefer kaum zum dritten Theile.
Die Caudale ist am hinteren Rande schwach convex.
Die Seitenlinie durehbohrt mit ıhrem oberen Aste 21, mit dem
unteren sieben Rumpfschuppen und verzweigt sich auf jeder derselben
dendritiseh. Zahlreiche, vielfach verästelte Kanälchen laufen strahlen-
förmig von den Augenrändern aus. Zwischen der Spitze des Kiemen-
deckels und der Caudale liegen im Ganzen 22 Schuppen in einer
horizontalen Reihe. Die drei letzten in eine Querreihe gestellten
Schuppen des Körpers, welche bereits auf der Caudalbasis liegen,
zeichnen sich durch ihre bedeutende Größe aus.
Sämmtliche Schuppen des Körpers zeigen an der Außenfläche
zahllose Radien, welehe von ebenso zahlreichen stark vortretenden
concentrischen Ringen gekreuzt werden.
Über das freie Ende der Dorsal- und Analstacheln legen sich an
dem von uns untersuchten Exemplare in einer zusammenhängenden
39°
586 Steindaecehner.
Reihe dachziegelförmig sich überdeckende dieke Wülste von ovaler
Gestalt und schwammigem Gefüge, welche ein Ausdehnen der Flossen-
haut der betreffenden Stacheln gänzlich verhindern; auch der Ventral-
stachel ist mit einer stark verdiekten Haut überzogen und deutet
sehon äußerlich auf das Geschlecht des untersuchten Exemplares,
eines Männchen, hin.
Der Kopf ist rostbraun, die äußere Unterlippe gelblich, und am
oberen Rande violett gesäumt. Kiefer dunkel blaugrün, an den freien
Rändern weißlichblau gesäumt. Am vordersten, nackthäutigen Theile
des Vordeckels, unter und noch etwas vor den drei letzten Wangen-
schuppen der zweiten Reihe liegt ein hell gelbbrauner, länglicher
Fleck. Die Rumpfschuppen sind in der Mitte bräunlich violett, und
nach hinten mit einem breiten gelbbraunen Saume umgeben. Dorsale
und Anale so wie die Caudale sind bläulich violett, und gleichfalls
breit gelb gerandet. Der Ventralstachel ist bräunlich, die übrigen
gegliederten Ventralstrahlen zeigen eine sehmutzig blauviolette
Färbung. Die Brustflossen endlich sind an der Basis rothbraun, im
sanzen mittleren Theile schmutzig weißlichgelb, auf die noch hellere
gelblichweiße breite Umsäumung des hinteren und unteren Randes
folgt eine schmutzig violette Binde, welche allmälig in die Grundfarbe
des Centrums übergeht.
Ein ziemlich großes wohlerhaltenes Exemplar von 13 Zoll Länge,
von Ningpo, durch Herrn Salmin eingesendet.
D. 9/10; A. 2/9; L. lat. 21 +7; L. tranv. 81/,; P. 2/19.
2. Art. $ynaptura Swinhenis nov. spee.-
P. 6: D. 72:0. 135 A657, V.5 9.) 2 (le Ra
(95 davon auf dem Rumpfe.)
Beide Pectoralen gleich schwach entwickelt; rechte Ventrale
etwas kürzer als die linke, Auge klein, länglich rund, mit längerem
Längendurchmesser, oberes Auge etwas weiter nach vorne gerückt
als das untere. Linke Hälfte des Unterkiefers mit zahlreichen, äußerst
spitzen Zähnchen besetzt; rechte Hälfte desselben Knochens zahnlos.
Mundspalte klein, stark gekrümmt; Oberkieferspitze hackenförmig
verlängert und das vordere Ende des Unterkiefers umfassend. Oberes
Kopfprofil stark bogenförmig gekrümmt. An der unteren oder blinden
Seite des Kopfes liegen zahlreiche Hautläppchen. Das auf der rechten
Über einige neue und seltene Meeresfische aus China. 587
Kopfseite gelegene vordere Nasenloch mündet in ein ziemlich langes
Röhrchen, welches am Ende nicht gespalten ist; die Narine der linken
Kopfseite ist nicht erweitert.
Die größte Höhe des Körpers fällt um eine Candallänge vor
die Mitte der Körperlänge ohne Caudale und erreicht nahezu '/, der
Totallänge.
Die einfache Seitenlinie beider Körperseiten läuft vom hinteren
Kopfende angefangen in fast horizontaler Richtung zur Caudale; sie
liegt in der vorderen Körperhälfte etwas über der Höhenmitte des
Rumpfes, in der hinteren etwas kleineren Körperhälfte nimmt sie
genau die Mitte der Rumpfhöhe ein und endigt am hinteren Ende
des mittleren, längsten Caudalstrahles.
Die Schuppen sind sehr klein, an der linken Körperseite glatt und
noch kleiner als die der rechten Körperseite, welche am hinteren
Rande mit 3—5 verhältnißmäßig Jangen Zähnchen besetzt sind.
Die rechte Körperseite ist ehocoladebraun, die Spitzen sämmt-
licher Flossenstrahlen sind weiß, vor dem freien Ende der Dorsal-,
Anal- und Caudalstrahlen liegt eine blauschwarze Binde, welche
gegen die Basis der Flossen zu allmälig in die Grundfarbe des Körpers
übergeht. Die augenlose Körperseite ist gelblichweiß. Ein schwarzer,
länglicher, quergestellter Fleck in der Mitte der Totallänge des
beschriebenen Exemplares 46”.
Größte Körperhöhe 16°’; Kopflänge 10’; Augendiameter nahezu
1”; Entfernung der Augen 1'/,”'; Höhe des Körpers in der Mitte
der Totallänge 15’; Körperhöhe zu Anfang des letzten Viertels der
Körperlänge (ohne Caudale) 9+/,””; Länge der rechten Ventrale 4"
der linken 3”’; Länge der Pectorale 2”; Länge der Schwanz-
flosse 6#/,'”.
Fundort. Hongkong.
3. Art. Cynoglessus oligelepis Blkr.
D. 128—129; C. 10—12; A. 90—95; V. 4: L. lat. 68— 79.
Ein uns von Ningpo eingesendetes Exemplar besitzt 128 Dorsal-,
10 Caudal-, 90 Analstrahlen und 73 Sehuppen längs der Seitenlinie.
Die Kopflänge ist genau 41/,mal, die größte Körperhöhe 43/;mal in
der Totallänge enthalten.
Eine ziemlich breite Binde spitzer, kurzer Sammtzähnchen auf
der rechten Seite des Unter- und Zwischenkiefers. Das Auge ist bei
5ss Steindachner.
dem uns vorliegenden Exemplare (von 14” 2” in der Totallänge) 4"
lang, das untere ebenso groß wie das obere. Der Abstand derselben
von einander beträgt kaum 2’: das obere Auge ist nur wenig über
das untere vorgezogen. In der Körperfärbung und Zeiehnung stimmt
unser Exemplar genau mit Dr. Bleeker's Beschreibung überein.
4. Art. Cynoglossus lineelatus nov. spec.
D. 95; €. 13; A. 65; V. 4; L. lat. eirca 88
(ohne Caudalschuppen).
Körpergestalt zungenförmig, Kopf vorne elliptisch verschmälert.
Körperhöhe 3°/;mal in der Körper-, und nahezu 3%/,mal in der Total-
länge; Kopflänge fast 4mal in der Körper-, und etwas mehr als
Aı/,mal in der Totallänge enthalten.
Zwei Seitenlinien an der linken Körperseite, durch vierzehn
Schuppenreihen in der Gegend def größten Körperhöhe von einander
getrennt. Auge klein, rund, das obere liegt vor dem unteren; eine
Nasenöffnung zwischen und vor den Augen, die untere vor dem
unteren Auge nahe am Mundrande. |
Ein länglicher, weit überhängender Lappen am vorderen Ende
des oberen Mundrandes. Länge der Schnauze — !/, der Kopflänge.
Kleine spitze Zähnchen auf der rechten Seitenhälfte des Zwischen-
und Unterkiefers.
Das hintere Ende der Mundspalte fällt in eine senkrechte Linie
mit dem hinteren Rande des unteren Auges und liegt näher zum
vorderen häutigen Ende der Schnauze als zum hinteren Kopfende.
Die Schuppen beider Körperseiten sind länglieh, am hinteren
Rande dicht mit sehr feinen Zähnchen besetzt und nehmen gegen
die Mitte der Leibeshöhe an Größe zu.
Linke Körperseite schmutzig hellbraun, rechte Körperhälfte
heller gefärbt; beide mit äußerst feinen, braunen Längslinien geziert,
welche über die Höhenmitte der Längsschuppenreihen hinziehen und
an Zahl der der horizontalen Schuppenreihen entsprechen. Verticale
Flossen zart braun getüpfelt und gesprenkelt.
Ein Exemplar von 4’ 3”’ Länge; von Hongkong.
5. Art. Liachirus nitidus Günth.
Ein kleines, ausgezeichnet gut erhaltenes Exemplar von 3” 3”
Länge. Dorsale mit 60, Anale mit 46 Strahlen. Die Seitenlinie
Uber einige neue und seltene Meeresfische aus China. 55
durehbohrt am Rumpfe 81 Schuppen und mündet längs der Mitte der
sehuppenlosen Schwanzflosse selbst noch in 24—25 Poren. Die
Körperhöhe ist fast 21/,mal in der Körperlänge oder genau 3mal in
der Totallänge, die Kopflänge 4mal in der Körperlänge enthalten.
Die Narine der blinden Körperseite zeigt eine ziemlich weite
Mündung auf einer kurzen Tube. Die Entfernung der Augen von
einander beträgt an unserem Exemplare, welches in der Körper-
färbung und Zeichnung vollständig mit Dr. Günther's Beschreibung
übereinstimmt, nur die Hälfte einer Augenlänge.
Fundort: China.
6. Art. Scopelus (Basyscopelus) asper Richds.
Baar K.30-—17:1V.8— 95 D..lat. 3738 ;5,L. tr. u
21),
Körperhöhe an unseren Exemplaren 41/,;mal, Kopflänge 35/, bis
32/,mal in der Körperlänge ohne Caudale, Augendiameter 22/,;mal in
der Kopflänge enthalten. Die Kiefer reichen nicht gleich weit nach
vorne, indem der Zwischenkiefer den Unterkiefer aufnimmt; die
Schnauze ist sehr kurz, vorne stark abgerundet, der hintere Rand
des Vordeckels etwas schief nach hinten und unten gekehrt. Die
Mundspalte ist schief nach vorne und oben gerichtet, sehr lang. Die
Maxillen reichen bis zum Vordeckelwinkel. Der Abstand des hinteren
Augenrandes vom hinteren Kopfende gleicht eirea 11/, Augenlängen,
die geringste Entfernung der Augen von einander über der Stirne
erreicht nicht ganz die Länge eines Augendiameters. Die Peetorale
ist länger als die Ventrale und erreicht zurückgelegt mit ihrer Spitze
die Mitte der Ventralfiossenlänge. Die geringste Höhe des Körpers
vor der Caudale ist 31/,mal in der größten Leibeshöhe enthalten.
Die Schuppen der Seitenlinie sind höher als die der darauffolgenden
unteren Schuppenreihe und tragen in der Mitte des hinteren Randes
3—4 sehr stark zugespitzte Zähnchen. Die Zähnchen der übrigen
Sehuppen sind kleiner, aber viel zahlreicher (7—10).
Körperfarbe dunkelstahlblau mit hellblauem Schimmer, Körper-
haut schwarz; eine Doppelreihe von Ocellfleecken am Bauchrande,
welche von der Ventrale angefangen gegen den Unterkiefer an Größe
zunehmen; eben so große Ocellen in der Zahl von 3—5 unter der
Seitenlinie, zwei am Schultergürtel, einer am vorderen unteren
Deckelwinkel.
590 Steindachner.
Drei kleine Exemplare aus dem chinesischen Meere, durch
Herrn Salmin.
7. Art. Seopelus tenuicauda nov. sp.
D. 13: A. 21: V. 8: L. lat. 41: Ltr. 7
:
Die Höhe des Körpers ist 42/,mal, die Kopflänge 4'1/,mal in der
Körperlänge (ohne Caudale), der Augendiameter unbedeutend mehr
als dreimal in der Kopflänge enthalten. Die Stirne ist gewölbt und
etwas länger als der Augendiameter, die Länge der konisch gewölbten,
vollständig überschuppten Schnauze dürfte eirca 3/, einer Augenlänge
gleichkommen. Die Mundspalte ist sehr schief nach oben und vorne
geneigt, das hintere Kieferende reicht bis zum Vordeckelwinkel
zurück. Der hintere Rand des Vordeckels ist schwach convex und
etwas nach hinten geneigt. Die Peectorale ist länger als die Ventrale,
reicht aber mit ihrer Spitze nicht weit über die Einlenkungsstelle
der Bauchflossen zurück. Der Schwanzstiel ist sehr lang und äußerst
schlank und fast durchgängig von gleich geringer Höhe, welche eirca
35/,mal in der größten Leibeshöhe enthalten ist. Sämmtliche Schuppen
sind glatt, die der Seitenlinie durch ihre Höhe ausgezeichnet. 9I—10
Schuppen zwischen der Fettflosse und der Caudale; zwischen der
Basis des ersten Dorsalstrahles und der Schuppenreihe der Seiten-
linie zwei Längsschuppenreihen.
Kleine Oceilflecken am Seitenrande des Bauches längs der Basis
der Anale bis zur Caudale, größere vor der Ventrale bis zur Unter-
kieferspitze ; einige wenige Ocellfllecken auf der ersten Schuppenreihe
unter der Seitenlinie, so wie in der unteren Höhenbälite der Schuppen
der Linea lateralis, 2>—3 am Schultergürtel, einer am unteren
vorderen Winkel des Kiemendeckels.
Ein Exemplar aus dem chinesischen Meere, durch Herrn Salmin.
Nächst verwandte Art: Scopelus Coccoi.
8. Art. Scopelus Goccei Cocco.
Ein großes, leider am Kopfe sehr stark beschädigtes Exemplar.
Fundort: Chinesisches Meer.
Über einige neue und seltene Meeresfische aus China. 591
9. Art. Monocanthus (Paramonacanthus) Knerii nov. spec.
BI 2: 2.0. 35: A324; .0. 12: P. 13.
Diese prachtvoll gezeichnete Art ist nahe verwandt mit Para-
monacanthus curtorhynchus Blkr., doch ist die Körpergestalt
minder gestreckt, der erste Dorsalstachel bedeutend stärker und
vielleicht etwas kürzer, an jedem Seitenrande mit einer Reihe
fünf großer, hackenförmig abwärts gekrümmter Stacheln und am
Vorderrande mit einer Doppelreihe viel zahlreicherer aber bedeu-
tend kleinerer Stacheln besetzt, die obere Profillinie des Kopfes
endlich ist schwach concav (bei P. curtorhynchus Blkr. aber
eonvex), und der Schwanzstiel bei Männchen mit zwei Stachel-
reihen besetzt.
Die Kopflänge bis zum hinteren Augenrande ist genau ömal;
die Körperhöhe über dem Becken 2mal, zwischen dem Beginne der
zweiten Dorsale und der Anale 2:3/,mal in der Körperlänge (ohne
Caudale) enthalten. Der Augendiameter gleicht :/,, der Kopflänge,
die Breite der gewölbten Stirne der Länge eines Auges: Bezahnung
wie bei P. ceurtorhynchus. Der Ventralstachel ist beweglich, kurz
wie bei P. choirocephalus und mit sternförmig auslaufenden Stacheln
besetzt. Die Caudale ist am hinteren Rande stark abgerundet und
41/,mal in der Totallänge enthalten, sie besitzt keinen verlängerten
Caudalstrahl, obgleich das uns vorliegende Exemplar ein Männchen
ist. Der ganze Körper ist dieht mit haarförmigen Stachelchen
besetzt, am Schwanzstiele liegen zwei kurze Längenreihen viel
größerer, hakenförmig nach hinten gekrümmter, dünner Stacheln.
Grundfarbe hell bräunlichgrau; blaugrüne Linien ziehen im
Bogen vom vorderen Augenrande zu den Seiten der Schnauze bis zu
den Kiefern hinab. Unter diesen liegen braune Streifen, welche von
den Seitenrändern des Unterkiefers bogenförmig zum Theile zur
Peetorale, zum Theile bis zur Ventralgegend ziehen. Andere braune
Linien ziehen in fast horizontaler Richtung vom Hinterhaupte und
von dem hinteren Augenrande zum Rumpfe, verlieren sich aber bereits
im ersten Viertel der Rumpflänge. Hie und da zeigen sich zwischen
ihnen Spuren blaugrüner Streifen.
In der oberen Hälfte des Rumpfes liegen drei breite, schwarze
Längsbinden, von denen die obere längs der Basis der beiden Dor-
salen hinzieht und mit diesen endigt, die mittlere vom hinteren
«r .
> 92 Steindachner. Uber einige neue und seltene Meeresfische aus China.
Augenrande in horizontaler Riehtung bis zur Caudale läuft und vor
dieser die Oberseite des Sehwanzstieles einnimmt, die dritte endlich
über der Peetorale beginnt und bis zur Basis der mittleren Caudal-
strahlen läuft. In der unteren Körperhälfte zeigen sich nur hie und
da Spuren von zwei ähnlichen sehwärzlichen Längsbinden.
Die Caudale ist am hinteren Rande weiß gesäumt und mit
zwei breiten bogenförmig nach hinten gekrümmten Querbinden
geziert.
10. Art. Corvina Bleekeri Steind. (Pseudotolithus Bleekeri) Ichthyol.
Mitth. IX in Verh. zool. bot. Gesellsch. 1866, pag. 773,
Taf. XIV, Fig. 4. — Hongkong.
11. Art. Ctenotrypauchen chinensis Steind. (S. lehthyolog. Notizen.
IV. Folge, p. 14. Taf. VI, Fig. 3—4.)
12. Art. Amblyopus brachysoma Blkr. — Zwei Exemplare von Hong-
kong.
15. Art. Eleetris melanesoma Blkr. — Ningpo.
14. Art. Hemirampkus amblyurus Blkr. — Ein Männchen aus Hong-
kong.
15. Art. Tetraodon lunaris Bl. Schn., Blkr. — Hongkong.
16. Art. Tetraodon argenteus Lac. — Hongkong.
17. Art. Crayracion immaculatus Blkr. — Hongkong.
18. Art. Syngnathus pelagieus Lin. — Hongkong, Ningpo.
Langer. Über das Lymphgefäßsystem des Frosches. 593
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches.
Von Prof. Dr. ©. Langer.
(Mit 3 Tafeln.)
BE. Die Haut.
Da die Haut der froschartigen Amphibien beinahe in ihrer gan-
zen Ausdehnung von der Leibesmasse des Thieres abgehoben ist,
so bilden sich unter ihr jene weiten, mit einander communicirenden
Räume, welche seit langem schon unter dem Namen „Lymphsäcke“
bekannt sind.
Die Verbindung der Cutis mit dem Körper vermitteln daselbst
bald vollständige, bald netzförmig durchbrochene Membranen, die
zugleich die Träger der zu und von der Cutis gehenden Gefäße und
Nerven sind und die Lymphräume als Dissepimente von einander
scheiden.
Panizza !) und Jos. Mayer ?) waren der Ansicht, daß diese
subeutanen Räume eigentlich keine Theile des Lymphgefäßsystems
darstellen, dagegen hat wieder v. Recklinghausen 3) den Zusam-
menhang derselben mit den entschieden Lymphe führenden Räumen
und in weiterer Folge auch mit den Blutgefäßen nachzuweisen ver-
sucht. Es gelang ihm dies mit den im Bereiche der hinteren Extre-
mität befindlichen Säcken vollständig, und zwar dadurch, daß er
Flüssigkeiten mit darin suspendirten Körperchen in die Lymphsäcke
des lebenden Frosches brachte und die Körperchen nach einiger Zeit
in den Blutgefäßen wieder auffand.
Unter diesen Umständen hätte man annehmen können, daß in
der dünnhäutigen Cutis selbst kaum ein eigenes Lymphröhrensystem
nachweisbar sein dürfte, doch ist es bereits J. Müller *), auch
1) Sopra il sistema linfatico dei rettili 1833.
2) Systema amphibiorum Iymphaticum. Diss. inaug. Berol. 1845.
3) Die Lymphgefäße und ihre Beziehung zum Bindegewebe 1862, p. 22.
2) Müller’s Archiv 1834, p. 298.
’N/
594 Langer.
Panizza !) gelungen, das Vorhandensein von Lymphstämmehen
nachzuweisen, welehe von der Cutis kommen. Die genannten For-
scher füllten dieselben von dem Lymphherzen aus; v.Receklinghau-
sen ?) gelang es aber auch durch die Lymphsäcke in kleinen Par-
tien der Haut des Unterschenkels, der Tarsalgegend und der Zehen
einzelne Stämmehen und kleine Theile von Netzen zu füllen, Netze
von zweierlei Formen; eines, obwohl nur selten, welches eine ähn-
liche Form darbietet, wie das der Bluteapillaren und das sich in
ähnlicher Weise um die Drüsenöffnungen anordnet; ferner ein sehr
unregelmäßiges und dichtes Netzwerk, bisweilen ausstrahlend von
den isolirt vorkommenden etwas größeren Stämmcehen, dessen Balken
erheblieh schmäler sind, als die Bluteapillaren, und das nach Verästelung
und Weite mit den Pigmentfiguren übereinstimmt. Die einzeln stehen-
den Stämmehen glaubt v. Reeklinghausen für eigentliche Lymph-
gefäße erklären zu dürfen. Da es ihm aber nicht gelungen ist, das größere
Netz bei doppelter Injection zu füllen, so läßt er die Iymphatische
Natur desselben unentschieden, und was das feinere Netz 3) betrifft,
so hält er dasselbe für ein mit dem Lymphsystem communieirendes
Saftcanalsystem, welches an vielen Stellen mit pigmentirten Massen
(Bindegewebskörperehen) gleichsam in Form einer natürlichen
Injection angefüllt ist.
Unter der Voraussetzung also, dafs die subeutanen Räume zum
Lymphsysteme gehören, benützte auch ich sie als bequeme Aus-
sangspunkte für die Injectionen der Lymphpgefäße der Cutis, und es
gelang mir auch in der That in mehreren selbst ausgedehnteren Haut-
partien die Lympheapillaren derselben durch Injection verschiedener
Substanzen darzustellen. Ich lernte sie dadurch in der Haut der obe-
ren Kieferwand, am Schädeldach hinter der Nasenöflnung und im
oberen Lide kennen; ferner in der Haut an der oberen und medialen
Seite des Oberschenkels bis zur Leibesmitte unter die Symphyse;
dann in der Haut an der vorderen Pfote mit Einschluß der Daumen-
warze; endlich in den zwei dünnen, durchsichtigen Hautduplieaturen,
in der Schwimmhaut der Hinterbeine und in der Niekhaut.
Ich beschränke mich in dieser Mittheilung auf die Beschreibung
der letzten Ausiäufer der Stämmehen und der Capillaren.
1) L. e. Tab. VI, p. 33. Fig. 6, dann Müller’s Archiv 1834, p. 300.
2) L. ec. p. 2%.
©) L c,p. 75.
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches. 595
Die Methode der Untersuchung brachte es aber mit sich, schon
der Differenzialdiagnose wegen, auch dem Blutgefäßsysteme alle Auf-
merksamkeit zuzuwenden, und dasselbe innerhalb der auf das Lymph-
gefäßßsystem untersuchten Organe in allen seinen Eigenthümlichkeiten
kennen zu lernen. Auch hierbei haben sich einige, wie mir scheint
bisher unbekannte Verhältnisse ergeben, die ich ebenfalls in dem
Folgenden zu beschreiben gedenke.
Vorerst bespreche ieh die Cutis, dann die beiden Duplicaturen
derselben.
In Betreff des histologischen Details des Hautorganes ver-
weise ich auf die Arbeit von Stieda !), in weleher man auch die
früheren Arbeiten vollständig verzeichnet findet. Nur zum Verständ-
nisse der topischen Verhältnisse der Blut- und Lymphgefäße sei hier be-
merkt, daß sich imDerma zwei der Anordnung und dem Aussehen nach
ganz verschiedene Schichten nachweisen lassen, eine tiefere, derbe, in
welcher die Bindegewebsbündel horizontal geordnetsind, von Strecke zu
Strecke aber durch vertical aufsteigende Faserstränge durchsetzt wer-
den. Diese letzteren Faserbündel gelangen ungetheiltin die oberfläch-
liehe Sehiehte, welehe die Drüsen aufnimmt, und aus einem mehr
verfilzten Bindegewebe zusammengesetzt ist. Meistens ist die untere
bindegewebige Lage so dick, wie die obere, drüsige; stellenweise aber-
ist die obere Schichte nicht nur um vieles mächtiger als die untere,
sondern es verschwindet die letztere beinahe ganz, wenn die erste
mächtig anwächst, was in Folge der Einlagerung der zweiten,
der großen Drüsensorte geschieht. Das Pigment der Cutis liegt
ganz an der Oberfläche unmittelbar unter der Epidermis. An den
Stellen, wo die Haut nicht mit den Leibestheilen nach der ganzen
Fläche in Verbindung gebracht ist, da fehlt ein eigentliches subeu-
tanes Bindegewebe. Dasselbe wird aber ersetzt durch eine
dünne, lockere, bindegewebige Schichte, in welche die Stämmchen
der Gefäße und Nerven, aber auch zahlreiche ramifieirte, doch wenig
pigmentirte Zellen aufgenommen sind.
Die freie Begrenzung der inneren Schichte machte die Existenz
einer inneren epithelialen Zellenlage wahrscheinlich. Ich
tränkte deshalb die Haut mit Silbersalpeter und erzielte in der That
1) Du Bois und Reichert’s Archiv 1865, p. 32.
59 v Langer.
die bekannten netzförmigen Zeiehnungen und die in den Maschen der
Linien lagernden hellen Fleeken, welche beide man als eharakteri-
stiseh für die Anwesenheit eines Epithels hält.
Anlangend das Blutgefäßsystem ist vorerst zu erwähnen,
daß die Haut zweierlei Bluteapillarsysteme beherbergt.
Das eine ist das bekannte in der äußeren, subepidermoi-
dalen Cutisschichte lagernde !), welches in seine Maschen die
Drüsenöffnungen aufnimmt.
Das andere, wie ich glaube, bisher noch nicht bekannte Netz
findet sich an der inneren Cutisfläche. Dieses besteht aus
ebenso feinen Gefäßchen, wie das erstere und breitet sieh ebenfalls
nach der Fläche aus, jedoch sind die Maschen desselben viel größer,
und wenn es auch an manchen Stellen ziemlich dieht wird, wie z. B.
am Knie, so erreicht es doch nicht jene Compaetheit, die das ober-
flächliche Netz besitzt. Besondere morphologische Beziehungen in
der Anordnung dieser Capillaren zu irgend einem Gewebe finden sich
keine; es ist eben nur ein Grenznetz, wie ein solches allen histolo-
gisch-indifferenten Membranen mit freien Flächen zukommt. Die phy-
siologische Beziehung desselben, die nieht auszuschließen sein
dürfte, wäre die zu den Lymphräumen, so daß es also ungefähr wie
das Capillarsystem seröser Häute zu deuten wäre.
In Fig. 1 ist dasselbe von der Haut des Unterschenkeis abgebil-
det. Die Injection muß ganz vorzüglich gelungen sein, wenn man es
gut gefüllt zu Gesicht bekommen soll. Nach meinen Erfahrungen
gelingt seine Darstellung am leichtesten durch Injection der Venen-
stamme.
Da dieses Netz in dieselbe Hautschichte eingetragen ist, in wel-
cher auch die Stämmehen liegen, so kömmt es daselbst durch die
Begegnung beider zu einer eigenthümlichen Anordnung in der
Astfolge der subeutanen Stämmehen, deren Kenntniß schon
deshalb wichtig ist, weil sie auch in den Duplieaturen der Haut
(Schwimmhaut und Niekhaut) vorkommt, und sie daselbst, bei nieht
ganz gefüllten Blutgefäßen sehr leicht eine Verwechslung von Blut-
gefäßßen mit Lymphgefäßsen veranlassen könnte.
1) Hyrtl. Österr. medic. Jahrbücher 1839. 28. Bd., p. 347.
Über das Lymphgefäßsystein des Frosches. 597
Man findet nämlich an der inneren Oberfläche der Haut zweier-
lei voreapillare Blutgefäßstämmcehen; einzeln verlau-
fende, und das sind Venen; dann solehe, die beinahe während
ihres ganzen Verlaufes von kleinen Blutgefäßen begleitet
werden, und das sind Arterien, denen sich meistens auch die Nerven
anschließen. Von beiden Stämmchen sieht man Zweigehen abgehen,
die mit einer raschen Wendung in die Cutis eindringen und schein-
bar wie abgebrochen endigen. Andere Zweigchen derselben verthei-
len sich in dem Netze der inneren Oberfläche. Verfolgt man nun die
Röhrchen der inneren Oberfläche, so sieht man, daß dieselben rück-
läufig zum Theile zu isolirt verlaufenden Venen, zum Tkeil aber auch
zu den begleitenden Gefäßchen der Arterien gehen, so daß diese
letzteren demnach eine zweite Sorte von Venenwurzeln darstellen.
Man kann sie auch im weiteren Verlaufe in ein größeres venöses
Sefäßchen einmünden sehen und wahrnehmen, daß sieh die an-
fangs isolirt verlaufenden Venen später auch an eine Arterie an-
lehnen. Venen und Arterien können sich dann neuerdings isoliren;
wenn sie aber endlich bereits große Stämmcehen darstellen, so
gehen sie allemal wieder zusammen, um vun den Dissepimenten
der Lymphräume geleitet, sich den in der Tiefe des Leibes lagern-
den Hauptramificationen anzuschließen. Da die Nerven meistens mit
den Arterien gehen, so bilden diese Vasa comitantia zugleich die
Vasa nervorum.
Was den Verlauf der Arterien und Venen, die das ober-
flächliche Netz speisen, betrifft, so ist schon von anderen
Seiten nachgewiesen worden, daß sie in den senkrecht aufstei-
genden, die horizontale Faserschichte durchsetzenden Balken da-
hin gelangen, welche daher wenigstens zum Theil ein Röhrensystem
vorstellen. Wie ich glaube, sind bei diesem Übertritte Arterien und
Venen nicht beisammen; ich habe wenigstens nie zwei zusammen-
gehende Gefäße von unten her in die Cutis eintreten gesehen.
Eine Ausnahme von der flächenförmigen Anordnung des ober-
flächlichen Blutgefäßnetzes findet sich an allen den Stellen der Haut,
wo die großen Drüsen eingelagert sind, wie z. B. in der
Oberlippe. Daselbst lösen sieh die aufsteigenden Gefäßchen schon
beim Eintritte in die Drüsenschichte in kleine Capillaren auf, die
während ihres Ganges zur Oberfläche die Drüsenbälge in der Form
von anastomosirenden Reifen locker umspannen.
598 Langer.
Eine andere Ausnahme findet sieh in der sogenannten Daumen-
warze der Männehen, worin ebenfalls große Drüsen und ober-
Nächlieh Papillen sich finden 1). Hier kommt es nämlich zur Bil-
dung von wahren Sehlingen. Fig. 4.
Das typische Cutieularnetz umgibt zuerst mit größeren Gefäß-
ringen den etwas austretenden Bauch einer jeden von den großen
Drüsen. Aus diesem Gefäßringe gehen dann mehrere kleinere Gefäß-
chen radiär gegen die mitunter ganz regelmäßig in der Mitte des
Hügels liegende Drüsenöffnung und vereinigen sich da unter einander
in einem zweiten, kleineren Kreise. Wo die Anordnung der Drüsen
dureh Einschaltung kleinerer Drüserkörper und durch excentrische
Lagerung der Öffnung gestört ist, erleidet natürlich auch diese Gefäß-
vertheilung eine Störung. An diesen beiden Gefäßreifen hängen die
kleinen beinahe kugeligen Papillen, die somit am inneren Gefäß-
ringe selbst bis knapp an die Drüsenöffnung heranrücken. In jeder
Papille liegt eine Gefäßschlinge, die durch Umbeugung des
Ringgefäßes erzeugt wird. Wegen der gedrungenen Gestalt der
Papille ist aber die Schlinge so kurz und so eng geschürzt, daß man
sie erst bei verschiedenen Lagen der Papille und verschiedener Ein-
stellung des Mikroskopes als solche erkennen kann, sonst aber leicht
mit einer bläschenförmigen Ausbuchtung des darunter weglau-
fenden Gefäßes verwechseln könnte. Die Täuschung ist daher bei
kleinen Vergrößserungen um so leichter. Diese Gestaltung der Gefäße
innerhalb der Papillen, müßte bei Untersuchungen der Endigungs-
weise der Nerven in Betracht gezogen werden, um die engen
Schlingen nicht mit einem terminalen Nervenbläschen zu ver-
wechseln.
Wie das Blutgefäßsystem, so ist auch das Lymphgefäss-
system reichlich in der Cutis vertreten. Die größeren Röhrchen
gelangen, wie die Blutgefäße, geleitet von den vertical aufsteigenden
Balken von unten aus durch beide Faserschichten der Cutis hindurch
bis an die Oberfläche, umstricken netzförmig die daselbst eingegra-
benen Drüsenkörper und formen sich in der oberflächlichen Lage zu
einem Netze, dessen Regel darin besteht, dafs die Röhrchen wie die
1) Siehe über den drüsigen Bau der Daumenwarze die Arbeit von A. Hensche
Zeitschr. f. wiss. Zoologie. Bd. 7. 1856, p. 273.
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches. 599
Blutgefäße mit größeren Maschen die Öffnungen der Drüsen umgrei-
fen, in den Zwischenräumen derselben dagegen in engeren Maschen
sich verstrieken. Die Röhrchen sind meistens stärker im Caliber als
die Bluteapillaren, und konnten mit ihnen schon defShalb nicht ver-
wechselt werden, weil in denselben Präparaten auch die Blutgefäße
gut injieirt vorlagen. Siehe Fig. 2.
Die horizontale Faserschichte der Cutis hat keine eigenthüm-
lichen Blut- und Lymphgefäße.
Trotz gelungener Injeetionen konnte ich keinen Übergang der
ganz scharf begrenzten Lympheapillaren in engere Röhrchen, etwa
in die als Safteanälchen aufgefaßten Pigmentzellen wahrnehmen.
Wenn ja irgendwo der injieirte Farbstoff die Grenzen der
beschriebenen Capillaren überschritten hat, so ergab dies immer ein
Extravasat, in welchem man deutlich die Pigmentzellen als etwas
damit in keinem Zusammenhange stehendes wahrnehmen konnte.
Schon bei Flächenansichten kann man mit stärkeren Linsen
sich die Überzeugung verschaffen, daß das Lymphgefäßnetz tiefer
liegt als das Netz der Blutcapillaren, gleich wie auch davon, daß
beide Röhrensysteme unabhängig von einander sich verzweigen.
Beides beweisen auch Durchschnitte der Haut, wie ein solcher in
Fig. 3 abgebildet ist. In solehen Segmenten trifft man auch einzelne
in einem Balken aufsteigende Stämmehen, manchmal in Gesellschaft
eines Blutgefäßes, man kann sich auch davon überzeugen, daß in
der ganzen Cutis, mit Ausnahme der geschilderten Gefäße weder
Blut- noch Lymphröhrchen verlaufen.
Beide Abbildungen beziehen sich auf die Haut des Oberschenkels,
die sich am leichtesten füllen läßt, sei es vom Lymphsacke des
Unterschenkels aus, nachdem man früher den ganzen Froschkörper
ober den Schenkeln zusammengeschnürt hat; sei es vom Rückensinus
aus, indem man nach Durchbohrung des Dissepimentes die Canülle in
den Oberschenkelsinus eingebunden hat. Die Injeetionsmasse dringt
manchmal allsogleich in die Haut ein, manchmal aber erst, nachdem
man durch Druck mit den Fingern nachgeholfen hat. Tränkung des
injieirten Hautstückes mit Kreosot bewirkt eine solche Durchsichtig-
keit des Objeetes, dafs man ganz gut nicht nur die Gefäße, sondern
auch die Pigmentzellen verfolgen kann.
Es ist einsichtlich, daß die Form des Netzes, als abhängig von
der Vertheilung der Drüsen, an verschiedenen Orten verschieden
Sitzb, d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I, Abth. 40
600 Langer.
gestaltet sein müsse. So zeigt sich in der Haut des Oberschen-
kels von Hyla, deren Drüsen in Gruppen beisammenstehen, eine
dem entsprechende gruppenweise Verdichtung des Netzes.
sine andere Modifieation findet sich in der Daumenwarze
der Männehen. Hier schließen sich die Lympheapillaren eng an die
Züge der Bluteapillaren an, bilden mit ihnen die größeren Reife und
schicken auch von da aus gegen die Drüsenöffnungen an den Blut-
capillaren entlang gehende Röhrchen, doch konnte ich bis jetzt
den inneren Lymphgefäßreif, der offenbar auch vorhanden ist, nicht
darstellen. In den Lücken, wo drei Drüsenkörper zusammenstoßen
und die größeren Ringgefäße in drei Zweige zerfallen, liegt ein Netz,
das mit Zuziehung der zur Drüsenöffnung gehenden Röhrchen, sich
auch auf den austretenden Bauch des Drüsenkörpers fortsetzt. In
Betreff des Verhaltens der Lymphröhrehen zu den Papillen konnte
ich aber keine sicheren Resultate erzielen. Bald sah ich Röhrchen
bis an den Stiel der Papille gehen, aber dort abbrechen, bald aber
auch Fälle, wo ein Röhrchen an der gut injieirten Blutgefäßschlinge
vorbeilief. Fig. 4. |
Eine dritte Modification findet sich in jenen Cutisstücken,
welche durch Einlagerung größerer Drüsenkörper sehr verdickt sind.
Es lösen sich daselbst die Lymphgefäße, kaum daß sie in die Drüsen-
schichte gekommen sind, bereits in zahlreiche feine Zweigchen auf,
welche zwischen den Drüsen von unten nach oben verlaufen, und
meistens in der Mitte dieser Scehichte, durch Anastomosen, welche
quer über die Drüsenschläuche hinweggehen, mit einander in Ver-
bindung stehen. Ein Beispiel dieser Form ist in Fig. 5 aus der
Lippenhaut dargestellt.
Erwähnen muß ich noch, daß ich auch in den sogenannten
Parotiden der Kröten die großen Drüsenbälge derselben von
einem Blut- und Lympheapillarnetz umsponnen sah.
Zum Schlusse habe ich noch einen, das Blutgefäßsystem
der Haut betreffenden Befund mitzutheilen. Ich fand nämlich in
jener Wand der Bursa Iymphatica iliaca (Panizza), durch welche
dieser Lymphraum nach hinten von dem oberen Lymphsacke des
Schenkels abgeschieden wird, eine ganze Kette von kleinen, mit
einer Loupe noch nicht auflösbaren Wundernetzen, welche sich
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches. 601
an die daselbst zur Haut ziehenden Gefäße reihen und längs derselben
herab bis zum hinteren Lymphherzen fortziehen. Einige derselben,
die dem unbewaffneten Auge wie Pünktchen erscheinen, sind wahre
Gefäßknäuel, indem sie von Gefäßschen erzeugt werden, in die
rascher Folge aus der Arterie ihren Ursprung nehmen und sich viel-
fach durch einander winden. Fig. 6. Ein anderes, namentlich ein grö-
fseres, schon ganz am Lymphherzen liegendes, ist ein nach der Fläche
ausgebreitetes Wundernetz. Da sich diese Gefäßbildungen an anderen
Hautgefäßen nicht finden, und die Knäule in die Bursa vliaca hinein-
ragen, in einen Sack, an dessen Zugehörigkeit zum Lymphsysteme
selbst Panizza und J. Meyer nicht zweifelten, so dürfte eine ganz
nahe Beziehung dieser Wundernetze zu dem Lymphgefäßsysteme
schon jetzt mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein.
Es erinnert dieser Befund an die Angaben von Leydig !), denen
zu Folge bei den Plagiostomen und bei Salamandra Gefäßknäuel in
das Lumen mancher Lymphgefäße vorspringen. Ich traf diese Gefäß-
formation sowohl beim Frosche als auch bei der Kröte; jedoch nur
nach ganz gelungenen Injectionen. Ausführlichere Angaben hierüber
behalte ich mir für eine spätere Mittheilung vor.
Indem ich nun zur Beschreibung des Gefäßsystems der Haut-
duplicaturen übergehe, ziehe ich zuerst die Schwimmhaut in
Betracht.
Anlangend das Blutgefäßsystem derselben, habe ich nur
hervorzuheben, dafs deren Capillaren in zwei Schichten über einander
liegen, entsprechend den zwei Cutis-Lamellen, aus welchen die
Schwimmhaut zusammengesetzt ist. Innerhalb der Lamellen bilden
sie ein Netz, das von jenem in der Cutis an anderen Orten kaum
verschieden ist. Seine größeren Maschen umgreifen die wenigen
daselbst befindlichen Drüsen. Gegen den freien Rand der Schwimm-
haut treten beide Netzlagen durch schlingenförmige Umbeugungen
der Röhrchen zusammen. Mitten zwischen den zwei Blättern liegen
die größeren Gefäße, unter denen dıe vorcapillaren Arterien wieder
durch begleitende feine Venenwurzeln ausgezeichnet sind.
1) Lehrbuch der Histologie. 1857, p. 423.
40*
602 Langer.
Die Lympheanäle sind unmittelbare Ausläufer der Lymph-
räume der hinteren Extremität. v. Reeklinghausen !) hat sie
bereits dargestellt, und zwar dureh Injeetion von den subeutanen
Lymphsäcken aus. Wie ihm, so begegnete es auch mir, daß die
Füllung derselben in der Regel erst nach einem mäßigen Druck auf
die bereits in den Säcken aufgestaute Masse erfolgte, und dann
ganz rapid. Die Füllung geschah seltener durch die längs der
Plantarseite der Zehen fortlaufenden Fortsetzungen der Säcke,
meistens dureh den hinteren Winkel der Interdigitalräume. Man
findet nach halbwegs gelungenen Injectionen ein Netz, dessen Gefäße
mit der zunehmenden Breite der Haut immer zahlreicher, dafür aber
auch immer dünner werden, hinten in ganz engen Maschen sich
verstrieken, vorne aber weiter aus einander rücken. Die letzten
Röhrchen dringen bis in den feinen freien Saum der Duplieatur ein
und verfeinern sich dabei so sehr, daf3 sie beinahe bis auf das Caliber
der Bluteapillaren herabsinken. Sämmtliche diese Theile des Netzes
liegen zwischen den zwei Cutisplatten und zeigen keine von den
größeren Blutgefäßen irgend wie abhängige Anordnung, zwingen
vielmehr dieselben, bald da, bald dort sich dureh die Masehenräume
Bahn zu brechen. Die Lympheapillaren des feinen Saumes laufen
zwischen den Blutgefäßen hin und her, ohne sie in sich aufzunehmen,
ohne überhaupt mit ihnen in innigeren Contact zu kommen und
treten dann am Saume in engeren und weiteren Arcaden zusammen.
Beide Röhrensysteme sind daher vollständig von einander geschieden.
iv. 7.,; 4 Ä
Die allmälig aus dem großen Netze in den Saum übergehenden
Röhrchen sind aber nicht die einzigen feinen Ausläufer desselben;
es finden sich nämlich solche auch in der Continuität des gröberen
Netzes. v. Recklinghausen sah auch diese und scheint wenig-
stens einen Theil derselben für die Übergänge in das von ihm ange-
nommene plasmatische Röhrensystem zu halten. Man überzeugt sich
aber alsbald von der wahren Bedeutung derselben, wenn man Durch-
schnitte dureh die Schwimmhaut anfertigt und sieht, daß diese dünnen
Röhrchen zur Oberfläche ziehen, namentlich zu den daselbst liegenden
Drüsen. Sie sind somit die Muttergefäße eines zweiten Netzes, eines
solchen nämlich, welches dem oberflächlichen Bluteapillar- Netze
1) L. c. p. 24.
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches. 603
entspricht. Die Darstellung dieses Netzes ist mir zwar nicht ganz
gelungen, weil eine geringe Überschreitung der Druckhöhe schon
genügte, um Extravasate hervorzubringen; aber einzelne Partien
desselben habe ich doch gefüllt, namentlich an den Zehenrändern,
und da sah ich, wie sie sich gerade um die Drüsen lagerten.
Die zweite Duplicatur. die Niekhaut, muß schon deßhalb
ausführlicher besprochen werden, weil eine auf die Lymphgefäße
dieses Organs bezügliche Beobachtung von S. Stricker 1) vorliegt,
deren Resultat mit den Ergebnissen meiner Untersuchungen in keinem
Einklange steht. Stricker spricht sich nämlieh dahin aus, daß die
Bluteapillaren der Nickhaut in Lymphräumen flottiren, somit die
kleinsten Blutgefäße in ihr gerade so von der Lymphe umspült wer-
den, wie die Aorta und manche Zweige derselben. In Betreff der Stämm-
chen ist er geneigt dasselbe Verhältniß als bestehend anzunehmen.
Die Structur des ganz durchsichtigen Organs bedarf zu dem
speciellen Zwecke des Nachweises der Lymphbahnen keiner beson-
deren Auseinandersetzung; es genügt sich gegenwärtig zu halten,
daß dasselbe eigentlich eine Duplieatur ist, deren zwei Platten aber
in der Mitte kaum trennbar zusammenfließen, nur nach unten zu sich
wieder scheiden, woselbst die bis dahin nur wenigen Drüsen wieder
in größerer Menge auftreten, und das in der Mitte ganz fehlende
Pigment wieder in dichten Massen sich einfindet. Nur in Betreff des
freien Randes mögen noch einige Worte Platz finden. An diesem
befindet sich ein etwas diekerer Saum, der an seiner äußeren Fläche
gegen den durchsichtigen Lidtheil mit einem scharf markirten Wulste
beginnt und gegen den freien Rand stark zugeschärft endigt. In
diesen Saum sind wieder zahlreiche Pigmentzellen und drei Reihen
unter einander alternirend gestellter Drüsen aufgenommen.
Die Blutgefäße der Niekhaut haben drei Ein- und Ausgangs-
punkte, nämlich die beiden Augenwinkel und den unteren Übergangs-
rand. Von da aus sieht man die Stämmehen gegen die Mitte des
Organs und den Saum ausstrahlen und in Capillaren zerfallen. Die
1) Wiener akad. Sitzungsberichte. I. Abth. 51. Bä., p. 16.
604 Langer.
letzteren sind im ecentralen Lidtheile nur in einer Schichte vorhanden,
wenig zahlreich, und in weiten Maschen verknüpft, gegen den unteren
Rand aber bereits wieder in doppelten Lagen aufgelegt und enger
verstrickt, Zwischen diesen zwei Schichten liegen die größeren
Gefäße, und es hat ganz den Anschein, als ob die eentralen Capillaren
direete Fortsetzungen dieser größeren Gefäße in der mittleren Gefäß-
schicht wären. Die beiden aufgelegten Capillarsehichten, die dermoidale
und eonjunetivale endigen nämlich in engeren und weiteren Bögen,
mitunter selbst mit Schlingen gerade da, wo der in schiefer Riehtung
von unten anlangende Muskel der Niekhaut in das eigenthümliche
Gewebe derselben übergeht.
Im pigmentirten Lidsaume sind die Capillaren wieder enger zu-
sammengeschoben und bilden Netze mit rundlichen Maschen, in
welche die Drüsen eingelagert sind. Im Bereiche des Wulstes lassen
sich auch wieder zwei Capillarlagen unterscheiden, sie gehen aber
gegen den scharfen freien Rand wieder zusammen. Mitten darin ver-
läuft den Lidrand entlang eine Vene, die durch Aufnahme der Capil-
laren gegen die beiden Augenwinkel allmälig anwächst; sie ist in
Fig. 8 mit v bezeichnet. Das ungefähr aus der Mitte des unteren
Randes aufsteigende größere Gefäß ist ebenfalls eine Vene; sie ist
ein Ast des seitlichen um die Schulter gebogenen oberflächlichen
Venenstammes. Nebst diesen gibt es noch zwei seitliche kleine
Venen, die unter den Augenwinkeln austreten.
Die Arterien, mindestens jene, die zum Saume gehen und jene,
die mit ihrer Endverzweigung bis in den centralen Theil der Niekhaut
reichen, kommen alle von der vorderen und hinteren Seite, nament-
lich aus den Augenwinkeln und ziehen schief gegen den freien Lid-
rand. Sie zeichnen sieh ebenfalls, wie die der Cutis dadurch aus, daß
sie begleitende Capillaren oder ein begleitendes Venenstämmehen
an ihre Seite nehmen. Die begleitenden Capillaren sind bald einfach,
bald doppelt und nehmen in dem letzteren Falle die Arterie zwischen
sich. Mitunter hat die Arterie, wenn sie einerseits neben einer Vene
liegt, andererseits nur eine Capillare neben sich. Ich verweise in
Betreff der begleitenden Capillaren auf Fig. 9—11.
Die Lymphgefäße beider Lider und die der angrenzenden
Haut habe ich durch den Rückensack gefüllt und dazu körnige und
gelöste Farbstoffe in wässrigen Vehikeln verwendet. Um keines der
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches. 605
bekannten Darstellungsmittel außer Acht zu lassen, habe ich auch
den Silbersalpeter zur Injection benützt und zwar mit Leim versetzt.
Das, was sich am leichtesten füllen läßt, und in der Regel zuerst
füllt, ist ein weiteres Randgefäß, welches unterhalb des Rand-
wulstes, also bereits im durchsichtigen Theile des Lides, von einem
zum anderen Augenwinkel hinzieht, von der Mitte gegen die Winkel
stetig anwachsend.
Dieses Gefäß entspricht der Vene im Saume, obwohl es von
derselben weit abliegt. Es ist in Fig. 8 mit Z bezeichnet. Durch
wiederhoite Theilung und Wiedervereinigung der Schenkel, dann
durch Abgabe von Ästchen, bildet sich an ihm eine Reihe von Inseln,
die bald größer bald kleiner sind und dem Gefäße bereits den
Charakter eines Geflechtes beilegen, zu dem dasselbe später in den
Augenwinkeln wird. In ihm sammeln sich einerseits alle aus dem
Saume kommenden kleineren Lymphröhrehen, und andererseits äuch
Röhrehen, die im durchsichtigen Theile der Niekhaut ramifieirt sind.
Jene Lympheapillaren aber aus dem Centrum, deren Inhalt nicht
nach dem Randgefäße abfließt, bilden andere größere und kleinere
Stämmehen, die sich an die arteriellen und venösen Stämmehen
anschließen. Einige davon gelangen gerade in die Augenwinkel zu
den daselbst befindlichen Geflechten, die anderen gehen nach unten,
verbinden sich dort mit den Stämmcehen, die aus der pigmentirten Haut
längs dem Kieferrande, dann aus der Gaumengegend ankommen, und
bilden mit ihnen ebenfalls einen subeutanen Plexus. Beide diese
Geflechte entleeren sich unmittelbar in den Rückensack.
Was das Verhältniß dieser Lymphstämmchen zu den Bultgefäß-
stämmcehen betrifft, so ist leicht zu constatiren, dal das Iymphatische
Randgeläß nur stellenweise ein größeres arterielles Blutgefäß an
seine Seite nimmt, daher gewissermaßen nur zufällig mit demselben
in Berührung kommt; von jenen Ästehen aber, die über den Wulst
in den Lidsaum gehen, wird es überkreuzt, bald von Außen, bald von
Innen, bald durch seine Inseln hindurch. Die aus dem Saume kom-
menden Lymphröhrehen schließen sich, indem sie zum Randgefäßse
ziehen, zwar meistens, aber nicht immer an die Blutgefäße an. Im
Allgemeinen entspricht da jedem Blutgefäß nur ein Lymphröhrchen.
Jene Röhrehen aber, welche aus dem eentralen Theile der Niekhaut
hervorgehen und zum Randgefäße ziehen, schließen sieh eng und
paarweise an die Blutgefäße an. R
606 Langer.
Von den zum eonvexen Lidrande ziehenden Lymphstämmehen
sind jene, welche die in der Mitte des unteren Randes austretende
Vene begleiten, paarig; jene aber, welehe sich an die Arterien an-
sehliefsen, verhalten sich auf verschiedene Weise. Ist die Arterie von
einem Venenstämmchen begleitet, so gehen drei Lymphgefäße mit,
eines zwischen den beiden Blutgefäßen und je eines an den Seiten.
Hat aber die Arterie Bluteapillaren an ihrer Seite, so schließen sich
die mitgehenden Lymphröhrehen bald mehr an diese an, bald mehr
an die Arterie, im ersteren Falle sind sie kleiner, im letzteren größer ;
bald sind die Lymphröhrchen einfach, bald doppelt. Hieraus ergeben
sich verschiedene Combinationen, in Betreff welcher ich auf die
Fig. 10 und 11 verweise. Bemerken muß ich noch, daß sich an die
größeren Packete auch noch der Nerv anschließt.
Ich habe dieses Verhältniß in der Gruppirung der beiden
Gefäßssorten schon desshalb ausführlicher besprochen, um der Ein-
streuung zuvorzukommen, ich wäre aus Unkenntnils dieser Verhält-
nisse in den Fall gekommen, begleitende Blutröhrehen mit Lymph-
röhrehen zu verwechseln. |
Noch muß das Verhalten der Lymphgefäße an den Theilungs-
stellen der Blutgefäße geschildert werden. Es versteht sich
von selbst, daß an diesen Stellen auch die Lymphgefäße in Zweige
zerfallen müssen.
Die Schilderung des Zerfalls und der Beziehungen der hieraus
hervorgehenden beiden Astfolgen zu einander kann schon defhalb
nicht umgangen werden, da sie Auiklärung geben dürfte über die
gleichen Verhältnisse an den Capillaren.
In dem einfachsten Fall, wenn nur ein begleitendes Lymph-
röhrehen vorhanden ist, und beide Gefäße nur in zwei Zweige zer-
fallen, sind auch die beiden Theilungswinkel neben einander gelegt
und in Folge dessen muß da ein Lymphgeiäßast über einen Blut-
gefäßast hinweggehen, sich mit ihm überkreuzen. In dem Falle aber,
wo zwei begleitende Lymphgefäße vorkommen und nicht nur das
Blutgefäßstämmcehen, sondern auch seine zwei Zweige zwischen je
zwei Lymphröhrchen eingeschaltet verlaufen, da bildet sich im
Theilungswinkel des Blutgefäßes eine bogenförmige Verbindung
zwischen jenen zwei Lymphröhrehen, welche an den einander
zugewendeten Seiten der beiden Blutgefäßästchen liegen. Der Bogen
ist aber nicht isolirt, sondern mit einem oder dem anderen von jenen
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches. 607
zwei Lymphgefäßen in Verbindung gebracht, welche das Blutgefäß-
stämmehen zwischen sich nehmen. Hieraus ergibt sich also ein
Verbindungsast, welcher wie eine Brücke über die Wurzel des einen
oder des anderen Blutgefäßästchens hinweg gelegt ist. Zur Erläute-
rung des Gesagten diene Fig. 9, 11, 13, 14, 15.
Mitunter findet sich an Injeetionspräparaten der in den Blutgefäß-
winkel eingeschaltete Lymphbogen scheinbar isolirt, ohne Verbindung
mit den seitlich verlaufenden Röhrchen. Dies kann seinen Grund
darin haben, dafs durch das vorher strotzend gefüllte Blutgefäßschen
die verbindende Brücke comprimirt wurde, und dadurch für die
Injeetionsmasse nicht durchgängig war. Die. Injeetionsmasse mußte
daher auf anderen Wegen in den Bogen gelangen; und in der That
kounte ich diese verbindenden Wege, wenn auch in einiger Entfer-
nung beinahe immer nachweisen. Das Leerbleiben dieser Brücken
kann in anderen Fällen auch so erklärt werden, daß der wirklich
eingedrungene Injectionsstoff, später durch das gefüllt gebliebene
"Blutröhrehen wieder herausgedrängt wurde. Dies ereignet sich nicht
selten; denn man findet mitunter weit ab von der compacten Säule
des Injecetionsstofles entfernte Spuren von der verwendeten Farbe.
Außer diesen an den Tlcilungsstellen liegenden Brücken gibt
es noch andere, welche mitten im Verlaufe eines Blutgefäßes quer
über dasselbe weggelegt sind, und anastomotische Röhrchen dar-
stellen, welche die beiden begleitenden Lymphröhrchen mit einander
vereinigen. Fig, 15.
Nebst den eng in den Theilungswinkel der Blutgefäße einge-
schobenen Lymphgefäßbögen finden sich in den Augenwinkeln noch
andere längere, weiter abliegende. Sie sind Andeutungen des Be-
sinnes der Netze, die sich gegen die Lidwinkel immer mehr ver-
dichten.
In Betreff der Anordnung der Lympheapillaren zeigen
sich ebenfalls wieder Unterschiede im Saume und im centralen Theile
der Niekhaut.
Im Saume ziehen zwar die Lympheapillaren ziemlich regel-
mäßig mit den Bluteapillaren, umgeben auch mit ihren Maschen
ringförmig die daselbst befindlichen Drüsen, allein sie sind, nament-
lich anfangs nicht unmittelbar an die Blutgefäße gekettet, und immer
nur einfach.
608 Langer.
Was die Lympheapillaren des eentralen Theiles der
Niekhaut betrifft, so muß ich gleich gestehen, daß es mir nicht
gelungen ist, sie alle an einem Exemplare zu füllen. Dafür aber steht
mir eine ganze Reihe von Präparaten zu Gebote, an welchen alle
diesfalls zu wissen nothwendigen Verhältnisse klar dargelegt erschei- .
nen, und zwar in verschiedenen Combinationen, in dem einen
Präparat ist diese, in dem anderen jene Partie gefüllt, Lymphgefäße
mit und ohne Blutgefäße. Da hier die Lymphgefäße sämmtlich in die
Sphäre der Bluteapillaren vorgeschoben sind, so glaube ich für die-
selben den Namen Lympheapillaren ansprechen zu dürfen. Zu
dieser Categorie möchte ich aber auch noch jene Lymphröhrehen
zählen, welche sich an jene Bluteapillaren anschließen, die vorhin
als begleitende Capillaren der Arterien beschrieben worden sind,
z. B. die in Fig. 10 abgebildeten.
Ich glaube mich nicht zu irren, wenn ich sage, daß sämmt-
liche Lympheapillaren des centralen Theiles der Niekhaut nicht
anders, als paarig und in Begleitung der Bluteapillaren
verlaufen. Die Annahme dieser Anordnung rechtfertigt sich schon
dadurch, daß die Bluteapillaren daselbst zum größten Theile in die
Vene des unteren Lidrandes übergehen, und dieses Gefäß, wie schon
gesagt, zwischen zwei Lymphgefäße eingeschoben verläuft. Es kommt
zwar vor, dafs man manchmal nur ein Lymphgefäß neben einer Blut-
capillare antrifft; für diesen seltenen Fall aber glaube ich annehmen
zu sollen, es habe sich das anscheinend fehlende Röhrehen eben nur
der Beobachtung entzogen. Allenfalls für kürzere, anastomotische Blut-
eapillaren möchte ich die Möglichkeit zugeben, daß sie nur von einer
Lympheapillare begleitet werden.
Meistens sieht man die zwei begleitenden Lympheapillaren knapp
neben die Bluteapillare gelegt, mitunter aber sieht man auch welche,
die weiter von dem Blutröbrchen abliegen, als die Dicke der beiden
Wände betragen kann (Fig. 15). Mitunter trifft man sie auch nicht
gerade neben die Blutcapillare gelegt, sondern etwas unter oder
über das Blutröhrchen verschoben, so daß dieses also eine Strecke
weit von einer oder der andern Seite gedeckt fortläuft.
Ich glaube in Betreff dieser topischen Angaben sicher zu sein,
und die Möglickeit einer Verwechslung der Lymphröhrehen mit Blut-
röhrehen ausschliessen zu können; da mir Injectionspräparate vor-
liegen, an welchen alle Blutröhrehen, sei es durch Injeetionsmasse,
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches. 609
sei es dureh aufgeschwemmte Blutkörperchen, deutlich markirt sind,
und ich im Centrum der Niekhaut nie wahrgenommen habe, daß zwei
Bluteapillaren neben einander verlaufen. Dies kommt wohl gegen die
Augenwinkel zu vor, wo die Zweigehen mitunter in sehr spitzigen
Winkeln von einander abgehen, aber nicht im Centrum des Lides.
Im Centrum der Niekhaut sind daher alle Röhrchen, welche
neben einer Bluteapillare liegen, Lympheapillaren. Hiezu kommt noch
der Beweis, den die Injection liefert, und das Auffinden von aufge-
schwemmten Lymphkörperchen in diesen begleitenden Kanälen.
Da also sämmtliche Lympheapillaren als Vasa comitantia der
Blutgefäße auftreten, so müssen sich an den Theilungsstellen derselben
die bereits früher besprochenen Verhältnisse wiederholen. Man findet
daher auch an diesen und zwar allenthalben die quer und schief
über die abgehenden Blutgefäßchen hinweggelegten
Aststückchen, ferner auch die in die Theilungswinkel der Blut-
gefäße eingefügten Bögen mit ihren das eine oder das andere Blut-
getäßästchen überkreuzenden und die Verbindung mit den seitlichen
begleitenden Lymphröhrchenstämmehen herstellenden Brücken.
Siehe die Figuren 13, 14, 15.
Bei der gangbaren Ansicht, daß die Blutgefäße in die Lymph-
räume aufgenommen sind, mußte ich mir die Frage vorlegen, ob
nieht die zwei längs dem Blutgefäße hingelesten Farbstriemehen
dennoch in einem und demselben Raume liegen, und nur durch das
injieirte Blutgefäß auseinander gedrängt erhalten werden, daher mög-
lieher Weise nur einen, nicht aber zwei von einander geschiedene
Räume vorstellen.
Dies ist aber sicher nicht der Fall. Mir liegen nämlich Präparate
vor, wo daß Blutgefäßs gar nicht gefüllt ist, wo also von einem
Verdrängen des Farbstoffes dureh das Blutgefälßs nach den Seiten
keine Rede sein kann, und wo trotzdem, vielleicht eben gerade des-
halb die anastomotischen queren und schiefen Brücken ganz gut ge-
füllt sind.
Es widerspricht einer solchen Deutung auch noch die Verthei-
lungsweise derExtravasate. Die austretenden Farbstoffe verthet-
len sich nämlich immer früher nach den beiden vom Blutgefäße
abgewendeten Seiten, und können bereits auf größere Strecken
weit fortgeschoben sein, ohne daß noch ein Zusammenfluß der beiden
Farbstreifen über oder unter dem Blutgefäß hinweg wahrzunehmen
6 l 0 Langer.
wäre. Der geringere Widerstand findet sieh daher allemal nach
Außen, nicht gegen das Blutgefäß hin, was doch sein müßte, wenn
die Seitenräume ober oder unter dem Blutgefäße, oder gar auf beiden
Seiten zusammengehen würden, d. h. der Farbstoff in einem einzigen
das Blutgefäßß umfassenden Raum läge. Erst dann, wenn die Extra-
vasate bedeutend anwachsen, kommt es in diesem membranös ausge-
breiteten Organ, der Nickhaut dazu, daß das Blutgefäß allseitig vom
Farbstoff umronnen erscheint.
Schon die Ergebnisse der Injeetion berechtigen daher sich ge-
gen die Invagination der Blutgefäße auszusprechen. Hieraus folgt
dann, daß die Lymphröhrehen ganz selbstständige, den Blutgefäßen
zwar angeschlossene, keineswegs aber dieselben in sich aufnehmende
Canäle sind. Eine Abhängigkeit beiderRöhrensysteme von
einander, kann daher für diesen Bezirk wie für alle an-
deren nurinBetreff des Verlaufes, niehtaberinBetreff
der Begrenzung zugestanden werden.
Gegenüber der Annahme der Invagination muß überdieß noch
eine, wenn auch nicht entscheidende, dennoch bemerkenswerthe
Thatsache verzeichnet werden, nämlich das Vorkommen von
Lympheanälen, welche mit Blutgefäßen in gar keinem
innigen Zusammenhange stehen. Es gehören in diese Kathe-
gorie die früher erwähnten längeren Bogengefäße innerhalb der
Theilungswinkel der Blutgefäße, insbesondere aber das Randgefäß,
welches weder ein Blutgefäß einschließt, noch auch vermöge seiner
Anordnung in eine engere topische Beziehung zu den Blutgefäßen
gebracht ist.
Zum Schlusse muß ich noch bemerken, daß sämmtliche Injeetions-
präparate, die mir die Beweise für das Gesagte lieferten, obwohl
einige kleiner gezeichnet, dennoch mit starken Linsen durchgeprüft
und aufgenommen worden sind.
Übrigens stütze ich meine Angaben nieht allein auf Injeetions-
präparate, sondern auch auf Untersuchungen soleher Absehnitte, die
nicht künstlich injieirt waren. Die Ergebnisse dieser Unter-
suchungsreihe bringt das Folgende.
Bei der Durchsicht der Injectionspräparate habe ich meine e Auf-
merksamkeit auch jenen Stellen zugewendet, wo die Injeetionsmasse
mitten in der Continuität eines Röhrchens abbrach. Da hatte ich
einige Male die Gelegenheit vor der gestoekten Injeetionsmasse ganze
Über das Lymphgefäßsysten des Frosches. 6i 1
Klumpen von aufgeschwemmten Lymphkörperchen anzu-
treffen, durch welche der nicht gefärbte Abschnitt des Röhrehens
nicht nur gekenrzeichnet, sondern auch bis zur vollen Rundung
ausgedehnt war. Diese Beobachtung machte ich im Herbst an den
Niekhäuten von Fröschen, die nur ganz kurze Zeit in Gefangen-
schaft und ganz frisch erhalten waren. Wenn es noch eines Be-
weises bedurft hätte für den Iymphatischen Charakter der durch
künstliche Injection dargestellten Canälchen, so war er hiermit
geliefert. Zwei Beispiele solcher Fälle sind in Fig. 11 und Fig. 12
abgebildet.
Durch diese Beobachtung bekam ich Kriterien an die Hand, um
auch solche Röhrenstücke als Lymphröhrehen erkennen zu können,
die zwar nicht künstlich injieirt, aber durch ihren natürlichen
Inhalt gekennzeichnet waren. Ein solcher Fall ist in Fig. 15
dargestellt; das mit Lymphkörperchen strotzend gefüllte Röhrenstück
war stellenweise paarig, doch nicht überall eng an die Bluteapillaren
angeschlossen, stellenweise sogar mehr von demselben abgerückt,
als die Summe der Dicke der beiden aneinander grenzenden Wände
betragen konnte.
Es lief sich die eine Röhre innerhalb zweier großer Blut-
eapillarmaschen, bei der gegebenen Vergrößerung, über vier ganze
Breiten des Gesichtsfeldes fortlaufend ganz unzweifelhaft verfolgen,
und es ließ sich auch die Anordnung desselben mit aller Sicherheit
studieren. An mehreren Stellen konnten die Astbrücken, und an
zweien auch Brücken im Verlaufe der ungetheilten Röhrchen mit aller
Sicherheit nachgewiesen werden.
An Stellen ferner, wo die angehäufte Lymphkörperchenmasse
unterbrochen war, ergab sich die Gelegenheit auch solche Lymph-
röhrenstückchen anzutreffen, die gar keinen, wenigstens keinen
geformten Inhalt hatten. Durch diese Beobachtung wurde es
wieder möglich ganz farblose Lymphröhrehen aufzufinden und zu
verfolgen. Da ich aber solche Röhrchen nur in manchen Präparaten
auffinden konnte, und sie sich darin, wie glasartig helle Striemchen dar-
stellten, so glaube ich, daß eine Hauptbedingung ihres Auffindens in
diesem Zustande ein serumartiges Contentum sei, durch welches die
Wände von einander abgehoben erhalten werden.
Die Fig. 13 und Fig. 14 beziehen sich auf Fälle dieser Art. Sie
betreffen Präparate von frisch conservirten Winterfröschen, deren
>
612 Langer.
Blutgefäße durch ungefärbten Leim !) ganz gelungen injieirt waren,
bei denen aber die Injeetion der Lymphgefäße nur sehr unvollständig
verblieb.
In Fig. 14. ist eine Blutgefäßeapillare gezeichnet, die sich in
rascher Folge zweimal theilt. An der ersten Gabel befindet sich ein
injieirtes Lymphröhrchen, welches eine Astbrücke gerade über den
Abgang einer Bluteapillare abgibt und sich dadurch mit dem in den
Gabelungswinkel eingeschobenen, nur zum Theile injieirten Lymph-
gefäßbogen in Verbindung selzt. Der eine unvollständig injieirte
Schenkel dieses Bogens ließ sich aber als glashelles Röhrchen ganz
deutlich noch eine Strecke weit verfolgen. Auf der anderen Seite der
Bluteapillare liegt ein mit scharfen Contouren versehenes ebenfalls
glashelles Lympheanälchen. Es sollte in der zweiten Gabel eine
Brücke bilden, dieselbe war aber nur undeutlich erkennbar, sie lag
wahrscheinlich unter dem Blutgefäß; deutlicher machte sich aber
der in diesen Theilungswinkel eingeschobene Lymphgefäßbogen be-
merkbar.
Zum Beweise dafür, daß sich solche Astbrücken, auch wenn sie
ganz leer sind, dennoch nachweisen lassen, diene Fig. 135. Wie
früher, so konnten auch in diesem Falle die begleitenden Lymphröhr-
chen mit Hartnack’s Immersions-System Nr. 9 ganz zweifellos ver-
folgt werden.
Das Verhalten dieser Canälchen entspricht daher ebenfalls voll-
ständig jenem der injieirten Lymphgefäße, undan der Identität derselben
kann um so weniger ein Zweifel sein, als gerade in jenes Röhrchen,
von welchem die Astbrücke abgeht, weiter oben noch etwas Farbe
eingedrungen ist. Nur das an der anderen Seite der Bluteapillare
liegende Canälchen blieb seinem ganzen Verlaufe nach ungefärbt.
Ich habe auch hier wieder die Ramificationsverhältnisse ausführ-
licher beschrieben, weil bei der Discussion über die Frage, ob die
Blutgefäße in die Lympheanäle aufgenommen sind, oder ob beide
Röhrensysteme nur neben einander hinweggehen, das Verhalten bei-
der Röhrenarten gerade an den Theilungsstellen als für die Invagina-
tion beweisend hervorgehoben wurde.
Man sah den, in den Blutgefäßwinkel eingeschalteten Te
gefäßbogen für die etwas weiter über den Winkel binweggespannte
1) Injeetionen mit ganz farblosem Leim kann ich für histologische Studien sehr
empfehlen.
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches. 613
Wand des invaginirenden Lymphcanales an. Der Nachweis aber der
an den Theilungsstellen befindlichen Brücken, durch welche der Bo-
Sen mit den seitiichen begleitenden Lymphröhrehen in Verbindung
gebracht wird, klärt die Sache dahin auf, daß es sich dabei nur um
ein Verhältniß handelt, wie ein solches allenthalben
zwischen begleitenden Gefäßen an deren Theilungs-
stellen sich findet, so z. B. auch an Venen beim Menschen, die
sich paarig an die Arterien und deren Äste anschließen.
Wenn man es mit collabirten Lymphröhren zu tun hat, und von
diesen Brücken absieht, so bekommt man wohl Bilder, die den An-
schein einer bestehenden Invagination ergeben; ein solches Bild ist
in Fig. 16 dargestellt. Die äußeren Umrisse der Lympheanäle bilden
dann gleichsam einen zweiten äußeren Contour des Blutgefäßes, der
bald näher an den Umriß des Blutgefäßes herantritt, bald weiter von
ihm absteht. Letzteres sah ich insbesondere an solchen Stellen, wo
das Blutgefäß etwas verengt war, wie bei «a, a.
Um Lymphgefäße ohne Injection sichtbar zu machen, dazu glaube
ich Einlagerung der ganz frischen, jedenfalls noch wasserfeuchten
Niekhaut in angesäuertes Wasser empfehlen zu können. Ich habe
wenigstens an so zubereiteten Objeeten die reinsten Bilder erhalten,
und erkläre mir die vortheilhafte Wirkung damit, daß vielleicht in
Folge der Quellung das Wasser in die Canälchen eintritt, und deren
Wände ausgespannt erhält. |
Bedenkt man, daß sowohl die mit Farbe injieirten Lymphröhr-
chen (falls kein Extravasat erfolgte), als auch die glaskellen, wie ich
glaube mit irgend einer hyalinen Flüssigkeit gefüllten Lympheanälchen
allenthalben mit scharfen Linien begränzt sind, so dürfte
man schon deßhalb auch die angenommene Wandungslosigkeit
dieser Lymphbahnen sehr in Zweifel ziehen können; ja es könnten
sogar die Kerne, welche nicht nur in den Umrissen, sondern auch
in der flachliegenden Wand bemerkbar sind, geradezu für die Annahme
einer selbstständigen Begränzungswand verwerthet werden.
Um aber allen bisher zu Gebote stehenden Darstellungsmethoden
gerecht zu werden, habe ich auch Injeetionen mit Silber-
salpeterlösungen vorgenommen, und sowohl im Randgefäße als
auch in den zum Lidsaume gehenden feinen Verzweigungen desselben
jene netzförmigen Zeichnungen erzielt, welche Auerbach in den
subserösen Lymphgefäßen des Darmrohrs dargestellt hat; sie sind in
614 Langer.
Fig. 17 abgebildet. Den neuesten Nachweisen von Schweigger—
Seidel !) zu Folge, dürfte kaum mehr daran zu zweifeln sein, daß
diese Zeichnungen die wesentlichen Umrisse der Zellen eines inneren
epithelialen Überzuges zur Anschauung bringen. Gewiß ist, daß sie
die Anwesenheit einer inneren glatten Begrenzungsschichte darlegen.
Nun wäre noch die Frage zu beantworten, ob nicht das Lymph-
eanälchen wenigstens theilweise nur durch das parallel verlaufende
Blutröhrehen begrenzt werde. Dafür könnte wohl der, mitunter ganz
enge Anschluß beider Röhrensysteme an einander geltend gemacht
werden. Dagegen spricht aber wieder der Umstand, daß dieser enge
Anschluß nicht allenthalben nachweisbar ist, daß sogar bedeutende
Zwischenräume zwischen den Begrenzungen der beiden Gefäße sicht-
bar sind; hauptsächlich aber spricht dagegen die Existenz von Lymph-
röhren, die ganz unabhängig von Blutgefäßen, selbst innerhalb der
capillaren Sphäre, wie z. B. im Saume des Lides verlaufen. Jedenfalls
könnte ein solches Verhältniß nicht als ein typisch gebotenes auf-
gefaßt werden.
Was endlich das angenommene, mit den Lymphgefäßröhren in
offener Communication sein sollende Safteanalsystem betrifft, so
kann ich mich mit Stricker und Anderen nur dahin aussprechen,
daß ich auch in diesem für solche Untersuchungen äußerst günstigen
Objeete nichts gefunden habe, was damit hätte verglichen werden
können. Ich sah wohl häufig genug stellenweise die Injeetionsmasse
die Bahnen der Lymphröhrchen verlassen, doch war dieselbe immer
nur in Klümpchen vertheilt, die als nichts anderes, als Extravasate
gedeutet werden konnten.
EEE. Die Wundhohle.
Die Gaumenschleimhaut des Frosches besitzt ein System von
regelmäßig geordneten Falten, die sich in fächerförmiger Anordnung
aus dem Schlundtrichter gegen den Kiefer fortziehen, und theils
dureh Spaltung, theils durch Einschaltung neuer Leistehen nach
vorne zu vermehren. Am Augapfel verlieren sie sich in einer
1) Die Behandlung der tlierischen Gewebe mit Argentum nitricum. 18. Band der kön.
sächs. Gesellschaft d. Wissenschaften, p. 190.
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches. 615
anscheinend glatten Fläche und setzen sich nur in der Mitte, längs
der Schädelbasis bis in die Nähe der Gaumenzähne fort. Je besser
die Blutgefäße injieirt sind, desto schärfer treten diese Falten hervor.
Vor den beiden Gaumenzähnen und den Choanen, somit im Bereiche
des eigentlichen harten Gaumens ist die Schleimhaut ebenfalls ganz
glatt, zieht dann über den Gaumenrand des Kiefers empor und bildet
daselbst einen schmalen Saum, der sich bis an die Zwischenkiefer
fortzieht, dort aber in zwei neben der Mittellinie liegende Wülste
verdickt.
Durchmustert man mit einer Loupe die gut injieirte Schleimhaut
des harten Gaumens, so findet man in der hinteren Hälfte dessel-
ben eine kleine Furche, die ungefähr in der Breite der beiden
Gaumenzähne quer von einer zur anderen Seite hinzieht. Mitunter
reihen sich an dieselbe noch einzelne Grübehen, manchmal aber
findet sich statt der ganzen Furche nur eine Reihe dicht neben ein-
ander gestellter Grübchen. In der Furche oder den Grübehen öffnen
sich etwa 20 Schläuche, bald einzeln, bald zusammenhängend,
welche in fächerförmiger Anordnung zu den Zwischenkiefern hin-
ziehen. Sie sind die Ausführungsgänge einer von Leydig!) ent-
deckten tubulösen Drüse, deren Parenchym in den Raum zwischen
der knorpeligen Nasenkapsel und den Zwischenkiefern eingetragen
ist. Im Innern der Drüsenröhrchen befindet sich ein aus Cylinder-
zellen bestehendes Drüsenepithel, dessen rundliche Kerne insgesammt
an dem äußeren, der Röhrenwand zugewendeten Ende der Cylinder
liegen. Leydig hält dieselbe für eine Speicheldrüse. Der Lage
nach entspricht sie dem von Bojanus bei der Schildkröte ent-
deekten Tuberculum palatinum; und da die Furche, in welcher die
Ausführungsgänge sich öffnen, mit den von Stannius angedeuteten,
vor den Choannen liegenden Öffnungen am Gaumen einiger Ophidier
und Saurier zu identifieiren ist, so scheint es, daß diese Gaumendrüse
beim Frosche ein Organ vertritt, welches wohl allen Amphibien typisch
zukommen dürfte.
Die Stämmehen der Blutgefäße gehen von dem Kieferrande
und dem Umkreise der Orbita dendritisch ramificirt in die Schleim-
haut über; jene des harten Gaumens aber sind ganz im Sinne der
1) Lehrbuch der Histologie. 1857, p. 347.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abth. 41
a >
616 Langer.
Ausführungsgänge der Gaumendrüse radiär geordnet. Sie kreuzen
fortlaufend in den Zwischenräumen der Öffnungen mit ihren Ausläufern
die Gaumenfurche und verbinden sich unmittelbar hinter derselben
in bogenförmigen Anastomosen, aus welchen wieder weiter fortlau-
fende Zweige bis an die Gaumenzähne vordringen. Allenthalben
zerfallen die arteriellen Vorcapillaren in der Schleimhaut in kleine
Sternchen, die endlich in die Capillaren der Oberfläche zerlegt
werden.
Das capillare Blutgefäßnetz wird von mehr oder weniger
gebogenen Röhrchen erzeugt, die sich in verschieden geformten
Maschen verstricken. Es ist ganz gleichförmig über den Augapfel,
und am harten Gaumen über die Ausführungsgänge der Gaumen-
drüse weggelegt. Nur an zwei Stellen ist es unterbrochen: durch
die Gaumenzähne, an welchen es bis nahe an die Spitze derselben
emporklimmt und mit einem gezackten Rande endigt; dann durch
die Gaumenfurche. In dem Falle aber, wenn sich die einzelnen
Mündungen der Ausführungsgänge neben einander als Grübchen
reihen, geht das Netz in Form von schmalen Brücken zwischen je
zwei Öffnungen hindurch.
Anlangend die Gefäße der Gaumendrüse findet man, daß ihre
Ausführungsgänge in capillare Gefäßringe eingeschoben sind, welche
von Strecke zu Strecke die nebenher laufenden Arterien und Venen
mit einander verbinden. Im Parenchym der Drüse selbst ist die
Anordnung im Wesentlichen dieselbe; man sieht, wie sich die von
der Nasenkapsel her eindringenden Arterien in die Zwischenräume der
Tubuli einlagern, mit diesen fortlaufend ramifieiren, und dieselben
mit capillaren Ringen umgreifen.
In den Faltungen der Gaumenschleimhaut ändert sich die An-
ordnung der Capillaren; sie drängen sich nämlich hauptsächlich in
den Falten zusammen, während das Netz in den Furchen mit weniger
Gefäßchen größere Maschenräume darstellt.
Das Eigenthümlichste an allen den Capillaren der Schleimhaut
des Mundes und des Schlundes (mit Ausnahme jener der Zunge)
bis hart an den Mageneingang heran besteht darin, dal sämmtliche
mit knotigen Anhängen versehen sind.
Als ich diese Eigenthümlichkeit das erstemal sah, glaubte ich
es mit engen und kurzen Verschlingungen der Röhrchen zu thun zu
haben, wofür schon der, wellenförmige Verlauf der Capillaren zu
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches. 617
sprechen schien. Bei näherer Untersuchung aber zeigte es sich, daß
diese Knötchen Ausbuchtungen der Capillargefäßwand, wahre Di-
vertikel sind. Siehe Fig. 19.
Mir ist ein solcher Bau der Capillaren bei keinem anderen Thiere
und auch in keinem anderen Organe des Frosches bekannt geworden,
und ich fand in der Literatur nur in der Abhandlung von L. Beale:)
über die Ganglien des Frosches eine Abbildung davon, jedoch ohne
Beschreibung. Ob ihn dieser Forscher anderweitig beschrieben hat,
ist mir nicht bekannt.
Jede einzelne Schleimhauteapillare, die zwei Maschenräume
scheidet, besitzt 5—9 solche Divertikel, die alle gegen die
Sehleimhautoberfläche austreten. Man findet sie zwar bald
unregelmäßig alternirend, bald aber auch nur unilateral gestellt.
Ersteres ist dann der Fall, wenn das Gefäßchen mehr hin und her
gebogen ist, letzteres aber dann, wenn dasselbe in einem fortlaufen-
den Bogen gekrümmt ist; in diesem Falle liegen die Buchten alle an
der convexen Seite der Krümmung. So ein Röhrchen macht ganz
den Eindruck einer gezackten niedergelegten Leiste. Und dies scheint
in der That das Richtige zu sein, so daß die alternirende Stellung
der Divertikel eben nur durch die wiederholten Biegungen des
Gefäßchens zu Stande käme.
Das ganze Capillarsystem ist in die unmittelbarste Nähe der
Schleimhautoberfläche vorgeschoben, und überragt dieselbe sogar
mit den Buchtungen, so zwar, daß diese letzteren in Folge dessen,
der Anordnung des Capillarsystemes entsprechend, Reihen von netz-
förmig gruppirten Schleimhauterhabenheiten, gewissermaßen von
Papillen darstellen. Hiervon kann man sich am besten an Faltungen
der vom Epithel befreiten Schleimhaut überzeugen, wenn man ein
Gefäßchen beobachtet, welches quer über die Kante einer solchen
Falte hinwegläuft. Man überzeugt sich übrigens von diesen Erhaben-
heiten auch schon durch das Gefühl, wenn man über eine mit
saturirter Lösung von Berlinerblau injieirte Schleimhaut mit einer
Messerklinge hinwegfährt; man fühlt dabei, daß die Oberfläche
ganz rauh ist und findet später, daß man einen großen Theil
der Buchtungen, manchmal mit Hinterlassung des Röhrchens ab-
gestreift hat.
1) Philos. Transact. of the r. S, 1863. V. 153. Tabula 40, fig. 47.
41°
6 18 Langer.
Eine Täuschung in der Deutung dieser knotigen Anhänge ist
kaum möglich, weil man dieselben bald von oben, bald von der Seite zu
Gesicht bekommt. An Kunstprodukte ist auch nieht zu denken, da
man sie nicht blos an injieirten, sondern auch an blutgefüllten und
leeren Capillaren antrifft. Ihre Beobachtung ist wegen ihrer ober-
Nächlichen Lage leicht; sie sind gleich nach Abtragung des Epithels
für das Mikroskop selbst bei starken Vergrößerungen zugänglich.
Fig. 18.
Betrachtet man sie von der Seite (a), so sieht man, daß sie auf
einem engeren Halse sitzen, und betrachtet man die ganz leeren oder
mit ungefärbtem Leim injieirten Buchten von oben (5), so gelingt es
bei richtigen Einstellungen des Mikroskopes, die Communieationsöff-
nungen in das fortlaufende Capillarrohr ganz deutlich wahrzunehmen.
In Betreff des Baues der Wände dieser Capillaren ist vor Allem
die große Menge granulirter Kerne auffallend. Dieselben sitzen theils
zwischen den Buchten, theils auf diesen selbst; auf den letzteren
nehmen sie meistens den Scheitel derselben ein. Nach der Fläche
liegend zeigen sie eine ovale Gestalt, an den Rändern aber erscheinen
sie spindelförmig. Die Silberzeichnungen haben an den nicht gebuch-
teten Vorcapillaren das bekannte Aussehen; ihre Linien bilden Ma-
schen, in welchen mitunter deutlich erkennbare Kerne liegen. An den
buchtigen Röhrchen aber sind die Zeichnungen sehr verwickelt,
namentlich an der oberen Wand, wo sich die Buchten zusammen-
drängen. Man sieht daselbst die Maschenräume manchmal von dem
geraden Wandstück auf die Divertikel hinaufgehen, meistens aber
die Divertikel umgreifen; gelegentlich ziehen dagegen wieder ein-
zelne Linien gerade über die Ausbuchtungen hinweg und theilen die-
selben.
Wie in den Vorcapillaren so sah ich auch hier stellenweise ganz
deutlich Kerne in die Maschenräume hineinfallen. Die angenommene
Bedeutung der Zeichnungen zugegeben, würde folgen, daß die
Epithelsehüppchen der Divertikel zum Theil Fortsetzungen jener des
Rohres, zum Theil aber ihnen eigenthümlich sind.
Was die Bedeutung dieser Gefäßdivertikel betrifft, so drängt
sich zunächst der Gedanke auf, daß dieselben morphologisch mit
Gefäßschlingen zu vergleichen sind, so zu sagen eine verkümmerte
Form derselben darstellen, und da Gefäßschlingen hauptsächlich
wieder nur Papillarformationen charakterisiren, daß hiemit in dieser
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches,. 619
Anlage eine eigenthümliche Form von Papillen ausge-
sprochen sei. Als für diese Annahme günstig, kann gewiß die ganz
oberflächliche Lagerung, ja das Austreten der Divertikel über das
Niveau der Sehleimhautfläche gedeutet werden. Weiter spricht hiefür
auch das Verhalten desselben Capillarsystems bei der Kröte, deren
Faltensystem im Munde, namentlich aber im Schlunde viel stärker
ausgebildet ist.
Schon in den Fältchen, die sich, bei der Kröte auch über den
Augapfel wegziehen, und deren jede zwei der Länge nach ziehende
Gefäßchen enthält, sieht man die Divertikel der Capillaren bereits
nach und nach seltener werden, dafür aber die Röhrchen in scharfen
auf- und absteigenden Curven sich winden, bis endlich im Schlunde
alle Buchten vollständig verschwinden. Hier zeigen sich die sehr
scharf und hoch austretenden Fältchen als aus einer Reihe von
Fortsätzen zusammengesetzt, die durch tiefe Einschnitte von einander
geschieden, bald mehr breit zungenförmig, bald fadenförmig gestaltet
einer neben dem anderen stehen. In den Fortsätzen befindet sich ein
in zwei Schichten vertheiltes capillares Netz mit länglichen, senk-
recht gelagerten Maschen und mit Röhrchen, die sich an dem ge-
zähnelten freien Rande des Fortsatzes in wiederholten Knickungen
bald hin und her winden, bald in lang ausgestreckten Schlingen
auf- und absteigen. Während also beim Frosche die Divertikel der
Capillaren sich bis an den Mageneingang hinein finden, verschwin-
den sie bei der Kröte schon in der Mundhöhle, um alsbald an ihre
Stelle kürzere oder längere Schlingen treten zu lassen,
welche in größere papillenartige Aufwürfe der Schleimhaut eingela-
gert sind.
Vom Lymphgefäßsysteme des Gaumens ist es mir wieder-
holt geglückt, einige Partien desselben mit Carmin und Berliner Blau
zu füllen, namentlich am harten Gaumen und längs des ganzen
Kiefersaumes bis an die Schlundöffnung der Trommelhöhle. An diesen
Stellen kenne ich nicht nur die Stämmehen, sondern auch deren Ca-
pillaren.
Die Stämmchen ziehen an den Blutgefäßen hinweg, begleiten
dieselben meistens paarweise bis an die feineren Verästlungen, wo sie
sich dann ablösen und in selbstständiger Astfolge in die Capillaren
auflösen. Am Zwischenkiefer sieht man zwei größere Äste in Beglei-
Ö 2 0 Langer.
tung der dazwischen liegenden Vene quer aufgelegt, und von diesen
einerseits einzelne Ästehen radiär zwischen die Ausführungsgänge
der Gaumendrüse nach hinten abgehen, andererseits die Zweige ent-
stehen, welche sich in den zwei daselbst befindlichen wulstigen
Auftreibungen des Kiefersaumes vertheilen.
Die Capillaren bilden im ganzen Saume ein dichtes
Flächennetz mit engen Maschen und gröberen Gefäßchen, welches
sieh unterhalb der Bluteapillarenschichte ausbreitet, somit
zwischen diese und die Gefäßstämmehen zu liegen kommt. Die an
den Ausführungsgängen laufenden Röhrchen bilden ein lockeres,
durch quere Anastomosen verknüpftes Netz, welches die Gänge um-
gibt, und sich längs derselben zurück, bis in das Parenchym der
Gaumendrüse fortspinnt. Fig 20.
In die Schleimhaut an den Orbitalöffnungen des Gaumens konnte
ich bis jetzt nur Stämmchen an den Blutgefäßen entlang, und einige
vorcapillare Zweige derselben darstellen.
Die Injection dieser Lymphgefäße habe ich vom Rückensacke
aus vorgenommen. |
Vom Rückensacke aus läßt sich auch der große dünnhäutige
Lymphraum füllen, der an den Muskeln der Wurzel der Zunge sich
aushreitet. Derselbe zieht sich in netzförmig verknüpften und immer
feiner werdenden Ramificationen, ungefähr wie das grobe Netz der
Schwimmhaut durch den ganzen Zungenkörper bis in die beiden
Spitzen fort. Aus diesem Mutternetze geht ein oberflächliches, zweites
Netz hervor, welches als eigenthümliches Netz der Schleimhaut mit
seinen Maschen die Zungendrüsen umgreift.
Auch die Papillae fungiformes enthalten Lymphröhrchen. Ich
habe oft genug Röhrchen aus dem oberflächlichen Netze abgehen und
zwischen den Blutgefäßchen und dem Nervenbündel bis an den
Grund der becherförmigen Einsenkung am Ende der Papille aufstei-
gen gesehen, um die Anwesenheit von Lymphgefäßen in diesen Pa-
pillen als sichergestellte Thatsache betrachten zu können. Über das
obere Ende derselben konnte ich jedoch keine bestimmten Bilder ge-
winnen. Ich sah die Röhrehen am Grunde des Bechers in eine Auf-
quellung übergehen, glaube aber nicht, daß dieser Knäuel das eigent-
liche, also blinde Ende derselben vorstellt, weil ich einige Male
neben diesem Röhrchen noch ein zweites von unten auisteigendes
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches. 621
Röhrenstückehen bemerkte und ein anderes Mal wieder Ausläufer aus
der Aufquellung hervorgehen sah, die nach unten zu gerichtet waren.
Da ich ein Zusammengehen beider Abschnitte bisher noch nicht antraf,
so kann ich nur vermuthungsweise aussprechen, daß jede Papille
auch eine eapillare Lymphgefäßschlinge beherbergt, die am
Grunde des Bechers einen ähnlichen Knäuel darstellt, wie dies
die Blutgefäße bei collabirten Papillen thun.
In Betreff der Beziehungen der Blut- und Lymphgefäße der
Froschzunge kann ich dagegen auf das bestimmteste versichern, daß
beide, vom Anfang bis ans Ende, obwohl nahe aneinander gerückt,
dennoch vollständig von einander geschieden sind und
jede der beiden Ramificationen für sich ein selbstständiges Röhren-
system darstellt. Selbst die Zungenarterien und Venen sind nicht in
den am Grunde der Zunge liegenden Lymphsack aufgenommen,
sondern verlaufen außerhalb seiner Wände, angelehnt an die in den
Zungenkörper eindringenden quergestreiften Muskeln.
IV. Der Geschlechtsapparat.
Die Eierstöcke der Batrachier bilden bekanntermaßen dünn-
häutige Säcke, die durch Dissepimente in mehrere Fächer getheilt
sind. An der inneren Oberfläche der gemeinsamen Hülle und an den
Dissepimenten hängen die Eier, jedes in einem geschlossenen Eisack
eingekapselt.
Die Blut- und Lymphgefäßchen des Eierstockes sind ziem-
lich leicht zugänglich, erstere sowohl von der Aorta, als auch von der
Bauchvene, letztere vom großen Abdominalsinus. So leicht aber die
Injeetion derselben ausführbar ist, so gelingt es doch nicht immer
auch die feinsten Gefäße bis zum vollen Abschlusse ihrer Netze zu
füllen, weil leicht Extravasate zu Stande kommen.
Angefangen von dem Übertritt der Stämmehen auf das Ovarium,
sind bereits Blut- und Lymphröhren vollständig von
einander geschieden. Die letzteren schließen sich wohl allent-
halben den ersteren paar weise an, laufen aber nur neben denselben,
und bilden, indem die zwei Röhrchen durch zahlreiche brückenförmige
Anastomosen mit einander verbunden sind, gewissermaßen ein als
Canal ausgezogenes Strickwerk, in welchen die dazwischen liegenden
622 Langer.
Blutgefäße eingelagert sind, wodurch dieselben hin und wieder sogar
vollständig verdeckt werden.
Die Anordnung beider Gefäßsysteme inder Grundmembran
des Eierstockes hat viel Ähnlichkeit mit jener in der Harnblase.
Es treten nämlich in beiden Organen bereits die vorcapillaren Blut-
gefäße netzförmig zusammen, jedes von zwei Lymphgefäßen beglei-
tet, die auch ihrerseits wieder grobe Netze formen. Aus diesen Netzen
gehen dann die feineren Röhrchen ab, die sich innerhalb der großen
Netzmaschen wieder zu feinen Netzen vereinigen. Diese capilla-
ren Netze unterscheiden sich schon darin von den vorcapillaren,
daß sich in ihnen die Lympheanälchen nicht mehr strenge an die
Blutgefäße halten, und daß, wo dies der Fall ist, immer nurje
ein Lymphgefäßchen an ein Blutgefäßchen zu liegen
kommt. Ist die Injection wenigstens stellenweise gelungen, so über-
zeugt man sich auch, daß das Lymphnetz zum vollen Abschlusse ge-
kommen ist, und daß es daher keine solchen Ausläufer ins Binde-
gewebe gibt, wie sie v. Recklinghausen!) als bestehend ange-
nommen hat. Was so aussieht, halte ich für unvollständig injieirte
Lympheapillaren.
Der Unterschied in der Gefäßanordnung beider Organe liegt,
betreffend den Eierstock, in dem, daß die Regelmäßigkeit des Netzes
der Grundmembran durch die Einlagerung der Eier, namentlich der
noch nicht ganz ausgebildeten und durch das Herausdrängen der
reifen, manche Störungen erleidet, hauptsächlich aber darin, dafs die
Voreapillaren auch noch feine Äste abgeben, welehe die daselbst
austretenden Eier zu umgreifen haben. Indem sich auch diese
letzteren Gefäße in ein Netz auflösen, dessen Träger der Eisack ist,
kommt jedes Ei, wenn es bereits die Größe eines mäßigen Stecknadel-
kopfes erreicht hat, in ein Körbchen von zweierlei Capillaren zu
liegen. Während aber die dünnen Bluteapillaren daselbst nur ein
lockeres Netz darstellen, bilden die zwei bis dreimal diekeren
Lympheapillaren ein ziemlich dichtes Netz mit rundlichen ‘engen
Maschen.
Das Netz des Eisackes steht mindestens an zwei auch an drei
Stellen mit den Vorcapillaren in Verbindung, so daß die Eier nicht
eigentlich an Stielehen, wie Beeren hängen, sondern in Duplica-
1) Le p. 29.
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches. 623
turen und in Folge dessen auch mit der gemeinsamen Hülle in
Contact bleiben. An ganz großen Eiern sieht man, daß die Blut-
gefäßßsstämmehen vor ihrem Zerfalle in die Capillaren von zwei
Lymphgefäßen begleitet werden. Das Gefäßsystem der größeren
Eichen ist überhaupt bedeutend ausgebildet, wogegen kleine Eichen
eben nur von einem einfachen eapillaren Gefäßring umgriffen werden,
und die ersten Eikeime blos gruppenweise in eine Gefäßmasche der
Grundmembrane eingelagert zu finden sind.
Die meisten auf Lymphgefäßße untersuchten und von mir bisber
beschriebenen Organe betreffen rein membranöse Gebilde. Im drüsi-
sen Theile des Eileiters aber habe ich bereits Gelegenheit ein
Gebilde zu schildern, dessen Baumittel nach Art der parenchymatösen
Organe geordnet sind; seine Wände bestehen nämlich aus dicht
zusammengedrängten kolbigen Drüsenschläuchen, die nur
durch geringe Mengen von Bindegewebe zusammengehalten werden.
In Betreff des Epithels dieser Schläuche, welches vor Kurzem Bött-
cher !) genauer beschrieben hat, will ich nur beiläufig bemerken,
daß seine Zellenkerne alle nahe an der Follikelwand sitzen.
Die etwas verengten gegen die innere Oberfläche der Eileiter-
canäle gerichteten Enden der Schläuche öffnen sich daselbst mit
runden Lücken, die reihenweise geordnet sind. Diese Reihen lassen
sich am geöffneten Eileiter allsogleich als feine Linien erkennen,
welche zum Theile parallel neben einander liegen, zum Theile radiär
ausstrahlen, im letzteren Falle durch eingeschobene neue. Reihen
vermehrt werden und immer Curven darstellen, die sich nach den
Windungen des ganzen Canals richten. Jede Öffnung liegt im Grunde
eines kleinen Trichterchens, besitzt also einen niedrigen Saum, über
welchen sieh aber den Reihen entlang und dieselben von einander
abgrenzend noch longitudinale Leistehen erheben; so dafs also die
reihenförmig stehenden Drüsenöffnungen in eine von je zwei Leisten
begrenzte Furche zu liegen kommen, und erst innerhalb derselben
durch niedrige, halbmondförmig vortretende quere Falten einzeln von
einander geschieden werden. Diese Anordnung findet sich wohl auch
beim Frosche, ist aber besonders gut bei der Kröte ausgebildet, deren
1) Virchow’s Archiv. Bd. 37, p. 181.
624 Langer.
Eileiter nach der Laichzeit etwas abgeplattet und wie aus zwei aul
einander gelegten Wandlamellen bestehend sich darstellt. Fig. 24
vom Frosche und Fig. 25 von der Kröte geben ein Bild von dieser
Gestaltung an der inneren Oberfläche.
Nach guten Injectionspräparaten kann ich Folgendes über die
Anordnung des Blutgefäßsystemes der Eileiter sagen: Die
Capillaren bilden an der Oberfläche desselben ein Netz, dessen
polygonale Maschen die nach Außen etwas austretenden kolbigen
Enden der Drüsenschläuche umgreifen. Aus den Knotenpunkten des
Netzes dringen die Capillaren in die Tiefe, geleitet von den drei-
kantigen Lücken, welche durch je drei benachbarte Drüsenschläuche
erzeugt werden Fig. 23. Ungefähr in der Mitte der Schläuche
senden sie sich quere, die Schläuche ringförmig umgreifende Anasto-
mosen zu und gelangen endlich bis an die innere Oberfläche, woselbst
sie sich wieder zu einem Netze ordnen.
Dieses Netz der inneren Oberfläche besteht aus longitudinalen
Röhrchen, welche in den Leisten zwischen je zwei Reihen von
Drüsenöffnungen verlaufen, und aus queren, anastomotischen Röhr-
chen, welche in den Falten liegen, die je zwei Öffnungen in einer
Reihe von einander trennen. Durch diese Anordnung bekommen die
Maschen des Netzes, welche die Drüsenöffnungen umgreifen, eine
viereckige Gestalt. Beim Frosche, wo die longitudinalen Leisten
nicht so stark hervortreten, wie bei der Kröte, ist das ganze Netz
ein viel gleichförmigeres (Fig. 24).
Bei beiden aber ist es nicht allenthaiben so geschlossen, daß je
eine Drüsenöffnung in einen Maschenraum fiele: es fehlen nämlich
manche Querästchen, so daß erst zwei, mitunter erst drei Öffnungen
in einen geschlossenen Maschenraum einbezogen sind. Es laufen
aber stellenweise auch in den Längsleistehen die Gefäße nicht immer
fort, sondern sind dadurch unterbrochen, daß sie mit rascher Wen-
dung ohne ein Nebenästchen abzugeben, in die Tiefe ablenken.
An den Knotenpunkten des inneren Netzes, wo auch die Ver-
bindungen mit den senkrecht absteigenden Röhrchen geschehen,
finden sich, namentlich bei der Kröte nach der Laichperiode kleine
Schlingen, die offenbar nur durch den Collapsus des Eileiters zu
Stande kommen.
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches. 625
Die Lymphgefäße müssen durch das Eileitergekröse injieirt
werden. Die Operation ist aber eine sehr prekäre, da schon ein
geringes Überschreiten des richtigen Maaßes des Druckes Extravasate
bedingt, besonders an der Oberfläche, weßhalb man immer nur auf
das Gelingen der Injection innerhalb kleiner Bezirke rechnen kann.
Am besten und sichersten sind mir die Injeetionen an Kröten kurz
nach der Laichperiode gelungen. Im Wasser gequollene Eileiter sind
zur Injection nicht mehr verwendbar.
Die Vertheilung der Lymphröhren geschieht ganz nach demselben
Schema, wie bei den Blutgefäßen, was sich schon deßhalb von selbst
versteht, weil beide Röhrensysteme dieselben Bahnen benützen
müssen.
Die Stämmchen treten in querer Richtung vom Lymphraume des
Gekröses an die Oberfläche des Eileiters und begleiten paarweise
die Arterien; so daß sich auch hier das ganz allgemein giltige Gesetz
wiederholt, daß alle Blutgefäße, wie sie an die Organe kommen,
bereits frei verlaufen, selbst in dem Falle, wenn sie früher in einen
Lymphraum eingelagert waren. Die zwei das Blutgefäßstämmchen
begleitenden Lymphröhrehen anastomosiren während ihres Ver-
laufes mit einander und überbrücken mit queren Zweigen mehrfach
das dazwischen liegende Blutgefäß. Es versteht sich von selbst, daß
sich auch da, wo Zweige abgehen, Astbrücken finden. Fig. 22.
Die Zerlegung der Stämmehen im Capillarbezirke erfolgt
ganz auf dieselbe Weise wie bei den Blutgefäßen; es bildet sich
ein ganz conform gestaltetes Lymphgefäßnetz, doch ist an jedes
Blutgefäß nur ein Lymphröhrchen angeschlossen. Wird
die Injeetion foreirt, so bekommen diese Lymphecanäle einen so
colossalen Umfang, daß die Maschenräume bis auf kleine Lücken
zusammenschrumpfen und dadurch Bilder zu Stande kommen, wie
man sie bei Panizza dargestellt findet. In den meisten dieser Fälle
hat man es aber bereits mit Extravasaten zu thun, und kann dann
auch die Blutcapillaren wenigstens zum Theile in die Injeetionsmasse,
die man in die Lymphgefäßse eingespritzt hat, eingelagert finden.
Mit dem oberflächlichen Netze hängen senkrecht absteigende
Röhrchen zusammen, die sich mit den Blutgefäßen zwischen den
Drüsen hindurchdrängen, und bis an die innere Oberfläche gelangen.
Auch an ihnen finden sich mitten im Verlaufe quer um die Schläuche
gelegte anastomotische Ästehen. Siehe Fig. 23.
626 Langer.
Die Vertheilung der Lymphgefäße an der inneren Oberfläche des
Eileiters stimmt ebenfalls vollkommen überein mit jener der Blut-
gefäße, so daß also die einzelnen Drüsenöffnungen, manchmal aber
erst zwei oder drei je in eine Lymphgefäßmasche zu liegen kommen,
und Blut- und Lymphgefäße neben einander verlaufen. Fig. 24 und
25. Wie mir scheint, kann es vorkommen, daß da, wo eine Blut-
sefäßßeapillare fehlt, dennoch eine Lympheapillare sich findet.
Ich habe diesen, weil dem Inneren eines parenchymatösen
Organes angehörig, so wichtigen Bezirk mit aller Sorgfalt durch-
gesucht, habe die Lymphgefäße sowohl mit körnigen, als auch ge-
lösten Farbstoffen dargestellt, und mich auch da überzeugt, daß so
lange keine Extravasate vorliegen, Blut- und Lymphgefäße
nur neben einander verlaufen.
Fig. 25 stellt ein Objeet dar, welches mit dem Hartnack’schen
Immersionssystem Nr. 9 geprüft wurde. Man sieht in den Längs-
leistehen wie die viel kleineren Blutgefäßeapillaren bald auf, bald
unter den parallel mit ihnen ziehenden Lymphröhren hinweglaufen,
und wie sich deren quer abgehende Ästehen um die Lymphröhrehen
herum krümmen müssen, um in die etwas tiefer liegenden Einzel-
dissepimente eintreten oder ganz in die Tiefe einsinken zu können.
Die Bilder sind so klar und deutlich, daß ich mich auch hier für
berechtigt halte, ganz entschieden gegen die Invagination der Blut-
röhrehen mich auszusprechen.
Auch Durehschnitte, wie ein solcher in Fig. 23 abgebildet ist,
geben dasselbe Resultat.
Obwohl ieh an diesen Lymphröhren keine eigentliche Wand
zu Gesicht bekam, so glaube ich dennoch eine solche annehmen zu
können. Darauf weist schon die scharfe Contour der Röhrchen hin,
noch mehr aber der Umstand, dafs die Röhrchen in einem ganz
lockeren, zarten Bindegewebe verlaufen, welches gewiß ein weiteres
Vordringen der injieirten Flüssigkeit nicht verhindern könnte, so daß
der Farbstoff die ganzen Zwischenräume zwischen den Drüsen-
schläuchen erfüllen müßte.
Von den männlichen Geschlechtswerkzeugen untersuchte ich
nur den Hoden. Vortheilhaft fand ich es zu diesem Zwecke die
Thiere kurze Zeit nach der Brunstperiode zu verwenden.
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches. 627
Auch der Hode ist an einer gekrösartigen Bauchfellduplieatur
befestigt, innerhalb welcher sich eine Ausbuchtung des großen
Abdominallymphsinus befindet. Aus diesem Sinus gehen die Lymph-
und Blutröhren längs dem ganzen Ansatzrande des Gekröses auf und
in das Organ ein, beide zwar dicht beisammen liegend, doch nicht in
einander geschoben; von dem Punkte an, wo die Blutgefäße den
Sinus verlassen, sind sie frei. Jene Stämmchen, welehe zur
Oberfläche gehen, werden von zwei Lymphgefäßen
begleitet, jene aber, die nach Innen eindringen, haben
immer nurein Lymphecanälchen anihrer Seite, Schneidet
man etwas dickere Scheiben aus dem Hoden heraus und macht die-
selben z. B. mit Kreosot durchsichtig, so kann man mit Leichtigkeit
die Ramificationen beider Gefäßröhren verfolgen und finden, daß sich
beide nach demselben Schema vertheilen. Ein kleiner Unterschied
liegt nur in dem, daß die Lymphgefäße an manchen Theilungs-
winkeln noch einmal zusammengehen und so dreieckige Maschen
erzeugen, durch welche mitunter die Gefäßröhrehen hindurch ge-
schoben sind. Ein inniger Anschluß beider Gefäße an einander findet
sich zwar häufig vor, ist aber nicht nothwendig; man erblickt stellen-
weise, wo es eben der Raum zuläßt, die Röhrehen sogar in Abstände
von einander gebracht, die größer sein können, als ihre Durchmesser.
Beide Astfolgen übergehen schließlich in Capillaren, die in
einfachen, aber nach allen Raumriehtungen zusammenhängenden
Ringen die Hodenbhläschen umgreifen.
An der Oberfläche des Hodens Fig. 26, wiederholen sich die
Gefäßverhältnisse des Eileiters. Es lösen sich nämlich auch an diesem
Organ die Stämmchen in Netze au., deren rundliche Maschen die
Kuppen der Drüsenbläschen umgreifen. Die Stämmehen sind immer
so an einander gelegt, daß je zwei Lymphröhren eine Blutröhre
begleiten und dieselbe durch wiederholte Anastomosen überbrücken ;
die eapillaren Lymphgefäße aber sind nur einzeln an die Blutcapillaren
angeschlossen, so daß bald das Lymphgefäß, bald die Blutcapillare
nach oben zu liegen kommt.
Hat man dünne, aus der Substanz des Hodens herausgeschnittene
Lamellen, Fig. 27, vor sich, so erbliekt man die Drüsenbläschen im
Quersehnitte mit ihrer scharf gezeichneten Membrana propria und
ihrem charakteristischen Inhalt. Die Bläschen sind eng zusammen-
geschoben und lassen nur kleine Zwischenräume übrig. In diesen
628 Langer.
befindet sich als Bindemittel des Parenehyms und als Stroma für die
Blutgefäße und die Ausführungsgänge ein lockeres fibrilläres Binde-
gewebe, in welehem man einzelne spindelförmige Kerne beobachten
kann.
Die Ausführungsgänge trifft man bald quer durehschnitten, bald
nach der Länge hingelegt an, stets dureh ihr musivisch geordnetes
Epithel charakterisirt.
Da wo nur Bläschen sich finden, bilden je drei zusammen drei-
eckige Zwischenräume, die unter und ober den größten Convexitäten
der Drüsenelemente mit einander eommunieiren. Diese Räume sind
die Leiteanäle für die Gefäße. In jedem Dreieck liegt nämlich ein
nach mindestens drei Richtungen ausstrahlendes eapillares Blutgefäß
undneben diesem ein gleichgestaltetesLymphröhrchen. Beide schicken
ihre Äste in den nächsten dreieckigen Zwischenraum, wo sie sich
wieder an andere Gefäße anschließen, um dureh diese wiederholten
Verbindungen Reife um jedes Hodenbläschen zu legen. Jeder Reif
ist daher ein doppelter, bestehend aus einer Blut- und
einer Lympheapillare. Da, wo sich auch Ausführungsgänge
zwischen den Bläschen hindurch drängen, finden sich in der Regel
je zwei Gefäßpaare, welche den Ausführungsgang zwischen sich
nehmen.
Blut- und Lympheapillaren sind allenthalben eng an einander
gebracht, im Verlaufe bald neben, bald unter einander geschoben
und an den Theilungswinkeln wechselweise über einander gelegt. Die
mit einander verlaufenden Röhrchen sind beide ganz scharf in ihren
Umrissen und lassen sich durch Druck auf das Deckgläschen etwas
von einander entfernen, woraus hervorgeht, daß sie nicht an einander
geknüpft sind, sondern daß jedes für sich eine vollständige Wand
besitzt. Manchmal gelingt es sogar kleinere Stücke von injieirten
Lymphgefäßen aus dem lockeren Stroma herauszulösen.
Auch im Hoden besteht daher zwischen den Blut- und Lymph-
gefäßen nur ein Verhältniß! der Juxtaposition, keineswegs
aber einer Invagination. Häufig genug bekam ich zwar Bilder
zu Gesicht, welche die Blutgefäße in netzförmig verstrickte Räume
eingetragen zeigten, vollständig umgeben von der in die Lymphgefäße
injieirten Farbe. Solche Bilder könnten für Beweise einer bestehenden
Invagination der Blutgefäße in die Lymphgefäße genommen werden,
weil die geradezu regelmäßige Vertheilung des Farbstoffes förmlich
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches. 629
dazu herausfordert. Bedenkt man aber, daß einer extravasierenden
Injeetionsmasse keine anderen Räume zur Disposition stehen, als die
Lücken zwischen den Drüsenelementen, und daß diese Lücken das
ganze Hodenparenchym allseitig netzförmig mit einander verbunden
durehsetzen, so wird man zugeben müssen, dafs die Regelmäßigkeit
dieser Formen keineswegs auch für die Regelmäßigkeit des Befundes
sprieht; denn die Regelmäßigkeit der Form ist in solchen Fällen nur
der Ausdruck für die Anordnung des Parenchyms, keineswegs aber
für die Anordnung der Lymphgefäße.
Übersicht.
Nachdem ich im Fortgange meiner Untersuchungen über das
Lymphgefäßsystem des Frosches nicht nur membranöse, sondern auch
einige parenchymatöse Organe durchgearbeitet habe, und allenthalben,
wenigstens in Betreff des Wesentlichen zu ganz übereinstimmenden
Resultaten gekommen bin, so glaube ich bereits in der Lage zu sein,
über den peripherischen oder Organentheil des Lymphröhrensystems
einige allgemeine Gesichtspunkte aufstellen zu können.
Die untersuchten Organe sind: Der Darmeanal, die allgemeine
Decke sammt ihren Duplieaturen, Schwimmhaut und Nickhaut, ferner
die Schleimhaut des Gaumens und der Zunge, das Ovarium und die
Harnblase, somit Organe, in welchen die drei Hauptsorten von Mem-
branen vorkommen: Cutis, seröse und Schleimhäute; ferner Organe
mit drüsigem Bau: gewisse Theile der Haut, die Gaumendrüse, der
Eileiter und der Hoden. Zu Injeetionen wurden durchaus Massen mit
wässerigem Vehikel, lösliches Berlinerblau, Carminv, auch körnige
Farbstoffe, dann ungefärbter und mit Silbersalpeter versetzter Leim
verwendet. Ich hatte auch Gelegenheit Lymphröhrchen mit natür-
liehem Inhalte gefüllt zu beobachten und traf auch anscheinend ganz
leere Gefäßschen, die sich deutlich durch ihr hyalines Aussehen von
der Umgebung unterscheiden liessen. Kein einziges Präparat wurde
getrocknet untersucht, die meisten auch histologisch durchgearbeitet
mit Vergrößerungen bis auf Nr. 9 des Hartnack schen Immersions-
systemes.
Ich fasse in folgenden Punkten die Resultate der Unter-
suchung zusammen.
630 Langer.
l. Die Stämmehen betreffend habe ich an allen den genannten
Organen constatirt, daß dieselben beim Übertritte auf die Organe
bereits freie Röhrensysteme darstellen. Blut- und Lymphgefäße sind
zwar meistens ganz nahe an einander gelegt, aber von einer Invagi-
nation der Blutröhren in die Lympheanäle istnirgends
mehr etwas zu sehen. An der Oberfläche der Parenchyme, in
den serösen und Sehleimhäuten sind stets je zwei Lymphgefäße
an eine Arterie angeschlossen, und begleiten dieselbe bis an
die vorcapillare Ramifieation; im Inneren der Parenchyme
aber findet sich immer nur je ein Lymphgefäß an der
Seite der Arterie.
2. Die Ramifieation geschieht in dendritischer Weise. Wegen
des Anschlusses der Lymphröhren an die Blutröhren gestaltet sich
das Lageverhältniß beider zu einander ganz in der Weise
des bei höheren Wirbelthieren vorkommenden Verhältnisses zwischen
Venen und Arterien. An den Ramificationsstellen laufen nämlich die
Äste über einander hinweg, und in solchen Fällen, wo ein
Blutgefäß mitten zwischen zwei Lymphgefäße zu liegen kommt,
stehen diese beiden letzteren durch anastomotische Äste, die wie
Brücken über das fortlaufende Blutgefäß gelegt sind, mitunter
sogar einigemale mit einander in Verbindung.
In Betreff der die Arterien begleitenden Gefäße ergibt sich,
namentlich in der Niekhaut noch ein eigenthümliches Verhältniß; es
schließen sich nämlich an das Lymphgefäß und die Arterie auch
noch Blutcapillaren in verschiedenen Lagen an; weßhalb ein solches
Gefäßbündel aus fünf bis sieben größeren und kleineren Blut- und
Lymphröhren bestehen kann, wozu dann noch der Nerve kommt.
3. Es gibt Blutgefäße, namentlich Venen und Lymph-
gefäßstämmcehen, welche ohne Anschluß eines gleiech-
werthigen Stämmcehens des anderen Systemes fortlaufen. Ein
sehr bemerkenswerthes Beispiel bietet dieNickhaut, in ihrem pigmen-
tirten Saume.
4. Aus den feinen Lymphgefäßstämmehen geht ein System von
feinen Röhrchen hervor, welches in die capillare Sphäre des Blut-
gefäßsystemes eingetragen ist und in Übereinstimmung mit diesem
sich vertheilt, ganz entsprechend der Textur der Organe. Es stellen
somit diese Röhrchen ein nach Lage und Vertheilung dem capillaren
Blutgefäßsystem analoges Röhrchensystem vor, welches daher als
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches. 631
capillares Lymphgefäßsystem aufzufassen und zu benen-
nen ist.
5. In Betreff der Dieke dieser capillaren Lymphwege läßt sich,
bei dem variablen Aussehen, das sie bieten, nur so viel sagen, daß
sie erweiterungsfähiger sind als die Bluteapillaren.
6. Die Lympheapillaren sind in der Regel als Netze ange-
ordnet, wobei folgende Modificationen ersichtlich werden:
a) In der Cutis, dann in der Schleimhaut des Darmeanals
und Gaumens bilden sie ein dichtes, mitunter sogar geballtes, meistens
aus gröberen Röhrchen bestehendes Netz, welches sich unterhalb des
Bluteapillaren-Netzes so ausbreitet, daß weder die Zahl der Röhrehen,
noch die Maschen beider Netze einander correspondiren. Blut- und
Lympheapillaren sind daher in zwei Lagen geschichtet.
In der Serosa des Darmeanals, des Eileiters und des Hodens
eorrespondiren die beiden in eine Ebene gebrachten Netze einander
beinahe vollständig, so daß sich stets je eine Blut- und eine
Lymphecapillare an einander anschließen, wobei bald ein
Blut- bald ein Lymphgefäß oberflächlicher zu liegen kommt. Der
Ansehluß ist aber nieht immer ein unmittelbarer, so
daß zwisehen den beiden Röhrchen, wie in der Serosa des Darmes
selbst breitere Zwischenräume verbleiben können. Da an der Ober-
fläche des Hodens und Eileiters die Lage beider Capillaren durch
die engen Furchen zwischen den etwas austretenden Drüsen-
elementen bestimmt wird, so rücken daselbst beide Röhrchen
näher an einander.
Im Innern der Parenchyme sind die eapillaren Blut- und
Lymphnetze auch ganz parallel geordnet. Die Röhrchen
liegen in den Lücken zwischen den Drüsenelementen und ganz nahe
beisammen. Auch da entspricht je einer Bluteapillare nur
eine Lympheapillare.
Ich kenne nur ein Organ, in welchem, bei paralleler Anordnung
beider Netze, jede Blutcapillare von zwei Lymphcapil-
laren begleitet wird, es ist dies der durchsichtige Theil
der Niekhaut.
Bei paralleler Anordnung der Netze wiederholen sich in diesen
Bezirken die an den Stämmchen vorkommenden Ast- und Stamm-
brücken, d. h. die Überkreuzungen der Blut- und Lymphröhren
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LV- Bd. I, Abth. 42
032 Langer.
am Abgange ihrer Äste, so wie auch die quer über die Blutröhren
hinweggelegten Anastomosen zwischen je zwei begleitenden
Lymphröhren.
Von der typischen Netzform der eapillaren Lymphgefäße schei-
nen nur jene in den Zungenpapillen abzuweichen, da dieselben, wie
ich glaube, Schlingen darstellen.
1. Die Frage nach dem Bestande von Wandungen an den
Lympheapillaren, glaube ich bejahend beantworten zu können. Die
Gründe , die mich dabei bestimmen, sind: Wenn keine Extravasate
vorliegen, zeigen die Lymphröhrehen immer ganz scharfe Con-
touren. Auch solehe, die in sehr nachgiebigen Geweben vorkom-
men, wie im Hoden, im Eileiter machen hievon keine Ausnahme.
Ich konnte sogar die Lymphgefäße des Hodens durch Druck auf das
Deckgläschen verschieben ohne sie zum Bersten zu bringen, ja mit-
unter ist es mir gelungen, aus feinen Blättehen der Hodensubstanz
kleinere Lymphröhrenstückehen zu isoliren. Auch solche Lymph-
röhren, die prall mit aufgeschwemmten Lymphkörperchen gefüllt
waren zeigten scharfe Umrisse. Dasselbe sah ich auch an ceapillaren
Lymphröhrchen, die ganz hyalin, wie Glasstäbehen sich darstellten.
Diese letzteren zeichneten sich auch durch deutliche Kerne aus,
die zum Theile in der Fläche, zum Theile in den Begränzungslinien
sichtbar waren. Endlich sprechen für das Bestehen einer besonderen
Capillarwand noch die bekannten zarten netzförmigen Zeich-
nungen, welche der Silbersalpeter hervorbringt. Dieselben
beweisen mindestens die Anwesenheit einer glatten Begränzungs-
fläche, und lassen sogar den bekannten Nachweisen zu Folge, auch
mit großser Wahrscheinlichkeit die Gegenwart einer inneren epithe-
lialen Bekleidung voraussetzen t).
Die angeführten Gründe scheinen auch dafür zu sprechen, daß
selbst in den Fällen, wo sich die Lymphgefäße eng an die Blutgefäße
anschließen, die letzteren nicht herbeigezogen sind, um wenigstens
Theile der Lymphröhrenwand beizustellen.
1) Nach meinen Erfahrungen sind diese Zeichnungen nur dann in regelmäßigen For-
men sichtbar, wenn die Gefäßwände glatt ausgebreitet auf einander liegen, oder
durch einen Inhalt ausgespannt erhalten werden. Sind die Röhren collabirt und
gefaltet, dann sehen die Zeichnungen ganz unregelmäßig und wirr aus. Deshalb
sollte zur Darstellung dieser Zeichnungen der Silbersalpeter immer mit Leim ver-
setzt (wie Chrzonszezewsky angegeben) injieirt werden.
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches. 6353
8. Ich habe bis jetzt in keinem Organe weder in der
voreapillaren, noch in der capillaren Sphäre eine
Invagination der Blutröhren in die Lymphröhren an-
getroffen; allenthalben handelt es sich nur um eine Juxtaposition.
Ich glaube sogar die Umstände bezeichnen zu können, welche den
Anschein einer Invagination vortäuschen können.
Man denke sich in der Niekhaut an jeder Seite eines Blutröhr-
chens je ein Lymphröhrchen, dann die zwei Lymphröhren, welehe an
den abgehenden Ästehen einander zugewendet sind, durch einen in
den Theilungswinkel des Blutgefäßes eingelegten Bogen mit einander
verbunden, so hat man das reinste Bild einer Invagination der Blut-
röhren in die Lymphröhren, welche letztere nur Säume der Blutröhren
darzustellen scheinen. Wenn aber durch Injeetion und natürliche
Füllung die beiden am Blutröhrehen entlang gehenden Lymphsäume
als von einander geschiedene Canälchen nachweisbar sind, wenn
ferner zwischen diesen zwei Canälchen brückenförmige. über das Blut-
sefäß hinweggehende anastomotische Röhrehen hervortreten, und
auch am Abgange der Ästehen solche Brücken sichtbar werden, durch
welehe der in den Theilungswinkel gelegte Lymphbogen mit einem
der seitlich abliegenden, begleitenden Röhrchen in Verbindung ge-
bracht ist, so läßt sich das Verhältniß ebenfalls wieder einfach auf
jenes zurückführen, welches zwischen den Arterien und den sie
begleitenden doppelten Venen besteht.
Man denke sich ferner in einem parenchymatösen Organe z. B.
dem Eileiter durch Berstung der Lymphröhrchen eine erstarrende
Injeetionsmasse ausgetreten, so wird man zugeben müssen, daß
dieselbe sich nur in den Zwischenräumen der Drüsenelemente wird
finden lassen.
Die Vertheilung wäre aber in diesem Falle keine regellose, ja
der Injeetionsstoff fände sich sogar in jedem Durchsehnitt, der die
Drüsenelemente quer trifft, in regelmäßigen Netzen geordnet. Da
sich aber in den Maschen nichts weiter fände, als die Durehsehnitte
der Drüsenelemente, so wäre schon damit bewiesen, daß die Anordnung
des extravasirenden Injectionsstoffes nicht von der Gestalt der Lymph-
räume, sondern nur von der Anordnung der Baumittel des Parenehyms
abhängig ist. Daß in einem solchen Fälle die Blutgefäße allenthalben
von der Injectionsmasse umgeben sein müssen, erklärt sich aus der
Einlagerung der Blutgefäße in die Zwischenräume zwischen den
| 42%
NOW,
94 Langer.
Parenehymelementen. leh will nieht behaupten, dafs ınan bei Injee-
tionen der Lymphgefäße immer Extravasate erzeugt hat, aber die
Mögliehkeit ihrer Bildung muß wohl zugegeben und berücksichtiget
werden.
9. In Betreff der Einwendung, ich hätte nicht alles zum Lymph-
gefäßsystem gehöriges durch meine Methoden dargestellt, verweise
ich auf mein Programm. Es lautet: Darstellung des Lymph-
sefäßsystems innerhalb der Sphäre der eapillaren
Blutgefäße. Diese Aufgabe glaube ich eonsequent und mit Erfolg
durchgeführt zu haben, und halte mich daher für berechtigt, ein dem
capillaren Blutgefäßsysteme ganz analoges capillares Lymphgefäß-
system annehmen zu können. Sollte es daneben noch ein plasma-
tisches Röhrehensystem, die sogenannten Safteanälehen geben,
so würden diese ein drittes, gleich wie von den Bluteapillaren, so
auch von den Lympheapillaren geschiedenes System von Canälchen
vorstellen. Ich glaube defhalb auch, daß sich die Grenze für
die gesammte Lymphbahn peripheriewärts gerade so
in die dargestellten Lympheapillaren verlegen läßt,
wie die Grenze der Blutbahn in die Bluteapillaren.
10. In Betreff der Abkunft der in den Lympheapillaren der
Niekhaut und Subserosa des Darmes gefundenen Lymphkörperehen
kann ich keine neuen Thatsachen beibringen; bemerken muß ich
nur, daß die betreffenden Thiere ganz gesund waren, eines davon
sogar frisch gefangen zur Verwendung kam.
11. Insoweit die histologischen Verhältnisse im Wirbelthier-
reiche dieselben sind, lassen sich die gewonnenen Resultate gewiß
auch auf andere Thiergruppen beziehen.
12. Da bei den Untersuchungen des Lymphgefäßsystemes auch
das Blutgefäßsystem berücksichtiget werden mußte, fand ich
einige dieses System betreffende Verhältnisse, die, wie ich glaube, zum
Theile ganz unbekannt, zum Theile nur wenig gekannt sind. Zunächst
ein eapillares Gefäßsystem an der inneren Oberfläche
der Cutis; dann in der Wand der Cisterna iliaca kleine Wunder-
netze, darunter Glomeruli; endlich das ganz eigenthümliehe Ver-
halten der Gaumencapillaren darin bestehend, daß dieselben
wahre Divertikel bilden, welche sich beim Frosch bis an den
Mageneingang herab vorfinden, bei der Kröte aber schon oben in der
Mundhöhle von capillaren Sehlingen ersetzt werden.
10.
18:
12.
13.
Über das Lymphgefäßsystem des Frosches. 635
Erklärung der Abbildungen.
. Das Capillarnetz der inneren Hautoberfläche von Rana esculenta, nicht
weit vom Knie. Von den Stämmchen sind die blaß in der Farbe gehal-
tenen die Arterien, die dunklen die Venen. Bei a ist ein zur Oberfläche
gehender Ramus perforans arteriosus, bei b ein ähnlicher rückkehren-
der kamus venosus zu sehen. Pag. 596.
‚ Ein Stückehen Oberschenkelhaut von A. esculenta mit Blut- und
Lympheapillaren. Pag. 599.
. Ein Durchschnitt der Oberschenkelhaut mit Blut- und Lymphgefäßen.
Pag. 599.
. Oberfläche der Daumenwarze eines Männchens von AR. temporaria.
Pag. 598 und 600.
. Durchschnitt der Oberlippe von R. esculenta mit den großen Haut-
drüsen. Pag. 600.
. Blutgefäßknäuel von der Wand der Cisterna vhiaca. Pag. 601.
. Ein Stück des freien Randes der Schwimmhaut von &. esculenta.
Pag. 602.
. Ein Stück des freien Randes der Niekhaut von AR. eseulenta; a eine
Arterie; 5 die Vene des Saumes; / ein längs dem Saume fortlaufendes
größeres Lymphgefäß. Pag. 600.
. Eine Arterienverzweigung mit begleitenden Bluteapillaren und Lymph-
gefäßen aus dem vorderen Lidwinkel. Bei a war die Injection der
Lymphröhren unterbrochen, und die Fortsetzung des Röhrchens mit
Lymphkörpern gefüllt. Pag. 604. 605.
Eine kleine Arterie in Begleitung von Blut- und Lympheapillaren, aus
der Nähe des Augenwinkels. Zwei Lymphröhren waren injieirt, das
dritte leer. Pag. 606.
Eine kleine Arterie in Begleitung von einer Bluteapillare und einem
Lymphröhrchen, welches letztere zum Theil mit Injeetionsfarbe, zum
Theile mit Lympbkörperchen gefüllt war. Stärkere Vergrößerung des
Röhrchens a aus der Fig. 9. Pag. 610.
Eine Bluteapillare mit einer zum Theile gefärbten zum Theile mit
Lymphkörperchen gefüllten Lympheapillare. Pag. 610.
Eine sich gabelnde Bluteapillare, mit ungefärbtem Leim injieirt;
begleitet von zwei anscheinend leeren Lympheap:llaren. Bei a eine
Astbrücke, durch welche der in den Theilungswinkel des Blutgefäßes
eingeschuobene Lymphgefäßbogen mit einem der seitlich ab liegenden
Röhrchen in Verbindung gebraebt ist; n ein kleines Nervenzweigchen.
Pag. 611. 612.
036
Langer. Über das Lymphgefäßsystem des Frosches.
Fig. 1%. Eine Bluteapillare, mit ungefärbtem Leim injieirt, mit begleitenden
16.
zum Theile injieirten Lympheapillaren. Die Astbrücke bei a injieirt,
bei d nieht deutlich zu erkennen. Pag. 612.
). Eine zum Theile injieirte Bluteapillare und zwei begleitende mit
Lymphkörperehen gefüllte Lymphecapillaren. Bei a eine Astbrücke, bei
b eine Stammbrücke. Pag. 607. 611:
Eine mit ungefärbtem Leim injieirte Blutcapillare mit zwei begleiten-
den aber eollabirten Lympheapillaren. Pag. 613.
12—16. Aus dem durchsichtigen Theile der Niekhaut von Rana esculenta.
17:
18
w ww
m Sn
a”
Rx
Das Iymphatische Randgefäß aus der Niekhaut mit Silbersalpeter
tingirt. Pag. 614.
Capillargefäße des Gaumens mit ungefärbtem Leim injieirt mit ihren
Divertikeln, von AR. temporaria. Bei ce zwei Blutkörper. Pag. 618.
. Capillargefäße mit Carmin injieirt, aus der Gaumensehleimhaut der
R. esculenta. Pag. 617.
. Blut- und Lymphgefäße der Schleimhaut vom harten Gaumen der
R. esculenta. Bei a die Gaumenfurche mit den Öffnungen der Aus-
führungsgänge der Gaumendrüse. Pag. 612. 620.
. Blut- und Lympheapillaren aus der lateralen Wand der Nascnhöhle.
. Blut- und Lymphgefäße der Oberfläche des Eileiters von AR. escu-
lenta. Pag. 623.
23. Durchschnitt des Eileiters der Kröte. Die histologische Grundlage zum
Theile schematisch zusammengestellt; Blut- und Lymphgefäße natur-
geireu eingezeichnet. Pag. 624—626.
. Innere Oberfläche des Eileiters von R. esculenta. Pay. 623 — 626.
. Dieselbe von der Kröte nur stärker vergrößert. Pag. 623—626.
. Blut- und Lymphgefäße der Oberfläche des Hodens von A. esculenta.
Pag. 627.
. Durebsehnitt der Hodensubstanz von A. eseulenta. Bei @ Durehschnitte
der Ausführungsgänge. Pag. 628.
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Langer. Lionardo da Vinci, der erste Darsteller der richtigen Lage etc. 637
Lionardo da Vinci, der erste Darsteller der richtigen Lage
des menschlichen Beckens.
Historische Notiz von Prof. C, Langer.
Es ist bereits bekannt, in welcher innigen Beziehung Lionardo
da Vinei zur Anatomie gestanden, wie eifrig er dieselbe betrieben,
und zwar nicht blos zum Behufe seiner künstlerischen Wirksamkeit,
sondern auch als selbstständiger Forscher. Wir verdanken die Kennt-
nißß hievon hauptsächlich einer Abhandlung von Marx !), die den
Titel führt: „Über Mare Antonio’della Torre und Lionardo
da Vinei, die Begründer der bildlichen Anatomie“.
Seit der Veröffentlichung dieses historischen Nachweises, durch
welchen zwei würdigen Vorgängern Vesal’s der ihnen gebührende
Platz in der Geschichte der Anatomie angewiesen wurde, sind noch
zwei auf die anatomische Wirksamkeit Lionardo's bezügliche
Mittheilungen gemacht worden, zunächst in einer Notiz vonR.Knox?),
dann in einem Werkchen von demselben Verfasser: „Über große
Künstler und Anatomen“ 3), woselbst auf pag. 161 auch erwähnt
wird, daß da Vinci bereits vor Vesal, Fabrieius und Harvey
die physiologische Bedeutung der halbmondförmigen Klappen in der
Aorta erkannt haben müsse, weil er dieselben in verschiedenen dem
Mechanismus derselben entsprechenden Stellungen abgebildet hat.
Das von J. Bonomi*) publieirte Werk bringt die Forschungen da
Vinecis über die Proportionsverhältnisse des menschlichen Körpers.
Die auf Lionardos anatomische Thätigkeit bezüglichen Nach-
richten finden sich theils in biographischen Notizen seiner Zeit-
genossen, theils in seinem eigenen „Trattato de la pittura“. Den
1) Abhandlungen der königl. Gesellsch. der Wissenschaften zu Göttingen, IV. Band
pag, 131.
2) Art. Journal 1852.
3) Great Artists and great Anatomists. London 1852.
#) The proportions of human figure. London 1855.
638 Langer.
Hauptbeweis dafür liefert aber die im Privatbesitze des englischen
Königshauses befindliche Sammlung von Handzeichnungen, welche
W. Hunter zu dem Ausspruche veranlaßte, daß da Vinei bei
Weitem der beste Anatom und Physiolog seiner Zeit gewesen sein
müsse. Von diesen Tafeln sind aber nur einige wenige Exemplare
im vorigen Jahrhundert durch Chamberlainet) publieirt worden,
und darunter wieder nur zwei Blätter mit rein anatomischen Dar-
stellungen; das eine Blatt stellt die Muskulatur der Brust und Schul-
ter dar, das andere das Skelet des Rumpfes und einiger Theile der
Extremitäten.
Wie sehr war ich überrascht auf der Skelettafel das Becken
bereits in jene Lage gebracht zu sehen, welche wir erst durch
Nägeli und E. Weber als die richtige kennen gelernt haben.
Vesal und alle seine Nachfolger (vielleicht mit Ausnahme Bauhin’s)
bis auf Albinus herab gaben.nämlich dem Becken eine viel zu ge-
ringe Neigung und dachten sich dasselbe mit seiner oberen Apertur
bald ganz horizontal, bald nur wenig geneigt in den Rumpf eingetragen.
Dem entsprechend mußten sie die Hüftregion in unrichtigen mitunter so-
gar in ganz unmöglichen Formen abbilden. Es geschah dies ganz ohne
alle Rücksicht auf das statuarische Gleiehgewicht der menschlichen
Figur. Nur Riolan d.J. ist es nicht entgangen, daß beidergewohnten
Aufstellungsweise des Skeletes die Schenkel nieht unter die Wirbel-
säule zu stehen kommen, und daß in Folge dessen das Gewicht des
Rumpfes nach hinten fällt (qu’ il est porte a faux). Statt aber gerade
deshalb diese Position als eine unrichtige zu erkennen, sucht er sie
vielmehr zu rechtfertigen und gibt folgende Erklärung dafür: „Prae-
stitit cowendicis articulum eo modo componi, ut moventi facultati,
guae antrorsum corpus inclinat, trunci moles et pondus retrorsum
obsisterent; sic enim a spina tanquam ab adverso pondere trun-
cus in statum redueitur“. 2). Die Wirbelsäule sollte also der nach
vorne strebenden Bewegung als Gegengewicht dienen.
Unter diesen Umständen darf es nicht überraschen auch bei den
Künstlern in der Darstellung der Beekenregion einen Schematismus
anzutreffen, der weder naturgetreu noch schön ist, obwohl er sich
auch an einigen, selbst gefeierten Antiken findet. Die Sammlung der
’) Imitations of original Designs hy Leon. da Vinci, London 1796.
“) Commentarius de ossjbus. Cap. 27.
Lionardo da Vinci, d. erste Darsteller d. richt. Lage d. menschl. Beckens. 639
Florentiner Wachspräparate des Josephinums kann ebenfalls einige
Exemplare solcher unmöglichen Gestalten aufweisen.
Um so bemerkenswerther ist es daher die Kenntniß der rich-
tigen Verhältnisse um die Hüfte schon bei einem Manne vor Vesal
zu finden. Lionardo war aber nicht nur Künstler und Anatom zu-
‚gleich, sondern auch Physiker — einer der Heroen der Renaissance-
Periode in der Kunst und Wissenschaft.
Es liegt zwar bis jetzt nichts Geschriebenes von Lionardo da
Vinei über den Bau der Hüfte vor, doch wäre es sehr auffallend,
wenn sich nichts davon in seiner Anatomie und seinen anderen noch
nicht edirten Manuscripten finden sollte. Auch dann könnte man nicht
zweifeln, daß da Vinci das Verhältniß nach seiner vollen Bedeu-
tung richtig erkannt hat; nicht etwa blos deshalb weil er es in drei
Figuren und bei verschiedenen Ansichten gleich richtig dargestelit
hat, sondern weil ihm die Gesetze des Gleichgewichtes menschlicher
Figuren vollkommen geläufig waren. Die Capitel 196—212 des
„Trattato de la pittura® sind ganz ausschließlich der Vertheilung
der Leibesmassen um die Schwerlinie bei verschiedenen Attituden
gewidmet. Wie nimmt sich darin (....Cap. 108....) der Satz aus:
„Jede Bewegung ist eine Störung des Gleichgewichts“, wenn man
ihm die oben eitirte Auseinandersetzung Riolans gegenüberstellt.
Lionardo bringt die Schenkel gerade unter die Wirbelsäule,
die vorderen oberen Darmbeindorne mit den Höckern an der Scham-
beinfuge in eine verticale Ebene, hebt das Steißbein bis an und über
den Horizont der Schamfuge, und gibt daher dem Becken eine Neigung,
die mit dem Winkel hinreichend genau übereinstimmt, welchen die
heutigen Maßbestimmungen beim aufrechtstehenden Menschen ermit-
telt haben.
Ich brauche nicht erst besonders bemerkbar zu machen, dab
diese ohne Zweifel auf eingehenden Studien beruhende Darstellung
nieht etwa zu vergleichen sei mit der bekannten Handzeichnung
Lionardo’s ı), welehe Mann und Weib in Copula begriffen, im
Durchschnitte darstellt. Diese Tafel ist ganz bestimmt nur eine ldeal-
skizze und viel älter als die besprochenen anatomischen Zeichnungen ;
1) Sie erschien auch als einzelnes Blatt unter dem Titel: Tabula anatomica L. d. V.
venerem obversam e legihbus naturae hominibus solam convenire, ostendens. Luxae-
burgi. 1850.
640 Langer.
es geht dies schon aus der ganz irrthümlichen Auffassung in der
Darstellung der Eingeweide hervor.
Da die ganze Sammlung der anatomischen Tafeln mit vielen
anderen Handzeichnungen nach Lionardo's Tode in Künstlerkreise
kam, so ging sie für den fachmäßigen Betrieb der Anatomie verloren.
Sollte sich auch die Kenntnil von ihr da und dort noch eine Zeit
lang erhalten haben, so wurde sie doch um so leichter vermißt, als
bald darauf das Epoche machende und bis in die Mitte des vorigen
Jahrhunderts noch immer maßgebende Werk Vesal’s erschienen
ist. Mit dem Tode Carl’s I. von England in dessen Besitz später Li o-
nardo's Zeichnungen gelangten, verschwanden sie vollends aus dem
Gesichte und selbst aus der Erinnerung aller. Und so kam es, daß
ihrer, so viel mir bekannt, kein Anatom bis auf W. Hunter und
Blumenbach erwähnt. Zum Beweise aber dafür, daß sie noch zu
Vesal’s Zeiten,von einzelnen Gelehrten eingesehen worden sind,
kann ich zwei Belege aus Cardanus Schriften beibringen.
Cardanus, Vesal's Freund, obwohl sich beide Männer persön-
lich nicht kannten, war zwar kein Anatom von Fach („ab Anatomia
multa me deterruere“, sagt er selbst von sich), wurde aber als „Cen-
tum artium doctor“ dennoch auch hierin für einen Fachmann gehalten.
Er sagt in seinem Werke: „De subtilitate Lib. 17. ..... pietorem
omnia necesse est scire, quoniam omnia imitatur. Et Philosophus
pietor, Architectus et dissectionis artifex. Argumento est praeclara
illa totius corporis humani imitatıo, jam pluribus ante annis inchoata
a Leonardo Vincio Florentino, et pene absoluta: sed deerat operi
tantus artifex et rerum naturae indagator, quantus est Vesalius“.
Das Mißtrauen, welches Cardanus gegen Lionardo's Befähi-
gung als Anatom im letzten Satze andeutet, wird aber in der folgenden
Stelle förmlich zu Tadel. In dem Pro&mium zur unvollendet gebliebenen
Anathomia Mundini !) urtheilt er über Lionardo's Abbildungen
so: „Vidimus et Ichonographiam Leonardi Florentini pietoris manu
descriptam, pulchram sane et tam celebri artifice dignam, sed pror-
sus inutilem, quod esset, qui nec numerum intestinorum nosceret.
Erat enim purus pietor, non Medicus nec Philosophus“.
Der Tadel aber, den Cardanus hier aussprieht, wiegt nicht
viel, denn in demselben Proämium ist kurz zuvor zu lesen, daß jene
1) Opera. Tom. X. pag. 131.
Lionardo da Vinei, d. erste Darsteller d. richt. Lage d. menschl. Beckens. 641
Bücher der Galen’'schen Anatomie, die sich auf Muskeln und Nerven,
Venen und Knochen, und auf Ähnliches beziehen, „Medieis Physicis
parum utelia sunt“. Was der richtige Medieiner schätzte, und Car-
danus sprach da nur als solcher, war blos die Kenntniß der inneren
Theile, und diese bildete die „Anatomia utilis“, alles Andere war
„Anatomia inutilis“ und den „Philosophen“ dedieirt, d. h. jenen
Naturforschern, die nicht praetieirten.
Kreidepflanzen aus Österreich.
Beschrieben von dem w. M. Dr. FR. Unger.
(Mit 2 Tafeln.)
(Vorgelegt in der Sitzung am 14. Februar 1867.)
Die hier beschriebenen und abgebildeten Kreidepflanzen bezie-
hen sieh auf drei verschiedene Fundstätten,, von denen die eine sich
bei Ischl, die zweite bei St. Wolfgang in Ober-Österreich, die dritte
in der sog. Neuen Welt in Unter- Österreich befindet. Gehört die
erstgenannte derselben den untersten Schichten der Kreide an, so
sind dagegen St. Wolfgang und Neue Welt der Gosauformation zuzu-
zählen, welche wie bekannt, dem Systeme Senonien und Turonien
entspricht.
Nicht leicht gewähren Vegetabilien aus der Vorzeit gegenwärtig
ein größeres Interesse als fossile Pflanzen der Kreideperiode, von
denen bisher nur höchst sparsame Überreste gefunden worden sind.
Indem diese Periode den merkwürdigsten Übergang aus der älteren
in die neuere geologische Zeit bildet, lassen sich auch in ihren
organischen Erzeugnissen die frappantesten Mittelglieder zwischen
der antiken und modernen Pflanzenschöpfung wahrnehmen.
Wenn die Sporenpflanzen und die Nacktsamigen bis dahin fast
ausschließlich die Herrschaft in der Gestaltung der vegetabilischen
Welt behaupteten, finden wir in der Kreidezeit das Emportauchen
nicht blos neuer Formen derselben Kategorie, sondern den merk-
würdigsten Aufschwung zu einer neuen differenten Bildungsweise in
dieotylen Pflanzen, welche von da an das Übergewieht über alle
niederen Formen erlangen.
Wo es sich, wie gegenwärtig, nicht mehr um Classifieations-
prineipien handelt, die Vielheit der Gestaltungen unter einem belie-
bigen Namen zu bringen, sondern wo man für die gesammte organische
Welt den genealogischen Zus®mmenhang als den einzig richtigen
erkennt, müssen die Formen, die sieh in der Entwickelung einer Reihe
Kreidepflanzen aus Österreich. 643
zuerst zu erkennen geben, als die Grundgestalten angesehen werden,
aus denen alle Übrigen derselben Reihe nach und nach entsprungen
sind.
Ist in der Kreidezeit aus dem Stammbaume der Pflanzenwelt in
der Form der Dieotylen ein neuer mächtiger Zweig emporgesprossen,
sind diese Grundformen für alle weitere Entwicklung maßgebend, so
handelt es sich vorzüglich um die genaue Einsicht in diese Grund-
gestalten und keine Untersuehung späterer Entwicklungszustände
kann so viel Licht über den Gang verbreiten, welchen die Natur
dabei befolgte, als eben die Auffindung und Betrachtung dieser
Grundgestalten.
Merkwürdiger Weise sind auch in der Kreidezeit die Keime
dieser Neugestaltung nur nach und nach aufgetaucht. Während wir
in den Sehichten des Neocomien nur einzelnen, dunklen und noch
keineswegs richtig verstandenen Gestalten der Dicotylen begegnen,
für die mittlere Kreidezeit noch gar nichts bekannt ist, treten in der
oberen Kreide allmälig von den untersten bis zu den obersten Schich-
ten immer mehr und mannigfaltigere Formen auf, erst im Cenomanien
noch wenige, häufiger im Turonien und Senonien und am nachhaltig-
sten in den jüngeren Mastrichter-Schichten.
Es ist gegenwärtig noch nieht an der Zeit, den Ideen, welche
sich auf den Entwickelungsproceß der Dieotylen beziehen, einen
bestimmten Ausdruck zu geben, wo wir eben dureh die Arbeiten von
O0. Heer, Debei, v. Ettingshausen u. A. welche den vegeta-
bilischen Inhalt wichtiger und reichhaltiger Lager von Kreidepflanzen
durehmusterten, neue Aufschlüsse über Pflanzen eben dieser Ent-
wicklungsphase zu erwarten haben.
Auch mein Schärflein hiefür beizutragen habe ich im Folgenden
Pflanzenreste beschrieben, wozu vorzüglich die gütige Mittheilung
des Petrefactes aus Ischl Veranlassung gab, an dessen Bearbeitung
sich wie von selbst einige schon längst zur Publication vorbereitete
_ Untersuchungen der Petrefacte von St. Wolfgang und der Neuen
Welt anschlossen.
Unter den Fossilien der Kreideformation nehmen die Farne
keinen geringen Antheil; die meisten derselben sind jedoch nur in
Wedelfragmenten erhalten, denn die beiden Stämme baumartiger Farne,
644 Unger
welehe bisher aus dieser Formation angeführt werden , nämlich
Protopteris Singeri und Protopteris Buvignieri scheinen viel älteren
Schichten anzugehören. Es verdient daher das im folgenden zunächst
zu beschreibende Petrefaet, welches ich der gütigen Mittheilung des
Herrn Prof. Ed. Suess zu danken habe, eine um so größere Auf-
merksamkeit.
Dieses Fossil, welches sich auf den ersten Blick als Stamm eines
baumartigen Farnes kennzeichnet, wurde erst vor Kurzem, d.i. im
Laufe des Sommers 1866 von dem genannten Forscher in den
cephalopodenreichen Kalkmergel des Neoeom an der „alten G’stätten“
bei Ischl in Ober-Österreich entdeekt. Daß in dem Alpengebiete noch
nichts Ähnliches aufgefinden wurde, hat seine Richtigkeit; um so
interessanter ist der Fund, da er einen Pflanzenrest in ziemlich gut
erhaltenem Zustande liefert, der zur Bezeichnung der Neocomien-
Schichten als charakteristisch gelten kann.
Herr Ed. Suess hält die Schiehte von Ischl, welches dieses
Petrefact einschloß, für tiefer liegend als die Schiehten des Grün-
sandes und der böhmischen Kreideformation, wie dies aus den das-
selbe begleitenden animalischen Einsehlüssen hervorgeht, da die
Schiehte außer Aptychus Dedayi noch zahlreiche Arten von Ammo-
nites, Crinoceras und Belemnites enthielt.
Das zu beschreibende Fossil, wovon Taf. I, Fig. 1 eine Abbil-
dung in natürlicher Größe liefert, stellt das Relief eines 9 Zoll langen
und 2t1/, Zoll breiten Stammfragmentes dar, an welchem mehrere
Narben von abgetrennten Wedelstielen erkenntlich sind.
Auf der Kehrseite desselben sind dergleichen Blattnarben in ähn-
licher Gestalt, Größe und Anordnung ersichtlich, so daß man also an
diesem ringsum freien Stücke ein ziemlich vollständiges Stammfrag-
ment vor sich hat.
Wie begreiflich stellt dasselbe indeß keineswegs eine regel-
mässige Säule nach Art der Farnstämme, sondern einen seitlich stark
zusammengedrückten Cylinder dar, wie das aus dem Querschnitte
Taf. I, Fig. 2 hervorgeht, der nach einem zufälligen Bruche ge-
zeichnet ist.
Die nicht unbedeutende Quetschung,, welche dieser Stamm
während seiner Einschließung in die Gesteinsmasse erfuhr, und die
sich überdieß durch Faltungen an den abgerundeten Kanten a und 5
zu erkennen gibt, lassen mit Grund vermuthen, daß er ursprünglich
Kreidepflanzen aus Österreich. 645
von wenig fester, holziger Beschaffenheit und überdieß in der Mitte
mit einem Hohlraume versehen war — alles Eigenschaften, welche
mit unseren gegenwärtig vorhandenen Farnstämmen ganz und gar
übereinstimmen.
Leider zeigt das Fossil nur einen ganz dünnen, schwarzen,
kohligen Anflug — den Rest der ursprünglichen vegetabilischen Sub-
stanz — und ist also eigentlich nur als Steinkern vorhanden. Dieselbe
grau-grüne, durch Eisenoxydul stellenweise gelblichroth gefärbte
Steinmasse, die das Petrefaet umgab, füllte auch ganz und gar ihr
Inneres aus, ohne hier irgend eine Spur von Organisation erkennen zu
lassen. Das Gestein wird zwar von dem Entdecker des Petrefactes als
Kalkmergel bezeichnet, indeß ist wenigstens die Ausfüllungsmasse
desselben, die allein ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, eher ein
thoniger Sandstein zu nennen, aus feinen Quarzkörnern mit unter-
mischten Glimmerschüppchen bestehend.
Das am meisten in die Augen fallende an diesem Petrefacte sind
die Zeichnungen, welche die Figur der Blattpolster darstellen, von
denen auf der uns zugekehrten Seite vier ziemlich deutlich und zwei
nächst dem Rande weniger deutlich auffallen.
Dem Umrisse nach sind dieselben in die Länge gezogene Rhom-
ben, deren Enden ein wenig nach entgegengesetzten Seiten gebogen
sind, so daß sie dadurch eine schwach I -förmige Gestalt erlangen.
Die Enden selbst sind zugespitzt, aber nicht scharf abgegrenzt,
sondern verlieren sich im Gegentheile unmerklich in die von den
Narben frei gebliebene Oberfläche des Stammes. An der oberen
Hälfte der Polster sind deutliche der Länge nach verlaufende und
unter sich nahezu parallele Streifen erkenntlich; die untere Hälfte
dagegen ist mehr glatt und zeigt keineswegs Grübchen oder Aus-
höhlungen, wie sie so häufig an diesen Stellen bei Farnstämmen
lebender Arten vorkommen, doch wäre es, da dieselben immer nur
sehr oberflächlich erscheinen, wohl möglich, daß sie auch an unserem
Fossile vorkommen und nur nicht deutlich genug erhalten sind.
In der Mitte dieser Polster, die indessen nur als sehr flache
Wölbungen über die Oberfläche des Stammes hervorragen, befindet
sich die eigentliche Blattnarbe in der Form eines Ovales und wird
aus einer ziemlich bedeutenden Menge mehr oder weniger an ein-
ander gerückten Gefäßbündel zusammengesetzt, die eben an dieser
Stelle ihren Übergang von dem Stamme in den Wedelstiel hatten,
R]
646 Unger.
Eine sorgfältige Zeichnung Taf. I, Fig. 3 einer der besser erhal-
tenen Narben läßt über die Zahl und Anordnung der Gefäßbündel
nur so viel entnehmen, daß die Grenze derselben aus einem einfachen
Kreise sich fast berührender Bündel besteht, innerhalb welehen man
zwar eine fast ebenso große Menge zerstreuter gleichgestalteter
Bündel wahrnimmt, die sich jedoch nieht nach einer bestimmten
Ordnung aneinander reihen, wenigstens ist diese Ordnung an dem
vorliegenden Gegenstande nieht mit Sicherheit zu erkennen.
Wiehtiger für uns ist indeß die gegenseitige Anordnung der
Narben selbst, und obgleich unser Petrefaet gleichfalls nieht hinläng-
liche Bürgschaft für die Erkenntniß der Blattstellung darbietet, so
läßt sich wenigstens annäherungsweise hierüber etwas angeben.
Um zu diesem Zwecke zu gelangen , ließ ich es mir vor Allem
angelegen sein, eine möglichst genaue Zeiehnung der Stellung der
Blattnarben an beiden Seiten des Petrefactes zu erlangen. Als ich
dieselbe mit einiger Sicherheit zu Stande brachte und damit die
Oberfläche des fossilen Stammes auf einer aufgerollten Fläche vor
mir hatte, so trachtete ich zunächst durch Linien die Spiren zu
bezeichnen, in weleher die Narben nach rechts und links auf einander
folgten. Es gab dies zweierlei steil aufsteigende Linien und zwar die
iimks ansteigenden (rechts umgewendeten) steiler als rechts anstei-
genden (links umgewendeten). Indem ich ferner die aufgerollte
Zeiehnung in einem Cylinder zusammenrollte und damit die Form
des Stammes darzustellen suchte, ergab es sich fast unzweifelhaft,
daß die rechtswindenden Blattnarben fünf, die linkswindenden vier
Spiren bildeten. Es ergab sich ferner daraus die Bezeichnung der
aufeinanderfolgenden Narben von selbst und somit auch die Dar-
stellung der Grundspirale.
Wir haben es hier demnach mit einem Farnstamme zu thun, in
welchem die Stellung der Blätter so vertheilt war, daß weder das
15. noeh das 24. , sondern erst das 33. Blatt genau über dem ersten
zu stehen kam, daher die Divergenz mit 4 bezeichnet werden muß.
Zur leichteren Übersicht dieser Verhältnisse habe ich in Fig. 4
eine restaurirte Darstellung des fossilen Stammes zu geben versucht
und an dieser dureh Zahlen zugleich die in der rechtswendigen
Gründspirale aufeinanderfolgenden Blätter anzudeuten gesucht.
Bei Vergleiehung des Fossiles Fig. 1 mit dieser Restauration
Fig. 4, fällt es vielleicht auf, daß beide denselben Durchmesser
. 4 ey f.
Kreidepflanzen aus Österreich. 647
zeigen, was unrichtig zu sein scheint, wenn man bedenkt, daß man
in dem Originale Fig. 1 einen ganz zusammengequetschten Stamm
vor sich hat. Dieser Stamm, als Cylinder gedacht, müßte daher einen
viel kleineren Durchmesser, als er hier zeigt, besitzen, und folglich
dürfte auch der restaurirte Stamm Fig. A statt 21/, Zoll, sogar
weniger als zwei Zoll im Durchmesser betragen.
Wenn man jedoch bedenkt, daß bei der Zusammenquetschung
des fossilen Stammes an den abgerundeten Kanten « und 5 sich
nicht unbeträchtliche Faltungen ergaben, wie dies Fig. 2 ersichtlich
macht, so kann man mit gutem Fug annehmen, daß der ursprüngliche
Durehmesser des Stammes 21/, Zoll betrug und daß, falls bei der
Quetschung desselben keine Faltung entstanden wäre, derselbe statt
wie jetzt 2'/, Zoll einen Durchmesser von 3'/, Zoll hätte annehmen
müssen.
Gehen wir nun zur näheren Vergleichung unseres Fossiles mit
den gegenwärtig lebenden Farnen über, so bleibt uns hier allerdings
nur die Zusammenstellung der Blattnarben und ihre Vertheilung zu
betrachten, während die Blattform selbst als unbekannt keine Ver-
sleichung zuläßt.
Die seit einiger Zeit in nicht geringer Zahl nach Europa ge-
kommenen baumartigen Farne geben hiebei ein nicht zu unter-
sehätzendes Material ab, doch ist es mir gegenwärtig nieht möglich,
eine solehe Vergleichung durchzuführen, und muß mich vielmehr
darauf beschränken unter den in verschiedenen Schriften abgebildeten
Farnstämmen diejenigen auszusuchen, die sich für eine Vergleichung
zunächst als passend erweisen. Darunter müssen vor Allem die
Alsophilen und. Cyatheen hervorgehoben werden , unter welchen
sowohl, was die Zahl und Anordnung der Gefäßbündel, als die Form
und Ausdehnung der Narben betrifft, sich viele Übereinstimmung findet.
Insbesonders sind hier unter andern Alsophila excelsa, ganz vorzüg-
lieh aber Cyathea compta und Cyathea vestita zu nennen. Bei
beiden letztgenannten wird die Narbe von einem Kreise enganschlies-
sender Gefäßbündel gebildet, die auch ungefähr dieselbe Area und
in gleicher Form wie bei unserem Fossile einschließen. Auf dieser
etwas gewölbten Area finden sich nun überdieß eine Menge gleich-
gestalteter Gefäßbündel in einer zerstreuten Anordnung, doch sind
dieselben bei Cyathea vestita zahlreicher und in der Vertheilung
unserem Fossile ähnlicher als bei Cyathea compta.
Sitzb, d. mathem.-naturw. Cl, LV. Bd. T. Abth. AS
048 Unger
Was endlieh die Blattstellung betrifft, so ist es mir noch sehwie-
riger hierin Vergleichungspunkte zu finden, da dies von hinreichend
ausgedehnten Sammlungen von Farnstämmen abhängt. Ich muß mich
also nur darauf besehränken anzugeben, daß bei diesen Stämmen
die mannigfaltigsten Stellungsverhältnisse vorkommen, und daß selbst
Stämme von 21/,—2'/,; Zoll im Durchmesser die einfachsten Ver-
hältnisse wie z. B. eine Divergenz '/, darbieten. Ein Beispiel gibt
Alsophila dealbata.
Es ist daher wohl möglich, dafs Stellungsverhältnisse, wie die
bei dem Fossile gefundenen, d. i. 3 Div. an lebenden Farnstämmen
gleichfalls vorkommen. Leider wird es noch einige Zeit brauchen, bis
uns die Stellungsverhältnisse appendicularer Organe aır fossilen Pflan-
zen ebenso anschaulich gemacht werden, als dies bei recenten Pflan-
zen der Fall ist. Die Anordnung der Blattnarben z. B. bei einem Lepi- -
dodendron habe ich auf 3 bestimmen können. Diese und ähnliche
Blattstellungen mögen wohl bei vielen mit gedrängtstehenden Blättern
versehenen Stämmen vorkommen.
Schließlich liegt es nun ob, für unsern fossilen Farnstamm aus
Ischl die passendste Stelle im gegenwärtigen Systeme fossiler Pflan-
zen auszumitteln.
Mit Ausschluß jenes fossilen Farnstammes, den Herr Buvignier
in dem eisenschüssigen Sande bei Grand-Pre (Dep. Ardennen) der
Kreideformation gefunden hat und den A. Brongniart als Proto-
pteris Buvignieri bezeichnete 1) und des schon früher bekannten
Farnstammes Profopteris Singeri aus der gleichen Formation, ist wie
anfänglich angegeben, kein fossiler baumartiger Farn aus der Kreide
bekannt gemacht worden. Ist jedoch, wie sich aus späteren Nachfor-
schungen ergab, für beide Farne die Lagerstätte zweifelhaft, so hätten
wir in der Ischler Pflanze das erste Exemplar eines baumartigen
Farn aus der Kreidezeit.
Daß dasselbe nieht unter die Gattung Protopteris unterge-
bracht werden kann, ist von selbstverständlich, eher würde es, falls
man es nicht zum Typus einer neuen Gattung machte, sich an die
fossile Gattung Caulopteris anschließen. Bis man aber nicht in
späterer Zeit einmal über ein umfassenderes Material zu verfügen
hat, wird es am geratliensten sein, das genannte Fossil unter diese
1) Tableau des genres de vegetaux fossiles p. 111.
Kreidepflanzen aus Österreich. 649
Gattung zu bringen, wenn dieselbe gleich sehr verschiedene Formen
baumartiger Farne umfaßt. Mit Bezugnahme auf die Ähnlichkeit mit
Cyathea-Arten wird somit die Bezeichnung des Ischler Petrefaets am
passendsten als Caulopteris cyatheoides sein, für welches folgende
Diagnose gilt:
Caulopteris eyatheoides Ung.
Taf. 1. Fig. 1-3.
C. caudice arboreo tereti duos pollices lato (statu compr esso)
extus cicatrieibus e foliorum insertione notato. Cicatricibus
spiraliter i. e. divergentia 3, dispositis rhomboedali-elongatis,
utringue acuminatis sigmoideis obsolete marginatis striatis.
Disco parum convexo ovato, fasciculis vasorum numerosorum
ordine simpliei marginato intus fasciceulis sparsis expleto.
In saxo arenario Neocomien dieto prope Ischl Austriae superioris.
An dieses ausführlich besprochene Fossil von Ischl reihe ich
nun noch mehrere Fossilien an, die eines Theils aus St. Wolfgang
stammen und mir vor vielen Jahren von Herrn Custos C. Ehrlich
in Linz zugekommen sind, so wie mehrere Pflanzenabdrücke, welche
der Neuen Welt angehören, und sich im Museum der k. k. geologi-
schen Reichsanstalt befinden, und die mir gleichfalls schon vor langer
Zeit zur Untersuchung mitgetheilt worden sind.
Ich werde dieselben, da sie großSentheils bekannten Arten ange-
hören, nur mit wenigen Bemerkungen begleiten.
Filices.
Pecopteris Zippei Corda.
Taf. II, Fig. 1, 1*.
P. fronde bipinnata, pinnis gracilibus, supra dense attenuatis,
pinnulis lanceolatis acutis integerrimis, nervis basi furcatis
supra simplicibus.
In formatione gosaviensi ad Neue Welt Austriae inferioris.
Dieser Farnwedel wurde schon von Corda in „Dr. A. E. Reuss
Versteinerungen der böhmischen Kreideformation“ p. 95, tab. 49,
fig. 1 beschrieben und abgebildet. Jenes Fossil kam aus dem untern
(Juader von Mscheno bei Schlan.
43°
650 Unger.
Ich gebe hier Fig. I die vor vielen Jahren angefertigte Zeich-
nung sammt der Fig. 1* dargestellten Vergrößerung eines Fieder-
theiles. Leider bin ich nicht im Stande das Original noch einmal mit
der Zeichnung zu vergleichen, und mul es daher der Zukunft über-
lassen, die Nervatur der Lappen, welche mit der Beschreibung nicht
ganz passt, in einer verbesserten Zeiehnung darzustellen.
Pecopteris striata Strnb.
Taf. Il, Fig. 2.
P. striata Strnb. Vers. II. p. 155. t. 37, fig. 3, 4 E. Reuss. Beitr. z. Cha-
rakteristik d. Kreidesehiehten in den Ostalpen besonders im Gosauthale
und am Wolfgangsee. Denkschr. d. k. Akad. d. Wissensch. Bd. VI.
In formatione gosaviensi ad St. Wolfgangum Austriae sup.
Diese Pflanze, welche mit Pecopteris Reichiana Strnb. Vers,
II, p. 155, t. 37, fig. 2 und mit Pecopteris Schoenae Reich. Cotta
Jahrb. 1836, p. 586 und Geogn. Wand. 1. p. 58 übereinstimmt, ist
durch mehrere Schichten der Kreideformation verbreitet, namentlich
im Grünsand von Sahle bei Regensburg in Niedersehoena in Sachsen.
Hymenophyllites heterophyllus Ung.
Taf. I, Fig. 3, 4.
H. fronde bipinnata, rhachidibus teretibus, pinnis suboppositis
petiolatis pinnulis bası lata sessilibus subdecurrentibus obli-
quis irregulariter dentatis alternis, nervis secundarüs sim-
plieibus, nervulo in qualibet pinnula majore accessoria.
A. heterophyllus Ung. Gen. & Spee. pl. foss. p. 527.
In sehisto argilloso formationis gosaviensis ad St. Wolfgangum Austriae
superioris.
Obs. Habitus Alethopteris muricati Göpp, nervorum dispo-
sitione alıena.
Hymenophyllites macrophyllus Göpp.
Taf. II, Fig. 5.
H. fronde bipinnata, pinnis alternis distantibus petiolatis paten-
tibus, pinnulis alternis distantibus elongatis (tripollicaribus)
pinnatifidis, pinnulis alternis late linearibus obtusis, rhachide
alata? nervis pinnatis simplicissimis.
Hymenophyllites macrophyllus Göpp. Syst. fil. foss. p. 262.
In iormatione gosaviensi ad St. Wolfgangum Austriae sup‘ rioris,
Kreidepflanzen aus Österreich. 651
Der Farn, von dem hier Taf. II, Fig. 5 nur ein kleines Wedel-
stückehen vorhanden ist, stimmt mit dem als Sphenopteris macro-
phylla von A. Brogniart in seiner Hist. veget. foss. I, pag. 212,
tab. 58, fig. 3 abgebildeten Farnwedel so überein, dafs man vorläufig,
his nieht neue Funde ein besseres Material liefern, dasselbe dem
genannten Farne unterordnen muß. Indeß ist Hymenophyllites ma-
crophyllus bisher nur im Jura von Stonesfield in England gefunden
worden, was allerdings die Identifieirung des Wolfganger-Petrefacts
sehr zweifelhaft macht.
Oycadeae.
Mierozamia gibba Corda.
Taf. I, Fie. 6.
In formatione gosaviensi ad St. Wolfgangum Austriae superioris.
Der Zapfen dieser fossilen Cycadee wurde bereits im Pläner
von Trziblitz und im Grünsand bei Laun in Böhmen gefunden, von wo
ihn Corda in E. Reuss Verst, der böhm. Kreideformation pag, 89,
tab. 46, fig. 1—10 beschrieben und abgebildet hat,
Coniferae.
Cunninghamites dubius Strbg.
Taf. IL, Fig. 8.
C. dubius Sternb. Vers. II, pag. 203, tab. 33, fig. 8.
In formatione gosaviensi ad St. Wolfgangum Austriae superioris.
Ein kleines anderthalb Zoll langes gerades Zweiglein mit linien-
iörmigen, einnervigen, rings um die Achse stehenden und an derselben
herablaufenden nadelförmigen Blättern besetzt. Bis nicht bessere und
vollständigere Reste dieses Fossiles gefunden werden, kann diese
Bezeichnung nur eine beiläufige sein.
Proteaceae.
Phyllites £hrlichi Ung.
Taf. II, Fig. 9, 10.
Ph. foliis lanceolatis acuminatis remote denticulatis, dentibus
parvis acutis, nervo primario distincto, nervis secundartis
simplieibus sparsis viw dignoscendis.
Phillites Ehrlichi Ung. Gen. & Spee. pl. foss. p. 503. E. Reuss |. e. t. 51,
fig. 9.
In formatione gosaviensi ad St. Wolfgangum Austriae superioris.
652 Unger.
Es liegen hier die verstümmelten Reste zweier Blätter vor, an
denen die Basis fehlt, der obere Theil und die Spitze erhalten sind.
Sie scheinen lederartiger oder doch wenigstens von derber Beschaften-
heit gewesen zu sein, Ein nieht sehr starker Mittelnerv gibt wechsel-
weise zu beiden Seiten feine Seeundärnerven äb, die wenig gekrümmt
und unverzweigt in die feinen Spitzen der Randzähne verlaufen.
Es scheint fast, daß nieht mehr Nerven als Zähne vorhanden sind
und da diese sparsam und unregelmässig von einander abstehen, es
auch die gedachten Nerven sind.
Diese Blätter haben Ähnlichkeit mit manchen Blättern der
Proteaceen, namentlich mit Blättern eimiger Grevillea- und Hakea-
Arten, doch läßt sich hierüber wenig Sicheres angeben, so lange die
Basis derselben nicht bekannt ist.
Auffallend ist die Ähnlichkeit dieses Blattes mit dem von mir als
Phyllites Fremonti Ung. gen. & spec. plant. foss. p. 503 bezeich-
neten von Fr&mont im Oregon gesammelten Blatte. (J. Hall,
Descriptions of organie remains colleeted by Cap. J. €. Fremont in
Brevet Cap. J. ©. Fremont Report of the exploring expedition to
the roky mountains in the year 1842 pag. 37, tab. 2, fig. 4).
Auch unter den von E. Reuss |. e. abgebildeten Blättern der
böhmischen Kreide scheint Taf. 51, Fig. 9 hieher zu gehören.
Phyllites proteoides Ung.
Taf. II, Fig. 11.
Ph. foliis petiolatis? lunceolato-linearibus integerrimis coria-
ceis nervo primario crasso excurrente, nervis secundarüs
nullis?
In formatione gosaviensi ad St. Wolfgangum Austriae superioris.
Ich habe dieses Blatt früher (C. Ehrlich Geogn. Wanderun-
gen im Geb. der nördl. Alpen pag. 57) für Salieites macrophyllus
Reuss ausgegeben, indem ich eine Übereinstimmung mit dem von
E. Reuss |. e. pag. 96, tab. 50, fig. 6—9 beschriebenen und abge-
bildeten Blättern zu erkennen glaubte. Dieselbe ist jedoch nur eine
oberflächliche und bezieht sich lediglich auf die gestreckte Form, ja
nieht einmal auf den Umriß, da die Blätter des Salicites linear, diese
hingegen linear-lanzettförmig sind, jene einen eingerollten, diese einen
ebenen Rand besitzen, Freilich kommt beiden der Mangel an Secun-
därnerven zu.
Kreidepflanzen aus Österreich. 653
Herr Ritt, v. Ettingshausen hat jene Blätter mit Recht als
Grevillea Reussi bezeichnet, aber ebenso scheint mir auch das vor-
liegende Blatt Fig. 11 sich an diese Familie von Pflanzen anzu-
schließen.
Magnoliaceae.
Phyllites Reussi Ung.
Taf. II, Fig. 12.
Ph. foliis ovatis v. ovato-oblongis integerrimis coriaceis, nervo
primario crasso, nervis secundarüs obsoletis.
In formatione gosaviensi ad St. Wolfgangum Austriae superioris.
Nur mit großer Unsicherheit stelle ich diese unvollständigen
Blattfetzen, an denen Grund und Endtheil fehlen, mit einem ebenso
unvolikommenen Biattreste zusammen, welchen E, Reuss |. e.
tab. 50, fig. 10 abgebildet hat, und den man ebenso frageweise für
den Rest eines Magnoliaceen- wie eines Dilleniaceenblattes ansehen
könnte,
Phyllites pelagieus Ung.
Taf. II, Fig. 13.
Ph. foliis petiolatis obovatis obtusis integerrimis quinquepolli-
carıbus, nervo primario crassissimo, nervis secundarüs tenui-
bus simplieibus curvatis, nervilis transversalibus inter se
conjunctis.
Phyllites pelagieus Ung. Gen. & Spee. pl. foss. pag. 503.
In formatione gosaviensi ad Neue Welt dieto Austriae inferioris.
Dieses besonders gut erhaltene über 5 Zoll lange und im Mittel
2 Zoll breite offenbar kurzgestielte lederartige Blatt mit einem sehr
starken Mittelnerven, aus dem zahlreiche, am Ende verzweigte und
durch transversale tertiäre Nerven unter einander verbundene Seeun-
därnerven entspringen, hat die größte Ähnliehkeit mit Blättern von
Magnolia-Arten, ja vielleicht zunächst sogar mit Magnolia grandi-
flora Linn. Das Blatt scheint an der Spitze abgerundet gewesen zu
sein, wie das auch durch Mißbildung bei der genannten Magnolia-
Art nicht selten vorkommt. Früchte, die in Bezug auf den gestellten
Vergleich entscheidend wären, sind bisher in dieser Localität noch
nicht gefunden worden.
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b»4 Unger. Kreidepllanzen aus Österreich.
Plantae in certae Sedlis,
Carpolites oblongus Göpp.
Taf. II, Fig. 7.
In formatione gosaviensi ad St. Wolfgangum Austriae superioris.
Nur mit einem Fragezeichen möchte ich diese fossile Frucht zu
Carpolites oblongus Göpp. (Nova Acta A. N. C. Tom. XIX. P. II,
pag. 157, tab. 54, fig. 19) ziehen, obgleich dieselbe wie diese in
der Kreideformation, und zwar im Eisensande von Achen aufgefun-
den wurde,
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Unger. Kreidepflannen aus Österreich
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Unger. Kreidepflanzen aus Österreich. Tall.
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Zig1 Keropteris Zppei Corda. By 2-Fevopteris slriata Stab Rig.s4. Hymenophyliites heterophyllus UngPigs Hymeuoplyles macrophyllus Gopp. 2rg.6 Morozamaa ‚gibba Corda.
Kiy Curpolites ollungus.BiyS. Quntayluumites dubins Staub, 125,910. Phylistes Ehrlich Ung. Piy.11.Ehyllites proteoides Ung.Bay.12.Ehyltites Beuksl Ung.iyI&fhyltes pelagteusUng.
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Biesiadeeki. Untersuchungen über die Gallen- u. Lymphgefäße ete. 655
Untersuchungen über die Gullen- und Lymphgefäße der
Menschenleber in pathologischen Zuständen.
Von Dr. Alfred v. Biesiadecki,
Assistenten der pathologischen Anatomie an der Wiener Universität.
(Aus dem pathologisch-anatomischen Institute in Wien.)
(Mit 1 Tafel.)
Die- pathologische Histologie ist berufen auf solehe krankhafte
Vorgänge hinzuweisen, welche uns die Deutung schwieriger Verhält-
nisse erleichtern, insoferne solche bis jetzt nur an Thieren untersucht,
und noch nicht endgiltig entschieden sind.
‚So streitet man schon seit geraumer Zeit über den Verlauf der
Lymph- und Gallengefäße der thierischen Leber, ohne daß man es
gewagt hätte, auch die Histologie der Menschenleber mit in Betracht
zu nehmen.
Der Grund ist wohl darin zu suchen, daß bei den Versuchen die
Gallengefäße der Menschenleber zu injiziren, sich Blut- und Lymph-
gefäße mit Injektionsmasse füllen, während es häufig gelang, die
Gallen- und Lymphkapillaren der Leber frischgetödteter Thiere ein-
zuspritzen; ohne vorausgegangene Injektion sind aber weder Lymph-
noch Gallengefäße zu verfolgen.
Es kommt aber im pathologischen Zustande eine Erweiterung
der Gallenkapillaren bei Stauung der Galle und eine Erweiterung der
Lymphkapillaren der Leber bei Cireulations-Stauungen im Venen-
systeme vor, welche uns einen näheren Einbliek in die Struktur der-
selben gestattet.
Diese beiden Zustände hier näher zu erörtern, habe ich mir zur
Aufgabe gestellt.
656 v. Biesiadecki,
I. Erweiterung der Gallencapillaren.
In den größeren Gallengefäßen eingekeilte Gallensteine oder sie
comprimirende Geschwülste bedingen, in manchen Fällen eine selbst
monströse Ausdehnung derselben. Diese Ausdehnung betrifft vorzüg-
lich die größeren außerhalb der Leber gelegenen und die interlobu-
lären Gallengefäße. Nach der Ansicht der meisten Anatomen soll sich
dieselbe auch auf die feinsten Gallenwege fortsetzen; es fehlt uns
jedoch jede nähere Angabe über den genaueren Hergang. (Siehe
tokitansky!), Foerster?) u. A.).
Nach Frerichs?) reichen die dilatirten Gänge größtentheils
bis an den äußeren Rand des Lobulus, seltener bis gegen die centra-
len Partien desselben, siestellenschonhier ihrem Ursprunge
nahe, weite diekwandige Röhren dar, und schließen einge-
diekte Galle ein. Die Leberzellen enthalten geibe oder braune Pig-
mentkörnchen, viele umfangreichere Deposita von kugeliger, eckiger
oder stengelartiger Form, gelb, braun oder grün gefärbt. Außerhalb
der Zellen kommen Gallenausscheidungen von mannigfacher Farbe
und Form vor.
Wyss*) beschreibt erweiterte Gallencapillaren bei Stauungen
der Galle nach der Form der Coneretionen, die sich in denselben
gebildet haben. Diese Coneretionen sind stäbchenförmig, in seltenen
Fällen bilden sie ein vollständiges Maschenwerk, dessen Maschen die
Größe einer Leberzelle etwas übertreffend, wahrscheinlich bloß eine
Leberzelle einschließen. Diese Coneretionen umgibt nach Wyss ein
feinstreifiges Bindegewebe, das offenbar als die Wandung
des durch Galle angefüllten Gallenganges aufgefaßt
werden muß.
An ausgepinselten Schnitten, wo die Leberzellen zum größten,
die grünen Stäbchen aber nur zum geringeren Theile entfernt worden
waren, überzeugte sich Wyss, daß die Stäbchen zwischen den
_-
1) Lehrbuch der pathologischen Anatomie 3. Auflage, ill. Bd. S. 280.
*) Handbuch der speciellen pathologischen Anatomie 2. Aufl. S. 205.
3) Klinik der Leberkrankheiten 1861. S. 445. Il. Bd.
#) Virchow’s Archiv XXXV. Bd. IV. Heft, S. 553. Beitrag zur Histologie der ieteri-
schen Leber.
Untersuchungen über d. Gallen- u. Lymphgefäße d. Menschenleber ete. 657
Leberzellen in dem Gerüste der Lebersubstanz eingebettet liegen.
Er glaubt deßhalb, daß die stäbehenförmigen Körper varieös aus-
gedehnten, mit verdiekter Wandung versehenen, feinsten intralo-
bulären Gallengängen entsprechen. —
Zugleich sind die Leberzellen frei von solchen Gallenconere-
tionen, sie enthalten bloß braunrothe Pigmentkörnchen, sie verkleinern
sich beim länger andauernden leterus, ohne zu zerfallen. —
Wenn man die angedeutetenVerhältnisse eingehender beurtheilen
will, muß man verschiedene Grade der Stauung aus einander halten.
Besteht eine hochgradige Gallenstauung eine mäßig lange Zeit,
so kommt es zu einer serpentingrünen Färbung der Leber. Diese ist
aber nicht gleichförmig, man findet vielmehr eine ähnliche Farben-
trennung, wie bei der atrophischen Muscatnußleber, nur mit dem
Unterschiede, daß das bei letzterer rothe interlobuläre Bindegewebe
durch ein serpentingrünes vertreten wird, während das intralobuläre
mehr oder weniger gelh gefärbt ist.
Bei einem sehr langen Bestande der Stauung hingegen kommt
es zur Atrophie der Leber; dieselbe ist sodann verkleinert, derber,
zeigt an der Oberfläche schwach ausgeprägte Granulationen und ist
in ihrem größeren Antheile von einem verzweigten serpentingrün
gefärbten Gewebe durchsetzt.
Die mikroskopische Untersuchung der Leber beim geringeren
Grade der Stauung weist nach, daß die grüne Färbung des interlobu-
lären Gewebes von der gestauten und der Art gefärbten Galle her-
rührt, welche die interlobularen von Cylinderepithel bekleideten
Gallengefäße in verschiedenem Grade ausdehnt.
Diese Ausdehnung hört jedoch nieht an der Grenze des Lobulus
auf, vielmehr finde ich mitten in den Leberzellenhalken zahlreiche
Längs- und Quersehnitte von meist sehr feinen, sich theilenden, an
der Theilungsstelle knotig erweiterten Kanälen, die keine eigene
Begrenzungsmembran besitzen und nur von Leberzellen eingeschlos-
sen werden. Den Inhalt dieser bildet eine gelbgrünliehe diekflüssige
Galle.
Dieke Schnitte (Wyss) eignen sich gar nieht zur Untersuchung
soleher Verhältnisse, indem die über dem sehr feinen Kanal gelegenen
Leberzellen denselben unkenntlich machen, dünne Schnitte von in
658 v. Biesiadecki.
sehr schwacher Chromsäure gehärteten Präparaten haben wieder den
Nachtheil, daß man nur selten ausgedehntere Längsschnitte der in
verschiedener Ebene gelegenen Kanäle bekommt.
Es gelingt jedoch leieht zahlreiche solche Stellen, wie die in
Fig. 1 abgezeichnete, zu erhalten.
Man findet da an Längsschnitten einen mitten im sogenannten
Leberzellenbalken gelegenen Kanal, der mit der Theilung desselben
sieh auch theilt und an der Theilungsstelle varieös erweitert ist. An
Längsschnitten wird dieser Kanal von je einer Reihe von Leberzellen
begrenzt, die ein feinpunktirtes Protoplasma besitzen, frei von Gallen-
farbstoffpigment sind, und deren Kern endlich in der Regel der Blut-
gefäßwand näher liegt als dem Kanale. Am Querschnitte (Fig. 2)
wird er in der Regel von fünf, nur höchst selten von vier, Leberzellen
umgrenzt; derselbe ist nieht rund, sondern zeigt so viele Facetten,
als ihn Leberzellen umgeben. Auch hier liegt der meist vergrößerte
Kern der Leberzelle der Bluteapillarenwand näher.
Die beschriebenen Kanäle muß ich für erweiterte Gallencapilla-
ven halten und zwar aus folgenden Gründen:
1. haben sie im Verhältnisse zu den Blutcapillaren einen sehr
geringen Durchmesser;
2. verlaufen sie innerhalb des Leberzellenbalkens;
3. zeigen sie an den Theilungsstellen varieöse Erweiterungen, wie
sie den Bluteapillaren nicht zukommen;
sind sie mit gelbgrünlicher Galle erfüllt und endlich und haupt-
sächlich
werden sie von Leberzellen ohne Dazwischenkunft einer beson-
HD
Or
dern Membran, wie sie den Blutcapillaren zukommt, begrenzt.
Aus diesen hier angeführten Gründen kann ich auch Frerichs
und Wyss nieht beipflichten, welche die Gallengangscapillaren als
diekwandige Röhren, als von streifigen bindegewebigen Wandungen
umgebene Gänge erklären; ich muß die von Wyss und Frerichs
genannten Gebilde entweder für noch interlobuläre Gallengefäße oder
für Blutgefäße halten, worin mich die von ihnen beigefügten Zeich-
nungen bestärken. m
Nach den Untersuchungen von Budge, Andrejewie, Chrzon-
szezewsky, Mae-Gillavry, Frey und Hering stellen die Gal-
lencapillaren der Thiere sehr feine Gänge dar, welche in der Regel
die Leberzelle in der einen oder andern bekannten Weise umgeben.
Untersuchungen über d. Gallen- u. Lyinphgefäße d. Menschenleber ete. 659
Nach meinen Untersuehungen würde der hier dargestellte Verlauf der
Galleneapillaren des Menschen sich von dem der Thiere dadurch
unterscheiden, dafs beim Menschen eine Leberzelle sich nicht an
der Bildung mehrerer Gallengänge betheiligt, sondern daß je ein
Gallencapillar von 4—5 Zellen begrenzt wird.
So viel läßt sich ferner mit Sicherheit sagen, daß die Gallen-
eapillaren keine besondere bindegewebige Membran besitzen, und
nur von Leberzellen, gleichbedeutend den Enchymzellen anderer
Drüsen begrenzt werden.
Bei hochgradiger und langandauernder Stauung der Galle, wo
es zu ausgebreiteter grüner Färbung des Leberparenehyms gekommen
ist, findet man die oben beschriebenen Gallencapillaren nicht mehr
mit flüssiger Galle erfüllt. Dieselbe bildet mehr weniger dicke, runde,
stäbehenförmige, oft verzweigte, beim Drucke zerbröckelnde Conere-
tionen, welche die Kanäle vollkommen ausfüllen und den Contour der
nächstanliegenden Leberzellen schwer erkennen lassen.
Ist es zur Coneretion der Galle innerhalb der Gallencapillaren
gekommen, dann findet man die Leberzellen mit reichlichem,, braun-
rothem, körnigem Pigmente erfüllt, ja sie schließen hie und da, wie
schon Frerichs beschrieb, Klümpcehen von grünem Farbstoffe ein.
Die Zellenkerne werden immer größer, endlich ganz unkenntlich,
wornach die Zellen sich verkleinern und mit einander zusammenfließen.
Dieses Schrumpfen erfolgt jedoch nicht allein dort, wo innerhalb des
Gallengefäßes Coneretionen sich gebildet haben, sondern auch an
allen jenen und vorwiegend an diesen Stellen, wo auch innerhalb
der Bluteapillaren sich ähnliche Galleneoneretionen ausgeschieden
_ haben.
An allen Stellen, wo die Atrophie der Zellen vorgeschrittener
ist, findet man, wie Fig. III zeigt, innerhalb der Bluteapillaren zum
Theile runde Stäbchen, zum Theile größere, grünlich gefärbte, derbe,
gleichmäßige Schollen, welehe nieht das ganze Lumen der
GefäßeausfüllenundvonBlutkörperehen umgeben sind.
Daß es wirklich Bluteapillaren sind, beweiset mir ihre verdickte, mit
vergrößerten Kernen versehene Wand, der Verlauf und das Lumen
derselben, und die in denselben gelagerten Blutkörperchen.
Es könnte mir zwar der Einwand gemacht werden, daß diese
Gebilde bei der Schnittführung in die Lumina der Gefäße hinein-
gerathen sind; dagegen habe ich Folgendes anzuführen:
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er
)
v. Biesiadecki.
I. Sind die Sehnitte von gehärteten Präparaten gemacht, an
welchen ein derartiges Hineindringen nur schwer erfolgen könnte;
2. mülste man entsprechend große oder selbst größere Lücken
vorfinden, innerhalb welcher diese Gebilde früher gelegen wären, die
sich aber nirgends nachweisen lassen;
3. kann ich mir nicht vorstellen, wie so diese Gebilde mit einer
solehen Regelmäßigkeit gerade nur an jene Stellen gelangen würden,
wo es zur Atrophie der Leberzellen gekommen ist.
Es könnte ferner eingewendet werden, daß wir es blos mit Blut-
coagulis zu thun hätten, welehe bei dem vorhandenen Ieterus sich
gallig imbibirt haben, und. uns nur solche Galleneoneretionen vorspie-
geln; dagegen sprieht jedoch ihre vollkommen homogene Struetur
und ihre Lösliehkeit in Chloroform. .
Aus den hier angeführten Gründen muß ich jene Bildungen, als
in die Bluteapillaren ausgetretene und dort eingedickte Galle halten,
die um desto leichter innerhalb des Gefäßes verbleiben konnte, als in
der Regel dieselbe Ursache, welche die Compression des ductus
choledochus oder hepaticus bewirkt, auch einen mehr oder weniger
starken Druck auf die Vena portae ausübt und dadurch der Blutdruck
innerhalb der Bluteapillaren vermindert werden muß.
Das Vorkommen von Galleneoneretionen innerhalb der Blutea-
pillaren kann uns über die Art der Entstehung des Stauungs-leterus
einigen Aufschluß geben: die Galle, verhindert durch die Gallenge-
fäße abzufließen, muß wohl dureh die Membranen der Gefäße in das
Blut gelangen, ganz auf dieselbe Weise, wie man es experimentell
an lebenden Thieren durch einen sehr geringen Druck (etwas über
200 Millim. Wasserhöhe für das Meerschweinchen) bewerkstelli-
gen kann ').
Wyss, der von der Voraussetzung ausging, jede Galleneonere-
tion müsse innerhalb der Gallengefäße liegen, schrieb diesen eine
diekwandige, bindegewebige Membran zu; nachdem nun Gallencon-
eretionen zweifellos auch in den Blutgefäßen vorkommen, so muß ich
jene Gänge, die er als Gallencapillare bezeichnete und auf Fig. 1
abbildete, für Blutgefäße erklären, um so mehr, als die Coneretionen
nicht das Lumen des Gefäßes erfüllen, sondern frei in demselben
liegen, was meiner Erfahrung nach nur in Blutgefäßen stattfindet.
1) Kühne, Lehrbuch der physiologischen Chemie 1. Lieferung. S. 70.
Untersuchungen über d. Gallen- u. Lymphgefäße d. Menschenleber etc. 66i
Es dürften auch jene mascheneinschließende Coneretionen, die
er auf Fig. 11 abzeichnet, innerhalb der Blutgefäße liegen.
Die Maschen sind nämlich größer, als die normal größten Leber-
zellen. Da aber in jenen Partien der Lebersubstanz, wo man Gallen-
Coneretionen vorfindet, die Leberzellen bis auf etwa '/, geschrumpft
sind, so können die Durchschnitte der Maschen nicht je einer Leber-
zelle, sondern sie müssen einer Gruppe derselben entsprechen.
Abgesehen nun von dem Umstande, daß diese Coneretionen von
selbstständigen Membranen umgeben werden, und daß die Gallen-
eapillaren keine solche besitzen, abgesehen ferner davon, dafs diese
von Wyss abgebildeten Maschen der Configuration und dem Umfange
der Balken nach, eher an Biutgefäße denn an Galleneapillaren erin-
nern, sprechen die Dimensionen der Maschen für meine oben ausge-
sprochene Ansicht. | |
Die ausgebreitete grüne Färbung der Lebersubstanz bei hoch-
sradiger Gallenstauung rührt also von der Bildung von Gallencon-
crementen her einerseits in den erweiterten Gallengefäßen, ja selbst
innerhalb der Zellen, andererseits in den Blutgefäßen,
Ist es einmal zur Bildung von Coneretionen gekommen, dann
tritt Atrophie der Leberzellen ein. Diese beginnt mit einer Vergröße-
rung des Kernes und nachträglicher Aufnahme von Gallenpigment in
das Protoplasma, endlich wird der Kern ganz undeutlich, es verwischen
sich auch die Grenzen der einzelnen Leberzellen und es bleibt anstatt
der Balken eine undeutliche Masse zurück, welche braunrothes Pig-
ment einschließt, und ihren Dimensionen nach einem bis auf '/,
geschrumpften Leberzellenbalken entspricht. Der Annahme, daß es
zu einem vollständigen Schwunde auch dieser Masse kommen kann,
bin ich nieht im Stande beizupflichten, weil ich dieselbe auch bei
hochgradigen Atrophien immer noch vorfand.
Diese Atrophie erfolgt nicht gleichmäßig, sondern ergreift zer-
streut einzelne Lobuli, während andere dazwischengelegene ziemlich
gut erhalten bleiben. In Folge dessen sinkt die Leberoberfläche stellen-
weise ein und gibt ihr den Anschein einer eirrhotischen Leber.
Während dieses Vorganges innerhalb des Lobulus nimmt auch
das interlobuläre Bindegewebe an Mächtigkeit zu, die in demselben
verlaufenden, größeren Gallengefäße sind dureh eingedickte grünliche
Galle bis auf's Doppelte erweitert, das interlobuläre Bindegewebe
selbst von zahlreichen, braunrothen Pigmentkörnchen durchsetzt.
02 v. Biesiadecki.
Besume.
Aus dieser Untersuehung geht hervor:
daß bei Gallenstauungen an der Erweiterung der Gallenge-
fäße auch die Galleneapillaren theilnehmen;
2. dafs letztere keine besondere bindegewebige Membran besit-
zen, sondern von Leberzellen begrenzt werden:
3. daß an der Bildung des Querschnittes eines Gallengefäßes
vier, in der Regel fünf Leberzellen Antheil nehmen;
dafS bei sehr hochgradiger und lang andauernder Gallenstau-
ung, Galleneoneretionen: a) in den Gallengefäßen, 5) in den Zellen
und e) in den Blutgefäßen sieh bilden und endlieh Gallenfarbstoffe
d) in dem interlobulären Bindegewebe angetroffen werden;
5. daß an den Stellen, an welehen Coneretionen entstanden
sind, vielleicht dureh Druck derselben, eine Atrophie der Leber
erfolgt.
II. Erweiterung der Lymphcapillaren der Leber.
Maec-Gillavry') hat dureh Unterbindung des ductus thoracieus
an Hunden eine Erweiterung der Lympheapillaren der Leber erzielt,
die er nachträglich aueh dureh künstliche Injeetion der normalen
Thierleber darstellte. Dieselben umgeben scheidenartig die Bluteapil-
laren und erscheinen hiemit als perivaseuläre Lymphräume.
Diese Angaben werden von Frey?) bestätigt.
Was Mac-Gillavry durch Unterbindung des duectus thoraeci-
cus erzielte, erfolgt in allen jenen Fällen, in welehen der Abfluß der
ILymphe in das Blutgefäßsystem erschwert ist, also vorwiegend bei
Cireulationsstauungen, bedingt durch Insuffieienz der Miele
und Stenose des linken venösen Ostiums.
Die Stauung innerhalb des Blutgefäßsystems bedingt die Museat-
nußfärbung der Leber, die bekanntlich auf einer dunkelrothen Fär-
bung des interaeinösen Bindegewebes und einer weniger gelb saturir-
ten des Leberaeinus beruht. Dauert die Cireulationsstörung länger
1) Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien L. Bd. 2. Abth. 1865.
?) Handbuch der Histologie und Histochemie 2. Aufl. S. 560.
Untersuchungen über d, Gallen- u. Lymphgefäße d. Menschenleber ete. 663
fort, dann kommt es zu einer der Cirrhose ähnlichen nur weniger aus-
geprägten Atrophie der Leber. Es kommt zunächst zur Erweiterung
der intralobulären Venen und der Verzweigungen innerhalb der Lobuli,
und erst nachträglich der interlobulären Gefäßnetze.
Neben der schon bekannten Erweiterung der Blutgefäßcapillaren
erfolgt auch eine Erweiterung der Lymphgefäße.
Die in der Kapsel der Leber verlaufenden Gefäße nehmen an
der Erweiterung einen geringeren Antheil, als jene, die von der Tiefe
der Leber durch den Hilus austreten und in der Glisson schen
Kapsel eingebettet sind. Sie stellen da ein reichliches communieiren-
des Netz dar, dessen Stämme bis auf 1’ erweitert sind und unterhalb
der Klappen knotige Ausdehnungen zeigen, diese Stämme münden
schließlich in die retroperitonealen Lymphdrüsen ein.
Die erweiterten Lymphgefäße lassen sich jedoch auch in der
Leber bis in die Lobuli verfolgen.
Das sonderbare Bild, welches solche Leberdurchschnitte unter
dem Mikroskope bieten, muß jedem, der mit dem Baue der mensch-
liehen Leber nur etwas genauer vertraut ist, auffallen.
Die sich zahlreich durchschlingenden Blutcapillaren und Leber-
zellenbalken, findet man durch Lücken getrennt, die den von
Mae-Gillavry als perivasceulären Lymphräumen bezeichneten,
gleichkommen.
Die Bluteapillaren werden nämlich von diesen Räumen scheiden-
artig umhüllt und ihr Durchmesser kann selbst ein Drittel des Durch-
messers der erstern erreichen. Diese Räume werden wie Fig. 4 dar-
stellt, begrenzt: einerseits von der verdickten und mit vergrößerten
Kernen versehenen Capillarwand, und andererseits direkt von Leber-
zellen; nur hie und da vereinigt beide Wände ein quergespannter
dünner Bindegewebsfaden.
Den größten Durchmesser haben diese Räume an jenen Stellen,
wo die Leberzellen nur eine geringe Abmagerung zeigen. In dem
Grade, als die Atrophie der Leberzellen zunimmt, nimmt auch der
Durchmesser der Räume ab, um endlich dort, wo die Leberzellen-
balken zu, nur hie und da einen Kern einschließenden, braunroth
pigmentirten dünnen Balken entartet sind, beinahe vollständig zu ver-
sehwinden. (Fig. 5.)
Daß diese Räume schon wirklich vorgebildet sind und nicht
etwa durch Atrophie der Leberzellen und ihre nachträgliehe Ablösung
Sitzb. d. mathem,-nsturw. Cl. LV. Bd. I, Abth. 44
664 v. Biesiadecki.
von der Capillarwand oder gar in Folge der Härtung der Leber in sehr
verdünnter Chromsäure entstanden sind, beweist:
I. dald mit der Zunahme der Atrophie der Leberzellen, diese Räume
an Durchmesser nieht zunehmen, vielmehr abnehmen und am weitesten
sind an Stellen, die noch keine vorgeschrittene Atrophie zeigen;
2. daß bei durch andere Umstände hervorgerufenen Atrophien
der Leberzellen, wie durch Druck der stagnirten Galle, durch senile
Atrophie, diese Räume nicht vorhanden sind;
3. dafs dieselbe Härtungsmethode an normalen und anderweitig
erkrankten Lebern dieses Phänomen nicht hervorruft;
4. daß auch aus nicht gehärteten Muscatnußlebern mit dem
Doppelmesser gemachte Schnitte diese Räume nachweisen.
Ich habe auch den Versuch gemacht die Lymphgefäße zu füllen
durch Injeetion von den größeren Lymphgefäß-Stämmen aus, sowie
durch den Einstich in das Gewebe; es gelang mir jedoch nicht den
Klappenwiderstand zu überwinden, indem die Injeetionsmasse höch-
stens die dritte Klappe überschritt, worauf dann immer Berstung der
sehr dünnen Wandungen erfolgte. Durch die Einstichmethode dage-
gen gelangte immer die Injeetionsmasse sowohl in die Blutgefäße als
in die bezeichneten Lymphgefäße.
Trotzdem glaube ich läßt sich nach den angeführten Beweisen.
nicht daran zweifeln, dafs diese Räume den von Maec-Giliavry
beschriebenen entsprechen und es mul die Erweiterung derselben
bei Stauungen der Lymphe als Nachweis anzusehen sein, dals sie in
der normalen Leber als sehr feine Räume präexistiren.
Die Atrophie der Leberzellen ging auf dieselbe Weise vor sich,
wie ich es näher bei der Gallenstauung erörtert habe; auch hier
vergrößerte sich vor Allem der Zellenkern, das Protoplasma der Zelle
nahm Gallenfarbstoff auf, der Kern wurde endlich unkenntlieh, die
Zellen schrumpften zu einer reichlich pigmentirten Masse, nachdem
ihre Grenzen sich vermischten. Oder es füllt sich das Protoplasma
der Zelle mit kleinen Falltröpfehen, nachdem der Kern undeutlich
geworden ist; die Zelle bietet nach der Extraction des Fettes das
Aussehen dar, als wenn sie aus verschieden großen, hellen Bläschen
zusammengesetzt wäre, endlich verschwindet das Fett der Zelle, die
verdiekten Bluteapillarwände nähern sich einander und an die Stelle
des Leberzellenbalkens ist eine homogene, nur sehr selten schwach
streifige dünne Masse getreten.
Untersuehungen über d. Gallen- u. Lymphgefäße d. Menschenleber etc. 665
Resume.
Diese Untersuchung stellt also heraus:
1. daß die von Mac-Gillavry bei Thieren nachgewiesenen
perivaseulären Lymphräume der Leber auch der menschlichen Leber
zukommen, und
2. dal sowie bei Thieren die Unterbindung des ductus thora-
cicus, so auch beim Menschen behinderter Abfluß der Lymphe eine
Erweiterung derselben bedingt.
RS
a
ler
er
Sr
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 5.
v. Biesiadecki. Untersuch. über d. Gallen- u, Lymphgefäße etc.
Erklärung der Abbildungen.
Längsschnitt erweiterter Gallengefäße bei Stauung der Galle in Folge
Careinoms des Panereaskopfes. a Gallengangseappillare, bei @ sich
diehotomisch theilend, umgeben jederseits von je einer Reihe von
Leberzellen, deren Kerne etwas vergrößert sind; 5 Bluteapillare von
einer deutlichen Membran umgeben.
Aus derselben Leber, a Querschnitte von Galleneapillaren, facettirt, von
fünf Leberzellen umgeben, deren vergrößerte Kerne der Wand der Blut-
eapillaren 5 näher gelagert sind, als dem Gallengefäße.
Aus einer atrophischen, serpentingrün gefärbten Leber in Folge Gallen-
stauung durch Druck eines retroperitonealen Medullareareinoms; d atro-
phische Lebergallenbalken nur undeutliche Kerne zeigend; e Bluteapil-
lare mit verdiekten Wandungen und bei 5 mit vergrößertem Kerne;
a Galleneoneretionen innerhalb der Blutgefäße.
. Aus einer Museatnußleber in Folge Insufficienz der Mitralklappen und
Stenose des ostium venosum sin; a Bluteapillare mit verdiekten Wandun-
gen; c Leberzellenbalken; 5 perivaseuläre Lymphgefässe zwischen Blut-
eapillaren und Leberzellenbalken gelegen. Bei d einzelne dünne Binde-
gewebsfäden, die zwischen beiden Wänden ausgespannt sind.
Aus derselben Leber eine stärker atrophische Stelle; a die colossal
erweiterten Blutgefäße; 5 die braun pigmentirte die Leberzellenbalken
ersetzende Masse, nur hie und da noch Kerne der Leberzellen erkennbar;
ce sehr schmale perivaseuläre Lymphräume.
Die Zeichnungen führte Dr. Heitzmann aus unter einem Hart-
nack’schen Mikroskope mit der Linse 10 ä immersion oder unter einem
Plößl’schen Mikroskope mit dem zweiten Einsatze.
[3
N
Ss
ar.
667
XI. SITZUNG VOM 11. APRIL 186%.
Es werden folgende eingesendete Abhandlungen vorgelegt:
„Mittheilungen der Herren Baron Paul des Granges und
Sternwarte-Directors Julius Schmidt aus Athen,“ von Herrn Hof-
rathe W. Ritt. v. Haidinger.
„Mittheilungen aus dem chemischen Laboratorium in Innsbruck,
über einige Gerbsäuren“, und zwar:
a) „Chinagerbsäure,“* von O. Rembold; 5) „Ratanhiagerb-
säure,“ von A. Grabowski, c) „Filixgerbsäure,“ von G. Malin;
d) „Filixgerbsäure,“ vonA.Grabowski, e) „Gerbsäure der Granat-
wurzelrinde,“ von 0. Rembold; f) „Über die Beziehungen der
Gerbsäure, Glucoside, Phlobaphene und Harze,“ von H. Hlasiwetz.
„Zur Physiologie der Contrastfarben,“ von Herrn Prof. Dr. A.
Rollett in Graz.
Herr Dr. A. Boue theilt ein Schreiben des Herrn Prof. Bian-
eoni in Bologna über Macigno-Ablagerungen in den Apenninen mit.
Herr Director Dr. J. Stefan legt eine Abhandlung: „Über
Longitudinalschwingungen elastischer Stäbe“ vor.
Herr Prof. Dr. E. Brücke überreicht eine Abhandlung: „Über
das Verhalten lebender Muskeln gegen Borsäurelösungen. *
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Almanach der österr. Kriegsmarine für das Jahr 1867. Triest; 8°.
American Journal of Science and Arts. Vol. XLII, Nr. 127. New
Haven, 1867; 8°. |
B’arrande, Joachim, Systeme silurien du centre de la Boh&me. T*
Partie. Vol. II. (Texte.) Prague & Paris, 1867; 40.
Bischoff, Th. L., Über die Verschiedenheit in der Schädelbildung
des Gorilla, Chimpanse und Orang-Outang ete. (Mit 22 Tafeln
in Folio). München, 1867; 40.
Comptes rendus des seances de I’ Academie des Sciences. Tome
LXIV, N. 12. Paris, 1867; 4°.
668
Cosmos. 2° Serie. XVI° Annee, 5° Volume, 14° Livraison. Paris,
1867; 80.
Fenicia, Cav. Salvatore, Dissertazione sul Cholera morbus. (2% edi-
zione). Bari, 1867; 8°.
Fortschritte, Die —, der berg- und hüttenmannischen Wissen-
schaften in den letzten Jahrhunderten. Freiberg, 1867; 40.
Gewerbe-Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. XXVIM.
Jahrg. Nr. 14. Wien, 1867; 8°.
Herzog, Herm., „Über die pathologische Wirkung der vermehrten
Kohlensäure im Blute ete.“ (Aus Nr. 1, 2, 4 der deutschen
Klinik.) Pest, 1867; 8°.
Kummer, E. E., „Über die algebraischen Strahlensysteme, insbe-
sondere über die der 1. und 2. Ordnung. (Abhandlgn. der K.
Pr. Akad. d. Wiss. 1866.) Berlin, 1867; 4°.
Land- und forstwirthschaftliche Zeitung. 17. Jahrg., Nr. 14. Wien,
1867; 4°.
Lavoisier, Oeuvre de —. Tomes I & Ill. Paris, 1864 & 1865; 40.
Lotos. XVII. Jahrgang. März 1867. Prag; 80.
Mittheilungen aus J. Perthes’ geographischer As Jahrg.
1867. A. Heft. Gotha; 4°.
Moniteur seientifique. 247° Livraison. Tome IX°, Annee 1867.
Paris; 4%
Reichsforstverein, österr.: Monatsschrift für Forstwesen. XVIl.
Band, Jahrg. 1867. Jänner-Heft. Wien; 8°.
Rosetti, Francesco, Intorno al Maximum di densitä dell’acqua disti-
lata, dell’acqua dell’ Adriatico e di aleune soluzioni saline ed
intorno alla dilatazione di questi liquidi. Venezia, 1866; 80.
Sehmidt, Max, Der großohrige Beuteldachs. (Aus dem „zoolog.
Garten.“) 8°.
Tillmann, S. D., A New Chemical Nomenclature. Albany, 1866; 80.
Verein, naturwissenschaftlicher, in Hamburg: Abhandlungen aus
dem Gebiete der Naturwissenschaften. IV. Bd. 4. Abthlg; V. Bd.
1. Abthlg. Hamburg, 1866; 4°.
Virlet d’Aoust, Histoire des Kaim£nis. 8°.
Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 28—29 Wien,
1867; 4°.
669
XII. SITZUNG VOM 25. APRIL 186%.
Der Director des k. k. militär.-geograph. Institutes, Herr Feld-
marscehalllieutenant A. v. Fligely, setzt die Akademie mit Zuschrift
vom 13. April in Kenntniß, daß die permanente Commission für
Mitteleuropäische Gradmessung ihre diesjährige Versammlung in
Wien halten und daß deren erste Sitzung am 25. April statthaben
werde.
Herr Dr. L. Pfaundler, Privatdocent in Innsbruck, hinterlegt
ein versiegeltes Manuscript zur Wahrung seiner Priorität.
Das c. M. Herr Prof. Dr. A. Rollett in Graz übersendet eine
Abhandlung des Herrn Dr. E. Schwarz, Assistenten der Physiologie
an der Grazer Universität, betitelt: „Über eine Methode doppelter
Färbung mikroskopischer Objecte, und ihre Anwendung zur Unter-
suchung der Muskulatur des Darmtraktes, der Milz, Lymphdrüsen
und anderer Organe.“
Herr Dr. G. v. Hahn, k. k. Consul zu Syra, übermittelt einen
Bericht über die Ausgrabungen auf Therasia und die von dem Cor-
vettenarzte Fejer daselbst aufgefundenen Menschenknochen.
Herr J. Popper übergibt eine Note als Entgegnung auf den in
der Zeitschrift für Mathematik und Physik. (Jahrg. 1866) erschiene-
nen Bericht über das von ihm gegebene Convergenz-Criterium un-
endlicher Reihen und bestimmter Integrale.
Herr Dr. S. Strieker überreicht eine Abhandlung: „Über die
Bedeutung des Kochsalzes für den menschlichen Organismus,“ von
den Herren E. Klein und E. Verson.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss., zu Berlin: Monats -
bericht. December 1866. Berlin; 8°.
—- Kais. Leopoldino-Carolinische Deutsche, der Naturforscher.
XXXII Band, 2. Abthlg. Dresden, 1867; 40.
Annales meteorologiques de l’Observatoire Royal de Bruxelles. Par
A. Quetelet. I Annee. Bruxelles, 1867; 49.
670
Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 5. Jahrg. Nr. 8.
Wien, 1867; 80.
Astronomische Nachrichten. Nr. 1636. Altona, 1867; 40.
Comptes rendus des seances de l’Academie des Seiences.
Tome LXIV, Nr. 13—14. Paris, 1867; 40.
Cosmos. 2° Serie. XVI° Annee, 5° Volume, 15° — 16° Livraisons.
Paris, 1867; 80.
Gewerbe-Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen.
XXVII. Jahrg., Nr. 15— 16. Wien, 1867; 80.
Hauer, Le Chevalier Francois de, Exposition universelle de Paris
1867. L’Institut geologique Imp. Roy. d’Autriche. Vienne, 1867;
gr. 8°.
Jahresbericht des ersten Wiener Lehrervereins „die Volksschule“
und des damit verbundenen Sängerchores „Schubertbund.“
1866; 8°.
Karte des Donaustromes innerhalb der Grenzen des österr. Kaiser-
staates. VI. (letzte) Lieferung. Folio.
Land- und forstwirthschaftliche Zeitung. XVII. Jahrg. Nr. 15—16.
Wien, 1867; 4°.
Reise der österr. Fregatte Novara um die Erde etc. Zoologischer
Theil. II. Band, 2. Abtheilung. Lepidoptera, Heft 3. Von Dr.
Cajetan Felder und Rudolf Felder. Wien, 1867; 4°.
Soeiete des Sciences physiques et naturelles de Bordeaux: Me-
moires, Tome -IIl, 2° Cahier. 1865; Tome IV, 1*—2° Cahiers _
1866. Bordeaux et Paris; 8°,
Verein für siebenbürgische Landeskunde: Archiv. N. F. VI. Band,
3. Heft. 1865; VII. Band, 1. & 2. Heft. 1866. Kronstadt; Se.
— Jahresbericht. 1864/5 & 1865/6. Hermannstadt; 80. —
Haltrich, Josef, Plan zu Vorarbeiten für ein Idiotikon der
siebenbürgisch-sächsischen Volkssprache. Kronstadt, 1865; 8°.
— Schuster, Friedr. Wilhelm, Siebenbürgisch - sächsiche
Volkslieder, Sprichwörter, Räthsel, Zauberformeln und Kinder-
diehtungen, Hermannstadt, 1865; 8°. — Fuss, Michael, Flora
Transilvaniae excursoria. Cibiniü, 1866; 12°.
Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 30—33. Wien,
1867; 4°.
Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellsehaft.
XVI. Jahrg. Nr. 8. Gratz, 1867; 40
Schwarz. Über eine Methode doppelt. Färbung mikrosk. Objecte etc. 671
Über eine Methode doppelter Färbung mikroskopischer Objecte,
und ihre Anwendung zur Untersuchung der Musculatur des
Darmtraktes der Milz, Lymphdrüsen und anderer Organe.
Von Dr. Eduard Schwarz,
Assistenten der Physiologie an der Universität zu Graz.
(Mit 5 Tafeln.)
Wenn man der Ursache des großen Fortschrittes in der mikro-
skopischen Forschung der letzten 40 Jahre nachforscht, so muß man
zunächst nebst der gesteigerten Betheiligung bedeutender Männer an
derselben die in jene Zeit fallende Verbesserung des zusammen-
gesetzten Mikroskops, ganz besonders aber die Vervollkommnung der
Conservirungs- und Präparationsmethoden als solche bezeichnen. Zu
den letzteren glaube ich durch eine Methode der gleichzeitigen
Tinetion mikroskopischer Präparate mit zwei Farben, einen nicht
unwiehtigen weiteren Beitrag liefern zu können. Der Auseinander-
setzung dieser meiner Methode werde ich wenige Bemerkungen über
das bis jetzt geübte Tinetionsverfahren und manches dazu gehörige
voranschicken.
Bekanntlich sind nur wenige Objecte ohne vorhergängige Zu-
bereitung geeignet unter dem Mikroskope untersucht und beurtheilt
zu werden. Nebst den durch mechanische Hilfsmittel zu beseitigen-
den Schwierigkeiten, von welchen hier zu handeln keine Veranlassung
ist, sind die Objeete in vielen Fällen entweder nicht durchsichtig
genug, oder das Gegentheil hievon findet statt. Um die Objeete hin-
reichen d durchsichtig zu erhalten, hat man nach und nach eine Reihe
von Mittel kennen gelernt, auf deren Wirkung ich nicht näher ein-
gehen kann, weil ich sie als bekannt voraussetze.
Ein neues und sehr schätzbares Mittel zur Verdeutlichung mikro-
skopischer Objecte, welches sich jetzt in der Thierhistiologie der all-
gemeinsten Anwendung erfreut, hat Gerlach eingeführt, als er im
Jahre 1858 das bis dahin nur zur Färbung von Injeetionsmassen
672 Schwarz.
benützte earminsaure Ammoniak zur Tinetion histologischer Elemente
selbst einführte, und dureh wichtige Beobachtungen über den Bau
des Nervensystems die Tragweite dieses Verfahrens ins Licht setzte.
In den im genannten Jahre erschienenen (Mikroskopische Studien
aus dem Gebiete der menschlichen Morphologie) gibt Gerlach in
den Beiträgen zur Structurlehre der Windungen des Kleinhirns so
viel des Interessanten und auf meine Methode Bezügliches an, daß
ich den Urtext hier anführen zu müssen glaube.
Bevor ich zum eigentlichen Gegenstand dieser Abhandlung über-
gehe, muß ich einer Untersuchungsmethode gedenken, durch welche
allein es möglich war zu Resultaten, wie die vorliegenden, zu gelan-
gen und deren Vervollkommnung für die Kenntniß des centralen
Nervensystems von ähnlieher Bedeutung werden dürfte, wie es meine
Injeetionsmethode für die Untersuchung des capillaren Gefäßsystems
geworden ist.
Bereits vor vier Jahren wurde ich bei Untersuchung der Wan-
dungen injieirter Gefäße darauf aufmerksam, daß die Kerngebilde
den Farbestoff sehr begierig aufnehmen und sich in dieser Beziehung
anders verhalten als Zellen und Intercellularsubstanz. Zellen nehmen
zwar auch Farbstoff auf, aber viel langsamer und in geringerer Quan-
tität als Kerngebilde. Die Intercellularsubstanz verhält sich nahezu
indifferent gegen Farbstoff, und erhält selbst bei sehr langer Behand-
lung kaum eine merkliche Färbung. Am leichtesten überzeugt man
sieh von dem Gesagten dureh Einlegen feiner Schnitte hyalinen Knor-
pels in eine Lösung von carminsaurem Ammoniak. Übrigens erhält
inan dieselben Resultate, wenn man Epithelialzellen Bindegewebe,
glatte und quergestreifte Muskeln mit dem genannten Farbstoff be-
handelt.
Schon vor längerer Zeit hatte ich die Idee, dieses Verhalten
organischer Elementartheile gegen Farbstoff bei Untersuehung des
c entralen Nervensystems zu verwerthen. Ich legte möglichst feine
Schnitte von Gehirn und Rückenmark, welche in doppelt chrom-
saurem Kali erhärtet worden waren, in eine ziemlich concentrirte
Lösung carminsaurem Ammoniaks, ließ sie darin 10 bis 15 Minuten,
wässerte sie mehrere Stunden in öfter erneuertem Wasser aus, be-
handelte sie sodann mit Essigsäure, hierauf mit absolutem Alkohol
zur Entfernung des Wassers und eonservirte sie mit Canadabalsam.
Auf diese Weise erhielt ich ganz hübsche Präparate von Nervenzellen
Über eine Methode doppelter Färbung mikroskopischer Objecte etc. 673
mit intensiv rothen Kernen, lichter gefärbten Zellen und deren Aus-
läufer und kaum gefärbter Grundmasse.
Namentlich instruetiv fand ich dieselben für die Ansicht der
topographischen Anordnung der Nervenzellen in den Centralorganen,
indem in Folge der Färbung der Zellen und ihrer Fortsätze die hiebei
in Betracht kommenden Verhältnisse viel lebhafter in die Augen
sprangen. Rückenmarksdurehschnitte die ich auch meinen Würz-
burger Freunden Kölliker und H. Müller zeigte, machten sich
besonders gut, übrigens muß ich bekennen, dals dieselben keine
weitern Aufschlüsse gaben und ganz mit den Abbildungen des Rücken-
marks übereinstimmten, welche vor Kurzem Stilling veröffentlichte.
Der Zufall war es nun, welcher mir eine Methode der Anwendung
des Farbstoffs zeigte, die vielmehr leistet, als die eben beschriebene.
In einer Tasse, die nicht rein ausgespült worden war, blieb etwas
Farbstoff zurück, den ich mit Wasser übergoß, so dal die Flüssig-
keit eine schwache rosenrothe Färbung hatte. In dieser Flüssigkeit
blieb über Nacht der Durchsehnitt einer Kleinhirnwindung liegen.
Ich hatte bei der außerordentlich geringen Quantität und der enormen
Verdünnung des Farbstofis gar keine Färbung erwartet, war aber am
nächsten Morgen im höchsten Grade erstaunt, den Durchschnitt in
folgender Weise verändert zu finden. Die in die Windung sich fort-
setzende weile Markmasse war für das bloße Auge in der Färbung
kaum verändert, auf sie folgte aber die tief hochroth (unendlich viel
röther, als die rosafarbene Flüssigkeit) gefärbte innere Lage der
grauen Substanz, an welche sich die äußere Lage mit etwas matterer
rother Farbe anschloß. Die mikroskopische Untersuchung zeigte nun
sogleich, dafs ich hier ein Präparat vor mir hatte, das ganz Anderes
versprach, als die nach der früheren Methode zubereiteten. Körner
und Zellen der grauen Substanz waren intensiv roth gefärbt, und die
gleichfalls gefärbten Ausläufer der letztern so massenhaft, lang und
verästelt, wie ich es früher an keiner Zelle der Centralorgane je ge-
sehen hatte. Diese Beobachtung zeigte mir zugleich, daß hier von
einfachen Diffussions- oder Quellungsverhältnissen durchaus nicht die
Rede sein könne; denn die Flüssigkeit. in der der Durchschnitt ge-
legen, war so wenig gefärbt, dafs es mittelst des Mikroskops voll-
kommen unmöglich war, sie vom gewöhnlichen Wasser zu unter-
scheiden und doch hatten die darin gelegenen Zellen und Körner sich
auf das intensivste gefärbt, während die feinkörnige Grundmasse und
674 Schwarz.
die markhalügen Nervenröhren durch den Farbstoff gar keine Ver-
änderung erlitten.
Aus dieser Darstellung ist somit mit Bestimmtheit dargethan,
daß dem Karmin eine ganz ausgesprochene Anziehung zu Kern-
gebilden zukommt, eine Ansicht, welche Mauthner in seiner Ab-
handlung (Beiträge zur näheren Kenntnißs der morphologischen Ele-
mente des Nervensystems) mit Glück angewendet und verwerthet hat.
Es war mir von Interesse zu erforschen, ob und welche Farb-
stoffe 1) sich auf ähnliche oder gleiche speeifische Weise zu thieri-
schen Objeeten verhalten.
Den Färbern ist schon lange bekannt, daß die Schafwollen und
Seidenfasern, die Baumwollen und Leinenfasern sich gegen gewisse
Farbstoffe verschieden verhalten, die erstern werden von denselben
ohne Zubereitung durchtränkt und festgehalten, die beiden letztern
aber müssen in eine Beitze gebracht, damit der Farbstoff hafte, es
beruht darauf die von Bankroft eingeführte Eintheilung der sub-
stantiven und adjectiven Färbemethode, sowie das von Pohl vorge-
schlagene und geübte Unterscheidungsverfahren von Mischgeweben
dieser Fasern.
Ein Farbstoff, welcher in Bezug auf gewisse thierische Gewebs-
elemente eine solche specifische Eigenschaft besitzt, ist die Trini-
trophenylsäure (Pikrinsäure), mit welcher ich im Jahre 1865 Ver-
suche begonnen.
In die wässerige Lösung dieser Säure brachte ich einen dünnen
Schnitt vom Magen, (siehe Fig. Il) nach Einwirkung von fünf Minu-
ten mit Glycerin unter dem Mikroskop beobachtet, ergab sich die
auffallende Erscheinung, daß die Drüsenschichte schön schwefelgelb
geworden, die Submucosa dagegen ungefärbt war, die museularis
mucosae so wie einige Gefäß- und Nervenquerschnitte in der Sub-
mucosa haben dieselbe schwefelgelbe Färbung wie die Drüsenschichte
erkennen lassen, bei einem zweiten Versuche, wozu ich einen Schnitt
verwendete, an welchem ich sämmtliche Schichten des Magens be-
1) Die bis jetzt zuweilen als Imbibitionsmittel angewendeten Farbstoffe z. B. Indigo-
carmin in Oxalsäure, Anilinroth und Anilinblau, Safran, Alkana, Orlean u. s. w.
kann ich als specifisch wirkende nicht betrachten, denn so schön auch einige davon
imbibiren, so liegt doch darin der Nachtheil gegen Carmin, daß das Organ in allen
G ewebstheilen gleichartig tingirt wird.
Über eine Methode doppelter Färbung mikroskopischer Objecte etc. 675
merken konnte, hatten die subperitonealen Muskellager auch die gelbe
Färbung gezeigt, das Peritonäum keine.
Diesen beiden ersten, folgten viele Versuche nach einander und
zwar immer mit demselben Erfolge, so daf ich nun berechtigt zu
sein glaubte, mir die Einwirkung dieses Farbstoffes auf die Schichten
des Magens in der Art zu denken, daß die Drüsenschichte, die Mus-
eularis mucosae, die Gefäße und Nerven in der Submucosa und die
beiden subperitonealen Muskellager die Pikrinsäure anziehen, was
von dem Peritonäum und der Submucosa nicht gilt. Aus dem mir
(von der Einwirkung sehr verdünnter Carminlösungen auf Magen-
schnitte) Bekannten, und oben aus dem Citate Gerlach s Ange-
führten, mußte ich somit beiden Farbstoffen ein entgegengesetztes
Verhalten zu den Magenschichten zuschreiben. Als ich an diese
Schlußfolgerung selbst Kritik anlegte, drängte sieh mir sogleich der
Gedanke auf, daß, wenn beide Farbstoffe wirklich gegen verschiedene
Gewebe in entgegengesetzter Weise sich verhielten, sie auch neben
einander in einem und demselben Objeete (ohne Mischfarbe zu er-
zeugen) zur Anwendung geeignet sein müssen.
Ein darauf abzielender Versuch zeigte folgendes Bild von einem
Magenschnitte: das Enchym gelb, die Drüsenschläuche roth, die
museularis mucosae gelb, die Submucosa roth, die in derselben ge-
troffenen Gefäße und Nerven gelb, die beiden subperitonealen Muskel-
lager gelb, in denselben die Kerne deutlich roth, ebenso allenthalben
das die Muskelschichten vereinigende Bindegewebe sowie das Peri-
tonäum roth !).
Ein Querschnitt der Zunge des Kindes, auf dieselbe Art behan-
delt, zeigte das Epithel und die quergestreiften Muskelzüge schwefel-
gelb, während die Submueosa und der übrige bindegewebige Antheil
roth erschien.
Diese Versuche hatten stets dasselbe Resultat ergeben somit
die Annahme bestätiget, daß diese Methode sowohl zur Anfertigung
deutlicher Präparate, insbesondere aber zur Richtigstellung streitiger
Fragen bezüglich der An- oder Abwesenheit glatter und quergestreif-
ter Muskelfasern mit besonderem Vortheil zu verwerthen ist, und ich
ging sogleich daran den ganzen Darmtract auf solchen doppelt imbi-
1) Dasselbe sieht man auch an einem Querschnitte des Diekdarmes vom Hunde. Siehe
Fig. VI,
2m
676 Schwarz.
birten Durehschnitten zu untersuchen, und fühlte mich durch die
schönen Resultate veranlaßt, Milz, Lymphdrüsen, Lungen, nach und
nach in den Kreis der Untersuchung zu ziehen.
Bis jetzt habe ich blos das Prineip meiner Methode skizzirt, so-
mit bleibt mir die ausführliche Beschreibung derselben, wie sie eben
auch dem Nachahmer unerläßlieh ist, hier anzuführen übrig. Da es
bei dieser Methode wie nach meinen vielen Versuchen zu schließen
ist, ein Haupterforderniß'ist, mit Carmin gut imbibirte dünne Schnitte
zu haben, und Organe in Chromsäure oder chromsaurem Kali ge-
härtet, wie aus dem Citate von Gerlach zu ersehen, wenig Aussicht
dazu geben, so wendete ich gekochte Objeete an, und zwar in einer
Mischung aus einem Theile Kreosot, 10 Theile Essig und 20 Theile
Wasser, in welcher die Objeete während des Aufwallens derselben
eine Minute lang bleiben, nachdem sie vollständig ausgetrocknet sind
(was meistens in 2—83 Tagen geschieht) schneide ich dünne Schnitte
in mit Essigsäure schwach gesäuertem Wasser, nach einer Stunde
werden die Schnitte in einer reichlichen Menge destillirten Wassers
abgespült, und 24 Stunden in eine eben noch roth gefärbte Carmin-
lösung belassen, worauf sie wieder mit viel destillirtem Wasser ge-
schwenkt werden und durch zwei Stunden in einer Lösung von Pikrin-
säure (0:066 Grm. auf 400 CC. Wasser) bleiben !), hierauf bringe
ich einen Schnitt nach dem andern auf eine Glasplatte ausgebreitet,
und von jeder anhaftenden Pikrinsäurelösung durch einfaches Neigen
der Platte befreit, tropfe dann eine Mischung von vier Theilen Kreosot
auf einen Theil altes verharztes Terpentinöl darauf, bis sie durch-
sichtig geworden, (worüber eine halbe Stunde verstreicht), und
schließe dieselben in Damarfirniß dauernd ein.
Will man die von mir angegebene Kreosotmischung, welche ich
auf das angelegentlichste empfehlen kann, nicht anwenden, so muß
man die aus der Pikrinsäurelösung genommenen Sehnitte in eine
alkoholische Pikrinsäurelösung (von der Verdünnung wie die oben
angeführte wässerige) behufs der Entwässerung legen, um sie dann
in verharztes Terpentinöl und schließlich in Damarfirniß bringen zu
können.
1) Eine Lösung der Pikrinsäure in Glycerin (0'020 zu 100) leistet in 32—3 Secunden
denselben Effect.
Über eine Methode doppelter Färbung mikroskopischer Objecte etc. 67%
Statt der gelb färbenden Pikrinsäurelösung habe ich zuweilen
eine mehr weniger grüne Tinktionsflüssigkeit verwendet 1): Zu
tausend Theilen einer gesättigten Campechenholz Abkochung (1—8)
füge ich einen Theil einfach ehromsaures Kalı hinzu, und zu dieser
bläulichgrünen Flüssigkeit kommt kurze Zeit vor der Anwendung
eine Lösung von Glycerin und Pikrinsäure in einem Verhältnisse,
daß der gewünschte Farbenton auftritt 2).
Ich habe auch noch andere Farbstoffe untersucht um solche zu
finden, die entweder mit dem Carmin, oder der Pikrinsäure, oder
unter einander für andere Verfahren der doppelten Tinktion verwend-
bar wären, habe aber blos das Alizarin in alkalischer Lösung ver-
wendbar gefunden, es hat wie die Pikrinsäure die Eigenschaft,
Bindegewebe nicht zu durchtränken, da es jedoch einen mit Carmin
ähnlichen Farbenton besitzt, so wird es nicht eher zu doppelten
Imbibitionen Verwerthung finden können, bis ein die Eigenthümlich-
keiten des Carmins besitzender, gelber, blauer u. s. w. Farbstoff
gefunden werden wird.
Es wären daher in dieser Absicht folgende Farbstoffe noch zu
untersuchen:
Das in Wasser lösliche Berberin, das in Wasser lösliche Cureu-
min, das in alkoholischer Lösung zu Rhamnein sieh umbildende
Rhamnin, das in Alkohol lösliche von Schunk aus der Färberröthe
dargestellte Rubiacin und Rubian, das in Wasser lösliche Wongshy,
dann die von E. Filhol (Compt. rend. LXI. 371) aus Chlorophyll
dargestellten vier Körper, wovon einer blau, die anderen gelb, braun,
der vierte endlich röthlichgelb ist, zum Schlusse erwähne ich den
interessanten grünen Farbstoff, welehen Crum — Brown aus dem
auf Holze iebenden Pilze Pezizza aeruginosa dargestellt hat.
Ich gehe nun über zur Anwendung meiner früher beschriebenen
Methode der doppelten Tinktion und will mit der Zunge beginnen:
Die aus der gekochten und getrockneten Zunge gefertigten
Schnitte, legte ich durch zehn Minuten in mit Essigsäure schwach
angesäuertes Wasser, hierauf wurden sie wie oben erwähnt mit
Carmin imbibirt, und schließlich auf eine Stunde in die Pikrinsäure-
1) Fig. I, II, IV und V.
®) Die Anwendung der von D. Müller in neuester Zeit dargestellten Pikrinsauren
Salze dürften solche complieirte Mischungen ersetzen.
678 Schwarz.
lösung gelegt. Unter Glycerin oder in meiner oben angegebenen
Kreosotmischung oder in Damarfirniss beobachtet, zeigt sich der auf,
und zwisehen den Papillen befindliche Epithelialbeleg gelb, hingegen
die Submueosa und der übrige bindegewebige Antheil der Schleim-
haut, so wie das die Museulatur vereinigende Bindegewebe roth, die
den verschiedenen Zungenmuskeln zukommenden Fasern erscheinen
durehscheinend gelb. Ich habe die Zunge vom Kaninchen, Schweine,
Hunde, Kalbe und Kinde untersucht, und außer einigen Differenzen
in der Mächtigkeit des submueösen Gewebes nichts Erwähnens-
werthes beobachtet, doch glaube ich die an der Zunge von Kin-
dern häufig beobachtete Spaltung der Muskelfasern in eine größere
Menge (3 bis 4) von ins Bindegewebe übergehenden Ausläufern
erwähnen zu müssen, weil diese Thatsachen zu Controversen Ver-
anlassung gegeben. Es ist gut die Versuche mit der Zunge zu be-
Sinnen, weil man hier an den mächtigen Muskelmassen und den
sie umgebenden und überall zwischen sie eindringenden Binde-
gewebszügen, die Methode kennen zu lernen und zu erproben die
beste Gelegenheit hat. /
Als zweites Objeet diente mir der Magen, welchen ich vom
Menschen, Hunde, Schweine und Kaninchen mit Hilfe der doppelten
Tinktionsmethode untersuchte. Es zeigte sich das Enchym der
Pepsindrüsen gelb, die Drüsenschläuche so wie die Submucosa roth,
die Museularis mueosae, so wie die beiden subperitonealen Muskel-
lager gelb, das Peritonäum endlich roth tingirt. Bezüglich der mus-
cularis mucosae, so wie über das von der submueosa gegen die
subperitonealen Muskelschiehten hinziehende Bindegewebe muß ich
Einiges anführen.
Nieht selten ist es mir gelungen, Schnitte von 12—18’" ja
selbst zwei Zoll Länge unter dem Mikroskope zu beobachten, dabei
zeigte sich an der inneren aus vorwiegend queren und an der äussern
aus vorwiegend längs laufenden Fasern gebildeten Schichte der Mus-
eularis mucosae eine solche Verschiedenheit sowohl auf Richtung
der Fasern, als auf deren Mächtigkeit, daß ich als Resultat meiner
an so günstigen (weil langen) Objeeten gemachten Wahrnehmungen
angeben kann: Die beiden Schiehten der muscularis mucosae sind
wie unregelmäßig verlaufende Wellenlinien angeordnet, und zwar in
vielen Fällen derart, dafs wenn beispielsweise die innere quere Lage
mächtig entwickelt ist, die unter dieser befindliche längs laufende
Über eine Methode doppelter Färbung mikroskopischer Objecte ete. 679
Schiehte spärlich ist, dieses Verhältniß wechselt allmälig, so daß in
geringer Entfernung das entgegengesetzte statt hat.
Bei dem Magen eines Schweines habe ich dieses wechselnde
Verhältniß der Mäechtiekeit beider Scehiehten besonders entwickelt
gesehen, ohne damit eben dieses Thier herausheben zu wollen, denn
mehr weniger ist es an allen von mir untersuchten Thieren der Fall
gewesen. Ferners ist an solehen langen Schnitten, und bei Anwen--
dung der doppelten Tinktionsmethode mit Leichtigkeit zu erkennen.
daß vom submucösen Stratum 1—11/, Linien breite rothe Ausläufer
zwischen die beiden subperitonealen Muskellager bis zum Peritonäum
sich verzweigen, welche manchmal geradezu senkrecht von der Sub-
mueosa zum Peritonäum herabziehen.
An Fig. II ist bei stärkerer Vergrößerung ein Antheil des violet
gefärbten submucösen Gewebes, und ein Theil der querlaufenden
subperitonealen Muskelschiehte mit den rothen Kernen, und dem
vereinigenden Bindegewebe zu sehen. Wegen des dem Magen ähn-
liehen und einfachen Baues schließe ich hier den Diekdarm an, und
bemerke zugleich. daß ich den Dünndarm mit Ausnahme der Zotten
deren feinere Textur ieh nieht mittelst meines Verfahrens weiter
untersuchte, dem Diekdarm ähnlich verhält.
Der Diekdarm vom Schweine, Hunde und Kaninchen wurde der
Untersuchung unterzogen, die Diekdarmdrüsen sind wie Fig. IV
zeigt, grün tingirt, die dazwischen liegenden, so wie das sub-
muecöse Gewebe roth, während die muscular mucosae dieselbe
grüne Färbung wie die Drüsen haben, an diesem Präparate ist
noch zu ersehen, daß die gewöhnliche Annahme von quer und
längslaufenden Fasern in der Museularis mucosae nicht immer
zutrifft, ferners ist das zwischen diesen Muskelfasern hindurch
verlaufende Bindegewebe in gröfserer Mächtigkeit wahrzunehmen,
als es sonst angenommen wird.
Die Speiseröhre (Fig. V), welche ich nach dieser Methode
behandelte, bot nur in einem Falle die Abweichung dar, daß im
obern Drittheil derselben die glatten und quergestreiften Muskel in
dicke Bündel zerstreut durch einander gewebt waren, dieses Verhalten
bot sich an einem Präparate vom Pferde (24 Jahre alt), während an
den von mir zu diesem Zwecke vorgenommenen Objeeten vom Hunde,
Rinde, Schweine und Kaninchen solche Abweichungen nicht-zugegen
waren. An Fig. V ersieht man, daß die Schleimdrüsen, die Muskel-
Sitzb, d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I. Abtlı, 45
580 Schwarz.
schichte der Schleimhaut sowie das Epithel grün gefärbt sind, das
übrige Gewebe roth.
In Bezug auf die dem Abschnitte beigegebenen Abbildungen
muß ich hier einige Bemerkungen anfügen, dieselben sind oft nach-
dem sie Monate lang aufbewahrt waren, möglichst naturgetreu von
unserm treffiichen Dr. Heitzmann dargestellt, sollte sich jemand
von der Lebhaftigkeit und dem präcisen Hervortreten der Farben
überrascht fühlen, so kann ich nur bemerken, daß die Präparate
selbst wegen ihrer großen Transparenz die sich nur in Glasmalerei
nachahmen ließe einen noch viel prächtigeren Eindruck machen. Ich
kann ferner nieht unterlassen darauf aufmerksam zu machen, welche
Vortheile solche gefärbte Objeete oder ihre naturgetreue Abbildung
von geübter Künstlerhand hätten, wenn man sie als Vorlagen für in
vielfach vergrößerten Maßstabe ausgeführte Cartons benützen würde,
um solche wie ja das schon jetzt üblich ist, bei den Vorlesungen zu
benützen.
Ich bin dureh die am Darmtraete mit meiner Methode gewon-
nenen Resultate zur Ansicht gelangt, an solchen Organen Unter-
suchungen anstellen zu sollen, von denen in der neueren Literatur
bezüglich der Anordnung und Mächtigkeit ihrer glatten Muskulatur
wenig bekannt ist.
Es lag sehr nahe das Lymphdrüsensystem und die Milz vorzu-
nehmen, denn wenn auch durch Herauszupfen einzelner Elemente
das Vorhandensein von glatten Muskelfasern in beiden Organen
erwiesen zu sein scheint, so ist es doch als eine nicht unbedeutende
Lücke zu betrachten, auf die Frage in welcher Anordnung, Zahl und
Vertheilung die Muskelfasern in diesen Gebilden vorkommen in der
neueren Literatur keinen Bescheid zu erhalten.
In den von Kölliker !) veröffentlichten (Beiträge zur Kenntniß
der glatten Muskeln) ist von den Lymphdrüsen gar nieht die Rede,
sondern nur eine kurze Beschreibung der Lymphgefäße enthalten,
welche ich hier anführe.
(Die glatten Muskelfasern dieser Gefäße, die bis jetzt niemand
mit Bestimmtheit gesehen hat, verhalten sich gleich denen der Venen
so, daß sie in den Stämmen äußerst spärlich, in den kleineren Ästehen
in größerer Menge sich finden. Im Ductus thoracieus des Pferdes
1) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Bd. I.
Über eine Methode doppelter Färbung mikreskopischer Objecte ete. 681
folgt auf das Epithelium und eine elastische Längsfaserhaut eine
dünne quere Lage, die vorzüglich aus Bindegewebe mit Kernfasern
besteht und sehr spärliche muskulöse Faserzellen enthält; die äußerste
Haut zieht der Länge nach, und führt starke elastische Fasern und
Bindegewebe.
Lymphgefäße des Menschen aus dem Plexus aortieus inferior
von 7, —11/," Durchmesser besitzen nach außen vom Epithelium
und einer elastischen Längsfaserhaut eine starke Schichte von queren
Muskelfasern, untermischt mit etwas Bindegewebe u. s. w.).
Ferners gibt Kölliker in seinem Handbuche der Gewebelehre
des Menschen über die Hülle der Lymphdrüsen an:
Ihrem Baue nach ist dieselbe übrigens, wenigstens beim Men-
schen, einzig und allein aus Bindegewebe mit vielen eingestreuten
feinen elastischen Fäserchen (Kernfasern) und deren Bildungs-
elementen, den Saftzellen, zusammengesetzt, doch kommen nach Ö.
Heyfelder bei Thieren, namentlich bei der Maus auch contractile
Faserzellen in derselben vor.
Endlich ist folgende Angabe, welcheKölliker über die physio-
logischen Verhältnisse der Lymphdrüsen entwirft aus dem Grunde
hervorzuheben, weil er das Auf- und Abschwellen dieser Organe nur
auf die muskulösen Elemente der Blut- und Lymphgefäße bezieht:
(Zur richtigen Würdigung der Thätigkeit der Lymphdrüsen mag
auch noch darauf aufmerksam gemacht werden, daß dieselben offenbar
auch ein An- und Abschwellen zeigen, ähnlich wie die Milz. Dasselbe
kann sowohl von den Blutgefäßßen als den Lymphgefäßen abhängig
sein, welche alle mit zahlreichen contractilen Elementen versehen
sind. Welehen Einfluß solche Momente z. B. eine zeitenweise Ver-
engerung oder Erweiterung der Lymphgefäße im Marke der Drüsen
auf die Funetion derselben haben müßte, ist ersichtlich, doch wäre
es voreilig, auf die Besprechung soleher Verhältnisse einzugehen,
bevor die Existenz und Modalität derselben gehörig nachgewiesen ist.)
Ich glaube nieht nöthig zu haben, die stiefmütterlich behandel-
ten Abschnitte der Muskeln in den Lymphdrüsen durch weitere Citate
zu reprodueiren, und schließe mit einer über diesen Gegenstand
handelnden Angabe, welche Brücke in seiner Abhandlung (Über
die Chylusgefäße und die Resorption des Chylus anführt.
Ferner muß ich erwähnen, wie Oskar Heyfelder richtig an-
gibt, daß die vorerwähnte Drüsenhülle bei Menschen und Thieren,
45*
082 Schwarz.
wie schon Malpighi vermuthete, muskulös sei und muskulöse Fort-
sätze in das Innere schicke.
Ich beginne mit der Beschreibung meiner Resultate, welche ich
bei Untersuehung der Lymphdrüsen vom Rinde, Schafe, Pferde und
Mensehen erhalten, und zwar hebe ich nochmals hervor, daß es die
Anordnung der Muskulatur war, welche ich in's Auge gefaßt. in Be-
zug auf die sonstigen Verhältnisse der Lymphdrüsen , welehe durch
die in neuerer Zeit erschienenen werthvollen Arbeiten von Ludwig
und Noll, OÖ. Heyfelder, Koelliker, Brücke, Donders,
Gerlach, Leydig, Virchow, Eckard, Henle, Frey, W. Mül-
ler, Teichmann, Billnoth, His, Kowalewski u. s. w. vieles
an Klarheit gewonnen haben, verweise ich auf die Angaben "dieser
Autoren.
Zunächst nahm ich Mesenterialdrüsen vom Rinde in Unter-
suchung, weil in der Literatur die Angabe vorwaltet, daß sie an
glatten Muskelelementen sehr reich seien, und überdies spricht die
Größe, und leichte Beschaffung für ihre Verwendung zu ersten Ver-
suchen.
Dieselben wurden in der bereits angegebenen Kreosot-Essig-
mischung zwei Minuten lang gekocht und bei gewöhnlicher Zimmer-
temperatur und mehrmaligen Umwenden getrocknet, die senkrecht
auf die Längeachse gemachten Schnitte wurden dann in schwach mit
Essigsäure angesäuertes Wasser durch fünf Minuten gelegt, dann ab-
gespült und in einer Carminlösung (0203 Grm. Carmin, 60 Tropfen
Ammoniak, 250 CC. Wasser) 24 Stunden belassen, hierauf mit
destillirtem Wasser gewaschen, und durch zwei Stunden in eine
Pikrinsäurelösung (0.066 Grm. auf 200 CC. HO) oder in die grüne
Tinetionsflüssigkeit gebracht, dann entweder in Glycerin oder Kreosot-
mischung und Damarharz dauernd eingeschlossen.
Unter dem Mikroskope bei schwacher Vergrößerung beobachtet,
zeigten sich in der feinpunktirten rothen Grundmasse von der Hülle
gegen die Corticalsubstanz ausgehende mit breiter Basis beginnende
rothe Streifen, in welche reichliche gelbe Streifen wie eingesprenkt
zu unterscheiden waren, die gegen die Markmasse hin sich ver-
sehmächtigten, bei Anwendung stärkerer Vergrößerung konnte ich
allenthalben in diesen länglichen gelben Streifen die für Muskelkerne
charakteristischen langen eylindrischen Stäbchen wahrnehmen. An
der deutlich erkennbaren Grenze von Rinden und Marksubstanz waren
Über eine Methode doppelter Färbung mikroskopischer Objecte ete. 6853
bei schwacher Vergrößerung in mäßiger Entfernung von einander
quer getroffene runde gelbe Packete, die unter stärkerer Vergrößerung
die quer getroffenen rothen runden Kerne (wie sie in den quer
getroffenen Muskelschiehten des Darmtractes zu sehen sind Fig. 3)
einerseits, ferners noch die Contouren der Muskelelemente deutlich
wahrnehmen ließen Fig. 9 und 10. Während die Cortiealsubstanz
wie ich oben erwähnt, sich als rothe feinkörnige Grundmasse dar-
bietet, in welcher sich die von der Hülle abgehenden bindegewebigen
mit muskulösen Elementen innig verwebten Scheidewände durch ihre
Form und Farbe scharf abheben, kann ich in der Markmasse mit
Bestimmtheit keine zusammenhängende Muskellager finden.
Bei den untersuchten Lymphdrüsen aus dem Mesenterium der
Schafe sind die Verhältnisse ähnlich den vom Rinde gewesen, nur
waren die beim Rinde an der Grenze von Üortikal- und Marksubstanz
reichlichen quergetroffenen Muskeifasern weniger mächtig, die Mark-
substanz schien mir auch relativ dichter als beim Rinde zu sein,
ebenso verhielt sich das Hilusstroma, welches gleichmäßig roth
gefärbt, den Anblick faserigen Bindegewebes darbot.
An den Bronchialdrüsen eines 24 Jahre alten Pferdes konnte
ich wieder deutlich sowohl die aus der Drüsenhülle herabziehenden
muskulösen Scheidewände, wie auch die oben beschriebenen quer
getroffenen nahezu kreisrunden Muskelzüge an der Grenze der Rinden
und Markschicht erkennen.
Hierauf nahm ich Mesenterial- und Axillardrüsen eines Mannes
in Untersuehung, und war nicht wenig erfreut durch Anwendung
dieser Methode die Muskulatur derselben sowohl in den Scheide-
wänden, als an der Übergangsstelle zur Markschicht eonstatiren zu
können, es findet hiedurch die in dem Handbuche der Histiologie und
Histochemie des Menschen von Prof. Frey 1867 angegebene Stelle !)
ihre Berichtigung. |
Nach dem bisher angeführten fasse ich meine Beobachtungen
über die Muskulatur der Lymphdrüsen in folgenden Sätzen zusammen.
1) Die Scheidewände kommen im Übrigen in ihrer Textur mit dem Kapselgewebe
überein. Sie bestehen aus faserigem Bindegewebe, zu welchem nicht selten glatte
Muskulatur sich hinzugesellt. Zuweilen wie an den Inguinal-Axillar- und Mesen-
terialdrüsen des Ochsen, ist dieses letztere massenhaft (llis), in anderen Fällen
kommen nur spärliche Elemente vor (Mensch), oder die glatte Muskulatur ist über-
haupt nicht sicher darzuthun (Frey).
H6sA Schwarz.
In der Hülle der Lymphdrüsen vom Ochsen, Schafe, Pferde und
Menschen kommt keine zusammenhängende Muskelhaut vor, die etwa
so wie die Hülle selbst, um die ganze Drüse herumgeschlagen wäre.
Die Cortiealsubstanz dieser Lymphdrüsen besitzt dagegen ein gegen
die Markschicht in Form vorwiegend radiärer Streifen Fig. 9, die
mit den in die Rindensubstanz von der Hülle her eindringenden Tra-
bekeln verlaufen angeordnetes Muskelstratum, während die in gerin-
gen Abständen liegenden Muskelpackete an der Grenze von Rinden
und Markschicht eine vorherrschend eirkuläre Anordnung zeigen,
eine Annahme, welche ich dem Grunde hinstelle, weil ich an dieser
Stelle stets nur quergetroffene runde Muskelpackete Fig. 10, gesehen,
hebe jedoch hervor, daß ich niemals in die zufällige Schnittebene
gekommen bin, wo sich eireuläre Muskelbündel auch dargeboten
hätten.
Während somit die ersten (Fig. 9) auf die Rindenschichte bei
der Contraetion ihre Wirkung äußern, fällt den eirculären Fasern
zunächst die Wirkung auf die Markmasse zu, das Auf- und Ab-
schwellen der Lymphdrüsen, das Maulbeerartigwerden ihrer Ober-
fläche bei der Contraetion findet in dieser Anordnung der Muskulatur
wenigstens zum Theile seine Begründung.
Folgerungen aus diesem anatomischen Befunde sowohl für die
physiologische Deutung der Lymphdrüsen, so wie auch welche Be-
deutung die Menge und Anordnung der Muskelelemente bei krank-
haften Zuständen (z. B. chronische Bleiintoxikation u. s. w.) haben
können, will ich ferneren Untersuchungen überlassen.
An die Untersuehung der Lymphdrüsen schloß ich die der Milz
an, weil aus eben angeführten Gründen meine Methode hier den-
selben günstigen Erfolg für die Untersuchung der Muskulatur in Situ
versprach 1).
Ich habe die Milz ın der Kreosot-Essigmischung durch drei
Minuten gekocht und langsam getrocknet, hierauf mit Carmin und
Pikrinsäurelösung imbibirt. Zunächst verwendete ich die Milz vom
Schweine, dieselbe bei 60maliger Vergrößerung betrachtet, zeigte
sich der nach außen liegende Theil der Hülle roth, während in dem
gegen die Milzsubstanz gewendeten Antheile, sich gelbe Streifen mit
rothen Kernen wahrnehmen ließen, ebenso verhielten sieh die von
ee EEEFEEEESEEEESESSSESESESEREESES ESSENER
!) Vom Pferde, Schweine, Rinde und Menschen.
Über eine Methode doppelter Färbung mikroskopischer Objecte ete. 685
der Hülle in den verschiedensten Richtungen abgehenden Trabekel,
ganz besonders aber die feineren Trabekel, ferners fielen in dem
Gesichtsfelde durch ihr schärferes Hervortreten der rothen Farbe
runde, ovale birnförmige Gebilde auf, welche sich durch ihre theils
centrale, theils excentrische Gefäßmündung als malpighische Milz-
bläschen erwiesen (Fig. 7), dies ist der erste Eindruck, den man
beim Betrachten der auf diese Weise behandelten Sehnitte bekommt,
man kann ferners noch (Fig. 7) in der roth-gelb melirten Grund-
masse der Pulpa die quer und längs getroffenen verschieden starke
Trabekel, die unregelmäßig gelagerten Milzbläschen, welche letztern
meist vom Centrum gegen ihre Peripherie hin an Intensität der Farbe
abnehmen, bemerken.
Bei stärkerer Vergrößerung gesehen, bemerkt man in den Tra-
bekeln die rothen Muskelkerne, welche je nach dem Thiere verschie-
den zahlreich auftreten, in den Milzbläschen sieht man in der Mitte
oder excentrisch gelegen, quer, schief oder der Länge nach getroffene
Gefäßlumina mit ihrem gelben Epithel und den der Gefäßwand an-
gehörigen Muskelelementen. Außer diesen den Gefäßen angehörigen
Gewebselementen färbt sich in dem Milzbläschen nichts gelb, das-
selbe welches schon für das bloße Auge einen deutlich begrenzten
rein rothen Fleck darstellt, erscheint aus namentlich in der Mitte
diehtgedrängten roth imbibirten Iymphoiden Elementen zusammen-
gesetzt, die gegen die Peripherie hin immer weniger gedrängt an
einander liegend, das ganze Gebilde wie durch eine weniger gesättigt
rothe Zone rings an die roth- und gelbmelirte Grundmasse der Pulpe
anstoßen machen. Von einer anderen Begrenzung als dem plötzlichen
Aufhören der rein roth gefärbten Substanz des Bläschens, und der
ebenso beginnenden roth- und gelbmelirten Substanz der Pulpe ist
nichts zu sehen, bei stark pigmentirten (z.B. der untersuchten Pferde-
milz) ist, die Pulpe allein zugleich mit schwarzbraunen Pigment reich
durehsetzt und dadurch ebenfalls die am gefärbten Präparate hervor-
tretende scharfe Begrenzung gegen das rein roth gefärbte Mal-
pighische Bläschen gegeben.
Einiges will ich noch bemerken über das Verhalten der Milz-
pulpe bei der doppelten Imbibition.
Der roth gefärbte Antheil der Milzpulpe schließt sich ohne Unter-
brechung an die der Peripherie des Malpighischen Bläschens
liegenden roth gefärbten zelligen Gebilde an, aber zwischen diesen
086 Schwarz.
und ebenso reichlich kommt in der Pulpa ein’gelb gefärbter Antheil
zur Beobaehtung, der zwisehen die rothen Klemente gleichmäßig
gemengt bis zur Grenze eines Milzbläschens dieselben aus eimander-
hält. Da ich bisher die Zeit nieht fand injieirte Milzen für meine
Untersuchungen zu verwenden, so will ich mich, da ich glaube, dab
eine Deutung dieses roth und gelb gelärbten Antheiles der Milzpulpe
nur im Zusammenhange mit dem reichlichen Gefäßnetz der Pulpa sich
wird geben lassen, mich auf die vorstehende Beschreibung beschränken.
Da sich einerseits der bindegewebige Antheil von den bei-
gemengten muskulösen Elementen scharf abkob, dann aber auch die
Malpighischen Milzbläschen deutlich in Bezug auf Form, Größe
und Anzahl zu erkennen waren, so zog ich auch diese Verhältnisse
bei der Milz verschiedener Thiere in den Kreis meiner Untersuchun-
gen, weil nebst den widersprechenden Ansiehten der Autoren über
das Verhalten der organischen Muskelfasern in der Milz, auch über
die Mächtigkeit der Trabekel, sowie über die Größe und Anzahl der
Milzbläschen keine Übereinstimmung herrscht. Die Hülle der Miiz
vom Rinde erwies sich an muskulösen Elementen ärmer, ebenso ver-
hielten sich die Trabekel, die Milzbläschen dagegen waren in gleicher
Anzahl und Größe wie beim Schweine zu sehen.
An der von mir untersuchten Milz des Pferdes Fig, 8 waren
sowohl die Hülle als Trabekel sehr reich an muskulösen Elementen,
sehr auffallend war der große Pigmentgehalt, trotzdem die Milz sich
sehr weich anfühlte, enthielt sie ein eben so mächtiges Hüllen und
Trabekelsystem wie es bei Schweinen der Fall ist.
Ich ging nun daran die Milz des Menschen zu untersuchen, und
legte hiebei großen Werth darauf, mögliehst frische zu bekommen,
es gelang mir an zwei derselben (welehe 18 und 22 Stunden nach
dem Tode in meine Hände kamen) bezüglich ihres Gehaltes an
Muskelelementen und Milzbiäschen Untersuehungen zu machen. Bei
60maliger Vergrößerung betrachtet, erwies sich die Hülle und Tra-
bekel mit spärlichen muskulösen Elementen versehen, die Milzbläs-
chen hatten hier eine gestreckt längliche Form, und waren im ganzen
in geringerer Menge zugegen. In der andern Milz war die Hülle sehr
mächtig, jedoch waren die muskulösen Elemente in derselben nieht
zahlreicher als in der früher untersuchten.
Zu dieser Schilderung meiner Ergebnisse über die Untersuchun-
gen der Milz will ich ein kurzes Resume anfügen:
Über eine Methode doppelter Färbung mikroskopischer Objeete ete, 687
Die Angaben von Kölliker über die Abwesenheit der Muskel-
elemente in der Hülle der Milz vom Menschen kann ich meinem Be-
funde nach nicht theilen, dagegen habe ich seine Angaben über die
Verhältnisse beim Schweine vollkommen bestätigt gefunden, ferner
muß ich bezüglich der Anordnung von Muskeln in der Milz des
Pferdes und des Rindes dessen Angaben verneinen.
Wenn ich jetzt noch über die Lungen hier etwas anfüge, so
geschieht es wegen der bekanntlich bis in die neueste Zeit fort-
dauernden Controverse über die An- oder Abwesenheit glatter Muskeln
in den Wandungen der Alveolen, für weiche Controverse mir meine
Methode einen entschiedenen Abschluß versprach.
Ich habe die Lunge der Hunde, Schafe, Kaninchen, Taube, Huhn,
Menschen und Pferde verschiedener Thiere vorgenommen, weil vor
etwa drei Jahren Prof. Piso-Borme eine Abhandlung im (Archivio
per la Zoologia, |’ Anatomia Modena 1864 Vol. III Fase. II) über die
Gegenwart glatter Muskelfasern in den Lungenbläschen der Wirbel-
thiere veröffentlichte, in welcher mit aller Bestimmtheit die An-
wesenheit derselben angeführt ist. Nachdem er der von Schroeder
van der Kolk, Harting, Donders, Kölliker, Schultz, Rei-
ehert ete. aufgestellten Ansicht, die von Moleschott und Ger-
lach gegenüberstellt, und die von Moleschott seinerzeit ange-
gebenen Mittel zur Auffindung glatter Muskelfasern anführt, heißt
es Pag. V. Tali sono il mezzi adoperati dall’ illustre Fisiologo
nelle sue ricerche, per eui eredo interressante il rieordare per
rispetto alla controversa questione, come non fosse prudente di
eondannare l’esistenza di fibre museolari liscie nelle vesichette pol-
monali, prima che si potesse apprezzare il valore delle sue positive
osservazioni.
Si & colla seorta degli indicati metodi, che io mi feci ad esami-
nare l'intima struttura delle vesichette polmonali, non solo nel
l’ uomo e nei mammati, ma pur anche negli ucceli e nei rettili; e
deggio dire fin d’ora, che in tutte queste tre classi di vertebrati ho
riscontrato colla massima evidenza delle fibre museolari liseie nella
parete delle vesichette. A riguardo dei mammatı, dei quali terrö anzi-
tutto parola, le mie ricerche versarono primamente sui polmoni di
majale, di bue, di eavallo e dell’ uomo, ed in seguito su quelli di
cane, di gatto, di coniglio, di rieeio europeo, di topo, di eavia, di
pecora e di seimia.
688 Schwarz.
Dieses angeführte Citat sowie die von Moleschott an den
Lungen von Kindern und Kälbern, andererseits die Angabe Ger-
lach’s über das Vorkommen glatter Muskeln in den Lungenalveolen
vom Schafe regten mich an, meine Tinktionsmethode an Lungen
einiger Thiere anzuwenden.
Am Anfange meiner Untersuchungen habe ich eine auf 50° €.
abgekühlte Leimlösung durch die Luftwege eingespritzt, dann nach
Verlauf einer Stunde das Organ durch zwei Minuten in der Kreosot-
Essigmischung gekocht, und nach dem Erkalten respective Gela-
tiniren des Leimes Schnitte hievon in warmes Wasser (40 C.) ge-
bracht, dann auf die oft angegebene Weise mit Carmin imbibirt, und
in die Pikrinsäurelösung durch zwei Stunden gelegt, unter Glycerin
bei entsprechender Vergrößerung betrachtet, bemerkte ich sofort,
daß die Pikrinsäure keine Einwirkung hervorgebracht hat, und über-
haupt keine Muskelifasern in den Alveolenwänden zu sehen waren.
Solche Resultate hatte ich mit den Lungen vom Kinde, Hunde, Men-
schen und Huhn.
Hierauf eontrolirte ich mich dureh Anwendung frischer Objecte
mit Essigsäure und durch Versuche mit kohlensaurem Kalium, ich
konnte mich jedoch nicht von der Anwesenheit glatter Muskeln (wie
Piso-Borme durch Abbildungen erläutert) überzeugen, Ich hielt
es nun für nöthig einen andern Weg einzuschlagen, weil etwa das
Kochen der Lungen Einwürfe erleiden könnte, und entschloß mich
in einer weingelben Lösung von doppelt chromsaurem Kalium reinen
Knochenleim zu lösen, und durch die Luftwege einzuspritzen, nach
zwei Stunden war ich im Stande Schnitte von solcher Zartheit und
Ausdehnung zu bekommen, wie ich sie vordem durch keine Präpa-
rationsmethode bekam, diese Schnitte brachte ich in Wasser von
40° €. und imbibirte sie mit Carmin, hierauf braehte ich sie wieder
in Pikrinsäurelösung, aber auch diesmal war ich in den Alveolen
irgend welche Muskeln zu sehen nicht im Stande, diesen Vorgang
habe ieh weiter bei den Lungen der angeführten Thiere fortgesetzt
jedoch mit demselben negativen Resultate.
Als ich nun wieder die Schnitte bevor sie mit Carmin imbibirt
werden sollten, mit Essigsäure behandelte, wurde ich bei der Länge
des Schafes etwas stutzig, denn beim ersten Eindrucke haben mir
eoncentrisch gelegene kurze breite Kerngebilde als Muskelkerne
imponirt, aber das Fehlen jedes Contours, weleher auf Muskel-
Über eine Methode doppelter Färbung mikroskopischer Objecte ete. 689
elemente zu beziehen gewesen wäre bei diesem, und zahlreichen
andern darauf untersuchten Präparaten, sowie die oben berichtete
Thatsache, daß durch meine Imbibitionsmethode niemals Muskeln
zur Ansicht gebracht werden konnten, während dieselbe doch bei
andern Organen sich zum Nachweis der Muskeln in situ so gut be-
währt, beweist daß in der Lunge des Schafes kurze kernartige, wahr-
scheinlich den elastischen Fasern nahe stehende Gebilde vorkommen,
die ich mit nichts besser zu vergleichen wüßte, als mit den langen
quergelagerten Kerngebilden, wie man sie in den Tastkörperchen
beobachten kann. Noch einen dritten Weg habe ich eingeschlagen,
um in dieser Frage nichts versäumt zu haben, um der nachherigen
Schrumpfung, welche durch die Auflösung des gelatinirten Leimes
aus den Lungenalveolen eintritt vorzubeugen, habe ich Hühnereiweilß
durch die Luftwege injieirt, dann auf 80° C. erwärmt, und nach
einer Stunde Schnitte verfertigt, aber auch diesmal habe ich keine
Muskelelemente in den Wandungen der Alveolen bemerken können.
Aus diesen mit Sorgfalt geführten zahlreichen Untersuchungen
kann ich in Bezug der Muskulatur in den Wandungen der Lungen-
alveolen ein entschieden negatives Resultat angeben, und somit mich
dem weitaus größten Theile der Mikroskopiker anschließen, welche
ähnliche Ergebnisse nach weniger beweisenden Methoden schon
früher zu erhalten in der Lage waren. Die Ansichten, welche man
hie und da über das sogenannte Contraktionsvermögen der Lunge
verbreitet findet, und die Angabe, dal dasselbe auf der Anwesenheit
der elastischen Elemente in den Lungenalveolen denen aber con-
tractile Faserzellen zur Unterstützung beigegeben sind, zurückzuführen
sei, werden demnach entsprechend meinem mikroskopischen Befunde
auf ihr richtiges Maß zurückgeführt werden müssen.
HA0
Fig.
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Schwarz.
Erklärung der Abbildungen.
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. Zungenpräparat vom Kaninchen, bei 120mal. Vergrößerung mit Carmin-
und der grünen Flüssigkeit behandelt.
Das Epithel und die meist quer getroffenen Muskelgruppen grün
imbibirt, wovon sich der mit seinen Kernen rothe Bindegewebige Antheil
scharf abhebt.
Magenpräparat vom Hunde bei 120mal. Vergrößerung.
Die Drüsenschichte sowie die Musecularis mucosae und ein Antheil
des subperitonealen innern Muskel stratums sind schwefelgelb, während
das submucöse Gewebe ganz ungefärbt erscheint, dadurch aber die in
demselben befindlichen Blut- und Lymphgefäßquerschnitte, so wie
Nervenverästlungen deutlich hervortreten.
. Magenpräparat vom Schweine bei 400mail. Vergrößerung. Mit stark
alkalischer Carminlösung und der dunkelgrünen Tinktionsflüssigkeii
behandelt.
Nach oben zu das violett gefärbte submueöse Gewebe, währead die
innere subperitoneale Muskelsehiehte dunkelgrün erscheint, die Muskel-
kerne sind, wo sie in den Schnitt gefallen, sowie das die Muskelbündel
verbindende Gewebe roth tingirt.
Diekdarın vom Schweine bei 120mal. Vergrößerung mit Carmin und der
grünen Flüssigkeit behandelt.
Das Enehym sowie die ungewöhnlich regellos angeordnete Muscu-
lar mucosae sind grün, während das zwischen den Diekdarmsehläuchen
befindliche Gewebe und die Submucosa roth erscheinen.
. Speiseröhre vom Hunde bei i20mal. Vergrößerung mit der roihen und
grünen Tinktionsflüssigkeit behandelt.
Während die mächtig entwickelte Epithelialsehichte, die muscu-
lar mucosae und die Schleimdrüsen grün erscheinen, ist das übrige
Gewebe roth tingirt.
. Diekdarm vom Hunde bei 140mal. Vergrößerung.
Nach oben die roth gefärbten Drüsenschläuche mit dem gelben
Enehym, darunter die gelbe Museularis mucosae mit den rothen Muskel-
kernen, hierauf das roth tingirte submucöse Bindegewebe in welchem
zwei Gefäßlumina sieh zeigen, und seinen Verästlungen in die innere
subperitoneale Muskelschichte, in welcher die rothen Muskelkerne quer
getroffen sind, während in der äußern Muskelschichte die rothen Kerne
der Länge nach zu sehen sind.
Ein kleiner Antheil des Peritonäum hebt sich deutlich durch seine
rothe Farbe ab.
al
Über eine Methode doppelter Färbung mikroskopischer Objeete etc. 691
. Milz vom Schweine bei 40mal. Vergrößerung. Die muskelhaltigen Tra-
bekel sind rothgelb, während die Muskelkerne roth erscheinen. Die
Malpighi’sehen Milzbläschen sind vom Cenirum gegen ihre Peripherie
sowohl dureh die Intensität der rothen Farbe, noeh mehr aber durch
die meist in der Mitte derselben getroffenen gelben Gefäße zu unter-
seheiden.
. Milz von Pferde bei 120mal. Vergrößerung.
Nach oben ist die Hülle derselb»n roth, die darunt“r befindliche
muskelhaltise Sceh'chte sowie die Trabekel gelb, das andre Milzgewebe
ist mit braunem Pigment erfüllt.
. Mesenterialdrüse vom Rinde bei 120 mal. Vergrößerung.
In der gelb-röthlieh melirten Grundsubstanz sind die radiär ange-
ordneten muskulösen Trabekel der Cortiealsubstanz gelb, deren Kerne
roth. An der Grenze von Rinden und Markschiehte sind die Muskel-
bündel stets quer getroffen in denselben sind die Kerne roth angedeutet.
Dasselbe Organ bei 190mal. Vergrößerung.
In der Cortiealsubstanz sieht man die grün gefärbten radiären
Muskelbündel mit ihren rothen Kernen. Die eireulär verlaufenden Muskel-
büschel an der Grenze von Rinden und Markschicht grün, während ihre
Kerne roth erscheinen.
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Sitzungsb.d.k.Akad.d.W. math. naturw. CL.1V. Bd. 1. Abth.1867.
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Taf.V.
SITZUNGSBERICHTE
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
LV. BAND.
ERSTE ABTHEILUNG.
D.
Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik,
Zoologie, Anatomie, Geologie und Paläontologie.
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695
XII. SITZUNG VOM 9. MAI 1867.
Der Präsident gibt Nachricht von dem am 17. April 1. J. zu
Pavia erfolgten Ableben des auswärtigen correspondirenden Mitgliedes
Herrn Professors Bartholomäus Ritter von Panizza und ladet die
Classe ein, ihr Beileid durch Aufstehen kund zu geben.
Sämmtliche Anwesende erheben sich von den Sitzen.
Hierauf werden folgende eingesendete Abhandlungen vorgelegt:
„Die Local-Stunden von 178 Meteoriten-Fällen“ vom Herrn
Hofrathe W. Ritter v. Haidinger.
„Über Aesculus Hippocastanum L.“ von Herrn Prof, Dr. Fr.
Rochleder in Prag.
„Über die maßanalytische Bestimmung löslicher Ferro- und
Ferrid-Cyanverbindungen und eine Titrestellung für Chamaeleon“,
von Herrn Dr. W. Fr. Gintl, Assistenten an der Lehrkanzel für
Chemie an der Prager-Universität.
„Analyse der Emmaquelle zu Gleichenberg in Steiermark“ von
Herrn Prof. Dr. J. Gottlieb in Graz.
„Untersuchungen über Molybdänsäure und deren Salze“ von
Herrn Fr. Ullik, Assistenten an der technischen Hochschule zu
Graz.
„Über krystallisirte Ankerite vom Erzberge in Obersteiermark“
von Herrn A. F. Reibenschuh.
Beschreibung einer neuen hydraulischen Maschine von Herrn
Chr. Pilgrim zu Triest.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Academie Imperiale des Sciences, Belles-Lettres & Arts de Lyon:
Memoires. Classe des Lettres: N. S. Tome XI. 1864—65;
Classe des Sciences: Tome XIV, 1864. Lyon & Paris; gr. 80.
Akademie der Wissenschaften, König]. Preuss., zu Berlin: Abhand-
lungen. 1865. Berlin, 1866; 4°. — Monatsbericht. Januar &
Februar 1867. Berlin; 80,
Sitzb, d. mathem.-naturw. Cl. LV. Bd. I, Abth, 46
696
Annalen der Chemie & Pharmaecie von Wöhler, Liebig und
Kopp. N. R. Band LXV, Heft 3; Band LXVI, Heft 1. Leipzig
& Heidelberg, 1867; 80.
Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 5. Jahrg. Nr. 9.
Wien, 1867; 8°.
Astronomische Nachrichten. Nr. 1637—1639. Altona, 1867; 40.
Bibliotheque Universelle et Revue Suisse: Archives des Seiences
physiques et naturelles. N. P. Tome XXVII, Nr. 109 & 111.
Geneve, Lausanne, Neuchatel, 1867; 8%
Comptes rendus des seances de l’Academie des Seiences. Tome
LXIV, Nr. 15—16. Paris, 1867; 40. B
Cosmos. 2° Serie. XVI® Annde, 5° Volume, 17°—18°. Livraisons.
Paris, 1867; 8%
Gesellschaft der Wissenschaften, königl., zu Göttingen: Gelehrte
Anzeigen. 1866. Band I—Il. — Nachrichten aus dem Jahre
1866. Göttingen; 8°.
— — Königl., zu Leipzig: Abhandlungen der mathem.-phys.
Classe. VIII. Band, Nr. 2. Leipzig, 1866; 40. — Berichte der
mathem.-phys. Classe. 1865; 1866, 1—3. Leipzig, 1866; 80.
Gewerbe-Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen.
XXVIM. Jahrg., Nr. 17. Wien, 1867; 80.
Halle, Universität, Akademische Gelegenheitsschriften für das
Jahr 1866. 4° & 80.
Instituut, Koninkl. Nederlandsch Meteorologisch, zu Utrecht:
Nederlandsch Meteorologisch Jaarboek vor 1856. I. Deel.
Utrecht, 1866; 49.
Isis: Sitzungs-Berichte. Jahrg. 1866, Nr. 10—12. Dresden.
1867; 8°.
Königsberg, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften für
das Jahr 1866. Folio, 4° & 80.
Land- und forstwirthschaftl. Zeitung. 17. Jahrg. ‚Nr. 17— 18.
Wien, 1867; 4% Ä
Mittheilungen des k. k. Genie-Comite. Jahrg. 1867, 3. Heft.
Wien; 80. |
— aus J. Perthes’ geographischer Anstalt. Jahrg. 1867, V. Heft.
Gotha; 40.
Moniteur scientifique. 249° Livraison. Tome IX°, Annee 1867,
Paris; 40,
697
Reichsanstalt, k. k. geologische: Jahrbuch. Jahrg. 1867. XVII.
Band, Nr. 1. Wien, 1867; kl. 4°.
Reichsforstverein, österr.: Monatschrift für Forstwesen. XVII.
Band. Jahrg. 1867, Februar-Heft, Wien; 80.
Societas Regia scientiarum Üpsalensis : Nova acta. Seriei tertiae.
Vol. VI., fasc. I. 1866. Upsaliae; 4°.
Societe Imperiale des Naturalistes de Moscou: Bulletin. Tome
XXXIX. Annee 1866, Nr. 4. Moseou; 8°,
— Linneenne de Lyon: Annales. Annee 1865, Nouvelle Serie.
Tome XI.; Annee 1866. N. S. Tome XII. Paris, 1866; gr. 80.
Society, The Royal, of Edinburgh: Transaetions. Vol. XXIV,
Part 2. For the Sessions 1865 — 66.40. — Proceedings. Vol. V,
Nr. 68—69; 80.
Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 34—37. Wien,
1867; 4%
Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft.
XVII. Jahrg. Nr. 9. Gratz, 1867; 40.
Zeitschrift für Chemie von Beilstein, Fittig und Hübner.
N. F. IX: Jahrg., II. Band, Nr. 24. 1866; X. Jahrgang. II. Bd.
Nr. 5—7. Leipzig, 1867; 8%
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XIV. SITZUNG VOM 16. MAI 1867.
Se. Excellenz der Herr Curator-Stellvertreter, Ritter v. Schmer-
ling setzt die Akademie, mit Erlaß vom 12. Mai, in Kenntniß, daß
er, in Vertretung Sr. kais. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erz-
herzog-Curators die diesjährige feierliche Sitzung eröffnen werde.
Herr Prof. Dr. A. v. Waltenhofen in Innsbruck übersendet
eine vorläufige, für den akademischen „Anzeiger“ bestimmte Mitthei-
lung „über eine neue Methode die Widerstände galvanischer Ketten
zu messen“.
Herr Prof. Dr. R. Kner übergibt einen „Nachtrag zu seinen
fossilen Fischen von Raibl“ nebst einer Abhandlung: „Ichthyologische
Notizen“ (V.) von Herrn Dr. F. Steindachner.
Herr Prof. Dr. J. Boehm legt eine Abhandlung: „Über Funec-
tion und Genesis der Zellen in den Gefäßen des Holzes“ vor.
Herr Dr. S. Strieker überreicht eine Abhandlung: „Über
Malpighische Knäuel in der Froschniere“, von Herrn Dr. J. Duncan
aus St. Petersburg.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Akademie der Wissenschaften, Königl, Bayer., zu München:
Sitzungsberichte. 1866. II, Heft 2—4. München; 80,
Archief, Nederlandsch, voor Genees- en Natuurkunde. Deel Il,
Aflev. 3—4. Utrecht, 1866; 80. |
Astronomische Nachrichten. Nr. 1640. Altona, 1867; 40.
Carl, Ph., Repertorium für physikalische Technik ete. II. Band,
1. Heft. München, 1867; 80.
Comptes rendus des seances de I’ Academie des Sciences. Tome
EXIYV. Nr. 17. Paris; 1867: 49,
Cosmos. 2° Serie. XVI® Annee, 5° Volume, 19° Livraison. Paris ,
1867; 80.
Gesellschaft der Wissenschaften, Oberlausitzische: Neues Lau-
sitzisches Magazin. XLII. Band, 1. Heft, Görlitz, 1866; 8°,
699
Gesellschaft, physikalische, zu Berlin: Die Fortschritte der
Physik im Jahre 1864. XX. Jahrg. I. & II. Abth. Berlin, 1866
bis 1867; 8°.
— Senckenbergische naturforschende: Abhandlungen. VI. Band,
1. & 2. Heft. Frankfurt a/M., 1866; 4°.
— Oberhessische, für Natur- und Heilkunde: XII. Bericht. Gießen,
1867; 80.
— naturhistorische, zu Nürnberg: Abhandlungen. III. Band, zweite
Hälfte. Nürnberg, 1866; 8°.
Grunert, Joh. Aug.: Archiv der Mathematik u. Physik. XLVI. Theil,
2. & 3. Heft. Greifswald, 1866; 8°.
Hauer, Franz Ritter v.: Geologische Übersichtskarte der österr.
Monarchie nach den Aufnahmen der k. k. geologischen Reichs-
anstalt. Blatt Nr. V: Westliche Alpenländer. Wien, 1867; 8».
& Folio.
Institution, The Royal, of Great Britain: Proceedings. Vol. IV.
Parts 7—8. (Nr. 43—44.) London, 1866; 8°.
Jahrbuch, Neues, für Pharmacie und verwandte Fächer von Vor-
werk. Band XXVII, Heft 3. Speyer, 1867; 80.
Land- und forstwirthschaftliche Zeitung. 17. Jahrg. Nr. 19. Wien,
1867; 40°.
Lotos. XVI. Jahrgang. April 1867. Prag; 8°.
Magazijn voor Landbouw en Kruidkunde. N. R. VI. Deel, 9—12.
Aflev. 1866., VII. Deel 1. Aflev. 1867. Utrecht, 1866 & 1867; 80.
Museum-Verein zu Klausenburg: Jahrbücher. IV. Band, 1. Heft.
Klausenburg, 1867; 40.
Societe Imperiale des Sciences naturelles de Cherbourg: Memoires.
Tome XII (2° Serie. Tome II.) Paris & Cherbourg, 1866; gr. 8°.
— philomatique de Paris: Bulletin. Tome 1. 1864; Tome II: Juin
— Juillet- Aout 1865. Paris; 80, }
Verein, Entomologischer, in Berlin: Berliner Entomologische Zeit-
schrift. IX. Jahrgang. 1865; X. Jahrg. 4. Heft. Berlin, 1865
& 1866; 8°.
— Naturw. für Sachsen und Thuringen in Halle: Zeitschrift für
die gesammten Naturwissenschaften. Jahrgang 1866. XXVI. &
XXVIM. Band. Berlin, 1866; 80.
— für Naturkunde zu Preßburg: Verhandlungen. VII. & IX. Jahr-
gang. 1864—1865 & 1866. Preßburg; 8°.
700
Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 38—839. Wien.
1867; 4°.
Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft
XVI. Jahrg. Nr. 10. Gratz, 1867; 4°.
Zeitschrift für Chemie von Beilstein, Fittig und Hübner.
X. Jahrgang. N. F. II. Band, 8. Heft. Leipzig, 1867; 8°.
— des österr. Ingenieur- und Architekten-Vereins. XIX. Jahrg.,
2. & 3. Heft. Wien, 1867; 40.
Steindachner. Jchthyologische Notizen (V). 01
Ichthyologische Notizen (DV).
Von Dr. Franz Steindachner,
Assistenten am k. k. zoolog. Museum.
(Mit 3 Tafeln.)
I. Über eine neue Plecostomus-Art aus Brasilien.
Art Plecostomus Wertheimeri n. spec.
Char. Kopf- und Körperseiten mit ungekielten Schildern; Rand-
schilder der Kopfseiten mit äußerst zahlreichen steifen Borsten
besetzt; Seitenfläche der Schnauze stark eingedrückt ; Schläfen-
schild sehr groß, mit wurmförmig geschlängelten Furchenlinien
zwischen stumpfen, rauhen Leistehen und mit größeren und
dunkleren, runden Flecken besetzt als der übrige Theil des
Kopfes; Caudale schief abgestutzt; eine Reihe breiter Quer-
schienen an jeder Seite des Bauches zwischen der Pectorale und
Ventrale; Rumpfschilder mit runden, hellgelben Flecken; Zähne
des Zwischen- und Unterkiefers sehr lang, in großer Zahl vor-
handen, borstenähnlich, mit eingebogenen Spitzen, vor welchen
eine kürzere Nebenspitze nach außen abgeht.
2
D. 1/7; A. 1/5; P. 1/6; V. 1/5; 12 (ohne die schuppenähnlichen,
2
kurzen Randstacheln); L. lat. 22.
Beschreibung.
Die Kopflänge, bis zum hinteren Ende des großen Schläfen-
schildes genommen, ist 31/;mal in der Körper- und circa 41/,mal in
der Totallänge enthalten; die Kopfbreite zwischen den Kiemenspalten
gleicht der Kopflänge; die größte Höhe des Kopfes steht der Ent-
fernung des vorderen Augenrandes von der Schnauzenspitze kaum
nach. Die größte Körperhöhe ist der Entfernung des hinteren Augen-
randes von der Schnauzenspitze gleich, während die geringste
1702 Steindachner.
Leibeshöhe am Schwanzstiele unter der zweiten Dorsale nur die
Hälfte der größten erreicht.
Das kreisrunde Auge ist ziemlich klein; sein Durchmesser
beträgt 5/;. der Kopflänge; es steht ferner 3°/, Diameter von der
Schnauzenspitze, 21/, Diameter vom hinteren Rande des Schläfen-
schildes, 2*/,; Diameter vom anderen Auge und einen Diameter von
dem vorderen Nasenloche ab. .
Der Längendurchmesser der Nasengrube ist von geringer Größe
und eirea 15/,mal in dem eines Auges enthalten. Die Entfernung der
Nasengruben von einander gleicht eireca 12/; Augendiameter und ist
daher bedeutend geringer als die der Augen. Der Umkreis des Kopfes
zeigt eine stumpf parabolische Form, ähnlich der von Aneistrus
gibbiceps Kn.; alle Kopfschilder sind ungekielt, die Stirne ist flach,
der obere schwach gezähnelte Augenrand aufstehend.
Das mediane Oceipitalschild trägt in der Mitte, der Länge nach
eine stumpfe, breite, nur schwach vortretende Erhöhung, springt
nach hinten in eine stark abgerundete Spitze unbedeutend vor und
ist eirca 3/,„mal so breit wie lang, neunseitig.
Der stumpf abgerundete Seitenrand des Kopfes ist mit zahl-
reichen Borsten besetzt, welche in der Interopereular-Gegend am
längsten und schwach nach hinten gebogen sind.
Die Randschilder greifen beiderseits mit abgerundeter Kante an
die Unterseite des Kopfes über.
Der vordere, sowohl obere als untere Rand der Schnauze, mit
Ausnahme einer nackten, dreieckigen Stelle an der Unterseite der
übergreifenden Schnauzenspitze und der obere, nasenrückenähnlich
erhöhte mittlere Theil der Schnauze sind mit sehr kleinen, rauhen
Schildehen besetzt; die abfallenden Seitenflächen der Schnauze stark
eingedrückt.
Drei ziemlich große Schilder liegen an den Seiten der Schnauze
zwischen dem vorderen Augenrande und den vorderen kleinen
Schnauzenschildehen; das mittlere derselben ist bedeutend größer
als die seitlichen, wie diese unregelmäßig viereckig und am oberen
Rande abgerundet. Unmittelbar unter dem Auge befinden sich zwei
längliche Schildehen.
Weder am Kopfe noch am Rumpfe zeigen sich scharfrandige
Kiele; die Außenseite sämmtlicher Kopfschilder ist mit sammtartigen
Rauhigkeiten überzogen, welche unter der Loupe gesehen von zahl-
Ichthyologische Notizen (V). 703
reichen, kleinen, stumpfkegelförmigen Stacheln gebildet werden. Nur
am großen Schläfenschilde sind die Rauhigkeiten gröber und sitzen
auf stumpfen Leistehen, welche durch wurmähnlich geschlängelte,
zahlreiche Furchenlinien von einander getrennt sind.
Die unterständige Mundspalte ist breit und von der übergreifen-
den Schnauzenspitze um etwas mehr als die Länge eines Auges
entfernt. Das vordere Mundsegel ist im vordersten Theile mit kleinen,
rauhen Schildehen wie der eigentliche Schnauzenrand versehen, im
übrigen nackt und nahezu glatt, während das hintere Mundsegel
bedeutend breiter als ersteres, ganzrandig und mit kleinen Papillen
besetzt ist.
Die Eckbarteln sind ziemlich gut entwickelt, die Kieferstücke
breit, so daß jeder Unterkieferast mehr als 100 dünne, sehr lange
Zähnchen mit brauner, abgestumpfter, stark eingebogener Spitze
trägt. An der Umbiegungsstelle der Krone geht wie bei vielen
Plecostomus-Arten eine kürzere Seitenspitze nach außen ab.
Die Breite der Mundspalte erreicht nahezu !/, der Kopflänge.
Die Unterseite des Kopfes ist mit Ausnahme der Randtheile
nackthäutig. Quer über die Brust, auf und hinter der Unterseite des
Schultergürtels zieht sich eine schmale Doppelbinde kleiner Schild-
chen hin; die hintere Reihe derselben setzt sich seitlich nach hinten
in die lange Reihe der Querschienen (jederseits 10—12, von denen
einige der Länge nach sich spalten) fort, welehe den Seitentheil
des Bauches zwischen der Ventrale und der Pectorale einnimmt und
bei sämmtlichen bis jetzt bekannten Plecostomus-Arten fehlt.
Zwischen dem medianen Oceipitalschilde und dem kleinen, halb-
mondförmigen Schilde vor der Dorsale liegen zwei große Schilder-
platten, an den Seiten des Rumpfes vier Schilderreihen, von denen
die der untersten, vierten Längenreihe am größten, die der dritten
Reihe am kleinsten sind.
Eine Reihe breiter Querschienen, neun an der Zahl, bedecken die
Unterseite des Schwanzstieles zwischen der Caudale und dem hinteren
Ende der Anale vollständig; auf sie folgt nach vorne eine Doppel-
reihe von Schildern, welche sich bis zum hinteren Ende der Ventral-
basis fortsetzen, gegen dieselbe an Breite zunehmen und zugleich
nach vorne divergirend, einen dreieckigen, nach vorne offenen, nackt-
häutigenRaum am Bauche umschließen, in dessen Mitte einzelne, sehr
kleine, polygonale Schildehen liegen. Ganz nahe vor diesen Schildehen
704 Steindachner
endlich und zwischen den Ventralen bemerkt man an dem von, uns
untersuchten Exemplare eine breite Querbinde dicht neben einander
gelagerter Schildehen von unregelmäßiger Gestalt.
Unter dem oberen Theile des hinteren, unteren Seitenrandes
des Schläfenschildes liegen vier ganz kleine, runde Schildchen, und
hinter dem obersten derselben zeigt sich eine kleine nackte Haut-
stelle, in welcher der Seitencanal wie hinter jedem der Rumpfschilder
der dritten Längenreihe gabelig getheilt mündet.
Sämmtliche Rumpfschilder nehmen gegen die Caudale an Größe
zu, decken sich nur sehr wenig und sind quergestreift, sehr rauh.
Die Rauhigkeiten nehmen gegen den Schwanz an Stärke zu, so daß
man zuletzt schon mit freiem Auge die einzelnen Zähnchen, von
denen sie gebildet werden, deutlich unterscheiden kann. Am hinteren
Rande jedes Schildes liegen zahlreiche, „etwas längere Zähnchen.
Die Basis der Schwanzflosse ist mit länglichen Schildern in
einer (Juerreihe überdeckt, deren vorspringende Leistehen deutlich
und dicht gezähnt sind; auch auf der Außenfläche jedes Caudal-
strahles liegen zahlreiche Zähnchen in mehreren Reihen, welche bis
zur Strahlenspitze reichen.
Die erste Dorsale enthält einen ungetheilten und sieben doppelt
gabelig getheilte Strahlen, ihr Abstand von der Schnauze beträgt
3/;0 der Totallänge. Diese Rückenflosse ist ferner nur wenig höher
als lang ; ihr erster ungetheilter Strahl von mäßiger Stärke und am
oberen Theile seiner Vorderfläche etwas rauher als im unteren.
Der etwas längere zweite gespaltene Strahl ist der höchste der
Flosse und steht in dieser Beziehung der Kopflänge fast nur um die
Länge eines Auges nach, während der letzte kürzeste Strahl eirea
3/, der Kopflänge gleichkommt.
An der Basis der ersten Rückenflosse liegen jederseits sechs
Rumpfschilder in einer Längenreihe.
Der einzige Strahl der zweiten Dorsale ist von geringer Höhe,
gekrümmt, ceomprimirt und durch acht Schilder von dem letzten
Strahle der ersten Dorsale, durch drei Schilder von der Caudale
getrennt. |
Der erste Pectoralstrahl oder Stachel ist breit, lang, deprimirt,
etwas länger als der erste ungetheilte Strahl oder Stachel der ersten
Dorsale und wie dieser am Außenrande mit dichtstehenden, sehr
kurzen Borstenstachelehen besetzt, welche nach hinten etwas an
Ichthyologische Notizen (V). 105
Länge und bedeutender an Stärke zunehmen und im Ganzen größer
sind als die Zähnchen an der Ober- und Unterfläche des Stachels.
Zurückgelegt reicht die Brustflosse mit der Spitze etwas über
die Basis des Ventralstachels hinaus; letzterer ist bedeutend schwä-
cher als der Peetoralstachel, in der Mitte etwas verdickt, an Länge
2/, des Kopfes gleich und senkrecht unter der Basis des zweiten
gespaltenen Dorsalstrahles eingelenkt. Die darauffolgenden, längeren,
mittleren Ventralstrahlen erreichen mit der zurückgelegten Spitze
fast die Basis der Anale, deren längster dritter Strahl an Höhe den
letzten Strahl der ersten Dorsale nur wenig übertrifft.
Die Länge der Analbasis gleicht eirca !/, ihrer größten Höhe;
längs der Basis der Anale liegen jederseits drei Rumpfschilder,
zwischen dem letzten Analstrahle und der Caudale neun Querschilder
des Schwanzstieles.
Die Caudale ist am oberen und hinteren Ende in eine Spitze
ausgezogen, von denen die obere etwas länger als die untere ist;
zwischen diesen ist der hintere Caudalrand schief nach hinten und
unten abgestutzt. Die Länge der Caudale übertrifft die des Kopfes um
1/, Augenlänge.
Färbung. Gleichmäßig grau, ins Olivengrüne spielend. Kopf mit
undeutlich abgesetzten, länglichrunden schwarzgrauen Flecken
besetzt; nur die größeren, mehr kreisrunden Flecken der Schläfen-
sehilder treten schärfer hervor. Gelbe runde Flecken auf den
Rumpfchildern der drei oberen Längenreihen, an dem von uns
untersuchten Exemplare gleichfalls nicht ganz deutlich abgesetzt;
keine Flecken am Schwanzstiele. Schwarze Fleckchen auf der
ersten Dorsale und auf den Ventralen; die übrigen Flossen
zeigen nur dunklere Wolken.
Das hier beschriebene Exemplar, ein Männchen und im Wein-
geist aufbewahrt, mißt 9’ 7”' Totallänge und stammt aus dem Flusse
Mueuri im gleichnamigen Distriete bei Santa Clara in Brasilien; ich
brachte dasselbe von Herrn Louis Wertheimer käuflich an mich
und widme es als eine neue Art dem Andenken des Herrn Achilles
Wertheimer, welcher auf seiner ersten großen naturhistorischen
Reise in der Blüthe seiner Jahre durch einen Schlangenbiß ver-
unglückte.
‚N
706 Steindachner.
II. Über einige Fischarten aus der Amurmündung.
1. Art Cottus Brandti n. sp.
D29/43:5,A. 1153V.,35: Bi:
Char. Kopfgestalt fast parabolisch; Körperhaut schuppenlos; Seiten-
linie mit knöchernen Plättehen umgeben; Vordeckel mit drei
Stacheln, von denen der oberste am längsten ist; Mundspalte
oval, länger als breit; Zähne am Vomer; Oberseite des Kopfes
dicht mit runden Warzen besetzt. Kopflänge nahezu 22/;mal,
Kopfbreite circa 4mal, Körperhöhe fast 5mal in der Totallänge
enthalten.
Beschreibune,
Der Kopf verschmälert sich nach vorne, ist am vorderen Ende
stark oval abgerundet und querüber im Ganzen eonvex. Die Länge
des Kopfes ist circa 22/;mal, die Kopfbreite zwischen den Deckel-
stücken eirca 4mal, die größte Höhe des Leibes nicht ganz 5mal in
der Totallänge enthalten. &
Der obere Mundrand überragt schwach den unteren, die Zahn-
binde des Zwischenkiefers ist breiter als die des Unterkiefers und
enthält zugleich etwas stärkere Zähnchen als letztgenannter Knochen, -
aber schwächere als der Vomer, dessen Zahnbinde vorne unter einem
stumpfen Winkel gebrochen ist. Sämmtliche Zähne des Mundes,
welcher länger als breit ist, sind sehr stark zugespitzt, hechelförmig.
Der längere Durchmesser des ovalen Auges ist 6mal in der Kopflänge
enthalten, der obere Augenrand erhöht, die Stirne zwischen den
Augen stark concav und nur 2/; der Augenlänge an Breite gleich.
Am hinteren Ende des oberen Augenrandes steht ein ziemlich langes
Tentakel; unmittelbar hinter diesem beginnt eine nach hinten con-
vergirende paarige Leiste, welche einen viereckigen Raum am
Hinterhaupte seitlich abschließt, der länger als breit ist. Zwischen
diesen beiden Leisten ist die Hinterhauptsfläche schwach eoncav.
Am hinteren Seitenende des Zwischenkieferstieles befinden sich
zwei spitze, hakenförmig nach innen gebogene Stacheln nahe vor
den Augen. Der Vordeckel endigt in drei Stacheln, von denen der
Ichthyologische Notizen (V). 107
oberste und längste nach oben und hinten gekehrt ist, der mittlere,
bedeutend kürzere in horizontaler Riehtung nach hinten und zugleich
nach außen abgeht, während der unterste am Vordeckelwinkel liegt,
sehr stumpf ist und gerade nach unten gerichtet ist.
Der Deckelstachel ragt schwach nach hinten vor und setzt sich
nach vorne als eine stumpfe Leiste bis zum oberen, vorderen Deckel-
winkel fort. Der Schultergürtel (Suprascapula) bildet über dem
oberen Rande der lang ausgezogenen Spitze des Deckels und Unter-
deckels und parallel mit diesem eine stumpfe obere Randleiste.
Die ganze Oberseite des Kopfes mit Ausnahme der Oberlippen
und der Augenring sind mit runden Warzen dicht besetzt; die größ-
ten derselben liegen am Hinterhaupte und in der Schläfengegend,
die kleinsten auf der Schnauze, deren Länge fast 1'/, Augendiameter
beträgt.
Die erste Dorsale ist am oberen Rande abgerundet; ihre größte
Höhe über dem vierten Stachel gleicht nahezu 1/; der Kopflänge.
Die zweite Dorsale reicht mit der Spitze der letzten Strahlen etwas
weiter zurück als die Anale.
Die mächtig entwickelte Peetorale enthält durchgängig einfache,
dieke Strahlen, von denen die oberen, längsten die ale der Kopf-
länge ein wenig übertreffen.
Die Länge der Ventralen kommt ®/, der Kopflänge gleich, die
der abgerundeten Schwanzflosse aber der Entfernung des vorderen
Augenrandes von der Kieferspitze.
Die Seitenlinie ist mit knöchernen, dünnen Plättehen umhüllt,
und sendet zahlreiche, einfache Äste nach oben und unten. Unter
den letzteren bemerkt man noch zwei Längenreihen kleiner, quer-
gestellter röhrchenähnlicher, knöcherner Vorsprünge in ganz regel-
mäßigen Zwischenräumen; sie scheinen mit dem Systeme der Seiten-
canäle in Verbindung zu stehen und Endigungen derselben zu ent-
halten.
Färbung. Oberseite des Kopfes bläulich violet, Körperseiten röth-
liehgelb ; violette Marmorirungen an der Unterlippe und an den
Seitentheilen der Unterfläche des Unterkiefers, welche die gelbe
Grundfarbe ocellenartig umschließen. Sämmtliche Flossen mit
Ausnahme der einfärbigen gelblichen Ventrale violet mit gelben _
Flecken.
Totallänge des beschriebenen Exemplares 13”,
08 Steindachner,
2. Art. Amblyopus Sieboldi n. sp. (?)
D. 6/48—49; A. 44; C. 11.
Char. Kopflänge 9mal in der Totallänge oder 71/;mal in der Körper-
länge enthalten: größte Leibeshöhe 1/,; der Totallänge; Cau-
dale zugespitzt, lang, 6mal in der Totallänge inbegriffen.
Die Kopfbreite verhält sich zur Kopflänge wie 1:2; die Ent-
fernung der punktförmigen, kaum sichtbaren Augen von einander ist
nur unbedeutend geringer als die Schnauzenlänge und eirca 33/,mal
in der Kopflänge enthalten. 3
Die äußeren Kieferzähne sind sehr lang, sowohl im Zwischen-
als Unterkiefer stehen jederseits vier, und sie sind von den dahinter
liegenden, äußerst kleinen Zähnchen durch einen ziemlich weiten
Zwischenraum getrennt. Zwei stumpfe, kegelförmige Zähne liegen
an der Symphyse des Unterkiefers etwas hinter der äußeren Reihe
der Hackenzähne. Ober- und Unterkiefer sind nach außen mit kur-
zen Hautläppchen umgeben.
Der fünfte Dorsalstachel ist von dem sechsten durch einen
ebenso weiten Zwischenraum getrennt, wie dieser Stachel von dem
ersten Gliederstrahle der Rückenflosse.
Sämmtliche Dorsal- und Analstrahlen sind von einer ziemlich
dieken Haut umhüllt. Körperfärbung rosenroth.
An der Innenfläche der Wangen, dem ersten Kiemenbogen
gegenüber liegt eine Reihe von Schleimhautpapillen, welche nach
vorne ebenso weit reichen wie die Kiemenbogen und in ihrer Gestalt
den Rechenzähnen der letzteren gleichen; ich finde sie auch bei
Ambl. coeculus und brachysoma.
Ambl. Sieboldii dürfte unter den bis jetzt bekannten Amblyopus-
Arten mit A. Lacepedii Schleg. am nächsten verwandt sein, dessen
Flossenstrahlenformel D. 6+42; A. 1441; C. 15; P. 32; V. 12
ist; doch ist die Kopflänge bei letztgenannter Art nach Schlegel's
Angabe 1lmal, die Körperhöhe 16mal in der Totallänge enthalten,
während bei Amb. Sieboldii m. die Kopflänge nur 1/, der Totallänge
beträgt.
Note. Ütenotrypauchen chinensis m. reihe ich nach Untersuchung zahlreicher
Exemplare von Tryp. vagina in das Geschlecht Trypauchen als T. chi-
nensis ın. ein.
Ichthyologische Notizen (V}. 109
3. Art. Centronotus faseiatus Bl. Schn., var.
Ein gleichfalls von der Amur-Mündung eingesendetes Exemplar
von 9” 2” Totallänge besitzt 90 Dorsalstacheln und 45 Gliederstrahlen
in der Anale. Die größte Höhe des Körpers ist 93/,mal, die Kopflänge
- gleichfalls 93/,mal in der Totallänge enthalten. Die hellen Flecken
am Oberrücken, welche sich bis zur halben Dorsalhöhe oder noch
weiter hinauf erstrecken, sind sehr schmal, 17—18S an der Zahl und
umschließen einen gleichfalls sehr schmalen quergestellten dunkleren
Mittelfleck oder Strich. An den Seiten des Rumpfes liegen zwei
Reihen schwarzbrauner Flecken, welehe durch einen ziemlich breiten
Zwischenraum in halber Leibeshöhe doch nur in der hinteren Längen-
hälfte des Körpers vollständig geschieden sind, in der vorderen
Leibeshälfte aber mehr oder minder bedeutend zusammenfließen oder
sich nähern. Diese schwarzbraunen Flecken der oberen Reihe sind
viereckig, breiter als hoch, die der unteren Reihe aber durchschnitt-
lich bedeutend höher als breit und durch einen helleren Querstrich
der Höhe nach fast vollständig in zwei Hälften gespalten.
Bei einem nur 4” 2” langen Exemplare aus Grönland, welches
vollständig mit Cuv. Val. Abbildung in der Hist. nat. d. poiss. pl.
340 bezüglich der Körperzeichnung übereinstimmt, zähle ich nur
86 Dorsalstacheln und 42 Analstrahlen; die größte Leibeshöhe ist
gleichfalls der Kopflänge gleich und 91/,mal in der Totallänge ent-
halten.
II. Über eine neue Pseudorhombus-Art von den
Chinchas-Inseln.
Art Pseudorhombus adspersus n. spec.
35
D.12; 4 587PR. 12; V..5;L. lat. ec. ı@.
36
Kopflänge 35/,mal, größte Körperhöhe 22/;mal in der Totallänge
oder erstere etwas mehr als 3mal, letztere circa 21/ymal in der
Körperlänge enthalten. Die geringste Leibeshöhe hinter dem Ende
der Dorsale und Anale verhält sich zur größten wie 1: 41/,.
Der Längendurchmesser des Auges ist circa 1/, der Kopflänge
gleich; die Stirnbreite zwischen den Augen gleicht :/, des Längen-
diameters, oder :/, des Verticaldurchmessers des Auges. Die Ent-
710 Steindachner.
‘fernung des vorderen Randes des oberen Auges von der Schnauzen-
spitze beträgt nahezu !/,, die Länge des Unterkiefers, weleher sich
stark nach oben und vorne erhebt, 18/,, der Kopflänge. Die Zwischen-
kieferzähne sind in der hinteren Längenhälfte des Knochens sehr
klein und nehmen in der vorderen nach vorne sehr rasch an Länge
zu, während die Zähne des Unterkiefers gegen die Symphyse nur
unbedeutend an Länge und Stärke zunehmen. Übrigens sind die
vordersten Unterkieferzähne bedeutend größer als die entsprechenden
des Zwischenkiefers. Die Kiefer reichen gleich weit nach vorne.
Der hintere freie Rand des Vordeckels ist bogenförmig gerundet,
der Vordeckelwinkel stark abgestumpft.
Die Dorsale beginnt senkrecht über dem vorderen Ende des
oberen Auges und erreicht wie die Anale eine Höhe, welche der
Entfernung des hinteren Augenrandes von der Schnauzenspitze, oder
der Länge des Oberkiefers gleich kommt. Die Ventrale der linken
Körperseite fehlt.
Die Seitenlinie bildet hinter dem Kopfende eine starke Bogen-
krümmung und läuft hierauf in horizontaler Richtung und halber
Leibeshöhe bis zur Spitze der mittleren längsten Caudalstrahlen,
deren Länge der Entfernung des Vordeckelwinkels von der Schnauzen-
spitze gleicht. Die Länge der rechten Pectorale ist 1'/,;mal in der
der linken Körperseite enthalten.
Die Schuppen des Körpers sind auf der augenlosen Körperseite
oval, glattrandig, auf der linken Körperseite dagegen mit zahlreichen
Cilien versehen, stärker gerundet und zugleich an den Rändern mit
äußerst kleinen Schüppehen umgeben. Sämmtliche Dorsal-, Caudal-
und Analstrahlen sind beschuppt, die Kiefer, Schnauze, der hintere
Vordeekelrand und der vordere Theil der Stirne aber nackthäutig,
die kleinsten Schuppen liegen am Kopfe, die größten am Schwanz-
stiele.
Blinde Körperseite weißlich, linke braungrau und mit zahlreichen
schwarzen Pünktchen, größeren und kleineren Flecken und Ringen
dieht übersäet. Unter den Flecken fallen drei durch ihre besondere
Größe und helle Umrandung besonders auf. (Siehe Taf. 11.)
Ich erhielt ein 10” 2’’ langes Exemplar dieser Art aus dem
Museum Godeffroy in Hamburg unter der irrigen Bezeichnung
Pseudorh. californicus von den Chinchas-Inseln.
Ichthyologische Notizen (V). Te
IV. Über eine neue Scopelus- und Monacanthus-Art aus China.
1. Art. Scopelus spinosus nov. spec.
Sf
BerL:DE 12: Ar 20,7V. 97 Lin. lat. 40; L. transv. 2°
Sl, (#R)-
Die Kopflänge ist 35/,;mal, die größte Leibeshöhe Amal in der
Körperlänge (ohne Caudale) enthalten; die geringste Körperhöhe
am Schwanze gleicht 3/,, der größten, die Kopfbreite 5/, der Kopf-
länge. Das Auge ist durch seine Größe ausgezeichnet, genau 2mal
in der Kopflänge enthalten, während die Stirnbreite gegen den
Vorderrand der Augen rasch abnimmt.
Die Mundspalte ist sehr lang, schief nach oben und vorne
gerichtet und mit sehr zarten Zähnchen in mehreren Reihen besetzt.
Das hintere Ende des Oberkiefers fällt in vertiealer Richtung unter
den Außenrand der hinteren Augenringknöchelchen.
Die Schnauze ist von äußerst geringer Länge und fällt in star-
ker Bogenkrümmung steil zur Mundspalte ab. Die Kiefer reichen
nach vorne gleich weit; der hintere Rand des Vordeckels ist schwach
bogenförmig gekrümmt und fast vertical gestellt.
Die Dorsale steht fast um eine halbe Länge des Kopfes näher
zum vorderen Kopfende als zur Basis der Caudale und erreicht am
fünften Strahle die größte Höhe, welche ?/, der Kopflänge gleicht.
Der hintere Dorsalrand ist nur schwach concav, aber sehr stark nach
hinten und unten geneigt. Die Pectorale zeigt eine sehr bedeutende
Länge, welche der Höhe der Dorsale gleicht.
Die Anale beginnt in verticaler Richtung eirca um eine Schuppen-
länge hinter dem Ende derDorsale und endigt etwas hinter der Fett-
flosse des Rückens, sie steht ferner bezüglich der Höhe der Strahlen
der Dorsale nach, zeigt aber eine nahezu 1t/,mal so lange Basis als
letztere.
Die Ventrale ist etwas vor dem Beginne der Dorsale eingelenkt
und von geringer Länge, so dafs sie mit ihrer Spitze nicht viel weiter
zurückreicht als die Pectorale. Die Schuppen sind sehr stark gezähnt.
Die vorletzte Schuppenreihe der Körperseiten trägt über der Basis
der Anale an jeder Schuppe und zwar am unteren Ende des hinteren
Schuppenrandes einen auffallend langen Stachel. und über demselben
etwas längere Zähnchen als man sie auf den übrigen Schuppen findet,
Sitzb. d. mathem -naturw. Cl. LV, Bd. I. Abth. 47
112 Steindachner
Zwischen der Seitenlinie und der Basis des ersten äußerst kur-
zen Dorsalstrahles liegen 31/, Schuppen, zwischen ersterer und der
Mitte des Bauches unmittelbar vor den Ventralen 5'/,, weiter zurück
‚, (bis zur Basis der Ventrale) Schuppen in einer verticalen
Ah
Die Schuppen der Se sind etwas größer als die benach-
barten Schuppen, doch von diesen zum größten Theile überdeckt.
Eine Reihe großer Ocellfleeken am unteren Seitenrande des
Körpers, ein Ocellfleck über und unter der Pectoralbasis, zwei un-
mittelbar unter der Seitenlinie, von denen der vordere senkrecht
über den Beginn der Anale, der hintere etwas vor das Ende der-
selben Flosse fällt, endlich ein sehr großer hinter dem hinteren
Vordeckelrande etwas über dem Winkel des Praeoperkels.
Körperfärbung über der Seitenlinie dunkel blaugrau, unter der
Seitenlinie silberweiß mit hellblaugrünem Schimmer.
Ein wohlerhaltenes Exemplar von 3” 4” Totallänge. Von China.
2. Art. Monacanthus Helleri n. spec.
1.D.2; 2.D. 27: A, 25; PB 11.
Kopflänge bis zum obern Ende der Kiemenspalte genau- 3mal in
der Körperlänge ohne Caudale enthalten; Kopfprofil stark concav,
vor dem Äuge steil zum ersten Dorsalstachel, welcher senkrecht über
dem Auge eingelenkt ist, ansteigend; obere Rückenlinie bis zum
Beginne der zweiten Dorsale gleichfalls eoncav und mäßig sich er-
hebend, längs der Basis der zweiten Dorsale schwach convex und
zum Schwanzstiele steiler abfallend als der vordere concave Theil
der Rückenlinie sich erhob. Die größte Körperhöhe senkrecht über
der Einlenkung des Ventralstachels gleicht zwei Kopflängen, die
Leibeshöhe zwischen dem Beginne der zweiten Dorsale und der
Anale, welche letztere etwas hinter der zweiten Rückenflosse an-
fängt, eirca 13/,mal in der Körperlänge enthalten.
Die Schnauzenlänge beträgt etwas mehr als 2/, der Kopflänge,
und kommt 22/, Augendiametern gleich. Die Kiemenspalte ist etwas
schief gestellt, und erreicht eine Augenlänge.
Der erste Stachel der ersten Dorsale ist sehr dick, stark eroi
gen und an jeder Seite mit einer Reihe von sieben hakenförmig nach
unten und hinten gebogenen kräftigen Stacheln besetzt, während die
Ichthyologische Notizen (V). 113
Stacheln des beweglich eingelenkten kurzen, breiten Ventralstachels
nach vorne und oben umgebogen sind.
Am Schwanzstiele liegt an unserem Exemplare, einem Männ-
chen, eine breite Längsbinde nach vorne und außen gebogener
Borstenstacheln, Der übrige Theil des Körpers ist dicht beschuppt,
jede Schuppe endigt nach hinten in vier bis fünf Stachelchen; zwischen
den Schuppen liegen hie und da unverästelte, häutige kurze Fäden in
ähnlicher Weise wie bei Mon. villosus. Körperfärbung schwarzbraun,
zweite Dorsale und Anale heller braun.
V. Über eine neue Labroiden (?)- Gattung.
Gatt. Taeniolabrus m.
Char. Körper mäßig comprimirt, stark verlängert, mit eyeloiden
Schuppen bedeckt, mit vorgezogener Schnauze (ähnlich wie bei
Ammodytes); Kopf schuppenlos, Seitenlinie nicht unterbrochen,
Bauchflossen ein wenig vor den Pectoralen eingelenkt. Zähne in
einfacher Reihe, spitz, die vordersten bedeutend länger, haken-
förmig; Zähne am Vomer und Gaumen; Dorsale und Anale mit
langer Basis, Dorsalstacheln biegsam, hinten ohne häutige
Läppcehen; Pseudobranchien vorhanden. Seitenlinie nicht unter-
brochen.
Art Taeniolabrus filamentosus n. sp.
D.6/42; A. 1/38; P.14; V. 1/5; L. lat. 58—59; Lin. trans. ER
Körpergestalt Ammodytes-ähnlich. Kopf ziemlich lang, zuge-
spitzt, nahezu 6mal, größte Leibeshöhe e. 17mal in der Totallänge
enthalten. Die Leibeshöhe nimmt erst zunächst dem hinteren Ende
der Dorsale und Anale merklich an Höhe ab.
Der Unterkiefer überragt bedeutend den Zwischenkiefer und
trägt zunächst der Symphyse zwei Hakenzähnchen, welche etwas
länger als die übrigen Unterkieferzähne sind. Auch auf den Zwischen-
kiefern zeigt sich vorne eine Gruppe größerer Zähnehen, welche wie
am Gaumen und Vomer in einer Reihe stehen.
AT»
. 7 x .
14 Steindachner.
Der größere Längendurchmesser der ovalen Augen gleicht %/,,
der Kopflänge, die Entfernung der Augen von einander ist sehr
gering, die Schnauzenlänge kommt nahezu !/, der Kopflänge gleich,
während die Totallänge des Unterkiefers fast eine halbe Kopflänge
erreicht. Das hintere Ende des ÖOberkiefers fällt in senkrechter
Linie unter das Ende des vorderen Längendrittels des Auges. Der
Kiemendeckel ist wie der Unterdeckel in die Länge gezogen, nach
hinten mäßig zugespitzt; der Vordeckel am ganzen freienRande stark
bogenförmig gerundet, uhne deutlich vortretenden hinteren Winkel.
Die Ventrale ist vor der Pectorale eingelenkt, der mittlere
Ventralstrahl in einen sehr langen Faden (von mehr als Kopflänge)
ausgezogen. Die Länge der Pectoralen 5/, der Kopflänge gleich. Die
Dorsale beginnt in geringer Entfernung hinter den Pectoralen und
enthält nur sechs sehr biegsame Stacheln von ziemlicher Höhe; der
erste derselben gleicht an Höhe bereits mehr als 2/; der Kopflänge;
die übrigen Dorsalstrahlen sind sämmtlich ungespalten aber deutlich
gegliedert, an den ersten derselben erreicht die Dorsale ihre größte
Höhe und erstreckt sich gleich der Anale bis in die nächste Nähe
der langen lanzettförmig ausgezogenen Caudale, deren mittlere längste
Strahlen eine Kopflänge um !/, der letzteren übertreffen. Die Anale
besitzt nur einen biegsamen Stachelstrahl und beginnt um nicht
ganz eine Kopflänge hinter dem Operkelende; ihre vorderen Strahlen
sind bedeutend kürzer als die entsprechenden der Dorsale, im weiteren
Verlaufe aber gleichen sich die gegenüberliegenden Dorsal- und
Analstrahlen so ziemlich an Höhe, die letzten kurzen Strahlen dieser
beiden Flossen berühren mit der zurückgelegten Spitze die Basis
der Caudale.
Die Schuppen sind oval, nach hinten etwas zugespitzt und mit
zahlreichen concentrischen und radienförmig auslaufenden Linien
durchzogen, und in der Höhenmitte der Länge nach etwas erhöht
(wie bei vielen Labroiden).
Die Seitenlinie durchbohrt 58—59 Schuppen und zieht sich
nach vorne längs einer schmalen Furche, in welcher man mehrere
kleine Porenmündungen ganz deutlich bemerkt, über dem oberen
Deckenrande bis zum hinteren Augenrande. Diese Furche ist tief-
braun, ein ähnlich gefärbter ovaler Ring mit größerem Längendurch-
messer findet sich auf jeder Schuppe der Seitenlinie vor. Die Grund-
farbe des Körpers ist hell gelbliehhraun (am Spiritusexemplare), die
Ichthyologische Notizen (V). 5
mittleren Caudalstrahlen zeigen noch jetzt eine schwach rosenrothe
Färbung. Die übrigen Flossen sind farblos und wie der Kopf voll-
ständig unbeschuppt.
Die hier beschriebene Art und Gattung unterscheidet sich sehr
auffallend von den übrigen Labroiden, welchen ich sie nieht ohne
Bedenken einreihe, durch die Lage der Ventralen etwas vor den
Pectoralen, die lang ausgezogene, nach hinten zugespitzte Caudale,
durch das Vorkommen von Vomer- und Gaumenzähnen, den Am-
modytes-ähnlich gestalteten Kopf, die geringe Zahl der Dorsal-
‚und Analstacheln ete. Sie bildet jedenfalls den einzigen bis jetzt
bekannten Vertreter einer eigenen Gruppe, die sich vielleicht an
die Julidinen vermittelst Cheilio zunächst anschließen dürfte. Die
Schlundknochen konnte ich leider nicht untersuchen, um das einzige
kleine Exemplar dieser interessanten Art, welches ich dem Wiener
Museum als Geschenk überließ, nicht zu zerstören.
Fundort unbekannt, höchst wahrscheinlich China.
V. Über eine neue Gobius-Art von den Philippinen.
Gobius pavo n. sp.
10
zu 20. 1/8:P7.20, A. 1/8; C 125 L. lat. >1.
6
Kopflänge eirca 3%/;mal, Kopfbreite 61/,mal, Körperhöhe eirea
81/,mal, Länge der Schwanzflosse circa 4'/;mal in der Totallänge
des Fisches enthalten. |
Der breite, etwas deprimirte Kopf verschmälert sich von der
Augengegend angefangen ziemlich rasch nach vorne, der Unterkiefer
überragt den Zwischenkiefer und trägt etwas stärkere Spitzzähne als
letzterer, außerdem sind die Zähne beider Kiefer in der äußeren
Reihe kräftiger als in den übrigen Reihen.
Das hintere Ende des Oberkiefers fällt in senkrechter Richtung
unter den vorderen Augenrand.
Die Länge des Auges gleicht '/, der Kopflänge, der Abstand der
Augen von einander über der Stirne eirca */, eines Augendiameters,
die Schnauzenlänge zwei Augenlängen.
Der längste zweite Strahl der ersten Dorsale ist etwas kürzer
als der längste vorletzte der zweiten Rückenflosse, deren zurück-
716 Steindachner.
gelegte hintere Spitze bis zur Basis der oberen Randstrahlen der
Schwanzflosse reicht.
Die Anale enthält kürzere Strahlen als die zweite Dorsale und
spitzt sich wie diese nach hinten zu. Die Pectorale besitzt keine
haarförmigen freien Strahlen, übertrifft an Länge die Caudale und
erreicht mit der Spitze der mittleren längsten Strahlen in senkrechter
Linie die Basis des ersten Analstrahles. Die Länge der Ventral-
scheibe, deren Strahlen vielfach gespalten sind, kommt der Hälfte der
Kopflänge gleich.
Acht Sehuppenreihen zwischen dem ersten Strahle der zweiten
Dorsale und der Anale, dreizehn zwichen der Basis des ersten bieg-
samen Stachels der ersten Rückenflosse und der Bauchlinie in einer
verticalen Reihe.
Die Schuppen nehmen gegen den Schwanzstiel rasch an Größe
zu. Die Oberseite des Kopfes hinter den Augen und das oberste
Randstück des Kiemendeckels sind beschuppt; alle übrigen Kopftheile
aber sind nackthäutig und zeigen zahlreiche feine Porenmündungen
der Kopfeanäle in regelmäßigen Längen- und Querreihen.
Der ganze Körper ist dunkel goldbraun; längs der Seitenlinie,
hinter dem Ende der zurückgelegten Pectorale liegen vier große,
undeutlich abgegrenzte schwarze Flecken. Zahlreiche kleine Flecken
von ähnlicher Färbung zeigt die zweite Rückenflosse, die Pectorale
und Caudale; wolkige Flecken auf der Anale; zwei tiefschwarze,
schief gestellte Flecken, welche nur durch einen ebenso breiten
hellgelben Fleck von einander getrennt sind, liegen auf der ersten
Dorsale hinter dem fünften Stachel.
Totallänge des beschriebenen Exemplares 6" 7”.
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*
Ichthyologische Notizen (V). za
Tafel-Erklärung.
Tafel I.
Fig. 1. Plecostomus Wertheimeri.
e 5. ; Oberseite des Kopfes.
»i.3. = E: ; Unterseite.
Tafel II.
Pseudorhombus adspersus.
Tafel III.
Fig. 1. Cottus Brandtiü, Oberseite des Kopfes.
» > » » Seitenansicht des Kopfes.
1
2.
„» 3. Monacanthus Helleri.
4. Scopelus spinosus.
» %a. Einige Schuppen über der Anale, vergrößert.
„ 5. Taeniolabrus filamentosus.
„ 5a. Kopf derselben Art, vergrößert.
118 Kner.
Nachtrag zu den fossilen Fischen von Raibl.
Von dem w. M. Prof. Dr. Rud. Kner.
(Mit 1 Tafel.)
Unter einer Sendung fossiler Fische, welche mein geehrter
College Prof. Ed. Suess neuerlichst von Raibl in Kärnten erhielt,
fand sich nebst solchen Gattungen und Arten, die bereits von Bronn
und mir bekannt gemacht wurden, auch das hier in natürlicher
Größe abgebildete Unieum vor, in welchem Prof. Suess anfänglich
ein exquisites Exemplar des ZThoracopterus Niederristi Bronn vor
sich zu sehen glaubte, doch scheint mir diese Deutung mehr als
zweifelhaft und die Beschreibung und Abbildung als Nachtrag zu
meinen: Fischen der bituminösen Schiefer von Raibl, in den Sitzungs-
ber. der kais. Akad. der Wissensch. Jänner 1866“ von Interesse
zu sein.
Vergleicht man den hier vorliegenden Fisch zunächst mit
Bronn’s Abbildung von Zhoracopterus auf Tat. Ill, so stimmen die
großen flügelähnlichen Brustfiossen und die rhombischen, am hin-
teren Rande meist fein gezähnelten Schuppen, allerdings ganz gut,
doch war Bronn ’s Exemplar im Ganzen zu unvollständig und
namentlich der Kopf zu mangelhaft, um bezüglich der Gleichstellung
beider sicher sein zu können. Vergleicht man hingegen die drei in
meiner angeführten Abhandlung als Thoracopterus angesehenen und
abgebildeten Exemplare, so unterscheiden sich selbe, insbesondere
Fig. 1 von dem Bronn schen durch großen Kopf mit weiter spitz
bezahnter Mundspalte und auch langstrahlige Bauchflossen, die nur
wenig kürzer als die Pectoralen sind. Da nun das hier vorliegende
Exemplar die flügelförmigen Brustflossen besitzt, der Ventralen aber
zu entbehren- scheint, so könnte man vielleicht vermuthen, daß es
wirklich dem Zhoracopterus entspreche, von dem Bronn angibt,
daß ihm die Bauchflossen gänzlich fehlen und es würde dann zunächst
die Schlußfolge zu ziehen sein, daß die von mir als Thoracopterus
Nachtrag zu den fossilen Fischen von Raibl. 11 9
gedeuteten Individuen einer von der Bronn schen verschiedenen
Gattung beizuzählen seien. Ich halte jedoch an meiner früheren
Ansicht fest und glaube, daß meine Thoracopterus wirklich der
Bronn'schen Art entsprechen; denn Bronn’s Fig. 1 läßt ebenfalls
nebst den Pectoralen noch die Spitzen langer Strahlen wahrnehmen,
worauf ich bereits in meiner erwähnten Abhandlung S. 19 hinwies,
die nicht einer großen dreieckigen Afterflosse, wie Bronn ver-
muthete, zugehören konnten, sondern wohl ebenfalls den Bauch-
flossen. Der wirkliche Mangel dieser Flossen aber an dem vorliegen-
den, ungleich besser als alle früheren erhaltenen Exemplare, bestärkt
mieh daher um so mehr in meiner Ansicht von der Gleichartigkeit
meines mit Bronn’'s Thoracopterus, als sich aus der beifolgenden
Figur und Beschreibung noch andere Abweichungen dieses Fisches
herausstellen werden, die gegen seine Deutung als Thoracopterus
sprechen und mir mehr als wahrscheinlich machen, daß hier nicht
nur eine von ihm verschiedene Art, sondern Gattung vorliegt, die
auch schwerlich dem von mir auf Grund eines einzigen Fragmentes
aufgestellten Megalopterus raiblianus 1. e. S. 23. Taf. 4, Fig. 1
entsprechen dürfte.
Beschreibung. Der Kopf ist verhältnißmäßig klein, seine
Länge bis zur Basis der Brustflosse ist nahezu 31/,mal in der Körper-
und 4mal in der Totallänge enthalten, d. h. bis zur Spitze des untern
Caudallappens gerechnet und etwas größer als seine Höhe am
Hinterhaupte. Die Schnauze war stumpf abgerundet von der Stirn fast
geradlinig und mäßig ansteigend, das Auge, dem ein knöcherner
Augenring zu fehlen schien, lag hoch und sein Durchmesser, so weit
er erkennbar, betrug beinahe 1/, der Kopflänge, sein Abstand vom
Schnauzenprofile 1 Diameter. Die Mundspalte ist nicht gut erkenn-
bar, war aber wahrscheinlich endständig, jedenfalls klein und sehr
schwach oder gar nieht bezahnt. Die Deckschilder des Kopfes sind
nur theilweise erhalten und zeigen namentlich an der stumpfen
Schnauze äußerst fein granulirte Oberfläche, als wäre diese mit
höckerförmigen Papillen besetzt gewesen; weiter zurück hinter und
über den Augen, an den Wangen und Deckelstücken erscheinen aber
die Kopfschilder fein eiselirt. Die Deckelstücke sind nur theilweise
im Umriss erkennbar, der Schultergürtel gar nicht und die vorhan-
dene linke Brustflosse steht nicht mit ihm in Verbindung, ist übrigens
an normaler Stelle und schön ausgebreitet. Ihre längsten Strahlen
20 Kner.
messen halbe Totallänge und reichen daher bis nahe zur Basis der
Caudale zurück. Es sind in ihr 11—12 Strahlen zählbar, von denen
die inneren kürzesten nicht 1/, der Länge der äußeren messen. Mit
Ausnahme der ersten sind die übrigen mehrfach polytom gespalten,
an der Basis ziemlich kräftig, gegen die Spitzen aber sehr dünn und
zart. Alle Strahlen sind überdieß gegliedert, nur der Basis zunächst
bleibt an den stärkeren und längsten ein beträchtliches Stück unge-
gliedert. Der Bau dieser Flosse mahnt daher unläugbar sehr an
jenen bei Exocoetus, doch gilt dies allerdings nicht von der Anhef-
tung der Flossen, die nicht wie bei Exocoetus hoch seitlich, sondern
tief nahe dem Bauchprofile eingelenkt waren, wie dies auch bei
Thoracopterus der Fall war. Im Vergleich mit letzteren waren die
Brustflossen hier noch länger und Exocoetus-ähnlicher, konnten aber
zufolge ihrer tiefen Anheftung und der doch im Ganzen zu geringen
Widerstandskraft, die sie haben mußten, nicht füglich als Flugorgane
gedient haben und diese Fische sind daher höchstens in ähnlicher
Weise als Protypen der fliegenden Häringe anzusehen, wie etwa
Xenacanthus als Vorbild eines Siluriden. Andere Verhältnisse die
gleichfalls noch gegen eine nahe Verwandtschaft dieser fossilen
Gattung mit Exocoetus sprechen, sind folgende:
Die Totalgestalt ist zu kurz und gedrungen, namentlich die
Rumpfhöhe zu bedeutend; wenn auch der Vorderrücken fehlt, so
zeigt doch das ansteigende Profil der Stirn und der Abfall des
Rückens bis zur Caudale, daß die Kopfhöhe noch bedeutend von der
des Vorderrumpfes übertroffen wurde. Ob eine Rückenflosse vor-
handen war, läßt sich zufolge des mangelnden Vorderrückens zwar
nicht angeben, doch könnte eine solehe eben nur weit vorne gestan-
den und von geringer Ausdehnung gewesen sein. Jedenfalls böte die
Rückenflosse allein schon einen wesentlichen Gattungsunterschied
sowohl von Exocoetus, wie auch von Thoracopterus, indem sie bei
ersteren weit hinter der Anale gegenüber und bei letzteren beinahe
über den Bauchflossen stand. — Die Anale war kurz und enthält
nur 6—7 getheilte Strahlen, deren letzter länger als der vorletzte
war und dem längsten oder zweiten an Länge gleichkam oder mit
anderen Worten die kleinste Höhe am Schwanzstiele etwas übertraf.
Eben so wenig stimmt die Schwanzflosse zu Exocoetus; zwar
ist der untere Lappen auch länger als der obere, aber nicht in
gleichem Grade wie bei diesem, denn er übertrifft kaum um 2" den
Nachtrag zu den fossilen Fischen von Raibl. 21
obern, der überdiel eben so breit als der untere und gleich spitz
auslaufend erscheint. Dem obern Lappen gehen 7—8, dem untern
nur 5 allmälig länger werdende einfache Stützstrahlen voraus, denen
in jedem Lappen 10 gegliederte und am Ende zerschlissene Strahlen
folgen. Die Hauptstrahlen des untern Lappens bestehen aus breiteren,
kräftigeren Gliedern als die des obern und sind mindestens aus 30
an den Gelenkenden etwas knotigen Gliedern zusammengesetzt;
Fulera fehlen entschieden und die Spannweite zwischen den Spitzen
beider Lappen kommt der halben Körperlänge (ohne Caudale) gleich.
Die ganze Flosse paßt daher viel besser zu meinem Megalopterus
(1. e. S. 23, Taf. 4, Fig. 1) als zu Thoracopterus, doch muß der
Gedanke an Megalopterus fallen gelassen werden, da bei vorliegen-
dem Fische so wenig, wie bei irgend einem Thoracopterus sich die
Spur eines innern Skeletes kund gibt, während doch bei dem so
unvollständigen Fragmente von Megalopterus eine völlig ausgebildete
Wirbelsäule sammt Dornfortsätzen und Flossenträgern sich vorfindet;
auch konnte hier keine so weit nach hinten reichende und vielstrah-
lige Röckenflosse wie bei Megalopterus vorhanden gewesen sein.
Die Beschuppung verhält sich zwar insoferne wie bei Thora-
copterus, als der Rumpf mit eckigen emailirten (ganoiden) Schuppen
bedeckt erscheint und diese nach den Regionen von verschiedener
Form und Größe und die meisten am hinteren Rande auch gekerbt
oder fein gezähnelt sind; doch weichen sie auffallend durch ihre
Lagerung ab. Vom Vorderrücken bis gegen den Schwanzstiel liegen
sie bis zu halber Rumpfhöhe herab in schiefen Reihen, die mäßig von
unten und vor-, nach auf- und rückwärts schief verlaufen; sie sind
daselbst von mittlerer Größe, zwar durehsehnittlich rhombisch, aber
an den Ecken abgerundet und am hinteren Rande theils glatt, theils
sch wach gekerbt, ihre Oberfläche fein grubig oder wellig eiselirt.
In der unteren Körperhälfte liegen dagegen alle Schuppen in ent-
gegengesetzter Richtung, so daß ihre schiefen Reihen unter stumpfen
Winkeln mit den oberen zusammenstoßsen und daher nach ab- und
rückwärts geneigt sind. Nur am Schwanze halten die Reihen in seiner
ganzen Höhe die gleiche zuletzt erwähnteRichtung ein, die Schuppen
werden daselbst kleiner aber regelmäßiger rhombisch und ihr hin-
terer Rand ist stärker gezähnelt. Die zunächst dem Schultergürtel lie-
genden Schuppen nehmen, indem sie 2— mal höher als lang werden,
beinahe Schienenform an und zwar namentlich nahe dem Bauchrande
iS Kner. Nachtrag zu den fossilen Fischen von Raibl.
bis zur Anale. Vom Sehultergürtel bis zu letzterer zählt man in der unte-
ven Körperhälfte 21 schiefe Reihen und von da bis zur Caudale noch
beiläufig 18, in der Höhe des Schwanzes 16—17. Vorne sind auch die
Schuppen der unteren Körperhälfte mehr abgerundet und ihre Ober-
fläche durch eoncentrisch wellige Streifen und Furchen uneben. Am
Rande des Vorderbauches scheint es, als rage ein breiter platten-
förmiger Flossenstrahl vor, der dann entweder der zweiten Brust-
flosse oder etwa vorhandenen Ventralen angehören würde, doch halte
ich dieses Stück blos für eine herabgerutschte größere Bauchschiene,
da es auch keineswegs die Structur eines Flossenstrahles zeigt; doch
selbst wenn die Deutung als rudimentäre Bauchflosse richtig wäre,
so würde sich doch unser Fisch durch die Stellung der Ventraien
allein schon von Zhoracopterus unterscheiden. Kurz ich glaube,
Alles zusammengefaßt, mit Recht behaupten zu dürfen, daß der vor-
liegende Fisch weder Bronn’s noch meinem Thoracopterus 1. e. auf
Taf. III, Fig. 1 noch auch dem Megalopterus entspricht und einer
eigenen Gattung angehört, für welche ich den Namen Pferygopterus
und als Artbezeichnung apus vorzuschlagen mir erlaube.
Jedenfalls ist das Auftreten von mindestens zwei Gattungen, die
der mächtigen Entwickelung der Brustflossen zufolge als Vorbilder
fliegender Fische gelten können, in den triasischen Schiefern Raibl’s
von allgemeinem Interesse, wenn ich auch aus der Größe dieser
Flossen nicht eben den Schluß ziehen möchte, daß Sie bereits in
ähnlicher Weise als Flugorgane benützt wurden, wie derzeit jene
von Exocoetus, Dactylopterus und einigen andern Trigloiden.
T. Nachtrag zu d. fossilen Fischen v. Raibl.
r
math. naturw. (L.UV Bd. I Abth.1867
Sıtzung'sb.d.k. Akad. d.W
129
XV. SITZUNG VOM 23. MAI 1867.
mu
Herr Prof. Dr. E. Brücke legt eine Abhandlung: „Über das
Verhalten einiger Eiweißskörper gegen Borsäure“ vor.
Herr Dr. H. Wankel überreicht eine Abhandlung, betitelt:
„die Slouper Höhle und ihre Vorzeit.“
Herr Dr. Edm. Weiß übergibt einen Bericht über die Beob-
achtungen in Dalmatien während der ringförmigen Sonnenfinsterniß
am 6. März d. J.
Herr Dr. A. Brio legt seine im k. k. physikalischen Cabinete
der Wiener Universität ausgeführten „krystallographischen Unter-
suchungen“ vor.
Herr Dr. S. Strieker überreieht eine Abhandlung: „Über
. künstlich erzeugte Blutungen per diapedesin,“ von Herrn Dr. A.
Prussak aus St. Petersburg.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Annales des mines. II° Serie. Tome X, 4°. Livraison de 1866.
Paris; 80.
Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 5. Jahrg. Nr. 10.
Wien, 1867; 80.
Beobachtungen, Schweizerische meteorologische, herausgegeben
von der meteorologischen Centralanstalt der Schweizer naturf. -
Gesellschaft unter Direetion von Prof. Dr. Rudolf Wolf. .—II.
Jahrgang. (1864—1865) ; III. Jahrg. December 1865 — August
1866. Zürich; 4°.
Bischof, Gustav, die Gestalt der Erde und der Meeresfläche und
die Erosion des Meeresbodens. Bonn, 1867; 8°.
24
Brandt, Joh. Friedr., Zoogeographische und paläontologische Bei-
träge. (Aus Bd. II. der 2. Serie der Verhandlungen der Russ.-
Kais. Mineralog. Ges. zu St. Petersb.) St. Petersburg, 1867; 8.
— Über den vermeintliehen Unterschied des Caucasischen
Bison vom Lithauischen (Bos Bison seu Bonasus). Moskau,
1866; 8%. — Einige Worte zur Ergänzung meiner Mittheilun-
gen über die Naturgeschichte des Mammuth. 8°.
Clarke, A. R.. Comparisons of the Standards of Length of England,
France, Belgium Prussia, Russia, India, Australia, made at the -
Ordnance Survey Office, Southhampton, under the Direction of
Colonel Sir Henry James. London, 1866; 40.
Commission geologique du Canada: Rapport de progres depuis
son eommencement jusqu a 1863. (Avec un Atlas.) Montreal,
Londres, Paris & New-York, 1864; gr. 80.
Comptes rendus des sdances de I’ Acad&emie des Seiences. Tome
LXIV. Nr. 18. Paris, 1867; 4
Cosmos. 2° Serie. XVI® Annde, 5° Volume, 20° Livraison. Paris,
1867; 80. |
Fournet, Apereus au sujet de la necessite et de la composition
d’un traite de mineralogie elementaire. Lyon, 1867; gr. 8.
Gruber, Wenzel, Monographie der Bursae mucosae cubitales. —
Über die männliche Brustdrüse und über die Gynaecomastie.
(Mem. de l’Acad. imp. d. sc. de St. Petersbourg. VII* Serie.
Tome X, Nr. 7 & 10.) St. Petersburg, Riga & Leipzig,
1866; 40.
Hunyady, E. de, Sur une espece particnliere de surfaces et de
courbes algebriques, et sur des proprietes generales des courbes
du 4° ordre. 4°,
Land- und forstwirthschaftliche Zeitung. 17. Jahrg. Nr. 20, Wien,
1867; 4°.
Society, the Royal Geographical: Proceedings. Vol. X. Nr. 6; Vol.
XL, Nr. 1. London, 1866 & 1867; 8°,
Tübingen, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus
dem Jahre 1866. 40. & 80.
Vierteljahresschrift für wissenschaftlicheVeterinärkunde. XXVIl.
Band, 2. Heft, Wien, 1867; 8°.
125
Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 40—41. Wien,
1867; 4°.
Winkler, T. C., Catalogue systematique de la collection pal&on-
tologique du Musee Teyler. 5° Livraison. Harlem, 1866; kl. 40,
Zepharovich, V. Ritter v., Der Löllingit und seine Begleiter.
(Aus Bd. III, der 2. Serie der „Verhdlgn. der Russ. Kais. Mine-
ralog. Ges. zu St. Petersburg.) St. Petersburg, 1867; 80. —
Noch einige Worte über das krystall. Bessemer-Eisen aus der
Heft. (Lotos. April 1867.) 8°.
Bericht
über die Coneurrenzsehrift für den am 28. December 1865 ausgeschrie-
benen Preis aus dem Gebiete der Mineralogie,
Veranlaßt durch die großherzige Entschließung, mit weleher Se.
kaiserl. Hoheit der durchlauchtigste Erzherzog Stephan der kaiserl.
Akademie der Wissenschaften den Betrag von 1000 fl. ö. W. zur
Ausschreibung eines Preises zur Verfügung stellte, hat dieselbe nach-
stehende Preisfrage mineralogischen Inhaltes ausgeschrieben:
„Es ist eine geordnete und vollständige über-
„siehtliche Darstellung der Ergebnisse mineralogi-
„scher Forsehungen während der Jahre 1862 bis
„inelusive 1865 zu liefern, welche sich der leich-
„teren Benützung wegen vollkommen an die früheren
„derartigen Arbeiten von Herrn Professor Kenngott
„anschließt“,
Als Termin der Einsendung ist der 31. December 1866 fest-
gestellt worden. Der Preis beträgt 1000 fl. ö. W.
Am 26. December 1866 ist eine Abhandlung eingelangt, welche
das Motto: „Nunguam otiosus“ trägt. Sie wurde den Gefertigten
zur Begutachtung übergeben.
Diese können ihre Ansicht nur dahin aussprechen, daß die vor-
liegende Arbeit den in der ausgeschriebenen Preisfrage gestellten
Anforderungen vollkommen entspricht. In derselben wird vor Allem
verlangt, daß die Beantwortung der Frage eine geordnete und voll-
ständige Darstellung der in den Jahren 1862—65 incl. gewonnenen
Ergebnisse mineralogischer Forschungen enthalte. In der zu beur-
theilenden Arbeit findet man Alles zusammengefaßt, was während
des angegebenen Zeitraumes im mineralogischen Gebiete gearbeitet
und veröffentlicht worden ist und die Gefertigten vermögen nirgend
eine Lücke darin wahrzunehmen. Was in selbstständigen und perio-
dischen Schriften der verschiedensten Länder weit zerstreut ist,
erscheint hier auf möglichst engem Raume vereint und in systemati-
scher Ordnung an einander gereiht, so dal das Auffinden des
Zusammengehörigen nicht den geringsten Schwierigkeiten unterliegt.
Jede einzelne Arbeit ist in kurzgefaßtem, aber vollkommen klarem
127
Auszuge treu wiedergegeben und wer zur ausführlicheren Belehrung
die Originalarbeit selbst einzusehen genöthigt ist, findet den Ort, wo
sie aufzusuchen ist, gewissenhaft angeführt. Endlich fehlt es auch
stellenweise nieht an kritischen Bemerkungen, wo eine ausgespro-
chene Ansicht nicht vollkommen begründet erscheint.
Der zweite Punkt, welchen die Preisausschreibung hervorhebt,
ist die Forderung, daß die zu liefernde Arbeit sich der leichteren
Benützung wegen vollkommen an die früheren derartigen Arbeiten
von Herrn Prof. Kenngott anschließen möge. Die Gefertigten
haben sich überzeugt, daß in der vorliegenden Preisschrift auch
dieser Anforderung in vollem Maße Rechnung getragen worden ist.
Nicht nur ist das Ganze nach demselben mineralogischen Systeme
an einander gereiht, welches in den früheren von Prof. Kenngott
verfaßten Übersichten zu Grunde gelegt wurde, sondern auch in dem
Ausmaß des Einzelnen, der Darstellungsweise, der Nomenelatur und
den übrigen Details gibt sich die vollkommenste Übereinstimmung
kund, mit Ausnahme einiger vereinzelter Änderungen, welehe dureh
die seitherigen Fortschritte der Wissenschaft unerläßlich geworden
sind.
Die Gefertigten sprechen daher ihre Ansicht dahin aus, daß
die vorliegende Preisschrift sämmtliche in der Preisausschreibung
gestellte Anforderungen erfüllt, daß sie als ein Fortschritt auf der
Bahn der mineralogischen Wissenschaft und als eine werthvolle, ja
unentbehrliche Beihilfe betrachtet werden muß für Alle, welche zur
Förderung der Mineralogie selbstthätig mitwirken, und daß daher
ihre baldmögliehste Drucklegung höchst wünschenswerth ist.
Da nun die Preisschrift auch zu rechter Zeit, vor Ablauf des
festgesetzten Termines eingelangt ist, so erklären die Gefertigten
dieselbe des ausgesetzten Preises für vollkommen würdig und bean-
tragen, die mathem. - naturw. Classe der kaiserl. Akademie der
Wissenschaften wolle der mit dem Motto: „Nunguam otiosus“
bezeichneten Preisschrift den festgesetzten Preis von 1000 il. ö. W.
zuerkennen.
Wien, den 10. Februar 1867.
W. Haidinger m/p.
Dr. Reuss m/p.
Dr. Moriz Hörnes m/p.
Sitzb. d, mathem.-naturw. Cl. LV. Bd: I, Abth. 48
I
19
02)
Bericht
über die Coneurrenzschrift für den am 30. Mai 1864 ausgeschriebenen
Preis aus dem Gebiete der Geologie.
Am 30. Mai 1864 wurde von der kaiserl. Akademie der Wissen-
schaften nachstehende Preisfrage aus dem geologischen Gebiete
ausgeschrieben: „Eine genaue mineralogische und so weit erforder-
lich chemische Untersuchung möglichst vieler in Österreich vorkom-
mender Eruptivgesteine mittleren Alters, von der Dyasformation
angefangen bis hinauf zur Eocänformation, und ihre Vergleichung
mit den genauer bekannten älteren und jüngeren Eruptivgesteinen
Österreichs und anderer Länder wird gewünscht.“ Der Einsendungs-
termin wurde auf den 31. December 1865, die Zuerkennung des
Preises von 200 Stück österreichischer Münzdueaten auf die feier-
liche Sitzung der Akademie am 30. Mai 1867 festgesetzt.
Zur Lösung dieser Frage ist nun eine Arbeit eingelaufen mit
dem beigefügten Motto:
Nie war Natur und ihr lebendiges Fließen
Auf Tag und Nacht und Stunden angewiesen ;
Sie bildet regelnd jegliche Gestalt
Und selbst im Großen ist es nicht Gewalt.
Der speciellen Arbeit ist eine kurze Einleitung vorausgeschickt,
welche die Eintheilung mesozoischen Eruptivgesteine, so wie ihre
mineralogischen Elemente und ihre chemische Zusammensetzung in
den allgemeinsten Umrissen bespricht. Der specielle Theil selbst
zerfällt in fünf Abschnitte. Der erste bespricht die Gesteine des
Riesengebirges und zwar am Südrande des Gebirges, in der Mulde
von Waldenburg und am nördlichen Fuße des Riesengebirges. Der
zweite Abschnitt behandelt die Eruptivgesteine der Ostalpen, und
zwar jene Südtirols, der Umgegend von Raibl in Kärnthen, von
Südsteiermark, so wie jene der nördlichen Kalkalpen. Der dritte
Abschnitt verbreitet sich über die Melaphyre des Waaggebietes in
den Westkarpathen. Der vierte, wieder in drei Abtheilungen zer-
fallend, hat die betreffenden Gesteine der Ostkarpathen und zwar
Siebenbürgens zum Gegenstande. Der fünfte endlich beschäftigt sich
129
mit den Eruptivgesteinen der Umgegend von Teschen und Neutit-
schein in den schlesischen Karpathen.
Den Schluß der Arbeit bildet eine kurzgefaßte Übersicht, in
welehen die gewonnenen Resultate zusammengestellt und mit den
Daten verglichen werden, welche andere gut untersuchte Gebiete
über die gleichnamigen Gesteine geliefert haben.
Von allen diesen Abtheilungen der vorliegenden Arbeit sind die
beiden ersten, die die Gesteine des Riesengebirges und der Ostalpen
behandeln, bei Weitem die umfaßendsten. Besonders den Melaphyren
am Südfuße des Riesengebirges und den Eruptivgesteinen Südtirols
ist die Aufmerksamkeit vorwiegend zugewendet worden.
Zunächst schließen sich an Reichhaltigkeit die Untersuchungen
über die mesozoischen Massengesteine Siebenbürgens an, welche
durch ihre Mannigfaltigkeit und die bisherige beschränkte Kenntniß
ihrer näheren Beschaffenheit freilich vielfache Anregung zur Unter-
suchung boten. |
Andere Gebiete haben eine weniger eingehende Berücksichti-
gung gefunden. Von den Gesteinen der schlesischen Karpathen sind
nur die Teschenite und die vom Verfasser mit dem Namen der
Pikrite belegten Felsarten Gegenstand der Betrachtung geworden.
Endlich ist Manches, dessen nähere Prüfung sehr erwünscht gewesen
wäre, gar nicht in den Kreis der Betrachtung gezogen worden. Doch
kann daraus der Arbeit kein Vorwurf erwachsen, da bei dem großen
Umfange und der Mannigfaltigkeit des untersuchten Gebietes weder
alles einer gleichmäßigen Würdigung unterzogen werden konnte,
noch auch eine Untersuchung sämmtlicher, sondern nur möglichst
vieler mesozoischer Eruptivgesteine Österreichs in der ausgeschrie-
benen Preisfrage zur Bedingung gemacht wird. Und dieser Anforde-
rung ist in dem vorliegenden Manuscripte entsprochen worden.
Was die einzelnen Abschnitte betrifft, so ist bei jedem der
besonderen Gesteine eine Skizze seiner Verbreitung und seiner
geologischen Verhältnisse vorausgeschiekt worden, so wie es auch
an einer Angabe der bisherigen Literatur darüber nicht fehlt. Dann
folgt die mineralogische, meistens aus mikroskopischer Untersuchung
geschöpfte Prüfung, und in vielen Fällen die chemische Analyse
nebst den daraus gezogenen Schlüssen.
Im Ganzen enthält die Arbeit 28 neue Analysen von Eruptiv-
gesteinen, die meistens nicht von dem Verfasser der Preisschrift
48*
730
selbst, sondern von andern Analytikern, meist in den Laboratorien
der Professoren Redtenbacher und Schrötter durchgeführt
worden sind. Überdieß würde eine nieht unbeträchtliche Anzahl
schon vorhandener Analysen oft aus demselben Gebiete stammender
Gesteine zur Vergleiehung benützt. In manchen Fällen vermißt man
mit Bedauern die chemische Untersuchung der isolirten besonders
feldspathigen Gemengtheile, welche der vorgenommenen Interpreta-
tion der Bauschanalysen eine festere Stütze verliehen hätte.
Nebst der physikalischen und chemischen Beschaffenheit der
Gesteine wurde in den meisten Fällen auch ihren Zersetzungs- und
Verwandlungsprozessen, den sie etwa begleitenden Tuffbildungen,
ihren accessorischen Einschlüssen, so wie den an ihren Grenzen
hervorgerufenen Contaetbildungen die gebührende Aufmerksamkeit '
zugewendet.
Schon aus dieser gedrängten Darstellung des Inhaltes ergibt sich
die Zahl und Mannigfaltigkeit der Beobachtungen, welche in dem
vorliegenden Manuscripte enthalten sind. Doch läßt sich nicht völlig
in Abrede stellen, daß in einzelnen Partien ein noch tieferes Eingehen
erwünscht gewesen wäre, um die gezogenen Schlüsse auf eine
größere Zahl von Thatsachen basiren zu können, Dagegen dürften
die topographischen und geologischen Verhältnisse mancher Gesteine
mit etwas zu großer Ausführlichkeit behandelt sein. Besonders ist
dieses der Fall bei Südtirol, wo die schon vorliegenden gediegenen
Arbeiten in dieser Richtung reichlich benützt wurden, und bei
Siebenbürgen, wo der Verfasser zum Theile die Resultate eigener
Anschauung einzelner Gegenden ausführlich mittheilt und selbst
durch Profilzeichnungen erläutert. So interessant diese Erörterungen
sein mögen, so liegen sie doch zunächst außerhalb des Kreises der
in der Preisfrage gestellten Anforderungen. Dagegen scheint die an
letzterem Orte besonders betonte Vergleichung mit den genauer
bekannten älteren und jüngeren Eruptivgesteinen Österreichs und
anderer Länder nicht überall eine so eingehende Berücksichtigung
gefunden zu haben, als es bisweilen wünschenswerth gewesen wäre.
Durch diese Bemerkungen wird jedoch der wissenschaftliche
Werth der vorliegenden Arbeit keineswegs in Abrede gestellt. Sie
liefert unter zweckmäßiger Benützung des früher schon Bekannten
eine bedeutende Anzahl neuer Thatsachen, die bei jeder künftigen
Arbeit über diesen Gegenstand als werthvolles Materiale gelten
731
werden. Im Gebiete österreichischer Petrographie ist sie immerhin
als die umfassendste bisher durchgeführte Arbeit anzusehen. Eine
ersehöpfende Behandlung des Gegenstandes, die den schwierigsten
wissenschaftlichen Aufgaben beizuzählen ist, wird erst die Zukunft
zu liefern im Stande sein.
Aus den vorstehenden Erörterungen ergibt sich, daß die Preis-
schrift, zahlreiche neue Beobachtungen und Schlüsse enthaltend, als
ein schätzbarer Beitrag zur Lösung der in der Preisfrage gestellten
Aufgabe und zur Förderung besonders vaterländischer Wissenschaft
zu betrachten ist. Da sie den in der Preisfrage ausgesprochenen
Anforderungen überall möglichst zu entsprechen sich bestrebt, so
trägt die gefertigte Commission darauf an, die mathem,-naturw.
Classe der kaiserl. Akademie der Wissenschaft wolle das vorliegende
Manuseript — die einzige eingegangene Preisschrift — des Preises
würdig erklären, und bei der Gesammt-Akademie beantragen, daß
dem Verfasser desselben der festgesetzte Preis von 200 Dukaten in
der feierlichen Sitzung der kaiserl. Akademie am 30. Mai 1867
zuerkannt werde.
Wien, den 8. April 1867.
Dr. Reuss.
Fr. v. Hauer.
W. R. v. Haidinger.
Ami Boue.
Dr. Moriz Hörnes.
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Pag. 672 Zeile 9 von oben lies: „Bevor, statt Bevor.
PT 7. Ar Ban Zi „ erlitten“, statt erlitten.
s » z De; ss „ Nach. statt Aus.
= = > De = » Thatsache. statt Ansicht.
” » » 18 2 9» 5» gebracht werden, statt gebracht.
» » » 25 und 26 von oben lies: nachdem jene durch fünf Minuten eingewirkt
hatte ergab der Schnitt, statt nach Einwirkung
von fünf Minuten.
» 675 „ 11 von oben lies: in dem Citate nacn, statt aus dem Citate.
Bblh 5. -il- -'; . „ zwar kochte ich in, statt zwar in.
n P Basti >; ® „ sie darauf, statt sie.
” " 22 = „ dort werden sie ausgebreitet, statt ausgebreitet.
Ge 5.13 n „ tingiren, statt durchtränken.
Base.) 18 -; = „ sieh der, statt ich den.
680, en e » die Präparate, statt dieselben.
= > a ee & »„ bekannt geworden ist. statt bekannt.
Bar, 167, “ » „Ihrem, statt Ihrem.
5 = a B = >. . vor, statt vor.
= = 2 „ unten „ „ferner, statt ferner.
632 °, 2 „ oben „ schicke“, statt schicke.
> en 18 „ unten „ unter, statt und.
= (De ea N er E „ gemachte Angabe, statt angegebene Stelle,
684 „ 10 „ oben „ ich aus dem, statt ich dem.
3 > »„ 15 „ unten „ auch die Frage welche. statt auch welche.
x . 2 2 E „ den, statt sich der.
I 2, 3, 4. 5, 6. 7 von oben hat zu entfallen.
AA = „ 10 von unten lies: pigmentirten Milzen.
= R S DEE, 5 „ die an der. statt die der.
arsler Der er 2 „ fügen, statt anfügen.
= 6872 .;; 1 „ oben „ Ansicht, statt Angaben.
2 . „ 12 und 15 von oben lies : Lunge des Menschen und verschiedener Thiere
als des Hundes.
BnSS ,, 1, 2, 3, 4, 5 von oben hat zu entfallen.
a > 4 4 von unten lies: Lunge, statt Länge.
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eat 11 Eutin am 2 aljshniten
Be
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“
INHALT.
1. Sitzung vom 3. Jänner 1867: Übersicht . . . ... er
v. Zepharovich, Nachtrag zu meinen krystallographischen
Mittheilungen im 43. und 52. Bande dieser Berichte .
Steindachner , Über einige Fische aus dem Fitzroy-Flusse bei
Rockhampton in Ost-Australien. (Mit 1 Tafel und
& Holzschnitten. Je. m. Seren :
Reuss, Die fossile Fauna der Steinsalzablagerung von Wie-
liezka in Galizien. (Mit 8 Tafeln.). . »..». 2... ;
Lipsky, Beiträge zur Kenntpiss des feineren Baues des Darm-
eanals. (Mit 2 Tafeln.) 2 20.2 „72 22er
II. Sitzung vom 10. Jänner 1867: Übersicht... .-....
XII. Sitzung vom 17. Jänner 1867: Übersieht. . .. . . .
Unger, Botanische Streifzüge auf dem Gebiete der Geller
geschichte. VI... . ..2 . RE ee
IV. Sitzung vom 31. Jänner 1867: Übersicht‘... mr
Seite
183
193
196
198
207
Die jedem Fachmanne bekannten, bei der raschen Ent-
wiekelung der Wissenschaft von Jahr zu Jahr sich steigernden
Unzukömmlichkeiten, welche mit der cumulativen Herausgabe
'von Abhandlungen verbunden sind, die sieh auf sämmtliche
naturwissenschaftliche Fächer beziehen, haben die mathema-
tiseh-naturwissenschaftliche Classe der kaiserlichen Akademie
der Wissenschaften bestimmt, ihre Sitzungsberiehte in zwei
gerri Abtheilungen erscheinen zu lassen.
Die erste Abtheilung enthält die Abhandlungen aus der
Mineralogie, Botanik, Zoologie, Anatomie, Geo-
logie und Paläontologie; die zweite Abtheilung die
aus der Mathematik, Physik, Chemie, Physiologie,
Meteorologie, physischen Geographie und Astro-
nomie.
Von ‚jeder dieser Abtheilungen erscheint kadan Monat mit
Ausnahme von August und September ein Heft, welches drei
Sitzungen umfasst. Der Jahrgang enthält somit zehn Hefte.
_ Dem Berichte über jede Sitzung geht eine vollständige
‚Übersicht aller in derselben vorgelegten Abhandlungen voran,
selbst wenn diese nicht zur Aufnahme in die Schriften der
Akademie bestimmt werden.
Der Preis des Jahrganges beträgt für eine Anklang
12 Gulden ö. W.
‘Von allen grösseren Abhandlungen kommen Separat-
abdrücke i in den Buchhandel und sind durch die akademische
Buchhandlung Karl Gerold’s Sohn zu beziehen.
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SITZUNGSBERICHTE
| } ag DER KAISERLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
; HATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAPTLICHR CLASSR.
' LIH. BAND. Y. HEFT.
_ Jahrgang 1866. — Mai.
(mit 16 Tafeln.)
ERSTE ABTHEILUNG.
| Enthält die Aihandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik , Zoologie,
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PANNE; Geologie und Paläontologie.
WIEN.
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI.
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IN COMMISSION BEI KARL GEROLD’S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE
DER WISSENSCHAFTEN
1866,
INHALT.
® Seite
XI. Sitzung vom I1. Mai 1866: Übersicht... 2... .. 391
Langer, Über das Ly mphgefäßsystem des Frosches. (Mit 2
Hafeln: ser aa A RE RR Ks 395
Steindachner, Zur Fisehfauna von Port Jackson in Nieten |
(Mit T Tateln). 08 22 rer 424
— Über eine neue Mustelus-Art von Port Natal. (Mit 1% f
Tafel.) . ER a Re en ERS EU ERB 482
Mayr, a Beiträge. (Mit1 Tafel.). . 2... 484
Tschermak ,„ Einige Pseudomorphosen IV. . . ee. ©
Heeger, Beiträge zur Naturgeschichte der Inseeten. (Neun- f
zehnte Fortsetzung.) (Mit 4 Tafeln.) .. ..... 533
Kner, Specielles Verzeiehnifß der während der Reise der
kaiserl. Fregatte „Novara“ gesammelten Fische. II. . 543
Hyrtl, Über den Seitencanal von Lota. {Mit1 Tafel.) ... . 551
Laube, Die Fauna der Sehichten von St. Cassian II. (Auszug.) 558
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