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SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
NATHEMATISCH - NATUR WISSENSCHAFTLICHE GLASER.
FÜNFUNDNEUNZIGSTER BAND.
WIEN,
AUS DER K.K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI.
IN GOMMISSION BEI GARL GEROLD’S SOHN,
BUCHHANDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
SITZUNGSBERICHTE
DER
NTHENATISCH-NOTURWISSENSCHAFTLICHEN CLASE
DER KAISERLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
XCV. BAND, I. ABTHEILUNG. / /
JAHRGANG 1887. — Herr 1 Bıs V. f
(Mit 12 Tafeln und 1 Tabelle.)
| WIEN.
AUS DER KK. HOF- UND STAATSDRUOKEREI.
IN COMMISSION BEI GARL GEROLD’S SOHN,
BUCHHANDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN,
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INHALT.
I. Sitzung vom 7. Jänner 1887: Übersicht .. ..- ....
v. Ettingshausen, Beiträge zur Kenntniss der fossilen Flora Neu-
seelands. (Auszug aus den Denkschriften.) [Preis: 5 kr.
— 10 Pfg.] EN EORENGH O RC AROT REN ER OO EEE RE HE RO NL,
II. Sitzung vom 13. Jänner 1887: Übersicht. . .. »....
v. Wettstein, Zur Morphologie und Biologie der Cystiden. (Mit
Beletolnipreis- 2b 50 Biel 20... 00
III. Sitzung vom 20. Jänner 1887: Übersicht .........
IV. Sitzung vom 3. Februar 1887: Übersicht . . . . . 2... .
V. Sitzung vom 10. Februar 1887: Übersicht
Krasan, Über regressive Formerscheinungen bei Quercus sesst-
Kllora Sm Preises l2rkr =>24. Pia. Sa.
VI. Sitzung vom 3. März 1887: Übersicht . . . 2 2 2.2...
VII. Sitzung vom 10. März 1887: Übersicht... ..» 2...
VIII. Sitzung vom 17. März 1887: Übersicht . .. 2.2.2.2...
IX. Sitzung vom 31. März 1887: Übersicht . . .. . . 2...
v. Ebner, Über den feineren Bau der Skelettheile der Kalk-
schwämme nebst Bemerkungen über Kalkskelete über-
haupt. (Mit 4 Tafeln.) [Preis: 1 fl. 60 kr. = 3 RMk.
ae a Era a a A
X. Sitzung vom 21. April 1887: Übersicht . .. 2... 2...
Neumayr , Die natürlichen Verwandtschaftsverhältnisse der
schalentragenden Foraminiferen. (Mit 1 Tabelle.) [Preis:
Sr EL, — ODER en. 0 a a ne
Frisch, Anatomisch-systematische Studien über die Gattung
Rubus. (Mit 2 Tafeln.) [Preis: 45kr. = WPfg.]). .. .
XI. Sitzung vom 5. Mai 1887: Übersicht . . .. 2. 22...
55
153
156
187
217
VI
Seite
XI. Sitzung vom 12. Mai 1887: Übersicht . . . 2.2 222.2.2.919
Molisch, Über einige Beziehungen zwischen anorganischen Stick-
stoffsalzen und der Päanze . . . Sam 2 zn 221
XIII. Sitzung vom 20. Mai 1887: Übersicht . . 2 22 2 2. 244
Handlirsch, Monographie der mit Nysson und Bembex ver-
wandten Grabwespen. (Mit 5 Tafeln.) [Preis: 2 fl. 4 RMk.] 246
® Verzeichniss der an die mathematisch - naturwissenschaftliche
Classe vom 1. Jänner bis 30. Juni 1887 gelangten perio-
dischen Druckschriften. . . .. . . a. 422
NATIBNATISCH- a
2 ah, [56 -
(Mit 12 Tafeln und 1 Tabelle.)
ERSTE ABTHEILUNG.
Geologie und aaa
WIEN.
AUSDERK.K.HOF- UND STAATSDRUCKEREI
IN COMMISSION BEI KARL GERDLD’S SOHN,
1887.
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INHALT
des 1. bis 5. Heftes Jänner bis Mai 1887 des XOV, Bandes, I. Abtheilung
der Sitzungsberichte der mathem,-naturw, Classe,
Seite
I. Sitzung vom 7. Jänner 1887: Übersicht . . .. Du,
v. Eitingshausen, Beiträge zur Kenntniss der fossilen Flora Nen- |
seelands. (Auszug aus den De [Preis:2& kr Tesgene
= VI Pfg] 2% 3 24022 ee da
II. Sitzung vom 13. Jänner 1887: Übersicht. NN. 55%
v. Wettstein, Zur Morphologie und Biologie der Oystidan, Mit =
1 Tafel.) [Preis; 25. kr. = 50 Pig... wese 19
III. Sitzung vom 20. Jänner 1837: Übersicht +. Am 22.
IV. Sitzung vom 3. Februar 1887: Übersicht . . . . . . nn 27
V. Sitzung vom 10. Februar 1887: Übersicht ..... ... 29
Krasan, Über regressive Formerscheinungen bei Du Ssegst-
Iflora Sm.-[Preis: 12: kr. — 24 Pig.) . ass ea
VI. Sitzung vom 3. März 1887: Übersicht .... 2... A
VII. Sitzung vom 10. März 1887: Übersicht... > et ge
L, VII. Sitzung vom 17. März 1887: Übersicht .... 2.2.2... 2
H' IX. Sitzung vom 31. März 1887: Übersicht .. ... .. 2... EA
A v. Ebner, Über den feineren Bau der Skelettheile der Kalk- vr
Be... schwämme nebst Bemerkungen über Kalkskelete über- R%
: haupt. (Mit 4 Tafeln.) [Preis: 1 fl. 60 kr. = 3 RMk. |
Br BD-Pies] 2 u ae ne
X, Sitzung vom 21. April 1887: Üben Nr 153
Neumayr , Die natürlichen Verwandtschaftsverhältnisse der
schalentragenden Foraminiferen.- (Mit 1 Tabelle.) es
SUakr-—60.PfR.]... "2. 2 ae „= ın8
Fritsch, Anatomisch- systematische Studien über die Gattung
Rubus. (Mit 2 Tafeln.) [Preis: 45 kr. = Pig]... . 1877
XI. Sitzung: vom 5. Mai 1837:. Übersieht „ee 244.3
XII. Sitzung vom 12. Mai 1887: Übersicht . ........ 2. 222295
Molisch, Über einige Beziehungen zwischen anOTEUmIS EN a
stoßsalzen und der Pflanze ... 7, Wo Ser 221
XII. Sitzung vom 20. Mai 1887: Übersicht ... 2... .0... 44
Handlirsch, Monographie der mit Nysson und BeiheR ver-
wandten Grabwespen. (Mit 5 Tafeln.) [Preis: 2 fl. 4 RMk. 246
Verzeichniss der an die mathematisch - naturwissenschaftliche
Classe vom-1. Jänner bis 30. Juni 1837 gelangten perio-
dischen Druckschriften. ; . x... ee
Preis des ganzen Heftes: 4 fl. 50 kr. = 9 RMk.
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SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADENIE DER WISSENSCHAFTEN
MATHENATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE GLASSE.
XCV. Band. 1. Heft.
ERSTE ABTHEILUNG.
Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik,
Zoologie, Geologie und Paläontologie.
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I. SITZUNG VOM 7. JÄNNER 1887.
Der Vorsitzende gedenkt des Verlustes, welchen die Aka-
demie und speciell diese Classse durch den am 26. December
v. J. erfolgten Tod ihres wirklichen Mitgliedes Herrn Hofrath
und Professor Dr. Theodor Ritter v. Oppolzer erlitten hat.
Die anwesenden Mitglieder geben ihrem Beileide über diesen
Verlust durch Erheben von den Sitzen Ausdruck.
Das w. M. Herr Prof. L. v. Barth übersendet eine Abhand-
lung von Herrn Leon Brodsky in Bern: „Über die Einwir-
kung der Aldehyde auf Rhodanammonium“.
Das ce. M. Herr Regierungsrath Prof. Dr. Constantin Freih.
v. Ettingshausen übersendet eine Abhandlung, betitelt: „Bei-
träge zur Kenntniss der fossilen Flora Neuseelands“.
‚ Herr Prof. Dr. M. Holl in Innsbruck übersendet eine Ab-
handlung unter dem Titel: „Zur Anatomie der Mundhöhle
von Rana temporaria“.
Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor:
1. „Anwendung der Taylor'schen und Mac Lau-
rin’schen Reihe auf die Ermittlung des Werthes
bestimmter Integrale“, von Herrn Prof. Reinhard
Mildner an der Landesrealschule in Römerstädt (Mähren).
2. „Über das Verhältniss von Energie und Arbeits-
leistung beim Condensator“, von Herrn Dr. Gottlieb
Adler in Wien.
Herr Director J. Hann überreicht eine Abhandlung von
Herrn Prof. Dr. A. Wachlowski in Czernowitz, „Die Hagel-
verhältnissein der Bukowina“.
Herr Dr. Richard v. Wettstein in Wien überreicht eine
Abhandlung, betitelt: „Zur Morphologie und Biologie der
Cystiden“.
1*
Herr Dr. Gustav Kohn in Wien überreicht folgende zwei
Abhandlungen:
1. „Zur ‚Theorie der rationalen Curven vierter
Ordnung“.
2. „Über die zu einer allgemeinen Curve vierter
Ordnung adjungirten Curven neunter Classe*.
Belbständige Werke, oder neue, der Akademie bisher nicht
zugekommene Periodica sind eingelangt: |
Ebstein, W., La Goutte, sa nature et son traitement. Paris,
BEN 5S,
Koristka, K., Professor Gustav Schmidt. Eine biographische
Skizze. Prag, 1886; 8°.
Ludwig, C., Arbeiten aus der physiologischen Anstalt zu Leipzig.
Jahrg. 1886. Leipzig, 1886; 8°.
Mueller, F. v., Description and illustrations of the Myoporinous
' plants of Australia. II. Lithograms. (75 plates). Melbourne,
1886; 4°.
Beiträge zur Kenntniss der fossilen Flora Neuseelands,
Von Reg.-Rath Prof. Dr. Constantin Freih. v. Ettingshausen,
correspond. Mitgliede der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften.
(Auszug aus einer für die Denkschriften bestimmten Abhandlung.)
Durch die Güte der Herren Prof. Dr. J.v. Haast in Christ-
chureh und Prof. T. J. Parker in Dunedin erhielt ich die reichhal-
tigen Sammlungen fossiler Pflanzen, welche die Genannten in Neu-
seeland zu Stande gebracht haben, zur Untersuchung. In diesen
Sammlungen sind 15 Localitäten, die sich auf drei Formationen
vertheilen, repräsentirt. Die fossile Flora derselben zeigt einer-
seits den Anschluss an die Jetztflora, anderseits reicht sie bis zur
Kreidezeit, während erst nach einer grösseren Lücke in den
tieferen Schichten und ohne Anschluss die Triasflora erscheint.
Die aus sieben Localitäten (Shag Point, Dunstan, Landslip
Hill, Malvern Hills I, Racacliffgully, Wekapass und Murderer’s
Creek) zu Tage geförderte Tertiärflora umfasst bis jetzt 51
Arten, die sich auf 37 Gattungen und 25 Ordnungen vertheilen. Es
enthalten die Kryptogamen 3, dieGymnospermen 10, die Monoco-
tyledonen 2, die Apetalen 22, die Gamopetalen 3, die Dialy-
petalen 9 Arten. Was den allgemeinen Charakter dieser Flora
betrifft, so weicht derselbe von dem der bisher genauer unter-
suchten Tertiärflora keineswegs wesentlich ab; es zeigt sich der
gleiche Mischlingscharakter wie in der Tertiärflora Europas,
Nordamerikas und Australiens, deren Analogien mit der neu-
seeländischen in einer Tabelle übersichtlich zusammengestellt sind.
Wiewohl die Tertiärflora Neuseelands von der jetzt daselbst
lebenden Flora sehr verschieden ist, so finden sich doch engere
Arten-Anschlüsse zwischen beiden. Ausserdem sind einige
Gattungen in beiden Floren repräsentirt, andere können mit
Gattungen der Jetztflora Neuseelands insofern in Beziehung
gebracht werden, als diese letzteren aus einer Transmutation der
6 . WO. veEttingeshausen,
ersteren hervorgegangen zu sein scheinen. Hingegen vermissen
wir in der gegenwärtigen endemischen Flora Neuseelands eine
grosse Reihe von Gattungen seiner Tertiärflora, wie z. B. Loma-
riopsis, Sequoia, Araucaria, Seaforthia, Casuarina, Myrica, Alnus,
Quercus, Ulmus, Planera, Ficus, Oinnamomum, Dryandra, Dios-
pyros, Aralia, Acer, Sapindus, Elaeodendron u. A.
In einer Abhandlung über die „genetische Gliederung der
Flora von Neuseeland“ (Sitzungsber. 58 Bd. 1 Abth. S. 953) ver-
suchte ich auf indireetem Wege aus der Beschaffenheit der
endemischen Flora nachzuweisen, dass dieselbe aus einer Flora
hervorgegangen ist, welche ausser dem Hauptelement, dem das
Hauptglied der lebenden Flora seinen Ursprung verdankt, auch
noch andere Elemente (Neben-Elemente) enthalten haben musste;
denn die Überreste solcher lassen sich in der lebenden Flora
deutlich erkennen und bilden die Nebenglieder derselben. Hiemit
in vollem Einklang stehen die Hauptergebnisse der vorgelegten.
Abhandlung: |
1. In Neuseeland ist ein Zusammenhang zwischen
seiner Tertiärflora und seiner Jetztflora nach-
weisbar.
2. In der Tertiärflora Neuseelands sind die Elemente
verschiedener Floren enthalten.
3. Die Tertiärflora Neuseelands bildet einen Theil
derselben universellen Flora, von welcher sämmt-
liche Floren der Jetztwelt abstammen.
4 In Neuseeland istnurein Theilseiner Tertiärflora
in die jetzige Flora übergegangen, der andere
aber ausgestorben. |
Man hat bisher die Dicotyledonenreste führenden Schiehten
Neuseelands unter der Bezeichnung „Cretaceo-tertiary Formation“
zusammengefasst. Die Untersuchung der Flora hat jedoch gezeigt
dass einige Lagerstätten dieser Schichten zur Kreideformation
gehören, während andere dem Tertiär zufallen.
Die Kreideflora Neuseelands ist bis jetzt aus vier Locali-
täten (Pakawau, Grey River, Wangapeka und Rufton) zum Vor-
schein gekommen. Die 37 Arten derselben vertheilen sich auf
29 Gattungen und 17 Ordnungen. Von den Arten fallen auf die
Kryptogamen 4, die Phanerogamen 33, und zwar auf die Coni-
Beiträge zur Kenntniss der fossilen Flora Neuseelands. 7
feren 8, die Monocotyledonen 4, die Apetalen 13 und die Dialy-
petalen 8. Die Abtheilung der Gamopetalen ist bis jetzt nicht
vertreten. Eine Reihe von Arten stehen als unmittelbare
Vorläufer im engen Anschlusse an Arten der Tertiär-
flora und zwar der Gattungen Aspidium, Podocarpium, Dacrydi-
nium, Haastia, Casuarinites, Quercus, Fagus, Ulmophylon, Fieus,
Cinnamomum, Dryandroides, Ceratopetalum, Cupanites und Palaeo-
cassid.
Die Eingangs erwähnten Sammlungen enthalten auch zahl-
reiche Pflanzenreste ausälteren mesozoischen Lagerstätten, welche
ich jedoch sämmtlich als zur Triasformation gehörig betrachte,
einestheils da die Arten am meisten solchen der Triasflora analog
sind, anderntheils, da eine wesentliche Altersverschiedenheit
dieser pflanzenführenden Localitäten durch die gemeinsamen
Arten ausgeschlossen erscheint.
Die Triasflora Neuseelands ist aus fünf Localitäten (Mount
Potts, Haast Gully, Malvern HillsII, Mataura und Waikava) gewon-
nen worden und enthält bis jetzt 23 Arten, die zu den Gattungen
Equisetum, Sphenopteris, Hymenophyllites, Pecopteris, Taeniopteris,
Macro-Taeniopteris, Camptopteris, Asplenium, Lycopodites, Cyca-
dites, Podozamites, Zamites, Pterophyllum, Nilssonia, Thinnfeldia,
Protocladus, Baiera und Palissya gehören. Schliesslich muss ich
bemerken, dass die Angabe J. Hector’s!, es fänden sich in Neu-
seeland mit Alethopteris, Taeniopteris und anderen Pflanzen-
formen alter Floren auch Dicotyledonen-Blätter in denselben
Schichten, auf Irrthum oder Verwechslung beruht. Abgesehen von
der grossen Unwahrscheinlichkeit eines solchen Zusammenvor-
kommens müsste doch bei der Untersuchung der ausgedehnten
Sammlungen, in welchen die Fundorte genau verzeichnet sind,
irgend eine hierauf bezügliche Wahrnehmung von mir gemacht
worden sein. Dies war aber durchaus nicht der Fall; allerdings
sah ich Maecro-Taeniopteris- und Camptopteris-Reste, welche in
mangelhaftem Zustande immerhin für Dieotyledonen-Blätter ge-
halten werden könnten.
1James Hector, New Zealand Court. Indian and Colonial Exhibition.
London 1886.
SITZUNG VOM 13. JÄNNER 1887.
—[
Der Secretär legt das erschienene I. und II. Heft (Juni
bis Juli 1886), IL. Abtheilung des XCIV. Bandes der Sitzungs-
berichte vor.
‘ Das w. M. Herr Prof. E. Hering übersendet eine Arbeit
aus dem physiologischen Institute der deutschen Universität zu
Prag: „Beiträge zur allgemeinen Nerven- und Muskel-
physiologie. XX. Mittheilung. Über die Innervation der
Krebsscheere“, von Herrn Prof. Dr. Wilh. Biedermann.
Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. L. Boltzmann über-
sendet eine Mittheilung von Herrn Prof. Albert v. Ettingshausen
in Graz: „Über eine neue polare Wirkung desMagnetis-
mus aufdie Wärme in einer vom galvanischen Strome
durehflossenen Wismuthplatte“.
Das e. M. Herr Prof. L. Gegenbauer in Innsbruck über-
sendet eine Abhandlung: „Uber die Anzahl der Prim-
zahlen“.
Der Seceretär legt folgende eingesendete Abhandlungen
vor:
1. „Über Raumeurven mter Ordnung mit (m—2)fachen
Secanten“, von Herrn Dr. Karl Bobek in Prag. |
2. „Über die Untersuchung von Acetylverbindun-
gen und eine neue Methode zur Analyse der
Fette“, Arbeit aus dem chemischen Laboratorium der
technischen Hochschule in Wien, von den Herren Dr. R. Be-
nedikt und F. Ulzer.
9
Das w. M. Herr Hofrath Prof. C. Claus macht eine
Mittheilung: „Über die morphologische Bedeutung der
lappenförmigen Anhänge am Embryo der Wasser-
assel“.
Das w. M. Herr Prof. V. v. Lang überreicht eine Abhand-
lung von Herın Prof. E. Edlund in Stockholm: „Über uni-
polare Induction“.
Herr Prof. v. Lang berichtet ferner über weitere Versuche:
„Über die elektromotorische Gegenkraft des elektri-
schen Lichtbogens“.
10
Zur Morphologie und Biologie der Cystiden.
Von Dr. Richard v. Wettstein.
(Mit 1 Tafel.)
Die von Leveill& mit dem Namen „Cystiden“ belegten
Organe der Hymenomyceten haben schon seit lange die Aufmerk-
samkeit der Mycologen auf sich gezogen; anfänglich, weil man
ihnen bestimmte Functionen mit Bezug auf die sexuelle Vermeh-
rung zuschrieb, in neuerer Zeit, weil man in ihnen Organe
erkannte, die durch ihre constant gleiche Ausbildung ein gutes
Mittel zur Unterscheidung der Species darbieten.
Die ersten Beobachter hielten, wie schon erwähnt, die Cy-
stiden für männliche Befruchtungsorgane und Micheli! und
Corda* nannten sie geradezu Antheridien, demgemäss ihren
Inhalt Spermatien.
Beeinflusst durch diese Auffassung hielt Corda das ein oder
das andere Mal vorkommende Zerreissen der Cystiden für einen
regelmässig eintretenden Vorgang, dessen Zweck die Entleerung
der Spermatien wäre. — Schon Hoffmann? wies die Unrich-
tigkeit dieser Angaben nach; neuerdings haben Brefeld und
De Bary seine Beobachtungen bestätigt. Die für Spermatien
angesehenen Körperchen erklärte Hoffmann für Bacterien.
Derselbe stützte sich bei seiner Deutung der Cystiden auf einen
anderen Unstand, nämlich auf die feuchte schleimige Beschaffen-
heit der Aussenseite der Zellwand und erklärte die Cystiden für
in ihrer Function den Drüsenhaaren der Phanerogamen analoge
Haargebilde. Corda gab die Cystiden als von den Basidien und
1 Nova plantar. genera in Flora 1829.
2 Icon. fung. hucusque cognit. I. p. 26. etc.
3 Die Pollinarien und Spermatien von Agarieus. Botan. Zeitung 1856,
S. 137 ft.
Morphologie und Biologie der Cystiden. 11
Paraphysen wesentlich verschieden an und schildert sie als
„aufsitzend kleinen basalen Zellgruppen, den Cyphelien.“
Hoffmann erklärte die Cystiden bereits für eine „besondere
Entwicklungsform der Pallisaden-Zellen.“
Noch weniger Werth als Hoffmann legte Phoebus! den
Cystiden bei, der in ihnen bloss abnorm veränderte Basidien
erbliekte und sie als „Nebenkörper, Paraphysen im engeren
Sinne“ bezeichnete.
Eingehende Untersuchungen verdanken wir Brefeld, der
in dem III. Hefte seiner „Botanischen Untersuchungen über
Schimmelpilze“* (Leipzig 1872) nicht nur die Vertheilung der
Cystiden an den Lamellen, sondern auch deren Entwicklung aus
Basidienanlagen an Coprinus stercorarius feststellte. Was die
Funetion der Cystiden anbelangt, so erklärte sie Brefeld für
Schutzeinrichtungen für die in Ausbildung begriffenen Sporen,
denen die Aufgabe zufällt, die Lamellen als „Schutzpfosten*
auseinander zu halten.
Auch De Bary? schloss sich dieser Auffassung an, aller-
dings mit der Einschränkung, dass die angedeutete Function
nicht die einzige sei.
Trotzdem wurde in neuerer Zeit nochmals von Worth.
G. Smith? der Versuch gemacht, den sexuellen Charakter der
Cystiden zu beweisen, und wenn auch diese Deutung keine
Anhänger mehr fand, so hat sich doch noch bis heute die Über-
zeugung von der wahren Natur der Cystiden und ihrer Function
nicht allgemeine Geltung verschafft.*
Bei einer vergleiehenden Betrachtung der heimischen Co-
Pprinus-Arten hatte ich auch Gelegenheit den Cystiden meine Auf-
merksamkeit zuzuwenden und die Resultate dieser Beobachtungen
lege ich in den folgenden Zeilen nieder, die im Wesentlichsten die
1 Deutschl. kryptogam. Giftgewächse. Berlin 1838, p. 11.
2 L. e. p. 328.
3 Reproduction in Coprinus radiatus. Grevillea IV, p. 53, Tat. 54—61.
4 Wir finden dies auch in den meisten neueren Handbüchern und ich
erwähne nur beispielsweise, dass Luerssen in seinem vortreffichen Hand-
buche d. system. Botanik I. Bd, p. 291, eine Erklärung der Bedeutung
der in Rede stehenden Organe offen lässt, andererseits sie als morphologisch
gleichwerthig mit den Paraphysen hinstellt.
12 R. v. Wettstein,
Untersuchungen und Anschauungen Brefeld’s bestätigen, iw
mehrfacher Hinsicht sie aber erweitern. Hervorgehoben mag nur-
werden, dass alle im Folgenden ausgesprochenen Verallgemeine-
rungen sich nur auf die Gattung Coprinus beziehen, da einerseits,
wie schon De Bary hervorhob, bei den verschiedenen Gattungen
dieselben Organe sehr verschiedene Functionen haben können,
andererseits auch morphologisch sehr verschiedene Gebilde unter
dem Namen Cystiden zusammengefasst werden.
Zur Morphologie der Cystiden.
Der Bau des Hymeniums zeigt bei den Coprinus-Arten eine
im Vergleiche mit den anderen Hymenomyceten: sehr grosse
Regelmässigkeit. Das subhymeniale Gewebe in jeder Lamelle
lässt drei Schichten leicht unterscheiden, eine centrale und zwei
ihr beiderseits angelagerte, die jedoch, wie Brefeld zeigte,
eines Ursprunges sind. Erstere besteht aus mehr oder minder
isolirter Hyphenfäden, die aus eylindrischen oder tonnenförmigen
Zellen zusammengesetzt in der Ebene der Lamelle verlaufen,
sich vielfach verzweigen, stets aber isolirt bleiben (vergl.
Fig. 4a); letztere stellen ein Scheinparenchym dar, welches in
der bereits herangewachsenen Lamelle dadurch entsteht, dass die
Enden der centralen Hyphen sich senkrecht auf den bisherigen
Hyphenverlauf erheben und mit ihren Spitzen die Pallisaden-
schichte bilden, während die Fadenstücke zwischen den Pallisa-
den und den Oentralhyphen sich in Zellen theilen (conf. Fig. 45)
und dadurch zum Parenchym werden. Parenchym und centrales
Gewebe bilden jenen Theil der Lamelle, der mit dem Namen
„Irama*“ belegt wurde. Alle Zellen der Pallisadenschichte sind
demgemäss gleichwerthig, dies ist ganz besonders in jenen Fällen
deutlich zu sehen, in denen ausnahmsweise die Entwieklung
einer Parenchymschichte unterbleibt, wie z. B. bei Coprinus
atramentarius. |
Im weiteren Verhalten der Pallisaden macht sich bald eine
Verschiedenheit bemerkbar. An genau quer geführten Schnitten
sehen wir jede zweite Zelle sich verlängern und die dazwischen
liegenden in der darauf senkrechten Richtung in der Breite
zunehmen; erstere werden zu Basidien, letztere zu Paraphysen.
Die Weiterentwicklung beider will ich nicht darstellen und
Morphologie und Biologie der Cystiden. 13
verweise diesbezüglich auf die bereits mehrmals erwähnten
Beobachtungen Brefeld’s (l. e. p. 50 ff... — Einzelne der als
Basidien angelegten Zellen unterscheiden sich von den übrigen
bald durch ihr bedeutend stärkeres Wachsthum; sie werden zu
Cystiden.
Diese Cystiden-Anlagen sind bei den Formen ohne sub-
hymeniales Parenchym (z. B. bei Copr. atramentarius) von den
Basidienanlagen morphologisch überhaupt nicht verschieden, bei
den Arten mit subhymenialem Parenchym lassen sie sich jedoch
schon im jungen Hymenium daran erkennen, dass sie an der
Parenchymbildung nicht theilnehmen. Die betreffende Hyphe
bildet dann eine freie Fortsetzung einer centralen Hyphe (vergl.
z. B. Fig. 6 a), theilt sich aber ebenfalls in 2—3 Zellen, von
denen die oberste zur Cystide wird, während die anderen zu den
im Parenchym eingebetteten „Stielzellen“ werden. Von den
Stielzellen ist oft die oberste blasig vergrössert (z. B. bei ©.
micaceus Fig. 2, C. extinctorius u. a.), und dann stets leicht in
‚der durchscheinenden Trama zu erkennen. Sie entwickelt sich
niemals weiter, ihr Inhalt zeigt zahlreiche und grosse Vacuolen,
Während an Querschnitten die Gleichwerthigkeit der Cystiden
mit Basidien leicht erkannt werden kann, geht sie mit voller
Sicherheit in den hier besprochenen Entwicklungsstadien aus der
Flächenansicht der Hymeniums hervor. (Vergl. Fig. 1.) Die
Paraphysen bilden ein sehr regelmässiges Gewebe abwechselnd
mit den Basidien, deren bedeutend geringere Breitendimensionen
am Flächenbilde deutlich hervortreten. Nur überaus selten
stossen mehrere Paraphysen unmittelbar aneinander (wie dies
z. B. De Bary in seiner Morph. und Pbysiol. d.. Pilze, p. 112,
abbildete). Hie und da zeigt sich nun an Stelle einer Basidie
eine Oystide eingeschaltet. Hiebei ist auch das vollständige
Fehlen.des von Corda! beschriebenen und abgebildeten „Cyphe-
liums“ leicht zu erkennen.
Von diesem Entwicklungsgange der Cystiden fand ich bei
keiner Coprinus-Art eine Ausnahme, woraus die Gleichwerthig-
keit der Cystiden mit den Basidien wohl zweifellos
hervorgeht‘.
1 Corda Icon. fung. I. p. 26. Tab. VII. Fig. 300 etc.
2 Conf. Brefeld, 1. ce. p. 54.
14 R. v. Wettstein,
Dass die Cystiden nicht bloss auf der Fläche der Lamellen,
sondern in grösserer Menge an den Kanten derselben entwickelt
werden, hat Hoffmann betont. Brefeld nannte die letzteren
„Grenzeystiden“. Sie finden sich insbesondere an dem Theile
der Kante, der dem Stiele zugewendet ist und unterscheiden sich,
wie ich weiter unten darlegen werde, in mehrfacher Hinsicht von
den übrigen. (Vergl. Fig. 8 und 9.)
Was die Form der ausgewachsenen Cystiden anbelangt, so
lassen sich bei den Coprinus-Arten 2 Typen unterscheiden,
einerseits blasige Formen, die zwischen der Kugelform und der
eines gestreckten Ellipsoids schwanken (z. B. Fig. 2 und 3), an-
dererseits langeylindrische bis haarförmige (Fig. 4.) Erstere
finden sich bei der Mehrzahl der Arten (C. ewtinctorius
Bull., tergiversans Fr., micaceus Bull., fuscescens Schaeff.,
stercorarius Bull., petasiformis Cda., domesticus Pers., velaris
Fr., ovatus Schaeff. und lagopus Fr.); die letzteren sind relativ
seltener, ich beobachtete sie bei €. atramentarius Bull., tomen-
tosus Bull. und soboliferus Fr. Nur bei wenigen Coprinus-Arten
fehlen Cystiden ganz oder treten wenigstens in Folge ihrer
Seltenheit in den Hintergrund, so z. B. bei €. Sceptrum Jungh.,
comatus Fl. Dan., ovatus Schaeff. und nach Brefeld C. ephe-
merus Bull. Schon aus diesen Angaben lässt sich entnehmen,
dass im Grossen und Ganzen nahe verwandte Arten auch im Baue
des Cystiden übereinstimmen und dass wenigstens bei Unter-
scheidung der Coprinus-Arten denselben nicht jene Bedeu-
tung zukommt, die ihnen vielfach zugeschrieben wird.
Bei aller Formverschiedenheit stimmen die Cystiden in der
Art ihrer Befestigung immer überein, sie sind gegen die Basis
verschmälert und durch eine zarte Membran gegen die, wie schon
erwähnt, häufig blasige Stielzelle abgeschlossen (vergl. Fig. 2,
3, 4, 6). Die Basis der Cystiden befindet sich meist in gleicher
Höhe mit jener der Paraphysen, respective Basidien, selten ist
sie über diese erhoben und dann erheben sich auch die umliegen-
den Paraphysen, einen kleinen, von der Cystide gekrönten Hügel
darstellend. | |
Die Membran der ausgewachsenen Cystide ist eine sehr
zarte, vielfach und insbesondere bei den eylindrisch-schlauch-
förmigen Formen von überall gleicher Dicke. (Vergl. Fig. 4.)
Morphologie und Biologie der Cystiden. 15
Eine eigenthümliche Seulptur besitzt die Membran bei einigen
eiförmigen Cystiden z. B. von (©, micaceus, esxtinctorius u. a., die
in Form äusserst zarter ringförmiger Verdiekungen auftritt.
(Vergl. Fig. 2 und 3.) An einer frisch präparirten Cystide ist
diese Verdiekung nur schwer zu sehen, doch tritt sie sehr deut-
lich bei Ausfärben der Präparate, besonders nach vorhergehender
Behandlung mit einem schwach wasserentziehenden Reagens
hervor. Bei Herabsetzung des Turgors der Cystidenzellen, erfolgt
dieselbe nun künstlich oder in Folge Vertrocknens des Pilzes am
Orte seines natürlichen Vorkommens, legt sich die Membran
zwischen je 2 ringförmigen Verdiekungsleisten in Falten und
erhält dann jenes schwach wellige Aussehen, das sich auch in
den Zeichnungen älterer Beobachter ! angedeutet findet.
Immer aber ist die Membran der Cystiden geschlossen, ein
Öffnen derselben kann nur ein zufälliges sein, etwa durch rasche
Wasserabgabe oder durch den Druck des Deckgläschens ver-
ursacht; ich habe es überhaupt nie beobachtet.
Was den Inhalt der Cystiden anbelangt, so ist derselbe in
der Jugend, d. h. vor Differenzirung der Elemente der Pallisaden-
schichte ein dem der übrigen Hyphenenden gleicher, d. h. plasma-
tischer. In dem das ganze Lumen erfüllenden Plasma konnte ich
niemals einen Zellkern finden. Zugleich mit dem Wachsthume der
Oystide treten Vacuolen auf, die sich rasch vergrössern und ver-
mehren und schliesslich den grössten Theil des Zellinnern ein-
nehmen. (Vergl. Fig. 3.) Das Protoplasma bildet entweder bloss
einen zarten Wandbeleg, von dem aus hie und da zarte Fäden
das Zellinnere durchqueren oder es theilt sich in einen diehteren
centralen Plasmakörper und einen periphären, die durch zahl-
reiche überaus zarte Stränge verbunden sind. In den Strängen
zeigt sich manchmal eine lebhafte Plasmaströmung, die in Prä-
paraten, welche in Wasser liegen, jedoch schon in kürzester Zeit
aufhört. Im Innern des centralen Plasmakörpers, dessen schon
De Bary a.a. O0. Erwähnung thut, findet man häufig einen leicht
tingirbaren dichteren Theil (siehe Fig. 3), der wohl als Zellkern
aufgefasst werden kann; in alten Cystiden liegt er der Membran
1 Vergl. Hoffm. ]. ec. Taf. V.d. — Corda, Icon. fung. I, Tab. VII,
Fig. 30.
16 R. v. Wettstein,
an, von einem reducirten Plasmakörper umgeben. Die Angaben
der älteren Beobachter über den Inhalt der Cystiden sind vielfach
falsch, niemals findet sich ein „körniger, im Alter gelblicher
Inbalt“, wie ihn Corda beschreibt; niemals aber war es mir auch
möglich eine Ausscheidung der Cystiden wahrzunehmen, wie sie
Hoffmann angibt.
Mit der geschilderten Ausbildung der Meinbran und der
Differenzirung des Inhaltes haben die Cystiden der meisten Co-
prinus-Arten den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht, sie
bleiben erhalten, so lange bis die Sporenbildung vollendet ist,
dann verflüssigt sich die Membran und die Cystiden zerfliessen
gleichwie die übrigen Theile des Hymeniums.
Bei einer kleinen Anzahl von Coprinus-Arten fand ich noch
weitere Entwicklungsstadien der Cystiden. Zunächst finden
sich Cystiden, die bei Berührung mit einander ver-
wachsen; ich sah solche häufig bei ©. fomentosus und dessen
Verwandten. Zwei einander entgegenwachsende Oystiden benach-
barten Lamellen berühren sich, platten sich an der Berührungs-
stelle ab und verwachsen innig, indem die trennenden Mem-
branen nicht nur erhalten bleiben, sondern in Kürze bedeutend
verdickt werden, ohne Durchlässe zu zeigen. (Vergl. Fig. 7 a.)
Nur als Ausnahmsfälle finden sich Verwachsungen von 3 oder 4
Cystiden. (Vergl. Fig. 8.)
Ein anderes Verhalten weisen häufig die lang-
gestreckten schlauchförmigen Cystiden auf. Ich wähle
als Beispiel die an C. atramentarius. Schon Brefeld erwähnt,
dass bei ©. stercorarius sich oft die Cystiden in die gegenüber
liegende Lamelle „hineindrücken“ (l. ec. p. 57). Bei den obgenann-
ten Coprinus, ferners bei ©. soboliferus Fr. ist dies die Regel. Die
wachsende, anfangs eiförmige, bald keulige Cystide erhält ein
schnabelförmiges Ende, drängt sich mit diesem zwischen
die Paraphysen der gegenüber liegenden Lamelle ein
und wächst oft ziemlich tief in die Trama derselben.
(Vergl. Fig. 4.) Hierauf verdickt sich das Cystiden-Ende, die
benachbarten Zellen verdrängend. Es ist in einem solchen
Falle oft sehr schwer zu entscheiden, an welcher der beiden
Lamellen die Oystide entsprungen ist, ausser, wenn es gelingt
die Stielzelle zu erkennen, oder wenn man mechanisch die
Morphologie und Biologie der Cystiden. 17
beiden Lamellen trennt, wobei das Cystiden-Ende aus dem
Gewebe der angebohrten Lamelle unverletzt weicht. Damit ist
auch zugleich der Beweis hergestellt, dass keinerlei Verwachsung
der einander berührenden Zellen eintrat. Die mechanische
Befestigung der Cystiden-Enden in der fremden Lamelle, die
immerhin eine ziemlich starke ist, wird nur durch den Druck der
umliegenden Pallisaden, sowie durch die oft kopfige Anschwellung
des Cystiden-Endes bewirkt.
Eine vierte Form von Cystiden finden wir endlich bei einer
kleinen Zahl von Coprinus-Arten mit walzlichen Hüten, z. B.
bei C. tomentosus. Dieselben dringen nicht bloss in das
Hyphengewebe der gegenüberliegenden Lamelle ein,
sondern verwachsen geradezu mit derselben. Die
junge Cystide ist von länglich-eiförmiger Gestalt und legt
sich mit dem stumpfen Ende an einige Pallisaden der in
diesem Entwicklungsstadium noch sehr genäherten Nachbar-
lamelle. Das Cystidenende dringt nun entweder in geringem
Masse in das Pallisadengewebe ein oder die berührten Pallisa-
den zeigen verstärktes Wachsthum und umgeben in Kürze das
Ende der Cystide. (Vergl. Fig.5.) In beiden Fällen verwächst
dasCystiden-Ende mit den Pallisaden, aber ohne dass eine offene
Communication zu Stande käme. Dass die Verwachsung eine
sehr innige ist, zeigt nicht nur das Verhalten in kochendem
Wasser, indem hiedurch keine Lösung des Verbandes bewirkt
werden kann, sondern auch mechanische Auseinanderzerrung der
Lamellen bewirkt eher ein Zerreissen der Pallisaden oder der
Cystide, als eine Trennung derselben. (Vergl. Fig. 7 b.)
Noch häufiger und allgemeiner finden sich diese Verwach-
sungen bei den oberwähnten „Grenzeystiden“ Brefeld’s. Ich habe
sehon hervorgehoben, dass sich eine bedeutendere Ansammlung
von Oystiden an den Kanten der Lamellen, besonders an dem
dem Stiele zugewendeten Theile findet. Diese Cystiden verwach-
sen nun bei vielen Arten (z. B. C. tomentosus, Ü. sociatus u. a.)
ganz regelmässig und bilden geradezu ein zusammenhängendes
Gewebe, das scheidenförmig den oberen Theil des Stieles umgibt.
Fig. 8 und 9 zeigen beispielsweise die Entwicklung dieser
Scheide bei C. tomentosus. Dieselbe erfolgt manchmal dadurch,
dass nahe dem Lamellenrande stehende Cystiden verwachsen
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XCY. Bd. I, Abth, 2
18 R. v. Wettstein,
(Fig. 8 C.); an diese verwachsenden Zellen legen sich benachbarte
Paraphysen (Fig. 8 P), die ihr Volum bedeutend vergrössern,
an und verwachsen nun gleichfalls mit ihnen. Dies ist der ein-
zige Fall, indem Paraphysen zu Cystiden werden. Viel
häufiger werden alle am Ende der Lamelle stehenden Basidien
zu Cystiden, verwachsen, und bilden ein sehr weitzelliges paren-
chymatisches Gewebe. An der nach einem Präparate angefertig-
ten Fig. 9 ist deutlich zu sehen, wie nur Basidien zu Cystiden
(C.) werden; die rudimentären Paraphysen (P) finden sich überall
zwischen denselben. Es ist natürlich, dass bei diesen weitgehen-
den Verwachsungen die einzelnen Cystiden ihre urprüngliche
Form verlieren, sich gegenseitig in der Gestalt anpassen und
gleich den Zellen eines parenchymatischen Gewebes mannigfach
abgeplattet werden. Auch hier ist der Zusammenhang der ein-
zelnen Elemente ein sehr inniger, die im Alter eintretende Los-
lösung erfolgt durch die Verflüssigung der Membranen.
Zur Biologie der Cystiden.
Aus der vorangegangenen Schilderung der Formverhältnisse
und der Entwicklung der Cystiden geht hervor, dass sich in
natürlicher Weise zwei Arten von Cystiden unterscheiden lassen,
einerseits freie, andererseits mit ihren Enden befestigte, mag nun
diese Befestigung durch Verwachsung zweier Oystiden oder durch
Eindringen der Cystiden-Enden in das Gewebe benachbarter
Lamellen oder endlich durch das Verwachsen derselben mit den
Pallisaden der fremden Lamelle erfolgen.
Die freien Cystiden zeichnen sich vor Allem durch hie
frühzeitige Entwicklung, sowie durch ihre Grösse aus. Betrachten
wir den jungen Hut eines Coprinus-Fruchtkörpers, so sehen wir
an demselben die überaus zarten Lamellen enge aneinanderliegend.
Es ist hier die Ausbildung von Organen nöthig, welche die La-
mellen bei fortschreitender Entwicklung auseinander drän-
gen, um den zur Bildung der Sporen nöthigen Raum
zu schaffen; diese Function kommt den Cystiden zu.
Wir finden sie daher schon an der jungen Lamelle und erst
wenn sie eine Länge erlangt haben, die jene der mit Sporen
gekrönten Sterigmen weit übertrifft, beginnt in dem freige-
machten Raume die Ausbildung der Sporen. Nun tritt an
Morphologie und Biologie der Cystiden. 19
die Cystide noch die zweite Aufgabe heran, es zu
verhindern, das die meist zarten, häutigen, dabei
feuchten Lamellen aneinanderschlagen und haften
bleiben; indem sie die Lamellen von einander entfernt halten,
erfüllen sie diesen Zweck, und wie wichtig diese Aufgabe ist, geht
aus einem Umstande hervor, der häufig beobachtet werden kann.
Bei Arten, deren Cystiden in grossen Abständen von einander
stehen, kommt es vor, dass zwischen je zweien Flächenstücke
der Lamellen sich aneinanderlegen. An solchen Stellen unter-
bleibt dann die Ausbildung der Sporen oder dieselben bleiben
mindestens in der Entwicklung zurück. Mit Rücksicht auf diese
Funetion bezeichnete Brefeld sehr treffend die Cystiden als
„Sehutzpfosten.“
Sehen wir uns nun um, wie diese Schutzeinrichtung bei
den einzelnen Arten ausgebildet ist, so lässt sich leicht die
Beobachtung machen, dass je weiter entfernt die Lamellen
angelegt werden, desto geringer auch die Ausbildung der Cysti-
den ist, dass ferner ihre Anwesenheit ganz entfällt, sobald die
Lamellen so weit entfernt sind, dass eine gegenseitige Berührung
sehr unwahrscheinlich wird, wie z. B. bei dem der Cystiden ganz
entbehrenden (©. Sceptrum Jungh. oder bei ©. ephemerus u. a.
Bei all’ den Arten mit freien Cystiden ist die Anzahl der Sporen,
die frei werden, so lange der Hut noch ganz, d. h. glockenförmig
oder gewölbt ist, eine sehr geringe. Breitet man weisses Papier
unter solehe Hüte, so überzieht es sich niemals mit einer Sporen-
schichte, nur einzelne Sporen fallen ab. Erst dann, wenn der
Hut sich ausgebreitet hat, die Lamellen zum grössten Theile
zerspalten sind, erfolgt die allgemeine Abschleuderung der
Sporen. An diesen Vorgängen, ebenso wie an der nun folgenden
Umrollung des Hutes sind die Cystiden nicht betheiligt; sie
haben ihre Aufgabe im Momente der vollständigen Reife der
Sporen erfüllt und zerfliessen dann bald, gleich den übrigen
Theilen des Hutes.
Anders gestalten sich die Functionen jener Cystiden, die nicht
frei sind, sondern in einer der erwähnten Formen die Lamellen
mit einander verbinden. Anfangs fungiren sie allerdings ebenso,
wie die freien Cystiden, indem sie die Lamellen auseinander
drängen; später kommt hiezu aber noch die weitere Aufgabe,
2%
20 R. v. Wettstein,
die Lamellen auch fest mit einander zu verbinden. Die
Festigkeit dieser Verbindung ist so gross, dass die Hüte solcher
Coprini sich nicht, wie jene mit freien Cystiden, flach ausbreiten,
dann zurückrollen oder zerreissen, sondern eine walzlich glockige
Form erlangen und auch behalten. Alle diese Arten werfen auch
die Sporen im halbgeöffneten Zustande ab und wenn wir hier
das erwähnte Experiment mit dem untergelegten weissen Papiere
wiederholen, so überzieht sich dieses in Kürze mit einer dichten,
schwarzen Sporenschichte. Ein Zerreissen des Hutes erfolgt erst
nach dem Auswerfen der Sporen, wenn die Cystiden schon zu
Grunde gegangen sind, ist dann aber auch nicht mehr eine
Erscheinung, die mit der Sporenausstreuung im Zusammenhange
steht, sondern eine bloss secundäre.
An diesen verschiedenen Functionen der Cystiden lässt sich
schon der formbestimmende Einfluss derselben entnehmen.
Wir können im Voraus vermuthen, dass die Coprinus-Arten mit
bald sich ausbreitenden Hüten blasige freie Oystiden haben
(z. B. ©. domesticus Pers., tergiversans Fr., velaris Fr., lagopus
Fr., ewtinctorius Bull., micaceus Bull. u. a,); diese Vermuthung
wird auch durch die Beobachtung bestätigt. Andererseit zeigen alle
Coprini mit walzlichen, lange intact bleibenden Hüten (C. atra-
mentarius Bull., soboliferus Fr., tomentosus Bull., u. a.) lange,
verwachsende Cystiden. Auch innerhalb jeder dieser beiden
Abtheilungen zeigt sich die Ausbildung der Oystiden in Form
und Grösse als parallel mit der Consistenz und Entfernung der
Lamellen; wir sehen also, dass Unterschiede in den Cystiden
sich als die Folgen grösserer Unterschiede im Baue des ganzen
Hutes darstellen, die ihrerseits wieder den einzelnen Arten ein
bestimmtes habituelles Gepräge geben. Ich hebe dies hervor mit
Rücksicht auf die heute vielfach übersehätzte Bedeutung
der Cystiden für die Systematik, die wenigstens in
Bezug auf die Unterscheidung der Coprinus-Arten keine grosse
Rolle spielen kann.
Rv.Wettstein: Zur Morphologie u. Biolo gie der Cvsliden.
Aut. ad nat. delin. Lith. Anst.v. Th. Bannwarth ‚Wien.
Sitzung sb.d.kais. Akad.d. Wiss. mafh. naturw. C1.XCV. Ba. 1. Abth. 1887.
Morphologie und Biologie der Cystiden. 21
Tafelerklärung.
Fig. 1. Flächenansicht eines Lamellenstückes von Coprinus atramentarius
Bull. P. Paraphysen ; dazwischen die Basidien, links ohne, rechts
mit Sporen. C. eine Cystide. Vergrösserung 200.
2. Cystide äus dem Hymenium von C. micaceus Bull. Vergr. 390.
3. Cystide von ©. extinetorius Bull. Vergr. 400.
4. Cystide und die daran grenzenden Hymeniumstücke zweier benach-
barter Lamellen von CO. atramentarius Bull. Vergr. 350.
5—9. C. tomentosus Bull.
5. Eine Cystide ist bis zu den Paraphysen der nächsten Lamelle ge-
wachsen. Drei der Paraphysen haben sich an die Oystide angelegt
und sind mit ihr verwachsen. Vergr. 300.
. Eine Cystide mit einigen Paraphysen der gegenüber liegenden La-
melle verwachsen. Vergr. 300.
.a. Zwei Cystiden verwachsen. b. Eine mit den Paraphysen einer
anderen Lamelle verwachsene Cystide mechanisch losgerissen. Die
Membranen der Paraphysen hängen zerrissen der Cystide an.
Vergr. 300.
. Verwachsung einer Cystide mit einer anderen und Paraphysen der
benachbarten Lamelle. C. Cystiden, P. Paraphysen, B. Basidie.
Vergr. 300.
. Bildung des centralen, die Lamellen verbindenden Ringes aus Cysti-
den. C. Cystiden, P. Paraphysen. Vergr. 300.
22
II. SITZUNG VOM 20. JÄNNER 1887,
Der Secretär legt das erschienene I. und II. Heft (Juni bis
Juli 1886), III. Abtbeilung des XCIV. Bandes der Sitzungs-
berichte, ferner das X. Heft (December 1886) des VII. Bandes
der Monatshefte für Chemie vor.
Der Secretär verliest ein Schreiben des Prof. ©. B. Brühl,
welches den Inhalt der von Prof. Brühl eingesendeten Fortsetzung
des Werkes: „Zootomie aller Thierelassen“ bespricht.
Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. L. Boltzmann in
Graz übersendet eine Abhandlung von Herrn H. A. Lorentz in
Leyden: „Über das Wärmegleichgewicht unter Gas-
molekülen“ und eine Abhandlung von ihm selbst: „Über
einen neuen Beweis zweier das Wärmegleichgewicht
unter mehratomigen Gasmolekülen betreffender
Satze!.
Herr Regierungsrath Boltzmann übersendet ferner eine
Abhandlung von Herrn Dr. E. Aulinger in Graz: „Über
Membranen, deren beide Hauptspannungen durchaus
gleich sind“.
Das w. M. Herr Prof. L. Gegenbauer in Innsbruck über-
sendet eine Abhandlung unter dem Titel: „Die Bedingungen
für die Existenz einer bestimmten Anzahl von Wurzeln
einer Oongruenz“.
Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen
vor:
1. „Bestimmung des Siedepunktes des Ozons und
der Erstarrungstemperatur des Aethylens“ und
23
2. „Uber das Absorptions-Spectrum des flüssigen
Sauerstoffs und der verflüssigten Luft“, vorge-
nannte beide Arbeiten von Herrn Prof. Dr. K. Olszewski
in Krakau.
3. „Beiträge zur Kenntniss der Azoverbindungen“,
von Herrn Prof. J. V. Janovsky in Reichenberg.
4. „Die Darstellung der harmonischen Reihen durch
Factoren, Folgen und Beziehungen derselben zu
den Reihen der Potenzen der reciproken Prim-
zahlen“, von Herrn Franz Rogel, Ingenieur und Assistent
an der Staatsgewerbeschule in Salzburg.
5. „Über die Energie und die Gleichgewichtsver-
hältnisse eines Systemes di-elektrisch polari-
sirter Körper“, von Herrn Dr. Gottlieb Adler in Wien.
Das w. M. Herr DirectorE. Weiss überreicht eine Notiz von
Herr» Prof. Dr. O.Stolz in Innsbruck unter dem Titel: „Bemerkun-
gen zu der Abhandlung des Herrn Prof. Dr. E. Weiss: Entwick-
lungen zum Lagrange’schen Reversionstheorem etc“.
(Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. XLIX. Bd. I. Abth. 133.)
Herr Dr. Eduard Mahler, Assistent der k. k. österr. Grad-
messung in Wien, überreicht eine Abhandlung: „Uber den
Stern miSri der Assyrer“.
Herr Dr. Mahler überreicht zugleich sein vor Kurzem er-
schienenes Werk: „Biblische Chronologie und die Zeit-
rechnung der Hebräer“.
Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht
zugekommene Periodica sind eingelangt:
Annales du Musee d’Histoire naturelle de Marseille:
Zoologie. Tome II. 1884—85. Herausgegeben von der Stadt
Marseilles, 1836; Folio.
Brühl C. B., Zootomie aller Thierelassen. Lief. 34—39: Rep-
tilien-Kopf (Crocodile, Eidechsen, Schlangen), Text und
Tafeln Nr. 133—155; ad Lief. 37—38: Hatteria-Kopf,
24
Text und 2 Tafeln; ad Lief. 39: Schnecken-Anatomie, Text
und 1 Tafel. (Sämmtliche Tafeln vom Verfasser nach der
Natur in Stein radirt). Wien, 1886; Folio.
Mahler, E., Biblische Chronologie und Zeitrechnung der He-
bräer. Wien, 1386; 8°.
Ministeres de la Marine et de P’Instruetion publique
a Paris, Mission seientifique du Cap Horn 1832—83.
Tome III Magnetisme terrestre. Recherches sur la consti-
tution chimique de l’atmosphere. Paris, 1886; 4°.
Saint-Lager, Histoire des Herbiers. Paris, 1885; 8°.
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISRLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN,
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE,
XCV. Band. II. Heft.
ERSTE ABTHEILUNG.
Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik,
Zoologie, Geologie und Paläontologie.
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27
IV. SITZUNG VOM 3. FEBRUAR 1887.
Der Secretär legt den eben erschienenen fünften Theil
des von der kaiserlichen Akademie herausgegebenen Werkes
über die österreichische Jan Mayen- Expedition vor.
Derselbe bildet die II. Abtheilung des II. Bandes dieses Werkes
und enthält die „Magnetischen Beobachtungen“, bear-
beitet von dem Linienschiffs-Lieutenant Herrn August Gratzl.
Nachdem die übrigen Publicationen des aus acht Theilen
bestehenden Jan Mayen-Werkes bereits im abgelaufenen
Jahre zur Ausgabe gelangt sind, so ist nun mit dem vorliegen-
den fünften Theil das ganze Werk vollendet.
Ferner legt der Secretär den erschienenen LII. Band der
akademischen Denkschriften vor. Dieser Band enthält aus-
schliesslich die Publication des „Canon der Finsternisse“
von dem verewigten Akademiker Theodor v. Oppolzer.
Der Seceretär theilt mit, dass von Herın Dr. Eduardo
Abreu, Mitglied der königl. Akademie der Wissenschaften zu
Lissabon, ein Schreiben an die kaiserliche Akademie gelangt ist,
worin derselbe berichtet, dass er zum Zwecke des Studiums
des Pasteur’schen Heilverfahrens gegen Lyssa im Auftrage
der k. portugiesischen Regierung nach Paris entsendet wurde und
dass er infolge seiner Mission sich veranlasst sieht, Zweifel gegen
die Zweckmässigkeit dieses Verfahrens auszusprechen.
Die Direetion des k. k. militär-geographischen Institutes
übermittelt die 34. Lieferung (12 Blätter) der neuen Special-
karte der österr.-ungar. Monarchie (1:75000).
Das w. M. Herr Prof. v. Barth übersendet eine Mittheilung
aus dem chemischen Laboratorium der deutschen technischen
Hochschule zu Prag von den Herren Prof. Dr. W. Gintl und
L. Storeh: „Zur Chemie des Eegonins“.
28
Derselbe übersendet ferner drei Abhandlungen aus dem
Laboratorium der Staatsgewerbeschule in Bielitz:
1. „Über die Einwirkung von Brom auf Harnstoff“,
von Herrn Alois Smolka.
2. „Über die Natur der Zuckerarten in der Soja-
bohne“ und
. „Über das Fett der Sojabohne%, letztere beiden Arbei-
ten von den Herren Th. Morawski und J. Sting].
Das ec. M. Herr Prof. L’. Gegenbauer in Innsbruck über-
sendet eine Abhandlung: „Uber ein Theorem des Herrn
Bugajef“.
Herr Dr. M. Wilckens, Prof. an der k. k. Hochschule für
Bodeneultur in Wien, übersendet eine Mittheilung: „Über ein
fossiles Pferd Persiens“.
Sb)
Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen
vor:
1. „Über Curven vierter Ordnung vom Geschlechte
Zwei, ihre Systeme berührender Kegelschnitte
und Doppeltangenten“,. von Herrn Dr. Karl Bobek in _
Prag. |
2. „Über das Normalsystem und die Centralfläche
der Flächen zweiter Ordnung“, von Herrn Emil
Waelsch in Prag.
Das w. M. Herr Hofrath A. Winckler überreicht eine für
die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung: „Uber den Multi-
plieator der allgemeinen elliptischen Differential-
sleiehung“.
Das w. M. Herr Director E. Weiss berichtet über die
Auffindung von drei neuen Kometen.
Das w. M. Herr Hofrath A. Ritter v. Kerner bespricht eine
auf den Schneefeldern der Alpen vorkommende Bac-
teriacee, welche er Micrococcus frigidus nennt.
Das w. M. Herr Hofratı G. Tschermak berichtet über eine
Arbeit des Herrn Prof. F. Beeke in Czernowitz: „Ätzversuche
am Pyrit“.
V. SITZUNG VOM 10. FEBRUAR 1887.
Die süd-slavische Akademie der Wisseuschaften
und Künste in Agram macht der kaiserlichen Akademie
Mittheilung von der am 14. Februar d. J. aus Anlass der Wieder-
kehr des hundertsten Todestages von Roger Boscovich statt-
findenden Feier. |
Das w. M. Herr Prof. v. Barth übersendet eine Abhand-
lung: „Über das Verhalten der drei isomeren Nitro-
benzaldehyde im Thierkörper“, von den Herren N. Sie-
ber und A. Smirnow aus dem chemischen Laboratorium des
Prof. Nencki in Bern.
Das c. M. Herr Prof. L. Gegenbauer in Innsbruck. über-
sendet folgende zwei Abhandlungen:
1. „Über die Function FY' (@)“.
2. „Arithmetische Notiz“.
Herr Prof. Dr. J. Puluj in Prag übersendet eine Abhand-
lung, betitelt: „Objeetive Darstellung der wahren Ge-
stalt einer schwingenden Saite“.
Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen
vor, und zwar:
Von Herrn Dr. Otto Biermann, Privatdocent an der deut-
schen Universität zu Prag:
1. „Über die regelmässigen Punktgruppen in Räu- -
men höherer Dimension und die zugehörigen
linearen Substitutionen mehrerer Variabeln“.
2. „Analytische Darstellung eines besonderen al-
gebraischen Gebildes zweiter Stufe im Gebiete
dreier Grössen“.
Ferner von Herrn Anton P. Schott in Holletitz (Böhmen):
1. „Das gegenseitigeVerhältnissderQuadratzahlen“.
0
2. „Theorien zur Berechnung der Entfernung und
Grösse der Sonne“.
3. „Drei noch unbeschriebene im Böhmerwalde vor-
kommende Pflanzenarten“. |
Herr Dr. B. Igel, Docent an der k. k. technischen Hoch-
schule in Wien, überreicht eine Abhandlung: „Zur Theorie der
Combinanten und zur Theorie der Jerrard’schen Trans-
formation“. | |
Herr Dr. Eduard Mahler, Assistent der k. k. österr. Grad-
messung in Wien, überreicht eine Abhandlung: „Über eine in
einer syrischen Grabinschrift erwähnte Sonnen-
finsterniss“.
Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht
zugekommene Periodica sind eingelangt:
Jahrbuch der königlich Preussischen geologischen
Landesanstalt und Bergakademie zu Berlin für
das Jahr 1885. Berlin, 1886; 8°.
Abreu Eduardo, ARaiva. Lisboa, 1886; 8°.
Sl
Über regressive Formerscheinungen bei Quercus
sessihflora Si.
Von Franz Krasan,
Professor am k. k. II. Gymnasium in @raz.
(Vorgelegt in der Sitzung am 3. Februar 1887.)
Man findet bei Eichen sehr häufig ausser dem gewöhnlichen
Blatt, dessen Form vorzugsweise der Diagnose der Species zu
Grunde gelegt wird, auch andere Blattformen, auf welche der
Diagnostiger keine Rücksicht zu nehmen pflegt; was ganz
natürlich ist, da durch die Einbeziehung solcher Blätter die Be-
schreibung an Präecision verlieren und das Erkennen der Pflanze
als Art nur erschweren würde.
Was hat es für eine Bewandtniss mit diesen Blättern?
Ich wurde vor drei Jahren bei Betrachtung derjenigen Er-
scheinungen, welche der Maifrost durch Veranlassung eines
zweiten Triebs bei den Eichen herbeiführt, zuerst darauf auf-
merksam und kam dabei auf die Vermuthung, dass hereditäre
Ursachen hier im 'Spiel sein könnten. Seitdem liess ich diese
Frage nicht mehr aus dem Auge. Das verflossene Frühjahr
brachte mir die gewünschte Aufklärung, d. h. es kamen Er-
scheinungen dieser Art in solcher Fülle ans Tageslicht, dass es
nun keinem Zweifel unterworfen ist, in welcher Weise die Frage
ihre definitive Erledigung finden wird.
Schon Prof. v. Ettingshausen hat an mehreren Stellen in
diesen Schriften auf die von ihm öfters beobachtete Thatsache
hingewiesen, dass die jetzt lebenden Arten unter Umständen
Blattformen hervorbringen, welche in gewissen fossilen Typen
ihr Ebenbild, man könnte sagen, ihr Urbild haben.! Besonders
1 Man vergleiche zunächst: Vorläufige Mittheilungen über phyto-philo-
genetische Untersuchungen. Bd. LXXX, I. Abth. Dec.-Hett, Jahrg. 1879. (Im
Separatabdrucke), S. 7 — 8, 9. — Beiträge zur Erforschung der Pbylogenie
der Pflanzenarten III—VII. Denkschriften Bd. XLIII 1880.
ILS r v
32 F. KrasSan,
durch die Cultur werden solche regressive Formerscheinungen
häufig, und zwar bei den verschiedensten Gattungen der Lignosen
veranlasst. Die Zahl der einschlägigen Beobachtungsfälle ist eine
so beträchtliche geworden, dass die Frage nach der Natur und
dem Ursprung derselben längst nicht mehr in jenen. primitiven
Stadium sich befindet wie etwa die Frage nach dem Entstehen
der Thierpetrefacte zur Zeit Leonardo da Vinei’s.
Wohl verdienen derartige Anomalien im Pflanzenleben eine
viel eingehendere Beachtung als sie ihnen bisher von Seite der
Botanikerzu Theil wurde, und Aufgabe der folgenden Auseinander-
setzung soll es daher sein, Einiges zum besseren Verständnisse
und zu einer richtigeren Würdigung derselben beizutragen.
Es ist eine allgemein bekannte Thatsache, dass die Eiche,
wenn sie ungestört sich belaubt, also unter normalen Verhält-
nissen, nur einerlei Laub hervorbringt. Von einigen unwesent-
lichen Abweichungen abgesehen, gleicht da ein Blatt dem anderen,
wie etwa bei einer gewöhnlichen Linde, Weide oder Esche. Wir
sehen in einem solchen Falle am Baum das Normalblatt.
Dasselbe ist ziemlich lang gestielt, im Umriss verkehrt-
eiförmig, gegen die Basis verengt, am Grunde bald mehr, bald
weniger zusammengezogen, Selten ganz spitz, nie herzförmig
ausgebuchtet; die Lamina ist buchtig gelappt mit 4 — 7 kurzen,
gewöhnlich stumpfen Loben auf jeder Seite, deren Länge unge-
fähr den fünften Theil des Querdurchmessers der Lamina beträgt;
die dazwischen liegenden Buchten sind stumpf.
Ganz anders verhält sich die Sache, wenn der Baum im
Frühjahr zu einer Zeit einen Frost erleidet, wo das Laub im
Zustand seiner grössten Wachsthumsfähigkeit sich befindet. Im
vergangenen Sommer (1886) habe ich vielfache Gelegenheit
gehabt, die Folgen eines Maifrostes an den Eichen kennen zu
lernen. Ich siudirte die Erscheinungen, welche eine solche gewalt-
same Unterbrechung der Vegetation mit sich brachte, zunächst
im Sausalgebirge bei Leibnitz (30 Kim. südlich von Graz) und
im Herbst v. J. bei Graz, hier vorzugsweise an einem unweit
der Stadt in der Ebene stehenden Baume, welcher der Q. sessili-
flora Sm. angehört. |
Das noch ganz junge, nieht einmal zur Hälfte erwachsene
Laub dieses Baumes war sammt den Sprossachsen durch den
Regressive Formerscheinungen bei Quere. sessiliflora. 33
empfindlichen Frost am 8. Mai völlig abgefroren. Eine Woche lang
war derselbe von dem verdorrten eingeschrumpften Laub an den
getödteten Sprossen schwarzgrau zu sehen, aber er belaubte sich
nach einigen Tagen (zwischen dem 20. und 25. Mai) von neuem.
Zuerst öffneten sich jene Knospen, welche vorher schon da
waren, die aber der Frost verschont hatte. Sie lieferten ganz
kurze Sprosse mit dem Normalblatt; doch erschien dieses hin
und wieder grösser als gewöhnlich; auch zeigte sich die Basis
der Lamina mitunter mehr erweitert als sonst, beinahe herzförmig.
Besonders dort, wo eine Verletzung durch ein Insect stattgefunden
hatte, nahm die Entwicklung eine andere Formrichtung an: die
Basis wurde breitherzförmig, der Umriss länglich, die
Buchtung trat zurück, indem nur sehr kurze, rudimentäre Loben
in der Zahl 2— 6 jederseits erschienen. Mit einem Worte, das
Blatt nähert sich dem Typus von 0. infectoria Oliv. (Q. Lusi-
tanica DC.), einer zwar vielgestaltigen, im Ganzen aber durch
die charakteristischen Dimensionen, nämlich länglich-elliptische
Umrisse desBlattes, ausgezeichnete Gruppe des Eichengeschlechts.
Nur selten begegnete ich einem ganz symmetrischen, voll-
kommen ausgebildeten Blatte dieser Art. Gewöhnlich ist der
vordere Theil verstümmelt; aber in dem Maasse als die Verletzung
tiefeingreifend ist, erweitert sich bei gleichzeitigem Schwund des
Vordertheils der Basistheil der Spreite zu einer herzförmigen
Fläche auf langem, scharf abgesetztem Stiel.
Der Frost hatte die in der Entfaltung begriffenen Sprosse in
dem Stadium ihrer grössten Empfindlichkeit und Reizfähigkeit
überrascht, und ich habe deutlich constatiren können, dass Ver-
letzungen, wenn sie an dem Mittelnerv angebracht waren, den
wirksamsten Impuls zu jener Formrichtung gaben, aus welcher
die dem Infeetoriablatt so nahe stehende Form hervorgeht.
Während des Sommers entstehen aus Adventivknospen
unmittelbar unter den abgestorbenen Trieben neue Sprosse. Diese
sind wegen der Form und Aufeinanderfolge der daran sich ent-
wickelnden Blätter der eingehendsten Betrachtung werth. Zunächst
sind es schmale, lineal-längliche Niederblätter am Grunde des
Sprosses, die unsere Aufmerksamkeit mit Recht in Anspruch
nehmen. Man findet sie in der Zahl 1 oder 2, selten mehr an
demselben Sprosse.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl, XCV. Bd. I. Abth. B)
2 vV
34 F. KraSan,
Gewöhnlich ist das unterste sehr kurz gestielt, gegen die
Basis allmählich verschmälert. Auffallend ist die grosse Zahl der
ziemlich gleichmässig hervortretenden Secundärnerven (12—20),
von denen die in der Mitte und gegen die Spitze des Blattes
befindlichen meist unter nahezu rechten Winkeln abstehen.
Häufig kommt ein Niederblatt vor, das unter Beibehaltung dieses
Formtypus an der Spitze jederseits eine schwache Bucht besitzt.
Oder es nimmt die Spreite gegen die Spitze rasch an Breite zu
und gestaltet sich zu einer verkehrt-eiförmigen Fläche. In allen
diesen Fällen ist die Textur des Blattes zart, membranös.
Gelangt nicht eine oder die andere dieser Formen des
Niederblattes an demselben Adventivsprosse zur Entwicklung,
so erscheint dafür ein anderes Blatt, grösser und massiger als.
die eben beschriebenen, an deren Stelle.
Manches Niederblatt präsentirt den Übergang zu diesem
Typus, der sich durch die länglich-elliptischen und länglich-
lanzettlichen Umrisse, derbere Textur und stärker verzweigte,
aber weniger gleichmässig hervortretende Secundärnerven aus-
zeichnet. Nicht selten bemerken wir ein oder mehrere stumpfe
Buchtenzähne jederseits oder nur auf einer Seite. Dieses Blatt
nimmt mitunter beträchtliche Dimensionen an: ich habe Stücke
zu sehen bekommen, deren Länge 11—13 Ctm. und deren Breite
4 — 6 Ctm. betrug. |
Auf das eben beschriebene Blatt folgt in der Regel ein
verkehrt-eiförmiges, oft keilig gegen die Basis verengtes, vorn
einfach gerundetes oder mit 1 bis 2 ungemein kurzen sehr
stumpfen Loben versehenes, meist von derber, bisweilen lederiger |
Struetur. Hin und wieder reicht die Buchtung vorn etwas tiefer,
und das Blatt zeigt die Dreilappenform.
Alle diese Blattformen sind von Prof. v. Ettingshausen
an der nordamerikanischen Q. aguatica W.alt., welche von Florida
und Arkansas bis Maryland verbreitet ist, nachgewiesen worden.
Wenn man die Fig. 3—9, Taf. I; 2—5, Taf. II; 1, 7, Taf. II;
1 — 3, Taf. IV! mit den ungebuchteten Formen des Blattes an
unserem öfter erwähnten Baume vergleicht, so findet man fast
ı Beitrag zur Kenntniss der Tertiärflora der Insel Java. In diesen
Schriften Bd. LXXXVIL, I. Abth., Märzheft 1883.
Regressive Formerscheinungen bei Quere. sessiliflora. 35
durchgehends eine überraschende Ähnlichkeit. Allerdings ist das
Blatt der O. aquatica von zäherer Structur, das Adernetz ist eng-
maschiger, der Stiel kürzer als bei den erwähnten Blättern des
obigen Baumes; die Hauptformen oder Typen, soweit dieselben
in den charakteristischen Umrissen begründet sind, kehren aber
getreulich wieder. Man könnte sagen, unsere Eiche hätte sich bei
der amerikanischen ein Muster genommen. !
Durch die zunehmende Zahl der Loben geht das stumpfe
Dreilappenblatt nach oben in die Prinus-Form über. Für diesen
Typus möchte ich eine solche Bezeichnung in Vorschlag bringen,
weil sich dieselben Umrisse und dieselbe Buchtung am Blatt der
Q. Prinus L., einer von Florida und Loüisiana bis Ohio und
Missouri vorkommenden nordamerikanischen Eiche wiederfinden.
Das Prinusblatt ist gegen die Basis keilig gespitzt, vorn jederseits
mit 1 — 7 kurzen, gerundeten abstehenden Loben und stumpfen
offenen Buchten versehen.
Nun hört die Reihe der Übergangsformen plötzlich auf, denn
an der Spitze des Sprosses stehen 1 — 4 kurzgestielte, verhält-
nissmässig kleine Blätter von länglich-lanzettlichen oder verkehrt-
eilanzettlichen Umrissen, gegen die Basis allmählich verengt,
überhaupt nach unten mehr gespitzt als nach vorn. Bei diesen
ist die Spreite jederseits in 3—8 längliche, spitze Loben zertheilt,
deren Länge etwa dem dritten oder vierten Theile des Quer-
durchmessers des Blattes gleichkommt. Ich nenne diesen Typus
Pinnatifida-Form, weil derselbe mit dem Terminus fieder-
spaltiges Blatt am besten gekennzeichnet ist, und weil letzteres
auch als selbstständiges Blatt hin und wieder, nämlich bei
Q. pedunculata var. pinnatifida, Q. sessiliflora var. pinnatifida ete.,
vorkommt.
Keineswegs ist damit die Zahl der an demselben beob-
achteten Blattformen erschöpft. Betrachtet man die im Wipfel
gewachsenen Blätter genauer, so findet man darunter an den
Adventivsprossen sehr zahlreich eine Schmalform vertreten, deren
Lamina länglich oder länglich-lineal und am Grunde rasch
zusammengezogen, mitunter gerundet ist, so dass der verhältniss-
1 Diese Formähnlichkeit ist bei den unter gleichen Umständen sich
entwickelnden Niederblättern des Sommertriebs der 0. peduneulata Ehrh.
noch grösser,
3%
86 F. KraSan,
mässig ziemlich lange Stiel ohne herablaufende Blattsubstanz
plötzlich aus der Spreite entspringt. Hierdurch, sowie auch durch
die zähe, derbe Struetur nähert sich dieses Blatt in unverkennbarer
Weise der Phellos-Form, ohne mit ihr wirklich identisch zu sein,
weil die Nervatur nicht ganz jener des Blattes von Q. Phellos L.
entspricht. Durch Hinzutreten einzelner spitzer Loben und
successive Vermehrung der Zahl derselben, wobei sich die Basis
mehr und mehr verengt, ist der Übergang zur Pinnatifida-Form
deutlich nachweisbar. |
Im Sommeı d. J. beobachtete ich ähnliche Erscheinungen
an Q. sessiliflora und Q. pedunculata bei Leibnitz. Weil aber dort
wegen des etwas milderen Klimas die Vegetation am 8. Mai
weiter vorgeschritten war, als bei Graz, so hatte der Frost die
Eiche in einem Stadium der Laubentwicklung überrascht, in
welchem sie sich minder empfindlich zeigte. Das Laub wurde
‚meist nur an den Blattspitzen versengt und funetionirte der am
Leben gebliebene Theil noch durch den ganzen Sommer. Es kam
wohl hin und wieder zu Adventivsprossen, allein diese erschienen
in viel geringerer Zahl als bei dem in Rede stehenden Baume,
und sie hatten sich meist in den unteren Theilen der Pflanze in
Form von Stockausschlägen entwickelt.
Ich komme nun zu jenem Theil meiner Erörterung, wo ich
mir die Frage vorlegen muss: Was hat das zu bedeuten? Wie
finden diese wunderlichen Erscheinungen ihre Erklärung?
Da glaube ich zunächst, dass Niemand ihren pathologischen
Ursprung leugnen wird. Denn einerseits ist es die gewaltsame
Unterbrechung und Störung des Entwicklungsganges der in Rede
stehenden Organe, andererseits sind es die zum Theil wirklich
deformirten Umrisse sehr vieler Blätter, also Missbildungen,
welche eine solche Auffassung vollkommen rechtfertigen. Nichts-
destoweniger liegt den fraglichen Formerscheinungen eine tiefere
Bedeutung zu Grunde; denn wenn wir auch von den missbildeten
Formen absehen, so ‚bleiben noch Tausende von Blättern da,
denen eine vollkommene, oder nahezu vollkommene Symmetrie
eigen ist, und deren Gestaltung auf einen gesetzmässigen Formen-
trieb hinweist.
Wo die Störung eine allzu tief eingreifende ist, da kommt es
zu keinem stabilen typischen Gebilde, wo die Störung sehwächer
s Regressive Formerscheinungen bei Quere. sessilifliora. 37
war, zeigt sich Tendenz nach einer bestimmten Gestaltung,
und wo die störende Ursache nicht mehr direct eingreift, kommen
thatsächlich Formen zum Vorschein, welche durchaus den
Charakter gesunder Organe an sich tragen.
Aber dürfen wir diese Organe normal nennen? Wir können
sie in Beziehung auf die Species des Baumes nicht normal nennen,
weil sie nicht diejenige Form haben, welche der Q. sessiliflora
entspricht. Sind sie nun nicht normal, aber dennoch symmetrisch
und gesund, so fragt es sich, ob wir sie für zufällige, d. i. plan-
lose Bildungen halten können, oder ob man sie vielmehr als den
Ausdruck eines der Eiche innewohnenden, den Zeitverhältnissen
entsprechenden Formtriebes anzusehen hat.
Diese Frage lässt sich unter Benützung eines ausgiebigen
Vergleichsmaterials mit befriedigender Klarheit und Entschieden-
heit beantworten.
Es wurde ja bereits darauf hingewiesen, dass die ganze
Gestaltungsreihe am Adventivspross bis zum Fiederblatt hinauf
mit den Formenkreisen der nordamerikanischen Q. aquatica und
0. Prinus congruirt. Wenn sich also bei unserer Eiche unter den
beschriebenen abnoimen Verhältnissen die Tendenz zeigt, Formen
hervorzubringen, die an zwei weit verbreiteten amerikanischen
Eichenarten beobachtet werden, so kann von einer Planlosigkeit
bei den ungewöhnlich gestalteten, jedoch symmetrischen und
gesunden Blättern der Adventivsprosse des mehrfach erwähnten
Baumes kaum mehr die Rede sein. Auch die unverkennbar aus-
gesprochene Neigung, an den Sprossen der ersteren Art (aus den
vom Froste verschonten Knospen) unter gewissen Umständen,
namentlich bei vorausgegangenen mechanischen Verletzungen
des Primärnervs die Infectoria-Form zu erzeugen, harmonirt
mit dieser Anschauung.
Noch mehr: Prof. Unger hat in den Miocenschichten von
Radoboj in Croatien und von Parschlug in Obersteiermark Blätter
einer Eiche gefunden, welche mit dem verkehrt-eiförmigen, vorn
ganz schwach gebuchteten Blatt der Aquatica-Form sowohl an
der amerikanischen Art als auch an unserem obigen. Baum, ins-
besondere wo es von derber, lederiger Textur ist, vollkommen
übereinstimmen. Er nannte die Eiche, der sie angehörten, Q.
tephrodes, und es hat sich später das Tephrodesblatt auch im
38 F. KraSan,
Tertiär der Wetterau und bei Öningen gefunden. Ich konnte mich
selbst durch die Vergleichung obiger Formen mit Original-
abdrücken der O. tephrodes Ung. von der Coincidenz derselben
überzeugen.
In den länglich-linealischen oder länglichen, am Grunde
rasch zusammengezogenen oder gerundeten, ziemlich lang ge-
stielten Blättern, welche im Wipfel des Baumes wuchsen, erblicken
wir Anklänge an Q. Phellos, die in den Vereinigten Staaten Nord-
amerikas heimische Eiche mit gleichförmig schmalem weiden-
ähnlichem Blatt. Auch an den Niederblättern der Adventivsprosse
der unteren Aste und selbst an denen der Stockausschläge ist
nicht selten eine Annäherung an die Phellos-Form bemerkbar.
Solche Blätter, wie sie uns so getreulich das Blatt der
. tertiären Q. tephrodes Ung. ins Gedächtniss rufen, sind nicht etwa
vereinzelte Erscheinungen an unserem Baume, nein; wir können
sie zu Hunderten sehen. Ich habe nicht weniger als 2000 Stück
meiner Sammlung beigelegt, und noch einmal so viel hätte man
davon einsammeln können. |
Die Anomalie ist hier also keineswegs als ein gesetzloses
Spiel der Natur, sondern als eine durch die abnormen Umstände
bedingte Wiederkehr einer schon dagewesenen Blattform zu
betrachten, als eine Regression oder ein Zurückgreifen zur
miocenen Q. tephrodes Ung., von der sich an der nordameri-
kanischen Q. aquatica Walt. viel mehr bis auf den heutigen-Tag
erhalten hat, als bei unserer Q. sessiliflora. Q. aquatica wäre
demnach als eine stabile Species anzusehen. Sie hat es vom
Miocen bis zum heutigen Tag, wie mir scheint, nicht weiter
gebracht, als dass die Hochblätter jederseits ein oder zwei scharfe
Lobenzähne bekonımen haben.
Noch stabiler ist die Urform der Q. Phellos geblieben; denn
die heutige Eiche dieses Namens weicht von ihrem Urbilde, der
0. Daphnes Ung. (Parschlug) nur durch eine weniger derbe
Textur und eine geringere Zahl von Secundärnerven ab. Ähnlich
wären Q. chlorophylla Ung. und Q. elaena Ung., wenn sie sich
überhaupt specifisch von der ersteren trennen lassen. In den
wärmeren Theilen der Vereinigten Staaten lebt dieser Typus
(in seinen Hochblättern verändert) fort als Q. vörens Ait. Bei
dieser Art ist insofern ein Fortschritt wahrnehmbar, als die Hoch-
Regressive Formerscheinungen bei Quere. sessiliflora. 39
blätter verkehrt-eilänglich und deutlich gezähnt erscheinen,
während die Niederblätter, welche die Hauptmasse des Laubes
bilden, noch lineal-Jänglich und lederig-verdickt, also sehr
substanzreich sind, wie in der Urzeit.
Es scheint also, dass auch unsere Eiche in den buchtigen
Blattformen ihre fortschrittlichen Elemente besitzt. Es sind nicht
umsonst gerade diese Blätter weiter vorn am Sprosse gestellt
und gewiss ist, möchte ich sagen, dem Umstande, dass gerade
das am meisten zerschlitzte Blatt — die Pinnatifida-Form — just
an der Spitze desselben steht, mit dieser Auffassung am besten
in Einklang zu bringen. Ist aber letztere Form gleichsam die
jüngste Schöpfung an dem Sprosse, so harmonirt damit voll-
kommen auch der geologische Befund, indem nämlich das
Pinnatifida-Blatt nicht über das Pliocen zurückreicht. !
Eine weitere wesentliche Stütze findet diese Anschauung in
der Blattfolge an der Keimpflanze. Um mich in der Deutung der
vorliegenden Erscheinungen besser orientiren zu können, habe
ich mehrere Keimpflanzen der ®. sessiliflora und Q. pedunculata
diesbezüglich untersucht, und wahrgenommen, dass die ersten
(untersten) Blätter derselben dem Formenkreise der Q. aquatica,
respective Q. tephrodes, angehören, denn sie sind fast sitzend,
ungebuchtet, ganzrandig. Ihre Umrisse sind bald verkehrt-
eilänglich, bald mehr lineal-länglich, sich an die Phellos-Form
anschliessend. Erst die folgenden 1 oder 2 haben ein Paar
schwache Zähne, und die obersten sind bald seicht- bald tief-
gebuchtet. Weiter bringt es die Pflanze im ersten Jahre nicht.
Diesem gleichsam embryonalen Formzustande entspricht
auch der Befund an den Adventivsprossen und Stockausschlägen,
die sich erst im Sommer entwickeln, an den älteren Pflanzen am
meisten.
Aber ich bin beim Studium der Keimpflanzen der beiden
genannten Arten auf einen Umstand aufmerksam gemacht worden,
der mir für die Erklärung der Regression von der grössten
ı Das am Grunde gespitzte Pinnatifida-Blatt mit einfachen gespitzten
Loben, wie es bei obiger Eiche vorkommt, ist meines Wissens bisher noch
nicht fossil gefunden worden; dagegen kennt man ein anderes Schlitzblatt,
nämlich jenes der Q. Farnetto Ten., aus der Periode des Elephas meridionalis
in Südfrankreich (Gf. v. Saporta. Le monde des plantes, p. 350).
40) F.Krasan,
Wichtigkeit zu sein scheint. Ich habe nämlich wahrgenommen,
dass diejenigen Pflänzchen, welche spät im Frühjahr, etwa erst
gegen Ende Mai oder im Juni die Keimungsperiode abschliessen,
in ihrer Formentfaltung viel weiter zurückbleiben als jene,
welche schon anfangs Mai Stengel und Blätter getrieben haben.
Im ersten Falle erhebt sich die Pflanze nicht über das echte
Niederblatt, das oberste (jüngste) Blatt ist von der Prinus-Form.
Im zweiten Falle erscheint die Lamina des obersten Blattes
merklich tiefer gebuchtet und dasselbe unterscheidet sich vom
normalen bei Q. sessiliflora nur darin, dass es fast ungestielt, von
0. pedunculata aber nur darin, dass es am Grunde nicht aus-
gebuchtet, sondern spitz zulaufend ist. Nie zeigen sich im ersten
Jahre Anklänge an Q. infectoria. Beide Arten sind im ersten
Jahre ihres Alters einander so ähnlich, dass es nicht möglich ist,
sie von einander zu unterscheiden. Der Artunterschied tritt erst
im späteren Alter auf. |
Erinnert das nicht an die den Zoologen geläufige Vorstellung
von den Beziehungen der Embryonalzustände eines Individuums
zu den Phasen der Entwicklung, welche der Typus als Art oder
Gattung in den aufeinander folgenden geologischen Perioden
durchlaufen haben mochte?
Um nun auf unseren Baum zurückzukommen, welche Vor-
stellung wäre in Bezug auf die obigen Thatsachen der Beob-
achtung die natürlichste und würde einen Fingerzeig geben, um
von da an nicht planlos weiter zu forschen? Ich glaube diese:
Der Baum ist als Typus infolge des abnormen (zweiten)
Triebs in seine Formelemente aufgelöst worden. Unter diesen
sind ältere und jüngere vertreten. Das älteste, einigermassen
nachweisbare ist die Daphnes- oder Phellos-Form, das jüngste die
Pinnatifida Form. In diesem Zustande der Decomposition zeigt
uns der Baum gleichsam, was er einmal alles gewesen ist. Er ist
in der unabsehbaren Folge von Generationen durch die Daphnes-
Form in die Tephrodes-Form, von dieser in die Prinus-Form, von
dieser in die Infeetoria-Form und schliesslich von der Infeetoria-
Form in die gegenwärtige übergegangen. Sein Normalblatt ist
eine Combination oder Resultirende aus dem Prinus-, Infectoria-
und Pinnatifida-Typus. In demselben ist das Niederblatt nicht
erkennbar, letzteres kommt aber zum Vorschein und tritt im
Regressive Formerscheinungen bei Quere. sesstiliflora. 41
‚grosser Zahl auf, wenn der Baum nicht mehr unter normalen
Verhältnissen wachsen kann, namentlich wenn die Vegetation
gewaltsam unterbrochen wurde, wie in unserem Falle.
Da der zweite Trieb in eine Jahreszeit fällt, wo bereits eine
beträchtlich höhere Temperatur auf die Assimilationsproducte
einwirkt, so finden wir es begreiflich, wenn um diese Zeit jene
seltsamen Blattformen auftreten, welche auf längst vergangene
Durchgangsstadien des Eichentypus hinweisen, weil letztere auch
nur bei höheren Temperaturen (wie sie im Miocen und früher
herrschten) möglich waren.
Fassen wir nun die Ergebnisse der vorliegenden Unter-
suchung kurz zusammen. Vor Allem lässt es sich als sicher
aussprechen:
1. Dass die fraglichen Erscheinungen pathologischen Ur-
sprungs sind.
2. Dass der pathologische Zustand gewisse Formentriebe in
Bewegung setzt, die im normalen (gesunden) Organismus
zu ruhen scheinen.
3. Dass diejenigen Gebilde, welche sich nach dem Gesetze
der Symmetrie an den affieirten Ästen und Zweigen des
Baumes entwickelt und bis zum Schluss gleichmässig ent-
-faltet haben, nicht mehr pathologisch genanntwerden können.
Als sehr wahrscheinlich dürfen wir es bezeichnen:
1. Dass die durch den pathologischen Zustand wachgerufenen
Formentriebe regressiver Natur sind, d. h. dass die Pflanze
in der Continuität der vorausgegangenen Generationen der
Vorzeit sich in diesen Bildungsriehtungen bewegte, und
zwar in jenen geologischen Perioden, wo der Trieb bei
ähnlich hohen Temperaturen erfolgte, wie gegenwärtig der
Nachtrieb im Sommer. Nur das Schlitzblatt gehört der
Gegenwart und Jüngsten Vergangenheit an; es ist das fort-
schrittliche Formelement der Eiche.
2. Dass Q. aquatiea Walt. in Nordamerika sich gegenwärtig
ungefähr in demselben Formzustand befindet, wie unsere
Q. sessiliflora in der Miocenzeit, als sie noch (die supponirte)
Q. tephrodes Ung. war.
42 F. KraSan, Regressive Formerscheinungen u. s. w,
3. Dass wir durch das Studium solcher abnormer Zustände
der Eichen allmählich auch zum Verständniss der Ent-
wicklungsgeschichte anderer Arten und Gattungen von
Lignosen gelangen können. !
Es erübrigt mir noch zum Schlusse, dem Herrn Prof.
Dr. Const.Freiherrn v. Ettingshausen, k. k.Regierungsrath, für.
die freundliche Unterstützung, die er mir beim Studium der vor-
liegenden Frage vor allem dadurch angedeihen liess, dass er mir
das reichhaltige Material seiner pbytopaläontologischen Samm-
lung in liberalster Weise zu den nöthigen Vergleichungen zur
Verfügung stellte, meinen tief gefühlten Dank auszusprechen.
Zum verbindlichsten Danke bin ich auch dem Herrn Dr. Sigm.
Aichhorn, Museumsvorstand hier am Joanneum, und dem Herrn
Dr. Ed. Hatle, Adjuneten daselbst, verpflichtet, dafür, dass sie
mir bei der Benützung der dortigen Petrefactensammlung freund-
lichst an die Hand gingen.
1 Von den entsprechenden Belegstücken (Naturobjecten) bin ich gern
bereit, jedem Forscher, der sie zu sehen wünscht, 20 — 40 Stück portofrei
zuzuschicken. Franz KraSan.
SITZUNGSBERICHTE
DER
KALSERLICHEN ANADENIE DER VEISSENSCHAFTEN,
MATNEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE GLASSE.
XCV. Band. III. Heft.
ERSTE ABTHEILUNG.
Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, Zoologie,
Geologie und Paläontologie.
E. .
VI. SITZUNG VOM 3. MÄRZ 1887.
Der Vorsitzende gibt Nachricht von dem am 27. Februar
d. J. erfolgten Ableben des correspondirenden Mitgliedes Herrn
Prof. Dr. Leopold v. Pebalin Graz.
Die anwesenden Mitglieder geben ihrem Beileide durch
Erheben von den Sitzen Ausdruck.
Der Secretär legt den eben erschienenen LI. Band der
Denkschriften vor.
Herr Direetor B. A. Gould in Cambridge (Mass.) dankt
für seine Wahl zum ausländischen correspondirenden Mitgliede
dieser Olasse.
Herr B. G. Jenkins, Mitglied der königl. astronomischen
Gesellschaft inLondon, übersendet eine Mittheilung über die Vor-
herbestimmung des Wetters auf Grund einer vom Monde
abhängigen 62jährigen Periode der Wiederkehr gleicher Witte-
rungsverhältnisse.
Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. E. Hach übersendet
eine Arbeit von Herrn Dr. ©. Tumlirz in Prag: „Über die
Fortpflanzung ebener Luftwellen endlicher Schwin-
gungsweite*. 2
Herr Dr. M. Löwit, Privatdocent und Assistent am Institute
für experimentelle Pathologie der deutschen Universität in Prag,
übersendet eine Abhandlung: „Über die Umwandlung der
Erythroblasten in rothe Blutkörperchen. Ein Beitrag
zur Lehre von der Blutbildung und der Anämie“.
Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen
vor:
1. „Versuche über das Verhalten der Thiere gegen
die Wärme“, IL, von Herrn Prof. Dr. V. Graber in Czer-
nowitz.
46
2..„Die Magsna-Theorie“, von Herın Kar Haneise
Antwerpen.
3.,Die Qurven dritter und yiereen ng, welche
durch die unendlich fernen Kreispunkte gehen“,
von Herrn Prof. Em. Czuber in Brünn. |
4. „Zum Normalenproblem der Ellipse“
Prof 0. Pelz in Graz.
5. „Die Entwicklung der Exponentellen mit echt
gebrochenen Exponenten in ein unendliches
Produet“, von Herrn F. Rogel, Ingenieur und Assistent
an der k. k. Staatsgewerbeschule zu Salzburg.
6. „Über das algebraische Gebilde n-ter Stufe im
Gebiete von (n+1) Grössen,“ von Herrn Dr. O. Bier-
mann in Prag.
7. „Über eine Strahlencongruenz beim Hyper-
boloid“, von Herrn E. Waelsch, Assistent an der k. K.
deutschen technischen Hochschule in Prag.
8. „Die Entwicklung der Sporogone von Andreaea
und Sphagnum“, von Herrn Dr. M. Waldner in Inns-
bruck.
9. „Über das speetroskopische Verhalten ‘des
Blutes nach Aufnahme schädlicher Gase“, Mit-
theilung aus dem pharmaceutischen Institute der Hoch-
schule in Bern von Herrn G. Bider.
10. „Über Leinölsäure“, Mittheilung behufs Wahrung der
Priorität von Herrn K. Peters in Brünn.
,‚ von Herrn
Ferner legt der Secretär behufs Wahrung der Priorität
vor: ,
Ein versiegeltes Schreiben von Herrn Alfred Ziegler,
Chemiker in Pilsen, mit der Inhaltsangabe: „Grundzüge
neuer Fabriksweisen von Bariumchlorid und Stron-
tiumchlorid, der Carbonate von Amon, Natrium und
Kalium, der Alkalihydrate, des Aluminiums, des
Ferroaluminiums und des Natronsulfates“.
Zwei versiegelte Schreiben von Herrn Alexander Kräsza,
Heizhaus-Chef der Südbahn in Bares (Ungarn), das erste mit der
Inhaltsangabe: „Neuartiger Schmiedeguss“, das zweite
47
mit der Inhaltsangabe „Talikmotor, ein neues Motor-
System“.
Das w. M. Herr Hofrath Dr. E. Ritter v. Brücke überreicht
eine Abhandlung über die Frage: „Ist im Harn des Menschen
freie Säure enthalten ?“
Das w. M. Herr Prof. Ad. Lieben überreicht eine von Prof.
Radziszewski aus Lemberg zugesandte Abhandlung des Herrn
Dr. J. Schramm: „Über den Einfluss des Lichtes auf
gewisse chemische Reactionen“.
Herr Guido R. v. Alth, Supplent an der k. k. Oberreal-
schule im zweiten Bezirke Wiens, überreicht eine Abhandlung:
„Uber die Reduction einer Gruppe Abel’scher Inte-
grale“.
Herr J. Liznar, Adjunct der k. k. Centralanstalt für Meteo-
rologie und Erdmagnetismus, überreicht eine Abhandlung:
„Uber die 26tägige Periode der erdmagnetischen
Elemente in hohen magnetischen Breiten“, |
48
VII. SITZUNG VOM 10. MÄRZ 1887.
Die Societe Ouralienne d’amateurs des sciences
naturelles übermittelt das Programm für die wissen-
schaftliche und industrielle Ausstellung von Sibirien
und dem Ural zu Jekatherinenburg im Jahre 18837.
Das w. M. Herr Prof. E. Hering übersendet eine Abhand-
lung des Herrn Dr. Alois Maschek in Prag: „Über Nerven-
ermüdung bei elektrischer Reizung“.
Das ce. M. Herr Prof. L. Gegenbauer in Innsbruck über-
sendet eine Abhandlung: „Über die Bessel’schen Func-
tionen“.
Herr Prof. Dr. Ph. Knoll in Prag übersendet eine Abhand-
lung: „Beiträge zur Lehre von der Athmungsinner-
vation“. (VII. Mittheilung).
Der Secretär legt zwei eingesendete Abhandlungen von
Herrn Anton P. Schott in Holletitz vor:
1. „Das gegenseitige Verhältniss der Cubikzahlen“.
2. „Hypothesen über die Entstehung unseres Pla-
netensystems“.
Die Direetion der k.k. Central-Anstalt für Meteoro-
logie und Erdmagnetismus macht eine Mittheilung über die
Zeit des Eintrittes des Erdbebens vom 23. Februar, dessen
Centrum bekanntlich an der ligurischen Küste lag.
Das w. M. Herr Director J. Hann überreicht eine Abhand-
lung von Herrn Ladislaus Satke: „Über den täglichen
Gang der Windgeschwindigkeit und derWindrichtung
in Tarnopol“.
Herr Adolf Meese in Wien übereicht eine Abhandlung
unter dem Titel: „Die Verschiebbarkeit der geodäti-
schen Dreiecke“.
49
VIH. SITZUNG VOM 17. MÄRZ 1887.
Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. Ludwig Boltzmann
in Graz übersendet eine Mittheilung: „Versuch einer theo-
Beiischen Beschreibung der, won Prof... Albert
v. Ettingshausen beobachteten Wirkung des Mas-
netismus auf die galvanische Wärme“.
Ferner übersendet Herr Prof. Boltzmann eine zweite
Mittheilung des Herrn Prof. Albert von Ettingshausen „Über
die neue polare Wirkung des Magnetismus auf die
galvanische Wärme in gewissen Substanzen“.
Das w. M. Herr Prof. v. Barth übersendet folgende drei
Abhandlungen:
1. „Studien über Reaetionen des Chinolins“ (I. Ab-
handlung), von Herrn Prof. Dr. H. Weidel.
2. „Untersuchungen über die Hanfölsäure“* (I. Ab-
handlung), von Herrn K. Hazura. |
3. „Über troeknende Ölsäuren“, von den Herren
K. Hazura und A. Friedreich.
Ferner übersendet Herr Prof. v. Barth folgende drei Ab-
handlungen aus dem chemischen Laboratorium des Herrn Prof.
Nencki in Bern: |
1. „Über die Menge des bei der Spaltung des Hämo-
globins in Eiweiss und Hämatin aufgenommenen
Sauerstoffes“, von Herrn Max Lebensbaum.
2. „Indol aus Dichloräther und Anilin“, von Herrn
J. Berlinerblau.
3. „Über die bei der Indolbildung aus Dichloräther
und aromatischen Aminen entstehenden
Zwischenproducte“, von den Herren J. Berlinerblau
und H. Polikiev.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XCV. Bd. I. Abth. 4
50
Ein Anonymus, gezeichnet mit den Initial-Buchstaben
4A. P., ddo. Wien 15. März 1. J., übersendet eine Mittheilung
unter dem Titel: „Ein Beitrag zur Lösung des Flug-
problems“.
Das w. M. Herr Prof. Ad. Lieben überreicht eine in seinem
Laboratorium von Herrn Dr. G. A. Raupenstrauch ausge-
führte Arbeit: „Uber Condensation des Normal-Butyr-
aldehydes“. .
Herr Gottlieb Marktanner- Turneretscher in Wien
überreicht eine Abhandlung unter dem Titel: „Photometrische
: Versuche über die Lichtempfindlichkeit verschie-
dener Silberverbindungen“.
51
IX. SITZUNG VOM 31. MÄRZ 1887.
| Der Secretär legt Dankschreiben für die Betheilung
mit den von der kaiserlichen Akademie herausgegebenen Publi-
cationen über die österreichische Polarstation Jan Mayen
vor, und zwar von Sr. Excellenz dem königl.-ungar. Minister-
präsidenten Herrn Koloman Tisza von Borosjenö und von
St. Excellenz dem königl.-ungar. Gouverneur von Fiume Herrn
Grafen August Zichy von Väsonykeö.
Se. Excellenz der Herr Reichs-Finanz-Minister
spricht seine Bereitwilligkeit aus, die von dem Director der k. k.
nautischen Schule in Lussin piecolo, Herrn Eugen Geleich, mit
Unterstützung der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften
beabsichtigte Bereisung von Bosnien und der Herzegowina zum
Zwecke erdmagnetischer Untersuchungen durch die
Behörden und öffentlichen Organe dieser Länder in thunlichster
Weise fördern lassen zu wollen und übermittelt gleichzeitig eine
zu Handen des Herrn Geleich ausgefertigte offene Ordre des
k. und k. Reichs-Finanz-Ministeriums. |
Das Harvard College Observatory in Cambridge,
Mass., U. S. A., macht die Mittheilung, dass der dort verstorbene
Mr. Uriah A. Boyden diesem Institute eine Summe von
230.000 Dollars (Boyden-Fund) gewidmet habe, und zwar zum
Zwecke der Errichtung eines so hochgelegenen astronomischen
Observatoriums, dass dasselbe den atmosphärischen Einflüssen
gewöhnlicher Observatorien nicht ausgesetzt ist. Zugleich ersucht
das genannte Institut die kaiserliche Akademie um gefällige Mit-
theilung solcher Informationen, welche für die Lösung dicser
Aufgabe nützlich sein könnten.
4*
52
Das w. M. Herr Prof. v. Barth übersendet eine Arbeit:
„Zur Kenntniss der Oxydationsproducte des Pya-
Pya-Dichinolyls“, welche von den Herren Prof. Dr. H.Weidel
und Dr. Jul. Wilhelm ausgeführt wurde.
Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. E.Mach in Prag über-
sendet eine Arbeit des Herrn H. Luggin: „Eine einfache
Methode zur Vergleichung magnetischer Felder“.
Ferner übersendet Herr Prof. Mach eine im physikalischen
Institute der deutschen Universität zu Prag ausgeführte Arbeit
des Assistenten Herrn @. Jaumann: „Über ein Schutzring-
elektrometer mit continuirlicher Ablesung“.
Das w. M. Herr Professor E. Weyr übersendet eine Ab-
handlung von Herrn Regierungsrath Professor Dr. F. Mertens
in Graz: „Über invariante Gebilde ternärer Formen“.
Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. L. Boltzmann
übersendet eine Abhandlung des Herrn Prof. Albert von Ettings-
hausen in Graz: „Die Widerstandsveränderungen von
Wismuth, Antimon und Tellur im magnetischen
Felder,
Ferner übersendet Herr Prof. Boltzmann eine Abhandlung
des Herrn Dr. Franz Streintz in Graz: „Experimental-
Untersuchung über die galvanische Polarisation“. D.
Das w. M. Herr Prof. J. Loschmidt übersendet eine im
physikalisch-chemischen Laboratorium der k. k. Universität in
Wien ausgeführte Arbeit von Herrn Julius Miesler, betitelt:
„Die elektromotorischen Verdünnungsconstanten von
Silber- und Kupfersalzen“.
Das ce. M. Herr Prof. V. v. Ebner in Graz übersendet eine
Abhandlung: „Über den feineren Bau der Skelettheile
der Kalkschwämme, nebst Bemerkungen über Kalk-
skelete überhaupt“.
: Das e. M. Herr Professor L. Gegenbauer in Innsbruck
übersendet folgende drei Abhandlungen:
1. „Über ein arithmetisches Theorem des Herrn
J. Lionville“.
2. „Über Consequenzen“.
wor „Über Zahlensysteme“.
53
Herr Prof. Dr. J. Horbaczewski in Prag übersendet eine
Abhandlung: „Uber eine neue Synthese und die Con-
stitution der Harnsäure“.
Der Secretär legt eine von Herrn R. Brabbe&e in Penzing
eingesendete Mittheilung über die Regeln und Formeln
der Potenzlehre vor.
Das w. M. Herr Pröf. v. Lang überreicht eine Abhandlung
des c. M. Herrn Prof. Franz Exner, betitelt: „Zur Contact-
theorie“.
Ferner überreicht Herr Prof. v. Lang eine Abhandlung von
Herrn Dr. E. Lecher, Docent an der k. k. Universität in Wien:
„Uber Edlund’s Disjunetionsströme“.
Das w. M. Herr Director E. Weiss überreicht eine Abhand-
lung von Herrn Prof. Dr. O. Stolz in Innsbruck: „Über die
Lambert’sche Reihe“.
Herr Dr. R. v. Wettstein in Wien überreicht eine Ab-
handlung unter dem Titel: „Monographie der Gattung
Edrajanthus“. |
Herr Wilhelm Peukert, Ingenieur am elektrotechnischen
Institut der k. k. technischen Hochschule in Wien, überreicht
eine Abhandlung: „Über die Erklärung des Waltenhofen’-
schen Phänomens der anomalen Magnetisirung“.
Herr Dr. J. v. Hepperger, Privatdocent an der k. k. Uni-
versität in Wien, überreicht eine Abhandlung: „Bahnbestim-
mung des Kometen 1846 IV (De-Vico)“.
Herr Dr. Karl Fritsch überreicht eine im pflanzenphysio-
logischen Institute der k. k. Universität zu Wien ausgeführte
Arbeit unter dem Titel: „Anatomisch-systematische Stu-
dien über die Gattung Rubus“.
Belbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht
zugekommene Periodica sind eingelangt:
Brüch, J. A., Projeet einer neuen Berechnungsart der Flächen-
inhalte zum Zwecke der Grundbesteuerung. Wien, 1887; 8°.
Claus, C., Die Platysceliden. (Mit 26 lithogr. Tafeln).
Wien, A. Hölder, 1837; 4°.
54
Duval, E., De l’intervention du medeein dans les Applications
hydrotherapiques. Paris, 1887; 8°.
Katzerowsky, W., Die meteorologischen Aufzeichnungen des
Leitmeritzer Rathsverwandten Anton Gottfried Sehmidt aus
den Jahren 1500—1761; ferner des Leitmeritzer Stadt-
schreibers aus den Jahren 1564—1607. Beiträge zur Me-
teorologie Böhmens. Prag, 1886 und 1887; 8°,
Loewenberg, B., Contribution au traitement du coryza chro-
nique simple. Paris, 1831; 8°.
Voyage of H. M. S. Challenger 1873—76. Report on the
scientifie results. Botany — Vol. II; Zoology — Vol. XIV.
London, 1886; 4°.
DD
Über den feineren Bau der Skelettheile der Kalk-
schwämme nebst Bemerkungen über Kalkskelete
überhaupt.
Von dem ce. M. Prof. Y. v. Ebner in Graz.
(Mit 4 Tafeln.)
I. Einleitung.
Nach Abschluss der Untersuchungen über die Ursachen der _
Anisotropie organisirter Substanzen ! interessirte mich die Frage,
welchen Einfluss die Natur des Materiales auf die doppelbrechen-
den Eigenschaften der Gewebe ausübe. Sehr geeignete Objecte
für derartige Studien schienen die Spongien zu sein, bei welchen
bekanntlich bald eine eigenthümliche organische Substanz, das
sogenannte Spongin (Hornschwämme), bald colloidale Kiesel-
säure (Kieselschwämme), bald endlich kohlensaurer Kalk (Kalk-
schwämme) als hauptsächliches Skeletmaterial verwendet wird.
Ich fühlte mich zu derartigen Untersuchungen um so mehr
ermuthigt, als mein verehrter Freund und früherer College Prof.
Franz Eilb. Schulze mir mit grösster Zuvorkommenheit syste-
matisch bestimmtes Material, zum Theil in fertigen Präparaten
zur Verfügung stellte. Die Untersuchung der Horn- und Kiesel-
schwämme ergab im Allgemeinen ein Resultat, wie es von vorn-
herein zu erwarten war. Die Hornschwämme, von welchen
Euspongia zimocca, Cacospongia cavernosa, C. scalaris und Dar-
winella aurea untersucht wurden, zeigten deutliche Doppel-
brechung, welche sich kurz damit charakterisiren lässt, dass
überall die kürzeste Axe des Elastieitätsellipsoides — im Sinne
1 Leipzig, bei W. Engelmann, 1882.
56 W.vw. Ebner,
Nägeli’s— senkrechtzur Oberfläche der Skelettheile, beziehungs-
weise der Schichten derselben, orientirt ist.
In der Regel scheinen die Hornskelete optisch zweiaxig zu
sein, nur die sechsstrahligen Sterne von Darwinella aurea sind
vielleicht negativ einaxig.
Vom Standpunkte der Spannungshypothese ergäbe sich, dass
bei der Bildung der Hornskelete ein Druck senkrecht zur Ober-
fläche der Skelettheile vorherrscht, was mit dem geschichteten
Baue und der successiven Auflagerung von Substanz durch die
Spongoblasten- nach Art einer Cuticularbildung wohl vereinbar
ist.! Dabei wird die Voraussetzung gemacht, dass die Horn-
substanz bei ihrer Bildung durch Druck optisch negativ, durch
Zug optisch positiv doppelbrechend in Beziehung auf die Due
oder Zugaxe werde, eine Annahme die ja sehr wahrscheinlich
ist, da nur ganz wenige Substanzen bekannt sind, welche eine
Ausnahme von dieser Regel bilden.
Von den Kieselskeleten ist seit Ehrenberg’s Untersuchun-
gen bekannt, dass sie im Allgemeinen keine deutlichen Er-
scheinungen von Doppelbrechung zeigen.
Nach Max Schultze* bricht aber die organische Substanz
der Hyalonemen, welche er sich schichtweise zwischen der
' unorganischen Substanz eingelagert denkt, das Licht doppelt,
und zwar so, wie ein Hohleylinder, der von aussen gedrückt
wird. |
Bei der Mehrzahl der von mir untersuchten Kieselschwämme
konnte ich keine merkliche Doppelbrechung finden, so bei: Pla-
kina marginata, Reniera aquaeductus, Geodia conchilega O. S., @.
placenta O.S., Suberites flavus Lieberk., Tethya lyncurium
Lbk., Caminus vulcani OÖ. S. und Dactylocalyx callocyathus O. S.;
nur bei Spongelia avara und einer Species Farrea mit dicken
deutlich geschichteten Skeletbalken war eine sicher nachweis-
bare schwache Doppelbrechung vorhanden, deren Charakter mit
jenem der Hornschwämme übereinstimmt. Im Ganzen ergab sich
also, dass die Hornschwammskelete deutlich doppelbrechend
1 Vergl. hierüber: F.E. Schulze, Untersuchungen über den Bau und
die Entwicklung der Spongien, VII. Mittheilung. Zeitschr. f. wiss. Zool.,
XXXM. Bd., S. 635.
2 Die Hyalneman‘ Bonn 1860, S. 18.
Skelettheile der Kalkschwämme. 57
sind, die Kieselschwammskelete schwach oder gar nicht, dass
aber bei beiden — wenn Doppelbrechung erkennbar wird — die-
selbe durch eine Druckspannung senkrecht zur Oberfläche sich
erklären lässt. Ferner müsste man annehmen, dass die colloidale
Kieselsäure gegen Spannungen viel weniger optisch reagirt, als
das sogenannte Spongin. Ich erwartete nun auch bei den Kalk-
schwämmen die Doppelbrechung in analoger Weise zu finden, das
heisst so, dass die kürzeste optische Elastieitätsaxe überall senk-
recht zur Oberfläche der Nadeln orientirt wäre und war nicht
wenig: überrascht, statt dessen in allen Kalkspieulis, mochten
dieselben was immer für Formen haben, eine durchaus parallele
Lagerung der optischen Elastieitätsaxen zu finden, indem jede
Kalknadel sich so verhielt, als wäre sie aus einem einzigen
Kalkspathindividuum herausgeschnitten. Diese anfangs ver-
blüffende Thatsache forderte zu sorgfältiger Untersuchung heraus,
und da der Gedanke nahe lag, es handle sich in der That um eine
Kıystallbildung, so legte ich zunächst die Kalkschwämme bei
Seite, um das Verhalten des Kalkspathes und des Aragonites, ins-
' besondere gegen Ätzmittel, eingehender zu studiren.!
Während ich mit diesen Arbeiten beschäftigt war, erschien
eine wichtige Abhandlung von Sollas, * deren wesentliches
Ergebniss sich kurz dahin aussprechen lässt, dass die Spieulae
der Kalkschwämme nicht aus Aragonit, sondern aus Kalkspath
bestehen, dem etwas organische Substanz beigemischt ist.
Die von Sollas gewonnenen Resultate decken sich zum
Theile, insbesondere was die optische Untersuchung anbelangt,
mit den im Folgenden mitzutheilenden Beobachtungen. Die
‘ Vorstellungen jedoch, die Sollas über die innere Structur der
Nadeln gewonnen hat, sind in manchen Einzelheiten nicht auf-
recht zu erhalten. Eine zusammenhängende Darstellung der Mit-
theilungen von Sollas dürfte nicht nothwendig sein, da dieselben
bei den einzelnen zu erörternden Fragen Berücksichtigung finden
werden.
1 Diese Ber. Bd. LXXXIX, S. 368 und Bd. XCI, S. 760.
2 On the physical characters of. calcareous and siliceous sponge.
spicules and other structures. Scientif. proceedings of the Royal Dublin Soc.
Vol. IV (N. S.) 1885, S. 374.
58 ha V.v. Ebner,
Dagegen dürften einige Worte über die Formverhältnisse
der Skelettheile der Kalkschwämme zum besseren Verständnisse
des optischen Verhaltens und der Ätzversuche von Nutzen sein.
Haeckel! berücksichtigt bei seiner Eintheilung der drei- und
vierstrahligen Nadeln in reguläre, sagittale und irreguläre
. vorzüglich das Verhalten der Winkel und die Länge der
Schenkel der Strahlen, legt aber im Ganzen bei den Dreistrahlern
wenig Gewicht auf das Verhalten der Ebenen, in welchen
je zwei Strahlen liegen. Zwar hebt er hervor, dass nur bei ganz
regulären Dreistrahlern mit gleichen Schenkeln und gleichen
Winkeln auch alle drei Schenkel in einer Ebene liegen, während
in der Regel die Schenkel, wie die Kanten einer dreiseitigen
Pyramide sich verhalten. Haeckel erwähnt, dass bei dieser
Flächendifferenzirung stets die Spitze der Pyramide nach der
Dermalseite, die Basis aber gegen die Gastral-, respective Canal-
seite gewendet sei. Da nun Haeckel Winkelangaben ohne
Berücksichtigung der Flächendifferenzirung macht, so beziehen
sich dieselben offenbar auf die Projectionswinkel, welche die drei
Strahlen bilden, wenn ihre Spitzen auf dem Objectträger des
Mikroskopes als Basis aufruhen. Es ist klar, dass diese Art Mes-
sung nicht die Winkel angibt, welche je zwei Strahlen mit ein-
ander bilden, und dass ferner die Projectionswinkel sich bei
ungleicher Länge der Strahlen als verschieden ergeben müssen,
selbst wenn die Winkel,. welche je zwei Strahlen unter sich
bilden, einander gleich wären. Um nun diese bei starker Flächen-
differenzirung der Dreistrahler bedeutende Ungenauigkeit zu ver-
meiden, wären stets die Winkel zu messen, welche je zwei
Strahlen in der ihnen allein gemeinsamen Ebene bilden, und es
wären demgemäss bei sagittalen Dreistrahlern, wie ein solcher
in Fig. 1 in perspectivischer Seitenansicht abgebildet ist, die
Winkel «db und adc die wahren Lateralwinkel und der
Winkel d de der wahre Oralwinkel (wenn ad den Basalstrahl,
db und dc aber die Lateralstrahlen darstellen). Man sieht
leicht ein, dass man zur direeten Bestimmung dieser Winkel
den Dreistrahler nacheinander in drei verschiedene Lagen bringen
' muss, in welchen je zwei Strahlen in der Ebene des Object-
1 Die Kalkschwämme. Eine Monographie. 3 Bde, Berlin (Reimer) 1872.
Skelettheile der Kalkschwämme. 59
trägers liegen; dass dagegen die Bestimmung der oralen und
lateralen Projectionswinkel, wenn derDreistrahler mit den Spitzen
abc auf dem Objectträger ruht, zu keiner Kenntniss der wahren
Winkel führen kann.
Wenn im Folgenden einfach von Lateral- und Oralwinkeln
die Rede ist, so sind immer die wahren Winkel gemeint. Kolossale
Dreistrahler — wie z. B. jene von Leucaltis solida, an welchen
ich die meisten Untersuchungen machte — kann man leicht unter
dem Präparirmikroskope successive auf die drei Flächen (adb,
bdc,adc) zur Winkelbestimmung legen. Bei den kleinen Drei-
strahlern ist man dagegen auf den Zufall, oder auf methodisch
geführte Schnitte angewiesen, um die wahren Winkel, ‘welche
‘zwei Strahlen in deren gemeinsamer Ebene bilden, zu ermitteln.
Isolirte Dreistrahler legen sich in überwiegender Zahl stets so,
. dass sie mit den Spitzen der Strahlen auf dem Objectträger ruhen,
wenn das Präparat zur Ruhe kommt. Diese Lage soll im Folgen-
den mit Haeckel als Faciallage bezeichnet werden und die ihr
entsprechenden Projectionswinkel — welche also von den wahren
Oral- und Lateralwinkeln bei einigermassen ausgesprochener
Flächendifferenzirung verschieden sind — als faciale Winkel.
Wichtig ist ferner die Unterscheidung der Dermal- und Canalseite
eines Dreistrahlers und — namentlich bei den Atzversuchen —
die betreffende Seite der einzelnen Strahlen. Mehrfach ist im
Folgenden gleichbedeutend mit Dermalseite: convexe Seite und
gleichbedeutend mit Canalseite: concave Seite des Dreistrahlers,
beziehungsweise des Strahles gebraucht. Bei den Vierstrahlern
kann man ähnliche Betrachtungen anstellen, indessen -ist bei
diesen die Flächendifferenzirung der facjialen Schenkel meistens
eine geringe.
Was die Stabnadeln betrifft, soll hier nur ein Punkt berührt
werden, den Sollas vor Allem für diese, aber auch für die Drei-
und Vierstrahler in Frage stellt: Ob nämlich der Querschnitt der-
selben kreisrund oder aber elliptisch oder überhaupt nicht kreis-
förmig ist. Sollas scheint das Vorkommen von Nadeln mit nicht
kreisrundem Querschnitte als ein häufiges zu halten, was jedoch
nicht derFall ist. Der Ausspruch Haeckel’s, dass die Kalknadeln
in der Regel eylindrisch, spindelförmig oder konisch, selten aber
abgeplattet sind, ist gewiss riehtig; es wird dies auch durch die
60 .V.w. Ebner,
zahlreichen Querschnitte bestätigt, welche Pol&jaeff! abgebildet
hat. Wenn Sollas sich auf geätzte Stabnadeln beruft, welche in
der That eine mehr rhomboidale Querschnittsform zeigen können,
so hat dies mit der normalen Form der Nadel direet nichts zu
thun. Ausnahmsweise kommen allerdings stark abgeplattete, fast
bandförmige Nadeln vor. Unter den von mir untersuchten Objeeten
zeigten insbesondere die Apicalstrahlen der gastralen Vierstrahler
und die feinen Nadeln im Distalkonus der Radialtuben von
Sycandra (Dunstervillia) elegans eine exquisite Abplattung. (Vergl.
Fig. 12 und 4, Taf. I.)
Was die zur Untersuchung verwendeten Kalkschwämme an-
belangt, so stammen dieselben grösstentheils aus dem adriatischen
Meere. Ich zähle dieselben mit den Namen auf, welche Haeckel
in seinem natürlichen System angewendet hat, obwohl die Syste-
matik der Kalkschwämme seit dem Erscheinen von Haeckel’s
Monographie wesentliche und begründete Veränderungen erfahren
hat. Allein da es sich hier nur um die Skeletstructur handelt und
Haeckel’s System der Gattungen gerade auf das Skelet gegründet
ist und ausserdem seine Diagnosen und Abbildungen eine sichere
Bestimmung ermöglichen, so glaube ich der Haeckel’schen
Artbezeichnungen in seinem natürlichen Systeme mich bedienen
zu dürfen, Die untersuchten Arten umfassen 14 Repräsentanten
aus den drei Familien der Kalkschwämme.
1. Asconen. Ascetta Clathrus, A. sagittaria, Ascaltis cere-
brum, A. Gegenbaueri, Ascandra falcata, A. variabilis. |
2. Leuconen. Leucaltis solida, Leucandra aleicornis,* L.
aspera. |
4. Syconen. Sycortis quadrangulata, Sycandra raphanus,
S. elegans, S. Schmidtü, S. Bucchichit n. sp.?
1 Report on the Calcarea. The Zoology of the Voyage of H.M. S.
Challenger. Vol. VIII, Part. XXIV (1883).
2 Diese Art fand sich in drei Exemplaren unter einer grösseren Partie
von Kalkschwämmen, welche Herr Gregorio Bucchich inLesina mir gütigst
überliess. L. aleicornis war bisher aus der Adria nicht bekannt. Prof. F. E.
Schulze hatte die Gefälligkeit die Art zu bestimmen.
3 Diese neue Art wird demnächst als Amphoriscus Bucchichü in
Spengel’s zoologischen Jahrbüchern kurz beschrieben werden. Sie ist der
Syeilla chrysalis H. nahe verwandt, unterscheidet sich aber von derselben
Skelettheile der me | 61
I. Optisches Verhalten der Nadeln. Axenkreuz, Brechungs-
quotienten, Untersuchung mit Einem Nicol.
Es wurde bereits in der Einleitung bemerkt, dass sich die
Spieulae der Kalkschwämme optisch wie einheitliche Krystalle
verhalten, gleichgiltig, ob es sich um Stabnadeln, Drei- oder Vier-
strahler handelt. |
Folgende Thatsachen beweisen dies. Bringt man eine belie-
bige Nadel unter das Mikroskop zwischen gekreuzte Nicols und
dreht man dieselbe durch alle Azimuthe, so erscheint sie bei vier
Stellungen schwarz, bei vier Stellungen aber im Maximum hell, je
nach der Dicke in mehr weniger hohen Farben bis zum gleich-
mässigen Weiss, wie es bei etwas beträchtlicheren Dicken der
Substanz immer auftritt. Die Nadeln sind also stark doppel-
brechend und ausserdem sind die beiden Schwingungsrichtungen
durch die ganze Nadel hindurch wie in einem Krystall gleich-
gerichtet, denn sonst könnte man nicht stets vier Stellungen
finden, bei welchen die Nadeln absolut schwarz wie das Gesichts-
feld erscheinen, wobei zunächst abgesehen wird von jener
Orientirung der Spiceulae, bei welcher die optische Axe der
Nadeln senkrecht zum Objectträger steht. Ferner muss bemerkt
werden, dass es nothwendig ist, um sich von dem absoluten Licht-
ausfall in vier von einander um 90° verschiedenen Stellungen zu
überzeugen, die Untersuchung in stark lichtbrechenden Flüssig-
keiten, am besten Monobromnaphthalin oder auch Nelkenöl,
Dammarlack etc. vorzunehmen, weil sonst die Reflexe an den stets
gekrümmten Oberflächen zu Depolarisirungen an den Rändern
und dadurch zu Täuschungen Anlass geben können. Um nun
den Charakter der Doppelbrechung zu bestimmen — ob ein-
oder zweiaxig, ob positiv oder negativ — bedient man sich in
diesem Falle am besten der Untersuchung im convergenten Lichte,
um das Axenbild aufzufinden.
Bei mehreren Asconen gibt es reguläre Drei- und Vier-
strahler, deren optische Axe senkrecht steht auf der Facialebene,
in welche sich die mit Hilfe von kurzer Maceration in Kali- oder
Natronlauge isolirten Gebilde, wenn sie in einen Tropfen Flüssig-
sofort durch die Existenz subgastraler Dreistrahler. Sie wurde von Herım
G.Buechich im Canale von Lesina gefunden.
62 Vev.DDbner,
keit gebracht werden, meist von selbst legen. Derartige Drei- und
Vierstrabler findet man z. B. bei Ascaltis Gegenbaueri und Ascaltis
Cerebrum. Zur Untersuchung bediente ich mich eines Systems
von Convergenzlinsen, welches Reichert in Wien für den Polari-
sator eines Zeiss’schen Mikroskopes angefertigt hatte. Ausser
diesem, wie ein Condensor über dem Polarisator angebrachten
Linsensysteme— statt dessen im Nothfalle ein gewöhnlicher Con-
densor verwendet werden kann — braucht man zur Untersuchung
des Axenbildes nur noch einNicol, das für sich allein, ohne Ocular,
als Analysator verwendet werden kann. Die Untersuchung wird
nun folgendermassen vorgenommen.
Man sucht zunächst, nachdem man ein mittelstarkes Objectiv
angeschraubt hat — etwa System Z von Zeiss — einen isolirt
liegenden Drei- oder Vierstrahler auf und stellt denselben mög-
lichst genau in die Mitte des Gesichtsfeldes. Hierauf nimmt man
das Ocular fort und bringt statt desselben das analysirende Nicol
auf den Tubus und stellt dessen Polarisationsebene senkrecht zu
der des Polarisators und erblickt nun ein schwarzes Kreuz,
zwischen dessen Armen vier helle Quadranten zu sehen sind.
Von isochromatischen Ringsystemen bemerkt man bei Ascaltis
Cerebrum und den Dreistrahlern von Ascaltis Gegenbaueri nichts,
weil diese Gebilde zu dünn sind, dagegen kann man an den
etwas dickeren Vierstrahlern von Ascaltis Gegenbaueri bereits
das erste Ringsystem in der Farbenfolge, wie sie der Kalkspath
zeigt, sehen. Dass das Kreuz das Axenkreuz eines einaxigen
Kıystalles ist, davon überzeugt man sich, indem man über dem
feststehenden Polarisator und während man das analysirende
Nicol festhält,' den Objecttisch des Mikroskopes um seine Axe
dreht, wobei das Kreuz stets unverändert stehen hleibt zum
Beweise, dass es nicht etwa einer zweiaxigen Substanz angehört.
Mit Hilfe einer Viertel-Undulations-Glimmerplatte kann man
ferner ohne Schwierigkeit den negativen Charakter des Axen-
kreuzesfeststellen. Istes auf diesem Wege verhältnissmässig leicht,
ı Ein drehbarer Objeettisch mit feststehendem Polarisator ist zu
solchen Untersuchungen nach meiner Erfahrung besser, als die gewöhnlich
sehr unvollkommene Einrichtung drehbarer Ringe, auf welche die Objeete
aufgelegt werden, wobei die Centrirung während des Drehens fortwährend
Schwierigkeiten macht.
Skelettheile der Kalkschwämme. 63
sich zu überzeugen, dass die genannten Objecte optisch negativ
einaxig sind, wie der Kalkspath, so macht dies bei anderen
Objeeten, bei welchen die optische Axe nur mit grosser Mühe
oder gar nicht vertical gestellt werden kann, grössere Schwierig-
keiten.
Es war jedoch möglich, an Skelettheilen aller untersuchten
Arten das Axenkreuz zu sehen, wenn es auch nicht immer mit
seiner Mitte in das Centrum des Gesichtsfeldes gebracht werden
konnte, das heisst wenn es auch nicht immer gelang, die optische
Axe genau vertical zu stellen. Da jedoch der benützte Convergenz-
apparat mit System E von Zeiss noch das Axenbild deutlich,
obwohl nahe dem Rande des Gesichtsfeldes zeigt, wenn die
optische Axe 30° gegen die Verticale geneigt ist, so war eine
völlige Verticalstellung der Axe durchaus nicht nothwendig.
An diekeren Objeeten, so an den kolossalen Dreistrahlern
von Leucaltis solida, an den kolossalen Stabnadeln von Leucandra
aspera und alcicornis kann man bei entsprechender Stellung nebst
dem Axenkreuze auch die ganze Reihe isochromatischer Ringe,
genau wie am Kalkspathe sehen. Wenn nun demgemäss feststeht,
dass jede Kalkschwammnadel, wie ein einheitlicher negativ ein-
axiger Krystall sich verhält, so muss doch noch auf einige Unvoll-
kommenheiten der Kreuze hingewiesen werden, welche sie in
Folge der Krümmungen und Unebenheiten der Oberflächen der
Skelettheile erleiden. Verzerrungen entstehen z. B., wenn man bei
Vierstrablern von Ascaltis Gegenbaueri gerade auf den vertical
. stehenden Apicalstrahl einstellt, ferner bei den Dreistrahlern von
Leucaltis solida, bei welchen man den Basalstrahl abbrechen
muss, um die beiden Lateralstrahlen zur Beobachtung des Axen-
kreuzes horizontal stellen zu können. Stellt man nun mit einem
schwachen System, z. B. B Zeiss auf die Bruchfläche des Basal-
strahles ein, so kann man mitunter starke Verzerrungen des
Axenkreuzes sehen, die jedoch viel weniger merklich werden,
oder auch ganz verschwinden, wenn man ein stärkeres Objectiv-
system benützt.
Ganz analoge Verzerrungen erhält man aber auch von Kalk-
spathstückchen mit unebenen Bruchflächen, die mit der optischen
Axe vertical gestellt werden. Abgesehen von diesen Verzerrungen
bei Vierstrahlern und an Bruchflächen ist es aber im Ganzen
64 V.v. Ebner,
überraschend, wie wenig die natürlichen Krümmungen der Nadel-
oberflächen, wo diese allein in Betracht kommen, das Axenbild
beeinträchtigen. Verschiebt man eine Nadel, während man das
Axenbild beobachtet, so behält das Centrum desselben, wenn die
Verschiebung rein seitlich ohne Drehung erfolgt, stets dieselbe
Lage, nur die Distanzen der isochromatischen Ringe verändern
sich fortwährend, je nachdem die dickeren oder dünneren Partien
der meist konischen oder spindelförmigen Strahlen ins Gesichts-
feld kommen. Wenn nun dies Alles zweifellos beweist, dass die
Kalkschwammspieulae sich genau so verhalten, als wären sie je
ein einziges Krystallindividuum, so könnte man, bei der Unter-
suchung im parallelen Lichte allein, leicht zu der irrthümlichen
Vorstellung gelangen, dass die Spieulae unter Umständen depo-
larisirend wirken.
Nach der Theorie steht es fest, dass ein mit der optischen
Axe senkrecht zum Objectträger orientirter, einaxig doppel-
brechender Körper, unter dem Mikroskope zwischen gekreuzten
Nicols im parallelen Lichte untersucht, in allen Azimuthen dunkel,
wie das Gesichtsfeld erscheinen muss, vorausgesetzt, dass es sich
nicht um Erscheinungen der Cireularpolarisation handelt, die hier
nicht in Frage kommen. Beobachtet man nun einen Dreistrahler
von Ascaltis Gegenbaueri oder A. Cerebrum, der im convergenten
Licht ein centrales Kalkspathkreuz zeigt, so erscheint derselbe
im parallelen Liehte allerdings nicht sehr hell, aber doch nicht
vollständig dunkel. Man sieht vielmehr über das ganze Object
einen silbergrauen Schimmer ausgebreitet. An den grossen Vier-
strahlern von Ascaltis Gegenbaueri sieht man die facialen Strahlen
viel heller wie an den kleinen Dreistrahlern, der apicale Strahl
aber, der senkrecht nach oben gerichtet ist, leuchtet in jeder
Stellung in sehr hellem Weiss.
Nimmt man nun dickere Objecte, z. B. die kolossalen Drei-
strahler von Leucaltis solida oder die dieken Stabnadeln von
Leucandra aspera, und bringt sie in eine Stellung, in welcher die
optische Axe senkrecht oder nahezu senkrecht steht, so sieht
man dieselben stets sehr hell leuchten im dunklen Gesichtsfelde
in jedem Azimuthe. Dieser Umstand verwirrte mich sehr, ehe ich
die Untersuchungen im convergenten Lichte in ausgedehntem
Masse anstellte, und schien mir ein Beweis zu sein, dass die Kalk-
Skelettheile der Kalkschwämme. 65
schwammspiculae, trotzdem sie sich in den Stellungen, in welchen
die optische Axe horizontal oder stark geneigt war, bei der
- Untersuchung im parallelen Lichte wie ein einziger Krystall ver-
hielten, dennoch aus vielen kleinen Individuen mit etwas diver-
gsenter Axenstellung zusammengesetzt seien.
Diese Erscheinung würde mir nicht so viel Schmienitkeil
gemacht haben, wenn ich — was mir sonderbarerweise erst
sehr spät einfiel — eine senkrecht zur optischen Axe geschliffene
Kalkspathplatte oder kleine, mit der Axe vertical gestellte
Kalkspathkrystalle! früher, als ich es thatsächlich gethan,
zwischen gekreuzten Nicols im parallelen Lichte untersucht
hätte, Solche Kalkspathpräparate zeigen nämlich genau dieselbe
Erscheinung; sie erscheinen hell zwischen gekreuzten Nicols bei
jeder Stellung. Es ist damit der Beweis geliefert, dass eine Sub-
' stanz, welche bei jeder Stellung zwischen gekreuzten Nicols hell
erscheint, dessenungeachtet ein einheitlicher Krystall sein kann,
wie .ja das Experiment am Kalkspathe beweist. Es ‘wird sich
also nur darum handeln, diese anscheinend der Theorie wider-
sprechende Erscheinung zu erklären.
Die Theorie fordert zur völligen Dunkelheit, dass die durch
das betreffende Präparat hindurchgehenden Strahlen wirklich
parallel untereinander und zur optischen Axe aus dem Polarisator
herauskommen. Diese Bedingung ist aber bei der gewöhnlichen
Art der Beobachtung mit sogenanntem parallelem Lichte keines-
wegs erfüllt; es fällt auf jeden Punkt des Präparates ein Licht-
kegel, dessen Basis im Allgemeinen durch den Beleuchtungs-
spiegel gegeben ist und dessen Spitze in die Nähe des Objectes
fällt, ein Kegel der eine noch grössere Öffnung erhält, wenn —
wie dies bei den Polarisatoren der Mikroskope gewöhnlich der
Fall ist — ein Condensor unter der Tischöffnung angebracht ist.
Allein auch ohne Condensor sind es immer Lichtkegel, nicht
parallele Lichtstrahlen, welche das Object beleuchten, wenn ohne
besondereVorrichtungen mit sogenanntem parallelem Lichte unter-
sucht wird. Da nun jeder Punkt des Objectes nicht nur von Strahlen
parallel der Axe, sondern von schiefen, wenn auch wenig
1 Ich benützte kleine wasserhelle Rhombo@der — !/, R von einer Stufe
von Piibram.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XCV. Bd. I: Abth, 5
66 V.v. Ebner,
geneigten Strahlen in allen Azimuthen durchsetzt wird, so kommt
es annähernd auf dasselbe hinaus, als wenn in jedem Punkte des
Objectes die optischen Axen nach allen Seiten hin etwas geneigt
wären. Dies muss aber zur Folge haben, dass jeder Punkt des
Objectes insbesondere am meisten von denjenigen Strahlen er-
leuchtet wird, welche in Ebenen, die unter + 45° zu den Polari-
sationsebenen des Nicols orientirt sind, dahingehen. Dass man
unter diesen Umständen trotzdem kein schwarzes Kreuz — ent-
sprechend den Polarisationsebenen der Nicols, in welchen ja kein
Licht durch das Objeet geht — sehen kann, wird man begreifen,
wenn man bedenkt, dass ja nicht das Bild der Blendungsöffnung
zur Beobachtung kommt, sondern das Object selbst, das Punkt für
Punkt in gleicher Weise Licht aussendet. Nimmt man aber das
Oecular fort und beobachtet man mit einem einfachen Nicol das
Polarisationsbild in der hinteren Focalebene des Objectives, so
kann man mit starken Objectiven in der That das Axenkreuz sehen.
Dasselbe ist aber meistens sehr matt und undeutlich, wenn man
ohne Condensor untersucht. Dass die genannte Erscheinung bei
den Kalkschwammnadeln und am Kalkspathe zur Beobachtung
kommt, liegt an der ausserordentlich starken Doppelbrechung
dieser Objecte; es ist begreiflich, dass bei einer geringen Diffe-
renz der Breehungsquotienten eine schwache Neigung der das
Objeet durchleuchtenden Strahlen keinen merklichen Effeet
erzielen kann; ebenso ist es begreiflich, dass die Erscheinung
umso mehr zurücktritt, je dünner das Object, je kleiner mithin
der Gangunterschied der im Object polarisirten Strahlen wird.
Nachdem nun durch Beobachtung der Axenkreuze im con-
vergenten Lichte feststeht, dass die Skelettheile der Kalk-
schwämme negativ einaxig doppelbrechend sind, handelt es sich
zunächst um die Bestimmung der beiden Brechungsquotienten.
Da die Spieulae negativ sind, wie der Kalkspath, ist ihr ordent-
licher, im Hauptschnitte polarisirter Strahl der stärker brechbare,
der ausserordentliche senkrecht zum Hauptschnitte polarisirte
aber der weniger brechbare.
Sollas bediente sich zur Bestimmung der Brechungs-
quotienten der Spieulae der Vergieichung mit Flüssigkeiten von
bekanntem Brechungsindex. Zu diesem Zwecke wurde zwischen
die gekreuzten Nicols des Mikroskopes eine Quarzplatte, welche
Skelettheile der Kalkschwämme. 67
helles Gesichtsfeld gab, eingeschoben und nun eine Flüssigkeit
gesucht, welche die Nadeln unsichtbar macht, wenn ihr Haupt-.
schnitt parallel der Polarisationsebene des oberen Nicols steht
(w», ordentlicher Strahl), und dann eine zweite Flüssigkeit, welche
die Nadeln auslöscht, wenn ihr Hauptschnitt senkrecht zur Pola-
risationsebene des oberen Nicols gerichtet ist, wobei ausserdem
die optische Axe horizontal, parallel der Ebene des Objectträgers
liegen muss. (s, ausserordentlicher Strahl.) Sollas kommt vor-
züglich durch Untersuchung von Stabnadeln von Grantia (Sycan-
dra) ciliata und compressa auf diesem Wege zu dem Resultate,
dass der Brechungsindex des ordentlichen Strahles nahezu gleich
jenem eines schwefelhaltigen Schwefelkohlenstoffes (2 = 1.650)
und derjenige des ausserordentlichen Strahles gleich jenem des
Leinöles (a=1.485) ist. Diese Brechungsquotienten stehen also
denjenigen des Kalkspathes für die Linie D (w = 1.658
e— 1.486) sehr nahe.
Die von Sollas angewendete Methode ist einer bedeutenden
Verbesserung fähig durch Benützung des Mikrorefractometers von
Exner.' MitHilfe dieser Methode zeigte sich, dass die Brechungs-
quotienten der Kalkschwammnadeln mit jenen des Kalkspathes
für die Linie Din den drei ersten Deeimalstellen übereinstimmen.
Als Vergleichungsflüssigkeiten wurden für den ordentlichen Strahl
Monobromnaphthalin, dessen Brechungsquotient mit einem grossen
Abbe’schen Refractometer mit 1.6591? bestimmt wurde, und für
den ausserordentlichen Strahl ein Gemisch von etwa8Theilen Rici-
nusöl und einem Theile Nelkenöl mit einem Brechungsquotienten
von 1.485 angewendet. Dievon Sollas angegebenen Flüssigkeiten
haben noch erheblich kleinere Brechungsquotienten als die Nadeln.?
Die Versuchsanordnung, deren ich mich bediente, war fol-
gende. Aneinem grossen Zeiss’schen Stativemitdrehbarem Object- -
tisch wurde ein polarisirendes Nicol unter die Tischöffnung in die
Fassung für die Cylinderblendungen, welche beim Drehen des
1 Arch. f. mikroskop. Anatomie Bd. XXV, S. 97.
2 Dippel gibt den Brechungsquotienten mit 1.658 (Botanisches Cen-
tralbl. 1880, II. Semester. S. 1149), Exner (l. c.) mit 1.6608 an. Die oben
angegebene Bestimmung wurde bei eirca 17° Celsius gemacht.
3 Der Brechungsquotient des von mir benützten Leinöles betrug nur
1.483.
H*#
68 V.v. Ebner,
Objeettisches fest stehen bleibt, eingeschoben. Das Mikrorefracto-
. meter wurde anfänglich dadurch improvisirt, dass aus derFassung
eines Nachet’schen Zeichenprismas die Axe mit dem Prisma
entfernt und statt derselben eine gleiche Axe mit einem daran
befestigten Stück schwarzen Cartons, welches den Schirm, den
wesentlichen Theil des Refractometers bildete, eingefügt wurde.
Da die Fassung des Apparates auf den Tubus des Mikro-
skopes aufgesteckt werden kann, ferner eine verticale und eine
horizontale Verschiebung des Schirmehens zur Einstellung auf
halbe Verdunklung der Spitze des aus dem Oculare ausfahrenden
Lichtkegels gestattet, so erfüllte sie alle wesentlichen Bedin-
gungen. Später benützte ich dann allerdings das bequemere und
vollkommenere, nach den Angaben Exner’s von Reichert ange-
fertigte Mikrorefractometer.
Zur Abhaltung des seitlichen Lichtes von den oberen Theilen
des Mikroskopes und den Augen des Beobachters, wurde ein
grosser, gegen das Fenster gewendeter, se! Papierschirm
vor das Mikroskop gestellt.
Zur Untersuchung wurden meistensisolirte, etwas gekrümmte
Stabnadeln verschiedener Schwämme verwendet, weil bei diesen
die optische Axe stets in der Ebene der Krümmung und daher
im Präparate fast immer horizontal liegt, da ja die Nadeln
meistens von selbst sich in die Ebene der Krümmung legen.
Die Nadel wird nun annähernd parallel dem Rande des
Refraetometerschirmes gestellt und nun der Objecttisch, oder
auch das Nicol durch alle Azimuthe gedreht. So kommt die
Nadel successive in alle möglichen Stellungen zur Polarisations-
ebene und in zwei aufeinander senkrechten Richtungen wird das
eine Mal der ordentliche, das andere Mal der ausserordentliche
Strahl ganz unwirksam. Man erkennt leicht, dass bei der Unter-
suchung in Leinöl die Nadel stets einen hellen Rand nach der
Seite des Schirmes beziehungsweise gegen die blaue Seite des
Gesichtsfeldes behält, welcher am hellsten leuchtet und am
breitesten wird, sobald der ordentliche Strahl im Maximum wirk-
sam ist, dagegen schmal, aber noch deutlich erkennbar ist, wenn
dies beim ausserordentlichen Strahl der Fall ist. Es ist also der
ausserordentliche Strahl noch etwas stärker brechend als Leinöl.
Macht man den Versuch mit Schwefelkohlenstoff, so sieht man,
Skelettheile der Kalkschwämme. 69
wenn der Hauptschnitt der Nadel der Polarisationsebene parallel
ist, einen deutlichen, ziemlich hellen Streifen an der blauen Seite
des Gesichtsfeldes; es bricht also der Schwefelkohlenstoff noch
merklich schwächer als der ordentliche Strahl. Steht der Haupt-
schnitt der Nadel senkrecht zur Polarisationsebene, so sieht man
einen hell leuchtenden breiten Streifen auf der braunen Seite des
Gesichtsfeldes zum Zeichen, dass der ausserordentliche Strahl
viel schwächer bricht, als Schwefelkohlenstoff. Bei dem Wechsel
der Beleuchtung der Ränder gibt es eine Zwischenstellung, in
welcher beide Ränder hell sind. Es ist dies auch bei anderen
Flüssigkeiten der Fall, deren Brechungsquotient zwischen jenen
des ordentlichen und des ausserordentlichen Strahles liegt, wie
Nelkenöl und Dammarlack. Man kann bei einer gewissen Winkel-
stellung des Hauptschnittes gegen die Polarisationsebene an
beiden Rändern eine gleich helle Linie sehen, eine Erscheinung,
weiche insoferne interessant ist, als sie an einem doppelbrechen-
den Körper ganz unmittelbar die Charaktere einer Substanz
erkennen lässt, welche gleichzeitig das Licht stärker und
schwächer bricht, als die umgebende Flüssigkeit.
Bei der Untersuchung mit Monobromnaphthalin im Tages-
lichte, macht sich der Unterschied der Dispersion der Flüssigkeit
und der Nadeln sehr bemerklich.
Die Dispersion zwischen den Linien F und C von «a des
Kalkspathes beträgt 0.0135, beim Monobromnaphthalin dagegen
0.0325, also nahezu 2!/, mal mehr. Es müssen daher im stärker
brechbaren Theile des Spectrums die Brechungsquotienten
von » des Kalkspathes viel kleiner, im schwächer brechbaren
aber voraussichtlich grösser sein als diejenigen des Monobrom- °
naphthalins. Untersucht man nun eine Kalknadel oder ein kleines
Kalkspathprisma bei empfindlichster Stellung des Mikrorefracto-
meters, so erscheint der dem gelben Theile des Gesichtsfeldes
zugewendete Rand des Objectes blau bis hellgrünlich (am äusser-
sten Rande), dagegen der dem blauen Theile des Gesichtsfeldes
zugewendete Rand roth bis rothgelb, woraus zu erschliessen,
dass eben Roth stärker vom Kalkspath, Grün bis Violett stärker
vom Monobromnaphthalin gebrochen wird. Die Erscheinung ist
deutlicher an den Nadeln, wegen ihrer gleichmässigen Rundung,
als an einem kleinen Kalkspathprisma zu sehen.
70 V.v. Ebner,
Ob die Linie D vom Monobromnaphthalin oder von den
Nadeln, respective dem Kalkspathe, stärker gebrochen wird, lässt
sich erst bei der Untersuchung im Natriumlichte feststellen. Man
sieht dann bei möglichst sorgfältiger Einstellung von Nieol und
Mikrorefractometer einen schwachen lichten Saum an der dem
Sehirme abgewendeten Seite des Objeetes, welcher bei einer
Nadel deutlicher ist, als beim Kalkspathprisma. Monobrom-
naphthalin bricht also im Natriumlichte noch eben merklich
stärker als » des Kalkspathes und der Nadeln, obwohl die
Differenz für Kalkspath nur 5 Einheiten der vierten Decimalstelle-
beträgt. Um die Versuche mit kleinen natürlichen Kalkspath-
prismen, die voneinerStufe von Andreasberg abgebrochen wurden,
möglichst vergleichbar mit jenen an Nadeln zu machen, benützte
ich Basalstrahlen kolossaler Dreistrahler von Leucaltis solida,
welchen durch Wälzen mittelst Verschiebung des Deckglases
eine solehe Stellung gegeben wurde, dass der optische Haupt-
schnitt mit der morphologischen Axenrichtung zusammenfiel.
Viel schwieriger sind die Versuche bezüglich des ausser-
ordentlichen Strahles zu machen, da es nicht möglich ist, mit
absoluter Sicherheit die Nadeln in eine solche Stellung zu bringen,
dass die optische Axe genau horizontal in der Ebene des Objeect-
trägers liegt, was für das Minimum von e Bedingung ist, während.
»ö bekanntlich von der Neigung der optischen Axe unab-
hängig ist.
Doch legen sich, wie bereits erwähnt wurde, gekrümmte
Stabnadeln nach einiger Zeit — in dicken Ölen freilich oft sehr
langsam — meist in die Ebene der Krümmung, welche zugleich
ein optischer Hauptschnitt ist. Es wurden zur Bestimmung von e
vorzüglich stärker gekrümmte Stabnadeln von Leucandra aspera
verwendet. Leinöl (a=1'483) bricht deutlich schwächer als g,
Xylol dagegen (”n=1'496) deutlich stärker. Ein Gemisch von
circa 8 Theilen Rieinusöl und einem Theile Nelkenöl (n = 1.485)
gab bezüglich des ausserordentlichen Strahles analoge Erschei-
nungen im weissen Lichte, wie Monobromnaphthalin bezüglich
des ordentlichen; nämlich blaugrüne Färbung gegen die gelbe,
röthlichgelbe Färbung gegen die blaue Seite des Gesichtsfeldes.
Die Dispersion der Vergleichungsflüssigkeit ist wiederum eine
stärkere als diejenige des ausserordentlichen Strahles im Kalk-
Skelettheile der Kalkschwämme. TI
spathe. Die Differenz der Breehungsquotienten für die Frauen-
hofer’schen Linien € und F beträgt für « des Kalkspathes 0.0062,
für das verwendete Ölgemisch aber 0.010 und die Erscheinungen
im weissen Lichte sprechen wiederum dafür, dass die schwächer
brechbaren Farben im Kalkspathe, die stärker brechbaren aber
in dem Ölgemische stärker gebrochen werden. Die Untersuchung
im Natriumlichte ergiebt bei sorgfältiger Einstellung von Nicol
und Mikrorefractometer eine deutliche helle Lichtlinie an dem
dem Schirmrande zugewendeten Theil der Nadel, woraus folgt,
dass das Licht der Linie D in der Nadel noch stärker gebrochen
wird, als von der Vergleichungsflüssigkeit. Das Resultat dieser
Untersuchungen lässt sich nun dahin zusammenfassen, dass die
Brechungsquotienten der Nadeln höchstens in der vierten Decimal-
stelle von jenen des Kalkspathes verschieden sein können, wahr-
scheinlich aber genau mit denselben zusammenfallen.
Untersucht man Präparate mit mannigfaltigen Skelettheilen
in einer Flüssigkeit, deren Brechungsquotient zwischen jenem
des ordentlichen und des ausserordentlichen Strahles der Nadeln
liegt, so ergeben sich je nach der Stellung der Nadeln wechselnde
Erscheinungen, und man wird unter den Drei- und Vierstrahlern
auch auf solche treffen, bei welchen der ausserordentliche Strahl
z. B. durch Dammarlack gerade ausgelöscht wird, ein Zeichen,
dass die optische Axe eine Neigung hat, bei welcher der
Breehungsquotient für den ausserordentlichen Strahl der Nadel
dem des Dammarlaks gleichgeworden ist. So liesse sich dann mit
Hilfe dieser Methode die Neigung der optischen Axe annähernd
berechnen.
Dieser umständliche Weg wurde jedoch nicht eingeschlagen;
es schien vielmehr genügend in Fällen, wo die Beobachtung des
Axenkreuzes nicht möglich war, aus dem Ansehen von Dammar-
lackpräparaten bei Untersuchung mit einem Nicol einen an-
nähernden Schluss auf die Lage der optischen Axen zu ziehen,
ohne Exner’s Refractometer zu verwenden.
Die Untersuchung mit einem Nicol wurde von mir bereits
früher zur Untersuchung des Knochengewebes in Anwendung
gebracht.! Sie scheint mir vortheilhafter zu sein, als die von
1 Diese Ber. Bd. LXXV (1877), IIL. Abth., S. 155.
12 V.v. Ebner,
Sollas zu ähnlichem Zwecke angewendete Erhellung des Ge-
sichtsfeldes zwischen gekreuzten Nicols durch eine Quarzplatte.
Das eine Nicol und die Quarzplatte sind überflüssig und insoferne
schädlich, als dadurch sehr viel Licht verloren geht, was nament-
lich bei der Untersuchung mit starken Vergrösserungen nicht
unwesentlich ist. Am besten bringt man das Nicol feststehend
unter einem drehbaren Objecttische an; weniger zweckmässig,
wenn auch häufig ganz genügend, ist es, das Nicol in Verbindung
mit dem Oculare anzuwenden, weil namentlich bei blauem Himmel
das vom Spiegel reflectirte Licht oft so stark polarisirt ist, dass
beim Drehen des Nicols das Gesichtsfeld sehr wechselnde Hellig-
keit zeigt, was eine genaue Beurtheilung der Brechungsverhältnisse
der untersuchten Nadeln sehr erschwert.
Die Untersuchung mit einem Nicol ist, wie ich glaube, auch
für denjenigen Mikroskopiker, der sich mit den Polarisations-
erscheinungen nicht eingehender beschäftigt hat, eine leicht an-
zuwendende Methode, während die Untersuchung zwischen
gekreuzten Nicols im dunklen Gesichtsfelde und mit eingelegten
Gypsplatten, welche freilich viel empfindlicher ist, bei so stark
doppelbrechenden Körpern, wie es die Spiculae der Kalk-
schwämme sind, eine genaue Bekanntschaft mit der Farbenfolge
der Newton’schen Ringsysteme und den damit zusammen-
hängenden Erscheinungen zur Voraussetzung hat. Da mit steigen-
der Dicke die verschiedenen Farbenordnungen auftreten, so hat
man dieselben an jeder Nadel in Form von Curven, deren
Scheitelpunkte gegen die Spitzen der Nadeln gerichtet sind und
sich an den Rändern der Nadeln diesen parallel zusammen-
drängen. Die Scheitelpunkte der Curven folgen sich gegen die
Mitte der Nadel durch alle Farbenordnungen, bei diekeren
Nadeln, umdort in eingleichmässiges Weiss überzugehen, während
bei dünnen Nadeln die Mitte von einer mehr gleichmässigen Farbe
irgend einer Ordnung bedeckt erscheint. Dies alles bedingt ein
zwar prächtiges, aber wirres Bild, auf dessen Einzelheiten,
obwohl sie im Ganzen dem Verständnisse keine Schwierigkeiten
bereiten, ich nicht eingehen will.
Die Untersuchung mit einem Nicol gestattet mit ziemlicher
Annäherung die Lage der Nadeln zu bestimmen, in welcher die
optische Axe senkrecht zum Objectträger steht. Dies hat für das
5)
Skelettheile der Kalkschwämme. 13
praktische Arbeiten grosse Vortheile, da die Aufsuchung des
Axenkreuzes bei Schnitten gewöhnlich desswegen nicht anwend-
bar ist, weil die Skelettheile dicht aneinander liegen und daher
auf einander so störend wirken, dass ein Axenkreuz nicht zu
Stande kommen kann. Allein auch abgesehen davon, ist diese
Untersuchungsweise desswegen die empfehlenswertheste, weil
man, wie bei der Beobachtung im gemeinen Lichte, alle Details
genau sehen kann. Zur Erläuterung des Gesagten möchte ich
zunächst auf Fig. 14 (Taf. I) verweisen, welehe die Änderung des
mikroskopischen Bildes eines in Dammarlack liegenden sagittalen
Dreistrahlers von Sycandra elegans darstellt, dessen optische Axe
mit der Ebene des Objectträgers keinen sehr grossen Winkel
bildet. In der Stellung, in welcher der Basalstrahl des Drei-
strahlers der Polarisationsebene des Nicols PP’ parallel ist,
erscheint derselbe mit dunklen Contouren und mit einer hellen
Lichtlinie über der Mitte der Strahlen bei hoher Einstellung, die
deutlichen Zeichen, dass das Object viel stärker das Licht bricht,
als die Umgebung. Stellt man nun den Dreistrahler so, dass der
Basalstrahl zur Polarisationsebene PP’ seukrecht steht, so wird
das Object matt, bekommt einen röthlichen Schimmer und helle
Ränder, zeigt eine helle Lichtlinie unter den Strahlen bei tiefer
Einstellung, kurz verhält sich wie eine Vacuole oder überhaupt
wie ein Körper, der das Licht viel schwächer bricht, als die Um-
gebung. In den Zwischenstellungen ist weder das eine noch das
andere Bild scharf ausgeprägt.
Man sieht aus einer derartigen Beobachtung sofort, dass der
Hauptschnitt, der die optische Axe enthält, in dieser Facialstellung
des Dreistrahlers dem Basalstrahl parallel ist, denn der stärker
- breehende ordentliche Strahl, der ja im Hauptschnitt polarisirt
ist, zeigt seine eclatante Wirksamkeit, wenn der Basalstrahl der
Polarisationsebene des Nicols parallel ist; er wird aber unwirk-
sam und an seine Stelle tritt der schwach brechende ausserordent-
liche Strahl, wenn der Basalstrahl senkrecht zur Polarisations-
ebene steht. Um nun die Kenntniss der optischen Axenrichtung
zu gewinnen, hat man diejenige Stellung des Dreistrahlers aus-
zusuchen, in welcher derselbe stets in gleicher Weise stark licht-
brechend erscheint, wenn man das Präparat, beziehungsweise das
Nieol, durch alle Azimuthe hindurch dreht, denn alsdann steht die
74 f V.ı2.<Ebuer)
optische Axe senkrecht zum Öbjectträger, indem nur dann stets
Licht von der Brechbarkeit des ordentlichen Strahles durch das
Präparat geht, mag das Nicol wie immer orientirt sein. Ziemlich
rasch kommt man in der Hauptsache zum Ziele — wenigstens bei
den regelmässig gebauten Syconen — wenn man Schwämme in
drei aufeinander senkrechten Schnittrichtungen untersucht; meist
rascher, als wenn man sich darauf einlässt, isolirte Skelettheile
aufzusuchen, welche zufällig gewünschte Lagen eingenommen
haben. Zur Erläuterung einer derartigen Untersuchung mögen
Fig. 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8und 12 (Taf. I) dienen, welche das optische
Verhalten der Skelettheile von Sycandra elegans, zum Theil aller-
dings nach Isolationspräparaten, darstellen. Fig. 5 stellt einen
radialen Querschnitt durch einen Theil der Körperwandung zur
Übersicht der Anordnung der Theile dar. a, « sind die dermalen
Endschöpfe der Radialtuben mit den kleinen platten Stabnadeln
(Fig. 4), darauf folgen plumpe Dreistrabler, dann die grau
gehaltenen Radialtubenmit den tubaren Dreistrahlern; dazwischen
die bei d, b mit eigenthümlich, wie zu einer Glocke zusammen-
neigenden Dreistrahlern beginnenden Intercanäle. Zu unterst
kommt die Lage der gastralen Vierstrahler, deren Apicalstrahlen
frei in die Magenhöhle ragen. Letztere sind in Fig. 12 in ver-
schiedenen Stellungen dargestellt, die tubaren Dreistrahler da-
gegen in Fig. 2 und 3 (Fig. 2,5 und 3,c auf dem Oralwinkel
liegend). Fig. 6 und 7 stellen Stücke tangentialer Längsschnitte,
und zwar Fig. 6 etwa durch die Mitte der Radialtuben, Fig. 7
durch die Enden der Radialtuben in der Gegend der plumpen
Dreistrahler dar. In diesen beiden Figuren sind wie in Fig. 5
a, a die Radialtuben, b, d die Intercanäle. Die Analyse mit einem
Nicol ergibt nun an radialen Quer- und Längsschnitten, dass die
optischen Hauptschnitte der tubaren Dreistrahler stets parallel der
Canalaxe gerichtet sind, und ebenso jene derDreistrahler am Ende
der Intereanäle. Dies lässt schon schliessen, dass die optische Axe
dieser Dreistrahler in der Hauptsache radiär verläuft, was durch
die Untersuchung des tangentialen Längsschnittes sich bestätigt.
An diesem erscheinen viele Dreistrahler bei jeder Stellung gleich
stark lichtbrechend, wie immer auch das Nicol stehen mag.
Anders die Schicht der gastralen Vierstrahler. Bei diesen ergibt
die Analyse mit einem Nico] am radialen Querschnitt, dass sie in
Skelettheile der Kalkschwämme. "5
jeder Stellung stark lichtbrechend erscheinen, dass dagegen am
radialen Längsschnitt der Hauptschnitt in den Durchschnitt der
Gastralfläche fällt, woraus folgt, dass die optischen Axen an-
nähernd der Längsaxe der Gastralhöhle parallel sind. Für die
Stabnadeln der Endschöpfe ergibt sich, dass die optische Axe in
jeder einzelnen Nadel etwa 71°—84° gegen die Längsaxe der-
selben geneigt und zugleich in der Ebene der Abplattung gelegen
ist, dass aber im Ganzen die optischen Axen in einem Nadel-
schopfe von allen Seiten her radiär und senkrecht auf die Längs-
axe der Radialtuben gerichtet sind. In den plumpen Dreistrahlern
endlich sind die optischen Axen so gerichtet, dass sie mit der Axe
des Radialcanales etwa Winkel von 45° bilden.
Alle diese Ergebnisse sind in der halbschematischen Fig. 3
ersichtlich, in weleher durch Pfeile die Richtung der optischen
Axen angezeigt ist. Starke Neigung der Axen gegen die Ebene
des Schnittes ist durch starke Verkürzung der Pfeile, beziehungs-
weise Ersetzung derselben durch einen Punkt angedeutet. Der
Vierstrahler bei A entspricht einem radialen Längsschnitte, der
Vierstrahler bei B einem radialen Querschnitte.
Zur Controle wurden die Schnitte, namentlich zur genaueren
Feststellung der Hauptschwingungsrichtungen der Nadeln, auch
zwischen gekreuzten Nicols im dunklen Gesichtsfelde untersucht
und ausserdem auch mit Hilfe von Alkalilaugen isolirte Nadeln in
verschiedenen Stellungen beobachtet.
III. Optische Untersuchung der einzelnen Skelettheile.
Nachdem nun an einem Beispiele die optische Untersuchung
etwas eingehender dargestellt ist, können die Ergebnisse an den
einzelnen Skelettheilen in zusammenfassender Weise wieder-
gegeben werden.
i. Dreistrahler.
Die Dreistrahler zerfallen bei der optischen Untersuchung
in zwei Hauptgruppen. Erstens in solche, bei welchen die optische
Axe senkrecht steht auf der Facialebene der drei Strahlen,
zweitens in solche, bei welchen die optische Axe schief zur
Facialebene gerichtet ist. Die erste Art Dreistrahler zeigt bei der
Untersuchung in Dammarlack mit einem Nicol in der reinen
Faciallage stets dasselbe stark liehtbreehende Ansehen bei jeder
76 V.v. Ebner,
Stellung des Nicols, die zweite Art Dreistrahler lässt aber bei
derselben Untersuchung stets eine ausgezeichnete Stellung
erkennen, in welcher der Dreistrahler im Maximum stark licht-
brechend ist und eine zweite, zur früheren senkrechte, in welcher
derselbe im Minimum schwach lichtbrechend erscheint (vergl.
Fig. 14). Entsprechend diesen beiden optischen Unterscheidungs-
zeichen verhalten sich die beiderlei Dreistrahler bei der Unter-
suchung in der Faciallage auch verschieden zwischen zwei
gekreuzten Nicols und: im convergenten Lichte, was, nach den
früheren Bemerkungen über das optische Verhalten der Kalk-
schwammnadeln überhaupt, keiner besonderen Auseinander-
setzung bedarf. Diese zweierlei typisch verschiedenen Dreistrahler
hat bereits Sollas erkannt, Mit der Eintheilung Haeckel’s in
reguläre, sagittale und irreguläre, deckt sich diese optische
Hauptverschiedenheit nicht vollkommen. Die Dreistrahler, deren
optische Axe senkrecht steht auf der Facialebene der Strahlen,
sind zwar — soweit das untersuchte Material einen Schluss
gestattet — alle perregulär im Sinne Haeckel’s, mit lauter
gleichen Winkeln und Strahlen. Unter den Dreistrahlern mit
schief zur Facialebene gerichteter optischer Axe finden sich aber,
neben sagittalen und irregulären im Sinne Haeckel’s, auch
geometrisch reguläre, mit lauter gleichen Winkeln und Schenkeln.
Daraus folgt, dass die Grösse der Winkel und Strahlen kein
sicheres Kennzeichen für die Regularität sein kann, da offenbar
nur in dem Falle, wo die optische Axe senkrecht steht auf der
Facialebene, alle drei Schenkel vollständig gleichwerthig sein
können, während ein Schiefstehen der optischen Axe bereits ein
deutliches Zeichen einer Seitlichkeit ist, das eine Gleichwerthig-
keit von allen drei Strahlen ausschliesst. Nach diesen Vorbemer-
kungen sollen nun die beiden Hauptgruppen der Dreistrahler
näher ins Auge gefasst werden.
A. Reguläre Dreistrahler.
Dieselben sind gleichwinkelig und gleichschenkelig und die
optische Axe steht senkrecht auf ihrer Facialebene. Solche wirk-
lich reguläre Dreistrahler fanden sich bisher ausschliesslich unter
den Asconen, und zwar bei Ascetta Clathrus, Ascaltis cerebrum,
A. Gegenibaueri und Ascandra falcata. Dabei muss aber betont
Skelettheile der Kalkschwämme. 77
werden, dass gerade eine Reihe von Leuconen und Syconen, bei
welchen sich nach der Angabe Haeckel’s nur reguläre Drei-
strahler finden, zur Untersuchung nicht zugänglich waren. Facial-
ansichten regulärer Dreistrahler sind in Fig. 9, « und 10 darge-
stellt. Eine Projectionsansicht nach den Prineipien der Darstellung
der Krystallformen gibt Fig. 15, Avon Ascetta Clathrus, während
Fig. 18, B einen pseudoregulären Dreistrahler aus der Gastral-
fläche von Sycortis quadrangulata wiedergibt. Da die optische
Axe für beide Dreistrahler gemeinsam gezeichnet ist, springt
der prineipielle Unterschied sehr deutlich in die Augen. Ausser
bei Sycortis gwandrangulata habe ich pseudoreguläre Dreistrahler
mit einer so schwachen Flächendifferenzirung und mit wirklich
gleichen Winkeln zwischen je zwei Strahlen unter den unter-
suchten Schwämmen sonst nirgends gefunden. Die regulären
Dreistrahler, welche bei Leucandra aspera und Leucaltis solida
anscheinend vorkommen, sind nur in der Projeetion regulär; da
aber bei denselben stets eine starke Flächendifierenzirung vor-
handen ist, stellt sich bei der Messung der wirklichen Winkel,
wenn je zwei Strahlen in einer Ebene sind, heraus, dass die
Winkel paarweise gleich, der dritte aber davon verschieden ist,
dass sie also in Wahrheit auch geometrisch sagittale Dreistrahler
sind. Dieselben verhalten sich in der Regel wie der in Fig. 19
dargestellte Dreistrahler von Leuealtis solida. Einer besonderen
Erwähnung sind noch die aberranten Formen von Dreistrahlern
werth, welchen man, wenn auch selten, zwischen den normalen
Formen bei Ascefta Clathrus und Ascandra falcata begegnet.
Dieselben zeigen eine winkelige Brechung eines oder mehrerer
Strahlen unter einem Winkel von 120° (Fig. 9, d) oder nur zwei
Strahlen, welche unter einem Winkel von 60° zusammenstossen,
wobei der eine Strahl auch jenseits der Verbindungsstelle sich
gerade fortsetzen kann (d und c), endlich vierstrahlige Nadeln,
welche, wie eine Zwillingsverwachsung zweier Dreistrahler,
mittelst eines stark verkürzten gemeinsamen Strahles sich dar-
stellen (e). Alle diese aberranten, monströsen Formen, welche
keinerlei Beziehungen zu anderen normalen Nadelformen der
Kalkschwämme erkennen lassen, haben die optische Axe senk-
recht auf der Ebene der Strahlen.
78 V.v. Ebner,
B. Sagittale Dreistrahler.
Haeckel unterscheidet die sagittalen Dreistrahler als 1.
gleichwinkelige und paarschenkelige, 2. gleichschenkelige und
paarwinkelige, 3. paarwinkelige und paarschenkelige. Für diese
Unterscheidungen gibt die optische Untersuchung keine Anhalts-
punkte. Alle sagittalen Dreistrahler sind dadurch charakterisitt,
dass erstens die optische Axe niemals senkrecht steht auf der
Facialebene der Strahlen, und zweitens dadurch, dass die Axe
des Basalstrahles stets in einen optischen Hauptschnitt fällt,
welcher zugleich den wahren Oralwinkel halbirt. Ein Blick auf
die Projectionszeichnungen von sagittalen Dreistrahlern, wie sie
in Fig. 19, 20, 21, 22 und 23 dargestellt sind, lässt diesen gemein-
samen Charakter sofort erkennen, man sieht aber auch, dass der
pseudoreguläre Dreistrahler in Fig. 18, B ebenfalls unter die
gegebene Definition fällt und als Form eines sagittalen Drei-
strahlers aufgefasst werden muss. Da die Haeckel’sche Ein-
theilung sich auf das Ansehen der Dreistrahler in der Facial-
ebene bezieht, in dieser aber wegen der meist starken Flächen-
differenzirung die Winkel durch die relativen Längen der Strahlen
sehr beeinflusst werden, so hätte die Unterscheidung Haeckel’s
einen strengen Sinn nur für den im Ganzen seltenen Fall einer
gänzlich fehlenden oder kaum merklichen Flächendifferenzirung.
Wenn wir aber diese berücksichtigen, so finden wir als einen
sehr häufigen Fall sagittale Dreistrahler, deren wahrer Oral-
winkel eirca 120° beträgt und gleichzeitig nahezu in einer Ebene
liegt, welche senkrecht zur optischen Axe steht (Fig. 19, 20, 21).
Solche Dreistrahler finden sich bei Syconen mit gegliedertem
Tubarskelet- (Sgcortis quadrangulata, Sycandra raphanus zum
Theil, S. elegans ete.) und bei den Leuconen (Leucaltis solida).
Der Basalstrahl verhält sich insoferne verschieden, als
seine Neigung bei verschiedenen Arten sehr wechselt und er
Winkel mit der optischen Axe bilden kann, welche zwischen
10—50° schwanken. Sind solche sagittale Dreistrahler in ihrer
Faciallage, so ergibt sich eine grosse Verschiedenheit des oralen
Projeetionswinkels, der, je nach der relativen Länge und Nei-
gung des Basalstrahles, zwischen nahezu 120°— 170° schwanken
kann, obwohl der wahre Oralwinkel nur wenig von 120° ver-
schieden ist. Ist zufällig ein Lateralstrahl einmal etwas kürzer,
Skelettheile der Kalkschwämme. 19
so resultirt dann ein anscheinend ganz irregulärer Dreistrahler
mit lauter ungleichen Schenkeln und Winkeln in der Faciallage,
obwohl thatsächlich, abgesehen von der Verkürzung eines
Strahles, derselbe alle Charaktere eines sagittalen Dreistrahlers
besitzt. Umgekehrt kann bei entsprechender Länge und Neigung
des Basalstrahles eine Projeetionsansicht zu Stande kommen,
welche einen Dreistrahler fast regulär mit lauter gleichen Winkeln
und Schenkeln erscheinen lässt, obwohl wiederum der oben
gekennzeichnete Charakter der sagittalen Dreistrahler nicht
geändert ist. Die Reihe dieser sagittalen Dreistrahler kann man
sich aus einem optisch regulären Dreistrahler (geometrisch) so
entstanden denken, dass ein Strahl allmälig in seinem Haupt-
schnitt emporgehoben wird, bis er nahezu parallel der optischen
Axe wird, wärend die beiden anderen Strahlen in ihrer ursprüng-
lichen Lage bleiben. Man denke sich z. B. an dem regulären
Dreistrahler, Fig. 18, den Strahl bei A allmälig emporgehoben,
während die beiden anderen Strahlen ruhig liegen bleiben, so
würden successive Dreistrahler entstehen, wie sie in Fig. 19,
20 und 21 (abgesehen von den Krümmungen) dargestellt sind.
Die sagittalen Dreistrahler dieser Art können auch gekrümmte
Strahlen besitzen (Fig. 20 und 21). Doch scheint die Ebene der
Krümmung gewöhnlich — sowie es in Fig. 20 für die Lateral-
strahlen, in Fig. 21 für den Basalstrahl dargestellt ist — mit
einem optischen Hauptschnitte zusammen zu fallen.
Eine weitere Variation dieser Dreistrahler besteht darin,
dass die Ebene des Oralwinkels nicht nahezu senkrecht auf der
optischen Axe steht, sondern mehr oder weniger gegen dieselbe
geneigt ist.
Wie man die bisher besprochenen sagittalen Dreistrahler
sich geometrisch aus regulären Dreistrahlern ohne Flächendiffe-
renzirung hervorgegangen denken kann, durch Aufbiegen eines
Strahles, so kann man die jetzt zu besprechenden Dreistrahler
ähnlich hervorgegangen betrachten aus regulären Dreistrahlern
mit mehr weniger starker Flächendifferenzirung. Während beim
regulären Dreistrahler die Ebene des Winkels zweier Strahlen
mit der Facialebene und daher der wahre (Oral-) Winkel mit dem
Projeetionswinkel zusammenfällt und genau 120° beträgt, wenn
keine Flächendifferenzirung vorhanden ist, missen die wahren
80 V.v.Ebner,
Oralwinkel umso mehr von dem stets 120° betragenden Projec-
tionswinkel verschieden werden, je mehr die Spitze der Pyra-
mide sich erhebt, beziehungsweise, je kleiner die Winkel werden,
welche die Ebenen der wahren Oralwinkel mit der optischen
Axe bilden. Bezeichnet man mit o den wahren Oralwinkel, mit
p den Winkel, welchen die durch die Axen zweier Strahlen
gelegte Ebene (Ebene des wahren Oralwinkels) mit der optischen
Axe bildet, so besteht folgende Beziehung: cot .— a ie
2 sin pP,
heisst, je kleiner der Winkel wird, den die Ebene zweier Strahlen
mit der optischen Axe bildet, um so kleiner und umso mehr der
Null sich nähernd wird der wahre Oralwinkel. Dabei bleibt aber /
der Projectionswinkel stets 120°. Stark in der Fläche differenzirte,
wirklich reguläre Dreistrahler kommen, wie es scheint, nicht vor.
Doch ist z. B. bei Ascetta Clathrus immerhin eine geringe Flächen-
differenzirung, wobei die Strahlen mit der optischen Axe Winkel
von circa 83° bilden, zu bemerken. Denkt man sich nun von einer
Reihe in der Fläche differenzirter regulärer Dreistrahler durch
Aufbiegen eines Strahles Reihen von sagittalen Dreistrahlern ab-
geleitet, so haben dieselben das Gemeinsame, dass die Projection
ihrer Oralwinkel auf eine zur optischen Axe senkrechte Ebene
120° beträgt, während der wahre Oralwinkel im Allgemeinen
kleiner als 120° ist. Ein ausgezeichnetes Beispiel dieser Art fand
sich in den kolossalen Dreistrahlern eines Exemplares von Leu-
caltis solida, bei welchen der wahre Oralwinkel im Mittel 118°
betrug, während die Neigung der Oralebene zur optischen Axe
(durch Beobachtung des Axenkreuzes gemessen) eirca 74° im
Mittel beträgt. Berechnet man daraus den Projectionswinkel nach
obiger Formel, so ergibt sich derselbe mit 120°. Bei den kolossalen
Dreistrahlern eines anderen Exemplares von Leucaltis solida, von
welchen einer in Fig. 19 abgebildet ist, war die Neigung der Oral-
ebene zur optischen Axe meist grösser und näherte sich mehr 90°.
Während sich die bisher besprochenen sagittalen Drei-
strahler geometrisch (ob auch phylogenetisch ist eine ganz andere
Frage) durch eine verhältnissmässig einfache Operation — Auf-
biegen eines Strahles in seinem Hauptschnitt durch die Axe —
aus regulären ableiten lassen, ist dies bei einer Reihe anderer
sagittaler Dreistrahler nicht möglich. Diese zweite Hauptform
ern Las
Skelettheile der Kalkschwämme. 81
sagittaler Dreistrahler lässt sich dahin charakterisiren, dass die
Projeetion des Oralwinkels auf die Ebene senkrecht zur optischen
Axe bedeutend mehr als 120° meist 150—180° beträgt. Dabei
kann der wahre Oralwinkel die verschiedensten Werthe zeigen,
und entweder mit der Ebene senkrecht zur optischen Axe zusam-
menfallen (vergl. Fig. 23) oder nicht (Fig. 22).
Solche Dreistrahler finden sich sehr verbreitet, namentlich bei
den Leueonen (Leucandra aspera, Gastralläche von Leucaltis),
aber auch bei Asconen und Syconen.
‘ Hieher mnss auch die schon früher erwähnte pseudoreguläre
Dreistrahlerform aus der Gastralfläche von Sycortis quadrangulata
(Fig. 18,5) gerechnet werden, deren wahrer Oralwinkel 120°
beträgt, während der Projectionswinkel auf die Ebene senkrecht
zur optischen Axe nahezu 180° beträgt.
Die sagittalen Dreistrahler, deren Projection des wahren
Oralwinkels auf die Basisebene (Ebene senkrecht zur optischen
Axe) mehr als 120° beträgt, kann man sich aus regulären Drei-
strahlern geometrisch so abgeleitet denken, dass zunächst der
Basalstrahl emporgehoben wird — wie im ersten Falle — dann
aber ausserdem noch die beiden Lateralstrahlen um die optische
Axe um gleiche Winkel successive bis 180° gedreht werden. Nur
für den pseudoregulären Dreistrahler ohne Flächendifferenzirung
wäre die einfache Ableitung denkbar, dass ein regulärer Drei-
strahler ohneFlächendifferenzirung an einem Strahl emporgehoben
wird, bis er vertical steht.
C. Irreguläre Dreistrahler.
Als optisch irreguläre Dreistrahler müsste man diejenigen
bezeichnen, bei welchen kein optischer Hauptschnitt aufgefunden
werden kann, der durch die morphologische Axe eines Strahles
geht und zugleich den Winkel, welchen die beiden anderen Strahlen
miteinander bilden, halbirt. Höchst wahrscheinlich gibt es solche
Dreistrahler, wie aus vielen Abbildungen Haeckel’s zu ver-
muthen ist. Unter den Objeeten jedoch, welche hier zur Unter-
suchung kamen, wurde kein sicheres Beispiel dieser Art auf-
gefunden. Man darf sich nicht durch den Umstand täuschen lassen,
dass gar nicht selten Dreistrahler beobachtet werden können, bei
welchen die Polarisationsebene des ordentlichen Lichtstrahles mit
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl, XCV. Bd. TI. Abth, 6
82 V.v. Ebner,
keinem Schenkel des Dreistrahlers genau zusammenfällt. Da
der Basalstrahl der sagittalen Dreistrahler im Allgemeinen ziem-
lich bedeutende Winkel mit der optischen Axe bildet, so kann,
falls der Dreistrahler in der Ebene eines Lateralwinkels liegt, die
Polarisationsebene des ordentlichen Lichtes nicht mehr in die
morphologische Axe des Basalstrahles fallen; ebenso müssen sich
schon in der Faecialansicht Abweichungen ergeben, falls die
Lateralstrahlen ungleich lang sind. Nur die Untersuchung in einer
Stellung, in welcher eine durch den Basalstrahl gelegte, auf der
Projectionsfläche (Objeetträger) senkrechte Ebene den wahren
Oralwinkel halbirt, könnte zu einer sicheren Entscheidung führen,
ob ein Dreistrahler wirklich optisch sagittal oder irregulär ist.
Da es namentlich bei kleinen Dreistrahlern kein Kriterium gibt,
ob diese Bedingung genau erfüllt ist oder nicht, und es auch bei
sehr kleinen Objeeten nicht leicht denkbar ist, die gewünschte
Stellung künstlich herzustellen, so ist es selbstverständlich nicht
möglich, den strengen Beweis zu liefern, ob ein durch die Axe
des Basalstrahles gelegter Hauptschnitt den Oralwinkel halbirt
oder nicht. Es dürfen daher die gemachten Angaben über sagittale
Dreistrahler keineswegs: darauf Anspruch machen, als exact er-
wiesen zu gelten; sie scheinen mir aber ohne Zwang den Beobach-
tungen zu entsprechen. Dieselben Schwierigkeiten ergeben sich‘
natürlich auch bezüglich der sagittalen Vierstrahler und ist dasüber
diese zu Bemerkende unter denselben Vorbehalten zu betrachten.
Kurz zusammengefasst, würde sich auf Grund der optischen
Untersuchung eines allerdings beschränkten Materiales folgende
Eintheilung der Dreistrahler ergeben:
A. Reguläre Dreistrahler. Optische Axe senkrecht auf
der Facialebene der drei Strahlen. Alle drei Strahlen optisch
gleichwerthig, gleich lang, gleiche Winkeln bildend.
B. Sagittale Dreistrahler. Durch die morphologische
Axe eines (Basal-) Strahles kann ein optischer Hauptschnitt
gelegt werden, der zugleich den Winkel, welchen die beiden
anderen Strahlen miteinander bilden (Oralwinkel), halbirt.
a) Sagittale Dreistrahler, bei welchen die Projeetion des Oral-
winkels auf die Ebene senkrecht zur optischen Axe (Basis-
ebene) 120° beträgt. Primäre sagittale Dreistrahler.
Skelettheile der Kalkschwämme. 83
b) Sagittale Dreistrahler, bei welchen die Projection des Oral-
winkels auf die Basisebene mehr als 120°, meist 150— 180°
beträgt. Secundäre sagittale Dreistrahler.
C. Irreguläre Dreistrahler. Es lässt sich durch die
- morphologische Axe keines der drei Strahlen ein optischer Haupt-
schnitt legen, der zugleich den Winkel der beiden anderen
Strahlen halbiren würde. .
Wenn in dieser Eintheilung der Dreistrahler nach ihrem
optischen Verhalten keine Rücksicht genommen wurde auf die
Länge und Krümmung der Schenkel, so soll damit nicht gemeint
sein, dass dieselbe nicht von grossem systematischen Werthe
sein kann. Aber für die Symmetrieverhältnisse der Dreistrahler,
soweit sie sich aus den optischen Verhältnissen ergeben, ist die
Länge der Strahlen von keiner entscheidenden Bedeutung, wovon
man sich insbesondere durch die Untersuchung der kolossalen
Dreistrahler von Leucaltis solida leicht überzeugen kann. Bei
aller Verschiedenheit, welche diese Dreistrahler in der Facial-
ansicht in Folge der Variabilität der Länge der Strahlen zeigen,
so dass sie bald völlig regulär, bald deutlich paarwinkelig und
paarschenkelig, bald völlig irregulär erscheinen können, zeigen
die Oral- und Lateralwinkel und damit im Zusammenhange die
Neigung der optischen Axe zur Oralebene nur geringe Schwan-
kungen, und stets ist der optisch sagittale Charakter deutlich
ausgesprochen. Dass auf die Grösse des Oralwinkels und auf die
Neigung desselben zur optischen Axe bei der Eintheilung Gewicht
gelegt wurde, wird seine weitere Rechtfertigung in den später
folgenden Erörterungen finden.
Il. Vierstrahler.
Wie unter den Dreistrahlern, kann man auch unter den
Vierstrahlern, als die beiden Hauptformen, reguläre und sagittale
nach dem optischen Verhalten unterscheiden.
4. Reguläre Vierstrahler.
Dieselben besitzen drei gleiche Schenkel und Winkel in der
Facialebene und einen auf dieser senkrecht stehenden Apical-
strahl, dessen Axe mit der optischen Axe zusammenfällt. Sie
verhalten sich also ganz analog wie die regulären Dreistrahler.
Eine Facialansicht gibtFig. 11,a von Ascaltis Gegenbaueri, Profil-
6*
84 V.v. Ebner,
ansichten sind inFig. 11,5 und Fig. 15 dargestellt. Optisch reguläre
Vierstrahler wurden bisher wiederum nurbei Asconen, undzwar bei
Ascaltiscerebrum, A. Gegenbaueri und Ascandra falcata gefunden;
es ist aber wahrscheinlich, dass nur der Mangel an geeignetem
Material den Nachweis bei Leuconen und Syconen bisher ver-
missen lässt. |
B. Sagittale Vierstrahler.
Dieselben sind dadurch charakterisirt, dass die optische Axe
schief gegen die Facialebene gerichtet ist, und dass durch den
Basal- und Apicalstrahl sich eine optische Hauptschnittsebene
legen lässt, welche den Oralwinkel der Lateralstrahlen halbirt.
Unter den sagittalen Vierstrahlern lassen sich prineipiell die-
selben Unterscheidungen machen, wie unter den Dreistrahlern,
doch scheinen solche Vierstrahler, bei welchen die Projeetion des
Oralwinkels auf die Basisebene 120° beträgt, und welche sich
durch Aufbiegen des Basalstrahles und Neigen des Apicalstrahles
in derselben Ebene geometrisch aus regulären Vierstrahlern ein-
fach ableiten lassen, selten zu sein. Ich glaube hieher die gastralen
Vierstrahler von Sycandra elegans, welche in drei verschiedenen
Ansichten in Fig. 12 und in Projection in Fig. 16 dargestellt sind,
rechnen zu dürfen. Bei weitem die Mehrzahl der sagittalen Vier-
strahler zeigt jedoch einen oralen Projecetionswinkel auf die
Ebene senkrecht zur optischen Axe, welcher viel grösser als 120°,
meist über 150° ist und sich nicht eigentlich messen lässt, weil
die Lateralstrahlen in dieser Steliung fast immer eine Krümmung
zeigen. Dabei ist die Ebene des Oralwinkels meist beträchtlich
zur optischen Basisebene geneigt. Nur ausnahmsweise liegen die
gekrümmten Strahlen annähernd in der Basisebene selbst (Fig.17).
Die gewöhnliche Ansicht, welche ein sagittaler Vierstrahler in
der Stellung darbietet, in welcher die optische Axe senkrecht
steht auf der Fläche, auf welche er projieirt erscheint, ist die
eines Kreuzes mit zwei gekrümmten Schenkeln, welche den
Lateralstrahlen entsprechen und zwei gerade erscheinenden
Schenkeln, welche dem Basal- und Apicalstrahl entsprechen, wie
dies in Fig. 13, ce dargestellt ist. Dies ist ein typisches Bild. Ein
Projeetionsbild dieser häufigsten Form sagittaler Vierstrahler
wurde aus dem Grunde nicht gegeben, weil sich die gekrümmten
Lateralstrahlen in einer sehr ungünstigen Verkürzung darstellen
Skelettheile der Kalkschwämme. 85 |
würden. Man kann sich aber diese Projeetion wohlvorstellen, wenn
man sich die Lateralstrahlen des in Fig. 16 dargestellten Vier-
strahlers in die Lage gerückt denkt, welche die Lateralstrahlen
des in Fig. 22 dargestellten Dreistrahlers einnehmen.
- Solche Vierstrahler finden sich insbesondere in der Gastral-
fläche von Leuconen und Syconen, so z. B. bei Leueandra aspera
und bei Sycandra Bucchichiü, aber auch die grossen dermalen
Vierstrahler der letztern Art zeigen dieses Verhalten. Obwohl der
Apicalstrahl häufig stark gekrümmt ist, so erscheint er doch in
der Aufsicht auf die optische Axe stets gerade; seine Krümmung
fällt daher in einen optischen Hauptschnitt, während dies bei
den Lateralstrahblen auffallender Weise nicht der Fall ist. Diese
— in der Facialansicht oft ganz gerade — erscheinen vielmehr in
der Aufsicht auf die optische Axe in einem meist flachen Bogen
gekrümmt. Die Neigung der optischen Axe zum Basal- und
Apicalstrahl ist wechselnd, doch ist erstere constanter als letztere.
An den kleinen gastralen Vierstrahlern von Sycandra Bucchichü
(an einem radialen Längsschnitt gemessen) schwankte die Neigung
des Basalstrahles zur optischen Axe zwischen 24°—29°, dagegen
die des Apicalstrahles zwischen 64°—88° (bei 5 Messungen).
Ähnliche Differenzen ergaben die Vierstrahler von Leucandra
aspera, bei welchen übrigens der Basalstrahl meist eine Neigung
über 30° hat, Constantere Zahlen geben die grossen dermalen Vier-
strahler von Sycandra Bucchichii für den Apicalstrahl. Es betrug
bei 5 Messungen die Neigung des Basalstrahles zur optischen
Axe 22— 28°, die des Apicalstrahles 71°—76° (bei 5 Messungen).
C. Irreguläre Vierstrahler.
Als solche müsste man diejenigen bezeichnen, bei welchen
ein durch den Basalstrahl und Apicalstrahl gelegter optischer
Hauptschnitt den Oralwinkel der Lateralstrahlen nicht halbirt,
sondern in ungleiche Theile theilt, ferner solche, bei welchen
Basal- und Apicalstrahl mit ihren morphologischen Axen nicht in
einen gemeinsamen optischen Hauptschnitt fallen. Dass derartige
Irregularitäten vorkommen, ist nach den Abbildungen Haeckel’s
höchst wahrscheinlich; unter dem hier in Betracht kommenden
Materiale wurden keine sicher hieher gehörigen Beispiele beob-
achtet.
86 V.v. Ebner,
Il. Stabnadeln.
Alle Stabnadeln haben das Gemeinsame, dass denselben
eine optische Axe zukommt, welche mit der Länrgsaxe der Nadel
einen grossen Winkel bildet, welcher wohl stets 60° übersteigt.
Dies gilt für die feinen langen geraden Stricknadeln am Peristom
kranzmündiger Syconen gerade so, wie für die dicken Stabnadeln
bei Leucandra, und die feinen Nadeln der mannigfachsten Form
wie sie im Dermalskelete vorkommen. Diese Thatsache ist inso-
ferne bemerkenswerth, als sie eine Analogie im optischen Verhalten
der Stabnadeln mit den Lateral- und Apicalstrahlen, nicht aber
mit den Basalstrahlen von sagittalen Drei- und Vierstrahlern
erkennen lässt. Bei gekrümmten Stabnadeln entspricht, wie es
scheint immer, die Ebene der Krümmung einem optischen Haupt-
schnitte, die Nadeln erscheinen daher, wenn sie auch noch so
stark gekrümmt sind, in der Aufsicht auf die optische Axe ganz
gerade. Dies macht es begreiflicher Weise auch schwer die Nadeln
in eine solche Stellung zu bringen, in welcher die optische Axe
senkrecht steht. Das Gesagte gilt zunächst für die kolossalen
Stabnadeln von Leucandra aspera und aleicornis (Fig. 51, 52, 53,
Taf. IV), welche meist ziemlich stark gekrümmt sind, aber auch
für die sichelartig gekrümmten einfachen Nadeln von Ascandra
falcata (Fig. 44) und für die feinen gekrümmten Nadeln von
Ascandra variabilis.
Da die optische Axe in die Ebene der Krümmung fällt, so
ist dieselbe horizontal, wenn die Nadel sich von selbst in die
Ebene der Krümmung legt, es sind daher auch die krummen
Stabnadeln für die Bestimmung des ausserordentlichen Brechungs-
quotienten besonders gut geeignet. Aus dem Umstande, dass die
optische Axe in die Ebene der Krümmung fällt, folgt aber ferner,
dass sich eine Bestimmung des Winkels, welchen dieselbe mit
der morphologischen Axe der Nadel bildet, nur für bestimmte
Punkte ausführen lässt, indem ja die Richtung der Tangente der
Krümmung von Punkt zu Punkt wechselt. Nimmt man ungefähr
die Mitte einer kolossalen Stabnadelvon den genannten Leucandra-
Arten so findet man die optische Axe etwa unter 75°— 80° geneigt.
Bei Grantia eiliata bestimmte Sollas diesen Winkel mit ungefähr
70°. Wenn man die gekrümmten Nadeln von Leucandra au ihren
beiden Enden untersucht, so ergibt sich, dass an diesen die
Skelettheile der Kalkschwämme. 87
Neigung der optischen Axe sehr verschieden ist. Während an
dem einen Ende die Neigung der optischen Axe sich 90°
nähert, sinkt am entgegengesetzten Ende, infolge der Krümmung,
der Winkel unter 80° vorausgesetzt, dass die Krümmung der
Nadel eine einigermassen bedeutende ist. Dieses ungleiche Ver-
halten der beiden anscheinend gleichwerthigen Nadelspitzen
soll später noch exörtert werden. Zunächst wird ein Blick auf
Fig. 51 genügen um einzusehen, dass, wenn man die Richtung
der optischen Axe 00’ parallel zu sich selbst nach unten verschiebt,
der Winkel, welchen 00’ mit der Mittellinie der Nadel bildet,
fortwährend grösser werden muss, während umgekehrt, wenn 00’
nach oben parallel zu sich selbst verschoben wird, der genannte
Winkel stetig kleiner wird.
Messungen an je zehn Stabnadeln von Leucandra aspera
und alicornis gaben folgendes Resultat:
Die Mittel Neigung der optischen Axe zur Mittellinie der
beziehen sich kolossalen Stabnadeln
auf 10
Messungen Anfang Mitte Ende
Maximum 903 87° 86°
ER Leucandra
Minimum 80° 15° 3
ne aspera
Mittel 854° 802° 765°
Maximum 302 88° gas
Minimum 76° 68° EN RS Ra
Mittel 83° 75-1° 69° ai onlıE
Ähnliche Zahlen ergaben auch die grossen Stabnadeln von
Sycandra raphanus und die kleinen Nadeln von Ascandra variabılis,
an welchen jedoch nur einzelne Messungen ausgeführt wurden.
Erwähnenswerth sind die von F. E. Schulze! genauer
beschriebenen und abgebildeten, rudimentären, dreizähnigen
Anker von Sycandra raphanus. Sie verhalten sich ganz ähnlich,
wie die Stabnadeln in optischer Beziehung. Nahe der Verdickung
mit dem ankerförmigen Ende mass ich bei einer Nadel die
1 Zeitsch. f. wiss. Zool. Bd. XXV, Suppl. $. 254 u. Taf. XIX, Fig. 1.
88 V.v. Ebner,
Neigung der optischen Axe mit 78°, bei einer zweiten mit 88°.
Vergleicht man damit die früher angegebenen Zahlen für die
Apicalstrahlen von Vierstrahlen, so sieht man, dass vom optischen
Standpunkte gegen die Auffassung Haeckel’s und Schulze’s,
dass solche Nadeln als kolossale Apicalstrahlen sonst rudimentärer
Vierstrahler zu betrachten seien, nichts einzuwenden ist.
Von den kleinen Stabnadeln eigneten sich besonders gut zu
Messungen die schon früher erwähnten platten, geknöpften
Nadeln im Distaleonus der Radialtuben von Sycandra elegans
(Fig. 4). Da, wie aus der Untersuchung von Quer- und Längs-
schnitten sich ergab, die optischen Axen der in einem Kegel
divergirenden Nadeln ihre optische Axe in einem zur Kegelaxe
senkrechten Richtung haben, müssen die einzelnen Nadeln ver-
schiedene Neigungen zur optischen Axe haben. Unter zehn
Nadeln ergaben sich als Extreme der Neigung 84° und 71°, das
Mittel aus allen zehn Messungen betrug 75°.
Sucht man auf Grund der optischen Untersuchung der ver-
schiedenen Nadelformen nach Vergleichungspunkten zwischen
den Dreistrahlern, Vierstrahlern und Stabnadeln, so lassen sich
die einzelnen Strahlen der morphologisch mehraxigen Nadeln
zunächst unterscheiden als solche, welche mit der optischen Axe
kleine Winkel bilden zwischen 0°—50° und in solche, welche
mit der optischen Axe grosse Winkel bilden zwischen 60°—-90°.
Zu den ersteren gehören die Apicalstrahlen der regulären Vier-
strahlen und der sagittalen zum Theile; ferner die Basalstrahlen
der sagittalen Drei- und Vierstrahler (10°—50°); zu den letzteren
gehören alle Strahlen der regulären Dreistrahler, die Facialstrahlen
der regulären Vierstrahler, die Lateralstrahlen der sagittalen Drei-
und Vierstrahler, die Apicalstrahlen der sagittalen Vierstrahler
(grössten Theils), und endlich die Stabnadeln. Unter den
gekrümmten Formen ist bemerkenswerth, dass die Basalstrahlen
von sagittalen Drei- und Vierstrahlern, die Apicalstrablen der
sagittalen Vierstrahler und die Stabnadeln stets in einem optischen
Hauptschnitte (d h. in einer Ebene, welche der optischen Axe
parallel ist) gekrümmt sind, dass dagegen bei den Lateralstrahlen
sagittaler Drei- und Vierstrahler auch Krümmungen in anderen
Ebenen vorkommen. Berücksichtigt man das Verhalten der
Neigung der optischen Axe und das Verhalten der Krümmungs-
Skelettheile der Kalkschwämme. 89
ebene zusammen, so ergibt sich, dass die Stabnadeln am meisten
Ähnlichkeit mit der verbreitetsten Form der Apiealstrahlen
sagittaler Vierstrahler haben. Stabnadeln, bei welchen die optische
Axe in die Längsrichtung fiele, oder doch mit dieser nur
einen kleinen Winkel bilden würde, wie dies bei den Basal-
strahlen der sagittalen Drei- und Vierstrahler der Fall ist, konnten
unter dem benützten Materiale nicht aufgefunden werden.
Um jedem Missverständnisse vorzubeugen, muss ausdrücklich
bemerkt werden, dass diese Vergleichung der Stabnadeln und
der häufigsten Form der Apicalstrahlen der. sagittalen Vier-
strahler sich rein nur auf das analoge Verbalten in optischer
Beziehung stützt und dass daraus noch keineswegs gefolgert
werden soll, dass etwa alle Stabnadeln aus Apicalstrahlen von
Vierstrahlern hervorgegangen seien, wenn dies auch in einem
Falle — die rudimentären Anker von Sycandra — sehr wahr-
scheinlich ist. Ebenso muss noch speciell bemerkt werden, dass
die früher entwickelten Beziehungen der Dreistrahler unter
einander nur rein geometrisch gemeint sind; ja dass eine
Ableitung der Formen auseinander, wie sie oben gegeben wurde
phylogenetisch schon aus dem Grunde nicht wohl zulässig
wäre, weil beim Aufbiegen eines Strahles bei einem nach der
Fläche differenzirten regulären Dreistrahler, die ursprüngliche
Canalseite des regulären Dreistrahlers zur Dermalseite des sagit-
talen sich umwandeln müsste.
Am Schlusse dieser Erörterungen über das optische Ver-
halten der Kalkschwammnadeln möge noch ein flüchtiger Blick
auf die Beziehungen der optischen Orientirung der Skelettheile
zum ganzen Organismus des Schwammes geworfen werden.
Eine überraschende Regelmässigkeit zeigt sich bei den
Syeonen mit gegliedertem Tubarskelete (Sycandra raphanus,
elegans, Schmidtiü, Sycortis quadrangulata). Bei allen diesen
Syconen sind die optischen Axen in der Gastralfläche in der
Hauptsache der Längsaxe der Person parallel; in den Radial-
tuben aber parallel den Längsaxen dieser letzteren. An der
Dermalfläche zeigen sich allerdings wechselnde Verhältnisse,
die jedoch bei einzelnen Arten wieder typische Regelmässigkeiten
zeigen, wie früher bei Sycandra elegans (vergl. Fig. 3) genauer |
ausgeführt wurde. Bei Sycandra Bucchichii verhält sich die
90 V.v.Ebner,
Gastralfläche, wie bei den früher genannten Syconen; es sind
aber auch die grossen dermalen Vierstrahler, deren lange Apical-
strahlen bis in die Magenhöhle hineinragen, mit ihren optischen
Axen annähernd parallel der Längsaxe der Schwammperson
orientirt. Dagegen zeigen wiederum die subgastralen Dreistrahler,
deren Basalstrahlen sich an die Apicalstrahlen der grossen
dermalen Vierstrahler anlegen, eine fast radiär zur Körperwand
orientirte Anordnung der optischen Axen.
Was die Leuconen anlangt, so ist es wegen der complieirten
Anordnung des Skeletes schwer, genauere Angaben zu machen;
nur das lässt sich feststellen, dass auch bei diesen an Personen
mit Mundöffnung in der Gastralfläche die optischen Axen sich
wie bei den Syconen verhalten.
Bei den Ascetta- und Ascaltis-Arten mit regulären Drei- und
Vierstrahlern stehen die optischen Axen durchaus fast senkrecht
auf der Körperwand, bei den mit sagittalen Drei- und Vier-
strahlern und mit Stabnadeln ausgestatteten Asconen ist dies aber
nicht der Fall. Bei Ascandra variabilis sind die Drei- und Vier-
strahler grösstentheils optisch ähnlich orientirt, wie die gastralen
Vierstrahler der Syconen; häufig liegt aber die optische Axe auch
fast quer tangential zur Längsaxe der Person und bei den Stab-
nadeln ist eine gesetzmässige Orientirung der optischen Axen
nicht in die Auge fallend.
Wenn man nur die Ergebnisse an den Syconen im Auge
hält, könnte man vermuthen, dass ein causaler Zusammenhang
zwischen der optischen Orientirung der Skelettheile und der
Richtung des Wasserstromes bestehe, doch scheinen einer solchen
Vorstellung die Erfahrungen an den Asconen nicht günstig zu
sein. Immerhin wäre ein solcher Zusammenhang für die Zeit der
ersten Anlage der Skelettheile möglich; hat aber die Bildung
einer Nadel einmal begonnen, so treten, wie aus den im Schluss-
capitel zu erwähnenden Thatsachen über fossile Echinodermen-
skelete wahrscheinlich wird, wohl die richtenden Einflüsse der
einmal gegebenen Krystallstructur entscheidend ein.
IV. Atzerscheinungen.
Die optischen Erscheinungen an den Skelettheilen der
Kalkschwämme lassen sich in einfachster und nächstliegendster
Skelettheile der Kalkschwämme. el
Weise so deuten, dass jeder Skelettheil ein Individuum eines
einzigen Kalkspathkrystalles darstelle, das man sich künstlich
aus einem Stücke Doppelspath herausgeschnitten denken könnte.
Allein, wenn man die Bildungsweise dieser so charakteristischen
Skelettheile bedenkt, welche zweifellos ein Product lebendigen,
speeifischen Protoplasmas sind, so muss eine solche Vorstellung
als kaum zulässig erscheinen, und wenn man sich eine Structur
ausdenken will, welche mit dem, was wir sonst vom Baue
organisirter Bildungen wissen, möglichst harmonirt, so scheint
es wahrscheinlicher, dass jeder Skelettheil aus einer grösseren
Zahl von Kalkspathindividuen besteht, die zwar alle eine
. parallele Stellung ihrer optischen Axen besitzen, aber desshalb
noch nicht mit ihren krystallographisch gleichwerthigen Rich-
tungen parallel orientirt zu sein brauchen.
Die optische Untersuchung allein kann nicht entscheiden,
ob ein polysynthetischer Zwilling mit paralleler Stellung der
optischen Axen, oder ein einheitliches Krystallindividuum vorliegt,
wohl aber können Ätzversuche Anhaltspunkte dafür ergeben, ob
eine durch und durch parallele Anordnung aller krystallo-
graphisch gleichwerthigen Richtungen durch die ganze Substanz
vorhanden ist. |
Sollas hat bereits Ätzversuche ‚gemacht, doch ist es ihm
offenbar nicht gelungen, gut entwickelte Ätzfiguren zu erhalten,
und was die von ihm versuchte Deutung der Ätzstreifungen
anbelangt, so geht sie von der Voraussetzung aus, denselben
liege das Spaltungsrhomboäder des Kalkspathes zu Grunde; eine
Voraussetzung, deren Unrichtigkeit durch meine unterdessen
mitgetheilten Ätzversuche am Kalkspathe sich ergeben hat.!
Ich darf daher wohl darauf verzichten, die Einzelheiten der
von Sollas auf dieser Grundlage gewonnenen Beine ein-
gehender zu besprechen.
Da bei den Ätzversuchen am Kalkspathe und Aragonite die
besten Resultate mit Ameisensäure erzielt wurden, schien es am
zweckmässigsten zu sein, diese Säure bei Untersuchung der
Kalkschwammnadeln vorzüglich anzuwenden. Es wurde daher
meistens mit dieser Säure experimentirt. Nur die grossen Nadeln,
nämlich die kolossalen Stabnadeln von Leucandra aspera und
1 Diese Ber.]. ce.
92 V.v. Ebner,
aleicornis und die kolossalen Dreistrahler von Leucaltis solida
wurden mit Erfolg benützt. Nur an diesen gelang es, deutliche
Ätzfiguren darzustellen und das Verhalten herein auf den
verschiedenen Flächen einigermassen zu verfolgen. Bei den
kleinen Nadeln erhält man nur Streifungen, deren Deutung
keineswegs ganz leicht ist.
Das Verfahren beim Ätzen bestand meistens darin, dass ein
Tropfen concentrirter Ameisensäure zu der Nadel, die ohne
Deckglas auf dem Objeetträger lag, hinzugebracht und nun
mit einer schwachen Vergrösserung beobachtet wurde, bis, meist
nach Minuten, deutliche Ätzeffecte auftraten. Hierauf wurde rasch
unter einer Präparirlupe die Nadel aus der Ameisensäure entfernt,
anhängende Säure mit Filterpapier abgesaugt. Die auf diese
Weise von der Hauptmasse der Säure befreite Nadel kam nun
in einen Tropfen Wasser, der wieder abgesaugt wurde, und wurde
dann nach nochmaligem Wasserzusatz mit einen Deckglas
bedeckt und genauer untersucht. Behandelt man auf diese Weise
kolossale Dreistrahler von Leucaltis solida, so erhält man oft,
wenn auch bei weitem nicht immer, namentlich nicht, wenn man
die Ätzung gar zu lange fortsetzt, deutliche Ätzfiguren, welche,
wie schon von vornherein zu erwarten war, auf dem Basalstrahl
und den Lateralstrahlen verschieden sind.
Um zunächst die Ätzfiguren der Lateralstrahlen zu unter-
suchen, ist es nothwendig, den Basalstrahl nahe an der Basis ab
zubrechen, was meistens leicht gelingt, weil derselbe — im
Gegensatze zu den Lateralstrahlen, welche stets eine unregel-
mässig muschelige Bruchfiäche ergeben — in ‚der Regel einen
reinen Querbruch zeigt.
Betrachtet man nun die convexe (Dermal-) Seite der Lateral-
strahlen, so findet man diese in günstigen Fällen überdeckt mit
lauter Ätzfiguren von der Form eines fast gleichseitigen Drei-
eckes. Die Dreiecke sind alle parallel orientirt und wenden eine
Ecke den Spitzen der Strahlen zu, während eine Seite der
gemeinsamen Wurzel derselben entgegen sieht (Fig. 25a). Dreht
man nun die beiden Lateralstrahlen auf die entgegengesetzte
concave (Canal-) Seite, so findet man dreieckige Ätzfiguren wie
früher, aber von entgegengesetzter Lage, indem alle Dreiecke
nun eine Seite gegen die Spitze der Strahlen und eine Ecke
Skelettheile der Kalkschwämme. 953
gegen die Wurzel derselben hinwenden (Fig. 25, b). Die
Anordnung dieser Ätzfiguren entspricht im Allgemeinen den
Ätzfiguren, wie man sie auf den beiden Flächen einer parallel
zur Basis geschliffenen Kalkspathplatte erwarten müsste.
Sieht man von dem Umstande ab, dass die Dreiecke nicht
überall gleich regelmässig, namentlich gegen die Seitenränder
und Spitzen hin, ausgebildet sind — es handelt sich ja um eine
gekrümmte stark gewölbte Fläche — so ist die frappante
Ähnlichkeit mit gewissen Ätzfiguren von der Basis des Kalk-
spathes! nicht zu verkennen. Freilich ist es mir gerade mit
Ameisensäure nicht gelungen, auf der Basis des Kalkspathes
deutliche dreieckige Ätzfiguren darzustellen. Es entstanden dort
rundliche oder unregelmässige Figuren, die meist sehr dicht
standen und nicht zu regelmässigen Dreiecken sich ausbildeten.
Solche Figuren erhält man auch oft an den Schwammnadeln,
wenn man unter dem Deckglase ätzt, es treten dann aber auch
manchmal gleich im Beginne der Ätzung deutliche Dreiecke
auf, die gerade entgegengesetzt, wie die früher beschriebenen
orientirt sind, indem sie auf der Dermalseite der Lateralstrahlen
von Leucaltis Ecken gegen die Wurzel der Strahlen, auf der
Canalseite aber Ecken gegen die Spitze der Strahlen wenden.
Diese Dreiecke entstehen im Gegensatze zu den früher erwähnten
ganz im Beginne der Ätzung und bleiben stets klein. Wir haben
also auch hier wie beim Kalkspath zweierlei dreieckige Ätz-
figuren, welche zu einander verwendet sind und von welchen
die einen einem negativen, die anderen einem positiven Rhom-
boöder entsprechen. Die zuletzt geschilderte Form von Ätz-
figuren tritt nach längerer Ätzung stets zurück. Sie entspricht
wohl der instantanen Form? der Ätzfiguren der Basis des Kalk-
spathes, deren Umriss der hohlen Spitze eines positiven Rhom-
bo@ders verglichen werden kann, während die grösseren zuerst
beschriebenen, bei längerer Ätzung sich einstellenden der
retardirten Form der Ätzfiguren angehören dürften, deren Umriss
der hohlen Spitze eines negativen Rhomboä@ders verglichen
werden kann.
1 Vergl. diese Ber. Bd. XCL, S. 786 u. Taf. IV, Fig. 62, 67 u. s. w.
2 Vergl.1l. c. S. 26 u. 29.
94 V.v.Ebner
Die Symmetrie- und Formverhältnisse von beiderlei Atz-
figuren sind solche, wie sie der Basis eines rhombo&drischen
Krystalles entsprechen, und wir können unter der ganz plausiblen
Voraussetzung — die Seiten der Dreiecke entsprächen den
Combinationskanten eines Rhomboöders mit der Basis — sogar
den Schluss ziehen, dass die der optischen Axe parallelen
Tangirungsflächen der Lateralstrahlen annähernd dieLage von
Deuteroprismenflächen haben müssen. Denn wären diese Tan-
girungsflächen dem Protoprisma entsprechend, so müsste eine
Dreiecksseite der Axe des Lateralstrahles parallel sein, was nie
der Fall ist. Zur Untersuchung der Seitenansichten eignen sich
die Lateralstrahlen schlecht, weil sie im Zusammenhange nicht
gut untersucht werden können, beim Versuche aber einen Strahl
abzubrechen, in der Regel unregelmässige Zertrümmerung erfolgt.
Immerhin konnten wiederholt solche, der Deuteroprismenfläche
entsprechende Ätzfiguren, wie sie sogleich an den kolossalen
Stabnadeln von Leucandra genauer beschrieben werden sollen,
beobachtet werden.
Aus den Beobachtungen der Ätzfiguren an den Lateral-
strahlen der kolossalen Dreistrahlen von Leucaltis geht zunächst
hervor, dass dieselben gegen Ätzung, wie ein einziges Krystall-
individuum sich verhalten, und dass daher wirklich ein solches
vorliegt. |
Dies wird noch weiter durch die Beobachtungen am Basal-
strahl bestätigt. Da dessen Axe mit der optischen Axe ungefähr
einen Winkel von 45°—52° bildet und zugleich in einem Haupt-
schnitte liegt, welcher um 120° von den axialen Hauptschnitten
der Lateralstrahlen absteht (vergl. Fig. 19), so müssen die
Tangirungsebenen der convexen (dermalen) und der concaven
(eanalen) Seiten die Lage von Rhombo&derflächen haben, welche
durch ein Zone von Scalenoedern in die wieder einer Deutero-
prismenfläche entsprechende Tangirungsebene übergehen, welche
dem der Axe parallelen Hauptschnitte entspricht. In der That
sieht man nun auf der dermalen und canalen Seite des Basal-
strahles monoklinische AÄtzfiguren von deltoidischem Umrisse
(Fig. 24, «a dermale, b canale Seite), welche nur Rhombo&der-
flächen entsprechen können, während man beim Herumrollen des
Strahles auch irreguläre triklinische, seltener hemirhombische
Skelettheile der Kalkschwämme. 95
Ätzfiguren sieht, welche der Zone bis zum Deuteroprisma
angehören müssen,
Sehr gut eignen sich zu Ätzversuchen die kolossalen Stab-
nadeln von Leucandra. Wenn die Nadeln, wie gewöhnlich nicht
gerade, sondern in einem optischen Hauptschnitte gekrümmt
sind, so gestatten sie die Beobachtung derjenigen Tangirungs-
ebene, welche diesem Hauptschnitte parallel ist und welche gerade
an den Lateralstrahlen von Leucaltis schwer zu beobachten ist.
Auf dieser Seitenfläche entstehen ziemlich leicht triklinische Ätz-
figuren, welche aber gewöhnlich so sehr dem hemirhombischen
Charakter sich nähern, dass ihre Ähnlichkeit mit den Ätzfiguren,
wie man sie auf der Deuteroprismenfläche des Kalkspathes erhält,
sofort in die Augen springt (Fig. 33). Wenn man die Neigungen
der längeren Seiten, beziehungsweise der vertieften Kante, diesen
Figuren zur optischen Axe misst, so erhält man, wie beim Kalk-
spath, das Resultat, dass sie ungefähr jener der Mittelkante des
Lösungsrhombo&ders — 2 R (45° 23°) entsprechen, und man wird
daher nieht zögern, diese Ätzfiguren als solche der Deutero-
prismenfläche anzuerkennen um so mehr, als auf der Seite der
Stabnadeln, welche der Basisfläche nahezu entsprechen, drei-
eckige Ätzfiguren, welche jenen auf den Lateralstrahlen von
Leucaltis ganz ähnlich sind, gleichzeitig zu sehen sind und zwar
so, dass wiederum keine Dreiecksseite der Nadelaxe parallel,
wohl aber eine darauf senkrecht steht, woraus folgt, dass eben
die Seitenfläche einer Deuteroprismenfläche annähernd ent-
sprechen muss. Wenn man ein möglichst gerades oder ein
abgebrochenes Nadelstück durch methodisches Verschieben des
Deckglases wälzt, so kann man sich— wie wiederholte Versuche
lehrten — überzeugen, dass die Ätzfiguren sich im Wesentlichen
so verhalten, wie dies im Schema Fig. 36 dargestellt ist. Geht
man von der Stellung 1 aus, in welcher Dreiecke zu sehen sind,
so werden zunächst hemirhombische Ätzfiguren nach 90° Drehung,
sichtbar (2); nach weiterem Wälzen in derselben Richtung um
90°, sieht man abermals Dreiecke, aber in verwendeter Stellung
gegen die frühere (3) und schliesslich, nach abermaliger
Drehung um 90°, wieder hemirhombische Figuren, die entgegen-
1]. c. Taf. V., Fig. 99—111.
96 V.y. Ebner,
gesetzt zu den erst gesehenen orientirt sind. Dies ist wiederum
nur begreiflich, wenn eine parallele Anordnung der gleich-
werthigen krystallographischen Richtungen durch die ganze
Substanz der Stabnadel vorhanden ist. Diese Beobachtungen
erlauben nun auch den Charakter der dreieckigen AÄtzfiguren
näher zu bestimmen.
Da auf der Basis des Kalkspathes je nach Umständen, die
sich nicht genau übersehen lassen, bald positive, bald negative
Dreiecke auftreten, d. h. solche, die man sich als Hohlabdruck
der Spitze eines positiven oder negativen Rhombo&ders vorstellen
kann, so war nicht sicher zu entscheiden, wie die Dreiecke zu
deuten sind. |
Der Wälzversuch mit geätzten Leucandra-Nadeln spricht
aber unzweideutig dafür, dass die Dreiecke hier bei längerer
Ätzung directe, negative Dreiecke des Lösungsrhomboäders sind,
weil die Ätzfiguren, welche dem Deuteroprisma entsprechen,
immer in der Richtung der Mittelkante des Lösungsrhomboeders
geneigt sind. Die neben die schematisch gehaltenen Nadeln in
Fig. 36 gezeichneten Rhombo&derprojectionen, geben eine Vor-
stellung, wie man sich die Flächen des Lösungsrhombo&@ders in
die Nadel daneben hinein zu denken hat. In Fig. 1 und 3 sind
die punktirten Rhombo&derkanten unten, die ausgezogenen oben
zu denken und man sieht leicht ein, wie allemal die Stellung des
darüber stehenden Rhomboöders aus der des darunter stehenden
hervorgeht, wenn man letzteres um eine von links nach rechts
gehende Axe, wie die Stabnadel, in der Richtung von unten nach
oben wälzt. Zur Erleichterung der Auffassung dieser Rotations-
bewegung ist die linke Seite des schematischen Nadelstückes
durch eine Spaltungsfläche schräg abgeschnitten gedacht, so dass
der am weitesten nach links vorspringende Punkt «a in jeder von
unten nach oben folgenden Stellung um 90° gegen die vorher-
gehende gedreht erscheint.
Auf Grund der durch die Ätzfiguren gewonnenen Anhalts-
punkte ist es nun möglich, die Lage anzugeben, welche ein,
einem kolossalen Dreistrahler von Leucaltis, oder einer kolossalen
Stabnadel von Leucandra ähnliches Kalkspathstück, das in
krystallographischer Beziehung mit den genannten Skelettheilen
übereinstimmen würde, in einem Kalkspathkıystalle haben müsste.
Skelettheile der Kalkschwämme. 97
Eine solche Construction ist in Fig. 35 (Taf. III) aus-
geführt. Der gezeichnete Kalkspathkrystall stellt in der üblichen
Projeetion die Combination des Deuteroprismas ooP 2 mit dem
Rhombo&der —2R (dem Lösungsrhombo&der) dar. Die Lage der
in Fig. 36 schematisch dargestellteu Ätzfiguren, welche in beiden
Nadelformen nachgewiesen sind, kann man sich vorstellen, wenn
man die dreieckigen an den nach oben gewendeten, der Basis
parallelen Flächen der Nadeln durch Hineindrücken der unteren
Rhomboäderspitze des Krystalles entstanden denkt, die drei-
eckigen Ätzfiguren der unteren Flächen der Nadeln aber um-
gekehrt durch Hineindrücken der oberen Rhomboöäderspitze, d.h.
so, als ob man den Kıystall in die Hand genommen hätte und
mit den Rhombo&derspitzen in den angegebenen Stellungen einen
Abdruck des Umrisses in die Nadeln gepresst hätte. Ähnlich
kann man sich die Lage der rhomboidischen Ätzfiguren räumlich
vorstellen, indem man sich die längeren Seiten dieser Figuren
parallel den Combinationskanten des Rhomboöders mit den der
Nadel, oder dem Strahl parallelen Deuteroprismenflächen denkt.
Die nähere Begründung der gegebenen Stellung ergibt sich für
den Dreistrahler aus dem früheren, insbesondere aber auch aus
der Stellung der retardirten Ätzfiguren in der nach einem Präparat
gezeichneten Figur 25. Für die Stellung der Stabnadel in Bezug
auf ihre Krümmung ist der bisher noch nieht erwähnte Umstand
entscheidend, dass die Neigung der, den Deuteroprismenflächen
entsprechenden, Ätzfiguren, in demselben Sinne in Bezug auf die
Axe der Nadel gerichtet ist, wie die der optischen Axe, was aus der
ebenfalls nach einem Präparat gezeichneten Fig. 33 zu ersehen ist.
Es bilden also die Längsrichtungen der Ätzfiguren und die
. optische Axe nach derselben Seite hin mit der Nadelaxe spitze,
. respective stumpfe Winkel, wie in dieser Figur.
Die Nadeln sind in je zwei möglichen Stellungen gezeichnet,
man sieht aber leicht ein, dass diese Stellungen vermöge der
rhombo@drischen Symmetrie dreimal durch Drehungen von 120°
um die Hauptaxe wiederholt werden können, indem z. B. die
Nadelspitze bei d nach d und weiterhin nach f gedreht wird.
Es sind daher für jede Nadel im Ganzen sechs Stellungen
denkbar, in welcher sie aus dem Kıystall gewissermassen heraus-
' gemeisselt werden könnte.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XCV. Bd., I. Abth. {
98 V.v.Ebner,
Die Betrachtung der Figur ergibt nun noch einige weitere
bemerkenswerthe Folgerungen. Man sieht leicht ein, dass
sowohl die concave als convexe Seite des Basalstrahles des
Dreistrahlers direct gegen die Flächen des negativen Rhom-
bo@ders sieht und daher selbst einem negativen Rhombo&der
entsprechen muss, dass dagegen die concaven und convexen
Seiten der Lateralstrahlen, wenn sie, wie es bei Leucaltis ja
thatsächlich der Fall ist, etwas gegen die optische Axe geneigt
sind, positiven Rhombo&derflächen entsprechen müssten.
Ebenso ist es klar, dass die den Kanten des negativen Rhom-
bo&öders entgegen sehenden convexen und concaven Krümmungen
der Stabnadeln ebenfalls positiven Rhombo&derflächen entsprechen
müssen. Dass die Seitenflächen, welche der optischen Axe parallel
sind, durchwegs Deuteroprismenflächen entsprechen, wurde schon
hervorgehoben. Auf eine Besprechung aller Flächenzonen einzu-
gehen, welche die ganze Rundung einer Nadel ausfüllen und die
man erhielte, wenn man an einen beliebigen Punkt der Nadel eine
Tangirungsebene gelegt denkt, welehe man dann um die Nadelaxe
dreht, hat wohl kein besonderes Interesse. Nur das möchte ich
betonen, dass hiebei keineswegs alle möglichen Krystallllächen
heraus kommen, dass z.B. für den horizontal, eylindrisch gedachten
Lateralstrahl von Leucaltis nur eine Reihe von Deuteropyramiden
zwischen 00 P2 und OR die Zone darstellt, und dass für keinen
Strahl das Protoprisma ooOR in irgend einer Zone vorkommt, da
nur die Spitzen der Nadeln in eine solche fallen würden.
Nachdem einmal diese Ergebnisse gewonnen waren, schien
es von Interesse zu sein, nachzuforschen, ob etwa allgemein die
Nadeln so beschaffen sind, dass ihre den optischen Hauptschnitten
parallelen Tangirungsebenen Deuteroprismenflächen, die darauf.
senkrechten tangirenden Ebenen aber der Basis. oder Rhombo&der-
flächen entsprechen, wie es bei den besprochenen kolossalen
Nadeln der Fall ist. Leider konnten auf kleineren Nadeln keine
gut gebildeten Ätzfiguren dargestellt werden, um mit Hilfe der-
selben die krystallographische Orientirung der Nadeln zu bestim-
men. Trotzdem geht aus den schon früher besprochenen und zum
guten Theile gerade mit Rücksicht auf diese Frage angestellten
optischen Untersuchungen hervor, dass eine allgemeine Geltung
des bei den kolossalen Nadeln gefundenen Gesetzes nicht besteht.
“ Skelettheile der Kalkschwämme. 99
Bei Drei- und Vierstrahlern wäre zur Erfüllung der bei den
kolossalen Nadeln ermittelten Gesetze unbedingt erforderlich,
dass die Projeetion des Oralwinkels auf die krystallographische
Basis 120° beträgt. Dies ist aber, wie bereits gezeigt wurde,
sehr häufig nicht der Fall. Es leuchtet dies sofort ein, wenn man
die Projeetionszeichnungen in Fig. 15—23 ansieht. Wenn die
Axen aa’, bb’, cc’ in Fig. 15 und in gleicher Weise für die
folgenden Figuren den Deuteroprismenflächen parallel sind, so
können nur in den Figuren 15, 16, 18A, 19, 20 und 21 alle
Strahlen so gestellt werden, dass ihre morphologischen Axen in
um 60° von einander abstehenden Hauptschnitten liegen, wie es
bei den Deuteroprismenflächen der Fall ist. Für die in Fig. 17,
18B, 22 und 23 abgebildeten Drei- und Vierstrahler ist dies aber
nicht möglich. Zwei Strahlen müssen nothwendig in Haupt-
schnitte fallen, welche nicht mehr Deuteroprismenflächen
entsprechen. Es wurde nun bei diesen Projectionszeichnungen
als das wahrscheinlichste angenommen, dass der Basalstrahl,
respective der Basal- und Apicalstrahl in einen der Deutero-
prismenfläche parallelen Hauptschnitt fallen. Diese Annahme
ist wenigstens für die grossen dermalen Vierstrahler von Sycandra
Bucchichii bestimmt richtig, wie eine zufällige Beobachtung
beim Abbrechen eines Basalstrahles ergab, wobei eine unver-
kennbare rhomboädrische Spaltungsfigur entstand — (ähnlich
jener, die in Fig. 32, «a abgebildet ist und die später noch
besprochen werden soll) — deren Stellung keinen Zweifel liess,
dass der noch vorhandene Apicalstrahl mit seiner morphologischen
Axe — und somit auch diejenige des Basalstrahls — in einen
deuteroprismatischen Hauptschnitt fallen müsse. Da nun die
Wurzeln der Lateralstrahlen in diesem Falle mit diesem Haupt-
schnitte einen Winkel von ungefähr 90° in der Projeetion auf die
Basis bilden, so ist klar, dass die Hauptschnitte durch die Wurzel
der Lateralstrahlen den Protoprismaflächen parallel sein müssen.
Da die Lateralstrahlen ferner in ihrer Projectionsebene auf
die krystallographische Basis (ähnlich, wie Fig. 13, c) gekrümmt
sind und zwar so, dass die Spitzen der Strahlen annähernd einen
Winkel von 60° mit der Basal-Apicalstrahlebene bilden, so folgt
daraus, dass tangirende Hauptschnittebenen, welche man an
diese Lateralstrahlen der Krümmung entsprechend legen würde,
7*
100 V.w.Ebneir,
(die ganze Zone zwischen Proto- und Deuteroprisma, also alle
möglichen dihexagonalen Prismenflächen durchlaufen würden.
Ähnliches müsste für die Lateralstrahlen in Fig. 17 gelten,
während die Hauptschnitt-Tangirungsebenen für die Lateral-
strahlen in Fig. 18, B und Fig. 22 dem Protoprisma ooOR, für
Fig. 23 aber einem dihexagonalen Prisma entsprechen würden.
Immerhin sind die Zonen, welche man erhält, wenn man sich
Ebenen um Linien gedreht denkt, die in einen, durch eine
sogenannte Zwischenaxe des rhombo&@drischen Krystallsystemes
gelegten Hauptschnitt fallen, in den Oberflächen der Nadeln
bevorzugt.
Hieher gehören wahrscheinlich die Facialstrahlen aller
optisch regulären Drei- und Vierstrahler, ferner alle Basal- und
Apicalstrahlen sagittaler Drei- und Vierstrahler, alle Lateral-
strahlen, deren Basisprojection 120° beträgt, ferner jedenfalls ein
grosser Theil; vielleicht alle einfachen Stabnadeln.
Dagegen gehören sicher nicht hieher: Die grosse Mehrzahl
der Lateralstrahlen von sagittalen Vierstrahlern, die Lateral-
strahlen jener Dreistrahler, deren Basisprojectionen andere
Winkel als 120° einschliessen und die wahrhaft irregulären
Drei- und Vierstrahler.
Während die Ätzfiguren von grosser Wichtigkeit sind für
den Nachweis eines einheitlichen krystallinischen Aufbaues der
Nadeln und dort, wo sie in deutlich erkennbaren Formen auftreten,
die krystallographischen Symmetrieverhältnisse ziemlich klar zu
überblicken erlauben, sind andere Ätzerscheinungen, denen nun
Aufmerksamkeit geschenkt werden soll, er zu be-
urtheilen.
Dahin gehört zunächst das Verhalten der Lösungsgestalten,
jener erhabenen krystallartigen Ecken, welche am Kalkspathe
bei Ätzungen mit Ameisensäure sehr leicht und in solchen
Dimensionen, dass sie der Messung zugänglich sind, sich ent-
wickeln. Trotz oft wiederholter Versuche wollte es nicht gelingen,
an den kolossalen Nadeln grössere Lösungsgestalten darzustellen.
Sie bleiben selbst im günstigsten Falle mindestens vier- bis
fünfmal kleiner, als die bei continnirlicher Ätzung mit eoncentrirter
Ameisensäure am Kalkspath sichtbar werdenden Lösungs-
gestalten; in der Regel aber sind sie so klein und dabei so dicht
Skelettheile der Kalkschwämme. 101
aneinander gedrängt, dass ihre Form selbst mit starken Ver-
grösserungen meistens nicht genauer festgestellt werden kann.
Die grössten Gestalten, die überhaupt zur Beobachtung kamen,
sind bei ungefähr 700facher Vergrösserung in Fig. 23 (von
Leucaltis) abgebildet.
Dieses constante Kleinbleiben und die dicht gedrängte
Stellung der Lösungsgestalten ist ein bemerkenswerther Un-
terschied im Vergleiche zum Kalkspathe und deutet auf eine die
Nadeln vom reinen Kalkspathe unterscheidende Struetur hin.
Immerhin sind die Lösungsgestalten ein weiterer Beweis für
die krystallinische Structur und die grosse Ähnlichkeit der
Nadeln mit Kalkspath. Obwohl an den Lösungsgestalten eine
genauere Bestimmung von Flächen meistens nicht möglich ist,
so lässt sich doch manchmal erkennen, dass ihre Symmetrie-
verhältnisse jenen der Ätzfiguren entsprechen. Am Basalstrahle
_ von Leucaltis solida erscheinen die Lösungsgestalten wie kurze,
erhabene, der Axe des Strahles parallel gerichtete Stäbchen,
welche nach dem einen Ende in eine scharfe Ecke — wahr-
scheinlich eine secundär umgewandelte Polecke des Lösungs-
rhombo@ders —2R — auslaufen, am entgegengesetzten Ende
sich aber allmählig in der Oberfläche der Nadel verlieren. Diese
Gestalten zeigen ihre Spitze auf der Canalseite (concave Seite)
der Nadel gegen die Spitze des Strahles gewendet (Fig. 26, b);
auf der Dermalseite aber gegen die Wurzel des Strahles, was ja
im Allgemeinen dem Verhalten zweier paralleler Gegenflächen
eines Rhombo&ders entspricht. Die Gestalten entstehen übrigens
etwas leichter auf der Canalseite und werden auch etwas grösser,
als auf der Dermalseite.
Diese Ungleichheit hat nichts Auffallendes, wenn man
bedenkt, dass die Nadel nicht eylindrisch, sondern kegelförmig
ist und dass daher die Ebenen, welche die Canal- und Dermal-
seite der Nadel tangiren, keineswegs genau parallel sein können
und daher verschiedenen Rhombo@ädern — auf der Canalseite
einem relativ stumpferen, auf der Dermalseite einem relativ
spitzeren negativen Rhombo@der — angehören müssen, wie die
Betrachtung der Fig. 19 leicht ergibt. Die Lateralstrahlen zeigen
in der Faciallage, in welcher sie in Fig. 26, 5, dargestellt sind,
Lösungsgestalten, welche eine Hauptkante zeigen, die der Axe
102 V.v.Ebner,
des Basalstrahles parallel ist und daher die Axe der Lateral-
strahlen schief schneidet. Die Gestalten erscheinen ohne deut-
liche Symmetrie (triklinisch), wie es den Symmetrieverhältnissen
in dieser Lage entspricht. Ähnlich zeigen auch die Seitenansichten
von kolossalen geätzten Stabnadeln im Allgemeinen Lösungs-
gestalten von triklinischem Charakter (Fig. 31). Stellt man
die Lateralstrablen von Leucaltis so, dass die optische Axe
nahezu senkrecht steht, so erkennt man günstigen Falles kleine
Höcker, die sich bei starker Vergrösserung als deutliche
Pyramidenspitzen darstellen, deren Ähnlichkeit mit den auf der
Basis des Kalkspathes mit Ameisensäure entstehenden Spitzen!
unverkennbar ist. Die Pyramiden erscheinen meist nach einer
Seite stärker entwickelt, weil die krystallographische Hauptaxe,
wenn die Lateralstrahlen horizontal auf dem Oralwinkel liegen,
niemals genau senkrecht steht. Von besonderer Wichtigkeit ist,
dass die Richtung der Kanten der Pyramiden — wie sich in
günstigen Fällen deutlich erkennen lässt — mit der Symmetrie der
der Ätzfiguren genau harmonirt, indem zwei Kanten der Längsaxe
Nadel parallel, aber keine Kanten senkrecht auf die Nadelaxe
projieirt erscheinen. Diese Lage der Deuteropyramiden beweist
wiederum, dass die den Lateralstrahlen parallelen Hauptschnitte
Deuteroprismenflächen entsprechen müssen. (Vergl. Fig. 28, 5.)
Eine Winkelmessung, auf welche einiges Gewicht gelegt
werden kann, war nur in einem Falle ausführbar. Abgesehen
von der Kleinheit der Lösungsgestalten, steht einer Messung
die Schwierigkeit entgegen, dass man in der Regel die Krystall-
fläche nicht kennt, auf welche die Gestalt projieirt erscheint. Die
Basalstrahlen sind zwar meistens in einem Winkel zur optischen
Axe geneigt, der etwa 45° beträgt, doch schwankt derselbe nicht
unbeträchtlich. In dem einen Falle jedoch waren an der Wurzel
des mit seiner Kanalseite genau nach oben liegenden Basalstrahles
die in Fig. 28,a, abgebildetenPyramidenecken entstanden und mit
starken Vergrösserungen ergab sich, dass die der Axe des Basal-
strahles parallele Kante fast genau horizontal liegen musste, wie
aus ihrer ganz gleichmässigen Deutlichkeit bei einer und derselben
Einstellung der Mikrometerschraube hervorging. Da die häufigste
ı Diese Ber. Bd. LXXXIX., Taf. II, Fig. 15.
Skelettheile der Kalkschwämme. 103
secundäreLösungsgestalt desKalkspathes diePyramide*®/, P2 ist,
so lag die Vermuthung nahe, dass die Kante dieser Pyramide
angehöre. Dann würde die Fläche, auf der die Kante projieirt
erschien — da es sich um ein negatives Rhombo@der handeln
muss— dem Rhombo&öder —R entsprechen, was jaim Allgemeinen
annähernd zutreffen muss, weil die Flächen —R mit der
krystallographischen Hauptaxe einen Winkel von 45° 23’ bilden.
War nun dies richtig, so mussten die beiden anderen sichtbaren
Kanten der vermutheten Pyramide mit der horizontal liegenden
Kante einen Winkel von 39° 33’ bilden. Wiederholte Messungen
mit dem Oculargoniometer ergaben in der That Winkel von
39°—41°, im Mittel 40°.
Hält man dies zusammen mit der Beobachtung der Deutero-
pyramidenspitzen auf der Basis, so erhält die Annahme, dass die
an den Nadeln auftretenden Lösungsgestalten mit jenen des
Kalkspathes in der That übereinstimmen, grosse Wahrschein-
lichkeit, wenn auch nicht absolute Sicherheit.
Während die Beobachtung von gut entwickelten retardirten
Ätzfiguren selten, diejenige von deutlich entwickelten Lösungs-
gestalten wenigstens bei Weitem nicht immer gelingt, tritt
dagegen bei Ätzung mit concentrirter Ameisensäure unter dem
Deckglase fast regelmässig eine andere Ätzerscheinung, nämlich
die Bildung von feinen Streifungen auf, die auch jedesmal dem
deutlichen Hervortreten von Lösungsgestalten vorausgeht.
Es ist dies eine sehr feine Streifung mit fast parallelen
Linien, die bei ihrem ersten Auftreten etwa 1—1'5 u. von
einander abstehen und an Nadeln, deren optische Axe horizontal
liegt oder wenigstens mit der Ebene des Objectträgers keine
sehr grossen Winkel bildet, nur wenig von der Richtung des
optischen Hauptschnittes abweichen. Sieht man aber Lateral-
strahlen der kolossalen Dreistrahler von der Canalseite in’ der
Stellung an, in welcher die optische Axe nahezu senkrecht zum
Objeetträger steht, so bemerkt man statt dessen in der Mitte der
Strahlen meist eine feine Punktirung und an den Rändern der
Nadel wiederum eine Streifung, welche aber von beiden Seiten
her gegen die Wurzel der Nadel so convergirt, dass die mit ihrem
Scheitel gegen die Nadelwurzel gewendeten Winkel etwa
90°— 100° betragen. |
104 V.v. Ebner,
Derartige Streifungen und Punktirungen sind in Fig. 33
über den dort befindlichen Ätzfiguren und in Fig. 29a und d an
den Lateralstrahlen von Leucaltis dargestellt. Diese Streifungen
sind eine Erscheinung, welche am Kalkspathe keine strenge
Analogie findet und die zum Theil in der eigenthümlichen
Structur der Nadeln begründet sein könnte. Solche Streifungen
und Punktirungen sind es wohl auch, welche v. Lendenfeld!
mit Goldehloridkalium auftreten sah und aus welehen er den
Aufbau der Nadeln aus zur Axe radiär gestellten Prismen
erschloss. Indessen ist es doch keineswegs leicht, auseinander
zu halten, wie weit diese Streifungen in der eigenthümlichen
histologischen Structur der Nadeln und wie weit sie mit der
Existenz von dem Kalkspath analogen Lösungsflächen zusammen-
hängen, da sie sich vielfach so mit dem Auftreten von schlecht aus-
gebildeten Ätzfiguren und von kleinen Lösungsgestalten eom-
biniren, dass die wechselvollsten und schwierigst zu deutenden
Bilder entstehen, auf deren detaillirte Schilderung und Deutung
"einzugehen nicht möglich ist.
Sicher stehen aber die Streifungen wesentlich mit der
krystallinischen Structur in Beziehung, da ihre Anordnung den
Symmetrien der Ätzfiguren und Lösungsgestalten analog ist, wie
insbesondere aus dem Verhalten an den Lateralstrahlen von
Leucaltis sich ergibt.
Dauert die Ätzung einige Zeit, so verschwindet in der Basal-
ansicht die anfängliche Punktirung (Fig. 29, a, Wurzel der
Strahlen) und macht einer reinen Streifung Platz, die, unter dem
früher erwähnten Winkel convergirend, längs einer deutlich
erhabenen, der Strahlenaxe parallelen Kante zusammenstösst
(Fig. 29, a gegen die Spitzen der Strahlen). Der Scheitel der
von beiden Streifensystemen gebildeten Winkels ist gegen die
Wurzel der Strahlen gerichtet.
Dreht man nun die Lateralstrahlen um, so erbliekt man auf
deren Dermalseite eine ganz analoge Streifung, die ebenfalls
längs einer Kante zusammenstösst; aber die Spitze des Winkels
erscheint gegen die Strahlenspitzen gerichtet; also in analoger
Weise verwendet, wie die Ätzfiguren (Fig. 29, b). Dies weist
ı Proc. Linn. Soc. N. S. Wales, Vol 9. P. 4. S. 977 (1885).
Skelettheile der Kalkschwämme. 105
entschieden darauf hin, dass auch diese so feinen Streifungen —
die später häufig wahren Lösungsgestalten Platz machen — keine
histologischen Structurbilder, sondern ebenfalls Lösungsbilder
einer Krystallsubstanz sind.
Der Richtung nach können auf den Lateralstrahlen von
Leucaltis die Streifen den Polkanten eines positiven Rhombo&ders
oder einer Pyramide angehören und sie stehen wohl in naher
Beziehung zu der bemerkenswerthen Kantenbildung, wie sie in
Fig. 30 an einer Stabnadel und wie sie an den Lateralstrahlen
von Leucaltis der Fig. 29, in etwas schräger Ansicht, in weiterer
Ausbildung sich zeigt.
Eine ähnliche Kante, aber bei weitem nicht so scharf,
tritt an den Seitenflächen der Lateralstrahlen und der Stab-
nadeln in der Gegend, die der Deuteroprismenfläche entsprechen
muss, auf, so dass bei den Ätzungen die genannten Nadeln
- immer einen mehr weniger deutlichen, freilich nicht regel-
mässigen rhombischen Querschnitt erhalten, wie es in Fig. 33 an
dem Bruchende rechts zu sehen ist. Dieses Rhombischwerden
des Quersehnittes der Stabnadeln beim Ätzen hat bereits Sollas
hervorgehoben.
Ich glaube, dass diese Erscheinungen durch die Beobachtungen
von Lavizzari! über das Verhalten von Kalkspathkugeln bei
Lösung in Säuren sich begreifen lassen. Aus der Kugel wird vor
der völligen Auflösung eine ziemlich spitze Deuteropyramide.
Denkt man sich nun statt der Kugel einen liegenden Cylinder,
dessen optische Axe senkrecht zur Cylinderaxe steht und dessen
der optischen Axe parallelen tangirenden Ebenen Deuteroprismen-
flächen entsprechen, so müssten entsprechend den Berührungs-
linien dieser Flächen zwei Kanten — Mittelkanten von Deutero-
pyramiden, — statt der Pyramidenspitzen aber ebenfalls zwei der
Cylinderaxe parallele Kanten in der Berührungslinie der Basis
auftreten.
Die Basis ist nach den Versuchen von Lavizzari diejenige
Fläche des Kalkspathes, welche der Lösung in Salpetersäure den
grössten Widerstand entgegensetzt. Dass bei einem Cylinder von
der krystallographischen Orientirung, wie sie oben angenommen
1 Nouveaux phenome£nes des corps cristallises. Lugano, 1865.
106 V.v.Ebner,
ist, für die Entstehung von einheitlichen Polkanten einer Deutero-
pyramide keine günstigen Bedingungen vorhanden sind, ist klar.
Einem Kalkspatheylinder von der oben angenommenen ÖOrienti-
rung entsprechen nun in der Hauptsache die Lateralstrahlen der
kolossalen Dreistrahler von Leucaltis und die kolossalen Stab-
nadeln von Leucandra.
Die mit den besprochenen Kantenbildungen im Zusammen-
hang stehenden Streifenbildungen könnten nun vielleicht als
Ansätze zur Bildung von vielen einzelnen Polkanten jener
Deuteropyramide gedeutet werden, die aus einer geätzten Kugel
hervorgeht, für deren einheitliche Bildung an einem liegenden
Oylinder aber keine günstigen Bedingungen vorhanden sind. Wie
dem sei, so viel ist sicher, dass die genannten Streifungen nicht
direct mit einer besonderen histologischen Structur der Nadeln
in Zusammenhang gebracht werden können.
Von den Ätzungen mit anderen Säuren verdienen besonders
jene mit Essigsäure Erwähnung. Mit Essigsäure treten stets sehr
deutliche Ätzstreifungen auf, welche jedoch an den gekrümmten
Stabnadeln in der Lage, welche dem Deuteroprisma entspricht,
viel stärker zur optischen Axe geneigt sind, als dies mit den von
Ameisensäure herrührenden Streifungen der Fall ist. Der Winkel
mit der optischen Axe beträgt eirea 55°—65°. Kleine deutliche
dreieckige Ätzfiguren auf der Basis entstehen ebenfalls ziemlich
leicht. Ebenso Ätzfiguren, welche der Deuteroprismenfläche ent-
sprechen, welche jedoch zum Unterschiede von jenen der Ameisen-
säure nicht circa 45°, sondern etwa 63° mit ihrer vertieften
Kante zur optischen Axe geneigt sind. Es entspricht dies ganz
den analogen Erfahrungen am Kalkspathe. Ausnahmsweise
erhält man auch mit Essigsäure Atzfiguren, die jenen der Ameisen-
säure ähnlich, unter etwa 45° mit der vertieften Kante gegen die
optische Axe geneigt sind. Im Ganzen sind die Ätzungen mit
Essigsäure sehr leicht unter dem Deckglase auszuführen und
haben jenen mit Ameisensäure gegenüber den Vortheil, dass man
nicht, durch oft massenhafte Ausscheidungen von kleinen
Kryställchen (ameisensaurer Kalk), gestört wird. Dagegen ist
mit Essigsäure keine deutliche Bildung von Lösungsgestalten,
aber oft eine schuppige Abblätterung, welche im Zusammenhange
zu
Skelettheile der Kalkschwämme. in
mit der später zu bespreehenden Schichtung der Nadeln steht, zu
bemerken. |
Der Umstand, dass die Ätzstreifungen mit Ameisensäure
und Essigsäure verschieden ausfallen, beweist zur Genüge, dass
diese Streifungen wohl mit dem Krystallbau, nicht aber mit einer
bestimmten histologischen Structur im Zusammenhang stehen.
Besondere Erwähnung verdienen die Ätzerfolge mit Essig-
säure an den Querschnitten der Basalstrahlen der kolossalen
Dreistrahler von Leucaltis solida. Es ergibt sich schon aus dem
früheren, dass diese Querschnittsebene annähernd der Fläche des
Spaltungsrhombo@ders des Kalkspathes entsprechen muss. Die
Querschnitte wurden einfach in der Weise hergestellt, dass ein
abgebrochener Basalstrahl in einem kleinen Tropfen Gummi-
lösung auf einen Objeetträger gebracht wurde und nachdem die
Gummimasse durch Erwärmen halb trocken geworden, unter dem
Präparirmikroskope mit dem Messer Plättchen abgespalten
wurden. Ätzt man ein solckes Plättehen mit Essigsäure, so erhält
man ziemlich leicht zwar sehr kleine, aber oft sehr deutliche,
lang rechteckige, oder nach einer Seite zugespitzte Ätzfiguren,
die jenen auf der Spaltungsfläche des Kalkspathes, wie sie früher
abgebildet wurden, sehr ähnlich sind. ! Dieselben sind durchwegs
parallel orientirt und zugleich mit ihrer langen Seite dem
optischen Hauptschnitte parallel. (Vergl. Fig. 27.) Es ist dies ein
weiterer Beleg dafür, dass die untersuchte Fläche in der That
+R entspricht. Neben den Ätzfiguren tritt aber sehr bald die
Schichtung ungemein deutlich hervor, indem abwechselnd helle,
glänzende, concentrische Streifen und dazwischen matte Spalten
sich zeigen. Es sind dann die Ätzfiguren nur mehr dort, wo sie
annähernd senkrecht zur Schichtung stehen, gut zu sehen und
verschwinden endlich ganz. Ausser den Spalten zwischen den
Schichten, bildet sich auch im Centrum des Plättchens, dem so-
genannten Centralfaden entsprechend, ein Loch, welches meist
aus einer vier- oder fünfeckigen Ätzfigur, die sich dann in eine
tiefe Grube umwandelt, hervorgeht. Das ganze Bild ist desshalb
höchst merkwürdig, weil man in einem gewissen Momente gleich-
zeitig die Krystallstructur (Ätzfiguren) und eine histologische
1 Diese Berichte Bd, XCI, Taf. II, Fig. 16.
108 V.v. Ebner,
Struetur (eoncentrische Schichtung) gleichsam handgreiflich vor
sich hat. (Fig. 27.)
Bemerkenswerther Weise zeigen die Nadeln ausser mit
Säuren auch mit Alkalien Ätzerscheinungen; und zwar ist dies
desshalb bemerkenswerth, weil Kalkspath in Kali- und Natron-
laugen, welche die Nadeln schon sehr merklich angreifen, keine
Spur von Ätzerscheinungen zeigt und man daher vermuthen
könnte, dass durch Ätzungen mitLaugen nur jene Structur zum Aus-
drucke kommt, welche die Nadeln vom Kalkspathe unterscheidet.
Bringt man kleine Kalkspathrhomboäder oder zertrümmerten
Doppelspath in eine10—15procentige Kalilauge durch 24Stunden
und kocht man während dieser Zeit die Lauge ein- oder zweimal
durch kurze Zeit um die Wirkung zu erhöhen, so zeigt sich bei
der mikroskopischen Untersuchung keine Spur einer Ätzung.
Alle Kanten der Kalkspathrhomboäder erscheinen scharf, . die
Flächen glatt und selbst längs der so häufigen Zwillings-
streifungen nach —'/,R in keiner Weise verändert. Nadeln der
Kalkschwämme dagegen werden durch eine gleiche Behandlung
stark angegriffen. Haeckel hat der ätzenden Wirkung der
Alkalien bereits gedacht und erwähnt, dass die Nadeln zerfressen,
oft wie siebartig durchlöchert nach Maceration in Laugen sieh
darstellen.* Die Wirkung der Laugen ist eine ziemlich energische
und deutlich bemerkbar, wenn noch die Spieulascheide voll-
kommen intact erhalten ist. Um sieh nicht zu täuschen ist es gut,
vor Anwendung der Laugen die Skelettheile des zur Unter-
suchung verwendeten Schwammes vorher auf ihr vollkommen
glattes, intactes Aussehen zu prüfen, da hie und da unter dem in
Alkohol conservirten Materiale Exemplare mit unebenen, wie
arrodirt aussehenden Nadeln vorkommen. |
Bei längerer Einwirkung von Laugen kann schliesslich die
ganze Nadel in eine körnige Masse zerfallen und sich innerhalb
der wohl erhaltenen Spieulascheide auflösen. Untersucht man
nach einer Behandlung, wie sie oben angegeben wurde, so er-
scheint das Bild verschieden, je nachdem man die Nadel in der
Aufsicht auf die krystallographische Basis, oder in einer Lage
untersucht, in welcher die optische Axe der Ebene des Object-
154 10>Bd, 1,8 380:
Skelettheile der Kalkschwämme. 109
trägers ganz, oder nahezu parallel ist. Zur Untersuchung eignen
sich besonders Asconen mit regulären Dreistrahlern und Vier-
strahlern, die ausserdem gekrümmte Stabnadeln enthalten, bei
welchen also die beiden optischen Hauptrichtungen in den ver-
schiedenen Skelettheilen ohne Weiteres vorliegen, wenn diese in
ihrer gewöhnlichen Lage sich befinden. Das beste Objeet dieser
Art, das mir zu Gebote stand, war Ascandra falcata. Untersucht |
man die flach liegenden regulären Dreistrahler bei starker Ver-
srösserung, so erkennt man an der Oberfläche der Nadel inner-
halb der noch wohl erhaltenen Spieulascheide eine schwer zu
deutende Zeichnung, die den Eindruck einer sehr feinen Körnung
oder Punktirung macht, ähnlich wie dies in Fig 43 (Taf. II)
dargestellt ist. Bald erhält man den Eindruck, dass schwach
liehtbreehende Punkte in einer um dieselbe netzartig angeord-
. neten, stark lichtbrechenden continuirlichen Masse eingetragen
sind, bald wieder umgekehrt den Eindruck, als ob isolirte glän-
zende Körner von matten Contouren umgeben seien. Die Ränder
der Nadel erscheinen uneben wie crenelirt. Sieht man dagegen
eine der stark gekrümmten Stabnadeln an, deren optische Axe
in der. Ebene der Krümmung liegt, so zeigt sich ein wesentlich
anderes Bild (Fig. 44). Die Mitte der Nadel erscheint fast so glatt
wie an einer nicht geätzten Nadel; nur bei sehr genauem Zu-
sehen bemerkt man an derselben eine sehr feine Streifung an-
nähernd in der Richtung der optischen Axe. Dagegen sind die
Ränder der Nadel rauh und wie von lauter der optischen Axe
fast parallelen feinen Stäbchen zusammengesetzt, die nach der
Mitte der Nadel hin zu einer einheitlichen Masse verschmelzen.
Das Bild kann aber auch so aufgefasst werden, dass dicht
stehende feine Porenkanälchen von den Rändern her gegen die
Mitte vordringen. An den Spitzen der. Nadeln sieht man einen
Zerfall in eine körnige Masse und insbesondere an den Spitzen
der Dreistrahler bemerkt man häufig einen centralen Hohlraum,
wie er an der Spitze in Fig. 43 dargestellt ist; eine Erscheinung,
die man übrigens häufig auch beim Ätzen mit Säuren beobachtet
und deren auch v. Lendenfeld als einer Wirkung des Gold-
chloridkaliums Erwähnung macht. Ähnliche Bilder, wie man sie
durch Kalilauge bei Ascandra falcata erhält, zeigen auch die
Skelettheile anderer Kalkschwämme. Sehr complieirt gestalten
/,
/
110 V.viEbner,
sich die Verhältnisse bei Nadeln mit ausgesprochenem Schichten-
baue, der, wie vorläufig bemerkt werden muss, nur bei dicken,
vor Allem bei den kolossalen Nadeln sich findet. Bei solchen
Nadeln wird durch die Einwirkung der Lauge die Schichtung
deutlicher, aber ausserdem zeigt sich ein der bei Ascandra be-
schriebenen Ätzzeichnung analoges Bild, das sich auch auf
Querbrüchen von kolossalen Nadeln an den einzelnen Schichten
bemerkbar macht zum Zeichen, dass die Kalilauge bei stärkerer
Einwirkung auch in die Tiefe der Nadelmasse vordringt.
Ein Bruchstück eines so behandelten Lateralstrahles von Leucaltis
solida ist in Fig. 45 dargestellt, wie es mit Immersion von Zeiss
angesehen sich darstellte. Man sieht, wie auf der Querbruchfläche
ausser den concentrischen Schichtungslinien auch' noch eine
zackige, crenelirte Beschaffenheit der einzelnen Schichten,
besonders in den Radien, welche der optischen Axe annähernd
parallel sind, sich bemerkbar macht.
Sucht man nun über die Bedeutung der Ätzerscheinungen
mit Laugen sich klar zu werden, so ist vor Allem, wie bereits
erwähnt wurde, darüber kein Zweifel, dass diese Erscheinungen
ein unterscheidendes Merkmal der Kalkschwammnadeln gegen-
über dem reinen Kalkspathe sind. Es geht daraus mit Sicherheit
hervor, dass die Nadeln nicht reiner Kalkspath sein können,
trotzdem sie optisch, krystallographisch und im Verhalten gegen
Säuren demselben so ungemein ähnlich sind. Es muss dem
massenhaften kohlensauren Kalk eine Substanz beigemischt sein,
welche die Nadelmasse für Kalilauge angreifbar macht. Das ist
aber auch das einzig Sichere, was aus diesen Ätzungen erschlossen
werden kann. |
Die einzelnen Möglichkeiten wären nun: 1. Dass die
beigemischte Substanz für sich getrennt als ein histologischer
Formbestandtheil in den Nadeln existirt; 2. dass die beigemischte
Substanz entweder eine chemische Verbindung mit dem kohlen-
sauren Kalke bildet, oder wenigstens mit demselben so innig
gemenst ist, dass sie nicht in selbständiger Form neben dem
kohlensauren Kalke existirt. Über die Natur der fraglichen
Substanz gibt das Verhalten gegen Laugen keinen nähern Auf-
schluss; wir müssen uns daher auch hüten, dieselbe kurzweg als
organische Grundlage anzusprechen.
\ . Skelettheile der Kalkschwämme. 111
Wax nun die grössere oder geringere Wahrscheinlichkeit
der ersten und der zweiten Annahme anbelangt, so könnte man
zunächst geneigt sein, aus den Ätzerfolgen mit Laugen auf eine
Stäbchenstructur der Nadeln zu schliessen, und die Punktirung
auf der krystallographischen Basis als Aufsicht und die Streifung
in der Richtung der optischen Axe als Profilansicht der feinen
Stäbchen, welche etwa einen Durchmesser von ein bis höchstens
zwei u. hätten, ansehen. Man könnte dann weiter die Frage auf-
werfen, ob die Stäbchen aus Kalkspath und der Kitt, der sie
zusammenhält, aus einer anderen Substanz bestehe, oder ob das
Umgekehrte der Fall sei. Allein alle diese Speeulationen haben
das grosse Bedenken gegen sich, dass die fraglichen Stäbchen
krystallographisch orientirt sind. Dies lässt zunächst die
Annahme nicht ausschliessen, dass es sich um eine Ätz-
erscheinung einer einheitlichen krystallinischen Substanz handle
analog, wie bei den Streifungen in Säuren, und dies um so
mehr, als schliesslich die ganze Masse der Nadeln in Körner
zerfällt, die endlich ganz aufgelöst werden. Zudem liessen sich
die Ätzerscheinungen mit Säuren, die zweifellos ergeben, dass
jede Nadel ein einheitliches rhombo&@drisches Krystallindividuum
ist, nieht leicht mit der Vorstellung vereinen, dass eine besondere
histologische Faserstructur neben der krystallinischen vorhanden
wäre. Was speciell die mögliche Stäbchenstructur anbelangt, so
wäre dieselbe ohne alle histologische Analogie, der zu Folge
man eine zur Axe der Nadel radiäre oder eine derselben
parallele oder irgend wie complieirt verflochtene Faserung
erwarten müsste, nicht aber eine solche, deren Richtung in einem
so unverkennbaren Zusammenhange mit der bisher aufgedeckten
Krystallstructur steht. Ehe nun auf diese Fundamentalfrage des
Baues der Nadeln weiter eingegangen werden kann, müssen
noch einige wichtige Erscheinungen besprochen werden.
V. Spaltbarkeit.
Sollas gibt an, dass an geglühten Nadeln Spaltungsflächen
gesehen werden können. Dies ist richtig, jedoch muss bemerkt
werden, dass die rhomboädrische Spaltbarkeit bei Weitem nicht
so ausgesprochen ist, wie am Kalkspatbe, und wenn man die
Spaltbarkeit des Kalkspathes im Sinne der mineralogischen
A
Terminologie als „sehr vollkommen“ bezeichnet, so könnte die-
jenige der Nadeln höchstens als „vollkommen“, also mindestens
um eine Stufe tiefer rangirt werden. Ein einfacher Versuch lässt
hierüber keinen Zweifel. Nimmt man ein kleines Kalkspath-
stückehen und zerdrückt dasselbe mehrmals mit einer flachen
Messerklinge in einem Wassertropfen auf einem Objeetträger, so
findet man neben wenigen kantigen Stücken von rein muscheligem
Bruch eine Unzahl kleiner Rhombo&der mit und ohne Streifung nach
—!/,R oder wenigstens Bruchstücke, an denen mehrere deutliche
Spaltungsflächen zu sehen sind. Macht man denselben Versuch
mit einer kolossalen Nadel von Leucaltis solida oder Leucandra,
so erhält man eine weitaus überwiegende Mehrzahl von kleinen
Trümmern mit muscheligem Bruche, und man muss oft lange
suchen, ehe man eine Rhomboöderfläche zur Ansicht bekommt.
Viele anscheinende Rhombo&@derecken erweisen sich als Bruch-
stücke, welche zufällig eine täuschende Form haben, wie ins-
besondere die Analyse mit dem Polarisationsapparat ergibt, aber
es gibt auch manchmal stumpfe Rhomboöderecken, die durch den
optischen Hauptschnitt gerade halbirt werden und die bei gonio-
metrischer Messung Winkel zeigen, welche mit jenem der Kalk-
spathrhombo&derfläche naheübereinstimmen. Eine genaue Messung
lässt die unsichere Orientirung an den meist sehr kleinen Stücken
nicht zu. Die relativ meisten Spaltungsflächen erhielt ich bei
Zertrümmerung der grossen Vierstrahler von Ascaltis Gegenbaueri.
Da das Zertrümmern kein eigentlicher Spaltungsversuch,
aber immerhin beim Vergleiche mit Kalkspath von Werth. ist,
wurden auch wirkliche Spaltungsflächen darzustellen versucht.
Dazu eignet sich nun vor Allem der Basalstrahl der
kolossalen Dreistrahler von Leucaltis solida, wie bereits bei den
Ätzversuchen erwähnt wurde. Da derselbe meist annähernd
unter 45° zur optischen Axe geneigt ist und mit seiner canalen
und dermalen Seite annähernd der negativen Rhombo&der-
fläche — R entsprechen muss, so muss der Querschnitt des
Strahles nahezu der Spaltungsfläche +2 entsprechen. In der
. That bricht nun dieser Strahl, wenn man die senkrecht auf-
gesetzte Messerschneide aufdrückt jedesmal quer ab, während
dies bei den Lateralstrahlen, deren Spaltungsflächen stark
schräge gegen die Nadelaxe stehen müssen, nicht der Fall ist.
22 V.v. Ebner;
Skelettheile der Kalkschwämme. 713
Der Querschnitt erscheint häufig ganz eben, seltener etwas
uneben durch theilweise muscheligen Bruch, während die Lateral-
strahlen bei gleichem Verfahren stark uneben muschelig ab-
brechen. Da es immerhin einige Schwierigkeit macht, das Messer
rein quer zur Axe des Basalstrahles und senkrecht auf die Ober-.
fläche aufzudrücken, so war ein anderes Verfahren, das sich
durch zufällige Beobachtung darbot, willkommen. Legt man einen
kolossalen Dreistrahler von Leucaltis solida mit den Spitzen auf
einen Objectträger mit einen Tropfen Flüssigkeit und drückt
man nun langsam das Deckglas auf, bis die Nadel bricht, so
findet man fast immer den Basalstrahl rein quer abgebrochen,
während die Lateralstrahlen in der Regel im Zusammenhange
bleiben. Noch leichter gelingt der Versuch mit in Paraffin ge-
kochten Nadeln. Bei starkem Drücken brechen natürlich auch
die Lateralstrahlen, aber stets entweder muschelig oder mit
schrägen Flächen, ähnlich, wie dies auch bei den Stabnadeln der
Fall ist. Doch sind diese schrägen Flächen, wie solche im Profil
in Fig. 32 5b, von einer Stabnadel zu sehen sind, niemals voll-
ständig eben. Da der Basalstrahl der Dreistrahler von Leucaltis
bei gut ausgeführtem Verfahren stets quer abbricht — wovon ich
mich oft überzeugte beiGelegenheitder Herstellung von Präparaten,
wie sie z. B. in Fig. 24, 25, 27 und 29 dargestellt sind, — ander-
seits aber feststeht, dass sein Neigungswinkel gegen die krystallo-
graphische Hauptaxe um mindestens 10° schwanken kann, so
kann der Querschnitt nicht in allen Fällen der reinen Spaltungs-
fläche entsprechen. Es ist daher fraglich, ob dieser leicht erfolgende
Querbruch nur ausschliesslich auf Rechnung der Existenz einer
Spaltungsfläche zu setzen ‚sei. Basalstrahlen von sagittalen Drei-
strahlern brechen überhaupt leicht quer ab, auch wenn ihre Neigung
zur optischen Axe eine geringe, nur 10°—20° betragende ist.
Nach den noch zu besprechenden Erscheinungen beim Glühen der
Nadeln zu schliessen, scheint neben der Spaltungsfläche nach Z,
auch eine basische Spaltbarkeit vorhanden zu sein, und es würde
sich dann das leichte Entstehen von reinen Querbrüchen an den
Basalstrahlen von Drei- und Vierstrahlern durch die gleichzeitige
‚Existenz dieser Spaltungsrichtungen erklären, während das
seltene Vorkommen solcher reiner Querbrüche an Laäteralstrahlen
und Stabnadeln ebenfalls seine Erklärung fände. Beim mässigen
ehem. natur. Ci, XOV: Bd., I. Abth. 8
14 Vin: Ebner;
Erhitzen werden die Nadeln sehr brüchig, so dass beim Rollen
von Stabnadeln ganze Stücke ausfallen. Solehe Nadeln zeigen
meist das Ansehen von Feuersteinsplittern, also exquisit musche-
ligen Bruch. Selten sieht man eine Rhombo&derecke ausspringen,
wie eine solche von einer Stabnadel von Zeucandra in Fig. 32 a,
neben muscheligen Bruchflächen zu sehen ist. Solche aus-
gesprungene Ecken zeigen aber dann wieder sehr deutlich die
ÖOrientirung, wie sie der Parallelismus der Nadelaxe mit einer
Deuteroprismenfläche erfordert. Bei den Ätzversuchen mit Säuren
entstehen manchmal zufällig ebenfalls solche ausgesprungene
Rhombo&derecken, namentlich wenn ein Präparat einzutrocknen
beginnt und der Druck des Deckglases allmälig die Nadel
zerprengt. Eine derartige Ecke zeigte mir, wie schon früher
erwähnt wurde, ein Apicalstrahl eines sagittalen Vierstrahlers,
was zur richtigen Auffassung der krystallographischen Orientirung
desselben von Werth war. Fassen wir Alles zusammen, so ist eine
rhombo&drische Spaltbarkeit nach R zwar vorhanden, sie ist aber
bei Weitem unvollkommener als beim Kalkspathe, und daher der
muschelige Bruch deutlicher hervortretend. Bemerkenswerth als
Unterschied vomKalkspathe ist noch die Thatsache, dassman beim
Zerquetschen von Nadeln keine Gleitlamellen nach — '/,R erhält,
welche beim Kalkspathe so leicht und in so grosser Zahl sich
einstellen, dass die kleinen Rhomboo&der oft ganz dicht parallel
den langen Diagonalen, gestreift sind.
Noch muss ich einer Erscheinung gedenken, die mir in den
oberflächlichen Schichten an geglühten, zertrümmerten, kolossalen
Nadeln von Leucandra aspera öfter vorkam, ohne dass ich sie
jedoch eingehender verfolgte. Man sieht nämlich manchmal viel-
fach sich durchkreuzende und durchschlingende Furchen feiner
Art, welche einen sehr gleichmässigen Querdurchmesser von eirca
2 u haben und die in ihrer Gesammtform an ein Pilzmycelium
erinnern. Welche Bedeutung diesen Furchen zukommt, ist mir
unklar; unmöglich wäre es aber nicht, dass es sich in der That um
eine Algen- oder Pilzvegetation handelt, die petrifieirte und als Ein-
schluss in die Nadel hineingelangte, wie ein Einschluss in einen
Kıystall, und nun erst beim Glühen und Zertrümmern sich als
etwas fremdartiges erweist. Ich stelle dies nur als eine Ver-
muthung hin, die nur das für sich hat, dass ich 'keine andere
Skelettheile der Kalkschwämme. 115
annehmbare Erklärung für die beschriebenen Furchen zu geben
weiss.
VI. Über die Natur der dem kohlensauren Kalke bei-
semischten Substanz.
Die bisherigen Untersuchungen haben als wesentliches
Resultat ergeben, dass die Kalknadeln wie einheitliche Krystall-
individuen sich verhalten, die sich vom Kalkspathe nur wenig
unterscheiden, dass aber dennoch einige unterscheidende Merk-
male vom Kalkspathe existiren: so das Kleinbleiben der Lösungs-
gestalten, das Auftreten sehr feiner Ätzstreifungen in Säuren, die
weniger vollkommene Spaltbarkeit und endlich, als eclatantester
Unterschied, die Angreifbarkeit der Nadelsubstanz durch Laugen.
Zu diesen Unterschieden können wir noch als ein bemerkens-
werthes, von Sollas gewonnenes Resultat hinzufügen, dass das
speeifische Gewicht der Nadeln (2:61 — 2:63) bedeutend
geringer ist! als jenes des reinen Doppelspathes (2:72). Es
wurde jedoch noch nicht die Frage im Zusammenhange erörtert,
ob und welche histologische Structur in den Nadeln neben der
rein krystallinischen existirt.
Ein genaueres Eingehen auf diese Frage soll auf später
verspart werden, nachdem erst ein hiefür wesentlicher Punkt,
nämlich das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer
organischen Substanz in der Nadel erörtert sein wird.
| Oscar Schmidt und insbesondere Haeckel, dem wohl alle
Neueren (auch Sollas) in der Hauptsache folgen, nehmen auf
Grund der Glühversuche eine organische Substanz in den Nadeln
an, die von Haeckel als Spieulin bezeichnet wird, während
Kölliker auf Grund der Thatsache, dass die Nadeln in Säuren
— abgesehen von den Spieulascheiden — sich vollständig auf-
lösen, die Existenz einer organischen Substanz bezweifelte. Da
Haeckel sich allein eingehend mit dieser wesentlichen Frage
beschäftigt, so ist es angezeigt, seine Hauptargumente kritisch zu
besprechen. Haeckel unterscheidet spieulinreiche und spieulin-
arme Nadeln, deren extreme Formen sich auf den ersten Blick
dadurch unterscheiden sollen, dass die einen matt, blass, schwach
1 Dabei muss allerdings bemerkt werden, dass die Spiculascheiden
der Nadeln nicht entfernt waren.
g*
116 vv. Ebner,
lichtbrechend (wegen geringem Kalkgehalte), die andern dunkel,
glänzend, starklichtbrechend (wegen überwiegendem Gehalte an
kohlensaurem Kalke) erscheinen sollen. Beiderlei Formen sollen
durch mannigfache Übergänge verbunden sein. Die ganz richtige,
aber falsch gedeutete Beobachtung, dass es stark und schwach
lichtbrechende Nadeln gibt, scheint mir der Schlüssel zum Ver-
ständnisse von Haeckel’s Darstellung des Spieulingehaltes. der
Nadeln zu sein. Da die Nadeln ebenso stark doppelbrechend
sind wie der Kalkspath, müssen dieselben auch im gewöhnlichen
Lichte ein merklich verschiedenes Ansehen zeigen — wenn sie
z.B. in Oanadabalsam untersucht werden — je nachdem die optische
Axe senkrecht oder parallel zum Objectträger gerichtet ist. Im
ersten Falle geht nur Licht von der starken Brechbarkeit des
ordentlichen Strahles durch die Nadel; sie erscheint daher sehr
stark glänzend bei hoher Einstellung und mit breiten dunklen
Rändern eingesäumt. Im zweiten Falle ist nur ein Theil des
Lichtes, das die Nadel passirt, von der Brechbarkeit des ordent-
lichen Strahles, die andere Hälfte ist von der viel geringeren
Brechbarkeit des ausserordentlichen Strahles, die unter jener des
Canadabalsams steht, und es muss daher die Nadel in der zweiten
Stellung auch im gemeinen Lichte viel blasser, schwächer licht-
brechend erscheinen, als in der ersten Stellung. Der Unterschied
ist freilich nicht so enorm, wie bei der Untersuchung mit einem
Nicol, aber immerhin deutlich genug, dass er bei einiger Auf-
merksamkeit nicht übersehen werden kann. Thatsächlich führt
nunHaeckelunter den spieulinarmen (also stark lichtbrechenden)
Nadeln gerade die regulären Dreistrahler an (bei welchen die opti-
sche Axe senkrecht auf der Ebene der Strahlen steht) und unter den
spieulinreichen (schwach lichtbrechenden) die sagittalen Drei- und
Vierstrahler, bei welchen die optische Axe annähernd in der Ebene
der facialen Strahlen liegt. Es ist eine begreifliche und der histolo-
gischen Tradition angemessene Deutung, aus dem verschiedenen
Lichtbrechungsvermögen zweier Körper unter dem Mikroskope
auf eine verschiedene stoffliche Natur derselben zu schliessen
und man kann Haeckel daraus keinen Vorwurf machen, dass er
ähnlich, wie Ranvier es bei den Knochenlamellen versuchte, !
ı Vergl. hierüber: Diese Ber. Bd. LXXV (1877), 8. 155.
Skelettheile der Kalkschwämme. 117
aus dem verschiedenen Lichtbrechungsvermögen auf stoffliche
Verschiedenheit schloss, ohne die Möglichkeit zu bedenken, dass
eine und dieselbe doppelbrechende Substanz je nach ihrer Orien-
tirung ein deutlich verschiedenes Lichtbrechungsvermögen im
gemeinen Lichte zeigen kann. Was nun Haeckel sonst für den
Spieulingehalt der Nadeln vorbringt, scheint nur eine weitere
Ausführung der anscheinend schlagenden Beobachtung von dem
verschiedenen Lichtbrechungsvermögen der Nadeln zu sein und
es lässt sich nicht verkennen, dass die einzelnen Beobachtungen
manchmal der leitenden Grundidee, als wäre der Reichthum an
Spieulin in Zusammenhang mit der Höhe der Organisation, viel-
fach in einer Weise untergeordnet werden, welche einer strengen
Kritik nicht Stand halten kann.
. Der entscheidende Punkt für den Nachweis des Spieulins, der
organischen Substanz, liegt in den Glühversuchen. Bei diesen soll
sich deutlich Kohle zeigen, was ja ein vollgiltiger Beweis für das
Vorhandensein organischer Substanz wäre. Trotz aller Bemühungen
ist es mir nie gelungen, durch Glühversuche Kohle nachzuweisen,
wenn ich von ganz vereinzelnten schwarzen Körnern absehe, die ab
und zu in einer geglühten Nadel gefunden werden konnten und
die als zufällige Verunreinigung betrachtet werden mussten. Das,
was Haeckel beiden Glühversuchen als Spieulinkörner, als ver-
kohlten Centralfaden etc. erklärte, ist durchwegs auf eine Gas-
entwicklung in den Nadeln beim Glühen zurückzuführen, welche in
Form kleiner Bläschen in der Substanz der Nadeln bei schwächerem
Glühen auftritt und bei stärkerem Glühen zur Zerstäubung der
Nadeln unter der Erscheinung des Decrepitirens führt. Haeckel
hat die Erscheinungen beim Glühen gut beschrieben, aber die
Darstellung des Beobachteten mit nicht annehmbaren Deutungen
vielfach so vermischt, dass es schwierig ist, Thatsachen und
Schlüsse auseinander zu halten. Bei mässigem Glühen werden die
Nadeln, die anfänglich glashell sind, bläulich-weiss bei auf-
fallendem, bräunlich bei durchfallendem Lichte, bei stärkerem
Glühen werden die Nadeln noch undurchsichtiger, bleiben aber
stets bläulich-weiss für das freie Auge, und niemals sieht man
eine Schwarzfärbung bei auffallendem Lichte. Wenn man
Schwarzwerden der Nadeln in auffallendem Lichte zu bemerken
glaubt, so rührt dies sicherlich nur von der verkohlten Spieula-
118 V.v. Ebner,
scheide oder überhaupt der Nadel oberflächlich anhaftendem
Gewebe her.
Bei entscheidenden Versuchen kann man ja kein eingrei-
tendes Macerationsverfahren, insbesondere nicht Laugen zu Hilfe
nehmen, weil sonst eingeworfen werden könnte, das Spieulin
sei durch die Laugen schon zerstört. Ohne eingreifende Macera-
tion lässt sich aber die sehr widerstandsfähige Spieulascheide
„icht zerstören, die dann allerdings beim Verkohlen den Nadeln
ein wirklich schwarzes Ansehen geben und insbesondere bei
kleinen Nadeln täuschen kann. Bei genauer Untersuchung lässt
sich aber erkennen, dass die Kohle stets nur oberflächlich der
Nadel anhaftet. |
Die bläulich-weisse Farbe im auffallenden Lichte und die
dazu complementare bräunlich-gelbe Farbe im durchfallenden
Lichte hat mit einer Verkohlung nichts zu thun; es ist dies eine
Zersetzungserscheinung, wie man sie an Salzen, die bei stärkerem
Erhitzen deerepitiren, ebenfalls beobachtet. Kalkspath deerepitirt
auch bei starkem Glühen nicht und hierin liegt wieder ein
wesentlicher Unterschied von den Nadeln, aber er brennt sich in
starker Hitze bläulich-weiss und erscheint im durchfallenden
Lichte dann ebenfalls bräunlich-gelb. Allein dies geschieht erst
auf dem rothglühenden Platinbleche bei einer Temperatur bei
welcher die Nadeln schon längst zu Staub zerfallen sind. Die
Kalkschwammnadeln zersetzen sich bereits bei einer Temperatur
die am Kalkspathe noch keine merkliche Veränderung hervorruft,
schon siedendes Paraflin (Temperatur circa 370°) ruft bei den
Nadeln bläulich-weisse, beziehungsweise bräunliche Färbung
hervor. Der einfachste Beweis, dass diese Braunfärbung nicht
von Kohle herrühren kann, ist das Verhalten schwach geglühter
Nadeln bei der Untersuchung mit einem Nicol. Es zeigt sich dann
deutlicher Pleochroismus, und zwar so, dass die Braunfärbung im
Hauptschnitte polarisirt ist. Stellt man die Nadel mit ihrem
Hauptschnitte parallel der Polarisationsebene des Nicols, so
erscheint sie ziemlich dunkel gelbbraun; steht dagegen der
Hauptschnitt der Nadel senkrecht zur Polarisationsebene des
Nicols, so ist die Färbung kaum mehr merklich, wie dies in
Fig. 46 an einem abgebrochenen Basalstrahl eines kolossalen
Dreistrablers von Leucaltis solida, dessen optische Axe (oo)
Skelettheile der Kalkschwämme. 119
horizontal liegt, dargestellt ist (PP’Polarisationsebene desNicols).
Die Erscheinung des Pleochroismus zeigt sich bekanntlich bei
optisch einaxigen Krystallen am reinsten, wenn die optische Axe
genau horizontal liegt. Steht die optische Axe senkrecht auf dem
Objectträger, so erscheint die Nadel in jedem Azimuthe bei Unter-
suchung mit einem Nicel gleichmässig braun gefärbt. Die
Erscheinung ist nur gut an grossen Nadeln mit deutlich geschich-
tetem Baue zu sehen, während kleine und winzige Nadeln bei
mässigem Glühen, abgesehen von dem deutlicheren Hervortreten
_ eineraxialen Linie nur eine ganzschwache Braun-, beziehungsweise
Bläulichfärbung erkennen lassen.
Glüht man die Nadeln stark auf dem Platinbleche, so zer-
springen sie und zerfallen in Staub. Da es unbequem ist, von dem
Platinbleche die wenigen noch vorhandenen Nadelreste zu
sammeln, so verfahre ich gewöhnlich so, dass ich die mit Hilfe
kurzer Maceration in schwacher Lauge und nach allfälligem Auf-
kochen in derselben möglichst isolirten Nadeln, nach vorherigem
Auswaschen, mit einem Tropfen Wasser auf einen Objectträger
bringe und nun das Wasser langsam zur Trockene verdampfe. Die
Nadeln adhäriren dann am Glase. Es wird nun stärker erhitzt und
hierauf der Objectträger umgedreht, so dass die Flamme direct
gegen das Präparat gerichtet ist. Dies wird mit Hilfe einer Tiegel-
zange unter fortwährender Bewegung des Objeetträgers über der
nicht zu hoch gehaltenen Flamme ausgeführt, um das Zerspringen
des’ Glases zu verhüten. Die kurze Einwirkung von Kali- oder
Natronlauge schadet nicht und der Versuch verläuft im wesent-
lichen ebenso, wie wenn man die Nadeln direct aus Spiritusmaterial
in Wasser präparirt; man hat nur den Vortheil etwas reinlicherer
Präparate. Man bricht das Erhitzen ab, sobald man bemerkt, dass
der Objectiräger sich mit feinem Staub zu beschlagen beginnt und
brivgt dann einen Tropfen Dammarlack auf das Präparat und
bedeckt mit dem Deckglase.
Untersucht man nun solche Präparate von. kleinen und
winzigen Nadeln, so erscheint an vielen der sogenannte
Axenfaden deutlich, an andern bemerkt man in der Axe eine
anscheinend dunkel, fast schwarz aussehende körnige Masse, an
noch anderen ist endlich die Masse der Nadel wie von Körnern
durchsetzt. Ausserdem sieht man zahllose feine Schüppchen und
120 V.v.Ebner,
Plättehen, welche von den zerstäubten Nadeln herrühren, und
welche ebenfalls wie von dunklen Körnern durchsetzt erscheinen.
Bei starker Vergrösserung überzeugt man sich, dass diese
anscheinend dunklen Körner lauter Gasbläschen oder wenig-
stens kugelige Hohlräume sind, die von einer farblosen, das
Licht, ähnlich wie Luft, sehr schwach brechenden Substanz ein-
genommen werden. Die Kügelchen erscheinen schwarz bei hoher,
hell röthlich bei tiefer Einstellung. Sie verhalten sich also wie
Luftbläschen. Noch sicherer wird dies bei der Untersuchung im
dunklen Gesichtsfelde mit dem Abbe’schen Beleuchtungs-
apparate erkannt, wobei die Bläschen alle glänzend weiss
erscheinen. Verschiebt man mittelst des Zahntriebes die Blen-
dungsvorrichtung etwas nach der Seite, so kann man jeden
Moment helles Gesichtsfeld zum Vergleiche schaffen. Haeckel
hat diese Gasbläschen auch gesehen, er glaubt aber, dass sie
verbrannten Kohlenkörnern entsprechen.
Mir ist es aber in keinem Stadium des Glühens gelungen,
diese Kügelehen als Kohle zu sehen. Es kommt ausnahmsweise
vor, dass wirklich ein schwarzes Korn, das also bei auffallendem
und durchfallendem Lichte schwarz erscheint, in einer geglühten
Nadel oder in einem Bruchstücke einer solchen sich findet, aber
dies ist eine solche Seltenheit, dass es wirklich nur als Bestäti-
gung der Regel und zum Beweise dienen kann, dass das Glühen
nicht so lange fortgesetzt wurde, um Kohle zu verbrennen. Solche
seltene Einschlüsse von verbrennbarer Substanz müssen wie die
zufälligen Verunreinigungen eines Krystalles betrachtet werden.
Von dem Aussehen solcher geglühter Nadeln geben Fig. 34 (Stab-
nadel von Sycandra raphanus), Fig. 39 (Dreistrahler von Sycandra
raphanus), Fg. 41 (Dreistrahler von Ascaltis cerebrum)und Fig. 49
(Dreistrahler von Leucandra aspera) ein annäherndes Bild.
Was den Zerfall in Plättchen anbelangt, so geschieht der-
selbe ungefähr in der Richtung der Spaltungsfläche, doch so, dass
die Basalstrahlen sagittaler Drei- und Vierstrahler in reine Quer-
brüche (Fig. 39, 5) zerstäuben und somit ein genauer Parallelismus
mit der Spaltfläche nicht stattfinden kann. Jedenfalls ist aber
sehr beachtenswerth, dass die Lateralstrahlen sagittaler Drei-
strahler und die regulären Dreistrahler niemals in Querbrüche
zerfallen. Dies ist freilich für die sagittalen Dreistrahler nicht
Skelettheile der Kalkschwämme. 121
strenge zu beweisen, da man sich keine Präparate machen kann,
die nur Lateralstrahlen kleiner Dreistrahler entbalten. Schlagend
ist aber der Versuch beispielsweise mit Ascetta Clathrus, wobei man
niemals kreisrunde, einem reinen Nadelquerbruche entsprechende
Plättehen durch Glühen erhält. Einen im Plättchenzerfalle befind-
lichen Dreistrahler von Sycandra elegans sucht Fig. 42 wieder.
zugeben. Zwei Plättchen, das eine (a) von einem Basalstrahl, das
andere (b) wahrscheinlich von einem Lateralstrahl eines Drei-
strahlers von Leucandra aspera bei starker Vergrösserung mit
den eingeschlossenen Gasbläschen gibt Fig. 40.
Nachdem mit den Glühversuchen der Nachweis von Kohle in
der Nadelsubstanz nicht gelungen war, war noch immer die Mög-
lichkeit denkbar, dass die Bläschen von der Zersetzung einer
organischen Substanz ohne Verkohlung herrühren, obwohl dies a
priori nicht sehr wahrscheinlich ist. Ein Versuch, durch eoncentrirte
Schwefelsäure eine Verkohlung der Nadeln zu erzielen, misslang
ebenfalls; indessen hat auch dies nichts Beweisendes, da ja nicht
jede organische Substanz mit Schwefelsäure schwarz wird. Um nur
ein sehr nahe liegendes Beispiel anzuführen, werden Stücke des
semeinen Badeschwammes in concentrirter Schwefelsäure wohl
braun, aber nicht schwarz. | |
Ich bemühte mich nun mit der Verfolgung der Lösung in
Säuren, bei welcher man nach Haeckel bei vorsichtigem
Verfahren das Spieulin als blassen Rest erkennen soll. Bei
. solehen Versuchen sind die Spieulascheiden sehr hinderlich.
Wenn man aber nach kurzer Ätzung mit Säure auf das
Deckglas stösst, gelingt es meist leicht, grössere oder kleinere
Nadelstücke ganz frei zu bekommen. Allein an solchen sah ich
niemals beim Lösen einen zusammenhängenden Rückstand,
mochte ich Essigsäure, Ameisensäure, verdünnte Salzsäure oder
auch Pikrinsäure — von weleher ich noch am meisten hoffte —
anwenden.!
Eben so wenig gaben Tinetionsversuche einen Erfolg. Am
besten schien es zu sein, das Färbemittel sofort mit der Säure zu
combiniren. Bei Anwendung von Bismarckbraun in Essigsäure
1 Einzelne kleine Körnchen, die hie und da, aber keineswegs constant
bei der Lösung in Säuren zurückbleiben, können wiederum nur als
unwesentliche, zufällige Beimengungen betrachtet werden.
122 V.w:’Ebmer,
schien es nun in der That, dass während der Lösung der Nadel
sich membranöse Bildungen färben, die einer organischen Sub-
stanz angehören. Allein die Beweiskraft dieses Bildes zerfiel in
nichts, da Kalkspath dasselbe zeigte und die scheinbare Färbung
nur darauf beruht, dass dort, wo der Farbstoff mit dem kohlen-
sauren Kalk in direete Berührung trat, er theilweise — wie bei
Zusatz eines Alkali — ausgefällt wurde. Auch andere Anilin-
farbstoffe wurden ohne Erfolg angewendet; ausser der Spieula-
scheide, deren Existenz ja ohnehin allgemein anerkannt ist, war
an der Nadel nichts Färbbares zu finden.
Nachdem alle Versuche, eine organische Substanz in den
Nadeln nachzuweisen, vergeblich waren, anderseits aber die
Nadeln unmöglich aus reinem Kalkspathe zusammengesetzt sein
können, lag die Vermuthung nahe, dass die Nadeln aus einem
Gemenge oder einer Verbindung von kohlensaurem Kalk und
anderen unorganischen Salzen bestehen, wodurch sich das eigen-
thümliche Verhalten derselben um so mehr begreifen liesse, als
ja auch die Erscheinungen beim Ätzen mit Laugen und beim
Glühen unverkennbar mit der krystallinischen Structur im °
Zusammenhange stehen. Eine einwurfsfreie chemische Analyse
der Nadeln ist aber schwierig zu machen, da sie ohne eingreifende
Macerationen sich nicht rein isoliren lassen.
Immerhin glaubte ich durch folgendes Verfahren annähernd
zum Ziele zu kommen. Einige grössere Exemplare von Leucandra
aspera wurden, nach Reinigung von Fremdkörpern, in kaltem,
destillirtem Wasser unter öfterem Wasserwechsel 24 Stunden
lang ausgelaugt und hierauf, wieder unter öfterem Wasserwechsel,
so lange in destiliirtem Wasser gekocht, bis das Wasser beim
Verdampfen keinen Rückstand ergab. Hierauf wurde ein grösserer
Theil des Materiales in kalter verdünnter Salzsäure, ein kleinerer,
zur Untersuchung auf Chloride, mit verdünnter kalter Salpeter-
säure behandelt und die von den Sehwammresten abfiltrirte
Flüssigkeit qualitativ untersucht. Vor allem wurde auf Phosphor-
säure geprüft, aber die empfindliche Probe mit molybdänsaurem
Ammoniak gab keine Spur derselben. Ebenso war kein Chlor,
überhaupt keine Trübung der salpetersauren Lösung mit salpeter-
saurem Silber nachzuweisen. Dagegen ergab sich ein deutlicher
Niederschlag mit Chlorbaryum. Das Vorhandensein von Schwefel-
Skelettheile der Kalkschwämme. 123
säure wurde nun auch noch dadurch nachgewiesen, dass ein
Tropfen der salzsauren Lösung auf dem Objectträger zur
Trockene verdampft wurde, worauf, nachdem das vorhandene
Chlorecaleium durch Anziehen von Feuchtigkeit wieder flüssig
geworden war, charakteristische Gypskrystalle unter dem Mikro-
skope gesehen wurden, deren Natur durch ihre Unlöslichkeit in
Alkoho! noch weiter ausser Zweifel gestellt wurde. Der Versuch
gelang auch mit einzelnen isolirten Nadeln, es ist also sicher,
dass neben dem kohlensauren Kalke auch Schwefelsäure in den.
Nadeln enthalten ist. Von Basen wurde nach Ausfüllung des
Kalkes mit oxalsaurem Ammoniak ein deutlicher Niederschlag
mit phosphorsaurem Natron erhalten. Es ist also neben Kalk
auch eine geringe Menge Magnesia in den Nadeln. Ausserdem
gibt die Lösung der Nadeln eine lebhafte Gelbfärbung der
Flamme und die speetroskopische Untersuchung eine intensive
Natronlinie. Sonst wurde an Basen nichts gefunden, insbesondere
war keine Thonerde und kein Eisen nachweisbar, überhaupt
keine durch Schwefelammonium fällbare Basis. Auf Kali wurde
nieht untersucht. Die chemische Untersuchung ergibt also, dass
in den Nadeln der Kalkschwämme ausser einer überwiegenden
Masse von kohlersaurem Kalke auch deutlich nachweisbare
Mengen von Schwefelsäure, Magnesium und Natrium enthalten
sind. Diese Beimischungen können nun wohl allein die Ursache
des eigenthümlichen Verhaltens der Nadeln sein, das man bisher,
ohne hiefür beweisende Thatsachen zu haben, auf Rechnung
einer organischen Substanz setzte.
Ein paar Worte über den Vorgang des Zerstäubens der
Nadeln glaube ich noch beifügen zu sollen. Das Decrepitiren von
Salzen wird bekanntlich auf mechanisch eingeschlossenes Wasser
oder Mutterlauge zurückgeführt. Untersucht man abgeknistertes
Kochsalz, so findet man in den kleinen Krystallen zahlreiche, oft
ungemein dicht gedrängte gashaltige Räume, die theils rundlich,
theils aber deutlich kubisch sind. In den zerstäubten Nadel-
lättehen der Kalkschwämme sind die Räume immer rundiiche,
meist rein kugelig. Es ist also im Ganzen eine unverkennbare
Ähnlichkeit zwischen abgeknistertem Kochsalz und den zer-
stäubten Kalkschwammpadeln vorhanden und daher eine analog
Ursache beider Vorgänge wahrscheinlich. Bemerkenswerth ist
124 V.v. Ebner,
dass beim Glühen nur grosse Nadeln unter hörbarem Geräusch
zerspringen, während kleine und winzige Nadeln ohne ein solches
zerstäuben. Beim Erhitzen in einem kleinen Glasröhrchen bildet
sich eine weisse Wolke, die beim Erkalten an den Wänden sich
niederschlägt und aus den früher besprochenen feinen, von Gas-
bläschen durchsetzten Plättehen besteht.
VII. Schiehtung und Centralfaden.
Die in der Literatur über die histologische Structur der
Nadeln vorliegenden Angaben sind, abgesehen von jenen
Haeckel’s, nicht sehr eingehend und zum Theil widersprechend.
Ziemlich allgemein wird wohl jetzt für die Nadeln der Kalk-
schwämme ein geschichteter Bau angenommen, wofür zuletzt
insbesondere Haeckel und später Vosmaer ! eingetreten sind,
während Ose. Schmidt, Kölliker und Carter denselben
leugneten. Dieser Widerspruch erklärt sich dadurch, dass der
grösste Theil der Kalkschwammnadeln keinerlei nachweisbare
Schiehtung besitzt, während ein kleinerer Theil, und zwar nur
grosse, insbesondere kolossale Formen einen leicht nachweisbaren
Schiehtenbau erkennen lassen. Es kommt also auf das unter-
suchte Material sehr wesentlich an; nicht alle Nadeln haben
denselben Bau.
Ein wesentlicher Differenzpunkt ist ferner die Frage nach
dem Centraleanal oder Centralfaden, der von Ose. Schmidt und
Kölliker geleugnet, von Haeckel aber allgemein angenommen
wird und nach ihm ein aus organischer Substanz bestehender
axialer Strang sein soll, der sogar durch die Nadelspitzen
hindurch mit der Sareodine des Syneytiums zusammenhängen soll.
Richtig ist gewiss, dass man fast in jeder Nadel, theils ohne
weitere Präparation, theils nach mässigem Glühen in der Axe
eine feine Linie sehen kann. Der Centralfaden erscheint schon
an den unversehrten Nadeln manchmal als feine Linie, ist aber
sewöhnlich nicht zu bemerken. An den kolossalen Dreistrahlern
‚von Leucaltis solida erkennt man ihn in der Regel, und zwar am
deutlichsten im Basalstrahle, weniger deutlich in den Lateral-
strahlen. Durch mässiges Glühen, auch durch Kochen in Paraffin
' Tijdschr. d. Ned. Dierk. Vereen. Bd. V, p. 144.
Skelettheile der Kalkschwämme, 125
und bei kleinen Nadeln auch durch Maceration in Kali wird der
Faden in der Facialansicht der Nadeln fast immer deutlich. Bei
Dreistrahlern stossen die Centralfäden der drei Strahlen im
Mittelpunkte ihrer Vereinigungsstelle zusammen; man sieht aber
namentlich an geglühten, grossen Dreistrahlern noch eine Art
Fortsetzung des Centralfadens über die Vereinigungsstelle hinaus
bis an den der Spitze des Strahles entgegengesetzten Winkel der
beiden anderen Strahlen. (Vergl. Fig. 47 und Fig. 10.) Bei den
kolossalen Dreistrahlern ist jedoch diese Fortsetzung am Basal-
strahle nur undeutlich zu sehen. An sehr kleinen Nadeln vermisst
man den Centralfaden oft ganz. Bei Stabnadeln ist derselbe
meist nach einer Seite hin nieht bis ans Ende der Nadel zu ver-
folgen (Fig. 51 und 53). Dass es sich nirgends um einen Canal
oder um ein scharf begrenztes Axengebilde handeln kann,
beweist der Querschnitt, an welchem man niemals einen Canal
oder etwas dem ähnliches sehen kann, und die beim Zerstäuben
dureh Glühen von kleinen sagittalen Drei- und Vierstrahlern in
Unzahl entstehenden sehr dünnen Querbruchplättehen von Basal-
strahlen, an welchen stets, wie in Fig. 40, a, wohl kleine Gas-
bläschen, aber nie ein centrales Loch oder ein scharf begrenztes
axiales Gebilde zu sehen ist. Bei den kleinen, ungeschichteten
Nadeln ist der sogenannte Centralfaden wohl in folgender Weise
zu erklären. Die Axe der Nadel besteht aus einer durch Glühen,
sowie durch Säuren und Laugen etwas leichter angreifbaren,
also anders zusammengesetzten Substanz als die peripheren
Theile, doch geht diese axiale Substanz ohne scharfe Grenze in
die widerstandsfähigere der Peripherie über. Insofern diese
axiale Substanz auch noch merklich von der übrigen durch ihr
Liehtbrechungsvermögen sich unterscheidet, ergibt sich die Mög-
lichkeit, einen Centralfaden an der intacten Nadel zu sehen; ist
dies aber, wie gewöhnlich, nicht der Fall, so ist kein Centralfaden
bemerkbar.
Beim Ätzen mit Säuren und mit Laugen bildet sich häufig
von der Spitze der Nadel herein, ähnlich wie dies in Fig. 43
angedeutet ist, ein mehr weniger weit eindringender centraler
Hohlraum, ein Beweis, dass eben im Centrum der Nadel ein
weniger festes Material ist, als an der Peripherie. Noch schöner
sieht man dies-beim Ätzen eines Querschnittes vom Basalstrahl
126 V.v.Ebner,
der grossen Dreistrahler von Leucaltis mit Essigsäure. Jedesmal
entsteht im Centrum ein Loch, ehe die Peripherie gelöst ist. Beim
Glühen beginnt die Zersetzung ebenfalls zuerst in der weniger
dichten Substanz in der Axe der Nadel, wesshalb bei mässigem
Glühen der Centralfaden stets sehr deutlich wird. Bei stärkerem
Glühen bilden sich im Oentralfaden zuerst Gasbläschen (vergl.
Fig. 41 und 39), aber bei fortgesetztem Glühen breitet sich der Vor-
gang von innen nach aussen fortschreitend über die ganze Nadel-
substanz aus; ein Beweis, dass nur ein gradueller Unterschied
zwischen Mitte und Peripherie existiren kann, nicht aber ein
scharfer, qualitativer Gegensatz. Dem entsprechend verschwindet
auch der Centralfaden später, wenn einmal die Gasblasen in der
ganzen Dicke der Nadel auftreten, gänzlich. An ganzen Nadeln
ist das freilich nicht mehr zu .constatiren, weil sie zu undurch-
sichtig werden; aber ganz scharf sieht man dies an den reinen,
äusserst dünnen Querbrüchen (Fig. 39, b, Fig. 40, a).
Höchst merkwürdig ist das Verhalten des sogenannten
Centralfadens bei den kolossalen geschichteten Nadeln, wo er oft
schon an der unversehrten Nadel nebst der Schichtung sehr
schwach sichtbar ist. Bei mässigem Glühen oder nach Kochen in
Paraffin erscheint der Centralfaden bald als eine braune, bald als
eine weisse Linie in durchfallendem Lichte (Fig. 46,47,505,51,53
braun, Fig. 50 a, Fig.52 weiss). Den Aufschluss über dieses sonder-
bare Verhalten erhält man durch Untersuchung von Querschnitten,
respective auch reinen Querbrüchen geglühter Nadeln. Das com-
plieirteste Verhalten zeigten Querbruchplättehen vom Basalstrahle
von Leucaltis solida. Man sieht an einem solchen Querbruche ein
zierliches Kreuz, bestehend aus vier braun gefärbten Abtheilungen,
zwischen welchen vier helle, weiss erscheinende Abtheilungen
eingeschoben sind (Fig. 48, a). Betrachtet man dieses Bild bei
auffallendem Lichte, so erscheinen nun die früher braun gefärbten
Arme bläulichweiss, die früher weiss erscheinenden Arme aber
fast in der dunklen Farbe des Gesichtsfeldes (Fig. 48, b). Die
braunen (respective im auffallenden Lichte bläulich-weissen)
Kreuzarme reichen von der Peripherie bis zum Centrum, sie ent-
sprechen der theilweise durch das Glühen zersetzten Substanz,
die hellen, im auffallenden Lichte dunklen Arme, welche offenbar
durch das Glühen noch kaum veränderte Substanz sind, reichen
Skelettheile der Kalkschwämme. 227
nicht ganz bis zum Centrum. Untersucht man den Querbruch im
polarisirten Licht, so erkennt man, dass der optische Haupt-
schnitt einem Durchmesser der braunen Substanz parallel ist.
Die Winkel, welche den braunen und hellen Abtheilungen
angehören, sind sehr schwankend, doch nimmt die gebräunte
Substanz stets mehr Raum ein. Sieht man nun einen Basalstrahl
in der Längsansicht an, so erscheint ein brauner oder heller
Centralfaden, je nachdem man in der Richtung eines braunen
oder eines hellen Kreuzesarmes auf den Strahl hinblickt, und
wälzt man einen Strahl unter dem Deckglase, etwa in Nelkenöl,
um seine Axe, so sieht man den Centralfaden viermal hell und
viermal dunkel werden. Braun erscheint der Centralfaden, wenn
die Axe des Strahles in den Hauptschnitt fällt (Fig. 47 und 50, 5),
und wenn er um 90° gegen diese Stellung gedreht ist (Fig. 46),
im Maximum hell dagegen, wenn die Drehung +45° im Vergleich
zu den vorhergehenden Stellungen beträgt. Dabei ändert sich
auch im Übrigen die Vertheilung der Braunfärbung in einer
dem Querschnittsbilde entsprechenden Weise, indem in jenen
Stellungen, in welchen der Centralfaden braun erscheint, an ihn
eine stark braune Zone sich anschliesst, die gegen die Peripherie
ziemlich plötzlich heller wird (Fig. 50, b), während in den
Stellungen, in welchen ein weisser Centralfaden erscheint, an
denselben zunächst beiderseits lichtbraune Partien, dann tief-
braune und dann wieder lichtbraune Partien sich anschliessen
(Fig. 50, a).'
Ein Querschnitt eines Lateralstrahles zeigt von alledem
nichts. Er erscheint ziemlich gleichmässig braun, die Mitte aber
am tiefsten braun (Fig. 48, c). Dementsprechend zeigt auch ein
geglühter Lateralstrahl beim Wälzen stets dasselbe Bild und
immer einen braunen, aber weniger deutlich hervortretenden
Centralfaden. |
1 Die geschilderte Structur des Basalstrahles von Leucaltis solida
wurde andeutungsweise bereits an nicht geglühten Nadeln erkannt, indem
. die noch nach dem Glühen weissen (im auffallenden Lichte schwarzen)
Kreuzesarme am Querschnitte als stärker glänzende Gebilde hervortreten.
Beim Rollen sieht man bei vier Stellungen den sogenannten Centralfaden
deutlich — wenn man eben in der Richtung der stark glänzenden Kreuzes-
arme des Querschnittes auf die Nadel blickt — in den Zwischenstellungen
verschwindet aber der sogenannte Centralfaden fast vollständig.
128 V.v.Ebner,
Wieder ein anderes Bild gaben die Querschnitte von
kolossalen Stabnadeln von Leucandra aspera, an welchen
statt der je vier braunen und weissen Segmente nur je zwei vor-
handen waren, wie Fig. 54, a im durchfallenden, Fig. 54, b im
auffallenden Lichte darstellt. Die Querschnitte stammen von der
darüber stehenden Stabnadel, bei welcher ein heller Centralfaden
zu sehen ist. Auch hier fällt der optische Hauptschnitt des Quer-
schnittes annähernd in die Halbirungslinie der braunen Seg-
mente. Bei solchen Nadeln erschien beim Wälzen der Central-
faden zweimal hell und zweimal dunkel. Bei anderen Nadeln,
namentlich stark gebräunten, wurde die Erscheinung vermisst,
sie verhielten sich wie die Lateralstrahlen von Leucaltis. Die
besprochenen Erscheinungen sind mit der geäusserten Auffassung
des sogenannten Centralfadens sehr wohl vereinbar, sie zeigen
aber ausserdem noch, dass nicht nur im Centrum der Nadel,
sondern auch in der übrigen Nadelsubstanz eine besondere Ver-
theilung von leichter und schwerer zersetzbarer Substanz vor-
handen sein kann.
Was nun die Schichtung betrifit, so wurde schon bemerkt,
dass sie an kleinen Nadeln durchwegs fehlt; nur hie und da
glaubte ich an mittelgrossen Nadeln eine undeutliche Spur einer
oder der anderen Schichtlinie an geglühten Präparaten zu sehen.
Die Abwesenheit der Schichtung glaube ich für kleine Nadeln
um so bestimmter behaupten zu dürfen, als beim schwachen
Glühen und beim Kochen in Paraffin die Schichtung an den
kolossalen Nadeln ungemein deutlich zu Tage tritt, während an
den kleinen Nadeln gar nichts davon zu entdecken war. Es
bezieht sich das nun zu Besprechende ausschliesslich auf die
kolossalen Dreistrabler von Leucaltis solida und die kolossalen
Stabnadeln von Leucandra aspera und aleicornis. Zum Studium
des Schiehtenbaues ist das Erhitzen ein ausgezeichnetes Mittel,
doch ist es schwer, den richtigen Hitzegrad beim Behandeln der
trockenen Nadeln über freier Flamme genau zu treffen. Bei etwas
zu starkem Erhitzen zerspringen die Nadeln und gehen dann
leicht verloren. Mit Vortheil kann man sich des siedenden
Paraffins bedienen, indem man die Nadeln mit Paraffin in ein
kleines, als eine Art Eprouvette hergerichtetes Glasröhrchen
bringt und nun, indem man das Röhrchen mit einer Tiegelzange
Skelettheile der Kalkschwämme. - 129
über die offene Flamme hält, einige Minuten kocht. Man wird
auf diese Weise durch das verdampfende Paraffin nicht belästigt.
Die Untersuchung nimmt man am besten in stark liehtbrechenden
Flüssigkeiten vor, für starke Vergrösserungen empfiehlt sich
Monobromnaphthalin. Die Schichtung erscheint in Form abwech-
selnder, hellerer und dunklerer Linien, welche, wie bereits Vos-
maer erwähnt, nicht ganz gleichmässig sind. Da und dort ist
eine schärfer hervortretende, breitere, dunkle Linie zu bemerken,
namentlich an Querschnitten (vergl. Fig. 37, 48 ete.). An einem
Querschnitte einer Stabnadel von Leucandra wurde die mittlere
Dicke zweier Schichten, also einer dunklen und hellen Abtheilung,
zusammen mit 1'6 u bestimmt. Davon entfällt der weitaus
grössere Antheil (vergl. Fig. 37 und 45) auf die hellen Schichten.
Es kann nun die Frage aufgeworfen werden, ob dunkle und helle
Abtheilungen als differente Schichten aufzufassen seien, oder ob
die dunklen Linien nur die Folge einer periodischen Ablagerung
der Substanz, nur feine Spalten darstellen zwischen den einander
innig adhärirenden hellen Schichten. Dafür spricht die gewöhnlich
ausserordentliche Feinheit der dunklen Linien und die That-
sache, dass stellenweise bei Ätzung mit Säuren und Alkalien,
sowie beim Glühen eine schuppige Abblätterung der Schichten
erfolgt. Beim Ätzen in Kalilauge kann man mitunter eine deut-
liche Abblätterung erkennen, wie sie in Fig. 45 dargestellt ist, wo
die rechts dargestellte helle Fläche auf eine relativ grosse Strecke
durch — einer Schichte parallele — Abblätterung entstanden
ist, wie das rechts oben noch anhaftende, dunkel gezeichnete
Substanzstück erkennen lässt. Dass dieses Moment für die
Schichtung von Bedeutung ist, lässt sich nicht in Abrede stellen,
doch reicht es für sich allein nicht zur Erklärung aller Erschei-
nungen aus. Mit der Krystallstruetur als solcher hat die Schich-
tung nichts zu thun, da sie ohne jeden Zusammenhang mit
bestimmten krystallographischen Richtungen oder Flächen und
ausschliesslich nur concentrisch zu den morphologischen Axen
der Strahlen angeordnet ist.
Die Erscheinungen beim Erhitzen und Ätzen weisen darauf
hin, dass die einzelnen Schichten nicht durch und durch homogen
sind, sondern dass in denselben ein ähnlicher Unterschied in
Bezug auf die Zusammensetzung sich geltend macht, wie zwischen
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XCV. Bd. I, Abth, I
130 V.v.Ebner,
Centralfaden und Peripherie einer ungeschichteten Nadel. Die
beim Glühen und Ätzen auftretenden Linien entsprechen wahr-
scheinlich einer relativ leichter zersetzbaren Substanz, die ohne
scharfe Grenze in dichte helle, aus relativ reinerem Kalkspathe
bestehende Substanz übergeht. Da aber die Schichtung offenbar
durch eine periodische Ablagerung zu Stande kommt, so muss
beim Beginne der Bildung einer neuen Schicht jedesmal das
relativ unreinste Material direct auf das relativ reinste der zuletzt
abgelagerten Schicht zu liegen kommen, wodurch scharfe
Schichtengrenzen entstehen müssen. Für die geschilderte Auf-
fassung sprechen insbesondere auch die Ätzerfolge mit Essig-
säurean den Querschnitten der Basalstrahlen von Zeucaltis (S. 107)
und die bereits erwähnte Thatsache, dass die dunklen Abthei-
lungen der Schichten von ungleicher Breite sein können, was
nicht möglich wäre, wenn die dunklen Abtheilungen nur Grenz-
linien darstellen würden. Die Struetur des Centralfadens und der
Schichten hätte nach dem Gesagten viel Analoges; in der That
werden auch Schichtung und Centralfaden unter denselben Um-
ständen deutlich.
Die successive Ablagerung der Schichten scheint insbeson-
dere dadurch deutlich markirt, dass dieselben gegen die
Spitzen der Nadeln hin, kappenförmig übereinander greifend
gegen den Centralfaden auslaufen. Sehr auffallend sind die
Schichten der kolossalen Stabnadeln, die stets nur nach der einen
Seite hin gegen den Centralfaden kappenartig übereinander
greifen, während sie nach der entgegengesetzten Seite frei an
der Oberfläche auslaufen (Fig. 51, 52, 53). Es scheint dies keine
andere Deutung zuzulassen, als dass die Nadel nur einseitig fort-
wächst. In dem Ende der Nadel, welches den ältesten Theil
darstellt, kann man nach dem Glühen stets um den Axenfaden
einen hellen, nicht gebräunten, ungeschichteten Theil erkennen,
der sich wie eine kleine oder winzige Stabnadel verhält, und die
Spitze dieses ältesten Theiles zeigt überhaupt keine Schichtung.
Ein Stück Stabnadel mit eingeschlossenem ungeschichtetem
Theile ist in Fig. 38 für sich dargestellt. Bemerkenswerth ist bei
gekrümmten kolossalen Nadeln, dass die optische Axe auf dem
ältesten Theile der Nadel nahezu senkrecht steht, oder wenigstens
mit diesem keine Winkel bildet, welche viel unter 80° herab-
Skelettheile der Kalkschwämme. 131
gehen; während die Neigung der optischen Axe gegen die ent-
gegengesetzte Spitze, welche den jüngsten Theil der Nadel dar-
stellt, immer mehr zunehmen muss. (Vergl. Fig. 51 und 53.)
Wenn die gegebene Darstellung der Schiehtung richtig ist,
so ist es selbstverständlich, dass an den Spitzen der Nadeln, an
welchen dieselben fortwachsen (also an den Dreistrahlern alle
drei Nadelspitzen, an den Stabnadeln die eine Nadelspitze) die
kalkärmere Substanz des Centralfadens bis zum Abschlusse des
Wachsthumes frei auslaufen muss, weil sich die kappenartigen
Enden der Schichten an den Centralfaden anlegen; erst bei
Abschluss des Wachsthums kann vielleicht der Centralfaden
selbst noch von Schichtenenden überwölbt werden.
Was nun endlich die scheinbaren Fortsetzungen der Central-
fäden über den Mittelpunkt der Dreistrahler und Vierstrahler bis
in die Winkel an den Strahlenwurzeln anlangt, so sind dieselben
wohl ebenfalls auf eine ähnliche Beschaffenheit der Nadelsub-
stanz an diesen Kniekungsstellen, wie in den Centralfäden zurück-
zuführen, ohne dass jedoch eine strangartige, sondern vielmehr
eine scheidewandartige Bildung vorhanden ist. Es sind dies,
wenn man Sich so ausdrücken darf, eine Art Löthstellen,
die insbesondere den Basalstrahl von den Lateralstrahlen ziem-
lich scharf absetzen (vergl. Fig. 47).
Ausser der Schichtung und den Centralfäden scheint es
. keine histologische Struetur in den Kalknadeln zu geben; die
Zusammensetzung aus kleinen Individuen, wie sie die Ätzung
mit Alkalien und mit Säuren zu ergeben scheint, lässt sich
mit mehr Recht, da es sich um eine krystallographisch orientirte
Erscheinung handelt, in den Rahmen der reinen Kıystallstruetur
unterbringen. Centralfaden und Schichtung zeigen aber, dass der
Kıystall, welchen jede einzelne Nadel darstellt, nicht absolut
homogen sein kann; dass er vielmehr an bestimmten Stellen eine
andere chemische Zusammensetzung haben muss als an anderen,
ohne dass jedoch hiedurch die Einheitlichkeit des Kıystalles
gestört würde. |
VIII. Zusammenfassung.
Die Untersuchungen, welche in den vorhergehenden Capiteln
niedergelegt sind, haben zu ganz anderen Resultaten geführt, als
9 3
182 V. v. Ebner,
beim Beginne derselben erwartet wurden. Der anfängliche
Gedanke war der, dass den, in ihrer Form ganz das Gepräge
ciner specifischen, organisirten Bildung tragenden Nadeln der
Kalkschwämme, eine organische Grundlage zukommen müsse,
welche trotz der massenhaften Beimischung von kohlensaurem
Kalke das Bestimmende für den Aufbau der Nadel — nach Art
einer Cutieularbildung sein würde. Es schien das Wahrschein-
lichste, dass alle Nadeln geschichtet seien, und dass die Richtung
senkrecht auf die Schichtung überall gleichwerthig sei, etwa in
der Weise, dass der beigemischte krystallinische Kalkspath in
zahllosen kleinen Prismen, welche radiär zur morphologischen
Axe der Nadeln gestellt sind, abgelagert wäre. Statt dessen hat
sich ergeben, dass jede Nadel wie ein einziges Kıystallindi-
viduum sich verhält, und dass eine organische Substanz in der-
selben nicht nachgewiesen werden kann. Es hat sich aber weiter
ergeben, dass die Nadel keineswegs aus reinem kohlensauren
Kalke in Form des Kalkspathes bestehe, obwohl sie demselben
in krystallographischer Beziehung sehr ähnlich ist, sondern dass
der Nadelsubstanz auch beträchtliche Mengen von anderen unor-
ganischen Bestandtheilen, unter welchen Natrium, Magnesium
und Schwefelsäure nachgewiesen sind, und wahrscheinlich auch
Wasser, beigemischt seien. Diese Beimischungen sind es, welche
den Kalkschwammnadeln jene Eigenschaften verleihen, welche
sie vom Kalkspathe unterscheiden, so: die unvollkommenere
Spaltbarkeit, die Löslichkeit in Alkalien, das Deecrepitiren und
das Auftreten von Gasbläschen im Innern der Substanz beim
Erhitzen, endlich das geringere specifische Gewicht. Dass die
Beimischungen etwa als isomorphe Salze — im Mitscherlich’-
schen Sinne — den Kalkspath theilweise substituiren, ist schon
aus dem Grunde nicht anzunehmen, weil man sich kein
schwefelsaures Salz denken kann, dessen . Molekül aus der
gleichen Anzahl Atome bestünde, wie der kohlensaure Kalk.
Viel näher liegend scheint es, die Kalkschwammnadeln als
Mischkrystalle zu betrachten und sich vorzustellen, dass die
beigemischten Salze, ohne irgend welche durch Isomorphie
gegebene Beziehungen desshalb in den molecularen Aufbau des
Kalkspathes hineingezogen werden, weil sie mit diesem gleich-
Skeletiheile der Kalkschwämme. 158
zeitig ausgeschieden werden. Wie insbesondere Brügelmann!
betont, ist aber gerade gleichzeitige Ausscheidung zweier Salze
aus einer Lösung oder Schmelze ete. Bedingung für die Entstehung
eines Mischkrystalles. Es würde ferner unter dieser Annahme die
Existenz des Centralfadens und der gelegentlich vorkommenden
Sehichtung und der damit zusammenhängenden histologischen
Structurverhältnisse darin eine Erklärung finden, dass das
Mischungsverhältniss der von dem Bildungsplasma ausgeschie-
denen Salze ein nach Zeit und Ort wechselndes ist, und zwar im
Allgemeinen so, dass der zuerst ausgeschiedene Kalkspatı am
meisten Beimengungen enthält (Centralfaden), und dass beim
Fortwachsen der Nadelspitzen zunächst stets eine dem Central-
faden entsprechende Substanz sich bildet. Ganz reiner Kalkspath
scheint nirgends abgeschieden zu werden, doch dürften die Ober-
flächen der ausgebildeten, ungeschichteten Nadeln, sowie die
äusseren Partien der einzelnen Schichten kolossaler Nadeln aus
kohlensaurem Kalke bestehen, der nur minimale Beimengungen
enthält.
Obwohl die Nadeln der Kalkschwämme in ihrem inneren
Baue ganz zweifellos die Eigenschaften einer Krystallsubstanz,
die dem rhombo&@drischen Systeme angehört, erkennen lassen, so
würde man doch durch die einseitige Betonung dieser Thatsache
das Wesen dieser Bildungen nicht riehtig definiren. Man muss
Gewicht darauf legen, dass neben der Krystallstruetur noch eine
eigenthümliche Vertheilung verschiedener Bestandtbeile, wie der
Centralfaden, die eigenthümliche Kreuzstructur an den Basal-
strahlen der Dreistrahler von Leucaltis, die davon abweichende
Structur der kolossalen Stabnadeln von Leucandra ete. beweisen,
vorhanden sein muss, welehe bei Krystallen, die sich unabhängig
von lebender Substanz bilden, nicht vorkommt, ganz abgesehen
von der speeifischen äusseren Begrenzung der Nadeln, welche
zunächst den Gedanken an einen Krystall ganz unzulässig
erscheinen lassen könnte.
Diess Alles berücksichtigend wäre man vielleicht berechtigt,
die Nadeln als organisirte Krystalle zu bezeichnen, wenn es nicht
1 Berichte der deutsch. chem. Ges. in Berlin, Bd. XV, S. 1883. sowie
eine Reihe späterer Mittheilungen, deren letzte (4) „Uber Krystallisation
und physikalische Bindung“, Leipzig 1886, erschienen ist.
154 V,v. Ebner,
üblich geworden wäre, die — denselben offenbar fehlende —
Quellungsfähigkeit als ein wesentliches Kriterium einer organi-
sirten Substanz zu betrachten. Unbedenklich kann man diesen
Structuren aber den von Haeckel gebrauchten Namen Bio-
krystalle lassen, obwohl in denselben eine organische Substanz
nicht nachweisbar ist. Eine kurze Charakterisirung dieser Bio-
krystalle liesse sich vielleicht mit folgenden Worten geben:
Die Nadeln derKalkschwämme sind hauptsächlich
aus Kalkspath bestehende, keine organische Substanz
enthaltende Individuen von Mischkrystallen, deren
äussere Form — ohne Begrenzung durch wahre Kıy-
stallflächen — von der specifischen Thätigkeit eines
lebenden Organismus bedingt ist und deren innere
Struetur, obwohl vollständig krystallinisch, dureh
eine eigenthümliche Vertheilung der Gemengtheile
mit der äusseren Form in Beziehung steht.
Indem diese Definition ausdrücklich besagt, dass die äussere
Form mit der krystallinischen Structur als solcher nichts zu thun
hat, so ist es vielleicht noch am Platze, der Beziehungen zu
gedenken, welche Haeckel zwischen den unter Winkeln von
120° zusammentretenden Strahlen eines regulären Dreistrahlers
und den Axen des hexagonalen Kıystallsystemes geahnt hat.
Kıystallaxen sind physikalisch ausgezeichnete Richtungen
eines Krystalles, welche parallel zu sich selbst verschoben, durch
die ganze Substanz des Krystalles hindurch denselben physika-
lischen Werth haben, die aber nicht als wirkliche morphologische
Axen auftreten. Es können daher die morphologischen Axen eines
Dreistrahlers unmöglich einer Krystallaxe verglichen werden.
Wohl ist aber in der häufigen Winkelstellung 120°, insoferne
eine Beziehung zur rhombo&drischen Krystallstruetur, als die
Zonen zwischen © P2 und + mR an den Oberflächen der Nadeln
bevorzugt sind. Aber es ist dies eben kein durchgreifendes Gesetz,
wie im III. Abschnitte bereits ausführlich erörtert wurde.
IX. Bemerkungen über Kalkskelete bei Korallinen, Fora-
miniferen, Anthozoen und Echinodermen.
Nach Abschluss dieser Untersuchungen hatte es ein grosses
Interesse, unter den im Thier- und Pflanzenreiche so häufigen
Skelettheile der Kalkschwämme. 135
Skeletbildungen aus kohlensaurem Kalke Umschau zu halten, ob
etwa die bei den Kalkschwämmen vorkommenden Stucturver-
hältnisse auch anderwärts sich finden. Eine eingehende Unter-
suchung dieser Art war nicht geplant, es wurden nur einige, vor-
züglich optische Beobachtungen, gewissermassen Stichproben
vorgenommen, deren Ergebnisse hier kurz aufgeführt werden
sollen.
1. Korallinen und Lithothamnien.
.Aus der Gruppe der Kalkalgen wurden Corallina offieinalis
und Lithophyllum eristatum (beide aus der Adria) untersucht, und
zwar an mit dem Messer angefertigten Schnitten. Die Zellwände
dieser Algen sind sehr stark negativ doppelbrechend und zwar so,
dass die optische Axe senkrecht steht auf der Oberfläche der Mem-
bran. Hier ist also eine Art der Kalkeinlagerung wirklich repräsen-
tirt, wie ich sie bei den Kalkschwämmen anfänglich fälschlich
vermuthet hatte. Der kohlensaure Kalk fügt sich einfach in das
gewöhnliche Schema des Baues der Zellmembranen ein. Axen-
kreuze ete. konnten begreiflicher Weise ebenso wenig beobachtet
werden, als dies sonst bei Gewebezellen mit radiär orientirten
optischen Axen möglich ist. Von den Kalkschwammskeleten
unterscheiden sich die Kalkalgen auffällig durch die massenhafte
organische Substanz, welche beim Lösen des Kalkes zurück-
bleibt.
II. Foraminiferen.
Es wurde nur ein von Prof. F. E. Schulze mir geschenktes
Präparat vom Strand bei Porto bello untersucht, welches zahl-
reiche Exemplare von Polystomella striato-punctata und Rotalia
Beccarii enthielt. Die Kammern dieser beiden Arten verhielten
sich wesentlich verschieden. Bei Polystomella zeigte jede Kammer
bei der Untersuchung zwischen gekreuzten Nicols und mit ein-
gelegter Gypsplatte im parallelen Lichte in der Hauptsache ein
sogenanntes negatives Kreuz, woraus zu folgern ist, dass analog,
wie bei den Korallinen, optisch negativ einaxige Kıystall-
individuen senkrecht zur Oberfläche der Schale orientirt sind.
Rotalia dagegen zeigte eine fleckige unregelmässige Erhellung
des Gesichtsfeldes bei jeder Stellung und bei Untersuchung im
136 V.v. Ebner,
convergenten Lichte keine Spur eines Axenkreuzes. Es ist daher
bei dieser Art eine ganz unregelmässige Depolarisation vorhanden
und daher eine nach allen möglichen Richtungen sich dureh-
setzende Anordnung von Krystallinischen Individuen anzunehmen.
Doch scheinen nicht alle Rotalia-Arten sich ebenso zu verhalten.
Nach Valentin ! ergab eine nicht näher bestimmte fossile Rotalia-
Art Erscheinungen, welche mit den oben von Polystomella mitge-
theilten übereinstimmen.
III. Coelenteraten.
Aus diesem Thierkreise wurden eine Reihe von fertigen
Präparaten untersucht, welche mir Herr Dr. Arthur v. Heider
freundlichst zur Verfügung stellte, und welche theils von ihm
selbst, theils von Möller angefertigt sind.
A. Anthozo£n.
Aus der Ordnung der Zoantharia wurden Schliffe untersucht
von: 1. Madrepora poeillifera und einer zweiten unbestimmten
Madrepora; 2. Seriatopora hystris; 3. Pocillopora Humprichiü;
4. Balanophyllia spee.; 5. Cladocora Bene 6. Galawea Spec.;
7. Hydrophora rigida.
Die Skelete aller dieser Korallen zeigen eine sehr complieirte
Faserstructur, deren Elemente einigermassen an Schmelzprismen
erinnern. Zur ÖOrientirung verweise ich auf die Abbildungen,
welche A. v. Heider von Oladocora gegeben hat. * Entsprechend
der deutlich ausgeprägten histologischen Faser- oder Nadel-
struetur wirken die Schliffe im Ganzen unregelmässig depolari-
sirend, nirgends wie einheitliche Krystalle. Bei der Untersuchung
mit einem Nicol lässt sich aber an günstigen Stellen beobachten,
dass die einzelnen Fasern oder Nadeln sehr stark doppelbrechend
sind und zwar so, dass der stärker brechbare Strahl parallel der
Längsaxe der Fasern, der schwächer brechbare aber darauf
senkrecht polarisirt ist. Querschliffe von Nadelgruppen sind bei
Jeder Stellung stark lichtbrechend.
Daraus ist zu schliesen, dass die einzelnen Nadeln oder
Fasern ähnlich wie Kalkspathprismen sich verhalten, nämlich
1 Untersuchung der ete. Gewebe in polarisirtem Lichte. Leipzig 1861,
S. 207.
2 Diese Ber. Bd. LXXXIV (1831), S. 634, Taf. II, Fig. 14 und 15.
[4
Skelettheile der Kalkschwämme. 137
stark negativ einaxig sind, und dass die optische Axe in der
Längsrichtung dahin geht.
Aus der Ordnung der Alcyonaria wurden isolirte Kalkkörper
untersucht von: 1. Muricea fungifera; 2. Plexaura Antipathes;
3. Melithaea .ochracea. Diese Kalkkörper verhalten sich nicht
durchwegs gleich. Bei allen drei Arten finden sich zackige,
höckerige Sklerodermiten, welche bei Melithea roth und gelb
pigmentirt erscheinen, bei den beiden anderen Arten aber farblos
sind. Bei Muricea und Plexaura haben diese Kalkkörner ein
faserig-streifiges Ansehen. Sie erweisen sich zwischen gekreuzten
Niecols nicht als einheitliche Krystallkörper, doch zeigt die Unter-
suchung mit einem Nicol, dass der stärker brechbare Strahl im
Allgemeinen nach der Faserung polarisirt ist, welehe nach der
Längsrichtung der Kalkkörper der Hauptsache nach orientirt ist
und gegen die Zacken seitlich abbiegt oder in complieirter Weise
sich verflicht.
Bei Melithaea ochracen kommen aber neben den farbigen,
zackigen Sklerodermiten noch kurze, einfach stabförmige Kalk-
körper vor, welche wie einfache Krystalle sich verhalten und
zwischen gekreuzten Nicols absolut dunkel erscheinen, wenn ihre
Längsaxe einer Polarisationsebene parallel ist, während sie in
den Zwischenstellungen sehr hell erscheinen.
Bei Untersuchung mit einem Nicol ergibt sich, dass der
stärker brechbare Strabl parallel der Längsaxe polarisirt ist. Daher
ist, wenn es — wie wahrscheinlich — um Kalkspath sich handelt,
die optische Axe in der Längsrichtung. Doch konnte das Axen-
kreuz im convergenten Licht nicht untersucht werden, weil alle
Stäbehen im Profil sich darboten. Dies ist der einzige Fall von
wahrscheinlich einheitlicher Krystallstructur, der unter den Skelet-
theilen der untersuchten Anthozoön zur Beobachtung kam.
-B. Hydromedusen.
Von Hydrokorallinen wurde nur ein Schliff von einer Disticho-
pora spec. untersucht. Er verhielt sich ganz ähnlich wie die echten
Korallen.
IV. Eehinodermen.
Während bei den Coelenteraten Skelettheile, welche in ihrer
inneren Structur mit jener der Nadeln der Kalkschwämme Ahu-
138 V.v. Ebner,
lichkeit haben, zu den Seltenheiten zu gehören scheinen, kommen
solche in grösster Verbreitung bei den Echinodermen vor. Dies
muss um so mehr überraschen, als die äussere Form und der meist
netzartige Bau der Kalkablagerungen, insbesondere bei den
Crinoiden, Echinoiden und Asteroiden mit den Nadeln der Kalk-
schwämme gar keine Ähnlichkeit hat. Eher erinnern gewisse
Kalkkörper der Holothurien, so die Anker der Synapten und
mannigfaltige Stäbchenbildungen an Dreistrahler und Stabnadeln.
Zur Untersuchung dienten theils von Dr. A. Penecke und
von mir selbst angefertigte Präparate, theils zwei bewunderns-
werthe Probeplatten von Möller in Wedel, welche dem hiesigen
zoologischen Institute gehören, und von welchen die eine die
Kalkkörper von 34 Arten von Holothurioiden in schön geordneten
Reihen darbietet, die andere aber Querschliffe der Hautstacheln
von 12 verschiedenen Echinoiden. Von der Platte mit Stachel-
querschliffen stand mir noch ein zweites, im Besitze Dr. A.
v. Heider’s befindliches Exemplar zur Verfügung.
A. Holothurioiden. Die durchlöcherten, ellipsoidischen Plätt-
chen aus der Haut von Holothuria tubulosa legen sich beim
Präpariren in einem Tropfen Dammarharz meist so, dass eine
abgeplattete Seite nach oben liegt. In dieser Stellung erscheinen
die Plättehen im parallelen Lichte, bei gekreuzten Nicols bei jeder
Stellung ziemlich gleichmässig hell und bei Untersuchung mit
convergentem Lichte mit System E. Zeiss zeigen sie ein schönes
deutliches Axenkreuz, welches sich ganz wie jenes bei den Kalk-
schwämmen verhält. Es liegt meist etwas excentrisch, zum
Zeichen, dass die optische Axe nicht genau senkrecht steht.
Kalkkörper von der schmalen Seite gesehen erscheinen zwischen
gekreuzten Nicols im parallelen Licht viermal hell und viermal
dunkel. Sie verhalten sich also wie einheitliche Krystallkörper.
Unter den Holothurien der Möller’schen Platte fanden sich
zahlreiche Kalkkörper, welche schöne Axenkreuze ergeben,
sowohl unter den Aspidochiroten als den Dendrochiroten; ja es
war sogar eine Ausnahme, wenn nicht der eine oder der andere
Kalkkörper einer Art ein Axenkreuz zeigte. Daneben fanden sich
auch zahlreiche Skelettheile, bei welchen die optische Axe fast
horizontal lag und die daher kein Axenbild geben konnten, dafür
aber zwischen gekreuzten Nicols ım parallelen Lichte je nach der
Skelettheile der Kalkschwämme. 139
Stellung vollständig dunkel oder sehr hell erschienen. Von den
Synaptiden der Platte sind besonders die Anker hervorzuheben.
Alle Anker zeigen ein sehr schönes Axenkreuz und ausserdem
eine Reihe isochromatischer Ringsysteme, deren Zahl bei dicken
Ankern (Synapta Besselii) bis zu sieben ansteigen kann. Die
optische Axe steht also nahezu senkrecht auf der Ebene, welche
durch die Spitzen der drei Strahlen gelegt wird, verhält sich also
trotz der nur seitlichen Symmetrie der Anker, wie bei einem
perregulären Dreistrahler eines Kalkschwammes.
In dem grossen Anker von Synapta Besselii war ein Gebilde
zu sehen, das ganz wie der Centralfaden einer Kalkschwamm-
nadel aussah. Sehr schön kann man an den Ankern die Thatsache
constatiren, dass stark doppelbrechende Körper in der Aufsicht
auf die optische Axe zwischen gekreuzten Nicols im sogenannten
parallelen Lichte bei jeder Stellung hell erscheinen, wenn die
Dicke etwas bedeutender ist. Die Anker von Synapta Besselii
sind bei jeder Stellung hellglänzend, die kleinen Anker von
S. similis, glabra ete. grau oder grauschwarz. Nicht alle Anker
des Möller’schen Präparates liegen genau gleich, bei einigen
steht die optische Axe ziemlich schief.
Wie die Anker, verhalten sich auch die Stützplatten derselben
und die Räder von Myriotrochus Rinkii und Chirodota panaensis
und variabilis. Optische Axe senkrecht auf der Fläche. Axenkreuz
im eonvergenten Lichte.
Weniger geeignet zur Untersuchung erwiesen sich die auf
der Möller’schen Platte befindlichen sehr kleinen Kalkkörperchen
der Moipadiden. Sie liegen zu nahe beisammen, als dass sie für
sich isolirt ins Gesichtsfeld gebracht werden könnten. Wenn wir
von diesen Gebilden absehen, so lässt sich für die übrigen Kalk-
körper der Holothurien der Möller’schen Platte allgemein sagen,
dass sie sich wie einheitliche Krystallindividuen, ganz wie die
Kalkschwammnadeln, verhalten.
B. Echinoiden. Die zierlichen Querschliffe der Echinoiden-
stacheln verhalten sich, trotz der ausserordentlich mannigfaltigen
Anordnung ihrer Kalkbalken und Gitter, im convergenten Lichte,
durchwegs wie parallel zur Basis geschliffene Kalkspathplatten.
Man kann den Querschliff der grösseren Stacheln hin und her
dureh das Gesichtsfeld schieben, das Axenkreuz bleibt stehen,
140 | VIvX2Ebnez;
wie bei einer Krystallplatte. Nur ein Stachelquerschliff (Boletia
maculata Lam.) machte insoferne eine Ausnahme, als um eine
centrale, gitterartig angeordnete Masse, welche sich wie die
anderen Querschliffe verhielt, ringsum eine Kalkmasse angelagert
ist, welche, wie es scheint, so orientirt ist, dass die optischen
Axen in radiär gestellten Verticalebenen schief gegen die centrale
Masse verlaufen. Die Axenkreuze der Eehinoidenstacheln werden
beim Verschieben der Schliffe mehr weniger deutlich, je nachdem
serade eine Lücke oder ein Balken im Centrum des Gesichts-
feldes steht, ausserdem wird das Kreuz im Allgemeinen weniger
deutlich, wenn das Kalkgitter sehr fein und engmaschig ist.
Selbstverständlich sind die Querschliffe der Möller’schen Platte
nicht alle genau senkrecht auf die Längsaxe, beziehungsweise
optische Axe geführt. Es sind daher die Axenkreuze etwas, doch
meist wenig excentrisch, Isochromatische Ringe sind ebenfalls zu
sehen, ihre Zahl hängt von der Dicke des Schliffes ab und
schwankte zwischen 3—5. Nach diesen Erfahrungen versuchte
ich nun auch an Schnitten und Schliffen anderer Skeletstücke,
ob auch diese eine einheitliche Krystallstructur aufweisen. In
der That waren die optischen Axen an Schnitten durch eine
Zahnpyramide von Strongylocentrotus lividus durchwegs parallel
orientirt und die Richtung der optischen Axe steht ungefähr
senkrecht zur äusseren Oberfläche, denn an Schnitten, parallel
zu dieser äusseren Fläche geführt, konnte ein fast centrales
Axenkreuz gesehen werden. Die Zähne selbst haben aber eine
andere, complieirtere Structur, die jedoch nicht genau unter-
sucht wurde. |
Schnitte und Schliffe der Interambulacralplatten von Psam-
mechinus microtuberculatus Blainv. ergaben ebenfalls eine dureh-
wegs parallele Orientirung der optischen Axen in den Kalknetzen;
ein Schliff durch eine Ambulacralplatte zeigte dagegen eine
Zusammensetzung derselben aus zwei hintereinander liegenden
Theilen, deren Axenrichtungen etwas. divergirten. Die optische
Axe war in den Ambulaceral- und Interambulacralplatten meri-
dional in den Radien beziehungsweise Interradien orientirt.
C. Crinoiden. Aus dieser Classe lagen mir eine Reihe schöner
Längs- und Querschliffe vor, welche Herr Dr. A. Penecke aus
Objecten, die von der Challenger Expedition stammen, angefertigt
Skelettheile der Kalkschwämme. 141
hat und mir freundlichst zur Untersuchung überliess. An Quer-
schliffen der Stielglieder von Pentacrinus maresianus, Wyville-
Thomsoni, Metacrinus angulatus und Wyvillii liess sich überall
das Axenkreuz im convergenten Lichte nachweisen, wie an
parallel zur Basis geschliffenen Kalkspathplatten. Das Kreuz war
nur häufig etwas verwaschen theils wegen der namentlich in den
Sternen sehr feinen Balkengitter, theils weil da und dort noch
abgelöste Schliffsplitter den Präparaten auflagen. Im Grossen
und Ganzen aber waren die Erscheinungen dieselben wie an
Ecehinoidenstacheln. Die Längsschliffe der Stielglieder der
genannten Crinoiden ergaben im parallelen Lichte vollständig
einheitliche Axenrichtung parallel der morphologischen Axe.
Am Längsschiffe des Stielgliedes von Metacrinus Wyvillii war
ein Seitenast mitgeschliffen; dieser zeigte die optische Axen-
richtung, analog wie der Stamm, parallel der morphologischen
Längsaxe.
D. Asteroiden. Die Stacheln von Asteracanthion rubens und
Ophiothrix fragilis verhalten sich, wie jene der Echinoiden; wie
einheitliche Krystalle, deren optische Axe der Längsaxe des
Stachels parallel st: Die Stacheln von Ophiothrix fragilis haben
ziemlich massive Kalkbalken und sind abgeplattet. Stacheln eines
kleinen Exemplares wurden desshalb zu Ätzversuchen benützt.
Es wurden mit Ameisensäure sehr deutliche Atzfiguren erhalten,
welche der flachen Seite des Stachels angehörig, die Form von
schief liegenden irregulären Dreiecken hatten, zum Theile auch
hemirhombische Formen. An einem mit Essigsäure geätzten
Querschnitt entstanden sehr zierliche, parallel orientirte, regulär
dreieckige Ätzfiguren, die so gestellt waren, dass eine Dreiecks-
seite senkrecht stand auf dem längeren Durchmesser des Quer-
schnittes, woraus zu folgern ist, dass die diesem Durchmesser
entsprechende durch die Längsaxe des Strahles gelegte Ebene,
die also der flachen Seite des Stachels entspricht, eine Deutero-
prismenfläche sein muss. Damit stimmt die Form der dort beob-
achteten Ätzfiguren, die natürlich der äusserst unebenen Ober-
fläche des Stachels entsprechend, ziemlich mannigfaltig sind, recht
gut überein.
Beim Ätzen trat am Querschnitt zugleich eine deutliche, zum
Theil wellige Schichtung zu Tage.
142 V.v. Ebner,
Beim Ätzen mit Ameisensäure gelang es, einzelne Stachel-
stücke ganz frei aus dem umhüllenden Gewebe heraus zu be-
kommen. Diese lösten sich dann ohne Rückstand auf. Löst man
Stacheln im Ganzen, oder Kalknetze anderer Skelettheile auf, so
bleibt eine organische Grundlage zurück, die ganz die Form der
verschwundenen Kalkbalken hat. Die obige Beobachtung ergibt
aber, dass dieses Gewebe dem Kalkgerüste nur oberflächlieh innig
anliegt und sich zu demselben so verhält, wie die Spieulascheiden
der Schwammnadeln zu diesen. Wahrscheinlich ist allgemein
auch bei den Echinodermen ebenso wenig eine organische Sub-
stanz dem Kalke beigemischt, als bei den Kalkschwämmen. Doch
kann ich dies, bei den nicht sehr umfangreichen Untersuchungen,
nur mit Reserve aussprechen. Beim Glühen verhalten sich die
Stacheln und Kalknetze von Echinodermen ganz wie Schwamm-
nadeln; sie bräunen sich, es treten Gasbläschen im Innern auf
und schliesslich zerstäuben sie in feine Plättchen.
Dass beim Lösen der Echinodermenskelette mit verdünnten
Säuren keine organische Grundlage sichtbar wird, hat schon
Carpenter! angegeben; trotzdem hält er es, auffallender Weise,
für wahrscheinlich, dass die Netzbälkchen durch Verkalkung eines
fibro-areolären Gewebes, ähnlich wie die Knochen, entstehen.
Besonders verdient noch hervorgehoben zu werden, dass die
Kalknetze der Eehinodermen ausgezeichnete Objeete für die
Untersuchung mit einem Nicol sind. Bringt man einen annähernd
parallel zur optischen Axe geführten Schnitt, etwa meridional
durch eine Interambulacralplatte oder einen kleinen Stachel von
Asteracanthion in Nelkenöl, so erscheinen bei einer Stellung die
Kalkbalken ganz grau und dunkel, in der darauf senkrechten
aber die dazwischen befindlichen Lücken. Die Erscheinung ist
viel eclatanter als die analoge bei den Nadeln der Kalkschwämme,
weil die zahlreichen Lücken der Kalknetze die Unterschiede des
Brechungsvermögens begreiflicher Weise sehr gut hervortreten
lassen. Es empfiehlt sich daher vor Allem, solche Präparate zu
besichtigen.
Die optischen Untersuchungen weisen jedenfalls bei einer
grossen Zahl von Skeletstücken der Echinodermen darauf hin,
1 Todd’s Cyelopaed. of anat. and phys. Vol. IV, part. I, S. 567.
2
Skelettheile der Kalkschwämme. 143
dass dieselben aus einheitlichen Krystallindividuen bestehen, und
für die Stacheln von Ophiothrix fragilis ist dies auch durch die
Ätzerfolge positiv sicher gestellt, während für andere Skelettheile
immerhin auch die Möglichkeit besteht, dass sie sich aus poly-
synthetischen Zwillingsbildungen mit paralleler Axenstellung
zusammensetzen, worüber die optische Untersuchung allein niclıt
entscheiden kann. Es muss einigermassen befremden, dass die
Kıystallstruetur der Echinodermenskelete bei den Histologeu
bisher keine Beachtung fand, namentlich muss es auffallen, dass
Valentin! dieselbe nicht klar erkannte, obwohl er sowohl Anker
von Synapten, als Kalkkörper von Holothurien, sowie Quer-
schliffe von Echinoidenstacheln, welche ihm Carpenter zur Ver-
fügung stellte, im polarisirten Lichte untersuchte. Dagegen ist es
eine den Mineralogen und Paläontologen bekannte Thatsache
dass fossile und lebende Echinodermen Skelettheile aufweisen,
die sich wie Kalkspathkrystalle verhalten. Schon vor 60 Jahren
wies Hessel? nach, dass viele fossile Skelettheile der Eeliino-
dermen, wie die Stacheln der Echinoiden, jedes Säulen- und
Kronenglied eines Crinoiden ete. einem Kalkspathindividuum
entspreche, und dass bei den Säulengliedern der Crinoiden und
den Stacheln der Cidariten die krystallographische Hauptaxe der
morphologischen Längsaxe parallel sei. Im Jahre 1841 wies
Haidinger? den schon von Hessel angenommenen Zusammen-
hang dieser merkwürdigen Kıystallstruetur fossiler Echinodermen
mit dem Skeletbaue der lebenden Organismen nach, indem er
zeigte, dass die charakteristischen Theilungsflächen des Kalk-
spathes auch an recenten Cidaritenstacheln sich finden. Im
Jahre 1864 führte dann Stelzner* den interessanten Nachweis,
dass — trotz der anscheinend einheitlichen Kıystallstruetur —
die fossilen Echinodermen noch ganz deutlich die ursprünglichen,
netzartig angeordneten Kalkbälkchen mikroskopisch erkennen
lassen, dass mithin beim Versteinerungsprocesse derin die Lücken
1. kre.8.,205 4.206.
2 Einfluss des organischen Körpers auf den unorganischen. Marburg,
1826.
3 Abhandl. d. k. böhm. Ges. der Wissenschaften, Prag 1841, S. 14.
4 Neues Jahrb. f. Mineralogie, Geologie und Palaeontologie. Jahrg.
1864, S. 565.
144 V.v. Ebner,
der ursprünglichen Kırystallskelete eingelagerte Kalkspath in
paralleler Verwachsung mit diesen krystallisirt. Diese Thatsache
zeigt, wie leicht an die Krystallstructur der Biokrystalle sich noch
weiter Kalkspath in derselben krystallographischen Orientirung
anschliesst, auch wenn er nicht vom Organismus selbst aus-
geschieden wird. Dafür spricht auch die jüngst von Sollas! mit-
getheilte Beobachtung, dass auf die Nadeln von Kalkschwämmen
— wenn sie in Wasser liegen, das kohlensauren Kalk gelöst
enthält — eine Incrustation von Kalkspath sich ablagern kann,
deren optische Orientirung mit jener der Nadeln übereinstimmt.
Diese und ähnliche Erfahrungen lassen vermuthen, dass bei der
Bildung der Biokrystalle die krystallographische Orientirung der
zuerst abgeschiedenen Substanz allein entscheidend ist, und dass
alle übrige Substanz nach den Gesetzen der Krystallisation, ohne
besondere Thätigkeit des lebenden Protoplasmas, sich an die erst-
gebildete anlagert, während von der lebenden Substanz nur ein
modellirender Einfluss auf die äussere Form und auf die jeweilige
Mischung des abgeschiedenen Materiales genommen wird.
Anders verhält sich aber die Sache, wenn mit dem kohlen-
sauren Kalke zugleich geformte organische Substanz ausgeschieden
wird, wie in den verkalkten Zellhäuten der Korallinen oder in den
Nadeln oder Prismen der echten Korallen ete. Dann kommt es
nicht mehr zur einheitlichen Krystallbildung, es ordnen sich viel-
mehr die Molecüle des kohlensauren Kalkes einer Structur unter,
wie sie im Allgemeinen auch in nicht verkalkten doppelbrechenden
Geweben gefunden wird. Doch scheint auch in diesem Falle der
koblensaure Kalk stetsalskrystallinische Abscheidung zu existiren,
wofür insbesondere die viel diseutirte Struetur der Mollusken-
schalen * spricht, auf die hier einzugehen, zu weit führen würde.
1 Note on the artifieial deposition of erystals of caleite on spieules of
a calei-sponge. The scientif. proc. ofthe Royal Dubiin soc. 1886, N. S. Vol.V.
S. 73. (Diese Notiz wurde mir erst während der Correetur dieser Abhandlung
bekannt.)
2 Vergl. hierüber insbesondere G. Rose: Über die heteromorphen
Zustände der kohlensauren Kalkerde, I. Vorkommen des Aragonits und
Kalkspaths in der organischen Natur. Abhandl. der kön. Akad. d. W. zu
Berlin aus dem Jahre 1858. Berlin 1859, S. 63.
Skelettheile der Kalkschwämme. 145
Tafelerklärung.
In allen Figuren, in welchen ein mit HH’ bezeichneter Strich vor-
kommt, bezeichnet dieser die Richtung des optischen Hauptschnittes. Wo
die optische Axe in die Ebene der Zeichnung fällt, ist dieselbe mit 0 0’
bezeichnet. j
Tafel I.
Fig. 1. Kolossaler sagittaler Dreistrahler von Leucaltis solida. Perspec-
N
tivische Profilansicht. ad Basalstrahl, d 5 und dee Lateralstrahlen,
abc Facialebene, a db Lateralwinkel, 5 de Oralwinkel.
. Sagittale (tubare) Dreistrahler von Sycandra elegans. a Faciallage
b auf dem Oralwinkel liegend, ce auf einem Lateralwinkel liegend,
d Profilansicht. Ver. 150.
. Sagittale (subgastrale) Dreistrahler von Sycandra elegans. a Profil-
ansicht, 5 Faciallage, e auf dem Oralwinkel liegend. Ver. 150.
. Geknöpfte, platte Stabnadeln aus einem dermalen Endschopfe von
Sycandra elegans. a von der Kante gesehen, 5 und e Flächenansicht.
. Querschnitt durch einen Theil der Körperwand von Sycandra ele-
gans. 2 Radialtuben (grau gehalten) und 2 Intercanäle (weiss
gelassen). aa dermale Endschöpfe der Radialtuben, 55 dermale
Enden der Intercanäle. An dem entgegengesetzten Ende der Tuben
die mit ihren Apicalstrahlen in die Gastralhöhle hineinragenden
gastralen Vierstrahler. Ver. circa 70.
. Tangentialer Längsschnitt von einem Theile der Körperwand von
Sycandra elegans. «a. Querschnitte vonRadialtuben, 55. Querschnitte
von Intercanälen.
. Tangentialer Längsschnitt ähnlich wie der vorige, aber weiter nach
auswärts durch das dermale blinde Ende der Radialtuben in der
Gegend der plumpen Dreistrahler. Bezeichnungen wie in Fig. 6.
An den Intereanälen die Dermalporen bemerkbar.
. Schema zur Erläuterung der Richtung der optischen Axen an den
Nadeln der Radialtuben und Intercanäle von Sycandra elegans. Mit
Fig.5 zu vergleichen. Die Pfeile geben die Richtung der optischen
Axe an. a derwaler Endschopf des Radialtubus. Da die optischen
Axen radiär zur Längsaxe des Tubus verlaufen, ist in der Mitte des
Schopfes statt des Pfeiles ein Punkt zum Zeichen der verticalen
Stellung der optischen Axe, 5 glockenförmig zusammenneigende
Dreistrahler am Dermalende eines Intercanales, ce plumpe Drei-
strahler am blinden Ende des Radialtubus, dd’ Radialtubus und
Intercanal nur zum Theile gezeichnet, d’d’ gastrales Ende der
Sitzb. d. mathem.-naturw, Cl, XCV, Bd., I. Abth, 10
146
%
Fig.
n
N
N
14.
Vi hBibinfens
Tuben; A gastraler Vierstrahler im Profil, wie er am radiären Längs-
schnitte erscheinen würde, 2 gastraler Vierstrahler am Querschnitte.
Skelettheile von Ascetta Clathrus. Ver. 290. a regulärer Dreistrahler,
b—e monströse Nadelformen.
. Regulärer Dreistrahler von Ascaltis Gegenbaueri. Ver. 150.
. Regulärer Vierstrahler von Ascaleis Gegenbaueri. a Facialansicht,
b Profilansicht. Ver. 150.
. Sagittale Vierstrahler aus der Gastralfläche von Sycandra elegans.
a Faciallage mit dem in der Aufsicht als schmal elliptischer Durch-
schnitt erscheinenden Apicalstrahl, 5 Aufsicht auf den Basalstrahl,
ce Profilansicht.
. Gastraler Vierstrahler von Leucandra aspera. a Faciallage, 5 Auf-
sicht auf den Basalstrahl, ce Stellung, bei welcher die optische Axe
senkrecht auf der Zeichnungsebene steht.
Sagittaler (tubarer) Dreistrahler von Sycandra elegans, wie er sich
bei der Untersuchung mit einem Nicol in zwei aufeinander senk-
rechten Stellungen zeigt. PP’ Polarisationsebene des Nicols. Das
Nähere im Texte S. 73.
Tafel IE.
Die Figuren 15—23 sind perspectivische Ansichten nach Art der
Kıystallzeichnungen. Da sich aber in der gewöhnlichen Projection die
Nadeln sehr ungünstig darstellen würden, so wurde eine Projection gewählt,
in welcher die Figuren um eine von links nach rechts gehende Axe 11!/,°
nach vorne gedreht sind. Die Bezeichnung der Figur 15 gilt auch für die
folgenden. Die Fläche a b ca’ b’ ec’ entspricht der Basis des rhombo&@drischen
Krystallsystems, oo’ der optischen Axe; aa’, 5b’, ce’ sind die Richtungen
der Zwischenaxen, respective die Richtungen deuteroprismatischer Haupt-
schnitte. Die Axe cc’ ist aus der von vorne nach hinten gehenden Richtung
um 221/,° nach rechts gedreht.
15.
16.
UT.
18.
19,
20.
21.
22.
23.
24.
Regulärer Vierstrahler von Ascaltis Gegenbaueri.
Sagittaler Vierstrahler aus der Gastralfläche von Sycandra elegans.
Sagittaler Vierstrahler aus der Körperwand von Leucandra aspera.
A regulärer Dreistrahler von Aseetta Clathrus, B pseudoregulärer
Dreistrahler aus der Gastralfläche von Sycortis quadrangulata.
Sagittaler, kolossaler Dreistrahler von Leucaltis solida.
Tubarer, sagittaler Dreistrahler von Sycandra elegans.
Grosser Dreistrahler von dem glockenförmigen Dermalende eines
Intercanales von Sycandra elegans.
Plumper Dreistrahler vom Ende eines Radialtubus von Sycandra
elegans.
Sagittaler Dreistrahler von Leucandra aspera aus dem Parenchym.
Ätzfiguren auf dem horizontal liegenden abgebrochenen Basalstrahl
eines kolossalen Dreistrahlers von Leucaltis solida mit Ameisen-
säure. a dermale (eonvexe) Seite des Strahles, 5 canale (concave)
Fig. 25.
1087:
„ 28.
Fig. 29.
„30.
Inst
39:
34.
N
. Dreistrahler von Leucaltis solida und Stabnadel von Leucandra
Skelettheile der Kalkschwämme. 147
Seite des, Strahles, beide negativen Rhomboäderflächen ent-
sprechend.
Retardirte Ätzfiguren auf den Lateralstrahlen eines Dreistrahlers
von Leucaltis. Die Strahlen annähernd in der Projeetion auf die
krystallographische Basis. Ameisensäure. a dermale, 5 canale
Seite. Ver. 150.
. Lösungsgestalten auf einem kolossalen Dreistrahler von Leucaltis
solida. Facialansicht, nach 8 Minuten langer Ätzung mit concen-
trirter Ameisensäure. a dermale, 5 canale (concave) Seite. Ver. 150.
Bei a ist nur der Basalstrahl gezeichnet, an welchem nahe der
Wurzel auch Ätzfiguren zu sehen sind.
Ätzfiguren auf dem Querschnitte (Spaltungsfläche) des Basalstrahles
eines kolossalen Dreistrahlers von Leucaltis solida. Kurze Ein-
wirkung concentrirter Essigsäure. Schichtung sehr deutlich, im
Centrum, wo sich die Substanz am leichtesten löst, eine Lücke.
Mit Ameisensäure dargestellte Lösungsgestalten von einem
kolossalen Dreistrahler von Leucaltis solida. a canale Seite des
Basalstrahles. 5 canale (concave) Seite eines Lateralstrahles in
der Aufsicht auf die krystallographische Basis. NX-Rich-
tung der Nadelaxe, X gegen die Spitze des Strahles gerichtet
Ver. 700.
Tafel III.
Basisprojection der Lateralstrahlen eines kolossalen Dreistrahlers
von Leucaltis solida. Ätzung mit concentrirter Ameisensäure.
a Canalseite, 5 Dermalseite. Ver. 60. Die Punktirung und Streifung
jedoch gezeichnet, wie sie sich bei etwa 400maliger Vergrösserung
darstellt.
Stabnadel von Leucandra aspera. Optische Axe nahezu senkrecht
auf der Zeichnungsebene. Ameisensäureätzung.
Stück einer Stabnadel von Leucandra aspera. Lösungsgestalten mit
Ameisensäure dargestellt. Profilansicht. Ver. eirca 500.
Bruchstücke einer geglühten Stabnadel von Leucandra alcicornis.
a Aufsicht mit einer ausgesprungenen Rhomboöderecke, 5 Profil-
ansicht mit grösstentheils muscheligem Bruch. Ver. 150.
. Stabnadel von Leucandra aspera. Mit concentrirter Ameisensäure
geätzt. Profilansicht mit Streifung und hemirhombischen Ätzfiguren.
Ver. 150.
Geglühte Stabnadel von Sycandra raphanus.
aspera krystallographisch orientirt in die Combination des Deutero-
prismas mit dem Rhombo&der — 2R eingezeichnet. Vergl. Text
Seite 43.
. Schematische Darstellung der Erscheinungen, welche eine mit
Ätzfiguren bedeckte Stabnadel von Leucandra beim Rollen um die
10*
148
V.v. Ebner,
Längsaxe zeigt. Daneben rechts die entsprechenden Stellungen des
Lösungsrhombo&@der’s — 2 R. Vergl. Text Seite 95.
Fig. 37. Gruppe von Schichten am Querschnitte einer schwach geglühten
Fig.
Stabnadel von Leucandra aspera. Ver. 520.
38. Schichtung ‚einer schwach geglühten Stabnadel von Leucandra
aleicornis. Profilansicht. Ver. eirca 200.
39a. Geglühter Dreistrahler von Sycandra raphanus. Ver. 150.
5. Querbruchplättchen eines Basalstrahles. Ver. 300.
40. Plättchen aus dem durch Glühen erhaltenen Staub der Dreistrahler
von Leucandra aspera. a Querbruch eines Basalstrahles, 5 Schräg-
bruch eines Lateralstrahles mit Immersion gezeichnet.
41. Schwach geglühter Dreistrahler von Ascaltis Cerebrum. Ver. 300.
42. Geglühter Dreistrahler von Sycandra elegans im Plättchenzerfall
begriffen.
43, Dreistrahler von Ascandra falcata nach 24stündiger Maceration und
zeitweiligem Kochen in 10°, Kalilauge. Spieulascheide erhalten,
körnige Structur sichtbar. Ver. 510. (Von den drei Strahlen nur
einer ganz dargestellt.)
44. Stabnadel von Ascandra falcata, wie das in Fig. 43 dargestellte
Präparat behandelt. Ver. 510.
45. Bruchstück eines Lateralstrables eines kolossalen Dreistrahlers von
Leucaltis solida wie die in Fig. 43 und 44 dargestellten Präparate
behandelt. Gezeichnet mit Zeiss. Immersion J.
Tafel IV.
46. Geglühter Basalstrahl eines Dreistrahlers von Leucaltis solida wit
einem Nicol untersucht. Pleochroismus. PP\ Polarisationsebene des
Nicols.
47. Geglühter kolossaler Dreistrahler von Leucaltis solida in durch-
fallendem Lichte. Faeialansicht. Ver. 75.
48. Querschnitte der Strahlen eines schwach geglühten kolossalen
Dreistrahlers von Leuealtis. a Basalstrahl im durchfallenden, 5 in
auffallendem Lichte, e Lateralstrahl in durchfallendem Lichte.
49. Geglühter Dreistrahler von Leucandra aspera. Durchfallendes Licht.
50. Schwach geglühter Basalstrahl eines kolossalen Dreistrahlers von
Leucaltis in durchfallendem Lichte bei zwei durch Rollung um
circa 45° von einander verschiedenen Stellungen. Vergl. Text
Seite 73.
51. Geglühte Stabnadel von Lexcandra -aleicornis in durchfallendem
Lichte,
52 und 53. Geglühte Stabnadeln von Leucandra aspera in durch-
tallendem Lichte.
54. Querschnitt der darüber stehenden Stabnadel Fig. 52. a in durch-
fallendem, 5 in auffallendem Lichte.
Tat. I.
Vy. Ebner: Skeleitheile der Kalkschwämme.
Men.
Lith. Anst. v. TA.Bannwarrä,
Sitzungsb. d. kais. Akad.d.Wiss.math.naturw. (1. XCV. Ba.1. Abth.1887.
‘V v. Ebner del.
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Vv. Ebner del Sitzungsb. d. kais. Akad. d.Wiss.math.naturw. Ü. XV. Ba.l. Abth.1887. Lit. Ansı.v. Tr.Bannwarth, Wien.
Vv. Ebner: Skelettheile der Kalkschwämme.
V v. Ebner del. Sitzungsb. d. kais. Akad. d.Wiss.math.nalurw. Ol. XCY Ba.l. Abth.1887. Lith.Ans4 vw Th.Sennwarrk, Mien.
lv.
Tat
amme.
Skelettheile | der Kalkschw
Vvw Ebner
Lith. Anst. v: Th.Bannwarth, Wien.
Sitzungsb. d. kais. Akad.d.Wiss.math.naturw. (1. X(V. Bd.I. Abth.1887.
V.v. Ebner del.
Skelettheile der Kalkschwämme. 149
Tohart.
Seite
Besligleitune ee. nee 59
II. Optisches Verhalten der Nadeln. Axenkreuz, Brechungsquo-
tienten, Untersuchung.mit Einem Nicol. . . . . 2... a
III. Optische Untersuchung der einzelnen Skelettheile . . . .. . 219
De Nigerschenmeen men .....,. ER GE 90
Dre palharkere ee Ir
VI. Über die Natur der dem kohlensauren Kalke beigemischten
SIE ERTL ee ne 115
BEI Schtektrungv und Gentralfaden . 2. 2.00% „use 388. 124
Berumenlassune 22... een 131
IX. Bemerkungen über Kalkskelete bei Korallinen, Foraminiferen,
Hazoen und Echmodermen . . 2... 2 2,3 ui a. 134
145
SASELSTELDENDEN SLR ee Re RER
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SITZUNGSBERICHTE
DER
NAISERLIGHEN ANADEILE DER WISSENSCHAFTEN
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
XCV. Band. IV. Heft.
ERSTE ABTHEILUNG.
. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, Zoologie,
Geologie und Paläontologie.
0 A ITTEERT ARTE
RE E
ee NT vor
e RE Ak
| y ORIEHaHTEA rag.
BE 2.29 aba ka ohyplailt ob ai and ann u
153
X. SITZUNG VOM 21. APRIL 1837.
Der Secretär legt das erschienene III. Heft (März 1837)
der von der Akademie herausgegebenen Monatshefte für
Chemie vor.
Das Ehrenmitglied der kaiserlichen Akademie Herr Ch.
Hermite in Paris übermittelt sein Druckwerk: „Cours de la
Facult& des Sciences sur les Integrales definies“.
ame Edition; ‘1887.
Se. Excellenz der Herr Curator-Stellvertreter theilt
mit, dass die k. k. niederösterreichische Statthalterei die Errich
tung der Dr. Ami Boue£’schen Stiftung auf Grund des von
dem Präsidium der kaiserlichen Akademie ausgefertigten Stift-
briefes und der hierauf bezüglichen Actenstücke mit Note vom
11. April d. J. stiftungsbehördlich genehmiget habe.
Se. Excellenz der Herr Curator-Stellvertreter theilt
ferner mit, dass das k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht
dem Delegirten der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften
bei der gegenwärtig zu Paris stattfindenden internationalen
Astronomen-Conferenz Herrn Prof. Dr. E. Weiss, Director
der Wiener Sternwarte, zugleich auch die Vertretung dieser
Anstalt in der Pariser Conferenz übertragen habe, und dass
ferner auch die von der kaiserlichen Akademie angeregte Bethei-
ligung des Professors der Staatsgewerbeschule in Wien Dr. J.
M. Eder an dieser Conferenz ermöglicht wurde.
Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. Dr. A. Rollett in
Graz übersendet eine für die Denkschriften bestimmte Abhand-
lung: „Beiträge zur Physiologie der Muskeln“.
154
Das w. M. Herr Regierungsrath Professor E. Mach in Prag
übersendet eine mit Herrn Professor P. Saleher in Fiume aus-
geführte Arbeit: „Photographische Fixirung der durch
Projectile in der Luft eingeleiteten Vorgänge“.
Ferner theilt Herr Professor Mach mit, dass bei einer gemein-
schaftlich mit Herrn Med. Cand. F. Halsch ausgeführten Arbeit
die durch den Stoss elektrischer Funken in Glasstäben erzeugten,
mit einer Geschwindigkeit von etwa 4800 — fortschreitenden
Schallwellen in polarisirtem Licht bei Moin enthe PER
graphisch fixirt werden konnten.
Das ce. M. Herr Prof. M.Neumayr übersendet eine Abhand-
lung unter dem Titel: „Die natürlichen Verwandtschafts-
verhältnisse der schalentragenden Foraminiferen.“
Das c. M. Herr Prof. L, Gegenbauer in Innsbruck tber-
sendet folgende drei Abhandlungen:
1. „Über ein Theorem des Herrn Pepin“,
2. „Über primitive Congruenzen“.
3. „Note über die Exponentialfunction“.
. Herr Max Klumak (Firma Brüder Klumak), Chronometer-
macher in Wien, übersendet behufs Wahrung der Priorität
eine versiegelte Rolle, welche angeblich die Zeichnung und
Beschreibung eines von ihm erfundenen Compensations-
pendels für astronomische Uhren enthält.
Das w. M. Herr Hofrath Prof. E. Ritter v. Brücke überreicht
eine im physiologischen Institute der Wiener Universität aus-
geführte Arbeit des Cand. med. Herrn E. J. Hoffmann: „Über
den Zusammenhang der Nerven mit Bindegewebs-
körperehen und mit Stomata des Peritoneums, nebst
einigen Bemerkungen über das Verhalten der Nerven
in dem letzteren“.
Ex
Das w. M. Herr Intendant Hofrath Fr. Ritter v. Hauer
überreicht den achten Bericht der prähistorischen Com-
mission der kaiserlichen Akademie der Wissen-
schaften.
155
Das w. M. Herr Prof. Ad. Lieben überreicht zwei Arbeiten
aus dem chemischen Laboratorium der Universität in Lemberg:
1. „Über das Vorkommen alkaloidartiger Basen im
galizischen Roh-Erdöl“, von Herrn F.X. Bandrowski.
2. „Uber Glyoxalönanthylin und dessen Abkömm-
linge“, von Herrn Dr. M. Karcz.
Ferner überreicht Herr Prof. Lieben eine Arbeit aus dem
chemischen Laboratorium der technischen Hochschule in Wien:
„Zur Kenntniss der Türkischrothöle“, von den Herren
Dr. R. Benedikt und F. Ulzer.
156
Die natürlichen Verwandtschaftsverhältnisse der
schalentragenden Foraminiferen,
(Mit 1 Tabelle.)
Von dem c. M. M. Neumayr. .
1. Bisherige Eintheilung der Foraminiferen.
Bekanntlich hat die Gruppirung der Foraminiferen von jeher
ausserordentliche Schwierigkeiten geboten, und man hat nach
sehr verschiedenen Methoden die gegenseitigen Verwandtschafts-
verhältnisse festzustellen versucht. Die hauptsächlichsten Arbeiten
in dieser Hinsicht sind allgemein bekannt, und erst in neuerer
Zeit von Brady! in seinem grossen Werke über die von der
Challengerexpedition erbeuteten Foraminiferen übersichtlich
zusammengestellt worden. Es ist daher nicht nothwendig, diesen
Gegenstand eingehend zu besprechen; wir werden uns mit den
früheren Eintheilungen nur so weit befassen, als das zum Ver-
ständnisse des Weiteren nothwendig ist.
Dass die älteren Olassificationen von d’Orbigny und Max
Schultze, welche nur die äusseren Formverhältnisse berück-
sichtigen, den natürlichen Verwandtschaftsbeziehungen nicht ent-
sprechen, bedarf wohl keiner weiteren Auseinandersetzung. Die
Anbahnung einer anderen Auffassung durch Berücksichtigung der
Schalenstructur ist hauptsächlich das Verdienst von Reuss, sowie
der englischen Mikroskopiker und in erster Linie von W.B. Car-
penter. Reuss” gab auf dieser neuen Grundlage im Jahre 1861
eine Eintheilung der Foraminiferen, in welcher er zunächst poröse
.1 Brady, Report on the Foraminifera dredged by H.M.S. Chal-
lenger. Report on the seientifie results ofthe ..... Challenger. Bd. IX.
2 Reuss, Entwurf einer systematischen Zusammenstellung der Fora-
miniferen. Diese Sitzungsberichte 1861, Bd. XLIV, 8. 35.
Verwandtschaftsverhältnisse der Foraminiferen. 157
und compactschalige Typen, innerhalb der letzteren sandschalige
und kalkschalige Formen trennte, und engere Familien nach den
Einzelheiten der Struetur und der äusseren Form unterschied.
Diese Gruppirung bezeichnet einen ganz ausserordentlichen Fort-
schritt, der aber von den meisten späteren Forschern auf diesem
Gebiete nicht hinreichend gewürdigt zu sein scheint, und bietet
namentlich in der Beachtung der äusseren Form und der Zusam-
mensetzung der Schale Vorzüge, die den Versuchen der nächsten
Nachfolger fehlen.
Ein Jahr später erschien in dem für den Schalenbau der
Foraminiferen grundlegenden Werke von Oarpenter, Jones
und Parker! eine andere Eintheilung, welche in manchen Haupt-
punkten mit derjenigen von Reuss übereinstimmt, aber es werden
überhaupt nur fünf Gruppen unterschieden, die nun so vag und
unbestimmt ausfallen, dass von einer Charakterisirung bei einem
grossen Theile derselben gar keine Rede sein kann und in
Folge des übertriebenen Umfanges die Abgrenzung nur um so
schwankender wird. Der Zusammensetzung und Form der
Schalen wird fast gar keine Rechnung getragen.
In den nun folgenden allgemeineren Arbeiten herrscht die
Carpenter’sche Eintheilung ziemlich unumschränkt, es wurden
aber einige Verbesserungen angebracht und die Gruppen etwas
vermehrt; ganz andere Wege schlug erst ©. Schwager in
seinem im Jahre 1377 erschienenen Aufsatze”* ein, welcher eine
sehr entschiedene Reaction gegen die herrschende Methode dar-
stellt. Dieser ausgezeichnete Kenner gesteht nicht nur der
Zusammensetzung der Schale wieder grössere Bedeutung zu,
sondern er berücksichtigt auch die Gestalt des Gehäuses in sehr
weitgehendem Masse, so dass er nur die vier Hauptgruppen nach
Zusammensetzung und Structur abgrenzt, innerhalb dieser aber
die weitere Anordnung nur nach der äusseren Form vornimmt. In
dieser letzteren Beziehung scheint mir dieser Versuch etwas zu
weit zu gehen und, wie Brady hervorhebt, Verwandtes ausein-
1 W.B. Carpenter, W. Parker und Rupert Jones, Introduction
to the study of Foraminifera. London. Ray society, 1862.
2 0.Schwager, Saggio di Classificazione dei Foraminiferi, avuto
riguardo alle loro famiglie naturali. Bolletino del comitato geologico d’Italia,
13004 31,12: 1871, 1,2.
158 M. Neumayr,
ander zu reissen und Verschiedenartiges zu vereinigen.! Dagegen
enthält derselbe einen grossen Vorzug, indem der Verfasser zum
ersten Male untersucht, ob denn die höchst organisirten Schalen,
mit Zwischenskelet und entwiekeltem Canalsystem, die man
bisher stets als eine zusammengehörige Gruppe behandelt hatte,
in Wirklichkeit mit einander verwandt sind, oder ob man nicht
nur die obersten Glieder sehr verschiedener Reihen zusammen-
fasst. In dem Streben, die einzelnen Reihen auseinander zu halten,
schliesst sich die vorliegende Arbeit an diejenige von Schwager
an, wenn auch die Wege, dieses Ziel zu erreichen, vielfach ver-
schiedene sind. |
Die neueste Eintheilung der Foraminiferen verdanken wir
Brady, welcher die ganze Menge der Formen in zehn
Familien bringt und innerhalb derselben wieder Unterfamilien
unterscheidet; die Mehrzahl der Abschnitte, welche dieser
erfahrene Forscher aufstellt, entsprechen gut oder wenigstens
annähernd genau natürlichen Gruppen, wenn auch in manchen
Punkten Abweichungen nothwendig sind; es ist jedoch kein
befriedigender Versuch gemacht, die verwandtschaftlichen
Beziehungen der Hauptfamilien zu einander zu klären, oder die
von Schwager gegebene Anregung weiter zu verfolgen. Jeden-
falls aber stellt Brady’s Eintheilung den praktisch brauchbarsten
und in den Einzelheiten richtigsten Classifieationsversuch dar,
den wir bis heute haben.
Da ich mich fortwährend auf diese Eintheilung berufen und
deren Namen verwenden werde, so muss ich dieselbe hier kurz
wiedergeben und die wesentlichsten Abweichungen hervorheben,
_ welche in der Umgrenzung der Abschnitte nothwendig sind.
I. Gromiden.
I. Milioliden. 1. Nubecularinen. 2. Miliolininen. 3. Haue-
rininen. 4. Peneroplidinen. 5. Alveolininen. 6. Keramosphaerinen.
Bemerkungen. Die Nubecularinen sind eine unbedeutende
Untergruppe von Formen, die durch Festwachsung stark verändert
1 Brad yalie 85%;
2 Brady, We78.'60.
3 Die Gromiden, deren chitinöse Hülle fossil nicht erhaltungsfähig
ist, müssen hier natürlich ebenso wie alle nackten Formen unberücksichtigt
bleiben.
Verwandtschaftsverhältnisse der Foraminiferen. 159
sind und keinesfalls an die Spitze der ganzen Abtheilung gestellt
werden dürfen. Die Hauerininen bilden eine durchaus unnatürliche
Gruppe, in welche man einerseit Übergänge zwischen Cornu-
spirinen (s. unten) und Miliolininen ( Ophthalmidium, Planispirina),
andererseits Formen gestellt hat, welche von den Miliolininen zu
den Peneroplidinen hinüberführen (Vertebralina, Hauerina).
Cornuspira muss von den anderen Peneroplidinen getrennt und
als Typus einer selbstständigen Unterfamilie an die Spitze der
Milioliden gestellt werden. Die Stellung der Keramosphaerinen
ist noch durchaus unsicher.
II. Astrorhiziden. 1. Astrorhizinen. 2. Pilulininen.
3. Saccammininen. 4. Rhabdammininen.
IV. Lituoliden. 1. Lituolinen. 2. Trochammininen. 3. En-
dothyrinen. 4, Loftusinen.
Bemerkungen. Die Gruppirung dieser Formen in Unter-
familien muss umgestaltet werden. Trochammina stellt, wie
Bütschli bemerkt, eine Ansammlung sehr verschiedenartiger
Dinge dar. Die Foraminiferennatur von Parkeria und Loftusia
ist noch zweifelhaft.
V. Textilariden. 1. Textilarinen. 2. Bulimininen. 3. Cas-
sidulininen.
Bemerkungen. Es erscheint nicht consequent, die kiese-
ligen und sandigen Textilarinen vereinigt zu lassen, wenn man
z.B. Nodosinella von Nodosaria trennt und zu den Lituoliden stellt.
VI. Chilostomelliden.
VII. Lageniden. 1. Lageninen. 2. Nodosarinen. 3, Poly-
morphininen. 4. Ramulininen.
VII. Globigeriniden.
Bemerkungen. Die Gattung Sphaeroidina, welche diese
Abtheilung mit den Polystomelliden verbindet, wird wohl besser
bei den letzteren untergebracht.
IX. Rotaliden. 1. Spirillininen. 2. Rotalinen. 3. Tino-
porinen.
Bemerkungen. Spirillina muss ausgeschieden werden, sie
bildet mit Involutina und Problematina eine ganz selbstständige
Familie. Die angeblich durch Patellina vermittelte nahe Ver-
wandtschaft zwischen Spirillina und den Rotaliden lässt sich nieht
nachweisen, da die erstere Gattung so überaus wenig bekannt und
160 M. Neumayı,
das Wenige, was man von deren Bau weiss, so ganz abweichend
ist, dass man weder eine nahe Beziehung zu den Spirillinen noch
zu den Rotaliden behaupten kann. Patellina ist ein durchaus
isolirter Typus, dessen Stellung ganz zweifelhaft ist.
X. Nummulitiden. 1. Fusulininen. 2. Polystomellinen.
3. Nummulitinen. 4. Cyeloclypeinen, 5. Eozooninen.
Bemerkungen. Abgesehen von Eozoon, dessen Zugehörig-
keit zu den Foraminiferen sich kaum mehr halten lassen dürfte,
umschliesst die Abtheilung der Nummulitiden, wie sie hier gefasst
wird, mehrere ganz heterogene Elemente. Die Fusulinen haben
mit den anderen hier genannten Gruppen nichts zu thun; ebenso
müssen Nonionina und Polystomella als selbstständige Familie
betrachtet werden, die mit Endothyra und mit den Globigeriniden
am nächsten verwandt ist. Mummulites und Operculina (Nummu-
litiden im engeren Sinne) sind unter einander innig verwandt,
. zeigen aber keine zweifellosen Beziehungen zu den anderen hieher
gerechneten Typen, und dasselbe gilt für Cycloclypeus und Orbi-
toides, die complieirtesten Schalen, welche unter Foraminiferen
überhaupt auftreten.
In den wesentlichsten Zügen wurden die Abweichungen von
der Brady’schen Eintheilung in Familien und Unterfamilien dar-
gelegt, um von vorneherein festzustellen, was auf den folgenden
Seiten unter den einzelnen Namen verstanden wird. Ein Vor-
wurf gegen das System von Brady ist darin nicht gelegen, es
ist im Gegentheile die Verschiedenheit die natürliche Folge
des Umstandes, dass ich von einem wesentlich anderen
Gesichtspunkte an die Frage herantrete. Ich glaube im Gegen-
theile die grosse Brauchbarkeit dieser Classification dadurch zu
bekunden, dass ich sie zum Ausgangspunkte meiner Auseinander-
setzungen wähle. Ganz besonders möchte ich hervorheben, dass
die Feststellung der Familie der Astrorhiziden durch Brady einen
sehr bedeutenden Fortschritt darstellt.
2. Das Verhältniss der agglutinirenden zu den kalkschaligen
| Foraminiferen.
Der Kernpunkt einer richtigen Auffassung der Verwandt-
schaftsverhältnisse der einzelnen Foraminiferengruppen zu ein-
Verwandtschaftsverhältnisse der Foraminiferen. 161
ander scheint mir in der richtigen Beurtheilung der agglutiniren-
den Typen gelegen; es lässt sich dabei nicht leugnen, dass in
dieser Beziehung die Behandlung häufig eine für verschiedene
Gruppen sehr ungleiche und unconsequente ist, und das gilt
namentlich von den neueren Arbeiten in dieser Beziehung. Es ist
eine auffallende Erscheinung, dass die meisten Gestalten der
kalkschaligen Foraminiferen unter den sandschaligen in Parallel-
formen oder „isomorphen“ Typen auftreten, und stellenweise ver-
einigt man beide in eine Familie (Textilariden), stellenweise
dagegen verbindet man verschieden aussehende kieselschalige
Formen in eine Familie (Lituoliden) und trennt sie von den ihnen
ähnlichen Kalkschalen.
Natürlich lässt es sich von vorneherein nicht entscheiden, ob
dieses Verfahren berechtigt ist oder nicht, wir müssen zunächst
die einzelnen Fälle etwas näher ins Auge fassen und wenden uns
zunächst zu den Formen mit compacter, nicht poröser
Kalkschale. Unter diesen (Imperforata calcarea, Familie der
Milioliden im weiteren Sinne) gibt es einige Abtheilungen, zu
denen wir keine sandigen Paralleltypen kennen, und zwar gilt
das von den Peneroplidinen und den Alveolininen, d. h. von den
hoch organisirten Schalen, während bei den einfacheren, weniger
differenzirten Vertretern nahe Beziehungen zu den agglutinirenden
Typen vorhanden sind.
In erster Linie gilt das von Cornuspira, der ungekammerten
einfachen Spiralform, über deren Bedeutung als Ausgangspunkt
der ganzen Abtheilung der Milioliden kein Zweifel bestehen
kann; diese wichtige Grundform steht mit dem sandigen Am-
modiscus in allerinnigster Beziehung, es lässt sich überhaupt
ausser der Zusammensetzung kein wie immer gearteter Unter-
schied zwischen beiden angeben. Es ist dies Verhalten darum
von besonderer Bedeutung, weil sich noch eine dritte, durchaus
isomorphe Gattung findet, nämlich Spirillina unter den porösen
Foraminiferen.
Sehr eigenthümlich gestalten sich die Verhältnisse bei den
_ Miliolen im engeren Sinne, bei Spiroloeulina, Triloculina, Quinque-
loculina u. Ss. w.; die meisten Angehörigen dieser Gattungen
haben normale Kalkschalen;; in brakischem Wasser aber verlieren
die Schalen den Kalk und sie bestehen aus Chitin oder aus Sand-
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl, XCV. Bd. I. Abth, 11
162 M. Neumayr,
körnern, welche durch chitinöse Substanz verkittet werden. In
der Tiefsee ist bisweilen statt des Kalkes ein dünner kieseliger
Überzug vorhanden. Manche Formen nehmen in ihre Kalkschale
Sandkörner auf, diese werden so massenhaft, dass die Schale
äusserlich ganz sandig erscheint, aber es ist innen noch ein Beleg
von porzellanartigem Kalk vorhanden;! endlich aber gibt es
Formen mit der charakteristischen Schalengestalt der Miliolinen,
die sich von den eben erwähnten nur durch das Fehlen des
inneren Kalkbeleges unterscheiden, also rein sandige Miliolinen
sind, die aber sonderbarerweise in der Regel zu den Lituoliden
gestellt werden, und hier als miliolidiforme Arten der Gattung
Trochammina figuriren, einer Sippe, die überhaupt die verschieden-
artigsten Dinge umfasst, und dazu bestimmt scheint, alle sand-
schaligen Formen zu umfassen, die man anderwärts nicht unter-
bringen zu können glaubt.” (Vergl. unten die Beschreibung der
Gattung Agathammina.)
Endlich können auch für die durch Anwachsung stark
veränderten Milioliden, für die Nubecularien in Placopsilina
sandige Parallelformen angeführt werden. Diesen Verhältnissen
gegenüber sind wir zu der Behauptung berechtigt, dass die por-
zellanschaligen Milioliden mit sandschaligen Typen in unmittel-
barer Beziehung stehen, und dass dies besonders von den ein-
facheren und niedrigeren, nicht aber von den höheren, stark
differenzirten Formen der ersteren gilt.
Weit auffallender als hier finden wir die innigen Beziehungen
zwischen Sandschalern und Kalkschalern bei der grossen Familie
der Textilariden unter den porösen Foraminiferen. Einzelne
Gattungen umfassen hier allerdings nur agglutinirende, andere nur
poröskalkige Arten, aber daneben treten auch Sippen auf, ın
welchen beiderlei Schalenzusammensetzungen bunt mit einander
wechseln, die grösseren Arten sind meist sandig, die kleineren
meist kalkig; die letzteren sind stets deutlich porös, aber einige
etwas grössere Formen haben undeutlichere Porencanäle. Bei
noch weiterer Grössenzunahme finden sich die verschiedensten
1 .Brady,Le.». 131.
?2 Bütschli, in Bronn’s Classen und Ordnungen des Thierreiches,
Ba. I. Protozoen, S. 189.
Verwandtschaftsverhältnisse der Foraminiferen. 163
Übergänge von der Kalk- zur Sandschale, indem zuerst der Sand
nur eine dünne Kruste auf dem kalkigen Gehäuse bildet, dann
findet man andere, bei welchen nur der Sand durch kalkiges
Bindemittel verkittet ist, weiterhin wird auch der Kalk als Binde-
mittel entweder nur aus einem Theile der Schale oder aus deren
gesammter Ausdehnung verdrängt, und ebenso verschwinden all-
mälig die Poren. Man hat nun echt kieselschalige, undurchbohrte
Gehäuse vor sich, die man recht wohl nach Art der Lituoliden
als selbstständige Familie betrachten könnte, allein der durch
Übergänge vermittelte Zusammenhang mit den Textilarien ist so
innig, dass neuerdings Niemand mehr eine Trennung versucht hat.
Etwas weniger eng sind die Beziehungen bei der grossen
Familie der Lageniden oder richtiger gesagt Nodosariden;
wohl gibt es hier ausgezeichnete sandige Parallelformen zu den
Gattungen Lagena, Dentalina, Nodosaria, Cristellaria Marginu-
lina u. s. w., welche zu den Lituolidensippen Rheophax, Haplo-
phragmium, Haplostiche gerechnet werden, aber man würde in
der Jetztwelt sowohl, als in der tertiären oder mesozoischen Fauna
vergebens nach einem Bindeglied zwischen den beiden Parallel-
reihen suchen. Anders aber verhält es sich in der paläozoischen
Zeit, wo in der Kohlenformation die Gattung Nodosinella einen
Übergang der ausgezeichnetsten Art herstellt; damals standen
die nodosariformen Lituoliden zu den Nodosarien in demselben
Verhältnisse, wie heute die sandigen zu den kalkigen Textilarien.
Im Kohlenkalke, welcher uns die erste reiche Foraminiferen-
fauna geliefert hat, finden sich noch andere Typen, bei welchen,
wie bei Nodosinella, ein Schwanken zwischen sandiger und
kalkiger Entwicklung zu bemerken ist, ! und unter ihnen verdient
namentlich die Gattung Endothyra genannt zu werden, welche in
1 Für Nodosinella, Endothyra und ihre Verwandten vergl. namentlich
Brady, A monograph of Carboniferous and Permian Foraminifera. Trans-
actions of the palaeontogr. Society, 1876. — v. Möller, Die spiralgewun-
denen Foraminiferen des russischen Kohlenkalks. M&moires de l’academie
de St. Pötersbourg 1878. Ser. 7, Vol. 25, Nr. 9. — v. Möller, Die Fora-
miniferen des russischen Kohlenkalks. Ebenda 1879. Ser. 7, Bd. 27,
Nr. 5. — Schwager, in Bütschli, Protozoen, Bd. I von Bronn’s Classen
und Ordnungen des Thierreiches, 5. 244. — Steinmann, Mikroskopische
Thierreste aus dem deutschen Kohlenkalke. Zeitschrift der deutschen geo-
logischen Gesellschaft 1880, S. 399.
11*
164 M. Neumayr,
ihren rein kalkigen Ausbildungsformen sich sehr eng an die
einfachsten Typen der Gattung Nonionina, der mit ihr verwandten
Sphaeroidina, sowie in ihren unsymmetrischen Vertretern an die
am wenigsten differenzirten Rotalien anschliesst, so dass auch
diese Gattungen und mit ihnen die drei Familien der Globigeri-
niden, Rotaliden und Polystommeliden in der Vorzeit mit agglu-
tinirenden Formen in unmittelbarer Beziehung stehen, und zwar
sind es auch hier, wie nochmals besonders hervorgehoben werden
muss, die einfachsten Typen, welche die Verwandtschaft zu den
Sandschalern zeigen. Heute besteht ein solches Verhältniss nicht
mehr, wohl aber finden sich unter den Angehörigen der Gattungen
Haplophragmium und Trochammina noch zahlreiche Parallel-
formen zu Rotalia, Nonionina, Globigerina, Sphaeroidina u. Ss. W.
Im Gegensatze zu den bisher betrachteten Fällen ist kaum
eine Spur von Übergängen oder Parallelformen zu den höher
organisirten Kalkschalern vorhanden; wir kennen keine agglu-
tinirende Form, welche mit Peneroplis, Orbitolites, Alveolina,
mit Polystomella, mit einer höheren Rotalide, mit Amphistegina,
Operculina, Heterostegina, Nummulites, Cycloclypeus oder Orbr-
toides verglichen werden könnte. Nur eine einzige Ausnahme ist
bekannt, und diese findet sich bezeichnender Weise in paläozoi-
schen Sehichten; unter den Fusuliniden der Kohlenformation
finden sich nämlich Vertreter der Gattung Fusulinella, welche
nach den Untersuchungen von Schwager und Steinmann
agglutinirende Schale zeigen, wie das namentlich bei Fusulinella
Struvei aus dem russischen Kohlenkalke der Fall ist.! Jedenfalls
bildet auch Fusulinella innerhalb der Gruppe der Fusuliniden, wie
aus der Beziehung der Septa zur Schale hervorgeht,? den ein-
fachsten Typus, und speciell Fusulinella Struvei ist kaum höher
organisirt, als eine beliebige Endothyra.
1 Schwager,l. c. 8. 249:
2 Ich stelle Fusulinella im Einklang mit Brady zu den Fusuliniden,
während ich eine tnmittelbare Verwandtschaft mit Pullenia (vergl.
Schwager, Carbonische Foraminiferen aus China und Japan. Richt-
hofen, China, Bd. IV, S. 144) nieht erkennen kann. Durchaus ablehnend
muss ich mich gegenüber der vollständigen Abtrennung von Fusulinella
und ihrer Unterbringung bei den porzellanschaligen Formen verhalten.
Vergl. unten 8. 182—184.
Verwandtschaftsverhältnisse der Foraminiferen. 165
Fassen wir das bisherige Ergebniss zusammen, so sehen wir,
dass alle einfacheren und ein etwas complieirterer Typus der.
kalkigen Foraminiferen mit den Sandschalern in unmittelbarer
Verbindung stehen, und zwar ist das mit Gliedern der folgenden
Familien der Fall: Milioliden, Textilariden, Nodosariden, Spirilli-
niden, Globigeriniden, Rotaliden, Polystomelliden und Fusuliniden.
Es ist das eine grosse Zahl sehr wohl von einander geschiedener,
stark differenzirter Typen von ausserordentlicher Mannigfaltig-
keit; fassen wir aber die sandigen Parallelformen ins Auge, so
sehen wir einen auffallenden Gegensatz, indem hier die den ver-
schiedenen Kalkschalern analogen Formen sehr viel weniger dif-
ferenzirt sind. Während z. B. Globigerina, Nonionina, Cristellaria
und Rotalia ausserordentlich weit von einander verschieden sind,
können Parallelformen derselben ohne irgend welches Missver-
hältniss in der Gattung Haplophragmium vereinigt werden.
Alle diese Umstände, die morphologischen Beziehungen, wie
das früher geschilderte geologische Vorkommen, machen es im
höchsten Grade wahrscheinlich, dass die verschiedenen, einfacher
gebauten Typen der kalkschaligen Foraminiferen von agglu-
tinirenden Formen abstammen, und dass es in der That wenig-
stens in der Regel wahre Verwandtschaft ist, nicht bloss äussere
Ähnlichkeit, welche die Parallelgruppen verschieden zusammen-
gesetzter Foraminiferengehäuse mit einander verbindet, eine An-
sicht, welche schon von Zittel kurz angedeutet worden ist. !
Dafür spricht auch die Verbreitung der verschiedenen Ab-
theilungen in den alten Formationen; sowohl in der Jetztzeit, als
im Tertiär und in den mesozoischen Bildungen sind sandschalige
Foraminiferen zwar in grosser Zahl vorhanden, sie bilden aber
doch im Vergleiche zu den kalkigen Formen nur eine geringe
Minderzahl; dieses Verhältniss ändert sich aber sehr bedeutend,
wenn wir die paläozoischen Vorkommnisse, und namentlich die
einzige reichere Fauna dieser Periode, die Kohlenkalkfauna, ins
Auge fassen. Hier bildet die ausserordentliche Menge agglu-
tinirender Formen geradezu einen hervorragenden und über-
raschenden Charakterzug, der diese Vergesellschaftung wesent-
lich von allen jüngeren unterscheidet. Unter den karbonischen
1 Zittel, Handbuch der Palaeontologie, Bd. I. Abth. 1, S. 727.
166 M. Neumayr,
Gattungen sind Haplophragmium, Lituola, Endothyra, Trocham-
mina, Saccammina, Nodosinella, Climacammina, Tezxtilaria, Tetra-
tazis, Valvulina, Bradyina, Stacheia ganz oder vorwiegend agglu-
tinirend, und hieher gehören auch einzelne Fusulinellen, während
nur 11 bis 13 rein kalkige Gattungen vorhanden sind, unter denen
einige nur durch eine oder zwei überaus seltene Arten vertreten
sind. Schon im Lias ist die Zahl der kalkigen Gattungen mehr
als doppelt so gross, als die der sandigen; und im Tertiär beträgt
die Zahl der ersteren das Drei- bis Vierfache.
Über das Verhältniss in den älteren paläozoischen Bildungen
wissen wir leider nur wenig; silurische und devonische Fora- |
miniferen sind in so geringer Zahl bekannt, und auch unter diesen
ist wieder das Meiste zur Bestimmung und zur Feststellung der
Scehalenzusammensetzung viel zu schlecht erhalten, wie schon
daraus hervorgeht, dass viele dieser Reste Steinkerne sind. Unter
dem Wenigen aber, was wir in dieser Hinsicht etwas näher
kennen, spielen die agglutinirenden Formen eine verhältniss-
mässig sehr grosse Rolle; so haben wir Girvanella (= Hyper-
ammina?) aus dem schottischen Silur,' aus dem amerikanischen
Silur erwähnt Terquem drei Arten der Gattung von Placopsilina,
und dieselbe Gattung fand dieser Forscher im Devon von Gerol-
stein.” Nach der äusseren Form dürfte auch das von Tietze aus
dem Clymenienkalke von Ebersdorf als Problematicum abge-
bildete Fossil zu Succammina gehören und daher ebenfalls hier
: anzuführen sein,” doch wird noch eine nähere Untersuchung der
Originale zu einer sicheren Deutung nöthig sein.
Ein absoluter Beweis für die Abstammung der kalkschaligen
Foraminiferen von den sandigen ist allerdings nicht möglich, da
sehon in der Kohlenformation die Differenzirung vollzogen ist;
1 Nicholson and Etheridge, Monograph of the Silurian Fossils
of the Girvan Distriet in Ayrshire, 1878. — Brady, Challengerbericht (s.
oben), 8. 257.
?2 Terquem, Observations sur quelques fossiles des &poques pri-
maires. Bulletin de la Societe geologique de France. Ser. 3, vol. VII,
S. 414. — Vergl. auch Gaudry, Enchainements du monde animal.
Fossiles primaires. S. 52.
3 Über die devonischen Schichten von Ebarsdorf unweit Neurode in
der Grafschaft Glatz. Paläontographieca, Bd. XXIX, 8.152, Taf. XV, Fig. 42.
Verwandtschaftsverhältnisse der Foraminiferen. 167
soweit sich aber innerhalb der gegebenen Verhältnisse aus der
Morphologie und dem geologischen Vorkommen ein Schluss über-
haupt ableiten lässt, sprechen alle vorhandenen Anhaltspunkte
mit grösster Entschiedenheit dafür, dass die agglutinirenden
Formen den ursprünglichen Typus darstellen.
3. Die agglutinirenden Formen.
Wenn wir im Allgemeinen die sandschaligen Formen als die
ursprünglicheren Typen betrachten, so ergibt sich sofort die
weitere Aufgabe, innerhalb dieser Abtheilung Umschau zu halten,
die Beziehungen der einzelnen Gruppen zu einander festzustellen,
und zu untersuchen, welche Abtheilung hier wieder die primitive
ist. Wir betrachten dabei vorläufig die sandschaligen Formen als
eine gegebene Gruppe, ohne weitere Rücksicht auf die Frage, ob
dieselbe bei einer richtigen Eintheilung der Foraminiferen als
eine natürliche Abtheilung wird aufrecht erhalten werden können,
diese Frage wird uns später beschäftigen.
Wenn man die agglutinirenden Formen in naturgemässer
Weise anzuordnen strebt und nach Merkmalen sucht, welche in
dieser Richtung leiten können, so findet man in erster Linie, dass
dasjenige Kennzeichen der Schalenstructur, welchem bei den
Kalkschalen in erster Linie Wichtigkeit zugemessen wird, die
compacte oder poröse Ausbildung, seine Bedeutung grösstentheils
verliert; man trifft innerhalb einer und derselben Gattung Formen
mit und ohne Poren, wie das bei Valvulina, Tetratawis, Textilaria
(Plecanium), Endothyra, Nodosinella, Stacheia der Fall ist. Offen-
bar ist, wie auch in der äusseren Gestalt der Schalen, so auch in
dieser Beziehung die Differenzirung noch nicht vollendet, welche
dann bei den kalkschaligen Formen fast vollständig durchgeführt
erscheint, und wir sehen also hier eine weitere Bestätigung der
Ansicht, dass die erstere Gruppe die ursprüngliche, die zweite
die abgeleitete ist.
Das geschilderte Verhältniss zwischen porösen und com-
pacten Sandschalen findet aber nieht bei allen agglutinirenden
Foraminiferen statt, sondern nur bei jenen, welche man in der
Regel in den Familien der Lituoliden und Textilariden
unterzubringen pflegt. Anders ist es mit der grossen Familie der
Astrorhiziden, welche bisher nur beiläufig genannt worden
168 M. Neumayr,
ist, und welcher wir nun unsere Aufmerksamkeit zuwenden
müssen. Wohl waren einzelne Typen dieser Abtheilung schon
seit längerer Zeit bekannt, aber man hatte sie bisher wenig
beachtet und in der Regel bei den Lituoliden untergebracht. Erst
in neuerer Zeit sind sehr zahlreiche Gattungen und Arten durch
die Forschungsreise des Challenger zu Tage gefördert worden,
und es ist das Verdienst von Brady, nicht nur die Formen
beschrieben, sondern auch deren Bedeutung als selbstständige
Familie erkannt zu haben. ! Seither hat man nun auch den älteren
Vorkommnissen grössere Aufmerksamkeit geschenkt, und Vertreter
dieser Abtheilung auch in früheren Formationen? bis hinab zum
Silur nachgewiesen, wo die oben erwähnte @Girvanella als die
erste Astrorhizide und gleichzeitig als die älteste sicher bestimm-
‚bare Foraminifere erscheint.
Poröse Schalen kommen bei den Astrorhiziden nicht vor,
sondern die Gehäuse sind gleichmässig bald fest, bald locker
aus Sandkörnern zusammengebacken; wenn aber auch eine
eigentliche Porosität fehlt, so sind doch oft unregelmässige Lücken
zwischen den Sandkörnuern vorhanden, durch welche die Sarecode-
fäden der Pseudopodien austreten können, ja bei manchen Formen
genügen diese Lücken, um die Verbindung des Thieres mit der
"Aussenwelt herzustellen, und eine Mündung ist bei diesen nicht
vorhanden (Psammosphaera, Sorosphaera). Es ist das also eine
Einrichtnng, welche ihrer Function und physiologischen Bedeu-
tung nach der Porosität entspricht, welche aber morphologisch
sehr viel einfacher ist, und die ursprünglichste überhaupt denkbare
Art der Communication nach aussen darstellt. Es ist aber auch
eine Einrichtung, aus welcher sich sehr wohl mit dem Überhand-
nehmen des Cementes die Porosität entwickeln kann.
Was die äussere Gestalt anlangt, so sind die Astrorhiziden
theilweise grosse Formen, mit sehr unregelmässigem, meist
1 Das Hauptwerk ist: Report on the Foraminifera dredged by H.M.
S. Challenger. Report on the scientifie results of the....... Challenger,
Bd. IX. Ausserdem sind mehrere vorläufige Berichte von demselben Ver-
fasser erschienen, deren einzelne Anführung hier nicht nothwendig ist.
2 Vergl., abgesehen von den Arbeiten von Brady über die paläo-
zoischen Foraminiferen, namentlich: R. Häusler, Die Astrorhiziden und
Lituoliden der Bimammatuszone. Neues Jahrbuch für Mineralogie u. s. w.
1883. I, 8. 55.
Verwandtschaftsverhältnisse der Foraminiferen. 169
ungekammertem und nicht mit echten Scheidewänden versehenem
Gehäuse; das in seiner Gestalt ausserordentlich wechselt; einzelne
Gattungen sind unregelmässig kugelig, elliptisch, eylindrisch,
schlauchförmig, oder ganz regellos verzweigt oder sternförmig.
Auch hierin sehen wir die einfachste und unentwickeltste Stufe,
die ein Gehäuse überhaupt zeigen kann, während einzelne Formen,
' die sich über diesen niedersten Stand erheben, sich in der Gestalt
gewissen Lituoliden, wie Rheophax und Verwandten nähern.
Dem gegenüber stellen die regelmässig geformten Gehäuse
der Lituoliden und Textilariden schon’ eine ziemlich weitgehende
Differenzirung dar, die dann bei den kalkschaligen Formen ihren
Höhepunkt erreicht, und von diesem Standpunkte aus, wie nach
den oben geschilderten Verhältnissen der Schalenstruetur müssen
wir daher Astrorhiziden, und zwar solche von einfacherem, nicht
sternförmigem oder verzweigtem Baue, als die Grundformen
betrachten, auf welche nach allen Gesetzen morphologischer
Betrachtung die übrigen Foraminiferen zurückgeführt werden
müssen, und von welchen diese nach den Anschauungen der
Descendenzlehre abstammen, ein Ergebniss, mit welchem die That-
sachen des geologischen Vorkommens gut im Einklange stehen,
wenn auch die Menge der Beobachtungen in dieser Beziehung
"zu gering ist, um entscheidend ins Gewicht fallen zu können.
Wir sehen auf diese Weise die Möglichkeit einer einheit-
lichen Auffassung des ganzen Formengewirres der Foraminiferen
gegeben, und können die grosse Mehrzahl aller bekannten Gruppen
mit den einfachsten Stammtypen mittelbar oder unmittelbar in
Verbindung bringen. Allerdings ist die Reihenfolge nicht so
weit erhalten, dass man alle Abtheilungen richtig deuten und an
der ihnen gebührenden Stelle unterbringen könnte; es gilt das
namentlich von einigen der höchst organisirten Gattungen, z. B.
von den Alveolinen und Nummulitiden und selbst unter den
einfacheren sind einige, die Schwierigkeiten bereiten, wie das
namentlich mit der ziemlich seltenen und noch immer etwas
räthselhaften Gruppe der Chilostomellen der Fall ist, aber es
sind das doch ziemlich wenige Formen, und wenn wir dieselben
auch nicht genau einzupassen vermögen, so ist doch der Spiel-
raum, welcher dem Irrthume in dieser Richtung offen ist, ein
ziemlich geringer. Es ist durchaus nieht schwer, an der Hand der
170 M. Neumayr,
hier auseinandergesetzten Auffassung, die Verwandtschaftsverhält-
nisse klar zu legen, dagegen finden sich sehr zahlreiche Schwierig-
keiten bei der Durchführung im Einzelnen, und diesen Verhält-
nissen müssen wir zunächst unsere Aufmerksamkeit zuwenden.
Bekanntlich zeigen die Foraminiferen unter allen Thieren,
welche fossile Reste hinterlassen haben, die stärkste Variabilität,
in einem Grade, dass manche Merkmale, welche man als charak-
teristisch für Gattungen und selbst für Familien gehalten hatte,
durch indiviauelle Abänderung sich in tiefgehender Weise beein-
flusst zeigen. Die Folge davon ist, dass es weit schwerer als in
anderen Abtheilungen gelingt, die einzelnen Stämme von ein-
ander zu sondern, indem namentlich bei den einfacheren Typen
derBetrag individueller Variation weit grösser ist, als die dauernde
Umgestaltung, der Betrag der Mutation, welcher in einer Reihe
selbst im Verlaufe eines langen geologischen Zeitraumes eintritt.
Es ist bekannt, in welche Verlegenheit dadurch die Systematiker
bei Beschreibung der Arten gerathen, aber selbst bei Betrachtung
sehr viel weiterer Formenkreise machen sich ähnliche Schwierig-
keiten geltend. Es gilt das z. B. in hohem Grade von der Beur-
theilung der einzelnen Fälle der oben besprochenen „isomorphen“
Typen; es wurde wohl in genügender Weise nachgewiesen, dass
es sich in der Regel um wirkliche Verwandtschaft handelt, aber.
die Möglichkeit einer Täuschung ist im Einzelnen durchaus
nieht ausgeschlossen und es ist daher grosse Vorsicht nöthig, wo
derartige Erscheinungen isolirt auftreten. So liegen Anhalts-
punkte für die Annahme vor, dass die globigeriniformen Haplo-
phragmien mit Globigerina nicht wirklich verwandt sind, sondern
dass es sich um eine mehr zufällige Ähnlichkeit handelt, und vor
Allem muss mit Bestimmtheit die analoge Form der Buliminen
einerseits, der Polymorphinen und Uvigerinen andererseits, in
dieser Weise aufgefasst werden.
In derselben Art macht sich diese weitgehende Veränder-
lichkeit in der störendsten Weise bemerkbar, wenn man die
Foraminiferen in grosse Hauptabtheilungen zu bringen sucht,
indem sich die neuen Charaktere einer sich entwickelnden
Gruppe so langsam befestigen, dass die Zahl der auf der Grenze
zwischen je zwei Gruppen schwankenden Zwischenformen eine
übergrosse ist.
Verwandtschaftsverhältnisse der Foraminiferen. 171
Wenn wir es versuchen, auf Grund der bisherigen Ausein-
andersetzung ein natürliches System der Foraminiferen herzu-
stellen, so werden wir zunächst drei grosse Entwicklungsstufen
festhalten können; die unterste Stufe stellen die ganz undifferen-
zirten agglutinirenden Formen mit irregulärem Gehäuse, die
Astrorhiziden, dar; die zweite Stufe nehmen die regulären agglu-
tinirenden Typen ein, bei welchen der Anfang einer Scheidung
in poröse und compactschalige Formen hervortritt. Aber auch
ausserdem lassen sich hier noch Gruppen unterscheiden, welche
nur durch die äussere Gestalt der Schale ausgezeichnet sind, und
die sich auch noch weiter bei den kalkschaligen Foraminiferen
verfolgen lassen; es sind das die grossen Hauptstämme,
deren Unterscheidung die erste Bedingung einer richtigen
Auffassung darstellt, deren wesentlichste Merkmale aber nicht in
der Schalenzusammensetzung, und nicht in der Schalenstruetur,
sondern vorwiegend in der äusseren Gestalt liegen.
Der erste Typus, den wir unter den regulär agglutinirenden
Foraminiferen unterscheiden können, ist der Cornuspiriden-
typus, bei welchem das Gehäuse entweder eine ungekammerte
Spirale darstellt, oder die Kammerung nach Miliolidentypus
gebildet ist. Hieher gehört in erster Linie die Gattung Ammodiscus,
sowie ein Theil derjenigen Formen, die man in ganz unnatürlicher
Weise in die Gattung Trochammina vereinigt hat, nämlich die
Miliola-ähnlichen Gehäuse, für welche ich die neue Gattung
Agathammina vorschlage. '
1 Der Name Trochammina ist von Parker und Jones ursprünglich
für sehr heterogene Formen angewendet worden, die theilweise schon unter
anderen Namen als selbstständige Gattungen ausgeschieden worden sind.
In dem Challengerwerke hat Brady den Umfang von Trochammina sehr
beträchtlich eingeschränkt, aber trotzdem umfasst dieselbe noch immer zu
ungleichartige Elemente. Trochammina mag fortan auf die Rotalia-ähnlichen
und die ihnen zunächst stehenden Formen beschränkt bleiben; hier ist es
nothwendig, für die in Frage stehenden Typen von Milioliden-Bau eine
Bezeichnung zu haben und ich schlage für dieselben die Gattung Aga-
thammina vor. Ich fasse unter diesem Namen Formen zusammen mit
unregelmässig miliolider Aufrollung, unvollkommener Kammerung und
sandiger Schale mit kalkigem Cement. Vorwiegend carbonische. und
permische Arten; Agathammina pusilla Geinitz sp. (Serpula pusillaGeinitz,
Trochammina pusilla Brady), Ag. milioloides Jones, Parker und Kirkby
172 M. Neumayr,
Der zweite ist der T extilaridentypus, dessen Gestalt
allgemein bekannt ist; es gehören hieher alle die agglutinirenden
Textilarien mit zwei- oder mehrreihig angeordneten Kammern,
welche vom Kohlenkalke bis auf den heutigen Tag verbreitet sind.
Weit verwickelter gestalten sich die Verhältnisse bei dem
Lituolidentypus; eine .wesentliche Schwierigkeit beruht auf
der eigenthümlichen Gruppirung der hieher gehörigen Gattungen
in vielen neueren Werken. Wenn man von den ganz zweifelhaften
Loftusien und Parkerien absieht, so werden drei Unterfamilien
angenommen, die Lituolinen mit festen dieken Gehäusen,
welche aus viel grobem Sand und wenig Cement aufgebaut sind,
die Trochamminen mit dünnen Schalen, mit viel Cement und
feinen Sandkörnern und die Endothyriden mit sehr viel Cement
und wenig Sand. In erster Linie hat man hier die Cornuspiriden-
formen (vergl. oben) mit den echten Lituolinen vermengt, aber
auch nach Ausscheidung jener ist die Anordnung noch immer
eine ganz unnatürliche; in erster Linie hängt die Beschaffenheit
und auch die Menge des verwendeten Sandes ganz wesentlich
von der Beschaffenheit des Bodens ab, auf welchem das Thier
lebt; überdies ist es bekannt, dass das Verhältniss zwischen
Cement und Sand ein so überaus unbeständiges ist, dass selbst
verschiedene Stellen an einem und demselben Gehäuse sich in
dieser Beziehung durchaus verschieden verhalten können. Endlich
sind die Charaktere solche, welche sich bei der allmäligen
sp., Ag. Robertsoni Brady sp. Aus jüngeren Ablagerungen ist jedenfalls .
Agathammina jurassica Häusler sp. hieher zu stellen. Die Abgrenzung
von Agathammina gegen die Milioliden mit sandiger Schale und innerem
Kalkbeleg muss eingehenden Untersuchungen an grossem Material vor-
behalten bleiben. Bindeglieder, welche Agathammina mit Ammodiscus ver-
binden, finden sich innerhalb des Formenkreises, welchen man unter dem
Sammelnamen Ammodiscus oder Trochammina gordialis vereinigt; man
bezeichnet so fast alle Ammodiscus-ähnlichen Schalen mit unregelmässiger
Aufrollung, gleichgiltig, ob es sich dabei um individuelle Verzerrungen
oder um den Beginn einer ganz neuen Entwicklungsrichtung einer be-
ginnenden Formenreihe handelt; genaue Betrachtung lässt unter diesen
sogenannten Ammodiscus gordialis sehr wohl unterscheidbare Typen
erkennen. Besonders gilt das von den carbonischen Exemplaren, wie sie
Brady (l. c. Tab. III, Fig. 1 bis 3) abbildet; hier ist die Hinneigung zu der
Milioliden- Aufrollung schon unverkennbar ausgesprochen, so dass sich diese
paläozoischen Formen Agathammina schon auffallend nälern.
Verwandtschaftsverhältnisse der Foraminiferen. 173
Annäherung an die kalkige Entwicklungsstufe umgestalten, man
scheidet also im besten Falle nicht Verwandtschaftsgruppen,
sondern analoge Entwicklungszustände aus. Im Ganzen muss
diese Art der Anordnung als eine unnatürliche bezeichnet werden,
deren Fehler die nothwendige Folge der einseitigen und über-
triebenen Betonung der Structureigenthümlichkeiten sind. Eine
erneuerte Bearbeitung der Lituoliden von diesem Gesichtspunkte,
wäre wohl sehr erwünscht, aber sie wäre nur mit sehr grossem
Material möglich, das mir nicht zur Verfügung steht.
Im Einzelnen können wir unter den Lituoliden vorwiegend
zwei ziemlich weit abweichende Typen unterscheiden, welche
namentlich in den Grenzgebieten gegen die kalkige Entwicklung
aufs schärfste geschieden sind, und hier in den Gattungen Nodo-
sinella und Endothyra ihre typischen Vertreter finden; unter den
rein kieseligen Formen dagegen lassen sich zwar auch schon sehr
bezeichnende Glieder der einen wie der andern Reihe finden,
aber diese sind durch eine solche Menge von Übergängen und
Zwischenformen aufs innigste mit einander verbunden, dass mir
eine durchgreifende Scheidung nicht durchführbar scheint. Wohl
schliesst sich Rheophax und Haplostiche aufs engste an Nodosi-
nella an, während Cyclammina, ferner die Trochamminen und
Haplophragmien dem Endothyrentypus zuneigen, aber eine grosse
Zahl von Haplophragmien und Trochamminen stehen vollständig
in der Mitte.
Im Allgemeinen kann man den Charakter der Lituoliden
dahin bestimmen, dass sie die regelmässig gebildeten oder durch
Festwachsung deformirten, einreihig gekammerten, agglutini-
renden Formen umfassen. Die beiden Reihen, deren Differenzirung
wir in ihren Anfängen kennen gelernt haben, lassen sich eben-
falls sehr einfach kennzeichnen, die Reihe, welche in Nodosinella
gipfelt, umfasst in ihren typischen Vertretern gestreckte oder
wenig gebogene Schalen mit endständiger Mündung, die Endo-
thyrenreihe begreift regelmässig spirale Formen mit columellarer
Mündung; die Gattungen mit siebförmiger Mündung bilden
Seitenreihen.
Ausser den erwähnten drei Haupttypen der regulär agglu-
tinirenden Foraminiferen, dem Cornuspiriden-, dem Textilariden-
und dem Lituolidentypus sind noch Andeutungen einer vierten
174 M. Neumayr,
Gruppe vorhanden, welche allerdings den eben genannten durch-
aus nicht gleichwerthig gegenübersteht, sondern sehr viel
beschränktere Bedeutung hat. Es wurde schon oben erwähnt,
dass in der Familie der Fusuliniden gewisse Fusulinellen,
namentlich Fusulinella Strüuvei, sandige Schalen besitzen, und
wir sehen also auch diese Familie bis in die agglutinirende
Stufe zurückgreifen; hier schliessen sich die sandigen Fusuli-
nellen nahe an Endothyra und Haplophragmium an, ja sie
wurden anfangs geradezu verwechselt, und wenn wir die oben
gegebene Definition des Endothyrenzweiges ins Auge fassen, so
passt dieselbe durchaus auf Fusulinella Struvei. Allein voll-
ständige Übergänge sind denn doch nicht vorhanden und ich
muss daher bis auf Weiteres darauf verzichten, auch die Fusuli-
niden mit voller Bestimmtheit auf den Lituolidentypus zurück-
zuführen, so wahrscheinlich eine solehe Annahme auch ist. Ich
führe daher in der Schlusszusammenstellung einen gesonderten
Fusulinidentypus an, der vermuthlich weiteren Untersuchungen
neuen Materials aus dem Kohlenkalke gegenüber bald seine
Selbstständigkeit verlieren wird.
A. Die kalkschaligen Formen.
Die dritte nnd oberste Stufe der Entwicklung bilden die
kalkigen Foraminiferen; bei diesen vor Allem gilt in der
Regel die Schalenstructur, das Vorhandensein oder Fehlen von
Poren als ein Merkmal ersten Ranges und die Eintheilung in
Perforaten und Imperforaten ist fast von all’ denjenigen als unbe-
dingt richtig anerkannt, welche nicht bei dem Systeme von
d’Orbigny geblieben sind. Nur Brady, Carter und Stein-
mann machen in dieser Richtung eine Ausnahme, und letzterer
stellt Spirillina nicht, wie es gewöhnlich geschieht, in die Nähe
(ler Rotalien oder Globigerinen, sondern trotz der Poren neben
Cornuspira unter die Porzellanschaler.” Dieses Verfahren ist
unbedingt richtig und ich schliesse mich demselben an, und damit
kann ich auch die beiden Abtheilungen der Perforaten und
Imperforaten nicht mehr festhalten, zumal sich auch in der
1 Steinmann, Die Foraminiferengattung Nummoloculina. Neues
Jahrbuch für Mineralogie 1881. I, S. 31.
Verwandtschaftsverhältnisse der Foraminiferen. | 175
Familie der Fusuliniden derselbe Fall wiederholt, wie unten
gezeigt werden soll. Im Gegentheile muss der äusseren Form-
entwicklung grösseres Gewicht beigelegt werden, als in der
Regel geschieht.
Wir können im Allgemeinen, wenn auch mit viel weit-
gehenderer Differenzirung der einzelnen Abtheilungen, bei den
Kalkschaligen all’ die oben genannten Typen unterscheiden; wir
beschäftigen uns zunächst mit dem Cornuspiridentypus, welcher
im agglutinirenden Stadium hauptsächlich durch Ammodiscus und
Agathammina vertreten ist; unter den kalkigen Formen schliessen
hier zunächst zwei Gattungen an, welche mit Ammodiscus in der
ganzen äusseren Gestalt und in der sehr eigenthümlichen An-
ordnung der langen ungekammerten Röhre übereinstimmen und
sich nur dadurch unterscheiden, dass die eine aus compactem
(Cornuspira), die andere aus porösem Kalke besteht (Spirilina).
Wir haben also zwei von sandigem Ursprung gemeinsam aus-
gehende Reihen, eine durchbohrte und eine undurchbohrte; ein
unmittelbarer Übergang der porös-kalkigen in die compact-kalkige
Entwicklung ist dagegen hier nicht vorhanden und kann auch
sonst, so weit meine Erfahrung reicht, nirgends wahrscheinlich
gemacht werden. |
Sowohl Cornuspira als Spirillina bilden den Ausgangspunkt
für weitere Entwicklung, allerdings von sehr ungleicher Bedeu-
tung, denn während sich an Cornuspira zahlreiche wichtige
Gattungen anschliessen, können wir auf Spirillina nur die beiden
seltenen Sippen Involutina und Problematina zurückführen. Zu
der compactschaligen Reihe dagegen gehören die grossen und
wichtigen Familien der Milioliden und der Peneropliden.
Die Art des Zusammenhanges zwischen diesen äusserlich so
grundverschiedenen Typen ist durch die Arbeiten von Carpenter
und Steinmann so schön festgestellt worden,! dass ein näheres
Eingehen auf diesen Gegenstand nicht nöthig ist; bis zu den
höchst entwickelten Formen lässt sich die Entwicklung der
1 Carpenter, Jones und Parker, Introduction u. s. w. — Stein-
mann, Die Foraminiferengattung Nummoloculina 1. ec. — Carpenter, On
an abyssal type of the genus Orbitolites, 1. c. — Vergl. ferner Häusler,
Bemerkungen über einige liasische Milioliden. Neues Jahrbuch für Minera-
logie u. s. w. 1887. Bd. I, S. 190.
176 M. Neumayr,
Anfangswindungen als ungekammertes Spiralschälchen ver-
folgen, das sich zunächst zur knäuelförmigen Miliolide entwickelt;
ebenso kann von hier aus der Übergang zu Peneroplis und von
da zu den überaus hoch entwickelten Orbitoliten und Orbiculinen
verfolgt werden. Nur in einem Punkte, in welehem mannigfach
Meinungsverschiedenheit herrscht, muss ich die von mir getroffene
Anordnung rechtfertigen, und zwar was die Stellung derGattungen
Planispirina (Nummoloculina), Vertebralina, Hauerina und
“ Ophthalmidium anlangt. Bald werden diese Sippen als eine selbst-
ständige Unterfamilie der Hauerininen betrachtet, bald zu den
Cornuspirinen gestellt u. s. w. In erster Linie kann ich diese
Formen nicht als näher mit einander verwandt betrachten, indem
die gemeinsame Eigenthümlichkeit derselben lediglich darin
besteht, dass sie in der Anordnung der Kammern vom typischen
Baue der Milioliden abweichen; die Art der Abweichung aber
geschieht nach verschiedener Richtung. Hauerina und Vertebralina
(sammt Articulina) gehen über die Miliolen hinaus, sie zeigen in
der Anordnung der letzten Kammern schon den Peneropliden-
charakter in seinen Anfängen deutlich entwickelt, sie bilden die
deutlicken Übergänge von den Milioliden zu den Peneropliden.
Für solche Zwischenformen eine selbstständige Familie aufzu-
stellen, hat keine Berechtigung, man muss sie zu einem der beiden
Formenkreise bringen, an welche sie grenzen, und zwar wird es
besser sein, sie bei den Peneropliden unterzubringen, deren Merk-
male sie doch schon erkennen lassen.
Anders ist dagegen die Stellung von Ophthalmidium und
Planispirina; beide sind dadurch ausgezeichnet, dass die Zahl
der inneren, cornuspirinen, ungekammerten Windungen eine
verhältnissmässig grosse ist, und namentlich Ophthalmidium
behält dieses Anfangsstadium sehr lange bei. Dadurch stellen
sich die beiden Gattungen als solehe dar, welche in ihrer Ent-
wieklung nieht über den Miliolinentypus hinausgehen, sondern
denselben noch nicht voll erreicht haben; in der Anordnung der
späteren Kammern zeigen sich Abweichungen darin, dass nicht
genau zwei Kammern auf einen Umgang fallen, und zwar ist
dieser Unterschied ein derartiger, dass Ophthalmidium als eine
beginnende Miliolide betrachtet werden kann, welche den Typus
der Gruppe noch nicht in voller Reinheit zeigt, während allerdings
Verwandtschaftsyerhältnisse der Foraminiferen. 177
Planispirina nicht in dieser Art aufgefasst werden kann. Von
dieser Gestaltung aus ist keine fortschreitende Entwicklung zu
der echten Miliolidenform möglich, wir müssen die Gattung als
eine aberrante und spät gebildete Seitenreihe betrachten, die aber
in eine andere Familie als in die der Milioliden einzureihen, eben-
sowenig wie bei Ophthalmidium ein Grund vorhanden ist.
Als eine letzte Abtheilung wird dem Cornuspiridentypus oder
der Abtheilung der Porcellanea in der Regel noch die Familie
der Alveoliniden angefügt, welche in der That dieselbe Schalen-
structur zeigt, aber in äusserer Form, Aufrollung und Kammerung
so vollständig von allen anderen Porcellanschalern abweicht, dass
deren Hiehergehörigkeit mindestens zweifelhaft ist.
Die beiden nächsten grossen Typen der kalkschaligen Fora-
miniferen, der Textilaride und der Lituolide umfassen ausschliess-
lich poröse Formen; die Textilariden sind so gut durch ihre
äussere Gestalt gekennzeichnet, dass ich kein Wort darüber zu
verlieren brauche; der Zusammenhang der sandigen mit der
kalkigen Entwicklungsstufe ist hier ein so inniger, dass man in
einer Reihe von Gattungen Arten von verschiedener Schalen-
zusammensetzung vereinigt lassen muss. Eine Aufzählung der
Gattungen ist um so überflüssiger, als eine solche in Zittel’s
Handbuch der Paläontologie oder in Brady’s Challengerbericht
ausführlich zu finden ist.! }
1 Hier mag kurz eine sehr isolirt dastehende Gruppe von Formen
erwähnt werden, deren Bedeutung noch unklar ist, nämlich die kleine
Familie der Chilostomelliden mit den Gattungen Allomorphina, Chilostomella
und Ellipsoidina. Allen anderen Formen mit poröser Kalkschale stehen
diese Typen ganz fremd gegenüber, dagegen stellen allerdings Trochammina
galeata Br. und pauciforata Br. sandige Parallelformen zu Allomorphina
dar, wie das von Brady treffend hervorgehoben wurde. Es wird dadurch
natürlich die Vermuthung nahegelegt, dass die Chilostomellen einen selbst-
ständigen Stamm darstellen, der sich unmittelbar aus agglutinirenden
Formen entwickelt hat, wie dies mit einer Anzahl anderer Reihen der Fall
ist. Trotzdem sind hier die Schwierigkeiten für eine bestimmte Folgerung
sehr viel grösser als bei irgend einer der anderen Gruppe, denn einerseits
fehlen alle direeten Bindeglieder, wie wir sie sonst zu finden gewohnt
sind, anderseits tritt Allomorphina schon in der Kreideformation auf, während
die von Brady entdeckten sandigen Parallelformen nur lebend bekannt
sind. (Vergl. Brady’s Challengerbericht, S. 344, Taf. XL, Fig. 19 bis 23;
Taf. XLI, Fig. 1 bis 2.) Bei der Seltenheit und sehr geringen Grösse dieser
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XCV. Bd. I. Abth. 12
178 M. Neumayr,
Verwickelter gestalten sich die Verhältnisse bei den kalkigen
Vertretern des Lituolentypus; wir haben gesehen, dass aus der
Menge der normalen Lituolen sich namentlich zwei Gattungen
herausheben, bei welchen die Zusammensetzung der Schale
zwischen kalkiger und agglutinirender Bildung schwankt, und
welche gleichzeitig gewissen weitverbreiteten Typen der rein
kalkigen Entwicklung nahetreten. Diese beiden Gattungen sind
Nodosinella und Endothyra, und in der That können wir auf diese
eine Menge von weiter ausgebildeten Formen zurückführen. Nodo-
sinella besteht, wie oben erwähnt, aus einer gestreckten Kammer-
reihe mit endständiger Mündung, Endothyra aus einer spiralen
Kammerreihe mit columellarer Mündung.
An Nodosinella schliesst sich die grosse Familie an, welche
man in der Regel mit dem Namen der Lageniden belegt, von
der Ansicht ausgehend, dass die einkammerige Gattung Lagena
den Ausgangspunkt für diese ganze Abtheilung bilde; allein
diese Ansicht scheint nach dem heutigen Stande unserer Kennt-
niss als unrichtig; unter den Übergangsformen zwischen kalkiger
und sandiger Entwicklung kennen wir keine einzellige Lagena-
ähnliche Foraminifere, sondern nur gestreckte Typen, an welche
sich unter den rein kalkigen Gattungen Nodosaria zunächst an-
schliesst, diese müssen wir als den Ausgangspunkt betrachten,
und demgemäss ist auch der Name der ganzen Familie in Nodo-
sariden umzugestalten. / |
Auf die Zusammensetzung der Familie der Nodosariden
brauche ich nicht einzugehen, eine Änderung in der gewöhnlich
üblichen Fassung ist nicht nothwendig, dagegen müssen wir uns
hier mit den Merkmalen beschäftigen, welehe dieselbe ihren Ver-
wandten gegenüber auszeichnen. In der Regel liest man, dass die
Veränderlichkeit der Nodosariden so gross ist, dass man kaum
ein allgemein giltiges Merkmal angeben kann. Allerdings ist die
Formen ist es allerdings nicht unwahrscheinlich, dass ältere Trochamminen
von Allomorphinengestalt bisher nur der Aufmerksamheit entgangen sind
und noch gefunden werden, vorläufig aber sind die Anhaltspunkte zu
gering, um eine Folgerung zu gestatten. Ich führe vorläufig in der Schluss-
tabelle die Chilostomelliden nach dem Vorgange von C. Schwager hinter
den Textilariden au, ohne damit irgend eine nähere Beziehung zwischen
beiden Gruppen andeuten zu wollen.
Verwandtschaftsverhältnisse der Foraminiferen. 179
Mamnigfaltigkeit in der Gestalt eine überaus grosse, und viele
nehmen spirale Gestalt an, so dass im Umrisse kein wesent-
licher Unterschied von Endothyra mehr vorhanden bleibt. Da-
gegen ist die Stellung der Mündung immer sehr charakteristisch
und unterscheidet die Nodosariden mit Schärfe von allen Typen,
die sich an Endothyra anschliessen; die Mundöffnung ist bei
allen geraden oder gebogenen Formen ausnahmslos endständig,
bei den spiraligen stets ganz an die Externseite gerückt, was
weder bei den Rotaliden, noch bei den Globigerinen, Nonioninen
oder irgend einer der Gruppen der Fall ist, die verwechselt
werden könnten. Höchstens die seeundäre Mündung von Episto-
mina könnte bei oberflächlicher Betrachtung möglicherweise
Anlass zu einem Irrthume geben." Auch von den Buliminen,
welche manchen Polymorphinen sehr ähnlich werden, unter-
scheiden sich letztere stets durch die endständige Mündung.
Ausser der Stellung der Mündung können in zweiter Linie als
Merkmale gelten die glänzende Beschaffenheit und sehr feine
Porosität der Schale, deren einfacher Bau ohne Canäle und
Zwischenskelett, endlich die Verbindung der Kammern unter-
einander, welche so beschaffen ist, dass die Aussenwand der
älteren Kammern als Innenwand der jüngeren Kammern dient.
Für die zweite kalkige Hauptreihe des Lituolidentypus
bildet, wie schon erwähnt, die Gattung Endothyra den Ausgangs-
punkt, welche, abgesehen von der noch theilweise agglutinirenden
Schale, mit den einfachsten Formen sowohl von Nonionin« als
der Rotaliden in inniger Beziehung steht, so dass wir diese
unbedingt auf jene zurückzuführen berechtigt sind. In erster
Linie haben wir also die grosse Gattung Nonionina und die aus
ihr sich entwickelnden Polystomellen als Abkömmlinge der Endo-
thyren zu betrachten, und wir gelangen dadurch schon zu sehr
hoch entwickelten Foraminiferengehäusen; mit Nonionina steht
aber auch die Gattung Sphueroidina in engster Verwandtschaft,
welche sich anderseits aufs Innigste an Pullenia, Globigerina und
Orbulina anschliesst, so dass Sphaeroidina bald bei den Polysto-
1 Carpenteria hat endständige Mundöffnung die Bedeutung dieser
ganz abnorm gebildeten Gattung und ihre Stellung bei den Rotaliden ist
noch in hohem Grade zweifelhaft, ja dies gilt sogar von der Zugehörigkeit
zu den Foraminiferen.
12*
180 M. Neumayr,
melliden, bald bei den Globigeriniden eingereiht wird. In Wirk-
lichkeit stehen alle diese Typen in inniger Stammesverwandt-
schaft, so dass eine scharfe Scheidung nicht möglich ist, wenn
auch die extremsten Formen, wie Polystomella und Globigerina,
sich sehr weit von einander entfernen. In gleicher Weise sind
auch die Rotaliden diesem Stamme ausserordentlich genähert,
und das Auftreten von Formen wie Cymbalopora, welche Merk-
male von Globigeriniden und Rotaliden mit einander vereinigen,
zeigt, dass die vollständige Differenzirung all dieser Stämme ver-
hältnissmässig spät erfolgt ist. |
Über die Ausdehnung der drei Familien, welche sich aus
den Endothyren entwickeln, und über ihre Merkmale ausführlich
zu sprechen, ist wohl überflüssig, es sind diese Gruppen so genau
bekannt, dass eine nähere Besprechung überflüssig erscheint. Ich
hebe nur hervor, dass nach meiner Ansicht Sphaeroidina noch
bei den Polystomelliden untergebracht werden sollte, dass Spi-
rillina, Involutina und Problematina, die man bisweilen zu den
Rotaliden gestellt hat, wie oben gezeigt wurde, mit diesen nichts
zu thun haben, und dass die Gattung Patellina, deren Bau noch
äusserst unvollkommen bekannt ist, ebenfalls, wenigstens vor-
läufig, von der genannten Familie ausgeschlossen werden muss;
dagegen schliesse ich mich der Ansicht derer an, welche Amphi-
stegina bei den Rotaliden unterbringen.
Grosse Schwierigkeit bietet die richtige Deutung der beiden
boch organisirten Foraminiferenfamilien, der Nummulitiden
und der Cyeloelypeiden. Die letztere Abtheilung mit den
Gattungen Cycloclypeus und Orbitoides ist, ähnlich den imper-
foraten Orbieulinen und Orbitoliten, in erster Linie durch die ver-
wickelte eyklische Anordnung der Kammern, ferner durch das
sehr entwickelte Canalsystem ausgezeichnet; in jeder Richtung
weichen diese Gattungen so weit von allen anderen ab, dass eine
unmittelbare Verbindung mit irgend einer bekannten Sippe voll-
ständig fehlt. Immerhin tritt schon bei manchen Formen von
Planorbulina unter den Rotaliden cyklischer Bau der Kammern
auf, und noch weit mehr erinnern die aberranten Rotaliden 77no-
porus und Gypsina in der sehr verwicekelten Anordnung ihrer
Kammern an die Cycloclypeiden, so dass deren Herkunft von den
Rotaliden wenigstens sehr wahrscheinlich wird.
Verwandtschaftsverhältnisse der Foraminiferen. 181
Weniger bestimmt können wir uns über die Nummulitiden
äussern; als sehr wahrscheinlich darf angenommen werden, dass
mit dem typischen Vertreter dieser Familie, mit Nummulites, die
Gattung Operculina sehr nahe verwandt ist, wie das gewöhnlich
angenommen wird. Dadurch wird allerdings die Frage wesentlich
vereinfacht, indem wir nur die Beziehungen dieser einfacheren
Formen, nicht die der überaus hoch differenzirten Nummuliten
zu untersuchen brauchen; allein trotzdem ist eipe Entscheidung
kaum möglich. Von den verschiedenen Ansichten, welche in diese
Beziehung geäussert worden sind, bringt die eine die in Rede
stehende Familie mit den Nodosariden in Verbindung, die Num-
muliten wären also sehr hoch entwickelte Cristellarien; allein
obwohl auf den ersten Blick sehr viel für diese Auffassung zu
sprechen scheint, steht derselben doch in der columellaren Lage
der Mundöffnung bei Operculina ein unbedingtes Hinderniss ent-
gegen, und dieser Charakter würde die Nummulitiden eher an die
Endothyridenreihe anschliessen. In der That finden sich hier
manche Typen, die in wichtigen Merkmalen Anklänge zeigen, und
man kann ebensowohl einzelne Beziehungen zu Nonioninen als zu
Rotaliden, und namentlich zu Amphistegina herausfinden, allein
überzeugend und beweisend ist keine derselben, und wir müssen
in dieser Beziehung um so vorsichtiger sein, als Nammuliten schon
in der Kohlenformation vorzukommen scheinen, also in einer sehr
alten Zeit, in welcher die Differenzirung der Nonioninen wie der
Rotaliden noch nicht sehr weit fortgeschritten scheint. Anderseits
findet sich im Kohlenkalke die sehr sonderbare Gattung Archaeo-
discus, welche meist ebenfalls zu den Nummulitiden gestellt
wird. Allerdings weicht sie von diesen durch das Fehlen einer
eigentlichen Kammerung, eines verzweigten Canalsystems und
eine Reihe anderer Merkmale ab, und bei der ganz fundamentalen
Bedeutung dieser Unterschiede von den echten Nummulitiden
kann die Einreihung bei diesen nicht etwa bedeuten, dass wir
es in Archaeodiscus mit Formen zu thun haben, welche der De-
finition dieser Familie entsprechen und normale Glieder derselben
darstellen. Diese Anordnung kann nur den Sinn haben, dass
Archaeodiscus ein sehr wenig abgeändertes Überbleibsel jener
einfach organisirten Stammgruppe darstellt, aus welcher sich die
Nummulitiden entwickelt haben. Damit wäre natürlich die
182 - M. Neumayr,
Annahme einer Abstammung der letzteren von den Nonioninen
oder von den Rotaliden unvereinbar. Immerhin scheint mir trotz
gewisser unverkennbarer habitueller Übereinstimmungen der
"Abstand zwischen Archaeodiscus einerseits und einer Operculina
oder einem Nummulites anderseits so gewaltig, dass ein genetischer
Zusammenhang, wenn auch möglich, doch noch nicht als wahr-
scheinlich bezeichnet werden kann. So sehen wir uns bei dem
Versuche einer Deutung der Nummuliten einer Reihe von Mög-
lichkeiten gegenüber, ohne dass es vorläufig gestattet wäre, sich
für eine derselben zu entscheiden. |
Die letzte Gruppe der Foraminiferen, mit der wir uns zu
befassen haben, ist die merkwürdige Familie der Fusuliniden,
deren’ hoch entwickelte Formen schon in der Kohlenformation
ihre grösste Blüthe erreichen und von denen es noch nicht
erwiesen ist, ob irgend ein Vertreter sich bis in die Trias erhalten
hat. Die grosse habituelle Ähnlichkeit und das geschlossene
geologische Auftreten hatte von jeher dazu veranlasst, die ver-
schiedenen Typen, welche man heute in die vier Gattungen
Fusulinella, Fusulina, Hemifusulina und Schwagerina scheidet,
als zusammengehörig zu betrachten, ja man vereinigte dieselben
bis zu den wichtigen Arbeiten von V. v. Möller sogar in eine
einzige Gattung. Um so befremdender musste die Angabe dieses
Forschers erscheinen, dass Fusulinella sich in einem Merkmale
ersten Ranges von den drei anderen Gattungen unterscheide,
dass Fusulinella undurchbohrte, Fusulina, Hemifusulina und
Schwagerina poröse Schale besitzen. Demnach lag nach dem
Standpunkte der üblichen Eintheilung die Nothwendigkeit vor,
die Gruppe, welche alle Anzeichen natürlicher Zusammen-
gehörigkeit zu zeigen schien, zu zerreissen, und deren Theile in
durchaus verschiedenen Abtheilungen des Systems unterzubringen,
Fusulinella zu den Imperforaten, an die Seite von Alveolina,
Fusulina dagegen und ihre nächsten Verwandten zu den Per-
foraten und in die Nähe der Nummuliten zu stellen.
Dieser Weg wurde consequenterweise von Möller und
Zittel eingeschlagen, während Andere, namentlich Brady und
Schwager sich zu einer so einschneidenden Operation nicht ent-
schliessen konnten; sie fanden unter den Imperforaten keineForm,
mit welcher Fusulinella als verwandt betrachtet werden könnte,
\
Verwandtschaftsverhältnisse der Foraminiferen. 183
während die Beziehungen zu den Fusulinen, oder nach Schwager
zu Pullenia zu auffallend erschienen, um eine Absonderung von
den Perforaten zu gestatten. In dieser Richtung stimme ich mit
den genannten Forschern ganz überein, dagegen kann ich deren
Ansichten über die Art der Beziehungen nicht theilen. Brady
und Schwager nehmen an, dass Fusulinella in Wirklichkeit
doch porös sei, dass aber die Poren zu fein und die Erhaltung
zu ungünstig sei, um die Beobachtung der Durchbohrung zu
gestatten, aber Niemand hat die Poren trotz der massenhaften
Untersuchungen gesehen. Unter diesen Umständen ist die ganze
Annahme nur eine ÖConcession an die herrschende Auffassung,
dass die Structur der Schale das wichtigste Merkmal bei den
Foraminiferen bilde und die Trennung in Perforaten und Imper-
foraten die Grundlage des ganzen Systems bilden müsse. Die
Fusulinellen sind nicht schlechter erhalten, als andere Fora-
miniferen des Kohlenkalkes, an denen man die feinsten Structur-
eigenthümlichkeiten mit voller Sicherheit beobachtet, und wenn
Poren vorhanden wären, so wäre auch deren Beobachtung ge-
lungen, zumal es an Anstrengungen in dieser Richtung durchaus
nicht gefehlt hat. Es ist keine Berechtigung vorhanden, an der
Richtigkeit der Angaben von Möller zu zweifeln, und wir stehen
auch durch Anerkennung derselben durchaus vor keiner uner-
klärlichen Ausnahme, sondern wir finden hier nur die Bestätigung
der schon von Carter und Steinmann und an einer früheren
Stelle dieses Aufsatzes vertretenen Ansicht, dass der Porosität
der Schale nicht jene ausserordentliche Bedeutung zukommt, die
man ihr in der Regel beilegt. |
Die Deutung dieser scheinbar so verwickelten Verhältnisse
ist in Wirklichkeit eine sehr einfache; ein unmittelbarer Über-
gang zwischen Foraminiferen mit poröser und solehen mit com-
pacter Kalkschale scheint allerdings nirgends vorzukommen,
dagegen haben wir oben bei dem Cornuspiridentypus gesehen,
dass sich aus dem sandschaligen Ammodiscus einerseits die com-
pacte Cornuspiridenreihe, andererseits die poröse Spirilliniden-
reihe entwickelt und offenbar haben wir es hier mit einem durch-
aus analogen Falle zu thun. Wie früher erwähnt wurde, kommen
im Kohlenkalke auch sandige Schalen vor, welche mit Fusulinella
soweit übereinstimmen, dass sie von dieser Gattung nicht getrennt
184 M. Neumayr,
werden, und wir befinden uns also hier abermals an dem Über-
gange von der agglutinirenden zur kalkigen Entwicklungsstufe;
Fusulinella stellt die compacte, Fusulina mit Verwandten die
poröse Reihe dar, welche sich beide aus gemeinsamer Wurzel
entwickeln. So sehen wir auch hier wieder, dass die Auffassung,
welche die Sandschalen als die ursprünglichen Typen betrachtet,
allein eine einfache und naturgemässe Deutung dieser scheinbar
so verwickelten und schwierigen Verhältnisse gestattet.
5. Zusammenfassung.
Aus den älteren paläozoischen Ablagerungen sind nur
überaus wenige Foraminiferen bekannt, in grösserer Menge treten
dieselben zuerst im Kohlenkalke auf und diese älteste reichere
Fauna enthält eine sehr grosse Menge weit von einander ver-
schiedener und hoch differenzirter Typen, ja fast alle wichtigeren
Abtheilungen sind hier schon in wohl charakteristischen Ver-
tretern nachgewiesen. Es ist demnach der Versuch vollständig
aussichtslos, einen Stammbaum der Foraminiferen durch unmittel-
bare Zurückverfolgung aller einzelnen Reihen auf eine gemein-
same Stammform herzustellen, eine Erscheinung, welche sich bei
allen Classen der Wirbellosen wiederholt, welehe in dieser
Richtung näher geprüft worden sind.
Trotzdem liegen zahlreiche Anhaltspunkte zur Beurtheilung
der natürlichen Verwandtschaftsverhältnisse vor, es zeigte sich,
dass inderKohlenkalkfauna eine verhältnissmässig überaus grosse
Menge von agglutinirenden Formen vorhanden ist, dass ferner
eine Anzahl von Gruppen, die heute scharf von einander geschieden
sind, in der paläozoischen Zeit durch vollständige Übergänge
verbunden sind. Die nähere Untersuchung ergab, dass die kalk-
schaligen Formen weit mannigfaltiger entwickelt und theilweise
mit viel höher ausgebildetem Gehäuse ausgestattet sind, als die
sandschaligen, und dass Übergänge zwischen beiden Gruppen
nur in der Weise stattfinden, dass die tiefststehenden Kalkschalen
mit agglutinirenden Formen in Zusammenhang stehen und dass
alle Verhältnisse dafür sprechen, dass die ersteren sich aus den
letzteren entwickelt haben. Die einzelnen Formenreihen der
kalkigenTypen konnten in die sandige Entwieklungsstufe zurück-
verfolgt werden, und es zeigte sich in zwei Fällen, dass sich von
Verwandtschaftsverhältnisse der Foraminiferen. | 185
ein und derselben sandigen Grundform einerseits eine poröse,
anderseits eine compactschalige Reihe von kalkigen Gehäusen
entwickelt. Endlich ergibt sich, dass die ganz unregelmässig
gestalteten Astrorhiziden als der ursprünglichste Typus der Fora-
miniferen betrachtet werden müssen.
Auf diese Weise konnte ein den natürlichen Verhältnissen
entsprechendes System der ganzen Abtheilung aufgestellt werden,
welches sich von den jetzt in der Regel üblichen Eintheilungs-
arten vorwiegend durch die Berücksichtigung der Bedeutung der
agglutinirenden Typen und durch die Ablehnung einer aus-
schliessliehen oder ganz vorwiegenden Berücksichtigung der
Schalenstructur kennzeichnet. Wir sehen eine Anzahl von Formen-
reihen sich von dem ursprünglichen Ausgangspunkte einer
irregulär agglutinirenden Form entfernen, und parallele Abän-
derungsrichtung einschlagen, so dass die höchst organisirten
Vertreter der einzelnen Stämme in vielfacher Beziehung Analogie
und Ähnlichkeit zeigen. Natürlich maeht sich aber eine solche
Differenzirung und ein Fortschritt durchaus nicht bei allen Fora-
miniferen geltend; die Astrorhiziden scheinen nach der Schale zu
urtheilen, von Silur bis heute keine namhafte Ausbildung zu
höherer Gestaltung erlitten zu haben. Auf jedem Entwicklungs-
stadium ist eine namhafte Zahl von Formen zurückgeblieben und
hat sich so bis heute erhalten, und da bei der ausserordentlichen
'Veränderlichkeit aller dieser Thiere sich um jeden Typus ein
Varietätenkreis von grösster Vielgestaltigkeit gruppirt, so gewinnt
es in der That den Anschein, als ob die ganze Menge der Fora-
miniferen eine chaotische Masse schwankender Gestalten dar-
stellte. In Wirklichkeit aber ist auch hier eine einfache genetische
Gliederung und eine Anzahl fester Typen vorhanden, deren
Existenz um so merkwürdiger erscheint, als hier das die Bestän-
digkeit der Gruppen unter den höheren Thieren festigende Band
der sexuellen Fortpflanzung zu fehlen scheint.
Die Frage, ob die erzielten Ergebnisse über das morpho-
logische Verhalten der einzelnen Gruppen zu einander und das
geologische Vorkommen der einzelnen Übergangstypen, sich der
Annahme eines Abstammungsverhältnisses günstig gestalten,
kann entschieden in bejahendem Sinne beantwortet werden, da
die Verwandtschaftsverhältnisse eine einfache Verzweigung, ent-
186 M. Neumayr,
sprechend den Linien eines Stammbaumes zeigen, die wichtigsten
Übergangstypen, wie Endothyra, Nodosinella, Agathammina,
Fusulinella Struvei sich schon in sehr alten Schichten finden und
in diesen die agglutinirenden Formen stark zunehmen.
Ein zusammenfassender Rückblick auf die Verwandtschafts-
verhältnisse der einzelnen Foraminiferengruppen zu einander
scheint hier überflüssig, alle wiehtigeren Beziehungen treten in
der nachfolgenden Tabelle genügend hervor, welche die einzelnen
grossen Hauptreihen zu verfolgen gestattet.
INHALT.
1. Bisherige Eintheilung der Foraminiferen. . ... 2. 2. 2. 2.2. 156
2. Das Verhältniss der agglutinirenden zu den kalkschaligen Formen . 160
3. 2A&sglutinirende Kormen jun .ieriinieja ei sand A En 167
4. Kalkschalise Mormen, . 5.0.2. s4ndlen ne ee Kae 174
SPA USAMMERTASSUNE are N a ee ..:
at
EURE RK U RN
DE,
ir
Zu Seite 186.
Tabelle der natürlichen Verwandtschaftyerhältnisse unter den Foraminiferen.
Irregulär
agglutinirende Altrorhiziden
Entwicklungsstufe
4A. Cornuspiriden-Typus. pus €. Lituoliden-Typus. D. Fusuliniden-Typus.
Ammodisceus. Agglutinirende Textiyriden. Lituola im weitesten Sinne Fusulinella p. pP:
Silieina. (Haplophragmium, Haplo- Agglutinirende Formen.
Regulär Agathammina. stiche, Reophax u. 8. W.) (Vermuthlich an Endothyra
agglutinirende Trochammina. anschliessend.)
Entwicklungsstufe ‚Endothyra.
Stacheia.
Nodosinella.
u.8.W.
4A. Cornuspiriden-Typus. B. Textilariden-" pus. €. Lituoliden-Typus. E. Fusuliniden-Typus.
(Perforat und imperforat.) (Pexforat.) | (Perforat.) (Perforat und imperforat.)
1. Imperforate Reihe. Kalkschalige Textariden. | 1. Nodosarien-Reihe. 1. Imperforate Reihe.
a) Cornuspirinen. ? Chilostomellh ? Nodosariden. Fusulinella.
Cornuspira. | (Lageniden.) ‘ 2. Perforate Reihe.
b) Miliolinen. | ln getkyzen- Reihe: Fusulina.
Ophthalmidium. | @) EN DE AErEON- Hemifusulina.
rag, | Bi ii elliden. Schwagerina.
Spiroloculina. | onomun
Biloculina. | Sphaeroidina.
Triloculina. Bolstomellz,
© ; bh) Zweigreihe der Glo-
Quinqueloeulina. i B EEE
bigeriniden.
ce) Peneroplidinen. Globigerina,
Hauerina. EIER
Vertebralina. \ Rh
Pneroplis. c) Zweigreihe der Rota-
Kalkige Orbieulina. | alenn,
Entwicklungsstufe Orbitolites. 1 aa) Rotaliden.
?2d) Alveolinen. Cymbalopora.
2. Perforate Reihe. Discorbina.
Spirilliniden. Planorbulina.
Spirillina. Truncatulina.
Involutina. | Pulvinulina.
Prohlematina. | ‚Rotalia.
| Calcarina.
| Amphistegina.
| Tinoporus.
Carpentaria?
? bb) Cyeloclypeiden.
Oycloclypeus.
Orbitoides.
| Nummulitiden.
| Opereculina.
| Nummulites.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Ol. XCV. Bd. I. Abth,
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187
Anatomisch-systematische Studien über die Gattung
Rubus.
Von Dr. Karl Fritsch.
(Arbeiten des pflanzenphysiologischen Institutes der k. k. Wiener Uni-
versität. XXXV.)
(Mit 2 Tafeln.)
(Vorgelegt in der Sitzung am 31. März 1837.)
Eine Monographie der Gattung Rubus, d. h. eine solche,
welche sich nicht entweder auf einzelne Artengruppen oder auf
bestimmte Theile der Erdoberfläche beschränkte, existirt nicht.
Es ist auch zweifellos, dass eine allen Anforderungen entspre-
chende Monographie heute nur sehr unvollständig sein könnte,
da in Gebieten, die im Allgemeinen längst botanisch durchforscht
sind, noch fortwährend neue Formen entdeckt werden; und in
Europa tritt doch nur eine Untergattung (EubatusFocke) in zahl-
reichen Formen auf, während die übrigen Gruppen, die zum
Theil gleichfalls sehr formenreich sind, hier ganz fehlen (z. B.
Malachobatus Focke) oder doch nur einzelne Vertreter haben (wie
Idaeobatus Focke). Die erwähnte Untergattung Malachobatus,
welche dem ostindischen Florengebiete angehört, wurde aller-
dings nebst den übrigen „einfachblätterigen und krautigen Brom-
beeren“ von Otto Kuntze monographisch bearbeitet; ! aber
diese Monographie müsste erst umgearbeitet werden, um mit
den allgemein üblichen systematischen Prineipien in Einklang
gebracht zu werden.
Fasst man die Gattung Rubus im weitesten Sinne, so um-
fasst sie sehr heterogene Formen; man denke nur an Rubus Dali-
barda L., R. geoides Sm,, R. Chamaemorus L., R. Moluccanus L.,
R.IdaeusL., und R. australis Forst. Diese sechs Pflanzen wird jeder
unbefangene Beobachter für Vertreter eben so vieler Gattungen
1 Methodik der Speeciesbeschreibung und Rubus. Leipzig 1879.
183 K. Fritsch,
erklären, vorausgesetzt nämlich, dass ihm nur diese sechs Arten
bekannt sind. Mir scheint auch thatsächlich die Auflösung der
Gattung Rubus in mehrere Gattungen nur eine Frage der Zeit zu
sein; jedoch sind mir viele ausländische Arten noch so unvoll-
ständig bekannt, dass ich in dieser Beziehung keine positiven
Vorschläge zu machen wage. Der erste Schritt in dieser Richtung
ist ja bereits gemacht worden, indem man Untergattungen auf-
gestellt hat. Die meisten Verdienste hat sich hierin Focke
erworben, welcher in seinen „Batographischen Abhandlungen“ !
zwar nicht die Gattung Rubus als Ganzes, aber doch die Rubus-
Arten der einzelnen Erdtheile in Sectionen gruppirt, deren einige
er später * selbst mit dem Namen Subgenus bezeichnet. Voll-
ständig ausgearbeitet ist nur die Eintheilung der amerikanischen
Arten; wir finden da folgende zehn Sectionen: Dalibarda,
Chamaebatus, (R. pumilus Focke), Coptidopsis (R. pedatus Sm.),
Comaropsis (R, geoides Sm.), Chamaemorus, Cylactis (R. sawa-
tilis L.u. a.), Anoplobatus (bekanntester Vertreter R. odoratus L.),
Idaeobatus, Batothamnus (R. spectabilis Pursh u. a.) und
Eubatus. Die letzte Section zerfällt wieder in drei Untergruppen:
Oligogyni, Moriferi (die eigentlichen Brombeeren) und Stipulares.
In Europa sind von allen diesen Seetionen nur Chamaemorus,
Cylactis, Idaeobatus und Eubatus vertreten. In Asien kommt vor
allem die umfangreiche Section Malachobatus (Typus: R. Molue-
canus L.) dazu; ausserdem führt Focke als selbstständige
Gruppen noch an: Oligococci, Crataegifolüi, Corchorifolii und
Aesculifolü, von denen die beiden ersten sich an Malachobatus
anschliessen, während die dritte Beziehungen zu Batothamnus
zeigt; die vierte steht ziemlich isolirt. Afrika besitzt keine
endemischen Untergattungen. In Australien finden wir ausser
Vertretern der Sectionen Malachobatus und Jdaeobatus noch den
R. australis Forst. und seine Verwandten, welche ich mit dem
Sectionsnamen Micranthobatus bezeichne,? und (in Tasmanien)
den R. Gunnianus Lindl., dessen Stellung noch unklar ist.
1 Abhandlungen, herausgegeben vom naturw. Verein zu Bremen.
Band IV. 1874.
2 Synopsis Ruborum Germaniae. Bremen 1877. gi
3 Siehe meine Abhandlung: „Die Rubi Neuseelands“. Osterr. bot.
Zeitschr. 1886. Nr. 8. |
Studien über Aubus. | 189
Zu einer vollständigen Monographie gehört meines Erach-
tens auch das Studium des anatomischen Baues der betreffenden
Pflanzen. Wenn auch gegenwärtig die „anatomische Methode“
von vielen Systematikern kaum der Beachtung gewürdigt wird,
so ist es doch ausser Zweifel, dass man in nicht allzu langer Zeit
darüber anders denken wird und denken muss.! Gegenwärtig ist
der anatomische Bau sehr weniger Pflanzen auch nur annähernd
genau bekannt; von vielen finden sich zerstreute Angaben in der
anatomischen Literatur; sehr viele wurden aber überhaupt noch
nicht anatomisch untersucht. Wer das Literaturverzeichniss der
„anatomischen Systematik“ in Wigand’s „Botanischen Heften“?
ansieht, wird daraus ersehen, wie viel in dieser Sache noch zu
erforschen übrig bleibt.
Über die Anatomie der Gattung Rubus sind’ bis jetzt nur
sehr spärliche Angaben zu finden; die wichtigeren derselben
werden im Verlaufe meiner Arbeit angeführt werden. Mein Ziel
bei den vorliegenden Untersuchungen war zunächst das, einen
allgemeinen Überblick über den histologischen Aufbau der
Vegetationsorgane bei Rubus zu gewinnen; ich untersuchte daher
eine Reihe von Arten, welche als mehr minder typische Vertreter
der grösseren Untergattungen angesehen werden können. Ich
vermied die krautigen Arten vorläufig ganz, weil diese vom
eigentlichen Typus der Gattung abweichen. Erst wenn der für
die Gattung typische Bau bekannt ist, dann können erhebliche
Abweichungen auffallen und systematisch verwerthbar sein. Ein
zweiter Gesichtspunkt, der sich während meiner Arbeit ganz von
selbst fand, war der, nach anatomischen Unterschieden zwischen
den Untergattungen, beziehungsweise Artengruppen und ein-
zelnen Arten zu suchen. Ich werde also eine allgemeine
Beschreibung des Baues der Vegetationsorgane unserer Gattung
zu geben versuchen, hiebei aber ganz besonders auf jene Merk-
male Rücksicht nehmen, welche sich als systematisch verwerthbar
erwiesen, wie der Verlauf der Gefässbündel in den Blattstielen,
der Bau des Markes, die secundären Veränderungen der Rinde
ı Vergl. Radlkofer’s bekannte Festrede: „Über die Methoden
in der botan. Systematik, insbesondere die anatomische Methode.“
München, 1883.
2 Marburg, 18855.
190 K: Fritsch,
und die Trichome. Ich muss noch bemerken, dass ich über den
Bau der Wurzeln keine Mittheilungen machen kann, da mir zu
diesbezüglichen Untersuchungen kein genügendes Material zur.
Verfügung stand.
Da die Mehrzahl der Untergattungen bei uns gar nicht ver-
treten ist, so war ich grösstentheils auf Herbarmaterial und
eultivirte Pflanzen angewiesen. Letztere stammen zumeist aus
dem hiesigen k. k. botanischen Garten, die getrockneten Exem-
plare dagegen aus dem Herbarium des k. k. Hofmuseums. Für
die Erlaubniss der Benützung dieses werthvollen Materials spreche
ich hiemit dem Director des botanischen Gartens, Herrn Hofrath
Prof. v. Kerner, und dem Custos der botanischen Abtheilung
des Hofmuseums, Herrn Dr. Beck, meinen besten Dank aus.
‚Ich lasse nun das Verzeichniss der von mir untersuchten
Arten folgen.
I. Malachobatus.
Rubus alceaefolius Poir.
— chrysaphyllus Reinw.
— Fairholmianus Gard.
— KHili FF. Müll.
— reflewus Ker. Lebend aus dem Gewächshaus.
— Hasskarlii Mig. |
Herbarmaterial.
— acerifolius Wall. | DEREN
II. Oligococci.
Rubus acuminatus Sm. Herbarmaterial.
III. Crataegifolii.
Rubus crataegifolius Bge. Herbarmaterial.
Herbarmaterial.
‚IV. Anoplobatus.
Rubus odoratus L.
See Lebend aus dem Garten.
V. Idaeobatus.
| Rubus Idaeus L. Lebend an verschiedenen Standorten.
— strigosus Mchx.! Lebend aus dem Garten.
1 Nach Focke Subspecies des A. /daeus L., mit dem er auch ana-
tomisch vollständig übereinstimmt.
Studien über Rubus. 191
Rubus phoenicolusius Maxm. Lebend aus dem Garten.
— macropodus Ser.! Herbarmaterial.
VI. Batothamnus.
Rubus Hawaiensis A, Gr.
— spectabilis Pursh. Herbarmaterial.
— macropetalus Doug].
VII. Eubatus.
Rubus urticaefolius Poir. Herbarmaterial.
— plicatus Wh. et N.?
— thyrsoideus Wimm.?
— macrostemon Focke*
— tomentosus Borkh.’
— vestitus Wh. et N.®
— glandulosus Beil.’
— dumetorum W h.°®
— caesius L.
} Lebend.
VIII. Micranthobatus.
Rubus australis Forst.
— cissoides A. Cunn.’ » Herbarmaterial.
— -schmidelioides A. Cunn?
— squarrosus Fritsch. Lebend aus dem Gewächshaus.
1 Nach Focke = A. triphyllus Thunb.
2 Ich bin entschieden gegen den Gebrauch des Namens R. fruticosus
L., bei dessen Nennung man nie weiss, was für eine Pflanze gemeint ist.
3 Nomenclatur nach Focke’s Synopsis. Nach Halacsy wäre der
Name AR. candicans W eihe zu gebrauchen. Vergl. Kerner, Schedae ad fl.
exs. Austr.-Hung. III. S. 37.
* Über den Namen AR. discolor Wh. et N. vergl. Focke, Synopsis
S. 182—183.
5 R.tomentosus Willd. nach Kerner, Novae plantarum species III,
©...
6 Streng genommen hat der höchst unpassende Name R. leucostachys
Schleich. die Priorität. Vergl. Focke, Synopsis, S. 294.
” Ich wähle diesen Collectivnamen, da ich mehrere Formen von
Glandulosen untersuchte, die nicht alle genau bestimmbar waren.
8 Auch hierunter sind verschiedene „Sepincoli“ einbegriffen.
9 Originalexemplare!
192 K. Fritsch,
Die einheimischen Arten habe ich hier zum Zwecke einer
einheitlichen Nomenclatur alle nach Focke’s Synopsis benannt;
die ausländischen meist mit den Namen, unter denen ich sie im
Garten, beziehungsweise im Herbar vorfand, jedoch nicht, ohne
mich von der Richtigkeit der Bestimmung zu überzeugen. Die
Autornamen lasse ich in der folgenden Darstellung weg, da die-
selben hier zu finden sind.
Im Allgemeinen stimmt der anatomische Bau der Vegetations-
organe bei der Gattung Rubus mit dem für dieDicotylen typischen
überein. Die Epidermis besteht aus relativ kleinen Zellen, deren
Aussenwände manchmal (R. australis) sehr bedeutend, meist
aber nur schwach verdickt sind.! Unter derselben ist im Stengel
und Blattstiel stets ein Hypoderm von mindestens zwei Zelllagen
vorhanden, welches in den allermeisten Fällen als Collenchym
entwickelt ist (besonders schön z. B bei R. odoratus), manchmal
aber nur Andeutungen collenchymatischer Verdickung zeigt (so
im Blattstiel des R. squarrosus, Fig. 7). Nicht selten erscheinen
die Collenchymzellen am Querschnitt auffallend tangential
gestreckt und auch hauptsächlich an den Tangentialwänden ver-
‚ diekt, ähnlich wie in den Zweigen von Sambueus nigra L.
(R. alceaefolius, vestitus u. v. a., Fig. 10.) In den Kanten des
Stengels, die bei vielen Arten vorkommen, ist der Collenchymring
oft zu mächtigen Strängen erweitert. Jedoch entstehen diese
Kanten durchaus nicht hiedurch, sondern durch den Verlauf der
Blattspurstränge, worauf ich noch zurückkomme. Auch im Blatt-
stiel finden wir den Collenchymring an den Kanten — wo solche
vorhanden sind — breiter. Häufig führt das Collenchym sparsam
Chlorophyll, namentlich in den inneren Schichten, die oft allmälig
in das darunter liegende Parenchym übergehen.
Chlorophyllreiches Rindenparenchym ist in der Regel nur in
1—2 Zelllagen entwickelt, Fig. 10; reichlicher z. B. bei R. fomen-
tosus und anderen Eubatus-Arten, wo der Collenchymring stellen-
weise durch Gruppen chlorophyllführender Zellen unterbrochen
1! Manchmal erscheinen einzelne Epidermiszellen durch perikline
Wände getheilt, so dass die Epidermis stellenweise aus zwei Schichten
besteht (R. /deaus).
Studien über Rubus. 193
‚ist. Auch im Blattstiele finden wir nur spärliches Chlorophyll-
parenchym unter dem Collenehym, mit einziger Ausnahme des
R. squarrosüs, bei dem die Blattstiele zu Assimilationsorganen
geworden sind, da dessen Blätter fast gar keine flächenförmig
ausgebildeten Theile besitzen.* Bei dieser interessanten Pflanze
finden wir an der Oberseite des Blattstieles unter einem in der
Regel zweischichtigen, ziemlich dünnwandigen Hypoderm zwei
bis drei Lagen typischer Pallisadenzellen, welche an den Seiten
in die beiläufig isodiametrischen, etwas chlorophyllärmeren und
eine schmälere Schichte bildenden Parenchymzellen der Unter-
seite übergehen.” Diese letzteren Zellen entsprechen jenen, die
in den Blattstielen anderer Arten allein relativ reichlich Chloro-
phyll führen. Das Hypoderm zeigt an der Unterseite des Blatt-
stieles deutliche collenchymatische Verdickungen.? Schon makro-
skopisch fällt die dunkelgrüne Färbung der Blattstiele gegenüber
den hellgrünen Zweigen sehr auf; an der Unterseite sind die
Blattstiele etwas heller. Die Blättchenstiele, oder wenn man so
will, die von den Laminartheilen allein zurückgebliebenen Mittel-
rippen sind ähnlich gebaut, wie der gemeinsame Blattstiel. In
Figur 2 ist ein Blatt dieser merkwürdigen Pflanze abgebildet; den
anatomischen Bau des Blattstieles zeigen die Figuren 3 und 7.
Der grössere (innere) Theil des Rindenparenchyms im
Stengel der Rubus-Arten ist sehr arm an Chlorophyll; an ihn
schliesst sich, so lange kein Phellogen gebildet ist, direct die
Bastfaserzone an. Die Bastfasern sind in der Regel an die
Gefässbündel gebunden, jedoch breiten sie sich im Blattstiele
des R. squarrosus weit mehr aus als Weichbast und Xylem und
erscheinen daselbst sogar stellenweise als kleine selbstständige
1 Die in der anatomisch-physiologischen Literatur und in Gewächs-
häusern unter dem Namen „Rubus australis“ figurirende Pflanze ist grössten -
theils R. squarrosus. Aufgestellt habe ich diese Art in meiner oben eitirten
Abhandlung (Österr. bot. Z. 1886).
2 Sehr häufig findet man auch an der Unterseite Pallisadenparenchym,
aber immer in schwächerer Entwicklung als an der Oberseite. Es ist dies
auch in jedem einzelnen Blattstiel an der Basis anders als weiter oben. ‚
3 Heinrich Pick sagt mit Unrecht: „Kein Collenchym“. Seine kurze
Beschreibung des Blattstielbaues von „R. australis“ (recte squarrosus) ist
in der Inaug. Diss. „Beiträge zur Kenntniss des assimilirenden Gewebes
armlaubiger Pflanzen“ (Bonn 1881) enthalten.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl, XCV. Bd. I. Abth. 13
194 K. Fritsch,
Bündel (Fig. 7). Im Stengel besitzt bei allen untersuchten Arten
jedes Gefässbündel an der Aussenseite Bastfasern. Den im Blatt-
stiel verlaufenden Bündeln fehlen die Hartbastbelege oft stellen-
weise vollständig, so namentlich dort, wo sich zur Zeit des Laub-
falls die Trennungsschichte ausbildet (vergl. Fig. 4 und 5); ähn-
liche Beobachtungen haben bei vielen Pflanzen Wiesner ! und
Molisch ? gemacht. Vielleicht könnte man auf Grund obiger
Beobachtungen histologische Unterschiede zwischen den winter-
grünen und sommergrünen Rubus-Arten finden.’
Ich kann es nicht unterlassen, bei dieser Gelegenheit über
einige Eigenthümlichkeiten der Rubus-Arten in Bezug auf den
Laubfall zu sprechen. Stets bleibt ein kurzes Stück des Blattstiels
zum Schutze der Axillarknospe stehen. Häufig kommt es auch
vor, dass wenigstens bei einem Theil der Blätter der ganze
Blattstiel stehen bleibt, während sieh die Blättchen ablösen
(R. plicatus, strigosus, caesius u. a.). Bei R. caesius trifft man oft
auch die vertrockneten Nebenblätter noch im Frühjahre zu beiden
Seiten der jungen Knospe an, zu deren Schutze offenbar auch sie
beitragen.
Über die Beschaffenheit der Bastfasern ist wenig zu sagen.
Die Wandverdiekung ist oft eine sehr bedeutende (in welchem
Falle die Mittellamelle sich meist sehr deutlich abhebt, Fig. 9
' und 10), manchmal aber auch sehr schwach, namentlich in Blatt-
stielen (R. squarrosus). In der Regel findet man in den Wänden
zahlreiche Porencanäle.
Die zwischen den Bastfasern verlaufenden Markstrahlen
bestehen sehr häufig aus diekwandigen Zellen mit zahlreichen
Porencanälen (so bei allen untersuchten Arten der Section Mala-
chobatus), die sich oft auch in den Weichbast hineinziehen
(R. chrysophyllus) oder die Bastfaserbündel theilweise auch nach
aussen umgrenzen (R. macrostemon, Fig. 9). Diese Markstrahl-
1 Untersuchungen über die herbstliche Entlaubung der Holzgewächse.
Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss. Band 64.
2 Untersuchungen über Laubfall. Sitzungsber. d. kais. Akademie d.
Wiss. Band 93.
3 Über das verschiedene Verhalten der einheimischen Brombeerarten
in Bezug auf den Laubfall vergl. Focke, Synopsis, $. 19—20. Noch auf-
fallendere Unterschiede zeigen hierin die exotischen Arten.
Studien über Rubus. 195
zellen erscheinen am Querschnitt zum Theil isodiametrisch, in
der Regel aber (und oft bedeutend) tangential gedehnt, selten
schwach radial gestreckt; diesbezügliche Verschiedenheiten
kommen aber innerhalb einer Art, ja selbst in einem und dem-
selben Stengel vor. Auch in axialer Richtung sind diese Zellen
meist etwas in die Länge gezogen. In anderen Fällen sind diese
Markstrahlzellen dünnwandig oder es sind nur wenige dick-
wandige Zellen eingemischt (R. Idaeus).
Der Weichbast besteht aus Bastparenchym, Siebröhren und
(ob immer?) Längsreihen von kıystallführenden Zellen, die naclı
Hartig Krystallfasern, nach De Bary !' gekammerte Krystall-
schläuche zu nennen wären. Dieselben enthalten bei manchen
Arten Einzelkrystalle, bei anderen Drusen von Kalkoxalat,
worauf ich noch später zurückkomme. Kommen Drusen vor, so
sind dieselben gewöhnlich auffallend kleiner als die z. B. im
Mark vorkommenden, dasselbe gilt von den Zellen, welche sie
enthalten.
Das primäre Xylem besteht aus Schraubengefässen und
Holzparenchym; beiderlei Elemente bilden radiale Reihen.
Schon in sehr jungen Stengeltheilen liegen die Gefässbündel
enge neben einander, die primären Markstrahlen sind also sehr
schmal. An den Stengeln der meisten einheimischen Arten lassen
sich die Blattspurstränge äusserlich weit hinab verfolgen, da sie
nicht vollständig in den Bündelring eintreten, sondern Vorsprünge
desselben gegen aussen bilden; manchmal entstehen dadurch
sehr auffallende Kanten? (besonders schön an jungen Schöss-
lingen von R. tomentosus, Fig. 8), denen in der Regel auch eine
bündelartige Erweiterung des Collenchymringes entspricht. In
manchen Fällen kommt es sogar vor, dass ein Blattspurstrang
überhaupt erst dann in den Bündelring eintritt, nachdem er
nahezu 1 Ctm. weit oder darüber durch das Rindenparenchym
verlaufen ist, was dann dem Stengelquerschnitt ein ganz fremd-
artiges Aussehen gibt. Ich beobachtete solche Fälle (welche als
Anomalien anzusehen und durchaus nicht für die Species constant
1 Vergl. Anatomie der Vegetationsorgane, S. 145.
2 Entsprechend der Blattstellung 2/, finden wir einen fünfkantigen
Stengel.
13*
196 K. Fritsch,
sind) bei R. Idaeus, strigosus und einem vorläufig noch unbe-
stimmten Rubus aus der Gruppe der Corylifolii. Bei letzterer Art
fand ich ein solches Bündel vollständig concentrisch gebaut: mit
centralem Xylem und peripherem Phlo&m (Fig. 10 und 11).!
Als sehr charakteristisch für viele einzelne Arten
und Artengruppen erwies sich der Verlauf der Gefäss-
bündelin den Blattstielen. Aus dem Stengel treten in den
allermeisten Fällen drei Bündel in den Blattstiel ein (Fig. 8); ein
centrales (mit dem Phlo&m nach der Unterseite des Blattstiels
gekehrt) und zwei seitliche.” Es kommt übrigens häufig vor, dass
das centrale schon bei seinem Eintritte in den Blattstiel deutlich
aus drei unmittelbar aneinanderschliessenden Bündeln besteht.
Stets aber theilt sich jedes der beiden seitlichen Bündel nahe der
Basis des Blattstieles in zwei getrennte Bündel, deren eines sich
gleich darauf mit dem centralen vereinigt.” Im einfachsten Falle
verlaufen nun diese drei Bündel, von denen das centrale nach
Aufnahme der eben erwähnten Äste stets bedeutend grösser ist
und häufig einen halbmondförmigen Querschnitt hat, unverändert
bis in unmittelbare Nähe der Lamina, beziehungsweise bei
getheilten Blättern bis nahe zur Abzweigung der ersten Seiten-
blättchen. Daselbst spaltet sich regelmässig das centrale Bündel
in drei, deren mittleres bei einfachen Blättern den Medianus
bildet, während die beiden anderen, nachdem sie sich mit je
einem Ast der seitlichen Bündel vereinigt haben, als Seitennerven
weiter verlaufen.* Bei drei- bis fünfzähligen Blättern, wie sie
allen einheimischen Brombeeren zukommen, geht das mittlere
1 Concentrische Bündel ohne Hartbast fand ich bei R. Nutkanus am
oberen Ende des Blattstiels; Übergänge zum concentrischen Bau in einem
Blattstiel von R. odoratus.
2 „Medianstrang“ und „Lateralstränge“ Nägeli’s. Vergl. dessen „Bei-
träge zur wissenschaftlichen Botanik“. Heft I. Leipzig 1858.
3 Bei R. reflexus sind die’ seitlichen Bündel schon bei ihrem Eintritte
in den Blattstiel in je zwei gespalten.
* Einfache Rubus-Blätter sind in der Regel handnervig. Die Nervatur
verhält sich dann oft genau so, als ob die Blätter getheilt wären. Ein Blatt
von R.reflexus z. B. braucht man sich nur noch tiefer eingeschnitten zu
denken, so hat man ein fussförmig-fünfzähliges Blatt vor sich. Übergänge
von getheilten zu einfachen Blättern kommen bekanntlich bei vielen ein-
heimischen Arten (namentlich an Blüthenzweigen) häufig vor.
Studien über Rubus. 197
Bündel in den Stiel des Endblättehensweiter, während die beiden
seitlichen Äste die Seitenblättehen innerviren. Bei gefiederten
Blättern wiederholt sich derselbe Vorgang bei jedem Fiederpaare
(Idaeobatus). Der eben geschilderte Gefässbündelverlauf ist für
R. Idaeus und seine Verwandten charakteristisch, kommt aber
auch bei R. acerifolius Wall., acuminatus Sm., ferner nicht selten
bei R. caesius und bei schwach entwickelten Blättern anderer
Arten (A. dumetorum) vor. Bei den meisten Rubus-Arten jedoch
verzweigen sich die drei Gefässbiündel während ihres Verlaufes
im Blattstiel in der mannigfachsten Weise; diese Verzweigungen
nun im Verein mit der Form des Blattstielquersehnittes sind oft
gute Merkmale für Arten und Artengruppen. In manchen Fällen
dürfte ein Querschnitt durch die Mitte des Blattstieles genügen,
um die Gruppe zu erkennen (vergl. die Fig. 1, 3, 4 und 6); mit
Sicherheit kann ich das nicht behaupten, weil ich lange nicht
alle Rubus-Arten untersucht habe. Man verwendet bereits in der
Systematik das Merkmal, ob die Blattstiele oberseits rinnig oder
flach sind; in letzterem Falle sind gewöhnlich zwischen den
beiden seitlichen Bündeln an der Oberseite des Blattstiels andere
eingeschoben (R.glandulosus). Bei annähernd eylindrischem Blatt-
stiel finden wir meist einen ganzen Kranz von Bündeln
(R. squarrosus). Es eignen sich jedoch zur Untersuchung nur gut
entwickelte Blätter, bei zweijährigen Arten am besten solche von
Schösslingen,! da die Blätter der blüthentragenden Sprosse in der
Regel kleiner sind und auch eine einfachere (weniger charak-
teristische) Vertheilung der Gefässbündel zeigen. Im Allgemeinen
gilt die Regel, dass der Verlauf der Bündel um so constanter ist,
Je einfacher er ist; bei R. Idaeus habe ich in keinem einzigen
Blatte mehr als drei Bündel gesehen (an einem nahe der Mitte
des Blattstiels geführten Querschnitt), bei R. squarrosus dagegen
bietet fast jeder Blattstiel einen etwas anderen Bündelverlauf,
da bei dieser Art sehr eomplieirte Verzweigungen vorkommen.
Meine diesbezüglichen Beobachtungen gedenke ich noch durch
weitere Untersuchungen (namentlich einheimischer Arten) zu
vervollständigen und dann bei einer anderen Gelegenheit mit-
1 „Normalblätter* Focke’s; vergl. dessen „Synopsis Ruborum Ger-
maniae“, S. 12—13.
198 K. Fritsch,
zutheilen. Ich glaube, dass der Verlauf der Blattspurstränge,
beziehungsweise deren Anzahl und Anordnung, ganz im All-
gemeinen für die Systematik verwerthbar sein dürfte; es liegen
hiefür schon manche interessante Belege in der Literatur vor;
ich erinnere z. B. an Haustein’s ! Untersuchungen vieler
Rubiaceen und anderer Pflanzen.
Bezüglich des Markes muss ich vor Allem auf die Unter-
suchungen von A. Gris”* hinweisen. Derselbe unterscheidet
active und leere Zellen im Marke der dicotylen Holzgewächse,
deren erstere Jahre hindurch Inhalt führen (namentlich Stärke
und Gerbstoff), während die letzteren schon während des ersten
Vegetationsjahres inhaltsleer werden und dann nur noch Luft
führen. Ein Mark, in welchem sich (von den krystallführenden
Zellen abgesehen) nur active Zellen finden, nennt er homogen,
ein solches, in welchem auch leere Zellen vorkommen, heterogen.
Er hat Pflanzen aus zahlreichen Familien untersucht, unter
anderen auch 60 Arten von Rosaceen (aber, wie es scheint, nur
Arten der Gattung Rosa). Das Mark der Rosaceen ist heterogen,
wie auch sämmtliche von mir untersuchten Rubus-Arten bestätigen.
Trotzdem finden sich aber sehr bedeutende Verschiedenheiten in
der Vertheilung der activen und leeren Zellen. Gris bringt die
Rosen hiernach in drei Gruppen, als deren Hauptrepräsentanten er
Rosa dumalis, Rosa myriantha und Rosa spinosissima bezeichnet.
Ähnliche Beobachtungen über Rubus finden wir bei Treeul.
Derselbe hat zwar (von dem krautigen R. arcticus abgesehen)
nur Arten aus den Gruppen Idaeobatus und Eubatus untersucht,
aber doch schon zwei Typen in Bezug auf den Bau- des Markes
unterschieden. Den einen Typus repräsentirten AR. fruticosus,
glandulosus DC. und laciniatus, den zweiten R. corylifolius und
strigosus. Bei den ersteren bilden die activen Zellen („les cellules
& tannin“) zahlreiche Längsreihen, welche überall durch hori-
zontal gestreckte Zellen verbunden sind; zwischen ihnen befinden
1 Über gürtelförmige Gefässstrangverbindungen. Abhandl. der Ber-
liner Akademie 1857, 8. 77.
2 Me&moire sur la mo&lle des plantes ligneuses. Nouvelles archives du
mus6&um d’histoire naturelle, T. VL
3 Du tannin dans les Rosacees. Comptes rendus de l’acad. d. sc. &
Paris, T. LX. -
Studien über Rubus. 199
sich viel grössere luftführende Zellen. Bei den beiden Arten
R. corylifolius und strigosus jedoch sind diese Längsreihen viel
weniger zahlreich, meist nicht mit einander verbunden, und man
sieht daher am Querschnitt nur einzelne oder zu zwei bis drei
gruppirte active Zellen, nicht aber ein ganzes Netz von solchen,
wie bei R. fruticosus. Bei R. arcticus und rosaefolius sind diese
Zellreihen auf einzelne, ganz isolirte Schläuche („utrieules“)
zurückgeführt.! Trecul denkt auch schon daran, diese Ver-
schiedenheiten systematisch zu verwertben, indem er sagt: „Les
Rubus presentent deux types qui peuvent ötre utilises pour la
reunion ou la distinetion d’especes que certains botanistes
reunissent, tandis que d’autres veulent les separer, telles que les
R. fruticosus, glandulosus et corylifolius.“ Nach meinen Unter-
suchungen ist, wie aus der folgenden Darstellung ersichtlich ist,
der Bau des Markes nicht für die Unterscheidung einzelner
Arten, sondern ganzer Sectionen von Wichtigkeit. Die beiden
Typen Tr&cul’s entsprechen den Untergattungen Eubatus und
Idaeobatus. Zur letzteren Gruppe gehört R. strigosus Mchx. und
R. rosaefolius Sm.; über diese Arten ist wohl kaum ein Zweifel
möglich, obwohl Tr&cul keine Autornamen angibt; ebensowenig
über R. arcticus L. aus der Gruppe Cylactis. R. fruticosus,
glandulosus und laciniatus sind jedenfalls Vertreter des Subgenus
Eubatus; was für Arten dieser Gruppe Tre&ecul eigentlich unter-
suchte, ist hier gleichgiltig. Nur bezüglich des R. corylifolius
stehen Tr&cul’s Angaben mit meinen Beobachtungen in Wider-
spruch; alle von mir untersuchten Corykfolü haben nämlich den-
selben Bau des Markes wie die übrigen Brombeeren, nicht aber
den der Himbeeren.”
Die aetiven Markzellen sind mit Sicherheit natürlich nur
dann zu erkennen, wenn sie Inhalt führen, was von der Jahres-
zeit abhängig ist. Die Stärke ist selbstverständlich leicht nach-
weisbar; gerbstoffreiche Zellen aber fallen an frischem Material
1 Treceul hat ganz ähnliche Differenzen in der Vertheilung der gerb-
stoffhältigen Zellen in der Rinde gefunden; auf diese Verhältnisse habe ich
in meiner Arbeit keine Rücksicht genommen.
? Allerdings ist die Anzahl der horizontal gestreckten activen Zellen,
namentlich bei R. caesius relativ gering.
200 K. Fritsch,
in der Regel sofort durch ihre gelbbraune Färbung auf, welche
nach Behandlung mit Eisenoxydsalzen einer blauschwarzen Fär-
bung weicht. Sonstige Kennzeichen der activen Zellen, die aber
nieht immer scharf ausgeprägt sind, bieten ihre relative Kleinheit
und ihre mehr minder verdickten, reichlicher getüpfelten Wände.
Jedoch sind sie in manchen Fällen (R. odoratus) an Alkohol-
material kaum mehr zu erkennen.
An der Peripherie des Markes bilden active Zellen einen
continuirlichen Ring, welcher die Markstrahlen durch das Xylem
entsendet; diese peripheren Zellen sind auch dann etwas dick-
wandiger, wenn der centrale Theil des Markes aus durchwegs
dünnwandigen Zellen besteht (R. odoratus).
Im centralen Theil des Markes bilden die activen Zellen
entweder ein ziemlich dichtes Netz, d. h. zahlreiche Längsreihen
. mit vielen Anastomosen (Section Eubatus), oder sie bilden nur
wenige, selten anastomosirende Längsreihen (Section Jdaeo-
| batus).! Bei der Section Micranthobatus sind die activen Zellen
bedeutend in der Überzahl, so dass die leeren nur einzeln
zwischen ihnen auftreten. Bei R. australis sind sie dabei noch
ganz ausserordentlich verdickt, geradezu sklerenchymatisch zu
nennen, und von zahlreichen Porencanälen durchzogen. Auch bei
der Section Eubatus fallen sie schon im ersten Vegetationsjahre
durch dickere Wände und reichlichere Poren auf; bei der Section
Malachobatus sind sie aber oft nur durch keinere Dimensionen
zu erkennen und bei Anoplobatus gleichen sie den leeren Zellen
fast vollständig. Ich halte den Bau des Markes für eines
der wichtigsten Kennzeichen der Sectionen unserer
Gattung; die Resultate meiner diesbezüglichen Beobachtungen
sind bei der Übersicht der Seetionen am Schlusse dieser Arbeit
zusammengestellt. Hier will ich nur noch bemerken, dass auch
die Form der leeren Zellen verschieden ist; bei den Malacho-
batus-Arten sind sie ungefähr isodiametrisch, bei Jdaeobatus aber,
namentlich gegen die Peripherie zu, auffallend radial gestreckt
und dabei axial verkürzt (exel. R. macropodus). Bei der letzteren
Section sind auch die activen Zellen nur sehr spärlich getüpfelt,
während sie z. B. bei R. reflexus stellenweise so grosse, quer-
1 Diese beiden Fälle entsprechen den zwei Typen Tr&eul’s.
Studien über Rubus. 201
gezogene Tüpfel besitzen, dass man ihre Membranen geradezu
netzförmig verdickt nennen kann.
Gewöhnlich hat der eentrale Theil des Grundgewebes im
Blattstiele einen dem Marke des Stengels entsprechenden Bau;
namentlich dann, wenn ein ganzer Kranz von Gefässbündeln vor-
handen ist. Besonders schön abgegrenzt ist dieses „Mark“ des
Blattstiels z. B. bei R. urticaefolius.
Das secundäre Holz besteht bei Rubus der Hauptmasse nach
aus Faserelementen, die häufig theilweise gefächert sind; zwischen
denselben befinden sich Gefässe mit behöft getüpfelten Wänden
und (relativ spärlich) Holzparenchym. Sanio! gibt für R. IdaeusL.
einfaches und gefächertes Libriform an, nebst Tracheiden,
Gefässen und Holzparenehym. Ich konnte einen Unterschied
zwischen Libriform und Tracheiden nicht finden, da alle faser-
artigen Elemente des Holzes Hoftüpfel zeigen.” Schrauben-
förmige Verdickungen, wie sie an den Tracheiden von Rosa-Arten
zu sehen sind, sah ich bei keinem Rubus; ob dieses Merkmal
aber für die ganze Gattung Rosa charakteristisch ist, weiss ich
nicht. Wir haben es bei Rubus und den Rosaceen überhaupt mit
einer augenscheinlichen Mittelform zwischen Libriformfasern und
typischen Tracheiden zu thun. Solereder? gibt die Ausdrücke
„Libriform“ und „Tracheiden“ vollständig auf, und unterscheidet
nur einfach getüpfeltes und behöft getüpfeltes Holzparenchym.
Letzteres gibt er auch für die Rosaceen an.* Ob das „gefächerte
Libriform“ bei allen Rubus-Arten vorkommt, kann ich nicht ent-
scheiden; ich fand es übrigens bei sehr heterogenen Arten (so
R. alceaefolius, macropodus u. s. w.). Die Gefässe sind in der
Regel einfach perforirt; doch gibt schon Sanio und ebenso
Solereder für R. Idaeus L. das Vorkommen leiterförmiger
Perforation neben der einfachen an. Sehr stark geneigte, typisch
leiterförmig perforirte Querwände (wie bei unseren Betulaceen)
1 Botan. Zeitung 1863.
?2 Die Membranen wachsen nach Bildung der Hoftüpfel noch beträcht-
lich in die Dicke, wie man z. B. bei R. Hawaiensis, Hilki u. v. a. sehr schön
sehen kann.
3 Über den systematischen Werth der Holzstructur bei den Dicotyle-
donen. München 1885.
re. 111:
202 K. Fritsch,
beobachtete ich bei A. macropodus. Zwischen den behöft ge-
tüpfelten Gefässen des secundären und den schraubig verdickten
des primären Xylems kommen zuweilen einzelne Gefässe mit
netzförmiger Verdiekung oder mit sehr in die Quere gezogenen
Hoftüpfeln ! vor (R. Hawaiensis u. a.).
Die Markstrahlen des Holzes sind sehr ungleich breit — in
der Regel verlaufen zwischen je zwei breiten, primären Mark-
strahlen mehrere schmale, die häufig nur aus einer Zelllage
bestehen. Vielleicht könnten auch diese Verhältnisse zur Unter-
scheidung der Arten benützt werden; wenigstens fand ich z. B.
bei R. alceaefolius grösstentheils mehrreihige, bei dem nahe ver-
wandten R. Fairholmianus aber sehr viele einreihige Mark-
strahlen. Die einzelnen Markstrahlzellen sind mindestens ebenso
diekwandig wie die peripheren Markzellen, meist etwas radial
und noch mehr axial gestreckt (z. B. bei R. alceaefolius am
Tangentialschnitt bis zu zehnmal höher als breit).
Bekanntlich werden die Stengel unserer einheimischen,
strauchigen Rubi gewöhnlich nur zwei Jahre alt; leider hatte ich
aber auch von den ausdauernden Formen aus der Section Mala-
chobatus keine älteren Stämme zur Verfügung. Bei den Micran-
thobatus-Arten sind die Jahresringe im Holze dadurch leicht zu
erkennen, dass (im Frühlingsholze) plötzlich relativ viele und
weite Gefässe auftreten; eine scharf markirte Grenze ist aber
nicht vorhanden, sondern es gibt fast an jedem Querschnitt
Partien, wo dieselbe ganz verwischt ist. Bei R. Idaeus aber sieht
man nur mit grösster Mühe (und nicht bei jedem Stamm!) eine
schmale Zone mit engeren Gefässen, die der (einzigen) Jahres-
Yinggrenze entspricht; makroskopisch ist dieselbe zuweilen als
heller Ring deutlich sichtbar. Bei den Micranthobatus-Arten findet
man im Weichbast mehrjähriger Stämme Gruppen von Bast-
fasern, die jedoch keine auch nur annähernd geschlossenen
Ringe bilden; ob dieselben zu Beginn jedes Jahres entstehen und
daher Jahresringe im Baste markiren, konnte ich nicht mit
Sicherheit feststellen. Bei anderen Rubus-Arten fand ich den
Weichbast niemals durch Bastfasern unterbrochen.
1 Fast wie bei Vitis vinifera L.
Studien über Rubus. 203
Die Peridermbildung hat Höhnel! bei R. odoratus L. genau
_ studirt und.im Wesentlichen Folgendes gefunden: Das Phellogeu
bildet sich unmittelbar über dem Bastfaserring aus und erzeugt
in jedem Jahre mehrere Korkblätter, die sich ablösen und deren
jedes aus drei Zellschiehten besteht; die Zellen der mittleren
Sehichte sind diekwandig und verkorkt, die der beiden anderen
relativ dünnwandig und stark verholzt. Dieser letzteren Angabe
widerspricht Klebahn,? indem er angibt, dass die Phelloid-
zellen aus „reiner Cellulose“ bestehen. So lange ihre Wände
farblos sind, geben sie auch thatsächlich sehr deutlich die für
Cellulose charakteristische Reaetion mit Chlorzinkjod. Bei Be-
handlung mit Phlorogluein und Salzsäure färben sich jedoch nur
die Mittellamellen der Korkzellen roth.
R. ldaeus hat im Wesentlichen denselben Bau des Periderms.
Auch hier entsteht das Phellogen, wie schon Sanio° angibt, tief
in der Rinde, und zwar unmittelbar ausserhalb des Hartbastes;
auch hier bildet dasselbe abwechselnd eine Lage diekwandiger
Zellen mit farblosen Wänden (Korkzellen) und zwei Lagen dünn-
wandiger Zellen mit gelblichen Wänden, die zu jener Kategorie
des Phelloids zu stellen sind, welche Höhnel Il. c. als passives
Trennungsphelloid bezeichnet. Unregelmässigkeiten in der Aus-
bildung dieser zweierlei Zellschichten, wie sie Höhnel für
R. odoratus angibt, kommen bei R. Idaeus noch häufiger vor.
Jedoch haftet das Periderm von R. Idaeus weit fester am Stamme
als das von R. odoratus; die primäre Rinde löst ich im Laufe
des Winters mehr minder vollständig von den einjährigen
Stämmen ab; das Periderm aber löst sich nicht in einzelne leicht
abziehbare Blätter auf, obwohl eine solche Bildung von drei-
schichtigen Blättern anatomisch ebenso vorgebildet erscheint,
wie bei R. odoratus.
Leider war das mir zu Gebote stehende Material nicht hin-
reichend, um bei allen untersuchten Arten auch den Bau des
Periderms studiren zu können — namentlich jene Arten, von
1 Über Kork und verkorkte Gewebe. Sitzber. der kais. Akad. der
Wissensch. Bd. 76.
2 Die Rindenporen. Inaug. Diss. Jena 1884.
3 Vergleichende Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung
des Korkes. Pringsh. Jahrb. I.
204 K. Fritsch,
denen mir nur Herbarmaterial zur Verfügung stand, sind mir in
Bezug auf die späteren Entwicklungsstadien ihrer Stämme fast
ganz unbekannt. Die Arten der Section Malachobatus, welehe
ausdauernde Holzgewächse sind, haben gewiss einen ganz.
anderen Bau des Periderms als z. B. R. odoratus, da ihre Rinde
sich nicht ablöst.! Das eine konnte ich für zahlreiche Arten aus
allen Untergattungen feststellen, dass das Phellogen stets tief in
der Rinde entsteht, und zwar unmittelbar oder fast unmittelbar
ausserhalb des Hartbastes (s. Fig. 9). In Bezug auf die
Weiterentwicklung desPeriderms aber verhalten sich
die verschiedenen Arten, beziehungsweise Gruppen
ausserordentlich ungleich, was bis jetzt von den
Systematikern sehr wenig beachtet wurde, obwohl es
auch makroskopisch sehr auffallendist. Ich muss mich
hier auf eine kurze Übersicht dieser Verschiedenheiten be-
schränken.
Meine Beobachtungen erstrecken sich, wie bereits bemerkt,
fast nur auf diejenigen Arten, die mir lebend zur Verfügung
standen, also ausser den einheimischen Formen auf R. odoratus,
Nutkanus, phoenicolasius und squarrosus. R. refleeus kenne ich
nur in jungen Exemplaren. Die beiden untersuchten Arten der
Anoplobatus-Gruppe unterscheiden sich im Bau des Periderms
erheblich; bei A. Nutkanus haftet dasselbe — so wie bei
R. Idaeus — fest am Stamme und nur die Epidermis wird sammt
dem darunter liegenden Collenchym und Rindenparenchym
abgestossen. Auch finden wir bei R. Nutkanus nicht eine Differen-
zirung des Periderms in regelmässig gelagerte Korkzellen und
Phelloidzellen, wie sie bei R. odoratus vorkommt. Bei R. phoeni-
colasius fand ich nur an den ältesten Theilen dieker Schösslinge
die primäre Rinde abgestossen — darunter ist ein vollkommen
entwickeltes Periderm vorhanden — aber ebenfalls ehne die für
R. odoratus und R. Idaeus charakterisiische Differenzirung. Die
1 Kuntze (Methodik der Speciesbeschreibung) unterscheidet R. Molue-
canus L. (im weitesten ’Sinne) durch die festhaftende Rinde von „R. Anoplo-
batus (Focke),“ dessen Rinde sich ablöst. Soweit meine Beobachtungen
reichen, schliesst sich im Allgemeinen die Section Idaeobatus in dieser
Beziehung an Anoplobatus an (wie auch im Bau der Früchte und des Markes!)
— Eubatus und Mieranthobatus dagegen an Malachobatus.
Studien über Rubus. 205
Rinde des R. squarrosus haftet im Allgemeinen fest am Stamme,
wird aber später sehr rissig und unterscheidet sich hiedurch
wesentlich von der aller bisher besprochenen Arten, deren
Peridermoberfläche stets eine glatte (wenn auch der Länge nach
gestreifte) ist. Auch bei dieser Art finden wir keine Phelloid-
zellen vor.
Unter den einheimischen Eubatus-Arten kommt meines
Wissens nur bei R. caesius eine Ablösung der primären Rinde
vor! — wahrscheinlich auch bei anderen ihm nahestehenden
Formen der Corylifolii. Alle übrigen Arten behalten zeitlebens
die Epidermis; gleichwohl kommt es bei ihnen zur Anlage eines
Periderms (Fig. 9), was phylogenetisch interessant ist.” Das
Verhalten des R. caesius weist auf eine Verwandtschaft mit /daeo-
batus hin, welehe auch Focke hervorhebt.” Auch der Verlauf
der Blattspurstränge und die relativ geringe Anzahl activer
Markzellen bestätigen dieselbe. *
Physiologisch”merkwürdig ist das Fehlen der Lenticellen
bei allen meiner Untersuchung zugänglichen Arten. Für R. odo-
ratus und R. caesius hat Stahl’ diese Thatsache constatirt.
Klebahn hat in seiner erwähnten Arbeit bei einer Anzahl
lenticellenfreier Gewächse andere Durchlüftungsvorrichtungen im
Periderm gefunden;® bei AR. odoratus aber gelang es ihm nicht,
irgendwelche Intercellularen zwischen den Korkzelien nachzu-
weisen. Es lag nun der Gedanke nahe, sich experimentell davon
Zu überzeugen, ob das Periderm der genannten Pflanze that-
sächlich für Luft undurchlässig sei. Ich stellte daher nach den
von Wiesner’ angegebenen Methoden Versuche an. Zuerst ver-
schloss ich das obere Ende einer T-Röbre mit einem Stück
1 Stahl, Entwieklungsgeschichte und Anatomie der Lenticellen.
Botan. Zone 1873. Höhnel, Sitzber. der Akad. Bd. 76.
2 Weitere eh mögen lehren, ob auch krautige Rubi,
z. B. unser R. sawatilis L., ein Phellogen bilden.
3 Batographische Abhandlungen, S. 195.
* Interessant wäre eine anatomische Untersuchung der Bastarde von
R. caesius und J/daeus, namentlich in Bezug auf die Peridermentwicklung.
3iL.-e: 8.615:
6 L. e. 8. 582—587.
” Versuche über den Ausgleich des Gasdrucks in den Geweben der
Pflanzen. Sitzber. der kais. Akad. der Wissensch. Bd. 79.
206 K. Fritsch,
Periderm von &. odoratus und saugte Quecksilber auf; dasselbe
blieb tagelang auf derselben Höhe stehen. Dasselbe Resultat
lieferten Versuche mit Stammstücken, welche an der oberen
Schnittfläche verklebt, luftdieht in den kürzeren Schenkel einer
U-Röhre eingepasst waren. Ich verwendete anfangs absichtlich
ein Stammstück mit einer Blattnarbe, um mich zu überzeugen,
ob durch diese eine sehr lebhafte Transpiration möglich sei;
thatsächlich traten sofort bei Herstellung eines Überdruckes
Luftblasen aus — aber nicht durch das stehen gebliebene Stück
des Blattstiels, sondern seitwärts davon zwischen der primären
Rinde desselben und dem Periderm des Stammes. ! Stammstücke
ohne Blattnarbe liessen keine Luft durch das Periderm austreten
— beizu starkem Drucke bildeten sich manchmal Risse in der
Rinde. R. odoratus ist also zur Transpiration im Winter auf die
Blattnarben angewiesen.
Die Periderme der übrigen Rubus-Arten habe ich bisher
nicht auf ihre Durchlässigkeit geprüft; ich will dieselben im Zu-
sammenhang mit anderen lenticellenfreien Gewächsen noch ein-
gehender anatomisch und physiologisch studiren. So viel dürfte
aus meiner Darstellung gewiss zu entnehmen sein, dass die
secundären Veränderungen der Rinde bei unserer Gattung sowohl
dem Systematiker, als auch dem Physiologen eines näheren
Studiums werth erscheinen müssen. Nebenbei bemerkt, ist über
dieses Capitel auch von vielen anderen Rosaceen sehr wenig oder
gar nichts bekannt.
Die Blattlamina, welche bei der ausserordentlichen Mannig-
faltigkeit ihrer Ausbildung dem Systematiker sehr viele Unter-
scheidungsmerkmale bietet?, zeigt im anatomischen Bau wenig
Variabilität. Wenn auch Grösse, Anzahl und Vertbeilung der
Spaltöffnungen z. B. nicht immer gleich sind, so dürfte eine aus-
zedehntere Verwendung dieser Merkmale für die Systematik doch
kaum möglich sein. Vom typischen Bau der Dicotylenblätter
ı Das Periderm ist offenbar dort unterbrochen, wo die Gefässbündel
in den Blattstiel einbiegen.
2 Die Blätter mancher einheimischen Arten werden oft als „lederig“
bezeichnet (z. B. die des R. macrostemon); mit Rücksicht auf die derben,
wirklich 1:derartigen Blätter des AR. ausiralis können dieselben aber
höchstens als „subcoriacea“ bezeichnet werden.
Studien über Rubus, 207
weichen unter den untersuchten Arten nur die lederig-blättrigen
der Section Micranthrobatus (R. australis und cissoides) ' erheblich
ab, indem sich zwischen der oberen Epidermis und dem Pallı-
sadenparenchym der Lamina eine Schichte chlorophyllloser Zellen
ausbildet. |
Die Trichome sind bei Rubus von anerkannter
systematischer Bedeutung; ? jedoch von grösserer Wichtig-
keit für die Unterscheidung von Arten und kleineren Arten-
gruppen, als für die Abgrenzung der Sectionen. Man sollte aber
stets auf den Bau der Haare Rücksicht nehmen, wie
dies zwar theilweise geschieht, aber noch immer nicht in aus-
reichender Weise. Ich möchte bei dieser Gelegenheit darauf hin-
weisen, dass es ganz im Allgemeinen für die Systematik von
grossem Vortheile wäre, wenn man — anstatt ein Organ einfach
als „zerstreut behaart“ oder „filzig“ zu bezeichnen — immer
angeben würde, ob die betreffenden Haare einzellig oder mehr-
zellig, dünnwandig oder diekwandig sind, ob der Filz nur aus
einerlei oder aus verschiedenen Haaren gebildet wird u. s. w.
Man würde dadurch gewiss häufig neue Gesichtspunkte für die
Unterscheidung der Pflanzen gewinnen.
Bei den untersuchten Rubus-Arten fand ich (ausser den
Stacheln) drei Hauptformen von Trichomen:
1. Einzellige, einfache Haare (Fig. 1, 5, 6). Sie fehlen wahr-
scheinlich keiner einzigen Art gänzlich, denn selbst bei solchen,
die später fast ganz kahl erscheinen, findet man sie doch zahl-
reich an den jungen Stengel- und Blattanlagen (R. squarrosus).
Dieselben variiren sehr an Grösse, sind bald gerade, bald
schlangenartig gewunden, in der Regel ziemlich diekwandig und
mehr minder verholzt. Sehr häufig ist das Lumen an der etwas
zwiebelartig angeschwollenen Basis relativ weit und verengt sich
dann plötzlich zu einem linienförmigen. Häufig gehen zwei oder
mehrere dieser Haare aus einer Epidermiszelle hervor (R. thyr-
soideus, tomentosus u. v. a., Fig. 8). Die als Striegelhaare,
Büschelhaare, Sternhaare u. s. w. beschriebenen Formen gehören
durchwegs in diese Kategorie.
1 Von R. schmidelioides hatte ich keine Blattlamina zur Untersuchung.
2 Vergl. Focke, Synopsis, 8. 17.
208 K. Fritsch,
2: Mehrzellige, zartwandige Haare (Fig. 5). Dieselben be-
stehen aus einer Zellreihe und haben ein wenig auffallendes, oft
zweizelliges Köpfehen. Im collabirten Zustande sehen dieselben
oft sehr merkwürdig aus, manchmal z. B. wie mehrere über ein-
ander gestellte Sanduhren. Ich fand diese Haare bei den Mala-
chobatus-Arten und bei R. urticaefolius. Bei den einheimischen
Arten scheinen sie nicht vorzukommen.
3. Vielzellige Köpfchenhaare (Fig. 1). Sie werden in der
Systematik gewöhnlich als Stieldrüsen u. s. w. bezeichnet. Sie
sind bald sehr zart und klein (R. squarrosus), bald sehr mächtig
entwickelt (R. phoenicolasius). Eine Beschreibung ihres Baues
gibt Martinet.! Sie fehlen zahlreichen Arten, kommen jedoch in
allen untersuchten Untergattungen vor. Bei R. urticaefolius be-
sitzen die Borsten kein distinetes Köpfchen.
Was die Stacheln anbelangt, so haben die Untersuchungen
von Uhlworm? (an „AR. Hofmeisteri“? und R. Idaeus) und
Delbrouck* (an „R. fruticosus L.“, caesius L., Idaeus L.) das
interessante Resultat ergeben, dass dieselben echte Triehome
sind. Es ist dies ein sehr bemerkenswerther Unterschied gegen-
über den Stacheln der Rosen, welche als Emergenzen aufzufassen
sind, da auch das Periblem sich an ihrer Bildung betheiligt.
Ob das nicht bei den sehr kräftigen Stacheln mancher Rubus-
Arten auch der Fall ist, scheint mir noch nicht sicher festgestellt
zu sein.? Ich selbst habe mich mit der Entwicklungsgeschiehte
der Stacheln nicht beschäftigt. Jedenfalls bilden die kräftigeren
Stacheln — wenn auch selbst aus dem Dermatogen allein
entstanden — an ihrer Oberfläche häufig ein secundäres Derma-
togen, aus welchem dann wieder Trichome hervorgehen können.
Einfache Haare finden sich auf Stacheln häufig (namentlich nahe
dem Grunde derselben), zuweilen sogar lange, vielzellige Borsten
(R. urticaefolius). Bei dieser Art hätten wir also — wenn auch
1 Organes de secretion des vegetaux. Annal. d. sc. natur., serie 5.
2 Beiträge zur Entwicklung der Triehome. Bot. Zeitung. 1873.
3 Soll wohl heissen R. Hofmeisterianus Kth. et B.
4 Über Stacheln und Dornen. Diss. Bonn 1873, — Die Pflanzen-
stacheln. Bonn 1875. Bot. Abhandl. aus dem Geb. d. Morphol. und Physiol.
Herausg. v. Haustein.
5 Vergl. auchSuckow, über Pflanzenstacheln u. s. w. Diss. Breslau 1875.
Studien über Rubdus. 209
hier die Stacheln echte Triehome sind, ein Trichom, welches an
seiner Oberfläche selbst wieder zweierlei (vielleicht auch dreierlei)
Triehome trägt, die den Triehomen an den benachbarten Partien
des Stengels (oder Blattstiels) vollständig gleichen. Dazu kommt
noch, dass die (secundäre) Epidermis des ausgebildeten Stachels
eontinuirlich in die benachbarte primäre Epidermis übergeht. Es
liegt eben hier wieder ein Fall vor, den wir in unser der Natur
aufgedrungenes Schema nicht einzupassen vermögen.
Eine ausführlichere Beschreibung aller an den untersuchten
Arten beobachteten Triehomformen wäre hier wohl nicht am
Platze. Eine solche ist nur dann von Werth, wenn man sie direct
zur Unterscheidung der Arten verwendet; die von mir aus den
einzelnen Sectionen gewählten Arten sind aber ohnedies durch
viele andere Merkmale genügend charakterisirt. Noch will ich
erwähnen, dass Uhlworm in seiner oben eitirten Arbeit nicht
nur Stacheln, sondern auch einige andere Trichome beschreibt
und abbildet. |
Anhangsweise will ich hier über einige Inhaltsbestandtheile
der Zellen sprechen. Bei allen untersuchten Arten fanden sich
Stärke und Gerbstoff sowohl in der Rinde, als auch in den Mark-
strahlen und im Mark; sogar in den Stacheln kommen manch-
mal Reihen stärkeführender Zellen vor (R. dumetorum). Gleich-
_ falls in sämmtlichen Arten fanden sich Krystalle von oxalsaurem
Kalk: im Stengel hauptsächlich in Mark und Rinde, im Blatt im
Grundgewebe des Stieles und in gewissen Zellen der Lamina.
Eigenthümlich ist es, dass manche Arten fast aus-
schliesslich einfache Krystalle oder höchstens
Drusen von 3 bis 4 Individuen führen, während
andere nur typische Krystalldrusen zeigen. Ersteres
gilt für alle untersuchten Arten der Section Micranthobatus,
letzteres für die der Sectionen Anoplobatus, Idaeobatus, Batho-
ihamnus und Eubatus. Die Arten der Section Malachobatus
verhalten sich in dieser Beziehung verschieden; häufig ist der
' oxalsaure Kalk im Weichbast in einfachen Krystallen, dagegen
im Mark und im Blatt in Drusen abgelagert (R. Fairholmianus
Gard.). Bei R. acuminatus Sm. finden sich besonders grosse
Krystalle in der Blattlamina.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XCV. Bd. I. Abth, 14
210 K.Pritsch,
Behandelt man einen beliebigen Querschnitt durch einen
Rubus-Stengel mit Phlorogluein und Salzsäure (ich wendete zur
Controle wiederholt auch andere Reactionen an), so färben sich
intensiv roth die Elemente des Xylems und der Markstrahlen,
etwas schwächer die Bastfasern,' noch schwächer die Mark-
zellen.” Zuweilen werden die Bastfasern ebenso intensiv roth
wie das Xylem (R. acuminatus). Bei der eben genannten Art
erwies sich auch das Collenchym schwach verholzt, was eine
sehr interessante Thatsache ist. Noch muss ich bemerken, dass
in vielen Fällen die Färbung schon bei Anwendung von Salzsäure
allein eintritt (besonders schön bei R. odoratus, aber auch bei
R. Idaeus u. a.).
| Es folgt nun die anatomische Charakteristik der unter-
suchten Seetionen, welche übrigens noch der Vervollständigung
und Bestätigung durch Untersuchung weiterer Arten bedaıf.
I. Malachobatus Focke.?
(Anzahl der untersuchten Arten: 7.)
Active Markzellen meist mit grossen Tüpfeln versehen,
ziemlich dünnwandig, in nicht selten anastomosirenden Längs-
reihen angeordnet; leere Markzellen ungefähr isodiametrisch, auf-
fallend grösser, sparsamer und feiner getüpfelt. Der Blattstiel-
querschnitt* zeigt in der Mehrzahl der Fälle fünf Gefässbündel.
Rinde festhaftend, Peridermbau unbekannt. Oxalsaurer Kalk in
Drusen oder einfachen Krystallen abgelagert.
IV.° Anoplobatus Focke.
(Anzahl der untersuchten Arten: 2.)
Active Markzellen dünnwandig, sehr spärlich und fein
getüpfelt, in selten anastomosirenden Längsreihen angeordnet;
1 Die Mittellamellen derselben färben sich stets intensiver als die
übrigen Wandschichten.
2 Von Phelloid und Trichomen sehe ich hier ab.
5 Nach einjährigem Material.
* Unter „Blattstielquerschnitt“ verstehe ich hier immer einen nahe
der Mitte des Blattstiels geführten Querschnitt. |
5 Eine auffallende Ausnahme bildet R. reflexus. Vergl. Fig. 4.
6 Ich numerire hier die Sectionen wie vorne Seite 190—191.
Studien über Rubus. 211
leere Markzellen wenig grösser, am Querschnitt isodiametrisch
aber etwas axial verkürzt. Der Blattstielquerschnitt zeigt meist
(sechs bis) sieben Gefässbündel. Rinde in Form von Häuten sich
ablösend; Periderm aus regelmässig gelagerten Korkzellen und
Phelloidzellen bestehend.* Oxalsaurer Kalk in Drusen abge-
lagert.
V. Idaeobatus Focke.
(Anzahl der untersuchten Arten: 4.)
ActiveMarkzellendünnwandig, spärlich getüpfelt, in wenigen,
selten anastomosirenden Längsreihen angeordnet; ”* leere Mark-
zellen bedeutend grösser, die meisten auffallend radial gestreckt.
Der Blattstielquerschnitt zeigt (in allen beobachteten Fällen) drei
Gefässbündel. Primäre Rinde sich ablösend; Periderm fest-
haftend, bei AR. Idaeus aus Korkzellen und Phelloidzellen
bestehend. Oxalsaurer Kalk in Drusen abgelagert.
VII. Eubatus Focke.
(Anzahl der untersuchten Arten: 9.)
Active Markzellen mehr minder diekwandig, reichlich
getüpfelt, in zahlreichen, überall netzartig anastomosirenden
Längsreihen angeordnet;? leere Markzellen bedeutend grösser,
annähernd isodiametrisch. Der Blattstielquerschnitt zeigt in der
Regel einen ganzen Kranz von Bündeln, selten nur drei bis fünf
(R. caesius). Rinde festhaftend; Periderm sehr schwach ent-
wickelt.* Oxalsaurer Kalk in Drusen abgelagert.
VIII. Micranthobatus Fritsch.
(Anzahl der untersuchten Arten: 4).
Active Markzellen in der Überzahl, in älteren Stämmen oft
sehr diekwandig, reichlich getüpfelt; leere Markzellen wenig
grösser, ungefähr isodiametrisch. Blattstielquerschnitt mit einem
Kranz von Bündeln, welche übrigens oft die Tendenz haben, sich
zu drei grossen Bündeln zu vereinigen (R. cissoides). Rinde fest-
1 Das von der Rinde Gesagte gilt nur von R. odoratus als Typus der
Section.
2 Auch AR. rosaefolius Sm. hat nach Tre&cul diesen Bau.
3 Relativ wenige Anastomosen finden sich z. B. bei R. caesius.
* Auch hierin bildet R. caesius eine Ausnahme.
14*
212 K. Fritsch,
haftend; Periderm mächtig entwickelt. Oxalsaurer Kalk vor-
wiegend in Einzelkrystallen abgelagert.
Die Section Bathothamnus habe ich hier übergangen, weil
ich von den dahin gehörigen Arten nur sehr mangelhaftes Material
zur Verfügung hatte; in Bezug auf den Bau des Markes verhält
sie sich annähernd wie Eubatus. R. acuminatus Sm. als Vertreter
der Oligococci Focke’s) weicht von Malachobatus kaum ab; er
wird auch von Otto Kuntze zur „Gregiform R. Moluccanus“
gestellt. Auch R. erataegifolius Bge. (als Vertreter der Kuntze’
schen „Ramiform AR. versistipulatus“) rechtfertigt anatomisch
seine Stellung unweit Malachobatus. |
So fragmentarisch auch meine hier gegebenen Mittheilungen
sind, so hoffe ich doch, dass dieselben zu weiteren Unter-
suchungen anregen werden. Besonders interessant wäre die ana-
tomische Untersuchung der krautigen Rubus-Arten, die zum Theil
sehr erheblich vom Typus der Gattung abweichen. Dann sollte
man die Untersuchung auf verwandte Gattungen ausdehnen
(Geum, Potentilla, Fragaria, Comarum — Rhodotypus, Kerria
u. 8. w.) und nach anatomischen Charakteren der Gruppen
(Rubeen, Dryadeen etc.) suchen.
Für die Unterscheidung der einheimischen Formen aus der
Eubatus-Gruppe wird man freilich anatomische Merkmale wenig
verwerthen können; höchstens der Verlauf der Blattspurstränge
könnte vielleicht für manche Untergruppen einigermassen constant
sein. Nur AR. Idaeus ist leicht und sicher anatomisch von allen
anderen einheimischen Arten zu unterscheiden;! R. caesius nur
desshalb nicht, weil die Formen des A. dumetorum ihm oft sehr
nahe stehen. Zwischen Arten, die überhaupt nicht streng von
einander abgegrenzt sind, wird man gewiss keine sicheren ana-
tomischen Unterschiede finden. Es wäre aber möglich, dass die
charakteristischeren Formen, wie R. fomentosus oder R. ulmifolius
Schott, R. sanetus Schreb. u. a. auch an anatomischen Eigen-
thümlichkeiten zu erkennen sind. Der Systematiker wäre dann
in der angenehmen Lage, auch nicht blühende Sträucher oder
unvollständige Herbarexemplare bestimmen zu können. Versuche,
1 Wahrscheinlich gilt dasselbe von R. sawatilis L. und R. Chamae-
morus L.
Studien über Rubus. 213
sehr nahestehende Formen, wie z. B. die zahllosen „Arten“
unter den Glandulosen, anatomisch zu unterscheiden, müssen
freilich von vorneherein als fruchtlos bezeichnet werden. Dagegen
könnte man vielleicht auf theilweise anatomischer Grundlage,
namentlich unter Rücksichtnahme auf den Bau der Triehom-
formen, eine bessere Eintheilung unserer Brombeeren in Unter-
gruppen erzielen. !
Überhaupt kann nicht genug betont werden, dass
der Werth anatomisch-systematischer Studien haupt-
sächlich darin liegt, dass man durch sie Aufklärung
über die natürliche Verwandtschaft der Ordnungen,
Familien, Gattungen und eventuellen Artengruppen
erhält; dass dieselben aber für die Abgrenzung der
Arten — wenigstens bei der jetzt herrschenden Auf-
fassung des Artbegriffes — keine neuen Gesichts-
punkte schaffen werden.
Hiermit schliesse ich diesen kleinen Beitrag zur anatomischen
Systematik, jedoch nicht, ohne Herrn Prof. Dr. Wiesner für die
mannigfache Unterstützung bei meiner Arbeit meinen innigsten
Dank abzustatten.
1 Übergangsformen zwischen den einzelnen Gruppen werden allerdings
immer in grosser Zahl vorhanden sein.
Erklärung der Figuren.
— [2
Tafel I.
Fig. 1. Querschnitt durch einen Blattstiel von Rubus odoratus L., nahe der
Mitte desselben. Schematisch. Die Behaarung nur oben angedeutet.
Bezeichnung der Gewebe wie in Fig. 6. Vergrösserung circa 20,
„ . 2. Blatt von Rubus squarrosus Fritsch in natürlicher Grösse.
„» 3. Querschnitt durch einen Blattstiel von Rubus squarrosus Fritsch,
beiläufig im ersten Viertel desselben. Schematisch. chlp —= Chloro-
phyliparenchym, 5==isolirte Bastfaserbündel. In den Gefäss-
bündeln ist der Hartbast radial schraffirt, der Weichbast weiss
gelassen, das Xylem tangential schraffirt. Vergrösserung eirca 50.
214
Fig.
10.
dit
K. Fritsch, Studien über Rubus.
. Querschnitt durch die Mitte eines Blattstiels von Rubus reflexus
Ker. Schematisch. Epidermis und Hypoderm dunkel gehalten.
Hartbast punktirt, Weichbast radial, Xylem tangential schraffrt.
Behaarung weggelassen. Vergrösserung eirca 40.
. Querschnitt durch einen anderen Blattstiel von Rubus reflexus Ker.,
nahe der Basis. Schematisch. Bezeichnung wie in Fig. 4. Hart-
bast fehlt an dieser Stelle ganz. (Text p. 194.) Behaarung
an einer Stelle angedeutet. Vergrösserung circa 40.
. Querschnitt unterhalb der Mitte eines Blattstieles von Rubus stri-
gosus M chx.; könnte ebenso gut von A. /daeus L. sein. Schematisch.
Behaarung auf einer Seite angedeutet. st = Stachel (abgebrochen).
Hartbast dunkel, die übrigen Gewebe wie in Fig. 4. Vergrösserung
eirca 25.
Tafel II.
. Stück eines Blattstielquerschnittes von Rubus squarrosus Fritsch,
ep — Epidermis, Ayp = Hypoderm, chl = Chlorophyliparenchym.
hb = Hartbast, wd = Weichbast, x = Xylem, Abb —= Hartbast-
bündel. Vergrösserung eirca 150.
. Querschnitt durch einen jungen Schössling von Rubus cedrorum
Kotschy (nach Focke, Synopsis, p. 230, Form des R. tomen-
tosus Borkh.). Schematisch. Der Schnitt ist unmittelbar unter der
Einfügung eines Blattes geführt; le das centrale und 1s, 1s die
seitlichen Gefässbündel dieses Blattes; ebenso 2s, 2c, 2s die Bündel
des nächst höheren und 3s, 3c, 3s die des folgenden Blattes. Be-
haarung oben rechts angedeutet. Hypoderm durch eine Linie
abgegrenzt. Vergrösserung eirca 16.
. Stück eines Querschnittes durch einen einjährigen Schössling von
Rubus macrostemon Focke. rp=Rindenparenchym, ph—=Phellogen,
mst —= Markstrahlgewebe, Ab = Hartbast, wb = Weichbast. Ver-
grösserung eirca 240. |
Stück des in Fig. 11 abgebildeten Querschnittes. ep = Epidermis,
coll = Collenchym, cAl = Chlorophyliparenchym, fp = farbloses
Parenchym; 4b = Hartbast, «5 = Weichbast, x = Xylem des con-
centrischen Gefässbündels (ce in Fig. 11). Vergrösserung circa 220.
Stengelquerschnitt einer Form aus der Gruppe der Corykfolit (vergl.
Text, p. 196.) Schematisch. s— Stachel, seitlich durchschnitten.
ce = Concentrisches Gefässbündel, A —= Hartbastbündel (anomal). 1,
2, 3, 4, 5 die fünf kantenständigen Gefässbündel. 1, 2, 3 und e
gehen in das nächste Blatt. Hypoderm durch eine Linie abgegrenzt.
Hartbast schraffirt. Vergrösserung eirea 15.
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‚Sitzungsb. d. kais. Akad.d.Wiss.math.naturw. (1. XCV.Bd.L. Abfh 1887,
SITZUNGSBERICHTE
NAISERLICHEN ANADENNE DER WISSENSCHAFTEN,
MATHEMATISCH-NATORWISSENSCHARTLICHE CLASSE,
xXCV. Band. V. Heft.
ERSTE ABTHEILUNG.
Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik,
Zoologie, Geologie und Paläontologie.
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217
XI. SITZUNG VOM 5. .MAI 1887.
Der Secretär legt das erschienene I. bis V. Heft (Juni bis
_ December 1886) der I. Abtheilung, ferner das IV. und V. Heft
(November und December 1886) der II. Abtheilung und das Ill.
bis V. Heft (October bis December 1886) der III. Abtheilung des
XCIV. Bandes der Sitzungsberichte vor.
Die Direction des k. k. militär-geographischen Insti-
tutes setzt die Akademie in Kenntniss, dass das Mittags-
zeichen der Sternwarte dieses Institutes vom 1. Mai d. J. an-
gefangen nieht mehr nach dem Meridiane des St. Stefans-Thur-
mes, sondern nach jenem der Wiener Universitäts-Sternwarte in
Währing (demnach um 9 Secunden später als bisher) abgegeben
wird.
Das Geschäfts- Comit&E der deutschen Naturforscherver-
sammlung übermittelt ein Circularschreiben, laut welchem die
60. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte
vom 18. bis 24. September 1887 inWiesbaden stattfinden wird.
Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. E. Mach in Prag
übersendet eine Arbeit der Herren Dr. OÖ. Tumlirz und A.Krug:
„Über die Änderung des Widerstandes galvanisch
glühender Drähte mit der Stromstärke“.
Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. L. Boltzmann in
Graz übersendet eine Mittheilung: „Über einen von Prof.
Pebal vermutheten thermochemischen Satz, betref-
fend. nicht umkehrbare elektrolytische Processe“.
Herr Dr. M. Löwit in Prag übersendet die zweite Mittheilung
seiner Beiträge zur Leukämie: „Uber die Beschaffenheit der
weissen Blutkörperchen bei der Leukämie“. |
Der Secretär legt eine eingesendete Abhandlung von
Herrn Prof. Dr. A. Puchta in Prag: „Über einen Satz von
Euler-Brioschi-Genoechi“ vor.
218
Herr Prof. V. v. Lang überreicht eine Arbeit von Herrn Dr.
E. Lecher: „Neue Versuche über den galvanischen
Lichtbogen‘.
Das w. M. Herr Prof. v. Barth überreicht eine in seinem
Laboratorium ausgeführte Arbeit von Herrn Dr. J. Herzig,
betitelt: „Notiz über Isoduleit“,
Der Vorsitzende Herr Hofrath Prof. Stefan überreicht eine
für die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung: „Uber ver-
änderliche elektrische Ströme in dicken Leitungs-
drähten“. |
Herr Dr. Hans Molisch, Privatdocent an der Wiener Uni-
versität, überreicht eine im pflanzenphysiologischen Institute
ausgeführte Arbeit: „Über einige Beziehungen zwischen
anorganischen Stickstoffsalzen und der Pflanze“.
Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zu-
gsekommene Periodica sind eingelangt:
Goethe H.,Handbuch der Ampelographie. Beschreibung und
Classification. der bis jetzt cultivirten Rebenarten und
Trauben-Varietäten mit Angabe ihrer Synonyme, Cultur-
verhältnisse und Verwendungsart. Zweite, neu verbesserte
Auflage, Herausgegeben mit Unterstützung des k. k. Acker-
bau-Ministeriums. (Mit 99 Lichtdrucktafeln). Berlin, 1887; 4°.
Voyage of H.M. S. Challenger 1873—1876. Report of the
scientifie results. Zoology — Vol. XVII in two Parts, with
a Volume of Plates; Vol. XIX. London, 1887; 4°.
21%
X1I. SITZUNG VOM 12, MAI 1887.
Se. Excellenz der Herr Curator-Stellvertreter setzt
die Akademie mit hohem Erlasse vom 10. Mai in Kenntniss,
dass Seine kaiserliche Hoheit der durchlauchtigste
Herr Erzherzog-Curator in der diesjährigen feierlichen
Sitzung am 26. Mai erscheinen und dieselbe mit einer An-
sprache eröffnen werde.
Das Curatorium der Schwestern Fröhlieh-Stiftung
in Wien übermittelt die diesjährige Kundmachung über die Ver-
leihung von Stipendien und Pensionen aus der bezeichneten
Stiftung.
Das w. M. Herr Prof. v. Barth übersendet eine Arbeit
aus dem Laboratorium für allgem. und analyt. Chemie der k.k.
technischen Hochschule in Wien: „Über troeknende Ölsäu-
ren“ (IV. Abhandlung), von Herrn K. Hazura.
Das e. M. Herr Prof. C. Senhofer übersendet eine im che-
mischen Institute der Universität Innsbruck von dem Assistenten
Herrn Josef Zehenter ausgeführte Arbeit: „Über Brom-
derivate des Resorecins.“
Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen
vor: |
1. „Über einige Anwendungen der periodischen Rei-
hen“, von Herrn Prof. R. Mildner in Römerstadt.
2. „Uber die Mechanik des Muskels,“ von Herrn A.
Jarolimek in Hainburg.
Das w. M. Herr Intendant Hofrath F. Ritter von Hauer
überreicht eine für die Denkschriften bestimmte Abhandlung
unter dem Titel: „Die Cephalopoden des bosnischen
Muschelkalkes von Han Bulog bei Sarajewo“.
220
Das w. M. Herr Prof. Ad. Lieben überreicht eine in seinem
Laboratorium ausgeführte Arbeit des Herrn Dr. W. Fossek:
„Über Bestimmung des Kohlensäuregehaltes der Luft
in Schulzimmern“.
Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zuge-
kommene Periodica sind eingelangt:
Auwers, A., Die Venus-Durchgänge 1874 und 1882. Bericht
über die deutschen Beobachtungen. Herausgegeben im Auf-
trage der Commission für die Beobachtung des Venus-
Durchganges. IV. Bd. Berlin, 1887; 4°,
Ganser, A., Die Entstehung der Bewegung. Eine Kosmogonie.
Graz, 1887; 8°.
Vogl, A. E., Anatomischer Atlas zur Pharmakognosie. 60 Tafeln
in Holzschnitt. Heft I—IV (Schluss). Wien u. Leipzig, 1887;
7182.
Über einige Beziehungen zwischen anorganischen
Stickstoffsalzen und der Pflanze.
Von Dr. Hans Molisch,
Privatdocenten an der k. k, Wiener Universität.
(Arbeiten des pflanzenphysiologischen Institutes der k. k. Wiener
Universität XXX VL)
(Vorgelegt in der Sitzung am 5. Mai 1887.)
Die im Boden vorkommenden Nitrate, Nitrite und Ammoniak-
salze gehören zu den werthvollsten Nahrungsmitteln der Pflanze,
denn sie bedeuten für die meisten Gewächse die Hauptquelle, aus
welcher der Stickstoff zur Ernährung entnommen wird.
Bei der ausserordentlichen Wichtigkeit dieser Stickstoffsalze
für die ganze Entwicklung einer Pflanze muss es wohl sehr
befremden, dass manche ziemlich einfache und naheliegende
Beziehungen zwischen den genannten Stickstoffsalzen und der
Pflanze entweder noch völlig unbekannt geblieben oder nur
unvollständig klar gestellt sind: wir wissen, um nur auf einige
Lücken hinzuweisen, auf Grund der bisherigen Untersuchungen
nicht mit Sicherheit anzugeben, ob Nitrite in der Pflanze vor-
kommen, wir wissen nicht, welche Wandlungen die salpetrige
Säure und das Ammoniak nach ihrem Eintritte in die Pflanze
erfahren, ob dieselben hier, bevor sie zum Aufbau complieirter
Stiekstoffverbindungen (Eiweiss, Amidosäuren etc.) herangezogen
werden, erst eine Oxydation zu Salpetersäure durchzumachen
haben oder nicht. Desgleichen sind die in letzter Zeit von
Berthelot und Andre&! gemachten Angaben über die Entstehung
des Salpeters in der Pflanze einer Nachprüfung werth und ebenso
1 Sur la formation du salpetre dans les vegetaux. Comptes rendus
de l’Academie etc. Paris 1884, T. XCVIII und T. XCIX.
222 H. Molisch,
die bisherigen Versuche, die Gegenwart von Nitraten und Nitriten
im Gewebe der Pflanze zu erweisen, einer nachträglichen,
ergänzenden Untersuchung bedürftig. |
Alle die angedeuteten Fragen und eine Reihe von anderen
müssen gelöst werden, wenn die ersten Veränderungen, welche
die aufgenommenen mineralischen Stickstoffsalze in den pflanz-
lichen Geweben erleiden, erkannt werden sollen. Sind diese
Fragen beantwortet, dann ist eine wichtige Vorarbeit gelöst und
der erste Schritt zu einer genauen Kenntniss jener Stoffwandlungen
gemacht, welche mit der Aufnahme des Stickstoffsalzes beginnen
und mit dem Aufbau von Eiweiss enden.
I.
Über Vorkommen und Nachweis von Nitraten und Nitriten
in der Pflanze.
Vor etwa vier Jahren habe ich das von den Chemikern zur
Auffindung von Nitraten und Nitriten im Brunnenwasser ange-
wandte Diphenylamin und Brucin in die Histochemie eingeführt,
um die genannten Stickstofiverbindungen direet in der Pflanze
nachzuweisen. ! !
Von diesen beiden Reagentien hat sich ganz besonders das
Diphenylamin seiner grossen Empfindlichkeit für Salpetersäure
und salpetrige Säure wegen treffllich bewährt, im Gegensatz zum
Brucin, welches, wie ich schon seinerzeit betonte, minder gute
Dienste leistet.
Die Art und Weise der Bereitung des Diphenylaminreagens,
die Ausführung und der Verlauf der Reaction in Pflanzenschnitten
wurde von mir schon früher an anderen Orten genau angegeben,
weshalb ich einfach darauf verweise. Hier sei nur darauf hinge-
wiesen, dass mit Hilfe des Diphenylamins Salpeter in fast allen
geprüften krautigen phanerogamen und kryptogamen Pflanzen
nachgewiesen werden konnte, dass namentlich die Vertreter der
Ruderalflora sich als ungemein salpeterreich, als wahre „Salpeter-
pflanzen“ zu erkennen gaben, und dass schliesslich die Nitrate
sich vorzugsweise im Mark und Parenchym des Stengels in
1Über den mikrochemischen Nachweis von Nitraten und Nitriten in
der Pflanze mittelst Diphenylamin oder Brucin. Ber. d. deutsch. bot. Ges.
1883, Bd. 1, S. 150 u. e. w.
Bezieh. zw. anorgan. Stickstoffsalzen u. d. Pflanze. 223
grösster Menge vorfanden; in den unteren Stengeltheilen jedoch
im Allgemeinen in grösserer Menge als in den oberen.
Bei der Untersuchung der verschiedensten Pflanzen zeigten
die Holzgewächse insoferne ein eigenthümliches Verhalten, als
ihre Stengel die Reaction mit Diphenylamin nicht gaben. Ich
glaubte daraus auf den Mangel von Salpeter in den Holzgewächsen
schliessen zu können. Dieser Schluss war jedoch nicht berechtigt,
da, wie ich mich durch nachträgliche Untersuchungen überzeugte,
durch die Gegenwart grösserer Mengen von Holzsubstanz, bezie-
hungsweise der daraus unter dem Einflusse von Schwefelsäure !
rasch entstehenden Huminkörper die Reaction verhindert wird.
Imprägnirt man einen Fichtenspahn oder irgend einen Quer-
schnitt eines Baumzweiges mit einer verd. Salpeterlösung, welche
für sich allein die Reaetion mit Diphenylamin prompt gibt, und
tropft man hierauf Diphenylamin darauf, so färbt sich der Schnitt
braunschwarz, aber nicht blau. Und doch ist Salpeter vorhanden.
Reagirt man dagegen auf ein salpeterhältiges, unverholztes
Parenchym, so erhält man deutliche und schöne Blaufärbung. Im
ersteren Falle liegen viele verholzte Zellwände vor, der Holzstoff
gibt im Contacte mit concentrirter Schwefelsäure sofort Humin-
substanzen und diese verhindern die Reaction.
In einem Querschnitte durch einen krautigen Stengel (Ur-
tica, Amarantus, Capsella ete.) kommen namentlich im Xylem
wohl auch verholzte Zellen vor, allein diese treten gegenüber der
überwiegenden Masse unverholzter, salpeterführender Parenchym-
zellen so sehr zurück, dass eben nur kleine Mengen von Humin-
substanzen gebildet werden, welche die Reaction nicht sehr beein-
trächtigen können. Ich habe mich durch besondere Versuche
von der hemmenden Einwirkung der Huminkörper auf unsere
Reaction überzeugt. Erzeugt man sich solche aus krystallisirtem
Rohrzucker mittelst SO,H, und fügt man etwas davon einer ver-
dünnten Salpeterlösung bei, so gelingt mit dieser die Reaction
nur schwach oder gar nicht. Eingetretene Blaufärbung kann sogar
durch Schütteln mit Huminkörpern zum Verschwinden gebracht
werden. All diess erscheint begreiflich, wenn man bedenkt, dass
1Das Diphenylamin kommt nämlich in dieser Säure gelöst zur An-
wendung.
224 H. Molisch,
den Huminkörpern redueirende Eigenschaften zukommen, der
blaue, bei der Diphenylamin-Salpeterreaction entstehende Körper
aber ein Oxydationsproducet ist. !
Will man sich trotzdem überzeugen, ob Nitrate in den
Zweigen von Holzgewächsen auftreten, dann empfiehlt es sich,
von einem etwa 10 Ctm. langen Zweigstück Rinde und Mark zu
isoliren, beide in einer Schale mit wenig Wasser zu verreiben,
das Extraet zu filtriren, auf dem Wasserbad bis auf ein paar
Tropfen einzuengen und hierauf nach vollständiger Abkühlung
etwa ebenso viel Diphenylaminlösung als Flüssigkeit vorhanden
ist, hinzuzusetzen. -
In der beschriebenen Weise wurden Zweige verschiedener
Holzgewächse im Monate März, also noch im unbelaubten Zu-
stande, auf ihren Salpetergehalt geprüft und zwar mit folgendem
Resultate:
Fraxinus excelsior gab eine Spur der Reaction,
Sambucus nigra 5 H: “ „ »
Philadelphus coronarius ,„ f x „
Acer Negundo „ ” ” ” ”
Populus nigra ION, FERE 2)
Lonicera Sp. : . „ „ »
Syringa vulgaris gab keine Reaction,
Ligustrum vulgare Bi " „
Corylus Avellana 4 h
Salix daphnoides H R "
Unter den untersuchten Zweigen gaben die einen schwache
Reaction, mithin ein positives Resultat, die anderen ein negatives.
Es darf jedoch nicht verschwiegen werden, dass selbst in das
filtrirte Extract mitunter soviel von organischer, leicht in Humin-
körper überzuführender Substanz mitgeht, dass hiedurch die
1 Abgesehen von Salpetersäure und salpetriger Säure geben noch
andere stark oxydirende Körper mit Diphenylamin Blaufärbung z. B. Eisen-
chlorid, Kaliumpermanganat und Chromsäure. In der Pflanze kommen jedoch,
mit Ausnahme der Salpetersäure, so stark oxydirende Substanzen nicht vor,
weshalb wir die in den vegetabilischen Geweben durch Diphenylamin her-
vorgerufene Blaufärbung beruhigt auf Salpetersäure zurückführen können.
Auch von salpetriger Säure kann man absehen, da, wie ich zeigen werde,
diese in keiner der vielen geprüften Pflanzen aufgefunden werden konnte.
Bezieh. zw. anorgan. Stickstoffsalzen u. d. Pflanze. 225
Reaction zweifelsohne behindert wird. Aus einem negativen
Befund darf also auch hier noch nicht auf die Abwesenheit von
_Salpeter geschlossen werden.
Mit Rücksicht auf die Thatsache, dass man durch Hinzufügen
einer geringen Spur von Salpeter zu dem Extraet deutliche Blau-
färbung hervorrufen kann, zumal wenn der Schwefelsäure durch
Vermeidung jedes Schüttelns nicht sehr viel Berührungspunkte
mit der organischen Substanz geboten werden, folgt aus den
gemachten Beobachtungen jedenfalls das Eine mit Bestimmtheit-
dass im Allgemeinen die Menge des Salpeters, wenn
derselbe überhaupt vorhanden, in Holzzweigen im
Gegensatze zu zahlreichen einjährigen Gewächsen
eine geringeist.!
Worin der Grund für dieses verschiedene Verhalten ein- und
vieljähriger Gewächse liegen mag, darüber habe ich schon früher ?
eine bestimmte Vermuthung geäussert, indem ich sagte: „Wenn
man erwägt, dass die obersten Schichten des Bodens vorzüglich
Nitrate enthalten, und dass diese in den tieferen zu Nitriten und
diese schliesslich in noch tiefer gelegenen Bodenschichten zu
Ammoniak redueirt werden, so erscheint esnicht unwahrscheinlich,
dass die Bäume deshalb keinen (oder nur geringen) Salpeter-
gehalt aufweisen, weil diese mit ihren tiefgehenden Wurzeln zu-
meist nur Ammoniakverbindungen, aber keine Nitrate vorfinden“.
Das Eintreten einer Blaufärbung in Pflanzenschnitten nach
Behandlung mit Diphenylamin könnte entweder von Nitraten
oder von Nitriten oder von beiden zugleich herrühren. Ein posi-
tives Ergebniss mit unserem Reagens lässt also vollständig unent-
schieden, ob das eine oder das andere oder ob beides vorhanden
ist. Es wäre jedoch in vielen Fällen z. B. bei der Frage, ob
Nitrite überhaupt in der Pflanze vorkommen oder ob dieselben in
Nitrate übergehen oder aus den letzteren entstehen können, von
Wichtigkeit, Mittel zum Nachweis der salpetrigen Säure in der
1Für nur geringe Mengen Salpeters in Holzgewächsen sprechen auch
Beobachtungen von Monteverde. Vergl. darüber meine bereits eitirte
Abhandlung, S. 154.
2]. ec. 8. 154.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XCV. Bd. I. Abth. 15
226 H. Molisch,
Pflanze zu besitzen. Die ersten Versuche, Nitrite in Pflanzen zu
constatiren, rühren meines Wissens von Schönbein her. !
Ihm verdanken wir die Kenntniss der sehr interessanten
Thatsache, dass angesäuerter Jodkaliumstärkekleister von vielen
Pflanzensäften sofort mehr minder gebläut wird. Der genannte
Autor hielt ursprünglich Nitrite für die Ursache der Bläuung,
später gab er jedoch diese Ansicht auf und schrieb dem im
Pflanzenzensafte vorhandenen activen Sauerstoff die bläuende
Wirkung zu.
Da Schönbein’s Beobachtungen über das angebliche Vor-
kommen von Nitriten in der Pflanze ganz in Vergessenheit gerathen
zu sein scheinen, halte ich es für passend, aus dessen Abhand-
lung * Folgendes wörtlich anzuführen: „Unter allen von mir bis
jetzt untersuchten Pflanzen zeichnet sich das Leontodon taraza-
cum durch seinen Nitritgehalt ganz besonders aus, weshalb auch
von ihm zuerst die Rede sein soll. Ein Gewichtstheil der
frisch gepflückten und zerquetschten Blätter dieser Pflanze mit
100 Theilen reinen Wassers zusammengerührt ertheilt dieser
Flüssigkeit die Eigenschaft, durch schwach mit Schwefelsäure
angesäuerten Jodkaliumkleister sofort auf das Tiefste gebläut zu
werden. Auch die frischen Blätter von Lactuca sativa, Senecio
vulg. und erucaefolius, Lapsana commaunis, Sonchus oleraceus,
Dactylis glomerata, Plantago major, Mentha piperita, Thymus
serpyllum, Echium vulgare, Menispermum canadense, Magnolia
obovata, discolor, Yulan, glauca..... ., Syringa vulgaris, Hedera
Helix und viele Andere liefern wässerige Auszüge, welche durch
angesäuerten Jodkalium-Stärkekleister sofort mehr oder weniger
stark gebläut werden.“
Der Saft zahlreicher anderer Gewächse erhält nach Schön-
bein erst nach längerem Stehen an der Luft (12 bis 24 Stunden)
das Vermögen, Jodkalium-Stärkekleister zu bläuen (Blätter von
Spinacia oleracea, Datura Strammonium, Hyoscyamus niger,
Conium maculatum ete.), während wiederum der Saft anderer
Pflanzen, welchem Bläuungsvermögen von Anfang an zukömmt,
1 Über das Vorkommen salpetricht- und salpetersaurer Salze in der
Pflanzenwelt. Münchener Sitzungsber. 1862, 2, S. 320 u. 8. w
21.0.8. 321.
Bezieh. zw. anorgan. Stickstoffsalzen u. d. Pflanze. 227
diese Fähigkeit sehr bald, oft schon nach einigen Minuten verliert,
um sie nach längerer Zeit wieder in erhöhtem Masse zu gewinnen.
In allen diesen Fällen sollte — so dachte ursprünglich der
senannte Forscher — die Bläuung durch Nitrite bewirkt werden,
mithin salpetrige Säure im Pflanzenreiche weit verbreitet sein.
Wenn Schönbein später auf Grund von ihm selbst aufgefundener
Thatsachen diese seine Ansicht vollständig fallen liess und die
bläuende Wirkung obiger Pflanzensäfte auf das Vorhandensein
von erregtem Sauerstoff zurückführt,' so kann ich nach meinen
Erfahrungen dem nur beistimmen. Bevor ich überhaupt bei
meinen Literaturstudien auf jene Abhandlung kam, in welcher
Sehönbein seine ursprünglichen Behauptungen über das Vor-
kommen salpetriger Säure in der Pflanze widerruft, hatte ich
bereits folgende Einwände gegen seine erste Auffassung geltend
zu machen vermocht:
1. Bläuen abgesehen von Nitriten noch zahlreiche andere
oxydirende Substanzen, Jodkalium-Stärkekleister. Mit Rücksicht
auf unseren Fall ist vor Allem zu betonen, dass die Bläuung
ebenso gut von activem Sauerstoff herrühren kann, dessen Vor-.
kommen in der Pflanze nach den Untersuchungen von Schön-
bein? selbst, ferner von Traube,? Hoppe-Seyler* und
Reinke ° bewiesen ist.
2. Spricht der rasche Verlust des Bläuungsvermögens gegen
das Vorhandensein salpetrigsaurer Salze, wie aus nachstehendem
Versuche hervorgeht. Frisch, aus Blättern von Cineraria maritima
bereitetes Extract, welches Jodkalium-Stärkekleister bis zur Un-
durchsichtigkeit sofort bläute, wurde in zwei Theile getheilt. Der
eine wurde mit einer Spur einer 0°05/, Kaliumnitritlösung,
welche eben zur Bläuung des Jodkalium-Stärk ekleisters ausreichen
würde, versetzt, der andere wurde ohne derartigen Zusatz
1ÜÜber das Vorkommen des thätigen Sauerstoffs in organischen
Materien. Journal f. prakt. Chemie, Leipzig 1868, 8. 206 u. s. w.
2]. e. Vergl. ferner die Abhandlung: Über einige chemische Eigen-
schaften der Pflanzensamen, ebenda, S. 214 u. s. w.
3 Theorie der Fermentwirkungen, Berlin 1858.
4 Physiolog. Chemie, Bd. IV, $S. 838 u. s. w.
5 Die Autoxydation in der lebenden Pflanzenzelle. Bot. Ztg. 1883,
S. 65 u. s. w.
15*
228 HB. Molisch,
Janeben aufgestellt. Noch nach drei Tagen liess sich die zugesetzte
Menge von Nitrit mit Jodkalium-Stärkekleister nachweisen, wäh-
vend die nicht mit Nitrit versetzte Probe schon nach einer Viertel-
stunde ihr Bläuungsvermögen eingebüsst hatte. Würde Schön-
bein’s ältere Ansicht, die Pflanzenauszüge verlören deshalb ihre
Bläuungsfähigkeit, weil die darin vorhandenen Nitrite in kurzer
Zeit redueirt würden, richtig sein, dann wäre es nicht gut begreif-
lich, warum sich absichtlich zugesetzte Spuren von Nitriten ver-
hältnissmässig so lange in den Extracten halten sollten.
3. Ergaben unsere feinsten Reactionen auf Nitrite bei allen
etwa 100 darauf geprüften, sowohl kryptogamen, als phanero-
Samen Pflanzen, darunter auch viele, welche Jodkalium-Stärke-
kleister auf’s Intensivste bläuten, ein negatives Resultat. Es
wurden die drei besten Reactionen auf salpetrige Säure, welche
die heutige Chemie kennt, zur Prüfung herangezogen, ohne in
irgend einem der gewonnenen Pflanzensäfte auch nur die leiseste
Spur eines Nitrits auffinden zu Können.
Ich benützte die Reaction von A. Jorissen,! ferner die
beiden ausgezeichneten Proben von P. Griess mit Metadiamido-
benzol* und Sulfanilsäure-Naphtylamin. Bei meinen Versuchen
1 Vgl, Fresenius, Zeitsch. f. analyt. Chemie, 21. Bd., S. 210.
Nitritlösungen rufen, mit einer Fuchsinlösung in Eisessig (0:01 Grm.
Fuchsin in 100 CC. Eisessig) versetzt, eine Farbenwandlung hervor von roth
zu violett, blau und gelb, welch letztere Farbe bei Zusatz von Wasser im
Wesentlichen unverändert bleibt.
2 Berichte d. deutsch. chem. Ges. XI., pag. 624. Salpetrige Säure gibt
sich mit Metadiamidobenzol, das in verdünnter Schwefelsäure gelöst zu-
gesetzt wird, durch Gelbfärbung zu erkennen. Nach Griess kann noch
- Mgr. im Liter und noch weniger salpetrige Säure erkannt werden. Für
phytomikrochemische Zwecke eignen sich diese sowie auch die beiden
anderen Proben nicht, da die bei der Reaction auftretenden Färbungen,
obwohl in der Eprouvette selbst bei geringen Mengen sehr deutlich, unter
Mikroskop zu wenig intensiv sind.
Bei meinen Versuchen, das Metadiamidobenzol auch direct unterm
Mikroskop zu erproben, machte ich eine Beobachtung, die nicht ohne
interesse ist. Ich fand, dass alle verholzten Zellwände sich damit
schön dottergelb färbten; ei@ens in dieser Richtung angestellte Unter-
suchungen machten es gewiss, dass Metadiamidobenzol thatsächlich die
Bezieh. zw. anorgan. Stickstoffsalzen u. d. Pflanze. 229
leistete mir gerade die letzte Reaction, häufig combinirt mit
der Schönbein’schen Jodkalium-Kleisterreaction, vortreffliche
Dienste.! Ä
4, Ist das Vorkommen von Nitriten schon deshalb sehr
unwahrscheinlich, weil dieselben, wie ich ausführlich nachweisen
werde, gleich nach ihrer Aufnahme durch die Pflanze im Gegen-
satze zu den Nitraten mit auffallender Schnelligkeit zerstört
werden.
Fassen wir das Gesagte zusammen, so ergibt sich, dass
bisher in keiner einzigen Pflanze salpetrige Säure
(Nitrite) aufgefunden werden konnte und dass dieser
Befund vorläufig in der merkwürdigen Fähigkeit der
Pflanze, die Nitrite bei der Aufnahme sofort zu ver-
ändern, seine Erklärung findet.
Als weitere Consequenz dieser Thatsachen ergibt sich aber
ferner, dass, wenn bei Behandlung eines Pflanzenschnittes mit
Diphenylamin eine Blaufärbung eintritt, diese nicht von
Nitriten, sondern bloss von Nitraten herrührt.
Bevor ich dieses Capitel schliesse, will ich noch einige Beob-
achtungen mittheilen, die für die Kenntniss von der Vertheilung
sauerstofferregender und gleichzeitig Jodkaliumkleister bläuender
Substanzen von Interesse sind. Bisher hatte man gewöhnlich
ganze Pflanzen oder ganze Theile derselben mit Wasser verrieben
und das filtrirte Extraet mit Jodkaliumkleister zusammengebracht.
Trat Bläuung ein, so schloss man auf das Vorhandensein von
geringsten Spuren von Holzstoff (Lignin) und zwar durch Gelbfärbung
auzeigt, ähnlich dem von Wiesner vor längerer Zeit eingeführten Anilin-
sulfat. Metadiamidobenzol leistet als Holzstoffreagens in fünfpercentiger
wässeriger Lösung die besten Dienste.
1 Über diese Reaction von Griess vergl. Fresenius, Zeitschr. £.
analytische Chemie 18, 1879, pag. 597. Versetzt man eine Flüssigkeit,
welche nur eine Spur salpetriger Säure enthält, nachdem man sie mit reiner
S0,H, angesäuert, mit etwas Sulfanilsäurelösung und nach etwa 10 Minuten
mit einigen Tropfen einer durch - Thierkohle entfärbten schwefelsauren
Naphtylaminlösung, so tritt je nach der vorhandenen Menge entweder schon
nach wenigen Augenblicken oder erst nach längerer Zeit, oft erst nach _
mehreren Stunden eine schön rothe Färbung auf. Diese schöne und ausser-
ordentlich empfindliche Reaction wird durch organische Substanz nicht
behindert.
230 | H. Molisch,
Sauerstoff erregenden Substanzen, ob dieselben in dem betref-
fenden Organe gleichmässig vertheilt sind oder nicht, blieb
vorderhand unbeantwortet.
Ungemein lehrreich erscheint gerade mit Rücksicht auf den
letzteren fraglichen Punkt die ruhende Kartoffelknolle. Hier sind
nämlich jene Substanzen, welche Jodkaliumkleister zu
bläuen vermögen, auf eine ganz bestimmte Zone
und zwar auf das knapp unter der Schale liegende
Phellogen und die darangrenzende Krystalloide
führende Schicht beschränkt.
Ein parallel zur Oberfläche erzeugter und die beiden eben
genannten Gewebelagen enthaltender Schnitt färbt sich mit Jod-
kaliumkleister fast momentan, bei manchen Kartoffelsorten erst
nach einigen Minuten blau, während ein aus tieferen Partien der
Knolle stammender Schnitt in gleicher Weise behandelt, farblos
bleibt.! |
Dass die Kleister bläuenden Stoffe nur unterhalb der Schale,
auf eine verhältnissmässig dünne Zone beschränkt, vorkommen,
kann auch leicht gezeigt werden, wenn man die Schale so dünn
als möglich abträgt, mit wenig Wasser verreibt und das Ganze
filtrirt. Ein solcher Auszug bläut nach kurzer Zeit Jodkalium-
kleister auf's Intensivste. Dagegen vermögen Auszüge aus dem
inneren Kartoffelparenchym nicht nur Jodkaliumkleister nicht zw
bläuen, sondern die Bläuungsfähigkeit des Schalenextraetes
sogar zu vernichten, was um so auffallender ist, als in der ganzen
Kartoffelknolle, wie aus der Bläuung mit Guajakemulsion her-
vorgeht, Sauerstofferreger vorkommen. Im Inneren der Knolle
scheinen aber gleichzeitig Körper anwesend zu sein, welche die
Reaction des Phellogens auf Jodkaliumkleister behindern.
Warum gerade die Phellogenschicht und ihre unmittelbare
Umgebung verhältnissmässig so stark oxydirend wirkt, ob
deshalb, weil activer Sauerstoff hier in bedeutender Menge
oder weil er in besonderer Form auftritt oder aus anderen
Gründen, wage ich nicht zu entscheiden. Davon aber, dass das
Korkkambium der Kartoffelknolle in Contaet mit atmosphärischer
Luft Sauerstoff in erregter Form enthält und auffallend stärker
ı Eine Ausnahme machen im Innern vorkommende Fäulnissherde.
Diese bläuen sich gleichfalls intensiv.
Bezieh. zw. anorgan. Stickstoffsalzen u. d. Pflanze. 231
oxydirend wirkt als das tiefer liegende Gewebe, davon kann
man sich leicht mit Hilfe des neuen Wurster’schen! Reagens-
papieres überzeugen.
Der genannte Autor machte vor Kurzem die Chemiker und
Physiologen mit einigen neuen empfindlichen Reagentien zum
Nachweis minimaler Mengen activen Sauerstoffs bekannt, von
welchen bereits das Tetramethylparaphenylendiamin in Form von
Reagenspapieren im Handel ist. Die Papiere sind weiss und
färben sich im Contact mit activem Sauerstoff sofort blau, um
sich bei weiterer Oxydation wieder zu entfärben. Legt man nun
ein solches Papier so zwischen die beiden Hälften einer eben
aufgeschnittenen Knolle, dass das eine Ende tief im Innern liegt,
das andere aber über die Schale hervorragt, so entsteht bei Druck
genau da, wo das Korkkambium liegt, ein tiefblauer Streifen,
während sich das Innenparenchym erst viel später färbt.
Bei Kartoffeltrieben vermag nur die unterhalb der Vege-
tationsspitze liegende, aus sich theilenden oder noch streckenden
Zellen bestehende Zone Jodkaliumkleister zu bläuen, die älteren
ausgewachsenen Internodien jedoch nicht.
Bei Hypocotylen von Helianthus annuus haben — und dies
gilt auch für viele andere Pflanzen — die Kleister bläuenden
Sauerstofferreger vornehmlich in der Epidermis und deren
unmittelbarer Umgebung ihren Sitz.
Im Gegensatze zu den Kartoffeltrieben tritt jedoch bei den
basalen Stengeltheilen von Helianthus-Keimlingen die Bläuung
deutlicher ein als bei den oberen. Wurster’s Papier gibt, sobald
man den Sonnenblumenstengel mit einer frisch gemachten Quer-
fläche sanft aufdrückt, ein eigenthümliehes, ich möchte sagen,
anatomisches Bild: Epidermis und Gefässbündelkreis rufen blaue
Ringe hervor, während Mark und innere Rinde sich auffallend
weniger färben. Ähnliche Versuche mit Keimlingsstengeln von
Phaseolus multiflorus, Vicia sativa, Curcurbita Pepo und Zea Mais
durchgeführt, ergaben, dass die genannten Pflanzen Kleister
bläuende Stoffe nicht enthalten, Wurster’s Papier viel weniger
bläuen als Helianthus, dagegen Guajakemulsion durchwegs bläuen.
1 Berichte der deutsch. chem. Ges. 19. Jg. Berlin 1886, S. 319.
Uber einige empfindliche Reagentien zum Nachweise minimaler Mengen
activen Sauerstoffs.
232 H. Molisch,
Es liegt nicht im Plane meiner Arbeit, auf das mehr minder
localisirte Auftreten von Substanzen, welche Jodkaliumkleister
bläuen, näher einzugehen. Allein die vorangehenden Beobach-
tungen glaubte ich nicht verschweigen zu sollen, da sie eine neue
Thatsache zu Tage förderten und gleichzeitig anzeigen, in welchen
Organtheilen oder Geweben Oxydations-, beziehungsweise
Reductionsprocesse besonders energisch verlaufen.
11.
Über die auffallend rasche Veränderung von Nitriten inner-
halb der Pflanze.
Es ist hinlänglich bekannt, dass im Boden neben Nitraten
und Ammoniaksalzen auch häufig Nitrite vorkommen und dass
alle diese Salze je nach den im Boden herrschenden Bedingungen
ineinander übergehen können: bei mangelhaftem Sauerstoffzutritt
kann Salpetersäure bis zu Ammoniak redueirt, bei reichlichen
Sauerstoffzufluss dagegen wieder Ammoniak bis zu Salpetersäure
oxydirt werden. Bei den beständigen Wandlungen der anorgani-
schen Stickstoffsalze des Bodens wird die Pflanze zweifelsohne
oft in die Lage kommen, Nitrite aufnehmen zu können. Was
geschieht nun mit diesen Nitriten, werden dieselben in der Pflanze
zu Nitrat oxydirt oder werden sie redueirt? Über diese Fragen
sind bisher keine Untersuchungen angestellt worden, das Wenige,
was sich darüber in der Literatur vorfand, betrifft lediglich Ver-
muthungen, die sich als unriehtig herausstellen werden.
Nach einem in Liebig’s Agriculturchemie! mitgetheilten
Versuch von Goppelsröder könnte man auf den Gedanken
kommen, dass die von der Pflanze aufgenommenen Nitrite inner-
halb derselben eine Umwandlung in Nitrate erleiden. Goppels-
röder begoss nämlich eine in nitratfreier Erde wachsende
Runkelrübe von Zeit zu Zeit mit einer schwachen Lösung von
salpetrigsaurem Kali, fand jedoch im Rübensafte immer nur
Nitrate. Auf den ersten Blick scheint der erwähnte Versuch sehr
für eine Oxydation der Nitrite in der Pflanze zu sprechen, allein
wenn man bedenkt, wie rasch oft im Boden ein Umsatz von
salpetriger- zu Salpetersäure erfolgt, so ist klar, dass die Runkel-
1 9. Aufl. 1876, pag. 65.
Bezieh. zw. anorgan. Stickstoffsalzen u. d. Pflanze. 253
rübe, obwohl nur mit Nitriten begossen, doch Nitrate vorgefunden
haben könnte.
Soll daher die erste Veränderung der Nitrite bei ihrem Ein-
tritt in die Pflanze constatirt werden, dann darf ihr der Stickstoff
während der ganzen Dauer des Versuches eben nur in Form
salpetrigsaurer Salze geboten werden, eine Bedingung, die bei
Cultur in Erde nicht realisirbar ist. Ich dachte ursprünglich, der-
artige Versuche in Nährstofflösungen durchführen zu können,
allein auch hier stiess ich auf eine fast unvermeidliche Schwierig-
keit: die von den Wurzelhauben abgestossenen Zellen locken
nämlich sehr bald Bakterien an, unter deren Einfluss Fäulniss
und in weiterer Folge Nitrate entstehen können. Wenn auch nur
Spuren davon vorhanden sind, bemächtigt sich doch die Pflanze
ihrer ausserordentlich rasch, und so kommt es, dass auch hier
wieder salpetersaure Salze in der Pflanze gefunden werden,
ohne dass sie jedoch innerhalb derselben entstanden zu sein
brauchen.
Die Resultate, die.ich bei derartigen Culturen! in Nitrit-
lösungen erhielt, stimmten durchwegs in dem einen Punkte
überein, dass die Versuchspflanzen ( Phaseolus multiflorus, Vicia
sativa, Helianthus annuus, Zea Mais, Hordeum vulgare und
Cucurbita Pepo) niemals Nitrite, auch nicht in den geringsten
Spuren enthielten. Verschieden waren jedoch die Resultate darin,
dass unter zahlreichen Versuchspflanzen einzelne kleine Mengen
von Nitrat führten, was jedoch, wie durch nachstehende, nach
anderer Methode ausgeführte Versuche näher begründet werden
wird, nicht etwa auf eine Oxydation der Nitrite innerhalb der
Pflanze zurückgeführt werden darf, sondern auf die Aufnahme
von Nitraten, die in der Nährlösung in Folge der oben angedeu-
teten Einflüsse erst entstanden sind.
Bevor ich zu meinen weiteren Versuchen übergehe, sei noch
auf eine, nicht uninteressante Erscheinung hingewiesen, die ich
bei der Cultur von Keimpflanzen in Nitritlösungen oft zu beob-
achten Gelegenheit hatte. Es zeigte sich hiebei, dass bereits ver-
hältnissmässig verdünnte Lösungen von salpetrigsaurem Kali
. 1 Die Culturbedingungen waren abgesehen von der Nährlösung ebenso
wie bei den auf S. 240 mitgetheilten Versuchen.
254 H. Molisch,
(0:1 —0:05 °/,) auf verschiedene Pflanzen giftig wirken. Bohnen-
Sonnenblumen- und Maiswurzeln sterben in derartigen Lösungen
entweder vollständig ab, oder sie wachsen mindestens sehr lang-
sam. Diese Thatsache erscheint um so auffallender, weil die
Pflanze Nitrate in solcher und auch noch höherer Concentration
ganz gut verträgt, wie beispielsweise Culturen in Knop’schen
Nährstofflösungen beweisen, die ja 0:125°/, Salpeter enthalten,
Die schädliche Wirkung verhältnissmässig verdünnter Nitrit-
lösungen erkannten bereits Birner und Lucanus,? als sie Hafer-
pflanzen in Lösungen von 0:132°/, zogen. Nach meinen Beobach-
tungen wirken jedoch schon bedeutend verdünntere Lösungen
(0-1—0:01°/,) wachsthumhemmend. Bietet man hingegen ver-
schiedenen Keimpflanzen Nitrit in sehr geringen Mengen, etwa in
Lösungen, welche nur 0:005—0:002°/, KNO, enthalten, so
gedeihen sie wochenlang ganz gut, die Wurzeln bleiben gesund
und bilden reich verzweigte Wurzelnetze.
Schon oben wurde betont, dass bei der Entscheidung der
Frage, welche Veränderung Nitrite innerhalb der Pflanze erlei-
den, in erster Linie darauf geachtet werden muss, dass während
der ganzen Dauer des Versuchs der Pflanze nur Nitrite geboten
werden. |
Diese Bedingung zu erfüllen ist bei Culturen in Erde ünmög-
lich, bei Culturen in Nährlösungen, selbst bei häufigem Wechsel
derselben, aus bereits mitgetheilten Gründen schwer möglich.
Ich schlug daher einen anderen sehr einfachen Weg ein. Ich
tauchte Keimlingswurzeln bis zum Wurzelhalse auf wenige
Augenblicke in verdünnte Kaliumnitritlösungen (0 1°%/,—0:05°%%,)
und eultivirte sie sodann im dunstgesättigten Raume weiter. Beim
Herausziehen einer Wurzel aus einer solchen Lösung adhärirt
ziemlich viel Nitrit an der Oberfläche, wovon man sich leicht
durch Eintauchen der Wurzel in angesäuerten Jodkalium-Stärke-
kleister überzeugen kann. Sie wird hiebei momentan tief indigo-
blau. Eine derartige Bläuung unterbleibt jedoch vollständig,
nachdem die Wurzel 8 bis 24 Stunden im feuchten Raume ver-
weilt hatte; nach dieser Zeit ist weder an der Oberfläche, noch
1 Wasserculturversuche mit Hafer. In den landwirthschaftlichen Ver-
suchsstationen Bd. 8, Jahrg. 1866, S. 128 u. s. w.
Bezieh. zw. anorgan. Stickstoffsalzen u. d. Pflanze. 235
im Inneren der Wurzel, noch in den anderen Organen der Pflanze
eine Spur von Nitrit nachzuweisen. Aber auch nach Nitrat sucht
man vergebens. Daraus geht aber hervor, dass Nitrite durch die
Wurzel rasch zerstört, hiebei aber nicht oxydirt, sondern redueirt
werden. Zur Stütze des Gesagten sei folgende Versuchsreihe hier
mitgetheilt. |
Je zehn Keimlinge von Phaseolus multiflorus, Vieia sativa
und Zea Mais, deren Wurzeln eine durchschnittliehe Länge von
3 bis 5 Ctm. besassen und sich bisher auf feuchtem Papier ent-
wickelt hatten, wurden in der oben angegebenen Weise mit ihren
Wurzeln in eine 0:5°/, Kaliumnitritlösung getaucht und hierauf
im feuchten Raume aufgehängt weiter eultivirt. Nach 14 Stunden
war bei 26 Wurzeln nach Ausweis der Jodkalium-Stärkekleister-
und der Griess’schen Reaction alles Nitrit verschwunden, bei den
vier übrigen aber nur mehr in Spuren vorhanden.
Wesentlich dieselben Resultate erhielt ich bei Wurzeln von
Hordeum vulgare ‚und Cucurbita Pepo. Auch durch siedendes
Wasser getödtete Wurzeln zerstören in gleicher Weise, wenn
auch etwas weniger rasch, Nitrite, während mit Nitriten imbibirte
Filterpapierstreifen oder Baumwollfäden viele Tage, oft Wochen
lang eine derartige Zerstörung nicht vollbringen.
Versuche, welche mit Mais bei verschiedenen Temperaturen
(1—6° ©.) und (18—22° C.) durchgeführt wurden, lehrten, dass
die Reduction auch bei ziemlich niederer Temperatur, hier jedoch
etwas langsamer stattfindet.
Gegen den vorhin gezogenen Schluss, es werden Nitrite
durch die Wurzel zerstört und hiebei redueirt, könnte vielleicht
der Einwand erhoben werden, dass möglicherweise nicht eine
Reduction sondern eine Oxydation der Nitrite erfolge, dass
jedoch die Nitrate nur deshalb nicht nachgewiesen werden
können, weil sie sofort assimilirt werden.
Ein solcher Einwand wäre nur dann berechtigt, wenn that-
sächlich ein auffallend rasches Verschwinden von salpetersauren
Salzen in der Pflanze zu constatiren wäre. Dies ist aber durchaus
nicht der Fall, im Gegentheile, ich werde sogleich zeigen, dass
gerade Nitrate im grellen Gegensatze zu Nitriten sich
in der Pflanze verhältnissmässig auffallend lange
Zeit als solche erhalten.
236 H. Molisch,
Taucht man verschiedene Keimlingswurzeln in der kurz vor-
hin besprochenen Weisein eine wässerige O0 ' 1procentigeLösungvon
Kaliumnitrit, eine andere Partie davon in eine Kalisalpeterlösung
derselben Concentration und cultivirt sodann beide unter ganz
gleichen Bedingungen in feuchter Luft weiter, so kann man sich
leicht überzeugen, dass alles Nitrit innerhalb 24 Stunden ver-
schwindet, der Salpeter dagegen noch nach 3 bis 7 Tagen, mit-
unter noch länger in der Wurzel vorhanden ist. Obwohl also nur
eine Spur von Salpeter der Wurzel geboten wurde, so erhielt sich
derselbe doch gegen alle Erwartung auffallend lange, was offen-
bar gegen den erhobenen Einwand spricht.
Im Anschlusse hieran seien noch einige Versuche mitge-
theilt, welche gleichfalls für den langen Bestand salpetersaurer
Salze innerhalb der Pflanze sprechen.
Bohnen- und Maiskeimlinge wurden von Anfang her durch
12 Tage in Knop’seher Nährstofflösung, von starkem diffusen
Licht bestrahlt, gezogen, bis sie recht viel von Salpeter gespeichert
hatten. Hierauf zog ich die Keimlinge, nachdem ihre Wurzeln mit
destillirtem Wasser sauber abgespült worden waren, in eben
solchem Wasser weiter und zwar eine Partie im Lichte, eine
andere im Finstern. Von Zeit zu Zeit wurden nun Stengel und
Blattstiele auf Salpeter geprüft.
Nach 20 Tagen, während welcher die Keimlinge bedeutend
gewachsen waren, fand sich bei den Licht- wie bei den Finster-
pflanzen Salpeter noch in Menge vor, bei den letzteren jedoch,
nach der Intensität der Reaction mit Diphenylamin zu schliessen,
mehr als bei den ersteren. Wesentlich dasselbe zeigte sich nach
30 Tagen, nur war der angedeutete Unterschied zwischen den
Pflanzen im Lichte und den im Finstern etwas auffallender;
offenbar ein Beweis, dass die Assimilation des Salpeters durch
das Licht begünstigt wird.
Abgeschnittene und mit ihren Schnittflächen in destillirtem
Wasser eingestellte salpeterreiche Zweige von Tradescantia Sp.,
Goldfussia isophylla, Eupatorium adenophorum Sprgl. Boehmeria
polystachya, Hedera Helix und Selaginella Martensii verbrauchen
gleichfalls sowohl im Liehte als im Finstern ungemein langsam
den aufgespeicherten Salpeter. Trotzdem sich viele der Zweige
bewurzeln und nicht unbedentend wachsen, bleibt Salpeter noch
Bezieh. zw. anorgan. Stickstoffsalzen u. d. Pflanze. 237
nach 1 bis 2 Monaten nachweisbar. Dies ist nur durch den lang-
samen Verbrauch des bereits in den Zweigen vorhandenen
Salpeters und nicht etwa durch eine innerhalb derselben erfolgende
Neubildung von Nitrat zu erklären, da, wie in einem besonderen
Capitel noch näher auseinandergesetzt werden soll, eine Ent-
stehung: von Nitraten in der Pflanze nicht vorkömmt.
Ich kehre nun wieder zur Zerstörung der Nitriten durch die
Pflanze zurück und gehe an die Schilderung anderer neuer Ver-
suche, welche die reducirende Wirkung der Pflanze auf Nitrite
ebenfalls deutlich demonstriren. /
In kleine Bechergläser, welche etwa 20-30 CC. einer
0:002°/, Kaliumnitritlösung enthielten, wurden drei Wochen alte,
im Brunnenwasser erwachsene Bohnenkeimlinge (Phaseolus
multiflorus) mit ihren, in destillirtem Wasser gut abgespülten
Wurzeln eingesenkt. In jedes Becherglas kam eine Bohne mit
reich entwiekeltem Wurzelnetz. Je verzweigter das letztere ist und
je geringer die vorhandene Menge der Nitritlösung, desto besser
gelingt der Versuch. Die Experimente verliefen im Lichte bei
einer Temperatur von 18—22° C. Zur Controle wurde eine
Nitritlösung derselben Concentration ohne Bohne aufgestellt. Von
Zeit zu Zeit wurde nun mit angesäuertem Jodkaliumkleister und
der Griess’schen Reaction anf Nitrit geprüft, wobei sich zeigte,
dass nach 5 Stunden bei einzelnen und nach 20 Stunden bei
allen alles Nitrit aus der Lösung verschwunden und auch in den
Bohnen nicht nachweisbar war.
Die Controllösung aber gab wunderschöne Nitritreaction.
Die Zerstörung der Nitrite ist, wie man sich durch ganz analoge
Versuche mit salpeterffeien! Bohnen- und Maiskeimlingen über-
zeugen kann, auch hier nicht mit einer Entstehung von Nitraten
verknüpft. Die Nitrite werden mithin nicht oxydirt, sondern
reducirt.
Die Reduction der Nitrite ist nicht etwa einer specifischen
Eigenschaft der Wurzelzellen zuzuschreiben, sondern scheint
allen lebenden Parenchymzellen überhaupt zuzukommen.: Dies
lehren Versuche mit abgeschnittenen Zweigen. Krautige Sprosse
1 Derartige Keimlinge erhält man, indem man dieselben von Anfang
an in destillirtem Wasser zieht.
233 H. Molisch,
z. B. von Phaseolus multiflorus, Cucurbita Pepo, Plectranthus fruti-
cosus, Eupatorium adenophorum Sprgl., Blätter von Primula
chinensis, Piper macrophyllum und Pelargonium zonale zerstören,
wofern sie mit ihren Schnittllächen in eine O-Olprocentige Kalium-
nitritlösung gestellt und darinnen Tage oder eine Woche lang
belassen werden, alles aufgenommene Nitrit. Selbst knapp ober-
halb der Schnittfläche sucht man vergebens darnach. Nicht so bei
Holzzweigen (Pinus Laricio Poir., Abies pectinata DC., Taxus
baccata, Laurus nobilis, Syringa vulgaris). Hier steigen salpetrig-
saure Salze oft zu bedeutenderen Höhen (1—40 Ctm.) auf, offen-
bar weil der wohl ausgebildete Holzkörper eine rasche Saft-
leitung bedingt und den Elementen desselben in Folge von
Protoplasmamangel das Reductionsvermögen für Nitrite an-
scheinend nur in sehr geringem Grade zukommt. Solche Bedin-
gungen, wie sie in den eben geschilderten Experimenten mit
Holzzweigen realisirt waren und unter welchen thatsächlich
Nitrite einige Zeit sich in der Pflanze erhalten können, kommen
jedoch unter normalen Verhältnissen nicht vor. Für gewöhnlich
werden die salpetrigsauren Salze in sehr verdünnten Lösungen
in die Wurzelrinde eintreten und hier beim Zusammentreffen mit
leicht oxydablen Körpern der Reduction verfallen, bevor sie viel-
leicht den Holzkörper erreicht.
III.
Woher stammen die Nitrate der Pflanze? Stammen sie von
aussen oder können sie auch in der Pflanze entstehen?
Bei ihren ausgedehnten Untersuchungen über die Verbrei-
tung des Salpeters im Pflanzenreiche suchten Berthelot und
Andre! auch die Frage zu lösen, woher der Salpeter, der in
vielen Pflanzen in so auffallender Menge auftritt, herrührt. Um
darüber ins Klare zu kommen, bestimmten die genannten Autoren
die Salpetermenge der auf einer bekannten Fläche cultivirten
Pflanzen, ferner die des dazugehörigen Culturbodens und ver-
glichen beide Mengen unter Berücksichtigung der im Dünger
enthaltenen und durch die Atmosphäre zugeführten Salpetersäure.
1 1.c. T. 99, p. 688.
"Bezieh. zw. anorgan. Stickstoffsalzen u. d. Pflanze. 280
Sie fanden pro 25 Quadratmeter folgende Salpetermengen
in den Pflanzen:
Inrkorano Damen... like,
Belmürontus DENE... 1. OUNZORN,
a a ERELEIEES a 3 .
n . DEREN 2 2. 2. LOaEN,
= ß Taemens 7... ©. ... o2le,
Da der Dünger des betreffenden Culturbodens nur wenig
Salpeter enthielt, da überdies der Boden bis zu einer Tiefe von
0-325 Mtr. nur ungefähr die Hälfte des in den Boragopflanzen
und gar nur !/, des in Amarantus giganteus vorkommenden
Salpeters ausmachte, so gelangen die beiden Autoren unter
schliesslicher Berücksichtigung der Annahme, dass die aus der
Atmosphäre in den Boden tretende Menge von Salpetersäure nur
eine geringe sein kann (etwa 4:40 Kg. pro Hektar), zu dem
Schlusse, dass der Salpeter zum grössten Theile an Ort und
Stelle, das heisst, in der Pflanze entstehe und dass die Salpeter-
bildung durch bestimmte Zellen vermittelt werde.
Wie wenig berechtigt ein derartiger Schluss ist, liegt klar
auf der Hand. Die zur Zeit der Bodenanalyse gerade vorhandene
Menge salpetersaurer Salze darf doch nicht als Ausgangspunkt
der Berechnung genommen werden, da ja der von der Pflanze
aufgenommene Salpeter in Folge der nitrificirenden Thätigkeit
des Bodens auf die stiekstoffhältigen Zersetzungsproducte des
Düngers allmälig wieder restituirt wird. Wenn also in der
Pflanze schliesslich mehr Salpeter ist als ausserhalb derselben,
so darf dies nicht im mindesten Wunder nehmen — der Salpeter
wurde eben gespeichert, wie dies mit vielen anderen Stoffen
gleichfalls geschieht. Ich erinnere nur an das Jod des Meer-
wassers. In minimalen Mengen hier vorhanden (kaum 1 Million-
theil in einem Gewichtstheil Wasser) wird dasselbe in verschie-
denen Tangen doch in so grossen Quantitäten vorgefunden, dass
sich die Gewinnung desselben aus diesen Gewächsen verlohnt.
Niemand wird behaupten wollen, das Jod sei, weil es sich in den
Tangen in grösserer Menge vorfindet, als im Meerwasser, erst in
den Pflanzen entstanden. Was vom Jod gesagt wurde, gilt auch
vom Phosphor, dem Kalium u. s. w.
240 H. Molisch,
Wenngleich demnach die Schlussfolgerung der genannten
Autoren als unberechtigt bezeichnet werden muss, so darf doch
nicht geleugnet werden, dass möglicherweise in der Pflanze, sei
es durch Spaltung complieirter Stickstoffverbindungen (Eiweiss-
körpern und deren Abkömmlingen), sei es durch Oxydation von
Ammoniak Nitrat entstehen könnte. Eine experimentelle Prüfung
des angedeuteten Gegenstandes scheint mir für die Lehre der
Stoffwandlungen in der Pflanze von grosser Wichtigkeit.
In allen meinen diesbezüglichen Versuchen wurde den
Pflanzen keine Spur eines Nitrats geboten. Ich eultivirte Pflanzen
1. im destillirten Wasser, 2. in ammoniakhältigen Wasser und
3. in einer completen, aber nitratfreien Nährstofflösung.
Versuche im destillirten Wasser. Keimlinge der ver-
schiedensten Pflanzen (Zea Mais, Phaseolus multiflorus, Pisum
sativum, Oucurbita Pepo, Vieia sativa, Hordeum vulgare), welche
auf einer mit feuchtem Filterpapier belegten Thonschale aus-
keimten, wurden, nachdem ihre Wurzeln eine durchschnittliche-
Länge von 2—4 Otm. erreicht hatten, in mit destillirtem Wasser
gefüllten Glasgefässen, starkem diffusen Licht ausgesetzt, weiter-
eultivirt. Über die beschickten Gefässe wurden grosse Glas-
glocken gestülpt, um atmosphärischen Staub, durch welchen
leicht Spuren von Nitraten zu den Keimlingen gelangen konnten,
möglichst abzuhalten. Der Abschluss von der atmosphärischen
Luft war jedoch absichtlich ein sehr unvollkommener, so dass
die Pflanzen auch ziemlich energisch transpiviren konnten. Von
Tag zu Tag wurde das Wasser gewechselt, wodurch Fäulniss-
processe so gut wie verhindert waren, und einzelne Keimlinge
theils mikroscopisch, theils makroscopisch auf Nitrate und neben-
bei auch auf Nitrite geprüft. Das Resultat war bei allen Pflanzen
ein negatives.! Die Versuche dauerten in der Regel zwei, läng-
stens drei Wochen und mussten dann eingestellt werden, weil
die Pflanzen aus Nährstoffmangel zu Grunde gingen.
1 Nurdann, wenn das Wasser nicht oft gewechselt wird und die Wurzeln
aus irgend welchen Gründen absterben, fand ich zuweilen Spuren von
Nitraten. Offenbar sind dieselben aus den Eiweisskörpern und anderen stick-
stoffhältigen organischen Substanzen faulender Zellen unter dem Einflusse
von Bacterien entstanden und sodann von derPflanze aufgenommen worden.
Bezieh. zw. anorgan. Stickstoffsalzen u. d. Pflanze. 241
In vollständiger Übereinstimmung hiemit stehen Versuche, die
mit austreibenden Kartoffelknollen angestellt wurden. Lässt man
eine Partie davon im feuchten Raume auskeimen, wo sie von Zeit
zu Zeit nur mit destillirtem Wasser besprengt werden, eine andere
Partie in salpeterhältiger Erde, so wird man in den ersteren
vergebens nach Nitraten suchen, nicht aber in den letzteren,
da hier Nitrate alsbald in grösserer Menge gespeichert werden.!
Versuche mit Ammoniaksalzen. Ich operirte mit
folgenden Lösungen:
1. Die Lösungen enthielten in 100 Theilen destillirten Wassers
0:05—0-01 Grm. kohlensaures Ammoniak;
2. die Lösungen enthielten in 100 Theilen destillirten Wassers
0-01 Grm. CINH, ;
3. die Lösungen enthielten in 100 Theilen destillirten Wassers
0-01 Grm. PO,(NH,),-
Art der Versuchsanstellung und der Versuchspflanzen ganz
wie vorher. Wachsthum der letzteren besser als im destillirten
Wasser.
Bei den von Zeit zu Zeit — die Versuche dauerten 2—3
Wochen, während welcher die Lösungen jeden zweiten Tag
gewechselt wurden — vorgenommene: Prüfungen konnten auch
hier nicht die leisesten Spuren von Nitraten oder Nitriten nach-
gewiesen werden. Zu ganz denselben Ergebnissen gelangte ich
auch, als ich Keimlinge in einer, analog der Knop’schen Nähr-
lösung? zusammengesetzten Flüssigkeit zog, bei welcher jedoch
der salpetersaure Kalk durch schwefelsauren Kalk und das
salpetersaure Kali durch Chlorammonium ersetzt war. In
einer solchen Lösung, die den Pflanzen die unumgänglich noth-
wendigen Grundstoffe, den Stickstoff aber nicht in Form eines
'Nitrats, sondern in Form des Chlorammoniums bot, zog ich
wochenlang Keimlinge oben genannter Pflanzen, ohne jedoch
während dieser Zeit Nitrate in denselben constatiren zu können.
Es ist bereits mehrfach die aus verschiedenen Gründen
wirklich naheliegende Vermuthung ausgesprochen worden, dass
1 Zu demselben Resultate gelangte ich bereits im Jahre 1883 (1. c.8.153)
bei Versuchen mit Kresse.
2 Knop, Lehrbuch der Agriculturchemie, Leipzig 1868, S.605und 606.
Sitzb d. mathem.-naturw. Cl. XCV. Ba. I. Abth. 16
242 | H. Molisch,
möglicherweise Ammoniak in der Pflanze zu Nitriten, beziehungs-
weise Nitraten oxydirt werden könne.! Da in der Pflanze Oxy-
dationsprocesse etwas ganz Gewöhnliches sind, hegte auch ich
ursprünglich diese Vermuthung. Die vorhergehenden Versuche
haben jedoch das übereinstimmende Resultat ergeben, dass
Pflanzen, welche innitrit- oder nitratfreien Lösungen
gezogen werden, niemals dergleichen Salze enthalten.
unddasssomit dieAnschauung Berthelot’sund Andre’s,
es werde für gewöhnlich Salpeter auch in der Pflanze?
gebildet, nicht richtig seinkann. Kommt also Salpeter
in einer Pflanze vor, so stammt derselbe von aussen
und enthält die Pflanze mehr davon als ihr Substrat,
auf dem sie gedeiht, so ist dieses Plus einfach durch
Speicherung zu erklären. Die meisten Pflanzen müssen
geradezu als Sammelapparate für Salpeter betrachtet werden
und zwar in Folge ihrer merkwürdigen Fähigkeit, aus den ver-
dünntesten Lösungen noch die geringsten Spuren von Salpeter
an sich reissen und in unverändertem Zustande längere Zeit hin-
durch aufstapeln zu können.
Die wichtigeren Ergebnisse.
1. Nitrate sind im Pflanzenreiche allgemein verbreitet; in
krautigen Gewächsen findet sich gewöhnlich auffallend mehr
davon vor als bei Holzgewächsen.
2. Nitrite konnten, trotzdem dieselben im Boden häufig
vorkommen, in keiner einzigen der geprüften (etwa 100) Pflanzen
aufgefunden werden. Die bisherigen Angaben über das angeb-
liche Vorkommen von Nitriten in verschiedenen Gewächsen
beruhen auf Täuschung und unrichtiger Interpretation.
Die Pflanze besitzt das Vermögen, Nitrite bei ihrer Auf-
nahme mit überraschender Schnelligkeit zu reduciren und dies
1 Knop, Lehrbuch der Agriculturchemie, Leipzig 1868, S. 126.
?2 Eine Ausnahme davon dürften vielleicht die Spaltpilze machen,
da denselben nach den Beobachtungen zahlreicher Forscher (Schlösing,
Müntz u. s. w.) die Fähigkeit zukommen soll, Ammoniaksalze zu Nitriten,
beziehungsweise zu Nitraten zu oxydiren. Frank dagegen bezweifelt dies
und neigt zur Ansicht, dass die Nitrification des Ammoniaks in der Acker-
erde kein Fermentations-, sondern ein rein anorganischer Process sei.
Berichte d. deutsch. bot. Ges. Jg. 1886, S. CVIIL.
Bezieh. zw. anorgan. Stickstoffsalzen u. d. Pflanze. 243
ist offenbar auch der Grund, warum man dieselben in der
Pflanze stets vermisst. Nitrate Können hingegen auffallend lange,
Wochen, ja’Monate lang innerhalb der Pflanzenzelle verweilen,
bevor sie zerstört werden.
3. Nitrite wirken im Gegensatze zu den Nitraten schon in
verhältnissmässig verdünnten Lösungen (0:1—0:01°/,) auf ver-
schiedene Gewächse schädigend.
4. Pflanzen, denen der Stickstoff nicht in Form von Nitraten,
sondern nur in Form von Nitriten oder Ammoniak geboten wird,
enthalten niemals Nitrate. Daraus geht hervor, dass weder die
salpetrige Säure noch das Ammoniak in der Pflanze eine Oxy-
dation zu Salpetersäure erfahren.
Die Pflanze hat — vielleicht mit Ausnahme der Bacterien
— entgegen der Ansicht von Berthelot und Andr& nicht die
Fähigkeit, aus Stickstoffverbindungen Nitrate zu erzeugen.! Alles
Nitrat der Pflanze stammt von aussen und wenn sie mehr davon
enthält als ihr Substrat, so ist der Überschuss Siniach durch
Speicherung zu erklären.
5. Diphenylamin, in Schwefelsäure gelöst, eignet sich vor-
trefflich zum Nachweis von Nitraten unterm Mikroscop. Es ist
jedoch hiebei zu beachten, dass da, wo bei Einwirkung der
Schwefelsäure rasch Huminkörper entstehen, wie dies bei ver-
holzten Geweben (Holzzweigen) in besonderem Grade der
Fall ist, die Reaction hiedurch mehr oder minder behindert wird.
6. Die Arbeit enthält ferner einige Beobachtungen über das
localisirte Auftreten von solchen Substanzen, welche Guajak-
emulsion und gleichzeitig Jodkaliumstärkekleister bläuen.
1 Nachträgliche Anmerkung des Verfassers. Kurze Zeit nach
Veröffentlichung meiner Abhandlung erschien in den Ber. d. deutsch. chem.
Ges. 1887, Nr. 8, S. 1500 eine Arbeit von E. Schulze, in welcher der
obige Satz durch Versuche mit Lupinenkeimlingen eine neue Stütze erhält.
16 *
244
XII. SITZUNG VOM 20. MAI 1887.
Der Vorsitzende gedenkt des am 18. Mai erfolgten Ab-
lebens des wirklichen Mitgliedes Herrn Dr. August Pfizmaier
in Döbling.
Die anwesenden Mitglieder geben ihrem Beileide durch
Erheben von den Sitzen Ausdruck.
Das Harvard College Observatory in Cambridge
(U. S.) spricht den Dank aus für die Mittheilung der kaiserlichen
Akademie über wissenschaftliche Beobachtungen auf Hochgipfeln
in Österreich.
Das w.M. Prof. E. Mach in Prag übersendet eine vorläufige
Mittheilung des Herrn H. Luggin über dessen Untersuchung
der elektrischen Kraft des Lichtbogens.
Das ce. M. Herr Prof. Franz Exner in Wien übersendet eine
Abhandlung: „Über transportable Apparate zur Beob-
achtung der atmosphärischen Elektrieität“.
Herr Prof. Dr. A. Wassmuth an der Universität in Ozer-
nowitz übersendet eine in Gemeinschaft mit Herrn Dr. G. A.
Schilling verfasste Abhandlung: „Über eine Methode zur
Bestimmung der Galvanometerconstante“,
Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen
von Herrn Stiftseapitular Prof. P. C. Puschl in Seitenstetten
vor:
1. „Über das Verhalten der Gase zu den Gesetzen
von Mariotte und Gay-Lussaec“.
2. „Über den höchsten Siedepunkt der Flüssig-
keiten“.
Ferner legt der Secretär ein versiegeltes Schreiben behufs
Wahrung der Priorität von Herrn Franz Pabisch, Maschinist in
Währing bei Wien, vor.
245
Das w. M. Herr Regierungsrath Dr. Steindachner über-
reicht den IV. Theil einer gemeinschaftlich mit Herrn Dr. L.
Döderlein ausgeführten Abhandlung: „Beiträge zur Kennt-
niss der Fische Japan’s“. |
Herr Regierungsrath Steindachner überreicht ferner eine
Abhandlung des Herrn Anton Handlirsch, welche den Titel
führt: „Monographie der mit Nysson und Bembex ver-
wandten Grabwespen“.
Das w. M. Herr Direetor E. Weiss bespricht die Kometen-
entdeckung, welche am 12. Mai Herrn Barnard zu Nashville
(U. S.) gelungen ist.
Das w. M. Herr Director J. Hann überreicht eine Abhand-
lung des Herrn Friedrich v. Kerner unter dem Titel: „Unter-
suchungen über die Schneegrenze im Gebiete des
mittleren Innthales“.
Herr Friedrich Bidschof in Wien überreicht eine Abhand-
lung: „Bestimmung der Bahn des Kometen 1848 I“.
246
Monographie der mit Nysson und Bembex
verwandten Grabwespen,
Von Anton Handlirsch.
(Mit 5 Tafeln.)
In den folgenden Blättern soll es versucht werden, einen
Verwandtschaftskreis aus der grossen Familie der
Sphegiden einer eingehenden Besprechung zu unterziehen.
Ich habe bei meiner Arbeit das Hauptgewicht auf die Kritik
gelegt, von der Ansicht ausgehend, dass ohne sichere Deutung
der beschriebenen Formen nicht nur die Kenntniss der neuen
auf keinen erfreulichen Standpunkt zu bringen ist, sondern es,
bei der geradezu erdrückenden Last von Synonymen, dem Autor
fast unmöglich wird, Formen, und seien sie noch so ausgezeichnet,
mit Sicherheit als neue hinzustellen. Von diesem Gesichtspunkte
betrachtet, hoffe ich, wird meine Arbeit bei den Fachgenossen
freundliche Aufnahme finden und es nicht Wunder nehmen, wenn
auch eine Anzahl in neuerer Zeit beschriebener Arten dem
Schicksale so vieler älterer anheimfällt, nämlich als Synonym zu
früher beschriebenen gezogen zu werden. Habe ich doch selbst,
trotz des wirklich sehr reichlichen Materiales, das mir zur Ver-
fügung stand, mit den grössten Schwierigkeiten zu kämpfen
gehabt, wenn es galt, Formen aus Faunengebieten, deren Arten
in den europäischen Sammlungen spärlicher vertreten sind, wie
z. B. aus Amerika, mit Sicherheit, allein nach den vorhandenen
Beschreibungen, zu deuten oder als neue hinzustellen.
Möge es mir, wie bei diesem Versuche, auch in Zukunft
gestattet sein, von den in den verschiedenen öffentlichen und
Privatsammlungen befindlichen typischen Exemplaren recht aus-
giebigen Gebrauch zu machen und so zur Klärung der Synonymie
mein Schärflein beizutragen. ;
Grabwespen. | 247
Leider gelang es mir trotz meiner Bemühungen nicht, die
Originalexemplare zu den Beschreibungen einiger Autoren zum
Studium zu erhalten, so die von E. T. Cresson, A. Costa,
G. Gribodo, ferner einige im Besitze des Herrn H. Tournier
befindliche Typen Chevrier’scher Arten und viele im Museum
der Moskauer Universität hinter Schloss und Riegel wohl ver-
wahrte Originalexemplare zu Radoszkowsky’s Beschreibungen
der Hymenopteren von Fedtschenko’s Reise nach Turkestan.
Um so freudiger ergreife ich daher die Gelegenheit, allen
jJenenHerren, welche mich beidieser Arbeitin der uneigennützigsten
Weise nnterstützten, an dieser Stelle meinen wärmsten Dank
auszusprechen. In erster Linie bin ich meinem lieben Freunde
F. Kohl verpflichtet, der mich zu dieser Arbeit anregte und mir
seine reiche, jetzt in den Besitz des hiesigen k.k. naturhistorischen
Hofmuseums übergegangene Sammlung, in der sich ausser den
Typen der von ihm beschriebenen Arten solche von Chevrier,
Wesmael und Moesäry befinden, überliess, und der mir auch
stets mit gutem Rathe zur Seite stand. Den Herren Custoden
Prof. Dr. Fr. Brauer und A. Rogenofer verdanke ich viele
wichtige’ Aufschlüsse, ersterem besonders in morphologischen,
letzterem in Literaturfragen, deren einige ausserdem Herr Prof.
Dr. C. v. Dalla Torre in Innsbruck, Herr Edm. Andre in
Beaune und Herr Paul Loew in Wien mir auf das Bereitwilligste
beantwortete. Herr A. Mocsäry sandte mir das reiche Materiale
des Pester National-Museums mit den Typen des weitaus.
grössten Theiles der von ihm beschriebenen Arten; General
O0. Radoszkowsky in Warschau zahlreiche Originalexemplare
seiner und der Eversmann’schen Arten, nebst zahlreichen un-
determinirten und ganz neuen Formen. Dr. H.L. OÖ. Schmiede-
knecht in Gumperda und Herrn W. Wüstnei in Sonderburg
verdanke ich ausser unbestimmtem Materiale auch einige Typen.
Von den Herren Prof. Dr. G. Mayr, P. Magretti, Edm. Andre
V.v. Röder, H. de Saussure (durch die freundliche Vermitt-
lung Herrn Emil Frey-Gessner’s), sowie von meinen werthen
Freunden J. Kolazy in Wien und H. Friese in Mecklenburg-
Schwerin wurde ich gleichfalls durch Überlassung des ein-
schlägigen, zum Theile sehr reichlichen Materiales zum Studium
auf das Thatkräftigste unterstützt. Grösstentheils unbearbeitetes
248 A. Handlirsch,
Materiale erhielt ich aus dem Museum der königlichen
Universität zu Berlin durch die Güte der Herren Dr. Dewitz
und Dr. Karsch, aus dem zoologischen Museum in Braun-
schweig durch meinen Freund K. Heller. Durch Intervention
des Herın Edm. Reitter in Mödling wurden mir höchst inter-
essante asiatische, von Dr. Walter gesammelte Formen aus dem
Caucasischen Museum zur Bearbeitung anvertraut. Typen
Taschenberg’scher Arten konnte ich bei meinem Freunde
Kohl untersuchen, sowie die damals in dessen Händen befind-
lichen Exemplare aus dem Münchener Museum, Originale von
Saussure, Sichel und Giraud aus den reichen Sammlungen
des Wiener Hofmuseums, die mir durch die Liberalität des
Directors der zoologischen Abtheilung, Herrn Regierungsrath
Dr. Steindachner zur ausgiebigsten Benützung zur Verfügung
stand und die einen grossen Theil der Typen zu den von mir
abgefassten Beschreibungen enthält. |
Einige Vorbemerkungen mögen hier noch ihren Platz finden.
Bei den synonymischen Citaten der Arten und Gattungen sind nur
Beschreibungen, Abbildungen und Bestimmungstabel-
len berücksichtigt worden. So weit es nach den vorhandenen
Beschreibungen möglich war, habe ich auch die mir in natura
unbekannten Arten dort eingefügt, wo mir ihre Stellung am natür-
lichsten erschien. Sind die Beschreibungen jedoch zu mangelhaft,
so dass ein sicherer Schluss auf die nähere Verwandtschaft nicht
möglich war, so fügte ich die Originalbeschreibungen in deutscher
Übersetzung am Schlusse jeder Gattung bei, wodurch den
Hymenopterologen das keineswegs mühelose Nachschlagen inzum
Theile schwerzugänglichen Werken und Zeitschriften erspart wird.
In dem Literaturverzeichnisse, das wohl Anspruch auf mög-
lichste Vollständigkeit machen kann, habe ich die wenigen
Arbeiten, die ich trotz meiner Bemühungen nicht selbst ver-
gleichen konnte, mit einem -F bezeichnet, und dasselbe Zeichen
auch stets zu den Citaten in den Synonymenlisten gesetzt, die
sich auf solche Publieationen beziehen. Die Mittheilung neuer
oder mir entgangener Publicationen über die von mir bearbeiteten
Hymenopteren wird mir stets willkommen sein, da ich von Zeit
zu Zeit Nachträge zu dieser Arbeit zu bringen gedenke.
Grabwespen. 249
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Grabwespen. a8
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the British Museum and other Colleetions. — The Annals and Maga-
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— List of the specimens of British animals in the collection of the British-
Museum. Part. VI. Hymenoptera aculeata. — London, 1851.
+— List of the British animals in the collection of the British-Museum.
Part. XIII. Nomenelature of Hymenoptera. — London, 1853.
— Notesin explanation ofthe new species of aculeate Hymenoptera in
Stephens systematical Catalogue. — The Entomol. Annual. 1855. p. 87.
— Catalogue of Hymenopterous-Insects in the collection of the British-
Museum. IV. — London, 1856.
— Catalogue of British fossorial Hymenoptera, Formieidae and Vespidae
in the collection of the British-Museum. — London, 1858.
— Catalogue of the Hymenopterous-Insects colleceted at Sarawak, Borneo,
Mount Ophir, Malacca and Singapore by R. Wallace. — Journ. of the
Proceedings of the Linnean Society. II. 1858. p. 42.
— Notes on the capture ofrare species in 1858 with some observations
on their Economy. — The Entomologists Annual. 1859. p. 109.
— Catalogue of Hymenopterous-Insects collected at Celebes by Mr.
Wallace. — Journal of the Proceedings of the Linnean Society. III.
1859. p. 4.
— (Catalogue of Hymenopterous-Insects collected by R. Wallace at the
Islands Aru and Key. — Ibid. p. 132.
— Description of new species of Hymeropterous-Insects, collected by
R. Wallace at Celebes. — Ibid. 1861. p. 57.
262
A. Handlirsch,
Smith, Fred., Catalogue of Hymenopterous-Inseets, colleetted by R
Smi
Wallace in the Islands of Bachian, Kaisaa, Amboyna, Gilolo, and at
Dory in New-Guinea. — Ibidem, p. 93.
Catalogue of Hymenopterous-Inseets collected by R. Wallace in the
Islands of Ceram, Celebes, Ternate, and Gilolo. — Ibid. VI. 1862.
p- 36.
Descriptions ofnew species of aculeate Hymenoptera colleected by R.
Wallace. Sketch, with a list of described species, and the various loca-
lities wher they have previously occured. — Trans. of the Entomolog.
Society of London. III. ser. I. 1862. p. 29.
Descriptions of new species of Australian Hymenoptera and of a species
of Formica from New-Zealand. — Ibidem, p. 53.
Notes on the geographical distribution of the aculeate Hymenoptera,
colleeted by Wallace in the Eastern Archipelago. — Journ. of the:
Proceedings of the Linnean Society VI. 1864. p. 109.
Notes on Hymenoptera. Captures at Bournemouth during the month of
August 1864. — The Entomologists Annual. 1865. p. 132.
Description of new species of Hymenopterous-Insects from the Islands.
of Sumatra, Sula, Gilolo, Salvatty and New-Guinea, collected by Wallace.
— Journ. of the Proceed. of the Linnean Society. VIII. 1865. p. 61.
(Bembex olivacea, in England gefunden.) Journal of the Proceedings of
the Entomol. Society. — p. VII. 1866.
Descriptions of aculeate Hymenoptera from Australia. — Trans. of the
Entomol. Soc. London. 1868. p. 231.
Descriptions of new genera and species of exotic Hymenoptera. —
Ibid. 1869. p. 301.
Description of new species of fossorial Hymenoptera in the collection
of the British Museum. — Annals and Magazine of Natur al History.
XI. 1873.
Desecriptions of aculeate Hymenoptera of Japan, collected by Mr. George
Lewis at;Nagasaki and Hiogo. — Trans. of the Ent. Soc. London,
1873.;p: 18
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Ibid. 1875. p. 33.
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XLVD. DD. Caleutta. 1873. p. 168.
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Grabwespen. 263
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Grabwespen. 265.
Einleitung.
Die Gattungen, die ich mir aus der so überaus formen-
reichen Familie der Grabwespen zum Studium ausgewählt
habe, bilden einen engeren Verwandtschaftskreis,
keineswegs aber eine oder gar mehrere abgeschlos-
sene Familien oder Unterfamilien, wie sie bisher von der
Mehrzahl der Autoren in dem Bedürfnisse nach systematischen
Einheiten, meist ohne stichhältige Begründung, angenommen
wurden,
Wie Kohl! mit Recht hervorhebt, kann von einer Zer-
spaltung der Sphegiden in solche Familien oder Sub-
familien überhaupt nicht die Rede sein; es lassen sich wohl
manche Gattungen vermöge ihrer gemeinsamen Charaktere zu
natürlichen Complexen (Gattungsgruppen) vereinigen, wäh-
rend andere ganz isolirt stehen oder Zwischenglieder
zwischen den einzelnen Gattungsgruppen bilden.
Von den in dieser Arbeit behandelten Gattungen bilden die
folgenden engere Verwandtschaftsgruppen: Bothynostethus
Kohl und Scapheutes n. g.; Alyson Jur. und Didineis Wesm.;
Stizus Latr. und Sphecius Dahlb.; ferner Bembex Fabr., Mone-
dula Latr., Bembidula Burm. und Steniolia Say.; die übrigen
Gattungen: Nysson Latr., Mellinus Latr., Entomosericus Dahlb.,
Gorytes Latr. und Ereirus Shuck. stehen mehr oder weniger
isolirt.
Zwei der Gattungen, Gorytes und Stizus, unterscheiden sich.
in Bezug auf ihren Inhalt sehr wesentlich von den anderen; sie
enthalten eine grössere Anzahl heterogener Formen, die
jedoch alle durch Zwischenformen derart miteinander ver-
bunden sind, dass eine Zerlegung in mehrere Gattungen
nicht durchführbar ist, man wollte denn auf jede Zwischen-
1 Die Gattungen und Arten der Larriden Autorum. Verh. d. k. k.
zoolog. bot. Ges. in Wien. XXXIV. 1884.
266 A. Handlirsch,
form eine eigene Gattung gründen, die aber, mit dem Auffinden
neuer Formen in Zukunft, gewiss wieder unhaltbar werden
würde. | |
Diese artenreichen Gattungen erscheinen mir als in der
Spaltung begriffene, die mit dem Aussterben der zahlreichen,
jetzt noch lebenden Zwischenformen, in eine grössere Anzahl
von Gattungen zerfallen werden, die dann zusammen je einen
solchen Complex bilden werden, ähnlich wie der, welcher
gegenwärtig von den Gattungen Bembex, Monedula ete. gebildet
wird. Auf die Details dieser Verhältnisse werde ich bei der
Besprechung der einzelnen Gattungen zurückkommen.
Die von den Autoren in der grossen Familie der Sphegi-
den vorgenommenen Eintheilungen in Familien und Unter-
familien sind schon von Gerstäcker! und Kohl? besprochen,
und die hieraus hervorgegangenen systematischen Einheiten als
künstlich und infolge dessen als unhaltbar hingestellt
worden. Es erübrigt mir daher nur, einige Worte über die wich-
tigsten, speciell bei den in dieser Arbeit behandelten Gattungen
in Betracht kommenden derartigen Versuche, meine Ansichten
auszusprechen.
Bei Latreille finden wir in den einzelnen Werken stets
verschiedene Eintheilungen.
In seiner Histoire naturelle desInsectesete., vol. XIII,
nimmt er als gleichwerthige „Familles“ die Mutillaires,
Scolietes, Pompiliens, Sphegimes, Bembeciles mit den
Gattungen Bembex, Monedula und Stizus, Nyssoniens mit
Nysson, Ozxybelus, Gorytes, Psen und Trypoxylon, Philan-
theurs mit Philanthus, Cerceris und Mellinus und Crabronites
mit Crabro und Pemphredon an. Mellinus enthält auch den
Gorytes laevis Latr. und Didineis lunicornis Fabr. |
| In dem 1809 erschienenen IV. Bande seiner Genera Cru-
staceorum et Insectorum redueirt Latreille die Zahl seiner
früher angenommenen Familien und zieht die Pompiliens zu
den Sphegimes, welche in der Histoire naturelle ausser
den mit Sphex und Ammophila näher verwandten, noch andere
i Über die Gattung Oxybelus Latr.; Zeitschr. f. d. ges. Naturw. XXX.
Halle. 1867. |
Zeig:
Grabwespen. 267
Gattungen enthielten, die er jetzt mit den Nyssoniens und
Philantheurs zu den Crabronites stellt; die früheren Bem-
beeiles werden in dem alten Umfange mit dem in Bembeeci-
des umgeänderten Namen beibehalten. Seine Crabronites ent-
halten in ihrer neuen Form die Gattungen Astata, Larra, Lyrops,
Miscophus, Dinetus, Palarus, Tachybulus, Trypozylon, Nitela,
Ozxybelus, Crabro, Pemphredon, Stigmus, Mellinus (s. nostr.),
Alyson, Gorytes, Nysson, Psen, Cerceris und Philanthus.
Den Fehler, den Latreille durch Vereinigung der Pompi-
liden mit den Gattungen aus dem engeren Verwandtschafts-
kreise von Sphex gemacht, corrigirte er in der im nächstfolgen-
den Jahre erschienenen Arbeit, Consid&rations generales
ete., durch deren abermalige Trennung; was durch Erweiterung
der Familie Crabronites gewonnen war, ging durch Abtren-
nung der Larratae hier wieder verloren. Zu dieser letzteren
Familie stellte er die Gattungen Gorytes, Nysson, Psen, Astata,
Palarus, Larra, Lyrops, Dinetus, Miscophus, Pison, Trypozylon,
Nitela und Oxybelus, so dass bei den Crabronites nur Crabro,
Stigmus, Pemphredon, Mellinus, Alyson, Cerceris und Philanthus
verblieben. Mellinus, Alyson, Gorytes und Nysson, die früher
richtig beisammen standen, wurden durch diese ganz willkürliche
Spaltung weit von einander getrennt. Wie in den anderen Arbeiten
hielt Latreille auch in dieser die Bembecides in demselben
Umfange als Familie aufrecht.
Blanchard ! lehnte sich in vielen Punkten an Latreille’s
Eintheilungen. Er fasst als gleichwerthige Familien mit den
Larriens ete. die Crabroniens und die Bembeciens auf
und theilt die Crabroniens weiter in zwei „Groupes#,
Nyssonites und Crabronites, von welchen die erste die Gat-
tungen Astata, Nysson, Oxybelus, Nitela und Pison, die zweite
Trypozxylon, Gorytes, die mit Crabro und Pemphredon näher ver-
wandten Gattungen, ferner Mellinus, Alyson, Psen, Mimesa, Cer-
ceris und Philanthus enthält. Den Werth dieser Eintheilung
charakterisirt die Einschiebung der mit Crabro und Pemphre-
don näher verwandten Formen zwischen Gorytes und Mellinus,
sowie die weite Entfernung von Pison und Trypozylon, die in
zwei verschiedene „Groupes“ gebracht werden, zur Genüge,
1 Histoire naturelle des Insectes.
268 A. Handlirsch,
Dahlbom, an dessen System viele seiner Nachfolger, bis
in die neueste Zeit, sich anschlossen, unterscheidet Nyssonidae,
Bembecidae und Mellinidae als gleichwerthige Familien.
In die erste stellt er die Gattungen Alyson, Harpactes, Stizus,
Sphecius, Lestiphorus, Euspongus, Hoplisus, Gorytes, Nysson und
Entomosericus, in die zweite Bembex und Monedula, in die dritte
nur Mellinus.
Nyssoniden und Bembeciden werden durch die bei
letzteren stark verlängerte Oberlippe (mit der eine entspre-
chende Entwicklung der übrigen Mundtheile einhergeht, was
Dahlbom übrigens nicht ausdrücklich erwähnt) unterschieden.
Was das erste Merkmal anbelangt, die Verlängerung der
Mundtheile, so scheint dasselbe auf den ersten Blick wohl
bestechend und kann leicht zur Abtrennung einer Familie ver-
leiten. Vergleicht man aber die einzelnen Formen, denen dieses
Merkmal zukommt, so ergeben sich schon starke Differenzen
in Bezug auf die Ausbildung desselben, so ist z. B. zwisehen
Steniolia Say. und Bembidula Burm., die beide von Bembex und
Monedula erst in neuerer Zeit abgetrennt wurden, der Unter-
schied in der Länge der Maxillen und der Zunge viel grösser,
als zwischen Bembidula und gewissen Arten der Gattung Stizus,
bei denen die Oberlippe ebenfalls verlängert ist, allerdings nie
in dem Maasse wie bei Bembex und seinen Verwandten. Man sieht
also, dass die von der Länge der Mundtheile genommenen Merk-
male nur graduelle Unterschiede liefern, die für sich
allein zur Trennung von Familien nicht berechtigen.
Haben uns die Mundtheile bei einer solchen Eintheilung im
Stiche gelassen, so ergeht es uns nicht besser, wenn wir ver-
suchen, dieselben Familien durch andere Unterschiede zu trennen.
Das Flügelgeäder erweist sich für eine Trennung der
Dahlbom’schen Bembeeiden und Nyssoniden als Fami-
lien als ganz unzulänglich, solange die Gattung Stizus bei
den Nyssoniden bleibt, da zwischen dem Geäder dieser Gat-
tung und dem der Bembecidae Dahlbom absolut kein Unter-
schied zu finden ist, der nur zu einer generischen Trennung
berechtigen würde; man vergleiche die Flügel von Bembidula
discisa Taschenb. (Tab. III, Fig. 13) und Stizus tridens Fabr.
(Tab. II, Fig. 19). Viel mehr verschieden ist das Geäder von
Grabwespen. 269
Gorytes, Alyson und den anderen Gattungen, die Dahlbom mit
Stizus in eine Familie stellt, von dem Geäder dieser Gattung.
Das unentwickelte Flügelmal und die kleine, von der Medialader
sehr weit entfernte Radialzelle geben dem Flügel der Bembe-
ciden Dahlb. und jenem der Gattung Stizus einen so präg-
nanten gemeinsamen Typus, dass bei einer Trennung der
Nyssoniden und Bembeciden nach dem Flügelgeäder
Stizus entschieden zu letzteren gestellt werden müsste. Nun
liefern aber die Gattungen Sphecius Dahlb., die nach ihren
übrigen Merkmalen mit Stizus sehr nahe verwandt ist, und Exei-
rus Shuck. in ihrem Geäder sehr schöne Übergänge zwischen
dem Flügeltypus von Gorytes und dem von Stizus und Bembew.
Somit wäre auch der Versuch einer Begründung obiger Einthei-
lung nach dem Geäder als ein missglückter zu betrachten.
Sehr unnatürlich ist die Reihenfolge der Gattungen
der Nyssoniden bei Dahlbom, in erster Linie die Stellung
von Stizus und Sphecius zwischen Harpactes und die übrigen
von mir zu Gorytes gezogenen Gattungen. Er legte viel zu grossen
Werth auf die Länge der Analzelle der Hinterflügel, die
bei den einzelnen Gattungen selbst sehr grossen Schwankungen
unterliegt, wie z. B. bei Nysson und Gorytes s. nostr.
Seine Melliniden unterscheidet er von den anderen Fami-
lien durch das stielförmige erste Abdominalsegment, das
sich jedoch in gar nichts von dem vieler @orytes-Arten, z. B. den
von Smith als Megalomma abgetrennten, unterscheidet. Zwischen
seine Melliniden und Nyssoniden stellt Dahlbom seine
Philanthiden.
Dahlbom’s Zeitgenosse, Lepelletier, unterscheidet als
gleiehwerthige Familien Crabronides, Bembecides, Sphe-
gides, Scolides, Eumenides etc. Zu den Bembecides
stellt er auch Sfizus und Hogardia (= Sphecius Dahlb.), gründet
aber auf eine Sfizus-Art die Gattung Bicyrtes, die er zu den
Crabronides bringt, welche auch die schon bei Dahlbom
genannten Gattungen der Nyssoniden und Melliniden dieses
Autors enthalten. Nysson und Bicyrtes stellt Lepelletier in die
erste „Tribu“ seiner Crabronites, die Cercerites; die zweite
„Iribu“ umfasst das Genus Gorytes in meinem Sinne, sie führt
den Namen Gorytites. In die dritte Unterabtheilung gehören
2TO A. Handlirsch,
als Mellinites Alyson (einschliesslich Didineis), Mellinus, neben
Cemonus und Pemphredon.
Dass Lepelletier's Familien äusserst ungleichwerthig
sind, beweist wohl am besten der Umstand, dass er die mit Sphex
verwandten Gattungen und alle Pompiliden als Sphegides
in einen Topf wirft. Seine Orabronides enthalten alle übrigen
Sphegiden, mit Ausnahme der mit Bembex und Stizus ver-
wandten Gattungen.
Es scheint also, dass auch Lepelletier viel zu grossen
Werth auf die Verlängerung der Mundtheile gelegt hat. Dass er
seine eigenen „Familles“ nicht im Stande war zu unterscheiden,
zeigt am besten die Stellung von Bieyrtes in seinem Systeme,
Eversmann'! hält sich ganz nach Dahlbom, nur nennt
er die einzelnen Abtheilungen Subfamilien.
Wesmael fasst in seiner gediegenen Revue critique?
als gleichwerthig mit Pompilidae, Mutillidae ete., die Sphe-
cidae, Larridae, Bembeeidae, Nyssonidae, Cerceridae,
Pemphredonidae und Crabronidae auf. Seine Bembeeci-
den enthalten nur das Genus Bembex. (Stizus, als in Belgien
nicht vorkommend, wird in der Arbeit nicht erwähnt.) Die Nys-
soniden enthalten die Gattungen Nysson, Gorytes, Mellinus und
Didineis. Alyson wird merkwürdigerweise zu den Cerceriden
gestellt, die er von den Nyssoniden dadurch unterscheidet,
dass sie nur einen Sporn an den Mittelschienen besitzen. Der
zweite Sporn wurde von Wesmael bei Alyson einfach über-
sehen, da er rudimentär ist. Die Eintheilung ist, bis auf die Auf-
fassung der Gattungscomplexe als abgegrenzte Familien,
als eine glückliche zu bezeichnen.
Wesentlich dieselben Abtheilungen, wie bei Dahlbom,
finden wir bei Schenck ? wieder, nur bezeichnet er sie als
Unterfamilien. Er unterscheidet: Nyssonidae mit den Gat-
tungen Alyson, Nysson, Stizus und Gorytes (in meinem Sinne),
Bembecidae mit Bembex .und Mellinidae mit Mellinus. Als
Merkmale zur Unterscheidung werden, wie von Dahlbom, der
Hinterleibsstiel und die Länge der Oberlippe verwendet.
1 Fauna hymenopterologiea Wolgo-Uralensis, Bull. Mose. XXII. 1849.
2 Acad. royale de Belgique XVII. 1851.
3 Die Grabwespen des Herzogthums Nassau. 1857.
Grabwespen. 211
Der Amerikaner Packard bringt zu seiner Unterfamilie
Nyssoninae ausser den Gattungen Gorytes, Nysson, Stizus
(— Sphecius nob.) Larra (= Stizus nob.) auch die isolirt stehende
Gattung Oxybelus und unterscheidet ausserdem Mellininae mit
Mellinus und Alyson Ss. lat. |
Im selben Jahre machte Gerstäcker in seiner Monogra-
phie der Gattung des Oxybelus, ! wie schon oben bemerkt,
aufmerksam, dass die Theilung der Sphegiden in abge-
srenzte Familien nicht thunlich sei und bezeichnete die früheren
Systeme als unnatürliche.
Thomson? nennt jedoch wieder seine Abtheilungen Fami-
lien und hat Nyssonidae mit Nysson und Gorytes s. lat., Mel-
linidae mit Mellinus. Zu seinen Cercerides stellt er neben
Cerceris wieder den Alyson, wozu ihn derselbe Grund wie Wes-
mael bewog.
Der gründlichste Kenner der Sphegiden, Kohl, spricht
sich in seinen Arbeiten ebenfalls wie Gerstäcker gegen die
Trennungin Familien und gegen die Systeme der früheren
Autoren zu wiederholten Malen aus.
Ich halte mit obigen dafür, dass derartige künstliche
Abgrenzungen höherer systematischer Gruppen unter den
Sphegiden, sei es als Unterfamilien oder Familien, seies
mit den Ausgängen ides, ites, iles, inae, idae oder wie immer,
die Kenntniss dieser Gruppen keineswegs fördern, einer natür-
lichen Gruppirung der Gattungen aber stets als Hinder-
niss entgegentreten werden, weil man durch Beibehaltung
solcher abgeschlossener Familien stets gezwungen sein wird, die
mehr isolirt stehenden Gattungen in eine oder die andere
dieser in Wirklichkeit nicht existirenden Familien zuzwängen
oder auf jede eine neue zu errichten.
Ebenso wie die Gattungscomplexe wurden die einzelnen
Gattungen von den früheren Autoren sehr verschieden aufgefasst.
Besonders Gorytes und Stizus wurden vielfachen Spaltungen
unterworfen, ein Umstand, der in dem Inhalte dieser Gattungen
1 Zeitschrift f. d. g. Naturw., herausgegeb. von Giebel und Siewert,
XXX. Berlin, 1867.
2 Opuseula entomologica II. 1870 und Hymenoptera Scandinavia. II.
1874.
212 A. Handlirsch,
seinen Grund hat. Bei blosser Berücksichtigung der Formen
eines einzelnen Faunengebietes, z. B. des verhältniss-
mässig am besten bekannten palaearctischen, wäre es auch
ganz gut möglich, diese Gattungen in mehrere aufzu-
lösen, es ist aber ein richtiges Urtheil über sie ohne Berücksich-
tigung der Formen aller Faunengebiete ganz unmöglich,
da oft gerade die vermittelnden Formen zwischen den ein-
zelnen, sonst abgrenzbaren Artgruppen in verschiedenen Faunen-
gebieten leben. |
Bevor ich mich zum kritischen und systematischen Theile
meiner Arbeit wende, glaube ich es nicht unterlassen zu dürfen,
die Resultate meiner Untersuchungen über den Bau des Hy-
menopteren-Thorax mitzutheilen, die ich anstellen musste,
um über die einzelnen Theile desselben, sowie über deren
Nomenelatur mir Klarheit zu verschaffen.
Der Thorax ist bei allen Hymenopteren aus drei Seg-
menten zusammengesetzt, an die sich noch, wie schon Latreille
nachgewiesen, ein vierter Leibesring, das Mittelsegment
anschliesst, von dem jedoch nur die Rückenplatte ent-
wickelt ist. |
Brauer hebt in seinem Werke „Systematisch-zoolo-
gische Studien“! hervor, dass diese Bildung allen Haut-
flüglern zukommt, mit Einschluss der von Gerstäcker?
als Hymenoptera symphyta abgetrennten Tenthrediniden-
Auch bei diesen ist das erste Hinterleibssegment (als welches
dieser Abschnitt bei anderen Insecten ? erscheint) mit dem Meta-
thorax innig verwachsen und nur dessen Dorsalplatte entwickelt,
mithin ein Segmentum mediale vorhanden.
Der Unterschied der Hymenoptera symphyta von den apo-
critis bei der Imago beschränkt sich daher darauf, dass bei
den letzteren der Hinterleib an seiner Insertion am Segmentum
mediale stark verengt ist, während bei den Hymenopteris
symphytis der Hinterleib an das Mittelsegment breit ange-
wachsen ist.
1 Sitzungsber. der. k. Akad. der Wissensch. XCI. Wien, 1885. 8.237.
und ff.
2 Die Gattung Oxybelus ete.
3 Cf. Brauer. ce. $. 309.
Grabwespen. 273
An dem Prothorax, der bei den Hymenopteren nie sehr
mächtig entwickelt ist, lässt sich nur die Rückenplatte, das Pro-
notum und die Bauchplatte, das Prosternum, unterscheiden.
Eine weitere Differenzirung dieser Theile konnte ich bei den mir
zugänglichen Formen nicht erkennen. Der Prothorax besitzt
kein Stigma, sein Sternaltheil trägt die Coxen und ist mit dem
Pronotum nicht fest verwachsen. |
Der Rückentheil des zweiten Thoracalsegmentes, des Meso-
thorax, zerfällt in mehrere hinter einander gelegene Theile, von
denen der vorderste, das Praescutum, bei Tenthrediniden
und vielen Ichneumoniden gut erhalten, bei den Aculeaten
Jedoch mit dem zweiten Theile, dem Seutum, verschmolzen ist;
in meiner Arbeit werde ich diese vereinigten Theile mit dem
herkömmlichen Namen „Dorsulum“ bezeichnen. Der dritte, bei
ungeflügelten Formen häufig nieht gesonderte Theil des Meso-
thorax ist das Seutellum. Nach den Seiten und nach unten
wird der Mesothorax durch die Pleuren und das Sternum ab-
geschlossen. Die ersteren bestehen wieder aus zwei Theilen, von
denen der vordere als Episternum, der hintere als Epimerum
bezeichnet wird.
Gerade diese Theile sind es, die bei den einzelnen Formen
so verschieden entwickelt sind und in Folge dessen sehr häufig
verkannt wurden,
Es ist, um ihre Grenzen richtig festzustellen, unbedingt
nothwendig, eine grössere Reihe von Formen aus den verschie-
denen Familien der Hymenopteren zu vergleichen, wobei man
beobachten kann, wie durch das Verschwinden einer oder der
anderen Naht, die Zusammensetzung des Thorax sich
scheinbar ändert. So z. B. können Episternum und Epi-
merum nur mit einander verschmolzen sein (Camponotus
ligniperdus ?, Tab. I, Fig. 57) oder auch mit dem Sternum
(Nysson, Tab. IV, Fig. 1) und selbst mit dem Dorsulum bei
ungeflügelten Formen; in anderen Fällen wieder ist nur einer
dieser Theile mit dem Sternum verschmolzen, der andere davon
getrennt (Bembex tarsata, Tab. IL, Fig. 3, Vespa orientalis. Tab. I,
Fig. 3).
Die Stigmen des Mesothorax liegen knapp an der
Grenze des Prothorax, bei den Aculeaten unter den seitlichen
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XCV. Bd. I. Abth. 17
274 A. Handlirsch,
Lappen des Prothorax, den sogenannten Sehulterbeulen, ver-
borgen. Sie sind an den Nymphen viel leichter zu erkennen, als
an den entwickelten Insecten.
Der Metathorax ist meist nur sehr schmal entwickelt. Der
Rückentheil desselben lässt nur eine grössere Platte erkennen,
ich nenne sie Metanotum; es ist derjenige Theil, der sich
unmittelbar an das Scutellum des Mesothorax anschliesst und der
von den meisten Autoren „Postsceutellum“ genannt wurde.
Die Pleuren des Metathorax zeigen in der Regel keine
weitere Theilung, das Sternum ist in vielen Fällen klein und
bildet oft nur einen schmalen Streifen an den Seiten ober den
Hintereoxen, manchmal aber (Ammophila affinis, Tab. I, Fig. 9,
Camponotus ligniperdus, Tab. I, Fig. 7) übersteigt es doch die
Grösse der Metapleuren.
Gleich denen des Mesothorax liegen die Stigmen des
Metathorax, die meist sehr schwer zu sehen sind, am Vorder-
rande des Segmentes, d. i. an der Grenze von Meso- und Meta-
thorax, nahe unter der Flügelinsertion.
Der Thorax findet nach hinten zu durch das Mittelseg-
ment seinen Abschluss, welches, in seiner Gestalt sehr mannig-
fach, bei den Aculeaten stets viel mehr entwickelt ist als der
Metathorax. Sein Stigma liegt stets nahe dem Vorderrande und
ist. sehr gut sichtbar.
Ausser den hier angeführten, der Zusammensetzung ent-
sprechenden Differenzirungen treten am Thorax und Mittelseg-
ment noch viele Falten, Furchen und Kanten auf, die aber mit
der morphologischen Zusammensetzung des Hautskeletes
ar nichts zu thun haben und entweder blossen Hautfalten ent-
sprechen oder der Seulptur angehören. Als Beispiele mögen die
verschiedenen Leisten und Furchen, durch welche die soge-
nannten „Felder“ am Mittelsegmente vieler Hymenopteren
begrenzt werden, oder die durch Knickung des Mesosternums
entstandene Kante bei Gorytes-Arten (Tab. H, Fig. 1, 2) ete.
dienen. Für die Erklärung des Thoraxbaues haben diese Dinge
ebensowenig Bedeutung, wie die Punktirung oder Runzelung, in
der Systematik jedoch sind sie, so wie diese, als Unterscheidungs-
merkmale gut zu verwenden.
Grabwespen. 275
Das Letztere gilt selbstverständlich in erhöhtem Maasse von
den durch den Bau des Thorax bedingten Verschiedenheiten,
und ich glaube, dass an deren seltener Benützung in erster Linie
die Confusion in ihrer Deutung die Schuld trägt, so dass ein
Arbeiter, der nicht selbst in der Lage ist, durch Untersuchung
zahlreicher Formen sich Aufschluss zu verschaffen, die am Thorax
vorhandenen Merkmale kaum in ausreichender Weise benützen
kann.
Um so bedauerlicher ist es daher, wenn in einem der neue-
sten allgemeinen Werke, das nach den Intentionen des Autors
sowohl, als nach seiner ganzen Anlage, zum Leitfaden und Hand-
buch für Hymenopterologen bestimmt ist, wieder eine unrichtige
Anschauung über diesen Gegenstand dem entomologischen Publi-
cum geboten wird, obgleich schon in gewiss maassgebenden
Abhandlungen von Gerstäcker! und Brauer”? Thatsachen
vorliegen, die nur der speciellen Ausarbeitung für die einzelnen
Zweige der Entomologie bedürfen, um auch in der Systematik
ihre Anwendung zu finden. In den einzelnen Theilen der Species
des Hymenopteres d’Europe etc., von Edm. Andre, wird nämlich
nicht einmal die in der Einleitung gegebene Bezeichnungsweise
consequent angewendet. |
Ich will hier die Bezeichnungen, die Andre anwendet, den
von mir angenommenen gegenüberstellen.
Andre: Einleitung, Vol. I,
Pl. III. (Vespa Crabro.)
Pronotum.
Pronotum. | & ;
‚Episternum mesothoraeis.
Prosternum. Prosternum.
Praescutum + scutum meso- | Sceutum mesothoraecis.
thoraeis.
Sceutellum mesothoraeis. Seutellum
Episternum A
Epimerum ® ‚Epimerum „
Sternum R
1 Die Gattung Oxybelus. Zeitschr. f. d. g. Naturw. XXX. 1867. 8. 1.
2 Über das Segment mediaire Latreilles. Sitzungsb. d. k. Ak. der
Wissensch. zu Wien. 85. Bd. 1. Abth. S. 218 u. ft.
15*
276 A. Handlirsch,
Metanotum. Seutum metatloracis.
Episternum + epimerum meta- | Episternum „
thoraeis.
Sternum metathoracis. Epimerum „
Segmentum mediale. en
Segmentum mediale,
Stigma segm. medialis. „Faux stigmate“.
Segmentum mediale nennt Andre bei dieser sehr ten-
denziösen Abbildung des Thorax von Vespa crabro ! nur den
kleinen aufgeworfenen Hinterrand des Mittelsegmentes, dem
er auch ein eigenes Stigma verleiht, das in Wirklichkeit
absolut nicht existirt. — Eigenthümlich ist auch der Umstand,
dass Andre die zwei vorhandenen Thoraxstigmen ganz weglässt
und nicht einmal das ausserordentlich deutliche Mittelseg-
mentstigma, von dessen Vorhandensein man sich leicht durch
eine feine Borstensonde überzeugen kann, als solches aner-
kennt. — Allerdings! ein Seutellum kann kein Stigma tragen,
und so erklärt sich ein Irrthum aus dem anderen.
Auf derselben Tafel hat Andre einen Thorax von Torymus
abgebildet, bei dem er das Mittelsegment ganz in dem rich-
tigen Umfange auffasst. — In Vol. II, Pl. I bei Camponotus
liyniperdus* existirt aber wieder gar kein Mittelsegment, es
heisst einfach Metanotum, die übrigen Complexe Pronotum
und Mesonotum; Vol. III, Pl. XXIV bei Vespa germanica heisst
das. „scutum metathoracis“ seiner Vespa crabro (Vol. I)
wieder Postscutellum, das Mittelsegment heisst Meta-
thorax, der dort als Mittelsegment gedeutete Saum bleibt hier
namenlos.
Mit Gerstäcker stimme ich vollkommen überein, nur halte
ich den öfters durch eine Furche abgetrennten vorderen Theil der
Seiten des Mittelsegmentes nicht für zum Metathorax gehörig,
wie dies von Gerstäcker bei Oxybelus angegeben wird. Ich lege
auf die obigeFurche keinen Werth, dasie, wie meine Abbildungen ?
zeigen, in ihrer Lage grosse Verschiedenheiten aufweist und nur
1 die ich mir des bequemeren Vergleiches halber zu copiren erlaubte,
v. Tab. 1 Pig. 4. |
2 V. Tab. 1. Fig. 5. Copie nach Andre.
s Tab. 1. Fig. 2, 10,11 et Tab.’ IL. Fig. 2.
Grabwespen. 21T
in verhältnismässig wenigen Fällen auftritt. Was die Verschieden-
heit der Sculptur anbelangt, die Gerstäcker für seine Deutung
als bestärkend annimmt, so vergleiche man den sogenannten
herzförmigen Raum, dessen Zugehörigkeit zum Mittelsegmente
gewiss keinem Zweifel unterliegt, trotz der sehr verschiedenen
Seulptur. |
Vom Hinterleibe nenne ich das morphologisch zweite
Segment, also dasjenige, welches sich direet an das Mittel-
segment anschliesst, erstes Segment; ist es ja doch das erste
Segment des Hinterleibes, wie er sich als eigener abgegrenzter
Complex dem Auge darbietet.
Conspectus diagnosticus generum.
1. Labrum breve, longitudinem clypei nunquam aequans.
Maxillae et lingua breves, ut in plurimis hymenopteris fos-
sorüs. (Tab. IV, fig. 27, 28.) Stigma alarum anticarum aut
integrum, aut obsoletum. Area radialis longitudine varia,
distantia eius a coniunctione venae medialis et subcostae
eiinaine malor yel minorsg 3... .s.. wie sn
— elongatum, rostriforme (tab. IV, fig. 4), semper elypeo
longius. Maxillae et imprimis lingua, ut in apibus, elongatae.
(Tab. H, fig. 3—11.) Stigma alarum anticarum semper obso-
letum, id est angustissimum etin aream radialem non pro-
duetum. Area radialis plus minusve brevis, a coniunctione
venae medialis et subcostae longe remota. (Tab.IIl, fig. 12.)12
2. Area cubitalis secunda petiolata, interdum abortu venae cubi-
talis primae incompleta. Distantia areae radialis a coniunc-
tione venae medialis cum subcosta semper longitudine areae
Badsalia.bresion i 3. Aus rel allen
— — -— non petiolata, si (in paucis speciebus generis
Stizus) petiolata est, distantia areae radialis semper a puncto
coniunctionis venae medialis cum subcosta multo maior longi-
tudine huius areae, praeterea stigma obsoletum et segmentum
mediale lateribus compressis, postice excavatum. (Tab. III,
BER RT ARTNET I. B.
9)
ad
18
3.
A. Handlirsch,
Stigma alarum anticarum obsoletum, angustissimum, vix in
aream radialem produetum. (Tab. III, fig. 17.) Segmentum
mediale inerme. Corpus magnum, robustum ; longitudo
25—30 mm. | |
(Pedes robusti, longissimi; area radialis longissima, eubi-
talis tertia superne latior quam inferne. Caput temporibus
validis. (Tab.IV, fig. 6.) Tibiae intermediae calcaribus duobus
instructae) (Australia.) Exeirus Shuck.
— — — distinetum, in cellulam radialem produetum, si non,
segmentum mediale spinis lateralibus distinetissimis muni-
tum. Corpus parvum vel medium, longitudinem 15 mm vix
superans, ":".. 2. MER RT Du
. Area radialis apice costam non attingens, oblique truncata,
appendice obsoleto instructa. (Tab. III, fig. 3.) Tibiae inter-
mediae calcare unico instructae. Area eubitalis tertia superne
non coarctata.
(Segmentum mediale spinis haud instructum. Antennae
maris duodecim — articulatae, segmentum ventrale septimum
conspicuum, octavum bifurcatum) (Regio neotropica.)
Scapheutes n. 8.
— — acuminata, apice costam attingens, non appendiculata.
Tibiae intermediae calcaribus duobus vel unico instructae.
Area eubitalis tertia superne coaretata, interdum petiolata. 5.
. Segmentum mediale longum (tab. IV, fig. 7), eius superfieies-
horizontalis declivi longior, area dorsalis semper latitudine
sua multo longior. Oculorum marginesinterni paralleli. Vena
transversa alarum posticarum post originem venae eubitalis
terminata. (Tab. III, fig. 2.) Femorum posticorum apex inferne
in dentem latum, porreetum produetus. u .7...1.00.6.
— — breve, eius superficies dorsalis deelivi multo brevior
(tab. IV, fig. 1), aut area mediana dorsalis latitudine sua
multo brevior, vena transversa alarum posticarum ante ori-
genem venae cubitalis terminata (tab. II, fig. 19) et femora
postica apice dilatata et oblique truncata, aut oculorum mar-
ginesinterni ad os convergentes femorumque apex simplex. 7.
. Vena transversa humeralis alarum anticarum multo post
originem venae medialis’sita. (Tab. III, fig. 1.) Mas et femina
Grabwespen. | rk,
nigra, abdominis basi rufa; thorax et abdomen non flavopicta.
Maris segmentum ventrale septimum conspieuum;; antennarum
artieulus ultimus valde ineurvatus vel contortus.
(Regio palaearctica, neartica et neotropica.)
Didineis Wesm.
_—_ paulo ante originem venae medialis, (Tab. III,
fig. 5.) Mas et femina nigra, segmento abdominis secundo
maculis duabus flavis, plerumque etiam thorace flavopicto;
femina saepissime thoraeis vel abdominis basi pro parte rufis.
Maris segmentum ventrale septimum oceultum, antennarum
artieulus ultimus modice ineurvatus.
\Regio palaearctica et nearctica.) Alyson Jur.
. Segmentum mediale inerme. Tibiae intermediae calcare uno
instructae. Femora postica apicem versus dilatata, externe
oblique truncata. Pterostigma satis magnum. (Tab. LI,
fig. 17, 18.)
(Reg. neotropica.) Bothynostethus Kohl.
Latera segmenti medialis dente vel spina armata. (Tab. IV,
fig. 1.) Tibiae intermediae calearibus duobus instructae. Fe-
mora postica apicem versus neque dilatata, neque truncata.
‚Pterostigma parvum. (Tab. II, fig. 14.)
(Genus cosmopoliticum.) Nysson Latr.
. Tibiae intermediae calcare unico instructae. Magines poste-
riores segmentorum dorsalium impressionibus latis instructi,
tomento denso, sericeo impletis.
(Regio palaearctica.) Entomosericus Dahlb.
— — calcaribus duobus munitae. Segmentorum dorsalium
margines fasciis sericeis impressis haud instructi.. . . 9.
Distantia areae radialis a coniunetione venae medialis cum
subeosta longitudine illius areae distinete minor. (Tab. II,
fig. 12; tab. III, fig. 9, 10, 15.) Feminae segmentum dorsale
sextum area mediana distincta, triangulari, longa; maris seg-
mentum ventrale oetavum nunquam trispinosum. . . . 10.
— — — a coniunctione venae medialis cum subcosta longi-
tudine illius areae distinete, saepe multo maior. (Tab. III,
fig. 19.) Feminae segmentum dorsale sextum area mediana
haud instruetum vel solum apice extremo carinulis brevibus
280
10.
i.
12.
13.
A.Handlirsch,
lateralibus munitum; maris segmentum ventrale octavum
semper trispinosum. (Tab. V, fig. 23.)
(Genus cosmopolitieum.) Stizus Latr.
Area eubitalis prima exeipit venam transversam discoidalem
primam, tertia secundam. (Tab. I, fig. 12.) Margo anterior
elypei dentieulis tribus munitus. Maris segmentum septimum
ventrale conspicuum. (Abdominis segmentum primum coarc-
tatum, petioliforme; fronslatissima, versus os non convergens.)
(Omnes regiones, australi excepta.) Mellinus Fabr.
— — secunda excipit ambas venas transverso — discoidales
(tab, III, fig. 10), rarissime prima primam (tab. III, fig. 9),
dein autem oculorum margines interni versus 08 convergentes.
Mas solum segmentis sex ventralibus conspicuis, septimo
oceulto; margo anticus elypei edentatus. . ... . . 11.
Stigma alarum anticarum distinete dilatatum et inerassatum.
(Tab. III, fig. 9, 10.) Species staturae minoris vel medioeris.
(Genus cosmopoliticum.) Gorytes Latr.
— — — obsoletum, angustissimum. (Tab.III, fig. 15.) Species
maiores, habitu Stizorum.
(Omnes regiones, orientali excepta.) Sphecius Dahlb.
Stemma anterius lineare, transverse arcuatum. (Tab. IV,
fo, AN 2 20 ee
— — ea rotundatum seu reniforme. (Tab. IV,
Ne. 2,8.) . a
Palpi ae sex — nn N IL, ae 10.), labiales
quatuor — articulati. (Tab. II, fig. 11.) Segmentum mediale
lateribus compressis, itaque postice excavatum. Maris seg-
mentum ventrale octavum trispinosum. Vena radialis cum
transversa eubitali tertia angulum acutum formans. (Tab. III,
fig. 13.)
(Regio nearetica et neotropiea.) Bembidula Burm.
— — quatuor — (tab. II, fig. 5), labiales biartieulati (tab. II,
fig. 4), segmentum mediale postice planum vel convexum,
lateribus non compressis. Maris segmentum ventrale oetavum
Spina unica munitum (ut in tab. V, fig. 22). Vena radialis
cum transversa-cubitali tertia angulum recetum seu obtusum
formans. (Tab. III, fig. 12.)
(Genus eosmopoliticum.) Bembex F abr.
Grabwespen. 281
14. Palpi maxillares tri- (tab. LI, fig. 8), labiales uni-artieulati.
(Tab. II, fig. 9.) Stemma anterius longitudinaliter elliptieum.
(Tab. II, fig. 3.) Maxillae longissimae, sub thorace pedes
posteriores attingentes. (Tab. I, fig. 8.)
(Regio nearctica et neotropica.) Steniolia Say,
— — sex- (tab. II, fig. 6), — labiales quadri-artieulati.
(Tab. II, fig. 7.) Stemma anterius rotundum seu reniforme.
(Tab. IV, fig. 2.) Maxillae multo breviores, pedes posticos
non attingentes.
_ (Regio nearetiea et neotropica.) Monedula Latr,
Ich beginne mit der Besprechung der Gattung Nysson Latr.
Nysson Latr.
? < Vespa, Linn&, Systema Naturae Ed. XII. 948. 1767.
?< Vespa, Fabrieius, Systema Entomol. 362. 1775.
< Crabro, h. A 31. 11.09.
?< Vespa, x Min tibsn Insecetorum. I. 362. II. 287. 1787.
< Crabro, 5 5 5 I. 373. IL. 294. 1737.
< Sphex, 4 : 11.239 1787.
< Sphex, Villers, Caroli liege Entomol. III. 219. 1789.
< Sphex, Gmelin, Systema Naturae (Linne). 2723. 1789.
< (Crabro, Rossi, Bacna Etrusea. I. 90. 1790.
?< Vespa, Christ, Naturgeschichte der Insecten, 8. 212. 1791.
< Crabro, Olivier, Encyclopedie methodique. VI. 509. 1791.
< Crabro, Petagna, Institutiones entomologicae I. 383. 1792.
< Crabro, Rossi, Mantissa Insectorum. 136. 1792.
< Sphex, s x 127. 1792.
< Sphex, Fabricius, tesoloria systemat. II. 198. 1793.
< Mellinus, > R ” Il. 285. 1793.
< Crabro, ni y II. 233. 1733.
Nysson, Latreille, Br des caract. generiques. 125. 1796.
< Pompilus, Fabricius, Entomol. system. supplem. 246. 1798.
< Mellinus, 2 N 265. 1798.
Nysson, Latreille, Eiaipıre N III. 340. 1802.
Nysson, N 2 5 V. 308. 1803.
< Ceropales, Fabrieius. Systema Piezatorum. 185. 1804.
< Pompilus, 5 " “ 137. 1804.
282 A. Handlirsch,
< Mellinus, Fabricius, Systema Piezatorum. 297. 1804.
< Crobro, n x a 307. 1804.
< Oxybelus, E * M| 316. 1804.
Nysson, Latreille, Histoire naturelle. XIII. 305. 1805.
Nysson, Panzer, Kritische Revision. 183. 1806.
< Crabro, er Fauna Etrusca. Ed. 2. II. 145. 1807.
Nysson, Jurine, Nouvelle meth. de class. les Hym. 197. 1807.
Nysson, Latreille, Genera Crustac. et Insectorum. IV. 90. 1809.
Nyssan, = Consid6rations generales. 321. 1810.
Nysson, Olivier, Enceycelop. möthod. VII. 407. 1811.
< Larra, Lamarck, Hist. nat. des anim. sans vertebres IV. 116. 1817.
Nysson, Latreille, Familles naturelles. 457. 1825.
Nysson, Latreille, in Cuvier, Le Regne Animal. 2. Ed. V. 327. 1829.
< Larra, Deshayes und Milne Edwards, 2. Ed. Lamarck: Hist. IV.
330. 1835.
Nysson, Shuckard, Essay on indig. Fossor. 99. 1837.
Nysson, Percheron, Gu£rin: Diet. pittor. d’hist. nat. VI. p. 171. 1838.
Nysson, Voigt, Übers. v. Cuvier’s R. An. V. 486. 1839.
Nysson, Blanchard, Hist. nat. des Ins. III. 359. 1840.
Nysson, Zetterstett, Insecta Lapponica. 139. 1340.
Nysson, Herrich-Schäffer, Nomenclator entomologieus. 52. 1340.
Nysson, Labram und Imhof, Insecten der Schweiz. III. 1842.
Nysson, Dahlbom. Dispos. method. Hym. Scand. 4. 1842.
Nysson, Lepelletier, Hist. nat. des Ins. Hymenopt. III. 44. 1845.
Nysson, Dahlbom, Hymenoptera Europae. I. 484. 1845.
> Paranysson, subgen., Guerin, Iconographie du R. An. 440. 1846.
Nysson, Eversmann, Fauna hbym. Volgo-Uralens. 395. (Bull. Mose.
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Nysson, Wesmael, Revue critique des Hym. f. de Belgique. 74. (Bull.
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Nysson, Schenck, Grabwespen Nassaus. 154. (Jahrb. d. Ver. f. Naturk.
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Nysson, Smith, Catalogue of Brit. Foss. Hym. ete. in the coll. of. Brit.
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> Synneurus, A. Costa, Fauna del Reguo di Napoli. 16. 1859.
> Nysson, A “ $ a 48 1898
> Brachystegus, 5 ä R „5247
Nysson, Taschenberg, Hymösbpt) Destsehll 192. 1866.
Nysson, Gerstäcker, Nysson. Abh. Halle. X. 71. 1866.
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1867.
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Grabwespen. 283
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Trans. Ent. Soc. Lond. III. ser. III. 306. 1869.
Nysson, Thomson, Opuseul. Entomol. II. 243. 1870.
Nysson, ® Hymenopt. Scandinav. III. 224. 1874.
> Synneurus, G. Costa, Fauna Salentina. 586. 1874.
> Nysson, 3 A 589. 1874.
Nysson, Taschenberg, Nysson. u. Crabron. d. Mus. Halle. Zeitschr.
f.d. g. Nat. 365. 1875.
Nysson, Saunders, Synops. of Brit. Foss. Hymen. Trans. Ent. Soc.
Lond. 267, 1880.
> Paranysson. subgen., Cresson, Deser. of Nysson. Trans. Am. Ent.
Soc. IX. 273. 1882.
> Nysson, subgen., Cresson, Descr. of Nysson. Trans. Am. Ent. Soe. IX.
273. 1882.
> Hyponysson, subgen., Cresson, Deser. of Nysson. Trans. Am. Ent.
Soc. IX. 273. 1882.
Nysson, Provancher, Faune Canadienne. 655. 1883.
Die Gattung Nysson umfasst kleine bis mittelgrosse Arten
von ganz eigenthümlichem, gleichförmigem Typus.
Der Kopf (Tab. IV, Fig.5) ist niemals in der Richtung der
Längsachse des Körpers stark entwickelt, immer mehr oder
weniger flach mit gleichmässig gewölbtem Scheitel. Die Stirne
ist in verschiedenem Maasse, niemals aber stark gewölbt, häufig
in der Mitte knapp ober der Fühlerinsertion durch einen kiel-
artigen oder stumpf pyramidalen Höcker ausgezeichnet. — Die
Schläfen sind gleichfalls verschieden stark gewölbt, hinten ent-
weder nur im oberen Theile, oder bis zum Munde herab gerandet.!
— Wangen nieht entwickelt. — Der Kopfschild ist stets breiter
als lang, sein Vorderrand jedoch sehr verschieden gestaltet, meist
abgerundet, bei einigen Arten vorne gerade abgestutzt oder
bogenförmig ausgeschnitten. In der Mitte zeigt er bei einigen
Arten einen queren Eindruck, manchmal zwei verschieden aus-
gebildete Längsstriemen oder Höckerchen, bisweilen auch eine
Reihe kurzer, zahnartiger Fortsätze.
Die stets sehr nahe am Kopfschilde inserirten Fühler
zeigen sehr mannigfache Formen und sind, wie bei dem weitaus
1 Viele Autoren nennen diese untere Partie der Schläfen „Wangen“
(genae). Ich schliesse mich der in den meisten Zweigen der Entomologie
gebräuchlichen Bezeichnungsweise an, und nenne Wangen nur den Theil
zwischen den unteren Rändern der Facettaugen und den Oberkiefern.
284 A.Handlirsch,
grössten Theile der Sphegiden, beim J’ dreizehn-, beim ? zwölf-
sliedrig. — Ihr Schaft ist mehr oder weniger dick und kurz, die
Geissel von sehr verschiedener Beschaffenheit. Bei den Weibern
zeigen ihre einzelnen Glieder keine besonderen Auszeichnungen,
im männlichen Geschlechte hingegen ist das dreizehnte meist
von abweichender Bildung, bald am Ende abgestutzt, bald stark
gekrümmt, bald unten in verschiedenem Maasse ein- oder zwei-
fach eingedrückt.
Die Kiefer sind am Aussenrande nicht ausgeschnitten, von
gewöhnlicher Bildung, mässig stark; die Oberlippe ist kurz,
kaum vorragend; die Maxillen (Tab. IV, Fig. 27) zeigen ein
kurzes dreieckiges Basalglied (cardo), ihr Stielglied (stipes,
Stamm) ist ungefähr doppelt so lang als breit, der Kautheil
(Lade) kurz und breit, seine Lappen (lobi) deutlich begrenzt.
Das Ende des Stieles trägt den sechsgliedrigen Taster (palpus),
der reichlich länger ist als die ganze Maxille; das erste Glied
desselben ist im Vergleiche zu den übrigen, die nicht sehr stark
von einander verschieden sind, sehr kurz. -- Die Unterlippe
(Tab. IV, Fig. 28) ist ungefähr zweimal so lang als breit, ihre
viergliedrigen Taster sind kurz, das erste Glied reichlich länger
als das zweite, die Zunge (ligula, glossa) ist kurz und breit, die
Paraglossen sind etwas länger als dieselbe. !
Der Thorax (Tab. IV, Fig. 1) ist kurz und kräftig, stark
gewölbt. — Der Prothorax niemals stark entwickelt, entweder
gleichmässig abgerundet, oder oben abgeflacht, wodurch er bis-
weilen vorne kantig und an den Seiten eckig wird. — Die
Schulterbeulen reichen nicht bis zur Insertion der Vorderflügel. —
Das Dorsulum ist in verschiedenem Grade gewölbt, in der Mitte
meist eine deutliche Längsstrieme zeigend, seine Seitenkanten
häufig ober den Flügeln etwas aufgerichtet. Vom Seutellum,
welches schwach oder gar nicht gewölbt ist, ist es stets durch
eine deutliche Naht getrennt. — Dieses zeigt in mehreren Fällen
an der Basis verschieden entwickelte, flache Eindrücke und
gleichfalls oft aufgebogene Seitenränder. — Die Seitenfelder des
1 Gerstäcker gab in seiner Monographie dieser Gattung eine ein-
gehende Beschreibung der Mundtheile von Nysson maculatus, auf die ich
hier wegen des weiteren Details speciell verweise.
Grabwespen. 285
' Mesothorax sind unter einander und gegen das Sternum undeut-
lich abgegrenzt. Der ganze Mesothorax erscheint in Folge der
starken Wölbung seiner Seiten sehr breit. — Das Metanotum ist
bei den meisten Arten flach, unbewehrt, bei mehreren jedoch
zeigt es zwei verschieden stark entwickelte, nach oben und
hinten gerichtete Läppchen. — Die Metapleure ist vom Meso-
thorax und vom Mittelsegmente deutlich geschieden, in Folge der
starken Entwicklung des Mesothorax mit der Fläche mehr nach
hinten gekehrt; das Metasternum ist sehr klein und nur einen
schmalen, vom Mittelsegmente nicht scharf geschiedenen Rand
oberhalb der Coxen des letzten Beinpaares bildend.
Das rückwärts steil abfallende Mittelsegment ist an den
Seiten je in einen, in Bezug auf Grösse, Form und Richtung sehr
verschiedenen Dornfortsatz ausgezogen. — Die Seulptur des
Mittelsegmentes lässt ein sehr deutliches Mittelfeld erkennen, in
welchem meist eine kleine höckerige Erhöhung die Grenze von
horizontaler und abschüssiger Fläche bezeichnet. Die Seiten des
Mittelsegmentes sind bei Nysson nicht durch eine Furche getheilt.
— Die grossen Stigmen liegen nahe am Vorderrande an der
Grenze zwischen Seiten- und Rückenfläche.
Die Flüge] (Tab. II, Fig. 14) sind im Verhältnisse zum
Körper mässig gross. — Die Radialzelle der Vorderflügel mässig
lang, spitz, ohne Anhang; das Randmal ist deutlich, doch nicht
sehr gross, die Medialader nahe bei demselben mündend. — Die
erste Cubitalzelle sehr lang, ungefähr von der Länge der Radial-
zelle, die zweite gestielt, klein; die dritte stets viel kleiner als
die erste, nach oben immer mehr oder weniger verschmälert;
manchmal mündet das obere Ende der dritten Cubitalquerader in
den Stiel der zweiten Cubitalzelle, wodurch die dritte selbst
gestielt erscheint. — Bei einzelnen Arten ist die erste oder dritte
Oubitalquerader ausgefallen, wodurch scheinbar die Zahl der
Cubitalzellen vermindert ist; die Stelle der Abortivader ist jedoch
stets leicht zu erkennen. — Die beiden Discoidalqueradern
münden stets in die zweite Cubitalzelle, doch in verschiedenen
Abständen von deren Enden. — Die Discoidalzellen, besonders
aber die erste, sind sehr lang gestreckt. — Die vordere Schulter-
querader steht immer hinter dem Ursprunge der Medialader. —
An den Hinterflügeln (Tab.II, Fig. 15, 16) ist die vordere Schulter-
286 A. Handlirsch,
zelle mässig lang entwickelt, die hintere in Bezug auf ihre Länge
sehr wechselnd, sie reicht bald über den Ursprung des Cubitus
hinaus, bald bis zu diesem, bald ist sie auch kürzer. — Die
Häkehen des Retinaculum stehen in einer ununterbrochenen
Reihe, die mittleren am lockersten, die wurzelwärts stehenden
am dichtesten.
Die Beine sind stets von gewöhnlicher Grösse; von den
kurzen und breiten Coxen sind die mittleren am kleinsten und
stehen am weitesten von einander ab, die hinteren sind die
grössten. — Die Trochanteren der zwei ersten Beinpaare
bestehen aus zwei Ringen, von denen der zweite sehr klein,
jedoch schon bei Lupenvergrösserung deutlich sichtbar ist. ! —
Die Schenkel sind stets unbewehrt, am Ende immer ohne Zahn-
fortsätze und Erweiterungen, wie sie bei vielen anderen Gattun-
gen, z. B. Alyson, Cerceris, Entomosericus u. a. auftreten, die
Schienen der ersten zwei Beinpaare sind bei allen Arten schwach
bedornt, die hinteren an ihrer Aussenseite öfters mit verschieden
stark entwickelten und in der Zahl sehr wechselnden Dornen
oder Kammzähnchen besetzt. (Tab. IV, Fig. 8.) — Die Vorder-
schienen tragen am Ende einen schwach S-förmig gebogenen
Endsporn, der über die Hälfte seiner Länge innen mit einem
Hautsaume versehen ist. Die Mittelschienen tragen immer zwei
deutlich entwickelte, gerade, einfache Endsporne, ebenso die
Hinterschienen. — Die Tarsen sind schlank, der Metatarsus des
ersten Paares zeigt an der Innenseite der Basis einen sehr dicht
mit Börstehen besetzten, bogigen Ausschnitt; an den Vorder-
tarsen stehen niemals lange Cilien (wie z. B. bei Gorytes-Arten
oder bei Bembex ete.). — Klauen klein, ungezähnt, Pulvillen
entwickelt, doch nicht sehr gross.
Der Hinterleib (Tab. V, Fig. 1,2, 3) ist eiförmig bis
kegelförmig, das erste Segment niemals zu einem Stiele ver-
schmälert, immer breit und in der Regel wenig schmäler als das
zweite. — Die Rückenplatten tragen häufig am Hinterrande
wulstartig abgeschnürte Säume; die Bauchplatten sind sehr ver-
1 Gerstäcker hat den Bau der Beine in seiner Monographie aus-
führlich besprochen und daselbst auch zuerst auf die eigenthümliche
Trochanterenbildung hingewiesen, die nicht allen Grabwespen in gleichem
Maasse zukommt.
Grabwespen. | 237
schieden geformt, die erste ist bei vielen Arten in der Mitte
gekielt, die zweite entweder gleichmässig gewölbt, oder an ihrer
Basis mit einer, von der Seite gesehen einen, manchmal selbst
einem rechten sich nähernden Winkel bildenden Ecke vor-
springend. — Bei einigen Arten springen die Seitenecken der
Bauchplatten eigenthümlich zahnartig nach unten vor. — Ausser
den eben angeführten, zeigen die Bauchplatten der Hinterleibs-
segmente beim Weib keinevon der Norm abweichenden Bildungen,
beim Mann öfters eine eigenthümliche Behaarung, indem nämlich
bei mehreren Arten die Endränder derselben lang bewimpert
sind, was auf den ersten Blick fast an den Sammelapparat
mancher Bienen erinnert (Tab. V, Fig. 2). — Die Dorsalplatte
des sechsten Segmentes, beim Weib des letzten sichtbaren, ist
oben abgeflacht und zeigt ein, durch deutliche Kiele begrenztes,
mit von der Umgebung verschiedener Sculptur versehenes Mittel-
feld (Tab. IV, Fig. 9, 10, 11), beim Mann ist dieselbe entweder
einfach, oder sie zeigt gegen den Hinterrand zu zwei kleine,
zahnartig vortretende Kielchen (Tab. IV, Fig. 20); die siebente
Dorsalplatte (Tab. IV, Fig. 12— 24) ist im männlichen Geschlechte
stets deutlich sichtbar, oben häufig abgeflacht und an den Seiten
gekielt; am Ende und an den Seiten ist sie mit zahnförmigen
oder rundlichen, in der Zahl von zwei bis fünf wechselnden Vor-
ragungen versehen. Die entsprechende (7.) Bauchplatte ist stets
unter der vorhergehenden verborgen, wodurch am Bauche nur
sechs Segmente sichtbar sind.
Der achte Ventralring des Mannes ! ist in seiner Grundform
spatenförmig, an der Basis mit drei ungefähr gleich langen,
einander genäherten Fortsätzen, an der Spitze mit einem tiefen,
fast halbelliptischen, an den Seiten gegen die Spitze zu jederseits
mit einem seichten bogigen Ausschnitte versehen; die dadurch
gebildeten Endlappen sind spärlich mit Dörnchen besetzt.
Von den Genitalien ?* sind die Stipites einfach, am Ende
abgerundet, am Innenrande ohne Auszeichnungen und reichlich
länger als die Sagittae, diese wieder etwas kürzer als die
Spatha. Der Cardo ist reichlich breiter als lang.
1 Untersucht bei Nysson spinosus Forst. vide: Tab. IV, Fig. 25.
2 IV yuri0 20%
n n n ” R>] N
288° | A.Handlirsch,
Die Seulptur ist bei den einzelnen Arten eine sehr ver-
schiedene, sie wechselt von feiner, körniger Punktirung bis zur
grob-narbigen oder selbst netzartig-grubigen Form; am Thorax ist
sie in der Regel am stärksten und gröbsten, wechselt im Übrigen
sehr mit den einzelnen Köpertheilen und zwischen den beiden
Geschlechtern.
Ähnlich mannigfaltig ist die Behaarung. — Man hat hiebei
zwischen einem anliegenden, goldig oder silbern glänzenden,
seidenartigen Toment und einer aufrechten, nicht glänzenden
Behaarung zu unterscheiden. Das erstere bedeckt meist die Stirne
und den Kopfschild, die Basis des Hinterleibes, vom Thorax die
Seiten und die Brust, vom Mittelsegmente die Partie ober den
Seitendornen. — Zur Unterscheidung der Arten ist die aufrechte
Behaarung weniger verwendbar als dieses Toment, sie ist
gewöhnlich am Scheitel und Thoraxrücken am dichtesten.
Die Färbung endlich besteht aus der schwarzen, oft durch
Roth mehr oder weniger verdrängten Grundfarbe und lichten,
gelben oder weisslichen Zeichnungen. — Metallglanz habe ich
niemals beobachtet. — Das Roth ist in den meisten Fällen nur
auf die ersten Hinterleibsringe beschränkt, die gelben Zeichnun-
gen dagegen haben sehr verschiedene Ausdehnung; in der Regel
sind es Binden am Hinterleibsrücken, am Prothorax und Schild-
chen, Flecken an den Schulterbeulen, selten auch an den Pleuren,
am Kopfschild, am Fühlerschaft und am Mittelsegmente. Fühler
und Beine wechseln in der Farbe zwischen schwarz, roth, braun
und gelb, die Flügel zwischen hyalin und dunkel braun-
schwarz. — |
Bei derselben Art ist die Färbung nicht so grossen Schwan-
kungen unterworfen, wie z. B. bei gewissen Arten anderer
Gattungen, wie Mellinus, Stizus u. a., immerhin ist sie aber zur
Unterscheidung der Arten erst in letzter Linie zu verwenden,
da sie ja doch bei weitem nicht jene Constanz aufweist, wie die
übrigen Merkmale, an denen diese Gattung verhältnissmässig
reich ist und unter denen die plastischen den ersten Rang ein-
nehmen.
Die Gattung Nysson ist eine sehr gut abgeschlossene und
steht im Systeme ziemlich isolirt. — Durch das Geäder nähert
sie sich einigermassen den Gattungen Alyson und Didineis, durch
Grabwespen. 289
den Bau des Thorax erinnert sie fast an Oxybelus, der Hinterleib
ähnelt dem einiger Gorytes-Arten. Im Habitus erinnern einige
Arten an gewisse Schmarotzerbienen (Epeolus etc.).
Über die Biologie der Nysson-Arten ist noch fast gar nichts
bekannt. — Von vielen Autoren wurden sie für Schmarotzer
gehalten, welche Ansicht ich entschieden nicht theile. -—— Die
‚Arten sind meist selten oder sehr klein, so dass ihre Beobachtung
im Freien mit grossen Schwierigkeiten verbunden ist, man fängt
sie am häufigsten auf. verschiedenem Buschwerk, wo sie sich
gerne in der Sonne herumtreiben, oder auf Doldenpflanzen. —
Shuckard sah ihr Eindringen in Sandlöcher, hielt sie aber
für Parasiten, da er sie nie mit Beute beobachten konnte. —
Gerstäcker traf Nysson maculatus in grösserer Zahl und
erwähnt des Umstandes als auffallend, dass er die beiden
Geschlechter niemals unter denselben Verhältnissen gefunden
habe, die Männchen flogen in grosser Zahl in der zweiten Hälfte
des Juni auf Gesträuch von Corylus, Rhamnus und Rubus, wo sie
sich stets gesellig in der Sonne herumtrieben, und verscheucht
immer wieder auf den früheren Platz zurückkehrten, die Weib-
chen dagegen traf er viel später, Mitte Juli bis Mitte August, in
viel geringerer Zahl auf Umbelliferen.
Bis jetzt sind Nysson-Arten aus allen Regionen bekannt
seworden. Die meisten Arten beherbergen die gemässigten
Regionen der nördlichen Hemisphäre, die Tropen eine viel
geringere Anzahl. Es sind aus der palaearctischen und nearetischen
Region je über 20 Arten bekannt, aus der australischen, orien-
talischen und äthiopischen nur je zwei und aus der neotropischen
ungefähr zehn Arten. Die Arten mit stark bedornten Hinter-
schienen und zweilappigem Metanotum scheinen fast nur dem
tropischen Amerika eigenthümlich zu sein, doch dringen einige
Arten in die südlicheren Partien der nearctischen Region vor;
den beiden australischen Arten fehlt die erste Cubitalquerader.
Viele der nordamerikanischen Arten stehen den europäischen
nahe und dürften sich manche derselben als identisch erweisen;
leider standen mir zu wenige der aus Nordamerika bekannt
gemachten Arten zur Verfügung, um deren Identität mit den
europäischen nachweisen zu können, von einer Art jedoch
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XCV. Bd. I. Abth. 19
290 A.Handlirsch,
(Spinosus) ist es mir Een ihr Vorkommen in Nordamerika
nachzuweisen.
Um über die allmäligen Fortschritte in der Kenntnis
dieser Gattung sich zu orientiren, dürfte es sich empfehlen,
besonders die älteren Autoren in chronologischer Reihenfolge zu
besprechen.
Zuerst beschrieb Linne in seinem Systema Naturae,.
1767, eine Art, die sich auf einen Nysson beziehen lässt, als
Vespa bidens ; die kurze Beschreibung stimmt mit Nysson spino-
sus am besten, ist jedoch zu unvollständig, um mit Sicherheit
behaupten zu können, dass Linne wirklich einen Nysson vor
sich gehabt hat.
Ungleich sicherer lässt sich die Beschreibung, die Forster
1771 in seinen „Novae species Insectorum“ für seine
Sphex spinosa gab, auf die gleichnamige Nysson-Art der späteren
Autoren beziehen.
Die erste grössere Confusion wurde, wie fast überall, auch
hier von Fabricius angerichtet, der im Systema Ento-
mologiae, 1775, Linne’s Beschreibung der Vespa bidens ein-
fach unverändert reproducirt, im Jahre 1781, Species Insec-
torum, plötzlich die Worte „seutellum bipunetatum“ hinzu-
fügt, welche er aber im ersten Bande der Mantissa Insec-
torum, 1787, wieder weglässt. Es ist wohl nie mehr zu eruiren,
ob Fabricius hier wirklich Thiere vor sich hatte, oder ob die
Ergänzung der Linn&’schen Beschreibung nur seiner Willkür
entsprungen ist; jedenfalls ist durch obige Hinzufügung, ver-
bunden mit der übrigen Beschreibung, die Zugehörigkeit seiner
Vespa bidens Speec. Ins. zur Gattung Nysson widerlegt. In allen
drei obgenannten Werken von Fabrieius findet sich auch ein
Crabro spinosus, der mit dem gleichnamigen Nysson identisch
ist, und im zweiten Bande der Mantissa eine zweite Art als
Sphex maculata.
Villers und Gmelin vereinigen im Jahre 1789 Linne’s
Angaben über Vespa bidens mit dem Zusatze von Fabrieius,
es war also beiden diese Art nicht aus Autopsie bekannt. Ausser-
dem findet sich bei beiden wieder eine Beschreibung der
Forster’schen Sphex spinosa.
Grabwespen. 291
Im folgenden Jahre, 1790, beschrieb Rossi in der Fauna
Etrusca eine neue Art dieser Gattung als Crabro trimaculatus,
abermals ein Jahr darauf reprodueirte Christ, Natur-
geschichte der Insecten, wieder Linn&’s Beschreibung der
Vespa bidens ohne den von Fabricius gemachten Zusatz, und
gab Olivier im VI. Bande der Encycelopedie eine Charak-
teristik unseres N. spinosus, den er in seine Gattung Crabro
stellte, was auch in den im folgenden Jahre erschienenen Insti-
tutiones entomologicae von Petagna der Fall ist. In das-
selbe Jahr (1792) fällt auch noch die Publication von Rossi’s
Mantissa Inseetorum, worin ausser dem Crabro spinosus
auch die Sphex maculata Fabrieius erwähnt wird.
Die im Jahre 1793 von Fabrieius in der Entomol|.
systematica gegebene Beschreibung der Vespa bidens (1.
269) schliesst durch den Zusatz: „Labium et antennarum
articulus primus subtus flava. Scutellum immacu-
latum“ die Deutung auf eine Nysson-Art jetzt vollkommen aus.
Fabricius hatte offenbar wieder ganz eine andere Art vor sich
als früher, wo er das Seutellum als „bipunctatum“ bezeich-
nete. Dasselbe Werk enthält ausserdem noch Beschreibungen
der Sphex maculata, des Crabro spinosus und des Mellinus
fricinctus, der aber ebenfalls mit N. spinosus identisch ist.
Blicken wir auf die bis jetzt angeführten Publicationen
zurück, so finden wir, dass durch sie erst drei sichere Nysson-
Arten bekannt wurden, Spinosus Forst, Maculatus Fabr. und
Trimaculatus Rossi.
Im Jahre 1796 begründete Latreille in den Preeis des
caracteres generiques, pag. 125, das Genus Nysson; doch
wurden noch durch ein Decennium die Arten in den ver-
schiedensten Gattungen untergebracht, bis endlich auch die
anderen Autoren das Latreille’sche Genus acceptirten.
Fabriecius beschrieb zwei Jahre nach der Publication der
Gattung Nysson eine neue Art dieser Gattung, den interruptus,
als Mellinus, seine frühere Sphex maculata verwies er nun in
das Genus Pompilus. Im selben Jahre gab Panzer in der
Fauna Germanica Beschreibung und Abbildung des Männ-
chens von unserem maculatus mit dem Namen „Crabro trima-
culatus Rossi“, 1799 brachte er den Crabro spinosus, 1801 das
19, #
292 A. Handlirsch,
Weib unseres maculatus wieder unter dem Namen frimacu-
latus; das d', das er früher Crabro trimaculatus genannt, nennt
er nun Mellinus dissectus.
In das Jahr 1800 fällt Sturm’s Verzeiehniss mit einer
Abbildung und Beschreibung des Pompilus maculatus.
In seinem letzten Werke, dem Systema Piezatorum
(1804), bemüht sich Fabrieius, um allem die Krone aufzu-
setzen, die Nysson-Arten in möglichst viele Gattungen zu ver-
theilen, und es gelang ihm sogar, drei Arten in fünf Gattungen
unterzubringen! Maculatus kam in das Genus Pompilus, inter-
ruptus zu Oxybelus, spinosus glänzt durch sein Erscheinen als
Ceropales spinosa, Mellinus trieinctus und Crabro spinosus !!
In dem im Jahre 1817 erschienenen IV. Bande der Hist.
nat. des anim. sans vertebres von Lamarck ist Nysson
spinosus in der Gattung Larra untergebracht, ebenso in der von
Dehayes und Milne Edwards verfassten zweiten Auflage
dieses Werkes.
Die Arbeiten, in denen das Genus Nysson anerkannt wurde,
will ich hier nicht einzeln besprechen, ebensowenig das all-
mählige Bekanntwerden weiterer Arten, und hier nur erwähnen,
dass im Ganzen bis jetzt nicht weniger als 39, allerdings zum
grössten Theile sehr unvollständige Beschreibungen
dieser Gattung vorliegen, bevor ich auf die Versuche über-
gehe, die zur Zertheilung derselben unternommen
wurden.
Der erste Versuch, die so ausgezeichnet abgeschlossene
Gattung zu spalten, wurde 1846 von Gu&rin in der Icono-
graphie du Regne Animal unternommen, der auf eine von
ihm beschriebene, afrikanische Art, abdominalis, das Subgenus
Paranysson, auf die stärkere Bedornung der Hinterschienen hin,
gründete.
1859 bemühte sich Achill. Costa in seiner Fauna del
Regno di Napoli, die Gattung in mehrere aufzulösen; er unter-
schied Synneurus durch die gestielte dritte Cubitalzelle von
Nysson und Brachystegus, diese zwei wieder von einander durch
den Aderverlauf der Hinterflügel.
Im Jahre 1866 erschien Gerstäcker’s ausgezeichnete
Monographie, worin er die von Costa und Gu6rin vorge-
Grabwespen. 295
nommene Zertbeilung einer eingehenden Kritik unterzog und die
früheren ‚Beschreibungen der Gattung in vielen Punkten er-
weiterte und ergänzte.
Drei Jahre später liess auch A. Costa, Prospetto
sistematico, seine früher aufgestellten Genera selbst wieder
fallen, und führte alle Arten als Nysson auf.
Im selben Jahre (1869) beschrieb Smith ! eine australische,
von Gerstäcker schon als mysticus beschriebene Art, unter
dem Namen Acanthostethus- basalis, ohne in der Beschreibung
etwas über die Verwandtschaft mit Nysson zu sagen. Zur Auf-
stellung dieser Gattung bewog Smith offenbar nur das
Fehlen der ersten Cubitalquerader, ein Merkmal, das
Gerstäcker bei Beschreibung seines mysficus ebenfalls schon
erwähnt hatte. !
Giuseppe Costa hielt 1874 in einer, im Übrigen unbe-
deutenden Arbeit, Fauna Salentina, abermals das Genus
Synneurus A. Costa neben Nysson aufrecht
Zwei Jahre später trennt Cresson° die Gattung in drei
Subgenera, Paranysson, Nysson und Hyponysson. Hyponysson
wird von den anderen durch die geringere Zahl, zwei, der
Cubitalzellen unterschieden. Es fehlt hier im Gegensatze zu
Acanthostethus nicht die erste, sondern die dritte Cubitalquer-
ader. Zur Unterscheidung der zwei anderen Subgenera wird die
Bezahnung der Hinterschienen und die Form des Schildehens
und des Metanotum, sowie die Gestalt des Endsegmentes beim
S gebraucht.
Die Werthlosigkeit der von Gu&rin und Costa zur
Spaltung verwendeten Merkmale hat bereits Gerstäcker zur
Genüge nachgewiesen. In Bezug auf das Geäder will ich nur
noch hinzufügen, dass bei Nysson grandissimus Rad., einer Art,
die dem epeoliformis Sm. ausserordentlich nahe steht, die dritte
Cubitalzelle nicht gestielt ist, mithin müssten nach Costa diese
Arten generisch getrennt werden. Bei epeoliformis scheint
übrigens diese Stellung der Adern ziemlich constant zu sein,
1 Deser. of new genera and species of exotic Hymenopt. Trans. Ent.
Soc. Lond. 3. ser. III. 307.
2 Trans. Amer. Ent. Soc. IX. 1882.
294 A.Handlirsch,
wenigstens stimmen beide Exemplare, die ich sah, in diesem
_ Merkmale überein. Bei anderen Arten, z.B. bei aegualis Patton,
ist dasselbe Merkmal inconstant. Was die übrigen, dem Geäder
entnommenen Merkmale betrifft, kann ich nur Gerstäcker’s
Ansicht von deren gänzlicher Unbrauchbarkeit zur generischen
Trennung der Nysson-Arten beipflichten.
Das sogenannte Fehlen einer oder der anderen Cubi-
talzelle beruht einfach darauf, dass in einem Falle, Acanthos-
tethus Smith., die erste, im anderen, Hyponysson Cress., die
dritte Cubitalquerader abortirt, wodurch sie bei ober-
flächlieher Betrachtung nicht sichtbar ist. Es kann
dieser Umstand, der ja auf die Anlage des Geäders gar keinen
Einfluss hat, denn von dem thatsächlichen Fehlen obiger Zellen
kann füglich nicht die Rede sein, für eine generische Ver-
schiedenheit nicht in Betracht kommen. Ich besitze mehrere
Apiden, bei denen als Abnormität ähnliche Fälle vorkommen,
und zwar auf beiden Flügeln ganz symmetrisch, so zum Beispiel
bei einer männlichen Andrena mucronata Mor. und bei
mehreren Halictus-Arten.
Es sei hier bemerkt, dass das Verschwinden einer
Ader auch auf andere Weise erfolgen kann, als durch ein-
fachen Abortus, ohne dass es dadurch einen höheren Werth
für die Systematik bekäme. Als Beispiel sei die Gattung Pison
angeführt (ef. Kohl: Die Gattungen und Arten der Larriden).
Den Vorgang hiebei stelle ich mir so vor, dass die zweite
Cubitalzelle dadurch, dass sich die erste und zweite Querader in
ihrem oberen Theile immer mehr und mehr mit einander ver-
einigen, immer kleiner, der Stiel aber immer länger wird, bis die
Zelle endlich ganz verschwindet (Parapison Smith). In diesem
Falle entspricht dann die scheinbar erste Querader der ersten
und zweiten zusammen, die zweite der dritten, die scheinbar
zweite Oubitalzelle aber der dritten. Es ist also hier die zweite
Cubitalzelle wirklich ausgefallen, und die Zelle, die als erste
Cubitalzelle erscheint, auch wirklich die erste. Der Vorgang bei
Nysson ist nach dem oben Gesagten von dem bei Pison voll-
ständig verschieden, es entspricht daher hier, wenn die erste
Querader abortirt, die scheinbar erste Cubitalzelle der ersten und
zweiten zusammen, die scheinbar zweite der dritten; die schein-
Grabwespen. 295
bar erste Querader ist die zweite, die scheinbar zweite die
dritte. Es liefern somit zwei ganz verschiedene Vorgänge ein
ganz ähnliches Resultat. !
Das von Gu6rin zur Abtrennung der Untergattung Para-
nysson verwendete Merkmal, die Bedornung der Hinterschienen,
wurde schon von Gerstäcker hinlänglich erörtert; als Über-
gangsform möchte ich hier noch den N. Braueri n. sp. anführen.
Dieses Merkmal tritt nicht immer mit den von Cresson ver-
wendeten zugleich auf. Die Lappen des Metanotum sind übrigens
bei den einzelnen Arten sehr verschieden entwickelt, zum
Beispiel bei nitens n. sp. weniger auffallend als bei Texanus
Cress., bei Braueri und Capensis n. sp. nur angedeutet. Die
Zahl der Fortsätze am siebenten Dorsalringe des J beträgt
2 bis 5; es sind nämlich zwei davon deutlich und auffallend,
die Fortsetzung der häufig auftretenden Seitenkiele bildend;
zwischen diesen Spitzen befindet sich häufig ein Fortsatz, der
verschieden ausgebildet ist (vide Figuren), und oft, in Form einer
dritten Spitze, ebensoweit vorragt, als die zwei seitlichen. In
wenigen Fällen tritt aussen, neben den zwei obgenannten Fort-
sätzen noch jederseits ein kleinerer auf. Zur Abtrennung von
Gattungen oder selbst Untergattungen sind diese Merkmale
gleichfalls nicht anwendbar, da sie, wie ein Blick auf meine
Abbildungen zeigt, durch sehr zahlreiche Übergänge ver-
bunden sind.
In Gerstäcker’s Monographie dieser Gattung wurden im
Ganzen 23 Arten aufgeführt, eine Zahl, welche sich durch das
Bekanntwerden der amerikanischen Formen seither bedeutend
‘vermehrt hat, so dass, mit Einschluss der von mir neu auf-
gestellten zehn Arten, die Gattung nunmehr 64 Arten zählt;
allerdings dürften sich noch einige Arten im Laufe der Zeit
als synonym erweisen, und dadurch deren Zahl vermindert
werden.
Zwei als Nysson beschriebene Arten gehören entschieden
nicht in diese Gattung, und zwar der schon von mehreren
1 Dass sogar beide Fälle bei einer Gattung vorkommen können, hat
Kohl für die Gattung Pompilus nachgewiesen; cf.: Die Gattungen der
Pompiliden. Verh. der k. k. zool.-botan. Gesellsch. Wien, XXXIV. 1884.
S. 34. |
296 A.Handlirsch,
Autoren besprochene Nysson quinquespinosus Say und Nysson?
(sie) inerme Cresson, beides nordamerikanische Arten. Die
kurze Beschreibung von guinquespinosus bietet genug Anhalts-
punkte, um die Zugehörigkeit zur Gattung Nysson sicher auszu-
schliessen: „Mittelsegment mit ungefähr fünf Dornen“, ferner:
„Vordertarsen mit langen Cilien“. Die fünf Dornen liessen sich
zur Noth noch erklären, wenn man die bei manchen Arten auf-
tretenden Blättchen des Metanotum und die kleine Erhöhung im
Mittelfelde des Mittelsegmentes dazu rechnet, wozu die Angabe
Say’s: „der mittlere Dorn der unteren Serie abgestumpft,
manchmal undeutlich“ berechtigen könnte. Die langen Cilien
der Vordertarsen schliessen jedoch die Annahme, Say hätte
wirklich einen Nysson vor sich gehabt, aus. Die zweite Art,
. deren Autor selbst sagt, sie scheine zwischen Harpactes und
Nysson zu stehen, gehört bestimmt weder zu dem einen noch zu
dem anderen Genus; die doppelte Vorragung in der Mitte der
Stirne, das gerundete, feinkörnige, unbewehrte Mittelsegment,
das abweichende Flügelgeäder mit der „schiefen, fast qua-
dratischen“ dritten Cubitalzelle „wie bei Harpactes“, der an der
Basis contrahirte zweite und dritte Hinterleibsring und die nicht
vorragende zweite Ventralplatte, die glänzende, am Thorax
schwach punktirte Körperoberfläche, lassen keineswegs auf einen
Nysson schliessen. Es ist wohl auch nur die gestielte zweite
Cubitalzelle gewesen, die Cresson bewog, die Art in dieses.
Genus einzureihen; dieses letztere Merkmal schliesst die Zuge-
hörigkeit zur Gattung Gorytes ebenfalls aus. Ob die Art über-
haupt in diesen Verwandtschaftskreis gehört, wage ich nach der,
nach einem einzelnen Exemplare verfassten Beschreibung
Cresson’s weder anzunehmen, noch von der Hand zu
weisen. !
1 Hier die Original-Beschreibungen dieser zwei Arten in der Über-
setzung:
Nysson quinquespinosus Say. West. Quart. Rep. U. 78. 1823. —
Körper schwarz. Fühler unten weisslich; Clypeus weiss, mit einer schwarzen
Längslinie; Kiefer schwarz. Rand des Prothorax, Schulterbeulen, eine
schiefe unterbrochene Linie ober den Flügeln, Linie am Schildehen und
Spitzen der Mittelsegmentsdornen (Say nennt den Theil Metathorax) weiss-
lich. Von diesen sind ungefähr (sie) fünf vorhanden, die oberen am grössten,
der mittlere der unteren Serie abgestumpft, manchmal undeutlich. Vorder-
Grabwespen. 297
Die Arten 1 bis 10 haben auf der Stirne, oberhalb der
Fühlerinsertion , einen Längshöcker,, ein zweilappiges Meta-
notum, stark bedornte Hinterschienen, und auf den Hinter-
fNügeln entspringt der Cubitus weit hinter dem Ende der
Analzelle.
1. Nysson Texcanus Cresson.
Nysson Texanus, Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc. IV. 223. Z' 9 1873.
Nysson (subg. Paranysson) Texanus, Cresson, ibid. IX. 273. Z' 7 1882.
Pars inferior temporum postice marginata, non Spinosa;
frons supra antennarum insertionem tuberculo longitudinaliter
carinato instructa; elypeus media parte marginis anterioris sinua-
tus. Prothorax superne deplanatus; scutellum horizontale, basi
bifovealatum, marginibus lateralibus sursum flexis; metanotum
schienen vorne weiss; Vordertarsen mit langen Cilien. Die Hinterränder der
Abdominalsegmente graublau (glaucous), oben etwas irisirend. Länge
weniger als ?/, Zoll. — „Arkansas.“
Nysson (?) inerme Cresson. Trans. Amer. Ent. Soc. V. 224. 1876.
DO. Schwarz. Seiten des Gesichtes, Clypeus und Schläfen hell silberglänzend,
Spitze des Clypeus glänzend; Kiefer schlank, spitz, weisslich, Spitzen
schwarz. Kopf etwas breiter als der Thorax, quer, eine doppelte Vorragung
in der Mitte der Stirne, gerade oberhalb der Fühler, die knapp an der Basis
des Kopfschildes inserirt sind. Fühler kurz und kräftig; Nebenaugen in
einem Dreieck. Thorax glänzend, schwach punktirt; eine in der Mitte unter-
brochene Linie am Prothorax, Schulterbeulen, Tegulae, eine Binde am
Metanotum (Postscutellum) weiss; Mittelsegment (Metathorax) matt, fein-
körnig, gerundet, unbewehrt, seitlich mit silberglänzenden Haaren bedeckt.
Flügel glashell, am Rande wolkig; Radialzelle lang, fast lancettförmig, an
der Spitze abgestumpft; erste Cubitalzelle lang, breit, breiter als bei Nysson,
die erste Discoidalader an ihrem äussersten Ende aufnehmend; zweite
Cubitalzelle schmal, fast dreieckig, gestielt, die zweite Discoidalader, die
sehr stark nach aussen gekrümmt ist, ungefähr in der Mitte aufnehmend;
dritte Cubitalzelle schief, fast quadratisch, wie bei Harpactes. Beine kurz,
schlank, Endhälfte der vier vorderen Schenkel unten, und eine Linie an
allen Tibien hinten weisslich; Tarsen bräunlich. Abdomen fast sitzend,
convex, glänzend, Ende spitz. Zweites und drittes Segment an der Basis
zusammengezogen, erstes Segment oben vorragend gewölbt; die folgenden
Segmente besonders seitlich mit silberner, bloss in gewissen Richtungen
betrachtet, sichtbarer Beliaarung bedeckt. Ovipositor vorgestreckt; zweiter
Bauchring nicht vorragend. 6 mm. 1 Exemplar. Scheint zwischen Harpactes
und Nysson zu stehen. (Coll. G. Belfrage.)
298 A.Handlirsch,
bilobatum. Spinae laterales segmenti medialis longissimae.
Alarum posticarum area analıs multo ante originem venae cubi-
talis terminata. Tibiae posticae externe dentibus eireiter
novem munitae. Segmentum ventrale secundum aequaliter con-
vexum.
Nysson grosse punctatus, facie, prothorace, callis hume-
ralibus, foveolis sceutelli, parte superiore laterum segmenti medi-
alis, basi abdominis et marginibus segmentorum postieis tomento
denso, aureo obtectis. Niger spinis lateralibus segmenti medialis
apice, fasciisque, medio late interruptis, segmentorum abdomi-
nalium 1—3 flavis, pedibus rufis, basi extrema solum nigris.
Longitudo corporis 8—11'5 mm.
Maris segmentum ultimum lateribus carinatis, apice dentibus.
quatror, quorum laterales minores, mediales maiores sunt, muni-
tum. Antennarum articulus ultimus forma communi.
Species regionis nearcticae.
Kopf breit, Hinterhaupt nicht stark entwickelt, der
Scheitel gerundet. Die Ocellen stehen in einem stumpf
winkeligen Dreiecke; die hinteren liegen in der Verbindungs-
linie der Facettaugen und sind etwas weiter von diesen entfernt
als von einander, neben jedem liegt nach innen zu ein flacher,
rundlicher Höcker. Die Stirne trägt in der Mitte einen, von
der Fühlerinsertion bis gegen die halbe Höhe reichenden,
stark erhabenen, gratartigen Höcker. Die Facettaugen sind
gegen den Kopfschild mässig convergent, von der Seite gesehen
bedeutend breiter als die hinten bis zum Munde herab gerandeten
Schläfen. Der Kopfschild ist entschieden mehr als doppelt
so breit als lang, mit einer, das mittlere Drittel seines Vorder-
randes einnehmenden Ausbuchtung versehen. Kiefer un-
gezähnt.
Fühler knapp an der Basis des Kopfschildes und sehr
nahe bei einander inserirt, bei d’ und ? ziemlich gleich lang; der
Schaft kurz; beim ? das dritte Glied kürzer als das vierte, dieses
wieder kürzer als das fünfte, die folgenden ziemlich gleich lang,
das letzte einfach, länger als das vorhergehende; beim d’ sind
die einzelnen Glieder im Verhältniss zur Dicke bedeutend
kürzer als beim ?, das dritte Glied ist kürzer als das vierte, das
Grabwespen. 299
Endglied einfach, unten nicht ausgeschnitten, am Ende kaum
abgestutzt.
Der obere Theil des Pronotum liegt etwas unter dem
Niveau des Dorsulum, ist oben flachgedrückt und dadurch nach
vorne zu kantig, an jeder Seite eckig vortretend. Das Dorsulum
flach, in der Mitte mit einer deutlichen Längsfurche versehen,
seine hinteren Ecken gross und etwas aufgerichtet. Meso-
pleuren stark vorragend, unter der Flügelwurzel mit kleinem
spitzem Höcker; die von den Schulterbeulen nach unten ver-
laufende Kante ist nur im unteren Theile gut entwickelt. Das
Scehildehen liegt horizontal, ist sehr leicht gewölbt, hinten
etwas breiter als vorne, seine Seitenränder sind aufgerichtet; die
Basis zeigt an jeder Seite einen, mit der Spitze nach innen
gerichteten, keilförmigen Eindruck. Das Metanotum ist schmal
und trägt in der Mitte einen blättchenförmigen Fortsatz, der nach
hinten ausgeschnitten ist.
An dem abschüssigen Mittelsegmente ist das Mittelfeld
gut entwickelt, die Seitendornen sind aussergewöhnlich gross
und lang, schief nach hinten und aussen gerichtet.
Die Vorderflügel sind leicht gebräunt, am Saume etwas
dunkler, das Geäder ist braunschwarz; die Radialzelle reicht
etwas näher zur Flügelspitze als die dritte Cubitalzelle, diese ist
nach oben stark verschmälert, ohne dass sich jedoch die zweite
und dritte Querader in einem Punkte vereinigen; die zweite ist
langgestielt, klein fünfeckig, und nimmt die erste Diseoidalquer-
ader nahe ihrem Anfange, die zweite ungefähr in ihrer Mitte auf.
An den Hinterflügeln endet die Analzelle weit vor dem An-
fange des Cubitus.
Beine schlank, die Vorderschienen mit einem gekrümmten
Sporn, der die Mitte des Metatarsus erreicht, Mittelschienen mit
zwei kurzen Endspornen, die ungefähr den dritten Theil der
Länge des Metaiarsus erreichen. Die Hinterschienen tragen an
der Aussenkante durchschnittlich neun kräftige Zähne, ihr Ende
ist in eine kurze Spitze ausgezogen. Der längere der zwei End-
sporne ist reichlich einhalbmal so lang als der Metatarsus. Alle
Klauen sind ungezähnt.
Der Hinterleib ist schlank, die zweite Ventralplatte stark
gewölbt, nicht winkelig vortretend; die Endränder der Rücken-
300 A. Handlirsch,
platten sind mit einem feinen, abgeschnürten, wulstigen Endrande
versehen, die sechste zeigt beim ? ein flaches, gut begrenztes,
‚dreieckiges Mittelfeld mit abgerundeter Spitze. Im männlichen
Geschlechte ist die siebente Dorsalplatte seitlich gekielt, am
Ende vierzähnig; die mittleren Zähne sind lang und spitz,
die seitlichen, die die Verlängerung der Kiele darstellen, sind
kürzer. |
Kopf etwas feiner punktirt als der Thorax, die Stirne
dichter als der Kopfschild. Dorsulum, Seutellum und Meta-
notum sind dicht grob punktirt, ebenso die Mittelbrust-
seiten und Coxen; die Metapleuren sind im unteren Theile
glatt, im oberen mit einigen Querrunzeln versehen. Die Seiten
des Mittelsegmentes sind im vorderen unteren Theile glatt,
hinten und oben grob punktirt, dessen Mittelfeld ist vorne längs-
runzlig, nach hinten zu verschmelzen die Runzeln zu einem Netz-
werke. Eine ähnliche Seulptur zeigt auch der ganze hintere
Theil des Mittelsegmentes.
Der Hinterleib zeigt eine sehr feine Grundpunktirung, die:
von der Basis nach hinten zu deutlicher wird, die groben Punkte
dagegen nehmen nach hinten zu an Grösse und Zahl ab; das
Mittelfeld des sechsten Segmentes ist lederartig punktirt, mit
eingestochenen gröberen Punkten; an der Unterseite ist die
Punktirung ähnlich wie am Rücken. Die Seulptur des ganzen
Körpers und besonders des Hinterleibes ist beim J’ viel gröber
und dichter als beim 2. |
Der Körper ist, besonders beim J, ziemlich reichlich
behaart und stellenweise mit einem schönen Tomente bedeckt;
so erscheinen die untere Hälfte der Stirne, der Kopfschild, der
Rand des Pronotum, die Schulterbeulen, ein Fleck auf den Meso-
pleuren, die Mittellinie des Dorsulum, die zwei Grübchen an der
Basis des Schildchens, das Metanotum, das Mittelsegment ober-
halb der Seitendornen, die Basis des ersten Abdominalsegmentes
und die Endsäume der Hinterleibsringe hell goldigglänzend. Die
ganze Unterseite ist bei schief auffallendem Lichte verschieden
stark silberglänzend; der Rücken ist bräunlich behaart, stellen-
weise schwach seidenartig schimmernd. |
Die Grundfarbe des Körpers ist schwarz, die Kiefer sind
bräunlich, die Beine rothgelb mit schwarzen Coxen; die Spitzen
Grabwespen. 301
der Dornen des Mittelsegmentes und breit unterbrochene Binden
auf den drei ersten Hinterleibsringen, von denen die erste die
breiteste ist,.gelb.
Untersucht wurden drei ? und zwei d.
Diese nordamerikanische Art war bisher aus Texas und
Montana bekannt; die von mir untersuchten Exemplare stammen
ausserdem aus Georgia und Süd-Carolina (Coll. Saussure).
Das Territorium Montana bezeichnet bis jetzt die nördlichste
Grenze ihrer. Verbreitung.
2. Nysson fuscipes Cresson.
Tab. IV. Fig. 23.
Nysson (subg. Paranysson) fuscipes, Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc.
IX. 274. J 9 18322.
Pars inferior temporum postice distinctissime marginata,
inferne in spinulam producta; frons supra antennarum inser-
tionem tubereulo longitudinaliter carinato instructa; margo
interior elypei media parte late sinuatus. Prothorax superne
deplanatus; seutellum basi bifoveolata, lateribus sursum flexis;
metanotum bilobatum. Spinae laterales segmenti medialis longis-
simae. Alarum posticarum area analis multo ante originem venae
eubitalis terminata. Tibiae posticae dentibus longioribus I—10
munitae. Segmentum ventrale secundum aequaliter con-
vexum.
Vaide punctatus, abdomen partius quam in specie praece-
dente. Margo superior prothoraeis cum callis humeralibus, foveae
seutelli, metanotum, latera segmenti medialis supra spinas
laterales et margines posteriores segmentorum dorsalium aureo-,
pectus et basis abdominis argenteo tomentosa.
Niger, apice spinarum segmenti medialis et faseiis inter-
ruptis segmentorum dorsalium 1—5 %, 1—6 d‘, flavis, pedibus
nigris vel nigro-fuseis, genieulis et parte anteriore tibiarum anti-
carum et intermediarum pallidioribus. Longitudo corporis
10—11 mm.
Maris segmentum dorsale septimum lateribus carinatis,
apice dentibus quatuor munitum, quorum laterales medialibus
multo breviores sunt. Antennarum artieulus ultimus simplex.
302 A.Handlirsch,
Species regionis nearcticae.
Dem N. Texanus nahe stehend und in Bezug auf die
plastischen Merkmale sehr ähnlich. |
Die Höckerchen zwischen den Ocellen sind deutlicher
erhaben; die Schläfen stark gerandet, die Randung nach
unten in einen kleinen spitzen Zahn ausgezogen; der Kopf-
schild und der Höcker auf der Stirne ähnlich wie bei der vor-
hergehenden Art, ersterer mit etwas breiterem Ausschnitte,
letzterer weniger stark vorragend. | |
Die Fühler sind gleichfalls ganz ähnlich wie bei
Texanus. \
Die Mittelstrieme des Dorsulum ist etwas deutlicher aus-
geprägt, das Blättchen des Metanotum hinten stärker aus-
geschnitten.
Der Hinterleib ganz ähnlich wie bei der vorigen Art,
desgleichen die Bewehrung des männlichen Endsegmentes. Die
zwei mittleren Spitzen des letzteren sind bedeutend länger als die
seitlichen.
Der Bau der Beine weicht von dem des Texanus nicht
wesentlich ab, die 9 bis 10 Dornen der Hinterschienen sind gut
abgesetzt und etwas länger als bei dieser.
Die Flügel sind gleichmässig gebräunt, der Aderverlauf
wie bei Texanus.
Die Seulptur ist auf Kopf und Thorax eine gröbere, am
Hinterleibe sind die groben Punkte etwas weniger scharf
eingestochen und spärlicher, die Grundpunktirung dagegen ist
deutlicher.
Die Behaarung ist etwas spärlicher, der Kopfschild, die
untere Hälfte der Stirne, die Brust, die Basis des Hinterleibes
und die Coxen silbern-, der Rand des Pronotum, die Schulter-
beulen, die Mittelfurche des Dorsulum, die Basis des Schild-
chens, das Metanotum, die Flecken ober den Seitendornen des
Mittelsegmentes und die Endsäume der. Segmente goldig
tomentirt. |
Sehr leicht ist die Art von der vorhergehenden durch die
verschiedene Färbung zu unterscheiden. Wie bei dieser ist die
Grundfarbe schwarz, die Spitzen der Mittelsegmentsdornen
sind gelb, ebenso Binden auf den Endrändern der Segmente
Grabwespen. 303
1 bis 5 beim $ und 1 bis 6 beim Z, die erste derselben sehr
schmal unterbrochen, die zweite bis sechste gleichbreit, etwas
breiter als die erste; die ersten Binden sind die breitesten und
nach den Seiten etwas erweitert. Die Beine sind sehr dunkel
schwarzbraun, die Kniee röthlich, die Vorderseite der zwei ersten
Schienenpaare und der Tarsen dunkelrothbraun; die Kiefer zum
Theile röthlich. 2 J’. 1
Die Art scheint dem Westen Nord- Amerikas anzu-
gehören, sie ist bisher in den Staaten Washington und
Oregon (Cresson) und in Californien (Coll. Saussure)
aufgefunden worden.
3. Nysson Mexicanus Cresson.
Nysson (subg. Paranysson) Mezxieanus, Cresson, Trans. Am. Ent. Soc.
IX. 275. $ 9. 1882.
Dorsulum mit gut ausgeprägter Mittelstrieme; Meso-
pleuren mit kurzem, ziemlich spitzem Zahn unter den Flügeln ;
Seutellum mit aufgeriebteten Seitenrändern; Metanotum
zweilappig.
Die Seitendornen des Mittelsegmentes sind scharf, stark
vorragend und divergirend.
Flügel fast glashell; an den Hinterflügeln endet die
Analzelle weit vor dem Anfange des Oubitus.
Die Hintersehienen sind bedornt.
Beim Jg ist das Endsegment seitlich gekielt, am Ende
vierzähnig; die zwei mittleren Zähne sind länger als die seit-
lichen und leicht divergirend.
Kopf tief, Mesothorax tief und grob, Scutellum und Meso-
pleuren grob, zusammenfliessend punktirt. Die Seulptur des
Hinterleibes ist spärlicher und weniger stark ; das zweite Ventral-
segment ist tief punktirt.
Das 2 ist mit sehr kurzer, dichter, gelblich silberner
Behaarung bedeckt, am dichtesten und häufig goldig glänzend
auf der Stirne, dem Kopfschilde, den Schläfen, dem Pronotum,
den Schulterbeulen und am oberen Theile der Mittelsegment-
seiten. Das Mittelfeld des Mittelsegmentes ist anliegend, gelblich
behaart, der Hinterleib goldig-gelb, an der Basis des ersten
304 A. Handlirsch,
Segmentes gelblich, die Endsäume der Segmente goldig, der
Bauch gelblich-silbern.
Beim J ist die Behaarung ganz ähnlich wie beim 2, nur
sind Kopfschild und Unterseite des Thorax dicht silbern
tomentirt.
Die Grundfarbe ist mattschwarz, die Spitzen der Mittel-
segmentsdornen und schmale, nach den Seiten leicht erweiterte
Binden an den Endrändern der Segmente 1 bis 5 gelb. Das
sechste Segment trägt beim ? einen grossen gelben Fleck, der
fast die ganze Oberfläche bedeckt, beim J’ eine ziemlich breite
gelbe Binde; das Endsegment ist beim JZ mit Ausnahme der
Basis röthlich. Die Kiefer sind röthlich pechbraun, die Spitzen
der vier vorderen Schenkel und ihre Tibien vorne dunkel roth-
gelb, Tarsen und Hintertibien mehr oder weniger rostbraun.
10 mm.
Diese mir unbekannte Art wurde von Cresson nach neun
von Sumichrast in Mexiko gesammelten Exemplaren
beschrieben; sie scheint den beiden vorhergehenden sehr nahe
zu stehen.
4. Nysson marginatus Spinola.
Nysson marginatus, Spinola, Ann. Soc. Ent. Fr. ser. 1.X. 113. Nr. 68.
pl. 3.£.2. 2.1841.
— — Gerstäcker, Nysson. Abh. d. Nat. Ges. Halle. X. 119. Nr. 19.
1866.
Unseren einheimischen Arten in Bezug auf das Geäder, das
Gesicht und die Beine ähnlich, aber relativ schlanker.
Die Stirne trägt eine Erhöhung mit runder Basis und kiel-
förmigem Rücken.
Das Schildehen ist quer-rechteckig, horizontal, nicht nach
hinten geneigt, und bleibt im Niveau des Dorsulum. Das Meta-
notum ist ähnlich wie bei Oxybelus, ein aufgehobenes Blätt-
chen, so breit als das Schildehen, rückwärts leicht ausgeschnitten,
mit spitzen, durchscheinenden Hinterecken.
Die hintere Fläche des Mittelsegmentes ist mehr ein-
gedrückt, die Seitendornen stärker, mehr vorspringend,
Die fünf ersten Hinterleibsringe haben einen wulstigen
Hinterrand.
\ | Grabwespen. 305
\ Die Punktirung ist auf Kopf und Thorax viel stärker als
' am Hinterleibe.
Gesicht; Schläfen, Rand des Pronotum, Mittellinie des Dor-
sulum, Mittelsegment an der Basis der Seitendornen, Seiten und
Brust seidig tomentirt; alle anderen Stellen dunkelbraun
behaart.
Schwarz; ein mässig breites Band am Hinterrande der
ersten fünf Segmente und zwei dreieckige Seitenflecken am
sechsten gelb, Hinterrand der vier mittleren Ventralplatten rost-
farben. Beine roth mit schwarzen Hüften. Fühler schwarz.
Flügel glashell, etwas beraucht, Geäder schwarz. Länge 9 mm.,
Breite 33 mm.
Diese mir unbekannte Art scheint nach der Beschreibung
dem Mexicanus sehr ähnlich zu sein. Spinola beschrieb sie
nach einem einzelnen ?, das aus Cayenne stammte, und keiner
der späteren Autoren hat sie neu untersucht.
Auf Spinola’s Abbildung ist entschieden kein Werth zu
legen, da sie mit der Beschreibung in mehreren Punkten nicht
übereinstimmt, und gewiss schlecht ist. !
Dass die Bedornung der Hinterschienen nicht erwähnt wird,
ist allerdings auffallend, doch möchte ich keineswegs daraus
schliessen, dass sie wirklich fehlt; Spinola hat sie vielleicht
übersehen, möglicherweise auch haben die Hinterbeine bei
dem einzigen Exemplare, das er untersuchte, gefehlt. Ich reihe
die Art ohne Bedenken in diese Gruppe ein, da die Überein-
stimmung so prägnanter Merkmale, wie der Stirnhöcker, die
Form des Metanotum, dieEndsäume der Segmente u.s.w.
aus Analogie auch auf bewehrte Hinterschienen schliessen lässt.
5. Nysson luteipennis Gerstäcker.
Nysson luteipennis, Gerstäcker, Nysson, Abh. Halle X. 120. Nr. 21.
2. 1866.
Pars inferior temporum postice marginata et spina acuta
munita; frons supra antennarum insertionem tuberculata; elypeus
margine anteriore fere recto. — Prothorax margine superiore
lateribus angulosis; sceutellum deelive, marginibus lateralibus
1 C£. Gerstäcker,l. e.
Sitzb. d, mathem.-naturw. Cl. XCV. Bd. I, Abth, 20
306 A.Handlirsch,
leviter sursum flexis. — Metanotum breviter bilobatum. — Seg-
menti medialis spinae validae, acutae. — Alae luteae, margine
infumatae; alarum posticarum area analis multo ante originem
venae eubitalis terminata. — Tibiae posticae 6—9 dentatae. —
— Segmentum ventrale secundum valde prominens, basimversus
oblique truncatum.
Corpus punetatum, umbrino pubescens, facie, prothorace,
maculis segmenti medialis et pectore pallidioribus, marginibus
postieis segmentorum aureis.
Niger, abdominis segmentis 1.—D. fasciis interruptis, 6. ma-
eulis lateralibus eroceis. — Pedibus nigro-piceis, genieulis, tibiis
et tarsorum artieulis apice rufofuseis. Longitudo corporis
9: mm.7 2.
Species regionis neotropicae.
Der Clypeus ist am Vorderrande fast gerade abgeschnitten,
ohne aufgeworfenen Rand; der untere Theil der Schläfen
hinten gerandet und am Mundwinkel in einen scharfen Zahn
ausgezogen.
Die Vorderecken des Pronotum scharf winkelig hervor-
tretend; Mittelbrustseiten ziemlich stark vortretend, dicht
unterhalb der pechbraunen Tegulae mit einem deutlichen
Höcker. Schildehen abschüssig, mit leicht aufgebogenen
Seidenrändern; Metanotum kurz, stumpf, zweilappig. — Die
Seitendornen des Mittelsegmentes sind lang, scharf zugespitzt,
gekielt und an der Spitze rothbraun durchscheinend.
Der Buckel an der Basis der zweiten Ventralplatte
stark hervortretend, steil, aber schräg gegen das erste hin ab-
fallend. Der Saum der fünf vorderen Ringe deutlich aufgeworfen.
Das Endsegment des ? kegelförmig, an der Spitze stumpf
abgerundet, beiderseits scharf gekielt.
Die Flügel sind bis auf das graubraun getrübte Spitzen-
dritttheil deutlich rothgelb tingirt, die Adern ebendaselbst leb-
haft rostgelb; die Radialzelle ist längs der Costa stark gebräunt.
Der Stiel der zweiten Cubitalzelle ist fast ebenso lang als die
pentagonale Zelle selbst hoch ist; die langgezogene dritte
Cubitalzelle reicht ebenso weit gegen die Flügelspitze hin als die
Radialzelle. Die beiden Discoidalqueradern münden weit von
einander entfernt in die zweite Cubitalzelle, so dass die zweite
\ Grabwespen. 307
Discoidalzelle nach der Spitze hin fast quer abgeschnitten
erscheint. An den Hinterflügeln endet die Analzelle weit vor
dem Ursprunge des Cubitus.
Die Spitze der Hinterschenkel ist unmittelbar vor der
Einlenkung der Schienen vorne in einen längeren, hinten in
einen kürzeren, dreieckigen, auf der Fläche ausgehöhlten Zahn
ausgezogen; die Hinterschienen sind an ihrer Aussenseite
mit sechs bis neun scharfen, bis zum untersten Viertheil reichen-
den Zähnen bewaffnet, zwischen welchen längere Borstenhaare
entspringen. |
Kopf dicht gedrängt, Thorax vereinzelter grob punktirt,
dazwischen sehr fein und dicht gekörnt.
Seiten des Prothorax glänzend, Mittelbrust grob-
körnig punktirt; die vertieften Metapleuren sehr glänzend und
durchaus glatt, nur ganz oben mit zwei bis drei scharfen Längs-
kielen. Schildcehen grob runzlig punktirt. — Mittelsegment
durch scharfe Längsrunzeln in Felder getheilt und diese
wiederum durch schräge Linien gegittert. — Hinterleib dicht
und fein chagrinirt, auf dem ersten Ringe mit gröberen, auf den
übrigen mit feinen eingestochenen, isolirten Punkten besetzt.
Kopf und Thorax durch kurze Behaarung umbrabraun
schimmernd; der Kopf an den Seiten des Hinterhauptes ausser-
dem mit längerer, greiser, auf der Stirne mit aufrechter, fuchs-
rother Behaarung bekleidet. Das Toment der Gesichtsseiten
und des Olypeus erscheint weissgrau mit einem Stich ins Bräun-
liche. Rand des Pronotum und der Schulterbeulen fein gelbgrau
behaart; Mittelbrustseiten nach unten dünngreis, dasMittelsegment
nur beiderseits der Seitendornen dünn gelbbraun behaart. Der
Hinterleib ist oben mit goldig braunem, unten mit greisem
Seidenschimmer übergossen; die Endsäume der Segmente sind
auf Rücken und Bauch goldig tomentirt, auf letzterem überdies
mit spärlichen längeren Haaren besetzt. Beine greis behaart.
Grundfarbe schwarz; ein ganz schmaler Querstrich jeder-
seits am Hinterrande des ersten Segmentes, sehr schmal unter-
brochene Binden auf den vier folgenden Ringen und je ein
grosser Seitenfleck am sechsten Segmente, ausserhalb “ des
Mittelfeldes, rothgelb. Die derben Fühler sind schwarz, die
beiden Basalglieder derselben unterhalb mit braunrothem
20*
308 A. Handlirsch,
Spitzenfleck. Beine schwärzlich pechbraun, greis behaart, die
Kniee, Spitze der Schienen und der einzelnen Tarsenglieder
rothbraun; die Schienensporne des ersten Paares licht rostgelb,
die der beiden hinteren schwarzbraun.
Die Art wurde von Gerstäcker nach zwei weiblichen
Exemplaren aus dem Berliner Museum, die in San Joäo0
del Rey in Brasilien gesammelt waren, beschrieben; ich
selbst habe sie nicht gesehen.
6. Nysson armatus Cresson.
Nysson armatus, Cresson, Proc. Ent. Soc. Philad. IV. 145. J' ? 1865.
Nysson (subg. Paranysson) armatus, Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc.IX.
273. 2. 1882.
Fühler kräftig. Seitliche Ecken des Prothorax vorragend
und ziemlich spitz; Mesothorax mit eingedrückter Mittellinie;
Schildehen an der Basis abgeflacht; Metanotum mit zwei
kurzen, stumpfen, flachen, leicht zurückgebogenen Spitzen.
Mittelsegment mit grossen, jederseits in einen langen,
starken, spitzen, nach hinten stark divergirenden Dorn aus-
gezogenen Hinterecken.
Flügel bräunlich, in der Radialzelle und an den End-
rändern dunkler; Geäder schwärzlich.
Hinterschienen bedornt.
Das Endsegment des Hinterleibes zeigt beim ? ein ab-
geflachtes, jederseits gekieltes und am Ende stumpfes Mittelfeld;
beim JS ist es mit zwei kleinen, abstehenden, flachen Zähnen
versehen. |
Thorax matt, dicht und ziemlich grob punktirt; Schild-
chen runzelig. Das Mittelfeld des Medialsegmentes ist vor der
Mitte unregelmässig gefurcht. Der Hinterleib ist etwas glänzend,
ziemlich dicht punktirt; gegen die Basis zu etwas gröber, gegen
die Spitze zu feiner und undeutlicher. Bauch tiefer punktirt,
glänzend. |
Scheitel, Wangen, Rand des Pronotum, Schulterbeulen,
Mittellinie, Seiten. und Hinterrand des Dorsulum, Pleuren, Basis
des Schildehens, Seiten des Metanotum und des Mittelsegmentes,
in geringerem Grade auch dessen Mittelfeld, die Beine und die
Grabwespen. 309
Endsäume der Hinterleibsringe goldig, Gesicht, Kopfschild,
Coxen, Basis und Unterseite des Hinterleibes silbern tomentirt.
Schwarz; ein Fleck jederseits an den drei ersten Seg-
menten und die äussersten Hinterränder aller Segmente blass
gelbroth; der letzte der Flecken ist der kleinste; beim J hat
auch das vierte Segment noch jederseits einen sehr kleinen,
dunkelbraunen Fleck. Die Spitzen der Mittelsegmentsdornen
sind blassgelb. Fühler pechbraun beim ?, braun beim d’;
Tegulae roth. Beine dunkelroth, die Coxen sind schwarz mit
rother Spitze. S 9, ? 8 mm.
Diese, mir unbekannte, neotropische Art, wurde von
Cresson nach zwei aus Cuba stammenden Exemplaren
beschrieben, die sich in der Sammlung der Entomological
Society in Philadelphia befinden. Sie scheint der folgenden
Art ähnlich zu sein, das zweispitzige Endsegment des d
schliesst jedoch eine Identifieirung aus.
1. Nysson dives n. sp.
Tab. IV. Fig. 8. 24.
Pars inferior temporum postice marginata, in spinam obtu-
sam producta; frons supra antennarum insertionem valde tuber-
eulata; elypeus media parte marginis anterioris sinnatus. Pro-
thorax superne deplanatus, angulis lateralibus acutis; scutellum
horizontale, basi impressione transversa profunda munita, margi-
nibus lateralibus leviter sursum flexis. Metanotum bilobatum.
Spinae laterales segmenti medialis longissimae et robustissimae.
Alarum posticarum area analis multo ante originem venae cubi-
talis terminata. Tibiae posticae dentibus 7”—8 validis munitae.
Abdominis segmentum ventrale seecundum valde convexum.
Caput et thorax dense, grosse punctata, abdomen partius;
facies, elypeus, pars inferior totius corporis cum pedibus dense
argenteo, margo prothoracis, fovea scutelli, latera segmenti
medialis parte superiore, abominisque basis et margines poste-
riores segmentorum dorsalium aureo tomentosa.
Niger, segmentis abdominis primo et secundo maculis
flavis lateralibus, pedibus obseure rufis, posterioribus basim
versus nigrieantibus. Mandibulae, pars inferior articuli primi
310 A.Handlirsch,
antennarum, tegulae spinarumque segmenti medialis apices rufo-
vel fusco-testacea. Long. corp. 8—10 mm.
Maris segmentum dorsale septimum lateribus carinatis,
apice quinquespinosum; spinae laterales et mediana reliquis
minores sunt. Antennarum artieulus ultimus praecedenti multo
longior, nec curvatus, nec apice truncatus.
Species regionis neotropicae.
Den Arten 1 und 2 in Bezug auf den Körperbau nahe
stehend, etwas schlanker und kleiner.
Der untere Theil der Schläfen ist hinten mit einer
starken, an den Mundwinkeln in eine stumpfe Spitze aus-
gezogenen Randung versehen; die Stirne ist ziemlich gewölbt,
der Höcker oberhalb der Fühlerinsertion nach oben etwas ver-
breitert, stark vorragend. Die Ocellen stehen sehr nahe bei
einander, und die dazwischen liegenden Höcker sind schwach
entwickelt. Der Kopfschild ist sehr breit und kurz, am Vorder-
rande beim ? breiter ausgebuchtet als beim J’.
Die Fühler sind kurz und dick, das dritte Glied ist beim
? nur halb so lang als das vierte, das letzte bedeutend länger
als das vorletzte; vom vierten bis zum elften nehmen die Glieder
allmälig an Länge ab. Beim / sind alle Geisselglieder mit
Ausnahme des letzten breiter als lang, die drei vorletzten sind
nach unten etwas erweitert, das letzte ist bedeutend länger als
das vorhergehende, gerade, am Ende abgerundet; das dritte Glied
ist deutlich kürzer als das vierte.
Der Thorax ist ähnlich gebaut wie Be den übrigen Arten
dieser Gruppe, der Rand des Prothorax oben abgeflacht, seine
Seitenecken scharf vorspringend. Dorsulum mit deutlicher
Mittelstrieme, seine hinteren Ecken kaum aufgerichtet. Das
Schildchen zeigt an der Basis einen breiten Quereindruck,
und ist der Länge nach durch eine feine Linie getheilt, seine
Seitenkanten sind leicht aufgerichtet. Das Metanotum trägt in
der Mitte ein ähnliches zweilappiges Blättchen wie alle Arten
dieser Gruppe. Die Mittelbrustseiten sind mässig vortretend,
unter der Flügelbasis mit kleinem scharfem Höckerchen ver-
sehen. Die Seitendornen des Mittelsegmentes sind ausser-
gewöhnlich stark und lang, nach hinten und etwas nach den
Seiten gerichtet.
Grabwespen. 311
Flügel ziemlich gleichmässig gebräunt, Geäder dunkel-
braun; an den Vorderflügeln reicht die dritte Oubitalzelle näher
zum Spitzenrande des Flügels als die Radialzelle, die zweite
Cubitalzelle ist lang gestielt, breiter als hoch, und nimmt die
erste Discoidalquerader etwas vor dem ersten Drittel, die zweite
hinter der Hälfte auf. An den Hinterflügeln endet die Anal-
zelle weit vor dem Ursprunge des Cubitus.
Beine mässig kräftig; die Hinterschienen sind mit sieben
bis acht sehr starken, aufrechten Dornen bewehrt.
| Der Hinterleib ist schlank, der zweite Bauchring stark
sewölbt, an der Basis nicht scharf abgestutzt; jede Dorsal-
platte zeigt einen gut abgeschnürten Endsaum.
Das Endsegment ist beim 2 oben mit einem halb-
elliptischen Mittelfelde versehen, beim S zeigt es am Ende fünf
Zähne und deutliche Seitenkiele. Die seitlichen Zähne entstehen
durch die Verlängerung der Kiele und sind kurz, dazwischen
stehen zwei längere Zäbne, und in der Mitte noch ein kleiner,
kurzer und breiter Zahnfortsatz.
Der ganze Kopf ist grob und dicht punktirt, gegen den
Kopfschild zu und auf demselben feiner und zerstreuter. Rücken
und Seiten des Thorax sind sehr grob und dieht punktirt,
die Metapleuren im unteren Theile glatt, oben runzelig,
Seiten des Mittelsegmentes unten vorne glatt, im Übrigen
punktirt. Das Mittelfeld des Medialsegmentes ist grob
genetzt und gut begrenzt. Mit der Lupe ist die Grundpunktirung
des Hinterleibes nicht zu bemerken, die groben Punkte stehen
ziemlich zerstreut und nehmen gegen das Ende an Grösse ab
Das Mittelfeld des Endsegmentes beim ? zeigt eine feine, fast
nadelrissige Sculptur.
Der Rand des Pronotum, die Grube an der Basis des
Seutellum, die Seiten des Mittelsegmentes oberhalb der Dornen
und die Endsäume der Dorsalplatten, sowie die Basis des Hinter-
leibes sind dicht mit sehr hellem goldigem Tomente bedeckt;
das Gesicht, der Kopfschild und die ganze Unterseite mit Ein-
schluss der Beine zeigt ein dichtes silberglänzendes Haarkleid.
Kopf und Thorax tragen an der Oberseite dunkel braunschwarzes
mattes Haar, von dem sich die hellen Tomentflecken sehr
scharf abbeben. |
912 A. Handlirsch,
Die Grundfarbe ist rein schwarz; die gelbe Farbe ist auf
seitliche, mässig breite Flecken auf den zwei ersten Ringen
beschränkt. Die Kiefer, ein Fleck an der Unterseite des Fühler-
schaftes und die Beine sind röthlich, die letzteren, besonders
das hintere Paar, sehr dunkel, gegen die Basis zu schwärzlich;
Tegulae braungelb, ebenso die Spitzen der Mittelsegmentsdornen.
Ich habe ein und ein ? dieser schönen Art aus der
Sammlung des Herrn H. de Saussure erhalten, die beide aus
Orizaba in Mexico stammen.
8. Nysson Gayi Spinola.
Nysson Gayi, Spinola, Historia fisica y politica de Chile. Zoolog. VI.
347. 2 1851.
— — Gerstäcker, Nysson, Abhandl. d. nat. Ges. Halle. X. 120. 20.
Z 9. 1866.
Stirne stärker vorragend als bei marginatus, ähnlich wie
bei scalaris. Der Körper ist im Verhältnisse zur Länge ent-
schieden breiter als bei N. marginatus. (Länge 4 Lin., Breite
zwischen den Flügeln 1'/, Lin.)
Der Hinterrand der Rückensegmente ist wulstig auf-
gerichtet, ebenso der der vier mittleren Bauchplatten; die Säume
sind blassgelb, mit diehtem Haarkleide von derselben Farbe
bedeckt.
Das Endsegment des ? ist von gewöhnlicher Form, beim
Männchen trägt es ein trapezförmiges Mittelfeld, das vorne
flach und nach rückwärts zu eingedrückt ist; sein Hinterrand ist
mit drei gleichlangen, kurzen, geraden und parallelen Spitzen
versehen.
Flügel hyalin, leicht gebräunt, ihr Geäder dunkel, gegen
die Basis zu röthlich. Die zweite Cubitalzelle nimmt beide Dis-
coidalqueradern auf. $
Kopf und Thorax sind stark punktirt, auf dem Mittel-
segmente und an den Mesothoraxseiten zusammenfliessend
und runzlig. Der mittlere Theil des Prothorax ist stark und
zerstreut punktirt, ohne Spur von Längsstreifen.
Hinterleib mit mittelgrossen Punkteindrücken spärlich
besetzt.
Grabwespen. ag
Der Körper ist spärlich weisslich tomentirt, an der
Stirne dicht goldig, am Kopfschilde, am Metanotum und am
Hinterrande des Pronotum dicht silbern tomentirt.
Die Grundfarbe ist schwarz, die drei ersten Segmente
tragen knapp vor dem Endsaume je eine breit unterbrochene,
lichtgelbe Binde. Lippe, Palpen, Basis der Kiefer, Vorder- und
Mittelbeine fast rostroth gefärbt; Coxen, Trochanteren, Basis
der Vorderschenkel, hintere Fläche der mittleren Schenkel und
Schienen und die Hinterbeine schwarz; die Endglieder der
Tarsen und die Tegulore röthlich.
Länge des Körpers 9 mm.
Die Art stammt aus den centralen Provinzen von Chile
und gehört nach den Angaben des Autors in dieselbe Gruppe
wie N. marginatus. Mir ist sie unbekannt.
9. Nysson foveiscutis Gerstäcker.
Nysson foveiscutis, Gerstäcker, Nysson, Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. X.
116. Nr. 17. 1866. |
Pars inferior temporum postice marginata; frons tuberculo
carinato instructa; elypeus transverse carinatus. Pronotum angulis
lateralibus acutis; scutellum basi bifoveolata. Metanotum biloba-
tum. Spinae laterales segmenti medialis elongatae, acutissimae.
Alarum posticarum area analıs multo ante originem venae media-
lis terminata. Tibiae posticae externe dentibus 6—7 munitae.
Abdominis segmentum ventrale secundum rotundatum, parum
prominens.
Thoraeis et segmenti primi sculptura grossa, reliqui cor-
poris subtilior. Clypeus, pectus et coxae argenteo-, facies, margo
pronoti, tegulae, scutelli basis et margines posteriores segmen-
torum aureosericea.
Niger, segmentis tribus primis faseiis interruptis luteis;
pedes rufi, coxis solum nigris, femoribus anterioribus et postieis,
tibiisque postieis piceis. Long. corp. 6°'5 mm. ?.
Species regionis neotropicae.
Von schlanker Statur. In der Mitte der beiderseits ein- .
gedrückten Stirne tritt ein kleiner, der Länge nach scharf
gekielter Höcker oberhalb der Insertion der Fühler über den
Augenrand hervor. Der Clypeus ist nach vorne mit einer deut-
314 A. Handlirsch,
lichen Querkante versehen und fällt von dieser aus gegen den
Vorderrand senkrecht ab; der untere Backenwinkel ist kurz.
höckerig ausgezogen. Die Fühler sind derb, das erste Glied
kurz.
Seitenecken des Pronotum in Form eines spitzen Zähn-
chens hervortretend; Dorsulum mit vertiefter Längsstrieme;
Sceutellum an der Basis mit zwei tiefen viereckigen Gruben.
Die Mesopleuren tragen unterhalb der Tegulae ein spitzes
Höckerchen. Metanotum hinten tief ausgeschnitten, spitz
zweilappig.
Die beiden Seitendornen des Mittelsegmentes sind lang
und scharf zugespitzt.
Die zweite Ventralplatte des Hinterleibes ist ab-
gerundet, schwach vorragend. Die Segmente 1 bis 5 sind mit
‘ wulstigem Endsaume versehen, das sechste ist kegelförmig,
an der Spitze abgerundet und beiderseits scharf gekielt.
Die Flügel sind über die Fläche hin leicht, in der Radial-
zelle und am Hinterrande stärker braun getüncht, das Geäder
ist schwarzbraun; in den Vorderflügeln ist die zweite Oubital-
zelle rhombisch, merklich höher als ihr Stiel lang, die dritte von
der Flügelpitze weiter entfernt als die Radialzelle; in den
Hinterflügeln endet die Analzelle weit vor dem Anfange des
Cubitus.
Die Hinterschenkel sind beiderseits von der Einlenkung
der Schienen zahnartig ausgezogen, die Hinterschienen rück-
wärts mit sechs bis sieben scharfen, fast bis zum letzten Vier-
theil herabreichenden Zähnen und zwischen diesen mit längeren
Borstenhaaren bewehrt.
Der Kopf ist dicht körnig, der Thorax mit dem Schildehen
beträchtlich gröber und runzelig punktirt, matt. Die Mittel-
brustseiten dieht körnig punktirt, die vertieften Meta-
pleuren glänzend und glatt, nur ganz oben fein längsrunzlig.
Das Mittelfeld des Medialsegmentes ist glatt und glänzend,
. mit vier scharfen Längskielen versehen.
Der glänzende Hinterleib zeigt ausser der äusserst
feinen, chagrinartigen Grundpunktirung auf dem ersten Ringe
zahlreiche, grosse, grubenartige, auf dem zweiten viel kleinere,
Grabwespen. 315
fast verloschene Punkte. Das Mittelfeld der oberen Afterklappe
ist gedrängt punktirt. !
Der Scheitel ist russschwarz, die Stirne über den Fühlern
fein staubartig goldgelb behaart, die Gesichtsseiten lebhaft
goldig, der Clypeus silberweiss seidenhaarig. Der Hinterrand
des Pronotum, die Längsstrieme des Mittelrückens, die Tegulae
und eine Querbinde des Seutellum messingglänzend seidenhaarig.
Die Mittelbrustseiten sind gelblichgrau, die Seitentheile des
Medialsegmentes greis seidenhaarig. Hinterleib kaum greis
schillernd, auf der Endhälfte sparsam mit rothgelben Börstchen
besetzt, an den Endrändern der Segmente 1 bis 5 goldig tomen-
tirt, unten auf den Endrändern der Segmente 2 bis 4 dicht gelb
gefranst. Brust und Beine sind stark silberschimmernd.
Schwarz; Mandibeln licht rothbraun mit dunkler Spitze;
der Fühlerschaft an der Spitze röthlich durchscheinend; Tegulae
röthlich pechbraun. Die drei ersten Segmente zeigen oberhalb
jederseits vor dem Hinterrande einen rothgelben Querfleck,
welcher auf dem dritten nur von geringer Ausdehnung ist.
Die Beine sind mit Einschluss der Trochanteren rostroth,
nur die Hüften schwarz; an den Vorderbeinen ist die Aussenseite
der Schenkel, an den Hinterbeinen eine Längsstrieme derselben
und die Schienen bis auf die Spitze, ausserdem das Endglied
aller Tarsen und die Schiendornen der beiden hinteren Paare
pechbraun.
Gerstäcker hat diese Art nach einem einzelnen ? aus
Brasilien beschrieben; mir ist sie unbekannt.
10. N ysson chrysozonus Gerstäcker.
Nyssen chrysozonus, @erstäcker, Nysson, Abh. d. Nat. Ges. zu Halle.
X. 117. Nr. 18. 1866.
Pars inferior temporum postice marginata; frons supra
antennarum insertionem tuberculo valido, carinato instrueta.
Clypeus transverse carinatus, margine anteriore sinuatoe. — °
Seutellum horizontale, marginibus lateralibus paulo sursum flexis.
Metanotum bilobatum. — Segmenti medialis spinae laterales
validae. — Alarum posticarum area analis multo ante originem
venae cubitalis terminata. — Tibiae posticae spinis 4 munitae. —
316 A.Handlirsch,
Abdomen segmento ventrali secundo valde prominente, basim
versus truncato, a latere visum angulum fere reetum formans.
Sculpturamedioeris; facieseum elypeo albido flavo—, pectus,
coxae et mesopleurae argenteo —, margo prothoraeis et callorum
humerelium, latera metanoti et segmenti medialis, basis abdo-
minis eiusque segmentorum dorsalium et ventralium faseiae
apicales aureo — tomentosa.
Niger, pedibus concoloribus; genua et spinae tibiarum posti-
carum solum rufo-fusea. Long. corp. 11 mm.
Maris artieulus ultimus antennarum dimidio praecedenti
longior, inferne leviter sinuatus. Segmentum dorsale septimum
apice tridentatum.
Species regionis neotropicae.
Der Kopf ist verhältnissmässig klein, nur von der Breite des
Thoraxrückens, die Schläfen in den Hinterhauptrand unter
einem abgerundeten rechten Winkel übergehend, die beiden
hinteren Ocellen an ihrer Innenseite von einer erhabenen Leiste
‚ überragt, die Netzaugen sehr deutlich ausgerandet und nach
unten stark convergirend, so dass das Gesicht abwärts sehr viel
schmäler wird. Die Stirne mit einem die Insertion der Fühler
überragenden Mittelhöcker, welcher drei in einem Punkte zusam-
menstossende, scharfe Kiele zeigt, von denen der untere senkrecht
bis zu den Fühlergruben hinabsteigt. Der Clypeus ist am Vor-
derrande bogenförmig ausgeschnitten und vor dem Saume mit
einer Querleiste versehen. |
Die Fühler sind ziemlich lang und derb, schwarz, die
Glieder vom dritten an so lang wie breit, das vorletzte beim
Männchen etwas schief eingefügt, das accessorische dreizehnte
um die Hälfte länger und schmäler, gekrümmt, innen leicht aus-
gebuchtet. |
Die Mittelbrustseiten sind seitlich nur mässig hervor-
tretend; das Schildehen nicht schräg nach hinten abfallend,
sondern in gleicher Ebene mit dem Mittelrücken liegend, nach
hinten trapezoidal erweitert, die Seitenränder etwas aufgebogen,
die Hinterwinkel abgerundet, die Mitte der Scheibe grubig ver-
tieft. Das sich vom Mittelsegmente frei abhebende Metanatum
ist hinten tief ausgeschnitten und daher zweilappig; beide Lappen
spitz, am Ende gelb durchscheinend.
Grabwespen. 317
Die Seitendornen des Mittelsegmentes sehr stark ent-
wickelt, an der scharfen Spitze gelb durchscheinend, flachgedrückt,
seitlich und oberhalb scharf gekielt.
Die Endsäume der Hinterleibsringe sind wulstig abge-
schnürt; der siebente Ring des J ist an der Spitze dreizähnig.
Der Vorsprung des zweiten Bauchsegmentes ist stark
und fällt fast in rechtem Winkel gegen das erste hin ab.
Die Flügel sind wässerig braun getrübt, der Costalraum und
die Adern auf der Basalhälfte rostgelb, die Radialzelle deutlich
gebräunt; der Stiel der zweiten Cubitalzelle ist sehr viel kürzer
als die Zelle selbst hoch, diese quer rhombisch und mit stark
genäherter Einmündung der beiden Nervi recurrentes in ihren
Hinterrand; die dritte Cubitalzelle stark verlängert, so dass sie
an die Flügelspitze weit näher heranrückt als die Radialzelle, die
zweite Discoidalzelle gegen den Hinterrand hin rechtwinkelig
ausgezogen. In den Hinterflügeln endet die Analzelle weit
vor dem Anfange des Cubitus.
Die ausgezogene Spitze der Hinterschienen ist gelb
durchscheinend, ihre Aussenseite mit vier Zähnen besetzt, von
denen der oberste (dieht unter dem Knie) nur höckerartig und
stumpf, die übrigen länger und scharf zugespitzt sind.
Kopf und Thoraxrücken dicht körnig, Mittelbrust-
seiten sehr grob und dieht runzlig punktirt; die vertieften
Metapleuren glatt und glänzend. Mittelfeld des Mittel-
segmentes glänzend, von fünf starken Längsrunzeln durchzogen.
Der Hinterleib ist ausser der sehr feinen chagrinartigen Grund-
punktirung mit tief eingestochenen, vereinzelten, grösseren
Punkten besetzt, welche jedoch auf dem zweiten und den folgen-
den Ringen beträchtlich schwächer und sparsamer sind, als auf
dem Basalringe. Am Bauche sind die eingestochenen Punkte auf
allen Ringen gleich grob, auf den hinteren sogar noch tiefer.
Kopf und Thoraxrücken mit kurzer, aufrechter, grau-
brauner Behaarung bekleidet. Gesicht und Clypeus dicht
gelblichweiss, der Rand des Pronotum goldig, der Saum der
Scehulterbeulen und die Vorderbrustseiten mehr messing-
glänzend tomentirt; Brust und Coxen-silberweiss schimmernd.
Die Seiten der Hinterbrust, des Mittelsegmentes und die
Lappen des Metanotum goldig, ebenso die Basis des
315 A.Handlirsch,
Hinterleibes, der schmale Hinterrand des ersten Ringes
und breite Endbinden auf den Segmenten 2 bis 6. Die
ganze Oberseite des Hinterleibes ist ausserdem mit reifartiger,
silbergrauer Seidenbehaarung überzogen; am Bauche ist diese
Behaarung besonders am zweiten Ringe stark, während der
Hinterrand des zweiten bis fünften auch hier goldig tomentirt
erscheint.
Der Körper ist schwarz; Oberlippe und Mandibeln
schwärzlich pechbraun, Taster lichter braun, Tegulae licht rost-
roth, Beine schwarz, Kniee und Schiendornen rothbraun.
Gerstäcker sagt von dieser, nach einem männlichen
Exemplare aus Montevideo (Mus. Berol.) beschriebenen Art,
sie sei in einer Reihe plastischer Merkmale, wie dem gekielten
Stirnbuckel, dem horizontal liegenden Schildehen, dem
zweilappigen und vom Hinterrücken abgehobenen Meta
notum, den stark hervortretenden Seitendornen des Mittel-
segmentes und dem abgesetzten, erhabenen Saume der
Hinterleibsringe mit dem Nysson marginatus Spin. über-
einstimmend, zeige aber anderseits wieder durch den
sewöhnlich geformten, auf der Grenze der einzelnen Seg-
mente nicht eingeschnürten Hinterleib die quere, rhombische
zweite Cubitalzelle, in deren Hinterrand die beiden Nervi
recurrentes dicht neben einander einmünden, die der Flügel-
spitze stark genäherte dritte Cubitalzelle, das Geäder der Hinter-
flügel, besonders aber durch die starke Zahnung der Hinter-
schienen Abweichungen von dieser Art.
Mir ist die Art unbekannt.
11. Nysson abdominalis Guerin.
Nysson (Paranysson) abdominale, Gu&rin, Iconogr. du r&gne animal. Ins.
p. 441. 1840.
Nysson abdominalis, Gerstäcker, Abhandl. Halle. X. 122. Nr. 22. 1866.
Hinterbeine stark bedornt. Flügel violettschwarz, stark
glänzend, mit blauem Reflex. Schwarz, Prothorax, Tegulae,
Hinterrand des Mesothorax und Schildchens, Beine und Hinter-
leib röthlich. Länge 12 bis 17 mm.
Senegal. (Mion.)
Grabwespen. | 19
Leider wurde diese auffallende, von Gu&rin so unzuläng-
lich charakterisirte, afrikanische Art von keinem späteren Autor
untersucht; es lässt sich daher nach dem einzigen plastischen
Merkmale, das Gu6rin anführt, der Bedornung der Hinter-
schienen, kein völlig sicherer Schluss auf die nähere Verwandt-
schaft dieser Art ziehen. Ich reihe sie vorläufig als eigene
Gruppe an die amerikanischen Arten mit bedornten Hinter-
schienen; die ansehnliche Grösse und die eigenthümliche, von
der Norm abweichende Färbung, besonders der Flügel, lässt
wohl darauf schliessen, dass sie auch in Bezug auf plastische
Merkmale viele Eigenthümlichkeiten aufweist und vielleicht sogar
dieser Gattung gar nicht angehört. Eswurden jedoch von Gue&rin
keine Merkmale angegeben, die eine Einfügung in das Genus
Nysson ausschliessen würden.
Die drei folgenden Arten haben mit den vorhergehenden
die Bedornung der Hinterschienen, jedoch in schwächerem
Grade, gemeinsam; das Metanotum ist nicht zweilappig, oder
höchstens in sehr geringem Maasse; der zweite Ventralring ist
gewölbt, nicht winkelig vortretend; Kopfschild ohne Längskiele,
Schläfen auch im unteren Theile hinten gerandet, Stirne mit
gekieltem Längshöcker. S (wenigstens bei den Arten 12 und 13)
mit lang bewimperten Endrändern der Ventralplatten 2 bis 5;
7. Dorsalring am Ende zweispitzig, der sechste vor dem Hinter-
‘rande mit zwei Längskielchen.
Endglied der Fühler stark gekrümmt.
12. Nysson scalaris Llliger.
Tab. IV. Fig. 20, Tab. V. Fig. 2, 4.
7 Nysson interruptus, Latreille, Nouv. diet. d’hist. nat. XV. 550. 9. 1803.
— — — Hist. nat. XII, 306. 3. 2. 1805.
— scalaris, Illiger, Ed. Rossi, Fauna Etrusca. II. 157. 1807.
— interruptus, Latreille, Genera Crust et Ins. IV. 91. 2. 1809.
— rufipes, Olivier, Ene. method. VIII. 408. 5. 1811.
— interruptus, Percheron, in Guerin’s Dict. pittoresque. VI. 172. 1838.
— Dufourüi, Dahlbom, Hym. Eur. I. 485.8. Z 2.1845.
— — Lepelletier, Hist. nat. III. 51. 7. pl. 25. f.4. Z' 9. 1845.
+ Nysson Dufouru, Cuvier, Regne animal (Ed. Masson) Ins. pl. 122. f. 2.
Q. 1849,
— — Eversmann, Bull. Mose. XXI. (2) 395. 3. 1849.
— scalaris, Wesmael, Revue crit. 77. (Note) 1851.
320 A. Handlirsch,
Brachystegus Dufourii, Costa, Fauna delr. d. Napoli. 25. Tab. 12. £. 2.
d 1859.
Nysson scalaris, Gerstäcker, Nysson, Abh. Halle, X. 100.6. 5 2. 1866.
1)— — Chevrier, Essai sur les Nyss. du bass. du Leman. 14. 3. Q. 1867.
— -- Costa, Annuario ete. Napoli V. 33. 12. 5. 1869.
Brachystegus Dufourii, Marquet, Bull. Soc. Toulouse. XII. 182. 1879.
Pars inferior temporum postice marginata; frons supra
antennarum insertionem tuberculo magno prominente, longi-
tudinaliter carinato instructa; elypeus margine anteriore depresso.
— Prothorax superne haud deplanatus, lateribus non angulosus,
a latere visum rotundatum; scutellum et metanotum simplieia. —
Segmenti medialis spinae laterales satis magnae, robustae. —
Alarum posticarum area analis longe ante originem venae eubita-
lis terminata. — Tibiae posticae margine exteriore spinulis
brevibus munitae. — Abdomen segmento secundo ventrali
aequaliter convexo, a latere visum non angulatum.
Corpus medioeriter punctatum, abdomen thorace subtilius.
— Faeies, pectus, segmenti medialis pars supra spinas laterales
sita, abdominisque basis argenteo tomentosa.
Niger, prothoraeis faseia medio interrupta, macula seutelli,
abdominisque segmentorum 1—5 vel 1--6 fasciae pallido-
flavae; faseiae anteriores latiores et saepissime interruptae. —
Pedes basi extrema excepta rufi. — Long. corp. 7—10 mm.
Maris antennarum articulus ultimus valde curvatus, apice
non obtusus; segmentum dorsale sextum apicem versus carinulis
duabus lateralibus, in dentem parvum productis, munitum, —
septimum apiee rotundatum, dentibus duobus lateralibus munitum,
— Margines posteriores segmentorum ventralium 2—5 eiliis
longissimis pallidis.
Species regionis palaearcticae.
Von sehr kräftigem und gedrungenem Körperbau.
Vorderrand des Kopfschildes niedergedrückt, in der
Mitte etwas ausgehöhlt; Stirne oberhalb der Fühlerinsertion
mit einem stark vorspringenden, fast gratartigen Höcker ver-
sehen, der nach oben zu allmählich abfällt und durch eine feine
1! bedeutet, dass mir die Art in Typen des betreffenden Autors
vorgelegen.
Grabwespen. 321
Linie mit dem vorderen Nebenauge verbunden ist. Die Schläfen
sind auch im unteren Theile hinten gerandet, aber nicht beson-
ders scharf. Fühler in beiden Geschlechtern ziemlich diek und
kurz; die einzelnen Glieder sind beim kürzer als beim ?, das
13. ist stark gekrümmt, gegen das Ende verschmälert und da-
selbst nicht scharf abgestutzt.
Der Thorax ist kurz und robust; das Pronotum von der
Seite gesehen, oben abgerundet; seine seitlichen Ecken nicht
vortretend. Schildehen und Metanotum einfach. Die Seiten-
dornen des Mittelsegmentes sind sehr kräftig, gegen die Spitze
allmählig verjüngt.
Die Vorderflügel sind am Spitzenrande getrübt; an den
Hinterflügeln endet die Analzelle weit vor dem Ursprunge
des Cubitus.
Die Beine sind kräftig; der Hinterrand der Hinter-
sehienen erscheint durch eine Reihe zahnartiger Dörnchen fast
gesägt.
Die Endränder der Hinterleibsringe sind wulstartig
abgeschnürt. Die zweite Ventralplatte ist gleichmässig,
ziemlich hoch gewölbt, von der Seite gesehen, gar nicht winkelig
hervortretend. Das Endsegment des 2 zeigt ein gut ent-
wickeltes, dreieckiges Mittelfeld. Beim J bietet der Hinterleib
einige Eigenthümlichkeiten; das sechste Dorsalsegment
trägt vor dem Endrande jederseits einen kurzen scharfen Kiel,
der nach hinten in ein scharfes Zähnchen ausgezogen ist; das
siebente Segment ist am Ende abgerundet und trägt jeder-
seits eine mässig entwickelte Spitze; die Endränder der Ven-
tralplatten 2 bis 5 tragen je eine Reihe dicht gestellter, langer,
nach innen und vorne etwas eingekrümmter Cilien von weiss-
licher Farbe.
Der Kopf ist matt, mit groben, nicht scharf ausgeprägten
Punkten dicht bedeckt; am Kopfschilde stehen die Punkte be-
deutend weitläufiger als auf der Stirne. Der Thoraxrücken
erscheint gleichfalls matt, seine groben Punkte sind nicht tief
eingestochen; die Mesopleuren und das Sternum sind viel
leichter, fast netzartig punktirt, dieMetapleuren, besonders in:
der unteren Hälfte, deutlich horizontal gestreift. Das Mittel-
segment zeigt verworrene und sehr grobe Seulptur.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XCV. Bd. I. Abth. 21
322 A.Handlirsch,
Der Hinterleib ist mit sehr dichter, verhältnissmässig
grober Grundpunktirung bedeckt, in welcher flache, gröbere
Punkte eingestreut sind, die besonders in schiefer Richtung
betrachtet, deutlich hervortreten; auf der Bauchfläche ist die
Grundpunktirung fein, die groben Punkte, besonders auf Segment
zwei sind scharf ausgeprägt. Mittelfeld der oberen Afterklappe
beim 2 mit diehter Punktirung versehen; beim J ist das vorletzte _
und letzte Dorsalsegment sehr scharf punktirt. |
Der Kopf zeigt ausser der aufrechten, gelbgrauen Behaa-
rung, noch ein feines, anliegendes Toment, das am Scheitel und
im oberen Theile der Stirne bräunlich, am inneren Augenrande,
in der Gegend der Fühlerinsertion und am Kopfschilde, mit Aus-
nahme des Vorderrandes, silberglänzend ist. Beim 5 ist das
Silbertoment stärker und erstreckt sich fast über das ganze
Gesicht.
Der ganze Thorax ist mit sehr kurzem, bräunlichem Haar-
kleid bedeckt, oberhalb der Dornen des Mittelsegmentes und auf
den Schulterbeulen silberglänzend.
Die Behaarung des Hinterleibes besteht aus einem sehr
feinen, lichten Toınent, welches an der Basis des Rückensegmen-
tes silberglänzend erscheint.
Die Grundfarbe ist schwarz; der Rand des Prothorax
trägt eine unterbrochene, gelblichweisse Binde, das Seutellum
einen Fleck und die ersten fünf bis sechs Segmente am Hinter-
rande Binden von derselbe Farbe, von denen die vorderen breiter
und in der Mitte in den meisten Fällen unterbrochen sind. Fühler
schwarz, höchstens beim Z das Endglied etwas röthlich; Kiefer
dunkelbraun, in der Mitte röthlich: Tegulae licht, am Rande stark
durchscheinend. Die Beine sind rothgelb, die Coxen und die
Sporne der hinteren Beinpaare schwarz.
Die Unterschiede von den nächstverwandten Arten sind bei
diesen hervorgehoben. Untersucht wurden 20 JS, 15 2.
Nachdem Gerstäcker dieSynonymie dieser Artvollkommen
klargelegt hat,. erübrigt mir nur zu erwähnen, dass dieselbe von
Percheron in seinem Artikel „Nysson“ des Gu&rin’schen
Dietionnaire pittoresque, als Nysson interruptus mit den
falschen Autoren Fabrieius und Panzer, angeführt und kurz
‚beschrieben wurde.
Grabwespen. 323
Marquet gebrauchte, zehn Jahre, nachdem Costa durch
Gerstäckers Argumente überzeugt, seine Gattung Brachysteyus
selbst aufgegeben hatte, wieder diesen Namen, und ebenso den
nieht prioritätsberechtigten Namen Dufourii für diese Art.
Nysson scalaris ist über einen grossen Theil der palae-
arktischen Region verbreitet; am häufigsten scheint er in
dem mediterranen Gebiete aufzutreten. Die südlichsten Orte,
an denen er bisher beobachtet wurde, sind Süditalien und
Nordarabien (Olivier), die östlichsten die Dobrudscha
(Tultscha, Mann), die Krim und der Ural, im Westen geht er
bis Portugal. Dem Norden scheint die Art ganz zu fehlen, doch
steigt sie bis nach Norddeutschland (Berlin, Achen, Glogau)
hinauf, gehört hier aber-entschieden zu den Seltenheiten. Dass
die Art in dem südlichen und mittleren Europa nirgends ganz
fehlt, ist wohl mit Sicherheit anzunehmen, nachdem sie bisher,
ausser den obgenannten Orten, auch aus Frankreich, aus der
Schweiz, ganz Italien, Tirol, Ungarn und Siebenbürgen
nachgewiesen wurde. Die Flugzeit fällt in den Juni und Juli.
13. Nysson Braueri n. sp.
Pas inferior temporum postice marginata; frons supra anten-
narum insertionem tubereulo magno, prominente, longitudinaliter
carinato, instructa; elypeus margine anteriore depresso. — Pro-
thorax superne valde deplanatus, a latere visum fere angulum
acutum formans; seutellum simplex; metanotum paulo prominens,
medio subimpressum. Segmenti medialis spinae laterales satis
magnae, robustae. — Alarum posticarum area analis longe ante
originem venae eubitalis terminata. — Tibiae posticae margine
exteriore Spinoso; spinae maiores et minus numerosae quam in
N. scalari. — Abdomen segmento ventrali secundo aequaliter
convexo.
Corpus valde punetatum. — Facies, segmenti medialis latera
abdominisque basis dense argenteo tomentosa.
Niger, prothorace, callis humeralibus, angulis posterioribus
dorsuli, maceulis in mesopleuris, toto scutello, spinis segmenti
medialis, faseiisque latis segmentorum dorsalium 1—5 anguste
interruptis obscure flavis, interdum fere aurantiacis. Antennae
21*
324 A.Handlirsch,
testaceae; mandibulae flavae apice obscuriores; pedes rufi. —
Long. corp. 9 mm. d. | | |
Maris antennarum articulus ultimus valde curvatus, apice non
obtusus; segmentum dorsale sextum apicem versus carinulis
lateralibus, in dentem productis, munitum, — septimum apice
bidentatum. — Margines posteriores segmentorum ventralium
2—5 eiliis longissimis flavidis.
Species regionis palaearcticae.
Dem scalaris sehr nahe stehend, von gleichem, gedrungenem
und kräftigem Körperbau.
Kopfsehild und Stirnhöcker ganz wie bei dieser Art,
die Schläfen gleichfalls, aber stärker gerandet. Der Stirn-
höcker ist nach oben etwas erweitert.
Das Pronotum ist oben stark abgeflacht und erscheint in-
folge dessen, von der Seite gesehen, nach vorne zu fast spitz-
winkelig, während bei scalaris der ganze obere Rand des Pro-
thorax gleichmässig abgerundet ist. Das Metanotum ist etwas
aufgerichtet und in der Mitte mit einem leichten Längseindrucke
versehen; es erscheint daher sehr stumpf zweilappig.
Vorder- und Hinterflügel stimmen mit scalaris überein, nur
ist die dritte Cubitalzelle am Radius etwas breiter als bei dieser Art.
Die Sägezähne an der Kante der Hinterschienen sind
stärker und grösser als bei scalaris, jedoch in viel geringerer
Zahl vorhanden, und erscheinen dadurch mehr isolirt.
Der Hinterleib ist dem der vorhergehenden Art ganz
ähnlich, die Kielchen am sechsten Segmente sind etwas kräftiger,
die Cilien an den Endrändern der Ventralplatten 2—-5 gelb.
Die Seulptur ist eine sehr grobe, scharf ausgeprägte. Die
Punktirung des Kopfes ist sehr grob und scharf, gleich der des
Thorax ungleich gröber als bei scalaris. Der ganze Thorax
erscheint fast netzartig, grubig punktirt, mit Ausnahme der Meta-
pleuren, die viel glatter, und nicht so deutlich querrunzelig sind
als bei scalaris. Auch die Runzeln und Falten des Mittelsegmentes
sind schärfer ausgeprägt als bei dieser Art. Die Punkte des
Hinterleibes sind sehr grob und scharf eingestochen.
Das Gesicht ist, mit Ausnahme des kahlen Vorderrandes des
Kopfschildes, sehr dieht silberweiss tomentirt; die Beine viel
reichlicher und länger behaart als bei scalarıs.
Grabwespen. ö 325
Die Grundfarbe ist schwarz: Kiefer an der Basis gelbroth,
die Spitze dunkler; Fühler durchaus röthlichgelb, oben ein wenig
dunkler als unten. Die Beine sind, mit Ausnahme der Sporne der
Hinter- und Mittelschienen, roth, selbst die Coxen und Trochan-
teren sind fast ganz von dieser Farbe. Die hellen Zeichnungen
sind viel reichlicher als bei scalaris und viel dunkler gelb, stellen-
weise fast orangeroth; ein breites Band über den Prothorax, die
Schulterbeulen, die Hinterecken des Dorsulum, ein Fleck an den
Mesopleuren unter der Insertion der Flügel, das ganze Scutellum
und die Seitendornen des Mittelsegmentes, ausserdem breite
Binden der fünf ersten Rückenplatten, von denen die ersten vier
schmal unterbrochen sind, zeigen diese Farbe.
Eine Verwechslung dieser Art mit scalaris oder Capensis ist
wohl durch die angegebenen plastischen Merkmale und durch die
auffallende Färbung ausgeschlossen. Ich widme diese schöne Art
meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Fr. Brauer.
Ein 9 aus Setif in Algerien (Mus. Caes. Vindob. Coll.
Kohl.)
14. Nysson Capensis n. Sp.
Pars inferior temporum postice marginata; frons supra
antennarum insertionem tuberculo magno, prominente, longitudi-
naliter carinato, instructa; elypeus margine anteriore depresso.
— Prothorax superne valde deplanatus, a latere visum fere
angulum acutum formans; scutellum simplex: metanotum paulo
prominens, medio subimpressum. Segmenti medialis spinae late-
rales satis magnae, robustae. — Alarum posticarum area analis
multo ante originem venae cubitalis terminata. — Tibiae postieae
margine exteriore spinis 12—14 distinetis munitae. — Abdominis
segmentum ventrale secundum aequaliter convexum.
Corpus valde punetatum. — Facies, pectus, latera segmenti
medialis et basis abdominis argenteo tomentosa.
Niger; margo anterior elypei, mandibulae basi flava excepta,
margo prothoraeis cum eallis humeralibus, anguli posteriores
dorsuli, tegulae abdominisque apex rufa; maculae laterales seg-
menti primi et fasciae angustae, medio vix interruptae, segmenti
secundi et tertii flavae. Antennae nigro-fuscae, basi rufa; pedes
maxima pro parte rufi. Long. corp. 10 mm. 9.
326 A.Handlirsch,
Species regionis aethiopicae.
Von sehr robustem und kräftigem Körperbau; mit N. Brauer:
am nächsten verwandt.
Der Kopf ist breit; die Schläfen gleichmässig gewölbt,
von der Seite gesehen bedeutend schmäler als die Augen, ihre
untere Partie so stark gerandet wie bei Braueri, entschieden
stärker als bei scalaris.
Die Ocellen stehen in einem stumpfwinkeligen Dreiecke,
dessen Basis ungefähr in die Verbindungslinie der Facettaugen
fällt; von den seitlichen liegt jedes knapp an der Aussenseite
eines kleinen, fast spitzen Höckerchens. Bei Braueri sind diese
Erhebungen ganz flach, unscheinbar, bei scalaris fehlen sie ganz.
Die Entfernung der seitlichen Ocellen von den Facettaugen ist
grösser als ihre Entfernung von einander. Die Stirne trägt in der
Mitte, oberhalb der Fühlerinsertion einen stark vorspringenden,
kantigen Längshöcker, der nach oben zu nicht verbreitert ist,
wie bei Braueri; der Kopfschild ist ganz ähnlich gebildet wie
bei dieser Art.
Die Fühler sind mässig kurz, knapp an der Basis des Kopf-
schildes inserirt. Ihr Schaft ist sehr kurz, eiförmig, das dritte
Glied so lang als das vierte, die folgenden sind etwas länger;
das letzte ist das längste. Jedes Glied ist länger als breit.
Der Thorax ist sehr ähnlich gebaut wie bei Braueri; das
Pronotum oben abgeflacht, nach vorne zu scharf kantig und
ziemlich viel unter dem Niveau des stark gewölbten Dorsulum
gelegen. Dieses zeigt in der Mitte eine sehr. deutliche Längs-
strieme.
Das Schildehen ist vom Dorsulum durch eine scharf aus-
geprägte, jederseits in ein Grübehen endende Furche getrennt,
seine Seitenränder sind deutlich, aber nicht aufgerichtet. Das
Metanotum ist vorragend; in der Mitte eingedrückt, und
erscheint dadurch stumpf zweilappig, ähnlich wie bei Braueri.
Die Mittelbrustseiten tragen vorne eine scharfe Kante, unter-
halb der Flügelinsertion einen sehr spitzen dornartigen Höcker.
Das Mittelsegment trägt zwei kräftige, spitze, schief nach
hinten und nach den Seiten gerichtete Dornen.
Die Flügel sind, besonders gegen denRand, stark gebräunt;
das Geäder ist schwärzlich, die dritte Cubitalzelle oben nicht ganz
Grabwespen. 32T
zusammengezogen, sie reicht näher zum Spitzenrande als die
Radialzelle. Zweite Cubitalzelle breiter als hoch, so hoch als ihr
Stiel; sienimmt die zwei Discoidalqueradern in gleichen Abständen
von ihren Enden auf. An den Hinterflügeln endet die Anal-
zelle weit vor dem Anfange des Oubitus.
Die Beine ähnlich wie bei Braueri; die Hinterschienen
tragen an der Kante ungefähr 12—14 kurze, spitze, unregel-
mässige Zähne; bei scalarıs sind diese Zähne viel undeutlicher
und zahlreicher, bei Braueri ähnlicher, aber nicht so deutlich wie
bei Capensis.
Der Hinterleib ist sehr breit und dick; die Endränder der
Segmente mit sehr breiten, aufgerichteten Endsäumen versehen,
viel auffallender als bei den Verwandten. Die zweite Ventral-
platte ist ähnlich gewölbt wie bei Braueri und scalaris, die obere
Afterklappe mit schmal dreieckigem, gut gekieltem Mittelfelde
versehen. |
Der ganze Kopf ist sehr dieht mit groben, nicht gut aus-
geprägten, stellenweise fast zusammenfliessenden Punkten
bedeckt.
Thoraxrücken und Seiten ausserordentlich grob und
dieht punktirt, Metapleuren und ein Theil des Mittelseg-
mentes glatt, das Mittelfeld des letzteren im vorderen Theile
mit geraden Längsfalten erfüllt, die sich nach hinten zu ver-
schlingen.
Der ganze Hinterleib zeigt mit der Lupe sehr deutlich
sichtbare Grundpunktirung und sehr grobe eingestochene Punkte,
die gegen die Basis am grössten und zahlreichsten sind. Das
Mittelfeld der oberen Afterklappe ist runzlig punktirt. Die Unter-
seite des Hinterleibes zeigt weniger scharf ausgeprägte Punkte
als die Oberseite.
Im Gesichte, an den Seiten des Mittelsegmentes, an der
Basis des Hinterleibes und an der Unterseite tritt silbernes
‚Toment auf, im Übrigen ist der Körper ähnlich behaart wie bei
scalaris. |
Die Grundfarbe ist schwarz; Fühler dunkel schwarzbraun,
die ersten drei Glieder röthlich, desgleichen der Vorderrand des
Kopfschildes, die Kiefer mit Ausnahme der Basis, die gelb ist,
der Rand des Pronotum mit den Schulterbeulen, die Hinterecken
328 A. Handlirsch,
des Dorsulum, die Tegulae, der grösste Theil der Beine und die
Hinterleibspitze. Von den Beinen sind die Hinterschenkel und die
Coxen am dunkelsten. Der Hinterleib zeigt sehr spärliche gelbe
Zeichnungen, am ersten Segmente zwei breite Seitenflecken, am
zweiten und dritten je eine schmale, in der Mitte kaum unter-
brochene Binde.
Diese Art bildet in Bezug auf die Form des Schildehens,
des Metanotum und auf die Bedornung der Hinterschienen einen
Übergang zu der ersten Gruppe, steht aber entschieden dem
scalaris und Braueri näher. Es ist zur völlig sicheren Entscheidung
über die Stellung einer Art die Kenntniss des Z’ unbedingt noth-
wendig; ich zweifle nicht, dass es sich in diesem Falle auch den
Arten der scalaris-Gruppe ähnlich erweist, und habe deshalb die
Art hier untergebracht.
Ich erhielt ein ? aus der Sammluug des Herrn Saussure
zur Untersuchung mit der Fundortsangabe „Cap“.
Die Arten 15 und 16 haben viele Beziehungen zu den vor-
hergehenden, so die gezähnten Hinterschienen, den Höcker der
Stirne und das gewölbte zweite Ventralsegment nebst dem Geäder
der Hinterflügel. Die Fransen an den Endrändern der Ventralringe
des J’ treten bei der zweiten Art schon in viel geringerer Aus-
bildung auf. Beiden gemeinsam ist das Verschmelzen der ersten
und zweiten Oubitalzelle durch Abortus der ersten Querader, der
vorne ausgebuchtete und jederseits der Ausbuchtung mit einem
Längskiele versehene Clypeus und das dreizähnige Endsegment
des J‘, dessen sechste Dorsalplatte keine Längskiele zeigt.
15. Nysson mysticus Gerstäcker.
Nysson mystieus, Gerstäcker, Nysson, Abh. d. N. Ges. in Halle. X. 112.
13. J. 1866.
Acanthostethus basalis, Smith, Trans. Ent. Soc. London. (3.) III. 307.
pl. 6.f.3. 2. 1869.
Pars inferior temporum postice marginata; frons supra anten-
narum insertionem tubereulo magno, prominente, fere pyramidali,
instructa; elypeus margine anteriore sinuato, carinis duabus latera-
libus instruetus. — Prothorax superne rotundatus, vix deplanatus
vel angulosus; seutellum paulo declive; metanotum simplex, con-
vexum. — Spinae laterales segmenti medialis latae, longitudine
Grabwespen. 329
medioeri. — Alarum anticarum vena cubitalis prima obsoleta;
alarum posticarum area analis multo ante originem venae eubi-
talis ierminata. — Tibiae posticae margine exteriore spinoso-
serrato (fere ut in N. scalari). — Abdominis segmentum ventrale
secundum aequaliter convexum.
Corpus valde punctatum. Facies, latera segmenti medialis
et eorporis pars inferior argenteo (in JS’ nonnihil aureo) tomentosa.
Niger, antennarum basi, margine prothoraeis, callis humera-
libus, pedibus fere totis, abdominisque basi, lateribus et margini-
bus apicalibus segmentorum, anoque rufis, Segmenta 1—4 vel
1—5 apice faseiis plerumque interruptis flavis munita. Long.
corp. 8—9 mm.
Maris antennarum articulus ultimus simplex, inferne vix
exeisus; abdominis segmentum septimum lateribus carinatis, apice
tridentato; margines posteriores segmentorum ventralium 2—D5
ciliis pallidis instructi.
Species regionis australis.
Von sehr gedrungenem Körperbau, den Arten der vorher-
gehenden Gruppe ziemlich ähnlich.
Der Kopf ist mässig breit, die Schläfen sind gerundet,
hinten bis zum Munde herab gerandet. Die Nebenaugen stehen
in einem stumpfwinkeligen Dreiecke, dessen Basis vor der Ver-
bindungslinie der Facettaugen liegt, sie sind von einander kaum
so weit entfernt als von den Facettaugen; der Raum zwischen
ihnen ist beiderseits etwas erhöht, aber nicht stark höckerig. Die
Stirne trägt oberhalb der Fühlerinsertion einen eigenthümlichen,
kantigen Längshöcker, von dessen oberem Ende zwei Kiele im
Bogen gegen die Facettaugen hinziehen. Der Kopfschild ist
flach, etwas vorgezogen, in der Mitte breit ausgerandet und jeder-
seits der Ausbuchtung mit einem kurzen, in ein Zähnchen enden-
den Kiele versehen.
Die Fühler sind in beiden Geschlechtern schlank, der
Schaft beim J’ so lang als die Glieder 3, 4 und 5, beim 2 3 und
4 zusammen. Das zweite Glied ist ziemlich gross, das dritte nach
derBasis zu stark verschmälert, bedeutend länger als das folgende.
Beim ? sind alle Glieder länger als breit, das letzte ist merklich
länger als das vorhergehende; beim JS sind die meisten Glieder
breiter als lang, das letzte ist unten kaum ausgebuchtet, einfach.
330 A.Handlirsch,
Der Thorax ist sehr breit und kurz; die unteren seitlichen
Ecken des Pronotum sind sehr spitz eckig vorragend, der obere
Rand dick, gewölbt, kaum kantig oder eckig; er liegt wenig unter
dem Niveau des Dorsulum. Schief über die Schulterbeulen ver-
läuft jederseits eine kurze Kante. Das Dorsulum ist fast
quadratisch und zeigt in der Mitte eine sehr feine, glänzende
Längstrieme; seine Hinterecken sind etwas aufgerichtet. Die
Mittelbrustseiten sind sehr stark gewölbt; sie zeigen im rück-
wärtigen Theile, unter der Flügelwurzel, einen scharfkantigen,
kleinen Höcker; nach vorne zu sind sie mit einer gut entwickel-
ten Kante versehen. Das Schildchen ist einfach, etwas ab-
schüssig, seine Seitenränder sind nicht aufgerichtet. Metanotum
gerundet, stark gewölbt. -
Mittelsegment, von oben gesehen, ungemein kurz und
steil abfallend; die sehr breiten, mässig kurzen Seitendornen sind
schief nach hinten und aussen gerichtet; an der hinteren Seiten-
kante des Segmentes befindet sich jederseits unter dem u
Dorn noch ein kleiner, kurzer, stumpfer Höcker.
Die Flügel sind Teich esta mit schwärzlichem Geäder;
die dritte Cubitalzelle reicht näher zum Saume als die Radial-
zelle; bei den drei von mir untersuchten Exemplaren vereinigen
sich die zweite und dritte Cubitalquerader entweder oben mit dem
Radius in einem Punkte, oder sie laufen noch vor der Einmündung
in den Radius ein kleines Stück gemeinsam und bilden so einen
kurzen Stiel der dritten Cubitalzelle. Die zweite Cubitalzelle ist
in der Anlage vorhanden, doch ist bei allen Exemplaren die
erste Querader abortirt, und die Zelle erscheint daher mit
der ersten vereinigt; die beiden Discoidalqueradern münden nahe
den Enden dieser, gegen die Flügelwurzel zu offenen, zweiten
Cubitalzelle. An den Hinterflügeln endet die Analzelle weit vor
dem Ursprunge des Cubitus.
Die Beine sind ähnlich gebaut wie bei scalaris; der längere
Sporn der Hinterschienen ist reichlich mehr als halb so lang wie
der Metatarsus desselben Beinpaares; die Aussenkante dieser
Schienen ist scharf, und erscheint fast wie zerhackt, oder unregel-
mässig gezähnt (ähnlich wie bei scalaris).
Die zweite Ventralplatte des kurzen und dicken Hinter-
leibes ist gleichmässig, flach gerundet, nicht höckerig vortretend.
Grabwespen. al
Die Endränder der Segmente tragen ähnliche Säume wie bei
scalaris. Beim ? zeigt die obere Afterklappe ein gut gekieltes,
stumpf dreieckiges Mittelfeld; beim 9 trägt das siebente Dor-
salsegment zwei hinten stark convergente Seitenkiele, die in
winzige Zähnchen enden; in der Mitte zwischen diesen Kielen
tritt der Hinterrand desSegmentes in drei gleich langen, grösseren
Zähnen vor, von denen der mittlere der breiteste ist. Die End-
ränder der Ventralplatten 2—5 tragen im männlichen Ge-
schlechte eine Reihe aufrechter, nicht eingekrümmter, lichtgelber
Cilien.
Der Kopf ist, mit Ausnahme der Partie unterhalb des Stirn-
_ höckers, grob und dicht punktirt, die Gegend der Fühlerinser-
tion ist fein runzelig, der Kopfschild matt, spärlich grob punktirt.
Der Thoraxrücken und die Mittelbrust sind grob und
sehr dicht grubig punktirt, die Metapleuren querrunzelig,
oben gröber, unten feiner, die Seiten des Prothorax endlich, gleich-
falls querrunzelig. Das grosse Mittelfeld des Mittelsegmentes ist
nur im vordersten Theile mit Längsfalten erfüllt, dahinter netz-
artig gerunzelt; die Seiten des Medialsegmentes sind
unten fein lederartig, nach oben und hinten zu grob runzelig
punktirt.
Der ganze Hinterleib zeigt eine feine, mit der Lupe leicht
kenntliche Grundpunktirung mit zahlreichen grösseren Punkten,
die auf den ersten Segmenten am gröbsten und dichtesten sind.
Der untere Theil der Stirne und der Clypeus sind silberweiss
tomentirt, nach oben zu beim Z etwas goldig; die hinteren
Augenränder und ein Fleck oberhalb der Seitendornen des Mittel-
segmentes in diesem Geschlechte gleichfalls goldig; die Unter-
seite zeigt reichliches Silberhaar. Sonst ist die Behaarung nicht
besonders reichlich.
Die Färbung ist einigen Schwankungen unterworfen; der
Grund ist schwarz. Basis der Fühler in verschiedener Ausdehnung,
Kiefer, Rand des Prothorax, Schulterbeulen, Schüppchen, Hinter-
ecken des Dorsulum und Spitzen der Mittelsegmentsdornen,
Beine mit Ausnahme der Basis der Coxen und eines Theiles der
Hinterschenkel, das erste, die Seiten und Endränder der folgen-
den, und das letzte Segment, in mehr minder reichem Maasse, roth.
Die ersten vier bis fünf Dorsalringe tragen vor dem Endrande je
332 A.Handlirsch,
eine gelbe Binde; die am ersten Segmente ist am breitesten
unterbrochen, die an den folgenden sind viel schmäler, in der
Mitte schwach oder gar nicht unterbrochen; diese Zeiehnungen
sind hie und da mit Roth etwas untermischt.
Diese interessante Art wurde nach einem einzelnen männ-
lichen Exemplare von Gerstäcker beschrieben. Auf das ?
gründete Smith später seine Gattung Acanthostethus; er nannte
die Art basalis und hat offenbar gar nicht an die Möglichkeit
gedacht, dass sie schon als „Nysson“ beschrieben sein könne, da
er auf das „Fehlen“ einer Cubitalzelle viel zu grossen
Werth legte.
Ich untersuchte zwei ? undein J’ aus der Sammlung Saus-
sure, die aus Süd-Australien stammen; ausserdem ist die Art
vom Schwanenflusse in West-Australien (Gerst.) bekannt.
16. Nysson Saussurei n. sp.
Tab. IV. Fig. 14.
Pars inferior temporum postice marginata; frons supra
antennarum insertionem tuberculo magno prominente, fere pyra-
midali, instructa; elypeus margine anteriore sinuato, carinis
duabus lateralibus instructus. Prothorax superne rotundatus, vix
deplanatus; scutellum et metanotum simplieia. Spinae laterales
segmenti medialis satis breves. — Alarum anticarum vena cubi-
talis prima obsoleta, posticarum area analis multo ante originem
venae ceubitalis terminata. — Tibiae posticae margine exteriore
spinoso-serrato, sed minus distinete quam in specie praecedente.
— Abdominis segmentum ventrale secundum aequaliter convexum.
Latera segmentorum ventralium in dentes satis longos produeta.
Corpus valde punctatum. Facies, margo pronoti, latera
segmenti medialis et pectus argenteo-tomentosa.
Niger, antennis, pedibus et abdomine fere toto rufis, seg-
mentis 1 bis 5 maculis angustis lateralibus flavis. Long. corp.
5:5 bis 6 mm.
Maris antennarum articulus ultimus inferne leviter exeisus,
apice haud truncatus. Abdominis segmentum ultimum lateribus
carinatis, apice tridentato. Margines posteriores segmentorum
ventralium 2 bis 5 minus distinete et longe ciliati quam in specie
praecedente.
Grabwespen. 335
Species regionis australis.
Merklich kleiner als mysticus, aber von gleich gedrungenem
Körperbau, und in vielen Merkmalen übereinstimmend.
Der Kopf ist sehr ähnlich gebaut wie bei dieser Art, de
Stirnhöcker weniger kantig vorragend, nach oben erweitert,
aber nicht durch Kiele mit den Augen verbunden. Der Clypeus
ist vorne ausgebuchtet, die zwei Seitenkielchen sind sehr
deutlich. — Schläfen gerandet. — Die seitlichen Ocellen
sind etwas weiter von den Facettaugen, als von einander entfernt,
dazwischen liegen zwei wenig vorragende Höckerchen.
Die Fühler sind nicht so schlank wie bei mysticus, der
Schaft kürzer, die Geissel etwas keulig; drittes Glied viel länger
als das vierte, die folgenden vier bis fünf Glieder sehr kurz und
breit, die folgenden werden wieder länger; das Endglied ist
länger als das vorhergehende breit, unten leicht ausgeschnitten
und am Ende nicht abgestutzt.
Der Thorax ist ganz ähnlich gebaut wie bei mysticus; der
Höcker unter den Flügeln kaum entwickelt.
Seitendornen des Mittelsegmentes etwas nach oben
gerichtet, das Höckerchen darunter kaum zu bemerken.
Die Flügel stimmen im Geäder ganz mit mysticus überein;
sie sind schwach tingirt, die Adern bräunlich, die erste
Cubitalader ist, wie bei mysticus, abortirt.
Der Sporn der Hintertibien ist im Verhältnis zum Meta-
tarsus kürzer als bei mystieus, die Zahnung der Schienen noch
undeutlicher und unregelmässiger.
Der Hinterleib ist kurz und dick, die Endränder der Seg-
mente sind abgeschnürt, aber flach; die Seitenecken der
Ventralringe zwei bis fünf tragen je einen starken, ziemlich
langen, nach hinten gekrümmten Zahn; das letzte Ventral-
segment ist seitlich gekielt, der Kiel tritt in der Mitte stumpf
und breit, zahnartig vor. Der letzte Dorsalring ist sehr breit,
seitlich gekielt, am Ende mit drei gleichen, kurzen, breiten
Zähnen bewehrt. — Auch die erste Ventralplatte trägt unterseits
gegen den Hinterrand je einen sehr spitzen, zahnartigen Fortsatz,
der nach hinten gerichtet ist. Das zweite Ventralsegment ist wie
- bei mysticus sehr gleichmässig, flach gewölbt. Die Endränder
dieses und der folgenden drei Ringe sind nicht in dem Maasse
334 A.Handlirsch,
bewimpert, wie bei mysticus; sie tragen nur sehr feine, auf-
rechte Härchen, die bei Betrachtung mit der Lupe wenig
auffallen. | |
Die Seulptur ist noch gröber und dichter als bei mysticus,
besonders am Hinterleibe. Gesicht silberhaarig, ebenso der
Rand des Pronotum, die Unterseite des Körpers und Flecken
ober den Dornen des Mittelsegmentes.
Grundfarbe schwarz; der grösste Theil der Fühler, die
Beine, Kiefer, Schüppchen und fast der ganze Hinterleib roth;
auf letzterem sind nur die Segmente zwei bis fünf oben an der
Basis und das zweite Ventralsegment gegen die Mitte schwarz;
die Segmente eins bis fünftragen schmale, nach innen zugespitzte
gelbe Seitenflecken. |
Die Art ist von mysticus auf den ersten Blick an der
geringen Grösse, den Seitendornen des Hinterleibes
und den schwach entwickelten Bauchwimpern zu unter-
scheiden.
Ich widme sie Herrn H. de Saussure, aus dessen Sammlung
ich durch die gütige Vermittlung Frey-Gessners 2 d zur
Untersuchung erhielt, die beide aus Süd-Australien stammen.
Die folgende Art hat mit den vorhergehenden die Cilien am
Bauche des d' gemeinsam, mit der folgenden Gruppe die zwei
Längskielehen am Vorderrande des Clypeus und die unbewehrten
Hinterschienen. An den Hinterflügeln endet die Analzelle etwas
hinter dem Anfange des Cubitus. Der zweite Ventralring ist
gleichmässig gewölbt, die Stirne ohne Höcker, die Schläfen sind
durchaus gerandet.
17. Nysson fulvipes Costa.
Tab. V. Fig. 5. |
Nysson fulvipes, A. Costa, Fauna del Regno di Napoli. 18. tab. 12. f.3 Z'
1859.
— —_ Gerstäcker, Nysson, Abh. Halle. X. 93. 2. 5‘ 1866.
— _- A.Costa, Annuario del Mus. zool. Napoli. V. 68. und 2.
d‘ 1869.
— — G. Costa, Fauna Salentina. 590. 1874.
Pars inferior temporum postice marginata; frons inermis;
clypeus margine anteriore carinulis duabus approximatis, longitu-
Grabwespen. 335
dinalibus munitus. Prothorax, seutellum et metanotum forma
communi. Spinae laterales segmenti medialis parvae, acutae.
Alarum posticarum area analis paulo post originem venae cubi-
talis terminata. — Tibiae posteriores haud dentatae. — Abdo-
minis segmentum ventrale secundum Aa convexum, &
latere visum haud auguloso-produetum.
Valde punctatus, parce pallido pilosus, facie argenteo
tomentosa.
Niger, pedibus, basi excepta, nigris, callis humeralibus,
fascia abbreviata pronoti, macula sceutelli, abdominisque fascis
3 vel 4, late interruptis, flavis. |
Long. corp. 6 bis 7:5 mm.
Maris antennarum articulus ultimus leviter curvatus, apice
haud truncatus, longitudine duorum praecedentium. Abdominis
segmentum ultimum apice bidentatum; margines segmentorum
ventralium eiliis brevibus instructi.
Species regionis palaearcticae.
Die Stirne ist flach, in der Mitte ohne Höcker; die Ocellen
stehen weiter von den Facettaugen entfernt als von einander.
Die untere Partie der Scehläfen ist hinten scharf gerandet.
Kopfschild etwas vorragend, mit zwei kurzen genäherten
Kielehen in der Mitte. Die Fühler sind ziemlich kurz und dick;
das Endglied ist leicht gekrümmt, nicht scharf abgestutzt, unge-
fähr von der Länge der zwei vorhergehenden zusammen; die
Glieder drei und vier sind gleichlang, die Glieder fünf bis zwölf
einzeln breiter als lang.
Der Thorax zeigt keine besonderen Auszeichnungen. Die
Seitendornen des Mittelsegmentes sind kurz, gut abgesetzt,
ihre Basis ist breit, die Spitze ziemlich fein.
Die Flügel sind mässig getrübt, der Stiel der zweiten
Cubitalzelle ist kurz; an den Hinterfügeln endet die Anal-
zelle etwas hinter dem Ursprunge des Oubitus.
Die Hinterschienen sind ganz unbewehrt, ihr längerer End-
sporn überragt die Mitte des Metatarsus.
An den Endrändern der Segmente treten keine deut-
lichen, abgeschnürten Säume auf; das letzte Dorsalsegment
trägt zwei ziemlich lange, nicht weit von einander entfernte
Spitzen; die zweite Ventralplatte ist gleichmässig gewölbt,
336 A. Handlirsch.
ihr Endrand und ebenso der der drei folgenden Ringe, mit kurzer,
goldig glänzender Behaarung bedeckt, ausserdem aber auch mit
einer Reihe duuklerer, steifer, schwach nach vorne gekrümmter
Cilien versehen.
Kopfgrob punktirt. Der Thorax am Rücken mit ziemlich
flachen, grossen Punkteindrücken versehen, zwischen denen die
‘ feine Grundpunktirung kaum wahrnehmbar ist; gegen das
Schildehen zu und auf demselben fliessen die Punkte stellen-
weise zu Runzeln zusammen; die Mittelbrustseiten sind
etwas unregelmässiger punktirt als das Dorsulum, die M eta-
pleuren ziemlich glatt. Das Mittelsegment trägt grobe
Längsrunzeln, zwischen denen der Grund sehr fein lederartig
erscheint. Die Punktirung des Hinterleibes ist stark aus-
geprägt und, besonders am Hinterrande der Segmente, dicht;
das erste Segment erscheint an der Basis etwas gestreift.
Die Behaarung des Körpers ist nicht sehr reichlich; der
Scheitel trägt aufrechtes braunes Haar, die inneren Augenränder
und der Kopfschild silberweisses Toment; der Thorax ist ober-
seits mit kurzem, nach gewissen Richtungen betrachtet, bräunlich
glänzendem Haar bedeckt, an den Seiten und oberhalb der
‚Dornen des Mittelsegmentes leicht weisslich tomentirt.
Die Grundfarbe ist rein schwarz; Kiefer braunroth, an der
Spitze und Basis dunkler; Beine rothgelb, die Coxen und die
Basis der Schenkel dunkel, ebenso die Sporne der zwei hinteren
Paare. Die Schulterbeulen, ein kurzer Strich, oft nur ein Fleck,
am Rande des Pronotum, ein Fleck am Vorderrande des
Schildehens und gleichbreite, stark unterbrochene Binden an den
Endrändern der Segmente eins bis drei oder vier sind lichtgelb.
Diese Art ist an den plastischen Merkmalen von allen
ähnlich gefärbten leicht zu unterscheiden; sie scheint
überall ziemlich selten zu sein und istbisher aus Italien (Otranto,
Calabrien, Neapel, Toscana) und aus Norddeutschland
(Glogau) bekannt gewesen. Ich erhielt drei aus Ungarn
(Budapest 13 und 27. VI.) von Friese und Mocsäry.
Die Arten 18 und 19 haben mit der vorhergehenden die
zwei Längskielehen am Kopfschilde, die unbewehrten Hinter-
schienen und die flache Stirne gemeinsam. Das zweite Ventral-
segment ist an der Basis abgestutzt und ragt, von der Seite
Grabwespen. 3al
gesehen, winkelig vor. Bei den Z ist das Endglied der Fühler
einfach, die Endränder der Ventralplatten tragen keine Cilien.
18. Nysson spinosus Forster.
Tab. IV. Fig. 5, 17, 25—28. Tab. V. Fig. 11.
? Vespa bidens, Linne, Syst. nat. XII. 951. 16. 1767.
Sphex spinosa, Forster. Novae species Insect. 87. 87. 1771.
? Vespa bidens, Fabricius, Syst. Ent. 368. 1775.
Crabro spinosus, Fabricius, Syst. Ent. 373. 1775.
— . — — Species Ins. I. (2) 469. 17831.
? Vespa bidens, Fabriecius, Mantissa Ins. I. 368, II. 290. 1787.
Crabro spinosus, Fabricius, Mantissa Ins. I. 373, II. 294. 1787.
Sphex spinosa, Villers, Linnaei Entomol. 3. 246. 71. 1789,
— — Gmelin, Syst. nat. XIII. 2734. 86. 1789.
? Vespa bidens, Christ, Naturgeschichte d. Ins. 245. 1791.
Crabro spinosus, Olivier, Encyel. meth. VI. 512. 2. 1791.
— — Rossi, Mantissa Ins. 139. 308. 1792.
— — Petagna, Institut. Ent. I. 383. 1792.
Mellinus trieinetus, Fabrieius, Entom. syst. emend. II. 287.5. Z' 1793.
Crabro spinosus, Fabricius, Entom. syst. emend. II. 293. 1. 1793.
— — Panzer, Fauna German. fasc. 62. 15. J' 179.
Mellinus interruptus, Panzer, F. G. fasc. 72.13. Q 1799.
Ceropales spinosa, Fabricius, Systema Piezat. 186.5. @ 1804.
Mellinus tricinetus, — — 299. 8. g' 1804.
Crabro spinosus, — _ Z— 307. 1. 1804.
Nysson spinosus, Latreille, Hist. nat. XIII. 305. 1. 1805.
— — Panzer, Krit. Revis. I. 189. 1806.
— — Olivier, Eneyel. method. VIII. 408. 1811.
Larra spinosa, Lamarck, Hist. nat. IV. 118, 7. 1817.
Nysson spinosus, Van der Linden, Observations. M&m. Brux.V. 32. 1829.
Larra spinosa, Deshayes und Milne Edwards 2. Ed. v. Lamarck. IV.
331. 7. 1835.
Nysson spinosus, Shuckard, Essay on Fossor. Hym. 100. 1. Z' 2 1837.
Nysson spinosus, Blanchard, Hist. nat. III. 359. 1840.
— — Dahlbom, Hymen. Eur. I. 169. 100. et 484.1. J' ? 1845.
— geniculatus, Lepelletier, Hist. nat. III. 47. 3. J' 1845.
— spinosus, Eversmann, Fauna. Bull. Mosc. XXH. (2) 395. 1. 1849.
— — Wesmael, Revue erit. 74.1. J' 2 1851.
— — Kirschbaum, Jahrb. Nassau IX. (2) 44. 1853.
— — Schenck, Grabwespen Nassaus. 155. 1. 1857.
— — Smith, Catal. Brit. Fossor. Hym. 97. 1. 1858.
— — Toaschenberg, Zeitschr. f. d. ges. Nat. XI. 91. 1. 1858.
— — — Hymen. Deutschl. 192 et 193. 1. 1866.
— — Gerstäcker, Nysson. Abh. Halle. X. 96. 4. 1866.
Sitzb d. mathem.-naturw. Cl. XCV. Bd. I, Abth. 22
338 A. Handlirsch,
! Nysson spinosus, Chevrier, Nysson 28. 4. 1867.
— — Costa, Annuario del Mus. d. Nap. V. 69. 4. 1869.
— — Thomson, Opuse. Ent. I. 244. 1870.
— — ..— Hym. Scand. II. 225. 1. 1874.
— — Saunders, Synops. Tr. Ent. Soc. Lond. 267. 1880.
Pars inferior temporum postice marginata; clypeus margin®
anteriore carinulis duabus brevissimis munitus. — Spinae laterales
segmenti medialis mediocres, acutae. — Alarum posticarum cellula
analis paulo ante originem venae cubitalis terminata. — Abdo-
minis segmentum ventrale secundum basi truncatum, a latere
visum augulum fere rectum formans.
Medioeriter punetatus: pilosus, facie argenteo tomentosa.
Maris antennarum articulus ultimus simplex, nee truncatus,
nee eurvatus. — Segmentum dorsale ultimum apice bidentatum.
Mas et femina nigra, margine prothoracis (interdum indis-
tinete), fasciisque 3 — 4 abdominis, saepe interruptis, flavis,
pedibus rufis, in maribus maxima parte nigris. |
Longitudo corporis 7 — 12mm. Species regionis palae-
arcticae et nearcticae.
Von ziemlich schlankem Körperbau. Schläfen durchaus
gerandet; Clypeus am Vorderrande mit zwei kleinen, genäherten
kielartigen Höckern. Die Fühler sind schlank, die Geissel-
glieder beim ? sämmtlich länger als breit; beim 5’ nehmen sie
bis zum 12. an Länge allmälig ab, an Breite zu, das 13. ist nur
leicht gekrümmt, am Ende nicht abgestutzt und kaum so lang
als die zwei vorletzten Glieder zusammen.
Die Dornen des Mittelsegmentes sind ziemlich spitz
und kräftig.
Flügel mässig getrübt, in der Radialzelle am stärksten;
die Analzelle der Hinterflügel endet vor dem Anfange des
Cubitus.
Beine einfach ohne stärkere Bedornung.
Das zweite Ventralsegment ist an der Basis scharf abge-
stutzt, von der Seite gesehen daher fastrechtwinkeligvorspringend;
die Linie von der Spitze des Winkels zum Hinterrande des Seg-
mentes ist gerade, nicht convex. Das siebente Dorsal-
segment zeigt beim Z am Ende’ zwei Spitzen; die Ventral-
Grabwespen. 339
platten sind in diesem Geschlechte nicht bewimpert, sondern
nur kurz, fast wollig behaart.
Der Kopf ist dieht und fast runzlig punktirt, am
diebtesten auf der Stirne; der Kopfschild zeigt zerstreute Punk-
tirung. Thoraxrücken dicht und grob, dieMittelbrustseiten
etwas zerstreuter punktirt; Seiten des Prothorax unregelmässig
längsrunzelig, Metapleuren fast ganz glatt und glänzend,
Metanotum und Mittelsegment grob runzlig. Der Hinter-
leib ist durchaus mit ungemein feiner Grundpunktirung ver-
sehen; die eingestreuten Punkte sind am ersten Segmente am
gröbsten und fliessen gegen die Basis fast zu Längsrunzeln
zusammen, an den folgenden Segmenten viel feiner und
besonders gegen die Basis der Dorsalplatten sehr zerstreut. Die
zweite Ventralplatte ist grob und zerstreut, das Mittelfeld der
oberen Afterklappe beim 2 sehr dicht und fein punktirt.
Kopfschild und untere Partie der Stirne mit silbernem
Tomente bedeckt, der übrige Theil des Kopfes mit aufrechter
gelbgrauer Behaarung; Thorax ziemlich reichlich, dunkel
behaart, an den Seiten des Mittelsegmentes am längsten. Hinter-
leib schwach tomentirt.
Die Grundfarbe ist schwarz; die gelben Zeichnungen
sind einigen Schwankungen unterworfen; der Rand des Prothorax
ist in den allermeisten Fällen gelb, die Schulterbeulen schwarz;
der Hinterleib trägt drei oder vier, häufig unterbrochene, gelbe
Binden. An den Beinen ist im weiblichen Geschlechte die rothe,
im d die schwarze Farbe vorherrschend.
Es liegt mir ein Exemplar dieser Art vor, welches aus Nord-
Amerika stammt und in Grösse und Form ganz mit unseren
einheimischen Stücken übereinstimmt; die Seulptur des Dorsulum
erscheint ganz wenig markirter, die Färbung und die Pubescenz
sind wie bei den europäischen Exemplaren.
Dem N. interruptus steht die Art am nächsten, ist jedoch
leicht an der Form des zweiten Ventralringes, der
Punktirung der zweiten Rückenplatte, dem Bau der
Fühler und an der Färbung der Schulterbeulen zu unter-
scheiden.
Nysson spinosus ist über einen grossen Theil des palae-
aretischen Gebietes verbreitet, und entschieden eine der häufigsten
22#
340 A. Handlirsch, i
Arten. — Er wurde bisher aus Scandinavien, England,
Kurland, Nord-und Süddeutschland, Österreich, Tirol,
Ungarn, Frankreich, Schweiz, Südrussland, Italien,
von den griechischen Inseln und aus Kleinasien nach-
gewiesen und dürfte wohl innerhalb dieses Gebietes nirgends
fehlen. Nach Norden steigt die Art bis zum 64.° hinauf; sie
fehlt auch in der Bergregion nicht und wurde von Kohlin
der Schweiz in einer Höhe von 1300 M. noch angetroffen. —
Flugzeit: Mai bis Juli. In der Sammlung des Herrn Saussure
findet sich ein ? aus Nord-Amerika. (45 ? 30 J.)
19. Nysson interruptus Fabrieius,
Tab. II. Fig. 15; Tab. IV. Fig. 1, 9; Tab. V. Fig. 1, 16.
Mellinus interruptus, Fabricius, Ent. syst. suppl. II. 266. 4. 1798.
Oxybelus interruptus, Fabrieius, Syst. Piezat. 316, 1. 1804.
< Nysson interruptus, Olivier, Encyel. meth. VIII. 408. 2. 1811.
— — Shuckard, Essay on foss. Hym. 101.2. Z' 2 1837.
— — Dahlbom, Hym. Eur. I. 170, 102 et 485.7. J' 2 188.
— Panzeri, Lepelletier, Hym. Ill. 52.8. Z' 2 1845.
— interruptus, Eversmann, Bull. Mose. XXI. (2) 395. 2. 1849.
— Shuckardü, Wesmael, Rey. Crit. p. 75.2.5 2 1851.
— — Schenck, Grabwespen Nassaus 155. 2. d' 2 1857.
— ünterruptus, Smith, Catal. fossor. Hym. 98. 2. Z' 2 1858.
— — Toaschenberg, Zeitschr. f. d. g. Nat. Halle. XII. 91. 6.
d 2 1858.
— — — Hymen. Deutschl. 193. 6. SZ 91866.
— — Gerstäcker, Abh. Halle. X. 95.3. J' 21866.
! — Shuckardi, Chevrier, Nysson p. 13.2. J' Q 1867.
— interrruptus, Costa, Annuario del Mus. di Napoli V. 69,3. f?
1869.
— Shuckardiü, Thomson, Opuse. Ent. II. 244. 2. 1870.
— — — Hym. Scand. III. 227. 2. 1874.
— interruptus, Taschenberg, Z.f.d.g. N. 365. 1875.
— Shuckardii, Marquet, Bull. ete. Toulouse XIII. 182. 1879.
— interruptus, Saunders, Trans. Ent. Soc. London 268. 1880.
Pars inferior temporum postice marginata; elypeus margine
anteriore carinulis duabus brevissimis munitus. — Spinae laterales
segmenti medialis mediocres. Alarum posticarum area analis paulo
ante originem venae cubitalis terminata. — Abdominis segmentum
ventrale secundum basi truncatum, a latere visum angulum
obtusum, apice paulo rotundatum, formans.
Grabwespen. 341
Mediocriter punctatus; facie argenteo-tomentosa.
Niger, pronotifaseia, callis humeralibus, abdominisque faseiis
3 — 4 integris, vel medio interruptis, flavis, pedibus, basi
excepta rufis. Long. corp. 6°5 — 9 mm.
Maris antennarum artieulus penultimus incrassatus, ultimus
duobus praecedentibus longior. Segmentnm dorsale ultimum
apice bidentatum.
Species regionis palaearcticae.
Ähnlich gebaut, aber etwas kleiner 'als die vorhergehende
Art. Der Kopfschild wie bei dieser am Vorderrande mit zwei
kielartigen Höckerchen, die Schläfen durchaus gerandet. Die
Fühler sind kürzer als bei spinosus, die vorletzten Glieder
beim ? nicht viel länger als breit; beim Z ist das vorletzte
ziemlich stark verdickt und das letzte etwas länger als die zwei
vorletzten zusammen.
Die Seitendornen des Mittelsegmentes sind ähnlich
wie bei spinosus.
Flügel am Saume etwas verdunkelt, das Geäder wie bei
spinosus.
Das zweite Ventralsegment ist bei J und ? weniger
scharf winkelig vortretend als bei spinosus, der Winkel ist hier
ein stumpfer, seine Spitze ist etwas abgerundet, die Linie von
derselben bis zum Hinterrande des Segmentes ist von der Seite
gesehen convex.
Kopf dieht punktirt; Thorax mit Ausnahme der
glänzenden Metapleuren und der unregelmässig. gerun-
zelten Seiten des Prothorax, ziemlich gleichmässig stark,
grubig punktirt, Mittelsegment runzelig. Der Hinterleib
ist auf den zwei Segmenten und den folgenden, gröber punktirt
als bei spinosus, es ist daher der Unterschied zwischen der
Punktirung des ersten und der folgenden Segmente nicht so
auffallend wie bei dieser Art. |
Die Behaarung ist etwas weniger entwickelt als bei
spinosus; UOlypeus und die untere Partie der Stirne silbern
tomentirt.
Die Grundfarbe ist schwarz, der Rand des Pronotum, die
Sehulterbeulen (manchmal sehr undeutlich), häufig auch ein
Fleck an der Basis des Schildehens und drei bis vier ganze oder
342 A. Handlirsch,
mehr weniger unterbrochene Binden am Hinterleibe sind gelb,
die Beine in beiden Geschlechtern grösstentheils roth, nur an
der Basis schwarz.
Diese Art ist dem spinosus am ähnlichsten, durch die ange-
sebenen Merkmale jedoch sicher zu unterscheiden; in der Färbung
zeigt sie einige Ähnlichkeit mit niger Chevr. und mit dem d’ von
maculatus, ausserdem aber auch mit Kolazyi. Die Form der
zweiten Ventralplatte, der Fühler und des Kopf-
schildes schliessen jedoch eine Verwechslung aus.
Die schwierige Synonymie dieser Art hat Gerstäcker
fast vollkommen geklärt; der von ihm angezogene N. interruptus
Liepelletier (?) lässt sich auch auf niger Chevr. beziehen und
es spricht dafür auch der Umstand, dass Lepelletier unseren inter-
ruptus (d’ und?) als Panzeri beschrieb. — Nach dem Erscheinen
der Gerstäcker’schen Monographie nannten Chevrier,
Thomson und Marquet die Art wieder N. Shuckardi, Saunders,
Taschenberg und Costa gebrauchten den Namen interruptus ;
Costa eitirt bei derselben den Mellinus dissectus Panzer
(77.18.), obwohl schon Gerstäck er mit Sicherheit nachgewiesen,
dass Panzer’s Abbildung sich auf einen Sf des maculatus
bezieht.
Die Artist gleich der vorhergehenden über einen grossen
Theil der palaearetischen Region verbreitet, und bisher in
Schweden, England, Frankreich, Portugal, Belgien,
den Niederlanden, Nord-und Süddeutschland, Schweiz,
Italien, Tirol, Österreich, Ungarn, Rhodus, Süd-
russland (Kasan) und in Brussa (Kleinasien) gefunden
worden. Die Flugzeit fällt in die Monate Mai bis Juli. (Unter-
sucht: 20 ? 45 JS‘).
20. Nysson Kolazyi n. sp.
Tab. V. Fig. 3.
Pars inferior temporum postice marginata; elypeus margine
anteriore tubereulis duobus carinatis munitus; frons tubereulo
haud instructa. — Thorax forma communi; segmenti medialis
spinae laterales maiores, acutae. -- Alarum posticarum area
analis ante originem venae eubitalis terminata. Tibiae posticae
Grabwespen. 843
inermes. — Abdominis segmentum ventrale secundum rotundatum,
valde prominens.
Mediocriter punctatus, parce pubescens.
Niger, margine prothoraeis, fasciisque duabus, late inter-
ruptis abdominis flavis, pedibus nigris, tibiis tarsisque pallidio-
ribus. ?. 6 mm.
Species regionis palaearceticae.
In Bezug auf den Körperbau den beiden vorhergehenden
Arten ähnlich, aber schlanker und zarter.
Die Dornen des Mittelsegmentes sind dünn und
ziemlich lang, gut abgesetzt. — Die Flügel sind getrübt, am
Rande und in der Radialzelle am dunkelsten; im Geäder sind sie
sehr ähnlich wie bei den beiden vorhergehenden Arten; die
Analzelle der Hinterflügel endet mässig weit vor dem
Ursprunge des Cubitus.
Die zweite Ventralplatte ist hoch gewölbt, nicht
winkelig abgestutzt.
Der Kopf ist dieht punktirt, auf der Stirne ziemlich fein;
der Clypeus zeigt zerstreute gröbere Punkte. Die Sculptur des
Thorax ist ähnlich wie bei N. interruptus, die Punktirung
ziemlich gleichmässig, am Rücken etwas runzelig. Prothorax-
seiten lederartig, Metapleuren matt, Mittelsegment glänzend,
grob runzelig. Der Hinterleib ist, ausser der feinen Grund-
punktirung, mit groben, eingestreuten Punkten versehen, die am
ersten Segmente am gröbsten sind; auf dem zweiten Segmente
ist diese Punktirung gleichmässig vertheilt, auf den folgenden
beschränkt siesich bloss auf die Hinterrandshälfte. Afterklappe
fein und dicht punktirt.
Der Kopf ist ziemlich kurz, mässig dicht bräunlich
behaart, im Gesichte schwach silberglänzend, der Hinterleib
schwach to mentirt.
Die gelben Zeichnungen sind sehr spärlich, sie bestehen
aus einer Binde am Pronotum und schmalen Seitenflecken am
ersten und zweiten Segmente. Tegulae gelbbraun, am Rande
durcehscheinend; Schenkel und Coxen fast ganz schwarz, Schienen
und Tarsen röthlichbraun, die Mittelsehienen etwas gebräunt.
Die Sporne der Mittel- und Hinterschienen sind dunkel, die der
Vorderschienen licht.
344 A. Handlirsch,
Die Art gehört entweder in die Gruppe des fulvipes oder in
die des spinosus; die Entscheidung ist öhne Kenntniss des J'
nicht möglich. — Von interruptus und spinosus unterscheidet
sie sich durch das gerundete zweite Ventralsegment, von
maculatus und niger durch das Geäder der Hinterflügel und
den Kopfschild von fulvipes durch die bedeutend feinere
Punktirung, das höher gewölbte zweite Ventralsegment
und das Geäder der Hinterflügel, sowie durch die
schwarzen Schulterbeulen.
Ich untersuchte nur ein einzelnes ? dieser Art, welches aus
Ullrich’s Sammlung stammt und sich im Wiener Hofmuseum
befindet. — Ich widme sie meinem lieben Freunde J. Kolazy.
Die Arten 21 und 22 sind durch ihre Grösse von allen
palaearetischen verschieden. Die Schläfen sind durchaus gerandet,
die Stirne trägt keinen Längshöcker, der Kopfschild ist am
Vorderrande mit vier kleinen Höckerchen bewehrt. Schildchen
und Metanotum sind einfach; die zweite Ventralplatte ist gleich-
mässig gewölbt, die Hinterschienen sind am Aussenrande nicht
mit starken Dornen besetzt. Beim J ‚sind die Endränder der
Ventralplatten nicht mit Cilien versehen, das siebente Segment
ist am Ende zweispitzig.
21. Nysson epeoliformis Smith.
Tab. IV. Fig. 16; Tab. V. Fig. 6.
Nysson epeoliformis, Smith, Catal. Hym. IV. 354.8. 2 1856.
Synneurus procerus, A. Costa, Fauna del Regno di Napoli 16. 1. Tab. 12.
Fig.1. Z' 1859.
Nysson epeoliformis, Gerstäcker, Nyss. Abh. d. Nat. Ges. Halle, X. 93.1.
1866. |
— — A.Costa, Annuario del Mus. di Napoli V. 67. 1 1869.
Synneurus procerus, G. Costa, Fauna Salentina. 586. 1874.
Pars inferior temporum postice marginata; eclypeus margine
anteriore tuberculis quatuor munitus: frons inermis. — Thorax
forma communi; segmenti medialis spinae breves, robustae. —
Alarum anticarum venae cubitales 2. et 3. prope radium con-
fluentes; area analis alarum posticarum post originem venae
eubitalis terminata. Tibiae posticae haud fortiter spinosae. —
Grabwespen. 845
Segmentum ventrale secundum aequaliter convexum, haud valde |
prominens.
Opacus, valde et erebre punctatus, brunneo tomentosus, facie
argenteo sericea. |
Niger, elypeo (saltem pro parte), fascia interrupta pronoti,
callis humeralibus, faseia interdum interrupta scutelli, abdomi-
nisque fasciis 4 — 6 semper late interruptis, flavis, pedibus et
antennis maxima parte rufo-testaceis.
Long. corp. 12 — 14 mm. |
Maris antennarum articulus ultimus duobus praecedentibus
longior, distinete eurvatus et apice truncatus. Abdominis seg-
mentum ultimum apice bidentatum.
Species regionis palaearcticae.
Der Kopfsechild zeigt am Vorderrande vier ungefähr gleich
grosse Höckerchen, er ist gleichmässig gewölbt. Die Fühler
sind im Verhältniss zum Körper kurz; beim Z ist das Endglied
deutlich gekrümmt, länger als diezweivorhergehenden zusammen,
am Ende abgestutzt, sämmtliche Geisselglieder, mit Ausnahme
des dritten und letzten Gliedes, sind breiter als lang; beim ?
sind die Fühler dick, die einzelnen Geisselglieder fast gleich lang.
Der Thorax ist robust; die Seitendornen des Mittel-
segmentes sind kurz und dick, nicht scharf abgesetzt.
Die Flügelsind beim 3° mit Ausnahme des Spitzenrandes
ziemlich hell, beim ? stärker gebräunt. Die zweite und dritte
Cubitalquerader vereinigen sich am Radius in einem Punkte; an
den Hinterflügeln endet die Analzelle etwas hinter dem
Anfange des Oubitus.
Die Endränder der Hinterleibsringe sind mit einem
sehr schmalen wulstigen Saume versehen; die Wölbung der
zweiten Ventralplatte ist flach, gleichmässig. Beim I ist
die siebente Dorsalplatte am Ende abgerundet und mit
zwei dieken, kurzen Seitenspitzen versehen.
An den Hinterschienen sind ungefähr zehn kurze
Börstehen zu bemerken. |
Der Kopf ist matt, deutlich aber nicht tief grob punktirt;
derThorax zeigt durchaussehr feine Grundpunktirung, amRücken
und an den Seiten der Mittelbrust deutliche, grobe Punkte, die
nirgends zu Runzeln zusammenfliessen. Der Hinterleib zeigt
346 A. Handlirsch,
eine ungemein feine und dichte Punktirung, die nicht besonders
reichlich mit gröberen Punkten untermischt ist.
Kopf und Thorax sind mit feinem bräunlichem Tomente
überzogen, die untere Hälfte der Stirne und der Clypeus silber-
glänzend, ebenso die Brust und das Mittelsegment oberhalb der
Seitendornen. Am Hinterleibe schimmert das Toment etwas
weisslich.
Der Kopfschild, beim ? manchmal nur zum Theil, eine unter-
brochene Binde des Pronotum, die Schulterbeulen, eine Binde
oder zwei Flecken an der Basis des Scutellum und vier bis sechs
auf allen Ringen gleichbreit unterbrochene, nach innen nicht stark
verschmälerte Binden des Hinterleibsrückens sind gelb; die
Fühler sind rothgelb, beim ? dunkler als beim J’, unten, gegen
die Basis zu, oft gelblich, oben mehr weniger weit schwarz, die
Kiefer sind an der Basis gelb, gegen die Spitze braunroth. An den
Beinen ist die schwarze Farbe auf einen Theil der Coxen,
Trochanteren und beim 5 auch der Schenkel beschränkt, die
Sporne sind gebräunt, alles Übrige ist rothgelb.
Diese schöne Art steht dem grandissimus Rad. sehr nahe,
ist aber schon an der Färbung leicht zu unterscheiden; die
plastischen Merkmale schliessen jede Verwechslung mit
anderen Arten aus.
Ich sah ein ? aus der Krim (Radoszkowsky) undein S
aus Kleinasien (Mocsäry); ausserdem wurde epeoliformis in
Albanien, Neapel und Otranto gefunden.
22. Nysson grandissimus Radoszkowsky.
Nysson grandissimus, Radoszkowsky, Fedschenkos Reise nach Turke-
stan. Hym. 44. 1. tab. V.f.9. ZP. 1879.
Pars inferior temporum postice marginata; elypeus margine
anteriore tuberculis quatuor munitus. Segmenti medialis spinae
breves, robustae et carinatae. Alarum anticarum venae cubitales
2 et 3 prope radium non confluentes; area analis alarum posti-
carum post originem venae cubitalis terminata.
Tibiae posticae haud fortiter spinosae; segmentum ventrale
secundum aequaliter convexum.
Nitidus, valde punctatus, parce tomentosus.
Grabwespen. Sal
Corpus maxima parte flavo pietum, antennis pedibusque
concoloribus. Long. corp. 13—15 mm.
Maris antennarum artieulus ultimus duobus ee deubns
longior, distinete curvatus et apice truncatus. — Abdominis seg-
mentum ultimum apice bidentatum.
Species regionis palaearcticae.
Dem epeoliformis in Bezug auf die plastischen Merk-
male ungemein ähnlich; Kopf, Fühler, Thorax, Beine
und Hinterleib wie bei dieser Art. Die Seitendornen des
Mittelsegmentes sind nach oben zu gekielt. Die Flügel ziemlich
gleichmässig, gelblich tingirt, das Geäder grösstenthei!s licht; die
dritte Cubitalader mündet ziemlich weit von der zweiten in den
Radius.
Der Thorax ist am Rücken und an den Mittelbrustseiten
glänzend, mitsehr groben, nicht zusammenfliessendenPunkten;
die Metapleuren zeigen mit der Lupe keine Punktirung. Das
Mittelsegment ist ähnlich gerunzelt wie. bei epeoliformis; der
Hinterleib ist, durch feine Grundpunktirung, matter als der Thorax,
mit schwach ausgeprägten, gröberen Punkten. Der zweite Ventral-
ring ist glänzend mit tiefen, groben Punkteindrücken.
Kopf und Thorax sind (wenigstens bei dem mir vorliegenden
Exemplare) viel spärlicher behaart als bei epeoliformis.
Die gelbe Färbung ist vorherrschend; bei dem erwähnten
cd Exemplare erstreckt sie sich auf die Fühler, den Kopfschild,
einen Theil der Augenränder, die Basalhälfte der Kiefer, die
Beine, den oberen Theil des Pronotum mit den Schulterbeulen,
auf die Mittelbrustseiten, die seitlichen Partien des Dorsulum, das
Seutellum, Metanotum und die Seiten des Mittelsegmentes, ferner
auf den ganzen Hinterleib, mit Ausnahme der Basis der Rücken-
platten und eines Theiles der oberen Afterklappe. An den unteren
Partien des Mittelrückens und an den Seiten des Dorsulum neigt
die Färbung zum Röthlichen.
Die Untersuchung zahlreicherer Exemplare wird wohl erfor-
derlich sein, um die Constanz der Merkmale zu beweisen und
dadurch das Artrecht ausser Zweifel zu bringen. Mir stand leider
nur ein einzelnes Z’ (Type des Autors) zur Verfügung, welches
schon ziemlich abgeflogen war. Als Fundorte sind der Berg
Karak und die Wüste Kisil-Kum (Turkestan) bekannt.
348 A. Handlirsch,
Die Arten 23 und 24 stimmen in der Grösse fast mit denen
der vorhergehenden Gruppe überein; ihre Stirne ist unbewehrt,
der Kopfschild am Vorderrande ohne Höckerchen, der Thorax
von gewöhnlicher Bildung, die Beine sind nicht stark bedornt, die
zweite Ventralplatte erscheint stark gewölbt, nicht winkelig. Beim
J' ist das Endsegment zweispitzig, am Rande mit langen Wimper-
haaren besetzt.
23. Nysson plagiatus Cresson.
Tan. IV.-LKle 11.21, Tan. ve Rio,
Nysson aurinotus, Packard, Proc. Ent. Soc. Philad. VI. 440. SZ. 1867.
— plagiatus, Cresson, Trans. Am. Ent. Soc. IX. 276. J'Q. 1882.
Pars inferior temporum postice marginata; margo anterior
elypei paulo exeisus, haud tubereulatus. — Metanotum transverse
carinatum; spinae segmenti medialis breves, robustae. Alarum
posticarum area analis post originem venae cubitalis terminata.
— Abdominis segmentum ventrale secundum, valde convexum.
Valde punctatus; mediocriter pilosus, facie et segmenti
medialis maeulis aureo sericeis (imprimis in d’). — Niger, abdo-
minis basi saepe rufa, margine prothoracis cum eallis humeralibus,
seutelli basi, faseiisque (prima lata, secunda et tertia late inter-
ruptis) segmentorum 1—3 flavis, pedibus maxima parte rufis,
antennis nigris, basi rufa. Long. corp. 11—14 mm.
Feminae area mediana segmenti sexti latissima, apice
truncata.
Maris segmentum dorsale septimum bidentatum, margine
apicali ciliato, intra dentes non prominente. Antennarum artieulus
ultimus paulo arcuatus, praecedenti longior et apice truncatus.
Species regionis nearcticae.
Kopf nicht sehr breit, Schläfen flach gewölbt, hinten
gerandet, Stirne einfach, weder ober der Fühlerinsertion, noch
zwischen den Ocellen mit Höckern. Der Kopfschild ist mässig
gewölbt, in der Mitte leicht ausgekerbt. Die Fühler sind nicht
sehr schlank, das erste Glied ist sehr kurz und dick, das dritte
bedeutend kürzer als das vierte, dieses wieder etwas: kürzer als
die folgenden; das letzte ist länger als das vorhergehende, gegen
die Spitze leicht verschmälert, Beim 7 sind die Fühler gegen das
Grabwespen. 349
Ende sehr wenig verdickt, das dritte Glied ist etwas kürzer als
das zweite, das vorletzte am dicksten, nach unten nicht erweitert,
das letzte länger, leicht gebogen und am Ende abgestutzt.
Der Thorax ist stark gewölbt; das Pronotum gerundet,
ohne Ecken und Kanten; das Dorsulum zeigt eine deutliche,
aber nicht tief eingedrückte Längsstrieme. Das Schildehen ist
flach, an der Basis mit zwei leichten schiefen Eindrücken, das
Metanotum kantig aufgerichtet. Das kurze, steil abfallende
Mittelsegment zeigt starke, kurze, nach hinten und nach den
Seiten gerichtete Dornen.
Die Flügel sind stark gebräunt mit schwarzem Geäder; die
Radialzelle der Vorderflügel reicht nicht so weit zum Spitzenrande
als die dritte Cubitalzelle; die zweite Cubitalzelle ist breiter als
"hoch, höher als ihr Stiel lang, und nimmt beide Discoidalqueradern
in ziemlich gleichen Entfernungen von ihren Enden auf. Die
zweite und dritte Cubitalquerader münden, entweder in einem
Punkte, oder doch sehr nahe bei einander, in den Radius. An den
Hinterflügeln endet die Analzelle hinter dem Ursprunge des
Cubitus.
Die Hinterschienen tragen an der Aussenkante eine
Reihe dünner, aber ziemlich langer Borsten, die sich von der
übrigen Behaarung sehr gut unterscheiden; ihr längerer Sporn ist
ungefähr '/, so lang als der Metatarsus.
Die Segmente des kräftigen und gedrungenen Hinterleibes
sind nicht mit abgeschnürten Endsäumen versehen; die zweite
Ventralplatte ist stark gewölbt, nicht winkelig vorragend. Das
Mittelfeld der oberen Afterklappe des 2 ist durch deutliche
Kiele begrenzt, sehr kurz und breit, am Ende stark abgestutzt;
beim J zeigt die siebente Rückenplatte ziemlich parallele Seiten-
ränder mit schwachen Kielen und zweikräftige Endzähne, zwischen
denen der Hinterrand der Platte concav erscheint. Die Ränder
dieses Segmentes sind dicht mit lichten, nach innen gekrümmten
Borstenhaaren besetzt. |
Kopf und Thoraxrücken sind dicht und grob punktirt,
ebenso die Mittelbrust. Das Mittelsegment ist an der Basis längs-
runzelig, zwischen den Seitendornen mit schiefen Querleisten
erfüllt, im übrigen Theile runzelig und punktirt, mit Ausnahme
des unteren Theiles der Seiten, die so wie die Metapleuren glatt
350 A. Handlirsch,
erscheinen. Die Punktirung des Hinterleibes ist mässig grob und
nicht sehr dicht.
Behaarung nicht besonders reichlich; Stirne und Kopf-
schild sind beim Z goldig tomentirt, ebenso die Partie des
Mittelsegmentes oberhalb der Seitendornen. Die Unterseite ist
leicht silbergrau schimmernd, beim ? undeutlicher als beim d.
Die Grundfarbe ist schwarz, häufig (?)) an der Basis des
Hinterleibes, besonders unten und an denSeiten röthlich; der Rand
des Pronotummitden Schulterbeulen, die Basis des Schildehens, die
Seitenecken des Dorsulum, die Dornen des Mittelsegmentes, zwei
sehr grosse Flecken an den Seiten des ersten Segmentes, die bis
auf die abschüssige Fläche reichen, und in der Mitte nicht sehr
breit unterbrochen ‚sind, sowie schmälere, breit unterbrochene
Binden auf den Segmenten zwei und drei gelb. Die Zeichnungen
sind stellenweise röthlich tingirt, die Flecken des ersten Ringes
von der rothen Grundfarbe nicht scharf geschieden. Die Basis der
Kiefer und der Fühler und fast die ganzen Beine sind roth, die
letzteren beim J’ an den Schenkeln mehr oder weniger schwarz.
Mit aequalis am nächsten verwandt, durch die bei dieser Art
hervorgehobenen Unterschiede aber mit voller Sicherheit zu unter-
scheiden.
: Die Art scheint über die Vereinigten Staaten verbreitet
zu sein und wurde bisher aus den Territorien Washington,
Nebraska, Illinois, Texas und Louisiana angeführt. Ich
erhielt dieselbe aus Illinois (Radoszkowsky) und aus New-
Orleans (Saussure) — ein 9, zweid.
24. Nysson aequalis Patton.
Tab. IV. Fig. 10. 22.
Nysson aequalis, Patton, Canadian Entomologist XI. 212. Z'. 1879.
— — Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc. IX. 277. 1882.
Pars inferior temporum postice marginata; margo anterior
elypei medio paulo exeisus, haud tubereulatus, earinatus seu
depressus. — Metanotum transverse carinatum; spinae segmenti
medialis satis longae, tenues. — Alarum posticarum area analis
post originem venae cubitalis terminata. Segmentum ventrale
secundum valde convexum.
Grabwespen. 351
Valde punctatus; mediocriter pilosus et tomentosus.
Niger, faseia interrupta prothoraeis, callis humeralibus,
macula seutelli, spinis lateralibus segmenti medialis, fasciisque
3— 4 interruptis, satis angustis abdominis flavis, antennis nigris,
basi testacea, pedibus testaceis, flavovariegatis. Long. corp.
8-5—12 mm. |
Feminae area mediana segmenti sexti angustior quam in
specie praecedente, apice haud truncata.
Maris segmentum septimum apice late triangulariter pro-
ductum et ciliatum, lateribus dentibus munitis et carinatis.
Species regionis nearcticae.
Dem plagiatus sehr ähnlich, etwas kleiner und schmächtiger.
Die seitlichen Ocellen liegen an der Aussenseite je eines
sehr flachen Höckerchens. Die Fühler sind etwas schlanker als
bei plagiatus, die einzelnen Geisselglieder sind beim ? länger
als breit; das dritte Glied ist kürzer als das vierte, das letzte
länger als das vorhergehende. Beim J’ ist das Endglied etwas
mehr gekrümmt und am Ende etwas abgerundet.
Das Metanotum zeigt über die ganze Breite eine zerknitterte
Querfalte. Die Seitendornen des Mittelsegmentes sind
etwas länger und dünner als bei plagiatus, scharf abgesetzt.
Die Flügel sind stark gebräunt; die Radialzelle und die
dritte Cubitalzelle sind vom Spitzenrande ungefähr gleichweit
entfernt; zweite und dritte Cubitalguerader münden in einem
Punkte in den Radius. Die zweite Cubitalzelle ist breiter als hoch,
so hoch als ihr Stiel lang. Hinterflügel wie bei plagiatus,
ebenso die Beine. |
Die zweite Bauchplatte ist hoch gewölbt; die End-
säume der Rückenplatten etwas deutlicher als bei plagiatus.
Beim 2 ist das Mittelfeld des Endsegmentes viel spitziger
und schmäler als bei der verwandten Art, beim J’ trägt das
Endsegment zwei starke Seitenkiele, die in kurze Zähne enden,
zwischen denen sich ein breit dreieckiger Vorsprung befindet.
Der Saum dieses Segmentes ist wie bei plagiatus bewimpert.
Kopf und Thorax mit sehr feiner Grundpunktirung und ein-
gestreuten groben Punkten; die Seiten des Prothorax sind nach
unten zu querrunzelig, die Metapleuren glatt. Das Mittelsegment
ist im Mittelfelde mit verschlungenen Runzeln, dahinter mit
352 | A.Handlirsch,
Längsfalten bedeckt. Der Hinterleib zeigt, ausser der feinen
Grundpunktirung, gleichmässig vertheilte, gröbere Punkte, die
nur auf dem ersten Segmente die Grösse der Thoraxpunktirung
erreichen. Die zweite Ventralplatte ist weitläufig und sehr grob
punktirt, der Hinterrand der übrigen Bauchplatten dichter und
feiner.
Kopf und Thoraxrücken sind ziemlich dicht und sehr kurz,
bräunlich tomentirt, der Clypeus etwas länger. Der Hinterleib
schimmert oben bräunlich, unten silberweiss.
Die Grundfarbe ist rein schwarz, nirgends durch Roth
verdrängt; eine unterbrochene Binde am Pronotum, die Schulter-
beulen, ein Fleck am Scutellum, die Seitendornen des Mittelseg-
mentes und drei unterbrochene Binden auf den entsprechenden
Hinterleibsringen, beim 9 auch noch zwei kleine Flecken am
vierten gelb. Die gelbe Färbung ist überall rein und hell, nicht
mit Roth untermischt; die Binde des ersten Segmentes ist viel
schmäler als bei plagiatus. Kiefer, Oberlippe und ein Theil
der Fühlerbasis rothbraun. Die Coxen sind, mit Ausnahme
der Spitzen der zwei vorderen Paare und eines gelben Striches
an der Aussenseite des dritten, schwarz, ebenso der grösste Theil
der Aussenseite der Vorderschenkel und die Sporne der
Hinterschienen; der übrige Theil der Beine ist hell röthlichbraun.
Von plagiatus in beiden Geschlechtern durch die verschiedene
Form des Endsegmentes sehr leicht zu trennen, ausserdem
auch noch durch Grösse und Färbung sowie durch minder
auffallende plastische Merkmale verschieden.
Die ausgezeichnete Beschreibung von Patton, die von
Cresson copirt wurde, lässt keinen Zweifel an der Identität
meiner drei Exemplare (ein ?, zwei Z‘) mit der von ihm unter-
suchten Art. Cresson hielt die Art für identisch mit dem, ihm
gleichfalls unbekannten, aurinotus Say, jedoch mit Unrecht. !
N. aequalis ist bisher erst von der Ostküste Nord-
amerikas bekannt; Patton’s Exemplare stammten aus East-
hampton (Massachusetts), die von mir untersuchten Stücke
sind aus Baltimore (Mus. Vind.), Süd-Carolina und Georgia
(Coll. Saussure). Flugzeit im Juli.
1 Of. Nysson aurinotus p. 108.
Grabwespen. 353
Bei den Arten 25 und 26 ist die Stirne oberhalb der Fühler-
insertion nicht höckerig, der Kopfschild nicht gekielt, der Thorax
einfach; die Hinterschienen sind unbewehrt; die zweite Bauch-
platte ist abgerundet, nicht winkelig vortretend. Die Analzelle
der Hinterflügel endet hinter dem Ursprunge des Cubitus. Beim
g' tragen die Endränder der Segmente keine Cilien.
25. Nysson aurinotus Say.
Tab. V. Fig. 13.
Nysson aurinotus, Say, Boston Journ. of nat. hist. I. 368. 1837.
— — Leconte, Complet writings of Th. Say I. 752. 1859.
— — Gerstäcker, Nysson, Abh. d. nat. Ges. zu Halle. X. 115. 1866.
— — Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc. IX. 277. 1882.
Pars inferior temporum postice marginata; frons inter stem-
mata tubereulata; margo anterior elypei medio haud excisus, haud
tuberculatus, solum paulo depressus. — Spinae laterales segmenti
medialis breves, obtusae. — Alarum posticarum area analis post
originem venae cubitalis terminata. — Segmentum ventrale
secundum valde convexum, haud truneatum.
Valde punctatus, facie argenteo-, margine prothoraeis, callis
humeralibus et segmenti medialis lateribus aureo-tomentosis.
Niger, pedibus rufis, spinis lateralibus segmenti medialis
faseiisque tribus, late interruptis abdominis flavis.
Long. eorp. 9 mm.
Maris antennarum articulus ultimus apice truncatus, inferne
leviter exeisus. Segmentum dorsale ultimum bidentatum,
Species regionis nearcticae.
Schläfen ziemlich schmal, nicht stark gewölbt, hinten
undeutlich gerandet; Stirne zwischen den zwei seitlichen
Ocellen mit zwei deutlichen, aber stumpfen Höckerchen versehen.
Die Ocellen stehen einander deutlich näher als den Facettaugen.
Der Kopfschild ist flach, etwas vorgezogen, am Vorderrande
leicht niedergedrückt. Die Fühler sind verhältnissmässig lang,
etwas keulig; ihr Schaft ist kurz, eiförmig, das dritte Glied ein
wenig kürzer als das vierte. Die folgenden Fühlerglieder sind in
Bezug auf die Länge nicht stark verschieden; das vorletzte ist das
grösste, das letzte kaum so lang und merklich dünner als das
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XCV. Bd. I. Abth. 23
354 A.Hardlirsch,
vorhergehende, nach dem schiefabgestutzten Ende zu verschmälert
und unten leicht eingedrückt.
Der Thorax ist robust; Pronotum wenig unter dem Niveau
des Dorsulum gelegen, abgerundet, ohne Kanten und Ecken;
Dorsulum leicht gewölbt, in der Mitte mit gut ausgeprägter
Längslinie, an den hinteren Ecken etwas aufgerichtet. Schild-
chen flach, seine Seitenränder deutlich. Metanotum mit einer
schwachen Querkante versehen. Mittelbrustseiten gewölbt,
vorne scharf gerandet.
Die Seitendornen des Mittelsegmentes sind dick,
kurz und stumpf, aber sehr scharf abgesetzt, schief nach aussen
gerichtet.
Flügel leicht gebräunt, gegen den Saum etwas dunkler,
mit schwarzbraunem Geäder. Die zweite Cubitalzelle ist viel
breiter als hoch, lang gestielt und nimmt die Discoidalqueradern
ziemlich nahe ihren Enden auf. Die dritte Cubitalzelle ist nach
oben zu stark verschmälert und reicht ungefähr so nahe zum
Saume als die Radialzelle. An den Hinterflügeln endet die
Analzelle etwas hinter dem Anfange des Cubitus.
Die Hinterschienen tragen nur einige feine Börstchen,
die von der übrigen Behaarung wenig abstechen, ihr längerer
Endsporn ist kaum halb so lang als der Metatarsus. f
Endränder der Hinterleibsringe nicht deutlich ab-
geschnürt; die zweite Ventralplatte stark gewölbt, aber an
der Basis nicht abgestutzt. Das Endsegment trägt zwei weit
abstehende, längere Seitenspitzen und dazwischen einen breiten,
kurzen Vorsprung.
Kopf dicht punktirt, feiner als der Thorax, dessen Ober-
seite und Mittelbrust sehr grobe und dichte Punktirung zeigen;
die Metapleuren und Mittelsegmentseiten sind, im Gegensätze zu
den meisten übrigen Arten, grob punktirt, allerdings weniger
dicht als der übrige Thorax. Das Mittelfeld des Medialsegmentes
zeigt eine Anzahl paralleler Längsfalten, die bis gegen die Mitte
zu deutlich sind. Die Punktirung des Hinterleibes ist an der
Basis und an den Hinterrändern der übrigen Segmente besonders
grob und dicht, im Übrigen mittelmässig; der Grund ist matt.
Das Gesicht ist fahl silberglänzend, der Rand des Pronotum
mit den Schulterbeulen und grosse Flecken am Mittelsegmente
Grabwespen. 53,
sind hell goldig tomentirt, die Unterseite ist leicht silber-
schimmernd; die Behaarung ist sonst nicht reichlich.
Der Körper ist schwarz; die Spitzen der Mittelsegment-
dornen und breit unterbrochene Binden an den ersten drei Seg-
menten gelb, die Beine mit Ausnahme der Coxen, Trochanteren
und des grössten Theiles der Vorderschenkel nebst den End-
gliedern der Tarsen röthlich, Mandibeln und Spitze des ersten
Fühlergliedes dunkel rothbraun.
Say’s kurze Beschreibung stimmt ganz gut mit dem mir vor-
liegenden Exemplare dieser Art, die weder Cresson noch Ger-
stäcker bekannt war.
Cresson spricht die Vermuthung aus, dass, aurinotus Say
mit äqualis Patton identisch sei, und Packard ging so weit
unter dem Namen „aurinotus Say“ den N. plagiatus zu be-
schreiben; beide Autoren legten eben viel zu wenig Werth auf
den Unterschied zwischen goldiger Behaarung und
gelber Farbe. Say sagt in seiner Beschreibung ausdrücklich:
„eollar with an abseure golden margin, terminating in a spot“
und „posterior margins of the 1., 2. and 3. segments each with a
yellow band“, sowohl bei wequalis als bei plagiatus sind
Schulterbeulen und Rand des Pronotum gelb und nicht goldig
tomentirt. Ausserdem ist plagiatus um die Hälfte grösser
als aurinatus.
Mir lag ein einzelnes Z aus der Sammlung Saussures zur
Untersuchung vor, das aus Illinois stammte; Say führt die Art
aus Indiana an.
26. Nysson Freyi-Gessneri n. Sp.
TabzV.. Fig, 12.
Pars inferior temporum postice marginata; frons inter stem-
mata haud tuberculata; margo anterior elypei paulo depressus. —
Spinae laterales segmenti medialis breves, obtusae. Alarum posti-.
carum area analis post originem venae cubitalis terminata. —
Segsmentum ventrale secundum mediocriter convexum.
Valde punctatus, facie abdominisque basi argenteo-, protho-
race, callis humeralibus maculisque segmenti medialis aureo
tomentosis. |
23 *
356 A. Handlirsch,
Niger, spinis segmentimedialis, abdominisque fasciis quinque,
late interruptis, flavis, pedibus basi excepta rufis. Long. corp.
5:5 mm.
Maris antennarum artieulus ultimus apice haud truncatus,
mediocriter eurvatus; segmentum dorsale ultimum breviter biden-
tatum. |
Species regionis nearticae.
Der Kopf ist ähnlich gebildet wie bei aurinotus, die Ran-
dung der Schläfen nicht scharf, die Stirne, weder ober den
Fühlern, noch zwischen den Ocellen, höckerig; die Entfernung
der letzteren von einander ist ein wenig geringer als die von den
Facettaugen. Der Clypeus ist ganz ähnlich wie bei der vorigen
Art, die Fühler dagegen sind schlanker und dünner. Ihr Schaft
ist kurz, eiförmig, das dritte und vierte Glied ziemlieh gleich lang,
das letzte etwas länger als das vorhergehende, mässig gebogen
und ziemlich gleichmässig dick, am Ende abgerundet,
Das Metanotum nicht kantig; die Seitendornen des
Mittelsegmentes ähnlich wie bei aurinotus.
Die Flügel stimmen gleichfalls mit denen der vorhergehen-
den Art, nur sind sie lichter.
Die Endsäume der Segmente sind deutlicher, die zweite
Ventralplatte flacher gewölbt, die Spitzen des Endseg-
mentes kürzer und weiter abstehend, der Endrand des Segmen-
tes dazwischen nur etwas rundlich vortretend.
Der Kopf ist glänzend, so wie der Thorax und Hinterleib
schärfer und gröber punktirt als bei aurinotus, die Grund-
punktirung des Hinterleibes ist deutlich.
Prothorax und Schulterbeulen matt goldig behaart, die
Flecken am Mittelsegmente weniger hell als bei aurinotus;
Gesicht, Unterseite und Basis des Hinterleibes silberschimmernd.
Sehwarz; Spitzen der Mittelsegmentsdornen und breit
unterbrochene Binden auf den ersten fünf Segmenten gelb, davon
die erste sehr breit, die letzte stark redueirt; Beine mit Aus-
nahme der zwei ersten Schenkelpaare, eines Streifens auf dem
letzten und der Mittel- und Hintersporne röthlich.
Diese Art, die ich mir erlaube Herrn Emil Frey-Gessner
zu widmen, durch dessen Freundlichkeit mir das Materiale der
Saussure’schen Sammlung zugänglich wurde, ist dem aurinotus
Grabwespen. 357
ziemlich ähnlich, lässt sich aber durch die angegebenen plasti-
schen Merkmale sicher unterscheiden. Ein % aus
Georgia. (Collect. Saussure.)
Die folgende Art hat mit denen der vorhergehenden Gruppe
die meisten Merkmale gemeinsam, unterscheidet sich aber durch
die vor dem Ursprunge des Cubitus endende Analzelle der Hinter-
flügel, durch die sehr auffallenden Höcker zwischen den Ocellen
und durch die gelben Zeichnungen des Thorax. Es dürften wohl
noch mehrere der von Cresson beschriebenen amerikanischen
Arten hieher zu stellen sein.
27. Nysson opulentus Gerstäcker.
Nysson opulentes, Gerstä cker, Nysson, Abh. d. nat. Ges. zu Halle. X.
114. 14. Z'. 1866.
— — Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc. IX. 279. J'?. 1882.
Pars inferior temporum postice marginata; frons inter stem-
mata distinetissime tubereulata; margo anterior elypei simplex. —
Sceutellum lateribus carinatis; metanotum paulo carinatum. Segmenti
medialis spinae brevissimae. — Alarum posticarum area analis
longe ante originem venae cubitalis terminata. — Segmentum
ventrale secundum valde convexum, haud truncatum.
Corpus valde punctatum, facie, temporibus, pectore, lateribus
segmenti medialis, abdominisque basi dense argenteo tomentosis.
Niger, margine prothoracis cum callis humeralibus, seutelli
basi, abdominisque fascia completa segmenti primi et maculis
lateralibus segmentorum 2—5 flavis, basiantennarum, pedibusque
fere totis rufis. <—9 mm.
Maris antennarum artieulus ultimus leviter curvatus, apice
oblique truncatus, penultimo distinete longior et angustior. Dee
mentum dorsale septimum bidentatum.
Species regionis nearcticae.
Kopf breit, Stirne leicht gewölbt, Schläfen verhältniss-
mässig schmal, hinten gerandet. Die seitlichen Ocellen liegen
an der Aussenseite je eines stumpfen Höckers, ihre Entfernung
von einander beträgt kaum weniger als die von den Facettaugen.
Oberhalb der Fühlerinsertion ist die Stirne flach. Kopfschild
nicht besonders breit, in der Mitte etwas vorgezogen. Fühler
358 A. Handlirsch,
kurz, schwach keulenförmig;; ihr Sehaft kurz und breit, das dritte
Glied länger als das vierte, das vorletzte am dicksten, merklich
kürzer als das letzte; dieses ist gegen das Ende leicht ver-
schmälert und schwach gebogen, am Ende schief abgeschnitten.
Der Thorax ist kurz und dick, das Pronotum gerundet,
weder kantig, noch eckig, und nicht viel unter dem Niveau des
Dorsulum gelegen. Schildchen seitlich gerandet, Metanotum
etwas aufgerichtet. Die sehr kurzen Dornen des steil abfallenden
Mittelsegmentes sind etwas aufwärts gerichtet. Die Mittel-
brustseiten sind stark erhaben, nicht gerundet und vorne und
hinten scharf begrenzt.
Flügel schwach gebräunt, mit dunklem Geäder; zweite
Cubitalzelle kurz gestielt, beide Discoidalqueradern in gleichen
Abständen von den Enden aufnehmend; zweite und dritte Cubital-
querader in einem Punkte in den Radius mündend. An den Hin-
terflügeln endet die Analzelle weit vor dem Ursprunge des
Cubitus. |
Hinterschienen unbewehrt, ihr Sporn nicht halb so lang
als der Metatarsus.
Die Hinterleibsringe tragen flache Endsäume; die zweite
Bauchplatte ist stark gewölbt, aber nicht winkelig abgestutzt;
das Endsegment ist mit zwei weit von einander abstehenden,
dünnen, mässig langen Spitzen versehen.
Kopf ziemlich grob und tief punktirt, matt. Thorax-
rücken und Mittelbrust mit aussergewöhnlich tief ein-
gestochenen, groben Punkten versehen, Metapleuren und
Mittelsegmentseiten glatt; der übrige Theil des Mittelseg-
mentes ist grob punktirt, oben runzlig uud an der Basis des Mittel-
feldes mit kurzen Längsfalten versehen. Die Grundpunktirung des
Hinterleibes ist deutlich, die groben Punkte sind dicht
gestellt. i
Schwarz; Kiefer, Basis der Fühler, Beine, mit Ausnahme
eines Theiles der Coxen und der Sporne, Tegulae und Seitenecken
des Dorsulum röthlich; Rand des Pronotum mit den Schulter-
beulen, Basalhälfte des Seutellum, eine breite, ununterbrochene
Binde am ersten Segmente, eine ähnliche, schmal unterbrochene
am zweiten und kleine Seitenflecken auf den drei folgenden
Ringen gelb.
Grabwespen. 359
Der Körper ist mässig tomentirt; Gesicht, Schläfen,
Pleuren, Unterseite, Basis des ersten Segmentes, Seiten des
Medialsegmentes und Beine silbern tomentirt, stellenweise leicht
goldglänzend.
Untersucht habe ich ein Z aus der Sammlung Saussure’s;
das von Oresson beschriebene ? stammte aus New-York.
28. Nysson mellipes Oresson.
Nysson mellipes, Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc. IX. 279. J' 2. 1832.
Die hinteren Ocellen sind durch zwei fast nierenförmige,
glatte, glänzende Längshöcker getrennt. Dorn des Mittel-
segmentes abgestutzt. Flügel subhyalin, an der Spitze
beraucht; an den Hinterflügeln endet die Analzelle weit vor
dem Ursprunge des Cubitus. Der Endrand der Hinterleibs-
segmente trägt eine Franse von dicht goldiger Behaarung.
Beim JS ist das letzte Fühlerglied abgestutzt, aber unten
nicht ausgerandet, das Endsegment abgestutzt mit kurzem,
gelbrothem, spitzigem Zahn an jeder Seite.
Mesothorax grob narbig; Mittelfeld des Mittelsegmentes mit
acht bis zehn gleich distanzirten Längsrunzeln, dessen hintere
Fläche grob genetzt. Der Hinterleib ist tief und ziemlich dicht
punktirt, am zweiten Bauchringe sehr grob. Beim J ist die
Punktirung>dichter und tiefer.
Der Körper ist mit sehr kurzer seidenartiger Behaarung
bedeckt, die oben blass bräunlich, unten im Gesichte und an den
Schläfen silberartig, am Mittelsegmente oberhalb der Seiten-
dornen goldig ist. |
Die Grundfarbe ist matt schwarz, der Hinterrand des
Pronotum, die Schulterbeulen, eine geschwungene Linie an der
Basis des Schildehens, Spitze der Mittelsegmentsdornen und
Endbinden an den ersten vier Segmenten gelblichweiss; die
Binde am ersten Segmente ist kaum unterbrochen, die am
vierten am stärksten; beim J’ ist auch am fünften Segmente
jederseits ein kleiner gelber Fleck sichtbar. Die Kiefer sind, mit
Ausnahme der Basis, gelbbraun, die Tegulae und die Beine, mit
Ausnahme der vier vorderen Schenkel, beim ?, beim’, mit Aus-
nahme der Coxen und Trochanteren. Die Spitze der vier vorderen
360 A. Handlirsch,
Schenkel ist beim ? unten gelb gestreift, das Endsegment pech-
braun. 7 bis 3 mm.
Diese mir unbekannte Art wurde von Cresson nach drei
Exemplaren aus Colorado, Dakota und Montana be-
schrieben, sie scheint dem opulentus sehr nahe zu stehen.
29. Nysson Zapotecus Üresson.
Nysson Zapotecus, Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc. IX. 280. Q. 1882.
An der Innenseite eines jeden hinteren Nebenauges
befindet sich eine kurze Längsstrieme. Die Flügel sind
hyalin, an der Spitze beraucht; am hinteren Paare endet die
Analzelle weit vor dem Ursprunge des Cubitus.. Seitendornen des
Mittelsegmentes kurz, ziemlich spitz.
Dorsulum, Seutellum und Mittelbrust tief und grob
punktirt; das Mittelfeld des Medialsegmentes oben mit kurzen
Längsrunzeln, die abschüssige Fläche glänzend, mit vier gegen
die Spitze convergenten Falten. Der Hinterleib ist glänzend,
spärlich punktirt, an der Basis und Spitze dichter.
Silbergrau tomentirt, Clypeus und Flecken des Mittel-
segmentes dicht silberhaarig.
Schwarz, Hinterrand des Prothorax mit den Schulter-
beulen, Fleck auf den Schüppchen, Querlinie an der Basis des
Seutellum und ein ziemlich breites Endband an der Oberseite der
Segmente 1 bis 5, in der Mitte des vierten und fünften fast unter-
brochen, gelb, Beine schwarz. 65 mm. Nach einem % aus
Mexico beschrieben. Scheint mit den beiden vorhergehenden
Arten am nächsten verwandt zu sein. Mir ist die Art unbekannt.
30. Nysson moestus Cresson.
Nysson moestus, Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc. IX. 280. 5. 1882.
Jd. An der Innenseite der seitlichen Ocellen befindet sich
eine mässige Erhebung. Die Dornen des Mittelsegmentes.
sind ziemlich spitz. |
Flügel leicht gebräunt; an dem hinteren Paare endet
die Analzelle weit vor dem Anfange des Cubitus.
Das letzte Dorsalsegment trägt zwei kurze Zähne.
Kopf und Thorax sind grob narbig, das Mittelseg-
ment ist grob genetzt, das Abdomen spärlicher und feiner
361
Grabwespen.
punktirt, an den Endsegmenten dichter und tiefer; der Bauch
ist glänzend, spärlich punktirt.
Der Körper ist mit blassem Seidenhaare bedeckt, an den
Gesichtsseiten und am Ölypeus silberweiss tomentirt.
Matt schwarz, schmale Endbinden an den Hinterleibs-
ringen 1 bis 3, von denen die erste am schwächsten, die dritte
am stärksten unterbrochen ist, blassgelb; Beine sehwarz, die
äussersten Spitzen der Schenkel und die Tarsen mehr weniger
gelbbraun. 6°5 mm.
Nach einem Exemplare aus dem Territorium Washington
der Vereinigten Staaten Nordamerikas beschrieben.
Diese mir unbekannte Art dürfte wohl am besten hier ein-
zureihen sein, sie hat mit aurinotus den ganz schwarzen Thorax
gemeinsam, mit opulentus das Geäder und die Ocellenhöcker.
31. Nysson Aztecus Cresson.
Nysson Aztecus, Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc. IX. 279. 9. 1832.
?. Der Raum zwischen den Ocellen ist nicht erhaben.
Seitendornen des Mittelsegmentes abgestutzt. Flügel
blass bräunlich, am hinteren Paare endet die Analzelle weit
vor dem Anfange des Oubitus. |
Kopf spärlich punktirt, Mesothorax mit tiefen, mässig
dichten Punkten, die Mittelbrustseiten feiner punktirt; das
Mittelfeld des Medialsegmentes trägt einige Längskiele, von
denen der mittlere am deutlichsten ist. Der Hinterleib ist etwas
glänzend, stark und zerstreut punktirt, an den Endsegmenten
dichter.
Kopf und Thorax anliegend gelblich behaart; oberhalb
der Mittelsegmentsdornen jederseits ein Fleck von dichtem
blassem Seidenhaar.
Grundfarbe schwarz; Hinterrand des Prothorax, Schulter-
beulen, Querlinie an der Basis des Schildchens, breites Band am
Endrande des ersten Segmentes, in der Mitte verschmälert und
ein schmales Band am Ende des zweiten, in der Mitte unter-
brochen, gelb; Beine schwarz, Vorderschenkel unten und der
grösste Theil ihrer Tibien und Tarsen röthlich. 8 mm.
362 A. Handlirsch,
Cresson beschrieb diese mir unbekannte Art nach einem
einzelnen, von Sumichrast inMexico gesammelten Exemplare.
Sie stimmt mit der nächstfolgenden Art in dem Geäder der
Hinterfligel und in der unbewehrten Stirne überein.
32. Nysson albomarginatus Cresson.
Nysson albomarginatus, Cresson, Trans. Amer. Ent. Soe. IX. 278. Z'2.
1882.
Der Raum zwischen den Ocellen ist nicht erhaben.
Seitendornen des Mittelsegmentes vorragend und spitz.
Flügel subhyalin; an dem hinteren Paare endet die Anal-
zelle vor dem Anfange des Oubitus.
Beim J sind die Fühler ähnlich gestaltet wie beim ?, das
Endsegment abgestutzt, jederseits mit einem vorragenden
Zahn versehen.
Kopf und Thorax sind dicht und etwas zusammenfliessend
punktirt, die Mittelbrustseiten runzelig. Das Mittelfeld des
Medialsegmentes ist mit groben Längsrunzeln erfüllt. Der Hinter-
leib fein und ziemlich spärlich punktirt, die zweite Bauchplatte
tiefer.
Hinterleib leicht tomentirt, der Clypeus beim d silber-
haarig. |
Der Körper ist matt schwarz, der Rand des Prothorax,
die Schulterbeulen, eine geschwungene Linie am Schildchen,
zwei quer-ovale Flecken gegen die Basis des ersten Segmentes
und der Hintergrad der Segmente 1 bis 5 (nach den Seiten
mehr weniger erweitert), ausserdem noch ein Fleck in der Mitte
des Endsegmentes beim ? weiss. Beim J’ sind die Flecken an
der Basis des Hinterleibes sehr redueirt, die Endränder der Seg-
mente seitlich nicht erweitert, auf Segment 2 bis 5 leicht unter-
brochen; die zwei Endringe ungefleckt. Kiefer gegen die Spitze
rostroth, Fühler schwarz, Schaft beim 5° unten mit weisser
Linie, Beine schwarz, Fleck an den Seiten der Coxen, Linie an
der Spitze der vier Vorderschenkel unten und ein Strich an der
Oberseite aller Tibien weiss. 65 bis 8 mm. Von Cresson nach
zwei Exemplaren aus Nevada (Morrison) beschrieben; mir
unbekannt.
4
Grabwespen. 165
Die drei folgenden Arten ! sind in den wesentlichen plasti-
schen Merkmalen dem opulentus Gerst. sehr ähnlich; sie
besitzen deutliche Ocellenhöcker, eine abgerundete zweite
Bauchplatte, unbewehrte Hinterschienen, und die Analzelle ihrer
Hinterflügel endet vor dem Anfange des Cubitus. Die Schläfen
sind gerandet, die Stirne trägt oberhalb der Fühlerinsertion
keinen Längshöcker. Alle drei sind an der rothen Hinterleibs-
basis leicht von den vorhergehenden, mit Ocellenhöckern ver-
sehenen Arten zu unterscheiden.
33. Nysson tuberculatus n. sp.
Pars inferior temporum postice indistinete marginata; frons
inter stemmata distinetissime tuberculata; celypeus margine
anteriore simpliei. — Seutellum lateribus marginatis; pronotum
angulis lateralibus acutis; metanotum transverse carinatum. —
Spinae laterales segmenti medialis breves, acutae et robustae. —
Alarum posticarum area analis longe ante originem venae cubi-
talis terminata. — Segmentum ventrale secundum valde con-
vexum, basim versus haud truncatum.
Corpus valde punctatum, parce pilosum et tomentosum.
Niger, abdominis basi rufa, fascia abbreviata prothoraeis,
maeulis seutelli, faseiisque tribus abdominis, prima integra vel
anguste interrupta, 2. et 3. latissime interruptis, albido flavis,
pedibus nigris, rufo variegatis.
Long. ceorp. 7:5 bis 8:5 mm.
Maris antennarum articulus ultimus duobus praecedentibus
fere aequalis, apice oblique truncatus et haud curvatus; segmen-
tum dorsale ultimum bidentatum.
Species regionis nearcticae.
Der Vorderrand des Kopfschildes ist einfach, nicht ein-
gedrückt, die Schläfen sind hinten undeutlich gerandet. Die
Ocellen liegen auffallend nahe bei einander, die seitlichen an
der Aussenseite je eines länglichen Höckers.
1 Trotz der ungemein kurzen Beschreibung, die Cresson von den
zwei mir unbekannten Arten (34 und 35) gibt, glaube ich doch auf eine
Übereinstimmung ihrer wesentlichen, von Cresson nicht erwähnten Merk-
male, mit denen des ihnen sehr ähnlichen tZxderculatus m. mit Sicherheit
schliessen zu können.
364 A. Handlirsch,
Die Fühler sind diek und kurz, beim 2 ist das Endglied
gerundet, etwas länger als das vorletzte, das dritte etwas länger
als das vierte; beim J’ist das Endglied fast so lang als die
zwei vorhergehenden zusammen, gerade und am Ende schief
abgestutzt, das dritte Glied kaum so lang als das vierte.
Der obere Rand des Pronotum ist an den Seiten scharf
geeckt, das Scutellum seitlich gerandet. Die spitzen Seiten-
dornen des Mittelsegmentes sind kurz und stark, schief
nach oben und aussen gerichtet, am Ende durchscheinend.
Die Flügel sind stark gebräunt mit schwärzlichem Geäder;
die Radialzelle ist lang und spitz, die zweite Cubitalzelle nicht
viel höher als ihr Stiel lang; an den Hinterflügeln endet die
Analzelle weit vor dem Anfange des Cubitus.
Beine unbewehrt, die Hinterschienen gleichmässig fein
behaart, ihr längerer Sporn kaum halb so lang als der Metatarsus.
Die zweite Dorsalplatte des Hinterleibes ist gegen
die Basis stark verschmälert, die zweite Bauchplatte hoch
gewölbt, nicht winkelig vortretend; alle Segmente tragen einen
feinen, wulstigen Saum. Beim $ ist das Endsegment mit
schmalem Mittelfelde versehen, beim S’ seitlich nieht gekielt und
mit zwei dünnen, ziemlich langen und weit von einander ab-
stehenden Spitzen versehen. Die letzten Bauchplatten des JS
tragen ein dichtes, ziemlich langes, lichtes, wolliges Haar, aber
keine Cilien.
Kopf matt, grob punktirt; Thoraxrücken dicht und sehr
grob punktirt, die Mittelbrust fingerhutartig. Metapleuren und
der untere Theil der Mittelsegmentseiten glatt, der übrige Theil
des letzteren grob runzelig. Der ganze Rücken des Hinter-
leibes zeigt ausser der sehr feinen, mit der Lupe sichtbaren
Grundpunktirung, sehr grobe Punkteindrücke, die an der
Basis des ersten und zweiten Segmentes etwas zerstreuter, im
Übrigen sehr dicht stehen; die zweite Bauchplatte ist ähnlich
punktirt wie der Rücken, die übrigen Bauchringe sind nur am
äussersten Hinterrande mit einigen gröberen Punkten versehen.
Die obere Afterklappe des ? ist dicht runzelig punktirt.
Die Grundfarbe ist schwarz, am ersten Ringe des Hinter-
leibes roth, oben in der Mitte schwarz gefleckt; beim ? ist eine
kurze Binde am Pronotum und zwei Flecken am Vorderrande
Grabwespen. 365
‘des Schildehens, in beiden Geschlechtern eine kaum unter-
brochene Binde am ersten Segmente, eine unterbrochene am
zweiten und kleine Fleckehen am dritten gelblichweiss. Die
Fühler sind ganz schwarz, ebenso beim ? die Beine mit Aus-
nahme der rothen Hinterschenkel und der Spitzen der übrigen
Schenkel; beim J’ ist der grösste Theil der Beine roth, die
Tarsen und Hintertibien schwarz. Tegulae dunkelbraun, am
Rande durchscheinend.
Ich habe nur zwei Exemplare dieser Art untersucht, von
denen eines aus Wisconsin (Mus. Caes. Vindob.), das andere
aus Süd-Carolina (Coll. Saussure) stammt.
34. Nysson basilaris Cresson.
Nysson basılaris, Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc. IX. 281. @. 1882.
? An der Innenseite eines jeden seitlichen Nebenauges
befindet sich ein vorragender, glänzender, fast nierenförmiger
Höcker. Die Flügel sind bräunlich, durchscheinend; am
hinteren Paare endet die Analzelle vor dem Ursprunge des
Cubitus. Die Endränder der Segmente des robusten Hinter-
leibes tragen schmale Fransen von gelblicher Behaarung.
Der Körper ist matt, Kopf und Thorax tief, grob und
etwas zusammenfliessend punktirt; Schildehen und Basis
des Mittelsegmentes sind längsrunzelig; der Hinter-
leib ist stark punktirt, an den Endsegmenten dichter.
Gesicht und Clypeus silberhaarig.
Grundfarbe schwarz, am Basalsegmente rostroth; ein
ziemlich schmales Band am Hinterrande des ersten bis vierten
Segmentes gelblichroth, das erste schwach, das dritte und vierte
stark unterbrochen. Schulterbeulen, Tegulae und Beine, mit
Ausnahme der Coxen und Hintertarsen, rostroth. 6°5 mm.
Diese mir unbekannte Art wurde von Cresson nach einem
einzelnen Exemplare aus Georgia in Nord-Amerika beschrieben,
sie scheint dem fuberculatus ziemlich ähnlich zu sein.
39. Nysson bellus Cresson.
Nysson bellus, Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc. IX. 280. ©. 1882.
®@ Der Raum zwischen den Ocellen erhaben. Mittel-
segmentsdornen spitz. Flügel fast hell, am hinteren
366 A. Handlirsch,
Paare endet die Analzelle weit vor dem Anfange des Cu-
bitus.
Der Kopf ist dicht punk ttirt, der Thorax ziemlich tief
und grob punktirt, an den Mittelbrustseiten zusammenfliessend.
Das Mittelfeld des Medialsegmentes trägt kurze Längsrunzeln,
der Hinterleib an den Basalsegmenten ziemlich zerstreute,
tiefe Punkte, an den Endsegmenten gröbere und dichter
gestellte.
Gesicht, Kopfschild und Seiten des Mittelsegmentes sind
dicht silberhaarig.
Der Grund ist matt schwarz, das erste und manchmal
auch die Seiten der Bauchplatte des zweiten Segmentes röthlich;
der Hinterrand des Prothorax, die Schulterbeulen, eine ge-
schwungene Linie an der Basis des Schildehens, der Hinterrand
der Segmente 1 bis 4 oben, mehr weniger unterbrochen an den
Ringen 2 bis 4 und ein Fleck an den Seiten des fünften Seg-
mentes sind weiss. Die Binde des vierten Segmentes ist manch-
mal stark reducirt. Spitze des Schaftes, Mandibeln, Palpen, Te-
gulae und Beine rostroth. 6-5 bis 7 mm. |
‘ Die Art wurde von Cresson nach sechs aus Montana und
Texas stammenden Stücken beschrieben und dürfte sich von den
beiden vorhergehenden schon durch die viel reichlichere lichte
Zeichnung unterscheiden lassen; mir ist sie unbekannt.
Die folgende Art steht sehr isolirt und erinnert durch die
Bildung der zweiten Ventralplatte an die Arten spinosus und
interruptus, durch die übrigen Merkmale weicht sie jedoch stark
‚von den Arten dieser Gruppe ab.
36. Nysson trimaculatus Rossi.
Tab. I. Fig. 14., Tab. V. Fig. 14.
Crabro trimaculatus, Rossi, Fauna Etrusca II. n. 892, p. 95. J. 17%.
Nysson trimaculatus, Latreille, Hist. nat. XIII. 306. 2. Z’. 1803.
Crabro trimaculatus, Illiger, Ed. 2. Fauna Etrusca II. 156. 892. 5. 1807.
Nysson nigripes, Spinola, Insecta Liguriae II. 45. Z'. 1808.
< — interruptus, Olivier, Eneycel. method. VII. 408. 2. (var.) 1811.
> — geniculatus, Olivier, Encyel. method. VIII. 408. 3. @. 1811.
— trimaculatus, Van der Linden, Obseryvations Il. 32.2. 9. 1829.
— — Shuckard, Essay on fossor. Hymen. 102. 3. et 252. J'?. 1837.
— nigripes, Labram und Imhoff, Insecten der Schweiz. Fig. 1842.
Grabwespen. 367
Nysson trimaculatus, Dahlbom, Hymenoptera Europae. I. 169, 101, 485.
2.0.2. 1845.
— nigripes, Lepelletier, Hist. nat. Hymen. III. 46.2. Z’Q. 1845.
— trimaculatus, Eversmann, Bull. Mosc. XXII. (2). 396. 4. 1849.
— — Wesmael, Revue critique. Bull. 18. 77.3. J 9. 1851.
— — Schenck, Grabwespen Nassaus. 164. 5. J'. 1857.
— — Smith, Catal. brit. fossor. Hym. 99. 3. Z'Q. 1858.
— — Taschenberg, Zeitschr. f. d. ges. Naturw. XII. 91.2. Z' 2.1858.
— — A.Costa, Ric. entom. su Monti Partenii. 20. 1858.
— — — — Fauna del Regno di Napoli 20. tab. 12. f. 5.6. J'Q. 1859.
— — Taschenberg, Hymenopteren Deutschlands 193.2. SQ. 1366.
— — Gerstäcker, Nysson. Abh. d. nat. Ges. Halle. X. 98. 5. J'2.
1866.
! — — Chevrier, Nysson du bassin du L&man. 16. 4. 3’ ?. 1867.
— — A.Costa, Annuario del Mus. di Napoli V. 70.5. g’?. 1869.
— — 1 Thomson, Opuscula entomol. II. 244. 1870.
— — — Hymenoptera Scandinaviae III. 228. 3. 1874.
— — 6. Costa, Fauna Salentina 590. 1874.
— — Taschenberg, Zeitschr. f. d. ges. Naturw. XI. (45.) 365. 1875.
— — Saunders, Trans. Ent. Soc. London. 268. 1880.
Pars inferior temporum postice marginata; elypeus margine
anteriore depresso; frons inermis. — Thorax forma communi;
spinae laterales segmenti medialis brevissimae. — Area analis
alarum posticarum post originem venae cubitalis terminata. —
Tibiae posticae inermes. — Segmentum ventrale secundum valde
prominens, versus basim valde truncatum, a latere visum angu-
lum fere reetum formans. |
Corpus medioeriter punctatum, parce pilosum, facie seg-
mentique medialis lateribus pallide argenteo tomentosis.
Niger, faseiis tribus late interruptis abdominis, in ? etiam
faseia pronoti et callis humeralibus flavis; pedes nigri, genieulis
feminae plus minusve rufis. Long. corp. 6 bis 8 mm.
Maris antennarum articulus ultimus forma communi et prae-
cedente longius, articulus penultimus incrassatus; segmentum
ultimum bidentatum.
Species regionis palaearcticae.
Die Randung der Schläfen ist sehr deutlich, der Clypeus
abgerundet, am Vorderrande etwas niedergedrückt. Fühler
mässig schlank, beim 9 das Endglied länger als das vorher-
1 InFolge einesDruckfehlers entstand aus trimuculatus quadrimaculatus.
368 A. Handlirsch,
gehende, bedeutend schmäler als dasselbe und nicht merklich
gekrümmt. |
Die Seitendornen des Mittelsegmentes sind klein,
unscheinbar.
Flügel ziemlich dunkel, besonders am Rande; an den
Hinterflügeln endet die Querader hinter dem Ursprunge des
Cubitus.
Die zweite Bauchplatte ragt scharf, fast rechtwinkelig
vor; das siebente Segment des J ist-mit zwei sehr feinen,
weit von einander abstehenden Spitzen versehen.
Der Kopf zeigt eine feine Grundpunktirung und ein-
gestreute gröbere Punkteindrücke. Die Sculptur des.
Thorax ist am Rücken und an den Seiten ziemlich gleichmässig,
nicht sehr scharf ausgeprägt; das Medialsegment ist runzelig;
die Metapleuren sind glänzend. Der Hinterleib trägt ausser
der feinen Grundpunktirung sehr weitläufig gestellte, gröbere
Punkteindrücke. Beim ® ist das Mittelfeld der oberen After-
klappe sehr fein punktirt.
Der ganze Körper ist spärlich behaart, im Gesichte und
an den Seiten des Mittelsegmentes licht, aber sehr schwach
silberglänzend tomentirt.
Die Grundfarbe ist matt schwarz, breit unterbrochene
Binden an den drei ersten Segmenten und beim ? auch noch der
Rand des Pronotum, die Schulterbeulen und häufig eine Linie an
der Basis des Scutellum sind gelb; ausnahmsweise treten auch
im männlichen Geschlechte geibe Zeichnungen am Thorax und
am vierten Segmente auf. Die Kiefer sind dunkelbraun, an der
Spitze etwas lichter, die Fühler schwarz, die Beine schwarz,
beim ? an den Knieen mehr oder weniger röthlich.
Die Synonymie dieser Art wurde von Gerstäcker voll-
kommen aufgeklärt.
In Bezug auf die geographische Verbreitung gleicht
trimiculatus dem spinosus und interruptus, d. h. sie ist über
ganz Europa verbreitet, und nicht besonders selten; sie wurde
bisher aus den meisten Gegenden mit Ausnahme der pyre-
näischen Halbinsel nachgewiesen, so aus Scandinavien,
England, Russland, Finnland, Belgien, Deutschland,
Frankreich, Schweiz, Österreich-Ungarn, Italien,
Grabwespen. 369
Corfu, Rhodus. Die Flugzeit fällt in die Monate Juni bis
September.
Zur Untersuchung lagen mir 15 d' und 12 % vor.
Die folgende Art steht gleichfalls ziemlich isolirt; dureh die
ungerandeten Schläfen weicht sie von den vorhergehenden ab
und nähert sich anderseits wieder durch das winkelig vortretende
zweite Bauchsegment den Arten spinosus, interruptus und trima-
culatus, durch die Höckerchen zwischen den Ocellen der Gruppe
des opulentus. Die Stirne trägt ober der Fühlerinsertion keinen
Höcker, die Hinterschienen sind nicht mit starken Dornen
besetzt, das Metanotum ist einfach.
31. Nysson tomentosus n.Sp.
?. Pars inferior temporum postice haud marginata; celypei
margo anterior depressus; frons inter stemmata tuberculata. —
Latera sceutelli marginata; spinae laterales segmenti medialis
robustae, satis longae. — Alarum posticarum area analis multo
ante originem venae eubitalis terminata.— Tibiae posticae inermes.
— Segmentum venträle secundum valde prominens, basim versus
truncatum, a latere visum angulum obtusum formans.
Corpus valde punctatum, densissime tomentosum, nigrum,
margine prothoracis, callis humeralibus, margine anteriore scu-
telli, abdominisque faseiis quinque obscure flavis, pedibus rufo-
fuseis. Long. corp. 7—8 mm.
Species regionis neotropicae.
Schläfen ungerandet, die Ocellen sehr genähert;
zwischen den beiden seitlichen befinden sich zwei längliche
Höckerchen. Die Fühler sind keulenförmig, ihr Schaft ist kurz
und breit, das dritte Glied erscheint nicht viel länger als das
vierte, das letzte ist an der Spitze etwas abgestutzt. Der Cly-
peus ist am Vorderrande beiderseits etwas eingedrückt.
Seitenränder des Scutellum leicht aufgebogen; Dornen
des Mittelsegmentes kräftig, mässig lang und nach den
Seiten gerichtet. |
Die Flügel sind stark gebräunt, am Saume wenig dunkler.
Radialzelle des vorderen Paares lang und spitz, ihr Ende tritt
näher zum Spitzenrande als die dritte Cubitalzelle. Der Stiel der
zweiten Cubitalzelle ist nicht so lang als die Zelle hoch.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XCV. Bd. I. Abth. 24
370 A. Handlirsch,
An den Hinterflügeln endet die Analzelle sehr weit vor
dem Anfange des Cubitus.
Die Beine sind fast von jeder längeren Behaarung frei,
nur an der Aussenseite der Hinterschienen stehen einige zarte
Börstehen.
Der Hinterleib ist schlank, die Endränder der Segmente
sind etwas abgeschnürt, der zweite Bauchring ragt stumpf-
winkelig vor, ähnlich wie bei N. interruptus, das Mittelfeld der
oberen Afterklappe ist lang, runzelig punktirt.
Der Kopf zeigt, ausser der feinen Punktirung, gut distanzirte,
aber nicht sehr scharf ausgeprägte gröbere Punkte; der Kopf-
schild ist im oberen Theile matt, im unteren etwas glänzend.
Der Rücken des Thorax ist mit sehr gleichmässiger Grund-
punktirung versehen, gleichmässig mit grossen, gut ausgeprägten
Punkteindrücken besetzt; der Vorderrand des Seutellum ist
frei von diesen groben Punkten, an seinem rückwärtigen Theile
dagegen sind sie um so grösser und zahlreicher. Die Seiten des
Prothorax sind sehr grob längsrunzelig, des Mesothorax fingerhut-
artig punktirt, des Metathorax glatt. Das Mittelfeld des Mittel-
segmentes ist längsrunzelig, zwischen den einzelnen Falten
glänzend; die Seiten des Medialsegmentes sind im unteren Theile
glatt, im Übrigen ähnlich punktirt wie die Mittelbrust. Der
Hinterleib zeigt eine viel feinere Grundpunktirung als der
Thorax; die groben Punkte nehmen vom ersten Segmente nach
hinten an Grösse und an Zahl zu. An der Unterseite trägt nur
die zweite Platte reichliche, grobe Punktirung, die übrigen Ringe
zeigen nur am Hinterrande einige gröbere Eindrücke.
Der ganze Körper ist mit feinem, bräunlich-grauem To-
ment dicht bedeckt, im Gesichte matt goldig schimmernd.
Schwarz; die gelben Zeichnungen variabel; bei allen .
vier untersuchten Exemplaren ist der Rand des Pronotum, ein
mehr weniger breiter Saum der Schulterbeulen und je eine Binde
am Hinterrande der Segmente 1 bis 5 gelb, bei drei Exemplaren
auch eine schmale Linie am Vorderrande des Scutellum. Die
Binden des Hinterleibes sind verschieden breit und einige der
letzten manchmal schmal unterbrochen, Alle lichten Zeichnungen
sind unrein und vom schwarzen Grunde, in Folge des reichen
Tomentes, nicht scharf abgehoben. Unterseite des Schaftes und
Grabwespen. S7l
Spitze der Kiefer röthlichbraun, Beine mehr oder weniger dunkel
braunroth, an der Vorderseite der ersten Schienenpaare meist
etwas lichter..
Ich beschreibe diese Art nach vier weiblichen von Hetschko
in Blumenau (Brasilien) gesammelten Exemplaren, die sich
in der Sammlung des k. k. Hofmuseums in Wien befinden; sie
ist nach den angegebenen Merkmalen von allen übrigen Arten
sicher zu unterscheiden.
Die Art 38 näherf sich in vielen Punkten den darauffolgen-
den, so in den gerandeten Schläfen, der unbewehrten Stirne,
dem Geäder der Hinterflügel, ist aber anderseits wieder durch die
viel gröbere Sculptur, die Form des Endsegmentes und der Fühler
beim Ö wesentlich verschieden.
383. Nysson militaris Gerst.
Tab. IV. Fig. 13, Tab. V. Fig. 20.
Nysson militaris, Gerstäcker, Nysson; Abh. d. nat. Ges. Halle. X. 103.
0. 1866.
— — A.Costa, Annuario del Mus. di Napoli V. 70. 6.59. 1869.
Pars inferior temporum postice marginata; clypeus medio
paulo exeisus; frons inermis. — Thorax forma communi; spinae
laterales segmenti medialis breves, latae et acutae. — Area analis
alarum posticarum post originem venae cubitalis terminata.
Tibiae posticae haud dentatae. — Segmentum ventrale secundum
aequaliter convexum.
Corpus valde punctatum, parce pilosum et tomentosum.
Niger, abdominis basi, antennis, pedibusgue maxima pro
parte rufis, fascia interrupta prothoracis, callis humeralibus,
fasciisque 4—5 interruptis abdominis flavis. Long. corp. 6°5—
8 mm.
Maris antennarum articulus ultimus apice truncatus, duobus
praecedentibus brevior et inferne exeisus; segmentum dorsale
ultimum spinis duabus longis, approximatis munitum.
Species regionis palaearcticae.
Schläfen gerandet, Kopfschild in der Mitte seines
Vorderrandes mit einem kleinen Ausschnitte. Die Fühler sind
kurz und dick, beim Z die Glieder 3 bis 6 einzeln länger als
breit, die weiteren 7 bis 11 breiter als lang, das 12. ist am
24*
12 A. Handlirsch,
breitesten, das 13. am Ende scharf abgestutzt, kürzer als die
zwei vorletzten zusammen, an der Unterseite ausgeschweift und
gegen das Ende nicht verschmälert; beim 2 ist das letzte Glied
so lang als das vorhergehende, kegelförmig. Die Stirne ist mit
einer Längsstrieme versehen.
Die Dornen des Mittelsegmentes sind kurz und breit,
mit scharfer Spitze und etwas nach oben gerichtet.
Flügel am Spitzenrande stärker gebräunt; die zweite
Cubitalzelle lang gestielt; an den Hinterflügeln endet die
Analzelle hinter dem Ursprunge des Cubitus.
Die Hinterschienen sind an ihrer Aussenseite mit
ungefähr zehn zarten lichten Börstehen besetzt, ihr längerer End-
‚sporn ist mehr als halb so lang als der Metatarsus.
Die zweite Bauchplatte des kurzen, gedrungenen Hinter-
leibes ist gleichmässig abgerundet, die sechste beim J mit
wolligem Haar bedeckt. Das Mittelfeld des Endsegmentes
beim 2 ist spitz und schmal dreieckig, gut gekielt. Die siebente
Dorsalplatte endet beim Z/ in zwei lange, von einander nicht
weit abstehende, röthlichgelb durchscheinende Spitzen.
Der Thoraxrücken und die Mittelbrust sind sehr grob
srubig punktirt, viel gröber als der Kopf. Die Metapleuren
sind glatt, das Medialsegment ist mit groben Runzeln bedeckt.
Auf dem ganzen Hinterleibe, insbesondere aber auf dem ersten
Dorsal- und dem zweiten Ventralringe ist die Punktirung sehr
grob; der Grund erscheint durch feine Grundpunktirung voll-
kommen matt.
Der Scheitel und die obere Partie der Stirne sind bräunlich,
die inneren Augenränder und der Clypeus silberweiss behaart.
Vom Thorax ist der Rücken bräunlich, die Brust weisslich
tomentirt, am dichtesten die Stelle oberhalb der Mittelseg- .
mentdornen.
Die Grundfarbe ist schwarz, an der Basis des Hinter-
leibes mehr weniger weit, roth; die blassgelbe Färbung erstreckt
sich beim J’ auf zwei Flecken am Clypeus, auf die Basis der
Kiefer und die Unterseite der ersten 5 bis 6 Fühlerglieder, in
beiden Geschlechtern auf eine unterbrochene Binde am Prothorax, °
die Schulterbeulen und zuweilen einen Fleck an der Basis des
Schildchens, sowie auf 4 bis 5 unterbrochene Binden des Hinter-
Grabwespen. 273
leibes. Die Fühler und Beine sind mit Ausnahme der Basis
rostroth.
Diese ‘von allen anderen palaearctischen Arten sehr leicht
zu unterscheidende Art wurde bisher ausschliesslich in dem
Mediterrangebiete beobachtet; sie ist von Rhodus, Naxos,
Corfu, Dalmatien, Süditalien (Otranto) nachgewiesen;
ihre Flugzeit fällt in den Monat Juni.
Gerstäcker kannte nur das ?, Costa untersuchteg’und 2
aus Süditalien. Ich untersuchte fünf und ein ? aus der
Sammlung des k. k. Hofmuseums,.
Die Arten 39 und 40 stimmen mit den vorhergehenden in
den gerandeten Schläfen, dem Geäder der Hinterflügel, an denen
die Analzelle hinter dem Anfange des Cubitus endet, in der
unbewehrten Stirne, den unbewehrten Beinen, dem einfachen
Thorax und dem abgerundeten zweiten Bauchsegmente überein.
Durch die viel feinere Sculptur, die verschieden gestalteten
Fühler und das Endsegment des Z sind sie von militaris ver-
schieden.
39. Nysson niger Chevrier.
Tab. H. Fig. 16 Tab: V. Fig, ®.
< Nysson maculatus, Van der Linden, Hym. Fouiss. II. 33. 4. (var. a 2).
1829.
< — — Dahlbom, Hymenoptera Europae 1. 170. 103. (Z' 2). 1845.
?< — interruptus, Lepelletier, Hymenopteres IH. 45. 1. (9). 1845.
?< — maculatus, Eversmann, Fauna. Bull. Mosc. XXI. (2). 396. 5. (var.
ß. 2). 1849.
— interruptus, Wesmael, Revue critique Hym. fouiss. 80. 5. J'2.
ite3 '
< — maculatus, Gerstäcker, Nysson, Abh. Halle. X. 104. 8. (var. a u.
ce. 2). 1866.
! — interruptus, Chevrier, Nysson du bassin du Leman. 17.5. Z'9.
1867.
! — niger, Chevrier, Oxybelus du bass. du Leman. 383. (Amm.). 1868.
< — maculatus, Costa, Annuario del Mus. zool. di Nap. V. 71.7.(Z'9).
1869.
Pars inferior temporum postice marginata; margo anterior
- elypei depressus, imprimis in lateribus; frons inermis. Thorax
forma communi, spinis lateralibus segmenti medialis longis et
robustis; latera segmenti medialis ubique rugulosa. Alarum posti-
374 A. Handlirsch,
carum area analis post originem venae eubitalis terminata. Pedes
inermes. Segmentum ventrale secundum rotundatum. |
Corpus mediocriter punctatum, parce pilosum et tomentosum,
nigrum, margine pronoti, callis humeralibus, fasciisque tribus
interruptis abdominis flavis. Pedes rufi basi nigra. Long. corp.
6:5—8'5 mm.
Maris antennarum articulus penultimus parum incrassatus,
ultimus mediocriter eurvatus, apice rotundatus; abdominis seg-
mentum ultimum apice dentibus duobus distantibus munitum.
Species regionis palaearcticae.
Die Vorderrandshälfte des Kopfschildes ist eingedrückt,
besonders deutlich an beiden Seiten.
Die Fühler sind beim 2 ziemlich gleichmässig dick; beim
d' sind die Glieder 4—12 einzeln deutlich breiter als lang, gegen
die Fühlerspitze werden sie allmälig immer dicker, das 12. ist
nach unten nicht stark erweitert, das 13. nicht sehr stark
gekrümmt, am Ende fast abgerundet.
Die Seitendornen des Mittelsegmentes sind lang und
stark, ziemlich deutlich abgesetzt.
Die mässige Trübung der Flügel wird gegen den Spitzen-
rand allmälig.- dunkler.
Der zweite Bauchring ist ziemlich hoch gewölbt; das
siebente Dorsalsegment des J’ endet in eine etwas zugespitzte,
‚kurze, mittlere Vorragung und zwei ziemlich weit von einander
abstehende, dünne Spitzen.
Kopf sehr dieht und ziemlich feinkörnig punktirt, am
Vorderrande des Clypus stark glänzend, mit einigen groben
Punkten besetzt. Der Thoraxrücken zeigt eine nicht sehr fein-
körnige, dichte Grundpunktirung, die sehr zerstreut mit gröberen
Eindrücken untermischt ist; die Mittelbrust ist fast netzartig
runzelig-punktirt, ihre vordere Längskante undeutlich, durch die
Punktirung stellenweise verwischt; die Metapleuren sind im
unteren Theile glatt, oben mit einigen horizontal verlaufenden
Falten versehen. Das Mittelsegment zeigt sehr grobe, scharf
runzelige Sculptur; an den Seiten gegen die Hinterhüften zu ist
dieselbe etwas schwächer, die Oberfläche jedoch nicht glatt. Der
Hinterleib ist ausser der feinen Grundpunktirung am ersten
Dorsalsegmente und auf der zweiten Bauchplatte am höbsten
Grabwespen. : 375
und dichtesten punktirt; an der Basis des ersten Ringes fliessen
die Punkte zu Längsrunzeln,zusammen. Vom zweiten Segmente
an wird die-grobe Punktirung immer schwächer und ist auf den
letzten Ringen äusserst spärlich. Beim ? ist das dreieckige
Mittelfeld des Endsegmentes etwas schärfer punktirt und mit
einigen gröberen eingestochenen Punkten versehen.
Die Behaarung des Kopfes ist spärlich, die untere Partie
der Stirne und die obere Hälfte des Olypeus sind silberweiss
tomentirt, beim JS deutlicher als beim ?. Thorax und Abdomen
sind sehr spärlich mit liehtem Tomente überzogen, an den Meso-
pleuren und oberhalb der Mittelsegmentsdornen etwas dichter.
Die Grundfarbe ist bei d und ? durchaus schwarz, an der
Hinterleibsbasis niemals roth. Der Rand des Pronotum, die
.Schulterbeulen und drei unterbrochene Binden am Hinterleibe
sind gelb; bei einem Exemplare fand ich schwarze Schulter-
beulen. Das Schildcehen ist immer schwarz, ebenso die Fühler.
Die Kiefer sind in der Mitte braunroth; die Beine licht röthlich-
braun an der Basis, beim J’ weiter als beim ?, schwarz.
N. niger ist mit der folgenden Art sehr nahe verwandt und
derselben, besonders im männlichen Geschlechte, ungemein ähn-
lich, nur bei sehr aufmerksamer Untersuchung sicher zu unter-
scheiden; die Unterschiede sind bei N. maculatus angegeben.
Wesmael war der erste Autor, der diese Art als solche
erkannte, aber irrthümlich auf den Mellinus interruptus von
Fabricius bezog; ausser Wesmael wurde dieselbe nur von
Chevrier, anfänglich gleichfalls unter dem falschen Namen
„interruptus“, später aber, von der Unrichtigkeit desselben über-
zeugt, als N. niger festgehalten. Van der Linden, Dahlbom,
Gerstäcker und Costa hielten die Art für eine Varietät des
N. maculatus. Lepelletier beschrieb als N. interruptus eine
Mischart, deren d dem maculatus entspricht, und deren ? wahr-
scheinlich dem niger angehört; wenigstens stimmt die Beschrei-
bung. mit dieser Art ebenso gut überein als mit interruptus, in
dessen Synonymie Gerstäcker das betreffende Citat auf-
genommen hat. Nachdem aber Lepelletier Z und ® der letz-
teren Art kannte und als Nysson Panzeri beschrieb, halte ich die
Zugehörigkeit seines interruptus ? zu unserem niger für wahr-
scheinlicher. Sichere Entscheidung ist nur durch Vergleich der
376 A.Handlirsch,
Typen möglich. Auch Eversmanns’ N. maculatxs J var. B.
mit ungeflecktem Schildehen glaube ich auf N. niger beziehen zu
können, allerdings nicht mit voller Sicherheit, da auch bei macu-
latus, obwohl äusserst selten, das Schildehen dunkel ist.
Die geographische Verbreitung scheint ähnlich zu sein wie
die des maculatus. Als mit Sicherheit nachgewiesene Fundorte
sind Belgien (Wesm.), Schweiz (Nyon, Ohevr.) und Süd-
Tirol (Klobenstein, Kohl), Niederösterreich (Arnsdorf,
Kolazy; Piesting, Tschek.), Böhmen (Prachatitz, Handl.)
und dieDobrudscha (Tultscha, Mann.) anzunehmen; zu diesen
kommen noch mehrere von den Autoren bei N. maculatus ange-
gebene Fundorte, u. a. Italien (Costa), Russland (Eversm.)
und Frankreich (Paris, Lep.). Die Flugzeit fällt in den Juli.
Untersucht wurden acht 9, drei J..
40. Nysson maculatus Fabriecius.
Tab. V. Fig. 7.
Sphex maculata, Fabrieius, Ent. syst. II. 215. 70. ©. 1793.
Pompilus maculatus, Fabricius, Ent. syst. supplem. 251. 32. 9. 1798.
> Crabro trimaculatus, Panzer, Fauna Germanica. fasc. 51. 13. (J'). 1798.
7 Pompilus maculatus, Sturm, Verzeichniss der Insecten tab. III. fig. 2.
1800.
Mellinus dissectus, Panzer, Fauna Germanica. fasc. 77. 18. (Z'). 1801.
Crabro trimaculatus, Panzer, Fauna Germanica. fasc. 78.17. (2). 1801.
Nysson maculatus, Latreille, Nouv. Dict. XV. 580. 9. 1803.
Pompilus maculatus, Fabricius, Syst. Piezat. 196. 42. Q. 1804.
Nysson maculatus, Latreille, Hist. nat. XIII. 306. 4. ©. 1805.
— — Panzer, Kritische Revision. I. 189. ZQ?. 1806.
— — Latreille, Genera Crust. et Ins. IV. tab. 14. fig.2. 2. 1809.
— guttatus, Olivier, Encyel. method. VII. 409. 7. (9). 1811.
— dissectus, Vlivier, Encycl. method. VIIL 409. 8. (Z'). 1811.
— maculatus, Van der Linden, Il. 34. 4. Z?. 1829.
— — Dahlbom, Hymen. Europae I. 170. 103. (Z ?). 1845.
omissus, Dahlbom, Hymen. Europae I. 485. 3. (J'). 1845.
— maculatus, Dahlbom, Hymen. Europae 1. 485. 5. (9). 1845.
— interruptus, Lepelletier, Hist. nat. Hymen. III. 45. 1. (JS). 1845.
— maculatus, Eversmann, Bull. Mosc. XXL. (2). p. 396.5. (J' 2). 1849.
— interruptus, Masson, Ed. Cuvier: Regne animal. pl. 122. fig. 3. J.
1849.
— maculatus, Wesmael, Revue crit. Hym. fouiss. 78. 4. Z'2. 1851.
> — — Schenck. Grabwespen Nassaus. 156. 3. (J'Q). 1857.
N
HK ENAMNAN NV
|
Grabwespen. oT
> Nysson lineolatus, Schenck, Grabwespen Nassaus. 161. 7. (9). 1857.
— maculatus, A. Costa, Ric. Ent. su Monti Part. 20. 1858.
— omissus, Taschenberg, Zeitschr. f. d. ges. Naturw. XII. 91. 3. 1858.
B>_
> — maculatus, Taschenberg, Zeitschr. f. d. ges. Naturw. XI. 91. 4.
1858.
> — — A. Costa, Fauna del Regno di Napoli 22. 4. tab. 12. fig. 3. (9).
1859.
> — dubius, A. Costa. Fauna ete. 19. 2, tab. 12. fie. A, (2).11859:
— omissus, Schenck, Nachträge etc. 160. 1861.
— maculatus, Gerstäcker, Nyss. Abh. Halle. X. 104. 8. (Z'Q). 1866.
omissus, Taschenberg, Hymenopt. Deutschl. 193. 3. 1866.
— maculatus, Taschenberg, Hym. Deutschl. 193. 4. 1866.
— — Chevrier, Nysson du Bass. du L&man 20. 6. 1867.
— — — A.Costa, Annuario del Mus. di Nap. V. 71. 7. 1869.
— — Thomson, Opuscula Enthomol. H. 244. Z' 2. 1870.
— -— — Hymenoptera Scandinav. II. 228.4. J'?. 1874.
— — G. Costa, Fauna Salentina. 589. 1874.
— omissus, Marquet, Bull. Toulouse. XIII. 182. 1879.
Pars inferior temporum postice marginata; elypei margo
anterior depressus; frons inermis. Thorax forma communi; pars
inferior laterum segmenti medialis laevis, eiusdem spinae late-
rales longae et robustae. Alarum posticarum area analis post
originem venae cubitalis terminata. Pedes inermes. a
ventrale secundum rotundatum.
Corpus mediocriter punctatum et parce pilosum, nigrum,
abdominis basi in ? semper rufa. Margo pronoti, calli humerales,
macula scutelli et fasciae interruptae segmentorum 1—3 flava.
Pedes rufi, basi nigra. Long. eorp. 6—8 mm.
Maris antennarum articulus penultimus valde incrassatus,
ultimus valde eurvatus, abdominis segmentum ultimum apice
_ dentibus duobus distantibus munitum.
Species regionis palaearcticae.
Der vorhergehenden Art sehr ähnlich. Die Fühler des /
sind im Ganzen etwas dünner, das 12. Glied ist bedeutend stärker
erweitert und das 13. stärker gekrümmt als bei niger. Das End-
segment des JZ ist am Ende abgerundet, mit zwei seitlichen
Spitzen versehen. |
Die Seulptur ist ähnlich wie bei niger, an den Endseg-
menten aber merklich dichter. Der untere Theil der Mittel-
segmentseiten glatt; die Vorderkante der Mittelbrustseiten ist
nicht durch die Punktirung verwischt.
VVA
|
378 A.Handlirsch,
Die Mehrzahl der Exemplare ist schmächtiger und kleiner
als die der vorhergehenden Art.
Im weiblichen Geschlechte ist der Hinterleib an der Basis
(erstes Segment) immer roth, beim f ganz schwarz. Der
Rand des Pronotum, die Schulterbeulen, drei unterbrochene
Binden am Hinterleibe und eine Binde an der Basis des Schild-
chens sind gelb; die letztere tritt hier mit sehr grosser Constanz
auf, so dass sie unter 35 Exemplaren nur in einem einzigen Falle
ganz fehlt; öfters ist sie wohl ziemlich reducirt. Die Flügel und
Beine sind ganz wie bei niger.
Diese Art ist in Bezug auf die Färbungsverhältnisse ungemein
constant; die zahlreichen Exemplare, die Gerstäcker und
Chevrier untersuchten, stimmen mit den 80 mir vorliegenden
Exemplaren so gut überein, dass wohl mit Sicherheit anzunehmen
ist, die Basis des Hinterleibes sei beim ? immer roth, beim /
immer schwarz und dass die vereinzelten Behauptungen, das J
komme gleichfalls mit rother Hinterleibsbasis vor, auf Verwechs-
lungen mit anderen Arten beruhen.
Die von mehreren Autoren angeführten Varietäten ohne
gelben Fleck an der Basis des Schildehens und mit schwarzer
Hinterleibsbasis beim 2 beziehen sich auf den N. niger; von
letzterer Art wurden bis jetzt von Wesmael, Chevrier und von
mir zusammen 22 Exemplare untersucht, die alle in dem ganz
schwarzen Schildehen übereinstimmen.
Die Art gehört entschieden zu den häufigsten und ist fast
über ganz Europa verbreitet; bisher wurde sie in Scandina-
vien, England, Russland, Kurland, Belgien, Deutsch-
land, Frankreich, Schweiz, Österreich-Ungarn, in
der Dobrudscha (Tultscha), Italien und Sardinien auf-
gefunden. Die Flugzeit fällt in die Monate Juni bis A ugust.
Von den Autoren Van der Linden, Dahlbom, Lepelle-
tier, Eversmann, Gerstäcker und Costa wurde N. niger
und maculatus zusammengeworfen, die betreffenden Citate sind
daher bei beiden Arten mit dem Zeichen < angeführt; Dahl-
bohm, Taschenberg und Costa beschrieben J’ und ? separat
unter den Namen omissus (Dahlb., Taschenb.) und dubius
(Costa) für das J', maculatus für das ?. Der erstere Name
wurde auch von Schenck und von Marquet benützt. Die von
Grabwespen. 819
Gerstäcker angezogenen Citate des N. guttatus d' Shuckard’s
und Smith’s bezichen sich entschieden nicht auf unsere Art;
beide Autoren hatten ein und dasselbe Exemplar, das sich im
Britischen Museum befindet, vor sich, ein d’ mit gelber Binde
am Prothorax und mit rother Hinterleibsbasis, 4:5 Linien lang.
Wenn von N. maculatus männliche Exemplare mit rother Hinter-
leibsbasis überhaupt vorkämen, so müssten sie doch gewiss auch
irgend einem der Autoren, tie zahlreiche Exemplare dieser Art
untersuchten, vorgekommen sein, und es wäre gewiss ein sonder-
barer Zufall, wenn gerade das einzige Stück, welches Shuckard
untersuchte, einer solchen Varietät angehörte. Ich stelle die Citate
der genannten zwei Autoren zu dimidiatus, allerdings mit Zweifel,
da die Angabe der Grösse und die gelbe Binde am Prothorax
keineswegs vollkommen auf die genannte Art passen; nachdem
aber Smith, nach Einsicht der Shuckard’schen Type, mit
Sicherheit behauptet, die Art sei mit dimidiatus identisch, glaube
ich die endgiltige Entscheidung einer nochmaligen Untersuchung
der Typen vorbehalten zu müssen.
Die folgende Art nähert sich den beiden vorhergehenden in
sehr vielen Punkten, so durch die gerandeten Schläfen, die Form
des Clypeus und der zweiten Bauchplatte, die unbewehrte Stirne
u. S. w.; verschieden ist sie in erster Linie durch das dreispitzige
N des JS’, durch dessen, von der normalen Form nicht
abweichende Fühler und durch die geringere Grösse.
41. Nysson tridens Gerstäcker.
Tab. IV. Fig. 19, Tab. V. Fig. 15.
Nysson quadriguttatus, Spinola, Insecta Ligur. II. 43. 37. ©. 1808.
— — Olivier, Encyel. möthod. VII. 409. 9. 1811.
— — Van der Linden, Observations. 1I. 36. 7. 1829.
— — Dahlbom, Hymen. Europ. I. 172. 106. 2. 1845.
— — Schenck, Grabwespen Nassaus. 160. 6. Z'. 1357.
— tridens, Gerstäcker, Nysson. Abhandl. Halle. X. 106. 9. Z’?. 1866,
? — quadriguttatus, Chevrier, Nysson du bassin du L&man. 23.8. Z'9.
1867.
? — — Costa, Annuario del Museo di Napoli. V. 73. 11. ©. 1869.
Ada VL 5 Eu Ur Vz 6]
Pars inferior temporum postice marginata; elypei margo
anterior depressus; frons inermis. Thorax forma communi, spinis
lateralibus segmenti medialis satis longis, tenuibus. Alarum posti-
380 A. Handlirsch,
carım area analis in origine venae cubitalis terminata, rarius
ante ve] post originem. Pedes inermes. Segmentum ventrale
secundum rotundatum.
Corpus mediocriter punetatum in segmento primo ee:
fere cicatricosum, parce pubescens et tomentosum, nigrum,
abdominis basi plus minusve rubra, rarissime fere tota nigra.
Calli humerales nigri vel flavi, faseiae late interruptae segmenti
primi et secundi pallide flavae; pedes obscure rufi, nigro varie-
gati. Long. corp. 4+5—6°5 mm. |
Maris segmentum dorsale ultimum apice tridentatum;
antennae forma communi, articulo ultimo Ne
Species regionis palaearcticae.
Die Schläfen sind deutlich gerandet, der Clypeus ist am
Vorderrande etwas niedergedrückt. Fühler beim 2 ziemlich
schlank, beim 9 kürzer und gegen das Ende stärker verdickt;
in diesem Geschlechte sind die Glieder 3 und 4 einzeln länger
als breit, die folgenden nehmen allmälig an Breite zu, so dass
die vorletzten bedeutend breiter als lang sind; das letzte ist etwas
länger als das vorhergehende, weder gekrümmt, noch aus-
geschnitten oder verdickt, am Ende vollkommen abgerundet; es
zeigt überhaupt gar nichts Auffallendes.
Thorax und Hinterleib sind schlank; die Seiten-
dornen des Mittelsegmentes ziemlich lang und dünn, scharf
abgesetzt.
Die Flügel sind gegen den Spitzenrand zu stärker beraucht;
der Stiel der zweiten Cubitalzelle ist mässig lang. An den Hinter-
flügeln endet die Analzelle meistens an dem Anfange des Cubitus,
manchmal ist sie kürzer, manchmal auch wenig länger.
Das zweite Bauchsegment ist gleichmässig gewölbt,
das Endsegment des J endet in drei Spitzen, von denen die
mittlere am längsten und breitesten und am Ende abgerundet ist.
Kopf sehr dicht und fein punktirt, Clypeus glänzend,
zerstreut mit gröberen Punkten besetzt. Der Thorax ist auf der
Oberseite ähnlich punktirt wie der Kopf, gegen den Hinterrand
des Schildchens jedoch etwas gröber; Seiten des Prothorax fein
runzelig, des Mesothorax gröber und unregelmässig punktirt,
des Metathorax glatt. Das Mittelsegment ist im oberen Theile
scharf, unregelmässig längsrunzelig, an dem unteren Theile der
Grabwespen. 381
Seiten fast glatt. Der Hinterleib trägt ausser der feinen Grund-
punktirung am ersten Segmente zahlreiche gröbere, stellen-
weise zusammenfliessende, narbenartige Punkteindrücke,
in der Nähe der Basis besonders dicht stehend; am zweiten
Ringe finden sich ähnliche Punkte, aber in viel geringerer Zahl.
Die folgenden Ringe sind nur mit der feinen Grundpunktirung
versehen, die zweite Ventralplatte mit scharf eingestochenen,
sroben Punkten und das Mittelfeld des Endsegmentes beim ?
mit chagrinartiger Sculptur.
Kopf und Thorax sind kurz bräunlich behaart, auf der
Stirne und am Kopfschilde, sowie oberhalb der Seitendornen des
Mittelsegmentes ist die Behaarung anliegend, sehr matt silber-
glänzend.
Die Färbung ist bei dieser Art sehr vielen Schwankungen
unterworfen; der Grund ist schwarz, an der Basis des Hinter-
leibes in mehr oder weniger reichem Maasse roth. Bei der Mehr-
zahl der Exemplare ist das erste Segment ganz roth, das zweite
an der Basis und an den Seiten; oft ist die zweite Rückenplatte
nur an den Seiten roth oder selbst ganz schwarz; auch das erste
Segment ist in wenigen Fällen verdunkelt, bei einem Exemplare
nur an den Seiten roth. Von meinen 12 Exemplaren zeigen sechs
grössere gelbe Flecken an den Schulterbeulen, bei zweien sind
nur ganz kleine lichte Punkte vorhanden und bei vier Stücken
sind die Schulterbeulen ganz schwarz; alle 12 Exemplare zeigen
übereinstimmend breit unterbrochene Binden von lichtgelber
Farbe am ersten und zweiten Segmente. Die Mandibeln sind in
der Mitte röthlichbraun, die Beine von derselben Färbung, Coxen,
Trochanteren und ein Theil der Schenkel schwarz, Hinterschienen
und Tarsen mehr oder weniger verdunkelt.
Diese Art ist von den folgenden leicht an den gerandeten
Schläfen, von den vorhergehenden an der geringen Grösse,
der Färbung, Sceulptur und der verschiedenen Gestalt
der Fühler und des Endsegmentes zu unterscheiden.
Gerstäcker hat nur Exemplare dieser Art mit gelben
Schulterbeulen gekannt und daher an eine Identifieirung mit dem
N. quadriguttatus Spin., Dahib. ete. nicht gedacht, sondern
unter dem Namen guadriguttatus eine andere Art mit ungeran-
- deten Schläfen beschrieben, deren Schulterbeulen gleichfalls
382 A. Handlirsch,
der gelben Zeichnungen entbehren. Auf beide Arten passt die
Beschreibung des N. quadriguttatus der übrigen Autoren gleich
gut; nachdem aber die Varietät des N. tridens mit schwarzen
Sehulterbeulen offenbar häufiger vorkommt als N. quadriguttatus
Gerst., möchte ich eher der Ansicht beipflichten, dass auch die
anderen Autoren oder doch wenigstens einige derselben den N.
tridens vor sich hatten. Bestärkt werde ich in dieser Ansicht
dadurch, dass ich die letztgenannte Art stets unter dem Namen
quadriguttatus zugeschickt erhielt oder in Sammlungen vorfand.
Namentlich die Beschreibungen des 5 von guadriguttatus der
Autoren Schenck und Chevrier scheinen mit N. tridens Gerst.
identisch zu sein; der letztere Autor (Chevrier) erwähnt sogar
eines Exemplares mit der Andeutung gelber Flecken auf den
Schulterbeulen.
Nachdem aber in diesem Falle eine sichere Entscheidung
ohne Vergleich der Typen und ohne Kenntniss des d von Ger-
stäcker’s quadriguttatus nicht möglich ist, ziehe ich es vor, der
Art vorläufig den ihr von Gerstäcker gegebenen. Namen zu
lassen, da es bisher einzig und allein nach seiner Beschreibung
möglich war, die Art zu erkennen; der Name quadriguttatus mag
einstweilen der von Gerstäcker damit bezeichneten Art ver-
bleiben.
N. tridens scheint ziemlich weit über Europa verbreitet
zu sein; Gerstäcker fand ihn in Freienwalde (Mark Bran-
denburg); ich untersuchte Exemplare aus Schleswig-Hol-
stein (Sonderburg, W. Wüstnei), Sachsen-Altenburg
(Gumperda, Schmiedeknecht), Ungarn (Sajo, Mocsäry),
Österreich (Brühl, Kolazy; Türkenschanze bei Wien,
Handlirsch). Schmiedeknecht fing die Art auf Anethum.
Flugzeit: Juni-August.
Die Arten 42—47 unterscheiden sich von denen der beiden
vorhergehenden Gruppen durch die im unteren Theile, nicht
gerandeten Schläfen.
42. Nysson quadriguttatus Gerstäcker.
? Nysson quadriguttatus, Spinola, Insecta Liguriae Il. 43. 37. 9. 1808.
? — — Olivier, Eneyclop. method. VIII 409. ©. 1811.
? — — Vander Linden, Observations. II. 36. 7. 1829.
Grabwespen. 383
? Nysson quadriguttatus, Dahlbom, Hymenoptera Europae I. 172. 106. 2.
1845.
? — — Schenck, Grabwespen Nassaus. 160. 6. Z'. 1857.
— — Gerstäcker, Nysson. Abh. Halle. 108. 10. 9. 1866.
? — — Chevrier, Nysson du bassin du L&man. 23. 8. J'Q. 1867.
? — — Costa, Annuario del Museo di Napoli. V. 73.11. 2.1869.
? Pars inferior temporum postice haud marginata; frons
inermis. Thorax forma communi, spinis lateralibus segmenti
medialis satis longis. Alarum posticarum area analis ante originem
venae cubitalis terminata. Pedes inermes. Segmentum ventrale
secundum rotundatum.
Corpus mediocriter punctatum, in segmento primo fere cica-
tricosum, parce pubescens et tomentosum, nigrum abdominis seg-
mentis duobus primis rufis, utringue albo-maculatis. Long. corp.
5 mm.
Species regionis palaearcticae.
Bei gleicher Länge etwas schmächtiger als N, tridens
‚und dimidiatus, mit letzterem in den ungerandeten Backen
übereinstimmend. Die Seitendornen des Mittelsegmentes ebenso
lang und dünn abgesetzt wie bei N. tridens.
Das abgerundete zweite Bauchsegment tritt etwas
stärker hervor als bei der vorhergehenden und folgenden Art. In
den deutlich gebräunten Vorderflügeln ist der Stiel der
zweiten Cubitalzelle beträchtlich kürzer als die Zelle selbst hoch,
die dritte Cubitalzelle verhältnissmässig klein; in den Hinter-
flügeln endet die Analzelle vor dem Anfange der Cubitalader.
Kopf viel feiner und dichter punktirt als bei N. dimidiatus,
matt glänzend. Die Punktirung der Thoraxoberfläche
stimmt mit derjenigen des dimidiatus überein, die des Schild-
chens dagegen ist bedeutend dichter und gröber; die Punk-
tirung des Hinterleibes gleicht mehr derjenigen des N. tridens,
nur sind die narbenartigen, zusammenfliessenden, grösseren
Punkte des ersten Dorsalringes weniger tief und grob, die ein-
gestochenen Punkte des zweiten feiner; auf den drei folgenden
rostroth gesäumten Ringen zeigt sich wie bei N. tridens nur eine
feine gleichmässige Punktirung. Das Gesicht schimmert- silber-
weiss.
Die Grundfarbe ist schwarz, an den beiden ersten Hinter-
leibsringen durchaus licht rostroth; die beiden gelblichweissen
884 A.Handlirsch,
Querflecke des zweiten sind mehr als doppelt so gross als die des
ersten. Die Spitze des Endsegmentes und die Unterseite der vier
letzten Ringe sind röthlich pechbraun. An den Beinen sind .
Hüften, Trochanteren und Schenkel schwärzlich pechbraun,
Schienen und Tarsen rostroth, die Aussenseite und die Endsporne
der Hinterschienen schwärzlich. Mandibeln in der Mitte licht
rostroth, Fühler schwarz, die beiden ersten und das letzte Glied
röthlich pechbraun, Tegulae licht rostroth, Schulterbeulen schwarz.
Diese mir unbekannte Art wurde von Gerstäcker nach .
' einem einzigen, von Klug bei Berlin gefangenen, weiblichen
Exemplare beschrieben und mit dem gquadriguttatus der anderen
Autoren identifieirt. Meine Ansicht über diesen Punkt habe ich
bei N. fridens ausgesprochen, und will hier nur noch bemerken,
dass Gerstäcker’s quadriguttatus vielleicht eine Varietät des
Chevrier’schen variabilis oder das ? meines Gerstäckeri ist;
beides lässt sich jedoch ohne Vergleich zahlreicher Exemplare
und der Typen höchstens vermuthen, keineswegs aber behaupten.
Wenn durch Vergleichung der Typen zu Spinola’s guadriguttatus
die Identität dieser Art mit Gerstäcker’s fridens festgestellt
würde, müsste Gerstäcker’s guadriguttatus entschieden neu
benannt werden; so lange dies nicht geschehen ist, halte ich es
für das Einfachste, beiden Arten die von Gerstäcker benützten
Namen zu belassen.
43. Nysson Gerstäckeri n. Sp.
Tab 1V.:Rig,,18::Fah. V. Eig.i9,
S Pars inferior temporum postice non marginata; elypei
margo anterior depressus; frons inermis. Antennarum artieulus
ultimus duobus praecedentibus fere aequalis, distinete curvatus
et apice truncatus. Thorax forma communi, spinis lateralibus
segmenti medialis satis longis, tenuibus. Alarum posticarum area
analis ante originem venae cubitalis terminata. Pedes inermes.
Segmentum ventrale secundum rotundatum, segmentum dorsale
septimum apice tridentatum.
Corpus medioeriter punctatum et pilosum, nigrum, lateribus
segmenti primi et secundi rufis, albido-flavo maculatis. Pedes
ferruginei, basi nigra. Long. corp. 5 mm.
Species regionis palaearcticae.
Grabwespen. 885
Fühler schlank, das dritte Glied fast doppelt so lang als
breit, die folgenden allmälig breiter und kürzer werdend; die
zwei vorletzten sind etwas breiter als lang, das letzte ist fast so
lang als die zwei vorhergehenden zusammen, deutlich gekrümmt
und am Ende abgestutzt.
Die Seitendornen des Mittelsegmentes sind dünn,
scharf abgesetzt.
Die Vorderflügel sind gegen den Spitzenrand etwas ver-
dunkelt, ihre Radialzelle ist kurz und breit, der Stiel der zweiten
Cubitalzelle kurz.
Die zweite Ventralplatte ist gleichmässig gewölbt; das
Endsegment des JS trägt am Ende drei Spitzen, von denen die
seitlichen länger sind als die mittlere; der Endrand des Segmentes
ist mit längeren, gelblichen Haaren besetzt.
Kopf mit chagrinartiger Punktirung, Clypeus matt, zer-
streut mit gröberen Punkten besetzt. Der Thorax ist auf glattem
Grunde ziemlich dicht und mässig grob punktirt; die Punkte
fliessen stellenweise zusammen und sind am Seutellum und auf
der Mittelbrust gröber als am Dorsulum. Die Seiten des Prothorax
sind matt und runzelig, die Metapleuren und die Seiten des Mittel-
segmentes fein runzelig; der obere Theil des letzteren ist nach
vorne zu deutlich, nach hinten verworren längsrunzelig. Der
Hinterleib trägt ausser der feinen Grundpunktirung am ersten
und zweiten Segmente gröbere Punkte, von denen die des ersten
Ringes grösser sind als die des zweiten und dicht gestellt, jedoch
nirgends zusammenfliessend oder narbenartig. Die zweite Bauch-
platte ist durchaus grob punktirt.
Kopf und Thorax sind mässig stark gelblichbraun behaart,
das Gesicht, die Mittelbrust und Flecken oberhalb der Seiten-
dornen des Mittelsegmentes sind silberglänzend tomentirt.
Die Grundfarbe ist schwarz, an den Seiten und am Hinter-
rande der ersten zwei Segmente dunkel rothbraun; die lichten
Zeichnungen sind auf zwei breit unterbrochene gelbliche Binden
an den ersten Dorsalringen beschränkt. Fühler ziemlich dunkel
pechbraun, das Endglied unten lichter, Kiefer in der Mitte lichter
. mit dunkler Basis und Spitze, Tegulae gelbbraun durchscheinend.
' Die Beine sind zum grössten Theile rostroth, die Coxen, Tro-
chanteren und die Basalhälfte der Schenkel schwaız.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XCY. Bd. I. Abth. 25
386 A.Handlirsch,
N. Gerstäckeri ist von tridens durch die Form der Fühler
und dieungerandeten Schläfen, von dimidiatus und variabilis
durch das Geäder der Hipterflügel, die Gestalt des End-
segmentes, der Fühler und durch die Seulptur zu unter-
scheiden. Durch die Sculptur und die schwarzen Schulterbeulen
nähert sich die Art einigermassen der vorhergehenden und ist
auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass hier die beiden
Geschlechter einer Art vorliegen. Nachdem aber guadriguttatus
Gerst. nach einem ? aus Berlin beschrieben wurde und mein
Gerstäckeri d' aus Rhodus stammt, nachdem ferner die Färbung
und Sculptur doch etwas verschieden ist, glaube ich die Art
mit vollem Rechte als neu hinstellen zu dürfen, und widme sie
dem ersten Monographen dieser Gattung, Herrn Professor Dr. A.
Gerstäcker in Greifswalde.
Das einzige von mir untersuchte Exemplar wurde von Erber
auf der Insel Rhodus gesammelt und ist Eigenthum des k.k.
Hofmuseums in Wien.
44. Nysson variabilis Chevrier.
Tab. V. Fig. 9.
? Nysson maculatus, Lepelletier, Hymen. III. 48. J 2.1845.
— variabilis, Chevrier, Nysson du bassin du L&man. 27.10. Z'9. 1867.
Pars inferior temporum postice haud marginata; celypei
.margo anterior vix depressus; frons inermis. Thorax forma com-
muni, spinis lateralibus segmenti medialis satis robustis. Alarum
posticarum area analis paulo post originem venae eubitalis ter-
minata. Pedes inermes. Segmentum ventrale secundum aequaliter
convexum.
Corpus mediocriter punctatum et pilosum, nigrum, abdominis
basi rufa. Calli humerales, faseiae tres interruptae abdominis et
interdum etiam maculae pronoti flava, pedes rufi, nigro et flavo
variegati. Long. corp. 6‘5 mm.
Maris antennarum artieulus ultimus leviter curvatus, segmen-
tum ultimum apice bidentatum.
Species regionis palaeareticae.
Von sehr schlankem Körperbau. Kopfschild am
Vorderrande nicht merklich eingedrückt, Schläfen nicht geran-
det. Die Fühler sind beim J ziemlich schlank, ihr Schaft ist
Grabwespen. 387
kurz, die Glieder 3—5 einzeln länger als breit, die übrigen werden
allmälig etwas breiter als lang, das Endglied ist leicht gekrümmt,
ziemlich gleichmässig dick und an der Unterseite nicht wie bei
dimidiatus zweikerbig.
Die Seitendornen des Mittelsegmentes sind ziemlich
stark und gut abgesetzt.
Vorderflügel gleichmässig getrübt, ihre Radialzelle
schlank, der Stiel der zweiten Cubitalzelle kürzer als die Zelle
selbst Bon) An den Hinterflügeln endet die Analzelle nahe
hinter dem Anfange des Cubitus.
/ Das zweite Ventralsegment ist gleichmässig gewölbt,
das Endsegment des Z’ mit zwei kurzen, breiten Spitzen ver-
sehen, zwischen denen noch die Andeutung einer dritten bemerk-
bar ist.
Kopf matt, fast chagrinirt. Dorsulum auf glänzendem Grunde
mässig grob, nicht runzelig punktirt; am Schildehen fliessen
die Punkte zusammen. Die Seiten des Prothorax sind lederartig
runzelig, — des Mesothorax gröber punktirt als der Rücken, —
des Metathorax sehr fein lederartig, ebenso die untere Hälfte der
Seiten des Mittelsegmentes, dessen obere und hintere Flächen
unregelmässig längsrunzelig erscheinen. Der Hinterleib zeigt
sehr feine Grundpunktirung, am ersten Segmente ausserdem
scharfe, aber nicht gedrängt stehende gröbere Punkte, am zweiten
ähnliche Punkteindrücke, aber in noch weitläufigerer Vertheilung.
Die zweite Ventralplatte ist glänzend, überall mit gleichmässig
vertheilten groben Punkten besetzt.
Kopf und Thorax sind zerstreut gelblichgrau behaart, an
den inneren Augenrändern, in der Mitte der Stirne und am Kopf-
schild, sowie auf der Brust, auf den Coxen und oberhalb der
Dornen am Mittelsegmente anliegend, silberglänzend tomentirt.
Grundfarbe ist schwarz, das erste Segment ganz, das
zweite an den Seiten und am Vorderrande der Ventralplatte roth,
Schulterbeulen und drei breit unterbrochene Binden auf den drei
ersten Segmenten hellgelb. Nach Chevrier kommen auch am
Rande des Pronotum zwei gelbe Fleckchen vor. Die Fühler sind
schwarz, an der Unterseite der zwei Basalglieder manchmal
gelb gefleckt; Kiefer in der Mitte gelblich, Tegulae am Rande
durchscheinend, gelbbraun. Coxen, Trochanteren und Schenkel
25 *
388 A.Handlirsch,
mit Ausnahme der Kniee schwarz, Schienen und Tarsen röthlich-
gelb, das hintere Paar dunkler. Die beiden vorderen Schienen-
paare sind an der Aussenseite fast ganz lichtgelb. Chevrier
gibt beim ? die Tarsen als dunkel an.
Die Art ist von maculatus durch die geringe Grösse und
die ungerandeten Schläfen, von {ridens durch das letztere
Merkmal, die Form des Endsegmentes und der Fühler beim
g', von quadriguttatus und Gerstäckeri durch die Färbung des
Thorax und Hinterleibes, von Gerstäckeri überdies durch die
Gestalt der J Fühler und des Endsegmentes, von dimidia-
tus durch die Fühlerbildung beim J, die Färbung und
Seulptur beim ? verschieden.
Dass sich Lepelletier’s N. maculatus auf diese Art bezieht,
ist wohl möglich, aber keineswegs sehr wahrscheinlich, da einige
Angaben, z. B. die der schwarzen Schulterbeulen, nicht gut auf
unsere Art passen. Chevrier eitirt bei der Synomie auch Ger-
stäcker’s var. b. d (abdominis segm. primo rufo) des N. macu-
latus; da aber Gerstäcker selbst keine Varietät des maculatus
mit rother Hinterleibsbasis kannte, sondern blos Shuckard’s
und Smith’s N. guitatus als solche auffasste, so hätten entschie-
den diese Namen citirt werden müssen. Ich selbst halte dafür,
dass sich die genannte Art ebensowenig auf variabilis bezieht
als auf maculatus, es spricht dafür die Grösse (4-5 Linien) und
der gelbe Rand des Pronotum.
Die Art scheint wohl mit unter die seltensten zu gehören;
Chevrier hatte ein Dutzend 5 und ein einzelnes ? aus Nyon
in der Schweiz; ich selbst untersuchte ein J’, das seinerzeit von
Erber in Österreich gesammelt worden war.
45. Nysson dimidiatus Jurine.
Tab. IV: Be! 152 Vab. ur TR:
Nysson dimidiatus, Jurine, Nouvelle methode. pl. 10. f. 22. 2. 1807.
— — Olivier, Eneyel. method. VII. 409. 9. 1811.
> — maculatus, Van derLinden, Observations Il.34.4.(Q var.).1829.
> — dimidiatus, Van der Linden, Observ. II. 35. 6. J'?. 1829.
? — guttatus, Shuckard, Essay on indig. Foss. hym. 103. J'. 1837.
(sec. Smith).
— dimidiatus, Shuckard, Essay ete. 104. n.5. JQ. 1837.
— — Dahlbom, Hymen. Europae I. 171,105 et 485. 6. J'?. 1845.
Grabwespen. 389
> Nysson dimidiatus, Lepelletier, Hymenopt. III. 49.5. Q. 1845.
> — Wesmaeli, Lepelletier, Hym£nopt. III. 50. 6. J’?. 1845.
— dimidiatus, Wesmael, Revue critique 82. 6. Z'?.1851.
— — Schenck, Grabwespen Nassaus 158. 4. J'Q. 1857.
? — guttatus, Smith, Catalogue of brit. foss. Hym. 100. 4. Z'. 1858.
sec. Smith).
— dimidiatus, Smith, Catal. of brit. foss. Hym. 101.5. JZQ. 1858.
— — Taschenberg, Zeitschr. f. d. g. N. 91.5. ZJ'Q. 1858.
— — A.Costa, Fauna del R. di Napoli 23.5. Tab. 13.£.1.2. J'2.
1859.
— — Taschenberg, Hymenopteren Deutschl. 193. 5. 1866.
— — Gerstäcker, Nysson, Abhandl. Halle X. Z 2.109. 11. 1886.
!> — distinguendus, Chevrier, Nysson du bass. du Lem. 22.7. J'?2.
1867.
!> dimidiatus, Chevrier, Nysson etc. 26. 9. Z'Q. 1867.
> — — A. Costa, Annuario del Museo di Napoli V. 71.8. 92 . 1869.
>< — decemmaculatus, A. Costa, Annuario etc. V. 72.8. (9). 1869.
— dimidiatus, Thomson, Opusc. Ent. II. 245. J'2. 1870.
— — — Hymenoptera Scandinav. III, 229. 5. Z 9. 1874.
— — Marquet, Bull. Soc. Toulouse XIII. 182. 1879.
— — Saunders, Synopsis. Trans. Ent. Soc. Lond. 269. 1880.
Pars inferior temporum postice haud marginata; celypeus
margine anteriore depresso; frons inermis. Thorax forma com-
muni, spinis lateralibus segmenti medialis satis brevibus. Alarum
posticarum area analis post originem venae cubitalis terminata.
Pedes inermes. Segmentum ventrale secundum rotundatum.
Corpus mediocriter punetatum et pilosum, nigrum, abdominis
basi saepissime rufa, callis humeralibus faseiisque 2—3 abdominis
late interruptis, flavis. Pedes rufi, nigro variegati. Long. corporis
4—6 mm.
Maris antennarum articulus ultimus tribus praecedentibus
- longitudine aequalis, inferne bi-exeisus, segmentum dorsale ulti-
mum apice bidentatum.
Species regionis palaearcticae.
Von zartem, schlankem Körperbau. Kopfschild an den
Seiten des Vorderrandes leicht eingedrückt. Beim d’ ist das
dritte Fühlerglied etwas länger als das vierte, die folgenden
Glieder nehmen allmälig an Länge zu, sind jedoch alle länger
als breit, das 12. ist am dicksten, nach unten etwas erweitert.
Das Endglied ist so lang als die drei vorhergehenden zusammen,
390 A.Handlirsch,
gekrümmt, am Ende nicht scharf abgestutzt und an der Unterseite
mit zwei Auskerbungen versehen.
Die Seitendornen des Mittelsegmentes sind an der
Basis breit, nicht besonders lang und spitz.
Flügel ziemlich stark, gleichmässig getrübt; das Ende der
dritten Cubitalzelle ist dem Spitzenrande näher als die Spitze der
Radialzelle; der Stiel der zweiten Cubitalzelle ist nicht so lang
als die Zelle selbst hoch.
An den Hinterflügeln endet die Analzelle etwas hinter
dem Ursprunge des Cubitus.
Die zweite Bauchplatte ist gleichmässig gewölbt; das
Endsegement des d ist mit zwei weit von einander
abstehenden, kurzen Spitzen versehen und zwischen denselben
schwach spitz vortretend.
Der Kopf ist dicht, ziemlich gleichmässig punktirt, der
Clypeus viel zerstreuter. Das Dorsulum zeigt auf glattem Grunde
ähnliche Punktirung wie der Kopf, das Schildehen unregel-
mässigere Sceulptur. An den Mittelbrustseiten ist die vordere
Kante deutlich, die Episternalnaht in der oberen Hälfte entwickelt,
die Punktirung gröber und flacher als am Rücken; der untere
Theil der Metapleuren und der Mittelsegmentseiten ist matt, ohne
gsröbere Punkteindrücke oder Runzeln; der obere Theil des
Medialsegmentes ist mit groben ziemlich regelmässigen Längs-
falten versehen, im Mittelfelde am dichtesten.
Der Hinterleib ist mit sehr gleichmässiger, ungemein
feiner Grundpunktirung versehen, am ersten Segmente sind
gröbere eingestochene Punkte ziemlich gleichmässig vertheilt,
nirgends zusammenfliessend, das zweite Segment trägt ähnliche
Punkte in viel geringerer Zahl, die folgenden Ringe entbehren
fast jeder gröberen Seulptur. Das Mittelfeld der oberen After-
klappe des 2 ist sehr dicht chagrinirt, die Unterseite des
zweiten Segmentes grob und ziemlich weitläufig punktirt.
Kopf und Thorax sind nicht sehr stark behaart, an den
Sehläfen etwas länger; die inneren Augenränder ein Streif in der
Mitte der Stirne und der obere Theil des Clypeus nebst der
Gegend ober den Seitendornen des Mittelsegmentes anliegend,
seidenartig behaart, beim 5 bedeutend stärker als beim 2.
Grabwespen. 3a
. Die Färbung ist bei dieser Art mannigfachen Schwankungen
unterworfen. Der Hinterleib ist im weiblichen Geschlechte am
ersten Ringe und in der Regel am Vorderrande, an den Seiten
und am Bauche des zweiten Ringes roth; es kommen jedoch ein-
zelne Exemplare vor, bei denen das Roth des zweiten Segmentes
nur auf die Seiten und die Bauchplatte beschränkt ist. Beim J
ist die grösste Ausdehnung der rothen Farbe ähnlich wie beim 9;
von dieser Färbung sind alle Übergänge bis zur ganz schwarzen
vorhanden. So ist zum Beispiel bei einigen Exemplaren nur das
erste Segment roth, bei anderen (typischen Exemplaren von
Chevriers N. distinguendus), sind nur zwei seitliche, grosse
Flecken auf der ersten Rückenplatte roth, bei einem dieser
Exemplare ist diese Färbung bloss auf einige kleine Fleckchen
am Rande der gelben Binde des ersten Segmentes beschränkt.
Niemals ist das Schwarz der ersten Segmente so rein wie bei
anderen Arten, zum Beispiel bei Nysson niger ?.
Die Ausdehnung der gelben Zeichnungen ist gleichfalls
nieht unbedeutenden Schwankungen unterworfen. Unter 15 J
konnte ich bei einem einzigen zwei kleine gelbe Fleckcehen auf
dem Kopfschilde bemerken, und zwar bei einem Exemplare mit
dunkler Hinterleibsbasis; an der Unterseite des Fühlerschaftes
tritt in diesem Geschlechte meistens ein gelber Fleck auf, beim
‘ 2 ist die Unterseite höchstens etwas bräunlich. Von 35 Weibchen
zeigen acht kleine, gelbe Flecken am Rande des Pronotum, zwei
auch am Scutellum einen sehr kleinen Strich von derselben Farbe,
und eines kleine, gelbe Flecken am ersten Segmente; von den
übrigen 27 Weibchen zeigen acht soche Flecken auf dem ersten
Ringe, die in Bezug auf ihre Grösse sehr variabel sind. In diesem
Geschlechte ist das zweite Segment immer, das dritte in vielen
Fällen mit gelben Seitenflecken versehen.
Von den erwähnten 15 Männchen fehlt bei vier Stücken die
lichte Zeichnung des ersten Segmentes bei sieben die des dritten,
bei einem einzigen konnte ich gelbe Punkte am Rande des Pro-
notum bemerken, und zwar bei einem Exemplare mit rother
Hinterleibsbasis.
Die Schulterbeulen sind in derRegel in beiden Geschlechtern
ganz gelb; es kommen jedoch Fälle vor, in denen diese Färbung
von der dunklen allmälig verdrängt wird; bei einem Z und
392 A.Handlirsch,
einem ® der mir vorliegenden Exemplare sind die Schulterbeulen
ganz schwarz.
Tegulare durchscheinend, mehr oder weniger dunkel röth-
lichbraun. Bei einer Anzahl Exemplaren sind die ganzen Beine,
mit Ausnahme der Coxen und eines Theiles des Tarsen, roth,
bei anderen fast die ganzen Beine dunkel, nur ein Theil der
Vorder- und Mittelschienen nebst den Knieen der Hinterbeine
roth. Zwischen diesen Extremen habe ich alle Übergänge beob-
achtet.
Ich habe am selben Platze an einem Tage Stücke mit und
ohne gelb gefleckten Prothorax, mit und ohne gelbe Flecken am
ersten Segmente gefangen, die in allen anderen Merkmalen voll-
kommen übereinstimmen.
Ich glaube durch diese detaillirte Beschreibung der Fär-
bungsverhältnisse dargethar zu haben, dass sie in diesem Falle
zur Abtrennung von Arten ohne Vorhandensein plastischer Merk-
male nicht zu verwenden ist, da, im Gegensatze zu anderen
Arten (zum Beispiel N. maculatus, niger u. a.) hier keinerlei
Constanz herrscht. Ein sorgfältiger Vergleich der Original-
exemplare zu Chevrier’s N. distinguendus und dimidiatus
lieferte keinen wesentlichen, mit den Färbungsverschiedenheiten
irgendwie correspondirenden Unterschied in den plastischen
Merkmalen, und ich sehe mich daher veranlasst, die beiden ob-
genannten Arten Chevrier’s zu vereinigen.
N. dimidiatus ist von maculatus und tridens durch die un-
gerandeten Schläfen, von Chevrieri durch das gleichmässig
gewölbte zweite Ventralsegment, von dem Manne des
variabilis, maculatus, niger, tridens und Gerstäckeri durch das
lange, doppelt ausgeschnittene Endglied der Fühler, von den
beiden letztgenannten Arten überdies durch das zweispitzige
Endsegment und durch das Geäder der Hinterflügel
verschieden. Von N. variabilis Chevr. ? (welches mir unbekannt
ist), dürfte sich die Art durch die Beinfärbung und die
feinere, regelmässigere Sculptur des Hinterleibes
unterscheiden lassen. Von N. quadriguttatus G erst. unterscheidet
sie sich durch das Geäder der Hinterflügel und durch die
Seulptur des ersten Segmentes, von N. Friesei durch die
viel feinere Seulptur des ganzen Körpers, sowie durch die
Grabwespen. 393
niemals auffallenden oder breiten Binden des Prothorax und
Sceutellum und durch den viel schlankeren Bau.
N. dimidiatus gehört nicht zu den selteneu Arten und ist
über einen grossen Theil Europas verbreitet; bisher wurde er in
Seandinavien, England, Russland, Deutschland,
Belgien, Frankreich, Schweiz, Oesterreich-Ungarn und
Italien aufgefunden, in Süd-Tirol aufdem Monte Baldo in
einer Höhe von 1700 Meter. Die Flugzeit fällt in die Monate
Juni bis September.
Die schwierige Synonymie dieser Art wurde zum grössten
Theile von Gerstäcker aufgeklärt. Ich habe Shuckards und
Smiths N. guttatus in die Synonymie aufgenommen, nicht weil
ich der Überzeugung bin, diese Art sei mit dimidiatus identisch,
sondern bloss weil Smith sie mit dieser Art identifieirt und weil
ich sie ebenso wenig sicher zu irgend einer anderen Art stellen
kann. Das 2 des N. dimidiatus Costa der Fauna di Napoli
gehört wirklich zu dieser Art und keineswegs, wie Costa später
Annuario, V) behauptet, zu N. decemmaculatus Spin. (Chevrieri
Kohl; ich habe ein von Costa bestimmtes Exemplar aus der
Sammlung des Herrn P. Magretti untersucht, das mit dimidiatus
vollkommen übereinstimmt und der ziemlich häufigen Varietät mit
gelb geflecktem Prothorax und Schildchen angehört, Gerstäcker
hielt das obgenannte ? (Fauna di Nap.) auch für eine andere
Art als dimidiatus. Chevriers distinguendus ist, wie ich oben
bereits nachgewiesen habe, synonym mit dimidiatus.
46. Nysson Friesei n. sp.
? Nysson decemmaculatus, Chevrier, Nysson du bass. du Leman.
25. 11. Z' 1867.
Pars inferior temporum postice haud marginata; margo
anterior elypei simplex, haud depressus, haud carinatus; frons
inermis. Thorax forma communi, spinis lateralibus segmenti
medialis tenuibus, satis longis. Tibiae posticae inermes.
Alarum posticarum area analis paulo post originem venae
eubitalis terminata. Segmentum ventrale secundum rotundatum.
Corpus mediocriter punctatum (fortius quam in N. dimidiato),
parce pilosum, nigrum, abdominis basi rufa. Calli humerales,
394 | A. Handlirsch,
fascia interrupta pronoti, basis sceutelli et faseiae 2-4 abdominis,
late interruptae, flava. Pedes nigri, rufoet flavovariegati.
Long. corp. 6—7 mm.
?(Secundum Chevrier!) Maris antennarum artieulus ultimus
duobus praecedentibus aequalis, arcuatus et apice truncatus,
Segmentum quintum flavo-maculatnm.
Species regionis palaearcticae.
Der Körper ist viel gedrungener gebaut, als bei N. dimi-
diatus. Der Kopfschild ist am Vorderrande weder eingedrückt,
noch gekielt, bloss ein wenig ausgeschnitten. Die Fühler des 2
sind diek und kurz, ihr Endglied ist etwas länger als das Vorher-
gehende,
Seitendornen des Medialsegmentes dünn, mässig
lang und stark abgesetzt.
Die Beine sind einfach, der längere Sporn der Hinter-
schienen ist reichlich länger als die Hälfte des Metatarsus.
Flügel schwach getrübt, gegen den Spitzenrand zu etwas
stärker; die dritte Cubitalzelle ist im oberen Theile ungemein
verschmälert, so dass die beiden Queradern fast in einem Punkte
in den Radius münden. Radialzelle und dritte Cubitalzelle sind
ungefähr gleich weit vom Spitzenrande entfernt. An den Hinter-
flügeln endet die Analzelle sehr nahe hinter dem Anfange der
Cubitalader.
Die zweite Ventralplatte ist ziemlich hoch gewölbt,
nicht winkelig vorragend,
Die Sceulptur ist viel besser ausgeprägt und merklich
gröber als bei dimidiatus.
Kopf sehr dicht, unregelmässig punktirt, der Clypeus in der
unteren Hälfte zerstreuter als im übrigen Theile. Die Punktirung
des Thoraxrückens ist unregelmässig, dicht und grob, nach
hinten zu und am Schildchen stellenweise zusammenfliessend;
die Seiten des Prothorax sind fein lederartig, mit einer Anzahl
gröberer Querrunzeln versehen, die des Mesothorax fast netzartig
punktirt; die Metapleuren sind ziemlich glänzend; im obersten
Theile mit einigen Runzeln versehen. Das Mittelsegment ist im
Mittelfelde glänzend, sonst matt und verhältnissmässig leicht ver-
worren runzelig. Der Hinterleib trägt ausser der feinen Grund-
punktirung am ersten Ringe grobe, nicht zusammenfliessende
Grabwespen. 395
Punkte, am zweiten etwas kleinere; die übrigen Ringe sind nur
gegen den Hinterrand zu gröber punktirt. Die zweite Bauch-
platte ist glänzend, unregelmässig grob punktirt, die folgenden
sind mit regelmässiger, feiner Punktirung versehen.
Der ganze Körper ist nicht sehr reichlich behaart, die
inneren Augenränder und der Kopfschild sind leicht silber-
glänzend.
Die Grundfarbe ist schwarz, an den zwei ersten Hinter-
leibsringen mit Ausnahme des Hinterrandes des zweiten roth.
Die Schulterbeulen, eine breite, in der Mitte unterbrochene
Binde am Pronotum und eine schmale Binde am Vorderrande
des Schildehens sind gelblichweiss, ebenso mehrere unterbrochene
Binden am Abdomen, bei einem Exemplare am zweiten und
dritten, bei dem anderen am ersten bis vierten Ringe. Kiefer
in der Mitte röthlichbraun, Beine dunkel, an der Innenseite
der zwei vorderen Schienenpaare, an den Hinterschenkeln
und Schienen und an den Tarsen röthlich; bei einem Exem-
plare ist an der Aussenseite der Vorderschenkel ein kleiner
gelber Fleck.
Chevrier beschrieb unter dem Namen N. decemmaculatus
ein Z Exemplar aus der Jurine’schen Sammlung, das sehr
wahrscheinlich zu unserem Friesei gehört.
Die Originalbeschreibung lautet: „Cette espece, peu connue,
ressemble assez & la ? du maculatus, surtout par la disposition
des couleurs; seulement sa taille est peut-&tre moins forte, la
ponetuation de tout l’insecte infiniment plus prononc&e, et les
bandes de l’abdomen sont au nombre de eing.
Femelle .
Mäle. Le dernier article des antennes est un peu plus etroit
que le p@nultieme, un peu att&nue vers le bout, aussi long que
les deux pr&eedents r&unis, un peu arque, F’extr&mite m&me forte-
ment tronquee, son dessous deprime, surtout & Vapproche du
sommet, ce qui, & ’aide de la troncature, semble rendre l’extr&mite
de Vartiele quelgque peu crochue. Le thorax comme celui
du maculatus seulement, le trait eitrin de la tranche du prothorax
est interrompu dans son milieu. Abdomen encore semblable &
celui du maculatus 2, & l’exception pres que le 4”° et le
5w° segment ont Eegalement une bande; ces bandes, & partir
396 A.Handlirsch,
de la 2me graduellement plus interrompues en leur milieu, la
derniere se trouvant presque reduite & un fort point. Pattes
noirätres: les genoux des deux dernieres paires et la partie
basilaire des tibias quelgque peu brunätre; les tibias de la 1’®
paire ayant un peu de jaune non loin des femures.“
Sollte die Zusammengehörigkeit dieses Z' und der von
mir beschriebenen Weibchen sicher festgestellt werden, so kann
die Art den Namen N. decemmaculatus behalten, aber mit dem
Autor Chevrier, niemals mit dem Autornamen Spinola, da
sich die Beschreibung des letzteren zum Theil auf eine ganz
andere Art, den N. Chevrieri Kohl bezieht und überhaupt als
Mischart ganz aufzulassen ist. Um allen Irrthümern vorzu-
beugen, habe ich die beiden Weibchen unter einem neuen Namen
beschrieben.
N. Friesei ist von dimidiatus durch den kräftigeren
Körperbau und durch die Seulptur, auf den ersten Blick
aber durch die Färbung zu unterscheiden, von maculatus und
tridens durch die ungerandeten Schläfen. Von dem mir
unbekannten N. variabilis Chevr. ? dürfte sie sich am leichtesten
durch die gröbere Seulptur und die Färbung unterscheiden
lassen.
Ein Exemplar dieser Art befindet sich in der Sammlung des
k. k. Hofmuseums, ohne Fundortangabe, ein anderes erhielt ich
von meinem Freunde, Herrn H. Friese, dem ich die Art widme,
aus Weissenfelsa.d. Saale (18. Juni 1882).
47. Nysson Chevrieri Kohl.
Tab. IV. Fig. 12, Tab. V. Fig. 17.
< Nysson. decemmaculatus, Spinola, Insecta Liguriae I. 41. (Z') 1808.
— — VanderLinden, Observations. II. 35. 5. (5') 1829.
— -— Dahlbom, Hymen. Europae 1. 171. 104. (Z') 1845.
< — -— Costa, Annuario del Mus. die Nap. V. 72.8. (Z') 1869.
! — (Chevrieri, Kohl. Verh. d. k. k. zool. bot. Ges. Wien. XXIX. 399.
(2) 1879.
JS Pars inferior temporum postice haud marginata; elypei
margo anterior paulo depressus; frons inermis; antennae brevis-
simae, articulo ultimo quatuor praecedentibus simul sumptis
aequali, inferne bi- emarginato, apice truncato. — Thorax ro-
bustus, spinis lateralibus segmenti medialis robustis, brevibus.
{2}
Grabwespen. 397
Alarum posticarum area analis post originem venae cubitalis ter-
minata. Tibiae posticae haud fortiter spinosae. — Segmentum
ventrale secundum valde prominens, medio impressione longi-
tudinali munitum, a latere visum anguloso-produetum. Segmen-
tum dorsale ultimum apice spinis duabus brevibus munitum.
Corpus valde punetatum, satis dense pilosum et tomentosum,
nigrum, abdominis basi rufa. Fascia interrupta prothoraeis, callı
humerales et fasciae interruptae segmentorum 1—4 vel 1—5 flava.
Pedes nigri, flavo variegati. Long. corp. 6— mm,
Species regionis palaearcticae.
Von ungemein gedrungenem Körperbau.
Die Fühler sind auffallend dick und kurz, der Schaft ist
breit, die ersten Geisselglieder sind ungemein verkürzt; zwölftes
Glied nach unten erweitert, das dreizehnte reichlich so lang als
die vier vorhergehenden zusammen, an der Unterseite zweimal
ausgeschnitten, an dem merklich dünneren Ende abgestutzt und
nach unten gekrümmt.
Die Seitendornen des Mittelsegmentes sind nicht be-
sonders lang und stark.
Flügel getrübt, besonders gegen den Rand; der Stiel der
zweiten Cubitalzelle ist kürzer als die Zelle selbst hoch; an den
Hinterflügeln endet die Analzelle hinter dem Ursprunge des
Cubitus.
Die Beine sind sehr kräftig, stark behaart, an den Hinter-
schienen mit einer Reihe stärkerer Börstehen besetzt. |
Die zweite Bauchplatte ragt, von der Seite gesehen,
winkelig vor; in der Mitte ist sie der Länge nach eingedrückt
und dadurch in zwei kleine Höckerchen getheilt. — Das sie-
bente Dorsalsegment trägt am Ende zwei kurze, gegen die
Basis zu erweiterte Spitzen.
Kopf dicht, sehr unregelmässig, grob punktirt, Clypeus
auf glänzendem Grunde zerstreut mit gröberen Punkten besetzt.
— Thoraxrücken auf glattem Grunde dicht, grob und ziem-
lich ungleichmässig punktirt; am Schildchen sind die Punktein-
drücke grösser und flacher. Seiten des Prothorax grob längs-
runzelig, des Mesothorax sehr grob, fast fingerhutartig punktirt,
gegen die Brust zu undeutlicher; Metapleuren glatt, im obersten
Theile mit einigen grossen Runzeln versehen. Das Mittelseg-
398 A. Handlirsch,
ment ist oben längsrunzlig, in der Gegend der Seitendornen
etwas unregelmässig punktirt, im unteren Theile der Seiten
ziemlich glatt.
Der Hinterleib zeigt, ausser der feinen Grundpunktirung,
sröbere eingestochene Punkte, besonders auf den ersten zwei,
und auf den Endrändern der folgenden Ringe, sowie auf der
zweiten Bauchplatte. Diese Punkte sind überall deutlich und
scharf ausgeprägt, nirgends zusammenfliessend.
Kopf und Thorax dicht, bräunlich behaart, am Clypeus,
den inneren Augenrändern, oberhalb der Seitendornen des Me-
dialsegmentes und auf der Brust mehr oder weniger hell silbern
tomentirt.
Die Grundfarbe ist schwarz, am ersten und an den Seiten
des zweiten Segmentes roth. Bei dem K ohl’schen Originalexem-
plare sind gelb: der Rand des Pronotum, in der Mitte unter-
brochen, die Sehulterbeulen, Basis des Schildehens, vier unter-
brochene Binden des Hinterleibes, zwei kleine Fleckehen am
Clypeus; bei dem von Costa untersuchten Originalexemplare
Spinolas ist das Schildehen ungefleckt, das fünfte Hinterleibs-
segment mit zwei gelben Seitenflecken versehen.
Kiefer in der Mitte rötblich, Beine schwarz, die Spitzen der
beiden vorderen Schenkelpaare, die ganze Vorderseite der zwei
ersten und ein Fleck auf dem hinteren Schienenpaare und die
Basalglieder aller Tarsen sind gelb.
Diese, von allen paläaretischen Arten durch die Form der
zweiten Bauchplatte und des Endgliedes der Fühler des JS leicht
zu unterseheidende Art gehört wahrscheinlich ausschliesslich der
mediterranen Region an; das von Spinola und später von
Costa untersuchte Exemplar stammte aus Ligurien, das
Kohl’sche Originalexemplar aus Gries bei Bozen in Süd-
Tirol
Spinola’s N. decemmaculatusist eine Mischart, und in Folge
dessen dieser Name nicht anzuwenden; Van der Linden und
Dahlbom kannten die Art nicht und benützten nur Spinola’s
Beschreibung. Die Beschreibung, die Costa nach einem typi-
schen Exemplare aus Spinola’s Sammlung machte, stimmt
in den plastischen Merkmalen ganz gut mit Kohl’s Chevrieri
überein; durch Hinzustellung eines dimidiatus ? wurde jedoch
Grabwespen. 899
auch Costa’s N. decemmaculatus zur Mischart. Es ist sehr
eigenthümlich, dass dieser Autor auf die kleinen gelben Flecken
des Pronotum viel mehr Gewicht legte, als auf die auffallende
Verschiedenheit der zweiten Bauchplatte und der Seulptur.
Die nun folgenden Arten sind mir nicht aus Autopsie be-
kannt und ihre Beschreibungen zu mangelhaft, um auf die engere
Verwandtschaft derselben mit Sicherheit schliessen zu können;
ich führe die Originalbeschreibungen in deutscher Übersetzung
nach Faunengebieten geordnet, an.
1. Arten der palaearetischen Region.
48. Nysson variolatus Costa.
Nysson variolatus, Costa, Annuario del Museo di Napoli V. 72. 9. 1869.
Schwarz, Gesicht und Clypeus silberglänzend; Schulter-
beulen und Querlinie an der Basis des Schildchens bhlassgelb;
erstes Hinterleibssegment ganz roth, das zweite an den Seiten;
das erste bis fünfte mit unterbrochener gelber Endbinde; Kniee,
Basis der Tibien und Tarsen roth; Flügel getrübt; Tegulae pech-
braun, durchscheinend; Länge des Körpers 65—7 mm., Spann-
weite der Flügel 11 mm.
Das Endglied der Fühler des 4 rückwärts, hinter der ver-
diekten Basis tief, mondförmig ausgeschnitten.
Das J varüirt mit schwarzen Schulterbeulen.
Die Art ist von dimidiatus und von maculatus durch die ver-
schiedene Ausrandung des letzten Fühlergliedes gut verschieden.
In dem Gebiete von Otranto (Süd-Italien) aufgefunden.
Diese Art dürfte wohl in eine der letzteren, von mir ange-
führten Gruppen einzureihen sein, doch wäre zur sicheren Ent-
scheidung eine genauere Beschreibung der plastischen Merkmale
sehr wünschenswerth.
49. Nysson urgenteofasciatus Radoszkowsky.
Nysson argenteo-fasciatus, Radoszkowsky, Fedtschenko’s Reise nach
Turkestan. 44. 2. tab. 5. f. 7. Z 1879.
d' Schwarz; Stirne und Fleck ober den Mittelsegments-
dornen silbern tomentirt; Fühler, Schulterbeulen, Tibien und
400 A. Handlirsch,
Tarsen roth; zwei Flecken am Rande des Pronotum, die Schulter-
beulen und unterbrochene Binden an den Hinterrändern der Seg-
mente 1—3 blassgelb; alle Hinterränder der Segmente tragen
sehr schmale silberne Binden; zweites Bauchsegment „rugulos“.
Mittelsegment hinten mit einem Längsfelde. Flügel hyalin, am
Rande beraucht. — 6°5 mm.
In der Wüste Kisil-Kum (Turkestan) aufgefunden.
0. Nysson castaneus Radoszkowsky.
Nysson castaneus, Radoszkowsky, Reise nach Turkestan. 45. 3. tab. 5.
1.8. 0 1879.
? Schwarz; Schulterbeulen, Rand des Pronotum und unter-
brochene Binden auf den ersten drei Hinterleibsringen gelblich-
weiss; Fühler, der ganze Hinterleib und die Beine röthlich-
kastanienbraun; zweite Bauchplatte „rugulos“. Stirne und Fleck
oberhalb der Mittelsegmentsdornen silbern tomentirt. Flügel
hyalin, am Ende braun. — 7 mm.
Im Thale Sarafschan (Turkestan) aufgefunden.
- Diese Art zeigt sowohl nach der Beschreibung als nach der
Abbildung viele Übereinstimmung mit der vorhergehenden und
ist die Möglichkeit keineswegs ausgeschlossen, dass hier ver-
schieden gefärbte Geschlechter ein und derselben Art vorliegen,
wie dies bei mehreren Arten (maculatus, dimidiatus) der Fall ist.
51. Nysson incertus Radoszkowsky.
Nysson incertus, Radoszkowsky, Reise nach Turkestan, 45. 4. tab. 5. f. 6.
2 1879.
Schwarz; der ganze Kopf, Prothorax, Pleuren, Metanotum,
Basis des ersten Segmentes und zweite Bauchplatte silbern to-
mentirt; Fühler, Schulterbeulen und Beine roth; Rand des Pro-
notum, Schulterbeulen, Schildehen und Seitendornen des Mittel-
segmentes gelb; vor dem letzteren ist ein blasser Tomentfleck;
die Dornen sind sehr kräftig. Der Hinterleib trägt fünf gelbe
Binden, von denen die beiden ersten ausgerandet und unter-
brochen sind, die dritte fast ununterbrochen, die vierte ununter-
brochen und die fünfte an den Seiten abgekürzt ist. Flügel hyalin,
am Rande braun. 10 mm.
Grabwespen. 401
Im Thale Sarafschan aufgefunden.“
Nach der Abbildung endet die Analzelle der Hinterflügel
weit vor dem Ursprunge des Cubitus, was mich in der Ansicht
bestärkt, dass die Art ihre näheren Verwandten in der Gruppe
des Scalaris zu suchen hat.
2. Arten der orientalischen Region.
52. Nysson basalis Smith.
Nysson basalis, Smith. Catal. Hymen. Ins. of the Brit. Mus. IV. 355.11.
d' 1856.
d. 85 mm. Schwarz; das Gesicht dünn silbern behaart;
Endglied der Fühler rothgelb; Kopf und Thorax rugos; die Hinter-
ecken des Mittelsegmentes silberhaarig; Flügel bräunlich-hyalin.
Basis des Hinterleibes silberhaarig; an den Seiten der Endränder
der vier Basalsegmente je mit einem langen, fast eiförmigen,
gselblichweissen Fleck. Die Flecken werden nach hinten zu all-
mälig kleiner, und findet sich öfters auch ein sehr kleiner am
fünften Ringe. Die seitlichen Hinterränder des sechsten und
siebenten Ringes sind in scharfe Spitzen ausgezogen, der End-
rand des siebenten ist gerundet.
Indien (Coll. W. W. Saunders).
Die Form der Endsegmente scheint mir auf eine nähere Ver-
wandtschaft mit N. scalaris zu deuten.
53. Nysson Doriae Gribodo.
Nysson Doriae, Gribodo, Bull. Soc. Ent. Ital. XVI. 277. 2 1884.
Mittelgross, matt, pechschwarz, grau bereift, im Gesichte
und am Mittelsegmente silbern tomentirt; Basis der Kiefer,
Vorderseite der zwei ersten Fühlerglieder, unterbrochene Binde
am Pronotum, Schulterbeulen, Schildehen, breit unterbrochene
Binden auf den Endrändern der zwei ersten Segmente und die
Aussenseite der Vordertibien gelb; Spitze der Fühler, Hinterbeine
und alle Tarsen rostroth. Kopf und Thorax sehr dicht, unregel-
mässig punktirt, fast lederartig; Basis des Hinterleibes ziemlich
spärlich, dessen Ende dicht, zart und ziemlich regelmässig
punktirt; Clypeus einfach, Stirne und Schläfen unbewehrt;
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl, XCV. Bad. I. Abtnh, 26
402 A.Handlirsch,
Dornen des Mittelsegmentes gross und scharf. Zweite Bauchplatte
flach gewölbt. Flügel hyalin, leicht gebräunt. 7-5 mm.
Von Marchese Doriain Borneo (Sarawak) gesammelt.
3. Arten der nearetischen Region.
54. Nysson bicolor Cresson.
Hyponysson bicolor, Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc. IX. 284. © 1882.
?. Klein, mattschwarz, dicht und fein punktirt, Seiten des
Gesichtes und Kopfschild silberhaarig; Kiefer rostroth; Raum
zwischen den Ocellen nicht höckerig; Mesothorax mit gut ausge-
prägter Längslinie; Prothorax ziemlich grob punktirt, Meso-
pleuren runzelig; Metanotum nicht aufgerichtet; Mittelsegment
grob genetzt, dessen Mittelfeld mit Längsrunzeln versehen; seine
Seitendornen kurz und spitz; Schulterbeulen weiss; Flügel fast
glashell, ihre Spitze und Radialzelle beraucht; die letztere ist
lang und zugespitzt, die erste Cubitalzelle so lang als die Radial-
zelle, die zweite klein, dreieckig, gestielt und nimmt beide Dis-
coidaladern auf, eine in der Nähe der Basis, die andere gegen
die Spitze; ihr Stiel ist ungefähr so lang als die Zelle selbst hoch;
(dritte Cubitalquerader abortirt); an den Hinterflügeln ist die
Anal- und Diseoidalzelle durch eine lange Längsader getrennt;
Hinterleib glänzend, fein und ziemlich dieht punktirt, ganz rost-
roth. — 65 mm.
Washington-Territorium (Morrison). Ein Exemplar.
Cresson gründet auf diese Art in Folge des „Fehlens“ der
dritten Cubitalquerader ein eigenes Subgenus. Über den Werth
dieses Merkmales vegleiche man das auf pag. 294 Gesagte.
55. Nysson compactus Oresson.
Nysson compactus, Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc. IX. 278. S 9 1882.
?. Robust, kurz und breit, matt-schwarz; Kopf und Thorax
grob, etwas zusammenfliessend punktirt, mit sehr kurzer, fast an-
liegender, blasser Behaarung, die am Scheitel und an der Ober-
seite des Thorax gelblich, im Gesichte, am Clypeus und an den
Seiten des Mittelsegmentes diehter und mehr silberglänzend ist;
der Raum zwischen den Ocellen ist nicht aufgerichtet; zwei
Grabwespen. 403
Flecken am Hinterrande des Prothorax, manchmal auch auf den
Schulterbeulen, ein Fleck an der Basis des Schildchens, in der
Regel eine kurze Linie am Ende der Unterseite der Vorder-
schenkel weiss, ebenso je eine Linie an den Seiten der vier
ersten Segmente, am ersten lang und in der Mitte fast zusammen-
stossend, an den folgenden Segmenten allmälig kürzer werdend.
— Mittelsegment grob genetzt, dessen Dornen vorragend und
ziemlich spitz. Tegulae gewöhnlich rothgelb; Flügel subhyalin,
an den Hinterflügeln sind Anal- und Discoidalzelle durch eine
kurze, dieke Querader, bei einem Exemplare durch eine Längs-
ader getrennt. Ein mehr oder weniger grosser Theil der Vorder-
schenkel, das mittlere und hintere Beinpaar mit Ausnahme der
Basis und die Unterseite der Tibien rostroth; Hinterleib kurz, ei-
förmig, gewölbt, glänzend und fein, spärlich punktirt, an den
Endsegmenten dichter; zweite Bauchplatte tiefer punktirt. Länge
8—9 mm.
Beim J' sind Gesicht und Clypeus dichter silberhaarig, die
Fühler gegen die Spitze verdickt, ihr Endglied abgestutzt und
unten leicht ausgerandet; Beine schwarz, die Endhälfte der
Hinterschenkel rostroth; der Hinterleib ist dichter punktirt, das
Endsegment oben an der Spitze stumpf, mit stumpfen Seiten-
fortsätzen und blasser, kurzer Behaarung versehen. 8°5 mm.
Durch die ungewöhnlich robuste Gestalt auffallend.
Von Morrison im Washington Territorium gefunden.
56. Nysson fidelis Cresson.
Nysson fidelis, Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc. IX. 282. 7? 1882.
?. Schwarz, opak; Kopf fein und dicht punktirt, der Raum
zwischen den ÖOcellen nicht aufgerichtet; Linie am Rande des
Pronotum, Sehulterbeulen, Querlinie oder Fleck an jeder Seite
der Segmente 1 bis 4 weiss; die Flecken des ersten Segmentes
sind vorne mehr oder weniger ausgeschnitten. Tegulae und alle
Tarsen mehr oder weniger dunkel gelbbraun. Mesothorax und
Scutellum fein und sehr dicht punktirt, fast granulirt; Ende des
Schildehens und Metanotum fein längsrunzlig; Mittelbrustseiten
runzelig. Mittelfeld des Mittelsegmentes mit groben Längsrunzeln,
die Seiten dieses Segmentes oberhalb der vorragenden, ziemlich
spitzen Seitendornen silberhaarig. Flügel fast glashell; am
26*
404 A.Handlirsch,
hinteren Paare sind Anal- und Discoidalzelle durch eine sehr
kurze, verdiekte Quer- oder Längsader getrennt. Hinterleib
schwach und spärlich punktirt. 7 mm.
d' mit sehr kurzem Silbertoment bedeckt, am diehtesten im
Gesichte, am Clypeus und an den Mesopleuren sowie an den
Seiten des Mittelsegmentes und an den Coxen; Clypeus, Kiefer
mit Ausnahme der Spitze, Unterseite des Schaftes, fast unter-
brochene Linie am Hinterrande des Prothorax, Schulterbeulen,
Unterseite der vorderen Coxen, Fleck an der Aussenseite der
vier hinteren Coxen, Vorderseite der Vordertibien, und Tarsen
und ein schmales Band am Hinterrande der Segmente 1 bis 6, in
der Mitte mehr oder weniger unterbrochen, weiss; Spitzen der
Kiefer, Tegulae und alle Tarsen mehr oder weniger dunkel gelb-
braun; Fühler gegen die Spitze verdickt, ihr Endglied so lang
als die zwei vorhergehenden zusammen, an der Spitze abgestutzt
und unten ausgerandet; erste Hinterleibsbinde vorne leicht aus-
gserandet. Endsegment an der Spitze mit zwei kurzen Zähnen.
7. mm.
Montana, Colorado, (Morrison) 4? 1.
Nahe verwandt mit lateralis, die Punktirung auf Kopf und
Thorax feiner und dichter, am Hinterleibe schwächer und
spärlicher als bei dieser Art.
57. Nysson lateralis Packard.
Nysson laterale, Packard, Proc. Ent. Soc, Philad. VI. 440. Z' 1867.
Nysson lateralis, Patton, Canad. Entomol. XI. 213. 2 1879.
Nysson lateralis, Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc. IX. 282. J'Q 1882.
Nysson laterale, Provancher, Faune Canad. 635 Z'? 1883.
Packard gibt folgende Beschreibung des d:
„Tief schwarz, grob punktirt; Kopf vorne nicht besonders
convex, Scheitel sehr grob punktirt, nicht behaart. Augen leicht
ausgehöhlt; Stirne schwarz, Orbita und Clypeus silberhaarig;
Kiefer und Palpen schwarz; Fühler keulig, vorletztes Glied unten
stark erweitert, Endglied lang, unten eingedrückt; die Vorragung
zwischen der Fühlerinsertion ist silberglänzend. Thorax _ tief-
schwarz, sehr grob punktirt, bei einem Exemplare aus Virginia
mit Ausnahme der gelben Schulterbeulen. Thoraxseiten vor-
ragend, gekielt und sehr grob punktirt; Mittelsegment mit un-
Grabwespen. 405
gefähr zwölf parallelen Runzeln in dem fast mondförmigen
Mittelfelde, die durch Querrunzeln verbunden sind. Die mit
groben, parallelen Runzeln versehenen Seiten des Mittels sind
in einen Dorn verlängert; auf dem abschüssigen Theile des
Mittelsegmentes sind ungefähr sechs Runzeln, von denen die
zwei mittleren parallel und grösser sind. Tegulae dunkel; Flügel
beraucht, ihr Geäder schwärzlich; Beine gleichförmig und durch-
aus schwarz, leicht seidenschimmernd. Hinterleib diek und
kurz, grob punktirt, die Segmente am Hinterrande glatt und
polirt, am ersten bis dritten Ringe je mit einem Paare entfernter,
gelber Flecken versehen. Hinterende tief schwarz. 8 mm.
Virginia, Dublin, N. H., Brunswick, Maine.“
Das ? wurde zuerst von Patton beschrieben:
„Es unterscheidet sich vom Jg’ durch die unregelmässige
Linie am Prothorax und einen Fleck an jeder Seite des vierten
Segmentes. Die gelben Flecken am ersten Segmente sind vorne
leicht ausgerandet. Das vorletzte Fühlerglied ist nach unten nicht
stark ausgedehnt, das letzte unten nicht deutlich eingedrückt.
Hinterleib mit grösseren und kleineren Punkten versehen, die
grösseren Punkte am ersten Segmente zahlreich und tief. —
Nord-Illinois.“ |
Diese beiden Beschreibungen wurden von Cresson noch in
einigen Punkten ergänzt;
„Zwischen den Ocellen sind keine Höcker; Seitendornen
des Mittelsegmentes kurz und spitz. Schulterbeulen und drei ge-
näherte Flecken in der Mitte des Prothoraxrandes gelblichweiss.
An den Hinterflügeln sind die beiden Zellen durch eine sehr
kurze, verdickte Querader getrennt. Der J ist schlanker als das
?, dichter und stärker punktirt; das Endglied seiner Fühler so
lang als die zwei vorhergehenden zusammen; Endsegment ab-
gestutzt, jederseits mit ziemlich langem spitzem Zahn. 7 mm.“
In Provanchers Faune Canadienne wird die Beschreibung
dieser Art in keinem Punkte ergänzt.
598. Nysson pumilus Cresson.
Nysson pumilus, Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc. IX. 283. Z' 1832.
d. Mattschwarz, fein und dicht punktirt; Clypeus, Mandibeln
mit Ausnahme der Spitze, Unterseite der Fühlerbasis, kurze
406 A. Handlirsch, \
Linie am Pronotum, Schulterbeulen, Fleck auf den Tegulis,
Spitzen der vier Vorderschenkel unterseits, alle Tibien und
Tarsen und ein schmales Band am Hinterrande aller Segmente,
mit Ausnahme des letzten, gelb. Spitze der Fühlergeissel ver-
diekt, gelbbraun, Endglied abgestutzt, an der Spitze und unten
ausgerandet; Raum zwischen den Ocellen nicht höckerig; Mittel-
feld des Mittelsegmentes mit feinen, radiären Längskielen,
Seitendornen kurz und ziemlich spitz; Flügel subhyalin, an den
hinteren sind Anal- und Discoidalzelle durch eine verlängerte
Längsader getrennt. Die zwei Basalsegmente sind, mit Aus-
nahme eines schwarzen Fleckes in der Mitte der Oberseite roth;
die schmalen gelben Binden sind leicht unterbrochen. End-
segment oben breit, dreieckig, mit zwei kurzen genäherten
Zähnen versehen. 4 mm.
Nevada (Morrison) 1 Exemplar.
59. Nysson rufiventris Cresson.
Nysson rufiventris, Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc. IX. 283. 9 1882.
?. Klein, mattschwarz, fein und dicht punktirt, etwas
tomentirt; Kopf und Thorax ungefleckt; zwischen den Ocellen
ohne Höcker. Mittelfeld des Mittelsegmentes längsrunzlig, ein
Fleck von dichter, silbergrauer Behaarung jederseits ober dem
ziemlich langen, spitzen Dorn.
Vordere Tibien und Tarsen mehr oder weniger rostroth;
Flügel hyalin, an der Spitze beraucht, an den Hinterflügeln sind
die Zellen durch einen kurzen Quernerv getrennt. Hinterleib sehr
fein und dicht punktirt, rostroth, an den zwei Endsegmenten
mehr oder weniger schwarz; je zwei gelblichweisse Flecken an
der Oberseite der ersten vier Segmente. 5 mm.
Montana, Colorado, (Morrison) 3 ?; unterscheidet sich
von N. rusticus durch den dicht punktirten Hinterleib.
60. Nysson rusticus Cresson.
Nysson rusticus, Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc. IX. 283. Z'Q 1882.
?. Mattschwarz, Kopf und Thorax sehr fein und dicht
punktirt; der Raum zwischen den Ocellen ist nicht erhaben; ein
Exemplar hat die Schulterbeulen und zwei entfernte Flecken am
Hinterrande des Prothorax gelb; Schildehen mit zerstreuten,
Grabwespen. 407
seichten Punkten; Mittelfeld des Mittelsegmentes ungefähr mit
zehn kurzen Längsfalten; oberhalb der kurzen, spitzen Seiten-
dornen sind Fiecken von dichter, grauer Behaarung; Flügel sub-
hyalin, an der Spitze beraucht, Hinterflügel mit kurzer Quer-
ader; Hinterleib glänzend, zerstreut schwach punktirt, an der
Spitze deutlicher. Das erste Segment ist ganz roth, das zweite
unten, an den Seiten und an der Basis; die Segmente 2 bis 4
sind oben mit gelben Randflecken versehen. 5 bis 6°5 mm.
Jg dichter seidenhaarig, am Kopfe und auf der Oberseite
des Thorax bräunlich; Clypeus, Fleck auf den Mandibeln, Unter-
seite des Schaftes, eine unterbrochene Binde oder zwei Flecken
am Hinterrande des Prothorax, Schulterbeulen, Fleck auf den
Sebüppehen, manchmal auch ein Fleck auf der Unterseite der
vier vorderen Coxen, äusserste Spitzen der Schenkel, die Tibien
vorderseits an denselben Beinpaaren und eine Querlinie an jeder
Seite des Endrandes der ersten fünf Segmente gelblichweiss;
Gesicht, Clypeus, Schläfen, Mesopleuren und Coxen silberhaarig;
Schaft gross und kräftig, Geissel gegen die Spitze verdickt, ihr
letztes Glied länger als die zwei vorhergehenden zusammen, an
der Spitze abgestutzt und unten breit ausgerandet. Manchmal
ist die rothe Farbe auf das erste Segment beschränkt und die
gelben Binden der Hinterleibsringe sind auf Querflecken reducirt.
Das Endsegment trägt jederseits einen kurzen Zahn. 6 bis 65 mm.
Washington-Territorium (Morrison) 12 Exemplare.
61. Nysson tristis Cresson.
Nysson tristis, Cresson, Trans. Amer. Ent. Soc. IX. 281. Z' 1882.
g. Mattsehwarz, Kopf und Thorax oben dicht und fein
punktirt; Seiten des Gesichtes, Clypeus, Fleck zwischen der
Fühlerbasis, Schläfen, Seiten des Thorax und Unterseite mit
feinen Silberhaaren; Clypeus mit Ausnahme des Endrandes, Fleck
auf den Kiefern, Schaft in mehr oder weniger reichlichem Masse
an der Unterseite, eine unterbrochene Linie oder ein Mittelfleck
am Hinterrande des Prothorax, manchmal auch ein Fleck auf den
Schulterbeulen, Flecken oder Linien an der Basis der vier Vorder-
schenkel und Tibien (manchmal sehr klein) und Querflecken am
Endrande der Segmente 1 bis 4, (die des ersten am grössten und
408 A.Handlirsch,
vorne mehr weniger ausgerandet, die des vierten klein), gelblich-
weiss; der obere Theil der vorderen Augenränder ist manchmal
goldig; Vordertibien und Basis ihrer Tarsen manchmal gelb-
braun. Der Höcker zwischen der Fühlerinsertion ragt ungewöhn-
lich stark vor; der Schaft ist gross, mehr als doppelt so lang als
breit, die Geissel gegen die Spitze verdickt, das Endglied so
lang als die zwei vorhergehenden zusammen, unten tief aus-
gerandet; zwischen den Ocellen keine Höcker;Mittelbrust runzlig;
Mittelfeld mit ungefähr zehn gleich distanzirten, groben Längs-
runzeln, die Zwischenräume glatt und glänzend, Dornen vor-
vagend und spitz; Flügel subhyalin, am Endrande beraucht; an
den Hinterflügeln sind Anal und Discoidalzelle durch eine kurze
Querader getrennt; Beine mit silberglänzender Behaarung, beson-
ders an der Basis; Hinterleib oben fein und ziemlich spärlich
punktirt, das Ende des siebenten Segmentes abgestutzt, jeder-
seits mit einem kurzen Zahn versehen. 7 bis 8 mm.
Washington-Territorium (Morrison) 4 Exemplare.
4. Arten der neotropischen Region.
62. Nysson fasciatus Olivier.
Nysson fasciatus, Olivier, Eneyel. method. VII. 408. 4. 1811.
— — Gerstäcker, Nysson. Abhandl. Halle X. 115. 16. 1866.
Schwarz behaart, Thorax gefleckt, Hinterleib mit sechs
gelben Binden. — In Bezug auf die Form und Grösse dem
spinosus ähnlich. — Fühler schwarz, die Basalglieder vorne
röthlich; Endglied gekrümmt. Kopf pubescent, schwarz, Ober-
lippe gelb, Stirne von den Fühlern bis zum Munde gelb mit einem
schwarzen Fleck. — Thorax behaart, schwarz, mit einer gelben
Binde am Pronotum und einer zweiten am Schildchen, die sich
an den Seiten fortsetzt und bis zur Flügelwurzel reicht; die
Seitendornen des Mittelsegmentes sind gelb. — Hinterleib be-
haart, schwarz, mit sechs gelben Binden. Beine gelb, die Schenkel
fast ganz schwarz, ebenso ein Theil der Tibien. — Flügel durch-
sichtig.
Süd-Amerika.
Grabwespen. 409
63. Nysson pilosus Smith.
Nysson pilosus, Smith. Ann. Mag. Nat. Hist. XI. 404. Z'P 1873.
?. 75mm. Schwarz mit gelben Zeichnungen, mit ver-
änderlichem lichtem Seidenhaar bedeckt. Kopf stark punktirt,
vorne blass goldig behaart, jedoch nicht bis zum vorderen Neben-
auge; Clypeus stark ausgerandet; Kiefer an der Basis weisslich,
gegen die Spitze rostroth. Thorax stark punktirt, am Dorsulum
mit deutlicher Mittelstrieme; Scutellum runzelig, seine Seiten-
ränder sowie die des Metanotum aufgerichtet; das Mittelfeld des
Mittelsegmentes mit divergirenden Kielen; Seitendornen gross,
scharf, an der Spitze blass und mit dichtem Silberhaar bedeckt;
Beine dunkel rostroth; Flügel fast glashell, irisirend ; das Geäder
schwarz. Basis des Hinterleibes stark punktirt, die folgenden
Segmente spärlich; Endränder der Segmente blassgelb, mit
schmalen goldigen Tomentsäumen,
Der J unterscheidet sich bloss durch das hell silberbehaarte
Gesicht und die lichter rostrothen Beine.
Eine Varietät von St. Paulo hat die Beine ganz schwarz
und von den Segmenten nur das erste an den Seiten gelb. Drei
Exemplare von Para stimmen mit der obigen Beschreibung
überein.
Brasilien (Para).
5. Art ohne Fundortsangabe.
64. Nysson rufopictus Smith.
Nysson rufopietus, Smith, Catal. Hym. Brit. Mus. IV. 356. 13.
DO 1856.
— — Gerstäcker, Nysson. Abhandl. Halle. 122. 23. 1866.
?. 75mm. Kopfund Thorax schwarz; Clypeus, Mandibeln,
Schaft und 5 bis 6 der ersten Geisselglieder rostroth. Thorax:
Pronotum, Schulterbeulen, ein grosser Fleck unter den Flügeln
Tegulae und Hinterecken des Dorsulum, Seutellum, Metanotum
und Spitzen der Seitendornen des Mittelsegmentes mit silberner
Behaarung bedeckt; Hinterleib rostroth, an der Basis eines jeden
Segmentes mit einem dreieckigen Fleck. Der ganze Vorderrand
410 A. Handlirsch,
von einem oder von zweien der Basalsegmente ist gleichfalls
schmal schwarz, mit eckigen, schwarzen Flecken an den Seiten;
unten ist das dritte, vierte und fünfte Segment schwarz.
Hab. —?
Conspectus diagnosticus specierum palaearcticarum. !
Mares.
1. Margines posteriores segmenti ventralis secundi, tertii,
quarti et quinti distinete eiliati. (Tab. V. Fig. 2)... 2
— non eilal en rnre RE:
2. Frons, supra insertionem antennarum, tuberculo a
tudinaliter carinato instrueta. Ciliae segmentorum ven-
tralium longissimae. Alarum posticarum area analis
ante originem venae cubitalis terminata . .. . u
.———— — —— haud instructa. Ciliae si:
torum ventralium breves. Alarum posticarum area
analis post originem venae cubitalis terminata.
(6 bis 7’d mm.)-.. a. sera nrz nal ere Wenn Fe DaS
3. Antennae testaceae. Margo superior pronati transverse
carinatus, a latere visum antice angulatus. Mesothorax
valde punctatus. (9 mm. — Africa borealis.) . Braueri n. sp.
— nigrae, artieulus ultimus interdum colore pallidiore.
Margo superior pronoti non carinatus, a latere visum
rotundatus. Mesothorax punetis medioeribus. (7 bis
10 mm. — Europa centralis ad Berolinum usque et
tota subregio mediterranea.) . . . . . . scalaris Illiger.
4. Antennarum articulus ultimus forma simpliei, nunquam
inferne exeisus, apice truncatus, valde elongatus seu
euryatus. (Tab. V. Fig, 11, 14,15, 16)... vessgees
— — — forma singulari, inferne exeisus, apice trun-
catus, valde elongatus seu curvatus. (Tab. V. Fig. 6
bis) 9,17 bis 20.) E- rt a een
ı In die Bestimmungstabellen wurden selbstverständlich nur Arten
aufgenommen, die ich selbst gesehen habe, oder deren Beschreibung die
Aufnahme in die Tabellen mit voller Sicherheit gestattet.
DL
Grabwespen. | 411
. Segmentum ventrale secundum antice rotundatum.
(Tab. V. Fig. 3) Segmentum dorsale septimum apice
dentibus tribus aequalibus munitum. (Tab. IV. Fig. 19.)
Species parva, abdomine ad basim plus minusve rubro.
4-5; bis 65 m)lhden wukeeihtrdens Kerst.
— — — antice truncatum, a latere visum angulum
prominentem formans (Tab. V. Fig. 1.) Segmentum
dorsale septimum dentibus duobus aequalibus munitum.
(Tab. IV. Fig. 17.) Species plerumque Ban abdo-
inne ad hasım semper mero . I Kr...” 6
. Olypeus margine anteriore tuberculis seu Barmoh
duobus instructo. Antennarum articulus duodeeimus vix
inerassatus. (v. Tab. V. Fig. 11, 16.) Spinae segmenti
medialis maiores. Alarum posticarum area analis ante
originem venae cubitalis terminata . .. . - |
—_— oo haud instructo. nn ee
ceulus duodeeimus valde incrassatus. (Tab. V. Fig. 14).
Spinae segmenti medialis parvae. Alarum posticarum
cellula analis post venae cubitalis terminata.
(6 bis 8 mm.) .. „2.2... Trimaculatus Rossi.
. Antennarum Arironipi nonus, decimus, undecimus et
duodecimus distincte rend latior. (Tab. V. Fig. 16.)
Calli humerales saepissime flavi. Angulus segmenti
ventralis secundi obtusus, apice subrotundatus. (Tab. V.
Bee a WllinierrupiisFabr.
—_— rei non latior. (Tab. V.
Fig. 11.) Calli humerales saepisssime nigri. Angulus
segmenti ventralis secundi fere rectus, apiece non rotun-
datus. (7 bis 12 mm.) . MIT NSTBEROSUSTE or St.
. Basis segmenti ventralis sec tubereulo prominente,
impressione longitudinali bipartito, munita. (Antennae
brevissimae et robustissimae, articulus ultimus quatuor
praecedentibus simul sumptis aequalis) (Tab. V. Fig. 17.)
(6 bis 7 mm. Subregio mediterranea.) . . Chevrieri Kohl.
Segmentum ventrale secundum ai gg ns
tubereulo destitutum . . . 9
. Longitudo corporis 12 bis 15 mm. Be RE semper
davoametie.Ionenzisen y ul ir
412
10.
11.
12.
13.
14.
A. Handlirsch,
Longitudo eorporis 4 bis 9 mm. Olypeus nunquam
Hayo-pietus' sr sel Ahead a NR
Venae cubitales secunda et tertia prope radium eon-
fluentes. Faseiae abdominis omnes medio late inter-
ruptae: venter totus niger. (12 bis 14 mm. — Subregio
mediterranea!) N, 7 AUERRTE, epeoliformis Sm u
_— oo — non confluentes. Abdomen
fere totum Havum, solum segmenta dorsalia basi
maculis triangularibus nigris. (13 bis 15 mm. —
Turkestan.) .. ... 0°. 9... Doorandssi
Pars inferior temporum versus 08 postice marginata.
Species majores, longitudo corporis 6'5 bis 8b mm. . 12
— — — — — — non marginata. Species mini-
mae generis, longitudo corporis raro 65 mm.
altingens !. . . 0 0.0 ee 2
Antennae testaceae. Segmenta ultima abdominis simul
cum toto corpore valde punctata. (Articulus ultimus
antennarum duobus praecedentibus simul sumptis
distinete brevior, apice truncatus. (Tab. V. Fig. 20.)
Fascia prothoraeis medio interrupta; abdominis basis
rufa. 6° bis 83mm. — Subregio mediterranea.) militaris Gerst.
— nigrae. Corpus et imprimis segmenta ultima plus
minusve snbtaliter punctata . 2.24, zu nern. A
Scutellum totum nigrum. Antennarum artieulus ultimus
mediocriter curvatus, penultimus modice incrassatus.
(Tab. V. Fig. 8.) Latera segmenti medialis etiam parte
inferiore rugosa. (6°5 bis 85 mm.) . . . ... niger Chevr.
— fere semper macula fJava plus minus extensa. Anten-
narum articulus ultimus distinetissime curvatus,
penultimus valde incrassatus. (Tab. V. Fig. 7.) Pars
inferior laterum segmenti medialis laevis. (65 bis
I:-mm.).%. de ln/sifennsaieitranm krosit nkimacnle
Area analis alarum posticarum ante originem venae
cubitalis terminata. Segmentum dorsale septimum apice
tridentatum. (Tab. IV. Fig. 18.) Antennarum artieulus
ultimus apice truncatus, medioeriter curvatus. (Tab. V.
Fig. 19)5 mm. Rhodus . ... 2... .. Gerstäckeri n. Sp.
15.
Grabwespen. 413
Area analis alarım posticarum post originem venae
eubitalis terminata. Segmentum dorsale septimum apice
bidentatum.»(Pabb EVH PIE. .15) 1 WHR0I arg... 15
Antennarum articulus ultimus inferne bis emarginatus,
tribus praecedentibus fere longior. (Tab. V. Fig. 18.)
(4bis6mm.) .. . Dame}, Sdanidiatas: JUT.
— — — — haud een, duobus praecedentibus
paulo longior. (Tab. V. Fig. 9.) (6°5 mm.) variabilis Chevr
Kemimae.
. Segmentum ventrale secundum a latere visum angulum
prommentem formans'(Tab.'V. Pig. JE. AM PUR. 2
— — — rotundatum (v. Tab. V. Fig. 3) EAN 4
. Margo anterior elypei carinulis seu tuberculis ins
distinetis munitus. Alarum posticarum area analis ante
originem venae cubitalis terminata. Spinae laterales
segmenti medialis mediocres. Pedes testäcei, basi solum
BROT DRLE BONN BEDDBIT DINTAIG. IBINOBER . 3
— oo. nullis. Alarum posticarum area
analis post originem venae cubitalis terminata. Spinae
laterales segmenti medialis parvae. Pedes maxima pro
parte nigri. (6 bis 8mm.) . . . . . . trimaculatus Rossi.
. Calli humerales fere semper nigri. Segmentum dorsale
secundum multo subtilius punetatum, quam primum.
Angulus segmenti ventralis secundi reetus, apice non
rotundatus. (7 bis 12 mm.) . „2. spinosus Forst,
u EU RET ha BlehnäifkEm ddrsalke secundum non
multo subtilius punetatum, quam primum. Angulus seg-
menti ventralis secundi obtusus, apice paulo rotun-
datus. (Tab. V. Fig. 1.) (6°5 bis 9 Mm.) . interruptus Fabr.
. Frons supra insertionem antennarum tubereulo longi-
tudinaliter carinato instructa. (7 bis 1O mm. -— Subreg.
mediterran. et Europa centralis ad Berolinum usque.)
48; scalaris ne
_— Han le karte 3)
. Species maximae, semper PRBABEETE 11 mm. super-
ankessil .duanlı EN LE,
— minores, Ion 10 mm. non eitigenee urn d
414 A.Handlirsch,
6. Abdomen solum superne fasciis flavis, medio late inter-
ruptis. Venae transversae cubitales secunda et tertia
prope radium confluentes. (12 bis 14 mm. — Subregio
mediterranea.) . . . 202... epeoliformis Smith.
— fere totum en tan segmentorum dorsa-
lium nigra. Venae cubitales secunda et tertia non con-
fluentes (13 bis 15 mm. — Turkestan.) . grandissimus Rad.
7. Pars inferior temporum, os versus, postice marginata . 8
un all ya SE 2er 2 non marsımala, 202 or
8. Antennae maxima pro parte testaceae. Se en
simul cum toto corpore, valde punctata. Prothorax faseia
interrupta flava. EA bis 8 mm. — Subregio medi-
terranea.) . “44 gertränlergpine MILDE
— nigrae, en RN segmentorum posticorum,
multo subtilior. Prothorax seu sine fascia seu fascia
medio noninterrupta . . . . 9
9. Margo anterior celypei thesen Atos ist
Abdomen nigrum maculis luteis. Alae posteriores area
anali ante ee venae cubitalis terminata. (6 mm.)
ek . Kolazyi n. sp.!
— — — — car er a shdnken basi ne aut cellula
analis alarım posticarum post originem venae eubitalis
terminata,.. rin ee ae Te ee
10. Species parva, prothorace nunquam flavofaseciato.
(4+5—65 mm.) . . . nn. . tridens /Gerst.
— majores, prothorace See Ag fasciato ige
11. Abdominis basis rufa. Pars inferior laterum segmenti
medialis laevis; scutellum flavo-maeculatum. 6-5 bis
SR) EEE .. .. . maculatus Fabr.
— — Eu an Fe eiligki ubique rugulosa.
Sceutellum immaculatum. (6°5 bis 85 mm.) . .niger Chevr.
12. Alarum posticarum cellula analis ante originem venae
cubitalis terminata. Prothorax totus niger. Segmentum
abdominis primum grosse punctatum. (5b mm.)
quadriguttatus Gerst.
ı N. fulvipes Costa, dessen © ich nicht gesehen habe dürfte jeden-
falls hier einzufügen sein, und sich von Kolazyi durch die hinter dem
Ursprunge des Cubitus endende Analzelle der Hinterflügel unterscheiden.
Grabwespen.
Alarum postiearum cellula analis post originem venae
eubitalisterminata. Aut prothorax fasciainterrupta flava,
aut segmentum abdominis primum subtilius puncetatum
13. Prothorax fascia flava, lata, interrupta. Corpus robustius
quam in speciebus sequentibus. Thoraecis et abdominis
415
13
seulptura validior. (65 mm.) . . . . . . .. Friesei mihi.
— nunquam fascia lata flava, interdum punctis duobus
parvis, vel strigulis pallidis. Corpus gracilius quam in
specie praecedente. Thoracis et abdominis sculptura
multo subtilior .
14. Tibiae anteriores et intennelle Ha nn
14
Kr segmenti primi subtilis et aequalis. (1 bis
GSMIR.). .. Snut 20... dimidiatus Jur.
—_— oo a iatae, Selptura segmenti primi
minus aequalis et subtilis. (sec. Chevrier) (65 mm.)
. variabilıs Chevr.
416 A.Handlirsch,
INDEX.
Pag, Pag.
Acanthostethus basalis........ 328 Nysson fasciatus.......... 408
Brachystegus Dufourü ....... 320 — fidelis -:.: 22222220... 403
Ceropales spinosa ........... 397 — . foveiscultis... .z..n. 313
Crabro'8PiNGSUS ... .-... ... 0: 397 — _ Freyi-Gessnerio .. 355
— :. Trimaeulatus. ........ 366 — "Friesei..... 1... 393
Hyponysson bicolor .......... 402 — fulvipes ........... 334
Larra spinosa Haar. ei 397 — (NVfuscipes ... 301
Mellinus dissectus ........... 376 — u FaUGE een ee 3l2
— _ interruptus..... 337, 340 — geniculatus...... 337, 366
= N DUERICIDEIUS ek 337 — dGerstaeckeri ...... 384
Nysson abdominalis ...... 318 — grandissimus ..... 346
— aequalis .......... 350 — gultatus... 376, 388
— albomarginatus .. 362 — incertus........... 400
— argenteo fasciatus 399 — . ?inermis ee 297
— armatbus .......... 308 — interruptus 319, 340,366,
— aurinotus..... 348, 353 313, 376
=... Azlecus.....2...00m 361 — . Kolazyi ... 22 10 342
— basdlis ............ 401 — dlateralis........... 404
21, Dpellus .. MBirBr ER 365 — Hlimeolatus ©..2.2...... 377
— bicolor ........ ... 402 — Iluteipennis........ 305
— Braueri........ .u..823 — maculatus .... 313,376,
— (Capensis.......... 325 386, 388
— castaneuüus ......... 400 — marginatus......- 304
— Chevrieri ......... 396 — mellipes..... 359
— chrysozonus ...... 315 — Mexicanus........ 303
— compactus ........ 402 — 2 militaris .......... 371
— decemmaculatus . .389, 393, — moestus ........... 360
396 — Mystbicus .......... 328
— dimidiatus........ 388 —— MÜUJER 2: 373
— Sec. orneus ee 376 =. Migripes”. .W.. Se 366
— distinguendus...... ...389 — UNOTNSSUB N ER 376
des ri 309 — opulentus ........: 357
— + mDoriae.....1::.J.%4 401 — . \ Panzeri .. 2.2 2 340
EN UDIUE N MIER LE 317 — PÜosus ............ 409
N DEE Ne. 319 — plagiatus ......:... 348
— epeoliformis....... 344 — pumiüus........... 405
Grabwespen. 417
Pag.
Nysson quadriguttatus 379, 382
— ? quinquespinosus .... 296
ae Brufipes . . m 2: ER: 319
— rufiventris ........ 406
— rufopictus......... 409
EZ rusticeus ...-..2.2.2. 406
— Saussure ......... 332
Zr scealaris.z...20. 00... 319
ee »Shuckardü 2... ..*... 340
— 7 8PÄNOSUs ......:... 337
— Texanus .......... 2a
— tomentosus........ 869
— tridens............ 379
— trimaculatus...... 366
u maStlS: .: Ser lanesne 407
— tuberculatus ...... 863
Sitzb, d, mathem.-naturw. Ol, XCV. Bd. I, Abth,
Pag.
Nysson variabilis ......... 386
— väriolatus ........ 399
— Wesmaeli........... 389
— Zapotecus......... 360
Oxybelus interruptus......... 340
Paranysson abdominalis ...... 315
— N OTRUS he nee 305
— FAseIDes 32. aan s01
2 Mezxicanus ....... 303
—_ PELaNUSE ERS 297
Pompilus maculatus........... 376
Sphex maculata............. 316
NNBDINOSET IT RN 331
Synneurus procerus.......... 344
Vestrarbidens IR UNn 397
N
|
418
7
N
A.Handlirsch,
Erklärung der Tafeln.
n
n Segmentum mediale
s; Stigma mesothoracis
Tafel I.
1. Thorax von Cimbex femorata Lin. ?
a Prosternum
b Pronotum
ce Praescutum mesothoracis
Dorsulum
d Scutum “
e Episternum e | Pleur
f Epimerum y Ar
g Sternum n
h Scutellum ”
ti Metanotum
k Episternum Metathoracis
. Pleura
! Epimerum 5
m Sternum
s5 "„' „metathoraeis
Ss „ segmenti medialis
er »„ segmenti primi abdominalis
3. n N
4. n N ”
a Pronotum
b Prosternum
ce Scutum du m6sothorax
d Scutellum du m&sothorax
e Division du scutum for-
mant parapsides
f Eeaillette
g Episteınum du
thorax
h Epimeres du mesothorax
‘ Articulation de l’aile an-
terieure
k Scutellum
m&SsO-
2. Tborax von Oxybelus sp. (Bezeichnung wie bei Fig. 1.)
Vespa orientalis Fabr. (Bezeichnung wie bei Fig. 1.)
crabro Lin. nach Andre.
k, Episternum du metathorax
! Epimere e 5
m Articulation de l’aile postörieure
n Faux stigmate
o Hanche anterieure
p „ Intermediaire
q 4 posterieure
r Segment mediaire ou premier
segment abdominal
s Funieulus
t Abdomen
y Stigmates du segment mediaire
5. Thorax von Camponotus ligniperdus Latr. 8 nach Andre.
a Pronotum,
ö Mesonotum ce Metanotum
Grabwespen. 419
6. Thorax von Camponotus ligniperdus Latr. 8 (Bez. wie bei Fig. 1.)
. n n n n n ? n et ne?
8. „ Eumenes sp. 5 a Sy
9: k „ Ammophila affinis Kirby > a
10. 5 „ Mellinus arvensis Lin. = nl Bims
I; E „ Sphex mazillosus Fabr. = ie en
Tafel II.
1. Thorax von @orytes mystaceus Lin. (Bez. wie bei Tab. I. Fig. 1.)
ze ap 4 » . quinquecinctus Fab. (Bez. wie bei Tab.I. Fig.1.)
3. n „ Bembex tarsata Latr. an, a a a
4. Zunge „ 2) n n
5. Maxille ;, a a n
Se „ Monedula signata Lin.
7. Zunge „ n 2) n
8. Maxille „ Steniolia longirostris Say.
9. Zunge n n n ”
10. Maxille „ Bembidula discisa Burm.
11. Zunge n 2] n n
12. Vorderflügel von Mellinus arvensis Lin.
13. Hinterfügel „ “ 5 »
14. Vorderflügel „ Nysson trimaculatus RosSi.
15. Hinterfügel „ »„ interruptus Fab.
16. = E m», miger Chevr.
17. Vorderflügel „ Bothynostethus Saussurei Kohl.
18. R " : nitens Handl.
19. Hinterflügel „ 5 Saussurei Kohl.
Tafel III.
1. Vorderflügel von Didineis lunicornis F ab.
2. Hinterflügel „ # R -
3. Vorderflügel „ Scapheutes Mocsaryi Handl.
4. Hinterflügel „ „ & 5
5. Vorderflügel „ Alyson fuscatus Panz.
6. a „ Entomoserieus concinnus Dahlb.
7. Hinterflügel „ “ e 2
8. 5 „ .Gorytes campestris Lep.
9. Vorderflügel „ h Gayi Spin.
10. fl „. quinquecinetus Fab.
11. Hinterflügel „ quadrifasciatus Fab.
12. Vorderflügel „ Bembex tarsata Latı.
13. # „ Bembidula discisa Burm.
14. : „ Bembex monodonta Say.
19. = n„ Sphecius speciosus Drury.
16. = „ Steniolia longirostris Say.
17. - Exeirus lateritius Shuck.
27*
Fig.
SIE SEITE Su
S
3 33 3 3 3
SS 3 3 3 3
SS 33
18
19. -
1
2. Stime 5
3. n n
4, Kopf „
>. -
62.05 n
7. Thorax „
8
9
1 05
2 5 a
12. Siebente
13. -
14. >
15. -
16. r
17. 4
18. a
19. 5
20. a
21. a
22. *
23. 3
24.
25
26
27. Maxille
28. Unterlippe
3
2. 5
3.
4
5.
6. n ”
7. n n
8. n 2)
9. n n
10.:#% 14
11 n n
12.
A.Handlirsch,
. Vorderflügel von Monedula signata Lin.
Stizus tridens F ab.
Tafel IV.
. Thorax von Nysson interruptus F ab.
Monedula signata Lin.
Steniolia longirostris Say.
Bembex tarsata Latr.
Nysson spinosus Forst.
Exeirus lateritius Shuck.
Alyson fuscatus Panz.
n
n
n
N
n
N
S
n n
. Achte Ventralplatte
. Aussere Genitalanhänge von Nysson spinosus Forst. g'
33 3 38
n
. Hintertibie von Nysson dives Handl.
. Sechste Dorsalplatte von Nysson interruptus Fab. ?
„ aequalis Patt. ?
»„ Plagiatus Cress. P
„ Chevrieri Kohl. Z'
„ Mmilitaris Gerst. g'
»„ SaussureiHandl. g’
» dimidiatus Jur, g'
„ epeoliformis Sm. g’
n„ spinosus Forst. 5
» Gerstäckeri Handl. g'
„ tridens Gerst. Z'
„ sealaris Illig. g’
plagiatus Cress. g'
„ aequalis Patt. g'
n„ Fuseipes Cress. g’
n„ . dives Handl. g'
„ spinosus Forst. g'
N n n n
n N n n
Tafel V.
. Hinterleib von Nysson interruptus Fab. ?
scalaris Illig. 5’
Kolazyı Handl. 2
s Fühler des g' von Nysson scalarıs lllig.
fulvipes Costa.
epeoliformis Smith.
maculatus Fab.
niger Chevr.
variabilis Chevr.
plagiatus Cress.
spinosus Forst.
Freyi-Gessneri Handl.
A.Handlirsch: Grabwespen. Taf.l.
/ 75 S e n R ! x \ \ Ne ä rd
ae, NN A es;
| ler / ee \ e Sr I De
Autor delin. | Lith.Anst.v ThBannwarthWien.
Sitzungsb. d. kais. Akad.d.Wiss.math.naturw. (1. XV. Bd.1, Abth.1887.
PN.
Er
we
Fa n.
#365
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et 18
rn f e e
Fa ze manner: a
12
Autor Hein. Zn | Lith.Anst.v. Th.Bannwarth Wien.
Sitzungsb. d. kais. Akad.d.Wiss.math.naturw. (1. X(V. .Bd.1. Abth. 1687.
A. Handlirsch: Grabwespen. | Taf. M.
Autor delin. en v.Ih.Bannwarth\vien,
Sitzungsb. d. kais. Akad. AWiss math.naturw. (1. XCV. ‚Bd. 1. Abth. 1887.
A.Handlirsch: Grabwes pen.
Autor delin. r Lith.Anst.v.ThBannwarth Wien.
. Sitzungsb. d. kais. Akad.d.Wiss.math.naturw. (1. XCV. Bd. I. Abth.1887.
A. Handlirsch: Grabwespen.
/ 52 DOSE
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Lith.Anst.v. Th.Bannwarth Wien,
Sitzungsb. d. kais. Akad.d.Wiss.math.naturw. (1. XCV. .Bd.l. Abth. 1887.
22.
23.
24.
25.
n ” n ”
Achte Ventralplatte
3
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n
n
N
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7 SENT I 1
Grabwespen. 421
.13. Fühler des Z' von Nysson aurinotus Say.
14.
15:
16.
11.
18.
19,
20.
21.
trimaculatus Rossi.
tridens Gerst.
interruptus F ab.
Chevrieri Kohl.
dimidiatus J ur.
Gerstäckeri Handl.
militaris Gerst.
von Stentolia longirostris Say. g'
N
n
N
n
Monedula signata Lin. Z'
Stizus tridens Fabr. Z'
Gorytes quinquecinctus Fab.
Alyson fuscatus Panz.
422
Verzeichniss
der an die mathematisch-naturwissenschaftliche Classe der
kaiserlichen Akademie der Wissenschaften vom 1. Jänner
bis’30. Juni 1887 gelangten periodischen Druckschriften.
Agram, Societas historico-naturalis eroatica: Glasnik. Godina I.
Broj. 4—6.
Amiens, Societe Linneenne du Nord de la France: Me&moires.
Tome VI. 1884—85.
— — Bulletin. Tome VII, Nrs. 139—150.
Baltimore, Johns Hopkins University: American Chemical
Journal. Vol. VIII, Nr. 6. Vol. IX, Nrs. 1 & 2.
— — American Journal of Mathematies. Vol. IX, Nrs. 2—3.
— — Studies from the Biologieal Laboratory. Vol. III, Nr. 9.
Basel, Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft.
VII. Theil, 1. Heft. |
Batavia, s’Hage, Regenwaarnemingen in Nederlandsch-Indie.
1885. Zewende Jaargang, 1886.
— — ÖObservations made at the Magnetical and Meteorological
Observatory at Batavia. Vol. V, part. I—V. pp. 1—320, last
part 321—380; Vol. VI, Supplement; Vol. VII.
Berlin, Akademie der. Wissenschaften: Sitzungsberichte.
Nr. XXII—XXXIX.
— Berliner astronomisehes Jahrbuch für 1839 mit Ephemeriden
der Planeten (1—258) für 1887.
— Berliner medieinische Gesellschaft: Verhandlungen aus dem
Geschäftsjahre 1885— 86. Band XVII.
— Deutsche Chemiker-Zeitung: Centralblatt. I. Jahrgang.
Nr. 48 —52; I. Jahrgang Nr. 1— 23.
425
Berlin, Deutsche Medieinal- Zeitung: Centralblatt. 1886.
Nr. 102104; 1887. Nr. 1—50.
— Deutsche. Entomologische Gesellschaft: Zeitschrift. XXX.
Jahrgang, 1886, 2. Heft.
— Elektrotechnischer Verein: 1886, Nr. XII; 1887, Nr. I—V.
— Entomologischer Verein, Berliner: XXX. Band, 2. Heft.
— Deutsche chemische Gesellschaft: 1886, Nr. 17—19; 1887,
Nr. 1—9.
— Deutsche geologische Gesellschaft: XXXVIIH. Band, 4. Heft.
— Fortschritte der Mediein. Band IV, Nr. 24; Band V,
Nr. 1—12.
— Jahrbücher über die Fortschritte der Mathematik: Band XVI,
Heft 2.
— Königlich geologische Landesanstalt und Bergakademie:
Jahrbuch; Jahrgang 1880 bis 1885. Katalog der Bibliothek,
Nachtrag 1875—1886.
— Physikalische Gesellschaft: Die Fortschritte der Physik im
Jahre 1879. XXXV. Jahrgang, 1.—3. Abtheilung.
— Zeitschrift für Instrumentenkunde. 1886, 12. Heft; 1887,
1.—)D. Heft.
— Zoologische Station zu Neapel: Mittheilungen. VII. Band,
1.& 2. Heft.
Bologna, Memorie della R. Accademia delle Scienze dell’ Istituto
di Bologna. Ser. IV, Tomo VI.
Bonn, Verhandlungen des naturhistorischen Vereines der
preussischen Rheinlande, Westphalens und des Regierungs-
bezirkes Osnabrück: XLIH. Jahrgang, II. Hälfte.
Bordeaux, M&moires de la Societe des Sciences physiques et
naturelles. 3° serie, tome I et II. 1° Cahier.
— et Paris, M&moires et Bulletins de la Societe de Medecine et
de Chirurgie. Annee 1885.
Boston, American Academy of Arts and Sciences: Memoirs.
Centennial Volume. Vol. XI, part. IV, Nr. 5.
— Society of Natural History: Memoirs. Vol. II, Nr. 12 & 13.
Bremen, Abhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins.
IX. Band, 4. Heft.
— Geographische Gesellschaft: Deutsche geographische Blätter.
II.—IX. Band; X. Band, Heft 1.
424
Brescia, Commentari dell’ Ateneo di Breseia per l’anno 1886.
Brünn, Verhandlungen des Naturforschenden Vereines. XXIV.
Band, 1. & 2. Heft und IV. Bericht der meteorologischen
Commission: Ergebnisse der meteorologischen Beobachtungen
im Jahre 1884.
Bruxelles, Extrait du Bulletin du Musee royal d’Histoire na-
turelle de Belgique. Tomes IV & V; Bulletin. Tome IV, Nr. 4.
— Annales de la Societe royale malacologique de Belgique.
Tome XX.
— — Proces verbaux. Tome XV et Statuts.
Budapest, Akademie der Wissenschaften, Ungarische, in Buda-
pest: Almanach 1887. Budapest 1886; kl. 3°. — Emilek-
beszedek: Frankenburg Adolf&s Tärkänyi Bela Jözsef,
tagok felett. Budapest 1887; 8°. — Ertesitö. 1886, Nr. 6,
7. Budapest; 8°.
— Ertekez&sek a mathematikai tudomänyok köreböl. 13. Band,
Nr. 1, 2. Budapest 1886, 1887; 8°. — Ertekezesek a ter-
meszettudomänyok köreböl. 16. Band, Nr. 1—6. Budapest,
1886, 1887; 8°, — Ertesitö, mathematikai &s termeszettu-
domänyi. 5. Band, Heft 1—2, 3—4. Budapest 1386, 1887;
8°, — Közlemenyek, mathematikai &s termeszettudomänyi.
21. Band, Nr. 2—5. Budapest 1885; 8°.
— Anstalt, königlich ungarische, geologische, in Budapest:
Mittbeilungen aus dem Jahrbuche. VIII. Band, Heft 3, 4.
Budapest 1886— 1837; 8°. —- Erster Nachtrag zum Katalog
der Bibliothek. Budapest, 1886 ; 8°. — Jahresbericht für 1885.
— Central-Anstalt, königlich ungarische, für Meteorologie und
Erdmagnetismus. XV. Band.
— Gesellschaft, ungarische geologische in Budapest: Zeitschrift,
XVI. Band, Heft 3—4, 5—6, 7—9. Budapest 1886; 8°.
Caleutta, Asiatic Society of Bengal: Journal. Vol. LV, part IL,
Nos. 3 & 4. |
— Report on the Administration of the Meteorological Depart-
ment of the Government of India. 1885 — 86.
— Report on the Meteorology of India 1884. Tenth year.
— Indian Meteorologieal Memoirs. Vol. II, part. 1 und Vol. IV,
part. 1.
425
Caleutta, Records of the Geologieal Survey of India. Vol. XX,
parts 1 & 2.
— Memoirs-of the Geological Survey of India. Ser. X, Vol. IV,
parts I & II; Ser. XIV, Vol. 1. 3, Fasec. VI.
Cambridge, Annals of the Astronomical Observatory of Har-
vard College. Vol. XV, part 1; Vol. XVI. — Catalog of
Stars. — 41. Annual Report of the Director of the astro-
nomical Observatory of Harvard College.
— Proceedings of the Cambridge Philosophical Soeiety. Vol. V,
F-art. 6.
— Bulletin of the Museum of comparative Zoölogy at Harvard
College. Vol. XIII, Nos. 2 & 3.
Cassel, 32. & 33. Bericht des Vereines für Naturkunde.
Catania, Atti dell’ Accademia Gioenia di seienze naturali.
Ser. III, Tomo XIX.
Chemnitz, Jahrbuch des königl. Sächsischen meteorologischen
Institutes. 1885. III. Jahrgang und Resultate der meteoro-
logischen Beobachtungen auf der Sternwarte Leipzig in den
Jahren 1884 & 1885.
Coethen, Chemiker-Zeitung: Centralorgan. X. Jahrgang,
Nr. 95—97, 101—104, XI. Jahrgang, Nr. 1 & 2, 5—44.
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& 52; VII. Jahrgang, Nr. 1— 25.
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— — : Zoölogy: The Journal. Vol. XIX, Nos. 114 & 115;
Vol. XX, Nr. 116; Vol. XXI, Nr. 126. — Transactions.
24 serie, Vol. IV, part 1. — Botany: The Journal. Vol. XXII,
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reiche Bayern während des November und December 1886,
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— Repertorium der Physik. XXI. Band, 12. Heft; XXI. Band,
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bewegung bei ablenkenden Kräften mit Anwendung auf das
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des seances. Tome CIV, Nos. 1—23.
— — :.Oeuvres completes de Laplace. Tome VI.
— — : Oeuvres completes d’Augustin Cauchy. 2° serie, tome VI.
— Academie de Medecine: Bulletin. Tome XVI, Nos. 1—24.
— Annales des Mines. Tome X, 5° livraison.
— Annales des Ponts et Chaussees. 6° serie, 6° anne&e, 10°—12°®
cahiers. Personnel. 7° annee, 1—-4° cahiers.
— Archives slaves de Biologie. Tome II, fasec. 3.
— Comite international de poids et mesures. Tome V.
— Moniteur seientifique. 31° ann&e, 4° serie, tome I, 541° — 546°
livraisons. |
— Nourvelles Archives du Museum d’ Histoire naturelle. 2° serie,
tome VIII, 2° fasc.; Tome IX, 1% fasc.
— Revue internationale de l’Electrieit et de ses Applications.
2° annee, tome III, Nr. 24; 3° annee, tome IV, Nos. 25—32.
— soeiete de Biologie: Comptes rendus hebdomadaires. 8° serie,
tome III, Nos. 45—47; Tome IV, Nos. 1—23.
— Soeiete des Ingenieurs eivils: Me&moires et Compte rendu.
4° serie, 39° annde, 9° — 12° cahiers; 40° annde, 1887. 1—4®
cahiers et Annuaire de 1887. |
— Soeciete entomologique de France: Annales. 6° serie, tome V,
1° —4° trimestre.
— Soeiete geologique: Bulletin. Tome XIIl, Nr. 8; Tome XIV,
Nrs. 2—5, 7. — Memoires. 3° serie, tome IV.
— Soeiet& math&matique de France: Bulletin. Tome XIV, Nr. 5;
Tome XV, Nos. 1—4. — Recherches sur la transformation
451
par des substitutions r&elles d’une somme de deux ou trois
carres en elle m&me.
Paris, Soeiete philomatique de Paris: Bulletin. 7° serie, tome X,
Nos. 3 & 4; Tome XI, Nos. 1 & 2.
— Soeiete zoologique de France: Bulletin pour l’annee 1885,
4° 6° parties. — Pour l’annee 1886 1"°—4° parties.
— Soeciete des Seiences de Nancy: Bulletin. Serie H, tome VII,
fascieule 18; Tome VII, fascieule 19.
Petersburg, Academie Imperiale des sciences: Bulletin.
Tome XXXI Nr. 4. — Melanges physiques et chimiques.
Tome XL, livr. 4.
— 2.3. u. 4. Supplementband zum Repertorium für Meteorologie.
— Annalen des physikalischen Central-Observatoriums.
Jahrgang 1885, I. u. II. Theil.
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mündung.
— Bulletin der russischen physikalisch-chemischen Gesellschaft.
Tome XVIH. Nr. 9. — Tome XIX. Nos. 1—5.
— Geologisches Comite: Bulletin V. Nos. 9—11. VI. Nos. 1—5.
— Gesellschaft, Naturforschende: Arbeiten. Tome XVL.
— Horae societatis entomologieae Rossicae. Tom. XX.
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Ser. 4*Rendiconti. Vol. II, Fase. 10°—120; Vol. III. Faseicoli
10°— 9°.
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Bollettino. Tomo XIX. Febbraio— Luglio.
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Disp. 8° —122. — Vol. XVI. Disp. 1? & 2%.
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1835. IIl. Heft, 2. Lieferung.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl, XCV, Bd, I, Abth, 28
434
Wien, Annalen der k. k. Universitäts- Sternwarte in Wien.
IV. Band. Jahrgang 1884.
— Apotheker-Verein, allgem. österr.: Zeitschrift und Anzeigen.
1887. Nr. 1—18.
— Gesellschaft der Ärzte: Medizinische Jahrbücher. Jahrgang
1886. IX. Heft. Jahrgang 1887. 1.—IV. Heft.
— Gesellschaft, k. k. geographische in Wien: Mittheilungen
. XXX. Bd., Nr. 1—6.
— Gesellschaft, zoologisch-botanische in Wien: Verhandlungen.
XXXV1. Bd. IV. Quartal, XXX VI. Ba. I. Quartal.
— Gewerbeverein, niederösterr.: Wochenschrift. XLVIL Jahr-
gang. Nr. 51 & 52. — XLVII. Jahrgang. Nr. 1—24.
— Handelsministerium k. k., Statistisches Departement: Nach-
richten über Industrie, Handel und Verkehr. XXXIIL Band.
1.—4. Heft. |
— lllustrirtes österreichisch-ungarisches Patentblatt. X. Band.
Nr. 1—12. |
— Ingenieur- und Architekten-Verein, österreichischer: Wochen-
schrift. XI. Jahrgang. Nr. 51—53. — XII. Jahrgang. Nr. 1
bis 24.
— — : Zeitschrift. 1886. Heft II & IV. — 1887. XXX. Jahr-
gang. Heft I.
— Jahrbücher der k. k. Centralanstalt für Meteorologie und
Erdmagnetismus. Jahrgang 1885. N. F. XXI. Band.
— Militär-Comite, technisches und administratives: Mit-
theilungen. 1886. 11. & 12. Heft. 1887. 1.—6. Heft.
— Militärwissenschaftliche Vereine: Organ. XXXIV. Band.
1.—4. Heft.
— Mittheilungen des österreichischen Fischerei-Vereines. VI.
Jahrgang. Nr. 22 & 23.
— Naturhistorisches Hofmuseum, k. k.: Annalen. II. Band.
Nri1&2.
— Reichsanstalt, k. k. geologische: Verhandlungen. 1886,
Nr. 15—18. — 1887. Nr. 1—8.
— — : Abhandlungen. XIL Band, Nr. 4.
— — : Jahrbuch. 1886. Heft 4.
— Reichsforstverein, österreichischer. N. F. IV. Band, 4. Heft.
— V. Band, 1. Heft.
435
Wien, Wiener medizinische Wochenschrift. XXXVL Jahrgang.
1886. Nr. 51 & 52. XXXVIL Jahrgang. Nr. 1—25.
— Zeitschrift“ für une und Hygiene.
I. Jahrgang. 1. & 2. Heft.
— Zoologisch-botanische Gesellschaft k. k. XXXVI. Band.
4. Quartal.
Würzburg, Sitzungsberichte der Physikalisch- medizinischen
Gesellschaft. Jahrgang 1386. |
Yokohama, Transactions of the Seismological Society of Japan
N
Zürich, Vierteljahrsschrift der naturforschenden Gesellschaft.
XXX. & XXXI Jahrgang.
— Annalen der Schweizer meteorologischen Centralanstalt.
XXI. Jahrgang. |
— Astronomische Mittheilungen von Dr. R. Wolf. LXVII. &
LXIX.
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Um den raschen Fortschritten der medieinischen Wissen-
x schaften und dım grossen ärztlichen Lese-Publieum Rechnung zu
B; tragen, hat die mathem.-naturwissenschaftliche Classe der kais,
Akademie der Wissenschaften beschlossen, vom Jahrgange 1872
- an die in ihren Sitzungsberichten veröffentlichten Abhandlungen
aus dem Gebiete der Physiologie, Anatomie und theoretischen
, Mediein in eine besondere Abtheilung zu ne und in den
| Buchhandel zu bringen.
‘nen daher vom Jahre 1872 (Band LXV) an in folgenden drei
- gesonderten Abtheilungen, welche auch einzeln ie wer-
_ Die Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Classe erschei-
den können:
E Abtheilung: Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete
der Mineralogie, De ae Er und Paläon-
tologie.
33: Abtheilung: Die Arkdiaitzn aus dem Gebiete der
Mathematik, Physik, Puzmn, Mechanik, Meteorologie und
Astronomie.
EIL. Abtheilung: Die edunden : aus dem Gebiete der
Physiologie, Anatomie und theoretischen Mediein.
- Dem Berichte über jede Sitzung geht eine Übersicht ke
| I derselben vorgelegten Manuscripte voran.
Von jenen in den Sitzungsberiehten enthaltenen Abhand-
lungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichniss ein Preis beigesetzt
"Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden vom Jahre.
ist, kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und können
durch die akademische Buchhandlung Karl Gerold’s Sohn
(Wien, Postgasse 6) zu dem angegebenen Preise bezogen werden.
‚Die dem Gebiete der Chemie und verwandter. Theile anderer
1880 an noch in besonderen Heften unter dem Titel: „Monats-
| ‚hefte für Chemie und verwandte Theile anderer Wissenschaften“
herausgegeben. Der Pränumerationspreis für einen ' Jahr gang
“ ‚dieser Monatshefte beträgt 5 fl. oder 10 Mark.
“34 ».Der akademische Anzeiger, welcher nur Original- Auszüge
oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen
enthält, wird, wie bisher, 8 Tage nach jeder Sitzung ausgegeben.
Der Preis des Jahrganges ist 1 fl. 50 kr.
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