Skip to main content

Full text of "Sitzungsberichte der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München"

See other formats


Google 


This  is  a  digital  copy  of  a  book  that  was  prcscrvod  for  gcncrations  on  library  shclvcs  bcforc  it  was  carcfully  scannod  by  Google  as  pari  of  a  projcct 

to  make  the  world's  books  discoverablc  online. 

It  has  survived  long  enough  for  the  Copyright  to  expire  and  the  book  to  enter  the  public  domain.  A  public  domain  book  is  one  that  was  never  subject 

to  Copyright  or  whose  legal  Copyright  term  has  expired.  Whether  a  book  is  in  the  public  domain  may  vary  country  to  country.  Public  domain  books 

are  our  gateways  to  the  past,  representing  a  wealth  of  history,  cultuie  and  knowledge  that's  often  difficult  to  discover. 

Marks,  notations  and  other  maiginalia  present  in  the  original  volume  will  appear  in  this  flle  -  a  reminder  of  this  book's  long  journcy  from  the 

publisher  to  a  library  and  finally  to  you. 

Usage  guidelines 

Google  is  proud  to  partner  with  libraries  to  digitize  public  domain  materials  and  make  them  widely  accessible.  Public  domain  books  belong  to  the 
public  and  we  are  merely  their  custodians.  Nevertheless,  this  work  is  expensive,  so  in  order  to  keep  providing  this  resource,  we  have  taken  Steps  to 
prcvcnt  abuse  by  commercial  parties,  including  placing  lechnical  restrictions  on  automated  querying. 
We  also  ask  that  you: 

+  Make  non-commercial  use  ofthefiles  We  designed  Google  Book  Search  for  use  by  individuals,  and  we  request  that  you  use  these  files  for 
personal,  non-commercial  purposes. 

+  Refrain  fivm  automated  querying  Do  not  send  automated  queries  of  any  sort  to  Google's  System:  If  you  are  conducting  research  on  machinc 
translation,  optical  character  recognition  or  other  areas  where  access  to  a  laige  amount  of  text  is  helpful,  please  contact  us.  We  encouragc  the 
use  of  public  domain  materials  for  these  purposes  and  may  be  able  to  help. 

+  Maintain  attributionTht  GoogXt  "watermark"  you  see  on  each  flle  is essential  for  informingpcoplcabout  this  projcct  and  hclping  them  lind 
additional  materials  through  Google  Book  Search.  Please  do  not  remove  it. 

+  Keep  it  legal  Whatever  your  use,  remember  that  you  are  lesponsible  for  ensuring  that  what  you  are  doing  is  legal.  Do  not  assume  that  just 
because  we  believe  a  book  is  in  the  public  domain  for  users  in  the  United  States,  that  the  work  is  also  in  the  public  domain  for  users  in  other 
countries.  Whether  a  book  is  still  in  Copyright  varies  from  country  to  country,  and  we  can'l  offer  guidance  on  whether  any  speciflc  use  of 
any  speciflc  book  is  allowed.  Please  do  not  assume  that  a  book's  appearance  in  Google  Book  Search  mcans  it  can  bc  used  in  any  manner 
anywhere  in  the  world.  Copyright  infringement  liabili^  can  be  quite  severe. 

Äbout  Google  Book  Search 

Google's  mission  is  to  organizc  the  world's  Information  and  to  make  it  univcrsally  accessible  and  uscful.   Google  Book  Search  hclps  rcadcrs 
discover  the  world's  books  while  hclping  authors  and  publishers  rcach  ncw  audicnccs.  You  can  search  through  the  füll  icxi  of  ihis  book  on  the  web 

at|http: //books.  google  .com/l 


Google 


IJber  dieses  Buch 

Dies  ist  ein  digitales  Exemplar  eines  Buches,  das  seit  Generationen  in  den  Realen  der  Bibliotheken  aufbewahrt  wurde,  bevor  es  von  Google  im 
Rahmen  eines  Projekts,  mit  dem  die  Bücher  dieser  Welt  online  verfugbar  gemacht  werden  sollen,  sorgfältig  gescannt  wurde. 
Das  Buch  hat  das  Uiheberrecht  überdauert  und  kann  nun  öffentlich  zugänglich  gemacht  werden.  Ein  öffentlich  zugängliches  Buch  ist  ein  Buch, 
das  niemals  Urheberrechten  unterlag  oder  bei  dem  die  Schutzfrist  des  Urheberrechts  abgelaufen  ist.  Ob  ein  Buch  öffentlich  zugänglich  ist,  kann 
von  Land  zu  Land  unterschiedlich  sein.  Öffentlich  zugängliche  Bücher  sind  unser  Tor  zur  Vergangenheit  und  stellen  ein  geschichtliches,  kulturelles 
und  wissenschaftliches  Vermögen  dar,  das  häufig  nur  schwierig  zu  entdecken  ist. 

Gebrauchsspuren,  Anmerkungen  und  andere  Randbemerkungen,  die  im  Originalband  enthalten  sind,  finden  sich  auch  in  dieser  Datei  -  eine  Erin- 
nerung an  die  lange  Reise,  die  das  Buch  vom  Verleger  zu  einer  Bibliothek  und  weiter  zu  Ihnen  hinter  sich  gebracht  hat. 

Nu  tzungsrichtlinien 

Google  ist  stolz,  mit  Bibliotheken  in  Partnerschaft  lieber  Zusammenarbeit  öffentlich  zugängliches  Material  zu  digitalisieren  und  einer  breiten  Masse 
zugänglich  zu  machen.     Öffentlich  zugängliche  Bücher  gehören  der  Öffentlichkeit,  und  wir  sind  nur  ihre  Hüter.     Nie htsdesto trotz  ist  diese 
Arbeit  kostspielig.  Um  diese  Ressource  weiterhin  zur  Verfügung  stellen  zu  können,  haben  wir  Schritte  unternommen,  um  den  Missbrauch  durch 
kommerzielle  Parteien  zu  veihindem.  Dazu  gehören  technische  Einschränkungen  für  automatisierte  Abfragen. 
Wir  bitten  Sie  um  Einhaltung  folgender  Richtlinien: 

+  Nutzung  der  Dateien  zu  nichtkommerziellen  Zwecken  Wir  haben  Google  Buchsuche  Tür  Endanwender  konzipiert  und  möchten,  dass  Sie  diese 
Dateien  nur  für  persönliche,  nichtkommerzielle  Zwecke  verwenden. 

+  Keine  automatisierten  Abfragen  Senden  Sie  keine  automatisierten  Abfragen  irgendwelcher  Art  an  das  Google-System.  Wenn  Sie  Recherchen 
über  maschinelle  Übersetzung,  optische  Zeichenerkennung  oder  andere  Bereiche  durchführen,  in  denen  der  Zugang  zu  Text  in  großen  Mengen 
nützlich  ist,  wenden  Sie  sich  bitte  an  uns.  Wir  fördern  die  Nutzung  des  öffentlich  zugänglichen  Materials  fürdieseZwecke  und  können  Ihnen 
unter  Umständen  helfen. 

+  Beibehaltung  von  Google-MarkenelementenDas  "Wasserzeichen"  von  Google,  das  Sie  in  jeder  Datei  finden,  ist  wichtig  zur  Information  über 
dieses  Projekt  und  hilft  den  Anwendern  weiteres  Material  über  Google  Buchsuche  zu  finden.  Bitte  entfernen  Sie  das  Wasserzeichen  nicht. 

+  Bewegen  Sie  sich  innerhalb  der  Legalität  Unabhängig  von  Ihrem  Verwendungszweck  müssen  Sie  sich  Ihrer  Verantwortung  bewusst  sein, 
sicherzustellen,  dass  Ihre  Nutzung  legal  ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  ein  Buch,  das  nach  unserem  Dafürhalten  für  Nutzer  in  den  USA 
öffentlich  zugänglich  ist,  auch  für  Nutzer  in  anderen  Ländern  öffentlich  zugänglich  ist.  Ob  ein  Buch  noch  dem  Urheberrecht  unterliegt,  ist 
von  Land  zu  Land  verschieden.  Wir  können  keine  Beratung  leisten,  ob  eine  bestimmte  Nutzung  eines  bestimmten  Buches  gesetzlich  zulässig 
ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  das  Erscheinen  eines  Buchs  in  Google  Buchsuche  bedeutet,  dass  es  in  jeder  Form  und  überall  auf  der 
Welt  verwendet  werden  kann.  Eine  Urheberrechtsverletzung  kann  schwerwiegende  Folgen  haben. 

Über  Google  Buchsuche 

Das  Ziel  von  Google  besteht  darin,  die  weltweiten  Informationen  zu  organisieren  und  allgemein  nutzbar  und  zugänglich  zu  machen.  Google 
Buchsuche  hilft  Lesern  dabei,  die  Bücher  dieser  Welt  zu  entdecken,  und  unterstützt  Autoren  und  Verleger  dabei,  neue  Zielgruppcn  zu  erreichen. 
Den  gesamten  Buchtext  können  Sie  im  Internet  unter|http:  //books  .  google  .coiril  durchsuchen. 


rjra^^ 


.,.,.. /^' 


.n^'i'i 


Sitzungsberichte 

der 

mathematisch- physikalischen  Olasse 


der 


k.  b.  Akademie  der  Wissenschaften 


zu  Müinohen. 


Band  XXXI.    Jahrgang  1901. 


Mflnchen. 

Verlag  der  k.  Akademie. 
1902. 


In  CommiMion  de«  6.  Fr&iix*8ebeii  V«rUg8  (J.  Roth). 


Akademisch«  Buehdruckerei  von  F.  Strtub  in  München. 


Uebersicht 

des  Inhaltes  der  Sitzungsberichte  Bd.  XXXI 

Jahrgang  1901. 


Di«  mit  *  bezeichneten  Abhandlangen  sind  in  den  Sitzangsberiohten  nicht  abgedruckt. 

Sitzung  vom  5.  Jammr  1901.  Seite 

*R.  Hartig:  Ueber  den  Einfluss  der  Schwerkraft  auf  den  Bau  des 

Fichtenholzes 1 

E.  Selenka:    Ueber  die  Placentaranlage  des  Lutung  (Semnopithecus 

pruinosus  von  Bomeo)  (mit  Tafel  I  und  II)     .  .  3 

S.  Günther:    Akustisch-Geographische  Probleme     .        .        .        .15 


Sitzung  vom  9.  Februar  1901. 

H.  Ebert:  Weitere  Beobachtungen  der  Luftelektricität  in  grösseren 

Höhen 35 

A.  Voss:    Ueber  ein  energetisches  Grundgesetz  der  Mechanik        .       53 

*E.  Weinschenk:  Die  Kieslagerstätten  im  Silberberg  bei  Boden- 
mais, ein  Beitrag  zur  Entstehungsgeschichte  der  Falbänder      34 

*K.  Gruber:  Der  Schwefel-  und  Magnetkiesbergbau  am  Silberberge 

in  Bodenmais  34 

*J.  G.  Egger:    Ostrakoden  aus  Meeresgrundproben,   gelothet  von 

S.  M.  Seh.  Gazelle 34 


Sitzung  vom  2.  März  1901. 

•C.  V.  Kupffer:    Ueber  einen  bis  jetzt  unbekannten  Gehimnerven  63 
J.  Rückert:    Ueber  die  Ossification  des  menschlichen  Fussskelets 

(Untersuchung  von  A.  Hasselwander)  ....  65 

*Ad.  v.  Baeyer:  Ueber  Aethyl  Hydroperoxyd  ....  63 


IV 

Oe/fentliche  Sitzung  zur  Feier  des  80.  Geburtstages  Seiner  Königlichen 
Hoheit  des  Prinzregenten^  sowie  des  142,  Stiftungstages  der  Akademie 

am  13.  März  1901.  Seite 

K.  A.  V.  Zittel:    Ansprache 73 


Sitzung  vom  4.  Mai  1901. 

Gg.  Recknagel:  üeber  Abkühlung  geschlossener  Lufträume  durch 

Wärmeleitung 79 

Gg.  Recknagel:   Ueber  Erwärmung  geschlossener  Lufträume  96 

M.  Wolf:   Die  Entdeckung  und  Katalogisirung  von  kleineren  Nebel- 
flecken durch  die  Photographie 111 

A.  Rothpletz:    Ueber  die  Jodquellen  bei  Tölz       ....     127 

A.  Voss:    Bemerkungen  über  die  Principien  der  Mechanik  167 


Sitzung  vom  8.  Juni  1901. 

*G.  Neumayer:  Bestimmungen  der  Länge  des  einfachen  Sekunden- 
Pendels  auf  absolutem  Wege,  ausgeführt  in  Melbourne  vom 
Juli  bis  Oktober  1863 183 

F.  Lindemann:  Ueber  den  Fermat'schen  Satz  betreffend  die  Un- 
möglichkeit der  Gleichung  a:"  =  y"  +  ;e»         .         .         .  185 

W.  V.  Dyck:    Eine   in   den    unterlassenen   Papieren    Franz    Neu- 

mann's  vorgefundene  Rede  von  C.  G.  J.  Jacobi  .  203 


Sitztmg  vom  6.  Juli  1901. 

S.  Günther:  Akustisch-Geogi-aphische  Probleme     .         .  .211 

H.  Seeliger:  Ueber  kosmische  Staubmassen  und  das  Zodiacallicht     265 

K.  Schwarzschild:   Der  Druck  des  Lichts  auf  kleine  Kugeln  und 

die  Arrhenius'sche  Theorie  der  Cometenschweife    .         .  293 

R.  Emden:  Beiträge  zur  Sonnen theorie 339 

*C.  Cranz  und  K.  R.  Koch:  Ueber  die  Vibration  des  Gewehi-laufs, 

IL  Schwingungen  in  horizontaler  Ebene         ....     209 


SUzung  vom  9.  November  1901,  Seite 

*S.  Finsterwalder:   üeber  die  Zusammensetzung  der  Kugelober- 
fläche aus  geodätischen  Streifen  von  gleicher  Maximalbreite 

und  kleinster  Gesammtlänge             365 

*H.  Ebert:    üeber  die  Spectra  der  neuen  Sterne    ....  365 

E.  V.  Weber:    Zur  Theorie  der  Kreisverwandtschaften  in  der  Ebene  367 

*Ad.  V.  Baeyer:  üeber  die  basischen  Eigenschaften  des  Sauerstoffs  365 


Oeffentliche  Sitzung  zu  Ehren  Semer  Majestät  des  Königs  und 
Seiner  Königl.  Hoheit  des  Prinzregenten  am  16,  November  1901. 

K.  A.  V.  Zittel:    Ansprache 409 

Wahlen 423 

*C.  V.  Voit:    Festrede:  Max  v.  Pettenkofer  zum  Gedächtniss    .  423 


Sitzung  vom  7,  Dezember  1901. 

A.  Korn:  a)  üeber  die  natürliche,  elektrische  Belegung  einer  be- 
liebigen, stetig  gekrümmten  Konduktoroberfläche       .     425 
b)  Allgemeine  Lösung  des  Problems  der  magnetischen 

Induktion 435 

F.  Lindemann:  a)  Zur  Theorie  der  Spectrallinien  .     441 

b)  üeber  die  Gleichung  a;»»  =  y"4--8;»    .  .     495 

J.  Ranke:    Die  doppelten  Zwischenkiefer  des  Menschen  .  497 

A.  Pringsheim:    üeber   die  Divergenz  gewisser  Potenzreihen  an 

der  Convergenzgrenze 505 


Einsendungen  von  Druckschriften 1*.  25* 


Sitzungsberichte 

der 

königl.  bayer.  Akademie  der  Wissenschaften. 


Mathematisch-physikalische  Classe. 

Sitzung  vom  5.  Januar  1901. 

1.  Herr  R.  Hartig  theilt  die  Ergebnisse  seiner  Unter- 
suchungen: „Ueber  den  Einfluss  der  Schwerkraft  auf 
den  Bau  des  Fichtenholzes'*  mit.  Dieselben  werden  ander- 
weit zur  Veröffentlichung  gelangen. 

2.  Herr  S.  Günther  hält  einen  Vortrag  über  eine  umfassende 
Untersuchung:    ^Geographisch-akustische  Probleme.* 

3.  Herr  E.  Selenka  macht  eine  Mittheilung:  „Ueber  die 
Placentaranlage  desLutung(Semnopithecus  pruinosus, 
von  Borneo).'* 


1901.  Sitmogsb.  d.  matlL-phyB.  GL 


Placentaranlage  des  Lutung 

(Semnopithecus  pruinosus,  von  Borneo). 

Von  Emil  Selenkii. 

{St'ngelaufm  6.  Januar.) 
(Mit  Taf.  I  n.  11.) 

Die  Keimblasen  der  AfiFen  und  des  Menschen  unterscheiden 
sich  ganz  auffallend  von  denen  der  übrigen  Säugetiere  durch 
eine  Reihe  caenogenetischer  Anpassungen. 

Wenn  es  auch  nicht  leicht  gelingen  wird,  die  mechani- 
schen und  physiologischen  Ursachen  festzustellen,  welche 
diese  eigentümlichen  Sonderbildungen  im  Primatenkeime  her- 
vorgerufen haben,  so  lässt  sich  doch  die  schliessliche  Bedeutung 
und  der  Wert  dieser  Anpassungen  für  die  Ernährung  der 
Frucht  begreifen. 

Um  dies  Resultat  vorweg  zu  nehmen:  Die  Anpassungen, 
welche  sowohl  Keimblase  wie  Uterus  während  der  ersten 
Schwangerschaftswochen  aufweisen,  haben  zur  Folge 

1)  Dass  die  junge  Keimblase  alsbald  nach  ihrer  Festhef- 
tung schon  durch  den  wertvollsten  StofiF,  den  das  Muttertier 
darzubieten  im  Stande  ist,   nämlich  durch  Blut  ernährt  wird; 

2)  Dass  der  gesamte  embryonale  wie  mütterliche  Ernäh- 
rungsapparat von  vornherein  in  seiner  endgültigen  Gestalt  an- 
gelegt wird,  und  zwar  erstens  unter  Vereinfachung  oder  Aus- 
schaltung einiger  altvererbter  provisorischer  Vorrichtungen,  und 
zweitens  unter  Neubildung  von  Hilfsapparaten.  Von  proviso- 
rischen Nährorganen    behauptet   allerdings  der  Dottersack  für 

kurze  Zeit  seine  Rolle  als  Blut-  und  Gefässbilder,  aber  mütter- 

1* 


4  Sitzung  der  math.'phys.  Classe  vom  5.  Januar  1901. 

lieber  NahrungsstofiF  wird  ihm  nicht  mehr  direkt  zugeführt, 
wie  dies  doch  bei  Vorläufern  der  AfiFen  der  Fall  sein  kann. 

Die  den  Primaten  keimen  eigenen  Neuerungen  sind  sicher- 
lich zum  grossen  Teil  eingeleitet  worden  durch  die  frühzeitige 
Verwachsung  des  Eies  mit  dem  TJterusepithel.  Zwar  sind  die 
jüngsten  bisher  aufgefundenen  Keime  des  Menschen  (das  Peters'sche 
Ei)  und  der  AfiFen  (die  hier  beschriebene  Keimblase)  schon  zu 
alt,  um  die  Gestalt,  in  welcher  das  Ei  sich  festsetzte,  mit 
Sicherheit  bestimmen  zu  können;  aber  die  Aehnlichkeit  mit 
solchen  Säugetiereiern,  welche  notorisch  schon  vor  der  Gastru- 
lation  mit  dem  üteringewebe  verwachsen,  ist  so  frappant, 
dass  mit  grösster  Wahrscheinlichkeit  auf  eine  Verwachsung 
auch  des  Primaten-Eies  mit  dem  TJterusepithel  vor  der 
Bildung  des  Dotterblatts  geschlossen  werden  muss.  Hier 
können  nur  neue  Beobachtungen  das  Entwickelungsbild  ergänzen 
und  detaillieren.  Eine  Besprechung  dieser  Frage  findet  sich  in 
meinen  Studien  über  „MenschenafiFen",  zweites  und  drittes  Heft, 
Wiesbaden,  1899 — 1900.  Die  schematische  Darstellung  der 
Keimanlage,  wie  ich  mir  dieselbe  vorstelle,  ist  in  den  Figuren 
8 — 12  am  Schlüsse  dieser  Mitteilung  gegeben. 

Die  hier  abgebildete  Keimblase  des  Lutung  giebt  nun 
einige  neue  Aufschlüsse  über  die  Form  und  Struktur  des  jungen 
Keimes  und  dessen  Hülle,  sowie  über  die  frühe  Anlage  der 
Placenten. 

Die  erste  Figur  stellt  den  geöffneten  und  aufgeklappten 
Uterus  in  natürlicher  Grösse  dar.     Die  ventrale  Seite  trägt  die 

1  mm  grosse  Keimblase,  deren  Gestalt  aus  den  Abbildungen 

2  und  7  zu  ersehen  ist.  Auf  der  mit  dem  Uterus  innig  ver- 
wachsenen Fläche  erhebt  sich  eine  einzige  bereits  verästelte 
Zotte,  die  ich  Zentralzotte  nennen  will,  während  der  Rand 
wallförmig  vorspringt.  Die  andere,  kuppelformige  Hälfte  zeigte 
sich  zum  grössten  Teil  frei  und  von  Uterinschleim  umspült; 
doch  muss  im  lebenden  Tiere  auch  hier  schon  das  Chorion  an 
der  gegenüber  liegenden  Uteruswand  festgewachsen  gewesen 
sein,  denn  in  der  Mitte  der  Kuppe  macht  sich  auf  Dünn- 
schuitten  ein  Defekt  des  Chorion  von  etwa  ^/i  Millimeter  Aus- 


E,  Selenka:  Placentarardage  des  Lutung.  5 

bnung  nebst  Zellenfetzen  bemerkbar.  Hier  riss  offenbar  beim 
öffnen  des  Uterus  das  verwachsene  Chorionstück  von  der 
imblase  ab;  da  dasselbe  aber  auch  von  der  sekundären 
azenta  abgebröckelt  ist,  wie  die  Schnitte  lehren,  so  liefert 
3  Präparat  leider  keine  Vorstellung  von  der  Art  und  Weise 
r  Verwachsung. 

Auf  der  ventralen  wie  dorsalen  Uterus-Innenfläche  erhebt 
h  ein  Placentarpolster,  entstanden  in  Folge  der  Ver- 
ichsung  der  Keimblasenwand  mit  dem  Uterusepithel.  Die 
Ister  sind  viel  ausgedehnter,  als  die  Verwachsungsfläche  der 
fimblase.  — 

Nach  diesen  einleitenden  Bemerkungen  schreite  ich  zur 
naueren  Beschreibung  der  Keimblase  und  der  Placentarkissen. 

Die  ganze  Keimblase  isoliert  ist  in  Figur  2  als  Rekon- 
uktionsbild  wiedergegeben. 

Folgende  Zellschichten  sind  in  der  Wand  der  Keimblase 
erkennen : 

1.  Das  Chorion-Ektoderm,  in  den  Astenden  der  Zentralzotte 
fhrschichtig,  im  Uebrigen  einschichtig. 

2.  Dem  Chorionektoderm  innen  anliegend  ein  einschichtiges 
ger  flacher  Mesodermzellen,  das  sich  in  der  Zotte  jedoch  zu 
lem  lockern  Polster  verdickt.  In  der  7.  Abbildung  ist,  so- 
it  es  anging,  Zelle  für  Zelle  des  Schnittes  eingetragen.  — 
t  dem  Polstergewebe  hängt  das  Amnion mesoderm  direkt  zu- 
nmen.  Diese  Verbindungsbrücke  verdient  die  besondere  Be- 
chnung  , Haftstiel";  sie  stellt  einen  Embryophor  dar,  welcher 
jcessive  zum  Nabelstrang  sich  umbildet.  Eine  Zeitlang 
iwebt  der  Embryo  auf  dem  Haftstiel  frei  im  Exocoelom. 
iläufig  bemerkt,  finden  sich  ähnliche  Verhältnisse  auch  bei 
lingen  anderer  Säugetiere,  z.  B.  der  Wiederkäuer;  hier  wird 
Folge  des  Amnionschlusses  der  Embryo  nebst  seinem  Dotter- 
;k  rings  umspült  von  Flüssigkeit  des  Exocoeloms  und  ist 
tweilig  allein  durch  einzelne  mesodermale  Haftfädchen  mit 
n  Chorion  verbunden  oder  liegt  sogar  vollständig  frei  im 
ocoelom,  bis  die  Wandung  der  Allantois  sich  ausgedehnt  hat 
d    mit    der    Chorionwand    zum    Allantochorion    verschmilzt 


6  Sitzung  der  mathrphys.  Clause  vom  5.  Januar  1901. 

(Bonnet,  Selenka).  —  Einen  Haftstiel  fand  Hubrecht  am 
Keime  des  Tarsius.  Die  wichtigen  Untersuchungen  dieses 
Forschers  harren  zum  grössten  Teil  noch  der  Veröffentlichung. 

3.  Die  gesamte  Verwachsungsfläche  der  Keimblase  ist  über- 
zogen von  einer  Zellfusion,  einem  Syncytium.  Ed.  van  Beneden 
nennt  diese  Schicht  den  Plasmodiblast.  Die  Kerne  dieser 
Plasmodialschicht  liegen  grösstenteils  in  einer  einzigen  Lage 
(Fig.  7),  doch  erhebt  sich  das  Syncytinm  am  peripheren  Ver- 
wachsungsrande der  Keimblase  sowie  auf  den  Zellenknospen 
und  an  den  Enden  der  Zottenäste  zu  wechselnden  Verdickungen. 
Bei  allen  von  mir  geprüften  Affenspecies  zeigt  diese  Plasmodial- 
schicht in  den  jungen  Placenten  das  gleiche  Verhalten;  sie  ist 
stets  deutlich  abgegrenzt  vom  Chorionektoderm,  dessen  Zell- 
kerne fast  durchweg  kleiner  sind,  sie  überwuchert  den  peri- 
pheren Verwachsungsrand  der  Keimblase  auf  eine  kurze  Strecke 
und  dokumentiert  sich  als  gewebszerstörendes  Element;  das 
erweisen  die  in  den  Ausläufern  seines  Protoplasmas  liegenden 
Kembrocken  und  die  an  seinen  Berührungsflächen  in  Auf- 
lösung begriffenen  Gefasswände  und  Bindegewebszellen.  Die 
Herkunft  dieses  Plasmodiblasts  ist  weiter  unten  besprochen. 

TJeber  den  Bau  des  Keimlings  ist  nur  wenig  zu  melden. 
Fig.  3 — 5  zeigen  denselben  vom  Rücken,  von  der  Seite  und 
von  vorne  in  plastischen  Darstellungen,  Fig.  7  im  Schnitt. 

Das  Ektoderm  des  Keimschildes  besteht  in  einer 
ovalen  verdickten  Platte,  deren  hinteres  Ende  eine  schwache 
Einsenkung,  nämlich  die  Anlage  der  Primitivrinne,  aufweist; 
vor  derselben  ist  der  Schild  schwach  buckelartig  vorgewölbt, 
in  gleicher  Art,  wie  ich  dies  von  etwas  älteren  Keimschildern 
des  Cercocebus  cynomolgus  und  des  Semnopithecus  nasicus  be- 
schrieben habe. 

An  den  Rändern  biegt  der  Keimschild  in  das  Amnion- 
ektoderm  über,    dessen  Zipfel  in  den  Haftstiel  sich  einsenkt. 

Der  entodermale  Dotter  sack  ist  ein  winziges  Bläschen; 
sein  dorsaler  Abschnitt  steht  direkt  mit  der  Ektodermplatte 
des  Keimschildes  in  Berührung.  Der  ungenügende  Erhaltungs- 
zustand des  Präparates  verschaffte  mir  keine  sichere  Auskunft, 


E.  Selenka:  Placentaranlage  des  Lutung,  7 

wieweit  auch  Mesodermzellen  zwischen  Ektoderra  und  Dotter- 
blatt eingelagert  sind;  doch  ist  das  jedenfalls  nur  in  unter- 
geordneten! Grade  an  der  hinteren  Hälfte  des  Keimschildes 
der  Fall. 

Von  einem  neurenterischen  Kanal  ist  noch  nichts  zu  sehen, 
Mesoderm    überzieht    Amnion    wie    Dottersack    als    ein- 
schichtiges Zellenlager. 

lieber  die  Struktur  des  Uterus  geben  die  Dünnschnitte 
folgende  Auskunft. 

Rings  um  die  Keimblase  erhebt  sich  ein  Wall  (Fig.  1 
u.  7,  W).  Vergleicht  man  diesen  mit  den  jungen  Placentar- 
anlagen  anderer  AfiFen  („Menschenaffen*,  Seite  189 — 197),  so 
lässt  sich  folgendes  allgemeine  Entwicklungsbild  des  Placentar- 
walles  ableiten.  Zuerst  wird  das  Bindegewebslager  unterhalb 
des  Uterusepithels  hyperämisch,  indem  Venen  und  Kapillaren 
sich  erweitern  und  auch  sich  neubilden;  es  lagert  sich  Lymph- 
ödem zwischen  die  Bindegewebszellen;  das  nunmehr  durch- 
safbete  Gewebe  verdickt  sich  endlich  noch  weit  stärker  infolge 
der  Wucherungen  des  Uterusepithels,  welches  seltner  in 
Gestalt  von  Taschen,  meistens  von  soliden  Kolben  in  die  Binde- 
gewebslage  hineinwächst,  unter  stetiger  Vergrösserung  der 
Kapillaren.  Die  taschen-  oder  kolbenartigen  Einwucherungen 
zerfallen  alsbald  in  Zellencomplexe  oder  Zelle nnester,  die 
grossenteils  zu  Syncytien  zusammenschmelzen  und  dann  in 
ihrer  Struktur  von  der  Plasmodialschicht,  mit  der  sie  auch 
stellenweise  in  Contakt  treten,  nicht  zu  unterscheiden  sind, 
während  etliche  Zellennester  in  isolierte  Zellen  zerfallen,  um 
vermutlich  zu  Decidua-Zellen  zu  werden. 

Die  kolbenartigen  Gebilde  sind  jedoch  nicht  die  einzigen 
Wucherungen  des  Uterusepithels.  Die  Epithellage  selbst 
wird  unregelmässig  mehrschichtig  und  wandelt  sich  in 
eine  lockere  Decke  um,  deren  Zellen  ein  sonderbares  Aussehen 
gewähren:  die  meisten  unterscheiden  sich  zwar  nicht  von  den 
typischen  Epithel-  oder  den  jungen  „Nesterzellen",  viele  aber 
sind  deutlich  zwei-,  einige  sogar  dreikemig.    Figur  6  zeigt  die 


8  Sitzung  der  math.-phys.  Glosse  vom  5.  Januar  1901, 

häufig  wiederkehrende  Form  dieser  offenbar  in  ümwandluDg 
begriffenen  Zellen.  Da  sie  das  ganze  Placentarkissen  bedecken, 
also  auch  ganz  ausserhalb  des  Yerwachsungsbezirks  mit  der 
Keimblase  zu  finden  sind,  so  liegt  der  Gedanke  nahe,  dass  sie 
später  mit  dem  Chorionektoderm  verwachsen  und  einen  XJeber- 
zug  über  dasselbe  bilden  werden,  sobald  die  Keimblase  sich 
ausdehnt  und  mit  ihnen  in  Berührung  tritt;  ich  halte  dieselben 
daher  für  die  Mutterzellen  des,  die  Zotten  überziehenden  Syn- 
cytiums  (Plastmodiblast).  Sowohl  die  Lage  dieser  Zellen  wie 
ihre  häufige  Mehrkemigkeit,  femer  der  Umstand,  dass  ihr 
Protoplasma  sich  in  ganz  gleicher  Weise  überraschend  dunkel 
tingiert  wie  der  Plasmodiblast,  reden  dieser  Deutung  das  Wort. 
Nachträglich  finde  ich  auch  in  meinen  älteren  Präparaten 
junger  Placentarpolster  die  Anhäufung  des  Uterusepithels  zu 
einer  lockern  Schichte  gleicher  Struktur,  wenn  auch  weniger 
mächtig  als  im  vorliegenden  Objekte. 

Dasselbe  Bild  geben  Schnitte  durch  das  sekundäre 
Placentarpolster  des  Lutung.  Die  Zellen  der  kolbenförmigen 
Einwucherungen  gehen  direkt  über  in  die  mehrschichtige  äussere 
Epithelschicht  (Fig.  6). 

Ist  die  hier  ausgesprochene  Deutung  richtig,  so  wären  die 
Syncytienbildungen  in  der  Placenta  der  Primaten  vermutlich 
alle  auf  das  Uterusepithel  zurückzuführen !  Denn  die  verbreitete 
Ansicht,  dass  die  verschiedenartigsten  Gewebe  des  Uterus 
syncytialen  Bau  während  der  Schwangerschaft  annehmen  können, 
habe  ich  in  meinen  Präparaten  nicht  bestätigt  gefunden. 

Kollmann  ^)  hat  unlängst  die  Herkunft  des  Plasmodiblasts 
aus  dem  Chorionektoderm  dargelegt.  Ich  möchte  vermuten, 
dass  die  Präparate  dieses  Forschers  nicht  genügend  gut  con- 
serviert  waren,  um  eine  so  subtile  histogenetische  Frage  zur 
Entscheidung  zu  bringen. 

Der  intervillöse  Raum  ist  in  allen  bisher  von  mir  beob- 
achteten jungen  Placentaranlagen   mit  hellem  Gerinsel  erfüllt, 

^)  J.  Kollmann,  üeber  die  Entwickelung  der  Placenta  bei  den 
Makaken,  mit  6  Figuren;  in:  Anatomischer  Anzeiger,  XVII,  Nr.  24  u.  26. 


E.  Selenka:  Placentarmilage  des  Lutung,  9 

in  welchem  stets  vorgefunden  wurden:  1)  Blutkörper  der  Mutter, 
2)  Zerfallprodukte  mütterlicher  Zellen,  zumal  vereinzelte  auf- 
geblähte Kerne,  3)  in  allen  Richtungen  ziehende,  anfangs  zahl- 
reiche, in  älteren  Anlagen  spärliche  Balken  von  Syncytien. 

Begrenzt  wird  der  intervillöse  oder  Zwischen zotten-Raum 
1)  vom  Plasmodiblast  der  Zotten,  der  in  allen  meinen  Prä- 
paraten ein  geschlossenes  Lager  bildet,  2)  von  Syncytien  der 
Nesterzellen,  die  sich  anfanglich  und  zeitweilig  zu  einer,  ledig- 
lich von  Muttergefässen  durchbrochenen,  soliden  Platte  ver- 
einigen können  („Menschenaffen,  Seite  197,  Sy');  3)  von  Binde- 
gewebszellen, falls  die  Syncytialplatte  nicht  ausgebildet  ist,  und 
4)  hie  und  da  von  Wandungen  einiger  erweiterter  Venen  oder 
Kapillaren,  deren  Endothel  in  nächster  Nähe  der  Placenta  viel- 
fach, aber  nicht  immer,  zu  kubischen  oder  cylindrischen  Zellen 
aufgequollen  erscheint;  letztere  Erscheinung  hat  zu  der  irrigen 
Ansicht  geführt,  dass  die  Gefässendothelien  sich  in  Decidua- 
zellen  umwandeln;  die  nähere  Beschreibung  dieser  Verhältnisse 
wird  in  einer  der  nächsten  Lieferungen  der  „Menschenaffen" 
von  meinem  Mitarbeiter,  Herrn  Dr.  Ludwig  Neumayer  ge- 
geben werden.  —  Ausdrücklich  sei  hervorgehoben,  dass  eine 
geschlossene  Endothelmembran  nimmermehr  den  Plasmodiblast 
überdeckt,  wenigstens  weder  bei  jungen  Placentaranlagen  des 
Menschen  noch  der  Affen.  Dennoch  haben  Waldeyer  und 
Win  kl  er  recht,  dass  solche  Membranen  vorkommen;  jedoch 
ist  das  dann  nur  in  ganz  beschränkter  Ausdehnung  und  aus- 
schliesslich nahe  den  Zottenenden  der  Fall.  Hier  erscheinen 
die  Membranen  als  die  offenen,  der  Resorption  noch  harrenden 
Mündungsstücke  der  erweiterten  Venen !  Also  auch  R.  V  i  r  c  h  o  w 
behält  Recht,  dass  der  intervillöse  Raum  kein  erweiterter  Ge- 
fassraum  sei,  dass  vielmehr  das  Mutterblut  frei  zwischen  den 
Zotten  cirkuliere,  eine  Ansicht,  welcher  auch  K  oll  mann  bei- 
pflichtet. 

Ueber  die  Entstehung  des  intervillösen  Raumes  habe  ich 
aus  Schnittserien  verschiedener  junger  Placentaranlagen  dieses 
Resultat  gewonnen.  In  den  anfangs  mit  Lymphödem  erfüllten 
Intercellularraum  des  Uterus  drängen  sich  erweiternde  Kapillaren 


10  Sitzung  der  math.-phys.  Cicutse  www  o.  Januar  1901. 

ein  und  ergiessen  in  denselben  mütterliches  Blut,  nachdem  ihre 
Wandungen  durch  syncjtiale  Zellennester  oder  den  Plasmodi- 
blast,  die  ich  beide  für  identische  Gebilde  halte,  zerstört  wurden. 

An  dem  allgemeinen  Geschäfte  der  Einschmelzung  des 
Muttergewebes  behufs  Schaffung  von  Platz  für  die  vordringen- 
den Zotten  beteiligen  sich  in  untergeordnetem  Grade  auch 
mütterliche  Leucocyten.  Man  findet  dieselben  in  Zwei-  und 
Vierteilung  begriffen  sehr  häufig  zwischen  den  Bindegewebs- 
zellen liegend,  zumal  in  Placenten  der  2.  bis  3.  Woche. 

Da  der,  in  den  intervillösen  Raum  mündenden  Arterien 
nur  wenige  sind,  hingegen  der  das  Blut  abführenden  Venen 
viele,  so  muss  notwendig  eine  Stauung  oder  Stagnation  der 
intervillösen  Flüssigkeit  eintreten.  Eine  flotte  ergiebige  Durch- 
strömung des  Zwischenzottenraumes  mit  Mutterblut  wird  erst 
etwa  in  der  dritten  Woche  der  Schwangerschaft  Platz  greifen. 

Zum  Schlüsse  seien  die  heterochronischen  Verschiebungen, 
welche  die  Anlagen  der  ersten  embryonalen  Organe  der  Primaten 
erleiden,  übersichtlich  zusammengestellt. 

A.  Beschleunigung  der  Entwicklung  erfahren  folgende 
Gebilde: 

1 .  Der  Trophoblast  (Hubrecht),  d.  h.  das  mit  dem  Uterus 
verwachsende  Chorionektoderm.  Durch  die,  wahrscheinlich 
schon  vor  der  Gastrulation  sich  vollziehende  Verwachsung  werden 
die  forraativen  Schildzellen  (welche  Keimschild,  Amnion  und 
Primitivstreif  aufzubauen  haben),  ins  Ei -Innere  geschoben 
und  veranlasst,  sich  von  den  Trophoblastzellen  (Räuberischen 
Zollen)  abzuschnüren.  In  Folge  davon  erscheinen  auffallend 
frühzeitig 

2.  das  abgeschnürte  Amnion  und  die  Amnionhöhle. 

3.  Sehr  frühzeitig  entwickelt  sich  ferner  der  Mesoblasts, 
jedoch  nur  in  seinen  ausserembryonalen  Partien;  denn  im  Be- 
reiche des  Keimschildes  ist  seine  Ausbildung  verlangsamt. 

4.  Sehr  früh  entsteht  die  erste  Zotte,  die  Zentralzotte. 
Dies  gilt  wohl  für  sämtliche  Schwanzaffen,  ob  auch  für  die 
Menschenaffen,  steht  noch  in  Frage.  Etwa  eine  Woche  lang 
oder  noch  etwas  länger  unterscheidet  sich  die  Zentralzotte  durch 


E.  Selenka:  Placentaranlage  des  LiUung.  1 1 

ihre  Grösse  und  reiche  Verästelung  von  den  alsbald  nach- 
sprossenden Zotten,  bis  letztere  die  Zentralzotte  in  ihrem  Wachs- 
tum einholen.  In  der  Wurzel  der  Zentralzotte  ist  stets  der 
Keim  gelegen,  ein  Hinweis,  dass  hier  die  Verlötung  des  Eies 
mit  dem  Uterus  begann. 

5.  Die  Vascularisierung  des  Dottersacks,  d.  h.  die  Ent- 
stehung von  Gefassendothelien  und  Blutkörpem  als  Mesoderm- 
gebilden,  beginnt  schon  vor  Anlage  der  MeduUarwülste,  er- 
scheint daher  ebenfalls  sehr  früh.  —  In  der  hier  abgebildeten 
Keimblase  ist  allerdings  von  Gefassen  noch  nichts  zu  bemerken ; 
sie  ist  noch  zu  jung. 

B.  Verlangsamt  erscheint  dagegen,  wie  dies  zumal  ältere 
Keimblasen  lehren,  die  Differenzierung  des  Keimschildes, 
nämlich  die  Anlage 

1.  des   Primitivstreifs    und    der   aus    ihm   hervorgehenden 
Gebilde:  Urdarm,  Chorda,  Urwirbelblastem, 

2.  des  Canalis  neurentericus, 

3.  der  MeduUarwülste. 

Man  kann  sich  denken,  wenn  schon  diese  Vorstellung 
nicht  ganz  den  Nagel  auf  den  Kopf  trefifen  dürfte,  dass  die 
Keimscheibe  nach  ihrer  Losschnürung  vom  Trophoblasten  all- 
zuwenig Zellen  enthalte,  um  die  typische  DifiFerenzierung  zu 
Stande  zu  bringen ;  es  muss  ihr  sozusagen  Zeit  gelassen  werden, 
ihre  Bausteine  genügend  zu  vermehren. 

C.  Reduktion  der  Gestalt  erfährt  die  Allantois,  indem 
sie  nur  zur  kurzen  schlauchförmigen  Röhre  auswächst,  deren 
mesodermale  Hülle  jedoch  an  ihrem  Blindende  zu  einem  Gefäss- 
polster  sich  ausbreitet,  das  in  alle  Zotten  eindringt. 

D.  Als  Neubildung  ist  der  mesodermale  Amnionstiel 
aufzufassen.  Er  verdickt  sich  als  „Haftstiel**  bald  zusehends 
und  nimmt  den  AUantoisschlauch  wie  die  Gefässe  in  sich  auf. 
Hierdurch  wird  er  zum  Träger  des  Embryos.  Der  Gang  seiner 
Umbildung  lässt  sich  kurz  durch  folgende  Schlagworte  kenn- 
zeichnen: dünner  mesodermaler  Amnion-  oder  Rückenstiel 
—  durch  Verdickung  des  Mesodermgewebes  wird  er  zum  volumi- 
nösen Haftstiel  —  durch  allmähliche,  ventral  gerichtete  Dreh- 


12 


SiUung  der  math.-phys.  Classe  vom  5.  Januar  1901. 


ung  des  Keimschildes  um  90^  wird  er  zum  Schwanzstiel, 
indem  er  zugleich  den  AUantoisschlauch  und  die  Dottergefässe 
in  sein  Polstergewebe  aufnimmt  —  durch  fortgesetzte  Drehung 
des  Eilings  um  90^  wird  der  Schwanzstiel  zum  Bauchstiel 
(His)  —  und  endlich  nach  Bildung  des  Körpernabels,  in  welchen 
Allantoisstiel,  Dottergang  nebst  Gefässen  eingelagert  werden 
und  auf  dessen  Aussenfläche  das  Amnion  sich  festlegt,  zum 
Nabelstrang. 

Die  Figuren  7  bis  11  geben  Aufschluss  über  die  Verlage- 
rung des  Keimes  in  das  Ei-Innere  oder  die  „Entypie  des  Keim- 
feldes**, wie  sie  bei  den  Keimen  der  SchwanzaflFen  wahrschein- 
lich sich  vollzieht. 


8 


9 


Fig.  8  bis  12. 


^  Am. 


10 


11 


12 


Schematische    Darstellung  der  mutmasslichen  Bildung  des  Amnion 

bei  Affe  und  Mensch. 

Dicke  ümrisslinie  =  Chronionektoderm, 

dünne  Kreislinie  =  Dotterblatt, 

punktiert  =  Mesoderm, 
Am  Amnion, 
En  Dottersack, 
Ex  Exocoelom, 

F    formative  Keimschildzellen,  welche  sich  vermutlich  als  kugliges 
Gebilde  abschnüren  und  aus  denen  das  Ektoderm  des  Amnion 
und  des  Keimschildes  sowie  der  Primitivstreif  hervorgehen, 
M    Mesoblast, 

V      Verwachsungsfläche  des  Eies  mit  dem  üterusepithel, 
z      die  bei  den  Schwanzaffen  zuerst  gebildete  Zentralzotte. 


E,  SelenJca:  Plaeentaranlage  des  Lutung.  13 


Erklärung  zu  Tafel  I. 

Fig.  1 — 6.     Semnopithecus  pruinosus,  von  Bomeo. 

Fig.  1.     Der  geöffnete  Uterus  in  nat.  Gr. 
d    dorsale  Hälfte, 
K  das  Keimbläschen, 
N  Narbe  auf  dem  rechten  Ovarium, 
s     Anlage  der  sekundären  Placenta, 
V    ventrale  Hälfte, 

tc    Wallartige  Erhebung  der  üterinschleimhaut,  in  deren  Mitte 
die  1  Millimeter  grosse  Keimblase  liegt. 

Fig.  2.     Die  Keimblase  isoliert,   ^/i.   Rekonstruktionsbild.   In  der  Wurzel 
der  ,  Zentralzotte "  ist  der  Keim  bemerkbar. 

Fig.  3—5.     Der  Keim,  isoliert.     Rekonstruktionsbild  in  200  facher  Ver- 
grösserung. 
Fig.  d.    Der    Keimschild    von    oben    gesehen;    Amnion    weggelassen. 

Die  Primitivrinne  ist  schwach  angedeutet. 
Fig.  4.     Derselbe  im  Profil.  —  Ätn  Amnionstiel,  dessen  Zipfel  in  das 

Mesenchympolster  der  Zotte  übergeht.     Vergl.  Figur  7. 
Fig.  5.     Derselbe  von  vom. 

Fig.  6.     Schnitt  durch   das   wuchernde  Uterusepithel   des  sekundären 
Placentarkissens,  Randpartie.    Vergr.  ca.  600.     Camera. 
B  Bindegewebszellen, 
C   Capillaren, 
C  U  Cavum  uteri, 
K  Kolbenförmige  Ein  Wucherung  des  Uterusepithels,  später  in 

Zellennester  zerfallend, 
iV  Zone  der  Nesterzellen, 
Ut  Zone  des  geschichteten  Uterusepithels. 


14  Sitzung  der  m(Uh,'phys,  Classe  vom  5.  Januar  190 J, 


Erklärung  zu  Tafel  II. 

Fig.  7.     Eeimblase  des   Semnopithecus  pruinosus  nebst  Umgebung, 

im  Schnitt.     ^'®/i.     Camera. 

a     Amnionhöhle, 
B    Bindegewebe, 
Bl    mütterliche  Blutkörper, 
C    erweiterte  Capillare, 

Ca   Capillare,  in  den  intervillösen  Raum  sich  öffnend, 
Ch    Chorionektoderm, 
C  ü  Cavum  uteri, 
Br   Drüsengang, 
E    Dottersack, 
Ex  Exocoelom, 

I     intervillöser  Raum,  mit  Mutterblut  gefüllt, 
K    kolbenförmige    Wucherungen    des    Uterusepithels,     später    in 

Zellennester  zerfallend, 
M    Mesoderm, 

PI    Plasmodiblast  (van  ßeneden),  Plasmodialschicht, 
Sy    Syncytium,  aus  Zellennestern  entstanden, 
Ue   taschenartige  Einsenkungen  des  Uterusepithels, 
y     ein  vom  sekundären  Placentarpolster  abgerissener  Teil  des  Chorion, 
Z    Zellen  nester. 


15 


Akustisch-Geographische  Probleme. 

Von  S.  Gfinther. 

{EingtHaufen  5.  Januar.) 

Wie  bereits  an  anderer  Stelle^)  bemerkt  wurde,  muss  als 
derjenige  Teil  der  allgemeinen  Physik,  der  mit  der  physikali- 
schen Erdkunde  die  mindest  lebhaften  Beziehungen  unterhält, 
die  Lehre  vom  Schalle  bezeichnet  werden.  Es  wurde  aber 
an  jenem  Orte  zugleich  betont,  dass  doch  in  neuerer  Zeit  eine 
ganze  Anzahl  von  Fragen  hervorgetreten  ist,  welche  gleich- 
massig  den  Geographen  und  den  Akustiker  interessieren.  Die 
bis  zu  einem  gewissen  Grade  vielleicht  auch  einzubeziehende 
Fortpflanzung  des  Schalles  unter  verschiedenen  äusseren 
Bedingungen  soll  hier  ausgeschlossen  bleiben,  weil  Untersuch- 
ungen der  letzten  Jahrzehnte  hierüber  eine  vollständige  Klärung 
gebracht  haben,  und  ebenso  soll  von  der  vielgestaltigen  Er- 
scheinung des  Echos  nicht  weiter  die  Rede  sein,  obwohl  die- 
selbe, wie  man  u.  a.  von  Hirn*)  und  von  v.  Fischer-Benzon^) 
erfahren  hat,  noch  manches  Rätsel  aufgibt.  Unser  Zweck  ist 
es  vielmehr,  das  gesamte  Material,  welches  sich  bezüglich  der, 
wenn  der  Ausdruck  gestattet  ist,  spontanen  Schallphaeno- 
mene  nach  und  nach  angesammelt  hat,  kritisch  zu  würdigen 
und  deren  Erklärung,  soweit  möglich,  zu  erbringen  oder  doch, 


>)  Günther,  Handbuch  der  Geophysik,  2.  Band,  Stuttgart  1899, 
S.  41. 

*)  Hirn,  Les  ächos  multiples,  Mondes,  2.  Serie,  86.  Band,  S.  266  ff. 

^)  V.  Fischer-Ben zon.  Das  tönende  Echo,  Zeitschrift  für  physi- 
kalischen Unterricht,  1.  Band,  S.  116  ff. 


16  Sitzung  der  math.-phys,  Classe  vom  5,  Januar  190 U  \ 

falls  es  noch  zu  sehr  an  empirischen  Daten  fehlt,  vorzubereiten.   : 
Mit  dem  Worte  „spontan"  soll    angedeutet  werden,    dass  eine  4 
Ursache  dieser  Lufterschütterungen,   die  bald   als  blosses  Ge-  ^ 
rausch,    bald  auch   als  eigentliche  Klänge   und  sogar  unter 
der   Gestalt   musikalischer   Ton  folgen    auftreten,    zunächst 
nicht  erkennbar  ist,  und  eben  die  Aufsuchung  dieser  Ursachen 
erscheint  als  eine  Pflicht,  welcher  bisher  nur  in  sehr  beschränk- 
tem Masse  genügt  werden  konnte.     Wie  schon  bemerkt,  fehlt 
noch  viel,  dass  man  heute  schon  soweit  wäre,   die  gewünschte 
Abhilfe  vollständig  zu  erbringen,    und  ehe    eine  solche  erhofft 
werden  kann,  muss  eben  die  Analyse  der  Erfahrungsthatsachen 
weiter  fortgeschritten  sein,  als  dies  zur  Zeit  der  Fall  ist. 

Man  wird  sich  nicht  darüber  wundern  können,  dass  Vor- 
kommnisse dieser  Art,  namentlich  in  früherer  Zeit,  abenteuer- 
liche und  mystische  Deutung  gefunden  haben;  dass  aber  auch 
noch  viel  später  selbst  in  naturwissenschaftlichen  Kreisen  der 
Aberglaube  den  Weg  der  exakten  Forschung  kreuzte,  liesse 
sich  an  mancherlei  Belegen  nachweisen.*)  In  manchen  Fällen 
kommt  die  Tier-  und  Pflanzenwelt  bei  diesen  Tönen  als  mass- 
gebender Faktor  in  betracht;  die  hierher  gehörigen  Objekte 
sollen  uns  nicht  weiter  beschäftigen,  und  es  reicht  hin,  ihrer 
in  einer  Randnote *^)  Erwähnung  zu  thun.     Dass  der   in    einer 


*)  Ein  drastischer  Beleg  ist  beispielsweise  ein  von  grosser  Gelehr- 
samkeit zeugender  Aufsatz,  den  der  Mediziner  v.  Autenrieth  veröffent- 
lichte (Ueber  Stimmen  in  der  Höhe,  Morgenblatt  für  gebildete  Stände, 
1827,  Nr.  297—806),  der  für  solche  spontane  Töne  zwar  nicht  direkt,  aber 
doch  in  einiger  Umschreibung,  das  Hereinragen  höherer  Gewalten  in 
unser  Erdenleben  in  anspruch  nimmt. 

2)  Dahin  gehört  z.  B.  das  berüchtigte  Geschrei,  das  mehrere  Reisende 
zur  Nachtzeit  auf  der  Insel  Ceylon  gehört  haben  wollten,  und  das  nach 
J.  Davy  (An  Account  of  the  Interior  of  Ceylon,  London  1821)  thatsäch- 
lieh  von  einem  allerdings  seltenen  Vogel,  dem  „ülama"  (Teufel svogel) 
herrührt.  Einen  eigentümlich  musikalischen  Baum  hat  Schweinfurth 
(Im  Herzen  von  Afrika,  1.  Teil,  Leipzig-London  1874,  S.  105)  im  obersten 
Nilgebiete  angetroffen.  Die  Dornen  der  Flötenakazie  werden  durch  In- 
sektenstiche zu  unförmlichen,  zahlreiche  Oeffnungen  aufweisenden  Miss- 
gebilden aufgetrieben,  und  wenn  der  Wind  durch  diese  Löcher  dringt, 


S.  Oünther:  Akiistisch-Geoffraphiache  Probleme.  17 

falschen,  anthropomorphistischen  Auffassung  erzogene  Mensch 
▼ergangener  Jahrhunderte  aus  diffusen  Geräuschen  alles  mög- 
hche  und  unmögliche  herauslesen  zu  können  vermeinte,  darf 
uns  nicht  wunder  nehmen.  Wer  sich  mit  der  Geschichte  der 
Erd-  und  Naturkunde  im  Mittelalter  und  auch  noch  in  den 
folgenden  Jahrhunderten  abgegeben  hat,  wird  nicht  in  Ver- 
legenheit sein,  diese  Behauptung  durch  Beispiele  zu  stützen,*) 
und  auch    das  XIX.  Jahrhundert    ist   an    Rückfallen    in    eine 


n  «hält  der  in  der  Nähe  des  Baumes  Befindliche  den  Eindruck,  als  ob 
ni  jenem  Flötentöne  hervorkämen.  Und  wenn  viele  solche  Bäume  neben 
oonder  stehen,  so  erhebt  sich  ein  Flöten  und  Pfeifen,  wie  von  tausend 
ftimmen.  Dadurch,  dass  Schweinfurth  einen  „Schoffar^-Hain —  dies 
iit die  Benennung  von  Acacia  fistulosa  bei  den  Schilluk-Negem  — 
ii  der  Nähe  von  Kairo  anlegen  Hess,  ist  das  Studium  dieser  immerhin 
merkwürdigen  Schallerscheinung  wesentlich  erleichtert  worden. 

*)  Derjenige  Teil   der  damals  bekannten   Erde,    der  von   düsteren 
Sigen  und  Vorstellungen  besonders  heimgesucht  ward,  ist  ohne  Zweifel 
U»d.    Darauf   hatte   bereits    K.  v.  Maurer   (Zur  Volkskunde  Islands, 
ZeHichrifi;  des  Vereins  für  Volkskunde,  1891,  S.  42)  aufmerksam  gemacht, 
«od  neuerdings    hat    Thoroddsen    in    seinem    verdienstlichen  Werke 
(Geschichte  der  isländischen   Geographie,  deutsch   von  A.  Gebhardt, 
1.  Band,  Leipzig  1897)   die   einschlägigen,   für  uns  hier  besonders  wich- 
tigen Momente    zusammengestellt.     Von    den    im   Treibeise    heulenden 
Stimmen   der    verdammten   Seelen    weiss    schon   Saxo  Grammaticus, 
dtt  bekannte  dänische  Historiker  und  Geograph  des  XII.  Jahrhunderts, 
nenfthlen  (a.  a.  0.,  S.  61).    Hier  war  es  also  das  allerdings  schreckhafte 
Getöee  der  sich  an  einander  reibenden  Treibschollen,  welches  in  der  an- 
gegebenen Weise   umgedeutet   wurde,    aber  auch   die  Stimmen   der  im 
Fegefener  Schmachtenden  glaubte  man  in  dem  Brüllen  der  isländischen 
Vulkane   zu    vernehmen    (K.  v.  Maurer,    Die   Hölle    auf   Island,    Zeit- 
idirift  etc.,  1894,  S.  25G  ff.)   zu  vernehmen.     Die   deutschen  Beschreiber 
Jftkob  Ziegler  und  Sebastian  Münster  nahmen  dergleichen  bereit- 
wilJig  hin.     Sogar   noch    gegen    Ende    des    XVI.  Jahrhunderts    ist   der 
^ttenberger  Mathematiker  Peucer  von  den  ,. schluchzenden**  Stimmen 
fibeneeagt,  die  aus  der  Tiefe  des  Hekla-Kraters  kommen  (Thoroddsen, 
S.  142);  ja  künftige  Kriege  sollen  sich  sogar  durch  den  Lärm  im  Inneren 
jenes  Feuerberges  voraus  ankündigen.    Es  dauerte  bis  tief  ins  XVII.  Jahr- 
hnndert  hinein,   ehe  Island  seiner  Eigenschaft  als  klassisches  Land  geo- 
graphischer Fabuliererei,    hauptsächlich    dank   den    Bestrebungen   höher 
gebildeter  Volksgenossen,  ganz  entkleidet  wurde. 

1901.  Sitsungsb.  d.  iiukth.-phy8.  Gl.  2 


18  Sitzung  der  math.-phys,  Glosse  vom  5,  Januar  1901. 

solche  Denkweise  nicht  arm.^)  Wir  werden  noch  zum  öfteren 
Veranlassung  haben,  darauf  hinzuweisen,  dass  auf  diesem,  wie 
auf  manchem  anderen  Gebiete  die  objektive  Betrachtung  der 
Dinge  erst  ganz  allmählich  zu  ihrem  Rechte  gelangt  ist. 

Prüft  man  die  einzelnen  Vorkommnisse,  wie  sie  uns  be- 
schrieben werden,  genauer,  so  gewinnt  man  die  Ueberzeugung, 
dass  sich  dieselben  wesentlich  in  drei  Gruppen  sondern  lassen. 
An  der  Spitze  stehen  diejenigen  Geräusche  und  Klänge,  welche 
bei  der  Bewegung  lockerer  Gesteinsfragmente  entweder  un- 
mittelbar entstehen  oder  doch  mit  solchen  in  ursächliche  Ver- 
bindung gebracht  werden  können.  Der  tönende  Sand,  um 
die  übliche  Bezeichnung  zu  gebrauchen,  hat  schon  wiederholt 
zu  Erörterungen  Anlass  gegeben,  während  freilich  eine  zu- 
sammenfassende Behandlung  dessen,  was  man  von  der  Sache 
weiss,  noch  vermisst  wird.  Weiterhin  haben  eigentümliche 
Töne  und  Tonverbindungen  an  die  Reihe  zu  kommen,  welche 
man  ausschliesslich  im  Bereiche  einzelner  Oertlichkeiten 
von  genauer  geographischer  Abgrenzung  zu  hören  Ge- 
legenheit hat,  deren  auslösender  Grund  mithin  notwendig  in 
lokalen  oder  doch  regionalen  Verhältnissen  gesucht  werden 
muss,  welche  es  bestimmten  physikalischen  Gesetzen  ermög- 
lichen, sich  in  einer  sonst  minder  leicht  zu  beobachtenden 
Weise  zu  bethätigen.  Zum  dritten  endlich  sind  die  abrupten 
Lufterschütterungen  namhaft  zu  machen,  welche  für  ge- 
wisse Gegenden  und  Landstriche  charakteristisch  zu  sein  scheinen 
und,  je  nachdem,  unter  den  verschiedenartigsten  Namen  in  der 
Wissenschaft  bekannt  geworden  sind,  worüber,  wie  gleich  hier 


')  Einer  sehr  drastischen  Thatsache  gedenkt  v.  Autenrieth  am 
bezeichneten  Orte.  Der  kühne  Robbenschläger  J.  Weddell,  der  im 
Jahre  1823  die  höchste  südliche  Breite  für  sehr  lange  Zeit  erreicht  hatte 
(Fricker,  Antarktis,  Berlin  1898,  S.43),  schilderte  die  Südlichen  Shetland- 
Inseln  als  von  monströsen  Zwittergebilden  bewohnt  und  wollte  dort  die 
sonderbarsten  Laut(»  gehört  haben.  Bekanntlich  sind  ähnliche  Behaup- 
tungen auch  kürzlich  witMler  aus  dem  hohen  Norden  zu  uns  gedrungen, 
und  auch  bei  anderen  Polarfahrern  lilsst  sich  eine  gewisse  Neigung,  in 
der  Plinaamkoit   JMiiintaHien  uachznlebon,  nicht  verkennen. 


8,  Crünther:  Akustisch-Geographische  Probleme.  1$ 

hervorgehoben  werden  möge,  eine  Abhandlung  von  L.  Weber ^) 
die  beste  Auskunft,  die  sich  überhaupt  vorläufig  geben  lässt, 
erteilt.  Dieser  unserer  Klassifikation  gemäss  zerfällt  auch  die 
vorliegende  Studie  ganz  von  selbst  in  drei  getrennnte  Ab- 
teilungen.*) 

I.   Der  tönende  Sand. 

Wer  über  Sand  wegschreitet,  vernimmt  sehr  leicht  ein 
knirschendes  Geräusch.  Dass  dessen  Ursache  in  der  Reibung 
der  Gesteinspartikeln  liegt,  steht  ausser  Zweifel,  und  wenn  es 
also  auf  solche  Weise  zur  Bildung  eines  wirklichen  Tones 
kommt,  so  gehört  derselbe  unzweifelhaft  in  die  Klasse  der  so- 
genannten Reibungstöne,  wie  sie  von  Strouhal  eingehen- 
derer Untersuchung  unterworfen  worden  sind,^)  mag  auch  die 
Art  und  Weise,  wie  dieser  Physiker  die  Reibung  wirken  Hess, 
von  der  uns  hier  interessierenden  noch  so  sehr  verschieden  sein. 
Mit  Melde*)  werden  wir  zunächst  besser  von  Reibungs- 
geräuschen sprechen,  wie  sie  stets  auftreten,  wenn  die  Luft 
aus  einer  schmalen  OeflFnung  zu  entweichen  genötigt  ist.  Auf 
dem  Wege  der  Resonanz  kann  diese  wirre  Folge  rascher 
Luftimpulse  geregelt  werden,  so  wie  dies  Tyndall*)  mit  fol- 
genden Worten  ausspricht:  „Der  dünne  Luftstrom  brandet 
gegen  die  scharfe  Kante  der  Oberlippe  und  bringt  da  ein 
schwirrendes  Geräusch   hervor,   aus   welchem   gewisse  Impulse 


*)  Leonhard  Weber,  üeber  die  sogenannten  Miatpoeffera,  Schriften 
des  Naturwisaenschaftlichen  Vereines  für  Schleswig-Holstein,  11.  Band, 
S.  66  ff. 

^)  Der  Verf.  nimmt  die  Gelegenheit  wahr,  für  sachdienliche  Mit- 
teilungen den  Herren  Prof.  Dr.  S.  Rüge  in  Dresden,  Prof.  Dr.  0.  Lenz 
in  Prag  und  Dr.  H.  J.  Klein  in  Köln  seinen  verbindlichen  Dank  aus- 
zusprechen. 

')  V.  Strouhal,  üeber  eine  besondere  Art  der  Tonerregung,  An- 
nalen  der  Physik  und  Chemie  (2),  5.  Band,  S.  216  ff. 

*)  F.  Melde,  Akustik;  Fundamentalerscheinungen  und  Gesetze  ein- 
nich  tönender  Körper,  Leipzig  1883,  S.  250. 

*)  J.  Tjndall,  Der  Schall,  deutsch  von  H.  Helmholtz  und  G. 
Wiedemann,  Braunschweig  1869,  S.  229  ff. 

2* 


20  Sitzung  der  math.-phys,  Classe  vom  5.  Januar  1901, 

durch  die  Resonanz  der  Pfeife  verstärkt  und  in  einen  Ton  ver- 
wandelt werden/  Eine  Pfeife  im  gewöhnlichen  Sinne  ist  nun 
zwar  in  unserem  Falle  nicht  vorhanden,  wohl  aber  eine  Viel- 
zahl von  Pfeifen  winzigster  Dimensionen.  Stellen  wir  uns 
nämlich  eine  Sandfläche  vor,  wie  sie  uns  etwa  in  Dünen-  und 
Wüstengebieten  entgegentritt,  so  erscheint  dieselbe  als  ein 
Aggregat  kleiner  Körperchen  von  wesentlich  gleicher  Grösse 
und  BeschaflFenheit,  die  sich  nur  locker  berühren,  so  dass  überall 
Luft  zwischen  ihnen  eingeschlossen  ist.  Der  Tritt  des  Wan- 
derers nähert  diese  festen  Teilchen  einander,  und  die  Luft 
zwischen  ihnen  wird  komprimiert  und  strömt  aus  zahllosen 
Oejöfnungen  mit  relativ  grosser  Geschwindigkeit  aus.  Bei 
schneller  Bewegung  auf  angenähert  ebenem  Boden  ändert  der 
den  Luftaustritt  bewirkende  Anstoss  unausgesetzt  seinen  Platz, 
und  so  ist  kein  Grund  zu  besonderer  Verstärkung  der  Schrill- 
töne gegeben,  wie  sie  andererseits  platzgreifen  muss,  wenn  eine 
grössere  Partie  von  Sandkörnern  nicht  nur  vorübergehend,  son- 
dern dauernd  in  Bewegung  gesetzt  wird,  falls  etwa  eine  ge- 
neigte Fläche,  die  ein  leichtes  Abrutschen  der  Sandmasse  im 
Gefolge  hat,  begangen  wird.  Aus  der  Natur  der  Reibungstöne 
scheint  also  von  vornherein,  ohne  dass  auf  eigentliche  Erfahrung 
bezug  genommen  wird,  hervorzugehen,  dass  ein  lebhafteres 
Tönen  des  Sandes  nur  unter  gewissen  Bedingungen  zu  er- 
warten ist,  während  unter  gewöhnlichen  Umständen  nur  leise 
Geräusche  das  Ohr  treffen,  die  sehr  häufig  so  wenig  intensiv 
sein  werden,  dass  sie  die  Aufmerksamkeit  kaum  zu  erregen 
vermögen.  Nicht  zu  verstehen  wäre  auch,  inwiefern  die  petro- 
graphische  Beschaffenheit  der  Felsmasse,  durch  deren 
Verwitterung  und  Zerfall  sich  der  Sand  gebildet  hat,  auf  dessen 
akustische  Eigenschaften  einen  Einfluss  ausüben  sollte.  Sehen 
wir  nun  zu,  wie  sich  mit  unseren  auf  rein  physikalischem 
Wege  gewonnenen  Leitsätzen  das  von  der  geographischen 
Litteratur  gelieferte  Material  verträgt.  Vor  allem  wird  sich 
zeigen,  dass  in  der  That  ausschliesslich  aus  Dünen-  und 
Wüstenländern  die  einschlägigen  Wahrnehmungen  stammen. 
Beginnen  wir  mit  den  ersteren.    Wer  jemals  einen  Dünen- 


S,  Crünther:  Akustisch- Geographische  Probleme,  21 

hügel  erstiegen,  wird  sich  erinnern,  dass  es  dabei,  wenn  der 
Fuss  in  die  lockere  Sandmasse  einsank,  niemals  ganz  ohne 
akustische  Begleiterscheinungen  abging.  Ausnahmsweise  ver- 
stärken sich  dieselben,  und  solche  Klangphänomene  haben  ge- 
legentlich von  sich  reden  gemacht. 

Als  in  den  siebziger  Jahren  L.  Meyn  mit  der  geologi- 
schen Aufnahme  der  Insel  Sylt  beschäftigt  war,  fesselte  ihn 
der  Anblick  der  stattlichen  üferhöhen,  als  deren  Baustoff  sich 
reiner  Kaolinsand  herausstellte.*)  Die  Aehnlichkeit  desselben 
mit  demjenigen,  der  ihm  früher  auf  Bornholm  zu  Gesichte 
gekommen  war,  fiel  ihm  auf;  geognostisch  sei  zunächst  zwischen 
diesen  beiden  Sauden  nicht  der  geringste  Unterschied  ausfindig 
zu  machen,  und  trotzdem  sei  der  Ursprung  ein  ganz  abweichen- 
der. Derjenige  auf  der  dänischen  Insel  sei  nämlich  der  Rest 
eines  zerstörten  jurassischen  Kohlengebirges.  Nur  das 
Gehör  lasse  anscheinend  die  Verschiedenheit  erkennen.  Nach 
Meyn*)  gibt  der  Jurasand  Bornholms,  zumal  bei  „schleifender** 
Bewegung  des  darüber  hinwandelnden  Fusses,  einen  eigentüm- 
lich schrillen  Ton  von  sich,  von  dem  auf  Sylt  nichts  bekannt 
sein  soll.  Welchen  sanguinischen  HoflFnungen  sich  dieser  ge- 
wiegte, mit  der  Feldarbeit  ausserordentlich  vertraute  Forscher 
hingab,  erhellt  daraus,  dass  er  den  knirschenden  Ton  zum 
Range  eines  leitenden  Prinzipes  bei  stratigraphischen  Unter- 
suchungen zu  erheben  geneigt  war.*)  „Ein  Charakter  dieser 
Art  und  von  so  grosser  Seltenheit  kann  unter  Umständen  ein 
ebenso  sicherer  Leitfaden  werden,  als  die  beste  Leitmuschel.** 
Vielleicht  käme  man  an  der  Hand  dieses  Hilfsmittels  sogar 
soweit,  jurassische  Kohlenlager  aufzuspüren.  Einigermassen 
stört  diese  Hoffe ungsseligkeit  die  Thatsache,  dass  man  auch 
an  der  pommerschen  Küste  bei  Kolberg  tönenden  Sand  bemerkt 
habe,  doch  hilft  über  den  möglichen  Einwand  die  weitere 
Hypothese   hinweg,    dass   wohl   das    in    Bornholm    anstehende 

^)  L.  Meyn,  Öeognostische  Beschreibung  der  Insel  Sylt  und  ihrer 
Umgebung,  Abhandlungen  zur  geologischen  Spezialkarte  Preussens  und 
der  thüringischen  Staaten,  1.  Band,   l.  Heft,  Berlin  187G. 

2)  Ebenda,  S.  30  (634)  ff. 


22  Sitzung  der  matK-phys,  Classe  vom  5,  Januar  1901. 

Küstengebirge  die  Ostsee   unterteufen   und  mit  Ausläufern  bis 
unter  den  gegenüberliegenden  Strand  reichen  möge. 

Diese  Andeutung  Meyns  erregte  einiges  Aufsehen,  obwohl 
sie  zunächst  von  anderer  Seite  nicht  bestätigt  wurde;  der  beste 
geographische  Kenner  der  Kolberger  Gegend  wenigstens,  P.  Leh- 
mann,  weiss  von  merkwürdigem  Sande  nichts  zu  berichten.*) 
Jedenfalls  bat  zu  Beginn  der  achtziger  Jahre  Baird  in 
Washington  die  preussische  Geologische  Landesanstalt  um  die 
Uebersendung  einer  Probe  „klingenden  Sandes  von  Kolberg*. 
Man  war  mithin  auch  anderwärts  auf  die  ganz  unzutreffende 
Vermutung  geführt  worden,  es  liege  da  eine  Spezialität  von 
Sand  vor,  während  es  sich  doch  nur  um  eine  Eigenschaft  aus- 
gedehnter Sandflächen  handeln  konnte.  Deshalb  hielt  es 
Berendt  für  angezeigt,  in  einer  eigenen  Veröffentlichung*)  die 
erforderliche  Aufklärung  zu  geben.  Er  selbst  hatte  bei  seinen 
Begehungen  der  deutschen  Ostseeküste  die  fraglichen  Töne 
mehrfach  wahrgenommen :  im  Samland,  auf  der  Kurischen  und 
auf  der  Fris(;hen  Nehrung,  bei  Rügenwaldermünde,  Heringsdorf 
und  auf  der  an  Mecklenburg  angrenzenden,  vorpommerschen 
IIan)inH(^l  Darss.  Nicht  immer  lasse  sich  das  oft  ziemlich 
kriirtijjfr,  „kreischende"  Geräusch  nach  freiem  Belieben  hervor- 
rufen; IViHcli  getrockneter  Sand  biete  dazu  die  günstigsten  Be- 
dingungen; vielleicht  wirke  ein  leichter  Salzüberzug  mit,  der 
uivhi  langem  hafte.  Jedenfalls  habe  die  Sache  keinen  eigent- 
lich g(M)g!i()stis(;luMi,  sondern  blos  einen  physikalischen  Unter- 
grund, und  von  Leitniorkmalen  im  Sinne  Meyns  könne  keine 
Itcdo  s(»in.  „Damit  aber  fällt  auch  die  Hoffnung,  in  diesem 
Klingen  des  Sand(»H  ein  spezielleres  Unterscheidungsmerkmal 
der  Sande,  eine  mit  einer  Leitniuschel  vergleichbare  Handhabe 
zur  Auffindung  dlonw  oder  jener  Formation  erhalten  zu  können*. 
Von  Berendt  wird  oflenhar  der  springende  Punkt,  auf  den  es 


*)  Paul  liehniHnn,  \h\H  KOHtenpobiet  Hinterpommerns ;  Wande- 
rungen und  Studion,  /(»ilurhrift  der  Hcso.llschaft  für  Erdkunde  zu  Berlin, 
19.  Band.  8.  882  ff. 

2)  Berendt,  Vohor  „klinKmidcMi"  Sand,  Zeitschrift  der  Deutschen 
Geologischen  Gesfillsrhafl,  85.  Hand,  S.  80)4  ff. 


S,  Günther:  Akustisch- Geographische  Probleme,  23 

ankommt,  richtig  betonte  An  und  für  sich  ist  jede  Sandan- 
sammlung dazu  geeignet,  Klangerscheinungen  durch  eine  schlei- 
fende, d.  h.  eine  relativ  grössere  Bodenparzelle  in  Mitleiden- 
schaft ziehende  Fussbewegung  auslösen  zu  lassen,  und  der 
Erklärung  ist  dann,  wenn  solche  Erscheinungen  ausbleiben, 
eigentlich  ein  viel  weiteres  Feld  eröffnet,  als  wenn  sie  sich  in 
der  zu  erwartenden  Weise  einstellen. 

Von  den  Dünen  weg  wenden  wir  uns  den  Wüsten  zu,  in 
deren  Bereiche  wir  auf  eine  reichere  Ausbeute  von  Beobachtungs- 
thatsachen  rechnen  dürfen.  Schon  einer  der  ersten  Europäer, 
die  in  der  Wüste  zu  reisen  gezwungen  waren,  der  Flamänder 
Ruysbroek,  weiss  von  sonderbarem,  trommelartigem  Getöse 
in  den  weiten  Sandebenen  Innerasiens  zu  erzählen,  und  ein 
gleiches  gilt  von  dem  Italiener  Marco  Polo,  der  auf  einer 
südlicher  gelegenen  Route  dem  gleichen  Ziele  im  fernen  Osten 
zustrebte.  Man  hat  wohl  diese  Nachrichten  rein  subjektiv 
gedeutet  und  in  ihnen  Ausgeburten  eines  durch  die  angreifende 
Monotonie  der  Wüstenfahrt  krankhaft  beeinflussten  Empfin- 
dungsvermögens erblickt,  wie  ja  wirklich  auch  moderne  For- 
schungsreisende sich  solchen  Einwirkungen  nicht  immer  zu 
entziehen  im  Stande  sind.^)  Paulmier,  dem  wir  eine  wert- 
volle Ausgabe  des  Polo'schen  Berichtes  verdanken,  spricht*) 
demzufolge  von  „Halluzinationen'*,  zitiert  aber  doch  auch  eine 
unzweifelhaft  reelle  Mitteilung  von  solchen,  der  Wüste  eigen- 
tümlichen Beeinflussungen  des  Gehörorganes.  Es  ist  ja  durch- 
aus nicht  zu  wundern,  dass  Menschen,  deren  Gemüt  ohnehin 
mysteriösen  Einflüsterungen  zugänglich  ist,  die  Töne,  die  sie 
vernehmen,  und  von  deren  Herkunft  sie  sich  keine  unmittelbare 
Rechenschaft  geben  können,  mit  einer  überirdischen  Welt  in 
Verbindung  bringen.  In  dem  erwähnten,  reichhaltigen  Aufsatze 
V.  Autenrieths  ist  auch,  mit  Bezugnahme  auf  Angaben  des 


^)  Man  vergleiche  z.  B.,  was  der  Botaniker  A.  v.  Bunge  über  seinen 
Ritt  durch  die  persische  Wüste  Lut  und  über  die  dort  erlebten  Sinnes- 
täuschungen meldet  (Die  russische  Expedition  nach  Chorassan  in  den 
Jahren  1858  und  1859,  Petermanns  Geogr.  Mitteilungen,  1860,  S.  223). 

2)  Paulmier,  Le  livre  de  Marco  Polo,  1.  Band,  Paris  1865,  S.  150. 


24  Sitzung  der  math^-pity«.  Classe  vom  5.  Janmar  1901. 

bekannteü  Erforschers  Persiens,  J.  Morier,  der  Fabelwesoi 
g<^dacht,  mit  denen  —  Ghohols,  Dschins  —  das  persische 
Volk  die  weiten  Sand-  und  Salzwösten  seines  Reiches  beTölkert 
hat.  grosw:fnteils  auch  unter  dem  Zwange  unverstandener  Sinnes- 
eindrücke. Genaue,  von  zuverlässigen  Berichterstattern  stam- 
mende und  teilweise  auch  kontrollierbare  Nachrichten  über 
ScLallphänomene  im  Wüstensande  liegen  Yon  drei  überaus 
distanten  Orten  vor,  nämlich  aus  Afghanistan,  aus  der 
westlichen  Sahara  und  vom  Ufer  des  Roten  Meeres. 
Fürs  erste  sollen  der  erste  und  dritte  Fall  besprochen  werden, 
während  der  zweite,  über  den  man  weitaus  am  besten  unter- 
richtet ist.  zuletzt  an  die  Reihe  zu  kommen  hat.  Die  einzige 
sonst  noch  anzuführende  Erwähnung  des  klingenden  Sandes 
rührt  her  von  den  Sandwich-Inseln  und  findet  sich  in  einer 
Abhandlung  von  Meinicke.^) 

Gegen  Ende  der  dreissiger  Jahre  durchzog  J.  Wood  den 
Hindukusoh  auf  einem  seitdem  von  Europäern  nur  sehr  wenig 
betretenen  Wege.  Als  er  die  Gebirgslandschaft  Eofa-Daman 
erreicht  hatte,  irfuhr  er  von  den  Eingeborenen,  dass  hier  eine 
Morkwürdijrkeit  gezeigt  werde*):  es  sei  dies  Reig-Rawan, 
tlor  bewegte  und  dixhvi  tönende  Sand.  Die  Klänge,  die  man 
dort  \\ö\\\  so'wu  sehnoklieh  und  geisterhaft.  Solche  Schilde- 
rungen rri/ti'U  dt'U  Keisenden,  sich  den  Ort  genauer  anzusehen: 
vr  begab  sich  daliin  in  ziemlich  skeptischer  Stimmung,  fand 
aber  die  Hinge  im  grossen  und  ganzen  so.  wie  man  sie  ihm 
beschrit*hen  hatte.  Die  Neigung  des  mit  lockerem  Sande  be- 
di'i'ktt'u  II iigels  betrug  nngotahr  4tV:  derselbe  war  der  Sonnen- 
bestrahlung  ausiTeset/t.    so  dass    an  der  Oberfläche  eine  Tem- 

^^  MiMiu.  Kr  (PiM  i;olMVi:sl«;iu  *ur  iin:pv*'  Hriwaü.  Petermanns 
iMVi;v.  Muttihnii^iM».  IS;  I,  S  .MO^  spricht  \oii  .itiv.  IVrizlaiide  von  Napali 
und  ir\\i»hi\t  «liM  .I.Mlni.u  ^;n\«J»lüniMi  vNi^hili  .^/r  Ir.sjifirirr'.  auf  denen 
durch  tJ;»>  UiM;4iM,>ll.'u  \,tu  Sin^»lkt^u)orr.  ein  tiirer.iirvii:':'«.  oft  donner- 
artiiii^s  iM^tt^si'  ov.««ni:(  x\im,Ii«      \  ^!    \uvv\\  0:u\u  U.  iVir..:.  S.  671  flF. 

•)  .K  Wo.^a.  IVi>,viu»l  \;nintt\c  of  rt  .K-.v.r.tv  ::  :Lr  <:iirce  of  the 
River  Oxu>.  b>  !\io  Koui»»  ot  iho  ln«iu>.  K:r.'4.".  ;ir./.  Rs»:iX>i:äii,  London 
1841,  S.  ISO  ff. 


S.  Günther:  Akustisch-Geographische  Probleme,  25 

peratur  von  39^/a®,  etwa  zehn  Zoll  tiefer  immer  noch  eine 
solche  von  fast  24®  herrschte.  Wie  bei  solchen  Gelegenheiten 
immer,  begaben  sich  sechs  Männer  auf  den  Gipfel  der  Anhöhe, 
um  mit  kräftiger  Bewegung  („the  party  above  came  trampling 
down**)  beim  Herabgehen  den  Sand  durcheinanderzubringen.  Der 
Zweck,  einen  grossen  Lärm  hervorzubringen,  wurde  allerdings, 
ungeachtet  man  den  Versuch  mehrmals  wiederholte,  nicht  er- 
reicht, aber  ein  Ton  liess  sich  immerhin  vernehmen,  gleichend 
dem  einer  weit  entfernten  Trommel,  gemässigt  durch 
eine  sanftere  Musik.  Wir  werden  uns  überzeugen,  dass 
dieser  Tontypus  auch  anderwärts  zur  Geltung  kommt.  Wood 
möchte  das  „Wunder"  des  Reig-Rawan  mit  der  bekannten 
Schallverstärkung  in  einer  sogenannten  Flüstergallerie  in  Ver- 
bindung bringen,  und  insofern  hat  er  darin  recht,  als  auch  in 
einer  derartigen  Gallerie  eine  Summation  ungemein  vieler,  an 
und  für  sich  überaus  schwacher  Einzelklänge  zu  einem  sehr 
lauten  Gesamtklange  bewirkt  wird.  Massgebend  ist  aber  da 
die  Vereinigung  zurückgeworfener  Schallstrahlen  in  einem  Brenn- 
punkte, und  insofern  steht  die  Analogie  zwischen  beiden  Ge- 
schehnissen doch  nur  auf  sehr  schwachen  Füssen. 

Die  afrikanische  Wüste  ist  schon  oft  zum  Gegenstande 
monographischer  Darstellung  gemacht  worden,  aber  nur  einmal 
begegnet  uns  die  Akustik  des  Sandes.  K.  A.  v.  Zittel, 
Schirmer,  J.  Walt  her,  um  nur  einige  der  bekanntesten 
Autoren  namhaft  zu  machen,  lassen  diesen  Gegenstand  unbe- 
sprochen.  Dagegen  war  0.  Lenz  in  der  Lage,  Erfahrungen  da- 
rüber zu  sammeln,  wie  sich  dies  am  besten  aus  seinen  eigenen 
Worten^)  ergibt.  „Inmitten  der  Einöde  hört  man  plötzlich, 
aus  dem  Inneren  eines  Sandberges  herauskommend,  einen  langen 
dumpfen  Ton,  wie  von  einer  Trompete,  der  einige  Sekunden 
anhält,  dann  aufhört,  um  nach  kurzer  Zeit  aus  einer  anderen 
Gegend  wieder  zu  ertönen.  Es  macht  dies  in  der  totenstillen, 
menschenleeren  Wüste  einen  unheimlichen  Eindruck.  Es  muss 
hier  gleich  bemerkt  werden,  dass  es  sich  durchaus  nicht  etwa 


»)  0.  Lenz,  Timbuktu,  2.  Band,  Leipzig  1892,  S.  53  ff. 


2()  Sitguny  der  wathrphys,  Glosse  vom  5,  Januar  1901, 

um  (nne  akustische  Tiinschung,  wie  man  etwa  auch  optischen 
TilUHcliungen  unterworfen  ist,  handelt;  nicht  nur  ich,  sondern 
aUo  meine  Leute  hörten  diese  dumpfen  Töne,  und  der  Führer 
Mohammed  hatte  uns  schon  am  Tage  vorher  auf  dieses 
l*hilnomen  aufmerksam  gemacht*.  Lenz  bringt,  anderer  Natur- 
stimmen nur  im  Vorbeigehen  gedenkend,  dieses  Tönen  der 
Sandhügel  in  engen  Kausalzusammenhang  mit  der  analogen 
Tonbildung  auf  der  Sinaihalbinsel,  deren  Kennzeichnung  wir 
uns  für  die  dritte  Stelle  vorbehalten  hatten,  und  wir  halten 
dafür,  dass  er  sich  dabei  im  vollen  Rechte  befindet.  Wir  wer- 
den auf  die  Einzelheiten  seines  Erklärungsversuches  nochmals 
zurückkommen,  wenn  wir  zuvor  das  Verhalten  des  sinaitischen 
Glockenberges,  der  nicht  mehr  isoliert,  sondern  als  Zielpunkt 
zahlreicher  schriftstellerischer  Aeusserungen  dasteht,  näher 
kennen  gelernt  haben. 

Diesen  Namen  —  Djebel  Nakus  —  führt  eine  litorale 
Erhöhung  am  Golf  von  Suez,  nach  RüppelP)  etwa  3^/a  Stunden 
nordwestlich  von  dem  bekannten  Küstenplatze  Tor  gelegen, 
deshalb,  weil  das  arabische  Märchen  dorthin  die  Stätte  eines 
versunkenen  Klosters  verlegt,  dessen  Glocke  sich  noch  ab  und 
zu  vernehmen  l?isse.  Der  erste  Europäer,  der  das  allgemeine 
InteresH(!  auf  diese  merkwürdige  Erdstelle  lenkte,  war  der  be- 
kannte Orientreisende  Seetzen,  der  Studienfreund  A.  v.  Hum- 
boldts von  Göttingen  her.*)  Als  er  mit  seinen  Leuten  den 
Berg  bestieg,  v(!malmi  er')  zuerst  ein  leises,  säuselndes  Geräusch, 
welchfjs  nicht  aus  (lern  inneren  Preisen  selbst,  sondern  von  dem 
di(;s(!n  bedeck^-nden,  lock(;ren  Quarzsande  kam  und  nach  und 
nacli  (l(!!n  Tönr-n  chwH  Brummkreisels  ähnlich  ward,  schliesslich 
aber    in    ein    Niarkrvs  Drcihnen    überging.     Bios  die  Bewegung, 

*)  K.  IMi  I»  I»  »•  1 1 ,  Uom*i\  imrh  Ntibion,  Kordorfan  und  dem  petraeischen 
Amh'iv.u,  Knmkfiiri  a.  M.   1H29,  M.  200  If.  («Der  tönende  Berg  Nakus*). 

')  K.  linilniH,  AloxiiiiflMr  v.  Humboldt;  eine  wissenschaftliche 
HioKniphii',   I.  Mund,  hoip/if^  1872,  H.  B9. 

")  In  «nifMMii  lli'iHMworkn  (Mf-rlin  1854,  ed.  Kruse)  gedenkt  Seetzen 
diir  Hiirh«  mmIiI  ;  v^l,  dM^i'gcn  d'M»  Noiiz  Monatl.  Korrespondenz  zur  Be- 
f^')r^U'nn\^^  iUm    KmI    iitid   Ilirninplskundp.  2(».  Band,  S.  895  ff. 


S.  Oünther:  Akustisch-Geographische  Probleme.  27 

nicht  aber  der  Wind  schien  ihm  dabei  mitzuwirken,  und  zumal 
durch  absichtliches  Herabrutschen  von  der  steilen  Höhe  brachte 
er  ein  immer  stärkeres  Wogen  des  zuerst  unerheblichen  Klanges 
zuwege.  Die  starke  Lufterschütterung,  welche  eintritt,  wenn 
eine  Klangscheibe,  ein  Gong,  mit  einem  Schlägel  bearbeitet 
wird,  hat  eine  sehr  grosse  Aehnlichkeit  mit  dem  musikalischen 
Rauschen  des  Sandes,  und  da  solche  Instrumente  in  den  Könobien 
des  Ostens  viel  gebraucht  werden,  so  hatte  man  auch  den 
Schlüssel  zur  Erklärung  der  Volkssage.  Es  spricht  sehr  zu 
gunsten  Seetzens,  dass  er  gleich  anfangs  die  nüchterne,  in 
der  Hauptsache  zutreflPende  Interpretation  des  Vorganges  gab. 
Das  Rutschen  des  Sandes  erzeugt  Luftwellen,  deren 
Amplitude  anfänglich  sehr  klein  ist  und  stetig  grösser 
wird. 

Seetzens  Eröffnung  machte  viel  von  sich  reden,  zumal 
da  sie  bald  nachher  auch  von  anderen  Reisenden  bestätigt  ward. 
Eine  Notiz  in  einer  geachteten  französischen  Zeitschrift,  die 
übrigens  auf  die  näheren  Umstände  nicht  eingeht,  sprach  den 
Glockenberg  sogar  für  eine  Weltmerkwürdigkeit  an.*)  Auch 
Arago  widmete  dem  „unterirdischen  Geräusch  zu  Nakus**  eine 
Betrachtung,  die  aber  den  Kern  der  Sache  nicht  trifft.*)    Wirk- 


*)  Sur  les  bruits  souterrains  qu'on  entend  k  Nakous,  Annales  de 
Chimie  et  de  Phjsique  (1),  33.  Band,  S.  439  ff.  ^11  y  a  pres  de  Tor  une 
montagne  qui  sous  le  rapport  des  circonstances  physiques  est  peut-etre 
une  des  plus  remarquables  non  seulement  h  l'Arabie  Petree,  mais  du 
monde  entier*. 

*)  Für  den  Bericht  Aragos  war  ebenso,  wie  für  denjenigen 
Brewsters  (Edinburgh  Journal  of  Science,  7.  Band,  S.  51)  die  Erzählung 
eines  Engländers  Gray  bestimmend  gewesen,  der,  offenbar  voreingenom- 
men, den  ganzen  Hergang  durch  eine  trübe  Brille  betrachtet  und  an  die 
Mitwirkung  vulkanischer  Kräfte  appelliert  hatte.  Seiner  Ansicht  nach 
sollte  der  Lärm  die  primäre,  das  Abrutschen  des  Sandes  die  sekundäre 
Erscheinung  sein.  Daher  kommt  auch  die  unzutreffende  Bezeichnung 
des  Geräusches  als  eines  „unterirdischen",  was  es  in  keiner  Weise  ist. 
Aus  diesem  Grunde  stellt  auch  Arago  den  Glockenberg  in  Parallele  zu 
anderen  Erdgegenden,  die  mit  ihm  nicht  das  mindeste  zu  thun  haben, 
zu  deren  Besprechung  vielmehr  erst  in  der  zweiten  und  dritten  Abteilung 
dieser  Abhandlung  Anlass  gegeben  ist.    Vgl.  F.  Aragos  Sämtliche  Werke, 


li^  Sitzung  der  wath.-phys.  Classe  vom  5,  Januar  1901, 

lieh  wertvolle  Ermittlungen  verdanken  vrir,   nächst   und   nach 
Seetzen,  einzig  Rüppell,  Ehrenberg  und  Palmer. 

Von  Rüppells  Ortsstudie  hatten  wir  schon  zu  sprechen; 
sie  ist  besonders  deshalb  von  Wert  für  uns,  weil  sie  uns  ein 
gutes  Bild  von  den  Terrainverhältnissen  liefert.  Der  Glocken- 
berg ist  eigentlich  ein  Sandsteinplateau  von  namhafter  Höhe, 
welches  oben  in  eine  Flugsandebene  übergeht.  Statt  steil  ab- 
zufallen, zeigt  sich  die  Uferhöhe  durch  eine  „Felshohle*,  wie 
sich  Rüppell  ausdrückt,  aufgeschlossen;  dies  ist  ein  schräg 
vom  Meere  aus  ansteigender  Einschnitt,  dessen  Böschungswinkel 
auf  nahe  an  50^  geschätzt  wird.  Nicht  blos  die  Decke,  son- 
dern auch  der  ganze  Untergrund  besteht  aus  feinem  Sande, 
so  dass  jeder  Fusstritt  das  labile  Gleichgewicht  stört.  Man 
kann  nach  Willkür  die  ganze  Masse  zum  Rollen,  und  damit 
zugleich  zum  Tönen,  bringen,  und  auch  ein  Windstoss  kann 
diesen  Effekt  erzielen.  Dass  die  Reflexion  des  einmal  erregten 
Schalles  von  den  Wänden  des  Hohlraumes  eine  verstärkende 
Wirkung  ausübt,  wird  man  Rüppell  unbedingt  zugeben. 

Ehrenbergs  an  Ort  und  Stelle  gemachte  Beobachtungen 
wurden  nahe  gleichzeitig  mit  denjenigen  seines  Landsmannes 
in  Deutschland  bekannt,*)  machten  aber  weit  mehr  von  sich 
reden.  Dass  die  Bewegung  des  in  der  Hohlkehle  aufsteigenden 
Wanderers  die  massgebende  Ursache  sei,  wird  unumwunden 
anerkannt.  Neu  ist,  dass  die  Intensität  des  Tones  als  eine  so 
beträchtliche  geschildert  wird.  „Mit  einem  leisen  Rauschen 
anfangend,  ging  das  Geräusch  allmählich  in  ein  Murmeln, 
Summen   und    zuletzt   in    ein  Dröhnen   von    solcher  Heftigkeit 

deutsch  von  W.  (;.  Hankcl,  15.  Hand,  Leipzig  1860,  S.  572.  Der  Heraus- 
gebor Hanke  1.  woloher  die  Mitteilungen  der  deutschen  Berichterstatter 
kannte,  boriohtigt  den  Irrtum  des  französischen  Physikers  in  einer  Rand- 
note und  konstatiert:  ^Das  Cieriiusch  entsteht  nur  durch  das  Herabrollen 
des  SandcH*. 

^)  Ehrenberg,  lieber  das  eigentümliche  Getöse  zu  Nakuhs  am 
Berge  Sinai,  Ann.  d.  Phys.  u.  Chem.,  16.  Band,  S.  312  ff.;  Schriften  der 
Berliner  Gesellschaft  Naturforschender  Freunde,  1829,  S.  393 ff.;  Laue, 
C.  G.  Khrenberg,  ein  Vertreter  deutscher  Naturforschung  im  XIX.  Jahr- 
hundert, Berlin  1895,  S.  08. 


S.  Günther:  Akustisch-Geographische  Probleme.  29 

über,  dass  man  es  mit  einem  fernen  Kanonendonner  hätte  ver- 
gleichen können,  wenn  es  nicht  anhaltender  und  gleichförmiger 
gewesen  wäre**.  Ehrenberg  bemerkte  auch,  dass  das  lang- 
same Erlöschen  des  Getöses  mit  der  Beruhigung  der  aufge- 
rührten Sandlagen  zeitlich  Hand  in  Hand  geht.  Auch  wies  er, 
dem  eine  ganze  Reihe  spontaner  Schallerscheinungen  bekannt 
war,  jeden  Zusammenhang  derselben  mit  dem  Djebel  Nakus 
zurück  und  liess  einzig  und  allein  die  Rutschbewegung  des 
Sandes  als  Tonquelle  zu. 

Der  englische  Archaeologe  Palm  er,  der  sich  übrigens  in 
dem  diesem  Phänomene  gewidmeten  Abschnitte  seines  Reise- 
werkes ^)  auch  in  naturwissenschaftlichen  Dingen  gut  beschlagen 
zeigt,  charakterisiert  die  Art  des  Tönens  ganz  ebenso,  wie  dies 
ziemlich  viel  früher  Ehrenberg  that.  Je  höher  man  das 
amphitheatralische  Thal  hinaufkam,  umso  mehr  verstärkte  sich 
der  Schall,  und  ebenso  waren  die  dröhnenden  Klänge  desto 
kräftiger,  je  weniger  bereits  die  Ruhe  der  lockeren  Sandmassen 
gestört  war.  Es  ist,  so  hebt  Palmer  hervor,  eine  rein  ört- 
liche Erscheinung  und  hängt  zugleich  von  der  Reibung  und 
von  der  Erwärmung  ab.  Die  präzise  Betonung  dieses  letz- 
teren Momentes  ist  neu,  indem  früher  nur  Wood,  wie  wir  uns 
erinnern,  auf  die  starke  Temperaturerhöhung  der  obersten 
Schichten  des  rutschenden  Sandes  hingewiesen  hatte.  Bei  einem 
Thermometerstande  von  etwas  über  16^  sei  die  Schallentwick- 
lung lange  keine  so  mächtige  gewesen,  als  bei  einem  Thermo- 
meterstande von  nahe  42^.  Auch  merkt  Palmer  an,  dass  die 
Feinheit  der  Sandkörner  einen  unterstützenden  Faktor  dar- 
stelle.*) Jedenfalls  steht  der  Bericht  dieses  englischen  Reisen- 
den, obwohl  derselbe  nicht  in  erster  Linie  von  naturwissen- 
schaftlichen Interessen  geleitet  war,  in  bezug  auf  Genauigkeit 


M  E.  H.  Palm  er,  The  Desert  of  the  Exodus,  1.  Teil,  Cambridge 
1871,  S.  217  ff. 

*)  Einige  benachbarte  Sandhügel  blieben,  während  der  Glockfenberg 
erdröhnte,  völlig  neutral,  allein  sie  bestanden  aus  gröberen  Kömern  und 
besassen  —  hierauf  wird  gleich  nachher  zurückzukommen  sein  —  sämt- 
lich einen  kleineren  Böschungswinkel. 


30  Sitzung  der  mathrphys,  Classe  vom  5.  Jantiar  1901, 

und  allseitige  Würdigung  aller  beeinflussenden  Umstände  obenan. 
Auch  dadurch  bekundet  Palm  er  seine  Objektivität,  dass  er 
nicht  versucht,  ein  Schallphänomen,  das  nicht  weit  vom 
Glockenberge  seinen  Sitz  hat,  auf  die  gleiche  Ursache  zurück- 
zuführen.^) 

Eine  gewisse  Schwierigkeit  für  den  Erklärer  bietet  nun 
aber  die  neuerdings  hervortretende  Thatsache,  dass  der  Djebel 
Nakus   mit   der  Zeit   entschieden  schweigsamer*)   geworden 


')  Auch  auf  dem  Sinai  selbst  hört  man  bisweilen  dumpfe  Töne,  die 
den  Arabern  umso  mehr  Stoff  zu  superstitiöser  Deutung  geben,  als  der 
von  Gott  angeblich  mit  eigener  Hand  gespaltene  Berg  (Eazwinis 
Kosmographie,  deutsch  von  Ethe,  1.  Halbband,  Leipzig  1868,  S.  863) 
vom  Volke  mit  banger  Scheu  betrachtet  wird.  Wir  lesen  bei  Palmer 
(S.  251)  über  diese  Lufterschütterungen:  „They  are  in  all  probability 
caused  by  large  masses  of  rocks  becoming  detached  by  the  action  of 
frost  and  roUing  wight  a  mighty  crass  over  the  precipice  into  the  valley 
below".  Zweifellos  wird  hier  angespielt  auf  ein  der  Wüste  eigentüm- 
liches Vorkommnis,  nämlich  auf  die  als  eine  natürliche  Folge  des  jähen 
Wechsels  von  Tageshitze  und  nächtlicher  Kühle  sich  häufig  vollziehende 
Abtrennung  von  Gesteinsstücken,  die  mit  jähem  Krachen  abspringen. 
Es  liegen  hierüber  unwidersprechliche  Zeugnisse  von  J.  G.  Wetzstein 
(Reiseberichte  über  Hauran  und  die  Trachonen,  Berlin  1860,  S.  20)  und 
0.  Fraas  (Aus  dem  Orient,  Stuttgart  1878,  1.  Teil,  S.  38  ff.,  2.  Teil, 
S.  110)  vor,  wie  nicht  minder  von  dem  berühmten  Afrikaforscher 
Livingstone. 

^)  Gegen  Ende  der  siebziger  Jahre  befand  sich  Th.  Löbbecke  am 
Golfe  von  Suez.  Der  kurze  Bericht,  den  er  von  seinem  Besuche  des 
Glockenberges  abstattet  (Sitzungsberichte  der  Niederrheinischen  Gesell- 
schaft für  Natur-  und  Heilkunde  in  Bonn,  1880,  S.  82  ff.),  und  der  von 
keiner  besonderen  Vertrautheit  mit  früheren  Mitteilungen  über  den 
tönenden  Sand  zeugt,  gewinnt  dadurch  an  Bedeutung,  dass  es  dem  Er- 
zähler nicht  gelang,  die  Masse  in  Bewegung  zu  bringen  und  damit  die 
Töne  zu  erzeugen.  Erst  der  Abendwind  verhalf  ihm  dazu,  „einen  eigen- 
tümlich vibrierenden**  Ton  zu  vernehmen,  den  auch  er  mit  dem  Er- 
klingen eines  Gongs  vergleicht.  Jedenfalls  also  war  jetzt,  etwa  zehn 
Jahre  nach  Palm  er  s  Anwesenheit  an  Ort  und  Stelle,  die  Sandmasse 
weniger  leicht  zum  Tönen  zu  erregen.  In  den  neunziger  Jahren  endlich 
bestieg  Hen-  Professor  Dr.  Rothpletz  den  Uferhang,  ohne  überhaupt 
irgendwelcher  Klangerscheinung  inue  zu  werden;  auch  in  der  Tagespresse 
stösst  man  nicht  mehr  auf  Angaben  dieser  Art. 


S.  GiAnther:  ÄJcustisch- Geographische  Probleme,  31 

ist.  Zunächst  scheint  eine  Naturerscheinung  mit  dem  Orte,  an 
dem  sie  zu  wiederholten  Malen  beobachtet  worden  war,  un- 
trennbar verwachsen  zu  sein;  freilich  weiss  man  von  den  Echos, 
dass  ganz  geringe  Umgestaltungen  der  reflektierenden  Wände 
diesen  Widerhall  abgeschwächt  oder  ganz  vernichtet  haben, ^) 
und  so  darf  man  von  vornherein  auf  eine  geminderte  Stabilität 
akustischer  Erscheinungen  gefasst  sein.  Und  im  vorliegenden 
Falle  liegt  eine  einfache  Hypothese  nahe  genug,  durch  deren 
Anwendung  man  sich  von  einer  fortschreitenden  akustischen 
Trägheit  des  Sandes  Rechenschaft  zu  geben  vermag.  Die  Töne 
werden  immer  matter  werden,  je  mehr  sich  das  Profil 
der  Sandanhäufung  seiner  natürlichen  Gleichgewichts- 
lage nähert. 

Durch  das  Studium  der  Profile  von  Stratovulkanen, 
welche  sich  je  gleichfalls  zum  grossen  Teile  aus  losem  Materiale 
aufbauen,  ist  man  mit  der  Kurve  bekannt  geworden,  welche 
die  Oberfläche  einer  Sand-  oder  Schuttanhäufung  bestimmt, 
wenn  diese  im  stabilen  Gleichgewichtszustande  verharren  soll. 
Nach  J.  Milne*)  wäre  dies  eine  sogenannte  logarithmische 
Linie;  indessen  ist  in  dieser  Bestimmung,  wie  aus  den  um- 
fänglichen Versuchen  von  Loewe^)  erhellt,  nur  eine  Annähe- 
rung an  die  Wahrheit  zu  erblicken,  indem  man  nicht  einen 
konstanten,  sondern  thatsächlich  einen  vom  Böschungswinkel 
selbst  bis  zu  einem  gewissen  Grade  abhängigen  Reibungs- 
koeffizienten zu  Grunde  zu  legen  hat.  Auf  die  Form  der 
Gleichung  der  Profilkurve  kommt  es  hier  nicht  an;  vielmehr 
genügt  es,  festgestellt  zu  haben,  dass  eine  Anhäufung  unge- 
mein vieler,  gleich  grosser  Körperchen,  welche  ganz  den  Wir- 
kungen der  Schwerkraft,   Adhäsion   und  Reibung  unterworfen 


*)  Gehl  er 8    Physikalisches  Wörterbuch,    2.  Auflage,    besorgt   von 
Muncke,  3.  Band,  Leipzig  1827,  S.  96. 

2)  J.  Mi  Ine,   On   the  Form  of  Volcanos,  Geological  Magazine  (2), 

5.  Band,  S.  837  ff.;   Further  Notes  on  the  Form  of  Volcanos,  ebenda  (2), 

6.  Band,  S.  506  ff. 

*)  F.  Loewe,  Alte  und  neue  Versuche  über  Reibung  und  Kohilsion 
von  Erdarten,  München  1872. 


.  1 


32  Sitzung  der  mathrphys,  Classe  vom  5.  Januar  1901. 

ist,  unter  dem  öesamteinflusse  dieser  Kräfte  eine  Gleichgewichts- 
lage annimmt,  für  deren  Oberfläche  eine  gegen  aussen  kon- 
kave Leitkurve  von  ganz  bestimmter  Beschaffenheit  mass- 
gebend ist.  Diese  wird  aber  nicht  sofort,  sondern,  wie  man 
auch  an  den  Schutthalden  unserer  Berge  konstatieren  kann, 
erst  nach  und  nach  erreicht,  und  wenn  sie  erreicht  ist,  so 
können  örtliche  Gleichgewichtsstörungen  keinen  nachhaltigen 
Effekt  mehr  erzielen.  Offenbar  meint  Palm  er  dasselbe,  wenn  er 
sagt,  die  Neigung  des  Abhanges  sei  der  »angle  of  rest**  des  Sandes 
im  Normalstande.  Man  beachte  wohl,  dass  von  Rüppell  und 
Ehrenberg  der  Böschungswinkel  auf  50^,  von  Palm  er  hingegen 
nur  auf  30^  veranschlagt  wird;  wenn  also  auch  wohl  schwer- 
lich die  genannten  Reisenden  mit  Klinometern  versehen  waren, 
um  genauere  Messungen  vorzunehmen,  so  ist  der  Unterschied 
von  20^  denn  doch  ein  zu  bedeutender,  um  blossen  Schätzungs- 
fehlern zugeschrieben  werden  zu  können.  Bedenkt  man  viel- 
mehr, dass  ein  Zeitraum  von  mehr  denn  vierzig  Jahren  beide 
Beobachtungen  trennt,  so  kann  man  sich  der  Vermutung  nicht  ent- 
ziehen, dass  im  Laufe  der  Zeit  eine  Abflachung  der 
Wände  des  Amphitheaters  stattgefunden  hat.  Und  dass 
es  damit  auch  zu  einer  grösseren  Verfestigung  der  Masse  und 
infolgedessen  wieder  zu  geringerer  Geneigtheit  des  Sandes,  die 
Rutschklänge  hervorzubringen,  kommen  musste,  ist  nicht  minder 
eine  physikalische  Notwendigkeit. 

Anders  liegen  die  Dinge,  wenn  man  die  von  Lenz  be- 
schriebenen Sandhügel  der  westlichen  Sahara  ins  Auge  fasst. 
Dies  sind  nämlich  echte  Dünen.  „Die  langgestreckten  Sand- 
dünen von  Igidi,  welche  ganze  Bergreihen  mit  scharfen  Kanten 
und  Spitzen  bilden,  haben,  wie  alle  Dünen,  eine  flachan- 
steigende, dem  Winde  zugewendete  Fläche  und  einen  stärker 
geneigten,  zum  Teile  sogar  sehr  steilen  Absturz  auf  der  ent- 
gegengesetzten Seite. "  ^)    Wenn  also  eine  ganze  Karawane  sich 

^)  0.  Lenz,  S.  56,  Ueber  die  gestaltlichen  Verhältnisae  der  Kon- 
tinentaldünen  geben  Aufachluss:  Sokolow-Arzruni,  Die  Dünen;  Bil- 
dung, Entwicklung  und  innerer  Bau,  Berlin  1894;  Bertololy,  Kräuse- 
lungsmarken und  Dünen,  Münchener  Geographische  Studien,  9.  Heft,  1900. 


S.  Günther:  Akustisch-Geographische  Probleme,  33 

auf  der  Leeseite  eines  solchen  Sandberges  abwärts  bewegt,  so 
ist  es  nicht  zu  wundern,  dass  eine  progressive  Verschiebung 
der  ganz  labil  gelagerten  Korpuskeln  eintritt,  welche  die  be- 
kannten Geräusche  und  Töne  auslöst. 

Auch  Lenz  macht,  ebenso  wie  Seetzen  und  Ehrenberg 
es  thaten,  die  Reibung  für  die  erste  Entstehung  dieser  Klänge 
verantwortlich,  deren  stetige  Verstärkung  dann  unbedingt  als 
eine  Resonanzerscheinung  aufgefasst  werden  muss.  Ob 
man  jedoch  mit  ihm  den  einzelnen  Quarzkörnchen  eine  gewisse 
,Klangföhigkeit"  beilegen  darf,  erscheint  nicht  sicher;  wir 
kommen  vielmehr  auf  die  gleich  eingangs  verlautbarte  Ansicht 
zurück,  dass  nicht  sowohl  die  wechselseitige  Reibung  der  ein- 
zelnen Teilchen  an  einander,  sondern  wesentlich  der  erzwungene 
Austritt  der  bis  in  grössere  Tiefen  hinab  das  lockere  Qefüge 
der  Sandmasse  durchdringenden  Luft  sich  zuerst  als  diffuses 
Reibungsgeräusch,  wie  es  Meyn  und  Berendt  kennen, 
und  allgemach  als  wirklicher  Reibungston  im  Sinne  der 
Strouhal -Melde sehen  Definition  (s.  o.)  bemerklich  macht. 
Bei  den  flachen  baltischen  Sandanhäufungen  verblieb  es  beim 
Knistern,  Knirschen,  Kreischen;  die  mächtigeren  Sandberge 
Afrikas,  Arabiens,  Turkestans  gewähren  die  Möglichkeit  wirk- 
licher Tonbildung.  Und  mit  dieser  Auffassung  sehr  wohl  ver- 
einbar ist  endlich  auch  die  mehrseitig  gemachte  Wahrnehmung, 
dass  Erhitzung  des  Sandes  der  Intensität  des  Schalles  förder- 
lich ist,  indem  sich  eben  die  eingeschlossene  Luft  an  sich 
schon  in  lebhafterem  Bewegungzustande  befindet. 

Hiemit  beschliessen  wir  den  ersten  Teil  unserer  Aus- 
führungen. Das  Phänomen  des  tönenden  Sandes  kann  als 
ein  in  der  Hauptsache  geklärtes  gelten,  indem  lediglich  die 
sekundäre  Mitwirkung  anderer  Faktoren,  wie  etwa  der  Wind- 
richtung, mangels  ausreichender  Erfahrungsdaten  noch  einiger- 
massen  in  Frage  bleibt.  Es  wäre  zu  wünschen,  dass  man  hin- 
sichtlich der  der  zweiten  und  dritten  Abteilung  zugewiesenen 
Schallerscheinungen  auch  bereits  zu  einem  gleich  befriedigenden 
Gesamtergebnis  gelangen  könnte. 

1901.   SiUoiigab.  d.  nutth.-phy«.  Ol.  3 


34 


Sitzung  vom  9.  Februar  1901. 

1.  Herr  H.  Ebert  hält  einen  Vortrag:  „Weitere  Beo- 
bachtungen der  Luftelektricität  in  grösseren  Höhen." 

2.  Herr  F.  Lindemann  legt  eine  von  dem  auswärtigen  Mit- 
gliede  der  Classe,  Herrn  A.  Voss  in  Würzburg,  eingesandt« 
Abhandlung:  „Ueber  ein  energetisches  Grundgesetz  der 
Mechanik**  vor. 

3.  Herr  P.  Groth  überreicht  eine  Arbeit  des  Herrn  Prof. 
Ernst  Weinschenk  dahier:  „Die  Kieslagerstätten  im  Silber- 
berg bei  Bodenmais,  ein  Beitrag  zur  Entstehungs- 
geschichte der  Falbänder**,  nebst  einem  Beitrag  von  Herrn 
Hüttenverwalter  Kaspar  Gruber  in  Bodenmais:  „Der  Schwefel- 
und  Magnetkiesbergbau  am  Silberberge  in  Bodenmais^ 
Die  beiden  Abhandlungen  erscheinen  in  den  Denkschriften  der 
Akademie. 

4.  Herr  K.  A.  v.  Zittel  legt  eine  Abhandlung  des  Herrn 
Obermedizinalrathes  Dr.  Joseph  Georg  Ecjger  vor:  „Ostracoden 
aus  Meeresgrundproben,  gelothet  von  S.M.Sch.Gazelle*. 
Die  Abhandlung  wird  in  den  Denkschriften  veröffentlicht. 


35 


Weitere  Messungen  der  elektrischen  Zerstreuung 

in  grossen  Höhen. 

Von  Hermann  Ebert. 

(Eingelaufen  16.  Februar.) 

Nachdem  durch  zwei  Fahrten  mit  dem  Freiballon  ^)  nach- 
gewiesen worden  war,  dass  man  mit  der  neuen  von  Elster 
und  6 eitel  ausgearbeiteten  Methode  die  Grösse  der  elektri- 
schen Leitfähigkeit  der  Atmosphäre  im  Luftballon  in  grossen 
Höhen  mit  kaum  minder  grosser  Sicherheit  wie  am  Boden 
messen  kann,  war  es  bei  der  Wichtigkeit  der  Kenntnis  des 
Jonengehaltes  der  oberen  Schichten  erwünscht,  bei  möglichst 
ruhig  gelagerter  Atmosphäre  eine  neue  Messungsreihe  anzustellen. 
Auf  die  hierzu  nötigen  meteorologischen  Bedingungen  ist  bei 
uns  nur  während  des  Winters  mit  einiger  Sicherheit  zu  rechnen 
und  zwar  dann,  wenn  sich  ein  stabiles  barometrisches  Maximum 
mit  klarem,  kalten  Frostwetter  über  dem  Continente  für  längere 
Zeit  erhält.  Es  wurde  daher  beschlossen  eine  neue,  dritte  Auf- 
fahrt bei  der  genannten  Wetterlage  zum  Zwecke  luftelektri- 
scher Messungen  vorzunehmen. 

Bei  dieser  Fahrt,  für  welche  die  Mittel  von  dem  Münchener 
Verein  für  Luftschiffahrt  zur  Verfügung  gestellt  wurden,  und 
die  wiederum  Herr  Dr.  Robert  Emden  leitete,  sollte  ausser- 
dem eine  neue  Aufstellart  für  das  Instrument  ausprobiert  wer- 
den. Zu  diesem  Zwecke  war  am  Gondelrande  aussen  ein  kleines 
Tischchen  durch  übergreifende  Metallbügel  angehängt.     Durch 

4  Vergl.  diese  Berichte  Bd.  XXX,  Heft  III,  p.  511,  1900. 

3* 


36  Sitzung  der  matK-phys,  Glosse  vom  9,  Febniar  1901. 

die  unteren  äusseren  Enden  derselben  gingen  zwei  grobge win- 
dige Griffschrauben  mit  Platten  an  den  dem  Ballonkork  zuge- 
kehrten Enden,  so  dass  das  Tischchen  eingestellt  werden  konnte. 
Auf  dasselbe  wurde  das  Messinstrument  mit  allem  Zubehör 
gesetzt.  Diese  Aufstellung  hat  sich  als  eine  äusserst  stabile 
und  für  das  Beobachten  sehr  vorteilhafte  bewährt.  Endhch 
wurden  bei  dieser  Fahrt  auch  Messungen  mit  einem  das  ganze 
Instrument  umschliessenden,  mit  dem  Zerstreuungskörper  gleich- 
namig geladenen  Fangkäfig  angestellt,  wodurch  in  den  oberen 
Schichten  sehr  grosse  Beträge  der  Zerstreuung  erzielt  wurden 
(bis  zum  23 -fachen  der  gleichzeitig  am  Boden  gemessenen 
Zerstreuungen).  Da  nicht  nur  negative,  sondern  auch  positive 
Ladungen  mit  wesentlich  grösserer  Geschwindigkeit  bei  An- 
wendung des  Käfigs  zerstreut  wurden,  so  können  Störungen 
durch  direkte  Bestrahlung  des  Zerstreuungskörpers  (Hall- 
wachs-Effekt) oder  durch  Ballonladungen  nicht  die  Ursache 
dieser  hohen  Neutralisationsgeschwindigkeiten  gewesen  sein. 
Im  Gegenteil  erhält  die  von  Elster  und  G eitel  aufgestellte 
Ansicht,  dass  die  Atmosphäre  mit  frei  beweglichen  elektrisch 
geladenen  Partikelchen  „Jonen"  erfüllt  sei,  eine  neue  Stütze 
durch  diese  Versuche  mit  dem  Fangkäfig,  welche  zugleich 
zeigen,  dass  die  Zahl  und  die  Beweglichkeit  dieser  Teilchen  in 
den  höheren  Schichten  eine  ausserordentlich  grosse  ist. 

Während  der  ganzen,  über  fünf  Stunden  dauernden  Fahrt 
wurden  gleichzeitig  nach  einem  genau  verabredeten  Plane  in 
München  Zerstreuungsmessungen  von  Herrn  Ingenieur  K.  Lutz 
mit  einem  Instrumente  vorgenommen,  welches  sowohl  vor  der 
Fahrt  wie  nach  derselben  mit  dem  im  Ballon  benutzten  In- 
strumente verglichen  worden  war. 

Dritte  Fahrt  am  17.  Januar  1901. 

Schon  am  13.  Januar  bedeckte  nach  Ausweis  der  Wetter- 
karte und  des  Wetterberichtes  der  k.  b.  meteorologischen  Central- 
station  den  grössten  Teil  Europas  hoher  gleichmässig  verteilter 
Druck,    während    eine   anscheinend    über   dem   Ocean   liegende 


H,  Ebert:  Weitere  Messufigen  der  eleVtrischen  Zerstreuung,       37 

Depression  sich  mit  ihrem  vorderen  Rande   nur  an  der  West- 
küste der  britischen  Inseln  bemerkbar  machte. 

In  den  continentalen  Lagen  herrschte  im  Flachland  meist 
nebliges  Wetter;  im  südlichen  Bayern  reichte  die  Nebeldecke 
bis  hart  an  den  Rand  der  Voralpen  heran.  Dagegen  meldeten 
alle  Hochstationen  übereinstimmend  wolkenlosen  Himmel 
und  sehr  reine  öebirgsaussicht. 

Am  14.  steigerte  sich  die  Herrschaft  des  hohen  Luftdruckes 
noch  mehr,  und  über  Deutschland  und  Oesterreich  lageiiie  der 
Kern  eines  intensiven  Maximums  mit  780  mm  Druck.  Gleich- 
zeitig bildete  sich  allmählich  eine  Temperaturverteilung  mit 
der  Höhe  heraus,  die  für  unsere  Fahrt  bestimmend  war,  da  sie 
die  beste  Gewähr  für  eine  möglichst  stabile  Lagerung  der 
Schichten  bot:  Während  die  Temperatur  im  Flachlande  überall 
zu  sinken  begann,  ging  sie  auf  den  Hochstationen  in  die 
Höhe. 

Am  15.  hatte  sich  die  Luftdruckverteilung  nicht  geändert, 
noch  immer  behauptete  das  barometrische  Maximum  über  dem 
Continente  seine  Herrschaft,  die  über  dem  Ocean  ebenfalls  noch 
immer  sich  haltende  Depression  machte  sich  nur  im  äussersten 
Westen  geltend.  Die  Temperaturen  sanken  bei  immer  klarer 
werdendem  Wetter  im  Flachlande  immer  tiefer,  auf  den  Hoch- 
stationen wurde  es  immer  wärmer,  so  dass  bereits  an  diesem 
Tage  Temperaturumkehr  constatiert  werden  konnte;  in 
München  herrschte  z.  B.  am  Morgen  —  IP,  auf  der  Zug- 
spitze —  8®. 

Da  die  Wetterkarte  vom  16.  zeigte,  dass  das  über  dem 
Ocean  liegende  Minimum  im  Vorgehen  begriffen  war  und  daher 
der  Druck  im  Westen  des  Continents  zu  sinken  begann,  so 
durfte  die  Fahrt  nicht  länger  aufgeschoben  werden,  wenn  wir 
noch  von  der  überaus  günstigen  Witterungslage  Nutzen  ziehen 
wollten;  sie  wurde  also  für  den  nächsten  Tag  beschlossen. 
Noch  immer  behauptete  der  hohe  Druck  seine  Vorherrschaft 
über  dem  Continente,  wenn  auch  das  Barometer  etwas  zurück- 
zugehen begann.  In  Bezug  auf  die  Höhenstationen  herrschte 
noch  immer  Temperaturumkehr  (München  —12^,  Zugspitze  —  7®). 


38  Sitzung  der  math.-phys.  Glosse  vom  9.  Februar  190t, 

Am  Fahrttage,  den  17.  Januar,  war  keine  wesentliche 
Aenderung  in  der  allgemeinen  Wetterlage  eingetreten.  Noch 
immer  lag  das  ausgeprägte  barometrische  Maximum  über  dem 
grössten  Teile  Europas  und  verlor  nur  langsam  an  Intensität, 
Der  Kern  desselben  wies  über  Deutschland  und  Oesten*eich 
noch  immer  mehr  als  770  mm  Luftdruck  auf.  Die  Depression 
dagegen,  welche  am  16.  über  den  britischen  Inseln  erschienen 
war,  zog  dem  Golfstrome  folgend  nach  Norden  hin  ab.  Ueberall 
herrschte  in  Central-Europa  das  heitere  Frostwetter  der  letzten 
Tage,  nur  local  durch  tiefliegende  Nebelschichten  getrübt. 

In  München  war  am  Morgen  Rauhfrost  gefallen  und  starker 
Nebel  aufgetreten  bei  einer  Temperatur  von  —  12®,  769  mm 
Druck  und  völliger  Windstille.  Die  Bergstationen  hatten  alle 
heiteres,  wolkenloses  Wetter,   die  Zugspitze  —  5*^  Temperatur. 

Das  klare  Frostwetter  dauerte  auch  noch  den  folgenden 
Tag  an  und  erst  am  19.  trat  im  Westen  Trübung  mit  zuneh- 
mender Temperaturerhöhung  ein,  während  gleichzeitig  eine 
tiefe  Depression  vor  den  Scilly-Inseln  im  Westen  Englands 
erschien.  — 

Am  16.  wurden  die  beiden  Zerstreuungsapparate  noch 
einmal  miteinander  verglichen;  dazu  wurden  sie  auf  zwei 
Pfeilern  der  Attika  des  Mittelbaues  der  technischen  Hochschule 
so  aufgestellt,  dass  alle  näherliegenden  Gebäudeteile  (Dachfirst 
des  Haupttraktes  u.  s.  w.)  symmetrisch  zu  den  beiden  Stand- 
orten lagen;  eventuelle  Spitzenwirkungen  oder  sonstige  Stö- 
rungen durch  das  Gebäude  mussten  sich  auf  beide  Instrumente 
in  gleicher  Weise  äussern.  Die  Entfernung  der  beiden  In- 
strumente von  einander  betrug  7,7  m,  so  dass  auch  eine  gegen- 
seitige Beeinflussung  ausgeschlossen  war. 

Ein  von  der  individuellen  Beschaffenheit  des  Apparates 
unabhängiges  Maass  der  elektrischen  Zerstreuung  geben  die 
Grössen  a  (gleich  der  in  einer  Minute  am  Zerstreuungskörper 
neutralisierten  Elektricitätsmenge,  diese  ausgedrückt  in  Procenten 
der  ursprünglichen  Ladung,  vergl.  die  vorige  Mitteilung  p.  519). 
In  der  folgenden  Tabelle  beziehen  sich  die  ungestrichelten 
Buchstaben  auf  das  Balloninstrument,  die  gestrichelten  auf  den 


H.  Ebert:  Weitere  Messungen  der  elektrischen  Zerstreuung,       39 

Vergleichsapparat.  Als  Versuchsdauer  wurde  immer  eine  Viertel- 
stunde gewählt.  Hinzugefügt  sind  die  nach  der  Fahrt  erhal- 
tenen Vergleichs  werte,  sowie  die  ein  Maass  für  die  Unipolarität 
der  Leitfähigkeit  abgebenden  Werte  q  =  a-j  a^  und  endlich 
das  Verhältnis  (r)  der  procentualen  Entladungsgeschwindigkeit : 
Balloninstrument  /  Vergleichsinstrument  für  Ladungen  von  dem- 
selben Vorzeichen. 


Zeit  (p.  m.)       Vorzeichen 


E 


ii^lo 


a'O/o 


2h  27ni 

3 

15 

2 

45 

3 

5 

3 

25 

3 

45 

München,  den  16.  Januar  1901. 

42«  '         +  1,36      0,41^  I  ^^^       0,42  \ 

30  — 


1,36 
1,30 


0,39  / 


0,39/ 


0,93 


0,98 
1,00 


München,  den  18.  Januar  1901. 


3h  0™ 

+ 

0,87      0,26 1 
1,80  1  0,54/ 

2,07 

20 

— 

40 

+ 

1,56      0,47  \ 

1,26 

4h  0» 

— 

1,97  j  0,59/ 

0,34  \ 
0,57/ 
0,26  \ 
0,51/ 


1,67 

2,00 
Mittel 


0,77 
0,95 
1,83 
1,15 

1,11 


Die  beiden  Apparate  waren  nicht  ganz  gleich  dimensioniert; 
der  im  Ballon  verwendete  hatte  einen  Zerstreuungskörper  von 
10,4  cm  Höhe  und  5,0  cm  Durchmesser;  das  unten  benutzte 
Vergleichsinstrument  dagegen  einen  solchen  von  10,2  cm  Höhe 
und  4,6  cm  Durchmesser.  Die  relative  Capacität  n  des  Elektro- 
skopes  allein  zu  dem  System :  Elektroskop  ~|-  Zerstreuungskörper 
hatte  bei  den  Instrumenten  den  Wert  0,488  bezw.  0,450 
(Mittel  aus  je  12  Einzelbestimmungen).  Bildet  man  aus  den 
mitgeteilten  Vergleichszahlen  r  das  Mittel,  so  findet  man,  dass 
die  Angaben  des  Vergleichsinstrumentes  auf  diejenigen  des  im 
Ballon  benutzten  reduciert  werden,  wenn  man  die  ersteren  mit 
1,11   multipliciert. 

Ein  Reductionsfactor  von  etwa  derselben  Grösse  hat  sich 
auch  an  anderen  Tagen,  an  denen  beide  Instrumente  an  dem- 
selben Orte  gleichzeitig  benutzt  wurden,  ergeben.     Man  sieht, 


40  Sitzung  der  mathrphys.  Classe  vom  9,  Februar  1901. 

dass  gelegentlich  nicht  unerhebliche  Abweichungen  vom  Mittel 
vorkommen.  Immerhin  werden  durch  die  genannte  R^duction 
wenigstens  angenähert  vergleichbare  Werte  erhalten.  In  allen 
folgenden  Tabellen  werden  daher  zum  Vergleiche  unter  den 
gestrichelten  Buchstaben  die  auf  das  Balloninstrument  durch 
Multiplication  mit  1,11  reducierten  Angaben  des  Vergleichs- 
instrumentes aufgeführt,  so  oft  der  im  Ballon  benutzte  Apparat 
ohne  Fangkäfig,  sondern  nur  mit  dem  gewöhnlich  über  ihn 
gesetzten  Schutzdach  gegen  Sonnenstrahlung  und  Influenz- 
wirkungen benutzt  wurde. 

Um  aber  auch  für  den  Fall,  dass  das  Balloninstrument 
mit  dem  Käfig  ausgerüstet  wurde,  die  Reduction  der  Vergleichs- 
zahlen zu  ermöglichen,  wurden  die  beiden  Instrumente  wieder- 
holt verglichen: 

Balloninstrument  im  Käfig, 
Vergleichsinstrument  unter  dem  Schutzdach. 

Ich  teile  im  Folgenden  nur  die  beiden  am  Tage  vor  der 
Fahrt  erhaltenen  Vergleiche  mit. 


Zeit  (p.  m.)       Vorzeichen  I     E     \    n^JQ    \      q         a'0/„  ;  q'  j{ 

,____,_^,      _        .  X         1  J .  .  ^  L  ■  .-._-._... 

München,  den  16.  Januar  1901. 
Balloninstruraent  im  Käfig. 

2h  52m  -3h  7n.  ^         I    2,03  |  0,61  \   '      ,,     !  0,30)  '  '    2,03 

3    50     -  4h  5«  -  3,00  '  0,90/        '  0,48/'  '        \    1,88 

Mittel      1,96 


Der  Käfig  wurde  sehr  weitmaschig  gewählt,  damit  er  die 
freie  Circulation  der  Luft  möglichst  wenig  behindere;  er  war 
cylinderfbrmig,  45  cm  hoch  und  25  cm  im  Durchmesser.  Unten 
stand  er  auf  einer  runden  Metallplatte  mit  Metallrand,  welche 
auf  einer  mit  Siegellackfüssen  versehenen,  dicken  Glasplatte  lag. 
Die  Maschen  hatten  rhombische  Gestalt  und  46  bezw.  38  mm 
Diagonalenlänge  im  Lichten,  gegenüber  1,6  mm  Dicke  des  ver- 
zinkten   Eisendrahtes,    aus    dem    das   Netz    bestand.     Der   im 


U.  Ehert:  Weitere  Messungen  der  elektrischen  Zerstreuung.       41 

Inneren  stehende  Zerstreuungsapparat  wurde  nach  dem  Vor- 
gange von  Elster  und  Geitel  vermittelst  einer  Sonde,  einem 
in  ein  Glasrohr  mittels  Siegellack  eingekitteten  dicken  Metall- 
drahtes, von  der  Trockensäule  aus  so  geladen,  dass  das  Draht- 
netz, welches  gleichzeitig  zur  Erde  abgeleitet  wurde,  nichts  von 
dieser  Ladung  empfing.  Im  Ballon  wurde  statt  der  Erdleitung 
eine  längere  Drahtleitung  benutzt,  welche  am  Rande  des  Ballon- 
korbes entlang  geführt  und  mit  allen  grösseren  leitenden  Massen 
in  der  Gondel,  u.  A.  dem  Beobachter  verbunden  war.  Sobald 
der  Apparat  im  Inneren  für  sich  bis  zu  einem  Potentiale  von 
der  Höhe,  wie  sie  auch  sonst  als  Anfangsladung  für  die  Mes- 
sungen benutzt  wurde,  gegenüber  dem  ihn  umschliessenden 
Metallhohlkörper  (Netz  +  metallene  Fussplatte),  mit  dem  auch 
das  Elektroskopgehäuse  in  leitender  Verbindung  stand,  ge- 
laden war,  wurde  die  Leitung  von  dem  Drahtnetze  abgenommen, 
so  dass  der  Käfig  nun  völlig  isoliert  dastand,  da  er  ja  auf  dem 
Glastischchen  ruhte;  nun  wurde  die  Trockensäule  mit  dem  eben 
benutzten  Pole  an  den  Käfig  angeschlossen,  ihr  anderer  Pol 
mit  der  Ableitung  verbunden,  so  dass  der  Käfig  mit  demselben 
Vorzeichen  wie  der  Zerstreuungskörper  selbst  geladen  war. 
Dass  das  Netz,  trotz  seiner  Maschen  weite  das  von  ihm  einge- 
schlossene Elektroskop  mit  seinem  Zerstreuungskörper  voll- 
kommen gegen  äussere  elektrostatische  Einwirkungen  schützte, 
war  schon  daran  unmittelbar  zu  erkennen,  dass  die  Blättchen 
weder  bei  den  Beobachtungen  an  der  Erde  noch  bei  denen  im 
Ballon  irgend  wie  zucken,  wenn  die  Ableitung  oder  die  Trocken- 
säule an  den  Käfig  angelegt  oder  von  ihm  abgenommen  wird. 
Durch  besondere  Versuche  im  Laboratorium  habe  ich  mich  aber 
ausserdem  davon  überzeugt,  dass  ein  elektrisch  geladenes  Teil- 
chen, welches  durch  die  Maschen  in  das  Innere  des  Käfigs  ge- 
langt ist,  dessen  elektrostatischen  Wirkungen  in  der  That  voll- 
kommen entzogen  ist.  Es  wird  nicht  wieder  herausgezogen, 
wenn  die  Käfigladung  der  seinigen  etwa  entgegengesetzt  ist, 
selbst  wenn  man  den  Käfig  so  stark  ladet,  dass  man  kräftige 
Funken  aus  ihm  ziehen  kann. 

Dieses  Resultat   steht  vollkommen   im  Einklänge  mit  den 


42  Sitzung  der  mathrphys,  Glosse  vom  9,  Februar  1901, 

Berechnungen,  welche  Maxwell  in  seinem  Treatise,  B.  I, 
§  203  ff.,  über  die  elektrostatische  Schutzwirkung  von  solchen 
Metallgittern  angestellt  hat.  Hierdurch  erklärt  sich  die  jeder- 
zeit zu  beobachtende  gesteigerte  Geschwindigkeit,  mit  der 
Ladungen  im  Inneren  des  gleichnamig  geladenen  Käfigs  neu- 
tralisiert werden,  in  ungezwungener  Weise,  falls  man  sich  auf 
den  Standpunkt  von  Elster  und  Geitel  stellt  und  annimmt, 
dass  in  der  Atmosphäre  in  der  That  frei  bewegliche,  positiv 
und  negativ  geladene  kleine  Partikelchen  jederzeit  vorhanden 
sind,  von  denen  in  einem  solchen  geladenen  Käfig  eine  grössere 
Anzahl  angesammelt  wird. 

Die  oben  mitgeteilten  Messungen  zeigen,  dass  der  hier  ver- 
wendete Käfig  die  Entladungsgeschwindigkeit  etwa  verdoppelt. 
Nahezu  dieselbe  Zahl  i?  =  2  hat  sich  an  anderen  Tagen  ergeben, 
z.  B.  am  9.  Dezember  1900,  einem  kalten,  klaren  Wintertage, 
an  dem  die  Vergleichungen  von  früh  morgens  bis  zum  Abend 
fortgesetzt  wurden.  Wir  wollen  daher  die  Angaben  des  Ver- 
gleichsinstrumentes immer  mit  2  nmltipliciert  unter  a'  in  den 
folgenden  Tabellen  dann  aufführen,  wenn  oben  im  Ballon  mit 
Käfig  gearbeitet  wurde.  Diese  Zahlen  geben  dann  ungefähr 
die  Entladungsgeschwindigkeit  in  Procenten  der  Anfangsladung 
an,  welche  von  dem  Balloninstrumente  angezeigt  würde,  wenn 
dasselbe  zur  gleichen  Zeit  unten  mit  dem  Käfig  benutzt  wer- 
den könnte.  Freih'ch  ist  diese  Beziehung  der  gleichzeitigen 
Beobachtungen  auf  einander  eine  nicht  ganz  sichere.  Denn 
die  Spannungen,  bis  zu  denen  der  Käfig  durch  die  Trocken- 
säule geladen  wird,  wechseln  mit  dem  Zustand  der  Säule,  der 
bekanntlich  selbst  kein  sehr  constanter  ist.  Dass  aber  vor, 
während  und  nach  der  Fahrt  die  benutzte  Ladesäule  keine 
grossen  Aenderungen  erfahren  hat,  geht  aus  Folgendem  hervor. 
Zur  Erzielung  eines  geeigneten  Ausschlages  war  die  Spannung 
der  ganzen  Säule  zu  gross;  sie  musste  an  einer  Stelle  nahe  der 
Mitte  abgeleitet  werden,  wenn  der  für  die  Messung  geeignetste 
Maximalausschlag  am  Elektroskop  erhalten  werden  sollte.  Die 
Stellen,  an  denen  für  die  beiden  Vorzeichen  die  Ableitung  zu 
erfolgen  hatte,  blieben  während  der  drei  Beobachtungstage  die 


jff.  Ebert:   Weitere  Messungen  der  elektrischen  Zerstreuung.       43 

gleichen,    ein  Zeichen,    dass  sich  wenigstens  in  dieser  Zeit  die 
Spannung  der  Säule  nicht  merklich  verändert  hatte.  — 

Am  Fahrttage  massen  wir  früh  8**  40™  am  Aufstiegplatze 
—  15,2**  C.  und  89%  Feuchtigkeitsgehalt,  einem  Mischungs- 
verhältnis (kg  Wasserdampf  pro  kg  Dampf-Luftgemisch)  von 
0,0011  entsprechend.  Rauhfrost  und  Nebel  waren  ringsum. 
Während  das  Elektroskop  mit  Schutzdach  negativ  geladen  auf 
einem  Wagen  stand,  wurde  die  Ballonkugel,  als  sie  aus  der 
Ballonhalle  gebracht  wurde,  so  dicht  wie  möglich  an  das  In- 
strument herangeführt.  Nicht  das  geringste  Zucken  der  Blätt- 
chen war  bemerkbar,  die  Zerstreuung  zeigte  vor  und  nach  dem 
Herannahen  des  Ballons  keinen  Unterschied.  Dadurch  wird 
die  früher  (vorige  Mitteilung  p.  520)  geäusserte  Befürchtung, 
der  Ballon  möchte  wenigstens  im  Anfange,  bis  sich  seine  Eigen- 
ladung zerstreut  hat,  die  Messungen  beeinflussen,  entkräftet  und 
die  Ergebnisse  der  Herren  Tuma  und  Börnstein,  welche  auf 
den  Mangel  einer  merklichen  Eigenladung  des  Ballons  hin- 
weisen, auch  durch  die  Zerstreuungsmethode  bestätigt,  eine 
Thatsache,  welche  natürlich  das  Vertrauen,  welches  man  in  die 
im  Freiballon  angestellten  Messungen  setzen  darf,  erheblich 
steigert.  Sowohl  am  Aufstiegsorte  vor  der  Fahrt  wie  am  Lan- 
dungsplatze nach  derselben  wurden  Messungen  mit  beiden  Vor- 
zeichen vorgenommen;  die  folgende  Tabelle  zeigt,'  dass  die  er- 
haltenen Resultate  untereinander  gut  übereinstimmen,  so  dass 
das  Instrument  durch  die  Fahrt  nicht  gelitten  haben  konnte; 
die  Werte  liegen  femer  ganz  in  dem  Bereiche  derjenigen, 
welche  sonst  um  die  entsprechende  Tageszeit  am  Boden  er- 
halten wurden,  sowie  der  am  Vergleichsinstrumente  erhaltenen 
Zahlen,  wenn  dieselben  auch  am  Morgen  etwas  später,  am 
Nachmittage,  nach  der  Landung,  etwas  früher  erhalten  wurden, 
als  die  mit  dem  Balloninstrumente  gefundenen  Werte.  Die 
Zahlen  V  der  letzten  Colonne  geben  den  Vergleich  der  Beo- 
bachtungsorte (V  =  a  [Balloninstrument J  /  a'  [Vergleichs- 
instruraent,  letzteres  reduciert]). 


44 


Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  9.  Februar  1901. 


Zeit 


Vorzeichen  |     E 


München,  den  17.  Januar,  Vormittags. 
Exerzierplatz  der  Militär-LuftschifFerabteilung. 


^  30™ 
8    48 


45m 
58 


+ 


2,33 
2,11 


0,70  \ 
0,63/ 


0,91 


oiso/r^'^^ 


1.0 
1,6 


Hohenaltheim  bei  Nördlingen,  den  17.  Januar,  Nachmittags. 


2    30    —    45 
2     50     -  31»  5»^ 


+ 


3,35 

2,88 


1,00  \ 
0,86/ 


0,86 


0,33  \^ 
0,57/ 


1,78 


3,0 
1,5 


Um  9^  8™  fuhren  wir  mit  starkem  Auftrieb  ab;  in  einer 
Minute  hatten  wir  79  m  über  dem  Boden  die  obere  Schicht 
des  Nebels  erreicht.  Hier  aber  wurde  der  Aufstieg  plötzlich 
gebremst,  da  wir  mit  unserer  kalten  GasfüUung  in  eine  sehr 
viel  wärmere  Luftschicht  eingetreten  waren.  Erst  als  vier  Sack 
Ballast  ausgegeben  waren,  vermochten  wir  den  Einfluss  der 
erheblichen  Temperaturumkehr  zu  überwinden  und  weiter  zu 
steigen.  Um  9^  18°^  wurde  in  842  m  Meereshöhe  (318  m  über 
dem  Boden)  -{-1,2^  Temperatur  gemessen,  so  dass  wir  in 
ca.  16^  wärmere  Luftschichten  einfuhren.  Die  durch  die  Berg- 
stationen bereits  angezeigte  Temperaturumkehr  wurde  also 
auch  im  freien  Luftmeer  angetroflfen  und  war  hier  sogar  noch 
stärker  ausgeprägt,  weil  sich  das  Luftmeer  ca.  4® — 6®  wärmer 
als  die  gleich  hoch  gelegenen  Hochstationen  erwies.  Ueber 
uns  war  tiefblauer  wolkenloser  Himmel,  an  dem  selbst  das 
leichteste  Cirrusgewölk  fehlte.  Die  Alpen  waren  von  seltener 
Klarheit,  Bodennebel  bedeckte  die  Hochebene  nur  zum  Teil, 
besonders  dicht  über  München,  so  dass  nur  die  runden  Kuppen 
der  Frauen thürme  aus  dem  weissen,  streifenförmig  angeord- 
neten Nebelmeere  emporragten.  Es  konnte  keinem  Zweifel 
unterliegen,  dass  wir  uns  unter  der  Einwirkung  absteigender 
Luftströme  befanden,  die  uns  die  ionenreichere  Luft  der  höheren 


H.  Ebert:  Weitere  Messungen  der  elektrischen  Zerstreuung,       45 

Schichten  zutrieb  und  so  durften  wir  ausnehmend  grosse  Zer- 
streüungsgeschwindigkeiten  von  vornherein  erwarten. 

Auch  bei  dieser  Fahrt  waren  deutlich  drei  verschieden 
geartete  Luftschichten  zu  unterscheiden,  die  sich  durch  ver- 
schiedene Temperaturen  und  Temperaturgradienten,  verschie- 
denes Mischungsverhältnis  und  namentlich  durch  die  verschiedene 
Richtung  und  Geschwindigkeit,  in  der  und  mit  der  sie  uns  be- 
wegten, hinreichend  scharf  gegen  einander  abgegrenzt  werden 
konnten. 

1.  Luftschicht:  vom  Boden  bis  ca.  1400  m. 

In  dieser  untersten  Schicht  wurde  zunächst  die  bereits 
erwähnte  sehr  starke  Temperaturzunahme  mit  der  Höhe  un- 
mittelbar über  der  Nebelschicht  beobachtet.  Der  Temperatur- 
gradient ging  in  ca.  1000  m  in  eine  dem  adiabatischen  Gleich- 
gewichte entsprechende  Zunahme  von  rund  1^  pro  100  m 
Anstieg  über.  Diese  Temperaturverteilung  war  der  Ausdruck 
einer  äusserst  stabilen  Lagerung  der  dem  Boden  unmittelbar 
aufliegenden  Schicht.  Der  relative  Feuchtigkeitsgehalt  war 
auf  49°/o  herabgegangen  (gegen  89®/o  am  Boden),  das  Misch- 
ungsverhältnis war  auf  0,00245  gestiegen.  In  dieser  untersten 
Schicht  wurden  elektrische  Verhältnisse  angetroffen,  welche 
denen  am  Boden  insofern  glichen,  als  eine  ausgesprochene 
Unipolarität  (durch  q  gemessen)  und  ein  Ueberwiegen  an  freien 
+  Jonen  angezeigt  war;  da  die  Beweglichkeit  der  Jonen  in 
der  klaren  reinen  Luft  eine  viel  grössere  als  unten  im  Nebel 
sein  musste,  dürfen  wir  uns  nicht  wundern  für  den  negativ 
geladenen  Zerstreuungskörper  eine  ca.  viermal  so  grosse  Ent- 
ladungsgeschwindigkeit zu  finden,  als  sie  gleichzeitig  unten 
beobachtet  wurde.  Es  wurde  mit  Schutzdach  aber  ohne  Käfig 
geraessen. 


46 


Sitzung  der  mathrphys.  Classe  vom  9,  Febrtuir  1901, 


Zeit 


Höhe 


Tem- 
peratur 


9h    IQm  —  33in 
9     37     —  52 


995m' +  1,60  C. 
1275  3,0 


Relative 
Feuchtig- 
keit 


490/0 
49 


I 


Mischange- 
verhältnis 


0,0024 
0,0025 


Span- 
nungen 

189—188 
199-172 


2.  Luftschicht:  von  1400—2000  m. 

Etwa  um  10^  traten  wir  in  eine  eigentümlich  beschaffene 
Luftschicht  ein,  die  wir  erst  um  11^  8°*  etwa  in  2000  m  Höhe 
verliessen:  eine  nahezu  vollkommen  isotherme  Schicht 
mit  dem  Temperaturgradienten  Null.  Bekanntlich  bildet 
es  noch  ein  ungelöstes  Problem  der  Thermodynamik  der  Atmo- 
sphäre, wie  solche  isotherme  Schichten  von  mehreren  Hundert 
Metern  Mächtigkeit  im  Luftmeere  zu  Stande  kommen  und 
wie  sie  sich  zu  erhalten  vermögen.  Der  Uebergang  war  kein 
allmählicher,  sondern  ein  plötzlicher  mit  44®/o  relativer  Feuch- 
tigkeit, -f-  4,4^  Temperatur  und  0,0027  kg  Mischungsverhältnis, 
Werte,  welche  bis  zum  Austritt  aus  der  Schicht  fast  die 
gleichen  blieben.  Vielleicht  hatten  wir  es  sogar  mit  zwei 
übereinander  liegenden  und  schwach  gegeneinander  bewegten 
isothermen  Schichten,  die  in  etwa  1750  m  Höhe  aneinander 
grenzten,  zu  thun. 

In  dieser  Schicht  wurde  zum  ersten  Male  mit  Käfig  ge- 
arbeitet. Das  Schutzdach  über  dem  Zerstreuungskörper  wurde 
dabei  weggelassen,  da  die  Laboratoriumversuche  gezeigt  hatten, 
dass  der  Drahtkäfig  genügenden  elektrostatischen  Schutz  gewähi*te. 


Zeit 


Höhe 


I  Relative  , 
'^^'"-      I  Feuchtig- r'""^""«"- 
peratur         1    •.         Verhältnis 


IQh   2™  —  17»" 

1470  m 

1 
+  4,40  c. 

440/0 

10  22  —  27 

1550 

4,5 

45 

10  29  —  40 

1605 

'   4,3 

46 

0,0027 
0,0028 
0,0028 


Span- 
nungen 


192—141 
180—141 
197-126 


H.  Ebert:  Weitere  Messungen  der  elektrischen  Zerstreuung.       47 


Spannungs- 

abnahme  pro 

15  Minuten 


Vorzeichen 


E 


6  Volt 


+ 


1,38 
6,32 


aO/o 


°%  ;}  *•" 


a'O/o 


0,61 
0,44 


} 


0,86 


0,80 
4,3 


Wie  die  vorstehenden  Zahlen  zeigen,  wurden  verhältnis- 
mässig sehr  hohe  Werte  für  die  Zerstreuung  gefunden.  Dabei 
ist  nicht  nur  die  Neutralisationsgeschwindigkeit  der  negativen 
Ladungen  gesteigert,  sondern  auch  die  der  positiven,  ja  die 
Entladungsgeschwindigkeit  der  letzteren  ist  relativ  mehr  er- 
höht, als  diejenige  der  negativen  Ladungen,  so  dass  das  mittlere 
Verhältnis  q  =  a^  j  a^  gegen  die  vorher  mit  Schutzdach  erhal- 
tenen Werte  zurückgeht.  Es  kann  also  kein  merklicher  Hall- 
wachseffekt  vorliegen  und  die  intensive  Sonnenbestrahlung 
hat  keinen  Einfluss  auf  den  vollkommen  geschwärzten  Zer- 
streuungskörper mehr,  wie  dies  auch  die  Herren  Elster  und 
Geitel  feststellten.  Das  Zurückgehen  des  Wertes  für  q  zeigt 
an,  dass  sich  die  ünipolarität  der  luftelektrischen  Lei- 
tung mit  der  Höhe  mehr  und  mehr  ausgleicht,  wäh- 
rend zugleich  die  absoluten  Beträge  der  Leitfähigkeiten  für 
beide  Vorzeichen  zunehmen,  genau  wie  dies  schon  bei  den 
früheren  Fahrten  gefunden  worden  war. 

3.  Luftschicht:   über  2000  m. 

Erst  als  wir  um  11^  8™  nach  Ballastauswerfen  die  Höhe 
von    2000  m    tiberschritten,    kamen    wir    aus    der    isothermen 


Spannungs- 

abnahme  pro 

15  Minuten 

51  Volt 

(117) 

(97) 


Vorzeichen 

E 

aO/o 

? 

+ 

13,39 
31,81 
26,46 

7,93 

a'O/o 


0,96    ) 

1  I     1.50 

}  1,44    ) 


4.2 
7,1 


48 


Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  vom  9,  Februar  1901. 


Schicht  heraus  und  traten  in  eine  neue  Luftschicht  ein,  was 
sich  sofort  auch  an  einer  Aenderung  der  Fahrtrichtung  zu 
erkennen  gab;  dieselbe  ging  bis  dahin  ziemlich  genau  nach 
Westen  und  bog  jetzt  nach  Nordwesten  um.  In  dieser  Schicht 
nahm  die  Temperatur  regelmässig  von  -|-  4,0 ^  in  der  isothermen 
Schicht  auf  —  2,5 ^  ab  in  der  höchsten  bei  dieser  Fahrt  er- 
reichten Höhe  von  rund  3200  m  mit  einem  Gradienten  von 
ca.  0,53  auf  100  m  Erhebung.  Dieser  geringe  Gradient  ist 
wieder  ein  Zeichen  von  der  ausserordentlich  stabilen  Lagerung 
aller  Luftschichten   an  diesem  Tage   auch   in  diesen  grösseren 


1   11 


1    20     I  2730      I  +  0,6 


43 


0,0024 


Zeit 

i  _  iih  i2in 

Höhe 

j 
1930  m  ' 

Tem- 
peratur 

+  3,3<»C. 

Relative 
Feuchtig- 
keit 

420/0     1 

Mischnngs- 
vei'hältnis 

0,0027 

Span- 
nungen 

101»  52" 

189—170 

11    17 

—      32 

2285 

2,1 

42 

0,0025 

198—168 

11    42 

—      47 

2376 

1,7 

43 

0,0024 

174—122 

11    49 

—     59 

2660 

1,7 

42 

0,0024 

183—104 

12      4 

-        9 

2880 

0,3 

'      42 

0,0023 

142—104 

12    11 

—      17 

2930 

-1,0 

'      42 

0,0023 

178-104 

12    19 

—      24 

3005 

1,9 

46 

0,0023 

179—125: 

12    32 

—      47 

3106 

2,2 

:      47 

0,0028 

198—183 

12    61 

—    Ih    gm 

3060 

2,1 

46 

1 

0,0024 

188-126 

188—184 


Höhen.  Die  relative  Feuchtigkeit  erhielt  sich  auf  42 — 47°/o, 
das  Mischungsverhältnis  ging  von  0,0027  auf  0,0023  zurück. 
Noch  während  des  Ueberganges  aus  einer  in  die  andere  Luft- 
schicht wurde  die  erste  der  unten  folgenden  Messungen  ohne 
Käfig  aber  mit  Schutzdach  angestellt.  Wenn  ihr  auch  wegen 
der  grossen  Vertikalbewegung  kein  allzugrosses  Gewicht  zu- 
kommt, so  zeigt  sie  doch  beim  Vergleiche  mit  den  in  der  ersten 
Schicht  viel  tiefer  unten  in  gleicher  Weise  angestellten  Mes- 
sungen durch  die  Höhe  der  erhaltenen  Zerstreuung  für  +, 
dass   sich    die   relative   Zahl   der    —  »Tonen   in    diesen   höheren 


H.  Ebert:  Weitere  Messungen  der  elektrischen  Zerstreuung.       49 

Schiebten  erheblich  vergrössert  haben  musste.  Die  —  Zer- 
streuung zeigt  dagegen  nur  eine  geringe  Zunahme,  die  durch 
q  ausgedrückte  Unipolarität  wird  kleiner. 

In  dieser  Luftschicht  wurden  bei  Anwendung  des  Käfigs 
(Zahlen  unterhalb  des  ersten  Striches)  die  grössten  Entladungs- 
geschwindigkeiten erhalten,  die  ich  je  beobachtet  liabe.  Wäh- 
rend bei  den  Messungen  am  Boden  für  jede  Beobachtung  ge- 
wöhnlich ein  Zeitraum  von  20 — 30  Minuten  gewählt  wird,  um 
einen  deutlichen  Rückgang  der  Blättchen  zu  beobachten,  fielen 
dieselben  hier  oben  so  rasch  zusammen,  dass  die  Messung  be- 


Spannungs- 
abnahme pro 
15  Minuten 

Vorzeichen 

E 

1 
ao/o 

a 

a'O/o 

3' 

V 

(14)  Volt 
30 

+ 

8,44 
7,12 

1,03 
2,13 

}  2,07 

^»'^   llll 
0,40    /   '''' 

2,9 
6,2 

'     (156) 
(119) 

l     (114) 
(185) 
(1C2) 

+ 

+ 

46,21 
86,80 
40,57 
58,33 
46,78 

13,86 
11,04 
12,16 
17,48 
14,03 

1,17 

1  0,60 
1,22 

1 

.  2,03 

}  20,8 
[  11,9 

15 
,       62 

+ 

3,40 
17,86 

1,02 
5,20 

}  6,10 

^^^^    \  1  71 
0,54    /   ^''^ 

3,3 
9,6 

(V) 

+ 

1,55 

0,46 

reits  nach  5  Minuten  beendet  war,  da  ein  weiteres  Warten  zu 
zu  kleinen  Divergenzen  geführt  hätte,  bei  denen  die  Potential- 
messungen ungenau  werden.  Dieses  rasche  Verschwinden  der 
Ladungen  hat  den  grossen  Vorteil,  dass  viel  mehr  Einzel mes- 
sungen  ausgeführt  werden  können,  was  den  grossen,  nament- 
lich bei  Hochfahrten  mit  WasserstofFgas  nicht  zu  unterschützen- 
den Vorzug  bietet,  dass  man  für  einzelne  Luftschichten  geltende 
Werte  erhalten  kann,  auch  wenn  man  bei  nisclier  Vertikal- 
bewegung die  Schichten  schnell  wechseln  muss. 

Die  zwischen  11^'  42»"  und  11'»  47»»»  in  2375  m  Höhe  er- 

1901.  Siizangsb.  d.  matb.-pbyn.  Ct.  4 


50  Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  9,  Februar  1901, 

haltene  Zerstreuungsgeschwindigkeit  von  13,86%  für  +  Ladung 
übertrifft  diejenige,  welche  man  gleichzeitig  unten  (nach  den 
Angaben  des  Vergleichsinstrumentes  und  der  oben  angegebenen 
Reduction)  bei  demselben  Instrumente  mit  dem  Käfig  erhalten 
haben  würde  um  das  23  fache.  Noch  grosser  war  die  Ent- 
ladungsgeschwindigkeit der  —  Ladung  zwischen  12^  11™— 17" 
in  2930  m  mit  a_  =  17,48%. 

Während  wir  noch  auf  der  grössten  Höhe  waren,  wurde 
zwischen  12^  32*"  und  P  6™  nochmals  mit  Schutzdach  beob- 
achtet (Zahlen  unter  dem  zweiten  Strich). 

Wie  man  sich  die  hierbei  zu  Tage  tretende  Unipolaritat 
von  einer  Grösse,  wie  sie  diesen  hohen  Schichten  bei  den  an- 
deren Fahrten  nicht  eigen  gewesen  ist,  zu  erklären  habe,  ver- 
mag ich  vor  der  Hand  noch  nicht  anzugeben. 

Um  1**  13™  begann  der  Ballon  sehr  rasch  zu  fallen,  ohne 
dass  der  Fall  weiter  aufgehalten  werden  konnte.  Die  begonnene 
Messung  mit  +  Ladung  und  Schutzdach  ohne  Käfig  wurde  in- 
dessen noch  weiter  fortgesetzt  (letzte  Reihe  der  Tabelle).  In- 
dessen besitzt  der  erhaltene  Wert  nicht  dieselbe  Sicherheit, 
wie  die  anderen  Zahlen,  da  wegen  allerlei  Hantierungen  in  der 
Gondel,  das  Instrument  nicht  mehr  so  grosse  Ruhe  hatte  wie 
zuvor.  — 

Wie  früher,  so  wurde  auch  bei  dieser  Fahrt  nicht  nur  am 
Anfang  und  am  Ende  der  in  der  Tabelle  angegebenen  Zeiten, 
sondern  auch  in  Zwischenzeiten,  meist  in  Intervallen  von  je 
5  Minuten  abgelesen.  Das  gesamte  im  Ballon  aus  49  Einzel- 
ablesungen erhaltene  Zahlenmaterial  lässt  wieder  erkennen, 
dass  im  Allgemeinen  in  gleich  lange  dauernden  Unterabschnitten 
jeder  Beobachtungsreihe  etwa  die  gleichen  Elektricitätsmengen 
unabhängig  von  der  Höhe  des  Ladungspotentiales  entladen 
werden  (vergl.  vorige  Mitteilung  Nr.  529),  wenn  dieses  Mal 
diese  Erscheinung  auch  nicht  so  deutlich  wie  sonst  hervor- 
getreten ist. 


H.  Ebert:  Weitere  Messungen  der  elektrischen  Zerstreuung,       51 

Resultate: 

1 .  Die  Ergebnisse  der  früheren  Fahrten  haben  sich  voll- 
kommen bestätigt. 

2.  Bei  der  sehr  regelmässigen  Schichtung  der  Atmosphäre 
bei  dem  barometrischen  Wintermaximum,  in  welches  diese  dritte 
Fahrt  fiel,  war  die  nach  oben  hin  abnehmende  Unipolarität, 
also  die  Verminderung  der  Wirkung  des  negativ  geladenen 
Erdkörpers  bei  erheblich  zunehmender  Entladungsgeschwindig- 
keit für  beide  Vorzeichen  deutlich  ausgeprägt. 

3.  Die  Aufstellung  des  Zerstreuungsapparates  auf  einem 
ausserhalb  der  Gondel  befestigten  Tischchen  hat  sich  sehr 
gut  bewährt  und  empfiehlt  sich  aus  verschiedenen  Gründen 
mehr  als  die  Aufhängung  im  Inneren  des  Ballonkorbes. 

4.  Durch  Einbauen  des  Zerstreuungsapparates  in  einen 
gleichnamig  geladenen  Fangkäfig  lässt  sich  die  Zerstreuungs- 
geschwindigkeit für  beide  Vorzeichen  erheblich  steigern;  so 
wurde  in  2375  m  Höhe  eine  23  mal  so  grosse  Entladungs- 
geschwindigkeit für  +  beobachtet,  als  dasselbe  Instrument  am 
Boden  (nach  Ausweis  eines  Vergleichsinstrumentes)  mit  Käfig 
ergeben  haben  würde.  Dabei  dürfte  die  Genauigkeit  nur  un- 
beträchtlich vermindert  sein ;  dagegen  wird  der  Vorteil  erreicht, 
dass  die  Zahl  der  Einzelbestimmungen  erheblich  gesteigert 
werden  kann. 

5.  Bei  dieser  Fahrt  haben  sich  sehr  grosse  Beträge  der 
Zerstreuung  in  der  Höhe  ergeben,  offenbar  unter  der  Wirkung 
einer  schon  seit  vielen  Tagen  andauernden  grossen  Luftklarheit 
und  absteigender  Luftströme,  welche  sehr  ionenreiche  Höhen- 
luft dem  Instrumente,  namentlich  dem  vom  Schutzdach  nicht 
bedeckten,  zuführten. 

6.  Störungen  durch  Ballonladungen  oder  durch  lichtelek- 
trische Wirkungen  waren  nicht  nachweisbar. 


53 


Ueber  ein  energetisches  Grundgesetz  der  Mechanik. 

Von  A.  Voss  in  Würzburg. 
(Eingeiaufen  10.  Februar.) 

Herr  C.  Neumann^)  gelangt  bei  einer  kritischen  Be- 
sprechung des  Ostwald'schen  Principes  des  grösstmöglichen 
Umsatzes  der  Energie*)  zu  folgendem  Satze: 

„Ein  beliebigen  Bedingungen  unterworfenes  materielles 
System  bewege  sich  unter  Einfluss  gegebener  Kräfte,  die  ein 
Potential  haben.  Befindet  sich  dieses  System  zu  Anfang  eines 
unendlich  kleinen  Zeitelementes  t  in  Ruhe,  so  wird  unter  allen 
mit  jenen  Bewegungen  und  mit  der  Formel  des  Principes  der 
lebendigen  Kraft  verträglichen  virtuellen  Bewegungen  eine 
vorhanden  sein,  deren  lebendige  Kraft  zu  Ende  der  gegebenen 
Zeit  T  am  grossesten  ist.  Diese  letztere  wird  alsdann  die- 
jenige sein,  welche  unter  dem  Einfluss  der  gegebenen  Kräfte 
während  der  Zeit  t  in  Wirklichkeit  eintritt.** 

Wenn  es  sich  darum  handelt,  diesen  Satz,  der  übrigens 
mit  bekannten  Sätzen  über  die  Wirkung  momentaner  Kräfte 
zusammenhängt,^)  auf  den  Fall  auszudehnen,  wo  das  System 
sich  nicht  in  relativer  Ruhe  befindet,  so  wird  die  unbestimmte 


*)  C.  Neumann,  das  Ostwald 'sehe  Axiom  des  Energieumsatzes, 
Leipz.  Ber.,  p.  184  (1892). 

»)  W.  Ostwald,  Lehrbuch  d.  allg.  Chemie,  2.  Aufl.,  Bd.  2,  p.  37  (1892). 

3)  Man  vergleiche  z.  B.  J.  Routh,  Dynamik  der  Systeme  schwerer 
Körper,  übers,  v.  A.  Schepp,  Bd.  1,  p.  335  u.  fF.,  sowie  die  Noten  von 
J.  Bertrand  zur  Mecanique  analytique  (Lagrange,  Oeuvr.  Coiiipl.  XI. 
p.  311). 


54  Sitzung  der  matK-phys.  Glosse  vom  9,  Februar  1901, 

Form,  in  welcher  in  der  Mechanik  von  virtuellen  Bewegungen 
und  Verrückungen  Gebrauch  gemacht  wird,  hinderlich.  Man 
versteht  unter  solchen  bald  fingirte  Verschiebungen,  dann 
wieder  Geschwindigkeiten  oder  auch  Beschleunigungen,  welche 
den  betrachteten  Puncten  zur  Zeit  t  oder  auch  für  die  Lage, 
welche  sie  zur  Zeit  t -}-  dt  einnehmen,  zugeschrieben  werden. 
Es  beruhen  darauf  auch  die  Unklarheiten,  welche  über  manche 
Sätze,  wie  z.  B.  über  das  ebenfalls  mit  dem  obigen  Theorem 
in  engem  Zusammenhange  stehende  Princip  des  kleinsten 
Zwanges  noch  gegenwärtig  selbst  in  ausführlicheren  Lehr- 
büchern^) enthalten  sind. 

Versucht  man,  dem  obigen  Falle,  soweit  er  sich  auf  die 
Vorstellung  einer  bei  einer  virtuellen  Bewegung  erzeugten 
lebendigen  Kraft  bezieht,  eine  vollständig  klare  mecha- 
nische Bedeutung  zu  geben,  so  kommt  man  zu  folgender  An- 
schauung. 

Werden  die  Coordinaten  der  Punkte  (x,),  (y,),  (ßi)  des 
Systems  zur  Zeit  ^  =  0  ohne  Unterschied  mit  a?,,  ihre  Massen 
durch  m,,  die  auf  sie  wirkenden  Kraftcomponenten  durch  Xi 
bezeichnet,  so  dass 

^1  =  (^i)»  ^2  =  (^i)»  ^s  =  (^)i ;  ^4  =  W»  etc.  .  . 

mj  =  mj,     iWg  =  mj,    m^  =  m^  ;  .  . 
Xj  =  Xj,    Xg  =  Yj,    Xj  =  ^j  ;  .  . 

sind,  so  sind  die  DifiFerentialgleichungen  der  Bewegung*) 

1)  fnx:  =  Xt-{-:^^.l^'- 

oXi 

falls  die  Bedingungen  durch  die  Gleichungen 

99g  =  0,    s  =  1,  2  . .  ./c 

1)  Vgl.  z.  B.  W.  Schell,  Theorie  der  Bewegung  und  der  Kräfte, 
1880,  2.  Aufl.,  Bd.  2,  p.  502. 

2)  Die  Differentialquotienten  von  cc^  nach  t  sind  durch  nebengesetzte 

d  X  dl  X 

Striche  bezeichnet,  so  dass  x'  =  -j-,  x"  =  -j-^  u-  s,  w, 

at  at^ 


A.  Voss:  Ein  energetisches  Chrundgesetz  der  Mechanik.  55 

ausgedrückt  sind.     Die  lebendige  Kraft  T,  nach  Potenzen  der 
Zeit  t  entwickelt,  ist  gegeben  durch 

Man  führe  nun  das  System  unter  denselben  Kräften 
ebenfalls  aus  der  Ruhelage,  aber  unter  anderen  Bedingungen 

V^a  =  0,    ö  =  1,  2  . . . .  Z, 

welche  mit  der  Lage  der  Puncte  verträglich  sind,  und  bezeichne 
die  entstehenden  Beschleunigungen  durch  1,",  so  ist 

2)  »».  I?  =  X,  +  L /./^^i" 

C  Xi 

und  die  lebendige  Kraft  T^  gegeben  durch 

2  T,  =  ^^  £  m,  r'/  +  .  . 
Danach  wird 

2  {T-T,)  =  t^^  Mi  {x:  —  ^:f  +  2  ^^  L  m,  f;  (:x:  - 1:) 

oder,  wie  nach  1)  und  2) 

»,  w  - «) = L  (^.  :-t  - .».  ^-) 

2  (T -  T,)  =  <»  i:  m,  (ic;  -  1.-)*  f  2  <«  L  ^  I?  1?  ')• 

Der  zweite  Theil  auf  der  rechten  Seite  verschwindet  sicher 
dann,  wenn  die  virtuelle  Bewegung  so  festgesetzt  wird,  dass 
die  Bedingungen  ^„  =  0  die  Bedingungen  ^^^  =  0  vollständig 
enthalten,  also  z.  B.*)  aus  letzteren*  und  beliebigen  weiteren 
ebenfalls  von  t  unabhängigen  ausgewählt  wurden.  Unter 
diesen  Voraussetzungen  ist  daher  T  in  der  That  ein 
Maximum. 

Diese  Betrachtung  kommt  übrigens  vollständig  mit  der 
von  Herrn  Neumann  zu  Grunde  gelegten  Vorstellung  vir- 
tueller Bewegungen  überein.    Dagegen  brauchen  die  wirkenden 


*)  Alle  ^  Zeichen  erstrecken  sich  immer  auf  sämmtliche  mehr- 
fach vorkommende  Indices. 

*)  Die  Bedingungen  für  xp  sind  im  folgenden  allgemein  definirt. 


56  Sitzung  der  tnathrphys.  Classe  vom  9,  Februar  1901. 

Kräfte  keiner  Bedingung  irgend  welcher  Art  zu  unter- 
liegen/) während  allerdings  die  Bedingungen  von  der  Zeit  un- 
abhängig sein  müssen.^) 

Der  angegebene  Satz   lässt   sich  indessen    noch  erweitem. 
Er  bleibt  bestehen,  wenn  die  1/  nur  so  gewählt  sind,  dass 

ä  Xi 

einen  positiven  Werth  hat.  Dazu  ist  aber  erforderlich, 
dass  die  virtuelle  Arbeit  der  Reactionen  des  Systemes 


')  D.  h.  bis  auf  die  auch  im  folgenden  festzuhaltende  Voraussetzung, 
dass  die  Coordinaten  der  Systempunete  für  die  wirkliche  und  jede  vir- 
tuelle Bewegung  in  der  Form 

x^  +  Ait  +  B^t^  +  B^t^ 

wo  B^  den  Rest  bezeichnet,  darstellbar  sind.  Alsdann  handelt  es  sich 
auch  nicht  mehr  um  eine  unendlich  kleine,  sondern  um  eine  hinreichend 
kleine  Zeit,  während  der  die  Maximumeigenschaft  besteht. 

2)  Um  diesen  Punct  völlig  sicher  zu  stellen,  betrachte  man  etwa 
die  Bewegung  eines  einzelnen  Punctes  von  der  Masse  eins  auf  der  Fläche 
7?  ~  0,  deren  Gleichung  t  enthält  und  delinire  die  virtuelle  Bewegunjr 
durch  q>  =  0,  1/;  =  0,  wo  i/;  wieder  t  enthalten  kann.  Man  findet  dann 
vermöge  der  Gleichungen 

..«  -  V  -L.  ;  L^ 


für  den  Ausdruck 
den  Werth 


während  die  Lagrange 'sehen  Multiplicatoren  A,  //,  v  die  Gleichung 
befriedigen 

(^-  -  /O  S  [^-^J   =  V  Ij  3--  3~r 

so  dass  der  angegebene  Werth  nur  dann  verschwinden  würde,  wenn  9? 
und  1/'  t  linear  enthalten.  Der  Satz  könnte  also  nur  dann  bestehen 
bleiben,  wenn  der  Begriff  der  virtuellen  Bewegung  noch  weiter  als  noth- 
wendig  eingeschränkt  wird. 


A,  Voss:  Ein  energetisches  Grundgesetz  der  Mechanik,  57 

bei  den  |J  entsprechenden  virtuellen  Verschie- 
bungen, die  sonst  völlig  beliebig  sein  können,  einen 
positiven  Werth  besitzt. 

Auf  den  Fall,  wo  das  System  sich  bereits  in  einem 
beliebigen  Bewegungszustande  befindet,  lässt  sich  dieser 
Satz  nicht  unmittelbar  übertragen.  Auch  kann  man  mit  vir- 
tuellen Verschiebungen,  welche  lebendige  Kraft  hervoiTufen, 
jetzt  keinen  klaren  Sinn  mehr  verbinden,  und  die  Benutzung 
solcher  Vorstellungen  muss  nothwendiger  Weise  zu  Missver- 
ständnissen führen.  Trotzdem  besteht  ein  dem  obigen  Maximal- 
theorem ähnliches  aber  allgemeineres,  wenn  man  den  strengen 
Begriff  virtueller  Bewegungen  festhält,  der  im  Vorstehenden 
entwickelt  wurde.     Dies  soll  jetzt  gezeigt  werden. 

Wenn  die  Geschwindigkeiten  der  Systempuncte  Xi  zur  Zeit 
^  =  0  mit  a,  bezeichnet   werden,    so   sind  dieselben   zur  Zeit  t 

3)  -j^=-ai-^tXi+^x  i  +  .  . 

also  ist  die  lebendige  Kraft  gegeben  durch 

2  T  =  2  To  -f-  2  ^  L  X,  a,-  +  ^*  ü  m,-  {x'l  +  a,  x"i)  +  .  . 

wobei  Tq  =  ^  ]£  m,  a^  und  vermöge  der  Differentialgleichungen 
der  Bewegung 

dt  dXiO  Xk 

bei  festen  Verbindungen  (p^  wird. 

Man  kann  aber  auch  von  einer  relativen  lebendigen 
Kraft  r  sprechen,  welche  den  relativen  Geschwindig- 
keitscomponenten  x'i  —  a,  entspricht;  diese  hat  den  Werth 

4)  T  ==  2  L  nii  x'l  +  .  . 

so  dass 

fi  =  2  T—  T  =  2  To  +  2  ^  L  X,  a, 


58  Sitzung  der  math.-phys,  Classe  vom  9.  Februar  1901, 

wird.  Für  eine  virtuelle  Bewegung,  deren  Bedingungen 
^^  =  0  mit  der  Lage  des  Systems  und  jenen  Geschwin- 
digkeiten üi  verträglich  sind,  deren  Beschleunigungen  wie 
vorhin  durch  ii  bezeichnet  werden,  kann  man  daher  setzen 

Demnach  wird 

i.-ß-=?i;»,(«".'-r.-)+<'s(j.,-2f^-,-.,-|^)<.,a.+. 

Für  die  rechte  Seite  ergiebt  sich  aber  weiter  nach  den 
Gleichungen  1)  und  2) 

^  S  m,  (x:  -  s:y 

oder  wegen  der  bekannten  Identitäten 

Unter  der  Voraussetzung,  dass  die  Bedingungen  yj„  =  0 
die  Bedingungen  9?«  =  0  vollständig  unter  sich  enthalten  oder 
allgemeiner  fc  der  Functionen  \p„  in  deren  ersten  und  zweiten 
Differentialquotienten  mit  denen  der  Functionen  q)^  bezielilich 
für  die  Lage  zur  Zeit  ^  =  0  übereinstimmen,  d.  h.  h  der  Man- 
nigfaltigkeiten 1/^  =  0  die  99  =  0  beziehlich  osculiren, 
ist  aber  der  zweite  Theil  auf  der  rechten  Seite  von  5)  Null,  also 

U-Q'  =  ^~i:  mi  {x\  -  1;)^  +  . . 

beständig  positiv.  Es  ist  mithin  der  Ueberschuss  ß  der 
doppelten  lebendigen  Kraft  2  T  über  die  relative 
lebendige  Kraft  r  ein  Maximum    im  Vergleich  zu  dem 


+.. 


A.  Voss:  Ein  energetisches  Chrundgesetz  der  Mechanik.  59 

entsprechenden  Ueberschuss,  der  für  das  System  in 
derselben  hinreichend  kleinen  Zeit  bei  einer  virtuellen 
Bewegung  desselben  entsteht.*) 

Für  die  Diflferenz  2  (t  —  t,)  findet  man  nach  3)  unter  der 
Voraussetzung,  dass  die  ^^  =  0  die  cpa  =  0  vollständig  enthalten, 

dieselbe  wird  daher  nicht,  wie  Herr  Helm*)  behauptet,  der 
sich  zur  Ableitung  einer  Formel  für  diesen  Werth  virtueller 
Verschiebungen  bedient  hatte,  durch  den  Ausdruck 

t'  (S  m,  (x:  -  S:y  -  2  T,) 
dargestellt. 

Das  angegebene  Maximaltheorem  kann  übrigens  auch  noch 
unter  der  Voraussetzung  erweitert  werden,  dass  die  Bedingungs- 
gleichungen ^^  =  0  nur  mit  den  bereits  bestehenden  Geschwin- 
digkeiten verträglich  sind,  d.  h.  die  Mannigfaltigkeiten 
\p=0  die  (p  =  0  sämmtlich  für  die  Lage  bei  ^  =  0  be- 
rühren. Schreibt  man  nämlich  den  zweiten  Theil  von  5) 
(rechts)  in  der  Gestalt 

d  Xi 

so  erkennt  man  sofort: 

Jener  Ueberschuss  ist  auch  ein  Maximum  gegen- 
über allen  virtuellen  Bewegungen,  bei  denen  die  Arbeit 
der  Reactionen  des  Systems  in  Bezug  auf  die  Ab- 
weichung ^'i — x'i  der  Systempuncte  einen  positiven 
Werth  hat. 

Wir  kehren  jetzt  zu  den  engeren  Voraussetzungen  über 
die  v^a  =  0  zurück.  Da  die  Maximumeigenschaft  der  Function 
Q   für   die   wirkliche  Bewegung   characteristisch    ist,    so  muss 


^)  Bezeichnet  man  die  Geschwindigkeiten   der  Punkte   zur  Zeit  0 
and  i  durch  r^®,  r,.,  den  Winkel  desselben  durch  w^,  so  ist 

Q=  r+  £  m,.  V-  r?  cos  w,.  —  Tq. 

2)  G.  Helm,   die  Energetik  in  ihrer  geschichtlichen  Entwicklung, 
Leipz.  1898,  p.  262. 


60  Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  vom  9.  Februar  1901. 

man  auch  umgekehrt  die  Gleichungen  derselben  aus  dieser 
Eigenschaft  herleiten  können.  Wir  beweisen  daher  den  folgen- 
den Satz: 

Die  Voraussetzung  der  Maximum-Minimumeigen- 
schaft der  Function  Q  führt  zu  den  Gleichungen  der 
Bewegung,  falls  der  allgemeine  Satz  über  die  Bezieh- 
ung zwischen  kinetischer  Energie  und  Arbeit  als 
gültig  vorausgesetzt  wird,  d.  h.  die  Bedingungen  die  Zeit 
nicht  enthalten. 

Entwickelt  man  in  der  Gleichung 

0 

beiderseits  nach  Potenzen  von  t,  indem  man  für  T  seinen 
Werth  aus  3)  bildet,  so  folgt 

t  S  mtaiXi  +  - 2j  {tUiX'i  -\-  a^miX^i)  +  . .  . 

also  müssen  die  Gleichungen 

S  {niiXi  +  aimiX'i)  =  XJ  ix'  X,-  +  (^i-^f) 
gelten.     Der  Ausdruck 

wird  daher 

2  r,  +  2  <  i;  X,a,  +  I S  U  X,  +  a,  ^-^  -  ^)  +  . . 

und  soll  ein  Max. -Min.  werden,  falls  die  Bedingungsgleichungen 

2j  tni  üi  x1  ==■  ij  X,  a,- 

^^  :^l'^x:  +  i^  =  o 

dXi 

für  die  x]  bestehen.     Dies  gibt 


-4.   Voss:  Ein  energetisches  Grundgesetz  der  Mechanik,  61 

i  —  m,  Xi  =  juai  —  Äs  ^— ; 

multiplicirt   man    diese  Gleichungen   mit  den  a,  und    summirt, 
so  folgt  nach  7)  wegen 

/Lt  Xj  «4*  =   0. 

Entweder  sind  nun  alle  a,-  gleich  Null;  dann  befindet 
sich  das  System  in  relativer  Ruhe.  Oder  das  System  hat 
einen  beliebigen  Bewegungszustand,  dann  muss  /*  =  0  sein. 
In  beiden  Fällen  ergeben  sich  so  die  Gleichungen 

m,a;;  =  X,  +  SA,  ^^' 


'  d  Xi 


wie  gezeigt  werden  sollte. 

Wir  geben  dem  bewiesenen  Satze  schliesslich  noch  die 
folgende  Form: 

Die  Bewegung  eines  beliebigen  materiellen  Systems 
unter  dem  Einflüsse  irgend  welcher  Kräfte  und  unter 
festen  Verbindungen  ist  in  jedem  Augenblicke  dadurch 
characterisirt,  dass  der  Ueberschuss  der  gewöhnlichen 
Beschleunigung  der  kinetischen  Energie  des  Systems 
über  die  Beschleunigung  der  halben  relativen  kineti- 
schen Energie  desselben  für  die  wirklich  eintretende 
Bewegung  einen  grösseren  Werth  hat,  als  für  irgend 
eine  mit  den  Bedingungen  verträgliche  virtuelle  Be- 
wegung. 

Mit  allgemeinen  Gesichtspuncten  teleologischer  Art  dürfte 
sich  derselbe  in  ungezwungener  Weise  nicht  in  Verbindung 
bringen  lassen. 

Der  Satz  kann  wegen  seiner  Beschränkung  auf  feste  Ver- 
bindungen weder  das  d'Alembert'sche  noch  das  mit  letzterem 
für  Bedingungs-Gleichungen  äquivalente  Gauss'schePrincip 
ersetzen.  Für  das  letztere  erhält  man  übrigens  im  Anschluss 
an    die    entwickelten   Anschauungen    eine   Ausdrucksweise,    die 


62  Sitzung  der  math.'phys.  Glosse  vom  9.  Februar  1901. 

gewisse  Vortheile  bieten  dürfte.  Bewegt  sich  ein  Punct  des 
Systems,  der  zur  Zeit  ^  =  0  die  Coordinaten  a;^%  die  Geschwin- 
digkeitscomponenten  a«  hat,  unter  Einfluss  der  Kräfte  X,-  und 
der  Bedingungen  (ps  =  0,  so  sind  seine  Coordinaten  zur  Zeit  t 

Xi  =  x^  +  a,  ^  -[-  a;,-  2  +  . . 
und  für  eine  virtuelle  Bewegung 

•  f  rf  =  a;?  +  a.-  ^  +  f ;  2  +  . . . 

Bezeichnet  man  als  Grösse  des  Zwanges  den  mit  Hülfe 
der  freien  Bewegung  jedes  Punctes 

(a;,)  =  a;.»  +  a.<+^^  <»  +  ••• 
gebildeten  Ausdruck 

so  ist  der  Zwang  für  die  virtuelle  Bewegung 

;?,  =  X;  m,  [(a:,)  -  f  J». 

Alsdann  ist,  ohne  dass  der  BegriflF  der  virtuellen  Bewegung 
weiter  eingeschränkt  zu  werden  braucht,  als  dass  die  ersten 
und  zweiten  Differentialquotienten  nach  den  Xi  und  t  von  Ä  der 
Functionen  t/;^  =  0  beziehlich  mit  denen  der  Functionen  9?,  =  0 
für  ^  =  0  übereinstimmen,  die  Differenz  Z — Z^  für  eine 
hinreichend  kleine  Zeit  stets  negativ  oder  die  Be- 
schleunigung dritten  Grades  von  Z  ist  für  die  wirk-^ 
liehe  Bewegung  stets  kleiner  als  für  jede  virtuelle. 


63 


Sitzung  vom  2.  März  1901. 

1.  Herr  C.  v.  Kdpffer  hält  einen  Vortrag:  „Ueber  einen 
bis  jetzt  unbekannten  Gehirnnerven**.  Die  Resultate 
werden  anderweit  veröffentlicht. 

2.  Herr  J.  Rückert  berichtet  über  eine  im  Anatomischen 
Institut  München  von  Herrn  A.  Hassel  wander  ausgeführte  Unter- 
suchung: „üeber  die  Ossification  des  menschlichen 
Fussskelets". 

3.  Herr  Ad.  v.  Baeyer  spricht  über  „Aethyl  Hydroper- 
oxyd**. Die  Abhandlung  wird  an  anderer  Stelle  zur  Ver- 
öffentlichung gelangen. 


65 


Herr  J.  Rückert  berichtet  über  eine  im  Anatomischen 
Institut  München  von  Herrn  A.  Hasselwander^)  ausgeführte 
Untersuchung: 

üeber  die  Ossification  des  menschlichen  Fnssskelets. 

{SingtiaufßH  2.  Man.) 

Das  Untersuchungsmaterial  bestand  in  den  Füssen  von 
277  Föten,  Kinderleichen  und  lebenden  Kindern.  Sämmt- 
liche  Objekte,  gleichviel  ob  lebende  oder  todte,  wurden  zuerst 
mittelst  der  Röntgenphotographie  untersucht.  Daran  schloss 
sich  für  den  grösseren  Theil  des  Materials,  nämlich  die  Füsse 
von  188  Föten  und  Kinderleichen,  die  anatomische  Unter- 
suchung, die  theils  durch  makroskopische  und  mikroskopische 
Präparation,  theils  durch  einfache  Aufhellung  mittelst  der  von 
0.  Schnitze  empfohlenen  Kaliglycerinbehandlung  vorgenommen 
wurde.  Die  Kombination  des  röntgographischen  mit  dem  rein 
anatomischen  Untersuchungs verfahren  hat  den  grossen  Vortheil, 
dass  sie  Mängel,  welche  jeder  dieser  beiden  Methoden  bei 
alleiniger  Anwendung  anhaften,  beseitigt. 

Die  Ergebnisse  der  Untersuchung  sind  folgende: 

Calcaneus. 

In  mehr  als  der  Hälfte  der  Fälle  tritt  bei  4*/a — 5-monat- 
lichen  Föten  eine  dünne  periostale  Knochenscheibe  auf,  die  der 


*)  Herr  Hasselwander  wird  später  eine  ausführliche  mit  Abbil- 
dungen versehene  Darstellung  seiner  Untersuchungen  an  anderer  Stelle 
publiciren. 

1901.  Sttzangab.  d.  math.-pbys.  Gl.  5 


66  Sitzung  der  math.'phys.  Glosse  vom  2.  März  1901. 

hinteren  Hälfte  des  Processus  trochlearis  aufsitzt.  Dazu  kommt 
im  6.  Fötalmonat  der  enchondrale  Kern.  Vom  Ende  des 
6.  Monats  sind  die  beiden  Kerne  verschmolzen,  doch  weist 
die  kräftige  periostale  Schale  am  fibularen  Umfang  des  späteren 
Calcaneus-Kernes  noch  beim  Neugebornen  und  in  den  ersten 
Lebensmonaten  auf  die  geschilderte  Entstehung  hin. 

In  der  weiteren  Entwicklung  bilden  der  Calcaneus  und 
ebenso  der  Talus  sehr  frühzeitig,  nachdem  der  centrale  Kern 
das  Perichondrium  erreicht  hat,  eine  periostale  Rinde.  Hier- 
durch stehen  diese  Knochen  in  einem  Gegensatz  zu  den  übrigen 
Fusswurzelknochen,  die  erst  nach  Jahre  langem  Wachstum 
ihren  Periostknochenüberzug  erhalten. 

Talus. 

Die  Ossification  fand  sich  durchschnittlich  im  7.  Fötal- 
monat, ausnahmsweise  schon  im  6.  An  einem  Teil  der  Füsse 
tritt  die  erste  Ossification  in  Gestalt  zweier  kleiner  Knochen- 
keme  auf.  Da  diese  ofifenbar  sehr  schnell  verschmelzen,  ist  es 
möglich,  dass  die  Anlage  des  Talus  aus  2  Kernen  ein  häufiges 
Vorkommnis  ist,  obwohl  die  beiden  Kerne  nur  ab  und  zu  ge- 
trennt angetroffen  werden. 

Die  Ossification  im  Processus  posterior  beginnt  nicht  vor 
dem  7.  Jahr. 

Naviculare. 

Die  Verknöcherung  tritt  meist  mit  8^/2  Jahren  auf,  aus- 
nahmsweise schon  mit  1  Jahr  8  Monaten,  oder  fehlte  noch  mit 
4  Jahren.  Nicht  selten  entsteht  sie  in  Form  zweier  Knochen- 
kerne. 

Cunei forme  I. 

Die  Ossification  erscheint  gewöhnlich  mit  3  Jahren.  Aus- 
nahmsweise war  sie  schon  mit  1  Jahr  8  Monaten  vorhanden 
und  fehlte  noch  bei  einem  3  Jahre  2  Monate  alten  Kinde. 

Der  Knochen  legt  sich  zuweilen  aus  2  Kernen  an.     Diese 


J.  Rückert:  Ossification  des  mejischlichen  Fussskelets.  67 

liegen  über  einander,  ein  Verhalten,  welches  dem  am  fertigen 
Fuss  beschriebenen  Cuneifonne  I.  bipartitum  entspricht. 

Cuneiforme  IL 

Der  Kern  erscheint  mit  3  Jahren,  fast  gleichzeitig  mit 
dem  Cun.  I,  wahrscheinlich  ein  wenig  später.  Er  war  stets 
einheitlich. 

Cuneiforme  III. 

Die  Ossification  beginnt  gewöhnlich  im  5 — 6.  postfötalen 
Monat,  ausnahmsweise  wurde  sie  schon  im  2.  Monat  nach  der 
Geburt  gefunden  und  im  7.  noch  vermisst. 

Cuboideum 

verknöchert  nicht  vor  dem  9.,  meist  im  10.  Fötalmonat.  Nur 
einmal  unter  36  Kindern  des  1.  Lebensjahres  fand  sich  erst  im 
6.  Monat  die  Vorbereitung  zur  Ossification.  Beim  Neugebornen 
ist  der  Kern  in  etwa  50  ^/o  der  Fälle  vorhanden. 

Im  Cuboideum  entsteht  zuerst  ein  rundlicher,  zuweilen 
doppelter  Kern,  dann  ein  zweiter  lateral  gelegener,  der  den 
ersten  schalenförmig  deckt  und  später  mit  ihm  verschmilzt. 
Aus  der  Hakenform  des  vereinigten  Kerns  kann  man  nach- 
träglich noch  eine  Zeit  lang  die  Entstehung  aus  2  Stücken 
erkennen. 

Metatarsus. 

Die  Ossification  der  Diaphyse  findet  von  der  9.  Woche 
ab  statt,  wenigstens  für  einen  Teil  der  Zehen;  von  der  10.  Woche 
ab  sind  die  Ossificationspunkte  in  sämtlichen  Zehen  vorhanden. 
Die  Reihenfolge  des  Entstehens  ist  IL  III.  IV.  V.  L,  wie  schon 
einige  frühere  Autoren  richtig  angegeben  haben. 

Der  Knochenkern  der  Epiphysen  ist  durchschnittlich  mit 
3  Jahren  vorhanden,  ausnahmsweise  schon  mit  2  Jahr  4  Monaten. 
Das  älteste  Kind,  welches  ausnahmsweise  noch  keine  Epiphysen- 
keme  besass,  zählte  5  Jahre. 

An  der  grossen  Zehe,  deren  Metatarsus  bekanntlich  im 
Gegensatz  zu  dem  der  übrigen  Zehen  einen  basalen  Epiphysenkern 


68  Sitzung  der  math.-phys,  Glosse  vom  2,  März  1901, 

besitzt,  erscheint  der  Ossificationspunkt  zuerst,  dann  folgen  die 
Köpfchen-Epiphysen  11,  III,  IV  und  V. 

An  allen  denjenigen  Knorpelepiphysen,  die  einen  Knochen- 
kem  bekommen,  tritt  an  der  Grenze  zwischen  Epiphyse  und 
Diaphyse  besondei*s  intensive  Säulenknorpelbildung  auf.  Dieser 
histologische  Befund  harmoniert  mit  den  schon  von  anderen 
Autoren  durch  Messung  konstatierten  lebhafteren  Wachstum 
an  den  betreffenden  Epiphysen. 

Nach  den  bisherigen  Angaben  in  der  Litteratur  kommt 
am  Metatarsus  nur  in  der  Köpfchenepiphyse  der  grossen  Zehe 
eine  Pseudoepiphysenbildung  vor,  in  Wirklichkeit  finden  wir 
aber  diesen  Vorgang,  der  eine  Uebergangsstufe  zwischen  der 
typischen  Epiphysenbildung  und  dem  gänzlichen  Ausfall  der- 
selben vorstellt,  ab  und  zu  auch  an  den  Basalepiphysen  der 
Metatarsen,  jedoch  in  etwas  schwächerem  Masse  als  an  der 
Köpfchenepiphyse  des  Hallux. 

Phalanx  I. 

Diaphyse.  Die  Ossification  beginnt  durchschnittlich  in 
der  14.  Fötalwoche,  was  mit  der  kürzlich  gemachten  Angabe 
von  L amber tz  übereinstimmt.  Die  Schwankungsbreite  er- 
streckt sich  von  der  12.  zur  16.  Woche. 

Die  von  dem  eben  genannten  Autor  statuierte  Reihenfolge, 
nach  welcher  die  Ossification  der  Basalphalangen  zuerst  an 
der  ersten  Zehe  auftreten  und  von  da  fibularwärts  bis  zur 
V.  Zehe  fortschreiten  soll,  wurde  nicht  immer  gefunden. 

Der  Kern  der  (proximalen)  Epiphyse  tritt  gewöhnlich 
im  Vorlauf  des  3.  Jahres  auf  und  zwar  zuerst  an  den  mittleren 
Zt»hon,  zuletzt  an  den  randständigen,  mit  einer  Schwankungs- 
breite von  1  Jahr  5  Monat  bis  3  Jahren. 

Phalanx  IL 

Djiss  der  I)ia])hyseukern  an  der  Mittelphalanx  später 
auftritt,  als  an  den  übrigen  Phalangen,  ist  eine  bekannte 
Thatsache,  al)(»r  die  (irösse  des  Unterschiedes  ist  in  der  Litte- 


J.  Bückert:  Ossification  des  menschlichen  Fussskelets,  69 

ratur  für  alle  Zehen,  namentlich  für  die  V.,  viel  zu  gering 
angegeben,  und  ferner  sind  die  DiflFerenzen,  welche  zwischen 
den  einzelnen  Zehen  in  dieser  Richtung  sich  ergeben,  unge- 
nügend berücksichtigt. 

Es  zeigt  sich  in  dieser  Hinsicht  folgendes: 

An  der  IL  Zehe  erscheint  die  Ossification  der  Mittel- 
phalanx gewöhnlich  im  6.  Monat  des  Fötallebens,  ausnahms- 
weise schon  im  4.,  an  Zehe  III  im  7.  Fötalmonat,  hie  und  da 
schon  im  5.,  während  sie  im  9.  noch  fehlen  kann,  an  Zehe  IV 
ebenfalls  schon  im  7.  Fötalmonat,  jedoch  mit  einer  Schwan- 
kungsbreite vom  5.  Fötal-  bis  7.  Lebensmonat. 

Eine  besondere  Stellung  nimmt  die  Mittelphalanx  der 
V.  Zehe  ein,  insoferne  der  zeitliche  Eintritt  von  deren  Ossi- 
fication in  evidenter  Weise  davon  abhängig  ist,  ob  die  knorp- 
lige Anlage  dieses  Skeletstücks  von  dem  Knorpel  der  End- 
phalange  getrennt  oder  mit  ihm  verschmolzen  ist.  Ist  das 
erstere  der  Fall,  was  in  etwa  50®/o  der  daraufhin  untersuchten 
Kinder  und  Föten  gefunden  wurde,  so  erscheint  der  Knochen- 
kem  in  der  Diaphyse  der  Mittelphalanx  durchschnittlich  im 
10.  Fötalmonat,  ausnahmsweise  wurde  er  schon  im  7.  Monat 
des  intrauterinen  Lebens  konstatiert,  und  im  7.  Monat  nach 
der  Geburt  noch  vermisst. 

In  der  anderen  Hälfte  der  Fälle  dagegen,  in  welcher  die 
oben  genannte,  von  Pfitzner  zuerst  beschriebene  Knorpel- 
verschraelzung  vorlag,  trat  der  Kern  mit  grossen  zeitlichen 
Schwankungen  bei  den  einzelnen  Individuen  auf  und  erheblich 
später  als  bei  der  ersteren  Kategorie. 

Unter  61  untersuchten  Individuen  vom  7.  Fötalmonat  bis 
zum  Ende  des  2.  Jahres  fand  er  sich  nur  bei  6  Individuen  vor, 
darunter  einmal  schon  im  9.  Fötalmonat,  während  die  übrigen 
5  Fälle  dem  1.  und  2.  Lebensjahr  angehörten.  Konstant  vor- 
handen ist  er  erst  vom  Ende  des  3.  Lebensjahres  an.  Dieses 
verspätete  und  für  die  einzelnen  Zehen  sehr  ungleichmässige 
Auftreten  der  Ossification  in  den  Mittelphalangen  weist  auf 
eine  im  Gang  befindliche  Rückbildung  dieses  Skeletstücks  hin, 


70  Sitzung  der  mathrphys.  Classe  vom  2,  März  1901. 

die  vom  fibularen  Fussrand  aus  gegen  den  tibialen  zu  fort- 
schreitet. Am  fertigen  Fussskelet  existiert,  wie  Pf  i  t  z  n  e  r  eingehend 
gezeigt  hat,  eine  allgemeine  Neigung  der  Mittelphalangen  zur 
Verkürzung. 

Was  den  feineren  Vorgang  bei  der  Ossification  der  Mittel- 
phalangen anlangt,  so  kann  man  hier  drei  auf  die  einzelnen 
Zehen    folgendermassen   sich  verteilende  Typen   unterscheiden: 

1)  an  der  IL  Zehe  und  bei  einem  Teil  der  Füsse  an  der 

III.  Zehe,  ausnahmsweise  an  der  IV.  tritt  der  normale  Typus 
der  ßöhrenknochenbildung  auf. 

2)  An    der    III.  Zehe    in    einem    Teil    der  Fälle,    an   der 

IV.  Zehe  in  den  meisten  Fällen  erscheint  zuerst  ein  periostales 
Knochenplättchen  am  dorsalen  Umfang  der  Diaphyse,  und  geht 
von  dieser  Stelle  aus  die  enchondrale  Ossification  zapfenartig 
i^  die  Tiefe, 

3)  an  der  IV.  Zehe  in  einigen  Fällen,  und  stets  an 
der  V.  Zehe  ist  nur  ein  enchondraler  Knochenkern  vorhan- 
den, wie  Pfitzner  schon  beschrieben  hat.  Auch  in  dem 
histologischen  Verhalten  des  Ossificationsvorganges  macht  sich 
somit  eine  Abstufung  von  den  tibialen  zu  den  fibularen  Zehen 
bemerkbar. 

Die  Epiphyse  der  Mittelphalanx  fehlt  wie  Pfitzner 
gezeigt  hat  stets  an  der  V.  Zehe,  nur  in  einem  Fall  fand 
sich  eine  Pseudoepiphyse,  an  der  IL — IV.  ist  immer  eine 
Epiphyse  oder  Pseudoepiphyse  vorhanden.  Sie  treten  auf 
zwischen  2^2  und  3  Jahren,  verfrüht  schon  mit  2  Jahren,  wäh- 
rend sie  ausnahmsweise  mit  4  Jahren  9  Monaten  noch  fehlen. 

Auch  in  Bezug  auf  den  Untergang  der  echten  Epiphysen 
existiert  eine  Stufenreihe,  die  vom  tibialen  zum  fibularen  Fuss- 
rand führt;  an  der  IL  Zehe  ist  die  Entwicklung  einer  echten 
Epiphyse  die  Kegel,  an  der  III.  Zehe  ist  bei  einem  kleineren 
Teil  der  Fälle  die  Epiphyse  durch  eine  Pseudoepiphyse  ersetzt, 
an  der  IV.  Zehe  ist  dies  meist  der  Fall  und  an  der  V.  ist 
überhaupt  von  einer  Epiphysenbildung  nichts  mehr  erhalten, 
abgesehen  von  dem  seltenen  Fall  einer  Pseudoepiphysenbildung 
daselbst. 


J.  Rückert:  Ossification  des  menschlichen  Fussskelets.  71 

Phalanx  HI. 

Die  Diaphyse  der  Endphalanx  an  der  I. — IV.  Zehe  er- 
scheint zwischen  der  9.  und  11.  Fötal woche.  Ein  grösserer 
Unterschied  zwischen  diesen  4  Zehen  in  Bezug  auf  das  zeit- 
liche Auftreten  des  Kernes  besteht  nicht;  doch  kann  man  sagen, 
dass  die  fibularen  im  Allgemeinen  etwas  später  ossificieren  als 
die  tibialen  und  dass  speciell  die  erste  Zehe  den  übrigen  stets 
vorangeht,  so  dass  ihre  Endphalanx  der  zuerst  verknöchernde 
Röhrenknochen  des  Fusses  ist. 

In  der  Endphalanx  der  V.  Zehe  wurde  erst  vom  4.  Fötal- 
monat  an  ein  Knochenkern  gefunden,  doch  wurde  er  öfters 
noch  an  erheblich  älteren  Füssen  vermisst  und  zwar  dann  immer 
an  solchen,  die  eine  Verschmelzung  mit  der  Mittelphalange 
besassen.  Es  macht  sich  also  an  der  kleinen  Zehe  auch  für 
die  Endphalanx  eine  gewisse  Inconstanz  bemerkbar,  wenn  auch 
in  viel  geringerem  Grade  als  für  die  Mittelphalange.  Auch  in 
Bezug  auf  den  histologischen  Vorgang  der  Ossification  zeigt  die 
Endphalange  Schwankungen. 

Pfitzner  hat  angegeben,  dass  an  derselben  im  Gegensatz 
zu  den  übrigen  Zehen  die  Knochenbildung  auf  die  periostale 
Ossification  der  Endkappe  beschränkt  sei.  Dies  kann  aber 
höchstens  für  einen  Teil  der  Füsse  Geltung  haben,  an  denen 
sich  in  der  That  nur  die  periostale  Endkappe  vorfand,  an 
anderen,  vielleicht  der  Mehrzahl  der  Füsse,  schliesst  sich  an 
diese  Ossification  eine  enchondrale  wie  bei  Zehe  I — IV  an. 

Unter  den  Epiphysen  der  Endphalanx  nehmen  die  der 
I  und  V  eine  besondere  Stellung  ein;  es  sollen  daher  zuerst 
die  Epiphysen  der  Zehen  II — IV  besprochen  werden.  Hier  tritt 
der  Kern  durchschnittlich  im  fünften  Jahr  auf,  also  ein  wenig 
später  als  an  den  übrigen  Phalangen.  Ausnahmsweise  wurde 
er  schon  bei  3  Jahren  1  Monat  gesehen  und  in  einem  verein- 
zelten Fall  noch  mit  7  Jahren  4  Monaten  an  einer  Zehe  vermisst. 

Bei  Zehe  V  besteht  ein  durchgehender  Unterschied,  je 
nachdem  eine  Verschmelzung  der  End})ha]anx  mit  der  Mittel- 
]>halanx  existiert  oder  nicht.     Im  letzteren  Fall  tritt  der  Epi- 


ü'lcilkd.  Pl(izi'nl<iniithi!li-  r/c-v  fjiluii<]. 


T«f,-I  I. 


4^"^ 


JMI 

oR 

^«^ 

9&^ 

-•^V^ 

,i^9     '■'■■■-• 

S^^. 

'^ 

o  1 

"t 

:%"  -  . 

^c^: 

1 

1  ■  ■  ■  -  ■  ^ 

B 

'm 

\.  8itiuiigjl>.  cl.  iniilli.-plij-H.  t'l. 


72  Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  vom  2.  Mars  1901. 

physenkern  zur  gleichen  Zeit  auf,  wie  an  den  Zehen  11— IV, 
eher  noch  etwas  früher.  Im  ersteren  Fall  dagegen  fehlt  der 
Epiphysenkern  vollständig.  Es  steht  dies  in  Widerspruch  zu 
den  Angaben  Pfitzner's,  nach  welchen  der  Epiphysenkern  der 
V.  Zehe,  ohne  dass  eine  Unterscheidung  zwischen  beiden  Fällen 
gemacht  wird,  stets  erhalten  bleiben  und  gross  werden  soll. 
Es  zeigt  sich  also  an  Zehe  V  bei  Verschmelzung  der  beiden 
Phalangen  auch  an  der  Epiphyse  der  Endphalange  eine  ent- 
schiedene Rückbildungserscheinung. 

Die  Epiphyse  der  Endphalange  an  Zehe  I  steht  zu  denen 
der  übrigen  Zehen  durch  eine  auffallend  frühzeitige  Ossification 
in  einem  unvermittelten  Gegensatz.  Der  Kern  tritt  gewöhnlich 
im  3.  Lebensjahr  auf,  wiederholt  wurde  er  bei  Kindern  des 
zweiten  Jahres  konstatiert.  Bei  einem  polydactylen  Kind  von 
S^/a  Monaten  fand  sich  im  Röntgenbild  an  beiden  Füssen 
zwischen  End-  und  Grundphalange  der  grossen  Zehe  ein  kleiner 
Kern,  der  kaum  anders  denn  als  früh  aufgetretener  Epiphysen- 
kern der  Endphalange  gedeutet  werden  konnte.  Durch  dieses 
frühe  Auftreten  der  Epiphyse  unterscheidet  sich  die  Endphalange 
des  Hallux  nicht  nur  von  den  Endphalangen  der  übrigen  Zehen, 
sondern  von  sämtlichen  Röhrenknochen  des  Fusses. 

In  diesem  Befund  können  diejenigen  Forscher,  welche  am 
Daumen  und  der  Grosszehe  einen  Ausfall  der  Mittelphalange 
annehmen,  eine  ontogenetische  Unterlage  für  ihre  Ansicht  er- 
blicken, indem  sie  sich  vorstellen,  dass  die  früh  entstehende 
Epiphyse  der  Endphalanx  einer  Diaphyse  der  vermissten  Mittel- 
phalanx entspricht.  Die  Mittelphalanx  des  Hallux  würde  als- 
dann nicht  verloren  gegangen  sein,  sondern  würde,  nachdem  sie 
sich  mit  der  Endphalanx  vereinigt  —  eine  Vereinigung  wie  sie 
an  den  fibularen  Zehen,  besonders  der  V.  (vgl.  Pfitzner's 
Untersuchungen)  jetzt  noch  im  Gange  ist  —  zur  Bedeutung 
einer  Epiphyse  der  Endphalange  herabgesunken  sein.  Es  er- 
scheinen aber  solche  Schlussfolgerungen  deshalb  zum  mindesten 
verfrüht,  weil  für  die  Vorfrage,  ob  überhaupt  an  Pollex  und 
Hallux  ein  Glied  verloren  gegangen  ist,  die  vergleichend  ana- 
tomische Unterlage  fehlt. 


73 


Oeffentliche  Sitzung 

zur  Feier  des  80.  Geburtstages  Seiner  Königlichen 

Hoheit  des  Prinz-Regenten 

sowie  des  142.  Stiftungstages  der  Akademie 

am  13.  März  1901. 


Die  Sitzung  eröffnet  der  Präsident  der  Akademie,  6e- 
beimrath  Dr.  K.  A.  v.  Zittel,  mit  folgender  Ansprache: 

Königliche  Hoheiten! 
Hochgeehrte  Festversammlung! 

Noch  ist  der  Jubel,  welcher  gestern  ganz  Bayern  durch- 
braust hat,  nicht  völlig  verklungen;  noch  herrscht  in  allen 
Theilen  der  Wittelsbach'schen  Lande  eine  gehobene  Feststim- 
muDg,  gilt  es  doch  den  80.  Geburtstag  unseres  ehrwürdigen 
und  geliebten  Regenten  zu  feiern. 

Auch  die  Königl.  bayer.  Akademie  der  Wissenschaften, 
diese  ureigenste  Schöpfung  der  Witteisbacher,  wollte  nicht 
zurückbleiben,  wenn  es  sich  darum  handelte,  ihrem  erlauchten 
Protektor  die  Gefühle  der  Dankbarkeit  und  Ergebenheit  zu 
Füssen  zu  legen.  Eine  Deputation,  bestehend  aus  dem  Prä- 
sidenten und  den  Classensekretären,  welcher  sich  ein  Vertreter 
der  historischen  Commission  anschloss,  haben  Seiner  Königlichen 
Hoheit  dem  Prinz-Regenten  Luitpold  ihre  Glückwünsche  dar- 
gebracht, die  auch  in  huldvollster  Weise  entgegen  genommen 
wurden. 


74  Oeffentliche  Sitzung  vom  13.  März  1901. 

Und  in  der  That,  wenn  wir  zurückblicken  auf  die  Ent- 
wickelung  unserer  Akademie  und  der  im  General-Conservatorium 
der  wissenschaftlichen  Sammlungen  vereinigten  Museen  und 
Institute  während  der  weisen  und  erleuchteten  Regierung  unseres 
jetzigen  Protektors,  so  haben  wir  alle  Ursache  dankbar  zu  sein. 

Getreu  den  ruhmreichen  Ueberlieferungen  seiner  König- 
lichen Vorgänger  hat  auch  Seine  Königliche  Hoheit  Prinz 
Luitpold  unserer  Akademie  in  reichem  Masse  die  Unterstützung 
und  Förderung  zu  Theil  werden  lassen,  ohne  welche  sie  ihre 
wissenschaftlichen  Aufgaben  nicht  hätte  erfüllen  können. 

In  den  Jahren  1887 — 89  fand  der  Umbau  des  Wilhelmin- 
schen  Gebäudes  statt,  durch  welchen  die  Akademie  diesen 
würdigen  Festsaal,  günstig  gelegene  und  helle  Sitzungszimmer 
und  grössere  Geschäftsräume  erhielt.  Eine  durchgreifende 
Aenderung  in  der  Vertheilung  der  Localitäten  des  Wilhelminum 
gestattete  eine  Neuaufstellung  und  bessere  Anordnung  der 
Museen,  wodurch  manche  schwere  Missstände  beseitigt  oder 
doch  gemindert  wurden.  Gleichzeitig  erhielten  die  naturhisto- 
rischen Sammlungen  den  modernen  Anforderungen  der  For- 
schung und  des  Unterrichts  entsprechende  Lehr-Institute. 

Diese  Einrichtung  bedeutet  wohl  die  einschneidendste  Um- 
gestaltung, welche  unsere  wissenschaftlichen  Staatssammlungen 
erfahren  haben.  Bis  dahin  war  ihre  Benützung  eigentlich  nur 
den  Beamten  der  betreffenden  Conservatorien  und  einzelnen  be- 
günstigten Specialisten  gestattet;  mit  der  Errichtung  der  Lehr- 
Institute  aber  wurden  sie  auch  vorgeschritteneren  Studierenden 
zugänglich  und  welchen  Aufschwung  die  naturhistorischen 
Disciplinen  in  München  seitdem  genommen  haben,  geht  aus  der 
stattlichen  Anzahl  von  wissenschaftlichen  Arbeiten  hervor, 
welche  in  den  neuen  Instituten   alljährlich  ausgeführt  werden. 

Mit  warmem  Interesse  hat  unser  hoher  Protektor  das  Ge- 
deihen der  Akademie  und  der  wissenschaftlichen  Sammlungen 
des  Staates  verfolgt  und  so  oft  sich  Gelegenheit  bot,  dasselbe 
durch  allerhöchstes  Eingreifen  zu  fördern,  durften  wir  auf  das 
huldvollste  Wohlwollen  rechnen.  Auch  den  mancherlei  Stif- 
tungen und  Zuwendungen,  durch  welche  die  Akademie  in  den 


V.  Zittel:  Ansprache.  75 

letzten  Jahren  finanziell  gekräftigt  und  zu  grösseren  wissen- 
schaftlichen Unternehmungen  befähigt  wurde,  hat  Seine  König- 
liche Hoheit  stets  die  lebhafteste  Anerkennung  gezollt. 

Unbehelligt  von  äusseren  Angriffen  und  inneren  Dissidien 
war  es  der  Akademie  vergönnt  unter  der  schirmenden  Hand 
ihres  allerhöchsten  Protektors  ihre  Thätigkeit  auszuüben.  Sind 
auch  keine  besonderen  Ereignisse  in  den  letzten  zwei  Jahr- 
zehnten zu  verzeichnen,  so  war  doch  der  Fortschritt  in  ihrer 
ganzen  Entwickelung  ein  durchaus  befriedigender.  Entsprechend 
ihrer  Bestimmung  ist  sie  eine  Freistätte  der  Forschung  ge- 
blieben und  wie  unter  ihrem  erlauchten  Stifter  und  den  bis- 
herigen Königen  von  Bayern,  so  erfreut  sie  sich  auch  heute 
der  unumschränkten  geistigen  Freiheit.  Und  dies  ist  die 
werthvollste  Gabe,  welche  wir  unserem  gütigen  Schirmherm 
verdanken,  denn  nur  da,  wo  dem  Suchen  nach  Wahrheit  keine 
Hindemisse  im  Wege  stehen,  kann  ächte  Wissenschaft  gedeihen. 
Möge  sich  unsere  Akademie  noch  lange  des  Schutzes  und  der 
Huld  Seiner  Königlichen  Hoheit  des  Prinz-Regenten  Luitpold 
erfreuen ! 


Um  die  festliche  Stimmung  der  heutigen  Freudenfeier 
nicht  zu  stören,  sollen  die  Nekrologe  unserer  verstorbenen  Mit- 
glieder, sowie  die  Erinnerungsrede  auf  unseren  unvergesslichen 
früheren  Präsidenten  Geh.  Rath  von  Pettenkofer  auf  .die 
nächste  Festsitzung  im  Herbst  verschoben  werden. 


^ 


««tti^' 


> 

i.o. 


Sitzungsberichte 

der 

königl.  bayer.  Akademie  der  Wissenschaften. 


Mathematisch-physikalische  Classe. 

Sitzung;  vom  4.  Mai  1901. 

1.  Herr  W.  Dyck  legt  zwei  Abhandlungen  des  correspon- 
direnden  Mitgliedes  der  Classe,  Rektor  Dr.  Georg  Recknagel  in 
Augsburg,  vor 

a)  über  Abkühlung   geschlossener  Lufträume 
durch  Wärmeleitung, 

b)  über  Erwärmung  geschlossener  Lufträume. 

2.  Herr  H.  Seeligek  überreicht  eine  Abhandlung  des  Herrn 
Prof.  Dr.  M.  Wolf,  Direktor  der  Sternwarte  in  Heidelberg: 
^Die  Entdeckung  und  Catalogisirung  von  kleinen 
Nebelflecken  durch  die  Photographie.** 

3.  Herr  Aug.  Rothpletz  hält  einen  Vortrag  „Ueber  die 
Jodquellen  in  Tölz.** 

4.  Herr  F.  Lindemann  legt  eine  Arbeit  des  auswärtigen 
Mitgliedes  der  Classe,  Prof.  Dr.  Aurel  Voss  in  Würzburg  vor: 
, Bemerkungen  über  die  Prinzipien  der  Mechanik, 
L  Ueber  die  energetische  Begründung  der  Mechanik." 


1901.  Sitsungsb.  d.  m*th.-ph7«.  CL  6 


79 


Üeber  Abkühlung  geschlossener  Lufträume 

durch  Wärmeleitung. 

Von  G.  Becknagel. 

{King4lau/m  20,  Marx.) 

1.  Voraussetzungen.  Ein  mit  Luft  von  konstanter 
Masse  (L)  und  überall  gleich  hoher  Temperatur  (J)  erfüllter 
Raum  ist  durch  seine  Begrenzung  von  der  übrigen  Luft  voll- 
kommen abgeschlossen.  Er  kehrt  der  äusseren  freien  Luft, 
deren  Temperatur  (Ä)  konstant  angenommen  wird,  nur  eine 
homogene  Wand  (Mauer)  von  gegebener  Fläche  (F)  und  gleich- 
massiger  Dicke  (d)  zu.  Die  ganze  übrige  Begrenzung  wird  als 
wärmedicht  angenommen,  d.  h.  sie  gibt  weder  Wärme  an  die 
Luft  des  Raumes  ab,  noch  nimmt  sie  solche  von  ihr  auf. 

Denkt  man  sich  die  Mauer,  auf  deren  beiden  Grenzflächen 
die  Abscissenaxe  senkrecht  stehen  soll,  durch  Schnitte,  die  den 
Grenzflächen  parallel  geführt  sind,  in  Schichten  von  der  Dicke 
d  X  geteilt,  so  wird  angenommen,  dass  jede  einzelne  Schicht  von 
Anfang  an  durchaus  die  gleiche  Temperatur  hat,  und  dass  die 
Temperaturen  der  Schichten  von  innen  nach  aussen  stetig  ab- 
nehmen. Bezeichnet  man  die  Anfangstemperaturen  1)  der 
inneren  Luft  mit  e/^,  2)  der  Innenwand  mit  S,o,  3)  der  Aussen- 
wand  mit  lao»  4)  der  Aussenluft  mit  A  und  5)  der  Mauer- 
schicht, die  sich  in  der  Entfernung  x  von  der  Innenwand  be- 
findet, mit   [7q,  so  wird  demnach  vorausgesetzt 

e/o>J/o>   V^>%as>  A. 
H  TT 

Femer    Uq  =  f(x)  und  -^—^  durchaus  negativ. 

Cv  X 


it* 


80  Sitzung  der  math.-phys.  Glosse  vom  4.  Mai  19Ö1. 

Es  soll  untersucht  werden,  wie  sich  von  diesem  «Anfangs- 
zustande**  aus  im  Laufe  der  Zeit  (Z)  die  Temperaturen  J  der 
Innenluft,  Xt  der  Innenwand,  U  der  Mauerschicht  im  Abstände 
X,  Xa  der  Aussenwand  verändern,  und  wieviel  Wärme  in  ge- 
gebener Zeit  an  die  Aussenluft  verloren  geht.  Die  genannten 
vier  Temperaturen  sind  somit  als  Funktionen  der  Zeit  zu 
denken,  und  diese  Funktionen  sollen  ermittelt  werden.^) 

2.  Die  Grundlage  der  folgenden  Rechnung  gibt  der  Satz: 

die  Wärmemenge,    welche   in   der  Zeiteinheit   aus  der  Schicht 

{x,  U)   in  die  Schicht  {x  -^  dx,   U — d  U)  übergeht,    ist  dem 

Temperaturgefälle 

_dU 

dx 

proportional. 

Die  Wärmemenge,  die  man  dem  Temperaturgefalle  ak 
Faktor  beizugeben  hat,  um  die  in  der  Zeiteinheit  übergehenden 
Kalorien  zu  erhalten,  hängt  von  der  Grösse  der  gewählten 
Zeiteinheit,  von  der  Grösse  der  Wandfläche  und  vom  Material 
der  Mauer  ab.  Nimmt  man  als  Zeiteinheit  die  Stunde,  als 
Wandfläche  ein  Quadratmeter,  so  heisst  der  dem  Temperatur- 
gefalle beizugebende  Faktor  k  das  innere  Leitungsver- 
mögen des  betrefienden  Materials. 

Demnach  ist  die  bei  dem  Gefälle  I  —  -r—  j  in  der  Stunde 

^)  Es  werden  dabei  die  Hilfsmittel  benützt,  welche  Fonrier  in  der 
Theorie  analytique  de  la  Chaleur  gibt.  Doch  darf  bemerkt  werden,  dass 
Fourier  den  Fall  einer  veriablen  Lufttemperatur  überhaupt  nicht 
behandelt  hat,  und  dass  das  von  ihm  Gebotene  für  diesen  Fall  nicht 
auHreicht.  Von  späteren  Arbeiten  in  dieser  Richtung  ist  mir  durch 
Byorly,  An  Elem.  treatise  on  Fourier's  Series  etc.  S.  123  bekannt,  dass 
E.  W.  Ho])son  das  Problem  behandelt  hat:  die  Wärmebewegung  in 
einem  unendlich  langen  festen  Körper  von  der  Anfangstemperatur  Null 
zu  ennitteln.  wenn  eine  ebene  Grenzfläche  derselben  an  Luft  grenzt, 
deren  Temperatur  eine  gegebene  Funktion  der  Zeit  ist.  Der 
von  IJjerly  gegebenen  Probe  nach  zu  urteilen,  erfolgt  die  Behandlung 

durch  das  ebenfalls  von  Fourier  eingeführte  J  e       d«,  dessen  Grenzen 

den  Bedingungen  des  Problems  angepasst  werden. 


G,  Beclcnagel:  Abkühlung  geschlossener  Lufträume.  81 

durch  1  Quadratmeter  des  Querschnittes  (x,  U)  einer  Mauer 
vom  inneren  Leitungsvermögen  k  gehende  Wärmemenge 

—  k  -^—  Kalorien.*) 

3.  Indem  man  von  der  Wärmemenge,  welche  in  der  Zeit 
djs;  in  die  Schicht  (a;,  U)  von  der  Dicke  d  x  eintritt,  die  gleich- 
zeitig   austretende   Wärmemenge    subtrahiert,    bleibt    die    zur 

J  TT 

Temperaturerhöhung  -r-  d  z   der   Schicht   verwendete  Wärme 

Cli  z 

übrig,  für  welche  man  mittelst  eben  dieser  Temperaturerhöhung 
noch  einen  zweiten  Ausdruck  gewinnt.  Durch  Vergleichung 
beider  erhält  man  die  Differenzialgleichung 

dJJ ^    X    d^ü 

dz       sw  dx^^  ^  ^ 

in    welcher  S  das  Gewicht   eines   Kubikmeters  Mauer,   w   die 

Wärmekapazität    des    Materials    bezeichnet.*)     Statt  wird 

künftig  X  geschrieben. 

4.  Dieser  DiflFerenzialgleichung  genügt  die  Funktion 

U  =  Ä-]-  (acosmx  -{-  bsinmx)  e^"*"*^.  (U) 

Dieselbe  enthält  die  drei  Konstanten  m,  a,  6,  mittelst  deren 
man  den  Eigentümlichkeiten  des  Problems  gerecht  werden 
kann,  und  überdies  die  Annahme,  dass  sich  mit  unendlich 
wachsender  Zeit  die  Temperatur  der  Mauer  überall  der  kon- 
stanten Temperatur  der  äusseren  Luft  nähert.*) 

5.  Ei nführungderEigentümlichkeiten  desProblems. 
Die  Wärmemenge,  welche  in  der  Zeiteinheit  von  der  Aussen- 
wand  {F)  der  Mauer  abgeht,  nämlich 


^)  Fourier,  Chap.  I  Nr,  72  und  an  anderen  Orten. 

2)  Fourier,  Chap.  II  Nr.  142. 

8)  Fourier,  Chap.  IV  Nr.  239  und  ff. 


82  Sitzung  der  mathrphys,  Glosse  vom  4.  Mai  1901. 

(wobei  Ag  den  äusseren  Leitungskoeffizienten  der  Aussenwand 
bezeichnet),  ist  der  Wärmemenge  gleich,  welche  in  derselben 
Zeit  durch  die  äusserste  Schicht  der  Mauer  geht,  nämlich 

dU 


—  Fl 


dx 


wobei   durch   den   Index   6    angedeutet   werden   soll,    dass   in 

/7  TT 

~  der  Grenzwert  d  an  die  Stelle  von  x  gesetzt  werden  soll.*) 

Cv  X 

Die  Gleichung 


(J„-^)A,  =  — A 


dU 


(UI) 


dx 

geht  durch  Substitution  aus  11  ( f7  =  2^«   für  x=^  S)  über  in 

Ag  {a  cos  m  d  -Y  h  sin  m  S)  =  Xm{a^\nm  d  —  6  cos  m  S).    (IV) 

Man  erhält  so  die  erste  Beziehung  zwischen  den  ein- 
geführten Konstanten  a,  6,  m,  den  Leitungsvermögen  A,  \  und 
der  Mauerstärke  d. 

Dividiert  man  durch  ka  cos  m  5,  schreibt  p^  für  ~,  )8  für 

A 

—  und  löst  nach  tani/  m  5  auf,  so  erhält  man 
a 

tangm(J=-^»-'t^^  (IV  a) 

^^  —  ßP2 

Denkt  man  sich  ß  bestimmt,  so  ergeben  sich  hieraus 
unendlich  viele  Werte  von  m  von  der  Form 

worin  nach  und  nach  für  n  alle  ganzen  positiven  Zahlen  von 
1  bis  CO  zu  setzen  sind,  während  yn  als  ächter  Bruch  ge- 
dacht ist. 

Es  ist  demnach  eine  Erweiterung  der  Gleichung  II  vorzu- 
nehmen, so  dass  rechts  eine  unendliche  Reihe  von  Gliedern 
auftritt,  die  dem  ersten  konform  gebildet  sind. 


»)  Fourier,  Chap.  II  Nr.  146—154. 


G.  Becknagel:  Abkühlung  gesclüosscncr  Lufträume, 


83 


U  =^  Ä  -\-  {a^  cos  m,  a;  -f  6,  sin  m,  x)  e'*""'!^ 

-f  (a,  cos  lAij  ^  +  &ä  ^^^  ^^2  ^)  e"'*'"-i^ 
+ 


-j-  (a„  cos  mn  a:  -f  6h  sin  m^  a?)  e 


—  Htn^z 


(IIa) 


Zur  Abkürzung   soll   im  Folgenden   e,   für  c-»«*"!^,  e^  f^^*" 
f,-xm^z^  e„  für  e"**"*»^  geschrieben  werden. 

6.  Fortsetzung.    Wie  für  die  Aussen  wand  so  gilt  analog 
auch  für  die  Innenwand  die  Gleichung 


(j-%)h,  =  -x 


dU 

dx 


0 


(V) 


welche  aussagt,  dass  die  in  der  Zeiteinheit  vom  Quadratmeter 
aufgenommene  Wärme  {J — JO^n  derjenigen  gleich  ist,  die 
gleichzeitig  durch  die  innerste  Mauerschicht,  ihrem  Temperatur- 
gefsille  und  ihrer  Leitungsfähigkeit  gemäss,  in  die  Mauer 
eindringt. 

Setzt  man  in  Gl.  (II  a)  a:  =  0,  so  geht  U  in  I,  über,  und 
es  wird 


nrzOB 


N=l 

Ferner  ist 


dU 
dx 


=  £  (&H  m„  e„). 

0  M=l 


Durch    Substitution    dieser  Werte    in    Gl.  V    erhält    man 
einen  Ausdruck   für  die  Temperatur  J  der  Innenluft,   nämlich 


(j  =i^»  gesetzt j 


oder 


(Va) 


84 


Sitzung  der  math.-phys,  Glosse  vom  4.  Mai  1901, 


Ein   zweiter  Ausdruck    für   die   Temperatur   J  wird  auf 
folgende  Weise  gefunden. 

Bezeichnet   man   mit  ( —  d  J)  die  Aenderung,   welche  die 

Temperatur  J  in  der  Zeit  dz  dadurch  erfährt,   dass  der  Luft 

die   Wärmemenge 

dU 

dx 


—  X 


Fdz 


entzogen   wird,   mit  L  die  (konstant  angenommene)  Masse  der 
eingeschlossenen  Luft,  mit  c  ihre  Wärmekapazität,  so  ist 

dU 


was  sich,  da 


—  dJLc  =  —  X 
dU 


dx 


Fdz, 


0 


dx 
integrieren  lässt. 

Da  für  ^=0,  J=Jq,  erhält  man 

m 


eine  Funktion  der  Zeit  Z  allein  ist,  sofort 


(J,-J)Lc=^^-^ 


^(e„-l)]. 


Erinnert  man  sich  an  den  Wert   von  tc  = ,   dividiert 


sw 


beiderseits  durch  Fsw  und  setzt  den   im  allgemeinen  kleinen 

Bruch  -^, — -  =  o,  so  erhält  man  die  Form 
1'  sw       ^ 


(J^-J)g  =  J^ 


(^H  —   1) 


(VI) 


Nach  Gl.  (Va)  geht  J  {\lv  Z=oo  oder  e»  =  0  in  ^  über. 
Somit  gilt  auch 

(/o-^).  =  -£(^)  (6) 

Zieht  man  Gl.  VI  von  61.  (6)  ab,  so  bleibt 


Q 


(Via) 


Da    nun    die    beiden    Ausdrücke    für    die   Temperatur  J, 
welche  die  Innenluft  zur  Zeit  Z  hat,  identisch  sein  müssen,  so 


G.  Becknagel:  Abkühlung  geschlossener  Lufträume.  85 

folgt    aus  (Va)    und   (Via)    die    Gleichheit    der    Koeffizienten 
beider  Reihen: 

1  .  K 

an On  mn  =  — 


Pl  Q  Wh 

und  somit  eine  zweite  Beziehung  zwischen  den  eingeführten 
Konstanten  a,  6,  m,  welche  alsbald  in  der  Form  ( ~  =  i^n ) 

Verwendung  finden  wird. 

7.  Berechnung  der  m.    Indem  man  aus  (VII)  in  (Via) 
substituiert,  erhält  man 

Q  (w*  +  n) 


m  tang  m  d  =  p^  — 


wo  m  die  einzige  Unbekannte  ist. 


Cl-)' 


^^  m  =  (2(«-l)  +  j')^, 

SO  wird  allgemein 

tang  m  6  =  tang  (  ^  ^ ) . 

Da  d  bekannt  und  n  die  gewählte  Ordnungszahl  der 
m  ist,  so  ist  auch  im  Werte  von  m  der  Bruch  y  die  Un- 
bekannte, und  z.  B.  für  d  =  \  Meter  das  dritte  m  von  der 
Form 

Diese  Einführung  des  y  bietet  den  Vorteil,  dass  bei  Ver- 
suchen mit  nahe  liegenden  Werten  von  y  die  rechte  Seite  nur 
geringen  Aenderungen  unterliegt,  während  die  linke  Seite  sehr 
empfindlich  reagiert. 

8.  Berechnung  der  a.     In  der  Reihe 

nsscD 

n 

U —  -4  =B  S  [a»  (cos  m„  x  +  ß„  sin  m„  x)  e~ '*'"»•  ^J 


86  Sitzung  der  math.-phys,  Glosse  vom  4.  Mai  1901. 

können  nun  die  m  und  ß  aus  den  Konstanten  des  Problems 
(//,,  A^»  ^1  ^1  Q)  berechnet  werden.  Es  erübrigt  noch,  die  Ko- 
effizienten a  zu  bestimmen,  was  dadurch  geschieht,  dass  man 
den  „Anfangszustand*,  d.  h.  die  Funktion  von  x^  durch  welche 
der  Ueberschuss  der  Anfangstemperatur  TJq  der  Mauer  über  A 
gegeben  ist,  durch  die  Reihe 


11=  » 


Uq  —  A=  ^  [an  (cos  nin  x  -{-  ßn  sin  m„  x)]  (VIII) 

n=l 

darstellt.     Hiefür    stehen    noch   die   Koeffizienten   a    zur  Ver- 
fügung.») 


^)  Fourier  hat  für  solche  Darstellungen  eine  Methode  angegeben, 
die  ich  am  ausführlichsten  Chap.  VI  Nr.  315  und  316  beschrieben  finde, 
wo  sie  verwendet  wird,  um  den  Anfangszustand  eines  unendlich  langen 
Cylinders  darzustellen.  Auf  den  vorliegenden  Fall  übertragen,  würde  die 
Vorschrift  etwa  so  lauten :  Es  sei  Uq  —  Ä^  f{x)  und  cos  nin  x  +  ßu  sin  w«  x 
mit  Mji  bezeichnet,  so  soll  durch  geeignete  Bestimmung  der  a  werden 

f(x)  =  aj  Wi  +  «2  ^'2  +  ^8  ^'a  + öfw  t*«  +  . . . 

„Um  den  ersten  Koeffizienten  (^i)  zu  bestimmen,  multipliziere  man 
jedes  Glied  der  Gleichung  mit  a^dx,  wobei  oi  eine  Funktion  von  x  ist, 
und  integriere  dann  von  x  =  0  bis  x  =  d.  Die  Funktion  oi  ist  so  zu 
bestimmen,  dass  nach  Ausführung  der  Integrationen  die  rechte  Seite  der 
Gleichung  sich  auf  das  erste  Glied  reduziert,  d.  h.  dass  alle  übrigen  In- 
tegrale Null  werden.     Um  den   zweiten  Koeffizienten  «a   zu  bestimmen, 

multipliziert  man  mit  o^dx  etc/ „Es  handelt  sich  jetzt  darum, 

die  Funktionen  öj,  o^  . . .  zu  finden.*  Fourier  gibt  hiefür  in  Nr.  316  eine 
Anleitung,  die  sich  zwar  auf  das  spezielle  Problem  des  Cylinders  bezieht, 
aber  leicht  auf  andere  Fälle  übertragen  werden  kann. 

Ein  übersichtliches  Beispiel  hiezu  findet  man  Chap.  V  Nr.  291,  wo 
der  Anfangszustand  Fi-r)  einer  Kugel  durch  die  Reihe 

F(x)  =  -  («1  sin  ^?i  »r  +  «2  sin  Wj x-]-  a^sinn^x , , .) 

dargestellt  werden  soll,  und  die  n  ebenso  wie  meine  m  die  Wurzeln  einer 


transscendenten  Gleichung 


n  X  1     .  . 

, ^ — ^  =1  —  hX\  sind,  die  ähnlich  wie 

tang  n  X  \ 

Gl.  (IV a)  durch  Vergleichung  der  von  der  Oberfläche  abgehenden  mit  der 

aus  der  äussersten  Kugel  schiebt  heraus  dringenden  Wärme  gefunden  ist. 

(X  ist  der  Kugelradius.)     Fourier   multipliziert,    um   a^  zu  bestimmen, 

mit  X  sin  »i  x^  integriert  zwischen  den  Grenzen  0  und  X,  und  kann  mit- 


G»  Recknagel:  Abkühlung  geschlossener  Lufträume.  87 

Um  den  Koeffizienten  «,  zu  bestimmen,  multipliziert 
man  beide  Seiten  der  Gl.  VIII  mit 

(cos  mrX  -^^  ßr  sin  m,.  x)dx 

und  integriert  zwischen  den  Grenzen  0  und  d. 

Links  erhält   man   eine  Funktion  von   Wr,  3  . . .,   die   mit 
9^(m,)  bezeichnet  werden  soll: 

(p  (nir)  =  f  (  f^o  —  -^)  (^^^  *^'»'  ^  "^  ßr  sin  rur  x)dx, 

0 

Kechts  erhält  man  eine  unendliche  Reihe,  deren  allgemeines 
(u^-«)  Glied: 

f^  =  a„  f  (cos  nir  X  -j-  ßr  sin  nir  x)  (cos  w„  x  +  /^i*  sin  m„  x)dx 

0 

untersucht  werden  soll. 

Das  unbestimmte  Integi*al  bringt  man  leicht  auf  die  Form : 

- { ttir  sm  nir  X  cos  niu  x  —  m„  cos  m,  x  sm  m„  x 

in}  —  mi  l 

—  ßr  (w,.  cos  wi,.  X  COS  m„  :z:  -f-  w^„  sin  mr «;  sin  lUn  x) 
-|-  /S„  (m^  sin  m,  a:  sin  m„  x  -|-  wi„  cos  m^  Jt  cos  m„  a;) 

—  ßr  ßti  (wr  cos  m,.  X  siu  !//„  o:  —  nin  sin  m».  a;  cos  /h»  a;)  J 


telst  der  transscendenten  Gleichung  nachweisen,  dass  rechts  klle  Integrale 
vorschwinden  bis  auf  das  erste. 

In  ganz  analoger  Weise  führt  die  Methode  Fouriers  zuni  Ziel,  wenn 
man  sich  im  vorliegenden  Probleme  auf  die  Annäherung  beschränkt,  die 
man  unter  Ausseracht lassung  des  Einflusses  der  Luft  (/?  =  0)  tewnnnt. 

Die  Schwierigkeit  der  hier  behandelten  Aufgabe  fand  ich  darin, 
dass  für  Ml  =  cos  wij  a;  + /?j  sin  M/j  j;  eine  Funktion,  welche  die  Rolle  des 
obigen  o^  oder  des  beispielsweisen  xsuiv^x  übernehmen  konnte,  nicht 
zu  ermitteln  war.  Am  günstigsten  gestaltete  sich  «lie  Kechni^ng  für 
Ol  -=  t/|.  Zwar  verschwanden  die  Integrale  auf  der  rechten  Seite  nicht, 
8on<leni  bildeten  jedesmal  eine  unendliche  Reihe  bestimmter  mit  den 
Koeffizienten  a  multiplizierter  (irössen.  Die  Lösung  gelang  aber  dadurch, 
ilass  die  Summe  dieser  Reihe  angegeben  werden  konnte.  Der  Text  gibt 
die  detaillierten  Nachweise. 


88  Sitzung  der  m(Uh,-phys.  Glosse  vom  4,  Mai  1901. 

daraus  folgt: 

tn  =  — 2 — - — ^  l  ^r  sin  ntr  d  cos  nind  —  m»  cos  mr  d  sin  m^  d 
Dir  —  m^  K 

—  ßr  (m,  cos  Mr  d  COS  Mn  ^  +  m„  sin  nif  d  sin  wi»  S) 
-J-  ßn  (^r  sin  Mr  6  sin  nin  d  4"  Wh  COS  Wir  ^  COS  m»  <5) 
— ßr  ßu  {^r  COS  My  S  sin  w„  <5 — m«  sin  mr  3  cos  Wn  ^)  1 

^r  Wr  —  ßn  Wh 

m'  —  mi 

Es  lässt  sich  nachweisen,  dass  der  Ausdruck  in  {}  Null  ist. 
Gemäss  Gl.  (IV)  ist  fiir  jedes  m  und  das  zugehörige  ß 

m  (sin  m  d  —  ß  cos  m  S) Ä^ 

cos  md  -\-  ßsinmd  X  ' 

Somit 

tUr  (sin  nir  d  —  ßr  cos  ntr  S) nin  (sin  nind  —  ßn  cos  nin  d) 

cos  ntr  ^  -]-  ßr  sin  m^  ö  cos  wtn  ^  +  /8h  sin  nt«  d 

Führt  man  hier  die  Multiplikation  mit  dem  Produkte  der 
Nenner  aus  und  ordnet  nach  den  ß,  so  erhält  man  das  Be- 
hauptete :  { }  =  0 . 

Es  verschwindet  somit  in  jedem  Gliede  (ßn),  in  welchem 
m„  von  nir  verschieden  ist,  der  erste  Summand,  und  er- 
hält sich  nur  in  dem  einen  Gliede  tr,  in  welchem  wegen 
n  =  r  auch  der  Nenner  nir  —  ^i  zu  Null  wird,  in  der  unbe- 
stimmten Form  g,  deren  wirklicher  Wert  noch  zu  bestimmen 
ist  und  vorläufig  durch  a,.  Q  bezeichnet  werden  soll. 

Der  zweite  Summand  von  tni 

ßr  nir ßn  ^n 


a. 


nir  Wn 


wird  von  dem  Nenner  nir  —  ^n  frei,    wenn   man   aus  Gl.  VII 
die  Werte  der  ß,  nämlich 

o  QPi^r        f.  Q  Pi  nin 

Pi  —  Q  ni}  Pi  —  Qmi 

einsetzt,  und  erhält  die  Form: 


Q.  BeckfMgel:  Abkühlung  geschlossener  Lufträume.  89 


anQPi 


(Qm}—p,)(Qmi—p,) 

^ Pl (  _      CinPt  q\ 

Pl  —  Q^f      \       Pi—Q  '^nj 

Qmr    \       rrin  J  Qmr\     ntn) 

Somit  gilt  die  Gleichung 

^  ^  Qnir\     m^      m^  nir  m^      ) 

er 

Nun  ist  aber  nach  Gl.  (6) 

e  Summe  der  Reihe  ^1 ^  1.     Folglich  wird 

^(nir)  =  arQ  +  ^{J,-A).  (IX) 

Es  ist  noch  Q  zu  bestimmen. 

In  der  Reihe  -^  V]  ( **  1  ist  auch  der  zweite  Summand 


gm, 
s  Gliedes  ^r  enthalten,  nämlich 


Qmr\     mj  Q  m}  ' 

dass  der  volle  Wert  desselben  ist 


90  Sitzung  der  matK-phys,  Classe  vom  4,  Mai  1901, 

Andererseits  ist  (unter  Benützung  von  61.  \Y) 

t^.  =  ür  f  (cos  nir  X  -{-  ßr  siu  Wi^  X^  d  X 

0 


=  a. 


:'-t^+o+fe''.)-- 


sin  nir  d    cos  (m,.  d  —  cp,) 


(X) 


2  mr  cos  <p 

wobei  ßr  =  tang  99,.  gesetzt  ist. 

Schreibt  man  zur  Abkürzung  für  das  mit  a^  multiplizierte 
Integral  das  Zeichen  Br^  so  dass 

so  folgt  nun  Q  aus 

ür  Br  =  arQ  —  —  [^] 


e = a + 1  (&)'. 


Nach  Substitution  dieses  Ausdruckes   in  IX   wird  der  ge- 
suchte Koeffizient 

'"r  /VT\ 


9.  Zusammenstellung  der  Resultate. 

1)  Für  die  Temperatur  f^,  welche  die  im  Abstände  x  von 
der  Innenwand  befindliche  Schicht  der  Mauer  zur  Zeit  Z  be- 
sitzt, gilt 

tl=  OD 

U  —  J.  =  S  [(In  (cos  nin  X  -J-  ßn  siu  niu  x)  e""*"»*  ^] . 


Zunächst  sind  die  m  nach  dem  in  Nr.  7  angegebenen  Ver- 
fahren zu  berechnen,  worauf  die  ß  aus  Nr.  6,  Gl.  VII  erhalten 
werden. 


O.  Mecknagel:  Abhiihlung  gesddossener  Lufträume. 


91 


Schliesslich  erhält  man  die  a,  wenn  der  Anfangszustand 
{Üq  —  A)  der  Mauer  und  die  anfängliche  Temperatur  (c/„)  der 
eingeschlossenen  Luft  bekannt  sind,  aus  Nr.  8  61.  X 

ßn 


a„  = 


Q    \mnl 


wobei 


^  (w„)  =  f  (  f  7^  —  A)  (cos  m„  X  -{-  ßn  sin  7W„  x)dx 


Ü 
6 


jBm  =  f  (cos  m^  X  +  ßn  sin  m„  x^  dx. 

0 

2)  Daran  reihen  sich  als  besondere  Fälle:  die  Temperatur 
%„  der  Aussenwand  (a:  =  d): 

Za  =  A-\-^  [a„  (cos  w„  ö  +  /8„  sin  m„  S)  c-''*^u'^\ 

und  die  Temperatur  J,  der  Innenwand  (a:  =  0): 

3)  Die  Temperatur  (J)  der  Innenluft  ist  nach  Gl.  Via: 


j=A--i: 


Q 


ßn  -xmlZ 


4)  Die   in   der   Zeit   Z   an   die    äussere   Luft    abgegebene 
Wjlmie    V  (der  Wärmeverlust)  ist  gegeben  durch 

V=j{^a  —  A)h^Fdj^. 


0 


Durch  Ausführung  der  Integration  w^rd 

V  =  -^ —  L     —^  (cos  nin  d  4-  ^„  sin  w?„  (5) 


h^F 


cos  m„  ^  +  ^n  sin  w?„  d)  e   '*"*♦• 


und    es   stellt   der  Minuend    die   ursprünglich   in    dem  Objekte 
(Innenluft  und  Aussenmauer)  über  dem  Temperaturniveau 


en 


92  Sitzung  der  mathrphys,  Glosse  vom  4,  Mai  1901. 

A  enthaltene  Wärme  dar,  während  der  Subtrahend  aussagt, 
wieviel  von  dieser  Wärme  zur  Zeit  Z  noch  vorhanden  ist. 

10.  Anwendungen.  Als  Anfangszustand  des  Ab- 
kühlungsprozesses bietet  das  grösste  Interesse  der  Dauer- 
zustand, in  welchem  sich  ein  vollkommen  durchgeheiztes 
Zimmer  befindet. 

Im  Dauerzustande  f  -j-^  =  0  j  gelten  die  Beziehung 

A,  (Jo  -  Xu)  =  A  ^ÜL=L^«1  =  h,  (J..  -  A) 

und,    insofern  er  als  Anfangszustand    des  Abkühlungsprozesses 
angenommen  wird 

oder  j^         .       ,^  .        !E,o  —  2^ao 

Dabei  ist 

-  +  - 

J,„  -A  =  {J,  -  A)  ^^'*- 


1 

.  fi 

1  • 

K 

+  1 
1 

X 

+ 

K 

Führt  man  die  einfachere  Bezeichnung  ein 

U^  —  A  =  C  —  Dx, 
so  wird  in  Nr.  9.  1) 

qy  (mt.)  =  J*  {C  —  B  x)  (cos  m„  x  -f  ßn  sin  m^x)dx, 

0 

C 
=  —  (^w  +  sin  7nn  (5  —  jff„  cos  nin  S) 

i  [ —  1  +  ^^^n  ^  (sin  w?„  5  —  ßn  cos  m«  i) 

+  (cos  t?^»  ^  +  i^n  sin  tUn  ^)], 


G.  BeckncLgel:  Abkühlung  geschlossener  Lufträume. 


93 


was  mit  Hilfe  der  61.  IV  auf 


D  +  ninßnC 


ml 


zurückgefQhii  werden  kann. 

11.  Als  Beispiel  für  numerische  Rechnung  sei  ein  Zimmer 
gewählt  von  5  m  Länge,  5  m  Breite,  4  m  Höhe,  welches  eine 
Wand  von  5  •  4  =  20  qm  Fläche  und  0,25  m  Dicke  der  freien 
Luft  zukehrt.  Die  Wand  ist  von  Backsteinmauerwerk,  so  dass 
k  =  0,7,  Äj  =  6  und  unter  der  Annahme  von  Windstille  auch 
A,  =  6   angenommen   werden  darf.     Ferner   ist  S  =  1800  kg, 


w  =  0,2,  also  X  = 


3600' 


cL 

Fsw 


wurde  zu  0,004   ange- 


nommen. 


Wenn  man  kleinere  Werte  als  1  (1  Stunde)  für  Z  nicht 
heranziehen  will,  genügen  6  Glieder  der  Reihe  in  Nr.  9.  1), 
um  die  Temperaturen  auf  0,1®  Geis,  genau  zu  berechnen.  Die 
bezüglichen  Koeffizienten  sind  in  folgender  Tabelle  zusammen- 
gestellt. 


m 

<nia 

ß 

a 

(1) 

4,38 

620    9' 

-  0,01751 

0,63894  {Jo~A) 

(2) 

14,45 

ISO**  4-270   0' 

—  0,06407 

0,07651 

(3) 

25,82 

3600+   9050' 

-  0,1499 

0,03235 

(4) 

37,04 

540«        90  20' 

—  0,4120 

0,02395 

(5) 

45,48 

720«       680  32' 

—  5,213 

+  0,00407 

(C) 

53,24 

7200  +  420  34' 

+  0,6636 

—  0,01000 

12.  Nimmt  man  JJ,  =  -j-  20®,  -4  =  —  20^  so  berechnen 
sich  die  Temperaturen,  welche  die  Innenluft,  die  Innenwand, 
einzelne  Mauerschichten  und  die  Aussenwand  nach  Verlauf  von 
1,  2,  10  Stunden  besitzen,  wie  folgt: 


1901.  Siizangsb.  d.  maih.-phys.  Gl 


94 


Sitzung  der  math.-/hys.  Glosse  vom  4.  Mai  1901. 


Abstand    , 
von  der 
Innenwand 

Ursprung]. 
Temperatur 

1 

1 

Temperatur 
nach       ' 
1  Stunde 

Temperatur 

nach 
2  Stunden 

Temperatur 

nach 
10  Stunden 

w 

(^i) 

W 

(J«i 

Innenluft 

+  20 

7.8 

5,e 

-   2,1 

X 

1^0 

Ui 

^2 

t^.0 

0 

10,35 

7,1 

5,2 

—    2,2    (Innenwand) 

0,2  5 

G,2 

5,4 

4,1 

-    2,7 

0,4  5 

2,1 

1,9 

0,9 

-    4,0 

0,7  5 

-   4,1 

-    4,1 

-    4,2 

-    7,4 

d 

—  10,35 

—  10,35 

—  10,5 

—  12,2    (Aussenwund 

Es  ist  bemerkenswert,  dass  die  Temperaturen  der  Innen- 
luft und  der  Innenwand,  die  für  die  Bewohner  von  unmittel- 
barem Interesse  sind,  nach  Abstellung  der  Heizung  sehr  rasch 
abnehmen,  während  die  Temperatur  der  Aussenwand  eine  zähe 
Ausdauer  zeigt.  Sie  sinkt  in  10  Stunden  um  nicht  ganz  2^ 
während  die  Zimmerluft  um  mehr  als  22®,  die  Innenwand  um 
12V2^  kälter  wird. 

Der  auch  nach  Abstellung  der  Heizung  in  der  früheren 
Richtung  fortfliessende  Wärmestrom  verhält  sich  demnach  wie 
ein  Wasserlauf,  der  in  seinem  Oberlaufe  durch  eine  Schleusse 
abgesperrt  wird.  Während  hier  alsbald  Ebbe  eintritt,  erleidet 
die  Stromstärke  im  Unterlaufe  noch  längere  Zeit  hindurch  keine 
erhebliche  Aenderung. 

Damit  in  Zusammenhang  steht  das  Rechnungsergebnis 
Nr.  9.  4),  welches  für  den  gesamten  Wärmeverlust  in  10  Stunden 

10888  Kalorien 

gibt,  nicht  viel  weniger  als  die  Wärmemenge  von 

11600  Kalorien, 

welche    man   hätte   aufwenden    müssen,    um  den  Dauerzustand 
in  diesen  10  Stunden  aufrecht  zu  halten. 


G,  BecJcnagel:  Abkühlung  geschlossener  Lufträume,  95 

Will  man  nach  zehnstündiger  Unterbrechung  der  Heizung 
das  Zimmer  zunächst  wieder  bewohnbar  machen,  und  dann 
vollständig  durchheizen,  so  hat  man  in  der  folgenden  Heiz- 
periode nicht  nur  die  gleichzeitigen  Wärmeverluste  zu  decken, 
die  nicht  viel  geringer  sind  als  die  im  Dauerzustand  statt- 
findenden, sondern  auch  jene  verlorenen  10888  Kalorien  all- 
mählich wieder  zuzuführen.  Welche  Mittel  und  wieviel  Zeit 
hiezu  nötig  sind,  soll  in  der  Folge  dargelegt  werden. 


7* 


96 


Üeber  Erwärmung  geschlossener  Lufträume. 

Von  6.  Recknagel. 

{Eingelauf&H  4.  Mai.) 

1.  Es  soll  ermittelt  werden,  wie  die  Erwärmung  eines 
geschlossenen  mit  Luft  erfüllten  Raumes  vor  sich  geht,  dem 
eine  konstante  Wärmequelle  von  bekannter  Leistung  Wärme 
zuführt,  während  eine  homogene  Wand  von  bestimmter  Fläche 
(F),  gegebener  Dicke  (d)  und  bekanntem  Material  (s  Gewicht 
des  Kubikmeters,  tv  Wärmekapazität  des  Kilogramms,  l  innere 
Leitungsfähigkeit,  Aj  äussere  Leitungsfahigkeit  der  Innenseite, 
Äg  äussere  Leitungsfähigkeit  der  Aussenseite)  der  äusseren  Luft 
zugekehrt  ist,  deren  Temperatur  Ä  durchaus  konstant  ist.  An 
den  übrigen  Wandflächen  wird  Wärme  weder  aufgenommen 
noch  abgegeben. 

Ueber  den  Anfangszustand  wird  die  Annahme  gemacht, 
dass  er  durch  irgend  einen  Abkühlungsprozess  entstanden  ist, 
durch  welchen  die  Innenluft  die  Temperatur  e/^,  die  Mauer- 
schicht in  der  Entfernung  x  die  Temperatur  Uq  =  f^  (x)  er- 
halten   hat.     Besondere  Werte   sind  /Jj(0)  =  J/o»  /o(^)  =  2^ao- 

Nach   Verlauf   von    ^  Stunden    sind    diese    Temperaturen 

2.  Von  der  Wärmezufuhr  gewinnt  man  am  leichtesten 
eine  deutliche  Vorstellung,  wenn  man  an  eine  Luftheizung 
denkt,  die  durch  eine  Oefthung  vom  Querschnitt  q  Luft  von  der 
Temperatur  B^  Celsius  mit  der  Geschwindigkeit  v  zuführt.  Man 
erhält  dann  stündlich  3600  v  q  Kubikmeter  Luft,  vom  Gewichte 


O,  Becknagel:  Erwärmung  geschlossener  Lufträume,  97 

1  2Q^  7? 

3600  V  q  — q- — =  •  — -  Kilogramm,    die   bei  jedem    Grad,    um 

den  sie  sich  abkühlt,  die  Wärmemenge 

3600..«  ^.A„_«. 

abgibt,  wenn  c  die  Wärmekapazität  bei  konstantem  Druck  be- 
zeichnet. In  dem  an  die  Zeit  Z  anschliessenden  Zeitelemente 
d z  dringt  die  Luftmenge  Qd z  ein,  welche  sich  mit  der  Zimmer- 
luft von  der  Masse  L  und  der  Temperatur  J  mischt  und  eine 
Erhöhung  dieser  Temperatur  um  d  J  hervorbringt,  während  sie 
sich  selbst  von  jR  auf  {J  '\-  dJ)  Grade  abkühlt.  Zugleich 
muss,  damit  diese  Temperaturerhöhung  eintritt,  von  der  zuge- 
führten Wärme  der  Verlust  gedeckt  werden,  den  die  Innenluft 
durch  Wärmeabgabe  an  die  Innenwand  erleidet,  nämlich 
{J —  Si)  Fh^dz.  Man  erhält  demnach  (von  unendlich  Kleinem 
zweiter  Ordnung  abgesehen)  die  Gleichung: 

cQdz{R  —  J)  =  c  LdJ+{J—Z.)  F\  dz,  (I) 

Hier  sind  J  und  !E,  Funktionen  der  Zeit  (Z).  Die  Masse 
L  der  Innenluft  ist  nicht  völlig  konstant.  Denn  da  durch  Ab- 
züge und  Poren  fortgesetzt  soviel  Luft  entweicht,  als  zum  Aus- 
gleich des  Innern  Luftdruckes  mit  dem  äusseren  dient,  so  ver- 
mindert   sich   die   Dichtigkeit   der   inneren   Luft   infolge    der 

stetigen  Temperatursteigerung  in  dem  Maße,  dass  L  =       i^"    >» 

wenn  L^  die  bei  0**  C.  den  Raum  ausfüllende  Luftmasse  und  a 
den  Ausdehnungskoeffizienten  der  Luft  bezeichnet.  Da  durch 
Berücksichtigung  dieser  Dichtigkeitsänderung  auch  L  als  Funk- 
tion der  Zeit  und  damit  eine  Komplikation  in  die  Rechnung 
eingeführt  würde,  die  zur  erreichbaren  Genauigkeit  ausser  Ver- 
hältnis stünde,  wird  L  konstant  angenommen.*) 

')  Die  Ungenauigkeit,  welche  dadurch  in  die  Rechnung  kommt, 
(lass   man   für  L  einen   konstanten  Mittelwert   annimmt,    z.  B.   den  für 

lOO  C.  geltenden  — -^  beträgt  demnach  bei  Heizung  von  0''  auf  20^  C. 


98 


Sitzung  der  math.-phys,  Classe  vom  4,  Mai  1901. 


3.  Eine  zweite  Gleichung  erhält  man,  wenn  man  das 
Schicksal  der  durch  die  Innenfläche  in  die  Wand  eindringenden 
Wärme  weiter  verfolgt.  Sie  kann  teils  zur  Temperaturerhöhung 
der  Mauerschichten  verwendet  werden  und  teils  von  der  Aussen- 
wand  ins  Freie  entweichen. 

0 

Bedenkt  man,  dass  (vgl.   „Abkühlung"  Nr.  5  und  6) 


und 


(J-Si)A,  =  — ^ 


d  U 


dU 
dx 


{Za-A)h^  =  -X 


dx 
so  erhält  man  aus  II: 


0 

dU 
dx 


dU 
dx 


0 


^d^U 
dx' 


=  X^:.'i^^' 


'd^U,         ^      dU, 

k  f  -^-v  dx  =  I  sw  ^  -  dx 
Jj  dx^  ^Q        dz 

woraus   man   die  Beziehung  zwischen   der  Temperatur   U  und 
den  beiden  unabhängigen  Variabein  x  und  z  ableiten  kann: 


,d''U  dU 

dx^  dz 


m 


4.  Die  weitere  Entwicklung  muss  sich  an  den  Grenzfall 
anschliessen,  in  welchem  die  variablen  Temperaturen  J  und  V 
die  höchsten  durch  die  gegebene  Wärmequelle  erreichbaren 
Werte  angenommen  haben  und  auf  diesen  konstant  erhalten 
werden.  Diese  Grenzmaxima  sollen  durch  den  Index  m  kennt- 
lich gemacht  werden. 

J   TT 

Da  in  diesem  Falle  d  J"  und  -^  dz  Null  sind,  so  folgt  aus  I 

C  Q  {11  -  Jm)  =  iJ,n  -  Zim)  F\  (I  a) 

d.  h.  alle  zugefUhrte  Wärme  dringt  in  die  Wand  ein. 

weniger  uIh  A  Prozent  der  Luftmasse  und  ist  bei  dem  geringen  Einfluas, 
den  die  (irössi'  dieser  Masse  überhaupt  auf  den  Vorgang  ausübt,  ohne 
Bedeutung. 


O.  Becknagel:  Erwärmung  geschlossener  Lufträume. 


99 


Aus  n  erhält  man: 

{Jm  —  Zim)  h,  =  {Zam  -  Ä)  Ä,  (Ha) 

h.    ebensoviel  Wärme,    als   durch    die  Innenwand   eindringt, 
rd  an  der  Aussen  wand  abgegeben. 

Für    die  Temperaturverteilung   innerhalb    der  Mauer   hat 
in  aus  (EI) 


dx' 


)raus 


Un.^Cn,-B„,X.  (IV) 

Dabei  ist    Cm  =  Zim   die   Maximaltemperatur   der   Innen- 


Dn.= 


ind,  und  aus  'iam^'  Gm  —  Dm  d  folgt: 
Aus  IV  folgt  auch: 


dx 


=  —  D 


m 


d  da 


-A 


dU, 


m 


dx 

dUm 

dx 


=  (Jm 'S^int)  Aj 


dU. 


m 


dx 


=  —Dm, 


ergibt  sich 


er 


X  Dm  =  (e/iii  —  %im)  ^i 


d 


(«/|ji  —  <^ini)  f^i  • 


(III  a) 


Es    werden    nun    aus   den   Gleichungen  la,  IIa,  III a   die 
nschentemperaturen  Zam  und  Xim  eliminiert.     Aus 


<"im  —  ^'am  ^=  ~~Y~  Kr  ^^         ^im) 


3ält  man 


100  Sitzung  der  math,-phys,  Classe  vom  4.  Mai  1901, 


j,„.  -  ^  =  (j„  -  j,„)  ft  +  Y) 


oder 

J,n,  (  1    +  ? 


+  t:  +  ¥)  =  -'-(J:  +  ¥)  +  ^- 


Führt    man    hier    den   Transmissionskoeffizienten  j) 
ein  mit  der  Definition: 


so  ergibt  sich: 


Jm 2^»m  —  (ym -^)  jT 


oder 


'f im  -4     {y,n  —  -4) 


('-Ö 


und 


am  —  -^   —  («^m  -^)  T" 

2 


Durch  Substitution  in  la  erhält  man  zunächsit 

cQ(R-  J„,)  =  (J.  —  ^)l>  F,  (Ib) 

woraus   sich   eine   der  drei  Grössen  Q^  R,  Jm  berechnen   lässt. 

Für  den  grössten  erreichbaren  Ueberschuss  der  Luft- 
temperatur Jm  über  die  Temperatur  A  der  Aussenluft  ergibt 
sich  daraus 

J,.-A  =  (B-  Ä)  -QZfjF^ 

was  mit  der  von  Fourier  (Chap.  I  Sect.  VI)  gegebenen  Formel 
im  wesentlichen  übereinstimmt.     Ferner  erhält  man: 

P 

■Dm  ^=-  (Jm  A)  y 

C„  =A  +  (J„,-A)(\-^\ 

5.  Es  soll  nun  die  Temperatur  U  aufgefasst  werden  als 
Difi*erenz  zwischen  der  Maximaltemperatur 


O,  Becknagel:  Erwärmung  geschlossener  Lufträume. 


101 


und  einer  niedrigeren  Temperatur  TJ\  welche  angibt,  wieweit 
die  an  der  Stelle  x  bestehende  Temperatur  TJ  zur  Zeit  Z  noch 
von  der  Maximaltemperatur  entfernt  ist: 

Bewirkt   man   nun   durch   geeignete  Wahl   der  Funktion 
V ,  dass 


dz 


X 


da;» 


so  ist  auch  Gleichung  III  erfüllt,  d.  h. 


dU 


d^U 


( 


wenn 


X  =  -    . 

sivj 


dz  dx^    \ 

Da  nun  U'  eine  mit  fortschreitender  Zeit  abnehmende 
Funktion  von  z  ist,  so  hindert  nichts 

[/"  =  (a  cos  m  a;  +  Ä  sin  m  x)  e-  »"»«'^ 

zu  setzen.  Denn  die  damit  eingeführte  Annahme,  dass 
die  Maximalwerte  erst  in  unendlich  langer  Zeit  voll- 
ständig erreicht  werden,  ist  durchaus  sachgemäss. 

Stellt  man  den  Gang  der  Temperatur  U  an  der  Stelle  x  als 
Funktion  der  Zeit  Z  dar,  so  erhält  man  eine  Kurve,  wie  Fig.  1, 
in  welcher  die  Parallele  Um  =  Cm  —  Dm  x  als  Asymptote 
erscheint. 

Fig.  1. 


Da  sich  für  m  in  U'  unendlich  viele  Werte  ergeben  und 
sowohl  a  als  b  von  m  abhängig  werden,  erhält  man  für  die 
Funktion   U  die  unendliche  Reihe: 


102 


Sitzung  der  math.-phys.  Glosse  vom  4,  Mai  1901, 


n=oo 


U  =  C  —  Dx  —  S  [(ö^n  COS  m„  X  -^  bn  sin  m„  x)  e~''"*n^]  (VI) 

n=l 

wobei   nun    an  C  und  D   zur  Vereinfachung  der  Schreibweise 
der  Index  m  weggelassen  ist. 

Ferner  wird  das  Temperaturgefälle  in  der  Wand  im  all- 
gemeinen 

/7  TT 

—  -T-  =  D 2j  [^^^n  {fln  sin  nin  X  —  bn  COS  m,i  x)  e~'""n^    (VII) 

Cv  X 


und  die  beiden  besonderen  Werte  desselben 


dU 
dx 

d  U 

dx 


=  2)+i:(m„fe„e-''»"A2) 


(VII  a) 


=  Z)  —  2j  [^n  (ö^M  sin  nin  S  —  6„  cos  m„  ^)  e"  **  "*n  ^  (VUb) 


Für  die  Temperaturen  an  den  Grenzflächen  erhält  man 
(a;  =  0)J,  =  (7— S(a„e->*"»«^  (Via) 

(x=^d)Xa  =  C-Dd-j:,[{anCOsmnd+bnSmmnd)e-^<^  (VIb) 

Im    Anfangszustande,   wenn   das   Heizen   beginnt,    ist 

(^  =  0)  Uq=  C  —  D  x  —  ^(a„  cos  nin  X  -{-  bn  sin  m„  x) 

(^  =  0,  a;  =  0)  J/o  =  C  —  L  (a„) 

(^  =  0,  a;  ==  (5)  Jao  =  t'  —  -D  (5  —  S  (ötn  cos  m«  r5  -f-  6„  sin  m«  ^). 

T/q  muss  mit  dem  Problem  zugleich  als  Funktion  von  x 
gegeben  sein,  da  nur  auf  Grund  einer  vollständigen  Beschrei- 
bung des  Anfangszustandes  etwas  bestimmtes  über  die  Wirkung 
der  Heizung  ausgesagt  werden  kann. 

6.  Bestimmung  der  Konstanten  m,  a,  b, 
1)  Substituiert  man  aus  VIb  und  VUb  in 


{X,  —  Ä)  h,  = 


dU 
dx 


so  erhält  man 


^, 


O.  Beeknagel:  Erwärmung  geschlossener  Lufträume. 


103 


n 


—  D  b  —  -4)y fS  [(ö^n  cos  m^6  \'bn  sin  w„  S)  6-"***"^^] 

=  D  —  £  [m„  (a„  sin  m«  3  —  6„  cos  m«  ^)  e~'*"*u^. 

Da  diese  Gleichung  für  jedes  Z  gelten   soll,   müssen  die 
>efGzienten  von  e~'*''"n^  einander  gleich  sein. 

Die  Forderung  (C  —  D  d -- Ä)^  =  D   ist    erfüllt,    weil 
—  Dd  =  Xam,  D=    **"    c — ^  und   gemäss  IIa   und  III a 


_2»»     — OTH  jg^    -g^  bleibt  somit  noch 

0 


aNr.  4)(Ja„-^)Ä,=  A 
i  erfüllen: 

-  («M  cos  m»  ^  +  6«  sin  m„  ^) = m„  (a„  sin  m„  ^ — 6„  cos m^  ^)     (VIII) 

ir  jedes  n.     Lässt  man   zur  Vereinfachung  der  Schreibweise 
3n  Index  n  weg,    dividiert  durch  a  cos  7n  d   und   setzt   ß  für 

,  so  erhält  man  zunächst 


h 


f  (1  +  /*  tg  w  d)  =  m  (tg  m  d  —  ß) 


ler 


Ä, 


i.  it  P9-\'    ^ß 


(VIII  a) 


obei  P2  für  y  geschrieben   ist.     Durch  diese  Gleichung  sind 

e  Koeffizienten  m  und  ß  mit  einander  verbunden. 

7.  Fortsetzung.     Substituiert  man  in  die  Gleichung 


dU 
dx 


X  =  {J—^,)h, 


0 


e  aus  VII a  und  Via  entnommenen  Werte  von 
»  erhält  man 


dU 
dx 


und  J„ 


0 


Dü-{-k'^[mb  e--"»*^]  =  {J—  C  +  i:  [a  c-^"^'^])  \ . 


104 


Sitzung  der  mathrphys.  Classe  vom  4,  Mai  1901. 


Hieraus  ergibt  sich  ein  Ausdruck  für  die  Lufttemperatur  J 
als  Funktion  der  Zeit  z 


in  welchem  (nach  Nr.  4) 


|^m6  — aj  e-**"»'^ L 


(7+,-D  =  S.,„  +  ^^"i 


'am 


h. 


K 


=  J. 


m 


die  Maximaltemperatur  der  Luft  ist.     Man  schreibt  somit  ein- 
facher 


J=J, 


m 


U 


{a-l^mi^ 


i—xm*Z 


(IX) 


,— xm'Z 


Es  wird  nun  ein  zweiter  Ausdruck  für  die  Temperatur  J 
hergestellt,  indem  man  die  Differentialgleichung  I 

cL~-  =  cQ{R-J)  —  F(J—  Xd  K 

nach  Einsetzung  der  Werte  von  J  (aus  IX)  und  I,-  (aus  Via) 
integriert.     Die  Differentialgleichung  wird  zunächst: 

—  FDX  —  FX^[mh  e-'^"*'^], 
und  es  lässt  sich  nachweisen,  dass  das  Aggregat  der  Constanten 

cQR'-cQJ,n  —  FDX^(^. 

Denn  nach  Nr.  4,  la  und  III  a  ist 

CQ{R-  J„)  =  F(Zim-Xand  ^  =  ^  D  X, 

Sodann  gibt  die  Ausführung  der  Integration 


cLJ^-'^^ 


X 


a 


X    h 


—    e 


—  Htn^Z 


+  F-L 


—  e 
m 


—  xm'^Z 


+  Constante. 


E,  Becknagel:  Erwärmung  geschlossener  Lufträume, 


105 


Die  Integrationskonstante  lässt  sich  aus  der  Erwägung 
estimmen,  dass  für  ^  =  oo  das  J  =  J^  wird.  Demnach  er- 
ält  man: 

Constante  =  c  LJ^- 

Dividiert  man  nun  die  Gleichung  durch  c  i,  den  kalori- 
;hen  Wasserwert  der  Luft,  und  erinnert  sich,  dass 

A 


X 


WS 


obei  tv  s  den  Wasserwert  eines  Kubikmeters  vom  Material  der 
i^and  vorstellt,  so  erhält  man 


j^j.^^'Al^ 


:)^[(s-E~)-i 


Der  Bruch 


cL 

Fws 


soll  mit  Q  bezeichnet  werden,  ferner  die 


erhältnisse  y^  mit  p^^  -j  mit  p^.     Dann  ist 


J  —  J  ,n ij 

Q 


—  Hm*Z 


K. 

Ib          ,J 

+  -^ 

^  Q-y.m^Z 

Q 

[m            J 

(X) 


Man  kann  nun  zunächst  die  Anfangstemperatur  der  Luft 
nführen,  indem  man  zugleich  0  für  Z  und  J^  für  J  setzt, 
an  erhält  so: 


(LX  a) 


id 


ler 


Jm  —  JQ  =  ^\a  -  —  w 6 j 

,(/.-^o)=i>oi:(|.)-(f;  +  i)s(^).  (xa) 


Ferner  müssen  die  beiden  für  J  erhaltenen  Reihen  iden- 
3ch  sein,  wodurch  folgendes  zweite  System  von  Gleichungen 
halten  wird: 


106  Sitzung  der  matK-phys,  Glosse  vom  4,  Mai  1901, 

a  —  —  =?^  - ^— L 

j9,         Q  ni^       Qp^m       mg 

oder,  wenn  man  mit  —— multipliziert  und  ß  für  —  schreibt: 

QP^  m^—p^p,  =  ß{m^Q  —p^  m  —p^  m), 
woraus  sich  ergibt: 

ß^_P6l^^J^\  (XI) 

Wird  dieser  Ausdruck  in  Villa  substituiert,  der  Nenner 
wegmultipliziert  und  nach  steigenden  Potenzen  von  m  geordnet, 
so  erhält  man: 

""  —PoPi P2  +  iPo  +  Pi  +  QPi Pi)  w*  —  e  ^'*' 

Für  die  Auflösung  empfiehlt  sich  die  Umformung: 

PiP»  +  Po(Pi  +  Pi)  —  Q(j>i+Pi)*^^ 
wobei  mit  P  der  reciproke  Wert  von 

1.1      .1  =  1 

Po       Pi       P%        P 

bezeichnet  ist.  Dividiert  man  nochmals  partiell  mit  dem  Be- 
kannten des  Nenners  in  das  erste  Glied  des  Zählers,  so  er- 
hält man: 

p  ^Po  +  Pi—QPiPi  +P2)  +  QP1P2 
'  PiPi  +  PoiPi+Pi) 

als  Koeffizienten  von  m*,  und  demnach 

m  cotg  m  a  =  -  P  +  P, ,««+ i-^'/\+^»^-/^7*  -, 

"  '  P:p2-^PoiPi+Pt)-Q(j>i+Pi"^ 

und  schliesslich 

g[P,(F.+l>.)-l]    ,„♦ 
m  cotg  m  <5  : P  +  P.  m-  +  -^1^+  ^«  ^^«  +  ^*)         - 


1 1  (^!+ A) „,» 

i»!  i'«  +  Po  (Pi  +  Pi) 


Q.  Becknagel:  Erwärmung  geschlossener  Lufträume,  107 

8.  Nachdem  so  gezeigt  ist,  wie  sich  die  m  und  ß  be- 
stimmen lassen,  erübrigt  noch  die  Bestimmung  der  Ko- 
effizienten a. 

Hiezu  muss  der  Anfangszustand  dienen,  der  einerseits 
durch  die  Gleichung 


M=  00 


Uq  =  C  —  Dx  —  ^{ßn  (cos  nin  0!^  +  ßn  siu  m^  xj] , 

andererseits  durch  bestimmte  Werte  der  inneren  Lufttemperatur 
Jq,  der  Aussentemperatur  Ä,  und  für  die  Wand  durch  eine 
Funktion  von  x  gegeben  ist,  die  mit  /Jj  (x)  =  Uq  bezeichnet 
werden  soll.     Man  hat  demnach  die  Gleichung: 

C  —  Dx  —  /J,  (ic)  =  S  [a»  (cos  m,»  x  -{-  ßn  sin  m„  x)] ,     (XIII) 

in  welcher  die  Faktoren  (cos  ninX  -]-  ßn  sin  m«  x)  bestimmt  sind 
und   für  jedes  x  zwischen  0  und  d  berechnet  werden  können. 

Um    irgend    einen    der    Koeffizienten    ar    zu    bestimmen, 

multipliziert   man  beide  Seiten  der  Gleichung   mit  dem   zu   a^ 

gehörigen  Faktor 

cos  m,.  X  -\-  ßr  sin  nir  x 

und  integriert  beiderseits  zwischen  den  Grenzen  0  und  d.  Da- 
iurch  erhält  man  links  eine  Funktion  von  ^,  7H,  ß,  C,  D,  die 
mit  q)  (tHr)  bezeichnet  werden  soll,  so  dass  also 

6 

p  (fUr)  ^=  nC—Dx—fQ (x)]  [cos m,. x  -{-  ßr  sin  m^ x]  d x.  (XIV) 

0 

Ist   der  zu   ar  gehörige  Wert   von   nir  bekannt,    so   lässt 
iich  (p  (mr)  numerisch  berechnen. 

Auf  der  rechten  Seite  erhält  man   eine  unendliche  Reihe, 
leren  allgemeines  Glied  ist: 

6 

t^^an  ^  (cos  ninX  -{-  ßn  sin  m»  x)  (cos  nirX  -]-  ßr  sin  m,.  x)  •  dx 

0 

ind  es  ist  bereits  (Abkühlung  Nr.  8)  nachgewiesen,  dass  sich 
lieses  Glied  im  allgemeinen  d.  h.  so  oft  w  von  r  verschieden 
st,  auf 


106  Sitzung  der  math.-phys.  Glosse  vom  4.  Mai  1901, 

mh Pq   Ci  Po    ^  ^ 


j9,         ^  m*       Qp^m       mg 

oder,  wenn  man  mit  — multipliziert  und  ß  für  —  schreibt: 

a  '^  a 

QP^  m*  —PoPi  =ßim^Q  —Po  m  —p^  m), 

woraus  sich  ergibt: 

ß^_PA^-L9.^\  (XI) 

Wird  dieser  Ausdruck  in  Villa  substituiert,  der  Nenner 
wegmultipliziert  und  nach  steigenden  Potenzen  von  m  geordnet, 
so  erhält  man: 

tg  ^  ^  =  ^         PoP^  +  (^0  +  f  .).a--  g-(gL+ {«)  ^' 

Für  die  Auflösung  empfiehlt  sich  die  Umformung: 

PiP,  +  Po(J>i-\-P2)  —  Q(J>i+P»)»I'* 
wobei  mit  P  der  reciproke  Wert  von 

1+1+1=1 
J'o       Pi       Pi       -P 

bezeichnet  ist.  Dividiert  man  nochmals  partiell  mit  dem  Be- 
kannten des  Nenners  in  das  erste  Glied  des  Zählers,  so  er- 
hält man: 

p  =  i'o  +  i*!  —  g -P (Pi  +Pi)-\-QPiP, 
'  PiPi^  Po(Pi-\- Pi) 

als  Koeffizienten  von  m*,  und  demnach 

m  cotg md  =  -F-\-  1\  m^  + g_g.  O'.  +  P*)  -}]  f 

'  PtP,  +  Po(P,-\rP2)-e(j>i+Pt'" 

und  schliesslich 

Q\1\(P^+P»)-1] .  „,4 

m  cotg  md  =  —  P+  P,  ni"  +      ^'  ^'  +  ^"  ^'  +  ^«) .. 

1 e(^i  +  A) ^, 

Pl  P%  +  I'O  (l»!  +  P^ 


O,  Recknagel:  Erwärmung  geschlossener  Lufträume,  107 

8.  Nachdem  so  gezeigt  ist,  wie  sich  die  m  und  ß  be- 
stimmen lassen,  erübrigt  noch  die  Bestimmung  der  Ko- 
effizienten a. 

Hiezu  muss  der  Anfangszustand  dienen,  der  einerseits 
durch  die  Gleichung 


M=  00 


Uq  =  C  —  2)  a;  -—  S  [««  (cos  nin  x  -\-  ßn  sin  nin  xj] , 


M=rl 


andererseits  durch  bestimmte  Werte  der  inneren  Lufttemperatur 
Jqj  der  Aussentemperatur  -4,  und  für  die  Wand  durch  eine 
Funktion  von  x  gegeben  ist,  die  mit  /J,  (x)  =  Uq  bezeichnet 
werden  soll.     Man  hat  demnach  die  Gleichung: 

C  —  Dx  —  fo(x)  =  ^[an  (cos m„ x  -{-  ßn sin m« x)] ,     (XIII) 

in  welcher  die  Faktoren  (cos  mnX  -]-  ßn  sin  m„  x)  bestimmt  sind 
und   für  jedes  x  zwischen  0  und  ö  berechnet  werden  können. 

Um    irgend    einen    der    Koeffizienten    Uy    zu    bestimmen, 

multipliziert   man  beide  Seiten  der  Gleichung   mit  dem   zu   a^ 

gehörigen  Faktor 

cos  tUy  X  -^  ßr  sin  rrir  x 

und  integriert  beiderseits  zwischen  den  Grenzen  0  und  d.  Da- 
durch erhält  man  links  eine  Funktion  von  ^,  m,  ß^  C,  D,  die 
mit  9?  {nir)  bezeichnet  werden  soll,  so  dass  also 

d 
qy  (nir)  =nC  —  Dx—fQ  (x)]  [cos  nir  X  -\-  ßr  sin  mr  x]  d  x.  (XIV) 

0 

Ist   der  zu   ür  gehörige  Wert   von   m^  bekannt,    so   liisst 
sich  (p  {ntr)  numerisch  berechnen. 

Auf  der  rechten  Seite  erhält  man   eine  unendliche  Reihe, 
deren  allgemeines  Glied  ist: 

d 
t^  =  an  {  (cos  ntnX  -{-  ßn  siu  nin  x)  (cos  rtir  X  -{-  ßr  siu  nir  x)  •  dx 

0 

und  es  ist  bereits  (Abkühlung  Nr.  8)  nachgewiesen,  dass  sich 
dieses  Glied  im  allgemeinen  d.  h.  so  oft  w  von  r  verschieden 
ist,  auf 


114  Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  vom  4,  Mai  1901, 

weite  von  2  Meter  haben,  sind  in  Folge  dieser  längereu 
Brennweite  die  kleinsten  Nebel  viel  sicherer  als  solche  zu  er- 
kennen, und  deshalb  wird  das  Arbeiten  sicherer  und  leichter. 
Da  zwei  gleiche  Linsen  vorhanden  sind,  so  können  stets  zwei 
Aufnahmen  gleichzeitig  gemacht  und  die  Zweifel  wegen  der 
stets  vorhandenen  vielen  störenden  Plattenunreinlichkeiten  be- 
seitigt werden.  Es  sei  mir  erlaubt  hier  einzuflechten ,  dass 
die  Lichtkraft  trotz  mehrfacher  Warnungen  und  Befürchtungen 
seitens  befreundeter  Astronomen  ganz  entschieden  nicht  ge- 
ringer geworden  ist  gegenüber  den  kleineren  Linsen ;  das 
Oeffnungs Verhältnis  zwar  ist  das  gleiche  wie  bei  jenen  und 
die  Absorption  musste  mit  den  grösseren  Glasdicken  stark 
zunehmen,  nichts  destoweniger  blieb  die  Lichtkraft  praktisch 
mindestens  die  gleiche,  sie  ist  vielmehr  eher  etwas  grösser  ge- 
worden. Die  Ursache  liegt  unter  Anderem  vielleicht  darin,  dass 
die  bei  den  meisten  seitherigen  Absorptionsunterauchungen  ganz 
übersehene  Helligkeit  des  Himmelsgrundes,  die  eine  wesentliche 
KoUe  in  der  Praxis  spielt,  bei  den  grösseren  Linsen  viel  gün- 
stiger für  die  Platte  wird.  Als  Beispiel  sei  angeführt,  dass  die 
feinen  Ausläufer  des  C-Orion-Nebels  mit  dem  grossen  Teleskop 
bei  gleicher  Belichtung  kräftiger  herauskommen,  als  mit  dem 
kleinen. 

Seit  seiner  Aufstellung  im  August  musste  das  grosse 
Instrument  fast  ausschliesslich  zur  Verfolgung  von  kleinen 
Planeten  benutzt  werden.  Ebenso  wurden  fast  ausschliesslich 
Positionen  solcher  Hinmielskörper  auf  den  erhaltenen  Platten 
ausgemessen.  Doch  wurde,  wenn  Zeit  war,  die  Gelegenheit 
benutzt,  die  von  den  verwandten  Anhaltsternen  eingeschlos- 
senen kleinen  Nebel  mit  zu  vermessen.  Dies  wird  gegenwärtig 
weitergeführt. 

Es  ist  aber  meine  Absicht  die  Katalogisirung  der  kleinen 
Nebelflecken  zur  Hauptaufgabe  unseres  Observatoriums  zu 
machen. 

Um  eine  Vorstellung  davon  zu  ermöglichen,  wie  zahlreich 
diese  unbekannten  kleinen,  planetarischen  Nebelflecken  sind, 
und  wie  sich  ihre  Katalogisirung  mit  Hülfe  des  parallaktischen 


M,  Wolf:  Entdeckung  von  kleineren  Nebelflecken,  115 

Messapparates  ausführen  lässt,  möchte  ich  im  Folgenden  einige 
ausgemessene  Gruppen  mitteilen.  Zuvor  einige  Bemerkungen 
über  die  Anordnung  der  Vermessung. 

Dem  parallaktischen  Messapparat  steht  das  auf  einem 
Steinpfeiler  befindliche  schwere  Plattenstativ  besonderer  Kon- 
struktion^) auf  gemeinsamem  Betongrund  gegenüber.  Beide 
Apparate  sind  mit  den  nötigen  Bewegungen  versehen,  um  sie 
in  ihrem  Abstand  und  ihrer  Einstellung  beliebig  auf  einander 
richten  und  justiren  zu  können.  Beide  Apparate  werden  auf 
einander  durch  AutocoUimation  und  durch  Ausmessung  einer 
Anzahl  über  die  Platte  verteilter  Anhaltsterne  mit  dem  Recta- 
scensionskreise  des  Messapparates  möglichst  genau  auf  den 
richtigen  Abstand,  d.  i.  die  Brennweite  des  Teleskopes,  mit 
der  die  Aufnahme  gemacht  ist,  und  ein  bestimmtes  Aequi- 
noctium  orientirt,  sodass  direkt  Rectascension  und  Deklination 
dieses  Aequinoctiums  auf  der  Platte  gemessen  werden  können. 

Die  zu  vermessende  Nebelgruppe  wird  von  bekannten 
xVnhaltsternen,  die  den  Katalogen  entnommen  werden,  einge- 
schlossen und  diese  Sterne  werden  zugleich  mit  den  Nebeln 
nach  Rectascension  und  Deklination  ausgeniessen. 

Aus  den  Sternen  wird  dann  ein  Mittelort  gebildet  und 
die  vermessenen  Objekte  an  diesen  angeschlossen.  Es  handelt 
sich  also  um  Differenzenmessung  wie  beim  Fadenniikrometer 
am  Femrohr,  nur  dass  die  Gruppe  ausgedehnter  und  die 
Anzahl  der  Vergleichsterne  grösser  genommen  werden  kann. 
Sowohl  der  Wert  einer  Revolution  der  Mikrometerschraube  in 
Deklination,  als  der  Wert  einer  Minute  des  Rectascensions- 
kreises  wird  für  jede  Gruppe  aus  den  Anhaltsternen  abgeleitet. 
Die  übrige  Orientirung  wird  so  genau  ausgeführt,  dass  die 
Orientirungsfehler  kleiner  werden,  als  die  durch  die  Mängel 
des  Apparates  verursachte  Unsicherheit  beträgt. 

Aus  diesem  Grunde  und  um  eine  einigermassen  rasch 
fortschreitende  Katalogisirungsarbeit  überhaupt  zu  ermöglichen, 
wurde  beschlossen,    auf  genauere  Ausgleichung  und  Verbesse- 


>)  Die  Beschreibung  erfolgt  an  anderer  »Stelle. 


116  Süzung  der  mathrphys,  Classe  vom  4.  Med  190 J. 

rungen  der  kleinen  Fehler  zu  verzichten.  Ein  Urteil  darüber, 
welche  Genauigkeit  auf  diese  Weise  erreicht  werden  kann, 
erhält  man,  wenn  man  die  Positionen  der  Anhaltsteme  aus 
den  Messungen  mit  berechnet  und  sie  mit  den  Katalogs- 
positionen vergleicht  (s.  u.). 

Zur  Sicherung  richtiger  Berechnung  wird  jedes  Objekt 
sowohl  von  dem  gemeinsamen  Mittelort  aus,  als  von  einem 
möglichst  central  gelegenen  Stern  aus  unabhängig  gerechnet, 
wodurch  sich  eine  Controle,  wenigstens  was  die  Berechnung 
betrifft,  ergibt. 

Da  der  Kreis  leider  stellenweise  zufallige  Fehler  bis  zu 
lf34  besitzt,  und  noch  nicht  genügend  untersucht  war,  so 
mussten  die  Rectascensionen  öfters  unsicherer  ausfallen,  als  die 
Deklinationen,  welche  mit  der  Schraube  gemessen  werden, 
deren  periodische  Fehler  bekannt  sind.  Dieselben  sind  übrigens 
auch  recht  beträchtlich,  denn  sie  erreichen  ir54  oder  0,007 
einer  Revolution.  Diese  Fehler  machen  sich  besonders  beim 
Orientiren  der  Platte  unangenehm  fühlbar. 

Aus  Einfachheitsgründen  und  um  Irrtümer  zu  vermeiden 
wurde  beschlossen,  das  m.  Aequinoctium  von  1875.0  für  alle 
Positionen  zu  wählen,  sich  also  direkt  an  den  Sternkatalog 
der  Astronomischen  Gesellschaft  anzuschliessen. 

Es  ist  noch  eine  Schwierigkeit  zu  erwähnen,  die  ungünstig 
auf  die  Genauigkeit  der  Positionen  wirkt.  Es  sind  das  die  Hellig- 
keitsverhältnisse der  Vergleichsterne.  Es  müssen  meistens  Sterne 
der  6.,  7.  und  8.  Grösse  als  Anschlusssteme  gewählt  werden. 
Diese  werden  aber  bei  der  für  Nebelaufnahmen  (bezw.  Planeten- 
aufnahmen) nötigen  Belichtungsdauer  schon  sehr  gross  auf  der 
Platte,  und  die  Einstellung  darauf  —  besonders  am  Rand  der  Platte 
—  ist  wegen  einer  gewissen  optischen  Verzeichnung  unsicherer  als 
auf  die  meisten  der  kleineren  planetarischenNebel.  Leider  ist  schwer 
etwas  zu  ändern,  weil  die  Sternkataloge  keine  schwächeren  Sterne 
enthalten.  Es  wäre  notwendig,  erst  von  jeder  Gegend  eine 
Aufnahme  mit  kurzer  Belichtungsdauer  (vielleicht  auf  dieselbe 
Platte)  zu  machen  und  schwächere  Vergleichsterne  an  die  dann 
noch  kleinen  Scheiben  der  hellen  Katalogsterne  anzuschliessen, 


M.  Wolf:  Entdeckung  von  kleineren  Nebelflecken,  117 

um  die  so  erhaltenen  Sterne  dann  als  Anhaltsterne  zur  Ver- 
messung der  Nebelflecken  zu  benutzen.  Dadurch  würde  aber 
die  Arbeit  sehr  vergrössert,  sodass  ihr  Fortschreiten  und  damit 
ihr  Nutzen  in  Frage  gestellt  würde. 

Ich  gehe  nun  zur  Mitteilung  einiger  Beispiele. 

Die  erste  im  Folgenden  aufgeführte  Gruppe  von  Nebel- 
flecken findet  sich  auf  der  Platte  B  137.  Sie  ist  aufgenom- 
men mit  dem  Bruce-Teleskop  a  am  13.  Februar  1901  von 
12h  42.9«°  M.Z.  Königstuhl  bis  U^  15.0°^.  Das  Ende  ist  eine 
Spur  unsicher,  weil  der  Schluss  durch  ziemlich  plötzlich  auf- 
ziehende Wolken  bedingt  wurde.  Das  ist  hier  ohne  Belang 
und  kommt  nur  für  die  mitaufgenoramenen  kleinen  Planeten 
in  Betracht.     Die  Mitte  der  Platte  liegt  in 

a  =  8^  20,9°»  5  =  +  19«  30:4  (1875.0) 

während  die  Mitte  der  folgenden  Nebelgruppe  in 

a  =  8^   12.1°»  d=  +  19«20:0 

zu  suchen  ist. 

Gruppe  1. 

Nr.   1      8»»  10»»  11?74      18«  50'    17^3      p  B,  S,  H  h3f,*BD  18?190t  nf. 

2  10    27.52      18    47     43.0      v  S,  p  B  N,  1 1,  O,   sends   arc   in 

the  M.  of*BD  18?1905. 

3  10    48.24      19     28     52.5      p  B,  S,  gh  M,  *  np  0*22. 

4  10    55.23      19       7     13.5       v  F,  v  S,  ghM,  v  nr  *  680   con- 

nected by  a  neb  arc. 

5  11       2.22      18     47     13.3      Sy  p  B,  h  M,  nr  sp  of  Nr.  (J. 
G  11       3.07      18    47     50.3      S,  p  B,  larger  ihen  b,  gb  M. 

7  11       2.83      19      3       5.2      i>J5,  nebulous  *,  2  Spiral  arms  135<^. 

8  11     18.18      18     51     51.4')    i  F! 

y  11     21.35      19      2     14.3      p  F,  v  S,  i  F. 

10  11     23.32      18     50    54.0')   iF! 

11  11     24.69      18     57     18.4       F,  S,  O,  /j,  pr.  ed«,'e  sharper. 

12  11     27.67      18     50     10.4«)    iF! 


')  8,  10  u.  12  liegen  in  einem  Nebel;  derselbe  ist  drapericiirti*^  und 
wird  durch  vier  Bögen  im  SW.  begränzt,  wie  eine  Boj^enbrücke  mit  drei 
Pfeilern.     Die  Fusapunkte  der  drei  Pfeiler  sind  gemessen.     10  hat  die 


118  Sitzung  der  mathrphys,  Glosse  vom  4,  Mai  1901, 

13  8h  um  47?ö3  18»  59'  4üf2  -F;  S,  dif,  stell  N,  v  near*«/*. 

U  11     51.35  19     18  6.2  j^  F,   5  semicircle,  N,   conneck 

by  an  arc  with  *  13. 

15*  11     42.27  19     17  45.0')  *  app  Nr.  14. 

16  11     51.89  19     20  36.1  pB,  vS,l  50*>. 

17  11     56.73  18     53  11.2  p  F,  S,  i  F,  sharp  edges. 

18  12       7.13  18    53  45.6  v  F,  S,  dif,  gbM,  II  125«. 

19  12     13.76  19     22  27.5  p  F,  v  S,  i  F,  l  135". 

20  12     16.20  18     48  10.9  F,  v  S,  2  90^,  v  F  stell  N,  B*  s 

21  12     16.49  19     17  14.2  p F,  v S,  i F,  vlb  M. 

22  12     54.53  18     46  25.0  p  B,  S,  O,  sev.  similar  quite  nea 

23  12     56.61  18     47  38.4  p  F,  S,  i  F,  N  exe  s,  t?  nr  *  n 

24  13       2.23  18     48  38-9  F,   pS,    sends    two    rectangala 

arms  n  &  j). 

25  13       3.34  18     49  32.3  v  F,  II,  pB  exe  N  (nieas.),  *s 

26  13       6.58  19     48  30.6  F,  v  S,  l  0«. 

27  13     27.19  19     30  9.0  p  F,  v S,  i F,  gb  M. 

28  13     33.05  18     47  22.6  v  F,  1 165«,  sev  FN,  the  brighte? 

meas. 

29  13  35.69  18  51  23.1  p  2^,  /  40^  curved,  t?  nw,  iV  3/ . 

30  13  42.38  18  54  3.4  vF,l46^,dif,vlbM. 

31  13     43.78  18     54  27.9  v  F,  in  the  Axis  of  30,  vS  std 

NM. 

32  .     13     51.85  19       9  21.2  F,  S,  S-shsiped,  v  FN M, 

33  13     58.88  19     18  28.7  F,  v  S,  R,  dif,  N. 

34  14      9.90  19     14  13.1  F,  v  S,  dif,  V  F  stell  N. 

35  14     12.28  19     32  28.0  i)  J5,  n550,  br,  2  parall.Lines,  »i' 

36  14     21.96  19       0  58.6  F,  v  S,  O,  N  M. 

37  14     22.18  18     52  12.3  F,  R,  S,  O. 

38  14     24.11  19       3  .50.7  F,  v  S,  O,  NM. 

39  14     28.56  18     51  49.9  p  B,  R,  v  S,  O. 

40  14     28.83  18     52  40.4  F,  S,  dif. 

41  14     30.21  19       0  27.3  p  F,  5,  R,  O. 


schärfste  Spitze,  12  bat  zwei  Verdichtungen  an  der  Spitze,  wovon  die 
SW.  gemessen  ist.  Die  drei  gemessenen  Fusspunkte  liegen  fast  auf 
einer  Geraden  im  PW.  120^*. 

^)  Dieser  Stern  ist  nachträglich  in  d  an  Nr.  14  angeschlossen,  daher 
das  absolute  S  etwas  unsicher,  A  ö  =  21"17. 


M,  Wolf:  Entdeckung  von  kleineren  Nebelflecken.  119 

42  8h   14n»46!44      lO^  35'  2i:7      v  F,  Z,  scv  FN,  (south.  N  iiicas.). 

43  U     56.94      19     18     28.2»)    t?F,  Z,br,dif,cmved,end8/'inaF*. 

44  15      0.00      19    24    28.1       v  F,  dif,  l  90«,  sev  N,  {M  meas.). 

45  15     11.86      19     14    59.2       ß,  i2,  i?  S,  stell,  two  Spiral  arms. 

46  15  48.74  19  28  44.0  F,  S,  B,  N. 

47  15  49.24  19  0  43.0  j) -F,  S,  B,  O. 

48  16  8.62  18  56  4.4  vF,ByO,vS  (sev  O  neb.  quite  nr). 

49  16  9.94  18  55  58.8  F,  B,  O.  v  S. 

50  16  19.05  19  8  52.8  p  L,  CO,  NOpB. 

51  16     21.75      18     58    43.1      jJ -B,  i?,  5,  O,  vF  arm  connects 

with  *  112^ 

52  16     42.41      19     25     27.9      F,  di\f,  pS,  Ih  M. 

53  16     44.27      19       3     30.5      p  F,  B,  O,  Ib  M,  aitn  45«. 

54  17       3.25      19     10     28.4      t?  F,  dif,  i  F,  5. 

55  17      5.27      19    24    23.7      p  F,  X,  dif,  l  b  M, 

.56  17  15.11  19  57  12.0  vF,  S,  gbM,  stell  N,  B*S. 

57  17  19.53  18  59  20.62)  similar  58,  sm,  att  58. 

58  17  20.63  18  59  49.63)  p  L,  p  B,  dif,  i  F,  F  stell  N, 

59  17  27.24  19  3  27.0  p  B,  S,  B,  O,  Spiral  arms. 

60  17  29.87  19  4      3.4  v  F,  dif,  v  S,  v  F  N. 

Für  die  obige  Nebelgruppe  sind  die  folgenden  Vergleicli- 
sterne  benutzt  worden: 

H=  BD,  18?1904  =  AG.  Berlin  Ä  3265 

G  18.1905  A  3268 

J  20.2045  B  3330 

F  19.1982  Ä  3281 

L  18.1925  Ä  3306 

K  19.1991  Ä  3296 

Q  19.1963  Ä  3257 

Diese   Anhaltsterne   stellen   sich   aus   den  Messungen   auf 
der  Platte  mit  folgender  Genauigkeit  dar: 


*)  Draperieartig,  brückenförmig,  die  Fusspunkte  der  Brückenpfeiler 
im  Süden. 

2)  Hier  ist  Alles  voll  von  kleinen  Nebeln. 
8)  56  =  NGC.  258X:  Q^  17«  21»  +  11)0  oH, 


120  Sitsfung  der  math,-phys.  Glosse  vom  4,  Mai  1901. 


a 

d 

Katalog-Messnng : 

Katalog-Messung  : 

H 

+  0?04 

i:o 

a 

+  0.25 

-  1.4 

j 

0.11 

1.3 

F 

0.05 

+  1.1 

L 

0.05 

+  1.1 

K 

0.16 

+  1.6 

Q 

0.11 

0.6 

Daraus    ergibt    sich    der    durchschnittliche    Fehler    einer 

Position  in 

a  d 

±  o?ii  ±  1:2 

Da  die  Nebelflecken  meistens  viel  sicherer  eingestellt 
werden  ktinnen,  als  die  grossen  Scheiben  der  Vergleichsterne, 
so  dürfte  die  Darstellung  der  Oerter  der  Nebelflecken  selbst 
kaum  mit  grösseren  Fehlern  behaftet  sein.  Dafür  tritt  aber 
ein  durch  die  zu  grossen  Scheiben  Aer  hellen  Vergleich steme 
verursachter  systematischer  Fehler  ein. 

Bei  der  Vermessung  der  obigen  Gruppe  betrug  der  Wert 
einer  Revolution  der  Mikrometerschraube,  mit  der  die  Deklina- 
tionen gemessen  werden 

B  =  210:43  +  0:015  w.  F. 

Der  Kopf  der  Mikrometerschraube  ist  in  300  Teile  geteilt. 
Der  Wert  einer  Minute  des  Kectascensionskreises  ergab  sich 
aus  den  gemessenen  KectascensionsdiflFerenzen  zu 

M  ==  0'"  59?98  +  0?009  w.  F. 

d.  h.  der  Messapparat  stand  von  der  Platte  etwas  zu  weit  weg; 
gleichzeitig  sieht  man  aber  aus  der  Zahl,  dass  die  Distanz 
doch  schon  sehr  genau  getroff'en  war.  Das  ist  übrigens  ziem- 
lich belanglos,  weil  ja  doch  nicht  mit  den  Ablesungen,  son- 
dern mit  ihrem  so  bestinnnten  wahren  Wert  gerechnet  wird. 
Ganz  analog  wurde  die  folgende  Grui)pe  vermessen.  Sie 
findet  sich  auf  derselben  Platte,  wie  die  erste  Gruppe.  Die 
Mitte  der  Platte  war  in 


M.  Wolf:  Entdeckung  von  kleineren  Nebelflecken,  121 

a  =  8^  20.9°»  ^  =  +  190  30:4, 

die  Mitte  der  folgenden  Nebelgruppe  ist  in 

gh  17  7m  20^  5:9 

zu  suchen. 

Gruppe  2. 

Nr.   1      8h  llin54?64      lO«  47'    15:2      vF,pS,  dif,  IbM. 

2  12      2.85      19    42      6.9      p  F,  p  S,  dif,  l  N  1350  (sev.  dif. 

neb.  V.  nr). 

3  12      8.38      19    57      9.1      v  S,  l  135»,  Axis  b,  spindle  shaped. 

4  12     57.26      19    43     43.3      F,  vi  60»,  nw. 

5  13  4.41  19  44  53.4  vS,  F,  R,  vlbM. 

6  13  22.10  19  49  56.9  B,  stell,  v  S. 

7  13  26.93  19  50  42.9  v  F,  S,  l  N, 

8  13  27.03  19  30  7.7  v  S,  F,  R,  b  M. 

9  13  30.78  19  49  58.9  p  J5,  dif,  p  5,  Z  0«. 

10  13     32.01      19    45     18.9      p  B,  R,  i  Ff,  v  S,  b  M. 

11  14       1.74      20      9      5.2      p  B,  S,  R,  stell  N  exe,  i  Ff 
12»)         14     12.17      19     32    31.8      pJ5,  dif,  l  155»,  *  13  s  att. 

13  14    46.11      19     35    24.9      pF.nwJ  lbb^,seyN,{sbNmeuA.). 

14  15      3.62      20      0    45.1      p  B,  l  65«,  traillike,  h. 

15  15      7.70      19     48     41.8      pF,  pUlO»,  v  nw,  spindle  shaped, 

f  curved,  *  M. 
IC  15    21.91      20      4    40.0      t?F,i)X,22,dif(sev.similarquitenr). 

17  15    25.42      20     19     10.9      p  B,  R,  v  S,  stell  N,  F  *  s  att. 

18  15    54.34      19    48    28.8      p S,  F,  dif,  vlbhiN,  (n JYmeas.). 

10  16    47.54      20      3     54.0      pL,  dif,  p  B,  h,  N ! 

20  16     54.11      20     21     13.1       F,  S,  l  90\  B  *  p  att 

21  16     57.18      20      6     25.7      v  F,  S,  R,  b  M,  OO  (s  f  v  nr  a 

similar). 

22  17      4.27      20    56      3.9      F,  nw, /450,torpedoshaped,  ftAxis. 

23  17     26.66      20      0     17.1       5,  F,  dif,  /  6  i»f,  cont  sm  A 

24  17  36.51  20  51  57.5  p  JB,  5,  22,  stell  N,  dif  /  f  and  p. 

25  17  48  05  19  53  58.9  F,  v  S,  /,  traillike  N. 

26  17  51.35  19  54  40.0  p  F,  S,  stell  N,  R,  OO, 

27  17  52.22  19  53  51.7  F,  H  135«,  FJY,  curved  (v  nr /*« 
V  S  Neb). 


1)  NGC.  2572:  8»»  14«"  12^  +  19^  32:5. 


122  Sitzung  der  mathrphys,  Glosse  vom  4,  Mai  1901, 

28 »)  8b  1 7^  56?89      20<>  44'   14f  1       F,  v  S,  l  160^,  stell  N,  exe  r. 

(M  meas.). 

29  18      2.31      19     51     40.7      F,  S,  dif,  v  F  N,  exe. 

30  18  27.25  20  20  44.7  p  L,  p  F,  dif,  b  M,  bet  4  B  st. 

31  18  32.51  19  51  11.5  p  L,  p  F,  h  M,  ouiaide  dil 

32  18  37.87  20  9  50.1  pL,S,R,bM, 

33  18  47.40  20  17  24.0  p  F,  v  S,  b  M,  l  N  I7(fi. 

34  19  1.60  20  38  16.2  pB,  S,  B,  stell,  t  dif  f. 

35  19      9.69      20      2     38.8      p  B,  v  S,  N,  i. 

.36  19  23.62  20  12  18.7  p  B,  S,  B,  1 1 90^. 

37  19  26.83  20  17  23.4  F,  S,  B,  1 1  135»,  B  *  s  f. 

38  19  34.03  20  46  21.4  F,  S,  dif,  exe  N. 

39  21  8.54  20  12  7.6  p  F,  S,  B,  dif,  b  M. 

Die  Vergleichsterne  zu  dieser  Nebelgnippe  waren: 

AG.  Berlin  JB  3396 
Ä  3338 
A  3336 
J5  3380 
A  3296 
B  3354 
A  3281 


z>  = 

BD. 

20?2095  = 

7? 

19.2014 

A 

19.2012 

C 

20.2082 

K 

19.1991 

t: 

20.2066 

F 

19.1982 

)arst« 

^llung 

f  der  Sterne 

I) 

a 

0;28 

B 

0.21 

A 

+  0.24 

C 

0.31 

K 

+  0.03 

E 

0.34 

F 

+  0.22 

d 

+  i:i 


+ 

0.5 

+  1.8 

1,5 

1.5 

+ 

0.3 

—  1.1 

und  damit  der  durchschnittliche  Fehler  einer  Position 

+  0f23      +  i:i 


•)  NGC.  2582:  8''  IT»  55»  +  20"  43^8. 


M.  Wolf:  Entdeckung  von  Heineren  Nebelflecken, 


123 


Die  Darstellung  in  ßectascension  ist  hier  schlechter.    Ich 
rmute,  dass  der  Steni  E  die  Schuld  daran  trägt. 

Es   folgt  eine  weitere  Nebelgruppe.     Sie  findet  sich  auf 
atte  B  104,   aufgenommen  mit  dem  Bruce-Teleskop  a:   am 
Januar  1901  von  7^  55.7»"  bis  9^  40.7'°M.Z.K.     Die  Mitte 
r  Platte  lag  auf 

a  =  8M9.2'"  5  = +  24056:6 

lihrend  sich  die  Mitte  der  vermessenen  Gruppe  in 

s^'S.S"»        +24042:5 

jfindet. 


r.   1 
2 

4 
■y 

(; 

7 

H 

\) 

10 

11 
12 
13 
14 
15 

IG 

17 

18 

19 

^0 
2il 

:22 

i23 


Gruppe  3. 

8l>     C«    6?78  +  240  27'  öfO  p  B,  S,  dif,  l  1350  OO. 

6  10.10      24    25  20.9  p  B,  1 0^  dif  OO. 
G     38.54      25       3  14.1  O^  v  1\  p  Sy  p  di^. 
G     39.28      25       2  12.9  O,  p  F,  S. 

G    39.68      24     14  29.8  p  B,  S',  R,  stell  JNT,  OO. 

7  18.98      24     50  35.8  v  F,  dif,  S,  l  1550. 
7     41.26      24     30  27.0  p  F,  O,  dif,  S,  CO. 

7     44.11      24    30  38.6  p  F,  O,  dif,  S,  fainter  then  7. 

7     51.40      24     20  27.5  F,  dif,  8,  bi  N. 

7     53.85      24     55  24.4  S,  v  F,  1,  l  0^. 


8  0.23 

8  34.45 

9  0.15 
9  12.26 
9  13.09 


9 

9 

10 

10 

10 
10 

11 

11 


27.40 

58.97 

23.14 

32.93 

37.95 
52.02 

19.67 

47.06 


24 
24 
24 
24 
25 

24 

25 

24 

25 

25 
24 

24 

25 


54 
13 
52 
19 


52.9 
46.5 
31.7 
49.2 


4     32.9 


33 
3 

34 

7 

10 
54 

55 

10 


36.2 

23.5 

42.7 

18.9 

52.1 
42.6 

29.4 

47.1 


8     11     48.84  +  25     10    27.5 


pB,  S,  p  dif,  h  f. 

F,  V  Sj  dif,  i  Ff  app  *  sp. 

O^pFfpS,  h 

pF,  B,  O,  S, 

B,  pSyl  2050. 

pF,S,  J?,  O. 

pFy  vS,  B,  O,  s  i  F. 

pB,  vi  1350,  nw ! 

p  B,  B,  S,  O. 
p  B,  dif,  iS,  b  M. 

pF,  S,  II  0'»,  dif,  b  M. 

pF,  L,  dif,  *  1350. 

pB,  S,  b  M,  V  nr  B  *,  nr  23. 


124  Sitzung  der  mcttK-phys.  Glosse  vani  4,  Mai  1901. 

Vergleichsterne : 

F  =  BD.  25?1888  =  AG.  Berlin  B   3315 

E  =    25.1891  =  3323 

M=          25.1878  =  3291 

G  =          24.1889  =  3306 

I)  =          24.1907  =  3339 

Die  Darstellung  der  Vergleichsterne  durch  die  Messung 
auf  der  Platte  ergibt  sich: 

Durchschnittl.  Fehler  in  Rectascension       in  Declination 

+  o?o4  +  o:6 

Der  Stern  E  wurde  in  Rectascension  nicht  verwandt,  nur 
in  Declination. 

Die  folgende  4.  Gruppe  befindet  sich  auf  derselben  Platte 
B  104.  Mitte  der  Platte:  8»^  19.2°^  +  24^  5616,  Mitte  der 
Gruppe:  8^  9.7°^+  23«  39:5. 

Gruppe  4. 

Nr.   1      8»»     8ra34?55  +  230  34'   45"!      p  F,    l  1350,    in  Axia  5,   bi  }s\ 

(northern  measured). 


2 

8 

40.60 

23 

30 

51.0 

pB,pL,  E  90«,  N  north  of  Axw. 

3 

9 

6.38 

24 

0 

48.6 

S,  F,  O. 

4 

9 

17.60 

23 

50 

10.7 

pL,vF,lb8N. 

^ 

ö 

9 

44.55 

24 

1 

54.5 

S,  F,  dif,  l  concentrated  M. 

G 

9 

50.57 

23 

57 

37.7 

S,  p  F,  dif,  1 1 0«,  bi  N,  (north,  meas.). 

9 

52.53 

23 

56 

46.1 

V  F,  S,  dif,  diffic. 

8 

10 

8.15 

23 

53 

52.2 

V  F,  l  450,  nw,  nr  *  Nr.  8  *. 

8* 

10 

12.37 

23 

53 

42.1 

nr  Nr.  8,  B  *. 

9 

10 

15.22 

23 

57 

50.9 

vF,  S,  dif  00,  vlhM,  l  0\ 

10 

10 

19.12 

24 

5 

59.2 

p  B,  S,  dif  00,  stell  N, 

11 

10 

28.60 

23 

51 

24.8 ») 

V  B,  L,  dif,  h  A"  with  2  spiral  anns! 

12 

10 

45.20 

23 

26 

59.5 

pF,  S,  l  25». 

13 

11 

56.57 

24 

t 

57.3 

F,  S,  dif,  l  90»,  b  Axis. 

4  Nr.  11  im  NGC.  2554:  S^'  lim  30«  +  23»  51^4,  am  Katalogort  ist 
kein  Nebel,  während  die  Beschreibung  auf  Nr.  11  pasat.  Es  ist  daher  ew 
Irrtum  im  NGC.  anzunehmen. 


M,  Wolf:  Entdeckung  von  kleineren  Nebelftecken.  125 

Die  Anhaltsterne  für  diese  Gruppe  sind: 

(7=  BD.  24?1889  =  AG.  Berlin  B  3306 

I)=  24.1907  3339 

B=  23.1922  3317 

A=  23.1925  3321 

Sie  werden  in  folgender  Weise  aus  den  Messungen  auf 
der  Platte  dargestellt: 

Durchschnittl.  Fehler  in  Rectascension :  +  0f06 

in  Declination:  +  ir2 

Zu  der  Beschreibung  der  Nebel  ist  zu  bemerken,  dass  die 
Bezeichnungs weise  des  HerschePschen  Generalkataloges  benutzt 
ist,  wie  sie  sich  im  Drey ersehen  N.  G.  C.  befindet.  Ausserdem 
mussten  aber  noch  folgende  BegrifiFe  eingeführt  werden: 

breit  =  br 
schmal  =  nw 
homogen  =  h 
nach  aussen  allmählich  verlaufend  =  oo 

Die  Positionswinkel  sind  in  Ermangelung  einer  Mess- 
vorrichtung nur  roh  geschätzt  und  zwar  so,  dass  ein  Strich 
im  Beobachtungsheft  bezüglich  der  Lage  der  Fäden  gezogen 
und  dessen  Lage  mit  dem  Transporteur  abgelesen  wurde. 

Ueber  einige  interessante  Eigentümlichkeiten  einzelner  von 
den  gemessenen  Nebelflecken  soll  an  anderer  Stelle  berichtet 
werden.  Ueberhaupt  sollen  später  auch  die  interessantesten 
Objekte  möglichst  genau  mit  einem  bei  Repsold  in  Arbeit  be- 
findlichen Messapparat  anderer  Konstruktion  untersucht  werden. 
Hier  war  der  Zweck  der  Mitteilung,  zu  zeigen,  wie  es  möglich 
wäre,  auf  photographischem  Wege  und  mit  einfachen  Messwerk- 
zeugen die  vielen  unbekannten  Nebel  zu  katalogisiren  und 
sie  kurz  zu  beschreiben.  In  dieser  oder  ganz  ähnlicher 
Weise  soll  nach  und  nach  eine  Grundlage  für  einen  photo- 
graphischen Nebelkatalog  und  damit  für  eine  für  die 
Erkenntnis  unseres  Weltsystems  so  wichtige  Statistik  geschaffen 
werden. 

1901.  SitouDgsb.  d.  matb.-phys.  Gl.  9 


126  Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  4,  Mai  1901, 

Wie  wichtig  diese  Katalogisirung  ist,  geht  auch  aus  den 
angeführten  Beispielen  so  recht  anschaulich  hervor.  Es  war 
absichtlich  in  den  behandelten  vier  Gegenden  eine  Stelle  des 
Himmels  nicht  gar  weit  von  der  Milchstrasse  gewählt  worden, 
die  bisher  als  nebelarm  betrachtet  worden  war.  Die  von  den 
vier  angeführten  Gruppen  bestrichene  Fläche  am  Himmel  beträgt 
4.7  Quadratgrade.  Es  wurden  auf  ihr  135  Nebelflecke  ver- 
messen, von  welchen,  wie  oben  ersichtlich,  nur  3  als  bekannt 
im  Drey  er 'sehen  Generalkatalog  angegeben  sind.  In  den  mir 
zugänglichen  Listen  Swift 's  befindet  sich  kein  Nebel,  der  die 
betreflTenden  Gegenden  berührt.^)  In  diesen  vier  Gegenden,  — 
sie  liegen  alle  zwischen  Praesepe  und  Milchstrasse  — ,  nämUch 

a  =  8^  12.1"^  a  ==  +  19«  20'  (1875.0) 
8    17.7  20      6 

8      8.8  24    43 

8      9.7  23    40 

stellt  sich  daher  das  Verhältnis  von  neuentdeckten  zu  be- 
kannten Nebelflecken  wie  132  zu  3.  Mit  anderen  Worten, 
es  wären  bisher  —  vor  Anwendung  der  Photographie  mit 
den  kurzbrennweitigen  Linsen  —  nur  zwei  Prozent  der  leicht 
zu  pliotographirenden  Nebelflecken  katalogisirt. 

Aus  den  wenigen  Schätzungen,  die  ich  an  anderen  als 
nebelreich  bekannten  Orten  anstellen  konnte,  scheint  hervor- 
zugehen, dass  dort  die  Zahl  der  Nebel  durch  die  Photographie 
nicht  in  wesentlich  grösserem  Maasse  zunimmt.  Es  sind  dort 
im  Durchschnitt  die  Nebel  nur  grösser  und  heller  und  daher 
mehr  bekannt. 

Sollte  sich  diese  Erfahrung  bei  der  Weiterführung  der 
Katalogisirung  bestätigen,  so  würde  daraus  ein  merkwürdiger 
Schluss  auf  die   Konstitution  des  Weltsystems  zu  ziehen  sein. 

^)  Listen   Nr.  2,  3,  4,  0,  7,  8,  12   in  M.  Notices,   sowie  Catalogues 
1,  2,  3,  4,  4a  in  ^Hi.story  and  Work  of  Warner  Observatory. 


1 


127 


Ueber  die  JodqueUen  bei  Tölz. 

Von  !•  Rothpletz. 

{Eingilaufm  20.  Mai.) 

Am  Nordrand  der  bayerischen  Alpen  entspringen  mehrere 
jodhaltige  Quellen,  die  zu  Heilzwecken  benutzt  werden  und 
unter  denen  diejenigen  bei  Tölz  gegenwärtig  die  grösste  Be- 
rühmtheit erlangt  haben.  Ueber  den  Ursprung  dieser  Quellen 
und  ihres  Jodgehaltes  wissen  wir  jedoch  trotz  der  theoretischen 
und  praktischen  Bedeutung,  welche  diesem  Gegenstande  zu- 
kommt, sehr  wenig.  Nur  das  eine  steht  vollkommen  fest,  dass 
diese  Quellen  nicht  etwa  aus  ein  und  derselben  Gesteinsschicht 
oder  aus  gleicher  Formation  entspringen.  Die  Quellen  von 
Salzberg  bei  Kempten  und  von  Heilbrunn  bei  Penzberg  treten 
aus  der  oberoligocänen  Molasse  zu  Tage,  die  bei  Tölz  aus  dem 
Eocan  und  die  des  Kainzenbades  bei  Partenkirchen  aus  der 
Trias  auf  der  Grenze  zwischen  Partnach-  und  Raibler  Schichten, 
die  hier  durch  eine  Gebirgsstörung  neben  einander  gerückt 
worden  sind.*) 

Im  vorigen  Jahre  wurde  bei  Tölz  durch  planmässige  An- 
lage eines  Stollens  eine  neue  verhältnissmässig  starke  Quelle 
aufgeschlossen  und  diese  Arbeiten,  welche  nach  meinen  Vor- 
schlägen ausgeführt  worden  waren,  haben  neues  Licht  auf  den 
Ursprung  der  Krankenheiler  Jodquellen  und  auf  den  geologi- 
schen Bau  der  dortigen  Gegend  geworfen,  so  dass  es  geboten 
erscheint,  darüber  einen  Bericht  zu  geben.    Doch  will  ich  zum 


*)  Siehe  A.  Rothpletz,  ein  Querschnitt  durch  die  Ostalpen,  1894,  S.  127. 

9* 


128  Sitzung  der  mathrphys.  Classe  vom  4.  Mai  1901, 

leichteren    Verständnisse    für    Femerstehende ,    kurz    über    die 
Vorgeschichte  der  dortigen  Jodquellen   einiges   vorausschicken. 

Die  Entdeckung  der  ersten  Krankenheiler  Jodquelle  fallt 
ins  Jahr  1846.  Der  Jaudbauer  war  am  Blomberg  in  etwa 
800  Meter  Meereshöhe  beim  Graben  nach  Mergel  auf  eine 
schwache  Quelle  gestossen,  in  der  Otto  Sendtner,  damals  Privat- 
dozent, später  Professor  der  Botanik  in  München,  Jod  nach- 
wies. Doch  ging  die  Quelle  durch  Verschüttung  wieder  ver- 
loren und  der  Bergingenieur  ßohatzsch,  der  das  Quellgebiet 
dem  Bauer  abkaufte,  musste  mehrere  Stollen  in  das  Berg- 
gehänge treiben,  wobei  er  zwar  nicht  die  verschüttete,  aber 
mehrere  andere  Quelladern  antraf.  Er  hat  darüber  einen  Be- 
richt 1851  im  Neuen  Jahrbuch  für  Mineralogie  (S.  164)  ver- 
öffentlicht und  darin  zwei  Quellen  in  Erinnerung  an  sein 
sächsisches  Heimathland  Bernhard-  und  Johann  Georgen- Quelle 
getauft. 

Analysen  des  Quellwassers  wurden  gemacht  und  ebenso 
Versuche  eine  Kuranstalt  zu  gründen,  die  aber  erst  von  Erfolg 
begleitet  waren,  als  Karl  Herder  aus  Freiburg  i.  B.  die  Quellen 
1856  durch  Kauf  erworben  hatte.  In  diesem  Jahre  wurde  auch 
die  Jodquelle  an  der  Bockleiten  (Annaquelle)  entdeckt  und 
später  kamen  bei  Krankenheil  noch  die  Mäximiliansquelle 
(1868)  und  die  zwei  Marienquellen  (1870)  hinzu.  Seit  1861 
sind  die  Quellen  im  Besitz  einer  Actiengesellschaft. 

Einen  kurzen  Bericht  über  die  geologischen  Verhältnisse 
der  Karls-  ^)  und  Annaquelle,  bei  deren  Fassung  er  zugegen  war, 
gab  Gümbel  1861  in  seiner  Geognost.  Beschreibung  des  bayer. 
Alpengebirges  S.  634.  Dieser  und  der  frühere  Bericht  von 
Rohfitzsch  sind  die  einzigen  literarischen  Quellen,  aus  denen 
die  zahlreichen  Badebrochüren  der  Doctoren  Gsell-Fels,  Höfler 
und  Streber  bei  Darstellung  der  Quell  Verhältnisse  geschöpft  haben. 

Es  ist  mir  unbekannt,  wen  Herder  bei  Fassung  der  Quellen 
als   technischen  Berather    zur  Seite  hatte,    aber   sicher   ist  es, 


^)  Diese  Quellen  waren  schon  theilweise  von  Rohatzsch  erschürft 
f^eweson,  aber  erst  später  und  nach  ihrer  Fassung  durch  Herder  wurde 
die  hinterste  von  den  3  Quellen  1872  erschlossen. 


Ä,  Bothpletz:  Ueber  die  Jodquellen  hei  Tölz,  129 

dass  bei  dieser  Fassung  Fehler  begangen  wurden.  Zwar  ging 
man  durch  Schürfungen  den  einzelnen  Quellen  so  lange  nach, 
bis  man  an  die  Stelle  kam,  wo  sie  aus  dem  festen  Felsen 
heraustreten,  aber  dann  umschloss  man  bei  den  wichtigeren 
Quellen  diese  Stelle  mit  einer  festen  Cementhülle  domartig  und 
zwang  das  Wasser  aus  diesem  kleinen  Sammelkessel  durch 
eine  Röhre  zu  entweichen,  die  fest  in  dem  Cementmantel  ein- 
gefügt war  und  die  bei  der  Bernhard-  und  Maximilian  quelle 
P/a  bezw.  3  Meter  lang  und  senkrecht  aufgestellt  war,  so  dass 
es  nur  bei  entsprechendem  Auftrieb  oben  zum  Ueberlaufen  des 
Wassers  kam.  Die  Folge  war,  dass  später  niemand  die  Ursache 
feststellen  konnte,  als  die  Quellen  geringere  Wassermengen 
gaben,  und  da  auch  weder  Pläne  noch  Beschreibungen  der 
Quellfassungen  existirten,  so  blieb  selbst  der  eingehenden  im 
Jahre  1892  vom  kgl.  Bezirksamte  vorgenommenen  Untersuchung 
der  eigentliche  Ursprung  der  meisten  dieser  Quellen  verborgen. 
Als  dann  im  Februar  1900  die  Cementverschlüsse  der  Kranken- 
heiler Quellen  gänzlich  entfernt  wurden,  sah  man,  dass  sich  in 
den  künstHchen  Sammelkesseln  im  Laufe  der  Zeit  ein  feiner 
grauer  Schlamm  angehäuft  hatte,  der  auch  die  Abflussröhren 
zum  Theil  verstopfte  und  wahrscheinlich  die  Ursache  geworden 
war,  dass  das  Quellwasser  tiefer  unten  im  Gestein  auf  dessen 
feinen  Spalten  andere  Auswege  gesucht  und  gefunden  hatte. 
Schon  1890  und  1892,  als  die  Bernhard-  und  die  Johann- 
Georgenquelle  neuen  quantitativen  Analysen  unterworfen  wurden, 
ergab  sich,  dass  gegenüber  den  früheren  1852  von  Fresenius 
und  Wittstein  vorgenommenen  Untersuchungen  der  Jodgehalt 
abgenommen  hatte.  Man  musste  daraus  erkennen,  dass  die 
vorhandenen  Quellen  den  steigenden  Ansprüchen  des  immer 
mehr  aufblühenden  Badeortes  nicht  mehr  genügen  konnten, 
und  so  entschloss  sich  die  Verwaltung  der  Actiengesellschaft 
endUch  1899  energische  Nachforschungen  nach  neuen  Quellen 
zu  unternehmen. 

Es  war  nicht  leicht  hierfür  einen  bestimmten  Arbeitsplan 
zu  entwerfen,  denn  nachdem  schon  die  Natur  durch  eine  mäch- 
tige und  weit  ausgedehnte  Decke  von  Moränen,  Gehängeschutt 


130  Sitzung  der  mathrphys.  Classe  vom  4,  Mai  1901, 

und  Alluvionen  Lage  und  Ausdehnung  der  Schichten  des  Unter- 
grundes fast  ganz  verhüllt  hatte,  waren  durch  die  schon  er- 
wähnte Verkleisterung  der  Quellfassungen  auch  die  künstlich 
geschaffenen  Aufschlüsse  fast  gänzlich  der  Beobachtung  wieder 
entzogen  worden.  Die  Schilderung  derselben  in  den  eingangs 
erwähnten  zwei  Berichten  von  ßohatzsch  und  Gümbel  gab 
ebenfalls  keine  verlässigen  Anhaltspunkte,  da  mehreres  in  den- 
selben unklar  und  widerspruchsvoll  blieb.  Kohatzsch,  der 
seiner  Beschreibung  leider  weder  Grundrisse  noch  Profile  bei- 
gegeben hat,  scheint  bei  Angabe  des  Einfallens  der  Schichten 
Nord  und  Süd  mit  einander  verwechselt  zu  haben.  Ebenso 
Gümbel,  der  zwar  eine  Profilzeichnung  gab,  darin  aber  ein 
nördliches  Einfallen  einzeichnete,  obschon  im  erläuternden  Text 
in  Uebereinstimmung  mit  Kohatzsch  ausdrücklich  ein  süd- 
liches Einfallen  erwähnt  wird.  Gleiches  Einfallen  zeigen  Text 
und  Profil  für  den  Steinbruch  an  der  Bocksleiten,  in  dem  auch 
heute  noch  deutlich  das  Entgegengesetzte  beobachtet  wird. 
Den  breiten  Streifen  von  Eocän,  den  die  geologische  Karte  am 
Eierbach  aufweist,  habe  ich  vergeblich  gesucht,  dahingegen 
fehlt  auf  derselben  der  Bühel  von  glaukonitischer  senoner 
Kreide,  der  nordöstlich  der  Blomberger  Quellen  im  Walde  auf- 
ragt und  in  dem  schon  vor  langem  der  Jaudbauer  einen  kleinen 
Schleifsteinbruch  angelegt  hatte. 

Eine  mehrtägige  Untersuchung  des  Tölzer  Quellengebietes 
im  October  1899  führte  mich  zu  folgenden  Ergebnissen:  Alle 
Jodquellen  am  Blomberg  entspringen  einem  rothen  Kalklager, 
das  beiderseits  von  thonigen  Mergeln  eingefasst  ist.  Dieses 
Lager  entspricht  dem  mitteleocänen  Enzenauer  Marmor.  Es 
streicht  von  SO.  nach  NW.  und  die  Mergel  auf  seiner  S W.- 
Seite haben  das  Aussehen  der  jüngeren  Stockletten.  Die  Mergel 
auf  der  Nordostseite  sind  anders  beschaffen  und  schliessen  kleine 
Bänke  eines  glaukonitischen  Quarzsandsteines  ein.  Ob  sie 
ebenfalls  wie  die  Stockletten  dem  Kalklager  concordant  ange- 
lagert sind,  blieb  zweifelhaft,  weil  es  sich  nicht  sicher  ent- 
scheiden Hess,  ob  die  Auflagern ngsfläclie,  welche  mit  40 — 60* 
nach  NNO.  einfällt  und  stellenweise  deutliche  Schrammen  auf 


A.  Boihpletz:  üeher  die  Jodquellen  hei  Tölz,  131 

dem  rotlien  Kalkstein  zeigt,  eine  Schicht-  oder  eine  Verwer- 
fungsfläche sei.  Der  im  Süden  davon  auftretende  Flysch  zeigt 
ein  so  verschiedenes  Streichen  und  Fallen,  dass  ein  noimaler 
Verband  desselben  mit  den  eocänen  Schichten  nicht  bestehen 
kann.  Beide  stossen  wahrscheinlich  auf  einer  grossen  Ver- 
werfungsspalte aneinander.  Jodhaltig  hatte  sich  bisher  keine 
der  vielen  Quellen  erwiesen,  die  dem  Flysch  entspringen,  die 
Jodquellen  sind  vielmehr  auf  das  Ealklager  beschränkt  und  sie 
entspringen  alle  mit  Ausnahme  der  Karlsquellen  am  Nordrande 
des  rothen  Kalkes.  .  Anscheinend  bilden  die  Spalten  dieses 
Kalklagers  die  Wege,  auf  denen  die  Quellen  aufsteigen,  die 
von  seitlichem  Ausweichen  durch  die  Mergel  im  Hangenden 
und  Liegenden  abgehalten  werden. 

Daraus  ergab  isich  von  selbst,  wie  man  es  zu  machen  habe, 
um,  ohne  die  gefassten  Quellen  zu  stören  und  ohne  allzugrosse 
Kosten,  etwa  vorhandene  neue  Quellen  aufzuschliessen.  Ein 
Stollen  von  N.  her  mit  südöstlicher  Richtung  in  den  Berg 
getrieben,  musste  bei  einer  verhältnissmässig  geringen  Länge, 
weiter  westlich  das  rothe  Kalklager  erreichen  und  dabei  höchst 
wahrscheinlich  auf  aufsteigende  Quellen  stossen. 

Im  Januar  1900  wurde  mit  der  Anlage  eines  solchen 
Stollens  begonnen,  der  bei  einer  Länge  von  35  Metern  wirk- 
lich auf  das  Kalklager  stiess  und  zwar  etwa  9  Meter  nord- 
westlich von  der  Bemhardsquelle.  Schon  am  10.  März  traf 
man  eine  jodhaltige  Quelle,  die  aus  einer  Spalte  jenes  Kalk- 
lagers empordrang  und  viel  wasserreicher  als  die  benachbarte 
Johann  Georgen-  und  Bernhardsquelle  war.  Indem  man  im 
Streichen  des  Marmorlagers  den  Stollen  nach  NW.  noch  eine 
kurze  Strecke  weit  trieb,  erreichte  man  alsbald  noch  eine 
zweite  aber  schwächere  Jodquelle  und  es  kann  kaum  einem 
Zweifel  unterliegen,  dass  in  dieser  Richtung  noch  weitere 
Quellen  anzutreflfen  sind.  Da  aber  die  gefundene  Wassermenge 
vorerst  genügend  erschien,  wurde  die  Arbeit  eingestellt.  Nach 
einigen  Tagen  zeigte  es  sich,  dass  zwischen  den  neuen  und  den 
zwei  benachbarten  alten  Quellen  ein  Zusammenhang  besteht, 
denn   letztere  begannen   bedeutend   schwächer  zu   laufen   und 


132  Sitzung  der  mathrphys,  Glosse  vom  4.  Mai  1901 , 

haben  bis  heute  ihren  ehemaligen  Wasserreichtum  nicht  wieder 
erlangt.  Dahingegen  machte  sich  bei  den  anderen  Kranken- 
heiler  Quellen  keinerlei  Abnahme  bemerkbar.  Die  neue  Quelle 
lieferte  ungefähr  soviel  Wasser  als  sämmtliche  alten  Kranken- 
heilerquellen  zusammen  (also  mit  Ausschluss  der  Annaquelle  an 
der  Isar).  Jetzt  erst  ging  man  daran,  die  Fassung  jener  alten 
Quellen  aufzudecken,  wobei  die  bereits  erwähnten  Mängel  der- 
selben, zugleich  aber  auch  eine  Anzahl  sehr  wichtiger  geo- 
logischer Thatsachen  zu  Tage  kamen,  die  in  Verbindung  mit 
den  Aufschlüssen  im  neuen  Stollen  es  gestatten  eine  bestimmtere 
Vorstellung  von  den  Beziehungen  der  Jodquellen  zum  Gebirgsbau 
zu  gewinnen. 

1.   Die  geologischen  Verhältnisse  bei  Erankenheil 

am  Blomberg. 

Die  beistehende  Kartenskizze  zeigt  alle  Aufschlüsse  des 
tertiären  Gesteins,  welche  von  Natur  oder  Menschenhand  im 
Fassungsgebiete  der  Krankenheiler  Quellen  geschaffen  worden 
sind.  Alles,  was  weiss  gelassen  ist,  gehört  zu  der  grossen 
Moränen  decke,  welche  das  Gehänge  des  Blomberges  an  dieser 
Stelle  bedeckt  und  die  selbst  wieder  zum  Theil  durch  jüngere 
Gehängebildungen  und  künstliche  Aufschüttungen  verhüllt  ist. 

Mit  e  ist  der  rothe  Kalkstein  bezeichnet,  der  dem  Enzenauei 
mitteleocänen  Marmor  entspricht.  Rohatz  seh  hat  seinerzeit 
bei  seinen  Schürfarbeiten  viel  Versteinerungen  darin  gefunden 
die  aber  nie  einer  genauen  Bestimmung  unterworfen  wordeJ 
sind.  Nummuliten  kommen  darin  sicher  vor  und  auch  sons 
weist  die  petrographische  Beschaffenheit  auf  den  Enzenaue: 
Marmor  hin,  der  ungefähr  in  700  Meter  westnord westliche:! 
Entfernung  auf  dem  Nordgehänge  des  Blomberges  in  einen 
grossen  Steinbruch  des  Tölzer  Magistrates  ansteht.  Gegen- 
wärtig ist  der  Bruch  auflässig,  aber  über  den  mehrere  Metei 
hohen  Wänden  des  rothen  Marmors  sieht  man  noch  recht 
deutlich  mit  schwacher  südlicher  Schichtneigung  die  jüngeren 
foramiuiferenführenden  Stockletten  oben  aufliegen. 


A.  BothpleU:  Ueber  die  Jodquellen  bei  TSli.  133 


I.  KuicDtkitiB  ilar  Blombsrger  (JuclIcDrs^suntien.    1  :üu(i.    h  UnUrciiFäne 

ttlHcIncr  Euelmuer  Msnnor,  >  Uhorcu.üna  Sto.'kleltcii.    Rie  Kahleo  bedcui 

Hsh«  In  MflterD  Über  und  antcr  der  TbOrBcbwelle  Aea  KarUtallDim. 


134  Sitzung  der  math.'phys.  Classe  vom  4,  Mai  1901. 

Letten  von  gleicher  BeschaflFenheit  sind  auch  im  Karls- 
stollen auf  der  Südseite  des  Marmors  aufgeschlossen  (s.  die 
Skizze)  und  scheinen  ebenso  wie  letzterer  senkrecht  aufgerichtet 
zu  sein. 

Von  anderer  BeschaflFenheit  sind  die  Mergel  auf  der  Nord- 
seite des  Marmorzuges.    Sie  sind  schwärzlich  und  enthalten  sehr 
viel  silberglänzende  Schüppchen  von  Ealiglimmer.     Vereinzelt 
kommen  Einlagerungen  von  festem  etwas  glaukonitischem  Kalk- 
stein  und  kalkigem  Sandstein   in  schmalen  Bänken   in  diesem 
dünnschieferigen  Mergel  vor.    Versteinerungen  sind  selten  und 
dann  meist  schlecht  erhalten.     Theils   sind   es   unbestimmbare 
kohlige    Pflanzenreste,    theils    weisschimmemde    Schalen    von 
Mollusken.     Doch    sind    die    meisten    Schalen    verdrückt,    von 
mehliger  BeschaflFenheit  und  zum  Theil  schon  aufgelöst.     Nur 
in  den  harten  Kalkbänken   sind   sie   gut   erhalten,    dann  aber 
schwer  freizulegen.     Solche  Versteinerungen  wurden  durch  den 
30  Meter  langen  Stollen  mehrfach  zu  Tage  gefordert.     Soweit 
sie  sich  bestimmen  Hessen,    verweisen   sie   auf  untereocänes 
Alter  der  Ablagerung.     Ich  fand: 

Gryphaea  Gümbeli  M.-E. 
Anomia  tenuistriata  Desh. 
Cardium  sp. 
Cytherea  sp. 
Turritella  sp. 
Nautilus  sp. 

Es  haben  diese  Funde  deshalb  eine  weiterreichende  Be* 
deutung,  weil  bisher  aus  der  Tölzer  Gegend  untereocäne  Ab' 
lagerungen  noch  nicht  bekannt  geworden  sind.  Auch  diese 
Mergel  sind  senkrecht  aufgerichtet  und  wir  haben  mithin 
scheinbar  eine  ganz  regelmässige  Aufeinanderfolge  von  Nof^ 
nach  Süd:  untereocäne  Mergel,  mitteleocäner  Marmor  und  obct' 
eocäne  Stockletten. 

Gleichwohl  besteht  keine  concordante  Lagerung  zwischen 
den  untereocänen  Mergeln  und  dem  Marmorlager.  Erstet^ 
streichen    von    Ost    nach  West    mit    localer   Ablenkung   nacl^ 


A.  Bülhplele:  üeber  die  Jodqudlen  bei  Tält.  135 

WSW  (am  Eingang  des  neuen  Stollens  N  105"  W).  Die 
Grenze  aber  gegen  den  Marmor  streicht  bei  der  Neuen  Quelle 
und  im  Bernhardstollen,  von  kleinen  Verbiegungen  abgesehen, 
N  70"  W,  im  Karlsstollen  N  80"  W.  Diese  Fläche  und  die 
M«rgelschichten  bilden  also  im  Streichen  einen  Winkel  ab- 
wechselnd von  10  bis  35*^.  Dazu  kommt  noch,  dass  die  Mergel 
in  der  Regel  senkrecht  oder  doch  fast  senkrecht  stehen,  wäb- 
reod  die  Grenzfläche  mit  40»— 60"  nach  NNO.  einfällt.  Be- 
sonders deutlich  war  dies  wäh- 
rend der  Wegnahme  der  alten 
Quellenfassung  im  Bemhards- 
■koUen  zu  beobachten  (s.  Fig.  2). 
Anders  rerhiilt  sich  die  Grenze 
swischen  dem  Marmor  und  den 
Stockletten,  die  allerdings  nur 
im  Karlstollen  sichtbar  ist.  Sie 
streicht  N  65»  W  und  seheint  ^'^^.llZurM^c.rrlTilfptn''' 
vertikal  gestellt  wie  die  Stock- 
letten seihst,  so  dass  sie  also  eine  wirkliche  Schichtfläche  ist, 
die  zugleich  die  llichtung  des  Marmorlagers  bezeichnet,  die 
sonst  mangels  Bankung  nicht  erkannt  werden  kann. 

Wir  haben  also  zwei  verschiedene  Schichtcomplexe  vor  uns: 
der  eine  im  Süden  besteht  aus  oberem  und  mittlerem  Eocän, 
seine  Schichten  stehen  saiger  und  streiehen  N  65"  W;  der 
audere  besteht  nur  aus  unterem  Focän  mit  ebenfalls  saigeren 
Schichten,  die  jedoch  0 — W  bis  N  75"  0  streichen,  mit  denen 
des  anderen  Compleies  also  Winkel  von  25 — 40"  bilden. 

Dieser  ältere  nördliche  Complex  liegt  dem  südlichen  und 
jüngeren  auf  einer  mit  40 — 60"  nach  Norden  geneigten  Fläche 
auf.  Diese  Auf  lagerungslläche  kann  nur  als  eine  Verwerfungs- 
fläcfae  aufgefasst  werden,  und  da  das  Aeltere  im  Hangenden  der- 
selben liegt,  muss  sie  eine  Ueberschiebungsfläche  sein.  Die 
Richtung  der  Ueberschiebung  wird  im  Bemhardstollen  an  den 
kräftigen  Parallelschrammen  erkannt,  welche  die  Oberflüche  des 
Harmorli^ers  im  vorderen  Theile  des  Stollens  bedecken. 

Dieselben  liegen  jedoch  nicht  genau   in  der  Richttmg  der 


136  Sitzung  der  mathrphys,  Classe  vom  4,  Mai  1901, 

Falllinie  dieser  Fläche,  sondern  steigen  von  NW.  her  schräg 
zur  Falllinie  gegen  SO.  auf.  Die  Schubbewegung  fand  also 
auf  einer  gegen  NNO.  geneigten  Fläche,  aber  ziemlich  genau 
von  N.  nach  S.  statt. 

Im  hinteren  Theile  des  Stollens  ist  diese  Schubfläche  nicht 
geschrammt,  auch  nicht  mehr  so  glatt,  sondern  rauh  und 
brecciös,  als  wenn  die  härteren  Einlagerungen  des  darüber  ge- 
schobenen untereocänen  Mergels  auf  dem  Marmor  eine  Rei- 
bungsbreccie  erzeugt  hätten.  Im  neuen  Stollen  ist  hingegen 
das  Bild  wieder  etwas  anders.  Die  Schubfläche  ist  nicht  glatt 
und  eben,  sondern  sanft  gewellt,  als  ob  sie  vom  Wasser  cor- 
rodirt  wäre.  Es  ist  das  vielleicht  das  Werk  der  gerade  dort 
entspringenden  kohlensäurehaltigen  neuen  Quelle,  aus  der  Zeit, 
wo  sie  noch  weiter  aufwärts  steigen  musste,  um  die  Oberfläche 
zu  erreichen. 

Auch  die  Mergel  im  Hangenden  zeigen  durchweg  nahe  der 
Schubfläche  merkliche  Veränderungen.     Im  neuen  Stollen  sind 
sie  vor  Ort   ganz    verdrückt   und  gestaucht,   wie  das  auf  Ver- 
werfungsspalten   gewöhnlich    beobachtet   wird.      Aber   bei  der 
(Quelle  selbst  und  in  noch  höherem  Maasse  im  Bernhardstollen 
ist  der  sonst  grau-schwarze  Mergel  grünlich  gefärbt,   fest  an 
die  Marmorfläche  angeschmiegt,  in  deren  Unebenheiten  binein- 
gepresst  und  von  spiegelnden  welligen  Druckflächen  dicht  durch- 
setzt.    Es  sind  das  nur  die  gewöhnlichen  untereocänen  Mergel, 
die  jedoch  längs  der  Ueberschiebung  stark  umgewandelt  wur- 
den.   Da  sie  aber  zugleich  die  Verschlussmauer  für  die  schwefel- 
wasserstofl'haltigen,  im  Kalkstein  emporsteigenden  Wasser  bildest 
so  sind   sie  bis   zu   einem  gewissen  Grade  damit  getränkt  und 
unterscheiden  sich  auch  dadurch  von  dem  gewöhnlichen  Mergel- 

Beim  Ausräumen  der  Max  quelle  hat  sich  ergeben,  da^ 
diese  (Juelle  ebenfalls  aus  einer  Spalte  des  Marmorlagers  ent^ 
springt,  dass  letzteres  jedoch  daneben  im  Streichen  gegen  Weste^ 
von  den  grauen  untereocänen  Mergeln  abgeschnitten  wir^^ 
nach  Art  einer  Querverschiebung,  wie  dieselbe  in  der  Skiz^^ 
eingetragen  ist.  Ich  konnte  das  Streichen  dieser  saigem  TreiE^ 
nungsspalte  mit  N  40^  0  bestimmen. 


A.  Bothpletz:  lieber  die  Jodquellen  hei  TÖlz. 


187 


In  Uebereinstimmung  damit  findet  man  die  Nordgrenze 
des  Marmors  zwischen  den  Marienquellen  und  der  Maxquelle 
gegenüber  der  im  Karlstollen 
etwa  um  2  Meter  nach  Norden 
Yorgeschoben,  so  dass  ein  ent- 
sprechender horizontaler  Vorschub 
des  östlichen  Theiles  angenommen 
werden  darf. 

Etwas   ähnliches   muss  zwi- 
schen   der    Earlsquelle    und    der 
Bemhardsquelle  eingetreten  sein, 
denn  wenn  man  die  Ueberschie- 
bungsfläche  beider  Theile  gegen- 
einander fortsetzt,  wie  das  in  der 
Skizze  mit  Berücksichtigung  der 
Höhenlagen  des  Terrains  durch- 
geführt  ist,    so  treffen   sie   nicht 
genau   aufeinander.     Hier   ist   es 
das  westliche  Gebirgsstück,  wel- 
clies  nach  Norden   und  zwar  um 
etwa  4  Meter    vorgeschoben   ist. 
Wenn  man  ferner  die  Grenzlinie 
zwischen  Marmor  und  Stockletten 
vom  Karlstollen  nach  West  ver- 
I     lagert,   so  schneidet  sie  alsbald 
Äö  der   Ueberschiebungslinie    ab 
Qnd  so  ist  es  wahrscheinlich,  dass 
^  Marmorlager  des  Karlstollens 
Ton  demjenigen    des    Bernhard- 
stollens auf  eine  kurze  Erstreckung 
durch  Mergel  getrennt  ist.     Für 
^e  aufsteigenden  Quellen  ist  dies 
gewiss  von  grosser  Bedeutung. 

Aus  alledem  geht  hervor,  dass  der  Gebirgsbau  im  (}uell- 
gekiet  ein  recht  verwickelter  ist.  Das  beigegebene  Profil  ver- 
sucht die  Verhältnisse    für  die   neue  Quelle   zu    geben,   wobei 


CO 

3 

B 

OD 


9 

s 
o 

Oi 


o 

CD 


0 

o 
►1 

o 

o 


M 

0 
N 

0 

P 

►1 

B 
o 
►1 


C 

o 
o 

0 
o 
►1 

cc 

O 


138  Sitzung  der  matK-phys.  Glosse  vom  4,  Mai  1901, 

auch  das  diluviale  Deckgebirge  eingetragen  wurde,  dessen  wirk- 
liche Mächtigkeit  jedoch  nicht  genau  bekannt  ist.  Ob  die  saigere 
Stellung  des  Marmorlagers  hier  so  wie  bei  den  Earlsquellen  zutrifft, 
wissen  wir  ebenfalls  nicht,  es  ist  also  diese  und  das  Vorhanden- 
sein der  sich  südlich  anlagernden  Stockletten  nur  Vermuthung. 

Dahingegen  ist  die  Existenz  des  Flysches  auf  der  anderen 
Seite  des  Wasserrisses  sicher.  Ein  Schürf  und  ein  alter  Stollen 
haben  denselben  angefahren.  In  ersterem  besteht  er  vorwiegend 
aus  typischem,  weichem,  glimmerreichem  Flyschsandstein  mit 
kleinen  verkohlten  Pflanzenresten.  Die  Schichten  fallen  mit 
schwacher  Neigung  nach  SW.  ein,  und  es  ist  deshalb  sehr 
wahrscheinlich,  dass  sie  von  dem  Eocän  durch  eine  Verwerfungs- 
spalte getrennt  sind,  wie  dies  weiter  im  Westen  bei  Enzenau 
sicher  nachgewiesen  worden  ist.  Es  gehört  dieser  Flysch  einer 
breiten  Zone  an,  die  sich  zwischen  Isar  und  Loisach  in  einer 
Breite  von  6  Kilometer  überall  südlich  an  den  Eocänzug  des 
Blomberges  und  von  Enzenau  anlegt.  Von  bestimmbaren  Ver- 
steinerungen kommen  fast  nur  die  bekannten  Flyschfucoiden 
darin  vor,  die  im  nördlichen  Eocän  jedoch  gänzlich  fehlen. 
Foraminiferen  sind  zwar  auch  sehr  häufig  darin,  aber  sie  haben 
noch  zu  keiner  specifischen  Bestimmung  geführt.  Glücklicher 
Weise  fand  Herr  Quass  auf  einer  geologischen  Excursion, 
welche  ich  im  Sommer  1900  hierher  führte,  in  einem  Flysch- 
block  der  vom  Blomberg  stammt  und  in  einem  Wassergraben 
unmittelbar  im  Norden  dieses  Quellgebietes  lag,  den  deutlichen 
Abdruck  eines  Inoceramus  Cripsi,  so  dass  wenigstens  ein  Theil 
dieses  Flysches  jedenfalls  noch  zur  oberen  Kreide  gehören  muss. 

Geht  man  von  den  Krankenheiler  Quellen  über  Wiesen  und 
durch  Wald,  deren  Boden  durchweg  aus  Moränen  und  Gehänge- 
schutt besteht,  ungefähr  200  Meter  nach  NW.,  so  gelangt  man 
an  einen  etwas  steil  ansteigenden  Waldhang,  auf  dessen  halber 
Höhe  ein  längst  verlassener  kleiner  Schleifsteinbruch  liegt. 
Herumliegende  Blöcke  von  grünem  glaukonitreichem  Kalkstein 
machen  uns  darauf  aufmerksam.  Er  schliesst  wenig  gut  erhaltene 
Schalen  der  Gryphaea  vesicularis  ein  und  gleicht  auch  sonst 
so    vollkommen   dem    senonen    „Grünsandstein**    von   Enzenau^ 


A.  BotkpleU:  Ueber  dit  Jodquellen  bei  TÖlis.  139 

dass  kein  Zweifel  über  sein  Alter  bestehen  kann.  Wenn  wir 
diesen  Aufschluss  mit  unserem  Queliprofil  (Fig.  3)  in  Verbin- 
dung setzen,  so  ergibt  sich  als  das  Wabrscbeinlicliste,  dass  diese 
Kreide  die  Unterls^  des  untereocänen  Mergels  bildet,  und  dass 
in  dem  aufscblusslosen  zwischenliegenden  Gebiete  von  200  Meter 
Brate  noch  die  obersten  senonen  Mergel  zu  suchen  sind. 

Der  Kreidebruch  liegt  danach  in  der  Mitte  eines  Gewölbes, 
dessen  Nordflügel  nicht  erhalten  oder  wenigstens  nicht  sichtbar 
ist,  dessen  SüdflUgel  aber  aus  den  Schichten  besteht,  denen  die 
Jodqaellen  entspringen.  Es  endet  dieser  Flflgel  an  dem  Flysch 
auf  der  bereits  erwähnten  Verwerfungsspalte.  Ob  letztere  so 
saiger  steht,  wie  ich  sie  gezeichnet  habe,  weiss  ich  nicht  — 
an  manchen  Stellen  der  Kachbarschaft  erscheint  es  so,  an  den 
meisten  aber  lässt  es  sich  nicht  feststellen.  In  dem  eocänen 
Theü  des  genannten  SUdöligels  hat  eine  nach  SUd  gerichtete 
üeberschiebung  stattgefunden,  und  die  Jodquellen  entspringen 
gerade  da,  wo  die  Uebersehiebungsfläche  zu  Tage  geht. 

In  Figur  4  habe 
ich  Tersucht  nach  den 
Aul^hlüssen  der  Ober- 
fläche den  Bau  des 
Gebirges  bis  herab  zu 
einerTiefe  von  fünfhun- 
dert Meter  darzustellen. 
Ich  habe  in  der  Tiefe 
eine  muldenartige  Um- 
biegung  des  zu  Tage 
siüger  gestellten  Flügels 
angenommen.  Es  ent- 
spricht das  den  Lage- 
i  rungsrerhältnissen  von 
I  Kreide  und  Eocän,  wie  sie  weiter  im  Westen  durch  die 
iibeiten    insbesondere    von    Dr.   H.  Inikeller')    klargelegt 

')  Die  Kreide-  und  Eocän bild untren  am  Stellauer  Eck  und  Enzcniiucr 
Ktipf  bei  Töl«.  Programm  zum  .Tahrcobericht  l895/!)6  Uer  städti^clien 
HMdeluchule  München.   Neuerdings  auch  Palaeontographica  1901  Bd.  48. 


M 

Bthnms 

,h  hör 

ehichtbiu 

d  de»  Hl^mbc 

ellin 

7800 

/Fljfh 

c  Ol  ere  Krcl.lp 

» 

untere 

«m 

Utre»  o  0 

«rei  Eocän. 

140  SUiung  der  mcUh.-phi/s.  Clasae  vom  4.  Mai  1901. 

worden  sind.  Es  soll  damit  jedoch  keineswegs  die  Möglich- 
keit ausgeschlossen  werden,  dass  die  Schichten  auch  noch  in 
grössere  Tiefe  senkrecht  hin  absetzen  oder  dass  noch  andere 
Complicationen  in  der  Lagerung  hinzutreten. 

Die  geologischen  Terbaltnisse  bei  der  Aimaqnelle 
an  der  Bocksleiten. 

Dieselben  sind  von  denen  am  Blomberg  recht  verschieden. 
Flysch,  senone  Kreide,  untereoeäne  Mergel  und  Enzenauer 
Marmor  sind  nirgends  sichtbar,  aber  an  mehreren  Stellen  schauen 
unter  der  mächtigen  diluvialen  Ablagerung,  welche  hauptsnch- 
lieh  den  langen  und  breiten  Höhenzug  des  Wackersberges  auf- 
baut, kleine  Partien  von  Stockletten  hervor,  die  wenig  mach- 
tige Einlagerungen  von  Granitmarmor  enthalten. 

Den  besten  Äufschluss  gewährt  der  gegenwärtig  auflässige 
Kirch  may  er 'sehe  Steinbruch  etwa  100  Meter  südlich  der  Häuser 
von  Bocksleiten  dicht  neben  der  Pahrstrasse.  Das  eigentliche 
Lager  von  Lithotamnien-reiehem  Granitmarmor  ist  nur  noch  in 
einer  Mächtigkeit  von  2  Metern  aufgeschlossen,  darUber  liegt 
5  j,      3  m  stark  ein   feinkör- 

nigerSandstein.dannSiu 
Stockletten  (ein  grauer 
globigerinenreicherMer 
gel)  und  zu  oberst  noch- 
mals Sandstein,  der  aber 

stark     verwittert     und 

bröckelig  geworden  bt. 
Alle  diese  Schichten 
bti  eichen  \  75*  \\  und  fallen  mit  25"  nach  N  ein.  Zwei 
iilttre  Steinbiuche  liegen  jl  50  m  weiter  im  SUden,  sind  aber 
bereits  ganz  verwachsen  und  zum  Theil  bewaldet.  Auch  in 
ihnen  stosst  man  nur  aut  Stockletten  und  Granitmarmor.  Noch 
100  m  weiter  südwärts  im  Fuchsgraben  trifft  man  abermals 
einen  Stockletten  artigen  Mergel  anstehend. 

Zwischen  dein  Kirchmayr'schen  Steinbruch  und  der  200  in 


A.  Bothpletz:  üeber  die  Jodquellen  hei  Tölz.  141 

nordwestlich  dayon  gelegenen  Annaquelle  fand  ich  in  einem 
kleinen  Wassergraben  mitten  im  Wald  einen  grösseren  Block 
von  Oranitmarmor,  der  wohl  auf  das  Ausgehen  einer  solchen 
Gesteinsbank  hinweist.  Im  nahen  Gründelgraben  steht  wieder 
ein  Stockletten  artiger  Mergel  an,  wie  er  auch  im  Annastollen- 
haus aufgeschlossen  ist  und  vor  dem  Stollen  auf  einer  kleinen 
Halde  liegt. 

Ob  dieses  4  malige  Vorkommen  von  Granitmarmor  vier  ver- 
schiedenen Lagern  entspricht,  oder  job  es  nur  in  Folge  von 
Verwerfungen  oder  Faltung  die  Wiederholung  ein  und  des- 
selben Lagers  darstellt,  lässt  sich  bei  der  Geringfügigkeit  der 
Au&chiüsse  nicht  entscheiden.  In  ersterem  Falle  müsste  man 
den  Stockletten  eine  Mächtigkeit  von  etwa  300  m  zusprechen. 
Wenn  ich  die  Stockletten  hier  kurzweg  als  Obereocän  bezeichne, 
so  soll  das  zunächst  nur  andeuten,  dass  sie  jedenfalls  jünger 
als  der  Enzenauer  Marmor  sind.  Erst  durch  charakteristische 
Fossilfunde,  die  einstweilen  von  hier  fehlen,  liesse  sich  ent- 
scheiden, ob  sie  obereocän  in  dem  Sinne  sind,  wie  es  nach 
O.  Reis  für  die  Stockletten  bei  Kressenberg  zutriflPb. 

Der  Verputz,  den  man  seinerzeit  der  Annaquelle  bei  ihrer 
Fassung  gegeben  hat,  lässt  nur  erkennen,  dass  die  Quelle  da 
entspringt,  wo  sich  die  diluvialen  „Kreide** -Mergel  discordant 
auf  die  Stockletten  aufgelagert  haben.  Das  heisst,  sie  sickert 
an  mehreren  Stellen  aus  jener  Auflagerungsfläche  hervor,  ihr 
eigentlicher  Ursprung  ist  unbekannt.  Die  Beschafienheit  des 
Stocklettens  kann  man  nur  aus  den  Stücken  beurtheilen,  die 
vor  46  Jahren  beim  Fassen  der  Quelle  ausgegraben  und  vor 
dem  Quellhaus  auf  eine  Halde  geworfen  worden  sind.  Sie 
haben  natürlich  seither  stark  durch  Verwitterung  gelitten, 
doch  lassen  sie  noch  erkennen,  dass  dieser  Mergel  verhältniss- 
mässig  viele  kleine  kohlige  Pflanzenreste  einschliesst. 

Die  „Tölzer  Kreide**,  welche  darüber  liegt,  führt  zu  unterst 
vereinzelte  kleine  GeröUe  und  ist  ziemlich  sandig,  was  man 
direct  über  der  Quelle  sehen  kann.  300  m  südlich  des  Quell- 
hauses ist  diese  Kreide  in  einer  ofienen  Grube  und  südlich  wie 
nördlich  davon  durch  Stollen  aufgeschlossen.     Sie   ist  deutlich 

1901.  Siiziingsb.  d.mat]i.-phy8.  GL  10 


1 


142 


Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  4,  Mai  1901, 


horizontal  geschichtet  und  wird  von  mächtigen  fluvioglacialen 
Schottermassen  überlagert.  Ad.  Schwager  (Geognost.  Jahres- 
hefte  1894,  S.  86)  gibt  Analysen  des  grauen  Mergels  (1)  und 
einer  gelblichen  Abart  (2)  und  zum  Vergleich  eines  Dolomit- 
sandes, wie  er  vom  Hauptdolomit  des  Kramer  bei  Garmisch 
durch  den  Regen  abgeschwemmt  wird: 


CaO 

MgO 

CO2 

SiO^    H2O3   Fe-iOs 

K2O 

Na^O 

H^O+Org 

Summa 

1 

33.08 

30.90 
31.60 

6.31 

4.50 
18.50 

32.90 

33.94 
46.00 

14.73      8.17      1.78 

0.94 
0.14 

0.16 
0.11 

2.66 
2.70 

100.73 

2 
3 

21.75 
sonstiges  3.4 

100.04 
99.50 

Ob  diese  Kreide  noch  auf  Eocän  ruht,  ist  unbekannt,  aber 
400  m  nördlich  der  Annaquelle  kann  dies  jedenfalls  nicht  mehr 
der  Fall  sein,  weil  da  am  Ufer  der  Isar  bereits  unter  Winkeln 
von  50 — 65^  aufgerichtete  Mergel  und  Sandsteine  der  ober- 
oligocänen  Molasse  anstehen,  die  ein  ostwestliches  bis  nordwest- 
liches Streichen  und  südliches  Einfallen  zeigen.  Sie  fallen  ako 
widersinnig  gegen  den  obereocänen  Granitmarmor  ein  und  ohne 
Zweifel  stossen  sie  auf  eine  Verwerfungsspalte  an  dieselben  an, 
ein  Lagerungsverhältniss,  das  in  ganz  ähnlicher  Weise  bei  dem 
Gern ent werk  Mariahilf  bei  Schaftlach  nachgewiesen  worden  ist. 
Wo  diese  Verwerfung  am  Wackersberg  durchstreicht,  ist  un- 
gewiss. Es  kann  nahe  der  Annaquelle  sein,  vielleicht  aber 
auch  400  m  davon  nördlich. 


2.   Das  Wasser  der  Tölzer  Jodquellen. 

Von  allen  zu  Heilzwecken  benutzten  Quellen  besitzen  wir 
chemische  Analysen,  die  zwischen  1890  und  1900  gemacht 
worden  sind.  Von  drei  Quellen,  nemlich  der  Bernhard-,  Johann 
Georgen-  und  Annaquelle,  liegen  noch  ältere  Analysen  von  1852 
bezw.  1857  vor,  so  dass  wir  auch  über  die  Veränderungen  des 
Mineralgehaltes  während  50  Jahren  etwas  wissen. 


Ä,  Bothpletg:  üeber  die  Jodquellen  hei  Töh.  143 

Ich  gebe  im  Nachfolgenden  eine  Zusammenstellung  dieser 
Analysen,  doch  will  ich  dazu  bemerken,  dass  ich  die  Bestand- 
theile,  welche  nur  in  Spuren  oder  winzigsten  Mengen  von  ein- 
zelnen Chemikern  nachgewiesen  worden  sind,  weggelassen  habe, 
ebenso  wie  die  fünfte  Dezimalstelle.  Die  Bestimmungen  der 
freien  Kohlensäure  und  des  Schwefelwasserstofifes  sind  nicht 
immer  durchgeführt  worden  oder  an  Wasser,  das  in  unzweck- 
mässiger Weise  der  Quelle  entnommen  worden  war,  so  dass 
die  Analyse  einen  zu  geringen  Betrag  ergeben  musste.  Nur 
die  von  L.  A.  Buchner,  Fresenius  und  Hobein  geraachten 
Bestinnnungen  verdienen  Berücksichtigung.  Die  Analysen  wur- 
den ausgeführt  1852  von  Fresenius  und  Wittstein  (München), 
1857  von  Prof.  L.  A.  Buchner  (München),  1890  von  Carl 
Bu ebner  und  Sohn  in  München,  1892  und  1900  von  Dr.  M. 
Hobein  in  München  —  alle  im  Auftrag  der  Quellenbesitzer, 
von  denen  ich  diejenigen  Angaben,  welche  bisher  noch  nicht 
veröflFentlicht  worden  sind,  erhalten  habe.  Von  den  StoflFen, 
die  ich  aus  den  Analysen  weggelassen  habe,  sind  quantitativ 
bestimmt  worden  in  1000  Theilen: 

doppeltkohlensaures  Lithion  in  der  Johann  Georgen- 
quelle nur  von  Wittstein  (0.0023), 

doppeltkohlensaures  Manganoxydul  in  der  Bem- 
hardsquelle  von  Fresenius  1862  und  C.  Buchner  1890 
(0.0001), 

phosphorsaures  Eisenoxyd  in  der  Johann  Georgen- 
quelle von  Wittstein  (0.0005)  und  von  C.  Buchner  (0.0004), 

kieselsaures  Natron  in  der  Johann  Georgenquelle  von 
Wittstein  (0.0175),  in  der  Karlsquelle  von  C.  Buchner 
(0.0042),  in  der  Maxquelle  von  C.  Buchner  (0.0076)  und  in 
der  Marienquelle  (0.0003), 

kieselsaure  Thonerde  in  der  Bernhardsquelle  von 
Fresenius  (0.0020),  in  der  neuen  Quelle  (0.0017),  in  der 
Annaquelle  von  L.  A.  Buchner  (0.0012)  und  von  C.  Buchner 
(0.0096). 

Aus  den  Jahren  1852  liegen  von  der  Bernhards-  und 
Jobann  Georgenquelle  je   zwei  Analysen  von  Fresenius  und 

10* 


144  Sitzung  der  math.-phys,  Clcksse  vom  4,  Mai  1901, 

Wittstein  vor,  die  in  der  Hauptsache  eine  gute  Ueberein- 
stimmung,  im  Einzelnen  jedoch  auch  kleine  Dififerenzen  zeigen. 
Es  mag  dies  zum  Theil  davon  herrühren,  dass  das  Wasser  zu 
verschiedenen  Zeiten  den  Quellen  entnommen  wurde,  zuerst  für 
Fresenius,  später  für  Wittstein.  Auch  in  der  Oesammt- 
menge  der  Mineralbestandtheile  ergab  es  Unterschiede  bis  zu 
0.0534,  also  bis  7®/o.  Aus  diesen  Schwankungen  erklärt  es 
sich  wohl  auch,  dass  der  Gehalt  an  Jodnatrium  von  1890  auf 
1892  in  der  Johann  Georgenquelle  beinahe  auf  das  Doppelte,  in 
der  Karlsquelle  auf  das  siebenfache  gestiegen  war,  trotzdem 
sich  seit  1852  im  Allgemeinen  eine  erhebliche  Jodabnahme 
deutlich  bemerkbar  gemacht  hat. 

Fassen  wir  nun  zunächst  die  Bernhardsquelle  ins  Auge, 
so  lassen  sich  die  gelösten  Bestandtheile  leicht  in  drei  Gruppen 
bringen:  die  erste  umfasst  die  Natriumverbindungen  und  die 
Kieselsäure,  die  zweite  die  Sulfate  und  die  dritte  die  Carbonaie 
von  Kalk,  Magnesium  und  Eisenoxydul.  Von  1852  bis  1892 
haben  die  gelösten  Bestandtheile  im  Ganzen  um  etwa  20®/o 
abgenommen,  die  Natriumverbindungen  sogar  um  beinahe  40% 
während  die  Kalkcarbonate  umgekehrt  um  85®/o  zugenommen 
haben.  Die  Sulfate  hingegen  zeigen  abwechselnd  Zu-  und 
Abnahme,  schliessen  aber  1892  mit  einer  Mehrung  gegen 
1852  I  von  64°/o,  gegen  ^1852  II  mit  einer  Minderung  um 
6^/0  ab. 

Man  sieht  hieraus,  dass  diese  3  Gruppen  eine  gewisse 
Selbstständigkeit  besitzen,  und  da  die  erste  Gruppe  die  Haupt- 
bestandtheile  der  Soolquellen,  die  zweite  der  Schwefelquellen 
und  die  dritte  der  gewöhnlichen  Quellen  des  Kalkgebirges  ein- 
schliesst,  so  will  ich  sie  der  Kürze  halber  weiterhin  als  die 
Kochsalz-,  Schwefel-  und  Kalk-Gruppen  bezeichnen.  Dass  ich 
zu  ersterer  auch  noch  die  Kieselsäure  rechne,  hat  seinen  Grund 
darin,  dass  dieser  Bestandtheil  regelmässig  die  Schwankungen 
nur  dieser  Gruppe  mitmacht.  Zur  Schwefelgruppe  ist  natür- 
lich auch  der  SchwefelwasserstoflF  zu  zählen. 

Vergleichen  wir  damit  die  Bestandtheile  der  Johann 
Georgenquelle,    so  ergeben  sich  auch  jene  3  Gruppen  ganz 


Ä.  Bothjpletz:  üeber  die  Jodquellen  bei  TÖlz,  145 

von  selbst;  aber  die  Kochsalzgruppe  weist  zwischen  1852  und 
1892  eine  Mehrung  von  29®/o  bei  einer  Zunahme  von  nur 
19®/o  des  Gesammtgehaltes  auf.  Umgekehrt  hat  die  Kalkgruppe 
und  selbst  die  Schwefelgruppe  Abnahme  zu  verzeichnen,  erstere 
um  12,  letztere  um  43®/o.  Doch  macht  sich  die  der  letzteren 
erst  seit  1890  bemerkbar,  während  die  der  ersteren  bis  1890 
sogar  um  28®/o  zurückgegangen  war,  seither  aber  wieder 
schwach  zunahm.  Von  der  Kieselsäure  bleibt  es  in  dieser  Quelle 
unsicher,  ob  man  sie  zur  ersten  oder  dritten  Gruppe  stellen 
soll.  Sie  zeigt  ungeföhr  gleiche  Schwankungen  wie  das  Jod- 
natrium, das  ebenfalls  eine  Abnahme  und  zwar  statt  um  10 
sogar  um  20®/o  aufweist  und  ebenso  1890  einen  noch  tieferen 
Stand  als  1892  hatte.  Bemhardsquelle  und  diese  haben  es 
gemeinsam,  dass  der  Jodnatriumgehalt  abgenommen  hat,  in 
jener  sogar  um  62®/o. 

Die  neue  Quelle  stimmt  in  allem  sehr  aufföUig  mit  der 
Johann  Georgenquelle  überein  und  zwar  mit  Bezug  auf  Ge- 
sammtgehalt  und  die  Kochsalzgruppe  mit  deren  Stand  von  1892, 
mit  Bezug  auf  Sulfate  und  Kalkgruppe  mit  deren  Stand  von 
1852.  Die  Bemhardsquelle  war  von  beiden  stets  durch  einen 
höheren  Betrag  in  der  Kalkgruppe  und  einen  geringeren  in 
der  Kochsalzgruppe,  wenigjstens  seit  1890  unterschieden.  In 
der  Schwefelgruppe  steht  sie  hingegen  beiden  ungefähr  gleich. 

Berücksichtigt  man,  dass  die  gewöhnlichen  Quellen  dieser 
Gegend  nur  einen  Gehalt  aus  der  Kalkgruppe  haben,  so  lässt 
sich  dieser  Unterschied  so  deuten,  dass  die  Bernhardsquelle 
eine  etwas  stärkere  Beimischung  gewöhnlichen  Quellwassers 
erhielt.  1890  hat  C.  Buchner  Quellwasser  untersucht,  das 
ihm  von  der  Badedirection  zugeschickt  worden  war  und  das 
aus  der  Quellenfassung  oberhalb  der  Jodquellen  im  Wasser- 
töbel  stammte.*)  Es  enthielt  weder  Jod,  Brom,  Lithium,  noch 
Sulfate  oder  SchwefelwasserstoflF  und  der  Rückstand  von  0.258  ®/oo 


')  Gleiches  Resultat  hatte  die  Analyse  von  1891  eines  Wassers,  das 
wahrscheinlich  aus  dem  kleinen  Versuchsstollen  im  Flysch  südlich  des 
Karlstollen  stammte.  Ein  Rückstand  von  0.302  enthielt  0.235  kohlen- 
sauren Kalk. 


152  Sitzung  der  math,-phys.  Glosse  vom  4.  Mai  1901, 

Schichten  immer  mehr  in  die  Tiefe,  andere  folgen  nach  und  es 
entstehen  Untergrundwasser- Ansammlungen,  die  aber  in  der 
Hauptsache  nur  auf  einzelne  Gesteinsschichten  beschränkt 
bleiben.        ^ 

In  unserem  Falle  sind  diese  Schichten  zwar  muldenförmig 
gebogen  und  fallen  in  Folge  dessen  steil  nach  Süd  ein,  aber 
ehe  sie  zur  Umbiegung  kommen,  welche  sie  wieder  zu  Tage 
bringen  müsste,  werden  sie  von  einer  bedeutenden  Verwerfungs- 
spalte abgeschnitten,  auf  deren  anderer  Seite  jetzt  in  Folge  der 
stattgehabten  Verwerfung  stark  gefaltete  und  gefältelte  Flysch- 
mergel  und  Sandsteine  anstehen. 

Durch  diese  Anlegung  des  thonigen  Flysches  an  die 
unteren  Enden  der  wasserführenden  Schichten  werden  dieselben 
also  nach  unten  abgeschlossen  und  das  Untergrundwasser  an 
weiterem  Absteigen  abgehalten.  Der  hydrostatische  Druck  muss 
aber  bestrebt  sein  das  angesammelte  Wasser  auf  dem  wenn 
auch  engen  Riss  der  Verwerfungsspalte  in  die  Höhe  zu  treiben, 
wie  in  der  Röhre  eines  artesischen  Brunnens.  Wenn  dann 
dieses  aufsteigende  Wasser  an  die  Stelle  kommt,  wo  der  stark 
zerklüftete  Enzenauer  Marmor  an  der  Verwerfung  abstösst, 
wird  es  leichter  in  die  Spalten  dieses  Kalksteines  eindringen 
als  in  der  Verwerfungsspalte  weiter  aufsteigen  und  so  erklärt 
es  sich,  dass  die  aufsteigenden  Jodquellen  des  Blomberges  alle 
aus  diesem  Marmorlager  entspringen.  Die  stärksten  dieser 
Quellen  können  freilich  gar  nicht  bis  zu  Tage  aufsteigen,  weil 
sie  von  den  überschobenen  thonigen  untereocänen  Mergeln,  in 
die  sie  nicht  eindringen  können,  zurückgehalten  werden.  Erst 
künstlicher  Abdeckung  dieser  Mergel  ist  es  gelungen  auch  diesen 
Quellen  einen  Ausfluss  zu  schafifen. 

Mit  dieser  Auffassung  steht  es  im  Einklang,  dass  die  Jod- 
quellen stärker  fliessen  müssen,  wenn  eine  Periode  stärkerer 
atmosphärischer  Niederschläge  vorausgegangen  ist,  weil  dann 
mehr  Wasser  in  die  porösen  Schichten  eingedrungen,  der  Unter- 
grundwasserspiegel dadurch  gestiegen  und  der  hydrostatische 
Druck   vergrössert  worden   ist.     Die  thatsächlich  beobachteten 


Ä.  Both^eli:  Ueber  die  Jodqatlhn  hti  Tölt. 


147 


(0.117  und  0.139)  und  ähnliche  Beträge  in  der  Karl-  und  Max- 
quelle. Es  scheint  fast  als  wenn  in  diesem  Jahre  eine  aus- 
nahmsweise starke  Kohlensäureentwickelung  stattgefunden  hätte. 
Die  Annaquelle  hingegen  ergab  sowohl  1857  als  auch  1892 
ungefähr  gleiche  Betr^e,  nemlich  0,083  und  0.089. 

Neben  der  Yeränderlichkeit  in  der  chemischen  Zusammen- 
setzung, welche  ftlr  die  Tölzer  Heilquellen,  wie  wir  gesehen 
haben,  im  Laufe  der  letzten  50  Jahre  nachgewiesen  worden  ist, 
besteht  aber  auch  noch  eine  solche  in  der  Wassermenge.  Für 
frühere  Jahre  liegen  allerdings  die  Messungen  nicht  mehr  vor 
und  nur  ein  uncontrollirbares  Gerücht  behauptet,  dass  die 
Annaquelle,  als  sie  aufgefunden  wurde,  viel  stärker  gewesen 
sei  als  später,  nachdem  man  sie  gefasst  hatte.  Ob  dies  richtig, 
ob  daran  eine  ungeschickte  Fassung  Schuld  hat,  muss  unent- 
schieden bleiben. 

Anzahl  der  Sekunden,  in  denen  ein  Liter  Wasser 
geliefert  wurde: 


Bernhard  quelle 
Job.  Geor(;enquell( 
Neue  Quelle 
Karlsquellen 
MiLXqiielle 
Marienquellcn 


20  23 
17,5  17.5 
24!  23 


6S  62.5  62.5 

86  \m.b\  85 


27.6    29    31 
22  22.6'  22 


29  [^30  31 
i5.B'64.S  70 


22.2  22.7 

20.B18.2 


^1    25 

211   22 


Bei  anhaltend  trockenem  Wetter  oder  grosser  Kälte  laufen 
im  Allgemeinen  die  Quellen  schwächer.  Die  Zunahme  bei  den 
Karlsquellen  mit  dem  Jahre  1900  kommt  daher,  dass  die  un- 
geschickte Fassung  derselben  entfernt  und  ein  bis  dahin  unbe- 
rflcksichtigt  gebliebener  Quellast  hinzugenonimen  worden  war. 
Die  starke  Abnahme  der  Bernhard-  und  Johann  Georgenquclle 


•^ 


148  Sitzung  der  matK-phys,  Glosse  vom  4.  Mai  1901, 

zwischen  Februar  und  April  1900  hängt  mit  der  Erscheinung 
der  Neuen  Quelle  zusammen. 

Ueber  die  Temperatur  des  Jodquell wassers  liegen  leider 
nur  mangelhafte  Berichte  vor.  G.  Höfler  gab  1869  für  die 
Bernhardsquelle  7.5®  C.  und  für  die  Johann  Georgenquelle  7.6*^ 
an.  Gümbel  erwähnte  1861  9.1®  von  der  Jodquelle  am 
Sauersberge,  womit  jedenfalls  eine  der  beiden  obigen  Quellen 
gemeint  sein  muss.  Leider  ist  bei  keinen  dieser  Messungen  die 
Jahreszeit  angegeben  und  Höfler  hat  wohl  nicht  die  Quelle 
an  ihrem  Ursprung  gemessen,  da  sie  1869  schon  längst  ver- 
cementirt  war,  sondern  an  ihrem  Röhrenausfluss.  Gegenwärtig 
lassen  sich  an  ihnen  keine  Thermometermessungen  mehr  vor- 
nehmen. Dahingegen  ergab  mir  die  neue  Jodbrunnenquelle  im 
März  1901  8.37®  C.  Die  Messungen  habe  ich  mit  controllirten 
Instrumenten  vorgenommen,  die  mir  Herr  Prof.  Ebert  aus 
der  Sammlung  der  Technischen  Hochschule  freundlichst  über- 
lassen hat. 

Am  gleichen  Tag  fand  ich  für  die  Marien-  und  die  vordere 
der  Karlsquellen  6.9®  und  für  die  dritte  hintere  3.9®. 

Die  Annaquelle  wurde  im  Mai  1857  von  L.  A.  Buchner 
mit  8.75®  (=  7®  R.)  gemessen,  im  März  1901  fand  ich  8.27». 
Die  Stollenquelle  des  Oementwerkes  auf  gleicher  Meereshöhe 
(650  m)  hatte  8.17®. 

Nach  den  von  Gümbel  1861  (Alpengebirge  S.  835)  zu- 
sammengestellten Quellenmessungen  wäre  die  normale  Quellen- 
temperatur der  Annaquelle  8.25®,  für  die  Quellen  am  Sauers- 
berg  (805  m)  7.25®. 

Die  dort  im  Hintergrund  des  Bernhardstollen  gefasste  ge- 
wöhnliche, aber  ziemlich  starke  Brunnen  quelle,  zeigte  aber  im 
März  1901  nur  1.75®.     Im  Sommer  ist  sie  bedeutend  wärmer. 

3.  Der  Ursprung  der  Tölzer  Jodquellen. 

Aus  den  vorausgehenden  Angaben  lassen  sich  einige 
Schlüsse  über  die  Herkunft  dieser  Quellen  und  ihres  Mineral- 
gehaltes ziehen. 


A.  Eothplets:  üeher  die  Jodquellen  bei  Tölz,  149 

Aus  welcher  Tiefe  kommen  diese  Quellen? 

Die  neue  Jodquelle  ist  nur  um  etwas  mehr  wie  1^,  die 
Annaquelle  blos  um  den  Bruchtheil  eines  Grades  wärmer  als 
eine  normale  gewöhnliche  QueUe  und  die  Marien-  und  Karls- 
quellen sind  sogar  kälter.  Dieser  scheinbare  Widerspruch  klärt 
sich  jedoch  leicht  auf,  wenn  wir  die  Art  der  Quellenfassung 
und  die  Natur  der  dortigen  gewöhnlichen  Quellen  ins  Auge 
fassen. 

Die  neue  Quelle  ist  einige  Meter  unter  der  Bergoberfläche 
da  gefasst,  wo  sie  direct  aus  einer  Felsspalte  austritt,  die  an- 
deren gemessenen  Quellen  hingegen  sind  gerade  an  der  Ober- 
fläche der  festen  Felsen,  wo  sie  von  Moränen-  und  Gehänge- 
schutt bedeckt  werden,  gefasst,  so  dass  das  im  Deckgebirge 
circulirende  Tageswasser  sich  leicht  damit  mischt.  Die  Anna- 
quelle hat  in  Folge  dessen  die  Temperatur  desselben  von  8.17® 
beinahe  schon  erreicht,  und  die  Karls-  und  Marienquellen  mit 
6.9®  und  3.9®  zeigen  noch  deutlicher  den  Einfluss  des  kalten 
März-Quellwassers. 

Der  ausgeprägt  „heterothermale**  Charakter  der  gewöhn- 
lichen Sauersberger  Quellen  hat  seine  Ursache  in  der  geringen 
Mächtigkeit  der  Gesteinsschichten,  in  denen  sich  die  atmo- 
sphärischen Niederschläge  zu  Quellwasser  ansammeln.  Es  sind 
Moränen  und  Gehängeschutt-  und  -lehm,  welche  auf  den  meist 
thonigen  Mergeln  der  Kreide-  und  Tertiärforraation  liegen  und 
die  selbst  mit  ihren  untersten  Lagen  nicht  in  die  Kegion  der 
»unveränderlichen  Bodentemperatur  *  herabreichen.  Winterkälte 
und  Schneeschmelze  werden  deshalb  hier  sehr  fühlbar  und  auch 
der  Wasserreichtum  und  die  Wasserreinheit  der  daraus  ent- 
springenden Quellen  zeigen  grosse  und  unmittelbare  Abhängig- 
keit von  den  jeweiligen  Regenmengen. 

Anders  liegen  die  Verhältnisse  bei  der  Annaquelle,  wo  die 
tertiären  Schichtgesteine  von  einer  bis  10  Meter  mächtigen 
diluvialen  Mergelschicht,  der  „Tölzer  Kreide",  und  einer  da- 
rüber liegenden  Masse  fluvioglacialer  Schotter  bedeckt  sind. 
Besonders  in  den  unteren  sandigen  Lagen  dieser  „Kreide**  bilden 


152  Sitzung  der  math,-phys.  Glosse  vom  4.  Mai  1901. 

Schichten  immer  mehr  in  die  Tiefe,  andere  folgen  nach  und  es 
entstehen  Untergi'undwasser- Ansammlungen,  die  aber  in  der 
Hauptsache  nur  auf  einzelne  Gesteinsschichten  beschränkt 
bleiben.        ^ 

In  unserem  Falle  sind  diese  Schichten  zwar  muldenförmig 
gebogen  und  fallen  in  Folge  dessen  steil  nach  Süd  ein,  aber 
ehe  sie  zur  Umbiegung  kommen,  welche  sie  wieder  zu  Tage 
bringen  müsste,  werden  sie  von  einer  bedeutenden  Verwerfungs- 
spalte abgeschnitten,  auf  deren  anderer  Seite  jetzt  in  Folge  der 
stattgehabten  Verwerfung  stark  gefaltete  und  gefältelte  Flysch- 
mergel  und  Sandsteine  anstehen. 

Durch  diese  Anlegung  des  thonigen  Flysches  an  die 
unteren  Enden  der  wasserführenden  Schichten  werden  dieselben 
also  nach  unten  abgeschlossen  und  das  Untergrundwasser  an 
weiterem  Absteigen  abgehalten.  Der  hydrostatische  Druck  muss 
aber  bestrebt  sein  das  angesammelte  Wasser  auf  dem  wenn 
auch  engen  Riss  der  Verwerfungsspalte  in  die  Höhe  zu  treiben, 
wie  in  der  Röhre  eines  artesischen  Brunnens.  Wenn  dann 
dieses  aufsteigende  Wasser  an  die  Stelle  kommt,  wo  der  stark 
zerklüftete  Enzenauer  Marmor  an  der  Verwerfung  abstösst, 
wird  es  leichter  in  die  Spalten  dieses  Kalksteines  eindringen 
als  in  der  Verwerfungsspalte  weiter  aufsteigen  und  so  erklärt 
es  sich,  dass  die  aufsteigenden  Jodquellen  des  Blomberges  alle 
aus  diesem  Marmorlager  entspringen.  Die  stärksten  dieser 
Quellen  können  freilich  gar  nicht  bis  zu  Tage  aufsteigen,  weil 
sie  von  den  überschobenen  thonigen  untereocänen  Mergeln,  in 
die  sie  nicht  eindringen  können,  zurückgehalten  werden.  Erst 
künstlicher  Abdeckung  dieser  Mergel  ist  es  gelungen  auch  diesen 
Quellen  einen  Ausfluss  zu  schaffen. 

Mit  dieser  Auffassung  steht  es  im  Einklang,  dass  die  Jod- 
quellen stärker  fliessen  müssen,  wenn  eine  Periode  stärkerer 
atmosphärischer  Niederschläge  vorausgegangen  ist,  weil  dann 
mehr  Wasser  in  die  porösen  Schichten  eingedrungen,  der  Unter- 
grundwasserspiegel dadurch  gestiegen  und  der  hydrostatische 
Druck   vergrössert  worden   ist.     Die  thatsächlich  beobachteten 


A,  Bothpletz:  üeber  die  Jodquellen  hei  Tölz,  153 

grossen  Schwankungen  im  Wasserreichtum  der  Quellen  dienen 
zur  Bestätigung. 

Sobald  das  aufsteigende  Wasser  in  die  Klüfte  des  Marmor- 
lagers eintritt,  ist  es  der  Berührung  und  Vermischung  mit  dem- 
jenigen Wasser  ausgesetzt,  das  von  oben  in  dieses  Lager  einge- 
drungen ist.  Nach  unserem  Profil  (Fig.  4  auf  Seite  139),  das  aller- 
dings in  den  tieferen  Lagen  nur  vermuthungsweise  gezeichnet  ist, 
würde  das  bei  einer  Tiefe  von  etwa  200  Meter  beginnen,  wo  das 
aufsteigende  Wasser  einem  Wasser  von  etwa  13®  begegnen, 
sich  mit  ihm  mischen  und  sich  abkühlen  müsste.  Höher  herauf 
würde  die  Temperatur  natürlich  immer  weiter  sinken  bis  zu 
der  „invariablen  Zone**,  wo  das  Grundwasser  etwas  über  7®  hat. 
Die  Abkühlung  ist  thatsächlich  sehr  gross,  denn  das  Wasser 
tritt  nur  noch  mit  einem  Ueberschuss  von  wenig  mehr  als  P 
zu  Tage.  Wie  wir  schon  früher  sahen,  hat  sich  das  auf- 
steigende wahrscheinlich  um  etwa  ein  Drittel  mit  absteigendem 
Quellwasser  vermischt  und  da  diese  Quellen  überhaupt  nur 
langsam  fliessen  und  aufsteigen,  so  mag  auch  die  Abkühlung 
durch  die  umgebenden  kälteren  Gesteine  ein  Wesentliches  zum 
Endergebniss  beigetragen  haben. 

Wie  bedeutend  bei  local  sie  begünstigenden  Verhältnissen 
diese  Beimischung  abkühlend  wirken  kann,  beweisen  die  tiefen 
März-Temperaturen  der  Marien-  und  Karlsquellen. 

Woher  stammen  die  mineralischen  Bestandtheile  und 

die  Gase  der  Jodquellen? 

Einen  Theil  müssen  wir  jedenfalls  von  dem  gewöhnlichen 
Quellwasser  ableiten,  das  sich  mit  dem  aufsteigenden  mischt. 
Die  vorhandenen  Analysen  haben  gezeigt,  dass  die  gewöhnlichen 
Quellen  am  Blomberg  nur  sehr  wenig  Mineralgehalt  haben 
(0.25 — 0.30*^/oo)  und  zwar  hauptsächlich  kohlensauren  Kalk 
(0.21 — 0.24  ®/oo).  Die  Thatsache,  dass  bei  den  nachgewiesenen 
zeitlichen  Gehaltsschwankungen  der  Jodquellen  einer  Minderung 
an  Sulfaten  oder  Kochsalz  stets  eine  Mehrung  an  Kalkcarbonat 
entspricht,  ist  ein  deutlicher  Hinweis  darauf,  dass  die  Zufluss- 


152  Sitzung  der  mathrphys,  Glosse  vom  4.  Mai  1901. 

Schichten  immer  mehr  in  die  Tiefe,  andere  folgen  nach  und  es 
entstehen  Untergrundwasser-Ansammlungen,  die  aber  in  der 
Hauptsache  nur  auf  einzelne  Gesteinsschichten  beschränkt 
bleiben.        ^ 

In  unserem  Falle  sind  diese  Schichten  zwar  muldenförmig 
gebogen  und  fallen  in  Folge  dessen  steil  nach  Süd  ein,  aber 
ehe  sie  zur  Umbiegung  kommen,  welche  sie  wieder  zu  Tage 
bringen  müsste,  werden  sie  von  einer  bedeutenden  Verwerfungs- 
spalte abgeschnitten,  auf  deren  anderer  Seite  jetzt  in  Folge  der 
stattgehabten  Verwerfung  stark  gefaltete  und  gefältelte  Flysch- 
mergel  und  Sandsteine  anstehen. 

Durch  diese  Anlegung  des  thonigen  Flysches  an  die 
unteren  Enden  der  wasserführenden  Schichten  werden  dieselben 
also  nach  unten  abgeschlossen  und  das  Untergrundwasser  an 
weiterem  Absteigen  abgehalten.  Der  hydrostatische  Druck  muss 
aber  bestrebt  sein  das  angesammelte  Wasser  auf  dem  wenn 
auch  engen  Riss  der  Verwerfungsspalte  in  die  Höhe  zu  treiben, 
wie  in  der  Röhre  eines  artesischen  Brunnens.  Wenn  dann 
dieses  aufsteigende  Wasser  an  die  Stelle  kommt,  wo  der  stark 
zerklüftete  Enzenauer  Marmor  an  der  Verwerfung  abstösst, 
wird  es  leichter  in  die  Spalten  dieses  Kalksteines  eindringen 
als  in  der  Verwerfungsspalte  weiter  aufsteigen  und  so  erklärt 
es  sich,  dass  die  aufsteigenden  Jodquellen  des  Blomberges  alle 
aus  diesem  Marmorlager  entspringen.  Die  stärksten  dieser 
Quellen  können  freilich  gar  nicht  bis  zu  Tage  aufsteigen,  weil 
sie  von  den  überschobenen  thonigen  untereocänen  Mergeln,  in 
die  sie  nicht  eindringen  können,  zurückgehalten  werden.  Erst 
künstlicher  Abdeckung  dieser  Mergel  ist  es  gelungen  auch  diesen 
Quellen  einen  Ausfluss  zu  schaffen. 

Mit  dieser  Auffassung  steht  es  im  Einklang,  dass  die  Jod- 
quellen stärker  fliessen  müssen,  wenn  eine  Periode  stärkerer 
atmosphärischer  Niederschläge  vorausgegangen  ist,  weil  dann 
mehr  Wasser  in  die  porösen  Schichten  eingedrungen,  der  Unter- 
grundwasserspiegel dadurch  gestiegen  und  der  hydrostatische 
Druck  vergrössert  worden   ist.     Die  thatsächlich  beobachteten 


A,  Bothpletz:  üeber  die  Jodquellen  bei  Tölz.  153 

grossen  Schwankungen  im  Wasserreichtum  der  Quellen  dienen 
zur  Bestätigung. 

Sobald  das  aufsteigende  Wasser  in  die  Klüfte  des  Marmor- 
lagers eintritt,  ist  es  der  Berührung  und  Vermischung  mit  dem- 
jenigen Wasser  ausgesetzt,  das  von  oben  in  dieses  Lager  einge- 
drungen ist.  Nach  unserem  Profil  (Fig.  4  auf  Seite  139),  das  aller- 
dings in  den  tieferen  Lagen  nur  vermuthungsweise  gezeichnet  ist, 
würde  das  bei  einer  Tiefe  von  etwa  200  Meter  beginnen,  wo  das 
aufsteigende  Wasser  einem  Wasser  von  etwa  13®  begegnen, 
sich  mit  ihm  mischen  und  sich  abkühlen  müsste.  Höher  herauf 
würde  die  Temperatur  natürlich  immer  weiter  sinken  bis  zu 
der  „invariablen  Zone**,  wo  das  Grundwasser  etwas  über  7®  hat. 
Die  Abkühlung  ist  thatsächlich  sehr  gross,  denn  das  Wasser 
tritt  nur  noch  mit  einem  TJeberschuss  von  wenig  mehr  als  1® 
zu  Tage.  Wie  wir  schon  früher  sahen,  hat  sich  das  auf- 
steigende wahrscheinlich  um  etwa  ein  Drittel  mit  absteigendem 
Quellwasser  vermischt  und  da  diese  Quellen  überhaupt  nur 
langsam  fliessen  und  aufsteigen,  so  mag  auch  die  Abkühlung 
durch  die  umgebenden  kälteren  Gesteine  ein  Wesentliches  zum 
Endergebniss  beigetragen  haben. 

Wie  bedeutend  bei  local  sie  begünstigenden  Verhältnissen 
diese  Beimischung  abkühlend  wirken  kann,  beweisen  die  tiefen 
März-Temperaturen  der  Marien-  und  Karlsquellen. 

Woher  stammen  die  mineralischen  Bestandtheile  und 

die  Gase  der  Jodquellen? 

Einen  Theil  müssen  wir  jedenfalls  von  dem  gewöhnlichen 
Quellwasser  ableiten,  das  sich  mit  dem  aufsteigenden  mischt. 
Die  vorhandenen  Analysen  haben  gezeigt,  dass  die  gewöhnlichen 
Quellen  am  Blomberg  nur  sehr  wenig  Mineralgehalt  haben 
(0.25 — 0.30®/oo)  und  zwar  hauptsächlich  kohlensauren  Kalk 
(0.21 — 0.24 ®/oo).  Die  Thatsache,  dass  bei  den  nachgewiesenen 
zeitlichen  Gehaltsschwankungen  der  Jodquellen  einer  Minderung 
an  Sulfaten  oder  Kochsalz  stets  eine  Mehrung  an  Kalkcarbonat 
entspricht,  ist  ein  deutlicher  Hinweis  darauf,  dass  die  Zufluss- 


154  Sitzung  der  matK-phys,  Glosse  vom  4.  Mai  1901. 

quellen  von  beiderlei  Bestandtheilen  getrennt  sind.  Stärkerem 
Zufluss  von  gewöhnlichen  Quellwasser  mit  seinem  Ealkcarbonat 
folgt  natürlich  in  der  Mischung  eine  Abnahme  des  aufsteigenden 
Wassers  mit  seinen  Sulfaten  und  seinem  Kochsalz. 

Der  eigentliche  Thermalantheil  dieser  Jodquellen,  welcher 
bei  der  neuen  und  der  Johann  Georgenquelle  etwa  ^/a,  bei  den 
anderen  bis  nur  ^/a  ausmacht,  bringt  seine  gelösten  Stoffe  aus 
der  Tiefe  mit  herauf,  und  sie  finden  sich  jedenfalls  schon  in 
dem  Untergrundwasser  vor,  das  diese  Quellen  speist.  Da  aber 
das  Untergi'undwasser  aus  einer  Ansammlung  von  atmosphäri- 
schen Niederschlägen  hervorgeht,  welche  als  solche  Sulfate, 
Kochsalz,  Soda  und  Jod  nicht  oder  doch  nur  in  Spuren  in 
Lösung  haben,  so  bleibt  nichts  anderes  übrig  als  anzunehmen, 
dass  diese  Substanzen  sich  in  denselben  Gesteinsablagerungen 
vorfinden,  in  denen  sich  jene  Untergrund wasser  ansammeln. 

Im  Meerwasser  kommen  sie  ebenfalls  vor  und  können  sich 
in  den  sandigen  und  thonigen  Absätzen  des  Meeres  in  Form 
von  Steinsalz,  Soda,  Glaubersalz  u.  s.  w.  sehr  leicht  mit  ab- 
setzen. Wenn  sie  in  älteren  Meeresablagerungen,  die  durch 
Hebungen  trocken  gelegt  sind,  verhältnissmässig  selten  ange- 
troffen werden,  so  braucht  dies  nicht  daher  zu  rühren,  dass  sie 
überhaupt  nie  da  waren.  Sie  sind  in  Wasser  so  leicht  löslich, 
dass  das  circulirende  Grund-  und  Untergrundwasser  sie  meist 
schon  gelöst  und  weggeführt  hat.  Wo  die  Circulation  des 
unterirdischen  Wassers  gehemmt  ist,  tritt  zwar  Lösung  aber 
nicht  Wegführung  ein,  wie  der  berühmte  „Torrent  d'Anzin* 
bei  Valenciennes  in  Frankreich  beweist,  der  als  eine  unter- 
irdische Wasseransammlung  in  den  Kreideschichten  in  einer 
Tiefe  von  ungefähr  80  m  mit  einer  Dicke  der  Wasserschicht 
von  8 — 9  m  ruht  und  einen  Flächenraum  von  2450  Hectaren 
einnimmt.  Sein  Wasser  tritt  nicht  in  Form  von  Quellen  zu 
Tage,  wird  aber  seit  längerer  Zeit  von  den  Bergleuten  künst- 
lich entfernt,  so  dass  die  Menge  schon  bedeutend  abgenommen 
hat.  Das  Wasser  führt  pro  Liter  bis  13  g  feste  Bestandtheile 
und  zwar  besonders  Kochsalz  und  Sulfate. 

In  ähnlicher  Weise  ist  anzunehmen,  dass  auch  die  Kreide- 


A.  Bothpletz:  üeher  die  Jodquellen  bei  Tölz.  155 

und  Eocänschichten  bei  Tök  ursprünglich  diese  leicht  löslichen 
Meeressalze  enthielten.  Bald  nach  ihrer  Ablagerung  zur  mitt- 
leren Oligocänzeit  wurden  sie  dann  aufgerichtet  und  gefaltet. 
In  den  oberen  Theilen  der  Faltengewölbe  trat  dann  sofort  Aus- 
laugung durch  die  Quellwasser  ein,  aber  in  den  tieferen  Falten- 
mulden, welche  unter  das  Niveau  der  Thäler  herabreichen, 
fehlte  dem  Untergrundwasser  das  Gefalle  und  damit  die  Strömung. 
Es  konnte  wohl  jene  Salze  theilweise  lösen,  aber  sie  nicht  weg- 
führen. Dies  wurde  bei  Tölz  erst  möglich,  als  der  hydro- 
statische Druck  das  stagnirende  Untergrundwasser  auf  der  in- 
zwischen entstandenen  Verwerfungsspalte  heraufzupressen  be- 
gann. Freilich  ist  dieser  Ausfluss  so  schwach,  dass  die  Menge 
der  Salze  dadurch  bisher  kaum  eine  erhebliche  Minderung  er- 
fahren hat,  dahingegen  ist  es  wohl  verständlich,  dass  die 
Lösung  im  Untergrundwasser  keine  gleichmässige  ist.  Sie  wird 
in  Folge  der  langsamen  Bewegung  des  Wassers  in  den  Ge- 
steinen an  den  einen  Stellen  mehr,  an  anderen  weniger  Salze 
enthalten  und  bald  mehr  Sulfate,  bald  mehr  Kochsalz  oder  Soda. 
Insbesondere  wird  es  nicht  Wunder  nehmen,  wenn  der  Jod- 
gehalt sehr  ungleichmässig  vertheilt  ist.  Das  Jod  ist  im  Meer- 
wasser in  so  geringen  Mengen  nur  vorhanden,  dass  es  sich 
überhaupt  erst  dann  bemerkbar  macht,  wenn  Thiere  und  haupt- 
sächlich Meerespflanzen  es  in  sich  aufgenommen  haben.  Nach 
deren  Tod  gelangt  es  dann  am  Boden  des  Meeres  in  die  ent- 
stehenden Ablagerungen,  aber  natürlich  nur,  wie  die  Thiere 
und  Pflanzen  selbst,  an  bestimmten  Stellen  in  nachweisbaren 
Mengen. 

Je  nachdem  nun  der  aufsteigende  Quellstrom  gerade  von 
der  einen  oder  der  anderen  Stelle  jenes  Untergrundwassers  aus 
gespeist  wird,  enthält  er  mehr  oder  weniger  Jod  oder  Kochsalz 
oder  Sulfate.  Diese  Veränderlichkeit  ist  im  Laufe  der  letzten 
50  Jahre  durch  die  Analysen  auch  für  die  Tölzer  Jodquellen 
mit  Sicherheit  festgestellt  worden. 

Ausserdem  zeigen  aber  auch  die  einzelnen  Quellen  nicht 
unerhebliche  aber  constante  gegenseitige  Verschiedenheiten  in 
den  Lösungen.    Wie  die  Quellen  in  einer  Reihe  von  Ost  nach 


156  Sitzung  der  mcUh.-phys,  Glosse  vom  4,  Mai  1901. 

West  angeordnet   sind,   so  steigt  auch   in  dieser  Richtung  ihr 
Gehalt  an  Jod,  Kochsalz  und  Soda  und  fallt  der  an  Sulfaten. 

Diese  Verschiedenartigkeit  wird  noch  durch  besondere 
tektonische  Verhältnisse  begünstigt  und  verstärkt.  Die  neue 
Quelle  hat  nach  ihrer  Lösung  grösste  Aehnlichkeit  mit  der 
Johann  Georgen-  und  Bernhard  quelle,  die  10m  von  ihr  entfernt 
entspringen.  Nur  30  m  weiter  nach  Osten  liegen  die  Karls- 
quellen, ihr  Gehalt  jedoch  ist  schon  wesentlich  verändert  — 
von  der  Kochsalzgruppe  nur  noch  halb  soviel,  von  den  Sulfaten 
doppelt  soviel  vorhanden.  Eine  Querverwerfung  trennt  beide 
Quellengruppen,  und  wenn  die  Verschiebung  auf  derselben  auch 
nur  einige  Meter  beträgt,  so  genügt  dies  doch  schon  um  die 
Marmorbank,  in  der  die  Quellwasser  aufsteigen,  zu  beiden  Seiten 
soweit  zu  verrücken,  dass  sie  nicht  mehr  einen  zusammen- 
hängenden Zug  darstellt  und  dass  die  Quellwasser  in  derselben 
nicht  mehr  mit  einander  in  Verbindung  treten  können.  Es 
trat  dies  bei  Erschliessung  der  neuen  Quelle  sehr  klar  in  die 
Erscheinung.  Wenige  Tage  nachher  zeigten  die  Johann  Qeorgen- 
und  Bernhardsquelle  eine  starke  Abnahme  ihrer  Wassermenge, 
während  der  Reichtum  der  Karlsquellen  bisher  in  keiner  Weise 
in  Mitleidenschaft  gezogen  worden  ist. 

Bei  der  Max-  und  den  Marienquellen  macht  sich  gegen- 
über den  Karlsquellen  wiederum  eine  Veränderung  fUhlbar,  die 
Menge  der  Kochsalzgruppe  ist  etwas,  die  der  Sulfate  aber 
erheblich  kleiner  geworden.  Auch  da  liegt  eine  kleine  Quer- 
verwerfung trennend  dazwischen. 

Sendtner  hat  seinerzeit  den  Jodgehalt  auf  Rechnung  der 
Flyschfucoiden  gestellt,  und  es  scheint  sogar,  dass  diese  es 
waren,  welche  ihn  veranlassten,  das  Wasser  auf  Jod  zu  prüfen. 
Diese  Fucoiden  finden  sich  zwar  in  grossen  Mengen  im  Gebiet 
der  Quellen,  aber  doch  nur  in  Flyschgesteinsstücken,  die  von 
der  Höhe  des  Blomberges  herabgefallen  oder  von  Gletschern  der 
Eiszeit  herbeigeführt  und  auf  den  Eocän-  und  Kreideschicht- 
köpfen liegen  geblieben  sind.  Wir  wissen  jetzt,  dass  die  Jod- 
quellen nicht  aus  dem  Fljsch  selbst  entspringen.  Dement- 
sprechend nahm  Gümbel  (Geol.  Bayerns  Bd.  11  S.  162)  1894 


Ä.  Bothplete:  lieber  die  Jodquellen  hei  Tölz.  157 

an,  es  mochten  die  Meeresthiere  der  Numraulitenschichten  den 
Quellen  den  Jodgehalt  liefern.  Mir  scheint,  dass  auch  die 
L^anzen  und  Thiere  der  jüngeren  Kreideperiode  herangezogen 
werden  müssen,  jedoch  nicht,  als  die  directen  Lieferanten  des 
Jodes.  Die  meisten  der  jodausscheidenden  Organismen  sind  gar 
nicht  yersteinerungsföhig,  ihre  Körper  sind  längst  zerfallen  und 
verwest.  Aber  das  Jod  hat  sich  in  die  Meeressalze  zurück- 
begeben und  wird  da  nun  wieder  von  den  eindringenden  süssen 
Wassern  vorgefunden  und  aufgelöst. 

Neben  den  Sulfaten  enthalten  die  Jodquellen  stets  auch 
SchwefelwasserstüflF  und  zwar  besteht  diese  bestimmte  Relation, 
dass  mit  der  Menge  der  Sulfate  auch  die  des  Schwefelwasser- 
stoffes steigt  und  fallt.  Man  wird  denselben  deshalb  entstanden 
annehmen  müssen  aus  einer  Desoxydation  der  Sulfate,  bewirkt 
durch  Oxydation  von  organischen  Substanzen,  welche  den  dazu 
nöthigen  Sauerstoff  den  Sulfaten  entziehen,  etwa  nach  der 
Formel : 

Na,  SO^  +  2  C  +  2  H,0  =  2  (H  Na  C O3)  +  H2  S. 

Ein  Theil  des  doppeltkohlensauren  Natrons  wäre  somit 
nicht  aus  der  Auflösung  von  Sodamineralien  entstanden,  son- 
dern aus  der  Zerlegung  von  schwefelsaurem  Natron  unter  Frei- 
werden von  Schwefelwasserstoff. 

Sehr  geringe  Mengen  organischer  Substanzen  sind  zwar 
in  den  Quellen  nachgewiesen  —  aber  für  diesen  Vorgang  wären 
wohl  hauptsächlich  die  kohligen  Pflanzenreste  verantwortlich 
zu  machen,  welche  in  den  Mergeln  der  Eocän-  und  Kreide- 
formation nicht  zwar  in  mächtigen  Lagern,  wohl  aber  in 
häufigen  Bruchstücken  vorkommen. 

In  der  Badeliteratur  über  Tölz  ist  der  Versuch  nieder- 
gelegt, den  Schwefelwasserstoffgellalt  aus  der  Einwirkung 
organischer  Verbindungen  auf  den  in  den  Mergeln  allerdings 
ebenfalls  vorhandenen  Schwefelkies  abzuleiten,  womit  eine  von 
den  Sulfaten  ganz  unabhängige  Quelle  für  den  Schwefelwasser- 
stoff gegeben  wäre.    Es  ist  dies  aber  nicht  sehr  wahrscheinlich. 

Die   grösste  Ungewissheit  besteht   über   die  Herkunft  der 

1901.   SiUungtb.  d.  mAth.-phya.  GL  11 


1 


158  Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  vam  4,  Mai  1901, 

freien  Kohlensäure.  Die  mit  dem  Regenwasser  in  den  Boden 
und  in  das  Untergrund wasser  eindringende  Kohlensäure  reicht 
zur  Erklärung  nicht  aus,  weil  diese  zur  Bildung  der  doppelt- 
kohlensauren Salze  vollauf  aufgebraucht  wird.  Ausserdem 
müssten  die  gewöhnlichen  Quellen  am  Blomberg  ebenfalls  ent- 
sprechende Mengen  freier  Kohlensäure  führen,  was  aber  nicht 
der  Fall  ist.  Können  chemische  Vorgänge,  die  im  Sammel- 
gebiet  des  üntergrundwassers  vor  sich  gehen,  zur  Erklärung 
herangezogen  werden?  Man  möchte  vielleicht  an  die  mit  Koblen- 
säureentwickelung  verbundene  Oxydation  der  schon  erwähnten 
Pflanzenreste  denken,  wozu  der  mit  dem  Regenwasser  ein- 
dringende und  an  dieselben  gebundene  Sauerstoff  der  Luft  Ver- 
anlassung geben  kann.  Da  jedoch  mit  einem  solchen  Vorgang 
stets  auch  die  reichliche  Entwickelung  von  KohlenwasserstoÖ- 
gasen  verbunden  ist,  solche  aber  in  den  Tölzer  Jodquellen 
bisher  noch  nicht  quantitativ  nachgewiesen  worden  sind,  so  ist 
diese  Deutung  wohl  von  der  Hand  zu  weisen.  Allerdings  hat 
einmal  nach  den  Angaben  des  Qu  eilen  Wärters  bei  Annäherung 
eines  offenen  Lichtes  über  der  neuen  Quelle  nach  Wegnahme 
des  Deckelverschlusses  der  Fassung  eine  schwach  explosions- 
artige Gasentzündung  stattgefunden,  was  wohl  auf  die  Aus- 
strömung von  Kohlenwasserstoffgasen  schliessen  lässt,  aber  es 
müssen  sehr  geringe  Mengen  sein,  weil  es  späteren  Versuchen 
nicht  mehr  gelungen  ist,  ähnliches  zu  beobachten.  Da  Sool- 
lager  häufig  geringe  Mengen  solchen  Gases  im  sog.  Enistersalz 
einschliessen,  so  finden  geringe  Spuren  in  den  Jodquellen  ge- 
nügende Erklärung  aus  der  Auflösung  solcher  Salze  durch  die 
TJntergrundwasser. 

In  den  eocänen  und  Kreidemergeln  ist  Schwefelkies  ein- 
gesprengt. Der  doppelkohlensaure  Kalk  der  Quellwasser  kann 
auf  denselben  so  einwirken,  dass  sich  der  Schwefel  oxydirt  und 
mit  dem  Kalk  zu  schwefelsaurem  Kalk  vereinigt,  während  das 
oxydii*te  Eisen  als  Brauneisen  zurückbleibt  und  die  Kohlensäure 
frei  wird.  Wenn  ein  solcher  Vorgang  es  sein  sollte,  der  dem 
Quellwasser  die  freie  Kohlensäure  geliefert  hat,  dann  müsste 
in  demselben  natürlich  auch  Kalksulfat  nachweisbar  sein.    Dies 


A.  Bothpletz:  üeber  die  Jod  quellen  hei  Tölz.  159 

ist  aber  nicht  der  Fall  und  darum  entbehrt  auch  diese  Deutung 
der  thatsächlichen  Unterlage. 

Vielleicht  findet  das  Räthsel  seine  Auflösung  durch  die 
Annahme,  dass  die  Kohlensäure  aus  grösseren  Tiefen  stammt, 
wo  sie  sich  aus  stark  erwärmten  Massen  loslöst  und  begünstigt 
durch  die  grosse  Verwerfungsspalte,  die  Kreide  und  Fljsch  von 
einander  trennt,  nach  oben  aufsteigt.  Auf  diesem  Wege  miisste 
sie  schliesslich  den  ebenfalls  auf  jener  Verwerfungsspalte  auf- 
steigenden Jodquellen  begegnen  und  sich  mit  ihrem  Wasser 
mischen.  Die  Herkunft  der  freien  Kohlensäure  wäre  dann  eine 
ganz  andere,  wie  die  der  in  den  Jodquellen  gelösten  Bestand- 
theile.  In  der  That  scheint  diese  Selbstständigkeit  durch  die 
Analysen  des  Jahres  1892  bewiesen  zu  werden.  In  diesem 
Jahre  fand  Dr.  Hob  ein  in  den  Johann  Georgen-,  Bernhards-, 
Max-  und  Karlsquellen  0.12  bis  0.15  %o  freie  Kohlensäure, 
während  früher  nur  Beträge  von  0.014  bis  0.02  und  1900  in 
der  neuen  Quelle  ebenfalls  nur  von  0.02  gefunden  worden  sind. 
Dem  achtfachen  Gehalt  an  freier  Kohlensäure  standen  aber 
1892  durchaus  keine  irgendwie  erhebliche  Veränderungen  in 
den  sonstigen  Bestandtheilen  gegenüber. 

Dass  in  Gebieten  früherer  vulkanischer  Thätigkeit  Kohlen- 
säure durch  die  feste  Erdkruste  hindurch  in  die  Höhe  steigt, 
ist  wohl  bekannt  und  kann  nicht  mehr  bezweifelt  werden.  Die 
Tölzer  Gegend  gehört  zwar  nicht  zu  solchen  Gebieten,  aber  es 
ist  nicht  unwahrscheinlich,  dass  grosse  Verwerfungsspalten, 
welche  in  bedeutende  Tiefen  herabsetzen,  ebenfalls  befreiend 
auf  die  von  den  heissen  Gesteinsmassen  absorbirte  Kohlensäure 
wirken. 

Wir  sind  also  in  diesem  Capitel  zu  folgendem  Ergebniss 
gelangt:  die  Tölzer  Jodquellen  verdanken  ihre  Entstehung  der 
Ansammlung  von  Untergi'undwasser  in  steil  nach  Süden  ein- 
fallenden Schichtgesteinen  der  Tertiär-  und  Kreideperiode.  Dies 
Wasser  löst  die  ursprünglich  in  diesen  Schichten  zum  Absatz 
gekommenen  Meeressalze  auf  und  bringt  sie  zu  Tage,  indem 
es    auf  einer  Verwerfungsspalte   durch   hydrostatischen  Druck 

aus  einer  Tiefe  von  wohl  mehr  als  200  Meter  emporgetrieben 

11* 


160  Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  4,  Mai  1901. 

wird.  Während  des  Auftriebes  findet  jedoch  in  höheren  Lagen 
eine  Mischung  mit  absteigenden  gewöhnlichem  Quellwasser  und 
damit  eine  entsprechende  Abkühlung  statt.  Die  Herkunft  der 
freien  Kohlensäure  ist  unbekannt,  vielleicht  aber  eine  selbst- 
ständige aus  grösserer  Erdentiefe. 

Die  Beziehungen  der  Tölzer  zu  den  anderen  Jod- 
quellen des  bayerischen  Alpengebietes. 

Die  Annaquelle  liegt  3  Kilometer  von  den  Blomberger 
Jodquellen  entfernt  gegen  Osten.  5^/a  Kilometer  gegen  Westen 
trifft  man  die  Heilbrunner  Quelle.  Man  versteht  darum  leicht 
die  Neigung,  auch  diese  in  genetischen  Zusammenhang  mit 
jenen  zu  bringen,  trotzdem  die  geologische  Verschiedenheit 
stets  bekannt  war,  welche  darin  besteht,  dass  die  Heilbrunner 
Quelle  nicht  aus  den  eocänen  Schichten,  sondern  aus  der  ober- 
oligocänen  Molasse  entspringt. 

Letztere  ist  zwar  nur  wenig  jünger  als  das  Eoeän,  aber 
eine  sehr  bedeutende  Längsverwerfung  trennt  beide  ebenso,  wie 
Eocän  und  Flysch  von  der  schon  besprochenen  anderen  Ver- 
werfung geschieden  sind.  Kreide  und  Eocän  waren  schon  ge- 
hoben und  gefaltet,  ehe  die  Molasse  in  dem  jungoligocänen 
Meere,  das  sich  am  Nordfusse  der  oligocänen  Alpen  ausbreitete, 
zum  Absatz  gelangte.  Als  dann  zu  Ende  der  Miocänzeit  auch 
die  Molasse  gehoben  und  gefaltet  wurde,  entstand  jene  Ver- 
werfung, die  die  Molasse  als  subalpine  Formation  tektonisch 
von  den  eigentlichen  Alpen  abgetrennt  hat.  Diese  Verwerfung 
lässt  sich  längs  des  ganzen  Nordrandes  der  Alpen  verfolgen, 
und  sie  ist  jedenfalls  ebenso  bedeutend  als  jene  andere  Ver- 
werfung am  Nordrande  des  Fljsches,  auf  der  die  Tölzer  Jod- 
quellen aufsteigen. 

Gleichwohl  hat  Gümbel  1861  (Bayer.  Alpengebirge  S.  634) 
die  Vermuthung  ausgesprochen,  dass  auch  das  reiche  Jodwasser 
der  Adelheid  quelle  in  Heilbrunn  den  Nummulitenschichten  ent- 
stamme. Er  hat  diese  Anschauung  dann  1894  (in  Geologie 
Bayerns  II  S.  162)  wiederholt,    aber  wie   früher   ohne   weitere 


». 


Ä,  Bothpletz:  üeber  die  Jodquellen  hei  Tölz,  161 

Begründung  oder  Angabe,  wie  die  Jodwasser  in  die  Molasse 
eindringen,  gelassen.  Auch  die  Jodquelle  von  Sulzberg,  7  Kilo- 
meter südlich  von  Kempten,  die  inmitten  der  oligocänen  Molasse 
aus  dieser  entspringt,  und  von  der  aus  man  fast  2  Meilen 
weit  zu  gehen  hat,  um  die  nächsten  anstehenden  Nummuliten- 
schichten  anzutreffen,  ist  er  geneigt,  wenn  auch  mit  Vorbehalt, 
aus  letzteren  abzuleiten,  die  in  grösserer  Tiefe  unter  der  Molasse 
anstehen  könnten  (Bayer.  Alpengebirge  1861  S.  734). 

L.  A.  Buchner  hat  1843  eine  Analyse  der  Adelheid  quelle 
veröffentlicht  (Buchners  Repertorium  f.  .d.  Pharmacie  Bd.  82 
S.  333).  Daraus  geht  hervor,  dass  die  chemische  Beschaffenheit 
dieser  von  der  der  Tölzer  Quellen  sehr  verschieden  und  dass 
eigentlich  gar  kein  Grund  vorhanden  ist,  für  beide  gleichen 
Ursprung  anzunehmen.  Zunächst  enthält  die  Heilbrunner  Quelle 
ungefähr  7  mal  so  viel  mineralische  Bestandtheile  als  die  Tölzer 
Quellen.  Es  fehlen  ihr  aber  trotzdem  die  Sulfate  gänzlich. 
Dafür  hat  sie  etwa  20  mal  so  viel  Kochsalz  und  Jod  und 
ausserdem  einen  nicht  unbedeutenden  Gehalt  an  Brom.  Des 
weiteren  enthält  das  Wasser  ungefähr  der  Menge  nach  1  ®/o  Gase, 
unter  denen  Kohlenwasserstoff,  Kohlensäure,  Stickstoff  und 
Sauerstoff  angegeben  werden. 

Es  sind  das  Unterschiede  so  erheblicher  Art,  dass  gleicher 
Ursprung  der  Quellen  geradezu  unwahrscheinlich  erscheint, 
und  es  ist  nicht  einzusehen,  warum  die  Heilbrunner  und  Sulz- 
berger  Jodquellen  ihren  Gehalt  nicht  direct  aus  tieferen  Theilen 
der  Molasse  selbst  beziehen  sollten,  ebenso  wie  es  ja  auch  für 
die  Kainzenbadquelle  bei  Partenkirchen  fast  sicher  ist,  dass  sie 
ihren  Jod-  und  Salzgehalt  nicht  aus  den  eocänen-,  sondern 
aus  den  Raiblerschichten  bezieht. 

Die  zwei  Analysen,  welche  L.  A.  Buchner  von  der  Heil- 
brunner Quelle  gegeben  hat,  sind  noch  in  anderer  Beziehung 
interessant.  Er  entnahm  das  Wasser  für  die  eine  im  Juni, 
für  die  andere  im  August  1842  und  es  ergab  sich  eine  nicht 
unbedeutende  Minderung  der  Mineralbestandtheile  in  letzterem 
Monat    (etwa   um   V*)-     ^^    ^^^    ^^^    specifische   Gewicht    des 


162 


Sitzung  der  mcUh.-phys.  Glasse  vom  4.  Med  1901, 


Quell  Wassers    bestimmt    zu    1.0037    (Juni),    1.0034   (August), 
1.0036  (October)  und  flir  die  gleichen  Zeiten: 

feste  Bestandtheile         6.1  4.6  6.0 

Jodnatriura  0.0286         0.0256         0.0290 

Er  bemerkt  dazu  „ich  habe  überhaupt  Ursache  zu  glauben, 
dass  die  meisten  Heilquellen,  je  nach  den  zu  verschiedenen 
Zeiten  herrschenden  Einflüssen,  ihre  Zusammensetzung  mehr 
oder  weniger  ändern  können,  dass  also  ihre  Mischung  nicht  so 
constant  sei,  als  man  bisher  anzunehmen  geneigt  war.*  Dass 
diese  Vermuthung  auch  auf  die  Tölzer  Quellen  zutrifft,  haben 
uns  die  vorhandenen  Analysen  bereits  vollauf  bestätigt. 


Jodnatrium 
Bromnatrium 
Chlornatrium 
Chlorkalium 
Kohlensaures  Natrium 

j,  Ammoniak 

Kalk 

n  Magnesia 

Eisenoxyd 
Thonerde 
Kieselsäure 
Organische  Substanz 


DiflFerenz 


0.0286 

0.0256 

— 

0.0195 

0.0151 

— 

5.088 

3.678 

0.0028 

— 

0.848 

0.740 

— 

0.010 

— 

0.057 

0.062 

+ 

0.014 

0.033 

+ 

0.010 

0.015 

4- 

0.003 

0.0014 

0.014 

0.024 

+ 

0.007 

0.0026 

6.1019 

4.5967 

Trotz  der  bedeutenden  Abnahme  um  ^U  der  festen  Bestand- 
theile  im  August  tritt  bei  den  kohlensauren  Verbindungen  von  Kalk 
und  Magnesia,  dem  Eisenoxyd  und  der  Kieselsäure  dennoch  gleich- 
zeitig eine  Zunahme  auf,  d.  h.  bei  den  StoflFen,  die  schon  im  ge- 
wöhnlichen Quellwasser  zu  erwarten  sind.  Daraus  muss  wie  bei 
den  Tölzer  Quellen  geschlossen  werden,  dass  die  Abnahme  der 


A,  Bothpletz:  lieber  die  Jodquellen  bei  Tölz,  163 

Thermalbestandtheile  bedingt  ist  durch  stärkeren  Zufluss  ge- 
wöhnlichen Wassers  mit  seinen  Bestandtheilen.  Ein  Unter- 
schied besteht  nur  insofern,  als  bei  Tölz  die  Kieselsäure  ab- 
nimmt, wenn  sie  bei  Heilbrunn  zunimmt,  dort  also  zu  den 
Thermalbestandtheilen  zu  gehören  scheint,  hier  aber  nicht. 

Die  reiche  Beimengung  an  organischer  Substanz  muss  aus 
der  Tiefe  stammen,  da  sie  mit  den  thermalen  Bestandtheilen 
ab-  und  zunimmt.  Sie  verweist  wohl  auf  eines  der  oligocänen 
Kohlenlager  oder  auf  bituminöse  Schichten,  aus  denen  auch  der 
reichlich  vorhandene  Kohlenwasserstoff  hervorgehen  wird. 

Einige  Jahre  später  hat  Max  Pettenkofer  nochmals 
dieses  Quellwasser  analysirt  (Chem.  Untersuchung  der  Adelheid- 
quelle zu  Heilbrunn  in  Abhandl.  Akad.  Wiss.  München  Bd.  6 
S.  83)  und  ist  dabei  im  Allgemeinen  zu  ganz  ähnlichen  Er- 
gebnissen wie  Buchner  gelangt.  Bemerkenswerth  ist  jedoch, 
dass  er  0.048  Bromnatrium  fand  in  Folge  von  Anwendung 
einer  anderen  analytischen  Methode.  Dadurch  vergrössert  sich 
der  Unterschied  mit  den  Tölzer  Quellen  noch  um  ein  Er- 
hebliches. 

An  freier  Kohlensäure  wies  er  0.0546®/oo  nach  und  in  den 
aus  der  Quelle  aufsteigenden  Gasen  fand  er  auf  100  Theile: 
75.5  Kohlenwasserstoff,  18.0  Stickstoff,  4.3  Kohlensäure  und 
2.2  Sauerstoff. 


164  Sitzung  der  math.-phys,  Glosse  wtn  4.  Mai  1901, 


Bemhardsquelle 


Johann  Georgenquelle 


Auf  100()  Theile: 


Fre- 
seoius 

1852 


Ttiin     C.Buchner 
1852        1890 


Hobeln 


Fre- 
senius 

1892      1852 


Witt- 
stein 

1852 


C.Bachner!  Hol 
1890      1^ 


Joilnatriura 

Chlornatrium 

flopp,  kohlens.  Natrium 

Kieselsäure 

Schwefelsaures  Kalium 

Schwefelsaures  Natrium 

(lopp.  kohlens.  Calcium 

„  Magnesium 

^  Eisen  oxydul 


0.0016 
0.29G6 
0.3345 
0.0098 
0.0097 
0.0051, 
0.1018 
0.0297 
0.0002 


0.0016 
0.2655 
0.2957 
0.0074 
0.0117 
0.0126 
0.1135 
0.0276 


0.0005 
0.2110 
0.3354 
0.0091 
0.0082 
0.0049 
0.1021 
0.0215 
0.0002 


0.0006 
0.1487 
0.2076 
0.00531 

0.0072! 

I 

0.0156 

i 

0.2022' 
0.0409 
0.0006 


0.0015 
0.2343 
0.3233 
0.0090 
0.0123 
0.0123 
0.0915 
0.0298 
0.0002 


0.0017 
0.2371 
0.3846 
0.0086 
0.0117 
0.0152 
0.0711 
0.0202 


0.0007  0.C 
0.2603  io.i 

I 

0.3992  '  0.^ 
0.0062  !o.( 
0.0099  0.( 
0.0141  iO.( 
0.0692  'o.< 
0.0184  0.( 
0.( 


Summai  0.7890|  0.7356 

Schwefelwasserstoff  j  0.0017       ? 

I  I 

freie  Kohlensäure  >  0.0142       ? 


0.6929 
9 

9 


0.6287 '0.7142  0.7502 

II 
0.0022,0.0012       ? 

0.1393  0.0196;      ? 


0.7780  0>. 
?  !O.0 
?        0.1 


Bestandtheile  1 
Sulfate  5—0 
Carbonate  7 — 9 


0.6425 
0.0148 
O.I317I 


0.5702 
0.0243 
0.1411 


0.5560 
0.0131 
0.1238 


0.5681 


0.3622 
0.0228^0.0246  0.0269 
0.2437 


0.6320    0.6664 


0.1215 


0.0913 


0.0240 
0.0ti7C 


0.73 
0.01 
0.1t 


A.  Bothpitete:  Ueher  die  JodqueUen  bei  Tölz. 


165 


1     Karlsquellen 

1 

Maxquelle 

Marien- 
quelle 

C.Bucbner 

Annaquelle 

\ 

C.  Büchner 

j 

Hobein 

C.Bucbner 

Hobein 

L.A.Bucbner 

C.Bucbner 

,     1890 

1 

1892 

1890 

1892 

1890 

1 
1 

1857 

1890 
1)  Hobein 

'i 

' 

1 

1892 

1 
0.0001 

0.0005 

1 

! 

0.0001 

0.0001 

0.0001 

1 

0.0011 

1 

0.0001 

• 
NaJ 

0.0994 

0.1562 

0.0702 

0.0435 

0.1023 

!    0.0302 

0.0374 

NaCl 

0.2096 

1 

0.2209 

0.2071 

0.1191 

0.1760 

0.1945 

0.2100 

NaHCOa 

0.0042 

* 

0.0037 

9 

• 

0.0001 

0.0075 

0.0071 

SiO, 

0.0166 

1 
* 

0.0032 

1 

9 

• 

0.0210    1 

0.0217 

0.0214 

K,S04 

0.0249 

0.0314 

0.0201 

0.0297 

0.0110 

0.2933 

0.2754 

Naj  S  O4 

0.2020 

9 

• 

0.2693 

? 

0.1870 

0.2496 

0.3238 

CaHalCOalj 

0.0391 

s 

0.0571 

0.0491 

i   0.0490 

0.2397 

0.2760 

MgH2(COs)2 

1 

T 

» 

9 

• 

1 

Tl 

fi 

Fe  Ha  (C  O^h 

r    0.5959 

l;       ? 
3         ? 


>41;  0.3133 


17 


•) 


0.041! 


-',    0.2411 


0.0024 
0.1511 

0.6308 

1       ? 

9 

• 

0.2811 
0.0233 
0.3264 

0.0021 
0.1429 


0.5465 
? 
? 

0.2785 
0.0320 
0.2360 


1.0376 
0.0101 


1.1512     !   Summa 
0.0050 1)     H2  S 


0.0830      0.0888 »)     CO2 


0.2333       0.2556 
0.3150       0.2968 


0.4893 


0.5998 


Kocbsalzgruppe 
Scbwefelgruppe 
Kalkgnippe 


167 


merkungen  über  die  Principien  der  Mechanik. 

Von  A,  Y088  in  Würzburg. 
{Bingßtattftu  4.  Mai.) 


I. 

eber  die  energetische  Begründung  der  Mechanik. 

Bei  der  ausserordentlichen  Wichtigkeit  des  Energieprincipes 
ille  Fragen  der  physikalischen  Mechanik  kann  es  nicht 
der  nehmen,  dass  man  versucht  hat,  aus  demselben  auch 
rrundlagen  der  theoretischen  Mechanik  selbst  herzuleiten. 
lUen  diesen  Versuchen  wird  es  sich  darum  handeln,  das 
lembert'sche  Princip  oder  irgend  eine  demselben  äqui- 
te  Form  der  Bewegungsgleichungen  aus  dem  Energie- 
ip  zu  gewinnen. 

Für  diejenige  Auffassung  der  Mechanik,  welche  nur  von 
Coordinaten  der  Puncte  abhängige  conservative  Kräfte 
k,  dagegen  von  Bedingungen  völlig  absieht,  wie  sie 
Boussinesq^)  in  seinen  Lefons  entwickelt,  hat  dies  keine 
ierigkeit.     Aus  der  Gleichung 

^  die  nur  von  den  Coordinaten  x,  y,  ^  abhängige  potentielle, 
c  kinetische  Energie  ist,  erhält  man  durch  Differentiation 
der  Zeit  t 


*)  J.  Boussinesq,  Recherches  sur  les  principes  de  la  m^canique, 
.  de  Math.  (2)  18,  p.  315,  1873;  Le^ons  synth^tiques  de  mecanique 
ale,  Paris  1889,  p.  23. 


168  Sitzung  der  math.-phya,  Classe  vom  4.  Mai  1901, 

1)     £  m{xx"-^  y>"+  //')  +  L  (^^x+^y  +  ^^') =0- 

Wird  nun  vorausgesetzt,  dass  die  mit  den  Massen  multi- 
plicirten  Beschleunigungen  völlig  unabhängig  sind  von  den 
Geschwindigkeiten  und  der  Constanten  (7,  so  folgt  aus  1) 

d  V  B  V  d  V 

9  Xi  d  yt  o  Zi 

Dieser  Schluss  lässt  sich  aber  schon  dann  nicht  mehr  an- 
wenden, wenn  Bedingungen  zwischen  den  Coordinaten  ange- 
nommen werden,  da  in  diesem  Falle  die  m x'  etc.  thatsächlich 
von  den  Geschwindigkeiten  abhängig  werden.*) 

Herr  Helm*)  suchte  daher  den  Variationsprocess  zu  Hülfe 
zu  nehmen  und  gab  dem  Grundprincip  der  Energetik  die  Form: 
die  Aenderung  der  Energie  E  =  T  -}-  V  nach  jeder 
möglichen  Richtung  ist  gleich  Null.  Jedenfalls  wird 
man  dabei  aber  verlangen  müssen,  dass  der  BegriflF  dieser 
Aenderung  in  Bezug  auf  beide  Theile  der  Energie  in  über- 
einstimmender Weise  eingeführt  wird.  Wird  nun  E  nach 
irgend  einer  Richtung  variirt,  so  hat  man  an  Stelle  von  Xy  y,  z 
Grössen  x  -\-  e^^  y  +  «  ^i  ^  -("  ^  C  zu  setzen,  wo  f ,  ly,  C  will- 
kürliche Functionen  von  ^,  und  e  eine  gegen  Null  conver- 
girende  Constante  ist;  unter  der  Variation  b  A  eines  Ausdruckes 
A  ist  dann  der  Coefficient  von  e  in  der  Entwickelung  von  A 
nach  Potenzen  der  e  zu  verstehen. 

Dabei  ist  in  der  That 
aber  für  b  T  findet  man  den  Werth 


^)  Siehe  die  Bemerkung  von  R.  Lipschitz  zu  Helmholtz'  Er- 
haltung der  Kraft,  Ostwald 's  Klassiker-Bibliothek  Nr.  1,  p.  55,  desgl. 
L.  Boltzmann,  Ein  Wort  der  Mathematik  an  die  Energetik,  Wiedem. 
Ann.  57,  p.  39,  1896. 

2)  Vgl.  namentlich  G.  Helm,  die  Energetik  in  ihrer  geschichtlichen 
Entwickelung,  Leipzig  1898,  p.  220  ff. 


A.  Voss:  Bemerkungen  über  die  Pnncipien  der  Mechanik,      169 

^T=^^  ^m{x'^-\-  y'r,  +  /C)  -  L  m(a;"|  +  y"r,  +  z" 0 
und  dieser  Ausdruck  ist  keineswegs  gleich 

was  erforderlich  ist,  wenn  man  die  Identität  dieses  Principes 
mit  dem  d'Alembert'schen  behaupten  will.  Da  die  über  die 
Ableitung  der  Bewegungsgleichungen  zwischen  Boltzmann 
und  Helm  entstandene  Discussion  zu  keinem  völlig  abschlies- 
senden Ergebniss  geführt  hat,^)  ist  es  doch  vielleicht  nicht 
überflüssig,  diese  einfachen  Verhältnisse  hier  ausführlich  aus- 
einanderzusetzen, um  so  mehr  als  Herr  Helm  in  seiner  Ener- 
getik mit  besonderem  Nachdrucke  seine  Auffassung  aufs  neue 
hervorgehoben  hat,  und  dieselbe  seitdem  auch  von  andern  an- 
genonunen  ist.*) 

Auf  das  von  den  Herren  Planck')  und  Boltzmann  in 
ähnlicher  Absicht  ausgesprochene  Princip  der  Superposition 
der  Energie  glaube  ich  hier  nicht  weiter  eingehen  zu  sollen; 
dasselbe  ist  in  der  That  nichts  anderes  als  eine  willkUrlidi 
gewählte  Vorstellung,  durch  die  die  Identität  mit  dem  d'A  lein- 
bert'schen  Princip  erzwungen  wird.  Dagegen  hat  Herr 
Schütz,*)  um  den  Heimischen  Variationsprocess  zu  vermeiden, 
ein  Princip  der  absoluten  Energieerhaltung  aufgestellt. 
Dasselbe   leistet   allerdings  für   einen    materiellen    Punct   das 


')  Vgl.  G.  Helm,   Zur  Energetik,   WiedemannH   Ann.  57,   j*.  040; 
L.  Boltzmann  ibid.  58,  p.  595,  (1/5%). 

*)  Vgl.  P.  Grüner,  die  neueren  Ansichten  über  Mat^jrie  un^l  Kncrj^ii«, 
Mitth.  d.  natarf.  Ges.  zu  Bern,  WJl. 

^)  M.Planck,  das  Princip  der  Erhaltung  ^Ur  Kucruiin,  L#rii#/,  Ihm7, 
p.  148;  L.  Boltzmann,  Wie<lem.  Ann.  57,  \}.'M)fS.     Vgl.  üiub  *li«t  Mit 
theilung  von  C.  Nenmann  in  Helm*<4  Energetik,  p.  220. 

*)  J.  Schütz,  das  Princip  der   ab^i/^Iuten  Erhaltung   d^T  EiMTgi«*, 
(iött.  Nachr.  1897,  p.  110.     Eine  von  H'rrrn  E.  Padova  autg^rfOhrt«?  Wt-i 
leitung  der  Bewegungsgleichungen  auü  »Um  Khfir/ih*.Hi7j'.  (r,n\\t'  <r<|ii;t/ioiii 
della  dinamica,  Atti  Ist.  Veneto  (7),  .*>,  p,  U;il  (lr'j/,jf  Int  um  hirM.i'bl 
lieh  der  in  derselben   gemachten  Voran i-^ftzrinj^fu    ni'ht  r«"bl    vi'ti^M'nul 
lieh  geworden. 


170  Sitzung  der  math.-phys,  Classe  vom  4,  Mai  190 J. 

gewünschte,  lässt  aber  keine  Erweiterung  auf  ein  System  zu 
und  dürfte  auch  an  und  fiir  sich  mit  der  Vorstellung  von  der 
Relativität  aller  Bewegungszustände  unvereinbar  sein. 

Durch  einen  allgemeineren  Variationsprocess  kann  man 
indessen  die  vorhin  bemerkte  Unrichtigkeit  beseitigen.  Variirt 
man  nämlich  neben  den  Coordinaten  x^y^jz  auch  die  Zeit,  so 
dass  x^y^2^t  in  X  -\-  e  ^,  y  -\-  eri^  ^  -^  eI^^  t  -^  ex  übergehen,  wo 
f ,  ?;,  f ,  T  willkürliche  Functionen  von  t  sind,  so  wird  x'  über- 
gehen in 

i-^'~>  =  a:'  +  e  (r  -  TX')  +  . .  . 

1   +  £T 

und  hieraus  ergiebt  sich 

Nunmehr  steht  es  frei,  t  so  zu  wählen,  dass  die  rechte 
Seite  sich  auf  die  d'Alembert'sche  Formel  reducirt,  und  dies 
ist  auch  immer  möglich,  da  T  nicht  verschwindet.  Auf 
diesem  Wege  wird  daher  der  gewünschte  Erfolg  erreicht;  man 
wird  aber  in  einer  so  willkürlichen  Darstellung  kaum  etwas 
anderes  als  einen  abstracten  Formalismus  erkennen  können.  Da 
auch  das  Ostwald'sche  Princip  des  Maximums  des  Energie- 
umsatzes nur  für  den  Fall  relativer  Ruhe  benutzt  werden  kann, 
dagegen  im  allgemeinen  durch  eine  ganz  andere  Betrachtung 
ersetzt  werden  muss,*)  so  scheinen  die  bisher  gemachten  Ver- 
suche nicht  die  Möglichkeit  zu  einer  ungezwungenen  Ableitung 
des  Princips  von  d'Alembert  oder  von  Gauss  aus  dem 
Energiesatze  zu  bieten. 


0  Vgl.  A.  Voss,  lieber  ein  energetisches  Grundgesetz  der  Mechanik, 
diese  Sitzungsber.  1901,  p.  53. 


A.   Voss:  Bemerkungen  über  die  Principien  der  Mechanik.      171 

n. 

üeber  das  Hamilton'sche  Princip. 

Es  ist  in  Nr.  1  darauf  hingewiesen,  dass  man  durch  einen 
so  verallgemeinerten  Variationsprocess  jede  beliebige  Re- 
lation für  die  varürten  Grössen  hervorrufen  kann.  Solche 
allgemeine  Variationen  sind  es,  welche  Herr  Holder*)  benutzt 
hat,  um  die  Principe  von  Hamilton  und  Maupertuis  als 
völlig  äquivalent  mit  dem  d'Alembert'schen  Princip  nachzu- 
weisen. Diese  Auffassung  lässt  sich  aber  durch  den  folgenden 
Satz  noch  in  weit  allgemeinerer  Form  aussprechen. 

Unter  Voraussetzung  eines  geeigneten  Variations- 
processes  ist  vermöge  der  Differentialgleichungen 
der  Bewegung  die  Variation  des  Integrals 

J=f(aT+ßU)dt 

wo  a,  ß  zwei  im  allgemeinen  völlig  willkürliche  Con- 
stanten sind,  gleich  Null,  und  umgekehrt  führt  die 
Forderung,  dass  d  J  in  Rücksicht  auf  alle  zulässigen 
virtuellen  Verschiebungen  verschwinde,  auf  die  Dif- 
ferentialgleichungen der  Bewegung.*) 

Gewöhnlich  fügt  man  noch  die  Bedingung  hinzu,  dass  die 
Variationen  der  Coordinaten  x  y  js  für  die  Grenzen  des  Integrals 
verschwinden  sollen.  Im  Interesse  einer  mechanischen  Deu- 
tung kann  dies  allerdings  liegen;  an  sich  aber  ist  diese  weitere 
Bedingung  im  allgemeinen  überflüssig  und  unwesentlich. 

Dabei  möge  zunächst  unter  d  ü  die  virtuelle  Arbeit  der 
Kräfte  x  y  z  bei  der  den  |,  rj,  C  entsprechenden  Verschiebung 
verstanden,  also 


^)  0.  Holder,  Ueber  die  Principien  von  Hamilton  und  Mau- 
pertuis, Gott.  Nachrichten  189G,  Heft  2. 

')  Selbstverständlich  kann  man  an  Stelle  der  Function  unter  dem 
Integralzeichen  auch  jede  beliebige  Function  der  x,  y^  z;  x\y\  z' 
nehmen;  die  lineare  Function  von  U  und  T  fahrt  aber  auf  die  für 
mechanische  Gesichtspuncte  wesentlichen  Formen. 


1 


172  Sitzung  der  tnath.-phys,  Glosse  vom  4.  Mai  1901. 

gesetzt  werden. 

Ura  nun  das  Integral^) 

zu  variiren,  kann  man  dasselbe  durch  die  Substitution*) 


wo 


auf  das  Integral  zwischen  constanten  Grenzen  0  und  1 

zurückführen.    Lässt  man  dann  x,  y,  -s^,  u  übergehen  in  a;  +  £  f, 
y  -{-  er],  ^  +  ^  Ci  w  -j-  e  V,  so  ist  kv  die  willkürliche  Function, 

dx 
welche  in  Nr.  1  mit  t  bezeichnet  wurde;    zugleich  wird  r-y 

übergehen  in 


Man  erhält  daher 


"■=i[lf^+ll(^^^-F-"2)+^-+-(«-) 


hdu. 


was  vermöge  der  Identitäten 


*)  Alle  Differentialquotienten   nach  i   sind  der  Kürze  halber  durch 

d  X  d  X" 

Striche  bezeichnet,  so  dass  ä:'=-— ,  x"  =  ~-^  ist. 

dt  at^ 

2)  Ist  ^0=1»  80  vei-tausche  man  t^  mit  t^y  oder  setze 

t  =  w(l-f,)  +  «,. 

^)  Die    eingeklammerten    ^\  x\  v'    bedeuten    hier   die    DiflTerential- 
quotienten  nach  u. 


A,  Voss:  BemerJcungen  über  die  Principien  der  Mechanik.      173 

(O        dS         dl        „ 
k        kdu        dt 

{pO^  dx__    , 
k        kdu 

.  ,.  dv  kdv dt , 

du        kdu       dt 
wieder  übergeht  in 

b[d  F        dF  dF  1 

Selbstverständlich  kann  man  diese  Formel  auch  unmittel- 
bar aus  dem  Begriffe  der  Variation  entnehmen;^)  in  Rück- 
sicht auf  die  Missverständnisse,  denen  die  Vorstellung  der 
Variation  bei  der  Benutzung  des  d  Zeichens  ausgesetzt  ist, 
scheint  mir  die  obige  wenn  auch  umständliche  Betrachtung 
für  ganz  elementare  Zwecke  nicht  unzweckmässig  zu  sein. 
Wird  die  Formel  A)  durch  die  partielle  Integrationsmethode 
in  bekannter  Weise  ausgeführt,  so  entsteht  die  gebräuchliche 
Formel :  *) 


dr= 


|f(|-^'r)  +  i^r 


'«      Jt^/dF     d  dF\^ 


Ich  betrachte  nun  das  Integral 

J=^\aT+ß  U)dt 

und  setze  zur  Abkürzung 

F=i:(X|+  Yv  +  ZO 
d.  h.  gleich  der  virtuellen  Arbeit  der  gegebenen  Kräfte, 

d.  h.    gleich    dem    virtuellen    Moment    der    Bewegungs- 
grössen 


J)  So  Holder  a.  a.  0.  §  2,  Anmerk. 

')  In  dieser  Gestalt  wird  sie  z.  B.  bei  Routh  vorausgesetzt,  Dynamik 
starrer  Körper,  übers,  von  A.  Schepp,  Bd.  2,  p.  327. 

1901.  Bitziuigsb.  d.  iiiftih.-phys.  Ol.  12 


174  Sitzung  der  mathrphys.  Clasae  vom  4.  Mai  1901, 

d.  h.  gleich  dem  virtuellen  Moment  der  mit  den  Massen 
multiplicirten  Beschleunigungen.     Alsdann   ergiebt  sich 

dJ  =  fl(ß  U—a  T)T-]-aS'—aW+ßV]dt 

oder 

I)  dJ=ßf{r—W)dt 

+  }\(ß  J'—  «  T)  ^'+(ß  —  «)  W+  a  S']  dt 

^) 

II)  dJ=af{V—W)di 

+  / [(/^  r/  -  a  T)  t'+  (^  —  a)  F+  a  S']  dt. 
k 
Wählt   man  daher   die   willkürliche  Function   t   so,    dass 
der  zweite  Integraltheil   in   den  Formeln  I),  II)  verschwindet, 
so  wird 

6J=ßf{V—W)dt 

dJ=a^\V—  W)dt 

d.  li.  die  Forderung  d  J  =  0  wird  vollständig  äquivalent 
mit  dem  d'Alembert'schen  Princip.  Je  nach  der  Wahl 
der  Constanten  a^  ß  ergeben  sich  nun  verschiedene  besondere 
Formen  des  allgemeinen  Variationsprincipes. 

Erstens.     Setzt  man  a  =  ß^   so  erfordert  die  Bedingung 

nach  I) 

{U—  T)t'+  S'=0 

d.  h.,  wenn  der  Theil  aS"  wie  gewöhnlich  durch  Integration 
beseitigt,  und  die  Variationen  der  x,  y,  z  an  den  Grenzen  gleich 
Null  genommen  worden,  t  =  const  resp.  =  0.*)     Ist  insbeson- 

')  Durch  die  Vorfü«,'iin<,'  ül»or  die  Variutionen  an  den  Grenzen  wird 
hier  erreicht,  da.ss  das  Princip  ausnahmslos,  d.h.  auch  dann  anwend- 
bar bleibt,  wenn  U  —  T  innerhalb  der  Intej^rationstrrenzen  verschwindet. 


M» 


Ä.   Voss:  Bemerkungen  über  die  Princijnen  der  Mechanik.      175 

dere  U —  T  =  const  ==  A,  so  kann  man  auch  r  h  -\-  S  =  0 
setzen.     Dies  ist  das  Hamilton'scbe  Princip. 

Zweitens.     Wird  /?  =  0  genommen  und  setzt  man  jetzt 

nach  11) 

Tt  +  V+S'=0, 

sp  hat  man  die  erweiterte  Form  des  Princips  der  klein- 
sten Action;^)  da  T  nicht  Null  ist,  so  ist  diese  Bestim- 
mungsweise für  T  immer  möglich,  was  hier  besonders 
hervorgehoben  sein  möge. 

Drittens.  Nimmt  man  dagegen  a  =  0,  so  ist  nach  I) 
zu  setzen 

wobei  eine  etwaige  Verfügung  über  die  Variationen  an  den 
Grenzen  zu  weiterer  Vereinfachung  ganz  überflüssig  wird ;  doch 
muss  hier  vorausgesetzt  werden,  dass  U  innerhalb  der 
Grenzen  des  Integrales  nicht  verschwindet.^)  Unter 
diesen  Umständen  führt  also  auch  der  Ausdruck 

dfüdt  =  0 

auf  die  Differentialgleichungen  der  Bewegung. 

Viertens.     Endlich  erhält  man  für  ß  =  —  a 

dfEdt  =  0 

mit  der  Bedingung  (T  +  C7)  t'+ 2  F— S'=  0. 

Nur  in  den  beiden  ersten  Fällen  entsteht  eine  allgemein 
brauchbare  Form  des  Principes.  In  den  beiden  letzten  sowie 
auch  im  allgemeinen  Falle  wird  schon  das  Auftreten  des  sym- 
bolischen Ausdruckes   U  hinderlich,    selbst    wenn    man    davon 


1)  So  bei  Holder  a.  a.  0.  §  2. 

2)  Eine  ähnliche  V^oraussetzung  wird  natürlich  immer  eintreten 
müssen,  wenn  man  (vgl.  Anmerkung  2  8.  171)  unter  dem  Integralzeichen 
eine  beliebige  Function  nimmt;  beim  Princip  der  kleinsten  Action  und 
dem  Hamilton'schen  Princij)  ist  sie  von  selbst  erfüllt. 

12* 


176  Sitzung  der  matih.-phys,  Classe  vom  4.  Med  1901. 

absieht,  dass  a  T  —  ß  U  innerhalb  der  Integrationsgrenzen 
nicht  verschwinden  darf,  was  bei  beliebigen  Werthen  der  a,  ß 
allerdings  unmöglich  ist.  Man  kann  indess  bei  einem  so  all- 
gemeinen Variationsbegriff  den  symbolischen  Ausdruck  U  yöllig 
vermeiden. 

Variirt  man  nämlich  den  Ausdruck 

welcher  die  totale  Arbeit  darstellt,  die  von  t^  bis  zur  varia- 
belen  Zeit  t  von  den  wirkenden  Kräften  geleistet  wurde,  nach 
der  Formel  A),  so  ergiebt  sich 

B)  <5^  =  F-F„^-/L(Z)(^^ 


„      \.(^Y      dX\,,fdZ      dX\       3X1,. 

r  JdX     az\  ,    ,/ar     3Z\      dZ].. 


+ 

ist,  und  man  hat  sich  nur  vorzustellen,  dass  die  willkQrliche 
Function  t  derjenigen  Bedingung  unterworfen  wird,  welche  ent- 
steht, wenn  an  Stelle  der  früheren  Gleichung  d  U^^  V  die 
nicht  symbolische  B)  bei  der  Variation  des  Integrales 

^\aT-{-  ßA)dt 

benutzt  wird. 

Berücksichtigt  man,  dass  das  d'Alembert'sche  Princip  in 
den  Formen 

d^{T-{-A)df  =  0,    djTdt^O,    dprdt  =  0,    d^Edt 

d^{nT  +  ßA)dt  =  0 

ausgesprochen  werden  kann,  so  erweist  sich  dieses  Yariations- 


A.  Voss:  Bemerkungen  über  die  Principien  der  Mechanik,      177 

princip  in  seiner  allgemeinen  Form  als  eine  völlig  conven- 
tionelle  Regel,  die  mit  besonderen  dem  eigentlichen  Gebiet 
mechanischer  Grundanschauungen  angehörigen  Vorstellungen 
gar  nichts  mehr  zu  thun  hat,  sondern  einzig  und  allein  zu 
dem  Zwecke  ersonnen  wird,  die  Differentialgleichungen  der 
Bewegung  in  einer  möglichst  condensirten  Form  auszusprechen. 
Ich  halte  es  nicht  für  überflüssig,  diese  an  sich  sehr  selbst- 
verständliche Bemerkung,  welche  ich  schon  bei  einer  früheren 
Gelegenheit  gemacht  habe,*)  hier  aufs  neue  zu  wiederholen,  da 
über  die  principielle  Auffassung  des  Hamilton'schen  Princips 
auch  gegenwärtig  noch  sehr  verschiedenartige  Ansichten  ver- 
breitet erscheinen.  Vom  abstracten  Standpuncte  aus  könnte 
man  sich  sogar  veranlasst  sehen,  der  besonderen  Form  des 
Principes,  welches  das  Energieintegral   CEdt  benutzt,  den 

Vorzug  zu  geben.  Indessen  scheint  es  zweifellos,  dass  das 
eigentliche  Hamilton'sche  Integral  sich  durch  Einfach- 
heit und  allgemeine  Gültigkeit  zugleich  empfiehlt;  daher  ist 
dasselbe  auch  von  v.  Helmholtz  bei  allen  seinen  Unter- 
suchungen (unter  dem  Namen  des  Principes  der  kleinsten 
Wirkung)  als  heuristisches  Grundprincip  zur  Anwendung  gebracht. 

m. 

üeber  das  Princip  des  kleinsten  Zwanges. 

Bezeichnet  man  die  Coordinaten  der  Puncte  eines  materiellen 
Systems  unterschiedslos  durch  o;,*),  so  ist  die  lebendige  Kraft 

Werden  nun  an  Stelle  der  Xi  ebensoviel  neue  Variabele  y„ 
welche  von  einander  unabhängige  Functionen  der  Xi  sind,  die 
überdies  die  Zeit  t  enthalten  können,  eingeführt,  so  ist  nach 
Voraussetzung  die  Functionaldeterminante 


1)  A.  Vo88,  üeber  die  Differentialgleichungen  der  Mechanik,  Math. 
Ann.  Bd.  25,  p.  267  (1884). 

2)  üeber  die  Bezeichnung  siehe  H.  Hertz,  Ges.  Werke  III,  p.  62. 


178 


Sitzung  der  math.-jihys.  Classe  vom  4.  Mai  1901. 


3  a;,  ; 


J  = 


'dx. 

,  3y. 

• 

• 

9  Xm 

^!/n 

dyn 


nicht  Null,  also  verschwindet  auch 


m, . . .  m„  J*  =  ^ 

nicht,  wo  Ä  die  aus  den  Elementen*) 


1) 


«sa  =  ijm, 


9  Xi  9  Xi 

dys^ya 


gel)ildete  Determinante  der  definiten  positiven  quadratischen  Form 

2j  (ho  Us  no  =  2j  nh  (  —  Usj 

ist.     Bezeichnet    man    mit  jI^o  die   durch  Ä  dividirten   Unter- 
(letcrminanten  dieser  Elemente  1),  so  ist 

^  Äsrasa  =  (ar), 
l'alls  (o  t)  das  bekannte  Zeichen  bedeutet.     Da  aber  auch 


ist,  so  folgt 


.-,  9  j/r  9  ^\        ,     . 

^.  I    .      '^Xi  dy\  dXi 

Zj     Ast-        iih —  - — 

*        dys  dxjdy. 


=  0 


()(l(»r,   W(»gen 


1  rj:  0  ^) 


V  ^    i     d  Xi  d  yx 


dy, 


dXi' 


')  lii  iilliMi  l''iilliMi.  wn  fllMT  die  Siimmation  nichts  weiter  bemerkt 
ist,  lial  Mi<'li  «lirnnlln'  iilitM  MihimiMirlio  mehrfach  vorkommende  Indices 
^f,  o^  1  .  .  voll    I   hin  ;l  (I  .Ml  «MMlrj«i'k»«u. 

'^)  In  FoniH'l  Jl  i.il  ih«»  Smiiiimlion  in  Bezug  luif  i  selbstverständlich 
nicht  aus/ufiihrrii. 


^  ▼•: 


Ä.   Voss:  Bemerkungen  über  die  Principien  der  Mechanik.      179 
Setzt  man  nun  die  Gleichungen 


dy. 


dt 


in  den  Ausdruck  T  ein,  so  folgt 

T  =  ^J^asays  y'o  -f  L  «8  y«  +  « 


wenn 


3) 


«8  =  2  m, 


«  =  i  S  ^^^, 


dys  dt 


a^ 


gesetzt  wird;  T  ist  daher  eine  im  allgemeinen  nicht  homogene 
Function  zweiter  Ordnung  der  y«.     Zugleich  wird 

M        •\-^    d    Xi       >     i     i    n^r^  d    Xi      ,         v~»     '^«'    «    i         *^* 


ay«aya' 


a«/8  9^ 


9«/. 


a^*' 


Wir     benutzen     die    Werthe    4)     zur     Berechnung     des 
Zwanges  Z 

5)  z=2:-,(.r-^y, 

wobei  unter  den  X,  die  Componenten  der  wirkenden  Kräfte 
verstanden  sind.  Durch  eine  sehr  einfache  Rechnung  findet 
man  aus  4) 

d  /dT\     dT 


d  fdT\    dT 


dt\dy'J    dy 


wobei  zur  Abkürzung 


_a»a;,    .      9»a;,     X; 


180 


Sitzung  der  matK-j^ys,  Glosse  vom  4.  Mai  1901. 


gesetzt  ist,  während 

d  T 

dys 


dt\dyj 


wird. 

Man   sieht  nun   unmittelbar,    dass  die  erste  Summe  in  Z 
sich  gegen  die  letzte  aufhebt.     Dazu  braucht  man  nur  in 

die  Qs  wieder  durch  ihre  Werthe  zu  ersetzen ;  drückt  man  auch 
Ys  wieder  durch  die  X,  aus,  so  entsteht 

^ X'  3 Xj 

was  nach  2)  in 

W=^mj (ij)  Ei Ej  =  S »w,- Ei 
übergeht. 

Durch  Differentiation  folgt  weiter 


^  v^       dXi    a*  Xi 


L  ini 


S  rtii 


dj/s  dyr  dy„ 

dXi 

d^Xi 

dys 

dtdya 

dXi 

d^Xi 

ro 

s 

so 


düso    .    dttsr         dura 


so  dass 


dys     d  t^ 


dyy       dyo 

dys 

dasa  .    das 
dt     '    dy„ 

da„ 
dys 

das         da 

dt 


dys' 


dT 


y'r  y'n  +  [5  O]  y'a  +  [s] 


d    dT\      dl       ^^         „  .   ^   ro 
dt\dys)     dys  ""  ys 

wird.     Hiermit  ist  der  folgende  Satz  bewiesen. 

Ersetzt  man  die  Variabein  x  durch  ebensoviel  neu^ 
Variabele  y  vermöge  der  von  einander  in  Bezug  auf  di^ 
y  unabhängigen  Gleichungen 

6)  Xi  =  fi{y^  ^2 . .  .  yzn  t),  yi=(Pi{(^i  ^a . . .  x-^n  t), 


A.  Voss:  Bemerkungen  über  die  Principien  der  Mechanik,      181 

o    wird   der   Gauss'sche   Zwang  Z  ausgedrückt   durch 
ie  zur  lebendigen  Kraft  T  covariante  Function 

Dieselbe  ist  eine  Verallgemeinerung  des  von  Herrn  Lip- 
chitz*)  für  den  Fall,  dass  die  Functionen  f  die  Zeit  nicht 
nthalten,  als  Ergebniss  seiner  allgemeinen  Untersuchung  über 
lie  Transformation  homogener  DiflFerentialausdrücke  herge- 
eiteten  Resultates.  Es  liegt  aber  in  der  Natur  der  Sache,  dass 
[asselbe  nicht  auf  den  Fall  einer  homogenen  Form  T  beschränkt 
lein  kann;  in  diesem  Falle  dürfte  es  wohl  einfacher  sein,  das 
Pransformationsresultat  direct  herzuleiten. 

Eine  wesentliche  Bedingung  für  dasselbe  ist  es  jedoch, 
[ass  die  Zahl  der  Variabein  y  ebenso  gross  ist,  wie  die  der  :r, 
lenn  nur  unter  dieser  Voraussetzung  lässt  sich  die  Identität  2), 
luf  der  die  ganze  Rechnung  beruht,  anwenden.*) 

Man  kann  nun  insbesondere  die  Variabein  y  so  wählen,^) 
lass  bei  einem  mech anischen  Problem  mit  Ä Bedingungsgleichungen 


')  R.  Lipschitz,  Bemerkungen  zu  dem  Princip  des  kleinsten 
Zwanges,  Journ.  f.  Math.  Bd.  82,  p.  328  (1877). 

^)  Herr  A.  Wassmuth  hat  (üeber  die  Anwendung  des  Princips  des 
deinsten  Zwanges  auf  die  Elektrodynamik,  diese  Sitzungsber.  1894,  p.  219) 
lie  Lipschitz'sche  Formel  für  Z  in  Anspruch  genommen  für  den  Fall, 
fo  die  Zahl  der  Variabein  y  auch  kleiner  ist  wie  die  der  x.  Dass  dies 
loht  gestattet  ist,  hätte  sich  schon  daraus  ersehen  lassen,  dass  unter 
lesen  Umständen  der  auch  von  ihm  mit  Z  bezeichnete  Zwang  gleich 
füll  wird,  was  nur  bei  der  freien  Bewegung  eines  Systems  eintritt, 
ährend  doch  p.  220  Bedingungsgleichungen  vorausgesetzt  wurden.  Es 
nd  daher  auch  die  im  weiteren  Verlauf  der  Arbeit  entwickelten  For- 
leln,  soweit  sie  sich  nicht  auf  freie  Bewegungen  beziehen,  durch  die 
eiterhin  im  Text  abgeleiteten  zu  ersetzen. 

Bei  Herrn  Lipschitz  ist  übrigens  ausdrücklich  die  ungeänderte 
ahl  der  Variabein  als  Bedingung  zur  Voraussetzung  gemacht  (a.  a.  0. 
.  316  und  328). 

*)  Selbstverständlich  ]^ann  man  in  ebenso  einfacher  Weise  auch  nur 
inen  Theil  der  Bedingungen  durch  Einführung  der  allgemeinen  Coordi- 
laten  beseitigen. 


174  Sitzuyig  der  niath,-phys.  Classe  vom  4.  Mai  1901. 

d.  h.  gleich  dem  virtuellen  Moment  der  mit  den  Massen 
multiplicirten   Beschleunigungen.     Alsdann   ergiebt  sich 

d  J  =  /[(^  U—a  T)T  +  aS'  —  aW+ßr]dt 

oder 

I)  dJ=ßf{V—W)dt 

+  /[(/?  f ^—  aT)T  +  {ß  —  a)  W+  a  S']  (IL 

II)  dJ=aj\V—W)dt 

+  }\(ß  U  -  aT)x'+{ß  —  a)  F+  «  S"\  dt. 

Wählt  man  daher  die  willkürliche  Function  t  so,  dass 
der  zweite  Integraltheil  in  den  Formeln  I),  II)  verschwindet, 
so  wird 

dJ=ßj\V—W)dt 

dJ=a^\V—W)dt 

d.  h.  die  Forderung  d  J  =  0  wird  vollständig  äquivalent 
mit  dem  d'Alembert'schen  Princip.  Je  nach  der  Wahl 
der  Constanten  a,  ß  ergeben  sich  nun  verschiedene  besondere 
Formen  des  allgemeinen  Variationsprincipes. 

Erstens.     Setzt  man  a  =  ß,   so  erfordert  die  Bedingung 

nach  I) 

{U—T)t  +  S'=0 

d.  h.,  wenn  der  Theil  S'  wie  gewöhnlich  durch  Integration 
beseitigt,  und  die  Variationen  der  x,  y,  z  an  den  Grenzen  gleich 
Null  genonunen  werden,  r  =  const  rosp.  =  0.*)     Ist  insbeson- 

')  Durch  die  Verfügung  über  die  Variationen  an  den  Grenzen  wird 
hier  erreicht,  dass  das  Princip  ausnahmslos,  d.h.  auch  dann  anwend- 
bar bleibt,  wenn  U  —  T  innerhalb  der  Integrationsgrenzen  verschwindet. 


A.   Voss:  Bemerkungen  über  die  Pnncipien  der  Mechanik.      175 

re  U —  T  =  const  =  h,  so  kann  man  auch  r  h  -\-  S  =  0 
kzen.     Dies  ist  das  Hamilton'scbe  Princip. 

Zweitens.     Wird  ß  =  0  genommen  und  setzt  man  jetzt 

.ch  n) 

hat  man  die  erweiterte  Form  des  Princips  der  klein- 
en Action;^)  da  T  nicht  Null  ist,  so  ist  diese  Bestim- 
ungsweise  für  t  immer  möglich,  was  hier  besonders 
Tvorgehoben  sein  möge. 

Drittens.     Nimmt  man   dagegen  a  =  0,    so   ist   nach  I) 
setzen 

)bei  eine  etwaige  Verfügung  über  die  Variationen  an  den 
•enzen  zu  weiterer  Vereinfachung  ganz  überflüssig  wird;  doch 
jss  hier  vorausgesetzt  werden,  dass  U  innerhalb  der 
renzen  des  Integrales  nicht  verschwindet.')  Unter 
,'sen  Umständen  führt  also  auch  der  Ausdruck 

f  die  Differentialgleichungen  der  Bewegung. 
Viertens.     Endlich  erhält  man  für  ß  =  —  a 

öfEdt^O 

t  der  Bedingung  (T  +  U)x+2V—S'=0. 

Nur  in  den  beiden  ersten  Fällen  entsteht  eine  allgemein 
auchbare  Form  des  Principes.  In  den  beiden  letzten  sowie 
ch  im  allgemeinen  Falle  wird  schon  das  Auftreten  des  sym- 
lischen  Ausdruckes   U  hinderlich,    selbst    wenn    man    davon 


1)  So  bei  Holder  a.  a.  0.  §  2. 

2)  Eine  ähnliche  Voraussetzung  wird  natürlich  immer  eintreten 
üssen,  wenn  man  (vgl.  Anmerkung  2  S.  171)  unter  dem  Integralzeichen 
18  beliebige  Function  nimmt;  beim  Princip  der  kleinsten  Action  und 
m  Hamil tonischen  Princip  ist  sie  von  selbst  erfüllt. 

12* 


176 


Sitzung  der  mathrphys,  Glosse  vom  4.  Mai  1901, 


absieht,  dass  a  T  —  ß  U  innerhalb  der  Integrationsgrenzen 
nicht  verschwinden  darf,  was  bei  beliebigen  Werthen  der  a,  ß 
allerdings  unmöglich  ist.  Man  kann  indess  bei  einem  so  all- 
gemeinen VariationsbegriflF  den  symbolischen  Ausdruck  U  völlig 
vermeiden. 

Variirt  man  nämlich  den  Ausdruck 

welcher  die  totale  Arbeit  darstellt,  die  von  t^  bis  zur  varia- 
belen  Zeit  t  von  den  wirkenden  Kräften  geleistet  wurde,  nach 
der  Formel  A),  so  ergiebt  sich 


B) 
wo 


H 


dY     dX 


dX 


dy 


)^      \3x        dz) 


+ 


+ 


aX     aJ?\  ,    ,/ar 


9Z' 


3y 


ax 
dt 

ar 

dt  _ 

a^ 

dt 


(f  -  T  X) 


iv-fy) 


(C  -  T  /) 


ist,  und  man  hat  sich  nur  vorzustellen,  dass  die  willkürliche 
Function  i  derjenigen  Bedingung  unterworfen  wird,  welche  ent- 
steht, wenn  an  Stelle  der  früheren  Gleichung  ^  f/^  F  die 
nicht  symbolische  B)  bei  der  Variation  des  Integrales 

j\aT+  ßÄ)dt 

benutzt  wird. 

Berücksichtigt  man,  dass  das  d'Alembert'sche  Princip  in 
den  Formen 

d^{T+A)dt^O,    d^Tdt  =  0,    d^Udt^O,    d^Edi 

d^{aT+  ßA)dt=^0 

ausgesprochen  werden  kann,  so  erweist  sich  dieses  VariatioDS- 


Ä.  Voss:  Bemerkungen  über  die  Principien  der  Mechanik,      177 

princip  in  seiner  allgemeinen  Form  als  eine  völlig  conven- 
tionelle  Regel,  die  mit  besonderen  dem  eigentlichen  Gebiet 
mechanischer  Qrundanschauungen  angehörigen  Vorstellungen 
gar  nichts  mehr  zu  thun  hat,  sondern  einzig  und  allein  zu 
dem  Zwecke  ersonnen  wird,  die  DiflFerentialgleichungen  der 
Bewegung  in  einer  möglichst  condensirten  Form  auszusprechen. 
Ich  halte  es  nicht  für  überflüssig,  diese  an  sich  sehr  selbst- 
verständliche Bemerkung,  welche  ich  schon  bei  einer  früheren 
Gelegenheit  gemacht  habe,*)  hier  aufs  neue  zu  wiederholen,  da 
über  die  principielle  Auffassung  des  Hamilton'schen  Princips 
auch  gegenwärtig  noch  sehr  verschiedenartige  Ansichten  ver- 
breitet erscheinen.  Vom  abstracten  Standpuncte  aus  könnte 
man  sich  sogar  veranlasst  sehen,  der  besonderen  Form  des 
Principes,  welches  das  Energieintegral   CEdt  benutzt,  den 

Vorzug  zu  geben.  Indessen  scheint  es  zweifellos,  dass  das 
eigentliche  Hamilton'sche  Integral  sich  durch  Einfach- 
heit und  allgemeine  Gültigkeit  zugleich  empfiehlt;  daher  ist 
dasselbe  auch  von  v.  Helmholtz  bei  allen  seinen  Unter- 
suchungen (unter  dem  Namen  des  Principes  der  kleinsten 
Wirkung)  als  heuristisches  Grundprincip  zur  An  Wendung  gebracht. 

m. 

Ueber  das  Princip  des  kleinsten  Zwanges. 

Bezeichnet  man  die  Coordinaten  der  Puncte  eines  materiellen 
Systems  unterschiedslos  durch  a;,*),  so  ist  die  lebendige  Kraft 

Werden  nun  an  Stelle  der  Xi  ebensoviel  neue  Variabele  ?/„ 
welche  von  einander  unabhängige  Functionen  der  Xi  sind,  die 
überdies  die  Zeit  t  enthalten  können,  eingeführt,  so  ist  nach 
A^oraussetzung  die  Functionaldeterminante 


^)  A.  Voss,  Ueber  die  Diflferentialgleichungen  der  Mechanik,  Math. 
Ann.  Bd.  25,  p.  267  (1884). 

^  Ueber  die  Bezeichnung  siehe  H.  Hertz,  Ges.  Werke  III,  p.  62. 


.^' 


.  *. 


178 


Sitzung  der  math.-phys.  Glosse  vom  4.  Mai  1901. 


A  = 


•  • 


nicht  Null,  also  verschwindet  auch 


^  x^ 

dtjn 


d  Xn 


nicht,  wo  Ä  die  aus  den  Elementen*) 


1) 


«8  o   =  L  >»l 


c  Xi  c  Xi 


gebildete  Determinante  der  definiten  positiven  quadratischen  Fo 

2j  c^sa  UsUa  =  2j  ^1    ^ —  Wg 

\^ys    ) 

ist.     Bezeichnet   man    mit  A^o  die   durch  A  dividirten  Uiit 
determinanten  dieser  Elemente  1),  so  ist 

falls  (a  t)  das  bekannte  Zeichen  bedeutet.     Da  aber  auch 


ist,  so  folgt 


yr^^yrB  Xi 

2j  — =  (o  t) 

2j  [Asr~ — nii—    ^  * 


dys 


dXiJ  dya 


=  0 


oder,  wegen  zl  4=  0  ^) 
2) 


Zj  Asr  -—  Mi  = 


3  2/. 


dXi' 


^)  In  allen  Fällen,  wo  über  die  Sunimation  nichts  weiter  bem< 
ist,  hat  sich  dieselbe  über  sämmtliche  mehrfach  vorkommende  Ind 
."*,  ö,  r . .  von  1  bis  3  w  zu  erstrecken. 

'^)  In  Formel  2)  ist  die  Sunimation  in  Bezug  auf  i  selbstverständ 
nicht  auszuführen. 


.   Voss:  Bemerkungen  über  die  Principien  der  Mechanik.      179 
zt  man  nun  die  Gleichungen 

Ausdruck  T  ein,  so  folgt 

T=^^a,ays  y'o  -f  L  «8 «/»  +  « 


«8 

S  >w 

'a 

a^ 

a 

— 

ii^ 

m, 

f'^'1 

2 

wird;  T  ist  daher  eine  im  allgemeinen  nicht  homogene 
n  zweiter  Ordnung  der  y'^.     Zugleich  wird 

ir     benutzen     die    Werthe    4)     zur     Berechnung     des 
'es  Z 


unter  den  X,  die  Componenten  der  wirkenden  Kräfte 
len  sind.  Durch  eine  sehr  einfache  Rechnung  findet 
IS  4) 

jur  Abkürzung 


;x, 


ay,' 


Y  3*^;,     ,    ,   ,  „  a»a;,     ,  ,  a»a;,      XA 

dysdyr^yn-^^        ^ysdtdy,   '^  '  "^dy.dt^ 


180  Sitzung  der  m<Uh.-phys.  Glaste  vom  4.  Mai  1901. 

gesetzt  ist,  während 

rf-^al/^  j  "  al^  =  ^  ""  "' +  ^  "•  3T.  ä^y/^  ^" 

wird. 

Man   sieht  nun   unmittelbar,    dass  die  erste  Summe  in  Z 
sich  gegen  die  letzte  aufhebt.     Dazu  braucht  man  nur  in 

die  Qs  wieder  durch  ihre  Werthe  zu  ersetzen;  drückt  man  auch 
Ys  wieder  durch  die  X,  aus,  so  entsteht 

dXi  dXj 

was  nach  2)  in 

>r  =  £  m,-  {i  j)  Si  Sj  =  £  nti  5? 
übergeht. 

Durch  Differentiation  folgt  weiter 


ro 

s 


9a:,    9*a;,  [_    1       9öaa   ,    9a,        9a, 

9yj 


dys  dtdya  L     J         dt         dy, 

^       9a;,    9*a;,  f     1        9a, 


so  dass 

d~t[3?J'3y.  =  ^'"'''''''''^^[s\^'^'--^^"'^^'-^^'^ 

wird.     Hiermit  ist  der  folgende  Satz  bewiesen. 

Ersetzt  man  die  Variabein  x  durch  ebensoviel  neu 
Variabele  y  vermöge  der  von  einander  in  Bezug  auf  d 
y  unabhängigen  Gleichungen 

6)         ^i  =  fi{yi 2/2 ••  •  y^n t),  yi=(pi{oc^ x^.,. x^n Ot 


A.   Voss:  Bemerkungen  iü)er  die  Principien  der  Mechanik,      181 

wird  der   Qauss'sche   Zwang  Z  ausgedrückt   durch 
zur  lebendigen  Kraft  T  covariante  Function 

Dieselbe  ist  eine  Verallgemeinerung  des  von  Herrn  Lip- 
itz*)  für  den  Fall,  dass  die  Functionen  f  die  Zeit  nicht 
lalten,  als  Ergebniss  seiner  allgemeinen  Untersuchung  über 
Transformation  homogener  Differentialausdrücke  herge- 
}ten  Resultates.  Es  liegt  aber  in  der  Natur  der  Sache,  dass 
;elbe  nicht  auf  den  Fall  einer  homogenen  Form  T  beschränkt 

kann;  in  diesem  Falle  dürfte  es  wohl  einfacher  sein,  das 
nsformationsresultat  direct  herzuleiten. 

Eine  wesentliche  Bedingung  für  dasselbe  ist  es  jedoch, 
I  die  Zahl  der  Variabein  y  ebenso  gross  ist,  wie  die  der  x, 
Q  nur  unter  dieser  Voraussetzung  lässt  sich  die  Identität  2), 

der  die  ganze  Rechnung  beruht,  anwenden.*) 

Man  kann  nun  insbesondere  die  Variabein  y  so  wählen,') 
ibei  einem  mechanischen  Problem  mit  Ä; Bedingungsgleichungen 


^)R.  Lipschitz,  Bemerkungen  zu  dem  Princip  des  kleinsten 
nges,  Journ.  f.  Math.  Bd.  82,  p.  328  (1877). 

')  Herr  A.  Wassmuth  hat  (lieber  die  Anwendung  des  Princips  des 
isten  Zwanges  auf  die  Elektrodynamik,  diese  Sitzungsber.  1894,  p.  219) 
Lipschitz'sche  Formel  für  Z  in  Anspruch  genommen  für  den  Fall, 
iie  Zahl  der  Variabeln  y  auch  kleiner  ist  wie  die  der  x.  Dass  dies 
t  gestattet  ist,  hätte  sich  schon  daraus  ersehen  lassen,  dass  unter 
in  umständen  der  auch  von  ihm  mit  Z  bezeichnete  Zwang  gleich 
1  wird,  was  nur  bei  der  freien  Bewegung  eines  Systems  eintritt, 
rend  doch  p.  220  Bedingungsgleichungen  vorausgesetzt  wurden.     Es 

daher  auch  die  im  weiteren  Verlauf  der  Arbeit  entwickelten  For- 
1,  soweit  sie  sich  nicht  auf  freie  Bewegungen  beziehen,  durch  die 
erhin  im  Text  abgeleiteten  zu  ersetzen. 

Bei  Herrn  Lipschitz  ist   übrigens  ausdrücklich   die  ungeänderte 

der  Variabein  als  Bedingung  zur  Voraussetzung  gemacht  (a.  a.  0. 
.6  und  328). 

')  Selbstverständlich  ^ann  man  in  ebenso  einfacher  Weise  auch  nur 
a  Theil  der  Bedingungen  durch  Einführung  der  allgemeinen  Coordi- 
n  beseitigen. 


182 


Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  4.  Mai  1901. 


(pi(x^  .  .  .Xnt)  =^  0,  Z  =  1,  2  .  .  .  i 

die  ersten  k  Functionen  y,  gleich  Null  gesetzt,  eben  diese  Be- 
dingungen vorstellen,  d.  h. 

yi  =  (Pi 

ist,  während  die  h  =  3n  —  k  letzten  y  als  allgemeine  Coordi- 
naten  Qm,  m  =  1, . . .  A  angesehen  werden.  Unter  dieser  Vor- 
aussetzung ist  dann 

yl  =  0,  y?  =  0  für  l  =  l,2.,.k. 

Soll  nun  der  Zwang  Z  ein  Minimum  werden,  so  erhält 
man  in  bekannter  Weise  mittelst  der  Lagrange'schen  Multi- 
plicationsmethode  die  Gleichungen 


oder: 
a) 

b) 


ij  Aa 


L  As„ 


dt  [du'i) 
d  f  dT 


d  fdT 


dt  \dy', 

d^(3T 
dt\3y: 

dT 


3T 
dT 


's)  ^Vb 


Usl  =  /». 


Clsm'\-k  =  0. 


—  Yi       =  //,    l  —  1| .  .  .  fc 


dT 


—  Ym-^H  =  0,    W  =  1,  .  .  .  Ä. 


dt  y^y'm-^kj      ^ym-\-k 

Die  Gleichungen  a),  welche  nur  zur  Bestimmung  der  Multi- 
plicatoren  l  dienen,  kann  man  ganz  fortlassen;  die  Gleichungen 
b)  liefern  die  Bewegungsgleichungen,  so  wie  man  in  denselben 

yi       =0     für   Z  =  1, .  . .  Ä 
ym-\.h  =  Qm  für  m  =  1, . . .  Ä 
setzt,  und  für  den  Zwang  Z  ergiebt  sich  der  Werth 

Z  =^  Äij  li  Aj,    i,  ^'  =  1, . .  ,  Ä:. 


183 


Sitzunf»  vom  8.  Juni  1901. 

1.  Herr  H.  Seeliger  legt  eine  Arbeit  des  correspondirenden 
Mitgliedes  der  Classe  Herrn  Dr.  6.  Neumayek,  Direktor  der 
deutschen  Seewarte  in  Hamburg:  „Bestimmungen  der  Länge 
des  einfachen  Sekunden-Pendels  auf  absolutem  Wege, 
ausgeführt  in  Melbourne  vom  Juli  bis  Oktober  1863" 
zur  Aufnahme  in  die  Abhandlungen  der  Classe  vor  und  be- 
spricht deren  Inhalt. 

2.  Herr  Fekd.  Lindemann  macht  eine  Mittheilung  „über 
den  Format'schen  Satz  betreffend  die  Unmöglichkeit 
der  Gleichung  a;**  =  y**  +  ^.* 

3.  Herr  W.  v.  Dyck  erstattet  einen  Bericht  „über  eine 
im  Jahre  1832  von  dem  Mathematiker  C.  G.  J.  Jacobi 
bei  Gelegenheit  der  üebernahme  der  ordentlichen  Pro- 
fessur in  Königsberg  gehaltenen  Rede." 


185 


ber  den  Fermat'schen  Satz  betreffend  die  Unmög- 
lichkeit der  Gleichung  x*"  =  !/•*  +  ^''* 

Von  F.  Lindemann. 

{Kingtlau/tn  8.  Juni.) 

Bekanntlich  hat  Fermat,  ohne  einen  Beweis  anzugeben, 
Satz  aufgestellt,  dass  die  Gleichung  x**  =  y*^  -\-  z^  nicht 
ch  drei  ganze  Zahlen  x^  y,  z  befriedigt  werden  könne,  so- 
i  die  ganze  Zahl  n  grösser  als  2  ist.  Diese  Angabe  wird 
in  der  von  Bach  et  veranstalteten  Diop  h  an  t- Ausgabe  ^) 
rllefert,  in  welcher  gelegentliche  Randbemerkungen  aus 
•mat's  Handexemplare  abgedruckt  wurden.  Die  Quaestio 
I  im  zweiten  Buche  von  Diophant's  Arithmetik  handelt 
ilich  von  der  Aufgabe,  ein  gegebenes  Quadrat  in  die  Summe 
ier  Quadrate  zu  zerlegen;  und  am  Schlüsse  dieser  Quaestio 
et  sich  folgender  Passus:*) 

„Observatio  Domini  Petri  De  Fermat. 

„Cubum  autem  in  duos  cubos,  aut  quadratoquadratum 
«in  duos  quadratoquadratos  et  generaliter  nullam  in  infini- 
«tum  ultra  quadratum  potestatem  in  duos  eiusdem  nominis 


^)  Diophanti  Alexandri  arithmeticorum  libri  sex,  et  de  numeris 
bangulis  liber  unus.  Cum  commentariis  C.  G.  Bacheti  V.  C.  et 
srsationibus  D.  P.  de  Fermat  Senatoria  Tolosani.  Accessit  Doctrinae 
lyticae  inventum  novum,  collectum  ex  varijs  eiusdem  D.  de  Fermat 
bolis.    Tolosae,  MDCLXX. 

*)  Vgl.  auch  Oeuvres  de  Fermat,  publies  par  Paul  Tanne ry  et 
wrles  Henry,  1891,  t.  I,  p.  291. 


"1 


186  Sitzung  der  mathrphys,  Classe  voin  8.  Juni  1901. 

„fas  est  dividere  cuius  rei  deraonstrationem  mirabilein  sane 
„detexi.     Hanc  marginis  exiguitas  non  caperet." 

Für  den  Fall  w  =  3  betont  Fermat  seinen  Satz  auch  in 
einem  Briefe  an  Digbj  vom  7.  April  1658,^)  in  einem  andern 
Briefe  vom  15.  August  1657  stellt  er  die  Aufgabe  eine  Zahl 
x^  in  der  Form  iß  +  ^^  darzustellen.*) 

Für  eine  gewisse  Klasse  von  Zahlen  n  (zu  welcher  z.  B. 
alle  Zahlen  unter  100  gehören)  hat  bekanntlich  Kummer  bei 
Gelegenheit  anderer  Untersuchungen  den  Fermat 'sehen  Satz 
verificirt.^)  Einzelne  einfache  Fälle  sind  schon  vielfach  be- 
handelt worden. 

Mit  x^  y,  z  seien  drei  ganze  positive  Zahlen  bezeichnet, 
welche  der  Grösse  nach  geordnet  sind,  so  dass: 

(1)  x>y>z. 

Es  bedeute  n  eine  ungerade  Primzahl;  es  ist  also 

(2)  n>2. 

Wir  nehmen  an,  es  bestehe  eine  Gleichung  der  Form 

(3)  X''  =  tf'  +  ^»» 

und    wollen    zeigen,    dass    diese    Annahme    zu    Widersprüchen 


1)  Vergl.  Wallis,   Opera  Mathematica,  t.  II,  p.  844,  Oxford  1693. 

2)  Beide  Briefe  abgedruckt  in  den  Oeuvres  de  Fermat,  t.  11, 
p.  343  ff.  und  p.  37G;  vergl.  ferner  Henry,  Recherches  sur  les  manu- 
scripts  de  Pierre  de  Fermat,  Bulletino  di  bibliographia  e  di  storia  delle 
scienze  matematiche  e  fisiche  publ.  da  B.  Boncompagni,  Bd.  XII,  1879, 
wo  insbesondere  auch  die  Frage  erörtert  wird,  ob  Fermat  im  Besitze 
von  Beweisen  für  seine  Sätze  war;  vergl.  dazu  Mansion,  Nouvelle  cor- 
respondance  de  mathematiques  t.  V. 

3)  Monatsberichte  der  Berliner  Akademie,  April  1847  und  Crelle's 
Journal  Bd.  45,  p.  1)3,  1847;  vergl.  dazu  Hilbert,  Die  Theorie  der 
algebraischen  Zahlkörper,  Jahresbericht  der  Deutschen  Mathematiker- 
Vorcinigung,  Bd.  4,  1894/95,  p.  517  ff.,  wo  auch  die  ältere  Litteratur  an- 
gegeben ist;  hinzuzufügen  sind  die  Arbeiten  von  Genocchi  ira  Bd.  3 
und  G  der  Annali  di  matematica  und  Crelle's  Journal  Bd.  99,  ferner 
Pepin,  Comptes  rendus  t.  82. 


F,  Lindemann:  üeber  den  Fennat^ sehen  Satz,  187 

führt.  Da  gemeinsame  Factoren  aus  dieser  Gleichung  heraus- 
fallen, so  können  die  Zahlen  x^  y,  ^  jedenfalls  als  relativ 
prim  zu  einander  vorausgesetzt  werden. 

Die  Differenz  x*^  —  y**  ist  sofort  in  die  Factoren 

(4)  X  —  y  und  x*^~^  +  ^""^ 2/  +  •  •  •  +  1/'''^ 

zerlegbar;  es  muss  deshalb  auch  die  Zahl  jc  in  entsprechender 
Weise  in  Factoren  zerfallen.  Ist  li  ein  Factor  von  <e^,  so 
müssen  die  beiden  Ausdrücke  (4)  zusammen  den  Factor  B" 
enthalten;  es  wird  also  eine  Potenz  i?"~*  in  der  Differenz 
X  —  y,  eine  Potenz  R*  in  dem  andern  Ausdrucke  (4)  enthalten 
sein;  eine  solche  Zahl  R  werde  mit  r,  bezeichnet;  dann  ist 

(5)  ^  =  r  '  r^  '  r^ /•„ , 

(6)  x  —  y  =  r*''  rj-^  •  rj-^ r;_2  •  r^_j  =  r"  •  ^ , 

Jede  dieser  Zahlen  r,-  kann  wieder  in  verschiedene  Prim- 
factoren  zerfallen.  Für  das  Folgende  sind  die  Zahlen  r  und  r„ 
von  besonderer  Wichtigkeit;  beide  sind  offenbar  durch  die 
Gleichungen  (5),  (6)  und  (7)  eindeutig  bestimmt:  r,»  als  der- 
ienige  Factor  von  ^,  welcher  in  rr  —  y  nicht  vorkommt,  und  r 

/v*H  itM 

als  derjenige  Factor  von  z,  welcher  in  dem  Quotienten — 

X      y 

nicht  enthalten  ist.     Die   übrigen  Zahlen  r/  sind   nicht   noth- 

wendig   eindeutig  festgelegt,   sind   auch  für  das  Folgende  von 

geringerer  Bedeutung. 

In  gleicher  Weise  kann  die  Differenz  x  —  ^  in  Factoren 
zerlegt  werden;  es  ist: 

wo  X  keine  n^^  Potenz  mehr  enthält,  ferner 


188  Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  vom  8.  Juni  1901, 

Eine  analoge  Zerlegung  kann  auch  für  die  Summe  y  + 
zur  Anwendung  kommen,  so  dass: 

Offenbar  lässt  sich,  wenn  n  eine  ungerade  Zahl  bezeichne 
die  Zahl  N^  so  bestimmen,  dass  die  Differenz 

af*  —  y**  —  ^1  (^  —  yY 
durch  das  Product  xy  theilbar  wird;  und  zwar  ergibt  sich 

Ferner  kann  N^  so  gewählt  werden,  dass  der  Ausdruck 
^H  —  yn  —  jyr  ^x  —  t/)**  —  N^xy{x  —  y)**"^ 

durch   x'^  y"^   theilbar   wird.     Man   muss   zu    dem   Zwecke  d 

Factor  von  x^^^  y  gleich  Null  setzen  und  findet  N^n  —  -Aig  = 

oder 

N^  =  n. 

Der  Factor  von  a;y**~'  fällt  dann  von  selbst  heraus,    l 
ebenso  das  Aggregat 

x*^  —  yn^]^^(^x  —  y)*'  -  N^xyipc  —  yY'^  —  N^  x^  y-  {x  —  yY' 

durch  x^  y^  theilbar  zu  machen,  muss  man  den  Factor  v 
xn-2yi  (welcher  bis  auf  das  Vorzeichen  gleich  dem  Factor  v 
/p2^M-2  js^)  2um  Verschwinden  bringen,  d.  h.  es  muss 


-^■G) 


+  iV,(n-2)-i^3  =  0, 


also  ^  n  (n  —  3) 

^3  —  -       2 

sein.     In  gleicher  Weise  wird 

x^i  -yn__j^^(^x  —  yY  —  N^xyix  —  yY~'^  —  N^  x^  y"^  {x  -  yf'^ 

—  iV^  x^  \f  (rr  —  liy''^ 


T,  Lindemann:  Veher  den  Fermaf sehen  Säte.  189 

durch  a:*y*  theilbar,  wenn 

ist,  oder: 

_  n  (n  —  4)  (n  —  5) 

*  ~  1.2.3 

Ebenso  kann  man  weiter  schliessen  und  findet  durch  ein 
Becursionsverfahren  leicht,  dass  das  Aggregat 

(8)         Ol?"  —  tf"  —  N^ipc  —  yY  —  N^xy  {x  -yy-- 

—  iV.  rc»-'  y»  -'  (:z;  —  y)~-2  .+2 

durch  oif  y  theilbar  ist,  wenn 

Vgx       ^ n{n  —  s){n  —  s — 1) (n  —  2g  +  4)(n— 2g  +  3) 

'~  1  .  2  .  3  . . .  .  (5  -  1) 

gesetzt  wird. 

Sei   nun  die  Primzahl  n  gleich  2r  -f  1»    und   setzen    wir 
^  =^  V,  so  wird 

(10)  N  -  (2v+l)v(i-  +  l) 

^  ^''~  1.2.3 

Es  ist  also  identisch 

(U)         x""  —  y*"  —  N^(x  —  yY  —  N^xy{x  —  yy-^  — , . . . 
—  Ny  X^-^  tf"-^  ipc  —  yf  =  Nx^y^x  —  y), 

^^  -^  noch  zu  bestimmen  ist,  denn  die  linke  Seite  ist  theilbar 
^^^ch  a;"  y^  und  ist  Null  für  x  =  y.  Der  Werth  von  N  wird 
*oer  durch  Fortsetzung  derselben  Schlussweise  gefunden,  die 
^^  bisher  anwandten,  nemlich  indem  wir  verlangen,  dass  aus 
lexii   Ausdrucke 

^  ^y*"  — N^ix  —  yY --.,,  — NyX''-^y-\X'-yy  —  Nx''y'{x  —  y) 

ler  Term  a;*^'  y*'  (und  folglich  auch  x''  JT+O  herausfalle;  es 
'i^d   daher 

^^2)  JV'=  iv;,^j  =  2  r  +  1  =  w. 

Unter  Benutzung  von  (6)  und  (7)  erhalten  wir  sonach  die 
^^iitität: 

^^1.  Bitiungsb.  d.  math.-phys.  GL  13 


190  Sitzung  der  maihrphys,  Classe  vom  8,  Juni  1901. 


nx 


vyv^n  Q^^.yn yi.  _  ^  iV,  X'-^  y-*  |.n(n-2 1+2)  ^« 


«=1 


oder,  wenn  beiderseits  mit  q  r"  dividirt  wird : 

V 

(13)  ncd'if  =  ^1-  ^2^ . . . . >t  —  S  NiO(^'^ y*-^  ^(n-2.4-1)  ^n-: 

t=i 

wobei  die  Zahlen  Ni  offenbar  sämmtlich  ganze  Zahlen  : 

Die  relativen  Primzahlen  x  und  y  können  wegen  (6) 
den  Zahlen  r,,  r^, .  .  .  .  r^-i  keinen  Factor  gemein  haben.  J 
Glied  der  rechten  Seite  von  (13)  ist  durch  jede  dieser  Za 
theilbar,  da  mit  q  die  Zahl  rj""^  r^~^  ....  r^_j  bezeichnet  wi] 

Soll  daher  auch  die  linke  Seite  durch  r,,  rg,  .  . .  r„-i  thei 
sein,  so  muss  die  Zahl  n  diese  Factoren  enthalten.  Nun  s( 
aber  n  eine  Primzahl  bedeuten ;  also  bleiben  nur  folgende  ü 
lichkeiten : 

Entweder  es  ist 

(14)  ^1  =  w,  r^  —  r^  = =  rn-\  =  1 , 

und  dann  folgt  aus  (5)  und  (6) 

(15)  ^  =  w  •  r  •  r„ ,     X  —  y  =  r^' '  n^-^ . 

Oder  es  ist 

(16)  rj  =  rg  =  ^3  =  . . .  =  Tn-i  =  1 , 
und  dann  folgt 

(17)  ^  =  r'rn,     X  —  y  =  r*'. 

Eine  andere  Möglichkeit  bleibt  nicht  offen,  denn  von 
Zahlen  r^^r^^ .  . .  >n-i  kann  keine  gleich  n  sein;  es  wäre  n 
lieh  dann  die  rechte  Seite  von  (13)  mindestens  durch  n*  tl 
bar,  folglich  auch  die  linke  Seite;  d.  h.  es  müsste  x  od 
durch  n  theilbar  sein;  dann  aber  wären  nach  (6)  beide  Za 
durch  n  theilbar,  während  sie  doch  als  relative  Primza 
vorausgesetzt  sind.     Die  Zahl  r„  bleibt  zunächst  behebig. 

Da  die  Gleichung  (11),  wenn  N  durch  (12)  bestimmt  t 
eine  Identität  ist,   können  wir   in  ihr  y  durch  ^  ersetzen 


F,  Lindemann:  tJeher  den  Fermate  sehen  Satz.  191 

aalten  so  in  Rücksicht  auf  (6»)  und  (7»)  an  Stelle  von  (13) 
e  Beziehung: 

13»)  n  rc"  ^  =  jj  .  g2 . . . .  3«  _  S  N,x'-'  ^'^  (^(— 2H-1)  x~-2  .+1^ 

Mrf  welche  wir  die  gleichen  Ueberlegungen  anwenden  können. 
Ss  ist  also  entweder 

15*)  y  =  w  •  g  •  g„ ,     X  —  ^  =  2"  .  n**~* , 

Jer: 

Endlich  können  wir  in  der  Identität  (11)  auch  x  durch  y 
id  y  durch  — z  ersetzen;  dann  ergibt  sich  mit  Rücksicht  auf 
»^)  und  (7^): 

(-l)''wr^=i?,i?^...i?: 

13^) 

die   nochmalige  Wiederholung   der   gleichen  Schlussweise 
'^  zu  dem  Resultate,  dass  entweder: 

der 

7»>)  ^==:^.^^^       y-j-^=2?** 

^Ji  muss. 

Da  x^  y,  z  keinen  gemeinsamen  Factor  enthalten  sollen,  so 
?ibt  die  Combination  der  Gleichungen  (15),  (17),  (15»),  {Vl^ 
^^),  (17^),  dass  nur  drei  Fälle  noch  näher  zu  unter- 
chen sind.  Die  Annahme  (15)  nemlich  ist  mit  (15*)  oder 
^**)  nicht  vereinbar,  so  dass  aus  der  Annahme  (15)  noth- 
*ndig  die  Gleichungen  (17»)  und  (17^)  folgen.  Gehen  wir 
er  von  (17)  aus,  so  kann  sowohl  (15*)  als  (15^)  möglich  sein, 
trachten  wir  diejenigen  Möglichkeiten  als  gleichwerthig,  die 
J"ch  Vertauschung  von  y  mit  z  aus  einander  hervorgehen,  so 
siben  die  folgenden  drei  Fälle: 

13* 


192  Sitzung  der  matK-phys,  CtcLSse  vom  8.  Juni  1901, 

I)  X  —  y  =  r"  •  n**-' ,         -er  =  w  •  r  •  r„ , 

11)  X  —  y  =  ^,  £r=r-r„, 

y  -(-  ^  ==  p»» .  w**""^ ,         X  =  n  -  p  - p^; 
III)  a;  —  y  =  r**^  z=^  r  •  r^^ 

x  —  z  =  g[^,  y^-q^qn, 

y+^  =  P^^  x=p'p^. 

Hieraus  folgt  im  Falle  I): 

I?"  +  g"  +  w""^  r** 

im  Falle  II): 

^  |.n  _j_  gn  _J_  ^M-1  ^t» 

^■^  2 

und  im  Falle  III): 

_  j?"  +  g"  +  ^" 
2 

Dass   o;    sich    durch    drei   Zahlen  p,  q,  r    in    einer   die» 

Formen    darstellen    lassen   müsse,   hat  schon  Abel   ohne  Mi 

theilung   eines  Beweises    angegeben.^)  Er  erwähnt  ausserde 
noch  die  Möglichkeit 

X 2— -        , 

welche  bei  uns  ausgeschlossen  ist. 

Wir  machen  zuerst  die  Annahme  I).     Die  Gleichung  (13 
wird  hier 

V 

(18)  nx^z"  =  g(^  —  ^  N.  x^-^  r*-»  q*"  ("-^  ,+i) 

1=1 

Alle  Zahlen  Ni  mit  Ausnahme  von  ^^  =:  1    sind  durch 
theilbar;    auch  z  ist  durch  n  theilbar;    vom  dritten  Gliede 


*)  Lettre  ti  Holmboc  vom  3.  August  1823,  Oeuvres  t.  II,  p.  255- 


F.  Lindemann:  lieber  den  Fermat' setzen  Satz,  193 

o  alle  Terme  der  rechten  Seite  durch  w*  theilbar.    Die 
ite  ist  mindestens  durch  W+^  theilbar;  folglich  ist  auch 

^n  _  gM  (»-1)  =  0     mod.  n\ 

ch  dem  Fermat 'sehen  Satze  ist 

kann,  da  y  zu  ;e^  relativ  prim  ist,  nicht  durch  n  theil- 
i.     Es  ergibt  sich 

0'"  ^  1     mod.  n}, 

identisch  q**  ^  q    mod.  n  ist 

qn^^l     mod.  n. 
enso  folgt  aus  (13^): 

V 

**     1=1    * 

ö    Anwendung    derselben    Schlussweise    führt    zu    der 
;nz 

^„  zz  1     mod.  n . 

[glich  ist  auch 

X  =p  '  pn^p     mod.  w, 

y=q'qn^q        y,      n. 
•ner  ist 

^  —  ^  =PPn  —  (Z  (Zn  =i?  —  q     niod.  n 

5h: 

p^  :zi:q*^     mod.  n^. 

äiter  folgt  aus  den  Gleichungen  I): 

2  ^  =  p*'  —  q**  -\-  r^  -  n**'"^ 

ch  (25),  da  w  >  2 : 

2  -2^  ZT  0     mod.  n^ 


194  Sitzung  der  math.-phys,  Glosse  vom  8.  Juni  1901. 

Es  wäre  also  z  nicht  nur  durch  w,  sondern  durch  n*  theiJ- 
bar,  d.  h.  eine  der  beiden  Zahlen  r  oder  /*„  müsste  den  Y^icUn 
n  enthalten. 

Setzen  wir  die  der  Annahme  I)  entsprechenden,  in  (M) 
und  (15)  gegebenen  Werthe  der  Zahlen  r,  in  (13)  ein,  so 
ergibt  sich: 


und  nach  Division  mit  n: 


X' 


yv  =  ^ S  iV.  a:*'--'  y'-'  r"  (»•-2i+l)  ^n«-2rfw+2i-2 


•=i 


(28)  =  r"  —  r*»  ("-^)  w"  ("-2)  —  xyr^  <"-^)  w*»*-*  »»+3  — 

Wäre  also  r^  ^  0  mod.  w,  so  müsste  eine  der  Zahlen  ^ 
oder  ?/  durch  n  theilbar  sein,  was  nicht  angeht.  Es  kanB 
also  nur  r  den  Factor  n  enthalten,  so  dass  z  minde* 
stens  durch  n^  theilbar  ist. 

Wir  wollen  allgemein  annehmen,  dass  r  durci 
w^"~^,  also  z  durch  n^  theilbar  sei,  wobei  also  X  minde- 
stens gleich  2  wäre.  Durch  diese  Annahme  modificiren  sich 
auch  die  soeben  an  die  Relation  (18)  geknüpften  Schlüsse.  D^ 
jetzt  z  durch  n^  theilbar  ist,  ergibt  sich  nemlich  an  Stelle 
von  (19): 

(29)  S^  —  2"  ^""^^  =  0     mod.  w^+S 

also  auch 

qn^cf^"^  mod.  w^ 

Ebenso  folgt  aus  (22) 

Pn^^p**^^  mod.  w^. 

Ferner  mit  Hülfe  der  Gleichungen  I) 

x=p-pn^^p^     mod.  n^, 


F,  lAndemann:  lieber  den  Fermaf sehen  Satz,  195 

Nun  ist  nach  I) 

^  =  3^  +  -^  ^  3^     mod.  n^ 

m  auch 

[30)  p^  ^(f  mod.  w^ 

folglich : 

p    ^g  mod.  w^""', 

30«)  p'^  —  if^^     mod.  n^^\ 

^obei  A>2  ist.     Andererseits  aus  I)  und  (1): 
^,.«  _  gn«  =  (y  ^  ^)n  —  (a;  —  zf 

'enn  alle  anderen  Terme  der  rechten  Seite  enthalten  höhere 
otenzen  von  z^  multiplicirt  in  Binoraialcoefficienten  des  Ex- 
ponenten w. 

Aus  den  Identitäten  (18)  und  (23)  folgt  durch  Subtraction 
t-(/;;=i?**^*'"'^— g"^"-^^  — w^(t/i?"("*3)  — a^g"^**-^"^))  mod.  ^2^+^ 

Wir  multipliciren  beiderseits  mit  /)**  g**  und  benutzen  wieder 
6  Relationen  x=ppn,  y  =  QQni  sowie  die  Congruenz  (31); 
lön  ergibt  sich 

(/*•  o;**  —  p**i/^^  (?***  ((/**  —  p**)  -{-nzq**  {x**~^  +  Z/**~0 
—  nzp**q**  {i/p**  ^**'^^  —  xq**  ^""-^^)         mod.  n^^+^. 

Da  nun  r  durch  n^~^  theilbar  sein  sollte,  und  da  nach  I) 
■^  1/  durch  r**w"  "^  theilbar  ist,  kann  hier  (indem  nk—l'>2k-\-l 
^   überall  x  durch  y  ersetzt  werden;  es  ist  also  auch 

[qn^^^^n_  ff')^2nzy*'-^q''—nzy2)*'q''(j>*'^*'''^^-'  q^i»-^)) 

mod.  w^^+^ 

Der  erste  Factor  der  linken  Seite  ist  nach  (30)  durch  w^, 
^  zweite  Factor  (da  y  =  qqu)  nach  (29)  durch  n^-'^^  theilbar; 
r  letzte  Factor  des  zweiten  Gliedes  der  rechten  Seite  enthält 
•ch  (30)  den  Factor  n^,  das  ganze  Glied  also  (da  z  durch  n^ 
eilbar  ist)  auch  den  Factor  n-^+^;  es  folgt  also 


196  Sitzung  der  mcUhrphys,  Classe  vom  8,  Juni  1901, 

0  ^  2  w  ^  y*"^  g*     mod.  n^^+^ 

oder,  da  n  nicht  durch  2  theilbar  ist: 

(32)  ^y**-ig"  =  0     mod.  n«^. 

Nach  unseren  Annahmen  sollten  y  und  q  nicht  durch 
theilbar  sein;  es  muss  demnach  £r  den  Factor  n^^  enthalten. 

Nimmt  man  also  an,  dass  die  Zahl  z  durch  n^  theilb 
sei,  so  müsste  sie  auch  durch  n^^  theilbar  sein,  was  nur  n 
der  Voraussetzung  £f  =  0  verträglich  ist.  Der  Fall  1)  i 
damit  als  unzulässig  nachgewiesen. 

Der  Fall  11)  lässt  sich  in  genau  der  gleichen  Weise  e 
ledigen.     Aus  den  Identitäten  (13)  und  (17*)  erhalten  wir  ix 


(33)  "       'T 

w  ^^  ^^  =  g^  —  S  N.  x^-^  -sr»->  ^  (»«-2 «+1) , 


1=1 


und  schliessen  aus  ihnen,  wie  in  (21),  (23)  und  (24)  die  Co 


gruenzen 


g„^    r„    ^  1  mod.  n, 

y  =  g-g„^g  mod.  n, 

^  =  r  •  r„  ^  r  mod.  n, 

2/  +  '2^  =  (Z^»  +  ^n»  =  (Z  +  ^     mod.  w, 
=  |)n.^n-i      ^0  mod.  w, 

also  auch,  entsprechend  zu  (25): 

g**  +  r"     =E  0  mod.  n*, 

femer  aus  II) 

2a;  =  g^-|"^+i^  w**~^  =^  0     mod.  w*. 

Die  Identität  (13^)  gibt  nach  Division  mit  n 

(__  \y  yv  ^v  __  pti  _  ^n(M-l)  |jti(n-2) 

r34) 

^     ^        4-  S  (—  !)••  iV.  o;*-^  y*  ^ ;?« («-2 •+^)  n-"- 2«~+2.-2^ 

1^2 


F,  Lindemann:  lieber  den  FermaV sehen  Satz,  197 

Hieraus  folgt,  wie  oben  entsprechend  aus  (28),  dass  p 
rch  n  theilbar  sein  muss.  Sei  allgemein  p  durch  w^"^  also 
durch  n^  theilbar;  dann  folgt  aus  (33) 

r^  —  r**  (~-i)    ^  gw_g«(n-i)  ^0     jhqJ^  ^a+1^ 

Tn  i^  r'«-^  g„  ^  g"-^  mod.  n\ 

y  =  X   -(-/•*•  ^  r**  mod.  w^, 

-2^    =  X   —  q**  ^  —  q*^  mod.  w^-, 

r^  -\-  ^  ^0  mod.  w^, 

r«*+9''*'=0  mod.  w^+^ 

Endlich  aus  H)  und  (1): 

T^*^  qn*=:  (a;  —  yY  -\-  (x  —  zY 

^  —  n  X  {tf^'-^ -{•  z^~'^)    mod.  n^+^ 

Durch  Benutzung  dieser  Relation  und  durch  Addition  der 

leichungen  (33)  wird  man  schliesslich,    wie  bei  (32),    zu  der 

>ngruenz 

X  y*-^  g"  ^  0     mod.  n^^ 

führt.  Also  müsste  x  durch  w^^  theilbar  sein,  was  nicht  an- 
ht,  wenigstens  nur  zu  der  identischen  Lösung  x  =  0  führen 
irde. 

Wir  haben  endlich  den  Fall  III)  zu  untersuchen, 
gelten  wieder  die  Gleichungen  (33)  und  ausserdem  Gleichung 
2).  In  jeder  dieser  Gleichungen  sind  alle  Glieder  der  rechten 
ite  durch  n  theilbar  bis  auf  das  erste  und  zweite;  auch  die 
ike  Seite  ist  durch  n  theilbar.  Es  bestehen  demnach  die 
►ngruenzen, 

5)    i>|;^=^i>"^"~^\  gj|^g»»("-0^  rj»  ^E  r*  ("-^^     mod.  w, 

so  auch  nach  dem  Fermat 'sehen  Satze  (nach  welchem 
*  ^p  ist) 

|)M^i>**~\  (Zm— =(/**~\  ^,1^^^**"'^     mod.  n 

ind  hieraus 

|?H  ^  1 ,  2n  =  1 ,  >V»  =^  1     mod.  w. 


198  Sitzung  der  math.'phys.  Glosse  vom  8.  Juni  1901. 

Nehmen  wir  allgemein  an,  es  sei 

(36)  p^^qn^Tn^l     mod.  w^,  A  ^  1 , 
so  ist 

(37)  x=P'Ph^P  ,    y  ^q  ^    z  ^r      mod.  n^    , 

(38)  01^  ^p^^    y^^^inq^^    ^^r*     mod.  w^+^ 
also  folgt  aus  (3) 

(39)  p^  =  ^-\-r^     mod.  w^+» 

und  aus  den  Gleichungen  III): 

y  '\-  z^{x  —  £)-{-  {x  —  y)    mod.  w^+* 
folglich 

(40)  y  -{-  z^x      mod.  w^+^ 
oder,  da  y  4"  ^  =^"  ist: 

(41)  x=p'Pn^p^     mod.  w^+^ 
also 

(42)  p*^-^  ^Pn     mod.  w^+^ 
und  wegen  (36): 

(43)  p**~^  =^^  1      mod.  n^'. 

Ebenso  ist 

(44)  q*'-^  ^  1 ,    r»*-i  =  1     mod.  n\ 

Die  weitere  Betrachtung  knüpft  sich  wieder  an  die  bc 
Gleichungen  (33),  zu  denen  noch  die  aus  (13)  hervorgehe 
Relation  (22),  nemlich 

(45)  (—  iyny''z''=p*'  — 2?«(»»-i) _ ^ JV^(_  l)«-iy-i£r»~i^/'(«- 

**  1=2      * 

hinzutritt.     Durch  Addition   der  Gleichungen  (33)  ergibt 

(46)  n  x"  {y"  +  ^)  =  ql  -V  r^  —  (r"  (♦»->)  -\-  g"  («-^))  —  P, 
wo  zur  Abkürzung: 

V 

J^=^N,  X'-^  (y'-^  ^»»(«-2.4-1)  ^  ^.-1  gn(»-2.+l))^ 
1=2 


F,  Lindemann:  lieber  den  Fermat^schen  Satz.  199 

1  ist  nach  DI) 

y  =  x  —  r**,    z  =  x — 3*. 
;h  Anwendung  des  binomischen  Satzes  wird  daher: 

8=«— 1  r.  ^v 

ner  folgt  aus  (37)  und  (40) 

2>  ^  g  +  r    mod.  n^, 
ch  Potenziren 

alle  ''n  P  vorkommenden  Zahlen  Ni  durch  w  theilbar 
demnach 

]NiX'-^   S    (— ly-'-'a;' (^         )  »»»(»-•-»)     mod.  w* 
;  Ni  x*-^  (x  —  ^)»-^  ^«  (w-2«+i)  mod.  w*. 

2 

2h  (41)  ist  X — i?"  durch  w^+*  theilbar,  also  folgt: 

P=:0     mod.  w^ 
3  (36)  und  (44)  erhalten  wir 

.»•(w-l)_gn  =  0       |.n(n-l)_^n  =  Q       jj^^^J     ^A+1 

Gleichung  (46)  führt  demnach  zu  folgender  Congruenz: 

x"  {y"  +  z")  ^:  0     mod.  w. 

rch   Addition   von  (45)   zu   der   ersten   Gleichung  (33) 
ich  in  analoger  Weise 

r  (^— (—  ^y  2'')  =  rl—pl  -|-^»»(w-i) _,.»•('»--')_  Q^ 

V 

1=2 

jrin  setzen  wir  nach  UI) 


200  Sitzung  der  mathrphys,  Classe  vom  8,  Juni  1901, 

dann  wird 


«•-1 


-i-«     mod.  w' 


1=2  «=0  \      S      J 

Erheben    wir   die   beiden  Seiten   der  Congruenz  (47)  zi 
Potenz  n{n  —  i  —  s),  so  folgt: 

Der  Voraussetzung   nach   ist  n   eine  ungerade  Zahl,  a 
( —  1)»»  =  ( —  l)»»"  =  —  1,  und  somit  auch 

Es  wird  daher 

(;>  =  i:  iV;  2/»->  S   f '  "  ^)  y»  gn(n-.-s)  (_  jy-l 
1=2  «=0  \      5      / 

V 

=  S  iV;  y*-i  {xf  —  g»»y-i  g»»  (»-2  ••+!)  med.  n* 

•=2 

Da  nach  lU)  x  —  ^  =  Q^  ist,  so  folgt  aus  (40) 

y  —  g^^O     mod.  n^+^ 
Es  wäre  demnach  auch 

Q^O     mod.  w*. 
Da  ferner  analog  zu  (41)  die  Congruenzen 

y  =  Q^n^Q.*^^    z  =^rr^zziii^     mod.  w^+^ 
bestehen  und  nach  (35) 

ist,  so  würde  aus  (50)  folgen: 

(51)  «/"  (a;'' —  (— 1)"  ^0  =  0     mod.  w. 

In  derselben  Weise  würde  man  aus  der  zweiten  Gleichi 
(33)  in  Verbindung  mit  (45)  die  Congruenz 

(52)  ^{x"" —  {—\y\f)^^     mod.  n 

ableiten  können.     Die  Zahlen  x^  y,  z  sollten  der  Voraussetzt 


jp.  lAndemann:  Üeher  den  Fermat* sehen  Satz.  201 

it  durch  n  theilbar  sein;  es  müssten  also  wegen  (49), 
(52)  auch  die  Congruenzen 

j^+  ^^0     mod.  n, 

a;"  —  (—  1)"  ^  =  0      mod.  n, 
:z;''  —  (—  1)"  y'^O     mod.  n 

ig  Geltung  haben.     Multiplicirt  man  die   erste  dieser 

zen  mit  ( —  1)*"  und  addirt  sodann  die  linken  Seiten, 

sich 

2a;*'^0     mod.  n, 

aüsste  also  x  durch  n  theilbar  sein,  was  der  Voraus- 
widerspricht. 

mit  ist  die  Unmöglichkeit  dargethan,  eine  Gleichung 
m  (3),  d.  h.  eine  Gleichung 

X**  =  y**  -\^  2f** 

anze  Zahlen  x^y^z  zu  befriedigen,  wenn  n  eine 
e  Primzahl  bedeutet,  und  wenn  keine  der 
r,  y,  z  durch  n  theilbar  sein  soll.  Der  Fall  aber, 
iieser  Zahlen  durch  n  theilbar  ist,  wurde  schon  oben 
)  erledigt. 

nun  die  Unmöglichkeit  des  Falles  w  =  4   von  L  a  m  ^ 

ßsen    wurde,   kann  n   auch  keine  Potenz   von  2  sein; 

also   in  der  That   nur  die   eine  Möglichkeit  w  =  2. 

im   Vorstehenden    herangezogenen    Hülfsmittel    sind 

elementarer  Natur;   ausser  dem  Fermat 'sehen  Satze 

ntheorie  sind  nur  einfache  algebraische  Umformungen 

orden.    Es  ist  daher  sehr  wohl  möglich,  dass  Fermat 

n  Besitze   eines  Beweises   für   seine  Behauptung  ge- 


gewonnene Resultat  kann  man  auch  dahin  aussprechen, 
Curve 

qqH  yH  —  ^w  __  Q 

m    drei    Punkten    0,  1,  —  1;    1,  0,  1;    1,  1,  0    keinen 
Punkt  mit  rationalen  Coordinaten  besitzt. 


202  Sitzung  der  math.-phys,  Classe  vom  8.  Juni  1901. 

Bedeutet  daher  X  eine  rationale  Zahl,   und   schneide! 
die  Curve  mit  der  geraden  Linie 

(x  —  y)  —  k^  =  0, 

welche  durch  den  Punkt  1,  1,  0  hindurchgeht,  so  kam 
resultirende  Gleichung  nicht  durch  rationale  Werthe  e 
werden.     Es  ergibt  sich  aber 

Xn  (^  _  ^)  __  (^  __  yY  =  0, 
oder  nach  Division  mit  x  —  y,  wenn  noch 

y 

gesetzt  wird, 

Xn  (^n-l  ^   tn-2  _|.  _  ,  ^   ^  ^    1)  _  (^  _  J)«-!   ^  Q 

Ist  die  ganze  Zahl  n  grösser  als  2,  so  kann  demnach 
Gleichung   nicht  durch   rationale  Werthe    von  t   und  k  ei 
werden,    ausgenommen    die  Werthe  ^  =  1,  A  =  0  und  t  - 
A  =  +  1,    wobei   das    obere   Zeichen   für   eine    ungerade, 
untere  für  eine  gerade  Zahl  gilt. 


203 


le  in  den  hinterlassenen  Papieren  Franz  Neumann's 
vorgefundene  Rede  von  C.  G.  J.  Jacobi. 

Vorgelegt  in  der  Sitzung  vom  8.  Juni 
von  Walther  t.  Djck. 

{Eingtlaufen  21.  Juli.) 

Die  im  Folgenden  veröffentlichte  Rede  hat  Jacobi  zum 
liritt  in  die  philosophische  Facultät  der  Universität  am 
Juli  1832  gehalten  (die  Ernennung  Jacobi's  zum  Ordinarius 
0-  1829  erfolgt). 

Herr  Carl  Neumann  in  Leipzig  hatte  diese  Rede  als 
liident  unter  den  Büchern  seines  Vaters  gefunden,  für  sich 
)geschrieben  und  eine  besonders  charakteristische  Stelle  der- 
äben  im  Vorwort  zu  seinen  „Beiträgen  zu  einzelnen  Theilen 
er  mathematischen  Physik"  Leipzig  1893  veröffentlicht.  Als 
A  mich  im  Herbste  des  vorigen  Jahres  mit  Studien  über  „die 
^«Ziehungen  zwischen  dem  künstlerischen  und  dem  wissen- 
chaftlichen  Erfassen  der  Natur"  beschäftigte  und  mir  eben 
-üe  citirte  Stelle  die  Art  wissenschaftlicher  und  künstlerischer 
Qtuition  besonders  prägnant  zu  bezeichnen  schien,  ersuchte  ich 
»erm  Carl  Neumann  um  Mitteilungen  über  den  Ursprung  jenes 
'itates.  Dies  gab  Veranlassung,  dass  ein  Enkel  F.  Neumann's, 
Icn*  E.  Neumann  in  Halle,  in  dem  Nachlasse  seines  Gross- 
aters  nach  jener  Rede  forschte,  mit  dem  Erfolge,  dass  er  das 
original  der  Rede  von  der  Hand  Jacobi's  eingetragen  fand  in 
'inem  durchschossenen  Handexemplar  einer  für  den  eingangs 
;eiiannten  Zweck  gedruckten  Abhandlung,  deren  ausführlicher 
Rtel  lautet: 


1 


204  Sitzung  der  math.'phys,  Classe  vom  8.  Juni  1901. 


„Commentatio  /  de  transformatione  integralis  duplicis  in 
definiti 


/ 


d  q)  dtp 


-4  +  jB  cos  q)  -\-  (7  sin  9?  +  {A  +  B'  cos  9?  +  C  sin  9?)  cos  \p 


+  (-4"  -+-  -B"  cos  (p  '\-  C  sin  99)  sin  ^ 

in  formam  simpliciorem 

dri  d'» 

G  —  6r'  cos  rj  cos  1?  —  6r"  sin  rj  sin  1? 


j 


quam  /  auctoritate  A.  Ordinis  philosophorum  /  pro  loco  in  e 
rite  obtinendo  /  D.  VH.  Julii  MDCCCXXXII  /   H.  h.  a.  c. 
publice  defendet  /  Carolus  Gustävus  Jacobus  Jacobi  Ph.  Dr. 
Math.  P.  P.  0.,  Academiarum  Parisiensis,  Berolinensis,  Petrö 
politanae  sodalis.  /  assumpto  ad  respondendum  socio  /  Herr 
manno    Henrico    Haedenkamp   Halensi  /  opponentibus  /  Julir 
Eduardo  Czwalina,  Tolksensi  /  Augusto  Rudolpho  Luchterh 
Mariaeinsulano.  /  Regiomonti." 

Es  ist  diese  Abhandlung  der  erste  Teil  (Nr.  1 — 9)  der 
8.  Band   von  Crelle's  Journal   S.  253—279   und   S.  321—! 
abgedruckten  Abhandlung  „De  transformatione  integralis  dupKe 
indefiniti  etc."     (Vergleiche  Werke,  Band  III  S.  91—158, 
wie    das   Verzeichnis    sämtlicher    Abhandlungen    Jacobi's 
Bd.  VII  der  VP'erke,  S.  427.) 

Ihr  sind  noch  folgende  Thesen  vorgedruckt: 

Theses. 

1.  Mathesis  est  scientia  eorum,  quae  per  se  clara  sunt. 

2.  Principium  methodi  geometricae  et  analyticae  idem  est* 

3.  Per  Theoriam  Functionum   illustrissimi  Lagrange  ana- 
lysis  infinite  parvi  non  refutatur,  sed  demonstratur. 

Dass  die  vorliegende  Rede  wirklich  für  die  genannte  Ge- 
legenheit verfasst  wurde,  geht  aus  der  Anrede,  wie  aus  der  aio 
Schluss  zugefügten  Aufforderung  zur  Disputation  (die  wir  eb^^' 


W,  t>.  IhfcMii  Rede  von  C,  G,  J.  Jacobi,  205 

lesbalb  noch  in  ihren  ersten  Sätzen  mit  abdrucken)  unzweifel- 
lafk  hervor. 

Ich  darf  Herrn  Geheirarath  Carl  Neumann,  welcher 
Dir  mit  dem  Original  der  Rede  ihre  VeröflFentlichung  voll- 
jBndig  übergab,  auch  an  dieser  Stelle  für  die  hierdurch  er- 
riesene  Auszeichnung  aufs  herzlichste  danken.  Ich  glaube, 
lass  auch  heute  noch  die  Rede  Jacobi's  das  besondere  Interesse 
ler  Fachgenossen  durch  die  in  ihr  vertretene  Auffassung  mathe- 
oatischer  Arbeit  erwecken  wird. 


^rorector  magnifice,  decane  spectabilis,  professores  doctoresque 
larissimi  atque  doctissimi,  commilitones  ornatissimi,   auditores 

omnium  ordinum  honoratissimi. 

Ex  quo  primum  ad  artem  analyticam  accuratius  cognoscen- 
lam  animum  appuli  atque  exeniplaria  mathematicorum  assidua 
■ftnu  evolvi,  magnum  illud  admiratus  sum  et  stupendum  opus 
pentis  humanae,   quod   mathesis  nomine   usurpamus.     Nam   si 
ll  jam  celebramus  atque  posteritati  commendamus,  quoties  Rex 
mt  Imperator  aedificii  alicujus  prae  ceteris  decori  fundamento 
Tel  unum  infixerit   lapidem   —   habemus    jam   aedem   amplam 
(aene  ad  astra  usque  exstructam,    cujus  singulos  lapides  alios 
post  alios    per  tantam  saeculorum  seriem  struxerunt  regia  illa 
I  et  iraperatoria   ingenia,    quibus   gloriatur   genus  humanum    et 
saeculum,  quod  illustraverunt.    Eo  magis  miratus  sum  errorem 
singularem,  in  quem  video  incidere  viros  non  sane  contemnendos 
aut  rerum  mathematicarum  expertes,    qui  quasi    caeci  judicent 
de  coloribus,  sed  viros  eximios,  ipsos  adeo  mathematicos  prae- 
stantissimos,  errorem  dico,  huic  tantae  disciplinae  suum  deesse 
8ibi  insitum  principium  progressionis ;  fieri  scilicet  rerum  mathe- 
maticarum progressum,  quoties  hoc  vel  illud  problema  de  mundo 
öaturali  petitum  seu  quaestio  physica  mathematicorum  Labores 
proYocat.     Tristis  sane   et  deplorabilis   sors  disciplinae,   sancto 
iBo  nomine  indignae,    quae   e  libera  facta   esses  serva,    e  filia 

IMl,  aitsmigsb.  d.  nutlL-phys.  GL  U 


206  Sitzung  der  mathrphys,  Classe  vom  8.  Juni  1901. 

numinis  divini,  mentis  humauae  gloriam  manifestante, 
mentis  expers,  ipsa  nescia  quid  tibi  velis,  non  proprio 
superbo  volatu  altum  petens,  sed  dominae  jussu  alienae 
illuc  dirigens  gressus  incertos  ac  titubantes.  Permittatis  vel 
Auditores  omnium  ordinum  honoratissimi  pro  humanitate  vesi 
quam  imploro  in  re  delicata  et  yariis  difficultatibus  obnoxia, 
paucis  erroris  istius  fontem  detegam. 

Et  mundus  naturalis  et  homo  sibi  conscius  a  Deo  0. 
creati  sunt;  eaedem  leges  aeternae  mentis  humanae,  eaed( 
naturae;  quae  est  conditio,  sine  qua  non  intelligibilis  es 
mundus,  sine  qua  nuUa  daretur  rerum  naturae  cognitio.  Missu 
hie  faciamus  ideas  logicas  quatenus  expressas  habet  natui 
quam  hoc  respectu  habito  considerant  philosophi  recentior 
(ut  verbo  usitato  utar  et  nimis  usitato)  tanquam  logicam  petr 
factam.  Consideremus  naturam  quatenus  leges  exprimat  math 
maticas.  Non  soHs  sensibus  externis  per  tantam  phaenomen 
rum  varietatem  et  quasi  tumultum  dignosci  potuit  lex  mod 
ratrix,  cui  prorsus  illa  aut  proxime  obtemperant,  nisi  if 
accesseris  ad  contemplationem  naturae  ea  fide  et  persuasioi 
ut  mentis  conceptiones  tuae  in  ea  expressas  invenias.  Le{ 
naturae  insitae  mathematicae  percipi  non  potuerunt,  nisi  ji 
proprio  motu  mentis  humanae  e  legibus  ei  insitis  exstru< 
esset  mathesis.  Corpora  coelestia  in  sectionibus  proxime  coni 
solem  ambire  non  intellectum  esset,  nisi  aeternum  sectioni 
conicarum  Schema  observabatur  Graecorum  ingenio.  Qu 
Keplerus  detexit  stellae  Martis  moderari  maeandros,  idem  ja 
ApoUonii  subtilitas  mente  conceperat,  et  praemeditata  en 
Quantum  in  explicanda  arte  proficit  mens  humana,  tantu 
natura  etiam  suam  ei  explicat  sibi  insitam  mathesin. 

Crescunt  disciplinae  lente  tardeque,  per  varios  errores  se 
pervenitur  ad  veritatem,  omnia  praeparata  esse  debent  diuturi 
et  assiduo  labore  ad  introitum  veritatis  novae;  jam  illa,  cer 
temporis  momento,  divina  quadam  necessitate  coacta  emergi 
praeparatis  omnibus  causa  levissima  accidens,  quamvis  remo 
quaestio  physica  eam  elicere  valet.  Num  hanc  ob  rem  qua 
stioni  physicae  debemus  incrementa,  quae  veritate  nova  in  lue« 


W.  V.  Dyck:  Bede  von  C,  G.  J,  Jacobi.  207 

»rolaia  disciplina  capit?  Cur  hodie  applicas  calculum?  Num 
IOC  die  primum  proponitur  a  natura  problema?  —  Sedet  Sphinx 
LÜa  inde  a  creatione  mundi,  sedebit  in  sempiternum,  proponit 
mcniigmata  generi  mortalium;  at  suo  tan  tum  tempore  venit 
Oe£pus  ab  Apolline  missus. 

Errorem,   in   quem  diximus   magnos   etiam  incidisse  geo- 

in  eo  videmus  consistere,  quod  non  probe  distinctura 

[lik  inter  causas  yeras  et  causas  accidentes;  sive  ut  viri  medici 

t,   inter    causas    proximas    et    causas   remotas.     Novimus, 

Jbderum  olim  e  passu  Virgiliano  describente  fluctuantes  proras, 

pappes  littore  stantes,  occasionem  cepisse  Hydra  ulicae  condendi 

uudyticae  fiindamenta.     Exstat  de  Neutono  lepida  fabula,  po- 

ttum  super  nares  dormitantis  incidens  dedisse  viro  occasionem 

dfitegendi  gravitatem  universalem.     Num  pomo  humi   cadenti 

inest  principium  illud  progressus,  num  carminibus  Virgilianis? 

Inest  ingeniis   Neutonorum    Eulerorum;    inest    ingeniis,    quae 

magnos  illos  viros  antecedebant,  inest  toti  historiae  artis. 

Est  causa  vera  progressus  mathesis  necessaria  ejus  ex- 
jBcatio,  quae  fit  secundum  leges  menti  humanae  insitas  aeter- 
MB.  Causa  accidens  esse  potest  quaestio  physica,  pomum  cadens, 
liBsus  Virgilianus.  Qui  de  causis  illis  fortuitis  natam  putant 
Wathesin  similes  mihi  videntur  iis,  qui  Epicureorum  sententia 
6X  atomis  per  vacuum  volitantibus  construunt  mundum.  Contra 
?nos  disserens  Keplerus  narrat  se  fessuni  a  scribendo  animoque 
intus  pulverulento  ab  atomorum  istorum  considerationibus  voca- 
tnm  esse  ad  coenam,  apposuisse  uxorem  acetarium.  Quam  se 
interrogasse ,  num  si  toto  aere  confertae  volitarent  patinae 
stanneae,  folia  lactucae,  micae  salis,  guttae  aquae,  aceti,  olei, 
ovorum  decusses,  idque  ab  aeterno  duret,  num  futurum  sit 
"^Ddem  aliquando,  ut  fortuito  tale  coeat  acetarium;  respondisse 
'^Uam  suam:  sed  non  hoc  decore,  neque  hoc  ordine.  Neque, 
^^Di  Kepleriana  uxore  dico,  de  phaenomenorum  tumultu  ac 
confusione  nasci  potuit  divina  illa  mathesis  structura,  omnibus 
ö^iueris  absolutissima,  non  hoc  decore  neque  hoc  ordine. 

Qeometras  Francogallos  plerosque,    qui    prodiere   e  schola 
^üstris  comitis  de  la  Place,    his  temporibus  in  errorem  illum 


208  Sitzung  der  mathrphys,  Glosse  vom  8,  Juni  1901. 

iiicidissc,   dolemus.     Qui  dum  unicam  e  quaestionibus  phyads 
niathesis  salutem  potunt,  relinquunt  verain  illam  ac  naturalem 
disciplinae  viani,  quam  ingressi  olim  Eulerus  et  de  la  Orange, 
artcm  analyticam  ad  id  evexerunt,  quo  nunc  gBudet,  fasiägiun. 
Quo   non   tantum    mathesis   pura,    sed  ipsae    quoque    ejus  ai 
tjuaüstiones  physicas  applicationes  haud  parum  detrimenti  cap- 
unt.     Semper   enim   arbitratus   sum,    ista   maxime    neglig^itii 
factum  esse,   ut  magnum   illud  et  inclytum  problema  de  moii 
corporum  coelestium  per  attractiones  mutuas  ex  orbita  ellipiii 
exturbatorum,  careat  adhuc  solutione,  quae  motibus  systemaii 
nostri  solaris  explicandis  satisfaciat.    Simulque  persuasum  habeo. 
omni   studio   ac   labore   excultis   et  theoria  functionum  ellipti- 
carum   et  theoria   integralium  duplicium,    quas    ut    problemaü 
praecipua    nostro    tempore    in    rebus    mathematicis    proposita 
specto,   fore,    ut  problematis  illius  paene  desperati    solutio  Tel 
sua  sponte  emergat.     Theoriam  functionum   ellipticarum   ante   ' 
hos  (juatuor  aunos  novis  superstruxi  fundamentis,  itaque  novom 
quasi  calouli  instrumentum  cum  Geometris  communicavi.     For- 
tasso   otiam  Iuuh*  quam   publice  jam   examini  subjicio,    de  in- 
tt\i;ralibus   du)>lioibus   commentatiuncula    non    omnino    indigna 
\idi4>itur  hao  soKMiinitate.  qua  coetui  adscribar  venerando  erudi- 
torunu  qui  artiuiu  plus  ultra  promovendarum  saneto  et  augusto 
officio  vitam  et  viijilias  cousocraverunt. 


Jam  ad  arma  viv>  provoco,  juveues  omatissimi,  Cziralina  et 
l.uohtorhand:  suririte  et  tehi  contra  nos  nostraque  dirigite, 
qiiao  evitaiv  studoL>o  et,  si  fors  fort,  remitiere.  Quo  in  certa- 
niir.o  to  orv>  roiroque.  Ktsponde ns  dilecti>4>ime,  ut  tidelis  mihi  sis 
armiiTcr,  nani  t'ortos  uc  i^trouui  sunt  adversarii.  Quos  et  tu 
iam  ad  oortaiiuii  jTov.xa,  ut  iio^trum  puguandi  ardorem 
iOiTnos^-ant 


Sitzungsberichte 

der 

königl.  bayer.  Akademie  der  Wissenschaften. 


Mathematisch-physikalische  Classe. 

Sitzung  vom  6.  Juli  1901. 

1.  Herr  Siegmünd  Günther  erstattet  einen  Bericht  über  den 
II.  und  III.  Theil  seiner  Untersuchung:  ^Akustisch-geo- 
graphische Probleme.** 

2.  Herr  H.  Seeliger  spricht:  ^Ueber  kosmische  Staub- 
niassen  und  das  Zodiakallicht.** 

3.  Herr  H.  Seeliger  legt  eine  Arbeit  des  Privatdozenten 
an  der  hiesigen  Universität,  Herrn  Dr.  Karl  Schwarzschild: 
^Der  Druck  des  Lichtes  auf  kleine  Kugeln  und  die 
Arrhenius'sche  Theorie  der  Kometenschweife"  vor. 

4.  Herr  H.  Seeliger  legt  ferner  eine  Abhandlung  des  Privat- 
dozenten für  Physik  an  der  hiesigen  technischen  Hochschule, 
Herrn  Dr.  R.  Emden:   „Beiträge  zur  Sonnentheorie"  vor. 

5.  Herr  Ferd.  Lindemann  überreicht  eine  Untersuchung  der 
Herren  C.  Cranz  und  K.  R.  Koch  in  Stuttgart:  „Ueber  die 
Vibration  des  Gewehrlaufs,  H.  Schwingungen  in  hori- 
zontaler Ebene."  Die  Untersuchung  erscheint  wie  die 
frühere  derselben  Autoren  in  den  Abhandlungen  der  Akademie. 


1901.  Sitzoogsb.  d.  matlL-phys.  GL  15 


211 


Akustisch-Geographische  Probleme. 

Von  Siegrmnnd  Günther. 

{EingtHauftn  6.  Juli.) 

Von  den  drei  Gruppen,  in  welche  in  unserer  früheren 
eilung^)  die  spontanen  Schallphaenomene  zerlegt  wur- 
hat  die  eine  bereits  ihre  Erledigung  gefunden.*)  Die 
ite  Gruppe  hatte  alle  diejenigen  Schallerscheinungen  zu 
assen,   bei  denen  es  zur  Herausbildung  wirklicher  Töne 

^)  Diese  Sitzungsberichte,  31.  Band  (1901),  S.  15  ff. 
^)  Von  Prof.  Dr.  Pechuel-Loesche  in  Erlangen  erfuhr  der  Verf., 
auf  grund  jener  früheren  Veröffentlichung,  dass  auf  dem  Sand-  und 
ritboden  Afrikas  Töne  von  wechselnder  Art  und  Stärke  gar  nicht 
n  gehört  werden,  was  natürlich  dem  Aberglauben  der  Negerstämrae 
ach  Vorschub  leistet.  Dem  erwähnten  Geographen  ist  persönlich 
ikalischer  Sand  bekannt  von  Darsser  Ort  an  der  Ostseeküste,  von  der 
rado- Wüste,  vom  Kap  Hatteras,  von  der  westindischen  Insel  Inagua, 
Kap  der  guten  Hoffnung;  in  der  südwestafrikanischen  Wüste  Namib 
er  die  gleichen,  tönenden  Dünenhügel  gefunden,  wie  Lenz  in  der 
ira  (s.  0.  S.  25).  „Schreienden  Sand**  kennen  die  Neger  an  der 
igo-Küste ;  natürlich  behält  er  diese  Eigenschaft  nur  solange,  als  ihn 
t  die  Tropen  regen  gründlich  durchfeuchtet  haben.  Herrn  Prof. 
huel-Loesche  schuldet  der  Verf.  aufrichtigen  Dank  für  die  um- 
reichen Mitteilungen,  durch  welche  ersterer  die  vorliegende  Unter- 
ung  wesentlich  gefördert  hat.  Nicht  unerwähnt  soll  auch  bleiben, 
Schnee,  wenn  er  infolge  extremer  Kälte  körnig  geworden  ist,  sich 
tisch  ähnlich  wie  Sand  verhält.  Payer  berichtet  (R.  Andree, 
Kampf  um  den  Nordpol,  Bielefeld-Leipzig  1880,  S.  263)  von  Franz 
>hs-Land:  „Dort,  wo  der  Schnee  in  massigen  Wehen  liegt,  sind  diese 
'^artig  und  scharf  berandet,  und  der  Schritt  wiederhallt  auf  ihnen 
•^  rommelton  ■*  —  offenbar  eine  ganz  analoge  Erscheinung. 

15* 


212  Sitzung  der  mathrphys.  Classe  vom  6.  Juli  1901, 

kommt,  die  einen  deutlich  ausgesprochenen  musikalischen  Cha 
rakter  an  sich  tragen,  was  beim  tönendem  Sande  nicht,  ode 
doch  nur  ausnahmsweise,  der  Fall  war.  Eine  klar  erkennbar 
Bezeichnung  für  solche  Tonbildungen  fehlt;  wenn  wir  yo! 
musikalischen  Naturklängen  sprechen,  so  hoffen  wir  fä 
diese  Namenwahl  durch  den  Inhalt  des  folgenden  Abschnitte 
die  Berechtigung  darthun  zu  können. 

II.  Musikalische  Naturklänge. 

Das  Material  dieser  Abteilung,  welches  freilich  nur  partie 
und  bedingt  die  Unterlagen  für  eine  kritische  Bearbeitung  dai 
bietet,  ist  ziemlich  reichhaltig.  Um  die  Sammlung  desselk< 
machten  sich  verdient  einige  Abhandlungen  von  Schi  ei  den, 
Springer*)  und  Carus  Sterne,^)  und  zumal  die  letztgenann 
will  ernsthaft  beachtet  sein,  weil  sie  sich  eine  Scheidung  i 
zumeist  bunt  durch  einander  gewürfelten  Angaben  nach  fest 
Grundsätzen  zum  Ziele  gesetzt  hat.  Gewisse  gar  nicht  näl 
kontrollierbare  Vorkommnisse,  über  die  nur  zufallige,  soi 
nicht  bestätigte  Nachrichten  vorliegen,  scheiden  wir  von  voi 
herein    aus.*)     Wenn   dies   geschieht,    so    verbleiben    für  ei 


^)  M.  J.  Schieiden,  Studien  und  populäre  Vorträge,  Leipzig  18 
S.  116  ff.  („Die  Töne  in  der  Natur"). 

2)  Springer,    Die    sonoren   Naturerscheinungen    im   Weltall,  1 
Natur,  (2)  6.  Jahrgang,  S.  223  ff. 

3)  Carus  Sterne  (Ernst  Krause),  Musik  der  Berge  und  Thal 
Wälder  und  Wüsten,  Gartenlaube,  1882,  S.  702  ff. 

*)  Dahin  gehören  z.  B.  die  Seufzerklänge,  welche  man  auf  ein» 
Berge  bei  Granada  hie  und  da  hören  will  und  ,el  ultimo  sospiro  ( 
Moro*  —  des  letzten  Maurenkönigs  Boabdil  —  genannt  hat  (W.  Irvin 
Chronicle  of  the  Conquest  of  Granada,  2.  Band,  London  1850,  S.  8 
hierher  eine  Nachricht  des  alten  Missionars  G.  B.  Schwarz  (Reise 
Ostindien,  Heilbronn  1751,  S.  26)  von  dem  eine  eigentümlich  tosen 
Musik  machenden  „ Teufelsberge "  nächst  der  Kapstadt;  hierher  endli 
gewisse,  halb  ins  Bereich  der  Gespenstergeschichten  einschlagende  I 
Zählungen  aus  Frankreich,  welche  Monnier  und  Vingtrinier  (Tra( 
tions  populaires  comparees,  Paris  1854,  S.  50  ff.)  mit  grossem  Eifer  g 
sammelt  haben.    Klagende  Stimmen  vernehme  man  hie  und  da  imJnr 


S,  Günther:  Akustisch-Geographische  Probleme,  213 

fntersuchung,  die  exakt  vorzugehen  bestrebt  ist,  wiederum 
Irei  verschiedene  Erscheinungskomplexe  übrig.  Wir 
meinen  erstmalig  die  musikalischen  Töne  in  abgeschlos- 
lenen  Thälern,  nächstdem  diejenigen  in  Wäldern,  an 
4ritter  Stelle  die  Töne,  welche  zerklüfteten  Felsen  zu  ent- 
«hfeien  scheinen.  Dass  eine  scharfe  Grenzlinie  zwischen  den 
fai  Kategorien  nicht  gezogen  werden  kann,  dass  zumal  die 
'iffiter  die  beiden  ersten  Klassen  fallenden  Erscheinungen  sich 
ursächlich  nahe  berühren,  leuchtet  ein.  Wir  folgen,  da  die 
wissenschaftliche  Terminologie  sich  des  Gegenstandes  noch  kaum 
«u  bemächtigen  begonnen  hat,  der  populären  Ausdrucksweise 
^d  sprechen  von  singenden  Thälern,  singenden  Wäldern  und 
»ngenden  Felsen. 

a)  Singende  Thäler.  Die  Ermittlungen  Carus  Sternes 
kaben  ergeben,  dass  die  erste  Andeutung,  die  hier  einzubeziehen 
Kt,  auf  den  Schweizer  Scheuchzer,  den  Begründer  der  physi- 
kalischen Geographie  der  Alpen,   zurückgeht.     In  das  Glarner 


8*^irge  bei  Pontarlier,  und  zwar  erinnerten  dieselben  abwechselnd  an 
■^schliche  Töne  und  an  „des  coups  d'archet  sur  des  cordes  sonores*. 
™ere  ^erieurs**  seien  in  den  östlichen  Departements  nichts  ungewöhn- 
uches,  wie  z.  B.  „l'esprit  de  Cri-mont'*  am  Doubs.  Etwas  zuverlässiger  ist 
»ohl  (Stimmen  in  der  Luft,  Das  Ausland,  1830,  Sp.  1087)  der  Bericht 
'Uies  Reiaenden,  der  im  Herbste  1828  den  Pass  „Porte  de  Venasque**  in  den 
^Kenäen  überstieg.  Er  erzählt,  die  Luftströmung:  habe  ihm  vom  Berge 
■aladetta  her  „einen  dumpfen,  langsamen,  klagenden,  der  Windharfe 
Wichen  Ton*  zugetragen,  und  zwar  sei  die  Luft  ziemlich  ruhig,  der 
Iimmel  wolkenlos  gewesen;  später,  als  er  den  gleichen  Weg  nochmals 
'emacht,  sei  die  Sonne  hinter  Wolken  gestanden,  und  Töne  hätten  sich 
Jcht  mehr  hören  lassen.  Nach  Springer  (S.  255  flf.)  habe  man  unbe- 
timmte  Kunde  von  ähnlichen  akustischen  Phaenomenen  aus  Griechen- 
^^".  China,  der  Tartarei.  Wenn  auch  Schweden  in  diesem  Zusammen- 
böge genannt  wird,  so  wird  es  sich  zeigen,  dass  es  mit  den  dortigen 
'^turklängen  eine  ganz  andere  Bewandnis  hat.  Der  gleichen  —  leider 
•^'genaue  Zitate  zumeist  verzichtenden  und  etwas  allzu  kompilatorischen 
~  Zusammenstellung  sei  entnommen,  dass,  einer  Notiz  im  „Magazin 
^^toregque*  zufolge,  ein  Engländer  1852  in  der  Wüste  deutlich  ein  zehn 
"öuten  andauerndes  Geläute,  wie  von  Kirchenglocken,  bemerkt  habe, 
^er  dürfte  fraglos  an  den  tönenden  Sand  der  Dünenhügel  zu  denken  sein. 


214  Sitzung  der  math^-phys.  Classe  vom  6,  Jtüi  1901. 

Hochgebirge  eingebettet  liegt  ein  kleines  Hochthal,  die  Sandalp, 
und  von  ihr  berichten^)  die  Hirten,  dass  sie  zu  Zeiten  dort 
oben  „den  angenehmsten  Wettkampf  musikalischer  Töne"  u 
hören  bekämen.  Auch  jetzt  noch,  zweihundert  Jahre  nach 
Scheuchzer,  hat  sich  diese  Ueberlieferung  bei  den  Alpen- 
bewohnem  erhalten.  Carus  Sterne  stellt  diesem  Falle  einen 
zweiten  zur  Seite,  der  sich  auf  das  Siegerland  (Provinz  West- 
falen) bezieht,  über  den  jedoch  irgend  zuverlässige  Nachrichtei 
nicht  vorzuliegen  scheinen.  Etwas  festeren  Boden  bekommoi 
wir  unter  die  Füsse,  wenn  wir  des  singenden  Thaies  an  dtf 
steierischen  Koralpe  gedenken,  insofern  wir  von  den  dortigeft 
Verhältnissen  eine  vertrauenswürdige,  Sinn  für  Naturbeobach- 
tung bekundende  Beschreibung*)  zur  Verfügung  haben. 

Der  betreffende  Gebirgszug  trennt  auf  eine  grössere  Stred» 
auf  seinem  Kamme  Steiermark  und  Kärnten.  Oanz  nahe  da 
Grenze  befindet  sich  eine  kleine  Mulde,  auf  drei  Seiten  töI 
Felsen  umgeben,  und  wenn  man  diesen  fast  abgeschlossenfli 
Raum  betritt,  dringen  eigenartige,  leise  Töne,  die  jedoch  einen 
ganz  harmonischen  Eindruck  hervorrufen,  zu  den  Ohren  dei 
Besuchers.  Sowie  sich  stärkerer  Wind  erhebt,  erlischt  & 
Hörbarkeit  der  Töne.  Nach  der  Ansicht  Mallys  ist  der  Ur- 
sprung jener  in  einer  Quelle  zu  suchen,  welche  in  der  Näb 
des  Gipfels  des  Speikkogels,  des  höchsten  Punktes  im  Koralpen- 
zuge,  entspringt  und  von  dort  mit  vernehmlichem  Rauschei 
über  das  SteingeröUe  hinrieselt;  die  Felswände  wirken  al 
Reflektoren  und  vereinigen  die  diffusen  Geräusche  innerhall 
eines  kleinen  Fokusraumes,  wo  man  also  musikalische  Klang 
vernimmt. 

Diese  Erklärung  trifft  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  ds 
Richtige.  Indess  bedarf  es  doch  einer  etwas  eindringendere 
Analyse  des  Sachverhaltes,    denn  bewegtes  Wasser  kann,  vo 


^)  J.  J.  Scheuchzer,  Itinera  per  Helvetiae  alpinas  regionea,  2. Bftö 
Leiden  1723,  S.  186. 

2)  Mally,  Das  Geläute  in  der  Schwanbergeralpe,  eine  akustiÄ< 
merkwürdige  Erscheinung,  Steiermärkische  Zeitschr.,  (2),  2.  Jahrgai 
(1835),  S.  4  ff. 


8,  Günther:  Akustisch- Geographische  Probleme.  215 

im  gewöhnlichen,  unbestimmten  Brausen  natürlich  abgesehen, 
ich  zwei  Richtungen  hin  akustische  Wirkungen  hervor- 
ringen.  Mit  den  im  engeren  Sinne  so  genannten  Wasser- 
ftUtönen  haben  wir  es  im  gegenwärtigen  Falle  mutmasslich 
öeht  zu  thun;  von  ihnen  wird  gleich  nachher  speziell  die  Rede 
m  müssen.  Wohl  aber  dürfte  jene  Tonbildung  in  frage 
bmmen,  auf  welche  durch  den  feinsinnigen  Akustiker  Oppel 
Ke  Aufmerksamkeit  gelenkt  wurde;  er  ist,  wo  nicht  der  eigent- 
iche  Entdecker  der  Reflexionstöne,  so  doch  derjenige,  der 
Herst  deren  Entstehung  eingehend  untersucht  und  die  ver- 
chiedenen  Möglichkeiten  unterschieden  hat.^)  Die  erste  Art 
olcher  Töne  tritt  in  die  Erscheinung,  wenn  in  der  Nähe  eines 
ütters  eine  Lufterschütterung  stattgefunden  hat,  denn  dann 
ort  man  neben  dem  scharf  ausgesprochenen  Hauptklange  einen 
ch  mit  diesem  kombinierenden  Reflexionston,  dessen  Höhe 
isch  abnimmt.  Was  die  zweite  Art  von  Reflexionstönen  an- 
ngt,  so  besteht  deren  einfachste  Erzeugung  darin,  dass  man 
it  hinlänglich  starkem  Schritte  durch  eine  enge  Gasse  geht; 
irch  Zurückwerfung  des  Schalles  von  beiden  Wänden  ent- 
eht  ein  wirklicher  Ton,  der  übrigens  ebenfalls  an  Höhe  und 
Ärke  ziemlich  schnell  sinkt.  Diese  letztere  Gruppe  von  Tönen 
eht  mutmasslich,  obwohl  Pfaundler  einige  Bedenken  hegt,  in 
4em  Zusammenhange  mit  derjenigen,  auf  deren  Vorkommen 
>r  Innsbrucker  Physiker  Baumgarten  durch  eine  zufällige 
Wahrnehmung   aufmerksam    wurde.*)     Die  diffusen  Reibungs- 


*)  Oppel,  Beobachtungen  über  eine  neue  Entstehungaweise  des 
)ne8  und  Versuch  einer  Theorie  desselben,  Ann.  d.  Pbys.  u.  Chem., 
■•  Band  (1855),  S.  357  fF.;  Beobachtung  einer  zweiten  Gattung  von 
eflexionstönen  nebst  Andeutungen  über  die  Theorie  derselben,  ebenda, 
)1.  Band  (1857),  S.  165  ff.  In  neuer  Beleuchtung  stellt  die  OppeTsche 
ehre  von  den  Reflextönen  jene  Abhandlung  v.  Fischer-Benzons 
w,  deren  oben  (S.  15)  Erwähnung  gethan  worden  ist.  Dort  ist  auch  von 
«flextoen  die  Rede,  die  man  auf  der  grossen  Freitreppe  der  Walhalla 
emehme. 

^)  Baumgarten,  Töne  durch  Reflexion  von  Geräusch  mit  gleich- 
aWgem  Schallfalle,  Mitteil.  d.  Naturwissensch.-Mediz.  Ver.  zu  Inns- 
>nick,  1877.  Pfaundler  hat  gezeigt,  dass  und  wie  man  diese  Reflexions- 


216  Sitzung  der  math,-phys.  Glosse  vom  6.  Juli  1901, 

geräusche,  welche  durch  das  einigermassen  gestörte  Hinweg- 
fliessen  des  Wassers  über  loses  Gestein  ausgelöst  wurden,  er- 
fahren infolge  der  Reflexion  einerseits  eine  Verstärkung  imd 
andererseits  auch  eine  Dififerentiierung  in  dem  Sinne,  dass  sich 
ein  bestimmter  Ton  losschält,  der  natürlich,  angesichts  dar 
Vielzahl  der  bedingenden  Einflüsse,  weder  an  Höhe  noch  an 
Klangfarbe  konstant  bleiben  kann.  Das  ist  Oppels  Quellton. 
den  man  in  unmittelbarer  Nähe  von  Quellen  in  felsiger  Um? 
gebung  leicht  zu  hören  Gelegenheit  bekommt.  Durch  die» 
Entdeckung,  welche  von  dem  Vorkommnis  im  steierischen  6e 
birge  ganz  unabhängig  zustande  kam,  ist  für  dieses  letzter 
eine  völlig  zureichende  Begründung  ermöglicht  worden. 

ß)  Singende  Wälder.  Ungleich  weniger  günstig  i* 
es  mit  den  Erscheinungen  bestellt,  welche  nun  in  dieser  Unte^ 
abteilung  ihre  Erörterung  finden  sollen.  Auch  für  sie  15s 
sich  ein  sehr  alter,  der  Diskussion  freilich  so  gut  wie  gB 
entrückter  Beleg  beibringen.  Der  Engländer  Gervasius  r 
Tilbury,  der  für  den  Kaiser  Otto  IV.  zu  Anfang  des  XUI.  Jal 
hunderts  unter  dem  Titel  „Kaiserliche  Mussestimden**  ein  dida 
tisches  Tendenzwerk  verfasste,  weiss  von  einem  Walde  bei  c 
Stadt  Carlisle  zu  melden,^)  der  eine  Merkwürdigkeit  in  si 
schliesse.  In  der  Mitte  dieses  Waldes  befinde  sich  ein  v 
Bergen  umrandetes  Thal,  neben  der  grossen  Heerstrasse,  u 
in  diesem  vernehme  man  regelmässig  „zur  ersten  Stunde  d 
Tages"  einen  süssen  Ton,  wie  von  fernem  Glockengeläute;  d( 


töne,  die  der  zweiten  OppeTschen  Gattung  doch  mindestens  sehr  na 
stehen,  an  der  Sirene  nachbilden  kann.  ,Man  beobachtet  sie,  wenn  m 
zwischen  einem  rauschenden  Bache  oder  Flusse  —  auch  das  Geräusc 
eines  Eisenbahnzuges  ist  verwendbar  —  und  einer  Mauer,  von  letztei 
ungefähr  1  m  entferat,  steht.  Jeder  Schallimpuls  triflft  das  Ohr  zweim 
direkt  und  reflektiert.  So  entsteht  ein  Ton,  der  sich  bei  Annäheru: 
an  die  Wand  erhöht,  bei  Entfernung  von  derselben  vertieft"  (Pfaundle 
üeber  die  geringste  absolute  Anzahl  von  Schallimpulsen,  welche  z 
Hervorbringung  eines  Tones  nötig  ist,  Sitzungsber.  d.  Wiener  Akadem 
d.  Wissensch.,  Math.-Phys.  Kl.,  8.  November  1877). 

^)  Gervasius    von    Tilbury,    Otia    imperalia,    ed.   Liebrech 
Hannover  1856,  S.  34. 


S,  Crünther:  Akustisch- Geographische  Probleme.  217 

Mb  hätten   die   Eingeborenen   dem    einsamen   Orte    in    ihrer 
Sprache  einen  bezeichnenden  Namen  („Laikibrait")  gegeben.^) 
Für  unmöglich  braucht  man  die  zunächst  etwas  abenteuerlich 
inmutende  Mitteilung  keineswegs  zu  halten,  wenn  man  sie  mit 
ka  Thatsachen    in  Parallele   stellt,    die    als   gesichert   gelten 
tonnen.    Es  sind  allerdings  nur  zwei  ähnliche  Fälle,  aber  diese 
^werden  durch    anscheinend   unverwerfliche  Zeugnisse   gestützt. 
Zunächst   sehen   wir   uns   in   den   badischen  Schwarzwald 
yereetzt.    Schon  vor  langer  Zeit,  nämlich  bald  nach  dem  dreissig- 
jttrigen  Kriege   oder   in   der   zweiten  Hälfte  des  XVII.  Jahr- 
kunderts,  wurden,    wie  wir   in  dem  grossen  geschichtlich-geo- 
graphischen Sammelwerke  Kolbs*)  über  Baden  lesen,  Soldaten, 
^e  in  einer  unfern  des  Städtchens  Triberg   gelegenen  Wald- 
ig ficnlucht  kampierten,  durch  einen  sonderbaren  Gesang,  der  aus 
den  Wipfeln    der  Bäume   zu   kommen   schien,    überrascht   und 
stifteten  deshalb   eine  Votivtafel,    die   anscheinend  zu  Anfang 
^  XIX.  Jahrhunderts  noch  vorhanden  gewesen  ist.    Inwieweit 
*  die  von  Kolb    versuchte   Deutung*)   dieses  Schallphänomenes 
*orrekt  ist,  das  wollen  wir  einstweilen  noch  dahingestellt  sein 
"®^ö.    Jedenfalls  erheischt  volle  Beachtung  der  Umstand,  dass 
«asselbe   einen   konstanten   Charakter    besass    und    nach   mehr 
"önn    hundert   Jahre    nachher    nicht    verschwunden    war.     Es 
^are  jedenfalls  von  Interesse,  zu  erfahren,  ob  auch  jetzt  noch 
aas   Triberger  Thal  seine  musikalische  Eigenschaft  beibehalten 
^^^y    dass   aber   schon   geringfügige  Veränderungen  des  Land- 


*)  Carlisle    liegt    an    der    Grenze    von    Schottland.     Das   keltische 
P'^chgebiet,  jetzt    auf  Wales    und    den    äussersten    Norden    der    Insel 
*^^*^ränkt,   hatte  vor  siebenhundert  Jahren  noch  eine  die  heutige  weit 
^*"t;reffende  Ausdehnung. 

^)  J.  B.  Kolb,    Historisch-statistisch-topogi-aphisches    Lexicon    von 
^^    Orossherzogtum  Baden,  3.  Band,  Karlsruhe  1816,  S.  300  ff. 

^)   „Die    dortige    Bergkluft,    die    durch    ein    schnell    abbrechendes 

^Heck  der  auf-  und  abströmenden  Luft  einen  eigenen  widerstrebenden 

*^    gab,   bildete  in  den  Wipfeln  der  Tannen   und   des  Gesträuches 

Natürliche  Aeolsharfe,  deren  Töne  durch  den  gegenüber  strömenden 

^bsich  begleitet  wurden.     Noch  jetzt  kann  man  bei  windiger  Nacht 

^n    Aeolsgesang  im  Konzerte  mit  dem  Waldstrora  spielen  hören". 


218  Sitzung  der  matK-phys.  Classe  vom  6,  Juli  1901. 

Schaftsbildes,  wie  etwa  Abholzungen,  einen  tief  gehenden 
fluss   auf  die  Akustik   einer  Gegend  auszuüben   vermögen,  ist 
bekannt  und  oben^)  bereits  betont  worden. 

Nunmehr  gelangen  wir  zu  dem  dritten,  bekanntesten  und 
viel  umstrittenen,  jedoch  noch  keineswegs  vollkommen  aufge- 
hellten Beispiele  dieser  Art,  zum  singenden  Walde  oder 
singenden  Thale  von  Thronecken.  Wie  erwähnt,  kann 
man  die  Erscheinung  gleich  gut  unter  unsere  erste  oder  zweite 
Rubrik  bringen,  denn  es  ist  ein  einsames  Waldthal,  in  dessei 
Grenzen  sich  die  Ereignisse  abgespielt  haben.  Thronecken, 
der  gewöhnlichen  Annahme  nach  das  ,Tronje**  des  Nibelungen- 
liedes, ist  ein  kleines,  im  südwestlichen,  Hochwald  genannteö 
Teile  des  Hunsrück-Gebirges  gelegenes  Dorf,  in  dessen  Flu 
der  Malborner-Bach  sich  mit  dem  zur  Mosel  fliessendefl 
Thron-Bache  vereinigt.  Zwei  Kilometer  oberhalb  ergiessl 
sich  in  den  Malborn  er  Bach  der  Röder-Bach,  dessen  mi^ 
dichtem  Walde  bestandenes  Thal  sich  gegen  den  höchsten  PunW 
der  Rheinprovinz,  den  Erbeskopf  (815  m),  hinaufzieht.  Diese 
Röderbachthal  nun  ist  der  Schauplatz  der  Geschehnisse,  welch 
ihm  den  auch  vom  Volksmunde  und  von  der  Reiselitteratur^ 
adoptierten  Namen  des  singenden  Thaies  verschafft  haben. 

Was  wir  von  den  Dingen  wissen,  verdanken  wir  grösstex 
teils  dem  vor  wenigen  Jahren  verstorbenen  Ingenieur  H.  Ret 
leaux  aus  Remagen.  Es  kommen  zunächst  drei  Publikationea 
desselben  in  frage;  allein  auch  davon  abgesehen,  hat  er  et«* 
einundeinhalb  Dezennien  daran  gesetzt,    das  Rätsel,    zu  dess^ 


1)  Vgl.  0.  S.  31. 

2)  Hochwald-  und  Hunsrückf (ihrer,  Kreuznach  1899,  S.  153  ff. 

^)  H.  Reuleaux,  Wandernde  Töne,  Sitzungsber.  d.  Verhandl. 
Naturhistor.  Ver.  d.  Rheinlande,  37.  Band,  S.  161  ff.;  Zwei  Reflexionstön 
ebenda,  41.  Band,  S.  278  ff.;  Das  singende  Thal  bei  Thronecken,  ein  Hocl 
waldrätsel,  Koblenz  1880.  Die  an  letzter  Stelle  genannte,  selbständifi 
Schrift  enthält  nebst  der  Gesamtheit  der  vom  Autor  angestellten  Be< 
bachtungen  auch  dessen  Versuche,  sich  auf  dem  weiten  Felde  der  the< 
retischen  Akustik  zu  orientieren  und  zu  einer  befriedigenden  Interpr« 
tation  der  mysteriösen  Erscheinung  durchzudringen.  Wir  beziehen  ^^ 
vorwiegend  auf  diese  Arbeit. 


8.  Ch&nther:  Akitstisch'Geographische  Probleme,  219 

Mitwisser  ihn  der  Zufall  geraacht  hatte,  zu  lösen,  und  die 
hiezu  dienlichen  Materialien,  welche  er  zu  dem  Ende  gesammelt 
hatte,  und  welche  in  unserer  folgenden  Darstellung  gebührende 
Berücksichtigung  gefunden  haben,^)  erreichten  einen  geradezu 
rtainenswerten  Umfang.  Es  darf  deshalb  auch  die  Hoflfhung 
ii^esprochen  werden,  dass  das  Problem,  welches  von  Reuleaux 
tellurischen  Physik  vorgelegt  ward,  an  dieser  Stelle  soweit 
;|efordert  wird,  als  dies  unter  den  obwaltenden  Verhält- 
[jliissen  überhaupt  möglich  erscheint. 
[  An  einem  schönen  Spätherbsttage  hielt  der  Oberförster  von 
,Malbom  im  Hoch  Waldreviere  eine  Hirschjagd  ab,  an  der  u.  a. 
^iuch  Reuleaux  teil  nahm.  Die  Schützen  wurden  im  unteren 
Eöderbachgrunde  postiert,  und  während  unser  Berichterstatter 
[  rukig  dastand,  hörte  er  plötzlich  ein  Klingen  in  der  Luft,  wie 
:  von  fernem  Glockenläuten.  Vereinzelt  blos  liessen  sich  an- 
Änglich  tiefe  Glockentöne  vernehmen,  die  vom  Thaleingange 
W  das  Thal  hinaufzogen  und  „in  prächtiger  Schwellung** 
Iwgsam  vorbei  wallten,  so  dass  man  den  Ton  selbst  und  zu- 
gleich das  Mitklingen  der  Oktave  ganz  deutlich  zu  erkennen 
imstande  war.  Das  unterste  Ende  des  Thaies  weist  eine  Ver- 
engerung auf;  dem  entsprechend  breiteten  sich  von  der  Eng- 
stelle ab  die  Tonwellen  fächerförmig  aus.  Die  Luft  war 
bewegt,  aber  von  dem  Brausen  des  "Windes  hoben  sich  die 
sonoren  Glockenklänge  unverkennbar  ab.  Der  weitere  Verlauf 
^er  Jagd  zwang  den  Beobachter,  seinen  Standort  zu  verlassen, 
^öd  damit  hörte  auch  bald  das  Weiterbestehen  des  Klang- 
ptaenomenes  auf;  als  jedoch  nach  fünf  Stunden  das  Jagen  sich 
^eder  dem  unteren  Thale  zuwandte,  traten  auch  die  Töne 
Nieder  hervor,  und  Reuleaux  konnte  ganz  gut  feststellen,  ob 


^)  Durch  die  j^rosse  Freundlichkeit  von  Frau  und  Fräulein  Reuleaux, 
denen  beiden  er  an  diesem  Orte  seinen  aufrichtigen  Dank  für  das  ihm 
geschenkte  Vertrauen  aussprechen  möchte,  wurde  der  Schreiber  dieser 
teilen  in  den  Stand  gesetzt,  alle  Aufzeichnungen  des  Verstorbenen  und 
den  von  ihm  in  der  fraglichen  Angelegenheit  geführten,  umfangreichen 
'^nefwechael  einsehen  zu  können ;  auch  wurde  ihm  anstandslos  gestattet, 
diese  Daten  für  die  vorliegende  Abhandlung  nach  Belieben  auszunützen. 


220  Sitzung  der  tnathrphys.  Glosse  vom  6.  Juli  1901, 

eine  Luftschwingung  gerade   über   ihn  hinwegging  oder  aber 
eine  mehr  seitliche  Richtung  einhielt. 

Ehe  wir  an  die  Frage  herantreten,  wie  denn  wohl  ein 
solches  Wandern  tönender  Luftwellen  zustande  kommeii 
könne,  haben  wir  zuerst  uns  über  die  Realität  der  Reuleaux- 
sehen  Beobachtung  selbst  ein  Urteil  zu  bilden.  Dieselbe  blieb 
nämlich  keineswegs  unangefochten.  Zumal  einzelne  Forsfte- 
amte  verfochten  energisch  die  Annahme,^)  dass  irgend  eiai 
Täuschung  vorgekommen  sein  müsse ;  gerade  dem  Forstpersom 
welches  das  Röderbachthal  zu  allen  Tages-  und  Jahreszei 
durchstreife  oder  kreuze,  hätte  unmöglich  eine  so  auffalleiA 
Schallerscheinung  verborgen  bleiben  können.  Dem  gegenüber 
sah  sich  Reuleaux  in  die  Notwendigkeit  versetzt,  Ohrenzeugei 
ausfindig  zu  machen,  und  es  ist  ihm  dies  auch  vollauf  geglückt.*) 


^)  Kritiken  der  Reuleaux'schen  Schrift  gaben  Grunert  und  Borf 
greve    (Forstliche   Blätter,    1880,   S.  276  ff.).     Es  müsse,    hiess  es,  öb« 
Täuschung  inmitte  liegen;  vielleicht  könne  man  an  verwehte  Homsign^Je 
oder  an   das   von  Zugvögeln   bewirkte  Geräusche  denken.     Es  fiel  dem 
Angegriffenen    nicht    schwer,    sich    solcher  —  doch   wirklich   recht  g** 
zwungener  —  Einwände  zu  erwehren  (Noch  einmal  „Das  singende  Tb« 
bei  Thronecken'*,  ebenda  1880,  besonders  paginierter  Anhang).   InsbesoB* 
dere  wies  er  darauf  hin,  dass  eben  nur  durch   ein   seltenes  Zusammc*' 
wirken  der  verschiedensten  begünstigenden  Momente  die  Tonbildung  ^ 
charakteristische  Formen   annehmen   könne,   und  dass   man   mithin  g^ 
kein  Recht  habe,  dergleichen  als  etwas  sich  regelmässig  Wiederholende 
zu  betrachten. 

*)  lieber  die  sowohl  in  der  bezeichneten  Antikritik  als  auch  in  d^ 
Reuleaux'schen  Aufzeichnungen  enthaltenen  Zeugenberichte  mögen  no^ 

» 

ein  paar  Worte  hier  Platz  finden,  um  unser  positives  Urteil  von  vorbJ 
zu  rechtfertigen.  Der  Förster  Haak  hatte  zwar  selbst  keine  direkt 
Kenntnis,  wusste  aber  wohl,  dass  abergläubische  Leute  die  „Geiste 
stimmen**  des  Roederbachgrundes  mit  den  um  das  alte,  unheimlicl 
Schloss  von  Thronecken  schwebenden  Sagen  in  Verbindung  bracht^^ 
Ebenfalls  aus  dem  Volksmunde  hatte  Oberförster  Helbron  seine  EenntDi 
von  dem  der  Ausdruck  „singendes  Thal**  herrührt.  Dies  setzt  ausse 
Zweifel  ein  Brief,  den  am  29.  Dezember  1879  der  Bürgermeister  vo 
Remagen,  v.  Lassaulx,  an  Reuleaux  richtete.  Oberförster  Wer  bau  r 
in  Thronecken  nannte  sein  Thal  ein  „singendes,  pfeifendes  oder  musi 
zierendes*.    Femer  schreibt  der  Forstkandidat  Gericke  aus  Greifswal' 


•■ 


S.  Günther:  Akustisch- Geographische  Probleme.  221 

Will  man  nicht  überhaupt  die  Regeln  ausser  Kraft  treten  lassen, 

BAch  denen  die  Konstatierung  von  Naturereignissen   auf  dem 

...Wege  der  Zeugenaussage   gemeiniglich   erfolgt,    so  wird  man 

mgestehen  müssen:    An   der  Thatsächlichkeit   spontaner 

langphaenomene  von  musikalischem  Typus  im  Röder- 

ihthale  lässt  sich  vernünftigerweise  nicht  zweifeln. 

Verständnis  des  Thatbestandes  stehen  hingegen  sehr  grosse 

iwierigkeiten  im  Wege. 

Zwei  hervorragende  Physiker,  an  die  sich  Reuleaux  um 
Jehrung  wandte,  erklärten,  wie  ihre  Zuschriften  an  den  Frage- 
sUer  beweisen,  eine  exakte  Erklärung  für  unmöglich.  Ein 
itter  deutete  an,  dass  jene  Reflexionstöne,  deren  weiter  oben 
rähnung  geschah,  wohl  irgendwie  im  Spiele  sein  könnten, 
Aber  klargestellt  sei  der  Zusammenhang  in  keiner  Weise.  Wir 
Wollen  versuchen,  die  überhaupt  als  möglich  zu  denkenden 
Äategorien  der  Prüfung  zu  unterziehen,  um  so  vielleicht  durch 
Ausschluss  derjenigen,  die  nicht  als  brauchbar  erfunden  werden, 
ier  Wahrheit  näher  zu  kommen. 

Aehnlich,  wie  bei  dem  Triberger  Phaenomene,  könnte  man 
I  «e  Aeolsharfe  als  ein  Analogon  heranziehen.  Schon  deren 
«ffinder  Kirch  er  legte  Gewicht  darauf,^)  dass  dieses  originelle 
Musikinstrument  nicht  durch  einen  wie  immer  gearteten  künst- 
«chen  Mechanismus,  sondern  einzig  durch  die  Aktion  des 
'^'ndes   zum  Tönen   gebracht   werde.     Man   kann   sich   somit 


*^1»  er  habe  die  typischen  Töne  am  8.  Dezember  1880  zwischen  Fuchs- 

iteijx  xxnd  Erbeskopf,  also  gerade  am  kritischen  Platze,  vernommen.    Noch 

^^'^chtiger  sind  drei  Schreiben  (4.  Juni,  22.  Juni,  5.  Juli  1880)  des  be- 

.  ^'^^ten  Bismarck 'sehen  Forstmeisters  Lange   aus  Friedrichsruh,  der 

**  ^hre  1852  im  oberen  Hunsrück  stationiert  war  und  dort  diese  , wilde 

^Q*  mehrfach   zu  hören   bekam.     Von  Reuleaux'   Jagdgefährten   an 

J  '^önj  Herbsttage   des  Jahres  1880   hatte   der  Gasthofbesitzer  Bl  in  zier 

^   Oodesberg,  dessen  Anstand  ein  benachbarter  war,  ganz  die  gleichen 

**^iTiehmungen  gemacht. 

*)  Athanasius  Kircher,  Phonurgia  nova,  Kempten  1573,  S.  145  ff. 
■    *^^in  machinam  harmonicam  automatam  concinnare,  quae  nulla  rota- 
»     follium,  vel  cylindri  phonotactici  ministerio,  sed  solo  vento  ed  aere 
^'^^cnicum  sonum  excitet". 


222  Sitzung  der  tnathrphys.  Classe  vom  6.  Jtdi  1901, 

auch  ganz  wohl  denken,  dass  ohne  jedes  Zuthun  des  Mensdm 
gelegentlich  einmal  eine  derartige  Tonbildung  statt  hat,  wem! 
Stäbe  oder  Saiten,  die  einer  Versetzung  in  longitudinale  oirj 
transversale  Schwingungen  fähig  sind,  von  ungefähr  dem  Wii 
ausgesetzt  werden.  Wie  jedoch  das  Wegstreichen  desWinJ 
über  die  Bäume  statt  des  diffusen  Geräusches,  das  jedei 
kennt  und  als  etwas  Selbstverständliches  betrachtet,  wirl 
Töne  hervorbringen  soll,  bleibt  ganz  ungeklärt.  Nehmen 
aber  auch  für  den  Augenblick  an,  es  liege  eine  solche  Tc 
bildung  im  Bereiche  des  Möglichen,  so  müsste  man  sol 
seufzende  Klänge,  wie  sie  der  Windharfe  eigentümlich 
recht  häufig,  in  jedem  vom  Winde  durchzogenen  Walde  höi 
und  daran  ist  doch  nicht  zu  denken.  Zudem  will  sich 
solchen  Theorie  auch  die  Beschaffenheit  der  vernommeni 
Töne  durchaus  nicht  fügen.  Dieselben  waren  voll,  kraf 
harmonisch,  aber  es  fand  kein  rascher  Wechsel  statt;  dageg«1 
weiss  jedermann,  der  einer  Aeolsharfe  gelauscht  hat,  dass  dies« 
förmliche  Melodien,  und  zwar  mit  allen  möglichen  AenderungÄJ 
der  Tonstärke,  entströmen.  Endlich  ist  der  Ort,  von  dem  wi 
Klänge  kommen,  im  letzteren  Falle  ein  stabiler,  während 
Reuleaux  ein  deutliches  Hin  wegziehen  der  tönenden  Luft» 
wellen  über  seinen  Standort  und  ein  Hervorkommen  derselbe» 
von  einer  ganz  bestimmten  Oertlichkeit  her  konstatieren  konnte« 
Es  scheint  deshalb  diese  Hypothese,  so  sehr  sie  sich  auch  deift 
ersten  Eindrucke  empfehlen  mag,  aufgegeben  werden  zu  müssen.^ 

')  Ein  Aufsatz  von  Sorel  (Correspondance  sur  les  sons  produitsp*' 
le  vent,  La  Nature,  1883,  I,  S.  206  ff.),  der  übrigens  die  von  Carfl« 
Sterne  mitgeteilten  Thatsachen,  den  , Glockenberg*  und  die  MemnO*^' 
Säule  ohne  gehörige  Kritik  zusammenwirft,  will  Reibungstöne  als  di< 
wesentliche  Veranlassung  aller  auffölligen  Schallerscheinungen  hinstell^^ 
Wenn  man  einen  Stab  so  halte,  dass  sich  der  Wind  an  ihm  bricht,  ^ 
vernehme  man  stets  einen  leisen  Ton,  wie  von  einer  fernen  Glocke,  tU* 
so  seien  auch  jene  spontanen  Naturklänge,  von  denen  die  Litteratur  b^ 
richte,  nur  Folgen  der  sich  in  sehr  verschiedener  Weise  bethätigend^ 
Windreibung  an  Hindernissen.  In  so  bequemer  Art  und  Weise  werd^ 
sich  die  verwickelten  Ereignisse,  die  der  genannte  Autor  im  Sinne  hd-^ 
schwerlich  als  Ausüuss  ein  und  desselben  mechanischen  Faktums  a*^ 
fassen  lassen. 


S.  Chinther:  Akustisch-Geographische  Probleme,  223 

¥t&  das  Triberger  Phaenomene  betrifft,  so  gestattet  dasselbe, 
%  eben  doch  nur  eine  ziemlich  vage  Schilderung  vorliegt, 
eine  gleich  gesicherte  Entscheidung;  immerhin  aber  sprechen 
«nche  Anzeichen  dafür,  dass  die  unerklärlichen  Schall- 
jrscheinungen  im  Schwarzwald  wie  im  Hunsrück  auf 
Ib  nämliche  Ursache  zurückgeführt  werden  müssen. 
^  Reuleaux  selbst  hat  sich  eingehend  mit  Spekulationen 
ber  die  von  ihm  entdeckten  Hochwaldtöne  beschäftigt  und  zu 
iesem  Zwecke  die  Lehre  vom  Schalle  nach  allen  Richtungen 
archgearbeitet,  um  Anknüpfungspunkte  oder  Analogien  auf- 
ifinden.  Für  ihn,  den  mit  den  örtlichen  Verhältnissen  bestens 
ertrauten,  unterlag  es  von  allem  Anfang  an  keinem  Zweifel, 
ISS  die  Konfiguration  des  Thaies  von  ausschlaggebender 
edeutung  sei,  dass  also  nicht  der  Wald,  sondern  das  Thal 
18, Singen*  verschulde.  Nicht  als  ob  das  Thälchen  eine  be- 
>ndere  Plastik  besässe,  so  dass  man  etwa  auf  die  Reibung 
er  bewegten  Luft  an  Felsecken  u.  dgl.  als  auf  den  eigentlichen 
rund  verfallen  könnte.^)  Dasselbe  hat  ganz  einfach  eine 
tuschelform,  deren  Mundstück  die  enge  Furche  des  unter- 
<en  Laufes  des  Röderbaches  darstellt.  In  diesen  Kanal  glaubt 
euleaux  den  Sitz  der  Tonentstehung  verlegen  zu  müssen, 
Ime  sich  übrigens,  wie  er  selbst  einräumt,  von  deren  Wesen 
ne  zufriedenstellende  Rechenschaft  geben  zu  können.  Am 
ahrscheinlichsten  dünkt  es  ihm  noch,  dass  bei  einer  ganz 
stimmten  Richtung  der  Wind  mit  grosser  Energie  in  die 
Qge  hineingepresst  werde,  und  dass  dort  eine  Luftstauung 
Qtrete;  diese  wieder  soll  zu  „Explosionen*  führen,  „aus  denen 
G  eigentümlichen,  selbsttönend  werdenden  Luftgebilde  hervor- 


*)  Jeder  derartige  Erklärungsversuch,  wie  er  ja  nicht  ferne  liegt 
^  auch  schon  aufgestellt  wurde  (Günther,  Geschichte  der  anorgani- 
^^n  Naturwissenachaften  im  XIX.  Jahrhundert,  Berlin  1901,  S.  555), 
^^  hinfällig,  wenn  man  die  sanfte  Profilierung  des  in  Rede  stehenden 
'"ifgea  kennt.  Irgendwelche  scharf  hervortretende  ünstetigkeiten  fehlen 
^  die  Thäler  begrenzenden  Flächen,  und  es  kommt  auch  angesichts 
•*  stark  entwickelten  Forstknltur  der  anstehende  Fels  nur  selten  dem 
^öderer  zu  gesichte. 


224  Sitzung  der  mathrphys,  Classe  wm  6.  Juli  1901, 

gehen.  **    Hier  nun  stehen  wir  vor  einem  physikalischen  Bäteelt 
und  dass  dem  so,  wird  auch  von  Reuleaux  bereitwillig  zuge- 
standen.    Ebenso  vermag  er  sich  keine  rechte  Vorstellung  m 
machen  von  der  Art  des  Fortschreitens  der   im  Engpasse  ge- 
bildeten Schwingungen;^)  „von  wandernden  Tönen  oder  tönoi- 
den  Bahnen  in  der  Luft  lehrt  die  Physik  absolut  nichts.*  Uni 
nur  solche  könnten  sich  mit  seinen  eigenen  Beobachtungen  ver* 
einbaren  lassen.     Reuleaux   denkt  an  „selbsttönende  Luftge^j 
bilde**  oder  „tönende  Körper*,  die  sich  fortbewegen;  kurz 
sagt,  an  rotierende  Luftwirbel  von  zylindrischer  Gestall 
in  deren  Inneren,  wie  bei  Tromben,    die  atmosphärische  Vc 
dünnung   weit   fortgeschritten  sei.     Carus  Sterne   weist,  na] 
diesen  Bewegungsmodus   verständlich   zu  machen,   auf  die  be*i 
kannten  Wirbelringe  von  Tait*)  hin.     So  wahr  es  ist,  da« 
diesen  Rauchwirbeln  die  Eigenschaft  der  Erhaltung  ihres  Zu- 
sammenhanges  während    ihres   Fortschreitens   durch   die  Luft 
zukommt,  ebensowenig  ist  davon  bekannt,  dass  solche  Wirbel- 
bewegungen  ins  Tönen    geraten  können.     Es  würde  das  auch 
Allem  widersprechen,  was  wir  von  Tonerregung  wissen. 

Ganz  allgemein  betrachtet,  stellen  uns  die  Wahrnehmungen 
im  „singenden  Thale*  vor  zwei  ganz  verschiedene  Fragen:  Wo 
sind  die  Töne  entstanden,  und  wie  pflanzen  sie  sich 
fort?  Was  den  zweiten  Punkt  angeht,  so  glauben  wir  an 
keine  neue,  unbekannte  Gesetze  der  Naturlehre  zu  Hilfe  neh- 
mende Bewegungsform  appellieren  zu  müssen,  sondern  es  wur- 
den eben  die  auswärts  gebildeten  Töne  durch  die  herrschende 
Luftströmung  in  das  Thal  hineingetragen,   und  dass,  nachdem 


^)  Reuleaux,  Das  singende  Thal  etc.,  S.  16  ff. 

2)  Tabakrauchversuche,  die  mit  denjenigen  von  Tait  die  alle^ 
grösste  Aehnlichkeit  haben,  wenn  auch  der  Zweck,  den  der  Experimen- 
tator im  Auge  hatte,  ein  ganz  verschiedener  war,  hat  wohl  zuerst  Sond- 
hau 8  8  angegeben  (üeber  die  Form  von  aus  runden  Oeffnungen  tretenden 
Luftströmungen,  Ann.  d.  Phys.  u.  Chem.,  85.  Band  (1852),  S.  58ff.).  D»^ 
Wirbelnatur  der  niedrigen  Rauchzjlinder,  welche  sich  beim  Erschüttern 
des  mit  Rauch  gefüllten  Kästchens  aus  einem  in  dessen  Vorderwand 
angebrachten  Loche  losringen,  musste  natürlich  damals  noch  unberück- 
sichtigt bleiben. 


8,  Günther:  Akustisch- Geographische  Probleme,  225 

bewegte  Luft  den  Durchpass  zurückgelegt  hatte,  eine  föcher- 
mige  Ausbreitung  der  Ton  wellen  und  jenes  Wogen  der 
ne  stattfand,  welches  wir  von  den  Orgeln  kennen,  und  welches 
b  einfach  durch  die  unvermeidlichen  Schwebungen  erklärt, 
;  ebenfalls  nichts  Verwunderliches  an  sich. 

Dass  von  Reuleaux  die  Tonbildung  in  die  Engstelle  des 
derbachthales  verlegt  wird,  haben  wir  soeben  erfahren.  Die 
leren  Umstände  des  Vorganges  entziehen  sich  aber  ganz 
»rar  Kenntnisnahme,  denn  wie  durch  Luftstauung  eine  jähe 
»chgewichtsänderung,  vergleichbar  einer  Explosion,  herbei- 
Mirt  werden  soll,  ist  nicht  wohl  abzusehen.  Handelte  es 
b  um  eine  Klamm,  um  einen  Caiion  von  beträchtlicher 
Qge,  so  könnte  man  möglicherweise  noch  eher  begreifen,  dass 

stark  zusammengepresste  Luft  mit  einer  Detonation  den 
isgang  verliesse;  erstlich  aber  wäre  ein  solcher  Knall  noch 
ge  kein  musikalischer  Ton,  und  zum  zweiten  ist  die  Thal- 
ndung,  wenn  auch  vergleichsweise  enge,  doch  sehr  weit  ent- 
nt,  eine  schmale  Spalte  zu  sein,  wie  man  sie  aus  dem  Hoch- 
)irge  kennt.  Es  bliebe  nur  wieder  übrig,  seine  Zuflucht  zu 
er  Klasse  von  Reibungstönen  zu  nehmen,  welche  von 
vart*)  und  Sondhauss*)  der  Untersuchung  unterstellt  wor- 
i  sind.  Die  Experimente  des  Letztgenannten  würde  Reu- 
lux  wohl  als  eine  Stütze  für  seine  Anschauungen  verwendet 
)eii,  wenn  sie  ihm  nicht  bei  seinem  sonst  so  fleissigen  Durch- 
sehen der  einschlägigen  Litteratur  zufallig  entgangen  wären, 
ömt  die  Luft  durch  die  OeflFnung  eines  dickwandigen  6e- 
äes  aus,  so  kommen  nach  Sondhauss^)  schöne  und  kräftige 
Qe  von  bestimmter  Höhe  zum  Vorschein,  indem  die  pas- 
sende Luft  in  longitudinale  Oszillationen  versetzt  wird;  je 
zeitiger  die  Reibung,  umso  kräftiger  der  Ton.  Man  könnte 
i  diesen  Versuchen    schliessen,    dass    distinkte   Luftzylinder 


*)  Savart,  Von  den  Vibrationsphaenomenen  beim  Ausfliessen  von 
asigkeiten  durch  kurze  Anaatzröhren,  ebenda,  90.  Band  (1853),  S.  389  ff. 

^  Sondhauss,  üeber  die  beim  Ausströmen  der  Luft  entstehenden 
le,  ebenda,  91.  Band  (1854),  S.  126  flP. 

')  A.  a.  0.,  S.  233  ff. 
^^.  Sitzangsb.  d.  math.-phy8.  Gl.  IG 


^ 


226  Sitzung  der  math.-phys,  Glosse  vom  6.  Juli  1901, 


vom  Querschnitte  der  Oeflfhung,  sich  abwechselnd  verlängerni 
und  verkürzend,  sich  vorwärts  bewegten  und  für  einen  BeoV 
achter,  der  sich  nicht  allzu  weit  von  ihrer  Fortschreitungs- 
richtung  entfernt  befände,  den  Eindruck  hervorrufen  könnten 
den  wir  aus  Reuleaux'  lebensvoller  Schilderung  kennen. 

Was  aber  im  sorgfältig  vorbereiteten  LaboratoriumsYer 
suche  zutriflPt,  braucht  darum  noch  nicht  für  die  freie  Nata 
zu  gelten.  Wir  wiederholen  vielmehr:  Die  Beschaffenhei 
der  Gegend  gestattet  es  nicht,  die  wandernden  Tön 
mit  denjenigen  zu  identifizieren,  die  Zustandekommen 
wenn  Luft  aus  einer  allseitig  geschlossenen  Oeffnuni 
unter  namhaftem  Drucke  austritt.  Und  was  von  durcb 
schlagender  Bedeutung  ist:  Hätte  man  es  mit  Sondhauss 
sehen  Reibungstönen  zu  thun,  so  müsste,  so  oft  der  Wind  to 
länglich  lebhaft  aus  der  charakteristischen  Weltgegend  blies» 
das  Thal  ins  „Singen**  geraten.  So  verhält  es  sich  aber  nicb 
denn  so  wenig  daran  gezweifelt  werden  darf,  dass  unter  l 
sonders  günstigen  Umständen  die  Töne  vernehmbar  werd< 
ebensowenig  lässt  sich  daran  etwas  ändern,  dass  nur  äusse 
selten  jemand  so  glücklich  ist,  den  Moment  ihres  Lautwerdc 
zu  erhaschen.  All  das  scheint  uns  den  Schluss  aufzunötig( 
dass  die  geheimnisvollen  Töne  nicht  erst  im  Tha 
selbst  entstehen,  sondern  ausserhalb  desselben  g 
bildet  worden  sind  und  erst  durch  den  Wind  thalai 
wärts  fortgetragen  werden. 

Weitaus  am  nächsten  läge  es  nun  zweifellos,  das  Läui 
von  Kirchenglocken  als  die  natürlichste  und  verständlich 
Tonquelle  anzusprechen.  Pfarrdörfer  gibt  es  in  der  Run 
verschiedene;  Thalfang,  Lückenburg,  namentlich  aber  Malbo 
könnten  in  betracht  kommen.  Zwar  liegen  diese  Ortschaften  zi 
teile  reichlich  weit  von  der  kritischen  Stelle  entfernt,  alle 
man  weiss,  dass  sich  die  Töne  oft  in  Entfernungen  fortpflanze 
an  die   man   vonvornherein  kaum    zu  glauben    geneigt  wäre. 


^)  Unter  Hinweis  auf  die  Arbeiten  von  Stokes  (On  the  Effect  - 
Wind  on   the  Intenaity  of  Sound,   British  Association  of  Dublin,  18^ 


S,  Günther:  Akustisch- Geographische  Probleme.  227 

Zwei  Gegengründe  zwingen  uns  indessen,  auf  diese  Deutung 
der  Erscheinung  zu  verzichten.  Die  Kirchen  des  Hochwaldes 
«itbehren  nämlich  einerseits,  wie  wir  von  Reuleaux  erfahren, 
ier  eigentlichen  Glocken,  indem  sie  sich  mit  Glöckchen,  denen 
4»  Dampfschiflfe  vergleichbar,  behelfen,  und  andererseits  sind 
&  fragUchen  Töne  auch  bei  nacht,  und  überhaupt  zu  Zeiten 
tÄihrgenommen  worden,  in  denen  Glocken  ganz  sicher  nicht 
^"gelautet  wurden.  Demgeraäss  ist  es  kaum  mehr  erlaubt,  die 
SiBcheinung  mit  irgendwelchem  Eiugreifen  des  Menschen  in 
Zusammenhang  zu  bringen. 

Wohl  aber  hindert  nichts,  den  Sitz  der  Tonbildung  in 
^  Wasserlauf  zu  verlegen,  der,  aus  dem  Röderbachthale 
kommend,  der  Vereinigung  mit  einer  grösseren  Wasserader  zu- 
*tebt.^)    Selbstredend  liegt  auch  hier  nur  eine  Hypothese  vor, 


^^  0.  Reynolds  (Refraction  of  Sound,  Philosophical  Transactions, 
1676,  I,  S.  315  ff.)  hat  Reis  (Ungewöhnlich  weite  Hörbarkeit  von  Tönen, 
«fklärt  durch  Windbrechung,  Humboldt,  2.  Jahrgang,  S.  53  ff.)  gewisse 
Wahrungen,  die  er  selbst  in  dieser  Hinsicht  gemacht  hatte,  zu  erklären 
|B«ucht. 

*)  Die  nachfolgenden  Betrachtungen  entstammen  einer  Reise,  welche 

«w  Verf.  im  März  dieses  Jahres  nach  Thronecken  unternahm,   um  sich 

***  ort  und  Stelle  über  die  Verhältnisse  zu  unterrichten.     Dieser  Zweck 

^'^de  allerdings  nur  unvollkommen  erreicht.    Reuleaux  ist  der  Mei- 

''^^S»  dass  man  die  meiste  Aussicht  zu  einer  positiven  Beobachtung  habe, 

'^^^n  man   das  Thal   an   einem   kühlen  Tage   einer  der  beiden  Ueber- 

^**^8jahreszeiten,    und   bei   ausgesprochenem   Südwest,    besuche.     Diese 

"Ci^en  Vorbedingungen  waren  erfüllt;  leider  aber  brachte  besagter  Wind, 

Dach<lem  ein  paar  heitere  Tage  vorangegangen   waren,  ein  furchtbares, 

jeden  gründlichen  Lokalaugenschein   verhinderndes  Schneegestöber  von 

iMt    achtundvierzigstündiger    Dauer.     Man    musste   also    noch    sehr   zu- 

"J^en  sein,   in  einer  der  kurzen  Pausen  wenigstens  einen  allgemeinen 

Äinblict  in  die  Terrain gestal tun g  gewonnen  zu  haben.    Nebenher  musste 

"M   H|)e^.J^^g  lebhafte  und  sehr  weit  hörbare,  auch  durch  den  heftigsten 

*^**i  nicht   zu   übertönende   Brausen   der   Mühlenwehre  auf  den   Ge- 

*^^en  bringen,  ob  nicht  hier  vielleicht  der  Ursprung  der  Tonbildung 

^^chen  sei.    Unter  den  Landesbewohnem  gibt  es,  wie  einschaltend 

^'^^erkt  sei,  zwei  Parteien.     Aufgeklärte  Skeptiker,  die  auch  in  Dörfern 

^^^*it  zu  fehlen  pflegen,  stellen  die  Existenz  eines   „singenden*  Thaies 

"^i'haupt  in  abrede  und  wollen  höchstens  eigenartige  Echos  als  vor- 

16* 


i 


228  Sitzung  der  mathrphys,  Glosse  vom  6,  Juli  1901, 

die  aber  wenigstens  als  „  Arbeitshypothese*  brauchbar  ist  i 
dazu  dienen  kann,  eine  anscheinend  ganz  isoliert  dastehei 
Erscheinung  in  Beziehung  zu  anderen  Vorkommnissen  zu  sets 
Ehe  wir  näher  auf  dieselbe  eingehen,  wollen  wir  zuvor 
mit  den  von  Wasserfällen  erzeugten  Tönen  beschäftige 
Dem  bereits  erwähnten  Quellentone,  der  dem  allgemein« 
Begrifife  der  Reibungstöne  unterzuordnen  ist,  steht  der  genet 
einigermassen  verschiedene  Wasserfallton  zur  Seite. 

Als  Objekt  physikalischer  Erörterung  hat  denselben  zi 
der  Däne  Oersted,  der  bekannte  Entdecker  des  Elek 
magnetismus,  in  sein  Recht  eingesetzt.*)  Er  hebt  ausdrücl 
hervor,  dass  man  den  leisen  Laut,  den  der  Strahl  eines  Spr 
brunnens  von  sich  gebe,  von  dem  störenden  Plätschern  sc 
sondern  müsse.  Ein  geübtes  Ohr  vermöge  aber  diesen  Eij 
ton  wohl  herauszufinden,  und  wenn  man  dann  eine  auf  di 
Ton  abgestimmte  Stimmgabel  in  der  Nähe  zum  Schwii 
bringe,  so  werde  der  Strahl  sensitiv,  d.  h.  er  verliere, 
nur  der  erregte  Ton  eine  genügende  Intensität  besitze,  se 
Zusammenhang;  ein  erheblicher  Teil  des  vorher  zusami 
hängenden,  klaren  Wasserstrahles  löse  sich  in  Staubnebel 
zum  Beweise,  dass  die  Schwingungen,  die  nun  in  ihrer  An 
tude  entsprechend  vergrössert  wurden,  schon  vorher  im  Str 
enthalten  gewesen  seien.  Angeregt  von  Oersted,  sprach  ( 
Pohl  den  Satz  aus:^)    Die  von  einem  fallenden  Wasi 


banden  gelten  lassen,  wogegen  wieder  Andere  die  Thatsache  zug 
und  solche  Töne  auch  wohl  selbst  gehört  zu  haben  versichern. 

^)  In  seinem  Bestreben,  alle  irgend  interessanten  akustischen  Ge 
stände  sich  zu  eigen  zu  machen,  hatte  Reuleauz  der  mehrfach  ziti( 
Notizensammlung  auch  viele  litterarische  Daten  über  Wasserfalltöne 
verleibt,  ohne  jedoch  dem  Gedanken  Raum  zu  geben,  ob  diese  letzi 
nicht  auch  zu  dem  Probleme,  mit  dem  er  sich  so  angelegentlich  befa 
in  Kausalbeziehung  stehen  möchten. 

^)  Oersteds  Gesammelte  Schriften,  deutsch  von  Kannegies 
1.  Band  (Der  Geist  in  der  Natur),  Leipzig  1850,  S.  39  ff.  Der  betreff 
Essay  führt  die  besondere  Ueberschrift:  „Der  Springbrunnen.* 

^)  Pohl,  Akustische  Briefe  für  Musiker  und  Musikfreunde,  1.  Bi 
chen,  Leipzig  1853,  S.  83  ff. 


S,  Günther:  Akustisch- Geographische  Probleme.  229 

strahle  ausgelösten  Laute  sind  zusammengesetzt  aus 
einer  Menge  von  musikalischen  Einzeltönen,  Wie  die- 
selben zustande  kommen,  liess  sich  ziemlich  gleichzeitig  er- 
gründen, indem  Magnus,^)  v.  Feilitzsch*)  und  vor  allem 
Tyndall*)  die  Durchsetzung  eines  Flüssigkeitsstrahles 
mit  Luftblasen,  welcher  schon  Venturi*)  und  Buff*)  Be- 
ichtung  geschenkt  hatten,  nach  allen  Seiten  experimentell  er- 
forschten.  Tyndall  hat^)  die  Lehre  von  den  sensitiven  Strahlen 
ftucb  zuerst  systematisch  abgehandelt.  Die  Luftbläschen,  welche 
die  tropfbare  Flüssigkeit  mit  sich  fortreisst,  platzen  unaus- 
g^esetzt  an  verschiedenen  Stellen  des  Strahles,  am  meisten  natür- 
lich in  der  Umgebung  seines  AuffcreflFens  auf  ein  entgegen- 
stehendes Hindernis,  und  diese  winzigen  Explosionsgeräusche 
suirunieren  sich  zu  wirklichen  Tönen. 

Diesen   gegenüber  war  man  lange  gleichgiltig  geblieben. 

Es   ist  das  unbestrittene  Verdienst  zweier  zu  gemeinsamer  Arbeit 

▼öi'hundener  Brüder,  des  Geologen  A.  Heim  und  des  Musikers 

E.     Eeim,  auch  diesen  im  engeren  Sinne  akustischen  Teil  der 

e  von  den  Wasserfalltönen  sorgfältig  studiert  zu  haben.') 


^)  Magnus,  Ueber  die  Bewegung  der  Flüssigkeiten,  Ann.  d.  Phys. 
n.  Ohem.,  80.  Band  (1851),  S.  1  ff. 

')  V.  Feilitzscb,  Ueber  den  Ausfluss  der  Flüssigkeiten  aus  Oeff- 
nun^en  in  dünner  Wand,  ebenda,  63.  Band  (1844),  S.  1  ff. 

^)  Tyndall,  Phenomena  of  Water  Jet,  Philosoph.  Magazine,  (4) 
1.  Band  (1851),  S.  176  ff. 

*)  Venturi,  Recherches  exp^rimentales  sur  le  principe  de  la  com- 
munication  laterale  du  mouvement  dans  les  fluides,  Paris  1797  (Bulletin 
"®  la  Societd  Philomatique).  Gegen  Venturis  Ansicht,  dass  das  strö- 
mende  Wasser  adhärierende  Luft  mit  sich  fortreisse,  ist  Magnus  wohl 
^  Schroff  aufgetreten. 

^)  Buff,  Einige  Bemerkungen  über  die  Erscheinung  der  Auflösung 
^^  gewöhnlichen  Strahles  in  Tropfen,  Ann.  d.  Phys.  u.  Chem.,  27.  Band 
(1832),  s.  162  ff.  Die  im  trüben  Teile  des  Strahles  enthaltenen  Tropfen 
^®^a.en  durch  elektrisches  Licht  sichtbar  gemacht. 

®)  Tyndall,  Der  Schall,  deutsch  von  H.  Helmholtz  und  6. 
^^«demann,  Braunschweig  1869,  S.  292 ff. 

'^)  A.  Heim,  Töne  der  Wasserfälle,  Dinglers  Polytechnisches 
^<^^i^al,  219.  Band,  S.  344  ff.;  E.  Heim,  Töne  der  Wasserfölle,  Verhandl. 
^'  Schweizerischen  Naturforschenden  Gesellschaft,  1874,  S.  209  ff. 


k 


230  Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  vom  6,  Juli  1901, 

Die  Anzahl  der  eigentlichen  Kaskaden  und  kräftig  rauschenden 
Gebirgsbäche,  die  phonetisch  geprüft  wurden,    war  gross,  und 
durchweg  stellte  sich  eine  nahezu  vollkommene  Uebereinstimmung 
des  Prüfungsbefundes  heraus.     Am  deutlichsten  ist  der  C 
Dur-Dreiklang,  begleitet  von  einem  tiefen,  brummen- 
den F.     Dieser  letztere  Ton  erscheint  desto  stärker  ausgebildet, 
je  grösser  die  fallende  Wassermasse  ist;  fallt  das  Wasser  hoch 
herab,  so  kann  man  F  selbst  noch  hinter  Bergen  und  Wäldern 
aus  dem  dumpfen  Getöse  heraushören.    „Wenn  man**,  so  äussert 
sich  E.  Heim,  „am  Ufer  eines  rauschenden  Wassers  ein  Lied 
in  anderer  Tonart  als  in  C  Dur  zu  singen  versucht,  dann  ent- 
stehen sehr  hässliche  Dissonanzen  mit  dem  Wasser.**     Die  vier 
Töne  C,  E,  G,  F,  von  denen  E  sich  am  wenigsten  bemerklicb^ 
macht,  wiederholen  sich,  zum  öfteren  in  verschiedenen  Oktaveft» 
bei  jedem  energischeren  Wassergebrause.  Aus  Privatmitteilungei^ 
von  Prof.  Pechuel-Loesche  geht  hervor,  dass  drei  bekannt^ 
Wasserfalle,  der  Niagara-Fall,  der  Yosemite-Fall  in  Kalifomieti^ 
und  der  Regenbogen-Fall  auf  der  Insel  Hawaii  tiefe  Töne,  wi^ 
von  einer  Riesenorgel,   ertönen  lassen,   wenn   man   nur   seine^ 
Standpunkt  in  hinreichender  Entfernung  gewählt  hat,  um  ie^ 
wuchtigen  Dreiklang   nicht   durch    das  Plätschern   und  Tose^ 
gestört  zu  erhalten.     Auch  die  bekannte  Kalema-Brandung  a.^ 
der  Küste  von  Nieder-Guinea  bringt  (Pechuel-Loesche,  D£^ 
Loango-Expedition,  3.  Band,  I,  Leipzig  1882,  S.  20)  zur  Nacht>- 
zeit,  wenn  andere  Naturstimmen  schweigen,   regelrecht  rhytt-" 
mische  Klänge  hervor. 

Wie  nun  sollen  diese  Wassertöne  das  Reuleaux'sct^ 
Phänomen  zuwege  bringen?  Im  Röderbachthale  selber  sin^:^ 
Wasserfälle  nicht  vorhanden;  wohl  aber  liegen  an  der  kurze*^ 
Laufstrecke  des  Baches  zwischen  seinem  Austritte  aus  der  mehr^ — ' 
genannten  Engstelle  und  seiner  Einmündung  bei  ThroneckeC» 
drei  Mühlen  in  angenähert  gerader  Linie.  Die  Wehier^ 
über  welche  das  Wasser  zu  stürzen  gezwungen  ist,  bewirken»- 
ein  lebhaftes  Brausen,  das,  wie  erwähnt,  auch  dem  entferntet" 
Stehenden  auffällt.  Und  die  Linie  der  Mühlen  ist  gegen  Söd-^ 
Westen  gerichtet,  so  dass  der  aus  dieser  Weltgegend  kommendö 


S.  Crünther:  Akustisch- Geographische  Probleme,  231 

Wind  die  drei  Fälle,  die  an  und  für  sich  zwar  nur  klein  sind, 
in  ihrer  Vereinigung  aber  doch  einen  ganz  stattlichen  EflFekt 
fii^eben,  folgeweise  zu  überstreichen  hat.  So  kann  er  sehr 
wolil  die  Töne,  deren  Entstehungsort  in  seiner  Richtung  liegt, 
unier  besonders  günstig  gelagerten  Umständen  mit  sich  fort- 
fthren  und  in  das  sich  vor  ihm  öflfhende  Thal  hineintragen. 
Seuleaux  liess  einen  Jäger,  der  ein  Waldhorn  bei  sich  hatte, 
Qimiittelbar  nach  der  beschriebenen  Episode  Töne  blasen,  und 
da  zeigte  sich,  dass  das  kleine  C  des  Jagdhornes  sich 
▼ollständig  mit  dem  rätselhaften  Tone  in  der  Luft 
deckte.  Dieses  C  aber  gehört,  wie  wir  sahen,  gerade  zu  den 
typischen  Wasserfalltönen. 

Kann  diese  Erklärung,   welche  erwähntermassen  zunächst 
ftus    einem  Besuche  des  Schauplatzes  hervorgegangen   ist,   den 
Anforderungen   einer   abschliessenden  Theorie  genügen?     Dies 
zu    behaupten,   sind   wir   weit   entfernt.     Gleichwohl  lässt  sich 
2u  ihren  Gunsten  wenigstens  das  anführen,  dass  sie  sich  aus- 
ßchliesslich   auf  feststehende   Thatsachen   stützt   und 
den.   Erfahrungen  grossenteils  entspricht.    Vorzugsweise 
darauf  sei  einiger  Nachdruck  gelegt,    dass,    wenn  die  bewegte 
^uffc  als  Trägerin  der  vom  Wasser   erzeugten  Töne  aufgefasst 
^*"<i,   die   grosse  Seltenheit,    mit  der  das  Phaenomen   offenbar 
auftintt,    nahe   genug   gelegt   wird.     Die   geringste   Ungleich- 
^^^xiigkeit  der  Tonbildung  in  den  drei  Ursprungsstätten  muss 
emo   kumulative  Wirkung  hintanhalten,  und  auch  die  Wind- 
^d^tung  braucht  sich  nur  ein  wenig  zu  ändern,  um  jede  Wir- 
kux:^^  illusorisch    zu    machen.     Wenn    gefragt   werden   wollte, 
weslialb  denn  nicht  auch  das  dumpf  dröhnende  F  gehört  ward, 
so   liesse  sich  erwidern,  dass  dieser  Begleitton  ja  wesentlich  an 
hotien  Wasserstürzen  haftet,  von  denen  hier  nicht  die  Sprache 
ist-      Ueberhaupt    aber    steht    uns    ja    noch    keine    eigentlich 
akustische  Analyse   der   im  Thale   gehörten   Klänge   zur  Ver- 
lesung;   der   einzige   unter   allen   Denen,    die   etwas   von    der 
*^i^^<5heinung  aus  eigener  Erfahrung  wussten,  und  die  zugleich 
dl®    erforderliche    fachwissenschaftliche  Bildung   besassen,    war 
«•^uleaux   selbst,    und  er  that,    was  in  seinen  Kräften  stand, 


232  Sitzung  der  math,-phys.  Glosse  vom  6.  Juli  1901, 

indem  er  durch  einen  Horaruf  den  vernommenen  Ton  fixieite. 
Dieser   war   der   intensivste ;   die   übrigen   Töne   des  Akkord« 
können   mutmasslich   den    ersteren  begleitet  haben,   ohne  dass 
sie  sich  dem  Gehöre   gleich  stark  aufdrängten.     Die  Möglich- 
keit, dass  beim  Durchgehen  des  zum  Tönen  gebrachten  Windes 
durch  den  unteren  Engpass  eine  gewisse  Selektion  der  Tone 
stattgehabt   habe,    so  dass  von   den  der   bewegten  Luft  über- 
mittelten Schwingungszuständen  nur  noch  ein  einziger  Energie 
genug  besessen  hätte,  um  das  Ohr  zu  affizieren,  soll  übrigens 
nicht   geleugnet   werden.     Ein   ungeübtes  Gehörorgan  mag  in 
solchem  Falle    vielleicht   eine   viel    weniger   musikalische  Ein- 
wirkung  erfahren;    der  Forstmeister  Lange   zum    mindesten,  I 
dessen  wir  oben  als  eines  klassischen  Zeugen  gedachten,  ent- 
sinnt sich  nur  eines  heftigen,  ihm  unerklärlichen  Gepolters  ^ 
dunkler   Nacht,    welches    seinen    Begleiter    einmal    derart  er- 
schreckte, dass  er  sich  nicht  an  den  Rendezvousplatz  zu  koD^' 
men  getraute.     Wenn  es  sich  so  verhält,    wie  es  unsere  D^' 
Stellung  wahrscheinlich   zu  machen   sucht,    so   ist    auch  leicW 
zu  verstehen,  dass  der  Weg,  den  die  wandernden  Töne  zurück* 
legen,   nicht  immer  die  gleiche  Länge  zu  haben  braucht.    I^ 
doch  die   schon    aus  früheren  Versuchen   von  Regnault  ui*' 
Mach  folgende  Annahme,  dass  die  Fortpflanzungsgesch windig 
keit  des  Schalles  auch  von  dessen  Stärke  abhängt,  neuerding 
völlig  bestätigt  worden.^)     Der  Wasserreichtum  des  Baches  b^ 
dingt   die  Mächtigkeit   der  Töne,    und  je   nachdem   diese  eid 
grössere  oder  geringere  ist,  wird  auch  die  Zeit  eine  verschiede 


^)  üeber  diese  ältere  Phase  der  die  Schallgeschwindigkeit  als  Fan  1» 
tion  der  Intensität  nachweisenden  Untersuchungen  gibt  Auskunft  Rose  ^c 
berger  (Die  Geschichte  der  Physik  in  Grundzügen,  3.  Teil,  Braunschwef; 
1887—1900,  S.  752  iF.).  Neuere  Bewahrheitungen  des  Erfahrungssati^^ 
dass  sich  Wellen  von  grosser  Amplitude  rascher  als  Wellen  von  kleine 
Amplitude  fortpflanzen,  hat  man  von  Jacques  (Velocity  of  very  hi< 
Sounds,  Silliman's  Journal,  1879,  S.  116  iF.)  und  von  Frechon  (Sur  I^ 
vitesse  des  sons,  La  Nature,  1883,  S.  286  ff.).  Die  Intensität  des  Schalles 
variiert  jedoch,  wenn  die  Tonquelle  ihren  Ort  wechselt,  wie  Segnita 
(üeber  den  Einfluss  der  Bewegung  auf  die  Intensität  des  Schalles,  Ajua- 
d.  Phys.  u.  Chem.,  85.  Band  (1852),  S.  384  ff.)  gefunden  hat. 


S,  Günther:  Akustisch-Geographische  Probleme,  233 

grosse  sein,  nach  deren  Ablauf  erstere  die  Thalmündung  er- 
leicben.  E[iedurch  wird  aber  dann  auch  wieder  die  Hörbarkeit 
der  Töne  im  Bereiche  der  Thalweitung  beeinflusst. 

Wie  schon  bemerkt,  wäre  es  vermessen,  zu  glauben,  mit 
dieser  ZurückfÜhrung  der  Erscheinung  auf  bekannte  Vorgänge 
m  nun  das  Rätsel  endgiltig  und  in  allen  seinen  Teilen  gelöst. 
Da?on  sind  wir  noch  weit  entfernt;  zumal  die  Rolle,  welche 
der  gewiss  nicht  gleichgiltigen  Enge  des  Thalausganges  zuzu- 
weisen ist,  bedarf  noch  sehr  der  Aufklärung.  Sicher  steht  für 
uns  nur  das  Eine,  dass  die  beiden  Phaenomene  von  Triberg 
önd  von  Thronecken  einen  einheitlichen  Charakter  an  sich 
tragen,  und  dass  beide  in  innigem  Zusammenhange  mit 
den  diese  Thäler  durcheilenden  Gewässern  stehen, 

Eeinenfalls   dürfen   wir   daran    denken,    dieselben  aus  der 

gleichen  Ursache  herzuleiten,  welche  dem  dritten  der  drei  oben 

•useinandergehaltenen  Erscheinungskomplexe  zu  gründe  liegt, 

^e  dies  wohl  versucht  wurde.     Dieser   ist   wieder   eine  Sache 

ftr  sich  allein. 

y)  Singende  Felsen.     Dafür,  dass  Felsen  musikalische 
Töne  aus  ihrem   Inneren   hervorgehen   lassen,    liegen   unseres 
Dissens  blos   zwei  Beispiele   vor,    und   zwar   sind   die  beiden 
^^rt;e,  von  denen  dies  mitgeteilt  wird,  einander  nahe  benachbart, 
"idem  sie  sich   an  den  Ufern  des  Orinoko  in  Südamerika  be- 
finden.^)  Wir  verdanken  unsere  Kenntnis  dieser  merkwürdigen 
^^J^ilichkeiten  A.  v.  Humboldt  und  dem  französischen  Reisen- 
"®^     Roulin.     Pechuel-Loesches   afrikanische  Erfahrungen 
^^ST^n   auch   bei   dieser  Gelegenheit  besprochen   werden.     Ein 
weiterer,   von   Gh.  Darwin   mitgeteilter  Fall  dürfte  nur  sehr 
»>6diiigt  dieser  Gruppe  einzureihen  sein. 


^)  Die  ademlicli  häufig,  so  auch  in  der  Humboldt 'sehen  Reisebe- 
•Cu^i'^ibung,  mit  den  Felsentönen  verglichenen  singenden  Geräusche,  welche 
'"^^  in  älterer  Zeit  an  der  Memnonsäule  zu  Theben  und  auch  an  einem 
^^Onpei  ^jea  nahe  gelegenen  Karnak  um  die  Zeit  des  Sonnenaufganges 
8^^Ört  haben  wollte,  bleiben  hier  ausser  betracht.  Menschliche  Artefakte 
^^^n  sich*  nicht  mit  dem  an  Naturerscheinungen  anzulegenden  Mass- 
8ta|>^  messen.    Vgl.  Lepsius,  Briefe  aus  Aegypten,  Berlin  1852. 


234  SiUitng  der  math.-phys.  Clause  vom  6,  Juli  1901, 

Die  Wahrnehmungen  v.  Humboldts^)  mögen  hier  nach 
der  von   ihm   selbst   anerkannten  Uebersetzung  wiedergegeben 
werden,   weil   eine  Paraphrase  die  Deutlichkeit   nicht   zu  ver- 
mehren geeignet  wäre.     »Der  Granitfels,  auf  dem  wir  lagerten, 
ist   einer   von   denen,    auf  welchen  Reisende   zu  Zeiten  g^ 
Sonnenaufgang  unterirdische  Töne,  wie  Orgelklang,  vernommen 
haben.     Die   Missionare    nennen    dergleichen   Steine    laxas  de 
musica.     ,Es    ist   Hexenwerk    (cosa   de   bruxas)*,    sagte   uns» 
junger  Steuermann,  der  kastilianisch  sprach.   Wir  selbst  haben 
diese  geheimnisvollen  Töne  niemals  gehört,  weder  in  Carichana, 
noch  am  oberen  Orinoko;  aber  nach  den  Aussagen  glaubwflr* 
diger  Zeugen  lässt  sich  die  Erscheinung  wohl  nicht  in  Zweifd 
ziehen,  und  sie  scheint  auf  einem  gewissen  Zustande  der  Luft 
zu  beruhen.     Die  Felsbänke  sind  voll  feiner,  sehr  tiefer  Spalten 
und  erhitzten  sich  bei  tage  auf  48  bis  50  Grad.     Ich  fand  oft 
ihre  Temperatur  bei  nacht  an  der  Oberfläche  39®,  während  die 
der   umgebenden  Luft   28°   betrug.     Es   leuchtet   alsbald  ein, 
dass  der  Temperaturunterschied  zwischen  der  unterirdischen  und 
der  äusseren  Luft  sein  Maximum  um  Sonnenaufgang  erreicht, 
welcher   Zeitpunkt   sich   zugleich  vom   Maximum   der  Wanne 
am  vorhergehenden  Tage  am  weitesten  entfernt.     Sollten  nuft 
die  Orgeltöne,    die   man  hört,    wenn    man,    das  Ohr  dicht  aö^ 
Gesteine,    auf  dem  Fels   schläft,    nicht   von   einem  LuftstroDö® 
herrühren,   der  aus  den  Spalten  dringt?    Hilft  nicht  der  Mxf^" 
stand,  dass  die  Luft  an  die  elastischen  Glimmerplättchen  stöss^» 
welche   in  den  Spalten   hervorstehen,    die  Töne  modifizieren? 
Dieses  letzterwähnte  Moment  möchten  wir  nicht  sehr  hoch  eif*-^ 
schätzen;    darin    aber   ist  dem    grossen,    hier   auf  einem  no(^^ 
recht  wenig  bebauten  Felde  sich  ergehenden  Naturforscher  vxx^ 
bedingt    zuzugeben,    dass    die    durch    die    Klüfte    des    Granii^^ 
streichende  Luft  es  ist,  die  sich  akustisch  bethätigt.     Es  frag* 
sich  nur,  wie  wir  uns  die  Modalitäten  dieser  Bethätigung  vof-^ 
zustellen  haben. 


^)  A.  V.  Humboldt,  Relation  historique,  6.  Band,  Paria  1824,  S.  377? 
Gesammelte  Werke  (neue  Cotta'sche  Ausgabe  oline  Jahrzahl),  3.  Band* 
S.  91  ff. 


w^ 


S.  Günther:  Akustisch- Gtographiache  Problewe,  235 


Roulin  erzählt,^)  ein  gleichfalls  granitischer  Felsblock, 
\^.  Ton  seinen  Begleitern  „el  castillo*'  genannt,  habe  durch  seine 
f'  eigentümliche  Schichtung,  d.  h.  durch  die  bekannte  paraklastische 
SSerklüftung  des  Urgesteines,  die  Augen  der  Reisenden  auf  sich 
f^gjdenkt.  Der  Klotz  erwies  sich  nicht  als  massiv,  sondern  als 
^j^Hmduhrartig^  ausgehöhlt.  Durch  zufällige  Berührung  ins 
iwanken  geraten,  sandte  er  tiefe,  sonore  Töne  aus;*)  ab- 
itlich  erteilte  Stösse  dagegen  brachten  zwar  gleichfalls  Ton- 
^eirscheinungen  zuwege,  aber  dieselben  waren  weitaus  schwächer. 
Auch  Roulin  thut  des  spanischen  Wortes  ,|laxas  de  musica'^ 
XSrwähnung  und  bemerkt,  dass  „laxa^  eine  Steinplatte  bedeute. 
Musikalische  Platten  sind  es  also,  welche  am  Orinoko  zu 
finden  sind. 

Die  bekannten  Absonderungserscheinungen  an  plutonischen 
Felsarten  bewirken,  dass  auch  eine  mächtige  Gesteinsmasse  in 
ein  Aggregat  parallelepipedischer  Bestandteile  verwandelt  wird; 
beim  Fortschreiten  des  Verwitterungsprozes«es  fallt  der  Fels 
in  ein  Blockmeer  auseinander.  Dass  die  so  entstehenden 
Spalten  kleinen  Luftmengen  den  Durchzug  gestatten,  versteht 
sich  ganz  von  selbst,  und  damit  ist  auch  gesagt,  dass  zur 
Bildung  von  Reibungstönen  mannigfache  Gelegenheit  geboten 
ist.  Wie  dieselben  jedoch  zu  tiefen,  klangvollen  Orgeltönen 
werden  können,  bedürfte  noch  einer  Erklärung»  und  eine  solche 
möchte  wohl  schwer  zu  erbringen  sein.  Da  fühlt  man  sich 
denn  aufgefordert,  eine  Erscheinung  zur  Aushilfe  heranzuziehen, 
für  deren  Eintreten  alle  Voraussetzungen  gegeben  sind.  Die 
einzelnen  sich  wechselseitig  überlagernden  Platten  können  sich 
unmöglich   ihrer    ganzen   Flächenausdehnung    nach    berühren; 


^)  Roulin,  Note  sur  certains  blocs  granitiques  de  l'Orenoque,  et 
aur  la  cause  des  bruits  qu'on  a  entendus  au  lever  du  soleil,  Bulletin  des 
sciences  mathematiques,  phjsiques  et  chimiques  (de  Ferussac),  11.  Band 
(1829),  S.  52  ff. 

')  „Dans  un  de  ces  bonds  je  frappais  un  mamelon  ahrondi  de  la 
base,  qui,  ä  ma  grande  surprise,  rendit  un  son  plein,  prolonge,  tout-ä- 
fait  analogue  ä  celui  qu'on  produit  en  £i*appant  des  doigts  reunis  la  caisse 
d'un  piano,  dont  le  couvercle  est  leve." 


236  Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  6,  Jtdi  1901. 

die  wirkliche  Berührung  wird  in  der  Regel  auf  einige  wenige 
Punkte  beschränkt  sein.  Sobald  dann  die  Temperierung  der 
beiden  einander  gegenüber  stehenden  Grenzflächen  einen  ge- 
wissen Grad  überschritten  hat,  beginnt  jene  alternierende  Be- 
wegung, welche  bei  dem  in  der  Experimentalphysik  wohl  be- 
kannten Trevelyan-Instrumente  oder  Wackler  Töne  er- 
zeugt.^) Ursprünglich  war  man  in  dem  Wahne  befangen,  zur 
Hervorbringung  dieser  Töne  seien  ausschliesslich  Metallplattea 
geeignet;  Tyndall  dagegen  hat*)  die  Nichtigkeit  dieser  Be- 
schränkung dargethan  und  z.  B.  Steinsalz  als  einen  sehr  leicht 
in  Schwingungen  geratenden  Stoff  aufgezeigt.  Es  wäre  auch 
a  priori  nicht  abzusehen,  aus  welchem  Grunde  eine  Steinplatte 
nicht  dieselben  Dienste  sollte  leisten  können.  Nur  insofen 
werden  Töne  dieser  Art  bei  Materialien  von  anderer  petro- 
graphischer  Zusammensetzung  minder  leicht  hervorzubringen 
sein,  weil  gerade  der  Granit  durch  seine  Tendenz  zur  Zerklüf- 
tung sozusagen  der  Tonbildung  vorarbeitet.  Je  labiler  der 
Gleichgewichtszustand  ist,  in  dem  sich  eine  Gesteinsmasse  be- 
findet, so  dass  dieselbe  leicht  in  eine  oszillatorische  Bewegung 
gerät,  umso  mehr  ist,  wie  dies  Roulins  Erfahrung  augenfällig 
zeigt,  die  Gelegenheit  zur  Hervorbringung  der  Trevelyan-Tön< 
gegeben.  Nicht  völlig  identisch,  aber  doch  nahe  verwandt  si» 
die  Felsentöne,  die  man  nach  Pechuel-Loesche  (Zur  Kenntn 
des  Herero-Landes,  Ausland,  1886,  S.  822  ff.,  S.  852,  S.  89^ 
in  den  Felseinöden  Deutsch-Südwestafrikas  vernehmen  kan 
Es  ist  eine  Art  Musik,  wiewohl  keine  sehr  harmonische;  ^ 
man  sie  etwa  durch  Blasen  auf  einem  Kamme  hervorbring 
Durch  Abschuppung,  Desquamation  (Penck,  Morphologie  i 
Erdoberfläche,  1.  Band,  S.  204)  haben  sich  dünne  Gestein 
schalen   losgelöst,    die   aber  doch   noch   an   einzelnen  Punkte 


^)  Die  Anfangsstadien  unserer  Einsicht  in  die  wahre  Natur  ä 
Wacklers,  dessen  Eigenschaften  man  anfanglich  nicht  in  ihrer  that^äc 
liehen  Einfachheit  erkannte,  kennzeichnet  R  o  s  e  n  b  e  r  g  e  r  (a.  a.  0.,  S.  271  ^ 

^)  Tyndall,  On  the  Vibration  and  Tones  produced  by  the  Cont»« 
of  Bodies  having  different  Temperatures,  Philos.  Magaz.,  (4)  8.  BsSi 
(1854),  S.  252  ff. 


BT^ 


8,  GüntJier:  Akustisch-Geographische  Probleme,  237 

mit  dem  Mutterblocke  zusammenhängen,  und  wenn  nun  der 
Wind  diese  Platten  vibrieren  lässt,  dringen  merkwürdige  Töne 
[  in  das  Ohr  des  erstaunten  Reisenden.  Reine  Reibungstöne 
erscheinen  dagegen  in  einem  anderen  Falle.  Die  durch  Erosion 
oft  unglaublich  zerklüfteten  Lateri tgebilde  Westafrikas  (P  e  c  h  u  e  1- 
Loesche,  Loango-Expedition,  3.  Band,  I,  S.  39;  Kongoland, 
lena  1887,  S.  333)  geben  dem  durch  sie  hindurchstreichenden 
Winde  Gelegenheit,  die  mannigfaltigsten  Klangerscheinungen, 
sogar  heftigen  Lärm,  zu  erzeugen,  so  dass  die  Neger  des 
Ölaubens  leben,  ein  unterirdisch  verborgenes  Riesentier  verrate 
Inf  solche  Weise  seine  Anwesenheit.  Die  Zerrissenheit  des  in 
•Obelisken,  Pyramiden,  Türme  mit  eingestreuten  Mulden  und 
Zmken  aufgelösten,  mürben  Gesteines  begünstigt  in  seltenem 
Masse  die  akustischen  Wirkungen  der  Luftreibung. 

Der  dröhnende  Berg  der  chilenischen  Kordilleren,  von 
welchem  Gh.  Darwin,  der  diesen  „Bramidor*  (Brüller)  nicht 
selbst  gesehen  hat,  auf  Hörensagen  hin  berichtet,^)  gehört, 
worauf  wir  gleich  anfangs  hinwiesen,  aller  Wahrscheinlichkeit 
B&ch  nicht  in  diese  Kategorie.  Ganz  klar  geht  ja  aus  den 
wenigen  Worten  nicht  hervor,  ob  der  rollende  Sand,  der 
JWMxh  Angabe  der  Chilenen  dortselbst  beobachtet  wird,  die  Ur- 
sache der  Tonbildung  oder  nur  eine  zufällige  Begleiterscheinung 
öt.  Lediglich  um  der  Vollständigkeit  willen  musste  aber  auch 
dieser  , singende*  Berg  berücksichtigt  werden. 

III.  Abrupte  Knalle. 

Der  Ton  im  Gegensatze  zum  blossen  Geräusche  bildete 
«as  charakteristische  Erkennungszeichen  für  diejenigen  akustisch- 
8^graphischen  Erscheinungen,  die  in  unserer  zweiten  Abteilung 
abgehandelt  wurden,   wogegen  der  ersten  gewisse,   ihrer  Ent- 

*)  Ch.  Darwins  Reise-Tagebuch,  herausgegeben  von  A.  Kirch- 
^off,  Halle  a.  d.  S.  1893,  S.  380.  Der  im  Thale  von  Copiapö  gelegene 
"^8  gehört  anscheinend  weit  mehr  dem  von  früher  (S.  26  ff.)  bekannten 
^ypU8  Djebel  Nakus  als  demjenigen  der  Laxas  de  Musica  an,  zu  dem 
"^  ihn  hat  stellen  wollen. 


i 


238  Sitzung  der  mathrphys.  Classe  vom  6.  Juli  1901. 

stehung  nach  bekannte  Geräusche  zugewiesen  waren,  die  si( 
unter  günstigen  Umständen  und  unter  Mitwirkung  von  Resonai 
zu  Tönen  ausbilden  konnten.  Von  diesen  letzteren  wii 
nunmehr  gänzlich  abgesehen.  Einziges  Objekt  der  B 
trachtung  sind  jene  dumpfen,  meist  kurz  dauernden  Knal 
welche  vielfach  für  fernen  Geschützdonner  gehalten  werd 
und  in  einzelnen  Fällen  wohl  auch  diesen  Ursprung  hab( 
die  aber  viel  zu  häufig  vorkommen  und  auch  eine  viel 
grosse  geographische  Verbreitung  haben,  als  dass  man  di 
selben  so  leicht  einer  einzigen,  stets  ausreichend 
Erklärungsweise  zu  subsumieren  vermöchte.  Scb 
die  ungemein  grosse  Abwechslung  in  der  Benennung  di« 
Lufterschütterungen  spricht  dafür,  dass  wirklich  ein  recht  vi 
gestaltiges  Phaenomen  der  Aufhellung  wartet.  Bezüglich  ( 
Nomenklatur  kann  man  sich  zunächst  an  den  schon  eingar 
als  wichtige  Quelle  der  Belehrung  angeführten  Aufsatz  v 
L.  Weber^)  und  an  die  kürzere  Skizze  von  Sieger*)  halt« 
Die  niederdeutsche  Bezeichnung  Mistpoeffer,  die  darauf  hi 
deutet,  dass  die  Detonationen  zumeist  bei  nebligem  Web 
(mist  englisch  und  holländisch  =  Nebel)  gehört  werden,  1 
auch  in  unsere  wissenschaftliche  Sprache  Eingang  gefiind( 
die  beste  Uebertragung  in  das  Hochdeutsche  würde  also  Neb( 
knalle  sein.  Auch  als  Nebelrülpse  und  Luftpuffe  weri 
dieselben  gelegentlich  bezeichnet.  Die  Flamänder  verlegen  c 
Sitz  der  Gleichgewichtstörung,  die  sich  in  ihrem  Lande  b€S( 
ders  häufig  bemerklich  macht,  auf  das  Meer  und  sprechen  ^ 
„Zeepoeffers,"  französisch  „Rots  de  mer.*  Wieder  in 
deren  Ländern  ist  vom  Seeschiessen  die  Rede,  und  in 
Schweiz  gibt  es  eine  Menge  Lokalausdrücke,  über  wel 
die  sehr  fleissig  gearbeitete,  diesem  Teile  einer  „akustisc! 
Folklore"    umsichtig  Rechnung    tragende  Studie    des  Gra 


^)  Leonh.  Weber,   Ueber  die  sogenannten  Mistpoeffers,  Schri 
d.  Naturwiasenscli.  Ver.  f.  Schleswig-Holstein,    11.  Band,   S.  66  ff. 
oben  S.  19. 

^)  Sieger,    Seeschiesaen .    Wasserschüsse ,    Nebelrülpse,    Luftpi 
Globus,  71.  Band,  S.  333  ff. 


8.  Günther:  Akustisch- Geographische  Probleme.  239 

eppelin^)  Auskunft  erteilt.  So  kennt  man  im  Kanton  Frei- 
iirg  ein  Murtener  Schiessen;  im  Kanton  Luzem,  wo  sich 
isgleichnamige  Dorf  befindet,  ein  Rothenburger  Schiessen, 
euerdings  endlich  sind  wir  mit  den  bengalischen  Barisal 
uns  (^jKanonen  von  Barisal**)  und,  durch  Cancani,*)  mit 
»r  Marina  Mittelitaliens  bekannt  gemacht  worden,  die  sich 
esonders  in  der  Provinz  Umbrien  hören  lässt.  So  weit  aber 
ach  die  Orte,  von  denen  uns  einschlägige  Nachrichten  zu- 
ingen,  aus  einander  entfernt  liegen  —  und  durch  die  dankens- 
erten  Zusammenstellungen  von  van  denBroeck*)  undPenck*) 
t  unsere  Kenntnis  in  dieser  Hinsicht  noch  beträchtlich  ver- 
lehrt  worden  — ,  so  steht  doch  soviel  fest,  dass  allenthalben 
e  Art  und  Weise,  wie  sich  die  Knallgeräusche  dem  Hörer 
Jrnehralich  machen,*)  eine  wesentlich  übereinstimmende 
t  Damit  soll  jedoch  nicht  entfernt  gesagt  sein,  dass  nun 
ich  rückwärts  von  gleichen  Wirkungen  auf  eine  konstante, 
iveränderliche  Ursache  geschlossen  werden  darf. 

Ob  man  mit  van  den  Broeck  und  Lancaster  die  Kenntnis 
!r  Nebelknalle   bereits   auf   den   englischen  Philosophen   und 

*)  Graf  E.  Zeppelin,  Zum  sogenannten  ^ Seeschiessen*,  Schriften 
Ver.  f.  Gesch.  d.  Boden-Sees  u.  seiner  Umgebung,  25.  Heft,  Lindau  i.  B. 
%,  S.  30  ff. 

*)  Cancani,  Barisal  Guns,  Mistpoeffers,  Marina,  Bollettino 
Ha  Societä  Sismologica  Italiana,  3.  Band  (1897),  S.  222  ff. 

')  van  den  Broeck,  Un  phenomene  mysterieux  de  la  physique  du 
obe,  Ciel  et  Terre,  1695,  S.  447  ff.;  1896,  S.  110  ff.  Von  der  Abhand- 
ög  ist  auch,  unter  gleichem  Titel,  eine  separate  Buchausgabe  (Brüssel 
®6)  erschienen. 

*)  Penck,  Ein  mysteriöses  Phaenomen  der  Geophysik,  Meteorolog. 
itschr.,  14.  Band  (1897),  S.  143  ff.;  16.  Band  (1899),  S.  227  ff.  Nach 
^ß  den  Broeck  gearbeitet,  aber  eine  Menge  neuer  Thatsachen  bei- 
iJigend.  —  Andere  deutsche  Bearbeitungen  der  Monographie  des  belgi- 
^len  Gelehrten  sind  die  folgenden:  Samt  er,  Ein  akustisches  Phaenomen, 
'^mel  und  Erde,  9.  Band  (1897),  S.  380  ff.;  Mistpoeffers,  Ann.  d.  Hydro- 
*Pliie  u.  marit.  Meteorologie,  25.  Jahrgang  (1897),  S.  160  ff. 

^)  Einzelne  Berichterstatter  haben  van  den  Broeck  versichert, 
*'  mit  dem  Gehöreindrucke  eine  merkbare  Erschütterung  des  ganzen 
^fpers  band  in  band  gegangen  sei;  das  scheint  jedoch  eine  seltene 
Qsnahme  zu  sein. 


240  Sitzung  der  math.-phys.  Clause  vom  6,  Jtdi  1901. 

Naturforscher  Lord  Francis  ofVerulam  zurückführen  darf, 
lassen  wir  dahingestellt.^)  Die  Volksmeteorologie  legte  sich, 
den  von  unseren  Gewährsmännern  gegebenen  Proben  gemSsB, 
dumpfe  Laute  in  der  Luft  verschieden  zurecht;  in  Frankreich 
sollten  sie  gutes  Wetter,  in  England,  wie  der  Dichter  Parnell') 
verkündet,  sollten  sie  ßegen  anzeigen.  Auf  einen  festera 
Boden  gelangen  wir  ei*st  im  XVIII.  Jahrhundert,  und  zwar 
war  es  der  später  berühmt  gewordene  Geologe  O.  Fr  aas,  der 
vor  fünfzig  Jahren  die  Naturforscher  aufforderte,*)  sich  mit 
einer  bisher  wenig  beachteten  Erscheinung  zu  beschäftigen,  die 
in  einem  speziellen  Falle  auch  der  bekannte  Alpinist  Hugi*) 
bemerkt  und  in  seinem  gewohnten,  etwas  phantastischen  Stile 
zu  erklären  versucht  hatte.*^)     Fraas  teilt  mit,  dass  im  Oktober 


^)  Bacons  oft  äusserst  konfuse  Ansichten  über  den  Schall  (Sjlvi 
Sjlvarum  or  a  Natural  Historie,  ed.  Rawlej,  London  1631,  CentuiyH 
und  III)  lassen  selten  erkennen,  ob  seine  Behauptungen  einen  thatsädh 
liehen  Befund  zur  Grundlage  haben.  Einigermassen  könnte  noch  voi 
geschichtlicher  Bedeutung  sein  ein  Passus  in  der  Aufzählung  der  va?- 
schiedenen  Witterungsvorzeichen.  Dort  heisst  es  nämlich  (Historia  nato- 
ralis  et  experimentalis  de  ventis,  Leiden  1638,  S.  150):  „Sonitus  a  mon- 
tibus  nemorumque  murmur  increbrescens,  atque  fragor  etiam  nonnulloi 
(sie!)  in  campestribus,  ventos  portendit.  Coeli  quoque  murmur  prodigio* 
8um,  absque  tonitru,  ad  ventos  maxime  spectat.*  Dieser  , donnerlose, 
murmelnde  Laut,''  der  kein  Donner  ist,  kann  vielleicht  als  Mistpoeffer 
gelten. 

2)  Thom.  Parnell,  Poetical  Works,  ed.  Pope,  London  s.  a.  (Nadi 
van  den  Broeck). 

^)  0.  Fraas,  Detonationen  in  den  höheren  Luftschichten,  Jahre»- 
hefte  d.  Ver.  f.  vaterländ.  Naturkunde  in  Württemberg,  6.  JahrganjP 
(1850),  S.  127  ff. 

*)  Hugi,  Naturhistorische  Alpenreise,  Solothurn  1830,  S.  58ff.  Di* 
Wahrnehmungen  des  um  die  Gletscherkunde  verdienten,  gewagten  Speku- 
lationen aber  im  Geiste  der  noch  teilweise  herrschenden  Naturphilosophie 
über  Gebühr  hingegebenen  Mannes  bezogen  sich  auf  das  vereiste  Bot- 
thal  in  der  Jungfraugi'uppe,  dem  der  Volksmund  ohnehin  allerlei  Aben- 
teuerliches nachsagt  (vgl.  v.  Berlepsch,  Die  Alpen,  in  Natur-  ^ 
Lebensbildern  dargestellt,  Jena  1885,  S.  152  ff.). 

^)  Er  war  geneigt,  einen  ohne  optische  Begleiterscheinungen  fO^ 
vollziehenden,  langsamen  Ausgleich  der  beiden  entgegengesetzten  Elek* 


8.  Günther:  Akustisch' Geographische  Probleme,  241 

nd  November  1847  Landleute  in  der  Gegend  von  Balingen 
»'üdwestl.  Württemberg)  entfernten  Donner  bei  heiterem  Himmel 
ehört  und  mit  dem  damals  gerade  entbrannten  Sonderbunds- 
li^e  in  der  Schweiz  in  Verbindung  gebracht  hatten,  was  sich 
berbald  schon  der  Zeit  halber  als  unstichhaltig  herausstellte.^) 
lald  darauf,  zu  Anfang  des  Jahres  1848,  hörte  Fraas  selbst 
ie  fernen  Donnerlaute  im  tiefsten  Frieden.  Schöne  Frühlings- 
nd  Herbsttage  schienen  ihm  das  Phaenomen  besonders  zu  be- 
önstigen,  während  Witterungsumschlag  wirkungslos  verblieb. 
Jle  zwei  bis  fünf  Minuten  Hess  sich,  wenn  man  auf  freier 
löhe  stand,  ein  dumpfer  Schlag  vernehmen,  dessen  Richtung 
aum  angebbar  war.  Es  ist  ein  eigenartiges  Zusammentreffen, 
iss,  wie  wir  vom  Grafen  Zeppelin  erfahren,  im  gleichen 
ahre  1850,  welches  die  Notiz  von  Fraas  brachte,  auch  der 
©kannte  Erforscher  der  deutschen  Heldensage,  Baron  Lass- 
erg  in  Meersburg  am  Boden-See,  seine  schon  längere  Zeit 
[emachten  Beobachtungen  einer  Anzahl  befreundeter  Gelehrten 
ius  Schwaben  vorlegte,  ohne  dass  allerdings  zunächst  weitere 
iteise  hievon  erfuhren. 

Nachdem  wir  so  eine  kurze  Geschichte  der  Studien  über 
Sfebelknalle  gegeben  haben,  tritt  als  nächste  Anforderung  die 
kö  uns  heran,  die  nachgewiesene  geographische  Verbreitung 
Iw  Luftgeräusche  näher  kennen  zu  lernen.  Die  Fragebogen, 
welche  van  den  Broeck  in  sehr  zweckmässiger  Anordnung 
örschickte,  und  der  Sprechsaal,  den  die  Redaktion  der  eng- 
schen  „Nature"  in  dieser  Zeitschrift  für  einschlägige  Mit- 
"Ungen  einrichtete,  haben  es  bewirkt,  dass  ein  recht  statt- 
'hes  Material  zusammenkam.  Zunächst  ist  Flandern  und 
'^rtaupt  das  flache  Belgien,  bis  hinein  in  die  Provinz  Luxem- 
^g,  als  ein  Schauplatz  der  Mistpoeffers  zu  nennen.    Aus  dem 


-^täten  in  der  Atmosphäre,  also  eine  Art  Donner,  zur  Erklärungsbasis 

Nehmen. 

*)  Vom  Grafen  Zeppelin  wird  auch  berichtet,  dass  die  an  Kanonen- 
^Üsse  erinnernden  Nebelknalle  das  im  Kanton  Aargau  kantonnierende 
^^enössische  Heer  in  Verwirrung  gebracht  habe,  bis  dann  Eingeborene 
'^t  den  Sachverhalt  aufklärten. 

1^1.  Sitiongsb.  d.  math.-phyB.  Gl.  17 


242  Sitzung  der  mathrphys.  Classe  vom  6,  Juli  1901. 

nördlichen  Deutschland  und  aus  Skandinavien  fehlen  genauen 
Berichte ;  ^)  dagegen  mangelt  es  an  solchen  gar  nicht  aus  Süd 
Westdeutschland  und  Oesterreich.  Penck,  der  sich  (s.  o. 
namentlich  auf  die  Erfahrungen  von  A.  E.  Forster  berufl 
führt  das  Illergebiet,  die  obere  Donau,  das  Wettersteingebirgj 
das  Gebiet  des  Boden-Sees  im  weitesten  Umfange,  Mähren,  w 
es  einen  „Donnerberg"  geben  soll,  die  Senke  von  Laibach  mi 
ihrem  „Grimberg"  und  Dalmatien  als  Oertlichkeiten  an,  i 
deren  Bereiche  sich  gelegentlich  die  dumpfen  Knallaute  Tei 
nehmen  lassen.  In  Grossbritannien  gilt  Perthsire,  in  Italic 
erwähntermassen  Umbrien  als  das  Land  der  Nebelschüsse.  Aue 
in  Amerika  sind  dieselben  keineswegs  unerhört;  unter  den« 
welche  van  den  Broecks  Anfragen  beantworteten,  befen 
sich  auch  der  Oberstleutnant  Don  neu  x,  der  den  Staat  Colo 
rado,  sowie  Mexiko  und  Zentralamerika  überhaupt  als  Heim 
statten  unserer  Ei*scheinung  namhaft  macht,  und  C.  Sappei 
zweifellos  der  beste  Kenner  der  Geographie  von  Guatemala 
bezeugt  bei  Penck,  dass  in  diesem  Staate  jedermann  mit  solcher 
fernen  Donner  bekannt  sei.  Endlich  verlangen,  wie  gesagl 
die  nach  dem  im  Gangesdelta  gelegenen  Orte  Barisal  zube 
nannten  „Kanonenschläge"  besondere  Beachtung;  dieselben  ei 
strecken  sich  über  ein  weites  Areal  und  werden  sogar  noch  i 
Assam  gehört.  Korrespondenznachrichten  aus  verschiedene 
Teilen  der  niederländischen  Besitzungen  in  Hinterindien  hat  A 
Utrechter  Geologe  Wich  mann  eingeholt  und  in  der  „Natuu 
kundig   Tijdskrift   van  Nederlandsch-Indie**  (1890—1893)  2 


*)  Allerdinga  gehören  zu  den  mancherlei  Rätseln,  welche  der  gro 
Wettern-See  in  Schweden  der  physikalischen  Geographie  zu  raten  a 
gibt,  auch  gewisse  dort  auftretende  Schallerscheinungen.  Allein  i 
Siegers  sorgfaltiger  Darstellung  (Seeschwankungen  und  Strand verach 
bungen  in  Skandinavien,  Zeitschr.  d.  Gesellsch.  f.  Erdkunde  zu  Berl 
28.  Band,  S.  73  ff.)  geht  anscheinend  hervor,  dass  die  dortigen  Schall^ 
rausche  auf  das  engste  mit  Vorgängen,  welche  sich  innerhalb  des  Si 
beckens  selbst  vollziehen,  zusammenhängen,  so  dass  also  wohl  eine  äussi 
liehe  Aehnlichkeit,  nicht  aber  eine  innere  Verwandtschaft  mit  den  Lu 
knallen  bestehen  würde. 


S,  Günther:  Akustisch- Geographische  Probleme.  243 

Kenntnis  gebracht.    Aus  Südamerika  sind  nur  vereinzelte  Mel- 
I   düngen,  und  zwar  von  seiten  der  deutschen  Reisenden  Meyen^) 
und  V.  Bibra,*)  zu  uns  gedrungen.    Der  erstgenannte  huldigte 
der  Meinung,  dass  das  von  ihm  angeblich  gesehene,  in  Wirk- 
lichkeit aber  wohl  in  das  Reich  der  optischen  Täuschungen  zu 
ierweisende  „Nachleuchten  erloschener  Krater"  gewöhnlich  von 
tmem  fernen   Dröhnen   begleitet   sei.     Der   ruhige   v.  Bibra 
l^ubt  zwar  die  Lichterscheinung  ebenfalls  wahrgenommen  zu 
haben,  kann   sich    aber  des  dumpfen  Donners,    den    sein  Vor- 
gänger gehört  haben  wollte,  mit  Bestimmtheit  nicht  entsinnen. 
Aus  Afrika  endlich  stammt  nur  eine  vereinzelte  Mitteilung  über 
unerklärliche   Lufterschütterungen    am  Kongo.     Von  Professor 
Pechuel-Loesche  wird  uns  allerdings  mitgeteilt,  dass  er  die 
oewnssten  Knalle,    die   ihm  auch   in  den   irischen  Mooren  und 
f    JD  den  „Plains"  Nordamerikas   aufgefallen    waren,    sehr  schön 
*^    »Bulambembo-Point*    oberhalb    der   Kongomündung    ver- 
kommen habe.     Dieses  Negerwort  würde  sich  auch  am  besten 
^^^  »Echo*   verdeutschen  lassen. 

Der  ziemlich  zahlreichen  positiven  Nachrichten  aus  der 
Schweiz  —  Seeschüsse,  Rotthaler  Schiessen,  Rothenburger 
Scniessen,  Murtener  Schiessen  —  war  bereits  im  unmittelbaren 
Zusammenhange  mit  der  geschichtlichen  Entwicklung  unseres 
Wissens  von  diesen  Dingen  zu  gedenken.  Auch  Dalmatien 
^^^^  (s.  0.)  unter  den  in  betracht  kommenden  Ländern  ge- 
legentlich genannt.  Wir  behalten  uns  jedoch  vor,  am  Schlüsse 
dieses  Abschnittes  den  dalmatinischen  Vorkommnissen  eine  be- 
sondere Erörterung  zu  teil  werden  zu  lassen,  deren  Resultat, 
wie  \vij.  glauben,  darin  besteht,  dass  jene  ihrem  ganzen  Wesen 
naco.    YQjj  ^ßjj  Nebelknallen  ganz  und  gar  abweichen. 

-Man  sieht,  dass  ein  erheblicher  Teil  der  Erdoberfläche  als 

M.^r  uns  interessierenden  Erscheinung  in  betracht  zu  kommen 

Gerade  aber  der  Umstand,    dass    ausgedehnte  Areale,  ja 


^)  Meyen,  Reise  um  die  Erde  in  den  Jahren  1830,  1831  und  1832, 
•  ^nd,  Berlin  1835,  S.  349  ff. 

*)  V.  Bibra,  Die  Algodon-Baj  in  Bolivien,  Wien  1852,  S.  30. 

17* 


244  Sitzung  der  math.-phys,  Classe  vom  6,  Jtdi  1901, 

sogar  ganze  Kontinente  nichts  verlauten  lassen,  spricht  dafür, 
dass  eine  gemeinschaftliche  Ursache,  niit  deren  Auf- 
deckung das  Problem  endgiltig  gelöst  wäre,  nicht  vorh  ander 
ist.  Die  grossen  Schwierigkeiten  liegen  eben  darin,  dass  ein« 
wahre  Unzahl  von  Hypothesen  sich  zusammengefunden  hat 
um  deren  Sammlung  sich  besonders  van  den  Broeck  sek 
verdient  machte. 

Wir  setzen,  weil  ein  Gegenbeweis  sich  zur  Zeit  höchstem 
im  Einzelfalle  führen  lässt,  voraus,  dass  alle  diese  als  Luft 
knalle  bezeichneten  Detonationen  wenigstens  äusserlich,  wem 
auch  nicht  ihrem  eigentlichen  Wesen  nach,  einen  einheitlicher 
Charakter  besitzen.^)  Damit  ist  erwähntermassen  noch  keinerle 
Gewähr  für  einheitliche  Herkunft  gegeben.  Wie  wenig  au 
Hypothesen,  zu  deren  Begründung  zufällige  Wahmehmungei 
eben  nicht  ausreichen,  zu  geben  ist,  bezeugt  eine  Uebersich' 
über  die,  welche  bisher  schon  aufgestellt  worden  sind.  HalleJ 
und  Moulan  appellieren  an  die  Gezeiten  des  Meeres,  und  zwa 
denkt  sich  der  eine  von  beiden,  dass  das  ansteigende  Wasse 
in  Höhlungen  des  Ufers  hineingepresst  werde,  während  der  an 
dere  annimmt,  die  in  den  Uferböschungen  befindliche  Luft  er 
leide  eine  Zusammendrückung  und  mache  sich  gewaltsam  Bahn 
Das  blosse  Brandungsgeräusche  wollen  De  Brandner  und  de 
Italiener  Agamemnone  für  die  dumpfen  Luftschläge  verani 
wortlich  machen.*)     De  Meuse  hält  dafür,    dass  vom  Wass< 

^)  Sichergestellt  ist  dies  ganz  und  gar  nicht.  So  werden  wir  v« 
Goodwin-Austen  (The  Barisal  Guns  and  similar  Sounds,  Natu: 
53.  Band  (1895),  S.  247  ff.)  belehrt,  dass  die  Wasserschüsse,  welche  G. 
Scott  im  Indischen  Ozean  konstatierte,  in  ihrem  abrupten  Klange  si 
von  den  rasselnden,  polternden  Geräuschen  von  Barisal  doch  ganz  erh£ 
lieh  unterschieden. 

2)  Für  a  priori  verwerflich  möchten  wir  diese  Anschauung  nie 
halten.  Prof.  Wiechert  hat  in  einem  Vortrage,  den  er  auf  der  int« 
nationalen  Erdbebenkonferenz  zu  Strassburg  i.  E.  hielt,  bemerkt,  dass  l 
genauem  Studium  der  mikroseismischen  Bodenbewegungen  mancher  vi 
der  nächsten  Meeresküste  ziemlich  weit  entfernter  Stationen  die  Mo 
lichkeit  sich  ergebe,  eine  Beeinflussung  der  Indikatoren  durch  die 
regelmässigen,  sich  rasch  wiederholenden  Stössen  sich  bethätigende  Akti( 
der  Brandungswogen  zuzulassen. 


S,  Günther:  Äktistisch-Geographische  Probleme.  245 

bsorbierte  Luft  sich  ersterem  wieder  entringe,  und  auch  an 
landeruptionen  auf  dem  Meeresboden  hat  man  gedacht.  Elek- 
rische  Entladungen  innerhalb  der  Erdkruste  ziehen  Donneu x 
mdv.  Pitteur-Hiegarts  zur  Erklärung  heran.  Begreiflicher 
rt  die  Vermutung,  dass  unvermeidliche  Erdrutschungen  sich 
«f  grosse  Entfernungen  hin  akustisch  bethätigen  könnten; 
imal  auch  für  die  Barisal  Guns  liesse  sich  diese  Annahme 
erwerten,  gegen  die  allerdings  von  Schur  eingewendet  wird,^) 
ie  grosse  Hörbarkeitssphäre  wolle  nicht  recht  zu  einem  rein 
rtlichen  Ereignis  passen.  Ja  sogar  die  Töne  des  Trommel- 
sches  (Drum  Fish),  so  meinen  die  Amerikaner  Kain  und 
'leveland  Abbe,*)  möchten  gelegentlich  mit  den  MistpoeflFers, 
eren  Ursprung  freilich  auch  ein  anderer  sein  könne,  ver- 
wechselt worden  sein. 

Hielten  sich  diese  meist  nur  kurz  hingeworfenen  Andeu- 
'ögen  an  die  feste  Erde  und  ihre  Wasserbedeckung,  so  fehlt 
doch  auch  nicht  an  Deutungsversuchen  atmosphärologischer 
*tur.  Hugis  Hinweis  auf  elektrische  Ausgleichserscheinungen 
'det  bei  van  den  Broeck  eine  der  Erkenntnis  der  Gegen- 
^H  besser  angepasste  Wiederbelebung.  Während  ferner 
nckheere  sich  damit  begnügt,  eine  plötzliche  Störung  des 
'gere  Zeit  herrschend  gewesenen  labilen  Gleichgewichtes  der 
ftschichten  als  Grund  anzusprechen,  wollen  Cobbaert  und 
^  Overloop  den  Hergang  schärfer  praezisieren,  indem  sie 
Einwirkung  der  Sonnenstrahlen  auf  Nebelmassen  die 
^igkeit  zuschreiben.  Töne  zu  erzeugen.  Wie  aber  geschähe 
^?  Die  Meteorologie  kennt  kein  Analogon;  die  Physik 
^  keinen  Anhaltspunkt,  der  Töne  oder  auch  blos  diffuse 
terschütterungen    dieser   Art    verständlich    zu    machen    im- 


^)  H.  S.  Schur,  Barisal  Guns,  Nature,  61.  Band  (1899),  S.  60. 

*)  ü.  S.  Monthlj  Weather  Review,  1898.     üebrigens  hält  Cleve- 

^   Abbe   es   auch   nicht  für  unwahrscheinlich,   dass  das  Wasser  uns 

*^nter  die  mit  Seebeben  verbundenen  seismischen  Geräusche  zuträgt; 

^viine  earthquakes  occuring  at  the  bottom  of  the  neighbouring  ocean* 

föchten  auch  derartige  Knalle  auszulösen. 


246  Sitzung  der  maihrphys.  Classe  vom  6,  JtUi  1901, 

stände  wäre.  Tiefer  eindringend,  sucht  sich  Lieckfeldt^) 
eine  Vorstellung  von  dem  Akte  des  Verdampfens  der  Wasser- 
kiigelchen  zu  machen,  welche  in  der  Luft  schweben  und,  so- 
lange ihr  Durchmesser  eine  gewisse  Grösse  nicht  überschreitet 
in  ihrer  Gesamtheit  als  Nebel  oder  Wolken  erscheinen.  Di« 
nachstehende  These  soll  den  Schlüssel  des  Geheimnisses  ent' 
halten:  „Bei  der  Verdunstung  der  Nebelbläschen*)  tritt,  eben» 
wie  beim  Sieden  festgestellt  ist,  unter  gewissen  günstigen  Um- 
ständen die  Erscheinung  des  Siedeverzuges  ein  —  höchst  wahr- 
scheinlich auch  umgekehrt  beim  Beginn  der  Nebelbildung  eia* 
Hintanhaltung  des  Niederschi agens.*  Wenn,  so  wird  argu 
mentiert,  die  kleinen  Wassertropfen  eine  Temperatur  ange 
nommen  haben,  bei  der  sie  längst  schon  ganz  aufgelöst  seil 
sollten,  so  tritt  ein  Moment  ein,  der  mit  jähem  Explosionsruck- 
die  Ueberführung  in  den  gasförmigen  Aggregatzustand  herbei 
führt.  Nun  ist  zuvörderst  zu  bemerken,  dass  der  Vergleicl 
mit  der  als  Siedeverzug  angeführten  Erscheinung  nicht  rech 
stimmt;  letztere  beruht  ja  darauf,  dass  der  Flüssigkeitstropfen 
dem  Leidenfrost'schen  Versuche  entsprechend,  in  den  söge 
nannten  sphaeroidalen  Zustand  übergeht,  der  dann  aller 
dings  ein  plötzliches  Ende  erreicht.  Sollte  es  ein  Analogoi 
dieses  Zustjindes  geben,  wenn  nicht  vom  abrupten  Sieden,  soa 
dern  lediglich  vom  langsamen  Verdampfen  die  Rede  ist?  S 
achtbar  das  Streben  auch  ist,  ein  Motiv  für  explosive  Vorgang 
in  der  Luft  bei  deren  gewöhnlicher  Zusammensetzung  nachz^ 
weisen,  so  müssen  wir  doch  an  der  Berechtigung  eines  dei 
artigen  Verallgemeinerns  physikalischer  Wahrheiten  uuse 
Zweifel  äussern.  Und  vor  allem:  Könnte  ein  solches  Au 
kochen  der  Wasserkörperchen  ein  beschränktes,  regi 
nales  Vorkommnis  bleiben,   müsste  man  nicht  über^ 


*)  Lieckfelclt,  Versuch  zur  Erklärung  der  Mistpoeflfers ,  S 
schicssen  u.  s.  w.,  Ann.  d.  Hydrogr.  u.  marit.  Meteorologie,  25.  Jahrga 
(18<J7),  S.  308  ff. 

2)  I)as9  die  kleinsten  Bestandteile  einer  Wolke  nicht,  wie  Clansi 
wollte,  hohle  Bläschen,  sondern  massive  Wassorkcirperchen  sind,  wi 
heute  allgemein  zugestanden. 


8,  Günther:  Akustisch- Geographische  Probleme.  247 

uf  der  Erde  dann  und  wann  ähnliche  Folgen  einer 
erzögerten  Verdunstung  erwarten?  Die  freie  Atmo- 
pliäre  kann  kaum  der  Ort  sein,  der  den  Luftknallen,  wenn 
üeser  Ausdruck  gestattet  ist,  zum  Leben  verhilft. 

L.  Weber,  dem  in  der  Hauptsache  auch  Sieger  bei- 
iflichtet,  glaubt  dreierlei  Möglichkeiten  des  Entstehens  der 
Sebelschüsse  auseinanderhalten  zu  sollen.  Bewirken  anor- 
naleLeitungs-,  Resonanz-  oder  Brechungsverhältnisse 
>ine  ungewöhnliche  Verbreitung  gewisser,  wie  immer 
tntstandener  Detonationen?-  Gibt  es  natürliche  An- 
ässe  der  Lufterschütterung,  die  sich  unserem  Gehör- 
organe in  der  angegebenen  Weise  bemerklich  machen? 
i^ann  ein  Mistpoeffer  vielleicht  als  Kombinationston 
ufgefasst  werden,  wie  er  sich  z.  B.  im  tönenden  Echo 
tisspricht?  Letzteres  dürfte  unbedingt  zuzugeben  sein; 
^ppels  und  v.  Fischers  Reflexionstöne  (s.  o.),  sowie  ein  von 
'.Weber  selbst  angegebenes,  einfaches  Experiment*)  liefern 
ie  unzweideutigen  Belege  dafür.  Dass  die  erste  und  zweite 
V^eber'sche  Frage  zusammengehören,  liegt  ebenfalls  am  Tage. 
Penn  wir  also  davon  abstand  nehmen,  dass  doch  wohl  gar 
•ancher  scheinbar  geheimnisvolle  Knall  auf  menschliche  Initia- 
le hindeutet,*)   so  müssen  wir  die  Fragestellung  noch  etwas 


^)  L.  Weber,  Mitteilung  über  einen  die  MistpoelFers  betreffenden 
'•"Such.  Sehr.  d.  Naturw.  Ver.  f.  Schleswig-Holstein,  11.  Band,  2.  Heft. 

*)  Dass  es  denkbar  sei,  ferner  Kanonendonner  sei  hin  und  wieder 
'"  auch  die  Ursache  des  bewussten  Krachens,  ist  wiederholt  bemerkt 
''^en;  so  von  Jottrand,  Hallez,  De  Skryvere,  De  Pauw,  van 
^^orn.  Penck  und  der  Verf.  (Handb.  d.  Geophysik,  2.  Band,  S.  43) 
*^en  für  die  Fläche,  auf  der  die  bayerischen  Artillerieschiessübungen 
^hfeld)  gehört  werden,  einen  bedeutenden  Teil  der  schwilbisch-bayeri- 
^^  Hochebene  in  ansprueh.    Mit  Eifer  hat  sich  der  Frage  angenommen 

britische  Erdbebenforscher  Davison  (The  Distance  to  which  the 
ög  of  Heavy  Guus  is  heard,  Natnre,  62.  Band  (1900),  S.  377  ff.).  Seine 
Ehrungen  stützen  sich  auf  die  Schiessversuche  der  englischen  und 
^^'Ösischen  Marineartillerie   zu  Spithead  (1897)  und   Cherbourg  (1900). 

Weiteste  Entfernung,  bis  zu  welcher  sich  in  diesen  beiden  Fällen 
Schall  fortgepflanzt  hatte,   betrug    130  Miles   (rund  207  km).     Aber 


248  Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  vam  6.  Juli  1901. 

bestimmter  fassen,  indem  wir  die  folgende  Form  wählen:  Ge- 
hören die  unter  so  verschiedenen  Namen  bekannten 
Gehörerscheinungen  der  Atmo-,  Hydro-  oder  Litho- 
sphäre  der  Erde  an?  Wenn  wir  über  dieses  Grundpostulak 
Klarheit  erhalten,  so  sind  wir  auch  der  Lösung  der  Aufgabe, 
die  Entstehungsursache  zu  ermitteln,  um  ein  gutes  Stück  näher 
gekommen. 

Welche  Umwandlungen  in  der  Luft  oder  im  Wasser  tot 
sich  gehen  könnten,  um  bei  heiterem  Himmel  und  bei  ruhig« 
See  Schallphaenomene  von  immerhin  nicht  ganz  unbeträcht- 
licher Intensität  auszulösen,  das  entzieht  sich  so  völlig  unserer 
Kenntnis,  dass  wir  ein  gutes  Recht  haben,  auf  die  Herbei— 
Ziehung  von  Hypothesen,  die  nur  ad  hoc  ersonnen  worden  sind 
und  nur  sehr  locker  im  Boden  der  Wissenschaft  wurzeln,  Ver*— 
zieht  zu  leisten.  Man  kann  nicht  sagen,  eine  unserem  KausA— 
bedürfnis  wirklich  genügende  Herleitung  der  MistpoefiFers  aau^ 
bekannten  Gesetzen  der  Lehre  von  den  tropfbaren  und  elast»-- 
schen  Flüssigkeiten  sei  einfürallemal  unmöglich;  wohl  ab^^ 
darf  man  behaupten,  dass  vorläufig  auf  eine  in  diesem  Sini».^ 
gehaltene  Erklärung  keine  grosse  Hoffnung  zu  setzen  is^fc 
Dann  jedoch  besteht  eine  um  so  entschiedenere  Pflicht,  all-^ 
denkbaren  Fälle,  die  sich  für  eine  Rückführung  unserer  KnalB-- 


auch  sonst  weiss  die  Kriegsgeschiclite  von  grossen  Distanzen  zu  berichtei 
sogar  von  200  Miles  (rund  305  km).     Bei   so   weitem  Abstände  von  de^  ^ 
Schallquelle  kann  das  Ohr  nichts  als  nur  einen  ganz  unbestimmten  Eii 
druck  empfangen .     Pechuel-Loesche  warnt,  auf  reichliche  eigene  Ei 
fahrung  gestützt,    davor,    den   dröhnenden  Schlag   entfernten  Geschüt 
feuers  mit  dem   eigentlichen  Mistpoeffers    zu   verwechseln.     Am  4.  J« 
1901  z.  B.  vernahm  dieser  Geograph  in  seinem  Wohnorte  Erlangen  M 
Morgen  charakteristische  Luftknalle,  aber  durch  sofort  an  Ort  und  Stell* 
eingezogene  Erkundigungen   ergab   sich,   dass  gerade   um  diese  Zeit  4« 
bayerische  Feldartillerie  auf  dem   um  mehr  denn  80  km  von  Erlangcc^^ 
entfernten  Schiess^Dlatze  von  Hammelburg  (ünterfranken)  Gefechtsübung«^^ 
abgehalten  hatte.     Auch  Minensprengungen  können  als  Mistpoeffff""^^ 
wirken,  und  zwar  umso  eher,  als  ja  die  Explosion  gar  nicht  an  der  fteieß 
Luft  stattfindet.     Forel  hat  (Graf  Zeppelin,  a.  a.  0.,  S.  45ff.)  dampfe 
Töne,  die  er  vernahm,  so  lange  nicht  zu  deuten  gewusst,  bis  er  erfthr» 
dass  in  den  Steinbrüchen  von  Meillerie  mit  Sprengpulver  gearbeitet  wurde. 


S,  Günther:  Äkustsich- Geographische  Probleme.  249 

Erscheinungen  auf  endogene,  dem  Bereiche  der  Erdrinde  — 
oder  auch  allenfalls  des  Erdinneren  —  angehörige  Prozesse  zu 
eignen  scheinen,  in  ernste  Erwägung  zu  ziehen.  Und  damit 
*ist  denn  auch  in  neuester  Zeit  ein  viel  versprechender  Anfang 
gemacht  worden. 

Die    Herstellung    einer   Verbindung    zwischen    Nebel- 
knallen  und  Erdbebengeräuschen  liegt  nahe  genug.    Die 
letzteren  bilden  in  den  seismologischen  Schriften  ein  stehendes 
Kapitel,   so  dass   es  hier   bei  wenigen  Verweisungen   sein  Be- 
'^enden   haben   kann.     Hoernes    hat    die   darauf  bezüglichen 
Nachrichten  vereinigt   und  besprochen;^)    es  erhellt,    dass   die 
''^iden  Gruppen  von  Erscheinungen  nicht  notwendig  zusammen- 
gehören, dass  es  Erdstösse  ohne  Detonationen  und  unterirdische 
Geräusche  ohne  begleitende  Erderschütterung  gibt,    dass   aber 
^^  Wahrscheinlicher  Zusammenhang  immerhin  anzunehmen  ist. 
^  nennt   auch   Boussingault*)   zwar    den   dem   Stosse   fol- 
genden  Schall   eine    „Erscheinung    für   sich**,    aber   doch    eine 
soJcli^^  deren  Eintreten  ohne  die  vorhergehende  mechanische  Aus- 
'ösun  gsursache  nicht  zu  erwarten  wäre.^)    Die  akustische  Ana- 
lyse   cJer  seismischen  Begleitphänomene  lässt  noch  zu  wünschen 
übri^  ,   und   es   sind  dieselben  oflfenbar  auch   in  vielen  Einzel- 
lallerx  so  überaus  vielgestaltig,  dass  die  Beschreibung  nur  schwer 
^^    nichtigen  Worte    findet.*)     Dumpfes   Rollen   und   Brausen 

*)  R.  Hoernes,  Erdbebenkunde,  Leipzig  1893,  S.  74  ff.  Vgl.  auch 
^•"^^^bach,  Das  mitteldeutsche  Erdbeben  vom  G.  März  1872;  ein  Bei- 
^^    ^ur  Lehre  vom  Erdinneren,  Leipzig  1878,  S.  HO  ff. 

^)  Boussingault,  Sur  les  detonations  constatoes  pendant  les 
trenxVilements  de  terre,  Compt.  rend.  de  l'acad  frany.,  9;5.  Band  (1881), 
S.  105  ff. 

^)  Verbreitet  haben  sich  hierüber  auch  zwei  englische  Gelehrte  in 
eiUQ).  Jlrjbeben-Monographie  (Meldola-White,  East  Anglian  Earthquake 
^^  ^Bö4,  London  1885,  S.  55  ff.). 

*)  Auf  den   Santorin-Inseln,   wo   natürlich   die   Erdbeben   das   rein 

^^Ikanische  Gepräge  tragen,  hatte  Jul.  Schmidt  Gelegenheit,  sich  mit 

^^    unterirdischen    Dröhnen    vertraut    zu    machen.      Er   unterscheidet: 

»"^Usen,   Heulen,    Orgelton,    Pfeifen,    liollen,    Donner,   Lärm,    Gurgeln, 

^^^Uen*  (Vulkanstudien  bei  Santorin,  Gaea,  18.  Jahrgang  (1882),  S.  645). 


k 


250  Sitzung  der  math.'phys.  Classe  vom  6,  Juli  1901, 

scheint  die  Regel  zu  sein;  mitunter  wird  aber  auch  nur  ein 
einziger,  heftiger  Knall  verzeichnet.^)  Die  sorgfaltigsten  neueren 
Untersuchungen  hierüber  haben  uns  Milne*)  und  Davison') 
geliefert,  und  zumal  die  Vergleichungen ,  welche  der  zweit-* 
genannte  hinsichtlich  des  Verhältnisses  der  Verbreitung  von 
Schall  und  mechanischer  Wirkung  angestellt  hat,  dürften  sehr 
geeignet  sein,  auch  auf  die  dunkle  Sache,  die  uns  beschäftigt, 
einiges  Licht  zu  werfen.  Vor  allem  wird  dargethan,*)  dass 
Hörraum  und  Beschädigungsraum  sich  durchaus  nicht 
zu  decken  brauchen,  dass  es  Gegenden  gibt,  innerhalb  deren 
das  Erdbeben  starke  Zerstörungen  ausübt,  ohne  das  Gehör- 
organ zu  beeinflussen.  Ueber  diejenigen  subterranen  Geräusche, 
welche  sich  ab  und  zu  in  furchtbarer  Heftigkeit  vernehmen 
lassen,  ohne  dass  auch  nur  eine  stärkere  Erzitterung  des  Bodens 
parallel  ginge,  waren  schon  früher  Nachforschungen  angestellt 
worden.^)    Es  liegt  mithin  nahe  genug,  zu  vermuten,  dass  die 


^)  Ein  recht  charakteriatisches  Vorkommnis  dieser  Art  führt 
V.  Radios  an  (Historische  Erdbebennotizen  aus  Krain  und  den  Nachbar- 
ländern, Erdbebenwarte,  1.  Jahrgang,  S,  17). 

2)  J.  Milne,  Note  on  the  Sound  Phenomena  of  the  Earthqaakei, 
Transact.  of  the  Japan  Seismological  Society,  12.  Band,  S.  53  ff. 

^)  Davison,  On  the  Nature  and  Origine  of  Earthquake-Sounds^ 
Geolog.  Mag.,  (3)  9.  Band  (1892),  S.  208  ff. 

*)  Meldola-Davison,  Curious  Aerial  or  Subterranean  Sounds,  Na — 
ture,  53.  Band  (1895),  S.  4.  „In  great  earthquakes,  the  Sound  Area  » 
confined  to  the  neighbourhood  of  the  epicentre;  in  moderate  and  sligh^t 
shoks  the  Sound  Area  and  disturbed  area  approximately  coincide,  orth^ 
Sound- Area  niay  even  overlap  the  disturbed  area.  In  the  limiting  cas^- 
the  disturbed  area  vanishes,  and  the  vibrations  are  perceptible  only  *^ 
sound." 

^)  Detaillierte  Mitteilungen  über  unterirdisches  Rollen  sind  o^~ 
durch  A.  v.  Humboldt  im  ersten  Bande  des  , Kosmos*  (Neue  Ausga^^^ 
der  Werke,  I.Band,  S.  148  ff.),  durch  Perrey  (Memoire  sur  les  trembi^ 
ments  de  terre  ressentis  en  France,  en  Belgique  et  en  Hollande  depi^ 
le  4"ie  siecle  jusqu'ä  1843,  Brüssel  1845)  und  durch  Daubree  (Les  regio^ 
invisibles  de  la  terre,  Paris  1888,  S.  121  ff'.)  zugekommen.  Ersterer  8ch£  ^ 
dert  als  den  ausgezeichnetsten  Fall  dieser  besonders  unheimlichen  E^ 
scheinung  die  ,.bramidos  y  truenos  subterraneos"  in  der  mexikanischer^ 
Stadt  Guanoxuato,  die  mehrere  Wochen  lang  anhielten,   ohne  dass  aic^ 


S,  Günther:  Äkustsich- Geographische  Probleme,  249 

erscheinungen  auf  endogene,  dem  Bereiche  der  Erdrinde  — 
oder  auch  allenfalls  des  Erdinneren  —  angehörige  Prozesse  zu 
eignen  scheinen,  in  ernste  Erwägung  zu  ziehen.  Und  damit 
ist  denn  auch  in  neuester  Zeit  ein  viel  versprechender  Anfang 
gemacht  worden. 

Die  Herstellung  einer  Verbindung  zwischen  Nebel- 
knallen und  Erdbebengeräuschen  liegt  nahe  genug.  Die 
letzteren  bilden  in  den  seismologischen  Schriften  ein  stehendes 
Kapitel,  so  dass  es  hier  bei  wenigen  Verweisungen  sein  Be- 
wenden haben  kann.  Hoernes  hat  die  darauf  bezüglichen 
Nachrichten  vereinigt  und  besprochen;^)  es  erhellt,  dass  die 
beiden  Gruppen  von  Erscheinungen  nicht  notwendig  zusammen- 
gehören, dass  es  Erdstösse  ohne  Detonationen  und  unterirdische 
Geräusche  ohne  begleitende  Erderschütterung  gibt,  dass  aber 
ein  wahrscheinlicher  Zusammenhang  immerhin  anzunehmen  ist. 
So  nennt  auch  Boussingault^)  zwar  den  dem  Stosse  fol- 
genden Schall  eine  „Erscheinung  für  sich**,  aber  doch  eine 
solche,  deren  Eintreten  ohne  die  vorhergehende  mechanische  Aus- 
lösungsursache nicht  zu  erwarten  wäre.^)  Die  akustische  Ana- 
lyse der  seismischen  Begleitphänomene  lässt  noch  zu  wünschen 
übrig,  und  es  sind  dieselben  ofifenbar  auch  in  vielen  Einzel- 
fallen so  überaus  vielgestaltig,  dass  die  Beschreibung  nur  schwer 
die   richtigen  Worte   findet.*)     Dumpfes   Rollen   und   Brausen 


*)  R.  Hoernes,  Erdbebenkunde,  Leipzig  1893,  S.  74  ff.  Vgl.  auch 
V.  Seebach,  Das  mitteldeutsche  Erdbeben  vom  G.  März  1872;  ein  Bei- 
trag zur  Lehre  vom  Erdinneren,  Leipzig  1873,  S.  110  ff. 

2)  Boussingault,  Sur  les  detonations  constatees  pendant  les 
tremblements  de  terre,  Compt.  rend.  de  l'acad.  fran9.,  93.  Band  (1881), 
S.  105  ff. 

')  Verbreitet  haben  sich  hierüber  auch  zwei  englische  Gelehrte  in 
einer  Erdbeben-Monographie  (M  e  1  d  o  1  a  -  W  h  i  t  e ,  East  Anglian  Earthquake 
of  188-4,  London  1885,  S.  55  ff.). 

*)  Auf  den  Santorin-Inseln,  wo  natürlich  die  Erdbeben  das  rein 
vulkanische  Gepräge  tragen,  hatte  Jul.  Schmidt  Gelegenheit,  sich  mit 
dem  unterirdischen  Dröhnen  vertraut  zu  machen.  Er  unterscheidet: 
„Brausen,  Heulen,  Orgelton,  Pfeifen,  Rollen,  Donner,  Lärm,  Gurgeln, 
Brüllen*  (Vulkanstudien  bei  Santorin,  Gaea,  18.  Jahrgang  (1882),  S.  645). 


252  Sitzung  der  math.-pnys.  Glosse  vom  6.  Juli  190 L 

vielleicht  noch  häufiger  nur  leise  Bodenschwankungen  und 
unbestimmte  Lufterschütterungen  davon  Kunde  geben,  dass  sid 
für  einige  Zeit  ein  neuer  Gleichgewichtszustand  im  Gezimme 
der  Erde  herausgebildet  hat.  Es  wäre  eine  zu  enge  Fassung 
wollte  man  mit  Meldola  und  Davison  (s.  o.)  die  LuftknaD 
als  Konsequenzen  des  nie  ganz  rastenden  Faltungsprozesses  i 
der  Erdrinde  definieren;  ausser  den  durch  Lateralschub  be 
wirkten  intrakrustalen  Umsetzungen  gibt  es  doch  auch  doc! 
andere,  und  kleine  Verwerfungen  mögen  sich  sogar  noch  hau 
figer  als  Fältelungen  ereignen.  Isseis  Bearbeitung  des  umbri 
sehen  Erdbebens  vom  18.  Dezember  1897  wirft  für  diese  An 
nähme  *  ebenfalls  ihr  Gewicht  in  die  Wagschale,  ^)  und  nich 
minder  wollen  die  Wahrnehmungen,  welche  Delprat*)  au 
Java  bekanntgegeben  hat,  in  diesem  Geiste  interpretiert  sein 
Beim  Graben  eines  Tunnels  wird  der  Gleichgewichtszustan« 
eines  kleinen  Teiles  der  Erdrinde,  eben  des  in  angriff  genom 
menen  Gebirges,  künstlich  verändert,  und  die  Reaktion  de 
Felsgesteines  wird  in  Bewegungen  der  festen  Stoffe  und  durol 
deren  Uebertragung  in  Luftbewegungen  umgesetzt. 

Neben  den  tektonischen  Einwirkungen  dürfen  wir  abe 
auch  die  explosiven^)  nicht  ausser  acht  lassen,  welche  vo 
Schlagwettern  („grisou")  in  unterirdischen  Hohlräumen  hei 
rühren  und  natürlich  nicht  nur  an  die  von  Menschen  ange 
legten  Bergwerke  gebunden  sind,  wenn  sie  gleich  nur  durc 
ihr  Auftreten    in   solchen    zu   unserer   unmittelbaren  Kenntni 

1)  Barisal  Guns,  Nature,  61.  Band  (1899),  S.  60. 

2)  Delprat,  Remarkable  Sounds,  ebenda,  53.  Band  (1896),  S.  51C 
Beim  Bau  eines  Tunnels  hatten  sich  dumpfe  Töne  vernehmen  lassen,  aL 
ob  sie  aus  dem  Inneren  des  durchbohrten  Berges  kämen. 

^)  Jene  explosiven  Aktionen,  die  Gerland  als  Ursache  manche 
vermeintlichen  Dislokationsbeben  postuliert,  sind  hier  nicht  gemeint 
Wir  betrachten  vielmehr  für  unsere  Zwecke,  im  Einverständnis  voi\ 
Gerland  selbst  (Die  moderne  seismische  Forschung,  Verhandl.  d« 
siebenten  Internat.  Geographenkongresses,  2.  Teil,  London-Berlin-Pan-' 
1901,  S.  152),  die  Erdbeben  unter  dem  Gesichtspunkte  der  Einheitlicbkeit 
die  sich,  ganz  unbeschadet  der  tiefer  liegenden  Entstehungsursache  in 
Einzelfalle,  in  den  akustischen  Folgen  zweifellos  annehmen  lässt. 


^t 


S.  Cfünther:  Akustisch- Geographische  Probleme,  253 

gelangen.    Hier  war  es  wieder  van  denBroeck,  der  unseren 
WisseDsstand  übersichtlich  zusammengefasst  und   für  die  Ent- 
stehung der  Luftknalle   eine  neue  Quelle  eröffnet   hat.^)     Die 
Irforschung  eines  Naturereignisses,  welches  Menschenleben  und 
Menschen  Wohlstand  in  so  empfindlicher  Weise  schädigt,  hat  die 
^  l.  belgische  Akademie,  die  in  einem  an  Kohlengruben  reichen 
llttide  auch  dazu  berufen  war,  veranlasst,  eine  „Section  speciale 
pjpennanente  d'ätudes  du  grisou"  ins  Leben  zu  rufen,  und  diese 
hat  auch  schon  der  für  uns  wichtigen  Frage  manchen  Vorschub 
geleistet.    Die  wertvollen  Untersuchungen  von  Guibal,  Forel, 
Laur,   Chesneau    u.  a.    über    den    Zusammenhang    zwischen 
schlagenden  Wettern   und  Luftdruckschwankungen  *^)  berühren 


*)van   den   Broeck,    La   meteorologie   endogene    et    le   grisou, 
Me  1898.    Von  weiteren  einschlägigen  Veröffentlichungen  des  um  unser 
Problem  sehr  verdienten  Belgiers,   deren  Inhalt  wesentlich   der  Samm- 
I  iwig  von  Beweismitteln  für  die  Hauptthese  gewidmet  ist,  nennen  wir  die 
I  iwchstehenden :  Les  mistpoeffers  ou  detonations  mysterieuses  de  la  Mer 
g «  Nord  et  des  regions  terrestres   et  maritimes  circonvoisines ,   Brüssel 
*^;  Les  manifestations  grisouteuses  et  leur  prevision,  dans  ses  rapports 
*»ec  la  meteorologie  endogene  et  avec  la  meteorologie  atraospherique, 
F  Mttich  1898;  Les  previsions  grisouteuses,  recherches  preliminaires  faites 
•locasion  des    „avertissements"    de  M.  Francis   Laur,    Brüssel  1899; 
*^  question  des  mistpoeffers,   ebenda  1899;   Question  k  l'ordre  du  jour: 
S^on  et  mistpoeffers,   Lüttich  1901.     Ferner  gehören  noch  hierher  als 
'^Jchliche  Materialiensammlung:  Proces-verbaux  des  seances  tenues  en  1898 
P**"  la  section  permanente  etc.,    Brüssel  1898.     Einen   teilweise  abwei- 
\  chenden  Standpunkt  nimmt  ein  E.  Harze  (Du  grisou,  Brüssel  1898). 

;  )  Das  aus  den  romanischen  Ländern,    die  ja  auch   die  meist  be- 

otfenen  sind,    stammende  Material    ist  ausgiebig  vorarbeitet  worden. 

^^gen  erfährt  man  nichts  davon,  dass  auch  die  deutsche  Fachlitterat ur 

**^erwiegende  Beiträge  zur  Beurteilung  der  Beziehungen  darbietet,  die 

^^chen  exogener  und  endogener  Meteorologie  obwalten,  wenn  wir  für 

..^  Augenblick  die  uns  sonst  wenig  zusagende  Nomenklatur  De  Rossis 
^teorologia  endogena,  Mailand  1879—1882)   uns  aneignen;   es  werden 

^P^^rch,  wie  noch  mehr  durch  das  auf  dem  gleichen  Boden  fussende 
^^k  von  Canu-Gerignj  (Precis  de  meteorologie  endogene,  Paris  1894) 

^^  zu  viele  heterogene  Gegenstände  vermengt.  Die  Arbeiten  von  Hilt, 
*  ^ayer,  v.  Friesen  ho  f,  besonders  von  E.  Suess  kommen  so  wenig 

^^*'  Geltung,  wie  diejenigen  der  Engländer  Harrics  und  Latham.    Vgl. 


254  Sitzung  der  math.-phys,  Classe  vom  6,  Juli  1901, 

uns  an  dieser  Stelle  nicht  näher;  wir  halten  einfach  daran  fest, 
dass  auch  Minenkatastrophen  selbst  kleineren  Um- 
fanges  Schallerscheinuugen  nach  sich  ziehen,  die  nockj 
in  grösserer  Entfernung  als  vages  Geräusch  geioitj 
werden.  Die  Bedingungen  haben  GuibaP)  und  van  dei! 
Broeck  näher  zu  bestimmen  gesucht;  der  letztere  namentfiek] 
auch  in  seiner  Polemik^)  gegen  Harz^,  welcher  an  derlteaBl.j 
der  Mistpoeffers  einige  Zweifel  verlautbart  hatte.  Demgemi 
können  wir  jetzt  die  sogenannten  Nebelknalle,  die  mit  de 
Nebel  gar  nichts  und  mit  der  Atmosphäre  nur  insofern  fll 
thun  haben,  als  diese  die  Fortleitung  der  ihr  erteilten  Irapnitj 
besorgt,^)  in  zwei  Gruppen  sondern. 

Es    gibt    diffuse  Knalle   und  Schuss-ähnliche  De- 
tonationen,   die    ausschliesslich  geotektonischer  Her- 
kunft sind;  es  gibt  auch  andere,  welche  sich  auf  eiplo*j 
sive  Vorgänge   in  unterirdischen,   von   ausströmendeBJ 
Gasen  erfüllten  Hohlräumen  zurückführen  lassen.  D*' 
Umstand,  dass  das  Wasser,  dass  die  Luft  in  ihrer  rasch  we(i*' 


Günther,   Der  Einfluss   von  Luftdruckschwankungen    auf  die  flüssig 
und  gasförmigen  Bestandteile  der   Erdoberfläche,    (Gerlands)  Beitr8#1 
zur  Geophysik,  2.  Band  (1895),  S.  71  ff. 

^)  Guibal,  Les  explosions  de  grisou  dans  lea  huillieres,  Mens  lö**n 

2)  van  den  Broeck,  Reponse  aux  observations  de  M.  E.  Ha^^ 
faites  au  sujet  du  projet  de  programme  d'etudes  du  grisou,  Bull,  d^^ 
Soc.  Beige  de  Geologie,  de  Paleontologie  et  de  THydrologie,  2.  aoütlff^ 

3)  A.  a.  0.,  S.  8.    „Ces  bruits  naturela  consistent  vraisamblablem^^ 
en  la  transformaticn  en  ondes  sonores  de  vibrations  d'origine  terrestre .-    ' 
Die  Fi*age,    inwieweit    die  akustischen  Begleiterscheinungen   der  int^ 
krustalen  Umwälzungen  in  ihrer  Verbreitung  besonderen  Regeln  unt^*^ 
liegen ,   bedarf  noch ,  wie  wir  gleich  nachher,  im  Anschlüsse  an  die  A-^' 
beiten  von  Knett  sehen  werden,  besonderer  Erörterung.    Eine  wertwl>^ 
Vorarbeit  hiefür   lieferte  Rudzki    (üeber  die   scheinbare  Geschwindi^ 
keit  der  Verbreitung  der  Erdbeben,  Beitr.  z.  Geophysik,  3.  Band  (1890^ 
S.  519  ff.).    Interessante  Perspektiven  für  die  Beurteilung  des  ZusammeO' 
banges  gewährt  eine  von  Hecker  (Ergebnisse  der  Messung  von  Boden-  -^ 
bewegungen,  ebenda,  4.  Band,  S.  104)  mitgeteilte  Beobachtung  von  Omori,  | 
der  damals  in  Potsdam  weilte.    Es  heisst  dort  nämlich:  „Beim  Eintiefieo 
der  Schallwelle  verstärkte  sich  die  Bewegung  momentan.* 


S.  Grünther:  Akustisch' Geographische  Probleme,  255 

ilnden  Zusammensetzung,  dass  endlich  die  verschiedenen  Ge- 
»ins-  und  Erdarten,  aus  welchen  sich  die  oberen  Erdschichten 
asammensetzen,  die  namhaftesten  Verschiedenheiten  in  der 
'ähigkeit,  den  Schall  fortzuleiten,  aufweisen,  bedingt  es,  dass  im 
men  Falle  die  Erschütterung  sich  rascher,  im  anderen  minder 
iBch  fortpflanzt,  dass  die  Klänge,  je  nach  den  Umständen,  aus 
br  Luft,  aus  dem  Wasser,  aus  den  Eingeweiden  der  Erde  zu 
:ommen  scheinen.  Verlegt  man  den  Ort,  an  dem  die  den 
Ichall  erzeugenden  Kräfte  thätig  sind,  unter  die  Erdoberfläche, 
0  sind  alle  die  Verschiedenheiten  aufgeklärt,  welche  sich  in 
er  Beschreibung  der  Empfindungen  der  einzelnen  Beobachter 
erfinden. 

Die  moderne  Ausbildung  der  seismischen  Apparate  und 
^strierungsmethoden  setzt  uns,  was  auch  schon  van  den 
►roeck  und  sein  Mitarbeiter  E.  Lagrange  hervorheben,  wahr- 
iheinhch  in  den  Stand,  die  vorstehend  dargelegte  Deutung 
er  Nebelknalle  empirisch  zu  prüfen.  Dessen  dürfen  wir  uns 
i  wohl  versichert  halten,  dass  die  letzteren  für  gewöhnlich, 
usnahmen  abgerechnet,  von  Erschütterungen  des  Bodens,  die 
ach  der  gleichgiltige  Beobachter  zu  verspüren  befähigt  wäre, 
icht  begleitet  oder  gefolgt  sind.  Dagegen  wird  man  es  nicht 
^  unwahrscheinlich  halten  dürfen,  dass  zu  jedem  thatsächlich 
idogenen  Geräusche  eine  etwas  ausgesprochene  mikro- 
^ismische  Gleichgewichtsstörung  gehört.  Dieselben 
ttrden  sich,  wenn  man  erst  in  ihrer  Erkennung  eine  gewisse 
^bung  gewonnen  hätte,  sowohl  von  den  gewöhnlichen  Tre- 
mors, wie  sie  Milne  studiert  hat,  wie  auch  von  den  periodi- 
-nen  Pulsationen,  die  uns  v.  Rebeur-Paschwitz  kennen 
'trte,  wohl  unterscheiden  lassen.^)  Wenn  erst  eine  grössere 
^iizahl  von  Stationen  mit  exakt  arbeitenden  seismischen  Wellen- 
ßichnern,  seien  es  nun  Vertikalpendel  nach  Wiecherts  oder 
lorizontalpendel  nach  Ehlerts  Konstruktion,    begründet  sein 


*)  Wir  verweisen  wegen  dieser  Oszillationen  des  Erdbodens  auf 
ne  frühere  Darstellung  (Günther,  Handbuch  der  Geophysik,  1.  Band, 
;iittgart  1897,  S.  495  if.,  S.  271  ff.). 


256  Sitzung  der  niath.-phys.  Classe  vom  6,  Juli  1901, 

wird,  dürfte  sich  auch  eine  tiefere  Einsicht  in  die  Zusammen- 
hänge zwischen  Dem,  was  oben  in  der  Luft  und  Dem,  was 
unter  der  Erde  vorgeht,  mit  Zuversicht  erhoflfen  lassen.^) 

Durch  unsere  Zustimmung  zu  der  schon  zum  öfteren,  nock 
niemals  aber  in  der  hier  versuchten  Bestimmtheit  formuliertei 
Hypothese,  dass  man  die  Entstehungsstelle  der  Nebel- 
knalle unter  der  Erde  zu  suchen  habe,*)  hoffen  wir  der 


^)  Sehr  dankenswerte  Mitteilungen  einschlägiger  Natur  verdankei 
wir  in  neuester  Zeit  den  „Mitteilungen  der  Erdbebenkommission  der  km 
Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien."    In  Betracht  kommen  besonden 
die  nachfolgenden  drei  Berichte:    Nr.  IX,  Woldfich,  Bericht  über  die 
unterirdische  Detonation  von  Melnik  in  Böhmen  am  8.  April  1898;  Nr.H 
Knett,    lieber  die  Beziehungen  zwischen  Erdbeben  und  Detonationen; 
Nr.  XXI,   Bericht  über  das  Detonationsphänomen  im  Duppauer  Gebirg! 
am  14.  August  1899.    Knett  schlägt  vor,  den  Erdbebenschwärmen  aock 
Detonationsschwärme  zur  Seite  zu  stellen,  zu  denen  er  auch  die  Schall' 
erscheinungen    in    der    Nähe    der    venetianischen    Stadt   Felti'e   rechnet 
(Haidinger,     Das    Schallphänomen    des    Monte    Tomatico    bei   Feltie» 
Jahrb.  d.  k.  k.  Geol.  Reichsanstalt,  1853,  S.  559  fF.).     Vor  allem  wichtip 
ist  Knetts    gelungener  Nachweis,    dass   der  Sitz  der  akustischen  Vor^ 
kommnisse  wirklich  die  Erdkruste  selbst  ist,  und  dass  Schall  und  Bebak 
wesentlich  die  gleiche  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  besitzen.    Natürlidu— 
wirken  die  verschiedenen  Einflüsse  zusammen,   und  auch  bei  den  untc^ 
irdischen  Knallen   von  Duppau  (bei  Karlsbad)  hatte  man   es  mit  eine« 
„ Misch phänomen  von  vorwiegend  akustischer  Erregung*  zu  thun.    Knett 
hält  für  den  Einzelfall  die  Wahl  offen  zwischen  subterranen  Einstürzen, 
die   wir  allerdings  nur  als  Teilerscheinung   von  Dislokationen  allgemei- 
neren Charakters    ansprechen    möchten,    und  Druckausgleichen    in  Ga«- 
ansammlungen  (Explosionen);  auch  die  Duppauer  Bodenkrache  könnten, 
da  ringsum  Säuerlinge  der  Erde  entströmen,  sehr  wohl  durch  akute  Gas- 
entbindung veranlasst  gewesen   sein,    wie    denn   nach  Laube  (Die  geo- 
logischen Verhältnisse   des  Mineralwassergebietes   von   Giesshübel-Saae^ 
brunn,  ebenda  1898)  die  vertikalen  Ausweitungen  (, Schlote*)  der  durch 
Auswitterung  entstandenen  „ Zwerglöcher **    mit  dem  Ausbruche  hochg« — 
spannter  Gase  in  nahem  Zusammenhange  stehen  dürften. 

2)  Eine  scharfe  Scheidung  zwischen  seismischen   und  vulkanischen 
Prozessen    erschien    überflüssig.     Die    letzteren    bethätigen    sich    nadi. 
De  Rossi  auch  mikrophonisch  gerade  wie  Erdbebengeräusche  (Ein^ 
interessante  Anwtmdung  des  Mikrophons  auf  vulkanische  EracheinungeD» 
Ausland,  1879,  S.  179), 


S,  Crünther:  Akustisch- Geographische  Probleme.  255 

sein  den  Zusammensetzung,  dass  endlich  die  vei*schiedenen  Ge- 
steins- und  Erdarten,  aus  welchen  sich  die  oberen  Erdschichten 
zusammensetzen,  die  namhaftesten  Verschiedenheiten  in  der 
Fähigkeit,  den  Schall  fortzuleiten,  aufweisen,  bedingt  es,  dass  im 
einen  Falle  die  Erschütterung  sich  rascher,  im  anderen  minder 
rasch  fortpflanzt,  dass  die  Klänge,  je  nach  den  Umständen,  aus 
ier  Luft,  aus  dem  Wasser,  aus  den  Eingeweiden  der  Erde  zu 
kommen  scheinen.  Verlegt  man  den  Ort,  an  dem  die  den 
Schall  erzeugenden  Kräfte  thätig  sind,  unter  die  Erdoberfläche, 
so  sind  alle  die  Verschiedenheiten  aufgeklärt,  welche  sich  in 
der  Beschreibung  der  Empfindungen  der  einzelnen  Beobachter 
vorfinden. 

Die  moderne  Ausbildung  der  seismischen  Apparate  und 
Registrierungsmethoden  setzt  uns,  was  auch  schon  van  den 
Broeck  und  sein  Mitarbeiter  E.  Lagrange  hervorheben,  wahr- 
scheinlich in  den  Stand,  die  vorstehend  dargelegte  Deutung 
der  Nebelknalle  empirisch  zu  prüfen.  Dessen  dürfen  wir  uns 
ja  wohl  versichert  halten,  dass  die  letzteren  für  gewöhnlich, 
Ausnahmen  abgerechnet,  von  Erschütterungen  des  Bodens,  die 
auch  der  gleichgiltige  Beobachter  zu  verspüren  befähigt  wäre, 
nicht  begleitet  oder  gefolgt  sind.  Dagegen  wird  man  es  nicht 
für  unwahrscheinlich  halten  dürfen,  dass  zu  jedem  thatsächlich 
endogenen  Geräusche  eine  etwas  ausgesprochene  mikro- 
seismische Gleichgewichtsstörung  gehört.  Dieselben 
würden  sich,  wenn  man  erst  in  ihrer  Erkennung  eine  gewisse 
Uebung  gewonnen  hätte,  sowohl  von  den  gewöhnlichen  Tre- 
mors, wie  sie  Milne  studiert  hat,  wie  auch  von  den  periodi- 
schen Pulsationen,  die  uns  v.  Rebeur-Paschwitz  kennen 
lehrte,  wohl  unterscheiden  lassen.^)  Wenn  erst  eine  grössere 
Anzahl  von  Stationen  mit  exakt  arbeitenden  seismischen  Wellen- 
zeichnern, seien  es  nun  Vertikalpendel  nach  Wiecherts  oder 
Horizontalpendel  nach  Ehlerts  Konstruktion,   begründet  sein 


1)  Wir  verweisen  wegen  dieser  Oszillationen  des  Erdbodens  auf 
eine  frühere  Darstellung  (Günther,  Handbuch  der  Geophysik,  1.  Band, 
Stuttgart  1897,  S.  495  ff.,  S.  271  ff.). 


1 

1 


258  Sitzung  der  math.-phys,  Glosse  vom  6,  Juli  1901. 

Meleda  ist  eine  dalmatinische  Küsteninsel,  etwas  nord- 
westlich von  Ragusa  gelegen.  Hier  erregten  im  März  1820 
dumpf  tosende  Geräusche,  die  sowohl  auf  dem  Lande  wie  aadi 
auf  der  umgebenden  See  gehört  wurden,  eine  kleine  Panikj 
unter  den  Einwohnern,  und  noch  mehrere  Jahre  lang  machb 
sich  das  Poltern,  fernem  Donner  ähnlich,  bemerkbar.  Itdie- 
nische  und  einheimische  Gelehrte,  Breislak,^)  Gonfigliae- 
chi,*)  Stulli^)  widmeten  der  viel  Aufsehen  machenden  B^ 
scheinung  besondere  Abhandlungen,  und  die  österreichisek; 
Regierung  sandte  in  Riepl  und  Partsch  Experte  nach  des] 
Eilande.  Der  von  dem  letzteren,  einem  geachteten  Mineralogn 
und  Meteoritenforscher,  erstattete  Bericht*)  lief  darauf  hinan, 


^)  Breislak,  Sülle  detonazioni  deir  isola  di  Meleda,  Mem.  deO* 
Imp.  Reg.  Istituto  del  Regno  Lombardo-Veneto ,  vol.  IV,  adunanza  del 
24  aprile  1823. 

^)  Configliacchi,  SuUe  detonazioni  deir  isola  di  Meleda,  eVendA, 
Vol.  IV,  adunanza  del  7  agosto  1823.  An  dieser  Stelle  nur  Anzeige  i« 
gehaltenen  Vortrages.  Zugänglich  sind  heutzutage  am  meisten  die  Aoi- 
Züge,  welche  von  Breislaks,  Bossis  und  Gonfigliacchis  Beriditc» 
auch  in  des  letzteren  Zeitschrift  übergegangen  sind  (P.  Configliacchi* 
6.  Brugnatelli,  Giomale  di  Fisica,  Chimica,  Storia  Naturale,  Median» 
ed  Arti,  (2)  6.  Band,  S.  417  AT.).  Die  Arbeit  dieses  Physikers  lässt  erkenneo* 
dass  es  doch  häufig  sich  wohl  empfiehlt,  in  geologischen  Fragen  ancv 
das  physikalische  Element  zur  Geltung  zu  bringen.  Er  denkt  sich  4i* 
Felsinsel  von  mehreren  Kanälen  und  Höhlen  durchzogen ,  zu  denen  d.*^ 
Wasser  des  Meeres  von  unten  her  Zutritt  habe.  Steigt  dasselbe  an,  •^ 
muss  es  die  in  den  sonst  leeren  Räumen  befindliche  Luft  zusammeflt' 
pressen,  und  dieser  bleibt  nur  übrig,  sich  irgendwie  einen  gewaltsame^ 
Ausweg  zu  bahnen.  Dass  ein  solcher  nicht  ohne  Krachen  und  Eriitter«* 
des  Felsgerüstes  der  Insel  erfolgen  kann,  wird  sich,  falls  man  die 
misse  zugibt,  nicht  in  abrede  ziehen  lassen.  Gonfigliacchis  Note  i 
dem  Anscheine  nach  ausserhalb  ihres  engeren  Vaterlandes  nur  weni^ 
bekannt  geworden.  Wir  wüssten,  ausser  bei  Partsch  und  Hoernest 
nur  noch  eine  einzige  Zitierung  derselben  namhaft  zu  machen,  nämücb 
in  einem  Aufsatze  von  Schroetter  (Springbrunnen  und  unterirdischer 
Donner  durch  das  Meer  veranlasst,  Steierm.  Zeitschr.,  (2)  2.  Jahrganf?. 
S.  164  ff.). 

3)  Stulli,  SuUe  detonazioni  dell' isola  di  Meleda,  Ragusa  1823. 

*)  P.  Partsch,  Bericht  über  das  Detonations-Phänomen  auf  der 
Insel  Meleda  bei  Ragusa,  Wien  182G. 


S,  (Jünther:  Akustisch-Geographische  Probleme.  259 

dass  —  so  würde  man  sich  heute  ausdrücken  —  Erdbeben- 
schwärme die  Schuld  an  diesen,  von  eigentlich  seismischen 
Störungen  nur  ausnahmsweise  begleiteten  Detonationen  trügen. 
Auch  Hoernes  ist*)  auf  das  jedenfalls  eigenartige  Schall- 
/phaenomen  näher  eingegangen.  Er  analysiert  die  protokoUa- 
vMchen  Feststellungen,  die  Partsch  gemacht  hat,  näher,  und 
^  Wnn  man  das  liest,  so  kann  man  sich  allerdings  nicht  darüber 
immdem,  dass  viele  Autoren  die  „kurz  abgebrochenen",  für 
Irgewöhnlich  nicht  rollenden  Knalle  einfach  den  Mistpoeffers 
^  «ngliederten.  So  erwähnt  Partsch,*)  dass  in  der  Nacht  vom 
2.  zum  3.  November  1823  über  hundert  „einzelne  Schüsse'',  wie 
fttis  einer  Batterie  groben  Geschützes,  gehört  wurden,  immer 
in  Zeitabständen  von  je  fünf  Minuten.  Der  Kreis,  in  dessen 
Innerem  die  ihre  Intensität  nach  aussen  rasch  verlierenden 
Knalle  vernehmbar  waren,  hatte  keinen  grossen  Durchmesser, 
nnd  nennenswerte  Beschädigungen  von  Gebäuden  waren  einzig 
in  der  —  offenbar  epizentralen  —  Ortschaft  Babinopoglje  nach- 
«Jweisen.  Dass  eine  Erderschütterung  mit  im  Spiele  war,  lag 
i-Har  zu  tage,  und  es  fragt  sich  nur,  wie  wir  uns,  mit  Rück- 
•cht  auf  die  konkreten  Ortsverhältnisse,  die  seismischen  Vor- 
^  gange  zurechtzulegen  haben. 

Partsch,  ganz  im  Banne  der  „heroischen"  Geologie^) 
^es  V.  Buch  und  v.  Humboldt  stehend,  geht  von  dem  Grund- 
«fttze  aus,  dass  Vulkane  und  Erdbeben  nur  verschiedene  Aeusse- 
^''^gen  ein  und  derselben  Zustandsänderung  im  tieferen  Erd- 
nineren  seien,  und  weist  auch  Breislaks  Einsturzhypothese 
'nrück,  die,  worin  wir  Hoernes  Recht  geben  müssen,*)  denn 
"Och  einen  weit  plausibleren  Eindruck  macht.  Unseres  Er- 
•^^ntens  freilich  kommt  der  Wahrheit  am  nächsten  die  „  pneuma- 
tische* Theorie  von  Configliacchi,  welcher  seine  Paduaner 
Kollegen  Renier,  Dal  Negro,  Melandri  und  Santini,  sowie 


*)  Hoernes,  a.  a.  0.,  S.  292  ff. 
2)  Partsch,  a,  a.  0.,  S.  89  ff. 

•)  V.  Zittel,  Geschichte  der  Geologie  und  Palaeontologie  bis  Ende 
"68  neunzehnten  Jahrhunderts,  München-Leipzig  1899,  S.  85  ff. 
*)  Hoernes,  a.  a.  0.,  S.  74,  S.  302  ff. 

18* 


260  Sitzung  der  math^-phys.  Glosse  vom  6,  Juli  1901, 

der  Mailänder  Astronom  Cesaris  und  der  dortige  Physiker 
Bossi^)  ihre  Zustimmung  gaben.*)  Dieselbe  hat  eben  dea 
Vorzug,  dass  sie  allein  auf  die  Landesnatur  Rücksicht  nimni 
Meleda  ist,  wie  die  Gesamtheit  der  dem  kroatischen  Efi8ieB> 
lande  und  Dalmatien  vorgelagerten  Inseln,  Karstland  mt 
nimmt  somit  an  allen  den  Eigenschaften  teil,  welche  für  diei 
Gebirgsart  als  typisch  anerkannt  werden  müssen.')  Für  im 
Meere  benachbartes  Karstgebirge  ist  nun  aber  auch  die  Thit 
Sache  charakteristisch,  dass  seine  Gewässer  vielfach  mitj 
dem  Wasser  der  offenen  See  in  Verbindung  steheB,j 
und  die  Existenz  solcher  unbezweif elter  Kanalsysteme  schliesttl 


^)  Bossi,  Sülle  detonazioni  delF  isola  di  Meleda,  Mailand  1824. 

^)  Ohne  von  diesen  Vorläufern  Kunde  zu  besitzen,  hatte  der  Verf 
schon  vor  zwölf  Jahren  die  Schallerscheinungen  von  Meleda  als  Bestand- 
teil eines  ganz  anders  gearteten  Erscheinungskomplexes  angeeprocha 
(Geophysikalische  Betrachtungen  über  das  Stauungsphaenomen  und  über 
Naturfontänen,  Natur  und  Offenbarung,  35.  Band  (1889),  S.  11  ff.).  Voi 
den  damals  dargelegten  Anschauungen  abzugehen,  lag  kein  Grund  vot 

3)  Speziell  dafür,  dass  das  Meer  anstauend  auf  den  WasserstMi 
von  Binnenseen  des  Earstgebietes  wirken  kann,  dienen  als  Belege  dff 
Öepi5-See  in  Istrien  und  der  Rothensteiner-See  im  Küstenland! 
(vgl.  Kraus,  Sumpf-  und  Seenbildungen  mit  besonderer  Berücksichtigoiif 
der  Karsterscheinungen  und  insbesondere  der  Katavothrenseen ,  Mittdl 
d.  Geogr.  Gesellsch.  zu  Wien,  1893,  S.  373  ff.).  Wie  die  unaichtbarei 
Abzugsröhren  oder  Katavothren  die  ganze  geographische  Denkart  der 
antiken  Kulturwelt  beeinflusst  haben,  ist  trefflich  auseinandergesetit 
worden  von  C.  Neumaun  und  J.  Partsch  (Physikalische  Geographie  voa 
Griechenland,  mit  besonderer  Berücksichtigung  des  Altertums,  Breelii 
1885,  S.  255  ff.),  sowie  von  Kretschmer,  Die  physische  Erdkunde  im 
christlichen  Mittelalter,  Wien-Olmütz  1889,  S.  82  ff.).  Hierher  gehören 
auch  die  berühmten  Meermühlen  von  Argostoli  (Günther,  Handb. 
d.  Geophysik,  2.  Band,  S.  804  ff.).  Die  Natur  der  dalmatinischen  Inseb 
wird  behandelt  von  H.  N  o  e  (Dalmatien  und  seine  Inselwelt,  Wien  1870, 
S.  53  ff.)  und  von  K.  Hassert  (Montenegro,  Ergänzimgsheft  Nr.  115  w 
Petermanns  Geogi*.  Mitteil.,  S.  45  ff.).  Der  Verf.  forderte  Dr.  P.  Fischer 
in  Innsbruck  auf,  generell  „Meer  und  Binnengewässer  in  Wechselwirkung' 
darzustellen,  und  diese  Studie  wird  sicher  noch  im  Laufe  dieses  Jahres 
in  den  „Abhandlungen"  der  k.  k.  Geographischen  Gesellschafk  zu  Wien 
publiziert  werden. 


S.  Günther:  Akustisch'Geographische  Probleme.  261 

auch  schon  den  Beweis  dafQr  in  sich,  dass  das  Meer  leicht 
unterirdisch  mit  den  vom  Namen  Karst  nun  einmal  unzertrenn- 

-  liehen  Hohlräumen  des  Inneren  kommunizieren  kann.  Sowie 
.dies  zugegeben  wird,  muss  auch  jede  gegen  die  Küste  ge- 
^IJehtete  Bewegung  ein  stossweise  erfolgendes  Eindringen  des 
^Üleerwassers  in  die  Klüfte  und  Adern  des  anstehenden  Gesteines 
Folge  haben,  und  zwar  wird  sich  dieses  Aufsteigen,  wie 
fraglichen  Orte  des  näheren  erörtert  ward,  dem  Prinzipe 
des  hydraulischen  Widders  anpassen.^)  Eine  Umschau  in 
der  erdkundlichen  Litteratur  führt  uns  eine  ganze  Anzahl  ähn- 
licher und  auch  gleichartig  bedingter  Erscheinungen  zu.  Der 
Anprall   des  Wassers  muss  für  sich   allein   schon,    ohne  dass 

i  auch  nur  auf  eine  heftigere  Lufkkompression  im  Sinne  Con- 
figliacchis  bezuggenommen  zu  werden  brauchte,  ein  dauerndes 
Dröhnen  in  kurzen  Pausen  hervorrufen,  und  gelegentlich,  wenn 
dieser  Anprall  ein  besonders  lebhafter  ist,  kann  es  recht  wohl 
auch  soweit  kommen,  dass  der  Fels  zu  zittern  anfängt,  dass 
ein  regelrechtes  Erdbeben  mit  den  blossen  Detonationen  ab- 
wechselt. Also  gerade  der  Punkt,  der  bei  jeder  anderen  Auf- 
fitösung  Schwierigkeiten  bereitet,  wird  jetzt  einer  einfachen 
Erklärung  zugänglich,  dass  nämlich  die  akustischen  Erschei- 


^)  Einschlägige  Nachweiaungen  lassen  sich  knüpfen  an  die  Bu fa- 
deres oder  Strandspringbrunnen  der  Kanarischen  Inseln  (Calderon, 
£tude8  de  geologie  physique,  Bull,  de  la  Soc.  G^ol.  de  France,  (3)  15.  Band, 
S.  38  ff.);  ferner  an  ein  ausgezeichnetes  Beispiel  intermittierenden  Strahl- 
auswurfes, das  man  auf  der  Insel  Malta  beobachtete  (Wanderung  durch 
Sizilien  und  die  Levante,  1.  Band,  Berlin  1834,  S.  406;  Ann.  d.  Phys.  u. 
ehem.,  33.  Band,  S.  349  ff.),  indem  hier  das  von  Stürmen  gepeitschte 
Meer  durch  ein  absichtlich  hergestelltes  Bohrloch  bis  zu  einer  Höhe  von 
60  Fuss  emporspritzte.  Pechuel-Loesche  hat  Bufaderos,  die  ihm  den 
Eindruck  förmlicher  Brandungs-Geysirs  erweckten,  auch  an  der  Küste 
von  Madeira,  sowie  an  derjenigen  verschiedener  Inseln  der  Azoren-Gruppe 
gesehen;  andere  zur  Bildung  von  Springstrahlen  disponierte  Oertlich- 
keiten  sind  ihm  zufolge  die  Sandwich-Inseln,  die  Ostspitze  von  Kuba 
und,  falls  die  Kalema  energisch  genug  ist,  auch  die  Küste  von  Kinsembo 
(Portugiesisch-Westafrika).  Und  die  Ausbrüche  des  gestauten,  in  regel- 
mässigen Pausen  in  die  Höhe  geschleuderten  Wassers  sind  stets  von 
heftigem  „Gurgeln  und  Donnern**  begleitet. 


262  Sitzung  der  matK-phys.  Clasae  vom  6,  Juli  1901, 

nungen    als    das    Primäre,    die    mechanisch-seismi 
dagegen  als  das  Sekundäre  zu  betrachten  sind. 

Eher  möchte  man  sich,  statt  dass  man  diese  naturg 
Theorie  verwerfen  sollte,  über  das  verhältnismässig 
Auftreten  dieser  Wechselbeziehungen  zwischen  Meer  und 
land  wundem.  Wir  sind  allerdings  der  Meinung,  dass  si 
bei  genauerem  Zusehen  häufiger  aufgedeckt  werden  k 
und  dass  die  Schallphaenomene ,  die  sich  in  den  geg« 
Meer  hin  offenen  Nischen  und  Höhlen  manifestieren,  ein 
löge  Ursache  haben.  Zumal  von  der  bekannten  Fingais 
auf  der  Insel  Stafa,  der  ja  schon  mancher  Besucher  ui 
Schreiber  mysteriöse  Töne  zugeschrieben  hat,  wird  sie 
vermuten  lassen.  An  die  Stelle  der  Karstzerklüftung  ij 
diejenige  getreten,  welche  den  charakteristischen  Absonde 
formen  des  Basaltes  entspricht.  Und  es  ist  mehr  denn 
scheinlich,  dass,  wenn  erst  alle  gelegentlich  gemachten 
ungedruckt  gebliebenen  Beobachtungen  verwandten  6e 
das  bereits  vorhandene  Material  vermehrt  haben  würden 
Detonationen,  welche  zum  Typusvon  Meleda  zu  n 
sind,  nicht  minder  in  zahlreichen  Fällen  als  solche  : 
kennen  wären.  — 

Unsere  Uebersicht  über  die  akustisch-geographischei 
kommnisse  hat  hiemit  ihren  Abschluss  erreicht.  Als 
nicht  unerheblichen  Nutzen  derselben  sind  wir  vorn! 
anzusehen  geneigt,  dass  der  bislang  auf  diesem  Gebiei 
stehenden  Anarchie  ein  Ende  bereitet  und  eine  jede  uni 
sehr  vielen  Einzelerscheinungen  an  den  Platz  gestellt  v 
ist,    der   ihr   auf  Grund  kritischer  Prüfung    der  von  ihi 


^)  Eine  solche  Wahrnehmung  stellten  Prof.  Rothpletz  un 
Oberhummer  zur  Prüfung,  die,  an  einer  in  den  Kochel-See  81 
fallenden  Felswand  hingehend,  sonderbar  säuselnde  Töne  vernahm 
deren  Provenienz  sich  nirgends  ein  Anhaltspunkt  finden  lassen 
Dass  alternierendes  Ein-  und  Ausströmen  des  mit  zerklüftetem  t 
sich  berührenden  Wassers  Töne  hervorbringen  kann,  ist  gewiss,  i 
lokaler  Augenschein  würde  vielleicht  darüber  vergewissern,  ob  die 
fassung  des  Sachverhaltes  stichhaltig  ist  oder  nicht. 


S.  Günther:  Akustisch'Geographische  Probleme,  261 

auch   schon   den  Beweis   dafQr   in  sich,    dass   das  Meer  leicht 
unterirdisch  mit  den  vom  Namen  Karst  nun  einmal  unzertrenn- 
lichen Hohlräumen  des  Inneren  kommunizieren   kann.     Sowie 
dies  zugegeben  wird,   muss   auch  jede   gegen   die  Küste   ge- 
richtete Bewegung  ein   stossweise  erfolgendes  Eindringen   des 
Meerwassers  in  die  Klüfte  und  Adern  des  anstehenden  Gesteines 
^m  Folge  haben,    und  zwar  wird   sich  dieses  Aussteigen,   wie 
.    am  fraglichen  Orte  des  näheren  erörtert  ward,  dem  Prinzipe 
:  des  hydraulischen  Widders  anpassen.*)    Eine  Umschau  in 
der  erdkundlichen  Litteratur  führt  uns  eine  ganze  Anzahl  ähn- 
l  Kcher  und  auch  gleichartig  bedingter  Erscheinungen  zu.    Der 
'  Anprall   des  Wassers  muss  für  sich   allein   schon,    ohne  dass 
;.auch  nur  auf  eine  heftigere  Luffckompression   im  Sinne  Con- 
^''  figliacchis  bezuggenommen  zu  werden  brauchte,  ein  dauerndes 
'  Dröhnen  in  kurzen  Pausen  hervorrufen,  und  gelegentlich,  wenn 
f    dieser  Anprall  ein  besonders  lebhafter  ist,  kann  es  recht  wohl 
auch  soweit  kommen,    dass  der  Fels  zu  zittern  anfangt,    dass 
'    ein  regelrechtes  Erdbeben   mit   den   blossen  Detonationen   ab- 
■    wechselt.    Also  gerade  der  Punkt,  der  bei  jeder  anderen  Auf- 
'    fassung  Schwierigkeiten   bereitet,    wird   jetzt   einer   einfachen 
Erklärung  zugänglich,  dass  nämlich  die  akustischen  Erschei- 


^)  Einschlägige  Nachweisungen  lassen  sich  knüpfen  an  die  Bufa- 
der  OS  oder  Strandspringbrunnen  der  Kanarischen  Inseln  (Calderon, 
fitudes  de  g^ologie  phjsique,  Bull,  de  la  Soc.  Gäol.  de  France,  (3)  15.  Band, 
S.  38  ff.);  ferner  an  ein  ausgezeichnetes  Beispiel  intermittierenden  Strahl- 
auswurfes, das  man  auf  der  Insel  Malta  beobachtete  (Wanderung  durch 
Sizilien  und  die  Levante,  1.  Band,  Berlin  1834,  S.  406;  Ann.  d.  Phys.  u. 
ehem.,  33.  Band,  S.  349  ff.),  indem  hier  das  von  Stürmen  gepeitschte 
Meer  durch  ein  absichtlich  hergestelltes  Bohrloch  bis  zu  einer  Höhe  von 
60  Fuss  emporspritzte.  Pechuel-Loesche  hat  Bufaderos,  die  ihm  den 
Eindruck  förmlicher  Brandungs-Geysirs  erweckten,  auch  an  der  Küste 
von  Madeira,  sowie  an  derjenigen  verschiedener  Inseln  der  Azoren-Gruppe 
jfesehen;  andere  zur  Bildung  von  Springstrahlen  disponierte  Oertlich- 
keiten  sind  ihm  zufolge  die  Sandwich-Inseln,  die  Ostspitze  von  Kuba 
und,  falls  die  Kalema  energisch  genug  ist,  auch  die  Küste  von  Kinsembo 
(Portugiesisch- Westafrika).  Und  die  Ausbrüche  des  gestauten,  in  regel- 
mässigen Pausen  in  die  Höhe  geschleuderten  Wassers  sind  stets  von 
heftigem  „Gurgeln  und  Donnern"  begleitet. 


265 


ler  kosmische  Staubmassen  und  das  Zodiacallicht. 

Von  H«  Seeliger. 

{Sinffdaufen  6.  Juli.) 

Die  Theorie  der  Beleuchtung  staubförmiger  Massen  habe 
in  zwei  Abhandlungen*)  entwickelt.  Veranlasst  wurden 
J  Untersuchungen  durch  den  Wunsch,  über  die  Verhält- 
S  welche  der  Satumring  darbietet,  in's  Einzelne  gehende 
ichlüsse  zu  erhalten.  Hiezu  waren  ziemlich  weitgehende 
vicklungen  nöthig,  die  ich  besonders  in  11  in  solcher  All- 
Einheit  durchgeführt  habe,  dass  in  der  Hauptsache  die  be- 
enden Probleme  als  gelöst  betrachtet  werden  können. 
Unter  staubförmigen  kosmischen  Massen  oder  kosmischen 
bwolken  hat  man  Aggregate  von  Massen  zu  verstehen, 
ci  gegenseitige  Entfernungen  im  Vergleich  zu  ihren  Di- 
sionen  gross  sind.  Dabei  wird  man  in  den  meisten  Fällen 
Cheorie  nur  unter  der  Voraussetzung  zu  entwickeln  haben, 

das  genannte  Verhältnis  sehr  gross  ist,  da  es  sich  um 
;  genaue  Formeln  nicht  handeln  kann.  Nichts  hindert  in- 
in,  dass  man,  ähnlich  wie  in  der  kinetischen  Gastheorie, 
:i  Schritt    weiter   geht.     Ganz   genaue   Formeln,    die    also 

auf  Ansammlungen  dicht  gedrängter  Theilchen  anwendbar 

aufzustellen,    dürfte  indessen  bedeutende  Schwierigkeiten 
ieten.     Solche  weitergeführte  Entwicklungen   verlangt  die 


*)  I.   Zur  Theorie  der  Beleuchtung  der  grossen  Planeten,  insbeson- 
des  Satumringes.     Abhdl.  der   bayer.  Akademie   der  W.   Bd.  XVI. 

-hen  1887.     IT.   Theorie  der  Beleuchtung  staubförmiger  kosmischer 

en  etc.    Ebenda,  Bd.  XVIII.    München  1893. 


1 


266  Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  6,  Juli  1901. 


Astronomie  zunächst  nicht,  denn  die  bisher  bekannt  gewordenen 
kosmischen  Staubwolken  enthalten  nur  sehr  dünn  vertheilte 
Materie. 

Die  Theorie  erfordert  nicht  die  Annahme  kugelförmiger 
Gestalt  der  einzelnen  die  Staubwolke  zusammensetzenden  Theil- 
chen,  man  darf  aber  diese  Annahme  machen,  ohne  die  Allge- 
meinheit zu  gefährden.  Bei  der  obigen  Definition  der  Staub- 
wolken, umfassen  diese  sehr  verschiedene  kosmische  Gebilde 
z.  B.  den  Saturnring  und  das  Zodiacallicht,  aber  auch,  gewisser- 
maassen  als  Specialfälle,  selbstleuchtende  oder  theilweise  selbst- 
leuchtende Massen,  wie  die  Sternhaufen,  wahrscheinlich  auch 
die  sogenannten  Spiralnebel  und  schliesslich  gehört  der  ganze 
sichtbare  Fixsterncomplex  dazu.  Einige  Anwendungen  auf  dea 
letzteren  habe  ich  gelegentlich  einer  anderen  Untersuchung 
gemacht.^) 

In    der    vorliegenden    Arbeit    möchte    ich    mir    erlauben'» 
einige  Punkte  der  früheren  Entwicklungen  in  Betreff  der  Be- 
leuchtung an  sich  dunkler  Staubwolken  näher  auszuführen  uia<i 
einige  Bemerkungen  über  das  Zodiacallicht  hinzuzufügen. 

1. 

Wir  denken  uns  die  Staubwolke  —  den  obigen  Bemerkungen'«^ 
gemäss  —  aus  n  gleichen  Kugeln  vom  Radius  q  bestehend  um.^ 
die  Lichtquelle  sowie  den  Beobachter  in  so  grosser  Entfernung 
von  ihr,  dass  die  Veränderlichkeit  dieser  Entfernung  von  Kug^J 
zu  Kugel  nicht  in  Frage  kommt.  Dann  wird,  wenn  zunäch^* 
von  der  gegenseitigen  Beschattung  und  Verdeckung  der  eil»-' 
zelnen  Kugeln  abgesehen  wird,  die  Gesammtlichtmenge,  weld»^ 
diese  n  Kugeln  dem  Beobachter  zusenden, 

wo   r"   eine   Constante    ist.     Ist  M  die  Gesammtmasse  dieser 
n  Kugeln,  so  wird 


^)  lieber  das  Newton'sche  Gravitationsgeaetz.    Sitzungsberichte  ä^ 
Münchener  Akademie  1896. 


H.  Seeliger:  Kosmische  Staubmassen  und  das  Zodiacällicht,     267 

Q  =  r'  —  =  yV]iPn,  (1) 

Q 

o  y  und  F  weder  von  M  noch  von  w  und  ^  abhängen.  Be- 
5gt  man,  woran  festgehalten  werden  soll,  stets  denselben  Raum 
lit  Kugeln,  so  wird  die  mittlere  Flächenhelligkeit  der  Staub- 
rolke  ebenfalls  durch  (1)  dargestellt,  wenn  nur  y  eine  andere 
Jonstante,  wie  früher,  bedeutet.    Zertheilt  man  demnach  die- 

lelbe  Masse  M  in   eine  Anzahl  Kugeln,   so    wird   die  Licht- 

1  3 

menge  der  entstehenden  Staubwolke  mit  —  oder  yn  wachsen, 

Q 

d.h.  je  kleiner  die  einzelnen  Kugeln  sind,  desto  heller  wird 
unter  sonst  gleichen  Umständen  die  Staubwolke  sein.  Die  sehr 
hellen  sogenannten  leuchtenden  Nachtwolken  stellen  u.  A. 
^iche  Ansammlungen  sehr  kleiner  Theilchen  dar,  wofür  ja 
auch  ihr  sehr  langes  Verweilen  in  so  überaus  grossen  Höhen 
Pricht. 

Von  selbst  ist  klar,  dass  die  Formel  (1)  nur  innerhalb 
ß'^isser  Grenzen  gelten  kann,  denn  sonst  könnte  Q  über  alle 
lenzen  hinaus  wachsen.  Der  Grund,  weshalb  das  nicht  ge- 
'lielt,  ist  leicht  zu  finden.  Je  kleiner  q  bei  festgehaltenem 
"^v-ird,  desto  mehr  treten  die  gegenseitigen  Beschattungen 
^  Bedeckungen  der  einzelnen  Kugeln  in  Wirksamkeit  und 
fcommt  es,  dass  Q  über  einen  gewissen  endlichen  Betrag 
''^t  hinauswachsen  kann. 

Sehr  leicht  zu  übersehen  sind  die  Verhältnisse  bei  einer 
^J^ciimensionalen  Vertheilung  der  Kugeln.  Wir  nehmen  z.  B. 
die  Mittelpunkte  der  Kugeln  liegen  innerhalb  eines  be- 
'^^ten  ebenen  Flächenstückes  F.  Dann  wird  Q  zunächst 
^er  Verkleinerung  von  g  wachsen.  Bei  fortgesetzter  Ver- 
'^^^erung  der  Kugeln  werden  diese  aber  schliesslich  das 
*^^enstück  F  so  dicht  besetzen,  dass  sie  sich  gegenseitig  be- 
"^^en  und  eine  weitere  Verkleinerung  von  g  kann  demnach 
^■^t  erfolgen. 

Nennt  man  für  diesen  Grenzfall  o  die  Höhe  des  gleich- 
ßitigen  Dreiecks,  in  dessen  Spitzen  je  3  sich  berührende 
^^geln  stehen,  so  ist 


268  Sitzung  der  math.-phys.  Glaaae  vom  6,  Juli  1901. 

a  =  2  ^  sin  60<>  =  ^  "^3 

und  je  grösser  n  ist,  desto  genauer  wird  die  Formel  sein 

2nQo  =  F, 

Nennt  man  noch  P  das  Gesammtvolumen  aller  Kugeln  udI 
d  die  Massendichtigkeit  einer  jeden,  so  ist 

Der  kleinste  zulässige  Werth  von  q  ergiebt  sich  hieraus: 

^  2n    'F         2n    F'd 

und  der  Maximal  werth  vom  n  ist  demnach: 

2  TT»      F^ 


n  = 


2lVZ    P^' 


Nennt  man  weiter  den  Maximalwerth  von  Q :  Q^  und 
Werth  von  Q  für  ein  bestimmtes  gegebenes  n  =  w^ :  Qhö»  ^*'' 
man  der  besseren  Uebersicht  wegen  F=a^  und  V=^a^^  so  wird: 

e_/2.^Y.im*=0.751.i 


Qno      \27YsJ     n^\PJ  n* 


V:P=A  ist  umso  grösser,  je  dünner  die  Massenvertheilunj 
ist.  ^0  wächst  also  mit  A^  und  kann  für  grosse  A  bedeuteß^ 
werden.  Die  Durchsichtigkeit  einer  solchen  Staubschic» 
nimmt,  wie  von  selbst  klar  ist,  mit  der  Verkleinerung  von  ß 
also  der  Vergrösserung  von  n  ab. 

Ganz  ähnliches  gilt  nun  auch  für  dreidimensionale  Statte 
wölken.  Die  Entwicklungen  in  I  und  II  geben  hierüber  nac 
jeder  Richtung  Auskunft.  Infolge  der  gegenseitigen  Bescba) 
tungen  und  Verdeckungen  der  einzelnen  Theilchen  ergiebt  sie 
auch  hier  ein  Maximalwerth  für  die  Flächenhelligkeit  ein 
Staubwolke,  dem  man  sich  durch  fortgesetzte  Zerstückelung  i 
gegebenen    Gesammtmasse    nähert.     Es    tritt    aber    noch  € 


H,  Steliger:  Kosmische  Staubmassen  und  das  ZodiacallichL     269 

jrer  Umstand  hinzu.  Nennt  man  die  Lichtquelle  „ Sonne" 
den  Winkel  an  der  Kugel  im  Dreieck  Sonne-Kugel-Beob- 
«r,  also  den  Phasenwinkel,  a,  so  wird  die  Helligkeit  einer 
ibwolke  von  a  abhängig  sein  und  im  Allgemeinen  mit  Ver- 
Qerung  von  a  zunehmen.  Die  näheren  Umstände  dieser 
ahme  hängen  von  dem  elementaren  Beleuchtungsgesetz  für 
treut  reflectirende  Substanzen  ab  und  sind  deshalb  nicht 
lussetzungslos  angebbar.  Die  gewöhnlich  angewandten  photo- 
rischen  Elementargesetze  für  glatte  Oberflächen  geben  für 
Qe  Variationen  von  a  und  besonders  in  der  Nähe  des 
rthes  a  =  0  nur  sehr  kleine  Variationen  der  Helligkeit, 
tzdem  können  hier  sehr  beträchtliche  Helligkeitszunahmen 
tfinden,  die  bei  nahezu  undurchsichtigen  Staubwolken  ihre 
igkeit  auf  das  Doppelte  erhöhen,  wenn  man  von  sehr  kleinen 
u  dem  Werthe  a  =  0  übergeht.  Dieses  Resultat  ergiebt 
aus  der  Ueberlegung,  dass  für  a  =  0  die  beschatteten 
lle  der  Staubwolke  zugleich  die  verdeckten  sind  und  schon 
geringfügiger  Vergrösserung  von  a  die  beschatteten  Theil- 
sichtbar  werden  und  somit  die  mittlere  Helligkeit  der 
bwolke  abschwächen  müssen.  Die  quantitative  Verfolgung 
s  Phänomenes  ist  in  I  und  H  geschehen.  Dasselbe  spielt 
er  Theorie  der  Beleuchtung  des  Saturnringes  eine  beson- 
wichtige  Rolle  und  ist  hier  als  sehr  aufföUig  durch  die 
Pachtung  constatirt.  Bei  sehr  durchsichtigen  Staubwolken 
s  dagegen  von  untergeordneter  Bedeutung.  Hier  soll  da- 
gänzlich  abgesehen  werden,  wodurch  eine  grosse  Verein- 
ung in  der  Betrachtung  eintritt. 

Bei  den  folgenden  einfachen  Rechnungen  sollen  die  in  I 
II  getrofifenen  Festsetzungen  beibehalten  werden.    Es  seien 

A  und  zlj  die  Entfernung  einer  Kugel  vom  Beobachter 
«^.  von  der  Sonne,  deren  Radius  R  sei.  Dann  ist  die  Licht- 
ge  Q  (a),  welche  eine  Kugel  vom  Radius  q  beim  Phasen- 
cel  a  dem  Beobachter  zusendet: 


270  Sitzung  der  mathrphys.  Classe  vom  6.  Jtdi  1901, 

Hierbei   ist  //  die  Albedo  nach  der  von  mir  eingefölirte 
Definition*)  und  ferner: 


71 
JB 


P==r  tgidif^?  (cos  i,  cos  e)  sin  e  d  e 

0  0 

1  7t  71 

f(a)  =  —  p  f  sin  1?  d  1?  f  9?  (sin  i>  sin  (cw  —  a) ,  sin  t?  sin  ü))di 

0  a 

wobei  (p  das  elementare  Beleuchtungsgesetz  bedeutet.  Bei  i 
bekannten  Unsicherheit  darüber,  welchen  Ausdruck  man  für 
am  besten  anzuwenden  hat,  empfiehlt  es  sich  mehrere  mo 
liehst  einfache  bezw.  mehr  oder  weniger  erprobte  Annahm 
zu  machen.  Die  neuere  Photometrie  hat  besonders  auf  di 
solche  Annahmen  hingewiesen,  nämlich: 

^  V  .  ^.  cos  i  cos  €         -.V 

1)     a?  =  cos^cosc,     2)  w  = r—, ,     3)   a?  =  cosi 

cos  ^  +  cos  e 

wo  i  und  £  Incidenz-  und  Emanationswinkel  bedeuten.  Die  di 
Annahmen  sind  als  das  Lambert'sche  Gesetz,  das  Absorptior 
gesetz  und  das  Gesetz  von  Euler  bekannt.  Für  diese  3  A 
nahmen    ist  der  Reihe   nach  P  =  ^i  ^  und  1,    wodurch  wii 

1)  f^  (a)  =  f  [sin  a  -f-  (tt  —  a)  cos  a] 


2)/;(a)  =  ^ 


1 


sm    ^  OL  I 
J—  lognat  cotg  \  a 


7z  ^  a 


3)  /'s(a)  =  2  -cos»-. 

(v 
7 

die  Lichtmenge  ist,  welche  ein  senkrecht  der  Sonnenstrahlu 
ausgesetztes  Flächenelement  =  1  in  der  Entfernung  Jj  erhi 
Für    genügend    grosse    zdj,    für    solche    nämlich,    für   wel( 

4  sin*  —  =  sin*  o  gesetzt  werden  darf,    —   o  ist  der  scheinbi 


1)  I  art.  5. 


H.  Seeliger:  Kosmische  Staübniassen  und  das  Zodiacallicht,    271 

)nnenradius  —  ist  tt  l  —  j    der  scheinbare  Flächeninhalt  der 

)nnenscheibe,  von  der  betr.  Kugel  aus  gesehen,  und  J  ist 
jmnach  die  scheinbare  Flächenhelligkeit  der  Sonne,  also  völlig 
labhängig  von  Ay  Bezeichnet  Jm  die  mittlere  scheinbare 
lächenhelligkeit  der  Mondscheibe  und  ist  om  ihr  Radius, 
I  kann  man  setzen^): 

/.ö*  =  e7jrai.  569500. 

Betrachten  wir  nun  nur  —  der  Einfachheit  wegen  —  eine 
omogene  Staubwolke  vom  Rauminhalt  R^  Die  Zahl  aller 
1  Jßj  enthaltenen  Kugeln  sei  N.  Dann  ist  die  scheinbare 
lächenhelligkeit  H  in  einer  von  einem  Punkte  ausserhalb  der 
Tolke  gezogenen  Richtung,  welche  die  Wolke  in  zwei  Punkten 
und  2  schneidet,  wo  die  Strecke  12  =  X  ist,  gegeben  durch: 

S^r^-^S^-^--fia)äh.  (1) 

h  und  Äj  sind  die  innerhalb  der  Staubwolke  gelegenen 
töcke  der  Geraden,  welche  von  dem  betrachteten  Punkt  in 
i  zum  Beobachter  bezw.  zur  Sonne  gezogen  werden.  Ferner 
t  gesetzt  worden: 

A  =  ^-,  r=j.^B\  (2) 

Ist,  wie  früher,  P  der  Raum,  den  alle  Kugeln  zusammen 
^nehmen,  so  wird: 

Hl    Q       Q  -Kl 

S  ist  das  Maass  für  die  Dichtigkeit  der  Massenvertheilung. 
tzt  kann  man  H  auch  schreiben : 

H=--k^^-fia)dh.  (3) 

Wenn  der  Beobachter  und  die  Sonne  soweit  von  der  Staub- 


1)  Müller,  Photometrie  der  Gestirne  S.  315. 


272  Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  6,  Juli  1901. 

wölke  entfernt  sind,  dass  ihre  Dimension  dieser  EntfenMfflj! 
gegenüber  sehr  klein  ist,  hat  man: 

Einer  beliebig  weit  fortgesetzten  Zerstückelung  der  HaM 
durch  Verkleinerung  von  ^,  steht  hier  nichts  im  Wege.  All 
für  ^  =  0  nähert  sich  H  einem  endlichen  Grenz werthe,  i 
0  (A)  für  A  =  cx)  endlich  bleibt. 

Für   A  =  00   wird   aber   die   Staubwolke   unendlich  wenii 

durchsichtig.   Zu  dem  Integrale  ^(i)  können  dann  nur  Schichte! 

einen  Betrag  liefern,  für  welche  h  und  Aj  unendlich  klein  sW 

Zieht  man   an  der  Stelle   der  Oberfläche  der  Staubwolke,  m 

welche  sich  die  scheinbare  Helligkeit  fi"  bezieht,  die  Tangential 

ebene  und  nennt  man  i  und  e  den  Incidenz-  bezw.  EinanatioBS 

winkel  der  von  der  Sonne  empfangenen  bezw.  dem  Beobachte 

zugesandten  Strahlen,  so  wird,  von  etwaigen  singulären  Punkte 

der  Oberfläche  abgesehen: 

,         h  cos  e 

K  = - 

'         cos  l 
und  es  wird  demnach  für  A  =  oo  : 

00         ,  ,  cos  I  +  cos  £  «I^Q  i 

$ (A)  =  ;i  f  e-'"— ^^"-  dh  =  — ^ — 

"^Q  cos  t  -|-  cos  e 

d.  h.  die  Staubwolke  reflectirt  das  Licht  wie  ein  fester  glatti 
Körper,  dessen  Oberfläche  das  Absorptionsgesetz  (2)  befolj 
und  dessen  Albedo  vom  Phasenwinkel  abhängt.  Daraus  ergi«' 
sich  z.  B.  die  Lichtmenge  einer  kugelförmigen  Staubwolke  va 
Radius  S^\ 

WO  f^(a)  der  obige  Ausdruck  (S.  270)  ist  und  f{a)  das  Element« 
gesetz  ausdrückt,  welchem  die  einzelnen  Kugeln  folgen. 

Für  zwischen  0  und  oo  gelegene  Werthe  von  Jl  ist  J 
Ausrechnung  des  Integrales  im  Allgemeinen  recht  verwicke 
wie  das  Beispiel  einer  kugelförmigen  Staubwolke  zeigt,  das  i< 


iSl  Sediger:  Kosmische  Stauhmassen  und  das  2odiäcdllicht     273 

I  (S.  12  ff.)  behandelt  habe.  Um  ein  möglichst  einfaches 
;piel  zu  betrachten,  soll  eine  von  zwei  parallelen  Ebenen, 
Abstand  X,  begrenzte  Staubschicht  vorliegen  und  es  be- 
e  sich  sowohl  die  Sonne  als  auch  der  Beobachter  auf  der- 
en Seite  der  Schicht.  Bezeichnet  wieder  i  und  e  Incidenz- 
Emanationswinkel  und  x  die  Tiefe  des  betrachteten  Volum- 
lentes  unter  der  oberen  Grenzebene,  so  ist: 

üD  sc 

\  = : ;    h  = 


cos  i  cos  e 

Die  Integration  ist  dann  sofort  ausführbar  und  man  hat: 

cos  i        (^  xx'-^'±^^\ 

COS  i  +  COS  e  \  / 

Bezeichnet  man  also: 

^    ^    cos  i  -\-  cos  e 
COS  i  cos  e 
wird: 

H^-^J{a)^ ^ ¥;    ¥=l-e-^e.  (4) 

!P  nimmt  mit  abnehmendem  q  fortwährend  zu  und  erreicht 
r  ß  =  0  sein  absolutes  Maximum.  Sobald  i  >  90®  gelten  die 
>rmeln  nicht  mehr.  Ohne  auf  diesen  leicht  zu  erledigenden 
ill  näher  einzugehen,  sei  nur  hervorgehoben,  dass  dann  jeden- 
Us  für  i  =  0  und  für  A  =  oo  H=  0  sein  muss  —  im  letz- 
ten Fall  liegt  eine  von  hinten  beleuchtete  undurchsichtige 
hiebt  vor  —  so  dass  also  das  Maximum  der  Helligkeit  für 
»en  dazwischenliegenden  Werth  von  k  stattfinden  muss. 

Ich  betrachte  nun  den  Fall,  wo  die  Sonne  innerhalb  der 
^ubwolke,  der  Beobachter  dagegen  in  sehr  grosser  Entfer- 
^g  ausserhalb  liegt.  Die  Formel  (3)  gilt  dann,  wenn  nur 
^=  Jj  gesetzt  wird.  Da  hier  f{a)  innerhalb  des  Integrales 
It,  ist  eine  weitere  Entwicklung  der  Formel  von  der  Wahl 
ä  elementaren  Beleuchtungsgesetzes  abhängig. 

Fällt  man  von  der  Sonne  eine  Senkrechte  s  auf  die  vom 
^bachter  zum   betrachteten   Volumelement   gezogene  Gerade 

1901.  SitEungsb.  d.  math.-phys.  GL  19 


rvi 


:^^:5i 


274  Sitzung  der  matK-phys.  Glosse  vom  6.  Juli  1901. 

und  ist  m  der  Abstand  des  Fusspunktes  dieser  Senkrechten  ? 
der  Eintrittsstelle  der  genannten  Geraden  in  die  Staubwoll 
so  hat  man: 

Ä  =  m  +  5  cotg  a ;    h  -{■  A'  =  m  •\'  s  cotg  ^ 

dt 

und  es  ergiebt  sich  aus  (3): 


TT        J-    ^      ^— ^w»  /T'^— A»cotg  ia     r  r   \  J 

if= e        \  e  *    'f(a)aa, 

TZ    s  ^  #  \   /  7 

«1 
wo  Qq  und  Qj  die  Werthe  von  a  für  die  Eintritt-  und  Austrii 
stelle  bedeuten.     Setzt  man  noch: 


0 

so  wird: 

Die  Integrale  W  sind  in  jedem  Falle  leicht  numerisch  a 
zuwerthen.     Ich  habe  beispielsweise   eine  kleine  Tafel  für 
Lambert'sche  Gesetz  berechnet.     Hier  ist: 

f  (n  —  a)  =  f  [sin  a  —  a  cos  a]. 

Die  am  Schlüsse  mitgetheilte  Tafel  ist  nicht  nach  ( 
Argumente  v,  sondern  nach  v^  =  0.43429  v  geordnet 
giebt  eine  genügende  Uebersicht  über  den  Verlauf  der  Fi 
tion  W  zwischen  r^  =  0  und  v,  =  1.  Es  sollen  nun  eil 
numerische  Nachweise  zu  den  vorstehenden  Formeln  gegc 
werden. 

Da  die  scheinbaren  Durchmesser  von  Sonne  und  Moni 
von  der  Erde  aus  gesehen  —  nicht  wesentlich  verschieden  j 
so  hat  man: 

r  =  iU'JM'R^'  569500. 

Betrachtet  man  zuerst  eine  Scheibe  von  Staubmaterie 
von  ausserhalb  beleuchtet  wird,  so  ist  nach  (4)  das  Maxi 
ihrer  Helligkeit: 


H,  Sediger:  Kosmische  Statibmcissen  und  das  Zodiacallicht,     275 

r  cos  t 


71  AI  cos  i  +  cos  e 

^= /ff^y.  569500.  Aa)  '"'' 

Jji         n  \AJ 


cosi  -|-  cos  6* 

Drückt  man  zl,  in  Einheiten  der  Entfernung  Sonne-Erde 
j,  so  wird: 

gmax_.oo^^,     A«)  cosi  1 

Jm  ^      cos  i  -|-  COS  c    Ai 

-^  ist  für  a  =  0  für  die  drei  oben  betrachteten  Beleuch- 

71 

igsgesetze  der  Reihe  nach  f ,  ^,  ^  und  für  a  =  90^  grösser 

COS  1f 

i.   Da  für  i  =  e, t—, =  4  ist,  so  kommt  man  leicht 

cos  i  -j-  cos  e 


F  Maximalhelligkeiten : 

ß  für  Jj  =  1000  (etwa  30  Neptunsweiten): 

fimax  =  e7ir.2.10-V 

?iebt.     Eine   solche  Flächenhelligkeit  würde   also  z.  B.  eine 

iubwolke   haben   können,   die  eine  Parallaxe   von   0^0 1    be- 

zt  und   von   einem  Sterne  von   der   Grösse   10.4   beleuchtet 

fd,  der  in  einer  Entfernung  von  10"  sich  von  ihr  befindet. 

r  schon  recht  dunklen  Oberflächen  entsprechende  Albedowerthe 

fd  man  so,  in  dem  angenommenen  Falle,  auf  Flächenhellig- 

ten 

H^Jm-Y'  10-' 

itihrt,    wo   y    einige  Einheiten    ausmacht.     Diese   Zahl   ver- 
issert  sich  im  quadratischen  Verhältnis  mit  der  Annäherung 
Sternes  an  die  Staubwolke. 

Liegt  der  Stern  innerhalb  der  Staubwolke,  so  ist  nach  (5): 

TT  pyCOtgOQ 

^=^,ix  3.93  •  ^-  { ^.  in  -  «,)  -W^{n-  a,)\. 

du  S 

19* 


276  Sitzung  der  math.-phys.  Glosse  vom  6.  Jtdi  19Ö1, 

Nimmt  man  z.  B.  a^  ganz  beiläufig  in  der  Nähe  von  Na 
a^=  130^  V,  =  0.2,  so  ergiebt  sich  mit  Hülfe  der  Tabelle 

0.94 

Ist  n**  die  jährliche  Parallaxe  der  Staubwolke  in  Secuni 
5"  der  in  Secunden  ausgedrückte  Abstand  des  Sternes,  von  (k 
selben  Leuchtkraft  wie  die  Sonne,  von  dem  betrachteten  Thei 
der  Staubwolke,  so  ist 


,"=n"Y^- 


'  e/jf. 


H 

Setzt  man  z.  B.  -y-  =  A  •  10-^;    n  =  0:01;    /i  =i  (« 

sprechend  einer  Albedo,  die  zwischen  der  des  Mercur  und  Mi 
liegt),  so  ist  ungefähr: 

Auch  in  diesem  Falle  macht  es  keine  Schwierigkeiten 
der  Entfernung  von  mehreren  Secunden  von  einem  schwächer 
Sterne  Flächenhelligkeiten  der  Staubwolke  zu  erhalten,  die  to 
Range  10"*^  der  mittleren  Flächenhelligkeit  der  VoUmondscha 
sind.  Es  ist  dabei  nicht  ausser  Betracht  zu  lassen,  dass  8e 
wahrscheinlicher  Weise  die  meisten  Sterne  eine  viel  bedeutende 
Leuchtkraft  als  die  Sonne  besitzen.  Man  kann  demnach  i 
berechneten  Werthe  auch  für  beträchtlich  kleinere  Parallöi 
als  OrOl  gelten  lassen.  In  beiden  Fällen  sieht  man  abo  d« 
Nebelmassen  in  der  Nähe  von  Sternen.  Es  fragt  sich  m 
aber,  ob  Nebelmassen  von  der  angenommenen  Flächenhelligw 
überhaupt  bemerkbare  Objecte  sind. 

Die  Bestimmung  der  Flächenhelligkeit  von  ausgedehnt» 
lichtschwachen  Gebilden  am  Himmel  ist  bisher  nur  in  wenig« 
Einzelfällen  und  auch  hier  nur  mit  geringer  Zuverlässige 
durchgeführt  worden. 

Namentlich  ist  man  nur  sehr  selten  über  relative  HeBij 
keitsschätzungen  von  Gebilden  unter  sich  hinausgekommen  ^ 


H.  Seeliger:  Kosmische  Staubmassen  und  das  Zodiacallicht.     277 

iziehungen  auf  bestimmte,  also  gewissermaassen  absolute  Ein- 
iten  sind  fast  gar  nicht  vorhanden.  Als  eine  solche  Einheit 
ipfiehlt  sich  die  oben  benutzte,  nämlich  die  mittlere  Flächen- 
lUigkeit  der  Vollmondscheibe  oder  diese  Helligkeit  mit  einer 
gativen  ganzen  Potenz  von  10  multipliciert.  Behält  man 
I  erstere  als  Einheit  bei,  so  werden  die  reciproken  Flächen- 
iligkeiten,  die  ich  mit  Ä  bezeichnen  will,  selbst  der  hellsten 
öbelflecke  und  noch  mehr  minder  heller  Objecte,  wie  der 
üchstrasse,  allerdings  durch  grosse  Zahlen  dargestellt,  was 
äessen  wohl  kaum  bedenklich  sein  dürfte. 

Es  mag  nun  das  Wenige,  was  in  dieser  Beziehung  bekannt 
,  hier  erwähnt  werden.  Es  ist  sehr  zu  bedauern,  dass  man 
um  über  sehr  vage  und  unsichere  Angaben  hinaus  gelangen 
nn,  denn  die  obigen  Bemerkungen  dürften,  abgesehen  von 
dem  Fragen,  darauf  hinweisen,  dass  mit  besser  begründeten 
ststellungen  von  solchen  Flächenhelligkeiten  ein  recht  erheb- 
kes  Interesse  verbunden  ist. 

Der  Himmelsgrund  ist  durch  die  Sonne  oder  durch  den 
>llmond  nicht  gleichmässig  erhellt,  vielmehr  hängt,  wie  selbst- 
rständlich,  die  Flächenhelligkeit  der  einzelnen  Theile  des 
mmels  von  ihrer  Lage  zum  erleuchtenden  Gestirn  und  von 
r  Höhe  des  letzteren  über  dem  Horizont  ab.  Einen  genaueren 
ichweis  hierüber  hat  Herr  Wild  ^)  gegeben.    Danach  ist  z.  B. 

Azimuthe  90®  von  der  Sonne  entfernt  das  Verhältnis  der 
ächenhelligkeit  der  Sonnenscheibe  zur  Flächenhelligkeit  des 
mmelsgrundes  y  •  10®,  wo  y  eine  nicht  sehr  von  der  Einheit 
fschiedene  Zahl  bedeutet.  Ungefähr  dieselbe  Zahl  würde 
-raus  für  die  in  den  obigen  Einheiten  ausgedrückte  reciproke 
'Uigkeit  des  Himmelsgrundes  bei  Vollmond  folgen,  da  Voll- 
^öd  und  Sonne  nahe  von  gleicher  scheinbarer  Grösse  sind. 

Statt  dessen  führt  aber  Olbers*)  —  wohl  eine  der  frühe- 
^  Angaben   in    diesem  Gebiete  —  für   die   Zahl  Ä  10*  an. 

indessen  diese  Angabe   ohne  nähere  Begründung  gemacht 


')  Bulletin  der  Akademie  in  Petersburg.     1876  u.  1877. 
2)  Olbers  Werke  I.  S.  139. 


276  Sitzung  der  math.-phys,  Classe  vom  6.  Juli  1901, 

Nimmt  man  z.  B.  a^  ganz  beiläufig  in  der  Nähe  von  KuB, 
%=  130®,  Vj  =  0.2,  so  ergiebt  sich  mit  Hülfe  der  Tabelle 

0.94 

Ist  71 "  die  jährliche  Parallaxe  der  Staubwolke  in  Secundea, 
s"  der  in  Secunden  ausgedrückte  Abstand  des  Sternes,  von  der« 
selben  Leuchtkraft  wie  die  Sonne,  von  dem  betrachteten  Thdk 
der  Staubwolke,  so  ist 


:"=."]/^ 


94a*     j. 

•  e/jf. 


H 

Setzt  man  z.  B.  ^  =  A  •  10"';    n  =  0:01 ;    f*  =  i  (ent- 

Um 

sprechend  einer  Albedo,  die  zwischen  der  des  Mercur  und  Man 

liegt),  so  ist  ungeföhr: 

s"  =  15"~- 

n 

Auch  in  diesem  Falle  macht  es  keine  Schwierigkeiten  i 
der  Entfernung  von  mehreren  Secunden  von  einem  schwächere 
Sterne  Flächenhelligkeiten  der  Staubwolke  zu  erhalten,  die  toi 
Range  10""^  der  mittleren  Flächenhelligkeit  der  Vollmondscheil 
sind.  Es  ist  dabei  nicht  ausser  Betracht  zu  lassen,  dass  set 
wahrscheinlicher  Weise  die  meisten  Sterne  eine  viel  bedeutender 
Leuchtkraft  als  die  Sonne  besitzen.  Man  kann  demnach  di 
berechneten  Werthe  auch  für  beträchtlich  kleinere  Parallaxe; 
als  OrOl  gelten  lassen.  In  beiden  Fällen  sieht  man  also  dan 
Nebelmassen  in  der  Nähe  von  Sternen.  Es  fragt  sich  niu 
aber,  ob  Nebelmassen  von  der  angenommenen  FlächenhelUgkei 
überhaupt  bemerkbare  Objecte  sind. 

Die  Bestimmung  der  Flächenhelligkeit  von  ausgedehnte; 
lichtschwachen  Gebilden  am  Himmel  ist  bisher  nur  in  wenige 
Einzelfällen  und  auch  hier  nur  mit  geringer  Zuverlässigke: 
durchgeführt  worden. 

Namentlich  ist  man  nur  sehr  selten  über  relative  HelUj 
keitsschätzungen  von  Gebilden  unter  sich  hinausgekommen  ui 


•    J 


H.  Seeliger:  Kosmische  Staubmassen  und  das  Zodiacallicht,     277 

Beziehungen  auf  bestimmte,  also  gewissermaassen  absolute  Ein- 
lieiten  sind  fast  gar  nicht  vorhanden.     Als  eine  solche  Einheit 
empfiehlt  sich  die  oben  benutzte,  nämlich  die  mittlere  Flächen- 
helligkeit der  Vollmondscheibe  oder  diese  Helligkeit  mit  einer 
legativen   ganzen   Potenz   von    10   multipliciert.     Behält  man 
I&  erstere  als  Einheit  bei,  so  werden  die  reciproken  Flächen- 
l'Uligkeiten,  die  ich  mit  Ä  bezeichnen  will,  selbst  der  hellsten 
^  Hebelflecke   und   noch   mehr   minder  heller   Objecte,    wie   der 
f  Milchstrasse,   allerdings   durch   grosse  Zahlen   dargestellt,   was 
.  indessen  wohl  kaum  bedenklich  sein  dürfte. 
i         Es  mag  nun  das  Wenige,  was  in  dieser  Beziehung  bekannt 
ist,  hier  erwähnt  werden.     Es  ist  sehr  zu  bedauern,  dass  man 
kaum  über  sehr  vage  und  unsichere  Angaben  hinaus  gelangen 
kami,  denn  die   obigen  Bemerkungen  dürften,   abgesehen   von 
andern  Fragen,  darauf  hinweisen,  dass  mit  besser  begründeten 
Feststellungen  von  solchen  Flächenhelligkeiten  ein  recht  erheb- 
liches Interesse  verbunden  ist. 

Der  Himmelsgrund  ist  durch  die  Sonne  oder  durch  den 
Vollmond  nicht  gleichmässig  erhellt,  vielmehr  hängt,  wie  selbst- 
verständlich, die  Flächenhelligkeit  der  einzelnen  Theile  des 
Himmels  von  ihrer  Lage  zum  erleuchtenden  Gestirn  und  von 
der  Höhe  des  letzteren  über  dem  Horizont  ab.  Einen  genaueren 
Nachweis  hierüber  hat  Herr  Wild  ^)  gegeben.  Danach  ist  z.  B. 
im  Azimuthe  90*^  von  der  Sonne  entfernt  das  Verhältnis  der 
Plächenhelligkeit  der  Sonnenscheibe  zur  Flächenhelligkeit  des 
ffinimelsgrundes  7•10^  wo  y  eine  nicht  sehr  von  der  Einheit 
verschiedene  Zahl  bedeutet.  Ungefähr  dieselbe  Zahl  würde 
hieraus  für  die  in  den  obigen  Einheiten  ausgedrückte  reciproke 
Helligkeit  des  Himmelsgrundes  bei  Vollmond  folgen,  da  VoU- 
Diond  und  Sonne  nahe  von  gleicher  scheinbarer  Grösse  sind. 

Statt  dessen  führt  aber  Olbers*)  —  wohl  eine  der  frühe- 
sten Angaben  in  diesem  Gebiete  —  für  die  Zahl  Ä  10*  an. 
^^  indessen  diese  Angabe   ohne  nähere  Begründung  gemacht 


^)  Bulletin  der  Akademie  in  Petersburg.     1876  u.  1877. 
^  Olbers  Werke  I.  S.  139. 


k. 


278  Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  vom  6,  Juli  1901, 

ist,  dürfte  wohl  die  erwähnte  Wild'sche  zuverlässiger  sein.  Bei 
Vollmond  verschwindet  nun  aber  für  das  freie  Auge,  die  Milch- 
strasse überall,  vielleicht  mit  Ausnahme  der  allerhellsten  Partien. 
Hier  ist  die  Helligkeit  des  Himmelsgrundes  um  die  der  Milch- 
strasse vermehrt.  Bleibt  diese  Helligkeit  unbemerkt,  so  muss 
der  Quotient  aus  der  genannten  Vermehrung  dividirt  durch  die 
Helligkeit  des  Himmelsgrundes  <  e  sein,  wo  e  eine  Zahl  ist, 
die   man  wohl  kleiner   als   etwa  -^  annehmen  kann.     Danacii 

40 

würde  also  für  die  Milchstrasse  für  A  der  Werth  —  •  10*  bezw. 

e 

— 10®  folgen,  also  werden  voraussichtlich  auch  die  hellen  Par- 
tien der  Milchstrasse  ein  Ä  aufweisen,  das  vom  Range  10'  ist. 

Die  hellen,  besonders  einige  kleine  planetarische  Nebel, 
scheinen  eine  viel  grössere  Helligkeit  zu  besitzen,  doch  lasserv 
sich  nur  ganz  unsichere  Angaben  in  dieser  Richtung  macheim- 
Die  wenigen  hierher  gehörenden  Angaben,  deren  Nachprüfung 
und  Vermehrung  dringend  erwünscht  wäre,  hat  Herr  G.  Mülle^  :■ 
in  seiner  Photometrie  der  Gestirne  zusammengestellt. 

Nach  Herrn  E.  Pickering  sendet  der  helle  planetarisch-  ^ 
Nebel  G.  C.  4964  soviel  Licht  aus,  wie  ein  Stern  von  der  Grös&^ 
8.6.^)  Die  Lichtmenge,  welche  der  mittlere  Vollmond  de- 3 
Erde  zusendet,  ist  gleich  derjenigen,  welche  ein  Stern  von  i(^^ 
Grösse  — 11.77  besitzen  würde.*)  Der  genannte  planetarisch  ^ 
Nebel  ist  ungefähr  kreisrund  und  hat  nach  einer  von  Herr^ 
Villiger  auf  mein  Ersuchen  angestellten  Messung  einen  DurcL  — 
messer  von  21".  Hiermit  ergiebt  sich  Ä  für  diesen  Nebel  rmji 
rund  18000.  Ferner  hat  Herr  Huggins^)  die  Flächenhelligkei  *• 
von  3  Nebeln  bestimmt,  hierbei  als  Einheit  die  Flächenhelh'g'— 
keit  einer  auf  einem  nahen  Dache  aufgestellten  Kerzenflamn»-^ 
genommen  und  hierfür  gefunden: 


1)  Müller  a.  a.  0.  S.  420. 

2)  Müller  a.  a.  0.  S.  340. 

3)  Huggins,   Philosoph.  Transact.    Vol.  156,   pari.  I,   S.  392  ff.  a«<^ 
Müller  S.  420. 


K  Sediger:  Koemische  Staubmcusen  und  d(u  ZodiacaüicfU,    269 

Anderer  umstand  hinzu.  Nennt  man  die  Lichtquelle  , Sonne* 
und  den  Winkel  an  der  Kugel  im  Dreieck  Sonne-Kugel-Beob- 
MJhter,  also  den  Phasenwinkel,  a,  so  wird  die  Helligkeit  einer 
itaubwolke  von  a  abhängig  sein  und  im  Allgemeinen  mit  Yer- 
ieinerung  von  a  zunehmen.  Die  näheren  Umstände  dieser 
iOiiahme  hängen  von  dem  elementaren  Beleuchtungsgesetz  für 
erstreut  reflectirende  Substanzen  ab  und  sind  deshalb  nicht 
oraussetzungslos  angebbar.  Die  gewöhnlich  angewandten  photo- 
letrischen  Elementargesetze  für  glatte  Oberflächen  geben  für 
leine  Variationen  von  a  und  besonders  in  der  Nähe  des 
i^erthes  a  =  0  nur  sehr  kleine  Variationen  der  Helligkeit, 
rotzdem  können  hier  sehr  beträchtliche  Helligkeitszunahmen 
attfinden,  die  bei  nahezu  undurchsichtigen  Staubwolken  ihre 
elligkeit  auf  das  Doppelte  erhöhen,  wenn  man  von  sehr  kleinen 
zu  dem  Werthe  a  =  0  übergeht.  Dieses  Resultat  ergiebt 
4  aus  der  Ueberlegung,  dass  für  a  =  0  die  beschatteten 
leile  der  Staubwolke  zugleich  die  verdeckten  sind  und  schon 
i  geringfügiger  Vergrösserung  von  a  die  beschatteten  Theil- 
en  sichtbar  werden  und  somit  die  mittlere  Helligkeit  der 
lubwolke  abschwächen  müssen.  Die  quantitative  Verfolgung 
ses  Phänomenes  ist  in  I  und  II  geschehen.  Dasselbe  spielt 
der  Theorie  der  Beleuchtung  des  Saturnringes  eine  beson- 
•s  wichtige  Rolle  und  ist  hier  als  sehr  auffällig  durch  die 
3bachtung  constatirt.  Bei  sehr  durchsichtigen  Staubwolken 
es  dagegen  von  untergeordneter  Bedeutung.  Hier  soll  da- 
1  gänzlich  abgesehen  werden,  wodurch  eine  grosse  Verein- 
hung  in  der  Betrachtung  eintritt. 

Bei  den  folgenden  einfachen  Rechnungen  sollen  die  in  I 
i  H  getrofl'enen  Festsetzungen  beibehalten  werden.  Es  seien 
o  A  und  zlj  die  Entfernung  einer  Kugel  vom  Beobachter 
;w.  von  der  Sonne,  deren  Radius  R  sei.  Dann  ist  die  Licht- 
nge  Q  (a),  welche  eine  Kugel  vom  Radius  q  beim  Phasen- 
ikel  a  dem  Beobachter  zusendet: 


1 


280  Sitzung  der  math.'phys,  Glosse  vom  6,  Juli  1901. 

jecte  sich  beziehen  können.^)  Ich  habe  nun  Herrn  Villiger  er- 
sucht, mit  dem  schönen  Töpfer'schen  Keilphotometer,  welches 
mit  dem  lO^/a  zölligen  Refractor  der  Münchener  Sternwarte  in 
Verbindung  gebracht  werden  kann,  einige  passend  ausgewählte 
Nebelobjecte  zu  vergleichen,  was  auch  im  December  1900  und 
Mai  1901  geschehen  ist.  Auf  die  Details  dieser  Messungen 
soll  hier  nicht  eingegangen  werden.  Ich  führe  nur  die  resul- 
tierenden Mittelwerthe  von  Ä  an,  wobei  für  den  Nebel  G.  C.  4964 
der  obige  Werth  Ä  =  18000  angenommen  wurde. 

G.G.  4628  Ä=    13900 

Ringnebel  in  der  Leyer  61800 
DumbbeUnebel                                133000 

G.G.  4964  18000 

G.G.  6826  32100 

Andromedanebel  1 6100 

Sternhaufen  im  Hercules  ^  ak7(\(\ 

Messier  13  j 

Die  mit  -4  =  13900  für  G.G.  4628  berechneten,  oben  er- 
wähnten,  Messungen  von  Herrn  Huggins  ergeben  für: 

Ringnebel  Ä=    55700 

DumbbeUnebel  181000 

was  immerhin  in  passabler  Uebereinstimmung  mit  den  Bestiiö- 
mungen  des  Münchener  Keilphotometers  steht. 

Zu  Gunsten  der  oben  angeführten  Zahlen  dürfte  der  fi^ 
den  Sternhaufen  im  Hercules  gefundene  Werth  von  Ä  sprechen- 
Nach  dem  von  Herrn  Scheiner  gegebenen  Gatalog  ergiebt  sieb» 
dass  in  dem  innersten  und  dichtesten  Theil  des  Sternhaufen^ 
(30  Bogensecunden  im  Quadrat)  im  Mittel  0.1067  Sterne  toi^ 
der  Grösse  12.7  auf  dem  Areale  einer  Quadratsecunde  steheo- 
Hieraus  ergiebt  sich  Ä  zu  22000.  Bei  der  Unsicherheit,  di^ 
immerhin  der  Grössenschätzung  anhaftet,  dürfte  die  Uebereio-' 
Stimmung  der  beiderlei  Zahlen  befriedigend  sein,  immer  voraus^ 

^)  Um  ein  homogenes  Gesichtsfeld  zu  erzielen  'wird  man  zwei  gleich^ 
Keile  oder  Stücke  von  solchen,  deren  Spitzen  entgegengesetzt  liegen,  ^' 
wenden.  Das  eine  Keilstück  wird  man  am  besten  fest  mit  dem  Ocul&r* 
verbinden. 


1  Seeliger:  Kosmische  Staubmassen  und  das  Zodiacalliche.     281 

kzt,    dass    man    nur    die    Grössenordnung    von  Ä    zu    be- 
men  versucht. 

Endlich  kann  man  auf  Grund  meiner  ^  Betrachtungen  über 
'äumliche  Vertheilung  der  Fixsterne,*  ^)  die  mittlere  Flächen- 
gkeit  nicht  zu  kleiner  Theile  der  Milchstrasse  bestimmen. 

ist  freilich  gegenwärtig  nicht  ohne  Hypothesen  möglich, 
ich  a.  a.  0.  S.  47  S.  gezeigt  habe,  aber  einiges  Interesse 
len  doch  dergleichen  Rechnungen  haben. 

Bezeichnet  X  eine  Grösse,  die  für  die  Milchstrasse  im  Mittel 
')  ist,  Am  die  Lichtmenge  eines  Sternes  von  der  Grösse  m, 
lie  Stemgrösse,  unter  welcher  die  hellsten  Sterne  an  der 
nze  des  Sternsystems  erscheinen,  Am  die  Anzahl  aller  Sterne 

einem  bestimmten  Areale  des  Himmels,  z.  B.  auf  einem 
idratgrad,  von  den  hellsten  herab  bis  zu  denen  von  der 
>sse  m,  dann  ist: 

5_A-(3-A)^ 
Am  =  An  • 7z wenn  m  >  w 


'-m 


=^-(fe) 


8-A 
2 


m<w 


Femer  hat  man  A«  =  hn  y*»-*»,  wo  log  y  =  —  0.4.    Damit 
ebt  sich,  wenn  y=lognaty  ist,  für  m>w: 

3 ;[ 

h„dÄ„,  == —  '  An  hn  /.  y2(m-n) .  dm 

die  Lichtmenge   aller  Sterne  zusammen  von  der  Grösse  n 
Zu  den  schwächsten  wird: 

j—  Anhn/  j  y'dx=  An  hn . 

Ebenso  findet  sich  für  niKn: 

hm  dAm  = 2~  Anhny*y  2  ^     ^  'dm 

die  Lichtmenge   aller  Sterne  zusammen   von  den  hellsten, 
Welche  offenbar  genähert  m  —  n  =  —  oo  gesetzt  werden  darf: 


*)  Abhandlungen  der  Akademie  d.  W.  zu  München.  Bd.  XIX.  1898. 


■'  ^? 


'"-^1^ 


282 


Sitzung  der  math.'phys.  Classe  vom  6.  Juli  1901, 


—  oo 


Als  Gesammtlichtmenge  Q  ergiebt  sich  also: 

O-A  h     (3->t)(5-A) 

Was  man  auch,  wenn  unter  m  eine  Zahl  >n  verstände 

wird,  schreiben  kann: 

(3  —  A)  (5  —  X) 


Q  =  Ämh„ 


2(1-A) 


(5_A)_(3-A) 


^m 


Für  den  typischen  Verlauf  der  Milchstrasse  wurde  >1  = 
gesetzt,  wodurch  wird: 

Q  =  Ämh„-- 


19  ■  Ä„ 

Nimmt  man  für  m  die  Grösse  der  schwächsten  W.  Hersche 
sehen  Sterne  und  schliesst  man  sich  den  weiteren  Annahmen,  i 
ich  a.  a.  0.  gemacht  habe,  an,  so  erhält  man  für  die  4  folg« 
den  verschiedenen  Annahmen  von  m  die  daneben  steheni« 
Werthe  von  n: 

1)  m  =  13.5 

2)  14.0 

3)  14.5 

4)  15.0 


n  =  13.22 
12.95 
12.86 
12.81 


Für  diese  4  Annahmen  hat  die  Grösse: 


S 


11 


6 


1  — 


11  h 


m 


19  K 


der  Reihe  nach  die  Werthe:  1.08,  0.98,  0.95  und  0.94.  Mai 
kann  demnach  bei  Ueberschlagsrechnungen,  um  die  es  sid 
hier  handelt,  S=l  setzen  und  es  ergiebt  sich  so: 


V  —  -^w»  '^12* 


JET.  Seeliger:  Kosmische  Stavbmassen  und  das  Zodiacallicht,     283 

Die  Lichtmenge  eines  Quadratgrades  von  der  Flächen- 
igkeit  des  Vollmondes  wäre  —  13.46  Grössenklassen.  Für 
rgiebt  sich  hieraus: 

log  ^  =  +  10.184  —  log  -4«;  ^  =  1.5  X  lO^^  •  -^ . 

Am  ist  hier  also  die  Anzahl  HerschePscher  Sterne  auf  dem 
dratgrad.  In  der  typischen  Vertheilung  ist  in  der  Milch- 
sse Am  etwa  =  2000  und 

^  =  7^x10«. 

Für  sehr  helle  Stellen  der  Milchstrasse  mag  J.  auf  eine 
üon  oder  noch  auf  weniger  herabsinken. 

Nach  den  vorstehenden  Erwägungen  ist  also  kaum  zu  be- 
ifein, dass  kosmischer  Staub  in  der  Nähe  leuchtender  Massen 

als  auf  nicht  unbeträchtliche  Strecken  ausgebreitete  schwach 
ihtende  Nebelmaterie  darstellen  kann.  Sind  die  einzelnen 
ibtheilchen  überaus  klein,  vom  Range  der  Wellenlänge  des 
ites,  so  werden  bekanntlich  die  kurzwelligen  Strahlen  in 
kerem  Maasse  reflectirt  als  die  langwelligen  und  die  Staub- 
ke  wird  sich  dann  leichter  auf  der  photographischen  Platte 
;en  als  dem  Auge  direct  bemerkbar  machen. 

Es  scheint  nicht  unwahrscheinlich,  dass  gewisse  Theile  der 
ralnebel,  auf  solche  erleuchtete  Staubwolken  zurückzuführen 
l.  Unsere  Sonne  ist,  worauf  das  Zodiacallicht  hindeutet,  von 
'r  dünnen  Staubwolke  umgeben,  welche  über  die  Erdbahn 
ausreicht.  Sie  wird  den  nächsten  Fixsternen  deshalb  als  ein 
liger  Stern  erscheinen.  Die  Nebelhülle  ist  freilich  wenig 
gedehnt,  hat  aber,  wie  leicht  zu  sehen,  für  ausserhalb  des 
nensystems  gelegene  Beobachter  durchaus  noch  merkliche 
ligkeit,  insoweit  sie  natürlich  nicht  durch  den  in  ihrer  Nähe 
lenden  Stern  überstrahlt  wird. 

2. 

Wie  schon  erwähnt  wurde,  zähle  ich  zu  den  staubfi3rmigen 
mischen  Massen  das  Zodiacallicht.  Unter  den  mancherlei 
pothesen,    welche  zur  Erklärung  dieses  Phänomenes   aufge- 


284  Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  vom  6,  Juli  1901. 

stellt  worden  sind,  scheint  mir  die  einfachste  folgende  zu  sei 
Der  Raum  des  Sonnensystemes  in  der  Nähe  der  Sonne  bis 
Gegenden,  welche  die  Erdbahn  jedenfalls  noch  umschliess- 
ist  ausgefüllt  mit  Theilchen  kosmischen  Staubes,  welche  i 
Sonnenlicht  zurückwerfen.  Diese  Staubwolke  wird  sich  um  e 
Ebene,  in  welcher  die  Axe  des  Zodiacallichtes  liegt,  gruppir 
so  dass  sie  in  einer  auf  die  Ebene  senkrechten  Richtung  ei 
relativ  geringe  Ausdehnung  besitzt.  In  der  genannten  Ebe 
selbst  wird  sie,  da  das  Zodiacallicht  ständige  Unterschiede 
Aussehen,  die  von  der  Jahreszeit  abhängen,  nicht  zu  zeig 
scheint,  nach  allen  Richtungen  gleich  ausgebreitet  sein.  In  i 
Hauptsache  wird  also  diese  Staubwolke  die  Form  einer  Rotation 
Scheibe  aufweisen,  deren  Mitte  in  der  Sonne  liegt  und  c 
über  die  Erdbahn  hinausreicht.  Die  Dichtigkeit  der  Masse 
vertheilung  wird  wahrscheinlich  von  der  Sonne  nach  Aussen 
abnehmen  und  es  wäre  möglich,  dass  sich  die  staubformi 
Materie  bei  zu  grossen  Entfernungen  von  der  Sonne  nach  weis 
Hesse,  aber  in  viel  grösserer  Sonnenentfernung,  als  die  der  En 
wird  sie  jedenfalls  überaus  dünn  und  ihr  Einfluss  also  s€ 
gering  sein  müssen. 

Ob  die  Axe  des  Zodiacallichtes  wirklich  in  der  Eklip 
liegt  und  also  die  Rotationsaxe  der  Scheibe  senkrecht  dan 
steht,  bleibt  dahingestellt.  Früher  hat  man  daran  nicht  f 
zweifelt,  neuerdings  aber  haben  zuverlässige  Beobachter  d 
gethan.  So  hat  Herr  Marchand  ^)  und  ganz  neuerdings  H( 
M.  Wolf*)  gefunden,  dass  die  Axe  des  Zodiacallichtes  eher 
der  Ebene  des  Sonnenaequators  als  in  der  Ekliptik  liegend  a 
zunehmen  sei. 

Die  oben  erwähnte  Ansiclit  über  das  Zodiacallicht  drän 
sich  von  selbst  auf,  wenn  man  sich  erinnert,  dass  auch  soe 
verschiedene  astronomische  Erfahrungen  auf  die  Anwesenh( 
kosmischen  Staubes,    namentlich   in  der  Umgebung  der  Soni 


1)  Compt.  Rend.  Band  CXXL  S.  1134.  1895. 

2)  üeber    die   Bestimmung    der   Lage    des   Zodiacallichts   und  ^' 
Gegenschein.     Sitzb.  d.  Münchener  Akademie  d.  W.    1900.    S.  197— 2C 


H,  Seeliger:  Kosmische  Staübmassen  und  das  ZodiaccUlicht.     285 

unzweideutig  hinweisen.  Vor  9  Jahren^)  habe  ich  mich  aus- 
drücklich zu  dieser  Ansicht  bekannt,  die  auch  von  anderer 
Seite,  so  von  dem  um  die  Erforschung  des  Zodiacallichtes  hoch- 
verdienten A.  Searle  verfochten  worden  ist  und  eine  nähere 
Begründung  in  Aussicht  gestellt.  Dass  eine  solche  bisher  nicht 
«folgt  ist,  lag  einmal  darin,  dass  1  Jahr  später  Herr  Searle^) 
&  Sachlage  eingehend  beleuchtet  hat  und  ferner  darin,  dass 
nnrerlässige  photometrische  Angaben  über  die  Helligkeitsver- 
iheilung  im  Zodiacallicht  nicht  zu  beschaffen  waren  und  meine 
ägenen  dahin  gerichteten  Versuche  einen  Erfolg  nicht  hatten. 
Eine  Aenderung  dieser  Sachlage  ist  zwar  bisher  nicht  ein- 
getreten, aber  es  ist  durch  die  neuesten  Arbeiten  von  M.  Wolf 
die  Aussicht  eröffnet  worden  eine  solche  erwarten  zu  können. 
Henn  Wolf  ist  es  in  der  That  gelungen,  eine  photographische 
Methode  zu  finden,  welche  die  Helligkeitsvertheilung  im  Zodiacal- 
lichte  zu  erforschen  erlaubt  und  diese  scheint  mir  demnach 
flben  höchst  bedeutungsvollen  Fortschritt  auf  diesem  Gebiete 
«ttubahnen.  Man  darf  also  hoffen  in  nicht  zu  femer  Zeit  die 
«forderlichen  photometrischen  Daten  zu  erhalten,  welche  über 
die  Zulässigkeit  oder  Unzulässigkeit  der  einzelnen  Ansichten 
über  das  Wesen  des  Zodiacallichts  im  Grossen  und  Ganzen  zu 
^tscheiden  gestatten  werden. 

In  dieser  Richtung  lässt  sich  freilich,  wie  ich  glaube, 
*chon  jetzt  manches  sagen  und  die  Ausarbeitung  der  verschie- 
denen Theorien  im  Einzelnen  dürfte  zur  Ausscheidung  der  einen 
^6r  andern  von  diesen,  als  unzulässig,  führen.  Eine  solche 
^öhr  ins  Detail  gehende  Beleuchtung  hat  einer  meiner  Schüler 
^ternonmaen.  Ohne  dieser  vorgreifen  zu  wollen,  möchte  ich 
^^  hier  nur  einige  ganz  kurze  allgemeine  Bemerkungen  er- 
**uben  mit  Zugrundelegung  der  oben  erörterten  Ansicht  über 
"^  Wesen  des  Zodiacallichtes.  Veranlasst  werde  ich  hierzu 
wurcli  zweierlei  Umstände: 


*)  Üeber  allgemeine  Probleme  der  Mechanik  des  Himmels.  Mün- 
chen   1892. 

^)  Researches  on  the  Zodiacal  Lipfht.  Annales  of  the  Harvard  Col- 
%e    Observatory.  Vol.  XIX,  H,  1803. 


286  Sitzung  der  math.-phys.  Glosse  vom  6.  Juli  1901, 

Erstens  ist  in  verschiedenen  Publicationen,  zum  Theil  yoü 
populärer  Tendenz,  mein  Name  mit  Ansichten  über  das  Zodiacal- 
licht  in  Verbindung  gebracht  worden,  die  ich  niemals  gehabt 
und  noch  weniger  ausgesprochen  habe.  Dann  aber  sind  audi 
Einwände  gegen  die  oben  erwähnte  Ansicht  vorgebracht  worden, 
die  ich  bereits  a.  a.  0.  widerlegt  habe,  ohne  freilich  diese 
Widerlegung  durch  mathematische  Formeln  unterstützt  zq 
haben.  Das  letztere  möchte  ich  in  allgemeinen  Umrissen  nun- 
mehr nachholen. 

Die  Theorie  der  Beleuchtung  von  Staubwolken  tritt  hier 
in  der  einfachsten  Form  auf,  denn  die  gegenseitige  Beschat- 
tung und  Verdeckung  der  einzelnen  Theilchen  kann  kaum  einen 
bemerkbaren  Einfluss  ausüben,  weil  die  Masse  des  Zodiacal- 
lichtes  jedenfalls  ausserordentlich  dünn  verstreut  ist,  wie  der 
hohe  Grad  von  Durchsichtigkeit  dieses  Gebildes  beweist.  Bs 
wäre  möglich,  dass  hierüber  genauere  Auskunft  durch  syste- 
matisch ausgeführte  photometrische  Fixsternbeobachtungen  öi 
erlangen  wäre,  denn  wenn  eine  merkbare  Schwächung  der  das 
Zodiacallicht  durchquerenden  Lichtstrahlen  stattfindet,  müssten 
Sterne,  die  in  der  Nähe  der  Axe  des  Zodiacallichtes  stehen, 
Helligkeiten  zeigen,  die  von  der  Elongation  von  der  Sonne  ab- 
hängen. Die  Schwierigkeit  einer  solchen  Untersuchung  liegt 
in  dem  Umstände,  dass  man  die  Sterne  bis  zu  beträchthcher 
Annäherung  an  die  Sonne  verfolgen  müsste  und  somit  die 
Extinction  durch  die  Erdatmosphäre  einen  bedeutenden  Einfluss 
erhielte.  Man  würde  deshalb  wohl  ein  positives  Resultat  nur  dann 
erhalten,  wenn  das  Zodiacallicht  das  Sternlicht  um  einen  nicht 
zu  kleinen  Procentsatz  schwächen  würde.  Indessen  wäre  auch 
ein  negatives  Resultat  offenbar  von  wissenschaftlichem  Interesse. 

Nach  dem  oben  Gesagten  werden  wir  anzunehmen  haben, 

dass  die  Anzahl  der  in  der  Raumeinheit  enthaltenen,  das  Zodiacal- 

N 
licht   verursachenden   kugelförmigen  Körper  -^  (s.  oben)  eine 

Function  des  Ortes  ist.  Es  soll  jetzt  mit  o  der  Radius  einer 
der  kleinen  Kugeln,  mit  q  und  r  die  Entfernung  eines  Voluni- 
elementes  von  der  Sonne  bezw.  von  der  Erde,  schliessUch  mit 


c-v-   - 


H,  Setiiger:  Kosmische  Staübm aasen  und  das  Zodiacallicht,     287 

ie  Entfernung  Erde-Sonne  bezeichnet  werden.  Die  Flächen- 
igkeit  h  eines  kleinen  Theiles  des  Himmels,  wo  das  Zodiacal- 
it  sichtbar  ist,  wird  man  ganz  analog  dem  Früheren  erhalten: 

dh=  ^'f(a)dr. 

Hierin  hat  <P  die  Bedeutung: 

I  also  «T,  /i,  R  und  f(a)  die  frühere  Bedeutung  haben  und  d 
I  die  Dichtigkeit  der  Massenvertheilung  anzusehen  ist.  Es  soll 
n  hier  nur  die  Lichtvertheilung  in  der  Axe  des  Zodiacallichtes 
tersucht  werden.  Dann  wird  die  Sonne  im  Mittelpunkt  eines 
•eises  mit  dem  Radius  P  liegen,  welcher  die  staubförmige 
isse  begrenzt.  Innerhalb  desselben  Kreises  soll  die  Erde  in 
r  Entfernung  a  vom  Centrum  liegen  und  ferner  soll  i?  der 
inkel  zwischen  den  Richtungen  Erde-Volumelement  und  Erde- 
>Dne  sein.  Die  erstere  Richtung  soll  den  Kreis  in  der  Ent- 
mimg  Tj  von  der  Erde  treffen.  Wegen  der  oben  erörterten 
Dnahme,  dass  nämlich  die  Helligkeit  des  Zodiacallichtes  keine 
ihängigkeit  von  der  Jahreszeit  zu  haben  scheint,  wird  $  nur 
J  Function  von  g  anzunehmen  sein.  So  ergiebt  sich  also  für 
J  Flächenhelligkeit  h  in  der  Elongation  i?  von  der  Sonne  der 
isdruck : 

h  =  f^{Q)-f{a).dr.  (1) 

0 

Hierin  kann  man  nach  Belieben  r,  q  oder  a  als  Integrations- 
riable  einführen  und  jede  dieser  Formen  bietet  gewisse  Vor- 
öile  dar.     Dabei  sind  die  Formeln  zu  benutzen: 

^*  =  r*  -j-  a*  —  2ar cos i? 

a  sin  1? 


sm  a  = 


Yr^  -\-  a^  —  2ar  cos i? 


rj  =  a  cos  1^  +  VF'*  —  a*  sin*  i? 

Führt    man    q    als    Integrationsvariable    in    (1)    ein,    so 
•t  man: 


•  i  •f<'»'"*'r;'?^ 


288  Sitzung  der  math.-phys.  Glosse  vom  6.  Juli  1901. 

,          r  —  a  cos  1?     ,  , 

a p  =  — .  rf r  =  cos a  '  ar 

Q 
und  zerlegt  man  das  Integral  in  (1)  für:  i?  •  ^  90®  in: 

ri  acos^     2aco8^    r* 

0  0  acos^      2aco8^ 

SO  ergiebt  sich,  wenn  noch  /^  («)  +  /*  (^  —  a)  =  9?  (a)  ges^ 

wird: 

a  p 

90» 


Jcosa  "^  ^  ^  J  cosa    " 


acosi^ 
P 


n=[^(^).lMdQ *> 

J  cosa 


90« 


(? 


Hier  ist  a  zu  bestimmen  durch: 

cos  a  =  -| —  Yq^  —  a*  sin*  ^. 

Führt  man  schliesslich  a  als  Integrationsvariable  ein: 

,  ,     ^      da 

dr  =  —  asinü  '   .  ^    , 

sm'  a 

so  hat  man: 

Ä  =  a  sin  ^  f  ^%)  .  X^  .da,  (t 

J       ^^    sm*a 
«0 

asini?        ,  ,        '  L   T      ^     '  asind 

wo  p  =  — ; und  a«  gegeben   ist  durch  sm  a«  =  — =r—  luw 

sm  a  u  o  o  "  jP 

zwar  als  spitzer  Winkel  anzunehmen  ist.    Man  kann  übrigöö 
wenn  man  will,  (3)  auch  in  2  Formeln  zerspalten: 

7  •    n /TJ?  N  (pMda  ,        ,    „/^,  V   f(a)da     .     ^^^ 


7»  «0 

9 


(3*: 


Ä=asint?f<P(ö).ö^ i?>90« 

•^  sm*  a 

Aus  (2)  ersieht  man  sofoii,   dass  der  Verlauf  der  Hellig- 
keit  des  Zodiacallichtes    von   1?  =  90«   bis  180^   also  bis  »ff 


1 
•i 


H.  Sediger:  Koamüche  Stauibmassen  und  das  Zodiacailieht,     289 

Jtelle  des  Geirensclieines,   wesentlich   von   der  Function 

°  cos  a 

ibhängt,  also  Yom  elementaren  Beleuchtungsgesetz.  Für  jedes 
>  nimmt  hier  nämlich  a  fortwährend  ab  mit  zunehmendem  *. 

Wemi  demnach  mit  zunehmendem  a  fortwährend  wächst, 

cos  a 

9  wird  die  Helligkeit  des  Zodiacallichtes  immer  abnehmen, 
irenn  man  von  der  Elongation  90*^  bis  zur  Elongation  180®  fort- 
ichreitet.  Thatsächlich  zeigen  manche  Beleuchtungsgesetze  diese 
Bigenschaft.  So  ist  für  das  Lambert'sche  und  das  Euler^sche 
hseisz  die  genannte  Function,  abgesehen  von  constanten 
factoren: 


tga  +  TT  —  a. 


cos*  \  a 
cosa 


Wenn  man  also  eine  dieser  Formeln  zur  Anwendung  bringt, 
könnte  der  Gegenschein  nicht  ohne  Weiteres  erklärt  werden, 
^ber  durchaus  nicht  alle  Beleuchtungsgesetze  zeigen  diese  Eigen- 

cos  i  cos  £ 

"diaft.     So    erffiebt    das   Absorptionsgesetz    r— ; eine 

°  x-  D  ^Qg  ^  _|-  cos  c 

Wction  ,  welche  von  a  =  0  bis  a  =  20®  (ihr  Logarithmus 

cos  a 

twa  um  —  0.007)  abnimmt  und  man  wird  daraus  schliessen, 
i8s  bei  Zugrundelegung  dieses  Beleuchtungsgesetzes  die  Hellig- 
äit  des  Zodiacallichtes  bei  i?  =  180®  etwas  grösser  sein  muss, 
8  in  einer  etwas  kleineren  Elongation.  Diese  Lichtzunahme 
t  an  sich  allerdings  sehr  gering.  Es  ist  aber  bekannt,  dass 
e  Helligkeit  sehr  rauher  Körper  in  der  Nähe  der  Opposition 
el  stärker  zunimmt,  als  alle  die  gewöhnlich  benutzten  Be- 
Uchtungsformeln  ergeben.  So  ist  diese  Thatsache  bei  der 
lotometrischen  Beobachtung  der  kleinen  Planeten  besonders 
^tlich  hervorgetreten,  worauf  u.  A.  auch  Herr  Searle  sehr 
tchdrücklich  hingewiesen  hat.  Man  wird  deshalb  wohl  be- 
iupten  dürfen,  dass  hier,  zunächst  wenigstens,  ernstliche 
'liwierigkeiten  für  die  obige  Theorie  des  Zodiacallichtes  nicht 
>^liegen.     Zum  mindesten  müsste  doch  erst  das  Zeugnis  von 

1901.  Sitsimgsb.  d.  iiuith.-pb78.  Cl.  20 


290  Sitzung  der  math,-phys.  Glosse  vom  6.  Juli  1901, 

photometrischen  Beobachtungen  in  der  Nähe  des  Gegenscheines 
abgewartet  werden. 

Was  den  Verlauf  der  Helligkeit  für  Elongationen  O^* 
betriflFt,   so   wird  hier  die  Beschaffenheit  der  Function  $  toi  . 
grösstem  Einflüsse  sein.    Während  für  den  Theil  des  Zodiacal- 
lichts  zwischen  90°  und  180®  Elongation  nur  die  LichtreflexiM 
an   Theilchen   zwischen   q  =  a   bis   ^  =  P  in  Frage   kommt» 
treten   für   kleinere   Elongationen   immer   neue  Theilchen,  ik 
näher  an  der  Sonne  stehen,  mit  ins  Spiel  und  daraus  folgt  ebeo,  > 
dass  man  h  als  Function  von  i?  durch  passende  Wahl  von  #..^ 
innerhalb   eines   weiteren  Spielraumes   wird  darstellen  könn^L 
Eine  Einschränkung   erleidet  die  Darstellung   eines   beliebigen 
Verlaufes  von  A(i?)  schon  dadurch,  dass  die  Function  0  ihrer 
Bedeutung  gemäss  nur  positive  Werthe  für  alle  g  haben  dart 
Bei  der  gegenwärtigen  Unkenntnis  des  thatsächlichen  Verlaufee 
von   h   kann    zunächst    nicht    auf   diesen   Punkt   eingegang» 
werden.     Vorerst  dürfte   aber   die  Behauptung   grundlos  sein, 
die  hier  vertretene  Ansicht  über  das  Wesen  des  Zodiacallichttf 
könne    nicht    mit   den   beobachteten   Thatsachen    in   Einkkng 
gebracht  werden. 

Mit  Sicherheit  dürfte   anzunehmen   sein,    dass  die  Hellig- 
keit des  Zodiacallichtes  von  kleinen  Elongationen  bis  zu  solcha  : 
von    etwa    90®    fortwährend    abnimmt    und    dies    kann    durA 
passende  Wahl  von  <P  erreicht  werden.     Durch  DifferentiatioD 
von  (3)  nach  i?  ergiebt  sich  nämlich  leicht: 


dh 


d'& 


=  —  a  sm  1?    <2>  (a) '  ^  .  ^  ^  ^  +  ^  <2>  (P)  -VV^ 

[  sin*i?  P     ^   ^sm^a^cosoj 


+  a  cos  t?  f  ^P-  4-{Q^)'da, 


dg 

Wenn  demnach  $  stärker  wie  —  mit   wachsendem  p  ab- 

Q 

nimmt,  wird  zwischen  i?  =  0  und  i?  =  90^  sicher  -^-^  negatii 
sein,    welches   elementare  Beleuchtungsgesetz   auch   zu  Grunde 


H,  Seeliger:  Kosmische  Stauhmassen  und  das  Zodiacallicht.     291 

gelegt  werden  mag  und  man  kann  durch  passende  Wahl  von 
0  {q)  die  Abnahme  von  h  beliebig  gross  machen.  Ganz  in  der 
Nähe    von    &  =  90^    wird    übrigens    unter    allen   Umständen 

^  ih  .        . 

*  äA  ^^8^^^^  sein,  da  hier  cosi?  sehr  klein  ist. 

Bei  einer  Vergleichung  der  Theorie  mit  der  Beobachtung 
jWird  man  also  so  zu  verfahren  haben.     Man  wird  einen  Aus- 
hmk  für  ^  (q)  interpolatorisch  anzusetzen  haben,   der  soviele 
■  Parameter  enthält,    dass   man  durch  deren  Bestimmung  einen 
^genügenden  Anschluss  an  die  Beobachtungen  zu  erzielen  hoffen 
darf.     Dabei  ist  zu  beachten,  dass  die  Beschaffenheit  der  Func- 
tion 0  (q)  zwischen  ^  =  0  bis  q  =  a  ganz  gleichgültig  für  die 
'Darstellung  der  Helligkeit  des  Zodiacallichtes  bei  Elongationen 
>  90*  ist.     Es  soll  hier,    wie  schon  erwähnt,  auf  diese  Ange- 

Elegenheit  nicht  näher  eingegangen  werden,  da  so  gut  wie  gar 
mchts  sicheres  über  den  quantitativen  Verlauf  der  Helligkeit 
■  des  Zodiacallichtes  bekannt  ist.  Einige  Schwierigkeit  wird  in- 
dessen immer  die  Wahl  des  elementaren  Beleuchtungsgesetzes 
veforsachen. 


20' 


SÜJNtng  der  ffiat&.-pAys.  Classe  vom  6.  Jvii  1901. 
Tabelle:    !P;(a)  (Seite  274). 


a|., 

0.1 

0.2 

0.3 

0.4 

0.5 

0.6 

0.7 

0.6 

0,9   1 

O" 

0.0000 

0,0000 

0.0000 

0.0000 

0.0000 

0,0000 

0.0000 

0.0000 

0.0000  p 

5 

0   » 

0   ■> 

0   " 

0   ° 

0   ö 

0   0 

0  » 

0» 

"TT 

10 

0   " 

0    0 

0   " 

1    ' 

1    ' 

1    > 

1  ' 

1  l 

1 1 

15 

1  • 

1  ' 

2  » 

a  1 

3    ' 

3    * 

4    3 

4  3 

'' 

20 

2    ' 

4   > 

6  » 

7   ^ 

8   s 

9   • 

11    ' 

12   » 

IS' 

2ö 

4    * 

9    '■> 

12   T 

16   ' 

19  " 

22  '» 

24  '3 

2715 

SS" 

30 

9    '' 

17    » 

25  '» 

31  'S 

37  '8 

43*' 

47  *» 

51  ** 

SS« 

35 

17    " 

31  '* 

44>fl 

55  « 

74»' 

82  »5 

88  »1 

31« 

40 

27  W 

53" 

73" 

9136 

106*» 

119  *s 

131*» 

140  M 

UJ", 

45 

43'« 

81'« 

112  Sfl 

139*9 

161  ^i^ 

180" 

195" 

207« 

21,  »1 

50 

65" 

119»» 

165  f'» 

202  6» 

233'* 

258" 

3778* 

292«- 

SM« 

55 

169  ■■» 

232  «' 

282» 

322»» 

353  »s 

376»» 

393»»' 

404" 

CO 

129»« 

233« 

316  f* 

881  »» 

431'«« 

468"r' 

494118 

512"» 

52a'" 

05 

174  »6 

311  '" 

417"» 

498'" 

B591S« 

6Ül'" 

629'35 

646"=* 

653»' 

70 

228^ 

404" 

537  "0 

635'ä' 

706'*«^ 

752»5' 

790151 

794'*» 

7%« 

7B 

293  6'' 

B14i"> 

676139 

792157 

B70165 

919'" 

945135 

953 '5» 

947'" 

80 

369''^ 

6401M 

834'6* 

966"* 

1052'»* 

1100'»' 

1121"» 

1120'«' 

nos^ 

85 

457  »8 

784"* 

I010"8 

1158'9ä 

1248'»» 

1292'»* 

1304'« 

1291»" 

1260'" 

90 

657"» 

94B'B' 

1203"» 

156b^ 

I455M' 

1492*»» 

14911S7 

1462"' 

1414"*, 

95 

670'" 

1121"« 

U12M9 

1584"» 

1670ä'>' 

1695»« 

167618* 

1629'«' 

läes"! 

100 

795'ä* 

ISUiW 

1633"' 

1811*" 

18892" 

1897'^»» 

1857'»' 

1788"* 

1700'» 

105 

932'»' 

1519M5 

186BWS 

2043*»^ 

2106»" 

2092 '»s 

2029"« 

1935'*' 

1834» 

HO 

1081'" 

1736*" 

21022»' 

2274MI 

2317*" 

2278'«* 

21871^3 

2067«« 

1932» 

115 

1239'W 

1961"S 

2342"«' 

SöOO^äs 

2517«»» 

2448"« 

2327"*» 

2181"* 

2023" 

120 

1407  IM 

2191«» 

2677«"> 

2716'"' 

2701'«* 

2599 'S' 

2448'*' 

2275  •* 

2096» 

125 

1583'« 

2421'"» 

2805«» 

2915'» 

2865'"* 

2728'*» 

2547  •» 

2360"^ 

2151» 

130 

1763>9« 

2647Ȋ 

3017"* 

3092"' 

3004'»» 

2833'»^ 

2623  'a 

2405  " 

2190" 

135 

194B'»> 

2863"« 

3209'« 

3244'"* 

3117"» 

2913  B» 

2679  ^« 

2442»' 

2215» 

140 

212618' 

3064«" 

3375"*^ 

3367 ''^ 

3201« 

2969  ^« 

2716  »« 

2466»* 

2229" 

145 

2302"« 

3242"« 

3510'3S 

3458»' 

3260«' 

30053« 

2736  =' 

2478  '* 

2237  ' 

160 

2466'" 

3391'»» 

861 2'M 

3520  '■'ä 

3295  ä» 

3024  '» 

2747  " 

2483   <• 

2240' 

155 

2613'*' 

3506"5 

3680*8 

3556  »» 

3312  " 

3032    « 

2751    » 

2485   » 

2240  • 

IGO 

2736"" 

3583  " 

3717  »' 

3671  "■ 

3319   ' 

3035    3 

2752    1 

2485   « 

2240  • 

165  ■2826" 

3624*' 

3731  '* 

3576  5 

3320   ' 

3035    « 

2752   » 

2485    0 

2240  ' 

170   2876  M> 

3637  '» 

3733   » 

3576    0 

3320  » 

3035    » 

27B2   » 

2485   » 

2240  ' 

175 

2890'* 

3638    ' 

3733   0 

3576   " 

3320   » 

3035    » 

2752    « 

2485   » 

2240  * 

180 

2890   " 

3638   0 

3733   0 

3576   0 

3320   0 

3035   » 

2752    » 

2485  " 

2240  • 

293 


^er  Druck  des  Lichts  auf  kleine  Kngeln  und  die 
Arrkenins'sche  Theorie  der  Gometenschweile. 

yon  Karl  Sohwarzsehlld. 

(KhigtbutfiH  ff.  Juli.) 

Die  eigentümlichen  Formen  der  Cometenschweife  lassen 
;h  erklären  durch  Annahme  einer  abstossenden  Kraft,  die  von 
r  Sonne  auf  die  äusserst  fein  verteilte  Schweifmaterie  ausgeübt 
ird.  Während  früher  diese  Kraft  nur  ganz  vage  als  elek- 
ischen  Ursprungs  bezeichnet  wurde,  hat  vor  kurzem  Herr 
r.  Arrhenius^)  darauf  hingewiesen,  dass  solche  abstossende 
Wirkungen  dem  Druck  entspringen  können,  welchen  nach 
r  Maxwell'schen  Theorie  die  Sonnenstrahlung  auf  jeden 
sorbierenden  oder  reflektierenden  Körper  ausübt,  üeber  die 
dstenz  des  Maxwell'schen  Drucks  der  Lichtstrahlen  kann 
in  Zweifel  sein,  obwohl  er  experimentell  mit  hinreichender 
antitativer  Sicherheit  noch  nicht  nachgewiesen  wurde.  Er 
ISS  bestehen,  wofern  die  Grundauffassung  Maxwell's  richtig 
,  dass  in  den  Lichtschwingungen  eben  elektrische  Kräfte 
sillieren,  Kräfte,  welche  die  geladenen  Jonenpaare  der  pon- 
rabeln  Massen  angreifen.  Zudem  haben  sich  die  Folgerungen, 
Iche  sich  aus  den  Hauptsätzen  der  mechanischen  Wärme- 
jorie  in  Verbindung  mit  dem  MaxwelPschen  Druck  ergaben, 
der  Erfahrung  glänzend  bestätigt.  Es  liegt  daher  in  dem 
uck  der  Lichtstrahlen  eine  causa  realis,  eine  bei  der  Bil- 
ig    der  Cometenschweife,   wie   auch  bei  anderen  Himmels- 


^)  Physikalische  Zeitschrift.    IL  Jahrgang.   Heft  6 — 7. 


294  Sitzung  der  math.-phys,  Classe  vom  6,  Juli  1901, 

erscheinungen ,  zweifellos  in  irgend  einem  geringeren  oder 
stärkeren  Grade  mitwirkende  Ursache  vor.  Die  Frage  ist  nur, 
ob  dieser  Druck  quantitativ  hinreichende  Beträge  erlanget 
kann,  und  das  ist  ein  Punkt,  in  dem  die  Darlegungen  toi 
Arrhenius  nicht  ganz  befriedigend  sind. 

Fällt  eine  ebene  Welle  normal  auf  eine  vollkommeii 
schwarze  Platte,  so  erleidet  letztere  einen  Druck,  der  nach 
Maxwell  gleich  der  in  der  Volumeneinheit  enthaltenen  Energie 
E  des  Wellenzuges  ist.  Auf  eine  vollkommen  schwarze  Kugd 
vom  Radius  a,  welche  das  Licht  über  eine  Fläche  von  der 
Grösse  n a*  hin  abfängt,  wird  daher  ein  Druck  na} E  wirken. 
Die  auf  dieselbe  Kugel  wirkende  Schwerkraft  hat  den  Betrag 

4t  7t 

-^ g  '  S'  a^,  wo  g  die  Schwerebeschleunigung,  s  das  spezifische 

Gewicht  des  Kugelmateriales  ist.  Je  kleiner  der  Kugelradius  a, 
um  so  stärker  wird  daher  der  Druck  im  Verhältnis  zur  Schwer- 
kraft. Unter  Annahme  der  Solarkonstante  2.5  und  des  spezi- 
fischen Gewichtes  s  gleich  0.8  (Kohlen wasserstoflF  der  Cometen) 
findet  man  mit  Herrn  Arrhenius,  dass  bei  einem  Kugeldurch-  , 
messer  von  1.9  /i  der  Druck  gleich  der  Schwerkraft  wird.  Sinkt  ^ 
der  Kugeldurchmesser  bis  auf  0.1 /i  herab,  so  übertrifft  die 
abstossende  Kraft  der  Sonnenstrahlung  die  Schwerkraft  um 
das  18.5fache,  und  erreicht  damit  den  Höchstbetrag,  welcher 
zur  Erklärung  der  gestrecktesten  Cometenschweife  erforder- 
lich ist.^) 

In  dieser  Berechnung  des  Drucks  liegt  nun  eine  Ungenauig- 
keit.  Der  Druckwert  na^  E  gilt  nur,  solange  die  Kugel  das 
auffallende  Licht  gänzlich  abfängt  und  in  dem  Räume  hinter 
ihr  völliger  Schatten  ist,  solange  man  also  die  Beugungs- 
erscheinungen vernachlässigt.  Das  ist  bei  grossen  Kugeh 
gestattet.  Bei  Kugeln  aber,  deren  Durchmesser  von  der 
Grössenordnung  der  Wellenlängen  des  Lichts  i.st,  —  und  ge- 
rade solche  kommen  nach  den  eben  angeführten  Zahlen  filr 
die   Erklärung    der    Cometenschweife    in    Betracht   —  können 


')  Vgl.  Bredichin,  Annales  de  TObservatoire  de  Moscou.     1886. 


K.  Schwarzschüd:  Druck  des  Lichts  auf  kleine  Kugeln  etc,     295 

durch  die  Beugung  des  Lichts  die  Verhältnisse  sehr  wesentlich 
geändert  werden.  Um  ganz  kleine  Kugeln,  deren  Radius  auch 
gegen  die  Wellenlänge  sehr  klein  ist,  schlägt  die  Lichtwoge 
herum,  ohne  in  ihrem  Verlaufe  merklich  gestört  zu  werden, 
und  man  kann  sich  hier  durch  einfache  üeberlegungen  analog 
denen,  auf  welche  Lord  Rayleigh^)  seine  Theorie  der  blauen 
Arbe  des  Himmels  gründet,  überzeugen,  dass  mit  fortdauern- 
der Verringerung  des  Kugelradius  der  Druck  des  Lichts  sogar 
wieder  mehr  und  mehr  unter  die  Schwerkraft  herabsinken 
muss.  Das  Verhältnis  des  Lichtdrucks  zur  Schwerkraft  wächst 
also  nicht  immerfort  mit  Verkleinerung  des  Kugelradius,  son- 
dern erreicht  ein  gewisses  Maximum  für  Kugeln  von  der 
Grossenordnung  der  Wellenlänge.  Es  ist  erst  noch  zu  unter- 
suchen, ob  das  maximale  mögliche  Verhältnis  von  Lichtdruck 
zu  Schwerkraft  wirklich  den  Wert  18.5  erreicht,  den  man, 
wie  erwähnt,  zur  Erklärung  der  gestrecktesten  Cometenschweife 
braucht. 

Ohne  auf  die  schwer  diskutabeln  Fragen  einzugehen,  in- 
wieweit eine  Anschauung,  welche  die  Cometenschweife  aus  lauter 
getrennten  Tröpfchen  im  leeren  Raum  bestehen  lässt,  sich 
unseren  sonstigen  Kenntnissen  von  den  Cometen  anschliesst, 
will  ich  hier  versuchen,  nur  über  diesen  einen  quantitativen 
Punkt  zu  entscheiden.  Irgendwo  in  der  Welt  muss  es  ja  vor- 
kommen, dass  ein  kleines  Teilchen  im  leeren  Raum  dem  Druck 
des  Lichts  ausgesetzt  ist,  und  daher  ist  dem  Resultate  der 
Rechnung  in  jedem  Falle  die  physikalische  Anwendbarkeit  gewiss, 
auch  wenn  sich  aus  andern  Gründen  etwa  die  Arrhenius'sche 
Theorie  der  Cometenschweife  nicht  halten  lassen  sollte. 

Bekanntlich  ist  der  Begriff  des  vollkommen  schwarzen 
Körpers  mathematisch  nicht  exakt  zu  fassen  und  es  erscheint 
auch  physikalisch  höchst  zweifelhaft,  ob  ein  Partikelchen  irgend 
eines  gewöhnlichen  schwarzen  Körpers  von  0.1  /i  bis  1  /i  Durch- 
messer noch  im  geringsten  Eigenschaften  aufweist,  nach  denen 
man  es  als  -schwarz"   bezeichnen  könnte.    Zur  exakteren  Be- 


^)  Philosoph.  Magazine.     1871. 


296  Sitzung  der  mathrphys,  Glosse  vom  6.  Juli  1901. 

rechnung  der  Grösse  des  Lichtdrucks  habe  ich  daher  die  kleine 
Kugel,  die  wir  in  den  Strahlenzug  eingeschaltet  denken,  nicht 
als  vollkommen  schwarz,  sondern  als  vollkommen  reflektieresl 
vorausgesetzt.  Es  ist  anzunehmen,  dass  für  vollkommen  refld[- 
tierendes  Material  der  Lichtdruck  besonders  gross  wird  unl 
man  daher  auf  Grund  dieser  Annahme  eben  das  Gewünschte, 
nämlich  eine  obere  Grenze  für  den  Lichtdruck,  erhält. 

Abgesehen  von  der  Beziehung  zur  Theorie  der  Cometeft- 
schweife  darf  das  Folgende  vielleicht  auch  ein  gewisses  seihet- 
ständiges  Interesse  für  sich  in  Anspruch  nehmen.  Bevor  der 
Druck  des  Lichts  auf  eine  Kugel  berechnet  werden  konnte, 
musste  eine  exakte  Theorie  der  Reflexion  und  Beugung  dei 
Lichts  durch  die  Kugel  gegeben  werden.  Es  ist  das  m 
Problem,  dem  schon  Clebsch  in  Bd.  61  des  Crelle'schen  Jour- 
nals eine  umfangreiche  Abhandlung  gewidmet  hat.  *)  Indessen 
hat  Clebsch  Grenzbedingungen  benutzt,  die  wir  heute  nicht 
mehr  als  gültig  anerkennen.  Er  nimmt  an,  dass  im  Aether 
neben  den  transversalen  Wellen  auch  longitudinale  auftreten 
können,  verlangt,  dass  an  der  Oberfläche  der  voUkommei 
spiegelnden  Kugel  alle  drei  Componenten  der  elastischen  Ve^ 
Schiebung  verschwinden ,  und  wird  dann  notgedrungen  zu  der 
Folgerung  geführt,  dass  aus  einfallenden  Transversalwellei 
durch  Reflexion  an  der  Kugel  Longitudinalwellen  entstehen. 
Clebsch  hat  ausserdem  in  die  Behandlung  dieses  speziellen 
Problems  die  Ableitung  zahlreicher  allgemeiner  Sätze  aus  der 
Theorie  der  Kugel-  und  Cylinderfunktionen  eingeschachtelt,  die 
damals  wohl  noch  weniger  in  den  festen  Wissensbestand  über- 
gegangen waren,  und  das  belastet  seine  Darstellung,  so  wert- 
voll jene  Ableitungen  an  und  für  sich  sind.  Daher  wäre  eine 
Neubehandlung  des  Problems  schon  von  formalem  (Jesichte- 
punkt  aus  wünschenswert  gewesen,  wenn  sie  nicht  durch  die 
erwähnte  Aenderung  der  Grenzbedingungen  notwendig  g^ 
worden  wäre. 


^)  Hierauf  bin  ich  erst  nach  Ausführung  dieser  Arbeit  durch  eine 
freundliche  Mitteilung  von  Herrn  Prof.  A.  Sommerfeld  aufmerksam  g^ 
macht  worden. 


K.  8(hwarz8chüd:  Druck  des  lAchts  auf  Meine  Kugeln  etc,     297 


§  1.  Mathematische  FormuliemDg  des  Beugnngsproblems. 

Das  zunächst  zu  behandelnde  Beugungsproblem  ist  dieses. 
Eine  Kugel  vom  Radius  a  habe  ihren  Mittelpunkt  im  Nullpunkt 
des  Coordinatensystems.  Eine  ebene  Welle  falle  in  der  Rich- 
tong  der  a?-Axe  von  ihrer  positiven  Seite  her  ein.  Wir  wollen 
sunächst  annehmen,  dass  dieselbe  linear  polarisiert  sei  und 
zwar  so,  dass  die  elektrische  Kraft  in  der  x,  y  Ebene  schwinge. 
Für  die  Componenten  X,  Y,  Z,  Z,  Jf,  N  der  elektrischen  und 
magnetischen  Kraft  gelten  überall  ausserhalb  der  Kugel  die 
MaxwelPschen  Gleichungen : 

}^dL^iZ_dY    }_dX^dM_dN      (F=Licht- 
V  dt       dy       dz      V  dt        dz        dy     gesch windigkeit) 

Bebst  den  entsprechenden  durch  cyklische  Vertauschung  der 
Goordinaten  entstehenden.  Die  Kugel  selbst  soll  vollkommen 
reflektierend  oder  mit  anderen  Worten  ein  vollkommener  Leiter 
sein.  Dann  ist  ihre  Oberfläche  unter  allen  Umständen  eine 
Niveaufläche  der  elektrischen  Kraft,  die  in  die  Oberfläche 
fallenden  Kraftcomponenten  müssen  verschwinden,  es  müssen 
die  Beziehungen  gelten: 

Auf  der  Kugeloberfläche: 

Xy—Yx^Xz  —  Zx=^Yz  —  Zy  =  {), 

Im  Unendlichen  muss  die  Componente  Y  der  elektrischen 

Kraft  ein  Glied  der  Form  cos  2  ti  (  -  +  -  )  enthalten ,  welches 

die  ebene  polarisierte  einfallende  Welle  darstellt.  Deren  Wellen- 
länge ist  zugleich  durch  diesen  Ansatz  zu  A,  ihre  Periode  zu 
T  und  ihre  Amplitude  und  Intensität  zu  1  festgelegt.  Sonst 
dürfen  in  X,  Z,  Z  im  Unendlichen  keine  Glieder  vorkommen, 
welche  die  physikalische  Bedeutung  einfallender  Wellenzüge 
haben. 


T45 


298  Sitzung  der  mathrphys.  Classe  vom  6.  Jtdi  1901. 

Wir  setzen  nun: 

X  =  pars  real  (f  e'^^  L  =  pars  real  {X  e*«*) 

Y  =  pars  real  {rf  e'^^  M=  pars  real  (ja  &^*)         1) 

Z  =  pars  real  (C  e*'^  ^  =  pars  real  {v  e*«') 

wobei  f ,  ^,  C,  A,  /i,  v  von  der  Zeit  unabhängige  komplexe  Grossen 
sein  sollen,  und  erhalten  an  Stelle  der  Maxwell'schen  Gleich- 
ungen die  folgenden: 

tkX  =  ~ ^     ikjLL  =  - -T—     tkv  =  Y-^  —  Y-    2) 

o  y      o z  o z       ox  ox      oy 

.,.       du      6  V     .  ^  6  V      ö  k     .  ^  .       6  i.      <5/*o\ 

ih  ^  =  ^~  —  ^-     ikrj  = ^-     tkC  =  j jz    ^^ 

o  z       o  y  0  X      0  z  0  y      ox 

,       2  ^       2  71  i  >. 

k  =  —^^  =  -T- .  ^  J 


T 


V       X 


Durch  Elimination  der  magnetischen  Componenten  i, /i,  ^ 
ergiebt  sich  daraus: 

Die  Randbedingungen  auf  der  Kugeloberfläche  gehen  durch 
Einführung  von  f,  tj^  C  über  in: 

^y  —  tj  X  =  ^ z  —  ^ x  =  ri  z  —  Cy  =  0.  ^) 

Für  das  Unendliche  folgt,  dass  yj  ein  Glied: 

Yi  =  e'"'^*  ?) 

entsprechend   der   ebenen    einfallenden  Welle    enthalten   muss 
und  dass  sonst  in  f ,  ?;,  C  keine  Teile  vorkommen  dürfen,  welcbe 
physikalisch  die  Bedeutung  aus  dem  Unendlichen  einfallender 
Wellen    besitzen.     Unsere    Aufgabe    ist   jetzt,    drei    „Wellen- 
potentiale" (Lösungen  der  Differentialgleichung  Ä*t*4"^*^~^l 
f,  Y]^  f  zu  finden,    welche   durch   die  Bedingung  (6)  verkiiüpfl 


K,  Schwarzschüd:  Druck  des  Lichts  auf  kleine  Kugeln  etc.     299 

ind,   auf  der  Oberfläche  der  Kugel  den  Bedingungen  (7)  und 
tn  Unendlichen  der  Bedingung  (8)  genügen. 

\  2.    Ansatz  der  Lösung  in  Form  von  Beihenentwick- 
Inngen  nach  Engel-  und  BessePschen  Functionen. 

Man  führe  Polarkoordinaten  r,  i?,  (p  ein  durch  die  Be- 
gehungen : 

X  =  r  cos  '&       y  =  r  sintJ^  cos  q?       jsi  =  rsin'&  sin  cp,        9) 

Es  ist  bekannt,^)  dass  die  DiiBFerentialgleichung  Jc^u  -|-  A^u=0 

sog.  , Zerfallung*  nach  den  drei  Coordinaten  r,  i?,  (p  gestattet, 

d.  h.,   dass   ein  partikuläres  Integral  gegeben   wird  durch  den 

Ansatz : 

u^RQ'^,  10) 

Hierbei  bedeutet  <P  eine  Funktion  von  cp  allein  und  zwar 
1  unserem  Falle  cos  n  cp  oder  sin  ncp  {n  ganzzahlig),  0  ist  eine 
unktion  von  i?  allein  und  zwar  die  w.  Zugeordnete  der  Kugel- 
mktion  irgend  einer  Ordnung  iw,  für  die  wir  P^,  m(cosi?) 
Hxeiben  werden.  Schliesslich  bedeutet  It  eine  Funktion  von 
allein   und  zwar   eine  Lösung  Rm  der  DiiBFerentialgleichung : 

di^.     2^         ;  _«K!M:_i_n     ^ 

ar^        r    dr  \  r^        J 

Nutzt  man  die  Willkürlichkeit  der  beiden  ganzen  Zahlen 
^  und  n  aus  und  superponiert  alle  aus  verschiedener  Wahl 
^t-selben  hervorgehenden  partikulären  Integrale  der  Form  (9), 
^  erhält  man  das  allgemeinere  Integral: 

W  =  £  £  (?n,,„  Rm  (r)  Pfn,n  (cOS  1?)  COS  W  (p 

';    ""  12) 

+  Ij  £  J3m,«  Rm  W  Ptn,n  (cOS  I?)  siu  U  cp 


m     n 


worin  die  G  und  H  willkürliche  Constanten  sind,  und  es  lässt 
ich   zeigen,    dass  in  Rücksicht  auf   die   weitere  Willkürlich- 


1)  Vgl.  Pockel8,  lieber  die  Gleichung  Au-\-k^u  =  0.   Teubner  1891, 
%g.  109  -  111. 


Ti 


298  Sitzung  der  mathrphys.  Classe  vom  6.  Jtdi  1901. 

Wir  setzen  nun: 

X  =  pars  real  (f  e'^^  L  =  pars  real  {X  e*«*) 

F=  pars  real  {rf  e*'')  M=  pars  real  (/*  e'^*)        1) 

Z  =  pars  real  (C  e*^')  ^  =  pars  real  (y  e*^^ 

2n 

wobei  f ,  ?;,  C,  A,  /i,  v  von  der  Zeit  unabhängige  komplexe  Grösseo 
sein  sollen,  und  erhalten  an  Stelle  der  Maxwell'schen  Gleici- 
ungen  die  folgenden: 

ihX=.. ^     iJcfi  =  ^ j—     tkv  =  Y-^  —  j-    2) 

0  y      o z  ö^       da;  ox      oy 

0  ^       oy  '       ox      0  z  oy      ox 

Durch  Elimination  der  magnetischen  Componenten  i, /*»" 
ergiebt  sich  daraus: 

Die  Randbedingungen  auf  der  Kugeloberfläche  gehen  durch 
Einführung  von  f,  rj,  C  über  in: 

Sy  —  rj  X  =  ^  z  —  C  X  =  r]  z  —  Cy  =  0.  ') 

Für  das  Unendliche  folgt,  dass  rj  ein  Glied: 

entsprechend  der  ebenen  einfallenden  Welle  enthalten  muss 
und  dass  sonst  in  f ,  ^;,  f  keine  Teile  vorkommen  dürfen,  welcb 
physikalisch  die  Bedeutung  aus  dem  Unendlichen  einfallende 
Wellen  besitzen.  Unsere  Aufgabe  ist  jetzt,  drei  , Wellen 
Potentiale"  (Lösungen  der  DiflPerentialgleichung  k'^u-\-A^u^i 
f,  Tj,  (^  zu  finden,    welche    durch   die  Bedingung  (6)  verknüp 


K,  Schtoarzschüd:  Druck  des  Lichts  auf  kleine  Kugeln  etc.     299 

i,   auf  der  Oberfläche  der  Kugel  den  Bedingungen  (7)  und 
Unendlichen  der  Bedingung  (8)  genügen. 

3.    Ansatz  der  Lösung  in  Form  von  Beihenentwick- 
Ixingen  nach  Engel-  nnd  BessePschen  Functionen. 

Man    führe   Polarkoordinaten   r,  i?,  cp   ein   durch   die  Be- 
hungen : 

X  =^  r  cos  '&       1/  =  r  sin  1^  cos  q?       ir  =  r  sin  i?  sin  9?.        9) 

Es  ist  bekannt,^)  dass  die  DiiBFerentialgleichung  k'^u  -j-  A^u  =  0 

g.  ,  Zerfallung  **  nach  den  drei  Coordinaten  r,  1?,  cp  gestattet, 

h.,   dass   ein  partikuläres  Integral  gegeben  wird  durch  den 

nsatz : 

u  =  R'0'0.  10) 

Hierbei  bedeutet  0  eine  Funktion  von  99  allein  und  zwar 
unserem  Falle  cos  n  cp  oder  sin  ncp  {n  ganzzahlig),  0  ist  eine 
inktion  von  1?  allein  und  zwar  die  n.  Zugeordnete  der  Kugel- 
aktion irgend  einer  Ordnung  m,  für  die  wir  P«,  n  (cos  d) 
ireiben  werden.  Schliesslich  bedeutet  II  eine  Funktion  von 
allein   und  zwar  eine  Lösung  Rm  der  Differentialgleichung: 

Nutzt  man  die  Willkürlichkeit  der  beiden  ganzen  Zahlen 
Und  n   aus   und   superponiert   alle  aus  verschiedener  Wahl 
'^selben  hervorgehenden  partikulären  Integrale  der  Form  (9), 
•  erhält  man  das  allgemeinere  Integral: 

«*  =  £  £  Gm,n  Rm  (0  Pfn,n  (cOS  1?)  COS  fl  (f 

';    ""  12) 

+  Ij  £  J3m,n  Rm  (r)  P,„n  (cOS  I?)  siu  W  (f 
m      n 

)rin  die  G  und  H  willkürliche  Constanten  sind,  und  es  lässt 
h   zeigen,    dass  in  Rücksicht  auf   die    weitere  Willkürlich- 


1)  Vgl.  Pockel8,  Ueber  die  Gleichung  Au  +  k^u  =  0.   Teubner  1891, 
r.  109  -  111. 


302  Sitzung  der  maih.-phys.  Glosse  vom  6,  Juli  1901. 

sich   also  nach  (6)   die   Strömungen   durch   Basis  und  Decke 
ausgleichen.     Die  radiale  Strömungskomponente  ist  nun: 

R=  ^  cos  I?  +  w  sin  I?  cos  o?  +  C  sin  i?  sin  q? 
=  cos  (p  {a  cos  I?  +  [ß***  +  /5  +  y]  sin  t?}. 

Durch    die   Basis    strömt    daher    die    Masse   dw '  B  ein. 

Durch    die    Decke    dtv  =  dw  l )     strömt    die  MasBe 

\      a      J 

du/  •  IR  -\-  da-  -7—  I  aus.     Demnach  verlangt  (6),  dass: 


Bdw  =  [B  -\-  da-  -^  j  d w 


oder  nach  einfacher  Reduktion: 

a  ör 

ist.    Führt  man  hierin  (16)  ein,  so  erhält  man  als  neue  Ober- 
flächenbedingung, welche  als  Ersatz  der  Bedingung  (6)  eintritt: 

Für  r  =  a: 


0  =  cosi?l  r  —  4-  2a  j  -f  sini? 


rll<ß+y+e''^)+2(ß+yi-e*'') 


.17) 


Nunmehr  ist  unsere  Aufgabe  darauf  reduziert,  die 
Grössen  Am,  Bm,  Cm  und  die  noch  unbestimmten  In* 
tegrationskonstanten  der  Lösungen  Rm  der  Differen- 
tialgleichungen (11)  so  zu  bestimmen,  dass  die  SummeB 
(14)  den  drei  Randbedingungen  (15)  und  (17)  genüget 
und  im  Unendlichen  keine  Teile  enthalten,  welche 
einfallenden  Wellen  entsprechen. 

Zur  Vorbereitung  der  Lösung  stelle  ich  einige  Sätze  an 
der  Theorie  der  Kugel-  und  Cylinderfunktionen  zusammei 
welche  zum  Teil  bekannt  sind,  zum  Teil  ohne  grosse  Mül 
aus  bekannten  Sätzen  folgen. 


-f  A  ■  V 


K,  SahioarzscMld :  Druck  des  Lichts  auf  kleine  Kugeln  etc.     303 

§  3.    Aus  der  Theorie  der  Kugelfunctionen. 

Die  gewöhnliche  Kugelfunction  m.  Ordnung  wurde  durch 
,  oder  Pfn^Q  bezeichnet.  Die  n.  Zugeordnete  der  Kugelfunction 
Ordnung  lässt  sich  dann  definieren  durch  den  Ausdruck: 


Pn.,n  (cos  1?)  =  Pm^n  (x)  =  (1  —  X^f' 


1  ..  ..nl,    d-  + 


m 


^^'^  18) 


Zwischen  den  verschiedenen  Zugeordneten  verschiedener 
rdnung  bestehen  die  folgenden  drei  Rekurrenzen  (vgl.  F.  Neu- 
ann, Beiträge  zur  Theorie  der  Kugelfunctionen,  Leipzig  1878, 
*  74) : 

fn+l)cosi9P^,„    =(m+l-w)Pm+j,n+(w^+w)Pm-i,n  19) 

fn+l)sini9P^.^_i=P,„+,.n-Pm-i.n  20) 

w+l)sin  i?P«,„4.i=(m+l  -w)(w-m)Pm+i  ,n+(w+l  +w)(w+m)P„,_  ,,„.  2 1 ) 

Man  findet  mit  Hülfe  der  eben  angegebenen  Beziehungen 
icht  die  nachstehende  später  zu  verwendende  Relation: 

(2m+  l)sini?^^  =  m*P^+,.i-(m  +  l)*P^_,,,.    22) 

Ferner  lassen  sich  die  folgenden  Sätze  mit  Hülfe  von 
8) — (22)  aus  den  bekannten  Integraleigenschaften  der  Kugel- 
nctionen  ableiten: 


;d&sm^  cos  1?  Pn.,1  PmM       =  0 

0 

ausser  wenn  m'  =  m  -{-  1  oder  m  =  m  —  1. 

d'»sm^  cos  '&  P„.,  1  Pm+i.i  =  2  •       ^      '      ;^ '--^ 

j  ^  •  (2  m  4-  1)  (2  m  +  3) 

r 
rf  I?  sin  I?  cos  I?  Pn,,0  Pm',0       =  0 

ausser  wenn  m  =m  -{■  l  oder  w  —  1. 
di^sini?cosi?P„,oP„+,,o  =  2-  (»»  +  1) 


23) 


(2  m  +  1)  (2  m  +  3)  J 


24) 


■■•/-."^ 


304  Sitzung  der  tnathrphys,  Glosse  vom  6.  Juli  1901. 

§  4.    Aus  der  Theorie  der  Gylinderfanctionen. 

Führt   man   in   der   Differentialgleichung   (11)   für  r  4 
Variable  Q^=^rk  ein,  so  schreibt  sie  sich: 


+  -^^^f^    +    Ä,M 


|-j_^K!^)J_o.       25) 


dg^        Q    dg 

Versucht  man  diese  Differentialgleichung  durch  einen  Ai»- 
druck  der  Form  e~'^  •  S  zu  befriedigen,  wobei  S  eine  nack 
negativen  Potenzen  von  q  fortschreitende  Reihe  sein  soD,  so 
gelingt  dies  durch  die  folgende  mit  einer  endlichen  Anzahl  tod 
Gliedern  abbrechende  Reihe: 

___e-^gr        m{m+l)  1       m(m  +  l)lm(m+l)  —  l'2]  l_ 
A,„-  — 1^1+        2         i^  +  — 2  4  (i^f 


m(m  +  l)  [m(m  +  l)-l»2]   MmH-^l)i--2^]      1 
"*"       2        '  4  *  6  M''^'" 


261 


Eine  zweite  Lösung  der  Differentialgleichung,  die  wirÄ 
nennen  wollen,  erhält  man  natürlich,  indem  man  in  dieseui 
Ausdruck  +  i  mit  —  i  vertauscht.  Die  allgemeine  Lösung 
würde  sich  dann  linear  aus  K^  und  K'm  zusammensetzen. 

Andrerseits  kann  man  Lösungen  von  (25)  in  Form  auf- 
steigender Potenzreihen  darzustellen  suchen  und  findet  dadurch 
die  folgenden  beiden  Funktionen: 

^"^^^^     1.3....(2m  -hl)\^2(2m+3)^2.4(2m+3)(2m+5)^"*j  ^ 

L3..,.(2m-l)f         (igy  (igy I 

^"^^^"~     (i^)"»+i     \      2(2m-l)"^2.4(2m-lX2w-3)    "f 

wobei  die  Coeffizienten  des  ersten  Gliedes  in  Rücksicht  auf  <fe 
spätere  Anwendung  gewählt  sind. 

Auch  durch  Xm  und  cpm  muss  sich  jede  andere  Losung 
von  (25)  linear  darstellen  lassen.  Führt  man  dies  speziell  f^ 
Km  aus,  so  erhält  man: 

i^m+l  K^  (e)  =  x„  (e)  +  (_  1)«+'  g,„  (g) 

oder: 


8dmarz9Ml4:  Druck  des  IdcfUs  auf  kleine  Kugeln  etc.     305 


*.  i  I 


Q 


tn 


?)= 


.\       2(2m+-3)^24(2wH-3X2nH-5)      "f 


1.3....2m+l 
...(2w— l)r,  ,        ^*         ,  Q* 


^m+l 


r"*'2(2m-l)'*"2.4(2m-l)(2w-3)     'j  ^^^ 


druck,  der  sich  auch  durch  direkte  Entwicklung  von 
k  Potenzen  von  g  gewinnen  liesse.  Umgekehrt  kann 
iT  auch  z.  B.  Xm  linear  durch  Km  und  K'm  ausdrücken 
ir  findet  man: 

2  i  X.,  (q)  =  je;  (q)  -(-!)•"  Jf-m  (e) .  29) 

•ner  besteht   zwischen   irgend   zwei  Lösungen  Rm   und 
(25)  die  Beziehung: 

^     d  R'm         -n,   d  Rfn  C 

a  Q  aq        q* 

1  eine  Constante  ist.  Speziell  für  Km  und  Xm  nimmt 
ätante  den  Wert  1  an,  sodass  also  gilt: 


dxm  ___       dKm  __  J. 
dg        ^"^   dg         g' 


^m  -y^      Xm  -:rz        Tä*  ^^) 


j  verschiedenen  Km  stehen  durch  folgende  Rekurrenzen 
inder  in  Verbindung: 

{2m  +  l)Km  =  ig  (Km+^  -  Km-i)  31) 

=  mKm  —  ig  Km+\  =  —  (ni  •+-  1)  Km  —  i  g  Km^x 

32) 

(m  +  1)  Zm+i  +  m  Km^i" 


=  -ig 


2m+  1 


• 


kliesslich    gilt    nach   Heine,    Hdb.    d.   Kugelfunctionen, 
,  I,  pag.  82  die  Entwicklung: 


00 


e*eeo8#  =  S  (2  M  +  1)  ;k™  (q)  P„,o  (cos  ^).  33) 

m=0 


itzangsb.  d.  math.-pbys.  Gl.  21 


306  Sitzung  der  math.-phps.  Classt  um  6.  Juli  1901. 

§  5.    Explicite  Darstellnng  der  Componenten  der 

electrischen  Kraft. 

Wir  beginnen  damit,  die  Entwicklungen  (14)  für  a,  j!j 
zuvorderst  so  zu  spezialisieren,  dass  dieselben  im  XJnendlicheB 
keine  Teile  enthalten,  welche  einfallenden  Wellenzügen  eni- 
sprechen.  Wir  haben  im  vorigen  Paragraphen  gesehen,  das 
Um  sich  linear  aus  Km  und  K'm  zusammensetzt,  sodass  mu 
etwa  schreiben  kann: 

Rm=c^Km+c^K;^  =  c^e-^^S+c^  e+«>  S\  (c„  c.  Konstante.) ; 

S  und  5'  sind  beide  nach  absteigenden  Potenzen  von  ß 
fortschreitende  Reihenentwicklungen,  welche  sich  in  sehr  grosser 
Entfernung  vom  Nullpunkt,  für  grosses  g  auf  ihr  erstes  GKed 

—  reduzieren.     Demnach  wird  z.  B.  ein  Glied  der  Entwicklung 
Q 

(14)  von  a  in  grosser  Entfernung  vom  Nullpunkt  lauten: 

(2m  +  1)A„  U- \-c, )  P..,  (cosi>). 

Um  den  daraus  entspringenden  Beitrag  zur  x-Coraponente 
der  elektrischen  Kraft  zu  finden,  hat  man  nach  (1)  mit  e"'  ^ 
multiplizieren  und  vom  Resultat  den  reellen  Teil  zu  nelunen. 
Setzt  man: 

{2m-\-\)kmC^  =  d^€^\  {2m+l)AmC^  =  d^&\  d^,  d,,  <5r  ^2 reell 
so  wird  dieser  reelle  Teil  gleich: 


-^  cos (5i  +  g ^  —  ^)  +  -^  cos  {ß^-\r  (li -^r  q) 


P«..(cosd) 


oder: 
d 


Man  sieht  sofort,  dass  das  erste  Glied  eine  zu  grösserem 
fortschreitende,  das  zweite  hingegen  eine  aus  dem  Unendliche 
einlaufende  Welle  darstellt.    Laut  der  Bedingung  fiir  das  Ui 


K,  Sdnoarzschüd :  Druck  des  Lichts  auf  kleine  Kugeln  etc.     307 

dliche  muss  also  das  zweite  Glied  verschwindei),  es  muss  d^ 
id  (?j  gleich  null  sein  und  Rm  sich  auf  die  einfache  Form: 
m  =  c,  Km  reduzieren.  Die  Constante  c,  wollen  wir  noch  so 
(Stimmen ,  dass  Rm  auf  der  Kugeloberfläche  r  =  a  gleich  1 
ird.     Ist  zur  Abkürzung: 

Jcr  =  Q        ka  =  Qq  34) 

0  soll  also  sein: 

Hiermit  ist  jede  Willkürlichkeit  in  den  Rm  beseitigt  und 
lie  Bedingungen  im  Unendlichen  sind  erfüllt. 

Nachträgliche  Bemerkung  zu  §  2.     Der  Ausdruck 

dx      dy      dz 

tet  ein  Wellenpotential,  welches  im  Unendlichen  keine  ein- 
Wlenden  Wellenzüge  enthält  —  sobald  f,  rjy  C  Wellen potentiale 
8öid  und  unseren  Bedingungen  für  das  Unendliche  genügen. 
«1  Rücksicht  auf  die  eben  durchgeführte  Betrachtung  der  Funk- 
honen Rm  wird  also  o  nach  (12)  und  (35)  in  folgender  Weise 
entwickelbar  sein: 

0=  S  S  l^^-\  Pm,n  (cos  d)  [Gm,n  COS  W  9?  +  Hm,n  siu  W  tp]  . 


m    n 


Für  x  =  a  geht  diese  Entwicklung  über  in : 
a  =  S  5J  Pm,n  (cosi>)  [Gm,u  cosfKf  -f-  if„,,„  sinn9?] . 


m    n 


Fordert  man  jetzt,  dass  o  für  r  =  a  verschwinde,  so  folgt, 
ass  alle  Coeffizienten  G  und  H  null  sein  müssen,  und  damit, 
ISS  o  überall  identisch  verschwindet.  Hiermit  ist  der  oben 
3nutzte  Satz  erwiesen,  dass  es  genügt,  die  Bedingung 
=  0  auf  der  Oberfläche  der  Kugel  zu  erfüllen,  um  das 
erschwinden  von  o  im  ganzen  Raum  herbeizuführen. 

Wir  suchen  weiter  durch  geeignete  Wahl  der  Constanten 

w.  J5m.  Cm  in  (14)    die    Randbedingungen   (15)   und   (17)   zu 

21» 


1 


308  Sitzung  der  math.-phys,  Classe  vom  6,  Juli  1901, 

erfüllen.  Setzt  man  die  Entwicklungen  (14)  in  diese  Rand- 
bedingungen ein,  berücksichtigt  (35)  und  ersetzt  c'**  =  c'«*®'* 
durch  die  Reihe  (33),  so  erhält  man  die  drei  Oleichungen: 

S(2m+l)[P,n.0(^m  +  ;Cm(öo))  — ^m.2C^«]        =0        35)     ! 


m 


S  (2  m  +  1)  L A.  Pm, I  sin  *  — 2  C«.P„,2  cos  i?]  =  0      37) 

m 

£  (2  w  +  1)  [A„  S„  P„.,  cos  *  j 

m 

+  sin*{.B«Ä^P^.o+C«iS«Pm.2+J'mP«.o}]=0.     38) 

In  der  letzten  dieser  Oleichungen  habe  ich  noch  folgende 
Abkürzungen  eingeführt: 


dKn, 

39) 


Man  multipliziere  (36)  mit  sin  t?.  Dann  kann  man  nach 
(20)  und  (21)  sowohl  sin  t?  P^.o?  als  sin*Pm.2  mit  Hülfe 
der  ersten  Zugeordneten  Pm.i  ausdrücken,  sodass  die  ganze 
Summe  dann  nur  noch  erste  Zugeordnete  enthält,  und  zwar 
findet  man: 


m 


-  C„,  [—  (m  -  1)  m  P„,+,,i  +  (^  +  1)  (^  +  2)  P^^,,x]  =  0. 

Ordnet  man  hier  in  der  Weise,  dass  man  Glieder,  welche 
Grössen  P,n,i  mit  gleichem  Index  m  enthalten,  zusammenfasst, 
so  folgt: 

S  P^.,  [(m  +2){m  +  3)  (7,+,  +  5«+,  +  x^+i 

m 

—  (w  —  1)  (m  —  2)  (7,„_,  —  5^_i  —  ;cm-i]  =  0.       361 

Aehnlich   kann  man  in   der   Summe   (37)  mit  Hülfe  der 

Rekurrenzen   (19)   und   (20)   sowohl   sin  i?  P^.i  als  cosi?P,^2 

allein    durch    zweite    Zugeordnete   P„,,2  ausdrücken  und   nach 
diesen  ordnen.     Man  erhält  dann: 


K,  Schwarzschüd:  Druck  des  Lichts  auf  kleine  Kugeln  etc,     309 

SP«.2[^-.-2(»»-2)C„_,-^„+i-2(m4  3)C„+,]  =  0.  37') 

Schliesslich  lassen  sich  in  (38)  die  drei  Produkte  cos  t?  Pm.i, 
sin  1?  P,»,o  und  sin  #  Pm,2  alle  nach  (19) — (21)  durch  erste  Zu- 
'  ■   geordnete  Pm,i  ausdrücken.    Wiederum  nach  letzteren  ordnend 
1^,    erhält  man: 

*    yp    r    Sm-i{(m-l)^«^i+P._r(m-l)(m-2)C«-,}-fr^-il_^ 

r:;  Es  ist  ZU  beachten,  dass,  wie  aus  (18)  sofort  ersichtlich, 

^    die  drei  Grössen  Po,  i,  Pn.2  und  Pi,2  gleich  null  sind.     Daher 

beginnen  die  Summen  (36')  und  (38')  mit  m  =  1,  die  Summe 

(37')  mit  w  =  2. 

Wir  haben  hier  nun  drei  Entwicklungen  nach  zugeord- 
neten Kugelfunktionen,  die  zur  Summe  die  Null  haben  sollen. 
Dies  ist  aber  nach  einem  bekannten  Satze  nicht  anders  möglich, 
als  indem  jeder  einzelne  Entwicklungkoeffizient  verschwindet, 
und  damit  ergeben  sich  die  folgenden  Gleichungen  zur  Be- 
BÜmniung  der  A^^  Bm,  Cmi 

(m  +  2)  (m  +  3)  C„+i  +  ^m+i  +  ;Cm+i 
=  (m  — l)(m-2)(7,n-,  +  P«_i  +  ;Cm-i     rn>l       41) 
^+,+  2(m  +  3)C^+i=^Ai-i  — 2(m  — 2)(7^.,   m>2  42) 

Sn.+i  [(^^  +  2)  ^„.+1  —  P^+i  4-  (m  +  2)  im  +  3)  0.+,]  -  T„^x 
+  Sm-i  [(w  —  1)  A^^i  +  Bm^,  -  (m  —  1)  (m  -  2)  (7^_,] 

+  r^-.i  =  0    m^l.  43) 

Zur  Auflösung  dieses  unendlichen  Gleichungssystems  er- 
weist es  sich  als  nützlich,  die  folgenden  Grössen  als 
Unbekannte  einzuführen: 

^«  +  2(m  +  2)a^=l>^ 
Pm  +  (^  +  1)  (Pi  +  2)  (7^  =  qm  44) 

2(2m  +  l)(7^  =  r^ 

Es   ist  hier  voraus   zu  bemerken,   dass  man,  da  Po,i,  Po,2 
und    Pi,2  verschwindet,  in   den  Entwicklungen  (14)  von  vorn- 


310  Sitzung  der  mathrphys,  Classe  vom  6.  JtUi  1901, 

herein    auch  A^,  Cq  und  (7,  gleich   null   setzen   darf,  wohtb 

dann  folgt: 

l>o=^o  =  n  =  0  4i) 

Durch  Einführung  dieser  neuen  Unbekannten  verwandi 
sich  die  Gleichungen  (41)  bis  (43)  in  die  nachstehenden: 

3m+l  +  Xtn+l  =  3m- 1  +  Xfn-l  —  >*m-l       W  >  1  4$) 

Pm+l  =  Pm-l  —  rtn-l  W  ^  2  (?) 

Sm+\  [{m  +  2)pm+i—qm+i]  +  Sm-1  [(m—  l)p„,^i  +  g«-i  —  mrJi 

+  r^_i— T^+i  =  0     m>l.  «I 

Subtrahiert  man  hier  zunächst  (47)  von  (46),  so  folgt: 

Qm+l  +  Xm+l  —  Pm+l  =  ?m-l  +  Zm-1 l>m-l       ♦»  ^  2 

und  daraus  ergiebt  sich,  dass  für 

gerades  m:  qfn  + Xfn  =  Pm  + 92     ^>^\  .m 

ungerades  m:       3m  +  Xm  =  l>m  +  ^i     ^*  ^  1  j 

sein  muss,  wobei  ^Tj  und  g^  zwei  vom  Index  m  unabhängig« 
Constante  sind. 

Schreiben  wir  (47)  noch  in  der  Form: 

rm=Pm—  Pm+2       W  >  1,  50] 

so  sehen  wir,  dass  die  Bestimmung  der  q^  und  r^  aul 
die  der  jp„,  zurückgeführt  ist.  Ersetzt  man  jetzt  in  den 
Grleichungssystem  (48)  die  qm  und  r„,  durch  die  Ausdrücke  (49 
und  (50),  so  erhält  man  nicht  etwa  Rekurrenzen  zwischen  dei 
Pm,  vielmehr  fällt  merkwürdiger  Weise  aus  jeder  Gleichunj 
p,n-i  heraus  und  es  ergiebt  sich  zur  unmittelbaren  Bestim 
mung  von  pm+ii 

Pm+l  [(ni  +  1)  S;n+1  +  ni  Sm-l]  +  S«+i  (Xm+l  —  Q) 

-S^-i{Xm-i-g)-]'Zn-i-T^+i  =  0     m>2,      5: 

wobei  g  gleich  g^  oder  gleich  g^  zu  setzen  ist,  jenachdem 
gerade  oder  ungerade  ist. 

Die  erste  für  m  =  1  entstehende  Gleichung  des  Systems  (4 
konnte   liier  noch  nicht   ausgenutzt  werden   und   man   darf 
dem  vorstehenden  Systeme  erst  mit  m  =  2  beginnen ,   weil 
nicht  nach  Art  der  Formel  (49)  auf  i?^  zurückgeführt  werden  kan 


K.  Si^iwareschüd:  Druck  des  Lichts  auf  kleine  Kugeln  etc.     311 

Ueberblickt  man  das  bisher  erlangte  Resultat,  so  lassen 
h  nach  (51)  alle  p  von  p^  an  berechnen.  Nach  (45)  ver- 
Lwindet  p^.  Ferner  folgt  aus  r,  =  0  und  der  ersten  (für  w  =  1 
stehenden)  Gleichung  des  Systems  (50): 

Pi  =Pi'  52) 

Von  allen  Grössen  p  bleibt  daher  allein  noch  p^  unbe- 
mt.  Sowie  man  auch  p^  hätte,  erhielte  man  aus  (45)  und 
>)  alle  r  und  aus  (49)  alle  q  —  abgesehen  von  Qq,  So  bleiben 
erseits  im  Grunde  nur  die  beiden  Unbekannten  g^  und  p^, 
iererseits  enthält  das  System  (46)  bis  (48)  aber  auch  noch 
ei  unbenutzte  Gleichungen.  Bei  der  Subtraktion  der  Gleich- 
gen (47)  von  (46)  konnte  die  erste  (für  m  =  1  entstehende) 
3ichung  (46)  nicht  mitbenutzt  werden,  weil  die  entsprechende 
3ichung  (47)  fehlt,  und  ähnlich  lag  es  mit  der  ersten  Gleichung 
l).    Die  beiden  restierenden  Gleichungen  lauten  daher: 

Aus  (46)  für  m  =  1 : 

Aus  (48)  für  m  =  1 : 

S,  l^P.-q,]  +  S,  q,+  T,-  T,=  0. 

In  Rücksicht  auf  (45)  und  (49)  erhält  man  aus  diesen 
[den  Gleichungen: 

%  +  Xo  =  P9  +  92  53) 

[2  S,+  S,-]  +  S,{x2-92)  -  So{Xo'-9,)  +  T,-T,  =  0.    54) 

Damit  sind  denn  alle  Gleichungen  befriedigt  und  alle 
[bekannten  gefunden  —  bis  auf  eine  eigentümliche  durch- 
iiende  Unbestimmtheit,  die  in  der  Willkürlichkeit  der  beiden 
nstanten  g^  und  g^  liegt.     Es  ist  schwer  zu  ersehen,  woher 

Fixierung  dieser  beiden  Constanten  noch  kommen  soll, 
3hdem  sich  bei  ganz  beliebiger  Wahl  derselben  alle  Rand- 
lingungen  im  Endlichen  und  Unendlichen  haben  erfüllen 
sen,  und  doch  ist  physikalisch  evident,  dass  unser  Problem 
r  eine  Lösung  besitzen  kann. 


312 


Sitzung  der  matK-phys.  Classe  vom  6,  Juli  1901. 


Der  Schlüssel  zur  Ueberwindung  der  Schwierigkeit  und 
zur  Bestimmung  von  g^  und  g^  liegt  in  Folgendem :  Man  nekne 
einmal  an,  dass  keine  einfallende  Welle  vorhanden  sei.  Dam 
verschwinden  in  unseren  Gleichungen  alle  Grössen  Xm  und  T» 
welche  aus  der  Entwicklung  des  die  einfallende  Welle  ist»  !| 
stellenden  Ausdrucks  e'**  entsprangen.  Es  bleiben  daher  in  de& 
Gleichungen  (51)  die  Glieder  übrig: 

i?m+i  [(^  +  1)  Sm+i  +  m  Sm-i]  —  g  {S„^i  —  /S«-l)  =  0.    55) 

Es   soll   hieraus  Pm  +  i    berechnet    werden   für    den   Fil,l 
dass  der  Kugelradius  a  gegen  die  Wellenlänge  sehr  klein  isL 
Für  sehr  kleines  q  wird  Km  nach  (28)  näherungsweise  darge- 
stellt durch: 


und  daraus  folgt  nach  (34),  (35)  und  (39): 

m+l 


56) 


..(.=(r=(")' 

Dies  giebt  in  (55)  eingesetzt: 


Sm=l  —  ni. 


57) 


^•"+'      m(2m— 1)- 


58) 


Nunmehr  kann  man  nach  (50)  r^,  nach  den  Gleichungen: 

im  =  Pm  +  g 

die  aus  (49)  durch  Weglassung  der  ;c-Glieder  entstehen,  die 
qm  und,  nachdem  p„,^  q^  und  r„,  bekannt  sind,  aus  (44)  die 
A„^,  B,nj  Cm  berechnen.  Es  genügt,  das  Resultat  für  J5„  an- 
zuführen : 


B„=9 


1  — 


(2w  — 3)(2»t  +  l)' 
Damit  erhält  man  nach  (14)  folgende  Eatwicklung  von  ß: 

3 


ß  =  ^9 


m 


2m  +  l  — 


(2w  — 3)(2m  + 


jT  I  R„  (r)  P„,o  (cos  ^). 


K,  Sekwarzsehüd:  Druck  des  Lichts  auf  Ideine  Kugeln  etc.     313 


Für  r  =  a  und  t?  =  0  wird   jR,»  =  1  und  Ptn,o  =  1  und 
Unit  wird  ß: 

'*  =  ?4'"*  +  ' -(2^^(2^+1)1 

80  unendlich.  Mit  anderen  Worten:  Aus  den  Grössen 
entspringen  Ausdrücke  für  die  Componenten  der 
[ektrischen  Kraft,  welche  mit  Unstetigkeiten  be- 
iftet  sind.  Die  Bedingung,  welche  zur  Fixierung  der 
rossen  g  führt,  ist  daher  die,  dass  die  Componenten 
)r  elektrischen  Kraft  stetig  bleiben  sollen,  und  zwar 
erlangt  sie,  dass  g^  und  g^  null  sind. 

Lässt  man  jetzt  alle  Glieder  g  aus  den  Gleichungen  (49) 
s  (54)  weg,  so  kann  man  sie  so  zusammenfassen: 

i?«+i  [(m  +  1)  Sm-\.i  +  m  iSm-i] 
(S;„4.iXm+i-r^+i)-(iS^-i;tm-i-J'm-i)  =  0     m>l      59) 

qm=Pm—Xni       ^*  >  1  r^^  p.n— Pfn-\-2       m>2  60) 

Po=^    Pi^Ps     Qo  =  P%—Xo     ^0=^1  =  0.  61) 

Die   Gleichungen   (59)   gestatten   noch    eine   beträchtliche 
reinfachung. 

Nach  der  Definition  (39)  war: 

dK,n 

^Q  ATT     _   fo   .        /-\      I      _  ^X* 

c=eo 


An  = 


2  + 


Daher  ist: 
r   nach  (30): 


T,n = h  X..  {q)  +  q^]     . 


dK, 


m 


—  K„i  — - 


^% 


d 


S. 


m  jLm 


dg 


Q  Jie=oo 


62) 


Femer  wird: 

(m  +  1)  Ä„+,  +  m  S„-i  =  2  (2  ni  +  1) 


+ 


' 

dKm-^i 

dKm-i 

(m 

+  1) 

'^       dQ 

+  m 

dg 

^     TT 
Am-J 

<> 


=i?ü 


314 


Sitzung  der  math.-phya.  Glosse  vom  6.  Juli  1901. 


Nach  (31)  und  (32)  bestehen  die  Rekurrenzen: 


i2m  +  l)Q 


dg 
dKm-\ 


dq 


=  (m  —  1)  Km^x  —  igKn, 


=  —  i  ö  [(m  +  1)  Z«+i  +  m  Z^_,] 


(2m+l)       K„,     =^^[^-^4.1  — JS:«.,]. 


63) 


m  4-t 

Multipliziert  man  die  erste  dieser  Gleichungen  mit  ^^r— , 

fn  K 

die  zweite  mit  ^^^ — ,  die  dritte  und  vierte  je  mit  —  -=^ — ^ 

und  addiert,  so  erhält  man: 

(m  + 1)     dK,n^x         m       dK,n-\ 
Q  —jrr-  +  ^—  Q 


K 


m+l 


d  Q  jKm-1  ^       d  ^ 

dK^' 


Am-l  Am-f-l  \  ^  Q    J 


und  damit: 


Führt  man  jetzt  (62)  und  (64)  im  Ausdruck  von  |?«+i  ^^. 
so  folgt: 


Pm-{'1  = 


{2m-]-l)K„,  ^^_^ 


dKyn  \Q Äin+l        Q Km-\J 


dg 


odea'  in  Rücksicht  auf  (63): 


Pm+\  =  — 


Q^Km  +  Q 


dK,n\ 


65) 


Q=QO 


Es  bleibt  nur  noch  übrig,  mit  Hülfe  der  p,n  nach  (60)  ^ 
(61)  die  q,n  und  r^  und  dann  nach  (44)  die  Am,  Bmi  ^»^ 
zuleiten,  um  nach  einer  leichten  Zwischenrechnung  die  ^^ 


K.  Schwarzschüd:  Druck  des  Lichts  auf  kleine  Kugeln  etc,     315 

ndige  Lösung  des  Beugungsproblems  zu  erhalten, 
3he,  wenn  man  alles  zusammenstellt,  durch  folgende  For- 
Q  gegeben  wird: 

Der  Kugelradius  sei  a.     Man  setze: 

Man  berechne  die  endlichen  Ausdrücke  (26): 

e-'^r       m(m+l)  1      m(m+l)  m(m+l)-l-2    1  }  na\ 

=  TI^  +  — 2~~i^+— 2 4 M'^+'-J  ^^^ 

i  ^    _  _  K„.  (-  Qo)  +  (-  1)-  K^  (gp)  ... 

d  bilde  damit: 

Pm+\  =  —  I  —jTTv^  I  ^^) 


"*=  i?„(r)  =  f4^1.  69) 

Dann  gelten  die  Entwicklungen: 

a  =  S  (2  m  4-  1)  ^,„  iZ^  (r)  P„,i  (cos  i?) 

m=:l 


00 


^  =  D  (2  «»  +  1)  ^,„  i?„.  (r)  P„,o  (cos  ö)  70) 

ni=0 


OD 


y  =  1]  (2  m  +  1)  C„.  i?„.  (r)  P„.2  (cos  &) 

m=2 

'  den  folgenden  Entwicklungskoeffizienten: 

^  +  l)5,„=(m+l)(m+2)i>^+2-m(m-l)i>,n-2(2m+l);Cm  71) 

die  Coraponenten  der  elektrischen  Kraft  für  die  durch  die 
kommen  reflektierte  Kugel  gestörte  Lichtbewegung  werden 
J^ten  aus: 


314 


Sitzung  der  math.-phys.  Glosse  vom  6.  Juli  1901. 


Nach  (31)  und  (32)  bestehen  die  Rekurrenzen : 


dg 

dKm-i 
dg 

dK^ 


=  (m  —  1)  JS:,«_i  -^igKn, 


(2  m  +  1 )  ^  -f^  =  -  i  e  [(m  +  1 )  Z-^ +1  +  m  K„,  _ ,  ] 


6; 


Multipliziert  man  die  erste  dieser  Gleichungen  mit  -j^— 

die  zweite  mit  ^ — ,  die  dritte  und  vierte  je  mit  —  -^ ~ 

und  addiert,  so  erhält  man: 

(m+1)     dK,n+i 


—  (2  m  +  1) 
und  damit: 


jKin+i  d  Q 


Km^l  d  Q 


Km—l  £^m+l 


(K„  +  g^^  =  -2i2m  +  \) 


(w+l)S„+,  +  mÄ„_i  =  (2m-|-l) 


-m 


(^■+^f; 


.  64; 


Km-\K„i^i\    "*  ^  ^  dg 

Führt  man  jetzt  (62)  und  (64)  im  Ausdruck  von  pm-^i  ^i° 
so  folgt: 


Pm+l  = 


i2m-[-l)K„  ^^_^ 


dg 


oder  in  Rücksicht  auf  (63): 


Pm+l  =  — 


eM^m+e 


dK^\ 
dQ). 


65) 


i?=eo 


Es  bleibt  nur  noch  übrig,  mit  Hülfe  der  prn  nach  (60)  und 
(61)  die  qn%  und  r^  und  dann    nach   (44)   die   Am^  Bmi  C»  * 
zuleiten,  um  nach  einer   leichten  Zwischenrechnung  die  voll- 


K,  Sehwar zschüd:  Druck  des  Lichts  auf  kleine  Kugelte  etc,     315 

Indige  Lösung  des  Beugungsproblems  zu  erhalten, 
Iche,  wenn  man  alles  zusammenstellt,  durch  folgende  For- 
in gegeben  wird: 

Der  Kugelradius  sei  a.     Man  setze: 

Qz=kr     QQ=ka    k  =  -r-. 

Man  berechne  die  endlichen  Ausdrücke  (26): 

e-«^r  ,  w(m+l)  1    .  m{m+l)  m{m+l)-h2    1     ,       l  ... 
,=._|^l  +  ____„+__ _ (^)^+....J  66) 

id  _       K„,  (-  Q,)  +  (-  1)>-  K„,  (g,) 

^"  "" 2i ^^^ 

nd  bilde  damit: 

i^«»+i  =  ""  I  — ^/l  Tr~\  I  68) 


Dann  gelten  die  Entwicklungen: 

a  =  S  (2  m  +  1)  A,  En,  (r)  P,„,i  (cos  i>) 

m=l 

/?  =  L  (2  «j  +  1)  ^„.  i?„.  (r)  P„.o  (cos  d)  70) 

ni=0 

y  =    2   (2  m  +  1)  C„.  iim  W  Pm,2  (cos  *?) 
m=2 

't  den  folgenden  Entwicklungskoeffizienten: 

2w+  l)^m=  (m  —  l)i?m+  (>W  +  2)i?,n+2 

2tn+l)JB,„=(m+l)(w+2)i>,.+2-w(m-l)i>,„-2(2m+l);Cm  71) 

2w+ 1)  Cm--=Pm  —Pm-\.2 

^d  die  Componenten  der  elektrischen  Kraft  für  die  durch  die 
►llkommen  reflektierte  Kugel  gestörte  Lichtbewegung  werden 
Wten  aus: 


5 

■! 
i 


^ ». 


,•■    I 


\ 


316 


Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  6.  Jtdi  1901, 


X  =  pars  real  (e*'«*  a  cos  (p) 

T=  pars  real  (^•■9'+»**  -f-  e'9'  [/?  +  y  cos  2  <^]) 

Z  =  pars  real  (e*'«*  y  sin  2  9?). 


§  6.    Bemerkungen  über  die  Verwendung  dieser 

Darstellung. 

Die  Reihen,  durch  die  wir  hier  die  Verteilung  der  elek- 
trischen Kraft  und  damit  der  Lichtintensität  dargestellt  haben, 
sind  zwar  unter  allen  Umständen  konvergent,  indessen  wird, 
wie  leicht  zu  sehen,  die  Convergenz  um  so  langsamer,  je  grösser 
die  Kugel  ist,  welche  das  Licht  reflektiert.  Dies  Verhalten 
liegt  insofern  günstig,  als  man  für  grosse  Kugeln  die  Licht- 
verteilung in  rohen  Zügen  aus  der  geometrischen  Optik,  mit 
grösserer  Schärfe  aus  der  KirchhoflF'schen  Beugungstheorie  ab- 
leiten kann.  In  den  Fällen,  wo  diese  beiden  Hülfsmittel  ver- 
sagen, nämlich  für  Kugeln,  deren  Durchmesser  nicht  über 
wenige  Wellenlängen  hinausgeht,  wird  aber  gerade  die  nume- 
rische Rechnung  nach  obigen  Formeln  durchführbar  und  man 
könnte  sich  an  ihrer  Hand  überzeugen,  wie  sich  mit  dem 
Kleinerwerden  der  Kugel  z.  B.  der  Schatten  hinter  ihr  aD- 
mählich  auflöst.  Ich  will  mich  hier  begnügen  nur  die  Gren^ 
werte  anzuführen,  in  die  f,  rj,  C  übergehen,  wenn  der  Kugel- 
radius äusserst  klein  auch  gegen  die  Wellenlänge  wird: 


f  =  —  Jc^  a^  sin  i>  cos  9? 


Z"i(ifcr)+  COS'»  K^{kr) 


k^a^ 


K,  (Je  r)  (cos^  1?  --  i) 


rj  =c^*^  +  Ä;3a^ 


f Zo(ifcr)  +  ^K, cos»+K^{i  -  sin»*cosV)    ^3) 


+  JSTg  — ^—  cos  »  (sin*  »  cos*  q?  —  ^) 


6 


C  =  —  k^  a^  sin*  »  sin  99  cos  qp 


K^{kr)  -  *y**  K^{kr)cos» 


K.  8(hwar£8chüd:  Druck  des  Lichts  auf  kleine  Kugeln  etc,     317 
bei: 


g-ifcr 


"        kr 


*        kr    \        ikrj 


^«~   kr    y'^ikr'^  (ikrf)  ''^^ 

^g-^*7  6  15  15   \ 

*        Ar    V   '^iÄr'^CiÄO^'^CiiOV- 
Iii  grosser  Distanz  r  von  der  Kugel  gehen  diese  Formeln 
er  in: 

f  = ö~  sin  #  cos  9?  (1  -f-  2  cos  i>) 

,y  =  e«**  +  Ä*  a^  ?^  [l  +  5^  _  sin*  1?  cos»  J  75) 

C  =  —  Ä*  a* sin*  t?  sin  a?  cos  a?. 

r 

Lord  Rayleigh  hat  gefunden  (1.  c.)»  dass  bei  sehr  kleinen 
ogeln  aus  durchsichtigen  Medien  die  Intensität  des  zer- 
reuten Lichts  umgekehrt  proportional  der  vierten  Potenz  der 
^ellenlange  wird  und  dass  in  Richtungen,  die  einen  rechten 
inkel  mit  der  Richtung  der  einfallenden  Welle  machen,  voU- 
indige  Polarisation  des  zerstreuten  Lichts  eintritt.  Ersteres 
erhalten  gilt  nach  den  Gleichungen  (75)  (da  k  umgekehrt 
oportional  zur  Wellenlänge  ist)  offenbar  auch  für  das  von 
ler  kleinen  vollkommen  reflektierenden  Kugel  zer- 
eute  Licht,  hingegen  erfolgt  in  keiner  Richtung  vollständige 
larisation.     Man  erhält  für  i>  =  90®: 

f  = pr COS  o?     w  —  e***  =  K*  ar sm*  w 

2        r  '  r 

C  =  —  K^  a^ sin  cp  cos  w 

r  7-  r 

d  daraus  für  die  Intensität  der  a:-Componente: 

Mod  ^^  =  \  — ^  cos*  (p 


318  Sitzung  der  math.-phys.  Glosse  vom  6,  Juli  1901, 

und    für    die   Intensität    der    senkrecht    zur    x-Axe   stehenden 
Coraponente  des  zerstreuten  Lichts: 

Mod  [{rj  —  e*'*^)*  +  C*]  =  ^  sin»  (p . 

Ist  das   einfallende  Licht   nicht,    wie  bisher  vorausgesett 
wurde,  polarisiert,  sondern  natürliches  Licht,   so  muss  man  is  ! 
diesen  Ausdrücken  alle  möglichen  Werte  von  tp  einsetzen  und 
das  Mittel  nehmen  und  findet  dann: 

für  die  Schwingungskomponente  parallel  zur  a;-Axe:  \ — ; 


senkrecht  „ 


jt*a« 


d.  h.  „das  von  sehr  kleinen  vollkommen  reflektieren- 
den Kugeln  in  Richtungen  senkrecht  zur  Normale  der 
einfallenden  Welle  zerstreute  Licht  ist  zu  drei  Vier- 
teln polarisiert." 

Schliesslich  sei  noch  ein  Umstand  hervorgehoben.    Da  die 
Intensität  des  zerstreuten  Lichts  von  der  Wellenlänge  abhängt, 
so   wird,    wenn  das  einfallende  Licht  weiss  ist,    das  zerstreute 
eine    andere    Farbe    zeigen.      Nur    bei    sehr    grossen   Kugeh . 
kommt   die  Abhängigkeit   von    der  Wellenlänge    nicht  in  Be-  ' 
tracht    und    das    reflektierte    Licht    bleibt    farblos.      Bei  sehr 
kleinen  Kugeln  entsteht,    wie  Lord  Rayleigh  gezeigt  hat,  dai 
tiefe  Blau  des  Himmels.     Bei  Kugeln  von  der  Grössenordnung 
der  Wellenlänge  bilden   sich  noch  andere  Farbennüancen  aus, 
die  sogar  ein  wenig  von  der  Richtung  des  reflektierten  Licht» 
abhängen   und  die  sich  alle   aus  den  obigen  Formeln  ableiten 
Hessen. 

Nach  diesen  Andeutungen  über  die  anderweitige  Ver- 
wendbarkeit der  Lösung  des  Beugungsproblems  gehen  wir  an 
unsere  eigentliche  Aufgabe,  die  Berechnung  des  Maxwell'schea 
Drucks,  welchen  das  Licht  auf  die  Kugel  ausübt.  Hierzu  ist 
zunächst  erforderlich  die 


K,  Sehtoareschüd:  Druck  des  Lichts  auf  kleine  Kugeln  etc,     319 

§  7.    Ableitung  der  magnetischen  Eraftcomponenten 

aus  den  electrischen. 

Man  wähle  irgend  einen  Punkt  0  der  Kugeloberfläche  zum 
iiUpunkt  eines  neuen  rechtwinklichen  Coordinatensystemes 
iüv  ^v  dessen  x-Axe  in  den  durch  0  gehenden  Radiusvektor 
Be,  dessen  y-Axe  den  durch  0  gehenden  Meridian  tp  =  const. 
d  dessen  z-Axe  den  durch  0  gehenden  Parallelkreis  '&  =  const. 
igiere.  Es  werde  j/,  zu  wachsendem  i?,  ^,  zu  wachsendem 
positiv  gezählt.  Die  Eraftcomponenten  (oder  genauer  die 
mplexen  Grössen,  aus  denen  sich  nach  (1)  die  Eraftcom- 
lenten  ableiten)  in  Richtung  der  neuen  Axen  mögen  heissen 

^1»  ^v  ^v  Mv  ^r    -^^  ^v  Vv  ^i  G^^ält  man  durch  Coordinaten- 
jhung  die  Ausdrücke: 

f ,  =       f  cos  '&Q-\-  rj  sin  iJ^  cos  (Pq-{-  C  sin  i?q  sin  (p^ 

^,  =  —  f  sin  i?o  -f-  (rj  cos  9^0  +  ^  sin  (p^)  cos  1?^  76) 

C,  =  —  ^  sin  9^0  +  C  cos  (p^. 

Die  magnetischen  Eraftcomponenten  in  Richtung  der  neuen 
:en  sind  aus  den  Gleichungen,  welche  den  (2)  entsprechen, 
Euleiten : 

l^^li^^li    ii^=^h_^Ji    iJcy  =^^^,    77) 

Wir  wollen  diese  Gleichungen  verwenden,  um  speziell  die 
ignetische  Eraft  im  Punkte  0  zu  bestimmen.  Im  Punkte  0 
id  rj^  und  Cj  gleich  null,  weil  auf  der  Oberfläche  der  Eugel 
line  tangentialen  elektrischen  Eräfte  existieren,  und  es  gilt, 
i  die  y^'  und  ^,-Axe  die  Oberfläche  tangieren,  auch: 

^  =  ^1  =  ^  ^1  =  ^  =  0 
dy^       öz^       Sy^       <5^, 

Ferner  ist  geometrisch  evident,  dass  im  Punkte  0: 

_A.  — A     A  — lA     A  =  _Jl      ^_ 
dx^       dr     dy^       r  dß^     d  z^       rsm^dq) 


320  Sitzung  der  math.-phys.  Glosse  vom  6.  Juli  1901. 

ist.     Damit  geht  (77)  über  in: 

X,_0     t^fi^--^-^  —  -j-     iitv^^—  —  -  — 

Wir  erfahren  also  zunächst,  dass  der  magnetischen  Kraft 
die  radiale  Componente  fehlt,  dass  sie  in  der  Kugelober- 
fläche liegt. 

Drückt  man  nach  (13)  f,  ?;,  f  durch  a,  /S,  y  aus,  so  folgt 
femer: 

f  j  =  cos  cp  {a  cos  1?  +  sin  #  [e***  +  /8  -}-  y]} 

1^1  =  cos  (p  { —  a  sin  1?  +  cos  #  [e***  4-/5  +  y]} 
tj  =  —  sin  9?  {e»*^  +  /?  —  y}. 
Auf  der  Kugeloberfläche  wird  in  Folge  der  Relationen  (15): 


*        *  *  cos  17  sm  V 


cos  9       ^     cos  (p 

und  damit: 

iifc/*i=  +sin  9? ^-^ r  +  —  (e»'**  +  ß  —  r)\ 

^^  L     rsmi?cosi?       5r^  '^       '^\ 

Nun  gilt  weiter  an  der  Oberfläche  der  Kugel  die  Gleich- 
ung (17): 


0  =  cos»?  |rT-4-2a|-f-sini? 


»•^(e'*'+/S  +  y)  +  2(e'*'+/S+r) 

OT 


welche  sich  in  Rücksicht  auf  (15)  auch  so  schreiben  lässt: 
0  =  r  —  cos  1?  4"  sin  1?  r  3^  (e***  +  /?  +  y)  +• 


<5r  <5r  cost? 

und   damit   lassen   sich    die  Ausdrücke   von   fjL^  und   Vj  in  i^ 
folgenden  verwandeln: 

•7  •       r^"i.a  3"  o^yi 

^  Ä  /i,  =  sin  09     —  -r—  COtff  17 ; — r  —  2  -z-^ 

^^  ^  [      ^  r       ®  r  sm  1?  cos  1?  d  r\ 

.,  r         15a  2a  ia/a\l 

^  ft  Vj  =  cos  99 ; .     — Y^[  r 

L     sm  17  0  r       r  sm  17       r  o  17  \cos  v/. 


K,  S^ariäcKM:  Ihr^  des  lAchts 'auf  Meine  Kugeln  etc.    321 


er: 

sin  i>         .  ^        _   , 

~^Qh/^l  ^: =  f  jj-  COS  17  + 


da        «.     3a      .^.«     d  y 


sin  9 


d  r 


cost? 


+  2  sin'i?r 


<5  r 


=  cos 


i?[r-J°4-2a^  +2sinÄf^ 


5  j' 
d  r 


+  2y     + 


) 


a 


cos  1? 


79)  , 


sm^  da   .    ^   .   .     .a^/^«\ 

"   *  cos  9?         o  r  d^  \cos  t?/ 

bei  die  frühere  Abkürzung  ifca=^Q  benutzt  ist.  Da  wir  es 
rigens  fortan  nur  mit  Punkten  auf  der  Kugel  selbst  zu  thun 
ben,  werden  wir  nicht  mehr  eigens  auf  diesen  Umstand  hin- 
isen  müssen  und  dürfen  uns  erlauben,  den  Index  0  wegzu- 
sen,  sowie  beliebig  r  und  a  zu  vertauschen. 

Hier  führen  wir  nun  unsere  Entwicklungen  (70)  für  a,  ß^  y 
,  die  wir  aber  zunächst  ein  wenig  umformen.  Es  ist  auf 
•  Kugeloberfläche: 

=  i;(2m  +  l)^^P^.i(cost?),  y  =  f;(2m-)-l)(7,„P„,2(cosi^) 

»1=1  m=l 

d  nach  der  Bezeichnungsweise  (39): 

2  a '+  r  ^  =  S  (2  m  +  1)  ^„.  Ä„  P,n.  i  (cos  &) 

80) 

2y  +  ^^=fl  (2  m +!)<:?«.  Arn  P»,.2  (cos  t?) 


<5  r 

6  y 


^        m=l 

Setzt  man  für  -4^  und  (7m  die  Ausdrücke  (71)  durch  die 
ein,  so  wird: 


00 


a=  2J  [(m  —  l)jp„,  +  (m  +  2)^„.-j-2]  Pm.i  (cos  ??) 


msl 


er  durch  eine  leichte  Umstellung  der  Summe : 


00 


a=  S  jPiH+i  [fn  Pm+i.i  (cos  I?)  -\rim-\-\)  Pui-],i  (cosi?)] . 

fN=l 

Da  aber  nach  (19): 
(2  m  +  1)  cos  *  P,„,i  =  w  Pm+M  +  (m  +  1)  P,n-hl 
>,  so  erhält  man  das  einfache  Resultat: 


a 


00 


a  =  S    (2  m  +  l)2>m+l  -Pm.l  (COS  1?). 
COS  17         m=l 


81) 


1901.  Biizimgsb.  d.  math.-pby8.  Cl. 


o-> 


322  Sitzung  der  mathrphys.  (Hasse  vom  6,  Juli  1901. 

Hieraus  folgt  noch  mit  Hülfe  von  (22): 

=  L   P«,l  [(»»  —  l)»i'm  —  («»  +  2)»^^2]  . 
m=:l 

Femer  notieren  wir  die  nach  (80)  folgende  Formel: 
r  J^  +  2  a  =  S  P„, ,  (cosd)Ä„ [(w  - 1)2,« + (w + 2)i>„+ä].  83) 

Wir  bilden  weiter  die  in  dem  Ausdruck  (79)  für  /i,  auf- 
tretende Grösse: 


cos 


^(''f7  +  2a)  +  2sin*(r|^  +  2y) 


=  £  (2»ro+l)S„[^„cos#P«.i(cost?)  +  2C„sin<>P,.2(cosi>)]. 

Drückt   man   sowohl   cosi^P«,  i,   als  sin  tf  P«,,2  nach  (19) 
und  (21)  durch  P,„,i  aus,  so  geht  diese  Summe  über  in: 

S  Sn.  iÄm  {m  P^+,.,  +  (m  +  1)  P„._i.i} 

m=:l 

+  2  (7,n  {(m  +  1)  (m  +  2)  P,„-,.,  -  m  (m  —  1)  P«.+,.,}] 
und  wenn  man  Ä^  und  (7«,  durch  die  jp„,  ausdrückt,  in: 

00 

L    S;„  [mjPm+2  J^m+1,1  +  (W  +  l)jPm  ^m-l,l] 
m=:l 

oder  nach  den  P^.i  geordnet: 

cos  i>  ^r  ^  +  2  aW  2  sin  i?  fr  ^  +  2  y^ 

=  L  Pn..i  i?m+i  [(/w  +  2)  S«,+i  +  (m  -  1)  S«_,]. 

m=l 

Die  Einführung  der  Entwicklungen  (81)  bis  (84)  in  (79) 
liefert  jetzt: 

—  i  ^  /*,  sin  1? 

=  sin(^f;  Pm.i2?m+i[2m  +  l-(-(m  +  2)S«^.,  +  (m-l)S.-i] 


m=I 


£  SehioargseMld:  Druck  des  Lichts  auf  kleine  Kugeln  etc,     323 


00 


-  i  ^  Vj  sin  *  =  cos  9?  S  Pm.i  [(m  —  l)*jp«  —  (m  -f  2fpn^2 

+  S«  {(m  —  l)jp«  +  (m  +  2) jp,„+2}] . 

Hiermit  sind  die  Grössen  ju^  sin  i>  und  v^  sin  i>  nach  Kugel- 
iktionen  entwickelt.  Für  das  folgende  werden  wir  aber 
big  haben,  yUj  und  v,  selbst  in  Form  solcher  Entwicklungen 
besitzen,  und  das  wird  erreicht  durch  folgenden  Ansatz.    Sei: 

,+i-C«-i)=i?,„+i[2m+l+(m  +  2)S«+i  +  (m-l)/g„,.,]    85) 

„,4.i-2)«-i)=(m-l)i?,«(m~l+/S«)+(m-|-2)jp«+2(S«.-m~2).    86) 

Dann  wird: 

i  ^  /ij  sin  *  =  sin  99  S  Pm,i  (^«-1  —  C„t^x) 

=  sin  99  S  Cm  (Pm+1,1  —  Pm-1,1). 

m=I 

Es  gilt  aber  nach  (20): 

(2  m  +  1)  sin  *  Pm.o  =  Pm+M  —  Pm-i.i 
id  damit: 

OD 

i  ^  /ii=  sin  9?  S  (2  w  +  1)  (7„.  Pm,o.  87) 

Oenau  ebenso  folgt: 

00 

i  ^  V,  =  cos  9?  S  (2  w  +  1)  Dm  Pm,o .  88) 

Das  sind  die  gewünschten  Entwicklungen  von  /i, 
^d  Vj  nach  Kugelfunktionen. 

Es  erübrigt  nur  noch,  die  Cm  und  D^  aus  den  Rekur- 
nzen  (85)  und  (86)  zu  bestimmen. 

Zunächst  lassen  sich  die  rechten  Seiten  derselben  verein- 
chen.    Die  Gleichung  (59)  schreibt  sich  in  Rücksicht  auf  (62): 

P«+,  [(m  +  1)  Sm+i  +  m  S.n-i] ~~-  +  -)—  =  0     89) 

^d  damit  folgt: 

«H+l  -—  Cm-i  =  — ^ j^ 1-  /)m-|.I  [2m4-l  +  Sm+1—  Äm-ll- 

^  Am+I       Q  Am_i 

22* 


S24  Sitzung  der  math.'phys.  Olasse  wm  B.  JvXi  iBO'i,    .' 

Ferner  wird  nach  der  Definition  (39)  von  S„^ : 

g      ,  if—i — 

2m+l  +  Än+i-Äm-i  =  2m+l+        "^^  ^ 


Km-\~l  -£«-1 

und  dieser  Ausdruck  liisst  sich  mit  Hiüfe  von  (32)  reduzieren  auf: 

jflL,n4.i  •  JLm  -1 

Demnach: 

l  1  Kl 

Cn,-l  —  Cm+1  =  -TT 7  ^^ (2  Wi  +  l)l>m+l 


Bildet  man  diese  Gleichung  für  m  +  1 ,  w  -}-  3,  m  -f-  5  u.  s.  w. 
und  addiert  alle  entstehenden  Relationen,  so  ergiebt  sich  zur 
Bestimmung  von  Cm'- 

C„.  =  ^  -  f  (2  m  +  4  V  +  3)  y   -^"y i>„+j,+2.    90) 

Die  Convergenz  der  hier  auftretenden  Summe  lässt  sich 
ohne  Schwierigkeit  erweisen. 

Um  die  Grössen  D^n  zu  finden,  ersetze  man  in  (85)  w 
durch  m  -\-V  und  addiere  die  entstehende  Relation  zu  (86). 
Es  ergiebt  sich: 

(2)„.+i  +  a.+2)  —  (i)..-i  +  C„)  =  (m  —  l)i?,„(i»  —  1  +  S.) 
+  ^,„+2  [2  (m  +  1)  S,n  +  (^  +  3)  Ä„+2  -  (m  -f-  1)»]. 

Subtrahiert  man  hiervon  die  Gleichung  (89),  nachdem  man 
in  ihr  m  durch  m  -\-  \  ersetzt  und  mit  2  multipliziert  hat 
so  bleibt: 

=  {m  —  1)  pm  (m  —  l  +  Ä;„)  —  (m  +  1)  jp,„+2  (w  +  1  +  jS*+2) 

+-J ^2— 

und  man  sieht,    dass  dieser  Gleichung  genügt  wird,   wenn  ß^ 

jeden  Wert  von  m  gilt: 

2 
Z),„-.i  +  (7,„  =  — ^p {m  —  1)  2?,„  (w  —  1  +  &„). 


K,  Schwarzschüd:  Dtüclc  des  Lichts  auf  kleine  Kugeln  etc.     325 

Führt  man  wiederum  für  S,n  seinen  Wert  (39)  ein  und 
drückt  den  Differentialquotienten  von  Km  nach  (32)  durch  die 
Km  selbst  aus,  so  erhält  man  leicht: 

Dm-i  +  Ofn  =  —^- h  (m  —  l)iQPm—^-  91) 

Nachdem  die  Cm  aus  (90)  gefunden  sind,  giebt 
diese  Gleichung  unmittelbar  die  Dm  und  damit  kann  man 
die  Entwicklungen  (87)  und  (88)  für  die  Componenten  der 
magnetischen  Kraft  wirklich  bilden. 

Es  ist  für  die  weitere  Anwendung  noch  erforderlich,   von 

den    bisher    verwandten    komplexen    Grössen    zu    den    reellen 

Schwingungskomponenten  überzugehen.     Zu  dem  Zweck  setze 

man : 

f j  =  Fe'^cos q)    fx^'=  G e*^ sin  cp       ^i  ==  He^^ cos (p 

|>m+l  =  Fm  e^^tn  Cm  =  i  Q  Gm  c'^in       Dm^iqHm  e'^m  , 

wo  sämtliche  Buchstaben  auf  den  rechten  Seiten  reelle  Grössen 
sein  sollen. 

Dann  erhält  man  einerseits: 

Xj  =  'p2LVBredL\{F  €ff&^*co&(p)  =  F  cos{f-Yqt)co^(p 

ebenso:  M^  =  Gcos{g-{'qt)s\n(p^  ^,  =  Ä^cos(A-[-gOcos9? 

und  hierbei  bedeutet  X,  die  radiale  Componente  der  elektri- 
schen Kraft,  Jf,  und  N^  die  tangentialen  Componenten  der 
magnetischen  Kraft.  Andrerseits  folgt  aus  (78),  (81),  (87)  und 
(88),  indem  man  tiberall  Reelles  und  Imaginäres  trennt: 


92) 


00  OD 

m 


Fcos  /•=i:(2ff»+l)P„.,  Jf",»  cos/;,,,  Fsin  f=M2m-\- 1  )F„,yF,n  sin  f, 

111=1  m=l 


00  00 

in 


Gcosg=^(2m+l)Pm,i.GmCosg,n.Gsiug=Ti{2m-{-i)Pm,iGmsmg 

mzzO  m=0 


00  00 

m 


.93) 


l?cosA=£(2m+l)P,n,(ÄiCosA,„,irsinA=I](2m+l)P,„,(ÄnsinA 

m=0  m=0 

Damit  ist  derUebergang  zu  reellen  Schwingungskomponenten 
vollzogen  und  die  Berechnung  der  an  der  Oberfläche  der 
Kugel  wirkenden  elektrischen  und  magnetischenKräfte 
ermöglicht. 


326  Sitzung  der  math.-phys,  Glosse  vom  6,  Jidi  1901. 

§  8.    Der  Maxweirsche  Druck. 

Nach  Maxwell  herrscht  im  Aether  ein  Druck  senkrecht 
zu  den  elektrischen  Kraftlinien  und  ein  Zug  in  Richtung  der 
elektrischen  Kraft,  beide  numerisch  gleich  der  in  der  Volumen- 
einheit enthaltenen  elektrischen  Energie,  also  gleich 

o  (X»  +  r*  +  Z»), 

wo  o  ein  Proportionalitätsfaktor  ist,  der  von  der  Wahl  der 
Einheit  der  elektrischen  Kraft  abhängt.  Ein  ebensolcher  Druck 
und  Zug  herrscht  senkrecht  und  parallel  zur  magnetischen  Kraft 
und  ist  wiederum  numerisch  gleich  der  in  der  Volumeneinheit 
enthaltenen  magnetischen  Energie  o  (i*  +  HD  +  JP).  Um  die 
vollen  Drucke  im  Aether  zu  erhalten,  hat  man  das  elektrische 
und  das  magnetische  Drucksystem  zu  superponieren. 

Nun  steht  die  elektrische  Kraft  überall  senkrecht  auf 
unserer  Kugel.  Demnach  wirkt  auf  jedes  Oberflächenelement 
derselben  zunächst  ein  senkrechter  Zug,  dessen  Grösse  gleich 
o  X\  ist,  weil  hier  die  elektrische  Kraft  nur  aus  ihrer  Normal- 
komponente X,  besteht.  Die  magnetische  Kraft  hingegen  hegt 
in  der  Oberfläche  unserer  Kugel.  Daher  erföhrt  jedes  Ober- 
flächenelement derselben  zweitens  einen  senkrechten  Druck  gleich 
o  {M\  ■\-  N\),  Der  Gesamtdruck  auf  ein  Oberflächenelement 
wird  daher:  o  (Jf?  +  2V1  —  X?)  oder  nach  (92)  gleich: 

o{(T'cos%H-^-0sinV4--S^*cos'(A-[-g^)cosV  — jP*cos*(/'-|-  g^)cosV}' 

Der  Druck  ändert  sich  hiernach  periodisch  mit  der  halben 
Schwingungsperiode  des  Lichts.  Der  uns  allein  interessierende 
Durchschnittswert  für  Zeiten,  welche  viele  Perioden  umfassen, 
wird: 

-  (Gr^  sin*  q)  +  IP  cos*  <p  —  F^  cos*  (p) . 

Bildet  man  durch  Multiplikation  mit  cos  d  die  in  die 
a:-Richtung  fallende  Componente  dieses  Drucks  und  integriert 
über  die  ganze  Kugelfläche,  so  erhält  man  für  den  in  Richtung 
der  einfallenden  Welle  auf  die  Kugel  wirkenden  Pryck  -P« 


JT.  8ck«?atZ8cküd:  Druck  des  Lichts  auf  kleine  Kugeln  etc,     327 

2)  =  ^J*a*rf*d9?sindcosd(6r*sin*99  i- IP cos^ q?  —  F^ cos^ (p\ 

wobei,  wie  früher,  a  den  Kugelradius  bedeutet.  Da  F,  G  und 
S  nicht  von  q)  abhängen,  lässt  sich  die  Integration  nach  (p 
ausfähren  und  das  Integral  auf  folgende  Form  bringen: 

D  =  ^^  Cd'&sin'&co3'&[{Gcosgy+  {Gsingf  +  {Hcoshy 

^       0 

+  (JTsin  Ä)»  -  (F  cos  ff  -  {F  sin  ff\ . 

Hier  sind  nun  die  Summen  (93)  einzusetzen.  Beginnen 
wir  beispielsweise  mit  der  Summe  für  Gcosjr,  so  folgt: 

JT 

f  dit>  sin  ^  cos  ^  ((?  cos  gf 

0 

OB  00  * 

=  2j    S  (2w+lX2m'+l)6r,„G«,  cos5r^cos5riH'Jd^sin^cosi?P,„,cP«',o. 

m=rOM'=rO  0 

Die  in  der  vorstehenden  Formel  rechts  auftretenden  In- 
tegrale sind  null,  ausser  wenn  m'  =  m  +  1  ist.  Daher  reduziert 
sich  die  Doppelsumme  auf  die  einfache: 


*» 


2  2j  (2w+lX2m+3)G,«G,„4.iCOS5rmCos(7,„+i  Jdt>sini>cosi?P,„,oPm+i,o 

und  wenn  man  hier  für  die  Integi*ale  nach  (24)  die  Werte 

2  (m  +  1) 

(2  m  +  1)  (2  w  +  3) 
einsetzt,  so  wird: 

jr  OD 

j*rf^sin^co8*(Gcos5r)*=4  S  (w+l)Gn,G„,+lCOS(/mCOSr/;n+l. 

Ganz  ähnlicher  Umformungen  sind  die  übrigen  Glieder  des 
Ausdrucks  von  D  föhig  (bei  den  Gliedern  mit  F  hat  man  die 
Integralformel  (23)  zu  benutzen)  und  man  erhält  schliesslich 
durch  Addition  der  sechs  entstehenden  Summen  die  Schluss- 
formel für  den  Druck  des  Lichts: 


328      .        SitzüHg  der  vmth.-phys,' Glosse  vom  6.  Juli  1901', 


D  =  2o7ia^ 


L  (m  +  1)  G,„  öw+i  cos  (g„,  —  g„,^i) 

m=0 


00 


+  S  (m  +  1)  Sm  Sin+i  COS  (hm  —  Ä„,+i)  94) 

—  L  m(m  +  l)(m-f2)FmF,„4.icos(/'m— /ln+i)r- 
.  «1=1  ) 

Der  Proportionalitätsfaktor  o  lässt  sich  leicht  aus  der 
durchschnittlichen  Energie  pro  Volumeneinheit  JE  der  einfallen- 
den Welle  berechnen.  Die  elektrische  Schwingung  der  ein- 
fallenden Welle  war  Y=  cos{kx  -\'  qt)^  dementsprechend  ihre 
elektrische  Energie  gleich  oY^=o  cos*  (hx  -{-  qt).  Der  Mittel- 
wert dieses  Ausdrucks  für  Vielfache  der  Schwingungsperiode  ist 

— .     Es   ist  bekannt,    dass   in   ebenen  Wellen   die  Energie  der 

^  '  ■■■      , 

magnetischen    und   die   Energie    der   elektrischen    Schwingung 
gleich   sind.     Daher   habe   ich   noch   einmal    ^  hinzuzufügen, 

um    die   ganze  Energie   pro  Volumeneinheit   zu  erhalten,  und 

finde  damit: 

a  =  E.  95) 


§  9.    Formeln  zur  numerischen  Rechnung. 

Um  eine  etwaige  Controlle  der  späteren  numerischen  An- 
gaben zu  erleichtern,  will  ich  die  Formeln  angeben,  die  ich 
zur  numerischen  Berechnung  des  Drucks  benutzt  habe  imd  die 
aus  den  oben  abgeleiteten  auf  die  einfachste  Weise  hervor- 
gehen, indem  man  von  vorneherein  für  Trennung  des  Reellen 
und  Imaginären  sorgt. 

a  Kugelradius.  q  =  — -. — . 

Man  bilde  die  endlichen  Ausdrücke; 


K.  Schwarzsehüd:  Druck  des  Lichts  auf  kleine  Kugeln  etc,     329 

_  (m  — l)m(m  +  l)(m+2)  1 

,.  cos  ;:«  —  1  —  2  ^  ^^ 

(m  -~  3)  (m  —  2). . . .  (m  +  3)  (m  +  4)  1 
"^  2.4.6.8  Q^      '" 

_lm(m+l)      1  (m~2)(m-l)...(m4-2)(m4-3)  , 

)wie: 

lm(m+l)   m(m  +  l)  +  1.2 

?m cos v'«»=  1 i— ^-75 •  — ^ r 

Q^        2  4 

1  (m-~2)(m-l)...(w  +  2)(m  +  3)    m{m+l)-\-3'4: 
■*'^*  2.4.6  '  8 

1  m(m+l)    1  (m-l)m(m+l)(m+2)  m(m+l)4-2.3  , 
.sinv^.=-— 2— .^ 2:^ -^ +... 

nd  berechne  hieraus  km,  Im,  Xm^  Wm  für  eine  Reihe  von  Werten 
es  Index  m. 

Wünscht  man  für  den  Druckwert  etwa  eine  zweistellige 
enauigkeit,  so  gehe  man  dabei  bis  zu  einem  Index  m,  für 
eichen  km  und  Im  grösser  als  100  werden,  und  vernachlässige 
lieh  in  den  späteren  Formeln  alle  Glieder,  in  welchen  km  oder 
,  mit  höherem  Index  als  m  vorkommen.  Für  ^  =  i^t  bei 
nem  Kugeldurchmesser  gleich  etwa  ^/n  Wellenlänge,  genügt 
^  m  =  3  zu  nehmen,  so  dass  die  Berechnung  des  Drucks  sehr 
licht  auszuführen  ist;  für  ^  =  4  hingegen,  wenn  also  der  Kugel- 
iirchmesser  die  Wellenlänge  schon  um  einiges  übertrifft,  muss 
lan  bereits  bis  zu  w  =  7  oder  8  gehen  und  für  Kugeln,  deren 
Durchmesser  mehrere  Wellenlängen  beträgt,  wird  die  Rechnung 
raktisch  undurchführbar,  aber,  wie  sich  unten  zeigen  wird. 
Lieh  nicht  mehr  erforderlich. 

Man  berechne  weiter  die  Hülfsgrössen : 
1    __         2m +1       ki^       _  m   _kn  __.         1    _  7,. 


Okm  *"  Q^lm     km-lkm^l  "*       Q^lnikm-\-\  Q^lm 

nd  die  Hülfswinkel: 


330  Sitzung  der  math.-phys,  Glasse  vom  6.  Juli  1901, 

X'n=Xfn'\-  Q 2"       V'm  =  2   (^  +  ^^  ~  ^  ~  ^* 

Dann  gilt: 

Gm  singm  -\-  Gni+2smgm^2=  r„,sin;i:m+  rtn+2sinxm+2+Snt^i  sinö*+i. 

Man  kann  aus  diesen  beiden  Gleichungssystemen  die  6f« 
und  gln  durch  Rekurrenz  berechnen,  indem  man  mit  einem 
hinreichend  hohen  Wert  des  Index  m  =  m  beginnt  und  G«,+i 
sowie  G,n^2  gleich  null  setzt.  Ist  das  ausgeführt,  so  findet  man 
H„t  und  h'm  nach  den  Formeln: 

II,n  cos  hin  =  tm  cos  T,„  —  2  r«  sin  x'm  +  <Tm+i  cos  gU+i 
H„,  sin  hin  =  t,n  sin  t,„  —  2  r«  cos  Xm  —  Gm+i  sin  ^«+i . 

Die  Fn„  Gin  und  H„i  stimmen  überein  mit  den  im  vorigen  § 
so  bezeichneten  Grössen. 

Das  Verhältnis  des  Drucks  der  Strahlung  D  zu  der  Strah- 
lungsenergie in  der  Volumeneinheit  wird  dann  erhalten  aus 
der  Summe: 

-=  =  2jia^\J^  {m+  l)G,n  Gm+i sin  (g»,  —  (/«+i) 

■^  Lm=0 

-{-  {m -]-  l)  H,n  H,n+i  sin  (A;„+i  —  hm) 
+  m  (m  +  1)  (m  +  2)  F,„  F^+i  sin  (v^«  —  Vmf  i)  • 

§  10.    Grenzwerte  des  Drucks. 

In  den  beiden  Fällen,  dass  die  Kugel  entweder  sehr  klein 
oder  sehr  gross  gegen  die  Wellenlänge  ist,  lassen  sich  einfache 
geschlossene  Ausdrücke  für  den  Druck  angeben. 

Wenn  der  Kugelradius  und  damit  q  sehr  klein  ist,  kann 
map  sich  in  der  Entwicklung  (28)  von  Kf^: 


K,  Schioarsechüd:  Druck  des  Lichts  auf  Meine  Kugeln  etc,     331 


Q 


"»^  '  .TO+l 


gm 


1-3. ..2m+ 


\     2(2m-lV2.4(2m-l)(2m-3)"7 

U £!_+ 9t 1 

1\     2(2w+3)^2  4(2m+3)(2m+5)*"j 


auf  die  paar  ersten  Glieder  beschränken.  Wo  dann  in  den 
obigen  Formeln  ein  Paktor  oder  Divisor  Km  oder  ein  DifiFerential- 
quotient  dieser  Grössen  auftritt,  kann  man  stets  nach  Potenzen 
von  Q  entwickeln  und  enthält  schliesslich  den  Druck  D  selbst 
in  Porm  einer  Potenzreihe  nach  ^,  deren  erstes  Glied  den  ge- 
suchten Grenzwert  darstellt.  Die  Rechnungen,  die  hierzu  führen, 
sind  ziemlich  umständlich,  aber  ganz  elementar;  man  muss  sich 
nur  hüten,  zu  früh  höhere  Glieder  wegzulassen,  da  sich  zum  Schluss 
solche  niederer  Ordnung  herausheben.  Man  erhält  als  Grenz- 
wert des  Drucks  für  sehr  kleine  Kugeln: 

DU,,      224    ,a«  ^., 

Pur  sehr  grosse  Kugeln  findet  man  den  Druck  folgender- 
massen.  Pällt  eine  ebene  Welle  unter  einem  Winkel  \p  auf 
eine  vollkommen  reflektierende  ebene  Platte  auf,  so  erleidet 
letztere  einen  senkrechten  Druck :  P  =  2  E  cos^  i/;,  wobei  E 
wiederum  die  Energie  pro  Volumeneinheit  der  einfallenden 
Welle  bedeutet.  (Vgl.  für  die  einfache  Ableitung  dieser  Regel 
aus  MaxwelPs  Druckannahmen  Goldhammer,  Annalen  der  Physik, 
Bd.  4,  1901,  pag.  844  und  Boltzmann,  Wied.  Annalen,  22). 
Betrachten  wir  die  Oberflächenelemente  unserer  Kugel  als 
eben,  so  folgt,  dass  überall  auf  dieselbe  ein  senkrechter 
Druck  gleich  2  E  cos^  ?9  —  in  unserer  Bezeichnung  —  wirkt. 
Die  a;-Componente  dieses  Drucks  ist  2  E  cos^  ?9  und  der  Gesarat- 
druck auf  die  Kugel  wird  durch  Integration  über  die  Vorder- 
fläche gewonnen,  da  die  beschattete  Hinterfläche  natürlich 
keine  Einwirkung  erleidet.     Es  ergiebt  sich  daher: 

D  =  d^'  fd(pj^d^ sin  9'2E cos' ^ 

0  0 

oder:  D  _  __. 

j^  =  ^a\  97) 


332 


Sitzung  der  mathrphysl  Cloisse  tarn  6.  Jtdi  1901, 


Es  ist  im  ersten  Augenblick  auffällig,  dass  dieser  für  eine 
vollkommen  reflektierende  grosse  Kugel  geltende  Wert  genau 
tibereinstimmt  mit  dem  von  Herrn  Arrhenius  benutzten  für 
eine  vollkommen  schwarze  Kugel  gültigen.  Doch  lässt  sich 
dieses  Resultat  leicht  aufklären.  An  der  Stelle,  welche  von 
der  einfallenden  Welle  zuerst  getroflTen  wird  (^  =  0),  erleidet 
eine  vollkommen  reflektierende  Kugel  allerdings  einen  doppelt 
so  starken  Druck,  als  eine  vollkommen  schwarze.  Indessen 
nimmt  nach  den  Seiten  hin  bei  der  vollkommen  reflektierenden 
Kugel  der  Druck  viel  rascher  ab,  weil  bei  flachen  Incidenzen 
die  Druckwirkung  der  reflektierten  Welle  die  der  einfallenden 
zum  Teil  wieder  aufhebt. 


§  11.    Ergebnis. 

Nachdem  der  Druck  für  sehr  grosse  wie  sehr  kleine 
Kugeln  aus  den  Formeln  des  vorigen  Paragraphen  bekannt  war, 
erübrigte  noch  die  Berechnung  für  Kugeln  von  der  Qrössen- 
ordnung  der  Wellenlänge.  Ich  will  zur  Bequemlichkeit  das 
Verhältnis  von  D  zu  7i  a^  E  mit  V  bezeichnen.  Die  Berech- 
nung von  V  habe  ich  nach  den  Foimeln  §  9  für  einige  Werte 
des  Kugelradius  numerisch  ausgeführt  mit  folgendem  Resultat: 


2  Tta 


=  Q 


2a 


V= 


B 


jia^E 


14 


'U 

V» 

V'h 

1 

V2 

2 

0.08  X 

0.16  A 

0.22  A 

0.32  A 

0.45  A 

0.64  A 

0.018 

0.35 

1.07 

2.42 

2.16 

1.31 

0.018 

0.29 

1.17 

4.67 

1.27/ 


1.2i 


Zur  Vergleichung  wurden  die  Werte  von   F,  wie  sie  aus 

der   Näherungsformel   (96)   folgen,    mitangesetzt.     Man  sieht: 

„Beschränkt  man  sich  auf  eine  Genauigkeit  von  etwa 

14 
20^/o,   so   genügt   die  Formel:  D  =  -^7id^Q^E  zur  Be- 

rechnung   des  Drucks  von   unendlich  kleinen  Kugeln 


K,  Scfkwargsehüd:  Druck  des  Lichts  auf  kleine  Kugeln  etc.     333 

an  bis  herauf  zu  Kugeln  von  ein  Viertel  Wellenlänge 
Durchmesser.^  Andrerseits  muss  nach  (97)  für  sehr  grosse 
Kugeln  das  Verhältnis  von  D  zu  na^  E  gleich  1  werden.  Man 
sieht  aus  der  Tabelle :  Bei  derselben  Genauigkeit  gilt  die 
Formel  D=na}E  bis  herab  zu  Kugeln  von  etwa  andert- 
halb Wellenlängen  Durchmesser. 

Das  Verhalten  des  Drucks  für  dazwischen  liegende  Werte 
wird  durch  Curve  Fig.  1  veranschaulicht.  Um  dieselbe  etwas 
sicherer  zeichnen  zu  können,  habe  ich  einige  Punkte  zwischen 
den  oben  berechneten  bestimmt,  indem  ich  die  einfach  ver- 
laufende Grösse  log  V  —  4  log  q  als  Funktion  von  log  q  nume- 
risch interpolierte.  Das  Verhalten  des  Drucks  lässt  sich  hier- 
nach etwa  so  beschreiben:  „Das  Verhältnis  V  des  Drucks 
zur  „auffallenden  Energiemenge"  na^ E  steigt  von  dem 
für  grosse  Kugeln  gültigen  und  auch  von  Herrn 
Arrhenius  benutzten  Werte  1  zunächst  langsam  an, 
wenn  man  den  Kugelradius  verkleinert.  Ist  der  Kugel- 
durchmesser auf  etwa  ^/g  Wellenlänge  herabgesunken, 
so  erfolgt  ein  merkwürdiges  rapides  Anwachsen  von 
F,  welches  bei  etwa  ^/a  Wellenlänge  Durchmesser  zu 
einem  Maximum  gleich  2.5  führt.  Bei  weiterer  Ver- 
kleinerung des  Kugeldurchmessers  sinkt  Fnoch  plötz- 
licher ab,  als  es  vorher  angestiegen  ist.  Für2a  =  ^/5A 
ist  es  bereits  wieder  unter  die  Einheit  zurückgegangen 
und  nimmt  alsbald   verschwindend  kleine  Werte   an." 

Vergleichen  wir  nun  den  Druck  des  Lichts  mit  der  Schwer- 
kraft. Ist  G  die  auf  die  Masseneinheit,  also  z.  B.  das  Gramm, 
wirkende  Schwerkraft  der  Sonne,  s  das  spezifische  Gewicht  des 
Kugelmateriales,  so  hat  die  auf  die  ganze  Kugel  wirkende 
Schwerkraft  den  Betrag: 

S=^  ^Tid^  S'  G^ 

wobei  a  in  Centimetem  zu  messen  ist. 

Der  Druck  des  Lichts  hat  den  Wert  na^  E  -V  und  das 
Verhältnis  beider  wird: 

S  *G    as^ 


334 


Sitzung  der  math.'phys.  Glosse  vom  6,  Juli  1901, 


Nimmt  man  die  Solarkonstante  zu  2.5  (Grammkalorie! 
pro  Minute  und  Quadratcentimeter)  an,  so  findet  man  mi 
Herrn  Arrhenius  (1.  c.  pag.  83)  die  Energiedichte  der  Sonnen 


»  =  2.4- 
2.0 

i.e- 

1.2- 
0.8— 
0. 


Fig.  1. 
Verhältnis  des  Drucks  zur  auffallenden  Energie. 


jr 


2a        1  \  \         \  \  \  \         \  i  \         i  \  I  I  I 

-—  =  0.0      Ü.l       0.2      0.3      0.4      0.5      0.6      0.7      0.8      0.9      1.0      1.1      1.2      \JS      1.4      1.5 


Fig.  2. 
Verhältnis  des  Drucks  zur  Schwerkraft  für  ^  =  0.6/<  und  s  —  \. 


Wft=20- 


strahlung  an  der  Oberfläche  der  Sonne  zu  27.5  •  10-^^cm"^ 
{g  bedeutet  das  Grammgewicht).  Andrerseits  ist  die  Schwere 
auf  der  Sonnenoberfliiche  27.5  mal  grösser  als  auf  der  Erde, 
daher : 

G  =  27.5  g 


K.  Sehwarzsckäd:  Druck  des  Lichts  auf  kleine  Kugeln  etc.     335 

und  damit: 

D       „    27.5  10-*  V       ^^e,,^  ,  F 

-ä  =  i: ^^^ ==  0.75  10-*  — , 

S       *        27.5      as  as 

wobei  immer  noch  a  in  cm  zu  messen  ist.  Zieht  man  es  vor, 
a  in  Tausendstel  mm  (ju)  zu  messen,  so  gilt: 

D  V 

W=^=0,7b—, 

o  as 

Wir  wollen  zunächst  den  Normalfall  betrachten,  dass  die 
ganze  Sonnenstrahlung  aus  Wellen  der  Länge  0,6  ju  bestehe, 
wie  sie  der  hellsten  Stelle  des  Spektrums  entsprechen,  und  das 
spezifische  Gewicht  s  gleich  1  sei,  und  wollen  das  diesem  Fall 
entsprechende  Verhältnis  von  Druck  zu  Schwere  mit  Wq  be- 
zeichnen. 

Dann  ist: 

D         V 
^o=g-  =  f--  98) 

Die  Werte  des  Verhältnisses  W^^  welche  aus  Formel  (98) 
hervorgehen,  sind  in  Fig.  2  graphisch  dargestellt.  Für  grössere 
Werte  von  a,  als  die  Figur  giebt,  kann  man  einfach  F=  1  und: 

"      4  a 

setzen.  Aus  dieser  Formel  und  der  Figur  entnimmt  man 
folgendes:  Im  Normalfall  wird  der  Druck  des  Lichts 
gleich  der  Schwerkraft,  sobald  der  Kugeldurchmesser 
bis  auf  2,b  X  =  1,S  jLi  herabsinkt.  Bei  weiterer  Verklei- 
nerung der  Kugel  wächst  der  Druck  über  die  Schwer- 
kraft hinaus,  bis  er  sie  bei  einem  Kugeldurchmesser 
von  0.3  A  =  0.18 /i  um  das  18-fache  übertrifft.  Von  die- 
sem Maximalwert  sinkt  er  schnell  wieder  ab  und  wird 
bereits  für  den  Kugeldurchmesser  0.12  A  =  0.07  ju  wieder 
der  Schwerkraft  gleich,  um  sich  sodann  rasch  der 
Null  zu  nähern. 

„Ein  Ueberwiegen  des  Drucks  der  Strahlung  über 
die  Schwerkraft  findet  also  nur  für  gewisse  zwischen 


336  Sitzung  der  math.-phyä,  Glosse  vom  €,  Juli  1901, 

verhältnismässig  engen  Grenzen  liegendeKugelgrössen 
(0.07  —  1.5/i)  statt,  innerhalb  dieses  Bereichs  wächst 
aber  der  Druck  bis  auf  das  18-fache  der  Schwer- 
kraft an.* 

Bei  der  practischen  Anwendung  des  vorstehenden  Ergeb- 
nisses hat  man  vor  allem  zu  berücksichtigen,  dass  die  Strah- 
lung der  Sonne  in  Wirklichkeit  nicht  auf  die  Wellenlänge 
0.6  /i  konzentriert,  sondern  über  alle  möglichen  Wellenlängen 
verteilt  ist.  Setzt  man  die  Intensität  der  Sonnenstrahlung 
zwischen  den  Wellenlängen  k  und  l-{-dl  gleich  EJ{l)dl, 
wobei : 

Sj{X)dX=l  99) 

0 

sein  muss,  damit  der  richtige  Betrag  der  Gesamtenergie  heraus- 
kommt, so  hat  man  strenge  den  Druck  zu  berechnen  nach  der 
Formel : 

D  =  7ta'ESJWVdX 

0 

und  erhält  für  das  Verhältnis  von  Druck  zu  Schwerkraft: 


Die  genauere  Kenntnis  der  Funktion  J(i),  der  Intensität 
der  Sonnenstrahlung  für  die  verschiedenen  Wellenlängen  vor 
ihrer  Absorption  durch  die  irdische  Atmosphäre,  ist  noch  ein 
Desideratum.  Um  einen  beiläufigen  Anhalt  zu  gewinnen,  setze 
ich  für  J(X)  die  nach  Wien  für  den  vollkommenen  Radiator 
geltende  Formel  an: 

wobei  der  willkürliche  Faktor,  mit  dem  J(X)  im  allgemeinen 
multipliziert  ist,  gleich  so  bestimmt  ist,  dass  die  Gleichung  (99) 
erfüllt  wird,  und  wobei  für  A,„  die  Wellenlänge  maximaler  In- 
tensität,   also  bei  der  Sonne  0.6  jul   einzusetzen   ist.     Die  Mes- 


K.  SchwarzschÜd:  Druck  des  Lichts  auf  kleine  Kugeln  etc,     337 

mngen  von  Langley*)  zeigen,  dass  man  durch  diesen  Ansatz 
ien  wirklichen  Verlauf  der  Funktion  J(X)  jedenfalls  im  Groben 
iriflPb.  Ich  habe  nun  den  Ausdruck  (101)  für  J(l)  in  (100) 
eingeführt  und  den  Wert  des  Integrals  durxjh  mechanische 
Quadratur  abgeschätzt.  Dabei  hat  sich  herausgestellt,  dass 
lurch  die  Verteilung  der  Sonnenenergie  auf  verschie- 
lene  Wellenlängen  der  Maximalwert  des  Verhältnisses 
ron  Druck  zu  Schwerkraft  etwa  auf  die  Hälfte  des 
'ür  den  obigen  Normalfall  gültigen  Wertes,  also  bei- 
äufig  auf  10  reduziert  wird. 

Auf  der  andern  Seite  sind  aber  auch  Umstände  in  Be- 
tracht zu  ziehen,  welche  die  Druckwerte  vergrössern.  Es  ist 
erstens  möglich,  dass  die  Materie  der  Cometenschweife  ein  ge- 
ringeres spezifisches  Gewicht  hat  als  1,  etwa  das  spezifische 
Grewicht  0.8  der  Kohlenwasserstoffe.  Zweitens  ist  die  Solar- 
konstante mit  2.5  für  die  Strahlung  der  Atmosphäre  ausserhalb 
1er  Sonne  zweifellos  zu  gering  angesetzt  und  nach  neueren 
V^ersuchen  etwa  auf  3.5 — 4  zu  vermehren.  Beides  zusammen 
gewirkt  eine  Vergrösserung  des  Drucks  auf  nahezu  das  Doppelte, 
»odass  man  schliesslich  auf  einen  Maximalwert  von  W  in  der 
N^ähe  von  20  zurückkommt. 

Dass  die  Teilchen  eine  Constitution  besitzen  sollten,  bei 
velchen  grössere  Drucke  auftreten,  als  bei  vollkommen  reflek- 
-ierenden  Kugeln,  ist,  wenn  nicht  unmöglich,  so  doch  unwahr- 
icheinlich.  Fasst  man  alles  zusammen,  so  kommt  man  daher 
;u  folgendem  Schluss:  „Die  Theorie  der  Cometenschweife 
'on  Arrhenius  erfährt  insofern  eine  Bestätigung,  als 
line  Zurückführung  der  grössten  beobachteten  ab- 
tossenden  Kräfte  auf  den  Druck  der  Sonnenstrahlung 
iben  noch  möglich  erscheint.  Noch  grössere  derartige 
Gräfte,  welche  die  Schwere  um  mehr  als  das  20-  oder 
^0-fache  übertreffen,  würde  man  aber  nicht  erklären 
cönnen,  ohne  unwahrscheinlich  kleine  spezifische  Ge- 
richte für  die  Schweifteilchen  anzunehmen. 


')  Memoirs  of  the  National  Akad.  of  Science.   Washington  Vol.  IV. 
I90I.  Siiznngsb.  d.  math.-phys.  Gl.  ^3 


338  Sitzung  der  math.-phys.  Ctasse  vom  6.  Juli  l9öi. 

Schliesslich  noch  eine  Bemerkung  über  einen  Punkt  der 
Sonnenphysik.  Herr  Arrhenius  führt  auch  das  radial  gefaserte 
Aussehen  der  Sonnenkorona  auf  den  Druck  der  Sonnenstrah- 
lung zurück,  indem  er  annimmt,  dass  der  aus  der  Sonne  bei 
Eruptionen  emporgeschleuderte  Staub  unter  seinem  Einfluss 
nahezu  radial  von  der  Sonne  wegströmt  (1.  c.  pag.  85).  Ein 
Zurücksinken  der  Teilchen  in  mehr  parabolischen  Curven,  wie 
sie  schon  beobachtet  worden  sind,  kann  nach  der  Ansicht  von 
Hen*n  Arrhenius  dadurch  bewirkt  werden,  dass  zwei  Teilchen 
sich  zufällig  treffen  und  zusammenbacken,  mit  dem  Effekt,  dass 
die  Schwerkraft  nun  den  Strahlendruck  überwindet.  Nach  dem 
oben  festgestellten  rapiden  Absinken  des  Drucks  für  sehr  kleine 
Kugeln  ist  es  einfacher,  anzunehmen,  dass  die  emporgeschleu- 
derten Körperchen  sich  durch  Verdunstung  verkleinem  und 
sich  dadurch  dem  Strahlendruck  mehr  und  mehr  entziehen, 
sodass  sie  schliesslich  samt  ihren  gasförmigen  Verdunstungs- 
produkten unter  dem  Einfluss  der  Schwerkraft  zur  Sonne 
zurückfallen. 


339 


Beiträge  zur  Sonnentheorie. 

Von  R«  Emden. 

{Eingelaufen  6,  Juli.) 

Helniholtz*)  hat  gezeigt,  dass  verschieden  dichte,  mit 
ungleicher  Geschwindigkeit  strömende  Luftschichten  in  scharf 
ausgeprägten  Diskontinuitätsflächen  aneinander  grenzen  können ; 
dann  sind  ähnliche  Bedingungen  gegeben,  wie  wenn  der  Wind 
über  eine  Wasseroberfläche  streicht,  und  jene  Trennungsfläche 
wird  zur  Bildung  gewaltiger,  paralleler,  in  Richtung  der  rascher 
bewegten  Schicht  vorwärts  eilender  Wellenzüge  veranlasst. 
Diese,  meistens  unsichtbar,  können  der  Beobachtung  zugänglich 
werden  durch  parallele,  in  den  aufsteigenden  Wellenbergen  ent- 
stehende Wolkenstreifen,  welche  oft  grosse  Flächen  des  Firma- 
ments bedecken;  durch  stürmische  Regenschauer,  die  von  Peri- 
oden heiteren  Wetters  unterbrochen,  in  gleichen  Zwischen- 
räumen mehrmals  im  Tage  wiederkehren,  sowie  durch  die  Be- 
wegung, die  sie  einem  zufallig  von  ihnen  erfassten  Luftballon 
mittheilen.  Ein  glücklicher  Zufall  gestattete  mir,  bei  einer 
Ballonfahrt  die  Längen  dieser  Wellen,  sowie  die  Beschaffenheit 
der  beiden  sich  berührenden  Luftschichten  zu  messen  und 
Uebereinstimmung  der  von  der  Helmholtz'schen  Theorie  gefor- 
derten und  der  gemessenen  Wellenlänge  zu  konstatiren.*) 

In  einer  Reihe  von  Abhandlungen  hat  Helmholtz  die  Be- 
deutung   dieser  Wellenbildung   für  die    allgemeine  Zirkulation 


0  Helmholtz,  Gesammelte  Abhandlungen.    Bd.  I  u.  III. 

^  R.  Emden,  Eine  Beobachtung  über  Luft  wogen.  Wied.  Annal.  LXII. 

pag.  G2.    1897. 

23* 


338  Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  6.  Juli  19Ö1. 

Schliesslich  noch  eine  Bemerkung  über  einen  Punkt  der 
Sonnenphysik.  Herr  Arrhenius  führt  auch  das  radial  gefaserte 
Aussehen  der  Sonnenkorona  auf  den  Druck  der  Sonnenstrah- 
lung zurück,  indem  er  annimmt,  dass  der  aus  der  Sonne  bei 
Eruptionen  emporgeschleuderte  Staub  unter  seinem  Einfluss 
nahezu  radial  von  der  Sonne  wegströmt  (1.  c.  pag.  85).  Ein 
Zurücksinken  der  Teilchen  in  mehr  parabolischen  Curven,  wie 
sie  schon  beobachtet  worden  sind,  kann  nach  der  Ansicht  von 
Hen*n  Arrhenius  dadurch  bewirkt  werden,  dass  zwei  Teilchen 
sich  zufällig  treffen  und  zusammenbacken,  mit  dem  Effekt,  dass 
die  Schwerkraft  nun  den  Strahlendruck  überwindet.  Nach  dem 
oben  festgestellten  rapiden  Absinken  des  Drucks  für  sehr  kleine 
Kugeln  ist  es  einfacher,  anzunehmen,  dass  die  emporgeschleu- 
derten Körperchen  sich  durch  Verdunstung  verkleinern  und 
sich  dadurch  dem  Strahlendruck  mehr  und  mehr  entziehen, 
sodass  sie  schliesslich  samt  ihren  gasförmigen  Verdunstungs- 
produkten unter  dem  Einfluss  der  Schwerkraft  zur  Sonne 
zurückfallen. 


339 


Beiträge  zur  Sonnentheorie. 

Von  R«  Emden. 

(Bingelaufen  6.  Juli.) 

Helmholtz*)  hat  gezeigt,  dass  verschieden  dichte,  mit 
ungleicher  Geschwindigkeit  strömende  Luftschichten  in  scharf 
ausgeprägten  Diskontinuitätsflächen  aneinander  grenzen  können ; 
dann  sind  ähnliche  Bedingungen  gegeben,  wie  wenn  der  Wind 
über  eine  Wasseroberfläche  streicht,  und  jene  Trennungsfläche 
wird  zur  Bildung  gewaltiger,  paralleler,  in  Richtung  der  rascher 
bewegten  Schicht  vorwärts  eilender  Wellenzüge  veranlasst. 
Diese,  meistens  unsichtbar,  können  der  Beobachtung  zugänglich 
werden  durch  parallele,  in  den  aufsteigenden  Wellenbergen  ent- 
stehende Wolkenstreifen,  welche  oft  grosse  Flächen  des  Firma- 
ments bedecken;  durch  stürmische  Regenschauer,  die  von  Peri- 
oden heiteren  Wetters  unterbrochen,  in  gleichen  Zwischen- 
räumen mehrmals  im  Tage  wiederkehren,  sowie  durch  die  Be- 
wegung, die  sie  einem  zufallig  von  ihnen  erfassten  Luftballon 
mittheilen.  Ein  glücklicher  Zufall  gestattete  mir,  bei  einer 
Ballonfahrt  die  Längen  dieser  Wellen,  sowie  die  Beschaffenheit 
der  beiden  sich  berührenden  Luftschichten  zu  messen  und 
Uebereinstimmung  der  von  der  Helmholtz'schen  Theorie  gefor- 
derten und  der  gemessenen  Wellenlänge  zu  konstatiren.*) 

In  einer  Reihe  von  Abhandlungen  hat  Helmholtz  die  Be- 
deutung   dieser  Wellenbildung   für  die    allgemeine  Zirkulation 


*)  Helmholtz,  Gesammelte  Abhandlungen.    Bd.  I  u.  TIT. 

^  R.  Emden,  Eine  Beobachtung  über  Luftwogen.  Wied.  Annal.  LXII. 

pag.  02.    1897. 

23* 


338  Sitzung  der  math.-phys,  Ctasse  vom  6.  Juli  l9öi. 

Schliesslich  noch  eine  Bemerkung  über  einen  Punkt  der 
Sonnenphysik.  Herr  Arrhenius  führt  auch  das  radial  gefaserte 
Aussehen  der  Sonnenkorona  auf  den  Druck  der  Sonnenstrah- 
lung zurück,  indem  er  annimmt,  dass  der  aus  der  Sonne  bei 
Eruptionen  emporgeschleuderte  Staub  unter  seinem  Einfluss 
nahezu  radial  von  der  Sonne  wegströmt  (1.  c.  pag.  85).  Ein 
Zurücksinken  der  Teilchen  in  mehr  parabolischen  Curven,  wie 
sie  schon  beobachtet  worden  sind,  kann  nach  der  Ansicht  von 
Herrn  Arrhenius  dadurch  bewirkt  werden,  dass  zwei  Teilchen 
sich  zufallig  treffen  und  zusammenbacken,  mit  dem  Effekt,  dass 
die  Schwerkraft  nun  den  Strahlendruck  überwindet.  Nach  dem 
oben  festgestellten  rapiden  Absinken  des  Drucks  für  sehr  kleine 
Kugeln  ist  es  einfacher,  anzunehmen,  dass  die  emporgeschleu- 
derten Körperchen  sich  durch  Verdunstung  verkleinem  und 
sich  dadurch  dem  Strahlendruck  mehr  und  mehr  entziehen, 
sodass  sie  schliesslich  samt  ihren  gasförmigen  Verdunstungs- 
produkten unter  dem  Einfluss  der  Schwerkraft  zur  Sonne 
zurückfallen. 


339 


Beiträge  zur  Sonnentheorie. 

Von  R«  Emden. 

(Eingelaufen  6,  Julf.) 

Helmhol tz*)  hat  gezeigt,  dass  verschieden  dichte,  mit 
ungleicher  Geschwindigkeit  strömende  Luftschichten  in  scharf 
ausgeprägten  Diskontinuitätsflächen  aneinander  grenzen  können ; 
dann  sind  ähnliche  Bedingungen  gegeben,  wie  wenn  der  Wind 
über  eine  Wasseroberfläche  streicht,  und  jene  Trennungsfläche 
wird  zur  Bildung  gewaltiger,  paralleler,  in  Richtung  der  rascher 
bewegten  Schicht  vorwärts  eilender  Wellenzüge  veranlasst. 
Diese,  meistens  unsichtbar,  können  der  Beobachtung  zugänglich 
werden  durch  parallele,  in  den  aufsteigenden  Wellenbergen  ent- 
stehende Wolkenstreifen,  welche  oft  grosse  Flächen  des  Firma- 
ments bedecken;  durch  stürmische  Regenschauer,  die  von  Peri- 
oden heiteren  Wetters  unterbrochen,  in  gleichen  Zwischen- 
räumen mehrmals  im  Tage  wiederkehren,  sowie  durch  die  Be- 
wegung, die  sie  einem  zufallig  von  ihnen  erfassten  Luftballon 
mittheilen.  Ein  glücklicher  Zufall  gestattete  mir,  bei  einer 
Ballonfahrt  die  Längen  dieser  Wellen,  sowie  die  Beschaffenheit 
der  beiden  sich  berührenden  Luftschichten  zu  messen  und 
Uebereinstimmung  der  von  der  Helraholtz'schen  Theorie  gefor- 
derten und  der  gemessenen  Wellenlänge  zu  konstatiren.*) 

In  einer  Reihe  von  Abhandlungen  hat  Helmholtz  die  Be- 
deutung   dieser  Wellenbildung   für  die    allgemeine  Zirkulation 


*)  Helmholtz,  Gesammelte  Abhandlungen.    Bd.  I  u.  TU. 

^  R.  Emden,  Eine  Beobachtung  über  Luftwogen.  Wied.  Annal.  LXII. 

pag.  02.    1897. 

23* 


340  Sitzung  der  math.'phys,  Classe  vom  6.  Juli  1901, 

der  Atmosphäre  dargelegt.  Die  Wärmemenge,  welche  die 
Atmosphäre  in  den  äquitorialen  Gegenden  empfangt  und  in 
mächtiger  Strömung  in  den  obern  Schichten  den  Polen  zuführt, 
müssen  auch  der  Erdoberfläche  in  mittleren  Breiten  zugeführt 
werden.  Ein  einfaches  Niedersteigen  jener  obern  Schichten  ist 
ausgeschlossen,  denn,  ihr  Rotationsmoment  beibehaltend,  würden 
schon  in  niedern  Breiten  regelmässig  Stürme  auftreten,  von 
einer  Heftigkeit,  wie  sie  selbst  ausnahmsweise  nicht  beobachtet 
werden.  Der  Koefficient  der  Wärmeleitung  ist  viel  zu  klein, 
dass  sich  der  Wärmegehalt  durch  Leitung,  der  Reibungs- 
koefficient  zu  klein,  dass  sich  Rotationsmomente  durch  innere 
Reibung  ausgleichen  können.  Vielmehr  werden  sich  die  ain 
Aequator  mit  Energie  gespeisten,  polwärts  strömenden  Luftmassen 
in  immer  neu  sich  bildenden  Diskontinuitätsflächen  von  den 
untern,  an  Energie  ärmeren,  zurück  zum  Aequator  strömenden 
Luftmassen  absondern.  Die  immer  mächtiger  sich  ausbildenden 
Wellen  werden  mit  immer  steiler  werdender  Wellenfront  weiter- 
eilen, sie  werden  schliesslich,  wie  Wasserwellen,  überhängend 
und  branden;  und  an  Stelle  jedes  Wellenzuges  bildet  sich  ein 
gewaltiger,  horizontalgelagerter  Wirbel,  indem  sich  schliesslich 
die  beiden  Luftschichten  mischen.  Indem  durch  Bildung  von 
Diskontinuitätsflächen  die  Unstetigkeit  erst  auf  die  Spitze  ge- 
trieben wird,  bewirkt  das  Aufrollen  derselben  stetige  Ueber- 
gänge  in  Bezug  auf  Rotationsmoment  und  Wärmegehalt,  die 
ohne  diesen  Vorgang  bei  der  Kleinheit  der  Koefficienten  für 
Wärmeleitung  und  Reibung  unmöglich  wäre. 

Aehnliche  Verhältnisse  werden  auch  im  Innern  der  flüssig 
gedachten,  rotirenden  und  Wärme  ausstrahlenden  Sonne  ein- 
treten müssen.  Dies  näher  auszuführen  ist  der  Zweck  der 
nachfolgenden  Betrachtungen.^) 


^)  Auf  die  im  Folgenden  zu  beschreibende  Schichtenbildung  hat, 
wie  ich  sehe,  bereits  M.  Brillouin  hingewiesen  in  einer  kurzen  Anmer- 
kung zur  französischen  Uebersetzung  der  Abhandlung  von  W.  Thomson: 
lieber  die  Sonnenwärme.  W.  Thomson:  Conferences  scientifiques  et 
allocutions.    pag.  241,  Anmerkung. 


B,  Emden:  Beiträge  zur  Sonnentheorie,  341 

Wir  betrachten  die  Sonne  zur  grösseren  Bequemlichkeit 
als  rotirende  Kugel;  die  sich  ergebenden  Schlüsse  lassen  sich 
ohne  Weiteres  auch  auf  ein  rotirendes  Ellipsoid  übertragen. 
Um  eine  zu  rasche  Abkühlung  der  äussersten  Schichten  zu  ver- 
hüten, sind  wir,  da  Wärmeleitung  zu  geringe  Wärmemengen 
nach  der  Oberfläche  transportiren  würde,  genöthigt,  die  Sonne 
ganz  oder  bis  in  beträchtliche  Tiefen  hinab  als  flüssige  Masse 
aufzufassen,  die  durch  Wärmeabgabe  dichter  wird,  so  dass 
durch  Wärmeausstrahlung  auf-  und  absteigende  Strömungen 
und  durch  deren  Mischung  mehr  oder  minder  gleichmässige 
Wärmeabgabe  derselben  bewirkt  werden.  Ob  die  Flüssigkeit 
kompressibel  oder  inkompressibel  ist,  ist  hierbei  gleichgültig. 
Wir  behandeln  den  ersten  Fall,  als  den  Allgemeineren.  Da 
wir  die  Zustandsgieichung  so  hoch  temperirter  und  stark  kom- 
primirter  Gase  nicht  kennen,  legen  wir  der  Rechnung  die 
Hypothese  zu  Grunde,  dass  der  ganze  Theil  der  Sonne,  den 
wir  betrachten,  die  Zustandsgieichung  p  (Druck)  x  v  (Masse  der 
Volumeinheit)  =  H  (Gaskonstante)  x  T  (absolute  Temperatur) 
gehorcht. 

Wir  nehmen  ferner  an,  dass  die  Masse  der  ganzen  Sonne 
den  Gasgesetzen  gehorcht,  der  Durchkühlungsprocess  durch 
Konvektionsströmung  durch  die  ganze  Masse  hindurch  erfolgt. 
Hätte  die  Sonne  einen  festen  Kern,  so  wäre  dies  für  das 
Folgende  gleichgültig;  die  eintretende  Schichtenbildung  würde 
dann  eben  nur  bis  zur  Oberfläche  dieses  festen  Kernes  hinab- 
reichen. Diese  Gaskugel  soll  anfangs  im  adiabatischen  (in- 
differenten) Gleichgewichte  stehen,  d.  h.  Dichte,  Druck  und 
Temperatur  soll  durch  die  ganze  Masse  hindurch  so  variiren, 
dass  ein  beliebiges  Sonnentheilchen  bei  beliebiger,  vor  Wärme- 
austausch geschützter  Verschiebung  im  Sonneninnern  in  Bezug 
auf  Dichte,  Druck  und  Temperatur  stets  mit'dem  augenblick- 
lich verdrängten  Theilchen  übereinstimmt.  In  einer  nicht 
rotirenden  Kugel  muss  durch  Mischung  auf-  und  absteigender 
Strömungen  dieser  Zustand  stets  herbeigeführt  werden. 

Reibungskräfte  sollen  nur  an  Stellen  mit  endlichen  Ge- 
schwindigkeitsdiflerenzen  zur  Wirkung  gelangen. 


342  Sitzung  der  mathrphys.  Classe  vom  6.  Juli  1901. 

Wir  betrachten  die  Sonne  vom  Nordpole  aus  und  be- 
zeichnen eine  Bewegung  im  Sinne  der  Rotation  als  Vorwärts- 
bewegung. 

Die  Massen  an  der  Oberfläche  der  Sonne  geben  Wärme 
ab,  werden  dichter  und  müssen  in  die  Tiefe  sinken.  Würde 
die  Sonne  nicht  rotiren,  so  würden  bei  dem  angenommenen 
Gleichgewichtszustande  der  Sonne  diese  Massen  bis  zum  Sonnen- 
mittelpunkt herabsteigen  und  daselbst  eine  gleiche  Menge 
Materie  verdrängen,  die  den  freigewordenen  Platz  an  der  Ober- 
fläche ausfüllt.  Dies  Strömungsbild  wird  aber  durch  die  Rota- 
tion der  Sonne  vollständig  geändert. 

Aus  Symetriegründen  sind  die  Flächen  gleichen  Druckes 
Rotationsflächen,  die  Druckkräfte  schneiden  die  Sonnenachse 
und  die  durch  Abkühlung  dichter  gewordenen,  einwärts  sinken- 
den Massen  müssen  ihr  Rotationsmoment  beibehalten.  Der 
Sonnenachse  sich  nähernd  werden  sie  immer  rascher  vorwärts 
eilen  und  ihr  Abtrieb  durch  Wachsen  der  Winkelgeschwindig- 
keit (Zentrifugalkraft)  abnehmen.  Die  aufsteigenden  Massen 
werden,  ihr  kleineres  Rotationsmoment  beibehaltend,  immer 
rascher  rückwärts  eilen,  mit  abnehmendem  Auftriebe.  Wir 
erhalten  so  ungleich  dichte,  verschieden  rasch  rotirende  Gas- 
massen, die  in  einer  ausgeprägten  Diskontinuitätsfläche  an 
einander  vorbeigleiten  können.  Wir  erhalten  so  Diskontinuitäts- 
flächen, die  an  beliebigen  Stellen  im  Sonneninnem  auftreten 
können.  Ueber  ihre  Gestalt  wissen  wir  a  priori  nichts,  als 
dass  wir  es  wegen  Symetriegründen  mit  Rotationsflächen,  in 
den  meisten  Fällen  aber  wohl  nur  mit  mehr  oder  minder 
grossen  Stücken  von  solchen  zu  thun  haben  werden.  An  diese 
Diskontinuitätsflächen  sind  nun  die  Bedingungen  für  das  Zu- 
standekommen mächtiger  Wellen  gegeben.  Zur  Sonnenachse 
nicht  windschief  gelegene  Wellen  oder  Wellenzüge  werden 
immer  gewaltiger  sich  ausbilden,  vorwärtseilend  werden  sie 
überhängend  und  an  Stelle  jeder  Welle  bildet  sich  durch  deren 
Brandung  ein  mächtiger  Wirbel,  in  dem  sich  der  Ausgleich 
der  Rotationsmomente  und  des  Wärmegehaltes  der  beiden 
Schichten  vollzieht.    Nur  auf  diese  Weise  kaun  ein  gleich- 


B,  Emden:  Beiträge  zur  Sonnentheorie,  343 

massiger  Durchkühlungsprocess  der  rotirenden  Sonne 
zu  Stande  kommen,  denn  die  Verschiedenheit  der 
Rotationsmomente  verhindert  das  Zustandekommen 
beträchtlicher  Konvektionsströme  in  radialer  Rich- 
tung; die  innere  Reibung  genügt  bei  der  Kleinheit  des  Rei- 
bungskoefficienten  nicht,  in  genügend  kurzer  Zeit  die  Rota- 
tionsmomente auszugleichen,  ebensowenig  wie  die  Wärmeleitung 
den  verschiedenen  Wärmegehalt. 

Dieser  geschilderte  Mischungsprocess  soll  näher  untersucht 
werden.  Wir  haben  in  erster  Linie  die  Gestalt  und  Lage  dieser 
Diskontinuitätsflächen  und  dadurch  die  Lagerung  der  durch  sie 
getrennten  Sonnenschichten  festzustellen. 

Wir  bezeichnen  mit  R  den  Abstand  eines  Theilchens  vom 
Sonnenmittelpunkt,  mit  r  dessen  Abstand  von  der  Sonnenachse; 
der  Durchmesser  der  Sonne  sei  ==  D,  Das  Rotationsmoment 
der  Masseneinheit,  die  mit  der  Winkelgeschwindigkeit  co  um 
die  Sonne  rotirt,  sei: 

1)  ü=(or\ 

Bezeichnen  p  und  g  Druck  und  Dichte,  X,  Y,  Z,  ti,  v,  lo 
Beschleunigungen  und  Geschwindigkeiten  in  Richtung  der  xy  z- 
Achsen,  so  lauten  die  hydrodynamischen  Gleichungen: 

^       1  9«       aw  du  du  du       - 

X r-r  tt V- W  -—  =  \J 

Q  dX        dt  dX  dy  dZ 

,r      1  9p       5t;  dv  dv  dv 

^  Q  dy       dt  dx  dy  dz 

\   dp         dW  dlV  dw  dW         _ 

Z —-  —  ;r7  —  u- V- tü—-  =  0. 

g  dz         dt  dx  dy  dZ 

"^  di^~~dir'^''dy  '^'dz  ~^- 

Der  Anfangspunkt  des  Coordinatensystems  werde  in  den 
Sonnenmittelpunkt  gelegt;  die  o:- Achse  falle  mit  der  Sonnen- 
aehse  zusammen,  die  y-kchse  geht  durch  Vorwärtsbewegung 
in  die  Z-Achse  über.  X  Y  Z  sind  die  Beschleunigungen,  welche 
die  Sonnenmasse  einer  im  Innern  liegenden  Massepeiuheit  ertheilt, 


344  Sitzung  der  mathrphys.  Classe  vom  6,  Juli  1901. 

Liegt  diese  im  Abstände  iJ  vom  Sonnenmittelpunkt,  so  ist  das 
Potential  der  Gesammtmasse  der  Sonne  auf  dieselbe: 

D 
l-^    0  R  ) 

Dabei  ist  es  gleichgültig,  ob  wir  die  Sonne  mit  festem 
Kerne  oder  durch  die  ganze  Masse  hindurch  gasförmig  an- 
nehmen. (Durch  den  gasförmigen  Theil  hindurch  ist  q  als 
Funktion  von  iJ  bekannt,  sobald  die  Adiabate,  Vielehe  dessen 
indifferentes  Gleichgewicht  darstellt,  und  die  Natur  des  Gases 
gegeben  sind.)  Würden  wir  die  Sonne  nicht  als  Kugel,  son- 
dern Ellipsoid  betrachten,  so  wäre  für  das  Folgende  V  als  das 
Potential  dieses  Ellipsoides  aufzufassen.     Stets  ist: 

dx'  dy'  dz 

Wir  beobachten  nur  rotirende  Bewegungen  um  die  Sonnen- 
achse.    Dann  ist: 

u  =0, 

Q 

V  =  CO  z  = -z^ 


ri 


Q 


w=       (oy=       ^y. 

Die  3  Gleichungen  2)  vereinfachen  sich,  wenn  die  Be- 
wegung stationär  geworden,  in  die  beiden  Gleichungen: 

dX^QdX 

3) 

dr       Q  dr       r* 
2^  ist  identisch  erfüllt. 

1   dt> 

Der  Ausdruck  ——-7  worin  5  eine  beliebige  Richtung  be- 
deutet, lässt  bei  adiabatischen  Processen  eine  wichtige 
Umformung  zu.     Der  Zustand  der  Gasmasse  sei  in  einem  be- 


R.  Emden:  Beiträge  zur  Sonnentheorie,  345 

stimmten  Momente  definirt  durch  die  Werthe  p^  u.  Qq,  Be- 
handeln wir  die  Gasmasse  adiabatisch,  so  sind  sämmtliche 
Werthe  von  p  und  ^,  welche  die  Gasmasse  durchläuft,  ab- 
hängig von  Pq  u.  Qq  nach  der  Gleichung: 

4)  ^=^ 

(wenn  x  das  Verhältniss  der  spezifischen  Wärmen)  und  in 
jedem  Momente  muss  sein: 

4«)  ^  =  HT. 

Q 

Der  Wärmegehalt  einer  Gasmasse  wird  gemessen  durch 
deren  potentielle  Temperatur.  Dieselbe  wird  gewöhnlich  defi- 
nirt als  diejenige  Temperatur,  die  ein  Gas  erlangt,  wenn  es 
adiabatisch  auf  einen  näher  festzusetzenden  Normaldruck  ge- 
bracht wird.  Da  im  Gegensatz  zu  einem  solchen  willkürlichen 
Normaldruck  die  Dichte  eins  eine  durch  das  absolute  Mess- 
system unmittelbar  und  eindeutig  festgesetzte  Grösse  ist,  dürfte 
die  folgende  Definition  der  potentiellen  Temperatur  zweck- 
mässiger sein,  da  sie  ausserdem  die  Formeln  sehr  vereinfacht, 
so  oft  die  potentielle  Temperatur  in  dieselbe  eintritt: 

Potentielle  Temperatur  ist  diejenige  Temperatur,  die  ein 
Gas  erlangt,  wenn  es  adiabatisch  auf  die  Dichte  eins  gebracht 
wird.     Diese  Temperatur  bezeichnen  wir  mit  0. 

Durch  diese  Festsetzung  ist  ohne  weiteres  auch  ein  poten- 
tieller Druck  definirt  als  derjenige  Druck,  den  das  Gas  ausübt, 
wenn  es  adiabatisch  auf  die  Dichte  eins  gebracht  wird.  Dieser 
sei  mit  //  bezeichnet.  77  und  0  ändern  sich  bei  adiabatischer 
Behandlung  nicht.  Ist  die  Sonne  im  adiabatischen  Gleich- 
gewicht, so  haben  77  und  0  durch  die  ganze  Sonnenmasse 
hindurch  konstante  Werthe.  Strahlt  ein  Sonnentheilchen  Wärme 
aus,  so  sinken  dessen  77  und  0. 

Nach  4*)  stehen  77  und   0  in  der  Beziehung: 

77  =  77.0. 


346  Sitzung  der  maih.-phys.  Glosse  vom  6.  Juli  1901, 

Wählen  wir  in  öl.  4  für  Qq  und  p^  die  Werthe 

^0  =  1  "•  -Po  =  ^» 
so  lautet  die  Gleichung  der  Adiabate: 

p  =  g*"'  H &, 

Diese  Festsetzungen  benützend  können  wir  schreiben: 

QdS         ^  '    ^         dS 

— (H'Oy  ^ — 


X  —  1     ^  95 

Setzen  wir: 

1  K-l 


X 


5)  1?= TißGY,      7t  =p^, 

X 1 

so  wird: 

6)  — -  =  §  — ,     t>  =  constans. 

^  QdS  ds' 

Da  ;«>  1,  so  ändert  sich  i?  gleichsinnig  mit  0,  und  kann 
deshalb  ebenfalls  als  Mass  für  den  Wärmegehalt  einer  Gas- 
masse dienen.  Ebenso  ändert  sich  Ji  gleichsinnig  mit  p.  An 
Stelle  der  beiden  Variabein  q  und  p  haben  wir  nur  noch  Eine, 
TT,  da  d'  bei  adiabatischen  Processen  konstant  bleibt.  Bei 
adiabatischem  Gleichgewicht  hat  i?  durch  die  ganze  Sonnen- 
masse hindurch  denselben  Werth. 

Durch  den  oben  geschilderten  Abkühl ungs-  und  Strömungs- 
vorgang können  sich  in  der  Sonne  Schichten  bilden,  innerhalb 
welchen  Wärmegehalt  und  Rotationsmoment  konstante  Werthe 
besitzen,  während  beide  Grössen  von  einer  Schicht  zur  andern 
sprungweise  sich  ändern.  Eine  solche  Schicht,  innerhalb  welcher 
'&  und  ü  konstante  Werthe  besitzen,  nennen  wir  eine  homo- 
gene Schicht. 

Mit  Benutzung  der  eingeführten  Bezeichnungen  lauten  die 
Gleichungen  3): 

dx     *         dX 

a  F  ,   ^  a  TT     Q^ 

- — r  ^^\    ==-T' 
dr         ^x       r 


B.  Emden:  Beiträge  zur  Sonnentheorie.  347 

Innerhalb  einer  homogenen  Schicht  gilt  also  die  Beziehung: 

I.  F+i>7r  =  -|Jl-  +  C7. 

Wir  betrachten  nun  zwei  aneinander  grenzende  Schichten 
1  und  2  und  unterscheiden  danach  t>j  fi,  (7,  von  i?j  Q^  C^. 

Damit  eine  Diskontinuitätsfläche  bestehen  kann,  muss  zu 
beiden  Seiten  derselben  der  Druck,  und  somit  auch  tt,  den- 
selben Werth  haben.  An  jeder  Stelle  der  Grenzfläche  muss 
also  sein: 

TT  j JTj  ^  0 , 

wobei    längs   derselben   jr,  und  n^  variiren   und   an  der  Ober- 
fläche der  Gaskugel  die  Werthe  71^=71^=0  annehmen. 

Wir  erhalten  demnach  als  Gleichung  der  Meridiankurve 
der  Diskontinuitätsfläche  (Berührungsflächen  zweier  homogenen 
Schichten),  ausgedrückt  durch  r  und  R: 

Die  Tangentenrichtung  dieser  Meridiankurve  ergiebt  sich 
durch  DifFerenziren  nach  r  und  R  zu: 

dB         dB   Vß?^2  — ^V 
Der  DiiFerentialquotient  hat  also  stets  dasselbe  Vorzeichen 
^,  -  ^. 

Verschwindet  dieser  Ausdruck,  was  für  i?^  =  1?, ,  ß^  =  Q^ 
der  Fall  ist,  so  geht  die  Meridiankurve  über  in  eine  Parallele 
zur  Sonnenachse. 

Die  Trennungsfläche  von  Schichten,  die  bei  glei- 
chem Wärmegehalt  verschiedenes  Rotationsmoment 
besitzen,   sind  in  diesem  Specialfalle  Kreis-Cylinder- 


dV 
dR 

oder: 


wie 


348  Sitzung  der  math.-phys,  Glosse  vom  6.  Juli  1901. 

flächen,  parallel  und  zentrisch  zur  Sonnenachse  ge- 
legen.^) 

Um  im  allgemeineren  Falle  weiteren  Einblick  in  die  Formen 
dieser  Flächen  und  die  Lagerung  der  Schichten  1  und  2  zu 
erhalten,  benützen  wir  das  von  Helmholtz  bei  Behandlung  der 
Diskontinuitätsflächen  der  Atmosphäre  angewendete  Verfahren. 

Die  Gleichung  der  Trennungsfläche  lautet  jt,  —  jr^  =  0  und 
für  jede  Richtung  s  innerhalb  der  Trennungsfläche  ist  deshalb 

ds         ^^' 
Ertheilen   wir  der  Fläche   einer  Stelle   eine  kleine  Defor- 
mation, so  werden  tTj  und  Jt^  sich  ändern,  und  ebenfalls  7t ^  —  jt,, 
falls  das  Gleichgewicht  der  Fläche  nicht  zufällig  indifferent  ist. 
Entfernen  wir  uns  auf  der  Fläche  auf  der  Normalen    um  die 

9  (ji  —  7t  } 
kleine  Strecke   3  w,    so   kann    der  Quotient         \ —   positiv 

oder   negativ   sein,    und   dasselbe  Vorzeichen   hat   bei   stetiger 

Druckvertheilung  auf  jeder  Seite  der  Fläche  auch  der  Quotient 

9  (ji  —  7t  )  ,         ,  ,     , 

^-^ — —,  wobei  dh  in  beliebiger  Richtung  zurückgelegt  wird. 

Ist  der  DiS'erentialquotient  positiv,  so  wird  bei  dieser  Defor- 
mation nach  dieser  Seite  hin  ein  Ueberdruck  entstehen,  der  die 
Fläche  wieder  zurückdrängt;  das  Gleichgewicht  der  Fläche  ist 
dann  stabil.  Wäre  der  DiS'erentialquotient  negativ,  so  würde 
die  auftretende  DruckdiSerenz  die  Deformation  vergrössem  und 
das  Gleichgewicht  wäre  labil.  Zur  Entscheidung  des  Gleich- 
gewichts genügt  es,  den  Differentialquotienten  nach  den  beiden 
Richtungen  d  r  und  d  R  z\x  bilden  und  zu  sehen,  in  welche 
Schicht   bei    stabilem  Gleichgewicht   d  r  oder  d  R   hineinragt. 

Wir  bilden  ei*st \  ^    ^    bei   konstantem   r,    d.  h.  wir 

gehen  parallel  zur  Sonnenachse  nach  aussen.  Gleichung  I.  liefert: 
7)  9  (^1  -  ^,)  _  3_V(l 


dB  a  iJ  V^s 


V* 


^)  Vergl.  E.  J.  Wilczynski:  Hydrodynamische  üntersuchmigen  mit 
Anwendungen  auf  die  Theorie  der  Sonnenrotation.  Inauguraldissertation, 
Berlin  1897,  pag.  8. 


It,  Emden:  Beiträge  zur  Sonnentheorie.  349 

Der  Differentialquotient  ist  +,  wennt>j>t>3,  also:  wenn 
die  wärmehaltigere  Schicht  in  Richtung  nach  dem 
Sonnenpol  höher  liegt,  ist  das  Gleichgewicht  der 
Fläche  stabil. 

Dabei  bleiben  noch  zwei  Möglichkeiten  offen.  Gehen  wir 
auf  der  Trennungsfläche  nach  aussen,  so  können  wir  uns  der 
Sonnen achse  nähern  oder  von  ihr  entfernen.  Im  ersten  Falle 
müsste  die  wärmehaltigere  Schicht  auf  der  der  Achse  abge- 
wendeten Seite  der  Fläche  liegen;  im  zweiten  Falle  wäre  die 
Lage  derselben    auf  der  der  Sonnenachse  zugewendeten  Seite. 

Um  dies  zu  entscheiden,  bilden  wir  aus  I.  —  -^        ^    bei  kon- 

dr 

stantem  R  und  erhalten: 

^  dr  r^\&,       {>J' 

Der  Differentialquotient  ist  positiv,  wenn  n^y^-^^  d.  h.  wenn 

zum  grössern  Rotationsmoment  ßj  der  kleinere  Wärmegehalt 
i'>,  oder  ein  höchstens  gleicher  Wärmegehalt  {^^  gehört.  In 
der  vor  Ausstrahlung  geschützten  Sonne  hat  i?  überall  den- 
selben Werth,  Q  nimmt  von  der  Achse  nach  dem  Aequator 
hin  zu.     Bei  der  Ausstrahlung  nimmt  d^  gleichmässig  über  die 

Q% 

ganze  Oberfläche  ab,  so  dass  —^  vom  Pol  zum  Aequator  hin 

und  von  der  Sonnenachse  senkrecht  nach  aussen  wächst.  Auch 
tritt  die  Abkühlung,  Abnahme  von  d,  ein  für  die  an  der  Ober- 
fläche liegenden,  niedersinkenden  Massen,  also  grösseres  ß, 
während  die  aufsteigenden  Massen  mit  grösserem  i>  und 
kleinerem  Q  beladen  sind.  In  den  Schichten  der  Sonne 
wird  deshalb  stets  zum  grössern  ii  das  kleinere  d^ 
gehören. 

Bewegen  wir  uns  auf  einer  Eugelfläche,  die  wir 
um  den  Sonnenmittelpunkt  legen,  so  liegt  bei  stabilem 
Gleichgewicht  die  Schicht  mit  grösserem  Wärme- 
gohalt und  kleinerem  Rotationsmoment  auf  der  der 
Sonnenachse  zugewandten  Seite  der  Trennungsfläche. 


350  Sitzung  der  mcUh.-phys,  Classe  vom  6,  Juli  1901. 

Die  Trennungsflächen  der  Schichten,  die  sich  in 
der  rotirenden  Sonne  durch  Wärmeausstrahlung  bilden 
müssen,  liegen  also  der  Art,  dass  wir  bei  der  Bewe- 
gung auf  derselben  uns  von  der  Sonnenachse  ent- 
fernen, wenn  wir  nach  aussen  gehen.  Dabei  liegt  die 
an  Wärme  reichere,  mit  kleinerem  Rotationsmoment 
behaftete  Schicht  auf  der  der  Sonnenachse  zuge- 
wandten Seite. 

dr 

In  Uebereinstimmung  damit  zeigt  III,  dass  -r—  positiv  ist. 

Gehen  wir  parallel  zur  Sonnenachse  nach  aussen,  so  treffen 
wir  stets  auf  wärmereichere  Schichten,  ebenso,  wenn  wir  auf 
einer  Kugelfläche  von  der  Aequatorebene  her  uns  der  Sonnen- 
achse nähern.  Auf  keinem  dieser  beiden  Wege  können  wir 
deshalb  dieselbe  Trennungsfläche  zweimal  durchqueren.  Dar- 
aus folgt: 

Die  Trennungsflächen  sind  keine  geschlossenen 
Flächen,  sondern  Rotationsflächen,  welche  die  Sonnen- 
oberfläche schneiden. 

dr 
Der  Schnittwinkel  ist  bestimmt  durch  den  Werth  von  -r^ 

dB 

an  der  Sonnenoberfläche. 

Ueber  die  Gestalt  dieser  Fläche  lässt  sich  im  Allgemeinen 

wenig  aussagen;  sie  ist  bestimmt  durch  -r— .     Aus  III.  folgt; 

dV 
Die  Funktion  f(Ii)  =  -r^   kann,    wenn   die  Gaskonstante 

und  das  Verhältniss  der  specifischen  Wärme  der  Sonnenmassen 
bekannt  ist,  für  den  adiabatischen  Gleichgewichtszustand  mit 
genügender  Genauigkeit  berechnet  werden.^)  Vom  Werthe  0 
im   Mittelpunkte    steigt   sie,    um    nach   Ueberschreitung    eines 


*)  Ritter,  Untersuchungen   über  die  Höhe  der  Atmosphäre  und  die 
Konstitution  gasförmiger  Weltkörper.    Wied.  Annal.  XI.  pag.  332.   1880. 


Ji.  .Emden:  Seiträge  tur  Sonnenlheorit. 


351 


Maximums,  dessen  Lage  auf  dem  Radius  durch  x  bedingt  ist, 
bis  zum  Werthe  —  g  auf  der  Oberfläche  abzunehmen.  Ueber 
den  Werth  der  Funktion  ip  (ß  {^)  können  wir  ohne  Kenntniss 
der  Grösse  Ü  und  &  nichts  aussagen,  als  dass  sie  -|-  ist  und 
mit  steigender  Differenz  des  Wärmegehaltes  beider  Schichten 
zunimmt.     Legen   wir  eine  Ebene  durch  die  x  (Sonnen-)  und 

»/-Achse,  so  können  wir  die  Gleichung  für  -5-=  auch  schreiben 


dx_ 


\( ä 


und    sehen   daraus,    dass   die  Trennungsflächen   die   Aequator- 
ebene  senkrecht  durchsetzen  und  an  derselben  Stelle  im  Sonnen- 


innem  die  Tangente  an  der  Meridiankurve  um  so  steiler  auf 
der  Aequatorebene  steht,  je  kleiner  (p  (iJ »?)  ist.  Die  Trennungs- 
flächen sind  also  um  so  gekrümmter,  je  mehr  sich  die  beiden 
benachbarten  Schichten  in  Bezug  auf  Wärmegehalt  und  Rota- 
tionsmoment unterscheiden.  Wären  nur  die  Rotationsmomente, 
nicht  auch  die  potentiellen  Temperaturen  derselben  verschieden, 
so  wären  die  Trennungsflächen  Cylinderfiächen  parallel  zur 
Sonnenachse. 

Die  Form  der  Trennungsflächen  ist  in  vorstehender  Figur 
angedeutet. 


352  Sitzung  der  math.'phys.  Classe  vom  6.  Jtdi  1901, 

Ein  Zerfallen  der  rotirenden  Sonne  in  eine  beliebig  grosse 
Zahl  solcher  homogener  Schichten  würde  einen  stabilen  Gleich- 
gewichtszustand derselben  darstellen,  falls  wir  die  Reibung  an 
den  Trennungsflächen  vernachlässigen,  und  die  Schichten  so 
geordnet  sind,  dass  bei  Bewegung  auf  der  Aequatorebene  nach 
aussen  stets  Schichten  mit  grösserem  ü  und  kleinerem  i?  ange- 
troffen werden. 

Jede  dieser  rotirenden  Schichten  zeigt  nun  gänzlich  anderes 
Verhalten  wie  die  als  Ganzes  rotirend  gedachte  Sonne.  Während 
letztere  durch  die  ganze  Masse  hindurch  dieselbe  potentielle  Tem- 
peratur besitzt,  ist  diese  hier  nur  innerhalb  einer  Schicht  kon- 
stant und  wechselt  von  einer  Schicht  zur  andern  sprungsweise. 
In  jeder  Schicht  ist  das  Rotationsmoment  ebenfalls  konstant;  der 
kleinste  Impuls  genügt  daher,  um  ein  Massentheilchen  eine  Schiebt 
in  beliebiger  Richtung  durchqueren  zu  lassen.  In  jeder  Schicht 
existirt  ein  Geschwindigkeitspotential,  während  die  Rotation 
der  Sonne  eine  Wirbelbewegung  darstellt.  Innerhalb  einer 
Schicht  wächst  die  Winkelgeschwindigkeit  umgekehrt  wie  das 
Quadrat  des  Rotationsradiuses ,  die  lineare  Geschwindigkeit 
umgekehrt  wie  die  erste  Potenz,  die  Zentrifugalkraft  umge- 
kehrt wie  die  dritte  Potenz  desselben.  Die  Differenzen  der 
linearen  Geschwindigkeit  an  der  Berührungsfläche  zweier 
Schichten  ist  deshalb  nicht  konstant,  sondern  nimmt  in  dem 
Masse  zu,  wie  sich  die  Trennungsfläche  der  Achse  nähert.  Je 
tiefer  sich  eine  Trennungsfläche  in  das  Sonneninnere  hinabzieht, 
um  so  grösser  wird  die  Differenz  der  sich  tangirenden  Geschwin- 
digkeit und  deshalb  der  Effekt  der  Reibung  längs  der  Tren- 
nungsfläche. 

Die  Bildung  dieser  Schichten  und  die  Gestalt  der  Tren- 
nungsflächen ist  offenbar  vollständig  unabhängig  von  der  An- 
wesenheit eines  festen  Kernes  in  der  Sonne.  In  letzterem  Falle 
wird  sich  die  Schichtbildung  eben  nur  bis  zur  Oberfläche  hinab- 
ziehen und  der  feste  Sonnenkern  mit  der  zur  Photosphäre 
reichenden,  geschichteten  Gashülle  vollständig  der  Erde  mit  der 
geschichteten  Atmosphäre  entsprechen.  Der  Unterschied  ist 
nur  der,  dass  die  Lagerung  der  Schichten  und  der  Trennungs- 


B.  Umden:  Beiträge  zur  Sonnentheorie,  353 

flächen,  wie  sie  der  Sonne  entsprechen,  in  der  Atmosphäre  der 
Erde,  wo  in  der  Regel  die  Tangente  an  die  Meridiankurve  der 
Trennungsfläche  der  Schichten  das  Himmelsgewölbe  zwischen 
Horizont  und  Pol  schneidet,  nur  ausnahmsweise  und  lokal  be- 
schränkt auftreten  kann.  Der  Grund  hierfür  liegt  darin,  dass 
in  der  am  Aequator  geheizten  Atmosphäre  beinahe  stets  zum 
grossem  Rotationsmoment   der   grössere  Wärmegehalt   gehört, 

durch  Heizung  der  Quotient  -^  abnimmt,  während  in  den  sich 

berührenden  Schichten  der  Sonne  zum  grössern  Rotations- 
moment der  geringere  Wärmegehalt  gehört,  da  durch  Abküh- 

lung  §  zuni.n.t. 

Tritt  an  der  Trennungsfläche  solcher  Schichten  Mischung 
ein  zwischen  den  Mengen  m^  und  m^  der  durch  fij  t>j  und  fig  ^^ 
charakterisirten  Schichten,  so  lassen  sich  das  Rotationsmoment 
ü  (da  nur  innere  Kräfte  wirken)  und  die  potentielle  Temperatur 
1^  der  Mischung   nach    dem  Schwerpunktssatze   berechnen   zu: 

(Wj  -\-  m^  Q  =  m^  ß,  -\-  m^  ü^ 
(mj  -j-  ^%)  ^  =  wtj  i>,  +  ^2  ^a- 
Gleichung  UI  lautete: 
dV  dR 


dB   ~dr 


Der  Index  1  beziehe  sich  auf  die  wärmehaltigere  Schicht. 

Um  die  Lage  der  Grenzfläche  der  Mischung   gegen  Schicht  1 

dr 
zu  finden,  die  durch  -p^  bezeichnet  werden  möge,  haben  wir 

in  dieser  Gleichung  an  Stelle  von  Q^  und  i?g  fi  und  i?  zu  setzen 

und  finden: 

dVfdR,  _  dE\  ^    m,{>,    (Q^  —  ü^y 
dr\dr^        dr)       m^-\-m^    ^^  —  ^^    ' 

da  i>,>^8  ist: 

dr^       dr 

dB,      dB' 

1901.  Siizungsb.  d.  matli.-pliys.  Cl.  24 


354  Sitzung  der  math.'phys,  Classe  vom  6,  Juli  1901, 

Die  neue  Trennungsfläche  gegen  Schicht  1   ist  also  stäibf 
gegen  die  Aequatorebene  geneigt,  wie  die  ursprüngliche.  Ebenso 

erhalten  wir  für  -,-*,    welches  die  Lage   der  Trennungsflkke 

der  Mischung  gegen  Schicht  2  angiebt,    nach  demselben  Ver- 
fahren  * 

dVfdR^      dR\_    m^»^    (Q^—Q^y 


dr  \d  r^ 


also: 


_  dE\  ^    m^»^    (^Q^—Q^ 
dr)       tWj  +  m^    #,  —  ^j 


dr,      dB 


dR^^dr' 

Die  neue  Trennungsfläche  gegen  Schicht  2  steht  also 
steiler  auf  der  Aequatorebene  wie  die  ursprüngliche.  Von  dem 
beliebigen  Punkte  der  Trennungsfläche  an,  an  dem  die  Mischung 
sich  vollzieht,  suchen  sich  also  zwei  neue  Trennungsflächen 
in  die  Schichten  1  und  2  hineinzuziehen,  einen  dachförmigen. 
gegen  die  Aequatorebene  hin  offenen  Raum  abgrenzend.  Die 
gemischten  Partieen  müssen  sich  deshalb  längs  der  ursprüng- 
lichen Trennungsfläche  äquatorwärts  (in  der  Atmosphäre  der 
Erde  unter  normalen  Verhältnissen  polwärts)  in  Bewegung 
setzen.  In  dem  Masse,  wie  immer  mehr  Massen  zur  Mischung 
gelangen,  wird  die  gemischte  Schicht  auch  längs  der  Tren- 
nungsfläche nach  aussen  an  Raum  gewinnen  und  zwischen  die 
ursprünglichen  sich  berührenden  Schichten  lagert  sich  eine  neue 
Schicht  mit  mittlerem  Rotationsmoment  und  Wärmegehalt  ein. 

Nun  ist  es  wohl  ausgeschlossen,  dass  die  Sonne  oder  der 
gasformige  Theil  derselben  vollständig  in  eine  mehr  oder 
minder  grosse  Anzahl  solcher  homogener  Schichten  zerfallt. 
Wir  haben  uns  die  in  Wirklichkeit  eintretenden  Verhältnisse 
vielmehr  so  vorzustellen,  dass  bei  der  von  aussen  her  statt- 
findenden Abkühlung  der  rotirenden  Sonne  mehr  oder  minder 
ausgedehnte  Stücke  dieser  Diskontinuitätsflächen  sich  bilden 
werden.  Die  Verschiedenheit  der  linearen  Geschwindigkeit  lo 
beiden  Seiten  der  Trennungsfläche  regt  dieselbe  zu  immer 
mächtigerer  Wellenbildung  an,  Wellen,  die  schliesslich  über- 
hängend werden    und  branden    und  sich  dadurch  in  gewaltige 


R,  Emden:  Beiträge  zur  Sonnentheorie.  355 

Wirbel  verwandeln,  innerhalb  deren  sich  die  Mischung  eines 
grossen  Theils  der  Massen  beider  Schichten  vollzieht.  In- 
zwischen werden  sich  an  anderen  Stellen  neue  Trennungs- 
flächen neu  entstandener  Schichten  gebildet  haben,  an  denen 
sich  derselbe  Mischungsprocess  wiederholt.  Einzig  und  allein 
durch  diesen  Mechanismus,  der  nichts  Hypothetisches 
an  sich  hat  und  in  einer  flüssigen,  rotirenden,  Wärme 
ausstrahlenden  Masse  mit  Nothwendigkeit  sich  ein- 
stellen muss,  kann  eine  gleichmässige  Durchkühlung 
der  Sonnenmasse  eintreten  und  ein  viel  zu  rasches 
Erkalten  der  äusseren  Schichten  verhindert  werden. 
Denn  Wärmeleitung  und  innere  Reibung  der  Gase 
sind  zu  gering,  den  Ausgleich  des  Wärmegehaltes  und 
der  Rotationsmomente  zu  besorgen.  Nur  durch  die 
geschilderte  Bildung  von  Diskontinuitätsflächen  und 
deren  Aufrollen  können  durch  Mischung  verschiedene 
Kotationsmomente  und  potentielle  Temperaturen  aus- 
geglichen werden. 

Wir  haben  bereits  gezeigt,  dass  in  einer  homogenen  Schicht 
die  Winkelgeschwindigkeit  im  Quadrat  des  Abstandes  von  der 
Rotations-  (Sonnenachse)  abnimmt.  Daraus  folgt,  dass  es 
unmöglich  ist,  von  einer  Winkelgeschwindigkeit  der  rotirenden 
Sonne  zu  sprechen.  Würde  die  Sonne  zufällig  einmal  überall 
mit  konstanter  Winkelgeschwindigkeit  rotiren,  so  würde  diese 
Konstanz  durch  die  auftretende  Schichtenbildung  und  Mischung 
gestört  werden.  Die  Winkelgeschwindigkeit  muss  variabel  sein 
sowohl  durch  die  ganze  Sonnenraasse  hindurch,  als  an  derselben 
Stelle  im  Laufe  der  Zeit.  Sie  braucht  in  einem  bestimmten 
Moment  auch  nicht  stetig  durch  die  Masse  zu  variiren,  sondern 
wird  an  einer  Diskontinuitätsfläche  sich  sprungweise  ändern. 
Schneidet  eine  Diskontinuitätsfläche  die  Sonnenober- 
fläche(Photosphäre),  so  er  halten  wir  Partien,  die  daselbst 
mit  ungleicherWinkelgeschwindigkeit  aneinander  vor- 
beigleiten. Dieselbe  Ueberlegung  gilt  aber  auch  hinsichtlich 
der  potentiellen  Temperaturen.  Wäre  h  für  die  Sonnenmasse  und 
jene  Funktion  cp  {ü  '&)  bekannt,  so  Hesse  sich  eine  mittlere  Ver- 


356  Sitzung  der  math.'phys,  Classe  ix>m  6,  Juli  1901. 

theilung  der  Winkelgeschwindigkeiten  (Rotationsmomente)  und 
potentiellen  Temperaturen  angenähert  berechnen.  In  Ermang- 
lung dessen  müssen  wir  uns  mit  folgendem  allgemeinen  Raisonne- 
ment  begnügen. 

Kühlt  sich  die  nicht  rotirende  Sonne  von  aussen  her  ab, 
so  wird  die  Wirkung  der  Abkühlung  auf  die  ganze  Oberfläche 
gleichförmig  sein,  da  die  durch  Konvektionsströmung  bewirkte 
Mischung  bis  in  gleiche  Sonnentiefen  hinabreicht.  Rotirt  die 
Sonne,  so  werden  jene  Strömungen,  die  sich  an  den  Polen  längs 
der  Sonnenachse  vollziehen,  in  keiner  Weise  gestört.  Je  näher 
wir  aber  dem  Aequator  kommen,  desto  weniger  tief  kann  die 
Strömung  hinabgehen,  desto  näher  der  Oberfläche  wird  sie 
durch  Bildung  von  Diskontinuitätsflächen  gehemmt  und  der 
Wärmeaustausch  kann  nur  durch  Aufrollen  derselben  und 
Bildung  neuer  ungleich  langsamer  in  die  Tiefe  fortschreiten. 
Der  Wärmeverlust  der  äquatorialen  Partien  wird  deshalb 
langsamer  ersetzt  als  der  polaren  Gegenden,  die  potentiellen 
Temperaturen  der  letzteren  müssen  deshalb  verhältnissmässig 
höher  werden.  Da  aber  unter  gleichen  Drucken  die  wirklich 
beobachteten  öastemperaturen  mit  den  potentiellen  Temperaturen 
wachsen,  so  würde  der  Satz  folgen: 

a)  Die  Sonnenoberfläche  muss  in  den  polaren  Ge- 
genden höhere  Temperaturen  besitzen  wie  am  Aequator. 

Ob  diese  Temperaturdifferenz  gross  genug  ist,  um  durch 
Strahlungsmessungen  festgestellt  zu  werden,  muss  die  Erfah- 
rung lehren. 

Ganz  dieselben  üeberlegungen  können  wir  anstellen  be- 
züglich den  Austausch  der  Rotationsmomente  (Winkelgeschwin- 
digkeiten) in  polaren  und  äquatorialen  Gegenden.  Die  äusseren 
Sonnenportionen  ziehen  sich  durch  Abkühlung  zusammen,  ihre 
Winkelgeschwindigkeit  vergrössert  sich  und  die  Hülle  muss 
dem  Kern  voraneilen.  Die  in  polaren  Gegenden  ungestört  in 
grösste  Tiefen  hinabreichenden  Konvektionsströme  sorgen  für 
Ausgleich  der  Winkelgeschwindigkeit.  Je  näher  wir  dem 
Aequator  kommen,  desto  bälder  wird  die  Strömung  durch  Dis- 
kontinuitätsflächen gehemmt   und   desto   langsamer   theilt  sich 


E.  Emden:  Beiträge  zur  Sonnentheorie,  357 

durch  fortwährendes  Aufrollen  und  Neubildung  derselben  die 
von  aussen  wachsende  Winkelgeschwindigkeit  den  tiefern  Par- 
tien mit.     Daraus  folgt  der  bekannte  Satz: 

b)  Die  Sonnenoberfläche  muss  in  ihren  äqua- 
torialen Gegenden  grössere  Winkelgeschwindigkeiten 
besitzen  wie  in  den  polaren  Gegenden. 

Sätze  a)  und  b)  sind  Parallelsätze,  die  auf  derselben  Ur- 
sache basiren. 

Ausser  durch  die  Verhinderung  einer  gleichmässigen  Winkel- 
geschwindigkeit der  rotirenden  Sonne  machen  sich  diese  Dis- 
kontinuitätsflächen, namentlich  der  Process  ihres  Aufrollens, 
noch  in  anderer  Weise  bemerkbar. 

Die  Verschiedenheit  der    linearen  Geschwindigkeiten   ver- 
anlassen die  Flächen  und  Wellen,  die  schliesslich  tiberhängend 
werden    und   branden.     An  Stelle  jeden 
Wellenzuges     entsteht     ein     gewaltiger  ^^^*  ^' 

Wirbel,  der  im  Sinne  der  Rotations- 
bewegung der  Sonne  rotirt  und  nicht 
windschief  zur  Sonnenachse  liegt.  Die 
Differenz  der  linearen  Geschwindigkeit 
zu  beiden  Seiten  dieser  Trennungsfläche 
wächst  (pag.  352)  mit  deren  Annäherung 
an  die  Sonnenachse.  Der  Ort  maxi- 
maler Wellen-  und  Wirbelbildung  wird 
deshalb  im  Innern  der  Sonne,  nicht  an  der  Oberfläche  der- 
selben zu  suchen  sein.  In  Fig.  2  ist  ein  solcher  Wirbel  seiner 
Lage  nach  skizzirt.  Die  Theorie  der  Wirbel  lehrt,  dass  in 
seiner  Achse  der  Druck  sinkt.  In  Richtung  der  Achse  saugt 
der  Wirbel  deshalb  Masse  ein,  um  sie  in  andern  Theilen 
wieder  auszuwerfen.  Diese  Saugwirkung  der  Cyklone  der 
Atmosphäre  ist  bekannt;  jeder  vertikale  Wirbel  in  einem  Flusse 
macht  sich  in  einer  Depression  der  Oberfläche  geltend.  Liegt 
der  Wirbel,  der  sich  durch  Aufrollen  der  Diskontinuitätsfläche 
bildet,  der  Sonnenoberfläche  nicht  zu  fern,  so  wird  er  sich  in 
jener  ebenso  bemerkbar  machen,  wie  der  Wasserwirbel  in  der 
Oberfläche    des    Wassers.      Giebt    man    die    Wilson'sche 


358  Sitzung  der  math.-2)hys.  Classe  vom  6.  Juli  1901, 

Theorie  der  Beschaffenheit  der  Sonnenflecke  als  Ver- 
tiefungen in  der  Sonnenoberfläche  zu,  so  brauchen 
wir  die  Ursache  derselben  nur  in  diesen  Wirbeln  im 
Sonneninnern  zu  suchen,  um  eine  befriedigende  Er- 
klärung des  Meisten  zu  erhalten,  was  wir  über  die 
Flecken  und  ihre  Begleiterscheinungen  wissen. 

Es  kann  nicht  im  Rahmen  dieser  Abhandlung  liegen,  das 
ganze  ungeheure  Beobachtungsmaterial  über  Sonnenflecke  in 
Hinsicht  auf  diesen  Erkläi-ungsversuch  eingehend  zu  behandeln. 
Es  genüge  hier  zu  zeigen,  dass  die  charakteristischen  Erschei- 
nungen, welche  die  Sonnenflecken  darbieten,  beinahe  a  priori 
vorausgesagt  werden  können,  wenn  wir  sie  mit  diesen  Wirbeln 
im  Sonneninnern  in  Verbindung  bringen. 

Rollt  sich. eine  Diskontinuitätsfläche  nicht  zu  entfernt  von 
der  Sonnenoberfläche  auf,  so  wird  der  sich  ausbildende  Wirbel 
sich  allmählich  auch  auf  derselben  bemerkbar  machen.  Un- 
ruhe der  Oberfläche,  vermehrte  Fackelbildung  sind  Vorboten 
des  sich  bildenden  Fleckes,  nach  unserer  Auffassung  ein  Be- 
weis, dass  die  Mühle  im  Innern  der  Sonne  bereits  im  Gange 
ist.  Die  Saugwirkung  des  Wirbels  wird  bald  die  an  der  Ober- 
fläche der  Photosphäre  gelegenen  Massen  ergreifen.  An  einem 
oder  mehreren  Punkten  beginnt  die  Masse  einzusinken.  Es 
bildet  sich  ein  höchst  unregelmässiger  Krater  aus;  die  Strö- 
mung wird  allmählich  stationär,  und  in  demselben  Grade  wird 
der  Krater  regelmässigeren  Querschnitt  annehmen.  In  radialen 
Strömen  stürzen  die  photosphärischen  Massen  in  diesen  Krater 
hinein,  das  Aussehen  der  Absorptionslinien  im  Spektruni 
zeigt  die  heftige  Bewegung  im  Innern  dieses  Strudels  an. 
„Dunklere  Tlieile,  wie  der  übrige  Kern,  sind  wahrschein- 
lich Oeflfnungen  röhrenartiger  Vertiefungen,  welche  in  unbe- 
kannte Tiefen  eindringen"  (Dawes). 

Die  eingesogenen  Massen  müssen  durch  Massen  aus  dem 
Sonneninnern  ersetzt  werden,  und  der  Sonnenfleck  wird  deshalb 
von  einem  an  Fackeln  und  Protuberanzen  reichen  Gebiete  um- 
geben sein.  „Ein  Fleck  ist  thatsächlich  in  der  Regel  von 
einem  Ringe   von  Eruptionen   umgeben,    und   es   hat  den  An- 


H.  Emden:  Beiträge  zur  Sonnentheorie,  359 

schein,  als  ob  die  ausbrechenden  Massen  sämmUich  in  ein  und 
dieselbe  Vertiefung  strömten,  als  ob  die  Massen  wirklich  hinab- 
gesogen würden,  als  ob  der  Fleck  eine  saugende  Wirkung  aus- 
übte, die  stark  genug  ist,  um  die  in  der  Umgebung  des  Fleckes 
hervorbrechenden  Massen  in  das  Innere  des  Fleckes  hinabzu- 
ziehen**  (Young). 

Erschöpft  sich  aUmählich  im  Sonneninnem  der  Wirbel 
durch  innere  Reibung,  so  lässt  dessen  Saugwirkung  nach,  der 
Krater  an  der  Sonnenoberfläche  füllt  sich  aus  und  nur  die  noch 
einige  Zeit  andauernde,  vermehrte  Fackelthätigkeit  an  dieser 
Stelle  zeigt,  dass  im  Sonneninnern  an  dieser  Stelle  noch  Kräfte 
thätig  sind,  die  allmählich  erlöschen.  Wird,  während  der 
Wirbel  noch  in  Thätigkeit  ist,  durch  eintretende  Unsymmetrie 
das  Zuströmen  nicht  in  Richtung  der  Achse  erfolgen,  so  kann 
der  Krater  an  der  Sonnenoberfläche  verschwinden,  um  nach 
Erneuerung  des  symmetrischen  Zuflusses  wieder  zu  erscheinen. 
Auf  diese  Weise  können  Sonnenflecke  mehrmals  verschwinden 
und  an  derselben  Stelle  der  Sonne  wieder  aufbrechen.  Ent- 
stehen die  Wellen  und  Wirbel  in  zu  grosser  Tiefe,  so  wird 
sich  ihr  Auftreten  auf  der  Sonnenoberfläche  nur  in  vermehrter 
Fackelthätigkeit,  nicht  mehr  in  Kraterbildung,  bemerkbar 
machen.  Auf  diese  Weise  lassen  sich  auch  die  „verschleierten 
Flecke**  erklären,  auf  die  Trouvelot  aufmerksam  machte.  (Vgl. 
Young,  Die  Sonne,  pag.  129.) 

Entsteht  der  Wirbel  nahe  der  Sonnenoberfläche,  so  wird 
sich  sein  Rotationssinn  (im  Sinne  der  Sonnenrotation)  auch  in 
einer  gleichsinnigen  Drehbewegung  des  Flecks  bemerkbar  machen 
müssen,  wie  sie  auch  zuweilen  beobachtet  wird.  In  den  meisten 
Fällen  entsteht  der  Wirbel  in  beträchtlichem  Abstand  von  der 
Sonnenoberfläche,  so  dass  der  Drehsinn  des  Fleckes  in  erster 
Linie  bedingt  ist  durch  unsymmetrisches  Herbeiströmen  der  an- 
gesogenen Massen.  Die  ablenkende  Kraft  der  Sonnenrotation 
auf  diese  Strömungen  ist  bei  der  langsamen  Winkelgeschwin- 
digkeit derselben  gering  (unter  gleicher  Breite  und  bei  gleicher 
Strömungsgeschwindigkeit  etwa  25  mal  kleiner  als  auf  der 
Erde),    besonders   in  den    niederen  Breiten,    in   denen   sich  die 


360  Sitzung  der  mathrphys,  Glosse  vofn  6,  Juli  1901, 

Mehrzahl  der  Flecke  ausbildet.  Es  kann  deshalb  auch  sehr 
wohl  vorkommen,  dass  in  demselben  Fleck  je  nach  der  Un- 
symmetrie  des  Anströmens  verschiedener  Drehsinn  herrscht. 

Aussehen,  Entstehen  und  Verschwinden  der  Flecke  wird, 
sobald  man  diese  wie  Wilson  betrachtet,  vollständig  durch  dies 
Aufrollen  der  Diskontinuitätsflächen  klar  gelegt.  Ebenso  befrie- 
digend wird  dadurch  auch  die  Vertheilung  der  Flecke  über  die 
Sonnenoberfläche  hinweg  erklärt.  Die  Art  und  Weise  des 
Entstehens  der  Schichtbildung  und  Betrachtung  der  Fig.  1  lehrt, 
dass  um  den  Aequator  herum  eine  Zone  minimaler  Flecken 
häufig  vorhanden  sein  muss.  Nur  äusserst  selten  kann  eine, 
vielleicht  unsymmetrisch  ausgebildete,  Trennungsfläche  durch 
unsymmetrisches  Aufrollen  einen  Fleck  in  diesen  Regionen  ver- 
ursachen. Auch  in  höheren  Breiten  werden  sich  selten  Dis- 
kontinuitätsflächen bilden  und  dann  nur  solche,  bei  denen  erst  in 
grossen  Tiefen  genügende  Differenz  der  linearen  Geschwindig- 
keiten zu  beiden  Seiten  und  dadurch  Wellen-  und  Wirbel- 
bildung zu  Stande  kommt.  In  höheren  Breiten  werden  wir  wohl 
Fackeln,  auch  verschleierte  Flecke,  aber  keine  ausgebildeten 
Flecke  mehr  antreflfen.  Der  Ort  maximaler  Fleckenhäufigkeit 
sind  mittlere  Breiten,  jene  Breiten  maximaler  Schichtbildung, 
die  sich  auch  an  der  Oberfläche  durch  grösste  Verschiedenheit 
in  der  stetigen  Anordnung  der  Winkelgeschwindigkeit  verrathen. 
Wäre  jene  Funktion  cp  (fi  i^)  bekannt,  so  Hesse  sich  der  Ort 
maximaler  Fleckenhäufigkeit  berechnen.  So  lange  dies  nicht 
möglich  ist,  müssen  wir  eher  umgekehrt  aus  der  Fleckenhäufig- 
keit auf  die  Stelle  maximaler  Schichtbildung  schliessen.  Die 
meisten  Trennungsflächen  müssen  sich  deshalb  in  mittleren 
Breiten  bilden,  wo  die  Tangentenrichtung  an  die  der  Sonnen- 
oberfläche näher  liegenden  Theile  derselben  letztere  unter  10® 
bis  40°  Breite  schneidet,  da  zwischen  diese  Grenze  die  Flecken- 
zone (mit  seltenen  Ausnahmen)  eingeschlossen  ist.  Diese  Orte 
maximaler  und  ausgeprägtester  Schichtbildung  haben  durchaus 
nichts  Unwahrscheinliches  an  sich,  so  dass  wir  auf  Grund 
unserer  Hypothese  die  Vertheilung  der  Flecken  rein  mechanisch 
und  ungezwungen  erklären  können. 


B.  Emden:  Beiträge  zur  Sonnentheorie,  361 

Häufig  treten  Sonnenflecke  in  gleicher  Breite  serienweise 
angeordnet  auf.  Unsere  Hypothese  lässt  dies  voraussehen. 
Denn  eine  Diskontinuitätsfläche  bildet  öfters  nicht  eine  Welle, 
sondern  es  folgen  mehrere  Wellen  aufeinander.  Jedem  Wellen- 
zuge entspricht  bei  der  Auflösung  desselben  ein  Wirbel,  und  jedem 
Wirbel  kann  ein  Sonnenfleck  entsprechen.  So  entstehen  Flecke, 
die  ungeföhr  unter  gleicher  Breite  liegend  zu  ziemlich  gleichen 
Zeiten  auftreten.  (Eine  Serie  Sonnenflecke  und  ein  System  parallel 
gelagerter  Cirrusstreifen  in  unserer  Atmosphäre  werden  durch 
den  gleichen  Mechanismus  hervorgerufen.) 

Nach  einer  Periode  geringster  Fleckenhäufigkeit  beginnen 
die  wieder  zahlreicher  auftretenden  Flecke  sich  in  höheren 
Breiten  zu  bilden  und  die  Fleckenbildung  schreitet  dann  nach 
niedrigeren  Breiten  fort.  Unsere  Hypothese  lässt  auch  dies 
voraussehen.  Ist  die  Sonnenmasse  in  einer  Periode  grösster 
Ruhe,  so  werden  die  an  der  Oberfläche  erkaltenden  Massen 
verhältnissmässig  stark  sich  abkühlen  können,  ehe  sie  nieder- 
sinken. Die  Diskontinuitätsflächen  beginnen  in  grösserer  Tiefe 
und  höherer  Breite  siclj  zu  bilden  und  ebenso  die  Sonnenflecke. 
In  dem  Masse,  wie  die  Sonne  unruhiger  wird,  wird  das  labile 
Gleichgewicht  der  erkaltenden  Massen  an  der  Oberfläche  rascher 
ausgelöst;  die  Massen  müssen  früher,  weniger  stark  erkaltet 
niedersinken  und  dementsprechend  bilden  sich  Schichten  und 
Flecke  in  immer  niedereren  Breiten. 

Durch  Auslösung  dieses  labilen  Gleichgewichtes  können 
möglicherweise  Planeten  die  Fleckenerscheinungen  beeinflussen. 

Werden  die  Sonnenflecke  durch  Wirbel  verursacht,  so 
müssen  sie  auch  Eigenbewegung  besitzen.  Ein  gerader  Wirbel- 
faden in  einer  unendlich  ausgedehnten  ruhenden  Flüssigkeits- 
masse wird  keine  Eigenbewegung  besitzen.  Liegt  er  aber  in 
der  Nähe  einer  festen  Wand  oder  der  Flüssigkeitsoberfläche 
diesen  parallel,  so  wird  er  sich  diesen  parallel  bewegen  im 
gleichen  Sinne,  wie  in  Folge  seiner  Rotationsbewegung  die 
Flüssigkeit  zwischen  Wirbel  und  Wand  hindurchströmt  und 
mit  einer  Geschwindigkeit  =  ^  derjenigen,  mit  welcher  die 
Flüssigkeit  im  Fusspunkte   des   auf  die  feste  Wand   gefällten 


362  Sitzung  der  math.-phya,  Glosse  i)om  6.  Juli  1901. 

Lothes  strömt.  Die  Wirbel  im  Sonneninnem  liegen  nicht 
parallel  der  Sonnenoberfläche,  zerlegen  wir  sie  aber  in  zwei 
Wirbelkomponenten  senkrecht  und  parallel  der  Sonnenober- 
fläche, so  wird  namentlich  für  Wirbel  in  niederen  Breiten 
letztere  beträchtlichen  Werth  besitzen.  In  niederen  Breiten 
müssen  die  Wirbel,  namentlich  wenn  sie  nicht  in  zu  grosser 
Tiefe  liegen,  Eigenbewegung  besitzen  und  zwar  im  Sinne  der 
Rotationsbewegung  der  Sonne  dieser  voraneilen.  So  erklärt 
sich  der  Satz  von  Duner,  dass  sich  aus  Sonnenflecken- 
beobachtungen  eine  grössere  Rotationsgeschwindig- 
keit derSonne  ergiebt,  wie  aus  Spektralbeobachtungen 
auf  Grund  des  Doppler'schen  Princips.  Nicht  senkrecht 
zu  einander  gestellte  Wirbel  beeinflussen  gegenseitig  ihre  Eigen- 
bewegung; dadurch  lassen  sich  die  verwickelten  Eigenbewe- 
gungen der  Sonnenflecke  erklären,  die  Faye  denselben  zu- 
schreibt. Dass  ein  Wirbel  (Sonnenfleck)  sich  in  mehrere  Wirbel 
theilt,  kann  entsprechend  an  den  Wasserwirbeln  in  einem  Flusse 
häufig  beobachtet  werden. 

Da  nach  dieser  Erklärung  die  Flecke  Folgeerscheinungen 
des  Mischungsprocesses  der  rotirenden  Sonne  sind,  so  wird  zur 
Zeit  ihrer  maximalen  Häufigkeit  der  Wärmeverlust  der  Sonnen- 
oberfläche am  vollkommensten  durch  Mischung  mit  tiefer  liegen- 
den, wärmehaltigeren  Massen  ausgeglichen  werden.  Die  Zeiten 
maximaler  Fleckenhäufigkeit  werden  demnach  mit 
Zeiten  erhöhter  Wärmestrahlung  der  Sonne  (Klima- 
schwankungen) zusammenfallen. 

Young  hat  (die  Sonne,  pag.  173)  die  Vermuthung  ausge- 
sprochen, „dass  die  Flecke  vielleicht  Vertiefungen  in  der  Photo- 
sphäre sind,  die  nicht  unmittelbar  durch  den  Druck  von  oben 
nach  unten,  sondern  durch  Verminderung  des  Drucks  von 
unten  nach  oben,  in  Folge  von  Eruptionen,  die  in  der  Nähe 
stattfinden,  erzeugt  werden**,  und  eine  etwas  künstliche  Theorie 
der  Flecke  auf  dieser  Basis  versucht. 

Die  Entstehung  von  Wirbeln  durch  Aufrollen  der  Dis- 
kontinuitätsflächen giebt  unmittelbar  die  Druckverminderung 
im  Sonneninnem,  nach  der  Young  sucht.    Die  Faye'sche  Wirbel- 


R.  Emden:  Beiträge  aur  Sonnentheorie.  363 

theorie  der  Sonnenflecke  besitzt  ihrer  mannigfachen  Vorzüge 
wegen  noch  zahlreiche  Verbreitung,  trotzdem,  im  Widerspruch 
mit  der  Erfahrung,  das  Fleckeninnere  sämmtlich  gleichsinnig  mit 
der  Sonne  rotiren  müsste,  und  die  mechanische  Erklärung  des 
Zustandekommens  dieser  Wirbel  nicht  stichhaltig  ist.  Die  hier 
skizzirte  Theorie  besitzt  sämmtliche  Vorzüge,  welche  die  Theorie 
von  Faye  auszeichnen,  ohne  deren  Nachtheile. 

Da  über  den  Flecken,  falls  sie  durch  Saugwirkung  der  im 
Innern  der  Sonne  arbeitenden  Wirbel  entstehen,  eine  abstei- 
gende Strömung  der  die  Photosphäre  umhüllenden  Gase  ein- 
treten muss,  wie  sie  Oppolzer  seiner  Theorie  der  Sonnenflecke 
zu  Grunde  legt,  so  werden  die  mannigfachen  Vorzüge  der 
Oppolzer'schen  Theorie  auch  der  hier  entwickelten  zu  Gute 
kommen.  Die  absteigende  Strömung,  von  der  Oppolzer  aus- 
geht, findet  hier  ihre  Erklärung. 

Schichtenbildung,  nach  Raum  und  Zeit  variable 
Rotationsgeschwindigkeiten  und  den  Sonnenflecken 
analoge  Gebilde  sind  nothwendige  Folgeerscheinungen 
des  durch  Wärmeausstrahlung  bewirkten  Abkühlungs- 
processes  eines  rotirenden,  ganz  oder  nur  in  seinen 
äussern  Schichten  aus  flüssiger  Masse  bestehenden 
Himmelskörpers. 


Sitzungsberichte 

der 

königl.  bayer.  Akademie  der  Wissenschaften. 


Mathematisch-physikalische  Classe. 

Sitzung  vom  9.  November  1901. 

1.  Herr  Sebastun  Finstebwaldeb  hält  im  Anschluss  an  die 
Vorzeigung  einiger  Modelle,  welche  die  Herstellung  des  neuen 
Ballons  des  Vereins  für  Luftschifflfahrt  betreflFen,  einen  Vortrag: 
„Ueber  die  Zusammensetzung  der  Kugeloberfläche  aus 
geodätischen  Streifen  von  gleicher  Maximalbreite  und 
kleinster  Gesammtlänge.*  Die  Abhandlung  wird  ander- 
weit zur  VeröflFentlichung  gelangen. 

2.  Herr  Hebmann  Ebebt  macht  eine  Mittheilung:  »Ueber 
die  Spectra  der  neuen  Sterne.**  Die  Abhandlung  wird 
ebenfalls  anderweit  publicirt  werden. 

3.  Herr  Waltheb  v.  Dyck  legt  eine  Arbeit  des  Privat- 
dozenten E.  V.  Webeb:  »Zur  Theorie  der  Kreisverwandt- 
schaften in  der  Ebene**  vor. 

4.  Herr  Ad.  v.  Baeyeb  spricht:  „lieber  die  basischen 
Eigenschaften  des  Sauerstoffs.**  Die  Abhandlung  wird 
an  einem  andern  Orte  veröflfientlicht  werden. 


1901.  Situmgib.  d.  nuih.-phys.  OL  25 


367 


Zur  Theorie  der  Kreisverwandtschaften  in  der  Ebene. 

Von  Eduard  Ton  Weber. 

{Eingilauftn  9.  Noun^ir.) 

Obwohl  die  Lehre  von  den  ebenen  Kreisverwandtschaften 
schon  durch  Möbius  zu  einem  gewissen  Abschluss  gebracht 
wurde  und  auch  in  der  Folge  stets  zu  den  meist  umworbenen 
Gebieten  der  neuern  Geometrie  gehört  hat,  so  bietet  sich  doch 
bei  tieferem  Eindringen  in  diese  Theorie  eine  erstaunliche  Fülle 
unerledigter  Probleme.  In  der  vorliegenden  Arbeit  habe  ich 
versucht,  die  vorhandenen  Lücken  besonders  nach  zwei  Rich- 
tungen hin  auszufüllen. 

Einer  genaueren  Untersuchung  bedürftig  erscheint  vor 
allem  die  Frage,  welche  Gestalt  die  Theorie  der  Kreisverwandt- 
schaften unter  Heranziehung  complexer  Werte  für  beide  unab- 
hängige Variable  annimmt.  Bei  der  nahen  Beziehung  der 
Kreisverwandtschaften  zu  gewissen  imaginären  Gebilden  (den 
beiden  isotropen  Geradenbündeln)  wird  in  der  That  die  prin- 
cipielle  Berücksichtigung  der  complexen  Punkte  der  Ebene 
besonders  wichtig.  Ihre  volle  Bedeutung  erlangt  diese  Frage- 
stellung freilich  erst  dann,  wenn  auch  complexe  Kreis - 
Verwandtschaften  in  Untersuchung  gezogen  werden;  da 
wir  uns  aber  fürs  erste  auf  das  Studium  der  reellen  Kreis- 
verwandtschaften beschränken  wollen  und  jene  allgemeineren 
Transformationen  blos  gelegentlich  streifen,  so  möge  das  Fol- 
gende nur  als  eine  Vorarbeit  in  der  genannten  Richtung  be- 
trachtet werden. 

Eine  zweite  Art  der  Fragestellung,  die  übrigens  mit  der 
vorher  genannten  aufs  Engste  zusammenhängt,  bietet  sich  dar, 

25* 


368         Sitzung  der  math.-phys,  Classe  vom  9,  November  1901. 

wenn  man  die  von  C.  Segre^)  und  H.  Wiener*)  entwickelte 
Theorie  der  binären  Projektivitäten  vermöge  eines  bekannten 
von  Möbius')  herrührenden  Uebertragungsprincips  kreisgeome- 
trisch zu  deuten  sucht.  In  beiden  Theorien  stehen  die  Be- 
griffe „Vertauschbarkeit"  und  „Orthogonalität"  zweier  Kreis- 
verwandtschaften im  Vordergrund  des  Interesses,  und  das  Ent- 
sprechen der  Sätze  ist  daher  vielfach  ein  wörtliches.  Da  es 
aber  zwei  getrennte  Kategorien  von  Kreisverwandtschaften  der 
Ebene  gibt  und  jene  beiden  Begriffe  einen  ganz  verschiedenen 
geometrischen  Inhalt  haben,  je  nachdem  die  betreffenden  Ver- 
wandtschaften derselben  Klasse  angehören  oder  nicht,  so  liefert 
unsere  Uebertragung  einen  grossen  Reichtum  an  Beziehungen, 
die  bei  der  Beschränkung  auf  das  binäre  Wertgebiet  nicht 
hervortreten  können. 

Auch  bei  dieser  Gruppe  von  Sätzen  müssen  wir  uns  auf 
die  Darlegung  einiger  Hauptgesichtspunkte  beschränken. 

I.  Elementares  über  Ereisverwandtschaften. 

In  diesem  Paragraph  stellen  wir  zunächst  die  wichtigsten 
Sätze  über  Kreisverwandtschaften  zusammen  und  knüpfen  daran 
einige  Folgerungen  (Nr.  12  ff.),  die  zum  Teil  über  Bekanntes 
hinausgehen  dürften. 

1.  Wenn  von  einer  ebenen  KV^)  drei  Paare  entsprechen- 
der Punkte  Ä\Ä'u  ^2^2»  Äs  Äs  gegeben  sind,  so  findet  man 
nach  Möbius*)  in  folgender  Weise  zu  einem  beliebigen  Punkt -^4 
den  entsprechenden  Äi :  Man  setze  in  der  Ebene  einen  positiven 
Drehsinn  fest ;  dann  ist  der  <^  (-ST,  K')  zwischen  zwei  gerichteten 

»)  Journ.  f.  Math.  100  p.  317—330  (1887);  vgl.  auch  Memorie  della 
R.  Acc.  delle  scienze  di  Torino,  serie  2»  vol.  38  (1888)  p.  2—24. 

2)  Leipz.  Ber.  43  (1891)  p.  646,  Einschub  I;  ferner:  .Hein  geometri- 
sche Theorie  der  Darstellung  binärer  Formen  durch  Punktgruppen  aof 
der  Geraden".     Hab.-Schrift,  Darmstadt  1885. 

»)  Leipz.  Ber.  4  (1852)  p.  41  54  =  Journ.  f.  Math.  52  (1856)  = 
Werke  II  p.  189-204. 

*)  d.  h.  Kreisverwandtaohaft. 

^)  Werke  II  p.  209  f. 


E,  V,  Weher:  Kreisverwandtschaften.  369 

Kurven  JC,  K\  die  sich  in  einem  Punkte  P  schneiden,  ein- 
deutig bestimmt  als  derjenige  Winkel,  um  den  man  die  ge- 
richtete Tangente  von  K  im  Punkte  P  um  diesen  Punkt  in 
der  angenommenen  positiven  Richtung  zu  drehen  hat,  bis  sie 
mit  der  gerichteten  Tangente  von  K'  im  Punkte  P  zusammen- 
fallt. Bezeichnet  jetzt  das  Symbol  FQJR  den  durch  die  Punkte 
P,  Qy  R  gehenden  Kreis,  genommen  in  der  Richtung,  die  von 
P  über  Q  nach  jR  führt,  so  sind  durch  die  Gleichungen 

<  (ÄIÄ2ÄS,  ÄIÄ2Ä,)  =  <  (ÄiAUs.  Ä[Ä2Ä^) 

<^(ÄiÄ2Äs,  -ii-ia-^O  =  ^(A{Ä2Äs,  Ä[A^Ä\) 

die  Kreise  -4i -4.2-44,  ÄiÄsÄi  und  infolge  dessen  auch  A4  als 
Schnittpunkt  derselben  eindeutig  bestimmt.  Man  erhält  auf 
diesem  Wege  eine  sog.  direkte  KV;  eine  indirekte  KV  er- 
gibt sich,  wenn  man  in  den  obigen  Gleichungen  die  rechten 
Seiten  mit  — 1  multiplicirt.  Eine  KV  ist  also  eindeutig  be- 
stimmt durch  3  Paare  entsprechender  Punkte  und  die  Angabe, 
ob  sie  direkt  oder  indirekt  sein  soll. 

2.    Ihren    einfachsten    analytischen    Ausdruck    finden    die 
direkten  bezw.  indirekten  KV  bezw.  durch  die  Formeln 

(1)  /=«^+^ 


(2)  z  = 


c^  -{-  d 

worin  z,  z\  z  bezw.  für  x  +  iy,  x  +  iy ,  x  —  iy  geschrieben 
wurde,  femer  x^  y  und  x\  y  rechtwinklige  cartesische  Coordi- 
naten  der  reellen  Punkte  der  Ebene,  endlich  ah  cd  irgend 
welche  complexe  Constanten  bedeuten,  deren  Determinante 
ad — hc  nicht  null  ist.  Die  complexe  Zahl  z  bezeichnen  wir 
als  das  Affix  des  reellen  Punktes  x^  y. 

Versteht  man  unter  dem  Doppelverhältnis  von  4  Punkten 
A^Ä^Ä^Ä^,  deren  Affixe  bezw.  z^z^z^z^  sind,  die  Grösse 


{A^A^A^Aj^  —  — 


z,    ^z^    z^      z^ 
Zy       z^    z^       z^ 


370         Sitzung  der  mathrphys,  Glosse  vom  9,  November  190t. 

so  ergibt  sich  aus  den  obigen  Transformationsfonneln  sogleich 
die  fundamentale  Eigenschaft;,  dass  das  Doppelverhältnis  von 
4  Punkten  bei  beliebiger  K  V  invariant  bleibt,  bei  beliebiger 
indirekter  KV  in  seinen  conjugirten  Wert  übergeht. 

3.  Das  Doppel  Verhältnis  von  4  Punkten  ABCD  ist  dann 
und  nur  dann  reell,  wenn  sie  cyclisch  (d.  h.  auf  einem  Bereise) 
liegen;  es  ist  dann  und  nur  dann  von  der  Form  e^^  (ß  reell), 
wenn  sie  orthocyclisch  liegen,  d.h.  wenn  durch  A^  B  ein 
Kreis  geht,  der  C  von  D  harmonisch  trennt;*)  dann  geht  auch 
durch  C  und  D  ein  Kreis,    der  Ä  von  B  harmonisch    trennt 

Liegen  4  Punkte  sowohl  cyclisch  als  orthocyclisch,  ohne 
dass  zwei  derselben  zusammenfallen,  d.  h.  ist  ihr  Doppel- 
verhältnis gleich  — 1,  so  heissen  sie  harmonisch.  Man  erhält 
zu  3  Punkten  Ä^  B,  C  den  vierten  harmonischen  D  als  zweiten 
Schnittpunkt  des  Kreises  ABC  mit  dem  durch  C  gehenden 
Kreis  des  Büschels,  das  A  und  B  zu  Grenzpunkten  hat,  also 
mittels  linearer  Construktionen.*) 

4.  Aus  Nr.  1  ergibt  sich  die  euklidische  Construktion  einer 
durch  3  Paare  definirten  KV;  eine  kreisgeometrische,  die  nur 
lineare  Operationen  verlangt,  folgt  unmittelbar  aus  dem  von 
H.  Wiener^)  herrührenden  Satze,  dass  man  für  eine  binäre 
Projektivität,  von  der  3  Paare  gegeben  sind,  zu  jedem  Punkt 
den  entsprechenden  lediglich  durch  wiederholte  Construktion 
vierter  harmonischer  Punkte  finden  kann.  Diese  Methode 
überträgt  sich  ohne  weiteres  auf  jede  direkte  -K'F^  in  der 
Ebene;  hat  man  solcherweise  für  die  KV,  die  durch  die  Paare 

(3)  AiA{,  A2A2,  AsAs 

1)  Dies  soll  heissen,  dass  C  und  D  hinsichtlich  des  Kreises  invers  sind. 

')  Die  linearen  Construktion en  der  Kreisgeometrie  sind  1)  durch 
3  Punkte  einen  Kreis  zu  legen ;  2)  von  2  Kreisen,  die  durch  einen  ge- 
gebenen Punkt  gehen,  den  zweiten  Schnittpunkt  zu  bestimmen.  Die 
quadratische  Construktion  ist  die  Lösung  der  Aufgabe,  von  2  punktweise 
bekannten  Kreisen  die  Schnittpunkte  zu  finden.  Vgl.  E.  Study,  MatL 
Ann.  49  p.  528. 

3)  Leipz.  Ber.  43  (1891)  p.  672. 


E,  V.  Weber:  Kreisverwandtschaften,  371 

definirt  ist,  zu  A4  den  entsprechenden  Punkt  Ä^  linear  con- 
struirt,  so  entspricht  der  zu  Ä!^  hinsichtlich  des  Kreises 
A'iÄ2As  inverse  Punkt*)  dem  Punkte  A4  in  der  indirekten 
jK'F,  die  durch  dieselben  3  Punktepaare  (3)  bestimmt  wird.*) 

5.  Wenn  für  eine  KV^  die  durch  (1)  definirt  ist,  die 
Determinante  ad  —  6c  =0  ist,  und  mit  P  und  Q  die  Punkte 

mit  den  Affixen  —  bezw.  bezeichnet  werden,   so  ist  jedes 

c  c 

Punktepaar,  das  P  als  zweiten  oder  Q  als  ersten  Punkt  ent- 
hält, ein  Paar  entsprechender  Punkte  der  Verwandtschaft. 
Diese  heisst  dann  „singulär",  die  Punkte  P,  Q  (die  auch  coin- 
eidiren  können)  ihre  „singulären  Punkte".  Analoges  gilt  für 
die  Formel  (2) ;  ein  Untei-schied  zwischen  direkter  und  indirekter 
KV  findet  bei  verschwindender  Determinante  nicht  mehr  statt. 
Singulare  Verwandtschaften  bleiben  im  Folgenden,  wo 
nichts  anderes  bemerkt  wird,  stets  von  der  Betrachtung  aus- 
geschlossen. 

6.  Jede  direkte  KV  besitzt  zwei  verschiedene  oder  zu- 
sammenfallende reelle  Fixpunkte,  deren  Affixe  -s^,  £f^  die  Wurzeln 
der  quadratischen  Gleichung: 

(4)  c^»  +  (d  — a)^  — 6  =  0 

sind.  Entsprechen  sich  in  einer  direkten  KV  irgend  zwei 
Punkte  involutorisch,  so  ist  die  Verwandtschaft  selbst  involu- 
torisch;  dazu  ist  die  Bedingung  a -}- d  =  0  notwendig  und 
hinreichend.  Eine  derartige  KV  werde  eine  „Möbiusinvolu- 
tion**')  genannt;  sie  ist  durch  ihre  Fixpunkte  M^  M^  eindeutig 
bestimmt  und  zwar  derart,  dass  jedem  Punkt  A  der  zu  ihm 
hinsichtlich  Jtf,  M^  harmonische  Punkt  Ä  entspricht.  Eine 
Möbiusinvolution  ist  ferner  auch  durch  2  Paare  entsprechender 


^)  Die  Construktion  der  Inversion  an  einem  punktweise  bekannten 
Kjreis  ist  nach  E.  Study  (Math.  Ann.  49  'p.  530)  ebenfalls  linear  aus- 
führbar. 

2)  Nach  Nr.  26  ist  diese  indirekte  zu  jener  direkten  KV  harmonisch. 

8)  A.  F.  Moebius,  Leipz.  Ber.  5  (1853)  p.  176-190  =  Werke  II 
p.  219-236. 


372         Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  vom  9.  November  1901. 

Punkte  ÄÄ\  BB'  definirt;  man  findet  dann  zu  jedem  Punkte  C 
folgendermassen  ^)  den  entsprechenden  C'\  Ist  D  zu  (7  hin- 
sichtlich AÄ  harmonisch,  ferner  E  zu  C  hinsichtlich  BB', 
F  zu  D  hinsichtlich  BB\  G  zu  E  hinsichtlich  AA'  harmo- 
nisch, so  ist  C  zu  C  hinsichtlich  F  und  G  harmonisch.  Ein- 
facher ist  folgende  Construktion:  Schneiden  sich  die  Kreise 
ABC  und  ABC  zum  zweitenmale  in  Cj,  so  schneiden  sich 
die  Kreise  AB'C^  und  BÄC^  zum  zweitenmale  in   C\ 

7.  Diejenige  Möbiusinvolution,  die  mit  einer  gegebenen 
direkten  KV  ^  die  Fixpunkte  M^  M^  gemein  hat,  nennen  wir 
die  „  Fixpunktsinvolution  *  von  ^;  sind  Ä^A^  die  Punkte,  die 
einem  gegebenen  Punkte  -4.  in  ^  bezw.  in  der  inversen  Trans- 
formation ^~^  entsprechen,  und  ist  B  zu  A  hinsichtlich  -4',  A^ 
harmonisch,  so  ist  A  B  ein  Paar  der  Fixpunktsinvolution.*) 
Diese  Involution  ist  also  linear  construirbar,  auch  wenn  die 
Fixpunkte  von  ^  nicht  bekannt  sind. 

8.  Sind  AÄ  zwei  entsprechende  Punkte  der  direkten 
KV  ^  mit  den  Fixpunkten  M^  Jfg,  so  ist  das  Doppelverhältnis 
{A  Ä  ikfj  jMg)  constant,  wie  auch  das  Paar  A  Ä  gewählt  sein 
mag;  diese  complexe  Constante  heisst  die  „Invariante*  von  % 
Sind  z^z^  die  Affixe  von  M^M^^  so  kann  die  Gleichung  (1) 
in  der  Form: 

ar — z,  Z — Z. 

(5)  V-^  =  X  — -^  ») 

z  —  z^  z — z^ 

geschrieben  werden,  worin  1/x  die  Invariante  von  ^  bedeutet; 
dabei  hat  x  den  Wert: 

(6)  X  =  i  (a  ^-  d  -  l/(a  +  d)»=:4)*, 

wenn,  wie  in  der  Folge  immer,  ad  —  bc  =  l  angenommen  wird. 
Die  Invariante  einer  Möbiusinvolution  ist  gleich  — 1.  Genügen 
die   direkten   Kreis  Verwandtschaften  %  ^',  Q   der  Beziehung: 


1)  H.  Wiener,  Leipz.  Ber.  43  (1891)  p.  670. 

«)  H.  Schroeter,  Joum.  f.  Math.  77  p.  120  f.  (1874);  H.  Wiener  a.  a.  0. 
8)  Vgl.  auch  Klein-Fricke,   Vorl.  über  die  Theorie  der  elliptischen 
Modulfunktionen,  Bd.  I  p.  163  ff.    Leipzig  1890. 


E,  V.  Weher:  Kreisverwandtschaflen,  373 

so  sagen  wir,  „^  ist  durch  die  direkte  KV  ^'  mit  Q  äqui- 
valent" oder  „^'  transformirt  ^  in  Q" ;  dann  geht  jedes  Paar 
Aä'  von  ^  durch  die  Transformation  ^'  in  ein  Paar  BB' 
entsprechender  Punkte  von  Q  über,  was  wir  mit  H.  Wiener 
so  ausdrücken: 

ÄÄ'{^'}BB'. 

Aus  der  Thatsache,  dass  eine  Transformation  ^',  die  ^  in  Q 
transformirt,  auch  die  Fixpunkte  von  ^  in  die  von  Q  über- 
führt, schliesst  man  jetzt  sofort ;  Damit  zwei  direkte  K  V  durch 
eine  direkte  (bezw.  indirekte)  KV  äquivalent  seien,  ist  not- 
wendig und  hinreichend,  dass  ihre  Invarianten  gleich  oder 
reciprok  (bezw.  conjugirt  oder  conjugirt-reciprok)  seien. 

Erst  in  Nr.  34  werden  wir  für  den  Fall,  dass  diese  Be- 
dingung erfüllt  ist,  alle  Transformationen  bestimmen,  die  diese 
Ueberführung  leisten. 

9.  Eine  indirekte -ST  F  (2)  ist  dann  und  nur  dann  involu- 
torisch,  wenn  sie  eine  Inversion  an  einem  reellen*)  Kreis  dar- 
stellt, d.  h.  wenn  ihre  Coefficienten  der  Bedingung 

a       — d     b       ,, 

-  = :    -  reell 

c  c        c 

genügen.    Der  betr.  reelle  Kreis  ist  dann  durch  die  Gleichung 

(7)  czz-^-d^  —  a0  —  6  =  0 

dargestellt. 

Da  eine  gerade  (bezw.  ungerade)  Zahl  indirekter  KV 
nacheinander  ausgeübt  stets  eine  direkte  (bezw.  indirekte)  KV 
liefert,   so  ist  das  Produkt  zweier  Inversionen  J^  und  J,  eine 


*)  Unter  dem  Produkt  5P  5P'  ist  die  Transformation  zu  verstehen, 
die  erhalten  wird,  wenn  man  zuerst  ^\  dann  5^  ausführt. 

*)  Nach  F.  Klein  nennen  wir  einen  Kreis  reell  oder  complex,  je 
nachdem  die  Coefficienten  seiner  cartesischen  Gleichung  alle  reell  sind 
oder  nicht;  im  ersten  Fall  heisst  der  Kreis  ,  einteilig*  oder  ,  null  teilig", 
je  nachdem  er  reelle  Punkte  enthält  oder  nicht. 


374         Sitzung  der  math.-phys.  Clause  vom  9.  November  1901. 

direkte  KV  ^^  und  zwar  eine  sog.  „zweispiegelige*  Verwandt- 
schaft.^) Schneiden  sich  die  beiden  reellen  Direktrixkreise  der 
Inversionen  JxJ^  (wir  nennen  sie  kurz  die  Kreise  c/^«/,)  in 
2  reellen  Punkten  M^  M^ ,  so  sind  diese  die  Fixpunkte  von  % 
und  diese  JSTF  wird  als  „elliptische  Transformation**)  bezeich- 
net ;  im  entgegengesetzten  Fall  gibt  es  2  reelle  Punkte  M^  i^, 
die  hinsichtlich  J,  und  J^  gleichzeitig  invers  sind;  diese  sind 
die  Fixpunkte  der  Kreisverwandtschaft  ^,  die  man  jetzt  eine 
.hyperbolische  Transformation  -  nennt. 

Die  Kreise  des  Büschels  (Jj,  J,)  sind  die  Niveaukreise') 
von  ^,  d.  h.  sie  gehen  vermöge  ^  ineinander  über ;  die  Kreise 
des  dazu  adjungirten*)  Büschels  nennt  man  die  Bahnkreise, 
da  sie  (und  nur  sie,  falls  ^  keine  Involution  ist)  vermöge  ? 
einzeln  invariant  bleiben.  Umgekehrt  ist  jede  direkte  KV^  die 
einen  einteiligen  Kreis  K  festlässt,  eine  zweispiegelige  KY 
die  K  als  Bahnkreis  besitzt. 

10.  Da  jedes  Paar  einer  hyperbolischen  -K^F'  zu  den  Fix- 
punkten cyclisch,  jedes  Paar  einer  elliptischen  KV  z\x  den  Fii- 
punkten  orthocyclisch  liegt,  also  die  Zahl  x  (Nr.  8)  im  ersten 
Fall  reell  ist,  im  zweiten  den  absoluten  Betrag  1  besitzt,  so 
schliesst  man  leicht:  die  Transformation  (1)  ist,  wenn  ad — 6<?=1 
angenommen  wird,  dann  und  nur  dann  elliptisch,  wenn  a  +  rf 
reell,  (a  +  tf)*  <  4  ist;  sie  ist  dann  und  nur  dann  hyperbolisch. 
wenn  entweder  a  -\-  d  reell,  (a  +  d)*  >  4  oder  wenn  a  -f-  d  rein 
imaginär  ist.  Eine  direkte  KV  mit  zusammenfallenden  Fix- 
punkten ist  durch  die  Bedingung  {a-\-d)^=^i:  charakterisirt; 
eine  solche  ist  daher  stets  zweispiegelig ;  ihre  Bahn-  und  Niveau- 
kreise bilden  je  ein  Berührungsbüschel. 

*)  Unter  einer  Spiegelung  verstehen  wir  hier  stets  nur  eine  Inver- 
sion, nicht  auch  eine  Möbiusinvolution,  im  Gegensatz  zu  der  Bezeich- 
nungsweise des  Herrn  Wiener,  wonach  jede  direkte  JSTF,  als  Produkt 
zweier  Involutionen  (Nr.  36),  zweispiegelig  heisst. 

2)  Klein-Fricke  a.  a.  0. 

8)  Klein-Fricke  a.  a.  0. 

*)  80  sagen  wir  statt  ,conjugirt",  da  wir  dieses  Wort  zu  häufig  in 
anderem  Sinn  gebrauchen  müssen. 


E,  V,  Weher:  Kreisverwandtschaften,  375 

11.  Aus  der  Thatsache,  dass  das  Produkt  dreier  Inver- 
sionen dann  und  nur  dann  eine  Inversion  liefert,  wenn  die 
3  Direktricen,  oder  wie  wir  kurz  sagen  wollen,  die  3  Inver- 
sionen demselben  Büschel  angehören,*)  schliesst  man  leicht, 
dass  in  der  Gleichung 

?  =  /,/,  oder  e/j  ^  =  J,,      ^  J,  =  Jj 

jeder  der  Faktoren  /j,  J^  innerhalb  des  Büschels  (J,,  Jg)  be- 
liebig gewählt  werden  kann,  worauf  dann  der  andere  eindeutig 
bestimmt  ist;  mit  anderen  Worten:  Ergibt  eine  zweispiegelige 
K  V  mit  einer  Inversion  J  links  oder  rechts  multiplicirt  eine 
Inversion,  so  gehört  J  dem  Büschel  der  Niveaukreise  an  und 
umgekehrt. 

12.  Damit  die  Inversionen  J^  und  J,  vertauschbar  seien, 
ist  notwendig  und  hinreichend,  dass  ihre  Direktricen  sich  recht- 
winklig schneiden;  ihr  Produkt  liefert  in  diesem  Falle  (und 
nur  in  diesem)  eine  Möbiusinvolution  3;  eine  solche  kann  so- 
wohl als  elliptische  wie  als  hyperbolische  -ST F  aufgefasst  werden. 
Jeder  Kreis,  der  die  Fixpunkte  derselben  enthält  oder  har- 
monisch trennt,  bleibt  bei  3  invariant,  so  dass  der  Unterschied 
zwischen  Bahn-  und  Niveaukreisen  verschwindet;  wir  wollen 
beide  Kreissysteme  als  Bahnkreise  von  3  bezeichnen. 

Es  möge  hier  beiläufig  die  Aufgabe  erledigt  werden,  alle 
Möbiusinvolutionen  3  zu  bestimmen,  die  2  gegebene  einteilige 
Kreise  K^  K'  ineinander  überführen.  Sind  M^  M^  die  Fix- 
punkte einer  solchen  Transformation  3  und  x  der  durch  M^  M^ 
gehende  zu  K  orthogonale  einteilige  Kreis,  so  steht  x  auch 
auf  K'  senkrecht,  da  ja  3  den  Kreis  K  in  K\  den  Kreis  x 
in  sich  tiberführt.  Bezeichnet  man  also  mit  {x]  die  Inversion 
an  dem  Kreise  x,  so  ist  3  gleich  dem  Produkte  {x}  {A},  wo  k 
den  in  Jif,  M^  auf  x  senkrecht  stehenden  einteiligen  Kreis  be- 
zeichnet. Da  nun  die  Inversion  {x)  die  Kreise  -ST,  K'  invariant 
lässt,  so  muss  {X)  den  Kreis  K  in  K'  transformiren,  d.  h.  k 
ist    ein    einteiliger    Potenzkreis    der    beiden    gegebenen.      Die 


>)  H.  Wiener,  Leipz.  Ber.  43  p.  G69  (1891). 


376         Sitzung  der  mathrphys,  Classe  vom  9.  November  1901. 

Möbiusinvolutionen,  die  die  gegebenen  Kreise  iE",  K'  ineinander 
überführen,  haben  also  die  Form  {x}  {i},  wo  x  einen  beliebigen 
einteiligen  Kreis  des  zu  dem  Büschel  (-ff,  -K"')  adjungirten 
Büschels,  k  einen  einteiligen  Potenzkreis  von  -K"  und  K'  be- 
deutet. Gibt  es  zwei  solche  Potenzkreise  il,  A',  d.  h.  schneiden 
sich  K  und  K'  reell,  so  gibt  es  auch  2  getrennte  Scharen 
von  Möbiusinvolutionen  der  verlangten  Beschaffenheit;  ihre 
Fixpunktepaare  liegen  bezw.  auf  X  und  X'  harmonisch  zu  den 
Schnittpunkten  von  K\indK\  Gibt  es  nur  einen  einteiligen 
Potenzkreis  A,  so  gibt  es  auch  nur  eine  Schar  von  Möbius- 
involutionen, deren  Fi^punkte  auf  k  harmonisch  zu  den  Grenz- 
punkten des  Büschels  (JE,  K')  gelegen  sind. 

13.  Die  Fixpunkte  einer  Möbiusinvolution  3,  die  durch 
2  Paare  entsprechender  Punkte  Ä  ä\  B  B'  definirt  ist,  werden 
folgendermassen  construirt : 

Man  lege  durch  A  und  A'  einen  beliebigen  Kreis  -K,  und 
construire  nach  Nr.  6  den  ihm  entsprechenden  Kreis  K\  sowie 
die  beiden  Potenzkreise  p,  p  von  K  und  JE^,  was  ausser  linearen 
nur  eine  quadratische  Construktion ^)  erfordert;  dann  sind  nach 
der  vor.  Nr.  p,p  Bahnkreise  von  3.  Legt  man  jetzt  durch 
B  und  B'  den  zu  p  orthogonalen  Kreis  q\  femer  den  zu  p 
orthogonalen  Kreis  q,  so  schneiden  sich  entweder  p  und  q 
oder  p'  und  q  in  2  reellen  Punkten,  den  gesuchten  Pixpunkten: 
die  Construktion  erfordert  sonach  2  quadratische  Operationen. 

14.  Um  die  Fixpunkte  einer  beliebigen  direkten  K  V  zvt 
bestimmen,  construiren  wir  zuerst  ihre  Fixpunktsinvolution 
(Nr.  7),  dann  deren  Fixpunkte  nach  dem  soeben  geschilderten 
Verfahren.  Bei  einer  zweispiegeligen  nichtinvolutorischen  KV  f 
erfordert  die  Bestimmung  der  Fixpunkte  M^  M^  ausser  line- 
aren Construktionen  nur  eine  quadratische;  denn  wählt  man 
die  Punkte  A  B  beliebig,  und  ermittelt  Ä  A"  B'  B"  nach  der 
Vorschrift: 

A  m  A'  m  A";  B  {?}  B'  {^  B\ 


')  K.  Study,  Math.  Ann.  49  p.  632. 


E,  V,  Weher:  Kreisverwandtschaften,  377 

so  schneiden  sich  entweder  die  Kreise  AÄ  Ä'  und  BB'  B" 
in  M^M^,  oder  das  durch  sie  bestimmte  Büschel  hat  M^M^ 
zu  Grenzpunkten. 

Kennt  man  von  der  direkten  KV  %  den  einen  Pixpunkt 
-Ml,  so  ist  der  zweite  als  vierter  harmonischer  Punkt  zu  M^ 
hinsichtlich  eines  beliebigen  Paars  der  Fixpunktsinvolution 
linear  construirbar. 

15.  Wird  eine  indirekte  Kreisverwandtschaft  Q,  die  keine 
Inversion  ist,  durch  die  Formel  (2)  dargestellt,  worin  wieder 
ad  —  6{?  =  1  gesetzt  ist,  so  hat  die  direkte  KV Q^  die  Form: *) 

/       {aä -\-hc)z -^^  (ab -\-bd) 

e  =  — = r-, 

{ca  -\-  de)  -sf  +  (c  6  -j-  dd) 

ist  also  nach  Nr.  10,  da  ihre  Determinante  auch  gleich  1  wird, 
zweispiegelig.  Ihre  Fixpunkte  bleiben  entweder  bei  Q  eben- 
falls fest  oder  sie  vertauschen  sich  gegenseitig;  im  ersten  Fall 
bezeichnen  wir  sie  als  Fixpunkte  von  Q  und  Q  selbst  als 
a hyperbolisch**;  im  zweiten  Fall  als  „Gegenpunkte**  von  Q 
und  Q  selbst  als  „elliptisch**;  ist  Q*  parabolisch,  so  nennen 
wir  auch  Q  eine  parabolische  Verwandtschaft. 

Ist  die  indirekte  KV  Q  hyperbolisch,  und  bedeuten 
Jtfj  Jfj  ihre  Fixpunkte,  ferner  J  die  Inversion  mit  dem  Centrum 
M^ ,  die  den  Punkt  M^  mit  dem  auf  der  Geraden  Jfj  Jf,  zu 
wählenden  Coordinatenanfangspunkt  0  vertauscht,  so  hat  die 
indirekte  KV  JQJ  augenscheinlich  die  Form  /  =^  ajs,  wo  a 
eine  complexe  Constante  bedeutet,  lässt  also,  wie  man  sofort 
durch  Rechnung  bestätigt,  zwei  senkrechte  durch  0  gehende 
Gerade  und  sonst  keine  reellen  Kreise  oder  Geraden  invariant. 
Ist  ferner  Q  elliptisch,  und  bedeuten  M^  M^  ihre  Gegenpunkte, 
ferner  J  dieselbe  Inversion  wie  vorhin,  so  hat  die  Kreisver- 
wandtschaft JO.J  die  Form  /  =  a/i,  lässt  also  einen  ein- 
teiligen Kreis  mit  dem  Centrum  0  und  den  zu  ihm  concentri- 
schen  und  orthogonalen  nuUteiligen  Kreis,  ausserdem  aber 
keine  reellen  Kreise  oder  Geraden  stehen;  daraus  folgt: 


1)  Klein-Fricke  a.  a.  0.  p.  198  f. 


378         Sitzung  der  math.-phys.  Glosse  vorn  9,  November  1901, 

Jede  hyperbolische  indirekte  Ereisverwandtsckaft  Q  be- 
sitzt zwei  und  nur  zwei  orthogonale  einteilige  Fixkreise,  die 
sich  in  den  Fixpunkten  von  O  schneiden;  jede  elliptische  in- 
direkte KVQ  einen  einteiligen  und  einen  dazu  orthogonalen 
nuUteiligen  Fixkreis,  und  die  Gegenpunkte  von  Q  sind  die 
Grenzpunkte  des  durch  diese  2  Kreise  definirten  Büschels.  Die 
Kreise  des  letzteren  werden  durch  Q  involutorisch  yertauschi 
so  zwar,  dass  die  Fixkreise  die  Potenzkreise  eines  jeden  Paars 
entsprechender  Kreise  des  Büschels  sind;  auch  die  Kreise  des 
adjungirten  Büschels  werden  durch  Q  unter  sich  transformirt, 
doch  so,  dass  ausser  den  im  hyperbolischen  Falle  Yorhandenen 
reellen  Nullkreisen  kein  reeller  Kreis  des  Büschels  stehen 
bleibt.  Auch  ersieht  man  jetzt  sofort,  dass  Q  hyperbohscb 
oder  elliptisch  ist,  je  nachdem  dies  für  die  zweispiegelige  Ver- 
wandtschaft Q^  zutrifft,  je  nachdem  also  das  Quadrat  der 
reellen  Zahl 

aä  -{-  dd  '\'  hc  '\-  ch 

grosser  oder  kleiner  als  4  ist.^)  Für  eine  parabolische  JTF 
ist  der  eine  Fixkreis  einteilig,  der  andere  ein  auf  ihm  liegen- 
der Punktkreis. 

Die  Ermittelung  der  Fix-  bezw.  Gegenpunkte  einer  durch 
.S  Paare  gegebenen  indirekten  K  V  verlangt  nach  dem  Vorigen 
ausser  linearen  Construktionen  nur  eine  quadratische,  dasselbe 
gilt  für  die  Aufsuchung  der  Fixkreise,  die  mit  den  Potenz- 
kreisen irgend  zweier  in  G  sich  entsprechenden  Bahnkreise 
von  Q*  identisch  sind.  Nur  wenn  Q*  eine  Möbiusinvolution 
ist,  werden  für  die  Ermittelung  der  Gegenpunkte  zwei  qua- 
dratische Construktionen  nötig. 

1 6.  Ist  Q  eine  gegebene  indirekte  KV^  und  die  Inversion  J 
so  gewählt,  dass  die  direkte  KV: 

zweispiegelig  wird,  so  muss  es  in  dem  Bahnkreisbüschel  von  ? 
einen  reellen  Kreis  geben,  der  zu  dem  Kreis  J  orthogonal  ist, 

0  Kleiii-Fricke  a.  a.  0. 


S,  V,  Weher:  Kreisverwandtschaften.  379 

also  sowohl  vermöge  e7  als  ^,  mithin  auch  durch  Q  in  sich 
übergeführt  wird,  d.  h.  der  Kreis  J  muss  zu  einem  der  Fix- 
kreise von  Q  orthogonal  sein.  Umgekehrt,  ist  dies  der  Fall, 
so  lässt  JQ  jenen  Fixkreis  invariant,  ist  also  zweispiegelig; 
daraus  folgt:  Jede  indirekte  KV  kann  auf  oo*  Arten  als  Pro- 
dukt dreier  Inversionen 

dargestellt  werden ;  J  ist  dabei  ein  beliebiger  unter  den  oo  * 
reellen  Kreisen,  die  zu  dem  einen  oder  anderen  der  beiden  Fix- 
kreise von  Q  orthogonal  sind.  Hat  man  J  gewählt,  so  ist 
das  Büschel  (J^,  Jg)  bestimmt  und  J,  kann  innerhalb  desselben 
noch  auf  oo^  Arten  angenommen  werden,  worauf  J^  eindeutig 
festgelegt  ist. 

Offenbar  kann  man  jeden  der  3  obigen  Faktoren  unter 
geeigneter  Modification  der  übrigen  an  eine  beliebige  Stelle 
bringen;  daraus  folgt  die  Gleichberechtigung  derselben,  sowie 
die  Thatsache,  dass  mit  JQ.  zugleich  £lJ  zweispiegelig  ist, 
was  übrigens  auch  unmittelbar  aus  der  Beziehung 


hervorgeht.  Ist  der  Kreis  J  zu  beiden  Fixkreisen  von  Q 
orthogonal,  dann  und  nur  dann  ist  JQ  und  ebenso  ZlJ  eine 
Möbiusinvolution,  und  Q  lässt  sich  also  auf  je  oo*  Arten  in 
jeder  der  Formen  «73,  ^J  schreiben.  Beiläufig  folgt  auch 
noch,  dass  jede  direkte  KV  als  Produkt  von  4  Inversionen 
darstellbar  ist,  von  denen  eine  ganz  beliebig  angenommen 
werden  kann,  ferner  dass,  wenn  ^  eine  zweispiegelige  KV, 
J  die  Inversion  an  einem  ihrer  Bahnkreise  bedeutet,  das 
Produkt  J^  eine  indirekte  KV  liefert,  die  jenen  Bahn- 
kreis und  den  dazu  orthogonalen  des  Bahnkreisbüschels  zu 
Fixkreisen   hat. 

Bedeutet  J  die  Inversion  an  einem  der  Fixkreise  von  Q, 
so  gilt  die  Beziehung  OJ=  JQ,  d.  h.  J  ist  mit  O  ver- 
tauschbar; auch  besitzen  nur  die  Fixkreise  von  Q  diese 
Eigenschaft. 


3?Ö         Säswm^  Itr  mMkrtksß,  CUmt  wmm  9.  Nevember  1901. 

17.   Jede  hTperiMliddue  iiidiirAte  KV  d  kann  in  der  Form 


-- 1 ^i ^ 


jede  elliptische  in  der  Gestalt 


^  —  -x  —  ^ 


'»% 


gefe»chrieben  werden,  wo  x  eine  oomplexe  Consiante  und  ^jC, 
dai^  einemal  die  Fix-,  das  andremal  die  Gegenpunkte  bedeuten. 
Daraas  folgt  leicht: 

Sind  J/,  3^  die  Fixpnnkte.  AA  ein  beliebiges  Paar  eni- 
hprecbender  Punkte  einer  indirekten  hyperbolischen  KV^  so 
hat  das  Doppekerhältnis  ^Jf,  JM^^^l  den  eonstanten  absoluten 
lUdr'dff  y,  .  Sind  3/,  3^  die  Gegenpnnkte,  A  A'  ein  beliebiges 
Paar  einer  indirekten  elliptischen  KV^  so  hat  jenes  Doppel- 
vf;rhältnLs  eine  constante  Amplitnde.^) 

Im  hyperbolischen  Falle  ist  die  Zahl  x  das  Doppelrer- 
hältnih  der  binären  Projektirität,  welche  die  KV  auf  dem  einen 
ihrc'r  einteiligen  Fixkreise  deänirt:  anf  dem  anderen  ist  dies 
I)op[><rl  Verhältnis  dann  =  —  x  .  Im  elliptischen  Falle  ist 
anipl.  X  das  Doppelverhältnis,  welches  irgend  zwei  entsprechende 
auf  dem  einteiligen  Fixkreis  liegende  Punkte  mit  den  Gegen- 
punkten   bilden. 

I>a  eine  indirekte  KV  durch  Angabe  eines  Fixkreises  und 
i\i',r  daniiif  herrschenden  Projektirität  eindeutig  bestimmt  ist 
i-jß  h<  hliesHt  man,  dass  die  Zahl  x  ^bezw.  ampL  x)  die  einzige 
Invaria/ite  einer  hyperbolischen  (bezw.  ellipdschen)  indirekten 
K  y  gegenüber  beliebigen  KreisTerwandtschaften  ist,  d.  h.  zwei 
indirekte  K  V  sind  dann  und  nur  dann  durch  eine  K  V  in- 
einander transforrairbar.  wenn  ihre  Inrarianten  übereinstimmen 
oder  n.yjprolif:  Werte  haben. 


*j  K«  i«t  ampl.  z  =  —  =  ^,  weim  /  =  o^. 


J&.  V,  Weher:  Kreisverwandtschaften.  381 

18.  Sind  ÄBCD  vier  gegebene  Punkte,  so  ist  der  Ort 
aller  Punkte  D    derart,  dass 

\{ABCD)\  =  \{ABCD')\ 

der  durch  D  gehende  Kreis,  der  A  von  B  harmonisch  trennt; 
hieraus  und  aus  dem  oben  Gesagten,  sowie  aus  Nr.  8  folgert 
man  leicht: 

Sind  AÄ^  Bff,  M^  gegebene  Punkte,  ferner  N^  der  zweite 
Fixpunkt  derjenigen  direkten  KV,  die  M^  zum  ersten  Fix- 
punkt hat  und  A  in  A\  B  in  B'  verwandelt,  und  legt  man 
durch  iVj  die  beiden  Kreise,  die  A  von  A'  und  B  von  B' 
harmonisch  trennen,  so  ist  der  zweite  Schnittpunkt  M^  dieser 
Kreise  der  zweite  Fixpunkt  derjenigen  indirekten  hyperbolischen 
KV,  die  den  ersten  Fixpunkt  M^  und  die  Paare  AA\  BB'  besitzt. 

Da,  wie  wir  später  sehen  werden,  M^  und  N^  sich  in 
derjenigen  Möbiusinvolution  entsprechen,  die  A  mit  S  und 
B  mit  A  vertauscht,  so  folgt  aus  dem  eben  Gesagten  eine 
einfache  lineare  Construktion  des  zweiten  Fixpunkts  einer  in- 
direkten K  V,  von  der  der  eine  Fixpunkt  und  2  Paare  gegeben 
sind.  Aus  der  Bemerkung  ferner,  dass  die  genannten  Punkte 
3/,  M^  auch  die  Gegenpunkte  einer  indirekten  KV  sind,  die 
A  in  B'  und  B  in  A  überführt,  fliesst  eine  einfache  Construktion 
der  indirekten  KV,  die  zwei  gegebene  Paare  entsprechender 
Punkte  und  einen  vorgeschriebenen  Gegenpunkt  besitzt. 

n.   Funktfetder  und  complexe  Kreise. 

19.  Die  beiden  Büschel  von  Minimalgeraden  der  Ebene 
sind  definirt  durch  die  Gleichungen 

X  -\-  iy  =  const.  bezw.  x  —  iy  =^  const. 

Jede  Minimalgerade  enthält  einen  und  nur  einen  reellen 
Punkt.  Ist  nun  ein  beliebiger  complexer  Punkt  der  Ebene 
gegeben,  und  bedeuten  A,  B  die  reellen  Punkte  der  durch  ihn 
gehenden  Minimalgeraden  des  ersten  bezw.  zweiten  Systems, 
SO  nennen  wir  mit  E.  Laguerre^)  die  Punkte  AB  die  „reellen 
Repräsentanten**  jenes  complexen  Punktes  und  bezeichnen  den 

1)  Bull.  Soc.  Mat.  1  p.  241—248  (1873)  und  an  vielen  andern  Orten. 

1901.   SÜEungsb.  d.  math.-phys.  Gl.  2G 


382         Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  vom  9.  November  1901. 

letzteren  mit  [A  B] ;  offenbar  ist  [BÄ\  der  zu  [A  S]  conjupit 
imaginäre  Punkt,  [-^^]  der  reelle  Punkt  A.  Die  Repräsen- 
tanten eines  complexen  Punktes  mit  den  cartesischen  Coordi- 
naten  f ,  yj  haben  darnach  in  der  complexen  Zahlenebene  die 
Affixe  f  +  i ^  und  ^  —  iri\^)  umgekehrt  repräsentiren  zwei 
reelle  Punkte  mit  den  Affixen  z^  und  is^  den  complexen  Punkt 
mit  den  cartesischen  Coordinaten 

20.   Die  allgemeinste  direkte  complexe  Kreisverwandt- 
schaft wird  definirt  durch  die  Formeln: 


(1) 


a^  +  6     y  _(i^  -\r  ß 
'^  cis  +  d' 


die  allgemeinste  indirekte  complexe  K  V  durch  die  Gleichungen 
(2) 


az-Yh     ^,       az  +  ß 

z  = ,   z  =— 


worin  z,  z  z,  7  bezw.  die  Bedeutung 

X  +  iy,  X  -f  iy\  x  —  iy,  x  —  iy 

haben  und  die  x^  y,  x\  y  nunmehr  auch  beliebige  complexe 
Werte  annehmen  sollen ;  eine  direkte  (indirekte)  K  V  ver- 
wandelt also  jede  Minimalgerade  in  eine  Minimalgerade  des- 
selben (des  andern)  Systems. 

Setzt  man  in  (1)  bezw.  (2)  für  a,  ß^  y,  d  die  Werte  ä,  6,  c,  Ä 
so  erhält  man  die  allgemeinste  direkte  bezw.  indirekte  reelle 
iC  F  in  einer  Form,  die  sich  auch  auf  die  complexen  Punkte 
der  Ebene  erstreckt;  man  erkennt  jetzt  unmittelbar  folgendes: 
Transformirt  eine  reelle  KV  den  reellen  Punkt  A  in  An 
B  in  B^  so  verwandelt  sie  den  complexen  Punkt  [AB^  in 
[A  B']  oder  [B  A']^  je  nachdem   sie  direkt  oder  indirekt  ist. 

Den  complexen  Punkt  [A  B\  der  vermöge  einer  com- 
plexen K  V  dem  Punkt  [ J.  JB]  entspricht,  findet  man  folgender- 

*)  ä  bedeutet  den  conj.  imaginären  Wert  zu  a. 


J&.  V,  Weher:  Kreisverwandtschaften,  383 

massen :  Ist  die  K  V  direkt,  und  bedeuten  ^,  ^  die  direkten 
reellen  Verwandtschaften,  die  bezw.  durch  die  beiden  Formeln 
(1)  definirt  werden,  wenn  man  5,  2'  durch  e^  7  ersetzt,  so  gilt 
die  Beziehung 

Ist  die  K  V  dagegen  indirekt,  und  bezeichnen  jetzt  ^,  ^' 
die  beiden  indirekten  reellen  K  V  (2),  so  hat  man : 

21.  Ist  eine  indirekte  reelle  Kreisverwandtschaft  Q 

(3)  /  =  ?1±^ 

cz  -\-  d 

vorgelegt,  so  betrachten  wir  jedes  Paar  entsprechender  Punkte 
derselben  als  die  Repräsentanten  eines  complexen  Punktes  x^  y\ 
der  Ort  dieser  oo^  complexen  Punkte  ^)  ergibt  sich  durch  Elimi- 
nation von  jS',  z   aus  der  Gleichung  (3)  und  den  folgenden: 

X  -{-  iy  =^  Zy  X  —  iy  =^  z 
in  der  Form: 

(4)  c  (x^  +  y^)  +  d(x  —  iy)  —  ä(x-i-iy)  —  b:=  0, 

ist  also  ein  complexer  Kreis,*)  den  wir  einfach  den  „Kreis  Q** 
nennen  wollen;  er  ist  dann  und  nur  dann  reell,  wenn  Q  eine 
Inversion  bedeutet;  sein  conjugirt  complexer  ist  der  Kreis  Q■'^ 
Natürlich  entspricht  auch  jedem  complexen  Kreis  eine  ganz 
bestimmte  indirekte  reelle  KV. 

22.  Wollen  wir  für  die  direkten  reellen  K  V  eine  analoge 
Interpretation  gewinnen,  so  sind  wir  zur  Heranziehung  eines 
neuen  geometrischen  Begriffs^)   genötigt.     Die    oo*    complexen 


*)  Die  Bezeichnung  od"  bezieht  sich  im  Folgenden  stets  auf  die 
Anzahl  v  der  wesentlichen  reellen  Parameter  eines  Gebildes;  es  gibt 
also  00*  complexe  Punkte  der  Ebene,  co^  reelle,  00^2  complexe  KV  etc. 

2)  Vgl.  auch  fi.  Laguerre  a.  a.  0.  p.  247. 

')  Analoge  Begriffsbildungen  für  die  Zwecke  der  projektiven  Geo- 
metrie finden  sich  schon  bei  C.  Juel,  Diss.  Kopenhagen  1885,  Acta 
Math.  14  p.  1—30,  und  C.  Segre,  Atti  Acc.  Torino  t.  25  p.  27G,  430; 
t.  26  p.  35,  592  (1889-91). 

26* 


384         Sitzung  der  matK-phys.  Classe  vom  9,  November  19Ö1, 

Punkte  nämlich,  die  durch  die  Paare  einer  direkten  reellen 
jBT  F  repräsentirt  werden,  genügen  der  Gleichung: 

(5)  '^^y-'fV'Ml- 

"^       c{X'\-iy)+d 

Sowie  man  nun  die  oo*  complexen  Punkte,  die  durch  eine 
Gleichung  der  Form 

f{x^  y)  =  0  oder  (p(x  -\-  iy,  x  —  iy)  =  0 

definirt  werden,  als  eine  „Curve"  bezeichnet,  ebenso  nennen 
wir  den  InbegriiBF  aller  complexen  Punkte  x^  y,  die  einer  Re- 
lation der  Form 


(p{x  +  iy,  x  —  iy)  =  0 

genügen,  ein  „Punkt feld**,  insbesondere  ein  circulares,  wenn 
diese  Gleichung  die  Form  (5)  hat;  doch  wollen  wir  der  Kürze 
halber  das  Wort  Punktfeld  stets  in  diesem  speziellen  Sinne 
gebrauchen. 

Jeder  direkten  reellen  KV  entspricht  so  ein  ganz  be- 
stimmtes Punktfeld,  und  umgekehrt;  der  identischen  Trans- 
formation insbesondere  ist  das  Feld  der  reellen  Punkte 


X  —  iy  z=  X  -{-  iy 

zugeordnet.  Da  das  reelle  Punktfeld  genau  oo®  Kreisverwandt- 
schaften gestattet,  nämlich  alle  reellen,  so  können  die  Punkt- 
felder der  Ebene,  wie  man  leicht  erkennt,  auch  definii-t  werden 
als  der  Inbegriff  der  oo®  Lagen,  die  das  reelle  Punktfeld  bei 
beliebiger  complexer  K  V  annimmt. 

Das  Doppelverhältnis  von  4  reellen  Punkten  der  Ebene 
ist  gleich  demjenigen  der  4  von  ihnen  auslaufenden  Minimal- 
strahlen des  ersten  Systems,  und  gleich  dem  conjugirten  Wert 
des  Doppelverhältnisses  der  4  durch  sie  gehenden  Minimal- 
geraden des  zweiten  Systems.  Demnach  lässt  sich  die  Eigenart 
der  Punktfelder  und  complexen  Kreise  auch  so  aussprechen: 
Bezieht  man  die  beiden  Büschel  von  Minimalgeraden  projektiv 
aufeinander,  d.  h.  so,  dass  je  4  Strahlen  des  ersten  Büschels 
dasselbe   Doppelverhältnis   haben  wie    die   entsprechenden   des 


E,  V,  Weher:  Kreisverwandtschaften.  385 

zweiten,  so  schneiden  sich  entsprechende  Strahlen,  wie  be- 
kannt, in  den  Punkten  eines  complexen  Kreises;  bezieht  man 
aber  die  zwei  Büschel  „conjugirt-projektiv",  nämlich  so,  dass 
die  Doppelverhältnisse  entsprechender  Quodrupel  conjugirte 
Werte  haben,  so  ist  das  Erzeugnis  ein  Punktfeld.  Bemerken 
wir  noch,  dass  das  Doppelverhältnis  von  4  Punkten  [ÄiBi] 
eines  complexen  Kreises  gleich  dem  Doppel  Verhältnis  der  4 
reellen  Punkte  Ä^  Ä^  A^  Ä^  oder  gleich  dem  conjugirten  Wert 
des  Doppelverhältnisses  (JBj  B^  B^  BJ  zu  setzen  ist. 

Ein  Punktfeld  oder  ein  complexer  Kreis  artet  dann  und 
nur  dann  in  ein  Paar  von  Minimalgeraden  aus,  wenn  die  zu- 
gehörige KV  singulär  ist;  die  singulären  Punkte  der  letzteren 
sind  die  reellen  Punkte  jener  beiden  Minimalgeraden. 

23.  Unter  der  „Inversion  an  dem  complexen  Kreis  Q" 
verstehen  wir  diejenige  involutorische  indirekte  KV,  die  alle 
Punkte  des  Kreises  Q  einzeln  fest  lässt;  sie  hat  die  Form 

—  dz  -\-h     ^,       äz  -\'h 


z  = :  z 


—  1 


c2  —  a  cz  -\-  d 

wenn  Q  selbst  durch  (3)  definirt  ist.  Der  dem  Punkt  [-4JB] 
hinsichtlich  des  Kreises  Q  inverse  Punkt  [^'JB']  wird  also 
nach  der  Vorschrift 

Ä{Q}B;  Ä'{€i}B 

gefunden;  einem  reellen  Punkte  A  entspricht  demnach  der- 
jenige complexe,  dessen  Repräsentanten  dem  A  rückwärts 
bezw.  vorwärts  entsprechen,  mit  andern  Worten:  das  reelle 
Punktfeld  verwandelt  sich  durch  Spiegelung  an  dem  complexen 
Kreise  Q  in  das  Punktfeld  Q*.  Ist  Q  hyperbolisch,  so  bleiben 
bei  der  Inversion  an  Q  zwei  reelle  Punkte  fest,  nämlich  die 
Fixpunkte  von  Q;  ist  O  elliptisch,  so  gibt  es  zwei  reelle  Punkte, 
die  sich  vermöge  jener  Inversion  entsprechen :  die  Gegenpunkte 
von  Q. 

Sind  die  Punkte  M,  N'  durch  die  Angaben 


386         Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  vom  9,  November  1901. 

definirt,  so  ist  der  Punkt  [J^f  ^']  der  inverse  zu  dem  Punkte  x, 
d.  h.  also  das  Centrum  des  Kreises  Q,  und  man  bestätigt  leicht,^) 
dass  sein  Abstand  von  allen  Punkten  des  Kreises  constant  ist 
Von  der  „Spiegelung  an  einem  Punktfeld",  die  der  In- 
version an  einem  complexen  Kreise  analog  ist,  soll  in  §  lY  die 
Rede  sein. 

24.  Sind  ^,  Q  zwei  Punktfelder  oder  zwei  complexe  Kreise, 
also  die  Kreisverwandtschaften 

beide  direkt,  bezeichnen  wir  ferner  mit  AB  bezw.  A' If  die 
Fixpunkte  von  9t  bezw.  ST,  so  hat  man 

(6)  AB{^}A'B;    AB{0}A'B, 

und  es  sind  AA  und  BB  die  einzigen  Paare  entsprechender 
Punkte,  die  den  beiden  gegebenen  Verwandtschaften  ^,  C  ge- 
meinsam sind,  also  [--1^1']  und  [^BB"]  die  Schnittpunkte  der 
gegebenen  Punktfelder  bezw.  Kreise.  Sind  femer  ^,  Q  zwei 
Punktfelder,  so  entspricht  dem  Punkte  [-4^J  bezw.  [5-^4]  so- 
wohl in  ^  als  auch  in  Q  der  Punkt  [A  J?']  bezw.  [B'  A']  und 
es  sind  dies  die  einzigen  complexen  Punkte,  die  durch  Sß  auf 
gleiche  Art  transformirt  werden  wie  durch  Q.  Bedeuten  %  C 
complexe  Kreise,  so  gilt  analoges,  nur  dass  jetzt  \_A  B]  sowohl 
durch  ^^  als  durch  Q  in  [B' A]  und  ebenso  [BA']  in  [A' B'] 
übergeführt  wird. 

Ist  9i  und  infolgedessen  auch  9f  parabolisch,  also  A  mit  B 
und  A  mit  B'  identisch,  so  sagen  wir,  die  Punktfelder  bezw. 
Kreise  ^,  Q  berühren  sich  im  Punkte  [A  A], 

25.  Es  bedeute  jetzt  ^  ein  Punktfeld,  Q  einen  complexen 
Kreis;  dann  sind  9t  und  9t'  indirekte  KV,  und  zwar  beide 
hyperbolisch  oder  beide  elliptisch;  von  dem  Fall,  dass  sie  In- 
versionen darstellen,  wollen  wir  vorläufig  absehen. 

Sind  die  Verwandtschaften  9t,  9t'  hyperbolisch,  so  gilt  für 
ihre  Fixpunkte  uiB  bezw.  AB  wieder  die  Beziehung  (6), 
also  schneidet  das  Punktfeld  "^  den  Kreis  Q  in  zwei  Punkten 

')  E.  Laguerre  a.  a.  0.  p.  247, 


E.  V,  Weber:  Kreisverwandtschaften,  387 

[^-4']  und  [JBjB'],  d.h.  AA\  BB'  sind  die  gemeinsamen 
Paare  von  ^  und  Q.  Dagegen  gibt  es  jetzt  kein  Paar  com- 
plexer  Punkte,    die   sich  sowohl  in  ^  als  in  Q  entsprächen. 

Sind  9t,  9f  elliptisch,  und  AB,  Ä B'  ihre  Gegenpunkte, 
so  sind  AA'  und  BB'  Paare  von  %  AB'  und  BÄ  Paare 
von  Q  und  es  gibt  keine  andern  vier  Punkte  dieser  Eigen- 
schaft. ^  und  Q  haben  jetzt  kein  reelles  Punktepaar  gemein- 
sam, und  das  Punktfeld  schneidet  den  Kreis  überhaupt  nicht. 
Dagegen  existiren  nunmehr  zwei  complexe  Punkte  [-4jB],  [£^], 
die  von  ^  und  Q  in  derselben  Weise,  nämlich  in  [^' jB]  bezw. 
[J5 \4']  transformirt  werden. 

Für  den  Fall,  dass  9t,  9t'  parabolisch,  also  A  mit  Ä  und 
^  mit  JB'  identisch  sind,  sagen  wir  wiederum:  das  Punktfeld  ^ 
berührt  den  Kreis  Q  im  Punkte  [^^']. 

Versteht  man  im  Vorigen  unter  ^  das  reelle  Punktfeld, 
so  entspringt  die  schon  aus  Nr.  15  bekannte  Thatsache:  Der 
Kreis  Q  enthält,  jenachdem  Q  hyperbolisch  oder  elliptisch  ist, 
zwei  reelle  Punkte  (die  Fixpunkte)  oder  zwei  conjugirt  imaginäre 
Punkte,  die  durch  die  Gegenpunkte  von  Q  repräsentirt  werden. 

26.  Besitzt  die  eine  der  Transformationen  9t,  9t  der  Nr.  24 
und  infolgedessen  auch  die  andere  die  Periode  zwei,  so  nennen 
wir  die  Kreisverwandtschaften  %  Q  und  ebenso  die  zugeord- 
neten Punktfelder  resp.  Kreise  „orthogonal**  oder  „har- 
monisch*)**; z.  B.  werden  die  Möbiusinvolutionen  und  die  In- 
versionen aus  der  Gesamtheit  der  reellen  K  V  dadurch  aus- 
geschieden, dass  sie  zu  dem  reellen  Punktfeld  harmonisch  liegen 
sollen.  Die  harmonische  Beziehung  soll  uns  in  §  IV  ausführ- 
lich beschäftigen;  hier  betrachten  wir  nur  den  Fall,  dass  ^ 
ein  Punktfeld,  Q  einen  Kreis,  also  9t,  9t  Inversionen  bedeuten. 
Sind  die  Kreise  der  letzteren,  die  wir  mit  ÜT,  K'  bezeichnen, 
beide  einteilig,  und  ABC , ,  Punkte  der  Peripherie  von  K, 
ferner  Ä  B'  C' ,  .  die  ihnen  vermöge  ^  entsprechenden  Punkte, 
so  liegen  die  letzteren  auf  K'  und  es  sind  A  A\  B  B  , ,  auch 
Paare   von   Q.     Die   Peripherien    von    K  und  K    werden    also 

1)  Nach  H.  Wiener,  Lpz.  Ber.  42  (1890)  p.  262. 


388         Sitzung  der  math.-phys.  Glosse  vom  9,  November  1901. 

durch  ^  und  Q  in  derselben  Weise  projektiv  bezogen;  diese 
K  V  haben  sonach  oo^  Paare  reeller  entsprechender  Punkte 
gemein,  mit  andern  Worten:  das  Punktfeld  Sß  schneidet  den 
Kreis  Q  in  oo*  complexen  Punkten.  Die  von  letzteren  ge- 
bildete Mannigfaltigkeit  bezeichnet  man  passend  als  eine  „Kreis- 
spur"; eine  solche  entsteht  aus  den  oo*  reellen  Punkten  eines 
einteiligen  Kreises  durch  beliebige  complexe  KV. 

Sind  die  Kreise  der  Inversionen  %  SR'  nuUteilig,  so  hat 
das  Punktfeld  ^  mit  dem  Kreis  Q  keinen  Punkt  gemein. 

Bedeuten  A,  B  zugeordnete  Punkte  der  Inversion  9t,  femer 
AB'  die  ihnen  in  ^  entsprechenden  Punkte,  so  hat  man 

AB{^}B'  Ä, 

und  AB'  ist  ein  Paar  der  Inversion  9t',  also  wird  der  com- 
plexe Punkt  [AB^  sowohl  durch  ^  als  durch  Q  in  den  Punkt 
[^JB]  übergeführt.  Die  reellen  Kreise  K^K'  sind  demnach 
so  aufeinander  bezogen,  dass  nicht  nur  ihre  etwaigen  reellen, 
sondern  auch  ihre  oo*  complexen  Punkte  sich  vermöge  ^  und  C 
in  derselben  Weise  entsprechen,  und  man  erhält  auf  diese 
Weise  offenbar  auch  alle  Paare  entsprechender  complexer 
Punkte,  die  den  Verwandtschaften  ^  und  Q  gemeinsam  sind. 
Sind  die  Kreise  JST,  K'  identisch,  so  bleibt  K  vermöge  ^  und  C 
invariant,  ^  ist  also  zweispiegelig,  K  ein  Bahnkreis  von  i? 
und  Q  =  9t^  =  ^9t. 

III.    Vertauschbarkeit  und  Inversibilität  der 
Kreisverwandtschaften. 

27.    Die   reellen  Kreis  Verwandtschaften  ^,  Q    heissen  ver- 
tauschbar, wenn  sie  der  Gleichung 

(1)  ^Q^-i  =  O  oder  ^Q  =  Q^ 

genügen;    wir  sagen   ferner,    Q  ist  durch  ^  »inversibel**  oder 
„^P  invertirt  Q",  wenn  die  Beziehung 

(2)  ^Q^-^  =  Q-i 

gilt.     Ist  ^  eine  direkte  K  F.  so  führt  sie  das  Punktfeld  (bezw. 
den  Kreis)  Q  unter  der  ersten  Annahme   in    sich,    unter   der 


E.  V,  Weher:  Kreisverwandtschaften,  389 

zweiten  in  das  conjugirte  Gebilde  über;  ist  dagegen  ^  indirekt, 
so  findet  das  Umgekehrte  statt.  Ein  Punktfeld  (oder  Kreis) 
d  gestattet  also  dann  und  nur  dann  die  indirekte  Transforma- 
tion ^,  wenn  Q  durch  ^  inversibel  ist. 

Im  vorigen  Paragraphen  haben  wir  die  Wirkung  reeller 
Kreisverwandtschaffcen  auf  complexe  Punkte  untersucht;  hier 
soll  ihre  Wirkung  auf  complexe  Kreise  und  Punktfelder  studirt 
werden,  d.  h.  wir  bestimmen  erstens  alle  Kreisverwandtschaften, 
die  ein  gegebenes  Punktfeld  oder  einen  complexen  Kreis  in- 
variant lassen,  bezw.  in  das  conjugirte  Gebilde  überführen, 
zweitens  alle  Punktfelder  und  complexen  Kreise,  die  bei  einer 
gegebenen  KV  invariant  bleiben  oder  in  das  conjugirte  Ge- 
bilde übergehen.  Dazu  brauchen  wir  nur  alle  Fälle  aufzu- 
zählen, in  der  die  Relation  (1)  oder  (2)  stattfindet. 

28.  Soll  ^  mit  Q  vertauschbar  sein,  so  muss  ^  jedes  Paar 
entsprechender  Punkte  von  Q  wieder  in  ein  solches  Paar  über- 
führen. Ist  nun  ^  eine  direkte  -BT  F,  Q  eine  indirekte  hyper- 
bolische K  V,  so  muss  ^  die  Fixkreise  -t,  ti'  und  ebenso  die 
Fixpunkte  M^  M^  von  Q  entweder  vertauschen  oder  festlassen. 
Bedeutet  jetzt  ÄÄ  ein  auf  n  liegendes  Paar  von  Q  und  hat 
man  AÄ  {^}BB\  so  liegen,  wenn  ^  die  Fixkreise  nn  ver- 
tauscht, die  Punkte  BB'  auf  dem  Kreise  n.  Blieben  nun  die 
Punkte  üfj  üfg  bei  ^  fest,  so  wären  die  reellen  Doppel  Verhältnisse 

(3)  {AÄ  M,M;),  (BB'M^M,) 

nach  Nr.  17  sowohl  gleich  als  entgegengesetzt,  was  nicht  mög- 
lich ist.  Würden  andererseits  M^  und  M^  durch  ^  vertauscht, 
so  wären  jene  Doppelverhältnisse  sowohl  reciprok  als  entgegen- 
gesetzt, was  ebenfalls  nicht  stattfinden  kann.  Also  muss  ^  die 
Fixkreise  von  Q,  aber  auch  die  Fixpunkte  31^  M^  stehen  lassen; 
denn  andernfalls  wären  die  Doppelverhältnisse  (3)  gleich  und 
reciprok,  also  harmonisch,  d.  h.  Q  wäre  eine  Inversion.  Um- 
gekehrt, lässt  Sß  die  Fixkreise  und  Fixpunkte  von  Q  in  Ruhe, 
so  führt  sie  Q  in  sich  über. 

Ist  Q  eine  indirekte  elliptische  KV,  so  weiss  man  von 
vorneherein,    dass  ^   den   einteiligen  Fixkreis  Ji   von   Q   fest- 


390         Sitzung  der  maihrphys.  Classe  vom  9.  November  1901. 

lassen  muss,  und  erkennt  ähnlich  wie  oben,  dass  auch  die 
Gegenpunkte  von  Q  bei  ^  festbleiben,  da  Q  andernfalls  eine 
Inversion  wäre.  Also  findet  man  schliesslich :  Die  direkten  K  F, 
die  eine  allgemeine  indirekte  Kreisverwandtschaft  Q  in  sich 
überführen,  bilden  eine  eingliedrige  Gruppe^)  zweispiegeliger 
Verwandtschaften,  deren  Bahnkreisbüschel  die  Fixkreise  von  C 
enthält. 

29.  Sollen  die  indirekten  Kreisverwandtschaffcen  ^',  Q  ver- 
tauschbar sein,  so  muss  ^',  falls  Q  zwei  einteilige  Fixkreise 
TT,  7t\  also  reelle  Fixpunkte  üf,  M^  besitzt,  diese  Kreise  ver- 
tauschen oder  festlassen.  Ersteres  ist  aber  ausgeschlossen; 
denn  sind  ÄÄ'  wieder  entsprechende  auf  n  gelegene  Punkte 
von  Q  und  hätte  man 

ÄÄ'  M,  M^  {^'}  BB'  M,  31^  oder  ÄÄ  M,  M^  {^'}  BB'  Jtf,  Jlf,, 

so  dass  B  und  B'  auf  n  liegen,  so  gäbe  es  auch  eine  direkte 
KV^  die  dasselbe  leisten,  also  Q  ebenfalls  in  sich  überführen 
würde,  was  nach  der  vorigen  Nr.  nicht  möglich  ist.  Darnach 
hat  %'  mit  Q  die  Fixkreise  gemein,  entsteht  also  aus  einer 
Kreis  Verwandtschaft  ^  der  oben  definirten  eingliedrigen  Gruppe 
durch  Multiplikation  mit  der  Inversion  «7bezw.  J\  die  n  bezw. 
71  zur  Direktrix  hat.  Da  aber  das  Produkt  JJ*  oder  J*J 
selbst  jener  eingliedrigen  Gruppe  angehört,  ferner  J  und  «T 
mit  allen  Transformationen  derselben  vertauschbar  sind,  so 
lassen  sich  die  indirekten  KV^  die  Q  in  sich  überführen,  auf 
jede  der  4  Arten 

(4)  J%J'%'<^J,^J' 

schreiben,  worin  ^  die  co  ^  Transformationen  jener  eingliedrigen 
Gruppe  durchläuft,  und  ganz  dasselbe  gilt  oflFenbar  auch  für 
den  Fall,  dass  n  nullteilig,  also  Q  elliptisch  ist.  Natürlich 
ist  O  selbst  in  der  Schaar  (4)  enthalten. 

J  und  J'  sind  offenbar  die  einzigen  Inversionen,  die  C  in 
sich  überführen ;  man  kann  daher  die  Fixkreise  einer  indirekten 


^)  Vgl.  hierüber  Klein-Fricke  a.  a.  0. 


E.  v.  Weher:  Kreisverwandtschaften,  391 

K  V  Q   auch   als   die  Potenzkreise    der   complexen   Kreise  Q 
und  Q~^  bezeichnen. 

30.  Die  Annahme,  dass  Q  eine  Inversion  bedeutet,  erledigt 
sich  sehr  einfach;  es  genügt,  das  Resultat  auszusprechen:  Die 
direkten  K  F,  die  mit  der  Inversion  Q  vertauschbar  sind,  bilden 
eine  dreigliedrige  Gruppe,  bestehend  aus  allen  elliptischen 
Transformationen,  deren  Fixpunkte  hinsichtlich  Q  invers  sind; 
ist  Q  einteilig,  so  gibt  es  noch  eine  zweite  dreigliedrige 
Gruppe  dieser  Art,  bestehend  aus  den  hyperbolischen  Trans- 
formationen, deren  Fixpunkte  auf  dem  Kreis  Q  liegen.  Die 
indirekten  mit  Q  vertauschbaren  Transformationen  entstehen 
aus  den  genannten  durch  vorherige  oder  nachherige  Multiplika- 
tion mit  Q. 

31.  Da  die  Vertauschbarkeit  zweier  KV  eine  reciproke 
Beziehung  ist,  so  haben  wir  durch  die  Entwickelungen  der 
Nr.  28  gleichzeitig  die  Aufgabe  erledigt,  alle  indirekten  Kreis- 
ver  wand  tschaften  ^  zu  bestimmen,  die  mit  einer  direkten  KV  Q 
vertauschbar  sind:  Gilt  die  Relation  (1)  und  bedeutet  Q  eine 
direkte,  ^  eine  indirekte  KV,  so  ist  1)  entweder  Q  hyper- 
bolisch, ^  eine  hyperbolische  indirekte  K  F,  die  mit  Q  die 
Fixpunkte  gemein  hat,  oder  eine  Inversion,  deren  einteilige 
Direktrix  die  Fixpunkte  von  Q  enthält,  oder  2)  Q  ist  eine 
elliptische  direkte,  ^  eine  elliptische  indirekte  KV,  die  die 
Fixpunkte  von  Q  zu  Gegenpunkten  hat,  im  Speziellen  eine 
Inversion,  die  die  Fixpunkte  von  Q  vertauscht. 

Eine  Möbiusinvolution  ist  darnach  mit  allen  indirekten 
KV  vertauschbar,  die  ihre  Fixpunkte  zu  Gegenpunkten  oder 
zu  Fixpunkten  haben. 

32.  Auch  der  noch  übrige  Fall  zweier  vertauschbarer 
direkter  Ä'F  erledigt  sich  aufs  leichteste:*)  Zwei  direkte  KV 
sind  dann  und  nur  dann  vertauschbar,  wenn  sie  entweder  die 
Fixpunkte  gemein  haben,  oder  wenn  sie  Möbiusinvolutionen 
sind,    von    denen  jede   die  Fixpunkte  der  andern  vertauscht.*) 

^)  C.  Segre,  Journ.  f.  Math.  100  p.  317-330. 

2)  Zwei  solche  Involutionen  sind  nach  Nr.  36  harmonisch ;  ihre  Fix- 
punkte liegen  ebenfalls  harmonisch. 


392         Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  vom  9.  November  1901, 

Die  Theorie  der  vertauschbaren  K  V  ist  damit  vollständig 
erledigt. 

33.  Etwas  umständlicher  ist  die  Diskussion  der  Gleichung 
(2);  wir  begnügen  uns  das  Resultat  mitzuteilen.  Damit  die 
Relation 

(2)  ^Q^-i  =  Q-i 

stattfinde,    ist   notwendig  und  hinreichend,    dass  einer  der  fd- 
genden  Fälle  realisirt  sei: 

1)  Q  ist  eine  direkte  KV^  %  eine  MöbiusinvolutioD,  die 
die  Fixpunkte  von  Q  vertauscht. 

2)  Q  ist  eine  direkte  elliptische  KV^  ^  eine  indirekte 
KV^  die  mit  Q  die  Fixpunkte  gemein  hat,  z.  B.  eine  Inrer- 
sion,  deren  Direktrix  die  Fixpunkte  von  Q  enthält. 

3)  Q  ist  eine  direkte  hyperbolische  KV^  ^  eine  indirekte 
K  V,  die  die  Fixpunkte  von  Q  zu  Gegenpunkten  hat,  i.  B. 
eine  Inversion,  die  die  Fixpunkte  von  Q  vei"tauscht. 

4)  Q  ist  eine  indirekte  K  V  mit  reellen  Fixpunkten  3/,  Mf 
^  eine  Möbiusinvolution,  deren  Fixpunkte  harmonisch  zu  Jf,  3^ 
auf  dem  einen  oder  andern  Fixkreis  von  G  liefjen. 

5)  C  ist  eine  indirekte  K  V  mit  reellen  Fixpunkten  J/,  J/^ 
^  eine  Inversion,   die  il/j  und  J/j  vertauscht. 

6)  Q  ist  eine  indirekte  K  V  mit  reellen  Gegenpunkten 
M^M^^  ^}5  eine  Möbiusinvolution,  deren  Fixpunkte  harmonisch 
zu  ü/j  J/g  auf  dem  einteiligen  Fixkreis  von  O  liegen. 

7)  Q  ist  eine  indirekte  K  V  mit  reellen  GegenpunkteD 
J/j  üig,  "^  eine  Inversion  an  einem  durch  M^  M^  gehenden  ein- 
teiligen Kreise. 

Der  Fall,  dass  Q  eine  Inversion  oder  Möbiusinvolution 
bedeutet,  ist  bei  dieser  Aufzählung  nicht  berücksichtigt,  da 
unter  dieser  Annahme  die  Gleichung  (2)  mit  (1)  identisch  wiri 

34.  Die  vollständige  Beantwortung  der  beiden  in  Nr.  27 
aufgeworfenen  Fragen  ergibt  sich  aus  den  Nrn.  28 — 33  durch 
leichte  Veränderung  des  Wortlauts;  wir  wollen  in  dieser  Rich- 
tung nur  noch  folgende  Thatsachen  hervorheben,  die  sich 
übrigens   leicht  auch  unmittelbar  verificiren  lassen:    Bei  einer 


E,  V.  Weher:  Kreisverwandtschaften.  393 

allgemeinen  direkten  KV  bleiben  überhaupt  keine  reellen 
oder  complexen  Kreise  invariant,  bei  einer  hyperbolischen 
bezw.  elliptischen  direkten  KV^  nur  diejenigen  oo'^  Kreise, 
die  die  Fixpunkte  von  ^  zu  Fix-  bezw.  Gegenpunkten  haben, 
bei  einer  indirekten  KV^  die  keine  Inversion  ist, .  nur  deren 
reelle  Fixkreise,  endlich  bei  einer  Inversion  ^  alle  Kreise, 
deren  Fixpunkte  auf  dem  Kreise  %  oder  deren  Gegenpunkte 
hinsichtlich  ^  invers  liegen. 

Durch  die  Entwickelungen  dieses  Paragraphen  ist  gleich- 
zeitig die  Aufgabe  gelöst,  alle  Transformationen  zu  finden, 
die  zwei  äquivalente  Kreisverwandtschaften  ^  und  *iß'  inein- 
ander überführen ;  ist  nämlich  Q  eine  bestimmte  K  F,  die  dies 
leistet,  so  erhält  man  die  allgemeinste  in  der  Form  9iQ  oder 
jQ$R',  wo  SR  bezw.  SR'  die  allgemeinste  KV  bedeutet,  die  ^ 
bezw.  ^'  invariant  lässt. 

lY.  Harmonische  und  associirte  Ereisverwandtschaften; 
Büschel  und  Halbbüschel  von  Punktfeldern  und  complexen 

Kreisen. 

35.  In  Nr.  26  nannten  wir  zwei  gleichartige  Kreisverwandt- 
schaften ^  und  Q  harmonisch,  wenn  ^  Q~^  und  infolgedessen 
auch  Q~^  ^  eine  Möbiusinvolution  ist.  Sind  ah  c  d  bezw. 
a  ß  y  d  die  Coefficienten  der  zu  ^  bezw.  O  gehörigen  linearen 
Transformationen  der  complexen  Variabein  ^,  so  lautet  die 
Bedingung  für  die  harmonische  Lage 

(1)  ad  —  by  —  cß  +  da  =  0; 

sie  zerlegt  sich  in  2  reelle  Gleichungen,  es  gibt  also  zu  einer 
gegebenen  KV  oo*  mit  ihr  gleichartige  harmonische  Kreis- 
verwandtschaften. 

Ist  dagegen  ^  eine  direkte,  Q  eine  indirekte  KV,  so  muss 
das  Produkt  ^Q"*  eine  Inversion  sein,  wenn  ^  und  Q  har- 
monisch liegen  sollen;  die  Bedingungen  hiefür  lauten: 


394         Sitzung  der  matK-phys,  Glosse  t?om  9.  November  1901. 

—  da  4- ßc    .    yb  —  ad        ^ 

\- =  0; 

yü  —  hc  ya  —  ac 

ßd  —  db     _  ßd—db 
yü  —  dc  ya  —  ac' 

was  mit  3  reellen  Gleichungen  äquivalent  ist;  es  gibt  also  zn 
einer  gegebenen  KV  co^  ungleichartige  harmonische  KV. 

Da  die  Bedingung  (1),  auf  2  complexe  Kreise  angewandt 
deren  Orthogonalität  ausspricht,  so  bezeichnen  wir  allgemein 
2  harmonische  K  V  als  orthogonal  und  die  Gesamtheit  der  x* 
zu  einer  KV  harmonischen  gleichartigen  KV   als    ein   Netz. 

Sind  die  Kreisverwandtschaften  %  Q  harmonisch  und  be- 
deutet ÄÄ  ein  Paar  von  %  während  die  Punkte  HJB   durch 
die  Angabe 
(2)  A{0}B\    B{Q}Ä' 

bestimmt  sind,  so  bilden  auch  B  und  B'  ein  Paar  von  f. 
Umgekehrt,  sind  die  KV  ^  und  Q  gleichartig  und  existirai 
in  ^  zwei  verschiedene  Paare  ää\  BB'  derart,  dass  Ai 
und  BÄ  Paare  von  Q  sind,  so  liegen  $  und  Q  harmonisch. 
da  ja  ^Q~^  die  Punkte  Ä,B  vertauscht. 

Bedeutet  ß»,  den  ersten,  S^  den  zweiten  singulären  Punkt 
einer  singulären  K  V  *iß,  so  ist  ^  zu  Q,  wie  man  leicht  er- 
kennt, dann  und  nur  dann  harmonisch,  wenn  /Sj,  S^  ein  Paar 
entsprechender  Punkte  von  Q  bedeuten. 

36.  Zwei  Möbiusinvolutionen  sind  dann  und  nur  dann 
harmonisch,  wenn  ihre  Fixpunkte  harmonisch  liegen,  zwei  In- 
versionen, wenn  die  zugehörigen  Kreise  sich  rechtwinklig 
schneiden;  eine  Möbiusinvolution  und  eine  Inversion,  wenn 
letztere  die  Fixpunkte  der  ersteren  entweder  vertauscht  oder 
festlässt.  In  allen  diesen  Fällen  sind  die  betreffenden  KT 
natürlich  auch  vertauschbar,  und  jede  ist  durch  die  andm 
inversibel. 

Soll  die  Möbiusinvolution  3  zu  der  KV  ^  harmonisch 
sein,  so  hat  man: 

3Q3  =  0-'; 


E.  V.  Weber:  Kreisverwandtschaften,  395 

nach  Nr.  33  folgt  also:  Eine  Möbiusinvolution  ist  dann  und 
nur  dann  zu  einer  direkten  KV  harmonisch,  wenn  sie  deren 
Fixpunkte  vertauscht;  jede  direkte  Ä'Fkann  also  auf  oo*-^  Arten 
als  Produkt  zweier  Möbiusinvolutionen  dargestellt  werden.^) 

Jede  indirekte  KV  bestimmt  oo^  zu  ihr  harmonische 
Möbiusinvolutionen;  sie  wurden  in  Nr.  33  unter  4)  und  6) 
angegeben. 

Zu  einer  direkten  hyperbolischen  (bezw.  elliptischen)  KV 
mit  den  Fixpunkten  (bezw.  Gegenpunkten)  M^M^,  die  keine 
Involution  ist,  gibt  es  oo^  harmonische  Inversionen,  deren  Kreise 
das  Büschel  mit  den  Grenzpunkten  (bezw.  Grundpunkten)  M^  M^ 
bilden;  zu  einer  Möbiusinvolution  gibt  es  zwei  Schaaren  von  oo^ 
harmonischen  Inversionen. 

Eine  indirekte  jK^FQ,  die  keine  Inversion  ist,  besitzt  oo^ 
zu  ihr  harmonische  Inversionen,  deren  Kreise  das  zu  den  Fix- 
kreisen von  Q  orthogonale  reelle  Büschel  bilden.  Sind  A^Ä 
ein  Paar  von  Q,  -M,  M^  die  Fixpunkte,  so  liegt  der  Punkt  B\ 
in  den  A  durch  eine  jener  oo^  Inversionen  übergeht,  auf  dem 
Kreis  ikf,  M^  -4,  ebenso  der  Punkt  jB,  in  den  Ä  durch  dieselbe 
Inversion  transformirt  wird,  auf  dem  Kreise  M^  M^  Ä ;  daraus 
folgt:  Schneidet  ein  beliebiger  durch  AÄ  gelegter  Kreis  den 
Kreis  M^M^  A  in  B\  den  Kreis  M^M^  A'  in  B,  so  ist  BB' 
ein  neues  Paar  von  Q.  Hieraus  ergibt  sich  eine  einfache  Con- 
struktion  der  Punkte,  die  einem  gegebenen  Punkte  -4  in  Q 
vor-  und  rückwärts  entsprechen,  und  zwar  gilt  das  Vorige 
auch  in  dem  Fall,  dass  die  Punkte  My^M^  conjugirt  imaginär, 
Q  also  elliptisch  ist. 

37.  Es  möge  hier  auf  diejenigen  Kreis  Verwandtschaften, 
die  zu  ihrer  inversen  harmonisch  sind,  also  eine  Gleichung  der 
Form  Q*  =  3  erfüllen,  und  allgemeiner  auf  die  Lösung  der 
Gleichung  Q*  =  9?,  wo  SR  eine  beliebig  gegebene  (natürlich 
direkte)  KV  bedeutet,  mit  ein  paar  Worten  eingegangen 
werden.  Soll  die  jBl  F  Q  direkt  sein,  so  hat  sie  mit  SK  die 
Fixpunkte  gemein,   und   ihre  Invariante  hat  einen  der  Werte 


^)  Vgl.  Segre  a.  a.  0. 


396         Sitzung  der  mathrphys,  Glosse  vom  9,  November  190 L 

+  Vx,  wo  X  diejenige  von  SR  bedeutet;  es  gibt  ako  2  ver- 
schiedene KV,  Q  und  Q',  der  genannten  BeschaflFenheit,  die 
vertauschbar  und  harmonisch  sind,  so  zwar,  dass  Q'Q""*  mit 
der  Fixpunktsinvolution  von  ^  identisch  ist.  Soll  insbeson- 
dere Q*  =  3  sein,  so  haben  Q  und  Q'  bezw.  die  Invarianten 

^•t  und  e*"T,  sind  also  elliptische  Transformationen  der  Periode  4. 
Bedeutet  andererseits  Q  eine  indirekte  KV,  so  muss  9J  zwei- 
spiegelig  sein.  Ist  9t  zunächst  hyperbolisch  und  seine  (reelle) 
Invariante  « >  0,  so  existirt  eine  Schaar  von  oo^  indirekten 
hyperbolischen  KV  obiger  Eigenschaft;  und  zwar  kann  man 
für  die  Fixkreise  von  Q  zwei  beliebige  orthogonale  Kreise  des 
Bahnkreisbüschels  von  ^  wählen,  während  die  Invariante  von 
Q  den  Wert  \\/>c\  besitzt.  Ist  zweitens  SR  elliptisch,  so  gibt 
es  stets  zwei  verschiedene  Schaaren  von  je  oo^  elliptischen  in- 
direkten KV,  die  die  Gleichung  Q*  ==  SR  erfüllen,  und  zwar 
kann  der  einteilige  Fixkreis  von  Q  innerhalb  des  Bahnkreis- 
büschels von  SR  beliebig  gewählt  werden,  während  die  Invariante 

von  Q  den  Wert  +60  hat,  wo  e'^  diejenige  von  SR  bedeutet, 
und  zwar  ist  jede  KV  der  ersten  Schaar  zu  jeder  der  zweiten 
harmonisch.  Insbesondere  gibt  es  also  auch  2  verschiedene 
Schaaren  von  Lösungen  der  Gleichung  Q*  =  3. 

38.  Nach  Nr.  35  haben  alle  Kreisverwandtschaften,  die 
dem  durch  Q  bestimmten  Netze  angehören  und  ein  gegebenes 
Paar  ÄA'  enthalten,  auch  das  Paar  BB'  gemein,  das  durch 
die  Formeln  (2)  definirt  wird.  Die  Punkttransformation,  welche 
jeden  complexen  Punkt  [^^'J  in  [BB']  verwandelt,  ist  natür- 
lich involutorisch  und  lässt  alle  Paare  von  Q  in  Ruhe;  für 
den  Fall,  dass  Q  eine  indirekte  KV  O,  bedeutet,  ist  sie  mit 
der  Inversion  an  dem  Kreise  Q  identisch.  Wenn  nun  Q  eine 
direkte  KV  vorstellt,  wollen  wir  jenen  Uebergang  als  die 
„Spiegelung  (oder  Inversion)  an  dem  Punktfeld  Q"  bezeichnen. 

Bedeuten  %  Q  zwei  indirekte  reelle  K  V  und  stehen  die 
reellen  Punkte  A  Ä  BB'  in  der  Beziehung 


E,  V.  Weber:  Kreisvertoandtschaften,  397 

so  nennen  wir  den  Uebergang  von  dem  Punkte  [-4-4.]  zu 
[BB  ]  eine  „uneigentliche  direkte  K  F" ;  sind  ^,  Q  zwei  direkte 
reelle  K  V,  und  hat  man 

Ä{Q}B',   Ä'{9}B, 

SO  heisst  die  Transformation,  vermöge  deren  der  Punkt  [-4.  -4.'] 
in  \^BB']  übergeht,  eine  „uneigentliche  indirekte  jBlF";  er- 
setzt man  ^  durch  Q"S  so  erhält  man  als  Spezialfall  die 
Spiegelung  an  dem  Punktfeld  Q.  Die  Spiegelung  an  dem 
reellen  Punktfeld  ist  also  nichts  anderes  als  der  Uebergang 
von  einem  complexen  Punkt  zu  seinem  conjugirt  imaginären. 
Eine  uneigentliche  direkte  (bezw.  indirekte)  K  V  entsteht 
demnach,  wenn  man  jedes  der  beiden  Büschel  von  Minimal- 
geraden conjugirt-projektiv  auf  sich  (bezw.  auf  das  andere) 
bezieht  und  dem  complexen  Schnittpunkt  zweier  Minimalgeraden 
den  Schnittpunkt  der  bezw.  entsprechenden  Minimalgeraden 
zuweist. 

39.  Sind  ^,  Q  zwei  gleichartige  reelle  K  V,  also  beide 
direkt  oder  beide  indirekt,  femer  ÄÄ\  BB'  ihre  gemeinsamen 
Paare,  so  bezeichnen  wir  den  Inbegriff  der  oo*  Kreisverwandt- 
schaften, die  mit  ^  und  Q  gleichartig  sind  und  die  Paare 
ää\  BB'  gemein  haben,  als  das  „Büschel  (^,  Q)**  und  zwar 
als  ein  „ Feldbüschel **  oder  „Kreisbüschel**,  je  nachdem  ^  und  Q 
direkt  oder  indirekt  sind.  Der  Definition  des  Büschels  können 
statt  ^  und  Q  irgend  zwei  verschiedene  Verwandtschaften  des 
Büschels  zu  Grunde  gelegt  werden.  Die  Punkte  [^  J.'],  [BB] 
heissen  die  Grundpunkte,  ferner  [.4  B'J  und  [jB-4J  die  Grenz- 
punkte des  Büschels.  Das  letztere  enthält  nur  zwei  singulare 
K  V;  ihre  singulären  Punkte  sind  Ä,  B'  bezw.  B^  Ä, 

Ein  reelles  Büschel,  das  also  zu  jeder  KV  gleichzeitig 
die  inverse  enthält,  entsteht,  wenn  entweder  A  mit  Ä  und 
B  mit  B'  identisch,  d.  h.  die  Grundpunkte  reell,  oder  wenn 
A  mit  B'  und  B  mit  Ä  identisch,  also  die  Grenzpunkte  reell 
werden.  Ein  reelles  Feldbüschel  insbesondere  besteht  entweder 
aus  00*  direkten  K  V  mit  gemeinsamen  Fixpunkten,  oder  aus 
00*  Involutionen,  die  ein  gemeinsames  Paar  enthalten. 

1901.  Sitznngsb.  d.  math.-phys.  Gl.  27 


398         Sitzung  der  math.'phys.  Glosse  vom  9.  November  1901. 

Ist  Ä  mit  B,  Ä  mit  jB'  identisch,  so  erhält  man  ein 
„Berührungsbüschel",  bestehend  aus  oo*  Kreisverwandtschaften, 
die  sich  im  Punkte  [-4J.']  berühren. 

Von  zwei  harmonischen  Punktfeldern  geht  nach  Nr.  38 
jedes  durch  Spiegelung  an  dem  andern  in  sich  über,  und 
analoges  gilt  auch  für  harmonische  Kreise.  Ist  also  die  KY 
^'  mit  ^  und  Q  gleichartig  und  harmonisch,  so  sind  die  Punkte 
[J^  J.']  und  [-BjB]  hinsichtlich  'iß'  invers,  ^'  enthält  also  die 
Paare  AÜ ^  BÄ'^  und  umgekehrt.  Es  gibt  demnach  oo*  Kreis- 
verwandtschaften, die  zu  allen  K  V  des  Büschels  C^,  Q)  har- 
monisch liegen;  sie  bilden  das  zu  letzterem  „adjungirte  Büschel*, 
das  [AB']  und  [-B^]  zu  Grundpunkten,  [^-4']  und  [BB] 
zu  Grenzpunkten  hat.  Das  adjungirte  Büschel  eines  Be- 
rührungsbüschels ist  wieder  ein  solches  und  hat  denselben 
doppelt  zählenden  Grundpunkt. 

40.  Um  diejenige  KV  ^'  des  zu  {%  Q)  adjungirten  Bü- 
schels zu  finden,  die  ein  gegebenes  Paar  (7,  C  enthält,  inver- 
tire  man  den  Punkt  [CC]  an  ^  und  Q,  wodurch  die  Punkte 
[DD']  und  [EE']  erhalten  werden;  dann  sind  CC\  DIT,  EE' 
3  Paare  von  ^'.  Ist  CC  ein  Paar  von  *iß,  so  invertire  man 
den  Punkt  [CG]  an  C,  wodurch  [EE'\  und  den  letzteren 
Punkt  an  ^,  wodurch  [FF]  entstehe;  dann  sind  CC\  EE\ 
FF  3  Paare  von  ^'.  Diese  Construktion  versagt  dann  und 
nur  dann,  wenn  ^  zu  Q  harmonisch  liegt,  weil  dann  auch 
das  Paar  EE'  in  ^  enthalten,  also  mit  FF  identisch  ist,  und 
es  bietet  sich  dann  die  weiter  unten  zu  erledigende  Aufgabe, 
eine  zu  ^  harmonische  gleichartige  KV  z\x  bestimmen,  die 
2  gegebene  Paare  von  ^  enthält.  Ist  endlich  C  C'  eines  der 
gemeinsamen  Paare  von  ^  und  Q,  etwa  mit  AÄ  identisch, 
so  muss  ^'  die  singulare  KV  sein,  deren  singuläres  Paar  A 
und  Ä  sind;  diese  KV  sowie  diejenige,  die  jB,  B'  zu  singu- 
lären  Punkten  hat,  sind  in  der  That  die  einzigen  singulären 
KV  des  zu  (^,  Q)  adjungirten  Büschels. 

Die  Construktion  derjenigen  KV^  die  einem  gegebenen 
Büschel  angehört  und  ein  gegebenes  Paar  enthält,    lässt   sich 


E.  V,  Weher:  Kreisverwandtschaften,  399 

auf  die  vorige  zurückführen,  indem  man  zunächst  zwei  be- 
liebige KV  des  adjungirten  Büschels  bestimmt. 

Die  Aufgabe,  eine  mit  Q  gleichartige  und  harmonische 
KV^'  zu  bestimmen,  die  zwei  gegebene  Paare  CC\  DD*  ent- 
hält, erledigt  sich  dadurch,  dass  man  durch  Inversionen  an  Q 
aus  den  gegebenen  Paaren  neue  ableitet;  diese  Construktion 
versagt  nur  dann,  wenn  jene  Paare  beide  auch  in  Q  enthalten 
sind.  In  diesem  Falle  ermittle  man  zunächst  zwei  beliebige 
K  F,  die  mit  Q  gleichartig  und  harmonisch  sind,  sowie  das 
Paar  CC  enthalten;  sie  gehören  zu  einem  Berührungsbüschel 
mit  dem  Grundpunkt  [CC].  Ferner  bestimme  man  zwei  be- 
liebige Ä'F  ^,,  Q,  des  dazu  adjungirten  Berührungsbüschels, 
sowie  diejenige  K  V  ^',  die  das  Paar  D  D  enthält  und  zu 
^,  und  Qj  harmonisch  ist.  Diese  letztere  Construktion  ist 
nunmehr  stets  ausführbar,  da  sich  ^^  und  Q,  so  wählen  lassen, 
dass  keine  derselben  das  Paar  DD   enthält. 

Um  schliesslich  diejenige  Kreisverwandtschaft  ^'  zu  be- 
stimmen, die  zu  drei  gegebenen  K  V:  ^,  Q,  9t  harmonisch  ist, 
verstehe  man  unter  CC  ein  beliebiges  Paar  von  SK,  ermittele 
nach  dem  Obigen  die  Kreisvei-wandtschaft  ©  des  Büschels 
C^J,  Q),  die  das  Paar  CC  enthält,  und  suche  das  zweite  ge- 
meinsame Paar  DD'  von  $R  und  ®.  Dann  sind  die  Punkte 
[CC]  und  [DD']  hinsichtlich  ^'  invers,  d.  h.  CD'  und  DC' 
sind  Paare  von  ^',  und  man  findet  auf  diesem  Wege  beliebig 
viele  Paare  der  gesuchten  KV, 

Wir  bemerken  noch,  dass  alle  in  dieser  Nr.  behandelten 
Aufgaben  lediglich  lineare  Construktionen  erfordern. 

41.  Es  sei  ein  Büschel  mit  den  Grundpunkten  [-4  J['],  [jBJB'] 
gegeben ;  bedeutet  ^  eine  beliebige  K  V  desselben,  so  kann  die 
allgemeinste  K  V  des  Büschels   in   jeder    der   beiden   Formen 

(3)  Q  =  SR^;   0  =  ^9r 

geschrieben  werden,  worin  5)t  (bezw.  9?)  das  reelle  Büschel 
der  00*  direkten  K V  mit  den  Fixpunkten  A B  (bezw.  Ä B) 
durchläuft;  die  allgemeinste  Transformation  Q'  des  adjungirten 
Büschels  kann  dann  auf  folgende  beide  Arten  dargestellt  werden : 

27* 


400         Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  vom  9,  November  1901, 

(4)  Q'  =  3?;   Q'  =  $3'; 

dabei  durchläuft  3  alle  Möbiusinvolutionen,  die  das  Paar  AB 
enthalten,  d.  h.  zur  Fixpunktsinvolution  von  G^"*  harmoniscli 
sind,  ebenso  3'  alle  Möbiusinvolutionen,  die  das  Paar  AB' 
enthalten.  Nach  (3)  haben  alle  Kreisverwandtschaften  ^  des 
Büschels  (^,  Q)  die  Eigenschaft,  jede  K  V  des  .reellen  Feld- 
büschels 9t  in  eine  KV  des  Büschels  SR'  zu  transformiren, 
welch  letztere  immer  dieselbe  ist,  wie  auch  ^  innerhalb  des 
Büschels  (^,  O)  gewählt  sein  mag.  Insbesondere  wird  die  In- 
volution 3  mit  den  Fixpunkten  AB  m  ^'  verwandelt;*)  diese 
Wirkung  haben  aber  auch  alle  K  V  des  adjungirten  Büschels. 
Umgekehrt  gibt  es  stets  zwei  adjungirte  Feldbüschel  und 
zwei  adjungirte  Kreisbüschel  derart,  dass  alle  ihnen  an- 
gehörenden KV  zwei  vorgegebene  Möbiusinvolutionen  in- 
einander überführen. 

Die  Entwickeln ngen  dieser  Nr.  gelten  in  leicht  ersicht- 
licher Weise  auch,  wenn  A  mit  JB,  Ä  mit  B'  identisch  ist, 
d.  h.  wenn  es  sich  um  ein  Berührungsbüschel  handelt. 

42.  Bedeutet  ^  eine  direkte  K  V  mit  den  Fixpunkten 
JUTj  M^ ,  die  in  dem  Feldbüschel  (^,  Q)  mit  den  Grundpunkten 
[ÄÄ]^  [^BIJ']  enthalten  ist,  so  entsprechen  sich  Jltf^  und  M^ 
vermöge  der  im  adjungirten  Büschel  vorkommenden  Involu- 
tion j,  die  durch  die  Paare  AB\  BÄ  definirt  ist;  umgekehrt, 
bilden  M^M^  ein  Paar  von  j,  so  gibt  es  in  dem  Feldbüschel 
(^^,  Q)  stets  eine  und  nur  eine  direkte  K  V  mit  den  Fii- 
punkten  M^  M^. 

Der  erste  Teil  dieser  Behauptung  folgt  daraus,  dass  j  zu  "f 
harmonisch  ist,  also  die  Fixpunkte  von  ^  vertauscht,  der  zweite 
aus  der  Beziehung 

M.M^AÄ  {\)  M^M.B'B, 


1)  Nur  wenn  $,  C  harmonisch  sind,  gibt  es  mehr  als  ein  Pmt 
3,3',  so  dass  gleichzeitig  $3?-^  =  3'  =  C30-1,  und  zwar  bedeutet 
hier  3  *^i»^  ^'.u  ß5ß-^  3'  eine  zu  $-^D  harmonische  Involution;  für 
den  Inhalt  dieser  Nr.  vgl.  übrigens  C.  Segre  a.  a.  0. 


E,  V.  Weber:  Kreisverwandtschaften,  401 

welche  lehrt,  dass  das  Doppelverhältnis  ( Jf,  M^  Ä  Ä)  gleich 
{M^M^BB)  ist.  Natürlich  sind  ebenso  die  Fixpunktepaare 
der  K  V  des  adjungirten  Feldbüschels  mit  den  Paaren  der- 
jenigen Involution  i  identisch,  die  Ä  mit  Ä'  und  B  mit  B' 
vertauscht. 

In  einem  Feldbüschel  gibt  es  nach  dem  Gesagten  nur  zwei 
parabolische  Verwandtschaften;  ihre  doppelt  zählenden  Fix- 
punkte  coincidiren    bezw.   mit  den   beiden  Fixpunkten   von   j. 

Für  den  Fall  eines  reellen  Büschels  und  eines  Berührungs- 
büschels wird  die  obige  Schlussweise  natürlich  hinfallig;  doch 
bedarf  nur  der  zweite  dieser  Fälle  einer  nähern  Erläuterung. 
Es  handelt  sich  hier  darum,  die  in  den  beiden  adjungirten 
Büscheln  enthaltenen  Möbiusinvolutionen  t,  j  zu  construiren. 
Sei  also  ein  Berührungsbüschel  gegeben  durch  den  doppelt 
zählenden  Grundpunkt  [-4-4'J  und  eine  direkte  KV  ^,  die  das 
Paar  J. -4'  und  die  Fixpunkte  M^M^  besitzt.  Da  j  zu  ^  har- 
monisch ist  und  gleichfalls  das  Paar  AÄ  enthält,  so  liegen 
die  Fixpunkte  CG'  von  \  zu  M^M^  und  zu  AÄ  gleichzeitig 
harmonisch,  sind  also  eindeutig  festgelegt.  Die  Involution  i 
ist  dann  dadurch  definirt,  dass  ihre  Fixpunkte  zu  AÄ  und  zu 
C  C  harmonisch  sind.  Ist  das  Berührungsbüschel  reell,  also 
A  mit  Ä  identisch,  so  coincidiren  i  und  \  in  die  singulare 
Involution  mit  dem  singulären  Punkt  -4,  d.  h.  jeder  beliebige 
Punkt  der  Ebene  bildet  mit  A  zusammen  das  Fixpunktepaar 
je  einer  K  V  der  beiden  adjungirten  Büschel. 

43.  Wir  wollen  jetzt  die  zweispiegeligen  Verwandtschaften 
bestimmen,  die  in  einem  Feldbüschel  mit  den  Grundpunkten 
[AÄ],[BB"]  enthalten  sind.  Die  beiden  Fixpunkte  P,  P' 
einer  dem  Büschel  angehörigen  hyperbolischen  K  V  liegen  so- 
wohl mit  AÄ  als  mit  BB'  cyclisch.  Bezeichnet  man  also 
mit  t  die  involutorische  Transformation,  die  jedem  Punkte  P' 
den  zweiten  Schnittpunkt  der  Kreise  P'  AÄ  und  P'  BB'  zu- 
weist, so  folgt:  Es  gibt  in  dem  vorgelegten  Feldbüschel  oo^ 
hyperbolische  Transformationen ;  ihre  Fixpunktepaare  sind  iden- 
tisch mit  den  gemeinsamen  Paaren  der  Transformation  t  und 
der  Möbiusinvolution  j,  d.  h,  also  mit  denjenigen  Punktepaaren 


402         Sitzung  der  mathrphys,  Glosse  vom  9,  November  1901, 

von  i,  die  mit  ÄA'  (und  infolgedessen  auch  mit  BB)  cvclisch 
liegen. 

Um  den  geometrischen  Ort  dieser  oo^  Paare  zu  finden, 
verlege  man  durch  eine  Inversion  den  einen  Fixpunkt  von  j 
in's  Unendliche;  dann  ist  A  zu  B\  Ä  zu  B  symmetrisch  hin- 
sichtlich des  andern  Fixpunkts  0,  den  wir  als  Anfangspunkt 
eines  cartesischen  Coordinaten Systems  x^  y  wählen.  Die  Gleichung 
des  Kreisbüschels  mit  den  Grundpunkten  A  Ä  habe  die  Form: 

(5)  {l+X){x'  +  y'')  +  7i^Xn—2{a-\'Xa)x—2{ß'\'Xß')y  =  (i, 

worin  X  den  Parameter  bedeutet;  das  ihm  vermöge  j  ent- 
sprechende Büschel  wird  erhalten,  indem  man  x  durch  — jr. 
y  durch  — y  ersetzt,  und  aus  diesen  beiden  Gleichungen  folgt 
durch  Elimination  von  X  die  Curve: 

(6)  0  =  (^^  +  2/^  +  7r)(a^  +  /8V)-(^'  +  y'  +  ^')(a^+M 

also  eine  circulare  Curve  3.0.  Soll  diese  zerfallen,  so  muss 
sich,  da  sie  hinsichtlich  0  symmetrisch  ist,  eine  durch  0  gehende 
Gerade  y  =  qx  von  ihr  ablösen.  Substituiren  wir  diesen  Wert 
für  y  in  (6)  und  setzen  das  Resultat  identisch  null,  so  zeigt 
sich,  dass  unsere  6\  dann  und  nur  dann  zerfällt,  wenn  die  Punkte 
AA'  BB'  entweder  auf  einem  Kreise  K  mit  dem  Centrum  0 
oder  auf  einer  durch  0  gehenden  Geraden  g  liegen.  Im  ersten 
Fall  zerfällt  die  Cg  in  den  Kreis  K  und  die  gemeinsame  Mittel- 
senkrechte der  Strecken  AB,  AB';  im  zweiten  artet  die  (\ 
aus  in  die  Gerade  g  und  den  Kreis  mit  dem  Centrum  0,  der 
A  von  B  und  Ä  von  B'   harmonisch   trennt.     Daraus   folgt: 

Die  Fixpunktepaare  der  hyperbolischen  Transformationen, 
die  einem  Feldbüschel  mit  den  Grundpunkten  [^-4'],  [JSi/'l 
angehören,  erfüllen  eine  bicirculare  (7^  (eventuell  eine  circu- 
lare C3);  dann  und  nur  dann,  wenn  die  Punkte  AA'  BB'  auf 
einem  Kreise  K  liegen,  zerfällt  diese  Curve,  und  zwar  in  den 
Kreis  K  und  den  dazu  orthogonalen  Kreis,  der  A  von  B  und 
Ä  von  B'  harmonisch  trennt. 

44.  Die  Fixpunkte  PP'  einer  elliptischen  Transformation, 
die  dem  Feldbüschel  mit  den  Grundpunkten  [-4  J.'],  [BB']  an- 


E.  V,  Weher:  Kreisverwandtschaften.  403 

gehört,  liegen  zu  AA'  und  zu  BB'  orthocyclisch.  Nennt  man 
also  t'  die  involutorische  Transformation,  die  jedem  Punkte  P' 
den  zweiten  Schnittpunkt  der  durch  P'  gehenden  Kreise  zu- 
weist, die  A  von  Ä  bezw.  B  von  B'  harmonisch  trennen,  so 
sind  die  Fixpunktepaare  der  oo^  dem  Büschel  angehörenden 
elliptischen  Transformationen  identisch  mit  den  gemeinsamen 
Paaren  der  beiden  Verwandtschaften  j  und  t'.  Verlegt  man 
den  einen  Fixpunkt  von  j  ins  Unendliche  und  wählt  den  Co- 
ordinatenanfang  wie  in  der  vorigen  Nr.,  versteht  man  ferner 
unter  a,  ß  bezw.  a\  ß'  die  Coordinaten  von  A  bezw.  A\  und 
unter  tt,  jr'  die  Grössen  a^ -\- ß^,  a^-{-ß'^,  so  liefert  die 
Gleichung  (5)  das  reelle  Kreisbüschel  mit  den  Grenzpunkten 
A  A\  also  Gleichung  (6)  den  gesuchten  Ort,  der  von  den 
Schnittpunkten  entsprechender  Kreise  des  Büschels  (5)  und  des 
zu  ihm  hinsichtlich  0  symmetrischen  Büschels  erfüllt  wird. 
Wie  oben  schliesst  man  jetzt: 

Die  Fixpunktepaare  des  oo^  elliptischen  KV^  die  in  einem 
Feldbüschel  mit  den  Grundpunkten  [-1^'J  und  [BB']  vor- 
kommen, erfüllen  eine  bicirculare  C^  (eventuell  eine  circulare 
C3);  dann  und  nur  dann,  wenn  die  Punkte  AÄ  BB'  auf  einem 
Kreise  K  liegen,  zerfällt  diese  C^  und  zwar  in  den  reellen 
Kreis  JE^,  der  A  von  B  und  B  von  A'  harmonisch  trennt, 
sowie  in  den  dazu  orthogonalen  reellen  Kreis  K'\  hinsichtlich 
dessen  A  uni  A\  sowie  B  und  B'  inverse  Punkte  sind;  von 
diesen  Kreisen  ist  natürlich  mindestens  einer  einteilig. 

45.  Sind  P,  Q  die  Fixpunkte  einer  indirekten  hyper- 
bolischen K  V  des  complexen  Kreisbüschels  mit  den  Grund- 
punkten  {AAWBB'\    so   gilt    nach   Nr.  18    die  Beziehung: 

d.  h.  Q  entsteht  aus  P,  indem  man  zunächst  P  vermöge  \  in 
P',  sodann  diesen  letzteren  Punkt  mittels  f  in  Q  überführt. 
OflFenbar  ist  t'  dann  und  nur  dann,  wenn  die  Punkte  AA!  BB' 
auf  einem  Kreise  K  liegen,  eine  Kreisverwandtschaft,  nämlich 
die  Inversion  an  K^  und  es  ist  dann  das  Produkt  jt'  gleich 
der   Inversion  j^    die    A  mit  B'    und    B  mit  Ä    vertauscht; 


404         Sitzung  der  matK-phys.  Glosse  vom  9,  November  1901, 

andernfalls   stellt   dies   Produkt    eine    höhere    birationale  und 
augenscheinlich  involutorische  Transformation  dar. 

Die  Fixpunktepaare  der  indirekten  hyperbolischen  JE^  F  des 
Kreisbüschels  mit  den  Grundpunkten  [-4.-4.'],  [-BJB'j  sind  nach 
Nr.  18  identisch  mit  den  Gegen punktepaaren  der  indirekten 
elliptischen  Transformationen  des  adjungirten  Büschels.  Be- 
deutet also  wiederum  i  die  Involution,  die  A  mit  Ä  und 
B  mit  B'  vertauscht,  ferner  t"  diejenige  involutorische  Ver- 
wandtschaft, die  jedem  Punkt  P'  den  zweiten  Schnittpunkt 
der  durch  ihn  gehenden  Kreise  zuweist,  die  A  von  J?'  bezw. 
B  von  Ä  harmonisch  trennen,  so  sind  irgend  zwei  Punkte 
P,  P',  die  in  der  Beziehung 

P{lt"}P' 

stehen,  Gegenpunkte  einer  indirekten  elliptischen  K  Fi  die  dem 
Büschel  mit  den  Grundpunkten  [-4-4],  [BB'^  angehört,  und 
umgekehrt. 

In  jedem  von  zwei  adjungirten  Kreisbüscheln  sind  od* 
parabolische  indirekte  KV  enthalten;  der  Ort  der  Fixpunkte 
der  letzteren  ist  für  beide  Büschel  die  in  Nr.  44  genannte 
Curve  C^,  Bei  cyclischer  Lage  der  Punkte  AÄ  ÜB'  zerfallt 
diese  Curve  in  die  oben  definirten  reellen  Kreise  JST,  K";  doch 
ist  für  das  Büschel  mit  den  Grundpunkten  [-4.-4.'],  [jBJB']  nur 
der  Kreis  K'\  sofern  er  einteilig  ist,  Fixpunktsort  der  in  dem 
Büschel  enthaltenen  parabolischen  Substitutionen,  während  A^ 
den  Fixkreis  der  dem  Büschel  angehörigen  Inversion  darsteUt; 
für  das  adjungirte  Büschel  vertauschen  die  Kreise  JSl",  K"  ihre 
Hüllen.  Die  Transformationen  t',  t"  werden  nunmehr  identisch 
mit  der  Inversion  an  dem  Kreise  K;  also  ist  j  t'  die  Inversion 
an  K\  und  i  t"  die  Inversion  an  K"'. 

In  den  drei  letzten  Nummern  wurde  vorausgesetzt,  dass 
die  vier  Punkte  ÄÄ  BB'  sämtlich  voneinander  verschieden 
sind.  Die  Fälle,  in  denen  zwei  oder  mehrere  dieser  Punkte 
coincidiren,  geben  zu  trivialen  Ausartungen  der  in  Nr.  43 — 45 
besprochenen  Punktörter  Anlass,  mit  Ausnahme  des  Falles, 
dass  ein  Berührungsbüschel  vorliegt;  wir  gedenken  die  Theorie 


E.  V.  Weber ;  Kreisverwandtschaften.  405 

dieser  speciellen  Büschel  an  anderer  Stelle  ausführlich  zu  be- 
handeln. 

46.  Soll  zu  zwei  gleichartigen  K  V:  %  ^'  eine  mit  beiden 
ungleichartige  und  harmonisch  liegende  Kreisverwandtschaft  Q 
existiren,  soll  man  also  haben: 

worin  J,J'  Inversionen  bedeuten,  so  folgt 

(7)  ^'^-1=7^/, 

d.  h.  das  Produkt  ^'^~^  ist  ebenso  wie  ^~^^'  eine  zwei- 
spiegelige  Verwandtschaft.  Da  femer  in  der  Gleichung  (7)  die 
Transformation  J  innerhalb  des  reellen  Kreisbüschels  («7,  «7') 
beliebig  gewählt  werden  kann,  worauf  J"  eindeutig  bestimmt 
ist,  so  folgt  aus  der  Zweispiegeligkeit  von  *iß'^~^  auch  um- 
gekehrt die  Existenz  einfach  unendlich  vieler  zu  ^,  ^'  har- 
monischer,   mit   ihnen    ungleichartiger   Kreisverwandtschaften: 

(8)  Q  =  J^  =  r  f. 

47.  Wir  wollen  zwei  gleichartige  Kreisverwandtschaften 
^,  ^',  für  die  das  Produkt  ^'^"^  zweispiegelig  ist,  als  „asso- 
ciirt",  ferner  die  oo^  Transformationen  Q  als  „das  zu  ^  und  *»ß' 
harmonische  „Halbbüschel"  bezeichnen.  Irgend  zwei  Trans- 
formationen Q,  Q'  des  letzteren  sind  natürlich  ihrerseits  asso- 
ciirt,  und  die  mit  ihnen  ungleichartigen,  harmonisch  liegenden 
K  V  bilden  ein  Halbbüschel,  dem  ^  und  ^'  angehören.  Diese 
beiden  Halbbüschel  kann  man  als  harmonisch  bezeichnen,  in- 
sofern jede  Transformation  9t  des  einen  zu  jeder  Transforma- 
tion ®  des  andern  harmonisch  ist.  In  der  That,  es  sei  Qj 
durch  die  Beziehungen 

(9)  Q.  =  J-,^  =  /i^' 

definirt,  wo  J^,  «71  Inversionen  des  reellen  Kreisbüschels  («7, «7) 
sind.  Ferner  bedeute  dl  eine  mit  Q  und  Qj  ungleichartige 
und  harmonisch  liegende  KV,  so  dass  also 

(10)  Q9i-'  =  i,    QjSR-^^  r, 


406         Sitzung  der  math.'phys.  Clcisse  vom  9.  November  1901. 

endlich  ©  eine  Transformation  des  Halbbüschels  (Q,  Q,),  die 
also  Beziehungen  der  Form 

(11)  ^®-i  =  ij;    ^'®-i  =  i; 
genügt,   so  folgt  aus  (8) — (10)  zunächst 

(12)  QQ7-1  =  ii  =  JJ,,   ^'^-1  =  i[i,=  jjr, 

so  dass  die  Inversionen  «7,  J^,  e7, ,  i,  i',  i, ,  tj  alle  demselben 
reellen  Kreisbüschel  angehören.  Ferner  hat  man  aus  (10) 
und  (11) 

da  aber  das  Produkt  dreier  Inversionen  desselben  Büschels 
wieder  eine  Inversion  liefert,  so  ist  unsere  Behauptung  er- 
wiesen. 

48.  Die  harmonische  Lage  zweier  gleichartiger  K  V  ist 
ein  Specialfall  der  Associirtheit.  Ist  ^  zu  ^  harmonisch,  so 
kann  in  der  Gleichung  (7)  die  Inversion  J  zwei  verschiedenen 
adjungirten  Kreisbüscheln  entnommen  werden,  und  es  existiren 
demnach  zwei  verschiedene  zu  ^  und  ^'  harmonische  Halb- 
büschel, und  ^^,  ^'  gehören  ihrerseits  zwei  verschiedenen  Halb- 
büscheln gleichzeitig  an.  Zwei  associirte  nicht  harmonische 
Verwandtschaften  ^,  ^'  sind  dagegen  stets  in  einem  und  nur 
einem  Halbbüschol  enthalten,  und  zwar  hat  die  allgemeinste 
Transformation  desselben  die  Form  9t  ^,  wo  9?  alle  00*  zwei- 
spiegeligen  K  V  derjenigen  eingliedrigen  Gruppe  durchläuft 
der  auch  die  Verwandtschaft  ^'"^J"^  angehört.  Eine  solche 
eingliedrige  Gruppe,  sowie  das  reelle  Büschel  von  Inversiimen. 
die  zu  den  00*  Niveaukreisen  jener  Gruppe  gehören,  liefern 
sonach  den  einfachsten  Typus   harmonischer  Halbbüschel. 

Multiplicirt  man  alle  Transformationen  eines  Halbbüschels 
vorn  oder  hinten  mit  ein  und  derselben  Kreisverwandtschaft, 
so  entsteht  wieder  ein  Halbbüschel. 

49.  Jedes  Halbbüschel  ist  in  einem  ganz  bestimmten  Bü- 
schel enthalten.     Umgekehrt,  jede  Transformation  des  BüscheU 


E,  V,  Weber:  Kreiscerwandtachaften,  407 

(^,  ^)  mit  den  Grundpunkten  [^^'],  [BB]  gehört  zwei  und 
nur  zwei  Halbbüscheln  ß^  ß'  an,  die  ganz  innerhalb  des  ge- 
gebenen Büschels  liegen;  sie  sind  beide  durch  die  Gleichung 
Q  =  9t^  gegeben,  wo  $R  das  einemal  alle  oo^  elliptischen, 
das  andremal  die  hyperbolischen  zweispiegeligen  Verwandt- 
schaften mit  den  Fixpunkten  Ä,  B  durchläuft.  Bedeutet  (^,  ^) 
ein  Feldbüschel,  so  ist  das  zu  ß  harmonische  Halbbüschel  in- 
direkter Kreisverwandtschaften  in  dem  Kreisbüschel  mit  den 
Grundpunkten  [^yl'],  [2?J?'],  das  zu  ß'  harmonische  Halb- 
büschel in  dem  Kreisbüschel  mit  den  Grundpunkten  [^A  J?  ],  [JB^] 
enthalten.  Die  Berührungsbüschel  nehmen  auch  hier  eine  Aus- 
nahmestellung ein. 

50.  Ist  eine  Kreisverwandtschaft  ^'  zu  einer  mit  ihr 
gleichartigen  KV  ^  und  einer  ungleichartigen  KV  ^  harmo- 
nisch, d.  h.  bestehen  die  Beziehungen: 

worin  3  eine  Möbiusinvolution,  J  und  J'  Inversionen  bedeuten, 
so  ist  3  wegen 

eine  zu  der  indirekten  Kreisverwandtschaft  ^Q"^  harmonische 
Möbiusinvolution,  und  umgekehrt.  Wir  nehmen  zunächst  an, 
dass  diese  indirekte  K  V  keine  Inversion,  d.  h.  dass  ^  und  Q 
nicht  harmonisch  seien.  Je  nachdem  nun  ^Q~^  zwei  einteilige 
Fixkreise  oder  nur  einen  besitzt,  gibt  es  nach  Nr.  33  zwei 
Scliaaren  von  je  oo^  Möbiusinvolutionen  der  verlangten  Art 
oder  nur  eine,  und  jede  solche  Schaar  stellt  ein  Halbbüschel 
dar.  Nadi  dem  Schlusssatz  der  Nr.  48  folgt  jetzt :  Die  Kreis- 
verwandtschaften, die  zu  zwei  ungleichartigen  nicht  harmoni- 
schen KV  ^  und  Q  gleichzeitig  orthogonal  sind,  bilden  vier 
bezw.  zwei  Halbbüschel,  je  nachdem  das  Produkt  ^Q"^  dem 
hyperbolischen  oder  elliptischen  Typus  angehört;  zwei  dieser 
Halbbüschel  (bezw.  eines)  sind  mit  ^,  zwei  (bezw.  eines)  mit 
Q  gleichartig. 


408         Sitzung  der  matK-phys,  Glosse  vom  9.  November  1901. 

Ist  ^  zu  Q  harmonisch,  also  ^Q~^  eine  Inversion,  so 
kann  man  für  3  eine  beliebige  der  oo*  Involutionen  wählen, 
deren  Fixpunkte  durch  jene  Inversion  vertauscht  werden,  oder 
auch,  falls  die  Direktrix  K  der  letzteren  einteilig  ist,  eine 
der  00^  Involutionen,  deren  Fixpunkte  auf  K  liegen,  und  es 
treten  in  dem  vorigen  Satze  an  Stelle  der  Halbbüschel  Sy- 
steme von  je  00*  Kreisverwandtschaften,  die  zweckmässig  als 
, Halbnetze "  bezeichnet  werden. 


409 


OefiFentliche  Sitzung 

zu   Ehren   Seiner  Majestät  des  Königs  und 
Seiner  Königlichen   Hoheit  des  Prinz-Regenten 

am  16.  November  1901. 


Der  Präsident  der  Akademie,    Herr  K.  A.  v.  Zittel, 
eröflfnete  die  Festsitzung  mit  folgender  Ansprache: 

Wenn  die  Königl.  bayer.  Akademie  der  Wissenschaften 
alljährlich  im  November  zu  Ehren  ihres  Protektors,  des  regie- 
renden Fürsten  von  Bayern,  eine  Festsitzung  abhält,  so  erfüllt 
sie  damit  eine  Pflicht  der  Dankbarkeit,  denn  der  Huld  und 
der  Unterstützung  ihrer  erlauchten  Protektoren  verdankt  sie 
nicht  nur  ihre  Existenz,  sondern  auch  ihre  ganze  Entwicklung 
und  ihre  heutige  Prosperität.  Mit  Begeisterung  hat  darum 
auch  die  Akademie  im  verflossenen  Frühling  das  80  jährige 
Geburtsfest  unseres  gütigen  und  geliebten  Landesherrn,  des 
Prinz-Regenten  Luitpold  von  Bayern  mit  gefeiert  und  auch 
heute  gedenken  wir  dankerfüllt  der  vielfachen  Kundgebungen 
von  Wohlwollen,  deren  sich  die  Akademie  der  Wissenschaften 
unter  seiner  Regierung  zu  erfreuen  hatte. 

Einen  neuen  Beweis  seines  Interesses  für  wissenschaftliche 
Forschungen  hat  unser  hoher  Protektor  dadurch  geliefert,  dass 
er  unserem  Mitglied  Professor  Furtwängler  Geldmittel  zu 
archäologischen  Ausgrabungen  in  Aegina  zur  Verfügung  stellte. 


410  Oe  ff  entliehe  Sitzung  vom  16,  November  1901, 

Die  Vervollständigung  der  herrlichen  Giebelgruppe  in  der 
hiesigen  Glyptothek  durch  neue  Untersuchungen  auf  der  Insel 
Aegina  war  schon  ein  Lieblingswunsch  König  Ludwig!.,  der 
leider  zu  Lebzeiten  des  grossen  Kunstmäcens  nicht  mehr  zur 
Ausführung  kommen  sollte.  Der  Entschluss  Seiner  Königlichen 
Hoheit  des  Prinz-Regenten,  die  Ausgrabungen  aufzunehmen, 
wurde  darum  von  Kunstfreunden  und  Archäologen  dankbarst 
begrüsst.  Der  Erfolg  der  von  Professor  Furtwängler  ge- 
leiteten, im  Frühling  ds.  Js.  begonnenen  und  in  den  letzten 
Wochen  zu  Ende  geführten  Arbeiten  hat  die  anfanglich  ge- 
hegten Erwartungen  weit  übertrofiFen.  Eine  überraschend  grosse 
Menge  von  Skulpturen,  welche  einst  das  Heiligthum  in  Aegina 
schmückten,  wurden  gefunden.  Es  kamen  insbesondere  acht 
Köpfe  und  zahlreiche  Glieder  von  Marmorfiguren  zu  Tage. 
Ferner  wurde  die  Geschichte  der  heiligen  Stätte  in  unerwarteter 
Weise  aufgeklärt.  Es  ergab  sich,  dass  der  jetzt  noch  in 
Ruinen  stehende  Tempel  mit  der  ihn  umgebenden  Terrasse, 
dem  neu  entdeckten  Altar  und  dem  zur  Terrasse  heraufführenden 
Propylon  eine  Neuanlage  ist,  die  der  Zeit  der  Perserkriege 
entstammt  und  sich  auf  den  Resten  älterer,  ja  zum  Teil  sehr 
alter  Bauten  erhebt.  Es  zeigte  sich,  dass  der  Kultus  an  dieser 
Stelle  ununterbrochen  bis  in  die  sogenannte  mykenische  Epoche 
zurückreicht.  Durch  architektonische  Schönheit  hervorragend 
sind  die  Bruchstücke  eines  alten  Tempels  des  sechsten  Jahr- 
hundeiis.  Zahlreich,  mannichfaltig  und  bedeutend  waren  kleinere 
Kunstgegenstände  aus  den  früheren  Jahrhunderten  des  Heilig- 
thums.  Vor  Allem  wichtig  war  aber,  dass  es  auch  gelang  die 
bisher  unbekannte  Gottheit  festzustellen,  welcher  das  Heihg- 
thum  gehörte.  Es  war  weder  Zeus  noch  Athene,  an  die  früher 
fälschlich  gedacht  worden  war,  sondern  Aphaia,  eine  mit  kreti- 
scher Kultur  zusammenhängende,  der  griechischen  Frühzeit 
angehörige  und  nur  in  Aegina  bekannte  Göttin.  Dies  Resultat  ist 
religionsgeschichtlich  von  grosser  Bedeutung.  Endlich  wurden  in 
näherer  und  fernerer  Umgebung  des  Tempels  eine  Reihe  von 
Bauten  freigelegt,  die  alle  der  besten  klassischen  Epoche  an- 
gehören. 


V,  Zittel:  Ansprache.  411 

Zu  den  statu tenmässigen  Obliegenheiten  der  Akademie 
gehört  die  Begutachtung  von  wissenschaftlichen  Unternehm- 
ungen, die  im  allgemeinen  Interesse  des  Staates  durchgeführt 
werden  sollen.  In  dieser  Hinsicht  bot  sich  im  vergangenen 
Jahre  eine  Aufgabe  von  ungewöhnlicher  Bedeutung.  Schon 
zu  wiederholten  Malen  wurde  die  Eröffnung  der  im  Speyerer 
Dome  befindlichen  und  im  Jahre  1689  teilweise  durch  die 
Franzosen  durchwühlten  Kaisergräber  angeregt,  scheiterte  aber 
stets  an  der  Ungunst  der  Verhältnisse.  Durch  Herrn  Gym- 
nasialprofessor Dr.  Praun  erhielt  die  Frage  wieder  einen  neuen 
Anstoss.  Nachdem  die  kirchliche  Oberbehörde  ihre  Zustim- 
mung zu  einer  Wiedereröffnung  der  Grabstätten  unserer  her- 
vorragendsten Kaiser  des  Mittelalters  erklärt  hatte,  forderte 
die  kgl.  Staatsregierung  die  Akademie  zu  einem  Gutachten 
über  die  wissenschaftliche  Bedeutung  dieser  Untersuchungen 
auf.  Im  Einvernehmen  mit  der  historischen  Commission  er- 
klärte die  Akademie,  dass  es  sich  bei  der  Eröffnung  der  Kaiser- 
gräber im  Dom  zu  Speyer  nicht  nur  um  eine  hochbedeutsame 
wichtige  Frage,  sondern  auch  um  eine  Pflicht  deutschnationaler 
Pietät  handle. 

Nach  allerhöchster  Genehmigung  wurde  eine  Commission 
mit  der  Durchführung  der  Eröffnung  der  Grabstätten  im 
Speyerer  Dom  betraut  und  die  Ausgrabungsarbeiten  auch  ohne 
Störung  zwischen  dem  16.  August  und  3.  September  vorigen 
Jahres  durchgeführt.  Von  der  Akademie  beteiligten  sich  die 
Herren  Grauer t  und  Ranke,  vom  Generalkonservatorium  der 
wissenschaftlichen  Sammlungen  des  Staates  Herr  Dr.  Birkner, 
Assistent  der  prähistorischen  Sammlung,  an  dieser  Arbeit. 

Wie  aus  Zeitungsnachrichten  und  einer  in  den  Sitzungs- 
berichten der  Akademie  erschienenen  Abhandlung  des  Herrn 
Herrn  Kollegen  Grauer t  bekannt  ist,  ergaben  die  Ausgrabungen 
nicht  nur  Aufschlüsse  über  die  Anlage,  Erhaltung  und  teil- 
weise Zerstörung  der  Kaisergräber,  sondern  auch  wichtige  An- 
haltspunkte über  die  Persönlichkeit  der  einzelnen  Kaiser, 
Könige  und  Kaiserinnen,  sowie  über  die  Gewänder  und  Kultur 
der  damaligen  Zeit.     Die  irdischen  Ueberreste  von  vier  Kaisern 


412  OeffenÜiche  Sitzung  vom  16,  November  1901, 

und  zwei  Kaiserinnen  aus  dem  Geschlecht  der  Salier,  femer 
von  Philipp  von  Schwaben,  Rudolf  von  Habsburg,  Albrecht 
von  Oesterreich,  Adolf  von  Nassau,  von  Beatrix  der  Gemahlin 
Friedrich  Barbarossa's  und  ihrer  Tochter,  der  kleinen  Prin- 
zessin Agnes  konnten  festgestellt  werden.  Nur  vier  dieser 
Gräber  sind  von  den  Franzosen  geöffnet  und  teilweise  zerstört 
worden,  die  übrigen  wurden  seit  der  ersten  Bestattung  unbe- 
rührt gefunden. 

Durch  eine  sorgfaltige  anthropologische  Untersuchung  ge- 
lang es,  die  menschlichen  Skeletteile  zu  sichten  und  das  Zu- 
sammengehörige wieder  zu  vereinigen,  so  dass  jetzt  die  Leichen- 
reste der  Kaiser  Konrad  IL,  Heinrich  lU.  und  Heinrich  IV., 
sowie  der  Kaiserinnen  Bertha  und  Gisela  in  den  Original- 
Steinsarkophagen,  die  Skelete  von  Heinrich  V.,  Philipp  von 
Schwaben,  Rudolf  von  Habsburg,  Albrecht  von  Oesterreich, 
Adolf  von  Nassau,  der  Kaiserin  Beatrix  und  ihrer  Tochter 
Agnes  in  provisorischen  Holzsärgen  im  Untergeschoss  der 
Sakristei  des  Domes  aufbewahrt  sind. 

Es  ist  beabsichtigt,  die  aufgefundenen  Leichen  in  einer 
zu  erbauenden  Gruft  in  würdiger  Weise  beizusetzen  und  über 
die  wissenschaftlichen  Ergebnisse  der  Ausgrabungen  durch  die 
Akademie  ein  grösseres,  reich  ausgestattetes  Werk  zu  ver- 
öffentlichen, wofür  die  kgl.  Staatsregierung  ein  besonderes 
Postulat  von  20,000  M.  in  das  Budget  der  26.  Finanzperiode 
eingestellt  hat. 

Die  regelmässigen  Arbeiten  der  Akademie  wurden  im  ver- 
gangenen Jahre  in  normaler  Weise  foi^tgesetzt. 

Die  Sitzungsberichte  und  Denkschriften,  die  Monumenta 
boica,  die  Publikationen  der  historischen  Commission  und  die 
Annalen  der  Sternwarte  legen  Zeugnis  ab  von  der  wissen- 
schaftlichen Thätigkeit  ihrer  Mitglieder.  Es  stellen  diese 
Schriften  freilich  nur  einen  Teil  der  Arbeitsleistung  derselben 
dar;  wollte  man  alle  in  Zeitschriften  oder  in  selbständigen 
Werken  veröffentlichten  Geistesprodukte  unserer  Akademiker 
in  unsere  eigenen  Publikationen  aufnehmen,  so  müsste  unser 
Druckkosten  etat  mindestens    auf  das  dreifache  erhöht  werden. 


V.  Zittel:  Ansprache.  413 

Neben  der  Akademie  entfaltet  die  historische  Commission 
eine  rege  Thätigkeit.  Sie  veröfiFentlichte  im  Jahre  1900/01 
den  in.  Band  der  Jahrbücher  des  deutschen  Reichs  unter 
Heinrich  IV.  und  Heinrich  V.  (1077  —  1084)  durch  Meyer 
von  Knonau,  den  III.  Band  der  deutschen  Reichstagsakten, 
jüngere  Reihe,  durch  Adolf  Wrede,  ferner  den  12.  Band  der 
deutschen  Reichstagsakten,  ältere  Reihe,  durch  Gustav  Beck- 
mann und  die  drei  ersten  Lieferungen  der  Nachträge  zur  all- 
gemeinen deutschen  Biographie. 

Durch  eine  Anzahl  regelmässiger  staatlicher  Zuwendungen 
und  eigene  Stiftungen  ist  die  Akademie  in  der  günstigen  Lage, 
sowohl  grössere  und  kostspieligere  Arbeiten  ihrer  eigenen  Mit- 
glieder zu  unterstützen,  als  auch  andere  wissenschaftliche  Unter- 
nehmungen anzuregen  und  zu  fördern.  So  erhielt  Herr  Privat- 
dozent Dr.  Lauterborn  in  Heidelberg  aus  der  Position  für 
naturwissenschaftliche  Erforschung  des  Königreichs 
im  vergangenen  Jahr  eine  dritte  Rate  von  900  M.  für  seine 
Untersuchungen  über  die  thierischen  Organismen  des  Rheines 
und  seiner  Nebenflüsse  innerhalb  des  bayerischen  Gebietes; 
Herr  Professor  Dr.  Hof  er  einen  Zuschuss  für  Beobachtungen 
über  die  Verteilung  der  Thierwelt  in  den  oberbayerischen  Seen. 
Aus  dem  Erlös  der  akademischen  Schriften  erhielten 
Unterstützungen  Herr  Dr.  Scherman  für  die  Bearbeitung  der 
orientalischen  Biographie,  Herr  Dr.  Bulle  für  sein  Werk 
„Basen  griechischer  Statuen",  Herr  Professor  Dr.  Riggauer 
für  die  Herausgabe  eines  Werkes  über  die  „Münzen  und  Me- 
daillen des  Gesammthauses  Witteisbach",  und  endlich  Professor 
Dr.  Solereder  für  sein  Werk  „anatomische  Charakteristik  der 
Dikotyledonen-Familien  ** . 

Von  der  Commission  für  Erforschung  der  Urgeschichte 
Bayerns  konnten  mit  höchster  Genehmigung  Subventionen  ver- 
teilt werden  an  eine  Anzahl  von  Vereinen  und  Privaten,  durch 
deren  eifrige  Arbeit  die  prähistorische  Forschung  in  allen 
Teilen  Bayerns  wesentlich  gefördert  wurde. 

Auch  das  Kuratorium  der  Liebig-Stiftung  trat  in  diesem 
Sommer   nach   mehrjähriger  Unterbrechung  wieder  zusammen 

1901.  Siiziingsb.  d.  maih.-phys.  Gl.  28 


414  Oeff entliche  Sitzung  vom  16,  Ifweniber  19Ö1, 

und  beschloss  aus  den  Renten  dieses  ursprünglich  15,200  fl. 
betragenden  und  jetzt  auf  etwa  50,000  M.  angewachsenen  Fonds 
die  goldene  Liebig-Medaille  zu  verleihen  dem  Vorstand  der 
kgl.  sächsischen  landwirthschaftlichen  Versuchsstation  Möckem. 
Geh.  Hofrat  Professor  Dr.  0.  Kellner  in  Anerkennung  seiner 
vorzüglichen  Leistungen  auf  dem  Gebiete  der  landwirthschaft- 
lichen Fütterungslehre,  insbesondere  in  Hinsicht  auf  seine 
grundlegenden  Untersuchungen  über  den  Nahrungs-  und  Energie- 
bedarf, sowie  den  Stoff-  und  Energieumsatz  der  landwirthschafl- 
lichen  Nutzthiere.  Dem  Privatdozenten  Dr.  Alfred  Mitscher- 
lich  in  Kiel  wurde  ausserdem  zur  Fortsetzung  seiner  , Unter- 
suchungen über  die  physikalischen  Bodeneigenschaften''  und  zur 
Ausführung  von  Vegetationsversuchen,  welche  die  Beziehungen 
zwischen  ErtragsfiLhigkeit  und  Benetzungswärme  des  Bodens 
weiter  darlegen  sollen,   eine  Gabe  von  1000  M.   zugesprochen. 

Es  gereicht  mir  zur  besonderen  Freude  mitteilen  zu  dürfen, 
dass  die  Münchener  Bürger-Stiftung,  welche  wir  unserem  unver- 
gesslichen  früheren  Präsidenten  von  Pettenkofer  verdanken, 
durch  eine  hochherzige  Schenkung  der  Brüder  des  verstorbenen 
Kommerzienrates  Johann  Sedlmayr  um  25,000  M.  vermehrt 
wurde,  so  dass  dieselbe  jetzt  die  Höhe  von  115,100  M.  er- 
reicht hat. 

Fast  die  ganzen  Renten  der  Münchener  Bürger-Stiftung, 
sowie  der  Cramer-Klett-Stiftung  für  das  Jahr  1 90 1  wurden, 
abgesehen  von  einer  Unterstützung  an  den  ornithologischen 
Verein  für  Forschungen  über  die  Wanderung  der  Vogelarten, 
dem  Münchener  Verein  für  Luftschiffahrt  zur  Anschaffung 
eines  neuen  Ballons  und  Ausführung  wissenschaftlicher  Auf- 
fahrten zugewiesen.  Bereits  vor  fünf  Jahren  hatte  die  Akademie 
demselben  Verein  eine  grössere  Summe  zum  Ankauf  des  Kugel- 
ballons „Akademie"  überwiesen,  mit  welchem  über  40  wissen- 
schaftliche Hochfahrten  unternommen  worden  sind.  Ihre  Er- 
gebnisse erstrecken  sich  vorzugsweise  auf  meteorologische,  geo- 
physikalische und  photogrammatische  Fragen  und  fanden  die 
vollste  Anerkennung  der  wissenschaftlichen  Kreise,  häufig  auch 
das  Interesse  des  grösseren  Publikums. 


V,  Zittel:  Ansprache.  415 

Der  im  Bau  begriflfene  neue  Ballon  des  Vereins  für  Luft- 
schiffahrt wird  ein  Volumen  von  1440  cbm  fassen,  sodass  bei 
WasserstoffiüUung  zwei  Personen  über  6000  m  hoch  steigen 
können.  Der  Ballon  wird  zunächst  der  Meteorologie  dienen 
und  die  vertikalen  Ausdehnungen  der  atmosphärischen  Vor- 
gänge zu  ermitteln  trachten,  da  sich  die  Gründe  dafür  häufen, 
dass  die  Witterun gs Vorgänge  auf  der  Erde  vielfach  in  den 
höheren  Schichten  des  Luftraumes  erzeugt  werden  und  nur 
Teilerscheinungen  der  grossen  atmosphärischen  Circulation 
sind,  wie  denn  die  anhaltende  Winterkälte  nur  in  den  unter- 
sten 100  Metern  der  Atmosphäre  herrscht,  welche  auch  allein 
im  Sommer  von  der  nächtlichen  Abkühlung  betroffen  werden. 
Ferner  sollen  die  Methoden  der  photographischen  Auf- 
nahmen des  Geländes  vom  Ballon  aus  zur  Ergänzung  der 
Landkarten  verbessert  werden.  Sie  haben  besondere  Bedeutung 
im  Kriegsfalle  und  bei  kompliziertem  Gelände,  bei  Sumpf  land- 
schaften  und  Mündungsdeltas.  Die  dabei  im  Ballon  gesam- 
melten Erfahrungen  sollen  auch  die  Leistungsfähigkeit  des 
Registrierdrachens  vergrössem,  von  dessen  Thätigkeit  reiche 
Früchte  u.  a.  auch  für  unsere  Kolonien  erhofll  werden  dürfen. 
Endlich  ist  der  Ballon  auch  dazu  bestimmt,  das  Problem  der 
Luftelektrizität  weiter  aufzuhellen.  Es  hat  sich  nämlich 
als  wahrscheinlich  erwiesen,  dass  in  der  freien  Atmosphäre 
immer  eine  grosse  Menge  frei  beweglicher  elektrisch  geladener 
kleinster  Teilchen  vorhanden  sind,  welche  elektrisch  geladene 
Körper  durch  ihre  Eigenladung  zu  neutralisieren  vermögen. 
In  4  Ballonfahrten  bis  zu  4000  m  hat  Herr  Professor  Ebert 
als  Erster  bereits  erfolgreiche  luftelektrische  und  magnetische 
Messungen  im  freien  Luftmeere  vorgenommen  und  wird  seine 
Forschungen  nunmehr  auch  in  einer  Höhe  bis  zu  6000  m  mit 
dem  neuen  Ballon  fortsetzen.  Von  den  magnetischen 
Höhenbeobachtungen,  welche  durch  solche  Hochfahrten 
besonders  gefördert  werden,  darf  auch  insofern  ein  praktischer 
Nutzen  erwartet  werden,  als  sie  voraussichtlich  bei  trübem 
Wetter    zur    Orientierung    im    Luftmeere    gebraucht    werden 

können. 

28* 


416  Oeff entliche  Sitzung  vom  16.  November  1901, 

Von  den  Studien,  welche  durch  die  Zinsen  der  Mün- 
chener Bürger-Stiftung  pro  1900  ermöglicht  worden  sind, 
verdienen  jene  unseres  Mitgliedes  Hermann  Ebert  hervor- 
gehoben zu  werden.  Man  hat  beobachtet,  dass  die  öesammt- 
wassermasse  des  Genfer  Sees,  unabhängig  von  den  ab-  und  zu- 
strömenden Wassermengen,  regelmässige  pendelartige  Schwing- 
ungen ausführt,  derart,  dass  sich  in  Perioden  von  73  Minuten 
die  Wasser  gegen  die  westliche  Seite  des  Sees  bei  Vevey  an- 
drängen und  dort  den  Wassei-spiegel  zuweilen  um  mehr  als 
Meterhöhe  heben,  um  dann  wieder  gegen  das  Ostende,  gegen 
den  ßhöneausfluss  bei  Genf  zurückzufluten. 

Durch  einen  geistreichen,  aus  den  Mitteln  der  Münchener 
Bürger-Stiftung  angeschafften  selbstregistrierenden  Flutmesser 
(Limnometer)  untersuchte  Herr  Ebert  den  Starnberger  See  auf 
diese  pendelartigen  Schwingungen  und  fand,  dass  dasselbe 
Phänomen,  durch  die  Grösse,  die  Gestalt  und  das  TiefenreUef 
unseres  Sees  entsprechend  verändert,  sich  auch  am  Starnberger 
See  zeigt.  Während  12*/2  Minuten  hebt  sich  das  Wasser  bei 
Starnberg  um  einige  Centimeter,  während  es  sich  bei  Seeshaupt 
senkt,  um  in  den  nächsten  12*/«i  Minuten  bei  Seeshaupt  an- 
zusteigen. Der  Flutmesser,  dem  Professor  Ebert  aus  eigenen 
Mitteln  noch  einen  zweiten  hinzufügte,  ist  seit  dem  7.  Juli 
vorigen  Jahres  in  Thätigkeit.  Es  sollen  sämmtliche  bayerische 
Seen,  zunächst  der  Chiemsee,  untersucht  werden,  um  die  für 
die  Erklärung  des  vielleicht  auf  meteorologischen  Faktoren 
beruhenden  Phänomens  notwendige  grosse  Anzahl  von  Be- 
obachtungen zu  sammeln.  Vermuthlich  hängen  mit  dieser  üm- 
legung  der  grossen  Wassermassen  innerhalb  weniger  Minuten 
die  heftigen  Unterströmungen  zusammen,  die  unter  dem  Namen 
des  den  Netzen  so  gefährlichen  „Rinnens*  allen  Kennern  des 
Sees  bekannt  sind,  und  welche  bereits  von  Westenrieder  in 
seiner  Beschreibung  des  Starnberger  Sees  erwähnt  werden. 

Die  Stiftung  zur  Förderung  wissenschaftlicher 
chemischer  Forschungen  wurde  im  Oktober  1900  durch 
ihren  Begründer,  Professor  Dr.  Wilhelm  Königs,  um  15,000  M. 
und   im   April  1901    durch    eine    abermalige    Schenkung   von 


V.  Zittel:  Ansprache.  417 

5000  M.,  an  welcher  sich  die  Geschwister  des  Herrn  Königs 
beteiligten,  vermehrt.  Die  Renten  aus  dieser  Stiftung  erhielt 
Herr  Professor  Dr.  Hof  mann  für  Studien  über  seltenere 
chemische  Elemente,  die  noch  nicht  vollendet  sind,  aber  bereits 
hochinteressante  Ergebnisse  geliefert  haben. 

Ueber  die  Verwendung  der  Mittel  aus  der  Savigny-,  der 
Zographos-  und  der  Thereianos-Stiftung  habe  ich  bereits 
früher  berichtet. 

Neben  ihren  eigenen  Arbeiten  hat  unsere  Akademie  die 
Pflege  jener  Aufgaben  nicht  ausser  Acht  gelassen,  welche  sie 
nicht  allein,  sondern  nur  in  Verbindung  mit  anderen  ge- 
lehrten Gesellschaften  zu  leisten  im  Stande  ist.  So  wurde  die 
Encyclopädie  der  mathematischen  Wissenschaften,  an  deren 
Herausgabe  sich  neben  München  die  kaiserliche  Akademie  der 
Wissenschaften  in  Wien  und  die  Göttinger  Gesellschaft  der 
Wissenschaften  beteiligen,  wesentlich  gefordert. 

Auch  der  Thesaurus  linguae  latinae,  das  gemeinsame 
Unternehmen  der  fünf  deutschen  Akademien,  hat  seine  ersten 
schweren  Anfange  hinter  sich.  Noch  im  Sommer  des  Jahres 
1900  wurden  die  beiden  ersten  Lieferungen  abgeschlossen, 
deren  Herstellung  die  Probe  bildete  für  die  Zweckmässigkeit 
der  Vorbereitungsarbeiten  und  für  die  neugeschaffene  Arbeits- 
organisation. Nach  der  Sitzung  der  akademischen  Commission 
im  Oktober  1900,  an  welcher  die  Herren  Excellenz  v.  Hartel- 
Wien,  Geheimrat  Bücheler-Bonn,  Geheimrat  Diels-Berlin, 
Professor  Leo- Göttingen,  Professor  Brugmann-Leipzig,  Ge- 
heimrat V.  Wölfflin-München  und  der  Generalredaktor  Prof. 
Vollmer-München  teilgenommen  haben,  wurden  drei  Monate 
der  Ergänzung  des  Zettelmaterials,  besonders  auch  für  die 
Eigennamen,  gewidmet  und  dann  im  Februar  ds.  Js.  die 
Artikelarbeit  wieder  aufgenommen.  Im  Laufe  des  Sommers 
konnten  zwei  weitere  Lieferungen  erscheinen,  die  fünfte  ist  im 
Manuskript  abgeschlossen. 

Durch  das  Entgegenkommen  Seiner  Excellenz  des  Herrn 
Staatsministers  Dr.  von  Landmann  konnten  die  Arbeits- 
räume im  WilheUninum  erweitert  und  zweckmässig  hergerichtet 


418  Oe  ff  entliehe  Sitzung  vom  16.  November  1901, 

werden;  es  war  das  dringend  nötig,  denn  es  arbeiten  dort 
ausser  dem  Generalredaktor  12  Assistenten  und  mehrere  Hilfs- 
arbeiter. 

Einen  sehr  schätzenswerthen  Förderer  hat  der  Thesaurus 
in  den  letzten  Wochen  durch  den  Tod  des  Geheimrats  Dr. 
Alfred  Pernice  in  Berlin  verloren.  Der  Verstorbene  hat  mit 
unermüdlichem  Fleisse  gelesen  und  wo  immer  Juristisches  in 
Frage  kam,  aus  der  Fülle  seines  Wissens  nachgeholfen  und 
gebessert. 

Wie  gross  das  Bedürfnis  nach  dem  wissenschaftlichen 
Lexikon  der  lateinischen  Sprache  war,  hat  die  grosse  Zahl 
der  Subskriptionen  dargethan.  Ausser  den  fünf  Akademien, 
welche  Bayern,  Preussen,  Sachsen  und  Oesterreich  vertreten, 
haben  auch  noch  die  Regierungen  von  Baden,  Württemberg 
und  Elsass-Lothringen  ihr  Interesse  an  dem  Werke  durch  nam- 
hafte Geldbeiträge  bekundet. 

Es  bleibt  nur  zu  wünschen,  dass  die  gewaltige  Arbeit 
ungestörten  Fortgang  nehmen  könne. 

Das  Kartell  der  deutschen  und  österreichischen  Akademien 
hat  am  23.  und  24.  Mai  ds.  Js.  in  Leipzig  eine  Zusammen- 
kunft veranstaltet,  bei  welcher  mehrere  wichtige  Fragen  zur 
Erörterung  kamen.  Die  seit  einer  Reihe  von  Jahren  vom 
Kartell  geforderten  Erdbebenforschungen  sind  durch  die  Bil- 
dung einer  internationalen  seismologischen  Association  in  neue 
Bahnen  gelenkt  worden.  Die  deutsche  Reichsregierung  ist 
dieser  Association  beigetreten  und  hat  in  Strassburg  i/E.  eine 
seismische  Centralstation  errichtet.  In  der  deutschen  Reichs- 
Commission  für  seismische  Forschungen  ist  Bayern  durch  den 
derzeitigen  Präsidenten  der  Akademie  vertreten. 

Unter  diesen  Umständen  hat  das  Kartell  beschlossen,  die 
eigenen  Studien  auf  diesem  Gebiete  derart  zu  gestalten,  dass 
sie  sich  mit  dem  Arbeitsprogramm  der  internationalen  seis- 
mologischen Association  im  Einklang  halten.  Zu  diesem  Be- 
hufe  hat  die  Akademie  auf  Grund  eines  Gutachtens  ihres  Mit- 
gliedes Professor  Günther  einen  Antrag  an  die  kgl.  Staats- 
regierung gerichtet,    worin  sie  um  die  Bewilligung  der  Mittel 


V.  Zittel:  Ansprache,  419 

zur  Gründung  und  Ausstattung  von  drei  seismischen  Stationen 
in  Bayern  gebeten  hat. 

Eine  andere  in  ihrer  Tragweite  wahrscheinlich  noch  wich- 
tigere Frage  wurde  von  der  Göttinger  Gesellschaft  der  Wissen- 
schaften in  Anregung  gebracht.  Es  ist  über  die  in  der  Atmo- 
sphäre nachweislich  vorhandenen  elektrischen  Strömungen  bis 
jetzt  noch  ausserordentlich  wenig  bekannt  und  namentlich  fehlt 
es  noch  fast  ganz  an  Beobachtungen  über  die  Intensität  und 
Zerstreuung  dieser  Ströme.  Nach  dem  Muster  der  von  den 
Herren  Elster  und  Geitel  in  Wolfenbüttel  construirten  Ap- 
parate wurde  von  Herrn  Mechaniker  Günther  in  Braunschweig 
ein  neuer  Apparat  hergestellt,  welcher  befriedigend  fungiert 
und  eine  unmittelbare  Vergleichung  aller  Beobachtungen  ge- 
währleistet. Es  sollen  nun  an  günstig  gelegenen  Orten, 
namentlich  im  Gebirge,  in  Binnenseen  und  oflFenen  Ebenen 
derartige  selbstregistrierende  Apparate  aufgestellt  werden.  In 
Bayern  beschäftigen  sich  mit  der  Zerstreuung  der  Luftelektri- 
zität bereits  zwei  Stationen  in  München  und  SchaufUng, 
weitere  Stationen  sind  projektiert  auf  dem  Peissenberg,  der 
Zugspitze  und  an  6  anderen  Orten  in  Deutschland  und  Oester- 
reich.  Neben  der  Zerstreuung  soll  auch  das  Potentialgefalle 
und  die  Niederschlags-Elektrizität  an  diesen  Stationen  gemessen 
werden.  Ebenso  sind  über  die  Beziehungen  der  erdmagneti- 
schen Strömungen  zur  Luftelektrizität  regelmässige  Beobach- 
tungen wünschenswerth.  Die  kartellierten  Akademien  wollen 
diese  Studien  zunächst  der  freien  Initiative  der  beteiligten 
Forscher  überlassen,  allein  schon  jetzt  wird  ein  planmässiges 
und  einheitliches  Vorgehen  empfohlen.  Besonderes  Gewicht 
wird  auch  auf  Beobachtungen  im  Luftballon  und  vor  Allem 
an  den  Tagen  der  internationalen  Auffahrten  gelegt. 

Die  Lösung  der  in  Leipzig  angeregten  Frage  kann  freilich 
nur  durch  das  Zusammenwirken  aller  Kulturvölker  gelöst  werden. 
Und  dies  führt  mich  auf  die  internationale  Association 
der  Akademien  und  gelehrten  Gesellschaften.  Dieser  im  Jahre 
1900  begründete  Verband  hielt  im  April  1901  zu  Paris  seine 
erste  allgemeine  Versammlung  ab.     Von  den  18  dem  Verband 


420  Oeff entliche  Sitzung  vom  16,  November  1901. 

angehörigen  Corporationen  waren  17  und  zwar  meist  durch 
eine  grössere  Anzahl  von  Delegierten  vertreten.  München 
hatte  die  Herren  v.  Dyck,  Krumbacher  und  Lindemann 
entsandt.  Nicht  weniger  als  17  Anträge  lagen  der  Versamm- 
lung zur  Berathung  vor.  Einige  auf  die  Geschäftsordnung 
und  Statuten  bezügliche  Vorschläge  fanden  ihre  definitive  Er- 
ledigung und  ebenso  wurde  der  Antrag  der  Berliner  Akademie 
auf  Erleichterung  des  internationalen  Austauschs  von  Manu- 
skripten angenommen  und  beschlossen,  die  Vorschläge  der 
Association  zur  Kenntnis  der  beteiligten  Regierungen  zu 
bringen.  Auch  der  Antrag  der  Royal  Society  in  London, 
einen  Bogen  des  30.  Meridians  im  tropischen  Afrika  zu  messen, 
um  dadurch  eine  genauere  Kenntnis  von  der  Grösse  und  Ge- 
stalt der  Erde  zu  erlangen,  wurde  den  Regierungen  von  Eng- 
land, des  deutschen  Reichs  und  des  Congostaates  empfehlend 
zur  Kenntnis  gebracht. 

Die  Mehrzahl  der  übrigen  Anträge  wurden  zur  genaueren 
Prüfung  und  Vorbereitung  besonderen  Fachcommissionen  zu- 
gewiesen und  kommen  in  der  nächsten  Hauptversammlung, 
welche  im  Jahre  1903  in  London  stattfindet,  zur  definitiven 
Erledigung.  Von  diesen  Anträgen  erwähne  ich  nur  eine  von 
der  Pariser  und  Berliner  Akademie  beabsichtigte,  auf  circa 
140  Bände  geschätzte  kritische  Ausgabe  sämmtlicher,  zum  Teil 
noch  unveröfientlichter  Werke  von  Leibniz,  ferner  die  von 
der  Münchener  Akademie  befürwortete  Ausgabe  eines  Corpus 
der  griechischen  Urkunden  des  Mittelalters  und  der  neueren 
Zeit,  die  Herausgabe  einer  Realencyclopädie  des  Islam,  eine 
neue  Ausgabe  des  Mahabarata  unter  Mitwirkung  der  ostindi- 
schen Regierung,  den  Plan  betreffend,  die  Organisation  der 
Publikationen  über  antike  Numismatik.  Sollten  die  in  Paris 
beratenen  Anträge,  wie  zu  erwarten  ist,  im  Jahre  1903  ge- 
nehmigt werden,  so  eröfinet  sich  dem  internationalen  wissen- 
schaftlichen Grossbetrieb  ein  weites  und  fruchtbares  Feld. 

Nachdem  ich  im  Vorhergehenden  eine  flüchtige  Ueber- 
sicht  der  vielgestaltigen  Thätigkeit  unserer  Akademie  zu  geben 
versucht  habe,    möchte   ich   zum  Schluss   es  wagen,    die   sich 


V,  Zittel:  Ätiaprache,  421 

unwillkürlich  aufdrängenden  Fragen  zu  beantworten:  Wird 
durch  diese  Fülle  von  Arbeit  die  wissenschaftliche  Erkenntnis 
wesentlich  gefördert  und  übt  der  Fortschritt  der  Wissenschaft 
einen  segensreichen  Einfluss  auf  die  geistige  und  sittliche  Ent- 
wickelung  und  das  materielle  Wohlbefinden  der  Menschheit  aus? 

Wenn  wir  die  grosse  Anzahl  der  in  den  Schriften  unserer 
Akademie  veröfiFentlichten  Abhandlungen  überblicken,  so  finden 
wir  kaum  eine  einzige  darunter,  die  nicht  irgend  eine  neue 
Thatsache  oder  neuen  Gedanken  feststellte.  In  dieser  Ver- 
mehrung des  positiven  Wissens  beruht  aber  der  wesentlichste 
Fortschritt  der  Wissenschaft.  Wohl  gibt  es  noch  andere  und 
höhere  Geistesarbeit,  als  die  neue  Thatsachen  aufzufinden  und 
zu  begründen,  nämlich  die,  das  vorhandene  Wissen  unter  all- 
gemeinen Gesichtspunkten  zusammenzufassen  und  daraus  Ge- 
setze abzuleiten,  die  uns  in  Stand  setzen,  auch  über  noch 
unerforschte  Gebiete  Vermuthungen  aufzustellen  und  sie  durch 
zielbewusste  Forschung  aufzuklären.  Freilich  liegt  hier  die 
Gefahr  der  Entgleisung  nur  allzu  nahe.  Die  Geschichte  jeder 
Wissenschaft  zeigt  uns,  dass  auch  die  genialsten  und  für  die 
Forschung  fruchtbarsten  Theorien  und  Systeme  durch  die  Ent- 
deckung neuer,  unerwarteter  Thatsachen  umgestürzt  wurden. 
Irrthüraer,  aus  falscher  Interpretation  des  thatsächlichen  Wissens 
hervorgegangen,  beherrschten  oft  viele  Jahrzehnte  hindurch 
eine  Wissenschaft  und  führte  sie  auf  Abwege.  So  vollzieht 
sich  der  wissenschaftliche  Fortschritt  nicht  in  gerader,  sondern 
in  vielfach  verschlungener  Zickzacklinie.  Perioden  des  Auf- 
schwungs wechseln  mit  solchen  des  Stillstandes  und  sogar  des 
Rückschrittes.  Welche  Schuttmassen  von  zertrümmerten  Theorien 
mussten  die  Naturwissenschaften  aus  dem  Wege  räumen,  bis 
sie  ihre  heutige  Höhe  erreichten.  Aber  auch  in  den  Geistes- 
wissenschaften haben  sich  Anschauungen  und  Methoden  durch 
die  Vermehrung  der  positiven  Kenntnisse  gewaltig  geändert. 
Wie  viele  Theorien  und  Systeme  sind  auch  hier  zusammen- 
gebrochen, die  einst  die  Gedanken  und  Forschungsweise  der 
Fachgelehrten  beherrschten ! 

Obwohl  uns  die   allmähliche  Ausbildung  der  organischen 


422  OeffentUche  Sitzung  vom  16.  November  1901. 

Wesen  in  den  aufeinander  folgenden  geologischen  Perioden  im 
Grossen  und  Ganzen  ein  Streben  nach  Vervollkommnung  er- 
kennen lässt,  so  haben  doch  zu  verschiedenen  Zeiten  einzelne 
Formen  eine  kaum  zu  überschreitende  Höhe  erreicht.  Auch 
die  dem  menschlichen  Genius  erreichbare  Höhe  scheint  von 
einzelnen  auserwählten  Individuen  zu  allen  Zeiten  erklommen 
worden  zu  sein.  Die  grossen  Philosophen,  Forscher,  Künstler, 
Dichter,  Staatsmänner  und  Eriegshelden  des  Alterthums  stehen 
wohl  in  keiner  Weise  hinter  den  hervorragendsten  Männern 
der  Jetztzeit  zurück,  aber  sie  erheben  sich  als  vereinzelte  Er- 
scheinungen hoch  über  ihre  Umgebung,  während  heutzutage 
das  geistige  Niveau  der  Kulturvölker  um  ein  beträchtliches 
gestiegen  ist.  Wissenschaftliche  Kenntnisse  sind  heute  bis  in 
die  tiefen  Schichten  der  Menschheit  eingedrungen,  unsere  ganze 
Lebensauffassung  ist  von  wissenschaftlicher  Erkenntnis  durch- 
tränkt. 

Mit  dem  Fortschritt  der  Wissenschaft  haben  sich  nicht 
nur  die  ethischen  und  moralischen  Anschauungen  gehoben,  die 
Intoleranz  und  der  Aberglaube  gemindert,  sondern  durch  den 
tiefgreifenden  Einfluss  der  Naturwissenschaften  haben  sich  auch 
unsere  materiellen  Lebensbedingungen  in  fast  staunenswerther 
Weise  umgestaltet. 

Freilich  nicht  immer  lässt  sich  eine  wissenschaftliche  Ent- 
deckung sofort  für  das  praktische  Leben  ummünzen,  sie  liegt 
häufig  viele  Jahre  hindurch  brach,  bis  endlich  ihr  Werth  er- 
kannt wird. 

Die  Anstalten,  an  welchen  wissenschaftliche  Forschung 
ohne  Rücksicht  auf  ihre  praktische  Verwerthbarkeit  und  ohne 
Zweckmässigkeits-Erwägungen  gefördert  wird,  sind  die  eigent- 
lichen Werkstätten  des  wissenschaftlichen  Fortschrittes.  An 
der  Erhaltung  und  Kräftigung  solcher  Anstalten  hat  darum 
nicht  nur  die  Wissenschaft,  sondern  auch  der  Staat,  ja  die 
ganze  Menschheit  das  lebhafteste  Interesse. 


Oe/fentliche  Sitzung  vom  16.  November  1901.  423 

Sodann  verkündigten  die  Classensekretäre  die  Wahlen  und 
zwar  der  Sekretär  der  IL  Classe,  Herr  C.  v.  Voit,  die  der 
mathematisch-physikalischen  Classe. 

Von  der  mathematisch-physikalischen  Classe  wurden  ge- 
wählt und  von  Seiner  Königlichen  Hoheit  dem  Prinz-Regenten 
bestätiget: 

I.    zu  ordentlichen  Mitgliedern: 

Die  bisherigen  ausserordentlichen  Mitglieder: 

Dr.  Carl  v.  Linde,  ordentlicher  Professor  an  der  hiesigen 
technischen  Hochschule; 

Dr.  Johannes  Rückert,  ordentlicher  Professor  der  Ana- 
tomie an  der  hiesigen  Universität; 

n.    zum  ausserordentlichen  Mitgliede: 

Dr.  Johannes  Thiele,  ausserordentlicher  Professor  der 
Chemie  an  der  hiesigen  Universität; 

HL    zum  correspondirenden  Mitgliede: 

Dr.  Ewald  Hering,  ordentlicher  Professor  der  Physiologie 
an  der  Universität  Leipzig. 

Hierauf  hielt  das  ordentliche  Mitglied  der  mathematisch- 
physikalischen Classe,  Geheimrath  Carl  v.  Voit,  die  Festrede: 
„Max  V.  Pettenkofer  zum  Gedächtniss*,  welche  in  den 
Schriften  der  Akademie  veröfiFentlicht  wird. 


424 


Sitzung  vom  7.  Dezember  1901. 

1.  Herr  H.  Seeliger   überreicht   zwei  Abhandlungen   des 
Privatdozenten   an   der  hiesigen  Universität  Dr.  Arthub  Kom: 

a)  ^üeber  die  natürliche  elektrische  Belegung 
einer  beliebigen,  stetig  gekrümmten  Kon- 
duktor-Oberfläche;" 

b)  ^jAllgemeine  Lösung  des  Problems  der  mag- 
netischen Induktion." 

2.  Herr  Ferü.  Lindemann  hält  zwei  Vorträge: 

a)  „Zur  Theorie  der  Linienspektra;" 

b)  „Ueber  die  Gleichung  a;"  =  y'*  + -sr".« 

3.  Herr  Jon.  Ranke  macht  eine  Mittheilung:   „lieber  den 
doppelten  Zwischenkiefer  des  Menschen.* 

4.  Herr   Alfr.   Pringsheim   spricht:    „Ueber   Divergenz 
gewisser  Potenzreihen  an  der  Convergenz-Grenze.' 


425 


üeber  die  natürliche,  elektrische  Belegung  einer 
beliebigen,  stetig  gekrümmten  Eonduktoroberfiäche. 

Von  Arthur  Korn. 

{Bingtlaufm  7.  l>tt$niJb§r.) 

Die  natürliche  Belegung  H  einer  stetig  gekrümmten  Ober- 
fläche oy  ist  durch  die  Bedingungen  definiert: 

do) 
r 


1) 


J  H =  const.  =  r  (im  Innern  von  co), 

€0  T 


SHd(o  =  l. 


to 


Dabei    bedeutet  dco    irgend    ein   Element    der   Fläche   co 
und  r  die  Entfernung 

wenn  (xyz)  irgend  einen  variabeln  Punkt  vorstellt.    Die  Funk- 
tion H  ist  stets  positiv,  da  F  positiv,^)  somit 

d  r^^dco 


dv 


J^T 


CO 


i  71 H  (y  innere  Normale) 


ebenfalls  positiv  sein  muss. 


^)  Setzt  man 


'S""-f' 


€0 


80  ist: 


ji(i!)'+(i^)'+(i-r)']— 1-». 


a 


=  4;ir. 


426         Sitzung  der  mathrphys.  Classe  vom  7,  Deeember  1901, 

Ich  will  in   dieser  Abhandlung  beweisen,*)    dass  H  auch 
nicht  =  0  sein  kann,   ein  Resultat,    das  für  das  Studium  der 

Niveauflächen  XH —  =  const.  von  Wichtigkeit  ist: 


(O 


Die  natürliche  Belegung  jeder  stetig  gekrümmten, 
geschlossenen  Fläche  (o^)  ist  an  jedem  Punkte  von  ü> 
grösser  als  eine  von  null  verschiedene,  lediglich  von 
der  Gestalt  der  Fläche  abhängende  Zahl. 

Wir  brauchen  zum  Beweise  den  folgenden  Hilfssatz: 

Es    sei    in    der    xy  Ebene  (22)    ein    Kreis    mit   dem 

Radius  R  um  den  Anfangspunkt  0;  p{x^o)   ein    Punkt 

der  X  Axe  mit  dem  Centralabstande  rr  =  r^  (<  J?);  p  {r[,o) 

der   demselben    in    Bezug   auf  den   Kreis    konjugierte 

Punkt.    Wir  machen  Oq  =  -^,  erreichten  in  q  die  Senk- 

rechte  zur  a;  Axe,  welche  den  Kreis  in  C  und  C  schnei- 
den möge,  bezeichnen  mit -^,  jS/^  die  Schnittpunkte  der 
Graden  Cp  und  C p  mit  dem  Kreise  und  mit  BB  die 
Schnittpunkte  der  yAxe  mit  dem  Kreise,  dann  wird 
die  Funktion: 

9  f  cos  (r  v)      jB  cos  (r  v)  \ 
~dx\      r»  rö      ^'*      ^' 

in  der  r  die  Entfernung  und  Richtung  von  einem 
variabeln   Punkte   des   Kreises 

r   die  Entfernung  und  Richtung 

(f  v)  -^  p\ 

^)  Den  analogen  Beweis  in  der  Ebene  habe  ich  in  meinem  Lehr- 
buch der  Potential theorie  II  S.  348  —354  gegeben. 

2)  Wie  bei  dem  analogen  Satze  in  der  Ebene  (Lehrbuch  der  Po- 
tential theorie  II  S.  348— 354)  schliessen  wir  Singularitäten  der  Fläche» 
aus,  indem  wir  stillschweigend  voraussetzen,  dass  die  abteilungsweise 
Monotonität  von  cos  (vx)  cos  {vy)  cos  {vz)  nicht  blos  für  q>,  sondern  für 
jede  Fläche  gilt,  welche  durch  eine  Transformation  nach  reeiproken 
Radien  aus  co  entsteht. 


A.  Korn:  UAer  die  natürliche,  elektrische  Belegung  etc.       427 

r  die  innere  Normale  des  Kreises  in  (!»?)  voratellt,  (als 
Funktion  von  (|i;)  betrachtet)  auf  dem  Bogen  N^BWN, 
stets  positiv  sein  und  zwar 


auf  dem  Teile  BB    dieses  Bogens. 
Die  Funktion: 

Sx  \r       r^  7) 
ist   für  jeden   beliebigen  Punkt  (I?;)  des  Kreises  =  0. 

X 


')  Mao  vergleiche  Lehrbuch  der  Potentialtheorie  II    S.  349  n.  287. 


428         Sitzung  der  mathrphys.  Classe  w>m  7,  Dezember  1901, 

somit: 

2)  _Z(1_:5>,)  =  „, 

dx\r        r^rj 

femer: 

/cos  (rv)       R  cos  (r  r)\ /cos  (r  v)       cos  (r'  v)\  1 

hieraus  folgt  durch  DifiFerentiation  nach  x  (d.  i.  r^): 

aa;!,     r»  r„      /»     j "  iJr' +  ^*=''^^*^^^-:R;f-• 


3) 


2i?ror» 


mit  Rücksicht  darauf,  dass: 

i2»  =  r»  -|-  rj  —  2  r  r^  cos  (r  a;), 
somit: 

r'+rj  — Ji' 


cos  (rx)  =^ 


2r»-o 


Die  rechte  Seite  in  3)  kann  nur  verschwinden,  falls: 

B'  —  rl 


oder: 


V 


r* 

H'  +  j 


r 


■  j/ ü»  +  I  =  (1?  +  r,)  (iJ  -  r„)  =  M' -i»^, 


(wenn  Ä  und  Ä'  die  Schnittpunkte  der  x  Axe  mit  dem  Kreise 
vorstellen),  also  nur  in  den  Punkten  N^  und  N^;  nur  in  diesen 
Punkten  kann  der  Ausdruck  3)  das  Zeichen  wechseln.  Lassen 
wir  (f  rj)  nach  Ä  rücken  {r  =  R  —  r^),  so  wird  die  rechte  Seite 


1)  Man  vergleiche  die  erste  Formel  ib.  S.  350. 


Ä.  Korn:  Ueber  die  natürliche,  elektrische  Belegung  etc.       429 

lassen  wir  (^rj)  nach  Ä'  rücken   (r  =  jB -|- r^),   so    wird   die 
rechte  Seite: 

—  ®    ,   also  positiv, 


es  ist  somit  die  rechte  Seite  stets  positiv  auf  dem  Bogen 
N^ä'N^j  negativ  auf  dem  Bogen  N^ÄN^,  Beschränken  wir 
uns  auf  den  Bogen  BÄ  B\  so  ist  die  rechte  Seite,  da  dann 
stets  r  >  iJ: 

=  Jt' (y^o  +  3  JtQ  ~  3  ( J?^  -  riy  ^  {IW  —  ^r'^r, 
oder  da  r^2R,  7Ä'  — 3r;  5  4iJ*,  auch: 


16iJ** 


Damit  ist  der  Hilfssatz  in  allen  seinen  Teilen  bewiesen.^) 

Wir  gehen  nun  zu  unserer  eigentlichen  Aufgabe  über. 
Es  sei  p  irgend  ein  Punkt  der  gegebenen  Fläche  co;  wir 
nehmen  die  innere  Normale  der  Fläche  in  p  zur  a;  Axe,  mar- 
kieren auf  der  äusseren  Normalen  einen  Punkt  0  in  der 
Entfernung  r^  von  p  und  schlagen  um  0  als  Centrum  eine 
Kugel  mit  dem  Radius  Tq  +  e.  Irgend  eine  von  der  x  Axe 
begrenzte  Halbebene  wird  aus  der  Kugelfläche  den  Halbkreis 
ÄBÄ  und  aus  co  ein  Kurvenstück  jp  Q . .  ausschneiden;  wir 
werden  dadurch,  dass  wir  Tq  und  e  genügend  klein  machen, 
stets  erreichen  können,  dass  dieses  Kurvenstück  von  dem  Halb- 
kreis ÄBÄ  nur  in  einem  Punkte  Q  getrofifen  wird,  oder 
jedenfalls  in  einer  endlichen  Zahl  von  Punkten  QiQ^"-;*) 


*)  Der  Satz  ist  ein  Analogen  des  von  C.  Neumann  für  die  Unter- 
suchung in  der  Ebene  abgeleiteten  Hilfssatzes  (C.  Neumann,  Ueber  die 
Methode  des  arithmetischen  Mittels,  Abb.  der  k.  sächs.  Ges.  d.  Wiss. 
1887  S.  699,    man    vgl.  mein  Lehrbuch  der  Potentialtheorie  IE  S.  348). 

2)  Infolge  der  Voraussetzung  Anm.  S.  426. 
1901.  Sitzongsb.  d.  math.-pby8.  GL  29 


430         Sitzung  der  mathrphys,  Glosse  vwn  7.  Dezember  1901. 


wir  beschränken  uns  auf  den  ersteren  Fall,  die  Ausdehnung 
auf  den  allgemeinen  Fall  ist  ohne  jede  Schwierigkeit.  Wir  kon- 
struieren endlich  in  der  dem  obigen  Hilfssatze  entsprechenden 
Weise    (man  vgl.  die  Figur)   den    dem  Punkt  p    zugeordneten 

Punkt  N  auf  dem  Halbkreise 
ABÄ^  und  es  wird  für 
unseren  Beweis  ganz  gleich- 
gültig sein,  ob  N  auf  dem 
Teile  A  Q  oder  auf  dem  Teile 
Q  B  Ä  dieses  Halbkreises 
liegt.i) 

Es  ist  nun: 

4)  V=Jh^ 

eine  Potentialfunktion  des  von 
CO  und  der  Kugelfläche  be- 
grenzten Gebietes ,  dessen 
Querschnitt  von  pQNBÄp 
begrenzt  wird;  es  ist  somit  für 
jeden  Punkt  dieses  Gebietes: 


=  -  — f 

4:71  J 


1    rdVdo} 


dn 


Qp 


--f 

inj 


dV  d(o 
dn     r 


"^    4:Jli 

Qp 


r^^^^dco 


cos(rw) 


ü) 


QBA' 


QBA' 


wenn  der  Index  Qp  die  Integration  über  den  der  Fläche  o» 
angehörenden  Teil  der  Grenzfläche*)  andeutet  und  der  Index 
QBA'  die  Integration  über  den  Teil  der  Grenzfläche,  welcher 
der  Kugelfläche  angehört.  Wir  können  die  letzte  Gleichung 
auch  so  schreiben: 


*)  Ist  CO  überall  konvex,   so  liegt  N  stets  auf  dem  Teile  ÄQ  (h^i 
genügend  kleinem  Tq  und  — ). 

^)  n  die  in  das  Gebiet  hineingehende  Normale. 


5  a) 


A.  Korn:  Ueber  die  nalürliehe,  elektrische  Belegung  etc.      431 

4:7ij  dn     r         inj  ^  ^       r^ 


(O 

r* 

QBA'  QBA' 

dV  d(0 


1   rdV 

ijij  dn 


Qp 


Dagegen  ist  für  das  Aussengebiet  der  durch  die  Abkürz- 
ungen Qp  und  QBA'  bezeichneten  Flächen: 


5  b) 


4:71  J  dn     r  4:71  j  r  * 

QBA'  QBA' 

1    rdV  do) 

47iJ  dn     r 
Qp 


Wir  bilden  die  erste  Formel  für  den  Punkt  jp,  die  zweite 
für  den  zu  p  in  bezug  auf  die  Kugelfläche  konjugierten  Punkt 

pV)  subtrahieren  die  zweite  von  der  ersten,  nachdem  wir  die- 

R 

selbe  noch  mit  —  multipliciert  haben,  dann  folgt: 


^0 


dv 


47ij  dv  dx  \r        Tq     r  J 


6) 


CO 

dv  dx  \r        Tq     r  J 

QBA' 
QBA' 

471 J  dv    dx  \r         Vq     r  J 
Qp 

somit  unter  Berücksichtigung  unseres  Hilfssatzes: 


')  Durch  genügende  Verkleinerung  von  e  können  wir  stets  erreichen, 
dass  p'  in  dem  Aussengebiete  liegt,  für  welche  die  Formel  5  b)  gilt. 

')  Indem  wir  zunächst  den  Punkt  j^  variabel  annehmen;  erst  nach 
der  Differentiation  soll  derselbe  unendlich  nahe  an  eo  heranrücken. 

29  • 


432        SüBung  der  math.-phys,  Glosse  vom  7.  Detemher  1901, 


7) 


dV 


dv 


5        n*-« 


32  (r,  +  8)» 


_  1    r(r-F)^f5^^>  -  ^^-^Thd. 
4:71  j  ^  ^  dx\     r*  r^       ^       J 

QN 

inj  dv  dx  \r        ^0     ^  / 
Qp 

wenn  Vq  den  kleinsten  Wert  von  F — V  auf  dem  durch  BÄ 
dargestellten  Teile  der  Kugelfläche  darstellt.  Von  der  Fläche 
QN  ist  in  der  zweiten  Zeile  nur  der  zwischen  dem  Pole  Ä 
und  dem  Breitenkreise  N  gelegene  Teil  zu   berücksichtigen.^) 

Wir  wollen  zeigen,  dass  wir  die  dritte  Zeile 

dV 
=  (endliche  Konstante) 


dv 


p 


machen  können,  wo  jK,  durch  Verkleinerung  von  e  unter  jeden 

beliebigen  Kleinheitsgrad  herabgedrückt  werden  kann.    Es  folgt 

dV 
dies  leicht,   da  - —   an  a>   eindeutig  und  stetig  ist,    femer  bei 

9  V 

genügend  kleinem  s: 

R     1\  cos  (r  v)       cos  (r  v)  R^    ^     g 


9/l_^    J\___  cos(y 
x\r        Vq     / )  r  * 


5-^^  +  -r--« 


wo  Q  die  Entfernung  da)—>p  und  a  eine  endliche  Grösse  vor- 
stellt, unter  Berücksichtigung  des  Satzes  IV  a  S.  33  meines 
Lehrbuches  der  Potentialtheorie  1  und  der  Bemerkung,  dass 
das  Integral : 

Qp 

durch  Verkleinerung  von  e  unter  jeden  Kleinheitsgrad  herab- 
gedrückt werden  kann  (da  q  <  endl.  Konst.  r). 


')  Bei  überall  konvexen  Flächen   fällt  also  die   zweite  Zeile    fort. 


A.  Korn:  üeber  die  natürliche,  elektrische  Belegung  etc.       433 


Die   zweite  Zeile   in  der  Formel  8)  formen  wir   um,   in- 
dem wir  bedenken,  dass: 


9  /cos(rv)     R  cos(rV) 


i 


dx  \     r 


% 


^0        ^ 


[rv)\_ 


cos  (vx)  —  3  cos  (r  x)  cos  (r  v) 


B}  cos  (vrr)  —  3  cos  {r'x)  cos(rV) 

somit  ist  dieselbe,  da  wir  cos(va;)  durch  Verkleinerung  von  e 
beliebig  nahe  an  ( —  1)  heranrücken  lassen  können: 


QN 


COS  {r  x)  cos  (r  v)      R^  cos  (r  x)  cos  (r  v) 
y.3  •"  Y^  /3 


d 


CO 


oder,  da  wir  in  der  Gleichung: 

r'-V=r  (—^cos(rvy)  +  e") 

auf  Q  N  die  Grössen  e    und  cos  (r  v)  durch  Verkleinerung  von  e 
unter  jeden  beliebigen  Kleinheitsgrad  herabdrücken  können, 

wo  E^  durch  Verkleinerung  von  e  unter  jeden  beliebigen  Klein- 
heitsgrad herabgedrückt  werden  kann;  wir  erhalten  somit: 


8) 


endl.  Konst. 


dV 
dv 


^       V.r, 


32  (r,  +  ey 


+  i',  +  E, 


und  durch  Uebergang  zur  Grenze  (6  =  0): 


9) 
wo: 

10) 


dv 


4  n 


N  =  endl.  Konst.  ^^1"  '"" 


')  V  innere  Normale  der  Kugeliläche. 


434         Sittung  ihr  malK-phyn.  Claste  twn»  7.  Dcsembtr  3901. 

eine  endliche  Konstante  vorstellt,  da  jetzt  V^  den  kleinst 
Wert  von  F—V  auf  der  Halbkugel  B A'  im  Falle  f  =  0  l 
präsentiert,  somit  der  Ungleichung; 

in  strengem  Sinne  genUgt  (Zusatz  4  zu  Vll  S.  203  meii 
Lehrbuches  der  Potentialtheorie  I).     Wegen  der  Identität: 

Sv 
folgt  jetzt: 


11) 


'W 


und  damit  ist  der  Beweis  unseres  Satzes  erbracht. 


435 


Allgemeine  Lösung  des  Problems  der  magnetischen 

Induktion. 

Von  Arthur  Korn* 

{Eing^au/tn  7.  DtBtmber.) 

Es  sei  CO  die  stetig  gekrümmte  Oberfläche  eines  (auch 
aus  einer  endlichen  Zahl  räumlich  getrennter  Teile  zusammen- 
gesetzten) magnetisierbaren  Mediums  t,  und  es  seien  innerhalb 
des  Aussenraumes  irgend  welche  feste  magnetische  Ursachen 
gegeben,  deren  Potential  wir  mit  V  bezeichnen  wollen.  Das 
öesammtpotential  jener  festen  magnetischen  Ursachen  und  der 
durch  sie  in  t  inducierten  magnetischen  Verteilung  ist  dann: 

d(Q+r)dco 


1)  Q  =  >cj 


9  V 


CO 


wenn  d  co  irgend  ein  Element  der  Oberfläche  co  (mit  der  inneren 
Normalen  v)  und  r  die  Entfernung  von  dco  —>  einem  variablen 
Punkt  {xyz)  des  Innen-  oder  Aussenraumes  vorstellt,  auf  den 
sich  die  Formel  (1)  bezieht;  x  ist  eine  dem  magnetisierbaren 
Medium  eigentümliche  Konstante,  positiv  für  die  sogenannten 
magnetischen,  negativ  für  die  sogenannten  diamagnetischen 
Medien. 

Man  kann  die  Aufgabe  für  die  unbekannte  Funktion  Q 
auch  so  formulieren: 

Es  ist  eine  Potentialfunktion  Qi  des  Innenraumes  und  eine 
Potentialfunktion  Qa  des  Aussenraumes  so  zu  bestimmen,  dass: 


2) 


^  9v  9v  dv 

Qa  =  Qi  J 


an  (o. 


436         Sitzung  der  math.-phys,  Classe  vom  7,  Dezember  1901, 

Man  mag  die  alten  Femwirkungstheorieen  oder  eine  der 
neueren  Theorien  des  Elektromagnetismus  zu  gründe  legen, 
immer  wird  man  zu  diesem  mathematischen  Problem    geführt 

Dieses  Problem  bildet  einen  speciellen  Fall  des  allgemeinen 
Problemes,  eine  Potentialfunktion  Ui  des  Innenraumes  und  eine 
Potentialfunktion  Ua  des  Aussenraumes  so  zu  bestimmen,  dass: 


3)  \    dv  dv  \dv      ^      dv  J 


2/, 


'  an  CO, 


wo  k  eine    gegebene   reelle   Zahl   und  f  eine    eindeutige  und 
stetige,  gegebene  Funktion  der  Stelle  auf  od  vorstellt.^) 
Ist  in  dem  Problem  3) 

4)  abs.  A  <  1, 

so  ist,  nach  den  Untersuchungen  in  Nr.  5  meiner  Abhandlungen 
zur  Potentialtheorie,  die  Existenz  einer  und  nur  einer  Losung 
U  gesichert,   und   die  Lösung  ist  darstellbar  durch  die  Reihe: 

5)  U=^^  +  XSß^  +  PSß^+  .., 
wenn: 


h—ii^^' 


6) 


CO 


''-ÄJ[%-+-r]'^-o-i.2...). 


CO 


U  besitzt  in  ganzer  Erstreckung  des  Innenraumes  sowohl 
als  auch  in  ganzer  Erstreckung  des  Aussenraumes  eindeutige 
und  stetige  Ableitungen  nach  x^  y,  e. 

Wir  können  nun  das  Problem  der  magnetischen  Induk- 
tion leicht  auf  ein  Problem  von  der  Form  3)  zurückfuhren 
und  durch  die  Gleichungen  5)  6)   somit   zu    einer  allgemeinen 


^)  Von  der  wir  überdies  voraussetzen,  dass  i  f Potentialfunktion 


des  Innen-  und  Aussenraumes  ist.  « 


Ä,  Korn:  Lösung  des  Problems  der  magnetischen  Induktion,     437 

Lösung  des  Problemes  gelangen.  Diese  Untersuchung  bietet 
zugleich  einen  interessanten  Fall  der  Anwendung  der  Poincar^'- 
schen  Fundamentalfunktionen.  — 

Um  das  Problem  2)  auf  die  Form  3)   zu  bringen,    kon- 
struieren wir   das  Potential  der  Fläche  co   mit  der  Dichte  H: 


7)  ^  =  J 


H 


d(o 


r 


in  solcher  Weise,  dass  im  ganzen  Innenraum  von  co: 

8)  $  ^  .,  V  (im  Innern  von  o>), 

und  wir  setzen: 

9)  U=Q+0, 

dann   lassen    sich   die  Formeln  2)   in   der  folgenden  Art   und 
Weise  schreiben: 

dUj^    271H    fdUg    dUÄ 1      fd^a    d0i\ 

Ua  =  U, 


an  CO. 


Damit  ist  die  gewünschte  Form  3)  erhalten;   überdies  ist 
für  magnetische  Medien  x  >  0,  somit: 

11)  t1|-<1' 

die  Formeln  5)  6)  geben  uns  daher  die  Lösung  Z7,  wenn  man 
in  denselben: 

setzt,    in    Gestalt   einer  unendlichen   Reihe,   die   rascher  kon- 
vergiert, als  eine  geometrische  Reihe  mit  dem  ^'ten  Qliede: 


\l  +  2  7ix) 


438 


SÜMung  der  maih.-phya,  Cla$$e  vom  ^.  I^memBer  fMI. 


und  hierauf  nach  9): 

13)  Q  =  [7— *. 

Nachdem  so  zunächst  die  Existenz  der  Lösung^  aUgemein 
bewiesen  ist,  gehen  wir  zu  der  Entwickelungr  nach  Poincarf- 
schen  Fundamentalfunktionen  über.  Es  ist  nach  Satz  Yb  S.  58 
in  Nr.  5  meiner  Abhandlungen  zur  Potentialtheorie: 

14)  tr=c„a>„  +  c,<P,  +  c,<P,  +  ... 

innerhalb  des  Innen-  und  Aussenraumes  von  ct>,    w^in  ^^  ^^ 

(Pj . . .  die  Poincar^'schen  Fundamentalfunktionen  *)  sind,  welche 

den  Polen: 

2=2       2       2 

A     Aq  ,      A  j  ,      Aj  ,      ... 


der  Lösung  des  Problemes: 

dUa 


dv 


an  CO 


dv  \dv 

Ua  =  Ui 


13\ 


entsprechen.     Die  Konstanten  C^  C^  C^  . .  .  in  der  Entwicke- 
lung  14)  sind  dabei  durch  die  Formeln  gegeben: 

15)»)  c,=-rff!^'rfa,=fe-jr^?^»d«,. 


Q> 


CD 


')  Die  Potentialfunktionen  ^j%  ^ja  des  Innen-  resp.  Aussenraaniet 
von  (o  haben  die  wichtigen  Eigenschaften  (i  =  1»  2  .  .  .): 

dv  dv     "  ^^\   dv    "^    dv  }' 


an  cu; 


b) 


smM'^hmV'- 


während  $o  das  Potential  der  natürlichen  Belegung  vorstellt. 
2)  für^  =  1,  2.  ..;  während: 


4jrJ 


dco. 


a> 


A.  Korn:  Lösung  des  Problems  der  magnetischen  Induktion.     439 

Mit  Hilfe  der  ersten  Gleichung  10)  können  wir  zeigen, 
dass  wir  zur  Bestimmung  der  Cj  die  Lösung  U  des  Pro- 
blems 10)  gar  nicht  zu  kennen  brauchen.  Es  ist  nach  der 
ersten  Gleichung  10): 

dv       ^  ^        ^  dv  ^  \dv  ^  dvj' 

somit: 

(7,  =  —-r-T  I  U--^  dco  ^  -T—r-^  I  *f  — -  d  o>, 
^       Ay  +  lJ        dv  Ay+lJ^ar 


(O  (O 


CO  <o 


CO 

oder: 


^'        Ay+l  +  (l+47ix)(Ay-l)J      V  ar    "*■    dv)' 


Oi 


d^ii 


= ^ r<i>^ 

;iy  + 1  +  (1  +  4  TT  x)  (;iy  - 1)  J     a  y 


do), 


CO 

oder  schliesslich: 


16)    Cj')  =  -  ,.,.,,., — ^,  f— '  0jdco. 


(O 


Wir  können  somit  die  Lösung  Q  des  Problemes 
der  magnetischen  Induktion  allgemein  innerhalb  des 
Innenraumes  und  Aussenraumes  von  co  in  der  Form 
darstellen: 

17)  Q  =  -0+C,0,  +  C,^,i-C,0,  +  .., 


')  für  j  =  1,  2  . .  .;  während  nach  wie  vor: 
16')  ^'>=4lr"jTr'*'"- 


09 


438         Süsung  der  math.-phys.  Glosse  vom  7,  Dezember  1901. 

und  hierauf  nach  9): 

13)  Q  =  U-^. 

Nachdem  so  zunächst  die  Existenz  der  Lösung  allgemein 
bewiesen  ist,  gehen  wir  zu  der  Entwickelung  nach  Poincare"- 
schen  Fundamentalfunktionen  über.  Es  ist  nach  Satz  Vb  S.  58 
in  Nr.  5  meiner  Abhandlungen  zur  Potentialtheorie: 

innerhalb  des  Innen-  und  Aussenraumes  von  co,  wenn  ^^  $, 
$j . . .  die  Poincare'schen  Fundamentalfunktionen  *)  sind,  welche 
den  Polen: 

2=1      2       1 

A    Aq  ,      A  j  ,      Aj  ,      ... 

der  Lösung  des  Problemes: 

dv       dv         \dv  "^  dvj'^  l  +  2jix\dv  '^  dv  )' 

Ua  =  Ui 


an  CO 


entsprechen.     Die  Konstanten  Cq  C^  C^  , .  ,  in   der  Entwicke- 
lung 14)  sind  dabei  durch  die  Formeln  gegeben: 

15)»)      Cj^-fu'4l-Uco  =  'f^^{u'pdco. 


CO  (O 


')  Die  Potentialfunktionen   ^ji  ^ja  des  Innen-  resp.  Aussenrauniei 
von  (o  haben  die  wichtigen  Eigenschaften  (i  =  1>  2  .  .  .): 

dv  dv     ~     ^\   dv    "^    dv  )' 


an  eo; 


^m^mH'm-'- 


i 

während  ^o  das  Potential  der  natürlichen  Belegung  vorstellt. 
2)  für  j  =  1,  2  .  .  .;  während: 

r  1    f  ^^«  ^ 


Ä,  Korn:  Lösung  des  Problems  der  magnetischen  Induktion.     439 

Mit  Hilfe  der  ersten  Gleichung  10)  können  wir  zeigen, 
dass  wir  zur  Bestimmung  der  Cj  die  Lösung  U  des  Pro- 
blems 10)  gar  nicht  zu  kennen  brauchen.  Es  ist  nach  der 
ersten  Gleichung  10): 


dv 
somit : 


-a+^-'Ol^+l^+l?'). 


^     Ay  +  lJ      ar  ij+lj    ^  dv       ' 

CO  CD 


cü  a> 


CO 

oder: 


o> 


"CO, 


Ct> 


oder  schliesslich: 

16)    Cj')  =  -  ,,,.,,    .^, ^^ ^,  r^'  *,.da>. 

^      •'  ^  A/+1 +(1 +  4  jr«)(Ay--l)J  ar     -^ 


o> 


Wir  können  somit  die  Lösung  Q  des  Problemes 
der  magnetischen  Induktion  allgemein  innerhalb  des 
Innenraumes  und  Aussenraumes  von  cd  in  der  Form 
darstellen: 

17)  Q^-0+c,^,+  C,0,-^C,^,  +  .., 


^)  für  j  =  1,  2  .  .  .;  während  nach  wie  vor: 
16')  ^0=  4-^-J-^;r^^- 


440         Sitzung  der  mathrphys,  Glosse  vom  7,  Dezember  1901. 

wo  $  die  Lösung  des  Dirichlet'schen  Problemes  für 
den    Innen-    resp.    Aussenraum    mit    den    Randwerten 

271X 

vorstellt  und  die  Konstanten  CqC^C^  .  ..  durch  die 
Gleichungen  16)   (und  16')   bestimmt    sind. 

Im   Falle  der   Kugel,    in    dem    die  Poincar^'schen  Funda- 
mentalfunktionen mit  den  Laplace'schen  Funktionen 

Y- 

proportional  werden,  führt  uns  die  Gleichung  17)  auf  die  be- 
kannte Lösung  in  der  Form  einer  nach  Kugelfunktionen  fort- 
schreitenden Reihe. 


441 


Zur  Theorie  der  Spectrallinien. 

Von  F»  Lindemann« 

(Riugelaufm  16.  Detgmber.) 

Das  Auftreten  discreter  Linien  im  Spectrum  eines  glühenden 
Gases  erklärt  man  wohl  allgemein  (zunächst  nach  Analogie 
mit  akustischen  Vorgängen)  durch  sogenannte  Eigenschwing- 
ungen der  Moleküle.  Wie  aber  diese  Schwingungen  zu  Stande 
kommen,  darüber  scheint  keine  feste  Ansicht  zu  herrschen;  ob 
das  Molekül  als  ganzes,  oder  die  einzelnen  Atome  desselben 
oder  endlich  das  Innere  des  kugelförmig  gedachten  Atoms 
diese    Schwingungen    ausführt,    vermag    man   nicht   zu   sagen. 

Letztere  Ansicht  hat  besonders  Lord  Kelvin  vertreten;*) 
er  construirt  ein  aus  concentrischen  Kugelschalen  bestehendes 
Modell  eines  Atoms;  diese  Kugelschalen  sind  durch  elastische 
Kräfte  an  einander  und  an  den  umgebenden  Lichtäther  ge- 
bunden. Die  Schwingungen  des  Aethers  theilen  sich  diesen 
Kugelschalen  mit;  solche  von  gewisser  Wellenlänge  werden 
gänzlich  absorbirt  und  bedingen  das  Auftreten  der  Linien  im 
Spectrum.  Man  hat  hierbei  für  das  Innere  des  Moleküls  eine 
sehr  grosse  Anzahl  von  Constanten  zur  Verfügung,  und  kann 
es  mittelst  derselben  natürlich  (wenn  auch  bisher  ein  numeri- 
scher Versuch  nicht  gemacht  wurde)  so  einrichten,  dass  die 
Rechnung  sich  den  Erscheinungen  ungefähr  anpasst. 

Die  innere  Construction  eines  Atoms  würde  hiernach  so 
complicirt  ausfallen,    dass  man  sich  nur  ungern  zur  Annahme 


')  Sir  William  Thomson:   Lectures  of  molecular  dynamics  and 
the  wäre  theory  of  light,  Baltimore  1884. 


442         Sitzung  der  mathrphys.  Classe  vom  7.  Dezember  1901. 

dieser  Hypothese  entschliessen  kann,  wenngleich  es  wohl  die 
einzige  ist,  welche  die  Erscheinungen  im  Spectrum  eines  Gases 
rein  mechanisch  verständlich  macht. 

Helmholtz  hat  für  den  Brechungs-Exponenten  in  seiner 
Abhängigkeit  von  der  Wellenlänge  ähnliche  Ausdrücke  auf- 
gestellt,^) wie  Lord  Kelvin;  aber  er  setzt  dabei  eine  Reibung 
zwischen  dem  Lichtäther  und  der  Oberfläche  des  Atoms  voraus, 
also    einen  Vorgang,    bei    dem   lebendige  Kraft  yerloren  ging. 

In  der  elektrischen  Lichttheorie*)  geht  man  von  der  An- 
nahme verschiedener  Gattungen  von  Jonen  aus,  die  das  Atom 
begleiten  und  deren  jedes  eine  ihm  eigenthümliche  Eigen- 
schwingung besitzt,  also  von  einer  noch  complicirteren  Vor- 
stellung, als  wie  sie  dem  Thomson 'sehen  mechanischen  Mo- 
delle zu  Grunde  liegt. 

Schon  früher  habe  ich  der  TJeberzeugung  Ausdruck  ge- 
geben,') es  sei  die  Hypothese  von  Lord  Kelvin  nur  als  Ersatz 
für  die  Thatsache  anzusehen,  dass  die  Wellenlängen  der  Linien 
eines  Spectrums  als  Wurzeln  einer  transscendenten  Gleichung 
aufzufassen  sind,  die  von  der  inneren  Natur  des  Atoms  ab- 
hängt; es  war  mir  aber  erst  nach  vielen  vergeblichen  Ver- 
suchen möglich,  dieser  Ueberzeugung  eine  mathematische  Unter- 
lage zu  geben  und  sie  durch  Vergleichung  mit  der  Erfahrung 
zu  prüfen. 

Im  Folgenden  gehe  ich  bei  den  entsprechenden  Ableitungen 
von  der  elastischen  Lichttheorie  aus,  da  die  in  den  Grenz- 
bedingungen liegenden  Schwierigkeiten,  welche  dieser  Theorie 
entgegenstehen,  gerade  beim  vorliegenden  Probleme  fortfallen 
(vgl.  §  2).  Ich  denke  mir  eine  im  Lichtäther  ruhende  homo- 
gene Kugel,  deren  Inneres  beliebige  transversale  und  longitu- 


^)  Wissenschaftliche  Abhandlungen,  Bd,  1,  p.  213  ff. 

2)  Vgl.  z.  B.  p.  35G  iF.  in  Drude 's  Lehrbuch  der  Optik.  Leipzig  1900. 

3)  Ueber  Molekularphysik.  Schriften  der  physikalisch-ÖkonomiacheB 
Gesellschaft  zu  Königsberg  i.  Pr.,  Jahrgang  19,  1888.  Einen  grossen  Theil 
dieser  meiner  älteren  Entwicklungen  würde  ich  jetzt  natürlich  ganz  anders 
fassen,  insbesondere  alles,  was  über  den  Magnetismus  gesagt  ist.  Ich 
hoffe,  darauf  bald  zurückkommen  zu  können. 


F,  Lindemann:  Zur  Theorie  der  SpectralUnien,  443 

dinale  Oscillationen  ausführt  und  frage,  wie  sich  diese  Oscilla- 
tionen  auf  den  Lichtäther  übertragen,  und  zwar  speciell  unter 
der  Annahme,  dass  vom  Mittelpunkte  der  Kugel  aus  nach 
allen  Seiten  volle  Symmetrie  herrsche.  Für  die  zulässigen 
Wellenlängen  ergeben  sich  dabei  verschiedene  transscendente 
Gleichungen,  deren  Wurzeln  nicht  allgemein  angegeben  werden 
können.  Es  lassen  sich  aber  aus  ihnen  Beziehungen  zwischen 
den  Spectren  verschiedener  Elemente  unter  gewissen  verein- 
fachenden Annahmen  ableiten,  die  ich  sodann  an  einer  Reihe 
von  Beispielen  geprüft  und  als  annähernd  erfüllt  befunden 
habe  (§  7  —  §  13). 

Dabei  habe  ich  den  von  verschiedenen  Autoren  im  Spec- 
trum gewisser  Elemente  bemerkten  „Serien"  besondere  Be- 
achtung geschenkt  und  zum  Schlüsse  (§  14)  erörtert,  wie  man 
etwa  das  Auftreten  dieser  Serien  (unter  gewissen  Annahmen 
über  die  vorkommenden  Constanten)  als  eine  Eigenschaft  der 
Wurzeln  der  betreffenden  transscendenten  Gleichungen  zu  er- 
kennen vermag. 

Das  Auftreten  der  Serien,  welche  man  sonst  durch  andere 
Hypothesen  zu  erklären  versucht  hat,*)  ist  hierdurch  wenn 
nicht  völlig  aufgeklärt,  so  doch  mit  den  nachfolgenden  theore- 
tischen Erörterungen  in  Einklang  gebracht. 

Besonderes  Gewicht  lege  ich  auf  die  Einfachheit  der 
gemachten  Voraussetzungen.  Jedenfalls  dürfte  es  ge- 
rechtfertigt erscheinen  zu  versuchen,  wie  weit  man  mittelst 
dieser  einfachen  Annahmen  den  beobachteten  Erscheinungen 
mathematisch  gerecht  werden  kann. 

§  1.    Darstellung  elastischer  Schwingungen. 

Die  elastischen  Schwingungen  eines  kugelförmig  begrenzten 
Raumes  hat  Clebsch  eingehend  studirt,  und  die  Lösung  auf 
die  Anwendung  der  Kugelfunctionen  und  BesseTschen  Func- 

^)  Vgl.  Riecke,  Zur  Kritik  der  Serienschwingungen  eines  Linien- 
spectrums.    Annalen  der  Physik,  4.  Folge,  Bd.  1,  1900. 


444         Sitzung  der  mathrphys.  Classe  vom  7,  Dezember  1901, 

tionen  zurückgeführt.^)  Seine  Untersuchungen  beziehen  ach 
zunächst  auf  den  äussern  Raum  der  Kugel,  sind  aber  leicht 
in  analoger  Weise  für  das  Innere  durchzuführen.  Die  Theorie 
der  Bessel'schen  Functionen  war  damals  noch  wenig  ent- 
wickelt; deshalb  ist  die  Bezeichnungsweise  nicht  übersichthck 

Die  elastischen  Schwingungen  des  Innern  einer  Kugel  hat 
Clebsch  unter  der  Annahme  gleichförmig  vertheilter  Druck- 
kräfte ebenfalls  eingehend  behandelt,  und  zwar  besonders  die 
betreflfenden  longitudinalen  Schwingungen.*) 

Bezeichnet  man  mit  w,  v,  w  die  Verrückungen  eines  Punktes 
mit  den  Coordinaten  x^y^z^  so  lassen  sich  nach  Clebsch  diese 
allgemeinsten  Verrückungen  als  Summen  von  vier  speciellen 
Werthsystemen  darstellen,  so  dass 

w  =  w,  +  Wj  +  «*s  +  ^4, 

(1)  v  =  Vj  +  Vg  +  Vj  +  v^, 

w  =  w^-^r w^-\-  w^-^- «7^. 

Hierbei  bestimmen  Wj,  Vj,  w^  eine  sogenannte  longitu- 
dinale  Schwingung,  indem 

3P  ap  aP 

^  ^  ^      dx  ^y  a^r 

wobei  P  der  partiellen  DiflFerentialgleichung 

aap  /a^p     d^p     a*p\ 

(3)  _!  =  ,., P  =  ,.(^^^,  +  _  +  J) 

genügt.  Die  Grössen  Wg,  v^^  w^^  ....  gehören  zu  transver- 
salen Schwingungen;  es  ist 

dU  dU 

*  '     *  dz        *  dy 

dV  dV 

dW  dW 

*  dy       *  dx        *  ' 


1)  üeber   die  Reflexion   an   einer  Kugelfläche.    Grelle*8  Journal, 
Bd.  61,  1861. 

2)  Theorie  der  Elasticität  fester  Körper.     Leipzig  1862,  p.  50  ff. 


F.  Lindemann:  Zur  Theorie  der  Speetrallinien.  445 

und  die  Functionen   U,  V,  W  sind   Lösungen   der  Gleichung 

(5)  ^  =  a*J<p. 

Die  Constanten  a^  und  6*  sind  die  Elasticitäts-Constanten 
des  betrachteten  elastischen  Mediums.  Für  jede  transversale 
Schwingung  ist  die  räumliche  Dilatation 

ra\  du       dv        dw 

Die  allgemeinste  Schwingung  setzt  sich  so  aus  einer  lon- 
gitudinalen  Schwingung  (2)  und  drei  speciellen  transversalen 
Schwingungen  (4)  zusammen. 

§  2.    Die  longitudinalen  Schwingungen  der  Engel. 

Wir  führen  mittelst  der  Formeln 

a?  ==  r  sin  1?  cos  tp     (0  <  r  <C  ß) 

(7)  y  =  r  sin  i>  sin  v'      (0  <  v'  <  2  tt) 

e  =:  T  cos  1?  (0  <  1?  <  jr) 

Polarcoordinaten  ein  und  bezeichnen  mit  q  den  Radius  der 
Kugelfläche,  welche  das  schwingende  Medium  begrenzt.  Dann 
erscheint  nach  der  von  Henneberg  gegebenen  Darstellung, 
der  wir  hier  folgen,  die  allgemeinste  Lösung  der  Gleichung  (3) 
in  der  Form 

P  =  £££  {cosin  nht\Amuq  cosin  m^)  +  ^^„gsin  m\p\ 

n     m    q 

(8)  -f-  sin  nbt  [Bmnq  cosin  myj  -|"  ^mnq  sin  myj]} 

P^(cosi?)i?,+  j(nr). 

Hierbei  bedeuten  ^mngi  ^mnqi  l^mnqi  B'mnq  Constante,  die 
durch  die  Anfangsbedingungen  zu  bestimmen  sind;   Pm(cosi?) 


')  Ueber  die  elastischen  Schwingungen  einer  isotropen  Kugel  ohne 
Einwirkung  von  äusseren  Kräften.  Annali  di  materaatica  pura  ed  ap- 
plicata,  Serie  II,  t.  9,  1879. 

1901.   SiUungttb.  d.  math.-pliys.  GL  30 


446         Sitzung  der  math.'phys,  Glosse  vom  7.  Dezember  1901, 

bezeichnet  in  bekannter  Weise  eine  Eugelfunction,   d.  h.  eine 
Lösung  der  Gleichung 


(9) 


(PPi    .       .    .dPi 


^  +  cotg.^+[,(,  +  l)-^]pi  =  0; 


und  -B^-fi  ist  eine  Bessel'sche  Function,*)   d.  h.  eine  Losung 
der  Gleichung 

und  zwar   diejenige,   welche  für  r  =  q  nicht  unendlich  wird. 

In  der  Summe  (7)  ist  mit  m  ein  ganzzahliger  Index  be- 
bezeichnet; die  Indices  n  und  q  können  ebenfalls  ganze  Zahlen 
sein,  können  aber  als  Wurzeln  transscendenter  Gleichungen  be- 
stimmt werden. 

Für  uns  ist  der  Fall  von  Wichtigkeit,  wo  die  Function  P 
nur  von  der  Zeit  t  und  dem  Radius  r  abhängt.  Um  dies  zu 
erreichen,  haben  wir  m  =  Omal  g  =  0  zu  nehmen. 

(11)  P  =  S  [An  cosin  nht-^-Bn  sin  w6f]  iJj  {nr). 


(12) 


Die  Verriickung  in  Richtung  des  Radius  ist  gleich 

dr  ' 


der  auf  die  Eugeloberfläche  ausgeübte  normale  Druck  ist  gleich 
2a»^+(6»  — 2o»)JP 


ar' 


3r*  r*         er 


=  —  2j  {An  cos  nht  -f-  Bn  sin  nhf]  — j-  -= (-  n*  6*  iJ 


^)  Es  ist  -Rg-i-^  die  von  Heine  mit  y«  bez.  JP^  bezeichnete  Func- 
tion (bis  auf  einen  constanten  Factor). 


F.  Lindemann:  Zur  Theorie  der  SpectrdlUnien.  447 

wenn  hierin  r  durch  q  ersetzt  wird,  und  wieder  ng  das  Ar- 
gument der  Function  R  ist. 

Besonders  ausgezeichnet  sind  diejenigen  Schwingungen, 
bei  denen  die  Oberfläche  der  Kugel  in  absoluter  Ruhe  bleibt, 
d.  h.  bei  denen  die  Bedingung 

(14)  dJR,^^^  ^  ^^^^  ^,^^^^^^  _  ^ 

erfüllt  ist.     Ist  dann  ausserdem 

(15)  n»e»-2(3  +  l)  =  0, 

so  verschwindet  auch  der  auf  die  Oberfläche  ausgeübte  Druck.*) 
Die  aus  (14)  und  (15)  folgende  Gleichung 

(16)  Ri+i(Vqiq+l))  =  0 

stellt  dann  eine  transscendente  Gleichung  für  q  dar;  und  zu 
jeder  Wurzel  derselben  gehört  nach  (15)  ein  Werth  von  n, 
durch  welchen  nach  (8)  die  Schwingungsdauer  T„  der  be- 
treJBEenden  Oscillation  bestimmt  wird: 

271 

In  Folge  der  Bedingungen  (14)  und  (15)  reducirt  sich, 
da  (p  nicht  vorkommt,  die  Doppelsumme  (8)  auf  eine  einfache 
Summe.  Die  hier  auftretende  Gleichung  (16)  ist  bisher  nicht 
näher  untersucht  worden. 

In  dem  Falle  q  =  0  wird 


y     71     ng 


Derselbe  ist  von  Clebsch  und  Henneberg  a.  a.  0.    ein- 
gehend behandelt.  Die  transscendente  Gleichung  (13)  lautet  dann 


^)  Der  Druck  würde  auch  verschwinden,  wenn  Bing)  und  R'ing) 
gleichzeitig  verschwinden;  dann  aber  würden  nach  (10)  sämmtliche 
Differentialquotienten  von  B  {n  q)  gleich  Null  sein ;  dieser  Fall  ist  des- 
halb auszuschliessen. 

30* 


448         Sitzung  der  mcah.-phys,  Glosse  vom  7.  Dezember  1901. 

(18)  cotang  n  q  =      ^,^^    .       i»  =  -^. 

Die  Wurzeln  Wq,  Wj,  Wj,  Wj,  .  .  .  .  liegen  in  folgenden 
Intervallen 

0<no<w,<-,    — <w,<— ,    — <n3<  — ,  .... 

ö      ^^  Q       ^Q  Q 

Sie  nähern  sich  mit  wachsendem  Index  dem  ganzen  Viel- 

71 

fachen  von  — ,  und  zwar  um  so  mehr,  je  kleiner  Ä*  ist.     Der 
Druck  auf  die  Oberfläche  ist  natürlich  jetzt  nicht  gleich  Null 

§  3.   Die  transversalen  Schwingungen  der  Kugel. 

Es  genügt  hier,  von  den  drei  Functionen  U,  F",  W,  welche 
durch  (4)  eingeführt  wurden  und  der  Gleichung  (5)  genügen, 
eine  zu  betrachten.  Beschränken  wir  uns  wieder  auf  solche 
Schwingungen,  die  nur  von  r,  nicht  von  i?  und  tp  abhängen^ 
so  wird,  wie  in  (11): 

(19)  U  =  Jj  [Cn  cosin  nat  -|-  Dnsinnat]  R^(nr), 


wenn  mit  R  wieder  ein  Integral  der  Gleichung  (10)  bezeichnet 
wird.  Die  entsprechenden  Verrückungen  berechnen  sich  dar- 
nach gemäss  den  Gleichungen  (4);  sie  bestehen  in  kleinen  Oscilla- 
tionen  nur  die  ruhende  x-Axe;  jede  zum  Mittelpunkte  con- 
centrische  Kugelschale  bewegt  sich  nur  in  sich. 

Der  Normaldruck  auf  die  Oberfläche  der  Kugel  ist  gleich 
Null.  Innerhalb  der  Oberfläche  selbst  aber  treten  in  Folge 
der  Schwingung  Druckkräfte  auf,  welche  durch  die  beiden  zu 
einander  rechtwinkligen  Componenten 

(20)  —  a*  sin  ^  sin  y>  -  -  „-,    —  a^  cos  &  cos  w  — - 

für  r  =  o  gemessen  werden  (vgl.  Henneberg  a.  a.  0.). 

Sollen  diese  Druckkräfte  insbesondere  verschwinden,  so 
muss  If  (ng)  =  0  sein,  d.  h.  nach  (10):  es  muss  die  Gleichung 

(21)  2nQ  R\nQ)  +  [n*^^-  (z(^  +  1)]  B{nQ)  ==  0 


F.  Lindemann:  Zur  Theorie  der  SpectralUnien.  449 

erfüllt  sein.  Besonders  ausgezeichnet  ist  der  Fall,  wo  wieder 
die  Begingungen  (14)  und  (15)  gleichzeitig  erfüllt  sind,  und 
wo  in  Folge  dessen  auch  die  Gleichung  (21)  Gültigkeit  hat. 
Dann  bleibt  jeder  Punkt  der  Oberfläche  in  absoluter  Ruhe. 
Die  Schwingung  im  Innern  der  Kugel  ist  dann  aber,  da  q  von 
Null  verschieden  ist,  auch  von  i?  abhängig. 

Besonders  einfach  ist  der  Fall  q  =  0;  dann  wird 

/oo\  -D  /     \       sin  nr 

(22)  El  (nr)  = . 

Soll  jetzt  der  Druck  gleich  Null  sein,  so  ergibt  sich  die 
Gleichung  (vgl.  Henneberg  a.  a.  0.) 

(23)  cotang  ng  =  — 2n~^' 

Soll  aber  die  Oberfläche  in  Ruhe  bleiben,  so  muss 

(23  a)  tangn^  =  ng 

werden;  also  wieder  zwei  transscendente  Gleichungen  für  w. 
Die  Wurzeln  n^,  n^,  n^,  ....  nähern  sich  bezw.  den  geraden 

7t 

und  ungeraden  Vielfachen  von  ^^, 

Zg 

§  4.   Wirkung  einer  schwingenden  Engel  auf  den 

Lichtäther. 

Wegen  der  in  der  Elasticitäts-Theorie  des  Lichtes  voraus- 
gesetzten Incompressibilität  des  Aethers  können  am  Lichtäther 
nur  transversale  Wellen  existiren.  Die  allgemeinste  Schwingung 
desselben   ist  daher  nach  (1)  und  (4)   durch   die  Gleichungen 


(24) 


M  — 

dW,      z   aF, 

y  dW, 

dJi 

ay    r     dr 

r     dr 

V   =  -^r — '- 

du,         X  dW, 

z   dV, 

dx 

dz          r     dr 

r     dr 

du, 

w  =  - — - 

3  r,  _y  dU, 

X  dV, 

^y 

dx         r     dr 

r     dr 

450         Sitzung  der  matK-phys,  Clause  vom  7.  Dezember  1901, 
dargestellt,  wo   f/,,   F,    TT,  der  Differentialgleichung 

(25)  ~^-  =a\A<p 

genügen.  Sollen  sich  die  Schwingungen  der  Kugel  nach  aussen 
in  den  Lichtäther  fortsetzen,  so  haben  wir  den  letztern  als 
einen  Raum  zu  behandeln,  der  im  Endlichen  durch  die  Kugel- 
fläche r  =  Q  begrenzt  wird.  Die  Functionen  [7, ,  F, ,  Vt\ 
werden  daher  genau  wie  vorhin  bestimmt;  nur  die  Constanten 
sind  andere.     Es  ist  z.  B. 

Z7j  =  SS S  {cosin  n^  a,  t  [E,nnq  cos  w  v'  +  E'^nq  sin  m\^i\ 

m     n     q 

-f  sin  n,  a,  t  [Fm„q  cos  wt  v  +  iC«,  sin  m  v]} 

iJ<;Vl(«i »-)-?"  (cos*). 

Die  Function  Itq\.^  ist  hierbei  als  Integral  der  Differential- 
gleichung 

(26)  ^^  +  1^-^  + 
^    '  dr^    ^  r     dr    ^ 


',       g(g+l) 

Wl 7i 


1  i2  =  0 


definirt;  und  zwar  ist  dasjenige  partikuläre  Integral  zu  wählen, 
welches  den  von  innen  nach  aussen  sich  ausbreitenden  Wellen 
entspricht,  nicht  dasjenige,  welches  unendlich  ferne  Erregungs- 
Centren  voraussetzen  würde. 

Soll  auch  hier  völlige  Symmetrie  herrschen,  d.  h.  Z7,  nur 
von  r  abhängen,  so  muss  wieder  q  =  0  und  m  =  0  genommen 
werden;  und  wir  erhalten 


(27)    ?7i  =  S  [En  cosin  (n,  a,  t)  +  F^  sin  (n,  a,  0]  B^'^  (n  r). 


WO 


^{\\ ,     V        -4  sin  n,  p  +  J?  cosin  n,  p 

Nun  ist 

2  sin  Wj  r  cosin  nj  a,  ^  =  sin  n,  (r  +  ßtj  ^)  -f-  sin  n,  (r  —  a,  0- 
2  sin  Wj  r  sin  Wj  a,  ^  =  cosin  n^  (r  —  «j  ^)  —  cosin  n,  (r  -}-  fl,  /). 
2  cosin  w,  r  cosin  w,  a^t  =  cosin  Wj  (r  —  a,  ^)  +  cosin  n,  (r  -f  «,  /). 
2  cosin  n^  r    sin  Wj  a^  ^  =    sin  n^  (r  -\-  a^t)  —    sin   n^  (r  —  a,  /)• 


F,  Lindemann:  Zur  Theorie  der  SpectrcHUnien,  451 

Um  obiger  Forderung  zu  genügen,  sind  die  Constanten 
A  und  B  so  zu  bestimmen,*)  dass  alle  Glieder,  welche  (r  +  «i  0 
im  Argumente  enthalten,  fortfallen.     Es  wird  demnach 

1 
(27  a)    f/j  ==  S  —  IGn  cosin  n^  (r  —  a,  0  +  -S»  sin  n^  (r  —  a^  ty], 

nj   ^ 

Entsprechende  Formeln  mit  anderen  Constanten  Gn,  -ET» 
gelten  für  die  Functionen   Fj  und   W^, 

Für  die  Art  und  Weise,  wie  sich  die  Schwingungen  der 
Kugel  in  den  Lichtäther  übertragen,  sind  zwei  Fälle  zu  unter- 
scheiden. 

Erster  Fall.  Die  Schwingung  im  Innern  der  Kugel  ist 
transversal.  Um  die  Amplituden  der  inneren  und  der  äusseren 
Schwingung  in  üebereinstimmung  zu  bringen,  genügt  es,  die 
Gleichungen 

(28)  lE^dU^    IT^IZl     i^^ÜEi 

^     ^  dr         dr  ^     dr         dr  *     dr  dr 

für  r  =  ^  zu  befriedigen.  Beschränken  wir  uns  wieder  auf  U 
und    C/j ,  so  ergibt  sich 

n  C„  B\  (n  q)  =  n,  (?„  S^  («,  q)  +  »,  if,  R\  (n,  q), 

^^^^       n  Dn  ä;  (n  q)  =  n,  G„  B\  («.  q)  -  n.  IT»  S\  (n, q), 

wo  nun 

/on\  ü   /     \       sinn^      ^^  cosin  n^ 

(29)  iJi  (w  ^)  = ^ ,    Äi  (n ^)  = ^ . 

Damit  die  Schwingungsdauem  übereinstimmen,  muss  femer 

(30)  w  a  =  nj  a, 

genommen  werden.  Hierbei  ist  zu  beachten,  dass  die  Func- 
tionen JRi(n, ^)  und  R^{nQ)  sich  nur  durch  das  Argument 
von  einander  unterscheiden ;  denn  die  Differentialgleichung  (10) 
wird  unabhängig  von  w,  wenn  man  nr  an  Stelle  von  r  als 
unabhängige  Variable  einführt. 


*)  Vgl.  darüber  die  Bemerkungen  von  Clebsch  in  §6  der  citirten 
Abhandlung  aus  Bd.  61  von  Crelle's  Journal. 


452         Sitzung  der  matK-phys.  Glosse  vom  7.  Dezember  1901, 

Sollen  auch  die  Druckkräfte  sich  an  der  Kugeloberfläclie 
das  Gleichgewicht  halten,  so  muss  nach  (20)  ausserdem 

a*  ——z ai  -    •   =  0 

für  r  =  Q  sein.     Oder 

^^^^     a^nW^ B\inQ)  =  a\n\ Gnli\(n,  Q)-a\nlH,Sl  (n,  o). 

Wegen  der  Relation  (30)  fallen  die  Factoren  ä^  n*  und 
al  n\  heraus.  Die  Elimination  der  Coefficienten  <7„,  D«,  6r„,  if, 
führt,  wenn  wir  zur  Abkürzung  den  Index  -J-  fortlassen,  zu 
der  Relation 


(32) 


=  0. 


a^  R'{nQ)          0  aS'  (n^  q)  aR'(n^  q) 

0  a^l({nQ)  oiJ'(»,  ß)  — aS'in^o) 

K'ing)            0                S'(n,Q)  Ii"(.n^Q) 

0  R"(nQ)         R"(n,Q)  —  S"(n,e) 

Diese    transscendente    Gleichung    bestimmt    die- 
jenigen   Zahlen    n    (bezw.   n^  =  n  —  1,    für    welche   die 

Gleichungen  (29)  und  (31)  mit  einander  verträglich 
sind,  und  somit  die  Schwingungsdauern  bezw.  Wellen- 
längen der  möglichen  Oscillationen. 

Die  Auswerthung  der  Determinante  führt  zu  der  Gleichung 

K  B'  (ng)  S"  (n,  q)  ~  a  R"  {uq)  S'  (n,  g)]^ 
+  [a,  B'  (n  q)  B" {n,  g)  —  a  B"  (ng)  B'  (w,  g)\^  =  0. 

Die  Bedingung  (32)   zerfällt  daher  in  die  beiden  linearen 
Gleichungen 

«1  B\ng)  S'\n^  g)  —  a  B"(ng)  S'{n^  ö)  +  ^  «i  B'ing)  B'\n^Q) 

—  laB"  {ng)B'{n^g)  =  0, 

a,  B'  (w  g)  S"  (w,  g)  —  a  B"  {n  g)  S'  (w,  g)  —  ia^  R'  (ng)  ü"  (»,o) 

-\-  iaB" {ng)B\n^g)  =  0; 


F,  Lindemann ;  Zur  Theorie  der  Spectrallinien,  453 

und  diese  lassen  sich  in  der  folgenden  Form  schreiben 

^  ^  a.R'ing)         S'  (n,Q)±iR'  (n, g)  ' 

Hierin  ist  i  =  Y —  1  zu  nehmen,  ferner  nach  (10): 

2 

R'\ng)=  —  —-—  H  (ng)  —  R  (n  g) , 

ng 

2 

Ii"(^iQ)  = -B'(>*i  q)  —  R{^iQ)y 

2 

Ä"  (wi  ^)  =  —  - —  fi"  (ni  ö)  —  Ä  (ni  ^). 

Setzt  man  rechts  die  Werthe  (29)  ein  und  formt  sodann 
die  Relation  (33)  um,  so  ergibt  sich,  je  nachdem  man  das 
obere  oder  untere  Vorzeichen  wählt,  an  Stelle  von  (32)  zur 
Bestimmung  von  n,  eine  der  beiden  folgenden  Be- 
dingungsgleichungen 

(34)       ^(-^  + ^__)  =  J-  +  -_A^. 

a^\ng        ng 'cotg ng  —  1/       n^g       ±tn^g  —  1 

Die  Wurzeln  der  einen  dieser  beiden  Gleichungen  sind 
conjugirt  imaginär  zu  denen  der  andern;  um  reelle  Resultate 
zu  erhalten,  müssen  immer  zwei  conjugirte  Werthe  gleichzeitig 
benutzt  werden.  Setzen  wir  w,  =  /*,  +  iv, ,  n  =  /i  -|-  iv,  so 
wird  die  Schwingungsdauer: 

(34  a)  T=-^  =  —. 

Der  imaginäre  Theil  r,  bedingt  das  Hinzutreten  von  Ex- 
ponentialfactoren  e±''^*'~''«'\  Indem  man  in  (27a)  auch  den 
Constanten  G»  und  Hn  complexe  Werthe  beilegt,  kann  man 
erreichen,  dass  nur  Exponentialfactoren  mit  negativen  Ex- 
ponenten vorkommen.  Ihr  Auftreten  zeigt  an,  dass  für  nega- 
tive Werthe  von  (r  —  a,  t)  die  Schwingung  mit  wachsender 
Zeit  allmählig  verlöscht ;    für   positive  Werthe   von   (r  —  a,  t) 


454         Sitzung  der  mathrphys,  Classe  vom  7,  Dezember  1901, 

kommen  die  Formeln  nicht  in  Betracht,  da  sich  die  Licht- 
schwingung zur  Zeit  t  noch  nicht  über  die  Stelle  r — a^t^O 
hinaus  fortgesetzt  hat. 

Für  grosse  Werthe  von  w,,  d.  h.  für  kleine  Schwingungs- 
dauern und  Wellenlängen  (wie  sie  beim  Lichte  auftreten), 
reducirt  sich  die  Gleichung  (34)  auf 

tang(n^)  ==+i-^. 

Eine  Wurzel  ist  rein  imaginär;  bezeichnen  wir  sie  reit 
+  /5^,  so  wird 

(34b)  ng  =^±ßi  +  gn, 

wo  g  eine  ganze  Zahl  bezeichnet.  Der  reelle  Theil  der  Wurzeln 
von  (34)  nähert  sich  also  mit  wachsender  Grösse  den  ganzen 
Vielfachen  von  ti,  der  imaginäre  Theil  einer  gewissen  end- 
lichen Grenze. 

Zweiter  Fall.  Die  Schwingungen  im  Innern  der 
Kugel  sind   longitudinal. 

Da  diese  Schwingung  ausserhalb  der  Kugel  sich  als  trans- 
versale fortsetzen  soll,  und  bei  letzterer  eine  Verrückung  in 
Richtung  des  Radius  nicht  eintritt,  so  muss  für  r  =  g 

dP 

(35)  —  =  0 

sein;  da  ferner  die  transversale  Schwingung  auch  keinen  Druck 
in  Richtung  des  Radius   ausübt,    so   muss  auch  die  Gleichung 

(36)  ^  =  0  für  r  =  e 

bestehen.  Die  innerhalb  der  Kugeloberfläche  erzeugten  Druck- 
kräfte werden  durch  die  Ausdrücke 

(37)  2a^-^-^-   und    2a^ 


drdcp  drdd^ 

gemessen.  Wird  P  in  der  Form  (8)  angenommen,  so  werden  sie 
in  Folge  der  Bedingung  (35),  die  sich  auf  (14)  reducirt,  von 
selbst  gleich  Null, 


J''.  lAndemann:  Zur  Theorie  der  Spectrallinien,  455 

Wenn  die  Gleichungen  (14)  und  (15)  zugleich  bestehen, 
ist  die  Bedingung  (36)  ebenfalls  erfüllt. 

Die  longitudinale  Schwingung  des  Kugelinnern  ist  in 
diesem  Falle  auch  von  q)  und  xp  abhängig. 

Innerhalb  der  Kugeloberfläche  selbst  existiren  weder  Ver- 
rückungen noch  Druckkräfte;  der  Lichtäther  bleibt  also 
bei  dieser  Art  von  Schwingungen  in  Kühe. 

Dritter  Fall.    Das  Innere  der  Kugel  bleibt  in  Ruhe. 

Ebenso  kann  umgekehrt  der  Lichtäther  oscilliren,  das  In- 
nere der  Kugel  aber  ruhen.  Wir  haben  die  Gleichungen  (14) 
und  (15)  als  erfüllt  vorauszusetzen,  so  dass  an  der  Kugelober- 
fläche Amplituden  und  Druckkräfte  gleichzeitig  verschwinden. 

Es  ist  nur  jetzt  für  die  Lichtäther-Schwingung  die  Func- 
tion -Rg+j  unter  den  Integralen  der  Gleichung  (10)  in  der 
Weise  auszuwählen,  wie  es  für  den  Fall  g  =  0  in  §  3  näher 
erörtert  wurde. 

• 

§  5.   Anwendung  auf  die  Schwingungen  eines  Atoms. 

Jedes  Element  ist  durch  sein  Spectrum,  d.  h.  durch  eine 
gewisse  Anzahl  ihm  eigenthümlicher  Wellenlängen  bezw. 
Schwingungsdauern  charakterisirt.  Man  pflegt  sie  als  Eigen- 
schwingungen des  Elementes  zu  bezeichnen,  ohne  doch  genau 
definiren  zu  können,  wie  diese  sogenannten  Eigenschwingungen 
zu  Stande  kommen. 

Bei  der  elastischen  Lichttheorie  ergeben  sich  bekanntlich 
Schwierigkeiten,  wenn  man  die  Grenzbedingungen,  d.  h.  das 
Verhalten  an  der  Grenzfläche  zweier  verschiedener  Medien 
charakterisiren  soll.  Die  Forderung  gleicher  Amplituden  und 
gleicher  Druckkräfte  führt  zu  Bedingungsgleichungen,  die  im 
Allgemeinen  nicht  mit  einander  verträglich  sind.^)  Diese  Un- 
verträglichkeit ist  aber  nur  vorhanden,    wenn    man    die  Tren- 


^)  Vgl.  Kirchhoff,  Ueber  die  Reflexion  und  Brechung  des  Lichtes 
an  der  Grenze  krystallinischer  Mittel ;  Gesammelte  Abhandlungen,  p.  352  fF.; 
sowie  Volk  mann,  Vorlesungen  über  die  Theorie  des  Lichtes.  Leipzig 
1891,  p.  285  ff. 


456         Sitzung  der  matK-phys.  Classe  vom  7.  Dezember  1901, 

nungsfläche,  wie  es  gewöhnlich  geschieht,  als  eben  annimmt, 
und  wenn  man  von  den  durch  die  Verschiedenheit  der  Wellen- 
längen bedingten  Unterschieden  absieht.  Denn  die  vorstehen- 
den Untersuchungen  haben  gezeigt,  dass  bei  kugelförmiger 
Grenzfläche  für  gewisse  Wellenlängen,  die  durch 
transscendente  Gleichungen  bestimmt  werden,  die 
Grenzbedingungen  der  elastischen  Lichttheorie  voll- 
kommen erfüllt  werden  können. 

Es  liegt  nahe,  dieses  Resultat  an  der  Hand  der  Erfahrung 
zu  prüfen;  und  da  bieten  die  Spectren  der  einatomigen 
Gase  ein  überreiches  Material. 

Im  gasförmigen  Zustande  sind  die  Atome  verhältniss- 
mässig  weit  von  einander  entfernt,  so  dass  es  erlaubt  sein 
wird,  ein  einzelnes  Atom  für  sich  zu  betrachten  und  mit  unserer 
schwingenden  Kugel  vom  Radius  q  zu  identificiren.  Bei  den 
heftigen  Bewegungen,  welche  im  Gase  stattfinden,  wird  jedes 
Atom  in  schneller  Folge  von  allen  Seiten  durch  andere  Atorae 
getroffen;  diese  Stosskräfte  werden  elastische  Schwingungen 
im  Innern  des  Atoms  hervorrufen,  die  sich  dem  Lichtather 
mittheilen  und  die  Linien  des  Spectrums  erzeugen.  Eine  so 
erzeugte  Schwingung  wird  von  allen  drei  Veränderlichen  r,  ^r,  v' 
abhängen;  da  wir  aber  nicht  ein  einzelnes  Atom  beobachten. 
sondern  nur  den  durchschnittlichen  Zustand  einer  sehr  grossen 
Anzahl  von  Atomen,  und  da  durchschnittlich  bei  den  Beweg- 
ungen der  Atome  keine  Richtung  ausgezeichnet  ist,  vielmehr 
jedes  in  jeder  Richtung  von  anderen  getroffen  wird,  so  können 
wir  annehmen,  dass  durchschnittlich  volle  Symmetrie  nach  allen 
Richtungen  herrsche,  so  dass  die  Grössen  m,  v,  w  nur  vom 
Radius  abhängen,  und  somit  die  obigen  Betrachtungen  An- 
wendung finden. 

Die  Linien  des  Spectrums  zerfallen  demnach  in  verschie- 
dene Gruppen,  deren  jede  durch  eine  Gleichung  mit  unendlich 
vielen  AVurzeln  charakterisirt  ist.  Die  Intensität  jeder  Schwing- 
ung ist  durch  den  zugehörigen  Coefficienten  (7^,  2)«»  ^tc.  der 
unendlichen  Reihe  bedingt.  Die  Convergenz  der  Reihe  ver- 
langt,   dass    diese  Coefficienten  mit   wachsendem   n    (d.  h.  mit 


F,  Lindemann:  Zur  Theorie  der  SpectralUnien.  457 

abnehmender  Wellenlänge)  unbegrenzt  abnehmen;  es  ist  daher 
natürlich,  dass  nur  eine  beschränkte  Zahl  von  Spectrallinien 
beobachtet  werden  kann. 

Jede  Linie  sollte  eigentlich  unendlich  schmal  und  somit 
nicht  sichtbar  sein.  Wenn  die  Linien  thatsächlich  doch  be- 
obachtet werden  können,  so  hat  dies  seinen  Grund  darin,  dass 
die  gemachten  Voraussetzungen  immer  nur  annähernd  erfüllt 
sind.  Je  weniger  Spielraum  das  einzelne  Atom  hat,  um  so 
mehr  verbreitern  sich  die  Linien,  bis  sie  sich  zu  Banden  zu- 
sammenschliessen . 

Erste  Gruppe.  Sie  ist  charakterisirt  durch  die  Gleich- 
ung (34).  Im  Aether  und  im  Innern  der  Kugel  finden  die 
Schwingungen  transversal  statt.  Die  entsprechenden  Verrück- 
ungen sind  durch  die  Gleichungen  (24)  dargestellt;  sie  be- 
stehen in  kleinen  Rotationen  um  einen  Durchmesser  der  Kugel, 
dessen  Lage  von  den  Werthen  der  Functionen  Z7j,  F^,  W^  ab- 
hängt. Diese  Axe  wird  in  schneller  Folge  alle  möglichen 
Lagen  in  der  Kugel  annehmen,  wodurch  dann  die  Symmetrie 
hergestellt  wird.  Die  einer  Wui-zel  n  der  Gleichung  (34)  ent- 
sprechende Schwingungsdauer  ist  durch  die  Gleichung  (34  a) 
dargestellt. 

Zweite  Gruppe.  Es  bestehen  die  Gleichungen  (14)  und 
(15).  Der  Lichtäther  bleibt  in  Ruhe;  die  Schwingung  in  der 
Kugel  ist  longitudinal. 

Da  die  Beobachtung  immer  ausserhalb  der  Kugel  statt- 
findet, wird  eine  entsprechende  Linie  im  Spectrum  des  Atoms 
nicht  auftreten.  Wenn  wir  uns  aber  vorstellen,  dass  durch 
die  heftigen  Bewegungen  der  Atome  im  glühenden  Gase  das 
Gleichgewicht  der  umgebenden  Aetherhülle  gestört  ist,  und 
dass  hier  Oscillationen  von  den  verschiedensten  Wellenlängen 
hervorgerufen  werden  könnten,  so  werden  diejenigen  Schwing- 
ungen, welche  dieser  Gruppe  angehören,  durch  die  entspre- 
chenden Oscillationen  im  Innern  der  Kugel  ausgelöscht  werden. 
Die  Linien  dieser  Gruppe  werden  daher,  wenn  sie  überhaupt 
beobachtet  werden,  nur  als  dunkle  Linien  auf  hellerem 
Grunde  erscheinen. 


458  Sitzung  der  math.-phys,  Classe  vom  7.  Dezember  1901. 

Dritte  Gruppe.  Das  Innere  der  Kugel  ruht,  der  Licht- 
äther  oscillirt,  und  zwar  entsprechend  den  Gleichungen  (14) 
und  (15).  Durch  die  in  Folge  der  Bewegungen  der  Atome 
entstehenden  Störungen  des  Gleichgewichtes  (wie  sie  soeben 
bei  der  zweiten  Gruppe  angenommen  wurden)  im  Lichtäther 
werden  Oscillationen  der  verschiedensten  Art  entstehen  können; 
aber  von  der  Kugel  aus  radial  verlaufend  können  nur  solche 
hervorgehen,  deren  Wellenlänge  durch  die  angegebenen  Be- 
dingungsgleichungen bestimmt  sind.  Andere  Wellen  mit  anderer 
Schwingungsdauer  werden  sich  tangential  von  der  Kugel  aus 
verbreiten. 

Die  Verrückungen  u,  v,  w  werden  vom  Winkel  i?  abhängig, 
wodurch  scheinbar  die  Symmetrie  gestört  wird.  Bedenkt  man 
aber,  dass  wir  oben  nur  eine  der  drei  Functionen  f/^,  F,,  If, 
betrachteten,  so  erhellt,  dass  durch  gleichzeitige  Berücksich- 
tigung der  drei  Functionen  die  Symmetrie  nach  allen  Rich- 
tungen wieder  herzustellen  ist.  Die  transversale  Schwingung 
besteht  in  Oscillationen  um  einen  Durchmesser  der  Kugel  als 
Axe,  der  seine  Richtung  schnell  verändert. 

Das  Auftreten  dieser  Art  von  Strahlen  kann  vielleicht 
dazu  dienen,  die  Erscheinung  der  Fluorescenz  verständlich  zu 
machen. 

Vierte  Gruppe.  Im  Innern  der  Kugel  finden  trans- 
versale Schwingungen  statt;  der  Lichtäther  bleibt  in  Ruhe. 
Es  bestehen  wieder  die  Gleichungen  (14)  und  (15),  wenn  für 
Iiq-{-\  diejenige  specielle  Lösung  der  Gleichung  (10)  gewählt 
wird,  welche  für  r  =  0  endlich  bleibt.  Die  entsprechenden 
Linien  des  Spectrums  sind  stets  dunkel,  wenn  sie  überhaupt 
erscheinen. 

Fünfte  Gruppe.  Es  erscheint  nicht  noth wendig,  an  der 
Forderung,  dass  die  Druckkräfte  an  der  Oberfläche  des  Atoms 
übereinstimmen,  absolut  festzuhalten.  Bestehen  Differenzen 
der  Druckkräfte,  so  wird  das  Atom  in  Folge  derselben  eine 
fortschreitende  oder  rotirende  Bewegung  annehmen.  Da  nun 
beim  glühenden  Gase  die  Atome  schon  bewegt  sind,  liegt 
kein  Grund  vor,    diese    Annahme    auszuschliessen.     Hält  man 


F,  Lindemann:  Zur  Theorie  der  Specträllinien.  459 

an  der  Symmetrie  und  an  der  Ruhe  der  äusseren  Oberfläche 
fest,  so  werden  die  transversalen  Schwingungen  dieser  Art 
durch  die  Gleichung  (23  a)  bestimmt. 

Sechste  Gruppe.  In  gleichem  Sinne  sind  im  Innern 
der  Kugel  die  durch  (18)  definirten  Oscillationen  zu  berück- 
sichtigen. Da  der  Druck  an  der  Oberfläche  nicht  Null  ist, 
werden  sich  diese  longitudinalen  Schwingungen  mit  gleicher 
Schwingungsdauer  als  transversale  Wellen  in  den  Lichtäther 
fortsetzen. 

Regelmässig  werden  die  Linien  der  ersten  und  dritten 
Gruppe  im  Spectrum  erscheinen,  vielleicht  auch  die  der  fünften 
und  sechsten  Gruppe. 

Jedenfalls  aber  besteht  das  Spectrum  eines  ein- 
atomigen Gases  aus  einer  Reihe  verschiedener  Einzel- 
Spectra,  die  sich  über  einander  lagern,  und  deren 
jedes  durch  eine  besondere  transscendente  Gleichung 
bestimmt  wird;  es  ist  natürlich,  dass  dabei  an  einzelnen 
Stellen  des  Spectrums  starke  Verdichtungen  auftreten.  Unter 
verschiedenen  Umständen  können  verschiedene  Gruppen  er- 
scheinen; und  das  ist  mit  den  Beobachtungen  (besonders  deut- 
lich beim  Wasserstoff)  in  Uebereinstimmung. 

Da  über  die  Grösse  des  Radius  g  keine  Voraussetzung 
gemacht  wurde,  so  kann  das,  was  hier  über  sehr  kleine  leuch- 
tende Kugeln  gesagt  wurde,  ebenso  auf  erheblich  grössere 
Kugeln,  z.  B.  auf  leuchtende  Himmelskörper  angewandt  wer- 
den. Jedem  kugelförmigen  Himmelskörper  käme  hiernach  ein 
ihm  eigenthümliches  Spectrum  zu,  das  nur  abhängt  von  seiner 
Grösse  und  von  den  Elasticitäts-Constanten  seines  Innern.  Ein 
solcher  Körper  ist  allerdings  nicht  continuirlich  mit  Masse  er- 
füllt, vielmehr  vom  Lichtäther  durchdrungen,  nicht  scharf 
gegen  diesen  Aether  begrenzt;  aber  in  sehr  grosser  Ent- 
fernung wird  man  ihn  doch  wie  unser  Atom  behandeln  dürfen, 
so  dass  sein  Spectrum  theils  durch  die  Einzelspectra  der  in 
seiner  Atmosphäre  glühenden  Elemente,  theils  durch  die  ihm 
als    oscillirender   Kugel    zukommenden    Linien    gebildet   wird. 


460         Sitzung  der  math.-phys,  Glosse  vom  7,  Dezember  t901, 

§  6.   Beziehungen  zwischen  den  Spectren  verschiedener 

Atome. 

Hiemach  ist  das  Spectrum  eines  einatomigen  Gases  im 
Allgemeinen  von  so  complicirtem  Bau,  dass  es  kaum  möglich 
erscheint,  die  einzelnen  Gruppen  von  Linien  von  einander  zu 
trennen  und  mit  den  Wurzeln  der  zugehörigen  Gleichungen 
rechnerisch  in  Beziehung  zu  setzen;  die  Aufgabe  ist  über- 
dies dadurch  erschwert,  dass  die  Constanten,  von  denen  jene 
Gleichungen  abhängen  (q,  6,  a^)  nicht  bekannt  sind. 

Wenngleich  ich  daher  die  dargelegte  Auffassung  der  Linien- 
Spectra  (allerdings  damals  nur  für  die  fünfte  und  sechste 
Gruppe)  schon  vor  etwa  10  Jahren  in  Königsberg  i.  Pr.  einem 
engeren  Kreise  vorgetragen  habe,  konnte  ich  die  Untersuchung 
wegen  dieser  Schwierigkeiten  nicht  weiter  führen.  Erst  vor 
etwa  zwei  Jahren  bemerkte  ich,  dass  in  folgender  Weise  eine 
indirecte  Prüfung  der  Theorie  möglich  ist. 

Nimmt  man  zwei  verschiedene  einatomige  Gase,  so 
unterscheiden  sich  die  betr.  transscendenten  Gleichungen  nur 
durch  die  Constanten  a,  b  und  g  von  einander,  und  in  manchen 
Gruppen  in  sehr  einfacher  Weise. 

So  lautet  z.  B.  die  Gleichung  für  die  sechste  Gruppe 

Ä:»  — nV* 
cotang  n  g  =       ja^^ 

und  die  entsprechende  Gleichung  für  ein  zweites  Atom 


cotang  n  g  =  —^^r^ 


Nimmt  man  nun  an,  dass  für  beide  Atome  Je  und  Ic  wenig 
von  einander  verschieden  seien,  so  stehen  die  Wurzeln 
beider  Gleichungen  nahezu  im  umgekehrten  Verhält- 
nisse der  Radien 

(38)  -^  =  -?'-, 

n  g 


F,  Lindemann:  Zur  Theorie  der  SpectralUnien,  461 

und  die  Schwingungsdauern  verhalten  sich  direct  wie  die  Radien ; 
es  ist  neralich,  wenn  b  von  b'  wenig  verschieden  ist,  nach 
(17)  annähernd 

(39)  -5^=-"'-^ 


/   • 


Tn  n  Q 

Für  die  Gleichung  (23)  ist  diese  Relation  bei  zwei  ver- 
schiedenen Atomen  genau  erfüllt.  Wenn  Je  aber  nur  annähernd 
gleich  Je'  ist,  so  besteht  die  Relation  (38)  auch  nur  näherungs- 
weise richtig. 

Aehnlich  ist  es  bei  der  Gleichung  (34).  Sind  hier  für 
zwei  verschiedene  Atome  die  Constanten  a  und  a  einander 
gleich,  so  ist  nach  (30) 


♦  _<        -- /  _« 


na  =  niaij  na  =niai, 

also  für  a  =  a: 

n   w' 

Ui         n[ 
Nun  kann  die  Gleichung  (34)  in  der  Form 

af{nQ)  =  a,F(^nQJ 

geschrieben  werden;  ebenso  ist  für  das  zweite  Atom 

ay{n  q)  ==  a,  F (~  n  Qj; 

oder  folgt  für  a  =  a    wieder 

n  o' 


n  Q 

Und  wenn  nur  annähernd  a  =  a  ist,  so  ist  diese  Beziehung 
(38)  näherungs weise  erfüllt. 

Die  Radien  der  Atome  sind  nicht  bekannt,  wohl  aber  ihre 
Atomgewichte,  die  mit  G  und  G'  bezeichnet  seien.  Bedeutet 
ferner  d  bezw.  d'  die  Dichte  im  Innern  des  Atoms,  so  ist 

1901.  Siiznngsb.  d.  math.-phys.  Gl.  31 


462 

wo  g  die  '. 

halten  wir 

(")  7-       %■ 

Wenn   also  auch  6'  vc  wenig    verschied 

so  besteht  näherungsweise       e  Relation 

(")       7=1/|.   -VI- 

d,  h,  die  Wellenlängen  der  Spectra  von  zwei  rer- 
schiedenen  einatomigen  Gasen  verhalten  (unter  den 
gemachten  Voraussetzungen)  sich  angenähert,  wie  ilie 
Cubikwurzeln  aus  den  Atomgewichten. 

Zu  der  Annahme,  dass  die  inneren  Coiistanten  a,  6,  &  ein» 
Atoms  bei  verschiedenen  Elementen  denselben  Werth  habeu, 
dass  sich  also  diese  Atome  nur  durch  die  Grösse  (d.  i,  durcli 
den  Werth  von  q)  unterscheiden,  knnu  man  durch  Vorstellung« 
über  die  Einheit  der  Materie  geführt  werden.  Dadurch  wurde 
ich  zu  dem  Versuche  veranlasst,  ob  nicht  die  Relation  (4ß) 
wirklich  bei  verschiedenen  Elementen  erfüllt  ist;  ich  habe 
für  eine  Reihe  von  Beispielen  gemüss  der  Formel  (iOi 
aus  den  beobachteten  Spectriillinien  eines  Elementi'S 
die  entsprechenden  eines  andern  Elementes  berechnet, 
und  die  Resultate  mit  den  Beobachtungen  an  diesem  anden 
Elemente  verglichen. 

Es  zeigte  sieh,  dass  die  Gleichung  (40)  in  vielen  FäUen 
näherungsweise  erfüllt  ist,  dass  also  in  der  That  die  Grössen 
a,  h,  6    von   den   Grössen   a,  b\  d'   sich   wenig  unterscheiden. 

In  anderen  Fällen  ist  die  allgemeinere  Gleichung 

zur  Anwendung  zu  bringen,  wo  A  eine  Constante  bedeutet, 
die  nach  (40)  näherungsweise 

T 

zu  setzen  ' 


-n 


V.J 


F.  Linde  mann:  Zur  Theorie  der  Spectrallinien,  463 

Im  Falle  der  Gleichung  (34),  also  bei  der  ersten  der  in  §  5 
unterschiedenen  Gruppen,  wird  man  auch  näherungsweise 

nehmen  dürfen,    wenn    a  von  a   wenig  verschieden   ist;    dabei 
hat  man  näherungsweise 

a 

Wenn  es  nicht  anders  bemerkt  ist,  sind  alle  in  den  folgen- 
den Tabellen  benutzten  Beobachtungen  den  Abhandlungen  von 
Kayser  und  Runge  entnommen.*)  Ein  besonderes  Interesse 
bietet  die  Einordnung  der  Spectrallinien  in  gewisse  Serien,  wie 
sie  Balmer  beim  Wasserstoff,  Rydberg  und  die  beiden  ge- 
nannten Autoren  bei  anderen  Elementen  vornahmen.  Auf 
diese  Serien  ist  deshalb  bei  den  folgenden  Rechnungen  beson- 
ders Rücksicht  genommen  (vgl.  unten  §  14). 

An  einigen  Stellen  sind  den  berechneten  Linien  beobachtete 
gegenübergestellt,  die  sich  weiter  als  wahrscheinlich  zulässig 
ist,  von  dem  Ergebnisse  der  Rechnung  entfernen;  ich  habe  sie 
aufgeführt,  um  darauf  hinzuweisen,  wo  die  nächste  beobachtete 
Linie  liegt. 

§  7.   Magnesium  und  Calcium. 

Im  Spectrum  des  Magnesiums  unterscheiden  Kayser  und 
Runge  zwei  Serien,  die  sie  wegen  ihrer  Eigenschaften  Neben- 
Serien  nennen;  diese  Eigenschaften  sind  nämlich  analog  den- 
jenigen der  bei  den  Alkalien  auftretenden  Neben-Serien,  welche 
dort  einer  Haupt-Serie  an  die  Seite  treten,  während  eine  solche 
Haupt-Serie  beim  Magnesium  nicht  auftritt.  Jede  Neben-Serie 
besteht  aus  drei  Triplets  von  Linien,  die  wenig  von  einander 
verschieden  sind. 


*)  Kayser  und  Runge:  In  den  Abhandlungen  der  königl.  preuss. 
Akademie  der  Wissenschaften  und  zwar :  1.  Eisen,  1888;  II.  Kohle,  1889; 
III.  Alkalien,  1890;  IV.  Elemente  der  zweiten  MendelejeflTschen  Gruppe, 
1891;  V.  Kupfer,  Silber  und  Gold,  1892;  VI.  Aluminium,  Indium,  Thal- 
lium, 1892. 

31* 


464         Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  «ow  7,  Dezember  1901. 


Die   betreflfende  Wellenlänge   A   wird    in   Angström^schen 
Einheiten  durch  folgende  Formeln  gegeben: 

l.Neben-Serie:A-i.l0«=39796,10-130398n-2_i432090n-^, 

A-i .  108  =  39836,79  -130398n-2— 1432090n-*, 

A-i.l08=39857,00-130398»-2— 1432090n-*. 

Die  Linien  der  Serie  ergeben  sich,   wenn   man    in    diesen 

Formeln  w  =  4,  5,  ...  vor  9,  10   einsetzt.     Sei    nun    X  die 

zugehörige   Wellenlänge    im    Calcium -Spectrum,    so    ist    nach 

unserer  Methode  näherungsweise  (vgl.  §  6): 


i'=^i/ 


Ca 
Mg 


WO  Ca  das  Atomgewicht  des  Calciums  (40,1)  und  Jlf^  dasjenige  des 
Magnesiums  bedeutet  (24,3).  Nach  dieser  Formel  sind  die  Wellen- 
längen des  Calciums  aus  denjenigen  des  Magnesiums  berechnet 
und  in  folgender  Tabelle  mit  den  Beobachtungen   verglichen. 


Magnesium 

Calcium 

Neben- 

Neben- 

Serie  I 
n 

A  beobachtet 
3838,44 

A'  berechnet 
4536,0 

beobachtet 

Serie  I 
n 

Differenz 

4 

4535,60 1) 

4-   0.40 

3832.46 

4528,9 

4527,17 

4-    1,73 

3829,51 

4525,4 

4512,73 

12,67 

5 

3097,06 

3659,9 

3653,62 

— 

+   5,28 

3093,14 

3655,2 

3644,45 

5 

+   9,75 

3091,18 

3652,9 

3630,82 

5 

+  22,08 

— 

3624,15 

5 

6 

2852,22 

3370,5 

3361,92 

6 

-   8,08 

2848,53 

3366,2 

3350,22 

6 

-  15,98 

2846,91 

3364,3 

3344,49 

6 

-  19,81 

7 

2736,84 

3233,8 

3225,74 

7 

- 

-    8,06 

2733,80 

3230,6 

3215,15 

7 

H 

h  15,45 

2732,35 

3228,9 

3209,68 

7 

+ 19,22 

8 

2672,90 

3158,6 

3166,96 

~    8,35 

2669,84 

3155,7 

3158,98 

— 

—    3,28 

2668,26 

3153,1 

3150,85 

8 

+    2,25 

3140,91 

8 

— 

— 

3136,09 

8 

— 

9         '       2633,13 

3111,9 

3107,96 

+   3,94 

2630,52 

3108,5 

3101,87 

9 
9 
9 

+   6,63 

— 

— 

— J 

*)  Im  Funkenspectrum  des  Calcium,  vgl.  Rep.  of  Brit.  Ass.  1884,  p.372. 


F,  Lindemann:  Zur  Theorie  der  Spectrallinien, 


465 


Die  hier  fehlende  Linie  des  dritten  Triplets  für  n  =  9 
ist  beim  Magnesium  nicht  beobachtet  worden;  auch  beim  Cal- 
cium findet  sich  keine  entsprechende. 

Dem  Werthe  n  =  4  in  der  Calcium-Serie  entsprechen  die 

^-  ^--  4456,08;    4435.86;    4425,16. 

Die  aus  diesen  nach  obiger  Formel  zu  berechnenden 
Magnesium-Linien  sind  nicht  beobachtet  worden. 

Die  Tabelle  lässt  erkennen,  dass  bei  den  Triplets  für 
n  =  5,  n  =  6  und  n  =  7  entsprechende  Linien  von  Magnesium 
und  Calcium  erhalten  werden;  bei  w  =  7,  n  =  8,  w  =  9  tritt 
eine  kleine  Verschiebung  der  von  Kayser  und  Runge  auf- 
gestellten Calcium-Serie  gegen  die  zugehörige  Magnesium-Serie 
ein.  Jedenfalls  könnte  man  auch  die  hier  berechneten  Cal- 
cium-Linien  durch  eine  Serien-Formel  annähernd  darstellen; 
man    hätte   zu    dem   Zwecke    nur   die    Constanten    der   ersten 

Neben-Serie  des  Magnesiums  mit  1/   y^  zu  multipliciren. 


Magnesium   Mg  —  24,3 

Calcium    Ca 

-40,1 

Neben- 

Neben- 

Serie  II 
n 

l  beobachtet 

l'  berechnet 

beobachtet 

Serie  II 
n 

DiflPerenz 

—^ 

6162,46 

3 

3 

5183,84 

6125,9 

6122,46 

3 

4-    3,44 

6172,87 

6112,9 

61 16,00 1) 

—    3,10 

5167,55 

6106,9 

6102,99 

3 

+    3,91 

4 

3336,83 

3943,1 

3949,09 

4 

—    5,99 

3332,28 

3937,8 

— 

3330,08 

3935,2 

3933,83 

4-    1,37 

5 

2942.21 

3476,9 

3487,76 

5 

—  10,86 

2938,68 

3472,7 

3474,98 

5 

—    2,28 

2936,99 

3470,6 

3468,68 

5 

+    1,32 

6 

2781,53 

3287,0 

3286,26 

6 

+    0,74 

2778,36 

3285,2 

3274,88 

6 

4- 10,32 

2776,80 

3228,2 

3269,31 

6 

+ 12,89 

7 

2698,44 

3188,8 

3181,40 

7 

+    7,40 

2695,53 

3185,4 

3179.45 

+    6,95 

2693,97 

3183,5 

3170,23 

7 

+  13,27 

8 

2649,30 

3130,7 

3140,91 

— 

—  10,21 

2646,61 

3127,6 

3136,09 

_^^ 

—    8,49 

2645,22 

3125,9 

3117,74 

8 

+    8,16 

^)  Vgl.  Reports  of  the  British  Association,  a.  a.  0. 


466 


Sitzung  der  math.-phys,  Glosse  vom  7.  Dezember  1901. 


Auch  hier  entsprechen  sich  die  beiden  Serien  im  Grossen 
und  Ganzen;  bei  w  =  3  fehlt  die  Linie  des  ersten,  bei  n  =4 
die  des  ersten  und  zweiten  Triplets,  bei  n  ==  7  die  des  dritten, 
bei  w  =  8  die  des  ersten  und  dritten  Triplets;  statt  der  letz- 
teren werden  dem  Magnesium  jetzt  zwei  Linien  n  =  8  (3140,91 
und  3136,09)  im  Calcium  zugeordnet,  welche  bei  Kayser  und 
Runge  dem  Index  8  der  ersten  Neben-Serie  zugehören  (vgl. 
die  vorhergehende  Tabelle). 

Ausserdem  gibt  es  im  Magnesium-Spectrum  noch  andere 
Linien,  die  nicht  zu  erkennbaren  Serien  gehören;  die  ihnen 
durch  unsere  Formel  zugeordneten  Calcium-Linien  ersieht  man 
aus  folgender  Tabelle. 


Magnesium 
Mg  =  24,3 


X  beobachtet 


Calcium    Ca  =  40,1 


l'  berechnet 


beobachtet 


Differenz 


5711,56 
5528,75 
4730,42 
4703,33 
4571,33 
4352,18 
4107,81 
4058,45 
3987,08 
2930,01 
2928,74 
2915,57 
2802,80 
2798,07 
2795,03 
2790,88 
2783,08 
2779,94 
2708,57 
2705,47 


6749,5 
6533,5 
5590,1 
5558,0 
5402,0 
5143,1 
4925,2 
4796,0 
4711,6 
3470,3 
3461,0 
3445,4 
3312,1 
3306,5 
3289,9 
3289,1 
3288,0 
3285,2 
3271,5 
3267,8 


5590,30   I   —  0,20 


4807,47 
4685,40  (?) 
3468,68 


—  11,47 
+  20,20 
1,02 


3285,00  ^) 

3274,88 

3269,31 


4-  0,20 

—  3,38 

—  1.51 


Im  Ganzen    haben  wir  56  Magnesium-Linien;    und   unter 
diesen  sind  38,  denen  im  Calcium-Spectrum  Linien  entsprechen. 


^)  Vgl.  II.  a.  0.  p.  373. 


F.  lAndemann:  Zur  Theorie  der  Spectrallimen. 


467 


die  sich  mit  den  von  uns  berechneten  nahezu  decken.  Von 
den  fehlenden  18  Linien  fallen  zwei  nach  dem  Ultrarothen 
über  das  beobachtete  Gebiet  des  Calci  um -Spectrums  hinaus, 
zwei  fallen  in  die  Nähe  von  verbreiterten  Calcium-Linien,  so 
dass  nur  14  übrig  bleiben,  deren  zugeordnete  Caicium-Linien 
nicht  beobachtet  sind.  Die  letzteren  fallen  sehr  nahe  mit 
Eisen-Linien  zusammen;  es  ist  daher  leicht  möglich,  dass  ihre 
Trennung  von  den  Eisen-Linien  sehr  schwer  zu  bewerk- 
stelligen sei. 

Es  sei  bemerkt,  dass  Beobachtung  und  Rechnung  noch 
besser  Übereinstimmen,  wenn  man  nicht  die  Werthe  Ca  =  40,1, 
Mg  =1  24,3  benutzt,  senden  bezw.  40,0  und  24,4,  wie  sie  in 
älteren  Büchern  angegeben  werden.  Man  ersieht  dies  aus 
den  in  folgender  Tabelle  zusammengestellten  Proben. 


Magneeium 

Mg  =  24,4 

CaJcium 

Oa^  40,0 

Neben- 
Serie       " 

beobachtet 

bereclinet 

beobachtet 

Differenz 

" 

Neben- 

aerie 

3838,46 

4526,1 

4527,1 

-1,0 

T 

___ 

I      '     5 

3097,06 

3651.9 

r36G3.62 
\3644,48 

—  1,72 

-h7,42 

5 

— 

2652,22 

3363,1 

3361,92 

-0,82 

6 

2736,14 

3226,2 

3225,74 

+  0,46 

7 

2G73,15 

3162,0 

3152,08 

-0,08 

8 

^633,13 

3104.8 

3101,87 

+  2.93 

9 

I         10 

260G,4 

3072.1 

11      '     3 

6183,84 

6112,1 

6102,99 

—  0.80 

11      1     4 

8336,83 

3934,5 

3933,83 

+  0.67 

II      1     5 

2942,21 

3477,2 

3474,99 

+  2,32 

6 

II 

2781,35 

3379,8 

3274,88 

+  4,92 

6 

11 

I      1     7 

2698,44 

3181. 8 

3181,40 

+  0,40 

7 

n 

I     1     8 
1 

2649,30 

3123,9 

3117,74 

+  6,16 

8 

u 

%  8.   Zink  and  Gadmium. 

Im  Zink-Spectrum  haben  wir  nach  Kayser  und  Uunge 
ebenfalls  zwei  sogenannte  Neben-Serien ;  die  Triplets  der  ersten 
Serie  sind  gegeben  durch  die  Formel 


468         Sitzung  der  math.-phys.  Glosse  vom  7.  Dezember  1901. 

I,,  10»  ;i-»  =  42945,32  —  131641  n-«—  1236125»»-*, 
I„  =  43331,71  —  131641  n-2  —  1236125n-*, 

I„  =  43521,48  —  131641  n-2  —  1236125  n-*, 

wobei  n  die  Werthe  4,  5,  6,  7,  8,  9  annimmt.     Für  die  zweit« 
Neben-Serie  gelten  die  Formeln 

n,,  lO^A-i  =  42954,59  —  126919  n-^  —  632850»»-*, 
II„  =  43343,65  —  126919»»-2  —  632850»»-*, 

II„  =  43533,32  —  126919  j»-"  -  632850»»-*, 

worin   der   Zahl  >»   die  Werthe   3,  4,  ...  8   beizulegen  sind. 
Wir  berechnen  nach  unserer  Formel 


'■-r§^  =  # 


112,0 


65,4 

zu  jeder  Cadmium-Linie  die  entsprechende  Zink-Linie  und  ver- 
gleichen das  Resultat  in  folgender  Tabelle  mit  den  betreffenden 
Beobachtungen.  Zugleich  geben  wir  bei  denjenigen  Linien, 
die  von  Kays  er  und  Runge  einer  Serie  zugeordnet  werden, 
an,  um  welche  Serie  und  welche  Zahl  n  es  sich  handelt,  und 
zwar  links  für  Cadmium,  rechts  für  Zink.  Die  Cadmium-Serien 
sind  durch  folgende  Formeln  dargestellt: 

I,j   10»  A-^  =  40755,21  —  128635w-2_  1289619  n-^ 

I,,  =  41914,60  — 128635w-2_i289619n-^, 

1,3  =  42456,64  —  128635  w-«  —  1289619  n"*, 

n,,    10«A-i  =  40797,12  -  126146w-2—    555137 n-*, 

11.2  =41968,80  — 126146W-2—    555137  n"^, 

11.3  =  42510,58  —  126146n-2  —    555137  n--». 

Der  an  drei  Stellen  den  beobachteten  Zinklinien  beige- 
setzte Buchstabe  B.  soll  andeuten,  dass  die  betreffende  Linie 
im  Bogen-Spectrum  nicht  beobachtet  wurde,  aber  nach  den 
von  der  British  Association  veröffentlichten  Tabellen*)  im 
Funkenspectrum  vorkommt. 


^)  Report  of  the  British  Association  for  the  adyancement  of  science, 
1885,  p.  307  flp. 


F.  Lindemann:  Zur  Theorie  d«r  SpeetraUinien. 


469 


Cadmium 

Zink 

Serie 

n 

X  beobachtet  A'  berechnet 

beobachtet 

n 

Serie 

DiflPerenz 

_^ 

5154,85 

4308,9 

4293,02 

__ 

+  15,88 

11,1 

3 

5086,06 

4251,1 

— 

— 

— 

— 

11,. 

3 

4800,09 

4012,1 

4019,75 

—  7,65 

n.« 

3 

4678,37 

3910,3 

— 

— 

— 

4662,69 

3897,2 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

4413,23 

3688,7 

3683,63 

— 

— 

+  5,07 

— 

4306,98 

3599,9 

3572,90  (?) 

— 

+  27,00 

— 

— 

3981,92 

3328,2 

3342,00  B. 

— 

—  13,80 

3729,21 

3117,0 

— 

— 

— 

3649,74 

3050,6 

— 

— 

3614,58 

3021,2 

3035,93 

4 

n,. 

—  14,73 

1,1 

4 

3613,04 

3019,9 

3018,50 

4 

n., 

+  1,40 

— 

— 

3610,66 

3017,9 

3017,50  B. 

— 

— 

+  0,40 

— 

3595,64 

3005,4 

— 

— 

3500,09 

2925,5 

2913,63 

— 

+  11,87 

I,. 

4 

3467,76 

2898,5 

2886,40  B. 

— 

+  12,10 

3466,33 

2870,8 

2873,39 

— 

—  2,59 

I,» 

4 

3403,74 

2844,9 

2833,13 

— 

— 

+  11,77 

— 

3299,11 

2757,8 

2756,53 

5 

I,» 

+  1.27 

— 

— 

3261,17 

2725,8 

2736,96 

— 

— 

—  11,16 

11,1 

4 

3252,63 

2718,7 

2712,60 

5 

11,1 

+  6,10 

n,. 

4 

3133.29 

2618,3 

2608,65 

6 

1,1 

+  11,65 

11,3 

4 

3081,03 

2575,2 

2575,15 

— 

+  0,05 

— 

— 

— 

— 

2570,00 

6 

1,3 

— 

3005,53 

2512,1 

2516,0 

7 

1,1 

—  4,00 

2981,46 

2492,0 

2493,67 

7 

11,1 

—  1,67 

1,1 

5 

2980,75 

2491,4 

2491,67 

7 

1,1 

~  0,27 

— 

2961,64 

2475,4 

2479,85 

— 

— 

—  4,45 

— 

2908,85 

2431,3 

2430,74 

9 

1,1 

+  1,34 

— 

2903,24 

2426,6 

2427,05 

8 

I.» 

—  0,45 

I.» 

5 

2881,34 

2408,3 

— 

>9 

T  « 

— 

2880,88 

2407,8 

2407,98 

r 

A,  2 

—  0,18 

11,1 

5 

2868,35 

2397,5 

2393,88 

— 

— 

+  3,62 

I,!. 

6 

2677,65 

2238,1 

2246,90 

— 

-  8,80 

11,1 

9 

2553,61 

2134,4 

2138,30 

■  ' 

—  3,90 

Zwischen  den  Cadmium-Linien  2868,35  und  2677,65  liegen 
elf  andere,  deren  entsprechende  beim  Zink  bisher  nicht  beob- 
achtet sind,  ebenso  zwischen  den  Linien  2677,65  und  2553,61 
zwölf  weitere  Linien,  die  beim  Zink  fehlen;  das  Spectrum  des 
letztern  schliesst  nach  den  bisherigen  Beobachtungen  im  Ultra- 
violetten mit  der  Linie  2138,30  ab,  während  beim  Cadmium  über 
die  Linie  2553,61  hinaus  noch  siebzehn  Linien  beobachtet  sind. 


470         Sitzung  der  math.-phys,  Glosse  vom  7.  Dezember  1901, 

Ein  Blick  auf  die  Tabelle  lehrt  wieder,  dass  eine  grosse 
Zahl  der  zu  Serien  gehörigen  Linien  wieder  in  ebensolche 
Linien  übergehen;  aber  die  einzelnen  Serien  erscheinen  ge- 
stört. Da  die  Zuweisung  der  Linien  zu  bestimmten  Serien 
eine  rein  empirische  ist,  so  wird  darin  kein  wesentlicher  Ein- 
wand gegen  das  aufgestellte  Gesetz  des  näherungsweisen  Ent- 
Sprechens  zu  erblicken  sein. 

In  Folge  eines  Irrthumes  hatte  ich  den  ersten  Rechnungen 
das  doppelte  Atom-Gewicht  des  Zinks  zu  Grunde  gelegt;  dann 
ergab  sich  durchaus  keine  TJebereinstimraung ;  es  dürfte  dies 
ein  Anzeichen  dafür  sein,  dass  die  gefundenen  Uebereinstim- 
mungen  nicht  blos  zufällige  sind. 

§  9.   Baryum,  Calcium,  Strontium. 

In  gleicher  Weise  wie  im  Vorstehenden  Cadmium  und 
Zink  sind  im  Folgenden  Barjum,  Calcium  und  Strontium  mit 
einander  verglichen.  Ich  bin  vom  Strontium  ausgegangen  und 
habe  nach  den  Formeln 


137,4 

87,6' 

4ÖT 

87,6 


zu  jeder  Strontiumlinie,  die  von  Kajser  und  Runge  an- 
gegeben wird,  eine  entsprechende  Linie  des  Baryum-  und  Cal- 
cium-Spectrums  berechnet.  Die  Resultate  der  Rechnung  sind 
in  folgender  Tabelle  zusammengestellt,  in  welcher  die  der 
Rechnung  jeweils  am  besten  entsprechenden  beobachteten 
Linien  beigesetzt  sind.  An  einigen  Stellen  ist  die  Differenz 
zwischen  Rechnung  und  Beobachtung  grösser,  als  man  an- 
nehmen kann  und  durch  die  verhältnissmässige  Ungenauigkeit 
der  Atomgewichts-Bestimmung  gerechtfertigt  sein  mag.  An- 
dererseits ist  aber  zu  beachten,  dass  die  Bedingungen  der  Be- 
obachtungen nie  denjenigen  der  Rechnung  wirklich  entsprechen 


F,  Lindemann:  Zur  Theorie  der  Specträllinien, 


471 


können,  da  thatsächlich  jedes  Atom  durch  unendlich  viele 
andere  Atome  beeinflusst  wird,  seine  Schwingungen  also  unter 
gewissem  Zwange  vor  sich  gehen. 

Im  Strontium-Spectrum  haben  Kayser  und  Runge  nur 
eine  Serie  gefunden,  im  Calcium-Spectrum  die  schon  oben  an- 
geführten zwei  Neben-Serien,  im  Baryum-Spectrum  keine  Serie. 
Die  diesen  Serien  angehörigen  Linien  sind  in  der  Tabelle  ent- 
sprechend hervorgehoben.  Die  Triplets  der  Strontium-Serie 
werden  durch  folgende  Formel  definirt 

W .  A-i  =  31030,64  —  122328W-2  _  837473w-^ 
=  31424,67  —  122328W-2  _  837473w-S 
=  31610,58  —  122328W-2  _  837473n-^ 

Der  einigen  Baryum-  und  Calcium-Linien  beigesetzte  Buch- 
stabe B.  deutet  wieder  an,  dass  diese  Linien  nur  im  Punken- 
Spectmm  vorkommen.^) 


Strontium 

Baryum 

Calcium 

7t 

l  beobachtet 

r  berechnet 

beobachtet 

X"  berechnet 

beobachtet 

n 

Serie 

6550,53 

7610,9 

5048,4 

5041,93 

^__ 

^ 

— 

6504,17 

7557,1 

— 

5020,0 

502 1,0  B. 

— 

— 

6408,65 

7444,5 

— 

4939,1 

— 

— 

— 

6386,74 

7420,6 

— 

4922,2 

— 

— 

— 

— 

6380,95 

7413,9 

4917,7 

5970,38 

6936,9 

— 

4601,3 

4607,7  B. 

— 

— 

5848,01 

6794,7 

4507,0 

4505,04 

— 

— 

— 

5817,01 

6758,8 

— 

4483,2 

— 

— 

— 

— 

6717,9 

— 

— 

— 

5767,29 

6701,7 

6697,0  B. 

4444,8 

4456,08 

4 

i,t 

— 

— 

6687,4 

— 

4435,86 

4 

I,» 



6672,0 

6675,30 

4425,61 

4 

I.« 



5543,49 

6441,0 

6451,05 

4272,4 

4283,16 

— 

— 

5540,28 

6437,1 

— 

4269,8 

427 1,0  B. 

—  i  — 



5535,01 

6431,1 

— 

4265,8 

—  '  — 

— 

5522,02 

6416,0 

— 

4255,8 

4253,9  B. 

1 



5504,48 

6395,5 

— 

4242,2 

4240,58 

—   — 

^■^ 

5486,37 

6374,5 

- 

4228,3 

4226,91 

"^^ 

"^— 

^)  Vgl.  Report  of  the  British  Association   for  the  advancement  of 
Bcience,  1884. 


StMuitjT  der  mai%.-}ihy8,  Clasat  vom  7.  Detember  1901. 


St  TOD  ti  um 

Ba^um 

Calcium 

"^ 

i  beobachtet^'  berechnet 

beobachtet 

beobachtet 

M   Serie 

r 

5481,15 

6368,4 

4224.3 

_ 

_ 

_ 

5451,08 

6333,5 

6341,93 

4201.1 

5267,12 

6108,1 

6111,01 

4051,6 

5238,76 

G086,8 

6083,63 

4037,5 

5229,52 

6076,1 

4030.8 

5225,35 

6071,2 

4027.1 

5222,43 

6067,8 

6063,33 

4024,9 

5213.23 

6057,2 

4017,8 

5156,S7 

5991.1 

5997,31 

3974,0 

3973,89 

4 

11.  > 

5965,8 

5971,94 

3957,23 

4 

ILt 

6963,6 

5965,06 

3949,09 

4 

II.. 

4 

4971,85 

5776,7 

5784.24 

3831,8 

4968,11 

5772,2 

5777,84 

3828,8 

4962,46 

5765,8 

3824,5 

4892,20 

5684,2 

5680,34 

3770,4 

4, 

4876,35 

5665,6 

3758,0 

— 

— 

— 

4872,66 

5661,4 

3755,3 

4869,41 

5657,6 

3752,8 

4668,92 

5657,1 

3752,4 

4856,37 

5641,2 

3741,9 

3737,08 

i 

4832,23 

5614,5 

5620,41 

3724,2 

4812,01 

6591,0 

5593,45 

3708,6 

3706,18 

4784,43 

6558,9 

8687,8 

4755,59 

5525,4 

5535,69 

3665,1 

4742,07 

5510,4 

5519.37 

3665,2 

3663,62 

4729,1(3 

6495,6 

5490,0  B. 

3645,3 

3644,45 

5 

1.1 

4722,42 

6486,7 

3639,4 

3630,82 

5 

1.1 

6463,7 

5473,94 

3624,15 

6 

1.1 

4678,39 

5435,7 

5437,66 

3605,5 

4607.52 

5353,4 

5365,46 

3551,0 

4531,54 

5266,1 

5267,20 

3492,4 

3487,76 

5 

11,1 

5238,9 

3474,98 

5 

II,. 

4480,96 

5206,3 

3453,4 

3468,68 

5 

II 1 

4438,22 

5156.6 

5160,27 

3420,5 

4412,82 

5127,2 

3400,9 

4361,87 

506S,0 

5055,12 

3361,7 

3361,92 

6 

1.1 

4338,00 

5040,2 

3343,3 

3H50,22 

6 

I.i 

4326.60 

5027,0 

3334,6 

3344,49 

6 

1.1 

— 

4319,39 

unaj 

— 

3329.0 

— 

4308,49 

5017,5 

3320,5 

4305,60 

5002.7 

3318,3 

4954.3 

4947.50 

328C.26 

6 

11.1 

4937.1 

4934,24 

3274,88 

6 

11. 1 

4928,8 

3269,31 

6 

11. 1 

4216,66 

4698,1 

4900,13 

3249,0 

_ 

4863,1 

4877,99 

3226,74 

7 

1.1 

"~ 

~ 

4347,1 

~- 

~ 

3215,16 

7 

1.1 

f.  Lindemann.-  Zvsr  Theorie  der  Speetrallinien. 


5trontium 

Barfum 

Calciam 

^ 

1.  beobachtet'r  berechnet 

beobachtet 

r  berechnet 

- 

Serie 

4161,95 

4835,3 

_ 

3207,3 

3209,68 

7 

1.» 

4796,2 

3181,40 

7 

II,. 

4779,4 

3170,23 

^ 

II.» 

4772,9 

3166,95 

7 

II.  s 

4750,2 

_ 

3150.85 

8 

1,1 

4077,88 

4736,0 

4726,63 

3142,8 

3140,91 

3 

I,* 

4729,0 

4724,98 

3136,09 

8 

I.» 

4700,3 

4700.64 

3117,74 

8 

II.  i 

5 

4032,61 

4685.3 

4691.74 

3107,8 

3107.06 

1 

II.  i 

— 

4030,45 

4G81,8 

- 

3106.2 

3101,67 

II.» 
1,1 

_ 

3970,15 

4612,8 

4605,11 

8069,8 

— 

5 

3969,42 

4612,0 

4600,02 

3059,2 

5 

3940,91 

4578,9 

4579,84 

3037,2 

6 

3705,88 

4306,8 

4323,15 

2856,1 

9GÖ3,90 

4245,4 

4242,83 

2816,0 

6 

3653,32 

4244,7 

4239,91 

2816.6 

3629,15 

4216,6 

4224,11 

2797.0 

6 

3628,62 

4216,0 

2796,5 

3577,45 

4166,6 

4166,24 

2757,1 

7 

3547,92 

4122,2 

4132,60 

2784,3 

3504,70 

4072,0 

4079,56 

2701,0 

^ 

3499,40 

4064.9 

2696,9 

7 

3477,33 

4040.2 

2679,9 

3475,01 

4036,4 

2677.4 

3404,68 

4025,4 

2670.1 

8 

3467,70 

4017,4 

2664,8 

3456.76 

4016,4 

2664.1 

8 

3411,62 

3963,9 

3975,55 

2629.3 

D 

3W0,39 

3950,8 

2620.6 

8 

3390,09 

3935,87 

2612.7 

8380,89 

3926,3 

3917,42 

2606.7 

3366.43 

3911,4 

3910,04 

2594.5 

3351,36 

3693,9 

3892,93 

2582.8 

3330.15 

3869,2 

2566.5 

3322,32 

3860,1 

3861,87 

2560.6 

3307,64 

3843,1 

2549.2 

3301,81 

3836,3 

2545,8 

8200,40 

3718,5 

2466,5 

3199,10 

3717.0 

2465,6 

3190,10 

3700.5 

2468,6 

3189.40 

3705,7 

3701.87 

2468,0 

3182,40 

3697,6 

2462.6 

3172,30 

3685,6 

3689.28 

2444,7 

~ 

2931,98 

8406,6 

2259,6 

2276,60 

474 


Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  7.  Dezember  190 L 


Das  Studium  der  Tabelle  zeigt,  wie  sich  die  Strontium- 
Serie  auf  das  Baryum  überträgt;  wir  haben  in  den  einzelnen 
Triplets  von  n  =  4,  ...  8  die  folgenden  Baryum-Linien: 


n 

1.  Linie  des  Triplets     2.  Linie  des  Triplets 

8.  Linie  des  Triplets 

4 
5 
6 

7 
8 

5777,84 
4691,74 
4323,15 
4132,60 

4600,02 
4239,91 

3975,55 

5620,41 
4579,84 

3935,87 

Ebenso  lassen  sich  die  bekannten  Calcium-Serien  auf  das 
Baryum  übertragen.  Um  dies  in  obiger  Tabelle  hervortreten 
zu  lassen,  sind  beim  Calcium  auch  diejenigen  Linien  einge- 
tragen, welche  nicht  aus  Strontium-Linien  berechnet  werden 
konnten,  soweit  dieselben  zu  Serien  gehören.  Aus  diesen  Cal- 
cium-Linien  sind  die  entsprechenden  Baryura-Linien  nach  der 
Formel 


■=^-'Vm 


berechnet,    und   (zusammen  mit  den  zugehörigen  beobachteten 
Linien)  in  die  Rubrik  Baryum  eingetragen. 

Die   Triplets    der    Neben-Serie  I    (vgl.   oben    p.  464)   des 
Calcium  ergeben  im  Baryum: 


n  = 

-.  — _  — ._ 

i,t 

1.2 
I,» 

8 


6697,08 
6675,30 


5490,0 
5473,94 


5055,12 


4877,99 


4726.G3 
4724,90 


Aus  den  Calcium-Linien  der  Neben-Serie  11  erhalten  wir 

im  Baryum: 

5267,20 


11,1 
11,2 

n,9 


5997,31 
5971,94 
5965,06 


4947,50 
4934,24 


3107,8 
310t».2 


F,  Lindemann:  Zur  Theorie  der  Speetrallinien, 


475 


§  10.   Quecksilber  und  Cadmium. 

Wenn  meine  Rechnungen  sich  im  Vorstehenden  zunächst 
auf  die  Elemente  der  zweiten  Mendele  Jeff  sehen  Gruppe  be- 
zogen, so  ist  dies  reiner  Zufall;  ich  habe  eben  zufallig  bei 
Beginn  der  Rechnungen  die  betreflPenden  Tabellen  von  Kayser 
und  Runge  zuerst  zur  Hand  genommen.  Es  fehlt  noch  das 
Quecksilber.*)  Um  vollständig  zu  sein,  sollten  ferner  auch  in 
umgekehrter  Richtung  die  Beziehungen  zwischen  den  Spectren 
jedes  Paares  von  Elementen  untersucht  werden. 

Immerhin  zeigen  die  mitgetheilten  Resultate,  dass  sich 
thatsächlich  die  Wellenlängen  verschiedener  Elemente  der 
zweiten  Gruppe  des  periodischen  Systems  annähernd  verhalten 
wie  die  Cubikwurzeln  aus  den  Atomgewichten.  Es  wird  daher 
genügen,  wenn  im  Folgenden  nur  noch  vereinzelte  Proben 
mitgetheilt  werden.  Dabei  bevorzuge  ich  wieder  diejenigen 
Linien  der  Spectra,  welche  bestimmten  Serien  zugeordnet  sind. 

Cadmium,  Zink  und  Quecksilber  bilden  bekanntlich  eine 
Gruppe  für  sich.  Von  diesen  sind  die  ersten  beiden  schon 
betrachtet  (vgl.  §  8);  wir  vergleichen  jetzt  noch  einige  Serien 
im  Cadmium  und  Quecksilber.  Wir  gehen  von  der  ersten 
Neben-Serie  des  Quecksilbers  (nach  Kayser  und  Runge)  aus 
und  berechnen  die  zugeordneten  Cadmium -Linien  mit  der 
Wellenlänge  A'  nach  der  Formel 


'■-]/i-i/^- 


Es  ergibt  sich,    wenn  wir   nur  die  erste  Linie  aus  jedem 
Triplet  berücksichtigen : 


Quecksilber 

Cadmium 

n 

beobachtet 

berechnet 

3017,9 

2491,2 
2309,8 
2224,5 

beobachtet 

/3005,53 
\3016,10B. 
2491,00 
2306,72 
2227,OOB. 

DiflPerenz 

4 

5 
6 

7 

3663,20 

3023,71 
2803,69 
2699,74 

4-  12,37 
+    1,80 
+    0,20 
+    1.08 
—    3,50 

^)  Aus  dem  Spectrum  des  Beryllium  sind  nur  so  wenige  Linien  be- 
kannt, dass  dasselbe  hier  nicht  berücksichtigt  werden  konnte. 


476         Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  vom  7,  Dezember  1901. 

Der  Buchstabe  B.  deutet  wieder  an,  dass  die  betreffende 
Linie  nur  im  Funkenspectrum  des  Cadmium  beobachtet^)  wurde: 
die  Linie  2491,00  wurde  nach  Angabe  von  Kayser  und  Runge 
durch  Liveing  und  De  war,  nicht  durch  sie  selbst  beobachtet. 

Die  analoge  Behandlung  der  zweiten  Neben-Serie  führt 
zu  folgendem  Resultate 


Quecksilber 

Cadmium 

n 

beobachtet 

berechnet       beobachtet 

Differenz 

3 
4 
5 

6 

7 

5460,97 
3341,70 
2925,51 

2759,83 
2674,96 

4499,00 
2756,69 
2410,15 

2315,90 
2203,75 

2757,10 
2418,50  B. 
/2312,95 
\2313,60B. 
/2194,67 
\2206,20B. 

—  0,41 

—  8,35 
+  3,05 
+  2,30 
+  9,08 

—  2,45 

Wollte  man  für  w  =  3  die  der  Rechnung  entsprechende 
Linie  der  Serie,  nämlich  5374,42  (die  aber  nicht  beobachtet 
ist)  zu  Grunde  legen,  so  würde  ihr  die  Linie  4416,7  im  Cad- 
mium entsprechen,  während  4415,6  (B)  beobachtet  wurde. 

Die  hier  zusammengestellten  Cadmium-Linien  könnte  man 
zu  neuen  Serien  zusammenfassen. 

Ausserdem  heben  Kayser  und  Runge  (a.  a.  0.  p.  53) 
noch  einige  ausgezeichnete  Triplets  und  Paare  im  Quecksilber- 
Spectrum  hervor,  von  denen  ich  je  die  erste  Linie  einer  ent- 
sprechenden Rechnung  unterzogen  habe,  was  zu  folgendem 
Resultate  führte. 


Quecksilber 

Cadmium 

beobachtet 

3007,02 
2799,76 
3680,74 
3305,23 
3264,33 

berechnet 

2477,3 
2306,5 
3032,4 
2723,0 
2689,3 

beobachtet 

2474,15 
2306,72 
3034,90  B. 
2726,90  B. 
2677,65 

Differenz 

+    3,15 

—  0,22 

—  2,50 

—  3,90 
+  11,65 

1)  Vgl.  Reports  of  the  British  Association,  1884,  p.  368  ff. 


F.  lÄndemann:  Zur  Theorie  der  SpectralUnien. 


477 


Umgekikrfc  gehen  wir  im  Folgenden  ?on  den  Serien  des 
Cadmiiini-Siiectniins  aus  und  berechnen  die  entsprechenden 
Wellenlängen  des  Quecksilber-Spectrums;  die  Resultate  ersieht 
man  aus  folgender  Tabelle  (es  sind  hier  alle  Linien  eines  jeden 
Triplets  berücksichtigt). 

Erste  Keben-Serie, 


Cadmium 

Quecksilber 

« 

beobacLtet 

berechnet 

beobachtet 

Differenz 

4 

3613.04 

438Ö,G 

4385.70  B. 

—   0,10 

4 

3467.76 

4209,9 

421 1.80  B. 

—    2,80 

i 

3403.74 

4131.5 

41 32,70  B. 

5 

2980,76 

3Ö18.1 

3680.70  B. 

5 

2861.34 

3497,4 

3494.50  B. 

+    2,90 

ö 

2937.01 

3443,6 

3440,Ü0B. 

+  a,oo 

G 

27G3,99 

3356.0 

3351,62 

+    3.48 

G 

3227,60  B. 

+    1.80 

2G3Ü.34 

3204.0 

3207, 10  B. 

-    3,10 

7 

2GG0,4Ö 

8239,3 

viele  Bch  wache 
Linien    B. 

7 

2580,33 

3132,0 

3131,94 

—    0,0G 

7 

2544,84 

3069.0 

3086.41 

+    3.59 

8 

2601,99 

3158.3 

3144.61 

■t-  13.69 

8 

2525,57 

3065.G 

3050,58 

+  15.0ä 

8 

2491,00 

3033.6 

3023,71 

-    0.11 

Cadminn. 

Quefköilbfr 

" 

beobachtet 

berechnet 

beubaebtet 

Differenz 

3 

5086,06 

6173.6 

6152,30B. 

+  21.30 

3 

4800,09 

6826,4 

5819,05 

-t-   7,35 

3 

4678,37 

6678,7 

6679,10 

—   0,40 

4 

3252,63 

3948.1 

3949,008. 

—    0,90 

4 

3133,29 

3804.0 

3807.30  B. 

—    3,30 

4 

3081,03 

3739.8 

viele  schwache 
Linien  B. 

5 

2868,35 

3481.7 

3473,40  B. 

+    8,30 

5 

2776,09 

3368.6 

8367,03 

+    1,47 

2733,97 

3318.6 

8326,40B. 

-   7,80 

6 

2713,66 

3292,7 

8305,23 

-    2,53 

6 

2629,15 

3192,2 

6 

2592,14 

8146,4 

8144,61 

-t-    1,79 

7 

2632,29 

3196,0 

3207,10  B. 

-11,10 

7 

2553,61 

3099,6 

3095.36 

+   4,25 

7- 

2521,74 

3060.9 

3050,68 

f  10,32 

8 

2582,86 

3135.1 

S136Ä9 

—    0.79 

8 

2474,15 

3004,2 

8007,03 

—    2.82 

9 

2553,61 

3099.6 

SOQBJIft 

->r   4.1& 

iiiigab.  S.  miih.-phy*.  tX 


478         Sitzung  der  math.-phys.  Clause  vom  7.  Dezember  1901, 

In  den  beiden  letzten  Tabellen  sind  33  Linien  des  Cad- 
mium-Spectrums  aufgeführt.  Von  den  entsprechenden  Linien 
des  Quecksilber-Spectrums  konnten  nur  16  den  Beobachtungen 
von  Kays  er  und  Runge  (bezw.  deren  Vorgänger)  entnommen 
werden;  die  anderen  17  wurden  aus  den  neueren  Beobach- 
tungen^) von  Eder  und  Valenta  (in  denen  sowohl  das 
Funken-  als  das  Bogen-Spectrum  berücksichtigt  ward)  ergänzt. 
Entsprechend  diesem  Resultate  dürfen  wir  erwarten, 
dass  bei  weiterer  Verfeinerung  der  Beobachtungs- 
methoden auch  manche  Lücke  in  den  früheren  Ta- 
bellen sich  wird  ausfüllen  lassen,  und  dass  so  eine 
noch  bessere  Uebereinstimmung  zwischen  Rechnung 
und  Beobachtung  wird  zu  erzielen  sein. 

§  11.   Lithium  und  Natrium. 

Im  Lithium-Spectrum  unterscheidet  man  eine  Haupt-Serie 
und  zwei  Neben-Serien. 

Die  Haupt-Serie  ist  gegeben  durch  die  Formel: 

L         108  k''  =  43584,73  —  133669n-2  —  1100084n-^ 

worin  w  =  4,  5,  .  .  .  .,  11.     Für  die   erste  Neben-Serie  haben 
wir  (immer  nach  Kayser  und  Runge) 

U.         IP  A-i  =  28586,74  —  109625,5»-»  —  1847n-^, 

und  für  die  zweite  Neben-Serie: 

m.         W  k-'  =  28666,69  —  122391  n-^  —  231700n-*. 

Versucht  man  nun  von  der  Wellenlänge  A  des  Lithium 
nach  der  Formel 


'•-fxT-l^^ 


05 


03 

zu  einer  Wellenlänge  A'    des  Natrium  überzugehen,    so   ergibt 
sich  durchaus  keine  Uebereinstimmung.     Nur  für  die  Wellen- 


^)  Vgl.   Reports    of  the   British  Association    1895,   p.  300  ff. ;   und 
Wiener  Denkschriften,  Bd,  51,  1894. 


F.  lAndemnnn:  Zur  Theorie  der  Spectrcdlinien. 


479 


länge  4132,44  im  Lithium  ergibt  sich  durch  Rechnung  die 
Wellenlänge  6152^  im  Natrium,  die  der  beobachteten  Wellen- 
länge 6161,15  hinreichend  nahe  liegt,  noch  besser  mit  der  im 
Funken-Spectrum  des  Natrium  beobachteten  Wellenlänge  6154,6 
übereinstimmt. 

Es  geht  hieraus  hervor,  dass  die  speciellen  Voraussetzungen, 
welche  bei  den  Elementen  der  ersten  Mendelejeff'schen  Gruppe 
genügten,  jetzt  nicht  mehr  hinreichen.  Wir  müssen  vielmehr 
die  allgemeinere  Formel  (42)  oder  (43) 


r  =  ^.A.lX 


Na 
Li 


in  Betracht  ziehen  und  versuchen,  ob  sich  ein  entsprechender 
Werth  von  Ä  finden  lässt  (vgl.  oben  p.  461  f.).  Da  man  von 
vornherein  nicht  weiss,  wie  sich  vielleicht  die  Linien  beider 
Spectren  entsprechen,  so  muss  man  durch  Probiren  einen  mög- 
lichst günstigen  Werth  von  Ä  ermitteln.  Nach  mehrfachen 
vergeblichen  Versuchen  habe  ich  Ä  so  bestimmt,  dass  der 
Linie  n  =  4  aus  der  Haupt-Serie  des  Lithium  (A  =  2741,39) 
die  Linie  w  =  4  aus  der  Haupt-Serie  des  Natrium  (A'  =  3303,07) 
entspricht;  denn  beide  Linien  liegen  ziemlich  isolirt  in  der 
Mitte  des  beobachteten  Spectrumtheiles.     Es  ergibt  sich  dann: 

Ä  =  1,2052. 


X  Lithium 

X'  Natrium 

Serie 

n 

beobachtet 

berechnet 

beobachtet 

Differenz 

n 

Serie 

III 

5 

4273,44 

5150,6 

5149,19 

+    1,41 

5 

11,, 

11 

5 

4132,44 

4980,6 

4979,30 

+    1.30 

5 

III., 

II 

7 

3794,90 

4573,8 

4573,6  B. 

+   0,20 

II 

8 

3718,90 

4482,2 

4494,3 

-  12,10 

7 

III,  > 

III 

9 

3670,60 

4424,0 

4423,70 

—    0,30 

8 

II.  1 

4 

2741,39 

3303,07 

3303,07 

— 

4 

1 

5 

2562,60 

3088.6 

3093,1  B. 

—    4,50 

6 

2475,13 

2983,1 

2984,3  B. 

—    1,20 

— 

7 

2425,55 

2923,4 

2921,4  B. 

+    2,00 



8 

2394,54 

2886,0 

1 

2903,0  B. 

—  17,00 

32 


o» 


480  Sitzung  der  math,-phys,  Classe  vom  7,  Dezember  1901. 

Die  letzte  Colonne  vorstehender  Tabelle  bezieht  sich  auf 
die  im  NatriuQi  auftretenden  Serien,  eine  Haupt-Serie  und  zwei 
Neben-Serien,  wobei  in  letzterer  immer  zwei  benachbarte  Linien 
zugleich  auftreten;  diese  Serien  sind  mit  I,  11,  III  bezeichnet; 
und  es  bedeutet  z.  B.  11,  j  die  erste,  II,  ^  die  zu  demselben 
Werthe  von  n   gehörige  zweite  Linie  der  ersten  Neben-Serie. 

Von  den  18  Linien,  die  bei  Kayser  und  Runge  ange- 
geben werden,  genügen  daher  10  annähernd  der  aufgestellten 
Formel.  Die  Serien  sind  wieder  gestört;  wir  werden  weiterhin 
sehen,  dass  ein  gegenseitiges  Entsprechen  der  Serien  auch  nicht 
sicher  zu  erwarten  ist. 

Nach  den  einleitenden  Erörterungen  ist  zu  erwarten,  dass 
sich  die  Linien  eines  Spectrums  aus  verschiedenen  Klassen 
zusammensetzen,  und  zwar  so,  dass  jede  Klasse  durch  eine 
transscendente  Gleichung  repräsentirt  wh'd. 

Die  grössten  Wellenlängen  des  Lithiums  geben  bei  der  Um- 
rechnung Wellen,  die  in's  Ultrarothe  fallen  und  sich  so  leicht 
der  Beobachtung  entziehen.  Scheiden  diese  aus,  so  bleiben 
noch  7  beobachtete  Linien  im  Lithium-Spectrum  übrig.  Diese 
Anzahl  ist  zu  gering,  um  daraus  Schlüsse  zu  ziehen;  immerhin 
sei  bemerkt,    dass   sich .  4  von  diesen  wieder  nach  der  Formel 


t  =  B..Y'% 


annähernd  berechnen  lassen,  wenn 

B  =  13,381 

gewählt  wird,  wie  die  folgende  Tabelle  zeigt. 


Lithium 

Natrium 

Serie!  n 

beobachtet 

berechnet 

beobachtet 

Differenz 

n     Serie 

II        3 

II   ;  4 

III     1  7 
I        3 

6103,77 
4602,37 
3838.30 
3232,77 

8167,4 
6156,5 
5136,0 
4325,7 

8188,3 
6154,62 
5149,19 
4325,7 

—  20,90 
+    1,88 

—  13,19 

3 
4 
5 
9 

m,2 

11,1 
II.  J 
111,1 

F.  Lindemann:  Zur  Theorie  der  Spectrcdlinien,  481 

Die  Zahl  5149,19  kam  auch  in  der  vorhergehenden  Ta- 
belle vor;  sie  wäre  dort  eventuell  durch  die  ebenfalls  beob- 
achtete Wellenlänge  5153,72  zu  ersetzen.  Wenngleich  man 
aus  diesen  wenigen  Zahlen  keine  Schlüsse  ziehen  kann,  haben 
wir  diesen  Vergleich  doch  angestellt,  da  sich  im  Folgenden 
beim  XJebergange  von  Natrium  zum  Kalium  etwas  ähnliches 
zeigen  wird. 

§  12.   Natrium  und  Kalium. 

Im  Spectrum  des  Natrium  unterscheidet  man  die  schon 
soeben  erwähnten  Serien,  nämlich  eine  Haupt-Serie 

I       10»  A-^  =  41496,34  —  127040  n-^  —  843841  n-\ 

und  zwei  Neben-Serien,  jede  aus  Linien-Paaren  bestehend: 

n,i    lO^'A-»  =  24549,12  —  120726n-2  _  197891  w*, 

II,  j  24565,83  —  120715  n-^  —  197935  w-^ 

IU,j  24475,34  —  110065  n-2—     4148  n-^ 

ni„  24494,84  —  110153  n-2  —      3487  n'S 

worin  die  ganze  Zahl  n  von  3,  bezw.  4  bis  9  geht. 

Beim  Kalium  liefert  die  Haupt-Serie  für  jeden  Werth 
von  n  ein  Paar  benachbarter  Linien  nach  den  Formeln 

I,,    WX-^  =  35091,83  — 127207  n-2  — 623087  n-*, 
I,,  35093,22  -  127213n-2  —  618547  n-\ 

Ausserdem  treten  vier  Neben-Serien,  die  sich  auch  paar- 
weise ordnen  lassen,  auf,  nämlich: 

11,1    108A->  =  22021,83  —  119393n-2  _    62506w-^ 


-4 


II„  22077,11  —  119264  n-2  —    63981  w 

111.1  21991,24  — 114450  n-2— 11 1146  w-\ 

111.2  22050,32  -  114478 n-2  ^  1 11337  n-*. 

In  den  Spectra  beider  Elemente  h  abe  ich  zunächst  wieder 
die  Serien  verglichen.  Es  ergibt  sich,  dass  sich  die  Haupt- 
Serie  des  Natrium  nach  der  Formel 


r-i)/ 


Ka 


Na 
annähernd  auf  das  Kalium  überträgt,  wie  folgende  Tabelle  zeigt. 


482 


Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  7.  Dezember  1901. 


Natrium 

Kalium 

n 

beobachtet 

berechnet 
7032,2 

beobachtet 

Differenz 

n 

Serie 

3 

5896,16 

4 

3303,07 

3939,5 

3943,3  B. 

—    3,80 

— 

: 

5 

2852,91 

3402.6 

3403,8  B. 

—    1,20 

— 

6 

2680,46 

3196,9 

/3 190,2  B. 
\3217,27 

+    6,7 
—  10,37 

6 

1.1 

7 

2593,98 

3093,6 

3102,15 

—    8,55 

7 

i       I.! 

8 

2543,85 

3034,0 

3034,94 

—    0,94 

8 

I.l 

9 

2512,23 

2928,0 

/2938,7  B. 
\2942,8 

—  10,70 

—  14,80 

11 

I,. 

4494,3 

5360,2 

5359,88 

+   0,32 

Die  letzte  Linie  der  Tabelle  gehört  nicht  der  Haupt-Serie 
j»n;  sie  ist  mit  aufgeführt,  weil  sie  in  gleicher  Weise  wie  die 
anderen  zu  einer  beobachteten  Kalium-Linie  führt.  Der  Buch- 
stabe B.  bezieht  sich  wieder  auf  das  Funken-Spectnim  de5 
Kalium. 

Unter  den  obigen  Natrium-Linien  lässt  sich  eine  Gruppe 
von  10  Linien  aussondern,  die  nach  der  Formel 


.•=^■^■1/-^ 


bekannte  Kalium-Linien  ergeben,  wenn 

A  =  2,60215 
genommen  wird;  sie  sind  in  folgender  Tabelle  zusammengestellt. 


Natrium 

Kalium 

Serie 

n 
6 

beobachtet 
4665,2  B. 

berechnet 

beobachtet 

DiflFerenz 

n     Serie 

III,  j 

5133,4 

5112,68 

+  20.72 

7;    II., 

II,. 

7 

4546,03 

5002,2 

5006,8  B. 

—    4,20 

—      — 

— 

4500,0 

4951,6 

4952,2 

—    0,60 

8    III.  1 

III,. 

7 

4494,3 

4946,2 

4943,1 

+    2,10 

8,  III.  5 

II,  i 

8 

4423,7 

4867,6 

4870,8 

—    3,20 

9      II,, 

II,, 

8 

4420,2 

4863,6 

4863,8 

—    0,20 

9 

II.  f 

_. 

4393,7 
4390,7 

4834,6 
4831,3 

|4832,3  B. 

+    2,30     , 
—    1,00     : 

^^^^ 

,^_ 

II,, 

9 

,       4343,7 

4779,6 

4788,8 

—    9,20     1 

10!  III.  j 

" 

4325,7 

4759,8 

4759,8 

11 

II.. 

F,  Lindemann:  Zur  Theorie  der  Spectrallinien, 


483 


Eine  andere  Gruppe  von  12  Linien  lässt  sich  gemäss  der  Formel 


~B,  wo  JB  =  1,0677, 
Na 


zusammenstellen,  wie  die  folgende  Tabelle  zeigt. 


Natrium 


Kalium 


III, 

II. 

II, 
III, 
III, 

II, 

II, 
111, 
III, 

11, 

1, 


1 

5 

1 

6 

2 

6 

1 

6 

3 

6 

1 

7 

2 

7 

1 

7 

2 

7 

1 

9 

4 

4983,53 

4752,19 

4748,36 

4669,4 

4665,2 

4546,03 

454:^,75 

4500,0 

4494,3 

3343,7 

3302,47 


5320,5 
5073.4 
5069,8 
4992,3 
4981,1 
4854,3 
4850,3 
4804,7 
4798,6 
4637,3 
3526,7 


t      beobachtet 

Differenz 

n 

Serie 

5323,55 

—    3,05 

6 

in.2 

5084,49 

—  11,09 

7 

in,2 

5057.4  B. 

+  12,40 

5006,8  B. 

—  14.50 

4965,5 

-h  15,60 

8 

11,1 

4856,8 

~    2,50 

9 

m.i 

4850,8 

—    0,50 

9 

111,2 

4808,8 

—    4,10 

10     .111,2 

4796,8 

+    1,80 

10     111,1 

4650,7  B. 

-  13,40 

3531,2  B. 

—    4,50 

Von  den  35  Linien,  welche  Kayser  und  Runge  im 
Natrium-Spectrum  aufführen,  sind  so  27  mit  Linien  des  Kalium- 
Spectrums  annähernd  zur  Deckung  gebracht;  die  doppelt  vor- 
kommende Linie  4494,3  ist  dabei  nur  einfach  gezählt.  Die 
Linien  der  Haupt-Serie  des  Natrium  entsprechen  Linien  der 
Haupt-Serien  des  Kalium  oder  solche,  die  hier  keiner  Serie 
zugehören ;  den  Linien  der  Neben-Serien  entsprechen  im  wesent- 
lichen ebensolche  Linien. 

§  13.   Kupfer,  Silber  und  Gold. 

Im  Kupfer-Spectrum  führen  Kayser  und  Runge  305 Linien 
auf;  nur  verhältnissmässig  wenige  lassen  sich  zu  Serien  zu- 
sammenordnen. Auf  diese  beschränke  ich  vorläufig  die  nach- 
folgende Untersuchung.  Wir  haben  zwei  sogenannte  Neben- 
Serien,  die  aus  Paaren  von  Linien  bestehen,  welche  aber  nicht 
alle  beobachtet  wurden.  Analog  sind  die  Verhältnisse  beim 
Silber,  in  dessen  Spectrum  66  Linien  angegeben  werden.  Aus 
den  Silber-Linien  sind  nach  der  Formel 


'--V%-'-V 


63 
108 


die  Kupfer-Linien  berechnet. 


484         Sitzung  der  math.'phys.  Glosse  iDom  7,  Dezember  1901. 


Silber 


Serie 

n 

beobachtet 

5545,86 

1,1 

11,1 
1,1 

4 

4 
5 

5471,72 
4888,46 
4668,70 
4212,1 

11,1 

5 

3981,87 

1,1 

6 

3810,6 

3383,0 

berechnet 


4633,8 

4571,9 
4084,6 
3900,9 
3519,4 

3327,0 

3183,9 
2826,7 


Kupfer 


beobachtet 


/4634,47  B. 

\4642,78 
4587,19 
4080,70 
3899,43 
3520,07 

/3327,2  B. 

13329,68 

/3 184,7  B. 

\3175,81 
2824,7  B. 


Differenz 


+ 

+ 

+ 


+ 


0,67 
8,98 
15.-29 
3,90 
1,47 
0.C7 
0.20 
2.68 
0.80 
8.09 
2,00 


Bei  der  grossen  Menge  der  im  Kupfer  beobachteten  Linien 
könnte  man  die  XJebereinstimmung  für  zufällig  halten ;  deshalb 
habe  ich  umgekehrt  den  Ausgang  von  den  Linien  der  Kupfer- 
Spectrums  genommen,  soweit  dieselben  durch  die  Beobachtungen 
von  Kayser  und  Runge  ausgezeichnet  sind.  So  ergibt  sich 
folgende  Tabelle. 


Kupfer 


Serie 


n 


beobachtet 


Silber 


berechnet 


beobachtet 


Differenz 




—  ....--. 

1,1 

4 

5782,30 
5220,25 

6920,3 
6247,0 

II,, 

4 

4531,04 

5422,8 

1,1 

5 

4063,50 
4056,8 

4863,9 
4855,3 

II,  J 

6 

3861,88 

4622,0 

3688.0 

4414,6 

1,1 

7 

3512,19 

4204,5 

1,1 
11,1 

8 
6 

3415,94 
3599,20 

4087,8 
4307,5 

3274,00 


3919,1 


1 

—  • 

6249  B. 

—  1.6 

(5436,0 

—  13,2 

\5424,9  B. 

—  2.1 

4874.36 

—  10,46 

4848,33 

^, 

f-  6,97 

(4620,57  B. 

- 

-  1,43 

U6 16,03 

- 

h  5.97 

(4411.0  B. 

- 

-  3.6 

\4396,49 

- 

h  18.11 

/4209.4  B. 
\4212,1 

—  4.9 

—  7,6 

40^5,92  B. 

+  1.8S 

4311,3  B. 

—  3.80 

(3919,95  B. 
\3914.47 

—  0,85 

- 

h  4.63 

F,  Lindemann:  Zur  Theorie  der  Spectrallinien, 


485 


Versucht  man  die  in  der  vorletzten  Tabelle  berücksichtigten 
Silber-Linien   auf  das  Spectrum  des  Goldes  nach  der  Formel 


V^-^V 


197 
108 


zu  übertragen,  so  kommt  man  zu  folgendem  Resultate. 


Silber 

Gold 

beobachtet 

berechnet 

beobachtet 

Differenz 

5545,86 

6776,1 

5471,72 

6685,6 

6670  B. 

+  15.6 

4888,46 

5973,0 

/5957,24 
\5961,40B. 

-f  15,76 
4- 11,60 

4668,70 

5704,4 

5692,49  B. 

+  11,91 

4212,1 

5146,5 

5142,62  B. 

+  3,88 

3981,87 

4865,2 

3810,6 

4655,9 

4649,96  B. 

+  5,94 

3383,0 

4133,5 

4128,80  B. 

+  4.70 

Der  Buchstabe  B.  bezieht  sich  wieder  auf  die  im  Funken- 
Spectrum  allein  beobachteten  Linien.') 

Die  Metalle  Kupfer,  Silber  und  Gold  gehören  zur  ersten 
Mendele  Jeff 'sehen  Gruppe.  Soweit  man  aus  den  hier  mit- 
getheilten  Proben  einen  Schluss  ziehen  kann,  scheinen  sie  in 
ihrem  Verhalten  mehr  den  Elementen  der  zweiten  Gruppe  sich 
zu  nähern;  es  wäre  aber  möglich,  dass  wir  zufällig  gerade 
günstige  Linien-Gruppen  herausgegriffen  haben.  Beim  Ver- 
gleiche zwischen  Gold  und  Silber  liegen  die  Differenzen  zwischen 
Rechnung  und  Beobachtung  alle  in  gleichem  Sinne,  was  an- 
deutet, dass  noch  mit  einem  Factor  (Ä  in  den  früheren  For- 
meln) zu  multipliciren  sein  wird. 

§  14.  üeber  das  Auftreten  der  Serien  von  Spectral-Linien. 

Die  angeführten  Beispiele  zeigen,  dass  in  vielen  Fällen  bei 
unserer  Uebertragung  der  Linien  eines  Elementes  auf  ein  an- 
deres Element  die   von  Rydberg,  Kayser  und  Runge  be- 

^)  Reports  of  the  British  Association  1884  und  (mit  den  neueren 
Beobachtungen  von  Eder  und  Valenta)  1895. 


486         Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  7.  Dezember  1901, 

merkten  und  durch  empirische  Formeln  dargestellten  Serien 
theil weise  gestört  werden.  Man  wird  fragen,  ob  eine  solche 
Störung  mit  unserer  Theorie  vereinbar  ist,  und  ob  letztere 
überhaupt   zur  Aufstellung   solcher  Serien  Veranlassung  gibt. 

Es  muss  zunächst  hervorgehoben  werden,  dass  die  Ein- 
theilung  der  Spectral-Linien  in  Serien  nur  bei  den  Elementen 
der  ersten  Mendelejeff 'sehen  Gruppe  nahezu  gelungen  ist. 
während  bei  denen  der  zweiten  Gruppe  nur  vereinzelte  Serien 
festgestellt  werden  konnten.  Das  Auftreten  dieser  Serien  hängt 
demnach  von  den  specifischen  Constanten  des  Elements  ab; 
und  man  kann  nicht  erwarten,  dass  eine  allgemeine  Discussion 
unserer  transscendenten  Gleichungen  zu  solchen  Serien  führen 
wird;  nur  bei  speciellen  Relationen  zwischen  den  vorkommen- 
den Constanten  wird  vielmehr  ein  solches  Resultat  zu  erwarten 
sein.  Deutlich  ist  dies  auch  dadurch  angezeigt,  dass  ein  bei 
Alkalien  gefundenes  empirisches  Gesetz  (nach  welchem  die 
Schwingungsdifferenz  der  Paare  oder  Triplets  in  der  gleichen 
Serie  dem  Quadrate  des  Atomgewichtes  proportional  ist)  bei 
anderen  Elementen  nicht  bestätigt  wurde. 

Die  von  uns  aufgestellten  Gleichungen  (18),  (23),  (23a). 
(34)  haben  die  gemeinsame  Eigenschaft,  dass  sich  ihre  Wurzeln 

fig  bei  wachsender  Grösse  den  ganzen  Vielfachen  von  -^  oder 

71  nähern.  Bedeutet  also  n  eine  ganze  Zahl,  so  kann  man 
bei  hinreichend  grossem  Werthe  des  Index  s  die  Wurzel  n,  in 
der  Form 

na  =  an  '\-  ßn~^  +  y^~^  +  •  •  •  • 

ansetzen.  Nun  ist  n»  der  Schwingungsdauer  T  und  somit 
auch  der  Wellenlänge  X  umgekehrt  proportional.  Demnach 
erhalten  wir 

(45)  A->  =  an  +  bn-^  +  cn'^  + 

Diese  Formel  möge  für  eine  der  obigen  transscendenten 
Gleichungen  Gültigkeit  haben;  für  eine  andere  dieser  Gleich- 
ungen sind  statt  a,  6,  (?,...  .  andere  Werthe  einzusetzen.   Für 


F,  Lindemann:  Zur  Theorie  der  SpectrcUUnien.  487 

zwei  verschiedene  von  jenen  Gleichungen  gelten  daher  Formeln 
der  Gestalt 

«0 

A,7^  =  an  '\-^as n~*, 
(46) 

I 

^m    =  am  -{•  Zjastn^'. 

8=1 

Wir  nehmen  an,  die  zur  Zahl  n  gehörige  Wurzel  A„  der 
einen  Gleichung  sei  identisch  (oder  nahezu  identisch)  mit  der 
zur  Zahl  m  gehörigen  Wurzel  X^  der  andern  Gleichung,  so 
dass  die  numerische  Relation 

(47)  X^   =  Am    =  an  -|-  HasU"'  =  am  -{-  Za^m"* 

besteht.     Nehmen  wir  ferner  an,  es  sei  in  Folge  der  speciellen 
Constanten  des  Atoms  m  sehr  gross  gegen  w,  so  dass 

m  =^  IX  -\-  n 

gesetzt  werden  kann,    wo  fx  eine  sehr  grosse  Zahl  bezeichnet. 
An  Stelle  der  zweiten  Gleichung  (46)  erhalten  wir  dann 

(48)  X7n'  =a{fi^n)^  la.ijjL  +  n)-^ 

und  mit  Hülfe  von  (47)  folgt  durch  Elimination  von  n 

aXm   — aA»    =  aaju -{- aüasifx -^  n)'' —  aHagfi^'. 
Es  ist  also 

Xm    =  A„    = 2j  a«  (/W  +  n)'* 2J  a«  w"». 

a-a       a—a  ^  a—a 

Lassen  wir  m  und  n  gleichseitig  um  eine  Einheit  ab- 
nehmen, so  werden  die  Wellenlängen  kn-i  und  A,„_i  nur  wenig 
von  einander  verschieden  sein;  dasselbe  wird  für  k„^r  und  A^-r 
gelten,  wenn  die  Zahl  r  hinreichend  klein  ist.  Die  Gleichungen 
(46)  bezw.  (48)  ergeben 

i'lr  =  a(n  —  r)  +  i:as(n  —  r)-', 
;«!,=  (^(f^  +  n  —  r)  +  2'a,(//-f-n  — r)-»; 
und  die  Elimination  von  n  ergibt: 


488  Sitzung  der  mcUK-phys.  Classe  vom  7.  Dezewiber  1901. 

aXm-r  —  oii^^r  =  aajx  -}-  aZa^ijjL  -f  n—r)~* —  a2a^{n—r)-*. 


Setzen  wir  nun 


^-r         ^— r  —  ^r? 


SO  wird 

a—a  a—a  ^  a—a         ^        ^ 

%-r=--^^-^  + LasO"+n-r)- Ea,(w-r)-. 

a  —  a  a—a         ^  a—a         ^       ^ 

Soll  nun,  wie  sehen  hervorgehoben  wurde,  ju,  eine  sehr 
grosse,  Er  eine  sehr  kleine  Zahl  sein,  und  sind  auch  aju,  und  a/i 
gross  gegen  Er,  so  erleidet  die  Differenz  afi  —  Sr  bei  Verände- 
rung von  r  nur  sehr  geringe  Aenderungen,  kann  also  als  an- 
nähernd constant  betrachtet  werden;  dasselbe  gilt  für  die 
Summe  ajn  -j-  Er;  wir  setzen  demnach 

a  =  aa  fj.  —  «r- 
Oq  =  a  a  /i  +  f  r. 

Ferner  können,  wenn  /i  gross  ist,  alle  negativen  Potenzen 
von  {jJi-\-  n  —  r)  vernachlässigt  werden,  denn  die  Zahl  r  darf 
ia  gewisse  Grenzen  nicht  überschreiten.  Unter  diesen  An- 
nahmen erhalten  wir  die  folgenden  Näherungsformeln 


(49) 


a  —  a        a — a 
a  —  a        a  —  a 


Hiermit  sind  in  der  Nähe  einer  Stelle  des  Spec- 
trums, wo  zwei  verschiedene  von  den  obigen  trans- 
scendenten  Gleichungen  eine  gemeinsame  Wurzel 
haben  (wo  also  zweien  verschiedenen  Gruppen  von 
Linien  eine  Wellenlänge  gemeinsam  ist),  die  vorauf- 
gehenden reciproken  Wellenlängen  (Wurzeln  n,)  an- 
genähert dargestellt. 


F,  Lindemann:  Zur  Theone  der  Spectrcdlinien.  489 

Es  handelt  sicli  dabei  selbstverständlich  nicht  nothwendig 
um  convergente  Reihen-Entwicklungen,  sondern  nur  um  einen 
Ansatz  für  numerische  Rechnung.  Solche  Stellen,  wo  eine 
Gleichung  von  der  Form  (47)  besteht,  werden  nicht  bei  jedem 
Elemente  in  dessen  Spectrum  vorkommen,  sondern  nur  bei  be- 
sonderer Beziehung  zwischen  den  Constanten  des  Elements. 
Genau  ist  die  Relation  (47)  wahrscheinlich  niemals  erfüllt, 
sondern  immer  nur  näherungsweise.  Vorausgesetzt  ist  ferner, 
dass   jbL  und  e   die  angegebenen  Grössenverhältnisse  aufweisen. 

Die  Gleichungen  (49)  zeigen  nun  genau  den  Typus  der 
Formeln,  welche  Kays  er  und  Runge  für  ihre  Paare  zusam- 
mengehöriger Serien  aufgestellt  haben.  Es  ist  nämlich  das 
wichtige  Gesetz  erfüllt,  dass  zwei  zusammengehörige 
Serien  sich  nur  durch  das  constante  Glied  unter- 
scheiden, während  die  Goefficienten  der  negativen 
Potenzen  des  Index  (n  —  r)  in  beiden  Formeln  iden- 
tisch   sind.^) 

Dieses  Gesetz  ist  bei  den  Alkalien  (ü.  Na  und  K)  nur 
näherungsweise  erfüllt;  wahrscheinlich  ist  bei  diesen  die  Zahl  /bt 
nicht  gross  genug,  um  die  von  uns  vorgenommenen  Vernach- 
lässigungen zu  rechtfertigen. 

Die  Differenz  zusammengehöriger  Schwingungszahlen  wird 
durch  die  Zahl  €r  dargestellt;  diese  Differenz  wird  mit  wach- 
sendem Index  r  (d.  h.  abnehmender  Wellenlänge)  thatsächlich 
abnehmen  (während  wir  sie  als  nahezu  constant  behandelten), 
was  mit  den  Beobachtungen  von  Kayser  und  Runge  über- 
einstimmt. Für  r  =  0,  d.  h.  für  die  gemeinsame  Wurzel  der 
beiden  transscendenten  Gleichungen,  wird  sie  gleich  Null;  für 
diesen  Fall  sind  also  die  Formeln  (49)  nicht  mehr  anwendbar. 

Die  Rechnungen  von  Kayser  und  Runge  zeigen,  dass 
in  der  Praxis' 

ttj  =  0    und    ttj  =  0 

')  Vgl.  besonders  die  Zusammenstellung  der  Neben-Serien  in  Nr.  IV 
der  auf  p,  403  citirten  Abhandlungen  von  Kayser  und  Runge. 


490         Sitzung  der  math.-phys,  Classe  vom  7,  Dezember  1901. 

gesetzt  werden  kann;  ihre  Formeln  sind  nämlich  von  der  Ge- 
stalt (vgl.  oben  p.  464,  468,  471,  478  f.): 

Die  Zahl  n  hat  bei  den  genannten  Autoren  meist  den 
Werth  8,  9  oder  10,  r  successive  die  Werthe  1,  2,  3,  4,  5. 
Es  ist  aber  zu  beachten,  dass  unsere  Zahl  n  nicht  nothwendig 
mit  der  entsprechenden  Zahl  bei  Kayser  und  Runge  über- 
einstimmt. Bis  jetzt  ist  nemlich  der  Anfangspunkt  w  =  0  noch 
willkürlich  gelassen;  durch  die  Substitution 

(50)  n  =  nQ  +  N 

kann    man  ihn   an   eine   beliebige  Stelle  verlegen;    dann  wird 

1      ^ 1  ^      1      A  _    np  _   ^ \ 

-r      n^+N  —  r       N—r\        N—r'^{N—r)^       '")' 


n  — 


wenn  w^  <  jN"  —  r  ist.  Unter  dieser  Voraussetzung  ändern  also 
die  Formeln  (49)  durch  die  Substitution  (50)  ihren  Charakter 
nicht.     Ist  aber  w^>iV— r,  so  wird 

^  —  ^       ^0  \         Wo  w;  / 


also: 


-1 


l-L,  =  Co  +  C,{N-r) -  C,(iV-r)»  +  .  . . ; 


wir  erhalten  also  eine  Formel  von  dem  Typus,  wie  sie  (mit  dem 
Werthe  6'j  =  0)  Deslandres  für  die  Bandenspectra  der  Me- 
talloide empirisch  aufgestellt  hat.*) 

Durch  directes  Einsetzen  des  in  (50)   gegebenen  Werthes 
entsteht  eine  Gleichung  der  Form 

X-!.,.  =  C\  -  (7,K  +  N-  r)->  -  C7,(«o  +  N-  r)-^  -..  . 


')  Comptes  rendus,  t.  104,  106,  110,  112  (1887-91). 


F,  Lindemann:  Zur  Theorie  der  Spectrcdlinien.  491 

welche  sich  an  die  Balmer'sche  Formel  für  Wasserstoff 
und  an  die  Rydberg'sche  Verallgemeinerung  derselben  an- 
schliesst. 

Wenn  zufallig  drei  unserer  obigen  transscendenten  Gleich- 
ungen an  der  einen  Stelle  des  Spectrums  eine  gemeinsame 
Wurzel  haben,  so  entstehen  drei  zusammengehörige  Formeln 
des  Typus  (49),  also  nicht  Paare  sondern  Triplets  von  Linien, 
die  Serien  bilden  (vgl.  das  Vorkommen  bei  Mg,  Ca,  Sr,  Zn, 
Cd,  Hgy 

Um  eine  Formel  der  Gestalt  (49)  an  Stelle  der  ursprüng- 
lichen (45)  zu  setzen,  bedarf  es  natürlich  nicht  des  Hinzu- 
tretens  einer  zweiten  Gleichung;  denn  numerisch  müssen  die 
aus  (49)  berechneten  Werthe  von  X^-r  mit  den  aus  (45)  be- 
rechneten übereinstimmen.  Auch  die  Wurzeln  einer  einzigen 
Gruppe  (aus  Linie  von  §  5)  können  daher  in  der  Nähe  einer 
bestimmten  Stelle  des  Spectrums  durch  eine  Formel  des  Typus 
(49)  angenähert  dargestellt  werden.  So  scheint  es  beim  Li- 
thium und  Wasserstoff  zu  sein. 

Wenn  die  Voraussetzungen,  nach  denen  wir  in  §  6  Be- 
ziehungen zwischen  den  Spectren  verschiedener  Elemente  auf- 
gestellt haben  genau  erfüllt  wären,  müsste  beim  Uebergang 
von  einem  Elemente  zum  anderen  aus  jeder  Serie  wiederum 
eine  Serie  entstehen.  Da  aber  diese  Voraussetzungen  wohl 
nur  annähernd  zutreffen,  da  ferner  unsere  transscendenten 
Gleichungen  nicht  in  gleicher  Weise  von  den  Constanten  des 
Atoms  abhängen,  so  ist  es  natürlich,  wenn  bei  diesem  Ueber- 
gange  die  Serien  in  mannigfacher  Weise  gestört  werden,  wie 
es  die  obigen  Beispiele  zeigen  (vgl.  die  mitgetheilten  Tabellen). 
Andererseits  zeigen  diese  Beispiele,  dass  man  auf  diesem  Wege 
(wie  beim  Baryum,  Silber  und  Gold)  auch  neue  Serien  auf- 
finden kann. 

Endlich  bliebe  zu  untersuchen,  ob  das  Auftreten  der  Serien 
etwa  durch  die  transscendente,  noch  nicht  näher  untersuchte 
Gleichung  (16)  bedingt  sein  kann. 


492         Sitzung  der  niath,-phys.  Classe  vom  7.  Dezember  1901, 

§  15.   Versuch  zur  Trennung  der  verschiedenen 

Linien-Gruppen. 

Der  weiteren  numerischen  Behandlungen  der  aufgestellten 
Gleichungen  steht  eine  wesentliche  Schwierigkeit  entgegen,  da 
man  zuerst  die  Aufgabe  hat,  die  verschiedenen,  in  §  5  auf- 
gestellten Linien-Gruppen  von  einander  zu  trennen. 

Im  Folgenden  ist  der  Versuch  gemacht,  die  der  Gleichung 
(23),  also  der  sechsten  Gruppe  angehörigen  Linien  von  den 
übrigen  zu  trennen.  Der  Rechnung  wurden  die  Beobachtungen 
am  Magnesium  zu  Grunde  gelegt.  Die  Wurzeln  nähern 
sich    bei    wachsendem    Wertlie    von    f  =  n^    den    ungeraden 

Vielfachen    von   — .     Die    entsprechenden    Schwingungszahlen 

(A"')  müssen  sich  also  annähernd  verhalten,   wie  die  auf  ein- 
ander folgenden  ungeraden  ganzen  Zahlen. 

Es  wurden  nun  die  Differenzen  der  Logarithmen  der  auf- 
einander folgenden  ungeraden  Zahlen  gebildet.  Andererseits 
wurden  die  Differenzen  der  Logarithmen  der  beim  Magnesium 
beobachteten  Schwingungszahlen  gebildet,  die  Differenzen  dieser 
Differenzen  u.  s.  f.,  bis  sich  eine  Differenz  ergab,  die  annähernd 
mit  der  Differenz  der  Logarithmen  successiver  ungerader  Zahlen 
übereinstimmte.  Dies  trat  zuerst  bei  dem  Verhältnisse  21:19 
ein;  es  ist  nemlich 

log  21  —  log  19  =  0,43465. 

Ln  Magnesium  -  Spectrum  kommt  nun  die  Wellenlänge 
5711,56  vor;  und  es  ist 

21 
log  (5711,56)-'  +  log-j^  =  log  (5167,7)-». 

Im  Magnesium-Spectrum  kommt  aber  nicht  die  Wellen- 
länge 5167,7,  sondern  5167,55  vor;  demnach  ist  in  der  folgen- 
den Tabelle  die  Zahl  5167,7  in  die  zweite  Columne  als  be- 
rechnet, die  Zahl  5167,55  als  beobachtet  eingetragen.  Es  i>t 
ferner 

OQ 

log  (5167,55)-'  +  logg  =  log  (4718,1)-', 


P,  Lindemann :  Zur  Theorie  der  Spectratlinien. 


493 


während  die  Zahl  4703,33  einer  beobachteten  Wellenlänge 
entsprechen  würde.  Die  erste  Golumne  der  Tabelle  enthält 
die  zugeordneten  ganzen  Zahlen  19,  21,  23,  ...  .  In  dieser 
Weise  ist  die  Rechnung  fortgeführt  bis  an  das  Ende  der  be- 
obachteten Linien  im  Magnesium-Spectrum.  Die  Golumne  der 
beobachteten  Linien  weist  einige  Lücken  auf.  Die  vierte  Go- 
lumne gibt  die  entsprechenden  Wellenlängen  des  Galcium,  und 
zwar  gemäss  der  in  §  7  aufgestellten  Zuordnung;  die  einge- 
klammerten Zahlen  sind  nur  berechnet  und  nicht  beobachtet. 
Die  fünfte  Golumne  enthält  in  gleicher  Weise  die  zuge- 
ordneten Linien  des  Gadmium,  die  sechste  diejenigen  des  Queck- 
silbers. Wo  der  berechneten  Linie  eine  beobachtete  annähernd 
entsprach,  ist  diese  letztere  in  die  Tabelle  eingesetzt.  Der 
Buchstabe  B.  bezieht  sich  wieder  auf  die  Funken-Spectra  in 
den  Publicationen  der  British  Association. 

Im  Funken-Spectrum  liegen  die  Quecksilber-Linien  so  dicht, 
dass  ihre  Aufführung  in  der  Tabelle  keine  besondere  Beweis- 
kraft hat.  Ich  habe  mich  aber  überzeugt,  dass  auch  im  Stron- 
tium, Baryum  und  Zink  eine  ähnliche  Serie  ausgesondert  wer- 
den kann. 


Maguesium 

Zugeordnete  Linien  des 

m 

berechnet 

beobachtet 

Calcium 

Cadmium 

Quecksilber 

19 

Ausgangspunkt 

5711,56 

— > 

— 

21 

51G7,7 

5167,55 

6102,99 

— 

— 

23 

4718,1 

4703,33 

(5558,0) 

— 

25 

4352,0 

4352,18 

(5143,1) 

— 

— 

27 

4029,8 

(4762,1) 

(6322,9) 

(6457,8) 

29 

3751,9 

3765  B. 

(4449,2) 

(4923,7) 

(6034,1) 

31 

3522,1 

— 

4143,0B. 

4662,69 

5781,9  B. 

33 

3308,G 

3330,08 

3933,83 

(4398,6) 

5416,9  B. 

35 

3139,8 

3706,18 

4141,0B. 

4864,8  B. 

37 

2970,1 

(3509,8) 

3940,0  B. 

4616,5  B. 

39 

2817,8 

2802,80 

3729,21 

4525,1  B. 

41 

266(i,l 

2668,26 

3158,98 

3500,09 

4246,1  B. 

Hiermit  sind  wir  an  das  Ende  der  Magnesium-Spectrums 
angelangt;  setzen  wir  nun  die  Itechnung  für  Calcium  fort,  so 
ergibt  sich: 

1901.  SitzangBb.  d.  maib.-pbys.  CI.  33 


494         Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  vom  7.  Dezember  1901, 


Calcium 

Zugeordnete  Linien  des 

ni 

berechnet 

beobachtet 

Cadmium 

Quecksilber 

43 
45 

3012,1 
2807,9 

3006,95 

(3361,1) 
3211,8  B. 

4078,05 
3896,3  B. 

Hiermit  ist  auch  das  Ende  des  Calcium-Spectrums  erreicht: 
wir  müssen  daher  die  Rechnung  im  Cadmium-Spectrum  fort- 
setzen und  finden: 


771 


Cadmium 


berechnet     i    beobachtet 


Zugeordnete 
Quecksilber- 
Linien 


47 
49 
51 
53 
55 
57 
59 
61 
63 


3075,1 
2955,3 
2845,5 
2729,9 
2634,6 
2539,9 
2458,7 
2378,1 
2148,2 


3081,03 

3738,9  B. 

2961,64 

3593,2  B. 

2837,01 

3440,6  B. 

2733,97 

3320,5  B. 

2632,29 

3207,7  B. 

2544,84 

3085,41 

2469,3  B. 

3007,02 

2377,3  B. 

2386,8  B. 

2144,45 

2605,29 

Es  kommen  in  der  Tabelle  einige  Linien  vor  (z.  B.  5167,55 
und  2668,26  beim  Magnesium,  3938,33  beim  Calcium),  welche 
schon  in  den  Serien  von  Kayser  und  Runge  verwendet  wur- 
den; das  dürfte  nicht  sein,  wenn  die  hier  ausgeschiedenen 
Serien  wirklich  einer  anderen  Gruppe  als  die  früheren  Serien 
angehören,  sofern  nicht  zufallig  mehr  Coincidenzen  vorkommen. 
Die  mitgetheilten  Tabellen  haben  daher  keine  andere  Be- 
deutung als  diejenige,  dass  sie  zeigen,  nach  welcher  Methode 
vielleicht  eine  Ausscheidung  nach  Gruppen  möglich  ist.  Ich 
hoffe,  die  hier  aufgeworfene  Frage  demnächst  rechnerisch  weiter 
verfolgen  zu  können. 

Sollte  es  gelingen,  hierdurch  einzelne  Linien  des  Spectrums 
den  absoluten  Zahlen  (in  der  ersten  Columne)  definitiv  zu- 
zuordnen, so  wäre  dadurch  für  die  Berechnung  der  andern 
charakteristischen  Constanten  des  Elementes  ein  wesentlicher 
Schritt  gethan. 


495 


Ueber  die  Gleichung  x''  =  if  +  ^**. 

Von  F.  Lindemann« 

{Eingelaufen  7.  Deeember.) 

Vor  einiger  Zeit  habe  ich  eine  Untersuchung  über  den 
F er mat 'sehen  Satz,  betreffend  die  Unmöglichkeit  dieser  Gleich- 
ung veröffentlicht,  in  der  ein  Beweis  für  diese  Unmöglichkeit 
versucht  wurde.  Leider  ist  derselbe  an  zwei  Stellen  (p.  195 
und  199)  durch  Rechenfehler  entstellt,  und  leistet  in  Folge 
dessen  nicht  das  verlangte.  Er  gibt  aber  insofern  einen  Fort- 
schritt, als  die  von  Abel  gemachten  Angaben  zum  ersten  Male 
bewiesen  worden  sind,  wonach  sich  die  drei  Zahlen  x,  y,  z^ 
welche  obiger  Gleichung  genügen,  durch  drei  ganze  Zahlen 
V^  Q.'t  ^  gemäss  den  Formeln 

2x  =■  p*^  -\-  q^  -{■  r»*, 
2y  =  p^  -\-  q*'  —  r»», 
2  ^  =  ^»»  —  q^  +  ^**» 

darstellen  lassen,  wenn  keine  der  Zahlen  durch  n  theilbar  ist, 
im  andern  Falle  aber,  wenn  z.  B.  z  den  Factor  n  enthält, 
durch  die  Formeln 

2  a;  :=  ^*»  +  {/**  +  ^""*  ^**» 
2  y  =  ^)»»  -j-  q'^  —  n^~^  r", 

2z  =  p*'  —  (?♦*  +  W*-^  r". 


38' 


500  Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  7.  Dezember  1901, 

Nasenfortsatz  des  Zwischenkiefers  und  dem  Stimfortsatz  des 
Oberkiefers  bleibt  etwas  länger  deutlich  offen,  aber  schon  bei 
wenig  grösseren  Früchten  ist  aus  serlich  von  der  ehemaligen 
Trennung   nichts   mehr   oder   fast   nichts   mehr   zu   bemerken. 

Speziell  hebe  ich  hervor,  dass  von  einer  Trennung  zwischen 
den  Alveolen  der  beiden  Schneidezähne  auf  der  Vorderansicht 
d.  h.  auf  der  alveolaren  Vorderfläche  der  Zwischenkiefer  auch 
nicht  die  leiseste  Spur  bemerkbar  wurde. 

Soweit  stimmen  meine  Ergebnisse  vollkommen  mit  denen 
Theodor  Kölliker's  überein. 

Aber  meine  Ergebnisse  stinmien  auch  vollkommen  mit  den 
Beobachtungen  überein,  welche  Biondi  an  Schnittserien,  also 
nach  einer  ganz  anderen  Methode,  gefunden  hat: 

Seine  beiden  „Zwischenkiefer*  stehen  nicht  im  Ganzen 
neben  einander,  sondern  im  Wesentlichen  hinter  einander,  so 
dass  von  dem  zweiten  auf  der  Aussenfläche  des  Alveolarfort- 
satzes  normal  nichts  in  Erscheinung  tritt. 

Der  eine  der  beiden  Ossificationscentren  Biondi^s  für  jeden 
Zwischenkiefer  liegt  im  Gebiete  des  inneren  Nasenfortsatzes: 
metopogener  Zwischenkiefer,  der  andere  im  Gebiete  des  Ober- 
kieferfortsatzes: gnathogener  Zwischenkiefer.  Der  letztere, 
welchen  ich  mit  Meckel  u.  A.  als  vorderen  Zwischenkiefer 
bezeichnen  möchte,  bildet  die  Hauptmasse  des  Knochens,  er 
ist  es,  den  unsere  Fig.  1  wiedergibt.  Die  beiden  metopogenen 
oder,  wie  ich  sagen  möchte,  die  hinteren  Zwischenkiefer, 
bilden  (rechts  und  links)  die  hintere  Alveolar  wand  für  die 
beiden  mittleren  Schneidezähne,  jeder  hintere  Zwischenkiefer 
für  sich  also  die  hintere  Wand  seines  (des  mittleren)  Schneide- 
zahns. Die  hintere  Alveolarwand  für  den  äusseren  Schneide- 
zahn jederseits  wird  von  dem  äusseren  Zwischenkiefer  gebildet. 
Beide  Zwischenkiefer  bilden  jederseits  gemeinschaftlich  den 
Zwischenkieferabschnitt  des  harten  Gaumens. 

Diese  letzteren  Verhältnisse,  die  Ausdehnung  des  hinteren 
Zwischenkiefers  an  der  Rückwand  des  Alveolarfortsatzes  sowie 
auf  dem  harten  Gaumen,  lassen  sich  viel  leichter  nachweisen 
als  das  isolirte  Bestehen  des  äusseren  Zwischenkiefers,   welches 


497 


Die  doppelten  Zwischenkiefer  des  Menschen. 

Von  Johannes  Ranke« 

(Eingilaufin  6.  Februor  1902.) 

In  Beziehung  auf  die  Zwischenkieferfrage  stehen  sich  bis 
jetzt  zwei  Anschauungen  unvermittelt   gegenüber.^) 

Auf  der  einen  Seite  vertritt  eine  Anzahl  von  Autoren  die 
von  Theodor  Kölliker-Sohn  nach  Untersuchungen  an  Kali- 
präparaten gewonnene  Anschauung,  dass  der  Mensch  wie  alle 
Säuger  jederseits  nur  eine  Zwischenkieferanlage  besitze.  Oscar 
Schnitze  sagt  in  seinem  Grundriss  der  Entwickelungsgeschichte 
des  Menschen  und  der  Säugethiere : *)  „Die  Zwischenkiefer  hat 
Th.  Kölliker  zuerst  mit  Bestimmtheit  beim  Menschen  nach- 
gewiesen als  zwei  kleine,  in  der  8.  bis  9.  Woche  auftretende 
Knöchelchen,  die  sehr  bald  mit  dem  Oberkiefer  verschmelzen.**^) 

Es  bleibt  bei  dieser  Angabe  unberücksichtigt,  dass  unter 
Waldeyer's  Augen  Biondi  durch  Untersuchung  von  Schnitt- 
serien nachgewiesen  hat,  dass  der  Zwischenkiefer  der  Säuge- 
thiere  aus  jederseits  2  also  im  Ganzen  aus  4  Ossifications- 
punkten  sich  entwickele.*) 


^)  Die  Literatur  findet  sich  zusammengestellt  bei  Prof.  Dr.  F.  Graf 
V.  Spee,  in  K.  v.  Bardeleben:  Skeletlehre.  II.  Abtheilung.  Kopf. 
Jena  1896.     S.  258  u.  ff. 

2)  1897.    S.  221. 

3)  Kölliker  Theodor,  Ueber  das  Os  intermaxillare  des  Menschen 
und  die  Anatomie  der  Hasenscharte  und  des  Wolfsrachens.  Nova  Acta, 
Acad.  L.-C.  43.  Bd.    1881. 

*)  Biondi,  Ueber  Zwischenkiefer  und  Lippenkiefer-Gaumenspalte. 
Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.     Physiol.  Abtheilung.  1886. 

Derselbe,   Ueber  den  Zwischenkiefer.    Anatom.  Anzeiger,    3.  Bd. 


498         Sitzung  der  mathrphys.  Classe  vom  7,  Dezember  1901, 

Die  beiden  verschiedenen  Ergebnisse  waren  1888  bei  dem 
Anatomen-Kongress  in  Würzburg  von  den  beiden  Haupt- 
betheiligten  selbst:  Th.  Kölliker  und  Biondi  vorgetragen 
worden.  Obwohl  bei  dieser  Gelegenheit  Waldeyer  die  Prä- 
parate Biondi 's  der  Versammlung  persönlich  demonstrirte. 
kam  es  zu  keinem  Ausgleich  der  scheinbar  nicht  zu  vermit- 
telnden Gegensätze. 

A.  V.  Kölliker-Vater  fand  es,  „was  den  Menschen 
anlange,  auffallend,  dass  niemand  nach  seinem  Sohne  sich 
die  Mühe  gegeben  habe,  die  erste  Entwickelung  der  Inter- 
maxillare  an  den  unzweideutigen  Kalipräparaten  zu  prüfen, 
welche  allein  ganz  sichere  und  relativ  leicht  zu  gewinnende 
Ergebnisse  liefern".^)  — 

Durch  Studien  über  die  überzähligen  Knochen  des  mensch- 
lichen Schädels^)  wurde  ich  zur  Nachprüfung  der  Angaben 
über  den  menschlichen  Zwischen kiefer  veranlasst.  Ich  benützte, 
jenem  Wunsche  A.  v.  Kölliker 's  entsprechend,  die  in- 
zwischen durch  0.  Schnitze^)  zu  einer  Methode  ersten  Ranges 
für  derartige  makroscopische  Knochenuntersuchungen  ausge- 
bildete Kalimethode. 

Als  Resultat  dieser  Untersuchung  kann  ich  eine  natur- 
getreue Abbildung  der  Vorderansicht  der  Oberkieferpartie  eines 
Embryo  von  28  mm  Scheitel-Steisslänge,  also  aus  dem  Anfang 
des  3.  Monats,  vorführen  (Fig.  1). 


S.  577  (1888).  Unter  den  darauf  geprüften  Säugethieren  zeigte  nur  da* 
Schwein  eine  nur  unvollkommene  aber  immer  noch  erkennbare  Trennung 
dieser  Ossifikationspunkte ;  am  Schwein  hatte  Th.  Kölliker  seine  ver- 
gleichenden Untersuchungen  hauptsächlich  ausgeführt. 

Theodor  Kölliker,  Ueber  die  einfache  Anlage  des  Zwischenkiefer« 
(gegen  Biondi).     Anatom.  Anzeiger,  3.  Bd.  S.  572  (1888). 

1)  Verhandlungen  der  Anatomischen  Gesellschaft.  Versammlung  iu 
Würzburg  1888.     Anatom.  Anzeiger,  3  Bd.  (1888).   S.  579. 

2)  J.  Ranke,  Die  überzähligen  Hautknochen  des  menschlichen 
Schädeldachs.  Abhandl.  der  kgl.  bayer.  Akademie  d.  W.  II.  Cl.  XX.  Bd. 
II.  Abth.  S.  276—464. 

^)  Oscar  Schnitze,  Grundriss  der  Entwickelungsgeschichte  de^ 
Menschen  und  der  Säugethiere.     Leipzig  1897.    S.  459. 


J.  Rnnke:  Die  doppelten  Zmschenkiefer  dea  Menschen.        499 

Die  Zwischenkieferanlage  erscheint  jederseits,  von  der 
Vorderseite  gesehen,  als  eine  einheitliche,  ganz  so  wie  sie 
Th.  Kölliker  aus  einem 
etwas  früheren  Stadium  und 
daher  noch  etwas  weniger 
entwickelt  abgebildet  hat. 
Mein  Präparat  entspricht  in 
der  Form  sehr  nahe  der  Form 
des  Z wi sehen kief er s  des  nach- 
stehend abgebildeten  kind-  Zwischenkiefer  emeB  mensch] [eben  Embryo 
liehen       OrangUtan  -  Schädels  """  Antane«  Aea  dritten  Monsle» 

(Fig.  2).    Die  definitive  Form 

des  Älveolarfortsatzes  des  Interm axillare  mit  den  Nachbar- 
partien,  vor  allem  aber  der  Nasenfortsatz,  welcher  bei  Th. 
Kölliker   kaum    angedeutet,    ist    schon    ziemlich    fertig   uus- 


Mein  Bild  entspricht 
auch  sehr  nahe  dem  von 
Leuekart')mitgetheil- 
ten,  bei  welchem  aber 
die  Trennung  vom  Ober- 
kiefer nur  einseitig 
(rechts)  unvollständig 
noch  zu  erkennen  war. 

Bei  wenig  älteren 
Embryonen     sah      ich 

Zwischenkiefer     und 
Oberkiefer  mit  einander 
in     beginnender     Ver- 
schmelzung.    Diese   beginnt  an   der  oberen  hinteren  Ecke  des 
Zwischenkiefer- Älveolarfortsatzes,    die  Trennung  des  Älveolar- 
fortsatzes   nach    unten    erscheint    dann    noch    als    mehr    oder 
weniger   tiefe  Einkerbung,    die  Trennungsspalte  zwischen  dem 

')  F.  S,  Leuckart,    Untersuchungen   ober  das  Zwiaehenkieferbein 
de»  Menschen.     Stuttgart   1840  (a,  hier  die  illteie  Literatur). 


.1 


505 


Ueber  die  Divergenz  gewisser  Potenzreihen 
an  der  Convergenzgrenze. 

Von  Alfred  Pringsheim. 

(Eingelaufen  27.  Desember.) 

In  einer  früheren  Mittheilung  „Ueber  das  Verhalten 
von  Potenzreihen  auf  dem  Convergenzkreise'*  habe  ich 
im  Anschlüsse  an  einen  zuerst  von  Herrn  Tauber  bewiesenen 
Satz  die  Vermuthung  ausgesprochen,^)  dass  die  beiden  Be- 
dingungen : 

(A)  \im^{QX)  =  Ä,        lim  av  =  0 

^     ^  e=l-0  v=<» 


00 


für  die  Convergenz  von  ^(x)  =  ^^  ayX''  an  der  Grenzstelle 

1 

X  =  X  nicht  hineinreichen  dürften.  Im  folgenden  will  ich 
zeigen,  dass  es  thatsächlich  Reihen  giebt,  welche  den  Beding- 
ungen (A)  genügen  —  ja  sogar  der  ersten  dieser  Bedingungen 
in  dem  erweiterten  Umfange,  dass  lim  ^(x)  ^=  Ä  beim  Grenz- 

Uebergange  auf  einem  beliebigen,  dem  Innern  des  Conver- 
genzkreises   angehörigen  Strahle  —  und    welche    dennoch   für 


1)  Sitz.-Ber.  Bd.  30  (1900),  p.  43.  —  Ich  möchte  bei  dieser  Gelegen- 
heit bemerken,  dass  ein  ähnlicher  Satz,  wie  der  a.  a.  0.  p.  85  von  mir 
formulirte,  in  einer  anderen,  mir  inzwischen  erst  bekannt  gewordenen 
Abhandlung  des  Herrn  Tauber  sich  findet:  „Ueber  das  Poisson'sche 
und  das  demselben  conjugierte  Integral*  (Wiener  Monatshefte, 
Jahrg.  VI  [1895],  p.  118). 


506         Sitzung  der  mathrphys.  Classe  vom  7,  De^mber  1901. 

X  =  X  divergiren.^)  Dabei  wird  es  ofifenbar,  ohne  der  All- 
gemeinheit Eintrag  zu  thun,  gestattet  sein,  speciell  X  =  l 
anzunehmen. 


00 


1.    Ist  die  Reihe  5j«v  convergent  und  ihre  Summe  =  .«, 

1 

so  bestehen  die  beiden  Bedingungen:*) 

(1)  lim  l-«.  +  2-a,  +  ...-f«.a.  _  ^ 


MSOO 


(2)  lim  ?L±A+_lJ.l±i!^  =  5     (wo:5,=  ]L:^a,). 

N-oo  n  I 

Jede  dieser  Beziehungen  (die  zweite  in  dem  Sinne,  dass 
der  betreffende  Grenz werth  irgend  eine  bestimmte  Zahl  s  vor- 
stellt) ist  also  noth wendig  für  die  Convergenz,  dagegen 
erweist  sich  keine  allein  auch  als  ausreichend:  der  1^- 
dingung  (1)  genügt  z.  B.  jede  divergente  Reihe,  für  welche 
limw-a„  =  0  ist;^)  der  Bedingung  (2)  unendlich  viele  inner- 


»i^OO 


halb  endlicher  Grenzen  oscillirende  Reihen,   als  deren  einfacli- 

oo 

ster  Typus  £»' ( — l)*""'  gelten  kann. 

i 

Wohl  aber  sind  beide  Bedingungen  zusammen  genonimeu 
für  die  Convergenz  von  2!uy  allemal  auch  hinreichend. 
Da  nämlich: 

5,  +  ^2  +  . .  .  +  5„  =  w .  «1  +  (n  —  1)  •  a^  +  .  . .  4-  1  .  a,, 

so  ergiebt   sich  durch  Addition   der  Beziehungen  (1)  und  (2i 
unmittelbar : 

lim  ^?-— —  (aj  +  a,  +  . . .  +  a^)  =  s, 

W=:co  f» 


^)  Natürlich  , uneigen tlich",  da  ja  bei  eigentlicher  Divergenz 
von  ZfiyX^  allemal  lira^^l^X)  =  oo  sein  müsste  (vgl.  a.  a.  0.  p.  41). 

2)  Vgl.  a.  a.  0.  p.  44. 

3)  Dies  folgt  unmittelbar  aus  dem  bekannten  C au chy 'sehen  Greni- 

werth-Satze:    ^Es  ist  lim  — ^  =  lim  (-4^  — -4„_,),    falls    der    rechts»- 
stehende  G^enzwerth  existirt." 


Ä,  Pringsheim:  Divergenz  gewisser  Potenzreihen.  507 

also  schliesslich: 

00 

lim  («1  +  0^2  +   .  .  .  +  dn)  ^  S»'  tty  =  5. 


M=:oo 


Es   erscheint   zweckmässig,    dieses   Resultat    in    folgender 
Weise  ausdrücklich  zu  formuliren: 

Die  nothwendige  und  hinreichende  Bedingung 
für  die  Convergenz  von  -^a^,  also  für  die  Existenz 
eines  endlichen  lim  5»  =  5  lässt  sich  in  die  beiden 


n=oo 


Bedingungen  (1)  und  (2)  zerlegen,  derart  dass 
jede  einzelne  dieser  Bedingungen  als  eine  noth- 
wendige^ aber  erst  beide  zusammen  als  hinreichend 
erscheinen. 
Hierzu  sei  noch  bemerkt,  dass  die  Beziehung  (1)  allemal 
die  für  die  Convergenz  nothwendige  Bedingung: 

lim  a„  ==  0 

in  sich  enthält.  Ersetzt  man  nämlich  in  (1)  n  durch  (n — 1), 
so  folgt,  dass  für  jedes  beliebig  kleine  £  >  0  bei  passender 
Wahl  einer  unteren  Schranke  für  n  die  Ungleichung  besteht: 

I  1  •  ttj  +  2«a,  +  •  •  •  +  (w— '1)  -ötM-i  I  <  (w  —  !)•  e. 
Da  sodann  auch: 

I  1  •  ttj  +  2  •  «2  +  •  •  •  4'  (^  ~  1)  •  ^H-i  -\-  n'an\<n'  e^ 
so  folgt  durch  Subtraction: 

I  w  •  a„  I  <  (2n  —  1)  •  €,  also  a  fortiori  |  a^  |  <  2f, 

d.  h.  schliesslich: 

lim  an  ==  0. 

Etwas  analoges  findet  bezüglich  der  Bedingung  (2)  nicht 
statt.  Vielmehr  sind  gerade  die  zunächst  sich  darbietenden 
Beispiele  von  divergenten  Reihen,  welche  der  Bedingung  (2) 

00 

genügen    (wie:    £»' ( — 1)''~0»    durchweg    von    der    Art,    dass 

1 

lim  \an    nicht  verschwindet.    Es  entsteht  nun  naturgemiLss  die 


M  =  ao 


508         Sitzung  der  math.-phys,  Glosse  vom  7.  Dezember  1901. 

Frage:  Giebt  es  wirklich  divergente,  der  Bedingung  (2)  ge- 
nügende Reihen,  deren  Glieder  den  Grenz werth  Null  besitzen? 
Sobald  die  Existenz  derartiger  Reihen  erwiesen  ist,  wird  dann, 
wie  leicht  zu  sehen,  auch  die  am  Anfange  berührte  Frage  in 
bejahendem  Sinne  entschieden  sein. 

2.  Es  bedeute  m;.  (A  =  1,  2,  3,  .  . .)  eine  unbegrenzte  Folge 
wachsender   natürlicher  Zahlen    von    der  Beschaffenheit,    dass: 

(3)  lim  {mxA-i  —  mx)  =  oo  ,         lim  — —  =  1 

;.=oo  A=oo      ^x 

(z.  B.  nix  =  ^^,  wo  2?  >  1);  ferner  sei  2!dy  eine  divergente 
Reihe  mit  positiven,  für  r  =  oo  verschwindenden  Gliedern 
von  der  Art,  dass: 

(4)  lim  (d^.+i  +  d^,+2  +  . .  .  +  d«, .  i)  =  2  ^  >  0.^) 

Jl=ao 

Nun  wurde  gesetzt: 

00 

S*'  «v  =  ^1  +  .  .  .  +  d;„t  ^1  •  .  .   —  d,n^ 

1 

+  ^mi-fl  +  •••"!"  dm^  —  dmri-1  —  •  •  •  »mj 

(5)  + 

"T"  ^»»A-l4~^     I     •  •  •     1     ^mx  ^«»A— 1+1  •  •  *  ^«"i 

+ 

SO  dass  also: 


^)  Die  allgemeinen  Beziehungen,   welche   zwischen  den   d^  und  m^ 
bestehen  müssen,  damit  ein  solcher  „singulärer  Reihenrest*  ^y  d, 

«A+l 

einen  gewissen  endlichen  Grenzwerth  besitzt,  habe  ich  in  einer  früheren 
Arbeit  („lieber  die  Werthveränderungen  bedingt  convergenter 
Reihen  und  Producte%  Math.  Ann.  Bd.  22,  1883)  ausführlich  unter- 
sucht (vgl.  a.  a.  0.  p.  470;  485  ff.).  Handelt  es  sich,  wie  im  vorliegenden 
Falle,  im  wesentlichen  nur  um  die  Herstellung  specieller  Beispiele,  so 
lassen  sich  die  </>-,  i»v  in  überaus  einfacher  Weise  auswählen,  wie  im 
Texte  weiter  unten  noch  gezeigt  wird. 


Ä,  Pringsheim:  Divergenz  gewisser  Potenzreihen.  509 

(6)  ^«A+/*  ^ 

dntj^^f,  für:  (wa+1— mA)  +  l^/i<2(mA4-i— Wa) 


{:: 


n 


(A  =  0,  1,  2,  . . .  und  Mq  =  0).   Ist  sodann  wiederum  Sn  =  S*'  « 

1 

so  hat  man  offenbar: 

S2fnx  =  0 

also : 

lim  52mA  =  0 ,         lim  s«^^.«^ ,  ^  =  2Ä. 

A=oo  A=oo  "^ 

Da  aber  die  Zahlen  Sim^^  ^«a+'^a+i  ^^  Minima  und  Maxima 
der  Folge  5v  (v  =  1,  2,  3,  . . .)  liefern,  so  findet  man  schliesslich: 

rrj^  lim  Sn  =  0,  lii^  5h  =  2Ä, 


n=QO  N  =  0O 


d.  h.  die  R^ihe  Huy  ist  uneigentlich  divergent,  sie  oscillirt 
in  den  Grenzen  0  und  2-4. 

Andererseits  ergiebt  sich  nun: 

«2mA_i+l  =  ^mA_i+l 

^^«*A-l+2  =  ^mA_i+l   +  ^mA_i+2 

^»*A_i-JM»;^         =  ^»»A-l~l~^      •"  ^"»A-l"f"2     I     •  •  •     r    ^/"A 
^»•A-i+mA+l    ^  ^mA_i4-2  T~   •  •  •    4"   ^m^ 

52mA— 1  ^^^  '"A 

Ä2mA  =    0 

und  daher: 

5vf»i^_l4-l  +  52mA_i+2  +  .  .  .  +  52mA 

=  (W^A  -  niA-l)  (dmA-1+1   +  ^»«A-1+2  +  •  •  •  +  d^^), 
1901.  SitznngNb.  d.  Tnath.-pbys.  Cl.  34 


510         Sitzung  der  math.-phys.  Glosse  vom  T.  Dezember  1901. 
Daraus  folgt  weiter: 

2mA 

. . .  +  (mA  —  m^-i)  (dm;._i4-i  +  •  •  •  +  ^ihJ 

und   sodann   mit  Benützung   des  Cauchy-Stolz'sclien  Grenz- 
werthsatzes : 

hm  ^ Ij"  Sy=  lim — r 

A=oo  2m;,       1  A=a,  2  (w^  ~  mx-i) 

(9)  =  J[. 

Bedeutet  jetzt  n   eine  ganz  beliebige  natürliche  Zahl,   so 
kann  man  allemal  setzen: 

2  mx^n<2mx-\.i. 

Alsdann  hat  man: 


und,  wegen: 


2»»A  H  2mA_|.i 

S"  Sy  <  S*"  5v  <  £»'  Sk 


1  <1<  1 


2mx+i        n   ="  2mi^ 
auch : 

^  2m;  „  ?mA4.i 

2mA4-i     I  w     1  2m),      i 

anders  geschrieben: 

,   I      2m^  „  /     1        ^'"^+1    \ 

^-(s ILj"  Sy]  <--S»'5v<— ^-(Ti S-Sr), 

mx^i    v2in;.    1       /      w     ,        —    m^      \2mx^i      i       J 
und  somit  schliesslich  mit  Benützung  von  Gl.  (8)  und  (9): 

(10)  lim  -'j:-Sy  =  Ä. 

n=oo  n       1 

Die  Reihe  ^  üy  besitzt  also  in  der  That  die  am  Schlüsse 
von  Nr.  1  bezeichneten  Eigenschaften.*) 


')  Auf  einem  weit  weniger  elementaren,  ja  sogar  in  seinen  Grund- 
lagen   äusserst    complicirten    Wege,    kann   man    —    worauf  mich    Herr 


Ä.  Pringsheini:  Divergenz  gewisser  Potenzreihen,  511 

Um  Reihen  dieser  Art  in  der  denkbar  einfachsten  Art 
wirklich  herzustellen,  wird  man  etwa  alle  diejenigen  dy,  welche 
in  dem  Reihen-Schema  (5)  jedesmal  eine  Zeile  bilden,  einander 
gleich  setzen  und  zwar: 

2Ä 

(11)  dy  = für:  Wa  +  1  "^^^^A+i, 

also: 


(12)    a2m;i-t-^ 


2Ä 

für:  1^/*^.*^^a+i-Wa 


2Ä 

=  —- — 3^  für:  (mx^i-mx)+l^/i^2{mx^i-mx). 

An  die  Stelle  der  Gleichung  (4)  tritt  dann  die  folgende, 
für  jedes  A  =  0, 1,  2, .  .  .  gültige: 

(13)  ^mx+\   +  ^m;i^2  +  •  •  •  4"  ^'»X+l  =  2  ^  . 

Die  so  definirte  Reihe  -2*«^  genügt  wiederum  der  Be- 
ziehung (10),  während  sie  andererseits  in  den  Grenzen  0 
und  Ä  oscillirt  und  auf  Grund  der  ersten  Bedingung  (3) 
lim  Uy  =  0  wird.     Dabei   wird   man   schliesslich    noch    die   nix 


v=oo 


am  einfachsten  etwa  in  der  Weise  fixiren,  dass  man  setzt 
m^-f  1  —  mx  =  {^-{-ly  oder  auch  mx  =  Ap+\  wo  p  eine  natür- 
liche Zahl  bedeutet. 

3.    Setzt  man  jetzt: 

00 

1 


L.  Fejer  aufmerksam  gemacht  hat  —  die  Existenz  derartiger  Reihen 
mit  Hülfe  eines  Satzes  nachweisen,  den  letzterer  in  den  Coraptes 
rendus  (10.  Dezember  1900)  mitgetheilt  hat.  Damach  genügt  die  Summe 
einer  Fourie r 'sehen  Reihe,  welche  eine  stetige  (oder  nur  mit  gewöhn- 
lichen Sprüngen  behaftete)  Function  darstellt,  durchweg  der  Bedingung 
(10).  Da  es  nun  nach  Du  Bois-Reymond  stetige  Functionen  mit 
divergenter  Fourier 'scher  Reihen-Entwicklung  giebt,  so  liefert  jede 
solche  Reihe,  wenn  man  der  Veränderlichen  den  Werth  einer  Divergenz- 
Stelle  beilegt,  ein  Beispiel  der  verlangten  Art.  (Vgl.  im  übrigen  die  Be- 
merkung am  Schlüsse  von  Nr.  3.) 

34* 


512         Sitzung  der  math.-phya.  Classe  vom  7.  Dezember  1901. 

wo  ütty  eine  Reihe   von    der   eben   construirten   Art    vorstellt, 

1    " 

so  hat  man,  wegen  lim  —  JJv  ^^  =  ^^  nach  einem  bekannten, 

n=oo  W      1 

von  Herrn  Frobenius  bewiesenen  Satze*)  zunächst: 

lim  $  (e)  =  Ä, 

wenn  q  eine  positive  reelle  Veränderliche  bedeutet.  Der 
betrefiPende  Satz  lässt  sich  aber,  wie  weiter  unten  (s.  Nr.  6) 
noch  gezeigt  werden  soll,  analog  wie  der  AbeTsche  Satz  über 
den  Grenzwerth  einer  für  x=l  noch  convergenten  ^(a;),*) 

1    " 
dahin  er  weitem,  dass  aus  lim  —  S''  Sy  =  Ä  allemal  geschlossen 

werden   kann: 

wenn  x  auf  einem  beliebigen  Strahle  (bezw.  einer  beliebigen 
den  Einheitskreis  nicht  tangirenden  Curve)  aus  dem  Innern 
des  Einheitskreises  der  Stelle  1  zustrebt.  Damit  wäre  dann 
aber  die  zu  Anfang  ausgesprochene  Behauptung  vollständig 
bewiesen,  d.  h.  es  gilt  der  Satz: 

Die  Bedingungen: 

00 

lim  S''  «V  ^^  =  -4,         lim  a^  =  0 

x=l    1  v=oo 

sind    für    die    Convergenz    von    2ay    zwar     noth- 
wendig,    aber   keineswegs   ausreichend. 

Man  bemerke  noch,  dass  bei  geeigneter  Auswahl  der  a, 
die  Reihe  Z\ay  —  «v-f i  |  convergent  ausfallt,  somit  -Za, x* 
noch  auf  dem  ganzen  Einheitskreise  mit  Ausnahme  der 
einzigen  Stelle  x  =  1  convergirt  und  zwar,  nach  Ausschluss 
eines  beliebig  kleinen,  die  Stelle  1  umgebenden  Bogens,  gleich- 
massig.  Definirt  man  nämlich  die  Uy  durch  die  Gleichungen 
(12),  so  wird  im  allgemeinen: 

(ly  (ly-\-l    =   0, 

»)  Journal  f.  Math.  Bd.  89  (1880),  p.  262. 
2)  Vgl.  Sitz.-Ber.  Bd.  27  (1897),  p.  347. 


nur: 


(14) 


A.  Pringsheim:  Divergenz  gewisser  Potenzreihen.  513 


f         1  1  \ 

9. 


mx+i  —  mx 


(wenn  man  noch  der  Einfachheit  halber  2-4  =  1  annimmt). 
Darnach  wird  aber  2*1«^  —  «v+i  |  allemal  convergent,  wenn 
die  mx  so  gewählt  werden,  dass  2!(mx-{.i  —  mx)"^  convergirt, 
also  z. B.  mA-4-i  —  m^  =  (A  +  ^Y  oder  auch  ntx  =  A'^^  "wo p>_2. 
Die  zur  Potenzreihe  üa^x''  gehörige  Randfunction  f{x) 
ist  dann  bis  in  beliebige  Nähe  der  Stelle  x  =  1  vollkommen 
stetig  und  für  x  =  \  selbst  noch  ,,nach  Innen**  stetig. 
Fraglich  bleibt  nur  noch  das  Verhalten  von  f  {x)  für  die  der 
Stelle  X  =  \  benachbarten  Randpunkte,  also  das  Verhalten 
von  f(e^*)  in  der  Nähe  von  '&  =  0,  Jedenfalls  erscheint  die 
Stetigkeit  auch  hier  keinesfalls  a  priori  ausgeschlossen. 
Gelänge  es,  dieselbe  an  irgend  einem  zweckmässig  gewählten 
Beispiele  der  vorliegenden  Art  wirklich  festzustellen,  so  wäre 
damit  eine  Frage  in  verneinendem  Sinne  entschieden,  die  ich 
in  der  zu  Anfang  citirten  Arbeit  noch  als  eine  offene  be- 
zeichnet habe:^)  nämlich,  ob  die  vollkommene  Stetigkeit  der 
Randfunction  stets  auch  die  durchgängige  Convergenz 
von  ^{e^*)  nach  sich  ziehen  müsse.  Durch  die  blosse  Existenz 
von  stetigen  Functionen  y^  {&)  mit  divergenter  Fourier'- 
scher  Reihenentwickelung  wird,  wie  a.  a.  0.  des  näheren  aus- 
geführt ist,  die  Möglichkeit  jener  Annahme  noch  keineswegs 
beseitigt. 

4.  Um  den  Frobenius'schen  Satz  in  der  angedeuteten 
Weise  zu  verallgemeinern  schicke  ich  zunächst  den  folgenden 
Hülfssatz  voraus:*) 


*)  a.  a.  0.  p.  98. 

'^)  Dieser  Hülfssatz  ist  auch  geeignet,  die  etwas  weniger  einfache, 
einen  analogen  Zweck  verfolgende  Betrachtung  zu  ersetzen,  welche  ich 
beim  Beweise  des  verallgemeinerten  Abel'schen  Satzes  (a.  a.  0.  p.  348) 
benützt  habe. 


514         Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  vom  7,  Dezeniber  1901. 


Zieht  man  vom  Punkte  1  aus  zwei  zur  reellen 
Axe  symmetrische,  dem  Einheitskreise  angehörige 
Sehnen,  deren  Länge  =  a  sein  möge,  und  be- 
schreibt  um    den    Punkt  \   einen   Kreis    mit  dem 

Radius  ^,  bezeichnet 
sodann  mit  (X)  den- 
jenigen zusammenhän- 
genden Bereich,  wel- 
cher von  diesem  Kreise 
und  den  beiden  Sehnen 
begrenzt  wird,  so  hat 
man: 

(15)   ^i \i:r\-  <  r  = 


\  —  \x 


a 


für  alle  von  1  verschiedenen  Stellen  x  im  Innern 
und  auf  der  Begrenzung  von  (X). 

Beweis.  Man  bemerke  zunächst,  dass  der  mit  dem  Ra- 
dius ^  um  den  Punkt  ^  beschriebene  Kreis  alle  vom  Punkte  1 
aus  gezogene  Sehne  halbirt.  Wird  sodann  x  für's  erste  auf 
einer  der  begrenzenden  Sehnen  von  der  Länge  a  angenom- 
men, so  hat  man: 

w  =  >-(t)'+(t-|i-«,)' 

=  1  — a.|l— a;|  +  11- 


X 


also: 


1 


x^  = 


> 


1 
1 


X 


X 


(a  —  11  —  x\) 


a 
'2 


a 


(wobei  das  Gleichheitszeichen  nur  für  den  einen  Fall  1 1  — a;|  =  — 

gilt,   d.  h.    wenn  x  im  Mittelpunkte  der  betreflfenden  Sehne 
liegt).     Daraus  folgt  weiter: 


1  — X 
T—x 


< 


a 


l+x\  <  — 


Ä,  Pringsheim:  Divergenz  gewisser  Potenzreihen.  515 

Liegt  jetzt  x  auf  einer  anderen  vom  Punkte  1  aus  ge- 
zogenen Sehne  mit  der  Länge  a\  wobei  dann  allemal  a  >  a, 
so  hat  man  auf  Grund  des  eben  gewonnenen  Resultates: 

II x\        4:  .       .         4 

<  — ,  also  a  fortiori  <— , 


1  —  \x\      a'  a 

womit  der  ausgesprochene  Hülfssatz  bewiesen  ist. 

5.   Unter  dem  Grenzübergange   lim  soll  im  folgenden  ein 

für  allemal  verstanden  werden,  dass  x  auf  einer  beliebigen, 
dem  Bereiche  (X)  angehörigen  Curve  der  Stelle  1  zustrebt  und 
somit  der  Ungleichung  (15)  genügt. 

Alsdann  gilt  zunächst  der  folgende  Satz:^) 
Ist: 

\  Sn 

(16*)  Sn  =  2j''  öy   und   lim  —=:  A 

(wo  A  eine  bestimmte  Zahl  incl.  Null),  so  hat  man: 

00 

(16^)  lim(l  —x)'l^^ayX^  =  A. 

x=l  1 

00 

Beweis.    Setzt  man  S*'  (^v  x"  =  ?(^)i  so  ergiebt  sich  durch 

1 

Anwendung  einer  bekannten  Transformation:*) 

00 

^  (x)  =  (1  —  a;)  •  L»'  Sy  x" 

I 


=    {1    —   X)    '    \j^^    Sy    X"    +    ^     Sy   XA 

l      1  «+1  i 


und  daher: 

(17)        I  ^  (a;)  I  <  !  1  —  a;  I .  j  S- 1  5, 1  +  f;  I  s.  1 . 1  ^  |4. 


*)  Verallgemeinerung  des  Hülfssatzes  II  auf  p.  49  der  Sitz.-Ber., 
Bd.  30  (1900). 

2)  Vgl.  a.  a.  0.  p.  47.  Dass  die  Voraussetzung  (16  a)  allemal  die 
Convergenz  von  ^  (x)  für  |  a;  |  <  1  nach  sich  zieht,  ist  leicht  zu  er- 
sehen.    Vgl.  im  übrigen  auch  Nr.  7. 


516         Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  7.  Dezember  1901. 

Wegen  lim  —  •  |  5n  |  =  |  -4  |  hat  jede  Zahlenfolge  —^  für 

v  =  (m  -{-  1),  (m  +  2),  .  .  .  in  inf.  eine  endliche  obere 
Grenze,  welche  mit  a«  bezeichnet  werden  möge.  Damach 
ergibt  sich  weiter: 

I  ^  (a:)  I  <  I  1  —  :k  1  {  a^  •  £  V  +  ^»1  •  £  >'  •  I  ^  1"  r 

<  I  1  -  a:  I  .  j  I  a^-  n  (w  +  1)  f  a^  .  ^^_^^     * 

und  somit: 
|(l-^)-?(^)|<iao.n(n+l)-il-^l*+o.-(Ll£L^'J 

<i^o-w(^+l)-|l-^l*  +  r^-^H(nachUngL(15)). 
Es  werde  nun  zunächst  angenommen,  dass  -4  =  0.     Als- 
dann  kann   a„  durch  passende  Wahl  von  n  beliebig  klein, 
etwa :  ^ 

gemacht  werden,  wenn  e  eine  positive  Zahl  von  vorgeschriebener 
Kleinheit  bedeutet.  Wird  jetzt  noch  x  derartig  eingeschränkt, 
dass:  

\'OQ'n{n-]r\)'\\—x\^<^     (also:  |1— a:|<|/  -^ 


IS 

so  hat  man: 

also  schliesslich: 

(18)    lim(l-a;)-^(:r)  =  0     d.  h.  lim  (1 -^) -f;' a,a?''  =  0. 

x=l  x=l  1 

Bedeutet  jetzt -4  eine  beliebige  von  Null  verschiedene 

Zahl,  so  kann  die  Beziehung 

Sh  .       1    ** 

lim  — ^  =  Ä     d.  h.    Um  —  £"  Uy  ^=  A 

n=:Qo    W  n=ao  W     i 

zunächst  folgendermaassen  geschrieben  werden: 

1       ** 

lim ü*'  («V  —  J.)  =  0. 

W=oo  w        1 


Ä.  Pringsheim:  Divergenz  gewisser  Potenzreihen,  517 

Alsdann  ergiebt  sich  aber  auf  Grund  des  eben  gewonnenen 
Resultates  (Gl.  (18)): 

00 

lim  (1  —  x)  '  S"  (ö^v  —  J.)  •  a;''  =  0, 

x=l  1 

anders  geschrieben: 

{•  X     ] 

S»"  ayX''  —  A  fZT^  i  =  0 

also  schliesslich,  wie  behauptet: 


00 


lim  (1  —  x)  '  S*"  «v  x"  =  A, 

x=l  I 

6.  Da  nach  dem  Cauchy 'sehen  Grenz werth -Satze  die  Be- 
ziehung lim  — ^  =  Ä  sicher  erfüllt  ist,    wenn   lima„  =  Ä,    so 

M=ao    ^  n=oo 

folgt  noch,  dass  auch  diese  letztere  Bedingung  für  die  Existenz 

der  Relation  (16**)  hinreichend  ist. 

Ersetzt   man    ferner   in   dem   zuvor   gewonnenen  Satze  a^ 

durch  5v,  so  ergiebt  sich: 

Ist: 

1    •• 
(19^)  lim— Sv5^=^^ 

«=00  n    I 
so  hat  man: 

00  00 

(19^)    lim  {l— x)  '  ^^  SyX'' =  Ä,     also:    lim^^  ayX"  =  Äy 

x=l  1  «=1     1 

d.  h.  man  erhält  die  oben  angekündigte  Verallgemeinerung  des 
Frobeni  US 'sehen  Satzes. 

Da  wiederum  die  Bedingung  (19*)  sicher  erfüllt  ist,  wenn 
lim  5„  =  Ä,    so  resultirt   noch   als   specieller   Fall    der   verall- 

n=ao 

gemeinerte  Abel'sche  Satz. 

7.  Der   Satz    von   Nr.  5   gestattet   unmittelbar   noch   die 
folgende  Verallgemeinerung :  ^) 

*)  Zugleich  Verallgemeinerung  des  a.  a.  0.  p.  49,  Fussnote,  ange- 
führten Satzes.  (NB.  Daselbst  steht  in  Folge  eines  Druckfehlers 

00  00 

lim  {l  —  Q?~P'^va^Q^  statt:  lim  {l- gf -J^v  %Q''h 


518  Sitzung  der  m(Uh.-phys.  Glosse  vom  7.  Dezember  1901. 

Ist: 
(20«)  lim  ^  Sv  a,  =  lim  ^  =  ^     (p>OV) 

SO  ist  ^a^xf^  convergent  für  |ic|  <  1  und  man  hat: 
(20»>)  lim  (1  —x)P  .  S"  ay  x'  =  r{p  +  1)  •  ^. 

Beweis:    Aus  (20°)  folgt,   dass  auch:   lim -^^  =  ^4   und 
somit : 

lim  —  :^=  lim  =  0. 

•,=00    WP  „=00  WP 

Da  sodann  für  ^  <  1 :  lim  wp  •  ^♦^  =  0,  so  ergiebt  sich  durch 


n=ao 


Multiplication  mit  der  vorhergehenden  Gleichung: 

lim  an  Q^  =  0, 


«t=oo 


sodass  S dv ^*'  sicher  für  | a: |  <  ^,  also  schliesslich  für  \x\<\ 
convergirt. 

Man  hat  dann  wiederum,  wie  in  Nr.  5  (s.  Ungl.  (17)): 

l"^  (x)\  <  \  1  —  X  \ '  Ij^y  \  Sy  \  +  ^^  \  Sy  \  -\  X  4. 

l    1  n+1  J 

Aus  der  Voraussetzung: 

lim^  =  ^ 

n=oo  nP 

folgt  mit  Berücksichtigung  der  bekannten  Beziehung: 


^)  Die  zum  Beweise  dienlichen  Schlüsse  bleiben  auch  noch  gültig 
für:  0^p>  — 1.  Die  Reihe  Sayxy  ist  alsdann  für  die  Stelle  x  =  I 
nicht  mehr  divergent,  sondern  convergent  und  zwar  mit  der 
Summe  lim  5n  =  0,   wenn  l><0.     Die   Gleichung  (20*>)  macht  also  in 

n=oo 

diesem  Falle  eine  bestimmte  Aussage  über  die  Art  des  Nullwerdens 

00 

von  lim^j^'^v^*-    Für  den  Fall   ^  =  0  resultirt  wiederum  der  A bei- 
des i   i 

00 

sehe  Satz:   lim  ^v  a^x^  =  lim  s». 


(21) 


( 


A,  Pnngsheim:  Dioergenz  gewisser  Potenzreihen,  519 

lim  (^±^ L_ 

(j,+  l)(p  +  2)...ip  +  n) 


wo:  (p  +  »)„  = 


1 -2  ...  » 


n  +  1)       \ 
■r(n+l)) 


dass:  ^(i'+l) 

I  5   I 

Jede  Zahlenfolge   ,      ,     n    für  v  =  (m  +  1)»  (^  +  2),  .  .  . 

KP  +  »'Jv 

in  inf,  hat  also  eine  endliche  obere  Grenze,  welche  mit  a„» 
bezeichnet  werden  möge.  Damach  ergiebt  sich  aus  der  obigen 
Ungleichung  die  folgende: 

\^(X)\<\1  ^  X\  ^\  O.'h  (j)  +  V\  +  On'h  (P  +  V)r  '  \x\^  \ 

[       l  fl+1  J 

<jl— :r|.|ao-(i?4-w  +  1)«  +  a„  •  (^  _  |a;|)H-i| 
wegen : 

(23)  IKp  +  v).  =  (/>+«+!)»») 

0 


00 


(24)  S(i>  +  »'),-|«i'  =  (1-1*1)-^+". 

0 

und,    wenn   man  die   letzte   Ungleichung    noch    mit    1 1  —  x'f 
multiplicirt: 

\(l-xy-^(z)\<\l-x\P^^-o,-(p+n-}- 1)^  +  0 J^^^^Y^' 

(25)  ^^    1"^!^ 

<^\l—x\'^^'0„-{p-\-n-\-l)n-\-y'^^-an  (nach 

_____  Ungl.  (15)). 

*)  Man  hat  zunächst:  Po  +  (P  +  Di  =  1  +  (P  +  1) 

=  (p  +  2)i. 
n— 1 

Angenommen  man  habe:    Jj  (P  +  *')v  ~  (i^  "H  'On— i » 

0 

N 

80  folgt  unmittelbar:    ^v  {p  +  v)^  =  (p  +  w)m-i  +  (P  +  *»)„ 

0 

=  (P  +  w  +  1)h. 


520  Sitzung  der  math,-phy8.  Glosse  vom  7.  Dezember  1901. 

Es  werde  nun  zunächst  wiederum  Ä  =  0  angenommen. 
Man  kann  dann  n  derart  fixiren,  dass: 

darauf  x  nahe  genug  an  1  annehmen,  dass  auch: 

|l_^|P-fi.a,.(i?-Hw+l).<-2. 

Alsdann  wird: 

\{l—x)P'^(x)\<e, 

und  daher  schliesslich: 

(26)  lim  (1  —  xy  •  S»'  Uy  X''  =  0. 

11=00  1 

Bedeutet  jetzt  Ä  eine  von  Null  verschiedene  Zahl,  so 
kann  die  Voraussetzung  (20*)  zunächst  durch  die  Beziehung 
(22)  ersetzt  werden.  Man  hat  nun  aber  nach  Gl.  (23),  wenn 
man  darin  p  durch  p  —  1  ersetzt : 

n 

S»'  (p  +  V  —  1)^  =  (^  +  W)n 
0 

für  jedes  positive  ganzzahlige  w,  also  auch: 

(27)  lim  7-^  .  S^  (l>  +  v  -  1).  =  1. 

n=oo  (P  +  n)n         0 

Fügt  man  diesen  letzteren  Grenzwerth  der  rechten  Seite 
von  Gl.  (22)  als  Factor  hinzu,  so  lässt  sich  dieselbe  folgender- 
maassen  schreiben: 


lim 


••=00  (P  +  n)n 


l  0  ] 


n 


oder  auch,  wenn  man  s^  durch  S*'  civ  ersetzt  (wo :  a^  =  0),  mit 

0 

Berücksichtigung  von  Gl.  (21): 


Ä.  Pringsheim:  Divergenz  gewisser  Potenzreihen.  521 

(28)  lim^  ■i:Aa,  -  r(p  +  l)  .  A-(j>  +  V  -  \)A  =  0. 

Die  Anwendung   des   in   61.  (23)    enthaltenen   Resultates 
giebt  alsdann: 

lim  (l-xy  .  S-  j  a,  —  r(p  +  l).A'(j>  +  v—l)y  [  •  a;-  =  0, 

x=l  0       l  j 

anders  geschrieben: 

lim  (l-x)P  '  I  S-  a,x-  —  r(p'\-l)'Ä (l  —  x)-P  \  =  0, 
«=i  I  1  ) 

also  schliesslich,  wie  behauptet: 

(29)  lim  (1  —  x)P  .  f:-  ar  x-  =  r{p  +  l)'  Ä.') 

ff=i  1 

8.    Nach    dem  Cauchy-Stolz 'sehen  Grenz werth-Satze 
hat  man:*) 


5|,         , .  An 


lim  —  =  lim         ,       , . 

n=a,nP        ,i=ooWP-(«-l)P 


1    ,.      a 

=  —  •  lim 


n 


P     n=wn^ 


— 1 


wegen:  nP-(w-l)P  =  wp(l- f  1 j    j 


=  2?  •  nP"^ 
falls  der  rechts  stehende  Grenzwerth  existirt.     Ist  nun: 

SO  wird  also: 


^)  Der  Satz  findet  sich  auch  in  einer  jüngst  erschienenen  Arbeit 
des  Herrn  E.  Lasker  (^lieber  Reihen  auf  der  Convergenz- 
grenze.*  Lond.  Philos.  Transactions,  Vol.  196  [1901],  p.  438)  als  Fol- 
gerung aus  einem  allgemeinerem  Grenzwerth-Satze.  Der  Beweis  enthält 
indessen  einen  auf  verkehrter  Anwendung  einer  Ungleichung  beruhen- 
den Trugschluss  (a.  a.  0.  p.  437). 

2)  Hier  ist  die  Bedingung  p  >  0  durchaus  wesentlich. 


522         Sitzung  der  mathrphys.  Glosse  vom  7.  Dezember  1901, 

und  die  Gleichung  (29)  liefert  somit,  wenn  man  noch  berück- 
sichtigt, dass: 

r{p->r\)=p-r[jp) 

den  folgenden,    für    reelle   positive  x   und   A'   von   Herni 
Appell  bewiesenen')  Satz: 

Ist: 
(30»)  lim-^  =  ^'(i,>0), 

n=oo  '•^ 

SO  hat  man: 
(30^)  lim  (1  —  xy  .  S-  a,  x-  =  r(jp)'  Ä\ 

x=l  1 

9.  Dem  Satze  in  Nr.  7  lässt  sich  der  folgende  an  die  Seite 
stellen : 

Ist: 

(31^)  lim  -^  =  ^, 

n=Qo  lg  n 

so  hat  man: 
(3P)  lim  flgT-^V-  S-  ay  x^  =  A. 

«=1  \      A  — Xj         1 

Beweis.     Aus    Ungl.  (17)    folgt,    wenn    man    die    obere 


s 
Grenze  von  —^  für  v  =  (m  -f"  1 )?   {m  -\-2) ,  . ,  in  inf,  mit  o, 

bezeichnet: 

I  ^  (a:)  I  <  I  1  —  ä:  I  {  S»"  I  5v  I  +  a^  •  S>'  lg  v  •  I  a;  >  >. 

l    1  n^\  ) 


^)  Comptes  rendus,  T.  87  (1878),  p.  690.  Auch:  Picard,  Traite 
d' Analyse,  T.  I  (1891),  p.  210,  jedoch  mit  der  Beschränkung  i>  >  1.  - 
Für  complexe  x  findet  sich  der  Satz  als  Folgerung  aus  einem  allgemeineren 
Satze  bei  Herrn  Hadamard:  Journ.  de  Math.  (4),  T.  8  (1892),  p.  176 
(NB.  Auf  der  rechten  Seite  derjenigen  Relation,  welche  der  Gl.  (30 4 
entspricht,  steht  dort  fälschlich  A  statt:  r{(o)'A^  was  wohl  lediglich 
auf  einem  Schreibfehler  beruhen  dürfte.) 


Ä,  Pringsheim:  Vitergenz  gewisser  Potenzreihen, 


523 


Da  sodann: 


00 


CO 


w+l  1 


X 


=  y  •  S»"  (lg  (»^  +  1)  —  lg  v)  •  I  a; 
1 

00        2  J 

<  y  .  2"  —  •  I  a:  I*'  =  y  •  lg 

1       V 


l—  X 


so  folgt: 

I  <ß  (a;)  I  <  I  1  -  a;  I  .  £v  I  s^  I  +  o^  .  y  ^Ig  ^_^  .^  ig  ^  j , 

1 


also,  wenn  man  noch  mit 


lg 


l-x 


multiplicirt  und  beachtet, 


d&ss    lg 


1 


\-x 


>lg 


1 


i-xr 


(lgy4^)"'-^(.) 


<  I  1  —  a;  I  •  lg 


1 


I  -X 


-1      n 


+  On-yU  +  lgy  Igfz:^      ]• 


Daraus  folgt  dann  zunächst  wieder  im  Falle  -4  =  0  (also : 
lim  On  =  0),  dass: 


M=«0 


(32) 


!;^,0«T^r?^«'^='- 


Ist  nun  andererseits  A  von  0  verschieden,  so  lässt  sich  mit 
Berücksichtigung  der  bekannten  Relation: 


n 


1       '^     1 

lim  ; Xj*'  —  =  1 


nrroo 


lg  W    1       V 

die  Voraussetzung  (31*)  auf  die  Form  bringen: 


lim (sn  —  ^  •  L»'-)  =0, 

«  =  00  lg  w  V  1      ^  / 


524  Sitzung  der  math.-phys,  Clasae  vom  7.  Dezember  1901. 

anders  geschrieben: 

lim  -, S**  ( «v  —  A-  —]  =0. 

♦,=00  lg  w       1      \  V  J 

Die   Anwendung   des   in   61.  (32)    enthaltenen    Resultates 
giebt  dann  zunächst: 

»1                      1 
also,  wegen:  S»'  —  •  a:*'  =  lg  ^ ,  schliesslich,  wie  behauptet: 

lim  f  Iff :; I     •  S»'  a^  a:''  =  -4. 

10.   Da  wiederum  nach  dem  Cauchy-Stolz'schen  Grenz- 
werth-Satze : 

^M  -■ .  O/n 


lim  ,-- ^  =  lim  ,  ,    .         -. 

«=00  lg  n      n=oo  lg  w  —  lg  (n  —  1) 

=  lim  n  an  , 


•1=00 


falls  dieser  letztere  Grenz werth  existirt,  so  erweist  sich  auch 

die  Bedingung 

/33\  lim  n  •  «n  =  -4 

^  ^  11  =  00 

als  hinreichend  für  die  Existenz  der  Beziehung  (31**).^) 

Einen  allgemeineren  Satz,  welcher  die  in  Nr.  5 — 10  ange- 
gebenen Sätze  als  specielle  Fälle  enthält,  werde  ich  in  einem 
demnächst  in  den  Acta  mathematica  erscheinenden  Aufsatze 
mittheilen. 


*)  Für  reelle  positive  .r  und -4  wiederum  bei  Appell,  Comptos 
rendus,  a.  a.  0. 


Berichtigung  zu  A.  Korn,  Allgemeine  Lösung  des  Problems  der 
magnetischen  Induktion  S.  435,  ist  Zeile  6  von  oben  vor  ,Gesammt- 
potential  einzuschalten:  „inducierte*. 


Namen  -  Register. 


525 


V.  Baeyer  Adolf  63.  365. 

Cranz  C.    209. 

V.  Dyck  Walther    203. 

Bbert  Hermann  35.  365. 
Egger  Joseph  Georg  34. 
Emden  Robert    339. 

Finsterwalder  Sebastian    365. 

Gruber  Kaspar   34. 
Günther  Siegmund    15.  211. 

Hartig  Robert    1. 

Hering  Ewald  (Wahl)  423. 

Koch  K.  R.    209. 
Korn  Arthur    425.  435. 
V.  Kupffer  Carl   63. 

V.  Linde  Carl  (Wahl)    423. 
Lindemann   Ferdinand    185.  441. 
495. 


Neumayer  Georg    183. 

Pringsheim  Alfred    505. 

Ranke  Johannes   497. 
Recknagel  Georg   79.  96. 
Rothpletz  August    127. 
Rückert  Johannes  65.  (Wahl)  423. 

Schwarzschild  Karl    293. 
Seeliger  Hugo    265. 
Selenka  Emil    3. 

Thiele  Johannes  (Wahl)    423. 

V.  Voit  Carl    423. 
Voss  Aurel    53.  167. 

V.  Weber  Eduard  367. 
Weinschenk  Ernst  34. 
Wolf  M.    111. 

V.  Zittel  Carl  Alfred    73.  409. 


1901.  Sitziingsb.  d.  niath.-phys.  Cl. 


35 


526 


Sach- Register. 


Abkühlung  geschlossener  Lufträume    79. 

Aethylhydroperoxyd    63. 

Akustisch-geographische  Probleme    15.  211. 

Ansprache  des  Präsidenten  in  der  öffentlichen  Sitzung    73.  409. 

Belegung,  elektrische   425. 

Bergbau  auf  Schwefel-  und  Magnetkies  am  Silberberg    34. 

Druckschriften,  eingelaufene    1* — 24*,  25*— 52*. 

Erwärmung  geschlossener  Lufträume    96. 

Fermat'scher  Satz    185. 

Fussscelett,  menschliches,  seine  Ossifikation    65. 

Gehirnnerv,  bis  jetzt  unbekannter   63. 
Gewehrlauf,  Vibration  desselben    209. 
Gleichung  a:**  =  y**  +  z*^   495. 
Grundgesetz,  energetisches  der  Mechanik    53. 

Jacobi  C.  G.  J.,  vorgefundene  Rede    203. 
Induktion,  magnetische    435. 
Jodquellen  bei  Tölz    127. 

Kieslagerstätten  im  Silberberg  bei  Bodenmais    34. 
Kreis  Verwandtschaften,  Theorie  derselben  in  der  Ebene    367. 
Kugeloberfläche,    Zusammensetzung    derselben    aus    geodätischen 
Streifen    365. 

Licht,  Druck  desselben  auf  kleine  Kugeln    293. 
Luftelektricität  in  grösseren  Höhen    85. 

Mechanik,  Prinzipien  derselben    167. 

Nebelflecken,  ihre  Entdeckung  und  Katalogisirung    111. 


Sach'Begister.  527 

Ostracoden  aus  Meeresgi'undproben    34. 

Fettenkofer,  Gedächtnissrede   423. 

Placentaranlage  des  Lutung  (semnopithecus  pruinosus)    3. 

Potenzreihen,  Divergenz  derselben  an  der  Convergenzgrenze    505. 

Sauerstoff,  basische  Eigenschaften  desselben  365. 
Schwerkraft,  deren  Wirkung  auf  den  Bau  des  Fichtenholzes    1. 
Sekundenpendel,     Bestimmungen    seiner    Länge    auf   absolutem 

Wege    183. 
Sonnentheorie   339. 
Spektra  der  Sterne    365. 
Staubmassen,  kosmische    265. 

Wahlen    423. 

Zodiakallicht    265. 

Zwischenkiefer,  doppelte,  des  Menschen    497. 


I. 


TerzeiehniB  der  etngrelftureneB  Drackscfariften 

Jaonar  bis  Jodi  1901. 


NAtis  fHr  dM  BiehWnttor. 

Du  fol[{cnii«  Vnrxiiiclinit  int  «ifton*  |taf{tni»t 
(l*— 'i**)  uuJ  luit  lief  tWMl*n  ftülftc  am  Sililtit» 
de«  .liihm>Ban(lis  ui  verwuigMi. 


A'.  kroat.-shumi.-dalmiUin 
yjestnik.   Bd.  9,  Heft  1,  2.    1901.   4°. 

Nem-York  Statt  Library  in  Älbany: 
New- York  SUte  Library,    ai"»  annual  Report  for  1698.    1899.   8", 

Unieergity  of  Ike  State  of  Nen-Yorlt  in  Atbany: 
New-York  State  Museum.   49tii  Report  part  3.   4".    BO"-  Report  part  2.   4». 

Bl'i'  Report  part  1,  2.   B",    1898-99. 
Second  annu^kl  Heport  of  the  College  Department.    Toi.  I.    1900.   S". 
ÖuUetinof  the  New-York  State  MuHeum.    Vol.  IV.  No.  19.    1898;   Vol.  V, 
No.  20-24.    1898;    Vol.  VI,   No.  26 -31.    1899:  Vol.  Vl(,  No.  32. 
1900.    8». 


1* 


Terzeichnis  der  eingelaufenen  Drucksehriften 

Janaar  bis  Jani  1901. 


Die  yerehrlichen  Gesellschaften  and  Institute,  mit  weleben  ansere  Akademie  In 
Taaschyerkehr  steht,  werden  gebeten,  naehstehendes  Verzeichnis  zugleich  als  Empfangs- 
bestätlgnng  zn  betrachten. 


Von  folgenden  Gesellsohaften  nnd  Instituten: 

Geschichtsverein  in  ÄacT^n: 
ZeiUchrift.   Bd.  XXII.   1900.   8<'. 

Historische  Gesellschaft  des  Kantons  Aargau  in  Aarau: 
Taschenbuch  fQr  das  Jahr  1900.   8^. 

University  of  Aherdeen: 
Sindies.  No.  I— III.    1900.   40. 

Boyäl  Society  of  South-Ausiralia  in  Adelaide: 
Transactions.  Vol.  24,  pari  2.   1900.   8*. 

Observatory  in  Adelaide: 
Meteorological  Observations  daring  ihe  jear  1897.   1900.   fol. 

Sildslaoische  Akademie  der  Wissenschaften  in  Agram: 

Bad.  Bd.  143,  144.    1900.   80. 

Zbomik  za  narodni  2ivot.   Bd.  V,  2.    1900.   80. 

Natko  Nodilo,  Historija  srcdnjega  yijeka.    1900.  8^ 

K,  kroat.'Slavon^-dalmatinisches  Landesarchiv  in  Agram: 
Vjestnik.   Bd.  3,  Heft  1,  2.    1901.   4» 

New- York  State  Library  in  Albany: 
New- York  SUte  Library.    81*»»  annual  Report  for  1898.    1899.   8<>. 

University  of  the  State  of  New- York  in  Alhany: 

New- York  State  Museum.    49*»»  Report  part  3.   4®.    60*^  Report  part  2.    4^. 

51«»  Report  part  1,  2.    8».    1898-99. 
Second  annual  Report  of  the  Collegfe  Department.    Vol.  I.    1900.   8®. 
Bulletin  of  the  New- York  State  Museum.    Vol.  IV,  No.  19.    1898;   Vol.  V, 

No.  20-24.    1898;    Vol.  VI,   No.  26-31.    1899;   Vol.  VII,   No.  32. 

1900.    8°. 

1 


2*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften, 

Naturforschende  Gesellschaft  des  Osterlandes  in  Altenburg: 
Mitteilungen  aus  dem  Osterlande.   N.  F.   Bd.  9.    1900.   8^. 

Historischer  Verein  in  Ansbach: 
47.  u.  48.  Jahresbericht.    1900/01.    4». 

Paedologisches  Laboratorium  der  Stadt  Antwerpen: 
Paedologisch  Jaarboek.    II.  Jahrg.    1901.    8®. 

Redaktion  der  Zeitschrift  „Athena": 
Athenä.   Tom.  12,  fasc.  4.    1900;   Tom.  13,  fasc.  1—3.    1901.    8«. 

Johns  Hopkins  üniversity  in  Baltimore: 

Ophiura  brevispina  by  Gas  well  Grave.    1900.    49. 

Circulars.    Vol.  20,  No.  144—161.    1900—01.   4». 

American  Journal  of  Mathematics.    Vol.  XXII,   No.  2  —  4;   Vol.  XXIII, 

No.  1.    1900 Ol.    4®. 

The  American  Journal  of  Philology.    Vol.  XXI,  No.  1^4.    1900.    S9. 
American  Chemical  Journal.   Vol.  23,  No.  5,  6;  Vol.  24,  No.  1—6;  Vol.  25, 

No.  1—3.    1900—01.   8«. 
Johns  Hopkins  üniversity  Studies.  Ser.  XVIII,  No.  6 — 12;  Ser.  IX,  No.  1-8. 

I^QQ Ol.     8^. 

Bulletin  ofthe  Johns  Hopkins  Hospital.  Vol.  XI,  No.  109;  Vol.  XII,  No.  120. 

1901—01.   AP. 
The  Johns  Hopkins  Hospital  Reports.   Vol.  VIII,  No.  3—9.    1900.   49. 

Maryland  Geologicdl  Survey  in  Baltimore: 
Allegany  County  mit  Atlas.    1900.    4^  u.  fol. 

Historischer  Verein  in  Bamberg: 

60.  Bericht  für  das  Jahr  1899.    80. 

H.  Weber,  Die  Privilegien  des  alten  Bistums  Bamberg.    1900.    8®. 

Naturforschende  Gesellschaft  in  Basel: 
Verhandlungen.   Bd.  XIII,  Heft  1.    1901.   8». 
Gesammelte  kleine  Schriften  von  L.  Rütimeyer.    2  Bde.    1898.    8^. 

Bataviaasch  Genootschap  van  Künsten  en  Wetenschappen  in  Batavia: 

Tijdschrift.    Deel  43,  afl.  1,  2.    1900;   afl.  3—6.    1901.    8». 
Notulen.    Deel  38,  afl.  2,  3.    1900.   8». 

Nederlandsch-Indisch-Plakaatboek  1602-1811.    Deel  XVII.    1903.    8®. 
Dagh-Register  gehonden  int  Casteel  Batavia.   Anno  1637.   s'Gravenbage 
1899.    4^ 

Observatory  in  Batavia: 

Observations.   Vol.  XXII.    1899.   Part  1.    1900.   fol. 
Regen waamemingen.   XXI.  Jaarg.  1899.    1900.   gr.  8^. 

Historischer  Verein  in  Bayreuth: 
Archiv.    Bd.  XXI,  2.    1900.    S^. 

K.  Serbische  Akademie  in  Belgrad: 

Zur  Erinnerung  an  Dimitrije  Stamenkovic,  in  serb.  Sprache.    1901.   8^. 
Glas.   LIX,  LXI.    1900.   S^. 

Spomenik.    No.  XXXV  u.  XXXVIII.    1900—01.   fol. 
Godischniak.    XIII.    1899.    1900.   8». 
Geologija  Srbnie.    Teil  2  mit  Atlas.    1900.    4». 

Katalog  der  Handschriften  und  alten  Drucke  der  k.  serb.  Akademie  der 
Wissenschaften  von  L.  Stojanovic,  in  serb.  Sprache.    1901.    8^. 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften,  3* 

Museum  in  Bergen  (Norwegen): 

Aarsberetning  for  1900.    1901.    8®. 

Meeresfauna  von  Bergen.   Redig.  v.  A.  Appellöf.   Heft  1.    1901.   8^. 

Aarbog  fOr  1900.    1901.    8®. 

üniversity  of  California  in  Berkeley: 
Schriften  aus  dem  Jahre  1900. 

K.  preuss.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Berlin: 

Abhandlungen  aus  dem  Jahre  1899—1900.    1900.    4^. 
Sitzungsberichte  1900,  No.  XXXIX— LIII;    1901,  No.  I-XXXIl.    4». 
Politische  Korrespondenz  Friedrich's  des  Grossen.    Bd.  26.    1900.    8®. 

K.  geolog.  Landesanstalt  und  Bergakademie  in  Berlin: 

Jahrbuch  für  das  Jahr  1899.    Bd.  XX.    1900.    gr.  8«. 
Abhandlungen.    N.  F.   Heft  80.    1900.   gr.  8^. 

Zentrcdhureau  der  internationalen  Erdmessung  in  Berlin: 
Veröffentlichungen.    N.  F.    No.  3.    1901.    4». 

Deutsche  chemische  Gesellschaft  in  Berlin: 
Berichte.   88.  Jahrg.,  No.  20;  34.  Jahrg.,  No.  1—9.    1900.    1901.    8«. 

Deutsche  geologische  Gesellschaft  in  Berlin: 
Zeitschrift.   Bd.  62,  Heft  4.    1900.   8». 

Medizinische  Gesellschaft  in  Berlin: 
Verhandlungen.   Bd.  XXXI.    1901.   8». 

Deutsche  physikalische  Gesellschaft  in  Berlin: 

Die  Fortschritte   der  Physik  im  Jahre  1899.    55  Jahrg.,   Abtlg.  1  —  8. 

Braunschweig  1900.   S^. 
Verhandlungen.    Jahrg.  3,  No.  1—7.    Leipzig  1901.    8^. 

Physiologische  Gesellschaft  in  Berlin: 

Zentralblatt  für  Physiologie.    1900.    Bd.  XIV,  No.  21— 26;   1901.    Bd.  XV, 

No.  1—6.    1901.   8». 
Verhandlungen.    Jahrg.  1900/01,  No.  3-5.    Leipzig  1901.   8<>. 

K.  technische  Hochschule  in  Berlin: 

Die  Hundertjahrfeier  der  k.  techn.  Hochschule  Berlin.    1900.    fol. 
Berlin,  die  Stadt  der  Hohenzollern.    Rede  bei  der  Feier  des  200jährigen 
Jubil&ums  des  Königreiches  Preussen.    1901.    4^. 

Kaiserlich  deutsches  archäologisches  Institut  in  Berlin: 
Jahrbuch.   Bd.  XV,  Heft  4;  Bd.  XVI,  Heft  1.    1901.    4». 

K.  preuss.  geodätisches  Institut  in  Berlin: 

Veröffentlichung.   N.  F.    No.  6.    1901.   4P. 

K.  preuss.  meteorologisches  Institut  in  Berlin: 

Abhandlungen.   Bd.  1,  No.  7.    1901.   4». 

Ergebnisse  der  Beobachtungen  an  den  Stationen.    II.  u.  III.  Ordnung  im 
Jahre  1900.    1901.   4». 

Physikal. -techn.  Tteichsanstalt  in  Berlin: 

Verzeichnis  der  Veröffentlichungen  1887—1900.   1901.   49, 

1* 


4*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften. 

Verein  zur  Beförderung  des  Gartenbaues  in  den  preuss,  St€uUen 

in  Berlin: 

Garkenflora.   Jahrg.  1901,  Heft  2—13.   8<>. 

Verein  für  Geschichte  der  Mark  Brandenburg  in  Berlin: 

Fordchungen  zur  Brandenburgischen  und  Preussischen  Geschichte.  Bd.  XVI, 
1.  Hälfte.    Leipzig  1901.    8^. 

Naturwissenschaftliche  Wochenschrift  in  Berlin: 
Wochenschrift.   Bd.  XVI,  Heft  1—6.    1901.    fol. 

Zeitschrift  für  Instrumentenkunde  in  Berlin: 
Zeitschrift.   21.  Jahrg.,  1.— 6.  Heft.    1901.   49. 

Societe  d* Emulation  du  Doübs  in  Besan^on: 
Mdmoires.   VH«  S^rie,  Vol.  4.    1899.    1900.    8«. 

Natural  History  and  Phüosophical  Society  in  Birmingham: 

Proceedings.    Vol.  X,  part  1,  2;  Vol.  XI,  part  1.    1896—99.    8«. 
Records  of  Meteorological  Obseryations  for  1896  and  1897.    1899.   8®. 

B.  Accademia  delle  Scienze  delVIstituto  di  Bologna: 

Memorie.    Serie  6.    Vol.  7.    1897.    40. 

Renticonto.    N.  Ser.   Vol.  2,  fasc.  1—4;  Vol  3,  faac.  1—4.    1898—99.   8». 

B.  Deputazione  di  storia  patria  per  le  Provincie  di  Romagna 

in  Bologna: 

Atti  e  Memorie.   m»  Serie.   Vol.  XVIII,  fasc.  4—6.    1900.   G9. 

Verein  von  Altertumsfreunden  im  Bheinlande  in  Bonn: 
Bonner  Jahrbucher.    Heft  106.    1901.   4». 

Societe  de  geographie  commerciale  in  Bordeaux: 
Bulletin.    1901.    No.  1-12.    8«. 

American  Academy  of  Arts  and  Sciences  in  Boston: 
Proceedings.   Vol.  36,  No.  9—19.    1900—1901.    8». 

Boston  Society  of  natural  History  in  Boston: 

Proceedings.    Vol.  29,  No.  9—14.    1900.   8°. 
Memoirs.    Vol.  5,  No.  6,  7.    1900.   4P. 
Occasional  Papers  IV.    1900.    8^. 

Naturwissenschaftlicher  Verein  in  Bremen: 

Abhandlungen.   Bd.  XV,  Heft  3.    1901.    8». 

Beiträge  zur  nord  westdeutschen  Volks-  und  Landeskunde.  Heft  3.  1901.  8^. 

Queensland  Museum  in  Brisbane: 
Annais.    No.  5.    1900.    8^. 

Deutscher  Verein  für  die  Geschichte  Mährens  u.  Schlesiens  in  Brunn. 
Zeitschrift.   Jahrg.  5,  Heft  1—3.    1901.   gr.  8^. 

Naturforschender  Verein  in  Brunn: 

Verhandlungen.    Bd.  38.    1900.    8°. 

XVI  IL  Bericht  der  meteorol.  Kommission  für  das  Jahr  1898.    1900.  8*. 


Vereeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften. 


•K 


Äcadimie  Boy  die  de  midecine  in  Brüssel: 

Mdmoiree  couronn^s.   Tome  15,  fasc.  7  u.  8.    1901.   8^. 

Bulletin.   IV.  Särie.   Tome  14,  No.  11;  Tome  15,  No.  1— 4.    1900/01.   S». 

Äcadimie  Boy  die  des  sciences  in  Brüssel: 

Annuaire  1901.   67«  ann^e.   8<>. 

Bulletin,    a)  Glasie  des  lettres  1900,  No.  12;  1901,  No.  1-5.   8^ 
b)  Ciasee  des  sciences  1900,  No.  12;  1901,  No.  1-5.   80. 

Sociiti  des  Bollandistes  in  Brüssel: 
Analecta  BoUandiana.    Tome  XX,  fasc.  1,  2.    1901.   8®. 

SocietS  entomologique  de  Belgique  in  Brüssel: 
Annales.   Tom.  44.    1900.   8^ 

SociHi  beige  de  giologie  in  Brüssel: 

Bulletin.    XI®  annäe,  tom.  11,  fasc.  4,  5;  XIII«  annee,  tom.  13,  fasc.  2; 
XVo  annde,  tom.  15,  fasc.  1—3.    1901.    8®. 

SociitS  Boydle  mälacologique  de  Belgique  in  Brüssel: 
Annalee.   Tome  35.   Ann  de  1900. 

Obseroaioire  Boy  die  in  Brüssel: 
Bulletin  mensuel.    2«  annde  1900.   Avril— Novembre.    8*. 

K,  Ungar,  geologische  Änstdlt  in  Budapest: 

Mitteilungen  aus  dem  Jabrbuche.    Bd.  12,  Heft  3—5.    1900/01.   4^. 
Földtani  Közlöny.    Bd.  30,  Heft  8— 12;   Bd.  31,  Heft  1—4.    1900.    gr.  8<>. 
Jahresbericht  für  1898.    1901.    4^. 

K.  Ungar.  Ackerbau-Ministerium  in  Budapest: 

Landwirtschaftliche  Statistik  der  Länder  der  ungarischen  Krone.    Bd.  V. 

1900.  40. 

Museo  naciondl  in  Buenos  Aires: 

Comunicationee  tom.  I.   No.  8.    1901.   8^. 

Botanischer  Garten  in  Buitenzorg  (Java): 

Mededeelingen.    No.  42.  44,  45,  46,  Deel  1,  47.    Batavia  1900/01.    4^. 
Gatalogus  plantarum  phanerog.  etc.   Fasc.  II.    1901.   8^. 
Bulletin.   No.  VH.    1900.   4«. 

Societe  Linnienne  de  Normandie  in  Caen: 

Mdmoires.   Vol.  20,  fasc.  1,  2.    1899—1900.   4°. 
Bulletin.   6«  Sdrie.    Vol.  3.   Annäe  1899.    1900.    8«. 

Meteorological  Department  of  the  Government  of  India  in  Calcutta: 

Monthly  Weatber  Review.    August— Dezember  1900,  Januar  1901.' 

1901.  8«. 

Indian  Meteorological  Memoirs.    Vol.  XI,  part  3.    1901.   fol. 

Asiatic  Society  of  Bengal  in  Calcutta: 

Bibliotheca  Indica.   New  Ser.   No.  971—76.    1900.    8°. 

Journal.   No.  387 -391.    1900/01.    80. 

Proceedings.   1900,  No.  IX— XI;   1901,  No.  I,  II.   8<>. 


6*  VerzeidinU  der  eimgdaufenen  Dructsekriften. 

Geohffical  Surtey  of  India  in  CalcuH<i: 

Memoirs.    Vol.  28.  part  2.    1900;   Vol.  33.  pari  1.    1901.    4«. 
Paläoniologica  Indica.    Ser.  DL  VoL  IL  pari  2.    1899—1900.    foL 
General  Eeport.    Ser.  XV.    Vol.  CI,  pari  2.    1899—1900.    fol. 

3Itiseum  of  comparatite  Zociogy  at  Hartard  Coütge  in  Cijunbridge,  Mass, 

Balletin.    VoL  36.  No.  5,  6;  Vol.  38.  No.  1—4.    1900/01.   89. 
Annoal  Report  for  1899—1900.    1901.   8®. 

AstronomicaJ  Observatory  of  Harvard  Cottege  in  Cambridge,  Mass.: 

55(l>  annoal  Report  for  1899—1900.  1900.  8*.  Vol.  19,  1;  20,  1,  2;  21,2; 
30.  1-8;  31.  1,  2;  37.  1;  40,  1  —  3;  41.  1.  2,  6;  43,  1;  45. 
1889—1901.    40. 

Phäcsophical  Sodetg  in  Cambridge: 

Lut  of  Fellowe.   Janoary  1901.   8^. 

Proceedinge.    Vol.  10,  pari?;  Vol.  11,  pari  1,  2.    1901.    8®. 

Obsertatory  in  Cambridge: 
Annoal  Report  for  1898—99,  1899—1900.    1900—01.   8*. 

Accademia  Gioenia  di  sdenze  naturali  in  Catama: 

Atti.    Serie  IV.    Vol.  13.    1900.   49. 

Bollettino  mensile.    Nao?a  Ser.    Fase.  64—67.    1900—01.    A^. 

Physikalisch-technische  Beiehsanstalt  in  Chartottenburg: 

Die  Thätigkeit  der  physikalisch-technischen  Reichsanstalt  im  Jahre  1900. 
Berlin  1901.    49. 

K.  sächsisches  meteorologisches  Institut  in  Chemnitz : 

Das  Klima  des  Königreiches  Sachsen.    Heft  6.    1901.    4*. 
Jahrboch  1898.   Jahrg.  XVI.  1.  Abtlg.    1900.    foL 
Abhandlongen.    Heft  5.    Leipzig  1901.    4^, 

Societe  des  sciences  naturelles  in  Cherbourg : 
Memoires.    Tom.  31.    1898-1900.   89. 

Field  CoJumhian  3Iuseum  iti  Chicago: 
Poblications.    No.  45,  51—54.    1901.   89. 

Yerkes  Obsertatory  of  the  üniversity  of  Chicago: 
BoUetin.    No.  16,  17.    1901.   8«. 

Zeitschrift  „Ästrophysical  Journal^  in  Chicago: 
Vol.  Xn,  No.  5;  Vol.  XIII,  No.  1—4.    1901.    gr.  8«. 

Norsk  Folkemuseum  in  Christiana: 
Aarsberetning  1900.    1901.    8^ 

Fridtjof  Nansen  Fund  for  the  advaticement  of  science  in  Christiana: 
The  Norwegian  North  Polar-Expedition  1893—1896.    Vol.  2,    1901.  4®. 

Naturhistorische  Gesellschaft  in  CoJmar: 
Mitteilungen.    N.  F.    Bd.  5.    1899  u.  1900.    1900.   8«. 

Academia  nacional  de  ciencias  in  Cordöba  (Bepüblik  Argentinien): 
Boletin.    Tom.  XVI,  2,  3.   Buenos  Aires  1900.   8®. 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften.  7* 

Franz  Josefs- Universität  in  Czernowitz: 
Schriften  aus  dem  Jahre  1900—1901  in  4»  u.  S®. 

Westpreussischer  Geschichtsverein  in  Danzig: 
Zeitschrift.   Heft  43.    1901.    8». 

Colorado  Scientific  Society  in  Denver,  Colorado: 
Proceedings.   Vol.  7,  pag.  1—40.    1901.  8^. 

Verein  für  Anhaltische  Geschichte  in  Dessau: 
Mitteilungen.   Bd.  9,  Teil  1,  2.    1901.   8^ 

Union  geographique  du  Nord  de  la  France  in  Douai: 
Bulletin.    Tom  21,  trimestre  2.    1900.   8®. 

Pollichia  in  Dürkheim: 
Mitteilungen.   57.  Jahrg.,  1900,  No.  13.    1900.   8». 

American  Chemical  Society  in  Easton,  Pa.: 
The  Journal.    Vol.  23,  No.  1—6.    1901.   Q^. 

Royal  Society  in  Edinburgh: 
Proceedings.    Vol.  23,  pp.  161—224.    1901.    8°. 

Geological  Society  in  Edinburgh: 
Transactions.    Vol.  VIII,  part  1.    1901.   S^. 

Reale  Accademia  dei  Georgoßi  in  Florenz: 
Atti.    IV.  Ser.    Vol.  23,  disp.  3e,  4;  Vol.  24,  diap.  1.    1900—01.    8^ 

Senckenbergische  naturforschende  Gesellschaft  in  Frankfurt  ajM.: 

Abhandlungen.    Bd.  XXV,  1,  2;  XXVI,  2;  XXVIII.    1900/01.    4». 
Bericht.    1900.    8». 

Verein  für  Geschichte  und  Altertumskunde  in  Frankfurt  a/M.: 
Archiv   für  Frankfurts   Geschichte  u.  Kunst.    3.  Folge,   Bd.  7.    1901.   8<>. 

Physikalischer  Verein  in  Frankfurt  a/M.: 
Das  Klima  von  Frankfurt  a/M.,  von  Jul.  Ziegler  u.  Walter  König.  1901.    4^. 

Kirchengeschichtlicher  Verein  in  Freiburg  i.  Br,: 
Freiburger  Diöcesan-Archiv.   N.  F.    Bd.  I.    1900.   8^. 

Universität  Freiburg  in  der  Schweiz: 
Collectanea  Friburgensia.    Nouv.  S^rie.    Fase.  1.    1901.    gr.  8^. 

Societe  d^histoire  et  d'archiologie  in  Genf: 
Bulletin.    Tome  2,  livre  4.    1900.    8» 

Museo  civico  di  storia  naturale  in  Genua: 
Annali.    Serie  II.    Vol.  20  und  Indice  zu  Vol.  1—40.    1901.   8«. 

Oberlausitzische  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Görlitz: 

Neues  Lausitzisches  Magazin.    Bd.  76.    1900.    8®. 

Codex  diplomaticus  Lusatiae  superioris.   II  Bd.,  Heft  1.    1900.   8^. 


8*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften, 

K,  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Göttingen: 
Göttingische  gelehrte  Anzeigen.  1900.  No.XlI;  1901.  No.I— V.  Berlin.  4». 
Abhandlungen.   N.  F.    Philol.-hist.  Classe.    ßd.lV,  No.5.    Berlin  1901.  4». 
Nachrichten,   a)  Philol.-hist.  Classe.    1900.    Heft  3,  4.   40. 

b)  Mathem.-phys.  Classe.    1900.    Heft  S.   49, 

c)  Geschäftliche  Mitteilungen.    1900.   Heft  8.    4^ 

The  Journal  of  Comparative  Neurology  in  ChranviUe  (ü.  St,  A.): 
The  Journal.    Vol.  10,  No.  4.   1900.   8^. 

Scientific  Laboratories  of  Dension  üniversity  in  Granvüle,  Ohio: 
Bulletin.   Vol.  XI,  9.    1900.   8». 

Historischer  Verein  für  Steiermark  in  Graz: 

Mitteilungen.    Heft  47.    1899.   8^ 

Beiträge  zur  Kunde   steierm&rkischer  Geschichtsquellen.    30.  Jahrgang. 
1899.   80. 

Naturwissenschaftlicher  Verein  für  Neu-  Vorpommern  in  Greif suxüd: 
Mitteilungen.    32.  Jahrg.,  1900.    1901.    8». 

K,  Instituut  voor  de  Taal-^  Land-  en  Volkenkunde  van  Nederlandsch  Indie 

im  Haag: 
Bijdragen.   VI.  Volgreeks.   Deel  8,  aflev.  3  en  4.   Register  op  -de  eerste 

60  Deelen  (1853—1899)  var  de  Bijdragen.    1901.   80. 
Naamlijst  der  leden  op  1.  Juni  1901. 

Societi  Hollandaise  des  Sciences  in  Haarlem: 

Archives  Nderlandaises   des  sciences  exactes.    S^rie  II.    Tom.  4,   liyr.  2; 
Tom.  6.   La  Haye  1900/01.  8». 

Nova  Scotian  Institute  of  Science  in  Halifax: 
The  Proceedings  and  Transactions.    Vol.  X,  part  2.    1900.    8®. 

Kaiserl.  Leopoldinisch-Carolinische  Deutsche  Akademie  der  Naturforseher 

in  Halle: 
Leopoldina.   Heft  36,  No.  12;  Heft  37,  No.  1—6.    1900—01.    40. 
Nova  Acta.    Abhandlungen,  Bd.  76,  76.    1900.    4P, 

Deutsche  morgenländische  Gesellschaft  in  Halle: 
Zeitschrift.    Bd.  54,  Heft  4;  Bd.  55,  Heft  1,  2.    Leipzig  1900/01.    8«. 

Universität  Halle: 
Verzeichnis  der  Vorlesungen.    Sommer-Semester  1901.    8^. 

Naturwissenschaftlicher  Verein  für  Sachsen  und  Thüringen  in  Halle: 
Zeitschrift  für  Naturwissenschaften.  Bd.  13,  Heft  5  n.  6.  Stattgart  1901.  S*. 

Mathematische  Gesellschaft  in  Hamburg: 
Mitteilungen.    Bd.  4,  Heft  1.    Leipzig  1901.    8«. 

^        Verein  für  Hamhurgische  Geschichte  in  Hamburg: 

Mitteilungen.    20.  Jahrg.,  1900.    1901.   8^. 
Zeitschrift.    Bd.  X,  1.    1901.    8°. 

Naturwissenschaftlicher  Verein  in  Hamburg: 

Verhandlungen.    1900.    Dritte  Folge.    VIIL    1901.    8°. 
Abhandlungen.    Bd.  XVI,  2.  Hälfte.    1901.  4«. 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften,  9* 

Naturhistorische  Gesellschaft  in  Hannover: 
48  u.  49.  Jahresbericht  für  1897/98  u.  1898/99.    1900.   80. 

Naturhistorisch-medizinischer  Verein  zu  Heidelberg: 
Verhandlungen.    N.  F.    Bd.  VI,  4.    1900.    8». 

Oeschäftsfährender  Äusschuss  der  Beichslimeskommission  in  Heidelberg: 

Limesblatt  Nr.  33.    1901.   Trier.    8«. 

Der  Obergermanisch-Raetische  Limes  des  Römerreiches.    Liefg.  XIT,  XIII. 
1900.   40. 

Verein  für  siebenbürgische  Landeskunde  in  Hermannstadt: 

Archiv.   N.  F.    Bd.  29,  Heft  8.    1900.    8». 
Jahresbericht  f^r  das  Jahr  1900.    1901.   &^. 

Verein  für  Meiningische  Geschichte  und  Landeskunde 

in  Hildburghausen: 

Schriften.   87.  Heft.    1901.   8«. 

Journal  of  Physical  Chemisiry  in  Ithaca,  N,Y,: 
The  Journal.    Vol.  5,  No.  2—6.    1901.   8». 

Universiti  de  Jassy: 
Annales  scientifiques.    Tom.  1,  fasc.  3.    1901.   8^. 

Medizinisch-naturwissenschaftliche  Gesellschaft  in  Jena: 
Jenaische  Zeitschrift  für  Naturwissenschaft.    Bd.  35,  Heft  1 — 4.    1901.    8®. 

Verein  für  Thüringische  Geschichte  und  Altertumskunde  in  Jena: 

Zeitschrift.    N.  F.    Bd.  XI,  Heft  2-4;   Bd.  XII,  Heft  1.    1898-1900.   80. 
Hegesta  diplomatica  historiae  Thuringiae.    Bd.  II,  2.    1900.    4^. 

Universität  Jurjew  (Borpat): 
Schriften  aus  dem  Jahre  1899/1900.   ^. 

Grossherzogliche  Sternwarte  in  Karlsruhe: 
Veröffentlichungen.    Bd.  1.    1900.    40. 

Universität  Kasan: 
ütachenia  Sapiski.    Bd.  67,  No.  11,  26;  Bd.  68,  No.  1— 4.    1900—01.    8«. 
Godischnij  Akt  1900.    1901.    S^. 

Verein  für  hessische  Geschichte  und  Landeskunde  in  Kassel: 

ZeiUchrift.    N.  F.    Bd.  XXIV,  2.    1901.   8». 
Mitteilungen.   Jahrg.  1899.    1901.   8®. 

Verein  für  Naturkunde  in  Kassel: 
Abhandlungen  und  Bericht  XLVI.    1901.    8« 

Sociiti  mathematique  in  Kharkow: 
Communications.    2«  Särie.    Tome  VII,  No.  1.    1900.    S^, 

UniversitS  Imperiale  in  Kharkow: 
Annales  1901.   Kniga  1.   gr.  8<>. 

Kommission  zur  wissenschaftl.  Untersuchung  der  deutschen  Meere  in  Kiel: 

Wissenschaftliche  Meereauntersuchungen.   N.  F.  Bd.  IV.  Abteilung  Helgo- 
land, Heft  2  j  Bd.  V,  Heft  2,  Abteilung  KieL    1900-01.   foL 


10*  Vereeicknis  der  eingelaufenen  Druckschriften. 

Universität  in  Kiew: 
Iswestija.    Bd.  40,  No.  10— 12.    1900;   Bd.  41,  No.  1—2.     1901.    gr.  8<>. 

Medizrnaturtoissenschaftl.  Sektion  des  Museumsvereins  in  Klausenburg: 
Sitzungsberichte.    Abtlg.  1,  Bd.  22,  Heft  3.    1901.   8«. 

Physikalisch-ökonomische  Gesellschaft  in  Königsberg: 
Schriften.    41.  Jahrg.    1900.   4^. 

K,  Akademie  der  Wissenschaften  in  Kopenhagen: 

Oversigt.    1900,  No.  6;  1901,   No.  1—3.   S». 

Memoires.     Section   des    sciences.   Serie  VI«.    Tom.  10,  No.  2.    1901.  4^- 

Regesta  diplomatica  historiae  Danicae.    Series  II.    Tom.  II,  5.    1901.  4^. 

Gesellschaft  für  nordische  Altertumskunde  in  Kopcfihagen: 
Aarböger,  IL  Raekke.    16.  Bd.,  Heft  3,  4.    1900/01.   &^. 

Musie  national  in  Kopenhagen: 
Afialdadjnger  fra  Stenalderen  i  Danmark.    1900.   fol. 

Akademie  der  Wissenschaften  in  Krakau: 

Anzeiger  1900.   November,  Dezember;   1901.   Januar— März.    8^. 
Rozprawy  filologiczne.  Ser.  II.  Tom.  15, 16,  histor.-filozof. ;  Ser.  II.  Tom.  U. 

1900.   80. 
Biblioteka  pisarzow  polskich.    Tom.  87,  38.    1900.    8^ 
Rocznik.    Rok  1899/1900.    1900.   8». 

Collectanea  ex  Archivo  collegii  juridici.   Tom.  VII.    1900.    gr.  8®. 
Atlas  geologiczny  Galicyi.    Zeszyt  XII.    Text  und  Atlas.    1900.    8®. 
Kinkel,  Bibliografie.    Tom.  2,  Heft  3.    1900.   8». 
Karlowicz,  Slownik.    Tom.  1.    1900.    8«. 
P.  Royzii  carmina  pars  1,  2.    1900.    8®. 
Inszykiewicz,  Melodye  litewskie.    1900.  49. 
Birkenmajer,  Kopemik.    1900.    4^. 
K.  J.  Fijalek,  Mistrz  Jaköb  z  Paradyza.    1900.  eP. 

Societe  Vaudoise  des  sciences  naturelles  in  Lausanne: 
Bulletin.   IV.  S^rie.    Vol.  36,  No.  138;  Vol.  37,  No.  139.    1900-01.   Bfi. 

Sternwarte  in  Leiden: 
Verslag  1896—1900  in  2  Heften.    1898—1901.   8^ 

K,  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Leipzig: 

Abhandlungen  der  philol.-histor.  Glasse.    Bd.  XX,  3.    1901.    4®. 
Berichte  der  philol.-histor.  Glasse.    Bd.  52,  IX.    1900.   8^. 
Berichte  der  mathem.-physik.  Glasse.     Bd.  52,  VII.    1900.    8<>. 

Fürstlich  Jahlonowski*sche  Gesellschaft  in  Leipzig: 
Jahresbericht.    1901.    8°. 

Journal  für  praktische  Chemie  in  Leipzig: 
Journal.    N.  F.    Bd.  62,  Heft  12;  Bd.  63,  Heft  1—8.    1901.    8^. 

Universite  de  Lüle: 

Travaux  et  Mtooires.    No.  22—27.    1899—1900.   8^. 
Livret  de  T^tudiant.    1900—1901.    1900.   8» 


Verzeichnia  der  eingelaufenen  Druckschriften,  11* 

Literary  and  phüosophicäl  Society  in  Liverpool: 
Proceedings.    89«»  Session  1899—1900,  No.  54.    1900.   8^. 

üniversite  Catholique  in  Loewen: 
Schriften  der  Universität  aus  dem  Jahre  1899—1900. 

Zeitschrift  „La  Cellule"  in  Loewen: 
La  Cellule.    Tome  18,  fasc.  1.    1901.   4^. 

Boyal  Institution  of  Great  Britain  in  London: 
Proceedings.    Vol.  XVI,  pari  1,  No.  93.    1900.   S^. 

The  English  Historicdl  Beview  in  London: 
Historical  Review.    Vol.  XVI,  No.  62.    1901.    8®. 

Boyal  Society  in  London: 

Reports  to  the  Malaria  Committee.    IVth  and  V"»  Series.    1901.   8^. 
Proceedings.    Vol.  67,  No.  440,  441;  Vol.  68,  No.  442-446.    1901.   8«. 
Philosophical  Transactions.    Year-Book  1901.   8®. 

B,  Ästronomical  Society  in  London: 
Monthlj   Notices.    Apendix  to  Vol.  60;  Vol.  61,   No.  2—7.    1900/01.    8". 

Chemical  Society  in  London: 

Journal  1900.    Supplementary  Number  (Titlepager  and  Indexes),  No.  459 

bis  464  (Febr.— July).    1901.   8«. 
Proceedings.   Vol.  16,  No.  230;  Vol.  17,  No.  231—239.    1901.   8^ 

Linnean  Society  in  London: 

The  Journal,   a)  Botany.    Vol.  35,  No.  242;  b)  Zoology.   Vol.  28,  No.  181. 

1901.   8». 
List  of  the  Linnean  Society  1900-1901.   Q^. 

B,  Microscopical  Society  in  London: 
Journal  1901.   Part  1—3.   8«. 

Zoological  Society  in  London: 

Proceedings.    1900,  part  4;  1901,  part  1.    1901.    8<>. 
Transactions.    Vol.  XV,  parte,  7;  Vol.  XVI,  part  1.  1901.    4P. 

Zeitschrift  „Natur e"  in  London: 
Nature.   No.  1630-1653.   4^. 

Äcademy  of  Science  in  St.  Louis: 
Transactions.   Vol.  IX,  No.  6,  8,  9;  Vol.  X,  No.  1—8.    1899—1900.    8«. 

Societe  geologique  de  Belgique  in  Lüttich: 

Annales.    Tome  26,  livr.  1  in  4«.    Tome  27,  livr.  8  und  Tome  28,  livr.  1,  2 
in  80.    1899—1901. 

Historischer  Verein  der  fünf  Orte  in  Luzern: 
Der  Geschichtsfreund.    Register  zu  Band  41—50.    Staus  1901.    8^. 

UniversitS  in  Lyon: 

Annales.    I.  Sciences,  fasc.  4.   II.  Droit,  Lettres,  fasc.  4—6.   Paris  et  Lvon 
1900-01.   $0. 


12*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  DrttcJcschriften, 

Wisconsin  Äcademy  of  Sciences  in  Madison: 
Transactions.    Vol.  VII,  part  2,  1899.    1900.    8<>. 

Wisconsin  Geologiccü  and  Natural  History  Survey  in  Madison: 
Bulletin.   No.  III,  V,  VI.    1898—1900.   8«. 

Government  Museum  in  Madras: 
Bulletin.    Vol.  4,  No.  1.    1901.   8«. 

B.  Academia  de  ciencias  exactas  in  Madrid: 
Memorias.    Tome  19,  fasc.  1.    1893—1900.    4fi, 

B.  Academia  de  la  historia  in  Madrid: 
Boletin.    Tom.  38,  cuad.  1—6.    1901.   8^. 

Istituto  tecnico  superiore  in  Mailand: 
Inaugurazione  del  Monumento  a  Francesco  Brioschi.    1900.    4^. 

B.  Osservatorio  di  Brera  in  Mailand: 
Publicazioni.    No.  41.    1901.   40. 

Societä  Italiana  di  scienze  naturali  in  Mailand: 
Atti.    Vol.  39,  fasc.  3,  4;  Vol.  40,  fasc.  1.    1901.   8«. 

Societä  Storica  Lomharda  in  Mailand: 

Archivio  Storico  Lombardo.   Serie  III.   Fasc.  28—30.    1900—01.   8®. 
Supplementi  all'  Archivio.    Fasc.  I,  IL    1900.   8®. 

Liter ary  and  phüosophicdl  Society  in  Manchester: 
Memoirs  and  Proceedings.    Vol.  45,  part.  1,  2.    1901.    8®. 

Fürsten-  und  Landesschule  St,  Äfra  in  Meissen: 
Jahresbericht  für  das  Jahr  1900-01.    4«. 

Boyal  Society  of  Victoria  in  Melbourne: 
Proceedings.    Vol.  XIII,  part  1.    1900.   8®. 

Bivista  di  Storia  Äntica  in  Messina: 
Rivista.    N.  Ser.    Anno  6,  fasc.  4.    1901.   8^. 

Instituto  geolögico  in  Mexico: 
Boletin.    No.  14.    1900.   4». 

Observatorio  meteorolögico-magnHico  central  in  Mexico: 
Boletin  mensual.   Julio— Diciembre  1900.   4®. 

Observatorio  astronömico  nacional  de  Tacubaya  in  Mexico: 

El  Clima  de   la  Republica  Mezicana  por  M.  Moreno  j  Anda  y  Antonio 

Gomez.    Anno  2.    1900.    S^. 
Boletin.    Tom.  II,  No.  6.    1900.   4P. 

Sociedad  cientifica  „Antonio  Älzate"  in  Mexico: 
Memorias  y  revista.  Tomo  14,  No.  11—12;  Tomo  15,  No.  1—6.   1901/01.  ö*. 

Societä  äei  naturalisti  in  Modena: 
Atti.    Serie  IV.    Vol.  2.    Anno  33.    1900.    1901.   8«. 


Verseichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften,  13* 

Museo  nacionäl  in  Montevideo: 
Anuales.   Tomo  2,  fasc.  17;  Tomo  8,  fasc.  18.    1900—01.   fol. 

ÄcadSmie  de  sciences  et  lettres  in  Montpellier: 

M(Sinoires.    Section  des  lettres.   2«  S^rie.    Tom.  8,  fasc.  1.    1900.   8®. 

Section  des  sciences.    2®  Särie.    Tom.  2,  fasc.  6,  7.    1899  bis 
1900.   80. 

Oeffentliches  Museum  in  Moskau: 

Ottschet.   Jahrg.  1900.    1901.   8<>. 

Lazarev*sches  Institut  für  Orientalische  Sprachen  in  Moskau: 
Trudy.   Bd.  1—8.    1900.   40 

Sociiti  Imperiale  des  Naturdlistes  in  Moskau: 
Bulletin.   Annde  1900,  No.  1—8.    1900-01.   S®. 

Mathematische  Gesellschaft  in  Moskau: 
Matematitscheskij  Sbornik.   Bd.  XXI,  8,  4.    1900-01.   B®. 

lAck  Ohservatory  in  Mount  Hamilton,  California: 
Bolletin.   No.  1.    1900.   A9, 

Deutsche  Gesellschaft  für  Anthropologie  in  Berlin  und  München: 
Korrespondenzblatt  1900,  No.  9—12;  1901,  No.  1-6.   4». 

Hydrotechnisches  Bureau  in  MüncJien: 
Jahrbuch  1900,  Heft  IV,  Teil  1  u.  2;  1901,  Heft  I.   4». 

Generäldirektion  der  h  6.  Posten  und  Telegraphen  in  München: 

Verzeichnis    der    in    und   ausserhalb   Bayern    erscheinenden   Zeitungen. 
Acht  Nachträge  zu  den  Zeitungspreisverzeichnissen.   fol. 

K.  hayer,  technisclie  Hochschule  in  München: 
Personalstand.    Sommer-Semester  1901.   8^. 

Metropolit  an- Kapitel  München- Freising  in  München: 

Schematismus  der  Qeistlichkeit  für  das  Jahr  1901.   8^. 

Amtsblatt  der  Erzdiözese  München  und  Freising.    1901,  No.  1—17.    8^. 

K.  Oherhergamt  in  München: 
Geognostische  Jahreshefte.    XIII.  Jahrg.  1900.    1901.   49. 

Universität  in  München: 

Schriften  aus  dem  Jahre  1900/01  in  4<>  u.  8^. 

Amtliches  Verzeichnis  des  Personals.    Sommer-Semester  1901.   8^. 

Verzeichnis  der  Vorlesungen  im  Sommer-Semester  1901.   4^. 

Rede  des  Rektors  Emanuel  UUmann,  der  Deutsche  Seehandel.    1901.    4^. 

Äerztlicher  Verein  in  München: 
Sitzungsberichte.   Bd.  X.    1900.   8^. 

Verlag  der  Hochschut- Nachrichten  in  München: 
Hochschul-Nachrichten  1901,  No.  124-129.   4«. 


14*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften, 

Verein  für  Geschichte  und  Altertumskunde  Westfalens  in  Münster: 
Zeitschrift.    Bd.  58.    1900.    S®. 

Academie  de  Stanislas  in  Nancy: 
M^moires  1899—1900.    5«  Särie.   Tom.  17.    1900.   8». 

Society  des  sciences  in  Nancy: 
Bulletin.    Serie  III.   Tom.  1,  fasc.  4,  5.    Paris  et  Nancy  1900.    8®. 

Reale  Accademia  di  scienze  morali  et  politiche  in  Neapel: 

Atti.    Vol.  32.    1901.   80. 
Rendiconto.   Anno  39.    1900.    8^. 

Accademia  delle  scienze  fisiche  e  matematiche  in  Neapel: 

Rendiconto.  Ser.  III.  Vol.  6,  fasc.  8—12.  1900;  Vol.  7,  fasc.  1 —4.  1901.  4« 
Atti.    Ser.  II.   Vol.  X.    1901.    4». 

Gesellschaft  Philomathie  in  Neisse: 
30.  Bericht.    1898—1900.    8». 

Ilistonscher  Verein  in  Neuhur g  ajD,: 
Neuburger  Kollektaneen-Blatt.    63.  Jahrg.,  1899.   8^. 

North  of  England  Institute  of  Engineers  in  New-Castle  (upon-Tyne): 

Transactions.    Vol.  48,  No.  7,  8;    Vol.  49,  No.  3—6;   Vol.  60,   No.  1. 

1900.   80. 
Annual  Report  for  the  year  1899—1900.    1900.   8®. 

Connecticut  Academy  of  Arts  and  Sciences  in  New-Haven: 
Transactions.    Vol.  X,  part  2.    1900.   8®. 

The  American  Journal  of  Science  in  New-Haven: 
Journal.   IV.  Ser.   Vol.  11,  No.  62—66.    1901.   8«. 

American  Oriental  Society  in  New-Haven: 
Journal.    Vol.  31,  2.    1901.    8». 

Academy  of  Sciences  in  New -York: 

Memoirs.    Vol.  II,  part  2.    1900.    4«. 

Annais.   Vol.  XIII,  part  1.    Lancaater  1900.   8^. 

American  Museum  of  Natural  History  in  New -York: 
Bulletin.    Vol.  XI,  3  u.  Xlll.    1900.   8». 

American  Geographical  Society  in  New -York: 
Bulletin.    Vol.  32,  No.  5;  Vol.  33,  No.  1  u.  2.    1900—01.    8^ 

Archaeological  Institut  of  America  in  Norwoad,  Mass.: 

American  Journal  of  Archaeology.   Vol.  IV,  No.  4  und  Supplement;  Vol.  V, 
No.  1.    Norwood  1900/01.   8». 

Germanisches  National museum  in  Nürtiherg: 
Anzeiger  und  Mitteilungen  1900,  Heft  1—4.   gr.  8®. 

Mathematische  Gesellschaft  in  Odessa: 
Sapieki.   Tom.  19.    1899.   8». 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften,  15* 

Neurussische  naturforschende  Gesellschaft  in  Odessa: 
Sapiski.    Bd.  XXIII,  Heft  1,  2.    1899—1900.   8^. 

Verein  für  Geschichte  und  Landeskunde  in  Osnabrück: 
MitteiluDgen.   25.  Bd.    1900.    1901.   8<>. 

Eadcliffe  Ohesrvatory  in  Oxford: 
Observations.    1892—99.   Vol.  48.    1901.   8<>. 

M,  Äccademia  di  scienze  in  Padua: 
Atti  e  Memoire.   Nuova  Serie.    Vol.  XVI.    1900.   8». 

Circolo  matematico  in  Palermo: 
Rendiconti.   Tom.  XIV,  fasc.  6;    Tom.  XV,  fasc.  1—4.    1900—01.    4® 

Collegio  degli  Ingegneri  in  Palermo: 

Atti.    1900.    Luglio— Dicembre.   AP. 
Bollettino.    Anno  I,  No.  1.    Maggio  1901.    fol. 

Acadimie  de  medecine  in  Paris: 

Rapport  annoel  de  la  commission  de  Tbygiene  de  TeDfance  pour  Tann^e 

1899.   80. 
Rapport  8ur  les  vaccinations  pour  Tannee  1898.    1899.  8®. 
Bulletin.    No.  1—24.    1901.   8». 

Äcademie  des  sciences  in  Paris: 
Comptes  rendus.    Tome  132,  No.  1—25.    1901.   4^. 

Comite  international  des  poids  et  mesures  in  Paris: 
Proc^s-verbaux  des  i^ances  de  1900.    1900.    8^. 

Moniteur  Scientifique  in  Paris: 
Moniteur.    Livr.  710—715.   Fävrier- Juillet  1901.   4«. 

Musee  Guiniet  in  Paris: 

Revue  de  Thistoire  des  räligions.    Ann^e  21,  Tom.  41,  No.  8;   Tom.  42, 

No.  1.    1900.   8». 
Petit  guide  illusträ  du  Musee  par  L.  de  MilloutS.    1899.   8^. 

Museum  d^histoire  naturelle  in  Paris: 

Bulletin.   Annde  1900,  No.  5,  6.   80. 

Nouvelles  Arcbives.   IV«  St^rie.    Tom.  2,  fasc.  1.    1900.   4«. 

Sociite  d^anthropologie  in  Paris: 

Deuxi^me  ^tude  sur  les  pierres  figures  par  A.  Thieullen.    1901.    4®. 
Bulletins.    IVe  S^rie.    Tom.  10,  fasc.  6;   Ve  S^rie.    Tom  1,  fasc.  1  u.  2  et 
table  generale  1860—1899.    1899—01.   8». 

Sociiti  de  gSographie  in  Paris: 
La  Geographie.   Annde  1901,  No.  1—6.   4°. 

Sociiti  mathematique  de  France  in  Paris: 
Bulletin.   Tom.  29,  No.  1,  2.    1901.   80. 


16*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  Drttckschriften. 

Äcadimie  ImptricHe  des  sciences  in  St,  Petersburg: 

Sbornik.    Bd.  61.    1900.    S^. 

Proces-verbaux  des  sdances   de  rAcad^mie  Imp.  des  sciences   depuis  sa 

fondation.   Tom.  1—3.    1897—1900.    S». 
Byzantina  Chronika.    Tom.  7,  Liefg.  3.    1900.    gr.  8^. 
Memoires.    a)  Classe  historico-pbilologique.    Tom.  4,   No.  8;    b)  Claase 

physico-matbämat.    Tom.  10,  No.  3—9.    1900.    49, 
BuUetin.   Tom.  12,  No.  2—5;  Tom.  13,  No.  1^3.    1900.    4». 
Annuaire  du  Mus^e  zoologique.    Tome  5,  No.  4.    1900.   8^. 
S.  Patkanov,  Die  Irtisch-Ostjaken.    Teil  II.    1900.   4». 

Comite  g^logique  in  St,  Petersburg : 

Bulletins.   Tom.  19,  No.  1—6.    1900.   8». 
Mt^moirea.    Vol.  XIII,  No.  3.    1900.   4P. 

Kaiserl,  botanischer  Garten  in  St.  Petersburg: 
Actaborti  Petropolitani.    Tom.  XVI,  XVIII,  fasc.  1-3.    1900—01.    gr.  8^. 

Kaiserl,  mineralogische  Gesellschaft  in  St,  Petersburg : 
Verbandlungeu.    II.  Serie.   Bd.  38,  Liefg.  2.    1900.   8^. 

Physihal. -chemische  Gesellschaft  an  der  kais.  Universität  St.  Peler^urg: 
Schurnal.    Tom.  XXXII,  No.  9;   Tom.  XXXIII,  No.  1— 4.    1900-01.  8*. 

Physikalisches  Zentral-Observatorium  in  St.  Petersburg: 
Annalen.   Jahrg.  1899,  Teil  I,  II.    1901.   4». 

Kaiserl,  Universität  in  St,  Petersburg: 
Ottsebet  1900.    1901.   8». 

Academy  of  natural  Sciences  in  Philadelphia: 

Journal.    II.  Seriea.    Vol.  XI,  pari  3.    1900.    fol. 
Proceedinga.    1900,  part  2,  3.    1900—01.    8<^. 

llistoricdl  Society  of  Pennsylvania  in  Philadelphia: 

Tbe  Pennsylvania  Magazine  of  History.    Vol.  24,  No.  4;  Vol.  25,  No.  1,  2, 
1900-01.    8». 

Alumni  Association  of  the  College  of  Pharmacy  in  Philadelphia: 
Alumni  Report.   Vol.  36,  No.  12;  Vol.  37,  No.  1—6.    1900—01.    8<>. 

American  Phüosophicäl  Society  in  Philadelphia: 
Proceedings.   Vol.  39,  No.  163,  164.    1900.    8° 

R,  Sciwla  normale  superiore  di  Pisa: 
Annali.    Filosofia  e  filologia.   Vol.  XIV.    1900.    8«. 

Societä  Itdliana  di  fisica  in  Pisa: 

II  nuovo  Cimento.   Ser.  IV.    Tom.  12.   Settembre— Dicembre  1900;  Ser.V. 
Tom  1.    Gennaio— Giugno  1901.    1900/01.    8^. 

Historische  Gesellschaft  in  Posen: 

Zeitschrift.    Jahrg.  15,  1.  u.  2.  Halbbd.    1900.    8». 

Historische  Monatsblätter.    Jahrg.  1,   1900,  No.  8—12;   Jahrg.  2,  1901, 
No.  1-3.   8^. 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften,  17* 

Astrophysikcdisches  Observatorium  in  Potsdam: 
Publikationen.   Photographische  Himmelskarte.    Bd.  II.    1901.   4®. 

Böhmische  Kaiser  Franz  Josef-Akademie  in  Prag: 

Pamätky  archaeolof?icke.  Dil  XIII,  sesitG — 8  u.  Register;  Du  XIX,  seäit  1 — 5. 
1899—1900.   40. 

StarozitnoRti  zeme  öeskä.   Dil  I,  svazek  2.    1900.    4^. 

Gesellschaft  zur  Förderung  deutscher  Wissenschaft,  Kunst  und  Litteratur 

in  Prag: 

üebersicht  der  Leistungen  der  Deutschen  Böhmens  1895—97.    1900.    4®. 
Beiträge  zur  Kenntnis  der  Wirbeltierfauna  der  böhmischen  Braunkohlen- 
formation I.    1901.    40. 
Mitteilung.    No.  XIII  u.  XIV.    1901.   8». 
Bechenschafbsbericht  für  das  Jahr  1900.    1901.    8^. 

K.  böhmische  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Prag: 

Jahresbericht  für  das  Jahr  1900.    1901.    &>. 

Sitzungsberichte  1900.    a)  Classe  für  Philosophie,    b)  Mathem.-naturw. 
Classe.   1901.   8^. 

Mathematisch-physikalische  Gesellschaft  in  Prag: 
Caaopis.   Roönfk  30,  No.  4,  5.    1901.   8» 

Museum  des  Königreichs  Böhmen  in  Prag: 

Bericht  für  das  Jahr  1900.    1901.    8». 
Casopis.   Bd.  75,  Heft  1.    1901.   8» 

K.  K.  Sternwarte  in  Prag: 

Astronomische  Beobachtungen   in  den  Jahren  1892—99.   Herausgegeben 
von  L.  Weinek.    1901.    4«. 

Deutsche  Karl  Ferdinands -Universität  in  Prag: 
Die  feierliche  Installation  des  Rektors  am  8.  November  1900.   8®. 

Verein  böhmischer  Mathematiker  in  Prag: 
Sbomik.    Bd.  IV.    1901.    8«. 
Casopis.   Bd.  30,  Heft  1—3.    1900-01.   8^. 

Historischer  Verein  in  Begensburg: 
Verhandlungen.    52.  Bd.    1900.   8^. 

Naturforscher-  Verein  in  Biga: 
Arbeiten.   N.  F.   Heft  10.    1901.   S^. 

Geological  Society  of  Amenca  in  Bochester: 
Bulletin.    Vol.  XL    1900.    8» 

Beäle  Accademia  dei  Lincei  in  Bom: 

Annuario  1901.   8^. 

Atti.   Ser.  V.    Classe  di  scienze  morali.    Vol.  VIII,  parte  2.   Notizie  degli 

scavi  1900,  Settembre— Dicembre;  Vol.  IX,  parte  2,  1901.    Gennaio. 

1900—01.    40. 
Atti.    Serie  V.    Reodiconti.    Classe  di  scienze  fisiche.   Vol.  IX,  semestre  2, 

fasc.  12;  Vol.  X,  semestre  1,  fasc.  1—11.    1900/01.    40. 
Rendiconti.     Classe    di    scienze    morali  e  filologiche.    Serie  V.    Vol.  IX, 

fasc.  7—12;  Vol.  X,  fasc.  1-4.    1900/01.   8<>. 


18*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften, 

Äccademia  Pontifida  de^  Nuovi  Lincei  in  Rom: 
Atti.   Anno  64,  Sessione  I.    1900—01.   4^ 

22.  Comitato  geologico  d'Itdlia  in  Rom: 
Bollettino.   Anno  1900,  No.  3,  4.   80. 

Kaiserl,  deutsches  archäologisches  Institut  (röm,  Ahtlg.J  in  Rom: 
Mitteilungen.    Bd.  XV,  4;  XVI.    1901.    S^. 

R,  Societä  Romana  di  storia  patria  in  Rom : 
Archivio.    Vol.  XXUI,  S,  4.    1900.   8®. 

Acadimie  des  sciences  in  Rouen: 
Prdcig  analytique  des  travaux.   Annde  1898—99.    1900.    8®. 

R.  Äccademia  di  scienze  degli  Ägiati  in  Rovereto: 
Atti.   Serie  III.   Vol.  6,  fasc.  4.    1900.   QP. 

Naturwissenschaftliche  Gesellschaft  in  St,  Gallen: 
Bericht  1898—99.    1900.   80. 

Californio  Academy  of  Sciences  in  San  Francisco: 

Occasional  Papers.    Vol.  7.    1900.   80. 

Proceedings.    III^  Series.    Zoology,  Vol.  II,  No.  1  —  6;    Botany,  Voll, 

No.  10,  II,  No.  1,  2;  Geology,  Vol.  I,  No.  7-9;  Math.-Phys..  Vol.  I, 

No.  5— 7.    1899—1900.   8». 

Ohservatorio  astronömico  y  meteorolögico  in  San  Salvator: 
Anales.    1900.    fol. 

Bosnisch-Herzegovinisches  Landesmuseum  in  Sarajevo: 
Wissenschaftliche  Mitteilungen.   (Siehe  Wien.) 

Verein  für  mecklenburgische  Geschichte  in  Schwerin: 
Mecklenburgisches  Urkundenbuch.    Bd.  XXII.    1900.    4«. 

R.  Äccademia  dei  fisiocritici  in  Siena: 
Atti.   Serie  IV.   Vol.  12,  No.  4-10.   1900.   8®. 

K.  K.  archäologisches  Museum  in  Spdlato: 
Bullettinodi  Archeologia.  Anno 23, 1900,  No.  12;  Anno 24, 1901,  No.  1—5.  8*. 

K.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Stockholm: 

Meteorologiska^iakttagelser  i  Sverige.    Bd.  37  (1895).    1900.    4®. 
öfversigt.  57.  Arg&ng  1900.    1901.    8«. 

Geologiska  Förening  in  Stockholm: 
Förhandlingar.    Bd.  22,  No.  7;  Bd.  23,  No.  1—4.    1901.    8«. 

Gesellschaft  zur  Förderung  der  Wissenschaften  in  Strasshurg: 
Monatsbericht.   Bd.  34,  Heft  7  u.  10;  Bd.  35,  Heft  1—6.    1900—01.   8«. 

K.  öffentliche  Bibliothek  in  Stuttgart: 
Hermann  Fischer,  Schwäbisches  Wörterbuch.  Liefg.  1.  TQbingen  1901.  4^ 

K.  Württemberg.  Kommission  für  die  internationale  Erdmessung 

in  Stuttgart: 

Veröffentlichung.   Heft  IV.   1901.   4^. 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften.  19* 

Ohservatario  astronömico  naciondl  in  Tacubaya: 

Boletin.   Tomo  II,  No.  7.    Mexico  1901.    fol. 
Anuario.   Ano  XXI.   Mexico  1901.   8®. 

Physikalisches  Observatorium  in  Tiflis: 
Beobachtungen  im  Jahre  1897.    1900.   4^. 

Deutsche  Gesellschaft  für  Natur-  und  Völkerkunde  Ostasiens  in  Tokyo: 
Mitteilungen.   Bd.  VIII,  Heft  2.    1901.    8». 

Kaiserl.  Universität  Tokyo  (Japan): 
The  Journal  of  the  College  of  Science.   Vol.  XV,  1.    1901.   4» 

Earthquake  Investigation  Committee  in  Tokyo: 
Publications,  No.  5,  6.    1901.   4®. 

Canadian  Institute  in  Toronto: 
Proceedings.    Vol.  II,  pari  4,    1901.   gr.  8^. 

üniversity  of  Toronto: 

Studies.    a)  Psychological ,    Series   No.  4.    b)  Geological,   Series  No.  1. 

c)  Anatomical,  Series  No.  1.    1900.   4®. 
Edw.  C.  Jeffrey,   The  Morphology  of  the  central  cylinder  in  the  Angios 

perma.    1900.    4<>. 

Universiti  in  Totdouse: 

AnnalcB  du  Midi  XII^  annde,  No.  46-48.    1900.   8». 

Annales    de  la  facultä   des  sciences.    II  ^  Sdrie.    Tom.  2.    Annde  1900. 

Paris.   49. 
Livret  de  Tüniversitd  1900. 

Biblioteca  e  Museo  comunale  in  Trient: 
Archivio  Trentino.    Anno  XV,  2.    1901.   S®. 

R,  Accademia  delle  scienze  in  Turin: 

Osservazioni  meteorologiche  fatte  nell*  anno  1900.    1901.   8^. 
Atti.    Vol.  36,  disp.  1-5.    1901.    8» 
Memorie.   Serie  II.    Tom.  50.    1901.   4P. 

K,  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  üpsala: 
NoTa  Acta.   Ser.  III.   Vol.  19.    1901.   4». 

Meteorolog.  Observatorium  der  Universität  Upsdla: 
Bulletin  mensuel.    Vol.  XXXII,  Annexe  1900.    1900—01.   4^ 

K.  Universität  in  Upsdla: 

Uppsatser  i  Romansk  Filologi  tillägnade  Professor  P.  A.  Oeijer  pll  hans 

sextio  arsdag  den  9.  April  1901.    1901.    8<>. 
Urkunder  tili  Stockholms  historia  I.    Andra  haftet.    1900.   8^. 

Historisch  Genootschap  in  Utrecht: 

Bijdragen  en  Mededeelingen.    Deel  XXI.    Amsterdam  1900.    8^ 
Werken.   N.  Serie.    No.  52*  u.  61.    1899—1900.   8^. 

Instittit  Royal  MHeorologique  des  Pays-Bas  in  Utrecht: 
Nederlandsch  Meteorologisch  Jaarboek  Toor  1898.    1901.    4^. 


20*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften, 

Provincial  Utrechtsch  Genootschap  in  Utrecht: 

Aanteekeningen  1900.   8^. 
Verslag.    1900.   S«. 

Physiologisch  Laboratorium  der  HoogescJwol  in  Utrecht: 
Onderzoekingen.    V.  Reeks.    Bd.  11,  aflev.  2.    1901.   S®. 

Äccademia  di  Sdenze  in  Verona: 
Atti  e  Memorie.   Serie  IV.   Vol.  I,  fasc.  1.    1900.   4^. 

Bureau  of  American  Ethnology  in  Washington: 
17.  annual  Report  (1895-96),  part  II.    1898.   4^. 

Bureau  of  Education  in  Washington: 
Report  1898—99.   Vol.  2.    1900.   8<>. 

U.  S.  Departement  of  Agriculture  in  Washington: 

Report.    1900.  No.  67;  1901,  No.  68.   8^. 

Bulletin.    Division  of  biological  Survey  No.  14.    1900.    8*^. 

North  American  Fauna  No.  16.    1899.    S^, 

Yearbook  1900.    1901.  80. 

Smithsonian  Institution  in  Washington: 

Report  on  the  U.  S.  National-Museom.    Part  II.    1901.    S^. 

Annual  Report  1898.    Parti,  II.    1900.   8^. 

A  select  Bibliography  of  Chemistry  by  H.  C.  Bolton.    1901.    8®. 

U.  S.  Nacal  Ohservatory  in  Washington: 

Publications.   11°^  Series.    Vol.  I.    1900.   4«. 

Observations  made  dnring  the  year  1891  and  1892.    1899—1900.   4^ 

Report  for  the  year  1899—1900.    1900.    8®. 

U.  S.  Coast  and  Geodetic  Survey  in  Washington: 

Special  Publication  No.  4.    1900.    40. 

Report  of  the  Superintendent  for  the  year  1898—99.    1900.    4«. 

Harzverein  für  Geschichte  in  Wernigerode: 
Zeitschrift.   33.  Jahrg.,  1900,  2.  H&lfte.    1900.   8^, 

Kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften  i?i  Wien: 

Sitzungsberichte.    Philos.-histor.  Glasse.    Bd.  141,  142   und  Register  XIV. 

1899—1900.   80. 
Mathem.-naturwissenschaftl.  Classe. 

1899,  Abtlg.     I,     No.  1-10.     1900,  No.  1—6. 
1899,  Abtlg.   IIa,  No.  1—10.     1900,  No.  1—7. 
1899,  Abtlg.    IIb,  No.  1—10.     1900,  No.  1—7. 
1899,  Abtlg.  III,     No.  1—10.     1900,  No.  1—7. 
1900.   8®. 
Denkschriften.    Philos.-histor.  Classe.    Bd.  46. 
Mathem.-naturw.  Classe.    Bd.  66,  Abtlg.  III;  Bd.  68. 
Archiv  für  österr.  Geschichte.    Bd.  87,  Hälfte  I,  II;   Bd.  88,  Hälfte  I,  II; 

Bd.  89,  Hälfte  I.    1900.   8^. 
Fontes  rerum  Austriacarum.   II.  Abtlg.,  Bd.  48,  Hälfte  II;  Bd.  49,  H&lfte  S. 

1900.    80. 
Almanach.    49.  Jahrg.,  1899.    8®. 
Tituli  Asiae  Minoris.   Vol.  I.   Tituli  Lyciae  ed.   £•  Kaiinka.    1901.   foL 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften,  21* 

K.  K,  geologische  Beichsansialt  in  Wien: 

Abhandlungen.  Schriften  der  Balkankommission.  Linguistische  Abteilang. 

I.  Sfldslavische  Dialektstudien.    Heft  I.    1900.   4^. 
Jahrbuch  1900.   Bd.  50,  Heft  2,  3.    1900/01.   4». 
Abbandlungen.   Bd.  XVI,  Heft  1.    1900.    fol. 
Verhandlungen  1900,  No.  13—18;  1901,  No.  1—6.   4P, 

K.  K.  Zentralanstalt  für  Meteorologie  in  Wien: 

Jahrbücher.    Jahrg.  1898.    N.  F.    Bd.  36;    1899.    N.  F.    Bd.  36,  Teil  I. 
1900.   40. 

K.  K.  Gesellschaft  der  Aerzte  in  Wien: 

Wiener  klinische  Wochenschrift  1901,  No.  3—26.    4». 

Anthropologische  Gesellschaft  in  Wien: 

Hitteilungen.   Bd.  XXX,  Heft  6.    Generalregister  zu  den  Bänden  21—30. 
1900A)1.   40. 

Zoologisch-botanische  Gesellschaft  in  Wien: 

Verhandlungen.    Bd.  50,  Heft  10;  Bd.  51.  Heft  1-4.    1901.   8«. 
Botanik  und  Zoologie  in  Oesterreich  1850—1890.    1901.   8<>. 

K,  K,  gemeinsames  Ministerium  in  Angelegenheiten  Bosniens  und 

der  Herzegowina  in  Wien: 

Wissenscbaftl.  Mitteilungen  aus  Bosnien  und  der  Herzegovina.   Bd.  VII. 
Wien  1900.   4». 

Verein  für  Nassauische  Altertumskunde  etc,  in  Wiesbaden: 

Annalen.  31.  Bd.,  Heft  2.  1901.  4^. 
Mitteilungen  1900/01,  No.  1—4.  4». 
Gottfried  Zedier,   Die  Inkunabeln   Nassauischer  Bibliotheken.    1900.    4^. 

Physikalisch-medizinische  Gesellschaft  in  Würzburg: 

Verhandlungen.    Bd.  34,  No.  2—6.    1901.   8®. 
Sitiungsberichte.   Jahrg.  1900,  No.  2—4.   8°. 

Historischer  Verein  von  Unter  franken  in  Würzburg: 
Archiv.   Bd.  42.    1900.    8». 

Natur  forschende  Gesellschaft  in  Zürich: 

Neujahrsblatt  auf  das  Jahr  1901.    103.  Stück.   4<'. 
Vierteljahrsschriffc.   45.  Jahrg.,  1900,  Heft  3  u.  4.    1901.    4«. 

Schweizerische  geologische  Kommission  in  Zürich: 

Beiträge.    N.  F.   Liefg.  10.    Bern  1900.   4«. 

Notice  explicative  de  la  feuille  XI  (2^0  ed.).    Bern  1900.    8°. 

Schweizerisches  Landesmuseum  in  Zürich: 
Anzeiger  für  Schweizerische  Altertumskunde.  N.  F.  Bd.  2,  1900,  No.  3.  4®. 


22*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften. 


Von  folgenden  Privatpersonen: 

Albert  I.  Prince  de  Monaco: 

Resultats  des  campagnes  scientifiques.   Fase.  17,  18.    1900.    fol. 
Notes  de  gdographie  biologique  marine.   Berlin  1900.   8®. 

Archer  de  Lima  in  Lissabon: 
Pour  la  Paix  et  pour  Thumanit^.    1898.    8^, 

Verlagshandlung  von  Johann  Ambrosius  Barth  in  Leipzig: 
Beiblätter  zu  den  Annalen  der  Physik.    1900,  No.  12;  1901,  No.  1—7.  8*. 

Verlag  von  Hugo  Bermühler  in  Berlin: 
Forschungen  zur  Geschichte  Bayerns.   Bd.  I— VIII.    1893—1900.    4^ 

E,  Bortolotti  in  Modena: 
Sulla  determinazione  deir  ordine  di  infinite.    1901.    8^. 

Emanuele  Ciaceri  in  Catania: 
La  Alessandra  di  Licofrone  -  Testo ,   traduzione  e  commento.     1901.    8^. 

Theodore  Crivetz  in  Bukarest: 
Essai  sur  requidistante.    1900.   8^. 

H,  Fritsche  in  St.  Petersburg: 
Die  Elemente  des  Erdmagnetismus.    Publikation  III.    1900.    8®. 

Madame  V^  Godin  in  Guise  (Aisne): 
Le  Devoir.   Tom.  25.   Janvier— Juin  1901.   8<>. 

Friedrich  Goppelsröder  in  Basel: 
Capiliaranalyse.    1901.   8^. 

Hugo  Groth  in  Hamburg: 
Zur  Dynamik  des  Himmels.    1901.   8^. 

Robert  Hartig  in  München: 
Holzuntersuchungen.    Altes  und  Neues.    Berlin  1901.    8^. 

Franz  J,  Heilemann -Völlshausen  in  Schöneberg  hei  Berlin: 
Die  Kraft  des  Weltalls.    Berlin  1900.   8^. 

H.  Herkenne  in  Bonn, 
Die  Textüberlieferung  des  Buches  Öirach.    Freiburg  1901.    S^. 

Hermann  Hippauf  in  Breslau: 
Die  Rektifikation  und  Quadratur  des  Kreises.    1901.   8^. 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften,  23* 

A,  von  KölUker  in  Würzhurg: 
DieMedulla  obloDgata  von  Ornithorbynclias  und  Echidna.  Leipzig  1901.  4®. 

Karl  Krumbacher  in  München: 
Byzantinische  Zeitschrift.   Bd.  10,  Heft  1,  2.    Leipzig  1901.   S«. 

Robert  Lauterhorn  in  Ileidelberg: 
Der  Formenkreis  von  Anuraea  cochlearis.   Teil  L    1900.    8®. 

Henry  Charles  Lea  in  Philadelphia: 
The  Moriscos  of  Spain.    1901.   8^. 

Fr.  Lehmanns  Buchhandlung  in  Zweibrücken: 
Loitpold  von  Bayern  von  Richard  Graf  Du  Moulin  Eckart.    1901.   8P, 

C,  MeUis  in  Neustadt  a/H,: 
Walahstede.    Eine  rheinische  Burganlage.    Kaiserslautern  1901.   8^. 

Gabriel  Monod  in   Versailles: 

Revue  historique  Annde  XX VL    Tom.  75,  No.  II  (Mars  &  Avril);  Tom.  76, 
No.  I,  II  (Mai— Aoüt).    1901.   8^. 

Antonio  Pranzeldres  in  Trient: 
Niccolo  d*Arco,  studio  biologico.    1901.    8®. 

Dietrich  Reimers  Verlagshandlung  in  Berlin: 

Zeitschrift  für  afrikanische  und  ozeanische  Sprachen.    5.  Jahrg.,  3  Heft. 

1900.  40. 

Gustav  Retzius  in  Stockholm: 
Crania  Suecica  Antiqua.   Jena  1900.    fol. 

Jädouard  Sarasin  in  Genf: 
Lea  oscillations  du  lac  des  quatre-cantons.    1901.    8^. 

Verlag  von  Seitz  <#  Schauer  in  München: 
Deutsche  Praxis.    10  Jahrg.,  1901,  No.  3— 12.   8«. 

Serge  Socolow  in  Moskau: 
Corr^Iations  r^gulieres  supplementaires  du  syt^me  plan^taire.    1901.   8®. 

B.  G,  Teubner  in  Leipzig: 

Thesaurus  linguae  latinae.     Vol.  II,  fasc.  1.    1901.    4^ 

Archiv  der  Mathematik   und  Physik.    III.  Reihe,  Bd.  I,  Heft  1  und  2. 

1901.  gr.  80. 

Enkyclopädie  der  mathematischen  Wissenschaften.   Bd.  I,  Heft  6;  Bd.  IV,  2, 
Heft  1.    1901.   80. 


24*  Vergeiehnis  der  eingelaufenen  Druckschriften. 

E,  Teza  in  Padua: 
Air  Ascoli.    Iniorno  al  Vocabolario  di  Nie.  Volla  da  Girgenti.    1901.  8*. 

N,  Wecklein  in  München: 
Euripidis  fabulae.  Vol.  III,  4.  Phoenisse  ed.  N.  Wecklein.  Leipzig  1901.  8". 

Johannes  WisUcenus  in  Leipzig: 
Sir  Edward  Frankland.    s.  1.  1901.    8^. 

Ed,  von  Wölfflin  in  Müncf^en: 
Archiv  för  lateinische  Lexikographie.    Bd.  XII,  2.    1901.   80, 


25* 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckscliriften 

Juli  bis  Dezember  1901. 


Die  Yorehrlichen  Gesellschaften  and  Institute,  mit  welchen  unsere  Akademie  in 
Tauschverkehr  steht,  werden  gebeten,  nachstehendes  Verzeichnis  zugleich  als  Empfangs- 
beetätigung  zu  betrachten. 


Von  folgenden  Gesellschaften  nnd  Instituten: 

Royal  Society  of  South-Australia  in  Adelaide: 
Transactions.    Vol.  XXV,  part  1.    1901.   8^ 

Observatory  in  Adelaide: 
Meteorological  Observations  of  the  year  1898.    1901.   fol. 

Südslaoische  Akademie  der  Wissenschaften  in  Agram: 

Ljetopig  1900.    1901.   8^. 

Kad.   Bd.  146.    1901.    8°. 

Monumenta  historico-juridica.     Vol.  VIII.    1901.    8®. 

Zbornik  za  narodni  zivot.    Bd.  VI,  1.    1901.    8^. 

K,  kroat.-slavon.-dalmatinisches  Landesarchiv  in  Agram: 
Vjestnik.    Bd.  8,  Heft  3,  4.    1901.    4". 

Kroatische  archäologische  Gesellschaft  in  Agram: 
Vjesnik.    N.  Ser.    Sveska  6.    1901.    4«. 

Societi  des  Antiquaires  de  Picardie  in  Amiens: 

La  Picardie  historique  et  monumentale.    Tom.  I,  No.  6.    1899.   fol. 
Bulletin.    Annäe  1899,  trimestre  2— 4;  1900,  trimeatre  1.    1900.    8^. 

K,  Akademie  der  Wissenschaften  in  Amsterdam: 

Verbandelingen.  Afd.  Natuurkunde  I.  Sectie.  Deel  VII,  No.  6,  7;  II.  Sectie, 

Deel  VII,  No.  4-6. 
Verhandelingen.    Afd.  Letterkunde.    Deel  III,  No.  1-4.    1900.   4<>. 
Jaarboek  voor  1900.    1901.    8°. 
P.  H.  Damstä,  Patria  rura,  Carmen.    1901.    8^. 

Redaktion  der  Zeitschrift  „Athena": 
Athena.   Tom.  13,  fasc.  4.    1900.   8^. 

Historischer  Verein  für  Schwaben  und  Neuburg  in  Augsburg: 
Zeitschrift.    27.  Jahrg.    1900.    8^. 

3 


2^T*  TazeiAmk  4er  m^idimfrmem  Ißrwdtadkriftem 


C^^fSLJ^r^   T<>L1X  y.-Ä  53:  TgL  XJDL  Xa  54,    1»1.    4» 
Am^erfeata  Jovrul  <if  KüÄ«sa&2f-    V;L  XXIIL  So.  2-4.    1901.    4«. 
Tz^  AaL*ritaji  J:-«xnaI  o«!f  ?k£I»3l»»j.    V:L  XXIL  1.    1901.    S*. 

IkmMTJi:^  CfcKüi!»!  J:iniAL  VoL25l  Xx4-<5:  V.^LÄ,  Xo.  1—3.  1901.  6«. 

/-itiM  Hr'pkf&i  Uttfr^^tTT  Scaüs».    VoL  lOL  X>-  4—9.    19Ö1.  8^. 

B<s:>tfB  of  tL*  Joi»  Ho^kiu  ei3*f|icaL   VoL  XfL  Xr.  121—128.  1901.  4<'. 

Tbt  J-.iaLi  Hopcixj  B^fpiLkl  B^fwirt?.  T«L  H.  ToL  X^  Xo.  1,  2.  1901.  4«. 

34^  äBfi^iäl  Eiepon  Jos«  1.    ISOl.   C^. 

Matyl/imd  Gtfifißpctü  Smrxej  im  B^Mmore: 

XaiMrfondkemde  Gei^4dkaft  in  B^atberg: 
XTllL  Berich!:.    1901.   ö*. 

UUioriidk^ntiqwiriifke  Gtteüidkaft  tu  B^uei: 

h^T^*:  zsT  T&t^rUiidiaekai  Geschichte.   X.  F.    Bd.  T,  Heft  4.    1901.  8^. 

25.  Jacre-h^rlckt  l99&  1900.    ISöO.   8'^. 

Bs^ler  Z^u^iirif:  fo  Geschidite.    Bd.  1,  Bcft  1.    1901.    8*. 

ÜKirerfUät^jibiwikek  im  B^iei: 
.rkhHften  der  UniTerfitlt  aos  dem  Jaiire  19(X)»01  m  4*  und  8^. 

ßa(aKiaaiKh  GtnooiJidiap  ran  Kumsiem  em  W€tenttkapp€n  im  Batazia: 

Tijdicfchft-    Deel  44.  aä.  1  — 4.    IS^Jl.    8». 

SotnlejL    Deel  ZS,  ad.  4;  Deel  39.  afl.  1.    1900—1901.    8*. 

bs^^hh^r^^iMier,    Anno  1641—42  and  1673.    1900^1.    S*. 

Obierratory  in  Bitada: 

OUerratfon^.    Vol.  XXIL  part  2.    1901.    foL 
Ke;^enwaameiDiBgeD.    XXIL  Jahrg.    1900.   4*. 

K.  naiuurkundige   Vert^niging  in  SedcrlamdMck  Imdie  zu  Baiacia: 
Natnofkandig  Tijd#chrift.    Deel  60.    1901.   6*. 

K.  HerhUdi^  Akademie  der  Wissensduiftem  im  Btigrcid: 

Glaj.    No.  LX,  LXIL    1901.    8^ 

(JeflijchiTi'tkf*tieT  für  Xicifor  Dacic,   Archimandriten  und  Akademiker  im 
22.  April  1901.    8®. 

Museum  in  Bergen  (Noncegen): 

An  Account  of  the  Crastacea  of  Norwey.    VoL  IT,  par«  i^  %,    1901    4*. 
Aarbog  far  1901.    8". 

K.  preuss.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Berlin: 

Acta   borruÄS.'ca.    Behördenorgani^ation.    Bd.  VI,  Abtlg.  1 — 3.    Getreiöe- 

bandelpolitik.    Bd.  3.    1901.    8'^ 
Sitzungsberichte  1901.    No.  XXIII-XXXVIIL    gr.  8». 
Corpus  ingcriptorura  latinarum.  Vol.  XI,  partis  posterioris  fksc.I;  VoLXllL 

partim  tert.  fa^c.  I.    1901.    fol. 

K.  geolog.  Landesanstalt  und  Bergakademie  in  Beriin: 
Abhandlungen.    N.  F.    Heft  34.    1901.    4». 
Geologisch- morphologische  Uebersichtskarte  der  ProTinz  Pommern  ISÖI 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften,  27* 

Deutsche  chemische  Gesellschaft  in  Berlin: 
Berichte.   34.  Jahrg.,  No.  10—17.    1901.   8». 

Deutsche  geologische  Gesellschaft  in  Berlin: 
Zeitschrift.    Bd.  53,  Heft  1-3.    1901.   8^. 

Deutsche  physikalische  Gesellschaft  in  Berlin: 

Die  Fortschritte    der  Physik  im  Jahre    1900.    56  Jahrg.,  Abtlg.  I— IIL 

Braunschweig  1901.    8<>. 
Verhandlungen  im  Jahre  1901.   Leipzig  1901.   8^. 

Physiologische  Gesellschaft  in  Berlin: 

Zentralblatt  für  Physiologie.    1901.   Bd.  XV,  Nr.  7—17  und  Register  zu 

Bd.  XIV.    Leipzig.    80. 
Verhandlungen  1900—1901.    No.  11—19.    8^ 

Kaiserlich  deutsches  archäologisches  Institut  in  Berlin: 

Jahrbuch.    Bd.  XVI,  Heft  2,  3.    1901.    4«. 
Antike  Denkmäler.    Bd.  II,  Heft  4.    1901.    fol. 

K.  preuss,  meteorologisches  Institut  in  Berlin: 

Begenkarte  der  Provinzen  Brandenburg  und  Pommern  von  G.  Hellmann. 

1901.    8^ 
Bericht  über  das  Jahr  1900.    1901.    8». 
Abhandlungen.    Bd.  1,  No.  6— 8.    1901.    4^. 
Ergebnisse  der  Beobachtungen  an  den  Stationen.   II.  u.  III.  Ordnung  im 

Jahre  1896  und  1900.    1901.    4». 

Jahrbuch  über  die  Fortschritte  der  Mathematik  in  Berlin: 
Jahrbuch.   Bd.  XXX,  Heft  1 -3.    1901.   8». 

K.  Sternwarte  in  Berlin: 
Beobachtungsergebnisse.   Heft  9.    1901.   4^. 

Verein  zur  Beförderung  des  Gartenbaues  in  den  preuss.  Staaten 

in  Berlin: 

Gartenflora.    50.  Jahrg.  1901,  No.  U— 24.    1901.   8°. 

Verein  für  Geschichte  der  Mark  Brandenburg  in  Berlin: 

Forschungen  zur  Brandenburgischen  und  Preussischen  Geschichte.  Bd.  14, 
2.  Hälfte.    Leipzig  1901.    8^. 

Naturwissenschaftliche  Wochenschrift  in  Berlin: 
Wochenschrift.    Bd.  XVI,  Heft  7,  8. 

Zeitschrift  für  Instrumentenkunde  in  Berlin: 
Zeitschrift.   21.  Jahrg.  1901,  Heft  7— 12.    4«. 

Allgemeine  geschichtsforschende  Gesellschaft  der  Schweiz  in  Bern: 
Jahrbuch  für  Schweizerische  Geschichte.    26.  Bd.    Zürich  1901.   8^. 

Naturforschende  Gesellschaft  in  Bern: 

82.  Jahresversammlung  in  Neuchatel.  31 .  Juli  bis  2.  August  1899 ;  83.  Jahres- 
versammlung in  Thusis.  2.  bis  4.  Sept.  1900.  8^.  Nebst  französischem 
Auszuge  aus  beiden. 

3* 


28*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften, 

SocUti  d^J^mülation  du  Doubs  in  Besangon: 
M^moires.   5«  Sär.    Tom.  6  cahier  2.    Paris  1901.   8^. 

B,  Depuiazione  di  storia  patria  per  le  Provincie  di  BomcLgna 

in  Bologna: 

Atti  e  Memorie.   Serie  III.   Vol.  XIX  faac.  1—3.    1901.    8^ 

Niederrheinische  Gesellschaft  für  Natur-  und  Heilkunde  in  Bonn: 
SitzuDgsberichte  1900.    2.  Hälfte.    1900.    8^. 

Universität  in  Bonn: 
Schriften  aus  dem  Jahre  1900/01  in  4^  und  8<^. 

Verein  von  Altertumsfreunden  im  Bheinlande  in  Bonn: 
Bonner  Jahrbücher.    Heft  107.    1901.    4P, 

Naturhistorischer  Verein  der  preussischen  Rheinlande  in  Bonn: 
Verhandlungen.    57.  Jahrg.  2.  Hälfte.    1900.   8». 

Societe  des  sdences  physiques  et  naturelles  in  Bordeaux: 

Proefea-verbaux  des  s^ances  Annde  1899—1900.    Paris  1900.    8^, 
Observationa  pluviomätriques  1899—1900.    1900.    8^. 
M^moires.    5®  S^r.    Tom.  5  cahier  2.    Paris  1901.    8®. 

Societe  Linneenne  in  Bordeaux: 

Actes.   Vol.  55.    1900.   8^ 

Catalogue  de  la  biblioth^ue.    Fase.  2.    1901.   8^. 

Sociite  de  geographie  commerciale  in  Bordeaux: 
Bulletin.    1901.    27«  anu^e  No.  13—24.    8«. 

American  Academy  of  Arts  and  Sciences  in  Boston: 
Proceedings.    Vol.  36  No.  20—29;  Vol.  87  No.  1—3.    1901.    8^. 

American  Philological  Association  in  Boston: 
Transactions  aud  Proceedings.    Vol.  31.    1900.    8^. 

K.  Lyceum  Hosianum  in  Braunsberg: 
Arbeiten  aus  dem  botanischen  Institut.    I.    1901.    4®. 

Meteorologisches  Observatorium  in  Bremen: 
Deutsches  meteorologisches  Jahrbuch  für  1900.    1901.    4®. 

Naturwissenschaftlicher  Verein  in  Bremen: 
Abhandlungen.    Bd.  XVII,  1.    1901.    8«. 

Schlesische  Gesellschaft  für  vaterländische  Kultur  in  Breslau: 
78.  Jahresbericht  1900  und  Ergänzungsheft  1901.   8^. 

Sternwarte  in  Breslau: 
Mitteilungen.    Bd.  I.    1901.  4®. 

Deutscher  Verein  für  die  Geschichte  Mährens  u.  Schlesiens  in  Brunn 
Zeitschrift.    Jahrg.  5  Bd.  4.    1901.   gr.  8^. 

Academie  Boyale  de  midecine  in  Brüssel: 
Bulletin.    IV.  Sdrie.    Tome  XV  No.  5—9.    1901.   8^. 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften.  29* 

ÄcadSmie  Boy  die  des  sciences  in  Brüssel: 

M^moires  couronn^s  in  4^.    Tom.  67,  58. 

Mdmoires  couronnds  in  8®.   Tom.  68—60  avec  carte  pour  le  tom.  48. 
Biographie  nationale.    Tom.  XV,  2;  XVI,  1.    1899—1900.    8^. 
Bulletin,    a)  Classe  des  lettres  1901,  No.  6—10.   8^. 

b)  Classe  des  sciences  1901,  No.  6—10.    8^. 
4  volumes  Croniques  in  8^.    1899—1900. 
4  volumes  Croniques  in  4P.    1899—1900. 

Bihliotheque  Boy  die  in  Brüssel: 
Catalogue  des  Manuscits.    Tom  1.    1901.   8^. 

Societe  des  Bollandistes  in  Brüssel: 
Analecta  Bollandiana.    Tom.  XX  fasc.  3,  4.    1901.   8®. 

Societe  entomologique  de  Belgique  in  Brüssel: 
Mdmoires.    VIII.    1901.    8^. 

SociSte  beige  de  gSologie  in  Brüssel: 
Bulletin.    Tom.  XII  fasc.  8;  Tom.  14  fasc.  6;  Tom.  16  fasc.  4,  6.  1901.  8<>. 

K.  ungarische  Akademie  der  Wissenschaften  in  Budapest: 

Almanach.    1901.   8^. 

Njelvtudomänyi  Eözlemdnyek.     (Sprachwissenschaftliche  Mitteilungen.) 

Bd.  30  Heft  3,  4;  Bd.  31  Heft  1,  2.    1900/01.    S». 
Archaeologiai  £rtesitö.    Uj  foljam.     (Archäologischer  Anzeiger.)    Bd.  20 

Heft  3-6;  Bd.  21  Heft  1,  2.    1900/01.    4^ 
firtekez^sek  a  nyelvtudomanjok  kör^böl.   Bd.  17,  Heft  6— 8.  1900-01.  S^. 
Ertekezdsek  a  tärsadalmi  tudomänjok  kör^böl.  Bd.  12,  Heft  6-7.  1901.  8®. 
Ertekez^sek  a  tört^neti  tudomänyok  kördböl.   Bd.  19,  Heft  1—6.   1901.  8^. 
Mathematikai  Ertesitö.    (Mathemat.  Anzeiger.)   Bd.  18,  Heft  3— 6;  Bd.  19, 

Heft  1,  2.    1900/01.    S». 
Mathematikai   Közlem^nyek.    (Mathemat.  Mitteilungen.)    Bd.  27  Heft  5. 

1901.   80. 
Mathematische  und  naturwissensch.  Berichte  aus   Ungarn.   Bd.  14 — 16. 

Berlin  1898—99.    8°. 
Happort  sur  les  traveaux  de  TAcad^mie  en  1900.    1901.   8®. 
Gröf  Kuun  Gdza,  Ismereteink  tibetröl.    1900.    8». 
Daday  Jenö,  A  Magyarorszägi  kagylösräkok  Mayänrajza.    1900.    8^. 
A  Magyar  Nemzets^gek  a  XIV.  8zä.zad  Eözep^ig   Irta  Ear^csonyi  Jä.nos. 

1900.    8^. 
Arja  ds  Eaukäzusi  elemek.   Irta  Munkdcsi  Berndt.    1901.   8^. 

K.  Ungar,  geologische  Anstalt  in  Budapest: 

Abafi  Aigner,  A  lepk^szet  törtänele  Magyarorszägon.    1898.   8®. 
Hdjas  A.,  A  zivatarok  Magyarorszagou  1871—95.    1898.    8®. 

Statistisches  Bureau  der  Haupt-  und  Residenzstadt  Budapest: 
Publikationen.   No.  XXIX,  1;  XXX,  XXXI.    Berlin  1900—1901.   4». 

Museo  nacional  in  Buenos  Aires: 
Camunicaciones.   Tom.  I,  No.  9.    1901.   8^. 

Deutsche  akademische  Vereinigung  in  Buenos  Aires: 
Veröffentlichungen.    Bd.  I  Heft  4,  6.    1901.    S®. 


30*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften. 

Botanischer  Garten  in  Buitenzorg  (Java): 

Verslag  over  het  jaar  1900.    1901.    4^. 

Grondsoortenkaart  van  een  gedeelte  van  Deli  door  D.  S.  Hissink.    Karte 

mit  erläuterdem  Text.    1901.    4». 
Mededeelingen.    No.  48-60.    1901.    4«. 
Bulletin.    No.  VIII.    1901.    4^. 

Society  of  natural  sciences  of  Buffalo: 
Bulletin.    Vol.  VII,  No.  1.    Albanj  1901.   8». 

Äcademia  Romana  in  Bukarest: 

Discursuri  de  recep^iune  XXIII.    1901.    49. 

Analele.    Serie  IL    Tome  22.    1899—1900.   Memoriile    sec^iunii    sciitifice; 

,      22.    1899 — 1900.    Memoriile  sec^iunii  istorice; 

„      23.    1900—1901.    Parteaadministrativa.  1900bi8 
1901.    4«. 
Publicajiunile  fondului  Princesa  Alina  Stirbei.   No.  II— IV.    1896. 
Grigorie  Cretu,  Lexicon  Slavo-Rom&nesc.    1900.   8®. 

Sim.  Fl.  Marian  Serbatorile  la  Romani.    Vol.  3.    1901.    8^. 

Sodete  Linn^enne  de  Normandie  in  Caen: 

Mdmoires.    Vol.  XX,  fasc.  3.    1900/01.    4. 
Bulletin.   5e  S^rie.    Vol.  4.    1901.   8®. 

Meteorological  Department  of  the  Government  of  India  in  Caicutta: 

Montbly  Weather  Review  1901.    Februarj — July  und   Annual    Sammarj 

1900.    fol. 
Rainfall  in  India  9*1»  year  1899.    1900.    fol. 
Report  on  the  Administration  1900—1901.    1901.    fol. 

Departement  of  Bevenue  and  Agriculture  of  the  Government  of  India 

in  Caicutta: 

Memorandum  on  tbe  snowfall  in  the  mountain  districts  1900.    1901.   fol. 

Äsiatic  Society  of  Bengdl  in  Caicutta: 

Catalogue  of  printed  Books  and  Manuscripts.     Fasc.  3.    1901.    49. 
Biblioiheca  Indica.    New  Ser.    No.  977—982,  956,   984—998,  1000.    1899 

bis  1901.    80. 
Journal.    No.  392-394.    1901.    8«. 
Proceedings.    1901.    No.  3—8.    8^. 

Geological  Survey  of  India  in  Caicutta: 

Memoirs.    Vol.  XXX,  2;  Vol.  XXXI,  1;  Vol.  XXXII,  2;  Vol.  XXXIII,  2. 

1900/01.    40. 
Paläontologica  Indica.    Ser.  IX.  Vol.  III ,  part  I  und  New  Series.    Vol.  1, 

No.  3.    1900-1901.   fol. 
General  Report  1900/01.    1901.    4«. 

Mtiseum  of  comparative  Zoology  at  Harvard  College  in  Cambridge^  Mass.: 

Bulletin.    Vol.  36,  No.  7,  8;  Vol.  37,  No.  3;  Vol.  39,  No.  1.    1901.    B9. 
Annual  Report  for  1900—1901.    1901.    8«. 
Memoirs.    Vol.  XXV,  No.  1.    1901.    4®. 

Ästronomicdl  Ohservatory  of  Harvard  College  in  Cambridge,  Mass.: 
Annais.   Vol.  28,  part  2;  Vol.  41,  part  7.    1901.   4® 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften,  31* 

Philosophicäl  Society  in  Cambridge: 
Proceedings.    Vol.  XT,  part  3.    1901.    8^. 

Accademia  Gioenia  di  scienze  naturali  in  Catania: 
BoHettino.   Fase.  68—70.    1901.   8°. 

K,  sächsisches  meteorologisches  Institut  in  Chemnitz ; 
Jahrbuch.    Jahrg.  XVI,  Abtlg.  II.    1901.    4^ 
Dekaden-Monataberichte.    Jahrg.  III,  1900.    1901.    4^. 
AbhandluDgen.   Heft  6.    Leipzig  1901.    4^. 

Field  Columbian  Museum  in  Chicago: 
Publications.    No.  65— 69.    1901.   8«. 

Zeitschrift  „Ästrophysical  Journal"  in  Chicago: 
Vol.  Xni  No.  5;  Vol.  XIV  No.  1—4.    1901.    gr.  8^. 

Zeitschrift  „The  Journal  of  Gedlogy": 
Vol.  IX  No.  6.    1901.   8». 

Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Christiana: 

Forhandlingar  1900.    1901.    8^. 

Skrifter.   I.  Mathemat.-naturwissensch.  Classe  1900  No.  5 — 7  und  Titel. 
IL  Hietor.-filos.  Classe  1900  No.  6  und  Titel.    1900.   gr.  8». 

K.  Norwegische  Universität  in  Christiania: 
Schriften  aus  dem  Jahre  1900. 

Historisch-antiquarische  Gesellschaft  für  Graubünden  in  Chur: 
XXX.  Jahresbericht.   Jahrg.  1900.    1901.    8^. 

Naturforschende  Gesellschaft  Graubündens  in  Chur: 
Jahresbericht.    N.  F.    Bd.  44.    Vereinsjahr  1900/01.    1901.    8^. 

Ohio  State  üniversity  in  Columbus: 
Xlllti»  annual  Report.    1900.    8». 

Äcademia  naciondl  de  ciencias  in  Cordoba  (Republik  Argentinien): 
Boletin.    Tom.  XVI,  4.    1901.   8». 

Naturforschende  Gesellschaft  in  Danzig: 
Schriften.    N.  F.    Bd.  X,  Heft  2,  3. 

Historischer  Verein  für  das  Grossherzogtum  Hessen  in  Darmstadt: 

Archiv  für  hessische  Geschichte.   N.  F.    Bd.  3  Heft  1   und  Ergänzungs- 
band 1  Heft  1.    1900—1901.    8^. 

Äcademie  des  Sciences  in  Dijon: 
Mämoires.   IVe  S^rie.    Tome  7.    Annäes  1899—1900.    1901.   8«. 

Union  gSographique  du  Nord  de  la  France  in  Douai: 
Bulletin.   Tome  21,  trimestre  4;  Tome  22  trimestre  1,2.   1900—1901.  8^. 

K.  sächsischer  Ältertumsverein  in  Dresden: 

Jahresbericht  1900/01.    1901.   8». 

Neues  Archiv  für  sächsische  Geschichte.    Bd.  22.    1901.   8^ 


32*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften. 

GeneraJdtrel'tion  der  Ic,  Sammlungen  für  Kunst  und   Wissenschaft 

in  Dresden: 

Bericht  über  das  Jabr  1898/99.    1900.   fol. 

Eoyal  Irish  Academy  in  Dublin: 

Proceedings.    Ser.  III.    Vol.  VI,  2.  3;  Vol.  VII.    1901.    8®. 
Transactions.    Vol.  XXXI.    Parts  8—11.    1900.    4P. 

PoUichia  in  Dürkheim: 
Mitteilungen.   68.  Jahrg.  1901  No.  14,  16.   8«. 

American  Chemical  Society  in  Easton,  Pa,: 
The  Journal.    Vol.  28,  No.  6-11.    1901.   8^. 

Eoyal  Society  in  Edinburgh: 

Proceedings.    Vol.  XXIII,  No.  4,  6.    1901.   8^ 
Transactions.    Vol.  40.    Part  I  No.  8.    1901.    4®. 

Royal  Physical  Society  in  Edinburgh: 
Proceedings.    Session  1899—1900.    1901.   8«. 

Verein  für  Geschichte  der  Grafschaft  Mansfeld  in  Eisleben: 
Mansfelder  Blätter.    15.  Jahrg.    1901.   8®. 

Naturforschende  Gesellschaft  in  Emden: 
85.  Jahresbericht  für  1899/1900.    1901.    Q^. 

K.  Akademie  gemeinnütziger  Wissenschaften  in  Erfurt: 
Jahrbücher.    N.  F.    Heft  27.    1901.    8». 

K.  Universitätsbibliothek  in  Erlangen: 
Schriften  aus  dem  Jahre  1900/01  in  4  und  8®. 

Eeale  Accademia  dei  Georgoßi  in  Florenz: 
Atti.    Ser.  IV.   Vol.  24  disp.  2.    1901.    8^ 

Societä  Asiatica  Italiana  in  Florenz: 
Giornale.    Vol.  14.    1901.    8«. 

Senckenbergische  natur forschende  Gesellschaft  in  Frankfurt  alM.: 

Abhandlungen.    Bd.  XXVI,  Heft  3.    1901.    4». 
Bericht.    1901.    S». 

Physikalischer  Verein  in  Frankfurt  a/M,: 
Jahresbericht  für  1899—1900.    1901.    8«. 

Naturwissenschaftlicher  Verein  in  Frankfurt  afO,: 

Helios.    Bd.  18.    1901.    S». 

Societatum  Litterae.    1900,  Jahrg.  XVI,  No.  1—12.    8». 

Natur  forschende  Gesellschaft  in  Freiburg  t.  Br.: 
Berichte.   Bd.  XI,  3.    1901.   8». 

Breisgau' Verein  Schau-ins-Land  in  Freiburg  t.  Br,: 
,Schau-ins-Land.*    28.  Jahrg.    1901.    fol. 

Kirchengeschichtlicher  Verein  in  Freiburg  i.  Br,: 
Freiburger  Diöcesan-Archiv.  N.F.  Bd. 2  (=  Bd. 29  d. ganz.  Reihe).  1901.  b^ 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften,  33* 

Universität  in  Freiburg  i,  Br,: 
Schriften  aus  dem  Jahre  1900/01  in  4^  und  8<*. 

Universität  Freihurg  in  der  Schweiz: 
CoUectanea  Friburgenaia.    Nouv.  S^rie.    Fase.  2.    1901.   8^. 

Institut  national  in  Genf: 
Mdmoires.    Tom.  XVIIT.    1893—1900.    1900.    4». 

Ohservatoire  in  Genf: 

Resum^  m^teorologique  de  l'annäe  1899  pour  Gen^ve  et  le  Grand  Saint- 

Bemard.    1900.    8«. 
Observations  m^t^orologiques  faites  aux  fortifications  de  Saint-Maurice  1899. 

1901.    80. 

Universität  in  Genf: 

Schriften  aus  dem  Jahre  1900/01  in  4»  und  8^. 

Histoire   de  T Universum  de  Genbve  par  charles  Borgeaud.   L'Acad^mie 
de  Calvin  1559—1798.    1900.    4». 

Sociite  de  physique  et  dliistoire  naturelle  in  Genf: 

Me'moires.   Tom.  33,  partie  2.    1899—1901.    4«. 

Universität  in  Giessen: 

Schriften  aus  dem  Jahre  1900/01  in  4^  und  8^. 

Naturforschende  Gesellschaft  in  Görlitz: 

Abhandlungen.    23.  Bd.    1901.    8^. 

K,  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Göttingen: 

Festschrift  zur  Feier  des  150jährigen  Bestehens  der  k.  Gesellschaft  der 

Wissenschaften  und  zwar 
Abhandlangen.   N.  F. 

a)  Philol.-hist.  Classe.   Bd.  III,  2;  Bd.  IV,  4;  Bd.  V,  1,  2. 
Berlin  1901. 

b)  Mathem.-phjsikal.  Classe.    Berlin  1901. 

c)  Beiträge  zur  Gelehrtengeschichte  Göttingens.    Berlin 
1901.   40. 

Nachrichten,    a)  Geschäftliche  Mitteilungen.    1901,  Heft  1. 

b)  Philol.-hist.  Classe     1901,  Heft  1,  2. 

c)  Mathem.-physik.  Classe.    1900,  Heft  1.    1901.   4». 
Gelehrte  Anzeigen.    1901.    Jahrg.  163,  No.  6— 11.    1901.    4^. 

K,  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Gothemburg: 
Handlingar.    Serie  IV.   Tom.  3.    1901.   8». 

Universität  in  Gothemburg: 
Ärsskrift.    Bd.  VI,  1900.    1901.    8^. 

Scientific  Laboratories  of  Dension   University  in  Granville,  Ohio: 
Bulletin.   Vol.  XI,  10.    1901.   8«. 

Historischer  Verein  für  Steiermark  in  Graz: 

Mitteilungen.    Heft  48.    1900.   8». 

Beiträge  zur  Kunde   Steiermark ischer  Geschichtsquellen.    31.  Jahrgang. 

1901.    80. 
Der  historische  Verein  für  Steiermark  1850—1900.    1900.    49. 
Die  Feier  des  50jährigen  Bestehens  und  Wirkens  des  Vereins.    1900.   B®. 


34*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften. 

Naturwissenschaftlicher  Verein  für  Steiermark  in  Grcui: 

MitteilungCD.   Jahrg.  1900,  Heft  37.    1901.   8». 

Bügisch-Pommerscher  Geschichtsverein  in  Greifswdld: 

Pommersche  Jahrbücher.    Bd.  2  und  1  Ergänzungsband.    1901.    8^ 

K.  Instituut  voor  de  Taal-,  Land-  en  Volkenkunde  van  Nederlandsch  Indie 

im  Haag: 

Bijdragen.    VI.  Reeks.    Deel  IX,  1,  2.    1901.   8®. 

Teyler's  Genootschap  in  Haarlem: 
Arcbives  du  Mus^e  Teyler.    Ser.  II.    Vol.  VII,  partie  3,  4.    1901.    4«. 

SociStS  Hollandaise  des  Sciences  in  Haarlem: 

Oeuvres  compl^tes  de  Christian  Huggens.   Vol.  IX.    1901.    4®. 
Arcbives  Nöerlandaises  des  sciences  exactes.   S^rie  II.    Tom.  4,  livr.  3—6 
und  Sörie  II.   Tom.  6.    La  Haye  1901.    8^. 

Kaiserh  Leopoldinisch-Carolinische  Deutsche  Akademie  der  NcUurfarscher 

in  Halle: 

Kepertorium   zu  den  Akta  und  Nova  Akta.    Vol.  I,  II,    1,  2.    1894  bis 

1899.   40. 
Geschichte  der  Bibliothek  und  Naturaliensammlung.    1894.    8®. 
Leopoldina.   Heft  37,  No.  7— 11.    1901.   4«. 
Nova  Acta.    Abhandlungen,  Bd.  77,  78.    1901.    4». 

Deutsche  morgenländische  Gesellschaft  in  Halle: 
Zeitscbrift.    Bd.  65,  Heft  3,  4.    Leipzig  1901.    8^. 

Universität  Halle: 
Schriften  aus  1900/01  in  4«  und  8*». 

Naturwissenschaftlicher  Verein  für  Sachsen  und  Thüringen  in  Halle: 
Zeitschrift  für  Naturwissenschaften.  Bd.  74,  Heft  1,  2.  Stuttgart  1901.  8®. 

Thüringisch-sächsischer  Verein  ?'.ur  Erforschung  des  vaterländischen 

Altertums  in  Halle: 

Neue  Mitteilungen.   Bd.  21,  Heft  1.    1901.   8«. 

Deutsche  Seewarte  in  Hamburg: 

23.  Jabresbericbt  für  1900.    1901.    8». 

III.  Nachtrag  zum  Katalog  der  Bibliothek.    1901.   8®. 

Stadtbihliothek  in  Hamburg: 

Jahrbuch  der  Hamburgiscben  wissenschaftlichen  Anstalten.    XVII.  Jahrg. 

1899.   8». 

Sternwarte  in  Hamburg: 

Mitteilungen.   No.  7.    1901.   8®. 

Verein  für  naturwissenschaftliche  Unterhaltung  in  Hamburg: 
Verhandlungen.    Bd.  XT,  1898-1900.    1901.    8®. 

Historischer  Verein  für  Niedersachsen  in  Hannover: 
Zeitschrift.    Jahrg.  1901.   8<>. 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften,  35* 

Universität  Heidelberg: 

Akademische  Rede   zur  Feier   des   Geburtsfestes  des  Grossherzogs,  von 

Adolf  Hausrath.    1901.    4». 
Schriften  der  Universisät  aus  dem  Jahre  1900/01  in  4P  und  8^. 

Historisch-philosophischer  Verein  in  Heidelberg: 
Neue  Heidelberger  Jahrbücher.   Jahrg.  X,  Heft  2.    1900.   8*. 

Naturhistorisch-medizinischer  Verein  zu  Heidelberg: 
Verhandlungen.   N.  F.    Bd.  6,  Heft  6.    1901.    S^. 

Geschäftsführender  Ätisschuss  der  Eeichslimeskommission  in  Heidelberg: 

Der  Obergermanisch- Rae tische  Limes  des  Römerreiches.   Liefg.  XIV,  XV. 
1901.   40. 

FinJändische  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Helsingfors: 

Acta  societatis  scientiarum  Fennicae.    Tom.  26,  27.    1900.    4^ 

Commission  geologique  de  la  Finlande  in  Helsingsfors: 

Carte    geologique   detaill^e,    feuilles   86,   87,   avec   notes    explicatives. 
Kuopi  1900.   8<>. 

Universität  Helsingfors: 
Schriften  aus  dem  Jahre  1900/01  in  4P  und  Q^. 

Verein  für  siebenbürgische  Landeskunde  in  Hermannstadt: 

Archiv.    N.  F.    Bd.  80,  Heft  1.    1901.    S^. 

Siebenbürgische  Münzen  und  Medaillen,  von  Adolf  Resch.    1901.   4^. 

Siebenbürgischer  Verein  für  Naturwissenschaften  in  Hermannstadt: 
Verhandlungen  und  Mitteilungen.    60.  Bd.    Jahrg.  1900.    1901.    8^. 

Verein  für  Meiningische  Geschichte  und  Landeskunde 

in  Hildburghausen: 

Schriften.   88  und  89.  Heft.    1901.   8«. 

Altertums  forschender  Verein  in  Hohenleuben: 

70.  und  71.  Jahresbericht.    1901.    8^. 

Ungarischer  Karpathen- Verein  in  Iglö: 
Jahrbuch.    28.  Jahrg.    1901.    8®. 

Ferdinandeum  in  Innsbruck: 
Zeitschrift.    8.  Folge,  45.  Heft.    1901.    8^. 

Naturwissenschaftlich-medizinischer  Verein  in  Innsbruck: 
Berichte.    26.  Jahrg.,  1900/01.    1901.    8». 

Journal  of  Physical  Chemistry  in  Ithaca,  N,Y.: 
The  Journal.     Vol.  6,  No.  6—8.    1901.    8«. 

Medizinisch-naturicissenschaftliche  Gesellschaft  in  Jena: 

Denkschriften.    Bd.  VIL    Lieferung  8,  4.   Text  und  Atlas.    1901.    fol. 
Jenaische  Zeitschrift  für  Naturwissenschaft.    86.  Bd.    1901.    8^. 

Gelehrte  Estnische  Gesellschaft  in  Jurjew  (Dorpat); 
Sitzungsberichte  1900.    1901.   8^. 


36*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften, 

Natur  forschende  Gesellschaft  hei  der  Universität  Jurjew  (Dorpat): 
Sitzungaberichte.   Bd.  12,  Heft  3,  1900.    1901.   8^ 

Zenträlbureau  für  Meteorologie  in  Karlsrühe: 
Jahresbericht  des  Zentralbureaus  für  das  Jahr  1900.    4®. 

Grossherzoglich  technische  Hochschule  in  Karlsruhe: 
Schrifcen  aus  dem  Jahre  1900/01  in  4»  und  8<>. 

Naturwissenschaftlicher  Verein  in  Karlsruhe: 
Verhandlungen.   XIV.  Bd.,  1900—1901.    1901.   8<>. 

Sociiti  physico-mathematique  in  Kasan: 
Bulletin.   II«  S^rie.    Tome  X,  No.  2-4.    1900—1901.   8^ 

Universität  Kasan: 

ütschenia  Sapiski.   Bd.  68,  No.  5,  7—11.    1901.   8^ 
8  medizinische  Dissertationen  vom  Jahre  1901. 

Verein  für  hessische  Geschichte  und  Landeskunde  in  Kassel: 

Zeitschrift.   N.  F.   Bd.  XXV.    1901.   8». 
Mitteilungen.   Jahrg.  1900.    1901.   8°. 

Universiti  Imperiale  in  Kharkow: 

Annales  1901.   kniga  2—4.    1901.    8». 
W.  A.  Danilewski,  Isledowania  physiolog.  II.    1901.    8^. 
W.  Sawwa,   Der  Moskowitische  Czar  und   das  Byzantinische  Königtum. 
1901.   8^.    (In  russischer  Sprache.) 

Gesellschaft  für  Schleswig-Holstein-Lauenhurgische  Geschichte  in  Kiel: 

Zeitschrift.    Bd.  81.    1901.    8». 
Quellensammlung.   Bd.  5.    1901.    8^. 

Sternwarte  in  Kiel: 
Publikationen.    No.  XI.   Leipzig  1901.   4^. 

K,  Universität  in  Kiel: 
Schriften  aus  dem  Jahre  1900/01  in  4^  und  8^. 

Naturwissenschaftlicher  Verein  für  Schleswig-Holstein  in  Kiel: 
Schriften.    Bd.  XII,  Heft  1.    1901.   8«. 

Universität  in  Kiew: 

Iswestija.   Vol.  41,  No.  8—9.    1901.   8». 

Geschichtsverein  für  Kärnten  in  Klagenfurt: 

Jahresbericht  für  1900.    1901.    S«. 
Carinthial.    91.  Jahrg.,  No.  1-6.    1901.   8«. 

Naturhistorisches  Landesmuseum  in  Riagenfurt: 

Jahrbuch.    26.  Heft,  47.  Jahrg.    1900.    8^. 

Diagramme  der  magnetischen  und  meteorolog.  Beobachtungen  1900.   fol. 

Mediz.-naturwissenschaftl.  Sektion  des  Museumsvereins  in  Klausenburg: 

Sitzungsberichte.    25.  Jahrg.    22.  Bd.,  Abtlg.  IT,  Heft  1—8.    1901.   8^. 

26.  Jahrg.    23.  Bd.,  Abtlg.    I,  Heft  1—2.    1901.    8^ 

Abtlg.  11,  Heft  1.    1901.   8<>. 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften,  37* 

Universität  in  Königsberg: 
Schriften  aus  dem  Jahre  1900/01. 

K,  Akademie  der  Wissenschaften  in  Kopenhagen: 

Oversigt.    1901,  No.  4,  6.   S». 

Skrifber.  6®  Sörie.   Section  des  sciencea.  Tom.  IX,  No.  7;  Tom.  XI,  No.  1. 

1901.    40. 
Tychonis  Brahe  Dani  operam  primitias  de  nova  stelia  denuo  edidit  regia 

societas  scientiarum  Danica.    2  Voll.   Hauniae  1901.   8^. 

Genealogisk  Institut  in  Kopenhagen: 

Chr.  Thaarup,  Fortegnelse  paa  danske  Oversättelser  af  gräfke  og  latinske 
Skribenter.    1836.   8^. 

Akademie  der  Wissenschaften  in  Krakau: 

Anzeiger.    No.  4—8.    (April— Juli,  Oktober).    1901.   8^ 

Rozprawy  historyczno-filozof.    Ser.  II.    Vol.  15.    1901.   8**. 

Rozprawy  filolog.    Serya  II.    Tom.  17.    1901.    gr.  8®. 

Biblioteka  pisarzow  polskich.    Tom.  39,  40.    1901.    8®. 

Stownik  gwar  Polakich  ulozyt  Jan  Kastowicz.    Tom.  2.    1901.    8®. 

Sprawozdanie  komisyi  fizyograficznej.    Tom.  35.    1901.   8^. 

Katalog   literatury  naukowej   polskiej.    Tom.  I.    Heft  1,  2,  3.    1901.    8^. 

Materiaty  i  Prace  komisyi  j^zykowej.    Tom.  I  1.    1901.   8®. 

Botanischer  Verein  in  Landshut: 
16.  Bericht  1898-1900.    1901.   8®. 

Historischer  Verein  in  Landshut: 
Verhandlungen.    Bd.  37.    1901.   8^. 

Societe  Vaudoise  des  sciences  naturelles  in  Lausanne: 

Bulletin.    4«  Särie.    Vol.  37,  No.  140,  141.    1901.    8". 
Observations  mätdorologiques  1900.    XIV»  ann^e.    1901.    8*^. 

Kansas  University  in  Lawrence,  Kansas: 

The   Kansas   University    Quarterly.    Vol.  IX   No.  4;   Vol.  X   No.  1,  6. 

(Neue  Serie.   Vol.  II.)    1900/01.   8». 
Bulletin.    Vol.  I  No.  4.    1900.   8«. 

Maatschappij  van  Nederlandsche  Letterkunde  in  Leiden: 

Tijdschrift.    N.Serie.    Deel  XIX,  3,  4;   DeelXX,  1,  2.    1900-1901.   8<>. 
Handelingen  en  Mededeelingen,  jaar  1900—1901.    1901.    8^. 
Levensberichten  1900—1901.    1901.   S^. 

Universität  in  Leiden: 
Recueil  de  Travaux.    Tom.  1,  2.    1899.    8^. 

Uerhier  Boy  dl  in  Leiden: 
Livr.  1—8.   Musäe  Botanique  de  Leide,  publik  par  W.  F.  R.  Suringar.    4®. 

K,  Gesellschaft  der  Wisse^ischaften  in  Leipzig: 

Abhandlungen  der  philol.-histor.  Classe.   Bd.  XXI  No.  1.    1901.    4*^. 
Abhandlungen  der  mathem.-physik.  Classe.   Bd.  XXVI  No.  5— 7.   1901.   4®. 
Berichte  der  philol.-histor.  Classe.    Bd.  53  No.  I— III.    1901.   8<>. 
Berichte  der  mathem.-physik.  Classe.    Bd.  53  No.  I    1901.   BP. 


38*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften, 

Journal  für  praktische  Chemie  in  Leipzig: 
Journal.    N.  F.    Bd.  63  Heft  9— 12;  Bd.  64  Heft  1—10.    1901.   8°. 

Verein  für  Erdkunde  in  Leipzig: 

Mitteilunj?en  1900.    1901.   8^. 

Wiasenschaftliche  Veröffentlichungen.   Bd.  V.  Mit  1  Atlas  in  fol.   1901.  8^. 

Universite  de  Lille: 

Travaux  et  Mtooires.    Tom.  X.   Memoire  No.  28.    1901.    8^. 
Livret  de  T^tudiant.    1901—1902.   S®. 

Museum  Francisco-CaroUnum  in  Linz: 
59.  Jahresbericht.    1901.   8®. 

Boyal  Institution  of  Oreat  Britain  in  London: 
Proceedin^rs.   Vol.  XVI  part  2  No.  94.    1901.   8». 

The  English  Historical  Beview  in  London: 
Historical  Review.   Vol.  XVI  No.  63,  64.    1901.   8®. 

Boyal  Society  in  London: 

Proceedings.    Vol.  68  No.  447—450;  Vol.  69  No.  451—453.    1901.   ^. 
Philosophical  Transactions.    Series  B.  Vol.  193;  Series  A.  Vol.  195,  196. 

1900-1901.   40. 
List  of  Members.   80.  November  1900.    4^ 

JB.  Ästronomical  Society  in  London: 

Montbly  Notices.  Vol.  61  N0.8,  9;  Vol.  62  No.  1  und  Appendix  to.  Vol.  61 
No.  2-4.    1901.   8°. 

Chemical  Society  in  London: 

Journal.    No.  465—470  (August- December  1901  und  January  1902).  8^. 
Proceedings.   Vol.  17  No.  240-244.    1901.   8«. 

Linnean  Society  in  London: 

Proceedings.    Nov.  1900  — June  1901.    8". 

The  Journal,  a)  Zoology.  Vol.  28  No.  182,  183;  b)  Botany.  Vol.  35  No.243. 

1901.    8». 
The    Transactions.    a)   Botany.    Vol.  V    part  13  —  15;    Vol.  VI    part  1; 

b)  Zoology.    Vol.  VIII  part  1—4.    1900.   4». 
Iii8t  of  the  Linnean  Society  1901—1902.    1901.   8". 

JB.  Microscopical  Society  in  London: 
Journal  1901.   Part  4— 6.   8«. 

Zoological  Society  in  London: 

Proceedings.    1901.   VoL  I  part  2;  Vol.  II  part  1.    1901.    4©. 
Transactions.    Vol.  XVI,  part  2,  3.    1901.    4«. 

Zeitschrift  „Nature"  in  London: 

Nature.   No.  1664-1680. 

Sociite  geologique  de  Belgiqxie  in  Lüttich: 
Annales.    Tome  28  livr.  3.    1901.   80. 

SociSte  Boy  die  des  Sciences  in  Lüttich: 
Memoireg.   III«  S^rie.    Tom.  3.    1901.   8«. 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften.  39* 

Institut  Grand  Ducäl  in  Litxemhurg: 
Publications  de  la  section  des  sciences  naturelles.    Tom.  26.    1901.   8^. 

Historischer  Verein  der  fünf  Orte  in  Luzern: 
Der  Geschicbtsfreund.    Bd.  56.    Stans  1901.   8^. 

Wisconsin  Academy  of  Sciences  in  Madison: 
Transactions.    Vol.  XllI  part  1.    1901.    8<>. 

Wisconsin  Geological  and  Natural  History  Survey  in  Madison: 
Bulletin.   No.  VII  part  I.    1901.   S». 

Government  Museum  in  Madras: 

Bulletin.    Vol.  3  No.  3.    1901.   8^. 

Catalogue   of  the  prehistoric  Antiquities  by  R.  Bruce  Foote.    1901.   8^. 

The  Government  Ohservatory  in  Madras: 

Report    on  tbe  Eodaikanal   and  Madras   Observatorj   for   1900 — 1901. 
1901.    fol. 

B.  Äcademia  de  ciencias  exactas  in  Madrid: 
Memorias.    Tom.  XIV.    1890-1901.    4^. 

B.  Äcademia  de  la  historia  in  Madrid: 
Boletin.    Tom.  39,  cuad.   1—6.     1901.   S^. 

B.  Istituto  Lomhardo  di  scienze  in  Mailand: 

Rendiconti.    Serie  IL    Vol.  33.    1900.    8^ 

Memorie.    a)  Classe   di   scienze  matematicbe.    Vol.  18  fasc.  11;  Vol.  19, 
fasc.  1 — 4;    b)  Classe  di  scienze  storiche.    Vol.  21  fasc.  3.    1900.    4®. 

Comitato  per  le  onoranze  a  Francesco  Brioschi  in  Mailand: 

Opera  matematicbe  di  Francesco  Brioscbi.    Tomo  I.    1901.   4^. 

Societä  Itdliana  di  scienze  naturali  in  Mailand: 

Memorie.    Vol.  VI  fasc.  3.    1901.    40. 
Atti.    Vol.  40  fasc.  2,  3.    1901.    8^. 

Societä  Storica  Lomharda  in  Mailand: 
Ärchivio  Storico  Lombardo.  Serie  III.  Anno  28  fasc.  30  und  31.   1901.  8®. 

Literary  and  philosophical  Society  in  Manchester: 
Memoirs  and  Proceedings.    Vol.  46  part  3,  4;   Vol.  46  part  1.    1901.    8®. 

Universität  Marburg: 
Scbriften  aus  dem  Jabre  1900/01  in  4^  und  8^. 

Faculte  des  sciences  in  Marseille: 
Annales.    Tom.  XI,  fasc.  1—9.    1901.    4P. 

Boyai  Society  of  Victoria  in  Melbourne: 
Proceedings.  Vol.  XIII.  (New  Series),  part  2;  Vol.  XIV,  part  I.   1901.  8°. 

Bivista  di  Storia  Antica  in  Messina: 
Rivista.    N.  Serie.    Anno  6,  fasc.  1.    1901.   8®. 

Gesellschaft  für  lothringische  Geschichte  in  Metz: 
Jabrbuch.    12.  Jabrg.  1900.    4^. 


40*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften. 

Observatorio  meteorolögico-magnStico  central  in  Mexico: 
Boletin  mensual.    1901.    Enero — Junio.   4^. 

Sociedad  cientifica  „Antonio  Älzate"  in  Mexico: 

Memoriaa  y  revista.  Tom.  XIII,  No.  1,  2;  Tom.  XV,  No.  7—12;  Tom.  XVI, 
No.  1.    1901.   80. 

Regia  Äccademia  di  scienze  lettere  ed  arti  in  Modena: 
Memorie.    Serie  III.    Vol.  2.    1900.    4^. 

Observatoire  du  Moni  Blanc: 
Annales.   Tom.  4,  5.    Paris  1900.    4^^. 

Bureau  de  depöty  distribution  et  ichange  des  Publications  in  Montevideo: 

Manifiesto  de  S.  E.  el  Presidente  de  la  Republica  Don  Juan  L.  Cnestas. 

1898     8^. 
Mensaje  1900  j  1901.    1900—1901.   8<>. 
Reglamento  de  la  oficina  de  depösito.    1892.    8^. 
Geografia    nacional    por    Orestes    Araujo.    1895.    8^.    (Con    una    carta 

geografica.) 
Constitueiön  de  la  republica  oriental  del  Uruguay.   Por  Pablo  V.  Gojena. 

1887.   8®. 
Nuestro  Pafs,  cuadros  descriptivos  por  Orestes  Araujo.    1895.    8^. 
Ceremonia  inaugural  de  les  obras  del  Puerto  de  Montevideo.    1901.   8®. 

Direcdön  general  de  Estatistica  in  Mantevideo: 
Comercio  exterior  y  movimiento  de  navegaciön.    1901.    4®. 

Museo  nacional  in  Montevideo: 
Anales.   Tomo  IV  fasc.  19— 21.    1901.   fol. 

Äcad^tnie  de  sciences  et  lettres  in  Montpellier: 

M^moires.    Section  des  lettres.    2®  Serie.    Tom.  3,  No.  2;   Tom.  4,  No.  1. 
Section  des  mddecine.    2®  S^rie.    Tom.  1,  No.  4.    1900.    8". 

Numismatic  and  Äntiquariati  Society  of  Montreal: 

The  Canadian  Antiquarian  and  Numismatic  Journal.    III.  Serie.    Vol.  111, 

No.  1—4.    1900.    80. 
Catalogue  of  the  Chateau  Ramezay  Museum.    1901.    8^. 

Observatoire  metiorologique  et  magnetique  de  Vüniversite  Imp, 

in  Moskau: 

Observations.    Septembre  1899— Fövrier  1901.    4®. 

SodiU  Imperiale  des  Naturalistes  in  Moskau: 
Bulletin.   Ann^e  1901  No.  1,  2.   8®. 

Mathematische  Gesellschaft  in  Moskau: 
Matematitscheskij  Sbornik.    Bd.  XXII  1.    1901.    8®. 

lAck  Observatory  in  Mount  Hamilton,  California: 

Bulletin.    No.  2— 11.    1901.    4». 

Statistisches  Amt  der  Stadt  München: 

Münchener  statistische  Jahresübersichten  für  1900.    1901.    4^. 
Die  Volk-  und    Wohnung-Zählung   vom   1.  Dezember  1900  in  München. 
Teil  I,  II.    1901.   40. 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Dru(ikschriften.  41* 

Deutsche  Gesellschaft  für  Anthrepölogie  in  Berlin  und  München: 
Korrespondenzblatt,    32.  Jahrg.  No.  7  - 10.   1901.   4^. 

Hydrotechnisches  Bureau  in  München: 
Jahrbuch.   lU.  Jahrg.  1901  Heft  2,  3.    foL 

Generaldirektion  der  k.  b.  Posten  und  Telegraphen  in  München: 

Preisverzeichnis  der  in  Bayern  ei  scheinenden  Zeitungen  fQr  das  Jahr  1902. 
I.  AbtIg.  und  Nachträge.    1901.   fol. 

K.  hayer,  technische  Hochschule  in  München: 
Peraonalstand.    Winter-Semester  1901/02.   8<^. 

Metropolitan- Kapitel  München-Freising  in  München: 
Amtsblatt   der  Erzdiözese  München  und  Freising.    1901    No.  18—27.    8®. 

K.  Staatsministerium  des  Innern  für  Kirchen-  und  Schulangelegenheiten 

in  München: 

Ergebnisse  der  Untersuchung   der  Hochwasser  Verhältnisse  im  deutschen 
Rheingebiete.    Heft  IV.    Berlin  1900.    fol. 

Universität  in  München: 

Schriften  aus  dem  Jahre  1901  in  4^  und  8^. 

Amtliches  Verzeichnis  des  Personals.    Winter- Semester  1901/02.    8®. 
Rede  des  Rektors  L.  Brentano,  Ueber  Ethik  und  Volkswirtschaft  in  der 
Geschichte.    1901.    4». 

Historischer  Verein  in  München: 
Altbajerische  Monatsschrift.    3.  Jahrg.  1901  No.  1,  2.   4^. 

Ornithologischer  Verein  in  München: 
II.  Jahresbericht  für  1899  und  1900.    1901.   S^. 

Verlag  der  Hochschül-Nachrichten  in  München: 
Hochschul-Nachrichten.    1901  No.  10—12;  1902  No.  2.   4«. 

Sociite  des  sciences  in  Nancy: 

Bulletin.    Sdr.  III.    Tom.  1   fasc.  6;   Ser.  III.    Tom.  2   fasc.  1,   2.    Paris 
1900—1901.    8®. 

Beale  Accademia  di  scienze  morali  et  politiche  in  Neapel: 
Atti.    Vol.  33.    1901.   80. 

Accademia  delle  scienze  fisiche  e  matematiche  in  Neapel: 
Rendiconto.    Ser.  3.   Vol.  VII  fasc.  6— 11.    1901.   S^. 

Zoologische  Station  in  Neapel: 
Mitteilungen.    Bd.  XIV  3,  4;  Bd.  XV  1,  2.    Berlin  1901.    8». 
North  of  England  Institute  of  Engineers  in  New-Castle  (upon-Tyne) : 

Transactions.  Vol.  49  part6;  Vol.  50  part2-6;  Vol.  61  part  1.   1901.  8^. 
Annual  Report  for  the  year  1900-1901.    1901.    8». 
Subject-Matter   Index   of  mining   and   metallurgical   litterature    for  the 
year  1900.    1901.    8». 

4 


42*  Vergeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften, 

American  Association  for  the  Advancement  of  science  in  New-Hacen  : 
Proceedings.  49^^  Meeting  held  at  New-Tork,  Jane  1900.  Easion  1900.  8^^. 

The  American  Journal  of  Science  in  New-Hacen: 
Journal.   IV.  Ser.   Vol.  12  No.  67—72  (September— Dezember).    1901.   8^ 

American  Oriental  Society  in  I^ew-Haüen: 
Journal.    Vol.  XXII  1.   1901.   &>. 

Academy  of  Sciences  in  Neto-York: 

Memoirs.    Vol.  II  part  3.    1901.   4®. 
Annale.    Vol  18  parts  2,  3.    1901.   S». 

American  Museum  of  Natural  History  in  New -York: 
Annual  Report  for  the  year  1900.    1901.   8<>. 

American  Geographical  Society  in  New -York: 
Bulletin.    Vol.  33  No.  3,  4.    1901.   ^. 

Archaeological  Institut  of  America  in  Norwood,  Mass.: 

American  Journal  of  Archaeology.   Vol.  V    No.  2  —  4  und   Supplement 
1901.   8». 

Naturhistorische  Gesellschaft  in  Nürnberg: 

Festschrift  zur  Säkularfeier  1801—1901.    1901.    gr.  S^. 

Verein  für  Geschichte  der  Stadt  Nürnberg: 
Jahresbericht  1899,  1900.    1900-1901.    8«. 
Mitteilungen.    Heft  XIV.    1901.   8«. 

Verein  für  Naturkunde  in  Offenbach: 
37.-42.  Bericht  von  1895—1901.    1901.   8^. 

Geological  Survey  of  Canada  in  Ottawa: 

Catalogue  of  Canadian  Birds.    Part  I  bj  John  Macoun.    1900.    8®. 
Annual  Report.    New.  Series.    Vol.  XI.    With  Maps.    1901.    8^. 

B.  Accademia  di  scienze  in  Padua: 
Indice  generale  degli  Atti  1779—1900.    1901.    8«. 

Circolo  matematico  in  Palermo: 
Rendiconti.   Tom.  XV  fasc.  6,  6.    1901.   4». 

Collegio  degli  Ingegneri  in  Palermo: 
Bollettino.   Anno  I  No.  3—5.    1901.   fol. 

Academie  de  midecine  in  Paris: 
Bulletin.    1901  No.  26—43.   8«. 

Acadimie  des  sciences  in  Paris: 

Comptes  rendus.    Tom.  133  No.  1—26.    1901.    4^. 

Oeuvres  complbtes  d'Augustin  Gauch j.    I.  Sörie.    Tom.  12.    1900.    4®. 

A.  G.  Pingrd,  Annales  Celestes  du  XVIIe  siecle.    1901.    4». 

£cole  polytechnique  in  Paris: 
Journal.    11«  Särie.    Cahier  5,  6.    1900    4». 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften.  43* 

Ministhre  de  Vinstruction  publique  in  Paris: 

Lee  Carbures   d'hydrogene   1861  —  1901.    Par   M.  Berfchelot.   Paris  1901. 
3  Vol8.  80. 

Moniteur  Scientifique  in  Paris: 

Moniteur.   Livre  716— 721.    (Aoüt  1901  —  Jan  vier  1902.)   40. 

Musie  Guimet  in  Paris: 

Bibliothbque  d'ätudea.    Tom.  IX.    1901.   S». 

Revue  de  l'histoire  des  r^li^ons.    Tom.  42  No.  2,  8;  Tom.  43  No.  1,  2. 
1900—1901.   8^. 

MusSum  d^histoire  naturelle  tn  Paris: 

Bulletin.   Ann^e  1900  No.  7.  8;  1901  No.  1—3.   8». 

Sociite  d'anthropölogie  in  Paris: 

Bulletins.   5«  S^rie.   N.  S.    Tom.  1  fasc.  3— 6;   Tom.  2  fasc.  1.   1901.   8^. 

SociHi  de  giographie  in  Paris: 

La  Geographie.    Ann^e  1901  No.  7—12.   4<>. 

SociitS  mathimatique  de  France  in  Paris: 

Bulletin.    Tom.  29  fasc.  3    1901.   S». 

SociStS  zoologique  de  France  in  Paris: 

Bulletin.   Tom.  XXV.    1900.   8» 
Mämoires.    Tom.  XIIL    1900.   S». 

Acadimie  Imperiale  des  sciences  in  St.  Petersburg: 

Byzantina  Chronika.    Tom.  7  Heft  4.    1900.    4». 

Annuaire  du  Mus^e  zoologique.    Tome  VI  No.  1.    1901.   8^. 

Comite  giologique  in  St.  Petersburg : 

Bulletins.   Vol.  XX  No.  1—10.    1901.   8®. 
M^moires.    Vol.  XVIII  No.  1,  2.    1901.   4®. 
Biblioth^ue  giologique  de  la  Bussie  1897.    1901.    8^. 

Kaiserl.  mineralogische  Gesellschaft  in  St.  Petersburg: 
Verhandlungen.    IL  Serie.    Bd.  39,  Liefg.  1.    1901.   8^. 

Physikal .-chemische  Gesellschaft  an  der  kais.  Universität  St,  Petersburg : 

Schurnal.    Tom.  33   No.  6—9.    1901.    8®. 

Section  giologique  du  cabinet  de  Sa  Majeste  in  St.  Petersburg: 

Traveaux.  Vol.  III,  2;  Vol.  IV.    1901.   8». 

Kaiserl.  Universität  in  St.  Petersburg: 

Schriften  aus  dem  Jahre  1900/01. 

Sternwarte  in  St.  Peterburg: 

Publications   de  TObservatoire  Central  Nicolas.   S^rie  II.    Vol.  VI,  VIII. 
1900—1901.    fol. 

Academy  of  natural  Sciences  in  Philadelphia: 

Journal.    11^  Series.    Vol.  XI  part  4.    1901.    4^. 
Proceedings.    Vol.  53  part  1,  2.    1901.   8^ 

llistoricdl  Society  of  Pennsylvania  in  Philadelphia: 
The   Pennsylvania  Magazine   of   History.    Vol.  XXV   No.  99.    1901.    8^ 


44*  Verzeichnis  der  eingelaufeneu  Druckschriften. 

Alumni  Association  of  the  College  of  Pharmacy  in  Philadelphia: 
Alumni  Report.   Vol.  37  No.  7—11.    1901.   S». 

American  Philosophicdl  Society  in  Philadelphia: 

Proceedings.   Vol.  40  No.  165,  166.    1901.    S^. 
Transactions.    New  Series.    Vol.  XX  part  2.    1901.    4^. 

Societä  Toscana  di  scienze  naturdli  in  Pisa: 
Atti.   Processi  verbali.    Vol.  XII,  pag.  169—230.    1901.    4«. 

Societä  Italiana  di  fisica  in  Pisa: 
II  nuovo  Cimento.    Serie  V.    Tom.  2.    Luglio -Ottobre.    1901.    8**. 

Alleghany  Observatory  in  Pittshurgh: 
Miscellaneoufl  scientific  Papers.    New  Series.   Vol.  1 — 3.    1901.    8**. 

Altertumsverein  in  Plauen: 
Mitteilungen.    14.  Jahresschrift  auf  das  Jahr  1900.    1901.    8®. 

Portland  Society  of  natural  History  in  Portland: 
Proceedings.    Vol.  II  part  6.    1901.    S^. 

Zentralhureau  der  internationalen  Erdmessung  in  Potsdam: 

Verhandlungen  der  XIII.  Allgemeinen  Konferenz  der  internationalen 
Erdmessung,  I.  Teil.    Berlin  1901.    4». 

K.  geodätisches  Institut  in  Potsdam: 
Veröffentlichung.    N.  F.    No.  6.    1901.   S». 

Böhmische  Kaiser  Franz  Josef- Akademie  in  Prag: 

Rozprawy.    THda  I,   Ro6nik  8;   THdall,  Rocnik  9;   THda  JII,   Ro6nik  3. 

6islo  1.    1900.    80. 
Historicky  Archiv.    Öislo  17—19.    1900.    8^. 
Vestnik.    Bd.  IX  Heft  1—9.    1900.    8®. 
Almanach.    Rocnik  11.    1901.    8^. 
Sbirka  pramenüv  III,  3.    1900.    8^. 

Frantisek  Bartofi,  Narodni  Pisne  Moravskd  Seäit  I.    1899.    S». 
Zikmund  Winter.  2ivot  a  u6en{.    1901.    8«. 
Gustav  Gruss,    Zäkladovö  tbeoretickä  Astronomie  Dil   druhy.    1900.   8^. 

Gesellschaft  zur  Förderung  deutscher  Wissenschaft,  Kunst  und  Litteratur 

in  Prag: 

J.  E.  Scherer,  Die  Rechtsverhältnisse  der  Juden  in  den  deutsch-öster 
reichischen  Ländern.    Leipzig  1901.    8^ 

Bericht  über  die  Festsitzung  vom  4.  März  1901.    4®. 

Die  lineare  Differentialgleichung  dritter  Ordnung.  I.  Bd.  Aussig  1901.  6^. 

Beiträge  zur  Kenntnis  der  Wirbeltierfauna  der  böhmischen  Brannkohlen- 
formation II.    1901.    40. 

J.  Lang,  Ueber  die  Stickstoff ausscheidung  nach  Leberexstirpation.  Strasä- 
bürg  1901.    8®. 

K,  böhmische  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Prag: 

Bericht  über  die  astrologischen  Studien  Tycho  Brahe's.    1901.    4®. 
Bericht  über  die   Untersuchung  der  Gebeine   Tycho   Brahe's.    1901.   4°. 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften.  45* 

Lese'  und  Bedehalle  der  deutschen  Studenten  in  Prag: 
52.  Bericht  über  das  Jahr  1900.    1901.   8<>. 

Museum  des  Königreichs  Böhmen  in  Frag: 
Öasopis.   Bd.  76  Heft  2,  3.    1901.   8«. 

K.  K.  Sternwarte  in  Prag: 

Magnetische  und  Meteorologische  Beobachtungen  im  Jahre  1900.  61.  Jahrg. 
1901.   40. 

Verein  für  Geschichte  der  Deutschen  in  Prag: 
Mitteilungen.    89.  Jahrg.  Heft  1—4.    1900.   B«. 

Deutscher  natuncissenschaftlich'medizinischer  Verein  für  Böhmen  „Lotos" 

in  Prag: 

Sitzungsberichte.    Jahrg.  1900.    N.  F.    Bd.  20.    1900.    8<>. 

Verein  für  Natur-  und  Heilkunde  in  Pressburg: 
Verhandlungen.    Bd.  XXI  (=  N.  F.  XII).    1901.  8«. 

Stadtarchiv  in  Pressburg: 

Beiträge   zur   Geschichte    der   Medizin    in   Pressburg.    Von   D.  Stephan 
von  Vämossy.    1902.    8®. 

Naturwissenschaftlicher  Verein  in  Begensburg: 
Berichte.   VIII.  Heft  für  das  Jahr  1900.    1901.   8^. 

Naturforscher-  Verein  in  Biga: 
Korrespondenzblatt.    No.  44.    1901.    8®. 

Observatorio  in  Bio  de  Janeiro: 

Boletim  raensal.    Majo— üezembro  1900.    1900—1901.    4^. 
Annuario  XVII.    1901.    8^. 

Geological  Society  of  America  in  Bochester: 
Bulletin.   Index  to  Vols  1,  to  10,  p.  1—209.    190O.   8^. 

Beale  Accadewia  dei  Lincei  in  Born: 

Atti.    Serie  V.    Rendiconti.    Classe  di  seien ze  fisiche.  Vol.  10  semestre  1 

fasc.  12  e  Indice  del  volume;  Vol.  X  semestre  2  fasc.  1  — 11.   1901.   4®. 
Atti.    Classe  di  scienze  fisiche     Vol.  I-IH.,  1895  — 1901.    4<>. 
Atti.    Serie  V.    Classe   di   scienze   morali.    Vol.  VII    parte  I:    Memorie; 

Vol.  IX    parte  2:    Notizie    degli    scavi    1901.    Febbrajo  —  Ottobre. 

1901.    40. 
Atti.    Rendiconto   deir  adananza  solenne  del  2  Gingno  1901.    1901.    4^. 
Rendiconti.     Classe    di    scienze    morali.     Serie  V.    Vol.  10   fasc.   6—8. 

1901.    8«. 

Äccademia  Pontificia  de'  Nuovi  Lincei  in  Bom: 
Atti.    Anno  54  (1900-1901).    Sessione  II— VII.    1901.    4<>. 

B.  Comitato  geologico  d^Italia  in  Bom: 
Bollettino.    1901  No.  1,  2.    gr.  8». 

Kaiserl.  deutsches  archäologisches  Institut  (röm.  Ahtlg.)  in  Bom: 
Mitteilungen.    Bd.  XVI  fasc.  2,  3.    1901.    S». 


46*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften, 

K,  italienische  Regierung  in  Born : 
Le  Opere  di  Galilei.    Vol.  XI.    Firenze  1901.   4». 

B.  Societä  Romana  di  storia  patria  in  Rom: 
Archivio.    Vol.  24  fasc.  1,  2.    1901.    8». 

Universität  Rostock: 
Schriften  aas  dem  Jahre  1900/01  in  4^  und  S^, 

Acad^mie  des  sciences  in  Rouen: 
Pr^cis  analytique  dea  travaux.    Ann^e  1899/1900.    1901.    S^. 

R.  Accademia  di  scienze  degli  Ägiati  in  Rovereto: 
Atti.    Serie  III.    Vol.  7  fasc.  1,  2.    1901.   8®. 

jScole  frangaise  d* Extreme-Orient  in  Saigon: 
Bulletin.    Tom.  1  No.  1—3.   Paris  und  Hanoi  1901.   40. 

Historischer  Verein  in  St.  Gallen: 

Alfred  Dobler,  Erlebnisse  eines  Appenzellers  in  neapolitanischen  Diensten« 
1854—1869.    1901.    4«. 

Missouri  Botanical  Garden  in  St.  Louis: 
Xllti»  annual  Report.    1901.    8«. 

Instituto  y  Observatorio  de  marina  de  San  Fernando  (Cadiz): 
Almanaque  nautico  para  1908.    1901.    4^. 

Bosnisch'Herzegovinische  Landesregierung  in  Sarajevo: 

Ergebnisse  der  meteorologischen  Beobachtungen  in  Bosnien- Herzegovina 
im  Jahre  1898.    Wien  1901.    40 

Verein  für  mecklenburgische  Geschichte  in  Schwerin: 
Jahrbücher  und  Jahresberichte.    66.  Jahrg.    1901.    8^. 

K.  K.  archäologisches  Museum  in  SpaJato: 
Bullettino  di  Archeologia.    Anno  24  No.  6-11.    1901.    8^ 

Stanford  Üniversity  in  Stanford  (California): 
Contributions  to  Biology.    No.  XXIII— XXVI.    1901.    8». 

K.  Vitterhets  Historie  och  Äntiquitets  Akademie  in  Stockholm: 

Handlingar.    Deel  33  Heft  l.    1901.    90. 

M&nadsblad.    Jahrg.  25,  1896;  Jahrg.  29,  1900.    1901.    8^. 

K.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Stockholm: 

Lefnadsteckningar.    Bd.  4  Heft  1,  2.    1901.    8®. 

Meteorologiska  iakttagelser  i  Sverige.    Bd.  88  (=  2.  Serie  Bd.  24),  1896. 

1901.   4®. 
Handlingar.    N.  F.    Bd.  33,  34.    1900—1901.    49. 
Bihang  til  Handlingar.    Bd.  26  Teil  1—4.    1901.    8^. 

Geologiska  Förening  in  Stockholm: 
Förhandlingar.    Bd.  XXIII  Heft  5,  6.    1901.    8^. 

Gesellschaft  zur  Förderung  der  Wissenschaften  in  Strasshurg. 
Monatsbericht.   Bd.  35  Heft  6-9.    1901.   8^. 


Verzeicihnis  der  eingelaufenen  Druckschriften.  4/* 

Universität  Strassburg: 

Scbriften  aas  dem  Jahre  1900/01  in  4<^  und  ^. 

K.  Württemberg.  Kommission  für  die  internationale  Erdmessung 

in  Stuttgart: 

Relative  Schweremessnngen  I.    1901.    8^. 

Württembergische  Kommission  für  Landesgeschichte  in  Stuttgart: 

Vierteljahreshefte  für  Landeagescbichte.  N.  F.   10.  Jahrg.  1901  Heft  1 — 4. 
1901.    80. 

K,  Württemberg,  statistisches  Landesamt  in  Stuttgart: 

Beschreibung  des  Oberamts  Heilbronn.   Teil  1.    1901.   8^. 
Württembergische  Jahrbächer  fdr  Statistik  and  Landeskunde.  Jahrg.  1900. 
Heft  1-8.    1901.   80. 

Geological  Survey  of  New-South-Wales  in  Sydney: 
The  Mineral  Resources  of  New-South- Wales  by  Edw.F.  Pittmann.  1901.  8®. 

Department  of  Mines  and  Ägricutture  of  New-South- Wales  in  Sydney: 

Memoirs  of  the  Geological  Survej  of  New-South- Wales.    Geology  No.  2. 
1901.   40. 

Royal  Society  of  New-South- Wales  in  Sydney: 

Abstract  of  Proceedings  1900/01.    8®. 
Journal  and  Proceedings.    Vol.  34.    1900.   8®. 

Deutsche  Gesellschaft  für  Natur-  und  Völkerkunde  Ostasiens  in  Tokyo: 

Supplement  der  Mitteilungen.   Japanische  Mythologie  von  Karl  Florenz. 
1901.   8«. 

KaiserL  Universität  Tokyo  (Japan): 

Calendar  1900/01.   8®. 

The  Journal  of  the  College  of  Science.    Vol.  XIII,  4;   Vol.  XV,  2,  3 

1901.   40. 
Mitteilungen  aus  der  medizinischen  Fakultät.    Bd.  5  No.  1.    1901.   4^. 
The  Bulletin  of  the  College  of  Agriculture.    Vol.  IV,  4.    1901.   8«. 

Kansas  Äcademy  of  Science  in  Topeka,  Kansas: 

Transactions.   Vol.  XVII.    1901.   8». 

Canadian  Institute  in  Toronto: 

Transactions.    Vol.  VU  part  1.   August  1901.    gr.  8®. 

Boy  cd  Society  of  Canada  tn  Toronto: 

Proceedings  and  Transactions.    II.  Series.    Vol.  6.    1900.   8®. 

University  of  Toronto: 

Studios.   History,  first  Series.    Vol.  5.    1901.   4^. 

Universite  in  Toulouse: 

Annales  du  Midi.   No.  49,  50.   1901.   8^. 

Annales   de   la   fiacult^   des   sciences.    11^  Serie.    Annee   1900.    Tom.  2 

fasc.  3,  4;  Annfee  1901.   Tom.  3.    19(X)/öl     4». 
Bibliothfeque  meridionale.   I«  Serie.   Tom.  6;  IH  Serie.   Tom.  6.   1901.  8*^ 
Rey-Pailhade,  Röle  du  Philothion.    Paris  1901.    8^. 

Biblioteca  e  Museo  comunale  in  Trient: 
Archivio  Trentino.    Anno  XVI  fasc  1.    1901.   8^ 


48*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften, 

Universität  Tübingen : 
Schriften  aus  dem  Jahre  1900/01  in  A^  und  S^. 

B.  Accademia  delle  scienze  in  Turin: 
Atti.    Vol.  36  disp.  6— 9,  11-16.    1901.   S». 

R.  Beputazione  sopra  gli  studi  dl  stona  in  Tnrin: 
Historiae  Patriae  Monumenta.    Vol.  XIX.    1900.    fol. 

K.  Universität  Upsala: 
Schriften  der  Universität  aus  dem  Jahre  1900—1901. 

Provincial  Utrechtsch  Oenootschap  in  Utrecht: 

Prodromus  florae  Batavae.    Vol.  1  pars  1.    Nijmegen  1901.    8®. 
Anteekeningen,  21.  Juni  1901.    1901.    8^. 
Verslag,  22.  Juni  1901.    1901.    8«. 

Physiologisch  Laboratorium  der  Hoogesclwol  in  Utrecht: 

Onderzoekingen.    V.  Reeks.    III.  Aflev.  1.    1901.   8^ 

Accademia  di  Scienze  in  Verona: 

Atti.    Serie  IV.    Vol.  1  fasc.  2.    1901.   S«. 

Accademia  Olimpica  in   Vicenza: 
Atti.    Annale  1899—1900.    Vol.  32.    1900.   8^. 

Mathematik' physikalische  Gesellschaft  in  Warschau: 
Prace  matematyczno-fizyczne.    Vol.  XII.    Warschau  1901.    4^. 

Bureau  of  American  Ethnology  in  Washington: 

17.  annual  Report  (1895  —  1896),  part  I  und  18.  annual  (1896—1897),  part  I. 
1898—1899.    40. 

Bureau  of  Education  in  Washington: 

Report  for  the  jear  1899—1900.    Vol.  I.    1901.    8^. 

U.  S,  Departement  of  Agriculture  in  Washington: 
North  American  Fauna  No.  20,  21.    1901.    8^. 

Smitlisonian  Institution  in  Washington: 

Miscellaneous  Collections  No.  1258.    1901.   8^ 

Annual  Report  for  the  year  ending  June  30.    1899.    Part  I,  II.    1901.  8*. 
Annals  of  the  astrophysical  Observatory  of  the  Smithsonian  Institution. 
Voll.    1900.   40. 

Phüosophicdl  Society  in  Washington: 

Bulletin.    Vol.  XIII  und  XIV,  p.  1—166.    1900.   8». 

United  States  Geological  Survey  in  Washington: 

Bulletins.    No.  163—176.    1900.   8». 

Monographs.    No.  39,  40.    1900.    4«. 

20th  annual  Report  1898—1899.    Parts  II— VII.    1900.    4«. 

21th  annual  Report  1899—1900.  Parts  I,  VI  and  VII  continued.    1901.  4». 

Preliminary  Report  on  the  Cap  Nom  Gold  Region  Alaska.    1900.   8*. 

Grossherzogliche  Bibliothek  in  Weimar: 

Verzeichnis  der  von  Dr.  Reinhold  Köhler  hinterlassenen  Büchersammlniig' 
1901.    80. 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften.  49* 

Kaiaerl,  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien: 

Mitteilungen  der  prähistorischen  Kommission.   I  Bd.  No.  5.    1901.   4^. 
Sitzungsberichte. 

Abtlg.  I     Bd.  109  Heft  7. 

Abtlg.  IIa  Bd.  109  Heft  8,  9. 

Abtlg.  IIb  Bd.  109  Heft  8-10.    1900.    S^. 
Südarabische  Expedition.    Bd.  II.    1902.   4<>. 

Fontes  rerum  Austriacarum.  Abtlg.  II  v.  Bd.  51  u.  Reg.  zu  Bd.  1—50.  1901.  8®. 
Almanach.    50.  Jahrg.    1900.   S^, 

K.  K,  geologische  Reichsanstalt  in  Wien: 

Jahrbuch.   Jahrg.  1900.    Bd.  50  Heft  4;   Jahrg.  1901.    Bd.  51  Heft  1.    4» 
Verhandlungen  1901  No.  7—14.    4«. 

K,  K.  Gesellschaft  der  Aerzte  in  Wien: 

Wiener  klinische  Wochenschrift  1901  No.  27—52;  1902  No.  1.    4». 

Anthropologische  Gesellschaft  in  Wien: 

Mitteilungen.   Bd.  81  Heft  1-5.    1901.    4«. 

Zoologisch-botanische  Gesellschaft  in  Wien: 

Verhandlungen.   Bd.  51  Heft  5— 8.    1901.   8^. 
Abhandlungen.   Bd.  1  Heft  1,  2.    1901.    49. 

Die  Schwalbe,  Berichte  der  ornitholog.  Beobachtungsstationen.   N.  F.  II. 
1900/01.   40. 

K.  K.  militär geographisches  Institut  in  Wien: 

Die  astronomisch-geodätischen  Arbeiten.    Bd.  VII.    1901.    6*^. 

K.  K.  naturhistorisches  Hofmuseum  in  Wien: 

Annalen.    Bd.  XV  No.  3-4.    1900.   4^. 

K,  K.  Universität  Wien: 

Schriften  aus  dem  Jahre  1900/01  in  S^. 

Verein  zur  Verbreitung  naturwissenschaftlicher  Kenntnisse  in  Wien: 

Schriften.    41.  Bd.  1900/01.    1901.    8«. 

Nassauischer  Verein  für  Naturkunde  in  Wiesbaden: 

Jahrbücher.    Jahrg.  54.    1901.   8^. 

Ortsverein  für  Geschichte  und  Altertumskunde  in  Wolfenbüttel: 

Braunschweigisches  Magazin.   Jahrg.  1900.    4^. 

Historischer  Verein  von  Unterfranken  in  Würzburg: 

Archiv.    Bd.  43.    1901.   8». 
Jahresbericht  für  1900.    1901.   S». 

Naturforschende  Gesellschaft  in  Zürich: 

Vierteljahersschrift.   46.  Jahrg.  1901  Heft  1,  2.    1901.   S^. 

Schweizerisches  Landesmuseum  in  Zürich: 

Anzeiger  für  Schweizerische  Altertumskunde.   N.  F.  Bd.  III  1901  No.  1 — 8. 

1901.   gr.  8». 
9.  Jahresbericht  1900.    1901.   8®. 
Itobert   Durrer,    Die   Kunst-   und   Architekturdenkmäler   Unterwaldens. 

Bogen  XI.    1901.   4©. 
J.  K.  Rahn,  Zur  Statistik  Schweiz.  Kunstdenkmäler.    Bogen  12. 


50*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften, 


Von  folgenden  Privatpersonen: 

Prinz  Albert  I,  von  Monaco: 

Resultats  des  campagnes  scientifiques.   Fase.  19,  20,  avec  les  cartes  III,  Y 
et  VI.    1901.    fol. 

Verlagsbuchhandlung  von  Johann  Ämbrosius  Barth  in  Leipzig: 
Beiblätter  zu  den  Annalen  der  Physik.    Bd.  25  Heft  8-12.    1901.    8^. 

Verlagsbuchhandlung  Hermann  Böhlaus  Nachfolger  in   Weimar: 

Zeitschrift  für  Rechtsgeschichte.  Bd.  XXII.  (Roman,  u.  german.  Abteilang.) 
Weimar  1901.    8». 

Julius  Wilhelm  Brühl  in  Heidelberg: 

Roscoe-Schorlemner's  Ausführliches  Lehrbuch  der  Chemie.    Bd.  VIII  Teil  6; 
Bd.  IX.    Braunschweig  1901.    8^. 

Ulysse  Chevalier  in  Paris: 

Oeuvres  historiques.    Tom.  2.   Valence  1900.   8®. 

Bibliothfeque  patrologique  I.    Paris  1900.    8®. 

Biblioth^que  liturgique.    Tom.  V,  2;  Tom.  VI,  VII.    1900.    8». 

Margarites  G.  Dimitsas  in  Athen: 
'0  TioXixioiÄog  Ttjg  aQxaiag  'EXXddog,    Athen  1902.    8®. 

Verlagsbuchhandlung  Ferd.  Dümmler-Berlin: 

Naturwissenschaftliche  Wochenschrift.    Bd.  XVI   Heft  7  —  9.     1901.    fol. 
(Fortsetzung  siehe  „Fischer- Jena*.) 

Verlagsbuchhandlung  Gustav  Fischer  in  Jena: 
Naturwissenschaftliche  Wochenschrift.    Bd.  XVII  No.  1  — 14.    Jena.    fol. 

Magistrat  der  Stadt  Mainz: 
Gutenberg-Fest  zu  Mainz  im  Jahre  1900.   49, 

Albert  Gaudry  in  Paris: 

Sur  la  similitude  des  dents  de  Thomme  et  de  quelques  animaux.    Paris 
1901.    80. 

Karl  Gegenbauer  in  Heidelberg: 
Vergleichende  Anatomie  der  Wirbeltiere.    Bd.  II.    Leipzig  1901.    8®. 

Allgemeine  FleJctrizitäts- Gesellschaft  in  Berlin: 
C.  Arldt,  Elektrische  Kraftübertragung.    1901.    8^. 

Madame  J.-B.-A,  Godin  in  Gttise  (Aisne): 
Le  Dovoir.    Tom.  25.    1901.   Juillet— Döcembre.   8«. 


Verzeichnis  der  eingelaufenen  Drucicschriften,  51 

L.  Grünenwald  in  Speier: 
Beiträge  zur  Urgeschichte  der  Pfalz.    Speier  1901.    8®. 

Ernst  Haeckel  in  Jena: 
Kungtformen  der  Natur.    Liefg.  VI.    Leipzig  1901.    fol. 

G.  N,  Hatzidal'is  in  Athen: 

"EXsyx^^  ^fl«  ^Qi'oeig,     1901.    8®. 
T).woooXoyixai  fiiXexai.     Athen.     Tom.  1.    1901.    8®. 

Gideon  Max  HirscJi  in  Breslau: 
Chronologische  Reformen.    1901.    8®. 

F,  Imhoof'Blumer  in  Winterthur: 
Kleinaaiatische  Münzen.    Bd.  I.    Wien  1901.    4». 

Alexander  von  KalecsinsJcy  in  Budapest: 
Ueber  die  ungarischen  warmen  und  heissen  Kochsalzseen.    1901.   8®. 

Karl  Krwnbacher  in  München: 
Byzantinische  Zeitschrift.    Bd.  10  Heft  3  und  4.    Leipzig  1901.    8«. 

Ugo  Levi  in   Venedig: 

I  monumenti  piü  antichi  del  dialetto  di  Chioggia.    1901.    8^. 

E.  Liesegangund  V.Friese,  Magdeburger Schöffensprüche.  Berlin  1901. 1.  8®. 

Chr,  Mehlis  in  Neustadt  ajH.: 
Die  Schuhleistenkeile  der  neolithischen  Zeit.    1901.    8^. 

Gabriel  Monod  in  Versailles: 

Revue  historique.    XXVI®  ann^e,   tom.  77.   I.  II.    (Septembre— Däcembre 
1901.)    Paris.    BP. 

Chr,  V,  Nielsen  in  Kopenhagen: 

Albrecht  DQrer.    1895.   49, 
Filippo  Brunellesco.    1896.    40. 
Leonardi  da  Vinci.    1897.    4®. 
Den  Venetianske  Scole.    1898.   4^. 
Nicolas  Poussin.    1899.   4®. 
Berömte  Eunstnerne  1901.    4^. 

G,  Omhoni  in  Venedig: 
Dents  di  Lophiodon.    1901.    8^. 

AndrS  PoSy  in  Paris: 

Nouvelle  conception  de  Tovule.    1901.   8®. 

La  place  de  la  m^sologie  dans  la  hi^rarchie  encyclop^dique.    1901.   8®. 

Oswald  J.  Beichel  in  Lympstone  (England): 

The  Devonshire  »Domesday"  IV— VL    1898—1901.   8^. 

Extracts  from  the  Pipe  Rolls  of  Henry  II.   Relating  to  Devon.    1897.   8^ 


52* 


Verxeitfinie  der  vingetaHftnen  Drueksekrtfttn, 


Verlai/ahandlunii  Dietridi  Seimer  in  Berlin: 
Zeittcbrift  fflr  afribouische  and  ax«aniache  Spradien.    G.  Jahrjt.    4.  Hdt. 
1900.    4'. 

Adolf  Hoemer  in  Erlangen: 
Studien  za  Ariatophanes.    Leipxig  1902.    60. 

Lueian  Seheraiatin  in  MüHCken: 

SIV.  Jabrg.    l.Ealbjabresben,  Liefg.  1 


VerlagAandlutig  Seitt  et  Schauer  in  Slünehen; 
Dentache  Prazw.    10.  Jahrg.  Ho.  13—24.   Hünchen,    8°. 

Verlagshandlung  lt.  G.  TeiAner  in  Leiptig: 
Archiv   der  Mathematik   und   Physik.    HI.    Reihe,   Bd.  I   Heft  3    und    4. 

Leipzig  1901,    gr.  8". 
Enc^cloplldie    der    DiatheiDatischeD  Wiaienacharten.    Bd.  IV,    1    Heft    1; 

Bd.  II,  2  Heft  1.   Leipiig  1901.    8». 
The8iiunuliiiguaelatinae.Vol.il  fasc.1,2;  Vol.lfaBc.3.  Leipzig  1901.  40. 

A.  Tläeulleu  in  Paris: 
Deuxiöme  ^lade  aar  leB  pierrea  figurea.    1901.    8". 
Varia.    Oi  trarailMs  ä,  l'^poque  de  Chellea.    1901.    4°. 

Otlo  Walkhoff  i„  München: 
MikrophotographiBcber  Attas  der  pntbologiecben  Histologie  mcaachlicber 
Zähne.   Text  und  Atlas.    Stuttgart  1897.   fol. 

N.  Weeklein  m  Mündien: 
EuHpidlB  fabulae.    Vol.  1.    Pars  3  et  G,    Lipaiae  1901.    &>. 

Boris   Weinberg  in  Odessa: 
t  P.  Pasaalak;,    Anomaliea    magu^tiquea   dana  la   region   de«    mines   da 
KriTöi-Rog.    1901.   4". 


Sitzungsberichte 


lathematisch-physikalischeu  Clusse 

(icr 

k.  b.  Akademie  der  Wissenschaften 


zu  Alünchen. 


1901.   Heft  IT. 


flünrben. 

Vt-rl«.^  iler  k.  ifcuilamiiL 
1902. 


^ 


52*  Verzeichnis  der  eingelaufenen  Druckschriften, 

Verlagshandlung  Dietrich  Reimer  in  Berlin: 

Zeitschrift  für  afrikanische  und  ozeanische  Sprachen.    5.  Jahr|^.    4.  Heft. 
1900.    40. 

Adolf  Roemer  in  Erlangen: 
Studien  zu  Aristophanes.    Leipzig  1902.    8^. 

Lucian  Schermann  in  München: 

Orientalische  Bibliographie.    XIV.  Jahrg.    1.  Halbjahresheft,  Liefg.  1,  S. 
Berlin  1901.   S». 

Verlagshandlung  Seitz  dt  Schauer  in  München: 
Deutsche  Praxis.    10.  Jahrg.  No.  13—24.    München.   8^. 

Verlagshandlung  B,  G.  Teubner  in  Leipzig: 

Archiv  der  Mathematik  und  Physik.    III.   Reihe,  Bd.  I  Heft  3    und  4. 

Leipzig  1901.    gr.  8^ 
Encyclopädie   der   mathematischen  Wissenschaften.    Bd.  IV,    1    Heft   1; 

Bd.  II,  2  Heft  1.   Leipzig  1901.    8». 
Thesaurus  linguae  latinae.  Vol. II  fasc.1,2;  Vol.Ifasc.  3.  Leipzig  1901.  4*. 

A.  ThieuUeu  in  Paris: 

Deuxieme  t^tude  sur  les  pierres  figures.    1901.   8®. 
Varia.    Od  travaill^s  ä  l'äpoque  de  Chelles.    1901.    4®. 

Otto  WaWioff  in  München: 

Mikrophotographischer  Atlas  der  pathologischen  Histologie  menBcblicher 
Zähne.    Text  und  Atlas.    Stuttgart  1897.   fol. 

N.  Wecklein  in  München: 
Euripidis  fabulae.   Vol.  I.    Pars  3  et  5.    Lipsiae  1901.   8®. 

Boi'^is  Weinberg  in  Odessa: 

t  P.  Passalsky,    Anomalics   magn^tiques   dans  la  r^gion   des   mines  de 
Krivöi-Rog.    1901.    4». 


Sitzuiijafsberichte 


thematiscb-physikalischen  Olasse 


k.  b.  Akademie  der  Wissenschaften 


KU  JMüiichen- 


190t.    Haß  IV. 


lOdü. 
tu  OviDiul^aa  Am  G.  nawMua  T«tao  ^.  Ualll 


ii'yA 


'S*..'